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German Pages 221 [222] Year 1985
ANDREAS NETZLER
Soziale Gerechtigkeit durch Familienlastenausgleich
Sozialpolitische Schriften Heft 53
Soziale Gerechtigkeit durch Familienlastenausgleich £ine normative Analyse unter besonderer Berücksichtigung der Rechtsphilosophie von Leonard Nelson
Von
Dr. Andreas Netzler
DUNCKER
&
HÜMBLOT
/
BERLIN
CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek
Netzler, Andreas: Soziale Gerechtigkeit durch Familienlastenausgleich: e. normative Analyse unter bes. Berücks. d. Rechtsphilosophie von Leonard Nelson / von Andreas Netzler. — Berlin: Duncker und Humblot, 1985. (Sozialpolitische Schriften; H. 53) ISBN 3-428-05768-6 NE: GT
Alle Rechte vorbehalten © 1985 Duncker & Humblot, Berlin 41 Satz: Werksatz Marschall, Berlin 45; Druck: Werner Hildebrand, Berlin 65 Printed in Germany ISBN 3-428-05768-6
Vorwort Die Auseinandersetzung mit normativen Fragen gilt allgemein in den Sozialwissenschaften als ein sehr problembeladenes, schwieriges und spekulatives Unterfangen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Frage gestellt ist, was soziale Gerechtigkeit sei und wie sie für spezifische verteilungs- und sozialpolitische Fragestellung konkretisiert werden könnte. Durch die große Fülle individuell unterschiedlicher Erfahrungen, Einstellungen, Interessen, Reaktionsweisen und Traditionen zu sozialpolitischen Aspekten scheint kaum eine Antwort zur sozialen Gerechtigkeit konsensfähig zu sein. Gerechtigkeit ohne abstrakte Grundstruktur könnte demnach nur noch das sein, was im Spiel der politischen Kräfte mit der momenten größten Durchsetzungsmacht ausgestattet ist. Gerechtigkeit als Ziel wäre aus der Macht, nicht aber aus einer Idee, einem Ideal, einem erstrebten Sollzustand abgeleitet. Gerechtigkeit wäre also — als Ergebnis von bloßen Machtstrukturen — selbst nicht verbindlich, sondern nur aus der Klugheit und Schwäche des Einzelnen eine (vorübergehende) Anpassung des Individuums an die Gemeinschaft, niemals Einsicht in einen vorzugswürdigen Selbstzweck. Dennoch sucht die Gesellschaft für konkrete Situationen immer wieder nach Antworten auf die Frage der Verteilungsgerechtigkeit — und des Stellenwertes von Verteilungsgerechtigkeit insgesamt —, wobei sie nicht nur auf Argumente bloßer Anpassung an die Macht einzelner Gruppen zurückgreift. Der Anspruch der Gerechtigkeit geht weiter: Er bezieht sich auf einen erstrebenswerten Zustand, nicht nur auf bloße Anpassung. Diese Überlegungen bilden den Hintergrund der vorliegenden Untersuchung. Das Ziel der vorliegenden Studie ist es, den Beitrag und die Grenzen der Umsetzung eines normativen, rechtsphilosophischen Basiskonzeptes (von Leonard Nelson) für einen begrenzten sozialpolitischen Bereich (den Familienlastenausgleich) darzustellen. Dabei wird insbesondere offensichtlich, — welchen Beitrag ein abstraktes rechtsphilosophisches Konzept zur Verteilungsgerechtigkeit durch Problemstrukturierungen und abstrakte Prinzipien leisten kann (und muß), — und inwieweit die Schwierigkeiten der Definition gerechter Verteilungsnormen durch Probleme der empirischen (1) Interessenmessung, (2) -bewertung, (3) -abwägung, (4) -durchsetzung, (5) der Messung von Lebenslagen, (6) von politischen Wirkungen und (7) gruppenspezifischen Strategien und Machtpositionen bedingt sind.
6
Vorwort
Mit der interdisziplinären Aufgabenstellung dieser Schrift verbinden sich Vorteile und Nachteile. Der Vorteil liegt meines Erachtens darin, daß das Problem der Verteilungsgerechtigkeit ausgehend von abstrakten Regeln der Gerechtigkeit bis hin zu Darstellungen konkreter Verteilungsnormen (für ein Familieneinkommen) systematisch, d. h. fortschreitend vom Abstrakten zum Konkreten, von Erläuterungen allgemeiner Prinzipien bis hin zu einzelnen Problemen der empirischen Messung und Bestimmung, behandelt wird. Der Nachteil dieses Vorgehens liegt unter anderem in der Komplexität und Vielfalt der zu berücksichtigenden Fachgebiete mit ihren spezifischen Begriffsbildungen, was ein Verständnis der Erläuterungen nicht immer erleichtert: Mag ζ. B. der Begriff des Sittengesetzes (das ist die Abwägungsregel dafür, welches Interesse im Falle einer Interessenkollision den Vorzug haben soll) oder der materialen Rechtslehre für jene, die sich mit normativen Basiskonzepten auseinandersetzen, geläufig sein, so werden diese Leser vielleicht bei Begriffen wie Transfersaldo oder Einkommenskonzept unsicher werden. Ein weiterer Nachteil eines interdisziplinären Ansatzes ist darin zu sehen, daß viele wichtige Problembereiche nur skizziert werden können, ohne daß auf Details eingegangen werden kann. Dies trifft z. B. auf Fragen der Erkenntnistheorie zu, die in dieser Schrift nur kurz erläutert werden, etwa um zu zeigen, ob Nelson in seinen Lehren überhaupt eine normative Erkenntnis für möglich hielt und welcher Art diese normative Erkenntnisse bzw. Urteile sind. Sehen wir hier von kritischen Anmerkungen zur heutigen Struktur des Familienlastenausgleiches in der Arbeit ab (vgl. insbesondere dazu Kap. 7, wobei Kap. 7.6. als Modellbetrachtung nur der Veranschaulichung des Konzepts, nicht aber einer Kritik des realen Familienlastenausgleichs dienen soll), so ist das allgemeine Ergebnis dieser Studie folgendes: Das Konzept von Nelson zeigt u. E. die allgemein notwendige Systematik und die Bestandteile, die für eine vollständige und differenzierte Ableitung konkreter, gerechter sozialpolitischer Verteilungsnormen im Idealfall unabdingbar sind. Das Konzept der stufenweise ineinandergreifenden Prinzipien der formalen Rechtslehre, der materialen Rechtslehre und der Ideallehre strukturiert die Abfolge und notwendigen Informationen, ohne die sozialpolitische Gerechtigkeit auf einer unvollständigen Basis — und das wird in der Realität immer der Fall sein — beruhen muß. Neben dem Nachweis wichtiger Einzelprinzipien (wie ζ. B. dem Entlohnungsprinzip) kann mit dem Konzept verdeutlicht werden, — welche (in der Realität oft nicht verfügbaren) Informationen für eine vollständige Ableitung gerechter Verteilungspolitiken im Idealfall notwendig wären; — wo geforderte und vorhandene Informationen so stark voneinander abweichen, daß das Informationsdefizit durch weitgehend pauschale Hypothesen ersetzt werden muß;
Vorwort
— das ,einfach' ein anderes Konzept als jenes von Nelson, das mit weniger Prinzipien und Informationen auf Grund empirischer, normativ einschränkender Annahmen auszukommen glaubt, unvollständig ist. Das Konzept von Nelson verdeutlicht somit die Breite und Komplexität einer normativen Begründung von Verteilungspolitiken, von der nicht ohne einschneidende Abstriche in der Qualität der Verteilungsnorm abgewichen werden kann. Gerade dieser Sachverhalt wird angesichts des Konzeptes von Leonard Nelson bewußt. Die hier vorgelegte Studie wurde von der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Augsburg als Dissertation angenommen. Ich danke insbesondere der Leitung des Internationalen Instituts für Empirische Sozialökonomie, Herrn Prof. Dr. Martin Pfaff und Frau Prof. Dr. Anita Pfaff, dafür, daß sie mir trotz erheblicher Forschungsbelastungen die Möglichkeiten gaben, mir freie Räume zu erarbeiten, die ich zur Erarbeitung dieses ζ. T. Grundlagenforschungsprojektes — in Ergänzung zur Institutsarbeit — nutzen konnte. Herzlich danken möchte ich auch der Philosophisch-Politischen Akademie Göttingen e. V., die durch einen großzügigen Zuschuß die Veröffentlichung der Studie in dieser Form erst ermöglicht hat. Andreas Netzler
Inhaltsverzeichnis TEIL A Problemstellung und Struktur der Studie
17
Kap. 1: Die Suche nach Normen der Verteilungsgerechtigkeit für einen Familienlastenausgleich: Problemstellung, Relevanz, Ziel und Struktur der Studie 17 1.1 Problemstellung und Familienlastenausgleich
17
1.2 Ziel und Struktur der Studie
25
Kap. 2: Zum Stand der Auseinandersetzung mit den Zielen und Formen eines Familienlastenausgleichs als Teil einer gesellschaftspolitischen Konzeption 28 2.1 Bemerkungen zur Auseinandersetzung mit den Zielen und Formen eines Familienlastenausgleichs in der familienpolitischen Literatur
30
2.2 Anmerkungen zu Argumentationen für einen Familienlastenausgleich an einem ausgewählten Beispiel
30
2.3 Zu den Anforderungen an einen Familienlastenausgleich in der Literatur
32
2.4 Zu ausgewählten Anforderungen an einen Familienlastenausgleich im einzelnen
35
TEIL Β Normen der Gerechtigkeit — abstrakte Inhalte und Konsequenzen für einen FLA
40
Kap. 3: Die Rechts- und Ideallehre von L. Nelson 3.1 Anmerkungen zur Auswahl, zu erkenntnistheoretischen Fragen und zu Stellungnahmen zum normativen Konzept von L. Nelson 3.1.1 Zur Auswahl des rechtsphilosophischen Konzepts von L. Nelson 3.1.2 Anmerkungen zum erkenntnistheoretischen Problem normativer Urteile 3.1.3 Anmerkungen zum Werk von G. Weisser
40
40 40 43 46
10
Inhaltsverzeichnis
3.2 Inhalt und Aufbau der Rechtslehre von L. Nelson 3.2.1 Die Unterscheidung von formaler und materialer Rechtslehre 3.2.2 Prinzipien und Postulate der formalen Rechtslehre 3.2.3 Zum Aussagengehalt der formalen Rechtslehre im Hinblick auf sozial- und verteilungspolitische Fragen
48
3.3 Elemente und Aufbau der materialen Rechtslehre
62
49 50 57
3.4 Zum Aufbau und Inhalt einer Ideallehre oder Theorie der wahren Interessen 3.4.1 Die Unverzichtbarkeit einer Ideallehre für die Ableitung der Rechtsmaterie 3.4.2 Die Inhalte der Ideallehre
66 70
3.5 Die allgemeine Bedeutung der materialen Rechtslehre und der Ideallehre für sozialpolitische Fragen
73
3.6 Empirische Grenzen und Konsequenzen aus der Ideallehre für die Ableitung eines konkreten Rechts
76
66
Kap. 4: Konsequenzen aus der Rechts- und Ideallehre für ausgewählte Aspekte eines Familienlastenausgleichs 80 4.1 Das Entlohnungsprinzip — Maßstab der Verteilungsgerechtigkeit
80
4.2 Das Entlohnungsprinzip — Gleichheit an Besitz?
81
4.3 Die Arbeit — Grundlage des Entlohnungsprinzips
82
4.4 Entlohnungsprinzip und Leistungsanreiz — ein gegenseitiger Ausschluß?
83
4.5 Die Ideallehre — verzichtbar für das Entlohnungsprinzip? . . .
83
4.6 Die Familienlast — eine Anspruchsgrundlage nach dem Entlohnungsprinzip? ;
85
4.7 Das Entlohnungsprinzip — ein Anspruch nach einem Individual- oder Familienprinzip?
86
4.8 Die Leistung der Eltern — der FLA als Entlohnung für Kindererziehung?
86
4.9 Exkurs: Ausgewählte normative Forderungen an einen FLA in der Literatur im Hinblick auf das Entlohnungsprinzip
87
4.10 Ausgleich für Unglück — eine normative Anspruchsgrundlage?
87
4.11 Bevölkerungs- versus Familienpolitik — zu den normativen Unterschieden
89
Inhaltsverzeichnis
4.12 Kausal — versus Finalprinzip: Ein normativ unversöhnlicher Gegensatz?
90
4.13 Jahres- versus Lebenseinkommen — mehr als eine meßtechnische Frage?
94
4.14 Intergenerationale Gerechtigkeit — auch eine Frage gerechter Besitzverteilung
97
Kap. 5: Weitere Möglichkeiten der Ableitung von Normen für einen Familienlastenausgleich 102 5.1 Zu den normativen Grundlagen eines Familienlastenausgleichs in der Verfassung
102
5.2 Zu den formal-technischen Kriterien der Effektivität und Effizienz eines Familienlastenausgleichs
107
TEIL C Probleme der Konkretisierung abstrakter Normen zur Gerechtigkeit am Beispiel eines Familieneinkommens
112
Kap. 6: Ausgewählte Problemstellungen und Möglichkeiten der Realisierung des Entlohnungsprinzips beim Familienlastenausgleich 112 6.1 Zur Veranschaulichung der theoretischen Anforderungen und Komplexität eines Familieneinkommens entsprechend dem Entlohnungsprinzip
112
6.2 Erste Konsequenzen aus den modelltheoretischen Anforderungen und der Komplexität einer Interessenmessung und -bewertung für den weiteren Aufbau der Analyse
118
6.3 Zum monetären Einkommen als Indikator der Verfügbarkeit über äußere Güter
120
Kap. 7: Veranschaulichung des normativen Konzepts: Struktur, Grenzen einer normativen Kritik
Inhalte und
am Beispiel des FLA
128
7.1 Bestandteile einer Kritik des Familienlastenausgleichs
128
7.2 Zu den wirtschaftlichen Hilfen für Familien
128
7.3 Die Kritik ausgewählter familienpolitischer Leistungen nach dem formal-rechtlichen Basiskonzept 7.4 Die Kritik ausgewählter familienpolitischer Leistungen nach formal-technischen Kriterien
136 146
12
Inhaltsverzeichnis
7.5 Zur Kritik ausgewählter familienpolitischer Transfers nach dem Entlohnungsprinzip 7.5.1 Zur Vorgehensweise, den Schwerpunkten und Grenzen der Kritik des Familienlastenausgleichs nach dem Entlohnungsprinzip 7.5.2 Zu den Verteilungswirkungen ausgewählter familienpolitischer Transfers 7.5.3 Anmerkungen zur realen Bedeutung und Inanspruchnahme der familienpolitischen Transfers in der Modellbetrachtung 7.5.4 Zum Verlauf der verfügbaren Einkommen für die getroffenen Verteilungsannahmen 7.5.5 Empirische Anmerkungen zum Nutzen der Kinder für die Eltern 7.6 Beispiele für eine Kritik familienpolitischer Transfers nach dem Entlohnungsprinzip für die getroffenen Verteilungsannahmen 7.6.1 Beispiel für eine Kritik ausgewählter familienpolitischer Leistungen zur Annahmenkombination 1, 2 und 3 7.6.2 Beispiel für eine Kritik ausgewählter familienpolitischer Leistungen zur Annahmenkombination 4 7.6.3 Beispiel für eine Kritik ausgewählter familienpolitischer Leistungen zur Annahmenkombination 5
152
152 154
157 164 171 179 184 187 188
Kap. 8: Resümee zu den zentralen Fragestellungen der Arbeit
Literaturverzeichnis
195
207
Verzeichnis der Übersichten Übersicht
1: Schematische Darstellung des Aufbaues der Studie
Übersicht 2: Auswahl von Annahmen und Forderungen zur Ausgestaltung eines Familienlastenausgleiches
27 34
Übersicht 3: Beurteilungskriterien für einen FLA nach H Öffner und Zeppernick Übersicht 4: Zum Gegenstand und Inhalt der formalen Rechtslehre
37 51
Übersicht 5: Prinzipien der formalen Rechtslehre im Hinblick auf einen FLA Übersicht 6: Kritik ausgewählter Thesen zum FLA hinsichtlich des Entlohnungsprinzips
88
Übersicht 7: Kriterien einer formal-technischen Beurteilung von Transfersystemen
111
Übersicht 8: Zielbereiche des SPES-Indikatorentableaus (1976)
122
Übersicht 9: Abgrenzung verschiedener Transferbegriffe (ohne immaterielle Transfers)
125
Übersicht 10: Vorteile und Problembereiche von Meßkonzepten realer Transfers
127
Übersicht 11 : Leistungskriterien und Leistungsumfang von FLA-Transfers (1980)-1982)
130
Übersicht 12: Berechtigungskriterien für die Inanspruchnahme familienpolitischer Leistungen
136
Übersicht 13: Formal-rechtliche Beurteilung familienpolitischer Maßnahmen
138
Übersicht 14: Verfahren zur Berechnung laufender Aufwendungen für Familienangehörige
169
Übersicht 15: Laufende Aufwendungen für Kinder (pro Monat) in der Bundesrepublik Deutschland (1973 bis 1979)
170
Übersicht 16: Ausgewählte Annahmen zur material-rechtlichen Bestimmung von alternativen Verteilungsnormen für die Familienlastenausgleich-Kritik nach dem Entlohnungsprinzip
181
61
Verzeichnis der
been
Tabelle 1: Steuerabzüge verheirateter und unverheirateter Paare (in DM, pro Monat, 1982)
141
Tabelle 2: Die Umverteilung durch monetäre Transfers und ihre Finanzierung im Jahre 1975
150
Tabelle 3: Mitversicherte Familienangehörige (1980)
158
Tabelle 4: Einkommenssteuerpflichtige mit/ohne Kinder 1977 nach Grundund Splittingtabelle (Ergebnis der Einkommenssteuerstatistik 1977)
160
Tabelle 5: Lohnsteuerpflichtige mit Kindern nach Steuerklassen (Ergebnis der Lohnsteuerstatistik 1977)
160
Tabelle 6: Meinungen über Kinder, Grad der Zustimmung (in %)
175
Tabelle 7: Gründe gegen ein (weiteres) Kind, Grad der Zustimmung (in %) Tabelle 8: Familientyp-bezogene Verteilungsnormen entsprechend dem Verlauf der verfügbaren Einkommen (pro Monat)
176 192
Tabelle 9: Zusammenfassender Vergleich der Verteilungsnormen (entsprechend dem Verlauf der Familientyp-spezifischen verfügbaren Einkommen) der Familientypen
194
Verzeichnis der
c h e
Schaubild 1: Zum Aufbau der Ideallehre bei L. Nelson
73
Schaubild 2: Koordinierungsumfang und -komplexität zwischen Zielen, Maßnahmen und Wirkungen bei zwei Politikbereichen (schematisierte Darstellung)
109
Schaubild 3: Vereinfachendes theoretisches Ablaufraster zur Nutzenveränderung und Veränderung eines normativen Familieneinkommens durch Erwerbstätigkeit und Familienleben (am Beispiel eines Ehepaares mit zwei Kindern)
113
Schaubild 4: Wohngeldempfänger nach sozialer Stellung des Haushaltsvorstandes und Zahl der Haushaltsmitglieder
162
Schaubild 5: Wohngeldanspruch und Wohnkostenbelastung der Wohngeldempfänger am 31.12.1978 nach der Haushaltsgröße
163
Schaubild 6: Verlauf der verfügbaren Einkommen je Familientyp (pro Monat, in DM)
165
Schaubild 7: Medianwerte der vorhandenen, der gewünschten bzw. erwarteten und der individuell für ideal gehaltenen Kinderzahl nach ausgewählten Merkmalen
174
Schaubild 8: Familientyp-bezogene Differenzen zwischen den Verteilungsnormen 1-3 und dem Verlauf der verfügbaren Einkommen (in DM, pro Monat)
185
Schaubild 9: Familientyp-bezogene Abweichungen zwischen der Anspruchsnorm 4 und dem Verlauf der verfügbaren Einkommen (in DM, pro Monat)
188
Schaubild 10: Familientyp-bezogene Abweichungen zwischen den verfügbaren Einkommen und den diesen angenäherten Anspruchsnormen (in DM, pro Monat)
190
TEIL A
Problemstellung und Struktur der Studie Kapitel 1
Die Suche nach Normen der Verteilungsgerechtigkeit für einen Familienlastenausgleich: Problemstellung, Relevanz, Ziel und Struktur der Studie 1.1 Problemstellung zum Familienlastenausgleich Staatliche Transfers an Familien 1 als materieller Ausgleich für ihre Familienlasten — kurz: Familienlastenausgleich ( F L A ) — wurden in den vergangenen 70er Jahren im Rahmen staatlicher Sozial- und Verteilungspolitik in der Bundesrepublik Deutschland durch eine Reihe von Maßnahmen ausgeweitet. Monetäre und reale Hilfen an Familien — wie ζ. B. die Einführung eines einkommensunabhängigen Kindergeldes anstelle einkommensabhängiger Steuerfreibeträge für Kinder, die Einführung eines bezahlten Mutterschaftsurlaubs, Leistungsausweitungen bei der Schüler- und Studentenausbildungsförderung, beim Wohngeld und der Ausbau von Ausbildungsund Freizeitinfrastruktur — waren Ausdruck expansiver verteilungspolitischer familienbezogener Bemühungen. Insbesondere seit dem Beginn der 80er Jahre steht die Verteilungspolitik — und damit auch der F L A 2 — unter einem anderen Vorzeichen:. 1
Als Familie bezeichnen wir die sozio-biologische Einheit der Eltern-KinderGemeinschaft. Die Definition schließt Ehepaare mit Kindern wie auch sogenannte EinEltern-Familien mit ein. Sogenannte „Kern"- und „Restfamilien" (kinderlose Ehepaare, Ledige, alleinlebende Verheiratete, Getrenntlebende, Verwitwete und Geschiedene) bleiben — soweit nicht besonders erwähnt — außer Betracht. 2 Verteilungspolitik für Familien und Familienlastenausgleich (FLA) sind zwar nicht identische Begriffe, da der FLA an den Nachweis einer auszugleichenden Last gebunden sein sollte, Verteilungspolitik für Familien aber nicht nur ihre Begründung in ökonomischer Last, sondern in einer Chancengleichheit in allen Lebensbereichen haben kann und damit umfassender als ökonomische Last definiert werden könnte. (Vgl. zu einer so umfassenden Definition von Verteilungs- (und Sozialpolitik z. B. bei G. Weisser (1954), S. 359 ff.; G. Weisser (1959/1978), S. 388 f. sowie F. X. Kaufmann (1982), S. 52 ff.). Da in dieser Analyse die Familienlast aufgrund der allgemeinen sozial- und verteilungspolitischen Wertbasis der Gerechtigkeit analysiert wird, verwenden wir die Begriffe Vertei-
18
: Problemstellung und Struktur der Studie
Die Relevanz und Aktualität einer Auseinandersetzung mit den Aufgaben eines F L A ergibt sich derzeit insbesondere aus der Notwendigkeit einer eindeutigen politischen Prioritätensetzung zur Konzentration der staatlichen Sozialmaßnahmen bei verknappten öffentlichen Haushaltsmitteln. Der Rückgang der gesamtwirtschaftlichen realen Wachstumsraten hat zu einer Finanzsitutation der öffentlichen Haushalte mit beigetragen, in der eine Zusammenfassung, eine Senkung oder doch mindestens ein „Einfrieren" des Sozialausgabenanteils des Staates am gesamtwirtschaftlichen Produkt auf den gegenwärtigen Stand eine wichtige Rahmenbedingung verteilungspolitischer Maßnahmen darzustellen scheint. Daß dem F L A (teilweise) keine gesellschaftspolitische Priorität beigemessen wird, die ihn auch unter den geänderten gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen gegen reale staatliche Leistungseinschränkungen immunisiert, darauf verweisen Maßnahmen und Vorschlägen wie ζ. B. Kürzung des Kindergeldes, Umstellung der Studentenausbildungsförderung auf Darlehensbasis und die geplante Einführung von Studiengebühren. 3 Nach welchen Kriterien aber — also Zielen eines F L A wie auch Prinzipien zur ziel-rationalen Gestaltung — könnte eine Beurteilung des F L A in dieser Situation erfolgen, um durch eine kritische Betrachtung des F L A Ansatzpunkte einer Weitereintwicklung (sei dies nun im Sinne einer Leistungsausweitung, -einschränkung, -Umstrukturierung oder-abstimmung mit anderen Politikbereichen) zu gewinnen? Gerade in einer Zeit, in der politische Entscheidungsträger u. a. aufgrund verringerter gesamtwirtschaftlicher Wachstumsraten und steigender Verschuldung der öffentlichen Haushalte, zunehmender Arbeitslosigkeit, stagnierender und sinkender Realeinkommen von Arbeitnehmern u.s.w. in einem verschärften Verteilungskampf der gesellschaftlichen Gruppierungen unter Handlungsdruck geraten (sollten), gewinnt die Frage nach den politischen Prioritäten und dem ziel-rationalen Mitteleinsatz bei der Verteilung der Güter an Bedeutung. lungspolitik für die Familien — worunter wir hier nur den Aspekt der Einkommensverteilung herausgreifen — und Familienlastenausgleich (FLA) synonym. Eine Abgrenzung der nachfolgend wiederholt verwendeten Begriffe Sozial- und Umverteilungspolitik kann folgendermaßen skizziert werden: „Die Sicherung der Existenz im Falle fehlender Möglichkeiten oder Fähigkeiten zum Erwerb ausreichenden Einkommens durch Arbeit — primär Aufgabe der Sozialversicherung — ist jedoch nur einer von mehreren Teilbereichen staatlicher Sozialpolitik neben der Arbeitnehmerschutzpolitik, der Arbeitsmarktpolitik, der Ausgestaltung der Betriebs- und Unternehmensverfassung, der Wohnungspolitik, der Familienpolitik, der Bildungspolitik, der Politik der Einkommens- und Vermögensumverteilung, der Jugendhilfe, der Altenhilfe, der Sozialhilfe einschließlich der Hilfe für geistig und körperlich Behinderte und der mittelstandsorientierten Sozialpolitik." (H. Lampert (1980), S. 3); (vgl. zu den Problemen einer einheitlichen Definition des Begriffs Sozialpolitik auch H. Lampert (1980), S. 3 - 7, 20 - 24). 1 Vgl. ζ. B. Meldung über Äußerungen der Bundesministerin für Bildung und Wissenschaft D. Wilms vom 14.11.82 in der „Tagesschau" der ARD.
Kap. 1: Problemstellung, Ziel und Struktur der Studie
19
Allgemein kann die Aufgabe eines F L A in einer teilweisen Korrektur des im wirtschaftlichen Prozeß nach nicht-familialen Kriterien verteilten Einkommens entsprechend den Bedürfnissen von Familien gesehen werden. Für eine Vielzahl von Familien treffen dabei folgende, insbesondere hinsichtlich der ökonomischen Situation problematischen Sachverhalte zu, die ζ. B. unter den Begriffen: Einkommen, Mindesteinkommen, Kosten, Kinderbetreuung, Alterssicherung und Stabilität der Familien zusammengefaßt werden können 4 : — Einkommen: Den überwiegenden Einfluß auf die Höhe der verfügbaren Einkommen der Haushalte während der Phase der Erziehung der Kinder hat das Erwerbseinkommen. Erwerbseinkommen sind ganz überwiegend nicht familiengrößen- und familienstandsbezogen. Da das Erwerbseinkommen zudem wesentlich von der Zahl der erwerbstätigen Familienangehörigen abhängt, kann sich — gibt die Frau mit der Geburt eines Kindes ihre Erwerbstätigkeit auf — das Haushaltseinkommen teilweise sogar gegenläufig zu dem — kinderbedingt — gestiegenen Bedarf des Haushalts entwickeln. Um die ökonomisch höhere Belastung der Familien mit Kindern durch den Ausfall eines Erwerbseinkommens und die Ausgaben für die Kinder zum Teil auszugleichen, werden u. a. Transfers gewährt, die das Arbeitseinkommen im Hinblick auf die Bedürfnisse der Familienangehörigen ergänzen. — Mindesteinkommen: Eine eigenständige soziale Sicherung oberhalb eines Armutsstandards kann i. d. R. nur über eine eigene Erwerbstätigkeit oder die des Partners erreicht werden. Dies kann ζ. B. bei alleinstehend Erziehenden zu angespannten wirtschaftlichen Verhältnissen führen, wenn dieser Personenkreis wegen einer Kinderbetreuung keine Erwerbstätigkeit aufnimmt. — Kosten: Die finanziellen Aufwendungen durch die Intensivierung und zeitliche Ausdehnung der schulischen und beruflichen Ausbildung der Kinder sowie deren zunehmende Partizipation am Konsum hochwertiger Güter haben die Unterhaltslast der Eltern je Periode und deren Dauer gerade in diesem Jahrhundert erheblich vermehrt. Zudem sind durch verbesserte Ausbildung und Erwerbsmöglichkeiten der Frauen die Opportunitätskosten der erwerbstätigen Frauen bei der Geburt und Erziehung der Kinder tendenziell gestiegen, da sie oftmals auf einen außerfamilialen Bereich der Selbstverwirklichung (bei Berufsaufgabe zu Gunsten der Kindererziehung) verzichten müssen und bei fortdauernder Erwerbstätigkeit eine Doppelbelastung durch Familie und Beruf, oft4 Vgl. dazu ζ. B. Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit (1980/Projektgruppe); E. Dessai (1979); P. Gross (1979); H. Hattenhauser (1979); H. Lampert (1980), S. 359 ff.; H. Schelsky (1960); F. Oeter (1978); A. Pfaff (1982); M. Wingen (1978); M. Wingen (1978, b); R. Zeppernick (1979).
20
: Problemstellung und Struktur der Studie
mais ohne hinreichende Unterstützung durch den Partner, auf sich zu nehmen haben. — Kinderbetreuung: Durch den Wandel von der Groß- zur Kleinfamilie — zumindest hinsichtlich gemeinsamer Wohnungen — stehen für eine Betreuung der Kinder als Voraussetzung für eine Vereinbarkeit von Beruf und Erziehungsaufgaben zunehmend weniger ältere, nicht mehr berufstätige oder keine eigenen Kinder betreuenden Familienangehörigen in näherer Umgebung zur Verfügung, so daß die Betreuung der Kinder im Falle der Erwerbstätigkeit beider Elternteile zunehmend außerfamilialen Institutionen übertragen werden muß. Da bei der Koordinierung von Erwerbstätigkeit und Erziehungsaufgaben ein Übergewicht der Erwerbstätigkeit besteht, — die organisatorischen Regelungen des Produktionsprozesses (Gleitzeit, Teilzeitarbeitsplätze) sind oftmals nicht oder nur unzulänglich mit den familialen Anforderungen abgestimmt —ist eine Kinderbetreuung mit einer Erwerbstätigkeit beider Elternteile oftmals kaum vereinbar. — Alterssicherung: Die absoluten monetären Belastungen der Erziehung der Kinder haben zugenommen: Die Familie als Produktions-, Konsumund Fürsorgegemeinschaft hat sich weitgehend zu einer Konsumgemeinschaft gewandelt. So haben die Kinder nicht mehr zwingend in einer häuslichen Produktionsgemeinschaft unmittelbar für die Altersversorgung ihrer Eltern aufzukommen, da die Aufgaben der Alterssicherung institutionell von einem staatlichen Sicherungssystem übernommen werden. Damit fallen jedoch die Kinder als unmittelbare Faktoren für die Altersversorgung der eigenen Eltern aus, die Altersbezüge sind sogar um so geringer bemessen, je mehr ein Ehepaar zugunsten der Kindererziehung auf eigene Erwerbstätigkeit verzichtet. Damit bestehen zwischen Familienlastenausgleich und Alterssicherung keine Regelungen, die zwischen Kindererziehung und Altersbezügen einen allgemeinen positiven kausalen Zusammenhang schaffen. — Stabilität der Familie: Im Zuge des Wandels der Familie tritt zunehmend gegenüber einem ökonomisch notwendigen Zusammenhalt der Familie der emotionale Zusammenhalt als bestimmendes Element der Beziehung der Familienmitglieder zueinander hervor. Durch ihre Schutz- und Ausgleichsfunktion bewahrt die Familie ihren Mitgliedern oftmals einen emotionalen Rückhalt gegenüber außerfamilialer Desintegration. Diese sehr allgemeine und knappe Skizze familialer Situationen kann nur darauf hinweisen, daß ein verteilungspolitischer Gestaltungsbedarf hinsichtlich der Einkommen von Familien nach Prinzipien einer Verteilungsgerechtigkeit bestehen kann. Nach welchen Normen aber ein F L A — als Teil einer familienorientierten Verteilungspolitik — durchzuführen sei, ist aus dieser allgemeinen Beschreibung von Ist-Zuständen noch nicht abzuleiten.
Kap. 1: Problemstellung, Ziel und Struktur der Studie
21
Ein Weg zu den Normen einer Verteilungsgerechtigkeit für einen F L A könnte über eine Beschreibung von Zielen und Gestaltungsprinzipien in der Vergangenheit und Gegenwart führen 5 . Ein kurzer Blick in die jüngere Vergangenheit zeigt jedoch ein uneinheitliches Bild familienpolitischer Maßnahmen. Dies ist ζ. B. aus den abgrenzbaren verschiedenen Abschnitten der Familienpolitik seit 1945 zu ersehen6: — Während der ersten Phase steht die Betonung des Subsidiaritätsprinzips im Vordergrund. Die Familie bedarf der Unterstützung durch den Staat in erster Linie durch wirtschaftliche Beihilfen. Die Tätigkeit öffentlicher und wohlfahrtsverbandlicher Einrichtungen soll nicht in die Selbststeuerung der Familie hineinwirken. Das Bild der traditionellen Arbeitsteilung im Haushalt prägt das System der sozialen Sicherheit, insbesondere der Alterssicherung nicht erwerbstätiger Frauen. Familienbeihilfen (ζ. B. in Form steuerlicher Absetzbarkeit) kommen Haushalten mit höherem Einkommen mehr als Haushalten mit geringerem Einkommen zugute. Diese Regelung wird als ordnungspolitisch angemessen eingestuft. — Eine zweite Phase — seit etwa Mitte der sechziger Jahre — erreicht ihre deutlichste Ausprägung und vorläufigen Abschluß zugleich mit dem zweiten Familienbericht (19757). Leistungsgrenzen und Leistungsschwächen der Familie werden stark betont, pädagogische Interventionsformen werden favorisiert. — In einer dritten Phase — die mit dem dritten Familienbericht der Bundesregierung 8 verbunden werden kann — wird die Beständigkeit der Familie und ihre Leistungsfähigkeit im immateriellen Bereich herausgehoben. Das Augenmerk der am wirtschaftlichen Ausgleich orientierten Familienpolitik gilt insbesondere der Verbesserung der materiellen Rahmenbedingungen: Das Kindergeld als direkte Förderleistung tritt weitgehend an die Stelle der einkommensabhängigen steuerlichen Regelungen. Themen wie familienfreundliche Wohnumwelt, eigenständige Sicherung der nicht erwerbstätigen Ehefrau, Hilfen an Alleinstehende mit Kindern, Verstärkung der Förderung kinderreicher und/oder junger Familien, Familienberatung, monetäre Unterstützung für die Betreuung der Kleinstkinder in den für die Sozialisation wichtigen ersten Lebensmonaten durch die Mutter, monetäre Anerkennung der Erziehungsleistung der Familie etc. prägen die Diskussion. 5
Vgl. dazu auch Kap. 2. Vgl. zu den geschichtlichen Beschreibungen der Familienpolitik und ihrer Unterteilung in verschiedene Phasen z. B. bei G. Brück (1976), S. 314 ff.; P. Gross (1979); F. X. Kaufmann (1978); J. Langer-El Sayed (1980), S. 63 ff.; H. Lampert (1980), S. 368 ff.; K. Wahl (1976); M. Wingen (1979); M. Wingen (1965). Die ersten drei Phasen in der hier gewählten Einteilung entsprechen weitgehend jenen bei P. Gross (1979). 7 Vgl. zu den normativen Grundlagen im 2. Familienbericht D. Kuhn (1976). 8 Vgl. Bundesregierung (1979). 6
22
: Problemstellung und Struktur der Studie
— Gegenwärtig — dies können wir als Anfang einer vierten Phase bezeichnen — ist die Diskussion um weitere materielle Hilfen an die Familien — ζ. B. das Erziehungsgeld, Hausfrauenrente und Erziehungsurlaub — unter dem Eindruck der verknappten volkswirtschaftlichen Gestaltungsspielräume zu einem vorläufigen Stillstand gekommen. Zugleich sind für die Zukunft von den öffentlichen Trägern der Familienpolitik (geringe?) expansive familienpolitische Impulse möglicherweise durch die angestrebte Reform der sozialen Sicherung der Frau bis 1984 zu erwarten. Die mit dem Steuerpaket '81 beschlossenen familienpolitischen Maßnahmen, die zwischen 1980 und dem 1.1.1982 in Kraft traten, kamen insbesondere einkommensstärkeren Familien (Steuerentlastungsgesetz) sowie Alleinstehenden mit Kindern (Unterhaltsvorschußgesetz) zugute: Durch die Reform des Lohn- und Einkommensteuertarifs, Anhebung des Weihnachtsfreibetrages, der Sonderausgabenhöchstbeträge, Anhebung des Wohnungsgeldes für Kinderreiche und Alleinerziehende sowie eine Anhebung des Haushaltsfreibetrages für Alleinerziehende ergibt sich ein teilweiser Einkommensausgleich bei besserverdienenden Arbeitnehmern für die inflationsbedingte „stille" Steuererhöhung durch Eintritt in die Progressionszone, die jedoch innerhalb der nächsten 3 Jahre inflationsbedingt real „aufgezehrt" sein dürfte. Daneben zeichnen sich Tendenzen ab, die der Entlastung der größeren und/oder einkommensschwächeren Familien entgegenlaufen, so etwa die Einschränkung der Vermögensförderung, die 1982 erfolgte Reduzierung des Kindergeldes beim 2. und 3. Kind, die verzögerte Anpassung der Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) an die Lebenshaltungskosten, Erhöhungen bei den indirekten Steuern und zunehmend ungelösten Probleme beim Wohnungseigentumserwerb in Ballungszentren. Zunehmend abgekoppelt wurde u. E. die Diskussion der allgemeinen materiellen Hilfen zur wirtschaftlichen Sicherung des Lebensstandards der Familien von den Zielen eines Ausgleichs unterschiedlicher Durchsetzungschancen in der nachwachsenden Generation. Zukünftig dürften — bei Fortbestand der gesamtwirtschaftlichen Probleme — kurz- bis mittelfristig Bemühungen zum Erhalt oder Einschränkungen des bisher geschaffenen Systems materieller familialer Leistungen Priorität vor weiteren, die öffentlichen Haushalte belastenden Maßnahmen haben. Probleme im Bereich der Wohnungspolitik, soziale Aufgaben zur Sicherung der Frau und der Hinterbliebenen sowie Alleinerziehender, erhöhte Entscheidungsfreiheit der Frau zwischen Beruf und Kindererziehung zeichnen sich derzeit als längerfristige und parlamentarisch mehrheitsfähige Aufgabenbereiche der Familienpolitik ab. Neben einem geschichtlichen Rückblick könnte eine Suche nach einem vollständigen, abgestimmten Katalog von Normen zur Verteilungsgerechtigkeit für einen F L A auch durch eine Sichtung der familienpolitischen Litera-
Kap. 1: Problemstellung, Ziel und Struktur der Studie
23
tur fruchtbar sein. Jedoch gibt auch hier ein — vorerst 9 — kurzes Referat von Aussagen aus der Literatur zum F L A keinen Anlaß, auf eine einheitliche Klärung bei der Suche nach Normen zu hoffen: Es wird — z. B. hinsichtlich der Abstimmung familienpolitischer Maßnahmen mit anderen Politikbereichen — ein Mangel bei dem „noch wenig fortgeschrittenen, indessen recht dringlichen Ausbau der theoretischen Grundlagen einer in die Gesellschaftspolitik integrierten Familienpolitik 111 " beklagt. Aber auch innerhalb der Familienpolitik scheint z. T. nur wenig Einigkeit bezüglich der konkreten Aufgaben zu bestehen. So stellt z. B. Gross zusammenfassend fest: „Daß die Sozialpolitik im allgemeinen und die Familienpolitik im besonderen einer rationalen Ausrichtung und Straffung bedürfen, gehört zu den neueren politischen und wissenschaftlichen Deklarationen, die ebenso häufig wie unklar sind... Hinsichtlich der Familienpolitik wird gelegentlich schon der Ausdruck nationale Familienpolitik' als Widerspruch in sich empfunden.. . l l w . Das in diesen Worten zum Ausdruck kommende Defizit an der Geschlossenheit der Kriterien für einen F L A resultiert nicht allein z. B. aus einem (notwendigen) Wandel des Rechts durch den Wandel der Bedürfnisse, sondern hat seine Ursachen u. a. auch in allgemeinen Unschärfen und Differenzen hinsichtlich der Normen einer Verteilung von Einkommen bzw. (allgemeiner) Lebenslagen. Das betont z. B. Rivlin: „In einem wahrhaft staunenswerten Akt der Selbstverleugnung haben sich Ökonomen der letzten Generation aus den theoretisch-philosophischen Fragen herausgehalten, wie Einkommen verteilt sein sollte. Seitdem die Vorstellung von ihnen Besitz ergriffen hat, interpersonelle Nutzenvergleiche seien unmöglich.. ., haben sie aber nicht nur inhaltlich um das Problem einen Bogen gemacht, sondern haben auch den größten intellektuellen Scharfsinn aufgewendet, um einander weiszumachen, warum sie so wenig aussagen konnten 1 2 ". Dieser Einschätzung von Rivlin schließen wir uns an: Ein Mangelzustand besteht u. E. nicht vorrangig in kritisch-formalistischen Beiträgen zur Koordination von Zielen, Maßnahmen und Wirkungen innerhalb und zwischen Politikbereichen 13 , sondern auf der Ebene der Erkenntnis und Durchsetzungsbereitschaft von Sollverteilungen von Lebenslagen. Strittige und offene normative Fragen zum F L A sehen wir hauptsächlich in der Konzeption und Akzeptanz einer geschlossenen Sozial- und Familienpolitik hinsichtlich des zentralen Ziels Gerechtigkeit. Unverzichtbare Bestandteile einer solchen 9
Vgl. dazu ausführlicher in Teil 2. M. Wingen (1978), S. 174. 11 P. Gross (1979), S. 2. 12 A. Rivlin (1981), S. 275-276. 1,1
13 Vgl. dazu Kapitel 5.1 sowie z. B. M. Pfaff, H. Voigtländer (1978); M. Pfaff (1978); R. Behnken, A. Netzler, A. Pfaff (1981); M. Wingen (1971).
24
: Problemstellung und Struktur der Studie
Konzeption sind u. a. Ausführungen zur Interessenlage und Interessenbewertung, zum Modus der Interessenabwägung, zur Notwendigkeit wirtschaftlicher Leistungsanreize, zur realen Verteilung von Lebenslagen und Nutzen sowie Analysen zu den Grenzen sozialstaatlichen Handelns 14. Fragen zu dieser komplexen Gesamtheit der Grundlagen von Normen einer Verteilungsgerechtigkeit können jedoch nicht allein aus den Wirtschaftswissenschaften heraus beantwortet werden, obwohl Verteilungs- und Sozialpolitik weitgehend als Gegenstände der Wirtschaftswissenschaften behandelt werden 15 . Ein Weg zur (Teil-)Lösung der z.T. theoretischphilosophischen Fragen zur Soll-Einkommensverteilung kann dabei über eine Auseinandersetzung mit rechtsphilosophischen Bemühungen führen, soweit diese sich mit der gerechten Abwägung von Interessen auseinandersetzen, da gilt: Einkommensverteilungen als Ergebnis einer gerechten Interessenabwägung und deren Umsetzung in äußere Güter können niemals selbständig oder nur ökonomisch begründet sein, d. h. „es gibt keinen rein ökonomischen Standpunkt 16 ". Dies trifft nicht nur für die Abwägungsregel zu, sondern ergibt sich auch daraus, daß wirtschaftliche (mittelbare) Interessen nur aus den ihnen zu Grunde liegenden (unmittelbaren) Interessen ableitbar sind. Verteilungspolitik ist hinsichtlich ihrer grundlegenden normativen Annahmen zu den Interessen und deren Abwägung also eine „subalterne" Wissenschaft 17. Dieser Sachverhalt ist bei einem Bemühen um die Aufgaben und Formen eines F L A zu berücksichtigen. Muß aber eine Suche 14 Daß diese konzeptionelle Lücke in der Sozialpolitik auch nicht durch konkrete Aussagen der Verfassung geschlossen wird, zeigen wir in Kapitel 5.1. 15 Vgl. ζ. Β. H. Giersch (1970), insbesondere S. 71-96. H. Lampert weist hingegen daraufhin, daß zwar vielfältige Verflechtungen zwischen der Sozial- und Wirtschaftspolitik bestehen, es aber verfehlt wäre, „.. . die Sozialpolitik als Teilbereich der Wirtschaftspolitik
und die Sozialpolitik als Wissenschaft
als eine wirtschaftswissenschaftliche
fassen. Denn erstens sind Wirtschafts- und Sozialpolitik nur partiell deckungsgleich und zweitens reichen die Methoden der Wirtschaftswissenschaften zu einer vollständigen Erfassung, Analyse und Lösung sozialpolitischer Probleme nicht aus". (H. Lampert (1980), S. 22). Die nur partielle Deckungsgleichheit der Inhalte der Wirtschafts- und Sozialpolitik kann folgendermaßen zusammengefaßt werden: „Während die Wirtschaftspolitik auf die Beeinflussung wirtschaftlicher Größen zielt, ist die Sozialpolitik zwar auch, aber eben nicht nur auf die Beeinflussung der wirtschaftlichen Lebensbedingungen gerichtet". (H. Lampert (1980), S. 22). 16 G. Weisser (1953/1978), S. 166. 17 Daraus leitet auch Weisser die Notwendigkeit einer Auseinandersetzung mit rechtsphilosophischen Überlegungen ab: „Der Charakter der Wirtschaftspolitik als „subalterner" Wissenschaft bedingt es, daß der Nationalökonom die übergeordnete Wissenschaft besonders unter dem Gesichtspunkt ins Auge fassen muß, ob sie das ihm darzubietende oberste Werturteil seines Systems mit durchsichtiger Zuverlässigkeit unter erschöpfender Erörterung der quaestio juris und zugleich mit idealer Eindeutigkeit liefert. Ihm nützt, wenn er sich notgedrungen auf das stützen muß, was die Gelehrten eines anderen Faches unter ihrer Verantwortung ausgebildet haben." (G. Weisser (1934), S. 158).
Disziplin
Kap. 1: Problemstellung, Ziel und Struktur der Studie
25
nach den Normen einer Verteilungsgerechtigkeit für einen F L A ζ. B. schon bei den den Wirtschaftswissenschaften vorgelagerten, rechtsphilosophischen Überlegungen scheitern, da „die meisten Rechtsphilosophien. .. den Gegenstand der Wirtschaftslehre nur ungenügend kennen" 18 ? Oder können und müssen nicht doch rechtsphilosophische Überlegungen — egal, ob sich nun bisher Ökonomen zu wenig mit dem rechtsphilosophischen Gedankengut auseinandergesetzt haben (wie Rivlin behauptet) oder/und ob Rechtsphilosophen die Wirtschaftswissenschaften vernachlässigt haben (wie Tinbergen meint) —für die Ableitung von Normen eines F L A sowohl konstruktiv wie destruktiv einen wesentlichen Beitrag leisten? Die Auseinandersetzung mit dieser Frage anhand eines ausgewählten rechtsphilosophischen Konzepts ist die erste Problemstellung dieser Studie. Mit einer Analyse ausgewählter rechtsphilosophischer Überlegungen für eine normative Basis eines F L A kann die Suche nach den Anforderungen eines F L A jedoch nicht abgeschlossen sein, wenn diese rechtsphilosophischen Überlegungen den wirtschaftswissenschaftlichen „nur" vorgelagert sind: Hinzu kommen müssen wirtschaftswissenschaftliche Prinzipien eines effizienten 19 und effektiven 20 Mitteleinsatzes sowie Erfahrungsurteile über die Interessenlagen, Einkommens- und Belastungssituationen sowie Grenzen eines sozialstaatlichen Handelns. Auch diese Bereiche sprechen wir im Verlauf der Analyse an.
1.2 Ziel und Struktur der Studie Das Ziel der vorliegenden Studie ist es, Problemstellungen, Möglichkeiten und Grenzen einer sozial- und gesellschaftspolitischen Konzeption zur Verteilungsgerechtigkeit für familienbezogene Einkommensbeihilfen — den Familienlastenausgleich ( F L A ) — zu entwickeln. Die Auseinandersetzung mit den normativen Problemstellungen sowie normativen Grundlagen und Grenzen für einen F L A soll die Inhalte und Probleme von einer abstrakten Definition der Verteilungsgerechtigkeit bis hin zu verteilungspolitisch konkreten normativen Aussagen beschreiben. Mit der Erörterung grundlegender Prinzipien der Verteilungsgerechtigkeit knüpfen wir an die seit einiger Zeit wieder verstärkte Grundwertediskussion 21 an. Zur Erarbeitung eines
18 J. Tinbergen (1974), S. 80. Vgl. zum Bemühen von Tinbergen um Normen gerechter Einkommensverteilung auch J. Tinbergen (1977). 19 Effizienz: Verhältnis von Mitteleinsatz und Wirkung. 2(1 Effektivität: Zielerreichungsgrad. 21 Vgl. z. B. G. Billstein (1981); K. Brehmer (1979); Ο. N. Guariglia (1979); P. Krause (1981); D.Merten (1981); L. F. Neumann (1979); R. Spaemann (1977); J. Tinbergen (1977); C. Watrin (1976); R. Zippelius (1978).
26
: Problemstellung und Struktur der Studie
sozial- und gesellschaftspolitischen Anforderungskatalogs legen wir den Schwerpunkt auf die kritische Ethik von Leonard Nelson 22 . Entsprechend dem „subalternen Charakter" der Wirtschaftswissenschaften bei der Abgrenzung der normativen Grundlagen stellen wir die — im Hinblick auf Fragen der Sozial- und Familienpolitik — auswählende Beschreibung und Analyse des rechtsphilosophischen Konzepts von L. Nelson an den Anfang der Abteilung von Kriterien zu einem F L A (vgl. dazu und zu den weiteren Hauptarbeitsschritten der Studie Übersicht 1). Dieser erste Arbeitsschritt liefert die Informationsbasis für alle weiteren Überlegungen zum möglichen Beitrag und den Grenzen dieses normativen Konzepts für einen nach den Prinzipien der Verteilungsgerechtigkeit gestalteten F L A . Bei der Darstellung des normativen Konzepts von L. Nelson differenzieren wir entsprechend seiner Vorgehensweise zwischen formaler Rechtslehre, materialer Rechtslehre und Ideallehre (bzw. Theorie wahrer Interessen). In einem zweiten Arbeitsschritt führen wir eine Kritik von verschiedenen Prinzipien zur formalen Ausgestaltung sozial- und familienpolitischer Maßnahmen vor den Hintergrund des Gerechtigkeitskonzeptes von L. Nelson durch. Dabei vergleichen wir kritisch formale Inhalte der Rechts- und Ideallehre Nelsons mit ausgewählten sozial- und familienpolitischen Gestaltungsprinzipien, ohne schon einzelne Interessenannahmen, spezifische staatliche familienpolitische Maßnahmen oder reale Einkommensverteilungsstrukturen einzubeziehen. Zur Vervollständigung der Kriterien für einen F L A sprechen wir in einem dritten Arbeitsschritt ganz knapp Prinzipien einer effizienten und effektiven Koordination wirtschaftspolitischer Maßnahmen an. Mit dieser Zusammenfassung formal-technischer „Normen" einer rationalen Ziel-MaßnahmenWirkungskoordination werden keine Anforderungen zur Gerechtigkeit erfaßt, sondern „nur" wirtschaftswissenschaftliche Klugheitsregeln angesprochen. Da diese Kriterien ebenfalls eine (formale) Anforderung an den F L A und dessen Integration in die Gesellschaftspolitik beinhalten, werden sie — als Ergänzung normativer Anforderungen — knapp beschrieben (ohne jedoch damit die wirtschaftswissenschaftlichen theoretischen Grundlagen eines sozioökonomischen Optimums 23 „aufzurollen"). 22 Das Gedankengut von L. Nelson hat bisher — zu sozialwissenschaftlichen Fragen — nachhaltig insbesondere ζ. B. im Werk von G. Weisser und L. F. Neumann Beachtung gefunden (vgl. dazu Kapitel 3.1.2.). 23 Das sozioökonomische Optimum wird — mittels spezifischer Grenznutzenregeln, Nutzenindifferenzkurven, Funktionen zum volkswirtschaftlichen Güterangebot — durch Anforderungen an eine optimale Güterverteilung im Hinblick auf eine — und dies bedingt im wesentlichen den formalen Charakter dieser Betrachtungsweise — als bekannt angenommene bzw. hypothetische gesamtgesellschaftliche Präferenzfunktion definiert (vgl. dazu ζ. B. E. J. Mishan (1971); R. A. Musgrave, P. B. Musgrave, L. Kullmer(1978), Bd. 1, S. 53 ff.; P. A. Samuelson (1969)).
I
i
II
II
Quelle: Eigene Darstellung.
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Zur Kritik familienpolitischer Leistungen
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Ψ
Formal-rechtliche Kritik Beispiele zur formalKritik zur Materie des Rechts: Ausausgewählter familienpotechnischen Kritik an gewählte familienpolitische Leistungen litischer Leistungen der Koordination famiim Hinblick auf die Anforderungen eines (Kapitel 7.3.) lienpolitischer LeiPrinzips gerechter Entlohnung für spe—_——I stungen (Kapitel 7.0 zifische und hypothetische Interessenlagen (Kopitel 7.6. )
IM
Anforderungen, Möglichkeiten und Grenzen der Realisierung des normativen Konzeptes im Hinblick auf die ideal erforderlichen und empirisch verfügbaren Daten (Kapitel 6.16.3.)
Kritik ausgewählter Prinzipien zur formalen Ausgestaltung sozial- und familienpolitischer Maßnahmen (Kapitel Ö f f e n t l i c h e r
—
Anbieter
—
Monetär|r
> Einkommensminderung b e i H a u s h a l t e n / Individuen G e s t a l t u n g des
Ψ Positiver/negativer öf f e n t i i c h e r / p r i v a t e r , r e a l e r , monetärer Transfer
Privater monetärer/ realer Transfer Ö f f e n t l i c h e r monetär e r / r e a l e r Transfer -f
Kosten/Markt-
•> L e i s t u n g s a b g a b e m i t q u a n t i f i z i e r t e m Kosten/Marktpreis Übertragung der
Ψ Impliziter/expliziter . . . Transfer
—
Transfers:
T r a n s f e r s f l i e ß e n don Empfänger d i r e k t zu
V e r h ä l t n i s v o n Einkommenszuwachs o»minderung Transfer —
—
Überschuß d e s Einkommenszuwachses über e i n e minderung
ν Negativer ö f f e n t l . / privater realer/ monetärer Transfer 1 1 Impliziter Transfer
...
1
— •> E x p l i z i t e r Transfer 1 ι
Direkter Transfer —
...
...
Indirekter Transfer
...
1
•J
und
Überschuß d e r E i n k o m m e n s m i n d e r u n g über e i n e n Zuwachs
Quelle: Eigene Darstellung.
—
(intendierten)
•> T r a n s f e r s f l i e ß e n dem ( i n t e n d i e r t e n ) Empfänger m i t t e l b a r ü b e r D r i t t e zu
...
— ν Positiver öffentl./ privater realer Transfer j
Transfers:
Leistungsabgabe unter preis
Transfer
ml
Einkommenszuwachs b e i H a u s h a l t e n / Individuuen
Ö f f e n t l i c h e r monetärer realer Transfer
Transfer
— -> Realer T r a n s f e r (Realtransfer ) 1 J
Einkommenswirkung :
i P r i v a t e r monetärer, r e a l e r Transfer
Trans-
1
Leistung:
Als nicht-monetäre, d.h. immaterielle Leistung
Direkter
Begriff
—
Positiven NettoT r a n s f e r (= p o s . Transferkern) Negativer Nettot r a n s f e r (= neg. Transferkern)
126
Teil C: Probleme der Konkretisierung abstrakter Normen
nung auf das Geldeinkommens- und das Güterkonzept (als notwendige Vorstufe des Geldeinkommenskonzepts) zurückgegriffen. 18 Die Beschaffbarkeit der Daten und die Saldierbarkeit der realen und monetären Transfers in einer integrierten Verteilungsrechnung beider Transferarten ist dabei nur sehr eingeschränkt möglich.
18 Vgl. W.Asam (1978); K. D. Henke (1981); INIFES (1980); INIFES (1981); K. Mackscheidt (1978); M. Pfaff, W. Asam, E. Kistler, A. Netzler (1980).
Geldeinkommenskonezot
Nutzenkonzept
Güterkonzept
- Keine Leistungsbewertung aus der - Empirische Ermittlung der Nutzen- - Keine Addierbarkeit verschiedener Sicht der Nutzer Verteilung und des TransfervoluGüter und Dienstleistungen zu - Konzeptionelle Unterschiede zwimens*) einem Wohlfahrtsindikator sehen Markteinkommen und "staat- Nutzenaggregate informieren nicht - Konstruktion eines vollständigen lichem" Einkommen über Nutzendisparitäten bei einIndikatorenrahmens - Vernachlässigung nichtausgaben-/ zelnen Gütern -kostenunwirksamer Leistungen - Keine explizite Berechnung der Inzidenz der Vorhalteeffekte
- Leichte Beschaffbarkeit der Daten - Beurteilung und Wahrnehmung der - "Neutrale", wertfreie Bestimmung - Addierbarkeit von Markteinkommen Leistungen aus der Sicht der Nutdes Verteilungsvolumens und "staatlichem" Einkommen zer - keine Bewertungsinformation er- Saldierbarkeit von positiven und - Berücksichtigung tatsächlicher und forderlich negativen Einkommenstransfers potentieller Nutzung - Berücksichtigung aller Überwälzungsvorgänge - Berücksichtigung von Güterinterdependenzen
Quelle: A. Brunnbauer, R. Dennerlein, R. Hansen, A. Netzler (1981), S. 7.
Problembereiche
Vorteile
InzidenzIn monetären Größen anhand öffentliIn subjektiven Wohlfahrtseffekten In der Versorgung mit Gütern und Messung eher Ausgaben/Kosten für die Bürger Dienstleistungen
InzidenzMesskonzept
Übersicht 10: Vorteile und Problembereiche von Meßkonzepten realer Transfers
Kap. 6: Realisierungsmöglichkeiten des Entlohnungsprinzips 127
128
Teil C: Probleme der Konkretisierung abstrakter Normen
Kapitel 7
Veranschaulichung des normativen Konzepts: Struktur, Inhalte und Grenzen einer normativen Kritik am Beispiel des F L A 7.1 Bestandteile einer Kritik eines Familienlastenausgleichs Als normative Grundlage für eine Kritik eines F L A wurden bisher folgende Kriterien abgeleitet: — Formal-rechtliche Kriterien — Formal-technische Kriterien — Material-rechtliche Kriterien — Notwendige und vorhandene Inhalte der Ideallehre von Nelson. Neben diesen für eine Kritik des F L A relevanten Bereichen haben wir uns mit ausgewählten Problemen und Möglichkeiten bei der empirischen Messung der angesprochenen Variablen eines gerechten Entlohnungsprinzips auseinandergesetzt. Die weiteren Annahmen und Informationen zur realen Höhe und Verteilung der Interessen, Nutzen, Kosten und Einkommen, so, wie sie der Kritik des F L A zugrunde gelegt werden — die entsprechend den Annahmen und Abgrenzungen partiell und ζ. T. modellhaft bleiben muß — werden in den nachfolgenden Kapiteln im Rahmen der Kritik des F L A beschrieben.
7.2 Zu den wirtschaftlichen Hilfen fiir Familien Der Anwendungsgegenstand der bisher abgeleiteten Kriterien sollen ausgewählte wirtschaftliche Hilfen für Familien — der Familienlastenausgleich — sein. Aus dem Bereich des F L A wählen wir hauptsächlich folgende vier Transferarten für die nachfolgenden Betrachtungen aus: — Steuerliche Regelungen — Kindergeld — Wohngeld — Ausbildungsförderung (Bafög) 1 Damit kann aus forschungspraktischen Gründen, um den Aufwand in einem übersichtlichen und nicht zu spekulativen Rahmen zu halten — nur 1
Bafög: Bundesausbildungsförderungsgesetz
Kap. 7: Veranschaulichung des normativen Konzepts
129
ein kleiner Teil des FLA-Systems berücksichtigt werden. Um einen Eindruck vom System des F L A in der Bundesrepublik Deutschland und den in dieser Analyse berücksichtigenden FLA-Transfers und deren Ausgestaltung zu vermitteln, werden nachfolgend (vgl. Übersicht 11) Berechtigungsund Leistungskriterien sowie Transferbeträge von FLA-Leistungen beschrieben (ohne FLA-Leistungen der Länder, Gemeinden und sonstiger karitativer Träger). Zur Abgrenzung der FLA-Leistungen von anderen Transfers sind verschiedene Aspekte einzubeziehen: Das familiale Fördersystem kann sowohl Leistungen, die die wirtschaftliche wie auch die nicht-wirtschaftliche Funktionsfähigkeit der Familie beeinflussen können, umfassen. Der F L A bezieht sich auf die wirtschaftliche Situation der Familie, d. h. ihr Einkommen oder die Fähigkeit, Einkommen und Vermögen zu erwerben, zu sichern und zu verbessern. Zur funktionalen Abgrenzung von FLA-Leistungen in der Bundesrepublik Deutschland könnte ζ. B. entsprechend den Abgrenzungen im Sozialbudget vorgegangen werden. Im Sozialbudget der Bundesrepublik Deutschland wird die Funktion Familie ζ. T. jedoch sehr restriktiv interpretiert. Hingegen kann in einer weitesten Interpretation die Gesamtheit der wirtschaftlichen Maßnahmen, die Familien — im Vergleich zu ledigen Alleinstehenden — zufließen, als familiales Transfersystem des F L A bezeichnet werden. Diese Maßnahmen umfassen nicht nur monetäre Transfers, vielmehr müssen auch die realen Leistungen ζ. B. des Bildungs-, Gesundheitsund Kultursystems als Teil dieses Systems mitbetrachtet werden. Für die nachfolgende Übersicht wählen wir einen Mittelweg. Ζ. B. werden Leistungen im Bereich des Wohnungswesens unter familienpolitischen Leistungen erfaßt. Ebenso sind gewisse Leistungen, die in dem Sozailbudget den Funktionen Alter und Hinterbliebene (Waisenrenten) zugeordnet sind, und solche, die unter die Funktion Gesundheit fallen (unentgeltliche Mitversicherung von Familienangehörigen), nach unserer Interpretation auch als Teile des familialen Transfersystems zu verstehen. Kriterium der familialen Leistungen ist hier die Abhängigkeit der Transfers von der Zahl und dem Alter der Kinder im Haushalt. Aus unserer Übersicht ausgeschlossen bleiben die monetären Belastungen der Personen bzw. Haushalte, die durch die Finanzierung familialer Leistungen entstehen.
130
Teil C: Probleme der Konkretisierung abstrakter Normen
Übersicht 11: Leistungskriterien und Leistungsumfang von FLA-Transfers (1980-1982)
1.1. Kindergeld (1982)
Berechtigten-, Empfängerkreis, Lelstungskrlterlen
Höhe der Transfers Im Elnzelfall
Eltern von Kindern
1980:
- bis zum vollendeten 16. Lebensjahr;
5 0 , - DM für das 1. Kind 1 0 0 , - DM für das 2. Kind 200,— DM für jedes weitere Kind
- bis zum 18. Lebensjahr, wenn die Kinder nach dem Schulabgang keinen Arbeltsplatz finden oder eine Berufsausbildung nicht begonnen werden kann und sie der Berufsberatung des Arbeitsamtes als B e w e r ber um eine berufliche Ausblldungsstetle gemeldet sind oder nach Berufsberatung der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehen sowie nicht mehr als 2