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German Pages 940 Year 2013
Karl Philipp Moritz Smtliche Werke ——— Band 6
Karl Philipp Moritz Smtliche Werke Kritische und kommentierte Ausgabe Herausgegeben von Anneliese Klingenberg, Albert Meier, Conrad Wiedemann und Christof Wingertszahn
Band 6
De Gruyter
Karl Philipp Moritz Schriften zur Pdagogik und Freimaurerei Herausgegeben von Jrgen Jahnke
De Gruyter
Kritische und kommentierte Moritz-Ausgabe gefçrdert von der Hamburger Stiftung zur Fçrderung von Wissenschaft und Kultur und der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften Gedruckt mit Untersttzung der Deutschen Forschungsgemeinschaft
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet ber http://dnb.dnb.de abrufbar. ISBN 978-3-484-15700-2 (Gesamtwerk) ISBN 978-3-11-023471-8 (Band 6) eISBN 978-3-11-026196-7 2013 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Satz: pagina GmbH, Tbingen Druck und Buchbinder: Hubert & Co., Gçttingen
¥ Gedruckt auf surefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com
Inhaltsverzeichnis Texte Pädagogische Schriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Unterhaltungen mit meinen Schülern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Des Magisters und Conrectors Carl Philip Moritz Anrede an die Versammlung 〈im Grauen Kloster zu Berlin〉 . . . . . . . . . . . . . . Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik welche auch zum Theil für Lehrer und Denker geschrieben ist . . . . . . . . . . . . . . Neues A. B. C. Buch welches zugleich eine Anleitung zum Denken für Kinder enthält . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lesebuch für Kinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Freimaurerische Schriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 3 141 143 233 251
Die große Loge oder der Freimaurer mit Wage und Senkblei . . .
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Kleine Schriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Dankbarkeit gegen Gott erhöhet unsre Freuden auf Erden . . Giebt es eine reine Uneigennützigkeit? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Kommentar Benutzungshinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zu diesem Band . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Abkürzungen im edierten Text . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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3. 4. 5. 6.
Inhaltsverzeichnis Editorische Abkürzungen und Zeichen Allgemeine Abkürzungen . . . . . . . . . Abgekürzt zitierte Werke von Moritz . Abgekürzt zitierte Literatur . . . . . . . .
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Pädagogische Schriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Überblickskommentar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Dokumente zu Karl Philipp Moritz’ Lehrerlaufbahn (1778–1786) . . .
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Unterhaltungen mit meinen Schülern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Überlieferung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Überblickskommentar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Texte im einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Des Magisters und Conrectors Carl Philip Moritz Anrede an die Versammlung 〈im Grauen Kloster zu Berlin〉 . . . . . . . . . . . . . . Überlieferung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Überblickskommentar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stellenerläuterungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik welche auch zum Theil für Lehrer und Denker geschrieben ist . . . . . . . . . . . . . . Überlieferung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Überblickskommentar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stellenerläuterungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Neues A. B. C. Buch welches zugleich eine Anleitung zum Denken für Kinder enthält . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Überlieferung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Überblickskommentar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stellenerläuterungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Lesebuch für Kinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Überlieferung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Überblickskommentar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Texte im einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stellenerläuterungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhaltsverzeichnis
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Freimaurerische Schriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Freimaurerei im 18. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dokumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dokumente zu Karl Philipp Moritz’ Mitgliedschaft in der Loge »Zur Beständigkeit« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mitgliederverzeichnis der Loge »Zur Beständigkeit« . . . . . . . . . . . . . .
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Die große Loge oder der Freimaurer mit Wage und Senkblei . . . Überlieferung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Überblickskommentar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Texte im einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Kleine Schriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Die Dankbarkeit gegen Gott erhöhet unsre Freuden auf Erden . . Überlieferung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Überblickskommentar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stellenerläuterungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Giebt es eine reine Uneigennützigkeit? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Überlieferung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Überblickskommentar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Pädagogische Schriften
Unterhaltungen mit meinen Schülern.
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Von M. Carl Philipp Moritz, Conrector am grauen Kloster zu Berlin. Erstes Bändchen. Berlin, 1780. Gedruckt und verlegt von Christ. Sigism. Spener.
Seiner Excellenz dem Königlichen Höchstbestellten geheimen Staats- und Justitz-Minister 5
Herrn Freiherrn von Zedlitz unterthänigst gewidmet von
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dem Verfasser.
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Pädagogische Schriften
Vorbericht. Diese Unterhaltungen, die bisher stückweise herausgekommen, sind die Resultate der Unterredungen, welche ich wirklich mit meinen Schülern gehalten habe. Schon im May des vorigen Jahres ließ ich das erste Stück auf meine Kosten drucken: die gute Aufnahme desselben, und der wirkliche Nutzen, den ich, bei meinen Schülern, davon bemerkte, bewogen mich, dis Unternehmen fortzusetzen, und zwar auf die Weise, daß monathlich zwei Bogen, in einem blauen Umschlage, herauskommen sollten, bis es ein ganzer Jahrgang würde, der alsdann könnte zusammengebunden werden. Ich gab aber diese Schrift, schon bei dem zweiten Stück, dem Buchdrucker S p e n e r in Verlag, welcher, bis ietzt, die einzelnen Stücke, blos hier in Berlin, ausgegeben hat, bis sie zu einem Bändchen würden angewachsen seyn, und alsdann erst füglich auswärtig versandt werden könnten. Dies ist nunmehro geschehn, und wenn dies erste Bändchen den Beifall finden sollte, welchen die einzelnen Stücke gefunden ha-ben, so werde ich diese Arbeit fortsetzen, welcher ich, so wie meine eigne Erfahrung beim Unterricht zunimmt, immer mehrere Vollkommenheit werde zu geben suchen. Ich hoffe dies um so viel eher leisten zu können, weil ich von demienigen, was ich niedergeschrieben habe, allemal, ehe ich es drukken lasse, an meinen Schülern selbst, zuerst die Probe machen kann, ob es ihrem Fassungsvermögen angemessen ist, oder nicht, und es mir also um desto leichter seyn muß, zu untersuchen, ob sich irgendwo noch Fehler der Undeutlichkeit eingeschlichen haben. Weil aber meine Schüler in ziemlicher Anzahl, und zugleich von sehr verschiedenem Alter, Erziehung und Fähigkeiten sind, so zweifle ich nicht, wenn ich es erst dahin werde gebracht haben, meinen Unterricht für alle diese anpassend zu machen, daß, er es auch überhaupt für Kinder seyn wird, die etwa diese Unterhaltungen lesen möchten. Meine Ab-
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sicht, bei der Herausgabe des ersten Stücks, wird man aus folgender Zuschrift an meine Schüler sehen, welche dem ersten Stück vorgedruckt wurde: »Euch, meine iungen Freunde, widme ich diese Blätter. Sie enthalten das, worüber ich mich schon oft mit euch unterredet habe, und was ich immer eurem Herzen wichtig zu machen suchte, wie ihr schon ietzt den Anfang dazu machen sollt, dereinst gute und rechtschaffne Menschen zu werden. Ich wünschte, daß ihr das, was wir hierüber gesprochen haben, nicht sobald wieder vergessen, und euch, wenn ihr dieses leset, an unsre gehabten Unterredungen, und an eure damaligen Entschließungen wieder erinnern möchtet, um aufs neue gute Vorsätze zu fassen, und sie auch ins Werk zu richten. Wenn ihr das thut, so habe ich meine Absicht erreicht, und ihr werdet mir dadurch den besten Beweis eurer Liebe geben.« Folgende Erinnerung an meine Schüler, ließ ich auf dem blauen Umschlage des dritten Stücks abdrucken, und füge sie hiermit bei, weil man auch daraus auf das zweckmäßige dieser Arbeit, in Absicht auf meine Schüler schließen kann. »Ehe ihr anfangt dieses Stück zu lesen, erinnert euch ia an den Endzweck, wozu ihr dieses Buch gebrauchen sollt. Ihr müßt es nehmlich in keiner andern Absicht lesen, als um dasienige, was ihr Nützliches darinn findet, und wovon ihr selbst einsehet, daß es euch gut ist, sogleich in Ausübung zu bringen. Leset es also nicht eher, bis ihr euch vorher entschlossen habt, gute Menschen zu werden, und wenn ihr dann bei euch bemerket, daß ihr dazu eine rechte Begierde habt, so sehet zu, ob ihr in diesem Buche vielleicht etwas finden werdet, daß euch zu eurem Endzweck nützlich seyn kann. Wenn ihr dann auf eine Anweisung oder auf eine Ermahnung stoßt, die so recht auf euch paßt, so merkt euch dieselbe, und ruhet nicht eher, bis ihr sagen könnt, daß ihr sie wirklich in Ausübung gebracht habt. Wenn ich also sehe, daß ihr in euren Lehrstunden fleißiger und aufmerksamer werdet, wenn ich von euch höre, daß ihr euren Eltern und Vorgesetzten gehorsamer seyd, und daß ihr euch gegen eure Geschwister immer gefälliger und gütiger betragt, wenn ich erfahre, daß ihr anfangt, euch immer mehr zur Ordnung zu gewöhnen, und daß ihr insbesondre bei allen euren Handlungen öfter
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an Gott denkt, und fleißiger zu ihm betet; dann will ich mich darüber freuen, daß meine Arbeit nicht vergebens gewesen ist. Und ich hoffe, Kinder, daß sie nicht vergebens seyn soll. Ihr alle, die ihr meine Schüler seyd, kennet mich, und wisset, daß ich es gut mit euch meine, warum wolltet ihr also nicht einen freundschaftlichen Rath annehmen, den ich euch aus gutem Herzen ertheile, und wovon ich, aus eigner Erfahrung, versichert bin, daß er euch heilsam ist. Kinder! ich will euch den Weg zur Glückseeligkeit zeigen, den ich mich selbst zu wandeln bestrebe. Ich finde, daß uns nichts in der Welt glücklich und zufrieden machen kann, als wenn wir, zu ieder Zeit, so viel Gutes thun, wie wir nur können, und dabei unser Vertrauen auf Gott setzen. Nun wünschte ich, daß ihr auch glücklich und zufrieden seyn möchtet, darum wollte ich euch gerne den Weg dazu zeigen, und euch sagen, wie ihr am meisten Gutes thun, und am besten auf Gott vertrauen könnt. Ihr findet in diesem Stücke noch eine Abhandlung vom rechten Gebrauch der Zeit; ihr werdet euch dabei an dasienige erinnern, was ich euch schon mehrmals über diesen wichtigen Punkt gesagt habe. Zeigt mir also ferner durch euren Fleiß, und durch eur gutes Betragen, daß meine Unterweisungen bei euch nicht ohne Nutzen gewesen sind. Einigen unter euch gebe ich ietzt das rühmliche Zeugniß, daß sie meine Bemühungen durch ihren Fleiß und durch ihre gute Aufführung belohnet haben, einem ieden unter euch, der dieses lieset, wird sein eignes Herz sagen, ob er zu der Anzahl derselben gehöre, oder nicht.« Die Anrede S. 117 habe ich deswegen in diese Unterhaltungen mit eingerückt, damit man daraus ebenfalls meine Absicht sehen, und aus dem übrigen desto besser beurtheilen könne, in wieferne ich dieselbe erreicht habe. Die Aufsätze in diesem Bändchen kann man bisher noch alle, als Beiträge zur Kindermoral betrachten, ausgenommen den einen, v o n d e r S p r a c h e , welchen ich als einen Versuch einer Kindergrammatik mit eingerückt habe, worinn zugleich die allersimpelste Kinderlogik mit enthalten wäre. Sollte mein Unternehmen Beifall finden, so werde ich mich, noch in der Folge, über die verschiedenen Gegenstände ausbreiten, welche ich bei meinem öffentlichen Unterricht zu bearbeiten habe: Diese sind Re-
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ligionsunterricht, deutscher Briefstiel, lateinische und deutsche Sprachlehre, und Dichtkunst. Der Religionsunterricht lag mir zu sehr am Herzen, als daß ich mich sobald hätte davon losreißen können, da ich immer das Wichtigste, was ich davon zu sagen hatte, gerne zuerst sagen wollte. Damit habe ich also in diesem Bändchen den Anfang gemacht, und würde mich freuen, wenn es mir gelungen wäre, einigermassen die natürliche Sprache des Herzens zu treffen. Schließlich muß ich noch erinnern, daß die S p a t z i e r g ä n g e, welche zu einigen Betrachtungen die erste Veranlassung gaben, nicht erdichtet, sondern wirklich in verschiedne Gegenden um Berlin, von mir und meinen Schülern, gemacht sind.
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Pädagogische Schriften
Inhalt. E r s t e s S t ü c k . An meine jungen Leser, die nicht meine Schüler sind. Von der Liebe zu Gott. Bei einem Spatziergange im Frühlinge.
S.
1 〈12〉 5 〈13〉 5
Z w e i t e s S t ü c k . Vom Vertrauen auf Gott. Nach einem Gewitter.
33 〈26〉
D r i t t e s S t ü c k . Fortsetzung des Vorigen. Vom rechten Gebrauch der Zeit.
63 〈41〉 80 〈48〉
V i e r t e s S t ü c k . Fortsetzung des Vorigen. Vom Tode. Bei einem Spatziergange im Herbst.
101 〈59〉 111 〈64〉
F ü n f t e s S t ü c k . Anrede beim Antritt meines Lehramts an der Schule im grauen Kloster. Im Jahr 1778. Vom Widerwillen gegen das Gute. Von guten Vorsätzen.
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S e c h s t e s S t ü c k . Die Schöpfungsfeier. Bei einem Spatziergange des Morgens. Der Kaufmann und seine vier Söhne, oder, vom rechten Gebrauch der zeitlichen Güter. S i e b e n t e s S t ü c k . Fortsetzung des Vorigen. Vom Ebenbilde Gottes. Bei einem Spatziergange im Sommer. Von der Sprache.
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A c h t e s S t ü c k . Beschluß des Vorigen. Von den Eigenschaften Gottes. Bei einem Spatziergange in der Aehrenzeit. Der Uebergang vom Guten zum Bösen.
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Pädagogische Schriften
An meine iungen Leser, die nicht meine Schüler sind. Gern möcht’ ich, wenn es möglich wäre, mit meinen auswärtigen jungen Lesern eben so bekannt seyn, wie ich es mit meinen Schülern bin, mit denen ich an einem Orte wohne! Es giebt aber so viele tausend Menschen in der Welt, und unter allen diesen sind doch immer nur so wenige, die wir kennen, und die uns wieder kennen. – Wie würde ich mich freuen, wenn ich durch dieses Buch mit euch, meine Lieben, näher bekannt würde, und euch mein Herz eröfnen könnte, ob ich euch gleich, noch nie gesehen und gesprochen habe: ich hoffe, daß dies geschehen soll, wenn ihr erst anfangen werdet, dieses Buch zu lesen, worinn ich mich mit euch unterhalten werde, als ob wir bei einander wären, und uns schon lange gekannt hätten. Seyd mir also willkommen, zu unsern freundschaftlichen Spatziergängen, und zu unsern vertraulichen Gesprächen! Folgt mir, in Gedanken, allenthalben nach, wohin ich euch führen werde: und ich will euch in die freie, offne Natur hinführen, um euch den Gott kennen zu lehren, der euch, von eurer frühsten Kindheit an, so viel Gutes erzeigt hat; um euch zur Frömmigkeit, zum Fleiß, zum Gehorsam, und zu einer wahren, unschuldigen Frölichkeit zu ermuntern, und eine innige Liebe gegen Gott, und gegen euren Bruder, in euren Herzen zu erwecken. Wenn ihr dieses leset, so stellt euch vor, ihr wandeltet mit mir, im Frühlinge, über die blumigte Wiese, oder im Sommer, durch die reiffenden Saaten, oder im Herbst, unter den entblätterten Bäumen; wenn ich euch dann sagen werde, wie ihr es machen müßt, um vergnügt und glücklich zu seyn, o dann schenkt mir eure Aufmerksamkeit, und laßt die Lehren in euren Herzen Eingang finden, die ich euch nicht aufdringen darf, weil ihr ihren Nutzen von selber schon einsehen werdet, sobald ihr nur einigermaßen eure Gedanken darauf richten wollt! Durch diese Lehren kann ich nun zwar nichts weiter, als gute Gedanken in euch erwecken; aber aus diesen guten Gedanken können auch, in der Folge, gute Handlungen entstehen, wenn ihr dieselben in euren Herzen aufbewahret. Ein guter Gedanke in der Seele des Menschen ist mehr werth, als Gold und Edelgesteine, wenn
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er nur stark genug ist, um zur Ausübung gebracht zu werden, ist er aber das nicht, so verliert er seinen ganzen Werth, und gleicht einem Edelgesteine, der im tiefsten Meere versunken läge, und also keinem Menschen nützlich würde. Sollte daher, bei Lesung dieses Buchs, ein guter Vorsatz in euch entstehen, daß ihr z. B. fleißiger oder gehorsamer werden wolltet, als ihr es bis ietzt vielleicht noch gewesen seyd, o so bringt diesen Vorsatz sogleich in Ausübung, und laßt ihm ia nicht Zeit, daß er wieder erkalten kann! Das ist es, meine Lieben, was ich euch vorher sagen wollte, ehe ihr noch anfangt, dieses Buch zu lesen. Ihr kennt mich nun in so fern, daß ihr meine Absicht wißt: ich wollte nehmlich gute Gedanken und gute Vorsätze in euren Herzen zu erwecken suchen, die so stark wären, daß ihr dieselben gleich, oder doch bei der ersten Gelegenheit, in Ausübung brächtet: ich wollte gerne etwas dazu beitragen, daß ihr ietzt schon fromme und gehorsame Kinder, und dereinst gute und rechtschaffne Menschen würdet: daß ihr das werden möget, ist mein innigster Wunsch, worinn ich euch alle insgesammt und einen ieden einzelnen unter euch, von ganzem Herzen einschließe.
Von der Liebe zu Gott. 20
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Bei einem Spaziergange im Frühlinge. Es ist ein schöner Tag – die ganze Natur scheint uns zu einem angenehmen Spatziergange einzuladen – Seht, wie die Bäume grünen, und wie alles nach dem gestrigen Regen sich erquickt hat – Die Luft ist so milde, und die ganze Erde duftet uns Wohlgerüche entgegen – Kommt mit mir, Kinder, und lasset uns gemeinschaftlich das süße Vergnügen genießen, Gottes Wohlthaten zu betrachten! – O laßt uns Freunde seyn, und so lange wie wir noch beisammen sind, unser Leben recht zu nutzen suchen – Wir wissen ia nicht, wie bald der Tod uns trennen kann – Hier wollen wir auf diesen Hügel gehen, und von da die Gegend überschauen – Lagert euch auf den grünen Rasen um mich her, und ich will euch mein ganzes Herz eröfnen, will mit euch
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reden, wie ein Freund mit seinen Freunden spricht, und die süßen Empfindungen der Liebe und Dankbarkeit gegen Gott in euren Seelen zu erwecken suchen! – Seht, diesen Gott, der die Erde nun aufs neue wieder mit iungem Grün bekleidet, und die Bäume mit Laub gezieret hat, der uns ietzt diese sanfte Frühlingsluft einathmen läßt, diesen Gott möcht’ ich euch gerne lieben lehren. Ihr könnt von diesem Hügel die Stadt übersehen, wo eure Eltern wohnen, die euch Nahrung, Kleider und Obdach geben – Jezt seyd ihr alle so vergnügt, weil ein ieder unter euch weiß, wo er nach vollbrachtem Spatziergange hingehen kann, und wo sein Tisch schon gedeckt und sein Lager schon bereitet ist – Aber stellt euch einmal vor, wenn wir alle eben so wie iezt hier versamm- let wären, und es wäre eben so ein schöner Tag wie heute, ihr hättet aber in der großen Stadt, die da vor euch liegt, keinen Freund, keinen Menschen, zu dem ihr eure Zuflucht nehmen könntet, und wüßtet nicht, wo ihr ein Obdach finden solltet, um euch die Nacht über vor der Kälte und vor dem Regen zu schützen – Wie sehr würde das eure gegenwärtige Freude verbittern! wenn dann der Tag auch noch so schön wäre, so würdet ihr doch bekümmert und traurig seyn, weil ihr nicht wüßtet, wo ihr die Nacht zubringen solltet – Nun aber hat euch Gott in dieser Stadt eure Eltern und Freunde gegeben, zu denen ihr sicher eure Zuflucht nehmen, und unter allen übrigen Menschen die beste Aufnahme von ihnen erwarten könnt – Gott wußte es wohl, daß ihr noch schwache hülflose Geschöpfe seyd, und wenn ihr allein und euch selbst überlassen wäret, euch eure nothwendigsten Bedürfnisse nicht würdet verschaffen können, deswegen bestimmte er, unter allen übrigen Menschen, eure Eltern und Freunde zu euren Beschützern, und flößte ihnen eine Liebe und Zuneigung gegen euch ein, welche sie beständig antreibt, für eure Wohlfahrt und für eur Glück zu sorgen. – Seht, dieser Gott muß es doch also wohl recht gut mit euch meinen? – Wenn ihr so diese Stadt ansehet, und euch an manchen frohen Tag erinnert, den ihr schon darinn zugebracht habt; wenn ihr in eur vergangnes Leben zurück schauet, und an so manches Vergnügen denkt, daß ihr schon genossen habt; wenn ihr das alles so betrachtet,
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was Gott euch noch täglich für Wohlthaten erzeigt; wie er euch gesund erhält, wie er euch Nahrung und Kleider giebt, und alles, was ihr bedürfet, und wie er euch überdem noch so manche Freude gewährt; wenn ihr das bedenkt, so könnt ihr gewiß nicht mehr zweifeln, daß dieser Gott euch recht sehr lieb haben müsse. Denkt einmal zurück, wie manche vergnügte Stunde ihr wohl schon in eurem Leben gehabt habt? Wie oft ihr euch gefreuet habt, wenn ihr von euren Eltern oder von euren Freunden ein angenehmes Geschenk erhieltet, oder wenn sie euch durch ein aufmunterndes Lob ihre Zufriedenheit zu erkennen gaben? Wie oft ihr vergnügt gewesen seyd, wenn es lange regnigt und trübe gewesen war, und nun zum erstenmale die Sonne wieder schien, und der Himmel sich aufklärte? Wie oft ihr frölich waret, wenn ihr am Morgen aufwachtet, und euch noch gesund und munter fühltet! – Seht, und alle diese Freuden, die ihr nun schon genossen habt, könnt ihr doch Gott nur ganz allein verdanken: wenn euch dieser gute Gott nicht erschaffen hätte, so hättet ihr euch über kein Geschenk von euren Eltern freuen können, ihr hättet nie die Sonne gesehen, ihr wäret nie des Morgens zu einem frohen Tag’ erwacht, und würdet itzt auch diese sanfte Frühlingsluft nicht einathmen können – Und doch stand es bei Gott allein, ob er euch das Daseyn geben wollte oder nicht – und eben so steht es auch bei ihm allein, ob er es euch erhalten will oder nicht – Gebt einmal auf euren Mund acht, so werdet ihr bemerken, daß ihr durch denselben alle Augenblicke Athem schöpfen müßt; die Luft, welche ihr dadurch einziehet, wird von eurer Lunge aufgefaßt, wo sie das Blut in eine beständige Bewegung setzt, daß es sich von da in alle eure Adern ergießt, und Leben und Wirksamkeit durch eure Glieder verbreitet: Bedenkt einmal, wenn uns Gott nur einen Augenblick diese Luft entzöge, so würde unser Blut plötzlich stille stehen, und wir würden aufhören zu leben – Haben wir also nicht, von einem Augenblick zum andern, die Erhaltung unsres Daseyns dem Gott zu verdanken, der diese Luft um uns her verbreitet hat, woraus wir mit iedem Athemzuge neue Kraft zum Leben schöpfen? – Gott könnte euch alle in einem Augenblick vergehen lassen, aber er will, daß ihr euch noch
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länger auf dieser schönen Erde freuen, noch länger diese Sonne sehen, und euren Eltern und Wohlthätern noch länger Freude machen sollt, darum erhält er euch so liebreich euer Leben, von einem Augenblick zum andern. – Bedenkt einmal recht, was für ein großes Geschenk Gottes schon unser Daseyn ist – Wenn wir auch nur eine einzige Stunde da wären, so hätten wir doch schon unendlich mehr Freude genossen, als wenn wir gar niemals da gewesen wären; wir hätten doch die Sonne und diese schöne Welt gesehen, wir hätten doch den Gesang der Lerche gehört, und diese angenehme Frühlingsluft eingeathmet, wir hätten uns selbst gefühlt, und uns eine Stunde lang unsres Lebens gefreuet – und schon diese einzige Stunde wäre ein unverdientes Geschenk unsres Gottes, dem wir nichts zuvor geben konnten, ehe er uns unser Daseyn gab, und dem wir auch itzt noch nichts vergelten können, weil wir alles, was wir besitzen, ihm allein zu verdanken haben – Ist aber eine einzige frohe Stunde schon ein so großes Geschenk Gottes, so bedenkt einmal, wie manche frohe Stunde euch Gott schon in eurem ganzen Leben gewährt hat! – Und so gut ist Gott, daß er euch die Verheißung giebt, ihr sollt ewig seyn, ihr sollt dieß Daseyn, daß er euch einmal gegeben hat, nie wieder verlieren, und wenn ihr gleich früh sterben solltet, so will er euch aus euren Gräbern auferwecken, und ihr sollt dann diese Sonne, und diese Erde, und alle eure Freunde, verklärt und verschönert wieder sehen. – Und wie viele Veranstaltungen hat Gott nicht zur Erhaltung unsres Lebens hier auf Erden gemacht! – Ihr seht hier vor euch die aufkeimende Saat – Hier hat Gott schon für unsern künftigen Hunger und für die Erhaltung unsres Lebens in diesem Jahre gesorgt, und läßt für so viele tausend Menschen ihre Nahrung aus der Erde wachsen – Wenn Gott einmal einen Sommer nicht regnen ließe, so würde diese schöne Saat, und alles grüne Gras verdorren, und Menschen und Thiere würden verschmachten, nun aber hat er erst noch gestern regnen lassen, daß die Saat auf dem Felde, und das Laub auf den Bäumen sich erquickt hat – – Dort seht ihr eine Windmühle, wo das Korn, das im vorigen Jahre gewachsen ist, zermalmet und zu einem
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kräftigen Mehle gemacht wird, woraus wir unser Brod backen – So weit euer Auge reichen kann, seht ihr lauter grüne Felder, wo wieder neues Korn wächst, und in der Ferne seht ihr Dörfer, wo die Leute wohnen, die diese Felder umpflügen und bearbeiten, das Korn hineinsäen, und wenn es reif geworden ist, mit ihren Sensen abmähen, worauf sie es denn in Garben binden und in ihre Scheuren bringen, da sie es dreschen, daß die Körner aus den Aehren fallen, die sie alsdenn zum Verkauf in die Stadt bringen, damit sie gemahlen, und für uns Brodt daraus gebacken werde – Wenn es also nicht viele solche kleine Dörfer gäbe, wie ihr da seht, so würde auch diese große Stadt, die hier vor uns liegt, nicht lange bestehen können, weil es ihren Einwohnern, die das Feld nicht bauen, an Brodt mangeln würde – Aber seht, so liebreich hat Gott für unsre Bedürfnisse gesorgt, daß es uns nunmehro an nichts fehlt, daß wir die Früchte des Feldes genießen, ohne daß wir selbst das Feld pflügen dürfen, daß wir in Häusern wohnen, ohne daß wir sie selbst bauen dürfen – Nun müßt ihr aber darauf denken, daß ihr in eurer Jugend etwas lernet, wodurch ihr denen Leuten, die das Feld für euch pflügen, und die Häuser für euch bauen, und euch durch die Arbeit ihrer Hände tausend Bequemlichkeiten des Lebens verschaffen, einmal wieder nützlich werden könnet. – Wir sprachen von der Liebe Gottes gegen uns Menschen – Mich deucht von dieser Liebe Gottes müßt ihr nun schon weit stärker gerührt werden, wenn ihr diese Stadt, wo ihr so viel gutes genießt, und in der Ferne iene Dörfer, und diese aufkeimende Saat vor euch seht, und dabei an unsre gegenwärtige Betrachtung denkt. – Wie groß ist diese Stadt mit allen ihren Häusern und ihren Thürmen, wie ausgebreitet sind diese Felder, wie entfernt sind iene Dörfer, und wie weit ist der Himmel über uns ausgedehnt, und doch bildet sich dieß alles auf einmal in unserm Auge ab, und stellt uns ein Gemählde dar, das kein Mahler so schön verfertigen kann; wie gut muß uns der Gott seyn, der uns ein solches Auge gegeben hat, in welchem sich die ganze Natur so schön abbilden kann! – Hoch in der Luft hört ihr die Lerche singen, ob ihr sie gleich nicht sehen könnt; wie gut muß uns der Gott seyn, der uns das Gehör und die Sprache
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gegeben hat, wodurch wir uns wechselsweise unsre Gedanken erklären, und uns von seiner Liebe miteinander unterreden können! Wenn ihr im Walde spatzieren geht, und lauscht dem angenehmen Gesange der Vögel zu, oder wenn ihr eine schöne Musik hört, wird da nicht oft euer ganzes Herz bewegt? O seht, wie gut muß uns der Gott seyn, der uns einen solchen Sinn gegeben hat, durch den wir so viel Vergnügen empfinden können! – Wie angenehm duftet itzt das Veilchen, und wie süß schmeckt die Erdbeere, die ihr im Sommer pflückt; wie gut muß uns der Gott seyn, der uns den Geruch und Geschmack gab, damit wir den Duft des Veilchens, und die Süßigkeit der Erdbeere empfinden könnten! Und dieser Gott umgiebt uns allenthalben – er ist auch hier nahe bei uns, er weiß es, daß wir uns itzt von seiner Liebe unterreden, und freuet sich über uns, er hat es auch iezt schon beschlossen, wie er uns recht glücklich machen, und uns in der Zukunft noch so manche Freude gewähren will – Entsteht nun nicht der Wunsch in eurer Seele: Möcht’ ich doch diesem Gott seine Liebe vergelten können! – vergelten kann ich sie ihm nicht, ich will mich aber bestreben, ihn wieder zu lieben, so sehr ich kann! – O wenn ihr das thun wollt, so will ich euch sagen, wie ihr eine wahre Liebe gegen Gott in euren Seelen erwecken und unterhalten, und wodurch ihr dieselbe an den Tag legen könnet. – Denkt oft an Gott, wenn eine wahre Liebe gegen ihn in eurer Seele entstehen soll! Wenn ihr des Morgens erwacht, so laßt das euren ersten Gedanken seyn, daß euch Gott diesen Tag geschenkt hat, an dem ihr viel Freude genießen könnt, wenn ihr fromm und fleißig seid: Dann nehmt euch vor, euch den ganzen Tag über recht oft an Gott zu erinnern, ie öfterer ihr an ihn denkt, destomehr wird eure Liebe gegen ihn zunehmen – und dieß kann euch ia unmöglich schwer fallen, weil euch alles an ihn erinnert – wohin ihr nur euer Auge richtet, da seht ihr Spuren seiner Liebe – Er ist es ia, der die Sonne so schön über uns aufgehen läßt; Er ist es, der euch eure Eltern gegeben hat, von denen ihr alle eure Bedürfnisse empfangt, bis ihr selbst erst etwas nützliches gelernet habt, wodurch ihr euch dieselben
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erwerben könnet; Er gab dem Schaafe die Wolle, woraus eure Kleider gemacht sind, die ihr anziehet, und ließ das Korn aus der Erde wachsen, woraus das Brodt gebacken wird, das ihr esset – O denkt an den gütigen Geber, so oft ihr eine Gabe von ihm genießt! Und wenn euch eure Eltern etwas schenken, oder euch sonst einen Beweis ihrer Liebe geben, so freuet euch über das Geschenk, das ihr von euren Eltern erhieltet, vergeßt aber auch nicht dabei, an den Gott zu denken, der euch diese guten Eltern gab! Denkt an ihn, bei euren unschuldigen Spielen, und freuet euch, daß Gott euch Gesundheit und frohen Muth gab, und daß er es euch vergönnet so vergnügt zu seyn! Denkt an ihn, so oft ihr eine wohlschmeckende Frucht genießt, und sprecht, wie sehr muß Gott seine Menschen lieben, daß er solche angenehme Früchte für sie wachsen und reif werden ließ, und ihnen einen so reitzenden Geschmack verlieh! Denkt an Gott, so oft ihr in einen Garten geht, und euch an den mannichfaltigen Farben, und an dem süßen Geruch der Blumen ergötzt, und sprecht, wie gut muß doch Gott dem Menschen seyn, daß er diese Blumen so schön gefärbt, und ihnen einen so angenehmen Geruch verliehen hat, daß unsre Sinne sich daran weiden können! Denkt an Gott, so oft ihr eine schöne Musik hört, oder ein schönes Gemählde seht! Denkt an ihn, so oft ihr euch über etwas freuet, und sprecht, wie gut muß Gott mir seyn, der mich so geschaffen hat, daß ich mich über so viele Dinge in der Welt freuen kann! – Seht, wenn ihr das thut, so muß nach und nach eine immer stärkere Liebe gegen Gott in eurer Seele entstehen – Ihr müßt euch also von heute an vornehmen, daß ihr euch beim Genuß einer ieden Gabe Gottes allemal an den gütigen Geber derselben erinnern wollt! Am Morgen wenn ihr aufwacht müßt ihr sagen, heute will ich recht oft an Gott gedenken! und am Abend, wenn ihr euch niederlegt, müßt ihr euch fragen, ob ihr es auch gethan habt, und beten: Vergieb es mir, o Gott, daß ich nicht so oft an dich gedacht habe, wie ich es hätte thun sollen; ich habe heute so viel Gutes von dir genossen, und habe so oft vergessen, mich deiner dabei zu erinnern! – – Wenn ihr euch so gewöhnt an Gott zu denken, so wird es euch nach und nach immer
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leichter werden, und ihr werdet zuletzt in diesem Gedanken ein unbeschreibliches Vergnügen finden – Denn warum sollte ich nicht gern an meinen besten Wohlthäter denken? – Nicht wahr, ihr erinnert euch allemal mit Vergnügen an eure Eltern und an eure Freunde, und beschäftiget zuweilen eure Gedanken mit ihnen, wenn ihr sie gleich nicht sehet? – Nun ist aber Gott unser bester Freund, und giebt uns mehr, als unsre Eltern, und alle Menschen auf Erden uns geben können – Warum sollten wir denn nicht mit Vergnügen an unsern besten Freund, an unsern himmlischen Vater gedenken, und uns darüber freuen, daß er unser Freund und Vater ist? – Ein iedes Vergnügen, das ihr genießt, muß euch nun doppelt angenehm seyn, weil ihr es als einen Beweiß der göttlichen Liebe ansehen könnt – Weit angenehmer muß euch nun ein Veilchen duften, das ihr abpflückt, wenn ihr bedenkt, dieß Veilchen hat mir Gott gegeben, er ließ es aus der Erde wachsen, damit ich mich darüber freuen sollte! – Weit süßer muß euch nun eine Frucht schmecken, die ihr genießt, wenn ihr bedenkt, auch diese Frucht ist ein Geschenk meines Gottes, er ließ sie auf dem Baume wachsen, damit ich sie genießen, und mich an ihrem süßen Geschmack ergötzen sollte! – Weit höher müßt ihr nun eure Eltern schätzen, wenn ihr bedenkt, diese Eltern hat mir Gott gegeben, auch sie sind ein kostbares Geschenk meines himmlischen Vaters, und ein Beweiß seiner zärtlichen Liebe gegen mich! – Weit besser müßt ihr euch nun mit euren Gespielen freuen können, wenn ihr bedenkt, Gott gönnet mir auch dieß Vergnügen, wie sehr muß dieser Gott mich lieben, daß er mir es vergönnet, mich unter seinem allsehenden Auge zu freuen! – Ihr könnet immer noch einmal so vergnügt, noch einmal so heiter seyn, wenn ihr bei allem was ihr thut, und bei allen euren Ergötzungen, an Gott denkt, und euch darüber freuet, daß er euch so lieb hat. – Ich habe euch nun gesagt, wie ihr eine wahre innige Liebe gegen Gott in euren Seelen erwecken und unterhalten könnet, wenn ihr euch gewöhnet, fleißig an Gott zu denken – Nun will ich euch auch sagen, wie ihr diese Liebe zu Gott am besten an den Tag legen könnet – – Gott fordert von euch, für alle die Liebe, die er euch erzeigt, daß
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ihr ihn wieder lieben, daß ihr oft an ihn denken sollet – Er fordert aber auch, daß ihr euren Eltern und Vorgesetzten gehorsam, daß ihr fromm und fleißig seyn sollet – Wie könnt ihr also wohl eure Liebe gegen Gott besser an den Tag legen, als wenn ihr das recht gerne und mit Freuden thut, was er von euch fordert, wenn ihr recht oft an ihn denkt, euren Eltern und Vorgesetzten in allen Stücken gehorsam seyd, und euch mit iedem Tage bestrebt immer frömmer und fleißiger zu werden? – Sobald ihr also des Morgens aufwacht, müßt ihr zu euch selbst sagen: Gott hat mich wieder einen Tag erleben lassen, er läßt mich iezt gesund und frölich aufstehen, und hat auch heute schon für alle meine Bedürfnisse gesorgt! – Dann müßt ihr euch vornehmen: Nun will ich auch diesen Tag recht gut anwenden, und will heute recht fleißig und meinen Eltern recht gehorsam seyn! – Wenn ihr denn in die Schule, oder in eure Lehrstunden kommt: so müßt ihr erst noch einmal recht lebhaft an Gott denken, und auch dann fest vorsetzen, auf alles, was euch von euren Lehrern gesagt wird, recht genau acht zu geben, damit ihr was Nützliches lernet, und damit ihr eure Liebe zu Gott dadurch an den Tag leget, der es haben will, daß ihr was Nützliches lernen sollt – Wenn ihr dann zuweilen bemerkt, daß ihr träge werdet, daß es euch schwer wird, aufmerksam zu seyn, und daß ihr an andre Dinge denkt, als an dasienige, was vorgetragen wird; o so erinnert euch, daß der liebe Gott, der euch so viel Gutes erzeigt, euch allenthalben siehet, und weiß, was ihr thut, und daß ihr gegen diesen guten Gott höchst unbillig handelt, wenn ihr zu dem was ihr lernen sollt, faul und träge seyd – Dann sagt zu euch selbst: Wie undankbar handle ich wenn ich dem Gott ungehorsam bin, der mir so viel gutes erzeigt, der die Sonne so schön am Himmel scheinen läßt, und mir mein Leben von einem Augenblick zum andern erhält! – Nein, ich will mich von meiner Trägheit loßreißen, will iezt an nichts anders denken, als an das was ich lernen soll! – – So müßt ihr zu euch selbst sagen, und dann müßt ihr euch bestreben, aus Liebe zu Gott recht fleißig und aufmerksam zu seyn. –
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Wenn euch eure Eltern befehlen, daß ihr zu Hause bleiben sollt, und es entsteht eine starke Begierde in euch, demohngeachtet auszugehen, und dem Befehl eurer El-tern ungehorsam zu seyn, ihr werdet auch wohl gar von andern angereitzt mit ihnen zu gehen, ob es gleich eure Eltern verboten haben; so sagt zu euch selbst: Wie undankbar würde ich iezt gegen Gott handeln, der mir so viel Gutes erzeiget, wenn ich meinen Eltern ungehorsam wäre, und dadurch sein Gebot überträte! – Nein, ich will es nicht thun, ich will iezt nicht wider den Willen meiner Eltern ausgehen, und wenn meine Begierde dazu auch noch so groß wäre, und wenn ich auch noch so sehr dazu angereitzt würde. – So müßt ihr zu euch selbst sagen, und dann müßt ihr euch, aus Liebe zu Gott, entschließen, recht gerne zu Hause zu bleiben, und euren Eltern mit Freuden gehorsam zu seyn, wenn sie euch gleich zuweilen etwas befehlen, das mit euren Wünschen nicht recht übereinstimmt; denn ihr müßt euren Eltern so viel zutrauen, daß sie es besser wissen, als ihr selbst, was euch gut ist; seht, eben deswegen hat euch Gott ia auch eure Eltern gegeben, damit sie euch alles verbieten, was euch schädlich seyn würde, und damit sie euch zu alle dem anhalten, was euch einmal in der Folge sehr nützlich seyn kann, wenn ihr gleich itzt den Nutzen davon noch nicht einsehen könnet; und eben deswegen will Gott auch, daß ihr euren Eltern gehorchen sollet. – Wenn ihr seht, daß euer Bruder oder euer Mitschüler mehr geschäzt wird, wie ihr, oder daß man ihn öfterer lobt, oder daß er mehr geschenkt bekommt, wie ihr, und es will dann eine Empfindung in eurer Seele aufsteigen, die euch über das Glück eures Bruders oder eures Mitschülers mißvergnügt macht; wenn ihr in Versuchung gerathet, ihm die Werthschätzung andrer, oder das Lob, das ihm wiederfuhr, oder das Geschenk, das er erhielt, zu beneiden, o so sucht ia diese Empfindung sogleich zu unterdrücken! Denkt auf einmal an alle das Gute, was euch Gott schon von eurer ersten Kindheit an erzeigt hat, und dann sagt zu euch selbst: Gott gönnet mir so viele Freuden, er gönnet mir mein Leben und mein Daseyn, er gönnet mir den Anblick der Sonne, und dieses schöne Tageslicht, und ich sollte
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meinem Bruder sein kleines Glück mißgön-nen? – Wie undankbar handelte ich da gegen meinen Gott! Nein, ich will es nicht thun! Ich will meinem Bruder sein Glück nicht beneiden, und will mich dieser verhaßten Empfindung, die in meiner Seele aufsteigen wollte, von Herzen schämen! – So müßt ihr zu euch selbst sagen, und dann müßt ihr aus Liebe zu dem Gott, der euch so viele Freuden vergönnet, eurem Bruder wieder recht gut seyn, und müßt ihm das Lob, das er erhalten, oder das Geschenk, das er bekommen hat, recht herzlich gerne gönnen, und es euch eben so lieb seyn lassen, als ob ihr es selbst erhalten hättet! – Dadurch könnt ihr eure Liebe zu Gott an den Tag legen; und wenn ihr das nun gethan habt, wenn ihr der Begierde, euren Eltern ungehorsam zu seyn, wiederstrebt, und den Neid gegen euren Bruder in eurer Seele unterdrückt habt; so werdet ihr sehen, was ihr da für ein himmlisches Vergnügen empfindet, und wie ihr mit euch selbst zufrieden seyn werdet, weil ihr das gethan habt, was Gott von euch fordert. – Wenn ihr von einem eurer Geschwister oder von einem eurer Mitschüler beleidiget werdet, und merkt daß der Wunsch in eurer Seele aufsteigen will: Ach, wenn ich mich doch rächen könnte! O so blickt die helle Sonne an, und den schönen Tag, und sagt zu euch selbst: Diese Sonne läßt Gott über mich scheinen, und diesen schönen Tag hat er mir geschenkt, und ich sollte auf meinen Bruder zürnen? Da Gott auf mich nicht zürnet, den ich doch schon so oft durch meinen Ungehorsam und durch meinen Undank beleidiget habe. – Nein, ich will es nicht thun! Ich will mich nicht an meinem Bruder rächen, wenn ich es gleich thun könnte! – So müßt ihr zu euch selbst sagen, und müßt dann aus Liebe zu Gott, der uns alle unsre Fehler vergiebt, die Beleidigung eurer Geschwister und eurer Mitschüler vergessen, und ihnen wieder von ganzem Herzen alles Gute wünschen – Dann werdet ihr euch freuen, daß ihr den Trieb zur Rache unterdrückt habt, und werdet euch am Abend mit frölichem Herzen niederlegen, weil ihr eurem Bruder vergeben habt. – Wenn es euch oft däucht, als ob ihr mehr wüßtet, oder als ob ihr mehr Achtung verdientet, als einer von euren Mitschülern, oder von
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euren Geschwistern, und ihr merkt dann an euch, daß ihr sie im Herzen verachtet, und euch selbst weit höher, als sie, schätzt; sobald dann der Wunsch in eurer Seele entsteht, ihr möchtet’s ihnen wohl bei Gelegenheit merken lassen, daß ihr mehr wüßtet als sie, oder daß ihr mehr Fähigkeiten besäßet, und mehr Lob verdientet – sobald dieser Gedanke in euren Herzen aufsteigt, o so unterdrückt ihn plötzlich, und sagt zu euch selbst: Gott hat mich nicht verachtet, da ich doch gegen ihn, wie gar nichts zu rechnen bin, und ich sollte meinen Bruder neben mir verachten, weil er etwas weniger weiß, und weniger Fähigkeiten besitzt, wie ich? – Nein, ich will es nicht thun, ich will diesen elenden Stolz in meiner Seele unterdrücken, und will es meinem Bruder nicht merken lassen, daß ich mehr weiß, und mehr Fähigkeiten besitze, wie er! – So müßt ihr zu euch selbst sagen, und dann müßt ihr euch bestreben, aus Lie-be zu Gott von ganzem Herzen demüthig zu seyn gegen iedermann, denn ihr wißt ia, die Hoffärtigen liebt Gott nicht, aber den Demüthigen giebt er Gnade. – Endlich aber könnt ihr eure Liebe gegen Gott nicht besser an den Tag legen, als wenn ihr allen denen Menschen, mit denen ihr umgehet, recht von Herzen gut seyd, und euch freuet, wenn es ihnen wohl gehet. Von allen denen Leuten, die ihr kennet, müßt ihr ia keinem einzigen Böses wünschen, denn das ist wider die Liebe Gottes – Ihr könnt nicht mit gutem Gewissen sagen, daß ihr Gott liebt, so lange ihr noch einen heimlichen Haß, gegen eins von euren Geschwistern, oder gegen einen eurer Mitschüler, im Herzen hegt – Drum seyd immer freundlich und gefällig gegen iedermann, und wo ihr iemanden einen Dienst erzeigen könnt, das thut gerne, denn dadurch könnt ihr ia eure Liebe gegen Gott an den Tag legen. – Seht, ich habe euch nun gesagt, wie ihr Gott müßt lieben lernen, aber wenn das nun würklich euer Ernst ist, so müßt ihr gleich heute Abend damit den Anfang machen – Wenn ihr euch niederlegt, so bedenkt einmal, wie viel Gutes euch Gott diesen einzigen Tag über schon erwiesen hat, wie er euch und eure Eltern gesund erhalten, wie er euch gespeiset, getränket und bekleidet hat, wie er euch heute so schönes Wetter und einen so angenehmen Spatziergang gewährt hat,
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wenn ihr das denn so überdenkt, und euch noch einmal an iedes kleine Vergnügen, das ihr den Tag über genossen habt, erinnert; so nehmt euch fest vor, daß ihr Morgenfrüh, so bald ihr erwacht, euch wieder an die Liebe des Gottes erinnern wollt, der euch aufs neue einen Tag hat erleben lassen, und daß ihr dann den Tag über recht fleißig, euren Eltern und Vorgesetzten recht gehorsam, und allen Menschen, mit denen ihr umgeht, recht gut seyn wollt – Seht, wenn ihr mit diesen schönen Vorsatz einschlaft, so werdet ihr auch wieder damit erwachen, und werdet, wenn ihr eure Augen aufschlagt, nun viel vergnügter den Tag anblicken, euer Morgenbrodt wird euch besser schmecken, und ihr werdet mit froherm Muthe an eure Arbeit gehen, wenn ihr einmal den Entschluß gefaßt habt, immer gehorsamer, frömmer und fleißiger zu werden, und nun auch diesen Entschluß bey ieder Gelegenheit ins Werk richtet – Ihr werdet es sehen, daß ihr Morgen gewiß nicht mißvergnügt, und mit euch selbst unzufrieden seyn werdet, wenn ihr das thut, was ich euch rathe, und wenn ich euch Morgen wieder sehe, so sollen eure vergnügten Blicke und euer zufriednes Lächeln mir sagen, ob ihr meinem Rathe gefolgt seyd, und euch entschlossen habt gute und fromme Menschen zu werden, und euren Gott von Herzen zu lieben. – Wenn nun aber dieser gute Vorsatz nicht wieder verschwinden soll, so müßt ihr ia nicht vergessen, ihn Morgenabend wieder zu erneuren, und dieß müßt ihr alle Morgen und alle Abend thun, so lange bis es euch zur Gewohnheit geworden ist, und bis ihr gleichsam eine Fertigkeit darinn erlangt habt, oft an Gott zu denken, und eure Liebe gegen ihn, bei ieder Gelegenheit an den Tag zu legen – Schon geht die Sonne unter – Schenkt mir nur noch einen Augenblick eure Geduld! – Seht, welch ein schöner Abend! – O gebt mir euer Herz und eure Hand! Und laßt uns dem Gott, der uns in dieser sanften Abendluft umweht, und die Sonne vor unsern Augen so herrlich untergehen läßt, laßt uns ihm feierlich versprechen, daß wir sein nicht vergessen wollen, so wie er unsrer nicht vergißt – Versprecht ihm hier auf diesem Hügel, im Angesicht des Himmels, daß ihr gute Menschen werden, und ihm euer ganzes Leben widmen wollt! – Und wenn ihr
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einmal größer seyd, und es gäbe böse Menschen, die euch zum Laster und zur Untugend verführen wollten, o so denkt an diesen Abend, und an euer feierliches Versprechen, das ihr Gott gethan habt, und willigt nicht in ihr Begehren! – Nun kommt und laßt uns zu Hause gehn – nun wollen wir recht froh und gutes Muths seyn, weil wir eine gute Entschließung gefaßt haben. –
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Vom Vertrauen auf Gott. Nach einem Gewitter. Seht, das Gewitter ist vorüber, die Sonne bricht hervor, und die glänzenden Tropfen zittern aus den Wolken herab. – Da steht der schöne Regenbogen. – Warum habt ihr euch so gefürchtet, Kinder? Gott ist ein Gott der Liebe! Hättet ihr ein rechtes Zutrauen zu ihm gefaßt, ihr wäret nicht so ängstlich gewesen. Denn warum sollen wir uns mit unnöthiger Furcht quälen, da unser Leben und unsre Schicksale in den Händen des Gottes stehen, der heute den ganzen Himmel mit Wolken schwärzte, und nun nach dem sanften Regen die Sonne wieder scheinen läßt? Merket wohl auf das, was ich ietzt hierüber mit euch reden werde, und wenn einmal wieder ein Gewitter aufsteigt, so denkt daran, und alle Furcht wird nach und nach aus eurem Herzen verschwinden, ihr werdet froh gen Himmel sehn, und euch freuen, daß ihr einen so guten Gott habt, auf den ihr euer Vertrauen setzen könnt. Gebt einmal Acht auf euch selbst, Kinder! Ihr habt euch ietzt so sehr vor dem Gewitter gefürchtet, und wenn ihr zurück denkt, so haben euch gewiß in eurem Leben schon manche andre Dinge Furcht erweckt. Wenn ihr krank gewesen seyd, habt ihr besorgt, daß ihr sterben möchtet. Und wenn ihr gesund waret, habt ihr vielleicht schon bei dem geringsten Zufall befürchtet, krank zu werden. Zuweilen ist euch auch wohl der Gedanke eingefallen, wie unglücklich ihr seyn würdet, wenn eure Eltern stürben. In der That scheinet es
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auch fast, als ob wir Ursache hätten uns beständig zu fürchten. Denn wir sind ia keinen Augenblick unsers Lebens recht sicher. Jetzt fehlt uns nichts, aber wie viele Leute sind nicht schon plözlich krank geworden, und wer steht denn uns dafür, ob wir uns heute Abend noch gesund zu Bette legen werden? Eure Eltern sorgen ietzt so liebreich für euer Wohl, und geben euch alles, was ihr bedürfet; aber sind nicht manchen Kindern schon ihre Eltern gestorben, und könnte euch nicht eben das betreffen? Ihr habt gewiß schon arme Kinder gesehen, denen ihre Eltern weder Brod noch Kleider geben können; unter diesen giebt es manche, deren Eltern vorher auch reich gewesen, und arm geworden sind, weil sie ihr ganzes Vermögen durch Unglücksfälle verlohren haben. Wenn ihr nun diese armen Kinder so ansehet, müßt ihr da nicht denken: was bin ich besser wie diese, daß mir nicht eben das wiederfahren könnte? So müssen wir nun in beständiger Furcht schweben! Aber, Kinder! ihr wünscht gewiß von dieser Furcht befreit zu seyn; denn das Fürchten ist doch immer eine sehr unangenehme Empfindung, weil einem so ängstlich dabei zu Muthe ist, als ob man in einem Hause wäre, das alle Augenblick zusammen stürzen wollte, und wo doch alle Thüren verschlossen sind, daß man nicht herauskommen kann. Ihr seyd gewiß immer sehr mißvergnügt gewesen, wenn ihr euch vor dem Tode, oder vor einer Krankheit, oder vor sonst etwas gefürchtet habt, und hingegen seyd ihr immer vergnügt gewesen, wenn ihr etwas Angenehmes habt hoffen können. Nun will ich euch etwas Tröstliches sagen: ihr braucht gar niemals in eurem Leben etwas Unangenehmes mehr zu befürchten, und könnt immer mit Gewißheit etwas Angenehmes hoffen, und also beständig vergnügt seyn. Das werdet ihr doch nun gewiß gerne wollen. Seyd also aufmerksam auf das, was ich euch sagen werde. Ihr wißt, es ist ein Gott, der uns alle erschaffen hat, dieser Gott ist ein Geist, den wir zwar nicht sehen können, der uns aber alle sieht, und alles weiß, was wir miteinander sprechen; dieser Gott hat euch von eurer Kindheit an bewahret; wenn ihr krank gewesen seyd, hat er euch wieder gesund werden lassen, und wenn ihr oft in Gefahr ge-
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wesen seyd, durch eure Wildheit, oder durch einen einzigen unvorsichtigen Sprung, euch um eure Gesundheit oder wohl gar um euer Leben zu bringen, so hat er euch aus der Gefahr errettet, und euch bis ietzt noch alle eure Gliedmaßen gesund erhalten. Dieser Gott hat uns nun ein Buch gegeben, auf das wir uns gewiß verlassen können, und in diesem Buche steht, daß ohne seinem Willen kein Haar von unserm Haupte fallen soll. Kann nun ohne seinem Willen kein Haar von eurem Haupte fallen, so könnt ihr auch gewiß ohne seinem Willen nicht krank werden, ihr könnt nicht in Armuth gerathen, weder ihr selbst, noch eure Eltern können sterben, wenn er es nicht will. Wäre es aber sein Wille, daß euch etwas dergleichen begegnen sollte, so könnt ihr dabei ganz ruhig seyn, denn was mit seinem Willen geschiehet, muß allemal zu eurem Besten gereichen, es mag auch seyn, was es wolle. Daß sich dieses nun wirklich so verhält, und daß Gott niemanden verläßt, der sein Vertrauen auf ihn setzt, kann euch die Geschichte des iungen A l l w i l l s beweisen, die ich auch ietzt erzählen will. Der iunge A l l w i l l hatte wohlhabende Eltern, und wurde von ihnen ihrem Stande gemäß erzogen. Sie suchten ihn aber auch früh fromme Gesinnungen einzuflößen, und sagten ihm insbesondre sehr oft, daß er sich ganz allein auf Gott, und nicht auf irrdische Güter verlassen solle. Der iunge A l l w i l l merkte sich das, ob er gleich damals noch nicht einsehen konnte, warum ihm seine Eltern gerade diese Ermahnung so oft wiederholten. Es währte nicht lange, so entstand ein Krieg, wo A l l w i l l s Eltern so unglücklich waren, daß ihnen ihr Haus abgebrannt, und fast alles, was sie hatten, weggenommen wurde. Sie geriethen dadurch in die elendesten Umstände, dem ohngeachtet aber behielten sie so viel übrig, daß sie noch äußerst nothdürftig davon leben konnten. Der iunge A l l w i l l mußte nun einen schlechten Rock anziehen, und mit geringer Kost vorlieb nehmen. Manche von seinen Mitschülern, die ihn schon vorher wegen seines ernsthaften Wesens nicht recht leiden konnten, verachteten ihn nun vollends wegen seiner Armuth und wegen seiner schlechten Kleidung. Dieß schmerzte ihn freilich. Allein nunmehro dachte er an das,
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was ihm seine Eltern so oft gesagt hatten, man müsse sich nicht auf irrdische Güter, sondern allein auf Gott verlassen, welcher es immer gut mit uns meinet, und alle unsre Schicksale zu unserm Besten lenkt. Nun wurde ihm auf einmal ganz leicht, und er fühlte in dem Gedanken eine himmlische Beruhigung. Er zog nun vergnügt seinen schlechten Rock an, ertrug die Verachtung seiner Mitschüler, und nahm gern mit seiner geringen Kost vorlieb. Dieser A l l w i l l hat nachher oft gesagt, als er schon ein alter Mann war, er danke Gott für die Unglücksfälle, die er ihm schon in seiner Jugend habe ertragen lassen. Denn die geringe einfache Kost habe seinen Körper gesund und stark gemacht; durch die Verachtung seiner Mitschüler habe er schon früh gelernt, die Beleidigungen der Menschen zu ertragen, ohne deswegen auf Rache zu denken; durch diese Verachtung, und durch seine schlechte Kleidung, sey sein natürlicher Stolz, welcher ihn sonst vielleicht würde unglücklich gemacht haben, sehr gedemüthiget worden, er müsse also die unendliche Weißheit Gottes anbeten, und bekennen, daß sie ihn nicht ohne Ursache, in seiner Jugend habe arm und dürftig seyn lassen. Wir wollen ietzt in unsrer Geschichte wieder zurück kehren. Der iunge A l l w i l l war fleißig, und machte seinen Eltern viele Freude. Diß versüßte ihnen einigermaßen den Kummer, den sie anfänglich über den Verlust ihres Vermögens empfanden. A l l w i l l liebte seine Eltern sehr. Einstmals, da sie an einem schönen Frühlingsabend mit einander spatzieren gingen, sagten sie zu ihm: wir sind nun alt und schwach, und der Kummer hat uns sehr darnieder gedrückt; wir werden vielleicht bald sterben, und können dir nichts hinterlassen, aber siehe, der Gott, der die Bäume mit iungem Laub bekleidet, und das Gras auf dem Felde erquickt, der wird auch für dich sorgen. A l l w i l l wurde äußerst bewegt, und konnte sich bei dieser rührenden Anrede der Thränen nicht enthalten. In zwei Monaten starben beide Eltern kurz nach einander, und man fand kaum so viel, als zu ihrem Begräbniß erfordert wurde. Für den iungen A l l w i l l blieb nichts übrig. Er war anfänglich ganz untröstlich über den Tod seiner Eltern. Als er aber einstmals bei ihrem Grabe weinte, fiel ihm plötzlich ein, was sie ihm noch zwei Monathe vor ihrem Tode
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gesagt hatten. Bekleidet Gott die Bäume mit Laub, dachte er bei sich selbst, und erquickt er das Gras auf dem Felde, so wird er sich ia auch meiner annehmen! Was er gedacht hatte, geschah auch; denn noch an demselben Tage hatten sich einige rechtschaffene Leute, denen das Elend des iungen A l l w i l l s zu Herzen ging, mit einander berathschlagt, wie sie sich seiner annehmen wollten. Sie ließen ihn also zu sich kommen, und versprachen ihm, daß sie gemeinschaftlich für seinen nothdürftigen Unterhalt sorgen wollten. A l l w i l l dankte seinen Wolthätern mit gerührtem Herzen, und sobald er allein war, erinnerte er sich lebhaft, wie er vor einigen Stunden, als er am Grabe seiner Eltern weinte, noch von allen Menschen verlassen war, und wie Gott schon während dieser Zeit so liebreich für ihn gesorgt hatte. Da warf er sich nieder und dankte Gott mit Freudenthränen für die unerwartete Hülfe. Einer unter seinen Wohlthätern war ein reicher Kaufmann, der keine Kinder hatte, dieser hatte sich schon lange vorgenommen, einen iungen Menschen von guter Hoffnung an Kindesstatt anzunehmen. Er lernte den iungen A l l w i l l nach und nach immer besser kennen, und entdeckte immer mehr gute Eigenschaften an ihm. Als er sich nun von seiner Frömmigkeit und von seinem guten Herzen durch manche Beweise hinlänglich überzeugt hatte, ließ er ihn eines Tages zu sich kommen, ging mit ihm allein auf ein Zimmer, und er mußte sich neben ihn setzen. Darauf ergrif er seine Hand, blickte ihn eine Weile an, und sagte: » A l l w i l l ! – Du bleibst bei mir! –« O, mein Vater! rief A l l w i l l aus, und warf sich zu seinen Füßen. »Das bin ich von nun an, sagte sein Wohlthäter, und von diesem Tage an bist du mein Sohn! Ich verspreche dir meine ganze väterliche Liebe, und zweifle nicht, daß du mir durch deinen kindlichen Gehorsam und durch deine gute Aufführung Freude machen wirst.« Der iunge A l l w i l l konnte nichts antworten. Er zerfloß ganz in Thränen der Freude und Dankbarkeit, und sahe nun wohl, daß sein Vertrauen auf Gott nicht vergebens gewe-sen war. Nun wurde er wieder besser gekleidet, als alle seine Mitschüler, und alle suchten nunmehro wieder seine Freundschaft, allein es fiel ihm nicht ein, sich wegen der vorigen
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Beleidigungen zu rächen, oder auf sein neues Glück stolz zu seyn, sondern er blieb eben so demüthig, freundlich und bescheiden, wie er vorher in seinen dürftigsten Umständen war, weil er alle diese kleinen Vorzüge schon einmal verlohren hatte, und also wohl wußte, wie wenig man auf ihren Besitz rechnen könne. Dieser A l l w i l l hat nachher noch viele Unglücksfälle erlitten, er blieb aber immer standhaft dabei, und wich nie von seiner Frömmigkeit ab, weil er schon in seiner frühesten Jugend auf alle diese Widerwärtigkeiten des Lebens vorbereitet war. Er arbeitete aber fleißig, und erwarb sich so viel, daß er nicht nur für sich selbst und seine Familie sorgen, sondern auch überdem noch vielen Menschen Gutes thun konnte. Er erreichte ein hohes Alter, und noch als Greis pflegte er oft zu sagen: Zwei Dinge haben mich nicht gereuet, so lange ich denken kann, d a ß i c h g e arbeitet und Gott vertrauet habe ! Ihr werdet nun aus dieser Geschichte selbst einsehn, wie Verachtung, Armuth und Dürftigkeit oft zu unserm Besten gereichen können; und wie gut es ist, daß wir einen Gott haben, der alle unsre Schicksale mit unendlicher Weißheit und Güte lenket und regieret. Bedenkt aber auch einmal, wie unglücklich wir seyn würden, wenn kein Gott wäre! Ein iedes Wesen, das stärker wäre wie wir, könnte dann nach Gefallen über uns herrschen, es mögte nun vernünftig oder unvernünftig, Mensch oder Thier, Blitz oder Sturmwind, Feuer oder Wasser seyn, so könnte es dennoch seine Wuth an uns vernünftigen Menschen auslassen. Wenn kein Gott wäre, und wir hörten den Sturmwind brausen, und hörten den Donner in den Lüften brüllen, und sähen unsern gewissen Tod vor Augen, dann könnten wir keine Zuflucht mehr zu einem höhern Wesen nehmen; der brausende Sturmwind, der donnernde Himmel, und der Tod, welcher unser Wesen zerstöhrte, wären dann unsre Götter, und wir als vernünftige Geschöpfe müßten uns von leblosen Creaturen grausam beherrschen lassen. Wenn kein Gott wäre, und eine tödtliche Krankheit nagte an unserm Herzen, und die Verwesung im Grabe wartete schon auf uns, um unsern Leib in Staub zu verwandeln; so müßten wir diese Krankeit und die Verwesung für unsre gewaltigen und höchsten Oberherrn
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erkennen, denen wir uns vergeblich widersetzen würden. O seht, Kinder! wie uns die drohende Gefahr vereinigt. Laßt uns also unsre Zuflucht zu einem gütigern und höheren Wesen nehmen. Ach, nun dürfen wir nur den guten Gott, den Geist voll ewger Huld zum Herrn über uns erkennen. Er gebeut, und der Sturmwind hört auf zu toben, die Donner schweigen, die drohende Gefahr verschwindet, und der Himmel ist wieder heiter. Er winkt, und die tödtliche Krankheit muß entfliehen. Er befiehlet, und die Verwesung muß unsern Staub wieder zurück geben, daß ein neuer verklärter Körper aus ihm geschaffen werde. O, wohl uns, Kinder, daß dieser gute Geist so mächtig ist, daß er dem Donner in den Lüften gebieten kann, und wohl uns, daß dieser mächtige Geist so gut ist, daß er unsern Staub dereinst aus dem Grabe wieder auferwecken will, um uns auf ewig und vollkommen glücklich zu machen; und wohl uns, daß dieser gute Geist so weise ist, daß er alle unsre Schicksale zu unserm Besten lenken kann! Es ist also ein Gott, ohne dessen Willen uns kein Unglück wiederfahren kann; was uns aber mit seinem Willen begegnet, das können wir unmöglich ein Unglück nennen: denn wenn uns Gott, zum Beispiel, auch krank werden läßt, so gereicht das gewiß zu unserm Besten, und was zu unserm Besten gereicht, ist ia kein Unglück. Auf die Art dürften wir uns also vor nichts in der Welt fürchten! Aber, Kinder! so kann nicht ein ieder sprechen. Die bösen Menschen dürfen kein solches Vertrauen auf Gott setzen, daß sie sagen könnten: »Ich fürchte mich vor nichts in der Welt, denn Gott ist mein Freund!« Gott kann ia ihr Freund nicht seyn, weil sie kein frommes Leben führen, und das nicht thun, was er ihnen befohlen hat. Wenn also diese Menschen sagen wollten, daß sie ein rechtes Zutrauen zu Gott hätten, so könnten sie unmöglich die Wahrheit reden. Ihr könnt diß an euch selbst wahrnehmen. Wenn ihr euren Eltern ungehorsam gewesen seyd, so habt ihr kein rechtes Zutrauen mehr zu ihnen, weil ihr wißt, daß sie mit euch unzufrieden sind: wenn sie euch rufen, so zittert ihr, und wenn ihr vor ihnen steht, so wagt ihr es nicht die Augen vor ihnen aufzuschlagen. Wenn ihr euch aber bewußt seyd, daß ihr nichts strafwürdiges begangen habt, und ihr werdet dann zu euren Eltern ge-
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rufen, so eilet ihr freudig in ihre Arme, und dürft ihnen dreist in ihre Augen sehen, und dann habt ihr ein rechtes kindliches Zutrauen zu euren Eltern, weil ihr wißt, daß ihr ihnen gehorsam gewesen seyd, und daß sie mit euch zufrieden sind. Eben so ist es nun auch mit Gott; wann ihr ihm ungehorsam gewesen seyd, so muß er nothwendig mit euch unzufrieden seyn, weil ihr seine Befehle so wenig achtet, und dann könnt ihr auch kein rechtes Zutrauen mehr zu ihm haben. Ihr wißt, Kinder! was Gott euch befohlen hat, ihr sollt euren Eltern gehorchen, ihr sollt fleißig seyn, ihr sollt oft an Gott denken, und allen Menschen gut seyn. Das hat er euch aber nicht um seinetwillen, sondern blos um eurentwillen geboten. Denn er wird dadurch nicht glücklicher, wenn ihr seine Gebote haltet, sondern ihr selbst sollt dadurch glücklich werden, und das werdet ihr auch würklich. Denn wenn ihr euren Eltern gehorcht, so werdet ihr nicht leicht thörichte Handlungen begehen, die euch zum Schaden gereichen; wenn ihr oft an Gott denkt, so werdet ihr in diesem Gedanken selbst ein Vergnügen finden; wenn ihr fleißig seyd, so werdet ihr etwas Nützliches lernen; und wenn ihr allen Menschen gut seyd, und keinem etwas zu leide thut, so werden euch die meisten Menschen wieder gut seyn, und euch auch nichts zu leide thun. Das hat Gott wohl gewußt, darum hat er euch gerade solche Gebote gegeben, deren Ausübung euch schon hier auf Erden glücklich machen kann. Diese Gebote sind gleichsam der Weg zur Glückseligkeit, den euch Gott selbst vorgeschrieben hat, wenn ihr nun diesen Weg nicht wandelt, so könnt ihr auch nie zur wahren Glückseeligkeit gelangen. Und dann handelt ihr eben so, als wenn euch ein guter Freund einen Rath ertheilte, den ihr zwar anhört, aber nicht befolgt, weil ihr glaubt, daß es der gute Freund nicht recht versteht, was zu eurem wahren Besten dienet. Der Befehl Gottes, daß ihr euren Eltern gehorchen sollet, ist auch ein freundschaftlicher Rath, den euch Gott zu eurem Besten ertheilet hat, wenn ihr nun diesen Rath nicht annehmet, und euren Eltern und Vorgesetzten nicht gehorchet, so ist es ia ordentlich, als ob ihr glaubtet, Gott verstände das nicht recht, was zu eurem Besten diente, und ihr selbst wüßtet es besser, was euch gut wäre. Oder ihr handelt eben
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so, als wenn euch ein guter Freund einen Rath ertheilte, und ihr trauetet ihm zwar Verstand genug zu, euch einen heilsamen Rath zu geben, folgtet ihm aber doch nicht, weil ihr glaubtet, daß er es nicht recht gut mit euch meine, und euch diesen Rath vielleicht nur aus Eigennutz gegeben habe. So ist es auch, wenn ihr das nicht thut, was euch Gott befohlen hat, gleichsam als ob ihr dächtet, Gott meine es nicht recht gut mit euch, ihr dürftet ihm nicht recht trauen, und er habe euch diesen Befehl vielleicht nur aus Eigennutz gegeben. Bedenkt nun selbst einmal, wie schrecklich es ist, sich so etwas von Gott nur vorzustellen, als ob er es nicht recht verstände, was uns gut wäre, oder als ob er es nicht gut mit uns meinte. Laßt uns Gott doch so viel zutrauen, daß er gerade solche Gebote für uns ausgesucht hat, durch deren Beobachtung wir am ersten glücklich und froh werden können. Wenn wir nun diese Gebote nicht halten, so stoßen wir ia die Mittel zur Glückseligkeit selbst von uns, und wenn es uns dann zuletzt übel geht, so haben wir es allein uns selbst zuzuschreiben. Wer also seine Tage in Müßiggang zubringt, der darf nicht sagen, ich vertraue auf Gott! Denn wie kann ein Müßiggänger noch auf Gott vertrauen, da er gerade das Gegentheil von dem thut, was Gott befohlen hat, und anstatt sich durch Arbeit seine Nahrung zu erwerben, seine Tage in Faulheit zubringt. Wenn euch eure Eltern verbieten, an ge-fährliche Oerter zu gehen, und ihr geht demohngeachtet, hin, so könnt ihr nicht sagen: ich vertraue auf Gott, der wird mich schon bewahren, daß ich nicht zu Schaden komme! denn ihr seyd ia euren Eltern und folglich auch Gott ungehorsam, und wenn euch ein Unglück begegnet, so habt ihr es nicht euren Eltern, auch nicht Gott, sondern blos euch selbst zuzuschreiben. Sobald ihr also etwas thut, wovon euch euer Gewissen sagt, daß es nicht recht ist, so entziehet ihr euch muthwilligerweise dem Schutze Gottes, weil ihr euch selbst euren eignen Weg erwählet, und Gottes Weg verlassen habt. Und habt ihr euch erst dem Schutze Gottes entzogen, so ist es eben so gut für euch, als ob gar kein Gott mehr wäre. Denn ihr seyd nun auf einmal dem Donner, dem Blitz und der Wuth aller Elemente ausgesetzt, ohne daß ihr zu einem höhern Wesen eure Zuflucht nehmen könntet, daß euch beschützte.
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Wenn dann ein Gewitter aufsteigt, oder wenn ihr denkt, daß ihr in einem Augenblick sterben könnt, so müßt ihr zittern und beben. In was für einen schrecklichen Zu-stand könnt ihr euch also nicht versetzen, wenn ihr euren Eltern nur ein einzigesmal ungehorsam seyd, oder wenn ihr nur einmal eure Pflicht versäumt, muß es euch da nicht zu Muthe seyn, wenn ihr diß recht bedenkt, als ob der ganze Himmel über euch einstürzen wollte? Stellt euch also einmal vor, wenn ihr wieder das Verbot eurer Eltern an einem gefährlichen Orte ständet, wo ihr alle Augenblick herabstürzen könntet, und ihr dächtet dann mit Zittern: ich stehe ietzt nicht unter dem Schutze Gottes, weil ich meinen Eltern ungehorsam bin, wie vielen Gefahren bin ich nun ausgesetzt! Dann, wenn euch dieser Gedanke einfällt, so eilet so geschwinde ihr könnt, zu Hause, bittet Gott und eure Eltern um Vergebung, entschließt euch, nie wieder ungehorsam zu seyn, und Gott wird es euch vergeben, wenn ihr euch bessert, und ihr werdet dann wieder eben so gut, wie vorher, unter seinem Schutze stehn. Wenn ihr euch dann nichts Böses mehr bewußt seyd, so könnt ihr vergnügt und heiter seyn, und wenn dann auch gleich der iüngste Tag käme, und die ganze Welt untergienge, so dürft ihr euch doch nicht fürchten! Ich will euch dis durch ein Gleichniß noch deutlicher zu machen suchen. Wenn ein Fürst seinen Unterthanen Gesetze gegeben, und gesagt hätte: wer diese Gesetze beobachten würde, den wolle er seiner Liebe und seines vertrautesten Umgangs würdigen. Wenn ihr nun mit unter diesen Unterthanen wäret, und euer Herz euch sagte, ihr hättet die Befehle eures Fürsten, so gut ihr nur gekonnt, beobachtet; wenn dann einmal dieser gütige Oberherr alle seine Unterthanen vor seinem richterlichen Throne versammlete, so müßtet ihr nothwendig auch mit unter ihnen erscheinen; wenn er nun mit donnernder Stimme denenienigen, die seinen weisen und gütigen Vorschriften nicht gefolgt wären, das Verderben ankündigte, daß sie sich selbst zugezogen hätten; dann würdet ihr sehen, wie sie erschrecken und zittern und zagen würden – ihr aber würdet nicht zittern und zagen, und würdet nicht vor der donnernden Stimme des Richters erschrecken, denn sie würde ia euch nicht gelten, der auf dem Throne säße, wäre ia euer
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Freund, ihr dürftet getrost zu ihm gehen, und ganz vertraulich mit ihm reden, indeß die übrigen Unterthanen, die seinen Befehlen ungehorsam gewesen wären, es nicht wagen dürften, ihre Augen vor ihm aufzuschlagen. Eben so würde es nun auch seyn, wenn ietzt der iüngste Tag käme, wenn dann die bösen Menschen vor dem Angesichte Gottes erschrecken, und schreien würden: ihr Berge fallet über uns, und ihr Hügel bedecket uns! Dann könntet ihr mit ruhiger heitrer Miene zum Throne Gottes hinzutreten, und sagen: Siehe, mein Vater! hie bin ich! Nimm mich auf! und er würde euch mit offnen Armen aufnehmen, und mit freundlicher Stimme zu euch sagen: Komm herein, du Gesegneter des Herrn, und genieße das Glück, das dir schon von Anfang der Welt her bereitet ist! Wie gut ist es also, wenn man seinen Eltern gehorsam, und immer fromm und fleißig gewesen ist! o dann braucht man sich nicht zu fürchten und nicht zu erschrecken, wenn auch gleich die ganze Welt unterginge. Merkt euch das, und überlaßt euch der Führung Gottes in guten Tagen dadurch, daß ihr seine Gebote haltet, damit ihr in der Zeit der Noth nicht verzagen dürft, sondern gewiß seyd, zu wem ihr eure Zuflucht nehmen sollt. Denn ihr wißt nun einmal, die Gebote Gottes sind der Weg zur Glückseligkeit, und wer diesen Weg nicht wandeln will, den wird Gott nie durch ein Wunder dahin führen; damit aber diese wichtige Wahrheit desto mehr Eindruck auf euch machen möge, will ich euch noch eine andre Geschichte erzählen. Ein Wandrer wollte nach einer schönen Stadt reisen, die er sehr hatte rühmen hören, und wo er auf immer sein Glück zu machen hoffte. Als er noch nicht weit gegangen war, kam er auf eine grüne Wiese, wo er auf einmal so viele Wege vor sich sahe, daß er selbst nicht wußte, welchen er wählen sollte. Wie er nun so unentschlossen da stand, trat ein freundlicher Greis zu ihm, der fragte ihn, wo er hin wollte? Der Wandrer nannte ihm den Ort, und der Greis erbot sich sein Führer zu seyn, wenn er ihm folgen wolle. Aus seinen Augen leuchtete etwas so Maiestätisches und Liebevolles hervor, welches dem Wandrer sogleich ein solches Zutrauen gegen ihn einflößte, daß er sich keinen Augenblick bedachte, sich seiner Führung gänzlich zu
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überlassen. Sie gingen nun mit einander fort. Es war noch früh am Tage. Die Sonne schien so schön am Himmel, die Vögel sangen in der Luft, in der Ferne rauschten sanfte Bäche, und die Wiese glänzte vom Thau. Ihr Weg schlängelte sich auf weichem Grase durch Blumenfelder hin. Rund umher erblickte man nichts als eine reizende Ebne, außer wenn man gerade vor sich hin sahe, so war es, als ob ganz in der Ferne ein kleiner Hügel dämmerte, den man aber, wegen seiner weiten Entfernung kaum bemerken konnte. Ach wie schön, rief der Wandrer voll Entzückung aus, wie schön ist diese Gegend, und wie angenehm ist der Weg, den wir wandeln! Siehst du in der Ferne ienen Hügel, antwortete der Greis, der liegt auf unserm Wege, und wir müssen ihn nun bald übersteigen. O der ist ia noch weit entfernet, sagte der Wandrer, und wenn wir ihn auch übersteigen müssen, so wird das doch wohl so gar mühsam nicht seyn, weil es nur ein kleiner unbedeutender Hügel ist. Als sie noch so sprachen, fing der Weg an etwas unebner und rauher zu werden, wie er im Anfang war. Anstatt, daß er sich vorher durch Blumen schlängelte, lief er ietzt oft über spitzige Steine und zwischen stechenden Dornen hin, verlohr sich zuweilen im tiefen Sande, und kam auf einem dürren steinigten Erdreich wieder zum Vorschein. Die Sonne stieg höher herauf, und fing schon an, ihre brennenden Strahlen senkrecht herab zu schießen. Indeß näherten sie sich auch dem Hügel. Dieser schien sich bei iedem Schritt zu vergrößern, und stellte sich ihnen zuletzt, als einen hohen steilen Berg dar, dessen Anblick den Wandrer schon mit Schrecken erfüllte. Dieser fing nun an, kleinmüthig zu werden, und fragte seinen Führer, ob sie nicht unten um diesen Berg herumgehen könnten, weil es doch bei dieser brennenden Sonnenhitze wohl unmöglich wäre, ihn zu übersteigen? Hier geht gleich ein Weg ab, sagte der Greiß, der schlängelt sich unten um den Berg herum. Schon mancher hat mich hier verlassen und diesen Weg gewählt, ist aber nie in die Stadt gekommen, wohin er gedachte, und wohin du ietzt auch gedenkest, willst auch du mich hier verlassen, so steht es dir frei, glaubst du aber, daß ich es gut mit dir meine, so folge mir! Der Wandrer trauete seinem Führer und folgte ihm. Und wie sie an den Berg heran kamen,
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war er nicht so schrecklich steil, wie es ihnen vor kurzem noch geschienen hatte. Als sie nun heraufstiegen, wollte sich der Wandrer alle Augenblick ein wenig ausruhen, sein Führer aber sprach ihm Muth ein, und sagte: Sey nur getrost, wir kommen nun bald auf den Gipfel, bergunter wird es schon besser gehen. Dann kommen wir in ein anmuthiges Thal, wo das reinste Wasser aus dem Felsen quillt, und wo die Bäume mit den schönsten Früchten prangen. Da wollen wir uns wieder erquicken, wenn wir diesen Berg erst werden erstiegen haben! Wenn nun der Wandrer träge und müde wurde, so dachte er nur an das anmuthige Thal, und wurde auf einmal wieder frölich und munter. Auf die Art erreichten sie bald den Gipfel des Berges. Hier konnten sie nun den ganzen Weg übersehen, welchen sie zurückgelegt hatten, auch konnte man bemerken, wie der Pfad, der sich unten um den Berg herum zog, immer weiter von der rechten Straße abging, und zuletzt auf einen tiefen Abgrund zuführte, den man nur oben von diesem Berge, unten aber auf dem Wege selbst nicht bemerken konnte. Nun dankte der Wandrer seinem Führer herzlich, daß er ihn von diesem Wege abgerathen hatte. Vor sich sahen sie nun das anmuthige Thal, daß immer näher zu kommen schien, in der Ferne aber war es, als ob sich noch mehrere Berge zeigten, wovon einer immer höher, als der andre war. Laß dich nicht durch dieß anmuthige Thal zu sehr anlocken, sagte der Greiß, und denke, daß wir uns nur darinn erquikken wollen, damit wir über iene Berge unsern Stab weiter setzen können: denn wir reisen ia nicht, um uns zu erquicken, sondern wir erquicken uns nur, um weiter zu reisen. Sie kamen un-ter angenehmen Gesprächen und süßen Hofnungen ins Thal herab, setzten sich unter einen Baum und labten sich an der kühlen Quelle und an den schönen reifen Früchten, die sie mit leichter Mühe frisch vom Baume abpflücken konnten. So angenehm ist der Genuß nach der Arbeit, sagte der Greis, aber die Arbeit nach dem Genuß ist nicht weniger angenehm, darum laß uns aufstehen, und muthig unsre Reise fortsetzen, denn wir haben noch viele Berge zu übersteigen, ehe wir unser gewünschtes Ziel erreichen! Nun ging ihre Reise gut von statten, auf einen steilen Berg, den sie mühsam ersteigen mußten, folgte immer
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ein kleines anmuthiges Thal, wo sie sich wieder erquicken konnten; am Abend kehrten sie in die Herberge ein, und am Morgen, so bald die Sonne aufgieng, waren sie schon wieder reisefertig, und machten sich auf den Weg. So legten sie in einigen Tagen eine weite Strecke zurück, und trösteten sich mit den Gedanken, daß sie der Stadt, wohin ihre Wünsche gingen, nun immer näher kämen. Oft schien sich ihr Weg in unabsehlichen Krümmungen zu verlieren, allein ehe man es sich versahe, schlängelte er sich wieder schön und gerade vor ihnen auf der Ebne hin. Zuweilen schien es ganz unmöglich auf einen steilen Berg zu kommen, den sie vor sich sahen, allein ihr Pfad lief unvermerkt an der Seite des Berges durch tausend Krümmungen im Gebüsch hinauf, daß sie ihn, wider alles Vermuthen, ganz bequem ersteigen konnten. Einmal aber gingen sie in einem tiefen Grunde, und an beiden Seiten über ihnen hingen große Felsenstücke herab, welche alle Augenblick herab zu stürzen droheten. Der Wandrer fing an zu zagen, allein sein Führer sprach ihm Muth ein, und sie kamen glücklich durch: die Felsen stürzten nicht über sie zusammen, und die drohende Gefahr verschwand. Nun setzte der Wandrer ein rechtes Zutrauen auf seinen Führer, und hätte ihn nicht verlassen, wenn er auch durchs Feuer hätte mit ihm gehen sollen. Eines Tages war es so heiter Wetter, und alles so still um sie her; sie hatten einen rauhen Weg zurück gelegt, und gingen nun auf einer grünen Ebne, wo sie von einer sanften Luft umweht wurden, die nach und nach den Schweiß von ihrer Stirne abtrocknete. Da blickte der Greis den Wandrer freundlich an, und sagte: sey getrost! unsre Reise geht nun bald zu Ende, und ehe du es dich versiehest, sind wir in unsrer geliebten Stadt, wo deine Freunde, die du dort antreffen wirst, sich schon auf deine Ankunft freuen, und bereit sind, dich mit offnen Armen zu empfangen. Aber zittre nicht, wir müssen erstlich noch durch ein dunkles Thal, wo die Sonne und der Tag vor unsern Blicken verschwinden, und der Boden unter unsern Füßen weichen wird; dann halte dich nur fest an mich, und fürchte nichts, denn ich werde dich glücklich hindurch führen, und bis an den Ort deiner Bestimmung bringen! Sie waren noch nicht weit gegangen, als sie schon das dunkle Thal er-
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blickten, das sich schwarz und furchtbar vor ihnen eröfnete. Allein der Wandrer stieg an der Hand seines Führers muthig hinab, und als es immer dunkler um ihn wurde, und die Sonne und der Tag vor seinen Blicken verschwand, da konnte er seinen Führer selbst nicht mehr sehen, er hielt sich aber fest an ihn, und als der Boden unter seinen Füßen wankte, da bebte er nicht, sondern hielt sich immer fester an seinen Führer, und dieser brachte ihn glücklich durch das dunkle Thal hindurch. Plötzlich ging eine schönre Sonne auf, am Himmel glänzte ein hellerer Tag, und vor ihnen lag die Stadt, das Ziel ihrer Wünsche, in ihrer unbeschreiblichen Schönheit.
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Dankerfüllt, zu seinem Führer, Blickte nun der Wandrer auf: Nacht und Schatten war verschwunden, Alle Schrecken überwunden; Und vollendet war der Lauf.
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Und das Ziel war nun errungen, Das vorher nur dämmerte, Und dem Wandrer so viel Thränen, So viel Hoffen, so viel Sehnen, So viel Arbeit kostete.
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Seiner mühevollen Schritte Waren eine große Zahl; Doch die Zahl ward immer kleiner Bis sie schwand – nun reut’ ihm keiner – Dieser Schritte – denn ein Strahl
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Von dem Lichte Gottes tagte Schnell in seiner Seel’ empor: Da konnt’ er den Weg ergründen, Sah das dunkle Thal verschwinden, Und sein Morgen brach hervor.
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Da erblickt’ er, wie durch Dornen, Sich sein Pfad oft schlängelnd bog,
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Und noch eine stille Zähre, Die von seinem Auge floß, Dankt dem Führer – denn sein Leiden War nicht werth der kleinsten Freuden, Die er nach dem Kampf genoß. (Die Fortsetzung hiervon folgt im nächsten Stück.)
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(Fortsetzung des vorigen.) Diese Geschichte, Kinder! ist ein Bild des menschlichen Lebens. Sucht sie also auf euch anzuwenden. Ihr habt nun auch eure Wanderschaft durch dis Leben angetreten. Bis ietzt ist euer Weg noch immer so ziemlich eben und gebahnt gewesen. Ihr habt noch wenig Ungemach erlitten. Nun seyd ihr in einem Alter, wo ihr von den Wegen, die vor euch liegen, einen wählen, und euch entschließen müßt, ob ihr gute Menschen werden wollt, oder nicht. Fühlt ihr nicht alle tief in eurer Seele den Wunsch, recht vergnügt und recht glücklich zu seyn? Glückseligkeit ist also wohl das Ziel, wornach ihr alle strebt, dis ist die Stadt, welche ihr sucht, und der einzige Endzweck eurer Reise. Wenn ihr also dis Ziel verfehlen solltet, was würde euch denn wohl noch übrig bleiben, als Reue und Verzweiflung. Der einzige Weg aber zu einer wahren Glückseligkeit zu gelangen, ist, daß ihr euch der Führung Gottes gänzlich überlaßt. Ihr wißt aber vielleicht nicht, was ihr euch unter dieser Führung Gottes gedenken sollt? Gott führt euch nicht unmittelbar, wie der Greis den Wandrer, er hat euch aber eure gesunde Vernunft und seine heiligen Gebote gegeben, durch diese will er euch den rechten Weg zur Glückseligkeit leiten. Wenn ihr also vernünftig handelt und die Gebote Gottes auf das genaueste beobachtet, so überlaßt ihr euch eben dadurch der Führung Gottes. Dann müßt ihr aber nicht verlangen, daß euch Gott zur Be-
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lohnung, dafür daß ihr seine Gebote haltet, beständig soll auf Rosen gehen lassen, sondern ihr müßt den Weg so nehmen, wie er nun einmal ist. Denn ein Wandrer kann ia unmöglich verlangen, daß ihm zu Gefallen, damit er etwas bequemer gehen könne, Berge und Hügel vor ihm weggeräumt werden. Eben so wenig könnt ihr auch begehren, daß die ganze Einrichtung der Welt verändert werden soll, damit ihr gar keine Widerwärtigkeit und nichts Unangenehmes im Leben zu ertragen hättet. Wenn ihr also ietzt gleich noch wenig Ungemach erlitten habt, so stellt euch doch nicht vor, daß ihr in euren künftigen Leben gänzlich davon befreiet seyn wer-det. Macht euch also schon früh auf die Widerwärtigkeiten und Mühseligkeiten des Lebens gefaßt, damit ihr das Vertrauen auf Gott nicht fahren laßt, wenn sie unvermuthet über euch kommen. Wenn ihr oft glaubt, daß euch nichts fehle, und daß ihr vollkommen glücklich seyd, wenn die ganze Natur um euch lächelt, und alles Freude athmet, so stellt euch dis Leben nicht zu reizend vor, sondern denkt an den kleinen Hügel, den der Wandrer in der Ferne erblickte, und welcher nach und nach, so wie sie ihm näher kamen, zu einem hohen Berge wurde. Murret also nicht wider Gott, wenn euer Weg durch dis Leben zuweilen auch etwas rauh und uneben werden sollte. Wenn ihr krank seyd, oder Schmerzen empfindet, so ertragt es standhaft, und denkt der Weg ist nun einmal nicht anders. Und wenn ihr euch denn bewußt seyd, daß ihr Gottes Gebote beobachtet, so seyd ihr auch gewiß, daß es Gott ist, der euch führet, und daß er den Weg zur Glückseligkeit gewiß besser weiß, als wir ihn wissen. Wenn ihr also fromm und fleißig seyd, so müßt ihr das übrige, was eure künftigen Schicksale anbetrift, völlig Gott überlassen, und euch darüber weiter keine Gedanken machen. Wenn ihr nun etwas lernen sollt, wodurch ihr euch künftig einmal eure Nahrung erwerbt, so stellt euch das ia nicht zu leicht und unbedeutend vor, und denkt an den kleinen Hügel, der immer größer wurde, ie näher man heran kam. Stellt es euch aber auch nicht gar zu mühsam und schwer vor, und denkt, daß der Berg, als sie ihn wirklich erstiegen, lange so steil nicht war, wie er ihnen noch vor kurzem geschienen hatte. Laßt also den Muth nicht sinken, denn so bald man
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eine Sache nur mit Freudigkeit anfängt, geht sie einem oft besser von statten, als man es vermuthet hatte. Laßt es euch aber ia nicht einfallen, euch um irgend eine nothwendige Arbeit wegzuschleichen, und denkt an die Warnung des Greises, – als er zu dem Wanderer sagte: mancher ist schon um diesen Berg gegangen, allein er hat nie das Ziel seiner Wünsche erreichet, und ist nie in die Stadt gekommen, wohin er gedachte. Eben so wenig kann man auch anders zur wahren Glückseligkeit kommen, als wenn man erst die Mühseligkeiten des Lebens überstanden hat, und eben so wenig kann man auch iemals recht vergnügt seyn, als bis man erst, mit einiger Anstrengung, seiner Pflicht ein Genüge geleistet hat. Wenn ihr also etwas thun sollt, daß euch schwer wird, o so unterlaßt es ia nicht deswegen, weil es euch einige Mühe kostet, sondern seht das als einen Berg an, der auf eurem Wege zur Glückseligkeit liegt, und den ihr nun einmal übersteigen müßt, wenn ihr vergnügt und glücklich werden wollt; so bald ihr euch aber um ihn wegschleicht, werdet ihr mißvergnügt und unzufrieden mit euch selbst werden. Auch müßt ihr euch, wenn ihr ein nothwendiges Geschäft vorhabt, nicht allzu oft ausruhen wollen, weil sonst vielleicht über dem Ausruhen die ganze Arbeit liegen bleiben möchte, sondern denkt immer, wie süß die Ruhe nach gethaner Arbeit ist. Macht nur, daß ihr mit einer Arbeit erst über die Hälfte fertig werdet, denn gehts schon wieder bergunter, und dann wirds euch schon leichter werden. Wenn ihr nun so muthig den Berg hinan steigt, und fleißig und arbeitsam seyd in eurer Jugend, dann denkt auch an das anmuthige Thal mit den schönen Früchten, wo ihr selbst noch auf der Wanderschaft für eure Mühe belohnt werden sollt. Wenn ihr ietzt in eurer Jugend fleißig seyd, so wird man euch in eurem reifern Alter, wegen eurer Geschicklichkeit lieben und hoch schätzen, und ihr werdet denn die Früchte eures Fleißes einerndten. Scheuet also ia keine Mühe, wenn ihr in der Welt glücklich werden wollt! Der Wandrer, von dem ich euch erzählt habe, wäre gewiß nicht in das anmuthige Thal und nachher in die schöne Stadt gekommen, wenn er nicht vorher den Berg überstiegen hätte, der vor ihm lag. Wäre er unten herum gegangen, so hätte ihn der Weg gewiß in den Abgrund geführt,
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den man nur oben vom Gipfel des Berges erblickte, und den dieienigen, welche gerade darauf zu gingen, nicht bemerken konnten, bis sie so nahe hinzu kamen, daß sie unwiederbringlich verlohren waren. Wenn ihr in euer kurzes Leben zurückschauet, so werdet ihr finden, daß euch schon eine iede kleine Mühe mit einem Vergnügen belohnt worden ist. Als ihr lesen lernen wolltet, mußtet ihr erst einen Buchstaben nach dem andern kennen lernen, hättet ihr aber damals diese geringe Arbeit gescheuet, so würdet ihr ietzt aus keinem Buche Nutzen schöpfen können, und iedermann würde euch wegen eurer Ungeschicklichkeit verachten. Selbst eure Spiele würden euch nicht halb so angenehm seyn, wenn sie nicht mit kleinen Bemühungen verknüpft wären. Gott hat einmal unsre Natur so eingerichtet, daß uns der Schlaf nur angenehm ist, wenn wir müde sind, und das Essen nur gut schmeckt, wenn uns hungert, eben so können wir uns auch nur nach der Arbeit freuen, wenn uns das Vergnügen selbst nicht sehr bald zum Ekel werden soll. Mühe und Freude, die von ieher Gefährten gewesen sind, geriethen einmal in einen Streit, und wollten sich von einander trennen. Die Mühe sagte: wozu soll mir die Freude dienen, sie stöhrt mich nur in meinem emsigsten Fleiße? Und die Freude sagte wieder: was hab’ ich mit der Mühe zu schaffen, sie unterbricht nur meinen süßesten Genuß? Sie fingen also beide an für sich zu leben. Es währte aber nicht lange, so rief die Mühe der Freude zu: ach stöhre mich doch nur eine kleine Weile in meinem Fleiße, damit ich nicht unter meiner Arbeit darnieder sinke! Das will ich wohl thun, sagte die Freude, wenn du auch zur Dankbarkeit wieder meinen süßesten Genuß unterbrechen willst, damit ich seiner nicht überdrüßig werde, denn ich sehe doch wohl, daß wir eines ohne dem andern nicht leben können. Da versöhnten sie sich wieder mit einander, und seit der Zeit sind sie immer die vertrautesten Freunde gewesen, und wer sie aufnehmen will, muß sie beide aufnehmen, weil sie immer unzertrennlich sind. Aber bedenkt auch das wohl, daß ihr euch nie beim Genuß irgend einer Freude zu lange verweilt, sondern bald wieder eine nützliche Arbeit vornehmt, die euch wieder ein neues Vergnügen gewähren wird. Denn der Wanderer durfte sich auch nicht zu lange in
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dem anmuthigen Thal aufhalten, weil er sonst die vielen Berge, welche noch vor ihm lagen, nicht würde überstiegen haben, und also auch nie in die schöne Stadt gekommen wäre. Aber das war sein Trost, daß auf einen ieden Berg wieder ein anmuthiges Thal folgte. Und das laßt auch künftig euren Trost seyn in den Mühseeligkeiten dieses Lebens, daß auf iede Beschwerde wieder Freude folgt. Und wenn es euch oft nicht nach Wunsch gehet, wenn ihr oft nicht einsehet, wo es noch mit euch hinaus will, o so bedenkt, daß Gottes Wege oft vor unsern Augen verborgen sind. Denkt an den Wandrer, den sein Wegweiser, auch durch dunkle Wege, in dicken Gebüschen, den steilen Berg hinanführte, der anfänglich unersteiglich schien, und daß ihr Pfad, der sich oft in tausend Krümmungen verlohr, endlich doch wieder gerade und eben wurde. Und wenn ihr auch in eurem künftigen Leben einmal in Noth gerathen, und es euch scheinen sollte, als ob keine Rettung mehr vorhanden wäre, wenn ihr denn überzeugt seyd, daß Gott noch eur Freund ist, daß ihr nicht von ihm abgewichen seyd, o so fürchtet euch nicht, und denkt, daß die dro-henden Felsen nicht über dem Haupte des Wandrers zusammen stürzten, der sich auf seinen Führer verließ. Wenn ihr also Gottes Gebote haltet, so mag euch in eurem künftigen Leben begegnen, was da wolle, ihr könnt bei allem zufrieden seyn, selbst dabei, wenn ihr zu einer Zeit nicht immer so frölich, wie zur andern seyn könnt. Denn freilich war der Wandrer frölicher, wenn er im Thale war, als wenn er an dem Fuße eines Berges stand, den er ersteigen sollte, aber zufrieden war er doch immer, weil er gewiß wußte, daß das allemal der beste Weg sey, den ihm sein Führer zeigte, und weil er nicht so sehr auf die gegenwärtigen Beschwerlichkeiten der Reise, als vielmehr an sein zukünftiges Glück dachte, wenn er das Ziel seiner Wanderschaft würde erreicht haben. Wenn ihr zufrieden und mit eurem Gott vergnügt durch dis Leben wandeln wollt, o so denkt auch nicht so sehr an das Gegenwärtige, als an das Zukünftige, an die Stadt Gottes, an das Glück, das unsrer erst nach dem Tode wartet. Kinder, wir alle müssen, früher oder später, durch das dunkle Thal, wo den Wandrer Schrecken und Nacht umhüllten, und der Boden unter seinen Füßen wich, wo er seinen Führer
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nicht mehr sehen konnte, aber sich fest an ihn hielt, und nicht von ihm ließ, bis sie glücklich hindurch waren. Da waren alle Mühseligkeiten der Reise überstanden, da eröfneten sich die Gefilde der Wonne, da hörte man keine Klage mehr, und alle Thränen wurden von den Augen der Betrübten abgewischt. Darum laßt uns nicht verzagen, wenn Gott uns durch dieses dunkle Thal führen will, wenn er uns von dieser Welt abruft, und uns wissen läßt, daß unsre Wanderschaft nun zu Ende gehe, so laßt uns an seiner Hand muthig hinab steigen. Sollen wir dann diese Sonne und den schönen Frühling nicht mehr sehen, o so wissen wir, daß eine schönre Sonne vor unsern Blicken aufgehen, und ein ewiger Frühling um uns lächeln wird. Wie viele Ursach haben wir also in allen Umständen unsers Lebens, und selbst im Tode, auf Gott unser Vertrauen zu setzen. Sucht nun diese tröstliche Lehre vom Ver-trauen auf Gott noch heute auf euch anzuwenden. Wenn ihr euch diesen Abend niederlegt, und euer Herz euch sagt, daß ihr den Tag über fromm und fleißig, und euren Eltern gehorsam gewesen seyd, daß ihr euren Bruder nicht beleidiget, eure Lehrer und Vorgesetzten nicht betrübt, und alles nach euren Kräften gethan habt, was ihr thun solltet, so wißt ihr, daß ihr unter der Obhut Gottes steht, und könnt mit ruhigem Herzen einschlafen. Sagt euch aber eur Gewissen das Gegentheil, und habt ihr heute etwas gethan, wovon ihr selbst einsehet, daß es unrecht ist, so wagt es noch nicht, euch in den Schutz Gottes zu befehlen, bis ihr ihn vorher ernstlich um Vergebung gebeten, und euch fest entschlossen habt, nie dergleichen wieder zu thun, wenn denn eure Entschließung so stark ist, das ihr sie an dem folgenden Tage wirklich in Ausübung bringt, so weiß das Gott schon zum voraus, und dann vergiebt er euch, was ihr Böses gethan habt, dann steht ihr erst wieder unter seinem Schutze, und könnet unter seiner Obhut sicher schlafen. Stellt also noch heute Abend, ehe ihr euch niederlegt, diese Prüfung an. Vergeßt aber auch nicht, Morgen früh, sobald ihr aufwacht, euch fest vorzunehmen, daß ihr den Tag über euch so betragen wollet, daß euch eur Gewissen keine Vorwürfe machen kann. Sobald ihr das thut, seyd ihr völlig vor allem Unglück gesichert, denn euch mag alsdann begegnen, was da
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wolle, so kann es doch für euch kein Unglück seyn. Dann könnt ihr immer mit Vergnügen an Gott denken, und euch darüber freuen, daß ihr unter seinem allmächtigen Schutze steht, und daß euch nichts auf der Welt schaden kann. Ein Unterthan, den sein König liebt, fürchtet sich vor niemanden, der unter seinem Könige steht, weil er weiß, daß ihn dieser gegen alles Unrecht schützen wird; eben so wenig dürft ihr euch vor irgend etwas fürchten, wenn ihr euch so verhaltet, daß ihr von der Liebe Gottes gegen euch versichert seyd, dann kann euch nichts schaden, was unter seiner Macht stehet, und unter seiner Macht steht ia alles. Sucht also ia die Liebe Gottes nicht zu verscherzen, wenn euer Vertrauen auf ihn nicht wankend wer- den soll. Der kleinste Ungehorsam gegen eure Eltern, oder die geringste Beleidigung, die ihr eurem Bruder zufügt, kann euch plötzlich die Ruhe eurer Seele rauben. So lange ihr in der Sünde des Ungehorsams beharret, könnt ihr nicht auf Gott vertrauen, weil ihr muthwillig sein Gebot übertretet, und dann seyd ihr immer unruhig und furchtsam und müßt vor einem iedem rauschendem Blatt erschrecken. Erinnert euch aber auch oft an die Geschichte des Wandrers, und scheuet euch ia vor keiner Mühe! Wenn ihr heute noch eine nothwendige Arbeit vorhabt, so macht sogleich den Anfang damit, wenn ihr gleich einen heimlichen Widerwillen bei euch dagegen empfinden solltet, und ruhet nicht ehr bis ihr völlig damit fertig seyd; dann werdet ihr weit vergnügter seyn, eur Abendbrodt wird euch besser schmecken, und ihr könnt euch mit ruhigerm Herzen niederlegen. O seht, der ganze Himmel hat sich aufgeklärt. Die Luft ist nach dem Gewitter kühle geworden, die Vögel singen auf den Zweigen, und alles erquicket sich wieder, nach der schwülen Hitze. Nun hebt freudig eure Hände zu Gott empor, und betet: Gott ist ein Gott der Liebe Und sanft ist sein Gebot, Drum opfre frohe Triebe, O Seele, deinem Gott! Sing’ ihm in Morgenlüften,
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Wenn unter Blumendüften Des Himmels Antlitz glüht; Lob’ ihn in Ungewittern, Wenn Heuchler muthloß zittern, So tön’ ihm froh dein Lied! Tritt vor ihm mit Gebete, Sehr freundlich ist der Herr! Der Glanz der Morgenröthe Ist Lächeln vor ihm her. Er der im Westwind wehet, Und der auf Wolken gehet Ist stets mit Hülfe nah; Drum weih ihm frohe Triebe. Denn er ist ewig Liebe, Ist ewig Jehovah.
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Vom rechten Gebrauch der Zeit. Das Kostbarste unter allem, was wir besitzen, Kinder, ist die Zeit. Wenn einer auch sein ganzes Vermögen verliert, so kann er doch seinen Schaden vielleicht künftig einmal wieder ersetzen, aber wenn die Zeit erst dahin ist, so kann man sie mit allen Schätzen der Erde nicht wieder erkauffen. Ihr könnt den gestrigen Tag nicht zurückrufen, um das Versäumte wieder gut zu machen, so gern ihr auch wolltet. Die vergangne Zeit ist nun einmal für euch verlohren, und es kömmt blos darauf an, ob ihr sie gut angewandt habt, oder nicht. Versucht es also einmal, und erinnert euch acht oder vierzehn Tage in eurem Leben zurück, so werden euch manche Dinge einfallen, an die ihr mit Vergnügen, und manche an die ihr mit Mißvergnügen denkt. Ihr seyd an dem und dem Tage mit euren Eltern spatzieren gegangen, und habt euch gut betragen, so daß sie mit euch zufrieden waren; diese Erinnerung erweckt euch Vergnügen. Ihr seyd aber einigemale des Morgens spät aufgestanden, und habt also nicht zu rechter Zeit in
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eure Lehrstunden kommen, noch euch gehörig dazu vorbereiten können, eure Lehrer sind deswegen unzufrieden mit euch gewesen; diese Erinnerung erweckt euch Mißvergnügen. Demohngeachtet aber könnt ihr in alle Ewigkeit den Morgen nicht wieder zurückrufen, an dem ihr spät aufgestanden seyd, und euch vornehmen, daß ihr an eben d e n Morgen noch einmal wieder früher aufstehen wolltet: am künftigen könnt ihr eur Vorhaben ins Werk richten, aber der vergangne ist auf immer für euch verlohren. Ihr seht also daraus, daß wir über die vergangne Zeit eben so wenig gebieten können, als über den Stein, den wir einmal aus der Hand geworfen haben. Die künftige Zeit steht schon etwas mehr in unsrer Gewalt; denn wir können doch wenigstens gute Vorsätze fassen, wie wir sie anwenden wollen, w e n n wir sie erleben soll-ten. We n n ihr noch funfzig Jahre alt werdet, so könnt ihr euch doch ietzt schon vornehmen, wie ihr diese funfzig Jahre recht nutzen wollt. Wenige von euren Jahren sind nun erst dahin; in Ansehung dieser könnt ihr keine guten Vorsätze mehr fassen. Indeß freuet euch, Kinder, daß ihr wahrscheinlicher Weise noch den größten Theil eures Lebens vor euch habt. Seht diesen nun als eine Summe Geldes an, womit ihr sparsam haushalten müßt, wenn ihr ordentlich und zufrieden davon leben wollt. Macht mir nicht den Einwurf, ihr könntet ia Morgen sterben, dann würden euch eure guten Vorsätze auf die Zukunft nicht das mindeste helfen; ich antworte: eben so leicht wie ihr Morgen sterben könnt, könnt ihr auch noch funfzig Jahre leben; ihr würdet also am klügsten thun, wenn ihr euch auf beides gefaßt machtet: rechnet immer auf ein hohes Alter, und denkt also schon ietzt darauf, wie ihr von einem langen Leben den besten Gebrauch machen wollt; wendet aber auch die gegenwärtige Zeit so gut an, wie ihr könnt, so seyd ihr allemal auf einen frühen Tod gefaßt, und gehet auf die Art in beiden Fällen am sichersten. Daß man sich sehr leicht verrechnen könne, wenn man sich selbst sein Ziel vorschreibt, wie lange man ohngefähr zu leben glaubt, davon will ich euch ein Beispiel erzählen. Ein reicher Mann hatte sich vorgenommen, seinen Erben nicht das mindeste von seinem großen Vermögen zu hinterlassen, sondern alles bei seinen Lebzeiten selbst aufzuzehren.
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Nun hatte er seine Rechnung so gemacht, daß er höchstens ein Alter von achtzig Jahren erreichen würde. Hierauf richtete er sich ein, daß sein Vermögen gerade bis dahin reichen mußte. Er wurde auch wirklich achtzig Jahre alt, und sein Vermögen war bis auf den letzten Heller aufgezehrt; allein zum Unglück mußte er noch zehn Jahre leben, und sein Brodt vor den Thüren betteln, wo er denn die Leute bat, sie möchten doch einem armen alten Manne etwas mittheilen, der sich verrechnet hätte. Wenn ihr also an die Zukunft denkt, Kinder, so nehmt euch ia in Acht, daß ihr euch nicht, wie dieser Mann, verrechnet, sondern arbeitet so fleis-sig, und haltet so mit eurem Vermögen haus, als ob ihr gewiß wüßtet, daß ihr neunzig Jahre alt würdet. So alt werden nun freilich nicht viele Menschen, aber wir thun doch immer besser, wenn wir uns auf ieden Fall vorbereiten. Insbesondere aber nehmt dis wohl zu Herzen; wir haben dis Leben nur einmal. Wenn wir todt sind, so kömmt die Reihe, hier auf der Welt zu leben, an andre Menschen, an uns aber kömmt sie dann in Ewigkeit nicht wieder. Laßt uns also ietzt unsre Zeit nutzen, da wir noch an der Reihe sind. Bedenkt, wie wichtig uns nun ein ieder Augenblik seyn muß: denn wenn er einmal dahin ist, so kömmt er nie wieder zurück; wir müssen ihn also ergreiffen, ehe er uns entflieht, und ihn schnell anwenden, ehe es noch zu spät ist. Unser Leben besteht aus Jahren, und unsre Jahre bestehen aus Tagen. Wer nun sein ganzes Leben recht nutzen will, der muß nothwendig auch alle einzelne Theile desselben gut anwenden; er muß also in diesem Betracht eine iede Stunde für sehr wichtig halten, weil doch eine gewisse bestimmte Anzahl dieser Stunden am Ende unser ganzes Leben ausmachen wird. Wenn ihr eine Seite schreiben wollt, daß sie gut ins Auge fallen soll, so müßt ihr, bei einem ieden einzelnen Buchstaben, allen möglichen Fleiß anwenden, und ihn so gut, wie ihr nur könnt, zu machen suchen, wenn ihr das thut, so wird gewiß die ganze Seite die ihr geschrieben habt, ebenfalls ein schönes Ansehn erhalten. Taugen aber die einzelnen Buchstaben nichts, und habt ihr darauf keine Mühe gewandt, so könnt ihr auch unmöglich erwarten, daß die ganze Seite gut werden soll. Oft habt ihr wohl gewünscht, daß die Seite, die ihr schreibet recht
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gut werden möchte, aber es war euch zu mühsam, einen ieden einzelnen Buchstaben recht auszumahlen, und daher kam es oft, daß eur Geschriebenes so schlecht gerieth. So giebt es viele Menschen, die auch recht herzlich wünschen, ihr ganzes Leben recht gut anzuwenden, aber wenn sie nun auf eine iede einzelne Stunde aufmerksam seyn, und auf die Anwendung eines ieden Tages die gehörige Sorgfalt wenden sollen, das scheinet ihnen zu mühsam zu seyn, und ist es doch im Grunde nicht. Denn, Kinder, ihr wißt ia selbst, man kann sich eben sowohl eine gute als eine schlechte Hand, im Schreiben, angewöhnen. Wer aber einmal gelernet hat, eine gute Hand zu schreiben, dem wird diese nachher eben so leicht, als dem andern seine schlechte. Es kömmt also nur auf den Willen an, und erfordert nur im Anfange einige Anstrengung. Wenn man sich aber einmal fest vornimmt, einen ieden Buchstaben, den man schreibt, recht sorgfältig auszumahlen, so kann es nicht fehlen, daß einem dis nicht zuletzt zur Gewohnheit werden sollte, und man schreibt alsdenn immer gut, ohne sich dessen einmal bewußt zu seyn. Eben so leicht ist es auch, sich ein regelmäßiges Leben anzugewöhnen, wenn man es sich nur im Anfange einige Mühe kosten läßt, so lange bis es einem erst zur Gewohnheit geworden ist; aber da muß man denn freilich auf eine iede Stunde aufmerksam seyn, denn so bald man das nicht thut, ist man in Gefahr, gleich wieder in das Unordentliche und Unregelmäßige zurückzusinken. Und wenn man einmal das Leben gut anwenden will, so muß man auch keine einzige Stunde hievon ausnehmen, weil sie unser Leben im Ganzen verunstalten würde, sobald man sie übel anwenden wollte, eben so wie ein schlechtgeschriebener Buchstabe, eine ganze Seite in einem Briefe entstellt. Man muß sich also wenigstens immer fest vornehmen, daß man sein Leben rein bewahren will, wie ein Mahler sein Gemählde, damit es von keinem Flecken entstellt wird. Wenn diß aber dennoch geschehen sollte, so wird der Mahler alle Sorgfalt anwenden, um den Flecken auszutilgen, und das Gemählde in seiner ersten Schönheit wieder herzustellen. Wenn also eur Leben einmal durch eine schlechte Handlung befleckt werden sollte, o so sucht diesen Flecken mit Thränen der Reue, und durch eine wahre
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Besserung sogleich wieder auszutilgen, damit ihr wieder mit Vergnügen in eur Leben zurückschauen könnt. Insbesondere aber denkt auf den rechten Gebrauch der Gegenwart. Den gegenwärtigen Augenblick, die gegenwärtige Stunde recht zu benutzen, das ist die größte Weis-heit, Kinder. Diese Stunde, zum Beispiel, hätten wir ietzt nicht besser anwenden können, als daß wir davon reden, wie wir alle künftigen Stunden unsres Lebens von nun an gut anwenden wollen. Diese einzige Stunde also kann auf eur ganzes künftiges Leben einen sehr wichtigen Einfluß haben, und dieser Einfluß wird immer bleiben, wenn die Stunde selbst gleich schon lange vorüber gegangen ist. Ihr seht also daraus, daß man die künftige Zeit nicht von der vergangnen abreißen kann, sondern daß sie mit derselben in der genauesten Verbindung steht. Wenn ihr euch gestern so betragen habt, daß eure Eltern und Lehrer mit euch unzufrieden sind, so versuchts einmal, und reißt den heutigen Tag von dem gestrigen ab, oder stellt euch vor, als ob der gestrige Tag gar nicht gewesen wäre, damit keine unangenehme Erinnerung eur Vergnügen stöhre; es wird euch nicht gelingen, der Gedanke an eur gestriges Betragen, und an die schädlichen Folgen davon, wird euch iede Freude verbittern, und ihr werdet diesen Gedanken mit aller Gewalt nicht unterdrücken können. Um heute recht vergnügt zu seyn, hättet ihr euch gestern besser betragen müssen. Wenn ihr also den gegenwärtigen Tag wohl anwendet, so habt ihr immer die süsse Hoffnung, daß ihr am folgenden Tage vergnügt seyn werdet, weil euch dann eure Freude durch keine unangenehme Erinnerung verbittert werden kann. Ich habe euch schon gesagt, daß man die Zeit wie eine Summe Geldes betrachten, und auch eben so behutsam damit umgehen müsse. Wenn man euch nun das Geld, wofür ihr erzogen werdet, zu eurem freien Gebrauch in die Hände geben wollte, so würdet ihr noch nicht die Klugheit besitzen, es gehörig anzulegen. Ihr würdet euch vielleicht Spielsachen, oder andre Dinge, woran ihr ein Vergnügen findet, dafür kauffen, und würdet darüber das nothwendige vergessen, so daß ihr zuletzt an allen Bedürfnissen des Lebens Mangel leiden müßtet.
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Darum ist es auch sehr gut, daß man euch dis Geld nicht in die Hände giebt, sondern daß eure Eltern und Vorgesetzten, die klüger sind wie ihr, dasselbe an eurer Statt ausgeben, und für alle eure Bedürfnisse sorgen. Eben so ist es nun auch mit der Zeit, wenn man euch diese zu eurem freien Gebrauche überließe, so würdet ihr sie vielleicht auf solche Dinge verwenden, die euch in der Folge nicht den mindesten Nutzen verschaffen könnten. Ihr würdet sie vielleicht mit Spielen, Herumlauffen, und thörichten Handlungen zubringen. Da nun aber die Zeit eine so kostbare Sache ist, so werdet ihr selbst einsehen, daß ihr wohl noch nicht Klugheit genug besitzen möchtet, so damit hauszuhalten, daß es euch in der Folge nicht gereuete. Darum laßt es euch nun lieb seyn, daß eure Eltern und Vorgesetzten, so lange bis ihr selbst zu eurem völligen Verstande kommt, eure Zeit, an eurer Statt eintheilen, und euch vorschreiben, was ihr in ieder Stunde des Tages thun sollt. Ihr, als Kinder, könnt also ietzt eure Zeit gewiß nicht besser anwenden, als wenn ihr diesen Vorschriften auf das genaueste folgt. Wenn euch also eure Eltern oder eure Lehrer befehlen, ihr sollt eine Stunde lang schreiben lernen, so könnt ihr diese Stunde gewiß nicht besser anwenden, als wenn ihr auf das Schreiben alle nur mögliche Sorgfalt wendet. Wenn sie euch eine andere Stunde zum Rechnen und eine andre zum Lesen bestimmt haben, so könnt ihr beide gewiß nicht besser benutzen, als wenn ihr in ieder gerade das thut, was ihr eigentlich zu der Zeit thun sollt. Wenn euch eine Stunde zur Erhohlung vergönnt wird, so könnt ihr keinen bessern Gebrauch von dieser Stunde machen, als daß ihr sie zur Erhohlung von euren Beschäftigungen anwendet. Die Zeit, die zum Schlaf bestimmt ist, könnt ihr nicht besser nutzen, als wenn ihr während derselben der Ruhe genießet; und die Stunde die zum Essen und Trinken festgesetzt ist, habt ihr recht gut angewandt, wenn ihr mäßig und mit Danksagung in derselben gegessen und getrunken habt. Hiebei bedenkt nun wohl, was der weise König Salomo sagt: Alles Ding hat seine Zeit. Ihr müßt also nicht arbeiten, wenn ihr schlafen sollt, und noch viel weniger schlafen, wenn ihr arbeiten sollt; und dasienige was ihr thut, das müßt ihr allemal ganz thun. In der Stunde, da ihr schreiben sollt, müßt ihr
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nicht rechnen, und in der Stunde, wo ihr rechnen sollt, müßt ihr nicht schreiben. Obgleich beides an sich gut ist, so müßt ihr doch iedes bis auf die gehörige Zeit versparen, damit in euren Beschäftigungen keine Unordnung entsteht. Vorzüglich aber nehmt euch in Acht, daß ihr, ausser den Erhohlungsstunden, ia nicht die mindeste Zeit müßig zubringt, denn diese Zeit ist ganz gewiß verlohren, und wird euch niemals Freude machen. Fragt also eure Eltern, sobald ihr eine müßige Stunde habt, wozu ihr sie anwenden sollt, damit ihr keinen unrechten Gebrauch davon macht, dann werden sie euch schon sagen, womit ihr euch beschäftigen sollt, und das müßt ihr dann gleich thun, ehe euch noch das Müßiggehen wieder einfällt. Aber eure Eltern und Vorgesetzten werden selbst schon eure Stunden so einzutheilen wissen, daß euch keine einzige davon zum Müßiggehen übrig bleibt, und daran thun sie sehr wohl und handeln rechtschaffen an euch, und ihr werdet es ihnen noch einmal im Grabe danken, wenn sie euch schon früh den rechten Gebrauch der kostbaren Zeit gelehrt haben. Jetzt habt ihr es also darinn noch sehr gut, daß ihr nicht einmal selbst für die Eintheilung eurer Zeit zu sorgen braucht, daß eure Eltern und Vorgesetzten dieses an eurer Stelle übernehmen, und euch nun weiter nichts zu thun übrig bleibt, als ihren Vorschriften auf das genaueste zu folgen. Dis wird aber nicht immer so bleiben, Kinder. Wenn ihr erst erwachsen seyd, so steht ihr nicht mehr unter der besondern Aufsicht eurer Eltern und Vorgesetzten. Ihr könnt dann selbst über einen großen Theil eurer Zeit gebieten, und ihn nach eurem eignen Belieben anwenden; habt ihr euch dann an ein regelmäßiges Leben gewöhnt, und habt ihr gelernt, mit eurer Zeit sparsam hauszuhalten, so ist es sehr gut für euch; habt ihr das aber nicht gethan, so werdet ihr einen Tag nach dem andern auf die unverantwortlichste Weise verschwenden, und euch selbst dadurch in das größte Unglück stürzen. Lernet also früh den Werth der Zeit erkennen, damit ihr sie in eurem künftigen Leben ia nicht als eine Kleinigkeit betrachtet, die nicht der Mühe werth wäre, daß man sich viel darum bekümmerte. Die Zeit ist so gut wie baares Geld. Wenn ihr nun einen Groschen nicht habt, so könnt ihr ihn nicht ausgeben, so gerne ihr auch wollt; und wenn ihr keine
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halbe Stunde übrig habt, so könnt ihr sie nicht zur Arbeit oder zum Vergnügen anwenden, so sehr ihr es auch wünscht. Darum lernet eure Zeit so eintheilen, daß ihr sie zuerst zu den nothwendigsten Dingen anwendet; das sind nun eure bestimmten Geschäfte, die euch von euren Eltern und Lehrern angewiesen sind. Diesen Arbeiten müßt ihr ia keinen Augenblick entziehen, welcher ihnen mit Recht gehört. Die Zeit aber die euch nach Verrichtung eurer bestimmten Arbeiten noch übrig bleibt, könnt ihr dann schon mehr nach eurem Gefallen anwenden; wenn ihr, zum Beispiele, Lust zum Zeichnen oder zur Musik habt, so könnt ihr euch alsdann damit beschäftigen, wenn es euch eure Eltern und Vorgesetzten erlaubt haben. Ihr müßt es also ia nicht mit der Zeit so machen, wie es iener Handwerksmann mit seinem Gelde machte. Dieser wollte gerne Meister werden, es fehlte ihm aber an Baarschaft zu seiner ersten Einrichtung. Ein reicher Mann lieh’ ihm auf drei Jahre hundert Thaler, daß er dafür Meister werden, und sich das Nöthige anschaffen sollte. Wer war nun froher als der Handwerksmann? Er sahe schon im Geiste seine Werkstatt auf das schönste eingerichtet, und rechnete schon aus, wie viel er wohl in Jahr und Tag mit seinem Fleiße verdienen könnte. In der Fröhlichkeit seines Herzens gieng er nach einem Weinhause, und dachte, du mußt dir doch von deinem Gelde auch etwas zu gute thun! Unterwegens wollte zwar sein Gewissen aufwachen, und ihm sagen, es wäre noch nicht die Zeit, wo er sich von diesem Gelde etwas zu gute thun dürfe, sondern er müsse erst darauf denken, wie er es zu der bestimmten Zeit wieder bezahlen wolle, und müsse also vor ietzt noch keinen Heller ohne die höchste Nothwendigkeit davon ausgeben. »Allein, dachte er, wenn ich nun einen halben Thaler daran verwende, mich einmal zu freuen, so behalte ich doch noch neun und neunzig und einen halben Thaler übrig, das ist noch immer genug, um mir das Nöthige zu meiner Einrichtung dafür anzuschaffen, und dann kann ich ia auch diese kleine Verschwendung nachher durch meinen Fleiß wieder gut machen.« So suchte er sein Gewissen einzuschläfern. Aber ach! der arme Mann! Dieses war der erste Schritt zu seinem Verderben. Den andern Tag erinnerte er sich lebhaft wieder an das Vergnügen, was er an dem
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vorigen Tage genossen hatte, und machte sich schon kein Bedenken mehr, nun noch einen halben Thaler auf eben die Art zu verschwenden, damit er doch, wie er sagte, nun gerade noch neun und neunzig Thaler übrig behielte. Aber nun war seine Begierde, sich etwas zu gute zu thun, einmal so stark geworden, daß er einen Thaler nach dem andern angriff und ihn eben so, wie den ersten, durchbrachte. Denn dachte er: »Es ist ia nur ein Thaler, ich werde doch noch genug übrig behalten.« So dachte er aber immer, und überlegte nicht, daß sein ganzes Vermögen aus hundert einzelnen Thalern bestand, und daß auf der nützlichen Anwendung eines ieden, der gute Gebrauch der ganzen Summe beruhete. Er stellte sich diese Summe so groß vor, daß er die einzelnen Theile derselben viel zu geringe schätzte, als daß er auf ihre gute Anwendung hätte denken sollen. Darüber gerieth er nun in ein wüstes, unor-dentliches Leben. Weil er nur beständig auf sein Vergnügen dachte, so hatte er keine Lust mehr zu arbeiten. Und doch konnte er seines Lebens nicht recht froh werden, sobald er bedachte, daß sein Geld von Tage zu Tage immer mehr auf die Neige ging, und daß er niemals seinen Zweck erreichen könne, weil sein Wohlthäter ihm nicht noch einmal die hundert Thaler vorschießen würde, die er nun so liederlich verschwendet hatte. Als nun endlich sein Geld aufgezehret war, so war ihm auch die Lust zum Arbeiten gänzlich vergangen. Er war des Lebens überdrüßig, weil er nichts als eine schreckliche Zukunft vor sich sahe. Mitten in seiner Verzweiflung gerieth er unter eine Bande Strassenräuber, und wurde ihr Mitglied. Diese wurden kurz darauf gefangen, und er mußte mit ihnen die verdiente Strafe leiden, und eines traurigen Todes sterben. O hätte dieser Elende das erstemal der Stimme seines Gewissens Gehör gegeben, und wäre nicht in das Weinhaus gegangen, wohin ihn seine Begierde lockte, so könnte er vielleicht ietzt in seiner Werkstatt ruhig sitzen, und in gutem Wohlstande ein glückliches Alter er-reicht haben. Aber so wie es dieser Mann mit seinem Gelde machte, so machen es leider viele Menschen mit ihrem Leben. Von der guten Anwendung der hundert Thaler hing größtentheils des Mannes sein zeitliches Glück ab; und von der guten Anwendung unsres Leben hängt unser
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ganzes ewiges Glück ab; so wie iener nun einen Thaler nach dem andern verschwendete, und immer dachte, er würde doch noch genug übrig behalten; so verschwenden viele Menschen, ein Jahr nach dem andern von ihrem Leben, und denken immer es wird ihnen doch noch Zeit genug übrig bleiben, von der sie einmal einen bessern Gebrauch machen können. Wenn euch einmal der unseelige Gedanke einfallen sollte, Kinder, daß ihr einen Tag muthwillig verschwenden wollt, o so bebt zurück vor dem Gedanken. Denkt, daß aus Tagen Wochen, und aus Wochen Jahre werden, und daß unser ganzes Leben höchstens nur siebenzig bis achtzig Jahre dauert. Erinnert euch an die Geschichte des Unglücklichen, die ich euch erzählt habe, und hütet euch vor dem ersten Schritte zu einem unordentlichen Leben. Kinder! bedenkt das wohl, was ich euch ietzt sage, denn es ist eine sehr wichtige Sache, es betrift eure Glückseligkeit. Laßt uns unser Leben nutzen, denn wir haben es nur einmal! Laßt uns einen ieden Augenblick nutzen, denn wenn er entflohen ist, so kehrt er nie wieder zurück! Darum denkt an euren Schöpfer in eurer Jugend! Faßt heute den Entschluß, eur Leben dem zu widmen, der es euch gegeben hat. Ihr widmet es ihm, wenn ihr fromm und fleißig seyd. Ihr könnt aber fromm und fleißig seyn, wenn es eur ernstlicher Vorsatz ist. Da es also nur auf diesen Vorsatz ankömmt, o so faßt ihn ietzt! In diesem Augenblicke weiß Gott eure Gedanken, und weiß wozu ihr euch entschließen wollt. Entschließt euch doch zu dem, was ihm wohlgefällig ist, und was euch selbst hier und dort glücklich machen kann, entschließt euch zu einem ordentlichen und frommen Leben, und macht dazu schon ietzt den Anfang, damit es euch nachher nicht zu schwer wird. Aber noch eins will ich euch sagen, vergeßt nicht alle Abend und alle Morgen zu beten, und erneuret dabei iedesmal eure guten Entschließungen, das wird euch sehr nützlich seyn. Lernet folgendes kurze Gebet auswendig, und sprecht es alle Morgen, sobald ihr aufwacht: Gesund erwach’ ich, guter Gott! Auf dein allmächtiges Gebot, Zu einem neuen Tage.
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Mein allererst Geschäft soll seyn, Dir meinen frohen Dank zu weihn; Dann an mich selbst die Frage: Wie ich den angefangnen Tag Nach deiner Vorschrift nutzen mag, Daß ich mich sein erfreue. Wie gut, wenn ich am Abend dann Mich keiner That erinnern kann, Die ich mit Schmerz bereue. Gebrauchen will ich meine Zeit, Und will nun gleich mit Freudigkeit An meine Arbeit gehen, Und was ich Gutes thue, soll, Nach deiner Vorschrift, freudenvoll, Und gern von mir geschehen! Und wenn ihr euch schlafen legen wollt, so betet: Allgütiger, ich danke dir, Daß du die sanfte Ruhe mir Am Abend wieder gönnest! Auch dieser Tag ist nun entflohn, Wie ich ihn nutzte, weißt du schon, Weil du mein Innres kennest. Drum will ich keine einzge That, Die längst dein Blick gesehen hat, Jetzt vor mir selbst verhehlen. Mit ernster Prüfung will ich nun Mir selber strenge Rechnung thun, Und meine Stunden zählen. Hab’ ich sie unrecht angewandt, Das ist dir Ew’ger schon bekannt,
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Doch wirst du’s mir vergeben; Denn sieh’ anbetend lieg’ ich hier, Und widme ietzt aufs neue dir, Von Morgen an, mein Leben! 5
(Die Fortsetzung dieser Materie folgt im nächsten Stück.)
(Fortsetzung des Vorigen.)
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Ich will euch noch ein Mittel sagen, wie ihr schon ietzt den Anfang machen könnt, aufmerksam auf eure Zeit zu werden. Ein guter Hauswirth pflegt alle Abend seine Einnahme und Ausgabe zu berechnen, und sich dazu ein eignes Buch zu halten; findet er dann, daß er den Tag über sein Geld für lauter nothwendige und nützliche Dinge ausgegeben hat, so freuet er sich darüber, und sein ausgelegtes Geld gereuet ihm nicht: findet er aber, daß er sich hat verleiten lassen, Dinge zu kauffen, die nicht so viel werth sind, als er dafür bezahlt hat, so ist er darüber auf sich selbst unwillig, und nimmt sich vor, inskünftige klüger zu seyn. Wenn ihr nun schon Geld einzunehmen hättet, so müßtet ihr es auch so machen: aber ihr wißt, Kinder, die Zeit ist noch viel kostbarer als Geld, und diese ist ia immer eure tägliche Einnahme; fangt also an, euch darüber ein eignes Buch zu halten, und alle Abend zu berechnen, wie ihr die Stunden des Tages angewandt, und was ihr euch für eure Zeit eingekauft habt. Ihr werdet sehen, daß euch dis viel Vergnügen machen, und zugleich sehr nützlich für euch seyn wird. Findet ihr denn, daß ihr den Tag über, zum Beispiele, sechs Stunden, gelesen, gerechnet, geschrieben, und andre nützliche Dinge gethan habt, so habt ihr euch für diese sechs Stunden Wissenschaft eingekauft; diese dürfen euch also nicht gereuen, weil dasienige, was ihr damit erworben habt, etwas Bleibendes und Dauerhaftes ist, welches euch nicht wieder entrissen werden kann: denn was man einmal gelernt hat, das besitzt man gewiß sicherer als alles andre. Findet ihr aber, daß ihr diese sechs Stunden über, etwa erstlich ein Kartenhaus gebauet, dann Ball geschlagen habt, und zuletzt eine ganze Stunde
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herumgelauffen seyd; so habt ihr für diese Dinge weit mehr Zeit ausgegeben, als sie werth sind. Denn sechs Stunden sind schon viel, und eur Kartenhaus, eur Ballschlagen und eur Herumlauffen, machen, alle zusammen genommen, nur sehr wenig aus. Ihr habt also für eure Zeit weit weniger eingenommen, als ihr ausgegeben habt. Denn rechnet einmal nach, was wird euch das Kartenhaus, das Ballschlagen und das Herumlauffen, nach zwanzig Jahren wohl noch für Nutzen oder Freude verschaffen? Wäre es also nicht weit besser gewesen, wenn ihr für diese Zeit solche Dinge eingekauft hättet, die euch noch in der Zukunft Freude gewähren könnten? Und müßt ihr nicht selbst gestehen, daß ihr diese sechs Stunden ganz umsonst ausgegeben habt, weil euch alles das nicht das mindeste hilft, was ihr dafür eingekauft habt? Dis ist nun einmal ein unersetzlicher Schaden, denn die verlohrnen Stunden sind dahin; und ehe wir es uns versehen, ist unser ganzes Leben dahin, wir haben also gewiß nicht viele Stunden zu verlieren, wenn wir dis Leben nur einigermaßen gut nutzen wollen. Darum müßt ihr unwillig auf euch selbst seyn, sobald ihr findet, daß ihr auch nur eine einzige Stunde unnütz verschwendet habt, und euch alsdann vornehmen, daß ihr am folgenden Tage klüger seyn, und die Zeit, die ihr heute etwa der Arbeit entzogen habt, Morgen wieder dem Vergnügen entziehen, und sie dem Fleiße widmen wollt. Wenn ihr, zum Beispiele, mit einem eurer Mitschüler in einem Jahre eine Sprache lernen solltet, so müßtet ihr ausserordentlich fleißig seyn, eine gewisse bestimmte Anzahl von Stunden ganz allein auf diese Arbeit verwenden, und keine einzige dazwischen ausfallen lassen, weil ihr sonst gleich zurückbleiben, und eur Mitschüler eine Stunde vor euch voraus haben würde; damit ihr nun mit diesem beständig gleichen Schritt hieltet, so müßtet ihr recht eifrig auf die Erlernung der Sprache seyn. Es fügte sich aber einmal, daß ihr euch ein erlaubtes Vergnügen machen wolltet, und deswegen diese Stunde aussetzen müßtet; nun wäret ihr der Erlernung der Sprache gleichsam eine Stunde schuldig geworden, diese müßtet ihr am folgenden Tage, sogleich von eurem erlaubten Vergnügen wieder abtragen. Wenn ihr z. B zwei Stunden zur Erhohlung hättet, so müßtet ihr nunmehro eine davon
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zum Lernen anwenden, damit ihr in demjenigen, was ihr einmal angefangen habt, ia auch keinen einzigen Schritt zurückbleibt. Sonst geht es euch wie zwei Wandrern, die im Anfange immer gleichen Schritt halten, einer von ihnen aber fängt nur an ein klein wenig langsamer zu gehn, und ehe er sich’s versieht, bleibt er weit zurück, er verliert darüber den Muth sich anzustrengen, und hält es für unmöglich, seinen Gefährten wieder einzuhohlen, bis er sich endlich voll Unmuth niederwirft, und zuletzt anstatt weiter zu gehen, gar an dem Orte, wo er ist, liegen bleibt. Macht euch also heute noch ein Buch, und nennt das eur Ta g e b u c h . Wenn ihr denn des Abends zu Bette gehen wollt, so fragt euch erst vor dem allgegenwärtigen Gott: wie hab ich diesen Tag angewandt? Was habe ich Nützliches gelernt oder gethan? Wenn euch denn eur Herz sagt, daß ihr in allen euren Lehrstunden fleißig und außer denselben euren Eltern und Vorgesetzten gehorsam gewesen seyd, und daß ihr keinen von euren Mitschülern oder von euren Geschwistern beleidigt habt; dann setzt das Datum in eur Tagebuch und schreibt mit kurzen Worten darunter: D i e s e n Ta g h a b e i c h g u t a n g e w a n d t ! Hier müßt ihr aber nothwendig strenge gegen euch selbst verfahren, und nicht ehr hinschreiben, daß ihr einen Tag gut angewandt habt, bis ihr euch erst vor Gott geprüft, und gefunden habt, daß ihr es mit gutem Gewissen hinschreiben könnt. Denn dis Tagebuch ist ia nicht für andre Leute, sondern für euch selbst; wenn ihr also alle Abend ohne Ueberlegung hineinschreiben wolltet; diesen Tag habe ich gut angewandt! damit ihr es nur andern Leuten zeigen, und damit prahlen könntet, so würde aus der ganzen Sache ein Kinderspiel werden, und dann wäre es besser, daß ihr sie gar unterließet. Was ihr also in eur Tagebuch schreibt, das muß niemand wissen, als Gott und ihr, und etwa dieienigen Menschen, mit denen ihr in der genauesten Verbindung steht, das sind eure Eltern und Vorgesetzten, die euch selbst den ganzen Tag über beobachten, und vor denen ihr nichts von dem, was ihr thut, geheim halten müßt. Insbesondere aber müßt ihr euch selbst in diesem Tagebuche Rechenschaft von der Anwendung eurer Zeit ablegen, auf daß ihr mit dieser kostbaren Sache immer sparsamer haushalten und
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schon früh euch selbst beherrschen lernet. Jeder wohlangewandte Tag wird dann eine Zierde eures Tagebuchs seyn, und dasselbe muß euch immer lieber werden, ie mehr ihr solche Tage darinn zählen könnt; und wenn ihr dann auch eur Tagebuch verlieren solltet, so sind doch die wohlangewandten Tage eures Lebens, die ihr darinn aufgezeichnet habt, nicht verlohren, sondern ihr habt euch dadurch einen Schatz erworben, welcher euch noch in euren reifern Jahren, in eurem Alter, und in der Ewigkeit, Freude machen wird. Wenn ihr euch aber am Abend prüft, und findet, daß ihr den Tag über nicht so fleißig gewesen seyd, wie ihr wohl hättet seyn können und seyn sollen; wenn ihr findet, daß ihr nur in einer einzigen von euren Lehrstunden nicht aufmerksam gewesen seyd; wenn ihr findet, daß ihr zwar fleißig gewesen seyd, aber euren Bruder beleidiget habt; o so schreibt nicht in eur Tagebuch: diesen Tag habe ich gut angewandt! denn ihr würdet euch dadurch gegen Gott versündigen! schreibt aber offenherzig hinein, denn warum wolltet ihr gegen euch selbst, und gegen eure Eltern und Vorgesetzten nicht offenherzig seyn? H e u t e b i n i c h n i c h t s o f l e i ß i g g e w e s e n , w i e i c h w o h l h ä t t e s e y n k ö n n e n ! oder heute bin ich in dieser oder iener von meinen Lehrs t u n d e n n i c h t a u f m e r k s a m g e w e s e n ! oder, h e u t e h a b e ich einem meiner Geschwister oder einem meiner Mits c h ü l e r U n r e c h t g e t h a n ! Und dann legt eur Tagebuch hin, wo es niemand zu sehen bekömmt, oder, wenn ihr das nicht könnt, so gebt es euren Eltern in Verwahrung. Wenn dann eine Woche um ist, so zählet nach, wie viele Tage ihr, die Woche über, gut, und wie viele ihr nicht gut angewandt habt. Ihr müßt aber, wie ich euch schon gesagt habe, ia keinen Tag unter die wohlangewandten zählen, den ihr durch Trägheit, durch Ungehorsam, oder auch sonst nur durch eine einzige böse Handlung befleckt habt. Noch ein Mittel will ich euch sagen, wie ihr das Versäumte wieder gut machen, und es am folgenden Tage wieder einbringen könnt. Wenn ihr euch, zum Beispiele, am Abend erinnert, daß ihr eigentlich fünf Stunden hättet arbeiten sollen, ihr hättet aber euren nothwendigen Beschäftigungen, ohne alle Ursach, eine Stunde entzo-gen, und dieselbe muthwillig vertändelt, die üb-
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rige Zeit des Tages aber wäret ihr fleißig gewesen; nun macht aber diese einzige Stunde, daß ihr ihn doch nicht unter die wohlangewandten Tage zählen könnt; dann schreibt in eur Tagebuch: D i e s e n Ta g habe ich gut angewandt, ausser daß ich eine Stunde muthwillig vertändelt habe, diese aber will ich Morgen dadurch wieder einbringen, daß ich sie von meinen Erhohlungsstunden abziehe, und so will ich, anstatt f ü n f S t u n d e n , s e c h s S t u n d e n a r b e i t e n . Wenn ihr das nun aber einmal in eur Tagebuch geschrieben habt, so müßt ihr es auch am folgenden Tage, unverbrüchlich halten, sonst müßt ihr euch ia schämen, so oft ihr eur Tagebuch ansehet, und findet denn, daß ihr nicht einmal so stark gewesen seyd, euren Entschluß ins Werk zu richten. Wenn ihr euch nun so ein Tagebuch machen wollt, so thut das noch heute, und setzt euch diesen Abend hin, und fragt euch selbst: w i e h a b e i c h d e n n d i e s e n Ta g a n g e w a n d t ? Damit sich aber nun eure Gedanken nicht verwirren, so laßt alle Stunden des Tages, eine nach der andern, vor euch vorüber gehen, und fragt euch selbst, was ihr in einer ieden von diesen gethan habt? und wenn ihr dann findet, daß ihr in einer ieden Stunde gerade das gethan habt, was ihr, nach eurer eignen vernünftigen Ueberzeugung, und nach dem Befehl eurer Eltern und Vorgesetzten, darinn thun solltet; dann thut den Ausspruch: d a ß i h r d e n Ta g w o h l a n g e w a n d t h a b t . Stoßt ihr aber auf eine Stunde, wo ihr hättet arbeiten sollen, und statt dessen gespielt habt, oder herumgelauffen seyd, so werdet darüber unwillig auf euch selbst, und schreibt in eur Tagebuch, d a ß i h r M o r g e n g a n z g e wiß fleißiger seyn, und diese Stunde wieder einbring e n w o l l t , und dann fragt euch Morgenabend wieder, ob ihr euren Entschluß auch ins Werk gerichtet habt. Ihr werdet euch dadurch nach und nach, immer mehr, an ein ordentliches und regelmäßiges Leben gewöhnen, bis es euch zuletzt gleichsam zur andern Natur wird.
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Vom Tode. Bey einem Spatziergange im Herbst.
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Der Sommer ist vorüber, das Graß verwelket und das Laub fällt ab. Wie vergänglich ist doch alles! Diese Blätter, die unter dem Baume liegen, entwickelten sich im vorigen Frühlinge aus ihren Knospen, und prangten im iugendlichen Schmucke, nun sind sie verwelkt und abgefallen, und werden nie wieder grünen. Jetzt hat uns unser Schicksal zusammengeführt, über zehn Jahre wird vielleicht einer von uns hier, der andre dorthin, zerstreut seyn: wenn wir über funfzig Jahre noch leben, so sind wir Greise, und nach hundert Jahren ist, wahrscheinlicher Weise, keiner mehr von uns übrig. Ja oft wehet auch der Sturm ein Blatt vom Baume herab, ehe noch seine Zeit gekommen ist, und manche Blume muß in ihrer schönsten Blüthe welken. Viele Menschen sterben früh. Wer weiß, ob dis Looß nicht einen von uns treffen kann, und ob wir nicht selbst einen aus unserm kleinen Cirkel verlieren können? Aber laßt deswegen den Muth nicht sinken, Kinder! Ihr seyd ietzt noch alle munter und gesund, und wenn ihr euch nur vor unmäßigen Essen und Trinken, vor Zorn und andern heftigen Gemüthsbewegungen hütet, euch selbst nicht muthwillig in Gefahr begebt, und dabei ein frommes und arbeitsames Leben führt, so könnt ihr immer ein hohes und glückliches Alter erreichen. Ich habe euch nicht vom Tode gesagt, um euch dadurch traurig zu machen, sondern damit ihr inskünftige bei diesem Gedanken nie wieder traurig werden sollt. Kinder, wenn man euch sagte, ihr solltet Morgen sterben, das würde euch eine traurige Botschaft seyn, ihr würdet die Nacht über gewiß nicht schlafen, und eure Augen würden vom Weinen nicht trocken werden. Ihr würdet es euch kaum vorstellen können, daß ihr auf einmal eure Eltern und eure Freunde, verlaßen, und Morgen schon von ihnen als ein Todter beweinet werden solltet. Ihr würdet euch nie-derwerfen, und Gott mit Thränen bitten, er möchte euch doch eur Leben fristen. Denn ihr hofft so viele kleine Freuden auf dieser Welt, die ihr alle noch gerne genießen möchtet. Der Frühling kömmt her-
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an, und ihr hattet euch schon auf so manchen Spatziergang gefreuet, und nun sollt ihr den Frühling nie wieder sehn, nie wieder die Früchte genießen, die der Herbst uns darbeut, und sollt euch nie wieder mit euren Gespielen freuen. Ihr hattet schon angefangen verschiedene Sprachen zu lernen, und euch darauf gefreuet, daß ihr sie bald vollkommen verstehen würdet, nun dürft ihr daran nicht mehr denken, und wenn ihr eine Begierde zum Lernen gehabt habt, so muß es euch doch schmerzlich seyn, so auf einmal gänzlich damit abzubrechen. Ihr hattet vielleicht einen einzigen Freund, den ihr vorzüglich liebtet, und der mit euch in gleichem Alter war, diesen sollt ihr nun verlaßen. Morgen wäre vielleicht ein schöner Tag, und ihr solltet an dem morgenden Tage sterben. Wenn ihr dis alles überdächtet, müßtet ihr da nicht bei dem Gedanken an einen so frühen Tod in die äußerste Wehmuth gerathen? Darum freuet euch, bis ietzt hat euch noch keiner diese Botschaft gebracht, ihr könnt euch also heute Abend ruhig niederlegen, und mit vieler Wahrscheinlichkeit hoffen, nicht nur den morgenden, sondern noch sehr viele künftige Tage zu erleben. Aber demohngeachtet wird denn doch einmal, früher oder später, auch an einem ieden unter uns die Reihe kommen, daß wir sterben, und diese schöne Welt verlassen müssen. Dann werden andre Menschen unsern Platz einnehmen, so wie diese Bäume im künftigen Frühlinge, statt der abgefallenen, wieder neue Blätter gewinnen werden. Wenn wir nun einen nach dem andern von unsern Freunden hinsterben sehn, so denken wir wohl: das ist nun einmal unser Looß! aber wenn nun endlich auch die Reihe uns selbst treffen wird, so scheinet es nicht, als ob wir auch so gleichgültig dabei seyn werden. Aber Kinder, habt ihr nicht schon oft die Erfahrung gemacht: wovor wir uns am meisten fürchten, das pflegt oft, wieder alles unser Vermuthen, am besten abzulauffen. Vor dem Tode haben wir alle eine natürliche Furcht, wer weiß, ob wir nicht bald nachher selbst über unsre Furcht lächeln, und uns darüber freuen werden, daß sie vergeblich war. Denn auch das ist ein großes Vergnügen, wenn man einsiehet, daß man sich vergebens gefürchtet hat. Ihr werdet das oft gefunden haben, wenn ihr aus einem ängstlichen Traume erwacht seyd. Wir wissen nicht eigentlich,
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wie unser Zustand nach dem Tode beschaffen seyn wird, aber wir können der Güte Gottes so viel zutrauen, daß er gewiß gut seyn wird. Doch Kinder, unsre Unterhaltung ist bis ietzt ein wenig ernsthaft gewesen, ich will euch nun zur Abwechselung wieder etwas erzählen: In einem entfernten Meere liegt eine Insel, die von der ganzen übrigen Welt abgesondert ist, und wo die Einwohner seit undenklichen Jahren unter der Herrschaft eines weisen Königs leben, den sie noch nie gesehen haben, und welcher sie, demohngeachtet, auf eine wunderbare Art regieret, ihnen Gesetze giebt, und die schönsten und weisesten Einrichtungen unter ihnen veranstaltet, ohne daß sie selbst wissen, wie es zugeht. Und was noch das sonderbarste ist, so bleibt keiner von den Einwohnern sein ganzes Leben hindurch auf dieser Insel, sondern der weise König, welcher sie beherrscht, schickt von Zeit zu Zeit ein Schiff dahin ab, und läßt dieienigen, welche seine Gesetze beobachtet, und ihre bestimmte Zeit auf der Insel zugebracht haben, in ein beßres Land hinüber bringen, wo sie ihn selbst von Angesicht zu Angesicht sehen, und unter seinen Augen unbeschreiblich glücklich sind. Ein Bote von dem Schiffe bringt ihnen stillschweigend den Befehl des Oberherrn, und keiner darf es wagen, sich demselben zu wiedersetzen. Sie nehmen sogleich von ihren Freunden Abschied, steigen in das Schiff, und verlassen die Insel, auf welche sie alsdenn nie wieder zurück kehren können. Auf dieser Insel aber müssen sie erst zum Besten derer, welche mit ihnen zugleich dort sind, und zum Besten derer, welche noch nach ihnen zurückbleiben, durch Fleiß und Arbeitsamkeit das Ihrige beitragen. Sie müßen sich zur Frömmigkeit, zur Gerechtigkeit und Menschenliebe, und zum Gehorsam gegen die Befehle ihres Oberherrn, gewöhnen, weil in dem Lande, wohin sie gebracht werden, lauter gute Menschen sind, die sich alle einander lieben, und ein Vergnügen daran finden, ihrem gütigen Oberherrn zu gehorchen. Die Einwohner dieser Insel haben ein Buch, welches fast so alt ist, wie die Insel selbst, dieses halten sie sehr heilig, weil die Gesetze ihres Oberherrn darinn enthalten sind. In diesem Buche finden sie auch unter andern, daß sie nicht für diese Insel bestimmt sind, sondern daß ihr Oberherr sie einmal in ein beß-
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res Land werde abhohlen lassen. Wie nun aber dis beßre Land eigentlich beschaffen sey, und wo es liegt, davon finden sie nichts; sie finden aber, daß ihr Oberherr verlange, man solle seiner Güte, die er ihnen schon auf so mancherlei Art bewiesen hat, so viel zutrauen, daß er sie ganz gewiß nicht mit vergeblicher Hoffnung täuschen, sondern sie in ein sehr gutes und schönes Land bringen werde. Diejenigen die nun dis fest und zuversichtlich glauben, befinden sich sehr wohl dabei. Sie wissen einmal, so lange, wie sie auf der Insel sind, müssen sie auch für dieselbe leben, und zu dem Besten der übrigen Einwohner das Ihrige beitragen. Auf der Insel ist eine Stadt erbauet, es giebt also verschiedne Künstler unter ihnen, welche sehr eifrig an der Verschönerung der Stadt arbeiten, ob sie gleich überzeugt sind, daß sie dieselbe bald verlassen müssen. Und ein ieder ist frölich in seiner Arbeit: denn sie wissen es sey der Wille ihres Oberherrn, daß sie, so lange sie auf der Insel sind, auch das Wohl derselben müssen befördern helfen, weil diese sonst nicht lange würde bestehen können. Wenn es ihnen denn auch zuweilen nicht recht nach Wunsch geht, oder wenn es böse Menschen giebt, die ihnen das Leben verbittern wollen, so trösten sie sich immer damit, daß ihr gütiger Oberherr sie bald in das Land wird abhohlen lassen, wo ihnen alles nach Wunsch gehen wird, und wo lauter gute Menschen sind. Indeß genießen sie aber auch schon auf der Insel, nach der Arbeit, die unschuldigen Freuden des Lebens: sie kommen dann zusammen und unterreden sich in vertraulichen Gesprächen, von dem, was ihnen begegnet ist, von ihren Freunden, die schon in das beßre Land abgehohlet sind, und von dem gütigen Oberherrn, der sie ebenfalls, einen nach den andern, dahin abfordern wird. Dann stellen sie auch wohl einmal ein kleines Freudenfest an, wo sie außerordentlich frölich sind, und wenn es sich dann auch fügt, daß mitten in einem solchen Freudenfeste einer von ihnen abgerufen wird, so sind sie zwar anfänglich betrübt, daß ihnen aus ihrem kleinen freundschaftlichen Cirkel einer entrissen werden soll, sie unterdrükken aber sogleich ihre Traurigkeit, weil sie denken, es möchte sonst scheinen, als ob sie ihrem Freunde sein Glück mißgönneten: dann begleiten sie ihn bis ans Ufer, und nehmen da mit heitrer Miene von
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ihm Abschied, weil sie wissen, daß sie sich nicht auf ewig von ihm trennen sollen, und wenn sie gleich denken, er wird nie wieder zurückkehren, so trösten sie sich doch mit dem Gedanken, daß sie bald zu ihm hinüber kommen werden. Dann sehen sie ihn ins Schiff steigen, begleiten ihn mit tausend Seegenswünschen, sehen ihm nach so lange sie können, und winken ihm noch immer vom Ufer zu. Wenn sie so das Schiff mit ihren Blicken verfolgen, bis sie es endlich in der Ferne verschwinden sehen, und dann die Sonne über dem Meere untergeht; und sie schauen hinüber nach dem fernen Horizonte, und sehen kleine Wölkchen im Glanz der Abendröthe schwimmen, dann entstehen oft unbekannte Gefühle in ihrer Seele; ihr Geist strebt hinüber nach iener bessern Welt, sie empfinden es, daß dort ihr Vaterland ist, und möchten sich wohl in dem kleinsten Kahne dem weiten Meere anvertrauen, um ihrem Freunde nachzufolgen, und mit ihm ienes glückliche Ufer zu erreichen. Aber dis hat der Oberherr auf das strengste verboten, und es darf niemand ehr einen Fuß von der Insel setzen, bis er durch den schweigenden Boten abgefordert wird, weil es nur der Oberherr am besten weiß, wenn ein ieder seine Zeit daselbst ausgedauret hat. Wenn dann die Sonne untergegangen ist, so blicken sie noch einmal nach der Gegend hin, wo ihnen ihr Freund verschwand, dann trocknen sie ihre Thränen ab, drücken sich die Hände, und kehren wieder in die Stadt zurück; ihr Freudenfest ist dann unterbrochen, aber ein ieder geht mit verdoppeltem Eifer an seine Geschäfte; und weil er nicht weiß, wie lange er noch auf der Insel bleiben wird, so sucht er während dieser Zeit noch so viel Gutes zu thun, als er nur kann, damit er sich keine Vorwürfe machen darf, wenn der schweigende Bote kömmt. Zuweilen wird ein zärtlicher Vater mitten aus dem Cirkel seiner Familie abgerufen; sie trauren um ihn, und sind betrübt, aber sie erheitern sich bald wieder und sind getrost, wenn sie denken: wir haben ihn nur auf kurze Zeit verlohren! Oft sieht der Vater den Sohn vor sich hingehen: er begleitet ihn ans Ufer, und verfolgt das Schiff mit seinen Blicken, so lange er kann, dann trocknet er sich schnell die Thränen ab, und mißgönnet es seinem Sohne nicht, daß derselbe früher als er, das Ziel seiner Wünsche
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erreicht hat. Oft kömmt der schweigende Bote, und fordert den Freund aus den Armen seines Freundes ab; sie sollen scheiden, und ihr Auge schwimmt in Thränen. Gerne stiegen sie beide ins Schiff, aber einer von ihnen muß noch zurückbleiben. Der zurückbleibende klagt um seinen Freund; weinend umarmt er ihn am Ufer, und kann sich nicht von ihm trennen; der Scheidende aber spricht zu ihm: weine nicht! Dort in iener Ferne, wo dein Auge sich verliert, da liegt unser Vaterland, da wollen wir uns wiedersehen, und uns ewig nicht mehr trennen! Dann scheiden sie schnell von einander, und der Zurückbleibende kehrt mit wehmüthiger Freude wieder in die Stadt zurück. Es währt aber nur eine kurze Zeit, so sind alle diese in ienem bessern Lande schon wieder versammlet; die Kinder stehn schon wieder um ihren Vater her, der ihnen, wie sie glaubten, zu früh entrissen wurde; der Freund ist schon wieder in dem Besitze seines Freundes glücklich, dessen Verlust ihm bittre Thränen auspreßte; der Vater sieht sich wieder im Kreise seiner Kinder, die alle vor ihm hingingen, und ihn nur eine kleine Weile, allein und ohne Freude zurückließen. Dann entwickeln sich erst die wunderbaren Rathschlüsse des gütigen Oberherrn, und ein ieder siehet es dann ein, warum dieser früher und iener später in das beßre Land hinüber gehohlet wurde. Wenn die Einwohner der Insel das Ufer dieses bessern Landes erreicht haben, so ist es ihnen, als ob sie plötzlich aus einem Traume erwachten; alles zeigt sich ihnen in einem schönern Lichte; sie bewundern die Weißheit ihres gütigen Oberherrn, welcher sie auf der Insel erst durch mancherlei Prüfungen fähig machte, würdige Mitbürger seiner glänzenden Stadt zu seyn. So glücklich sind die Einwohner der Insel, welche ihrem weisen Beherrscher trauen, und sich seiner Führung gerne und willig überlassen. Aber leider thun sie dis nicht alle. Es giebt manche, welche so leben, als ob sie ewig auf der Insel zu bleiben hoften. Einige sammlen sich Schätze, die sie denen übrigen Einwohnern unbilliger Weise entreißen, und die ihnen doch nichts helfen können, weil sie dieselben verlassen müssen, sobald der schweigende Bote kömmt. Andre suchen die übrigen Einwohner zu unterdrücken, und sich über sie zu erheben; noch andre suchen sich nur beständig zu ergözen, ohne
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daran zu denken, wie sie durch Fleiß und Arbeitsamkeit zum Besten der übrigen Einwohner das ihrige beitragen wollen. Diese denken nicht gerne an den schweigenden Boten, der sie einmal plötzlich, ehe sie es sich vermuthen, von der Insel abfordern wird. Denn sie dürfen nicht hoffen, daß ihr Oberherr, dessen Befehle sie verachtet haben, sie in das beßre Land wird bringen lassen, weil sie dort durch ihren Stolz, durch ihre Habsucht, und durch ihren Neid, nur die Glückseligkeit der übrigen Einwohner stöhren, und auch in der Gesellschaft von lauter guten Menschen nicht einmal Vergnügen finden würden. Darum läßt sie ihr Oberherr in ein andres Land bringen, wo sie die Folgen ihrer Laster auf das schmerzhafteste empfinden müssen. Da wünscht nun mancher, daß er nur noch einmal auf die Insel wieder zurückkehren dürfte, um daselbst ein ganz andres und beßres Leben zu führen, allein dieser Wunsch ist dann vergeblich. Diese Leute leben nun lange nicht so glücklich auf der Insel, wie die erstern, von denen ich euch erzählt habe. Diese erstern fürchten sich nicht vor dem schweigenden Boten, weil sie recht thun, und ein frommes Leben führen; iene letztern aber müssen in beständiger Angst schweben, weil ihnen ihr Gewissen sagt, daß sie Böses thun, und ihrem Oberherrn nicht gehorchen. Wenn sie also noch so vergnügt seyn wollen, so sind sie es doch im Grunde nicht, denn der Gedanke an ihr böses Leben, und an ihre bevorstehende Abreise von der Insel verbittert ihnen alle ihre Freuden. Diese Leute sind es nun eben, welche oft die guten Menschen kränken und betrüben. Wenn sie mächtig sind, so unterdrücken sie den Schwachen; wenn sie Verstand haben, so mißbrauchen sie ihn, und suchen den Frommen durch List zu hintergehen; dafür aber verlieren sie denn auch ihr gutes Gewissen, und können sich auf ienes beßre Land nicht freuen, dahingegen die frommen und guten Menschen, welche von ihnen unterdrückt und hintergangen werden, sich weit glücklicher als sie schätzen, und gewiß nicht mit ihnen tauschen würden. Wolltet ihr also nicht lieber unter der Zahl der Guten seyn, Kinder, wenn ihr auf dieser Insel wäret, gesetzt ihr würdet auch eine Zeitlang von den bösen Menschen unterdrückt, so wäret ihr doch noch immer weit glücklicher wie sie, weil ihr euch
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auf eine beßre Zukunft freuen könntet, welches sie nicht können. Dann giebt es auch noch einige Menschen auf dieser Insel, welche auf ihren gütigen Oberherrn kein rechtes Vertrauen setzen. Sie denken oft: »Wer weiß, ob das Schiff, in welches wir steigen, uns wirklich in ein beßres Land hinüber bringt? Wer weiß, ob wir nicht mitten auf dem Meere umkommen, und nie das gewünschte Ufer sehen? Es ist noch keiner aus ienem bessern Lande zurückgekehrt, der uns mit Gewißheit versichert hätte, daß es wirklich ein solches Land gebe! Ja, wir haben auch unsern Oberherrn selbst noch nie gesehen, wer weiß ob derselbe nicht blos in unsrer Einbildung bestehen mag?« Mit solchen Zweifeln quälen sich manche unter den Einwohnern der Insel, und bringen darüber nicht nur ihre Tage sehr mißvergnügt zu, sondern versündigen sich auch sehr an ihrem gütigen Oberherrn, der sich ihnen auf so mancherlei Weise offenbahret hat, ob sie ihn gleich selbst noch nie gesehen haben. Auch ist es eine unbillige Forderung, wenn sie verlangen, ihr Oberherr soll es ihnen schon vorher wissen lassen, wie es in ienem beßern Lande aussieht, als ob es nicht schon genug wäre, daß er versprochen hat, sie gewiß dahin zu führen, wenn sie seine Gesetze beob-achten. Es wäre vielleicht nicht unmöglich, daß einer aus dem bessern Lande einmal wieder zurückkehrte, um seinen ehemaligen Mitbürgern nähere Nachrichten davon zu bringen, allein wenn dies gleich geschehen könnte, so will es doch der Oberherr mit Fleiß nicht geschehen lassen, weil er von den Einwohnern der Insel verlangt, daß sie, ohne diese Gewißheit zu haben, seiner Güte dennoch so viel zutrauen sollen, daß er sie gewiß glücklich machen werde. Wenn wir uns einmal einem Wegweiser anvertrauen, so müssen wir auch fest glauben, daß uns derselbe an den bestimmten Ort bringen werde; und ob wir gleich den Ort selbst nicht ehr sehen können, bis wir ihn erreicht haben; so müssen wir dennoch dem Wegweiser so viel zutrauen, daß er uns nicht irre führen werde. Denn wenn es derselbe wirklich redlich mit uns meinet, so würde es ia sehr unbillig von uns seyn, wenn wir ein Mißtrauen in ihn setzen wollten. Jener Oberherr meinet es nun auch gewiß redlich mit seinen Unterthanen, dafür verlangt er aber auch, daß sie ihr ganzes Vertrauen auf ihn setzen, und
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nicht zweifeln sollen, daß er sie dereinst in das verheißne Land führen, und sie gewiß vollkommen glücklich machen werde, wenn sie nur selbst ihr Glück nicht verscherzen. Kinder, dieser gütige Oberherr ist unser Gott, welchen wir zwar noch nie gesehen haben, den wir aber aus seinen Werken kennen, die ihr hier rund um euch her erblickt. Jene Insel ist unsre Welt, und wir Menschen alle sind ihre Bewohner. Der schweigende Bote ist der Tod, und das beßre Land, ist der seelige Auffenthalt der Frommen nach diesem Leben. Die guten Einwohner der Insel fanden sich alle nach einer kurzen Trennung in ienem bessern Lande wieder. Schaut einmal in iene Ferne! die Sonne ist untergangen, noch dämmert die Abendröthe, und dort steigt schon der volle Mond herauf. Kinder, laßt uns gute Menschen werden! gehorcht euren Eltern! beleidiget euren Bruder nicht! nehmet euch vor, am morgenden Tage, und an allen künftigen Tagen eures Lebens, so viel Gutes zu thun, wie ihr nur könnt. Ihr könnt aber Morgen schon viel Gutes thun, wenn ihr nur in euren Stunden recht fleißig, und aufmerksam, und euren Eltern und Vorgesetzten recht gehorsam seyd. Ihr werdet nun immer größer und verständiger, o wer-det auch immer weiser und frömmer, damit wir uns dereinst in der Ewigkeit wieder finden! Faßt ietzt alle diesen Entschluß, und gebt mir die Hand darauf, damit alsdann keiner unter uns fehlen möge! In kurzer Zeit werden wir dort wieder versammlet seyn, dann erinnern wir uns vielleicht noch mit Vergnügen an diesen Abend, und es wird euch dann nicht gereuen, daß ihr ietzt eine gute Entschließung gefaßt habt. Was würde es euch helfen, wenn ihr böse Menschen werden wolltet, dann hättet ihr doch keine rechte frohe Stunde, ihr müßtet euch immer vor dem Tode fürchten, und sehr oft würde euch, mitten in euren Freuden, der Gedanke beunruhigen, daß ihr Unrecht thätet. Bestrebt euch also, nur aus allen Kräften, rechtschaffne und gute Menschen zu seyn, und dann zweifelt nicht, daß euch Gott dereinst vollkommen glücklich machen werde. Denn was würde es euch helfen, wenn ihr daran zweifeln wolltet, ihr würdet dadurch nur eure Tage mißvergnügt machen, und euch zugleich an Gott versündigen, der es so gut mit euch meinet, und so manche
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Freuden in der Ewigkeit für euch aufgesparet hat, die eure gegenwärtigen Begriffe weit übersteigen. Der Gedanke an den Tod soll uns nun nicht mehr traurig machen, sondern er soll uns zur Ausübung unsrer Pflicht ermuntern. Wenn ihr merkt Kinder, daß ihr oft träge zum Guten werdet, o so denkt: wie bald könnte ich sterben, und wie würde es mich dann schmerzen, wenn ich nicht so viel Gutes gethan hätte, als ich hätte thun sollen; dann fangt mit dem größten Eifer an, zu arbeiten, so mag der Tod euch überraschen wenn er will, ihr dürft nicht vor ihm erschrecken. Laßt uns nun zurückkehren! Seht, die Felder sind leer! der Landmann hat seine Garben in die Scheuren gesammlet, und genießt nun die Früchte seines Fleißes. Als er das Feld mit seiner Hand umpflügte, da dachte er an die fröhliche Erndte, und achtete der Schweißtropfen nicht, die von seiner Stirne flossen. Wir haben auch eine Erndte in der Ewigkeit vor uns, wo wir eine Freude nach der andern einsammlen sollen, die wir hier gesäet haben. Ein Landmann aber der nicht viel gesäet hat, kann auch nicht viel einerndten. Darum laßt uns ia nicht unsre Aussaat sparen. Eine iede wohlange-wandte Stunde, Kinder, in welcher ihr gerade das gethan habt, was ihr thun solltet, ist eine Aussaat auf die Ewigkeit; und so wie ein Saamenkorn, das in die Erde gesäet wird, hundertfältige Früchte bringt, so wird auch eine wohlangewandte Stunde euch in der Ewigkeit hundertfältige Freude gewähren. Bedenkt dis wohl, wenn es euch einmal einfallen sollte, eine Stunde zu vertändeln, oder unnüz hinzubringen. Jede übelangewandte Stunde ist ein verstreutes Saamenkorn, welches keine Früchte trägt. Wenn ein Landmann zu träge ist, sein Feld zu bauen, und die Zeit der Erndte kömmt heran, so freuen sich seine fleißigen Nachbarn über die reiffende Saat, sein Herz aber wird traurig, sobald er sein ödes Feld betrachtet, das mit Disteln und Unkraut bewachsen ist; dann wünscht er, daß er doch auch so fleißig möchte gewesen seyn, wie seine Nachbarn, aber dieser Wunsch kömmt dann zu spät. Kinder! wer hier zu träge ist, sein Leben zum Guten anzuwenden, der gleicht ienem Landmanne, und er wird dereinst in der Ewigkeit, wenn er mit Schrecken siehet, daß sie für ihn traurig und freudenleer ist, noch den
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Wunsch thun, möchte ich doch auch, so wie die guten Menschen, mein Leben genuzt haben! Aber dieser Wunsch wird alsdann ebenfalls vergeblich seyn: Darum gewöhnet euch schon ietzt, öfter an die Ewigkeit zu denken, damit ihr es nachher einmal nicht zu spät bereuet, daß ihr nicht daran gedacht habt. Die Einwohner der Insel hatten ein Buch, worinn der Wille ihres Oberherrn enthalten war, und worinn sie manche sehr wichtige Dinge fanden, die sonst keiner unter ihnen hätte wissen können. Kinder, wir besitzen auch ein solches Buch, auf welches wir uns ganz gewiß verlassen können. Leset fleißig in diesem Buche, und ihr werdet Trost und Beruhigung daraus schöpfen, und Aufmunterung zum Guten darinn finden. Lernet unter andern folgende beide Sprüche auswendig, und wiederhohlet sie bei euch selbst, so oft ihr bemerkt, daß ihr zum Guten träge werdet: We r da reichlich säet, der wird auch reichlich erndten! – Lasset uns Gutes thun, und nicht müde werden, denn zu seiner Zeit werden wir auch erndten ohne Aufhören.
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Anrede Beim Antritt meines Lehramts an der Schule im grauen Kloster. Im Jahr 1778. 5
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Hochedler Magistrat, Hochwürdige, Hochzuverehrende Anwesende. Es freuet mich, daß es mir vergönnet ist, mich, in Gegenwart einer verehrungswürdigen Versammlung, noch einige wenige Augenblicke mit meinen Schülern zu unterhalten. Ich thue dis um desto freimüthiger, weil ich gewiß glaube, daß Sie alle zu hohe Begriffe vom ersten Unterricht der Jugend haben, als daß meine Schüler ein unwichtiger Gegenstand Ihrer Aufmerksamkeit seyn sollten. – Ich wende mich also an euch Meine geliebten Schüler!
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Wir kennen uns schon! darum darf ich in dem freundschaftlichen, vertraulichen Tone zu euch reden, dessen ich mich in der Folge, auch beim Unterricht, beständig gegen euch bedienen werde. Ich wünschte also zuerst, daß ein ieder einzelner unter euch, sich heute davon überzeugen möchte, daß ich sein Freund sey, daß ich es gut mit ihm meine, und daß ich an seinem künftigen Schicksahle den lebhaftesten Antheil nehme. Davon ist nun keiner ausgenommen, und ihr müßt ia nicht glauben, daß mir irgend einer unter euch unwichtig wäre. Denn deswegen habe ich mich ia gleich anfänglich bemühet, einen ieden von euch kennen zu lernen, und das wird auch in der Folge meine Hauptbeschäftigung seyn, bei ieder Gelegenheit euer Herz und eure Gesinnungen zu erforschen, damit ich im Stande bin, euch einen guten Rath zu ertheilen, wie ein ieder von euch noch ein beßrer Mensch werden kann, als er vielleicht ietzt ist. Schließt nun selbst auf das Vergnügen, das ich empfinden werde, wenn ich nicht nur die Früchte eures Fleißes im Ganzen, sondern auch den Zuwachs in den
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Kenntnissen eines ieden einzelnen unter euch bemerke; wenn ich sehe, wie vielleicht mancher unter euch einen Fehler nach dem andern ablegen, und sich von Tage zu Tage bestreben wird, ein beßrer Mensch zu werden. Schließt aber auch auf den Kummer, den es mir verursachen würde, wenn einige unter euch sich meinen Ermahnungen zum Guten hartnäckig widersetzen, oder sich mir wohl gar von der Seite eines bösen Herzens zeigen sollten. Wie freuet es mich, daß dis letztere bisher noch nicht geschehen ist! – Ich sage von euch, was wahr ist, denn ich wollte euch gerne gütig, billig und menschenfreundlich machen, dadurch, daß ich es gegen euch bin. Da ich euch nun insbesondre in der christlichen Religion unterrichten soll, so wünschte ich, daß ihr dieselbe von nun an, nicht mehr als eine Sache ansehn möchtet, die ihr lernen müßt, weil ihr sie wissen sollt, sondern als eine Sache, die wohl verdient, daß ihr eure ganze Aufmerksamkeit darauf richtet, weil sie auf euer Leben und auf eure Glückseligkeit, schon hier in dieser Welt, den größten Einfluß hat, und also auch wohl werth ist, daß ihr manchmal darüber nachdenkt, oder euch zu Hause und auf euren Spatziergängen miteinander darüber unterredet, zu welchen Unterredungen ich euch ietzt schon einige Anleitung gegeben habe, und dieses auch in der Folge, noch öfter thun werde. Vorzüglich will ich mich bemühn, euch diese Religion in ihrer ganzen Liebenswürdigkeit darzustellen, weil sie euch selbst die unschuldigen Freuden des Lebens nicht versagt; wenn nur diese Freuden nicht zu oft in eigentlich sogenannten Ergötzungen bestehn, sondern vielmehr die Frucht eures Fleißes und eurer Thätigkeit sind. Zu dieser Thätigkeit will ich euch insbesondre zu erwecken, und euch bei ieder Gelegenheit auf das Vergnügen aufmerksam zu machen suchen, welches uns der Fleiß gewährt. Meine Pflicht ist es nun, so viel ich kann, euren Verstand aufzuklären, und euer Herz zu bessern, eure Pflicht ist, mir zu folgen. Laßt uns also mit vereinigten Kräften unsre Laufbahn antreten, und nicht eher ruhen, bis wir unser vorgestecktes Ziel erreicht haben. Ob ihr euch hiezu mit mir entschließen wollt, davon könnt ihr Morgen, wo wir unsre Arbeiten mit verdoppelten Eifer wieder anfangen werden, durch Stille und Aufmerksamkeit schon die erste Probe ablegen.
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Es ist noch meine Pflicht, einem H o c h e d l e n M a g i s t r a t , denen H o c h w ü r d i g e n E p h o r e n, und D i r e k t o r dieser Anstalten, für das in mich gesetzte Zutrauen meinen gehorsamsten Dank abzustatten, und mich zugleich meinen sämmtlichen Herren Collegen in Ihre Gewogenheit und Freundschaft zu empfehlen, die ich mir, auf alle mögliche Weise, zu erwerben und beständig zu erhalten suchen werde. Ich bitte Gott, daß er mir Gesundheit und Heiterkeit der Seele gebe, damit ich beständig die Lebhaftigkeit behalte, welche beim Unterricht so nöthig ist, und dann freue ich mich auf die erste Gelegenheit, wo ich öffentlich werde zeigen können, daß ich des Beifalls, womit man mich beehrt hat, nicht ganz unwerth gewesen bin. Dann soll die Zufriedenheit meiner O b e r n , die Liebe meiner Schüler, und der Beifall meines eignen Herzens, für mich die süßeste Belohnung seyn.
Vom Widerwillen gegen das Gute.
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Fühlt ihr euch nicht getroffen, Kinder, wenn ich euch sage, daß ihr manchmal mit Widerwillen arbeitet, und hingegen mit Vergnügen tändeln und müßig gehen könnt? Arbeiten ist gewiß etwas Gutes, weil es nützlich ist, und Müßiggehen ist etwas Böses, weil es weder euch selbst, noch sonst iemanden in der Welt Vortheil bringt. Warum thut ihr nun lieber das Böse als das Gute, und vertändelt lieber eine Stunde, als daß ihr sie nützlich anwenden solltet? Oft findet ihr nicht einmal Vergnügen im Müßiggange, und ob ihr gleich nicht wißt, was ihr vor langer Weile thun sollt, so könnt ihr euch doch nicht entschließen, etwas nützliches zu arbeiten, weil ihr einen so starken Widerwillen bei euch dagegen empfindet. Kinder! laßt euch durch diesen Widerwillen nicht abschrecken, sonst könnt ihr nie gute Menschen werden. Wenn ihr eine solche Trägheit bei euch bemerkt, so wartet nicht, bis eure Eltern und Lehrer euch erst zur Arbeit zwingen müssen, sondern versucht es einmal, euch selbst zu zwingen, so wer-
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det ihr sehen, was für Vergnügen und Freude darauf folgen wird. Kehrt euch also nicht daran, wenn ihr das Gute gleich das erstemal mit einigen Widerwillen thun müßt, thut es demohngeachtet, und es wird euch herrlich belohnt werden. Denn das seht ihr ia selbst ein, wenn man euch erst durch Zwang und Schläge zum Guten anhalten soll, so seyd ihr nicht einmal besser wie die Thiere, welche man auch, auf eben die Art, sehr viele nützliche Dinge lehren kann. Eh ihr euch nun so weit erniedrigen wolltet, so thut lieber das Gute, wenn es auch im Anfange mit einigen Verdruß geschehn sollte, ie öfter ihr es dann wiederhohlt, desto leichter und angenehmer wirds euch werden. Der kleine Fritz hatte auch eine sehr starke Abneigung gegen das frühe Aufstehn. Ob er es nun gleichwohl einsahe, wie viel er durch sein langes Schlafen versäumte, und auch oft den Vorsatz faßte, diesen Fehler zu verbessern, so wollte es ihm doch immer nicht gelingen, weil er noch nicht Muth genug hatte, seinen Widerwillen gegen das Gute zu überwinden. Nun war es im Sommer, und er wachte einmal des Morgens um fünf Uhr auf, plötzlich fiel ihm sein Vorsatz ein, und er dachte bei sich selbst: einmal muß ich doch den Anfang machen! indem sprang er aus dem Bette; es ging ihm aber ein Schauder durch den ganzen Körper, so stark empörte sich seine Trägheit dagegen. Er zog sich geschwind an, allein während dem Anziehn war es ihm immer noch, als ob er sich wieder hinlegen sollte; ein paarmal war er auch in Versuchung es zu thun, aber er widerstand glücklich, setzte sich hin, und machte eine Ausarbeitung fertig, vor der er sich schon lange gefürchtet hatte, weil sie ihm zu schwer schien. Seine Arbeit ging ihm gut von statten. Seine Eltern waren viel freundlicher wie sonst gegen ihn. Er kam zur rechten Zeit in seine Lehrstunden. Dis alles machte ihn den Tag über heiter und aufgeräumt, so daß er den andern Morgen schon nicht mehr mit Widerwillen, sondern mit Vergnügen eben so früh aufstand. Seht, diese Ueberwindung machte ihm Ehre, weil sie ganz freiwillig und ohne Zwang geschahe, hätte man ihm erst eine Strafe androhen müssen, wenn er nicht früh aufstehen würde, so hätte ihm diese Handlung schon nicht so viele Ehre gemacht. – Einer meiner iungen Freunde war einmal krank; er fühlte
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eine außerordentliche Trägheit in allen seinen Gliedern, so daß es ihm verdroß, vom Stuhle aufzustehen, auch hatte er dabei heftiges Kopfweh. Der Arzt sagte, es würde ihm nichts zuträglicher seyn, als wenn er sich zuweilen eine mäßige Bewegung machte, und bei der angenehmen Witterung eine oder ein paar Stunden spatzieren ginge. Der Kranke aber wollte sich nicht dazu verstehen, bis ich ihm einmal an einem schönen Sommertage, sehr dringend zuredete, er möchte doch ein wenig mit mir ausgehen. Nein, wollte er nicht gern sagen, und doch zog sich seine Stirne in düstre Falten, als ich ihm den Antrag that, weil seine ganze Seele sich dagegen empörte. Endlich stand er auf und entschloß sich mitzugehen, seinen Verdruß und Unwillen aber konnte ich dennoch sehr deutlich an ihm bemerken. Als wir eine Weile gegangen waren, gerieth sein Blut nach und nach in eine sanftere Wallung, seine Miene klärte sich auf, und seine Seele wurde heiter. Da wir vor die Stadt hin- aus kamen, gingen wir auf einen Berg, von welchem wir die ganze Gegend übersehen konnten. Das war nun für meinen kranken Freund ein herrlicher Anblick, welchen er in langer Zeit nicht genossen hatte. Indem wir nun rund um uns her Wälder, Wiesen und Aecker, Dörfer und Städte übersahen, und das alles mit einem einzigen Blick umfaßten, so erweiterte sich das Herz meines Freundes, alle seine frohen Empfindungen wachten wieder auf, und er dankte mir auf das lebhafteste, daß ich ihm ein solches unerwartetes Vergnügen verschaft hätte. Nun gereuete es ihm nicht, daß er seinen ersten Widerwillen gegen das Ausgehen überwunden, und mir, als seinem Freunde, Folge geleistet hatte. Wäre er zu Hause geblieben, so hätte er diesen Nachmittag eben so traurig zugebracht, wie die übrigen, wo er nicht Muth und Entschlossenheit genug hatte sich zu überwinden. Manchmal scheint es, als ob eine Speise die wir noch nicht gegessen haben, uns anfänglich nicht schmecken will, aber wenn wir nur, wie man zu sagen pflegt, erst recht in dem Geschmack kommen, so finden wir oft unsre Erwartung weit übertrof-fen, und sehen es ein, daß wir uns in unserm Urtheile von dieser unbekannten Speise sehr geirrt haben. So geht es auch mit der Ausübung des Guten: so lange es uns noch eine unbekannte Speise ist, können wir auch
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keinen rechten Geschmack daran finden, wir müssen es aber dennoch thun, in der gewissen Hofnung, daß sich unser erster Widerwille dagegen bald legen wird. – Bei dieser Gelegenheit muß ich euch einen sonderbaren Traum sagen, welchen mir einmal einer meiner Freunde erzählte. Dis sind seine eignen Worte: mir träumte einmal, ich ging auf einem schmalen Wege, wo viele Leute vor mir hingingen, von denen aber eine große Anzahl schon wieder zurückkamen, welche zu mir sagten, ich sollte nur nicht weiter fortgehen, denn in der Mitte dieses schmalen Weges läge ein Fels, bei dem ich doch wieder umkehren müßte, weil ihn kein Mensch ersteigen könnte. Ich ließ mich aber dadurch nicht abschrecken, weil ich doch noch immer andre vor mir hingehen sahe, welche nicht wieder zurückkamen. Als ich etwas weiter ging kam es mir vor, als ob ein kleiner Stein in einiger Entfernung vor mir läge, ie näher ich aber hinzu kam, desto größer schien der Stein zu werden, und zuletzt wurde er so groß wie ein Haus. Da wollte ich auch wieder umkehren. Aber einer ergrif mich beim Arme und sagte: du bist auf dem Wege zur Tugend, und dieser Stein ist der Stein des Widerwillens gegen das Gute. Laß dich durch seine anscheinende Größe nicht abschrecken, dis ist ein bloßes Blendwerk deiner Augen; wage nur einen muthigen Sprung, so bist du hinüber. Ich schloß darauf meine Augen dicht zu, und sprang glücklich über den erschrecklichen Felsen hinweg. Darauf sah ich mich um, und erblickte nichts weiter, als einen mäßigen Stein, über den ich auch allenfalls hätte wegschreiten können, und welchen mir meine Einbildungskraft vorher so erstaunlich vergrößert hatte. Nun wurde es mir auf einmal so wohl, als ob ich mich von einer schweren Krankheit plötzlich erhohlt hätte. Als ich aber wieder zurücksahe, erblickte ich so viele Menschen, welche vor dem Steine des Widerwillens zurückbebten, und wieder umkehrten; ich rief ihnen zu, was ich konnte, sie sollten sich nicht durch diesen Stein abschrecken lassen, es sey ein bloßes Blendwerk, aber sie hörten nicht auf mein Zureden, darüber wurde ich traurig, fieng heftig an zu weinen, und wachte mit kummervollen Herzen auf.
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O Kinder, hütet euch ia, daß der letzte Theil dieses Traumes nicht an euch wahr werde! Es würde weit mehrere gute Menschen in der Welt geben, wenn sie sich nicht durch diesen Stein des Anstoßes, durch die erste Abneigung gegen das Gute hätten abschrecken lassen. Wenn ich euch gleich sagen wollte, ihr könntet diesen Widerwillen durch ein vernünftiges Nachdenken unterdrücken, so würde das doch vergeblich seyn; weil es eben dieser Widerwille ist, welcher euch zu keinem vernünftigen Nachdenken kommen läßt. Ihr könnt also nicht besser thun, als wenn ihr ihn eine kleine Weile standhaft tragt, und wenn nur einmal dieser Entschluß bei euch fest ist, so wird euer Widerwille bald vorüber gehen, dann habt ihr überwunden, und dieser Sieg muß euch mehr werth seyn, als wenn ihr in dem Augenblicke die halbe Welt gewonnen hättet. Denn daß ihr die Abneigung gegen das Gute überwund- den habt, das macht euch zufrieden mit euch selbst, die halbe Welt aber würde euch diese Zufriedenheit nicht schenken können, wenn ihr sie euch nicht schon vorher erworben hättet. Freilich könnt ihr mir nun noch einwenden; warum haben wir denn eine solche Abneigung gegen das Gute? Wir wollten ia gern fleißiger, gehorsamer und aufmerksamer seyn, wenn wir nur nicht manchmal einen solchen Widerwillen dagegen bei uns empfänden. – Es ist wahr, wenn ihr diesen Widerwillen nicht hättet, so würdet ihr alle gut seyn, aber denn wäre das auch gar nichts besonders, dann verdiente es auch gar keine Aufmerksamkeit mehr. Was einem gar zu leicht wird, daran kann man nicht einmal ein rechtes Vergnügen finden, bei einem Spiele, daß euren Körper oder euren Geist wenig oder gar nicht in Bewegung setzt, werdet ihr einschlafen, und die Tugend würde selbst in euren Augen ihren Werth verliehren, wenn sie euch gar keine Mühe kostete. Darum stoßt euch nicht an diesen Widerwillen gegen das Gute, den ihr anfänglich bei euch verspüren werdet: ihr wißt nun, daß dis eben der Probirstein ist, woran euer guter Vorsatz geprüft werden soll. Ist derselbe von der rechten Art, so wird er die Abneigung gegen das Gute bald überwinden.
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Nun will ich euch noch eins sagen, Kinder; dasienige Gute, wogegen ihr die meiste Abneigung habt, müßt ihr gerade am ersten thun; dann wird euch auch das übrige desto leichter werden. Denn wenn man nur erst einmal mit der schwersten Arbeit fertig ist, so ist man zu allen übrigen Geschäften schon weit aufgelegter, weil einen der Gedanke an die bevorstehende schwere Arbeit nicht mehr beunruhigen kann. Glaubt immer, daß das Gute, wogegen ihr den meisten Widerwillen empfindet, gerade das beste ist, was ihr thun könnt. Habt ihr also vielleicht die stärkste Abneigung gegen den Gehorsam, so sucht nur diese Abneigung erst zu überwinden, und alle übrigen Tugenden, als Fleiß, Ehrbarkeit, Sittsamkeit und Gottesfurcht, werden euch alsdann schon leichter werden. Befleißiget ihr euch aber nicht gerade der Tugend, wogegen ihr die meiste Abneigung habt, so kann es euch mit allen übrigen nie recht gelingen. Habt ihr vielleicht den stärksten Widerwillen gegen den Fleiß, so sucht nur diesen erst zu überwinden, die Ausübung der übrigen Tugenden, als, Gehorsam, Gottesfurcht, Ehrbarkeit, wird euch alsdann ebenfalls schon nicht so schwer mehr fallen. – Ein Arbeiter mußte bei dem Bau eines Hauses Steine zutragen; unter dem Haufen derselben befand sich ein außerordentlich großer, welcher aber demohngeachtet auch mit fortgeschaft werden mußte. Allein wenn der Arbeiter an diesen kam, so schob er ihn immer zurück, und trug erst die kleinern weg: nun beunruhigte ihn, bei der ganzen Arbeit, beständig der Gedanke, daß er doch zuletzt den großen, schweren Stein auch noch wegschaffen müßte, welches er denn auch endlich mit vielem Verdruß und Widerwillen that. Ein andrer Arbeiter hatte auch einen Haufen Steine vor sich liegen: dieser suchte zuerst den allergrößten aus, und weil er einmal wußte, daß es nicht anders seyn könnte, so trug er ihn vergnügt fort, ob es ihm gleich sauer wurde, denn er freute sich nun schon auf die Erleichterung seiner Arbeit, wenn er an die kleinern Steine kommen würde: nun ging ihm alles gut von statten, und er war frölich in seiner Arbeit, weil er das Schwerste überwunden hatte. Welchem Arbeiter wollet ihr gleichen Kinder? Wenn ihr glücklich werden wollt, so müßt ihr euch doch nun einmal entschließen, gut zu werden; wenn ihr gut
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werden wollt, so müßt ihr euch entschließen, euren bisherigen Widerwillen gegen das Gute zu überwinden, er mag auch so stark seyn wie er wolle. O entschließt euch also ietzt! Erinnert ihr euch in diesem Augenblicke, daß ihr eine vorgeschriebne Arbeit noch nicht gethan habt, weil sie euch zu schwer schien, so versucht es nur einmal, euch selbst zu überwinden, und fangt diese Arbeit an, und wenn ihr sie dann glücklich vollendet habt, so könnt ihr euch mit dem Gedanken schmeicheln, daß ihr nun wißt, ihr habt den Muth das Gute zu thun, und habt die Anlage, einmal tugendhafte Menschen zu werden. Erinnert ihr euch in diesem Augenblicke, daß ihr euch mit eurem Bruder noch nicht versöhnet habt, weil es euch zu schwer schien, o so versucht es einmal, ob ihr nun die Abneigung dagegen unterdrücken könnt! gelingt euch das, geht ihr wirklich hin und versöhnet euch mit ihm, dann könnt ihr überzeugt seyn, daß ihr nicht ganz verdorben seyd, sondern noch die Standhaftigkeit besitzt, welche zu der Ausübung der Tugend nothwendig ist. Erinnert ihr euch in diesem Augenblicke, daß ihr euren Eltern und Vorgesetzten in manchen Stücken noch nicht gehorsam seyd, weil es euch zu schwer fällt, euren Willen und eure Neigungen den ihrigen zu unterwerfen, o so faßt ietzt den Muth, gerade diesen schwersten Stein zuerst wegzuschaffen; bemüht euch, noch heute diesen Gehorsam auszuüben, und wenn ihr es auch mit einigen Widerwillen thun solltet, und glückt es euch, so sprecht zu euch selbst: wohl mir, ich bin noch nicht ganz verdorben, denn ich habe den Muth gehabt, das Gute aus eignem Antriebe, ohne Zwang zu thun, und meinen stärksten Widerwillen dagegen zu überwinden. Wenn ihr euch ietzt erinnert, daß ihr eine sehr starke Abneigung gegen ein wohlanständiges und sittsames Betragen habt, und vielmehr ein wildes und ausschweifendes Wesen liebt; so entschließt euch nun von diesem Augenblick an, iede unanständige Bewegung, iede Ausschweifung, und ieden leichtsinnigen Gedan-ken zu vermeiden, und ein gesetztes edles Betragen anzunehmen: dis mag euch nun so schwer ankommen, wie es wolle, so wird es euch doch am Ende nicht gereuen, wenn ihr erst sehen werdet, daß ihr euch durch dieses sittsame und wohlanständige Betragen die Achtung und Liebe der Leute
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erworben habt. Wenn ihr aber ietzt bei euch bemerkt, daß ihr überhaupt noch einen Widerwillen gegen alle diese Ermahnungen habt, o so zittert für euch selbst! und sucht diesen Widerwillen ia zu unterdrücken, sonst geht es euch, wie ienem Unglücklichen, der die Hand von sich stieß, die ihn aus dem Abgrunde retten wollte, in den er sich muthwilliger Weise gestürzt hatte. Tretet also heute noch die edle Laufbahn der Tugend an, so habt ihr Morgen schon einige Schritte darauf vorwärts gethan, und wenn ihr dann an den Stein des Anstoßes kommt, wenn ihr den Widerwillen gegen das Gute überwinden sollt, o so bebt nicht zurück, sondern seyd muthig und standhaft, und dann wird es euch gelingen, daß ihr dereinst rechtschaffne und gute Menschen werdet. Viele Freuden werdet ihr dann noch in diesem Le-ben, und unaussprechliche Wonne in der Ewigkeit genießen.
Von guten Vorsätzen.
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Oft habt ihr euch wohl schon etwas Gutes vorgenommen, Kinder, und habt es nicht gethan. Wenn euer Geburtstag gewesen ist, möcht ihr wohl oft gedacht haben: nun will ich auch ein ganz andrer Mensch werden, und will von nun an recht gehorsam, fromm, und fleißig seyn; und am Ende ist denn doch nichts daraus geworden, sondern ihr seyd so geblieben, wie ihr vorher waret. Des Morgens beim Aufwachen habt ihr euch wohl manchmal vorgesetzt, den Tag recht gut anzuwenden, und wenn es dann zur Ausübung kam, so wurde doch vielleicht das Nützliche und Gute unterlassen: und anstatt dessen eure Zeit mit Tändeln und Müßiggehen zugebracht. – Jetzt möchte ich gern den Vorsatz, gut und rechtschaffen zu werden, in euren Seelen erwecken, ich wünschte aber nicht, daß es ihm auch so ginge, wie es vielleicht manchen von euren guten Vorsätzen schon gegangen ist. Wir wollen also dem vorzubauen suchen. Ueberlegt ietzt wohl, was ihr thun sollt. Ihr sollt einen Vorsatz fassen, der euch vielleicht auf eure ganze Lebenszeit glücklich machen kann, wenn ihr ihn ausführt, und ihr werdet ihn ausführen, wenn ihr nur redlich und aufrichtig
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dabei zu Werke geht. Das ist also eine wichtige Sache, die ihr ietzt unternehmet. Vielleicht hängt von diesem Augenblick euer zeitliches und ewiges Glück ab. Bittet also Gott, daß er ietzt euren Verstand recht aufmerksam mache, und vergeßt es, daß ihr noch Kinder seyd, wenn ihr bedenkt, wie bald die Jahre eurer Jugend vorübergehn, und wie bald euer ganzes Leben verflossen seyn wird. Jetzt könnt ihr selbst noch wählen, welchen Weg ihr wandeln wollt. Wenn ihr nun zwei Wege vor euch sähet, einen welcher rauh und schmal, und einen andern, welcher breit und eben wäre, und beide Wege führten euch an den Ort, wohin ihr gedächtet, so wollte ich euch selbst rathen, lieber den ebnen, als den rauhen Weg zu wählen. Denn warum soll man sich nicht seine Reise so bequem wie möglich zu machen suchen? Gesetzt aber ihr wüßtet, daß der breite und ebne Weg euch nie an den be-stimmten Ort bringen würde, sondern euch zuletzt in gefährliche Sümpfe und Moräste führte, würde es dann nicht höchst thöricht seyn, wenn ihr ihn dennoch wandeln wolltet? Wer so zwei Wege vor sich sieht, der ist immer eine Zeitlang unentschlossen, überlegt er nun mit gehöriger Vernunft, so wird er den Weg nehmen, welcher gerade auf den Ort zugeht, wohin er reisen will, läßt er sich aber durch den Schein verblenden, so wird er denken, der andre Weg, welcher zwar seitwärts abgeht, werde sich schon noch wieder herumlenken, und ihn ebenfalls an den Ort hinführen, und so wählt er den Weg, welcher zwar eine Zeitlang bequemer ist, aber nach und nach beschwerlicher wird, als der rauhe aber gerade Weg war. Dann ist ein solcher genöthiget wieder umzukehren, oder immer tiefer in Sümpfen und Morästen fortzuwaten, woraus er sich zuletzt nicht mehr emporhelfen kann, sondern unaufhaltsam versinken muß. Ihr habt nun wirklich auch zwei Wege im Leben vor euch. Ihr könnt entweder gut und rechtschaffen, oder ihr könnt auch böse und lasterhaft werden: eins von diesen beiden müßt ihr wählen, denn einen Mittelweg giebt es nicht mehr. Ueberlegt also die Sache ganz kaltblütig. Ist es möglich, daß ihr durch ein träges und müßiges, oder wildes, ausschweifendes und lasterhaftes Leben glücklich werden könnt, so führt ein solches Leben. Glaubt ihr aber, daß man nothwendig ein ordentliches, ehr-
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bares und frommes Leben führen müsse, um in der That glücklich zu seyn, so wählt dis letztere. Aber ich bitte euch, laßt euch nicht durch den Schein betrügen. Wildheit, Ungebundenheit, Trägheit und Müßiggang, haben manchmal im Anfange etwas Reizendes, und das ist es eben was so viele dazu anlockt, die es alsdenn nachher zu spät bereuen. Hingegen haben Ordnung, Fleiß, Sittsamkeit und Frömmigkeit, oft im Anfange etwas Ernsthaftes und Abschreckendes, und das ist es eben, was so viele davon zurückhält, die es auch nachher bereuen, daß sie sich haben zurückhalten lassen. Dieienigen, welche sich durch die Rauhigkeit des rechten Weges abschrecken, und durch die anscheinende Bequemlichkeit des falschen hinreißen lassen, wollten nachher gerne wieder zurückkehren, wenn sie sich durch ihr ausschweifendes und lasterhaftes Leben, Krankheit, Verachtung und Armuth zugezogen haben, aber das sind denn eben die Sümpfe, in welche sie der schöne breite Rosenweg geführt hat, und worinn sie alsdenn wider Willen fortwaten müssen, und immer tiefer hineinsinken, weil es ihnen an Muth gebricht, sich wieder herauszuhelfen. Diese unglücklichen Leute mögen auch wohl oft gute Vorsätze gefaßt haben, aber sie haben sie nicht ausgeführt, darum konnten sie ihnen auch nichts helfen. Aber ich brauche euch nicht einmal fremde Beispiele zu nennen: fragt euch selbst, ob Ungehorsam, Trägheit, Wildheit, Trotz und Bosheit, euch wohl iemals glücklich und zufrieden gemacht haben? ob mit der Ausübung dieser Laster nicht allemal eine quälende Furcht und ein geheimes Mißvergnügen verknüpft war? Ihr könnt gewiß glauben, wer erst einmal angefangen hat tugendhaft zu seyn, dem wird die Ausübung der Tugend weit leichter, als dem andern die Ausübung des Lasters. Denn was muß ein böser Mensch nicht oft für Mühe anwenden um seine Bosheit zu verbergen, wie muß er nicht immer in Furcht und Angst schweben, daß sie doch einmal an den Tag kommen, und bestraft werden könne. Auch hier kann ich euch wieder auf eure eigne Erfahrung verweisen: wenn ihr zuweilen eine Unwahrheit gesagt habt, wie habt ihr euch nachher nicht drehen und winden müssen, um euch heraus zu helfen, und wie schwer ist euch das nicht oft geworden. Hättet ihr gleich die Wahrheit
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gesagt, das würde auch zwar anfänglich einige Ueberwindung gekostet haben, aber alsdann wäret ihr auch fertig gewesen, und hättet euch nicht brauchen so zu drehen und zu winden, als wie ihr es bei der Unwahrheit thun mußtet. Wenn ihr zuweilen eure Pflicht versäumt hattet, wie mußtet ihr da nicht auf Ausflüchte denken, um euch zu entschuldigen, und mußtet euch den Kopf zerbrechen, um euch aus einer solchen verdrießlichen Sache herauszuhelfen. Wäre es also nicht weit leichter gewesen, gehorsam zu seyn, und eure Pflicht zu thun, so hättet ihr alle diese Sorgen nicht nöthig gehabt. Fragt euch ietzt einmal selbst, ob sich dis nicht so verhält, wie ich es euch gesagt habe, und wenn ihr dann findet, daß es wahr ist, o so bedenkt euch nicht lange, wozu ihr schreiten wollt. Denn wenn die Tugend wirklich leichter ist als das Laster, und zugleich mehr Vergnügen gewährt, so würdet ihr ia höchst thöricht handeln, wenn ihr euch nicht entschließen wolltet, lieber tugendhaft als lasterhaft zu werden. Ich glaube also wohl, daß ihr ietzt den Vorsatz fassen werdet, lieber gute als böse Menschen zu werden, aber ich zweifle noch, ob ihr ihn auch ausführen werdet. Woher kömmt es wohl, daß sich so viele Menschen etwas vornehmen, was sie nachher nicht thun? Ganz gewiß daher, weil sie dasienige, was sie sich vorgenommen haben, sehr bald wieder vergessen. Wie macht ihr es nun, Kinder, wenn ihr etwas nicht vergessen wollt? Nicht wahr, ihr wiederhohlt es oft, damit es sich eurem Gedächtniß desto fester einprägen möge. Wenn ihr also euren guten Vorsatz nicht bald wieder vergessen wollt, so müßt ihr es auch so machen, und ihn bei ieder Gelegenheit wiederhohlen, und so oft ihr ihn wiederhohlt, auch auszuüben suchen. Aber, werdet ihr fragen, wo haben wir denn immer Gelegenheit, ihn auszuüben? Wenn wir einen guten Vorsatz gleich auf der Stelle ins Werk richten könnten, so würde es uns weit leichter seyn, aber so müssen wir immer erst auf eine Gelegenheit warten, und ehe die kömmt, haben wir ihn oft schon wieder vergessen. – O Kinder, faßt nur den Vorsatz, gut zu handeln, so könnt ihr ihn in dieser Minute, ihr könnt ihn in iedem Augenblick eures Lebens ausführen. In dieser Minute handelt ´ıhr gut, wenn ihr auf dasienige, was ich euch sage, eure ganze Aufmerksamkeit richtet:
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und wenn ihr damit fertig seyd, und alsdann eine andre nützliche Arbeit vornehmt, so handelt ihr gut, wenn ihr ebenfalls auf dieselbe allen möglichen Fleiß wendet. Wenn ihr euch dann von eurer Arbeit erhohlet, so handelt ihr auch gut, so bald ihr diese Erhohlung nur nicht zu weit ausdehnet, und die Arbeit gar darüber vergeßt. Wenn also euer Vorsatz ernstlich ist, so werdet ihr beynahe ängstlich besorgt seyn, ihn auszuführen, so daß ihr euch beständig fürchtet, ihr möchtet das Gute unterlassen, was ihr euch doch einmal vorgenommen habt. Es wird euch eben so gehen, als wenn man sich des Abends vornimmt, am Morgen früh aufzustehn, dann ist es recht gut, wenn man etwas besorgt und unsicher schläft, damit man die rechte Zeit nicht versäumt: so müßt ihr auch bei allen euren Handlungen anfänglich etwas besorgt und unsicher seyn, ob ihr recht thut, bis es euch zuletzt zur Gewohnheit geworden ist, gut zu handeln, dann könnt ihr euch schon etwas mehr zutrauen, ob ihr gleich niemals völlig sicher seyn dürft. Aber vielleicht fällt euch hiebei der Gedanke ein, daß euch ein tugendhaftes Leben zu sehr einschränken würde, daß ihr dann nicht mehr thun könntet, was ihr wolltet, sondern allemal nur gerade das Gute thun müßt. Ich fürchte, daß dieser Gedanke den Vorsatz gut zu werden, wieder in euch ersticken möchte, darum will ich euch auch den Irrthum, der darinn liegt, benehmen. Das Laster zwingt euch ia ebenfalls, und nöthiget euch, daß ihr gerade das thun müßt, was zu eurem Schaden gereicht; und die Tugend zwingt euch nur dasienige zu thun, was euren wahren Nutzen befördert. Welcher Zwang ist denn nun wohl der beste? – Begebt euch also immer unter die Herrschaft der Tugend, denn ihr Zwang wird euch zuletzt so angenehm werden, daß ihr in Ewigkeit nicht wünschen werdet, davon befreit zu seyn. Mit der Zeit werdet ihr auch selber immer mehr das Gute w o l l e n , und wenn ihr es dann ausübt, so thut ihr ia eben dasienige, was ihr w o l l t , und seid also im mindesten nicht mehr gezwungen. Aber es scheint doch als ob noch etwas euren Vorsatz schwankend machte, und, wo ich mich nicht irre, so ist es der Gedanke, daß ihr so viele Menschen um euch her seht, die gar nicht daran denken, tugendhaft und fromm zu leben; ihr glaubt daher, wenn das wirklich so noth-
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wendig wäre, so würden sich doch wohl mehrere Menschen damit beschäftigen, und auf ihr eignes Beste aufmerksam seyn. Aber, Kinder, warum wollt ihr denn nun gerade die Anzahl dieser Leute vermehren? Es ist ia schlimm genug für sie, daß sie ihr Leben so ungenutzt hingehn lassen, und sie werden es alle zu ihrer Zeit bereuen. Erspart euch also doch diese Reue, denn alle die Menschen, durch deren böses Beispiel ihr euch verführen ließet, würden es euch am Ende doch keinen Dank wissen, daß ihr ihnen gefolgt wäret. Aber, meine geliebten Schüler, wie wär’ es, wenn ihr euch von diesem Tage entschließen wolltet, alle gemeinschaftliche Sache zu machen, und von nun an ein ieder unter euch seinen Mitschülern mit einem guten Beispiele vorginge; wenn ein Wetteifer unter euch entstände, euch an Tugend und Frömmigkeit, so wie an Wissenschaft und Kenntnissen, einander zu übertreffen; was würdet ihr dann nicht für eine glückliche Gesellschaft von Menschen seyn? Aber ich bitte euch, seht Tugend und Frömmigkeit ia nicht als eine Sache an, die nur dazu ist, daß darüber gesprochen werde, sondern als eine Sache, die wirklich ausgeübt werden k a n n und m u ß . – Faßt ihr nun ietzt nicht die Entschließung rechtschaffen und gut zu werden, so thut ihr es nie; denn wenn ihr es ietzt nicht thut, da ihr so dringend dazu ermahnet werdet, wie werdet ihr es dann wohl iemals von euch selbst thun? Aber wenn ihr nun diesen Vorsatz wirklich gefaßt habt, so gebt ia heute und Morgen recht auf euch acht; fällt euch dann euer Vorsatz wieder bei, so oft ihr im Begrif seyd, etwas Böses zu thun, so ist er ernstlich gewesen; thut er aber das nicht, so war es euch auch gewiß noch kein rechter Ernst, euch zu bessern und tugendhaft zu werden. Nun will ich euch eine wichtige Sache sagen: Ihr könnt die Tugend ausüben, beim Essen, beim Schlafen, beim Spiel, beim Spatzierengehen, beim Arbeiten, kurz, bei allem was ihr in eurem ganzen Leben vornehmt. Gebt wohl hierauf acht, und lernet nun, was eigentlich Tugend ist. Wenn ihr, zum Beispiel, in einer Stunde Rechnen lernen sollt, und ihr wendet alsdenn alle eure Aufmerksamkeit darauf, so ist das eben zu der Zeit Ausübung der Tugend: werdet ihr nun träge zur Arbeit, so wird euch plötzlich euer Vorsatz einfallen, wenn er ernstlich war, und
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wird euch wieder aufs neue zur Arbeit ermuntern. Wenn euch e i n e Stunde zum Spielen erlaubt wird, so ist auch das Ausübung des Guten, so lange wie die Stunde währt, ist aber diese vorbei, so wird euer Spiel, wenn ihr es fortsetzt, etwas Böses, weil ihr euch dadurch des Ungehorsams schuldig macht; dann wird euch plötzlich euer Vorsatz wieder einfallen, und ihr werdet zu euch selbst sagen: ich hatte mir ia vorgenommen, tugendhaft zu seyn, wie kann ich denn nun diesem Vorsatze so muthwillig zuwider handeln? – dann werdet ihr euer Spiel verlassen, und schnell wieder an eure bestimmte Arbeit gehen. Wenn ihr zu Mittage eßt, so ist das ebenfalls etwas Gutes; sobald ihr euch aber durch den angenehmen Geschmack der Speisen zur Unmässigkeit verleiten lasset, so wird es etwas Böses: aber dann wird euch euer Vorsatz wieder einfallen, und wird euch abhalten, daß ihr euch nicht durch einen überflüßigen Genuß der Speisen schadet. Schlafen ist eine nöthige Erquickung, und also gewiß etwas Gutes, geschiehet es aber überflüßig, so kann es auch zum Laster werden. Wenn ihr also vielleicht Morgen geweckt werdet, und nicht gleich aufsteht, so wird euch euer guter Vorsatz einfallen, und wird euch bewegen, schnell das Bette zu verlassen, weil ihr sonst den Tag mit Trägheit anfangen würdet. Dieser Vorsatz wird euch also ein Sporn seyn, der euch zu dem Guten, was ihr thun sollt, immer mehr antreibt, und wird euch ein Zügel seyn, der euch zurückhält, so oft ihr in eurem Vergnügen ausschweifen wollt. Wenn ihr nun wissen möchtet, ob ihr ietzt einen ernstlichen Vorsatz zum Guten gefaßt habt, so gebt von heute an auf euch Acht, und seht zu, ob das, was ich zuletzt gesagt habe, bei euch eintrift. Ich wünsche und hoffe es!
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Die Schöpfungsfeier* bei einem Spatziergange des Morgens. Noch schläft die ganze Natur, aber wir wollen hinaus, und sehen, wie sie erwacht. In der Frühe wollen wir anbeten vor dem Ewigen, der die * H e r d e r s Idee von der Schöpfung gab mir einen Wink, dieselbe bei Kindern
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Welt erschuf! Wir wollen heute die ersten seyn, die ihn loben; ehr als das Chor der Vögel in den Lüften, ehr als die anbrechende Morgenröthe, und ehr als die aufgehende Sonne. Wir sind ia seine Kinder, und er ist unser Vater. Wir wollen ihm entgegen gehen, wenn er kommen wird im sanften Säuseln, oder im Glanz der Morgenröthe. Kinder! erhebet eure Herzen zu Gott! An diesem Tage der Ruhe wollen wir das große Fest der Schöpfung feiern. Noch ist Nacht und Dunkel um uns her. Noch scheinet es, als ob der Himmel auf der Erde ruhte. Aber kniet nieder auf diese Erde, die uns trägt, schauet zurück in ienes heilige Dunkel, wo diese Welt entstand, betet an vor dem Ewigen, der die Welt geschaffen hat, und sprecht: »Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde.« Aber in iener ersten Nacht betrat noch kein Fuß die Erde; kein Vogel hatte noch sein Nest gebaut, und noch kein lebendiges Geschöpf genoß des sanften Schlummers, um frölich wieder aufzuwachen. Kein Grashalm grünte und keine Blume blühte auf der ganzen weiten Erde. Betet an vor dem Ewigen, der die Welt geschaffen hat, und sprecht: »Die Erde war wüst und leer.« Seht, die Bäume um uns her, haben noch keine Gestalt; Häuser und Hütten liegen im tiefen Dunkel begraben; die Gebüsche fließen wie Schatten in einander; um uns her ist Wahn und Täuschung; das Laub auf den Bäumen und das Gras auf dem Felde grünet nicht, und die Blumen zu unsern Füßen blühen nicht. Schauet zurück in iene Nacht, wo noch keine Morgenröthe die Erde begrüßt, und kein Lichtstrahl den Abgrund erleuchtet hatte. Betet vor dem Ewigen, der die Nacht geschaffen hat, und sprecht: zu nutzen und ich habe aus dem Erfolg gesehen, daß sie schon ganz natürlich in der Seele liegt, und nur erst darf entwickelt werden. Das Resultat meiner Unterredungen darüber, war diese Schöpfungsfeier, worinn ich mich zuweilen H e r d e r s eigener Ausdrücke bedient habe, wenn sie Kindern faßlich genug waren. Die öfteren Wiederholungen von einerlei Ausdrücken, werden nicht anstößig werden, so bald man das Ganze, wie eine Art von Kinderliturgie betrachtet.
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»Es war finster auf der Tiefe.« Erhebet eure Herzen zu Gott! – Schon umwehet uns die kühle Morgenluft, und verkündigt die Ankunft des Tages. Hört ihr wohl das Rauschen in den Wipfeln der Bäume? Noch ruhet die Schöpfung in feierlicher Stille. Wenig Augenblicke – und alles um uns her ist wieder Leben und Thätigkeit. – Horcht! der Ewige kömmt im sanften Säuseln, sein Hauch wird bald die schlummernde Welt beleben. Schauet zurück in iene Nacht, wo das brausende tobende Meer noch die ganze Erde umfloß, daß kein Fuß darauf ruhen konnte. Betet an vor dem Ewigen, der mit seinem Hauch die Natur belebt, und sprecht: » D e r G e i s t G o t t e s s c h w e b e t e a u f d e n Wa s s e r n . « Schauet gegen Abend hin, da herrscht noch trübes Dunkel. Nun blicket gegen Morgen – da bricht das Licht hervor – wie maiestätisch! – Seht ihr seine Purpurstreifen, wie sie sich verbreiten? seht ihr die Wölkchen in dem rothen Feuermeere schwimmen? Dämmerts nun vor euren Augen, als sähet ihr eine neue Schöpfung; o so denkt an ienen ersten Morgen, der aus der langen Nacht hervorbrach, und fallt nieder, und betet an vor dem Ewigen, der den Morgen schuf, und sagt: »Gott sprach, es werde Licht! und es ward Licht.« Nacht und Schatten, Wahn und Täuschung sind verschwunden. Alles um uns her steht nun wieder da, wie es wirklich ist. Die ganze Natur in ihrer wahren aufrichtigen Gestalt. Der erste Strahl vom Lichte brach hervor, und die Erde schien uns nicht mehr wüst und leer zu seyn, Finsterniß herrschte nicht mehr auf der Tiefe, und alle Schreckenbilder der Nacht waren, wie ein Traum, verschwunden. Betet an vor dem Ewigen, der das Licht erschuf, und sprecht: »Gott sahe, daß das Licht gut war. Da scheidete Gott das Licht von der Finsterniß, und nennete das Licht Ta g u n d d i e F i n s t e r n i ß N a c h t . « Seht, wie der Himmel nun von allen Seiten sich wölbet und erhöhet – Unser Gesichtskreis erweitert sich mit iedem Augenblick – Und wie sich nun das feine Gewebe spinnet von Licht und Himmelsluft – Die feuchten Wolken am Horizonte drängen sich zusammen und träufeln ab. – Immer heller wird das glänzende Blau, ie höher es
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sich hebt. – Weiße Wölkchen schwimmen dort oben, wie in einem weiten Meere. – Seht, wie sich in iener Fluth des Himmels Antlitz spiegelt! – Anders wars, als noch das Meer die ganze Erde umfloß. Da war nichts, als Meer und Himmel. – Da aber das Licht hervortrat, schwamm das Bild des Himmels in dem ganzen Meere, so wie es hier in dieser Fluth schwimmt. Betet an vor dem Ewigen, der den Himmel geschaffen hat, und sagt: » G o t t s p r a c h : e s w e r d e e i n e Ve s t e z w i s c h e n d e n Wa s s e r n , u n d d i e s e y e i n U n t e r s c h i e d z w i s c h e n d e n Wa s s e r n . U n d G o t t n a n n t e d i e Ve s t e H i m m e l . « Noch immer deutlicher stellen sich die Gegenstände dem Auge dar. Jenes entfernte Gebirge schien im Anfange ein blaues Gewölke zu seyn. Maiestätisch erhebt es sich ietzt in seiner wahren Gestalt, und dämmert nicht mehr ungewiß im trüben Nebel. Hier lächelt eine Anhöhe und dort ein Thal. So war es nicht, als noch das Meer die ganze Erd’ umfloß. – Diese schönen Thäler, diese Hügel, und ienes Gebirge wurden von einer ungeheuren unübersehbaren Wasserfläche bedeckt. Nun aber bleibt das wilde Meer in seinen Schranken, sanft fließen die Ströme in ihren Ufern hin, und bewässern das Land, das unser Fuß betritt. – Betet an vor dem Ewigen, der die Erde schuf, und sagt: » G o t t s p r a c h : e s s a m m l e s i c h d a s Wa s s e r u n t e r d e m H i m m e l a n s o n d r e O e r t e r , d a ß m a n d a s Tr o c k n e s e h e ! u n d e s g e s c h a h a l s o . U n d G o t t n a n n t e d a s Tr o c k n e E r d e , u n d d i e S a m m l u n g d e r Wa s s e r n a n n t e e r M e e r . U n d Gott sahe, daß es gut war.« O seht, wie Aecker und Wiesen sich nun, gleich einem reizenden Gemählde in einander fügen! – Jene Eiche, die dort ihre Zweige ausbreitet, und diese Blume, die hier ihren Kelch eröfnet. – Jenen blühenden Baum, und diese keimenden Pflanzen. – Jene Blätter, die im Winde säuseln, und diese mannichfaltigen Kräuter, die zu euren Füßen sproßen. Und von allen diesen soll keine Art vergehen, sondern in iedem Frühling sollen sie aufs neue wieder blühen und grünen. Blicket in iene Zeit zurück, da noch kein Kraut auf Erden gewachsen
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war, und noch kein Baum geblühet und Früchte getragen hatte, und betet an vor dem Ewigen, der Bäum’ und Pflanzen schuf, und sagt: »Gott sprach: die Erde lasse aufgehen Gras und Kraut, das sich besaame, und fruchtbare Bäume, da ein ieglicher nach seiner Art Frucht trage! Und es geschah also. Und Gott sahe, daß es gut war.« Immer goldner wird das Morgenroth. – In seiner Mitte steigt ein flimmernder Glanz empor. – Das Flimmern wird zu einem sanften Blitz – und seht – da tritt sie hervor die Sonne – der König des Tages – die dem Morgen, und dem Mittag, und dem Abend, seine Grenzen setzt; die den Sommer, den Herbst, den Winter und den Frühling macht, und dem Menschen, den Tag über, Licht und Wärme giebt, bis der sanfte stille Mond erscheint, die Königin der Nacht, mit ihrem Sternengefolge. Blicket hin in iene Zeit, da zum erstenmal die Sonne aufging, und der Mond und die Sterne ihren Lauf begannen. Betet an vor dem Ewigen, der die Sonne, den Mond und die Sterne schuf, und sagt: » G o t t s p r a c h : e s w e r d e n L i c h t e r a n d e r Ve s t e d e s H i m m e l s , d i e d a s c h e i d e n Ta g u n d N a c h t , u n d g e b e n Z e i c h e n , Z e i t e n , Ta g e u n d J a h r e ! U n d s e y n L i c h t e r a n d e r Ve s t e d e s H i m m e l s , d i e d a s c h e i n e n a u f E r d e n ! U n d es geschah also. Und Gott machte zwei große Lichter: e i n g r o ß L i c h t , d a ß d e n Ta g r e g i e r e , u n d e i n k l e i n Licht, daß die Nacht regiere, dazu auch Sterne. Und Gott sahe, daß es gut war.« Nun ist alles Glanz und Geräusch – Leben und Thätigkeit, wohin das Auge blickt – wohin das Ohr nur hört. – Goldne Wellen tanzen auf der klaren Fluth, und die Fische spielen am Strahl der Sonne. Die Wipfel der Bäume sind vergüldet – und auf den Aesten wiegen sich die Vögel, und stimmen ihr mannichfaltiges Loblied an, andre schwingen sich in die Luft empor, und lassen aus der kleinen Kehle ihre helle zwitschernde Stimme schallen. Blicket hin in iene Zeit, da zum erstenmal das Wasser sich von wimmelnden Geschöpfen regte, und vom Gesange der Vögel zum erstenmal die ganze Luft ertönte –
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Betet an vor dem Ewigen, der den Fisch im Wasser und den Vogel in der Luft geschaffen hat, und sagt: » G o t t s p r a c h : e s e r r e g e s i c h d a s Wa s s e r m i t w e b e n den und lebenden Thieren; und die Luft mit Gevögel, d a ß u n t e r d e r Ve s t e d e s H i m m e l s f l i e g e ! U n d G o t t s e g nete sie und sprach: Seyd fruchtbar und mehret euch, u n d e r f ü l l e t d a s Wa s s e r i m M e e r : u n d d a s G e v ö g e l mehre sich auf Erden!« Aber sehet da, die blöckenden Heerden, das sanfte zahme Wollenvieh, daß dem Menschen so nützlich ist; und iene brüllenden Ochsen, die den Pflug ziehen, oder in Heerden weiden – und hier die Würmchen und Insekten, die im Grase wimmeln. Blicket hin in iene Zeit, wo der leblose Erdkreis plötzlich von lebendigen Geschöpfen wimmelte; wo sich, eines nach dem andern, aus dem Staube loswand, und sich seines Daseyns freute; wo zum erstenmal das Roß vor Freuden wieherte, und der Stier sein Gebrüll erschallen ließ; wo zum erstenmal die kleine Fliege summte, und die zarte Mücke im Grase scherzte, oder im Strahl der Sonne tanzte; wo sich zuerst in tausend Krümmungen der Wurm im Staube wand, und auch sein Leben in sich fühlte. Betet an vor dem Ewigen, der die Thiere auf dem Felde, und den Wurm im Staube geschaffen hat, und sagt: »Gott sprach: Die Erde bringe hervor lebendige Thiere, ein iegliches nach seiner Art; Vieh, Gewürme und Thiere auf Erden, ein iegliches nach seiner Art! Und es geschah also. Und Gott sahe, daß es gut war.« Und nun ruft den betäubten und zerstreuten Blick von Himmel und Erden auf euch selbst und in euch selbst zurück. Betrachtet euer Glück! eure Gestalt! eure Kräfte! Schauet um euch her! in euch steht diese ganze schöne Schöpfung mit lebendigen Farben abgemahlt. Und dieses Bild ist innig schöner und lebender, als die ganze Natur an sich selbst; innig schöner und lebender, als Wald und Flur, und Vögel und Gewürme und Thiere von allen Gattungen und Arten. Die Natur kann sich selbst nicht beschauen, aber wir können sie betrachten, und können sie mit einem großen Blick umfassen. Der Mensch ist das
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Auge der Natur, womit sie sich selbst betrachtet, ohne ihm wäre sie auch ohne wahres Leben, ohne Einheit, ohne Endzweck gewesen. – Denn der Baum siehet seine Blätter nicht, und die Blume weiß nichts von ihrer Schönheit. Das Thier bekümmert sich nur um sein Futter, und achtet nicht des Anblicks der schönen Natur. Aber der Mensch siehet Baum und Blum’ und Thiere, und Sonn’ und Himmel, und die grüne Aue, mit einem Blicke, und wenn ers nicht mehr siehet, so bleibt doch das Bild davon zurück und ruhet noch in seiner Seele. Welch einen großen Theil der Schöpfung umfasset ihr mit einem einzigen Blicke, so wie Gott das Ganze mit einem Blick umfaßt! Freuet euch Kinder, daß Gott euch zu Menschen schuf! daß er euch dis Auge gab, in dem sich Erd’ und Himmel mahlt – noch mehr aber, daß er euch einen Verstand gab, wodurch der Mensch Gott seinen Schöpfer selbst erkennen, und über die ganze Schöpfung herrschen kann. Betet an vor dem Ewigen, der uns nach seinem Bilde geschaffen hat, und sagt: »Gott sprach: Lasset uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sey; die da herrschen über die Fische im Meer, und über die Vögel unter dem Himmel, und über das Vieh, und über die ganze Erde, und über alles Gewürme, das auf Erden kreucht! Und Gott sahe an, alles, was er gemacht hatte: und siehe da, es war sehr gut.«
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Der Kaufmann und seine vier Söhne. Oder vom rechten Gebrauch der zeitlichen Güter. Ihr besitzt noch keine zeitlichen Güter, Kinder, weil ihr noch nicht damit umzugehen wißt; es scheinet also, als ob die Sache, worüber ich mich ietzt mit euch unterhalten will, völlig überflüßig für euch wäre. Aber ehe ihr es euch verseht, wird doch die Zeit kommen, wo ihr auch ein Eigenthum, es sey nun so klein oder groß, wie es wolle, besitzen werdet; wißt ihr dann nicht recht damit umzugehen, so werdet ihr es entweder verschwenden, oder ihr werdet eur Herz daran hängen: in
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beiden Fällen wird es euch wenig oder gar nicht zu statten kommen; wenn ihr es aber auf die rechte Art gebraucht, so kann es zu der Glückseligkeit eures Lebens sehr vieles beitragen. Wenn ihr ietzt hungern und dursten solltet, oder nicht wüßtet, wo ihr Morgen Speise hernehmen würdet; wenn ihr nicht wüßtet, wo ihr wieder neue Kleider bekommen solltet, wenn diese zerrissen wären; würde euch das nicht selbst den Muth zur Ausübung des Guten benehmen? Wenn ihr hingegen gegessen und getrunken habt und bekleidet seid, und auch wißt, woher ihr künftig Essen, Trinken, und Kleider gewiß bekommen werdet, so könnt ihr immer froh und heiter seyn, ihr dürft euch um nichts, als um eure Geschäfte, bekümmern, und könnt nun darauf eure ganze Aufmerksamkeit richten. Jetzt dürft ihr nicht auf euren Unterhalt denken, weil eure Eltern noch für alle eure zeitlichen Bedürfnisse sorgen. Es kömmt aber die Zeit sehr bald heran, wo diese Sorge euch selbst überlassen seyn wird. Darum prägt euch ietzt diese Geschichte ein, die ich euch erzählen will, damit ihr euch einmal zur rechten Zeit wieder daran erinnern möget. In einer großen und angesehenen Handelsstadt, lebte vor Zeiten ein reicher Kaufmann, Namens W i l l i c h . Ob er gleich schon lange gestorben ist, so blühet doch sein Andenken noch beständig, ia man stellt sogar ihm zu Ehren iährlich ein eignes Fest an. Damit hat es folgende Bewandniß. Noch bei seinen Lebzeiten stiftete er ein Waisenhaus, worinn arme Kinder erzogen und in allem Nöthigen unterrichtet werden. An dem Tage nun, wo dieses Haus gestiftet ist, wird allemal dem verstorbenen W i l l i c h zu Ehren erstlich eine kurze Gedächtnißrede gehalten, worinn die Waisenkinder an ihren Wohlthäter erinnert werden: alsdann dürfen sie sich mit allerlei unschuldigen Spielen ergötzen, und es wird dafür gesorgt, daß sie diesen Tag so vergnügt, wie möglich, zubringen mögen. Manche Leute sind schon in diesem Waisenhause erzogen worden, die die Asche des redlichen W i l l i c h s noch im Grabe segnen, weil er auch zu ihrem Besten, eine so wohlthätige Anstalt stiftete. Aber ihr wollt gewiß gerne mehr von diesem W i l l i c h wissen, der einen so guten Ruhm hinterlassen hat. Hört also von mir die kurze
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Lebensgeschichte dieses Mannes, und sucht ihm, so viel wie möglich, in al-len Stücken, ähnlich zu werden; wenn ihr dann auch gleich kein Waisenhaus stiftet, wie er gethan hat, so werdet ihr doch den Vortheil davon haben, daß ihr gute und glückliche Menschen werdet. Er war der einzige Sohn seiner Eltern, die ihn von seiner frühesten Kindheit an, zur Ordnung und Sparsamkeit gewöhnten. Insbesondre hielten sie ihn immer dazu an, daß er seine Kleider und Bücher beständig in guter Ordnung halten mußte, und nichts von seinen Sachen muthwillig zu Grunde richten durfte. Neben ihm erzog sein Vater noch den Sohn eines armen Anverwandten, und wenn dieser zuweilen seine Sachen besser in Acht nahm, wie der iunge W i l l i c h , so bekam er gemeiniglich für das, was er an Kleidern oder Büchern, durch seine Ordnung, erspart hatte, ein neues Buch, eine Landcharte, oder was er sich sonst wohl mochte gewünscht haben, zur Belohnung. » C a r l « , so hieß der Vornahme des iungen W i l l i c h s , » C a r l ! pflegte sein Vater dann wohl zu sagen: »gerne machte ich dir ietzt auch so ein Geschenk, wie dein Vetter F r i t z bekommen hat, aber für das Geld, wofür ich es dir hätte kaufen wollen, muß ich dir nun einen neuen Rock anschaffen, weil du den vorigen muthwilligerweise so sehr mit Dintenflekken beschmutzt hast, daß du ihn nun nicht mehr tragen kannst.« Dann bereuete C a r l seine Unordnung und faßte den Vorsatz sich zu bessern, welches er auch wirklich that, damit ihn sein Vetter F r i t z , dem er sonst sehr gut war, doch nicht an der Liebe zur Ordnung und Sparsamkeit übertreffen möchte. Spare was, so hast du was! pflegte der alte W i l l i c h wohl zu sagen, aber wenn in dem Augenblick ein Armer vor seine Thüre kam, so sagte er: Brich dem Hungrigen dein Brod! und ging hinaus, und gab ihm gerne nach seinem Vermögen. Einige Leute, die ihn nicht kannten, hielten ihn, wegen seiner großen Sparsamkeit, für geitzig; die ihn aber kannten, wußten wohl, daß er nur deswegen so sparsam war, um destomehr Gutes thun zu können. Dieses that er aber im Stillen, daß es niemand erfuhr, weil er nicht mit seinen Wohlthaten prahlen wollte. Diese edle Denkungsart des alten redlichen W i l l i c h s , hatte auf K a r l n einen sehr starken Einfluß, und er nahm dieselbe mit iedem Tage immer mehr in seinen
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kleinen Handlungen an. Er bekam wöchentlich etwas Taschengeld zu seinem Vergnügen. Nun war einer unter seinen Mitschülern, ein sehr ordentlicher und fleißiger iunger Mensch, welcher seine ganze Freundschaft besaß, weil sein Betragen so gut und sittsam war. Dieser iunge Mensch war aber so arm, daß er sich eines der nöthigsten Bücher, welches er in der Schule brauchte, nicht anschaffen konnte, und darüber im Lernen sehr zurückbleiben mußte. Dis dauerte dem guten K a r l , wenn er seinen Freund so sitzen sah, und sein Nachbar ihn zuweilen nicht einmal in sein Buch wollte mit einsehen lassen. Nun war es gerade in der Obstzeit, und der alte W i l l i c h bemerkte seit einiger Zeit nicht, daß K a r l sich Kirschen, die er sonst so gerne as, gekauft hätte. Er verwunderte sich darüber, sagte ihm aber nichts. Bis K a r l nach Verlauf einiger Zeit selbst zu ihm kam, und sagte: »Lieber Vater, ich habe mir ietzt von meinem Taschengelde einen Gulden erspart, wollten Sie mir wohl erlauben, daß ich dafür dem iungen E r n s t ein Buch kaufen dürfte, das er nothwendig braucht, und sich doch nicht anschaffen kann. Er will so gerne weiter kommen, und kann nicht, weil es ihm an dem Buche fehlt.« Er erhielt die Erlaubniß von seinem Vater, welcher sich innerlich über diese gute Gesinnung seines Sohnes freute, und spornstreichs lief er in den Buchladen, um das Buch zu kaufen; er behielt noch einige Groschen übrig, dafür ließ er es einbinden, und den andern Tag nahm er es mit in die Schule und gab es seinem Freunde, da ihn eben niemand wollte mit einsehen lassen. Dieser war für Freuden außer sich, umarmte ihn, und dankte ihm auf das zärtlichste für dis angenehme Geschenk. Nun hatte K a r l zwar diesen Sommer keine Kirschen gegessen, dafür hatte er aber das Vergnügen, seinem Freunde einen Dienst zu erzeigen. Oft hatten ihn seine Mitschüler auch für geizig gehalten, wenn sie sich alle etwas kauften, und ihn auf keine Weise mit dazu bereden konnten. Hätten sie aber seine Absicht gewußt, so würden sie gewiß nicht so unbillig von ihm geurtheilt haben. Noch eine Geschichte muß ich euch von K a r l n erzählen, woraus ihr wieder sehen werdet, wie er die ganze Denkungsart seines Vaters angenommen hat. In W i l l i c h s Hause herrschte beständig Ordnung und Sparsamkeit, und Ueberfluß und
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Verschwendung suchte man auf alle Weise zu vermeiden. Daher wurden auch nur an allen hohen Festtagen Kuchen gebacken. Nun fügte es sich einmal, daß der alte W i l l i c h von einigen seiner Anverwandten besucht wurde, die ihre Kinder mitgebracht hatten. Diesen theilte er dann Kuchen aus, und K a r l bekam auch sein Stück, wie die andern. Er ging darauf mit seinen iungen Anverwandten in den Garten, wo ein ieder von ihnen sein Stück Kuchen aufas, nur er ließ von seinem die Hälfte übrig, um es sich bis auf den andern Morgen aufzusparen, weil er wußte, daß dann keiner mehr ausgetheilt wurde. Die andern lachten ihn darüber aus. Er sagte aber zu ihnen: »die Hälfte von diesem Stück Kuchen würde mir ietzt, da ich schon genug gegessen habe, lange nicht so gut schmecken, als Morgen, wo ich sonst vielleicht gerne welchen hätte, und dann keinen mehr bekommen würde; darum will ichs mir aufheben.« Den andern Morgen war der letzte Festtag, die Sonne schien so warm, und K a r l stellte sich vor die Thüre hin, um sein Stückchen Kuchen zu verzehren. Indem sah er einen Knaben in zerrissenen Kleidern traurig die Straße heraufkommen, welcher sich darauf, gerade dem Hause gegenüber, auf einen Stein hinsetzte und Brodkrumen aus seiner Tasche suchte, um seinen Hunger damit zu stillen. »Lieber Gott! dachte K a r l , ich esse ietzt Kuchen, und dieser arme Knabe hat am Festtage nicht einmal Brod zu essen!« Ehe er sich noch lange bedachte, nahm er sein Stück Kuchen, daß er sich so sorgfältig aufgespart hatte, lief hin, und gab es dem armen Knaben, darauf lief er sogleich wieder ins Haus, und war so vergnügt, als ob ihm selber sein Kuchen noch so gut geschmeckt hätte. Seine iungen Anverwandten, die nichts von dieser guten Handlung wußten, lachten ihn wieder über seine Sparsamkeit aus, er schwieg aber und kehrte sich nicht daran, weil er wohl wußte, wozu es gut war, wenn man mäßig und sparsam ist. Einstmals bekam er von seinem Vater ein außerordentliches Geschenk. Dies war nehmlich ein kleiner Schrank von Pappe, mit vier Schublädchen. Vor dem untersten standen die Worte: F ü r d i e g e g e n w ä r t i g e n B e d ü r f n i s s e ; vor dem zweiten: F ü r d i e z u k ü n f t i g e n B e d ü r f n i s s e ; vor dem dritten: F ü r d i e A r m e n ; und vor dem vierten: Z u m Ve r g n ü g e n . »Dis
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Schränkchen, sagte der alte W i l l i c h , mußt du ia in Acht nehmen, und es als ein großes Kleinod, aufbewahren, bis du groß wirst: denn es kann dich einmal zu einem glücklichen und reichen Manne machen. Dis Schränkchen soll dir zum Sinnbilde dienen, daß du immer erst auf das denken mußt, was du g e g e n w ä r t i g nothwendig brauchst; dann auf dasienige, was du in der Z u k u n f t nöthig haben wirst; und wenn du beides hast, so suche das dritte Schublädchen in deinem Schränkchen vor, und erinnere dich der A r m e n ; wenn du diese bedacht hast, so kannst du auch wohl das vierte Schublädchen ansehen, und dir einmal ein unschuldiges Ve r g n ü g e n machen.« Diese Lehren prägten sich tief dem Herzen des iungen W i l l i c h s ein. Oft, wenn er etwas Geld bekam, so wollte er es auf die Art, wie ihm sein Vater gesagt hatte, in die vier Schublädchen vertheilen. Weil er aber sowohl alle seine gegenwärtigen als zukünftigen Bedürfnisse, für iezt noch von seinen Eltern erhielt, so mußte das erste und zweite Schublädchen noch leer bleiben, in das dritte und vierte aber pflegte er gemei-niglich sein Taschengeld zu vertheilen, so daß er nur die eine Hälfte zu seinem Vergnügen und die andre für die Armen bestimmte. So brachte er seine Kinderiahre zu. Er entschloß sich alsdann die Kaufmannschaft zu lernen, und in seinem funfzehnten Jahre trat er bey einem angesehenen Kaufmann, der zugleich ein rechtschaffener, frommer Mann, und ein Freund von seinem Vater war, in die Lehre, wo er nun alle die Lebensregeln anzuwenden suchte, die ihm sein Vater zu Hause so oft gegeben hatte. Er hielt auch hier beständig sehr auf Ordnung und Reinlichkeit, wodurch er sich sehr beliebt machte. Auch befliß er sich immer einer gewissenhaften Treue gegen seinen Herrn, und einer wahren und aufrichtigen Frömmigkeit gegen Gott. Während der Zeit aber starben seine beiden Eltern, welche kurz vorher, durch die Schuld eines andern, um ihr ganzes ansehnliches Vermögen gekommen waren, so daß sich der iunge W i l l i c h nun bloß auf seinen eigenen Fleiß verlassen mußte, weil er nichts mehr zu hoffen hatte. Er trug aber dieses anscheinende Unglück mit vieler Standhaftigkeit, und bei dem Schmerz über den Verlust seiner Eltern, vergaß er den Verlust eines großen Vermögens; ob er es gleich damals
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noch nicht wußte, daß dieser Verlust größtentheils die Quelle seines künftigen Glücks seyn würde, weil dadurch eben seine ganze Thätigkeit, und sein ganzer Eifer, desto stärker angefeuert wurde. An seine Eltern aber erinnerte er sich beständig mit inniger Wehmuth, und noch in seinem hohen Alter hat er oft bei ihrem Andenken Thränen der Dankbarkeit vergossen. Als seine Lehriahre vorbei waren, bekam er nun selber seine kleine Einnahme, und sogleich erinnerte er sich wieder an das Schränkchen, das ihm sein Vater gegeben hatte. Erstlich legte er in das unterste Schublädchen das Geld zu demienigen, was er iezt an Kleidern und Wäsche nothwendig brauchte, um anständig erscheinen zu können. Hiebei will ich euch sagen, Kinder, was anständig erscheinen heißt. Ihr wißt, es giebt verschiedne Stände in der Welt, und ein jeder muß einmal seinem S t a n d e gemäß leben. Daher muß sich der Kaufmann nicht wie der Bauer kleiden, sonst kann er unter seines Gleichen nicht mit Anstande erscheinen, und es kömmt so heraus, als ob er ein Sonderling seyn wollte. Frei-lich wäre es wohl besser, wenn dieser Unterschied nicht so gar groß wäre, und wenn ein ieder sich nur das anschaffen dürfte, was man eigentlich nothwendig braucht. Aber da es nun einmal so ist, so werden wir es wohl nicht abändern können, und müssen uns also in die Welt schicken. Das that der iunge Willich ebenfalls. Darum dachte er zuerst darauf, was er ietzt in s e i n e m S t a n d e nothwendig brauchte. Hätte er es nun, wie viele seiner Bekannten machen wollen, so wäre die andre Hälfte seiner Einnahme zum Vergnügen angewandt worden, und sowohl das Schublädchen für die Armen, als das für die Zukunft, hätten leer ausgehen müssen. Ein edler Gedanke aber, der bei ihm immer lebhafter wurde, ließ dies nicht zu. Er erinnerte sich nehmlich aus seinen Knabeniahren, noch immer des Auftritts mit dem armen Jungen, der seiner Thür gegen über auf dem Steine saß, und Brodkrumen aus der Tasche suchte, und dem er nachher noch sein Stück Kuchen gab. Dabei fiel ihm immer die große Ungleichheit unter den Menschen ein, wie der eine oft alles im Ueberfluß, und der andre wieder nicht einmal so viel hat, daß er seinen Hunger stillen
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kann. Wenn er diesen Betrachtungen nachhing, so konnte er oft bis zu Thränen gerührt werden, und wenn er zuweilen theure und wohlschmeckende Speisen genoß, so konnte er sich des Gedankens nicht erwehren: wer weiß, wie viele iezt in dieser Stadt sind, die gerne mit der geringsten Kost vorlieb nehmen würden, wenn sie dieselbe nur haben könnten. Dann stieg oft der Wunsch in seiner Seele auf: könntest du doch nur etwas dazu beitragen, diese traurige Ungleichheit unter den Menschen zu mildern, daß, wenn der eine gleich Reichthum und Ueberfluß hätte, der andre doch wenigstens keinen Mangel litte! – Dies machte ihm aber auch bei seinem empfindsamen Herzen, oft vielen Kummer, wenn er sahe, wie der Reiche das wenige noch an sich rafte, was der Arme besaß, und doch noch nicht damit zufrieden war, sondern ihn überdem noch zu Tagelöhnerarbeit zwang. Dann gab er oft dem ersten Armen, den er sahe, mehr, als er nach seinen Umständen geben konnte, und dann war es ihm doch immer, als ob er einen Tropfen Wasser in einen leckgewordenen Eimer gösse. Er fühlte die allgemeine Noth, insbesondre in seiner Vaterstadt, wo ein großer Theil der ärmsten Einwohner, ihre Kinder nicht erziehen konnten, so daß dieselben nothwendig verwildern mußten, und ieder Keim zum Guten in ihnen erstickt wurde. Willich dachte sich dabei alle die traurigen Folgen auf die Zukunft, und ie älter er wurde, desto mehr nahm auch diese Empfindung bei ihm zu. Dadurch bildete sich nach und nach der Gedanke in seiner Seele: ich will streben, will arbeiten, um etwas zu erwerben! – vielleicht segnet mich Gott, daß ich andre wieder glücklich machen kann? – Und nun gab er für iezt den Armen weniger, weil er doch einsahe, daß er dadurch die Wunde nicht heilte, sondern den Schmerz nur auf eine kurze Zeit linderte, der nachher desto heftiger wieder ausbrechen würde. Er richtete also seine gegenwärtigen Ausgaben so gering wie möglich ein, was er iezt den Armen gab, entzog er sich selbst an seinen Bedürfnissen; auf die erlaubtesten Vergnügungen, sobald sie mit Kosten verknüpft waren, that er fürs erste noch gänzlich Verzicht, und dachte ietzt blos auf das Schublädchen für die Zukunft. Nun hielt ihn iedermann, ausser wenigen Freunden, für geitzig; er freute sich aber, daß er sich selber von einer
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bessern Seite kannte, als wovon ihn andre beurtheilten, und so ging er immer seinen Gang vor sich hin, ohne sich durch die Urtheile der Menschen irre machen zu lassen. Weil er in den letztern Jahren, als Buchhalter, eine ansehnliche Einnahme hatte, so ersparte er sich bald so viel, daß er selbst einen kleinen Handel anfangen konnte. Nun diente ihm das kleine Schränkchen von seinem Vater wieder zur Richtschnur, wornach er sein erworbnes Capital eintheilte. Durch eine Heirath bekam er noch etwas Vermögen dazu, und nun legte er den größten Theil seines Geldes in die Schublade für die Zukunft, um noch mehr damit zu erwerben, weil er schon damals in Gedanken mit dem großen Entwurf umging, welchen er nachher würklich ausführte. Zu den täglichen Bedürfnissen an Essen, Trinken, und Kleidern, bestimmte er nicht mehr, als nothwendig erfordert wurde, und schränkte sich noch dazu, so viel wie möglich, ein. Die Armen bekamen weit mehr, als er, für sich, zum Vergnügen bestimmt hatte; überhaupt war die Schublade zum Vergnügen immer die kleinste, und wenn zuweilen die für die Armen-Kasse leer war, so wurde der Mangel aus iener wieder ersetzt. Denn die kostbaren Vergnügungen konnte Willich ohnedem nicht leiden, ia er konnte nicht einmal gut bei andern daran Theil nehmen, weil er immer dachte, daß dadurch einem großen Theile von Menschen Unrecht geschähe, die vielleicht während der Zeit im größten Elende schmachten müßten. Weit lieber aber vergönnte er sich solche Vergnügungen, die die armen Leute auch geniessen können, weil sie nichts kosten, und dabei war sein Herz immer weit ruhiger, weil es ihm däuchte, als ob er in dem Augenblick, für seinen Theil, etwas zu der größern Gleichheit unter den Menschen beitrüge, die er so innig wünschte. Indeß verbesserten sich seine Umstände sehr merklich, weil das Geld, was er für die Zukunft bestimmt hatte, niemals müßig liegen blieb, sondern sich beständig vermehrte, indem er Waaren dafür einkaufte, die er nachher mit rechtmäßigem Vortheil wieder verkaufte. Niemals aber ließ er sich verleiten, irgend einen unbilligen Vortheil zu nehmen, ob er gleich seinen Gewinnst zu einem sehr guten Endzweck bestimmt hatte. Denn, sagte er, auf die Art nähme ich ia mit der einen Hand,
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was ich mit der andern geben wollte! – So wie sich nun seine Reichthümer vermehrten, bekam auch seine Armenkasse immer eine Zulage. Die Schublade zum Vergnügen blieb aber noch beständig, wie sie war, und die zu den täglichen Bedürfnissen blieb auch so. Weil er aber seine Wohlthaten im Stillen erzeigte, und nicht damit prahlte, so wurde er wieder von vielen Menschen für geitzig gehalten. – Sein Herz schwoll aber hoch empor, wie er sahe, daß sich die Zeit näherte, wo er im Stande seyn würde, die Noth seiner Vaterstadt zu mildern, und die Wunde, in die er bisher nur noch lindernden Balsam gegossen hatte, aus dem Grunde zu heilen. Indes hatte er vier Söhne, die er so zu erziehen suchte, wie er von seinem Vater erzogen war. Auch sorgte er, daß er in die Schublade für die Zukunft für einen ieden so viel zurücklegte, als zu seinem künftigen Fortkommen nöthig seyn würde. Weil er sich nun keine Mühe verdrießen ließ, und überdem im Handel immer sehr glücklich war, dabei aber seine ordentliche und sparsame Lebensart gar nicht änderte, so mehrten sich seine Reichthümer so sehr, daß iedermann darüber erstaunte. Zu dem Endzweck welchen er sich vorgesetzt hatte, reichten dieselben aber noch lange nicht zu. Er entschloß sich daher, in seinem funfzigsten Jahre, noch eine gefährliche Seereise zu thun, und kehrte mit großen Gewinnst wieder zurück. Dabei ließ er es nicht bewenden, sondern wagte sich noch einmal, mit der größten Gefahr seiner Gesundheit und seines Lebens, eben so weit, seine Familie und seine Freunde mochten ihn auch davon abrathen, so viel sie wollten. Nun verdachte ihm das iedermann, und die Leute sagten: der alte Willich kann nimmer genug kriegen, darum wagt er sich zweimal in Lebensgefahr, damit er nur seinen unersättlichen Geitz befriedigen kann! – Er kehrte aber glücklich wieder zurück, und machte nun, ganz im Stillen, die nöthigen Veranstaltungen, um seinen Plan auszuführen. Zuerst bestimmte er einem ieden von seinen vier Söhnen, eine Summe, die hinlänglich genug war, daß sie sich, durch eignen Fleiß, ebenfalls ein ansehnliches Vermögen damit erwerben konnten. Darauf ließ er sogleich den Grund zu dem Gebäude legen, worinn arme Kinder sollten erzogen werden, und stiftete die wohlthätige Anstalt, wofür nun sein Anden-
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ken, nach seinem Tode, noch von so vielen tausend Menschen gesegnet wird. Binnen einigen Jahren, war alles völlig eingerich-tet, und noch bei seinen Lebzeiten, wurde das Haus feierlich eingeweihet. Plötzlich erschallete nun alles von seinem Lobe, da ihn vorher fast iedermann getadelt hatte. Er blieb aber dabei eben so ruhig, als er es vorher bei dem Tadel geblieben war. Denn er hatte es einmal so weit gebracht, daß ihm der Beifall Gottes und seines eignen Herzens, mehr werth war, als der ungewisse Beifall andrer Menschen. Geliebt von seinen Kindern, die er zur Frömmigkeit und Tugend erzogen hatte, und gesegnet von seiner ganzen Vaterstadt, deren Noth er um ein merkliches gemildert hatte, entschlief er endlich sanft, und legte sein müdes Haupt zur Ruhe, nachdem er manchen harten Kummer erlitten, manche unbillige Urtheile und Beleidigungen von seinen Mitmenschen erduldet, und nun endlich, nach so manchen Beschwerlichkeiten, sein mühseeliges Tagewerk vollendet hatte.
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(Die Fortsetzung folgt im nächsten Stück.) 181
(Fortsetzung des Vorigen.) Die vier Söhne des verstorbenen W i l l i c h s nahmen nun ein ieder sein väterliches Erbtheil in Besitz. Der ältste von ihnen hieß A n t o n , der zweite F r i t z , der dritte E r n s t , und der iüngste C a r l , wie sein Vater. Ob sie nun gleich alle mit der größten Sorgfalt erzogen waren, so fand doch ein sehr merklicher Unterschied zwischen ihnen statt, welcher sich schon in ihrer frühesten Kindheit offenbarte. Wenn A n t o n sein Taschengeld bekam, so kaufte er sich nicht das mindeste dafür, er gab aber auch keinen Heller davon weg, sondern sammlete sich alles in eine Sparbüchse, welche er einmal mit großer Freude seinem Vater zeigte, und sagte, daß sie nun schon beinahe voll wäre. Dieser aber schlug sie entzwei, nahm das Geld heraus, und sagte, er sollte sich dafür mit seinen Brüdern einmal ergötzen. A n t o n gehorchte zwar, und gab sein Geld preiß, weil es sein Vater einmal befohlen hatte. Einige Tage nachher aber blieb er noch immer traurig und mißvergnügt, daß er seinen Schatz nicht mehr besaß. Als dis sein
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Vater sahe, wurde er sehr betrübt, und sagte: » A n t o n ! A n t o n ! als ich war wie du, da hing ich mein Herz nicht an mein Geld, und suchte mir keine Schätze zu sammlen, wie du thust, auch war ich nicht traurig, wann ich iemanden hatte vergnügt machen können.« – F r i t z hingegen schweifte wieder auf der andern Seite aus. An dem Tage, wo er sein Geld bekam, hatte er es auch immer schon bis auf den letzten Heller ausgegeben, und sich wohlschmeckende Sachen, Obst oder Kuchen, und dergleichen, dafür gekauft, so daß er sich kein Buch, keine Landkarte, oder sonst etwas Nützliches dafür anschaffen konnte: auch gab er nicht gerne etwas weg, weil er immer befürchtete, daß er sich dadurch von seinem eigenen Vergnügen, zuviel entziehen möchte. » F r i t z ! sagte sein Vater oft zu ihm, als ich in deinem Alter war, verschwendete ich mein Taschengeld nicht so, wie du, sondern kaufte mir oft nützliche Sachen dafür, und sparte auch zuweilen etwas für die Armen.« – So wie aber A n t o n und F r i t z zu wenig weggaben, so gab E r n s t wieder zu viel weg. Wenn ihn iemand um eine Sache bat, so war es ihm unmöglich, die Bitte abzuschlagen, und wenn es auch sein eigner Schade gewesen wäre. Er setzte darinn eine falsche Ehre, gleichsam ein Wohlthäter aller derer zu seyn, die von ihm etwas verlangten. Dieses machten sich einige seiner Mitschüler und Bekannten zu Nutze, und wußten ihm immer sein Taschengeld unter allerlei Vorwande abzulocken; daß er ihnen etwas leihen, oder ihnen doch, für sein Geld, Obst und Kuchen oder dergleichen mitkaufen mußte. E r n s t war daher die meiste Zeit ohne Geld, und hatte doch für sich selber das wenigste davon genossen. » E r n s t ! « sagte sein Vater oft zu ihm: »ich gab auch auch gerne, als ich in deinen Jahren war, und thue es noch; aber ich suchte meine Gaben mit mehr Klugheit auszutheilen, so daß sie andern wirklich zu Nutze kamen, ohne mir selber Schaden zu verursachen!« – C a r l kaufte sich manches von seinem Taschengelde, was ihm Nutzen und Vergnügen verschafte; er gab den Armen ebenfalls, und behielt doch noch so viel übrig, daß er oft seinen beiden Brüdern E r n s t und F r i t z aushelfen konnte, wenn sie sich gemeinschaftlich ein kleines Vergnügen machen wollten, und es ihnen am Gelde mangelte. Wenn
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sein Va-ter dergleichen gute Handlungen an ihm bemerkte, so küßte er ihn oft mit Freudenthränen, und auf seinem Todtbette drückte er ihm noch die Hand, und sagte: » C a r l ! wenn es dir wohl gehet, und du glücklich bist, so vergiß deine Brüder nicht!« Diese Worte sagte er nicht vergebens, wie man aus dem Erfolge sehen wird. Die vier Brüder führten nun im Anfange ein recht glückliches Leben. Ein ieder fing zwar für sich einen Handel an, und hatte seine eigne Haushaltung, sie kamen aber alle Woche ein paarmal zusammen, um sich miteinander zu ergötzen und vergnügt zu seyn. Diese Zusammenkünfte waren nach der Reihe bei einem von ihnen, welcher allemal die Kosten davon tragen mußte, so daß keiner dabei Schaden litte. Hier erinnerten sie sich dann oft an ihre Jugendiahre, sprachen von ihrem guten Vater, und ertheilten sich auch wechselsweise über mancherlei Sachen ihren freundschaftlichen Rath. Ein ieder unter ihnen befolgte auch im Anfange das Beispiel seines Vaters, und theilte seine Ausgaben gehörig ein, für die g e g e n w ä r t i g e n und k ü n f t i g e n B e d ü r f n i s s e , für die A r m e n , und zum Ve r g n ü g e n . Auch ermunterten sie sich oft einander, die Lehren ihres Vaters beständig zu beobachten. Aber leider dauerte dieses nur eine kurze Zeit. So lange sie noch ordentlich zusammen kamen, ging alles gut, weil einer immer den andern noch zu rechter Zeit zurückbrachte, wenn ia einer ausschweifen wollte. Bald aber machte sich A n t o n von den wöchentlichen Zusammenkünften, unter dem Vorwande, loß, daß er die Kosten davon nicht mehr tragen könne, weil sein Verdienst sehr schlecht sey. Nun war bei ihm gerade das Gegentheil: denn er hatte seit einiger Zeit sehr viel gewonnen, und dis reitzte ihn eben seinen Gewinnst beständig überzuzählen und sich daran zu ergötzen. Im Anfange legte er denselben in die Schublade zu den künftigen Bedürfnissen. Es währte aber nicht lange, so dachte er gar nicht mehr an die künftigen Bedürfnisse, sondern bloß wie er seinen Schatz vermehren wollte. Nun entzog er erstlich den Armen alles, was sie bisher von ihm bekommen hatten, und schlug es zu seinem Schatze, damit derselbe immer größer werden möchte. Darauf entzog er sich iedes Vergnügen, das er bisher genossen hatte, und das Geld, was er dafür
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hätte ausgeben müssen, legte er ebenfalls zu seinem Mammon. Bei dieser Gelegenheit hob er auch die Zusammenkünfte mit seinen Brüdern auf. Endlich versagte er sich sogar seine gegenwärtigen Bedürfnisse, an Kleidern und Nahrungsmitteln, um auch dadurch noch etwas Geld zu gewinnen, womit er seinen Schatz vermehren könnte. – So sehr man noch das Andenken seines Vaters verehrte, so sehr haßte und verabscheute man ihn. Seinen Vater hatten viele zwar bei seinen Lebzeiten auch für geitzig gehalten, aber so viele Arme, denen er im Stillen Gutes that, beteten für ihn, da hingegen dieser niemanden liebte und niemanden Gutes that, und daher auch wieder von niemanden geliebt wurde. – Fast zu gleicher Zeit entzog sich auch F r i t z den Zusammenkünften mit seinen Brüdern, weil er es nicht gut mehr leiden konnte, wenn sie ihm immer seine Verschwendung vorhielten und ihn zur Sparsamkeit zurückbringen wollten. Die Schublade zum Vergnügen war in seinem Geldschranke immer am ersten leer, und wurde auch am ersten wieder vollgefüllt. Seine ordentliche Einnahme reichte endlich nicht mehr zu, den beständigen Mangel zu ersetzen. Aus seiner Handlung wollte er anfänglich das Geld nicht herausnehmen. Die Kasse für die Armen mußte also das Fehlende hergeben, und diese mußten, von der Zeit an, beständig leer ausgehen. Als auch dis nicht mehr zureichte, wurde die Schublade für die zukünftigen Bedürfnisse angegriffen. Weil aber die Ausgabe für allerlei Vergnügungen immer die Einnahme weit überstieg, so wurde auch diese Quelle bald erschöpft, und endlich mußte er sich sogar die gegenwärtigen nothwendigsten Bedürfnisse entziehen, und manche Tage hungern, um an andern wieder das ausschweifende Vergnügen zu genießen, das er sich einmal angewöhnt hatte. Dadurch mußte er nun natürlicherweise in Armuth und Dürftigkeit, und zuletzt in das größte Elend gerathen. Wir wollen ihn eine Weile darinn lassen, um zu sehen, wie es seinem dritten Bruder, E r n s t , ging. Bei diesem war zwar immer die Schublade für die Armen am meisten bedacht, die andern drei Kassen mußten aber zu sehr darunter leiden. Denn so, wie er es schon in seiner Jugend gemacht hatte, so machte er es auch ietzt in seinem reifern Al-ter. Wenn ihn iemand um etwas ansprach, es
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mochte seyn, was es wollte, so gab er ihm dasselbe, so wenig er es auch oft entbehren konnte. Dis that er aber aus einer falschen Schaam oder Ehrsucht, die in dem geheimen Wunsch bestand, daß iedermann, zu ieder Zeit gut von ihm denken, und ihn lieben und verehren möchte. Das Geben wurde also bei ihm zum Bedürfniß, und als seine ordentliche Armenkasse nicht mehr zureichte, diese beständige Ausgabe zu bestreiten, so nahm er, unglücklicherweise, seine Zuflucht zu der Schublade für die künftigen Bedürfnisse, weil er sich doch auch sein Vergnügen nicht gerne entziehen wollte: und wenn dann die Zeit heran kam, wo er das Geld für die künftigen Bedürfnisse brauchen sollte, so gerieth er oft selbst in Noth. Als endlich seine Kasse meist erschöpft war, versprach er oft, wenn er nicht mehr geben konnte, und gerieth nachher in die größte Verlegenheit, wenn er sein Versprechen erfüllen sollte. Zuletzt mußte er sogar seine erlaubtesten Vergnügungen aufopfern, und die Zusammenkünfte mit seinen Brüdern, fast zu gleicher Zeit mit den beiden vorigen, aufheben: und endlich trieb ihn seine falsche Schaam und Ehrsucht sogar so weit, daß er oft selbst hungerte, und sich die nothwendigsten Bedürfnisse des Lebens entzog, um sich denen, die ihn um etwas baten, nur noch in seiner vorigen Würde zeigen zu können, und gleichsam ihr Wohlthäter zu seyn. Er wurde dadurch eben so unglücklich, wie F r i t z , durch seine übermäßige Liebe zum Vergnügen, und gerieth ebenfalls zuletzt in die äußerste Dürftigkeit. Beide mußten nun höchst elend leben, und was das sonderbarste war, so lebte der ältste von ihnen, A n t o n , welcher die größten Reichthümer besaß, eben so elend, wie sie. Indeß befand sich K a r l im schönsten Wohlstande, weil er sein Vermögen immer verhältnißmäßig eingetheilet, und die Klippen sorgfältig vermieden hatte, woran seine drei Brüder gescheitert waren. Das kam aber daher, weil er der ersten Versuchung zu ieder Ausschweifung gleich im Anfange widerstand, welches seine Brüder nicht gethan hatten. Oft fiel es ihm auch ein, sich einen Schatz zu sammlen, und daran seine Freude auf Erden zu haben, so bald er aber merkte, daß er in dieser Absicht etwas zu seinem Gelde hinzulegen wollte, so zog er schnell die Hand, wie von glühenden Kohlen, zurück, und legte das
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Geld in die Schublade für die Armen. Manchmal gab er auch wohl mehr, als seine Umstände erlaubten, so bald er aber dieses merkte, suchte er den Mangel, der dadurch entstanden war, wieder aus der Kasse zum Vergnügen zu ersetzen, welches er sich so lange entzog, bis der Schaden wieder vergütet war, aber nicht länger. Zuweilen ließ er sich auch wohl einmal verleiten, mehr Geld für Vergnügungen auszugeben, als wie er eigentlich thun konnte. Wenn er aber dieses merkte, so ließ er niemals die Armen darunter leiden, sondern suchte einige von seinen gegenwärtigen Bedürfnissen so lange etwas einzuschränken, oder versagte sich einige von seinen Vergnügungen, bis das Gleichgewicht im Ganzen, wieder hergestellt war. Ob ihn nun gleich seine Brüder verlassen hatten und mit Fleiß seinen Umgang vermieden, weil sie seinen freundschaftlichen Rath und sein lehrreiches Beispiel nicht befolgen wollten, so dachte er doch schon darauf, ihren elenden Zustand, den er lange zum Voraus gesehen hatte, in etwas zu mildern. Wie er also sahe, daß es mit F r i t z und E r n s t aufs äußerste gekommen war, und beide demohngeachtet zu stolz dachten, ihm ihre Noth wissen zu lassen, so ließ er ihnen beständig durch die dritte Hand etwas zufließen, und richtete es immer so ein, daß sie es gar nicht erfahren konnten, woher das Geld käme. Auf ihren Bruder C a r l hatten sie nicht die mindeste Vermuthung, weil sie sich wohl bewußt waren, wie wenig sie es um ihn verdient hatten. Indessen war das, was er ihnen zufließen ließ, doch nur zu den allernothwendigsten Bedürfnissen hinlänglich, weil er es sie doch einigermaßen wollte fühlen lassen, was sie sich durch ihre Unbesonnenheit und durch ihre Ausschweifungen zugezogen hatten. Seinem ältesten Bruder hätte er gerne auch geholfen, allein an diesem war alle Hülfe verlohren, weil er einmal selbst, aus freiem Willen, elend seyn wollte, und sich bei allen seinen Reichthümern, vor Geitz, Furcht und Neid, von Tage zu Tage, immer mehr abzehrte. Endlich, als E r n s t und F r i t z lange genug für ihren Fehler gebüßt, und, mit ihren eignen Schaden, die traurigen Folgen desselben eingesehen hatten, starb A n t o n , von Hunger und Geitz abgemergelt, plötzlich, und hinterließ seinen Brüdern ein sehr ansehnliches Vermögen. Wovon nunmehro K a r l sei-
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nen Antheil freiwillig an seine beiden ältern Brüdern abtrat, welche dadurch auf einmal in bessern Stand gesetzt wurden, als worinn sie sich iemals befunden hatten. Sie vermieden nun die Fehler, vor denen sie einmal, durch die schädlichen Folgen derselben, so fühlbar gewarnet waren. Die drei Brüder lebten einträchtig zusammen, bis in ihr spätestes Alter, und waren so glücklich, wie es Menschen nur seyn können, die ihre Zeit in Arbeit, Vergnügen und Wohlthun eintheilen.
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Vom Ebenbilde Gottes bei einem Spatziergange im Sommer.
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G o t t h a t u n s e r s c h a f f e n ! Kinder, dis ist der erhabenste Gedanke, den wir denken können. Dis giebt uns einen Vorzug vor allen andern Geschöpfen, die wir um uns her erblicken. Sehet diese Blume! sie weiß nichts davon, wer sie so schön gebildet hat; ienen Baum! er weiß nicht, wer ihn mit grünen Blättern bekleidete; ienen Stier auf der Weide! er kennet seinen Schöpfer nicht, und weiß nicht, wer ihm sein Futter aus der Erde wachsen läßt. Fallet nieder, und danket Gott, daß er uns zu Menschen schuf! Sehet da, ienes prächtige Gebäude! es kennet den Baumeister nicht, der es gebauet hat; und ienes schöne Gemählde, es weiß nichts von dem Künstler, der es verfertiget hat. Ja das Gebäude sowohl, als das Gemählde kennen ihre eigne Schönheit nicht. Aber wir fühlen unser Daseyn in uns, und wissen, wer es uns gegeben hat, und wissen, daß uns Gott nach seinem Bilde geschaffen hat. Dis hat er uns liebreich kund gethan, damit wir sein Ebenbild in uns selbst betrachten und ihn daraus erkennen sollten. Der Baum und die Pflanze, der Vogel in der Luft, der Fisch im Wasser, und das Thier auf dem Felde, wurden nicht nach dem Bilde Gottes geschaffen. Fallet nieder, und danket Gott, daß er u n s nach seinem Bilde schuf! Kinder, betrachtet Gottes Bild in euch! – Dieser Blick, mit dem ihr Himmel und Erde, und Berg’ und Thal umfassen könnt. – Dies sanfte
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Entzücken, das euch, beim Anschauen dieser schönen Gegend, durchströmt. – Dies Leben, das ihr in euch selbst empfindet – und noch mehr, der Gedanke von diesem allen, der ietzt in eurer Seele ruht – Das ist Gottes Bild in euch. – Dieses Streben in euch, beständig etwas zu schaffen und zu würken; diese immerwährende Begierde glücklich und vergnügt zu seyn; und diese Kraft, die ihr besitzet, immer das zu thun, was euch vergnügt und glücklich machen kann. – Das ist Gottes Bild in euch. – Diese mitleidige Thräne, die ihr weinet, wenn ihr euren Bruder leiden sehet; dieser Wunsch, daß er doch auch an eurem Vergnügen mit Theil nehmen könnte; und diese innige Freude, die ihr empfindet, wenn es ihm wieder wohl gehet. – Das ist Gottes Bild in euch. – Diese Gedanken, mit denen ihr, in einem Augenblick, bald hier, bald in eurem Garten, und bald in eurem Hause seyn könnt; diese Gedanken, die eure Füße leiten, daß sie gerade dahingehen, wohin ihr wollt, und euren Arm in die Höhe heben, daß er sich gerade nach dem ausstreckt, was ihr verlangt; diese Gedanken sind Gottes Bild in euch. – Durch diese Gedanken herrscht der Mensch über die Fische im Meer, über die Vögel unter dem Himmel, und über alles Thier, das auf Erden kreucht. Sehet, das ist Gottes Bild in euch! – o Kinder, befleckt es nicht durch Trägheit, durch Neid, durch Bosheit und Eigensinn! sonst könnt ihr zuletzt euren Schöpfer nicht mehr daraus erkennen. – Und habt ihr es vielleicht schon befleckt – findet ihr, daß es euch kränket, wenn eur Bruder glück-licher ist, wie ihr? – Bemerkt ihr, daß ihr träge seyd zu dem, was euch würklich vergnügt und glücklich machen kann? – erinnert ihr euch, daß ihr nicht immer denen guten Gedanken folgt, die in eurer Seele liegen, sondern daß ihr eigensinnigerweise zuweilen etwas thut, was ihr gerade wollt, ohne selbst zu wissen, warum ihr es wollt? – Wurdet ihr manchmal auf euren Bruder zornig, und vergabt es ihm nicht, wenn er euch beleidiget hatte? – O so wischt ia beizeiten diese Flecken ab, die Gottes Bild in euch verunstalten. Dieses göttliche Ebenbild ist ia das größte und einzige Kleinod, was wir besitzen, wodurch wir uns eben über alle andre Geschöpfe auf Erden erheben, und wodurch wir unsern größten Werth erhalten,
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wenn wir nun dis verlieren sollten, was würde uns dann noch übrig bleiben? Nun Kinder, tretet an diesen Bach, und seht, er ist so rein und klar, und rieselt so sanft dahin, daß sich der Himmel und die Blumen, die am Rande stehen, in seinen Wellen spiegeln. Nun schauet in eure Seele! – ist sie so rein, so spiegelhell, wie dieser Bach, so wird sich Gottes Bild in ihr darstellen, so wie sich der Himmel in diesem Bache mahlt. – Wird aber ein feindseeliger Gedanke gegen euren Bruder in eurer Seele aufsteigen, so wird Gottes Bild aus ihr verschwinden, so wie das Bild des Himmels aus diesem Bache verschwinden würde, so bald ihr ihn trüben wolltet. Darum müßt ihr ietzt erst im Herzen eurem Bruder vergeben, wenn ihr noch irgend eine Feindschaft gegen ihn habt, und müßt ein Gelübde thun, daß ihr von nun an, Gottes Ebenbild in euch rein bewahren wollet – dann könnt ihr Gott daraus erkennen lernen, und seine herrlichen Eigenschaften aus eurer eignen Seele entwickeln. Aber seht, ietzt habe ich diesen Bach getrübt, und er will nicht auf einmal wieder helle werden, so wie er fließt, muß er sich erst wieder klar arbeiten. Der trübe Sand muß sich auf den Boden niedersenken, damit die Wellen wieder sanft darüber hinrieseln können. Wolltet ihr ihn aber immer aufs neue trüben, so würde er ewig nicht klar werden. Kinder, wenn ihr durch eine böse Handlung Gottes Bild in euch befleckt habt, so laßt deswegen den Muth nicht sinken. Hütet euch nur, daß ihr dieselbe nicht wiederholet; so wird die Zeit einen Flekken nach dem andern wieder austilgen, und so wie eure Stunden dahin fließen, wird sich auch Gottes Bild in euch, wie dieser Bach, von selber wieder klar arbeiten. Wenn der Sand auf dem Boden liegt, so ist er die Grundlage des Wassers, das sich so klar, wie Gold, über seine Fläche ergießt; wenn er aber in die Höhe steigt, so trübt er dasselbe, und macht es unbrauchbar. So lange eure Wünsche und Begierden in ihren Schranken bleiben, so sind sie die Grundlage eurer Handlungen, welche wie ein heller Bach darüber hinströmen werden; so bald sie aber ausschweifen, so bald eure Begierde nach Ruhe und Erholung, in Trägheit, oder eure Begierde, immer glücklicher zu werden,
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in Neid gegen andre, ausartet, so wird der Sand in die Höhe getrieben, der Strom eurer guten Handlungen wird verdunkelt, und Gottes Bild kann sich nicht mehr in eurer Seele darstellen. Kinder, wenn ihr Gott aus euch selbst erkennen wollt, so schreibt ihm ia die Flecken nicht zu, die oft sein Bild in euch verunstalten. Stellt euch ia bei ihm keinen Zorn, keinen Haß, keine Rachbegierde vor. Diese Eigenschaften gefallen uns ia nicht einmal an andern Menschen. Das ist ein sichres Zeichen, daß sie unsrer Seele nicht natürlich sind, und daß Gottes Bild in uns sich gleichsam dagegen auflehnt, und im Anfange diese Flecken nicht annehmen will, die seine schönsten Züge verunstalten können. Was uns nun schon an andern Menschen nicht gefällt, wie sollten wir das wohl Gott zuschreiben? – Das Böse ist uns nicht natürlich, daß sehen wir daraus, weil es ein ieder an andern haßt, wenn er es auch an sich selber, aus Irrthum, lieben sollte. Das Böse ist nur eine unrechte Anwendung oder Uebertreibung desienigen, was an sich gut ist. So ist der Neid z. B. blos eine zu weitgetriebne Begierde, glücklich zu seyn, die nun so weit gehet, daß sie unsre Seele trübe macht, wenn wir sehen, daß andre glücklicher sind, als wir. Darum Kinder, schränkt ia eure Wünsche und Begierden ein, damit sie nicht Gottes Bild in euch verdunkeln, euch zu bösen Handlungen verleiten, und zuletzt in Laster und Bosheit ausarten! Wenn man einen recht festen Vorsatz gefaßt hat, so ist es beinahe so gut, als ob man ihn schon ausgeführt hätte. Denn sobald der Vorsatz ernstlich ist, so werden wir ihn auch ganz gewiß ausführen. Faßt also ietzt die feste Entschliessung, Kinder, daß ihr von dieser Stunde an, Gottes Ebenbild in euch rein bewahren wollet. Denkt an diese Entschliessung, so oft ihr merkt, daß ihr zum Guten träge werdet, daß ihr auf euren Bruder zürnet oder einen Haß gegen ihn in eurem Herzen hegt. Dann sagt zu euch selber: Sollte ich Gottes Ebenbild in mir beflecken, daß mein einziger Vorzug und mein größtes Kleinod ist? – Nein, lieber will ich mit mir selber kämpfen, und diese Trägheit, diesen Zorn, diesen Haß, mit allen meinen Kräften, zu unterdrücken suchen! Wenn ihr dann überwunden habt, wenn es euch gelungen ist, eine böse Begierde zu unterdrücken, o so werdet ihr sehen, was für
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eine göttliche Beruhigung ihr in euch empfinden, und wie heiter und zufrieden ihr mit euch selbst seyn werdet, weil ihr Gottes Ebenbild in euch unbefleckt bewahret habt.
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Von der Sprache. Eines der vorzüglichsten Geschenke, die wir von Gott erhalten haben, Kinder, ist die Sprache. Wenn ihr etwas begehret, und wißt eur Verlangen nur mit Worten auszudrücken, so versteht man euch, und kann aus dem, was ihr sagt, oft schon auf euren ganzen Zustand schließen, so bald nehmlich eure Worte demienigen, der sie hört, nicht fremde sind. Darum ist es eine schöne Einrichtung Gottes in der Welt, daß dieienigen Menschen, welche in einem Lande zusammen wohnen, auch größtentheils einerlei Sprache reden, weil sie mehr miteinander umgehen, und sich oft ihre Gedanken durch Worte zu verstehen geben müssen. Dieienigen, welche viele hundert Meilen weit von uns entfernet sind, mögen immer eine andre Sprache haben; das schadet uns nichts; denn wie selten fügt es sich, daß wir einmal mit ihnen zusammen kommen. Ein kleines Kind hat noch keine Worte, wodurch es sein Verlangen ausdrücken, oder seinen Schmerz beschreiben kann: es muß daher die meiste Zeit seine Zuflucht zum Weinen nehmen, und doch kann man ihm nicht immer zu Hülfe kommen, weil man sein Verlangen, oder seinen Schmerz erst errathen muß, und oft denselben noch vermehrt, indem man ihn lindern will. Nun stellt euch einmal vor, daß ihr, von Kindheit auf, niemals reden gelernet hättet, und es euch also gänzlich an der Sprache mangelte. Denkt, daß einer unter euch krank läge und einen Trunk Wasser begehrte. Selbst kann er sich nichts holen, weil er zu schwach ist. Er will also iemanden, der neben ihm steht, darum bitten, weiß aber kein Wort um das Wasser zu benennen, und noch viel weniger eins, um das Herholen desselben, oder seinen Durst anzuzeigen. Er will den Finger
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zum Munde führen, um durch Zeichen sein Verlangen an den Tag zu legen, aber schon ist er so matt, daß er seine Hand nicht mehr aufheben kann. Wenn nun der neben ihm stehende nicht etwa errathen sollte, was dem Kranken fehlet, so ist dieser in Gefahr, vor Durst umzukommen, blos weil es ihm an der Sprache mangelt. Könnte er sagen: mich dürstet! oder, hole mir doch einen Trunk Wasser! so wäre all’ seinem Leiden auf einmal abgeholfen. Seht, was habe ich in diesen wenigen Augenblicken, schon vor mancherlei Vorstellungen in euch erregt? Während dieser kurzen Zeit habt ihr euch einen kranken Menschen, seinen Durst, seinen Mangel an der Sprache, und seine Gefahr ums Leben zu kommen, beinahe so lebhaft vorgestellt, als wenn ihr dis alles selbst mit angesehen hättet. Nun seyd ihr ia in diesem Augenblick nicht durstig, und doch könnt ihr euch den Durst gedenken; eben so, wie ihr euch den kranken Menschen vorstellen konntet, ob ihr ihn gleich nicht wirklich mit euren Augen liegen sahet. Wie hätte ich euch aber wohl das Beispiel von dem durstigen Menschen begreiflich machen sollen, wenn ich keine Worte dazu gehabt hätte? Vielleicht durch Gebehrden? – Aber durch was für Minen oder Gebehrden hätte ich euch wohl das Krankseyn, den Durst, den Mangel der Sprache, und die Gefahr des Sterbens, bei einem andern, erklären sollen? Würde es nicht immer geschienen ha-ben, als ob dies alles von mir selber gelten sollte? Vielleicht durch ein Gemählde? – Allein sind denn nicht wieder Worte nöthig, um das Gemählde zu erklären? Wer kann wohl den Durst, den Mangel der Sprache, die Gefahr des Sterbens, und überhaupt das ganze Beispiel von dem kranken Menschen, so deutlich abmahlen, wie man es in kurzer Zeit, und mit wenigen Worten erzählen kann? Wenn wir durch Gemählde miteinander reden wollten, so müßten wir zu ieder Erzählung immer erst, wer weiß wie viele, Gemählde brauchen, und dann würden wir uns doch oft einander nicht recht verstehen, weil in einem Gemählde kein Leben und keine Bewegung ist.
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Ein kleiner Knabe kletterte auf einen Baum, um sich ein Vogelnest herunter zu holen. Er hielt sich an einem Aste: aber der Ast brach entzwei, der Knabe fiel von dem Baume herunter, und brach ein Bein. Hätte ich euch dieses blos durch Gemählde deutlich machen wollen, so hätte ich den Knaben erstlich abmahlen müssen, wie er auf den Baum klettert, nachher noch ein-mal, wie er oben ist, und den Ast ergreift, alsdann wieder ein andres Gemählde, wo er herunter fällt, und dann noch ein andres, wo er unten liegt und sich vergebens aufzustehen bemühet, weil er das Bein gebrochen hat. Und doch wäre in der ganzen Erzählung noch kein Leben, weil alle diese Gemählde, zusammengenommen, doch noch keine Bewegung anzeigen können. Da seht ihr, was für einen großen Vorzug die Sprache vor dem Gemählde hat. Wenn ich euch eine Sache mit Worten erzähle, so ist es fast, als ob ihr sie selber mit ansehet. In Gedanken seht ihr ietzt den Knaben auf den Baum hinaufklettern, hört alsdann den Ast entzwei brechen, an dem er sich fest hielt, und seht nun, wie er plötzlich herunterfällt und sich das Bein bricht: dabei denkt ihr euch auch vielleicht schon seine Schmerzen, die er empfinden muß, und die Reue über seine Thorheit und Unvorsichtigkeit, ihr stellt euch die Leute vor, die ihm aufhelfen, und ihn zu seinen Eltern nach Hause bringen. Das alles denkt ihr euch beinahe so lebhaft, daß ihr es selbst zu sehen glaubt, und mit euren Augen seht ihr doch wirklich nichts davon. Denn wir sind ia hier im Zimmer, wo ihr allerlei, ganz andre Dinge um euch her erblickt. Wodurch entstanden denn aber alle diese lebhaften Bilder in eurer Seele? Durch wenige Worte, die ihr eben ietzt von mir gehört habt. Seht, das ist die wunderbare Kraft der Sprache: sie kann uns Dinge als gegenwärtig darstellen, die doch wirklich nicht gegenwärtig sind. Was ihr in eurem Leben nicht gesehen habt, davon kann man euch demohngeachtet durch Worte einen Begriff machen. Aber, werdet ihr vielleicht sagen, ein Gemählde stellt mir doch die Sachen weit deutlicher vor, als ein Wort. Das Wort Baum sieht doch gar nicht aus wie ein Baum, da hingegen ein Bild vom Baume mit demselben weit mehrere Aehnlichkeit hat?
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Nun bedenkt aber auch, daß ihr, auf einem Bilde, den Baum gemeiniglich weit kleiner seht, als wie er wirklich ist. Auf einem Kupfer sieht er sogar nicht einmal grün, sondern schwarz aus, und dann ist sowohl auf Kupfern als Gemählden alles flach, und das Erhabne der Figuren muß man sich erst dabei vorstellen. Wenn ich euch aber das Wort B a u m sage, so entsteht auf einmal ein Baum in euren Ge-danken, so groß und schön wie er wirklich ist, mit seinem Stamm, mit seinen Zweigen und allen seinen grünen Blättern; wenn ihr das Wort K n a b e hört, so stellt ihr ihn euch ebenfalls so groß vor, wie er wirklich ist, und er steht auf einmal ganz in euren Gedanken da; und wenn ich euch nun das Wort h i n a u f k l e t t e r n sage, so daß es sich auf den Knaben und auf den Baum bezieht; so klettert auch, in euren Gedanken, der Knabe wirklich auf den Baum hinauf: da steht also in eurer Seele ein Gemählde, worinn alles lebt und sich bewegt, und welches deutlicher und schöner ist, als iedes andre Bild, das ich euch zeigen könnte. Hiebei will ich euch vorläufig auf den Unterschied der Wörter aufmerksam machen. Was für Wörter sind es wohl, die erst Leben in das Gemählde bringen? – So lange ihr euch noch K n a b e , B a u m , Vo g e l n e s t , A s t und B e i n , allein denkt, so lange steht alles noch stille, und die einzelnen Bilder sind noch zerstückt und abgesondert. Wenn ihr euch aber nun k l e t t e r n , h o l e n , e n t z w e i b r e c h e n , h e r u n t e r f a l l e n , und alsdann noch die Wörter, a u f und v o n , wo es nöthig ist, hinzudenkt, so geräth auf einmal alles in Bewegung, die Bilder fügen sich zusammen und in dem ganzen Gemählde ist Leben. Die Wörter, bei denen noch alles stille steht, heißen N e n n w ö r t e r : dieienigen, welche Leben und Bewegung hinein bringen, nennt man Z e i t w ö r t e r , weil zu einer ieden Bewegung, und zu einem ieden Zustand einer Sache, Zeit erfordert wird. Die Wörter, welche die Nennwörter mit den Zeitwörtern verbinden, als a u f , und v o n , nennt man Vo r w ö r t e r . Diese letztern sind gleichsam der Kit, welcher die erstern zusammenfügt. Wenn man sie auslassen wollte, so würde oft das ganze Bild auseinander fallen. Wenn man z. B. sagen wollte: Ein Knabe kletterte Baum, anstatt a u f einen Baum, oder, er fiel Baum,
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anstatt v o n dem Baume, so hätte man nichts zusammenhängendes gesagt. Wenn ihr auf einem Instrumente eine und eben dieselbe Saite berührt, so entsteht auch immer eben derselbe Ton, berührt ihr wieder eine andre, so entsteht auch ein andrer Ton. Eben so ist es mit euren Gedanken, diese liegen schon in der Seele, so wie der Ton in den Saiten liegt. Durch die Worte aber müssen sie erst wieder hervorgelockt werden. Nun denkt ihr auch bei dem Worte B a u m immer einen ordentlichen Baum, und bei dem Worte K n a b e , stellt ihr euch beständig einen Knaben vor. Der Ton liegt schon in den Saiten, aber sie müssen erst berührt werden, wenn man ihn hören soll. Die Bilder von B a u m und K n a b e liegen zwar schon in eurer Seele, aber durch die Wörter B a u m und K n a b e müssen sie erst wieder erweckt werden. Nun habt ihr aber vielleicht in eurem Leben noch keinen Knaben vom Baum herunter fallen und das Bein brechen sehen. Wie ist es denn wohl möglich, daß ihr euch etwas vorstellen könnt, was ihr noch nie gesehen habt? Die Bilder vom Baume, vom Knaben, vom Beine, vom Herunterfallen und vom Entzweibrechen, lagen schon in eurer Seele. Einzeln erinnert ihr euch wohl, alle diese Dinge gesehen zu haben, aber nur noch nicht in diesem Zusammenhange, worinn ihr sie nun betrachtet. Vielleicht habt ihr sonst wohl einmal das Herunterfallen von einem Baume auf einen Apfel, aber noch nicht auf einen Knaben, bezogen; und das Entzweibrechen vielleicht auf eine Ruthe, aber noch nicht auf ein Bein. Wenn ihr auf dem Klaviere ein neues Stück spielen lernt, so greift ihr dazu immer eben dieselben Töne, die ihr schon zu so manchen andern Stücken gebraucht habt, aber ihr setzt sie nur beständig wieder auf andre Art zusammen. So ist es auch mit allem, was man sagt, und mit ieder neuen Erzählung, man nimmt immer ebendieselben Worte dazu, die man schon zu tausend andern Dingen gebraucht hat, auch bedienet man sich der Vorstellungen, welche einmal schon in der Seele liegen, aber man setzt sie ebenfalls immer wieder auf andre Art
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zusammen. Eben so, wie man zu den Wörtern, die man schreibt, beständig wieder dieselben Buchstaben nimmt, mit denen schon so viele tausend andre Wörter geschrieben sind, blos das ihre Zusammensetzung verschieden ist. Ihr seht also, die einzelnen Bilder selbst müssen schon in der Seele liegen, und werden nur durch das Wort gleichsam, wie die Töne aus einem Instrumente, hervorgelockt. Bei einem Blindgebohrnen kann also das Wort B a u m niemals das wahre Bild von demselben hervorbringen, weil es noch nicht in seiner Seele liegt. Durch das Gefühl kann er wohl wissen, daß der Stamm des Baumes rund und nicht eckigt ist, eben dadurch kann er auch wissen, daß ein Blatt dünne und länglicht rund ist, und durch das Gehör kann er wohl auch eine Vorstellung von dem Rauschen der Blätter im Winde haben; aber weil er den ganzen Baum nicht umfassen kann, so hat er auch keine Vorstellung von seiner eigentlichen Gestalt und Größe, eben so wenig kann er sich an den Blättern, die grüne, an den Blühten, die weiße, und an dem Stamme, die schwarze oder graue Farbe, denken, er mag das Wort B a u m so oft hören, wie er will. Da seht ihr also wieder, daß ein Wort kein neues Bild in die Seele hineinschaffen, sondern dasienige nur wieder hervorrufen kann, was schon darinn liegt. Wenn aber ein Bild noch nicht in der Seele gewesen ist, so kann ich es oft aus andern zusammensetzen, die schon darinn liegen. Ihr habt z. B. noch keinen Löwen gesehen. Wenn ich ihn euch durch Worte beschreiben will, so muß ich nun lauter solche Vorstellungen zu Hülfe nehmen, welche schon in eurer Seele sind. Ich sage nehmlich: der Löwe ist acht bis neun Schuh lang, und vier bis fünf Schuh hoch: überdem beträgt die Länge seines Schwanzes allein noch vier Schuh. Er hat einen großen Kopf, ein plattes, viereckigtes Gesicht; über Kopf, Kinn, Hals und Schultern, ist er mit einem langen, lockigten Haar geziert; seine Beine sind dick, die Füße kurz, u. s. w. Ohne Sprache würdet ihr nicht gut etwas im Gedächtniß behalten können. Wer in einem dicken unwegsamen Gehölze wäre, und den Weg, den er ginge, wieder finden wollte, müßte sich einen Merkstab nach dem andern hinstellen, wornach er sich richten könnte, wenn er
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wieder umkehrte. Solche Merkstäbe sind die Worte. So bald wir etwas sehen, oder hören, befestigen wir uns einen Merkstab in der Seele, und wenn wir uns nun dessen, was wir gehört oder gesehen haben, wieder erinnern wollen, so dürfen wir uns nur nach diesen Merkstäben richten. Wenn wir das nicht thäten, so würden wir mit unsrer Erinnerung nicht gerade auf die Dinge fallen, die wir uns wieder erinnern wollen, sondern würden bald zur rechten, bald zur linken abweichen, und niemals auf den rechten Fleck treffen.
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(Der Beschluß folgt im nächsten Stück.) 213
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(Beschluß des Vorigen.) Es gab, vor alten Zeiten, ein Gebäude welches man das Labyrinth nannte; in diesem waren so viele krumme Gänge durcheinander, daß sich niemand wieder herausfinden konnte, als wer am Eingange einen Faden befestigte, den er, so wie er weiter hineingieng, beständig von einem Knäuel abwickelte, und so wie er zurückgehen wollte, ihn wieder aufwickelte. Der Faden, welcher uns aus dem Labyrinthe unsrer Vorstellungen den Weg zeigt, ist die Sprache. Ihr sehet hier eine Wand, einen Tisch, eine Bank, ein Fenster, und wißt alles sehr gut von einander zu unterscheiden. Ihr wißt, wo das Fenster aufhört und wo die Wand angeht. Hättet ihr keine Worte, so würden alle diese Gegenstände gleichsam ineinander fließen, aber das Wort schreibt dem Bilde seine Grenzen vor, und giebt ihm seine Gestalt. Wenn ihr ietzt hinausgeht, so steht das Bild von der Stube eben so lebhaft in eurer Seele, als ob ihr noch darinn wäret; das macht es hat, durch die Worte, Festigkeit erhalten, hättet ihr diese nicht gehabt, so würde alles nur vor eurer Seele schwanken. Woher kömmt es aber, daß die Worte unsern Vorstellungen eine solche Festigkeit geben? Ganz gewiß durch die öftere Wiederholung. Das Wort kömmt der Sache, und die Sache dem Worte zu Hülfe. Wie oft habt ihr nun nicht schon einen Tisch gesehen, und so oft ihr ihn sehet, denkt ihr auch allemal das Wort T i s c h dabei. Wie oft habt ihr schon das Wort Tisch gehöret? und so oft ihr es höret, denkt ihr auch
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allemal dabei einen wirklichen Tisch. So geht es mit allen Wörtern. Und diese öftere Wiederholung macht es eben, daß nun die Bilder so fest in eurer Seele werden. So lange, wie ihr noch nicht sprechen konntet, werdet ihr euch auch wenig oder nichts von dem, was ihr gesehen oder gehört habt, erinnern können. Das macht, ihr konntet damals noch nichts unterscheiden, alle Bilder flossen noch in eurer Seele gleichsam in eins zusammen. Ihr konntet die Sonne nicht von dem Himmel unterscheiden, an dem sie glänzte, und das Licht nicht von dem Tische auf dem es stand. Die Vorstellung von den Tönen floß mit der Vor-stellung von den Farben zusammen. Da war es also fast so gut, als ob ihr gar nichts gesehen oder gehört hättet. Als ihr aber sprechen lerntet, da wurde es Licht in eurer Seele. Als ihr zuerst die süßen Namen, Va t e r und M u t t e r , stammeltet, da konntet ihr schon eure Wohlthäter, sowohl von der todten, leblosen Wand, als von den übrigen Menschen, unterscheiden. So oft ihr eure M u t t e r sahet, dachtet ihr euch den Namen M u t t e r , und so oft ihr diesen Namen hörtet, dachtet ihr euch wieder ihr Antlitz, ohne sie selbst zu sehen. Nun war schon ein festes Bild in eurer Seele, ihm folgten bald mehrere, und so entstand zuletzt das wunderbare Gewebe eurer Gedanken, welches nun, durch die Zeit, so fest in einander gewürkt ist, daß nicht leicht ein Faden daraus verlohren gehen kann. Gott wußte es wohl, wie nöthig dem Menschen die Sprache sey, darum hat er dieselbe gleichsam schon in die Schöpfung mit eingewebt. Er legte nehmlich einen solchen Unterschied in die Dinge, welche sich dem Menschen darstellten, daß gleichsam das Wort aus seiner Seele herausgepreßt werden mußte, womit er diesen Unterschied be-zeichnen sollte. Daher heißt es: Gott s c h e i d e t e das Licht von der Finsterniß, und n a n n t e das Licht Tag, und die Finsterniß Nacht. Die Veste n a n n t e er Himmel. Die Sammlung der Wasser n a n n t e er Meer, und das Trockne Erde. Seht, so sorgte Gott für den ersten Menschen, daß er ihm gleichsam schon die Sprache in den Mund legte.
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Wenn wir die Sprache, die wir ietzt reden, erst hätten erfinden sollen, wie lange Zeit würde darüber verflossen seyn, eh wir sie zu der Vollkommenheit gebracht hätten, worinn wir sie nun besitzen? Bei unsern Lebzeiten wäre das gewiß nicht geschehen. Ja unsre späten Nachkommen würden es vielleicht noch nicht dahin gebracht haben. Wie vielen Dank seyd ihr also Gott dafür schuldig, daß er diese Sprache von euren Eltern auf euch forterben ließ, und daß ihr nun so leicht, und fast ohne es selbst zu wissen, reden und denken lernet! 217
Von den Eigenschaften Gottes. Bei einem Spatziergange in der Aehrenzeit.
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Als ich vom Ebenbilde Gottes mit euch sprach, hab’ ich euch schon gesagt, Kinder, daß wir die göttlichen Eigenschaften aus unsrer eignen Seele am besten entwickeln könnten, wenn wir dieselbe von ihren Flecken immer mehr und mehr zu reinigen suchten. Seht, wir sind ietzt auf einer weiten Ebne. Nun blickt einmal rund um euch her! Scheint es euch nicht, als ob zuletzt der Himmel an allen Seiten auf der Erde ruhte? Und doch ist dies nur eine bloße Täuschung eurer Sinne. Der Himmel ist da noch nicht zu Ende, wo er sich vor eurem Blick verliert; aber eu’r Auge ist nur zu schwach, mehr davon zu fassen, als den Theil desselben, den ihr ietzt betrachten könnt. Eben so mag Gott auch wohl, weit mehrere Eigenschaften besitzen, als dieienigen, welche wir uns von ihm vorstellen können, aber unser Verstand ist vielleicht zu schwach, sich von denselben einen Begriff zu machen. Darum wollen wir dem Winke Gottes folgen, den er uns selbst gegeben hat, und unsern Blick nur auf dieienigen Eigenschaften einschränken, die wir aus seinem Bilde, in uns, entwickeln können. Gott ist unsichtbar, wie eure Seele, und wie eure Gedanken. So wie aber die Seele des Menschen sich durch den Körper offenbaret, und ihre Gedanken sich durch die Sprache mittheilen, so offenbaret sich Gott durch die Natur und theilet uns durch dieselbe seine Gedanken mit.
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Kinder! tretet hin, in die freie, offne Natur, und lernet auf die Stimme Gottes merken! Seine sanfte Stimme schallt im Glanz der anbrechenden Morgenröthe, sie ruft uns zu, und spricht: ich bin dein liebender Vater, o Mensch, erwache zu einem neuen Tage! erwache gestärkt zu den Geschäften, die dich, am Abend, mit Freude und Vergnügen belohnen werden! sey frölich in deiner Arbeit und im Genuß deines Daseyns! Seine sanfte Stimme schallt, am Abend, wenn wir uns niederlegen, um von des Tages Mühe auszuruhen und neue Kräfte auf den folgenden zu sammlen, sie ruft uns zu und spricht: ich bin dein liebender Vater, o Mensch, schlummre sanft und genieße der erquickenden Ruhe, damit du morgen zu einem heitern Tage frölich wieder erwachen kannst! Seine sanfte Stimme schallt, im Frühlinge, wenn die Bäume Knospen und Blätter gewinnen, und die ganze Erde sich veriüngt; sie ruft uns zu, und spricht: ich bin dein liebender Vater, o Mensch, freue dich mit der erwachenden Natur, genieße der sanften Frühlingsluft, die dich umweht, und wandle auf dem grünen Teppich, womit die Erde bekleidet ist! Seine sanfte Stimme schallt, im Sommer, wenn die Saaten reifen, und der Landmann sich auf seine Erndte freuet, sie ruft uns zu, und spricht: ich bin dein liebender Vater, o Mensch, freue dich über den Seegen des Feldes, ergötze dich an den Früchten deiner Arbeit, und hoffe auf den künftigen Genuß, der dir alle deine Mühe reichlich belohnen wird! Seine sanfte Stimme schallt, im Herbst, wenn der Landmann seine Garben in die Scheuren sammlet; sie ruft uns zu, und spricht: ich bin dein liebender Vater, o Mensch! genieße nun in Ruhe den Lohn deiner Arbeit, den Ueberfluß des Jahres, und freue dich, daß du dir einen Vorrath auf die Zukunft gesammlet hast! Seine sanfte Stimme schallt, im Winter, wenn Frost und Schnee die Erde deckt, und die ganze Natur wie erstorben scheint; sie ruft uns zu, und spricht: ich bin dein liebender Vater, o Mensch, traure nicht über den Tod der Natur, denn sie wird herrlich wieder erwachen! Siehe, ich
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habe die Erde mit einem weißen Gewande bekleidet, worunter ihre Kräfte, und alle ihre zarten Keime schlummern, um in erneuerter und veriüngter Schönheit wieder empor zu blühen! Seine sanfte Stimme schallt, wenn wohlthätige Donner in den Lüften rollen, die die Erd’ erschüttern und sie fruchtbar machen, und wenn sein Abendregen auf die Fluren säuselt; sie ruft uns zu, und spricht: ich bin dein liebender Vater, o Mensch, zittre nicht vor meinem Donner, denn siehe, ich zürne nicht auf mein Geschöpf; aber freue dich über den Regen, der auf deine Felder träuft, und das durstige Erdreich tränkt, daß Bäum’ und Pflanzen sich erquicken! Seine sanfte Stimme schallt, wenn Gesundheit in unsern Gliedern strebt, und unser Blut in frohen Kreisen durch unsre Adern treibt; sie ruft uns zu, und spricht: ich bin dein liebender Vater, o Mensch, freue dich deines Daseyns, aber nutze es auch, sey thätig und wirksam, und gebrauche die Kräfte, welche in dir empor streben, damit du dir auch Freuden auf die Zukunft säest! Seine sanfte Stimme schallt, wenn Krankheit uns darnieder beugt, daß die Schönheit der Natur sich um uns her verdunkelt; sie ruft uns zu, und spricht: ich bin dein liebender Vater, o Mensch, dulde nur eine kleine Weile, und siehe, ich will deine Schmerzen wieder lindern, heilenden Balsam will ich in deine Wunden gießen, neues Leben soll durch deine Adern strömen, und die reitzende Natur soll dir wieder in ihrer ganzen Schönheit lächeln! diese Krankheit soll der Keim zu künftiger daurender Gesundheit werden, und dieser Schmerz soll dein Gefühl aufs neue zum Genuß der Freude schärfen! Seine sanfte Stimme schallt, wenn uns die Leiden dieses Lebens drücken, sie ruft uns zu, und spricht: ich bin dein liebender Vater, o Mensch, drum sey getrost, und harre geduldig aus im Leiden, denn siehe, ich habe noch tausend Freuden, in der Zukunft, für dich aufgespart, welche dir ieden Kummer, der dich drücket, dereinst ohne Maaß vergüten werden! Diese Leiden sind der Keim zukünftiger Wonne; und dieser Schatten in deinem Leben soll ienes Licht erhöhen, das dich dereinst in ewiger Klarheit und reinem Glanz umgeben wird!
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Seine sanfte Stimme schallt, aus iener dunklen Mitternacht, ienseit des Grabes; sie ruft uns zu, und spricht: ich bin dein liebender Vater, o Mensch, drum zittre nicht vor der Verwesung, denn siehe, ich leite dich hin durch das dunkle Thal, deinen Staub will ich dereinst aus dem Grabe wieder auferwecken, und mit Ruhm und Herrlichkeit will ich deine Scheitel schmücken! Seht Kinder, indem ich euch eine Eigenschaft Gottes nach der andern entwickeln, in-dem ich euch von seiner Allmacht und Weißheit sagen wollte, so drängte sich meinem Herzen zu allererst der Gedanke an seine Vaterliebe auf, weil diese für uns Menschen, unter allen seinen Eigenschaften, doch die liebenswürdigste ist. – Daß dieser Gott nun auch a l l m ä c h t i g sey, darf ich euch wohl nicht erst sagen? Betrachtet nur diesen Himmel und diese Erde, und denkt euch die M a c h t desienigen, der sie beide geschaffen hat. – Daß er a l l w e i s e sey, kann euch dieser Baum lehren: Seht, wie schön seine Zweige und Blätter geordnet sind, daß keins dem andern im Wege ist, sondern alles frei und ungehindert empor wachsen und blühen kann. Eur eigner Körper kann es euch lehren, wenn ihr das wohlgeordnete Ebenmaaß aller eurer Glieder betrachtet. Diese ganze schöne Natur, um euch her, kann es euch lehren. Seht, Gott wollte eine schöne Welt erschaffen, und wie herrlich hat er seinen Zweck erreicht! Er rief das Licht hervor; er wölbete den Himmel oben, und unten bildete und schmückte er die Erde; er setzte die Sonn’ ans Firmament; er schuf die Fisch’ im Wasser, die Vögel unter dem Himmel, und die Thiere, und alles Gewürme, das auf Erden kreucht, und zuletzt schuf er den Menschen nach seinem Bilde; und wie nun diese schöne Welt, so reitzend wie sie aus seiner bildenden Hand kam, in ihrem iugendlichen Schmucke vor ihm stand, und nichts als Uebereinstimmung und Harmonie in allen ihren Theilen herrschte, da sahe Gott an alles, was er gemacht hatte, und siehe da, es war sehr gut. Kinder! betrachtet die schöne Uebereinstimmung in der Natur, und lernet Weißheit von eurem Schöpfer! Uebereinstimmung müsse in eurem ganzen Leben, und Harmonie in allen euren Handlungen seyn! In allem, was ihr thut, müßt ihr nach einem gewissen Ziele
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streben, und dies Ziel müßt ihr so schnell und leicht, aber auch so gewiß, wie möglich, zu erreichen suchen, so könnt ihr beständig weise handeln. Das Ziel, wornach ihr alle strebt, ist, glücklich und vergnügt zu seyn; wollt ihr es leicht und schnell, aber auch gewiß erreichen, so müßt ihr keinen Umweg nehmen, sondern den geraden Weg der Tugend wandeln, der euch sicher dahin leiten wird. Und wie wandelt ihr den Weg der Tugend? – Wenn ihr euren Eltern und Vorgesetzten gehorcht, wenn ihr Gott und euren Bruder liebt, und beständig fromm und fleißig seyd. Thut das in eurer Jugend, wenn ihr dann einmal im Alter auf eur vergangnes Leben zurück schauet, so werdet ihr euch mit Vergnügen daran erinnern; ihr werdet euch dann freuen, daß alle eure Handlungen so schön zusammen stimmten, und daß ihr das Ziel erreicht habt, wornach ihr strebtet. Darum lernet Weißheit, Kinder! fragt euch oft bei dem, was ihr thut: warum thue ich das? Könnt ihr euch selber antworten: ich thue es, um meinen Eltern und Vorgesetzten zu gehorchen; so fahrt in dem, was ihr angefangen habt, mit allem Eifer fort, denn ihr handelt weise; müßt ihr euch aber antworten: ich weiß selber nicht, warum ich dieses thue, auch haben es mir meine Eltern und Vorgesetzten nicht befohlen! so hört schnell auf, und nehmet lieber etwas anders vor, wovon ihr entweder selber wissen könnt, daß es nicht ohne Nutzen sey, oder wovon euch eure Eltern und Lehrer dieses versichert haben. Gewöhnet euch also nichts ohne Absicht zu thun, und gewöhnet euch auch in Kleinigkeiten allemal die besten und leichtesten Mittel anzuwenden, um eure Absicht zu erreichen. Thut nie-mals zwei Wege nach dem, was ihr auf einem Wege haben könnt, und sucht euch eine iede Sache, so viel, wie möglich, zu erleichtern, doch so, daß die Absicht, warum ihr handelt, nicht darunter leidet. Seht aber ia zu, daß auch immer eure Absicht gut sey! sonst möchte es euch gehen, wie ienem Knaben, welcher mit einem Stocke, der oben einen kleinen Haken hatte, die besten Kirschen, von des Nachbars Baume herunter holte, und als er nachher deswegen bestraft werden sollte, sich damit entschuldigte: daß er ia die besten und leichtesten Mittel angewandt habe, um seinen Endzweck zu erreichen, denn es sey doch lange nicht so gefährlich ge-
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wesen, als wenn er auf den Baum hinaufgeklettert wäre, er habe also weise gehandelt, daß er die Kirschen mit dem Haken herunter geholt habe. Man sagte ihm aber, um weise zu handeln, müsse man nicht nur gute Mittel anwenden, sondern der Endzweck müsse auch gut und rechtmäßig seyn, und weil nun sein Endzweck, die Kirschen von des Nachbars Baume zu holen, offenbar nichts taugte, so kehrte man sich nicht an seine Entschuldigung, sondern er bekam die verdiente Strafe. Dieser Knabe hatte also vielleicht listig, aber gewiß nicht weise gehandelt. Denn wer weise handelt, der handelt auch allemal gut, und hütet sich, daß er niemals, weder sich selber, noch andern, Schaden thut. Wenn ihr nun auf eur Leben zurückschauet, so werdet ihr finden, daß ihr manchmal unweise und thöricht gehandelt habt, und daß euch dis beständig gereuete, weil es immer schlimme Folgen für euch hatte, so wie es bei dem Knaben, welcher die Kirschen stahl, ebenfalls die schlimme Folge seiner Bestrafung nach sich zog. Diese Reue aber, welche ihr über eure unweisen und thörichten Handlungen empfandet, zeigt euch eben, daß ihr anstatt dessen hättet weise handeln k ö n n e n , wenn ihr nur g e w o l l t hättet. Die Anlage zur Weißheit besitzt ihr also, und diese Anlage ist eben Gottes Bild in euch. Sie äußert sich schon bei euren unschuldigen Spielen, wo ihr beständig auf neue Mittel denkt, um eure kleinen Endzwecke zu erreichen; sie äußert sich, so oft ihr ein erlaubtes Vergnügen wünscht, und zeigt euch die besten Mittel, um dasselbe zu erlangen. Ohne diese Anlage zur Weißheit, die wir besitzen, könnten wir uns auch keine Vorstellung von der Weißheit Gottes machen. Ohne die Kraft, die wir haben, e t w a s zu thun, was wir wollen, könnten wir uns auch keinen Begriff von der Allmacht Gottes machen, nach welcher er a l l e s thun kann, was er will. Ohne den Trieb, den wir bei uns empfinden, auch andre, außer uns, glücklich zu sehn, und zu ihrem Glück etwas beizutragen, hätten wir auch keine Vorstellung von der Güte Gottes, die sich über alles erstreckt, was er erschaffen hat. – So denken wir uns die Allmacht, Weißheit und Güte Gottes, und wie muß der Gedanke unser Herz erheben, daß wir die
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Begriffe von allen diesen großen, herrlichen Eigenschaften, aus unsrer eignen Seele entwickeln können! Wenn ihr nun inskünftige spatzieren geht, Kinder, so gewöhnet euch daran, daß ihr euch zuweilen mit den Gedanken an Gott beschäftiget, denn das sind doch einmal unsre erhabensten und edelsten Gedanken. Wenn ihr also den Himmel und die Erde, und die ganze weite Natur um euch her betrachtet, so denkt an Gottes Allmacht: Wenn ihr dann sehet, wie alles so schön zusammenstimmt, und was für eine Ordnung in allen Theilen herrscht, so denkt an seine Weißheit! Und wenn ihr dann die sanfte Luft ein-athmet, die euch umweht, und auf der grünen Wiese, oder durch die reifen Saaten wandelt, und seht, wie alles in der Natur darauf abzielet, um den Menschen vergnügt und glücklich zu machen, o, so denkt an seine Güte und Vaterliebe, erinnert euch aller der unschuldigen Freuden, die ihr, von Kindheit an, genossen habt, und zerfließt in Thränen der Dankbarkeit vor dem Gott, der euch so unendlich liebt! Seht, dies sind dieienigen Eigenschaften Gottes, welche uns am ersten in die Augen leuchten: er besitzt aber noch weit mehrere, welche ich euch, nach und nach, will kennen lehren. Eins will ich euch nur vorläufig, zum Nachdenken, sagen: Gott besitzt a l l e g u t e n Eigenschaften, die wir uns denken können, und vielleicht noch mehrere, die wir uns nicht denken können: und alle diese guten Eigenschaften besitzt er im h ö c h s t e n G r a d e , der nur möglich ist. Für ietzt begnügt euch mit demienigen, was ihr von mir gehört habt, daß sich nehmlich die Weißheit, Macht, und Güte Gottes, allenthalben offenbare; gebt nun einmal selber Acht, auf alles, was ihr in der Natur erblickt und sehet zu, ob es sich wirklich so verhält, wie ich euch gesagt habe!
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Der Uebergang vom Guten zum Bösen. Dis ist das wichtigste, Kinder, was ich euch noch zu sagen habe. Schnell und leicht ist der Uebergang vom Guten zum Bösen, und schwer und langsam ist oft die Wiederkehr. – Auf der Reise durch dis
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Leben, geht die Bahn der Tugend oft über rauhe und unwegsame Hügel hin, neben euch sehet ihr ein blumigtes Thal, das euch verführen will, von dem Wege der Tugend abzuweichen, schnell gleitet ihr von dem Abhange des rauhen Hügels in das Thal hinunter, aber schwer wird es euch werden, ihn wieder hinanzuklimmen. Zehnmal werdet ihr dann vielleicht ausgleiten, eh ihr einmal wieder festen Fuß fassen könnt. Darum vermeidet ia den ersten Schritt zum Bösen, sonst wird es euch gehen, als ob ihr von einer steilen Anhöhe herunter liefet; mit iedem Schritte, den ihr thut, verdoppelt sich eure Schnelligkeit, und das Gewicht eures eignen Körpers zieht euch zuletzt unaufhaltsam hinab, bis ihr endlich nicht mehr stehen bleiben könnt, wenn ihr es gleich gerne woll-tet. So gings dem kleinen A l b e r t : seine Eltern wohnten auf einem Hügel, an dessen Fuß ein tiefer Sumpf war; sie nahmen ihn sehr in Acht, und warneten ihn beständig, daß er ia den Hügel nicht herunterlaufen sollte; endlich aber fügte es sich einmal, daß er allein war, so daß ihn niemand sahe, da fiel ihm der Gedanke ein, seinen Eltern ungehorsam zu seyn, und sich das Vergnügen zu machen, den Hügel nur ein paar Schritte hinunter zu laufen: diesen Gedanken hätte er nun sogleich widerstehen sollen; das that er aber nicht, sondern lief zu, und als er ohngefähr in der Mitte des Abhanges war, wollte er stehen bleiben, konnte aber nicht mehr, sondern mußte nun einmal ganz herunterlaufen, so daß er mit der größten Gewalt in den Sumpf stürzte und ertrank. – Denkt an den unglücklichen A l b e r t , so oft ihr den ersten Schritt zum Bösen thun wollt, und dann zieht schnell euren Fuß, wie von glühenden Kohlen zurück, eh es noch zu spät ist! – Insbesondre aber sucht euch, ietzt in eurer Jugend, gute Gedanken zu sammlen, damit ihr dieselben gleich bei der Hand habt, wenn es nöthig ist. Von den guten Gedan-ken, Kinder, hängt sehr vieles ab. Fragt euch einmal selber, wie war euch zu Muthe, so oft ihr etwas Böses thun wolltet? Wenn ihr z. B. einmal im Begriff waret, eure Lehrstunden oder eure vorgeschriebne Arbeit zu versäumen, und auf die Art euren Eltern und Vorgesetzten ungehorsam zu seyn, oder sie wohl gar zu hintergehen; riefen euch da nicht erst die guten Gedan-
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ken zu: thu’ es nicht? Der Gedanke an eure Schuldigkeit, der Gedanke an euer eignes Beste, und vielleicht auch der Gedanke an Gott, suchten euch zurück zu ziehen: aber woher kam es, daß ihr diesen guten Gedanken nicht folgtet? Daher, weil die bösen Gedanken über die guten die Oberhand behielten. Der Gedanke an die Süßigkeit des unerlaubten Vergnügens, und der Gedanke, euch vielleicht durch Bitten oder durch List, von der verdienten Strafe zu befreien, waren so stark, daß sie alle übrigen guten Gedanken in eurer Seele überwiegen konnten. Nun werdet ihr mir vielleicht einwerfen: was konnten wir dafür, daß die bösen Gedanken in uns stärker waren, als die guten? Ich antworte euch aber: ihr konntet wohl dafür, weil ihr auf der bösen Gedanken ihre Seite tratet, und ihnen eben dadurch das Uebergewicht über die guten gabt! Vielleicht werft ihr mir wieder ein: die bösen Gedanken zogen uns mit Gewalt auf ihre Seite! Dies gebe ich euch zu, so bald ihr ihnen zu lange nachhinget; dann geht es euch, wie dem unglücklichen A l b e r t , der auch durch das Gewicht seines eignen Körpers, gleichsam in den Sumpf hineingezogen wurde, weil er einmal angefangen hatte zu laufen, und sich nun, mitten im Lauf, nicht mehr halten konnte: aber eh’ er anfing, stand es doch noch bei ihm, ob er laufen wollte, oder nicht. Gesetzt also, es entstände die Begierde in euch, wider den Willen eurer Eltern oder Vorgesetzten auszugehen; so mag das Wetter noch so schön, und das Vergnügen, das ihr euch versprecht, noch so groß seyn, wenn ihr nur den Gedanken an dasselbe nicht zu lange nachhängt, so könnt ihr doch noch immer der Begierde widerstehen und zu Hause bleiben. Aber, werdet ihr wieder sagen, warum macht denn das schöne Wetter, und der Gedanke an das unerlaubte Vergnügen einen so starken Eindruck auf uns, und warum ist das Böse immer so reizend, daß eine Begierde darnach in uns entstehen muß? – Wenn das Böse im Anfange nicht so reizend wäre, so würdet ihr freilich auch keine Begierde darnach haben: aber dann wäre ia die Ausübung des Guten auch gar nichts besonders. Wollte man euch dann das Gute zurechnen, so wäre es eben so, als ob man einen lahmen
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Menschen deswegen loben wollte, daß er, den ganzen Tag über, hübsch stille säße, und nicht so wild, wie andre, herumspränge, oder als ob man einem Stummen ein Verdienst daraus machen wollte, daß er nicht Böses redete. Der Kampf mit den bösen Begierden ist eben Ausübung der Tugend. Stellt euch also einmal vor, das Wetter wäre noch so schön, und die Begierde, zum Ausgehen, bei euch noch so stark, und bedenkt nun, was ihr thun würdet. Wenn ihr einmal in diesen Fall kommen solltet, wenn euch das Böse immer reitzender und angenehmer, und das Gute hingegen, immer trauriger und abschreckender, und zuletzt wohl gar lächerlich vorkommen sollte, – o so denkt, daß dis nun eben die Stunde der Versuchung sey, wo alle das Gute, was ihr ie gehört und gelernet habt, an eurem Herzen seine Kraft beweisen soll; und wenn ihr dann in euch ginget, und das Böse noch dann unterließet, da ihr vielleicht schon im Begriff waret, es zu thun, und zurück zu euren Eltern liefet, und ihnen mit Thränen sagtet, daß ihr schon im Begriff gewesen wäret, wider ihren Willen auszugehen, ihr wäret aber wieder umgekehrt, und kämet nun zu ihnen, um ihre Vergebung zu erhalten; wenn ich das sähe, wie würd’ ich euch dann Glück wünschen, daß ihr einen Sieg über euch selbst davon getragen hättet. O Kinder: fangt ietzt schon an, mit euch selbst zu kämpfen! früher oder später müßt ihr es doch einmal thun, und ihr werdet euch viele Arbeit dadurch erleichtern, wenn ihr es ietzt schon thut. Um nun aber in diesem Kampfe zu bestehen, müßt ihr ia die guten Gedanken bewahren, welche in euch erweckt werden, und müßt insbesondre fleißiger an Gott denken; so könnt ihr immer wissen, ob ihr noch auf gutem Wege seyd: denn so lange euch der Gedanke von Gott nicht zuwider wird, so lange ihr an diesen Gedanken noch Vergnügen findet, könnt ihr auch gewiß glauben, daß es noch gut um euch stehe; so bald ihr aber merkt, daß ihr ungern an Gott denkt, daß euch dieser Gedanke erst zuwider, und endlich wohl gar lächerlich wird – o dann zittert ia vor euch selber! Dann seyd ihr auf dem Wege in einem schrecklichen Abgrund zu stürzen, woraus euch vielleicht keine menschliche Hülfe wieder retten kann: wenn ihr dann noch schnell
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euren Fuß zurückzieht, und wieder umkehret, so könnt ihr euch freuen, daß ihr einer entsetzlichen Gefahr noch glücklich entronnen seyd; thut ihr dis aber nicht, so lag die Schuld an euch, und Engel werden über euch weinen, daß ihr euch muthwilligerweise, in eur eignes Verderben stürztet. Sucht ferner mit dem Gedanken, daß ihr immer frömmer und tugendhafter werden wollt, alle Morgen aufzuwachen, und alle Abend damit einzuschlafen; damit dieser Gedanke: i c h w i l l e i n g u t e r u n d f r o m m e r M e n s c h w e r d e n , gleichsam der Hauptgedanke in eurer Seele werde, der über alle andern herrsche. Freilich werden sich oft andre Gedanken gegen ihn auflehnen, aber er wird sie sogleich unterdrücken, und sie gar nicht gegen sich aufkommen lassen. Diesen Hauptgedanken müßt ihr aber besonders des Morgens und Abends im Gebete, immer wieder erneuern, damit er ia seine Herrschaft über die andern nicht verliere, sonst werdet ihr wieder ein Spiel aller übrigen Gedanken, die in eurer Seele aufsteigen, und die euch alsdann, wie ein schwankendes Rohr, hin und her treiben werden. Wenn aber der Gedanke: ich will ein guter und frommer Mensch werden, einmal fest und unbeweglich in eurer Seele steht, und es fiele euch dann ein, ihr wolltet euch ein unerlaubtes Vergnügen machen, ihr wolltet euch der Trägheit überlassen, oder ihr wolltet euren Bruder beleidigen oder euch an ihm rächen; so wird auf einmal der herrschende Gedanke in eurer Seele erwachen, und ihr werdet zu euch selber sagen: i c h w i l l i a e i n g u t e r u n d f r o m m e r M e n s c h w e r d e n , wie kann ich denn iene Dinge thun, die meinem Vorsatze geradezu widersprechen? – Dann werden die bösen Gedanken wieder aus eurer Seele schwinden, wie iene trüben Wolken am Himmel verschwunden sind, nachdem die Sonne sie zertheilt hat. Ein ieder Mensch hat gemeiniglich so einen Hauptgedanken, welcher über alle andern beständig die Herrschaft führt. Dieser kann nun zuweilen gut, zuweilen böse seyn. Bei dem Geizigen z. B. ist der Gedanke der herrschende: i c h m u ß , a u f a l l e m ö g l i c h e We i s e , meine irrdischen Schätze vermehren, wenn ich froh u n d g l ü c k l i c h s e y n w i l l . Dieser Gedanke wird nun immer
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mächtiger, und zuletzt unterdrückt er ieden guten Gedanken, der sich noch gegen ihn auflehnen will. Es fällt nemlich dem Geitzigen wohl einmal ein, einem armen Menschen etwas zu geben, schnell aber erwacht der herrschende Gedanke in seiner Seele, und er sagt zu sich selber: w e n n i c h g l ü c k l i c h s e y n w i l l , s o m u ß i c h i a m e i n e i r r d i s c h e n S c h ä t z e v e r m e h r e n , wie kann ich denn etwas thun, was dieser Absicht ganz zuwider wäre; wenn ich erst anfangen will zu geben, so werde ich es nie zu etwas in der Welt bringen! – so unterdrückt dieser Gedanke iede gute Bewegung, iedes mitleidige Gefühl in seiner Seele. Es ist zwar recht gut, Kinder, wenn ein König über ein ganzes Volk regieret und dasselbe in Ordnung hält, wenn aber dieser König ein Tyrann oder ein Bösewicht wäre, wie unglücklich würden denn die Menschen seyn, über die er herrschte! – Darum bedenkt euch ia wohl, Kinder, welchem Gedanken ihr in eurer Seele die Oberherrschaft geben wollt; wem ihr sie einmal gegeben habt, dem könnt ihr sie nachher nicht so leicht wieder nehmen. – Der Gedanke: i c h w i l l m e i n e i r d i s c h e n S c h ä t z e z u v e r m e h r e n s u c h e n ! war eigentlich an sich nicht böse, so bald er nur gehörig wäre eingeschränkt worden, aber dadurch wurde er eben böse, daß er die Oberherrschaft in der Seele bekam. Ein ieder Gedanke in der Seele des Menschen ist gut, wenn er nur an seinem gehörigen Platze steht, so bald man ihn aber diesen vertauschen läßt, richtet er Schaden und Unheil an. Bei einigen Menschen ist der Gedanke der herrschende: i c h w i l l m i c h b e s t ä n d i g , u n d a u f a l l e m ö g l i c h e We i s e , z u v e r g n ü g e n s u c h e n ! wäre nun bei diesem Gedanken die Einschränkung: s o l a n g e i c h d a b e i m e i n e P f l i c h t b e o b a c h t e n , u n d e i n g u t e r M e n s c h b l e i b e n k a n n ; so wäre es recht gut: aber eben deswegen, weil dieser Gedanke unumschränkt herrschen, und gar keine Einschränkung leiden will, so wird er böse, und richtet in der Seele des Menschen, der ihn hegt, das größte Verderben an. Wenn ein solcher des Morgens erwacht, so erwacht zu-gleich mit ihm der herrschende Gedanke: was werde ich mir heute für Vergnügungen machen? Hieran denkt er eher, als an Gott, und eher als an seine
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Pflicht. Darum gebt einmal Acht auf euch selbst, welcher Gedanke euch wohl des Morgens, beim Erwachen, immer am ersten einfällt? denn dieser pflegt gemeiniglich der herrschende zu seyn: ob ihr zuerst an das denkt, was ihr den Tag über zu thun oder zu lernen habt, und dann erst an das Vergnügen, daß ihr etwa genießen wollt, oder ob es umgekehrt ist, so daß ihr erst an das Vergnügen und dann an die Arbeit denkt? Am besten ist es, wenn ihr immer, beim Erwachen, zuerst an Gott, dann an eure Arbeit, und zuletzt erst an eur Vergnügen denkt. Wenn Ordnung in euren Gedanken herrscht, Kinder, so wird auch Ordnung und Uebereinstimmung in allen euren Handlungen seyn. Eure Gedanken sind der Quell, woraus alle eure Handlungen, wie ein klarer Bach entspringen werden, so bald der Quell rein ist; ist aber dieser getrübt, so kann auch der Bach, der aus ihm entspringt, unmöglich klar seyn. – Indem ich ietzt zu euch rede, kann ich weiter nichts thun, als gute Gedanken in euch erwecken; ich weiß aber, wenn ich dies gethan habe, daß aus diesen guten Gedanken, auch gewiß dereinst gute Handlungen entspringen werden. Ich suche ietzt den Quell zu säubern, suche alle dasienige wegzuschaffen, was ihn trübe machen könnte, und wenn mir das gelingt, so weiß ich, daß der Bach, der daraus entspringt, sich hell und klar ergießen, und sich nach und nach mit mehrern Bächen vereinigen wird, bis er zuletzt vielleicht zu einem Strome anwächst, der ein dürres Erdreich bewässert und es fruchtbar macht, daß Menschen und Thiere Nahrung darauf finden. Wenn ich ietzt so den Quell eurer Gedanken säubre, so entspringen daraus vielleicht tausend schöne Handlungen, wie ein klarer Bach; dieser vereinigt sich dann mit eben so vielen schönen Handlungen andrer guten Menschen, bis sie zuletzt, gleich einem Strome, anwachsen, und noch den wohlthätigsten Einfluß auf die Zukunft haben, den Gott nur allein voraussehen kann. Darum schätzt ia die kleinste gute Handlung nicht gering, denn aus dem kleinsten Bache, kann ein großer Strom werden! Haltet aber auch die kleinste böse Handlung nicht für unwichtig, denn aus dem kleinsten Funken kann eine große Feuersbrunst entstehen! Hauptsächlich aber widersetzt euch ia nicht meiner Bemühung, ietzt gute Gedanken in eurer Seele
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zu erwecken, und insbesondre einen guten Gedanken in euch zum herrschenden zu machen, damit ihr nicht den unrechten dazu wählet, wie derienige that, von dem ich euch vorher sagte, welcher mit dem Gedanken an das Vergnügen aufwachen und einschlafen mußte, weil er ihm einmal die Oberherrschaft gegeben hatte. Wenn nun, den Tag über, der gute Gedanke, e i n n o t h w e n d i g e s G e s c h ä f t z u u n t e r n e h m e n , in seiner Seele aufstieg, so wurde derselbe gleich wieder von dem herrschenden Gedanken an das Vergnügen unterdrückt, und konnte nie zu Kräften kommen. Gerne hätte iener Mensch den herrschenden Gedanken in seiner Seele gleichsam seiner Macht und Würde wieder entsetzt, aber es war ihm beinahe unmöglich, weil sich derselbe einmal schon zu fest eingewurzelt, und sich einen gar zu großen Anhang von andern Gedanken gemacht hatte, welche alle hätten mit aufgeopfert werden müssen, so bald der herrschende Gedanke seine Macht verlieren sollte. Kinder, laßt also den Gedanken a n d a s Ve r g n ü g e n ia nicht den herrschenden in eu-rer Seele werden, eben so wenig wie den Gedanken, v i e l z u b e s i t z e n , denn beide würden euch unglücklich machen, so bald sie die Oberherrschaft erhielten. Der erste würde euch zu unnützen und unthätigen, und der andre zu ungerechten und grausamen Menschen machen. Bei einigen Menschen ist der Gedanke wieder der herrschende: wenn ich froh und glücklich seyn will, so muß ich mich, so viel wie möglich, über andere Menschen zu e r h e b e n s u c h e n . Das ist alle Morgen der erste Gedanke mit dem sie erwachen, und den ganzen Tag über darf sich kein andrer Gedanke gegen diesen auflehnen. Wenn es ihnen etwa einfällt, sich ein unschuldiges Vergnügen zu machen, so denken sie gleich wieder: wie werde ich mich iemals über andre erheben können, wenn ich nicht beständig darnach arbeite und strebe? Indem ich dies Vergnügen genießen will, komme ich schon zu weit von meinem Ziele ab! So denkt der Ehrsüchtige, er hat keine Ruhe auf Erden, sein ganzes Leben verfließt zwischen beständiger Angst, Hoffnung, Quaal und Besorgniß; er lebt nur immer in der Zukunft, und genießt die gegenwärtige Zeit gar nicht; und was noch schlimmer ist, als dies alles, so beneidet
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er einen ieden, der sich über ihn erhebt, und sucht dieienigen oft zu unterdrücken, über welche er sich erheben will. I c h w i l l i n d e r We l t e t w a s Vo r z ü g l i c h e s t h u n ! i c h w i l l m i c h v o r a n d e r n a u s z e i c h n e n ! – Der Gedanke war ebenfalls an sich gut, aber nur mit der Einschränkung: s o l a n g e i c h d a b e i m e i n G e w i s sen nicht verletze, und ein guter Mensch bleiben kann, weil aber der Gedanke an den Ruhm keine Einschränkung leiden, sondern unumschränkt herrschen wollte, so richtet er eben so viel Unheil in dem Menschen an, als der Gedanke an den Reichthum, und der Gedanke an das Vergnügen, so bald sie in der Seele herrschend wurden. Welchem Gedanken wollt ihr nun die Oberherrschaft geben? Einen müßt ihr dazu erwählen, und ietzt steht die Wahl noch bei euch. Die drei Gedanken: i c h w i l l r e i c h s e y n ! i c h w i l l v e r g n ü g t s e y n ! i c h w i l l g e e h r t s e y n ! sind recht gut zu Unterthanen, aber nicht zu Regenten, weil sie sich als solche gar zu leicht ihrer Macht überheben, und oft in der Seele die größte Tyrannei ausüben: aber es giebt noch einen Gedanken, Kinder, der heißt: i c h w i l l g u t s e y n ! o wählet diesen zum Oberherrn, wenn ihr iemals glücklich werden wollt, denn ihm gebühret allein das Regiment über alle übrigen Gedanken in eurer Seele. Was heißt denn das: ich will gut seyn? – Das heißt: ich will mich immer das zu thun bestreben, wovon ich gewiß überzeugt bin, daß es recht ist; ich will keinen Menschen vorsetzlich beleidigen, will Gott über alles lieben, und meinen Nächsten als mich selbst! Wenn ihr das thut, so könnt ihr vielleicht Reichthum, irdisches Vergnügen, und Ehre dabei besitzen, ohne daß ihr diese Dinge ängstlich gesucht habt; aber wenn ihr sie auch entbehren solltet, so werdet ihr euch leicht darüber beruhigen, weil ihr, wegen eurer guten Gesinnung, mit euch selber zufrieden seyd. Da ihr euch also doch einmal unter die Herrschaft irgend eines Gedanken begeben müßt, so begebt euch doch unter die Herrschaft desienigen, der euch am sanftesten regieren und eu’r wahres Beste befördern wird, indeß die übrigen euch nur ein eingebildetes Glück versprechen, und euch demohngeachtet beständig im ärgsten Zwange halten würden, so daß ihr ihnen auf ieden Wink gehorchen müßtet.
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Es scheinet ordentlich, als ob der Gedanke: i c h w i l l g u t s e y n ! an sich selber schon zur Oberherrschaft bestimmt wäre: denn sobald wie er das Regiment führet, herrscht in der Seele die schönste Ordnung und Harmonie unter allen übrigen Gedanken, weil er sie gehörig einschränkt, und einem ieden seine Grenzen anweist, welche er nicht überschreiten darf. Der Gedanke: i c h w i l l m i c h b e s t r e b e n , e i n g u t e r M e n s c h z u s e y n ! müsse also von nun an der herrschende Gedanke in eurer Seele werden. Aber wie wird er das? werdet ihr mich fragen. Dadurch, wenn ihr anfangt, ihn bei ieder Gelegenheit, in Ausübung zu bringen. In diesem Augenblick könnt ihr ihn in Ausübung bringen, wenn ihr euch vornehmt, von nun an fleißiger, frömmer, ordentlicher und gehorsamer zu seyn; dies alles begreift der Gedanke, g u t s e y n , in sich. Wenn ihr dann diesen Vorsatz, bei der ersten Gelegenheit, wirklich ins Werk richtet, und wenn ihr dann sehet, daß das G u t e , als Fleiß, Ordnung und Gehorsam, euch glücklicher und zufriedner macht, als Nachläßigkeit, Unordnung, und Ungehorsam, so wird der Gedanke, i c h w i l l g u t s e y n , immer mehr Stärke und Festigkeit in eurer Seele erhalten, ie öfter er gute Handlungen hervorbringt, eben so wie der Arm immer mehr Stärke und Festigkeit erhält, ie öfter er zu schweren Arbeiten gebraucht wird. Nach und nach werdet ihr mit diesem Gedanken immer vertrauter werden; und wenn ihr erst sehet, wie vortheilhaft es für euch ist, fleißig, gehorsam und ordentlich, oder mit einem Worte, g u t zu seyn, so wird zuletzt eine starke Begierde bei euch entstehen, noch immer b e s s e r zu werden, eben so wie bei manchen Menschen die Begierde entsteht, noch immer r e i c h e r oder noch immer a n g e s e h e n e r zu werden. G u t s e y n , das heißt: redlich das zu thun, was man schuldig ist, und Gott und seinen Nächsten zu lieben; ist also mehr werth als R e i c h s e y n , mehr als G e e h r t s e y n , und mehr als i r r d i s c h v e r g n ü g t s e y n . Denn wenn einer noch so reich, noch so geehrt, und noch so vergnügt ist, dabei aber kein guter Mensch wäre, seine Pflicht nicht redlich beobachtete, und Gott und seinen Nächsten nicht liebte, würdet ihr einen solchen Menschen wohl hoch achten, würde Gott
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ihn wohl lieben können? Und würdet ihr euch also wohl an seinen Platz wünschen? Ganz gewiß nicht! Denn was würde es euch helfen, wenn ihr in der Welt noch so reich, noch so angesehen, und dabei vielleicht, unbarmherzige und böse Menschen würdet; wolltet ihr wohl gegen alle Güter der Er-de, diese innere Güte des Herzens, diese Unschuld der Seele, vertauschen, welche Gottes Ebenbild in euch ist? – Die Güter der Erde sind bald verschwunden, aber Gottes Ebenbild in euch wird ewig dauern, wenn ihr es unbefleckt zu bewahren, und die Flecken, die es dennoch zuweilen verunstalten, sogleich durch Thränen der Reue, wieder abzuwaschen sucht. Ihr könnt nun leicht auf den Wunsch meines Herzens schließen. Ich mißgönne es euch nicht, daß ihr einmal reich und berühmt, oder dasienige werdet, was man gemeiniglich in der Welt g l ü c k l i c h nennt, aber der innigste Wunsch meines Herzens ist, daß ihr r e c h t s c h a f f n e und g u t e Menschen werdet, dann bekümmert mich alles übrige wenig, denn ich weiß, daß ihr in diesem Falle, es mag euch auch gehen, wie es wolle, dennoch glücklich und zufrieden seyn werdet. Zum Beschluß will ich euch noch zwei gute Lehren geben: We n n i h r i m B e g r i f f s e y d , o d e r s c h o n a n g e f a n g e n habt, etwas Böses zu thun, so denkt niemals, daß es zu spät ist, noch immer wieder zurück zu ziehen! We n n d e r F a d e n e u r e r g u t e n H a n d l u n g e n e u r e s F l e i ßes, Gehorsams, u. s. w., zehnmal reißen sollte, so verliert die Geduld nicht, ihn zehnmal wieder anzuknüpfen! Zuletzt wird er immer stärker und fester werden, ie länger er gesponnen wird.
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Des Magisters und Conrectors Carl Philip Moritz Anrede an die Versammlung.
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Verehrungswürdige Väter dieser Anstalt. 5
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Ich bitte um Nachsicht und Verzeihung, daß ich, wegen einer mir plötzlich zugestoßenen Unpäßlichkeit, nur wenige Worte von dem sagen kann, was ich mir zu sagen vorgenommen hatte, und die paar Augenblicke, welche mir zu reden vergönnet sind, vorzüglich dazu nutze, mich mit meinen gewesenen und künftigen Schülern zu unterhalten, an die ich mich jetzt wenden will. Ihr, meine g e l i e b t e S c h ü l e r, die ich bisher unterrichtet habe, diese Verbindung höret heute auf. Mit welchen Gesinnungen ich Euch verlasse, wißet Ihr. Ich wünsche Euch Glück zu Euren neuen Lehrern, die Eure Liebe und Euer ganzes Zutrauen verdienen. Schenket es ihnen in vollem Maße, so wie Ihr es mir geschenket habt, und vergesset mich nicht! Was ich Ihnen, w e r t h g e s c h ä t z t e G y m n a s i a s t e n, die ich größtentheils in verschiedenen Stunden unterrichtet habe, zu sagen hätte, will ich in dem Wunsch zusammendrängen, daß Sie gute, glückliche und ruhige Menschen werden, und niemals Ihre Wünsche über die Gränzen Ihres Schicksals hinaus erstre-cken mögen. Auch Ihnen wünsche ich zu Ihren neuen vortreflichen Lehrern Glück. Euch, g e l i e b t e c ö l n i s c h e n S c h ü l e r ! die ich künftig unterrichten werde, will ich es jetzt nicht mit Worten sagen, sondern künftig durch die That zu beweisen suchen, daß ich es gut mit Euch meyne, und Euer Bestes zu befördern wünsche. Schenket mir Eure Liebe und Euer Zutrauen, und Ihr sollet an mir nicht nur einen Lehrer, sondern auch einen Freund finden.
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T h e u r e s t e H e r r e n K o l l e g e n ! mit denen jetzt meine nähere Verbindung aufhöret, unsre Freundschaft bleibt demohngeachtet dieselbe, und wir werden uns noch oft bey unsern Zusammenkünften, wo nicht über ganz gemeinschaftliche, doch über ähnliche Beschäftigungen, auf eine nützliche Weise unterreden. In Ansehung Ihrer aber, w e r t h g e s c h ä t z t e r H e r r P r o f e s s o r G e d i c k e , wird mir dieser Wunsch nicht gewährt. Sie, mein brüderlicher Freund, scheiden ganz von uns. Die Wehmuth hemmet meine Worte. Wo sind unsre Entwürfe, unsre täuschende Aussichten? Leben Sie wohl, und bleiben Sie meiner innigsten Theilnehmung fest versichert, wenn Sie weit, weit glücklicher sind, wie ich! Ich wende mich jetzt an Sie, t h e u r e s t e K o l l e g e n ! mit denen ich mich nun zu einem gemeinschaftlichen Endzweck verknüpfe. Ich bitte Sie nicht mehr um Ihre Freundschaft, weil ich derselben schon im voraus versichert bin. Und da wir insbesondere, m e i n t h e u e r s t e r H e r r K o l l e g e S c h m i d t ! völlig gleiche Pflichten haben, so lassen Sie uns jetzt im Angesicht der Väter dieser Anstalt, und im Angesicht unsrer Schüler, unser geschlossenes Bündniß erneuern, daß wir Hand in Hand nach einem Ziele streben, und mit vereinigten gemeinschaftlichen Kräften, zum Besten der uns anvertrauten Schüler unermüdet arbeiten wollen. Wenn wir diesen edlen Zweck nie aus den Augen verlieren, so bin ich fest überzeugt, daß unsre Freundschaft von Dauer seyn wird. Noch ist es meine Pflicht, einem H o c h e d l e n M a g i s t r a t , d e n H o c h w ü r d i g e n E p h o r e n , und Ihnen H o c h w ü r d i g e r H e r r D i r e k t o r dieser Anstalten, meinen aufrichtigen Dank abzustatten, daß durch Sie meine Lage zu meiner großen Zufriedenheit verbessert ist. Ich bitte Gott, daß er meine Gesundheit wieder herstelle, damit ich in dem mir mit meinem Herrn Kollegen S c h m i d t gemeinschaftlich anvertrauten Amte, durch unermüdeten Eifer und Treue, diese Dankbarkeit, welche ich jetzt nur durch Worte ausgedrückt habe, thätig zeigen kann.
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Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik welche auch zum Theil für Lehrer und Denker geschrieben ist.
Herausgegeben von Carl Philipp Moritz Professor am Berlinischen Gymnasium.
Mit sieben Kupfertafeln von Dan. Chodowiecky.
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Berlin, bei August Mylius 1786.
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Vorrede. Ich habe mich der sieben Kupfertafeln zu diesem Buche, welche nicht eigentlich zu diesem Endzwecke verfertiget sind, nur bedient, weil sie zufälliger Weise auch zu meiner Idee paßten. Uebrigens ist diese kleine praktische Kinderlogik mir unter den Händen das geworden, was sie eigentlich nicht werden sollte, aber doch bei dem natürlichen Gange des Denkens werden mußte – indem ich bei der Ausarbeitung nothwendig auf Ideen stieß, die ich in diesem Zusammenhange zu verfolgen mich nicht erwehren konnte. Der letzte Theil dieser praktischen Kinderlogik ist daher keine Kinderlogik mehr – Dieser letzte Theil mag aber nun als ein Leitfaden für den Lehrer, der etwa von diesem Buche für Kinder Gebrauch machen will, betrachtet werden, oder auch für sich selbst seines Inhalts wegen, die P r ü f u n g d e r D e n k e r verdienen, so wird die Ausarbeitung desselben, hoff ich, auch in diesem Zusammenhange nicht ohne Nutzen seyn.
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Fritz war ein u n o r d e n t l i c h e r Knabe. Wenn er sich des Abends auszog, so warf er den einen Schuh unter’m Ofen, den andern setzte er unter’s Bette. Das eine Strumpfband steckte in der Rocktasche, und das andere hing unter’m Spiegel. Rock und Weste lagen oben und der Hut lag unten. Nun hatte Fritz überdem noch die böse Gewohnheit, nicht früh aufzustehen. Wenn also die Sonne ins Fenster schien, und um acht Uhr zur Schule geläutet wurde, so mußte es Hals über Kopf mit dem Anzuge gehen; und nun war es ein trauriger Anblick, wie der arme Fritz mit dem einen Schuh und Strumpf am Fuße in der Stube herumhüpfte, und den andern suchte; wie er sich den einen Strumpf mit einem Bindfaden aufbinden mußte, weil er das Strumpfband, das in der Rocktasche steckte, nicht finden konnte; wie der Hut, von alle dem Zeuge, was die Nacht darauf gelegen hatte, zerdrückt war, und sich gar nicht wieder ins Geschicke bringen ließ. Und da es nun vollends an das Büchersuchen ging, so steckte die lateinische Grammatik in einem Stiefel, das Schreibebuch lag zu den Füßen im Bette, die Schreibfedern lagen auf dem Feuerheerde, und das Dintefaß stand zwischen dem weißgewaschnen leinenen Zeuge – Die Federn waren halb verbrannt, das Dintefaß war umgefallen, und die weiße Wäsche beschmutzt; das Schreibebuch war in einen Klumpen mit den Füßen zusammengetreten, und die lateinische Grammatik wurde gar nicht gefunden, sondern blieb so lange im Stiefel stecken, bis Fritz einmal einen anziehen wollte, und mit dem Fuß nicht hinein kommen konnte. Verwildert und mißvergnügt ging dann Fritz zur Schule, wo er gemeiniglich zu spät kam. Die Mutter schalt, der Vater drohte, aber alles half nichts. Es ging so einen Tag und alle Tage. Da nun Fritzens Eltern fast alle Hoffnung aufgaben, daß sie selbst je im Stande seyn würden, ihn wieder zur Ordnung zu gewöhnen, und auch leider! wegen vieler andern Geschäfte nicht Zeit genug hatten, sich so viel als nöthig war, mit der Erziehung ihres Sohnes zu beschäftigen, so sahen sie sich nach einem Mann um, dem sie das wich-
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tige Geschäft der Erziehung ihres einzigen Sohnes auftragen könnten, und sie waren so glücklich einen solchen zu finden, der alle ihre Wünsche und Erwartung übertraf. Die vorzüglichste Bitte der Eltern an ihn war gleich im Anfange: er möchte doch ihren Sohn, wo möglich, zur Ordnung zu gewöhnen suchen – weil nun Fritz auch erst vierzehn Jahr alt war, so sagte Stahlmann, (dis war der Nahme des jungen Mannes) habe er noch alle Hoffnung, einen ordentlichen Knaben aus ihm zu ziehen. Und nun fing Stahlmann auch von Stund an seine Lektionen mit Fritzen damit an, daß er ihn bey jeder Gelegenheit z u s a m m e n legen und zusammenstellen ließ, was zusammen gehörte, und von einander absondern ließ, was nicht zusammen gehörte. Die Früchte davon zeigten sich bald. Fritz stand mit mehr Vergnügen auf, kam zur rechter Zeit zur Schule, und betrug sich den ganzen Tag über vernünftiger und besser, so daß sich auch seine Eltern selbst über die schnelle Verwandlung wunderten, und seinen Lehrer Stahlmann fragten, wie das doch zuginge. Stahlmann gab zur Antwort, daß ganze Geheimniß bestehe darinn, daß er Fritzen bey jeder Gelegenheit lehre, zusammenzulegen und zusammenzustellen was zusammen gehöre, und von einander abzusondern was nicht zusammen gehöre. Durch die beständige Uebung gewöhnte sich Fritz dermaßen zu diesem Gedanken, daß es ihm am Ende so geläufig wurde, das zusammengehörige zusammenzustellen und zu legen, daß er gar nicht einmal mehr daran dachte, es thun zu wollen, wenn er’s that. Wenn er sich des Abends ausgezogen hatte, lagen Knieschnallen, Strümpfe und Strumpfbänder zusammen, die Schuh mit den Schuhschnallen standen unter’m Stuhle; kurz die Kleidungsstücke hatten sich gleichsam von selbst, indem er sie mit Bedacht hinlegte, so geordnet, wie sie auf und neben einander liegen mußten, um mit der leichtesten Mühe stückweise so wieder angezogen werden zu können. Und wenn nun Fritz am Morgen aufstand, so war er fertig, ehe man sichs versahe; der Vater drohte, die Mutter schalt, nicht mehr. Fritz
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stand von selber früher auf, wie sonst, weil er sich nicht mehr vor der Beschwerde des Anziehens fürchtete. Er kam zur rechten Zeit zur Schule. Denn die lateinische Grammatik steckte nicht mehr im Stiefel, daß Schreibebuch lag nicht mehr im Bette, und die Federn nicht mehr auf dem Heerde; sondern Grammatik, Federn und Schreibebuch, hatten, als zusammengehörige Sachen, ihren Platz in Fritzens kleinem Schreibepulte, wo sie auch hingehörten. Stahlmann mochte nun mit Fritzen gehen und stehen, wo er wollte: so hatte er immer Gelegenheit genug, ihn bemerken zu lassen, was von den verschiedenen Gegenständen die er vor sich sahe, zusammengehörte, und was nicht zusammengehörte. Wenn sie im Felde spatzieren gingen, so suchten sie allerlei Kräuter und Pflanzen, die sie mit sich zu Hause nahmen, und diejenigen, die sich ähnlich waren, aus dem verwirrten Haufen heraussuchten, und zusammenlegten, bis endlich alles seinen angewiesenen Platz erhalten hatte. Fritzens Eltern wollten ihn zur Belohnung seines nunmehrigen guten Betragens ein Naturalienkabinet kaufen, Stahlmann aber verbat es, und suchte es vielmehr so zu veranstalten, daß Fritz sich selbst allmälig ein Naturalienkabinett anlegen mußte, um auch auf die Art zu lernen, das z u s a m m e n g e h ö r i g e z u s a m m e n z u l e g e n , und das Ve r w i r r t e z u o r d n e n . Um nun aber seine Aufmerksamkeit auf alle Weise zu reizen, und ihm die große Wissenschaft des E i n t h e i l e n s u n d O r d n e n s , die er ihn lehrte, noch angenehmer zu machen, schafte Stahlmann sieben Kupfertafeln an, wovon jede wieder eine Anzahl kleiner Kupfertafeln enthielt, die fast nichts mit einander gemein hatten, als daß sie auf einer Platte abgedruckt waren. Diese kleine Kupfertafeln stellten allerlei ganz von einander verschiedene Gegenstände dar, die man nun ohngeachtet ihrer großen Verschiedenheit hier dicht neben einander erblickte. Ob nun gleich diese Kupfertafeln zu einem andern Behuf verfertigt waren, so glaubte Stahlmann doch, sie könnten auch dazu dienen,
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seinen Zögling die große Kunst des E i n t h e i l e n s und O r d n e n s , des Ve r g l e i c h e n s und U n t e r s c h e i d e n s , worauf die ganze Glückseligkeit des v e r n ü n f t i g e n Menschen beruhet, dadurch auf eine angenehme und spielende Art zu lehren. Dieß that er nun folgendermaßen: Er nahm die erste Kupferplatte vor, auf welcher zufälliger Weise der E s e l zu dem bunten Schauspiele den Anfang macht, dann folgen: ein l e s e n d e r K n a b e ; ein s c h r e i b e n d e r M a n n ; ein p f l ü g e n d e r B a u e r ; ein H u n d und ein F i s c h e r . Der Esel steht auf dem E r d b o d e n ; der Knabe ließt in einem B u c h e an einen B a u m s t a m m gelehnt; der Mann schreibt an einem T i s c h , die F e d e r in der Hand; der Bauer treibt den P f l u g mit der einen Hand und in der andern hält er die P e i t s c h e , der Hund steht an einem S t r a u c h ; der Fischer senkt das N e t z in den Te i c h . Hier ist also untereinander gemischt: Lebendes und Lebloses Esel Erdboden Knabe Buch, Baumstamm Mann Feder, Tisch, Stuhl. Bauer Pflug, Peitsche. Hund Strauch Fischer Netz.
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Das Lebende setzt das Leblose in Bewegung, oder: Das L e b e n d e – w i r k t – auf das L e b l o s e . Der Esel – tritt – auf den Erdboden. Der Knabe – lehnt sich – an den Baumstamm. und – hält in der Hand – das Buch. Der Mann – sitzt – auf dem Stuhle am Tische. und – schreibt – auf das Papier mit der Feder. Der Bauer – treibt – mit der Hand den Pflug. und – hält mit der andern – die Peitsche. Der Hund – steht – am Strauch. Der Fischer – senkt – das Netz in den Teich.
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Das Lebende tritt auf das Leblose, es lehnt sich daran, es steht daran, es hält es, es treibt es, es senkt es nieder, und hebt es wieder empor. Der Bauer wirkt auf die Pferde und treibt sie, die Pferde wirken auf den Pflug, und ziehen ihn, der Pflug wirkt auf die Erde, und zerschneidet sie. Die Hand des Mannes wirkt auf die Feder und führet sie, die Feder wirkt auf das Papier und bemahlt es mit Buchstaben. Die Hand des Fischers senkt das Netz ein, und das Netz faßt die Fische auf – So pflanzt sich die Wirkung von dem Lebenden auf das Leblose und von diesem wieder auf das Lebende fort. Fritz wird also zuerst einen großen Strich machen müssen zwischen
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Alles was er noch bis jetzt in der Welt gesehen hat, und künftig sehen wird, muß er unter eine von diesen Benennungen bringen – Er kann also die Welt füglich eintheilen, in die l e b e n d e und l e b l o s e We l t – Nun wirkt zwar der Pflug auch in die Erde, und die Feder auf das Papier, ob sie gleich leblose Dinge sind – Allein der e r s t e A n s t o ß mußte doch erst durch ein lebendes Wesen geschehen. Und wiederum welch ein Unterschied ist dazwischen: Das Pferd setzt den Pflug in Bewegung, und der Bauer setzt das Pferd in Bewegung? Das Pferd geht vorwärts und zieht den Pflug, weil es von der Peitsche getrieben wird. Den Bauer aber treibt nichts vorwärts, was noch hinter ihn wäre; ihn treiben bloß seine Gedanken, die in ihm sind – Die Erde muß durch den Pflug erst aufgeschnitten werden, wenn sie den Saamen, der in sie gestreuet wird, aufnehmen und Früchte tragen soll. »Schnitte ich jetzt die Erde nicht auf, so würde sie mir keine Früchte tragen, und ich würde dereinst meinen Hunger nicht stillen können.«
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Das ist der i n n r e G e d a n k e , der den Bauer treibt, daß er mühsam mit der einen Hand den Pflug in die Erde drückt, indem er mit der Peitsche in der andern die Pferde vorwärts treibt – so weit denkt er in die Z u k u n f t , indes die Pferde bloß den g e g e n w ä r t i g e n Zwang fühlen, und den g e g e n w ä r t i g e n Schmerz fürchten, den sie von der Peitsche erdulden müßten, wenn sie nicht vorwärts gingen. Es giebt also in der lebenden Welt wider einen großen Unterschied zwischen v e r n ü n f t i g und u n v e r n ü n f t i g
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M e n s c h und T h i e r Der Bauer wirkt auf die Pferde als ein lebendes und vernünftiges Wesen die Pferde auf den Pflug, als lebende, aber unvernünftige Wesen; der Pflug in die Erde, als ein unvernünftiges und zugleich lebloses Wesen. Der Bauer wird durch den Gedanken an das Zukünftige das Pferd durch die Furcht vor Schlägen, der Pflug aber durch keines von beiden, sondern bloß von außen her angetrieben. Und nun also, welch ein neuer großer Unterschied in der l e b e n d e n We l t
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zwischen Menschenwelt lesender Knabe schreibender Mann pflügender Bauer Fischer 14
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Thierwelt Esel Pferd Hund Fisch.
In der Thierwelt bleibt alles immer so, wie es einmal von der Natur eingerichtet ist; die Bienen haben seit Jahrtausenden ihre Cellen, die Schwalben ihre Nester gebaut, und bauen sie noch immer fort, ohne in ihrer Kunst zurück oder vorwärts gekommen zu seyn.
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Wie aber verändert sich alles in der Menschenwelt? Der Mensch läßt die Natur nicht, wie sie ist, sondern schaft sie sich nach seinem Belieben um – Die Thiere lassen den Wald wie er ist, und legen sich dankbar in seinen Schatten; die Menschen zwingen den Wald mit der Axt ihnen zugleich Wohnung und Wärme zu geben, indem sie von den abgehauenen Baumstämmen Häuser bauen, die sie mit andern Baumstämmen wieder erwärmen. Das Thier begnügt sich mit seinem Körper, und mit den Gliedmaßen, die ihm zu seinen nothwendigen Gebrauch gegeben sind – der Mensch sucht durch mancherlei von ihn selbst erfundene Werkzeuge seine Gliedmaßen zu verlängern oder zu vervielfältigen, und auf die Weise seinem Körper gleichsam etwas zuzusetzen, indem er die Natur an seinem eignen Körper nachahmt. Sein Arm mit der hohlen Hand gnügt ihm nicht zum Schöpfen, er ahmt ihn also durch den L ö f f e l nach, womit er nun bequemer die Speisen zum Munde führt – Durch den eisernen Hammer ahmt er die Stärke seines Arms mit der geballten Faust nach; durch das spitzige Eisen die Schärfe seiner Nägel, und durch die Säge die Schärfe seiner Zähne. Durch den S t u h l bildet er seine im Sitzen gebogenen Knie, durch den T i s c h die Erhöhung seines Schoßes, wovon er zuerst Speise genoß, und durch die B e k l e i d u n g die Haut seines Körpers nach, die ihn nicht hinlänglich vor der Witterung schützte. Die Vollkommenheit der Natur gnügte also dem Menschen nicht; er wollte sie noch vollkommener machen, und gleichsam eine neue Schöpfung in der Schöpfung wieder hervorbringen. Das ist ihm denn auch gelungen, und daraus ist nun eine Menge von Dingen in der Welt entstanden, welche die Natur für sich nie würde hervorgebracht haben, als Häuser, Uhren, Mühlen, Statüen, Gemählde, u. s. w. Alle diese Dinge, sagt man, hat nicht die Natur, sondern der Fleiß des Menschen oder die K u n s t hervorgebracht. Fritz mußte also aufs neue einen großen Strich machen: zwischen
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N a t u r und K u n s t denn alles, was er vor sich sieht, wird er immer unter eines von diesen beiden Benennungen bringen können – Alles dasjenige was die Kunst als ein Werk hervorbringt, ist eigentlich l e b l o ß – denn das Lebende hervorzubringen hat sich die Natur selbst vorbehalten – Es wäre also aufs neue zu unterscheiden in der
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l e b l o s e n We l t zwischen Naturwelt Erdboden Baumstamm Strauch
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Kunstwelt Buch Pflug Peitsche Netz Tisch Stuhl Feder.
Die Kunst hat hier so eingegriffen, daß der Natur fast nichts übrig geblieben ist – denn selbst der A c k e r ist auch ein Werk der Kunst, oder des menschlichen Fleißes, weil die Natur von selbst keinen Acker hervorbringt, und so auch der Teich, welcher von Menschenhänden gegraben wird. Die ganze Bekleidung des Knaben, des schreibenden Mannes, des Bauers und des Fischers muß zur Kunstwelt gerechnet werden, so auch die Riemen und das Sattelzeug der Pferde. Nur auf der kleinen Kupferplatte, wo der Esel, und auf der, wo der Hund steht, sieht man die bloße Natur; auf den vier übrigen erblickt man allenthalben Natur mit Kunst vermischt. Will man nun die Naturwelt für sich allein betrachten, so muß man die lebende Welt, und den Menschen selbst, als ein bloßes Thier betrachtet, wieder dazu rechnen; und denn zerfällt sie, in die
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lebende Naturwelt Der Mensch und alle Thiere
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leblose Naturwelt Pflanzen, Metalle und Steine. Und will man die Kunstwelt wieder für sich allein betrachten, so muß man den Menschen, als Künstler, wieder mit dazu rechnen, alsdenn zerfällt sie ebenfalls in die lebende Kunstwelt und leblose Kunstwelt dazu gehören dazu gehört Alles dasjenige, was diese Alle Künstler und HandwerMenschen durch die ker oder Menschen die irKunst hervorgebracht hagend eine Wissenschaft durch Uebung erlernet haben. ben. Freilich werden sogar auch Thiere in die Kunstwelt herüber gezogen, indem der Mensch sie zu seinem besonderen Gebrauch abrichtet; und in so fern gehören denn auch diese mit zur lebenden Kunstwelt. Wir haben also erstlich eine große Grenzlinie gezogen: zwischen D e m L e b e n d e n und L e b l o s e n zweitens zwischen D e m Ve r n ü n f t i g e n und U n v e r n ü n f t i g e n
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Mensch und Thier. drittens zwischen N a t u r und K u n s t viertens zwischen l e b e n d e r N a t u r und l e b l o s e r N a t u r
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l e b e n d e r K u n s t und l e b l o s e r K u n s t Bey dem lesenden Knaben, schreibenden Mann, pflügenden Bauer,
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und das Netz einsenkenden Fischer sehe ich die Kunst in der Ausübung oder im L e b e n – Das Buch, die Feder, der Pflug, und das Netz sind bloße todte Werkzeuge, deren sich die lebende Kunst bedient; sie gehören also zu der leblosen, jene hingegen zu der lebenden oder thätigen Kunstwelt – Der Esel, der Hund und das Pferd gehören zu der lebenden, der Baumstamm und der Strauch aber zu der leblosen Naturwelt – Allein die vor dem Pflug gespannten Pferde sind schon gewissermaßen in die Kunstwelt mit hinübergezogen worden, so wie der gepflügte Erdboden. Man schlage aber den Pflug, und den Tisch und Stuhl in Stücken, so bleibt nichts, als Stein und Eisen übrig, und was vorher zur Kunstwelt gehörte, gehört nun wieder zur leblosen Naturwelt. Man sieht also daß die ganze Kunst nur in der Z u s a m m e n s e t z u n g besteht; denn sobald man das Zusammengesetzte wieder auseinander nimmt, so ist die bloße Natur wieder da. Man sieht ferner, daß die Kunstwelt gegen die Naturwelt, im Grunde nur sehr klein und unbedeutend seyn muß, weil sie doch bloß Menschenwerk, und der Mensch eigentlich selbst nur ein Werk der Natur ist. Was ist ein kleines Schiff gegen das große Weltmeer, was ein kleines Haus oder gar eine Stadt gegen viele Meilen lange Wälder und Wüsten. Aber eben weil die Kunstwelt nun einmal des Menschen Werk ist, so lebt und webt er darinn vom Morgen bis an den Abend, und sie liegt ihm oft mehr am Herzen, als die große schöne Natur, die er nicht gemacht hat. Und welch ein Unterschied und eine Stufenfolge findet wieder unter den Künsten selber statt? Fischen – lesen Pflügen – schreiben. Das Netz ins Wasser senken um Fische zu fangen – Die Augen aufs Buch heften, um Gedanken zu fassen.
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Den Pflug in die Erde drücken, um Furchen zu ziehen; die Feder in die Dinte einzutunken, und sie denn stärker oder schwächer aufs Papier zu drücken, um durch Töne Gedanken zu mahlen. Welche auffallende Verschiedenheit von Beschäftigungen denkender und handelnder Wesen! Der Körper bedarf Speise, um fortzudauren; darum sind Pflug und Netz. Die Seele bedarf Gedanken – darum sind Buch und Feder – Sie will ihre Gedanken mittheilen durch s c h r e i b e n , und durch das L e s e n neue Gedanken sammlen. Das giebt eine neue Grenzlinie in der Kunstwelt zwischen solchen Künsten die mehr für den G e i s t , und solche, die mehr für den K ö r p e r erfunden sind. Für den Geist Für den Körper lesen pflügen schreiben fischen mahlen backen zeichnen brauen rechnen schmieden dichten kochen, u. s. w.
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Jetzt wird es schon leichter fallen, die Gegenstände auf der folgenden Kupfertafel unter ihre Klassen zu ordnen.
Die zweite Kupfertafel 25
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enthält folgende Gegenstände: Ein Mädchen, die strickt; eine Rose; eine Katze, die auf einem Küssen schläft; eine Frau in einem Lehnsessel, die in einem Buche ließt; und unten sind verschiedene krumme Linien angebracht, welche eine Abbildung der verschiedenen Bewegungen seyn sollen, die man beim Tanze macht. Nur die Rose ist hier allein der Natur ganz getreu geblieben, in das Uebrige hat sich alles schon die Kunst mit eingemischt.
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Das Mädchen sitzt auf einem Stuhl und strickt – Eine sehr lobenswerthe Erfindung des menschlichen Fleißes, den Händen eine leichte Beschäftigung zu geben, die auch für Kinder nicht zu schwer ist, und wodurch sie doch gleichsam spielend etwas Nützliches hervorbringen. Der zarte Faden, der vorher noch auf einen Knäuel gewunden war, wird nun auf mannichfaltige Weise ineinandergeschlagen, und bildet in seinem Gewebe die Gestalt des Fußes nach, den er bekleiden soll. So weiß der Fleiß und die Kunst des Menschen sich alles anzupassen; die Wolle, die noch vor kurzem das Lamm bedeckte; muß jetzt gefärbt und dicht ineinandergewebt, dem Menschen zu einer noch weit bequemeren Hülle dienen, als dem Lamm, dem sie entsprossen war. Die festgewebte Haut der Thiere, die er getödtet hat, muß sich seinem Fuße anschmiegen, und seine Sohlen, indem er einhertritt, vor dem verletzenden Dorn, und dem brennenden Sande schützen. Und eben die Wolle, die ihn kleidet, bedeckt auch in den festen Filz zusammengezwängt, sein Haupt vor Regen und Sonnenhitze, und ist zugleich die Zierde des Mannes. Die zartgesponnene Hülle des Seidenwurms muß aufs neue gewebt und gesponnen auch die Hülle des Menschen werden, der sich die ganze Natur unterthan zu machen strebt, und in Gold und Seide gehüllt, als der König der Schöpfung einhertritt. Die Rose, wie sie hier einsam steht, ist ein Bild der sich selbst gelassenen unverfälschten Natur, die der Mensch noch nicht nach seinen kleinlichen Bedürfnissen umgeschaffen hat. – Der Anblick der reinen und unverfälschten Natur ist wohlthätig und erquickend – darum ist ein Spaziergang ins freie, aus dem Gewühl der Stadt so angenehm – Man sieht da so viele Dinge, die alle ohne des Menschen Zuthun da sind. Man ergötzt sich an der schönen Gestalt der Aeste und Zweige auf den Bäumen; man findet an dem Anblick eines Blättchens Vergnügen, das vom Winde hin und her bewegt wird. Es ist Pflicht für den Menschen sich oft von der Betrachtung der Dinge, die mit Menschenhänden gemacht sind, zur Betrachtung de-
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rer, die nicht mit Menschenhänden gemacht sind, loßzureißen. – Denn das erhebt die Seele wieder zu großen Empfindungen, die sonst durch die unzähligen kleinen Gegenstände der menschlichen Kunst erstickt werden. Der volle Anblick des Himmels und der Erde, eines Baumes der über uns rauscht, und einer Blume die zu unsern Füßen emporblüht, ist mehr werth, als der Anblick aller Kunstwerke, Gemählde und Statüen, die je die schöpfrische Kunst des Menschen hervorgebracht hat. Es scheint aber, als ob selbst die Natur einen gewissen Unterschied in der Hervorbringung ihrer Werke beobachtet habe, indem sie einige mehr zum Nutzen, und andre mehr zum Vergnügen gebildet zu haben scheint. – An dem was weniger nutzt, hat sie desto mehr Schönheit verschwendet, um uns gleichsam schadloß zu halten. Der stärkende Halm, dessen körnichte Frucht uns nährt, prangt nicht mit solchen reizenden Farben, als die Rose, die uns bloß durch ihren Geruch ergötzt, und die Tulpe, welche sogar auch des Duftes ent-behrt, hält uns durch ihre noch glänzenderen Farben schadloß – Der Regenbogen, welcher das Auge ergötzt, ohne zu nutzen, ist das Schönste, was die Natur im Einzelnen hervorbringt – er ist der Abglanz des Schönen, das durch den rund umher sich verbreitenden Lichtstrahl allenthalben auf dem Erdkreis zerstreut ist. Die Natur macht also selbst einen Unterschied zwischen dem Schönen und Nützlichen; das Schöne ist gemeiniglich weniger nützlich, und daß sehr Nützliche ist gemeiniglich weniger schön. Diesen Unterschied hat auch der Mensch in den Künsten nachgeahmt, die deswegen in die schönen und nützlichen Künste zerfallen. Zu den schönen Künsten rechnet man z. B. die Mahlerei, die Musik, die Bildhauerkunst, u. s. w. Zu den nützlichen z. B. die Maurerei, das Tuchweben; den Ackerbau, die Viehzucht u. s. w. Nun kann man aber weit leichter ohne Gemählde und Statüen, als ohne Obdach, Brodt und Kleider sich behelfen.
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Hat man aber Brodt und Kleider und ein festes Obdach, so macht es einem auch Vergnügen, Gemählde und Statüen zu betrachten. Dies mag noch zur Erklärung dienen vom Unterschiede zwischen dem N ü t z l i c h e n und S c h ö n e n . So gehört auch die Tanzkunst zu den schönen Künsten. Das eigentlich nützliche oder nothwendige Gehen, beschreibt immer die kürzeste Linie von dem Orte wo man weg geht, bis zu dem, wo man hin will, und also gemeiniglich gerade Linien; aber das nicht sowohl nützliche oder nothwendige als vielmehr angenehme und ergötzende Spatzierengehen und Tanzen beschreibt lauter k r u m m e L i n i e n – – denn es ist einem nicht drum zu thun, daß man an einen gewissen Ort bald hinkommen will; sondern man bewegt sich vielmehr u m s i c h z u b e w e g e n . Unten in der Kupferplatte sind einige der verschiedenen Wendungen vorgezeichnet, welche beim Tanzen gewöhnlich sind. Indem man sich fortbewegt, beschreibt man nehmlich diese Linien, welche hier bezeichnet sind, auf dem Fußboden. Die Katze, welche auf dem Küssen ruhet, ist schon mit in die häußliche Welt des Menschen hineingezogen – sie ist ein zahmes Thier – Dies soll uns auf den großen Unterschied aufmerksam machen, welcher zwischen den Thieren statt findet, in so fern sie den Menschen scheuen, und in so fern sie sich zu ihm halten, sich von ihm füttern, zu seiner Arbeit, und zu seinem Vergnügen gebrauchen lassen, und gerne bei ihm wohnen. Manche Personen finden an Katzen einen großen Wohlgefallen; so daß sie dieselben auf alle Weise pflegen, und ihnen gütlich thun. Diejenige, welche hier so sanft auf einem Küssen ruhet, scheinet eine glückliche Katze zu seyn, und mag vielleicht der Dame angehören, die gleich daneben auf einem Lehnsessel sitzt, und in einem Buche ließt. Die Katze ist demohngeachtet eines der grausamsten Raubthiere, welche die armen Mäuschen oft zu ihrer Lust noch lange quälen, ehe sie ihnen den Tod geben. – Allein der Mensch darf freilich des Umgangs mit den Raubthieren sich so sehr nicht schämen, da er selbst
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vom Fleische der Thiere lebt, die er getödtet hat, und eines der ärgsten Raubthiere ist, die es nur auf Erden giebt: denn er begnügt sich nicht damit, nur auf eine Art Jagd zu machen; sondern vor ihm ist der Vogel in der Luft, und der Fisch im Wasser nicht sicher. Aber das scheint nun freilich einmal die Ordnung der Dinge so mit sich zu bringen – daß eines das andere zerstört, und in sich verwandelt. So müssen selbst diejenigen, welche sich des Fleisches ganz enthalten, doch den Bau der Pflanzen zerstören, die ihnen Nahrung geben. Aber aus der anscheinenden Zerstörung wächst wieder neues und beßres Leben hervor – doch davon ein andermal mehr! Wir schreiten nun zur dritten Kupfertafel fort, wo wir eine weit größre Anzahl ganz verschiedner Gegenstände, als auf den beiden vorhergehenden antreffen: Ein Buch, eine Nase, ein Lamm, ein Pferd, Ein Schwein, ein Auge, ein Schwerdt, eine Kugel, Die Sonne, eine Schlange, eine Maus, eine Blume, Eine Brücke, Feuer, eine Gans, eine Spitze, Ein Floh, eine Wand, ein Brunnen, und noch eine Schlange. Hier stellen wir untereinander: Nase Auge
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Lamm Pferd Schwein Schlange Maus Gans Floh
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Buch Schwerdt Kugel Brücke Spitze Wand Brunnen
Welch eine Mannigfaltigkeit von Gegenständen ist hier durcheinander geworfen, die nichts mit einander gemein zu haben scheinen, und doch wie leicht ist eine Verbindung zwischen diesen allen –
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Ich darf mir nur Auge und Nase an dem Antlitz eines Menschen denken, der ein entblößtes Schwerdt in der Hand tragend, ein Pferd regieret, mit dem er über eine Brücke reitet, wo ein Schwein ihm unterläuft, u. s. w. Die Sonne glänzt am Himmel, und bringt die Pflanzen zur Reife, die mit dem Wasser, das aus dem Brunnen geschöpft ist, nachdem man ein Stück Fleisch von einem Lamm oder einem Schwein hinzugethan hat, über dem Feuer gekocht werden. Die Sonne erleuchtet den ganzen Erdkreis und wärmt ihn, und lockt aus der Erde die B l u m e n hervor, u. s. w. Nase und Auge sind hier als Theile des menschlichen Körpers abgesondert dargestellt – – und sind nunmehro etwas Unförmliches, und Unzweckmäßiges – sie gehören als Theile mit zur l e b l o s e n N a t u r – Leben und Bewegung kömmt erst durch den Zusammenhang der Theile – Die Nase zieht nicht für sich den Duft der Blumen ein, sondern alle Nerven des Körpers sollen auf eine angenehme Weise dadurch erschüttert werden; das Ohr faßt nicht für sich allein den Klang, noch das Auge für sich allein das Bild der schönen Natur auf – sondern durch jeden Sinn, auf den von außen her gewürkt wird, theilet sich die Empfindung unvermerkt allen übrigen Sinnen mit – Aus der Thierwelt ist hier eine kleine Anzahl von Geschöpfen zusammengestellt, unter denen dennoch die bewundernswürdigste Mannigfaltigkeit herrscht – Zu den Thieren, deren sich der Mensch zu seinen Nutzen bedient, gehören: Das Lamm, das Pferd, das Schwein und die Gans – Wie viel geht von diesen Thieren nach ihrem Tode in die Kunstwelt über? – Haut, Wolle, Haar, Federn – Leder, Tuch, Bürsten, Schreibfedern – Und nun was entsteht aus allen diesen wieder, und welche neue Verbindung kömmt hinein? Schuhe, Stiefeln, Kleider, die mit Bürsten gebürstet werden – Buchstaben, die mit Federn, die von der Gans genommen sind, geschrieben werden.
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Geschriebene Bücher, die aus solchen Buchstaben bestehen. – Betten, die mit den dünnern Federn der Gans gestopft werden Bücher in Schweinsleder eingebunden. So ist die Kunst genöthigt, alle ihren Stoff aus der Natur zu nehmen – Wer nun zum erstenmale Stiefeln, ein Kleid, eine Bürste, ein ausgestopftes Bette, und einen mit der Feder geschriebenen Brief, und zu gleicher Zeit ein Pferd, ein Lamm, ein Schwein und eine Gans vor sich erblickte, der würde sich schwerlich einbilden können, daß diese letztern lebenden Gegenstände einst der Stoff zu den erstern werden, die so erstaunlich davon verschieden sind. Eine solche Gegeneinanderstellung aber lehrt, wie die Kunst in die Natur eingreift, indem sie dieselbe umarbeitet, und fast ihr ganzes Wesen verändert. Das Schaf, das Schwein und die Gans werden dem Menschen in ihrem Leben nicht durch eigentliche Arbeiten nützlich – aber was für einen Gebrauch macht der Mensch nicht von dem Pferde! – wie vermehrt er durch dasselbe seine Macht und seine Stärke, indem er sich gleichsam mit ihm in ein Wesen verwandelt, sich auf die Weise die Schnelligkeit und stärkere Anzahl seiner Füße zu eigen macht, und sich der Gliedmaßen des Pferdes bedienet, als ob es die seinigen wären. – Welche Dinge kann der Mensch nun vermittelst dieser Vermehrung seiner eigenen Stärke durch fremden Zusatz nicht ausrichten? Er kann ein bewegliches Obdach um sich her bauen, daß ihn fast so gut, wie seine Wohnung, vor jeder Witterung schützt, und kann sich in dieser künstlichen Wohnung fortziehen lassen, so weit und wohin er will. Was würden ihm aber diese beweglichen künstlichen Wohnungen ohne die Stärke des Rosses helfen? Welche Bequemlichkeit verschaft es nun dem Menschen, daß er viele hundert Meilen reisen kann, ohne nur einen Fuß aufzuheben – daß er den Zweck erreichen kann, ohne die Mittel anzuwenden! Das Schaf arbeitet zwar nicht für den Menschen, aber es thut noch mehr; es kleidet ihn mit seiner Wolle, und nähret ihn mit seiner Milch –
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Der Mensch läßt sogar durch die Verdauungswerkzeuge andrer Thiere den gröbern Stoff der Pflan-zen erst verfeinert, und in die gesundeste Nahrung für sich verwandelt werden. – Und statt, daß er den Stoff zur Leinwand unmittelbar aus dem Pflanzenreiche nimmt, so läßt er den Stoff zu seiner wärmern Bekleidung, erst aus dem Pflanzenreiche ins Thierreich übergehen, und auf der Haut der Lämmer zu Wolle wachsen, denen er sie nun mit Bequemlichkeit abnimmt, und zu seinem Gebrauche verarbeitet. Damit nun aber der Mensch sich seiner Uebermacht nicht überhebe, so giebt es wieder einige Thiere, die ihm Schaden zufügen, und über die er nicht eigentlich Herr werden kann, als die Schlange, der Floh, und die Maus. Aus der K u n s t w e l t sind nun auf dieser Kupferplatte folgende Gegenstände dargestellt: Buch Schwerdt Kugel Brücke.
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Spitze Wand Brunnen.
Durch die Wand schützt sich der Mensch gegen Regen und Wind, durch das Schwerdt mit Spitze und Schneide vertheidigt er sich gegen feindliche Angriffe – Durch die Brücke bahnet er sich einen bequemen Weg, worauf er trocknes Fußes über breite und schmale Flüsse geht, und nun statt eines Kahnes mit dem rollenden Wagen hinüber fährt. Der hölzernen Kugel bedient er sich zum Spiel, um Kegel damit umzuwerfen, der eisernen im Kriege, um Menschen damit zu tödten. Kugel und Schwerdt, Wölbung und Spitze, werden von dem Menschen zur Zerstörung gebildet – Er gräbt das Eisen mit unsäglicher Mühe aus dem Bauch der Erde, um Waffen davon zu schmieden, womit er seines gleichen tödtet. – Doch er bedient sich des Eisens auch auf eine edlere Art, um den Pflug, die Säge, die Axt und die Schaufel zu bilden. – Den Pflug, um
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Furchen in den Acker zu ziehen; die Schaufel um das Erdreich im Garten zu umgraben; die Axt, um die Bäume im Walde zu fällen; die Säge, um sie zu seinen Gebrauch zu zerschneiden. Aus Holz, und Kalk, und Stein fügt er künstlich dichte Wände zusammen, die kein rauhes Lüftchen durchlassen. Wenn es ihm an Wasser fehlt, so gräbt er in die Tiefe der Erde, bis es ihm entgegenquillt; Baumstämme höhlt er zu Röhren aus, und leitet das Wasser unter seinen Füßen, bis an den Ort hin, wo es ihm am bequemsten zu schöpfen ist. So entstand eine der nützlichsten und wohlthätigsten Erfindungen des Menschen, d e r B r u n n e n . Wenn wir nun gegeneinanderstellen Wa n d , B r ü c k e , B r u n n e n und
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Schwerdt, Spitze, Kugel so entsteht in unsrer Vorstellung der Gegensatz von K r i e g und F r i e d e n von Ve r t h e i d i g u n g und R u h e .
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Die Menschen sichern sich in Häusern zusammen; wenn ein Fluß ihre Wohnung trennt, so bahnen sie sich durch Brücken einen Weg zu einander; sie graben Brunnen, aus denen sie gemeinschaftlich Wasser schöpfen – Wa n d , B r ü c k e , B r u n n e n
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setzen die Menschen zusammen.
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trennen sie. – Aus den Gegenständen, die hier aus der Kunstwelt dargestellt sind, ist nun noch übrig das Buch.
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Dieß ist das vielumfassendste von allen. Ein Buch ist ein großer und erhabner Gegenstand. Es ist eine Erfindung des Menschen, die alles andere übertrifft – Alles was der Kopf des Menschen in sich faßt, das kann auch das Buch in sich fassen – Das Buch ist ein Abdruck des menschlichen Geistes – denn es ist eine Darstellung seiner Gedanken durch Worte. – Das Buch kann mit keinem andern Gegenstande aus der Kunstwelt in Vergleichung gebracht werden – es steht einzig und für sich allein da – denn es kann alle Gegenstände aus der Natur- und Kunstwelt in sich fassen. Um ein Buch zu schreiben, mußte der Mensch erst die große Kunst erfinden, T ö n e z u m a h l e n – Er mußte also unsichtbare Gegenstände, wie die Töne sind, durch sichtbare Zeichen, wie die B u c h s t a b e n sind, vor das Auge zu bringen suchen. Welche erstaunliche Dinge hat der Mensch durch diese große Erfindung ausgerichtet! – Welch eine neue Verbindung ist dadurch unter den Menschen, die auf dem ganzen Erdkreis zerstreut sind, entstanden! Der Mensch kann seine Worte, die sonst nur den Ohren vernehmlich waren, vermittelst der Buchstaben, die er aufs Papier mahlt, dem, der mehr als tausend Meilen weit von ihm entfernt ist, vors Auge bringen. Seine Stimme schallt auf diese Weise über Meer, und Berg und Thal – Der Europäer schließt seine Geschäfte mit den Einwohnern von Amerika, als ob er zwischen seinen eignen Wänden mit ihm spräche –
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Weit voneinander entfernte Länder und Königreiche schließen Bündnisse miteinander, wie einzelne Menschen, die in einer Stadt wohnen – Handel und Gewerbe erstreckt sich über den ganzen Erdboden; Verschiedenheit des Himmelstriches, der Gesichtsfarbe, Religion, Sitten, und Gebräuche, trennt die Menschen nicht mehr voneinander – Daß nun Menschen über Meere und Länder sich miteinander besprechen und Unterhandlungen pflegen, Verträge schließen, Tausche treffen, und ihre gesellschaftlichen Angelegenheiten besorgen können. Daß die Geschichte der Vorwelt mit allen ihren nützlichen Erfindungen, Künsten, und Wissenschaften auf uns gekommen ist. Daß der Mund der Gestorbnen noch immer zu uns redet, und wir die hinterlassenen Schätze ihres Geistes besitzen; Daß wir wissen, was die Menschen, die tausend Jahre und länger vor uns lebten, Edles und Schönes gedacht und gethan haben; Das verdanken wir alles d e n v i e r u n d z w a n z i g k l e i n e n F i g u r e n , die wir B u c h s t a b e n nennen, und aus denen alle Bücher der Welt zusammengesetzt sind. Dergleichen Dinge, die an sich so groß, so erhaben, und so wundervoll sind, werden uns durch den öftern Gebrauch so alltäglich und gewöhnlich, daß wir fast nichts mehr dabey denken, und die großen Vortheile, die uns daraus erwachsen, nicht mehr so lebhaft empfinden, wie wir es sollten. Was für ein Verdienst um das menschliche Geschlecht hat der nicht, der zuerst diese vierundzwanzig kleinen Figuren erfand, wodurch alle Wissenschaften, alle menschlichen Begebenheiten, alle Dinge, die am Himmel und auf Erden sind, in dem kleinen Umfange eines Buches dergestalt reden können! Und welch ein Verdienst hat nicht wiederum derjenige, der die Kunst erfand, diese Buchstaben, die von den b u c h e n e n S t ä b e n , worin sie zuerst geschnitten wurden, ihren Nahmen führen, in Metall zu gießen, wo man sie nun, wenn von jedem Buchstaben eine hinlängliche Anzahl gegossen ist, die in besondern Kästchen liegen, nach
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Gefallen nebeneinandersetzen und Wörter daraus bilden kann, die nun, wenn die Fläche der zusammengesetzten Buchstaben mit schwarzer Farbe bestrichen ist, zu unzähligenmalen auf weißes Papier abgedruckt, und vervielfältigt werden können. Eine ganze Seite also, die sonst jedesmal Wort für Wort mußte abgeschrieben werden, steht nun, wenn die kleinen metallnen Figuren einmal zu Worten zusammengesetzt sind, in weniger als einer Minute, auf dem Papier da – und zwar mit weit mehr Schönheit und Ordnung, als wenn die Worte geschrieben wären – denn wenn man etwas, daß sehr schön geschrieben ist, bezeichnen will, so sagt man: es ist geschrieben, als ob es gedruckt wäre. Hierdurch wird es nun möglich gemacht, daß die Gedanken eines einzigen Menschen in kurzer Zeit und mit leichter Mühe, unter vielen tausend Menschen verbreitet werden können – Die Erlernung aller Wissenschaften wird dadurch erleichtert und allgemeiner gemacht – Und die Seelen der Menschen können sich nun, in jeder Entfernung durch die Bücher miteinander unterreden, und sich untereinander belehren; ja durch die Bücher können sogar die Todten um ihre Meinung befragt werden – Wie denn der Verfasser des Buchs, das in einer der Kupferplatten steht, mit Namen H o r a t i u s F l a c c u s , schon vor mehr als tausend Jahren gestorben ist, und dennoch jetzt den Menschen, die ihn lesen, die Weisheit des Lebens lehrt; so daß einer unsrer Dichter, der erst vor Kurzem gestorben ist, ihn seinen Freund, seinen Lehrer und seinen Begleiter nannte, weil er die Schriften desselben, die in lateinischer Sprache verfaßt sind, zu seiner Lieblingslektüre gemacht hatte. Zu der Zeit, da Horaz in Rom lebte, war die B u c h d r u c k e r e i noch nicht erfunden, sondern die Bücher mußten mühsam auf Pergament geschrieben werden; waren also viel kostbarer und seltener, als zu unsern Zeiten.
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Dasselbe Buch also, welches lange vorhergeschrieben wurde, ehe man noch an Buchdruckereien dachte, ist jetzt durch die Buchdrukkerei, die erst seit ein paar hundert Jahren erfunden ist, weit mehr vervielfältigt und verbreitet, als es bei seiner Entstehung war. Fast in allen Schulen von ganz Europa werden die Schriften des Horaz gelesen und erklärt, und aus der lateinischen in jede Landessprache übersetzt. Jeder Mensch, der es zu seinen Geschäft macht, seinen Geist zu bilden, sucht auch den Horaz verstehen zu lernen. So wirkt also durch diese vierundzwanzig kleinen Figuren, die entweder geschrieben oder gedruckt sind, der Geist des Menschen noch nach seinem Tode auf die kommenden Geschlechter fort – Wenn wir in dieser Rücksicht ein B u c h , als eine Erfindung des menschlichen Geistes, betrachten, so muß es uns ein erhabner, ein ehrwürdiger Anblick seyn. Der Weg, der jetzt einem Buche bei seiner Entstehung vorgeschrieben wird, ist folgender: Aus den Händen des S c h r i f t s t e l l e r s , der es schreibt, wandert es in die Werkstätte des B u c h d r u c k e r s , der es druckt; von da in den Laden des B u c h h ä n d l e r s , der es verkauft; alsdenn wieder in die Werkstätte des B u c h b i n d e r s , der für seinen äußern Schmuck sorgt, und von da in die Studierstube des G e l e h r t e n , der sich daraus neue Kenntnisse sammlet, oder in die Bibliothek des Mannes von Geschäften, bei dem das Lesen nur Nebensache ist. Durch die Hervorbringung, den Vertrieb und die äußere Verzierung des Buches werden also schon eine große Anzahl von Menschen in Bewegung gesetzt. Wie weit mehr aber durch das Lesen der Bücher – der ganze g e l e h r t e S t a n d lebt und webt zum Theil in der Bücherwelt – Der Arzt, der Rechtsgelehrte, der Religionslehrer, der Philosoph, ziehen alle ihre ersten Kenntnisse aus Büchern; hernach nehmen sie die E r f a h r u n g zu Hülfe. Die Bücher machen einen so großen Theil der menschlichen Dinge aus, daß man sie beinahe nicht, als eine untergeordnete Klasse von Dingen in der Kunstwelt betrachten kann, sondern sich außer der großen Natur- und Kunstwelt, noch eine
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Bücherwelt
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denken muß. Denn die Bücher sind gleichsam eine Welt außer den Menschen geworden, die nicht in ihm, sondern worin er lebt – weil kein menschlicher Kopf, das mehr zusammenfassen kann, was die Bücher, die in der Welt sind, enthalten. Daher kömmt es, daß ein jeder sich nur ein gewisses Fach der Gelehrsamkeit wählt, worauf er vorzüglich seine Aufmerksamkeit richtet – Die Gelehrten sind also entweder G e s c h i c h t s c h r e i b e r , N a t u r f o r s c h e r , M a t h e m a t i k e r , S p r a c h k u n d i g e u. s. w. Alles dieß und weit mehr ist noch immer unter dem Begriffe B u c h enthalten. – Wir schreiten nun zu der vierten Kupfertafel fort, die folgende Gegenstände enthält: Tisch Adler Storch Affe Frosch Schwanz Stern Mond
Helm Schild Bogen Köcher Haus Baum Ohr Fuchs
Vogel Kreuz Thurm Schlüssel Schaaf Schiff Tod.
Auf dieser Kupfertafel befinden sich dißmal mehr Gegenstände aus der Natur- als aus der Kunstwelt. Aus der K u n s t w e l t sind nur Tisch Haus Helm Kreuz Schild Thurm Bogen Schlüssel Köcher Schiff.
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Aus der N a t u r w e l t sind: Adler Storch Affe Frosch Schwanz Stern
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Mond Baum Ohr Fuchs Vogel Schaaf.
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Zuletzt zeigt sich ein m e n s c h l i c h e s To d t e n g e r i p p e , welches wider zu der z e r s t ö r t e n N a t u r w e l t gehört. – Aus der z e r s t ö r t e n N a t u r w e l t entsteht sonst eigentlich durch die Umarbeitung des Menschen die Kunstwelt, als Tisch, Haus, Kreuz, Schiff. –
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Die Natur bringt von selbst weder Tisch, noch Haus, noch Kreuz, noch Schiff hervor – sondern sie bildet den Baum mit seinem Stamm, seinen Aesten, Zweigen und Blättern – Welch ein Unterschied ist zwischen diesem schöngebildeten Baum, und dem H a u s e , das mit Fenstern, Thüren, Treppen und Schornsteinen versehen, auf der Kupfertafel gleich darneben steht! So auch zwischen dem T i s c h e , der oberwärts steht, und dem Schiffe, das unterwärts die Fluth durchschneidet! Ein Baum, ein Tisch, ein Haus, ein Schiff – welche ganz von einander verschiedene Dinge, in ihrer Gestalt und Form, und doch so ähnlich in der Materie, woraus sie gemacht sind. Die Kunst muß die Natur zerstören, ehe sie ihre neue Bildung anfangen kann. – Dem Baume müssen seine Aeste mit allen ihren Zweigen und Blättern abgestreift, die Rinde, die seinen Stamm beschützt, genommen, und er muß von der Wurzel, die ihm Nahrung und Wachsthum gab, abgehauen, sein innres wachsendes Leben muß in ihm getödtet werden – damit er sich als künstliches Gebälk zur Wohnung des Menschen füge, oder sich zur Wölbung des bauchigten Schiffes krümme, oder mit seiner glatten, gehobelten Fläche, dem Menschen zu einer bequemen Erhöhung diene, die ihm seine Arbeit, und den Genuß der Speise erleichtert.
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H a u s und S c h i f f E r d e und M e e r .
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Ein Schiff, ein schwimmendes Haus – worinn der Mensch von einem Welttheile zum andern reisen, und alle Bequemlichkeiten des Lebens mit sich führen kann, als ob er auf dem festen Lande wohnte – Ein Gebäude, daß mit seinen starken und festineinandergefügten Gebälk der Gewalt des Sturmwindes und der Wellen wiedersteht; daß mit Flügeln von Leinwand versehen, die denn ein günstiger Wind aufschwellt, mit seinem zugespitzten Schnabel, durch das Steuerruder gelenkt, die Fluth durchschneidet, und mit Behendigkeit sich wenden läßt, um vermittelst der Seegel den Wind, von der Seite, wo er am günstigsten ist, aufzufangen. Ein bewegliches, durch die Kunst des Menschen gleichsam beseeltes Haus – eine bequeme Herberge, die der Mensch auf jahrelangen Reisen beständig mit sich führt – Eine Anzahl mehrerer solcher Schiffe heißt eine Flotte, und ist gleichsam eine schwimmende Stadt – Das bodenlose Meer wird zum Schauplatz des Krieges, der Zerstörung und des Verderbens gemacht – zwei feindliche Heere rücken in schwimmenden Bollwerken, mit Geschütz bepflanzt, gegeneinander – Am hohen Mastbaum weht die Flagge – Der Donner des Geschützes beginnt – Die Gegenstände hüllen sich in Dampf und Nebel – Das Meer wird mit Blut gefärbt – Aber das Schiff des betriebsamen Kaufmanns, führt auch aus den entferntesten Welttheilen tausend Bequemlichkeiten des Lebens herzu, die wir jetzt täglich genießen, und die uns sonst kaum den Namen nach bekannt seyn würden. Die stehenden Häuser in den Städten haben einen großen Theil ihres innern Schmucks, den schwimmenden Häusern auf dem Meer zu danken. Das stehende Haus ist ein großes Werk des Menschen, worinn er sich gleichsam selbst übertroffen hat, indem eine solche Masse, die sich gleich einem Berge emporhebt, das Verhältniß seiner körperlichen Größe so weit übersteigt –
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Aber das schwimmende Haus auf dem Meere ist ein noch weit größeres und erhabneres Werk des Menschen – weil er sich dadurch gewissermaßen die Natur unterthänig macht, und das unergründliche Meer in festes Land verwandelt, daß er nach Gefallen bereisen kann – Indes kömmt es bei dem stehenden Hause mehr auf Pracht und Schönheit an, als bei dem schwimmenden Hause, daß doch immer nur eine Herberge, und keine bleibende Wohnung ist, wobei es mehr auf den G e b r a u c h als auf das in die A u g e n f a l l e n d e ankömmt. Auch sind die stehenden Gebäude nicht so sehr dem Zufall unterworfen, der sie zerstören kann, als die schwimmenden – sie sind mehr auf die Dauer – und der menschliche Geist sucht sich durch die Darstellung des Edlen und Schönen in ihm, zu verewigen, und sich ein bleibendes Denkmahl zu stiften. Das Haus, welches hier auf der Kupfertafel dargestellt ist, gewährt einen weit schönern Anblick, als das Schiff – Bei dem Schiffe bemerkt man die Verhältnisse der Theile gegeneinander nicht mit so leichter Mühe, als bei dem Hause. Das Haus ist, durch die Thüre, in zwei gleiche Hälften getheilt; und jede Hälfte hat wieder ihre Nebenabtheilungen – In dem Hause sind zwei Reihen Wohnungen übereinander, welche durch die übereinanderstehenden Fenster bezeichnet werden. Die Fenster in den Wohnungen an der Erde haben kleine zugespitzte Gibel; die obern nicht. – Man bemerkt übrigens an dem Hause drei Abtheilungen; die üntere, die öbere, und das Dach, wodurch das Ganze oben einen schönen Schluß erhält – Wenn die Wand des Hauses ohne Unterbrechung durch Fenster und Thüren, und ohne die Abtheilung, welche zwischen dem untern und obern Stock gemacht ist, in einem fort ginge; oder wenn die Fenster in derselben statt ihrer zierlichen Einfassung, und wohlproportionirten Größe, unförmliche Löcher wären, so würde das Vergnügen, welches der Anblick dieses Gebäudes gewährt, wegfallen: man würde eine große Stein- oder Felsenwand, aber kein durch die menschliche Kunst hervorgebrachtes, wohlgeordnetes Ganze zu sehen glauben.
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Eine Mauer oder Wand, die gerade in die Höhe steht, ohne oben eine Einfassung, oder einen Schluß zu haben, macht einen unangenehmen Anblick; denn sie könnte unaufhörlich so fortgehen – man denkt sich kein G a n z e s , nichts Vo l l e n d e t e s darunter. Sobald sie aber oben eine Art von Kranz oder Einfassung hat, giebt sie gleich einen weit s c h ö n e r n Anblick – eben so wie eines von diesen Fenstern, welches ohne die Einfassung umher ebenfalls keine ordentlichen Grenzen hätte, wodurch es aus der umgebenden Masse herausgehoben, und für sich als ein G a n z e s dargestellt würde. Darinn besteht eigentlich das Wesen des S c h ö n e n , daß etwas aus der Masse der übrigen Dinge herausgehoben, gleichsam u m s e i n s e l b s t w i l l e n , mit Fleiß und Sorgfalt bearbeitet, Bildung und Form erhält. Daher liebt der Mensch auch bei dem Schönen die E i n f a s s u n g so sehr, wodurch er es gleichsam von den übrigen Dingen, unter denen es sich sonst verlieren könnte, absondert, um den eignen innern Werth desselben zu bemerken. – So bekommen Gemählde und Spiegel einen Rahmen – Zuweilen wird schon die bloße E i n f a s s u n g ein Zeichen der Verschönerung und Veredlung, wie bei den Ringen und der Krone, wo die letztere ein Haupt, das über andere herrscht, durch die kostbare Einfassung gleichsam aus der Menge der übrigen heraushebt, und es gewissermaßen als geheiligt und mit einer hohen Würde der Menschheit begabt, darstellt. Es ist daher in der Natur der menschlichen Seele gegründet, daß die Könige Kronen tragen. Um nun wieder auf daß Haus zurückzukommen, so ist der obere etwas hervorragende Theil unter dem Dache gleichsam auch der Kranz oder die Krone desselben, wodurch es seinen letzten Schluß erhält – Das Dach ist gleichsam auch eine Zugabe oder Aufsatz zu diesem Kranze, der nicht zu sehr ins Auge fallen muß, wenn er nicht das schöne Verhältniß des Ganzen stören soll – Bei schöngebauten Häusern ist daher das Dach auch immer so viel wie möglich versteckt –
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Die Häuser mit hohen spitzen Dächern, machen einen sehr wiedrigen Anblick – sie sehen großen Bergmassen ähnlicher als Häusern – Unter dem Brunnen steht ein Kreuz – eine der allereinfachsten Zusammensetzungen – ein Stück Holz in die Länge, und das andre queer darüber gelegt, macht den ganzen Bau aus – Die Figur des Kreuzes ist den Christen ehrwürdig – sie pflanzen es auf ihre Grabhügel, stellen es auf ihre Altäre, und tragen es als einen Schmuck oder ein Ehrenzeichen von Gold oder andrer kostbarer Materie an ihrer Brust. Weil der Stifter der christlichen Religion am Kreuze starb – so haben die Bekenner seiner Lehre sich dieser Figur zum Zeichen ihres Bekenntnisses bedient – Wie aber der Mensch sehr leicht das Zeichen für die Sache selber nimmt – so hat der Aberglaube das Kreuz angebetet, und also offenbare Abgötterei damit getrieben. – Der Begriff Kreuz erweckt eine große Menge von Begriffen, die durch den wunderbaren Zusammenhang der Dinge mit ihnen verwandt geworden sind – Man denkt sich dabei:
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Mönch, Kloster, Pabst, Altar, Kirche, Abendmahl, Taufe, Beichte, Priester, Bibel, Evangelium, Kanzel, Meßgewand, Paternoster, Weihnachten,
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Ostern, Pfingsten, u. s. w. Hier ist eine neue Welt von Begriffen, die sich vor unsern Blicken enthüllt – Dieß sind die r e l i g i ö s e n B e g r i f f e –
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Diese können weder unter den Begriff der Naturwelt noch der Kunstwelt gebracht werden – Sie machen eine ganz eigene Klasse von Ideen aus – die mit den übrigen in wenig oder gar keiner Verbindung stehen – Taufe, Beichte, Evangelium –
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Brunnen, Lamm, Haus –
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Was für erstaunlich voneinander verschiedene Begriffe, wovon die erstern drei aus der r e l i g i ö s e n und die letztern drei aus der N a t u r - und K u n s t w e l t sind. Und doch werden die Gegenstände aus der Natur und Kunst in die Welt der religiösen Begriffe zum Theil hinübergezogen, und mit den letztern gleichsam überkleidet – Als der B a u m d e s E r k e n n t n i s s e s d e s G u t e n u n d B ö s e n , der im Paradiese stand, und wovon den ersten Menschen zu essen verboten ward – D a s L a m m G o t t e s , w e l c h e s d e r We l t S ü n d e t r ä g t – I n m e i n e s Va t e r s H a u s e s i n d v i e l Wo h n u n g e n , indem Jesus von dem Himmel und den Wohnplätzen der Seligen redet – Oft verändern auch die Begriffe aus der Kunstwelt, wenn sie mit den Begriffen aus der religiö-sen Welt überkleidet werden, ihre Namen – so heißt ein Haus, worinn Menschen einsam leben, um durch bloßes Beten Gott zu ehren, den sie weit mehr durch gute Handlungen ehren würden, e i n K l o s t e r ; und ein H a u s , wo viele Menschen gemeinschaftlich zusammenkommen, um Gott durch Gebet und fromme Gedanken zu verehren, e i n e K i r c h e . Ein T i s c h , von welchem das Abendmahl genossen wird, heißt ein A l t a r , u. s. w. Selbst in die Eintheilung der Zeit, die sonst die Natur selber durch Sonnenaufgang und Untergang, durch die Mondswechsel, und die Veränderung der Jahreszeiten macht, greifen die r e l i g i ö s e n Begriffe ein.
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Unsre Jahrzahl fängt von der Geburt des Stifters unsrer Religion an. – Die wichtigsten Begebenheiten, welche sich mit ihm ereignet haben, werden durch Feste, wo man einige Tage von der Arbeit ruhet, von uns gefeiert – und durch eben diese Feste werden in den Köpfen der meisten Menschen die wichtigsten Einschnitte in den großen Zeitraum gemacht, welche wir ein Jahr nennen. Man sagt:
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Ostermesse, Michaelismesse, We i h n a c h t s m a r k t , P f i n g s t o c h s e n . 10
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Und setzt also Begriffe aus der religiösen und Begriffe aus der Kunstund Naturwelt, auf die sonderbarste Art zusammen. Ein Markt und die Auferstehung Christi. Ein Markt und die Ueberwindung des Drachen durch den Erzengel Michael. Ein Markt und die Geburt Christi. Ein gemästeter Ochse und die Sendung des heiligen Geistes. Es ist ein Wunder, daß die menschlichen Begriffe in den Köpfen nicht ein Chaos werden, und sich noch immer so wieder auseinander herausfinden – da sie auf eine so höchst seltsame Art untereinander gemischt sind – Tisch, Haus, Kreuz, Schiff – sind Gegenstände, wozu der Stoff größtentheils aus dem Pflanzenreiche genommen ist, in welchem der Mensch erst die Natur zerstören muß, um aus dieser Zerstörung eine neue Welt von Gegenständen hervorgehen zu lassen. Die übrigen Gegenstände aus der Kunstwelt auf dieser Kupfertafel sind Helm, Schild, Bogen, Köcher, Spieß, Thurm, Schlüssel – Der Stoff zu diesen Gegenständen ist größtentheils aus einem andern Reiche der Natur genommen, das man das Mineralreich nennet, und wo der Mensch eigentlich nicht zerstören darf, indem er hervorbringt, weil dasjenige, dem er durch die Kunst Bildung und Form giebt, vorher noch eigentlich gar keine Bildung und Form gehabt hat.
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Die Steine, aus denen der stumpfe Thurm aufgebauet ist, waren im Steinbruche ganz unförmlich, da sie jetzt durch die Zusammensetzung einige Form erhalten haben. Der Schlüssel ist eine neue Bildung des Menschen, aus einem Stoffe, dem die Natur vorher gar keine bestimmte Gestalt und Bildung gegeben hatte. Das Pflanzenreich giebt dem Menschen Nahrung und Kleidung – Das Thierreich giebt dem Menschen Nahrung und Kleidung – Das Mineralreich gibt ihm trennende und zusammenfügende Werkzeuge, Sicherheit, Vertheidigungsmittel – Der Mensch zerstört das Thierreich und Pflanzenreich – Das Mineralreich, welchem die Natur keine Bildung und Form gegeben hat, wird nicht von dem Menschen gestört, sondern es zerstört den Menschen, indem es zu seinem eignen Verderben von ihm gebildet wird – Wir wollen aus der vorigen Kupfertafel Schwerdt, Kugel, und Spitze eines Pfeils hieher ziehen, um diese Begriffe gegen Bogen, Köcher, Helm und Schild zu halten. Stahl schützt gegen Stahl – Helm und Schild schützen Kopf und Brust gegen Schwerdt und Pfeil – Aber weder gegen die Gewalt der zerschmetternden Bombe, noch der kleinsten Kugel von Blei, welche durch die Macht des angezündeten Pulvers aus dem tödtenden Rohre gejagt wird – Darum halten Helm und Schild in unsern Tagen den Tod und die Zerstörung nicht mehr zurück; sondern sind als eine unnütze Last hinweggeworfen – Die zerstörenden Werkzeuge haben über die schützenden die Obermacht gewonnen – Mit der erhöhten Kraft der Zerstörung hat die Beschützung nicht gleichen Schritt gehalten – Der Bogen und Pfeil ist hinweggeworfen, und das tödtende Feuergewehr an seine Stelle getreten – Helm und Schild ist auch hinweggeworfen, aber an seine Stelle ist nichts getreten.
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Das Eisen rächt an dem Menschen die zerstörte Thier- und Pflanzenwelt – Die weiche Wolle des Schafs kleidet ihn – Die Stämme des Baumes geben ihm Wohnung und beschützen ihn vor Wind und Regen – Aber das Eisen, daß er selbst zu seinem Verderben geschmiedet hat, zerschmettert und tödtet ihn. – Es ist das nützlichste und gefährlichste Werkzeug in der Hand des Menschen – Zerstörung bleibt immer sein vorzüglichster Zweck – Durch die Axt fällt der Baum, durch das Beil der Stier – Durch die Säge wird die ganze Zusammensetzung des Baumes zerstört – Durch das Messer wird die ganze innere Zusammensetzung des Thieres aufgelöst, und aus ihren festesten Fugen gebracht – Durch die Sense fallen Aehren – Der Mensch zerstört durch das Eisen die Thier- und Pflanzenwelt – um eine neue Schöpfung von seiner eignen Arbeit daraus hervorgehen zu lassen – Bald beneidet er sich untereinander diese neue von ihm selbst hervorgebrachte Schöpfung – Daraus entsteht Krieg und Streit – Eben das, wodurch diese Schöpfung hervorgebracht wurde, zerstört sie wieder – Die glühende Kugel verwandelt Palläste in Schutthaufen – Die Spitze des Eisens kehrt sich gegen den Menschen selbst – und weil er damit die Ordnung der Natur zerstörte – so zerstört es ihn wieder. Der Schlüssel
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ist ein Bild des E i g e n t h u m s , das der Mensch unter sich eingeführt hat – Er bauet ein Haus um sich her, wodurch er gleichsam einen Kreis um sich zieht, der ihn von alle dem a b s o n d e r t , was ihn in nähern oder entferntern Kreisen umgiebt –
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Das Haus hat eine Thüre, die Thüre hat einen Schlüssel – Der Schlüssel e n d i g t das Haus in seiner Zusammensetzung – er ist die letzte festeste Fuge desselben, wodurch man den Eingang in dasselbe nach Gefallen möglich und unmöglich machen kann – Der Mensch kann auf die Weise mitten unter einer unzähligen Menge von Menschen die kostbarsten Dinge, zur Bequemlichkeit und Pracht, unangetastet um sich her liegen haben – Der Reiche und Begüterte kann mitten unter einer unzähligen Menge armer, hungriger und nothleidender Menschen wohnen, ohne daß er sich im Genuß seiner Herrlichkeiten darf stören lassen, wenn etwa sein Herz eben so verschlossen ist, als seine Thüre. Er ist durch das mächtige Schloß sowohl als die Gesetze gegen Gewalt und Raub gesichert – und wenn er von seinem Ueberfluß giebt, so genießt er der Wonne des f r e i w i l l i g e n Gebens, und übt sich in den Empfindungen des sanften Wohlwollens und der Menschenliebe. Der Schlüssel ist ein Bild des H a b e n s , des B e s i t z e n s – er macht, daß das Edlere von dem minder Edlen fest umschlossen, und vor jedem Angriffe gesichert wird – Das Stärkere wird zur Umgebung und Umschließung des Schönern und Edlern gebraucht – Beim Schlüssel denkt man sich nothwendig E i g e n t h u m – Denn ein gemeinschaftliches Gut bedarf keiner Absonderung – Was verschlossen ist, ist eigentlich nur für denjenigen da, in dessen Macht es, durch den Besitz des Schlüssels, steht, die feste Umgebung hinwegzuräumen; für alle übrigen Menschen ist es so gut, a l s o b e s gar nicht da wäre. – Das heißt E i g e n t h u m , B e s i t z – Durch den Besitz entsteht nun in der Welt G e i z , Ve r s c h w e n dung, Neid, Processe, Diebstahl, Raub – Und durch den B e s i t z g a n z e r L ä n d e r entsteht Krieg, Mord und Blutvergießen – Der S c h l ü s s e l trennt die Herzen der Menschen, wie ihre Häuser voneinander –
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Aber durch kleine runde Gold- und Silberstückchen werden sie wieder untereinander in Verbindung gebracht – Der Mensch kann sich nicht leicht entschließen, sich von dem zu trennen, was er durch seinen eignen Fleiß hervorgebracht hat, wenn er nicht einen hinlänglichen Ersatz dafür erhielte, den er nun wieder sein Eigenthum nennen kann, und wofür er wieder andere Bedürfnisse eintauschen kann – Dieser Tausch der menschlichen Bedürfnisse würde unendlichen Schwierigkeiten unterworfen seyn, wenn ihn nicht die kleinen runden Gold- und Silberstückchen, erleichterten, die ohne Mühe aus einer Hand in die andre gehen, und nach deren geringern oder größern Anzahl der Werth aller menschlichen Bedürfnisse einmal abgemessen ist. – Weil aber nun eine große Anzahl dieser kleinen Gold- und Silberstückchen, einen unvergleichbar kleinern Raum einnehmen können, als die Dinge, deren Besitz dadurch möglich gemacht wird; so wird auch dadurch das H a b e n sehr erleichtert, indem einer den Werth aller der Dinge, die für das Geld können angeschaft werden, gleichsam unter seinem Schlosse hält – dieß befördert den G e i z – Und weil er auch bey der Ausgabe dieser Gold- und Silberstückchen nicht wirkliche Bequemlichkeiten und Bedürfnisse gegen andere Bequemlichkeiten und Bedürfnisse umtauscht, so fühlt er den Verlust seines Eigenthums nicht so sehr – daß befördert die Ve r schwendung. Der Geizige vergißt den Gebrauch der Sache über den Werth derselben, wornach sie abgemessen wird; der Verschwender vergißt den Werth der Sache über ihren Genuß – Der Geizige denkt sich das Geld g a n z als die Sache selbst; der Verschwender b l o ß als Zeichen; Weil nun der Geizige das Geld sich g a n z als die Sache selbst denkt, so muß er freilich Bedenken tragen, es auszugeben, weil es ihm alsdann in ein bloßes Zeichen verwandelt scheinen würde, wonach der Werth eines Dinges abgemessen wird –
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Und weil der Verschwender sich das Geld bloß als Z e i c h e n denkt, so ist es sehr natürlich, daß er es sobald wie möglich, in die Sache selbst zu verwandeln sucht, da der Besitz leerer Zeichen von Dingen für ihn keinen Werth hat – Der Sparsame wird die Mittelstraße zwischen beiden halten – er wird dem Verschwender darinn folgen, daß er das Geld bloß für Z e i c h e n beim Besitz hält – aber er wird dem Geizigen darinn nachahmen, daß er das Geld bei der Ausgabe für eben so wichtig, als die Sache hält, die er dafür eintauscht – Die Grundsätze des Verschwenders beim Besitz werden ihn zur Ausgabe des Geldes zwingen – aber die Grundsätze des Geizigen bei der Ausgabe werden seinem Gebrauch des Geldes die gehörigen Grenzen setzen. Das Geld ist also eine Sache, dessen wahrer Werth erst durch den vernünftigen Gebrauch des Menschen bestimmt wird, und wobei derselbe seine Vernunft zu üben Gelegenheit hat – Nirgends fließen die Begriffe von Zeichen und Sache mehr ineinander, als hier – nirgends ist die Grenzlinie zwischen beiden unmerklicher gezogen – Daher erfordert es die größte Anstrengung der Seelenkräfte, das verwickelte Verhältniß von Sachen und Zeichen im Ganzen zu übersehen – Die Wissenschaft, welche sich mit dieser Uebersicht beschäftigt, heißt Finanzwissenschaft – Und weil nun der S c h l ü s s e l erfunden, und das Recht des Eigenthums herrscht – Da die Gold- und Silberstückchen einmal das Triebrad aller menschlichen Gewerbe und Künste geworden sind – so ist auch jene Wissenschaft eine der nöthigsten und nützlichsten, ohne welche eine Verbindung von Menschen, die ein Staat genannt wird, nicht regiert und in Ordnung erhalten werden können. Die Gegenstände aus der Naturwelt auf dieser Kupfertafel sind:
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Adler, Frosch, Mond, Fuchs, 5
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Storch, Schwanz, Baum, Vogel,
Affe, Stern, Ohr, Schaf.
Der Adler fliegt der Sonne zu – Der Storch verwechselt seinen Aufenthalt mit der Jahreszeit. Der Affe ahmt die Stellung und Bewegung des Menschen nach – Der Frosch sitzt im Sumpfe, und stimmt seinen heisern Gesang an – Der Fuchs schnapt mit List seine Beute hinweg – Das Lamm läßt sich geduldig zur Schlachtbank führen – Welche mannigfaltig verschiedene Eigenschaften der Thiere, die hier nebeneinander aufgestellt sind! Ein jedes dieser Thiere hat etwas, das gleichsam seinen Charakter in der Thierwelt bestimmt – Weil nun der Charakter bei den Thieren etwas Bleibendes ist; weil der Fuchs seit undenklichen Zeiten immer listig, der Wolf immer grausam, das Schaf immer geduldig gewesen ist; so eröffnete sich die Einbildungskraft des Menschen hier ein neues Feld, wo sie ungehindert wirken konnte – Weil man die auffallendste Charaktere der Thiere einmal kennt, so legte man diesen Thieren Vernunft und Sprache bei, und setzte sie in eben solche Beziehung und Verhältnisse unter- und miteinander, wie in der Menschenwelt statt finden, daraus entstand Die Fabelwelt –
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Der Storch sollte z. B. mit dem Fuchs in Verbindung gebracht, und die List des letztern auffallend gemacht werden, um zu zeigen, w i e auch der Listigste zuweilen durch einen, wovon er es nicht gedacht hätte, überlistet werden kann. Der hochbeinigte Storch mit seinem langen Schnabel hat schon etwas Unbehülfliches in seinem Wesen, welches macht, daß die Begriffe von List und Behendigkeit bei ihm gar nicht haften wollen –
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Selbst seine Gravität, mit der er einhertritt, fällt ins Komische – und sein ganzes Aeußere ist so beschaffen, daß, man ihn schon von selbst als einen Gegenstand betrachtet, an dem der Witz sich üben, und ihn lächerlich machen kann. Der Fuchs hingegen hat in seinem ganzen Aeußern schon etwas Behendes und Gewandtes, das gleich ins Auge fällt. Die Fabel erhält also hierdurch schon eine gewisse Wahrscheinlichkeit, wenn sie von dem Fuchs erzählt, daß er den Storch zum Besten gehabt habe – Der Fuchs ladet also den Storch ein, daß er bei ihm speisen soll – und setzt ihm eine Brühe in einer flachen Schale vor – Der Storch mit seinem langen Schnabel macht hierbei eine lächerliche Figur – die Brühe ist für ihn so gut, als ob sie gar nicht da wäre, indes der Fuchs sie mit seiner Zunge behende ausleckt, und seinen Gast unaufhörlich zum Essen nöthigt. Nach einiger Zeit bittet der Storch den Fuchs wieder zum Essen, und setzt ihm kleingebrockte Speisen in einer Bouteille mit einem sehr langen Halse vor – Hier macht der Fuchs eine noch weit lächerlichere Figur, als vorher der Storch, indem er die Bouteille von außen beleckt, während daß der Storch mit seinem langen Schnabel einen Brocken nach dem andern heraushohlt – Man freut sich über die wohlgewählte Rache – Und d a ß d i e L i s t ü b e r l i s t e t i s t . Man hat sich einmal schon gewöhnt, bei dem Fuchse die List zu denken – dieß hat zu den vielen kleinen Erdichtungen Veranlassung gegeben, die schon seit Aesops Zeiten, von ihm unter den Menschen verbreitet sind – Indem man dem Fuchs Vernunft und Sprache beilegt, so kömmt sein ganzes Aeußres zu statten, um sich in ihm gleichsam die List und Verschlagenheit selber zu denken. – Indem man also diejenigen lächerlich machen wollte, die sich durch Schmeicheleien berücken lassen – so mußte im ganzen Thierreich, was den listigen Schmeichler anbetraf, die Wahl zuerst auf den Fuchs fallen –
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Derjenige, der sich schmeichlen ließ, mußte eine Eigenschaft an sich haben, die von jederman als das Gegentheil von schön und bewundernswürdig anerkannt war – Niemand wird die Stimme des Raben, wenn er seinen krächzenden Gesang anstimmt, für schön und bewundernswürdig halten – Diese ist also ein würdiger Gegenstand der hinterlistigen Schmeichelei des Fuchses – Allein der Fuchs muß bei seiner Schmeichelei auch irgend einen Endzweck haben, sonst trägt sie nicht den Charakter der List – Da der Rabe nun ein Raubthier ist, so denkt man sich ihn mit einer Beute, oder mit einem geraubten Käse, den er im S c h n a b e l trägt – Der Fuchs hat also nun einen besondern Endzweck, auf welchen er seine Schmeichelei hinrichten kann – Er muß auf ein Mittel denken, dem Raben seinen Schnabel zu öffnen, damit er den Käse herausfallen lasse – Um also den Ehrgeiz des Raben rege zu machen, lobt er erst sein glänzendes Gefieder, wodurch er sich von allen Vögeln des Waldes auszeichnet, und fügt denn hinzu, wenn seine Stimme eben so vorzüglich wäre, so würde er der König unter den Vögeln seyn – Die natürliche Folge davon war, daß der Rabe nun auch seine Stimme wollte hören lassen, um zu zeigen, daß sie seiner nicht unwürdig wäre – Um dieß zu thun, eröfnete er den Schnabel, und ließ den Käse fallen – der Fuchs hatte nun seinen Zweck erreicht, und ging mit dem Käse davon – Der Rabe ist überhaupt nicht übel gewählt, um ein eingebildetes, stolzes Wesen vorzustellen, weil er ebenfalls in seinem Gange und Stellung etwas komischgravitätisches hat – Ein sehr natürliches Bild der Aufgeblasenheit und des Stolzes aber ist der Frosch – Durch die Verwandtschaft der Begriffe, fällt einem bei dem Aufblasen seiner Haut, die Gemüthsart gewisser Leute ein, welche in allem größer scheinen wollen, als sie wirklich sind –
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Er bläßt sich auf, wie ein Frosch – Diese Verwandschaft der Begriffe ist vermuthlich die erste Veranlassung zur Entstehung einer kleinen sehr lehrreichen Fabel gewesen wodurch der Stolz, es andern, die mehr vermögen, gleich zu thun, in ein sehr lächerliches Licht gestellt wird – Um dieß zu bewirken, mußte ein Thier gewählt werden, daß den Frosch so auffallend wie möglich, an Größe übertrifft – Die Wahl des Fabeldichters fiel auf den Ochsen – sie hätte auch auf den Elephanten fallen können – aber es war weit w a h r s c h e i n l i c h e r , daß der Frosch einen Ochsen, der auf der Wiese an einem Sumpfe weidete, als daß er einen Elephanten zu sehen bekam – Es hätte auch statt des Ochsen ein Pferd gewählt werden können, aber es sollte hier nur bloß auf G r ö ß e und D i c k e ankommen, die der Frosch einem andern Thiere beneidete; bei dem Pferde fällt die eigentliche Größe und Dicke, wegen der S c h ö n h e i t , und dem wohlgeordneten Ebenmaß seiner Glieder, nicht so sehr in die Augen, als bei dem Ochsen – Der Frosch verglich sich also mit dem Ochsen, und weil er in dieser Vergleichung etwas zu verlieren glaubte, so suchte er durch das Aufblasen seiner Haut den Mangel zu ersetzen – Um die Scene noch komischer zu machen, trauet er sich selber bei dieser Vergleichung nicht ganz, sondern frägt bei jeder wiederholten Anstrengung, womit er sich aufbläst, seine Jungen, die um ihn herstehen, ob er nun größer sey, als der Ochse? Diese können ihm nie eine andre, als eine verneinende Antwort geben; und weil er sich immer noch stärker aufbläßt, so muß er endlich vor Aufgeblasenheit b e r s t e n – Diese erdichtete Scene aus der Thierwelt, thut weit mehr Wirkung auf die Seele, als daß wirkliche B e i s p i e l eines einzelnen Menschen, der sich durch Stolz, und dadurch daß er es Mächtigeren gleich thun wollte, ins Verderben stürzte – Jener bleibt immer der einzelne Mensch – es folgt aus einem Beispiele noch keine allgemeine Wahrheit; und dann wird auch die Aufmerksamkeit mehr auf die Geschichte, als auf die Lehre oder den allgemeinen Satz gelenkt, der daraus gezogen werden soll –
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Bei der Fabel hingegen weiß ich, daß die Erzählung, nur um der Wahrheit oder des Hauptgedankens willen, der darunter verborgen liegt, erdichtet ist – Ich nehme an dem Schicksal eines Frosches und eines Ochsen nicht Antheil, wie an dem Schicksale eines Menschen, was ihm begegnet, interessirt mich nur in so fern es mir Stoff zum N a c h d e n k e n giebt. – Daß ein Frosch vor Aufgeblasenheit berstet, erregt mein Mitleid nicht so sehr, als wenn in einem wirklichen Beispiele, ein Mensch durch seinen lächerlichen Stolz sich am Ende ins Verderben stürzt – dann wird das Komische tragisch, hier bleibt es komisch – Der Adler ist in der Fabelwelt der König unter den Vögeln – so wie der Löwe der König der Thiere – Der Adler und der Löwe werden auch oft gewählt, wenn durch erdichtete Erzählungen aus der Thierwelt, Mißbrauch der Macht, Tyrannei und Unterdrückung soll dargestellt werden – Man trägt sich vom Löwen und vom Adler mit manchen kleinen Geschichten von der Art – Besonders ist eine kleine Fabel ihrem Erfinder vorzüglich gut gerathen, wodurch der Satz ins Licht gestellet werden soll, daß der Mächtige, der einen bösen Willen hat, und zugleich auch einen listigen Rathgeber erhält, auch dem Stärksten widerstehen kann – Hier soll also gegeneinandergestellt werden M a c h t und von ihr angegriffene S t ä r k e – Mächtig ist der Adler, wenn er auf Raub ausgeht – aber das felsenfeste Haus der Schildkröte widersteht seinem Angriff – Er trägt sie in seinen Klauen in die Luft empor, und sie beschweret ihn nur durch ihre Last, ohne ihm zu nutzen – seine Macht reicht nicht hin, ihre Schaale zu zerdrücken, ob er gleich den Willen dazu hat – Die Schildkröte ist durch die Natur selbst gegen seinen Angriff gesichert – Aber was geschieht? eine Krähe fliegt vorbei – und wird die Rathgeberinn des Adlers –
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Die List vereinigt sich mit der Macht, und der Untergang der armen Schildkröte ist gewiß – Die listige Rathgeberinn bedingt sich einen Theil von der Beute aus, und sagt dem Adler, er solle die Schildkröte aus der Höhe herab auf einen harten Felsen fallen lassen, damit ihre Schaale zerschmettert werde, und er dann seinen Raub mit Bequemlichkeit und Muße genießen könne. Der Adler thut, was ihm die Krähe gerathen hatte – und es war nun um die Schildkröte geschehen – Welch ein anschauliches Bild von Macht, List, und Zerstörung giebt diese kleine Erdichtung! –
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sind drei Begriffe, welche hier in eine so natürliche und passende Beziehung auf einander gebracht werden, daß sogleich ein Bild das andre, eine Idee die andre erweckt, und man auf einmal einen Aufschluß über eine unzählige Menge e i n z e l n e r F ä l l e i m m e n s c h l i c h e n L e b e n erhalten zu haben glaubt, die man nun alle unter diesem allgemeinen Sinnbild oder Gleichniß, das in der Fabel liegt, erkennt – Es sammlet sich unter dem Begriffe den die Fabel entwickelt, ohne daß wir es uns deutlich bewußt sind, eine Anzahl von Erinnerungen, Beobachtungen und Erfahrungen aus dem Leben, die dadurch unter einen H a u p t g e s i c h t s p u n k t gebracht werden, aus dem wir sie nun betrachten – das ist, was wir A u f s c h l u ß über eine Sache nennen – Weil das S c h a a f eines der sanftesten Geschöpfe, und bei seiner Hinrichtung am geduldigsten ist, so denkt man sich unter demselben gern die l e i d e n d e U n s c h u l d , die von der t y r a n n i s c h e n M a c h t unterdrückt wird – In dieser Rücksicht, hat man in einer kleinen Fabel, die auch schon sehr alt ist, den Wo l f und das L a m m nebeneinandergestellt – Man wollte zeigen, wie die Unschuld von der Macht unterdrückt wird; und da man nun gerade den Wolf und das Lamm wählte, so
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machte sich die Fabel beinahe von selbst – wenn von Wolf und Lamm erzählt wird, daß sie zusammengekommen sind, so erwartet schon jedermann nichts anders, als daß das letztere von dem erstern wird l e i d e n müssen. Allein wenn die Gewalt gleich kein Bedenken trägt, ungerecht zu seyn, so will sie es doch wenigstens nicht scheinen, sondern sucht lieber irgend einen Vorwand aus der Luft zu greifen, wodurch sie sich zu ihrer That berechtigt glaubt – Die E r d i c h t u n g s k r a f t , welche g a n z v o n e i n a n d e r v e r schiedene Dinge zusammensetzt, und sie wie eins bet r a c h t e t , nimmt die Ve r s t e l l u n g s k u n s t von dem Menschen und setzt sie noch zu der natürlichen Grausamkeit des Wolfes hinzu – so nimmt sie auch Vernunft und Sprache von dem Menschen und giebt sie dem Wolfe – Daraus entsteht ein Wesen, daß in der wirklichen Welt nicht statt findet – ein Geschöpf der Einbildungskraft – ein r e d e n d e r u n d d e n k e n d e r Wo l f – Der Wolf muß sich, um einen Vorwand zu haben, von dem Lamm beleidigt glauben – Der Fabeldichter muß hier sinnen, wie er dieß möglich und gewissermaßen wahrscheinlich macht – In der Nähe kann das Lamm den Wolf nicht beleidigen; denn es wird ihm gewiß nicht von freien Stücken nahe kommen – Es mußte ihn also in der F e r n e beleidigt haben – dieß ist aber nur möglich, wenn etwas zwischen dem Wolf und dem Lamm ist, wodurch sie auch in einiger Entfernung voneinander miteinander in Verbindung kommen, oder in irgend einige Beziehung aufeinander gebracht werden können – Festes Land kann nicht wohl irgend eine Kommunikation in der Entfernung unter ihnen hervorbringen; aber ein Fluß, ein Bach – aus welchem etwa beide trinken – Wenn dieser Bach nun etwa von einer Anhöhe herabflöße, so konnte das Lamm etwa oben stehen, und das Wasser trüben, ehe es zu dem Wolf hinunterkömmt; dann hätte der Wolf einigen gerechten Vorwand, zornig auf das Lamm zu seyn –
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Aber das Lamm stand ganz unten am Bache und trank, und der Wolf stand oben – und doch beschuldigte der Wolf das Lamm, es habe ihm das Wasser trübe gemacht. Wie natürlich war nun die Vertheidigung des Lammes gegen diese Beschuldigung, daß das Wasser ja von ihm zu dem Wolf i n d i e H ö h e f l i e ß e n müsse, wenn das wahr seyn sollte, was der Wolf behauptete. Da nun der Wolf hierauf nichts sagen konnte, so ergriff er schnell einen andern Vorwand, und be-hauptete, das Lamm habe vor sechs Monathen übel von ihm gesprochen – In der Geschwindigkeit hatte er das Alter des Lammes nicht recht in Erwägung gezogen, und das Lamm machte ihm den wichtigen Einwurf, daß es ja vor sechs Monathen noch nicht gebohren gewesen sey. »Nun so hat dein Vater doch übel von mir gesprochen,« sagte der Wolf, und zerriß das Lamm – Der Vorwand, unter welchem der Wolf das Lamm zerreißen will, wird immer schwächer und unbedeutender; daß es übel von ihm gesprochen haben sollte, war lange nicht eine solche Beleidigung, als wenn es das Wasser wirklich getrübt hätte; und daß sein Vater übel von dem Wolf gesprochen haben sollte, war wiederum noch viel unbedeutender, als wenn es selbst von den Wolf übel gesprochen hätte – Dieß war aber auch die Absicht des Fabeldichters: es sollte zuletzt nur gleichsam ein Schatten eines Vorwandes übrig bleiben, welcher der Macht immer noch hinlänglich genug war, um die Unschuld zu unterdrücken. – Erst sollte das Lamm den Wolf durch That, hernach durch Worte, und endlich gar durch die Worte, die ein andrer gesprochen hatte, beleidigt haben – Daß war ohngefähr der Plan des Fabeldichters, nach welchem er diese Fabel ausarbeitete. Und da die erste Wahl aus der Thierwelt gehörig getroffen, und die erste H a u p t b e z i e h u n g , vermittelst des B a c h e s erfunden war, so machte sich nun die Fabel gleichsam von selbst – die Bilder fügten
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sich ineinander, und aus ihrer Zusammensetzung entstand ein kleines Ganze, daß die Seele nun auf einmal umfassen, und eine große Menge Begriffe aus dem menschlichen Leben darunter sammlen kann – So ohngefähr, wie wir uns die Entstehung dieser Fabel denken, ging der menschliche Geist zu Werke, da er, nicht zufrieden mit der Natur- und Kunstwelt, sich auch eine eigene erdichtete Ideenwelt schuf. Man kann also nun eine neue große Grenzlinie ziehen zwischen der
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Die wirkliche Welt existirt zwar auch in der Idee des Menschen, aber die Ideenwelt unterscheidet sich dadurch, daß sie außer der Idee des Menschen gar nicht da ist – In diese Ideenwelt gehören nun alle Erzählungen von Hexen und Gespenstern; alle Feenmährchen; auch gehört die ganze M y t h o l o g i e oder Götterlehre dahin, durch welche die Welt schon seit den ältesten Zeiten mit unzähligen neuen Wesen bevölkert worden ist, die außer der Einbildungskraft des Menschen nirgends waren. Dahin gehörte, Apollo, Mars, Minerva, Jupiter, und alle Götter und Göttinnen im Olymp – Diese Wesen entstanden, indem man das Unpersönliche in der Welt persönlich, und es sich dadurch gewissermaßen gleich machen wollte – So dachte man sich unter Jupiter die Luft und den Himmel – unter Neptun das Meer – und unter Pluto die Erde – Diese ungeheure Massen, Luft, Erde, Meer, waren für die spielende Einbildungskraft zu unbehülflich – man suchte sich ihre Darstellung zu erleichtern, indem man ihnen die Persönlichkeit mittheilte –
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Nun konnte man mit ihnen reden, Gebete an sie richten, ihnen Opfer bringen, und sie sich als höhere Wesen denken, weil man dem, was durch seinen Umfang und seine Größe den Menschen so klein macht, nun auch noch menschliche Vernunft und Gedanken dazu verlieh – So schuf sich die Einbildungskraft Götter – – Die Weisheit ist so etwas Vortreffliches an dem Menschen, daß man eine Begierde in sich empfindet, sie aus sich herauszudenken, um sie auch außer sich, als ein Wesen höherer Art verehren zu können – man umkleidete diese allgemeinen Begriffe mit Persönlichkeit, gab ihnen einen Körper und einen Nahmen – so entstand Minerva die Göttin der Weisheit; Apollo der Gott der Künste; Mars, der Gott des Krieges, u. s. w. So wie der Mensch in der Kunstwelt eine neue Schöpfung durch Zusammensetzung voneinander verschiedener wirklicher Dinge hervorbringt; so bringt er, da ihm dieß noch nicht gnügt, in seinem eignen Gehirn wieder eine andere Schöpfung hervor, die noch weit sonderbarer ist, als seine Umformungen der Steine zu menschlichen Gestalten, der Asche zu Glas, u. s. w. Er läßt Thiere reden; Luft, Erde und Meer, denken und handeln; einen Fluß sich selbst aus seiner Urne ausgießen, indem er ihm Persönlichkeit, das ist, einen Nahmen und einen Körper giebt – Dieß leitet uns auf einen neuen großen Unterschied zwischen
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allem, was außer ihm ist – Woher kömmt es, daß der Mensch alles, was außer ihm ist, gleichsam in sich zu verwandeln, und ihm seine Natur, sein Wesen mitzutheilen sucht – Weil er Persönlichkeit und Bewußtseyn hat, so ist er so geneigt, diese Eigenschaften auch den leblosen Dingen, die um ihn her sind, in seinen Gedanken mitzutheilen.
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Und was ist wohl natürlicher, als diese Neigung, da der Mensch, bei allem, was er außer sich denkt, wenn er sich dessen bewußt seyn soll, nothwendig e r s t sich selbst denken muß – Alle andern Vorstellungen, die er hat, müssen also durch die immerwährende Vorstellung von ihm selber nothwendig erst d u r c h g e h e n , und nehmen davon ihre Farbe und ihr Gepräge an. – Darum drückt der Mensch der ganzen Natur, indem sie durch seine Vorstellung geht, gleichsam den Stempel seines Daseyns auf – Er bildet die unförmlichsten Gegenstände seinem Körper nach – Der untere Theil eines Berges heißt ihm der F u ß , der obere Theil der R ü c k e n desselben – Und wenn die Einbildungskraft einmal erhitzt ist – so wird die ganze leblose Natur um ihn her belebt; sie verwebt sich inniger, stärker mit seinen Wesen – Berge hüpfen – Das Meer und die Erde freuet sich – Auf die Weise hat nun auch der Mensch der leblosen Welt die Verschiedenheit seines Geschlechtes aufgedrückt, und sie sich als
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gedacht, indem er das Leblose, so wie das Lebende gepaart hat, als: Der Apfel – Die Birne Der Hut – Die Mütze Der Mund – Die Nase Der Fuß – Die Hand Der Stock – Die Ruthe Der Stuhl – Die Bank Der Haß – Die Liebe Der Zorn – Die Sanftmuth Der Wald – Die Wiese. Was man sich also von den leblosen Dingen dem weiblichen Geschlecht ähnlicher denkt, das enthält in der deutschen Sprache den Artikel d i e , und was man sich dem männlichen Geschlecht näher denkt, den Artikel d e r – ein Wort von der erstern Art nennt man ein Femininum, und von der andern Art ein Masculinum –
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Hierinn stimmen nun aber die Sprachen nicht überein – In der lateinischen Sprache denkt man sich oft irgend etwas Lebloses dem weiblichen Geschlecht ähnlicher, was man sich in der deutschen Sprache dem männlichen Geschlecht ähnlicher denkt – D e r T i s c h z. B. ist im Deutschen ein Maskulinum, mensa im Lateinischen hingegen ist ein Femininum, und würde wörtlich übersetzt d i e T i s c h heißen – wie sehr nun die Vorstellungsart der Menschen hierinn voneinander abweicht, sieht man aus den Kupfertafeln, wo die Gegenstände alle mit den lateinischen Nahmen benannt sind, und von denen allemal das r o t h e Blatt lauter F e m i n i n a , und das s c h w a r z e lauter M a s k u l i n a enthält – Durch diese Eintheilung, welche durch r o t h und s c h w a r z bezeichnet ist, zerfallen also alle die Gegenstände in zwei Theile, nicht in Ansehung der Sachen, die sie darstellen, sondern in Ansehung der Nahmen, wodurch diese Sachen in lateinischer Sprache bezeichnet werden – Der lateinische Nahme eines Dinges ist deswegen vorzüglich merkwürdig, weil eine und eben dieselbe Sache von mehrern Nationen, die sonst in den Sprachen ganz verschieden sind, mit diesem Nahmen zugleich benannt wird – Die lateinische Sprache wird in Spanien, Frankreich, Italien, England, Holland, u. s. w. sowohl als in Deutschland in den Schulen gelehrt, wodurch sie zu einer Art von Universalsprache geworden ist, in welcher sich die Gelehrten der ganzen Welt einander verstehen – Weil nun dieß einmal so ist, so wird auf die Erlernung der lateinischen Sprache in der Jugend der vorzüglichste Fleiß gewandt – und weil es nun im Lateinischen eben so seltsam klingt, wenn man z. B. sagen wollte, bonus mensa, als wenn im Deutschen einer sagte: d i e g u t e T i s c h , so sucht man beim Unterricht in der lateinischen Sprache vorzüglich mit den Unterschied zwischen Maskulinum und Femininum recht einzuschärfen – Dieß ist nun auch eine Absicht bei diesen Kupfertafeln gewesen, indem der Unterschied zwischen s c h w a r z und r o t h dem Gedächtniß hat zu Hülfe kommen sollen –
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Weil uns aber die zu unserm Endzweck gehörigen Sachen selbst wichtiger gewesen sind, als die Nahmen, wodurch sie bezeichnet werden, so sind wir bis jetzt auf diesen Unterschied zwischen schwarz und roth noch nicht aufmerksam gewesen – indes soll uns dieß auf einen andern wichtigen Unterschied führen, zwischen den Dingen und ihren Benennungen
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Die B e n e n n u n g e n der Dinge machen wieder unter sich eine Welt von Verhältnissen und Beziehungen aus, die alle in dem Bau der Sprache gegründet sind, welche gleichsam ein Abdruck der ganzen Schöpfung ist – Sache
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So wie nun nicht das Stillstehende, sondern das Lebende und sich Bewegende, diese unaufhörliche U m w ä l z u n g und K r e i s l a u f in den Dingen das eigentliche Wesen der We l t ausmacht – So machen auch die Wörter, welche Leben und Bewegung anzeigen, als s e t z e n , h e b e n , s t e i g e n , f a l l e n , t r a g e n , h a b e n das eigentliche Wesen der S p r a c h e aus – die andern Worte, als S c h l ü s s e l , H a u s , T h ü r sind bloße Benennungen oder Nahmen von Dingen, welche erst durch die Leben und Bewegung anzeigenden Wörter in Verbindung gebracht werden müssen – als: d e r S c h l ü s s e l ö f f n e t d i e T h ü r e u n d d u r c h d i e T h ü re geht man in das Haus – Durch die Worte ö f f n e n , g e h e n , d u r c h und i n kömmt erst Zusammensetzung, Verbindung und Beziehung in die Rede, die vorher aus bloßen Nahmen bestand, welche, wenn ihnen
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auch noch so viel hinzugesetzt wäre, doch kein Ganzes würden ausgemacht haben – Schlüssel – Thurm – Haus – Die ganze Sprache zerfällt also in Wo r t und N a h m e n 90
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verbindende Bestandtheile, und Bestandtheile, die verbunden werden. Im gewissen Verstande ist in den Sprachen alles Nahme, und nur ein einziges wirkliches Wo r t : das ist das Wort ist
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welches die Welt unsrer Begriffe schließt – und mit seiner belebenden und ideenverbindenden Kraft, durch die ganze Sprache herrscht, wie der Geist des Menschen durch den Körper – Die Wissenschaft, welche sich vorzüglich mit der Entwickelung dieser und ähnlicher Begriffe beschäftigt, heißt:
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die Sprachlehre. Von den Gegenständen aus der Thier- und Kunstwelt, die auf der vierten Kupfertafel enthalten sind, wenden wir uns nun zu den großen Gegenständen, welche nicht zu einer besondern Abtheilung der Dinge in der Welt gezogen werden können, sondern die g r o ß e We l t i m G a n z e n mit ausmachen, weil sie selbst ganze We l t k ö r p e r , wie unsere Erde, sind –
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aus der vorigen Kupfertafel wollen wir die S o n n e dazu nehmen – und in unsern Gedanken nebeneinanderstellen:
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Welch eine neue Art von Gegenständen! wie verschieden von Bäumen, Pflanzen und Thieren! Der Anblick der Sonne und des Mondes ist einzig in seiner Art – So wie wir das bekannte Antlitz eines Freundes begrüßen, so begrüßen wir mit jedem Tage das Antlitz der Sonne, die immer jung und neu, und doch unverändert wieder emporsteigt – Die Sonne und der Mond sind das e i n z i g s t e , in der Natur, alles andre ist mehrmal da – Diese beiden großen Gegenstände der Betrachtung des Menschen bringen daher auch E i n h e i t in das Mannichfaltige – Sie schlagen durch ihr immerwährendes Auf- und Niedergehen gleichsam den Takt zu den großen Revolutionen, die sich auf diesem Erdenrund ereignen – Sie geben den Menschen Zeichen, Zeiten, Tage und Jahre – Sie ordnen seine Vorstellungen von dem Lauf der Dinge – Sie sind das stets sich Gleichbleibende mitten unter dem was unaufhörlich abwechselt – Alles was der Mensch erlebt, daß knüpft er an diese großen immer wiederkehrenden Veränderungen in der Natur: Sonnen Auf- und Niedergang Mondswechsel Sommer – Winter – Frühling – Herbst – Damit entsteht zugleich das B e d ü r f n i ß der Zahl – Was sich ganz gleich ist, und nicht v e r b u n d e n da ist, wie alles dasjenige, was aufeinander folgt, kann nur durch die Zahlen unterschieden werden – Der Mensch z ä h l e t also von einem Vollmond bis zum andern z w ö l f m a l – während der Zeit hat die Sonne zweimal Tag und Nacht gleich gemacht, und also den Herbst und den Frühling hervorgebracht – einmal hat sie durch ihre stärkste Annäherung den Sommer, und einmal durch ihre weiteste Entfernung den Winter verursacht –
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Diese vier großen sichtbaren E i n s c h n i t t e in den Lauf der menschlichen Dinge, F r ü h l i n g – S o m m e r – H e r b s t – und W i n t e r – ordnen das Jahr, und die Geschäfte des Menschen – – Während das Kriege geführet und wieder Frieden geschlossen, Staaten und Provinzen zerstört, und andre wieder errichtet, Geschlechter untergehen, und andre wieder geboren werden – folgen Frühling, Sommer, Herbst und Winter immer in gleicher unverrückter Ordnung aufeinander, und nach jedem vollendeten Kreislauf, macht der Mensch einen neuen großen Einschnitt, in die Reihe seiner Vorstellungen von dem Lauf der Dinge, aus deren Anhäufung die Z a h l d e r J a h r e entsteht – Diese immer wiederkehrenden größern und kleinern Einschnitte in den Lauf der Dinge, sind die Grundlage der Geschichte, und die festeste Stütze unsers G e d ä c h t n i s s e s , daß ohne dieses Hülfsmittel die Begriffe von dem a u f e i n a n d e r f o l g e n d e n auf mannigfaltige Art verwirren, und sie statt einer wohlgeordneten Reihe, welche wir schnell durchlaufen, und was wir wollen, herausfinden können, in ein ver-wirrtes Chaos zusammenwerfen, und uns die Vergangenheit unsers Daseyns in undurchdringliches Dunkel hüllen würde.
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Z e i t und Z a h l sind zwei große und erhabene miteinander auf das genaueste verwandte und verknüpfte Begriffe – Daß der Mensch sagen und denken kann: e i n s , z w e i – Daß er sagen und denken kann: h e u t e – m o r g e n das dehnet sein Daseyn über den gegenwärtigen Moment aus, worinn er sonst, mit alle dem, was ihm umgiebt, verschlungen würde – Die Begriffe
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eins – zwei heute – morgen gehören zur Grundlage seines vernünftigen Denkens –
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Wie kam er denn auf diesen Unterschied, wie kam der Mensch auf die Begriffe von Zeit und Zahl? Dieser Unterschied, und diese Begriffe sind von Anbeginn der Welt – in die ganze Natur, die sich dem Menschen darstellet, mit eingewebt – Die Natur selbst lehrte den Menschen die große Kunst zu unterscheiden, und zu zählen: sie war es, die ihn schon in der grauen Vorzeit
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lehrte – Die ganze Natur scheint ein Abdruck des menschlichen Verstandes, so wie der menschliche Verstand ein Abdruck der ganzen Natur zu seyn – eine so bewundernswürdige Uebereinstimmung findet zwischen der Natur der menschlichen Begriffe und ihrem großen Gegenstande statt – Der g r ö ß t e und a u f f a l l e n d s t e U n t e r s c h i e d , der von Anbeginn in die Natur gelegt war, ist der zwischen L i c h t und F i n s t e r n i ß
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Ein Unterschied, der dem Menschen auch in der Kindheit seines Verstandes nicht entgehen konnte – Das Licht, wodurch erst aller Unterschied der Dinge, ihre Farben und Gestalten, dem Auge sichtbar werden, und selbst im Gegensatz gegen die Finsterniß – Das u n t e r s c h e i d e n d e und o r d n e n d e gegen das nicht unterscheidende und v e r w i r r e n d e Principium. Nothwendig mußte in der vorstellenden Kraft des Menschen, durch diesen Unterschied, die erste tiefste Furche gezogen werden, deren Spur durch die mannichfaltig zuströmenden Bilder, am Tage nicht wieder vertilgt werden konnte. – Hier wurde der erste Grundstein des menschlichen Denkens gelegt – Vorstellungen von dem Allerentgegengesetztesten
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von Wa h r h e i t und I r r t h u m
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g u t und b ö s e r e c h t und u n r e c h t worauf die ganze Macht unsers Denkens beruhet, wurde hier die erste Bahn gebrochen – Auch mußte sich durch diesen Unterschied zuerst die Zunge des Menschen zu dem Jubel lösen, womit er das kommende Licht begrüßte, und zu der Klage, womit er zuerst die furchtbare Dunkelheit der Nacht hereinbrechen sahe – Er fühlte sich gedrungen, die ersten Laute der Sprache zu stammeln: Nachdem er das Licht von der Finsterniß unterscheiden gelernt hatte, so n a n n t e er das Licht Ta g , und die Finsterniß N a c h t . Nachdem nun die erste schärfste Grenzlinie gezogen war, so kam der zweite große Unterschied an die Reihe, zwischen oben und unten Himmel – Erde In der Dunkelheit der Nacht war Himmel und Erde eins – der Himmel schien auf der Erde zu ruhen, und die Erde an den Himmel zu stoßen – Die Gestalten der Dinge waren erloschen – d i e E r d e w a r w ü s t e und leer – Aber mit der Geburt des Lichtes am Morgen zog sich das blaue Gewölbe des Himmels allmälig in die Höhe – und die Berge senkten sich vor dem Blick des Menschen nieder, indem sie sich von dem auf ihren Häuptern ruhenden Nebel trennten. Die große Lichtmasse, die nun einmal in der Vorstellung des Menschen von der Finsterniß abgesondert war, zerfiel in Himmel und Erde – In den lichten blauen Aether, der emporsteigt, und die undurchsichtige schwere Erde, die sich niedersenkt –
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Dieser zweite große Unterschied drang sich der Beobachtung des Menschen auf, so oft er sein Auge emporhub und es wieder niederschlug – Himmel und Erde war also die Erste Geburt des Lichts, das aus der Finsterniß emporstieg – Himmel und Erde ist der große Gedanke des Menschen, womit er a l l e s umfaßt, was ihn umgiebt – Von der Sonne, die am Himmel glänzt, bis auf das Würmchen, daß am Blatte flimmert – Indem nun der Mensch sein Auge von der festen undurchdringlichen Erde, worauf sein Fuß sich stützt, auf die wallende Wasserfläche warf, die in ihrem Schooße das Bild des Himmels spiegelt, welch eine neue Furche mußte plötzlich durch diesen Unterschied in seiner vorstellenden Kraft gezogen werden! Erde – Meer – fest – flüssig Nun war die große Masse geordnet – Licht – Finsterniß Himmel – Erde Erde – Meer – Die kleinern Unterschiede konnten nun allmälig an die Reihe kommen – Auf der Erde lernte der Mensch Bäume, Pflanzen, und Kräuter; und am Himmel S o n n e , M o n d u n d S t e r n e unterscheiden – Nachdem jene großen Unterschiede sich ihm tief eingeprägt hatten, so war er nicht mehr in Gefahr, seine Begriffe zu verwirren, und die Dinge auf Erden, mit den Dingen am Himmel zu vermischen – Daß Licht war ihm nun erst helle geworden, seit er es mit der Dunkelheit verglich – Der Anblick des Himmels, wurde ihm erst reizend, wenn er sein Auge von der undurchsichtigen Erde zu ihm emporhob – Die Erde wurde ihm erst fest und sicher, sobald er sie gegen das wankende, wallende Meer verglich – Und nun nachdem er sich diese g r o ß e n U n t e r s c h i e d e tief eingeprägt hatte, erhielt er erst Muße, sich das Ganze der Schöpfung auch im K l e i n e n zu ordnen. –
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Seine vorstellende Kraft faßte die leblosen Gegenstände eher, als die lebenden, weil diese ihm gleichsam festen Stand hielten, und seiner Aufmerksamkeit nicht so bald entwischten – Die Gestalt des Baumes, der ihm seine Frucht darbot, spiegelte sich am längsten in seinen Augen, und seine Blicke konnten mit Muße darauf verweilen – er lernte also das Einzelne im Ganzen Den Baum im Walde den Ast am Baume den Zweig am Aste und das Blatt am Zweige unterscheiden – Noch ehe seine Aufmerksamkeit sich auf die Himmelskörper heftete, die ihm durch ihren immerwährenden Kreislauf zu schnell entwischten, und seine Beobachtung täuschten, bis es ihm gelang, nachdem er sich von dem S t i l l s t e h e n d e n ein klares Bild in seiner Seele entworfen, auch das A u f e i n a n d e r f o l g e n d e bei dem immerwährenden Kreislauf der Sonne, des Mondes und der Gestirne, mit seiner vorstellenden Kraft zu fassen, und nach dieser festen und bestimmten F o l g e nun alles übrige, was in dem Lauf der Dinge aufeinander folgt, zu ordnen – Endlich gelang es ihm auch, sich durch den wiederholten Anblick der l e b e n d e n G e s c h ö p f e , die sich vor seinem Blick hin und her bewegten, ein festes Bild von ihnen einzuprägen – Es f ü g t e s i c h , daß sie sich so oft, gleichsam freiwillig, seinem Blick darstellten, bis er eine Gattung, eine Klasse von der andern allmälig unterscheiden lernte, und ihnen N a h m e n gab – Die großen Unterschiede zwischen H i m m e l , E r d e , und M e e r welche sich ihm schon einmal eingeprägt hatten, waren Ursache, daß er nun die Vögel unter dem Himmel, Die Fische im Meer, und Die Thiere auf Erden,
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in seiner Vorstellung gehörig zu o r d n e n wußte, Daß in seiner Einbildungskraft die Vögel nicht schwammen; der Fisch nicht ging; und das Thier nicht flog – Die ganze leblose und belebte Schöpfung ordnete sich in ihm in mannichfaltige Arten und Unterarten der Dinge – Diese Schöpfung stand zum zweitenmal in der Seele des Menschen da – dessen Blick nun zum G e f ü h l s e i n e s e i g e n e n D a s e y n s in ihm selbst zurückgedrängt wurde, nachdem er an den Dingen, die ihn umgaben, seine Neugier gesättigt hatte – Er fand nun in sich eine Welt, die ihm noch ein weit größeres Feld seiner Betrachtung darbot, als die Welt außer ihm – Das letzte Werk, die Krone der Schöpfung war der denkende Mensch. Dieß ist die Schöpfungsgeschichte des menschlichen Verstandes. D i e e r h a b n e L o g i k der Natur – Ihr Grundriß liegt in der Schöpfungsgeschichte Mosis. An diese Schöpfung schließt sich d e r To d , welcher durch das von Fleisch entblößte Knochengebäude des Menschen im Bilde dargestellt wird. Die ganze Natur scheint alle ihre Kräfte aufgeboten zu haben, eine Zeitlang in dem Umfange dieses Schädels und dieses Knochenbaues, ein wunderbares Spiel von Gedanken und Empfindungen zu unterhalten, wodurch sie sich gleichsam selbst übertrifft, indem sie erst den höchsten Gipfel ihrer Schönheit und Vollkommenheit in der Vorstellung eines denkenden Wesens erreicht, das sich ihrer mit reinem Herzen freuen kann – Und nun hat sie selbst diesen kostbaren Spiegel zerschmettert, worin sie sich ihre Gestalt so herrlich abbildete – Statt jener Augen, worinn sich so oft das Antlitz der Sonne mahlte, sind hier ein paar leere grauenvolle Oeffnungen – Die Lippen auf welchen die Freuden und das Lächeln wohnte, sind verschwunden –
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Alle die weichen Fiebern, welche jeden sanften Eindruck annahmen, und ihn dem Sitz des Denkens zuführten, sind von der harten Knochenmasse abgelößt, die noch eine Zeitlang der gänzlichen Zerstörung trotzt; und selbst in ihrer Zerstörung noch Ueberreste der Würde in Gang und Stellung zeigt, und wie die Ruinen eines zerfallnen Göttertempels, Staunen und Ehrfurcht einflößt – Hier sollte also das Ende dieser Schöpfung seyn, die sich in dem Geiste des Menschen bildete? – Mit dieser traurigen Verwandlung sollte nun alles aufhören? Die sonst so sparsame Natur sollte hier allein mit solchem Aufwande sich nur eine desto prächtigere Zerstörung haben schaffen wollen – Sie sollte nur deswegen in jedem einzelnen Menschen eine eigne neue Schöpfung, eine neue Welt hervorgebracht haben, um ihr Werk desto öfter wieder zerstören zu können? Menschen- und Thiergerippe wären also der letzte bleibende Endzweck ihrer immerwährenden Schöpfung, und damit die Zahl sich immer mehr anhäufe, ließ sie Millionen geboren werden, die alle wieder ein Grab verschlingt, das nie gesättigt wird? – Dieß Knochengebäude soll länger dauren, als der denkende Mensch, daß Meisterstück der Natur? – Zwar macht die Knochengestalt die größte Scheidewand zwischen alle diesen Gedanken und Vorstellungen –
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L e b e n und To d steht im fürchterlichen Gegensatz nebeneinander – Diese Knochengestalt ist die furchtbare Trümmer einer zerstörten Welt –
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A n f a n g und E n d e des Daseyns ist beides für uns in gleiches Dunkel gehüllt –
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Hier ist der S c h l u ß p u n k t alles unsers Denkens von zwei Seiten – Hier senkt sich der Horizont bis auf den Boden nieder – und die Aussicht ist gehemmet – Indem man diese Knochengestalt betrachtet, so verschwindet alles; Thürme, Palläste, Städte, Wünsche, Hoffnungen, Wissenschaften, Künste – alles ist in Nacht verschwunden, alles ist in das erste Chaos der Dinge zurückgesunken – Die Gedanken schwinden uns – wenn wir uns an die Stelle dieses Knochengebäudes versetzen sollen – Wir staunen und staunen – und sehen nicht, wie es möglich ist, daß unser Wesen so verwandelt werden kann – Eine solche Verwandlung unsers Wesens scheint uns ein Widerspruch – Wir sind geneigt zu glauben, daß nur die Hülle unsers eigentlichen Wesens, aber nicht unser Wesen selbst auf die Weise verwandelt ist –
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Denkender Mensch – Knochengerippe –
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Es läßt sich kein Uebergang von dem einen zu dem andern denken – Das, was d a c h t e , kann nicht s o verwandelt werden – So wie aus der Zerstörung neues Leben hervorgeht, so ergänzt die anhaltende Betrachtung dieses Todtengerippes einen erhabnen Gedanken, einen neuen Begriff in der Seele, der plötzlich die Schrecken des Todes verschwinden macht – Das, was ich hier vor mir sehe, ist von meinem denkenden Ich zu verschieden, als daß dieses je darinn sollte verwandelt werden können – Hier sehe ich harte, steife Körpermasse, die sich anfaßt, wie Holz und Stein – Dieses ist aus dem Innersten meines Körpers herausgehoben – und steht nun vor mir da – als ein Gegenstand meiner Betrachtung – Diese betrachtenden und beobachtenden Gedanken in meinen Innern, wie unendlich verschieden sind sie von dem Gegenstande, den ich vor mir sehe!
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Ich muß dem, was in mir betrachtet und beobachtet, nothwendig einen andern Nahmen, als dieser harten und steifen Körpermasse geben – Einen Nahmen, der Leben und Bewegung, Denkkraft und Thätigkeit bezeichnet – Ich fühle mich gedrungen, eine neue Grenzlinie in meiner Vorstellung zu ziehen, zwischen
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K ö r p e r und G e i s t Aus der dunklen Mitternacht dämmert das Morgenroth – aus der zerstörten Körperwelt steigt
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empor – Das unverwandte Anschauen des Todes läßt uns einen Blick hinter den geheimnißvollen Vorhang thun, der das, was jenseit des Grabes ist, vor unsern Augen verhüllt – Unser Gesichtskreis erweitert sich wieder, und schließt uns eine heitere Ferne auf – Bauet die Natur, um zu zerstören? Nein, sie zerstört nur, um zu bauen – Das B a u e n und B i l d e n ist ihr Zweck, die Zerstörung ist nur Mittel – In jedem Herbst fallen die Blätter vom jungen Stamme, und andere brechen im Frühling wieder hervor, indes der Stamm mit jedem Jahre wächst, und fester und stärker wird – Menschen werden geboren und sterben; der Staub von Millionen mischt sich zu dem Staube, aber mitten durch die Zerstörung wächst die Geisterwelt empor; sie arbeitet sich durch Tod und Verwüstung durch – und nimmt mit jedem Menschenalter zu – Die immerwährende Vervollkommnung der Geisterwelt ist das F o r t s c h r e i t e n d e in der Natur – ohne dieß Fortschreitende würde der Kreislauf der Dinge selbst ohne Zweck und ein bloßes absichtloses Spiel seyn –
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Was hilft es, wenn das Rad am Wagen sich ewig um seine Axe dreht, ohne daß der Wagen vorwärts rollt – Hat nicht selbst der Erdball die d o p p e l t e Bewegung, daß er unaufhörlich f o r t s c h r e i t e t , während er sich um seine Axe drehet – Der immerwährende Kreislauf der Natur ist: Leben und Tod Jugend und Alter Bildung und Zerstörung. Dieß ist ihr D r e h e n um ihre A x e , dieß ist immer abwechselnd Ta g und N a c h t – Wie die junge Morgenröthe, so steigt mit jedem Menschenalter die jugendliche Welt empor – um nach ihrem vollendeten Lauf in das Dunkel des Grabes wieder hinabzusinken. – Wo ist nun das Fortschreitende bei dem ewigen Kreislauf, bei dem Drehen um die Axe, welches doch nothwendig ist, wenn alles nicht ein zweckloses Spiel seyn soll? – Was anders kann dieß seyn, als die immerwährende Vermehrung und Vervollkommnung der Geisterwelt, die mit jedem vollendeten Kreislauf wächst und zunimmt – Hier ist ein unübersehbares Feld – Eine trostvolle Aussicht in ein unendliches Gewebe voll Mannichfaltigkeit und Einheit, bei dessen Betrachtung der Geist Ewigkeiten hindurch nicht e r m ü d e n kann. Diese neue Grenzlinie, die wir gezogen haben, schneidet schärfer und tiefer ein, als alle vorhergehende – In der ganzen Körperwelt findet kein ähnlicher Unterschied statt, wie der zwischen Körper und Geist – Der Körper muß bei dieser Gegeneinanderstellung erst ganz verschwinden, ehe man den Begriff Geist zu denken im Stande ist – G e i s t hat keine Größe, keine Ausdehnung – ein Milliontheilchen eines Sandkorns übertrift ihn daran – bei ihm ist alles in ihm selbst, in das Bewußtseyn seines I c h s hineingedrängt – Alles ist bei ihm ineinander Nichts außereinander
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Bei dem kleinsten Körpertheilchen hingegen sind die noch kleinern Bestandtheile immer wieder a u ß e r e i n a n d e r – e s können also einige Theile davon a b f a l l e n , während das andere bleiben – das Ganze ist zerstörbar, es kann z e r t h e i l t werden – Körpertheilchen können nie ganz i n e i n a n d e r , sondern müssen immer zum Theil außereinander seyn. – Das macht sie zerstörbar – Bei den Begriffen und Vorstellungen läßt sich nichts a u ß e r e i n a n d e r denken – alle Vorstellungen, die wir von Jugend auf gesammlet haben, können immer ineinander bestehen – Darum heißen sie auch B e g r i f f e – eine Vorstellung, die außer dem Zusammenhange aller übrigen bestehen sollte, würde keine Vorstellung seyn; sie würde gleichsam in der Luft zerflattern – Diese Kraft des in sich Z u s a m m e n d r ä n g e n s alles dessen, was sonst zerstreut und einzeln ist, ist es eben, was der Lateiner cogitare nennt, und was das Wesen unsers Geistes ausmacht – Dieß ist eine vom Körper ganz verschiedne, und wenn sie einmal da ist, unzerstörbare Kraft – Was diese zusammenhaltende Kraft von dem, was vorher einzeln und zerstückt war, einmal in sich zusammengezwängt, und zu einem Ganzen gebildet hat, daß kann sie nie wieder fahren lassen – Denn hier ist alles i n – das Umfassende wird stets wieder umfaßt – Alles ist eins. Das E i n e trotzt der Zerstörung – Zerstörung ist E n t z w e i u n g , Tr e n n u n g – Nichts ist in der Welt wirklich e i n s , als worinn nichts außereinander, sondern alles ineinander ist – Die wahre Einheit ist also unsichtbar – Alles was wir sonst e i n s nennen, ist bloße Täuschung, weil wir uns dasjenige, was eigentlich außereinander ist, als ineinander d e n k e n – Nicht die Sache, sondern unsere Vorstellung von der Sache ist eins geworden – so ist das ganze Universum in unsrer Vorstellung eins geworden – Jedes denkende Wesen ist also ein Ve r e i n i g u n g s p u n k t des rundumher zerstreuten – diese denkenden Wesen, müssen, als von-
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einander zerstreut und einzeln, wiederum einen großen Vereinigungspunkt haben – weil sie sich sonst untereinander verlieren – und weil nicht alle in einen, und einer in allem dargestellt werden kann, ihr Daseyn nicht fest und gesichert genug, sondern gewissermaßen nur zufällig wäre – kurz, die Natur unserer Denkkraft selber zwingt uns – irgend einen großen Vereinigungspunkt anzunehmen, der wiederum alle denkende Wesen zusammenfaßt – Diesen großen Vereinigungspunkt nennen wir: D a s h ö c h s t e d e n k e n d e We s e n oder Gott Unsre Denkkraft schließt sich gleichsam von selber an diesen großen Vereinigungspunkt an, ohne dem sie sich v e r l a s s e n , e i n s a m , a b g e r i s s e n fühlt – Alle einzelnen denkenden Wesen finden sich hier zusammen, wie die einzelnen Gedanken in der Seele des Menschen – die einzelnen denkenden Wesen sind B e g r i f f e des höchsten denkenden Wesens – Bei dem h ö c h s t e n d e n k e n d e n We s e n ist alles i n e i n a n d e r – Z e i t , und R a u m , und Z a h l , aber ist a u ß e r e i n a n d e r – es kann also bei ihm weder Zeit, noch Raum, noch Zahl statt finden. Eingeschränkte denkende Wesen nehmen zwar auch keinen Raum ein, aber sie bedürfen doch Z e i t , weil sie das, was außereinander ist, n i c h t a u f e i n m a l in den Vereinigungspunkt zusammendrängen können – worinn es gebracht werden muß, um g e d a c h t z u werden – Dadurch entsteht der Begriff von Z e i t und Z a h l – die d a s Z e r s t ü c k t e i n e i n s v e r w a n d e l n d e K u n s t verliert hier ihre Stärke – Sie ist gleichsam genöthigt, daß einmal Zusammengefaßte, eine Zeitlang wieder auseinander zu lassen, um alles andere dazu zu fassen – E i n s lößt sich wieder in z w e i auf –
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Was in Ansehung des R a u m e s eins war, fällt in Ansehung der Z e i t wieder auseinander – eins – einmal – sind voneinander sehr verschiedne Begriffe – Die Welt wird in der Vorstellung eines denkenden Wesens e i n s – aber sie wird nicht auf e i n m a l eins – Zu dem Zusammendrängen in eins gehört eine w i e d e r h o l t e Anstrengung der Denkkraft. Durch das Gefühl dieser w i e d e r h o l t e n Anstrengung bildeten sich die Begriffe von Z e i t und Z a h l – Indem wir nun den höchsten Vereinigungspunkt aller denkenden Wesen suchen, so müssen wir uns das Gefühl dieser w i e d e r h o l t e n Anstrengung nothwendig bei derselben hinwegdenken – Die höchste und letzte Verwandlung des Abgesonderten in eins, muß nothwendig g a n z und v o l l s t ä n d i g seyn – Sie leidet nicht die mindeste Ve r e i n z e l u n g mehr – Die höchste Denkkraft muß nicht nur A l l e s , sondern auch alles a u f e i n m a l umfassen – Das ganze Daseyn der höchsten Denkkraft drängt sich daher i n w e n i g e r a l s e i n e n A u g e n b l i c k zusammen – Der Begriff von Zeit verschwindet ganz, und macht dem Begriff von E w i g k e i t Platz, der hier an seine Stelle tritt – U n e n d l i c h e Z e i t ist nicht Ewigkeit, eben so wenig, wie u n e n d l i c h e r K ö r p e r Geist ist – Der Begriff von K ö r p e r muß vorher ganz verschwinden, wenn der von G e i s t in seiner höchsten Reinigkeit emporsteigen soll – So muß auch vorher der Begriff von Zeit verschwinden, wenn der Begriff Ewigkeit rein und lauter gedacht werden soll – Der Geist hat keine Ausdehnung – Die Ewigkeit hat keine Dauer – Ein Sonnenstäubchen übertrifft den Geist an Ausdehnung – Ein Augenblick übertrifft die Ewigkeit an Dauer –
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Auf dieser Wage muß also Geist nicht gegen Körper und Ewigkeit nicht gegen Zeit gewogen werden – Der ganze Unterschied zwischen Geist und Körper beruhet auf den beiden simpeln Begriffen in und aus Intension – Extension Geist Körper i n macht das Wesen des Geistes, a u s das Wesen des Körpers aus – Das allerkleinste, wo noch alles außereinander ist, muß nothwendig dasjenige, wo alles i n e i n a n d e r ist, an Größe und Ausdehnung übertreffen – Eigenschaften, worinn jenes mit diesen gar nicht wetteifert, weil sie Dinge von ganz v e r s c h i e d n e n We s e n sind – die nichts als das D a s e y n miteinander gemein haben – Bei allen endlichen denkenden Wesen verschwindet nur der Begriff der A u s d e h n u n g , den sie zu ihrem Daseyn nicht bedürfen – Bei dem einzigen unendlichen denkenden Wesen aber verschwindet auch zugleich der Begriff von Z e i t , deren es zu seinem Daseyn nicht bedarf – Der endliche Geist ist nicht im Orte, aber er ist noch in der Zeit – Der unendliche Geist ist weder im Ort noch in der Zeit – Ort und Zeit sind i n ihm – Die endlichen Geister sind i n der Zeit – weil sie von der großen Weltmasse, wo alles schon, wie der Baum in seinem ersten Keim, da ist, immer erst e i n s n a c h d e m a n d e r n herausnehmen und betrach-ten, und also die Ursach von der Wirkung getrennt denken müssen, welche der unendliche Verstand mit einemmale umfaßt, so daß keine Folge der Dinge, die er sich schon einmal als fest ineinander gegründet, und als wirklich vorhanden denkt, bei ihm statt findet – endlich und Zeit unendlich und ewig sind unzertrennlich miteinander verknüpfte Begriffe – Endliche, eingeschränkte vorstellende Kräfte – können das nur vermittelst der Zeit, oder n a c h e i n a n d e r bemerken, was die uneingeschränkte, unendliche Kraft, a u f e i n m a l , ohne des kleinsten Zeitraums zu bedürfen, leisten kann –
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Z e i t ist also bloß Resultat der Einschränkung unsrer vorstellenden Kraft – Das Leben wird den Sterblichen hienieden gleichsam tropfenweise in Stunden und Augenblicken zugezählt – Der völlige Genuß desselben ist ihm vielleicht erst in einem andern Zustande aufgespart – Der Mensch lebt nicht Tage, nicht Jahre, sondern nur Stunden, und Augenblicke – nur durch die Erinnerungskraft wird die Geschichte des einen auf den andern fortgepflanzt, und auf die Weise die Einschränkung der vorstellenden Kraft der Seele einigermaßen ersetzt – Erinnerung ist also das feste Band, welches alle die verschiedenen Zustände unsers Daseyns zusammenknüpft, und ein Ganzes daraus macht – Die höchste vorstellende Kraft, welche sich alles auf einmal denkt, bedarf also der E r i n n e r u n g nicht, die nur ein Ersatz der Unvollkommenheit der Einschränkung ist – Diese Kraft der Seele heißt E r i n n e r u n g , weil sie das Aufeinanderfolgende, das sonst in der Idee stets a u ß e r e i n a n d e r bleiben würde, wieder ineinanderzwingt, und es dem Selbstbewußtseyn e i n verleibt – Alles unser Denken ist daher gewissermaßen ein E r i n n e r n – ein U m f a s s e n gewisser Begriffe mit andern –
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Darum heißt es e r i n n e r n – machen, daß alles in den Umfang aller unsrer von Kindheit auf gesammleten Vorstellungen kömmt, was vorher gleich-sam außer dem Bezirk derselben, in irgend einem Eindruck des Gehirns schlummerte – E r i n n e r u n g und Z e i t sind wiederum nothwendig miteinander verknüpfte Begriffe; es läßt sich keine Erinnerung ohne Zeit, und wiederum keine Zeit ohne Erinnerung denken – wo keine Zeit statt findet; da kann auch keine Erinnerung statt finden.
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Es giebt noch eine Kraft der endlichen denkenden Wesen – diese ist: die Kraft zu urtheilen 5
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oder das Vermögen, zwei Begriffe miteinander zu verbinden oder voneinander zu trennen – Dieß geschieht vermöge des Wörtchens i s t – und die Anstrengung der Denkkraft dabei hat vorzüglich zum Endzweck, eine Idee in den Zusammenhang aller übrigen von Kindheit auf gesammleten zu bringen, oder sie daranzuknüpfen. Dieß Anknüpfen aber kann nicht anders, als vermittelst des allgemeinsten und abgezogensten Begriffes geschehen, der in der menschlichen Seele statt findet – dieses ist der Begriff des Daseyns, welcher gleichsam durch alle übrigen Begriffe durchläuft, und auf den sie gewissermaßen gereihet sind – Das Urtheil ist ebenfalls eine Art von Erinnerung der Einverleibung einer Idee in den Zusammenhang aller übrigen – Daß nun unsre Denkkraft selbst da Einschnitte machen kann, wo in der Natur keine sind, daß sie die Eigenschaften der Dinge von den Dingen selbst, in unsrer Vorstellung trennen kann – daß macht nun die mannichfaltigen Verbindungen und Beziehungen zwischen unsern Ideen möglich, wodurch das Denken befördert wird. B a u m zum Beispiel ist nur noch eine bloße Vorstellung, noch kein Gedanke, unsre Denkkraft hat sich noch mehr leidend als thätig dabei verhalten – sie hat sich noch nicht bemühet, das Bild vom Baum in den Zusammenhang aller übrigen von Kindheit auf gesammelten Bilder zu knüpfen – Allein die vorstellende Kraft, welche sich bis jetzt leidend verhalten hatte, fängt an, sich für den Baum zu interessiren, sie fängt an, über ihn nachzudenken, und wird nun auf einmal thätig – Ihr erstes Geschäft ist hier z. B. die g r ü n e F a r b e von dem Baum zu trennen, und sie sich zugleich an dem Baum und an andern Dingen zu denken – dadurch wird das Bild von Baum sogleich in eine Reihe von Bildern verwebt, die zu gleicher Zeit mit in der Seele erwachen – es läuft nun gleichsam ein gemeinschaftlicher Faden durch
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weil bei allen diesen Gegenständen die als von den Baum abgesondert gedachte Eigenschaft grün stattfindet – J e m e h r Eigenschaften sich nun die vorstellende Kraft als abgesondert von dem Baum denkt, in einen desto stärkern Zusammenhang, mit allen übrigen Vorstellungen die in der Seele schlummern, bringt sie ihn, um desto deutlicher und fester wird dadurch das Bild vom Baume – Allein wenn auch alle m ö g l i c h e Eigenschaften des Baumes erschöpft würden, so wäre es doch unmöglich, das Bild von demselben dadurch an a l l e Begriffe, die nun in der Seele sind, zu knüpfen, und ihn dadurch gleichsam ihrem Zusammenhange e i n z u v e r l e i b e n – Um den Baum auf einmal in den Zusammenhang a l l e r unsrer Gedanken zu bringen, muß das an ihm gedacht werden, was a l l e n Dingen in der Welt, und also auch allen unsern Begriffen von denselben nothwendig zukömmt, dieses ist das Daseyn, welches durch das mächtige ideenverbindende I s t bezeichnet wird, das uns von dem Thier unterscheidet, und die Grundlage unsers Denkens ist. Um zu u r t h e i l e n müssen wir also erst t r e n n e n , um wieder verbinden zu können. Dieß setzt die Denkkraft unsrer Seele erst in Thätigkeit – und verwandelt die vorstellende in die urtheilende Kraft – Das was in der Natur an sich schon zusammengehört, soll in unsrer Vorstellung erst zusammengesetzt w e r d e n – Indem wir urtheilen legen wir die Natur gleichsam a u s e i n a n d e r , oder zergliedern sie, um sie wieder zusammensetzen zu können – Dies scheint man dunkel bei dem Wort u r t h e i l e n empfunden zu haben, wodurch dieser Begriff bezeichnet wird – u r t h e i l e n , die Natur bis in ihre Bestandteile auflösen, und der Zusammensetzung derselben nachspähen – Hier ist also der Unterschied zwischen Vorstellung und Urtheil Vo r s t e l l u n g Urtheil der grüne Baum der Baum ist grün
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Sage ich d e r g r ü n e B a u m , so empfinde ich, daß sich meine Denkkraft mehr l e i d e n d verhält; sage ich hingegen d e r B a u m i s t g r ü n , so deucht es mir, daß dieselbe sich mehr thätig verhalte –
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Der grüne Baum 5
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s c h w e b t bloß meiner Seele v o r – die Bilder, welche in ihr schlummern, bleiben in Ruhe – sage ich hingegen d e r B a u m i s t g r ü n ; so durchlaufe ich schnell eine Reihe von Bildern, die dadurch erweckt werden – ich denke: Der Baum ist so wie mein Kleid Der Baum ist so wie das Gras Der Baum ist so wie der Laubfrosch Dieß kommt daher, weil ich mir vermöge der trennenden Kraft der Seele, g r ü n als abgesondert von dem Baume, und als eine Eigenschaft gedacht habe, die nicht nur dem Baume, sondern mehrern Dingen zukömmt – Dadurch kömmt nun auf einmal Leben und Thätigkeit in meine schlummernden Ideen – Es entstehen neue Verhältnisse und Beziehungen – Durch g r ü n ist dem Baume in der Reihe einer großen Anzahl von Dingen ein Platz angewiesen, die ich mir nun wegen dieser Eigenschaft mit ihm zugleich denke – Durch i s t hat er seinen angewiesenen Platz in dem Zusammenhange aller der Dinge erhalten, die ich mir in meinem ganzen Leben gedacht habe – und worinn er sich in Ansehung meines Denkens nur dadurch unterscheidet, daß ich ihn gerade j e t z t , i n d i e s e m A u g e n b l i c k denke. Um also zu urtheilen, muß ein w e n i g e r a l l g e m e i n e r B e g r i f f erst an einen allgemeinern und zu gleicher Zeit an den allervollkommensten Begriff des Daseyns geknüpft werden – U r t h e i l e n heißt also nach dieser Voraussetzung, etwas in irgend einem Augenblick als zum Mittelpunkt des Bezirkes aller seiner Ideen
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machen – und um diesen Mittelpunkt einen kleinen, und zu gleicher Zeit den größten Kreis zu beschreiben – Dasjenige, was ich nun zum Mittelpunkte von etwas machen will, muß nothwendig von kleinerm Umfange, als der Kreis seyn, den ich darum herziehe – Dasjenige, worüber ich urtheile, oder wovon ich etwas behaupte, muß immer ein individuellerer oder weniger allgemeiner Begriff seyn, als dasjenige, was ich davon urtheile oder behaupte – Darum läßt sich auch ein Urtheil nicht umkehren: – ein Baum ist zwar grün – aber alles g r ü n ist nicht Baum –
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Alles grün – Baum Hier kann das erste unmöglich als der Mittelpunkt des letztern gedacht werden: – denn der Mittelpunkt würde sich über den Umfang ausdehnen – Zuweilen fällt der kleine Umkreis mit dem Mittelpunkt zusammen, welches denn eigentlich ein bloßes Spiel der Denkkraft ist, weil sie dadurch nicht fortschreitet, sondern immer auf demselben Fleck stehen bleibt. Ich sage z. B.
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Und habe im Grunde nichts als den Nahmen von dem Baum gedacht – Ich habe die Vorstellung vom Baum zwar in diesem Augenblick zum Mittelpunkt des ganzen Bezirks meiner Ideen gemacht – aber der Mittelpunkt ist in sich selbst zurückgefallen – ich habe außer jenem größten keine kleinern Kreise um ihn her beschrieben – Will ich aber nun ferner über den Baum nachdenken, und nicht bloß bei seinem Nahmen stehen bleiben – so beschreibe ich etwa nächst jenem größten Zirkel d a s j e n i g e , wodurch er in Verbindung mit allen mir übrigen Ideen, selbst mit denen von G o t t , G e i s t und S e e l e kömmt, denjenigen, welcher nächst diesem am größten ist, um ihn her; dieß ist der Begriff Körper.
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Ich sage also: Ein Baum – ist – ein Körper – Durch Körper habe ich also den Mittelpunkt schon mehr eingeschlossen oder einen engern Zirkel – als durch i s t um ihn beschrieben – Fahre ich nun fort: e i n K ö r p e r , w e l c h e r w ä c h s t – so ist der Zirkel noch enger geworden – Und so geht es fort, bis der engste Zirkel sich in dem Mittelpunkt selbst wieder verliert; und dann kann ich auch das Urtheil umkehren – Durch das Urtheil habe ich also auf keine Weise in den Baum h i n e i n g e d a c h t , sondern ich habe ihn von a u ß e n h e r mit so viel Fäden, als mir möglich war, an meine übrigen Ideen angeknüpft, und ihn also i n d e n Z u s a m m e n h a n g m e i n e r I d e e n h i n e i n g e dacht – Die Zirkel fallen immer in dem Mittelpunkte wieder zusammen – mein ganzes Urtheil ist doch im Grunde ein bloßes I d e e n s p i e l . Es ist ein bloßes E r i n n e r n oder H i n e i n d e n k e n d e s e i n e n ins andere, des weniger Allgemeinen in das Allgemeinere – Erinnerungskraft und Urtheilskraft fließen also hier wieder in eins zusammen – Noch eine Kraft der Seele nennt man die schließende Kraft
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derselben – Diese fällt aber wiederum mit der urtheilenden in eins zusammen – denn jedes Urtheil ist zugleich das, was man einen S c h l u ß nennt – ich sage nehmlich: Alles was Ausdehnung hat, ist Körper Nun hat ein Baum Ausdehnung, also ist ein Baum ein Körper – oder: Der Baum hat Ausdehnung –
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Also ist er ein Körper oder: Weil der Baum Ausdehnung hat; so ist er ein Körper – Was heißt das anders, als: Der Baum ist ein Körper oder ein Wesen das Ausdehnung hat – Ich habe hier nichts Unbekanntes aus dem Bekannten herausgefunden – das ganze läuft wiederum auf ein bloßes Ideenspiel heraus – Beweisen ist im Grunde weiter nichts als erklären – Mich fragt jemand: w a r u m ist der Baum ein Körper? Ich antworte: w e i l er Ausdehnung hat – Der erstere hätte mich nur fragen dürfen: was ist ein Körper? Ich hätte ihm geantwortet: ein Wesen, das Ausdehnung hat – Und dann würde er, vermittelst dieser E r k l ä r u n g , die Richtigkeit meines Urtheils eingesehen haben – es hätte keines Beweises bedurft – Die Frage w a r u m will auch wieder nichts, als einen größern Z i r k e l beschrieben haben, worinn sie den Begriff fest halten kann – Und die Antwort w e i l bezeichnet wiederum weiter nichts, als das nothwendige g l e i c h z e i t i g e Zusammendenken des allgemeinern mit dem weniger allgemeinen Begriffe, oder des Begriffes mit seiner Erklärung –
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Ausdehnung ist Körper und Körper ist Ausdehnung. Diese beiden Begriffe können verwechselt werden, und treffen also in einem Mittelpunkte zusammen, und doch scheint es uns, als hätten wir wirklich etwas gedacht; wenn wir sagen:
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Weil dieser Baum Ausdehnung hat, so ist er ein Körper – gleichsam, als ob wir dadurch etwas mehr gesagt hätten, als weil ein Baum ein Körper ist, so ist er ein Körper – Durch die Umschreibung durch andere Worte verstecken wir die Einschränkung unsrer Denkkraft, und überreden uns, daß wir durch Schlüsse etwas herausgebracht haben, was wir doch vorher schon wußten, und was wir gleichsam eine Zeitlang nicht wissen wollten, um unsrer Denkkraft einen Zeitvertreib zu machen. Durch alle Schlüsse kommen wir am Ende wieder dahin, daß ein Körper ein Körper und ein Baum ein Baum ist – und also wieder zu dem Punkte von dem wir ausgegangen sind – Das eigentliche i n n e r e Wesen der Dinge kann nicht durch Schlüsse, sondern nur durch E r f a h r u n g e n herausgebracht werden – Gesetzt aber ich hätte noch nie einen Baum gesehen, und man sagte mir, daß ein Baum ein Körper wäre, so wüßte ich, daß er Ausdehnung hätte, und also auch fühlbar wäre – D e n n , dächte ich, er ist ein Körper – was heißt dieß d e n n , als daß ich nothwendig die Begriffe von Körper, Ausdehnung, Fühlbarkeit, u. s. w. zusammendenken muß – und also w e n n der Baum ein Körper ist, zu g l e i c h e r Z e i t denken muß, daß er D e n n auch Ausdehnung hat – Daß ich also zu g l e i c h e r Z e i t den Begriff mit seiner Erklärung denken kann, ist eigentlich was ich s c h l i e ß e n nenne – welches auch durch die z e i t b e d e u t e n d e n Worte d e n n , w e n n , w e i l bezeichnet wird – Dieser Baum ist grün – weil er grün ist – heißt eigentlich weiter nichts – als s o l a n g e er grün ist – Der S c h l u ß unterscheidet sich nur in Ansehung der Zeit vom Urtheile; man denkt sich mehr a u f e i n m a l und glaubt daher stärker zu denken –
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Wir haben schon bemerkt, daß der Begriff von Zeit bloß durch unsre wiederholte Anstrengung beim denken entstanden sey, die ein Resultat unsrer Einschränkung ist – und wenn wir nun den Begriff mit seiner Erklärung zu gleicher Zeit zusammendenken, setzen wir uns gewissermaßen über diese Einschränkung weg, und glauben mehr zu thun, als bloß Begriffe zu verbinden – wir glauben sie i n e i n a n d e r z u s c h l i e ß e n – Das heißt, den allgemeinen Begriff mit seiner eignen Erklärung gleichsam zu u m f a s s e n , und den weniger allgemeinen Begriff in diese doppelte Umfassung auf einmal hineinzudrängen – Die schließende Kraft der Seele ist die verstärkte urtheilende Kraft – Ein Schluß ist ein aus mehrern Urtheilen zusammengedrängtes Urtheil – Das Urtheil beschreibt zu gleicher Zeit nur z w e i Kreise um den Mittelpunkt; den Kreis des Daseyns, und den Kreis der Art des Daseyns – Der Schluß beschreibt zu gleicher Zeit d r e i Kreise: – den Kreis des Daseyns, die Art des Daseyns, und die Art von der Art des Daseyns – Ein Baum ist ein Körper, ein Körper hat Ausdehnung – Diese zwei ganzen Urtheile, werden wieder durch die schließende Kraft miteinander verbunden, so wie v o r h e r d i e b e i d e n e i n z e l n e n Vo r s t e l l u n g e n d u r c h d i e urtheilende Kraft verbunden wurden – Ich denke mir die Ausdehnung im Körper und z u g l e i c h im Baum. Dieß
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zugleich macht das Wesen des Schließens aus, und so wie das Verbinden durch i s t bewerkstelliget ward – so wird das Schließen durch die Zeitpartikeln d e n n , w e i l und w e n n bewirkt – Wir urtheilen vermittelst des Begriffes vom Daseyn im Allgemeinen, welches durch i s t bezeichnet wird –
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Wir schließen vermittelst des Begriffes vom z u g l e i c h D a s e y n , welches durch w e i l , w e n n und d e n n bezeichnet wird – Wir denken uns die Ausdehnung am Baum nicht unmittelbar, sondern erst mittelbar durch den allgemeinen Begriff von Körper – Wir denken das eine d u r c h das andere – Diese Vorstellungsart ist in der französischen Sprache üblich – darum bezeichnet sie unser w e i l oder den eigentlichen Aktus des Schließens mit d a d u r c h . Ich frage w a r u m , wenn ich ein Urtheil prüfen will – warum ist der Baum ein Körper? Ich will einen allgemeinen Begriff, der sowohl den vom Körper als vom Baum u m s c h l i e ß t – und von dem alles, was auf den Körper paßt, zu gleicher Zeit auf den Baum paßt – d a m i t n u n d u r c h d i e ß doppelte Anknüpfen an einen noch allgemeinern Begriff, die Begriffe von Körper und Baum, selbst noch fester miteinander verknüpft, oder an einandergeschlossen werden. Nun folgen zwei Kupfertafeln auf denen E i n h e i t und M e h r h e i t
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auf eine auffallende Weise nebeneinandergestellt ist, so daß man zugleich sieht, wie durch Die Vereinigung mehrerer menschlichen Kräfte etwas bewirkt wird, daß einem unmöglich wäre – also die Begriffe Einheit – Mehrheit menschliche Kraft,
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sind es, die hier unsrer Denkkraft einen neuen Spielraum geben. Der Mensch trägt Menschen Der Mensch zieht Menschen Der Mensch bewacht Menschen – Drei Knaben ziehen stärker als einer Drei Schaafscheerer werden mit einer Anzahl Schaafe schneller fertig, als einer –
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Drei Menschen können mehr Menschen auf ihren Rücken forttragen als einer – Drei Soldaten können mehr Gefangne in Verwahrung halten, und ihnen den Ausgang verwehren, als einer – Der fromme Aeneas trägt seinen alten Vater auf dem Rücken aus den Flammen von Troja – Die Weiber in Weinsberg, welches von Kaiser Konrad belagert, und eingenommen wurde, trugen ihre Männer auf den Rücken hinaus, da der Kaiser ihnen verstattete, das Kostbarste mitzunehmen, was jede hätte – Je größer hier die Anzahl von Trägern war, je mehrere konnten dadurch gerettet werden – Durch diese Vereinigung m e h r e r e r m e n s c h l i c h e r K r ä f t e z u e i n e m Z w e c k , sind nun in der Welt erstaunliche Dinge entstanden – Städte – Kriegsheere – Staatsverfassungen – Dämme gegen das Meer – egyptische Pyramiden – unterirrdische Kanäle – Kriegsschiffe – Schachten – Bergwerke – M a n u f a k t u r e n und F a b r i k e n – Welch ein Unterschied, wenn wir nebeneinanderstellen d e r e i n z e l n e M e n s c h und d e r M e n s c h i n G e s e l l s c h a f t Der e i n z e l n e Mensch – mit Hülle und Lagerstätte für sich, und für seine Bedürfnisse Wasser zum Trunk, und Wurzeln und Kräuter, zur Nahrung – Der Mensch in G e s e l l s c h a f t mit Städten, Kriegsheeren, Vestungen, Manufakturen und Fabriken – Eine Anzahl Menschen treten zusammen in Verbindung, um wieder einen K ö r p e r auszumachen, worinn sich einige entschließen A r m und F u ß zu seyn; indes andere der K o p f sind, wodurch Arm und Fuß in Bewegung gesetzt werden – Der Staatskörper hat einen K o p f zur Regierung – den Regenten mit seinen Räthen – Es hat Arme zur Vertheidigung – das Kriegesheer –
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Nichts giebt einen auffallendern Beweiß, wieviel vereinigte menschliche Kräfte vermögen, als ein Kriegsheer – Das viele tausend Menschen auf den Wink eines einzigen Hand und Fuß mit eben der Leichtigkeit bewegen, wie ein einzelner Mensch – Das diese ungeheure Maschine gleichsam wie an einen Drath aufgezogen, alle die Bewegungen machen muß, die ein einzelner Mensch, der diese Maschine regiert, für gut befindet – Daß auf einen ungeheuern Wurf dieser in Bewegung gesetzten Maschine auf einmal tausende fallen und Tod und Verderben rund umher, wohin man sieht, verbreitet wird. – Das alles wird durch die vereinigten menschlichen Kräfte bewirkt, die sich hier nur vereinigt zu haben scheinen, um sich wechselseitig wieder zu zerstören – Vereinigte Kräfte müssen wieder vereinigten Kräften entgegengesetzt werden – Ein Soldat bewacht hier einen Gefangnen – aber drei Soldaten bewachen drei Gefangne, deren gefährliche Unternehmungen man vielleicht schon kennt und fürchtet – Wenn ein Staat seine Kräfte zur Vertheidigung und Sicherheit in ein Kriegesheer zusammenzieht, so thut dieß auch der benachbarte Staat – Und so treiben sich die gegeneinandergestellten vereinigten Kräfte zuweilen bis aufs höchste. Der Staatskörper wird ausgesogen und ausgemergelt, weil alle seine Kraft und Stärke, statt gleichmäßig vertheilt zu werden, sich in die Arme, die er zu seiner Vertheidigung braucht, zusammenziehen muß. Die vereinigten Kräfte mehrerer Menschen bringen viel Gutes und viel Böses hervor – Das Böse besteht vorzüglich darinn, daß der einzelne Mensch zu sehr darüber vernachlässiget und vergessen wird, indem man ihn nicht mehr selbst als ein Ganzes, sondern als einen untergeordneten Theil eines größern Ganzen betrachtet, und der einzelne Mensch zu häufig b l o ß Hand und Fuß seyn muß, da er doch auch der Bestim-
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mung der Natur gemäß, zugleich Kopf seyn, und über sich und die Verhältnisse in der Welt zu d e n k e n Freiheit und Gelegenheit haben sollte. – Bei der Vereinigung mehrerer menschlicher Kräfte zu einem Zweck geht es nun so zu, daß die körperlichen Bewegungen mehrerer Menschen, durch die lenkenden Gedanken eines einzigen eine g e w i s s e R i c h t u n g erhalten, wovon sie nicht abweichen dürfen, wenn das Werk, was man hervorbringen will, zu Stande kommen soll – Diejenigen, welche z. B. einmal zum Herzureichen der Materialien bei Errichtung eines Gebäudes bestimmt sind, müssen i m m e r Materialien zureichen, und dürfen sich nicht einfallen lassen, ihrer thätigen Kraft eine Richtung auf etwas anders zu geben, weil sonst die ganze Sache in Unordnung gerathen würde – Die jedesmaligen Zuträger der Materialien müssen also, s o l a n g e , b i s d a s G e b ä u d e f e r t i g i s t , auf jeden andern freywilligen Gebrauch ihrer thätigen Kräfte Ve r z i c h t thun – Dieß Ve r z i c h t t h u n ist vorzüglich bei jener Vereinigung mehrerer menschlicher Kräfte nothwendig – und es würde ohne dasselbe nichts von den großen menschlichen Werke zu Stande gekommen seyn – Der einzelne Mensch hebt seinen Fuß nicht in die Höhe und streckt seine Hand nicht aus, wenn nicht sein e i g n e r G e d a n k e ihn dazu treibt – Er hebt seinen Fuß in die Höhe, weil er denkt, er will sich fortbewegen; und streckt seine Hand aus, weil er denkt, er will Speise zu sich nehmen – Nun ist es sehr sonderbar, daß es einem Theile der Menschen gelungen ist, den andern zu etwas in Bewegung zu setzen, wozu dieser selber die Gedanken nicht hat – Wie z. B. zu der Errichtung eines Gebäudes, wozu der Baumeister, nicht aber der Zuträger der Materialien den Gedanken hat – Der Zuträger der Baumaterialien arbeitet also zu einem Zweck, der nicht in seinem, sondern in dem Kopfe eines andern Menschen existirt –
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Der Zuträger entäußert sich eine Weile seiner Denkkraft, und wird bloß Hand und Fuß – Er bewegt sich nun einmal so, ohne sich weiter darum zu bekümmern, w a r u m er sich so bewegt – Wie ist das möglich, daß der einzelne Mensch seine freie Selbstthätigkeit so a u f g i e b t ; Daß sich alle seine Bewegungen den ganzen Tag über, um kein Wa r u m in seinem eignen Kopfe, sondern um das Wa r u m in dem Kopfe eines andern drehen – Es würde nicht möglich seyn, wenn den einzelnen Menschen nicht ein Z w e c k untergeschoben würde, weswegen er eine Zeitlang das Band zwischen Geist und Körper gleichsam z e r r e i ß t – indem er jeder seiner Bewegungen nicht durch seinen eignen, sondern durch die Gedanken eines andern ihre Richtung vorschreiben läßt – Der Zweck, der seiner Denkkraft l i s t i g e r We i s e untergeschoben wird, ist, als müsse er dieß thun, weil er sonst seine körperlichen Bedürfnisse nicht würde befriedigen, seinen Hunger nicht stillen, seinen Körper nicht bedecken können – Der listigere und verschlagnere Theil der Menschen hat nehmlich Mittel gefunden, dem ehrlichern und gutmüthigern, seine nothwendigen Bedürfnisse auf gewisse Weise zu entreissen und abzuschneiden, um sie ihm nur unter der Bedingung wieder zufließen zu lassen, daß er eine Zeitlang auf die natürliche Verbindung seiner Geistesund Körperkräfte Ve r z i c h t thut – und wie eine bloße Maschine durch die Gedanken eines andern seinen Arm ausstrecken, und seinen Fuß emporheben läßt, wie der Soldat auf das Kommandowort thun muß – Ein anders ist, wenn z. B. eine Gesellschaft von Menschen in Verbindung tritt, von denen jeder einzelne mit den übrigen ein großes Haus zu bewohnen wünscht, daß aber durch die Kräfte eines einzigen nie würde hervorgebracht werden können – Diese Anzahl von Menschen w ä h l e n einen unter sich, durch dessen Gedanken sie ihren Arm nach einer gewissen Richtung ausstrekken, und ihre Füße nach einer gewissen Richtung wollen emporheben lassen –
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Hier ist a l l e n der Zweck gemeinschaftlich – a l l e n ist daran g e l e g e n , daß das Haus fertig werde – Einer d e n k t zwar für alle, aber er denkt f ü r s i e nur die Art der Erreichung des Zwecks, nicht den Zweck selber – Wenn er den Zweck etwa erst für sich allein hatte, so war er genöthigt, e t w a v o r h e r e i n e R e d e a n d i e ü b r i g e n z u h a l t e n , wodurch er seinen Zweck erst in die K ö p f e verpflanzen mußte, ehe er nur daran denken durfte, von den Armen und Füßen eines einzigen zur Erreichung seines Endzwecks Gebrauch zu machen – Hier findet also nichts Gewaltsames, keine Beraubung der natürlichen Freiheit, kein Zerreissen der Verbindung zwischen Gedanken und Bewegung statt – niemand ist hier ganz Maschine – Jeder bewegt Hand und Fuß, weil er will – das Wa r u m steht in seiner eignen Seele, und nicht in der Denkkraft eines andern – Nur die Art und Weise w i e , und die Richtung, nach welcher er Hand und Fuß, zur Erreichung des gemeinschaftlichen Endzwecks, bewegt, läßt er sich freiwillig durch die Gedanken eines andern vorschreiben – Denn er hat diesen Gedanken eines andern gleichsam zu seinen eignen Gedanken gewählt – Denken wir uns nun unter dem Hause die Einrichtung eines Staats, in sofern dieselbe von einem einzigen oder von allen Mitgliedern desselben abhängt – so haben wir den Unterschied zwischen
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M o n a r c h i e und R e p u b l i k In der Republick müssen von dem denkenden Theile, der sich die Erreichung großer Endzwecke vorsetzt, erst R e d e n an das Volk, oder dessen Repräsentanten gehalten werden, um diesen Endzweck in die Köpfe der einzelnen Mitglieder des Staats zu verpflanzen, ehe diese sich willig finden lassen, durch Vereinigung und Unterordnung ihrer Körper und Geisteskräfte dieselben befördern zu helfen – Die einzelnen Mitglieder eines wirklich republikanischen Staates wählen sich selbst die Gedanken, durch welche sie gelenkt werden wollen, in ihren Obrigkeiten und Regenten –
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In einem monarchischen Staate ist es nicht nöthig, daß Reden an das Volk oder dessen Representanten gehalten werden, um die Endzwecke desjenigen, der sich für alle übrigen zu denken unterfängt, erst in die Köpfe derselben zu verpflanzen, ehe ihre Arme und Füße und selbst ihre untergeordneten Geisteskräfte, zur Beförderung dieser Endzwecke in dem Kopfe eines einzigen gebracht werden – denn alle einzelne Mitglieder eines solchen Staats haben gleichsam einen Bund zusammen gemacht, daß w a r u m aller ihrer Handlungen, Bewegungen in politischer Rücksicht, nicht in ihren eignen Köpfen, sondern in dem Kopf eines einzigen existiren zu lassen; dessen Gedanken sie nicht einmal aus ihren eignen Mittel zur Lenkung ihrer Kräfte zu gewissen Endzwecken, gewählt, sondern ihn schon in Mutterleibe, da er noch keinen Gedanken gedacht, als den künftigen gewissen Lenker aller ihrer politischen Bewegungen anerkannten – und dieß alles bloß wegen des h ö c h s t z u f ä l l i g e n U m s t a n d e s , daß derjenige, der ihn zeugte, gerade ein Fürst war, welcher das Glück gehabt hatte, auch wieder von einem Fürsten gezeugt zu werden – Da nun bei den Menschen nichts zufälliger ist, als die Geburt desselben – so scheint eine ungeheure Menge von Menschen seit undenklichen Zeiten ein Bündniß miteinander gemacht zu haben – daß sie Sklaven des Zufalls seyn wollen – zu einer gewissen Richtschnur aller ihrer politischen Handlungen und Bewegungen lassen sie sich durch einen längstverjährten Vertrag, die Gedanken eines Menschen aufdringen, der noch nicht geboren ist – D i e l e t z t e K u p f e r t a f e l enthält noch sechs Darstellungen aus dem menschlichen Leben: Der Mensch in Bewegung – der Mensch in Ruhe Der Mensch in Beschäftigung mit dem Schönen – mit dem Ernsthaften Der Mensch im Genuß des häuslichen Glücks – der offnen und schönen Natur – Lauter neue auffallende Unterschiede! Bewegung – Ruhe Spielendes Ergötzen – Ernst und Nachdenken – Ein Wohnzimmer – die große Natur –
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Wir wollen also zuerst gegeneinanderstellen B e w e g u n g und R u h e – Der Zustand der schnellsten Fortbewegung ist d a s L a u f e n – der Zustand der höchsten Ruhe ist das L i e g e n und S c h l a f e n . Dort welch eine Anstrengung, hier welch eine Abspannung aller Muskeln und Sehnen – Der Mensch versetzt sich, indem er liegt, auf eine Weile in einen todtenähnlichen Zustand – Laufen – Gehen – Stillstehen – Sitzen – Liegen – sind die Uebergänge, wodurch sich der stärkste Grund der Fortbewegung allmälig in den Zustand der höchsten Trägheit verliert – Nun kann sich aber der Mensch in diesen todtenähnlichen Zustand der Ruhe und Trägheit versetzen, so oft er will, um zur Bewegung und Anstrengung wieder neue Kräfte zu schöpfen – Er ist weder zur Thätigkeit noch zur Ruhe gezwungen – er ist mit allen seinen Fibern und Muskeln ein We r k z e u g von sich selber, es hängt von ihm ab, den Bogen zu spannen, und ihn wieder abzuspannen, so oft er will – Derselbe Mensch, der in dem vorhergehenden Augenblick noch lauter Leben und Thätigkeit, bei dem noch jede Muskel zur Fortbewegung seines Körpers angestrengt war; liegt nun auf einmal freiwillig in völliger Abspannung da –
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und ruhet sich aus. Das Uhrwerk dieser Maschine, die wir Körper nennen, hängt also doch mehr von uns, als wir von ihr ab, wir können ihr doch Stillstand gebieten, so oft wir wollen – 147
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B e w e g u n g und R u h e Wa c h e n und S c h l a f Sind die auffallendsten Erscheinungen gegeneinander, die man sich denken kann – die uns nur deswegen so wenig rühren, weil wir durch den täglichen Anblick ihrer so gewohnt geworden sind –
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Der Zustand der Bewegung ist das eigentliche Leben, welches durch den abwechselnden Zustand der Ruhe nur einige sanftere Schattirungen erhält, damit es mit desto angenehmern Farben spiele – Der Tag ist zu Leben und Bewegung – Die Nacht ist zur Ruhe geschaffen – Licht und Leben, Bewegung und Freude sind verwandt, so wie Finsterniß und Trägheit oder Stille und Traurigkeit – Das Licht des Tages bringt Fülle und Leben Die Finsterniß der Nacht bringt Leerheit und Tod – Der Schlummer täuscht uns die Nacht hinweg, indem er uns freien Willen, deutliches Bewußtseyn und Gefühl unsers Daseyns raubt, damit wir nur die Lieblichkeit des Tages empfinden – Aber oft kehrt der Mensch die Ordnung der Natur um, indem er
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die Grenzen überschreitet, und sich die Nacht zum Tage macht – Wie dieser im tiefen Nachdenken verloren, unter Büchern vergraben, der mit der nächtlichen Lampe vor sich, am Tische sitzt, und ein Bild der a n g e s t r e n g t e n u n d e r n s t h a f t e n B e s c h ä f t i g u n g d e s G e i s t e s ist – indes das Bild darneben, den ergötzenden und spielenden Genuß desjenigen darstellet, was ebenfalls erst durch die A n s t r e n g u n g der menschlichen Geisteskräfte hervorgebracht werden mußte. Denn das Tonstück, das von dem jungen Frauenzimmer auf dem Klavier gespielt wird, indes der junge Mensch, der neben ihr steht, die Flöte dazu bläßt, gewährte dem Verfasser desselben erst Vergnügen nach der Arbeit – Hier gewährt es Vergnügen ohne Mühe – So wie das Buch, das durch Nachtwachen und mühsamen Fleiß des Schriftstellers erst mußte hervorgebracht werden – nachher, wenn es beim Lesen Vergnügen und Nutzen gewährt, das Vergnügen und den Nutzen ohne Mühe gewährt –
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Der Leser darf es nur lesen – und dieß Lesen selbst ist bei einem Werke, daß den Geist unterhält, eben so wenig eine Mühe zu nennen, als die angenehme Zermalmung der Speisen im Munde, die an sich selbst schon Genuß ist. Das Spielen auf dem Klavier, das Blasen der Flöte ist ein Spiel, das Studiren des Mannes bei der Nachtlampe ist eine Beschäftigung – Dieß soll uns noch aufmerksamer machen auf den merkwürdigen Unterschied zwischen S p i e l und B e s c h ä f t i g u n g Ich nenne die regelmäßige Berührung des Klaviers mit den Fingern, das Einathmen der Luft in die Flöte, ein Spiel, w e i l e s w e i t e r keinen Zweck hat, als sich selbst – Das Nachdenken des Mannes mit der Lampe scheint meinen Gedanken kein Spiel zu seyn, weil es mit A n s t r e n g u n g verknüpft ist, die sich in dem Halten des Kopfes, der gleichsam von der zu großen Anstrengung schwer wird, und in der ganzen Stellung zeigt – Ich denke also, daß der Mann sich auf keine so mühsame Art bei der Nachtlampe noch beschäftigen würde, wenn diese seine Beschäftigung keinen Zweck als sich selber hätte – wenn er nicht etwas dadurch herausbringen oder hervorbringen wollte, was ihm i n d e r Folge die gegenwärtige Mühe belohnt – Dieß ist der vorzüglichste Unterschied zwischen Spiel und Beschäftigung, Darum sagt man auch: i c h m a c h e d a s s p i e l e n d , oder die Arbeit wird mir zum Spiel, wenn einem etwas so leicht wird, daß man in der Arbeit selbst schon Vergnügen findet, wenn man auch keinen Zweck weiter dadurch zu erreichen hoffte – Der Begriff von Spiel verträgt sich nicht mit dem Begriff von mühsamer Anstrengung – ausgenommen wenn der Mensch die mühsame Anstrengung selbst zum Spiel macht, indem er sich ihr, ohne weiter
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einen Zweck dadurch zu erreichen, um ihrer selbst willen, freiwillig unterzieht – Nun frägt es sich, ob der Mensch i m G a n z e n g e n o m m e n mehr arbeitet, oder mehr spielt – Was sind die größten menschlichen Unternehmungen, da sie doch von der Zeit wieder verschwemmt werden, und oft keine Spur zurücklassen, anders, als ein g r o ß e s S p i e l , wo die Anwendung der menschlichen Kräfte, die dazu erfordert wurden, keinen Zweck, als sich selbst gehabt zu haben scheinen – Man sagt daher auch e i n e K r a f t w i l l f r e i e n S p i e l r a u m haben – Allein indem der Mensch auf die Weise spielt, indem er Kartenhäuser baut, die ein Hauch umweht, und Königreiche und Republiken stiftet, die die Zeit zerstört – so läßt ihn die gütige Natur gleichsam spielend ihre g r o ß e n E n d z w e c k e z u r Ve r e d l u n g u n d B i l d u n g s e i n e s Geistes erreichen, der in diesen großen und kleinen Spielen seine Denkkraft übt, um dereinst einen höhern Flug zu nehmen – Durch dieß ganze Buch sind die Ideen auf mannichfaltige Weise in Bewegung gesetzt worden, bloß um in Bewegung gesetzt zu werden – dasjenige, was also dadurch in der Seele veranlaßt wird, ist: ein Ideenspiel – Dieß Ideenspiel wollen wir mit den letzten beiden Darstellungen des Menschen im Genuß des häuslichen Glücks und im Genuß der schönen Natur beschließen. Welch ein Unterschied zwischen einem Wo h n z i m m e r und der großen Natur! Und doch ist das Wohnzimmer mitten in der großen und offnen Natur so angenehm – denn es hat Fenster, wodurch der Anblick der ganzen schönen Natur bloß ans Auge gebracht werden kann, ohne daß unser Gefühl der Unbequemlichkeit eines rauhen Lüftchens ausgesetzt wird –
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Durch das Wohnzimmer macht sich der Mensch von Sturm und Regen, von Frost und Schnee, und allen Unbequemlichkeiten der Witterung unabhängig – Im Winter versucht er Wärme, im Sommer Kühlung hineinzubringen – er macht sich in seinen vier Wänden zum Herrn der ihn umgebenden Natur – In diese vier Wände eines Wohnzimmers drängen sich daher auch die meisten Scenen mensch-licher Glückseeligkeit zusammen, die in der weiten Welt, über Meere und unter entfernten Himmelsstrichen vergeblich gesucht wird – Das wahre Glück ist in der Einschränkung, nicht in der Ausbreitung zu suchen – Daher ist nun die reizende Idee von häuslicher Glückseeligkeit entstanden – Der Begriff von Wo h n u n g , H a u s oder O b d a c h führt schon so viele dunkle Nebenbegriffe von Sicherheit, Ruhe, Geselligkeit, Beschützung u. s. w. mit sich, daß die Seele dadurch beständig mit einer Reihe angenehmer Bilder erfüllet wird, so oft man sich diesen Begriff lebhaft denkt. Das Haus, die Wohnung knüpft schon an sich das Band zwischen den Menschen fester, und ist gleichsam der erste Keim zu der größten menschlichen Verbindung – Aus einzelnen Häusern entstehen Dörfer und Städte, die mit ihrem Zubehör Länder und Königreiche ausmachen – Aber die ganze Wohlfahrt von Ländern und Königreichen muß doch immer wieder auf das e i n z e l n e H a u s , und auf die Glückseeligkeit, die darin herrscht, zurückgeführt werden – Denn in dem ganzen Umfange eines mächtigen Königreiches kann doch einer z. B. nur in einer Stadt, und in der ganzen Stadt nur in einem Hause, und in dem ganzen Hause nur in einem Zimmer seinen jedesmaligen wirklichen Aufenthalt finden – In sein eigentliches Wohnzimmer, in dem Schooße seiner Familie, drängt sich sein wirkliches Daseyn, daß durch die bürgerlichen Geschäfte gleichsam zerstreut wurde, am meisten wieder zusammen –
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Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik
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Aber der Ort täuscht den Menschen wie die Zeit – Er glaubt Jahre zu leben, und lebt nur Augenblicke – Er glaubt ein Land, eine Stadt zu bewohnen, und bewohnt nur den jedesmaligen Fleck, wo er steht oder liegt, das Zimmer, worinn er arbeitet, das Gemach, worinn er schläft – Diese Täuschung macht, daß der Mensch sein Glück so selten in dem g e g e n w ä r t i g e n A u g e n b l i c k und auf dem j e d e s m a l i g e n F l e c k s e i n e s w i r k l i c h e n D a s e y n s sucht – Er lernt die Kostbarkeit des gegenwärtigen Augenblicks, und dieses F l e c k s , wo er sein wirkliches Daseyn hat, nicht einsehen – darum sucht er das Glück in der Zukunft, und jagt ihm allenthalben, a u ß e r d e m B e z i r k s e i n e r Wo h n u n g nach – Sich von dieser Täuschung loß zu machen, führt zur wahren Glückseeligkeit – Die geselligen Freuden des Lebens aus den großen Zirkeln wieder in die kleinern zusammenzudrängen, dahin sollte das Bestreben aller gehen, die das kurze menschliche Leben von Langerweile und Ueberdruß befreien wollten – Wenn um das e i n z e l n e H a u s , auch alles übrige wegfiele, so bleibt rund umher die schöne offne Natur, die eigentlich das wahre Element ist, worinn der Mensch, sobald er aus seiner Wohnung tritt, athmen und sich bewegen sollte – Sich dieser einfachen Glückseligkeit, ohngeachtet der unauflößlichen Verflechtung in den menschlichen Verbindungen, die einmal da sind, so viel wie möglich zu nähern, ist das Bestreben des Weisen. Das höchste Ziel seiner Wünsche ist h ä u s l i c h e Z u f r i e d e n heit, verbunden mit dem ungestörten Genuß der schönen Natur.
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Neues A. B. C. Buch welches zugleich eine Anleitung zum Denken für Kinder enthält mit Kupfern
von Karl Philip Moritz. Professor bei der Academie der bildenden Künste in Berlin.
Berlin, 1790. Bei Christian Gottfried Schöne.
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Pädagogische Schriften
Das kleine Deutsche Alphabet.
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a. b. c. d. e. f. g. h. i. j. k. l. m. n. o. p. q. r. s.1 (s) ß. t. u. v. w. x. y. z.
Das große Deutsche Alphabet. A. B. C. D. E. F. G. H. I. K. L. M. N. O. P. Q. R. S. T. U. V. W. X. Y. Z.
Zusammengezogene Zeichen sind:
4
5
ä. ch. ck. ff. ö. ss. st. ü. tz. In der größern Schrift sind diese Zeichen nicht vorhanden, die Buchstaben, woraus sie zusammen gesetzt sind, werden in derselben gemeiniglich neben einander gesetzet.
Das geschriebene Alphabet. a b c d e f ff g h2 h3 i j k ck l ll m n o p q r s4 s5 ss ß st t tt u v w x y z tz ä ö ü ABCDEFGHIKLMNOPQRSTUVWXYZ
1 2
ç.
. . 4 Schluß-s: . 5 . 3
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Neues A. B. C. Buch
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Das lateinische Alphabet.
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Das kleinere. a. b. c. d. e. f. ff. g. h. i. k. l. m. n. o. p. q. r. s.1 s.2 ß.3 ss. t. u. v. w. x. y. z. A. B. C. D. E. F. G. H. I. K. L. M. N. O. P. Q. R. S. T. U. V. W. X. Y. Z.
Die Zahlen.
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1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 30. 40. 50. 60. 70. 80. 90. 100. 1000. 10000. 100000. I. II. III. IV. V. VI. VII. VIII. IX. X. XI. XII. XIII. XIV. XV. XVI. XVII. XVIII. XIX. XX. XXX. XL. L. LX. LXX. LXXX. XC. C. M. MX. CM.
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Schluß-s. ç. 3 çs. 2
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Pädagogische Schriften
Erstes Bild. In diesem Buche stehen Bilder und Buchstaben. Das erste Bild stellt das Auge vor, womit ich die Bilder sehe.
Das zweite Bild.
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Das zweite Bild stellt einen Knaben vor, der unter einem Baum sitzt, und in einem Buche lieset. Der Knabe hält den rechten Zeigefinger auf das Buch, damit er in der rechten Zeile bleibe. Der Knabe ist sehr aufmerksam und gaft nicht umher. Bey den Bildern stehen Buchstaben. Unter den Bildern stehen Worte. Wer nicht lesen kann, der besiehet nur die Bilder. Wer aber lesen kann, der lieset auch die Worte, die darunter stehen. Das offene Auge sieht ins Buch. Mein Auge ist offen, und ich sehe damit ins Buch. Das Buch macht junge Kinder klug. Ich will in diesem kleinen Buche fleißig lesen lernen, damit ich noch mehr Bücher lesen kann, wodurch ich klüger werde. Ich muß beim lesen nicht zu dichte auf das Buch sehen, weil man sich die Augen damit verdirbet. Und zum Lesen sind gute Augen nöthig.
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Das dritte Bild.
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Das dritte Bild stellt eine Orgel vor. Man hört die Orgel des Sonntags in der Kirche. Jeder Mensch hat eine Luftröhre. Wenn man singt oder spricht, so kömmt der Ton immer durch die Luftröhre.
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Neues A. B. C. Buch
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Die Pfeiffen in der Orgel sind lauter Luftröhren. Die Orgel kann aber von selber keinen Ton von sich geben. Wenn die Orgel nicht gespielt wird, so ist sie stumm. Der Mensch aber singt und spricht von selber, so oft er will. Was ich mit dem Auge lese, das kann ich auch mit dem Ohre hören. Jetzt lese ich laut. Und höre mit den Ohren, was ich lese. Wenn ich nun das Buch zumache, so muß ich noch wissen was ich gelesen habe.
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Das Vierte Bild.
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Geruch.
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Ein Knabe faßt ein großes Rauchfaß mit beiden Händen an. Der Rauch steigt in die Höhe. Der Rauch aus einem Rauchfaß riecht angenehm. Ein angenehmer Rauch heißt Weihrauch. Der Wohlgeruch steigt in die Höhe. Die Nase ist niedergesenkt, um den Wohlgeruch aufzufangen. Die schöne Farbe einer Blume kann ich sehen. Aber den Wohlgeruch der Blume kann ich nicht sehen. Der Wohlgeruch der Blume heißet auch der D u f t der Blume. Die Nase zieht den angenehmen Duft der Blume, und den Duft von Weihrauch in sich.
Das fünfte Bild. Geschmack. 25
Ein Knabe steht an einem Tische, und trinkt aus einer Tasse. Er macht eine saure Miene. Der scharfe Essig in der Tasse schmeckt nicht gut.
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Pädagogische Schriften
Warum nimmt denn der Knabe den Essig in den Mund? Der Knabe wußte nicht, daß der Essig so sauer schmeckte. Der Knabe konnte die Farbe von dem Essig sehen. Aber den Geschmack konnte er nicht sehen. Schwarze Brombeeren schmecken süß. Weißer Zucker schmeckt auch süß. Der Zucker schmilzt mir auf der Zunge. Ich schmecke den Zucker mit der Zunge.
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Das sechste Bild. Gefühl.
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Ein kleiner Knabe steht am Feuer. Den kleinen Knaben friert. Er wärmet sich die Hände an dem Feuer. Das Feuer ist dem Knaben gar zu nahe. Der Knabe kann die helle Flamme sehen. Aber die Hitze der Flamme kann der Knabe nicht sehen. Wenn die Flamme dem Knaben an die Finger kömmt; so wird er wohl f ü h l e n , daß die Flamme heiß ist. Eine glühende Kohle kann ich nicht anfassen. Wenn es finster ist, so kann ich nicht sehen. Aber mit den Händen kann ich f ü h l e n . Wenn es finster ist, so fühle ich mit den Händen zu, daß ich mich nicht stoße. Die Luft kann ich nicht sehen. Die Luft kann ich fühlen, wenn ich die Hand in der Luft schnell hin und her bewege.
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Das siebente Bild. Nachdenken.
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Ein Mann sitzet an einem Tische. Auf dem Tische liegt ein Buch. In dem Buche hat der Mann gelesen. Der Mann denket nach. Ich lese in diesem Buche. Nachher mache ich das Buch zu. Dann muß ich nachdenken, was ich gelesen habe. Das Buch liegt v o r mir. Das Denken ist i n mir. Das Buch kann man mir wegnehmen. Das Denken kann man mir nicht wegnehmen. Du weißt nicht, was ich denke. Ich weiß nicht, was du denkest. Ich kann dich wohl sehen. Aber das Denken in dir kann ich nicht sehen, Der Mann am Tische denket nicht mit der Hand, Er denket nicht mit den Augen, Er denket nicht mit den Ohren, Er denket mit dem Geiste. Den Geist des Mannes kann ich nicht sehen. Denn der Geist des Mannes ist in ihm.
Das achte Bild. 25
Körper. An einem Baume hängen Aepfel. Ein Knabe springet an dem Baume in die Höhe. Der Knabe denket: die Aepfel möchte ich wohl haben! Wenn ich die Aepfel haben will, so muß ich springen.
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Pädagogische Schriften
Wenn ich springen will, so muß ich die Füße in die Höhe heben. Wenn ich den Apfel greifen will, so muß ich den Arm in die Höhe strecken. Das alles denket der Knabe. Des Knaben Hand und Fuß kömmt nun in Bewegung. Sein ganzer Körper hebt sich in die Höhe. Den Körper des Knaben kann ich sehen. Aber das Denken in ihm kann ich nicht sehen. Was ich aber selber denke, das weiß ich. Denn das Denken ist in mir. Wenn ich denke: ich will gehen, so hebt mein Fuß sich in die Höhe. Wenn ich denke: ich will essen, so bewegt sich meine Hand zum Munde. Wenn ich denke: ich will lesen, so greife ich nach dem Buche. Das Denken ist eine angenehme Sache. Ich will immer denken, was ich thue.
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Das neunte Bild. Mensch und Thier.
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Der Hirsch flieht in den Wald. Der Jäger mit den Hunden verfolgt den Hirsch. Der Jäger trägt eine Flinte. Der Jäger schießt den Hirsch mit der Flinte todt. Der Hirsch ist ein wildes Thier. Die wilden Thiere fliehen vor den Menschen. Der Mensch tödtet die wilden Thiere. Die Kräuter auf dem Felde wachsen in die Höhe, und saugen die Tropfen von Thau und Regen ein. Die Thiere verzehren die Kräuter auf dem Felde. Der Mensch verzehret das Fleisch der Thiere.
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Das zehnte Bild. Mensch und Thier.
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Die junge Bäurin melket die Kuh. Die Kuh steht still. Die Bäurin thut der Kuh nichts zu Leide. Sie faßt die Milch der Kuh in einen Eimer auf. Die Kuh ist ein zahmes Thier. Die zahmen Thiere fliehen nicht vor dem Menschen. Der Mensch ernähret die zahmen Thiere. Vor der Kuh steht ein Eimer mit Wasser. Aus dem Eimer säuft die Kuh. Die Kuh verzehret die Kräuter des Feldes Der Mensch trinkt die Milch der Kuh. Die Kuh steht des Nachts im Stalle, und frißt aus einer Krippe. Die zahmen Thiere wohnen bey den Menschen. Die wilden Thiere wohnen in den Wäldern, wo keine Menschen sind.
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Das elfte Bild. Mensch und Thier. 20
Eine Schäferin führt ein Lamm auf die Weide. Das Lamm frißt Klee vom Boden ab. Der Klee ist ein grünes Kraut das auf dem Felde wächst.
Das zwölfte Bild. Mensch und Thier. 25
Ein Schäfer hat eine Scheere in der Hand und schneidet damit dem Lamme die Wolle ab.
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Pädagogische Schriften
Auf dem Felde wächst der grüne Klee. Das Lamm frißt ihn ab. Auf dem Lamme wächst die Wolle. Der Mensch nimmt sie ihm ab. Von dem Klee nähret sich das Lamm. Mit der Wolle kleidet sich der Mensch. Man macht Kleider von Tuch. Das Tuch macht man aus Wolle. Wenn die Kräuter auf dem Felde verzehret sind, so wachsen andere wieder. Wenn das Lamm geschoren ist, so wächst ihm wieder frische Wolle.
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Das dreizehnte Bild. Die rohe Natur.
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Ein entblätterter Baum steht auf dem Felde. In der Ferne sind hohe Berge. Rund umher ist kein Haus und keine Hütte. Es ist Winter. Bei dem entblätterten Baume steht ein unbekleideter Mensch. Der Mensch sucht sich vor dem Frost zu schützen. Er ist schlimmer daran wie die wilden Thiere. Denn die wilden Thiere sind mit Haaren bedecket. Aber der Mensch ist ganz unbekleidet. Der Mensch kann nicht mit den wilden Thieren leben. Der Mensch muß eine Wohnung haben, und muß mit andern Menschen zusammen leben.
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Das vierzehnte Bild. Der gebildete Mensch.
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Ein Mann steht am Ofen und wärmet sich. In der Stube steht ein Tisch und ein Stuhl. Auf dem Tische steht eine Flasche und ein Trinkglaß. Durch das Fenster in der Stube scheinet das Licht. Der Mann ist mit einem Rock und Mantel bekleidet. Sein Kopf ist mit einem Hute bedecket. An den Beinen trägt er Stiefel. Eine warme Stube ist im Winter sehr angenehm. In der Wildniß ist keine warme Stube. In der Stube ist man im Trocknen, wenn es draußen regnet. Man siehet den Regen durch das Fenster und wird doch nicht benetzet. In der Stube, wo wir wohnen, sind Stühle zum Sitzen. In der Kammer sind Betten zum Schlafen. Wir gehen zuweilen aus. Aber wir kehren immer wieder in unsre Wohnung zurück. Wer keine Wohnung hat ist übel daran. Es ist gut unter andern Menschen zu wohnen.
Das funfzehnte Bild. Pracht und Ueberfluß.
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Auf einem Tische stehen Speisen. Um den Tisch herum sitzen Leute auf Stühlen. Diese Leute essen und trinken. In der Mitte sitzt der Herr des Hauses. Der Herr des Hauses trinkt aus einem großen goldenen Becher. Ein solcher Becher heißt auch ein Pokal.
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Pädagogische Schriften
Der Herr des Hauses ist ein reicher Mann. Er hat viel mehr als er braucht. Einen goldenen Becher braucht man nicht. Der goldene Becher ist nur zur Pracht. Man braucht auch nicht vielerlei Speisen. Vielerlei Speisen sind nur zum Ueberfluß.
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Das sechszehnte Bild. Genügsamkeit. Ein Wanderer hat sich an einen Quell gebückt, Um Wasser mit der Hand zum Munde zu schöpfen. Sein Hut und ein Wanderstab liegen neben ihm. Sein Haar ist schlicht gekämmt. Der Wanderer ist zufrieden, mit Wasser seinen Durst zu löschen. Ihm schmeckt der kühle Trunk aus seiner hohlen Hand so gut, Als dem Reichen der theure Wein aus dem goldenen Becher. Der Mensch braucht wenig, um zufrieden zu leben.
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Das siebzehnte Bild. Bewegung. Ein Rad in einer Mühle wird von der Gewalt des Wassers umgetrieben. Das Rad ist so groß, daß ein Mensch es nicht umdrehen könnte. Aber der Mensch hat den Gedanken, das Wasser zu dem Rade hinzuleiten, Damit das Rad dadurch umgetrieben werde. Das Wasser treibt also die Räder durch die Einrichtung des Menschen.
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Das Wasser in einem Teiche bewegt sich nicht. Ein Stein bewegt sich nicht von selber. Der Stein, den ich in die Höhe werfe, fällt immer wieder auf die Erde herunter. Das Wasser fließt immer abwärts.
Das achtzehnte Bild.
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Leben.
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Ein Mann sitzt auf einem Stuhle, Und hält ein Becken in der rechten Hand. Ein Wundarzt läßt ihm am linken Arm zur Ader. In den Adern fließt das Blut. Das Blut aus der eröfneten Ader strömt in das Becken. Die Ader wird verbunden; dann hört das Bluten wieder auf. Das Aderlassen ist zuweilen heilsam. In den Röhren der Pflanzen steigt der Saft empor. Die Pflanzen wachsen in die Höhe, aber sie bewegen sich nicht. Sie hohlen auch nicht Athem. Der Mensch hohlt beständig Athem. Das Blut strömt durch das Herz. Das Herz schlägt jeden Augenblick: Wenn das Herz auf immer still steht, so lebt der Mensch nicht mehr.
Das neunzehnte Bild. Tod. 25
Ein Mensch liegt schlaff und ausgestreckt am Boden. Ein Knabe steht neben ihm mit einer umgekehrten und ausgelöschten Fackel.
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Pädagogische Schriften
So wie die Fackel ihren Schein verlohren hat, ist bei dem Menschen auch des Lebens Glanz verloschen. Sein Auge sieht nicht mehr. Sein Ohr vernimmt nicht mehr. Er athmet nicht. Sein Herz schlägt nicht mehr. Die Schlafenden gleichen den Todten. Auf den Tag folget die Nacht. Auf das Wachen folget der Schlaf. Auf die Arbeit folget die Ruhe. Auf das Leben folget der Tod.
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Das zwanzigste Bild. Triebwerk ohne Verstand.
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Eine Uhr hängt an der Wand. An der Uhr hängen Gewichte. Durch die Gewichte drehen sich die Räder in der Uhr um. Durch die Räder beweget sich der Zeiger auf dem Zifferblatt, und zeiget die Stunden an. An dem Tische sitzt der Lehrer und unterrichtet drei kleine Knaben. Die Knaben sind fleißig und wenden ihre Zeit sehr nützlich an. Mit der Arbeit wird nicht eher aufgehöret, bis die gesetzten Stunden vorbei sind. Der Unterricht und die Arbeit werden nach den Stunden eingetheilet. Man siehet nach der Uhr, um jede Viertelstunde gut anzuwenden, und keine Zeit unnütz zu verlieren.
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Neues A. B. C. Buch
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Das ein und zwanzigste Bild. Arbeit mit Verstand.
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Ein Uhrmacher steht am Tische, und verfertigt Uhren. Am Fenster hängen kleine Uhren. Um ihn herum stehen große Uhren. In der Uhr offenbaret sich der Verstand des Menschen. Der Verstand des Menschen setzt die Uhr zusammen, daß sich die Räder in dem Uhrwerk umdrehen, und ein Rad das andere treibt. Der Verstand des Menschen bezeichnet selbst die Stunden durch die Einrichtung der Uhr. Die Uhr ist an sich ein lebloses Ding, und steht still, sobald sie nicht aufgezogen wird. Der Gedanke des Menschen hat die Uhr erst in Bewegung gesetzt. Der Mensch selbst aber bewegt sich durch seine eigenen Gedanken. Ein vernünftiger Mensch bedenket alles, was er thut.
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Das zwei und zwanzigste Bild. Vergänglichkeit.
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Ein Berg stürzet ein. – Der Blitz zündet ein Haus an. Die Menschen fliehen. Die Menschen können wohl gegen die wilden Thiere streiten, Aber gegen das Erdbeben, den Donner und den Blitz, können sie nicht streiten. Die Werke der Menschen können leicht zerstört werden. Die Felsen können durch Erdbeben erschüttert werden. Alles ist vergänglich. Aber die Tugend bleibt.
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Pädagogische Schriften
Das drei und zwanzigste Bild. Stoltz.
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Xerxes war ein sehr mächtiger König. Er ist abgebildet, wie er vor seinem Zelte im Lager steht, und Befehle ertheilet. Dieser König konnte vielen hundert tausend Menschen befehlen. Aber den Wellen des Meeres und dem Sturmwinde konnte er nicht befehlen, daß sie ruhen sollten. Dieser stolze König wurde gedemüthiget. Er wurde von seinen Feinden überwunden und konnte kaum sein Leben retten. Wenn von allen Seiten das Verderben hereinbricht, so hilft einem Könige sein Stolz und seine Macht nicht. Der thörichte Stolz wird gedemüthiget. Wenn ein Unglück unvermeidlich ist, so klagen die thörichten Menschen. Aber der Weise bleibt ruhig.
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Das vier und zwanzigste Bild. Ungleichheit. Ein Mann betrachtet einen Cedernbaum der über sein Haupt emporragt. Und zeigt mit der Hand auf die niedrigen Pflanzen, die zu seinen Füßen wachsen. Die Pflanzen sind einander ungleich, Die Menschen aber sind sich nicht so ungleich wie die Pflanzen. Die armen und niedrigen Menschen sind eben so gebildet, wie die Reichen und Vornehmen. Darum kann der Reiche und Vornehme nicht mit der Ceder, und der Niedrige nicht mit dem Ysop verglichen werden.
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Neues A. B. C. Buch
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Ein jeder Mensch ist Hülfe bedürftig. Wenn die armen und niedrigen Menschen schwach und krank sind, so bedürfen sie Hülfe. Und wenn die Reichen und Vornehmen schwach und krank sind, so bedürfen sie auch Hülfe. Wenn reiche und vornehme Menschen das Fieber bekommen, so frieren sie eben so sehr, wie die Armen und Niedrigen. Kein Mensch muß den andern gering schätzen. Denn es ist die höchste Würde, ein Mensch zu seyn.
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Das fünf und zwanzigste Bild.
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Vergänglichkeit.
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Ein geflügelter alter Mann, der eine Sense neben sich liegen hat, deutet mit dem Zeigefinger auf das Zifferblatt einer Uhr. Dieser geflügelte Mann bedeutet die schnellentfliehende Zeit. Die Sense neben ihm bedeutet die Zerstörung, welche die Zeit verursacht. Die Jugend dauert nicht immer. Die schöne Rose verwelket bald. Das Alter zieht Furchen auf die Stirne. Die Zeit ist das Kostbarste was der Mensch besitzt. Denn in der Zeit muß alles geschehen. Wer die Zeit als eine kostbare Sache benutzet, ist weise. Wer aber die Zeit verschwendet und geringschätzt, ist thöricht.
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Pädagogische Schriften
Das sechs und zwanzigste Bild. Ein aufgeschlagenes Buch mit Rosen umkränzt. Der Fleiß im Lernen belohnet sich selber. We r d i e R o s e b r e c h e n w i l l , m u ß d e n D o r n n i c h t scheuen!
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Lesebuch für Kinder von K. P. Moritz 5
als ein Pendant zu dessen A B C Buch, welches zugleich eine natürliche Anleitung zum Denken für Kinder enthält. Mit Churfürstl. Sächsisch. gnädigster Freiheit.
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Berlin, 1792. Bey Christian Gottfried Schöne.
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Pädagogische Schriften
Inhalt Vorbericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Allee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Landschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Hirsch bei der Quelle . . . . . . . . . . . . Beschreibung des Hirsches . . . . . . . . . . . . Das Bild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Wolf und das Lamm . . . . . . . . . . . . . Beschreibung des Wolfs . . . . . . . . . . . . . . Beschreibung des Schafs . . . . . . . . . . . . . . Das Buch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Wandrer oder die Lebensreise . . . . . . Einige Betrachtungen über diese Geschichte Das Kind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Mühe und die Freude . . . . . . . . . . . . . Die beiden Arbeiter . . . . . . . . . . . . . . . . . Der kleine Albert . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das frühe Aufstehn . . . . . . . . . . . . . . . . . Der unordentliche Fritz . . . . . . . . . . . . . . Die Stube . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Fuchs und der Storch . . . . . . . . . . . . Der Fuchs und der Rabe . . . . . . . . . . . . . Der Frosch und der Ochse . . . . . . . . . . . . Das Schiff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Eisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fischen – lesen. Pflügen – schreiben . . . . . . Die Thierwelt und die Menschenwelt . . . . . Das Gerüste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Naturwelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schlafen und Wachen . . . . . . . . . . . . . . . . Vom rechten Gebrauch der Zeit . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Lesebuch für Kinder
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Vorbericht.
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Dieses Lesebuch für Kinder enthält einen theoretischen und einen praktischen Theil. Der theoretische Theil soll vorzüglich auf den Unterschied zwischen Wa h r h e i t und T ä u s c h u n g , und zwischen Wa h r h e i t und D i c h t u n g aufmerksam machen. Der praktische Theil soll zeigen, daß O r d n u n g und T h ä t i g k e i t der einzige Weg zur Glückseligkeit sey. Diese bey-den Theile aber sind, wegen ihres genauen Zusammenhangs, mit einander verwebt, und nicht in einzelne Abschnitte gesondert. Den Eltern und Lehrern der Kinder muß die nähere individuelle Anwendung und Erklärung der einzelnen Darstellungen in diesem Lesebuche überlassen bleiben.
1
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Pädagogische Schriften
Ich bin nun mit dem A B C Buch fertig. Das Lesen geht schon besser. Ich kann nun auch wohl andre Bücher lesen, und will mit diesem neuen Buche dazu den Anfang machen. Was werde ich aus diesem Buche lernen? Das kann ich nicht anders erfahren, als wenn ich das Buch erst selber lese.
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Die Allee.
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Hier sehe ich eine schöne Allee vor mir; die Leute gehen auf und nieder darin spatzieren. Hier oben, wo ich stehe, ist sie weit; nach unten läuft sie immer schmäler zu, und die Bäume werden immer niedriger. Ich will die Allee hinunter gehen, bis dahin, wo sie ganz schmal zusammenläuft, und die Bäume am allerniedrigsten sind. Nun bin ich unten; ich sehe aber, die Allee ist oben enge und hier unten weit. Die Bäume sind hier unten am höchsten, und da wo ich hergekommen bin, sind sie am niedrigsten. Ich will die Allee wieder hinauf gehen, und sehen, wie es dort oben aussieht. – Nun bin ich oben, und alles ist wieder, wie vorher. – Die Bäume stehen doch fest, und sind während der Zeit, daß ich hinunter gegangen bin, nicht aus ihrer Stelle gerückt; sie können auch während der Zeit weder höher gewachsen, noch niedriger geworden seyn. Und doch ist die Allee hier oben wieder weit, und läuft nach unten schmal zu, da es doch gerade umgekehrt war, als ich unten stand. Das ist sehr sonderbar; und ich möchte wohl wissen, wie das zuginge.
Wer spricht denn eigentlich in diesem Buche? Es kommt mir vor, als ob ich selber darin spreche; und doch habe ich das Buch nicht geschrieben.
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Lesebuch für Kinder
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Der aber das Buch geschrieben hat, sagt immer i c h , und spricht vermuthlich an meiner Stelle.
Die Landschaft. 5
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Ich gehe zuweilen vor dem Thore auf der Wiese spatzieren. Da sehe ich den schönen Fluß; die grünen Hügel und die schattigten Wälder am Ende der Wiese; in der Ferne sehe ich die blauen Berge, und in der Nähe die Stadt mit ihren spitzen Thürmen. Auf der Wiese weiden Lämmer. Ich lagre mich in das weiche Gras; die Luft ist lau und milde; der Himmel ist klar und heiter; mein Auge schaut frei umher. Die hohen Häuser in den Straßen benehmen mir in der Stadt den Anblick von Feld und Wald; die Ufer des Flusses sind dicht mit Häusern bebauet; alles ist eng und eingeschlossen; in der Stube kann ich sogar den Himmel nur durch die Fenster sehen. Die Aussicht auf der Wiese und auf dem Felde ist freilich besser. Wenn es aber heftig regnet, so bin ich froh, wenn ich nicht naß werde und in der trocknen Stube bin.
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Ein Hirsch kam an eine Quelle, um seinen Durst zu löschen. – Er sahe hier in dem spiegelhellen Wasser sein Ebenbild, und bewunderte sein prächtiges Geweih; seine dünnen Beine aber sahe er mit Verachtung an. Plötzlich erscholl hinter ihm das Geschrei der Jäger; da nahm er seine Zuflucht in den Wald, und wegen der Leichtigkeit und Schnelligkeit seiner Füße wäre er glücklich entkommen, wenn er mit seinem zackigten Geweih nicht in dem Gebüsch wäre hängen geblieben, wo er gefangen, und von den Hunden zerrissen wurde.
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Die unansehnlichen Beine, die er vorher verachtete, würden ihm also das Leben gerettet haben, wenn das prächtige Geweih, das er bewunderte, ihm nicht den Tod gebracht hätte.
Daß der Hirsch, da er sich im Wasser spiegelte, seine dünnen Beine verachtet, und sein Geweih bewundert haben soll, scheint mir erdichtet zu seyn: denn wenn ich etwas bewundre und etwas anders dagegen verachte, so muß ich beide Dinge mit einander vergleichen und bei mir selber darüber nachdenken. – Ein solches Nachdenken aber kann man bei einem Hirsch wohl nicht vermuthen. Dieser kömmt nur an die Quelle, um seinen Durst zu löschen, und mag über seine Gestalt wohl eben keine Betrachtungen anstellen. Der dies erdichtet hat, muß sich also wohl in Gedanken an die Stelle des Hirsches versetzet haben. Wozu hat er das aber gethan? und wozu ist diese ganze Erdichtung? So viel sehe ich wohl ein, daß diese Erzählung gut zusammen hängt, und darum gefällt mir auch die Erdichtung wohl. Kaum hat der Hirsch sein Geweih bewundert, und seine Beine verachtet, so ereignet sich auch gleich ein Umstand, wodurch es sich zeigt, ob er Recht oder Unrecht hat. Und nun kehrt sich die Sache plötzlich um. Das Unansehnliche wird ihm nützlich, und das Ansehnliche und Prächtige wird ihm schädlich. Dies ereignet sich ganz natürlich, indem er vor den Jägern flüchtet, und dem Walde zueilt. Wenn nun der Hirsch wirkliches Nachdenken gehabt hätte, so würde es ihm wohl noch eingefallen seyn, daß gerade dasjenige, was er vor Kurzem noch so sehr verachtete, seine Rettung hätte seyn können, und dasjenige, was er so sehr bewunderte, itzt sein Verderben war.
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Dies fließt alles sehr natürlich aus einander, und ich kann es mit meinen Gedanken leicht zusammenfassen.
Beschreibung des Hirsches.
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Ein Hirsch ist ohngefähr so groß, wie eine Kuh – etwas höher und schlanker aber nicht so lang und dick – er hat braunrothe Haare, und auf dem Kopfe hohe ästige Hörner, die man sein Geweih nennt. Den Anfang zu diesem Geweih bekömmt der Hirsch erst, wenn er zwei Jahr alt ist; dann wachsen ihm zwei spitzige Hörner, woran noch keine Enden sind. Nachher wachsen die Enden jährlich, wie Zweige aus den Bäumen, aus den Hörnern hervor, so daß man ohngefähr das Alter des Hirsches aus der Anzahl der Enden seines Geweihes schliessen kann.
Hier merke ich wohl, ist ein ganz andrer Ton; hier ist nichts erdichtet; und vom Hirsch ist nichts gesagt, als was ihm wirklich zukömmt. Hier ist die Größe und die Farbe des Hirsches beschrieben, und ich kann mir doch nun eher eine Vorstellung von ihm machen. Auch habe ich gelernt, wie sein Geweih aussieht, und wie es wächst. Hierbei läßt sich nun freilich nichts weiter nachdenken; aber es ist mir doch angenehm, daß ich es weiß.
Das Bild.
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Ich habe ein Bild gesehen; das stellt eine Landschaft vor. Vorne zur rechten Hand steht ein hoher Eichbaum, der seine Zweige weit umher verbreitet.
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Im Schatten des Eichbaums ruht ein Hirt; einige Kühe, die er weidet, sind um ihn her gelagert. Vorne zur linken Seite ist ein kleiner Teich, mit grünem Gebüsch umgeben. In der Ferne am Abhange eines Berges liegt ein Dorf mit einem spitzen Thurme. – Ein Blatt von dem Eichbaume im Vordergrunde könnte das ganze Dorf bedecken, so klein ist es dargestellt. Man sieht einen Reiter in der Ferne den Berg herunter kommen; diesen Reiter und sein Pferd zusammengenommen, könnte der Daumen von der Hand des Hirten decken, welcher im Vordergrunde unter dem Eichbaume sitzt. Das Dorf in der Ferne ist eigentlich so nahe wie der Baum vor meinem Auge, und der Reiter in der Ferne so nahe, wie der Hirt unter dem Baume; denn Beides ist auf einem Fleck befindlich. Warum sage ich denn: das Dorf in der Ferne? der Reiter in der Ferne? Ich erinnere mich, daß ein Dorf in der Ferne mir viel kleiner vorgekommen ist, als ein Baum in der Nähe, und daß ein Mensch in der Ferne mir oft kaum sichtbar gewesen ist. Nun sehe ich hier ein Dorf, das kleiner ist, wie ein Blatt von einem Baume, der vor mir zu stehen scheint, und einen Menschen, der kleiner als der Daumen eines andern ist, welcher unter dem Baume sitzt. Wenn nun das Dorf ein ordentliches Dorf, und der Reiter ein ordentlicher Reiter, und nicht etwa eine kleine Puppe vorstellen soll, so muß ich mir den Baum und den Hirten so nahe und das Dorf und den Reiter so weit weg denken, daß ein Blatt vom Baume das Dorf, und ein Daumen des Hirten den Reiter bedecken würde, wenn das Blatt etwa zwischen meinem Auge und dem Dorfe, oder der Daumen des Hirten zwischen meinem Auge und dem Reiter wäre.
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Der Wolf und das Lamm.
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Ein Wolf und ein Lamm kamen beide an einen Bach, um zu trinken. Der Bach strömte von einer Anhöhe herab. Der Wolf stand oben, das Lamm stand unten. Warum trübst du mir das Wasser? sagte der Wolf zum Lamm mit zornigem Blick. Wie kann ich dir das Wasser trüben, antwortete das Lamm, da es nicht aufwärts, sondern von dir zu mir hinunter fließt? Dies brachte den Wolf zum Schweigen; allein er blickte das Lamm aufs neue zornig an, und sprach: vor sechs Monathen hast du mich mit böser Zunge verläumdet! Vor sechs Monathen war ich noch nicht gebohren, antwortete das unschuldige Lamm. So ist es dein Vater gewesen, der mich verläumdet hat, und du sollst dafür büssen! So sprach der Wolf ergrimmt, und zerriß das arme Lamm.
Ich merke wohl, daß dies wieder eine Fabel ist, wie die vom Hirsch an der Quelle. Das arme Lamm dauert mich! Man siehet wohl, der Wolf suchte nur eine Ursach an dem Lamm, weil er es einmal zerreissen wollte. Das Lamm hatte ihm nichts zu leide gethan; da gab er ihm Schuld, es habe ihm das Wasser trübe gemacht. Er hätte das Lamm nur geradezu zerreissen können; aber er wollte sich doch den Schein ge-ben, als ob er das Lamm nicht seiner Grausamkeit aufopferte, sondern nur eine gerechte Strafe ausübte. Er klagte das Lamm unschuldiger Weise an, und richtete es auch zugleich hin. Er war Kläger und Richter zugleich.
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Warum mag diese Fabel von dem Wolf und dem Lamme erdichtet seyn? Es mag vielleicht jemanden einmal von einem, der mächtiger, als er war, Unrecht geschehen seyn, und er hat es nicht geradezu sagen dürfen, da hat er es in diese Fabel eingekleidet.
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Beschreibung des Wolfs.
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Der Wolf hat röthliche Haare, und gleicht beinahe einem großen Fleischerhunde. Er ist unersättlich, erwürgt Menschen und Vieh, und scharrt selbst die Leichen aus. Den Tag über hält er sich gewöhnlich in den Wäldern, zwischen dicken Gebüschen auf. Des Nachts geht er auf Raub aus, und fällt Schafe, Ziegen, und selbst Menschen an. In Deutschland und mehrern Ländern sind die Wölfe ganz ausgerottet.
Beschreibung des Schafs. Das Schaf ist immer zahm, und hält sich zu den Menschen, und sucht unter ihnen Schutz, weil es zu schwach und furchtsam ist, und weder Stärke noch List besitzt, um sich den Angriffen der Raubthiere zu widersetzen, oder ihnen zu entfliehen. Wenn die Schafe ohne Hund und Hirten sind, und vom Wolfe angegriffen werden, so sind sie verlohren. Der Mensch nimmt aber diese zahmen und frommen Thiere gern unter seinen Schutz, weil sie ihm sehr nützlich sind, indem sie ihm Wolle und Milch geben. Das Schaf lebt von Pflanzen und Kräutern.
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Hieraus sehe ich also, daß sich der Wolf und das Schaf gerade entgegengesetzt sind. Der Wolf ist eines der schädlichsten und das Schaf eines der nützlichsten Thiere. Der Wolf ist in Deutschland und mehrern Ländern ganz ausgerottet, da man hingegen allenthalben so viele Schafe zu halten sucht, als nur möglich ist. stark – schwach wild – zahm grausam – geduldig räubrisch – genügsam sind sich in dem Lamm und Wolf einander entgegengesetzt. Darum passen sich diese beiden Thiere gut zu einer Fabel, wo man Recht und Unrecht gegen einander stellt.
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Daß wir wissen, was die Menschen, die tausend Jahre und länger vor uns lebten, Edles und Schönes gedacht und gethan haben; das verdanken wir vier und zwanzig kleinen Figuren, die wir Buchstaben nennen, und aus denen alle Bücher der Welt zusammengesetzt sind. Die Zusammensetzung der Schrift aus Buchstaben ist an sich eine große und wundervolle Sache, die uns nur wegen des öftern Gebrauchs so alltäglich und gewöhnlich vorkommt. Durch die Schrift reden die Todten, deren Mund schon lange geschlossen ist, noch immer zu den Lebendigen. Künste und Wissenschaften und nützliche Erfindungen sind durch die Schrift aus den ältesten Zeiten bis auf uns gekommen. Wenn man dies recht bedenkt, so ist ein nützliches Buch eine heilige Sache, welcher man durch den besten Gebrauch, den man davon macht, gleichsam Ehre erweisen muß. Vermittelst der einmal erfundnen vier und zwanzig Buchstaben können tausend menschliche Begebenheiten und Erzählungen, Din-
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ge, die im Himmel und auf Erden sind, in dem kleinen Umfange einer Sammlung von Büchern dargestellt werden. Die Buchstaben können in Metall gegossen, und alsdann nach Gefallen zusammengesetzt und wieder auseinander genommen werden. Statt daß man sonst mit der Feder jeden einzelnen Buchstaben schreiben muß, kann durch die Zusammensetzung der metallnen Buchstaben, eine ganze Seite voller Schrift auf einmal auf dem Papiere abgedruckt, und in der größten Reinigkeit und Schönheit dem Auge dargestellt werden. Ein solcher Abdruck kann zu tausendmalen wiederholt, und auf die Weise kann die Schrift, welche die Gedanken des Menschen ausdrückt, in kurzer Zeit unzähligemal vervielfältigt werden. So kann ein einziger Mensch in sehr kurzer Zeit seine Gedanken unter eine erstaunliche Anzahl von Menschen verbreiten, die sich nie auf einen Haufen versammlen würden, um ihn reden zu hören.
Was hier von dem Buche gesagt wird, ist sehr wahr; Denn ich kenne auch den Mann nicht, der dieses Buch geschrieben hat; Ich habe ihn nie gesehn, und lese doch seine Worte, wodurch er seine Gedanken ausdrückt. Dies Buch ist gedruckt und nicht geschrieben. Wie also das eine von diesen Büchern ist, so sind sie alle; Denn die metallnen Buchstaben, wovon es abgedruckt ist, verändern, während dem Druck, ihre Züge nicht, sondern bleiben sich immer gleich. Um mir hiervon einen recht deutlichen Begriff zu machen, muß ich selbst eine Druckerei sehen.
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Der Wandrer oder die Lebensreise.
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Ein Wandrer wollte nach einer schönen Stadt reisen, die er sehr hatte rühmen hören, und wo er auf immer sein Glück zu machen hoffte. Als er noch nicht weit gegangen war, kam er auf eine grüne Wiese, wo er auf einmal so viele Wege vor sich sahe, daß er selbst nicht wußte, welchen er wählen sollte. Wie er nun so unentschlossen da stand, trat ein freundlicher Greis zu ihm, der fragte ihn, wo er hin wollte? Der Wandrer nannte ihm den Ort, und der Greis erbot sich sein Führer zu seyn, wenn er ihm folgen wolle. Aus seinen Augen leuchtete etwas so Majestätisches und Liebevolles hervor, welches dem Wandrer sogleich ein solches Zutrauen gegen ihn einflößte, daß er sich keinen Augenblick bedachte, sich seiner Führung gänzlich zu überlassen. Sie giengen nun miteinander fort. Es war noch früh am Tage. Die Sonne schien so schön am Himmel, die Vögel sangen in der Luft, in der Ferne rauschten sanfte Bäche, und die Wiese glänzte vom Thau. Ihr Weg schlängelte sich auf weichem Grase durch Blumenfelder hin. Rund umher erblickte man nichts, als eine reizende Ebne, außer wenn man grade vor sich hin sahe, so war es, als ob ganz in der Ferne ein kleiner Hügel dämmerte, den man aber, wegen seiner weiten Entfernung kaum bemerken konnte. Ach wie schön, rief der Wandrer voll Entzückung aus, wie schön ist diese Gegend, und wie angenehm dieser Weg, den wir wandeln! Siehst du in der Ferne jenen Hügel, antwortete der Greis, der liegt auf unserm Wege, und wir müssen ihn nun bald übersteigen. O der ist ja noch weit entfernt, sagte der Wandrer, und wenn wir ihn auch übersteigen müssen, so wird das doch wohl so gar mühsam nicht seyn, weil es nur ein kleiner unbedeutender Hügel ist. Als sie noch so sprachen, fing der Weg an etwas unebner und rauher zu werden, wie er im Anfang war. Anstatt, daß er sich vorher durch Blumen schlängelte, lief er jetzt oft über spitzige Steine und zwischen stechenden Dornen hin, verlor sich zuweilen im tiefen Sande, und kam auf einem dürren steinigten Erdreich wieder zum Vorschein. Die Sonne stieg höher herauf, und fing schon an, ihre brennenden Strah-
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len senkrecht herab zu schiessen. Indeß näherten sie sich auch dem Hügel. Dieser schien sich bei jedem Schritte zu vergrößern, und stellte sich ihnen zuletzt, als einen hohen steilen Berg dar, dessen Anblick den Wandrer schon mit Schrecken erfüllte. Dieser fing nun an, kleinmüthig zu werden, und fragte seinen Führer, ob sie nicht unten um diesen Berg herumgehen könnten, weil es doch bei dieser brennenden Sonnenhitze wol unmöglich wäre, ihn zu übersteigen? Hier geht gleich ein Weg ab, sagte der Greis, der schlängelt sich unten um den Berg herum. Schon mancher hat mich hier verlassen, und diesen Weg gewählt, ist aber nie in die Stadt gekommen, wohin er gedachte, und wohin du jezt auch gedenkest, willst auch du mich hier verlassen, so steht es dir frei, glaubst du aber, daß ich es gut mit dir meine, so folge mir! Der Wandrer traute seinem Führer und folgte ihm. Und wie sie an den Berg heran kamen, war er nicht so schrecklich steil, wie er ihnen vor kurzem noch geschienen hatte. Als sie nun heraufstiegen, wollte sich der Wandrer alle Augenblicke ein wenig ausruhen, sein Führer aber sprach ihm Muth ein, und sagte: Sey nur getrost, wir kommen nun bald auf den Gipfel, bergunter wird es schon besser gehen. Dann kommen wir in ein anmuthiges Thal, wo das reinste Wasser aus dem Felsen quillt, und wo die Bäume mit den schönsten Früchten prangen. Da wollen wir uns wieder erquicken, wenn wir diesen Berg erst werden erstiegen haben! Wenn nun der Wandrer träge und müde wurde, so dachte er nur an das anmuthige Thal, und wurde auf einmal wieder frölich und munter. Auf die Art erreichten sie bald den Gipfel des Berges. Hier konnten sie nun den ganzen Weg übersehen, welchen sie zurück gelegt hatten, auch konnte man bemerken, wie der Pfad, der sich unten um den Berg herum zog, immer weiter von der rechten Straße abgieng, und zuletzt auf einen tiefen Abgrund zuführte, den man nur oben von diesem Berge, unten aber auf dem Wege selbst nicht bemerken konnte. Nun dankte der Wandrer seinem Führer herzlich, daß er ihn von diesem Wege abgerathen hatte.
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Vor sich sahen sie nun das anmuthige Thal, das immer näher zu kommen schien, in der Ferne aber war es, als ob sich noch mehrere Berge zeigten, wovon einer immer höher, als der andre war. Laß dich nicht durch dies anmuthige Thal zu sehr anlocken, sagte der Greis, und denke, daß wir uns nur darin erquicken wollen, damit wir über jene Berge unsern Stab weiter setzen können; denn wir reisen ja nicht, um uns zu erquicken, sondern wir erquicken uns nur, um weiter zu reisen. Sie kamen unter angenehmen Gesprächen und süßen Hofnungen ins Thal herab, setzten sich unter einen Baum und labten sich an der kühlen Quelle und an den schönen reifen Früchten, die sie mit leichter Mühe frisch vom Baume abpflücken konnten. So angenehm ist der Genuß nach der Arbeit, sagte der Greis, aber die Arbeit nach dem Genuß ist nicht weniger angenehm; darum laß uns aufstehen, und muthig unsre Reise fortsetzen, denn wir haben noch viele Berge zu übersteigen, ehe wir unser gewünschtes Ziel erreichen! Nun gieng ihre Reise gut von statten, auf einen steilen Berg, den sie mühsam ersteigen mußten, folgte immer ein kleines anmuthiges Thal, wo sie sich wieder erquicken konnten; am Abend kehrten sie in die Herberge ein, und am Morgen, sobald die Sonne aufgieng, waren sie schon wieder reisefertig, und machten sich auf den Weg. So legten sie in einigen Tagen eine weite Strecke zurück, und trösteten sich mit den Ge-danken, daß sie der Stadt, wohin ihre Wünsche gingen, nun immer näher kämen. Oft schien sich ihr Weg in unabsehlichen Krümmungen zu verlieren, allein ehe man es sich versahe, schlängelte er sich wieder schön und grade vor ihnen auf der Ebne hin. Zuweilen schien es ganz unmöglich auf einen steilen Berg zu kommen, den sie vor sich sahen, allein ihr Pfad lief unvermerkt an der Seite des Berges durch tausend Krümmungen im Gebüsch hinauf, daß sie ihn, wieder alles Vermuthen, ganz bequem ersteigen konnten. Einmal aber giengen sie in einem tiefen Grunde, und an beiden Seiten über ihnen hingen große Felsenstücke, welche alle Augenblick herab zu stürzen droheten.
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Der Wandrer fing an zu zagen, allein sein Führer sprach ihm Muth ein, und sie kamen glücklich durch: die Felsen stürzten nicht über sie zusammen, und die drohende Gefahr verschwand. Nun setzte der Wandrer ein rechtes Zutrauen auf seinen Führer, und hätte ihn nicht verlassen, wenn er auch durchs Feuer mit ihm hätte gehen sollen. Eines Tages war es so heiter Wetter, und alles so still um sie her, sie hatten einen rauhen Weg zurückgelegt, und gingen nun auf einer grünen Ebne, wo sie von einer sanften Luft umweht wurden, die nach und nach den Schweiß von ihrer Stirne abtrocknete. Da blickte der Greis den Wandrer freundlich an, und sagte: sey getrost! unsre Reise geht nun bald zu Ende, und ehe du es dich versiehest, sind wir in unsrer geliebten Stadt, wo deine Freunde, die du dort antreffen wirst, sich schon auf deine Ankunft freuen, und bereit sind, dich mit offnen Armen zu empfangen. Aber zittre nicht, wir müssen erstlich noch durch ein dunkles Thal, wo die Sonne und der Tag vor unsern Blicken verschwinden, und der Boden unter unsern Füßen weichen wird; dann halte dich nur feste an mich, und fürchte nichts, denn ich werde dich glücklich hindurch führen, und bis an den Ort deiner Bestimmung bringen! Sie waren noch nicht weit gegangen, als sie schon das dunkle Thal erblickten, das sich schwarz und furchtbar vor ihnen eröffnete. Allein der Wandrer stieg an der Hand seines Führers mu-thig hinab, und als es immer dunkler um ihn wurde, und die Sonne und der Tag vor seinen Blicken verschwand, da konnte er seinen Führer selbst nicht mehr sehen, er hielt sich aber fest an ihn, und als der Boden unter seinen Füßen wankte, da bebte er nicht, sondern hielt sich immer fester an seinen Führer, und dieser brachte ihn glücklich durch das dunkle Thal hindurch. Plötzlich ging eine schönere Sonne auf, am Himmel glänzte ein hellerer Tag, und vor ihnen lag die Stadt, das Ziel ihrer Wünsche, in unbeschreiblicher Schönheit.
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Einige Betrachtungen über diese Geschichte.
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Ein Wandrer kann unmöglich verlangen, daß ihm zu Gefallen, damit er etwas bequemer gehen könne, Bäume und Hügel vor ihm weggeräumet würden. Eben so wenig kann man auch verlangen, daß die ganze Einrichtung der Welt verändert werden solle, damit man gar keine Widerwärtigkeiten und Unangenehmes im Leben zu ertragen habe. Man muß keine Mühe scheuen, wenn man in der Welt glücklich werden will.
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Das Kind.
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Als ich lesen lernen wollte, mußte ich erst einen Buchstaben nach dem andern kennen lernen, hätte ich damals diese geringe Arbeit gescheuet, so würde ich jetzt aus keinem Buche Nutzen schöpfen können, und jedermann würde mich wegen meiner Ungeschicklichkeit verachten.
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Die Mühe und die Freude.
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Die Mühe und die Freude, die von jeher Gefährten gewesen sind, geriethen einmal in einen Streit, und wollten sich voneinander trennen. Die Mühe sagte: wozu soll mir die Freude dienen, sie stört mich nur in meinem emsigen Fleiße? Und die Freude sagte wieder: was hab ich mit der Mühe zu schaffen, sie unterbricht nur meinen süßesten Genuß? Sie fingen also beide an für sich zu leben. Es währte aber nicht lange, so rief die Mühe der Freude zu: ach störe mich doch nur eine kleine Weile in meinem Fleiße, damit ich nicht unter meiner Arbeit darnieder sinke!
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Das will ich wol thun, sagte die Freude, wenn du auch zur Dankbarkeit wieder meinen süßesten Genuß unterbrechen willst, damit ich seiner nicht überdrüßig werde, denn ich sehe doch wohl, daß wir eines ohne das andere nicht leben können. Da versöhnten sie sich wieder mit einander, und seit der Zeit sind sie immer die vertrautesten Freunde gewesen, und wer sie aufnehmen will, muß sie beide aufnehmen, weil sie immer unzertrennlich sind.
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Die beiden Arbeiter. Ein Arbeiter mußte bei dem Bau eines Hauses Steine tragen; unter dem Haufen derselben fand sich ein außerordentlich großer, welcher aber demohngeachtet auch mit fortgeschafft werden mußte. Allein wenn der Arbeiter an diesen kam, so schob er ihn immer zurück, und trug erst die kleinern weg; nun beunruhigte ihn, bei der ganzen Arbeit, beständig der Gedanke, daß er doch zuletzt den großen, schweren Stein auch noch wegschaffen müßte, welches er denn auch endlich mit vielem Verdruß und Widerwillen that. Ein andrer Arbeiter hatte auch einen Haufen Steine vor sich liegen; dieser suchte zuerst den allergrößten aus, und weil er einmal wußte, daß es nicht anders seyn könne, so trug er ihn vergnügt fort, ob es ihm gleich sauer wurde, denn er freute sich nun schon auf die Erleichterung seiner Arbeit, wenn er an die kleinern Steine kommen würde; nun ging ihm alles gut von statten, und er war fröhlich in seiner Arbeit, weil er das Schwerste überwunden hatte.
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Der kleine Albert.
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Die Eltern des kleinen Albert wohnten auf einem Hügel, an dessen Fuß ein tiefer Sumpf war. Der kleine Albert wurde sehr oft von seinen Eltern gewarnt, daß er ja den Hügel nicht hinunter laufen solle. Endlich aber fügte es sich einmal, daß er allein war, so daß ihn niemand sahe; da fiel ihm der Gedanke ein, nur ein paar Schritte den Hügel hinunter zu laufen, und dann wieder umzukehren. Er lief also zu, und als er ohngefähr in der Mitte des Abhanges war, wollte er stehen bleiben, konnte aber nicht mehr, sondern mußte nun einmal ganz herunter laufen, so daß er mit der größten Gewalt in den Sumpf stürzte und ertrank.
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Der kleine Ernst hatte eine große Abneigung gegen das frühe Aufstehn. Ob er es nun gleichwohl einsahe, wie viel er durch das lange Schlafen versäumte, und auch oft den Vorsatz faßte diesen Fehler zu verbessern, so wollte es ihm doch immer nicht gelingen, weil er noch nicht Muth genug hatte, seinen W i d e r w i l l e n gegen das Gute zu überwinden. Nun war es im Sommer, und er wachte einmal des Morgens um fünf Uhr auf. Da fiel ihm sein Vorsatz ein, und er dachte bei sich selbst: einmal muß ich doch den Anfang machen! Indem sprang er aus dem Bette; es ging ihm aber wie ein Schauder durch den ganzen Körper, so stark empörte sich seine Trägheit dagegen. Er zog sich geschwinde an, allein während dem Anziehn war es ihm immer noch, als ob er sich wieder hinlegen sollte; ein paarmal war er
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auch fast willens, es zu thun; aber er widerstand glücklich, setzt sich hin, und machte eine Ausarbeitung fertig, vor der er sich schon lange gescheuet hatte, weil sie ihm zu schwer schien. Seine Arbeit ging ihm gut von statten. Seine Eltern waren viel freundlicher wie sonst gegen ihn. Er kam zu rechter Zeit in seine Lehrstunden. Dies alles machte ihn den Tag über heiter und aufgeräumt, so daß er den andern Morgen schon nicht mehr mit Widerwillen, sondern mit Vergnügen, eben so früh aufstand.
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Der unordentliche Fritz.
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Fritz war ein u n o r d e n t l i c h e r Knabe. Wenn er sich des Abends auszog, so warf er den einen Schuh untern Ofen, den andern setzte er unter’s Bette. Das eine Strumpfband steckte in der Rocktasche, und das andere hing unter’m Spiegel; Rock und Weste lagen oben und der Hut lag unten. Nun hatte Fritz noch die böse Gewohnheit, nicht früh aufzustehen. Wenn also die Sonne ins Fenster schien, und um acht Uhr zur Schule geläutet wurde, so mußte es Hals über Kopf mit dem Anzuge gehen; und nun war es ein trauriger Anblick, wie der arme Fritz mit dem einen Schuh und Strumpf am Fuße in der Stube herumhüpfte, und den andern suchte; wie er sich den einen Strumpf mit einem Bindfaden aufbinden mußte, weil er das Strumpfband, das in der Rocktasche steckte, nicht finden konnte; wie der Hut, von alle dem Zeuge, was die Nacht darauf gelegen hatte, zerdrückt war, und sich gar nicht wieder ins Geschicke bringen ließ. Und da es nun vollends an das Büchersuchen ging, so steckte die lateinische Grammatik im Stiefel, das Schreibebuch lag zu den Füßen im Bette, die Schreibfedern lagen auf dem Feuerheerde, und das Dintefaß stand zwischen dem weißgewaschnen leinenen Zeuge. – Die Federn waren halb verbrannt, das Dintefaß war umgefallen, und die weisse Wäsche be-schmutzt; das Schreibebuch war in einen
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Klumpen mit den Füßen zusammengetreten, und die lateinische Grammatik wurde gar nicht gefunden, sondern blieb so lange im Stiefel stecken, bis Fritz einmal einen anziehen wollte, und mit dem Fuß nicht hinein kommen konnte. Verwildert und mißvergnügt ging dann Fritz zur Schule, wo er gemeiniglich zu spät kam. Die Mutter schalt, der Vater drohte, aber alles half nichts. Es ging so einen Tag und alle Tage. Da nun Fritzens Eltern fast alle Hoffnung aufgaben, daß sie selbst je im Stande seyn würden, ihn wieder zur Ordnung zu gewöhnen, und auch leider! wegen vieler andern Geschäfte nicht Zeit genug hatten, sich so viel als nöthig war, mit der Erziehung ihres Sohnes zu beschäftigen, so sahen sie sich nach einem Mann um, dem sie das wichtige Geschäft der Erziehung ihres Sohnes auftragen könnten, und sie waren so glücklich einen solchen zu finden, der alle ihre Wünsche und Erwartung noch übertraf. Die vorzüglichste Bitte der Eltern an ihn war gleich im Anfange: er möchte doch ihren Sohn, wo möglich, zur Ordnung zu gewöhnen suchen – weil nun Fritz auch erst zwölf Jahr alt war, so sagte Stahlmann, (das war der Name des jungen Mannes) habe er noch alle Hoffnung, einen ordentlichen Knaben aus ihm zu ziehen. Und nun fing Stahlmann auch von Stund an seine Lektionen mit Fritzen damit an, daß er ihn bei jeder Gelegenheit z u s a m m e n l e gen und zusammenstellen ließ, was zusammen gehört e , und v o n e i n a n d e r a b s o n d e r n l i e ß , w a s n i c h t z u s a m men gehörte. Die Früchte davon zeigten sich bald. Fritz stand mit mehr Vergnügen auf, kam zu rechter Zeit zur Schule, und betrug sich den ganzen Tag über vernünftiger und besser, so daß sich auch seine Eltern selbst über die schnelle Verwandlung wunderten, und seinen Lehrer Stahlmann fragten, wie das doch zuginge? Stahlmann gab zur Antwort, das ganze Geheimniß bestehe darin, daß er Fritzen bei jeder Gelegenheit lehre, zusammenzulegen und zusammenzustellen was zusammen gehöre, und von einander abzusondern was nicht zusammen gehöre.
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Durch die beständige Uebung gewöhnte sich Fritz dermaßen zu diesem Gedanken, daß es ihm am Ende so geläufig wurde, das zusammengehörige zusammenzustellen und zu legen, daß er gar nicht einmal mehr daran dachte, es thun zu wollen, wenn er’s that. Wenn er sich des Abends ausgezogen hatte, lagen Knieschnallen, Strümpfe und Strumpfbänder zusammen, die Schuh mit den Schuhschnallen standen unter’m Stuhle: kurz die Kleidungsstücke hatten sich gleichsam von selbst, indem er sie mit Bedacht hinlegte, so geordnet, wie sie auf und nebeneinander liegen mußten, um mit der leichtesten Mühe stückweise wieder angezogen werden zu können. Und wenn nun Fritz am Morgen aufstand, so war er fertig, ehe man sich’s versahe; der Vater drohte, die Mutter schalt nicht mehr. Fritz stand von selber früher auf, wie sonst, weil er sich nicht mehr vor der Beschwerde des Anziehens fürchtete. Er kam zu rechter Zeit zur Schule. Denn die lateinische Grammatik steckte nicht mehr im Stiefel, das Schreibebuch lag nicht mehr im Bette, und die Federn nicht mehr auf dem Heerde; sondern Grammatik und Schreibebuch hatten, als zusammengehörige Sachen, in Fritzens kleinem Schreibepulte, wo sie auch hingehörten, ihren Platz. Stahlmann mochte nun mit Fritzen gehen und stehen, wo er wollte: so hatte er immer Gelegenheit genug, ihn bemerken zu lassen, was von den verschiedenen Gegenständen, die er vor sich sahe, zusammen gehörte, und nicht zusammen gehörte. Wenn sie im Felde spatzieren gingen, so suchten sie allerlei Kräuter und Pflanzen, die sie mit sich zu Hause nahmen, und diejenigen, die sich ähnlich waren, aus dem verwirrten Haufen her-aus suchten, und zusammen legten, bis endlich alles seinen angewiesenen Platz erhalten hatte. Fritzens Eltern wollten ihm zur Belohnung seines nunmehrigen guten Betragens ein Naturalienkabinet kaufen, Stahlmann aber verbat es, und suchte es vielmehr zu veranstalten, daß Fritz sich selbst allmälig ein Naturalienkabinet anlegen mußte, um auch auf die Art zu lernen, d a s Z u s a m m e n g e h ö r i g e z u s a m m e n z u l e g e n , u n d d a s Ve r w i r r t e z u o r d n e n .
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Diese kleinen Erzählungen haben alle viel Aehnliches in ihrem Ausgange. Die Mühe und Anstrengung wird am Ende mit Vergnügen belohnt. Man muß sich keine Mühe verdrießen lassen, wenn man etwas Nüzliches lernen oder etwas Gutes erlangen will. Das sieht man schon bei der geringsten Kleinigkeit. Wenn man nichts vorzunehmen weiß, hat man Langeweile, und kann nicht vergnügt seyn. Thörichte Dinge, die man aus Langerweile vornimmt, machen am Ende mißvergnügt. Wenn man aber etwas Nützliches vornimmt, so wird man immer vergnügter, wenn man sieht, daß man weiter kömmt, und daß die Sache immer besser und leichter geht. Darum will ich niemals ganz unbeschäftigt seyn, und wenn ich selber nicht weiß, was ich vornehmen soll, so will ich mir eine Arbeit aufgeben lassen.
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Hier in der Stube sehe ich einen Spiegel, einen Tisch und Stühle, den Ofen, und die Gardinen vor den Fenstern. Alle diese Dinge gehören in die Stube, weil sie zur Bequemlichkeit dienen, und die Stube dadurch zu einem angenehmen Wohnplatze wird. Der Ofen erwärmt die Stube; die Vorhänge vor den Fenstern schützen vor den Sonnenstrahlen. Wenn keine Stühle wären, so müßten wir auf der Erde sitzen, und wenn keine Tafel in der Stube stände, so müßten des Mittags die Schüsseln und Tellern auf der Erde stehen. Der Spiegel stellt alle Sachen, die in der Stube sind, noch einmal wieder dar, und man kann darin sehen, ob man sich das Gesicht auch rein gewaschen hat.
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In der Kommode sind Auszüge, wo die Kleider ihren Platz haben, daß sie nicht schmutzig und staubicht werden.
Der Fuchs und der Storch.
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Der Fuchs ladet den Storch ein, daß er bei ihm essen soll – und setzt ihm eine Brühe in einer flachen Schale vor – Der Storch mit seinem langen Schnabel macht hierbei eine lächerliche Figur; die Brühe ist für ihn so gut, als ob sie gar nicht da wäre, indeß der Fuchs sie mit seiner Zunge behende aus-leckt, und seinen Gast unaufhörlich zum Essen nöthigt. Nach einiger Zeit bittet der Storch den Fuchs wieder zum Essen, und setzt ihm kleingebrockte Speisen in einer Bouteille mit einem sehr langen Halse vor – Hier macht der Fuchs eine noch weit lächerlichere Figur, als vorher der Storch, indem er die Bouteille von außen beleckt, während daß der Storch mit seinem langen Schnabel einen Brocken nach dem andern herausholt –
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Man freut sich über die wohlgewählte Rache – Und daß die List überlistet ist.
Der Fuchs und der Rabe.
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Als man diejenigen lächerlich machen wollte, die sich durch Schmeicheleien berücken lassen – so mußte im ganzen Thierreich, was den listigen Schmeichler anbetraf, die Wahl zuerst auf den Fuchs fallen – Derjenige, der sich schmeicheln ließ, mußte eine Eigenschaft an sich haben, die von jedermann als das Gegentheil von schön und bewundernswürdig anerkannt war –
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Niemand wird die Stimme des Raben, wenn er seinen krächzenden Gesang anstimmt, für schön und bewundernswürdig halten – Diese ist also ein würdiger Gegenstand der hinterlistigen Schmeichelei des Fuchses – Allein der Fuchs muß bei seiner Schmeichelei auch irgend einen Endzweck haben, sonst trägt sie nicht das Merkmal der List – Da der Rabe nun ein Raubthier ist, so denkt man sich ihn mit einer Beute, oder mit einem geraubten Käse, den er im S c h n a b e l trägt – Der Fuchs hat also nun einen besondern Endzweck, auf welchen er seine Schmeichelei hinrichten kann – Er muß auf ein Mittel denken, dem Raben seinen Schnabel zu öffnen, damit er den Käse herausfallen lasse – Um also den Ehrgeiz des Raben rege zu machen, lobt er erst sein glänzendes Gefieder, wodurch er sich von allen Vögeln des Waldes auszeichnet, und fügt denn hinzu, wenn seine Stimme eben so vorzüglich wäre, so würde er der König unter den Vögeln seyn – Die natürliche Folge davon war, daß der Rabe nun auch seine Stimme wollte hören lassen, um zu zeigen, daß sie seiner nicht unwürdig wäre – Um dies zu thun, eröffnete er den Schnabel, und ließ den Käse fallen – der Fuchs hatte nun seinen Zweck erreicht, und ging mit dem Käse davon –
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Der Frosch und der Ochse. 25
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Ein sehr natürliches Bild der Aufgeblasenheit und des Stolzes ist der Frosch. Durch die Verwandschaft der Begriffe, fällt einem bei dem Aufblasen seiner Haut, die Gemüthsart gewisser Leute ein, welche in allem größer scheinen wollen, als sie wirklich sind – Er bläst sich auf, wie ein Frosch – Diese Verwandschaft der Begriffe ist vermuthlich die erste Veranlassung zur Entstehung einer kleinen sehr lehrreichen Fabel gewesen,
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wodurch der Stolz, es andern, die mehr vermögen, gleich zu thun, in ein sehr lächerliches Licht gestellt wird – Um dies zu bewirken, mußte ein Thier gewählt werden, daß den Frosch so auffallend wie möglich, an Größe übertrifft – Die Wahl des Fabeldichters fiel auf den Ochsen – sie hätte auch auf den Elephanten fallen können – aber es war w e i t w a h r s c h e i n l i c h e r , daß der Frosch einen Ochsen, der auf der Wiese an einem Sumpfe weidete – als daß er einen Elephanten zu sehen bekam – Es hätte auch statt des Ochsen ein Pferd gewählt werden können, aber es sollte hier nur bloß auf G r ö ß e und D i c k e ankommen, die der Frosch einem andern Thiere beneidete; bei dem Pferde fällt die eigentliche Größe und Dicke, wegen der S c h ö n h e i t , und dem wohlgeordneten Ebenmaaß seiner Glieder, nicht so sehr in die Augen, als bei dem Ochsen – Der Frosch verglich sich also mit den Ochsen, und weil er in der Vergleichung etwas zu verlieren glaubte, so suchte er durch das Aufblasen seiner Haut den Mangel zu ersetzen – Um den Auftritt noch lächerlicher zu machen, trauet er sich selber bei dieser Vergleichung nicht ganz, sondern frägt bei jeder wiederholten Anstrengung, womit er sich aufbläst, seine Jungen die um ihn her stehen, ob er nun größer sey, als der Ochse? Diese können ihm nie eine andre als verneinende Antwort geben; und weil er sich immer noch stärker aufbläst, so muß er endlich vor Aufgeblasenheit b e r s t e n –
Das Schiff. Ein Schiff, ein schwimmendes Haus – worin der Mensch von einem Welttheile zum andern reisen, und alle Bequemlichkeiten des Lebens mit sich führen kann, als ob er auf dem festen Lande wohnte – Ein Gebäude, daß mit seinen starken und festaneinandergefügtem Gebälk der Gewalt des Sturmwindes und der Wellen widersteht, das mit Flügeln von Leinwand versehen, die ein günstiger Wind auf-
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schwellt, mit seinem zugespitzten Schnabel, durch das Steuerruder gelenkt, die Fluth durchschneidet, um vermittelst der Seegel den Wind, von der Seite, wo er am günstigsten ist, aufzufangen. Ein bewegliches, durch die Kunst des Menschen gleichsam beseeltes Haus – eine bequeme Herberge, die der Mensch auf jahrelangen Reisen mit sich führt – Eine Anzahl mehrerer solcher Schiffe heißt eine Flotte, und ist gleichsam eine schwimmende Stadt – Das Schiff des betriebsamen Kaufmanns, führt uns aus den entferntesten Welttheilen tausend Bequemlichkeiten des Lebens herzu, die wir jetzt täglich genießen, und die uns sonst kaum den Namen nach bekannt seyn würden. Die stehenden Häuser in den Städten haben einen großen Theil ihres innern Schmucks den schwimmenden Häusern auf dem Meere zu danken. Das stehende Haus ist ein großes Werk des Menschen, worin er sich gleichsam selbst übertroffen hat, indem eine solche Masse, die sich gleich einem Berge empor hebt, das Verhältniß seiner körperlichen Größe so weit übersteigt – Aber das schwimmende Haus auf dem Meere ist ein noch weit größeres und erhabneres Werk des Menschen – weil er sich dadurch gewissermaßen die Natur unterthänig macht, und das unergründliche Meer in festes Land verwandelt, das er nach Gefallen bereisen kann –
Das Eisen. 25
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Der Mensch gräbt das Eisen mit unsäglicher Mühe aus dem Bauch der Erde, um Waffen davon zu schmieden, womit er seines gleichen tödtet – Doch er bedient sich des Eisens auch auf eine edlere Art, um den Pflug, die Säge, die Axt und die Schaufel zu bilden. – Den Pflug, um Furchen in den Acker zu ziehen; die Schaufel, um das Erdreich im Garten zu umgraben; die Axt, um die Bäume im Walde zu fällen; die Säge, um sie zu seinem Gebrauch zu zerschneiden.
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Aus Holz und Kalk und Steinen fügt er künstliche dichte Wände zusammen, die kein rauhes Lüftchen durchlassen. Wenn es ihm an Wasser fehlt, so gräbt er in die Tiefen der Erde, bis es ihm entgegenquillt; Baumstämme höhlt er zu Röhren aus, und leitet das Wasser unter seinen Füßen, bis an den Ort hin, wo es ihm am bequemsten zu schöpfen ist.
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Fischen – lesen. Pflügen – schreiben. Das Netz ins Wasser senken, um Fische zu fangen – Die Augen aufs Buch heften, um Gedanken zu fassen. Den Pflug in die Erde drücken, um Furchen zu ziehen; die Feder in die Dinte eintunken, und sie dann stärker oder schwächer aufs Papier drücken, um durch Töne Gedanken zu mahlen. Welche auffallende Verschiedenheit von Beschäftigungen denkender und handelnder Wesen! Der Körper bedarf Speise, um fortzudauern; darum sind Pflug und Netz. Die Seele bedarf Gedanken – darum sind Buch und Feder – Sie kann ihre Gedanken mittheilen durch s c h r e i b e n , und durch das L e s e n neue Gedanken sammlen. Dies giebt eine neue Grenzlinie in der Kunstwelt zwischen solchen Künsten, die mehr für den G e i s t , und solche, die mehr für den K ö r p e r erfunden sind. Für den Geist. Für den Körper. lesen, pflügen, schreiben, fischen, mahlen, backen, zeichnen, brauen, rechnen, schmieden, dichten, kochen, u. s. w.
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Zu den Thieren, deren sich der Mensch zu seinem Nutzen bedient, gehören: Das Lamm, das Pferd, das Schwein und die Gans – Wie viel geht von diesen Thieren nach ihrem Tode in die Kunstwelt über? – Haut, Wolle, Haar, Federn! – Daraus werden Leder, Tuch, Bürsten, Schreibfedern – Und nun, was entsteht aus allen diesem wieder, und welche neue Verbindung kommt hinein? Schuhe, Stiefeln, Kleider, die mit Bürsten gebürstet werden – Buchstaben, die mit Federn, die von der Gans genommen sind, geschrieben werden. Geschriebene Bücher, die aus solchen Buchstaben bestehen – Betten, die mit den dünnern Federn der Gans gestopft werden. Bücher, in Schweinsleder eingebunden. So ist die Kunst genöthigt, alle ihren Stoff aus der Natur zu nehmen – Wer nun zum erstenmale Stiefeln, ein Kleid, eine Bürste, ein ausgestopftes Bette, und einen mit der Feder geschriebenen Brief, und zu gleicher Zeit ein Pferd, ein Lamm, ein Schwein und eine Gans vor sich erblickte, der würde sich schwerlich einbilden können, daß diese letztern lebenden Gegenstände einst der Stoff zu den erstern werden, die so erstaunlich davon verschieden sind. Eine solche Gegeneinanderstellung aber lehrt, wie die Kunst in die Natur eingreift, indem sie dieselbe umarbeitet, und fast ihr ganzes Wesen ändert. Das Schaf, das Schwein und die Gans werden dem Menschen in ihrem Leben nicht durch eigentliche Arbeiten nützlich – aber was für einen Gebrauch macht der Mensch nicht von dem Pferde! – wie vermehrt er durch dasselbe seine Macht und seine Stärke, indem er sich gleichsam mit ihm in ein Wesen verwandelt, sich auf die Weise die Schnelligkeit und stärkere Anzahl seiner Füße zu eigen macht, und sich der Gliedmaßen des Pferdes bedienet, als ob es die seinigen wären. –
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Welche Dinge kann der Mensch nun, vermittelst dieser Vermehrung seiner eigenen Stärke, durch fremden Zusatz nicht ausrichten? Er kann ein bewegliches Obdach um sich her bauen, das ihn fast so gut, wie seine Wohnung, vor jeder Witterung schützt, und kann sich in dieser künstlichen Wohnung fortziehen lassen, so weit und wohin er will. Was würden ihm aber diese beweglichen künstlichen Wohnungen ohne die Stärke des Rosses helfen? Welche Bequemlichkeit verschafft es nun dem Menschen, daß er viele hundert Meilen reisen kann, ohne nur einen Fuß aufzuheben – daß er den Zweck erreichen kann, ohne die Mittel anzuwenden! Das Schaf arbeitet zwar nicht für den Menschen, aber es thut noch mehr; es kleidet ihn mit seiner Wolle, und nähret ihn mit seiner Milch – Der Mensch läßt sogar durch die Verdauungswerkzeuge anderer Thiere den gröbern Stoff der Pflanzen erst verfeinert, und in die gesundeste Nahrung für sich verwandelt werden. – Und statt, daß er den Stoff zur Leinwand unmittelbar aus dem Pflanzenreiche nimmt, so läßt er den Stoff zu seiner wärmern Bekleidung, erst aus dem Pflanzenreiche ins Thierreich übergehen, und auf der Haut der Lämmer zu Wolle wachsen, denen er sie nun mit Bequemlichkeit abnimmt und zu seinem Gebrauche verarbeitet. Damit nun aber der Mensch sich seiner Uebermacht nicht überhebe, so giebt es wieder einige Thiere, die ihm Schaden zufügen, und über die er nicht eigentlich Herr werden kann, als die Schlange, der Floh und die Maus.
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Die Thierwelt und die Menschenwelt. In der Thierwelt bleibt alles immer so, wie es einmal von der Natur eingerichtet ist; die Bienen haben seit Jahrtausenden ihre Zellen, die Schwalben ihre Nester gebaut, und bauen sie noch immer fort, ohne in ihrer Kunst zurück oder vorwärts gekommen zu seyn.
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Wie aber verändert sich alles in der Menschenwelt? Der Mensch läßt die Natur nicht, wie sie ist, sondern schafft sie sich nach seinem Belieben um – Die Thiere lassen den Wald, wie er ist, und legen sich dankbar in seinen Schatten; die Menschen zwingen den Wald mit der Axt, ihnen zugleich Wohnung und Wärme zu geben, indem sie von den abgehauenen Baumstämmen Häuser bauen, die sie mit andern Baumstämmen wieder erwärmen. Das Thier begnügt sich mit seinem Körper, und mit den Gliedmaßen, die ihm zu seinem nothwendigen Gebrauche gegeben sind – Der Mensch sucht durch mancherley von ihm selbst erfundene Werkzeuge seine Gliedmaßen zu verlängern oder zu vervielfältigen, und auf die Weise seinem Körper gleichsam etwas zuzusetzen, indem er die Natur an seinem eignen Körper nachahmt. Sein Arm mit der hohlen Hand gnügt ihm nicht zum Schöpfen, er ahmt ihn also durch den L ö f f e l nach, womit er nun bequemer die Speisen mit zum Munde führt. – Durch den e i s e r n e n H a m m e r ahmt er die Stärke seines Arms mit der geballten Faust nach; durch das spitzige Eisen die Schärfe seiner Nägel, und durch die Zange die Schärfe seiner Zähne. Durch den S t u h l bildet er seine im Sitzen gebogenen Knie, durch den T i s c h die Erhöhung seines Schooßes, wovon er zuerst Speise genoß, und durch die B e k l e i d u n g die Haut seines Körpers nach, die ihn nicht hinlänglich vor der Witterung schützte. Die Vollkommenheit der Natur gnügte also dem Menschen nicht; er wollte sie noch vollkommener machen, und gleichsam eine neue Schöpfung in der Schöpfung wieder hervorbringen. Das ist ihm denn auch gelungen, und daraus ist nun eine Menge von Dingen in der Welt entstanden, welche die Natur für sich nie würde hervorgebracht haben; als Häuser, Uhren, Mühlen, Statüen, Gemählde u. s. w.
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Das Gerüste.
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Ein kleiner Knabe, der immer kränklich war, und viele Schmerzen an seinem Körper erdulden mußte, beklagte sich einmal, und sagte: ach, was bin ich doch für ein unglückliches Kind! ich habe doch auch fast gar keine vergnügte Stunde auf der Welt? Der Vater suchte ihn zu trösten, faßte ihn bey der Hand, und sagte: sieh, es ist so schönes Wetter, die Bewegung wird dir gut seyn – laß uns ein wenig spatzieren gehen! Sie giengen. Als sie unterweges vor einem Hause vorbey kamen, an welchem ein hölzern Gerüste erbauet war, so betrübte sich der unerfahrne Knabe, daß man dies schöne Haus so sehr verunstaltet hatte? – Damit es noch schöner werden soll; antwortete der Vater, und sie giengen weiter. Nach einiger Zeit kamen sie wieder vor eben dem Hause vorbey: das Gerüste war abgerissen, und das Haus war zierlich angemalt und stand nun weit schöner da, als es jemals vorher gewesen war. Während der Zeit war auch der kleine Knabe gesund geworden, und seine Krankheit hatte ihn besser und frömmer gemacht.
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Die Naturwelt.
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In der natürlichen Welt, die uns umgiebt, in Pflanzen, Bäumen und Kräutern, und Thieren vom Größten bis zum Kleinsten, ist alles ordnungsvoll und schön, voller Licht und Klarheit, wie die allesbelebende Sonne. – Die Thier- und Pflanzenwelt steigt r u h i g vor meinem Blicke empor, und sinkt wieder in ihre sanfte Auflösung hin, um einer nachfolgenden Platz zu machen. – Zwar würgt der Wolf das Lamm – aber er würgt es nicht anders, als der Sturmwind die Blätter des Baumes verweht – daß der Wolf das Lamm aus Hunger würgt, ist eben so natürlich, als wenn das Lamm selbst vor Hunger stürbe. –
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Der wiederkäuende Ochse ruht in der schwülen Sonnenhitze auf der Wiese im Grase, und fürchtet den Tag seines Todes nicht. – Wo ich hinblicke, sehe ich ganzes vollständiges Leben, und immerwährenden Genuß des gegenwärtigen Augenblickes.
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Schlafen und Wachen. Der Wind hört des Nachts nicht auf zu rauschen – Das Meer hört nicht auf, seine Wellen emporsteigen zu lassen, und die schwerbeladnen Schiffe auf seinem Rücken fortzutragen – die Flüsse eilen Tag und Nacht unermüdet fort – die hohe Eiche senkt sich nicht zum Schlummer nieder, sondern trägt ihr Haupt hoch im Sturme empor. Nie arbeitet die l e b l o s e Natur sich ab – nur die lebenden und empfindenden Wesen bedürfen dieser immer wiederkehrenden Pause, dieses Stillstandes aller ihrer empfindenden Kräfte – da hingegen die natürlichen Lebensbewegungen, als der Umlauf des Bluts, das Schlagen des Herzens u. s. w. ebenfalls ohne Rast und Ruhe unaufhörlich von statten gehen – so wie die Flüsse unaufhörlich in ihren Betten hinrauschen, und Sturm und Regen bey Tag und Nacht fortwähret. Die Pflanzenwelt bedarf auch einer Art von Ruhe, einer Art von Schlummer, wo sie sich zu neuem Wachsthum und neuer Fruchtbarkeit erhohlet, und Kräfte sammlet. – Ein tiefer Schlummer, der vom Herbst bis zum Frühling dauert – Was also an das Lebende gränzt, scheinet auch des Schlummers, nur eines nicht so oft wiederkehrenden Schlummers, als das Lebende und Empfindende zu bedürfen. – Nur das Selbstthätige, und was daran gränzt, bedarf Erhohlung, Erquickung; nicht das, was getrieben, was maschinenmäßig bewegt wird – nicht der Lauf der Flüsse – nicht der Herzschlag und Blutsumlauf. – Das Ausstrecken einer Hand nach Zweck und Absicht ist wunderbarer, als das Rauschen aller Winde, und das Strömen aller Flüsse auf dem ganzen Erdboden.
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Pädagogische Schriften
Vom rechten Gebrauch der Zeit.
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Das Kostbarste unter allen, was wir besitzen, ist die Zeit. Wenn einer auch sein ganzes Vermögen verliert, so kann er doch seinen Schaden vielleicht künftig einmal wieder ersetzen, aber wenn die Zeit erst dahin ist, so kann man sie mit allen Schätzen der Erde nicht wieder erkaufen. Man kann den gestrigen Tag nicht zurückrufen, um das Versäumte wieder gut zu machen, so gern man auch wollte. Wir haben dies Leben nur einmal. Wenn wir todt sind, so kömmt die Reihe, hier auf der Welt zu leben, an andre Menschen, an uns aber kömmt sie dann in Ewigkeit nicht wieder. Wir müssen also jetzt unsre Zeit nutzen, da wir noch an der Reihe sind. Unser Leben besteht aus Jahren, und unsre Jahre bestehen aus Tagen. Wer nun sein ganzes Leben recht nutzen will, der muß nothwendig auch alle einzelnen Theile desselben gut anwenden; er muß also in diesem Betracht eine jede Stunde für sehr wichtig halten, weil doch eine gewisse bestimmte Anzahl dieser Stunden am Ende unser ganzes Leben ausmachen wird. Wenn uns eine Stunde zur Erhohlung vergönnet ist, so können wir keinen bessern Gebrauch von dieser Stunde machen, als daß wir sie zur Erhohlung von unsern Beschäftigungen anwenden. Die Zeit, die zum Schlafen bestimmt ist, können wir nicht besser nutzen, als wenn wir während derselben der Ruhe genießen; und die Stunde, die zum Essen und Trinken festgesetzt ist, hat man recht gut angewandt, wenn man mit Mäßigkeit in derselben gegessen und getrunken hat. Jedes Ding hat seine Zeit. Man muß also nicht arbeiten, wenn man schlafen soll, und noch viel weniger schlafen, wenn man arbeiten soll; und dasjenige, was man thut, muß man allemal g a n z thun.
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Freimaurerische Schriften
Die große Loge oder der Freimaurer mit Wage und Senkblei.
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Von dem Verfasser der Beiträge zur Philosophie des Lebens.
Berlin, bey Ernst Felisch 1793.
Inhalt Die Feier der Geburt des Lichts. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Des Lehrlings erste Probe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Amint oder kann die Vernunft beleidigt werden? . . . . . . . . . . . Amint. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Klage im Trauerhause. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Klage um den redlichen Bürger. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Des Maurergesellen Wanderschaft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Beständigkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Trost des Zweiflers. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zweifel und Beruhigung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Leben und Wirksamkeit. Bestimmung der Thatkraft. . . . . . . . . Festigkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eine Vergleichung zwischen der physikalischen und moralischen Welt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die letzte Freistadt des Weisen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Macht des Unglücks. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Edelste in der Natur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Signatur des Schönen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das menschliche Elend. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Säule. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zufälligkeit und Bildung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schlafen und Wachen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Logos. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beim Abschiede des Jahres 1785. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Symbole der Maurerei. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thubalkain. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . List ist nicht Seelenstärke. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Heuchelei ist ein Tribut, den das Laster der Tugend bezahlt.
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Die große Loge
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Ueber den Begriff des in sich selbst Vollendeten. . . . Die metaphysische Schönheitslinie. . . . . . . . . . . . . Milton über den Ursprung des Bösen. . . . . . . . . . . Das Eisen. Ein Ideenspiel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vernichtung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorbereitung des Edlern durch das Unedlere. . . . . . Die Pädagogen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der bildende Genius. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Des Maurerlehrlings Weihe. . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Stuffen des Gesellengrades. . . . . . . . . . . . . . . Mutius Scävola. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Unschuldswelt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Prediger in der Wüsten. . . . . . . . . . . . . . . . . Erinnerungen aus den frühesten Jahren der Kindheit. Laune. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seelenheilkunde. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Schöpfung in der Seele des Menschen. . . . . . . (Er scheidete das Licht von der Finsterniß.) . . . . Hephata! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der letzte Zweck des menschlichen Denkens. . . . .
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Die Feier der Geburt des Lichts. So wie die Alten an ihren Geburtstägen ihrem Genius opferten, und in ihm den bessern unsterblichen Theil ihres Wesens verehrten, so wollen wir auch heute die Entstehung des Schönen und Edlen feiern, das unsere heiligsten Bande knüpft und von der Vorwelt in ihrer ältesten Sprache durch Zeichen uns überliefert ist, die unsere Gedanken auf das Wesen der Dinge heften, und uns lehren sollen, die Täuschung von der Wahrheit, den Schein von der Wirklichkeit zu unterscheiden; den innern Werth der Menschheit von jeder schimmernden Umgebung zu sondern; bei der Unschuld die Macht, bei der Aufrichtigkeit den Verstand, bei dem Verdienst die Hoheit, bei der stillen Weisheit die Würde zu suchen. – Diese erhabenen Lehren wollen wir vor unsere Seelen rufen, und den Geist beschwören, der unser Heiligthum beseelt, daß er den todten Buchstaben lebendig mache, und neue verjüngte Kraft in unsern Busen hauche, das Kleinod zu erreichen, wornach der Weise strebt, das uns allein uns selber sichert, in unsere Seelen tiefen Frieden senkt und heitern Sonnenschein. – Vor welchen Gram und Sorgen wie leichte Nebel fliehn. – Wir streben nicht umsonst – denn festlich glänzt der Edelstein in der Maurerkrone, den sie von treuer Hand besitzt – ihn trüben keine Flecken – er strahlet rein des Himmels Glanz zurück – und ist dem Lichte nah verwandt. – Die Weisen, die ihn fanden sind entschlummert, und haben ihr Leben ganz genossen. – Soll denn ihr Geist nicht auf uns ruhen, und sollen wir nicht auch der höhern Weisheit Schüler seyn? – Soll der Gedanke nicht in uns erwachen, daß ein Geist in alles Leben haucht? und daß sein Athem uns durchweht? – Daß Offenheit und Reinigkeit des Herzens, uns unserm Ursprung näher bringt? – Soll nicht das Auge sich gewöhnen, sich mit des Lichtes reinem Anblick zu begnügen, wornach die kindische Hand vergeblich greift? – Soll ernstes Nachdenken nicht die Seele unserer Versammlungen seyn – oder sollen die Kerzen flammen, um Gauckelwerck zu leuch-
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ten, und die Schläge der Hämmer nie den schlummernden Geist aus seiner Trägheit wecken? Oder ist auch der ein Maurer, der weder im Ganzen ordnet, noch Steine zum Gebäude trägt? – Soll hier nicht das Geistige aus der Masse sich entwickeln, und die Menschheitsflamme höher lodern – wozu denn der erborgte Schimmer, von einer Weisheit die nichts nutzt, und einem verborgenen Kleinod das nichts frommt? – Die Tage des Maurers sind doppelt geweihet, von dem Tage an, wo er das Licht erblickte – wozu sonst der Eintritt in einen Orden, der die gesunkene Menschheit aus ihrem Schlummer wecken, ein höheres Leben wieder in ihr anfa-chen, Trägheit, Weichlichkeit, und Furcht verbannen, und zu einem edlen Eifer für Wahrheit und Tugend den Muth anfachen soll? – Der Hammerschlag ertönt: wo sind die entflohenen Tage hin? – Die Mitternacht rückt näher: noch weilen diese lassen Hände? – Soll denn der Vorhang fallen, ehe noch die Arbeit beginnt. – Daß eine Arbeit beginnen soll, tönt stets in unser Ohr – aber der Arbeit Vorbild soll nicht die Arbeit selber seyn – wir versammlen uns hier in feierlicher Stunde, um jedesmal das Leben im Ganzen uns vorzubilden, und gleichsam die Grundlinien zu dem Lebensplan zu ziehen. – Wir lauschen auf der Weisheit hohen Kinderunterricht, und lernen daß Wahrheit mit der Unschuld stets verknüpfet sey. – Nun aber soll ihr Unterricht uns bilden, und unsere Sinne auf höhere Dinge lencken, die wohl des Forschens werth sind; auf unsers Daseyns Zweck, auf die Veredlung dessen, was in uns denkt und handelt – auf das, was uns umgiebt, worin wir sind und leben, auf jene Harmonie worin sich alles zu einem Ganzen fügt, und auf den Geist der Ordnung, der im Ganzen herscht. – Hier fallen die Mauern nieder, die Loge ist unbegrentzt; von jenem Geist durchweht, reicht sie vom Aufgange bis zum Niedergange, und ihr Ursprung bis an der Welt Anbeginn. – Darum freuen wir uns der anbrechenden Morgenröthe, und feiern im innersten Heiligthum die Geburt des Lichts aus der alten chaotischen Nacht. – Den Ursprung alles Gebildeten aus der unförmlichen Masse. – Die Entwickelung, alles Vollkommenen aus dem Unvollkommenen. – Die Entstehung
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reiner Gedanken aus der Hülle der Vorurtheile. – Den Anfang des Erwachens alles Lebens und aller Würksamkeit aus dem Schlummer des Todes und der Trägheit. – Und diese Feier soll uns wecken, daß wir den leisen Laut vernehmen, der von der ewigen Harmonie in sterbliche Ohren tönt: – daß das Vergangene nicht vergangen, und das Entschwundene nicht entschwunden sey – daß alles in jener Harmonie sich wieder finde, in welche Bildung und Zerstörung einst Hand in Hand hinüber gehen – daß wenn ein schwacher Schimmer des höchsten Schönen sich uns zeigen kann, es auf dem Punkte sey, wo es aus der über unserm Haupte schwebenden Zerstörung uns wieder entgegen lächelt – denn nur die Erscheinungen und Gestalten gehen vorüber, das Wesen aber bleibt. – Die Hülle welkt und sinkt – Weisheit und Tugend aber sind ewig jung und schön – das Schreckenbild der Nacht verschwindet – und über der ausgelöschten Fackel steht noch im sanften Schimmer, der Knabe mit blühendem Antlitz da. –
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Des Lehrlings erste Probe. Nur wenig Worte rufen unsre Meister Noch dem neu aufgenommnen Bruder zu: Der Maurerlehrling sieht nichts Neues. Er tritt in einen alten Orden, Dem die gesunkne Menschheit untreu ward – Er kehrt zu dem Gesetz und zu der Klarheit wieder, Wovon der Aberglaube und die Thorheit wich – Nach Osten wendet sich sein Blick, Und sucht die Spur des ersten Schimmers wieder, Der vor den Sterblichen in Nacht und Dunkel sich gehüllt; Dem sanften Lichte sind die Wände vorgeschoben, Wodurch das nah Verwandte sich voneinander trennt Was diese Scheidewand durchbricht, Soll in des Lehrlings Busen
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Der Meister Unterricht entflammen. Verachtung der Gefahr, die uns Zerstörung droht, Soll nicht auf ungewissen Schein, Soll auf der Weisheit tiefem Grunde ruhn, Und aus der mitternächtlichen Zerstörung soll, Das Licht mit neuem Schimmer brechen. Denn gränzt nicht Tod und Leben Im All der Schöpfung an einander, Und ist es nicht der erste Schritt ins Heiligthum, Dies ewige Gesetz mit Schweigen zu verehren? Und dann voll Muth die Bahn des Lebens wieder zu betreten, Und warten auf den günst’gen Augenblick, Der uns zur Wirksamkeit, zur edlen That uns ruft, Womit wir unser Erdenleben krönen, Bevor des Grabes Nacht uns deckt.
Amint oder kann die Vernunft beleidigt werden? 20
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Wa s i s t B e l e i d i g u n g ? Beleidigt mich der Stein, an den ich mich stoße? Der Regen der mich durchnetzt? Die Mücke, die mich sticht? Wäre es nicht kindisch, den Stein mit meinem Stabe zu schlagen, an den mein Fuß sich stößt? Wäre es nicht lächerlich, den Regen zu schelten, der mich durchnetzt? Und wäre es nicht ungereimt, mich über die Bosheit der Mücke zu ärgern, die mich mit ihrem Stiche verletzt. Aber ich wälze den Stein, an den ich mich gestoßen habe, meinem Nachfolger zu Liebe, hinweg.
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Ich hülle mich gegen den durchnetzenden Regen in den schützenden Mantel. Ich bedecke meine Hand mit dem ledernen Handschuh gegen den Stich der Mücke. Man tadelt den Wolf über seine Gefräßigkeit, den Löwen über seinen Grimm, den Geier über seine Raubsucht. Aber das Schaf fliehet den Wolf, die Taube verbirgt sich vor dem Geier, der erschrockne Wanderer vor dem Grimm des Löwen.
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Wenn irgend etwas fähig ist, bei einer Beleidigung, die uns zugefügt wird, das Gemüth zu beruhigen, und den Tumult rachsüchtiger Gedanken zu stillen, so ist es die Fra-ge: was mag denjenigen, der uns gekränkt hat, wohl bewogen haben so und nicht anders zu handeln? – Diese einzige Frage ist fähig, allen unsern Gedanken eine andre Richtung zu geben. Statt daß sich vorher das Unangenehme und Nachtheilige in unsrer Ideenreihe zusammen stellte, und über unsre Denkkraft herrschend wurde, so wird nun, da wir den Weg der Untersuchung einschlagen, auf einmal diejenige Kraft, welche vorher durch lauter unangenehme Vorstellungen belastet war, von dieser ihrer Last wieder befreit, und alles ordnet und stellt sich nun nach einem ganz andern Maßstabe, da wir uns unser eigenes Ich nicht mehr allein zum Augenmerk nehmen, sondern uns gleichsam ausser uns selbst versetzen, indem wir den Triebfedern von Handlungen nachspüren, die gegen uns gerichtet sind. Wir fühlen uns hiebei in die Nothwendigkeit versetzt, uns selber mit einer Art von Gleichgültigkeit zu betrachten, weil uns sonst eine kaltblütige Untersuchung ganz unmöglich seyn würde.
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Amint.
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An einem trüben Tage wanderte Amint voll Unmuth aus seiner Stadt, einem Dörfchen zu, wo er eine einsame Wohnung hatte, und sich und seinen Kummer zuweilen einige Tage lang verbarg. Er hatte in seiner Stadt, die er regieren half, mit so viel Widerspruch und Hartnäckigkeit zu kämpfen, sahe sich so oft verkannt, und seine besten Absichten ganz mißdeutet, daß er die wenigen Tage, wo er diesem Gewühl entfliehen konnte und in der freien ofnen Natur einmal wieder sich selber lebte, mit Sehnsucht herbei wünschte eh sie kamen, und mit Wehmuth zurück wünschte, wenn sie entflohen waren. Um seinem Körper eine heilsame Bewegung zu machen, pflegte er nach seiner stillen Heimath zu Fuße zu reisen. Als er nun diesmal seine Wanderung antrat, war der Himmel so trübe, wie seine Seele. Er ging mit schwerem Herzen aus den Thoren seiner Stadt, wo er so manchen Stein des Anstoßes fand, dessen Wegräumung ihm unmöglich schien, und der nun belastend auf seiner Seele lag. Der Himmel wurde immer unfreundlicher; die Wolken zogen sich zusammen, und es dauerte nicht lange, so schoß der Regen in Strömen herab, und der Sturmwind jagte dem Wanderer die Tropfen ins Gesicht. Amint ertrug Nässe und Kälte, denen er sich freiwillig ausgesetzt hatte, mit unerschütterlicher Geduld. – Was ihn quälte war der Gedanke an seine Mitbürger, deren Wohl er mehr als einer unter ihnen zu Herzen nahm, und die ihn so sehr verkannten. Er zählte eine Anzahl persönlicher Feinde, die es sich auf das eifrigste angelegen seyn ließen, ihm in allen seine Plänen entgegen zu arbeiten, und selbst das Gute zu verhindern, von dessen Nutzen sie überzeugt waren, so bald es derjenige bewirken wolte, dem sie diese Ehre mißgönnten. Amint, dessen zärtliches Herz diese Menschen nicht hassen konnte, kränkte sich im Innersten seiner Seele, und härmte sich ab, daß seine besten Absichten so oft ohne Schuld vereitelt wurden.
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Er fühlte, daß es Menschen gab, die nicht so gut waren, wie er, und die doch, seiner Meinung nach, ihrer Natur gemäß, so gut seyn musten. Neid und Boßheit schienen ihm etwas unnatürliches und brachten einen Mißlaut in seine Ideen und Empfindungen. Er konnte sich aus dem Gewirr des menschlichen Eigennutzes, der ihn allenthalben umklammerte, nicht heraus finden; und indem er so in trüben Gedanken fortging, achtete er nicht auf Wind und Regen, bis nach und nach der Himmel sich wieder aufklärte, die Wolken sich zertheilten, und die Sonne wieder mit ihren erwärmenden Strahlen schien, welche auch ihn so wie er fortschritt, mit neuer verjüngter Lebenskraft erfüllten, und durch eine geheime Sympathie, welche zwischen der physischen und moralischen Welt obwaltet, die trüben Gedanken aus seiner Seele verscheuchten, daß sanfte und ruhige Ueberlegung allmälig Platz fand. So wie der Wanderer nun, da es schon gegen Abend gieng, seine Schritte verdoppelte, und indem er mit einiger Anstrengung einen Hügel hinanstieg, sein Blut in lebhaften und schnellern Umlauf kam, däuchte es ihm, als ob er über seine äussern Verhältnisse eine noch nie gekannte Beruhigung bei sich empfinde, die sich auf einen Gedanken gründete, der sich während dieser Wanderung in seiner Seele gebildet hatte, oder vielmehr reif geworden war und sich seiner Entwickelung näherte, nachdem er lange schon in einer Art von Hülle geschlummert hatte, worin er durch das umgebende Geräusch verschlossen gehalten wurde, durch die erste ruhige und einsame Stunde aber zum Durchbruch kam. Der willkomne Sonnenschein, welcher auf den unangenehmen Regen folgte, veranlaßte in seiner Seele eine stillschweigende Harmonie mit der ganzen Natur, worin allmählig alle Dissonanzen sich auflößten, und auch seine äussern Verhältnisse zu den Menschen sich ihm in einem mildern Lichte darstellten, als bisher. So wie er der großen Natur jetzt in ihr erheitertes Antlitz schaute, traten auch die Gesichtszüge seiner Feinde, einer nach dem andern vor ihm auf, und die erbittertsten Mienen schienen sich zu einem zufriedenen Lächeln aufzuklären, so wie er jetzt mit seinen Gedanken
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ihnen entgegen kam, und in einem süßen Traume von allgemeiner Versöhnung sie alle wieder an seinen Busen drückte. Dieser süße Traum verschwand zwar wieder, aber der Eindruck von dem zufriedenen Lächeln jener sonst schadenfrohen und hämischen Gesichter verlosch nicht wieder; es wurde ihm, so wie diese Vorstellung fortdauerte, mit jedem Moment einleuchtender, daß auch auf dem verzerrtesten, und durch Neid und Mißgunst entstelltesten Gesichte, dennoch ein Fleck zu finden sey, wo in irgend einer Falte oder Runzel, jenes zufriedene Lächeln wohne, daß durch irgend eine sanfte und angemeßne Behandlung auch hier noch könne hervorgebracht werden. Und ehe noch Amint sein Dörfchen erreichte war es ihm, als ob ein schwerer Stein von seinem Herzen abgewälzt wäre, und als ob er diesmal um ein großes erleichtert und zufriedner in seine Stadt zurükkehren würde; ob sich gleich in seinen äussern Verhältnissen nicht das Mindeste verändert hatte. Die Veränderung, wodurch sich alles um ihn her nun anders stellte und ordnete, war in ihm selber vorgegangen, und durch lange und bittere Erduldungen vorbereitet. Er hatte seinen Feinden und Beleidigern von ganzem Herzen verziehen, aber er fühlte sich doch noch immer gekränkt und beleidigt; es war ihm, als ob er eine Krankheit oder einen Schmerz an seinem eigenen Körper erduldete, wenn denkende Wesen seines gleichen, mit denen er sich so nahe verwandt fühlte, ihm zu schaden suchten. Ihn schmerzte jene Gesinnung mehr als der Schaden, der ihm zugefügt wurde; sein Geist konnte sich aus den Zweifeln nicht heraus finden, die ihm oft hierüber aufstießen, daß eine solche disharmonische entzweiende Verschiedenheit zwischen Wesen einer Gattung statt finden müsse – daß es neben fühlbaren Seelen so ganz gefühllose, oder vielmehr neben so ganz gefühllosen noch fühlbare Seelen gäbe. – –
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Die Klage im Trauerhause. Der Meister ist erschlagen – allein auf seinem Grabe Blüht die Akazia, und ist uns eine Spur Wo wir den viel Beweinten wieder finden. Wir spähen durch die Nacht des Grabes Dem immerwährenden Verluste nach, Der uns an ein entflohnes Gut erinnert, Wovon uns nur die dunkle Ahndung blieb. O hier in diesem düstern Trauerorte Wo sich des Tages Glanz vor uns verdeckt Und Schrecken-Bilder der Verwesung drohen, Ist eine Freistatt des entbundnen Geistes, Der seinen höhern Ursprung in sich fühlt, Und nach entflohnem Glück sich sehnt. Hier dämmert aus der Nacht des Grabes Ein ewig sanftes Morgenroth – Was oft dem Sterblichen in müden Stunden Erquickung, Labsal ist – Ein leiser schnell entschlüpfender Gedanke An etwas, das die Sprache nicht benennt, Wovon sich die geheime Spur Im folgenden Momente schon verwischt, Das ist es, was gleich dem hervorgelockten Funken Uns hier durchschüttern und das wankende Gemüth, Auf einen Punkt hinheften soll Der immer vor der Seele schwebt Und immer wieder sich dem Blick entzieht – Das edle Gleichgewicht des Willens und der Kraft Das endlich den empörten Geist beruhigt, Und seine Band’ ihn willig tragen läßt, Bis eine sanfte Hand sie lößt, Und durch das Chaos und die Nacht, Die Lieb’ ihm Flügel leiht, Und sich mit ihm vermählt.
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Die Klage um den redlichen Bürger.
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Der auf unbescholtnem Pfade Das Ziel seiner Laufbahn erreicht hat; Der nicht schmeichelte, und sich nicht schmeicheln ließ, Und seiner Seele Bild beständig In seinem edlen offnen Antlitz trug; Der keine Gönnermiene erkünstelte, Und nicht mit süßen Worten, Sondern mit Hülf und That Den Dürftgen tröstete, Ein Feind zweideutigen Versprechens; Taub der Stimme der glattzüngigen Chikane, Aber nicht taub der Stimme des Flehenden; Der zugleich mit der Bürde des Alters Die Bürde unzähliger drückender Geschäfte trug, Und doch den sanftern Musen Nicht abhold ward, Und Künste und Wissenschaften Mit warmen Eifer Und thätiger Hülfe pflegte: Dem Manne weinen wir nach, Ihn klagen seine Lieben, Der Cirkel seiner Freunde weint um Ihn, Und alle die Betrübten, deren Trost er war, Und alle Redlichen beweinen mit unverstellten Zähren Den Verlust des Edlen. Wir klagen ihn mit stummen Schmerz; Aber er hat sich in unsern Herzen Ein Denkmal aufgebaut, Das die Zeit nicht zerstören kann.
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Des Maurergesellen Wanderschaft. Welch ein schönes Symbol des immer thätigen aber zugleich mit Gefahren umringten Lebens, sind diese Reisen mit dem auf die Brust gekehrten tödlichen Stahl, der aber vor dem, der muthig fortschreitet, wie Nebel zurück weicht, indes dem Wanderer jene Musik aus der Ferne entgegen tönt, die seinen sinkenden Muth belebt, und ihn aufs neue anspornt, nicht eher zu ruhen, bis er das Ziel erreicht hat. Dem reifer gewordenen sind nun die Augen geöfnet, er sieht nun die Gefahren, die ihm drohen; keine wohlthätige Binde umhüllt nun mehr, wie vormals, seinen Blick. Darum bedarf er jetzt eines tröstenden Zuspruchs mehr, wie sonst, und sein Ohr ist zugleich eröfnet, den aufmunternden Gesang zu hören, der ehemals für ihn schwieg; und es wächst mit der Gefahr sein Muth. – Doch, wollen wir nicht Bilder durch Bilder aufzuklären suchen! Laßt uns eilen, aus der Region der Phantasie in das Gebiet der ruhigen kalten Vernunft herabzusteigen, damit auch wir desto sichrere Schritte thun. – Laßt uns die einfache Frage beantworten: Was heißt ein Freymaurer-Lehrling, ein Freimaurer-Geselle? Was heißt ein Freimaurer überhaupt? – Ein freier Maurer heißt eigentlich ein freier Mensch. – Maurer aber sagt mehr; es bedeutet einen thätigen, unternehmenden Menschen der etwas bauet, das heißt, etwas mit Zweck und Absicht unternimt. Wer nicht auf eine vernünftige Weise thätig ist, der braucht auch nicht frey zu seyn. – Der unthätige Mensch sey sein ganzes Leben hindurch in einem Kerker eingesperrt – die Welt wird nichts dabei verlieren. – Der Maurer soll aber noch mehr, als bloß mit Zweck und Absicht thätig sein– denn wer ist das nicht? – So lange wir bey Vernunft sind; haben wir immer einen gewissen Zweck und Absicht bey allem was wir unternehmen. – Nur Schade, daß wir so oft dieser Zweck selber sind. – Ein Maurer bauet ja nicht für sich allein, indes sein Nachbar ohne Obdach, Frost und Regen
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ausgesetzt ist – auch bauet er nicht bloß für die Zeit, worin er lebt; sondern seine festen Mauren sollen noch lange nach seinem Tode, dem Einwohner ein süßer Schutz, dem Gast und dem Fremdling eine willkommne Herberge seyn. – Die Maurerei, nicht einmal als Bild, sondern an und für sich selbst betrachtet, ist auf die Weise schon eine der größten, gemeinnützigsten und edelsten Unternehmungen des menschlichen Geistes. – Als Bild betrachtet aber ist sie das schicklichste Symbol, um eine große, edle, uneigennützige Thätigkeit zu bezeichnen, wobei wir nicht uns selber zum Mittelpunkte machen, sondern außer uns ins Ganze wirken – und nur eine solche Thätigkeit ist es, die freien Spielraum haben muß. – Also ein mit Zweck und Absicht uneigennützig thätiger Mensch, der bey seinen Unternehmungen so wenig wie möglich eingeschränkt ist – ist ein Freimaurer – Diese Thätigkeit ist eine edle Thätigkeit, edel aber ist nur dasjenige, was nicht gemein ist, wie z. B. ein Edelgestein – nun sind aber eigennützige Unternehmungen immer gemeiner, als uneigennützige, weil sie weniger Anstrengung erfordern, ja man hält sie sogar der menschlichen Klugheit gemäßer. Zum uneigennützigen Handeln gehört also Uebung, welche bey dem Freimaurer Lehrling vorzüglich statt finden muß, so daß er, wenn er in den Gesellengrad tritt, schon eine Fertigkeit darin erhalten hat. – Und wer sich solcher Handlungen nicht bewußt wäre, und vielleicht nicht einmal den Gedanken gehabt hätte, etwas zu thun, wovon der Nutzen nicht auf ihn zurückfiele, und wobei er gewisser maßen seinen eigenen Vortheil aufopfern müßte, der verdiente auch sicher den Nahmen eines Freimaurers nicht. – Wodurch werden aber nun diese edlen und uneigennützigen Bestrebungen anders eingeschränkt, als durch die Furcht? Daher schienen auch alle Symbole vorzüglich mit darauf abzuzwecken, wie ein Freimaurer die Furcht verlernen soll. –
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Eins der größten Hindernisse einer uneigennützigen Thätigkeit ist eben die Menschenfurcht oder eine falsche Gefälligkeit, wodurch gewiß mehr Gutes in der Welt verhindert ist, als man glauben sollte. – Denn es ist ja natürlich, daß einer der uneigennützig handelt, dem Eigennützigen, welcher alles auf sich bezogen haben will, sehr oft in den Weg kommen, und alsdann die Gesetze der Höflichkeit mit denen der Gerechtigkeit und Billigkeit zusammenstoßen. – Hier ist es eben, wo der Freimaurer frei und nicht nach Menschenfurcht und Menschengefälligkeit handeln muß – darum übt er sich bei unsern Zusammenkünften, die Menschen als sich alle gleich und als Brüder zu betrachten, damit er sich nicht durch das Verhältniß der Stände abhalten läßt, das zu thun, was er für recht hält. – Er wird deswegen kein Aufwiegler – denn er lernt sich der Nothwendigkeit unterwerfen; – wo er keine Möglichkeit sieht, der Ungerechtigkeit, der Unterdrückung abzuhelfen, da verschwendet er seine Kräfte nicht vergeblich, um sie auf Fälle zu sparen, wo sich ihm bessere Aussichten eröfnen. – Er weiß, daß er sich dem Sturme, dem Ungewitter, der Krankheit, dem Tode unterwerfen muß, die alle stärker sind als er; weil es vergeblich, weil es lächerlich seyn würde, dagegen anzukämpfen. – Eben so wie dem unwiederstehlichen Druck der Luft, unterwirft er sich jeder stärkern Macht, der er nicht wiederstehen kann, und in dieser Unterwerfung, in dieser Resignation findet er eben seine höchste Freiheit. – Er findet sie darin, daß er nichts will, was er nicht kann, aber daß er auch alles will, was er kann. Und der Mensch kann erstaunlich viel, wenn er alle seine Bestrebungen auf ein einziges Ziel hinrichtet. – Er hat sich auf die Weise die thierische Schöpfung, er hat sich die Elemente unterwürfig gemacht. – Wie vielmehr können also nicht die vereinigten Kräfte vieler Menschen ausrichten, wenn sie alle auf ein Ziel hinarbeiten – sich unter einander zu vervollkommnen, unter einander wechselseitig ihren Muth zu beleben, und sich gemeinschaftlich in der Mäßigkeit, Standhaftigkeit und Uneigennützigkeit zu üben. –
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Eine geringe Anzahl mäßiger, standhafter, und uneigennütziger Menschen, die sich alle zu einem Zwecke vereinigten, würden, wenn sie mit der gehörigen Klugheit zu Werke gingen, in der Welt WunderDinge ausrichten. – Allererst muß freilich auf die innere Vervollkommung hingearbeitet werden. – Der Mensch, der andern Glückseligkeit und Zufriedenheit mittheilen will, muß erst selbst völlig glücklich und zufrieden seyn. – Das wird er aber bloß durch Mäßigung seiner Begierden, und eine völlige Resignation. Wer sich von der gewöhnlichen Klasse der Menschen durch ein höheres Freiheitsgefühl unterscheiden will, muß nothwendig gelernt haben, jedes Gut des Lebens zu besitzen, ohne sich zu fürchten, es zu verlieren. Denn nur alsdann ist ihm der Genuß gesichert. – Der genießt sicher sein Leben am meisten, der es am wenigsten zu verlieren fürchtet – und der handelt auch am freisten. – Daher beziehen sich unsre Symbole so häufig auf eine gewisse Gleichgültigkeit und Unerschrockenheit vor dem Tode. Die Furcht verengt das Herz, und macht es großer Empfindungen unfähig. – Wer für sich nichts mehr fürchtet, ist erst im Stande, für andere großmüthige Wünsche zu thun. – Wer sich nun nicht täglich in dieser Mäßigung seiner eigennützigen Begierden übt, um für die großmüthigen Gesinnungen in seiner Seele gleichsam Platz zu machen, der verdient den Nahmen eines Freimaurers nicht; und wenn unsre Versammlung diese Mäßigung der eigennützigen Begierden nicht befördern hülfe, so erreichte sie ihren Zweck nicht. – Die höchst mögliche moralische Vervollkommung ist also das Ziel, wornach der Maurer strebt, und diese besteht in der zweckmäßigsten und uneigennützigsten Thätigkeit. – Denn die bloßen Gesinnungen machen die Moralität nicht aus. – Wer edel denkt muß auch edel handeln, sonst ist seine Denkungsart ein Schwerdt, das in der Scheide verrostet, und edel handeln lernt man nicht anders, als durch Uebung und durch Beispiel – und beide, wer das Beispiel giebt sowohl, als wer es nimmt, gewinnen wechsel-
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seitig dadurch. – Weil nun in der Welt die guten Beispiele so zerstreut sind, so sollten sie in unsern Logen zusammengedrängt seyn, damit dieselben die eigentliche Schule der Weisheit des Lebens würden. – Dazu müssen denn die einzelnen Mitglieder freilich so viel Umgang wie möglich miteinander haben – denn die Maurerei soll uns ja aus unserm kleinen Umgangszirkel in einen größern ziehen, wo wir mehr mannigfaltiges Gute sehen, als wir sonst Gelegenheit haben. – Wo wir uns in alle Rechte der Menschheit wieder eingesetzt fühlen. – Wo alle an der Wohlfahrt eines jeden Einzelnen Theil nehmen, und bey seinen Schicksalen nicht gleichgültig sind. – Wo das, was unsere wahre Glückseligkeit ausmacht, zur Sprache kömmt. – Wo ein jeder die Vortheile, die er durch eigne Erfahrung zu einer wahren Glückseligkeit ausfindig gemacht hat, und seine mißlungenen Versuche, dem andern mittheilt. – Wo alles uns anmahnen soll, das Leben zu genießen, und den Tod nicht zu fürchten – uns zu unterwerfen, wo wir müssen und die Rechte der Menschheit zu vertheidigen, wo wir können. – Wo wir lernen, daß wir nicht thätig seyn müssen, um zu genießen, sondern nur genießen, um wieder thätig seyn zu können. – Daß zwar in seinem bürgerlichen Beruf getreu zu seyn, schon viel sey, aber daß der edle Mensch sich dennoch eine Mine zu eröfnen sucht, wo er mit selbstgewählter Thätigkeit und auf eine uneigennützige Art wirksam seyn kann. – Wo wir beständig aufmerksam auf die Kürze unsers Lebens erhalten werden, damit wir den gegenwärtigen Augenblick nutzen lernen. – Da nun alles darauf ankommt, immer mehr Kräfte, immer mehr Thätigkeit zu edlen Endzwecken im Umlauf zu bringen, da selbst das Leben bloß durch diese Thätigkeit sich vom Tode unterscheidet – o so laßt uns auch dahin sehen, daß in unsern Versammlungen immer Leben und Thätigkeit herrsche, daß das Band zwischen uns immer genauer geknüpft werde, daß dieß der Ort sey, wo wir uns unsre edelsten Entschließungen mittheilen, und von dem, was uns Gutes gelungen ist, einander Rechenschaft ablegen. –
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Laßt uns die feierlichen Pausen in unserer Arbeit dazu nutzen, daß wir, von einem Geiste belebt, unsere Gedanken zu irgend einer schönen Entschließung sammlen, die wir schon lange mit uns herumtrugen und nun ausführen wollen. – Laßt uns gemeinschaftlich darauf denken, wie wir unsre Versammlungen so nützlich und zweckmäßig, als möglich machen. – Ich wende mich noch mit wenigen Worten an Euch meine geliebten neuaufgenommenen Brüder Gesellen. – Seyd uns willkommen zu den neuen Arbeiten, welchen Ihr Euch jetzt mit uns gemeinschaftlich unterziehet. – Erhaltet uns eure Liebe und euer Zutrauen und laßt uns nun Hand in Hand, dem großen Ziele der Maurerei entgegen gehen, das wir, wenn wir nur einmal den rechten Weg eingeschlagen haben, hier oder dort gewiß erreichen werden! –
Die Beständigkeit. Heilig ist jeder Tag dem Maurer, Wo ihm eine edle That gelang. Er feiert ihn nicht mit Geräusch und Prunk Sondern auf seiner stillen Kammer Wenn er vor Gott seine Handlungen prüft. Heilig ist ihm auch der Tag, Wo Menschen in ein Bündniß traten, Wodurch sie besser und glücklicher Und edler und weiser werden. Denn ist nicht der Anfang jedes Guten Des innigsten Danks der innigsten Freude werth, Weil nur durch ihn Das erwünschte Mögliche wirklich ward – Sind wir nun auch durch dieses Bündniß, Das uns alle zusammenknüpft, Wirklich besser und glücklicher
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Und edler und weiser geworden; Ist es, seitdem wir diesen Bund knüpften, In unsern Köpfen heller, In unserer Seele stiller, Und ruhiger in dem sich sonst empörenden Herzen – O so sey uns dieser Tag nicht minder wichtig Als der, welcher uns das Leben gab! Zählten wir aber statt edler Fortschritte im Guten Das Jahr nach Mahlzeiten, die wir genoßen, Bis zu diesem festlichen Tage, So müsse er von nun an Unter den gleichgültigen Tagen Des Jahrs vergessen seyn! Denn was kümmert mich der Anfang dessen Wodurch weder Böses verhindert Noch Gutes gefruchtet ward! Bey jeder menschlichen Unternehmung Frägt die Vernunft, was ist der Zweck davon? Und findet sie keinen, So ist die Unternehmung Kinderspiel und Tand – Und was giebt es wohl für ein edleres Ziel des Maurers, Als, den höchsten Grad Der Mäßigkeit und Standhaftigkeit, Einer weisen Unerschrockenheit, Einer unerschütterlichen Rechtschaffenheit Und einer unüberwindlichen Wahrheits Liebe, zu erlangen? Die Furcht muß der Maurer verlernen Um groß und edel zu handeln. Predigen dies nicht alle Symbole der Maurerey? Uns der Nothwendigkeit zu unterwerfen, Standhaft zu seyn in Gefahren, Unerschrocken vor dem Tode – Denn bei jedem Schritte, den er thut, Sein Leben, sein Ansehen, seinen Gönner,
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Seine Bequemlichkeit zu verlieren fürchtet, Kriecht im Staube Und ist zu nichts Großem fähig. – So wollen wir denn künftig, meine Brüder, Die uns ein heiligers Band verknüpft Einander vor dem Müßiggange Der Weichlichkeit, und der Unmäßigkeit uns warnen, Mit vereinten Kräften nach dem Ziele streben, Welches uns allen winkt, Und unsre Losung sey: Die Beständigkeit!
Der Trost des Zweiflers.
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Noch find ich, selbst bey einem siechen Körper, hier das Glück, daß ich in der weiten Welt vergeblich suchte. – Die Erndte beginnt nun, und ich kann ein Zuschauer von den fröhlichen Festen der Landleute seyn. – Ich kann mich so nahe an die liebevolle Natur halten; sie ist meine Mutter, meine Freundin. Ihr wohlthätiger Hauch gießt Balsam in meine verwundete Seele. – Meine kranke Phantasie wird immer reiner und heller, indem sie allenthalben reizende wohlthätige Bilder sammlet, und sie harmonisch ordnet; jedes Blättchen am Baume, das ich mit Wohlgefallen betrachte, flößt mir sanfte Empfindungen ein. Ich kann mich wieder der hangenden Birke und der hohen Fichte freun, die ohngeachtet der Verschiedenheit ihrer Natur, ihre Zweige von oben gesellig zusammen flechten. Der Anblick der wolligten Heerde, unter dem Schatten eines Baumes, in das grüne Gras gelagert, hat etwas Aug’ und Herz erquickendes für mich, das zugleich die Seele unvermerkt erhebt, und sie für jeden Eindruck aus der Natur empfänglicher macht – die weisse weiche Wolle – das sanfte Grün – die ovalgeründeten Blätter – der zierlich gekräuselte Schatten – vereinigen sich zusammen, um in der
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Seele ein Bild auszumahlen, wodurch jede Nerve harmonisch vibriret, und indem auf die Weise mein Blick das Weltall, auch nur in einem einzigen seiner Punkte, gleichsam von der rechten Seite faßt, von welcher es der höchste Verstand selbst mit Wohlgefallen durchschaut, wo sich alle anscheinende Disharmonie in Harmonie auflöset – so erhebt auch dieser Anblick die Seele, und macht sie fähig, nach einem verjüngten Maßstabe die Größe und Schönheit dieses unbegreiflichen Weltalls zu messen – ihr wird ein Blick in das innerste Heiligthum der Natur eröfnet – sie staunet nicht eigentlich über das sanfte Grün, die weisse Wolle, die ovalgeründeten Blätter, und den zierlich sich kräuselnden Schatten, sondern über die großen, bewundernswürdigen Verhältnisse, die sie in dem Augenblicke, ohne es selbst zu wissen, überrechnet. Als ich gestern dieses Anblicks eine halbe Stunde lang genossen hatte, da erheiterte sich meine trübe Seele wieder – mein Blick wurde freier – meine Brust athmete leichter – so will ich denn öfter zu diesem Anblick meine Zuflucht nehmen, ich darf ja aus meiner Wohnung nur wenige Schritte darnach gehn. – Kehrte ich nicht getröstet, und mit Herzerhebenden Gedanken wieder heim – o, wen hast du, liebevolle Natur, wohl je ungetröstet von dir gelassen, der Trost bei dir suchte? Und was war mein Kummer? – war er nicht eben in dieser Verstimmung meiner Phantasie gegründet, die der erste Anblick der mich umgebenden Natur wieder heilte. Was war es anders, als daß mein Auge den unrechten Gesichtspunkt gefaßt hatte, aus dem ich diese schöne Welt betrachtete, in der ich nun anfing, Verwirrung und Unordnung, Unglück und Jammer zu sehen, wohin ich blickte, und zu ahnden, wohin ich nicht blickte. Ist nun nicht meine Seele wieder gestärkt? meine Denkkraft nicht wieder in Thätigkeit gesetzt? Und das Heilungsmittel liegt mir so nahe – ich darf das Kraut nur pflücken, das zu meinen Füßen wächst, um meinen Schmerz zu lindern. Ich stehe da und betrachte die arbeitsamen Landleute – wohin ich blicke, sehe ich Leben und Bewegung – Erreichung der mannigfal-
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tigen Endzwecke der Natur – im gleichen Takt heben die Arme der Erndter sich mit den Sensen auf, und die vollen Aehren sinken nieder – der Schweiß tröpfelt von der Stirn des Arbeiters, aber er freuet sich seiner Gesundheit und seiner Stärke – und auf den Ersatz seiner aufgewandten Kräfte durch die zubereiteten Nahrungs-Mittel und den süßen Schlaf. – Mit jedem wiederholten Sensenschlage kömmt Takt und Ordnung in sein Leben, und in alle seine Gedanken. – Er erfüllt in jedem Augenblicke den Zweck seines Daseyns, indem er durch die Thätigkeit seines Körpers unvermerkt seinen Geist zur Ordnung zum Ausdauren im Denken gewöhnt, das ihm, wenn er dereinst ohne Körper seyn wird, noch zu statten kommen soll, und indem er zugleich die großen Endzwecke der Natur zur Erhaltung und Ernährung der Körper befördern hilft, in denen und durch die noch mehrere Geister zu einem Daseyn höherer Art gebildet werden sollen. Eine wohlthätige Unwissenheit umhüllet euren Blick, ihr Arbeiter im Schweisse eures Angesichts. – Um euch her ist die große unendliche Welt, ihr aber seyd auf den Fleck der Erde geheftet, wo ihr euer Leben empfingt – hier wohnt ihr eine Zeitlang in euren engen, niedrigen Hütten – dem Boden, den ihr bewohnt, zwingt ihr auch eure Nahrung ab – und dann legt ihr euch auf einen kleinen Fleck eures väterlichen Bodens schlafen, und ver-sammlet euren Staub zu dem Staube eurer Vorältern. – Es hat euch nie eingeleuchtet, was ihr einst seyn werdet, die ihr dort schlummert. – Eure Kinder, die jetzt auf eurem Staube gehen, werden entschlummern wie ihr – aber einst muß die große Erndte erscheinen – es kann nicht Blendwerk, kann nicht Täuschung seyn. – Sollte die große Natur, die kein Röhrchen, keine Faser ohne Zweck und Absicht schuf – hier so plötzlich aufhören nach Zweck und Absicht zu handeln – sollte sie ewig säen, und säen, – ohne je zu erndten? – – sollte dieß Erdenleben, dessen so mancher nur wenige Stunden froh wird, ihr letzter Zweck seyn? – Sind nicht die Gedanken des Menschen, womit er die Ordnung und Harmonie in der ganzen Natur bemerkt, das Edelste in der ganzen Natur? –
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Und dieser reinste abgezogenste Stoff, auf dessen Bildung alle Eindrücke aus der Körperwelt unaufhörlich hinarbeiten, der sollte sich wieder, ohne nun weiter genutzt zu werden, mit der übrigen Körpermasse mischen? So verschwenderisch sollte die sonst so sparsame Natur zu Werke gehen, daß sie alle ihre Kräfte aufböte, um durch den umgebenden Körper den Geist eines Menschen zu bilden, den sie zugleich mit diesem Körper wieder zerstörte? Zwar bildet sie im Frühling ein Blatt am Baume, ründet es sorgfältig, und versieht es höchst künstlich mit unzählichen Röhrchen, wodurch es seinen Nahrungssaft in sich saugt, und seine Bestandtheile sich vermehren – und eben dies Blatt läßt sie im Herbst wieder welken, abfallen, und in den Staub zertreten werden – denn sie liebt die Verjüngung; sie zerstört, um immer aufs neue wieder hervorzubringen – sie scheint das Altgewordene, das Verwelkte zu vernachläßigen – aber sie thut es nicht; sie läßt kein Stäubchen von dem Verwelkten verlohren gehen – und dann läßt sie auch dasjenige, auf dessen Wachsthum und Bildung sie mehr Mühe gewandt zu haben scheint, immer länger dauren, als das, worauf sie weniger Sorgfalt wendet. – Der Baum, der Jahre zu seinem Wachsthum bedurfte, dauert länger, als seine Blätter, die ein Frühling zur Vollkommenheit brachte. – Zwar finden sich die Bestandtheile eines verwelkten, in Staub verwandelten Blattes vielleicht in Ewigkeit nie wieder so zusammen, wie sie einmal am Baume saßen, da das Blatt seinen vollkommnen Wachsthum erreicht hatte. – Aber die Natur wirkt den Stoff der verwelkten Dinge in einander, und formt ihn nach und nach zu neuen Wesen um. – Nur ein Wesen, dem sie Bewustseyn und Selbstgefühl verlieh, kann ohne seine gänzliche Vernichtung nie der Stoff zu einem andern Wesen werden. – Hier wäre also allein der Faden, der die Zerstörung sonst immer an neues Daseyn knüpft, gänzlich abgeschnitten. – Hier wäre Mangel an Zusammenhang, Verwirrung und Unordnung. – Oder sollte ich lieber glauben, daß die Natur nur auf die Erhaltung und Fortpflanzung der Körperwelt, als ihren eigentlichen Zweck hin-
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arbeite, und daß die Erhöhung der Denkkraft und die Veredlung des Geistes, nur eine zufällige Folge bei dieser ihrer immerwährenden Bestrebung sey, woran sie selbst nie dachte, wodurch sie etwas Edleres hervorbrachte, als sie eigentlich hervorbringen wollte? – Was sollte mich denn bewegen, so herabwürdigend von ihr zu denken, daß ich sie unter mich selbst herabsetzte, da ich sie in allen übrigen so viel weiser und verständiger, als mein eignes denkendes Wesen finde, daß ich kaum mit aller meiner Denkkraft ihrem großen Plane von ferne nachspähen kann, geschweige denn, daß ich an ihrer Stelle ihn hätte entwerfen können. Es scheint mir also, als ob das, was ich die Natur nenne, weiser und verständiger ist, als ich. – In so fern ich mir aber nun unter der Natur die Einrichtung der Dinge außer mir denke, so wie sie ohne mein Zuthun sind, sehe ich wieder nicht, wie eine blosse Einrichtung an und für sich selber, schon als ein verständiges und weises Wesen betrachtet werden kann, noch wie sie sich selbst habe machen können. – Hier bleib ich für jetzt mit meinem Nachdenken stehen – und ruhe sanft in dem Gedanken, daß ich in der Ordnung der Dinge mit getragen und erhalten werde, worin nur die Formen aber nicht die Bestandtheile der Dinge vernichtet werden. – Bei meinem denkenden Ich fällt selber Form und Bestandtheile in eins zusammen – wenn es also vernichtet wird, so muß es ganz vernichtet werden, ohne daß es irgend zu einem neuen Wesen je wieder umgearbeitet werden könnte; und weil nun alles in der Natur gegen eine solche Verschwendung streitet, so sichert mir das die Fortdauer meines Daseyns, bis neue Zweifel meine Ueberzeugung wankend machen.
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Aber ist es denn Verschwendung in der Natur, wenn sie einen menschlichen Geist bloß deswegen bis zu einer der höchsten Stuffen der Vollkommenheit bildete, damit der hinterbleibende Abdruck desselben noch nach Jahrtausenden sich wieder in andern Geistern ab-
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drückte, die ihre Vervollkommung wiederum auf kommende Geschlechter fortpflantzen? – Geht wohl die Spur irgend eines für die Welt verloschnen menschlichen Geistes ganz verlohren? Dauert sie nicht in den unaufhaltsamen Folgen seiner geringsten Handlungen fort? Die Erfindungen und Gedanken der einen Generation pflanzen sich auf die andre fort. – Die Summe der menschlichen Kenntnisse wächst beständig an. – Die Natur scheint ihr Absehn vorzüglich auf die Erhaltung und Vervollkommnung der ganzen Art gerichtet zu haben. Sie will nur immer Leben, neues verjüngtes Leben. – Es soll nur immer ein Menschengeschlecht da seyn, indem sie sich auf tausendfache Weise spiegelte, gleich viel, aus was für einzelnen Menschen dieß ganze Geschlecht besteht. Wenn nur grüne Blätter wieder da sind, so kümmert es uns ja nichts, ob es dieselben, die schon einmal da waren, oder andre sind. – Die junge Welt steigt empor, und freuet sich ihres Daseyns, ohne darüber zu trauren, daß die Vorwelt nicht mehr da ist, und ohne über den Gedanken zu erschrecken, daß sie auch einst nicht mehr da seyn wird. In der ganzen Körperwelt ist ohngeachtet des ewigen Kreislaufs von Veränderungen aller Wesen kein Stäubchen mehr noch weniger, als von Anfang darin war. – Wie ist es denn mit der Geisterwelt? Nimmt diese denn ewig an der Anzahl ihrer einzelnen Wesen zu? – Wird sie mit dem Tode jedes Sterblichen neu bevölkert? Oder war sie schon von Ewigkeit wie jetzt? – Ist in ihr ein Kreislauf, wie in der Körperwelt, oder ein immer währendes Fortschreiten? – Entsteht mit jedem Geiste, der in dem Körper durch die von allen Seiten zuströmenden Ideen genährt und aufgezogen wird, ein Wesen das vorher nicht da war? – Oder war es vorher da? – Und wenn es da war, warum ist es sich seines vorigen Zustandes nicht bewußt? – Wo ist seine vorige Selbstheit, sein voriges Ich geblieben? –
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Wer rettet mich von dieser Fragesucht, die mich so unwillkürlich anwandelt – warum führen meine Gedanken mich in unübersehbare Labyrinthe? – Nie werde ich auf diese Art einen Ausweg finden. – So will ich denn den Lauf meiner Gedanken hemmen, und meine Sinne dem Genuß der schönen Natur eröfnen – ich will meine große Lehrerin fragen, und auf ihre sanfte Stimme horchen. – Ich will sie am Wasserfall, in der Dunkelheit des Waldes und in ihren Höhlen und Felsengrotten belauschen – ich will sie beschwören mir das undurchdringliche Geheimniß meines Daseyns aufzuschließen. – So lange will ich aus ihrem reinem Lichtstrom schöpfen, bis meine Gedanken klar genug sind, um den milden Strahl der Wahrheit aufzufassen. Morgen in der Frühe will ich jenen Berg besteigen, und der kommenden Sonne entgegen sehen – bis dahin soll es stille seyn in meiner Seele, damit ich durch den erquickenden Schlummer der Nacht zum neuen Denken gestärkt erwachen möge!
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Dein großer Plan sey, täglich auf deine innere Vervollkommnung hinzuarbeiten; nicht Glückseligkeit von außen in dich hinein zu zwingen, sondern aus dir selbst um dich her zu verbreiten; so kann es dir nie fehlen; so muß ein immer währendes Interesse alle deine kleinsten Begebenheiten durchflechten. Und soltest du denn auch dein ganzes Leben hindurch allein stehen, und nie in den Zusammenhang der menschlichen Dinge eingreifen können, dürfen, oder wollen: so bedenke das: einen vollkommenen Menschen hervorzubringen ist an und für sich schon der höchste Endzweck der Natur; mag dieser vollkommene Mensch nun ich selbst, oder ein anderer seyn, genug, wenn er nur da ist, daß die vollkommene Natur sich in ihm spiegeln kann. Dafür, daß du dich durch mühsame und ungewöhnliche Anstrengung deiner Kräfte über das thierische Leben erhebst, wirst du auf
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eine oder die andere Weise, die belebende Seele von einem Haufen von Menschen seyn, die an sich selbst fast nur Körper sind, und also einer belebenden Seele bedürfen, um den Bewegungen ihres Körpers eine gewisse Richtung zu irgend einem großen Zwecke zu geben. Auf dein Geheiß wird sich ihr Fuß empor heben, und ihre Hand ausstrecken; dein Wille wird ihr Wille, dein Verstand ihr Verstand seyn. Sie sind nicht unglücklicher wie du, aber du fühlst dich glücklicher wie sie; sie genießen bloß, weil sie nicht streben wollen; du strebst und genießest. Dein Herrschen soll aber darinn bestehen, daß du die immer besser und weiser machst, die du beherrschest, und sie dir immer mehr gleich zu machen suchst. Darum erhieltest du ein Uebermaß von Kräften, damit Leben und Wirksamkeit befördert werden, indem das Stärkere auf das Schwächere drückt, bis beide wieder im Gleichgewicht sind. Wie das Wasser strebt in seine Fläche, und die Luft, in ihr Gleichgewicht zu kommen, so wirken die moralischen Kräfte auf einander, und alles geräth in Bewegung und Thätigkeit. Stürme brausen, Ströme stürzen sich von Felsen, durchbrechen Dämme, überschwemmen Städte, und wälzen sich dann ruhig wieder in ihren angewiesenen Ufern hin. Nur der ist unglücklich, der noch nicht in seinem Gleise ist; es sey nun das gewöhnliche oder eccentrische. Der noch hin und her wankt, ob er sich zu der gehorchenden oder befehlenden Parthey schlagen soll, weil niederziehende Trägheit und angebohrne Kraft sich einander das Gleichgewicht halten. Wehe dem, der sein ganzes Leben hindurch zwischen diesen Klippen kreuzt. Immerwährender Sturm ist in der Seele dessen, dem die erstickte Flamme im Busen lodert. Fühlst du ein unüberwindliches Streben nach etwas Großem in dir, so darf ich dir nicht erst sagen, daß du diesem Streben freien Lauf lassen sollst, eben so wenig, wie ich es dem Strome erst verstatten darf, daß er Dämme durchbricht.
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Soll das Leben erträglich werden, so muß erst Interesse hineinkommen, eben so wie in ein Schauspiel, wenn es uns nicht unausstehliche Langeweile machen soll. Interesse erhält es aber allein dadurch, wenn alles Einzelne darin zu einem Ganzen übereinstimmt, und wenn selbst das Kleine und Unbedeutende Mittel zu irgend einem großen Zweck wird. Der Taglöhner kömmt über das Bedürfniß eines solchen erhabenen Interesse des Lebens hinweg, indem er genöthigt ist, zur Erhaltung seines thierischen Lebens ununterbrochen zu ar-beiten, ohne daß er die Zeit oder die Lust hätte über seinen Zustand nachzudenken. Wem dies thierische Leben nicht gnügt, der kann kein Taglöhner bleiben, sondern arbeitet sich aus dem Staube empor, um über die Tagelöhner zu herrschen. Gelingt ihm diß nicht, so ist er unglücklich, und das Leben ist ihm eine Last. Aber was zugleich mit Klugheit und Eifer unternommen wird, gelingt fast immer. Der Eifer muß die Klugheit beseelen, wenn sie sicher leiten soll. Ja, der wahre Eifer zwingt zur Klugheit; je stärker jemand etwas wünscht, desto weniger wird er der dazu gehörigen Mittel zu verfehlen suchen.
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Ein fortdauernder wehmüthiger Zustand ziemt einem Manne nicht; nur die Anstrengung, womit er selbst seine Wehmuth zu unterdrükken sucht, erregt unser Mitleid. Eben das ist auch der Fall mit der Freude: man fühlt sich nie ruhig, bis man sich durch einen Gedanken an die Ungewißheit und Vergänglichkeit aller menschlichen Dinge, erst in das ordentliche gewöhnliche Gleis des Lebens wieder zurückgebracht hat. Alsdann ist man auch erst wieder fähig, außer sich zu wirken, und mit Klugheit dabei zu Werke zu gehen. Wer mit der meisten Resignation auf den Erfolg arbeitet, der arbeitet sicher am besten. Unruhe und Sorgen plagen den, der sich über
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seine angewandte Mühe ärgern wollte, wenn sie unglücklicher Weise vergeblich seyn sollte. Nur der arbeitet sicher und ruhig bei dem größten Plane, der das magna voluisse juvabit mit völliger Resignation von sich sagen kann. 61
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Eine Vergleichung zwischen der physikalischen und moralischen Welt. In der natürlichen Welt, die mich umgiebt, in Pflanzen, Bäumen und Kräutern, und Thieren, vom Größten bis zum Kleinsten, ist alles ordnungsvoll und planmäßig, voller Licht und Klarheit, wie die alles belebende Sonne. – Die Thier- und Pflanzenwelt steigt ruhig vor meinem Blick empor, und sinkt wieder in sanfte Auflösung hin, um einer nachfolgenden Platz zu machen. – Zwar würgt der Wolf das Lamm – aber er würgt es nicht anders, als der Sturmwind die Blätter des Baumes verweht – daß der Wolf das Lamm aus Hunger würgt, ist eben so natürlich, als wenn das Lamm selbst vor Hunger stürbe – Der wiederkäuende Ochse ruht in der schwülen Sonnenhitze auf der Wiese im Grase, und fürchtet den Tag seines Todes nicht. – Wo ich hinblicke, sehe ich Vollendung des angefangnen, ganzes vollständiges Leben im gegenwärtigen Augenblick. – Da ist nichts abgerißnes, nichts zerstücktes, noch unzweckmäßiges. – Ich werfe von der mich umgebenden Natur einen Blick in die moralische Welt; auf menschliche Verbindungen, Aussichten, Plane, Entwürfe – und schaudere vor der Vergleichung zurück. – Hier ist alles Verwirrung, Unordnung – zweckloses Streben – bauen um zu zerstören – wechselseitiges Aufreiben, mit Absicht und Vorsatz – innere Mißbilligung – thätige Aeußerung – Sünde – Verbrechen – Laster. – Ist denn die ganze moralische Welt mit allen ihren Verbindungen und Einrichtungen etwa ein bloßer Auswuchs des wohlgeordneten Ganzen – eine Mißgeburt dieser sonst so herrlichen Schöpfung?
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Und doch wieder, was ist edler als der Mensch, wenn er unschuldig, wenn er wahr und offen ist? – Wo sind denn die Goldminen die seinen Werth aufwiegen können? – Aber wozu denn nun alle jene im Staube kriechenden, den Staub leckenden Insekten? – wozu die Welt voller kriechenden Eigennutzes, gegen eine einzige große, edle, uneigennützige Seele, die sich, wie durch Zufall, einmal aus dem Haufen empor arbeitet, und gleichsam ein Wesen fremder Art wird, das die übrigen nicht allzulange unter sich dulden? – wozu die Millionen stechenden Mückenschwärme, in diesem schön erleuchteten Weltall ? – wozu der tragikomische Krieg aller gegen einen, und eines jeden einzelnen wieder mit sich selber? – wozu dieß burleske Spiel der menschlichen Leidenschaf-ten, das Prozesse, Hochgerichte, Krieg, Verwüstung und Tod über die Erde bringt, und die reine edle Natur befleckt? Ist denn das Menschengeschlecht eine so ungeheure zusammengeworfne Masse von Schlacken, die erst hinweg schmelzen müssen, ehe ein kleines Stückchen Gold zum Vorschein kömmt? Oder ist das Menschengeschlecht nun einmal ein so sonderbares vielköpfigtes Produkt der Natur, worin das viele eins, und das eine nothwendig viel werden muß. – Ist der einzelne Mensch etwas oder nichts? Sollen die Köpfe eines Leibes sich mit einander besprechen, und Berathschlagungen pflegen, oder soll jeder Kopf und Leib nur eins seyn? – Was ist unnatürlich, Vereinzelung oder Vereinigung des Menschen ? – Ist der einzelne Mensch ein vollständiges Ding, ein Ganzes? Oder ist eine Familie, ist erst ein Staat ein Ganzes? – Ist der einzelne Mensch eine unnatürliche Zerstückelung, oder ist der Staat eine unnatürliche Zusammenstellung? – Herrscht nicht eben der innerliche Krieg, eben das ewige Mißverständniß mit sich selber, in der einsamen Zelle, in den Familien, und in den Staaten?
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Die letzte Freistadt des Weisen. Beobachten – sich über die Dinge erheben, wodurch man sonst mit ins Spiel gezogen wird – und nun mit Seelenruhe darauf achten – dieß bleibt das ewige Antheil des Weisen, das ihm kein Zufall rauben, ein Ersatz für jede Entbehrung, der ihm durch nichts verleidet werden kann. – Als jenem edlen Römer, mitten im ruhigen Genuß des Lebens, da er lachend und scherzend im Kreise seiner Freunde saß, auf Befehl des Tyrannen sein Todesurtheil angekündigt wurde, und der Scharfrichter, welcher es an ihm vollstrecken sollte, auch schon bereit stand; so ging er mit einer Heiterkeit und Unbefangenheit der Seele zum Tode die seine Freunde in ein betäubendes Erstaunen setzte. – Auf Befragen: wie ihm zu Muthe sey? – gab er zur Antwort: Er faße jetzt alle seine Gedanken zusammen, um auf den Punkt recht aufmerksam zu seyn, wo nun sein gegenwärtiges Daseyn in ein anderes Daseyn wirklich übergehen würde. – Dieser entschloßene Sterbliche, mußte wohl zwey Dinge gelernt haben, denen er jene Heiterkeit und Unbefangenheit der Seele, noch in der letzten Stunde seines Lebens verdankte: Erstlich, sich der Nothwendigkeit unterwerfen, und Zweytens, wenn ihm sonst nichts mehr übrig blieb, – doch noch ruhiger Beobachter zu seyn. – Ohne Unterwerfung unter die Nothwendigkeit, findet kein ruhiges Beobachten statt – Diese ist die einzige nothwendige Stütze des ruhigen festen Denkens. – Beobachten, ist die einzige Seelenthätigkeit, die uns in Ermanglung aller andern, bis an den letzten Hauch unsers Lebens übrig bleibt – Warum lernen wir also, bey dem furchtbaren Wechsel der Dinge, nicht unser Glück in dem suchen, was uns durch keinen Wechsel der Dinge entrissen werden kann? – Warum üben wir uns nicht von Kindheit auf, in dieser großen Kunst, die uns, wie jenen edlen Römer, sterben lehrt? –
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Das ruhige Beobachten ist zugleich mit einem großen, erhabenen Gefühl verknüpft, das uns über diese Erde und alle die kleinen Verhältnisse des Lebens hinweg versetzen kann. Durch diese Seelenruhe wird unser Blick gestärkt, das Ganze zu umfassen, und unpartheyischer von einem Zusammenhange der Dinge zu urtheilen, in welchen wir uns nicht mehr verflochten denken – Das ruhige Beobachten aber ist eine Kunst, die wir täglich, bey allen unangenehmen und angenehmen Vorfällen üben können, und die beständig unsern Geist veredlen wird. – Bey den unangenehmen Vorfällen, die wir nicht ändern können, wird es uns, auch für die bitterste Nothwendigkeit, der wir uns unterwerfen müssen, Ersatz seyn, daß wir wenigstens unsere Denkkraft beschäftigen, indem wir kaltblütig untersuchen, worin nun die Nothwendigkeit desjenigen was nicht mehr geändert werden konnte, eigentlich gegründet war? – Eine widrige Meinung, welche z. B. Menschen von denen unser Glück abhängt von uns hegen, ist fürs erste eine Nothwendigkeit, der wir uns, so wie der Kälte, dem Regen und dem Sturmwinde, unterwerfen müssen – die wir mit keiner Gewalt umstoßen können – Nach dem wir nun einmal resignirt sind, und uns dieser bittern Nothwendigkeit unterworfen haben – so sind wir nun im Stande kaltblütig nachzudenken: wie doch wohl diese widrige Meinung von uns in den Köpfen dieser Leute entstanden seyn mag? – Und eben bey dieser kaltblütigen Untersuchung wird man vielleicht am ersten auf Mittel stoßen, wodurch dasjenige, wovon man anfänglich glaubte, daß es nicht zu ändern sey, oft mit leichter Mühe geändert werden kann. – Bey angenehmen Vorfällen ziehet uns das ruhige Beobachten aus dem Wirbel der Dinge heraus, der uns sonst unaufhaltsam mit sich fortreißt; es erhöht unser Selbstgefühl, und macht uns in jedem Augenblick besser und weiser. – Das ruhige Denken muß eine Unterlage haben, wovon es ausgeht – mit dieser Unterlage müssen wir jede Minute unsers Lebens, ohne räsonniren zu dürfen, in Richtigkeit seyn. – Nun ist aber die Noth-
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wendigkeit gerade eine Sache, womit sich weder zancken, noch über welche sich weiter räsonniren läßt. – Das Räsonnement kann also in jedem Moment des Le-bens am bequemsten und leichtesten hievon ausgehen. – Ich denke mir den Zusammenhang der Dinge fürs erste, als ein Wesen, das bloß stärker ist, als ich, dem ich mich also auf alle Fälle unterwerfen muß – und da ich nun hierin einmal resignirt bin, so habe ich erst hinlängliche Ruhe und Muße, um über diesen Zusammenhang der Dinge weiter kaltblütig nachzudenken – jeder Schimmer von Zweckmäßigkeit, Ordnung, und Absicht, den ich nun erblicke, ist mir gleichsam ein angenehmer Fund, ein Gewinn, der meine Erwartung übertrift, welche auf das Schlimmste schon einmal gefaßt war.
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Die Macht des Unglücks. Macht das Glück fröhlich – so macht das Unglück weise – Und die Weisheit macht doch am Ende, trotz dem Unglück, wieder fröhlich – sie frägt: was ist Unglück? Armuth und Niedrigkeit? – thörichter Wahn! – Wie kann ein Mensch arm und niedrig seyn. – Krankheit? – Was kann mir Krankheit rauben, als einen vorbeyrauschenden Genuß? Kann sie mir wohl die Standhaftigkeit, die Geduld, womit ich Schmerzen trage, oder irgend eine andere errungene Tugend, oder einen Vorzug meines Geistes rauben, der doch weit edler, als ein vorbeyrauschender Genuß ist? Meine Denkkraft, worin ich mich gesichert fühle, kann sie mir nicht rauben, denn diese Denkkraft bin ich selbst, – und habe sie selbst – kein anderes Wesen außer mir hat sie; sie könnte also nur einem Undinge geraubt werden – was heißt das anders, als, sie kann gar nicht geraubt werden. – Alles was ich habe, kann ich verlieren, aber nichts, was ich bin. – Das Unglück kann seine Macht nie auf das erstrecken, was ich bin. Kann ich mich denn also nicht in jedem Augenblicke, wo es mir
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gefällt, in diesen Mittelpunkt meines Daseyns zurückziehen, der dem Unglücke keinen einzigen Berührungspunkt darbietet? – Und dulden die Menschen wohl irgend eine Widerwärtigkeit, als weil sie sie dulden wollen? – weil ihnen das Spiel worin ihre Leidenschaften wechselsweise gesetzt werden, bey aller ihrer Traurigkeit, immer noch behäglicher ist, als die unerschütterliche Ruhe des Weisen, der sich zuweilen selbst gern wieder unglücklich fühlet, und freywillig Schmerz und Traurigkeit empfindet, um sich von der Weisheit gleichsam einige Augenblicke wieder zu erhohlen. –
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Was giebt es Edleres und Schöneres in der ganzen Natur, als den Geist des Menschen, auf dessen Vervollkommnung alles übrige unabläßig hinarbeitet, und in welchem sich die Natur gleichsam selbst zu übertreffen strebt. Denn die Natur, welche den menschlichen Geist gebildet hat, genügt ihm zuletzt nicht mehr – er ruft in der Schöpfung, die ihn umgiebt, eine neue Schöpfung hervor. – Die Bäume die ihm Schatten gaben, müssen sich nun, ihres Schmucks beraubt, und in Bretter und Balken verwandelt, zu künstlichen Wohnungen für ihn zusammenfügen; sie müssen sich zu einem Sitze krümmen, oder ihre glatte Fläche vor ihm erheben, um die Speisen seinem Munde, und die Arbeit seinen Händen und seinen Augen näher zu bringen. Mitten im Schooße der Natur steigt zwischen Bergen, Thälern und Flüssen, plötzlich eine Stadt empor mit Pallästen, Statüen, Gemählden, Tempeln, Schauspielen, Musik und Tanz. – Durch wen entstand dieß große Zauberwerk? Die gütige Natur schuf und bildete den menschlichen Geist, und brachte das mittelbar durch ihn hervor, was sie selbst unmittelbar nicht würde hervorgebracht haben. – Sie ließ es sich wohlgefallen, daß der Mensch ihre Wälder zu Städten und Dörfern, ihre Felsenbrüche zu Pallästen und Thürmen um-
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schuf. – Denn das Größte, was er unternehmen konnte, brachte noch keine Aenderung in ihrem großen Plane hervor. – Warum sollte sie ihm nicht vergönnen, in ihrem unermeßlichen Pallaste sein Nest zu bauen? – Der schöpferische Geist des Menschen ahmt die große Natur im Kleinen nach; bestrebt sich, durch die Kunst ihre Schönheiten im verjüngten Maßstabe darzustellen, und wähnt wohl gar, sie zu übertreffen und zu verschönern – aber die Natur sieht lächelnd seinem Spiele zu, und läßt ihn eine Weile seine kleine Schöpfung anstaunen – dann verschwemmt sie, was er schuf, in dem Strome der Zeiten, und läßt wieder neue Werke der Kunst unter fremden Himmelsstrichen emporsteigen, um sie auch dereinst wieder in Vergessenheit zu begraben. – Sie aber ist sich immer gleich und jugendlich – ihr sanfter Hauch erquickt mit jedem Frühling die Erde, ihr belebender Strahl weckt mit jedem Morgen die schlummernde Welt zu neuer Thätigkeit. In ihrem mütterlichen Schooße erzieht sie ein Menschengeschlecht nach dem andern, und bildet unzählige Geister zu höherer Vollkommenheit, deren sterbliche Hülle sie dann wieder mit dem Staube mischt, aus dem sie unaufhörlich Wachsthum und neues Leben hervorruft. Sollte nun die sonst so sparsame Natur mit so vielem Aufwande den menschlichen Geist ge-bildet haben, um Statüen, Tempel und Gemählde durch den menschlichen Geist hervor zu bringen, weil sie ihn selbst eben durch diese Ausübung seiner schaffenden Kraft vollkommener machen wollte? Sollte alle das Gewirre in der bürgerlichen Welt keinen Zweck haben, als sich selbst – wer könnte dann diesen Knoten lösen? Arbeitet die Natur nicht unaufhörlich auf Veredlung und Verfeinerung des gröbern Stoffes hin? – Ist Gold nicht edler als Silber und der Geist nicht edler als Gold? – Kann die Natur etwas Erhabeneres hervorbringen, als einen Menschen, der sagen kann:
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Schön ist, Mutter Natur, deiner Erfindung Pracht, aber schöner ein froh Gesicht, das den großen Gedanken deiner Schöpfung noch einmal denkt! Ist es nicht die Krone ihres Werks, von einem Wesen, das sie schuf und bildete, so angeredet – so gedacht zu werden? Wer kann sie fassen, wer kann sie lieben, als der Geist des Menschen? O hier ist eine Goldgrube, reicher als alle Berge von Peru. – Hier bildet sich das edelste Metall von ächtem inneren Gehalte, wogegen der Glanz des feinsten Goldes schwindet. Ob nun gleich der Mensch so oft seinen Werth verkennt, und über die Befriedigung seiner körperlichen Bedürfnisse, unter Arbeit und Sorgen, sein geistiges Wesen ganz vergißt, so leitet ihn dennoch die gütige Natur durch alle das Gewirre der Geschäfte und die Krümmungen des Lebens, unvermerkt dem großen Endzwecke näher, wozu sie ihn schuf. – Jeder Stand, jede Beschäftigung im Leben giebt unvermerkt dem Geiste Nahrung, indem durch tausend zufällige Veranlassungen die Denkkraft der Seele geübt wird, Schlüsse, Entwürfe und Pläne zu machen, ihre Ideen zu ordnen, ein Ganzes zu übersehen, und sich die Dinge in der Welt aus dem rechten Gesichtspunkte vorzustellen. Ohne selbst daran zu denken, übt der Mensch stündlich und augenblicklich seine Denkkraft; und vom Könige der sein Volk beherrscht, bis zum Hirten, der seine Heerde weidet, ist von dieser immerwährenden Wohlthat der Natur niemand ausgeschlossen. Wenn das Messer nur scharf schneidet, was liegt denn an dem Steine, worauf es gewetzt ward? – Da nun aber der Geist des Menschen so sehr ausser sich wirkt, daß er sich oft in den Dingen die ihn umgeben verschwimmt, und anfängt, sie für höher als sich selbst und Wesen seiner Art zu halten, so ist es nöthig, daß er auf alle Weise in sich selbst und auf seinen eignen Werth zurückgeführt werde. Ernstes Nachdenken muß hier, wie die Arzney bey einer körperlichen Krankheit, der Natur zu Hülfe kommen, und ihre Endzwecke zu befördern suchen.
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Der Mensch muß es wieder empfinden lernen, daß er um sein selbst willen da ist – er muß es fühlen, daß bey allen denkenden Wesen, das Ganze eben so wohl um jedes Einzelnen willen, als jeder Einzelne um des Ganzen willen da ist. Die Natur giebt uns also selbst den besten Fingerzeig, wo wir das wahre Edle und Schöne aufsuchen und befördern sollen. – Alles was sie hervorbringt, erreicht erst dann den höchsten Gipfel seiner Vollkommenheit, wenn es sich irgend einem menschlichen Geiste darstellt, der im Stande ist, diese Vollkommenheit zu begreifen. Wir haben also nun einen festen Gesichtspunkt, auf welchen wir alles beziehen können – es kömmt nur in so fern auf die Veredlung und Verfeinerung der schönen Kunstwerke an, als der menschliche Geist durch die Betrachtung dieser Kunstwerke veredelt und verfeinert werden kann. Alle Wissenschaften und Künste, die seit Jahrtausenden erfunden sind, müssen sich in diesen Punkt vereinigen. – Und es ist wohl einmahl Zeit, daß der Mensch, das hin und herzerstreute, bisher so oft vernachlässigte, und gemißbrauchte, in diesem einzigen erhabenen Gesichtspunkte zusammen fasse, und es darnach schätzen lernte. Es muß nothwendig ein gemeinschaftlicher Faden, durch alle das Mannichfaltige, was in den Köpfen von Millionen Menschen zerstreut ist, durchlaufen, um es zu einem gewissen festen Endzwecke zusammen zu knüpfen, und es nach seinem verhältnißmäßig größern oder geringern Einfluß auf die allgemeine Bildung des menschlichen Geistes zu ordnen. Der einzelne Mensch muß schlechterdings niemals als ein bloß nützliches sondern zugleich als ein edles Wesen betrachtet werden, das seinen eigenthümlichen Werth in sich selber hat, wenn auch das ganze Gebäude der Staatsverfassung, wovon er ein Theil ist, um ihn her wegfiele. Der Staat kann eine Weile seine Arme, seine Hände brauchen, daß sie wie ein unter geordnetes Rad in die Maschine eingreifen – aber der Geist des Menschen kann durch nichts untergeordnet werden, er ist ein in sich selbst vollendetes Ganze.
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Baumstämme mögen sich behauen und beschneiden lassen, um zu dem Ganzen eines Gebäudes in einander gefugt zu werden. – Der Mensch soll keinen Gran von den Vorzügen seines Wesens verlieren, um in irgend ein Ganzes, daß außer ihm ist, gepaßt zu werden, da er selbst für sich das edelste Ganze ausmacht. Daß ich denke und den Werth meines Daseyns fühle, will ich nicht dem Zufall danken, der mir gerade unter dem Theile des Menschengeschlechts einen Platz anwieß, der sich den gesitteten Theil nennt – ich stelle mich auf die unterste Stufe, worauf mich der Zufall versetzen konnte, und gebe keinen von meinen Ansprüchen auf die Rechte der Menschheit auf. Ich fodre so viel Freiheit und Muße, als nöthig ist, über mich selbst, über meine Bestimmung, und meinen Werth als Mensch zu denken. Eins der größten Uebel, woran das Menschengeschlecht krank liegt, ist die schädliche Absonderung desselben, wodurch es in zwey Theile zerfällt, von welchem man den einen, der sich erstaunliche Vorzüge vor dem andern anmaßt, den gesitteten Theil nennt. Dieser Theil scheint sich für den Zweck der Schöpfung, und alle übrige Menschen für untergeordnete Wesen zu halten, die deswegen im Schweiß ihres Angesichts die Erde bauen, damit es Rechtsgelehrte, Staatsmänner, Priester, Künstler, Dichter und Geschichtschreiber geben könne, von deren geistigen Beschäftigungen, und verfeinerten Vergnügungen, jene Bebauer des Feldes nicht einmal die Nahmen wissen. Aber auch selbst in den gesitteten Ständen betrachtet immer ein Theil den andern mehr als bloß brauchbare und nützliche Wesen – so denkt man sich immer einen Theil von Menschen, als ob er bloß um des andern Willen da wäre – dies geht ins unendliche fort, und warum denn nun zuletzt alle da sind, bleibt unausgemacht. – Diese falsche Vorstellungsart hat fast in alle menschlichen Dinge eine schiefe Richtung gebracht. – Die herrschende Idee des nützlichen hat nach und nach das Edle und Schöne verdrängt – man betrachtet selbst die große erhabne Natur nur noch mit kameralistischen Augen, und findet ihren Anblick nur interessant, in so fern man den Ertrag ihrer Produkte überrechnet. –
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Bey der Einrichtung der Stände und Gewerbe, ist nicht die Frage, in wie fern dieser Stand oder dieß Gewerbe auf die Menschen, die es treiben zurück wirkt, den Körper und den Geist schwächt oder gesund erhält, und die Endzwecke der Natur zur Bildung des menschlichen Geistes hintertreiben oder befördern hilft, sondern man scheint immer einen Theil der Menschen als ein bloßes Werkzeug in der Hand eines andern zu betrachten, der wieder in der Hand eines andern ein solches Werkzeug ist, und so fort. – Da z. B. eine Zeitlang das Erziehungsgeschäft zum herrschenden Gedanken in unsern Köpfen geworden war, so war die Welt, welche erst erzogen werden sollte, das einzige, worauf man sein Augenmerk richtete – die erziehende Welt, welche doch auch nun einmal da war, wurde in Ansehung ihrer eignen Bildung und Veredlung wenig oder gar nicht in Erwägung gezogen. – Da es doch ganz unmöglich ist, daß ein Theil von Menschen den andern veredlen kann, wenn er nicht selber erst veredelt worden ist. Bei den Methoden die man vorschrieb, nahm man nur auf den Zögling, nicht auf den Erzieher Rücksicht. – Es blieb dem Zufall überlassen, ob die Methode so eingerichtet war, daß zugleich der Geist des Erziehers, indem er sie auf seinen Zögling anwandte, dadurch zu Fortschritten in der Vollkommenheit veranlaßt wurde oder nicht. Man erwog nicht daß bei dem Erziehungs-Geschäft die Bildung des Erziehers durch dassel-be eben sowohl Zweck ist, als die Bildung des Zöglings, und daß die letztere ohne die erstere gar nicht erreicht werden kann. Soll ein Lehrer sich z. B. zu den geringen Fähigkeiten seiner Schüler herablassen, so muß ihm nothwendig zugleich ein Weg vorgezeichnet werden, wie er selbst aus dieser Herablassung für die Bildung seines eigenen Geistes Vortheil ziehen, und durch dieselbe z. B. seine Ideen mehr verdeutlichen, seine Denkkraft zu neuer Anstrengung vorbereiten könne, u. s. w. Welch eine andre Gestalt würden alle menschlichen Dinge gewinnen, wenn man auf die Weise bei allen Einrichtungen, die gemacht werden, jeden einzelnen Menschen immer zu gleich als Zweck und Mittel, und nicht bloß als ein nützliches Thier, betrachtete.
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Daß nun jeder einzelne Mensch, wenn er seinen Antheil von Kräften zur Erhaltung des Ganzen aufgewandt hat, sich auch als den Zweck dieses Ganzen betrachten lerne, und auch von jedem andern so betrachtet werde – darinn besteht eigentlich die wahre Aufklärung, welche nothwendig allgemein verbreitet seyn muß, wenn sie nicht als bloße Täuschung und Blendwerk betrachtet werden soll. Hier steht nun wieder jene schädliche Absonderung zwischen dem sogenannten gesitteten Theile der Menschen, und dem welcher nicht so heißt, im Wege. Und überhaupt hat man bei den menschlichen Einrichtungen größtentheils schon im Zuschnitte des rechten Zwecks verfehlt. – Da sie aber nun einmal da sind, so muß man sich freilich den bittern Trank, so gut wie möglich, zu versüßen streben. Das kann man aber durch den tröstenden Gedanken, daß es keinen Stand in der Welt giebt, der dem Menschen die Macht rauben könnte, die wahren Vorzüge seines Geistes zu empfinden, über die Verhältnisse der Dinge und ihren Zusammenhang Betrachtungen anzu-stellen, und sich mit einen einzigen Schwunge seiner Denkkraft über alles das hinwegzusetzen, was ihn hienieden einengt, quält und drückt. –
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Als Philomele ihrer Zunge beraubt war, webte sie die Geschichte ihrer Leiden in ein Gewand, und schickte es ihrer Schwester, welche es auseinanderhüllend, mit furchtbarem Stillschweigen die gräßliche Erzählung laß. Die stummen Charaktere sprachen lauter, als Töne, die das Ohr erschüttern; weil schon ihr bloßes D a s e y n von dem schändlichen Frevel zeugte, der sie veranlaßt hatte. Die Beschreibung war hier mit dem Beschriebenen eins geworden – die abgelößte Zunge sprach durch das redende Gewebe. Jeder mühsam eingewürkte Zug schrie laut um Rache, und machte bei der mitbeleidigten Schwester das mütterliche Herz zum Stein.
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Keine rührende Schilderung aus dem Munde ir-gend eines Lebendigen, konnte so, wie dieser stumme Zeuge, würken. Denn nichts lag ja dem Unglück der weinenden Unschuld n ä h e r , und war so innig damit verwandt, als eben dieß mühsame Werk ihrer Hände, wodurch sie allein ihr Daseyn kund thun, und ihre Leiden offenbaren konnte. Eben darum konnte es seiner schrecklichen Wirkung nicht verfehlen. – So war dem unglücklichen Weibe des Kollatinus nichts n ä h e r als ihr Gatte und ihr Vater selbst welche durch die bloße Erzählung ihres beweinenswerthen Schicksals ein ganzes unterdrücktes Volk gegen die Macht der Tyrannei empörten, und die erloschne Freiheitsliebe in aller Busen wieder weckten. Mit seiner eignen unschuldigen Tochter Blut bespritzt, durfte Virginius nur den Mund eröfnen, um alles zur lebhaftesten Theilnehmung an seiner Erzählung hinzureißen – nur durch die einfachste Beschreibung der jammervollen Scene, konnte er dasselbe Volk noch einmahl bewegen, das Joch der Knechtschaft von sich abzuschütteln. Eben das nahe Band, welches den überlebenden Gatten und Vater an jenes Schlachtopfer der willkürlichen Herrschaft knüpfte, machte daß die Erzählung z u g l e i c h m i t d e r e r z ä h l t e n S a c h e , auf die Gemüther würkte, und bis ins innerste sie erschütterte. Denn aus den theuren Ueberlebenden flehte der Mund der Todten selbst die menschliche Natur um Mitleid an. Aber wer kann dem Vater, wer dem Gatten nacherzählen? – Wer so rührend Philomelens Unglück schildern, als das Tuch worin sie selbst es würkte. Daß sie es in dieß Tuch würkte, macht ja selbst den rührendsten Zug in der Schilderung ihrer Leiden aus. Und die Beschreibung durch Worte muß sich hier begnügen, daß blos a n z u d e u t e n , was durch sein Daseyn selber mehr als Worte, sagt. Wer den Schmerz des Virginius würdig beschreiben wolte, müßte entweder, wie der Schauspieler, streben, auf eine Zeitlang durch ein künstliches Vergessen seiner selbst, und durch das darstellende
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Mitgefühl fremder Leiden so viel wie möglich, selbst wieder dieser Virginius zu s e y n . Oder er müßte, wie der bildende Künstler, einem der fliehenden Momente Dauer geben, welcher deswegen am stärksten die Seele erschütterte, weil in allem, was in ihm auf einmal sich dem Auge darstellt, immer eines durch das andere, so wie das Ganze durch sich selber, r e d e n d und b e d e u t e n d wird. Der Geschichtsschreiber hebt, durch die einfache Erzählung des Vorhergehenden und Nachfolgenden einen solchen Moment heraus; durch die simple Erwähnung der Umstände, welche die Begebenheit v e r a n l a ß t e n ; durch die Beschreibung des E i n d r u c k s , welchen der Anblick dieser Scene auf die Gemüther machte, und der w i c h t i g e n Folgen, welche dieser Eindruck nach sich zog. Durch die Hand des bildenden Künstlers dargestellt, kann Progne, von dem aufgerollten Gewebe ihrer Schwester, auf den neben ihr stehenden schmeichelnden Knaben, einen Blick werfen, der den gräßlichen Vorsatz ihrer Seele schon in dem ersten Augenblick seiner Geburt enthüllt. Das Vorhergehende und Nachfolgende dieses Moments, in so fern es noch durch Worte bezeichnet werden kann, bestimmt für die Imagination des bildenden Künstlers den Ausdruck, der nun über allen fernern Ausdruck durch Worte erhaben ist, welche eben da aufhören müssen, wo das ächte Kunstwerk anfängt. Denn darinn besteht ja eben das Wesen des Schönen, daß ein Theil immer durch den andern und das Ganze durch sich selber, redend und bedeutend wird – daß es sich selbst erklärt – sich durch sich selbst beschreibt – und also außer dem bloß andeutenden Fingerzeige auf den Inhalt, keiner weitern Erklärung und Beschreibung mehr bedarf. Sobald ein schönes Kunstwerk, ausser diesem Fingerzeige, noch einer besondern Erklärung bedürfte, wäre es ja eben deswegen schon unvollkommen: denn das erste Erforderniß des Schönen ist ja eben seine K l a r h e i t , wodurch es sich dem Auge entfaltet. Das in die Hülle der Existenz, gleich dem Electrischen Funken, verborgne Schöne findet allenthalben statt, und dient der häßlichsten Oberfläche sehr oft zur Unterlage – wo also die Kunst es auf der
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Oberfläche darstellen will, muß sie es auch nothwendig g a n z entwickeln, und es gleichsam aus sich selbst enthüllen. Wo dann das ächte Schöne sich uns entfaltet, da ist es durch sich selbst die vollkommenste Erklärung der Vo l l k o m m e n h e i t , die im Innern der Natur verborgen, unter tausend Gestalten lauscht, und mehr oder weniger sich unserm Blick entzieht. Es ist eine deutliche Beschreibung dessen, was unserer Sterblichkeit nur dunkel ahndet. – Das Licht, worinn sich uns das Schöne zeigt, kömmt nicht von uns, sondern fließt von dem Schönen selber aus und verscheucht auf eine Weile die Dämmerung um uns her. – Darum fühlen wir beym Anblick des Schönen unser Herz und unsern Verstand erweitert, weil uns etwas von demjenigen sichtbar und fühlbar zu werden scheint, was immer unsern forschenden Gedanken sich entzieht, welche durch die schwachen Laute der Sprache nur mühsam ihren Kreislauf beschreiben, und immer da in sich selbst wieder zurück fallen, wo sie ihren höchsten Gegenstand zu erreichen hofften. – Jemehr wir nehmlich, überhaupt beym Anblick der Natur, die Ursach in ihrer Wirkung, das innere Wesen der Dinge in ihren äußren Formen und Gestalten lesen, um desto befriedigter fühlen wir uns, und um desto vollkommner scheint uns das zu seyn, was durch seine äußere Form zugleich sein inneres Wesen uns enthüllt. Eben darum rührt uns die Schönheit der menschlichen Gestalt am meisten, weil sie die inwohnende Vollkommenheit der Natur am deutlichsten durch ihre zarte Oberfläche schimmern und uns, wie in einem hellen Spiegel, auf den Grund, unseres eigenen Wesens, durch sich schauen läßt. Die Nacktheit selber, welche jeden Mangel aufdeckt, und jedes andere Thier entstellet, ist bei dem Menschen das höchste Siegel der Vollendung seiner Schönheit, die allein ihrer Blöße sich nicht schämen darf, sondern, wie die Wahrheit keinen andern Schmuck als sich selber kennt. Denn die Nacktheit selbst entsteht ja aus der vollkommensten Bestimmtheit aller Theile, wodurch alles zufällige von der
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vollendeten Bildung ausgeschloßen wird, und nur das wesentliche auf der Oberfläche erscheint. Sobald die Bildung nicht in allen Theilen so vollkommen bestimmt und vollendet ist, daß sie das innre Wesen des Gebildeten allenthalben auf seiner Oberfläche durchschimmern läßt, findet auch bei der Entblößung keine eigentliche Nacktheit statt. Denn die letzte ins Auge fallende Oberfläche ist alsdann immer selbst schon wieder eine Art von Bekleidung, die das innere Wesen uns verdeckt – eben weil alsdann die Bildung nicht vollkommen bestimmt und in sich selbst vollendet ist, sondern durch den Auswuchs von Schuppen, Haar, und Federn, gleichsam ü b e r s i c h hinausgeht – und eben dadurch immer mehr an Schönheit und Bedeutsamkeit verliert, bis sie zuletzt in dem unbestimmtesten Wachsthum der Pflanze die harte Rinde um sich herzieht, die den Schatz von Vollkommenheit, den sie umschließt, am neidischsten unserm Blick entzieht. So wie sich nehmlich mit der zunehmenden Bestimmtheit alles Ungebildete dem Gebildeten nähert; so nähert sich auch, mit der zunehmenden Z u f ä l l i g k e i t , das Gebildete immer mehr dem Ungebildeten. Denn der Begriff des Unorganisirten ist mit dem Begriff des Zufälligen unzertrennlich verknüpft. – Der Tropfen f ä l l t dem Tropfen, der Staub dem Staube, z u – aber das Gebildete fällt nicht zu sich selber, sondern ist nur insofern gebildet, als es durch die Bestimmtheit seiner Form, sich aus seiner nächsten Umgebung sondert, und das Zufällige von sich ausschließt. Das Unorganisierte hingegen, welches dem Unorganisierten z u f ä l l t , wird ungehindert mit ihm eins, und zieht es mit sich zu Boden. Der Regen strömt in Tropfen, in Flocken fällt der Schnee herab, die zueinanderfallend in eine Masse sich verlieren. Die Zufälligkeit seiner Bildung drückt den harten Stein zur Erde nieder, und die Bestimmtheit ihrer Form treibt die Pflanze aus dem Schooß der Erde empor. Mit dem ersten Anfange der Bestimmtheit, und mit der schwächsten Ausschließung des Zufälligen, tritt der Wa c h s t h u m in die
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zarte Pflanze, wodurch sie in Blättern und Zweigen sich selbst verjüngt, und ihre erste einfachste Organisation so oft wiederholt, als ihr Wachsthum dauert. Mit der völligen B e s t i m m t h e i t der Bildung, und Ausschließung alles Zufälligen, durch das nothwendige Beysammenseyn zweier symmetrischen Hälften, tritt die B e w e g u n g in den Embryo, der sich den Feßeln seiner nächsten Umgebung entwindet, eben weil er durch die Ausschließung alles zur Erde drückenden Zufälligen, seinen eigenen Schwerpunkt und die Achse seines Umdrehens in sich selber hat. Und mit der allervollkommensten B e s t i m m t h e i t in der Gestalt des Menschen, die bis auf die feinsten Züge sich erstrecket, tritt endlich in dem beweglichsten Theile des Organs, die r e d e n d e S t i m m e selbst ein, welche als das Resultat der vollkommensten Bestimmtheit nun alles übrige selbst wieder in der Natur b e s t i m m t , und durch das Wort ihm seine Grenzen vorschreibt. – Jemehr auf die Weise aus der harten, umgebenden Hülle das Zarte, Bewegliche sich entwickelt, um desto redender und bedeutender wird es durch sich selber – bis dahin, wo die allerzarteste Beweglichkeit, in dem eigentlichen Werkzeuge der Sprache, selbst zur Sprache wird. Denn da wo Mund und Wange lächeln, muß auch die Zunge verständlich reden. – Eintönig rauschen die Blätter des Baumes vom Winde hin und her bewegt. – Die Nachtigall singt auf seinen Zweigen ihr mannichfaltiges Lied – Indes der junge Schäfer an seinen Stamm gelehnt, den Nahmen der Geliebten mit Entzückung ausspricht, oder mit scharfer Spitze der wachsenden Rinde ihn einverleibt. – Dieser unabänderliche N a h m e belebt alle übrigen Laute seines Mundes, welche mit den ab-wechselnden Bewegungen seiner Seele gleichen Schritt halten, und mit der schwellenden Empfindung seines Busens steigen und fallen. Und ist es nicht derselbe Hauch der Luft, welcher in den Blättern des Baumes rauscht, in der Kehle der Nachtigall zu schmelzenden
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Tönen, und auf der redenden Lippe des Menschen zum verständlichen Laut sich bildet? – So ist nun bei dem bloß Wachsenden nichts als seine Bildung, bei dem Lebenden und Athmenden Bildung und Bewegung, bei dem Lebenden und Denkenden aber Bildung, Bewegung, und Laut bestimmt – wodurch das Ganze in Harmonie sich auflößt – das Umfaßende sich wieder selbst umfaßend, mit leisemTritt auf seiner Umgrenzung wandelt, – und mit dem aufmerksamen Ohre, von der äußersten Zungenspitze, seines Wesens Wiederhall vernimmt. – Hier ist es also, wo Bildung und Laut sich scheiden. – Durch das redende Organ be-schreibt die menschliche Gestalt sich selber in allen A e u ß r u n g e n ihres Wesens – da aber, wo das wesentliche Schöne selbst auf ihrer Oberfläche sich entfaltet, verstummt die Zunge, und macht der weisern Hand des bildenden Künstlers Platz. Denn da, wo das denkende Gebildete in den äußersten Fingerspitzen sich in sich selbst vollendet, vermag es erst, das Schöne u n m i t t e l b a r wieder außer sich darzustellen. – Indes die Zunge durch eine bestimmte Folge von Lauten jedesmal harmonisch sich hindurch bewegend nur m i t t e l b a r das Schöne umfaßen kann, in so fern nehmlich die mit jedem Worte erweckten, und nie ganz wieder verlöschenden Bilder, zuletzt eine S p u r auf dem Grunde der Einbildungskraft zurück laßen, die mit ihrem vollendeten Umriß dasselbe Schöne beschreibt, welches von der Hand des Künstlers dargestellt, auf einmal vors Auge tritt. Worte können daher das Schöne nicht eher beschreiben, als bis sie in der bleibenden Spur, die ihr vorübergehender Hauch auf dem Grunde der Einbildungskraft zurückläßt, s e l b s t w i e d e r z u m Schönen werden. Dieß können sie aber nicht eher werden, als auf dem Punkte, wo die Wahrheit der Dichtung Platz macht, und die Beschreibung mit dem Beschriebenen eins wird, weil sie nicht mehr um des Beschriebenen willen da ist, sondern ihren Endzweck in sich selber hat; und also auch nicht ferner dazu dienen kann, uns eine Sache kenntlich zu machen, die wir noch nicht kennen, indem unsre ganze Aufmerksam-
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keit mehr auf die Beschreibung selbst, als auf die beschriebne Sache gezogen wird, die wir durch die Beschreibung nicht so wohl kennen lernen, als vielmehr sie in ihr wieder erkennen sollen. Denn es ist offenbar, daß wir uns bei der Dichtung die Sachen um der Beschreibung willen, bei der Geschichte hingegen die Beschreibung um der Sache willen, jedesmal wieder denken. Bei der Beschreibung des Schönen durch Worte, müssen also die Worte, mit der Spur, die sie in der Einbildungskraft zurück laßen zusammen genommen, selbst das Schöne seyn. Und so müßen nun auch bei der Beschreibung des Schönen durch Linien, diese Linien selbst zusammen genommen das Schöne seyn, welches nie anders als durch sich selbst bezeichnet werden kann, weil es eben da erst seinen Anfang nimmt, wo die Sache mit ihrer Bezeichnung eins wird. Die ächten Werke der Dichtkunst sind daher auch die einzige wahre Beschreibung durch Worte von dem Schönen in den Werken der bildenden Künste, welches immer nur mittelbar, durch Worte beschrieben werden kann, die oft erst einen sehr weiten Umweg nehmen und manchmal eine Welt von Verhältnißen in sich begreiffen müßen, ehe sie auf dem Grunde unsres Wesens dasselbe Bild vollenden können, das von außen auf einmal vor unserm Auge steht. Man könnte in diesem Sinne sagen: das vollkommenste Gedicht sey, seinem Urheber un-bewußt, zugleich die vollkommenste Beschreibung des höchsten Meisterstücks der bildenden Kunst, so wie dieß wiederum die Verkörperung oder verwirklichte Darstellung des Meisterwerks der Phantasie; – wenn wir nur einen Augenblick auf den Grund unsers Wesens schauen, und dort die Spur uns erklären könnten, welche nach Lesung des Homer dieselbe Empfindung des Schönen in uns zurückläßt, die der Anblick des höchsten Kunstwerks unmittelbar in uns erweckt. So viel fällt demohngeachtet deutlich in die Augen, daß die zurückgelaßene Spur von irgend einer Sache, von dieser Sache selbst so unendlich verschieden seyn könne; daß es zuletzt fast unmöglich wird, die Verwandschaft der Spur mit der Gestalt des Dinges, wodurch
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sie eingedrückt ward, noch ferner zu errathen. – So wie denn jede sich fortbewegende Spitze einerley Spur zurückläßt, die übrige Gestalt des Dinges, woran sie befindlich ist, mag auch beschaffen seyn wie sie wolle. Das Allerverschiedenste kann daher immer in der letzten Spur, die es von sich zurückläßt, sich wieder gleich werden; wie denn alles was da ist; sich auf dem Punkte gleich wird, wo seine äußersten Spitzen in unserm Denken zusammentreffen und dort eine gemeinschaftliche Spur von sich zurücklaßen, die mit nichts außer sich mehr Aehnlichkeit hat, und eben daher von allem was da ist, ohne Hinderung sagen kann: es ist. Auf die Weise kann nun auch auf dem Grunde der Einbildungskraft, da, wo die in ihr erweckten Bilder ihre letzte, leiseste Spur zurücklaßen, durch das Zusammentreffen aller dieser Spuren etwas von allen den einzelnen Bildern ganz Verschiednes entstehen, das blos die reinsten Verhältniße in sich faßt, nach welchen das ganz voneinander Verschiedne sich um und zu einander bewegt. Nun giebt es aber in der ganzen Natur keine so sanften und reinen Bewegungen von Linien um und zu einander, als in der Bil-dung des Auges selbst, in dessen umschatteter Wölbung Himmel und Erde ruht, während daß es das Allerverschiedenste in seinen reinsten Verhältnissen in sich faßt. – Daher kömmt nichts unter allen Sichtbaren dem Sehenden selbst an Schönheit gleich, und die sanfte Spur des Sehenden in seine ganze Umgebung verhältnißmäßig eingedrückt, ist von allem Sichtbaren allein vermögend, uns unmittelbar Liebe und Zärtlichkeit einzuflößen. Nun gründet sich aber der Genuß des Schönen stets auf Liebe und Zärtlichkeit, in so fern es uns jedesmal auf eine Weile aus uns selber zieht, und macht, daß wir über seinem Anschaun uns selbst vergessen. – Da nun unter allem Sichtbaren nichts fähig ist, uns unmittelbar Liebe und Zärtlichkeit einzuflößen, als die reinsten Verhältnisse in der vollendeten Gestalt des Sehenden, so scheinet es, als müßten wir
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jedesmal diese Verhältniße auf eine oder die andere Weise, in uns oder außer uns wieder erkennen, so oft wir dem Schönen zu huldigen uns gedrungen fühlen. Und wo könnten auch wohl die unzähligen Wiedersprüche, die wir im Kleinen und im Großen wahrnehmen; der Druck der Ungleichheit, die Entzweiung des Gleichen; der Raub des Eingreifenden; der Neid des Ausschließenden; die Verdrängung des Mächtigen; die Rachsucht des Verdrängten; die Empörung des Niedrigen; der Fall des Erhabnen; und alle die gegen einander streitenden Kräfte sich endlich in eine sanftere Harmonie verlieren, als in den reinsten Verhältnissen der Bildung, welche zuletzt alle diese Wiedersprüche in sich selber auflößt und vereinigt? – In welcher der Druck des Ungleichen seine Tyrannei; die Entzweiung des Gleichen ihre abneigende Feindschafft; der Raub des Eingreifenden seine zerstörende Gewaltsamkeit; der Neid des Ausschließenden, die Verdrängung des Mächtigen ihre Ungerechtigkeit; die Rachsucht des Verdrängten ihre Unversöhnlichkeit, die Empörung des Niedrigen ihren Haß, und der Fall des Erhabnen seine Schmach verliert. – Wo das Auge, durch die höchste und tiefste seiner Spuren, Stirn und Wange scheidend, den denkenden Ernst vom jugendlichen, lächelnden Leichtsinn sondert; indem es in dunkler Umschattung hinter dem Schimmer der Morgenröthe hervor tritt, und durch die Wölbung von oben seinen Glanz verdeckt; während daß die Scheidung des Gewölbten über ihm in den einander entgegen kommenden Augenbraunen sich sanft zu einander neigend, die Wiedervermählung des Getrennten in jedem untergeordneten Zuge vorbereitet, und der ganzen sich herabsenkenden Umgebung, bis zu den Spitzen der Zehen, die immerwährende Spur von Scheidung und von Wölbung eindrückt. So sinkt die erhabene Wölbung der Stirn, gerade da, wo sie durch das Emporragende zwischen Auge und Wangen sich am merklichsten fortpflanzt, auf einmal, unbeschadet ihrer Ho-heit, bis zu dem leisesten verlohrensten Zuge des Mundes herab, dessen sanftgebogener Rand wiederum auf der stützenden Wölbung des Kinnes ruht, das
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durch sich selbst emporgetragen, und in sich ruhend, seinen eignen Umriß um sich selber zieht. – In dieser sanften Hinabsenkung des Gewölbten wird endlich der trennende Zwiespalt, selber doppelt und vierfach schön, weil nur durch ihn die völlige Entfaltung des eingewickelten nach einem bestimmten Maße sich vollenden kann. – Nach welchem Maße das Auseinandertretende dem sich Entgegenneigenden, das Abspringende dem sich Einfügenden, das sich Entfernende dem sich Annähernden, nichts an Schönheit nachgiebt, aus keinem andern Grunde, als weil das Abweichende mit dem sich Entgegenkommenden, die Entfernung mit der Annäherung einerlei nothwendigen Ursprung hat. Dieser Ursprung ist es, welcher durch keinen bestimmten Laut dem Ohre vernehmbar wird: er bezeichnet sich aber durch die sichtbare Auflösung des Widerspruchs in der sanftesten Trennung des Zusammengefügten, und der innigsten Zusammenfügung des Getrennten.
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Die wichtigsten Sachen, welche die ganze Menschheit betreffen, kommen manchmahl erst sehr spät zur Sprache, so wie es in großen Rathsversammlungen zu geschehen pflegt, wo die Aufmerksamkeit auch nicht immer gerade zuerst auf das fällt, worauf sie zu erst fallen sollte; sondern der Zufall scheint die Gedanken der Menschen eben so im Großen, wie im Kleinen zu lenken: sonst müßten alle Dinge in der Welt schon eine ganz andre Gestalt gewonnen haben – Aber so fängt man erst spät an, nach dem man schon sehr lange Conchylien, Schmetterlinge, und allerlei Gewürme klassifizirt hat, auch das menschliche Elend in Klassen zu ordnen, damit es etwa einer oder mehrere Menschen, die einen Staat zu beherrschen haben, mit einem Blick, wie auf einer Landkarte, übersehen, und eins nach dem andern, so wie die Noth am dringendsten wäre, abhelfen könnten –
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Indem man allerlei hierüber nachsinnt, kann man sich des Gedankens nicht erwehren, wie leicht allem menschlichen Elende abgeholfen werden könnte, wenn in irgend einem günstigen Augenblicke aller Menschen Herzen, wie durch ein Wunder, plötzlich erweicht, und nur auf einen einzigen Tag lang von Selbstsucht und Eigennuz gänzlich befreit werden könnten. Was für erstaunliche Veränderungen würde dieser einzige Tag in der Welt bewirken? – Scepter würden sich beugen, Kronen würden niedergelegt, Waffen zerbrochen, Werkzeuge der Zerstörung in die Tiefen des Meeres gesenkt, Thränen getroknet, Wunden geheilet, Seufzer gestillt werden! – Alles wieder ins Geleis kommen, was aus seiner Bahn gewichen war. – Das Krumme wieder gerade, das Hökkerichte eben werden. – Aber nun wäre auch auf einmal den menschlichen Bestrebungen ihr Stachel, dem allgemeinen Wettlauf der Sporn genommen – das lebendige Spiel der Leidenschaften gegeneinander hörte auf. – Um dieß große Spiel nun wieder in Bewegung zu bringen, müßte doch am Ende jener Stachel des Thätigkeitstriebs den Menschen wieder gegeben werden. – Am andern Tage würde alles von neuen seinen Gang gehen. – Die gesenkten Scepter würden sich allmälig wieder erheben, nieder gelegte Kronen würden wieder aufgesetzt, die zerbrochenen Waffen wieder zusammen geschmiedet, die Werkzeuge der Zerstörung aus dem tiefsten Abgrunde wieder herauf gewunden, und alles bald wieder in seinem vorigen Zustande hergestellt seyn – Muß Eigennutz und Selbstsucht nothwendig in der Welt seyn – wie soll denn je die allgemeine Quelle des menschlichen Elendes verstopft werden? – So lange es Unterdrücker giebt, muß es auch Unterdrückte geben. – Die menschlichen Kräfte wollen freien Spielraum haben, hat nun die Kraft eines einzigen unter tausenden einen zu großen Spielraum, so sind tausende nicht so glücklich, wie sie es seyn könnten – Alles Elend der Menschen entsteht aus in sich selbst zurückgedrängten ungenutzten Kräften, die das Laster und die Thorheit erwecken. – So wie Kinder nur dann auf Unarten und Thorheiten ge-
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rathen, wenn sie unbeschäftigt sind. – Die Selbstthätigkeit der Menschen anzufeuern ist daher die erste Grundregel einer guten bürgerlichen Einrichtung – Der Künstler ist nicht elend, welcher Tag und Nacht mit unermüdetem Eifer an der Vollendung seines Werks arbeitet. – »Du wägst das menschliche Elend auf trüglichen Schalen, scheint eine geheime Stimme in mir zu sagen – im Ganzen genommen ist das Elend nirgends, als in dem Kopfe dessen der ein Belieben daran findet, es zusammen zu fassen – was einmal einzeln ist, bleibt ewig einzeln – du kannst jedesmal nur das Elend eines einzelnen Menschen, und nie das Elend aller Menschen zusammen genommen auf die Wage legen. – Da nun das Elend so vereinzelt wird, so fällt schon seine eingebildete Schwere weg, die fast ganz verschwindet, wenn du die Vereinzelung desselben durch die Zeit erwägst; daß es nur eigentlich der gegenwärtige Augenblick ist, worin der einzelne Mensch es wirklich trägt; daß es gar keine eigentliche Summe des Elendes selbst bei dem einzelnen Menschen giebt, eben weil sein wirkliches Daseyn auf den Moment begrenzt, und alles übrige bei ihm nur Erinnerung an die Vergangenheit oder Furcht vor der Zukunft ist – und daß ein jeder dieser Momente dieß kurze und nichtige Leben seinem Ende näher bringt. – Das Elend des einen ist dem Blick des andern durch Meere, durch weite Strecken Landes wo niemand wohnet, und an den bewohnten Orten selbst durch die Wände und Mauern entzogen, welche die Seufzer und Thränen der Menschen in sich schließen – Kurz die große Masse des menschlichen Elendes, wird bei genauer Zergliederung des Begriffes, so winzig klein, wie die Menschen selber und ihr ganzes irrdisches Daseyn – es verschwindet in Traum und Blendwerk, wie des Menschen Leben. – Denen die es tragen, ist es lange nicht so wichtig, als denen die es betrachten und schildern – und wem es wichtig scheint, der findet schon wieder in dieser Wichtigkeit eine Art von Trost. –
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Die Menschen würden es dir wenig danken, wenn du ihnen ihr selbst gewähltes Elend rauben wolltest. – Daß sie Sclaven sind, dadurch glauben sie sich der Mühe des Denkens überhoben – Daß sie unglücklich, verlassen oder verfolgt sind, macht ihnen ein gewisses behägliches Gefühl von Mitleid mit sich selber. – Es giebt wirklich kein Elend auf Erden welches nicht seinen geheimen Trost und Ersatz für den Elenden mit sich führt, nur ihm allein, und keinem der umstehenden fühlbar oder merkbar wird – darum trage deine eigne Bürde durch dieß Leben, so gut du kannst! – Was hilft es dir, dich zum Mittelpunkte zu machen, welcher das vereinigte menschliche Elend zusammenfaßt? Du siehst doch nur die Aussenseite – oder hast du mit dir selbst nicht genug zu thun? Drum wandle still und ruhig den kurzen Lebenspfad und denke:
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Gegen diese Stimme, welche das Resultat von Schwäche und Niedergeschlagenheit des Geistes ist, fühle ich die bessre Natur, und einen edlen Thätigkeitstrieb in mir, sich wieder auflehnen – Ehe ich selbst vollkommen ruhig und zufrieden seyn kann, muß ich erst mit allen den Wesen, die ausser mir eben so wie ich denken und empfinden, gewissermassen in Richtigkeit seyn. Ich fühle einen Hang in mir, zu wissen, wie es um sie steht, welcher so gar das Interesse meines eignen Daseyns bei mir überwiegt. Ich fühle, das es mir unerträglich seyn würde, in einer Welt zu leben, worin irgend ein denkendes und empfindendes Wesen wirklich und nothwendig unglücklich wäre. – Denn ich kann der Neigung nicht wiederstehen, mich an die Stelle desselben zu setzen, an welche mich der Zufall der Geburt hätte setzen können, dem ich nicht zu gebieten vermochte. Ehe ich daher in der Betrachtung des menschlichen Elends einen Schritt weiter gehe, suche ich erst festen Fuß zu fassen, indem ich mir den tröstenden durch Erfahrung geprüften Gedanken denke, daß es
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in der Macht des Menschen steht, sich der Nothwendigkeit freiwillig zu unterwerfen – Daß sein eigentliches denkendes Ich dem Unglück keinen einzigen Berührungspunkt darbietet, daß dieses nur mit seiner Umgebung spiele, aber ihn selbst nicht erschüttern könne; daß es in jeden Augenblick seines Daseyns in seiner Macht steht, sich in sich selbst zurück zu ziehen, und alles was ihn umgiebt, freiwillig dem Zufall Preis zu geben – Nachdem ich dieß voraus gesetzt habe, kann ich erst mit unbefangenem Muthe über das menschliche Elend nachdenken und Betrachtungen anstellen. Aus dieser sichern Veste, die ich um mich hergezogen habe, biete ich dem Zufall Trotz, der mich als den unglücklichsten auf Erden konnte gebohren werden lassen – und nun fühle ich mich erst stark genug, das, was die Menschen drückt und quält, als einen Gegenstand meiner kaltblütigen Betrachtung vor mich hinzustellen, weil ich nun auf jeden Fall, es mag demselben abgeholfen werden können, oder nicht, gefaßt bin. – Und nun laße ich das menschliche Elend in seinen fürchterlichsten Gestalten vor meiner Seele vorüberziehen, und denke mir, wie sich das alles entwickeln, was aus diesem faulenden Saamenkorn dereinst für ein Halm empor keimen wird – Wie Kerker und Vestung, Schwerdt und Rad, Mönchs-Klöster und Tollhäuser, Krieg und Pest, als ungeheure Dissonanzen, sich endlich wohl in allgemeine Harmonie wieder auflösen, und alles das Mangelhafte und Unvollkommene, gegen das Gute und Vollkommene, was daraus entspringt, wie ein Traum und Blendwerk verschwinden wird, indeß das Gute und Vollkommene selbst w i r k l i c h da ist, und unvergänglich bleibt. – – Solten aber auch diese süßen Gedanken selbst nur ein Traum seyn, so sinke ich dennoch nicht – denn ich habe gelernt, wenn alles um mich wankt, mich in den Moment meines Daseyns zurückzuziehen. –
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Die Säule. Unter Zierrath denken wir uns dasjenige gleichsam überflüßige an einer Sache, wodurch sie nicht nützlicher wird, als sie schon war, sondern nur besser ins Auge fält. Durch die angebrachte Zierrath soll unsre Aufmerksamkeit mehr auf die Sache selbst hingeheftet werden, so daß wir bey ihrem bloßen Anblick gern verweilen. Die Zierrath muß also nichts Fremdartiges enthalten, sie muß nichts enthalten, wodurch unsre Aufmerksamkeit von der Sache selbst abgezogen wird, sondern sie muß vielmehr das Wesen der Sache, woran sie befindlich ist, auf alle Weise andeuten, und bezeichnen, damit wir in der Zierrath die Sache gleichsam wieder erkennen und wieder finden. Je bedeutender daher die Zierrath ist, desto schöner ist sie. Wenden wir nun diesen Satz auf die Zierrathen in der Baukunst an, so muß es einleuchtend werden, ob dieselben wesentlich oder zufällig sind, ob sie durch andere ersetzt werden können, oder nicht? Das Kapitäl der korinthischen Säule ist mit Laubwerk verziert, wo zwischen den Blättern zarte Stengel sich hervordrängen, die oben unter dem Deckel schneckenförmig sich in sich selbst zurückkrümmen. – Das Kapitäl der jonischen Säule hat nur die schneckenförmig in sich selbst zurückgekrümmten Auswüchse oder Voluten, ohne die Blätter. Das Kapitäl der dorischen und toskanischen Säule ist ganz ohne diesen zarten Auswuchs, und trägt nur die sichtbare Spur des Drucks von oben an sich, indem es mehr oder weniger Ringe und Reifen um sich herzieht, und stuffenweise über seinem Stamm hervortritt. Die toskanische und dorische Säule sind kürzer, in sich gedrängter, und tragen blos das auf ihnen ruhende Gebälck – Die jonische und korinthische Säule sind schlanker und aufgeschoßner, und heben das auf ihnen ruhende Gebälck empor.
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Je kürzer die Säule im Verhältniß gegen ihre Dicke ist, destomehr nähert sie sich dem Block, der ungebildeten bloß tragenden Masse; je schlanker sie aber ist, destomehr nähert sie sich dem Gebildeten, Emporstrebenden und Wachsenden. Die korinthische Säule, als die schlankeste von allen, muß daher das Zeichen des Wachsens und Emporstrebens am deutlichsten an sich tragen; nun giebt es aber in der ganzen Natur keine vollkommnere Bezeichnung des Wachsens und Emporstrebens, als den zarten Blätterwuchs, wo noch nichts geendigt und geschlossen ist, sondern immer neue zarte Sprößlinge sich hervordrängen können, und wo dies Her-vordrängen und innere Streben zugleich weit deutlicher ins Auge fällt, als bey dem Stamme selbst. Die zarten Sprößlinge aber die zwischen dem Laubwerk in gerader Linie empor schießen würden, wenn sie durch den Druck von oben nicht gehemmt wären, bezeichnen eben dadurch am deutlichsten die innere wachsende und strebende Kraft, daß sie sich nun in sich selbst zurückkrümmen, und ihren Wachsthum nach unterwärts in sich selbst vollenden, nachdem er oberwärts gehemmt ist. Man versuche es bey der korinthischen Säule, das Laubwerk und diese schneckenförmig gewundenen Stengel mit irgend einem andern Zierrath zu vertauschen, und gebe Acht, ob nicht das Ganze auf einmal ein unbedeutendes todtes Ansehen erhalten, und als ein müßiges Spielwerk ins Auge fallen wird. Warum nicht Blumen und Früchte, statt der Blätter? – Eben deswegen weil hier ein durch den Druck von oben gehemmter Wuchs oder gehemmtes Emporstreben bezeichnet werden soll; und Blumen und Früchte, in ihrem Wuchs schon geschloßen und vollendet sind, und nicht ferner gehemmt werden können. Die Blume senkt ihr Haupt, und die Frucht zieht den schwer beladnen Ast zu Boden. Durch Blumen und Früchte würde unsre Aufmerksamkeit, von dem eigentlichen Begriffe des durch den Druck gehemmten Emporstrebens der schlanken Säule abgezogen, und auf etwas fremdes, nicht zur Sache gehöriges gelenkt werden.
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Denn die Säule hat ja weiter nichts als das anscheinende Emporstreben mit dem Baumstamme gemein, nicht aber seine nützende fruchttragende Kraft. Der Baum hat weiter nichts zu tragen als seine eigene zu ihm gehörende Frucht, die Säule trägt etwas außer sich, dem sie mit leichten Wuchs entgegen strebt, und eben dieser Anschein von leichtem Entgegenstreben würde ja durch alles Schwere und Niederziehende an der Säule selbst, gehemmt und verhindert werden. Wollte man den Blätterwuchs an dem Kapitäl der korinthischen Säule mit Federnschmuck vertauschen, so würde das Ganze dadurch wie unterbrochen scheinen; weil Federn mit dem Begriff eines emporschießenden Stammes nichts gemein haben, sondern die Aufmerksamkeit auf etwas anders, auf die belebte Bildung lenken, wodurch der Eindruck des Ganzen gehemmt wird. Bei allem aber was schön ins Auge fallen soll, kömmt es eben darauf an, daß der einfache Begriff des Ganzen durch nichts Unübereinstimmendes gestört und unterbrochen werde. Die korinthische Säule vollendet sich auf dem Punkte, wo die zwischen den Blättern hervorsprossenden zarten Stengel zuletzt in ihrem Wachsthum wie gehemmt paarweise unter dem Drucke in Spirallinien sich in sich selbst zurückkrümmen, ohne Blätter gewonnen zu haben. – In dieser letzten Vollendung steht die Säule, als ein feines und schlankes Ganze da, welches gleichsam noch mehr Kraft in sich hat, als nur das auf ihm ruhende Gebälck zu tragen, und gewissermaßen den Ueberfluß seines innern Wuchses, in seiner zartesten Vollendung in sich selbst wieder aufnimmt. Die jonische Säule tritt in bescheidne Grenzen zurück, sie verhält sich sanftentgegenstrebend aber auch sanft leidend gegen den Druck von oben; sie schießt nicht bis zu dem üppigen Blätterwuchs der korinthischen Säule empor, welche das Gebälck nur gleichsam schwebend über sich trägt. – Sie krümmt sich nur in ihren zartesten Vollendungen durch bloße Spirallinien in sich selbst zurück.
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Durch die zarten Auswüchse bezeichnet sie ebenfalls, nur im mindern Grade, als die korinthische Säule, die Fülle ihres innern emporstrebenden Wachsthums; durch die Krümmungen dieser zarten Auswüchse bezeichnet sie den Druck des Gebälks von oben; und dadurch, daß nur diese zarten Sproßen, aber sie selber sich nicht krümmt, bezeichnet sie bei der Schlankheit und dem emporstrebenden Wuchs, ihre inwohnende Stärke, wodurch sie dem Druck in der Masse wiedersteht, und nur in ihrer letzten Vollendung seine Spur trägt.
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In dem Begriffe des Isolirens, des Aussonderns aus der Masse, beruhet alle Bildung, und unterscheidet sich dadurch allein von der Zufälligkeit. Jemehr etwas sich selber isolirt, seinen eigenen Umriß um sich herzieht und seinen Schwerpunkt in sich selber hat, desto weniger ist es zufällig, desto weniger fällt es zu etwas anderm und vermischt sich damit. – Der Mensch scheidet sich durch die genaueste Bestimmtheit seiner Umrisse von allem, was ihn umgiebt – er unterscheidet sich von seiner nächsten Umgebung, von der Bedeckung, die er selber erst um sich herzieht. – Das Thier isolirt sich schon nicht so sehr, seine Bedeckung ist ihm angewachsen, und läßt die Umrisse nur im Ganzen, nicht aber im Einzelnen durchschimmern. – Der Baum isolirt sich noch weniger, ihm ist die grobe Rinde angewachsen, die von seiner innern Natur am wenigsten durchschimmern läßt. – Isoliren, aus der Masse sondern, ist die immerwährende Beschäftigung des Menschen, er mag als Eroberer die Grenzen seines Gebiets um Meere und Länder herziehen – oder aus dem Marmorblock eine in sich vollendete Bildung hervortreten laßen. Aller Reitz der Dichtung beruht auf diesem Isoliren, Aussondern aus dem Ganzen, und darin, daß dem Isolirten ein eigener Schwer-
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punkt gegeben wird, wodurch es sich selbst wieder zu einem Ganzen bildet. – Durch dieß Isoliren wird die Armuth in dem Schäferleben reitzend und poetisch – weil es in keinem drückenden Verhältniß mit einem Staate, sondern an und für sich bestehend gedacht wird. Selbst das Schreckliche, sobald es sich nicht mehr auf uns beziehet – uns nicht mehr in Schrecken setzt, wird es in sich selber schön, und wir sehen es mit Vergnügen an. –
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Schlafen und Wachen.
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Hat sich denn mein ganzes Leben in diese einsame Stunde der Mitternacht zusammen gedrängt? – Wie lebhaft, wie geräuschvoll wird alles um mich her – da doch die Welt im Schlummer liegt – welch ein täuschendes Spiel meiner Phantasie, stellt mir eine so reitzende Perspective der Vergangenheit und der Zukunft dar. – Morgen wird alles wieder wach seyn – die Todtenstille, die jetzt herrscht, wird verschwinden, und dieselbe Welt, die jetzt im tiefen Schlummer liegt, wird dann in allen ihren Beziehungen und Verhältnissen wieder lebendig seyn. – Schlummert denn noch eine Weile sanft ihr Müden, welche der morgende Sonnenstrahl zu neuen Beschwerden wecken wird – ruht noch eine Weile, ihr bestimmten Opfer dieses fest geknüpften Zusammenhanges menschlicher Einrichtungen und Gesetze, träumet nicht von eurem Schicksal, das mit dem morgenden Tage unaufhaltsam über euch hereinbrechen wird. – Der Wind hört des Nachts nicht auf zu rauschen. – Das Meer hört nicht auf, seine Wellen emporsteigen zu lassen, und die schwerbeladnen Schiffe auf seinem Rücken fortzutragen – die Flüsse eilen Tag und Nacht unermüdet fort – die hohe Eiche senkt sich nicht zum Schlummer nieder, sondern trägt ihr Haupt hoch im Sturme empor. – Nie arbeitet die leblose Natur sich ab – nur die lebenden und empfindenden Wesen bedürfen dieser immer wiederkehrenden Pause,
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dieses Stillstandes aller ihrer empfindenden Kräfte – unbeschadet der natürlichen Lebensbewegungen, die ebenfalls ohne Rast und Ruhe unaufhörlich von statten gehen – so wie die Flüsse unaufhörlich in ihren Betten hinrauschen, und Sturm und Regen bei Tag’ und Nacht fortwähret. – Die Pflanzenwelt bedarf auch einer Art von Ruhe, einer Art von Schlummer, wo sie sich zu neuem Wachsthum und neuer Fruchtbarkeit erhohlet, und Kräfte sammlet. – Ein tiefer Schlummer, der vom Herbst bis zum Frühling dauert. – Was also an das Lebende grenzt, das Organisirte und Wachsende scheinet auch des Schlummers, so wie das Lebende und Empfindende zu bedürfen. – Nur das Selbstthätige, und was daran grenzt, bedarf Erhohlung, Erquickung, nicht das, was getrieben, was maschinenmäßig bewegt wird – nicht der Lauf der Flüsse – nicht der Herzschlag und Blutumlauf. – Was von den bewegenden Kräften in der Natur Erhohlung bedarf, und nicht Erhohlung bedarf, scheidet sich in das Edlere und Unedlere, in das Gröbere und Verfeinerte, in das Organisirte und Unorganisirte. – Bedürfniß der Erhohlung ist das untrügliche Zeichen edlerer Kräfte, die zu höherm Zweck aufgespart, gleichsam in einen Brennpunkt zusammen gedrängt werden sollen. – Das Ausstrecken einer Hand nach Zweck und Absicht ist etwas Größeres und Erhabneres, als das Rauschen aller Winde, und das Strömen aller Flüsse auf dem ganzen Erdboden. – Wunderbar – und ich schaudre nicht, dieß Bewußtseyn meiner selbst, das einzige, was ich wirklich mein nennen kann, das Edelste, was ich besitze, wodurch ich die ganze Schöpfung gleichsam in mich hineinziehen, und mit einem Blick umfassen kann, auf einige Stunden ganz hinweg zu geben – mich freiwillig des Gebrauchs meiner Denkkraft zu entäußern, die mir allein mein wirkliches Daseyn sichert? – Würd ich nicht schaudern, wenn die täuschende Wahrscheinlichkeit des Erwachens, die sich auf Jahre lange Erfahrung gründet, nicht so fest in meiner Seele stünde? –
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Der Logos. Das Wort ist das Kleid, das den Gedanken umhüllet – aber ohne das Wort wäre der Gedanke nichts – das Wort ist allmächtig – es war im Anfange, und war bei Gott, und Gott war das Wort, und durch das Wort ist alles gemacht, was gemacht ist – Unser ganzes Leben und Seyn drängt sich in ein großes Wort zusammen, aber ich kann es nicht buchstabieren – dieß Wort hat den Himmel gewölbet, es hat aus der dunkeln Mitternacht die Morgensterne hervorgerufen – Es gehet aus vom Vater, Sohn, und Geist, so wie der Geist vom Vater und Sohn, und der Sohn vom Vater allein ausgehet. – Viere sind, die da zeugen im Himmel: der Vater, der Sohn, der Geist, und das Wort, und diese viere sind eins – Das Wort aber ist Fleisch geworden, und hat unter uns gewohnet, und wir haben seine Herrlichkeit gesehen, als eine Herrlichkeit des eingebohrnen Sohnes Gottes – Wir können sie noch alle Tage sehen, und dürfen sie nicht weit suchen. – Die Weisheit stehet auf den Gassen und spricht: kommet her zu mir, und lernet von mir; ich will euch Worte des Lebens sagen. Die Worte des Lebens aber tönen sanft und voll, und wer sie einmal gehört und sein Ohr daran gewöhnet hat, dem tönen sie sein ganzes Leben hindurch in einem fort, und sind der harmonische Takt zu allem, was er denkt und spricht, und thut. Wer auf diesen Takt horcht, deßen Blut fließt leicht in seinen Adern, seine Seele ist immer heiter, sein Auge beständig offen für den Lichtstrom, der sich aus Gottes Schöpfung hinein ergießt; sein Schlummer ist sanft, sein Erwachen froh – sein Tod wie erwünschter Schlaf in der schwülen Mittagshitze. –
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Beim Abschiede des Jahres 1785.
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– Und nun, du Herrscher über Meer und Länder, Gieb deinen Segen – und verleih, Daß minder nicht geschätzt, als Stern und Ordensbänder, Der Werth des braven Mannes sey! Wenn dann die stille, bürgerliche Tugend, In unsre Hütten wiederkehrt, Versammlet eine unentnervte Jugend Sich um den väterlichen Heerd. Ein künftiges Geschlecht spricht dann aufs neue Der Weichlichkeit der Sitten Hohn; Uebt Ehrlichkeit und deutsche Biedertreue, Und redet nicht ein Wort davon. – Und kann die eine Tugend alle wecken, So kehrt auch deutscher Stolz zurück, Nicht sklavisch mehr der Großen Staub zu lecken, Noch zittern vor Tyrannenblick.
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Ein jeder fühlt die angestammte Würde Der Menschheit rein und unentweiht; Und spottet der ihr angeflickten Zierde Von titelsücht’ger Eitelkeit. Und Freiheit herrscht im Denken und in Reden Weil die Verstellungskunst nicht gilt. – – So seh’ ich denn entzückt ein zweites Eden, Das sich vor meinem Blick enthüllt. –
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Doch ach, da dieser schöne Traum entfliehet, Was ist der Wahrheit Unterpfand? – Ihr, die ihr eine künft’ge Welt erziehet, Erfüllung steht in eurer Hand – Bei euch, ihr wen’gen Edeln, hier auf Erden; O eilt, noch könnt ihr helfen – noch! – Kann diese Welt nicht mehr gerettet werden; Die Nachwelt ruft – o rettet doch!
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Die Symbole der Maurerei, können keinen würdigern Gesichtspunkt haben, als wenn wir sie wie schöne Einfassungen großer Gedanken betrachten, womit die weisesten Menschen in allen Zeitaltern sich beschäftiget haben, und welche nun die Nachwelt unter diesen Sinnbildern als köstliche Kleinodien aufbewahrt, um zur Veredlung des Geistes und Herzens davon Gebrauch zu machen. Nun finden wir aber, daß den weisesten Menschen nichts näher gelegen hat, als die zweckmäßige Benutzung des gegenwärtigen Moments. – Was wir daher weit auseinander denken, Leben und Tod, das dachten sie sich immer nahe zusammen, und aus dieser immerwährenden Mischung von Licht und Schatten erwuchs der milde Schimmer ihrer Tage, ihr gehaltener Schmerz bei den Wiederwärtigkeiten des Lebens, ihre gemäßigte Freude bei angenehmen Vorfällen, und das so oft von ihnen angepriesene feste Gleichgewicht der Seele. – Wenn wir auf unsre Symbole aufmerksam sind, so finden wir, daß alles uns anmahnt, auf den fliehenden Moment aufmerksam zu seyn. – Es ist hoch Mittag! tönt der Ruf in unser Ohr, so oft wir uns versammlen – schnell eilen die Minuten hin, und ehe wir es uns versehen, ertönt schon der Ruf wieder: es ist voll Mitternacht! Schnell folgen die beiden Schläge auf einander, welche den dritten vorbereiten, der langsam nach tönt, und das Zeichen zum Aufbruch giebt. – Schnell fliehen die Jahre des Maurers dahin, wie die Jahre der Kindheit, und er zählt sie mit den Zahlen der Kinderjahre.
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Was giebt es aber wohl für eine höhere Weisheit als die, welche dieses flüchtige Leben bis in seine kleinsten Momente vereinfacht und veredelt; keine Kraft, die in unserm Wesen schlummert ungenutzt läßt, und alle das Höchste was wir wünschen können, uns auf einmal und auf immer giebt? – Oder kennen wir noch etwas, das edler und köstlicher, als das Leben ist, welches gleich dem Golde in sich selbst gedrängt, auch in sich selber seinen Werth hat? Und kömmt nicht alles darauf an, dies Leben, das jeder unter uns besitzt, bis zu dem Grade zu veredeln, wo es die angestammte Würde der Menschheit ganz in sich entwickelt, und von den Fesseln, die es hemmten, sich muthig loßreißt?
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Die alte Natur erstaunt, wenn sie aus der Tiefe der grauen Vorzeit auf die neuen Geburten emporschaut, die in ihren Schoße entstanden sind – Daß der Mensch, von ihr gezeugt, in ihre Eingeweide herabstieg, und das Eisen hervorgrub, womit er sie zu einer neuen Geburt beschwängerte; daß aus den Wäldern und Steinbrüchen Städte mit Pallästen und Thürmen sich erhuben, Schiffe auf dem Rücken des Meeres emporstiegen; der aufgerißnen Erde der Saamen eingestreut, und volle Erndten aus ihrem Schoße hervorgezwängt wurden; daß der zersägte Eichenstamm sich zum Stuhle krümmte, und zum Tische erhub, auf deßen glatter Fläche Auge und Hand sanft hingleitet. – Das mächtige Schloß verwahrt und schützt das Eigenthum, und hat Gemeinschaft und Absondrung in des Menschen Willkür gesetzt. Ist es nicht Thubalkain, der verschloßne Thüren eröfnet? – – Ihm klingt auch das frohe Spiel der Sensen an schwülen Erndtetagen, ihm tönet das Gehämmer von den dampfenden Feueröfen – ihm das Leben und Wirksamkeit athmende Geräusch, aus den Werkstätten der Künstler und Arbeiter in allerlei Stein und Erzt – Ihn preisen die Chöre der arbeitsamen Sänger mehr als den Flötenspieler. – –
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Aber ach, die Schärfe des Eisens wendet sich – die Geister der gefällten Eichenstämme seufzen durch die Lüfte, und verkündigen Unheil über das Menschengeschlecht – Das Spiel der Sensen ertönt nicht mehr – Feuerschlünde eröfnen sich – die Bombe kracht – Schwerter wühlen in menschlichen Eingeweiden – Ketten klirren laut – Despoten lachen, Sklaven heulen. – Die Chöre der arbeitsamen Sänger stehen einsam und weinen, in das Gewand der Trauer gehüllt, und singen Klagelieder – und seufzen: Thubalkain! –
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List ist nicht Seelenstärke.
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Wer häufig zur List und Verstellung seine Zuflucht nimmt, verräth dadurch eine kleine Seele, und eine große Schwäche des Verstandes. Der ohnmächtige Kämpfer bedarf mehrerer Kunstgriffe um seinen Gegner zu Boden zu werfen, als der Starke. Diese Einrichtung der Natur erstreckt sich bis auf die Thiere – das kleine Geschlecht der Insekten ist grausam, listig, und verzagt, indeß die edlern, und mit mehr Stärke begabten Thiere gemeiniglich großmüthig und tapfer sind. Die gütige Natur hat es so eingerichtet, daß die Kraft Böses zu thun, gerade da am meisten vermindert ist, wo der Wille dazu am stärksten ist. Der große, allumfaßende Verstand des Menschen wird bis zur kleinsten List erniedrigt, wo das Herz verderbt ist. Daher ist es falsch, wenn man einem listigen Spitzbuben G e n i e zuschreibt. Das wahre Genie muß sich eben so wohl in der Wahl der Zwecke, als, in der Wahl der Mittel, sie zu erreichen, offenbaren. Das Genie des Spitzbuben aber offenbart sich bloß in der Wahl der Mittel zu seinen Endzwecken; es wäre ihm also höchstens ein h a l b i r t e s Genie zuzuschreiben, woran noch dazu gerade die beßre und edlere Hälfte fehlt.
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Die Heuchelei ist ein Tribut, den das Laster der Tugend bezahlt.
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Das Laster nimmt oft zu der Maske der Unschuld und Tugend seine Zuflucht, um seine Endzwecke zu erreichen. Aber im umgekehrten Fall wird die Tugend nie zu dem Laster ihre Zuflucht nehmen. Der ärgste Geizhals wird die Mildthätigkeit, und der ärgste Spitzbube die Ehrlichkeit an a n d e r n schätzen, und wird auch immer davon als von einer sehr guten Sache r e d e n . Der abgefeimteste Betrüger wird oft in dem Falle seyn, sich einfältig und ehrlich stellen zu m ü s s e n , aber der ehrliche Biedermann sieht sich nie genöthigt, die Rolle eines Betrügers zu spielen. Er hat den Vortheil von seiner Ehrlichkeit, daß er seiner Natur keinen Z w a n g anthun darf, um anders zu scheinen, als er ist. Der Betrüger aber muß seiner Natur Zwang anthun, er ist in einer ängstlichen, peinlichen Lage. – – D i e H e u c h e l e i i s t e i n Tr i b u t , d e n d a s L a s t e r d e r Tu gend bezahlt.
Ueber den Begriff des in sich selbst Vollendeten. 20
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Es ist wohl wahr, daß wir die G r e n z l i n i e n s c h ä r f e r z i e h e n m ü s s e n , als sie in der Natur gezogen sind, sobald wir den Unterschied zweier Dinge zum eigentlichen Gegenstande unsers Nachdenkens machen wollen. Die Begriffe von Nutzen und Vergnügen aber verlieren sich so sehr in einander, und treffen so nahe zusammen, daß es fast unmöglich ist, sich das Angenehme und Nützliche in einer Gegeneinanderstellung zu denken. Das Nützliche ist so wie das Schöne, nur eine besondere Art des Angenehmen. Man hat den Grundsatz von der Nachahmung der Natur, als den Hauptendzweck der schönen Künste verworfen, und ihn dem Zweck des Vergnügens untergeordnet, den man dafür zu dem ersten Grund-
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gesetze der schönen Künste gemacht hat. Diese Künste, sagt man, haben eigentlich bloß das Vergnügen, so wie die mechanischen den Nutzen, zur Absicht. – Nun aber finden wir sowohl Vergnügen am Schönen, als am Nützlichen: wie unterscheidet sich also das erstre vom letztern? Bei dem bloß Nützlichen finde ich nicht so wohl an dem Gegenstande selbst, als vielmehr an der Vorstellung von der Bequemlichkeit oder Behaglichkeit, die mir, oder einem andern durch den Gebrauch desselben zuwachsen wird, Vergnügen. Ich mache mich gleichsam zum Mittelpunkte, worauf ich alle Theile des Gegenstandes beziehe, d. h. ich betrachte denselben bloß als Mittel, wovon ich selbst, in so fern meine Vollkommenheit dadurch befördert wird, der Zweck bin. Der bloß nützliche Gegenstand ist also in sich nichts Ganzes oder Vollendetes, sondern wird es erst, indem er in mir seinen Zweck erreicht, oder in mir vollendet wird. – Bei der Betrachtung des Schönen aber wälze ich den Zweck aus mir in den Gegenstand selbst zurück: ich betrachte ihn, als etwas, nicht in mir, sondern in sich selbst Vollendetes, das also in sich ein Ganzes ausmacht, und mir um sein selbst Willen Vergnügen gewährt; indem ich dem schönen Gegenstande nicht so wohl Beziehung auf mich, als mir vielmehr eine Beziehung auf ihn gebe. Da mir nun das Schöne mehr um sein selbstwillen, das Nützliche aber bloß um meinetwillen, lieb ist; so gewährt mir das Schöne ein höheres und uneigennützigeres Vergnügen, als das bloß Nützliche. Das Vergnügen an dem bloß Nützlichen ist gröber und gemeiner, das Vergnügen an dem Schönen feiner und seltener. Da das Nützliche seinen Zweck nicht in sich, sondern außer sich in etwas andern hat, deßen Vollkommenheit dadurch vermehrt werden soll; so muß derjenige, welcher etwas Nützliches hervorbringen will, diesen äußern Zweck bei seinem Werke beständig vor Augen haben. Und wenn das Werk nur seinen äußern Zweck erreicht, so mag es übrigens in sich beschaffen sein, wie es wolle; dies kömmt, in so fern es bloß nützlich ist, gar nicht in Betracht.
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Wenn eine Uhr nur richtig ihre Stunden zeigt, und ein Messer nur gut schneidet; so bekümmere ich mich, in Ansehung des eigentlichen Nutzens, weder um die Kostbarkeit des Gehäuses an der Uhr, noch um das Heft an dem Messer; auch achte ich nicht darauf ob mir selbst das Werk in der Uhr oder das Heft an dem Messer gut ins Auge falle, oder nicht. Die Uhr und das Messer haben ihren Zweck außer sich, in demjenigen, welcher sich derselben zu seiner Bequemlichkeit bedienet; sie sind daher nichts in sich Vollendetes, und haben an und für sich, ohne die mögliche oder wirkliche Erreichung ihres äußern Zwecks, keinen eigenthümlichen Werth. Mit diesem ihren äußern Zweck zusammengenommen als ein Ganzes betrachtet, machen sie mir erst Vergnügen; von diesem Zweck abgeschnitten, lassen sie mich völlig gleichgültig. Ich betrachte die Uhr und das Messer nur mit Vergnügen, in so fern ich sie gebrauchen kann, und brauche sie nicht, damit ich sie betrachten kann. Bei dem Schönen ist es umgekehrt. Dieses hat seinen Zweck nicht außer sich, und ist nicht wegen der Vollkommenheit von etwas andern, sondern wegen seiner eigenen innern Vollkommenheit da. Man betrachtet es nicht, in so fern man es brauchen kann, sondern man braucht es nur, in so fern man es betrachten kann. Wir bedürfen des Schönen nicht so sehr, um dadurch ergötzt zu werden, als das Schöne unserer bedarf, um erkannt zu werden. Wir können sehr gut ohne die Betrachtung schöner Kunstwerke bestehen, diese aber können, als solche, nicht wohl ohne unsre Betrachtung bestehen. Jemehr wir sie also entbehren können, desto mehr betrachten wir sie um ihrer selbstwillen, um ihnen durch unsre Betrachtung gleichsam erst ihr wahres Daseyn zu geben. Denn durch unsre zunehmende Anerkennung des Schönen in einem schönen Kunstwerke, vergrößern wir gleichsam seine Schönheit selber, und legen immer mehr Werth hinein.
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Daher das ungeduldige Verlangen, daß alles dem Schönen huldigen soll, welches wir einmal dafür erkannt haben: je allgemeiner es als schön erkannt und bewundert wird, desto mehr Werth erhält es auch in unsern Augen. Empfänden wir das Vergnügen an dem Schönen mehr um unsertals um sein selbstwillen, was würde uns daran liegen, ob es von irgend jemand außer uns erkannt würde? Wir verwenden, wir beeifern uns für das Schöne, um ihm Bewunderer zu verschaffen, wir mögen es antreffen, wo wir wollen: ja wir empfinden so gar eine Art von Mitleid beim Anblick eines schönen Kunstwerks, das in den Staub danieder getreten, von den Vorübergehenden mit gleichgültigem Blick betrachtet wird. – Auch das süße Staunen, das angenehme Vergessen unserer selbst bei der Betrachtung eines schönen Kunstwerks, ist ein Beweis, daß unser Vergnügen hier etwas untergeordnetes ist, das wir freiwillig erst durch das Schöne bestimmt werden lassen, welchem wir eine Zeitlang eine Art von Obergewalt über unsre Empfindungen einräumen. Während das Schöne unsre Betrachtung ganz auf sich zieht, zieht es sie eine Weile von uns selber ab, und macht, daß wir uns in dem schönen Gegenstande zu verlieren scheinen; und eben dies Verlieren, dies Vergessen unserer selbst, ist der höchste Grad des reinen und uneigennützigen Vergnügens, welches uns das Schöne gewährt. Wir opfern in dem Augenblick unser individuelles eingeschränktes Dasein einer Art von höherem Daseyn auf. Das Vergnügen am Schönen muß sich daher immer mehr der uneigennützigen Liebe nähern, wenn es ächt seyn soll. Jede specielle Beziehung auf mich in einem schönen Kunstwerke giebt dem Vergnügen, das ich daran empfinde, einen Zusatz, der für einen andern verloren geht; das Schöne in dem Kunstwerke ist für mich nicht eher rein und unvermischt, bis ich die besondre Beziehung auf mich ganz davon hinweg denke, und es als etwas betrachte, das bloß um sein selbstwillen hervorgebracht ist, damit es etwas in sich Vollendetes sey. –
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So wie nun aber die Liebe, und das Wohlwollen dem edlen Menschenfreunde gewißermaßen zum Bedürfniß werden können, ohne daß er deswegen eigennützig werde; so kann auch dem Manne von Geschmack das Vergnügen am Schönen, durch die Gewöhnung dazu, zum Bedürfniß werden, ohne deswegen seine ursprüngliche Reinheit zu verlieren. Wir bedürfen des Schönen bloß, weil wir Gelegenheit zu haben wünschen, ihm durch Anerkennung seiner Schönheit zu huldigen. Ein Ding kann also nicht deswegen schön seyn, weil es uns Vergnügen macht, sonst müßte auch alles Nützliche schön seyn; sondern was uns Vergnügen macht, ohne eigentlich zu nützen, nennen wir schön. Nun kann aber das Unnütze oder Unzweckmäßige unmöglich einem vernünftigen Wesen Vergnügen machen. Wo also bei einem Gegenstande ein äußerer Nutzen oder Zweck fehlt, da muß dieser in dem Gegenstande selbst gesucht werden, so bald derselbe mir Vergnügen erwecken soll; oder, ich muß in den einzelnen Theilen desselben so viel Zweckmäßigkeit finden, daß ich vergeße zu fragen, wozu nun eigentlich das Ganze soll? Das heißt mit andern Worten: ich muß an einem schönen Gegenstande nur um sein selbst willen Vergnügen finden; zu dem Ende muß der Mangel der äußern Zweckmäßigkeit durch seine innere Zweckmäßigkeit ersetzt seyn; der Gegenstand muß etwas in sich selbst Vollendetes seyn. Ist nun die innere Zweckmäßigkeit in einem schönen Kunstwerke nicht groß genug, um mich die äußere darüber vergessen zu lassen; so frage ich natürlicher Weise: wozu das Ganze? Antwortet mir der Künstler: um dir Vergnü-gen zu machen; so frage ich ihn weiter: was hast du für einen Grund, mir durch dein Kunstwerk eher Vergnügen, als Mißvergnügen zu erwecken? Ist dir an meinem Vergnügen so viel gelegen, daß du dein Werk mit Bewußtsein unvollkommener machen würdest, als es ist, damit es nur nach meinem vielleicht verdorbenem Geschmack wäre; oder ist dir nicht vielmehr an deinem Werke so viel gelegen, daß du mein Vergnügen zu demselben hinaufzustimmen suchen wirst, damit seine Schönheiten von mir empfunden werden?
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Ist das letztere, so sehe ich nicht ab, wie mein zufälliges Vergnügen der Zweck von deinem Werke seyn könnte, da dasselbe durch dein Werk selbst erst in mir erweckt und bestimmt werden mußte. Nur in so fern du weißt, daß ich mich gewöhnt habe, an dem, was wirklich in sich vollkommen ist, Vergnügen zu empfinden, ist dir mein Vergnügen lieb; dies würde aber nicht so sehr bei dir in Betracht kommen, wenn es dir bloß um mein Vergnügen, und nicht vielmehr darum zu thun wäre, daß die Vollkommenheit deines Werks durch den Antheil, den ich daran nehme, bestätigt werden soll. Wenn das Vergnügen ein nicht so sehr untergeordneter Zweck, oder vielmehr nur eine natürliche Folge bei den Werken der schönen Künste wäre; warum würde der ächte Künstler es denn nicht auf so viele als möglich zu verbreiten suchen, statt daß er oft die angenehmen Empfindungen von vielen Tausenden, die für seine Schönheit keinen Sinn haben, der Vollkommenheit seines Werks aufopfert? – Sagt der Künstler aber: wenn mein Werk gefällt, oder Vergnügen erweckt, so habe ich doch meinen Zweck erreicht; so antworte ich: umgekehrt! Weil du deinen Zweck erreicht hast, so gefällt dein Werk, oder daß dein Werk gefällt, kann vielleicht ein Zeichen sein, daß du deinen Zweck in dem Werke selbst erreicht hast. War aber der eigentliche Zweck bei deinem Werke mehr das Vergnügen, das du dadurch bewirken woltest, als die Vollkommenheit des Werkes in sich selber; so wird mir eben dadurch der Beifall schon verdächtig, den dein Werk bei diesem oder jenem erhalten hat. »Aber ich strebe nur den Edelsten zu gefallen.« – Wohl! Aber dies ist nicht dein letzter Zweck; denn ich darf noch fragen: warum strebst du gerade den Edelsten zu gefallen? Doch wohl, weil diese sich gewöhnt haben, an dem Vollkommensten das größte Vergnügen zu empfinden? Du beziehst ihr Vergnügen auf dein Werk zurück, deßen Vollkommenheit du dadurch willst bestätigt sehen. Muntre dich immer durch den Gedanken an den Beifall der Edeln zu deinem Werke auf; aber mache ihn selber nicht zu deinem letzten und höchsten Ziele, sonst wirst du ihn am ersten verfehlen.
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Auch der schönste Beifall will nicht erjagt, sondern nur auf dem Wege mitgenommen seyn. Die Vollkommenheit deines Werks fülle während der Arbeit deine ganze Seele, und stelle selbst den süssesten Gedanken des Ruhms in Schatten, daß dieser nur zuweilen hervor trete, dich aufs neue zu beleben, wenn dein Geist anfängt, laß zu werden; dann wirst du ungesucht erhalten, wornach Tausende sich vergeblich bemühen. Ist aber die Vorstellung des Beifalls dein Hauptgedanke, und ist dir dein Werk nur in so fern werth, als es dir Ruhm verschaft; so thu Verzicht auf den Beifall der Edlen. Du arbeitest nach einer eigennützigen Richtung: der Brennpunkt des Werks wird außer dem Werke fallen, du bringst es nicht um sein selbstwillen, und also auch nichts Ganzes, in sich Vollendetes hervor. Du wirst falschen Schimmer suchen, der vielleicht eine Zeitlang das Auge des Pöbels blendet, aber vor dem Blick des Weisen wie Nebel verschwindet. Der wahre Künstler wird die höchste innere Zweckmäßigkeit oder Vollkommenheit in sein Werk zu bringen suchen; und wenn es dann Beifall findet, wird’s ihn freuen, aber seinen eigentlichen Zweck hat er schon mit der Vollendung des Werks erreicht. So wie der wahre Weise die höchste mit dem Lauf der Dinge harmonische Zweckmäßigkeit in alle seine Handlungen zu bringen sucht; und die reinste Glückseligkeit, oder den fortdauernden Zustand angenehmer Empfindungen, als eine sichere Folge davon, aber nicht als das Ziel derselben betrachtet. Denn auch die reinste Glückseligkeitslinie läuft mit der Vollkommenheitslinie nur parallel; so bald jene zum Ziele gemacht wird, muß die Vollkommenheitslinie lauter schiefe Richtungen bekommen. Die einzelnen Handlungen, in so fern sie blos zu einem Zustande angenehmer Empfindungen abzwecken, bekommen zwar eine anscheinende Zweckmäßigkeit; aber sie machen zu-sammen kein übereinstimmendes harmonisches Ganze aus. Eben so ist es auch in den schönen Künsten, wenn der Begriff der Vollkommenheit, oder des in sich selbst Vollendeten dem Begriffe von Vergnügen untergeordnet wird.
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»Also ist das Vergnügen gar nicht Zweck?« – Ich antworte: was ist Vergnügen anders, oder woraus entsteht es anders, als aus dem Anschauen der Zweckmäßigkeit? Gäbe es nun etwas, wovon das Vergnügen selbst allein der Zweck wäre; so könnte ich die Zweckmäßigkeit jenes Dinges bloß aus dem Vergnügen beurtheilen, welches mir daraus erwächst. Mein Vergnügen selbst aber muß ja erst aus dieser Beurtheilung entstehen; es müßte also da seyn, ehe es da wäre. Auch muß ja der Zweck immer etwas Einfacheres, als die Mittel seyn, welche zu demselben abzwecken: nun ist aber das Vergnügen an einem schönen Kunstwerke eben so zusammen gesetzt, als das Kunstwerk selber, wie kann ich es denn als etwas Einfacheres betrachten, worauf die einzelnen Theile des Kunstwerks abzwecken sollen? Eben so wenig wie die Darstellung eines Gemähldes in einem Spiegel der Zweck seiner Zusammensetzung seyn kann; denn diese wird allemal von selbst erfolgen, ohne daß ich bei der Arbeit die mindeste Rücksicht darauf zu nehmen brauche. Stellt nun ein angelaufener Spiegel mein Kunstwerk desto unvollkommener dar, je vollkommener es ist; so werde ich es doch wohl nicht deswegen unvollkommener machen, damit weniger Schönheiten in dem angelaufenen Spiegel verloren gehen? –
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Die metaphysische Schönheitslinie. Bei dem wahren Künstler muß das Kunstwerk, was er hervorbringen will, gleichsam erst in seiner Seele reif geworden seyn. Ein Reichthum großer und edler Gedanken, die schon seine frühste Kindheit erzeugte, liegt in ihm da. Diese Gedanken sind aber in den ganzen Zusammenhang aller seiner übrigen weniger edlen und großen Vorstellungen, – und gleichsam in sein Ich verwebt; er findet ein gewißermaßen eigennütziges Vergnügen darin, indem er sie betrachtet, in wie fern sie zu der Vollkommenheit seines Ichs abzwecken.
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Indem nun das Maaß dieser großen und edlen Gedanken gleichsam voll ist, so empfindet der Künstler einen Drang sich mitzutheilen, und seine innere Vollkommenheit gleichsam außer sich zu vervielfältigen. Ein reineres edleres Vergnügen, das sich der Liebe nähert, ahndet ihm dunkel, wenn er seine eigne subjektive Vollkommenheit, in eine objektive, oder seinen Genuß in Anschauen wird verwandelt sehen. Diese dunkle Ahndung aber b e s t i m m t sein Werk noch nicht, sondern nun wirken die großen und edlen Gedanken auf einen besondern Zweck, dem sie sich am leichtesten und natürlichsten unterordnen können, und auf die Weise nicht mehr zerstreut als Mittel zur Vollkommenheit eines größern Ganzen abzwecken, sondern selbst in sich vereinigt, ein Ganzes ausmachen: sie müßen gleichsam eine N e i g u n g g e g e n s i c h s e l b s t e r h a l t e n , und ein Faden nach dem andern muß abgeschnitten werden, der sie mit den übrigen Vorstellungen in der Seele des Künstlers, gleichsam nach einer ä u ß e r n R i c h t u n g , zusammen knüpft. Was in dem Moment der höchsten Reife der großen und edlen Gedanken die lebhafteste und wichtigste Vorstellung in der Seele des Künstlers ist, sey sie auch nur durch zufällige Umstände veranlaßt worden, an diese schließen sich plötzlich alle seine übrigen großen und edle Gedanken, und lösen sich verhältnißmäßig von dem Zusammenhange der übrigen Vorstellungen ab, je mehr sie sich an der einzigen Hauptvorstellung festhalten. Sobald Homer nur einen Achilles hat, ordnen sich auch schon seine Schlachten, seine Helden, seine großen und edlen Gesinnungen und Charaktere. Alle seine großen und erhabenen Vorstellungen reißen sich jetzt mit einiger Beschwerlichkeit aus dem Zusammenhange seines Denkens gleichsam aus seiner Ichheit heraus, und neigen sich gegen sich selber, um etwas außer ihm bestehendes, in sich Vollendetes zu seyn. Nun vergißt er auf eine Zeitlang das dunkle Vergnügen, das ihm ahndete, und hat sein Augenmerk nur auf seinen Achilles gerichtet; des Achilles wegen müßen Griechen fallen, des Achilles wegen müßen die übrigen Helden im Dunkeln, und Hektor nur in einem etwas
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schwächern Lichte als Achilles stehen, damit durch seinen Fall, der Held noch mehr gehoben werde. Der Held wird durch die Begebenheiten, und die Begebenheiten durch den Helden in jedem Augenblick wichtiger. Wenn das Vergnügen, was der Künstler an seinem Werke selbst empfindet der unmittelbare Zweck desselben wäre, so brauchte er das Große und Edle was einmal in seiner Seele da ist, nicht außer sich darzustellen; denn indem es in seine übrigen Vorstellungen Einfluß hat, und also unmittelbar zu seiner Glückseligkeit abzweckt, macht es ihm ja schon Vergnügen; und er bringt gewissermaßen seinem Werke ein Opfer, indem er den großen und edeln Gedanken eine Neigung gegen einander giebt, wodurch sie während dieser Zeit nicht unmittelbar zu seiner Glückseligkeit abzwecken, indem sie aus dem Zusammenhange seiner Ichheit gleichsam gerissen werden. In diesem Verstande kann man sagen, daß der Künstler sein Werk aus Liebe zu dem Werke verfertige, indem er sich gleichsam eine Zeitlang für sein Werk aufopfert, sich selbst über dem Werke vergißt. Die allmälige Neigung der Gedanken gegen einander, oder die allmälige Verwandlung der äußern Zweckmäßigkeit in die innre, oder kürzer d a s i n s i c h s e l b s t Vo l l e n d e t e , scheinet daher der eigentlich l e i t e n d e Zweck des Künstlers bei seinem Kunstwerke zu seyn. Der Künstler muß suchen, den Zweck, der in der Natur immer außer dem Gegenstande liegt, in den Gegenstand selbst zurückzuwälzen, und ihn dadurch in sich vollendet zu machen. Dann sehen wir ein Ganzes, wo wir sonst nichts als abzweckende Theile erblickten. Die Begebenheiten der Iliade würden in einer allgemeinen Weltgeschichte, uns nur in so ferne wichtig seyn, als sie mit dem ganzen Lauf der Dinge zusammenhingen, sie würden sich in das Ganze verschwimmen, ihr Zweck würde immer in ihren Folgen außer ihnen seyn, und wir würden in ihnen nie ein Ganzes überschauen. Der Dichter schneidet sie gleichsam aus ihrem Zusammenhange heraus, und giebt den Begebenheiten eine Neigung gegen sich selber unter einander, die sie in der Natur nicht haben.
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Der Zweck aller dieser Begebenheiten fällt in sie selbst zurück; wir vergessen ihren Zusammenhang mit dem großen Lauf der Dinge, und glauben eine Welt, ein Ganzes von Begebenheiten im Kleinen zu sehen. Der Dichter schneidet die Fäden ab, wodurch die Begebenheiten eine Neigung außer sich bekommen könnten, er läßt dasjenige weg, was in eine andere Sphäre von Begebenheiten eingreift, er rückt Ursach und Wirkung näher zusammen, als sie es in dem gewöhnlichen Lauf der Dinge sind; eine Mannigfaltigkeit von auseinander fließenden Begebenheiten, die sich kaum in Jahrhunderten zutragen, sehen wir hier in einem kurzen Zeitraume zusammengedrängt. Damit aber die Abweichungen von der Wahrheit nicht zu auffallend werden, so müßen dieselben allmälig geschehen. Zu jeder weitern Abweichung von der Wahrheit, und zu jeder Ineinanderneigung der Begebenheiten, muß uns der Dichter erst durch eine weniger gewagte, und weniger merkliche vorbereiten, worauf wir unsern Glauben gleichsam stützen können. Erstlich muß uns etwas vorgestellt werden, was wir an und für sich selber zu glauben nicht abgeneigt sind; dies ist aber ziemlich gleichgültig, weil wir bei den Kunstwerken immer mehr auf die innere, als äußere Wahrheit sehen. Dann aber muß nicht gleich etwas folgen, was sich etwa alle hundert Jahre einmal in der Folge zuträgt, sondern das Seltnere und Ungewöhnlichere muß durch das Alltäglichere und Gewöhnlichere a l l m ä l i g vorbereitet werden, so daß die wunderbarsten Verkettungen in der Auflösung der Begebenheiten nicht mehr auf eine unangenehme Art auffallend sind, weil die Kunst uns mit sanfter Hand dazu geleitet, und unser Auge gleichsam an das Neue und Auffallende allmälig gewöhnt hat. Das Einzige wahre in sich Vollendete, ist nur die ganze Natur als ein Werk des Schöpfers, der allein mit seinem Blick das Ganze umfaßt, und den Zweck dieses großen Gegenstandes in ihn selbst zurückwälzt. In so fern also hier Zweck und Mittel zusammen gedrängt eins ausmachen, stellt sich das allerhöchste Schöne nur dem Auge Gottes dar.
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Unser umschränkter Verstand sieht in der großen Natur nichts als Mittel, und ahndet nur die Zwecke. Wenn wir uns die Natur als einen großen Zirckel denken, deßen Theile insgesammt eine Neigung gegen sich selbst haben, um miteinan-der ein Ganzes auszumachen, so sind uns wegen der unermeßlichen Größe des Umkreises die Krümmungen fast unmerkbar, und wir glauben da allenthalben nichts als grade Linien, oder bloß a b z w e k k e n d e M i t t e l zu sehen, wo doch eine immerwährende Neigung zum Zweck ist, die uns entwischt, weil wir nicht einmal einen so großen Theil des Zirkels überschauen können, der uns eine wirkliche Krümmung darstellte; wir müßen diese Krümmungen nur ahnden, nur errathen. Indem wir nun einen Drang empfinden, das höchste Schöne in der allein in sich selbst vollendeten ganzen Schöpfung nachzuahmen, so geben wir demjenigen was uns in der Natur g e r a d e L i n i e n , oder bloß a b z w e c k e n d e Mittel zu sein scheinen, eine allmälige Neigung gegen sich selber, gleichsam als ob wir in dem großen unermeßlichen Zirkel einen kleineren im verjüngten Maaßstabe nachbilden wollten. Indem wir uns aber die abzweckenden Mittel in der Natur, als gerade scheinende Linien denken, so müßen wir so viele solcher dicht an einander gränzenden Linien annehmen, als es abzweckende Mittel in der Natur giebt. Soll nun aus dem natürlichen ein Kunstwerk hervorgebracht, oder die höchste Schönheit im verjüngten Maaßstabe dargestellt werden, so muß das gleichsam n e g a t i v , oder wie durch einen Schattenriß geschehen; indem ich von der ersten gerade scheinenden Linie einen willkürlichen Abschnitt, von der angrenzenden schon einen etwas stärkern, und von der folgenden noch einen etwas stärkern Abschnitt mache, so daß diese Abschnitte der gerade scheinenden dicht an einander gränzenden Linien, wiederum eine anscheinende krumme Linie bilden, die aber im Grunde nur aus lauter Bruchstücken besteht, und nicht in einem fortgehet.
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Wir wollen uns also einen unermeßlichen Zirkel in lauter an einander gränzenden Linien denken, und in demselben eine krumme Linie, die im Kleinen einen Theil des großen Zirkels darstellt, indem sie eine Anzahl der eigentlichen Linien des großen Zirkels durchschneidet. So wie nun hier die an einander gränzenden grossen Linien durch ihren allmäligen Mangel oder durch ihre stuffenweisen Abschnitte, eine krumme Linie bilden, wodurch sie selbst durchkreutzt werden, diese krumme Linie aber nur etwas Anscheinendes und Negatives ist; so bekommen auch in den schönen Kunstwerken die abzweckenden Mittel, die wir mit den geradescheinenden aneinander gränzenden Linien verglichen haben, immermehr innre anscheinende Zweckmäßigkeit, jemehr sie äußere wahre Zweckmäßigkeit verlieren, und zuletzt kömmt ein Punkt, wo die äußere Zweckmäßigkeit gänzlich ausgeschlossen, und irgend ein Gegenstand, der in der Natur auch nur Mittel war, selbst zum Zweck gemacht wird, auf welchen sich nun alle die zusammengestellten Mittel wegen des a l l m ä l i g e n Abschnitts ihrer äußern Zweckmäßigkeit zu beziehen scheinen. Je a l l m ä l i g e r und je sanfter nun der Uebergang dieser Mittel von ihrer äussern Zweckmäßigkeit, zu der anscheinenden innern ist, desto geründeter wird die anscheinende krumme Linie, und ein desto getreuerer Schattenriß der höchsten Schönheit wird sie seyn. Ginge die anscheinende krumme Linie zu gerade hinunter, so würde das Horazische Ungeheuer herauskommen. Ein Kopf vom Löwen, Schwanz von Fisch, Brüste von einem Weibe; lauter Mittel, wovon die Zwecke in der Natur auf einmal, und auf völlig gleiche Art, ohne allmälige Abstuffung abgeschnitten wären. Dies kann uns also nicht täuschen, hier ist die fehlende natürliche äußere Zweckmäßigkeit, durch keine anscheinende innere Zweckmäßigkeit ersetzt. Läuft die krumme Linie zu parallel mit der geraden Linie des großen Cirkels, so kömmt ein langweiliges historisches Gedicht heraus, wo die Erzählung des Trojanischen Krieges von den Eiern der Leda anhebt.
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Geht die krumme Linie bis über den Punkt, wo von der äußern Zweckmäßigkeit der stärkste Abschnitt statt findet, so daß sich alles in der innern Zweckmäßigkeit verliert, und muß sie nun auf der andern Seite wieder heruntersteigen, wo die Abschnitte wieder abnehmen, und die äußere Zweckmäßigkeit wieder zunehmen muß, so wird das Kunstwerk matt, indem es sich aus seinem immer in sich selbst vollendetem Zusammenhange, in den äußern Zusammenhang der Dinge wieder verschwimmt. Diese krummen Linien wollen wir also die Schönheitslinien, und die in dem unermeßlichen Zirkel gerade scheinenden Linien die Wahrheitslinien nennen. Die Schönheit wäre also die Wahrheit im verjüngten Maaßstabe. Wir können die Wahrheitslinie nicht selber biegen, sondern nur machen, daß sie sich zu biegen scheinet, indem sie mit den hervorstehenden äußersten Spitzen der angränzenden Wahrheitslinien eine krumme Linie bildet, und auf die Weise das Zusammengesetzte vorgestellt wird, als ob es etwas aus einem Stück bestehendes wäre. Das in sich vollendete, was in der Natur durch die S u c c e s s i o n bewerkstelligt wird, muß hier auf eine anscheinende Art durch die Z u s a m m e n s t e l l u n g hervorgebracht werden. Die eingebildete Schönheitslinie durchkreutzt eine Anzahl Wahrheitslinien, indem sie denselben a l l m ä l i g engere Gränzen vorschreibt, welche Gränzen eben das Wesen der Schönheitslinie ausmachen. So muß also der Dichter bei einem jeden Dialog im Drama, dasjenige gehörig abzuschneiden wißen, was derselbe, der gewöhnlichen Folge der Dinge gemäß, nun noch ferner in sich fassen müßte; und in jedem folgenden Dialog, muß alles, was gesagt wird, i m m e r w e n i g e r B e z i e h u n g auf irgend etwas anders in der Welt als auf die Katastrophe des Stücks haben; es muß also immer mehr äusserlich Zweckmässiges von jeder Unterredung abgeschnitten werden, je mehr das Drama in sich selbst vollendet seyn, oder innerliche Zweckmässigkeit haben soll. Je unmerklicher ein Künstler diese Abstufung machen kann, desto vollkommener ist sein Werk. Das Gehörige weglassen ist also eigent-
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lich das wahre Wesen der Kunst, die mehr negativ, als positiv zu Werke gehen muß, wenn sie gefallen soll. Wie jener große Zeichner von sich sagte; er habe einen schönen Kopf mehr durch Auslöschen als durch Zeichnen hervorgebracht. Die einzelnen Theile in einem schönen Kunstwerke müssen alle aus der Natur genommen, und also wahr seyn, aber ihre Zusammensetzung ist die Schönheit, diese ist also nur eine einzige, dahingegen die Wahrheit mehrfach ist. Je mehrfacher die Wahrheitslinien, welche durch ihre Abstufung die Schönheitslinien bilden, bis auf einen gewissen Punkt, sind, je näher sie aneinander gränzen, desto grössere Aehnlichkeit wird diese mit der unermeßlichen wirklichen Schönheitslinie haben. Sind der eingeschloßenen Wahrheitslinien aber zu viele, so geht diese Aehnlichkeit wieder verloren: denn die Schönheitslinie weicht von ihrem Urbilde ab, und neigt sich wieder zur Wahrheitslinie. Wenn ich in einem Drama das Aufeinanderfolgende immer als Ursach und Wirkung ansehen soll, so muß mich der Künstler niemals einen Sprung merken lassen. Ob ich alsdann gleich das jetzt Gesagte im Dialog auf tausend andere Dinge ziehen könnte, so fühle ich mich doch gedrungen, es auf das Folgende zu beziehen, und dasselbe als die Wirkung davon anzusehen, weil gerade so viel äusseres Zweckmässiges von dem Dialog abgeschnitten ist, als nöthig ist mich die zunehmende innere Zweckmässigkeit fühlen zu lassen; und doch immer n u r e t w a s m e h r , als in dem Vorhergehenden, damit die Schönheitslinie der Wahrheitslinie in so fern ähnlich werde, daß ihre Krümmung so viel wie möglich unmerklich ist, und ich auf die Weise desto leichter und angenehmer getäuscht werde.
Milton über den Ursprung des Bösen. 30
In einer bösen Stunde, o Eva, gabst du jenem falschen Wurme Gehör, der abgerichtet war, es sey von wem es wolle, des Menschen Stimme nachzubilden, nur wahr, was unsern Fall, und falsch, was die ver-
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sprochne Erhöhung unsers Wesens anbetrift. Daß wir nun unsere Augen in der That eröfnet finden, und finden, daß wir Gutes und Böses unterscheiden können, das Gute nehmlich, welches wir verloren, und das Böse, welches uns statt dessen zu Theil geworden ist. – Schlimme Frucht des Wissens, wenn unsere Naktheit uns nur dadurch sichtbar wird, wenn es von Ehr’ und Treue, Reinigkeit und Unschuld uns entblößt, die unsre sonst gewohnte Zierde war, und nun befleckt und voller Schmutz ist, indem in unserm Angesicht die Zeichen der strafbaren Begierde sichtbar werden, aus welcher alles Böse entspringt; ja selbst die Schaam, der volle Schluß des Bösen, ist schon an uns sichtbar; zweifle also länger nicht an dem, was vor der Scham vorhergeht. Wie soll ich nun hinfort das Antlitz Gottes oder irgend eines Engels schauen, das ich so oft mit Freude sonst und mit Entzücken sahe. Diese himmlischen Gestalten werden diese irrdische nun ganz mit ihrem unerträglich hellen Glanz verdunkeln. O könnt’ ich hier in wilder Einsamkeit in irgend einer dunklen Grotte leben, wo die höchsten Wälder, dem Stern und Sonnenlichte undurchdringlich ihre Schatten, wie der braune Abend, weit umher verbreiten. Bedecket mich, ihr Fichten; ihr Zedern mit unzähligen Zweigen hüllt mich ein, wo ich die Sonne und die Sterne nie wieder sehe! – Aber laß uns jetzt, o Eva, einen Rath ersinnen, da wir nun einmal so verwickelt sind, wie wir für jetzt am besten diese Theile vor einander bergen, die der Scham am meisten ausgesetzt, sich uns am unscheinbarsten zeigen. Irgend ein Baum, dessen breite glatte Blätter wir um unsre Lenden gürten, mag denn diese mittlern Theile rund umher bedekken, damit der neue Gast, die Scham, dort nicht mehr sitze, und uns als unrein schelte! Welches ist denn nun die verbotene Frucht von welcher wir gekostet, und die Erkenntniß des Guten und Bösen dadurch erlangt haben? Sind es die Künste und Wissenschaften? Ist es der Handel, ist es der Ackerbau? Sind dieß Abweichungen von der Natur, die sich durch sich selbst bestrafen? Oder sind diese Abweichungen eben so natürlich, wie die Natur selbst.
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Wenn sie es sind, warum ist denn in allen menschlichen Einrichtungen so viel Schiefes und Verkehrtes? Warum ist in die menschlichen Einrichtungen w i r k l i c h e s Elend verwebt? Ist es denn dem freien Willen des Menschen möglich in dieser schönen Schöpfung Gottes etwas zu verderben, so ist er ja wirklich Gott gleich, so läßt sich ja wirkliche Empörung der Geschöpfe gegen den Schöpfer, der endlichen Wirkung gegen die unendliche Ursach denken? oder vielmehr die Ursach ist denn selbst nicht mehr unendlich, weil sie durch ihre eignen Wirkungen wiederum eingeschränkt wird. Oder ist die Freiheit der endlichen Wesen nur anscheinend? So wäre denn dieß wunderbare Ganze eine aufgezogne Uhr, die von selber abläuft, und Krieg, Unterdrückung, und alle die mißtönenden Zusammenstimmungen der menschlichen Verhältnisse, woraus das w i r k l i c h e E l e n d erwächst, wären also dem Schöpfer ein w o h l gefälliges Spiel. Und was wäre das für ein Schöpfer? Wer bebt nicht mit Schaudern vor diesen Abgrunde zurück!
Das Eisen Ein Ideenspiel.
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Das Pflanzenreich giebt dem Menschen Nahrung und Kleidung – Das Thierreich giebt dem Menschen Nahrung und Kleidung – Das Mineralreich giebt ihm trennende und zusammenfügende Werkzeuge, Sicherheits- Vertheidigungsmittel. Der Mensch zerstört das Thierreich und Pflanzenreich – Das Mineralreich, dem die Natur keine eigentliche Bildung und Form gegeben hat, wird nicht von dem Menschen zerstört, aber es zerstört den Menschen, indem es zu seinem eignen Verderben von ihm gebildet wird –
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Helm, Schild – Schwerdt, Kugel, Pfeil – Stahl schützt gegen Stahl – Helm und Schild schützen Kopf und Brust gegen Schwerdt und Pfeil – Aber weder gegen die Gewalt der zerschmetternden Bombe, noch der Kugel von Blei, die durch die Macht des angezündeten Pulvers aus dem tödtenden Rohre gejagt wird. – Darum halten Helm und Schild in unsern Tagen den Tod und die Zerstörung nicht mehr zurück, sondern sind als eine unnütze Last des Kriegers hinweggeworfen – Die zerstörenden Werkzeuge haben über die schützenden die Obermacht gewonnen – Mit der erhöhten Kraft der Zerstörung hat die Erhöhung der beschützenden Kraft nicht gleichen Schritt gehalten. – Bogen und Pfeil ist hingeworfen, und das tödtende Feuerrohr an seine Stelle getreten. – Helm und Schild ist auch hinweggeworfen, aber an seine Stelle ist nichts getreten. – Das Eisen rächt an dem Menschen die zerstörte Thier- und Pflanzenwelt. – Die weiche Wolle des Schafes kleidet ihn. Die Stämme des Baumes geben ihm, ob er sie gleich abgehauen hat, eine bequeme Wohnung, und schützen ihn vor Wind und Regen. – Aber das Eisen, das er selbst zu seinem Verderben geschmiedet hat, zerschmettert und tödtet ihn – Es ist das nützlichste und gefährlichste Werkzeug in der Hand des Menschen – Zerstörung bleibt immer sein vorzüglichster Zweck. – Durch die Axt fällt der Baum – Durch das Beil der Stier – Durch die Säge wird die innerste Zusammensetzung des Baumes zerstört. Durch das Messer wird die ganze innere Zusammensetzung des Thieres aufgelößt, und aus ihren festesten Fugen gebracht – Durch die Sense fallen Aehren. – Der Mensch zerstört durch das Eisen die Thier- und Pflanzenwelt – um eine andre Schöpfung von seiner eignen Arbeit daraus hervorgehen zu lassen. –
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Bald beneiden sich die Menschen unter einander diese neue von ihnen selbst hervorgebrachte Schöpfung. Daraus entsteht Krieg und Streit. – Eben das gefährliche Werkzeug, wodurch diese Schöpfung hervorgebracht wurde, zerstört sie wieder – Die glühende Kugel verwandelt Palläste in Schutthaufen – Die Spitze des Eisens kehrt sich gegen den Menschen selbst – und weil er damit die Ordnung der Natur zerstörte, so zerstört es ihn wieder. Der Mensch der diese wunderbare Verkettung der Dinge, ihr Inund Gegeneinanderwirken, ihr Entstehen und wieder Vernichtet werden, im Ganzen genommen überschauet, weiß am Ende kein Resultat daraus zu ziehen. – Die mancherley Beziehungen und Verhältnisse der Dinge untereinander wirken wieder auf seine Denkkraft, und setzen sie unwillkührlich in Thätigkeit – Er sinnt, und sinnt, indem er glaubt auf etwas zu stoßen – allein es ist beinahe, als ob durch alles das die Fiebern seines Gehirns nur sollten in Bewegung gesetzt werden; denn am Ende ist die ganze Frucht seines Nachdenkens – ein Ideenspiel.
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Laß die Gold umsäumte Wolke Ueber jenen Hügel ziehn – Laß sie sinken in das Meer Wo die Purpurstreifen glühn; Wölkchen schweben um sie her, Gleich dem zarten Lämmervolke Auf dem weichen Wiesengrün – Sie ist Königin des Himmels – Sie verbreitet Licht und Glanz – Was trägt sie in ihrem Schooße? Was umschließt ihr Purpurkranz? Ist es eine goldne Schale Die in ihrer Wölbung ruht,
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Und vermischt mit Morgenstrahle Jenes purpurrothe Blut In die offne Wölbung gießet, Die vom Schimmer überfließet – Oder ist es eine Kugel Die den Lichtstof in sich schließet, Und sich auf der Fläche wiegt, Wo sie von der Luft umgeben, Wie auf einem Küssen liegt – Ach die Purpurwolke sinket, Doch ihr Schimmer sinket nicht – Denn aus ihren Saume blinket Plötzlich ein allmächtig Licht – Nun hat sich das Licht geründet – Und der Wolken Königin, Welche dieses Licht gebohren, Schwindet selbst in Nacht dahin – All’ ihr Schimmer ist verlohren – Aber lächelnd sinkt sie hin: Denn sie hat das Licht gebohren. Die Gebährerin des Lichts Sinket lächelnd in ihr Nichts.
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Vorbereitung des Edlern durch das Unedlere. Alles, was die Natur hervorbringt, hat edlere und minder edle Theile. Die Blätter des Baumes sind verfeinerter, als sein Stamm und seine Zweige, die Blüthe ist veredelter als die Blätter, und die Frucht ist das Edelste von allem. Das Erdreich, worin der Baum wächst, ist noch weit gröber und ungebildeter als der Stamm desselben; und doch würden der Stamm und die Zweige nicht ohne das Erdreich, und die feiner gebildeten Blätter, Blüthen und Früchte, nicht ohne den gröber gebildeten Stamm und seine Aeste und Zweige seyn können.
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Das weniger Edle muß also immer die Grundlage des Edlern seyn, und das erste muß durch das letztere bis zur höchsten Stufe der Verfeinerung vorbereitet werden. Der Stamm verliert sich in die schlankeren Aeste, die Aeste in die zartergebildeten Zweige, die Zweige in Blätter, die Blätter in Blüthen, und die Blüthen in Früchte. Im menschlichen Körper heißen diejenigen die edlern Theile, deren Verletzung am gefährlichsten und in welchen gleichsam der Hauptsitz des Lebens ist: die übrigen Theile des Körpers scheinen mehr um dieser willen hervorgebracht zu seyn, als daß jene selbst um der übrigen Willen hervorgebracht wären. Nun findet aber zwischen den edlern Theilen wiederum ein grosser Rangstreit statt, und es kömmt fast alles auf die Frage an, ob der Kopf um des Magens oder der Magen um des Kopfes willen da sey? Ob der Mensch nur denken soll, um zu essen, oder ob er essen soll, um zu leben und zu denken. Niemand wird leugnen, daß die Gesinnungen und Handlungen des Menschen, die Blüthen und Früchte am Baume sind, die durch den gröbern Nahrungsstoff allmälig zubereitet werden. – Und dennoch denkt der größte Theil der Menschen nur um zu essen – a b e r e r d e n k t doch – die Natur hat ihren Endzweck erreicht, sie hat das edlere durch das weniger edle unmerklich veranlaßt und vorbereitet.
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Seit undenklichen Jahren war die Erziehung eine Sache, die man, wie tausend andre Dinge, ihren Gang gehen ließ, ohne sich ihre Vervollkommung zu einem besondern Augenmerk zu machen. Es standen in unsern Tagen der Weichlichkeit und Ueppigkeit Männer auf, welche aus starken Gründen bewiesen, daß die Erziehung etwas sehr wichtiges sey; und ein großer Theil der Menschen fing an, diesen Männern zu glauben, und die Erziehung auch für etwas sehr wichtiges zu halten.
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Da man nun darauf zu denken anfing, wie man eigentlich das künftige Menschengeschlecht erziehen wollte, so zerfiel dasselbe in zwei Theile, wovon man denjenigen, welcher über den andern erhaben zu seyn glaubt, den g e s i t t e t e n T h e i l nennt. Zu diesem rechneten sich nehmlich alle, welche ihren Kopf mehr, als ihre Hände brauchen, und zu jenem wurden alle diejenigen gerechnet, die ihre Hände mehr als ihren Kopf brauchen. Nun war es aber dahin gekommen, daß der denkende Theil die Hände der übrigen Menschen fast allein für sich arbeiten, und der mit den Händen arbeitende Theil die Köpfe der übrigen Menschen fast allein für sich denken ließ. Ein ganzer Theil von Menschen war also gleichsam der Kopf der übrigen geworden, die seine Hände waren, welches ganz wieder die Ordnung der Natur ist, die einem jeden einzelnen Menschen zu seinem Gebrauch Kopf und Hände gegeben hat. Dieß nun wieder ins Gleis zu bringen, hätte eigentlich das Hauptaugenmerk der neuen Wissenschaft seyn sollen, welche man die Erziehungskunst oder Pädagogik nannte. Weil aber der gesittete Theil der Menschen die Erziehungsbücher verfertigte, so zog er vorzüglich sich selbst in Betrachtung, und alles lief darauf hinaus, wie er seine Geisteskräfte noch mehr vervollkommen wollte, darüber vergaß er seine Brüder, deren Hände ihm doch Nahrung und Bequemlichkeit verschaften, und denen er nicht einmal einen kleinen Theil seiner erworbenen Weisheit wollte zufließen lassen, indem er sich nicht entblödete, noch die Frage aufzuwerfen, ob man das Volk in der Täuschung oder Unwissenheit erhalten müsse oder nicht? Die Erziehungskunst blieb daher größtentheils auf die sogenannten gesitteten Stände eingeschränkt, die dadurch noch mehr verfeinert, und noch gesitteter werden sollten, und das Volk blieb, wie es war – denn zwischen ihm und der sogenannten feinern Welt blieb eine undurchdringliche Scheidewand. Anstatt sich einander zu nähern, entfernten sie sich immer weiter von einander.
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Daher die fürchterlich grotesken Erscheinungen von Dummheit und Aberglauben des Pöbels gerade da, wo man die höchste Aufklärung vermuthete. Die Erziehungskunst ließ sich auf die Weise nicht mehr auf allgemeine Grundsätze zurückbringen, sondern zerfiel in so viele ganz von einander abgesonderte Methoden, als es Verschiedenheiten der Stände gab, und allenthalben zeigten sich nun Unordnung und Wiedersprüche. Da dachten die weisesten unter den Vätern von dem gesitteten Theile der Menschen, daß es besser sey, wenn sich ihre gesunde Vernunft mit der warmen väterlichen Liebe vereinbarte, um den wahren Gesichtspunkt der Erziehungskunst selbst zu treffen, als wenn sie den leeren Hirngespinnsten mancher eingebildeter Weisen ferner Gehör gäben. Und nun fanden sie, daß es gar nicht wohl gethan sey, wenn die höhern Stände die niedern zu sich wollten hinaufsteigen lassen; daß es aber sehr wohl gethan sey, wenn die höhern zu den niedern ein paar Stufen herabstiegen. Sie fanden, daß es zum Wohl der Menschheit nöthiger sey, den höhern Ständen schon in der Jugend Ehrfurcht gegen die niedern, als den niedern Ehrfurcht gegen die höhern einzuflößen. Daß derjenige, welcher vorzüglich seinen Kopf brauchen soll, um andre zu regieren, von diesen vorher gelernt haben müsse, seine Hände zu brauchen, um sich im Fall der Noth zu ernähren. Daß die wahre Kultur schlechterdings nicht einseitig seyn könne, sondern sich verhältnißmäßig auch über die niedrigsten Stände verbreiten müsse. Und daß die höhern Stände von den niedern an Körperkultur wieder gewinnen müssen, was sie ihnen an Geisteskultur mittheilen. Die weisen Väter, welchen es übrigens weder an Macht noch Reichthum fehlte, um ihre Absichten durchzusetzen, fielen auf ein ganz einfaches und leichtes Mittel, wozu sie weder des einen noch des andern bedurften, und wodurch sie demohngeachtet bewerkstelligten, daß die verhaßte Scheidewand zwischen den Ständen allmälig weggerückt wurde.
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Daß die niedern Stände mehr Ehrfurcht gegen die höhern hegten, weil sich diese im Nothfall dasjenige selbst verschaffen konnten, was sie sonst von den niedern Ständen abhängig macht. Und daß die höhern Stände mehr Liebe und Ehrfurcht gegen die niedern hegten, weil sie einmal ihres Gleichen gewesen, und näher mit ihnen bekannt geworden waren. So daß auf die Weise bessre Richter, bessre Aerzte, bessre Lehrer des Volks, bessre Obrigkeiten, und bessre Fürsten entstanden; Daß der Menschheit ihr erkranktes Selbstgefühl wieder gegeben ward; Daß die Weichlichkeit der Sitten abnahm; Daß die menschlichen Dinge sich nach und nach wieder in ihr ordentliches Gleis fügten, die allgemeine Aufklärung mit gleichen Schritten fortging, die Stände einander immer näher rückten, und allmälig jeder Vorzug der Menschheit, sich wie der Thau des Himmels, über alle ergoß. – Und was thaten die weisen Väter, um diese Endzwecke zu bewirken? Sie liessen ihre Söhne Handwerke lernen.
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Je lebhafter spiegelnd das Organ von der dunkel ahndenden Thatkraft, durch die unterscheidende Denkkraft, und die darstellende Einbildungskraft, bis zu dem hellsehenden Auge und dem deutlich vernehmenden Ohre wird, um desto vollständiger und lebendiger werden zwar die Begriffe, aber um desto mehr verdrängen sie sich auch und schliessen einander aus. Wo sie sich also am wenigsten einander ausschliessen, und ihrer am meisten nebeneinander bestehen können, das kann nur da seyn, wo sie am unvollständigsten sind, wo bloß ihre Anfänge oder ersten Anlässe zusammentreffen, die eben durch ihr Mangelhaftes und Unvollständiges in sich selber den immerwährenden, unwiederstehlichen Reitz bilden, der sie zur vollständigen Wirklichkeit bringt.
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Der Horizont der thätigen Kraft aber muß bei dem bildenden Genie, so weit wie die Natur selber seyn, das heist: die Organisation muß so fein gewebt seyn, und so unendlich viele Berührungspunkte der allumströmenden Natur darbieten, daß gleichsam die äussersten Enden, von allen Verhältnissen der Natur im Großen hier im Kleinen sich nebeneinanderstellend, Raum genug haben, um sich einander nicht verdrängen zu dürfen. Wenn nun eine Organisation von diesem feinen Gewebe, bei ihrer völligen Entwicklung, auf einmal in der dunklen Ahndung ihrer thätigen Kraft ein Ganzes faßt, das weder in ihr Auge noch in ihr Ohr, weder in ihre Einbildungskraft noch in ihre Gedanken kam, so muß nothwendig eine Unruhe, ein Mißverhältniß zwischen den sich wägenden Kräften so lange entstehen, bis sie wieder in ihr Gleichgewicht kommen. Bei einer Seele deren bloß thätige Kraft, schon das Edle grosse G a n z e der Natur in dunkler Ahndung faßt, kann sich die erkennende Denkkraft, die noch lebhafter darstellende Einbildungskraft und der am hellsten spiegelnde äußre Sinn, mit der Betrachtung des E i n z e l n e n im Zusammenhange der Natur nicht mehr begnügen. Alle die in der thätigen Kraft bloß dunkel geahndeten Verhältnisse jenes großen Ganzen, müssen nothwendig auf irgend eine Weise entweder sichtbar, oder doch der Einbildungskraft faßbar werden; und um dieß zu werden muß die Thatkraft, worinn sie schlummern, sie n a c h s i c h s e l b e r aus sich selber bilden, sie muß alle Verhältnisse des großen Ganzen, und in ihnen das höchste Schöne, gleichsam wie an den Spitzen seiner Strahlen, in einem Brennpunkte fassen; – aus diesem Brennpunkte muß sich nach des Auges gemessener Weite ein zartes und doch getreues Bild des höchsten Schönen ründen, das die vollkommensten Verhältnisse des großen Ganzen der Natur eben so wahr und richtig, wie sie selbst, in seinen kleinen Umfang faßt. Weil nun aber dieser Abdruck des höchsten Schönen nothwendig an etwas haften muß, so wählt die bildende Kraft durch ihre I n d i v i d u a l i t ä t bestimmt, irgend einen sichtbaren, hörbaren, oder der Einbildungskraft faßbaren Gegenstand, auf den sie den Abglantz des
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höchsten Schönen in verjüngendem Maaßstabe überträgt. – Und weil dieser Gegenstand wiederum, wenn er w i r k l i c h das, was er darstellt, wäre durch seine Bildung zu einem für sich bestehenden Ganzen, mit dem Zusammenhange der Natur, die ausser sich selber kein eigenmächtiges Ganze duldet, nicht bestehen könnte; so führt uns dieß auf den Punkt daß jedes-mal das innere Wesen erst in die Erscheinung sich verwandeln müsse, ehe es zu einem für sich bestehenden Ganzen gebildet werden, und u n g e h i n d e r t die Verhältnisse des großen Ganzen der Natur in ihrem völligen Umfange, spiegeln kann. Da nun aber jene großen Verhältnisse in deren völligen Umfange das Schöne liegt, nicht mehr unter das Gebiet der Denkkraft fallen, so kann auch der lebendige Begriff von der bildenden Nachahmung des Schönen, nur im Gefühl der thätigen Kraft, die es hervorbringt, im ersten Augenblick der Entstehung statt finden, wo das Werk, als schon vollendet, durch alle Grade seines allmäligen Werdens, in dunkler Ahndung auf einmal vor die Seele tritt, und in diesem Moment der ersten Erzeugung, gleichsam vor seinem wirklichen Daseyn da ist; wodurch alsdenn auch jener unnennbare Reitz entsteht, welcher das schaffende Genie zur immerwährenden Bildung treibt. Durch unser Nachdenken über die bildende Nachahmung des Schönen, mit dem reinen Genuß der Werke der schönen Künste selbst vereint, kann zwar etwas jenem lebendigen Begriff näher kommendes in uns entstehen, daß den Genuß der schönen Kunstwerke uns erhöht. Allein da unser höchster Genuß des Schönen dennoch das Werden desselben aus unsrer eignen Kraft unmöglich mit in sich fassen kann; – so bleibt der einzige höchste Genuß desselben immer dem schaffenden Genie, das es hervorbringt, selber; und das Schöne selbst hat daher seinen höchsten Zweck in seiner Entstehung, in seinem Werden schon erreicht; unser Nachgenuß desselben ist nur eine Folge seines Daseyns – Und das bildende Genie ist daher im großen Plane der Natur zuerst um sein selbst und dann erst um unsertwillen da, weil es nun einmal ausser ihm noch Wesen giebt, die selbst nicht schaffen, und bilden, aber das Gebildete doch wenn es einmal hervorgebracht ist, mit ihrer Einbildungskraft umfassen können.
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Die Natur des Schönen besteht ja eben darinn, daß sein innres Wesen, ausser den Grenzen der Denkkraft, in seiner Entstehung, in seinem eignen Werden liegt. Eben darum, weil die Denkkraft beim Schönen nicht mehr fragen kann, warum es schön sey? ist es schön. – Denn es mangelt ja der Denkkraft völlig an einem Vergleichungspunkte, wornach sie das Schöne beurtheilen und betrachten könnte. Was giebt es noch für einen Vergleichungspunkt für das ächte Schöne, als den Inbegriff aller harmonischen Verhältnisse des großen Ganzen der Natur, die keine Denkkraft umfassen kann? Alles einzelne hin und her in der Natur zerstreute ist ja nur in so fern schön, als sich dieser Inbegriff aller Verhältnisse des großen Ganzen mehr oder weniger darinn offenbart. – Es kann also nie zum Vergleichungspunkte für das Schöne der bildenden Künste, eben so wenig als der wahren Nachahmung des Schönen zum Vorbilde dienen; weil das höchste Schöne im Einzelnen der Natur, immer noch nicht schön genug für die stolze Nachahmung der edlen und majestätischen Verhältnisse des großen Ganzen der Natur ist. – Das Schöne kann daher nicht erkannt, es muß hervorgebracht – oder e m p f u n d e n werden. Weil nehmlich, in gänzlicher Ermanglung eines Vergleichungspunktes, einmal das Schöne kein Gegenstand unsrer Denkkraft ist so würden wir in so fern wir es nicht selbst hervorbringen können auch seines Genusses ganz entbehren müssen, in dem wir uns nie an etwas halten könnten, dem das Schönere näher käme, als das Minderschöne, – wenn nicht etwas die Stelle der hervorbringenden Kraft in uns ersetzte, das ihr so nahe wie möglich kömmt, ohne sie selbst zu seyn: – dieß ist, was wir Geschmack oder Empfindungsfähigkeit für das Schöne nennen; die, wenn sie in ihren Grenzen bleibt, den Mangel des höhern Genusses, bei der Hervorbringung des Schönen, durch die ungestörte Ruhe der stillen Betrachtung ersetzen kann. Wenn nehmlich das Organ nicht fein genug gewebt ist um dem einströmenden Ganzen der Natur so viele Berührungspunkte darzubieten, als nöthig sind, um alle ihre großen Verhältnisse vollständig im Kleinen abzuspiegeln, und nur noch ein Punkt zum Schluß des völligen Zirkels fehlt; so können wir statt der Bildungskraft nur Emp-
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findungsfähigkeit für das Schöne haben: jeder Versuch es ausser uns wieder darzustellen würde uns mißlingen, und uns desto unzufriedner mit uns selber machen, je näher unser Empfindungsvermögen für das Schöne an das uns mangelnde Bildungsvermögen grenzt. Weil nehmlich das Wesen des Schönen eben in seiner Vollendung in sich selbst besteht, so schadet ihm der letzte fehlende Punkt so viel als tausend, denn er verrückt alle übrigen Punkte aus der Stelle in welche sie gehören – und ist dieser Vollendungspunkt einmal verfehlt, so verlohnt ein Werk der Kunst der Mühe des Anfangs und der Zeit seines Werdens nicht; es fällt unter das Schlechte bis zum Unnützen herab, und sein Daseyn muß nothwendig, durch die Vergessenheit worinn es sinkt, sich wieder aufheben. Eben so schadet auch dem in das feinere Gewebe der Organisation gepflanzten unvollendeten Bildungsvermögen, der letzte zu seiner Vollständigkeit fehlende Punkt, so viel als tau-send. – Der höchste Werth, den es als Empfindungsvermögen haben könnte, kömmt bei ihm, als Bildungskraft, eben so wenig, wie der geringste, in Betrachtung. Auf dem Punkte, wo das Empfindungsvermögen seine Grenzen überschreitet, muß es nothwendig unter sich selber sinken, sich aufheben, und vernichten. Je vollkommner nun das Empfindungsvermögen für eine gewisse Gattung des Schönen ist, um destomehr ist es in Gefahr sich zu täuschen, sich selbst für Bildungskraft zu nehmen, und auf die Weise, durch tausend mißlungne Versuche, seinen Frieden mit sich selbst zu stören. Es blickt z. B. beim Genuß des Schönen in irgend einem Werke der Kunst, zugleich durch das Werden desselben, in die bildende Kraft, die es schuf, hindurch; und ahndet dunkel den höhern Grad des Genusses eben dieses Schönen, im Gefühl der Kraft, die mächtig genug war, es aus sich selbst, hervorzubringen. Um sich nun diesen höhern Grad des Genusses, welchen sie an einem Werke, das einmal schon da ist, unmöglich haben kann, auch zu verschaffen, strebt die einmal zu lebhaft gerührte Empfindung vergebens, etwas ähnliches aus sich selbst hervorzubringen; haßt ihr
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eignes Werk, verwirft es, und verleidet sich zugleich den Genuß alle des Schönen, das ausser ihr schon da ist, und woran sie nun eben deswegen, weil es ohne ihr Zuthun da ist, keine Freude findet. Ihr einziger Wunsch und Streben ist, des ihr versagten höhern Genusses, den sie nur dunkel ahndet, theilhaftig zu werden; in einem schönen Werke, das ihr sein Daseyn dankt, mit dem Bewußtsein von eigner Bildungskraft, sich selbst zu spiegeln. – Allein sie wird ihres Wunsches ewig nicht gewährt, weil Eigennutz ihn erzeugte; und das Schöne sich nur um sein selbstwillen, von der Hand des Künstlers greifen, und willig und folgsam von ihm sich bilden läßt. Wo sich nun in den schaffen wollenden Bildungstrieb sogleich die Vorstellung vom Genuß des Schönen mischt, den es, wenn es vollendet ist, gewähren soll, und wo diese Vorstellung der erste und stärkste Antrieb unserer Thatkraft wird; die sich zu dem, was sie beginnt, nicht an und durch sich selbst gedrungen fühlt, da ist der Bildungstrieb gewiß nicht rein; der Brennpunkt oder Vollendungspunkt des Schönen fällt in die Wirkung über das Werk hinaus; die Strahlen gehen aus einander, das Werk kann sich nicht ründen. Dem höchsten Genuß des aus sich selbst hervorgebrachten Schönen sich so nah zu dünken, und doch darauf Verzicht zu thun, scheint freilich ein harter Kampf, der dennoch äusserst leicht wird; wenn wir aus diesem Bildungstriebe, den wir uns einmal zu besitzen schmeicheln, um doch sein Wesen zu veredeln, jede Spur des Eigennutzes, die wir finden, tilgen; und jede Vorstellung des Genusses, den uns das Schöne, das wir hervorbringen wollen, wenn es nur da seyn wird, durch das Gefühl von unsrer eignen Kraft gewähren soll, so viel wie möglich zu verbannen suchen. So daß, wenn wir es auch mit dem letzten Athemzuge erst vollenden könnten, es dennoch zu vollenden strebten. – Behält alsdann das Schöne, das wir ahnden, bloß an und für sich selbst in seiner Hervorbringung noch Reitz genug, unsre Thatkraft zu bewegen; so dürfen wir getrost unserm Bildungstriebe folgen, weil er ächt und rein ist. – Verliert sich aber mit der gänzlichen Hinwegdenkung des Genusses und der Wirkung auch der Reitz, so bedarf es ja keines Kampfes weiter – der Frieden in uns ist hergestellt.
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– Das nun wieder in seine Rechte getretne Empfindungsvermögen eröfnet sich zum Lohne für sein bescheidnes Zurücktreten in seine Grenzen, dem reinsten Genuß von allem Schönen, der mit der Natur seines Wesens bestehen kann. Freilich kann nun der Punkt, wo Bildungs- und Empfindungskraft sich scheidet, so äusserst leicht verfehlt und überschritten werden, daß es gar nicht zu verwundern ist, wenn immer tausend falsche, angemaaßte Abdrücke des höchsten Schönen, gegen einen ächten, durch den fal-schen Bildungstrieb, in den Werken der Kunst entstehen. Denn da auch die ächte Bildungskraft, sogleich bei der ersten Entstehung ihres Werkes auch schon den ersten höchsten Genuß desselben, als ihren sichern Lohn schon in sich selber trägt, und sich nur dadurch von dem falschen Bildungstriebe unterscheidet, daß sie den allerersten Moment ihres Anstoßes durch sich selbst, und nicht durch die Ahndung des Genusses von ihrem Werke erhält; und weil in diesem Moment der Leidenschaft die Denkkraft selber kein richtiges Urtheil fällen kann, so ist es fast unmöglich, ohne eine Anzahl mißlungner Versuche dieser Selbsttäuschung zu entkommen. – Und selbst auch diese mißlungnen Versuche sind noch nicht immer ein Beweiß von Mangel an Bildungskraft, weil diese selbst da, wo sie ächt ist, oft eine ganz falsche Richtung nimmt, indem sie vor ihre Einbildungskraft stellen will, was vor ihr Auge, oder vor ihr Auge, was vor ihr Ohr gehört. Eben damit das ächte Schöne selten bleibe, läßt die Natur die innwohnende Bildungskraft nicht immer zur völligen Reife und Entwicklung kommen; oder sie läßt sie einen falschen Weg einschlagen, auf den sie sich nie entwickeln kann. Und eben damit das ächte Schöne und Edle durch seinen seltnen Werth sich vom Gemeinen und Schlechten scheide, läßt sie auch aus dem angemaßten Bildungstriebe das Gemeine und Schlechte in dem Maß entstehen, als durch die Vielheit desselben die Seltenheit des ächten Schönen desto glänzender schimmern kann, ohne dadurch ganz verdrängt und überschwemmt zu werden.
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In dem Empfindungsvermögen bleibt also stets die Lücke, welche nur durch das Resultat der Bildungskraft sich ausfüllt. Bildungskraft und Empfindungsfähigkeit verhält sich zu einander wie Mann und Weib. Denn auch die Bildungskraft ist bei der ersten Entstehung ihres Werks, im Moment des höchsten Genusses, zugleich Empfindungsfähigkeit, und erzeugt, wie die Natur, den Abdruck ihres Wesens aus sich selber. Empfindungsvermögen sowohl als Bildungskraft sind also in dem feinern Gewebe der Organisation gegründet, in so fern dieselbe in allen ihren Berührungspunkten von den Verhältnissen des großen Ganzen der Natur ein vollständiger oder doch fast vollständiger Abdruck ist. Empfindungs- sowohl als Bildungskraft umfassen mehr als Denkkraft; und die thätige Kraft, worinn sich beide gründen, umfaßt zugleich auch alles, was die Denkkraft faßt, weil sie von allen Begriffen, die wir je haben können, die ersten Anlässe, stets sie herausspinnend, in sich trägt. In so fern nun diese thätige Kraft alles, was nicht unter das Gebiet der Denkkraft fällt, hervorbringend in sich faßt, heist sie Bildungskraft; und in so fern sie das, was ausser den Grenzen der Denkkraft liegt, der Hervorbringung sich entgegen neigend, in sich begreift, in so fern heißt sie Empfindungskraft. Bildungskraft kann nicht ohne Empfindung und thätige Kraft, die bloß thätige Kraft hin-gegen kann ohne eigentliche Empfindungsund Bildungskraft, wovon sie nur die Grundlage ist, für sich allein statt finden.
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Was kann die höchste, oder tiefste Weisheit Höheres lehren? Als das: der Mensch muß edel seyn, das heißt, er muß der Menschheit Würde fühlen, Er muß den Blick zu etwas Höherm heben, Als das, wonach der große Haufe strebt –
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Er soll für Menschen Wohl und Weh ein zart Gefühl, Und Kraft auch in sich haben, das eine ohne Prunk, Zu fördern, und das andre wenn gleich nicht Zu tilgen, doch mit sanfter Hand zu mildern, Wo nicht mit süßem Trost, der aus der Weisheit Schule kömmt! Die Weisheit aber sagt: zu höherm Leben Ist Duldung stets der Keim, und die Gefahren Die den Sterblichen von allen Seiten drohn So lange die Zerstörung ihren Schritt Noch ungehemmt durch alle Menschenalter hält – Sind das, woraus des Helden Edelmuth Des Weisen goldne Lehr’ und manche schöne That Des wechselseitgen Beistands liebreicher Hülf’ erwächst. So tritt der Maurer Lehrling seinen Pfad Umringt von täuschenden Gefahren an, Die endlich vor dem Blick des Eingeweihten Gleich einem Traum verschwinden. – Doch so wie Die drohende Gefahr nur bildlich war, So ist auch diese Einweihung ein Vorbild Von einer höhern Weihung, die der Maurer Wenn sie ihm werden soll, sich selbst erringen muß, Wozu dieß Vorbild stets ein Wink, ein Sporn, und Führer ist. – In Osten dämmert noch das Licht mit blassem Schimmer Von daher schallt des Meisters Stimme, die uns zur Ordnung und zur Stille ruft – Und nicht umsonst in unserm Ohr ertönt, Damit wir vom Geräusch des Lebens auf Momente, Den Geist zu würdigern Gedanken sammlen Wodurch das Leben selbst erst seinen Werth erhält.
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Deutet hier nicht alles auf Streben nach höherer Vollkommenheit, auf immerwährendes Fortschreiten, auf Muth und Verachtung der Gefahr, auf immerwährende Annäherung zu einem aufgesteckten Ziele, wodurch das Zaudern und der Stillstand verboten, der Müssiggang schändlich wird? – Hier wehet das Panier dem wir folgen sollen – um immer zum Aufbruch bereit zu seyn, denn unser erstes Losungszeichen ist Verachtung des Todes – das zweite deutet auf Muth und Kraft zum Leben – das Zeichen, das uns näher knüpft, ist ein bedeutender Händedruck – unser erstes Losungswort macht uns aufmerksam auf das Göttliche unsers Ursprungs, das zweite auf die Kraft, die in uns wohnet. Wir versammlen uns, um den Götterfunken wieder anzufachen, der unter der Asche glimmt – die heilige Flamme, welche dieser Tempel gleich dem Feuer der Vesta aufbewahrt, soll unsere Brust durchglühen und unser Wesen veredeln. – Wir beschwören den Geist, der in uns selber verborgen wirkt und lebt, daß er mit Macht sich äußere, die Nebel der eigennützigen Sorgen durch seinen angebohrnen Glanz verscheuche, und Licht und Klarheit in uns, und um uns her verbreite. Die Binde ist nun von des Lehrlings Augen gefallen – ihm leuchtet ein flammender Stern auf dunklem Pfade – Die Stuffen zu dem Heiligthum müssen erstiegen werden – und ihre Zahl bezeichnet harmonischen Zusammenklang, worin die Leiter der Töne schlummert, aus welcher mannichfaltige Melodien sich entwickeln – wohin wollen diese Winke anders deuten, als daß der Maurer jede Stuffe zur Vollkommenheit, jede höhere Geistesentwikkelung zum Ziele seiner Be-strebungen machen, und alle das Schöne, was Menschen dachten und empfanden, sich zueignen, und die Frucht davon genießen soll. Denn was die Vorwelt erfunden hat, soll die Nachwelt nutzen, und Künste und Wissenschaften sind, sobald sie erfunden worden, ein Eigenthum der Menschheit. – Die zerstreuete Menschheit aber soll
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sich in unsrer Loge sammlen, hier soll der Sitz der wechselseitigen Mittheilung, so wie der Eintracht und des Friedens seyn. – Das Geheimste und Wichtigste soll hier zur Sprache kommen und vor dem Blick des Maurers das Innerste unsers Wesens sich enthüllen. Dazu aber ist es nöthig, die Stuffen der Menschenbildung zu ersteigen, Kenntnisse, welche Geist und Herz erheben, sich zu erwerben und diese mit den maurerischen Kenntnissen zu verknüpfen, um in den Symbolen der Maurerei den Punkt zu finden, der uns allein den innern Frieden giebt. – Denn dieser Frieden soll keine träge Ruhe, sondern eine feste Resignation seyn, die auf jeden Erfolg gefaßt, nur desto thätiger ist, und ohne Furcht und Schrecken an jähen Abgründen die Lebensbahn hinwandelt. Dann erst ist die Loge für uns so hoch wie der Himmel, und reicht vom Aufgange bis zum Niedergange. – Der gestirnte Himmel ist ihre Decke, und ihr Fußboden wohin unser Fuß treten mag – wir finden sie in uns, und uns in ihr zu allen Zeiten wieder. – Wo Ordnung, Ebenmaaß, und Schönheit in bleibenden Werken der Menschen, ihren Worten, oder Thaten herrscht, da glänzt im hellen Stern der Buchstabe mit der Flammenschrift – und wo ein neues Gefilde des Denkens sich eröfnet, da sind die Stuffen zum Heiligthum. Hier soll der erste Schlag des Hammers den ernsten Gedanken in unsre Seele rufen: daß über unsern Häuptern unsichtbar unser Schicksal schwebt, und wir mit festem Tritt durchs Leben gehen, und in uns selbst den Frieden finden müssen, der außer uns nicht ist. – Ordnung und Stille sollen hier den Ton der Harmonie in unser Leben bringen – und jedes Sinnbild soll zur rechten Zeit vor unsre Seelen treten, und uns mit leiser Stimme warnen, so oft der Fuß von seiner Bahn abweicht. Hier steht ein Pfeiler, der nicht wankt, er bürgt die Götterkraft, die in uns wohnt, flößt Muth zum Leben ein. – Hier meine Brüder wollen wir verweilen; denn unsre Meister rufen uns entgegen: aus Mitternacht flammt der Stern – sein Licht verschwindet – und der Vorhang fällt. – –
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Dadurch daß die That des Mutius Scävola erwünschte Folgen hatte, wurde sie nicht im geringsten edler, als sie war, und würde auch, ohne den Erfolg, von ihrem innern Werthe nichts verlohren haben; sie brauchte nicht nützlich zu seyn, um edel zu seyn; bedurfte des Erfolges nicht, eben weil sie ihren innern Werth in sich selber hatte. Und wodurch anders hatte sie diesen Werth, als durch sich selbst, durch ihre Entstehung, durch ihr Daseyn? Das edle und große der Handlung lag ja eben darinn, daß der junge Held, auf j e d e n Erfolg gefaßt, das alleräusserste wagte, und da es ihm mißlang, ohne Bedenken seine Hand in die lodernde Flamme streckte, ohne noch zu wissen, was sein Feind in dessen Gewalt er war, über ihn verhängen könnte. – So kann nur der handeln, welcher eine große That, deren Erfolg so äußerst ungewiß ist, u m d i e s e r T h a t s e l b s t w i l l e n , unternimmt, wovon allein schon das große Bewußtseyn ihn für jeden mißlungnen Versuch schadlos hält. Wäre Mutius, unter andern Umständen, bloß das Werkzeug eines andern, dem er aus Pflicht gehorchte, zu einer ähnlichen That gewesen, und hätte sie, mit Beistimmung seines Herzens, vortrefflich, und so wie er sollte, ausgeführt; so hätte er zwar noch nicht im eigentlichen Sinne edel, aber sehr gut gehandelt: denn ob gleich seine Handlung auch schon vielen Werth in sich selber hat, so wird doch ihre Güte zugleich noch mit durch den Erfolg bestimmt. Hätte aber eben dieser Mutius den Angriff auf den Feind seines Vaterlandes meuchelmörderischer Weise aus Privatrache und persönlichem Haß gethan, und sie wäre ihm nicht mißlungen, so hätte sie seinem Vaterlande, ohne gut und edel zu seyn, dennoch genützt, und hätte, ohne den mindesten innern Werth zu haben, dennoch, d u r c h d e n E r f o l g , eine Art von äußerm Werth erhalten. Wie nun das Gute zum Edlen; eben so muß das Schlechte zum Unedlen sich verhalten: das Unedle ist der Anfang des Schlechten, so wie das Gute der Anfang des Schönen und Edlen ist; und so wie eine
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bloß gute noch keine edle, so ist eine bloß unedle deswegen noch keine schlechte Handlung. Und wie das Nützliche zum Guten, eben so verhält wiederum das Unnütze sich zum Schlechten: das Schlechte ist gleichsam der Anfang des Unnützen, so wie das Nützliche schon der Anfang des Guten ist: wie das bloß Nütz-liche deswegen noch nicht gut ist, so ist auch das bloß Schlechte deswegen noch nicht unnütz. Nun steigen die Begriffe von unedel, schlecht und unnütz eben so herab, wie die Begriffe von nützlich, gut, und schön, heraufsteigen. Von den heraufsteigenden Begriffen steht das Edle und Schöne auf der höchsten, so wie von den herabsteigenden das Unnütze auf der niedrigsten Stuffe. Von allen diesen Begriffen nun stehen der vom Schönen und der vom Unnützen am weitesten von einander ab, und scheinen sich am stärksten entgegen gesetzt zu seyn; da wir doch vorher gesehen haben, daß das Schöne und Edle sich eben dadurch vom Guten unterscheidet, daß es nicht nützlich seyn darf um schön zu seyn, und also der Begriff vom Schönen mit dem Begriff vom Unnützen oder nicht Nützlichen sehr wohl müßte bestehen können. Hier zeigt es sich also, wie ein Zirkel von Begriffen sich zuletzt wieder in sich selbst verliert, indem seine beiden äußersten Enden gerade da wieder zusammenstoßen, wo, wenn sie nicht zusammenstießen, von einem zum andern der weiteste Weg seyn würde. Der Begriff vom Unnützen nehmlich, in so fern es gar keinen Zweck, keine Absicht außer sich hat, warum es da ist, schließt sich am willigsten und nächsten an den Begriff des Schönen an, in so fern dasselbe auch keines Endzwecks, keiner Absicht, warum es da ist, ausser sich bedarf, sondern seinen ganzen Werth, und den Endzweck seines Daseyns in sich selber hat. In so fern aber nun das Unnütze nicht zugleich auch schön ist, fällt es auf einmal wieder am allerweitesten vom Begriff des Schönen, bis unter das Schlechte herab, weil es nun, weder in sich noch ausser sich, eine Absicht hat, warum es da ist, und sich also gleichsam selbst aufhebt. Ist aber das Unnütze, oder dasjenige, was außer sich keinen Endzweck seines Daseyns hat, warum es da ist, zugleich auch schön,
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so steigt es plötzlich auf die höchste Stuffe der Begriffe bis über das Nützliche und Gute empor, indem es eben deswegen keines Endzwecks außer sich bedarf, weil es in sich so vollkommen ist, daß es den ganzen Endzweck seines Daseyns in sich selber hat. Die drei aufsteigenden Begriffe von nützlich, gut und schön, und die drei absteigenden von unedel, schlecht und unnütz, bilden also aus dem Grunde einen Zirkel, weil die beiden äußersten Begriffe vom Unnützen und vom Schönen sich gerade am wenigsten einander ausschliessen; und der Begriff des Unnützen von dem einen, für den Begriff des Schönen von dem andern Ende, gleichsam die Fuge wird, in die es sich am leichtesten hineinstehlen und verlieren kann. Steigen wir nun die Leiter der Begriffe herab, so verträgt sich schön und edel zwar mit unnütz, aber nicht mit schlecht und unedel; gut verträgt sich mit nicht edel, aber nicht mit schlecht und unnütz; nützlich mit schlecht und unedel, aber nicht mit unnütz; unedel mit gut und nützlich aber nicht mit schön; schlecht mit nützlich, aber nicht mit schön und gut; unnütz mit schön aber nicht mit gut und nützlich: die Begriffe müssen sich immer gerade da wieder entgegen kommen, wo sie am weitesten von einander abzuweichen, und sich zu verlassen scheinen.
Die Unschuldswelt.
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We n n a l l e M e n s c h e n i m m e r S c h a f e g e w e i d e t h ä t t e n , so wären sie wohl ganz glücklich gewesen. – Aber was wäre denn aus unserer Geschichte geworden? – Wo hätten wir von Schlachten zu Land und zur See, von eroberten Städten, von Feldherrntugenden, von Heldenmuth und Tapferkeit, von Bündnissen und Staatsverfassungen zu hören und zu lesen bekommen? Dieser Welt von Ereignissen, die nun auf dem Schauplatz und in der Geschichte eine so angenehme Wirkung auf unsre Einbildungskraft macht, wären wir dann verlustig gegangen.
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Wo hätte dann der Stoff zu einer I l i a d e , zu einer A e n e i d e herkommen sollen? Armselige Welt, die dann geblieben wäre, Ohne Schwerdt und Helm, Ohne Schlachten, Ohne Kriegsrüstungen, Ohne Blutvergießen, Ohne Trauerspiele, Ohne Geschütz und Bombe, Ohne Schanz’ und Bollwerk, Ohne stehende Kriegsmacht, Ohne Könige, ohne Fürsten! Wahrlich um so viel große und majestätische Dinge, sich zusammen zu denken, verlohnt es sich doch wohl noch der Mühe, u n g l ü c k l i c h zu seyn. Alle diese großen Dinge müssen ja doch einen Zweck haben. – Was wären denn die Bomben wenn keine Glieder dadurch zerschmettert, und die Schwerdter, wenn nicht Menschen dadurch getödtet würden? Das veredelt ja eben die Werkzeuge der Zerstörung, daß sie das Edelste auf Erden in solcher Menge zernichten und zerstören. Wenn Tausende an einem Tage vor dem Schwerdtstreich fallen, das ist doch etwas G r o ß e s . Und das G r o ß e wollen wir ja; unsre Seele will ja erweitert seyn, unsre Einbildungskraft will v i e l umspannen. Wenn also dieser Zweck nur erreicht wird, so mag darüber zu Grunde gehn, was da wolle; das Zugrundegehen ist eben so etwas tragisches, die Seele erschütterndes, dessen Anblick wir uns sehr gerne gefallen lassen, sobald es nur uns selber nicht mit betrift. Wir alle sind im Grunde unsers Herzens kleine N e r o n e n , denen der Anblick eines brennenden Roms, das Geschrei der Fliehenden, das Gewimmer der Säuglinge gar nicht übel behagen würde, wenn es so, als ein S c h a u s p i e l , vor unsern Blicken sich darstellte.
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Den Zweck haben wir also erreicht: unsere Gedanken sind erweitert; wir sind den Göttern gleich geworden; aber unsre neuen Ideen haben wir uns nicht sowohl durch B a u e n , als durch Z e r s t ö r e n geschaffen. Da wir nicht Schöpfer werden konnten, um Gott gleich zu seyn, wurden wir Z e r n i c h t e r ; wir schufen r ü c k w ä r t s , da wir nicht v o r w ä r t s schaffen konnten. Wir schufen uns eine Welt der Zerstörung, und betrachteten nun in der Geschichte, im Trauerspiel, und in Gedichten unser Werk mit Wohlgefallen. Denn da allein kann es noch überblickt, und mit Wohlgefallen betrachtet werden. In der Wirklichkeit, oder in dem wirklichen Entstehen, beschäftigt es so viele Hände, und so viele Gedanken im Kleinen, daß das eigentliche G r o ß e gar nicht mehr in Betracht kommen kann. Das G r o ß e schaft sich erst nachher die zusammenfassende Phantasie. Das ist nun die phantastische Größe, das G o t t g l e i c h s e y n w o l l e n , wornach wir streben. – U m u n s e i n e i n g e b i l d e t e s G u t z u s c h a f f e n , unterziehen wir uns w i r k l i c h e n Uebeln. – So eine gebaute Stadt mit ihren Thürmen und Pallästen ist doch schön, wenn sie nun da steht; so etwas fällt doch gut ins Auge – – Ach das übertünchte Grab; mit seinen vergoldeten Leichensteinen! Inwendig nagen der Neid, die Habsucht, die quälende Unzufriedenheit, die um sich fressende Ve r g l e i c h u n g s s u c h t , an den verwesenden Leichnam des entseelten Menschenglücks. Verpestete Kerker, Zuchthäuser, Behausungen des Elends, mit Todtengerippen und Unsinn erfüllte Tempel, mühevolle Werkstätte, wo täglich das Rad des Ixion auf und nieder gewälzt wird! Sammelplätze unsinniger Vergnügungen, um von unsinnigern Arbeiten auszuruhen! Freistätte viehischer Wollust! Fürchterliche Glücksräder, die den Lohn der Mühe verschlingen, und ihn wieder aus ihrem Rachen speien, um die Faulheit zu krönen, und des Fleißes zu spotten. Und vor allen jenes fürch-terliche Glücksrad, das sich unaufhörlich dreht; aus welchem ein ieder schon bei der Geburt sein Loos zieht, das ihn entweder zur E i n s bei der N u l l , oder zur N u l l bei der E i n s bestimmt.
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Wenige giebt es hier der Gewinnste, und der Verluste unzählige; damit – o des Wahnsinns! – der Gewinn, der auf einen einzigen fällt, desto größer sey. Und was ist denn nun das am Ende für ein herrliches Werk, was uns durch alle diese Aufopferungen entstanden ist? Wo duftet denn nun die Blume die aus diesem unreinen Schutt emporsprießt? Ist es der Gedanke, den ich denke? O dieser Gedanke ist mit Bitterkeit erfüllt: er ist eine wurmstichige Frucht von dem einladenden Baume im Garten. Und doch ist der gegenwärtige Gedanke mein A l l e s in diesem Augenblicke. Er ist in diesem Augenblick der S c h l u ß s t e i n des Ganzen, das mich umgiebt; das Resultat meiner ganzen vorhergehenden Existenz; der Zweck, die Vollendung meines Daseyns, wenn ich in diesem Augenblick aufhörte zu seyn. Und dieser Gedanke ist selbst unvollendet; ein schwebender Zweifel; eine ewige Frage, die keinen Ruhepunkt findet, zu dem sie sich heruntersenken kann. Und mit dem schwebenden unvollendeten Gedanken sollt’ ich aufhören zu seyn? Und das wäre also der letzte Zweck, die höchste Vollendung der mich umgebenden Welt in mir?
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Der Prediger in der Wüsten.
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Wir feiern unsern großen Stiftungs-Tag, Den wir nach unserm ersten Stifter nennen; Doch, wenn der bloße Nahme uns nicht täuscht, So feiern wir in diesem Feste, Und in Gemeinschaft aller guten Menschen, Das schöne Fest der Weisheit und der Tugend, Der selbst Johannes in der Wüsten, unser Stifter Mit seinem Leben huld’gen mußte, Um werth zu seyn, daß eine späte Nachwelt Mit Ehrfurcht seinen Nahmen nennt.
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O daß doch nun in diesem Tempel, Der eine frohe Menschenzahl umschließt, Der Himmel mit der Erde sich vermähle, Und das Gefühl von jenem Götterfunken, Der von dorther stammt, des Maurers Brust belebe! Daß wir dem höchsten und uralten Orden Der wechselseitgen Treue und Gerechtigkeit Mit allen unsern Maurerzeichen huld’gen möchten! Damit der ganzen Welt sich offenbare, Daß unser letzter Zweck das Licht nicht scheue, Und daß kein Frevel sich zu unsern Mauern naht!
Erinnerungen aus den frühesten Jahren der Kindheit.
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Die allerersten Eindrücke, welche wir in unsrer frühesten Kindheit bekommen, sind gewiß nicht so unwichtig, daß sie nicht vorzüglich bemerkt zu werden verdienten. Diese Eindrücke machen doch gewissermaßen, die Grundlage aller folgenden aus; sie mischen sich oft unmerklich unter unsre übrigen Ideen, und geben denselben eine Richtung, die sie sonst vielleicht nicht würden genommen haben. Wenn die Ideen der Kindheit bei mir erwachen, so ist es mir oft, als ob ich über die kurze Spanne meines Daseyns zurück schauen könnte, und als ob ich nahe dabei wäre, einen Vorhang aufzuziehn, der vor meinen Augen hängt. Freilich merke ich es deutlich, daß dieses oft nur Erinnerungen von Erinnerungen sind. Eine ganz erloschene Idee war einst im Traume wieder erwacht, und ich erinnere mich nun des Traumes, und unmittelbar durch denselben erst jener wirklichen Vorstellungen wieder. Auf die Art weiß ich es, wie meine Mutter mich einst im Sturm und Regen, in ihren Mantel gehüllt, auf dem Arme trug, und ich mich an sie anschloß, ich kann die wunderbar angenehme Empfindung nicht beschreiben, welche mir diese Erinnerung gewährt.
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In meinem dritten Jahre zog meine Mutter mit mir aus meiner Geburtsstadt weg, die ich seitdem nicht wieder gesehen habe. Ich erinnere mich aber dem ohngeachtet noch einiger Gegenstände, die dort einen vorzüglichen Eindruck auf mich machten. Einer dunkeln tiefen Stube bei unserm Nachbar, den wir des Abends zuweilen zu besuchen pflegten. Der kleinen Schiffe, welche auf der Weser fuhren, und wo ich einige Weiber am Rande sitzen sahe. Eines Brunnens nicht weit von unserm Hause, dessen Bild mir immer auf eine ganz eigne Art im Gedächtniß geschwebt hat, und wobei es mir noch jetzt in diesem Augenblick ist, als ob ich wehmüthig in eine dunkle Ferne blickte. Sollten vielleicht gar die Kindheitsideen das feine unmerkliche Band seyn, welches unsern gegenwärtigen Zustand an irgend einen vergangenen knüpft, wenn anders dasjenige, was jetzt unser I c h ausmacht schon einmal, in andern Verhältnissen, da war? Unzähligemale weiß ich schon, daß ich mich bei irgend einer Kleinigkeit an etwas erinnert habe, und ich wußte selbst nicht recht an was. Es war etwas, daß ich nur im Ganzen um-faßte, was irgend eine dunkle entfernte Aehnlichkeit mit meinem gegenwärtigen Zustande gehabt haben muß, ohne daß ich mir denselben deutlich entwickeln konnte. Wenn dasjenige, was jetzt unser I c h ausmacht, schon einmal in andern Verhältnissen da war, so müßten wohl nur die halberloschnen Kindheitsideen das feine unmerkliche Band seyn, wodurch unser gegenwärtiger Zustand an den vergangenen geknüpft würde; s i e s i n d gleichsam ein zarter Faden, wodurch wir in der Kette d e r We s e n b e f e s t i g t s i n d , u m s o v i e l w i e m ö g l i c h i s o l i r t e , f ü r s i c h b e s t e h e n d e We s e n z u s e y n . Unsre Kindheit wäre dann der L e t h e , aus welchem wir getrunken hätten, um uns nicht in dem vorhergehenden und nachfolgenden Ganzen zu verschwimmen, sondern eine individuelle, gehörig umgränzte Persönlichkeit zu haben. Wir sind gleichsam in ein L a b y r i n t h versetzt, woraus wir den Faden nicht wieder zurück finden können, und ihn auch vielleicht
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nicht wieder zurück finden sollen – wir knüpfen daher den Faden der G e s c h i c h t e an, wo der Faden unsrer eignen Rückerinnerung reißt, und leben, wo unsre eigne Existenz uns schwindet, in der E x i s t e n z der Vorwelt zurück. Noch gab es keinen Theseus, der aus diesem verwickelten Lebenslabyrinthe den Ausweg durch Rückerinnerung erfunden hätte, und wenn es einen gäbe, so würde man sehr s t r e n g e B e w e i s e fordern, welche wir aufzustellen schwerlich im Stande seyn würden: die Rückerinnerung würde also ihm allein zu statten kommen, oder vielmehr nicht zu statten kommen; denn ein solcher Mensch müßte eine übernatürliche Stärke der Seele besitzen, oder die Aussicht, die sich ihm eröfnete, müßte ihm dem Wahnwitz nahe bringen, er müßte nothwendig seine i s o l i r t e I c h h e i t , seine Persönlichkeit verlieren: er würde lebend aufhören, zu seyn. So lange die Welle über die umgebende Wasserfläche emporragt, und gewissermaßen von dieser Umgebung a b g e s c h n i t t e n ist, hat sie nur ein für sich bestehendes Daseyn, ist aber gegen das umgebende Ganze u n e n d l i c h k l e i n ; so bald sie sich wieder in das umgebende Ganze verliert, ist sie m i t d e m s e l b e n zwar größer, aber sie ist nun nicht mehr was sie war; sie hat ihren A u g e n b l i c k ausgedauert, und g e r a d e d i e s e l b e n Wassertropfen werden sich vielleicht nie wieder zusammen finden, um eine Welle zu bilden. Dieß sind zwar B i l d e r u n d G l e i c h n i s s e ; allein wegen der großen Aehnlichkeit zwischen der Geister- und Körperwelt in ihren Verhältnissen, geben Bilder uns oft mehr Aufschlüße, als Abstraktionen, wenn wir sie immer nur als B i l d e r betrachten. Es ist nicht unangenehm, sich zuweilen in weiten dämmernden Aussichten, in Ahndungen und Träumen von einem vergangnen oder künftigen Daseyn anderer Art, wie das Gegenwärtige, zu verlieren, sobald dieß Verlieren ein bloßes S p i e l bleibt, und wir immer wieder zur gehörigen Zeit auf den g e g e n w ä r t i g e n L e b e n s f l e c k zurückkehren, von welchen unsre g e w i s s e s t e Glückseligkeit abhängt, und wo wir sie gleichsam a u s d e r e r s t e n H a n d erhalten.
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Laune.
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Die gute Laune, die Zufriedenheit mit uns selber ist die Mutter aller Tugenden – sie ist aber ein kostbares Ding, und zerbrechlich wie Glas. Ehe jemand zu einer solchen Fertigkeit gekommen ist, daß nichts so leicht die Grundfesten seiner Handlungen mehr erschüttern kann, muß er über die gute heitere Stimmung seiner Seele, wie über eine aufkeimende Pflanze wachen, die der kleinste Stoß vom Winde zerknicken kann. In der Folge kann man zwar schon etwas dreister seyn; aber ganz sicher nie – Man suche nur seine Arbeit lieb zu gewinnen, und sie belohnt einem mit Zufriedenheit und Vergnügen. Jemehr man seines Gegenstandes Meister wird, desto anziehender wird er für einen. Vor allen Dingen aber hat man sich vor jenem tauben Hinbrüten in Acht zu nehmen, wo ohne Ziel und ohne Zweck ein Augenblick nach dem andern verfliegt, ohne daß man g e l e b t hat. Zum mindesten mache man Beobachtungen über seinen Zustand, wenn einem sonst nichts weiter übrig ist, so wird man doch nie ohne eine interessante Beschäftigung seyn!
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Seelenheilkunde.
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Das eigentliche Glück unsres Lebens hängt doch davon ab, daß wir so wenig, wie möglich, neidisch, habsüchtig, eitel, träge, wollüstig, rachsüchtig u. s. w. sind; denn alles dieß sind ja Krankheiten der Seele, die uns oft mehr, wie irgend eine körperliche Krankheit, die Tage unsres Lebens verbittern können. Da nun das Wesen der Seele vorzüglich in ihrer v o r s t e l l e n d e n K r a f t besteht, so muß auch der Ursprung der Seelenkrankheiten in irgend einer zur Gewohnheit gewordenen unzweckmäßigen Aeußerung dieser Kraft zu suchen seyn. Denn wenn ich hier z. B. von der Tr ä g h e i t rede, so rede ich nicht von ihr, in so fern sie im Körper,
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sondern in so fern sie in der v o r s t e l l e n d e n K r a f t der Seele gegründet ist und also auch durch eine bessre Lenkung derselben ihr wieder abgeholfen werden kann. Eben so wenig aber wie es dem Lahmen etwas helfen würde, wenn ich ihm sagen wollte: bewege dich – eben so wenig würd’ ich dadurch auf den Trägen wirken, wenn ich ihm sagte: sey nicht träge, oder wenn ich ihm auch zu beweisen suchte, daß es unrecht sey, träge zu seyn. Ich m u ß vielmehr der Ursach seiner Trägheit in irgend einer verwöhnten Richtung sei-ner vorstellenden Kraft nachspähen, und der vorzüglich entgegen zu arbeiten suchen. Nun finde ich aber, daß dasjenige, was mich in Thätigkeit erhält, immer das Z u s a m m e n d e n k e n v o n U r s a c h u n d W i r k u n g ist, indem ich mir die Letztere nur möglich denke, wenn die erstere vorher gegangen ist. Ich schließe also, daß der Unthätige, der Träge seinen Geist verwöhnt hat, W i r k u n g u n d U r s a c h g e h ö r i g z u s a m m e n z u d e n k e n . Er denkt sich angenehme Wirkungen, ohne auf die Ursach oder die thätige Kraft Rücksicht zu nehmen, wodurch sie allein möglich gemacht werden können. Mein Bestreben wird also dahingehen, die Federkraft der Gedanken, den g e h ö r i g e n To n in den Vorstellungen wieder herzustellen, wodurch sie in die nöthige Verbindung gebracht werden, die dazu erfordert wird, wenn sie Handlungen veranlassen sollen. – Ich werde die Vorstellungen von den Ursachen, in die Vorstellungen von den Wirkungen die auf eine schädliche Weise von einander getrennt waren, aufs neue wieder zu verflechten suchen. Ohne dem Trägen jemals irgend einen Vorwurf über seine Trägheit zu machen, oder ihm nur den Nahmen Trägheit zu nennen, werde ich, so lange die Kur dauert, ihn in allen, was er um sich her erblickt, in allen Bequemlichkeiten, die er genießt, die Unmöglichkeit der Wirkung, ohne die Ursach, so lange bemerken laßen, bis seine vorstellende Kraft sich endlich selbst zu dieser immerwährenden R i c h t u n g im Denken wieder g e w ö h n t ; so daß an irgend einer angenehmen
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Idee aus der Region der Vorstellungen von den Wirkungen, sich immer aus der Region der Vorstellungen von den Ursachen, die minder angenehme, wodurch jene allein wirklich gemacht werden kann, u n willkührlich anschließt. So scheint es, daß der N e i d vorzüglich in einem Mißbrauch der v e r g l e i c h e n d e n Kraft der Seele gegründet ist. I n e i n e r z u g r o ß e n A u f m e r k s a m k e i t a u f d i e Ve r h ä l t nisse der Dinge, ohne Rücksicht auf die Dinge selbst. Statt daß ich also die Vorstellungen des Trägen mehr in Verbindung, in Wirkung und Gegenwirkung auf einander zu bringen suche, muß ich die Vorstellungen des Neidischen, so lange die Seelenkur dauert, vom Morgen bis an den Abend, bei allen Gegenständen, die er um sich her erblickt, zu isoliren suchen. Ich muß ihn durch Uebung lehren, das, womit sich seine Denkkraft beschäftiget, ganz an und für sich, und in sich vollendet, ohne Rücksicht auf irgend etwas anders, zu betrachten. – Die Habsucht scheint in einer Verwöhnung der vorstellenden Kraft zu liegen, s i c h m i t d e n D i n g e n a u ß e r s i c h z u o f t z u s a m m e n z u d e n k e n ; wodurch man am Ende unfähig wird, die gehörigen Grenzlinien zwischen seinem I c h , und den nächsten Umkreisen desselben zu ziehen. Wo also die Anlage zu dieser Seelenkrankheit bemerkt wird, da kömmt es wohl vorzüglich darauf an, daß man der ver-wöhnten Denkkraft vom Morgen bis an den Abend, dadurch entgegen zu arbeiten sucht, daß man bei der Betrachtung aller äußern Gegenstände, die G r e n z l i n i e zwischen denselben und unserm Ich so genau wie möglich zieht, – daß man ihren a b s t e c h e n d e n U n w e r t h gegen das denkende Wesen immer auffallender macht, – die ganze Summe von Vorstellungen, die unter dem H a b e n begriffen sind, gegen diejenigen, die das S e y n in sich faßt, auf alle Weise zu schwächen, und zu verdunkeln sucht. Bei dem Verschwender, der sich selber nur zu sehr genug ist, sieht man leicht, daß man den ganz entgegengesetzten Weg wird gehen müssen.
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Die vorstellende Kraft des Wo l l ü s t i g e n i s t z u s e h r a u f s e i n e n K ö r p e r a l s M a t e r i e geheftet. – Man lehre ihn unablässig den wunderbaren Bau und Zusammensetzung desselben, wodurch er zu Bewegung und Eindruck fähig wird, und die Einbildungskraft des Wollüstigen wird, wenn sie nicht in hohem Grade verderbt ist, gereinigt werden. Die Eitelkeit entsteht aus einer Verwöhnung unsrer Denkkraft, wo wir unser eignes I c h nicht nur zum G e g e n s t a n d e , sondern auch zugleich zum Z w e c k unsers Denkens machen. Wir können und müssen unser eignes I c h notwendig zum G e g e n s t a n d e unsers Denkens machen, wenn wir je in die Natur unseres Wesens tiefer eindringen wollen; aber ein edles Gemüth wird doch vorzüglich zu dieser Aufmerksamkeit auf sich selber angespornet, um auch andern dadurch nützlich zu seyn. – Der eitle Mensch hingegen denkt nichts, als sich, und denkt sich, und alles übrige, was er denkt, auch bloß um s e i n e t w i l l e n . – Er ist immer der Mittelpunkt von allem. – Dieser Verwöhnung der Denkkraft wird vielleicht am besten durch ein zweckmäßiges Studium der Geschichte und Astronomie entgegen gearbeitet werden können. – Diese Seelenkrankheit ist übrigens vielleicht am schwersten zu heilen; sie ist zu sehr in das Innerste des Menschen verwebt; man müßte ihn gleichsam aus sich selbst herausreißen. – Wenn die Kur nicht gefährlicher wäre, als die Krank-heit, so würde man sie vielleicht noch am ersten unterdrücken können, indem man bei einem sehr eitlen Menschen die vergleichende und Verhältnisse beobachtende Kraft der Seele vorzüglich zu erwecken suchte, wodurch aber wieder der Neid als eine neue und gefährlichere Seelenkrankheit verursacht werden würde.
Die Schöpfung in der Seele des Menschen. (Er scheidete das Licht von der Finsterniß.) 30
Auf den ersten Unterschied zwischen Licht und Finsterniß, folgte der zweite große Unterschied zwischen Himmel und Erde; und dann der dritte zwischen Erde und Wasser.
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Es ist gleichsam, als ob der betrachtende Mensch diese großen Unterschiede erst hätte bemerken müssen, ehe noch seine Aufmerksamkeit auf die kleinern fallen konnte. Nachdem er sich oft über die größte Erscheinung in der Natur, über den aufgehenden Tag und über die dämmernde Nacht gewundert hatte, so fiel seine Aufmerksamkeit auf einen neuen Unterschied indem er erst über sich und dann vor sich nieder blickte, oben das glänzende Blau des Himmels, und zu seinen Füßen die dunklere, feste Erde sahe. Nachdem dieser Unterschied seine Sinne genug beschäftiget hatte, so fing er nun an auf der Erde selbst, worauf sonst noch alles ohne Figur und Gestalt vor seinen Blicken schwankte, den auffallendsten Unterschied zwischen der undurchsichtigen Erde und dem spiegelhellen Wasser zu bemerken. Und nun entdeckte er allmälig die kleinern Unterschiede zwischen den Gegenständen, die ihm sonst noch alle in eins zu fließen schienen; zuerst hielt sich seine Aufmerksamkeit an den leblosen Gegenständen fest, weil diese seiner Vorstellung nicht so schnell entwischen konnten. Aufmerksamer betrachtete er die Fläche der Erde, und prägte sich ein Bild von den Bäumen und Pflanzen ein, die auf ihr wachsen; er blickte gen Himmel, und lernte nach und nach die Sonne, den Mond und die Sterne von dem Himmel, an dem sie glänzten, unterscheiden. Endlich gelang es ihm auch sich ein festes Bild von den lebenden und webenden Geschöpfen, von den Vögeln unter dem Himmel, von den Fischen im Wasser, und von den Thieren auf der Erde einzuprägen. Nachdem er auf die Weise die ganze Natur außer sich unterscheiden gelernt hatte, so gelangte er zu dem völligen süßen Bewußtseyn seiner selbst, wodurch er sich von allem, was ihn umgab, unterschied. – Wie natürlich sind dieser Erzählung zugleich die simpelsten Begriffe von Zeit und Zahl mit eingewebt, welche durch die beständige Wiederkehr einer und ebenderselben Naturerscheinung, Morgen und Abend, nothwendig erweckt werden mußten; daher die öftere Wie-
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derholung: so ward aus Abend und Morgen der erste, zweite Tag u. s. w. So lange der Mensch noch ohne Sprache war, muß die Welt gleichsam ein Chaos für ihn gewesen seyn, worin er nichts unterscheiden konnte, wo alles wüste und leer war, und Dunkel und Finsterniß herrschte. – Da aber die Sprache mit ihren ersten Tönen die schlummernde Vorstellungskraft erweckte, da fing es an zu tagen; und die Morgendämmerung brach hervor – die Schöpfung, welche der Mensch vorher als eine unförmliche und ungebildete Masse betrachtet hatte, bekam nun allmälig in seiner Vorstellung Bildung und Form, das blaue Gewölbe des Himmels zog sich über ihm in die Höhe, und vor ihm sank die Fläche der Erde. – Die Wasser sammelten sich in Meere und Flüsse, und vor seinen Blicken ragte das Land empor – die Ceder und der Grashalm gewannen in seiner Vorstellung Umfang und Gestalt – die Sonne am Himmel ründete sich in seinem Auge – jedes Thier erhielt seine Form, und stand in seiner eigenthümlichen Bildung vor ihm da. So lernte der Mensch allmälig das Einzelne im Ganzen unterscheiden – wie ein Schiffer in trüber Dämmerung erst nichts als Himmel und Wasser siehet, dann in dunkler Ferne ein Land entdeckt, das sich erst unförmlich aus dem Meere emporhebt, bis es dem Auge im-mer näher kömmt, und immer mehr Gestalt und Form gewinnt, daß der spähende Blick nach und nach Berge, Thäler und Flüsse, und endlich gar Bäume, Hütten und wandelnde Menschen darauf unterscheiden kann, und nun die ganze schöne Landschaft geschmückt mit Wäldern und Wiesen, und von Bächen und Flüssen durchschnitten, im Glanz der Morgensonne vor ihm da liegt.
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Daß nicht die Sprache gleichsam ein zufälliger Fund des Menschen sey, wodurch er sich vom Thier unterscheidet, sondern daß seine Denkkraft an und für sich selbst ihn schon vom Thier unterscheidet, indem sie sich selbst unter dem Mangel artikulirter Töne, empor
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arbeitet, und sich eine Sprache schaft, sie mag auch die Materialien dazu nehmen, woher sie wolle. – Diß lehrt uns der Taub- und Stummgebohrne. Jeder durchbrechende Strahl der Vernunft muß uns bey einem Taub- und Stummgebohrnen vorzüglich willkommen seyn, weil wir hieraus die Macht des menschlichen Geistes erken-nen, der selbst durch die Beraubung eines ganzen Sinnes nicht unterdrückt werden u n d v o n s e i n e m e i g e n t h ü m l i c h e n We s e n , v o n s e i n e r e i g e n t l i c h e n vorstellenden Kraft, nichts verlieren kann – obgleich eine der Pforten, wodurch täglich eine solche Menge Ideen einströmen, gänzlich verschlossen ist. – Wie groß aber dieser Mangel sey, läßt sich schon aus der Betrachtung abnehmen, daß durch das Ohr in eben der Zeit die vergangne oder entfernte Welt vor die Seele gebracht werden kann, in welcher die gegenwärtige sichtbare Welt ihr durch das Auge dargestellt wird. – Ohne daß meine Vorstellung von den vier Wänden und den Fenstern meines Zimmers, welche jetzt mein wirkliches Daseyn einschließen, nur im mindesten unterbrochen oder gestört wird – kann ich einer Erzählung von Bergen, Thälern, reißenden Strömen, und Schlachten zuhören, dabei bleiben aber meine Ideen in ihrer Ordnung – Durch das Auge, in welchem sich nichts als die vier Wände und die Fenster meiner Stube darstellen, werde ich auf den gegenwär-tigen Fleck meines Daseyns fixirt – und kann nun meine übrigen Vorstellungen sicher über Meere, Berg’ und Thäler umherschweifen lassen – es steht jeden Augenblick in meiner Macht, sie auf den gegenwärtigen Fleck wieder zurück zu rufen. – Die einförmigern sich gleich bleibendern Gesichtsideen sind gleichsam der Stift, um welchen sich die ungeheure Mannichfaltigkeit der zuströmenden Gehörsideen drehet. – Ich habe einen festen Mittelpunkt meiner Vorstellungen – meine Begriffe sind nicht in Gefahr, sich zu verwirren. – Die Vergangenheit hüllt sich in das Gewand der Worte ein, um den immer neu aufsteigenden Bildern Platz zu machen, und demohnge-
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achtet nicht zu verschwinden. – Meine ganze vorstellende Kraft ist in einer andern Lage, bei dem, was ich mit meinen Augen sehe, und bei dem, was ich nur mit meinen Ohren erzählen höre. – Ja, es scheint, als wenn ohne das Ohr weder Ve r g a n g e n h e i t noch Z u k u n f t in unsrer Vorstellung recht statt finden könnte – denn bei dem Auge ist beständige G e g e n w a r t , durch das Auge wird Die N e b e n e i n a n d e r s t e l l u n g , durch das Ohr die S u c c e s s i o n der Ideen bewirkt. Auge – Ohr – Mahlerei – Musik – Nebeneinanderstellung – Succession – Die schönen Künste sind ein Abdruck der Natur im verjüngten Maaßstabe – Die ganze äußre Welt sowohl als unsre innre Ideenwelt zerfällt in Mahlerei und Musik – Bild und Wort – Sache und Rede. – Unsre Vorstellungen sind die Mahlerei der Welt, sie können nur darstellen, was a u f e i n m a l da ist – unsre Sprache ist die Musik unsrer Vorstellungen – sie schildert das A u f e i n a n d e r f o l g e n d e , sie läßt unsre Gedanken, u n b e s c h a d e t d e s G e g e n w ä r t i g e n , in die Vergangenheit und in die Zukunft schweifen – bewahrt in dem kleinen Umfange von vier und zwanzig artikulirten Tönen, den Schatz der j e d e s m a l i g e n D e n k b a r k e i t irgend eines Stücks aus der ganzen ungeheuren Ideenwelt auf. – Das Ohr hat bei mir die Vergangenheit immer mehr an die Gegenwart geknüpft, als das Auge. – So oft ich an einem entfernten Orte war, und über dem Anblick der Häuser, der Thürme, des Steinpflasters alles Vergangne und Entfernte vergaß, und mich nur auf den gegenwärtigen armen Fleck meiner Existenz eingeschränkt fühlte, war es der Klang der Glocken, der mich zurückrief, und mir Ve r g a n g e n h e i t und E n t f e r n u n g wieder lebhaft vor die Seele brachte. –
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Woher käme das, als weil die S u c c e s s i o n der Ideen durch den Schall in meiner Seele angeregt und herrschend geworden war? – Alle die sichtbaren Gegenstände um mich her schienen dann auch eine andere Gestalt anzunehmen – sie kamen mir in einem andern Lichte vor, da ich sie mit dem Vergangnen und Entfernten zusammenstellte. – Wäre aber die mit der Vorstellung des Gegenwärtigen gleichzeitig verbundne Vorstellung des Vergangnen und Entfernten nichts als das Resultat von der Zusammenstellung zweier sinnlichen Werkzeuge, wie Auge und Ohr – so müßte bei dem Mangel oder der Unbrauchbarkeit des einen oder des andern dieser sinnlichen Werkzeuge die vorstellende Kraft gleichsam h a l b i r t , bei dem Blindgebohrnen müßte nichts, als Succession, und bei dem Taub- und Stummgebohrnen nichts als Nebeneinanderstellung der Ideen statt finden. – Arbeitet sich aber die vorstellende Kraft selbst durch den Mangel oder Unbrauchbarkeit eines dieser sinnlichen Werkzeuge durch – und sucht sie sich selber diesen Mangel auf irgend eine Art zu ersetzen, so muß sie nothwendig mehr als das bloße Resultat der Zusammenstellung dieser sinnlichen Werkzeuge seyn. – In dieser Rücksicht sind also sorgfältige Beobachtungen über Taubstumme gewiß von sehr großem Werth – und sind für den Denker sogar zu dessen Beruhigung nöthig. – Dieser kann sich nicht enthalten, sich allemal in die Stelle des unglücklichsten unter seinen Mitgeschöpfen zu setzen; und würde sich seiner eignen Vorzüge nicht wohl freuen können, so bald er glauben müßte, daß irgend eines seiner Nebengeschöpfe eigentlich v e r n a c h l ä s s i g e t wäre – denn er betrachtet die Sache derselben, als seine eigne Sache. – Es liegt ihm daran, daß auch ein Taub- und Stummgebohrner das edle Vergnügen des Denkens genieße, worauf derselbe sowohl als irgend ein andres Wesen seiner Art gerechte Ansprüche machen kann. Schrecklich wäre der Zufall der Geburt, wenn ein Taub- und Stummgebohrner nie vernünftig denken k ö n n t e . – Mein Selbstgefühl schaudert vor diesem Gedanken, wie vor dem Rande eines Abgrundes zurück. – Mir schwindelt vor dieser fürchterlichen Nähe des
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Zufalls, dem ich durch nichts hätte ausweichen können – ich fühle mich taub- und stummgebohren – und sollte nie vernünftig denken – ein Ich ohne Ichheit – ein Wesen ohne Zweck – ein wandelnder Traum seyn? – Kömmt nicht durch das vernünftige Denken erst Plan und Zweck in mein ganzes Leben? – Würde ohne diese Eigenschaft mir nicht mein Daseyn selbst eine Marter seyn? Und ist es mir nicht eine Marter gewesen, so oft ich meine ganze Denkkraft nicht wirken, und durch sie die Nebel, welche meinen Geist umhüllten, zerstreuen ließ? – Wie u n s i c h e r stünde es denn um meine eigne Menschheit, wenn es Taubstumme gäbe, die wirklich wegen Mangel der Sprache nur h a l b M e n s c h und h a l b T h i e r wären, und dieß nun einmal nothwendig seyn müßten! –
Man kann kein Bild, keine Figur erfinden, die nicht außer der Idee des Menschen noch irgend wo in der Natur statt finde – aber die ganze Natur außer dem Menschen, die ganze Thierwelt und alle Flüsse und Winde bringen keinen a r t i k u l i r t e n To n hervor. – Dieser ist und bleibt das Eigenthum des Menschen, wodurch er sich gleichsam zum Herrn der ihn umgebenden Natur macht, und alles unter das Gebiet seiner allmächtigen Denkkraft zwingt. – Er kann das unermeßliche Weltall, welches vor ihm steht, vermittelst dieser Zeichen in- und auseinanderwickeln – auf der Walze stehen vier und zwanzig Stifte, in denen die unendliche Harmonie dieses ganzen Weltalls mit allen ihren Melodien schlummert. – Dieß erhabene Werkzeug des Denkens ist nun gleichsam aus der Seele des Taubstummen herausgenommen – was ist an dessen Stelle gesetzt? – Ist es etwas dem ungeheuren Umfange der chinesischen Bilderschrift ähnliches, statt der simpeln Buchstabenschrift? – So müßte es dem Taubstummen eben so erstaunlich schwer werden, jemals schnell und geläufig zu schreiben und zu lesen. –
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Das Werkzeug des Denkens bei dem Taubstummen würde stets zu unbehülflich bleiben, sich der umgebenden Welt damit zu bemächtigen – die umgebende Welt würde sich vielmehr seiner bemächtigen, sie würde s i c h m e h r i n i h m d a r s t e l l e n , als daß er s i c h d i e s e l b e v o r s t e l l t e . – Seine Denkkraft verhielte sich immer mehr leidend, als thätig. – Wie soll sie sich unter diesem Druck, unter diesem Mangel emporarbeiten – auf welche Art wird die Denkkraft in dem ganzen Leben eines Taubstummen erhöht? Sie kann nicht anders erhöht werden, als d u r c h e i n b e s t ä n d i g e s S t r e b e n n a c h S i m p l i f i c i r u n g d e r Z e i c h e n , vermöge deren der Taubstumme die ihn umgebende Welt in seinem Kopfe zu ordnen sucht – erlangt er nun gleich durch dieses Streben nie seinen Zweck, so ist doch dieß unwillkürliche Streben selbst schon eine unmerkliche Uebung der Denkkraft – und wenn es vorzüglich auf Erhöhung derselben ankömmt, so ist es gleichviel, wodurch sie erhöht wird. – Indem der Taubstumme, durch das Bedürfniß, sich andern verständlich zu machen, genöthigt wird, Zeichen zu erfinden, bei denen andere sich irgend ein Ganzes denken sollen, so wie er es sich dabei denkt, und indem er zu dem Ende irgend einen Theil eines Ganzen zum Zeichen des Ganzen macht – so lernt er unvermerkt, d a s e i n z e l n e m i t b e s t ä n d i g e r R ü c k s i c h t a u f d a s G a n z e , betrachten. – U n d d a ß w i r d i e ß , s e y e s a u c h a u f n o c h s o v e r s c h i e d e n e We i s e , l e r n e n – s c h e i n e t d o c h d e r e i g e n t l i c h e Endzweck unsres Erdenlebens zu seyn. – Kein denkendes Geschöpf, bei dem dieser Endzweck, sey es auch auf welche Art es wolle, erreicht ist, scheint mir vernachlässiget zu seyn. – Nehme ich dieses zum letzten Zweck bei der Schöpfung der Geisterwelt an, so lösen sich mir alle Räthsel i n d e r m o r a l i s c h e n We l t a u f – i c h s e h e n i c h t s , a l s P l a n , Ordnung und Zusammenhang, wo ich sonst nur zweckl o s e s S t r e b e n , U n o r d n u n g u n d Ve r w i r r u n g s a h e .
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In diesem letzten großen Gesichtspunkte müssen alle übrigen zusammentreffen – und jede andere Betrachtung muß sich in dieser verlieren. Es kömmt, i n d e r a l l e r l e t z t e n R ü c k s i c h t , nicht sowohl auf den Gegenstand des Denkens, als auf das Denken selber, und die dadurch erworbnen bleibenden Fertigkeiten der Seele an. – Ob nun der Taubstumme seine Denkkraft an der Sache selber oder an den Zeichen übt, wodurch er, vom Bedürfniß sich verständlich zu machen, gedrungen, die Vorstellungen von den Sachen selbst in seinem Kopfe zu ordnen sucht, dieß ist in Ansehung der eigentlichen Veredlung seines Wesens dasselbe. – Der gegenwärtige Gebrauch unserer Denkkraft scheint nach diesem allen noch nicht Zweck zu seyn, sondern es scheint, als ob sie durch denselben nur gleichsam zu einem höheren Gebrauch erst geschliffen werden soll. – Dieser Gedanke beruhigt und tröstet mich beim Anblick der moralischen Welt – ich betrachte sie als Gerüste um ein Gebäude – das einst aus dieser Entstellung rein geglättet und majestätisch emporsteigen wird, wenn das unbrauchbar gewordene Gerüste umher wegfällt. – Der Taubstumme übt seine Denkkraft, indem er von dem Bilde des Königes den Stern auf der Brust desselben heraushebt, und ihn zum Zeichen des Ganzen macht – ich übe meine Denkkraft indem ich über diese Bezeichnungsart des Taubstummen Betrachtungen anstelle – u n d w i r s i n d b e i d e u n v e r m e r k t d e m Z i e l e d e r E r h ö h u n g u n s e r s We s e n s n ä h e r g e r ü c k t . –
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ist ein Ausdruck, dessen man sich oft bedient, ohne recht aufmerksam auf den Begriff zu seyn, welchen er bezeichnet, und welcher vielleicht einer unserer schwersten Begriffe ist. –
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Zu jeder deutlichen Vorstellung gehöret gleichsam ein M i t t e l p u n k t und ein U m k r e i s – setze ich nun den seynsollenden Mittelpunkt eines Umkreises nicht gerade in die Mitte desselben, so kann ich unmöglich eine deutliche Idee von dem Umkreise erhalten, der eine Theil desselben muß gleichsam aus der Sphäre meiner Betrachtung wegfallen – ich urtheile daher falsch – das Wohlgeordnete und Gerade kömmt mir schief, ungrade vor – ich habe die Sache nicht aus dem rechten Gesichtspunkte betrachtet. – Der Mittelpunkt des Umkreises ist der Z w e c k , worauf sich alles übrige bezieht, wie die Radien eines Zirkels auf den Mittelpunkt desselben. – Nehme ich z. B. einen untergeordneten Zweck für den Hauptzweck, so muß mir nothwendig ein großer Theil der Dinge, die ich aus einem Gesichtspunkte betrachte, unzweckmäßig scheinen – der Zirkel ist nicht gehörig geründet – ich kann die Sache nicht fassen. – Nun sagt man aber, gewiß aus einem dunklen Gefühl der eingeschränkten Kraft unsers Denkens, d e n r e c h t e n G e s i c h t s p u n k t t r e f f e n – gleichsam, als ob man nur z u f ä l l i g e r Weise darauf stieße, indem man t r e f f e n muß, wie etwa der schwarze Punkt in der weißen Scheibe von dem geübten Schützen getroffen wird. – Worin besteht nun aber diese Kraft, den rechten Gesichtspunkt zu treffen? Der Schütze hat den schwarzen Punkt in der weißen Scheibe schon vor sich – er hat den Gesichtspunkt schon, es kömmt nur darauf an, daß er diesen Gesichtspunkt unverrückt erhält, damit der Schuß nicht vorbeitreffe. – Indem wir aber unsre Ideen ordnen, so sollen wir den rechten Gesichtspunkt selbst erst finden – wir nehmen auf gut Glück einen an, und beschreiben aus demselben einen Zirkel – eine große Anzahl unsrer Ideen will sich nicht hineinfügen und fällt außer diesem Zirkel – wir sehen zwar einige Ordnung und Beziehung in unsern Gedanken – aber a l l e s will sich nicht in diese Ordnung hineinziehen lassen – wir wählen daher einen andern Gesichtspunkt, und kommen endlich durch mehrere mißlungne Versuche auf den rechten – so wie
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bei einer Art von Rechenexempeln, wo man auch erst durch eine Anzahl möglicher Fälle, die man setzt, das Verlangte herausbringt. – Wir müssen auf die Weise selbst die Wahrheit gewissermaßen nur zufälliger Weise f i n d e n – und darin besteht das Wesen, die e w i g e Te n d e n z unsrer Denkkraft – den ganzen Umfang unsrer Ideen auf irgend einen Mittelpunkt zu beziehen, worin sie alle wie die Radien eines Zirkels sich vereinigen – diesen Mittelpunkt ausfindig zu machen, dahin ist das Streben aller denkenden Köpfe in jedem Zeitalter gegangen. – Es ist das Wesen unsrer Seele, so wie es zum Wesen der Spinne gehört, sich zu dem Mittelpunkte ihres Gewebes zu machen. – Diese Tendenz nach Wahrheit nach Bezie-hung und Ordnung in unsern Gedanken und Vorstellungen ist unser Instinkt, es ist ein Bestreben, wozu wir weiter kein Motiv haben, als die Natur unsres Wesens. Daß wir aber des rechten Gesichtspunktes auch verfehlen k ö n n e n , und die Natur unsres Wesens nicht bis dahin reicht, daß wir ihn notwendig treffen m ü s s e n – dieß gibt unserm Denken F r e i h e i t , und nimmt unsrer Denkkraft wieder das Instinktmäßige – daß wir irren k ö n n e n , ist daher einer unser edelsten Vorzüge – es ist uns zwar unmöglich, nach dem Irrthum zu streben – aber es ist uns möglich, demohngeachtet auf den Irrthum zu gerathen – und nachher wieder einzusehen daß wir darauf gerathen sind – dieß giebt unsrer Denkkraft S e l b s t t h ä t i g k e i t – sie m u ß ihrer Natur nach immer nach Wahrheit streben – aber sie m u ß sie nicht ihrer Natur nach auch finden – sie muß das Mannichfaltige auf einen Zweck zu beziehen suchen – das heißt: sie muß aus dem Mannichfaltigen einen Gegenstand herausheben, den sie zum Mittelpunkt der übrigen macht – aber sie kann sich diesen Gegenstand selber w ä h l e n – sie kann jedes Einzelne in irgend einem Ganzem mit der Würde des Zwecks bekleiden, und dem Ganzen Beziehung darauf geben. – Dieß hat sie auch gethan – keine Kunst, keine Wissenschaft ist wohl z. B. die nicht einmal in dem Kopfe irgend eines Menschen zum Zweck alles übrigen gemacht wäre. –
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Nun kann also ein Wetteifer unter allen den verschiednen denkenden Kräften auf Erden entstehen – indem immer einer noch einen bessern Gesichtspunkt als der andere findet, woraus er die Dinge betrachtet, und man auf die Weise dem eigentlichen Mittelpunkte, oder dem eigentlichen Ziel alles menschlichen Denkens immer näher kömmt, ohne es vielleicht je ganz zu erreichen. – –
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Die Dankbarkeit gegen Gott erhöhet unsre Freuden auf Erden. Eine Predigt, in der St. Katharinenkirche zu Braunschweig am 27sten August 1780 5
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L i e b r e i c h e r Va t e r d e r M e n s c h e n , D u h a s t u n s z w a r v e r sprochen, daß Du uns in der Ewigkeit erst vollkommen glücklich machen willst, demohngeachtet aber gewährst Du uns auch hier schon manche Freuden. Du hast auch unserm Herzen das süße Gefühl der Dankbarkeit eingesenkt, welches unsre Freuden noch erhöh e n u n d v e r s c h ö n e r n k a n n . Wa r u m h a s t D u d a s g e t h a n ? – Nicht um deinetwillen, sondern um unsertwillen. Du wirst durch unsern Dank nicht glücklicher, nicht seliger; wir aber sollten dadurch froher und vergnügter werden, sollten jedes Glück des Lebens doppelt empfinden, wenn wir es mit dankbarem Herzen genössen. O , l a ß h e u t e e i n e n B l i c k a u f d e i n e Wo h l t h a t e n e i n e s o l che Dankbarkeit in uns erwecken, welche stark genug ist, daß sie in den trübsten Stunden, bei den schwers t e n L e i d e n , u n d s e l b s t i m To d e n i c h t w i e d e r v e r l ö schen kann! Laß diese Dankbarkeit uns hinüber geleiten in ein besseres Leben, wo sie unaufhörlich unsre Freuden erhöhen wird, und von unsern Freuden wieder erhöhet werden soll! Amen. Die Religion Jesu, m. Z., schreibt uns Pflichten gegen Gott, gegen unsern Nächsten und gegen uns selbst vor. Die Pflichten gegen uns selbst und gegen unsern Nächsten sollen unser wechselseitiges Glück befördern, aber die Pflichten gegen Gott sollen doch nicht Gottes Glück befördern, weil er schon an sich unendlich selig ist. Was mag also Gott wol für einen Endzweck dabei gehabt haben, wenn er uns auch Pflichten gegen sich vorschrieb? Gewiß keinen andern, als daß
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der Vortheil von der Ausübung unsrer Pflichten gegen ihn ganz allein auf uns zurückfallen sollte. Darum wollte er also, daß wir ihn lieben sollten, damit wir, aus Liebe zu ihm, seine Vorschriften desto williger beobachten, und eben dadurch desto glücklicher werden möchten: darum wollte er, daß wir auf ihn ver-trauen sollten, damit wir desto ruhiger und unbesorgter durch die Gefahren dieses Lebens hinwandeln, und ihm unser Schicksal ganz überlassen möchten: darum wollte er, daß wir dankbar gegen ihn wären, damit diese Dankbarkeit uns seine Wohlthaten erst recht fühlbar machen, ihren Werth erhöhen, und uns den rechten Gebrauch derselben lehren sollte. Woher kömmt es aber, daß demohngeachtet die Empfindungen der Liebe, des Vertrauens und der Dankbarkeit gegen Gott so oft in unsrer Seele matt werden und erkalten? Vielleicht daher, weil Gott ein Wesen ist, das wir nur denken können; und weil sich iene Empfindungen bloß auf die Vorstellungen gründen, die wir uns von Gott machen, so daß sie ihre Lebhaftigkeit verlieren, so bald es diesen Vorstellungen an der gehörigen Stärke und Deutlichkeit mangelt. Da nun so viele äussere Gegenstände unsre Gedanken von Gott abziehen, so ist es sehr gut, wenn wir zuweilen die Vorstellungen von ihm in unsrer Seele recht lebhaft wieder zu erwecken suchen, damit unser Vertrauen, unsre Liebe und unsre Dankbarkeit gegen ihn dadurch neue Stärke erhalten. Wir wollen das auch heute thun, und wollen, nach Anleitung unsers Textes, unser Augenmerk insbesondere darauf richten, wie wir Dankbarkeit gegen Gott in unsern Herzen erwecken können. Wir wollen sie, zu dem Ende, aus dem liebenswürdigen Gesichtspunkte betrachten, wie sie selbst unsre Freuden auf Erden erhöhen kann. Wenn also die Dankbarkeit gegen Gott in unsern Herzen erloschen wäre, so wollen wir sie aufs neue wieder anzufachen suchen; wenn sie nicht erloschen ist, so wollen wir sie desto stärker zu entflammen suchen, und flammt sie dann schon stark genug, so soll sie zum Throne des Ewigen emporsteigen, und ihm ein wohlgefälliges Opfer seyn. Gott segne unsre heutige Betrachtung! Wir rufen ihn darum an, und beten: Va t e r u n s e r u. s. w.
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Text. Luc. 17,11–19.
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Und es begab sich – dein Glaube hat dir geholfen. Diese Geschichte, m. Z., flößt uns eine innige Liebe und Ehrfurcht gegen unsern göttlichen Erlöser ein, welcher sein ganzes Leben dazu anwandte, Menschen glücklich zu machen, und bei seinen Wundern gemeiniglich den doppelten Endzweck hatte, theils seine Lehre zu bestätigen, theils denen Menschen, an denen er seine Wunder verrichtete, Wohlthaten zu erzeigen. Das war auch hier der Fall: Jesus gab zehn Menschen das größte Kleinod des Lebens wieder, was allein ihre Tage erheitern, und ihnen iede Freude auf Erden wieder schätzbar machen konnte. Dieß Wunder bestätigte ebenfalls seine göttliche Lehre, und hatte also die herrlichsten Folgen auf die Zukunft, und zugleich wurden auch schon damals zehn Menschen dadurch glücklich gemacht. – Diese Geschichte flößt uns ferner eine Liebe und Zuneigung zu dem Samariter ein, welcher mit dankbarem Herzen zurückkehrte, so bald er gesund geworden war, seinen Wohlthäter aufsuchte, und mit lauter Stimme Gott lobte und preisete: wir freuen uns über seine Genesung wegen seiner Dankbarkeit. – Diese Geschichte aber flößt uns auch eine Abneigung und Widerwillen gegen die Uebrigen ein, die eine eben so große Wohlthat, wie der Samariter, empfangen hatten, und dennoch den Geber derselben so bald vergessen konnten. Und doch waren der Undankbaren neun, und dankbar war nur Einer. Es wäre nicht gut, m. Z., wenn dieß Verhältniß in Ansehung der Dankbarkeit noch überhaupt von den Menschen gelten sollte, so daß nur der zehnte Theil von allen für die Wohlthaten Gottes dankbar wäre; sollte es aber dennoch seyn, so wollen wir uns wenigstens bestreben, unter diesem zehnten edlern Theile von Menschen mit begriffen zu seyn. Das Beyspiel des dankbaren Samariters soll uns hier zur Aufmunterung dienen. Wer empfand das Glück der Genesung am stärksten? Wer freute sich am meisten darüber? Ganz gewiß der Samariter, sonst wäre er nicht so dankbar gewesen. Warum konnte er sich aber am meisten über die empfangne Wohlthat freun? Weil
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sein Herz vielleicht noch am unverdorbensten war, weil er unter den Uebrigen noch am wenigsten eigennützig dachte. Er stellte sich lebhaft den entsetzlichen Zustand vor, in welchem er sich vorher befunden hatte, und dieß vergrößerte nun die Freude über sein gegenwärtiges Glück: und nun konnte er nicht eher ruhen, er mußte erst seinen Wohlthäter aufsuchen, mußte ihm seinen Dank bezeigen; dieß schien gleichsam an seinem Glück noch zu fehlen, und als er dieß erst thun konnte, da war auch seine Freude vollkommen; er konnte nicht eher zufrieden seyn, bis es sein Wohlthäter wenigstens erst wußte, daß er nicht undankbar gegen ihn wäre. Gewiß hatte der Samariter ein edeldenkendes Herz, und bei allen edeldenkenden Herzen ist die Dankbarkeit Bedürfniß; sie können nicht eher ruhen, bis sie dieselbe erst auf eine oder die andre Art an den Tag gelegt haben. Die Dankbarkeit sollte das Band der menschlichen Gesellschaft knüpfen, darum ist sie eigentlich allen Menschen schon von jeher in die Natur gelegt. Das sieht man an den Heiden, welche den wahren Gott nicht kannten, und daher ihre Zuflucht zu leblosen Dingen nahmen, um doch etwas zu haben, dem sie ihre Dankbarkeit bezeigen könnten. – Das sieht man an dem Kinde in der Wiege, das der Mut-ter, die ihm Nahrung giebt, schon seinen Dank entgegen lächelt – man sieht dieß an so manchen angenehmen, täuschenden Vorstellungen, die wir uns machen, wenn es uns scheinet, als ob die Vögel in den Lüften Gott, ihrem Schöpfer, ein Loblied sängen, als ob die Blumen auf dem Felde ihm zu Ehren dufteten, und als ob das Wild aus seiner Höle ihm seinen Dank entgegen brüllte. Diese Vorstellungen gefallen und rühren uns; es ist, als ob die ganze Natur mit unsern innern Empfindungen in schönster Harmonie zusammenstimmte. Daß die Dankbarkeit unsern Herzen natürlich ist, können wir selbst schon daraus sehen, daß wir wenigstens mit Worten, sowol gegen Gott als gegen andre Menschen, sehr freigebig sind, wenn es uns gleich an Muth gebricht, unsern Dank durch die That zu beweisen; fühlten wir nicht tief in uns das Bedürfniß der Dankbarkeit, so würden wir auch die Worte weglassen. Ist uns nun aber dieß Gefühl der Dankbarkeit, als Menschen, schon natürlich, was sollte es uns nicht, als Christen, seyn, uns, die wir
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mit dem theuren Blute Jesu Christi erkauft sind, uns, denen er Vergebung der Sünden und ein ewiges Leben erworben hat? O Schande für uns, daß wir dieß Gefühl der Dankbarkeit erst in uns erwecken müssen, daß es nicht von selber schon in die feurigsten Lobgesänge und in tausend edle Handlungen überströmt! – Aber wir wollen diese Dankbarkeit gegen Gott in uns zu erwecken suchen, und hätte sie auch Tage und Jahre lang noch so fest in unsrer Seele geschlafen, so soll die Stimme der Natur und die Stimme der Religion sie wieder aufwecken, daß sie nie wieder in Schlummer sinken, und nie wieder verlöschen möge. – Damit wir aber diese himmlische Tugend zugleich lieb gewinnen, damit wir sie nicht als einen Zwang für uns ansehen, so wollen wir sie aus dem liebenswürdigsten Gesichtspunkte betrachten. Wir wollen erwägen:
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Wie die Dankbarkeit gegen Gott selbst unsre Freuden auf Erden erhöhen kann. Erstlich wollen wir untersuchen: Wie muß die Dankbarkeit gegen Gott beschaffen seyn, wenn sie unsre Freuden erhöhen soll? Zweytens: W i e m ü s s e n d i e F r e u d e n b e s c h a f f e n s e y n , wenn sie von der Dankbarkeit gegen Gott erhöhet werden sollen? Drittens: W i e k ö n n e n w i r e i n e s o l c h e D a n k b a r k e i t i n u n sern Herzen erwecken? Und viertens: W i e k ö n n e n w i r s i e e r h a l t e n ? Wie muß also die Dankbarkeit gegen Gott beschaffen seyn, wenn sie unsre Freuden erhöhen soll? Dann muß sie keine s t o l z e , keine e r k ü n s t e l t e , keine v o r ü b e r g e h e n d e , sondern eine wahre innige Dankbarkeit seyn, d i e s i c h a u f G e h o r s a m u n d L i e b e g e g e n G o t t g r ü n d e t , u n d d i e s e Tu g e n d e n w e c h s e l s w e i s e w i e d e r b e f ö r d e r t , sonst kann sie unsre Freuden nicht erhöhen, und kann uns nicht glücklicher und zufriedner machen. Wir müssen also
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ia einen Unterschied zwischen einer wahren und falschen Dankbarkeit machen. Damit uns nun dieser Unterschied desto eindrücklicher werde, so wollen wir uns denselben in einem Gleichnisse denken. Wir wollen uns vorstellen, ein Vater hätte vier Söhne, die er alle mit gleicher Zärtlichkeit liebte, und die es alle wohl empfänden, wie vielen Dank sie ihm schuldig wären, aber ihm denselben nur nicht alle auf die rechte Art bewiesen. Nun wollen wir einmal annehmen, daß der Eine zu ihm hinträte und sagte: »ich danke dir, Vater, daß du mich über meine Brüder erhoben hast, und daß du mich mehr als sie deiner vorzüglichen Zuneigung und deines besondern Vertrauens würdigst!« würde dieser stolze Dank dem liebenden Vater wohl gefallen können? – Wir wollen uns ferner denken, daß der zweite Sohn zwar auch das Bedürfniß der Dankbarkeit empfände, aber nicht den Muth hätte, dieselbe durch seinen Gehorsam zu beweisen, und deswegen eine Danksagung auswendig lernte, die er zuweilen seinem Vater vorsagte, und sich dabei stellte, als obs ihm noch so sehr ums Herz wäre – wenn dieser nun vor seinen Vater hinträte und seine auswendig gelernte Danksagung hersagte, könnte dann dieser erkünstelte Dank von dem weisen Vater wohl gebilliget werden? – Ferner wollen wir annehmen, daß der dritte Sohn zwar ein gutes Herz besäße, und daß er oft durch eine neue Wohlthat, die ihm sein Vater erzeigte, oder durch eine lebhafte Erinnerung an alle die Liebe, welche derselbe ihm bewiesen hätte, zu einer wahren Dankbarkeit gerührt werden könnte, wo er denn seinem Vater plötzlich in die Arme eilte, und ihm mit Freudenthränen für seine Liebe dankte, auch verspräche, daß er inskünftige durch Gehorsam seine Dankbarkeit beweisen wollte, aber in wenigen Stunden sein Versprechen vergäße, und wieder in sein voriges ausschweifendes Leben verfiele; wenn dieser nun seinem Vater auch manchmal noch so feurig dankte, könnte dann dem weiter sehenden Vater dieser vorübergehende Dank wol angenehm seyn? – Endlich aber wollen wir uns noch vorstellen, daß der vierte Sohn nicht viel von seiner Dankbarkeit redete, sondern seinen Weg im Stillen vor sich hingienge, seine Brüder zärtlich liebte, und alles gern thäte, was er seinem Vater nur an den Augen absehen
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könnte, daß sich seine Dankbarkeit auf eine wahre innige Liebe gegen seinen Vater und auf einen unverbrüchlichen Gehorsam gegen ihn gründete, und eben diese Tugenden auch in ihrem Maaße wieder beförderte; wenn nun dieser Letztre seinem Vater einen thätigen Beweis seiner Liebe oder seines Gehorsams gäbe, würde ihm das nicht angenehmer seyn, als wenn die übrigen drei Söhne ihn mit noch so vielen mündlichen Danksagungen überhäuft hätten? – Nun wollen wir uns vor dem Angesichte Gottes prüfen, m. Z., welchem von diesen vier Söhnen wir wohl ähnlich sind! Gott ist unser aller Vater, und wir sind seine Kinder, das Verhältniß zwischen ihm und uns ist also dasselbe, welches zwischen ienem Vater und seinen Söhnen war. Glichen wir vielleicht bisher dem ersten Sohne, und war unsre Dankbarkeit noch immer mit Stolz vermischt, so daß wir dachten, ob wir es gleich nicht sagten: Ich danke dir, Gott, daß ich nicht bin wie andre Leute! o, dann ist unsre Dankbarkeit nicht rein vor Gott, dann kann sie unsre Freuden nicht erhöhen, sie wird vielmehr in Neid und Unzufriedenheit ausarten, so bald wir glauben, daß andre noch glücklicher, wie wir, sind. Darum laßt uns ja dahin sehen, daß unsre Dankbarkeit gegen Gott mit Demuth verknüpft sey! Glichen wir dem zweiten Sohne, und suchten wir vielleicht nur durch Lobgesänge und Gebete eine Dankbarkeit zu erkünsteln, wovon unser Herz nichts wußte: o, so laßt uns ia diese erkünstelte Dankbarkeit in eine solche zu verwandeln suchen, wo Empfindung, Wort und That in der schönsten Harmonie zusammenstimmen, wo die Dankbarkeit durch unsre Lobgesänge nicht erst bewürkt wird, sondern wo sie dieselben aus dem Innersten unsers Herzens hervorströmen läßt, wo iedes Dankgebet, das wir zu Gott emporschicken, durch gute Handlungen unterstützt wird, die ihm dasselbe wohlgefällig machen; denn ein frommes Gebet, das, von irgend einer edlen, menschenliebenden Handlung begleitet, zu ihm aufsteigt, ist ihm gewiß angenehmer, als tausend lange Dankgebete, die von unsern Lippen strömen, und wovon unser Herz nichts weiß. Waren wir vielleicht dem dritten Sohne ähnlich, und war unsre Dankbarkeit vielleicht bisher nur ein vorübergehendes Gefühl, das sich nur zuweilen äusserte, wenn wir etwa aus einer großen Ge-
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fahr errettet, oder von einer schweren Krankheit genesen waren, und dann mit der lebhaftesten Empfindung ausriefen: Gott sey Dank! und ihm versprachen, von nun an unsre Dankbarkeit durch Gehorsam zu beweisen, aber vielleicht in wenigen Tagen unser Versprechen schon wieder vergaßen? O, dann konnte unsre Dankbarkeit Gott nicht gefallen, weil er in demselben Augenblick schon voraus sahe, daß sie doch unser Glück nicht erhöhen, und auf unsre Handlungen keinen Einfluß haben würde. Gott fodert unsre Dankbarkeit ia nicht um seinet- sondern um unsertwillen; da nun eine stolze, erkünstelte, oder vorübergehende Dankbarkeit uns selber nicht zu statten kömmt, so ist sie völlig ohne Nutzen. Darum laßt uns suchen, dem vierten Sohne ähnlich zu werden, wenn wir es noch nicht sind. Unsre Dankbarkeit gegen Gott müsse sich auf Liebe und Gehorsam gegen ihn gründen, und zugleich Liebe und Gehorsam gegen ihn befördern, so daß sich diese Tugenden einander schwesterlich die Hand bieten, um uns glücklich zu machen. So bald unsre Liebe zu Gott erkalten will, müsse die Dankbarkeit gegen ihn sie aufs neue entflammen; so bald unsre Dankbarkeit gegen Gott verlöschen will, müsse die Liebe zu ihm sie aufs neue wieder anfachen; und so bald unser Gehorsam wanken will, müssen Liebe und Dankbarkeit ihn unterstützen. Dann wird ein unverbrüchlicher Gehorsam gegen Gott uns immer glücklicher und zufriedner machen, und diese fortdaurende Zufriedenheit, die aus einem frommen Wandel entsteht, wird eine immerwährende Stütze unsrer Dankbarkeit seyn; mit jedem Tage wird dann unsre Dankbarkeit unser Glück erhöhen, und mit iedem Tage wird unser Glück durch unsre Dankbarkeit erhöhet werden. – O, wenn wir diese letzte Art der Dankbarkeit noch nicht besitzen, so wollen wir uns wenigstens aus allen Kräften bestreben, dieselbe uns zu erwerben, damit wir die herrlichen Vortheile genießen, die sie uns gewähren kann, damit sie hier auf Erden schon unsre Freuden erhöhe, und uns dann in ein besseres Leben hinüber geleite, wo sie unaufhörlich unser Glück erhöhen und verschönern wird. Der gesund gewordene Samariter hätte sein Glück nicht halb so stark empfunden wenn nicht dieß süße Gefühl der Dankbarkeit hin-
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zugekommen wäre, welches die Freude über seine Genesung erst vollkommen machte. Seine Freude war gewiß nicht eigennützig, sondern zuverläßig dachte er schon darauf, wie er das erhaltene Geschenk zur Ehre Gottes anwenden wollte; hätte er das nicht gedacht, so wäre er nicht so vergnügt und nicht so dankbar gewesen. Seine Freude war also eben sowohl von der rechten Art, wie seine Dankbarkeit, und beide stimmten auf das schönste zusammen. Laßt uns also auch hierin seinem Beyspiele folgen, und beständig dahin sehen, daß auch unsre Freuden so uneigennützig, so rein und unschuldig sind, daß sie von der Dankbarkeit gegen Gott erhöhet werden können! – Wie können wir aber immer genau wissen, ob unsre Freuden rein und unschuldig sind, oder nicht? – Eine wahre Dankbarkeit ist hier wieder der beste Probierstein unsrer Freuden. So bald wir beim Genuß irgend einer Freude an Gott denken, und dann bei uns bemerken, daß wir es nicht wagen dürfen, ihm mit gutem Gewissen dafür zu danken, so können wir sicher schließen, daß diese Freude nicht unschuldig und nicht rein sey. So bald wir es also nur erst dahin gebracht haben, eine wahre Dankbarkeit gegen Gott in unsern Herzen zu erwecken, so können wir auch beim Genuß unsrer Freuden schon sichrer gehen; jene Dankbarkeit wird unsre Freuden beständig rein und unschuldig zu erhalten suchen, damit sie immer fähig ist, dieselben zu erhöhen und zu verschönern. Nun ist es doch gewiß die größte Wonne des Lebens, eine Freude zu genießen, durch deren Genuß wir weder Andern, noch uns selber schaden, und wofür wir also Gott mit gutem Gewissen danken können. Darum wollen wir jetzt unsre Aufmerksamkeit auf einige solche unschuldige Freuden des Lebens richten, wovon wir gewiß überzeugt seyn können, daß sie Gott angenehm und wohlgefällig sind. Wir wollen uns jetzt insbesondere nicht mit den seltnern und glänzenden, sondern mit den sanftern Freuden des Lebens beschäfftigen, die ein jeder unter uns genießen kann, und die sich uns täglich und stündlich von selber darbieten, ohne daß wir ängstlich darnach streben dürften. – Hieher wollen wir nun zuerst rechnen, das Vergnügen an unsern Berufsgeschäfften. Dieß könnte ein jeder unter uns, der Niedrigste sowohl als
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der Vornehmste, am häufigsten genießen, und eigentlich sollte uns auch unser Beruf, der Absicht Gottes gemäß, die meisten frohen Stunden im Leben gewähren. Der Beruf eines ieden ist in Gottes Augen heilig, und so bald wir in demselben mit Vergnügen, und nicht mit Murren und Widerwillen arbeiten, so werden uns unsre Geschäffte desto besser gelingen, und uns desto mehrere Vortheile verschaffen. Wenn wir nun finden, daß uns unsre Berufsgeschäffte gelingen, und freuen uns darüber, und wollten denn auch manchmal einen dankbaren Blick gen Himmel werfen, daß uns Gott die Kräfte dazu gab, uns selbst und andern Menschen nützlich zu seyn, wie würde das die Freude an unsern kleinsten Beschäfftigungen verschönern und veredeln! Wenn der geringste Arbeiter, der im Schweiß seines Angesichts sein Brodt verdient, manchmal während seiner Arbeit einen Blick gen Himmel werfen, und bei sich sagen wollte: ich danke dir, Gott, daß du mir diese Gesundheit schenkest, und meinem Arm diese Kräfte giebst, daß ich mich und die Meinigen ernähren kann! Würde der Gedanke nicht seinem Arm neue Stärke geben, und seine Seele mit Muth und Heiterkeit erfüllen, in seiner Arbeit mit verdoppeltem Eifer fortzufahren, und diese Kräfte, diese Gesundheit, die ihm Gott gegeben, gehörig anzuwenden, um sich und die Seinigen zu erhalten, und andern Menschen nützlich zu werden? – Die Dankbarkeit gegen Gott würde seine Arbeit veredeln, wenn sie auch noch so niedrig wäre, sie würde ihm jede Beschwerlichkeit erleichtern, und über jeden mühevollen Augenblick einen sanften Glanz verbreiten. Hieher wollen wir ferner zählen das Vergnügen an der Erholung nach der Arbeit: dieß kann auch ein jeglicher unter uns genießen, und für den, der des Tages Last und Hitze getragen hat, ist gewiß nichts süßer, als wenn er nun einmal von seiner Arbeit ausruhen, und sich seines wohl gelungenen Fleißes eine Zeitlang freuen kann. Wenn wir nun dabei manchmal dächten: auch diese Stunde der Erholung gönnet mir Gott, ich will sie mit dankbarem Herzen genießen, will mich aber auch hüten, daß ich sie nicht zu weit ausdehne, damit diese unschuldige Erquickung nicht in Trägheit und Müßiggang ausarte! Wenn wir so dächten, wenn wir jede Stunde der Erholung als ein Geschenk von
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Gott betrachten wollten, würde dann nicht die Dankbarkeit gegen ihn auch das Vergnügen an derselben erhöhen, und dasselbe beständig rein und unschuldig erhalten? Und indem sie uns auf die Art so manche frohe Stunde machte, könnte sie nicht auch bewirken, daß uns das Leben desto lieber und angenehmer würde? – Die Dankbarkeit gegen Gott kann selbst die Freuden erhöhen, die man oft am wenigsten achtet. Sie erhöhet und veredelt das Vergnügen, das wir beim Genuß der Nahrungsmittel empfinden: wenn wir dabei manchmal einen dankbaren Blick gen Himmel werfen und denken wollten: Gott speiset doch alles, was da lebet auf Erden, mit Wohlgefallen: er sorget nicht nur dafür, daß unser Hunger gestillet werde, sondern hat es auch so eingerichtet, daß der Genuß der Speisen mit einer so angenehmen Empfindung begleitet ist, die uns dieselben immer reizend und schmackhaft erhält. Wenn wir so beim Genuß der Gaben Gottes immer recht lebhaft an den Geber dächten, würde das nicht sogar dieß ganz gewöhnliche Vergnügen veredeln, und dasselbe zugleich rein und unschuldig erhalten, so daß wir uns nicht leicht zur Unmäßigkeit würden verleiten lassen? – Auch die sanften häuslichen Freuden, die ein ieglicher genießen kann und, der Absicht Gottes gemäß, genießen soll, kann die Dankbarkeit gegen Gott erhöhen. Wenn ein frommer Vater im Kreise seiner Familie sitzt, die Seinigen gesund und fröhlich um sich her erblickt, dann an die mannichfaltigen Schicksale seines Lebens sich zurückerinnert, mit nassen Blicken gen Himmel sieht, seine Hände zusammenfaltet und sagt: Bis hieher hat mich Gott gebracht! bis hieher hat er mich väterlich geleitet! – und dann schweigt, um sich seinen frohen Empfindungen zu überlassen: o, wie kann ein solcher dankbarer Blick gen Himmel einen milden Strahl über alle seine häuslichen Freuden verbreiten, die er im Kreise seiner Angehörigen genießt! – Auch das Vergnügen an der Freundschaft kann die Dankbarkeit gegen Gott erhöhen, und auch dieß Vergnügen kann ein jeglicher unter uns genießen, denn niemanden hat es noch an einem Freunde gefehlt, wer nicht selbst das Gefühl der Freundschaft in seinem Herzen unterdrückte. Wenn ich nun lange von einem Freunde entfernet war, ihn zum erstenmale wieder sehe, alles das empfinde,
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was ich an ihm habe, ihn dann fest an mein Herz drücke, und denke, ob ich es gleich nicht sage: ich danke dir, Gott, daß du mir einen solchen Freund gegeben hast! feuriger werde ich ihn dann in meine Arme schliessen, und doppelt werde ich seinen Werth empfinden, weil ich denke: Gott ist es, der mir diesen Freund gegeben hat! – Eben so kann die Dankbarkeit gegen Gott auch das Vergnügen an der Betrachtung der schönen Natur erhöhen. Wenn im Frühlinge die Bäume Knospen gewinnen, und die grünen Sprossen aus der Erde keimen; wenn im Sommer die Saaten reifen; wenn im Herbst der Landmann seine Garben in die Scheuren sammlet; und wir denken dann: Gott ist es, der das Jahr gemacht hat, und der Frühregen und Spatregen giebt! o wie muß der Gedanke an ihn und an seine Wohlthaten nicht jeden unsrer Spatziergänge verschönern und veredeln! Wie muß er uns Knospen und Blüthen, Bäume und Pflanzen, und Erd und Himmel in einem schönern Glanze darstellen! So kann also eine wahre innige Dankbarkeit gegen Gott unsre Freuden auf Erden erhöhen – aber wie sollen wir nun eine solche Dankbarkeit in unserm Herzen erwecken? – Sollte das so schwer seyn? Vielleicht schwerer, als Dankbarkeit gegen Menschen in uns zu erwecken? – Mancher Mensch erzeigt uns Wohlthaten, und meinet es zwar recht gut mit uns, aber er besitzt nicht Weisheit genug, uns die Wohlthaten auf die Art zu erzeigen, daß sie uns einen wahren Vortheil verschaffen. Ein andrer, der uns Wohlthaten erzeigt, ist zwar klüger, aber er meinet es wieder nicht gut mit uns, und will uns vielleicht nur dadurch zu seinem Vortheil gewinnen und auf seine Seite ziehen. Noch ein andrer erzeigt uns auch Wohlthaten, so bald er aber siehet, daß wir einmal undankbar gegen ihn sind, zieht er plötzlich seine Hand zurück, und wir dürfen nicht wieder zu ihm kommen. Nun haben wir aber ienen Wohlthäter im Himmel, der es nicht nur gut mit uns meint, sondern auch weise genug ist, uns seine Wohlthaten auf die beste Art zu erzeigen, und auch langmüthig genug ist, uns immer aufs neue wieder Wohlthaten zu erzeigen, und es sollte uns schwerer werden, dankbar gegen ihn, als gegen Menschen zu seyn? Erzeigt er uns nicht die meisten Wohlthaten, und muß es uns nicht am leich-
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testen werden, dankbar gegen den zu seyn, der uns die meisten Wohlthaten mit der besten Meinung ertheilt? – Menschen aber können wir sehen und mit ihnen reden, und ihr Anblick kann oft schon Dankbarkeit in unsern Herzen erwecken. – Wie aber, wenn ein Wohlthäter unter den Menschen, dem wir unsre Wohnung, unsre Nahrung, unsre Kleidung, unser Lager zu verdanken hätten, von uns abwesend wäre, sollte es uns wol schwer werden, gegen einen solchen dankbar zu seyn? Würden wir uns nicht an ihn erinnern, so oft wir unsre Kleider anzögen? Würden wir nicht an ihn denken, so oft wir uns niederlegten, so oft wir Speise und Trank genössen? Würde uns nicht alles an ihn erinnern, was wir rund um uns her erblickten? – Und erinnert uns nicht an Gott diese Luft, die wir jetzt einathmen, diese Sonne, die jetzt am Himmel scheint, dieser Tag, der uns leuchtet? – und es sollte uns schwer werden, dankbar gegen Gott zu seyn? – Aber vielleicht wird es doch dem schwer, den Krankheit, Verachtung und Armuth darnieder drückt, dem kein Strahl von Hoffnung überbleibt, der auf Erden keinen Trost hat, und seinen gewissen Tod vor Augen siehet – Allein selten häuft sich so viel Unglück auf einmal über einen einzigen Menschen zusammen – und gesetzt auch, es würde demohngeachtet einmal einer so sehr vom Unglück darnieder gedrückt, müßte er dann nicht erstlich alles das abrechnen, was er sich selber durch seine eigne Schuld zugezogen hätte, ehe er es wagen könnte, undankbar gegen Gott zu seyn? – Müßte er nicht denken, daß er, ohngeachtet seines gegenwärtigen traurigen Zustandes, dennoch eine lange Ewigkeit vor sich habe, worin er eines unaufhörlichen Glücks theilhaftig werden kann? – Müßte er nicht denken, daß er mit dem theuren Blute Jesu Christi erkauft wäre, und wäre das nicht Grund genug zur Dankbarkeit gegen Gott? – Kann also auch der Unglücklichste noch dankbar gegen Gott seyn, wie leicht muß es dann dem Glücklichen werden? – O, wenn wir in die vergangnen Tage unsers Lebens zurückschauen, und erinnern uns an die unschuldigen Freuden der Kindheit, und die hat doch ein jeder genossen, und erinnern uns, wie uns Gott aus so mancher Gefahr errettete, oder uns von einer schweren Krankheit wieder genesen ließ; wie er uns so manchen frohen Tag schenkte,
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denn niemand ist so unglücklich, daß er nicht eine Anzahl recht froher Tage in seinem Leben zählen könnte: muß diese Erinnerung nicht bey einem jeden unter uns Thränen der Dankbarkeit aus unsern Augen locken? Und wenn wir nun diese schöne Welt betrachten, und die herrlichen Sinne, die uns Gott gegeben hat, in welchen sich seine Welt auf so mannichfaltige Weise darstellt, muß das nicht in einem Augenblick unsre ganze Dankbarkeit erregen? Freilich wäre es traurig, wenn unser Aug im Tode auf ewig verlöschen und sich nie wieder öffnen sollte, um die herrlichen Werke Gottes zu betrachten; aber es wird nicht auf ewig verlöschen, sondern wird sich dereinst wieder eröffnen, und eine schönere Welt wird sich in unserm verklärten Auge darstellen. Freilich wäre es traurig, wenn unser Mund im Tode auf ewig verstummen, und nie wieder zum Lobe Gottes sich aufthun sollte; aber er wird nicht auf ewig verstummen, sondern wird sich dereinst mit Jauchzen wieder öffnen, und seine Jubeltöne in die Chöre der Seeligen mischen. Freilich wäre es traurig, wenn unser Ohr sich im Tode auf ewig schließen, und nie wieder die sanften Töne der Freundschaft hören sollte; aber es wird sich nicht auf ewig schließen, sondern wird dereinst wieder aufgethan werden, um die sanfte, einladende Stimme zu hören: Komm herein, du Gesegneter des Herrn! Freilich wäre es traurig, wenn wir den Freund, dessen Tod wir hier beweinen, auf ewig verlieren sollten; aber wir werden ihn nicht auf ewig verlieren, sondern ihn dereinst im Himmel wieder finden, und uns vor Gottes Angesichte unaufhörlich mit ihm freuen. O, Dank! Dank! Dank dir, Gott! für diese seeligen Aussichten in die Zukunft! Der müßte ein Unmensch seyn, m. Z., der von allem diesen überzeugt ist, und doch keine Dankbarkeit gegen Gott in seinem Herzen fühlte. Aber wie machen wir es nun, wenn dieß Gefühl in unsrer Seele nicht wieder erkalten soll? – Dann müssen wir uns ia keine zu reizende Vorstellungen von der Zukunft dieses Lebens machen, sonst wird unsre Dankbarkeit gegen Gott sehr bald einen Stoß erleiden. Wenn unsre Wünsche nicht erfüllt, und unsre Erwartungen nicht befriediget werden, so ist es aus mit unsrer Zufriedenheit, und so bald wir diese verloren haben, können wir unmöglich noch dankbar seyn.
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Wenn wir also dankbar gegen Gott bleiben wollen, so müssen wir unsre Wünsche und Hoffnungen ia nicht auf ein irdisches Glück und auf die Freuden dieses Lebens einschränken, sondern beständig das herrliche Ziel in der Ewigkeit vor Augen haben, welches uns gewiß nicht täuschen wird. – Insbesondre aber müssen wir uns auch vor dem Neide hüten, wenn unsre Dankbarkeit gegen Gott nicht bald verschwinden soll. Denn der Neid untergräbt ebenfalls unser Glück und unsre Zufriedenheit. So bald wir uns über das Glück unsers Bruders betrüben, freuen wir uns nicht mehr über unser eignes Glück, und noch viel weniger können wir Gott dafür dankbar seyn. – Dann müssen wir auch in trüben Tagen über uns selber wachen, damit unsre Dankbarkeit gegen Gott nicht in Unzufriedenheit und Murren ausarte. Eine einzige trübe Stunde wirft oft einen dunkeln Schatten über unser ganzes Leben, und stellt uns dasselbe in einem traurigen Gesichtspunkte dar. Das ist nun eben die Stunde der Versuchung und der Zeitpunkt, wo die Religion ihre ganze Kraft an unsern Herzen beweisen muß. Da müssen wir es zeigen, ob unsre Dankbarkeit gegen Gott aufrichtig war, oder nicht: war sie es, so wird sie uns gewiß auch dann nicht verlassen. Wir werden uns in trüben Stunden der Krankheit an alle die frohen Tage erinnern, wo wir einer ununterbrochnen Gesundheit und Heiterkeit der Seele genossen, und dann werden wir sagen: Hab ich das Gute empfangen von Gott, und sollte das Böse nicht auch annehmen? Wie würde es mich kränken, wenn ich dereinst unaufhörlich glücklich seyn werde, und ich hätte dann über eine einzige trübe Stunde wider Gott gemurret! – Wenn wir unsern besten Freund verlieren, der die Wonne und das Glück unsers Lebens war, und wir nun merken, daß finstrer Gram und düstre Schwermuth sich unsrer Seele bemächtigen will, so werden wir uns aller der frohen Tage erinnern, die wir so vergnügt mit ihm zubrachten, werden Gott dafür danken, daß er uns unsern Freund so lange gelassen hat, und nicht darüber murren, daß wir ihn jetzt verlieren müssen, denn wie würde uns das kränken, wenn wir uns dereinst vor dem Angesichte Gottes unaufhörlich wieder mit ihm freuen werden, und über seinen Verlust auf Erden wieder Gott gemurret hätten! – Ueberhaupt könn-
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ten wir ia nicht wider Gott murren, wenn er uns auch hier auf Erden gar keine Freuden gewähren wollte; denn was wäre wohl ein Augenblick voll Mühe gegen eine ganze frohe Ewigkeit; aber so gut ist Gott, daß er uns selbst die Dornenpfade dieses Lebens noch mit Blumen bestreut, daß er uns hienieden schon so manche Freude gewährt hat. Für diese Freuden wollen wir ihm danken, und nun auch die Leiden gerne tragen, welche nicht werth sind der Herrlichkeit, die dereinst an uns soll offenbaret werden! – Wenn wir aber dankbar gegen Gott bleiben wollen, so müssen wir auch über uns selber wachen in frohen Tagen, damit wir beim Genuß seiner Gaben beständig an den Geber denken. Da müssen wir auf unsrer Hut seyn, daß wir uns nicht über unsre Brüder erheben, die nicht so glücklich sind, wie wir, damit sich in unsre Dankbarkeit gegen Gott nicht Stolz und Verachtung gegen unsern Nächsten mische. Wir müssen die Wohlthaten, die uns Gott erzeigt, beständig seiner Absicht gemäß anzuwenden suchen: denn so bald wir sie misbrauchen, können wir Gott für die Freuden, die uns ihr Misbrauch gewährt, nicht mehr mit gutem Gewissen und mit aufrichtigem Herzen danken: unsre Dankbarkeit gegen Gott muß daher nothwendig in Heucheley und Verstellung, oder in ein flüchtiges, vorübergehendes Gefühl ausarten. Demuth und Frömmigkeit werden also in frohen Tagen gewiß die besten Stützen unsrer Dankbarkeit gegen Gott seyn. Wir sind nun überzeugt, m. Z., daß es gut ist, dankbar gegen Gott zu seyn; wir haben auch gefunden, daß es nicht schwer ist. Wir haben auch gesehen, was wir thun müssen, um dankbar gegen Gott zu bleiben. Wenn es uns nun ein Ernst ist, Dankbarkeit gegen Gott in uns zu erwecken und zu erhalten, so müssen wir dieß noch heute thun, und nicht müde werden, damit fortzufahren, bis diese himmlische Tugend unserm Herzen natürlich geworden ist. Wie können wir denn noch heute dankbar seyn? Wenn wir die Gaben Gottes mit Mäßigkeit genießen, und nicht vergessen, uns seiner dabei zu erinnern. Wie können wir noch heute dankbar seyn? Wenn wir bei unsern unschuldigen Spatziergängen und beim Genuß der geselligen Freuden des Lebens beständig dahin sehen, daß wir in unsern Vergnügungen nicht aus-
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schweifen, sondern uns mit dankbarem Herzen, unter dem allsehenden Auge Gottes, freuen. Wie können wir noch heute dankbar seyn? Wenn unser Herz vielleicht Jahre lang mit Haß und Feindschaft gegen unsern Bruder erfüllt war, und wir giengen heute hin, und versöhnten uns mit ihm. – Wie können wir noch heute dankbar seyn? Wenn uns ein Nothleidender bittet, und wir unser Herz nicht gegen ihn verschließen – wenn wir am Abend dieses Tages Gott mit gerührtem Herzen für das Gute danken, was er uns diesen Tag über und in unserm ganzen Leben erwiesen hat. Wie können wir morgen unsre Dankbarkeit gegen Gott beweisen? Wenn wir beim Erwachen unser Herz zu ihm emporrichten, und ihm geloben, auch diesen Tag zu seiner Ehre anzuwenden; wenn wir dann mit frohem Muthe an unsre Berufsgeschäffte gehen, dieselben mit Treue und Eifer verrichten, und auf die Art jeden Augenblick der Absicht Gottes gemäß anwenden. – Drum lerne dankbar seyn gegen deinen Gott, und es wird dich nicht gereuen, beim Genuß einer ieden kleinen Freude; doppelt wirst du ihren Reiz empfinden, und keine Gewissensangst wird sich in dein Vergnügen mischen! – Drum lerne dankbar seyn gegen deinen Gott, und es wird dich nicht gereuen, in den schwersten Leiden, die dich noch treffen können, standhafter wirst du sie ertragen, und ihre Bürde wird dir leichter werden! – Drum lerne dankbar seyn gegen deinen Gott, und es wird dich nicht gereuen, in der schrecklichsten Stunde des Todes; selbst dann wird die Vorstellung, daß du nicht undankbar für das Leben warest, das du von Gott erhieltest, die Schrecken des Todes mildern, und den Angstschweiß von deiner Stirne abwischen! – Drum lerne dankbar seyn gegen deinen Gott, und es wird dich nicht gereuen, wenn du vor dem Richterstuhle Gottes stehst, und nicht zittern darfst, von der Anwendung der Wohlthaten deines Gottes Rechenschaft abzulegen! – Drum lerne hier auf Erden dankbar seyn gegen deinen Gott, und es wird dich dort nicht gereuen, wenn du vor dem Angesichte Gottes in alle Ewigkeit das Glück genießest, das Jesus Christus dir erworben hat! Laßt uns niederfallen im Staub’ und beten: Siehe, mein Vater, ich habe oft gegen Dich gemurret – bin oft mit meinem Schicksale un-
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zufrieden gewesen – und habe mich oft selber mit unnöthigem Kummer gequält! – O, vergieb es mir! vergieb es mir! – Du kannst in die Zukunft schauen, Du kennst iede Freude, die ich noch genießen soll – die werd’ ich genießen, und keine mehr – Du weißt iede Thräne, die ich noch weinen soll – die werd’ ich weinen, und keine mehr – Du übersiehest schon mein ewiges Glück, und es ist bei dir schon gegenwärtig – O, laß den Gedanken mich durchbeben, so oft ich inskünftige gegen Dich murren will! – Gieb mir Kraft, diese Dankbarkeit, die ich jetzt im Innersten meiner Seele empfinde, bis an den letzten Tag meines Lebens zu erhalten! – und in der ernsten Stunde des Todes, wenn die Sonne vor meinen Blicken verlischt, und die Welt um mich her versinkt – o, dann laß mich Dich Vater nennen, wenn meine Zunge nur noch stammeln kann! – laß es mich denken, daß Du mein Vater bist, wenn ich’s nicht mehr sagen kann! – laß es mich empfinden, daß Du mein Vater bist, wenn ich’s nicht mehr denken kann! – laß dieß Gefühl mich durch das dunkle Thal des Todes leiten! – Wenn ich Dich dann mit allen Engeln Gottes schauen werde, so will ich Dir noch danken, daß Du meines Angesichts Hülfe und mein Gott bist! Amen.
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Man hat oft zu behaupten gesucht, der Mensch könne im Grunde gar nicht uneigennützig handeln, weil doch die größte Aufopferung immer mit Vergnügen für ihn selbst verknüpft, und dieß Vergnügen für jede Aufopferung hinlänglicher Ersatz sey. Es ließe sich sogleich hierauf antworten: daß das bloße Vergnügen für eine reelle Aufopferung schon hinlänglicher Ersatz ist, macht ja eben die Handlung uneigennützig; gerade daß eine Aufopferung irgend eines eigenen Vortheils dem edlen Menschen nicht Reue oder Mißvergnügen, sondern Vergnügen erweckt, ist ja der höchste Beweiß von Uneigennützigkeit. – Denn wenn eine uneigennützige Handlung auch nicht einmal Vergnügen, sondern Mißvergnügen und Reue erwecken sollte, so hörte sie ja eben dadurch wieder auf uneigennützig zu seyn, weil es dem Vollbringer einer edlen That nun gereuete, seinen eigenen Vortheil aufgeopfert zu haben, und er sich nun wieder zu klein für die Großmuth fühlte. Wir können aber auch das Vergnügen schlechterdings nicht selbst wieder Nutzen nennen, weil es allemal erst aus der Betrachtung des Nutzens entsteht, der uns oder einem Wesen außer uns z. B. aus einer unsrer Handlungen erwächst. Daß wir aber bey einer uneigennützigen Handlung uns unsrer selbst mit Wohlgefallen bewußt sind, ist schlechterdings nothwendig, weil wir sonst aufhören müßten i c h zu seyn, und alsdann ja gar keiner Handlung mehr fähig wären. Wollte nun noch jemand zu dem Uneigennützigen, welcher so viel Glück wie möglich um sich her zu verbreiten suchte, sagen: Du eigennütziger Mensch, willst nur allein die Freude haben, Wesen außer dir glücklich zu machen! so würde aus jenem die uneigennützige Großmuth selbst antworten: wetteifere du mit mir, und suche du mich zu übertreffen, damit ich noch mehr Freude habe, weil ich außer mir noch mehr Glück verbreitet sehe.
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Kommentar
Benutzungshinweise 1. Zu diesem Band Karl Philipp Moritz war nach Schule und Studium Zeit seines Lebens als Lehrer und Professor tätig. Der vorliegende Band der »Sämtlichen Werke« versammelt erstmals alle Schriften, die sich aus der Praxis des Lehrers legitimieren und aus ihr hervorgegangen sind. Die Unterhaltungen mit den Schülern, die Kinderlogik, das ABC- und das Lesebuch haben das Ziel, Kinder in alltagspraktisches, moralisches und religiöses Denken einzuführen. Dazu kommen Texte, in denen eine pädagogische Intention nicht zu übersehen ist: die einzige vollständig überlieferte Predigt sowie der Sammelband Die große Loge, der moralphilosophische und ästhetische Aufsätze sowie Freimaurerreden enthält. Viele weitere Schriften von Moritz sind von pädagogischen Intentionen bestimmt. Bei einigen Schriften ist der pädagogische Bezug vom Autor allerdings ausdrücklich hervorgehoben worden. So empfiehlt Moritz den dritten und vierten Teil des Anton Reiser den Lehrern und Erziehern;1 das Mythologische Wörterbuch (1794) ist, wie auch Von der deutschen Rechtschreibung (1784), ausdrücklich zum Gebrauch für Schulen bestimmt. Die Hartknopf-Romane und die Fragmente aus dem Tagebuche eines Geistersehers enthalten Auseinandersetzungen mit den pädagogischen Konzepten der Zeit. Die Sprach- und Stillehren sowie die Briefsteller wurden zudem von den Zeitgenossen als praktische Lehrbücher geschätzt und empfohlen.2 Da sie sich an ein erwachsenes Publikum richten und ihr Fokus hauptsächlich
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Anton Reiser, KMA 1, S. 202 u. 326f.; Karl August Böttiger unterstreicht diese Empfehlung für Anton Reiser als Lehrer- und Schülerlektüre (Ueber den Misbrauch der Deutschen Lectüre auf Schulen und einigen Mitteln dagegen, Leipzig 1787 [Reprint: Der
Deutschunterricht auf dem Gymnasium der Goethezeit. Eine Anthologie, hrsg. v. Georg Jäger, Hildesheim 1977], S. 19). 2 Vgl. dazu August Hermann Niemeyer, Grundsätze der Erziehung und des Unterrichts für Eltern, Hauslehrer und Erzieher, unveränderter Nachdruck der ersten Aufl. Halle
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Benutzungshinweise
auf der zu vermittelnden Sache liegt, sind sie nicht in vorliegendem Band enthalten. Weitere Texte, die zu den »Pädagogischen Schriften« gehören könnten, wie etwa das Predigtfragment Ueber die Leiden des Lebens und die Kinderfabel Der Vogel im Käficht, werden im Publizistik-Band der »Sämtlichen Werke« (KMA 11) ediert, weil sie im besonderen Kontext der von Moritz herausgegebenen Zeitschrift Denkwürdigkeiten, aufgezeichnet zur Beförderung des Edlen und Schönen erschienen sind. Handschriften sind, wie meistens für Moritz’ Werke, auch für die hier edierten Texte nicht überliefert. Die vorliegende Ausgabe geht auf den jeweiligen Erstdruck nach einem textkritischen Vergleich mit allen weiteren autorisierten Druckfassungen zurück. Die Unterhaltungen, die Kinderlogik, das Lesebuch für Kinder und die Große Loge sind Werke, die sich im Textbestand teilweise überschneiden und in denen Moritz etliche eigene Texte wiederverwendet hat. Die Überlieferung ist jeweils im Variantenapparat vollständig erfaßt, um dem Leser den Überblick zu erleichtern. Von den genannten Werken kommt der Großen Loge in besonderem Maße der Charakter einer Sammlung zu, in der Moritz etliche kleine Texte nochmals aufgenommen hat. Der kurz vor Moritz’ Tod veröffentlichte Band kann als vom Autor veranlaßte Zusammenstellung seiner philosophisch-freimaurerischen Schriften letzter Hand gewertet werden, die mit der Feier der Geburt des Lichts beginnen und mit einem Ausblick auf den letzten Zweck des menschlichen Denkens enden; sie wird deshalb ungekürzt wegen ihres Eigenwerts ediert. Der Kommentar soll auf Zusammenhänge zwischen Moritz’ Schriften verweisen, Spracheigentümlichkeiten klären, Bedeutungshintergründe erhellen und Zusammenhänge mit historischen Diskursen aufzeigen. Da zahlreiche der in der Großen Loge enthaltenen Texte auch in KMA 3 (Kunst und Literaturtheorie) und KMA 11 (Publizistik) ediert werden, sei auf die vertiefende Kommentierung im dortigen Kontext verwiesen. Die KMA behält Eigenheiten der Orthographie und Interpunktion der Vorlagen bei, auch wenn diese dort uneinheitlich behandelt sind. Emendiert wird nur bei eindeutigen Textfehlern wie fehlenden Buchstaben, irrtümlichen Wortwiederholungen o. ä.
1796, hrsg. v. Hans-Hermann Groothoff u. Ulrich Hermann, Paderborn 1970; ÇGottfried Käppel,È Kleines Compendium der Pädagogik zur Beherzigung für Aeltern und Hofmeister herausgegeben von einem practischen Erzieher, Leipzig 1798.
Zu diesem Band
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Die Erstdrucke sind in Fraktursatz erschienen. Bei der Neuedition wurden folgende graphische Eigentümlichkeiten der Fraktur nicht übernommen: Unterschiede der s-Zeichen; Umlautschreibung mit »e« über dem Vokal. In der vorliegenden Ausgabe werden die Textabsätze der Originaldrucke (die ihrerseits drucktechnisch unterschiedlich verfahren) schematisiert dargestellt. Die ersten Absätze der Briefe sowie auf Überschriften folgende Absätze sind einheitlich ohne Einzug gesetzt. Die unterschiedlichen Einrückungsstufen der Textelemente werden schematisiert wiedergegeben. Hängende Absätze im Original sind mit einheitlichem Seitenabstand eingerückt. Einschaltungen in den Texten sind einheitlich eingerückt. Darauf folgende Absätze, die in den Originaldrucken eingerückt sind, beginnen in der Edition ohne Einzug. Jeweils am Zeilenanfang eines längeren Zitats wiederholte Anführungszeichen sind nicht wiedergegeben. Seitenwechsel im Originaldruck ist durch einen senkrechten Strich im Text, die entsprechende Seitenangabe als Marginalie wiedergegeben. Hervorhebungen im Text sind durch Sperrung ausgezeichnet; die zur Markierung von Fremdwörtern gebrauchte Antiqua ist durch eine besondere Groteskschrift umgesetzt. Texte von Moritz und seinen Zeitgenossen sowie Moritz’ Quellen stehen in einer Serifenschrift. Editorische Eingriffe in den edierten Text und Kommentare des Herausgebers sind durch serifenlose Editorschrift gekennzeichnet. Einfügungen des Herausgebers in den edierten Text stehen in Winkelklammern (Ç,È). Alle bei eindeutigen Druckerversehen vorgenommenen Korrekturen sind in den Varianten verzeichnet.
***** Bei der Arbeit an diesem Band war ich auf vielfältige Hilfe und Unterstützung angewiesen. Ich danke der Pädagogischen Hochschule Freiburg, die 1999–2003 in großzügiger Weise die Texterfassung gefördert hat und mir Tagungs- und Bibliotheksreisen ermöglichte, wodurch ich seltene Quellen in den folgenden Bibliotheken vor Ort auswerten konnte. Diesen Bibliotheken bin ich zu besonderem Dank verpflichtet: Basel: Öffentliche Bibliothek der Universität Basel Berlin: Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz; Berliner Stadtbibliothek; Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung; Den Haag (Niederlande): Koninklijke Bibliotheek; Dessau: Anhaltische Landesbücherei Dessau;
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Benutzungshinweise
Dresden: Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek; Frauenfeld (Schweiz): Thurgauische Kantonsbibliothek; Freiburg i. Br.: Universitätsbibliothek Freiburg; Bibliothek der Pädagogischen Hochschule; Göttingen: Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek; Gotha: Forschungsbibliothek Gotha; Halberstadt: Gleimbibliothek; Jena: Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek; Mainz: Gutenberg – Bibliothek; Stuttgart: Württembergische Landesbibliothek; Weimar: Herzogin Anna Amalia Bibliothek; Wolfenbüttel: Herzog August Bibliothek. Der Großen Landesloge der Freimaurer von Deutschland, besonders dem Höchsten Ordensarchivar, Herrn Wolfgang Jakob, sei für die freundliche Erlaubnis gedankt, die Akten der St. Johannisloge »Zur Beständigkeit« im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz einzusehen und auszuwerten. Dieser Band wäre nicht zustande gekommen, wenn ich nicht von Anfang an Materialien und Kompetenzen der Mitherausgeber und der KMA-Editionsstelle bei der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (BBAW) hätte nutzen können. Stellvertretend für alle Kolleginnen und Kollegen danke ich besonders Dr. Christof Wingertszahn für viele Gespräche, wertvolle Hinweise und ermunternden Zuspruch. Für redaktionelle Hilfe danke ich ferner Stefan Goldmann, Sabine Gruber und Monika Meier. Jürgen Jahnke
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2. Abkürzungen im edierten Text Br. Gr. hochw. LS m. Z. p. pp. Rthl.
(Logen-)Bruder Groschen hochwürdig Loco sigilli: anstelle des Siegels meine Zuhörer perge: etc. perge, perge: etc. Reichsthaler
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3. Editorische Abkürzungen und Zeichen Schriftarten
Texte von Moritz und seinen Zeitgenossen sowie Moritz’ Quellen stehen in einer Serifenschrift. Hervorhebungen im Text sind durch Sperrung, Antiquapassagen (zur Markierung von Fremdwörtern) in einer Groteskschrift gekennzeichnet. Editorkommentare stehen in der serifenlosen Editorschrift.
Autortext: Grundschrift: Walbaum Hervorhebung: g e s p e r r t e Wa l b a u m Antiqua: OfficinaSerif-Book Editortext: Grundschrift: GILL light
ÇHinzufügungÈ D d J j
Absatz- bzw. Zeilenwechsel Hinzufügung des Editors in Winkelklammern selbständiger Druck nicht autorisierter Druck Druck in Periodikum nicht autorisierter Druck in Periodikum
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4. Allgemeine Abkürzungen Abb. Abt. Anm. Aufl. Bd./Bde. Bl. dat. dt. ebd. engl. Erl. frz. gen. griech. GStA PK hrsg. Hs. ital. Jh./Jhs. Kap. Kom. lat. Nr. o. ä. pag. r s. S. Sig. sog. Sp. St. u. u. a.
Abbildung Abteilung Anmerkung Auflage Band/Bände Blatt datiert deutsch ebenda englisch Erläuterung französisch genannt griechisch Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz herausgegeben Handschrift italienisch Jahrhundert/Jahrhunderts Kapitel Kommentar lateinisch Nummer oder ähnliche(s) paginiert recto siehe Seite Signatur sogenannt Spalte Stück und und anderes
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Benutzungshinweise und öfter unter Umständen übersetzt unpaginiert verso Vers vergleiche vermutlich Zeile zitiert
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5. Abgekürzt zitierte Werke von Moritz AH Andreas Hartknopf. Eine Allegorie. Non fumum ex fulgore Sed ex fumo dare lucem, Berlin: Johann Friedrich Unger 1786. Anmerkungen zu Beattie James Beattie’s Grundlinien der Psychologie, natürlichen Theologie, Moralphilosophie und Logik. Aus dem Englischen übersetzt und mit Anmerkungen und Zusätzen begleitet von Karl Philipp Moritz Professor bei der Akademie der bildenden Künste in Berlin. Erster Band. Berlin: Christian Friedrich Voß und Sohn, 1793. AP Andreas Hartknopfs Predigerjahre, Berlin: Johann Friedrich Unger 1790. AR Anton Reiser. Ein psychologischer Roman. Herausgegeben von Karl Philipp Moritz. 4 Bde. Berlin: Friedrich Maurer, 1785–1790. BPL Beiträge zur Philosophie des Lebens aus dem Tagebuche eines Freimäurers, Berlin: Arnold Wever 1780. BNS Ueber die bildende Nachahmung des Schönen. von Karl Philipp Moritz. Braunschweig: Schulbuchhandlung, 1788. DS Deutsche Sprachlehre für die Damen. In Briefen von Carl Philipp Moritz. Berlin: Arnold Wever, 1782. DW Denkwürdigkeiten, aufgezeichnet zur Beförderung des Edlen und Schönen. Herausgegeben von Carl Philipp Moritz. Berlin: Johann Friedrich Unger, 1786 ÇDW I: Erstes Vierteljahr; DW II: Zweites VierteljahrÈ. FTG Fragmente aus dem Tagebuche eines Geistersehers. Von dem Verfasser Anton Reisers, Berlin: Christian Friedrich Himburg 1787. Götterlehre Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Zusammengestellt von Karl Philipp Moritz. Berlin: Johann Friedrich Unger, 1791.
444
Benutzungshinweise
GL Die große Loge oder der Freimaurer mit Wage und Senkblei. Von dem Verfasser der Beiträge zur Philosophie des Lebens. Berlin: Ernst Felisch, 1793. GWb I Grammatisches Wörterbuch der deutschen Sprache. Erster Band. Berlin: Ernst Felisch, 1793. KL Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik welche auch zum Theil für Lehrer und Denker geschrieben ist. Herausgegeben von Carl Philipp Moritz. Berlin: August Mylius, 1786. KMA Kritische Moritz-Ausgabe. Hrsg. von Anneliese Klingenberg, Albert Meier, Conrad Wiedemann und Christof Wingertszahn. Tübingen: Max Niemeyer Verlag 2005f. Monatsschrift AdK Monats-Schrift der Akademie der Künste und mechanischen Wissenschaften zu Berlin, herausgegeben von Karl Philipp Moritz und Andreas Riem, 3 Bde. Berlin: Königl. Preuss. Akademische Kunst- und Buchhandlung 1788/89. MzE ÇI–XÈ GNOTHI SAUTON oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde als ein Lesebuch für Gelehrte und Ungelehrte. Mit Unterstützung mehrerer Wahrheitsfreunde herausgegeben von Carl Philipp Moritz (Bd. V–VI hrsg. von Moritz und C. F. Pockels; Bd. IX–X hrsg. von Moritz und Salomon Maimon). ÇJg. abgekürzt durch röm. Ziffer, Stück abgekürzt durch arabische Ziffer: MzE I.3 1783 = 1. Jg. 1783, 1. St.È RDE Reisen eines Deutschen in England im Jahr 1782. In Briefen an Herrn Oberkonsistorialrath Gedike von Carl Philip Moriz. Berlin: Friedrich Maurer, 1783. RDI ÇI–IIIÈ Reisen eines Deutschen in Italien in den Jahren 1786 bis 1788. In Briefen von Karl Philipp Moritz. 3 Bde. Berlin: Friedrich Maurer, 1792–1793. VP Versuch einer deutschen Prosodie. Dem Könige von Preussen gewidmet von Karl Philipp Moriz. Berlin: Arnold Wever, 1786.
Abgekürzt zitierte Werke von Moritz
445
VS ÇI, IIÈ Vorlesungen über den Styl oder praktische Anweisung zu einer guten Schreibart in Beispielen aus den vorzüglichsten Schriftstellern von Karl Philipp Moritz. 2 Bde. Berlin: Friedrich Vieweg d. Ä., 1793–1794. VTO Vorbegriffe zu einer Theorie der Ornamente von Karl Philipp Moritz. Mit Kupfern, Berlin: Karl Matzdorff 1793. VZ »Vossische Zeitung«; 1779–1784 unter dem Titel: Berlinische privilegirte Staatsund gelehrte Zeitung, ab 1785: Königlich privilegirte Berlinische Zeitung von Staats- und gelehrten Sachen.
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6. Abgekürzt zitierte Literatur Adelung Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, mit beständiger Vergleichung der übrigen Mundarten, besonders aber der Oberdeutschen, von Johann Christoph Adelung. Zweyte vermehrte und verbesserte Ausgabe. 4 Bde. Leipzig 1793–1801. Aischylos 2001 Aischylos, Die Perser. Sieben gegen Theben, übersetzt v. Emil Staiger, Stuttgart 2001. Albrecht 1980 Peter Albrecht, Einige Anmerkungen zu Karl Philipp Moritz’ens Aufenthalt bei dem Hutmacher Lobenstein in Braunschweig, in: Braunschweigisches Jahrbuch 61 (1980), S. 151–162. Altenberger 1905 Wilhelm Altenberger, Karl Philipp Moritz’ pädagogische Ansichten, Phil. Diss. Leipzig 1905. Appuhn-Radtke 1959 Sibylle Appuhn-Radtke, Art. »Flußgott«, in: Reallexikon zur deutschen Kunstgeschichte, Bd. 10 (1959), Lfg. 109, Sp. 53–118. Assmann 1999 Jan Assmann, »Hen kai pan«. Ralph Cudworth und die Rehabilitierung der hermetischen Tradition, in: Aufklärung und Esoterik, hrsg. v. Monika Neugebauer-Wölk unter Mitarbeit von Holger Zaunstöck, Hamburg 1999 (Studien zum 18. Jh.; 24), S. 38–52. Basedow 1880 Johann Bernard Basedow’s Ausgewählte Schriften, hrsg. v. Hugo Göring, Langensalza 1880. Beattie, Grundlinien James Beattie, Grundlinien der Psychologie, natürlichen Theologie, Moralphilosophie und Logik. Aus dem Englischen übersetzt und mit Anmerkungen und Zusätzen begleitet von Karl Philipp Moritz, Berlin 1790.
Abgekürzt zitierte Literatur
447
Beste 1900 Johannes Beste, Album der evangelischen Geistlichen der Stadt Braunschweig mit kurzen Nachrichten über ihre Kirchen, Braunschweig und Leipzig 1900. Beutel 1997 Albrecht Beutel, Art. »Predigt VIII«, in: Theologische Realenzyklopädie, Bd. 27, Berlin 1997, S. 296–311. Beutel 2005 Albrecht Beutel, Art. »Predigt A«, in: Historisches Wörterbuch der Rhetorik, hrsg. v. Gert Ueding, Bd. 7, Darmstadt 2005, Sp. 45f. Bezold 1984 Raimund Bezold, Popularphilosophie und Erfahrungsseelenkunde im Werk von Karl Philipp Moritz, Würzburg 1984. Binder 2000 Dieter A. Binder, Die Freimaurer. Ursprung, Rituale und Ziele einer diskreten Gesellschaft. 2. Aufl. Freiburg 2000. Blüher 1998 K. A. Blüher, Art. »Standhaftigkeit«, in: Historisches Wörterbuch der Philosophie, hrsg. v. Joachim Ritter u. Karlfried Gründer, Bd. 10, Basel 1998, Sp. 98–103. Bosse 1993 Heinrich Bosse, Karl Abraham v. Zedlitz: »Über den Patriotismus als einen Gegenstand der Erziehung in monarchischen Staaten« (Berlin 1777), in: Staat und Erziehung in Aufklärungsphilosophie und Aufklärungszeit, hrsg. v. FritzPeter Hager u. Dieter Jedan, Bochum 1993, S. 19–24. Campe 1778 Sammlung einiger Erziehungsschriften von JÇoachimÈ HÇeinrichÈ Campe. Zwei Teile, Leipzig 1778. Campe 1830 Sämtliche Kinder- und Jugendschriften von Joachim Heinrich Campe. Neue Gesammtausgabe der letzten Hand. 1. Bändchen. Abeze- und Lesebuch, Braunschweig 1830. Campe, Allgemeine Revision Allgemeine Revision des gesammten Schul- und Erziehungswesens von einer Gesellschaft praktischer Erzieher. 16 Teile, hrsg. v. JÇoachimÈ HÇeinrichÈ Campe, Hamburg: Carl Ernst Bohn 1785; Wolfenbüttel: Schulbuchhandlung 1786–1787; Wien: Gräffer u. Wolfenbüttel/Braunschweig: Schulbuchhandlung 1787–1792.
448
Benutzungshinweise
Campe, Briefe Joachim Heinrich Campe, Briefe von und an Joachim Heinrich Campe. Hrsg., eingeleitet u. kommentiert v. Hanno Schmidt. Bd. 1. Briefe von 1766–1788, Wiesbaden 1996. Coenen 2000 Hans Georg Coenen, Die Gattung Fabel. Infrastruktur einer Kommunikationsform, Göttingen 2000. Costazza 1996a Alessandro Costazza, Die anti-psychologische Ästhetik eines führenden Psychologen des 18. Jahrhunderts, in: Moritz zu ehren. Beiträge zum Eutiner Symposium im Juni 1993, hrsg. v. Wolfgang Griep, Eutin 1996 (Eutiner Forschungen; 2), S. 9–30. Costazza 1996b Alessandro Costazza, Schönheit und Nützlichkeit. Karl Philipp Moritz und die Ästhetik des 18. Jahrhunderts, Bern 1996. Descartes 1972 Rene´ Descartes, Meditationen über die Grundlagen der Philosophie mit den sämtlichen Einwendungen und Erwiderungen, übers. u. hrsg. v. Artur Buchenau, Hamburg 1972. Dreesman 2002 Ulrich Dreesman, Erbauliche Aufklärung. Zur Predigttheorie Johann Lorenz von Mosheims, in: Klassiker der protestantischen Predigtlehre, hrsg. v. Christian Albrecht u. Martin Weeber, Tübingen 2002, S. 74–92. Dreyer 1936 Friedrich Vieweg & Sohn in 150 Jahren deutscher Geistesgeschichte: 1786– 1936, hrsg. v. Ernst Adolf Dreyer, Braunschweig Ç1936È. DWb Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Nachdruck der Ausg. Leipzig 1854–1971, 32 Bde. u. 1 Quellenverzeichnis, München 1984. Eberhard, Allgemeine Theorie Johann August Eberhard, Allgemeine Theorie des Denkens und Empfindens. Eine Abhandlung, welche den von der Königl. Akademie der Wissenschaften in Berlin auf das Jahr 1776 ausgesetzten Preis erhalten hat, Berlin: Christian Friedrich Voß 1776.
Abgekürzt zitierte Literatur
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Eichler 1996 Helga Eichler, Berliner Buchdrucker, Buchhändler und Verleger am Ende des 18. Jahrhunderts, in: Staat und Bürgertum im 18. und frühen 19. Jahrhundert, hrsg. v. Helmut Reinalter u. Karlheinz Gerlach, Frankfurt a. M. 1996 (Schriften der internationalen Forschungsstelle »Demokratische Bewegungen in Mitteleuropa«; 17), S. 175–189. Engelmann 1926 Wilhelm Engelmann, Daniel Chodowiecki’s sämmtliche Kupferstiche. Beschrieben, mit historischen, literarischen und bibliographischen Nachweisungen, der Lebensbeschreibung des Künstlers und Register versehen, Berlin 1926. Erwentraut 1993 Kirsten Erwentraut, »Menschliches Elend auf trüglichen Schalen«. (Religions-) Pädagogik bei Moritz und Salzmann, in: Text + Kritik, Bd. 118/119 (1993), S. 45–57. Eybisch 1909 Hugo Eybisch, Anton Reiser. Untersuchungen zur Lebensgeschichte von K. Ph. Moritz und zur Kritik seiner Autobiographie, Leipzig 1909. Ferguson 1988 Adam Ferguson, Versuch über die Geschichte der bürgerlichen Gesellschaft, hrsg. u. eingel. v. Zwi Batscha u. Hans Medick, übers. v. Hans Medick, Frankfurt a. M. 1988. Fertig 1979 Ludwig Fertig, Die Volksschule im Obrigkeitsstaat und ihre Kritiker. Texte zur politischen Funktion der Volksbildung im 18. und 19. Jh., Darmstadt 1979. Gaskill 1995 Howard Gaskill, The »Joy of Grief«. Moritz and Ossian, in: Colloquia Germanica 28 (1995), S. 101–125. Gedike 1987 Friedrich Gedike: Über Berlin. Briefe »Von einem Fremden« in der Berlinischen Monatsschrift 1783–1785, hrsg. v. Harald Scholtz, Berlin 1987 (Wissenschaft und Stadt; 4). Geiger 1885 Ludwig Geiger, Moritz, Karl Philipp. In: Allgemeine Deutsche Biographie, hrsg. v. der Historischen Kommision bei der Königlichen Akademie der Wissenschaften, Bd. 22, Leipzig 1885, S. 308–320.
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Abgekürzt zitierte Literatur
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Benutzungshinweise
Jahnke 2003 Jürgen Jahnke, »Die zerstreuete Menschheit aber soll sich in unsrer Loge sammlen«. Karl Philipp Moritz und seine Berliner Logenbrüder, in: Berliner Aufklärung. Kulturwissenschaftliche Studien, Bd. 2, hrsg. v. Ursula Goldenbaum u. Alexander Kosˇenina, Hannover-Laatzen 2003, S. 125–154. Jahnke 2005 Jürgen Jahnke, »Die Maurerei soll uns aus unserm kleinen Umgangszirkel in einen größern ziehen, wo wir mehr mannigfaltiges Gute sehen, als wir sonst Gelegenheit haben«. Karl Philipp Moritz und die Berliner Johannisloge »Zur Beständigkeit«, in: Karl Philipp Moritz in Berlin 1789–1793, hrsg. v. Ute Tintemann u. Christof Wingertszahn, Hannover-Laatzen 2005 (Berliner Klassik. Eine Großstadtkultur um 1800; 4), S. 233–248. Kant 1956 Immanuel Kant, Kritik der reinen Vernunft, Hamburg 1956. Kant, WA Immanuel Kant, Werkausgabe in zwölf Bänden, hrsg. v. Wilhelm Weischedel, Darmstadt 1982. Kapp/Goldfriedrich Friedrich Kapp/Johann Goldfriedrich, Geschichte des deutschen Buchhandels, 4 Bde. Leipzig 1886–1913. Klingenberg 1993 Anneliese Klingenberg, Zwei Briefe von Karl Philipp Moritz nach Hannover, in: Text+Kritik, Bd. 118/119 (1993), S. 10–14. Klischnig, Erinnerungen Karl Friedrich Klischnig, Anton Reiser. Ein psychologischer Roman. Fünfter und letzter Theil. Erinnerungen aus den letzten Lebensjahren meines Freundes Anton Reiser. Als ein Beitrag zur Lebensgeschichte des Herrn Hofrath Moritz, Berlin 1794. Knoche 1999 Susanne Knoche, Der Publizist Karl Philipp Moritz. Eine intertextuelle Studie über die »Vossische Zeitung« und die »Denkwürdigkeiten«, Frankfurt a. M. 1999 (Bochumer Schriften zur deutschen Literatur; 52). Koch 1925 Franz Koch, Goethe und Plotin, Leipzig 1925.
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Abgekürzt zitierte Literatur
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Sulzer Allgemeine Theorie der Schönen Künste in einzeln, nach alphabetischer Ordnung der Kunstwörter auf einander folgenden, Artikeln abgehandelt, v. Johann George Sulzer, 4 Bde. und 1 Registerbd. Hildesheim u. a. 1994 (unveränderter Nachdruck der 2. Aufl. Leipzig 1792–1794/1799). Thieme/Becker Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler, hrsg. v. Ulrich Thieme u. Felix Becker, 37 Bde. Leipzig 1907–1950. Thomasius, Ausübung der Sittenlehre Christian Thomasius, Von der Artzeney Wieder die unvernünfftige Liebe, und der zuvor nöthigen Erkäntniß Sein Selbst. Oder: Ausübung der Sittenlehre Nebst einem Beschluß, Worinnen der Autor den vielfältigen Nutzen seiner Sitten-Lehre zeiget und von seinem Begrif der Christlichen Sitten-Lehre ein auffrichtiges Bekäntniß thut, Halle 1696 (Reprint: Hildesheim 1968). Utz 1990 Peter Utz, Das Auge und das Ohr im Text. Literarische Sinneswahrnehmung in der Goethezeit, München 1990. Voges 1987 Michael Voges, Aufklärung und Geheimnis. Untersuchungen zur Vermittlung von Literatur- und Sozialgeschichte am Beispiel der Aneignung des Geheimbundmaterials im Roman des späten 18. Jahrhunderts, Tübingen 1987 (Hermaea; N. F. 53). Wallinga 2005 H. T. Wallinga, Xerxes’ Greek adventure. The naval perspective, Leiden/Boston 2005. Weiße, Neues A B C Buch ÇChristian Felix Weiße,È Neues A, B, C, Buch, nebst einigen kleinen Uebungen und Unterhaltungen für Kinder, Leipzig 1776. Wieland, SW Christoph Martin Wieland, Sämmtliche Werke XIII. Supplemente 3, hrsg. v. d. Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur, Hamburg 1984. Wingertszahn 2006 Christof Wingertszahn, Anton Reisers Welt. Eine Jugend in Niedersachsen 1756–1776. Ausstellungskatalog zum 250. Geburtstag von Karl Philipp Moritz, Hannover 2006.
460
Benutzungshinweise
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Pädagogische Schriften Überblickskommentar 1. Moritz’ Tätigkeit als Lehrer Karl Philipp Moritz hat in seinem kurzen Leben am längsten den Beruf eines Lehrers ausgeübt; er hat 1778 als Lehrer in Berlin begonnen und 1793 seine Laufbahn als Professor an der dortigen Akademie der Künste und mechanischen Wissenschaften beendet. Die pädagogische Perspektive und die Erziehungslehre der Aufklärung haben Moritz‘ Werk ebenso geprägt wie die lebhafte Publizistik der sogenannten Schulmänner in der Großstadt Berlin. In Moritz’ Interesse für die Erziehung und Bildung des Einzelnen treffen die Tendenz der oft als »pädagogisches Jahrhundert«1 bezeichneten Epoche und seine Prägung durch die erst verweigerte und schließlich gegen den Widerstand der Eltern erkämpfte eigene Schulkarriere zusammen. Damit vollzieht der Autor Moritz den im 18. Jahrhundert stattfindenden Wandel von der traditionellen Erziehung im Sinne christlicher Religion zur aufklärerischen Pädagogik mit ihrem Interesse an der Erforschung der Kindheit nach. Der eigenen Erfahrung, daß die Erziehungsautoritäten (Eltern, Kirche, Schule) ihm als Individuum zu wenig eigene Existenz zugestanden, begegnet Moritz mit Erziehungskonzepten, die sich zunächst an die Vorstellungen der zeitgenössischen Reformpädagogik über eine »menschenfreundliche« oder »philanthropische« Bildung der Kinder anschließen. Letztlich distanzierte sich Moritz aber vom Philanthropismus, vor allem, weil das Erziehungsziel der Vervollkommnung aller individuellen Anlagen dem der gesellschaftlichen Brauchbarkeit für einen bestimmten Stand untergeordnet wurde. Moritz’ Schriften sind vor dem Hintergrund einer Lehrertätigkeit entstanden, die einerseits für das 18. Jahrhundert eine typische Karriere für unterprivilegierte
1
Vgl. z. B. Samuel Baur, Charakteristik der Erziehungsschriftsteller Deutschlands. Ein Handbuch für Erzieher, Leipzig 1790, S. IV.
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Akademiker darstellt und andererseits wohl das Bedürfnis erklärt, die am eigenen Leib erfahrenen Beengungen bei der Aneignung von Bildung und bei der Ausprägung der eigenen Individualität in der Erziehungspraxis fruchtbar zu machen. Das Theologiestudium in Erfurt und Wittenberg brach Moritz im Frühjahr 1778 ohne klar erkennbaren Grund und ohne Examen ab. Nach den gescheiterten Theaterplänen blieb ihm der Weg, der für Studenten aus dem niederen Bürgertum am nächsten lag: »der Theolog Ç. . .È sucht als Privatinformator oder Hofmeister oder auch als Schulmeister an einer Lateinschule eine Versorgung bis zu dem ersehnten Übergang in eine Pfarrstelle«.2 Moritz wandte sich an das von Johann Bernhard Basedow gegründete Dessauer Philanthropin, das damalige Zentrum der pädagogischen Reformbewegung in Deutschland. Der Aufenthalt in Dessau wurde jedoch durch Krankheit beeinträchtigt, und nach einigen lebhaften Gesprächen mit Basedow zerschlug sich die Hoffnung auf eine Anstellung.3 Nach der erfolglosen Bewerbung um eine Feldprediger-Stelle bei der preußischen Armee4 wurde Moritz Informator am Großen Militärwaisenhaus in Potsdam (23. Juli 1778). Daß er es hier nur wenige Wochen bis zum 9. Oktober aushielt, wird meist mit einem Eindruck von dieser Einrichtung begründet, wie ihn August Friedrich Wilhelm Crome in seiner Selbstbiographie wiedergibt: »Im Innern war es indeß so ungemein schmutzig, und die Unreinlichkeit seiner 6000 Zöglinge beiderlei Geschlechts war so abscheulich, daß es ein wahrer Greuel war«.5 Im Jahr 1778 wurden 1950 Kinder Manufakturbetrieben als billige Arbeitskräfte überlassen, 300 – 400 von ihnen waren dadurch dauernd krank; jährlich starben 200.6 So war für Moritz nach zweieinhalb Monaten »diese Lehrstelle unerträglich«,7 und er bemühte sich um eine Lehrerstelle in Berlin. Auf Empfehlung wurde er schließlich am 10. November 1778 als zweiter Lehrer an der unteren Schule zum Grauen Kloster angestellt, um Christenthum, Wissenschaften und Sprachen8 zu unterrichten; gleichzeitig hatte er mit untadligem Lebenswandel den Zöglingen als Vorbild zu
2
Friedrich Paulsen, Geschichte des gelehrten Unterrichts, Bd. 2, Berlin 31921, S. 159. Vgl. Klischnig, Erinnerungen, S. 35f. 4 Vgl. ebd., S. 36f. 5 August Friedrich Wilhelm Crome, Selbstbiographie. Ein Beitrag zu den gelehrten und politischen Memoiren des vorigen und gegenwärtigen Jahrhunderts, Stuttgart 1933, S. 69f. 6 Kurt Hinze, Die Arbeiterfrage zu Beginn des modernen Kapitalismus in Brandenburg-Preußen 1685–1806, Berlin 21963, S. 165. 7 Klischnig, Erinnerungen, S. 38. 8 Vocation vom 23. November 1778, s. S. 472 in vorliegendem Bd. 3
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dienen. Die Lehranstalt war 1574 im aufgelösten Franziskanerkloster (»Graues Kloster«) in der Klosterstraße gegründet worden.9 Seit 1766 war die Schule durch den Direktor Anton Friedrich Büsching,10 einen anerkannten Geographen, Statistiker und Pädagogen, erfolgreich reorganisiert worden. Büsching galt als einer der gelehrtesten und fruchtbarsten Schriftsteller in Deutschland, den Berlin als
einen thätigen, rechtschaffnen und höchstwohlmeinenden Schulmann kennt.11 Unter Büsching wurde das Köllnische Gymnasium mit dem zum Grauen Kloster zusammengelegt und hieß fortan Berlinisches Gymnasium zum Grauen Kloster. Büsching trennte die »unteren« Klassen (Sexta bis Quarta) vom Gymnasium. Damit wurden die Köllnische und Berlinische Schule »anhangende« Stadtschulen. Die »Berlinische Schule« gehörte zwar zum Grauen Kloster, war aber vom eigentlichen Gymnasium als »untere Schule« getrennt. Büschings Lehrplan von 1767 sah für alle Klassen wöchentlich 26 Stunden Unterricht vor. Die drei unteren Klassen (Sexta, Quinta, Quarta) hatten 2 Stunden Religion, 3 (Sexta) bzw. 4 (Quinta, Quarta) Stunden Latein und 6 (Sexta, Quinta) bzw. 3 Stunden Deutsch. Wie weit Moritz sich auch an den Stunden für »Schreiben« (Sexta: 9, Quinta: 6, Quarta: 4) oder den übrigen Fächern (z. B. Naturgeschichte, Sprachen, Geographie, Rechnen etc.) zu beteiligen hatte, muß offen bleiben.12 Durch Büschings Protektion wurde Moritz fast ein Jahr nach seiner Anstellung bereits zum Konrektor befördert. Vermutlich ist es auch auf Büschings Anregung zurückzuführen, daß Moritz sein Theologiestudium nachträglich am 30. April 1779 mit dem Magistergrad abschloß13 (als Voraussetzung für das Konrektorat). Im Dezember 1782 versetzte man ihn an die Köllnische Schule und übertrug ihm gemeinsam mit dem Kollegen Valentin Heinrich Schmidt die Leitung dieser »unteren« Schule.14 Im Januar 1784 stieg Moritz vom Lehrer der »unteren« Schule zum Professor am Gymnasium auf – allerdings auf eigenen Antrag mit reduziertem Lehrauftrag und reduziertem Gehalt.15 Die Schulkarriere beendete Moritz im August 1786, als er abrupt kündigte und dem Schulkerker16 durch eine 9
Vgl. Heidemann 1874. Vgl. Hoffmann 2000. 11 Friedrich Gedike, Ueber Berlin. Von einem Fremden. Dreiundzwanzigster Brief, in: Berlinische Monatsschrift, 2. Jg. 1784, S. 349. 12 Vgl. Johann Joachim Bellermann, Das graue Kloster in Berlin, 4. St., Berlin 1826, S. 13. 13 Vgl. Eybisch 1909, S. 305, A. 26. 14 Vgl. das Dokument S. 475f. in diesem Bd. 15 Vgl. die Dokumente S. 479f. u. 481f. im Anhang dieses Bds. 16 Moritz an Klischnig, Ende August 1786; in: Klischnig, Erinnerungen, S. 166. 10
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Reise nach Italien entfloh. Diesem Bruch waren vorher einige Versuche, andernorts als Prediger oder Lehrer unterzukommen, vorausgegangen. 1780 bewarb er sich um eine Pfarrstelle in Braunschweig,17 im September 1780 bemühte er sich um eine Rektoren-Stelle in Hannover18 und im Juli 1781 kündigte er dem Berliner Magistrat an, daß er mit Campes Unterstützung in Hamburg ein ähnliches Erziehungsinstitut wie dieser errichten wolle.19 Diese Kündigung wurde etwa einen Monat später zurückgenommen, das Bestreben aber, den abscheulichen Schulkerker20 hinter sich zu lassen, wurde durch Enttäuschungen weiter verstärkt, so daß Moritz meinte, auf einer Dorfschulmeisterstelle könne es höchst ange-
nehm seyn.21 Als Schulmann hat Moritz ein gemischtes Echo in der Öffentlichkeit erfahren. Sein Freund Friedrich Gedike rühmte ihn in seiner anonym erschienenen Berichterstattung über das Berliner Schulwesen. Auswärtige Zeitungen wie die Hamburgische Buchhändlerzeitung nannten ihn schon 1782 den berühmteÇnÈ HerrÇnÈ Conrector, Mag. Moritz, als sie über die Stellenveränderungen am Gymnasium zum Grauen Kloster berichteten.22 Als Lehrer hatte Moritz offenbar ein gewisses Charisma, mit dem er seine Zöglinge zu unterhalten vermochte. Dem Erzieher Moritz kam es auf das Vertrauen und auf die Zuneigung seiner Schüler an: nie
zeigte er ihnen daher den Lehrer und Vorgesetzten, immer nur den Freund, den von ihnen selbst erwählten Aufseher ihrer Vergnügungen.23 Er wirkte wohl weniger durch vorbildliches Betragen, als durch Offenheit und Anteilnahme, die er auch durch schriftliche Kommunikation mit seinen Schülern zu realisieren suchte.24 Allerdings erschien er seinen Schülern nicht selten als Sonderling und
17
18
Vgl. die Bewerbungspredigt Die Dankbarkeit gegen Gott erhöhet unsre Freuden auf Erden S. 413,1–430,19 in diesem Bd.
Vgl. Moritz’ Brief an Ernst Anton Heiliger vom 9. September 1781 (KMA 13). Vgl. KMA 13 u. Eybisch 1909, S. 188f. 20 Moritz an Joachim Heinrich Campe, 15. Oktober 1782 (KMA 13); vgl. S. 474 in vorliegendem Bd. 21 Ebd., S. 475. 22 Buchhändlerzeitung, 2. St., Hamburg, 9. Januar 1783, S. 31. 23 Klischnig, Erinnerungen, S. 73. Vgl. auch die Anrede Beim Antritt meines Lehramts an der Schule im grauen Kloster in den Unterhaltungen sowie die Anrede von 1782, in diesem Bd. S. 75,1–77,15 u. S. 141,1–142,33. 24 Vgl. Moritz, Vorschlag zu einem Magazin einer Erfarungs-Seelenkunde, in: Deutsches Museum, 1, 1783, S. 485–503, hier S. 502. 19
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irritierte durch das Ungeschliffene seines Äußeren.25 So berichtete der Schüler Wilhelm Gabriel Wegener, daß Moritz zwar durch sein originelles Genie und durch seine spielende Lehrart für die Schüler nützlich geworden sei, bemängelte aber auch, daß er sich theatralisch auf dem Katheder der Länge nach hinräkelte.26 Ein zeitgenössischer Beobachter sprach ihm 1787 die nötige Konsequenz und Zielorientierung ab und urteilte, allerdings aus der orthodoxen Sicht eines Berliner Schulmanns: daß Herr Moritz, so gut er auch als Pädagog, »die
Gespräche mit seinen Schülern, Seelenlehre für Kinder,« Ç. . .È geschrieben hat; doch schwerlich jemals ein großer praktischer Schulmann werden wird. Seine lebhafte Einbildungskraft eilt dem schwachen kindischen Genie immer zu weit vor; er hat zu wenig Geduld, eben dieselben Sachen unendlichemal zu wiederholen; hat doch zuviel Selbstgefälligkeit; um sich blos für Kinder hinzugeben, und ihnen nicht mehr seyn zu wollen, als er seyn muß. Seine zuweilen etwas nach dem rohen Naturzustande schmekkende Philosophie, verhindert ihn, sich diejenige Achtung zu verschaffen, die ein Lehrer, um nützlich zu werden, unumgänglich haben muß.27 2. Die pädagogischen Schriften Moritz hat keine theoretischen Schriften über Erziehung verfaßt, sondern Bücher für Kinder oder Jugendliche; er hatte nicht das Ziel, eine systematische Erziehungstheorie zu konstruieren, sondern er beteiligte sich mit Rezensionen und kritischen Aufsätzen an den pädagogischen Diskursen seiner Zeit. Mit seinem Interesse für Pädagogik steht er im Kontext der das gesamte Jahrhundert übergreifenden Hinwendung zu Fragen der Erziehung und zur Kultivierung des Menschen. Mit John Lockes (1632–1704) Werk Some Thoughts Concerning Education (1692) und Jean-Jacques Rousseaus (1712–1778) Diskursen, besonders aber seinem Roman Emile (1762), sind Grundpositionen entworfen, auf die in der deutschen Pädagogik der Zeit zurückgegriffen wurde. Die Aufklärung zielte auf Mündigkeit des Individuums, auf die Förderung aller Fähigkeiten und Anlagen und zugleich auf die
25
Vgl. S. 477 in vorliegendem Bd. Ebd. 27 Knüppeln, Julius Friedrich/Nencke, Carl Christoph/Paalzow, Christian Ludwig, Moritz, Carl Philipp. In: Büsten berlinischer Gelehrten und Künstler mit Devisen, ÇStendal:È Leipziger Ostermesse 1787, S. 179–191, hier S. 190. 26
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Erziehung zum gemeinnützig brauchbaren Bürger im jeweiligen gesellschaftlichen Stand. Unter diesen Prämissen mußte der herkömmliche Schulunterricht kritisiert werden. Unterricht sei ohnehin nur der geringste Theil der Erziehung, es sei möglich, ein Kind zu erziehen, wenn es auch niemals lesen, schreiben, me-
moriren lernt und anstatt alles förmlichen Unterrichts nur eines lehrreichen Umgangs genießt, hatte Basedow 1770 behauptet.28 Das mechanisches Memorieren von unnützem Wissen, von Sprachen, die später kaum gebraucht werden, der durch Strafen ausgeübte Zwang zum Schulfleiß und die Vernachlässigung körperlicher Bedürfnisse nach Bewegung und Veränderung ließen Johann Heinrich Pestalozzi (1746–1827) solche unpsychologischen Schulen ÇalsÈ künstliche Erstickungsmaschinen bezeichnen.29 Moritz beteiligte sich an der pädagogischen Reform, wenn er in seinem Vorschlag zu einem Magazin einer Erfarungs-Seelenkunde ausgehend von seiner Schulerfahrung ein systematisches Verfahren einer individuell dokumentierenden Schülerbeobachtung entwarf.30 Mangels eines erhaltenen Nachlasses und Moritz’ grundsätzlicher Zurückhaltung beim Nennen von Quellen läßt sich nicht einwandfrei belegen, welche Schriften zur Pädagogik Moritz zur Kenntnis genommen hat. Rousseaus Emile würdigte er mehrfach als Musterbeispiel einer aufgeklärten Literatur.31 In Johann Heinrich Pestalozzis pädagogischem Roman Lienhard und Gertrud sah er eines der nüzlichsten Produkte unserÇesÈ Jahrhunderts, das auch den geringsten Individuis nur ihre Wichtigkeit erst begreiflich macht.32 Aus einigen nicht namentlich veröffentlichten Rezensionen in der »Vossischen Zeitung«, die Moritz etwa ein Jahr lang von 1784 bis 1785 redigierte, geht hervor, daß er mit den pädagogischen Diskursen seiner Zeit vertraut war. So rezensierte er einige Werke der Philanthropen Joachim Heinrich Campe (1746–1818), Johann Stuve (1752–1793) und Peter Villaume (1746–1825).33 Moritz kannte die Protagonisten
28
Johann Bernhard Basedow, Das Methodenbuch für Väter und Mütter der Familien und Völker (1770), in: ders., Ausgewählte Schriften, Leipzig 1880, S. 93. 29 Johann Heinrich Pestalozzi, Wie Gertrud ihre Kinder lehrt (1801), Leipzig o. J., S. 24. 30 In: Deutsches Museum, 1, 1783, S. 485–503, hier S. 499f. 31 In dem Werk nahm Moritz den reineÇnÈ und ungetrübteÇnÈ Strahl des Lichts Ç. . .È als meinem Geiste verwandt wahr (Die Bücherwelt, in: DW 1786 I, 2. St., S. 27–30, hier S. 30; KMA 11). Vgl. auch AH, S. 140 (KMA 2). 32 Vorschlag zu einem Magazin einer Erfarungs-Seelenkunde , in: Deutsches Museum, 1, 1783, S. 485–503, hier S. 497f.
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der Reformpädagogik Campe und Johann Bernhard Basedow (1724–1790) persönlich und hat die Erziehungspraxis in Campes Hamburger Internat sowie im Dessauer Philanthropin selbst erlebt. Campe hatte Moritz vorgesehen für die Mitarbeit an einer grundlegenden Bestandsaufnahme und Erneuerung der Pädagogik in der sogenannten Allgemeinen Revision des gesammten Erziehungswesens.34 In diesem mehrbändigen Grundlagenwerk sollte Lieberkühn abhandeln: Mittel, die Aufmerksamkeit junger Kinder zu erregen, und sie früh
zu üben, nach anschaulicher Erkenntniß zu streben. – Nothwendigkeit dieser Uebung, hergeleitet aus einer Vergleichung des Nutzens der symbolischen Erkenntniß mit dem überwiegenden Nutzen der anschaulichen.35 Mit Campe und Ernst Christian Trapp (1745–1818) sollte Moritz dazu spezielle Beispiele solcher Uebungen darstellen.36 Hinsichlich eines verbesserten Sprachunterrichts war Moritz mit denselben Kollegen und Friedrich Gedike vorgesehen zur
Darlegung besserer Methoden und Handgriffe, das in gewisser Rüksicht schädliche, und dem Kinde immer beschwerliche Sprachstudium zu erleichtern und unschädlicher zu machen.37 Der Übersicht über das Unternehmen der Revision nach, die Campe 1785 dem ersten Band der Schrift voranstellte, war Professor Moritz ein ordentliches Mitglied dieser Gesellschaft von Erziehern,38 die Campe als eine Gesellschaft der hellsten Köpfe unter den praktischen Erziehungsphilosophen unserer Zeit koordinieren wollte.39
33
Die 1785 anonym erschienenen Rezensionen des von Campe herausgegebenen 1.–3. Teils der Allgemeinen Revision des gesammten Erziehungswesens stammen wahrscheinlich von Moritz (VZ, 77. St., 28. Juni 1785, S. 4; 130. St., 29. Oktober 1785; 79. St. 1786; vgl. Knoche 1999, S. 224–235 u. S. 359–364). Sie besprechen Beiträge von Bahrdt, Campe, Stuve und Villaume. Eine Rezension des 5. Teils kam am 4. Juli 1786 heraus, deren Urheberschaft zweifelhaft ist (Abdruck s. Knoche 1999, S. 363f.). Vgl. KMA 10. 34 JÇoachimÈ HÇeinrichÈ Campe, Plan zu einer allgemeinen Revision des gesammten Erziehungswesens von einer Gesellschaft praktischer Erzieher, in: Berlinische Monatschrift, August 1783, S. 162–181, hier S. 164. 35 Ebd. S. 174. 36 Ebd. 37 Ebd., S. 178. 38
Allgemeine Revision des gesammten Schul- und Erziehungswesens von einer Gesellschaft praktischer Erzieher, 1. Teil, hrsg. v. Joachim Heinrich Campe, Hamburg 1785: Vorrede, welche zugleich den Plan des Werks enthält, S. XIII.
39
Ebd., S. IV.
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Moritz hat die in Aussicht gestellten Beiträge nicht geliefert, wobei nicht genau entschieden werden kann, ob die Mitarbeit aus Zeit- oder aber aus ideologischen Gründen nicht zustande kam. Auf einen grundlegenden Widerspruch deutet Moritz’ scharfe Kritik an der philanthropischen Pädagogik im schon 1785 erschienenen Roman Andreas Hartknopf; darin sind die Philanthropen Hagebuck und der Küster Ehrenpreiß als Weltreformatoren gezeichnet, die auf die Bedürfnisse und Individualität des Einzelnen nicht eingehen und den Romanhelden Hartknopf in den Graben stoßen.40 Moritz hat sich keiner Erziehungstheorie im engeren Sinn angeschlossen, sondern ging von seiner eigenen Erfahrung mit Entwürdigung und Verachtung aus und orientierte sich am einzelnen Individuum. Das Zeugnis, das er 1778 vom Potsdamer Militärwaisenhaus erhielt, enthält sein ganzes Erziehungsziel: fast ganz erkenntnißlosen Kindern Begriffe beizubringen.41 Er kritisierte, daß Menschen durch ihre soziale Lage oder durch körperliche Gebrechen zum Mittel für die Zwecke anderer herabgewürdigt oder aus der Gesellschaft ausgeschlossen wurden; er verlangte, jeden Einzelnen als ›Zweck seiner selbst‹ anzusehen und zu behandeln, und er wollte seinen Schülern die Mittel dafür an die Hand geben (sprachpädagogische Schriften, Briefsteller, Übersetzung von John Truslers Benimmbuch Regeln einer feinen Lebensart und Weltkenntniß zum Unterricht für die Jugend und zur Beherzigung für Erwachsene, Berlin 1784). Er versuchte, einem taubstummen Jungen Begriffe von Gott beizubringen.42 Schließlich gehört zu Moritz’ pädagogischem Konzept auch der Gastwirt Knapp, der seine Worte aufspart, um sich ganz denen zuzuwenden und sie wieder aufzurichten, die den Glauben an sich selbst verloren haben.43 Moritz’ pädagogische Schriften sind auf dem Hintergrund einer sich in Deutschland ab 1770 entfaltenden Ratgeberliteratur und der Herausgabe von Literatur für Kinder entstanden, deren Voraussetzung das zunehmende Interesse am Individuum bildete. Die theoretische Pädagogik wurde u. a. im Periodikum des Dessauer
40
AH, S. 25 u. 7 (KMA 2). Vgl. den Teildruck des nicht erhaltenen Zeugnisses in: Geschichte des Königlichen Potsdamschen Militärwaisenhauses, von seiner Entstehung bis auf die jetzige Zeit. Herausgegeben zur hundertjährigen Stiftungsfeier der Anstalt im November 1824, Berlin u. Posen 1824, S. 482. 42 Vgl. Moritz’ Beiträge zur Taubstummenpädagogik im Magazin zur Erfahrungsseelenkunde (Einige Beobachtungen über einen Taub- und Stummgebohrnen, in: MzE I.1 1783, 1. St., S. 39–44; Fortsetzung I.3 1783, S. 76–82; Die natürliche Religion eines Taubstummen, in: MzE III.2 1785, S. 89–92 [KMA 12]). 43 Vgl. Andreas Hartknopf, S. 90–97 (KMA 2). 41
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Philanthropins Pädagogische Unterhandlungen und in anderen Zeitschriftenbeiträgen erörtert. Die erste systematische Erziehungslehre, Ernst Christian Trapps (1745–1818) Versuch einer Pädagogik (Berlin 1780), forderte als Voraussetzung eine Experimentalpsychologie,44 wie sie Moritz dann mit dem Magazin zur Erfahrungsseelenkunde zu entwickeln suchte. Johann Bernhard Basedow legte mit dem Elementarwerk (1770f.) eine neuartige Einführung in die Welt für Kinder vor. Christian Weisses Zeitschrift Der Kinderfreund (1775f.), Campes Bestseller Robinson der Jüngere (1779) prägten die zeitgenössische Lesewelt. In vielen Forderungen der Zeit nach einem kindgerechten anschaulichen Unterricht, aber auch in einigen Erziehungsformen der Disziplinierung und Gewöhnung an eine methodische Lebensführung, läßt sich bei Moritz ein hohes Maß an Übereinstimmung über die Ziele und Methoden mit Pestalozzi45 und den Philanthropen Campe, Salzmann und Basedow feststellen, wenn auch oft ein kritisch-satirischer Unterton anklingt. Dieser kritische Vorbehalt betrifft die an Rousseau anschließende grundsätzliche Fragestellung, ob man ›bessere‹ Menschen für die bestehende unvollkommene Gesellschaft erziehen könne: Muß man die Gesellschaft ändern oder Kinder von ihr fernhalten? Den diesbezüglichen Briefwechsel Johann Georg Schlossers (1739–1799) mit dem Baseler Volksaufklärer Isaak Iselin, der 1776 in der von Iselin neugegründeten Zeitschrift Ephemeriden der Menschheit Aufsehen erregte, hat Moritz mit Sicherheit gekannt.46 Schlosser hatte den Philanthropinen angesichts der bestehenden gesellschaftlichen Machtverhältnisse Realitätsferne vorgeworfen, vor überhöhten Idealen gewarnt und für die Erziehung der Kinder vorgeschlagen: Ich würde ihren Körper nicht stärker machen, sondern nur
gesund erhalten; würde ihr Auge sehend aber nicht scharfsichtig, ihren Geist aufmerksam aber nicht durchdringend, ihr Herz lau aber nicht warm, ihren Kopf nicht um ein Haar gerader als der Alten ihren machen. Sie müßten lernen mit Mühe, weil sie bestimmt sind mühsam zu arbeiten; müßten Worte lernen, weil sie Worte geben sollen, müßten beschränkt bleiben, weil sie in Schranken laufen sollen.47 Der Pädagoge Villaume argu44
Ernst Christian Trapp, Versuch einer Pädagogik, Berlin 1780, S. 12. Moritz bewunderte Pestalozzis pädagogischen Roman Lienhard und Gertrud (1781–87), den er durch Auszüge und Rezensionen in der »Vossischen Zeitung« bekanntmachte. Vgl. Jahnke 1983, S. 130f.; Knoche 1999, S. 212–224 u. S. 359–362. 46 Vgl. die rühmende Erwähnung dieser von Iselin herausgegebenen Zeitschrift in Moritz’ Vorschlag zu einem Magazin einer Erfarungs-Seelenkunde , in: Deutsches Museum, 1, 1783, S. 485–503, hier S. 490. 45
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mentierte ähnlich in seinem Beitrag Ob und in wie fern bei der Erziehung die
Vollkommenheit des einzelnen Menschen seiner Brauchbarkeit aufzuopfern sey? und riet dem Erzieher, s e i n e n Z ö g l i n g n i c h t v o l l k o m m e n e r Ç z u È m a c h e n a l s e s s e i n S t a n d e r l a u b t ; außer, wenn er sieht, daß dessen Kräfte ihn offenbar zu einem andern Stande bestimmen.48 Hier zeigt sich ein deutlicher Dissens mit Moritz bezüglich der Differenzierung der Erziehung je nach dem gesellschaftlichen Stand, die die Philanthropen propagieren: Moritz plädiert für eine Überwindung der Ständeordnung durch Erziehung. In einer anonymen, vermutlich von Moritz stammenden Besprechung dieses Aufsatzes heißt es über die Abhandlung von dem Hrn. Prediger Villaume, die den
äußerst wichtigen und schweren Punkt berührt, in wie fern bei der Erziehung die Vollkommenheit des einzelnen Menschen, seiner Brauchbarkeit aufzuopfern sey? – Die Stimme des Menschengefühls läßt uns beim ersten Anblick ausrufen: gar nicht! auf keine Weise! – Aber die verwickelten Verhältnisse der menschlichen Gesellschaft hüllen auch die klarste Sache in Dunkel, und machen ihre Auflösung schwer. Man sehe, wie Hr. V. sich herausgewickelt hat.49 Über die Aufklärung der Zöglinge hinaus hat Moritz auch die Selbstaufklärung der Erzieher durch Beiträge in seinem Magazin zur Erfahrungsseelenkunde befördern wollen; darin veröffentlichte er Selbstgeständnisse von Büsching und Basedow.50 Die Lehrer-Schüler-Beziehung wird vor allem in der Erstlingsschrift Unterhaltungen mit meinen Schülern (1780) im Zusammenhang mit Religionsunterricht und Moralerziehung thematisiert, wobei Macht und Gehorsam vorausgesetzt, aber nicht ausführlich begründet werden. Die späteren pädagogischen Schriften wie die Kinderlogik, das ABC- und das Lesebuch legen den Schwerpunkt auf die Anleitung zum Denken, die autonom und ohne imaginierte Lehrperson vor sich gehen soll.
47
Herrn Hofraths Schlossers Schreiben an Herrn Rathschreiber Iselin über die Philanthropinen, in: Ephemeriden der Menschheit, 1. St., 1776, S. 24–71, hier S. 40f. 48 In: Allgemeine Revision des gesammten Erziehungswesens, 3. Teil 1785, S. 435–616, hier S. 526. Rezension des von Campe herausgegebenen 3. Teils der Allgemeinen Revision des gesammten Erziehungswesens, in: VZ, 130. St., 29. Oktober 1785. 50 Selbstgeständniß des Herrn O. C. R. B., in: MzE VIII.1 1791, S. 112f.; Selbstgeständnisse des Herrn Basedow von seinem Charakter, in: MzE I.2 1783, S. 34–37. 49
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Moritz hat, wenn auch nicht als Theoretiker der modernen Erziehungswissenschaft, so doch als Praktiker seinen Platz in der Pädagogik des 18. Jahrhunderts. Im maßgeblichen Erziehungshandbuch der Epoche, August Hermann Niemeyers Grundsätzen der Erziehung und des Unterrichts (1796), ist Moritz’ Werk an etlichen Stellen empfohlen.51
51
August Hermann Niemeyer, Grundsätze der Erziehung und des Unterrichts für Eltern, Hauslehrer und Erzieher. Unveränderter Nachdruck der 1. Aufl. Halle 1796. Hrsg. v. Hans-Hermann Groothoff u. Ulrich Herrmann, Paderborn 1970, u. a. S. 38, 106, 241, 244, 254, 257 u. 282.
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Dokumente
Dokumente zu Karl Philipp Moritz’ Lehrerlaufbahn (1778–1786) 1.) Vocation für H. Carl Philipp Moritz zum 2ten Lehrer an der Schule in Berlin, Berlin, 23. November 1778 Hs.: Landesarchiv Berlin. Acta des Magistrats zu Berlin, die Bestellung derer Lehrer bey der Berlinischen Schule betreffend, Sig. A Rep. 020–02, Nr. 3680, Bl. 2. Vgl. KMA 13.
WohlEhrenvester und wohlgelahrter vielgeehrter Herr und Freund
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Demnach durch Beförderung des bißherigen zweiten Lehrers an der unteren Schule des Berlinischen Gymnasii H. Ritter zum ersten Lehrer und Aufseher der Schule in Cölln, deßen bißher verwaltetes Amt erlediget worden und Uns Praesident, Bürger Meistern und Rath der p. alß Patrono oblieget, diese Stelle wiederum mit einen geschickten und rechtschaffenen Mann zu besetzen, so haben Wir nach vorgangiger Consultation mit dem Ephoro dieser Schule Herren Ober Cons. Rath und Probst Spalding und in Rücksicht der vor Unsern Vielgeehrten Herren abgelegten Probe seiner vorzüglichen Geschicklichkeit im Unterricht der Jugend hiezu einstimmig erwählet. Solchemnach vociren und bestellen im Nahmen Gottes Wir Praes. BM. und Rath der p. alß Patrones des Gymnasii in Berlin und damit verknüpften Schule, hiemit u. Krafft dieses, Ihn Herren Carl Philipp Moritz zum zweiten Lehrer an der Unteren Schule des Berlinischen Gymnasii, dergestalt, daß Er nicht nur die SchulJugend im Christenthume, Wissenschaften und Sprachen so wie solches in dem von den Hr. Directori zu entwerfenden und von Uns zu genehmigenden Plane bestimmt werden wird, treülich und fleißig unterrichten sondern auch in den Fall daß ein oder der andre von den übrigen Lehrern der Untern Schule durch Kranckheit oder andre Hinderniße abgehalten würde sein Schul Amt auf einige Zeit zu verwalten, deßen Arbeith mit übernehme; überdem der Jugend mit einen unsträflichen Leben und Wandel vorgehe, und sich überall so betrage, daß es zu Gottes Ehre zum Besten der studirenden Jugend und zu unserm Wohlgefallen gereichen möge. Wogegen Er nicht nur ein jährliches Gehalt von Zwey Hundert und Funfzig Rthl. aus der Schul-Caße zu erheben, sondern auch zu gewärtigen hat, daß wir bey vorstürmenden Fleiß und Application, und sich ereignen-
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der Vacantz einer andren Lehrer Stelle auf seine weitere Beförderung bedacht sein werden. Uhrkundlich p. gegeben Berlin d. 23ten: Novbr: 1778. Philippi Diterich Ransleben Wackenroder Buchholz
2.) Anton Friedrich Büsching, Einladungsschrift zur Lehrereinführung, 2. Dezember 1778 In: Anton Friedrich Büsching ladet zur feyerlichen Einführung zweyer
neuen Professoren des vereinigten Berlinischen und Cölnischen Gymnasiums, und zweyer neuen Lehrer der von demselben abhangenden Schulen, welche am zweyten December Vormittags gegen zehn Uhr im grauen Kloster geschehen soll, geziemend ein, und zeiget zugleich öffentlich an, wie der vor zwölf Jahren gemachte neue Plan zu diesem Gymnasium ausgeführt worden sey? Berlin, gedruckt mit Eisfeldischen Schriften 1778, S. 15.
Ç. . .È Auch die S c h u l e n i m g r a u e n K l o s t e r u n d i n C ö l n , welche von dem Gymnasium abhangen, haben die wohlthätige und weise Vorsorge des preiswürdigsten Magistrats erfahren. Der Ç. . .È geschickte und lebhafte Candidat Herr C a r l P h i l i p M o r i t z , ist in die Stelle des an die cölnische Schule versetzten Herrn R i t t e r s , zum Lehrer verordnet worden. Es ist dieser junge Mann 1756 zu Hameln im Fürstenthum Calenberg geboren, und zu Hannover erzogen worden. Vom vierzehnten bis neunzehnten Jahr seines Alters ist er in das Gymnasium der Altstadt gegangen, und hat die gelehrten Schulmänner, die Herren Directores B a l h o r n und S c h u m a n n , und den Herrn Rector S e x t r o , zu Lehrern gehabt. Auf Empfehlung und Fürsprache des Besatzungs-Predigers Herrn M a r q u a r d zu Hannover, hat ihn daselbst der Durchl. Prinz C a r l von Mecklenburg so lange gnädig unterstützt, bis er 1775 mit Empfehlung an den Herrn Doctor und Professor F r o r i e p , nach Erfurt gegangen, und ein Jahr lang daselbst die Theologie studirt hat, während welcher Zeit er auch die Gewogenheit des Herrn Regierungsraths und Professors S p r i n g e r genossen. Von hier gieng er nach Wittenberg, um daselbst seine Studien fortzusetzen, und zugleich seinen Unterhalt durch Unterricht in der ihm sehr geläufigen engländischen Sprache zu suchen. Die Herren Professoren S c h r ö c k h ,
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E b e r t und T i t i u s erzeigten sich gütig gegen ihn, und er erreichte seinen Zweck. Nach zwey Jahren begab er sich nach Dessau, und machte sich dem dasigen Philanthropin als einen brauchbaren Mann bekannt, erfuhr auch in einer Krankheit, die ihn betraf, die gütige Vorsorge des Herrn Professors Wo l k e . Im letztverwichenen Sommer ward er veranlaßt, nach Potsdam zu reisen, und weil eine Lehrstelle bey dem dasigen großen Waisenhause offen war, anvertraute man ihm dieselbige. Es hat ihm aber das Directorium dieser großen Königl. Anstalt neulich den gebetenen Abschied ertheilt, als Ein Hochedler Magistrat willig war, ihn zum Lehrer an der Klosterschule zu machen. Er hat dazu trefliche Gaben, und viel Neigung, daher man hoffen kann, daß er viel leisten, und es weit bringen werde. Ç. . .È 3.) Moritz an Joachim Heinrich Campe, Berlin, 15. Oktober 1782 Hs.: HAB Wolfenbüttel, Slg. Vieweg, Nr. 1121; vgl. KMA 13.
Ç. . .È Und nun vergönnen Sie mir auch, daß ich Ihnen von mir selber ein Paar Worte schreibe. Der Prof. Zierlein mein vertrautester Freund, den ich unter den Lehrern des gr. Klosters hatte, ist gestorben. Der junge Gedicke, mit dem ich so viel projektirt hatte, und der mir seinen Verlust hätte ersetzen können, geht als Prof. nach Breslau: er war, wohl zu merken, noch Gymnasiast, da ich schon Konrektor war, und mein Freund Biester hat ihn nach Breslau empholen. Büsching hat einen Prorektor an der kölnischen Schule Nahmens Ritter zum Profeßorat, und mich wieder zu dessen Prorektorat vorgeschlagen, wo ich 500 RThl. Gehalt und ein eignes Haus gehabt hätte, so daß ich damit sehr wohl zufrieden gewesen wäre; und die kölnische Gemeine ist beim Magistrat wieder mich eingekommen, und hat gedrohet an den König zu gehen, wenn man nicht den Konrektor der kölnischen Schule, welcher viele Konnexion in dieser Gemeine hat, zum Prorektor machte. Dieser Konrektor aber hat durch allerlei Kabalen die kölnische Gemeine hiezu aufgewiegelt. Um nun aus diser VerlegÇenÈheit herauszukommen, will man einen ganz fremden zum Professor machen, und es ist sogar schon deswegen nach Thorn geschrieben worden. O wer erlöset mich doch aus diesem abscheulichen Schulkerker, worinn ich nun eingeschmiedet bin! Alle meine Philosophie ist wieder dahin. Ein Vagabonde mag ich nicht aufs neue werden, und doch ists mir unter diesen Umständen unmöglich hier zu bleiben. Ich bin entschlossen, nach Wien zu
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gehn, und erbitte mir, nebst Ihrem freundschaftlichen Rathe, eine Emphelung dorthin, so gut es seyn kann; oder können Sie mir sonst irgend zu einer Dorfschulmeisterstelle helfen, so soll es mir höchst angenehm seyn, damit ich doch einmal von dem Neide und niedrigen Kabalen befreiet werde. Emphelen Sie mich Ihrem ganzen Hause. Ich bin Ihr aufrichtig ergebenster. C. P. Moritz. Berlin d. 15ten October. 1782. 4.) D. Anton Friedrich Büschings Anrede an die Gymnasiarchen, neuen Lehrer, Gymnasiasten und Schüler, 4. Dezember 1782 In: Reden, welche am vierten December 1782, in dem grauen Kloster zu Berlin, bey der Einführung neuer Lehrer, gehalten worden. Berlin, gedruckt mit Eisfeldschen Schriften 1782, S. 3f.
Ich gestehe es, m e i n e g e l i e b t e n S c h ü l e r d e r c ö l n i s c h e n S c h u l e , daß ihr mit dem bisherigen Herrn Prorector eurer Schule sehr viel verlieret, allein es ist auch etwas wohlgegründetes zu eurer Aufmunterung vorhanden. Es werden nicht nur diejenigen von euch, welche künftig in das Gymnasium steigen, ihn wieder zum Lehrer bekommen, sondern ihr behaltet auch eure anderen geschickten und treuen Lehrer, welchen ihr so viel zu verdanken habet, und anstatt des verlornen Lehrers, erlanget ihr einen solchen, der sich die Liebe und Verehrung der ganzen Schule des grauen Klosters, in einem hohen Grad erworben hat. Machet euch nur seiner Vorsorge für eure Glückseeligkeit, und insonderheit seines vorzüglichen Unterrichts, durch folgsame Anhänglichkeit, und lernbegierige Aufmerksamkeit, so werth, daß es ihm und euch selbst lebenslang Freude bringe. Sie sind es werthester Herr Conrector Moritz! von dem ich jetzt rede. Nicht der Wunsch, Ihrer von der Schule des grauen KlosteÇrÈs los zu werden, (denn Sie haben sich um dieselbige sehr verdient gemacht,) sondern das Verlangen, Ihnen weiter zu helfen, und dadurch in Ihnen eine überwiegende Neigung zum Schulwesen entweder zu erwekken, oder zu stärken und zu vergrößern, war die Triebfeder der Bemühung, Sie auf eine Zeitlang an die cölnische Schule zu bringen. Sie sind nun von den Vätern unserer Schulanstalten, zum Lehrer an derselben ernannt; Sie sind nun bestimmt, gemeinschaftlich mit Herrn C o n r e c t o r S c h m i d t ,
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die Aufsicht über dieselbige zu verwalten. O! daß doch bey dieser Einrichtung der bekannte Satz, v e r e i n i g t e K r a f t i s t s t ä r k e r a l s e i n f a c h e , zum Nutzen der Schule so wahr sich zeigen möge, daß ein allgemeines Vergnügen daraus entstehe! We r t h e s t e H e r r e n u n d F r e u n d e ! hier ist nicht von eitler Ehre, nicht von einseitigem Vortheil, sondern von der Wohlfahrt einer ganzen Schule die Rede, die durch freundschaftliche Eintracht, und gemeinschaftliches Bestreben Ihrer Lehrer, innerlich sehr vollkommen, und äußerlich sehr glänzend werden kann. Dazu mit vereinigten Herzen täglich treu zu wirken, das sey Ihr Ehrgeitz, das sey Ihr edler Zweck. Ç. . .È 5.) Dem Herrn Conrektor Moritz bey dem Antritte seines Lehramts an
der Cölnischen Schule übergeben von den Schülern dieser Anstalt. Am vierten December 1782 Gedruckt bey George Friedrich Starcke. Druck: Goethe-Museum Düsseldorf. Vgl. KMA 13.
Der erste Gruß in dieser Stunde, Den eine frohe Schaar Dir beut, Sey feierlich aus Einem Munde Als Freund und Lehrer Dir geweiht. Wir fühlen ungewohnt Entzücken, Da soviel Freuden um uns blühn, Und jeder sagts mit seinen Blicken: Die Freuden schuf uns Gott durch Ihn. Wir fühlen alle großen Seegen, Wenn Du an Deiner Hand uns führst, Wenn D u auf unbekannten Wegen Der Leiter unsrer Jugend wirst. Als Brüder sind wir fest entschlossen, Den Weg, den D u uns führst, zu gehn, Durch Dich ermuntert, unverdrossen Im Guten niemals still zu stehn.
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Nichts müsse Deine Tage trüben, Nichts Deinem Wunsch entgegen stehn: Nennst Du uns nur erst D e i n e L i e b e n , So kann nichts unser Glück erhöhn! Tritt dann nach jugendlichen Spielen Ein ernstres Alter bei uns ein; Wer wird nicht ganz die Wonne fühlen, Von Dir belehrt, geführt zu seyn! – 6.) Wilhelm Gabriel Wegener, Selbstbiographie In: Jugendbriefe Alexander von Humboldts an Wilhelm Gabriel Wegener, hrsg. von Albert Leitzmann, Leipzig 1896, S. 108.
Der Professor M o r i t z trug uns, nachdem er seine Fußreise nach England zurückgelegt hatte, wöchentlich in zwei Stunden allerlei weiß Gott nach welchem Plane aus der deutschen Sprache und den schönen Wissenschaften vor. Er kam gewöhnlich erst gegen ¾ und wir versammelten uns dann um ihn als unsres Gleichen. Der größte Sonderling, den ich je gekannt habe. Offenbar hatte er originelles Genie und durch seine spielende Lehrart ist er uns nützlich geworden: denn wir lernten durch ihn Geschmack im eigenen Denken und Spekulieren finden; und wenn wir gleich gar keine Sachkenntnisse erhielten, so war doch sein Unterricht in formeller Rücksicht nicht vergeblich. Indessen schadete es uns wohl, daß er alle gewöhnliche Rücksichten der guten Lebensart vernachlässigte und uns dadurch in dem Wahn bestärkte, daß das leidige Geniewesen zur Eigenschaft eines aufgeklärten schöngeisterischen Philosophen gehörte. Wenn er sich auf dem Katheder der Länge nach hinräkelte und wie aus einem Traume erwachend ein Blatt aus Theokrits Idyllen herausriß, solches einen A u s z u g nannte, dann an dem Blatte allerhand kraftgenieartige Bemerkungen machte, so war diese theatralische Szene freilich wohl fähig uns in einer gespannten Erwartung zu erhalten; allein das Sentimentale, das wir dabei fühlten und annahmen, war gewiß ebenso wenig unserm Eifer im gründlichen Studieren nützlich, als das Ungeschliffene seines Äußeren unsern Sitten Vorteil brachte. Ich weiß, daß ein gewisser unbescheidener Stolz, eine gewisse selbstgefällige Klügelei über ernsthafte Studia und ein nur das
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Schöne und das oberflächliche Raisonnement schätzendes Geniewesen auch uns andre, namentlich einen Klischnig ansteckten. Erst nachher habe ich meine Krankheit kennen gelernt. Er reisete bald nach Italien ab und dort hörte seine Epoche auf. 7.) Anton Friedrich Büsching, Ankündigung der öffentlichen Prüfung, 22. und 23. April 1783 In: Anton Friedrich Büsching kündiget die öffentliche Prüfung der
Gymnasiasten und Schüler des vereinigten berlinischen und cölnischen Gymnasiums, und der dazu gehörigen beyden Schulen, welche am 22 und 23sten April angestellet werden soll, der Gewohnheit gemäß an, ladet die Patronen, Gönner und Freunde der Schulen dazu gebührend ein, und behauptet in einer vorläufigen Abhandlung auf eine neue Weise, daß der Staat den Lehrern seiner öffentlichen Stadtschulen größere Ehrentitel und Besoldungen ertheilen müsse. Berlin, gedruckt mit Eisfeldischen Schriften, S. 8.
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In dem zurückgelegten Schuljahr, haben das Gymnasium und die beyden Schulen wichtige Veränderungen erfahren. Das Gymnasium verlohr am zweyten September vorigen Jahres, den gelehrten, geschickten, rechtschaffenen, und ihm sehr nützlichen Professor, Herrn J o h a n n G e o r g Z i e r l e i n , durch einen frühzeitigen und unvermutheten Tod, und wurde dadurch in große Betrübniß versetzet. Die Schule des grauen Klosters hatte sich ihres jüngsten Lehrers, des Herrn L u d e w i g F r i d r i c h G o t t l o b E r n s t G e d i k e kaum neun Monate erfreut, als er ihr durch einen ehrenvollen Ruf zu einem Professorat bey dem Gymnasium zu St. Elisabeth in Breslau, entzogen wurde. Es war nicht leicht, diesen doppelten Verlust zu ersetzen, es ist aber doch gottlob! geschehen. Der so väterlich und weise für seine Schulen sorgende M a g i s t r a t h i e s i g e r K ö n i g l i c h e r R e s i d e n z s t ä d t e , hat Herrn C a r l G o t t f r i e d R i t t e r , der sich um die cölnische Schule als Prorector derselben ungemein verdient gemacht hatte, zum Professor der griechischen und hebräischen Sprache, und der christlichen Lehre, ernannt, und dadurch diesem vorzüglichen Lehrer ein größeres Feld eröfnet, in dessen geschickter Bearbeitung er sich schon sehr hervorzuthun angefangen hat, auch noch immer hervorthun wird. An sei-
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ner Statt ist Herr Conrector M . C a r l P h i l i p p M o r i t z , der cölnischen Schule zum Lehrer gegeben worden, weil seine bey der Schule zum grauen Kloster bewährten großen Lehrgaben, die Hofnung erweckten, daß er auch jener Schule ausnehmend nützlich seyn werde. Sie würde gewiß schon in sehr sichtbare Erfüllung gegangen seyn, wenn er nicht wäre um die Zeit dieser Versetzung mit einer Krankheit befallen worden, die während des Winters ihm in der Amtsverwaltung sehr hinderlich gewesen ist. Desto mehr ist zu rühmen, daß Herr Conrector S c h m i d t , welcher gemeinschaftlich mit Herrn M o r i t z die Aufsicht über die Schule verwaltet, die Stelle desselben zu ersetzen, sich ernstlich und glücklich bemühet hat. Die Schule des grauen Klosters, hat an dem guten lateinischen Stilisten und Dichter Herrn M a r t i n H e i n r i c h T h i e m e , und an dem guten deutschen Dichter und schon geübten Lehrer und Pädagogen, Herrn J o h a n n F r i e d e r i c h S e i d e l , zwey neue Lehrer bekommen, die zur Erhaltung ihres guten Zustandes treulich arbeiten. Ç. . .È 8.) Bestallung als Professor Publicus Extraordinarius, Berlin, 18. Januar 1784 Hs.: Landesarchiv Berlin, Acta des Magistrats zu Berlin, die Bestellung derer Lehrer bey der Berlinischen Schule betreffend, Sig. A Rep. 020–02, Nr. 3680, Bl. 24, Copia; vgl. KMA 13.
Wir Friderich von G. G. König von Preußen p. Thun kund und fügen hiermit zu wißen, Nachdem Wir laut allerhöchster Cabinets-Resolution vom 4. Octbr: 1774. denen jedesmahligen Lehrern am vereinigten Berlin und Cöllnschen Gymnasio zum Grauen Closter den Caracter als Profeßor beygelegt wißen wollen, und dann der bereits hiebevor um selbigen unmittelbar supplicirend eingekommene Conrector an der Cöllnschen Schule, Carl Philipp Moritz nunmehro als außerordentÇlicherÈ Lehrer an vorernanntem Vereinigtem Gymnasio, von dem hiesigen Magistrat angesetzt und Uns allÇerunÈtÇerÈthÇänigÈst angezeigt worden, daß Wir dannenhero denselben in Gemäßheit unserer vorerwehnten sowohl als der seinetwegen besonders unt. 5. Febr.: 1781. erlaßenen Cabinets-Ordres zum Professore Publico Extraordinario an vorhergedÇachtemÈ Gymnasio allÇerÈgÇnäÈdÇigÈst ernannt und angenommen haben Wir thun auch solches hiermit und Kraft dieses also und dergestalt, daß Uns und Unserm Kgl. Churhause derselbe p. treu, gehorsam und gewärtig
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seyn, Unsern Nutzen und höchstes Interesse überall suchen und befördern, Schaden und Nachtheil aber, so viel an ihm ist, verhüten und abwenden helffen, das Amt eines Professoris publici Extraordinarii bey dem ermeldten Gymnasio getreulich verwalten, die daselbst studirende Jugend publice und privatim fleißig unterrichten, derselben mit gutem Exempel vorleuchten und überhaupt alles dasjenige thun und leisten solle, was einem rechtschaffenen, vernünfftigen, fleißigen und geschickten Professori eignet und gebühret, und Wir Uns deßen zu ihm gÇnädiÈgst versehen; Wogegen und für solche seine treue Dienstleistung er, der Professor, Carl Philipp Moritz, sich aller den übrigen an offtbesagtem Gymnasio bestallten Professoribus zustehenden Rechte, Privilegien und Gerechtigkeiten ebenmäßig zu erfreuen haben soll. Das zu Urkund p. Berlin den 18: Januar: 1784. LS Auf pp Special-Befehl Zedlitz 9.) Dem Herrn Professor Moritz bei seiner Einführung gewidmet von
nachstehenden Gymnasiasten der zweiten Klasse des Gymnasiums zum grauen Kloster. Berlin, den 11ten Februar 1784 Gedruckt bei Johann Friedrich Unger. Druck: Goethe-Museum Düsseldorf, vgl. KMA 13. 2
Hebt an ein Lied der Freude! zum fröhlichen Gesange, Brüder! Rufet uns dieser Tag, An dem nicht mehr ein oft getäuschtes Harren zum Trübsinn uns führt; das heute
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Wir, unsers höchsten Wunsches gewähret, Ihn Zum Eigenthum empfangen, der selten und Geliehen nur sonst unser war. O! Sei nun mit Segen willkommen! Sei es Der Zahl entzückter Jünglinge! Freue Dich Mit ihnen! Höre günstig ihr schwaches Lied, Das einst vielleicht, durch Dich in vollern Saiten ertönet, Dich würdiger preiset.
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Ahlefeld Buchholtz Cornely Gräfe Ideler Lieberkühn Matzdorff v. Müller Nobiling Neumann
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Rothe Rostock Schultze Thaulow 1 Thaulow 2 Ulrich Viering Wegener Welle Zschock
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10.) Anton Friedrich Büsching 1787 über Moritz’ Ausscheiden als Lehrer In: Anton Friedrich Büsching giebet einige Nachricht von dem was seit zwanzig Jahren in dem vereinigten Berlinischen und Cölnischen Gymnasium ausgerichtet worden, schildert die seit einem Jahre abgegangenen Gymnasiasten, und zeiget an, daß in diesem Frühjahr keine öffentliche Prüfung der Gymnasiasten und Schüler angestellet werden könne. Berlin, gedruckt bey J. C. F. Eisfeld. 1787, S. 4–6.
In dem 1786sten Jahr, hat des Gymnasiums ausserordentlicher Professor, Herr M . C a r l P h i l i p p M o r i t z , dasselbige verlassen. Er war 1778 nur eine ganz kurze Zeit Lehrer des großen Kön. Waisenhauses zu Potsdam gewesen, als er hieher kam, und eine Lehrstelle suchte, weil ihm die potsdamische unerträglich geworden war. Er hörte, daß er vors erste weiter nichts als Gehülfe bey einer unserer Schulen werden, auch nicht mehr als 100 Thaler bekommen könne; er versicherte aber, daß er dieses schon für ein beträchtliches Glück achten würde. Ein paar Tage hernach kündigte ihm der Verfasser an, daß er zwar bey der Klosterschule eine Lehrstelle, aber nicht die 100 Thaler, mit welchen er so sehr zu-frieden gewesen sey, sondern 250 Thaler haben solle. Hierüber bezeigte er die vollkommenste Zufriedenheit, und die lebhafteste Freude. Nach ein paar Jahren ward er Conrector bey der Klosterschule, war aber mit seinem Zustande nicht mehr zufrieden. Daher gieng des Verfassers Wunsch und Bemühung dahin, daß er 1782 Prorector bey der cölnischen Schule werden mögte, er ward aber nur als Conrector an dieselbige gesetzet, und verordnet, daß er in Gemeinschaft des Herrn Conrectors S c h m i d t , die Aufsicht über dieselbige haben
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und führen solle. Unterdessen wurde sein Gehalt auf 280 Thaler erhöhet, es wurden ihm auch einige Lehrstunden in dem Gymnasium aufgetragen, und für dieselben jährlich 56 Thaler bewilliget, also daß er 336 Thaler baares Geld, und freye Wohnung hatte die auf 40 Thaler geschätzet wurde. Der Verfasser suchte ihn durch die Vorstellung zu beruhigen, daß er ohnfehlbar Prorector der Klosterschule, und wenn er entweder eine der Hauptwissenschaften, oder eine der gelehrten Sprachen, die in dem Gymnasium gelehret werden, ernstlich studire, bey vorfallender Gelegenheit ordentlicher Professor des Gymnasiums zu werden, auf solche Weise auch künftig an der Streitschen Stiftung Antheil zu haben gewiß hoffen dürfe. Er machte aber einen andern Plan; denn er hielt 1784 bey dem Magistrat um das Amt eines außerordentlichen Professors bey dem Gymnasium an, und erklärte sich, daß er, wenn er dasselbige bekommen würde, für sechs Stunden wöchentlichen Unterricht jährlich nur 120 Thaler verlange. Der Verfasser widerrieth ihm aufs stärkste, so viel gewisse Einkünfte mit der Wohnung fahren zu lassen; er blieb aber bey seinem Plan und Wunsch, und der Magistrat erbat für ihn bey dem geistlichen Departement den Charakter, welchen er sich wünschte. Nun ermunterte ihn der Verfasser abermals, durch starke Bewegungsgründe, daß er entweder auf eine Hauptwissenschaft, oder auf eine gelehrte Sprache anhaltenden Fleiß verwenden mögte, er entschloß sich auch erst zu der Historie, und hernach zu der lateinischen Sprache; war aber nicht standhaft. Von Jugend an gewohnt, des alltäglichen und einerley bald überdrüßig zu werden, und also in Zwecken und Planen häufige Abwechselungen vorzunehmen, machte er einen neuen Entwurf, den er aber dem Verfasser nicht mittheilte, weil er voraus sahe, daß derselbige, wegen seiner Beständigkeit in seinen Grundsätzen und Masregeln, diese Unbeständigkeit mißbilligen würde. Er machte dem Verfasser im Frühling 1786, an einem Morgen da er schon aus dem Gymnasium weggeblieben war, schriftlich bekannt, daß er auf acht bis vierzehn Tage ver-reisen werde, und daß er für die Verwaltung einiger seiner Lehrstunden gesorget habe, und bat, daß der Verfasser für die übrigen sorgen mögte. Der Verfasser antwortete ihm sogleich, er mögte die Reise unterlassen, wenigstens nicht eher antreten, bevor er für alle seine Lehrstunden gut gesorget, und den Magistrat um Erlaubniß zu der Reise gebeten hätte. Dieser ließ auch noch an demselben Tage den Befehl an ihn ergehen, die Reise nicht eher vorzunehmen, als bis er des Directors Zeugniß geliefert habe, daß für seine Lehrstunden hinlänglich gesorget sey. Herr Moritz
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kehrte sich aber daran nicht, sondern verließ Berlin, und es ward erst nach einigen Wochen bekannt, daß er nach Braunschweig gegangen sey, und von da auf Jahr und Tag nach Italien reisen wolle. Eben als man hier im Begriff war, zum Besten des Gymnasiums die nöthigen Masregeln zu nehmen, lief sein Schreiben an den Magistrat ein, in welchem er um seinen Abschied bat. Das ist etwas von der berlinischen Geschichte dieses vorzüglichen Kopfes. Ç. . .È
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Unterhaltungen mit meinen Schülern Überlieferung 1. Textgrundlage D1 Unterhaltungen mit meinen Schülern. Von M. Carl Philipp Moritz, Conrector am grauen Kloster zu Berlin. ÇVignette: Blumen und BlasinstrumenteÈ Erstes Bändchen. Berlin 1780. Gedruckt und verlegt von
Christ. Sigism. Spener. S. ÇIÈ–XII, S. Ç1È–248 Çrecte 264, denn die Lage H wiederholt die Seitenzählung der Lage GÈ. 8°; Satzspiegel: 12,2 x 6,7 cm. Fraktur. Benutzte Exemplare: Humboldt-Universitäts-Bibliothek, Berlin, Sig. Philos. 4769 R (Druckvorlage); Forschungsbibliothek Gotha, Sig. Phil. 8. p. 1873/4. D2 Karl Philipp Moritz Unterhaltungen mit seinen Schülern. Zweite
Auflage. Berlin, bei Arnold Wever 1783. S. ÇIÈ–X, S. Ç1È–220. 8°; Satzspiegel: 11,8 x 6,5 cm Fraktur. Benutzte Exemplare: Humboldt-Universitäts-Bibliothek, Berlin, Sig. Philos. 4769/2, Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek, Jena, Sig. 8 Phil. IX, 63. Grundlage für den edierten Text: D1.
Überblickskommentar
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Überblickskommentar 1. Entstehungsgeschichte Mit dem ersten – und einzigen – Bändchen der Unterhaltungen mit meinen Schülern veröffentlichte Moritz seine erste größere Erziehungsschrift. Am 23. November 1778 war er zum zweiten Lehrer an der unteren Schule des Berlinischen Gymnasiums berufen und bestellt und am 29. Oktober 1779 zum Konrektor befördert worden. Der junge Lehrer hatte das Ziel, über den engen Kreis seiner Schüler hinaus wirksam zu werden, sowie das Bedürfnis, seine pädagogischen Ideen anderen mitzuteilen und sich an der öffentlichen Diskussion zu beteiligen. Sein erster Biograph Karl Friedrich Klischnig bemerkt zu den Unterhaltungen: Dies war das erste, wodurch sich Reiser bekannt machte. Er schrieb
es in dem Zeitpunkt, wo das Schulleben noch Reize für ihn hatte, wo er noch ganz in der schönen Erwartung lebte, wie viel Gutes er bewürken würde. Er bewürkte auch wirklich viel, denn er hatte die Liebe seiner Schüler und diese Unterhaltungen sollten eine Belohnung ihres Fleißes seyn. Er hat darinn – nach der Meinung mehrerer Sachverständigen – ganz den Ton getroffen, wie man mit Kindern, ohne selbst ins Kindische zu fallen, reden muß.1 Moritz beschreibt in seinem Vorbericht, daß er im May des vorigen Jahres Ç1779È das erste Stück auf ÇsÈeine Kosten drucken ließ und von da an monathlich zwei Bogen in einem blauen Umschlage herausbrachte (vgl. S. 6,4–10). Bereits ab dem zweiten Stück übernahm es der Verleger Spener, die einzelnen Stücke für Berlin herauszugeben und sie nach dem achten Stück zu einem Ersten Bändchen zusammengebunden auch über Berlin hinaus zu verbreiten. Am 17. Juni 1780 schickte Moritz ein Exemplar des 6. Stücks (Die Schöpfungsfeier) an Johann Gottfried Herder und bemerkte dazu in seinem Begleitbrief, daß er eine
Monathsschrift herausÇgäbeÈ, unter dem Titel, Unterhaltungen mit meinen Schülern, welche ietzt zu sechszehn Bogen angewachsen ist, und mit nächstem, als ein Bändchen, hier in Berlin, herauskommen wird.2 Nach dem Erscheinen des ersten Bändchens (1. bis 8. Stück) ist das Unternehmen als Periodikum jedoch nicht weitergeführt worden. Separate Exemplare der einzelnen Stücke in blauen Umschlägen ließen sich nicht ermitteln. 1 2
Klischnig, Erinnerungen, S. 250f. Vgl. S. 491 u. KMA 13.
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Unterhaltungen mit meinen Schülern
Unter den Fertig gewordenen Schriften verzeichnete der Leipziger Michaelis-Meßkatalog 1780 Moritzens, M. C. P. Unterhaltungen mit einem Schüler 1r. Band 8. Berlin mit Spenerischen Schriften.3 Zu Michaelis 1782 kündigte der Leipziger Meßkatalog Moritzens, C. P. Beschäfftigungen mit unsern Schülern 1. u. 2. Stück an;4 Ostern 1783 hieß die Schrift dann korrekt Unterhaltungen mit seinen Schülern 2te Aufl.5 Zur Änderung des Titels wird keine Erklärung gegeben. Mit den Unterhaltungen wollte Moritz vor allem Beiträge zur Kindermoral liefern, lediglich das (in der zweiten Auflage weggefallene) Kapitel Von der Sprache enthalte Kindergrammatik und allersimpelste Kinderlogik.6 Fortsetzungen der Unterhaltungen zu den weiteren Unterrichtsgegenständen, die er zu bearbeitet hat, stellt der Autor in Aussicht: Diese sind Religionsunterricht,
deutscher Briefstiel, lateinische und deutsche Sprachlehre, und Dichtkunst (vgl. S. 8,34–9,2 in vorliegendem Bd.). Zum Religionsunterricht habe er allerdings das Wichtigste bereits in den Unterhaltungen gesagt. Zur Ostermesse 1781 ließ er aber ein Handbuch der Religion für Kinder ankündigen, das offenbar diesen Gegenstand vertiefen sollte, aber nie herausgekommen ist.7 1783 erschien im Verlag Arnold Wever eine zweite Auflage der Unterhaltungen unter geändertem Titel und um drei Abschnitte gekürzt: Die Anrede beim Antritt meines Lehramts (s. S. 75,1–77,15) war fünf Jahre nach diesem Ereignis nicht mehr aktuell, zumal 1782 gerade eine neuere Anrede zur Einführung als Konrektor in einem Schulprogramm des Grauen Klosters erschienen war (vgl. S. 141,1–142,33 in vorliegendem Bd.). Die Abschnitte Die Schöpfungsfeier und Von der Sprache ließ Moritz fort, weil er sie inzwischen in seiner Deutschen Sprachlehre für die Damen (1782; KMA 7) verwertet hatte, indem er den biblischen Schöpfungsbericht mit der Frage nach der Entstehung der Sprache verband und sich damit mehr und mehr von einer deistischen Deutung der Schöpfungsgeschichte zu einer autonom menschlichen bewegte. Die zweite Auflage 3
Meßkatalog Michaelis 1780, S. 987. Meßkatalog Michaelis 1782, S. 428. Eine periodische Kinderschrift unter diesem Titel, die mit Anfange des Septembers herauskommen sollte, wurde in der »Vossischen Zeitung« von Moritz, Fischer und Gedike dem Jüngeren angekündigt (VZ, 99. St., 17. August 1782, S. 647f.), ist aber wohl nie erschienen. 5 Meßkatalog Ostern 1783, S. 576. 6 Vgl. S. 8,30–31 in vorliegendem Bd. 7 Meßkatalog Ostern 1781, S. 151. 4
Überblickskommentar
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verändert auch die Reihenfolge der verbleibenden Texte: Die drei jahreszeitbezogenen Spaziergänge werden an den Anfang gerückt (Frühling, Sommer, Herbst), dann folgen Vom Vertrauen auf Gott; Vom rechten Gebrauch der Zeit; der zeitlichen Güter (Der Kaufmann und seine vier Söhne); Vom Widerwillen gegen das Gute; Von guten Vorsätzen; Von den Eigenschaften Gottes und Der Uebergang vom Guten zum Bösen. Die zweite Auflage gliedert den Text durchweg in kürzere Absätze. Moritz’ Unterhaltungen mit meinen Schülern sind weder Dialoge noch Gruppen- oder Familien-Gespräche, wie man sie häufig in den Kinder- und Jugendschriften von Joachim Heinrich Campe findet und wie es der Titel erwarten läßt. Sie sind vielmehr erzählende, belehrende oder reflektierende Monologe, eher Anreden an die Schüler als Unterhaltungen mit ihnen.8 Die Kindermoral, die die Unterhaltungen durch gute Gedanken, Vorsätze, Entschließungen und Handlungen vermitteln wollen, ist auf Gehorsam, Vertrauen auf Eltern und Fürsten, Dankbarkeit, Pflichttreue, nützliche Tätigkeit und Ergebung gerichtet und konkretisiert damit das Erziehungsprogramm, das Moritz’ oberster Vorgesetzter, der preußische Staatsminister Carl Abraham Freiherr von Zedlitz, in seiner Antrittsrede vor der Akademie der Wissenschaften entworfen hatte.9 Wie Zedlitz, dem Moritz die Unterhaltungen widmete, bedient sich auch Moritz der »Gemeinplätze philanthropischer Pädagogik«;10 dazu gehört auch die Beschränkung auf die »natürliche« Religion und die »deistische Auffassung von Gott und Tugend Ç. . .È, die das spezifisch christliche Glaubensleben unberücksichtigt lassen«.11 Moritz läßt außerdem erkennen, daß ihm die Sittenlehre des Christian Thomasius nicht fremd ist. Dessen Systematik der Tugenden und Haupt-Laster liefert das Gerüst für das letzte Kapitel Der Uebergang vom Guten zum Bösen.12 8 9
»›Unterhaltungen‹ sind es allerdings nicht, eher moralische Homilien« (Saine 1993, S. 35). Carl Abraham von Zedlitz, Ueber den Patriotismus als einen Gegenstand der Erzie-
hung in monarchischen Staaten. Eine Vorlesung bey Aufnahme in die Königliche Academie der Wissenschaften. Aus dem Französischen übersetzt Çv. Johann Erich BiesterÈ, Berlin 1777. Neudruck: Fertig 1979, S. 3–18. 10
Rau 1983, S. 35. Altenberger 1905, S. 46f. 12 Christian Thomasius, Von der Artzeney Wieder die unvernünfftige Liebe, und der 11
zuvor nöthigen Erkäntniß Sein Selbst. Oder: Ausübung der Sittenlehre Nebst einem Beschluß, Worinnen der Autor den vielfältigen Nutzen seiner Sitten-Lehre zeiget und von seinem Begrif der Christlichen Sitten-Lehre ein auffrichtiges Bekäntniß thut, Erstdruck Halle 1696 (Reprint: Hildesheim 1968).
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Unterhaltungen mit meinen Schülern
Einige Auszüge aus den Unterhaltungen wurden durch ihre Weiterverbreitung in der von Joachim Heinrich Campe herausgegebenen Reihe der Kinderbibliothek populär. Nachdem Moritz durch die Unterhaltungen mit meinen Schülern (1780) als Erziehungsschriftsteller bekannt geworden war, versuchte Joachim Heinrich Campe ihn über die Vermittlung Johann Friedrich Reichardts für sein Hamburger Erziehungsinstitut zu interessieren. Als Moritz nach anfänglicher Bereitschaft am 17. August 1781 kränklicher Umstände wegen absagte, bat er abschließend: vergönnen Sie mir an Ihrer Kinderbibliothek mitzuarbeiten.
Ich will Ihnen einige Aufsätze zuschicken, die grössentheils schon fertig liegen, und will es Ihnen überlassen, was Sie davon brauchen können.13 Zwischen 1782 und 1784 sind dann zehn Texte von Moritz in der Kleinen Kinderbibliothek erschienen. Sieben stammen aus den Unterhaltungen, einer aus den Reisen eines Deutschen in England (vgl. KMA 5/1), ein Gedicht An die Thätigkeit war vorher bereits in der Berlinischen Monatsschrift (1783) erschienen (vgl. KMA 2) und nur das Kindergedicht Mit welcher Freude eine Anzahl guter Kinder die geliebte Mutter und den Bruder ihrer Pflegemutter empfingen erschien einzig in der Kleinen Kinderbibliothek (10. Bändchen 1784, S. 9–12; s. KMA 2). Moritz’ Beiträge zur Campeschen Kleinen Kinderbibliothek wurden in die zweite Auflage (Hamburg, 1782–1784) und, nach Gründung der Wolfenbüttelschen Schulbuchhandlung (1786) und Übernahme der Braunschweiger Fürstlichen Waisenhausbuchhandlung (1787 vereinigt zur Braunschweigischen Schulbuchhandlung), mit neuen Titelblättern (1786–1788), sowie teilweise in die neue, stark verminderte, und dadurch verbesserte Ausgabe (Braunschweig 1794f.) übernommen und erschienen dann ab 1807 in der Ausgabe letzter Hand ohne Verfasserangabe. In der neuen Gesamtausgabe der letzten Hand (Braunschweig 1830) wird Moritz’ Name nicht mehr genannt, manche der Moritz-Texte sind mit Ungenannter signiert, unter dem Uebergang vom Guten zum Bösen steht sogar C., das Kürzel für Campe. Campe versichert, daß bereits gedruckte Stücke abgeändert und verbessert übernommen worden sind: Die Verbesserungen
rühren zum Theil von den Verfassern selbst her, die Veränderungen von mir, mit Genehmigung der Verfasser.14 Das Ausmaß der von Moritz’ selbst
13 14
KMA 13; vgl. Campe, Briefe, S. 301. Kleine Kinderbibliothek, hrsg. v. J. Heinrich Campe, 2. Aufl., Erster Teil, Hamburg 1786, Vorbericht, unpag.
Überblickskommentar
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angeregten Textkorrekturen ist mangels erhaltener handschriftlicher Vorlagen nicht mehr zu bestimmen. Von Campe rührt jedenfalls die idiosynkratische Orthographie der Texte her. Offenbar aus Campes Kleiner Kinderbibliothek übernahm Christian Gotthilf Salzmann drei Erzählungen von Moritz in den zweiten Teil seines Moralischen Elementarbuchs.15 Auch Salzmann reklamiert eine dieser Geschichten mit seinem eigenen Kürzel S. Die Reise durchs Leben wurde – wohl ebenfalls ohne Mitwirkung des Autors – in der Campeschen Fassung in ein Schweizer Lesebuch übernommen.16
2. Rezeptionsgeschichte Die Unterhaltungen wurden gleich nach Erscheinen zur Kenntnis genommen; Anton Friedrich Büsching, Moritz’ Vorgesetzter, berichtete regelmäßig über den Fortschritt der Publikation, und im ersten Jahr folgten mehrere positive Rezensionen. Der ungenannte Verfasser der Rezension in der Allgemeinen deutschen Bibliothek (s. S. 495f.) würdigte die Unterhaltungen als wohlgeschrieben, vortreflich und einleuchtend. Für das Kapitel Vom Ebenbilde Gottes vermerkte er, daß es Moritz an einem andern Ort, und unter andern Aufsehern auch den Ehrennahmen eines - a n e r s zuziehen könnte (s. S. 498). Damit wird Moritz offenbar als »Sozinianer« jener nachreformatorischen Gruppierung zugerechnet, die die Lehre von der Einheit Gottes dem Trinitätsdogma entgegenhielt. Möglicherweise gibt sich durch diese Bemerkung der Verfasser zu erkennen: Es könnte der Propst Wilhelm Abraham Teller (1743–1804) gewesen sein, der nicht nur häufig für die Allgemeine Deutsche Bibliothek rezensierte, sondern auch seit seinem Lehrbuch des christlichen Glaubens (1764) sozinianischer Heterodoxie verdächtigt wurde. Als Friedrich Gedike in der Berlinischen Monatsschrift eine Reihe von Briefen über Berlin veröffentlichte, berichtete er im Oktober 1784 auch über die deutschen höheren Schulen und schrieb über das graue Kloster: Noch ist hier
auch der Professor M o r i t z , der wegen mancherlei Schriften auf eine vor-
15
Salzmann, Moralisches Elementarbuch. Zweyter Theil, Leipzig 1783, S. 17–19, 83f. u. 467–469. 16 Die Reise durchs Leben. In: Lesebuch für die Jugend. Zwölftes bis fünfzehntes Jahr. Winterthur, in der Steinerschen Buchhandlung. 1792, S. 142–150.
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Unterhaltungen mit meinen Schülern
theilhafte Art bekannt ist, und sehr gute U n t e r r e d u n g e n m i t s e i n e n S c h ü l e r n herausgegeben hat.17 Als August Hermann Niemeyer 1796 seine Grundsätze der Erziehung und des Unterrichts für Eltern, Hauslehrer und Erzieher vorlegte und damit am Ende des ›pädagogischen Jahrhunderts‹ ein grundlegendes Lehrbuch der Erziehungswissenschaft und Erziehungskunst schaffen wollte, wies er seine Leser auf empfehlenswerte Erziehungsschriften hin. Moritz ist in dieser Liste mit neunzehn Titelangaben vertreten,18 von den Unterhaltungen ist jedoch nicht die Rede. Nach einer kurzen Erwähnung im Nekrolog auf das Jahr 179319 werden die Unterhaltungen im 19. Jahrhundert nicht mehr zur Kenntnis genommen. Erst Wilhelm Altenbergers Dissertation über »Karl Philipp Moritz’ pädagogische Ansichten«20 berücksichtigt alle einschlägigen Schriften. Die Unterhaltungen – Altenberger kennt nur die 2. Auflage – werden dort als Beispiele dafür genannt, wie »in einfacher, ruhiger, aber gewinnender Darstellung Ç. . .È religiös-sittliche Wahrheiten« gewonnen werden,21 »die das spezifisch christliche Glaubensleben unberücksichtigt lassen und unter Anlehnung an die deistische Auffassung von Gott und Tugend vorwiegend moralische Belehrungen bieten«.22
17
Ueber Berlin. Von einem Fremden, in: Berlinische Monatsschrift, Oktober 1784,
S. 337–350, 23. Brief, hier S. 349; vgl. Gedike 1987, S. 122. Niemeyer 1970, S. 466. 19 Karl Gotthold Lenz, Karl Philipp Moritz. In: Nekrolog auf das Jahr 1793. Enthaltend 18
Nachrichten von dem Leben merkwürdiger in diesem Jahre verstorbener Personen. Gesammelt von Friedrich Schlichtegroll, 4. Jg., 2. Bd., Gotha 1795, S. 169–276, hier S. 271. Wilhelm Altenberger, Karl Philipp Moritz’ pädagogische Ansichten, Phil. Diss. Leipzig 1905. 21 Ebd., S. 17f. 22 Ebd., S. 46f. 20
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Dokumente Moritz an Johann Gottfried Herder, Berlin, 17. Juni 1780 Hs.: Staatsbibliothek Berlin, jetzt in der Jagiellonischen Bibliothek, Krakau. S. KMA 13; vgl. Eybisch 1909, S. 187f.
Hochwürdiger, Hochzuverehrender Herr Consistorialrath. Ich übersende Ihnen hier etwas, wovon ich wünsche, daß es Ihrer Aufmerksamkeit nicht ganz unwerth seyn möchte. Seit zwei Jahren macht der Umgang mit Kindern, und die Bildung derselben, das Glück meines Lebens aus. Daher unterlaße ich auch nichts, was dazu dienen könnte, mich in diesem Fach immer vollkommner zu machen. Ich laß Ihre Schriften, insbesondre die Urkunde, und fand darinn was ich suchte, neue Aufschlüße über die Kinderseele. Ich säumte nicht, von dem was ich gelesen hatte, die Anwendung zu machen. Ich wählte mir einige unter meinen iungen Freunden aus, und ging, an einem Sontagmorgen, eh der Tag anbrach, mit ihnen aufs Feld hinaus, um diese Schöpfungsfeier, worauf sie sich schon lange gefreut hatten, nun wirklich realisiert zu sehn. Der Eindruck, den diese Scene machte, übertraf alle meine Erwartung, solche Andacht, solche Freude erblickte ich auf iedem Gesichte. Nachher habe ich öfter dergleichen Spatziergänge angestellt, welche immer dieselbe Würkung thaten: und ich hoffe, der Eindruck, den dies auf meine Schüler macht, soll in ihrem ganzen Leben unauslöschlich bleiben. Gerne möcht’ ich nun wißen, und von Ihnen selber wißen, ob ich Sie ganz verstanden hätte; gerne möcht’ ich einige Winke nutzen, die Sie mir vielleicht noch hierüber geben könnten. Ein Brief von Ihnen würde mir Aufmunterung seyn, in meinem süßen Geschäft mit immer mehrerm Eiffer fortzufahren. Ich gebe eine Monathsschrift heraus, unter dem Titel, Unterhaltungen mit meinen Schülern, welche ietzt zu sechszehn Bogen angewachsen ist, und mit nächstem, als ein Bändchen, hier in Berlin, herauskommen wird; aus dieser habe ich die Schöpfungsfeier, für einige Freunde, besonders abdrucken laßen, und mir die Freiheit genommen, Ihnen ein Exemplar davon zuzuschicken. Indem ich dieses schreibe, freue ich mich schon auf eine Antwort von
1v
2r
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Unterhaltungen mit meinen Schülern
Ihnen und glaube nicht, daß Sie meine angenehme Hoffnung täuschen werden. Ich bin mit der größten Hochachtung Hochwürdiger Herr Consistorialrath Ihr ergebenster Diener M. C. P. Moritz Conrektor am grauen Kloster zu Berlin Berlin. d. 17ten Juni. 1780. Zeitgenössische Rezensionen 1. Anton Friedrich Büschings Wöchentliche Nachrichten von neuen Landcharten, geographischen, statistischen und historischen Büchern und Sachen, 7. Jg., 32. St., 9. August 1779, S. 259
Ein paar Octav-Bogen, welche Herr Magister C . P . M o r i t z , Lehrer am grauen Kloster, unter dem Titul, U n t e r h a l t u n g e n m i t m e i n e n S c h ü l e r n , e r s t e s S t ü c k , ohnlängst hat drucken lassen, sind zwar noch nicht genug ausgearbeitet, und mit Querstrichen angefüllet, zeigen aber einen Lehrer, der die nicht gemeine und schätzbare Gabe hat, wichtige Materien sehr faßlich und anmuthig vorzutragen. Der dichterische Kopf dieses jungen Mannes, macht seine Vorträge blühend und reitzend. 2. Anton Friedrich Büschings Wöchentliche Nachrichten von neuen Landcharten, geographischen, statistischen und historischen Büchern und Sachen, 7. Jg., 45. St., 8. November 1779, S. 363
Herr Magister M o r i t z , hat das z w e y t e S t ü c k s e i n e r U n t e r h a l t u n g e n m i t s e i n e n S c h ü l e r n , auf 2 Octavbogen drucken lassen, welches ein paar Erzählungen enthält, die so natürlich schön, und lehrreich sind, daß sie von den Kindern gewiß mit großem Vergnügen und Nutzen werden gelesen werden. Das übrige ist auch sehr gut, doch müssen ein paar Vorstellungen und Ausdrücke verbessert werden. Der hiesige Buchdrucker Spener, ist nun der Verleger dieser periodischen Schrift, von welcher jedes geheftete Stück 2 Gr. kostet.
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3. Anton Friedrich Büschings Wöchentliche Nachrichten von neuen Landcharten, geographischen, statistischen und historischen Büchern und Sachen, 8. Jg., 31. St., 31. Juli 1780, S. 245
Herr M. C a r l P h i l i p p M o r i t z , Conrector der Schule des grauen Klosters, hat nun ein ganzes Bändchen von seinen sehr nützlichen U n t e r h a l t u n g e n m i t s e i n e n S c h ü l e r n , herausgegeben, welches d a s e r s t e genannt, 17 Octav-Bogen stark, und von dem Buchdrucker Christ. Sigism. Spener auch verlegt ist. Die idealische Geschichte S. 161–192 d e r K a u f m a n n u n d s e i n e v i e r S ö h n e genannt, ist vortreflich gerathen, und verdienet von allen Kindern gelesen zu werden, denn sie lehret den rechten Gebrauch der zeitlichen Güter. 4. Litteratur- und Theater-Zeitung, 3. Jg., 27. St., 1. Juli 1780, S. 431f.
Es sind Resultate wirklicher Unterredung, die dieser geschikte Schulmann, der sich bereits durch verschiedne Ausarbeitungen vortheilhaft bekannt gemacht hat, mit seinen jungen Zöglingen gepflogen, und deren Fortsetzung wir wohl wünschen. Sein Vortrag ist blühend und dabey den Fähigkeiten seiner Untergebenen genau angemessen, und wird seines Zweks ihren Geist zu bilden und ihr Herz zu veredlen gewiß nicht verfehlen. Wohl den Knaben und Jünglingen, die in die Hände eines eben so religiösen und talentvollen Lehrers kommen! Sie können die gemeinnützigsten Glieder der Gesellschaft werden. 5. Litteratur- und Theater-Zeitung, 3. Jg., 50. St., 9. Dezember 1780, S. 809f.
Von dieser sehr nützlichen Schrift, welche wir schon im 27sten Stück unsrer Theater-Zeitung angezeigt haben, ist nunmehro ein ganzes Bändchen herausgekommen, worin folgende Materien enthalten sind: 1) Von der Liebe zu Gott, bei einem Spatziergange im Frühlinge. 2) Vom Vertrauen auf Gott, nach einem Gewitter. 3) Vom rechten Gebrauch der Zeit. 4) Vom Tode, bei einem Spatziergange im Herbst. 5) Vom Widerwillen gegen das Gute. 6) Von guten Vorsätzen. 7) Die Schöpfungsfeier, bei einem Spatziergange des Morgens. 8) Der Kaufmann und seine vier Söhne, oder vom rechten Gebrauch der zeitlichen Güter. 9) Vom Ebenbilde Gottes, bei einem Spatziergange im Sommer. 10) Von der Sprache. 11) Von den Eigenschaften Gottes,
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bei einem Spatziergange in der Aehrenzeit. 12) Der Uebergang vom Guten zum Bösen. Diese Unterhaltungen, welche den Königl. Staatsminister Freyherrn von Zedlitz gewidmet sind, sind in den untern Klassen des grauen Klosters, und auch schon in andern auswärtigen Schulen, als ein Lesebuch, eingeführt. Sie verdienten es allenthalben zu seyn, weil sie nicht wie die meisten andern Lesebücher Kompilationen, sondern wirkliche Resultate der Unterredungen des Verfassers mit seinen Schülern enthalten, und dabei im leichtesten Kinderton abgefaßt sind.
6. Staats- und Gelehrte Zeitung des Hamburgischen unpartheyischen Correspondenten, Nr. 182, 14. November 1781, Beyträge zum gelehrten Artikel des Hamburgischen unpartheyischen Correspondenten, 10. St., S. Ç1f.È
Eine in Absicht der Materien, und der Form, empfehlenswerthe Schrift. Es scheint, als wenn der Verfasser sich nur die jüngsten seiner Lehrlinge gedacht hat, und für diese, dünkt uns, hat er den Ton ungemein gut getroffen. Er hat die wichtigsten Sätze der Moral, so wie sie Kindern täglich anwendbar vorkommen, mit vorzüglicher Faßlichkeit, mit Erläuterungen aus der Kinderwelt, und mit Wärme vorgetragen. Z. B. Bey einem Spatziergange im Frühlinge, S. 27. »Wann ihr von einem eurer Geschwister oder von einem eurer Mitschüler beleidiget werdet, und merkt, daß der Wunsch in eurer Seele aufsteigen will: ach, wenn ich mich doch rächen könnte! o so blikt die helle Sonne an, und den schönen Tag, und sagt zu euch selbst: diese Sonne läßt Gott über mich scheinen, und diesen schönen Tag hat er mir geschenkt: und ich sollte auf meinen Bruder zürnen? da Gott auf mich nicht zürnet, den ich doch schon so oft – u. s. w. Sehr oft sind Allegorien, Erzählungen, Fabeln, Träume, Verse, und mehr dergleichen Einkleidungen gebraucht, um die moralischen Wahrheiten anschaulich und eindringend zu machen. Denn die mehrsten Stücke (sie wurden wöchentlich einzeln herausgegeben, und sind hier zusammen gedruckt) beziehen sich auf Moral. Ein paar sind darunter: D i e S c h ö p f u n g s f e y e r , Vo n d e m E b e n b i l d e G o t t e s , v o n d e n E i g e n s c h a f t e n G o t t e s , die wie Stücke einer Kinderliturgie können angesehen werden; Sie haben ungemein viel Erhabenes und Herzrührendes. Endlich ein Stück über die S p r a c h e ist zwar zu sehr Fragment; doch zeigt es schon gnug, um zu wünschen, daß der
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Verfasser fortführe, etwas mehr in der Art, über Kindergrammatik und Kinderlogik zu schreiben. – Die genaue Auseinandersetzung seines Hauptgegenstandes, die lichtvolle Deutlichkeit seines Vortrags, die Stellung seiner Gründe, die Wärme, womit alles Gute empfohlen wird, die fruchtbaren Anmerkungen und moralischen Folgerungen: alles dieses läßt uns vermuthen, daß der Verfasser ein glückliches Talent zur Kanzelberedsamkeit hat. Diese Unterhaltungen, die dem Staatsminister, Freyherrn von Zedlitz, gewidmet sind, werden auch als ein Lesebuch, in den untern Classen des grauen Klosters zu Berlin, gebraucht. 7. Allgemeine Deutsche Bibliothek, 45. Bd., 1. St., Berlin und Stettin 1781, S. 210–214
Diese Unterhaltungen sind, wie der V. versichert, Resultate wirklicher Unterhaltungen, die er mit seinen Schülern gehalten hatte, und er hat sie nicht ehe drucken lassen, bis er erst die Probe an seinen Schülern machte, ob sie ihrem Fassungsvermögen angemessen wären, oder nicht: Er gab sie als eine periodische Schrift, monatlich zu zween Bogen, heraus, und da er fand, daß sie in Berlin mit Beyfall und Nutzen gelesen wurden, beschloß er, sie auch Auswärtigen bandweise mitzutheilen. Das erste Bändchen von acht Stücken, das wir vor uns haben, beschäftigt sich fast ganz mit der sittlichen und religiösen Bildung des jugendlichen Herzens, und ist in einer Sprache geschrieben, die uns eben so herzlich und gut gemeynt, als faßlich für Schüler, selbst aus den Kinderjahren, zu seyn scheint. Nach einer vorausgeschickten Anrede an seine jungen Leser, die nicht seine Schüler sind, handelt der V. in der 1ten Unterrredung von der L i e b e z u G o t t , bey einem Spaziergang im Frühling. Er nimmt von der Stimmung des Herzens zur Freude bey dem Anblick der schönen Natur Anlaß seine Schüler sowohl wegen dieser, als auch anderer unerkannten göttlichen Wohlthaten, die eben nicht mit dem Genuß eines Frühlingstags in unmittelbarer Verbindung stehen, zur Liebe und Dankbarkeit gegen Gott, und zu deren Ausübung durch Rechtschaffenheit, Fleiß und Gehorsam zu erwecken, alles so ohne Kunst und Declamation, in einer so gut getroffnen Sprache des Herzens und väterlichen Wohlwollens, daß wir diesem Aufsatz für junge Leser vielen Nutzen versprechen. 2) Vo m Ve r t r a u e n a u f G o t t nach einem Gewitter. Nicht, wie man vielleicht vermuthen könnte, Vorstellungen ge-
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gen die Gewitterfurcht, aus Erklärung ihrer natürlichen Ursachen, und daraus hergeleitete Regeln, die Gefahr zu vermindern, und die Furcht zu überwinden – sondern die Furcht vor einem vorbeygegangenen Gewitter, giebt nur die zufällige Veranlassung die Lehre auszuführen, daß die Kunst sich nicht zu fürchten, so wie überhaupt, vergnügt und glücklich zu leben, in dem Vertrauen auf Gott bestehe, dieses aber ohne das Bewußtseyn erfüllter Pflicht nicht statt haben könne. Eine angehängte Allegorie führt den V. unvermerkt noch weiter und auf die Betrachtung, daß man auch den Weg zur ewigen Glückseligkeit nicht ohne Vertrauen auf Gott zurücklegen könne. 3) Vo m r e c h t e n G e b r a u c h e d e r Z e i t . Ein vortreflicher Aufsatz, den wir sowohl Lehrern als Lernenden zu lesen empfehlen; Lehrern, damit sie daraus sehen, wie sie über diesen wichtigsten Gegenstand der Erziehung eindringend, und in mehr als bloßen Ausrufungen und gebietenden Ermahnungen reden sollen; Jünglingen aber selbst, weil wir nicht glauben, daß sie ihn ohne Gewissensrügen über die verlohrnen Tage, und ohne warmen Entschliessungen eines bessern Zeitgebrauchs werden lesen können. Wir können uns kaum enthalten, zum Besten derer, die diese Bogen nicht zu sehen bekommen, die Hauptgedanken auszuziehen. Jede Erinnerung eines übel angewandten Tages macht mißvergnügt: vergangene Tage aber stehen nicht mehr in unserer Gewalt, wohl aber die zukünftigen: diese also wohl zu gebrauchen, muß unsere Entschließung seyn. Wie aber, wer einen Bogen voll gut schreiben will, jeden einzelnen Buchstaben gut machen muß: so muß auch der Jüngling, dessen ganzes Leben dereinst gut seyn soll, jeden Tag und jede Stunde gut anwenden. Unsre künftige Lebenszeit ist wie eine Summe Geldes, die einem zu seinem Gewerbe vorgeschossen wird: wie nun der Handwerksmann der von Zeit zu Zeit einen Theil dieser Summe seinem Gewerbe entzieht, und zu seinem Vergnügen anwendet, endlich zu Grunde geht, so erschwert auch jede der Pflicht und Arbeit entzogene Stunde, jeder Aufschub im weisen Gebrauch der Zeit, diesen Gebrauch selbst. Wie aber Kinder nicht selbst, mit der zu ihrer Erziehung bestimmten Summe Geldes umgehen können, sondern darüber ihre Eltern müssen disponiren lassen: so müssen sie auch die Anwendung ihrer Stunden und Tage nach dem Gutbefinden ihrer Vorgesetzten einrichten. Hülfsmittel zur Pflicht seine Zeit gut anzuwenden, sind, tägliche Selbstprüfung und die gewissenhafte Haltung eines Tagebuchs etc. 4) Vo m To d e . Bey einem Spaziergang im Herbst. Wir glauben fast nicht, daß sich die Begriffe von Tod und Ewigkeit der Jugend auf eine
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gefälligere Weise einprägen lassen, als durch die Allegorie, die den Hauptinhalt dieses Aufsatzes ausmacht, von den Inwohnern einer gewissen Insel, die von ihrem Herrn, den sie nie gesehen, durch einen schweigenden Bothen, in ein beßres Land, das sie nicht kennen, aber nach einem ihnen überlassenen Buche glauben, nach Prüfung ihres Wohlverhaltens, einer nach dem andern abgehohlt werden. 5) A n r e d e d e s V Ç . È b e i m A n t r i t t s e i n e s L e h r a m t s 1 7 7 8 . 6) Vo m W i d e r w i l l e n g e g e n d a s G u t e . Man soll bey vermerkten Widerwillen gegen eine Pflicht nur nicht zurücketreten, sondern sich zwingen, solche für sich selbst und ohne Zwang auszuüben, ja dasjenige Gute, wogegen man die meiste Abneigung habe, gerade am ersten thun: dann werde man sich durch Vergnügen belohnt und das übrige leichter finden. 7) Vo n g u t e n Vo r s ä t z e n Ç . È Gleichfalls ein nöthiger Vortrag an Kinder. Denn selten sind diese in dem Grad böse, daß sie nicht zuweilen gute Vorsätze fassen sollten, die sie aber immer wieder vergessen. Es wird ihnen daher empfohlen, daß sie einen guten Vorsatz, den sie einmahl aus Ueberzeugung gefaßt haben, sich so oft wiederhohlen und so lebhaft einprägen müssen, daß er ihnen bey allen dem, was sie vornehmen, wieder einfällt, und sie zu guten Handlungen stärkt. 8) D i e S c h ö p f u n g s f e y e r . Bey einem Spaziergang des Morgens. Der V. will hier H e r d e r s Idee, die Ordnung der mosaischen Schöpfungsgeschichte aus dem allmählichen, stufenweisen Hervortritt der belebten und leblosen Natur aus der Dunkelheit der Nacht bey anbrechenden Morgen, zu erläutern, auch bey Kindern nutzen. Er führt sie vor Sonnen Aufgang auf das Feld – seht, spricht er, die Bäume uns her, haben noch keine Gestalt; Häuser und Hütten liegen im tiefen Dunkel begraben; das Laub auf den Bäumen und das Gras auf dem Felde grünet nicht – schauet zurück in jene Nacht, wo noch keine Morgenröthe die Erde begrüßt, und kein Lichtstrahl den Abgrund erleuchtet hatte. Betet vor dem Ewigen, der die Nacht geschaffen hat, und sprecht: E s w a r f i n s t e r a u f d e r T i e f e . Oder, nach einigen Minuten: blicket gegen Morgen – da bricht das Licht hervor – wie majestätisch! – Dämmerts nun vor euren Augen, als sähet ihr eine neue Schöpfung; o so denkt an jenen ersten Morgen, der aus der langen Nacht hervorbrach, und fallt nieder und betet an vor dem Ewigen, der den Morgen schuf, und sagt: G o t t s p r a c h : e s w e r d e L i c h t ! u n d e s w a r d L i c h t u. s. w. Ein witziger, auch wohl ascetisch guter Gedanke ist das nun immer; aber durch die ganze Folge der Schöpfungsgeschichte läßt er sich nicht fortsetzen. Bey frühem Morgen sieht man, noch ehe man die Sonne, und
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die durch sie erleuchtete Erde sieht, auch Sterne am Himmel: die aber läßt der V. seine Kinder nicht sehen, weil Moses sie erst nach Schöpfung der Erde, zugleich mit der Sonne, erschaffen werden läßt. Und um eine Anwendung auf die Worte zu finden: Der Geist Gottes schwebete auf dem Wasser: sagt der V.: Noch ruhet die Schöpfung in feyerlicher Stille. – Horcht! Der Ewige kommt in sanften Säusseln, sein Hauch wird bald die schlummernde Welt beleben u. s. w. 9) D e r K a u f m a n n u n d s e i n e 4 S ö h n e Ç.È Oder vom rechten Gebrauch der zeitlichen Güter. Eine wohlerzählte Geschichte zur Bestätigung der Lehre, daß der ordentliche Mann seine Einnahmen in folgender Ordnung verwenden müsse, für die gegenwärtigen Bedürfnisse, für die zukünftigen Bedürfnisse, für die Armen und zum Vergnügen. 10) Vo m E b e n b i l d e G o t t e s . Bey einem Spaziergang im Sommer. Sehr richtige Vorstellungen vom göttlichen Ebenbild, ob sie gleich vielleicht dem V. an einem andern Ort, und unter andern Aufsehern den Ehrennahmen eines - a n e r s zuziehen würden. 11) Vo n d e r S p r a c h e . Wieder ein wohlgeschriebner Aufsatz, worinne nicht nur die Wohlthat der Sprache gezeigt, sondern auch die Grundlinien einer Kindersprachlehre und Kinderlogik gezogen werden, alles überaus faßlich und einleuchtend. 12) Vo n d e n E i g e n s c h a f t e n G o t t e s . Bey einem Spaziergang in der Aehrenzeit. Ein Versuch, die Eigenschaften Gottes, aus seinem Ebenbilde, das in unsrer Seele liegt, und aus der Art, wie er sich durch die Natur offenbahrt, herzuleiten. 13) D e r U e b e r g a n g v o m G u t e n z u m B ö s e n . Das wichtigste zulezt: denn nichts verdient bey der Erziehung so eingeschärft zu werden, als Warnungen für der Gefahr des ersten Schrittes zum Bösen. Denn ist der einmahl gethan, so folgen die andern mit weniger Bedenklichkeit nach, wie der so einmal die ersten Schritte bergab thut, sich nun nicht im Lauf zurückhalten kann, bis er stürzt und Schaden nimmt. Um sich aber vor dem ersten Schritt zu hüten, muß man nur gewisse gute Gedanken bey sich lebhaft erhalten, die uns gegen den Reitz der Verführung wafnen: z. E. Gott sieht es; oder, ich will mich bestreben, rechtschaffen zu seyn.
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8. Karl Philipp Moritz. In: ÇSamuel Baur,È Charakteristik der Erziehungsschriftsteller DeutschlandsÇ.È Ein Handbuch für Erzieher, Leipzig: Fleischer 1790, S. 296–303, hier S. 301f.
Wenn ein jeder Lehrer bei Kindern das was sie um sich sehen und wissen so benuzte, und sie in der Religion so anführte, wie es Herr Moritz in seinen U n t e r h a l t u n g e n m i t m e i n e n S c h ü l e r n 1 7 8 2 gethan hat, so zweifeln wir nicht es würde bei ihnen der Religionsunterricht nicht nur wichtiger werden, sondern auch wirklich den Grund zur wahren Liebe GotteÇsÈ legen ohne welche alle Religion blosses Werk des Verstandes, oder gar nur des Gedächtnisses ist. Die Sprache ist darinn rein, der Ausdruck richtig, der Vortrag deutlich und überzeugend, und die Begriffe geläutert – Eigenschaften, die man bei Kinderschriften selten einzeln, noch seltener beisammen antrift. Wir können diese Unterhaltungen nicht nur allen Pädagogen sondern überhaupt jedem empfehlen, der in Wahl, Gedanken und Ausdruck auch denen wirklich nuzbar werden will, die noch nicht selbst, zumal über Religionswahrheiten denken können, sonderlich da sie nicht Ideale, sondern wirkliche Unterredungen sind, die Herr Moritz mit seinen Schülern gehalten hat.
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Die Texte im einzelnen Vorbericht Überlieferung 1. Textgrundlage D1 Unterhaltungen mit meinen Schülern. Von M. Carl Philipp Moritz, Conrector am grauen Kloster zu Berlin. ÇVignette: Blumen und BlasinstrumenteÈ Erstes Bändchen. Berlin 1780. Gedruckt und verlegt von Christ. Sigism. Spener, S. V–XI. D2 An meine Schüler. In: Karl Philipp Moritz Unterhaltungen mit seinen Schülern. Zweite Auflage. Berlin, bei Arnold Wever 1783, S. III–VI (entspricht in vorliegendem Bd. S. 7,3–8,24). Grundlage für den edierten Text: D1.
2. Varianten 6,1 Vorbericht] An meine Schüler D2 6,2–7,3 Diese Unterhaltungen 〈. . .〉 vorgedruckt wurde: »Euch] Euch D2 7,7 rechtschaffne] rechtschafne D2 7,7 werden. Ich] werden. Ich D2 7,13–17 geben.« Folgende 〈. . .〉 kann. »Ehe] geben. Ehe D2 7,17 ihr anfangt] ihr aber anfangt, D2 7,17 Stück] Buch D2 7,18 dieses Buch] es D2 7,20 darinn] darin D2 7,21–22 bringen. Leset] bringen. Leset D2 7,23 werden,] werden; D2 7,25 werdet, daß] werdet, das D2
Die Texte im einzelnen
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7,26 kann. Wenn] kann. Wenn D2 7,32 betragt, wenn] betragt; wenn D2 8,2 ist. Und] ist. Und D2 8,8 Glückseeligkeit] Glückseligkeit D2 8,9 bestrebe. Ich] bestrebe. Ich D2 8,14–18 vertrauen könnt. 〈. . .〉 Zeigt] vertrauen könnt. Zeigt D2 8,24–11,12 oder nicht.« 〈. . .〉 230] oder nicht. D2
Stellenerläuterungen 5,6 F r e i h e r r n v o n Z e d l i t z ] Karl Abraham Freiherr von Zedlitz (1731–1793) war von 1771 bis 1788 preußischer Staats- und Justizminister und Leiter des Geistlichen Departements in lutherischen Kirchen- und Schul-, Stiftsund Kloster-, auch katholischen geistlichen Sachen, sowie Oberkurator der preußischen Universitäten. Zedlitz hatte in seiner programmatischen Antrittsrede vor der Akademie der Wissenschaften als pädagogische Leitidee den Patriotismus herausgestellt, der als eine Leidenschaft wie die Religion gelehrt werden müsse und als moralischer Unterricht 1. von den eigenthümlichen Verhältnissen
des Zöglings ausgehn 〈und〉 2. mit der Ausübung verbunden werden 〈muß〉
(Carl Abraham von Zedlitz, Ueber den Patriotismus als einen Gegenstand der Erziehung in monarchischen Staaten, Berlin 1777. In: Fertig 1979, S. 9; S. 11; vgl. dazu auch Bosse 1993). Da Moritz die Unterhaltungen als Beiträge zur Kindermoral und zum Religionsunterricht versteht, können sie als Ausführung des Zedlitzschen Programms für jüngere Kinder angesehen werden. Die von Zedlitz hervorgehobenen Erziehungsziele Vertrauen auf den Fürsten und auf die El-
tern, Dankbarkeit, Gehorsam, Erduldung der Pflichten eines untergeordneten Standes (ebd., S. 12), werden auch in Moritz’ Text verfolgt. Wie anspruchsvoll die Dedikation des pädagogischen Erstlingswerks eines jungen Lehrers an seinen höchsten Vorgesetzten erscheinen mußte, mag dadurch deutlich werden, daß wenig später Immanuel Kant seine Critik der reinen Vernunft (1781) gleichfalls Zedlitz widmete. 6,8 in einem blauen Umschlage] Von diesen Einzelstücken der Unterhaltungen ließ sich in deutschen Bibliotheken keines nachweisen; vgl. Überblickskommentar, S. 485. 6,11 Buchdrucker S p e n e r ] Christian Sigismund Spener (1753–1813), ein Enkel von Philipp Jakob Spener (1635–1705), dem Begründer des Pietismus, hatte 1773 die Möllersche Druckerei in Berlin erworben, die dann nach seinem Tod an
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Unterhaltungen mit meinen Schülern
den älteren Bruder Johann Karl Spener (1749–1827) fiel, und damit dem von diesem seit 1772 geführten Verlag Haude und Spener angeschlossen wurde (Schmidt 1979, S. 393). 7,10 Entschließungen] Entschließungen und gute Vorsätze als verpflichtend geäußerte Ergebnisse guter Gedanken oder Gesinnungen und als Voraussetzungen guter Handlungen sind bei Moritz häufig genannte Elemente der Moralerziehung. Die philanthropische Pädagogik der Zeit (z. B. Salzmann, Campe, Basedow) übergeht diese moralische Selbstverpflichtung eher und baut auf unmittelbare Wirkung erzieherischer Appelle und Belehrungen. 7,21 Ausübung] Der Widmungsträger der Unterhaltungen, der Staatsminister v. Zedlitz, hatte in seiner Akademierede 1776 gefordert, jeder moralische Unterricht müsse mit der Ausübung verbunden werden (Fertig 1979, S. 11). Diese praktische Zielrichtung der Morallehre dürfte durch Christian Thomasius’ Schrift Ausübung der Sittenlehre (Von der Artzeney Wieder die unvernünff-
tige Liebe, und der zuvor nöthigen Erkäntniß Sein Selbst. Oder: Ausübung der Sittenlehre, Halle 1696) angeregt worden sein, auf die Moritz im letzten Abschnitt dieser Unterhaltungen (Der Uebergang vom Guten zum Bösen) ausführlich Bezug nimmt. 8,31 Kinderlogik] Kinderlogik wird später als Titelbegriff von Moritz’ didaktischem Hauptwerk (s. S. 143,1–231,28 in diesem Band) erscheinen. Seine Auffassung von Logik hat Moritz in der Deutschen Sprachlehre für die Damen (DS 1782, S. 274; KMA 7) charakterisiert: Die Logik 〈…〉 gehöret eigentlich in die Sprachlehre, und ist mit ihr auf das genaueste verwebt. In diesem Verständnis taucht der Begriff auch im Untertitel des Neuen Elementarwerks für die niedern Klassen lateinischer Schulen und Gymnasien auf: Dritter Theil: Deut-
sches Lesebuch für die unterste Klasse nebst den Anfangsgründen der deutschen Sprachkunst und Kinderlogik. Von Christian Gottfried Schütz. Halle 1780. Auch Johann Bernhard Basedow stellte in seinem Elementarwerk (1774) die gemeinnützige Logik für die zweite Kindheit dar (Basedow 1880, S. 350–379). 9,2 Religionsunterricht] Moritz ordnete seine Unterhaltungen dem Religionsunterricht zu, zugleich bestimmte er sie aber auch als Beiträge zur Kindermoral. Damit ist er den von Rousseau beeinflußten Philanthropisten um Johann Bernhard Basedow (1723–1790), Christian Gotthilf Salzmann (1744–1811) und Joachim Heinrich Campe (1746–1818) zuzurechnen. Für Campe sollte der erste Unterricht in der Religion (Campe, Sammlung einiger Erziehungsschriften, 1. T., Leipzig 1778, S. 177f.) immer mit der Sittenlehre verbunden sein (ebd.,
Die Texte im einzelnen
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S. 245). Die Sittenlehre der Vernunft ist auch für Basedow stets in den Religionsunterricht zu integrieren (Johann Bernhard Basedow, Methodischer Unter-
richt der Jugend in der Religion und Sittenlehre der Vernunft nach dem in der Philalethie angegebenen Plane, Altona 1764). Salzmann wollte gute Gesinnungen durch ersten Unterricht in der Sittenlehre vor allem durch moralisch bildende Erzählungen fördern. Die biblische Geschichte hielt er dagegen, nach dem Vorbild John Lockes (Some Thoughts Concerning Education, Erstdr. London 1693; vgl. Locke 1970, S. 193), zur e r s t e n Unterweisung der Kinder für unbrauchbar (Christian Gotthilf Salzmann, Ueber die wirksamsten Mittel, Kindern Religion beizubringen [1780], vgl. Salzmann 1897, S. 177; vgl. auch Erwentraut 1993). 9,8 S p a t z i e r g ä n g e ] Das offene Feld, 〈…〉 wo Jesus so gerne lehrte (Christian Gotthilf Salzmann, Ueber die wirksamsten Mittel, Kindern Religion beizubringen [1780]; Salzmann 1897, S. 164), wurde von den Philanthropisten als Lehrort empfohlen: Ehe wir also darauf ausgehen, unsere Kinder mit Gott,
als ihrem höchsten Wohlthäter, bekannt zu machen: laßt uns die ersten Jahre ihres Lebens dazu widmen, ihre junge Seelen von der ganzen schönen Natur, so viel wir immer können, durch ihre eigene Sinne erkennen und genießen zu lassen. 〈…〉 So oft es möglich ist, wollen wir sie hinaus in den offnen Schooß der Natur führen (Joachim Heinrich Campe, Sammlung einiger Erziehungsschriften, 1. T., Leipzig 1778, S. 204). In der Realität, wie sie die überlieferten Praxisberichte erkennen lassen, wurde selbst am Philanthropin in Dessau das Schulzimmer wohl selten verlassen (vgl. Meiers 1971, S. 123f.). So mußte das Buch die unmittelbare Erfahrung ersetzen: Da nun die Kinder nicht
in die offne Natur blicken, und ihren Schöpfer und das tausendfache Gute das sie umgiebt sehen, fühlen, bewundern, und dadurch zum frohen, dankbaren Genuß und zur willigen Ausübung der ihnen möglichen Pflichten erweckt werden können, (weil es einem öffentlichen Lehrer sehr übel würde ausgelegt werden, wenn er mit seinen Schülern dann und wann aufs Feld gehen und da Betrachtungen über Gott und seine herrliche Welt anstellen wollte) so muß man schlechterdings dafür sorgen, daß sie dergleichen Unterhaltungen in Büchern finden (Johann Gotthilf Lorenz, Lesebuch für die Jugend, 1. Bd. Leipzig 1785, S. 10). Gegen Ende seiner Schulpraxis kommt Moritz auf die philanthropische Naturpädagogik nur satirisch zurück, wenn er in Andreas Hartknopf mit deutlichem Bezug auf Basedow einen mißglückten, von der Natur selbst gestörten Unterrichtsgang schildert (AH, S. 72f.; KMA 2).
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Unterhaltungen mit meinen Schülern
An meine iungen Leser, die nicht meine Schüler sind Überlieferung 1. Textgrundlage D1 Unterhaltungen mit meinen Schülern. Von M. Carl Philipp Moritz, Conrector am grauen Kloster zu Berlin. ÇVignette: Blumen und BlasinstrumenteÈ Erstes Bändchen. Berlin 1780. Gedruckt und verlegt von Christ. Sigism. Spener, S. 1–4. D2 Karl Philipp Moritz Unterhaltungen mit seinen Schülern. Zweite Auflage. Berlin, bei Arnold Wever 1783, S. VII–X. Grundlage für den edierten Text: D1.
2. Varianten 2
12,3 jungen] iungen D 12,6–7 kennen. – Wie] kennen. Wie D2 12,9 gleich,] gleich D2 12,9 habe:] habe; D2 12,11 worinn] worin D2 12,12 hätten. Seyd] hätten. Seyd D2 12,13 Spatziergängen] Spaziergängen D2 12,15 werde:] werde; D2 12,16 offne] ofne D2 12,17 hat;] hat, D2 12,20–21 erwecken. Wenn] erwecken. Wenn D2 12,23 reiffenden] reifenden D2 12,29 wollt! Durch] wollt! Durch D2 13,1 werden,] werden; D2 13,4 würde. Sollte] würde. Sollte D2 13,15–16 rechtschaffne] rechtschafne D2 13,16 möget] möchtet D2 13,17 worinn] worin D2
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Von der Liebe zu Gott Überlieferung 1. Textgrundlage D1 Unterhaltungen mit meinen Schülern. Von M. Carl Philipp Moritz, Conrector am grauen Kloster zu Berlin. ÇVignette: Blumen und BlasinstrumenteÈ Erstes Bändchen. Berlin 1780. Gedruckt und verlegt von Christ. Sigism. Spener, S. 5–32. D2 Karl Philipp Moritz Unterhaltungen mit seinen Schülern. Zweite Auflage. Berlin, bei Arnold Wever 1783, S. 1–33. Grundlage für den edierten Text: D1.
2. Varianten 13,22 Spatziergange] Spaziergange D2 13,27 lange] lange, D2 14,8 Jezt] Jetzt D2 14,10 Spatziergange] Spaziergange D2 14,12 iezt] ietzt D2 14,29 eur] euer D2 14,30 wohl] wol D2 14,34 daß] das D2 15,6 wohl] wol D2 15,16 verdanken:] verdanken; D2 15,19 itzt] ietzt D2 15,27–28 verbreitet: Bedenkt] verbreitet; bedenkt D2 16,19 Verheißung] Verheissung D2 16,19 dieß Daseyn, daß] dies Daseyn, das D2 17,6 binden] binden, D2 17,9 Brodt] Brod D2 17,12 Brodt] Brod D2 17,22 deucht] deucht, D2 17,23 gutes] Gutes D2
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Unterhaltungen mit meinen Schülern
17,29 dieß] dies D2 17,29 in unserm] unserm D2 18,3 spatzieren] spazieren D2 18,14 iezt] itzt D2 18,28 destomehr] desto mehr D2 18,29 dieß] dies D2 19,3 Brodt] Brod D2 19,8 ihn,] ihn D2 19,10 vergönnet] vergönnet, D2 19,11 sprecht,] sprecht: D2 19,14 reitzenden] reizenden D2 19,15 mannichfaltigen] mannigfaltigen D2 19,16 sprecht,] sprecht: D2 19,21 sprecht,] sprecht: D2 19,26 ieden] jeden D2 19,28 Morgen wenn ihr aufwacht] Morgen, wenn ihr aufwacht, D2 19,28 sagen,] sagen: D2 19,34 gewöhnt] gewöhnt, D2 20,11 iedes] jedes D2 20,12 Beweiß] Beweis D2 20,14 dieß] dies D2 20,22 Beweiß] Beweis D2 20,24 dieß] dies D2 20,27 allem] allem, D2 21,3 wohl] wol D2 21,7 bestrebt] bestrebt, D2 21,11 iezt] ietzt D2 21,25 dem] dem, D2 21,27 ich] ich, D2 21,27 gutes] Gutes D2 21,30 loßreißen] losreissen D2 21,30 iezt] ietzt D2 21,31 das] das, D2 21,32 Gott] Gott, D2 22,2 demohngeachtet] dem ohngeachtet D2 22,4 wohl] wol D2
Die Texte im einzelnen 22,4 angereitzt] angereizt D2 22,6 iezt] ietzt D2 22,8 iezt] ietzt D2 22,11 angereitzt] angereizt D2 22,11 sagen] sageu D1 sagen D2 22,11 dann] danu D1 dann D2 22,20 itzt] ietzt D2 22,24 geschäzt] geschätzt D2 23,1–2 mißgönnen?] mißgön- Kustode nen! D1 mißgönnen! D2 23,6 ihr] ihr, D2 23,12 wiederstrebt] widerstrebt D2 23,27 dann] dann, D2 23,33 oder] oder, D2 24,3 entsteht,] entsteht: D2 24,3 wohl] wol D2 24,4 wüßtet] wüßtet, D2 24,8 nichts] nichts, D2 24,8 bin,] bin; D2 24,14 Gott] Gott, D2 24,19–20 wohl gehet] wohlgehet D2 24,28 lernen,] lernen; D2 24,29 würklich] wirklich D2 24,29 ist,] ist: D2 24,30 niederlegt,] niederlegt: D2 24,34 Spatziergang] Spaziergang D2 25,2 erinnert;] erinnert: D2 25,3 Morgenfrüh, so bald] morgenfrüh, sobald D2 25,8 einschlaft,] einschlaft: D2 25,10 Morgenbrodt] Morgenbrod D2 25,14 bey] bei D2 25,15 Morgen] morgen D2 25,15 mißvergnügt,] mißvergnügt D2 25,16 rathe,] rathe; D2 25,17 Morgen wieder sehe, so] morgen wiedersehe: so D2 25,19 habt] habt, D2 25,21 soll,] soll: D2
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508 25,23 25,23 25,25 25,32
Unterhaltungen mit meinen Schülern
dieß] dies D2 lange] lange, D2 darinn] darin D2 so] so, D2 Stellenerläuterungen
13,20 Spaziergange im Frühling] Vgl. Erl. zu S. 9,8. 14,2 Dankbarkeit gegen Gott] Dieses war auch das Thema von Moritz’ fast gleichzeitig entstandener einziger vollständig überlieferter Predigt (s. S. 413,1–430,19 in diesem Band), die er am 27. August 1780 in Braunschweig gehalten hat. 19,25 Liebe gegen Gott] Campe hatte in seiner religionspädagogischen Programmschrift die Liebe als Fundament der Religion bezeichnet: Der Gottes-
liebe muß die Menschenliebe, der Menschenliebe die Elternliebe vorgehn (Campe, Sammlung einiger Erziehungsschriften, 1. T., Leipzig 1778, S. 193– 195). Moritz folgte dieser Stufenleiter, wenn er seinen Schülern Gott als besten Freund (vgl. S. 20,9) in einer Reihe mit Eltern, Vorgesetzten, Freunden und Geschwistern nahe zu bringen versuchte. 22,28–29 ihm die Werthschätzung 〈…〉 zu beneiden] »mit acc. der person oder sache, 〈aber auch〉 mit dat. der person und acc. der sache. diese 〈…〉 fügung greift erst im 18. jh. um sich« (DWb 1, Sp. 1469f.). 24,15–16 die Hoffärtigen〈…〉 giebt er Gnade] Bibelzitat; vgl. 1 Petr 5,5: »Denn Gott widersteht den Hoffärtigen, aber den Demütigen gibt er Gnade.« 26,6 Entschließung] Um von moralischen Lehren und Einsichten zur »Ausübung« zu gelangen, müssen Entschlüsse und gute Vorsätze gefaßt und feierliche Versprechen abgegeben werden. Vgl. Erl. zu S. 7,10.
Vom Vertrauen auf Gott. Nach einem Gewitter Überlieferung 1. Textgrundlage 1
D Unterhaltungen mit meinen Schülern. Von M. Carl Philipp Moritz, Conrector am grauen Kloster zu Berlin. ÇVignette: Blumen und Blasin-
Die Texte im einzelnen
J
j1
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strumenteÈ Erstes Bändchen. Berlin 1780. Gedruckt und verlegt von Christ. Sigism. Spener, S. 33–62; Fortsetzung des vorigen S. 63–79. Mühe und Freude. In: Litteratur- und Theater-Zeitung No. XXIII. Berlin, den 9. Juni 1781, S. 354f. (entspricht in vorliegendem Bd. S. 44,16–31). Geschichte des jungen Alwils. In: Kleine Kinderbibliothek, herausge-
geben von J. H. Campe. Achtes Bändchen. Mit Chursächsischer Freiheit. Hamburg, in der Heroldschen Buchhandlung. 1782, S. 74–79 (entj2
spricht in vorliegendem Bd. S. 28,18–31,14). Die Reise durchs Leben. In: Kleine Kinderbibliothek, herausgegeben
von J. H. Campe. Achtes Bändchen. Mit Chursächsischer Freiheit. Hamburg, in der Heroldschen Buchhandlung. 1782, S. 94–105 (entspricht in vorliegendem Bd. S. 36,24–40,10, S. 41,11–43,30 u. 44,16–31). d1 S.: Auch Leiden sind eine Wohlthat. In: Moralisches Elementarbuch,
von Christian Gotthilf Salzmann, Liturg und Professor am Dessauischen Erziehungsinstitut. Ç TitelkupferÈ Zweyter Theil. Ç. . .È Leipzig, bey Siegfried Lebrecht Crusius. 1783, S. 467–469 (entspricht in vorliegendem Band S. 28,18–29,18). Die Geschichte ist gekürzt übernommen und mit S. (= Salzmann) signiert; Varianten werden wegen fehlender Autorisation nicht verzeichnet. D2 Karl Philipp Moritz Unterhaltungen mit seinen Schülern. Zweite Auflage. Berlin, bei Arnold Wever 1783, S. 54–97. D3 Der Wandrer oder die Lebensreise. Ç. . .È Einige Betrachtungen über diese Geschichte. Ç. . .È Das Kind. Ç. . .È Mühe und Freude. In: Lesebuch
für Kinder von K. P. Moritz als ein Pendant zu dessen A B C Buch, welches zugleich eine natürliche Anleitung zum Denken für Kinder enthält. Ç. . .È Berlin, 1792. Bey Christian Gottfried Schöne, S. 19–29 d2
(entspricht in vorliegendem Band S. 36,24–40,9, 42,3–8, 43,29–30, 44,6–10 u. 44,16–31). Die Reise durchs Leben. In: Lesebuch für die Jugend. Zwölftes bis
fünfzehntes Jahr. Winterthur, in der Steinerschen Buchhandlung. 1792, S. 142–150 (Die Geschichte ist offenbar aus j2 übernommen. Nur Textänderungen werden verzeichnet.). Grundlage für den edierten Text: D1.
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Unterhaltungen mit meinen Schülern
2. Varianten 26,18 läßt? Merket] läßt? Merket D2 26,29–30 werden. Zuweilen] werden. Zuweilen D2 26,30 wohl] wol D2 27,1 hätten] hätten, D2 27,3 plözlich] plötzlich D2 27,28–29 wollen.] wollen? D2 28,4 erhalten. Dieser] erhalten. Dieser D2 28,18 iunge A l l w i l l ] junge Alwil j1 28,19 ihnen] ihnen, D2 28,19 gemäß] gemäß, D2 28,19 erzogen. Sie] erzogen. Sie j1 28,19 ihn] ihm j1 28,20 insbesondre] insbesondere j1 28,21 irrdische] irdische j1 28,22 solle. Der iunge A l l w i l l ] solle. Der junge Alwil j1 28,23 damals] damahls j1 28,23 konnte] konte j1 28,24 wiederholten. Es] wiederholten. Es j1 D2 28,24 währte] währete j1 28,25 A l l w i l l s ] Alwils j1 28,25 unglücklich] unglüklich j1 28,26 abgebrannt] abgebrant j1 28,27 die elendesten Umstände,] dürftige Umstände; j1 28,27–28 dem ohngeachtet aber] doch j1 28,28 so] noch eben so j1 28,28–29 sie noch äußerst nothdürftig] sie, wiewohl äusserst nothdürftig, j1 28,29 konnten. Der iunge A l l w i l l ] konten. Der junge Alwil j1 28,30 Rock] Rok j1 28,32 konnten] konten j1 28,33–34 Kleidung. Dieß] Kleidung. Dis j1 Kleidung. Dies D2 29,2 irrdische] irdische j1 29,3 Schicksale] Schiksale j1 29,3–4 lenkt. Nun] lenkt. Nun j1
Die Texte im einzelnen
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einmal] einmahl j1 dem] diesem j1 Rock] Rok j1 vorlieb. Dieser A l l w i l l ] vorlieb. Dieser Alwil j1 vorlieb. Dieser A l l w i l l D2 29,8 Mann war] Man war: j1 29,9 Unglücksfälle] Unglüksfälle j1 29,9 ihm] ihn j1 29,10 lassen. Denn] lassen. Denn j1 29,10–11 gesund und stark] gesund j1 29,12 zu ertragen] ertragen j1 29,13 denken;] denken: D2 29,14 sey] sei j1 29,15 unglücklich] unglüklich j1 29,16 worden,] worden; j1 29,16 Weißheit] Weisheit j1 D2 29,17 Ursache,] Ursache j1 29,18 seyn] sein j1 29,18 lassen. Wir] lassen. Wir j1 29,18 ietzt in unsrer] jetzt zu unserer j1 29,19 zurück kehren. Der iunge A l l w i l l ] zurükkehren. Der junge Alwil j1 29,20 viele Freude. Diß] viel Freude. Dis j1 viele Freude. Dies D2 29,22 A l l w i l l ] Alwil j1 29,22 sehr. Einstmals] sehr. Einstmahls j1 29,23 mit einander spatzieren gingen] spazieren gingen j1 mit einander spazieren giengen D2 29,24 wir] »wir j1 29,25 gedrückt] gedrükt j1 29,26 hinterlassen,] hinterlassen; j1 29,27 iungem] jungem j1 29,27 erquickt] erquikt j1 29,28 sorgen. A l l w i l l ] sorgen.« Alwil j1 sorgen. A l l w i l l D2 29,29 Thränen] Tränen j1 29,29 enthalten. In] enthalten. In j1 29,31 erfordert] erfodert j1 29,4 29,4 29,6 29,7
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Unterhaltungen mit meinen Schülern
29,31–32 iungen A l l w i l l ] jungen Alwil j1 29,32 übrig. Er] übrig. Er j1 29,33 einstmals] einstmahls j1 29,34 plötzlich] plözlich j1 29,34 Monathe] Monate j1 D2 30,1 hatten. Bekleidet] hatten. Bekleidet j1 30,2 erquickt] erquikt j1 30,2 ia] ja j1 30,3 annehmen! Was] annehmen! Was j1 D2 30,5 iungen A l l w i l l s ] jungen Alwils j1 30,5 ging] gieng D2 30,8 wollten. A l l w i l l ] wollten. Alwil j1 30,9 Wolthätern] Wohlthätern j1 D2 30,12 hatte. Da] hatte. Da j1 30,13 Freudenthränen] Freudentränen j1 30,15 Kaufmann] Kaufman j1 30,16 hatte, dieser] hatte. Dieser j1 30,17 iungen] jungen j1 30,17 Hoffnung] Hofnung j1 D2 30,17 Kindesstatt] Kindesstat j1 30,18 anzunehmen. Er] anzunehmen. Er j1 30,18 iungen A l l w i l l ] jungen Alwil j1 30,19 entdeckte] entdekte j1 30,22 ging] gieng D2 30,23 setzen. Darauf] sezen. Darauf j1 setzen. Darauf D2 30,23 Hand] Hände j1 30,23 blickte] blikte j1 30,24 A l l w i l l ! ] Alwil! j1 30,24 mir! –« O,] mir! –« O, j1 30,25 A l l w i l l ] Alwil j1 30,25 Füßen. »Das] Füßen. »Das j1 30,26 Tage] Tag j1 30,29–30 wirst.« Der iunge A l l w i l l konnte] wirst.« Der junge Alwil konte j1 30,30 Thränen] Tränen j1 30,32 war. Nun] war. Nun j1 D2
Die Texte im einzelnen
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30,34 Freundschaft,] Freundschaft; j1 31,1 Glück] Glük j1 31,1 seyn] sein j1 31,3 dürftigsten dürftigen D2 31,3 war] gewesen war j1 31,4 einmal] einmahl j1 31,4 verlohren] verloren D2 31,5 Besitz] Besiz j1 31,5 könne. Dieser A l l w i l l ] darf. Dieser Alwil j1 könne. Dieser A l l w i l l D2 31,6 Unglücksfälle erlitten,] Unglüksfälle erlitten; j1 31,8 Jugend] Jügend j1 31,9 war. Er] war. Er j1 31,11 konnte. Er] konte. Er j1 31,12 Zwei] zwei j1 31,13 gereuet] gereut j1 31,13–14 kann, d a ß i c h g e a r b e i t e t u n d G o t t v e r t r a u e t h a b e ! ] kan, – daß ich gearbeitet und Gott vertrauet habe! j1 31,18 Weißheit] Weisheit D2 31,24 auslassen. Wenn] auslassen. Wenn D2 31,29 wir] wir, D2 31,30 Geschöpfe] Geschöpfe, D2 31,33 verwandeln;] verwandeln: D2 32,3 nehmen. Ach] nehmen. Ach D2 32,11 kann,] kann; D2 32,18 nennen:] nennen; D2 32,26 hat. Wenn] hat. Wenn D2 32,28 diß] dies D2 32,31 sind:] sind; D2 33,7 haben. Ihr] haben. Ihr D2 33,13 würklich] wirklich D2 33,14 thörichte] thörigte D2 33,18 keinem] keinen D2 33,20 thun. Das] thun. Das D2 33,25 Glückseeligkeit] Glückseligkeit D2 33,28 dienet. Der] dienet. Der D2
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Unterhaltungen mit meinen Schülern
33,30 hat,] hat; D2 34,1 einen] den D2 34,5 gegeben habe. So] gegeben habe. So D2 34,10 verstände] verstünde D2 34,11 meinte. Laßt] meinte. Laßt D2 34,16 Wer also] Wer D2 34,21 zubringt. Wenn] zubringt. Wenn D2 34,22 demohngeachtet,] demohngeachtet D2 34,27 zuzuschreiben. Sobald] zuzuschreiben. Sobald D2 34,34 daß] das D2 34,34–35,1 beschützte. Wenn] beschützte. Wenn D2 35,6 diß] dies D2 35,8 wieder] wider D2 35,12 ausgesetzt! Dann] ausgesetzt! Dann D2 35,12 eilet] eilet, D2 35,14 euch,] euch D2 35,19 fürchten! Ich] fürchten! Ich D2 35,20 dis] dies D2 35,34 euch] ench D1 euch D2 36,4 aufzuschlagen. Eben] aufzuschlagen. Eben D2 36,15 unterginge] untergienge D2 36,21 führen;] führen: D2 36,24 Ein Wandrer] Die Reise durchs Leben. Ein Wandrer j2 Der Wandrer oder die Lebensreise. Ein Wandrer D3 36,24 wollte] wolte j2 36,25 Glück] Glük j2 36,26 hoffte. Als] hofte. Als j2 36,27 einmal] einmahl j2 36,28 sollte. Wie] solte. Wie j2 36,29 der] und j2 36,30 wollte] wolte j2 36,30 nannte] nante j2 36,31 seyn] sein j2 36,31 wolle. Aus] wolte. Aus j2 36,32 so Maiestätisches] Majestätisches j2 so Majestätisches D3 36,34 Augenblick] Augenblik j2
Die Texte im einzelnen 37,1 gingen nun] giengen also j2 giengen nun D2 D3 37,1 mit einander] miteinander D3 37,1 fort. Es] fort. Es j2 37,2 Himmel,] Himmel; j2 37,3 Luft,] Luft; j2 37,5 hin. Rund] hin. Rund D2 D3 37,5 erblickte] erblikte j2 37,5 nichts] nichts, D2 D3 37,6 gerade]grade D3 37,8 konnte. Ach] konte. Ach j2 37,9 voll Entzückung] vol Entzükkung j2 37,10 ist der] dieser D3 37,10 wandeln! Siehst] wandeln! »Siehst j2 37,10 ienen] jenen j2 D3 37,11 Hügel,] Hügel?« j2 37,11 Greis,] Greis; j2 37,12 übersteigen. O] übersteigen.« O j2 37,12 ia] ja j2 D3 37,12 entfernet] entfernt D3 37,14 doch wohl] wohl j2 doch wol D2 37,14 seyn] sein j2 37,15 ist. Als] ist. Als j2 D2 D3 37,16 Anstatt] Anstat j2 37,17 ietzt] jezt D3 jetzt D3 37,18 spitzige] spizige j2 37,18 stechenden] stechende j2 37,18 verlohr] verlor D3 37,20 Vorschein] Vorschien D3 37,20 Vorschein. Die] Vorschein. Die j2 37,21 schießen] schiessen D3 37,22 Hügel. Dieser] Hügel. Dieser j2 37,22–23 iedem Schritt] jedem Schrit D3 jedem Schritte D3 37,23 stellte] stelte j2 37,23 zuletzt] zulezt j2 37,24 Anblick] Anblik j2 37,24 Schrecken] Schrekken j2
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Unterhaltungen mit meinen Schülern
37,25 erfüllte. Dieser fing] erfülte. Dieser fing j2 erfüllte. Dieser fieng D2erfüllte. Dieser fing D3 37,26 könnten] könten j2 37,27 Sonnenhitze] Sommerhize j2 37,27 wohl] wol D2 D3 37,28 übersteigen? Hier] übersteigen? »Hier j2 37,28 ab,] ab,« j2 37,29 Greiß] Greis j2 D2 D3 37,29 der] »der j2 37,30 verlassen] verlassen, j2 D3 37,30 gewählt] erwählet j2 37,31 ietzt] jezt j2 D3 37,31–32 gedenkest, willst] gedenkest. Willst j2 37,32 frei,] frei; j2 37,32 du] da D2 37,33 mir! Der] mir!« Der j2 37,33 trauete] traute D3 37,34 ihm. Und] ihm. Wie j2 ihm. Und D2 D3 37,34 heran] hinan j2 38,1 nicht] wirklich nicht j2 38,1 schrecklich] schreklich j2 38,1 es] er D3 38,1 kurzem] kurzen j2 38,2 Als sie nun heraufstiegen, wollte] Dem ohngeachtet wollte j2 38,3 Augenblick] Augenblik j2 Augenblicke D3 38,3 ausruhen,] ausruhen; j2 38,4 sagte: Sey] sagte: »Sei j2 38,5 Dann] Dan j2 38,6 quillt] quilt j2 38,7 schönsten] schonsten j2 38,8 erquicken] erquikken j2 38,9 haben! Wenn] haben!« Wenn j2 38,10 einmal] einmahl j2 38,11–12 Berges. Hier konnten] Berges. Hier konten j2 38,12 zurückgelegt] zurükgelegt D3 zurück gelegt D3 38,13 konnte] konte j2
Die Texte im einzelnen 38,14 abging] abgieng D2 D3 38,15 zuletzt] zulezt j2 38,16–17 konnte. Nun] konte. Nun j2 38,18 hatte. Vor] hatte. Vor j2 D2 D3 38,19 daß] das j2 D2 D3 38,21 war. Laß] war. »Laß j2 38,21 dieß] dies D2 D3 38,22 anlocken,] anlokken,« j2 38,22 Greiß] Greis j2 D2 D3 38,22 und] »und j2 38,22 darinn] darin D3 38,23 erquicken] erquikken j2 38,23 iene] jene j2 D3 38,23 setzen] sezen j2 38,24 können:] können; D2 D3 38,24 ia] ja j2 D3 38,24 erquicken] erquikken j2 38,25 erquicken] erquikken j2 38,25 reisen. Sie] reisen.« Sie j2 38,27 einen] einem D2 38,29 abpflücken] abpflükken j2 38,29 konnten. So] konten. So j2 konnten. So D2 D3 38,31 angenehm,] angenehm; j2 D2 D3 38,31 muthig unsre] unsere j2 38,31–32 fortsetzen] fortsezen j2 38,33 erreichen! Nun] erreichen! Nun j2 38,33 ging] gieng j2 D2 D3 38,34 einen] jeden j2 39,1 erquicken konnten] erquikken konten j2 39,2 so bald] sobald D3 39,3 aufgieng] aufging j2 39,4 Weg. So] Weg. So j2 D2 D3 39,4–5 Strecke zurück] Strekke zurük j2 39,5 den] dem j2 39,6 gingen] giengen D2 39,6 kämen. Oft] kämen. Oft j2
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Unterhaltungen mit meinen Schülern
39,8 gerade] grade D3 39,9 hin. Zuweilen] hin. Zuweilen j2 39,9 unmöglich] unmöglich, j2 39,12 daß] so daß j2 39,12 wider] wieder D3 39,13 konnten. Einmal] konten. Einmahl j2 39,13 gingen] giengen D2 D3 39,14–15 Felsenstücke herab, welche] Felsenstükke herab, welche j2 Felsenstücke, welche D3 39,15 Augenblick] Augenblik j2 39,15 droheten. Der] drohten. Der j2 droheten. Der D2 D3 39,15 fing] fieng D2 39,16 zagen,] zagen; j2 39,17 glücklich] glüklich j2 39,18 verschwand. Nun] verschwand. Nun j2 39,18 rechtes] recht volles j2 39,20 hätte mit ihm] mit ihm hätte D3 39,20 sollen. Eines] sollen. Eines j2 39,21 still] stil j2 39,21 her;] her, D3 39,22 zurück gelegt] zurük gelegt j2 zurückgelegt D3 39,22 gingen] giengen D2 D3 39,24 Stirne abtrocknete. Da blickte] Stirn abtroknete. Da blikte j2 39,25 sey] »sei j2 39,28 offnen] ofnen j2 39,28–29 empfangen. Aber] empfangen.« »Aber j2 39,29 noch] doch j2 39,30 Blicken] Blikken j2 39,31 dann] dan j2 39,32 fest] feste D3 39,32 glücklich] glüklich j2 39,33 bringen! Sie] bringen!« Sie j2 bringen! Sie D2 D3 39,34–40,1 erblickten] erblikten j2 40,1 eröfnete] eröffnete D3 40,2 hinab, und] hinab. Und j2 40,4 Blicken] Blikken j2
Die Texte im einzelnen
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40,4 konnte] konte j2 40,4 selbst] fest j2 40,7 glücklich] glüklich j2 40,8 hindurch. Plötzlich] hindurch. Plözlich j2 40,8 ging] gieng D2 40,8 schönre] schöne j2 schönere D3 40,10 ihrer unbeschreiblichen] unbeschreiblicher D3 41,8–11 genoß 〈. . .〉 Diese Geschichte] genoß. Diese Geschichte D2 41,12 anzuwenden. Ihr] anzuwenden. Ihr j2 41,13 dis] dies D2 41,13 ietzt] jezt j2 41,15 erlitten. Nun seyd] erlitten. Nun seid j2 41,17 wollt] wolt j2 41,17 nicht. Fühlt] nicht. Fühlt j2 41,18 Seele] Sele j2 41,18–19 glücklich] glüklich j2 41,19 seyn] sein j2 41,19 Glückseligkeit] Glükseeligkeit j2 41,19 wohl] wol D2 41,20 dis] dies D2 41,20 Endzweck] Endzwek j2 41,21 Reise. Wenn] Reise. Wenn j2 D2 41,21 dis] dies D2 41,21 solltet] soltet j2 41,22 wohl] wol D2 41,22 Verzweiflung. Der] Verzweiflung? Der j2 41,23 Glückseligkeit] Glükseligkeit j2 41,25 sollt? Gott] solt? Gott j2 41,26 Wandrer,] Wandrer; j2 41,27 Vernunft und seine heiligen Gebote] Ve r n u n f t und d a s E v a n g e l i u m C h r i s t i d2 41,28 will] wil j2 41,28 Glückseligkeit] Glükseligkeit j2 41,28–29 leiten. Wenn] leiten. Wenn j2 41,29 handelt] handelt, D2 41,29 auf das] aufs j2
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Unterhaltungen mit meinen Schülern
41,30 beobachtet,] beobachtet; j2 41,31 Gottes. Dann] Gottes. Dan j2 Gottes. Dann D2 42,1 soll] sol j2 42,2 lassen, sondern ihr müßt] lassen. Ihr müßt vielmehr j2 42,3 einmal] einmahl j2 42,3 Denn ein] ist. Denn j2 Einige Betrachtungen über diese Geschichte. Ein D3 42,3 kann ia unmöglich] kan ja unmöglich j2 kann unmöglich D3 42,4 Gefallen] gefallen j2 42,4 Berge] Bäume D3 42,5 weggeräumt werden. Eben] weggeräumet würden. Eben D3 42,5 könnt ihr auch] könt auch ihr j2 kann man auch D3 42,5 begehren] verlangen D3 42,6 soll] sol j2 solle D3 42,6 ihr] man D3 42,7 Widerwärtigkeit] Widerwärtigkeiten D3 42,7 und nichts] und D3 42,8 hättet. Wenn] hättet. Wenn j2 hättet. Wenn D2 habe. 〈Fortsetzung mit S. 43,29–30〉 D3 42,8 ietzt] jezt j2 42,9 stellt] stelt j2 42,9 euren] eurem j2 D2 42,10 seyn] sein j2 42,10 also] vielmehr j2 42,11 Mühseligkeiten] Mühseeligkeiten j2 42,13 kommen. Wenn] kommen. Wenn j2 42,14 vollkommen glücklich seyd,] volkommen glüklich seid; j2 42,15 athmet,] athmet: j2 42,15 stellt] stelt j2 42,15 dis] dies D2 42,17 erblickte] erblikte j2 42,18 wurde. Murret] wurde. Murret j2 D2 42,19 dis] dies D2 42,20 sollte] solte j2 42,20 seyd] seid j2 42,21 denkt] denkt, j2
Die Texte im einzelnen
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42,22 einmal] einmahl j2 42,22 anders. Und] anders. Und j2 42,22 seyd] seid j2 42,23 seyd] seid j2 42,23 es] das j2 42,24 führet] führt j2 42,24 Glückseligkeit] Glükseligkeit j2 42,25 wissen. Wenn] wissen. Wenn j2 42,25 fromm] nur from j2 42,25 seyd] seid j2 42,26 übrige] Uebrige j2 42,26 Schicksale] Schiksale j2 42,27–28 machen. Wenn ihr nun] machen. Auch wenn ihr j2 42,28 sollt] solt j2 42,28 einmal] einmahl j2 42,29 stellt] stelt j2 42,29 ia] ja j2 42,31 ie] je j2 42,31 man] der Wandrer j2 42,31 kam. Stellt] kam. Stelt j2 42,34 hatte. Laßt] hatte. Laßt j2 43,2 hatte. Laßt] hatte. Laßt j2 D2 43,2 ia] auch gar j2 43,3 um irgend eine nothwendige] von irgend einer nothwendigen j2 43,4 Wanderer] Wandrer j2 43,5 gegangen,] gegangen; j2 43,7 gedachte. Eben] gedachte. Eben j2 43,7 kann] kan j2 43,8 Glückseligkeit] Glükseligkeit j2 43,9 hat,] hat; j2 43,9 kann] kan j2 43,9 iemals] jemahls j2 43,10 seyn] sein j2 43,10–11 Anstrengung, seiner Pflicht] Bestimmung, seinen Pflichten j2 43,11–17 hat. Wenn ihr also etwas thun sollt 〈. . .〉 selbst werden. Auch] hat. Auch j2
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Unterhaltungen mit meinen Schülern
43,11 daß] das D2 43,17 werden. Auch] werden. Anch D1 werden. Auch D2 43,18 allzu] alzu j2 43,19 möchte,] möchte; j2 43,20–21 ist. Macht] ist. Macht j2 43,22 bergunter] Bergunter j2 43,22 dann] dan j2 43,23 werden. Wenn] werden. Wenn j2 43,24 seyd] seid j2 43,24 dann] dan j2 43,26 sollt. Wenn] solt. Wenn j2 43,26 ietzt] jezt j2 43,27 seyd] seid j2 43,28 Geschicklichkeit] Geschiklichkeit j2 43,28 hoch schätzen] hoch schäzen j2 hochschätzen D2 43,29 denn] dan j2 43,29 einerndten. Scheuet] reichlich einernten. Scheuet j2 43,29–30 Scheuet 〈. . .〉 wollt! Der Wandrer] Scheuet 〈. . .〉 wollt! Der Wandrer D2 Man muß keine Mühe scheuen, wenn man in der Welt glücklich werden will. 〈Fortsetzung mit S. 44,6〉 D3 43,29 ia] ja j2 43,30 glücklich] glüklich j2 43,30 wollt] wolt j2 44,2 zu gingen] zugiengen D2 44,3–4 waren. Wenn] waren. Wenn D2 44,6 Als ihr] Das Kind. Als ich D3 44,6 wolltet] wollte D3 44,6 mußtet ihr] mußte ich D3 44,7 hättet ihr aber] hätte ich D3 44,8 würdet ihr ietzt] würde ich jetzt D3 44,9 iedermann] jedermann D3 44,9 euch wegen eurer] mich wegen meiner D3 44,12 wären. Gott] wären. Gott D2 44,16 Mühe und Freude] Mühe und Freude. Die Mühe und die Freude J Die Mühe und die Freude. Die Mühe und die Freude D3 44,16 die von ieher] die von jeher D3 welche von ieher J die von ie her D2 die von jeher D3
Die Texte im einzelnen
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44,17 einmal] einmahl j2 44,17–18 von einander] voneinander D3 44,18 trennen. Die] trennen. Die j2 D3 44,18 soll] sol j2 44,19 stöhrt] stört J D3 44,19 emsigsten] emsigen D3 44,19 Fleiße? Und] Fleiße? Und D3 44,20 hab’] hab D3 44,21 Genuß? Sie fingen] Genuß? Sie fiengen D2 Genuß? Sie fingen j2 D3 44,21 an] an, J 44,22 ach] ach, j2 44,23 stöhre] störe J D3 44,24 darnieder] danieder j2 44,24 sinke! Das] sinke! Das D3 44,24 wohl] wol j2 D2 D3 44,25–26 meinen süßesten] meinen J 44,26 willst] willst j2 44,27 wohl] wol D2 44,27 wir] wir, J 44,27 eines] einer j2 44,27 dem andern] den andern j2 den andern, J das andere D3 44,28 können. Da] können. Da j2 D3 44,28 mit einander,] mit einander; j2 miteinander, J 44,30 will] wil j2 44,30 aufnehmen,] aufnehmen, oder auf beide Verzicht thun, j2 44,31 unzertrennlich sind. Aber] unzertrennlich sind. 〈nicht fortgesetzt〉 J D3 45,5 Mühseeligkeiten] Mühseligkeiten D2 45,6 folgt. Und] folgt. Und D2 45,12 verlohr] vorlohr D2 45,13 wurde. Und] wurde. Und D2 45,28–29 haben. Wenn] haben. Wenn D2 45,29 dis] dies D2 46,5 abgewischt. Darum] abgewischt. Darum D2 46,26 das] daß D2 46,29 schlafen. Stellt] schlafen. Stellt D2
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Unterhaltungen mit meinen Schülern
47,4 schaden kann. Ein] schaden kann. Ein D2 47,10 die] der D2 47,17 iedem] ieden D2 47,22 ehr] ehr, D2 47,27 wieder,] wieder D2 48,4 muthloß] muthlos D2 48,10 Er] Er, D2 48,11 gehet] gehet, D2
Stellenerläuterungen 26,9 Gewitter] Auch in Salzmanns Schrift Über die wirksamsten Mittel, Kindern Religion beizubringen (1780; vgl. Salzmann 1897, S. 237f.) wird ein erlebtes Gewitter als didaktische Gelegenheit und fruchtbarer Moment genutzt, um Gottes Allmacht und Güte in einem sokratischen Gespräch erfahrbar zu machen. Zur Einprägung der Lehren der natürlichen Religion nütze man weislich sehr
auffallende Auftritte z. B. den Auf- und Untergang der Sonne oder des Mondes, einen schönen Maytag, ein fruchtbares Gewitter, den Anblick der Heerden, die Erndtefreuden etc., riet der Theologe Johann Peter Miller in seiner Anweisung zur Katechisirkunst in Religionsgesprächen (Anweisung zu Katechisirkunst oder zu Religionsgesprächen, 3. verb. Aufl. Wien 1788, S. 154). An diesem Beispiel wird die physikotheologische Orientierung des Religionsunterrichts deutlich, die aus der Natur die Existenz Gottes zu erweisen sucht (Meiers 1971, S. 83) und dabei aber auf naheliegende biblische Texte (z. B. den ›Gewitter‹-Psalm 29) verzichten kann. 28,6–7 daß ohne seinem Willen 〈…〉 Haupte fallen soll] Vgl. Apg 27,34: »denn es wird euer keinem ein Haar von dem Haupt entfallen«. 28,16 Geschichte des iungen A l l w i l l s ] Diese moralische Erzählung wurde 1782 in die von Joachim Heinrich Campe herausgegebene Kleine Kinderbibliothek und 1783 gekürzt in den zweiten Teil des Moralischen Elementarbuchs von Christian Gottfried Salzmann übernommen; vgl. Überblickskommentar, S. 488f. Den Namen Allwill hat Moritz offenbar ohne Bezug auf Friedrich Heinrich Jacobis Briefroman Eduard Allwills Papiere (in: Der teutsche Merkur, 2. Vierteljahr 1776, S. 14–75; 3. Vierteljahr, S. 57–72; 4. Vierteljahr, S. 229–262) gewählt. 33,12 Gebote] Mit der Reduktion der göttlichen Gebote auf die Forderung nach Gehorsam, Fleiß und guten Gesinnungen folgt Moritz der Kritik am herkömmli-
Die Texte im einzelnen
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chen Katechismus-Unterricht. Campe hatte die Frage aufgeworfen, was es dem Kinde helfen soll, mehr von der Religion zu wissen, als es seinem jedesmaligen Alter und seinen jedesmaligen Verhältnissen nach, schon auf sich und seine Handlungen anzuwenden im Stande ist? (Campe, Sammlung einiger Erziehungsschriften, 1778, S. 238). Die zehn Gebote des alttestamentarischen Dekalogs wurden damit als Lehrinhalte kritisiert, denn z. B. von »Mord« und »Ehebruch« haben Kinder noch keinen Begriff. Campe reduzierte die Gebote:
Die ganze erste Sittenlehre der Kinder kann, dünkt mich, füglich auf folgende drey Vorschriften eingeschränkt werden: 1. Sey gehorsam deinen Eltern und deinen Vorgesetzten. 2. So oft du zweifelhaft bist, ob es gut oder böse sey, dieses oder jenes zu thun, ziehe vorher, ehe du es thust, einen von diesen zu Rathe. 3. Ist aber keiner derselben zugegen, um dir zu rathen: so setze dich in Gedanken an die Stelle desjenigen, mit dem du eben zu thun hast, und was du dann wünschest, daß der Andere dir thun möge, das thue du ihm auch (ebd., S. 245f.). Abgesehen von der religionspädagogischen Problematik schätzte Moritz den Wert der zehn Gebote, welche doch immer ein sehr kurzer und nachdrücklicher Inbegriff einer Sittenlehre für das Volk sind (RDE, S. 148; KMA 5/1). 1786 ließ Moritz den Gastwirt Knapp im Andreas Hartknopf das gleiche sagen: Wenn wir von Moral reden wollen, so sind doch die zehn Gebote eine recht kurze und nachdrückliche Moral (AH, S. 36; KMA 2); Wer die fünf Hauptstücke von Luthers Katechismus im Kopf und im Herzen hat, der hat auch soviel Christenthum und Moral gelernt, als er fürs Haus braucht (ebd., S. 37). Die Moralpädagogik der Unterhaltungen ist jedoch noch keineswegs eine »Pädagogik der Autonomie«, als welche Moritz’ Pädagogik nach Armin Henry Polster (1994, S. 28f.) im Gegensatz zum Philanthropismus zu charakterisieren sei. 36,6–7 ihr Berge fallet 〈…〉 bedecket uns!] Vgl. Jes 54,10. 36,10–11 Komm herein, du Gesegneter des Herrn] Vgl. Gen 24,31. 36,13–15 o dann braucht man sich nicht zu fürchten 〈…〉 die ganze Welt unterginge] Vgl. Ps 46,3. 36,24 Ein Wandrer] Diese Geschichte wurde von Moritz 1792 im Lesebuch Der Wandrer oder die Lebensreise überschrieben (vgl. S. 263,1 in diesem Bd.), nachdem sie in Campes Kleiner Kinderbibliothek (1782) mit dem Titel Die Reise durchs Leben nachgedruckt worden war. Die allegorische Erzählung könnte durch das weitverbreitete Erbauungsbuch The Pilgrim’s Progress von John Bunyan (The Pilgrim’s Progress from this world, to that which is to come:
Delivered under the Similitude of a Dream Wherein is discovered, The
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Unterhaltungen mit meinen Schülern
manner of his setting out, His dangerous journey; and safe Arrival at the Desired Countrey, London 1678; 2. T. 1684. Erste deutsche Übersetzung: J〈ohann〉 L〈ange〉, Eines Christen Reise Nach der Seeligen Ewigkeit / Welche unter unterschiedlichen artigen Sinnen-Bildern Den gantzer 〈!〉 Zustand einer Bußfertigen und Gottsuchenden Seelen vorstellet 〈…〉, Hamburg 1685) angeregt worden sein. Die symbolische Beschreibung des an Hindernissen und Versuchungen reichen mühevollen Weges zur himmlischen Stadt zeigt einige Parallelen. Bunyans Christenreise kannte Moritz (vgl. Anton Reiser, KMA 1, S. 122 und Erl.). 41,19 wornach] »diese form bleibt bis ins beginnende 19. jh. neben der heute geltenden form wonach vorherrschend.« (DWb 30, Sp. 1420) 44,16 Mühe und Freude] Die kleine Geschichte könnte auf zwei verschiedene Quellen zurückgehen: zum einen auf Moses Mendelssohns platonischen Dialog Phaedon oder über die Unsterblichkeit der Seele in drey Gesprächen (Berlin u. Stettin 1767). Dort berichtet Sokrates seinen Besuchern im Gefängnis, wie Schmerz und Vergnügen zwar zu gleicher Zeit unvereinbar sind, aber dennoch aufeinander folgen, als wenn sie an beiden Enden an einander befestigt wä-
ren. Hätte Aesopus dieses bemerkt, fuhr er fort, so hätte er vielleicht folgende Fabel erdichtet: »Die Götter wollten die streitenden Empfindungen miteinander vereinigen: als aber dieses sich nicht thun ließ, knüpften sie zwischen ihnen ein festes Band; und seit der Zeit folgen sie sich einander beständig auf dem Fuße nach.« (Mendelssohn, Phaedon oder über die Unsterblichkeit der Seele, in: Mendelssohn, JubA 3/1, Stuttgart-Bad Cannstatt 1972, S. 43f.; vgl. Platon, Phaid., 60c). Moritz könnte jedoch auch die Fabel Freude und Leid aus Herrn Samuel Richardsons Sittenlehre für die Jugend in den auserlesensten Aesopischen Fabeln (übersetzt von Gotthold Ephraim Lessing, Leipzig 1757, Nr. 219) zitiert haben, in der die Zwillingsschwestern Freude und Leid um den Vorzug streiten. Minos, als Schiedsrichter angerufen, versucht sie zu versöhnen. Da dieser Rat nicht anschlagen will, befiehlt er, die Schwestern durch eine Kette zu verbinden, so daß wenig oder nichts daran gelegen sei, wer vorangehe (ebd., S. 327). 45,31 Stadt Gottes] Vgl. Hebr 12,22; ähnlich: Apk 3,12. 45,33 dunkle Thal] Vgl. Ps 23,4. 46,4–5 Thränen wurden 〈…〉 abgewischt] Vgl. Jes 25,8; Apk 7,17.
Die Texte im einzelnen
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Vom rechten Gebrauch der Zeit Überlieferung 1. Textgrundlage D1 Unterhaltungen mit meinen Schülern. Von M. Carl Philipp Moritz, Conrector am grauen Kloster zu Berlin. ÇVignette: Blumen und BlasinstrumenteÈ Erstes Bändchen. Berlin 1780. Gedruckt und verlegt von Christ. Sigism. Spener, S. 80–100; Fortsetzung des Vorigen S. 101–110. j Moritz: Warnung wider die Verschwendung der Zeit. In: Kleine Kin-
derbibliothek, herausgegeben von J. H. Campe. Achtes Bändchen. Mit Chursächsischer Freiheit. Hamburg, in der Heroldschen Buchhandlung. 1782, S. 68–72 (entspricht in vorliegendem Bd. S. 55,11–57,12). D2 Karl Philipp Moritz Unterhaltungen mit seinen Schülern. Zweite Auflage. Berlin, bei Arnold Wever 1783, S. 97–127. D3 Vom rechten Gebrauch der Zeit. In: Lesebuch für Kinder von K. P. Moritz als ein Pendant zu dessen A B C Buch, welches zugleich eine natürliche Anleitung zum Denken für Kinder enthält. Ç. . .È Berlin, 1792. Bey Christian Gottfried Schöne, S. 61f. ÇVom rechten Gebrauch . . . allemal ganz thun.È (Teildruck, entspricht in vorliegendem Bd. S. 48,16–23, 50,14–18, 50,21–26 u. 53,23–34). Grundlage für den edierten Text: D1.
2. Varianten 48,17 allem] allen D3 48,17 Kinder, ist] ist D3 48,21 erkauffen] erkaufen D2 D3 48,21 Ihr könnt] Man kann D3 48,22–23 ihr auch wolltet. Die] man auch wollte. S. 50,14–18〉 D3 48,27 manche] manche, D2 48,28 spatzieren] spazieren D2 48,30 Vergnügen. Ihr] Vergnügen. Ihr D2
〈Fortsetzung mit
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Unterhaltungen mit meinen Schülern
49,8 verlohren. Ihr] verlohren. Ihr D2 49,18 habt. Seht] habt. Seht D2 49,20 Einwurf,] Einwurf: D2 49,22 leicht] leicht, D2 49,29 sichersten. Daß] sichersten. Daß D2 49,32 erzählen. Ein] erzählen. Ein D2 50,5 aufgezehrt] aufgezehret D2 50,8 hätte. Wenn] hätte. Wenn D2 50,13–14 vorbereiten. Insbesondere] vorbereiten. Insbesondere D2 50,14 dis] dies D2 50,14 Herzen; wir] 〈Fortsetzung von S. 48,16–23〉 Wir D3 50,14 dis] dies D2 D3 50,16 andre] andere D2 50,17 Laßt uns] Wir müssen D3 50,18 Reihe sind. Bedenkt] Reihe sind. 〈Fortsetzung mit S. 50,21–26〉 D3 50,18 Augenblik] Augenblick D2 50,18 muß:] muß; D2 50,20 ergreiffen] ergreifen D2 50,22 Tagen. Wer] Tagen. Wer D2 D3 50,23 einzelne] einzelnen D3 50,24 iede] jede D3 50,26 ausmachen wird. Wenn] ausmachen wird. Wenn D2 ausmachen wird. 〈Fortsetzung mit S. 53,23–34〉 D3 50,30 Seite] Seite, D2 50,34 wohl] wol D2 50,34 schreibet] schreibet, D2 51,3 gerieth. So] gerieth. So D2 51,9 sowohl] sowol D2 51,9 gute] gute, D2 51,11 schlechte. Es] schlechte. Es D2 51,15 dis] dies D2 51,16 alsdenn] alsdann D2 51,17 seyn. Eben] seyn. Eben D2 51,19 lange] lange, D2 51,26 so] so, D2 51,27 entstellt. Man] entstellt. Man D2
Die Texte im einzelnen 51,30 diß] dies D2 52,11 ist. Ihr] ist. Ihr D2 52,16 dem] den D2 52,18 gelingen,] gelingen; D2 52,23 süsse Hoffnung] süße Hofnung D2 52,33 kauffen] kaufen D2 52,33 nothwendige] Nothwendige D2 53,1 dis] dies D2 53,4 sorgen. Eben] sorgen. Eben D2 53,8 Herumlauffen] Herumlaufen D2 53,10 wohl] wol D2 53,12 lange] lange, D2 53,15 sollt. Ihr] sollt. Ihr D2 53,20 Rechnen] Rechnen, D2 53,22–23 eigentlich] eigenlich D1 eigentlich D2 53,23 sollt. Wenn] sollt. Wenn D2 53,23 euch] uns D3 53,23 Erhohlung] Erholung D2 53,24 vergönnt wird] vergönnet ist D3 53,24 könnt ihr] können wir D3 53,25 ihr] wir D3 53,25 Erhohlung] Erholung D2 53,25 euren] unsern D3 53,26 anwendet] anwenden D3 53,26 Schlaf] Schlafen D3 53,26 könnt ihr] können wir D3 53,27 ihr] wir D3 53,27 genießet] genießen D3 53,28 Stunde] Stunde, D2 D3 53,28 habt ihr] hat man D3 53,29 ihr 〈. . .〉 Danksagung] man mit Mäßigkeit D3 53,30–31 getrunken habt. Hiebei 〈. . .〉 Alles] getrunken hat. Jedes D3 53,31 Ihr müßt] Man muß D3 53,32 ihr schlafen sollt] man schlafen soll D3 53,33 ihr arbeiten sollt] man arbeiten soll D3 53,33 dasienige] dasjenige D3
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Unterhaltungen mit meinen Schülern
53,33 ihr thut] man thut D3 53,33 das müßt ihr] muß man D3 53,34 ganz thun. In] g a n z thun. 〈Ende des Abschnittes und des Buchs〉 D3 54,5 Erhohlungstunden] Erholungsstunden D2 54,7 machen. Fragt] machen. Fragt D2 54,16 haben. Jetzt] haben. Jetzt D2 54,21 Dis] Dies D2 54,29 stürzen. Lernet] stürzen. Lernet D2 54,32 gut] gut, D2 55,6 gehört. Die] gehört. Die D2 55,7 aber] aber, D2 55,11 Ihr] Warnung wider die Verschwendung der Zeit. Ihr j 55,11 es also ia] es, lieben Kinder, ja j 55,12 iener Handwerksmann] jener Handwerksman j 55,13 machte. Dieser] machte! Dieser j machte. Dieser D2 55,13 wollte] wolte j 55,13 werden,] werden; j 55,14 Einrichtung. Ein] Einrichtung. Ein j 55,14 Mann] Man j 55,16 sollte] solte j 55,16 froher] froher, j 55,16–17 Handwerksmann? Er] Handwerksman? Er j 55,17 Werkstatt] Werkstat j 55,18 wohl] wol D2 55,19 Fleiße] Fleisse j 55,19 könnte. In] könte? In j 55,20 gieng] ging j 55,21 thun! Unterwegens] thun! Unterwegs j thun! Unterwegens D2 55,21 wollte] wolte j 55,24 bestimmten] bestimten j 55,25 wolle] wolte j 55,25 vor ietzt] vorjezt j 55,25 Heller] Heller, D2 55,26 Nothwendigkeit] Nothwendigkeit, D2 55,27 einmal] einmahl j 55,29 übrig,] übrig; j
Die Texte im einzelnen 55,30 dann kann] dan kan j 55,30 ia] ja j 55,32 machen.« So] machen.« So j D2 55,33 Mann!] Man! j 55,33 Schritt] Schrit j 55,33 Verderben. Den] Verderben. Den j 56,4 behielte. Aber] behielte. Aber j D2 56,5 einmal] einmahl j 56,6 angriff] angrif, j D2 56,6 Denn] Denn, j D2 56,7 ia] ja j 56,8 behalten.« So] behalten.« So j 56,10 nützlichen] nüzlichen j 56,10 ieden] jeden j 56,11 beruhete. Er] beruhete. Er j D2 56,11 stellte] stelte j 56,12 schätzte] schäzte j 56,13 sollen. Darüber] sollen. Darüber j 56,14 nun] denn j 56,14 nur] nun j 56,15 Vergnügen] Vermögen j 56,16 konnte] konte j 56,16 nicht recht] nicht j 56,18 ging] gieng D2 56,18 daß er niemals] er niemahls j 56,18 Zweck] Zwek j 56,18 könne,] könne: j 56,19 einmal die hundert] einmahl hundert j 56,20 nun so] nun j 56,20 hatte. Als] hatte. Als j D2 56,22 nichts] nichts, D2 56,23 schreckliche] schrekliche j 56,23 sahe. Mitten in] sahe. Mitten unter j 56,24 Strassenräuber] Straßenräuber j 56,26 sterben. O] sterben. O, j sterben. O D2 56,27 erstemal] erstemahl j
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Unterhaltungen mit meinen Schülern
56,29 lockte] lokte j 56,29 könnte] könte j 56,29 ietzt] jezt j 56,29 Werkstatt] Werkstat j 56,30 sitzen] sizen j 56,30 glückliches] glükliches j 56,30–31 haben. Aber] haben! Aber j 56,31 Mann] Man j 56,32 Leben. Von] Leben. Von j D2 56,33 hing] hieng D2 56,33 sein] ganzes j 56,34 Glück] Glük j 56,34 unsres] unsers j 56,34 Leben] Lebens j D2 57,1 Glück ab; so] Glük ab. So j 57,1 iener] jener j 57,3 behalten;] behalten: D2 57,4 immer] immer, j D2 57,4 wird] werde j 57,5 einmal] einmahl j 57,6 können. Wenn] können. Wenn j D2 57,6 einmal] einmahl j 57,6 unseelige] unselige D2 57,7 sollte] solte j 57,7 wollt] wolt j 57,8 zurück] zurük j 57,8 Gedanken.] Gedanken! j 57,10 dauert. Erinnert] dauert. Erinnert j 57,11 Unglücklichen] Unglüklichen j 57,13 Kinder!] Kinder, D2 57,20 ist. Da] ist. Da D2 57,21 ankömmt] ankommt D2 57,22 weiß] weiß, D2 57,27 sagen, vergeßt nicht alle] sagen: vergeßt nicht, alle D2 58,12 gehen,] gehen; D2 58,30 dir Ew’ger] dir, Ew’ger, D2
Die Texte im einzelnen 59,2 sieh’] sieh’, D2 59,4 Morgen] morgen D2 59,4–7 Leben! 〈. . .〉 Ich will] Leben! Ich will D2 59,13 nicht:] nicht; D2 59,14 kauffen] kaufen D2 59,16 seyn. Wenn] seyn. Wenn D2 59,17 machen:] machen; D2 59,22 dis] dies D2 59,28 kann:] kann; D2 59,29 andre. Findet] andre. Findet D2 60,1 herumgelauffen seyd;] herumgelaufen seyd, D2 60,3 Herumlauffen] Herumlaufen D2 60,5 habt. Denn] habt. Denn D2 60,7 Herumlauffen] Herumlaufen D2 60,7 wohl] wol D2 60,13 habt? Dis] habt? Dies D2 60,13 Schaden,] Schaden; D2 60,14 dahin;] dahin, D2 60,15 dahin,] dahin; D2 60,16 dis] dies D2 60,20 Morgen] morgen D2 60,21 wollt. Wenn] wollt. Wenn D2 60,29 seyn. Es] seyn. Es D2 60,32 Tage,] Tage D2 60,34 Erhohlung] Erholung D2 61,1 demjenigen] demienigen D2 61,4 an] an, D2 61,6 Muth] Muth, D2 61,7 einzuhohlen] einzuholen D2 61,8 zuletzt] zuletzt, D2 61,9 bleibt. Macht] bleibt. Macht D2 61,14 fleißig und außer] fleißig, und ausser D2 61,17 Tagebuch] Tagebuch, D2 61,18 a n g e w a n d t ! Hier] a n g e w a n d t . Hier D2 61,22 dis] dies D2 61,24 wolltet;] wolltet: D2
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Unterhaltungen mit meinen Schülern
61,27 unterließet. Was] unterließet. Was D2 61,34 haushalten] haushalten, D2 62,1 lernet. Jeder] lernet. Jeder D2 62,3 ie mehr] iemehr D2 62,3 darinn] darin D2 62,5 darinn] darin D2 62,6 verlohren] verloren D2 62,8 Ewigkeit,] Ewigkeit D2 62,8 wird. Wenn] wird. Wenn D2 62,18 w o h l ] w o l D2 62,18 oder] oder, D2 62,24 Verwahrung. Wenn] Verwahrung. Wenn D2 62,31 könnt. Wenn] könnt. Wenn D2 63,5–6 M o r g e n ] m o r g e n D2 63,7 E r h o h l u n g s s t u n d e n ] E r h o l u n g s s t u n d e n D2 63,8 a r b e i t e n . Wenn] a r b e i t e n . Wenn D2 63,10 Tage,] Tage D2 63,16 aber nun] nun aber D2 63,22 darinn] darin D2 63,23 h a b t . Stoßt] h a b t . Stoßt D2 63,25 herumgelauffen] herumgelaufen D2 63,26 M o r g e n ] m o r g e n D2 63,28 Morgenabend] morgen Abend D2 63,29 habt. Ihr] habt. Ihr D2 63,30 mehr,] mehr D2
Stellenerläuterungen 48,16 Vom rechten Gebrauch der Zeit] Die rechte Nutzung der Zeit unter erzieherischer Kontrolle, die Überwindung von Müßiggang, Trägheit und Faulheit sind zentrale Themen der philanthropischen Kindermoral. Die Faulheit macht euch krank, heißt es in Campes Sittenbüchlein für Kinder aus gesitteten Ständen (Frankfurt u. Leipzig 1779, S. 14f.), und Salzmanns Moralisches Elementarbuch (Leipzig 1783, 2. Teil, S. 86–91) beschreibt traurige Folgen der Faulheit. Joseph Miller (Samlung kleiner Erzählungen aus den besten Kinderschriften. Eltern, Lehrern und Kinderfreunden gewidmet, Brünn 1788, S. 65–70) folgt ihnen darin. In den Beiträgen zur Philosophie des Lebens (1780)
Die Texte im einzelnen
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hatte Moritz sich mit diesen Problemen anhand eigener Tagebuchaufzeichnungen und Reflexionen auseinandergesetzt, vgl. S. 61,10 u. Erl. sowie S. 61,17–18 u. Erl. 52,27–28 Zeit wie eine Summe Geldes betrachten] Die Gleichsetzung ›Zeit ist Geld‹ läßt sich auf eine Sentenz Theophrasts (372–287 v. Chr.) zurückführen: ›Immer wiederholte er den Spruch, die Zeit sei der kostbarste Aufwand‹ (Diog. Laert. V. 40). Auch in dem Buche, an dem er sich nicht satt 〈…〉 lesen konnte, hatte Anton Reiser (KMA 1, S. 220) Betrachtungen 〈über〉 der Zeit erstaunende〈n〉 Werth. 〈…〉 O Zeit! heiliger als Gold kennengelernt (Dr. Eduard
Youngs Klagen, oder Nachtgedanken über Leben, Tod und Unsterblichkeit, übs. v. J. A. Ebert, Braunschweig und Hildesheim 1763, S. 33f.). 53,30–31 was der weise König Salomo 〈…〉 hat seine Zeit] Vgl. Pred 3,1–8. 61,10 Ta g e b u c h ] Mit einem Tagebuch hat Moritz offenbar schon früh Erfahrungen gemacht. Im Anton Reiser beschreibt er, wie er dabei mehr und mehr die Aufzeichnung seiner Begebenheiten durch seine Vorsätze und Entschliessungen erweiterte und sich selbst Rechenschaft gab (KMA 1, S. 209f.; vgl. ebd., Kommentar, S. 942f.). In den Beiträgen zur Philosophie des Lebens – aus dem Tagebuche eines Freimäurers wurden offenbar eigene Tagebuchnotizen verwendet (vgl. Kosˇenina 2003). 61,17–18 D i e s e n Ta g h a b e i c h g u t a n g e w a n d t ! ] Die Geschichte eines wohlangewandten Tages beschrieb Moritz in den Beiträgen zur Philosophie des Lebens: Der Tag beginnt um fünf Uhr morgens und wird bis zum Abend mit mühevollen Stunden der Arbeit in redlicher Pflichterfüllung angewandt und genossen (BPL, S. 106f.; KMA 2).
Vom Tode. Bey einem Spatziergange im Herbst Überlieferung 1. Textgrundlage 1
D Unterhaltungen mit meinen Schülern. Von M. Carl Philipp Moritz, Conrector am grauen Kloster zu Berlin. ÇVignette: Blumen und BlasinstrumenteÈ Erstes Bändchen. Berlin 1780. Gedruckt und verlegt von Christ. Sigism. Spener, S. 111–116. D2 Karl Philipp Moritz Unterhaltungen mit seinen Schülern. Zweite Auflage. Berlin, bei Arnold Wever 1783, S. 33–54. Grundlage für den edierten Text: D1.
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Unterhaltungen mit meinen Schülern
2. Varianten 64,2 Spatziergange] Spaziergange D2 64,3 Graß] Gras D2 64,14 dis Looß] dies Loos D2 64,16 können? Aber] können? Aber D2 64,29 verlaßen] verlassen D2 64,32 fristen. Denn] fristen. Denn D2 64,32 hofft] hoft D2 65,1 Spatziergang] Spaziergang D2 65,2 sehn] sehen D2 65,10 verlaßen] verlassen D2 65,12 sterben. Wenn] sterben. Wenn D2 65,12 dis] dies D2 65,17 erleben. Aber] erleben. Aber D2 65,21 einnehmen] einehmen D1 einnehmen D2 65,22 werden. Wenn] werden. Wenn D2 65,24 das] daß D2 65,24 Looß] Loos D2 65,26 wir auch so] wir so D2 65,28 wieder] wider D2 65,29 abzulauffen. Vor] abzulaufen. Vor D2 66,10 selbst] sebst D1 selbst D2 66,18 sind. Ein] sind. Ein D2 66,20 wiedersetzen] widersetzen D2 66,25 müßen] müssen D2 66,30 gehorchen. Die] gehorchen. Die D2 67,1 abhohlen] abholen D2 67,1 dis] dies D2 67,6 Diejenigen] Diejenigen, D2 67,7 dis] dies D2 67,10 beitragen. Auf] beitragen. Auf D2 67,14 wissen] wissen, D2 67,20 abhohlen] abholen D2 67,21 sind. Indeß] sind. Indeß D2 67,22 Lebens:] Lebens; D2
Die Texte im einzelnen 67,25 abgehohlet] abgeholet D2 67,27 wird. Dann] wird. Dann D2 67,27 wohl] wol D2 67,28 außerordentlich] ausserordentlich D2 67,33 mißgönneten:] mißgönneten; D2 68,13 wohl] wol D2 68,15 dis] dies D2 68,19 hat. Wenn] hat. Wenn D2 68,30–31 verlohren! Oft] verlohren! Oft D2 69,4 zurückbleibende] Zurückbleibende D2 69,10–11 zurück. Es] zurück. Es D2 69,17 zurückließen. Dann] zurückließen. Dann D2 69,20 gehohlet] geholet D2 69,23 Weißheit] Weisheit D2 69,28 überlassen. Aber] überlassen. Aber D2 69,28 dis] dies D2 69,34 ergözen] ergötzen D2 70,2 wollen. Diese] wollen. Diese D2 70,14 vergeblich. Diese] vergeblich. Diese D2 70,18 führen;] führen: D2 70,31 würden. Wolltet] würden. Wolltet D2 70,32 wäret, gesetzt] wäret? gesetzt, D2 71,10 mag?« Mit] mag?« Mit D2 71,14 offenbahret] offenbaret D2 71,17 beßern] bessern D2 71,19 beobachten. Es] beobachten. Es D2 71,25–26 werde. Wenn] werde. Wenn D2 72,8 seelige Auffenthalt] selige Aufenthalt D2 72,10 wieder. Schaut] wieder. Schaut D2 72,16 Morgen] morgen D2 72,17 fleißig,] fleißig D2 72,25 habt. Was] habt. Was D2 72,29–30 rechtschaffne] rechtschafne D2 73,2 übersteigen. Der] übersteigen. Der D2 73,4 merkt] merkt, D2 73,16 aber] aber, D2
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Unterhaltungen mit meinen Schülern
73,18 sparen. Eine] sparen. Eine D2 73,23 dis] dies D2 73,24 unnüz] unnütz D2 73,26 trägt. Wenn] trägt. Wenn D2 74,1 thun,] thun: D2 74,2 genuzt] genutzt D2 74,3 seyn: Darum] seyn; darum D2 74,5 habt. Die] habt. Die D2 74,12 Sprüche] Sprüche daraus D2 74,12 wiederhohlet] wiederholet D2
Stellenerläuterungen 67,13 ein ieder ist frölich in seiner Arbeit] Vgl. Pred 3,22. 73,2 Der Gedanke an den Tod] Eine Pädagogik, die von der Gewißheit des Todes ausgeht, hat Moritz als Des Gastwirth Knapps Pädagogik im Andreas Hartknopf beschrieben: O pflanzt den Gedanken an den Tod fest in die
jungen Seelen, ihr Pädagogen unsrer Zeiten, 〈…〉 – Euer ganzes Gebäude wird sich fester auf diese Basis stützen; wenn die Menschen erst wissen werden, daß sie leben, dann erst werden sie jeden Augenblick ihres Lebens nutzen (AH, S. 102; KMA 2). 74,13–16 We r d a r e i c h l i c h 〈…〉 e r n d t e n o h n e A u f h ö r e n ] Vgl. 2 Kor 9,6; Gal 6,7.
Anrede Beim Antritt meines Lehramts an der Schule im grauen Kloster Überlieferung 1. Textgrundlage D Unterhaltungen mit meinen Schülern. Von M. Carl Philipp Moritz, Conrector am grauen Kloster zu Berlin. ÇVignette: Blumen und BlasinstrumenteÈ Erstes Bändchen. Berlin 1780. Gedruckt und verlegt von Christ. Sigism. Spener, S. 117–121.
Die Texte im einzelnen
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Grundlage für den edierten Text: D.
2. Varianten 76,32 entschließen] enschließen D
Stellenerläuterungen 75,1 Anrede] In der zweiten Auflage der Unterhaltungen (1783) wurde diese Rede fortgelassen, vermutlich deshalb, weil in der Zwischenzeit eine ähnliche Anrede zum 4. Dezember 1782 anläßlich von Moritz’ Wechsel von der Schule im Grauen Kloster zur Köllnischen Schule gedruckt worden war (s. S. 141,1–142,33 in diesem Band). 75,20 Freund] Die Bestimmung der Lehrer-Schüler-Beziehung als »Freundschaft« ist ein zentrales Ziel aufgeklärter Pädagogik. Während für Rousseau der Zögling erst mit dem Herannnahen der Geschlechtsreife zum Freund werden soll (vgl. Rousseau, Emil oder über die Erziehung, Paderborn 1971, S. 338), ermuntern sich deutsche Pädagogen der Zeit: Lasset uns als Freunde zu den Kindern
setzen, durch anmutige Erzählungen uns ihre Zuneigung und Zutrauen verdienen 〈…〉 – dann können wir viel leichter Sokratische Unterredungen anstellen (Christian Gotthilf Salzmann, Ueber die wirksamsten Mittel, Kindern Religion beizubringen, in: Salzmann 1897, S. 237). Kinderfreund war wohl der am häufigsten gebrauchte Titelbegriff für Lesebücher und andere Kinderund Jugendschriften im ›pädagogischen Jahrhundert‹. 77,2 E p h o r e n ] Im Bereich der protestantischen Kirche Amtsbezeichnung für Leiter oder geistliche Aufsichtspersonen, z. B. in Schulen, Seminaren, Internaten oder Wohnheimen. Das Amt des Ephorus des Gymnasiums zum Grauen Kloster hatte der jeweilige Propst von Berlin inne; zu Moritz’ Lehrer-Zeit war es der Oberkonsistorialrat Johann Joachim Spalding (1714–1804).
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Unterhaltungen mit meinen Schülern
Vom Widerwillen gegen das Gute Überlieferung 1. Textgrundlage 1
D Unterhaltungen mit meinen Schülern. Von M. Carl Philipp Moritz, Conrector am grauen Kloster zu Berlin. ÇVignette: Blumen und BlasinstrumenteÈ Erstes Bändchen. Berlin 1780. Gedruckt und verlegt von Christ. Sigism. Spener, S. 122–136. j1 Moritz: Nur der Anfang ist schwer. In: Kleine Kinderbibliothek, heraus-
gegeben von J. H. Campe. Siebentes Bändchen. Mit Chursächsischer Freiheit. Hamburg, in der Heroldschen Buchhandlung. 1781, S. 34–37 (Teildruck, entspricht in vorliegendem Bd. S. 78,10–34 u. S. 80,3–33). In D2 steht zwischen den beiden Auszügen noch eine Druckseite Text ohne Übereinstimmung mit D1. Moritz: Die beiden Arbeiter. In: Kleine Kinderbibliothek, herausgege-
j2
ben von J. H. Campe. Siebentes Bändchen. Mit Chursächsischer Freiheit. Hamburg, in der Heroldschen Buchhandlung. 1781, S. 40f. (Teildruck, entspricht in vorliegendem Bd. S. 82,18–33). d1 Moriz: Vom Schlafe. In: Moralisches Elementarbuch, von Christian
Gotthilf Salzmann, Liturg und Professor am Dessauischen Erziehungsinstitut. Ç TitelkupferÈ Zweyter Theil. Ç. . .È Leipzig, bey Siegfried Lebrecht Crusius. 1783, S. 17–19 (entspricht in vorliegendem Band d
2
S. 78,10–34). Salzmanns Text entspricht D2 (Varianten hier nicht verzeichnet). Von der Vortreflichkeit der Arbeitsamkeit. Ç. . .È 2. Moritz: ÇOhne TitelÈ. In: Moralisches Elementarbuch, von Christian Gotthilf Salzmann, Liturg und Professor am Dessauischen Erziehungsinstitut. ÇTitelkupferÈ Zweyter Theil. Ç. . .È Leipzig, bey Siegfried Lebrecht Crusius. 1783, S. 83f. (entspricht in vorliegendem Band S. 82,18–33). Salzmanns Text ist identisch mit D3 (Varianten hier nicht verzeichnet).
D2 Karl Philipp Moritz Unterhaltungen mit seinen Schülern. Zweite Auflage. Berlin, bei Arnold Wever 1783, S. 159–173. D3 Das frühe Aufstehn. In: Lesebuch für Kinder von K. P. Moritz als ein
Pendant zu dessen A B C Buch, welches zugleich eine natürliche Anleitung zum Denken für Kinder enthält. Ç. . .È Berlin, 1792. Bey Christian Gottfried Schöne, S. 32f. (entspricht in vorliegendem Bd. S. 78,10–30).
Die Texte im einzelnen
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D4 Die beiden Arbeiter. In: Lesebuch für Kinder von K. P. Moritz als ein
Pendant zu dessen A B C Buch, welches zugleich eine natürliche Anleitung zum Denken für Kinder enthält. Ç. . .È Berlin, 1792. Bey Christian Gottfried Schöne, S. 30f. (entspricht in vorliegendem Bd. S. 82,18–32). Grundlage für den edierten Text: D1.
2. Varianten 77,21 Welt] Welt, D2 77,22 Böse] Böse, D2 77,23 solltet? Oft] solltet? Oft D2 77,27 empfindet. Kinder!] empfindet. Kinder! D2 78,3 einigen] einigem D2 78,4 werden. Denn] werden. Denn D2 78,6 besser] besser, D2 78,9 geschehn] geschehen D2 78,10 wiederhohlt] wiederholt D2 78,10 werden. Der] Nur der Anfang ist schwer. Der j1 werden. Der D2 〈Beginn eines neuen Abschnittes mit Überschrift〉 Das frühe Aufstehn. Der D3 78,11 Fritz] Friz j1 Ernst D3 78,11 auch eine sehr starke] eine sehr starke j1 eine große D3 78,12 Aufstehn. Ob] Aufstehen. Ob j1 Aufstehn. Ob D3 78,12 gleichwohl] gleich wohl j1 gleichwol D2 78,12–13 sein langes] das lange D3 78,13 Vorsatz] Vorsaz j1 78,13 faßte,] faßte D3 78,14 verbessern,] verbessern: j1 78,14 wollte] wolte j1 78,15 Widerwillen] W i d e r w i l l e n D3 78,16 überwinden. Nun] überwinden. Nun j1 D2 D3 78,16 einmal] einmahl j1 78,17 auf, plötzlich] auf; plözlich j1 auf. Da D3 78,17 Vorsatz] Vorsaz j1 78,18 einmal] einmahl j1
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Unterhaltungen mit meinen Schülern
78,18–19 machen! indem] machen! Mit diesem Gedanken j1 machen! Indem D3 78,19 aus] hurtig aus j1 78,19 ging] gieng D2 78,19 aber] aber wie D3 78,20 dagegen. Er] dagegen. Er j1 D2 D3 78,21 geschwind] indes geschwind j1 geschwinde D3 78,21 an,] an; j1 78,21 Anziehn] Anziehen j1 78,22 sollte; ein paarmal] sollte. Ein paarmahl j1 78,23 in Versuchung] wirklich schon in Versuchung j1 fast willens, D3 78,23 thun,] thun; j1 D3 78,23–34 glücklich, 〈. . .〉 gemacht] glüklich. Nachdem er sich gewaschen
und vollends angekleidet hatte, sezte er sich hin, und bereitete sich auf seine Lekzionen; und mit Vergnügen bemerkte er, daß ihm alles weit besser von statten ging, als sonst. Sein Lehrer war den Tag über ganz ausserordentlich mit ihm zufrieden; und seine Eltern, welche dieses hörten, überhäuften ihn mit Liebkosungen. Er selbst war heiter und vergnügt; es war ihm, als hätte er heute ein neues Leben angefangen. Da dachte er bei sich selbst: belohnt sich das Bischen Selbstüberwindung, welche das frühe Aufstehen mich heute kostete, mit so großem Vergnügen: o so wär´ ich ja wohl ein rechter Thor, wenn ichs nicht alle Tage so machen wolte. Er thats; mit jedem Morgen wards ihm leichter, eben so früh aufzustehen. Endlich wurde es ihm so gar zur Gewohnheit, so daß er niemahls länger schlafen und im Bette bleiben konte, wenn er auch gewolt hätte. Seht, Kinder, so geht es mit allem, was uns anfangs sauer wird. Nur frisch daran, nur ein Paarmahl euch gezwungen; und ich stehe euch dafür, daß es euch mit jedem Tage leichter, endlich zum Vergnügen werden wird. 〈hierauf folgt die Geschichte vom »sonderbarenTraum« (S. 127ff.)〉 j1 78,23 setzte] setzt D3 78,25 gefürchtet] gescheuet D3 78,25 schien. Seine] schien. Seine D2 D3 78,26 ging] gieng D2 78,26 freundlicher] freundlicher, D2 78,27 sonst] sonst, D2 78,27 zur rechten] zu rechter D3
Die Texte im einzelnen
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78,27 Dis] Dies D2 D3 78,29–30 Vergnügen] Vergnügen, D2 D3 78,30 aufstand. Seht] aufstand. Seht D2 aufstand. 〈Ende des Abschnittes〉 D3 78,31 geschahe,] geschahe; D2 78,34 gemacht. – Einer] gemacht. Einer D2 79,3 Kopfweh. Der] Kopfweh. Der D2 79,5 spatzieren ginge. Der] spazieren gienge. Der D2 79,10 empörte. Endlich] empörte. Endlich D2 79,11 sich] sich, D2 79,12 bemerken. Als] bemerken. Als D2 79,15 gingen] giengen D2 79,18 hatte. Indem] hatte. Indem D2 79,23 hätte. Nun] hätte. Nun D2 79,25 zu] zn D1 zu D2 79,27 hatte] hatte, D2 79,28 überwinden. Manchmal] überwinden. Manchmal D2 79,28 Speise] Speise, D2 79,30 Geschmack] Geschack D2 79,32 Urtheile] Urtheile, D2 79,33 Speise] Speise, D2 79,33 haben. So] haben. So D2 79,33 Guten:] Guten; D2 80,3 wird. – Bei] wird. Bei D2 80,4 einmal] einmahl j1 80,5 erzählte. Dis] erzählte. Dies D2 80,5 Worte: mir] Worte: Mir j1 80,5 mir] Mir D2 80,5 einmal] einmahl j1 80,6 ging] gieng D2 80,6 hingingen] hingiengen D2 80,7 zurückkamen] zurükkamen j1 80,8 sagten,] sagten: j1 80,8 sollte] solte j1 80,8 fortgehen,] fortgehen; j1 80,10 müßte] müste j1
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Unterhaltungen mit meinen Schülern
80,10 könnte. Ich] könte. Ich j1 80,11 abschrecken] abschrekken j1 80,12 zurückkamen. Als] zurükkamen. Als j1 zurückkamen. Als D2 80,13 ging] ging, j1 gieng, D2 80,14 läge, ie] läge. Je j1 80,14 hinzu kam] hinzukam j1 80,14 größer] grösser j1 80,15 zuletzt] zulezt j1 80,15 groß] groß, j1 D2 80,15–16 Haus. Da] Haus. Da j1 D2 80,16 wollte] wolte j1 80,16 einer ergrif mich] es ergrif mich einer j1 80,17 Arme] Arme, D2 80,17–18 du bist auf dem Wege zur Tugend, und dieser Stein ist der Stein
des Widerwillens gegen das Gute] D u b i s t a u f d e m We g e z u r Tu gend, und dieser Stein ist der Stein des Widerwillens gegen d a s G u t e j1 80,19 abschrecken,] abschrekken; j1 80,19 dis] dies D2 80,20–21 hinüber. Ich] hinüber. Ich dachte: es sol gewagt sein; j1 hinüber. Ich D2 80,21 glücklich] glüklich j1 80,22 erschrecklichen] erschreklichen j1 80,22 hinweg. Darauf] hinweg. Darauf j1 80,23 erblickte] erblikte zu meiner Verwunderung j1 80,23 weiter] weiters j1 80,24 allenfalls] allenfals j1 80,25 erstaunlich] er aunlich j1 80,25 hatte. Nun] hatte. Nun j1 D2 80,26 einmal] einmahl j1 80,27 plötzlich] plözlich j1 80,27 erhohlt] erholt D2 80,27 hätte. Als] hätte. Als j1 80,27 zurücksahe, erblickte] zurüksahe, erblikte j1 80,28–29 zurückbebten,] zurükbebten j1 80,29 konnte] konte j1
Die Texte im einzelnen
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80,30 sollten] solten j1 80,30 nicht durch diesen Stein abschrecken lassen,] durch diesen Stein doch nicht abschrekken lassen! j1 80,30 sey] sei j1 80,31 Blendwerk, aber] Blendwerk! Aber j1 80,31 Zureden] Zure-reden D1 Zureden D2 80,31 Zureden, darüber] Zureden. Darüber j1 80,32 traurig, fieng] traurig; fing j1 80,33 kummervollen] kummervollem j1 D2 81,4–5 lassen. Wenn] lassen. Wenn D2 81,8 läßt. Ihr] läßt. Ihr D2 81,11 vorüber] worüber D1 vorüber D2 81,13 hättet. Denn] hättet. Denn, D2 81,18 einwenden;] einwenden: D2 81,21–22 empfänden. – Es] empfänden. Es D2 81,26 finden,] finden; D2 81,26 daß] das D2 81,29 kostete. Darum] kostete. Darum D2 81,31 dis] dies D2 82,1 Kinder;] Kinder: D2 82,7 kann. Glaubt] kann. Glaubt D2 82,11 als] als: D2 82,12 werden. Befleißiget] werden. Befleißiget D2 82,16 als,] als: D2 82,18 fallen. – Ein] fallen. Ein D2 82,18 Ein] Die beiden Arbeiter. Ein j2 D4 82,18 mußte] muste j2 82,19 zutragen; unter] zutragen. Unter j2 zutragen; unter D2 tragen; unter D4 82,19 befand] fand D4 82,19–20 außerordentlich] ausserordentlich j2 82,20 demohngeachtet] doch j2 82,20 fortgeschaft] fortgeschafft D4 82,21 mußte. Allein] muste. Allein j2 mußte. Allein D2 D4 82,21–22 schob er ihn immer zurück] ließ er ihn immer unangerührt liegen j2
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Unterhaltungen mit meinen Schülern
82,22 weg: nun] weg. Nun j2 weg; nun D2 D4 82,22 ihn] ihn aber j2 82,23 zuletzt] zulezt j2 82,24–25 müßte, 〈. . .〉 Widerwillen that.] müste. Er wolte dis endlich auch
thun; aber da ihn die kleinern Lasten, die er mit Unmuth trug, schon ermattet hatten: so fehlte es ihm jezt an Kräften, die grössere fortzubringen. Er muste also den großen Stein liegen lassen; und weil derselbe mit in sein Tagelohn verdungen war, so wurde ihm von diesem ein Theil entzogen; und das mit Recht, weil nicht alles von ihm geleistet war, wozu man ihn bestelt hatte. j2 82,25 that. Ein] that. Ein D2 D4 82,26 liegen: dieser] liegen. Dieser j2 liegen; dieser D2 D4 82,27 allergrößten] allergrösten j2 82,27 einmal wußte] einmahl wuste j2 82,28 seyn] sein j2 82,28 könnte] könte j2 könne D4 82,28 ihn] diesen j2 82,29 wurde,] wurde; j2 82,30–31 würde: nun ging] würde. Nun ging j2 würde; nun gieng D2 würde; nun ging D4 82,31 alles] auch alles j2 82,31 frölich] fröhlich D4 82,31 in] bei j2 82,32 hatte. Welchem] hatte. Welchem j2 D2 überwunden hatte. 〈Ende des Abschnittes〉 D4 82,33 gleichen] gleichen, D2 82,33 Kinder?] Kinder? Dem, der das Schwerste bis zulezt ersparte? Oder dem, der mit dem Schwersten anfing? j2 83,2 seyn] seyn, D2 83,3 wolle. O] wolle. O D2 83,8 Muth] Muth, D2 83,9–10 werden. Erinnert] werden. Erinnert D2 83,12 Abneigung] Abweigung D1 Abneigung D2 83,16 ist. Erinnert] ist. Erinnert D2 83,25–26 überwinden. Wenn] überwinden. Wenn D2 83,28 liebt;] liebt, D2
Die Texte im einzelnen
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83,31 gesetztes] gesetztes, D2 83,31 anzunehmen: dis] anzunehmen; dies D2 84,1 habt. Wenn] habt. Wenn D2 84,8 Morgen] morgen D2 84,12 rechtschaffne] rechtschafne D2 84,12 werdet. Viele] werdet. Viele D2
Stellenerläuterungen 83,31 gesetztes edles Betragen] 1784 hat Moritz mit John Truslers Regeln einer feinen Lebensart und Weltkenntniß zum Unterricht für die Jugend und zur Beherzigung für Erwachsene (Berlin 1784) ein Buch übersetzt, das eine aufgeklärte Anstands- und Benimm-Anleitung im Detail vermittelt (vgl. KMA 11).
Von guten Vorsätzen Überlieferung 1. Textgrundlage 1
D Unterhaltungen mit meinen Schülern. Von M. Carl Philipp Moritz, Conrector am grauen Kloster zu Berlin. ÇVignette: Blumen und BlasinstrumenteÈ Erstes Bändchen. Berlin 1780. Gedruckt und verlegt von Christ. Sigism. Spener, S. 136–148. D2 Karl Philipp Moritz Unterhaltungen mit seinen Schülern. Zweite Auflage. Berlin, bei Arnold Wever 1783, S. 173–186. Grundlage für den edierten Text: D1.
2. Varianten 84,16 84,17 84,18 84,21
wohl] wol D2 möcht] mögt D2 wohl] wol D2 waret. Des] waret. Des D2
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Unterhaltungen mit meinen Schülern
84,22 wohl] wol D2 84,24 unterlassen:] unterlassen, D2 84,25 zugebracht. – Jetzt] zugebracht. Jetzt D2 84,27 ginge] gienge D2 84,31 ausführt,] ausführt; D2 85,1 geht. Das] geht. Das D2 85,6 wird. Jetzt] wird. Jetzt D2 85,8 einen] einen, D2 85,10 wollte] wollt D2 85,12 bequem wie möglich] bequem, wie möglich, D2 85,12–13 suchen? Gesetzt aber] suchen? Gesetzt aber, D2 85,16 wolltet? Wer] wolltet? Wer D2 85,17 unentschlossen,] unentschlossen; D2 85,19 will,] will; D2 85,24 war. Dann] war. Dann D2 85,24–25 genöthiget] genöthiget, D2 85,26 fortzuwaten] fortzuwaden D2 85,28 euch. Ihr] euch. Ihr D2 85,29 werden:] werden; D2 85,31 kaltblütig. Ist] kaltblütig. Ist D2 86,2 dis] dies D2 86,2 letztere. Aber] letztere. Aber D2 86,2 durch] dnrch D2 86,3 betrügen. Wildheit] betrügen. Wildheit D2 86,5 eben] eben, D2 86,6 bereuen. Hingegen] bereuen. Hingegen D2 86,9 lassen. Dieienigen] lassen. Dieienigen D2 86,11 falschen] Falschen D2 86,14 haben,] haben; D2 86,15 worinn] worin D2 86,16 fortwaten] fortwaden D2 86,17–18 herauszuhelfen. Diese] herauszuhelfen. Diese D2 86,18 wohl] wol D2 86,20 helfen. Aber] helfen. Aber D2 86,21 nennen:] nennen; D2 86,22 wohl] wol D2
Die Texte im einzelnen 86,23 Laster] Lasters D1 Laster D2 86,25 hat] hat, D2 86,27 Lasters. Denn] Lasters. Denn D2 86,28 anwenden] anwenden, D2 86,30 kommen,] kommen D2 86,30 könne. Auch] könne. Auch D2 86,31 verweisen:] verweisen; D2 86,33 heraus zu helfen] herauszuhelfen D2 86,34 geworden.] geworden? D2 87,4 mußtet. Wenn] mußtet. Wenn D2 87,7 herauszuhelfen.] herauszuhelfen? D2 87,9 gehabt. Fragt] gehabt. Fragt D2 87,10 dis] dies D2 87,13 ist] ist, D2 87,15 tugendhaft] tugendhaft, D2 87,15 werden. Ich] werden. Ich D2 87,16 wohl] wol D2 87,16 gute] gute, D2 87,18 werdet. Woher] werdet. Woher D2 87,18 wohl] wol D2 87,21 vergessen. Wie] vergessen. Wie D2 87,22 wiederhohlt] wiederholt D2 87,23 möge. Wenn] möge. Wenn D2 87,25 wiederhohlen] wiederholen D2 87,26 wiederhohlt] wiederholt D2 87,26 suchen. Aber] suchen. Aber D2 87,31 vergessen. – O] vergessen. O D2 87,34 richtet:] richtet; D2 88,3 wendet. Wenn] wendet. Wenn D2 88,4 erhohlet] erholet D2 88,4 Erhohlung] Erholung D2 88,5 vergeßt. Wenn] vergeßt. Wenn D2 88,6 beynahe] beinahe D2 88,8–9 habt. Es] habt. Es D2 88,15–16 dürft. Aber] dürft. Aber D2 88,19 müßt. Ich] müßt. Ich D2
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Unterhaltungen mit meinen Schülern
88,19 Vorsatz] Vorsatz, D2 88,21 darinn] darin D2 88,21 benehmen. Das] benehmen. Das D2 88,23 nur] nur, D2 88,25 wohl] wol D2 88,25 beste? – Begebt] beste? Begebt D2 88,30 seid] seyd D2 88,30 gezwungen. Aber] gezwungen. Aber D2 88,31 doch] doch, D2 89,1 wohl] wol D2 89,2 seyn. Aber] seyn. Aber D2 89,5–6 bereuen. Erspart] bereuen. Erspart D2 89,8 wäret. Aber] wäret. Aber D2 89,12 vorginge] vorgienge D2 89,15 seyn? Aber] seyn? Aber D2 89,18 m u ß . – Faßt] m u ß . Faßt D2 89,18–19 Entschließung] Entschließung, D2 89,21 wohl] wol D2 89,21 thun? Aber] thun? Aber D2 89,23 Morgen] morgen D2 89,26 werden. Nun] werden. Nun D2 89,28 Spatzierengehen] Spazierengehen D2 89,29 allem] allem, D2 89,29–30 vornehmt. Gebt] vornehmt. Gebt D2 89,30–31 ist. Wenn] ist. Wenn D2 89,31 Rechnen] rechnen D2 89,33 Tugend:] Tugend; D2 90,1 ermuntern. Wenn] ermuntern. Wenn D2 90,3 lange] lange, D2 90,9 gehen. Wenn] gehen. Wenn D2 90,11 Unmässigkeit] Unmäs-sigkeit D1 Unmäßigkeit D2 90,12 Böses:] Böses; D2 90,14 schadet. Schlafen] schadet. Schlafen D2 90,17 Morgen] morgen D2 90,20 würdet. Dieser] würdet. Dieser D2 90,23 wollt. Wenn] wollt. Wenn D2 90,25 Acht] acht D2
Die Texte im einzelnen
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Stellenerläuterungen 84,15 Von guten Vorsätzen]
Vgl. Erl. zu S. 7,10.
Die Schöpfungsfeier bei einem Spatziergange des Morgens Überlieferung 1. Textgrundlage D Unterhaltungen mit meinen Schülern. Von M. Carl Philipp Moritz, Conrector am grauen Kloster zu Berlin. ÇVignette: Blumen und BlasinstrumenteÈ Erstes Bändchen. Berlin 1780. Gedruckt und verlegt von Christ. Sigism. Spener, S. 149–160. Grundlage für den edierten Text: D.
2. Varianten 91,2–3 Morgenröthe] Morgen-genröthe D 91,23 Felde grünet] Feldegrünet D 96,9 großen] gros-sen D
Stellenerläuterungen 90,27–28 Die Schöpfungsfeier bei einem Spatziergange des Morgens] Die Schöpfungsfeier hat Moritz nicht in die zweite Auflage übernommen. Die Bedeutsamkeit des Themas für den Autor zeigt der autobiographisch getönte Roman Anton Reiser. Der Titelheld gieng schon lange mit einem Gedicht über die S c h ö p f u n g schwanger (KMA 1, S. 407,25–26), dessen Schwierigkeit ihn so quälte (ebd., S. 411), daß ihm nun die Lust verging, dieß Gedicht weiter fortzuführen (ebd., S. 418,20–21). Die Schöpfungsgeschichte wurde von Moritz mehrfach wieder aufgegriffen: vermutlich 1781 entstand der Text zu einer von Johann Samuel Carl Possin (1753–1821) komponierten Kantate Die SchöpfungsFeier oder die Hirten von Midian (Sellack 2010, vgl. KMA 2). Im 7. Brief der Deutschen Sprachlehre für die Damen (1782) wird das Thema mit dem Kapitel Von der Sprache aus den Unterhaltungen verknüpft und als Schöpfung durch
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Unterhaltungen mit meinen Schülern
sprachliches Unterscheiden und Benennen interpretiert. In dem Aufsatz Auch eine Hypothese über die Schöpfungsgeschichte Mosis (in: Berlinische Monatsschrift, Bd. 3, 1784, S. 335–346; KMA 7) wurde dann der Schöpfungsprozeß als autonome Leistung des menschlichen Geistes gedeutet. In der Kinderlogik (1786) schließlich lehrt die Natur den Menschen die erhabenste Logik, aus der sich die Schöpfungsgeschichte des menschlichen Verstandes ergab. Von Gott als Schöpfer ist dabei nicht mehr die Rede. 90,29 wir wollen hinaus] Beeinflußt von Johann Gottfried von Herders Schrift Aelteste Urkunde des Menschengeschlechts (1774), worin der Verfasser im biblischen Schöpfungsbericht Nichts mehr und minder als – G e m ä l d e der M o r g e n r ö t h e , B i l d d e s w e r d e n d e n Ta g e s erkennt (Herder, SW 6, S. 258). Das Buch beginnt: Komm’ hinaus, Jüngling, aufs freie Feld und
merke. D i e u r ä l t e s t e h e r r l i c h s t e O f f e n b a r u n g G o t t e s e r s c h e i n t d i r j e d e n M o r g e n a l s T h a t s a c h e , g r o s s e s We r k G o t t e s i n d e r N a t u r (ebd.). Eine solche Schöpfungsfeier (ebd., S. 313) hatte Herder zur höchsten B e l e h r u n g empfohlen (ebd., S. 312). Der Unterricht unter der Mörgenröthe (ebd., S. 265) wiederholt sich jeden Tag. Vgl. auch Erl. zu S. 9,8. Seine Schöpfungsfeier hatte Moritz am 17. Juni 1780 als Separatdruck mit einem Begleitbrief an Herder geschickt (KMA 13; vgl. S. 491f. in vorliegendem Bd.). 91,6 erhebet eure Herzen zu Gott!] Moritz zitiert hier die Präfations-Salutation aus der lutherischen Abendmahlsliturgie (Liturg: »Erhebet eure Herzen!« Gemeinde: »Wir erheben sie zum Herrn.«). 92,30–93,1 der Himmel 〈…〉 ie höher es sich hebt] An Herders Aelteste Urkunde des Menschengeschlechts angelehnte Formulierung: der Himmel
h e b t u n d h ö h e t ! die dunkeln Wolken t r ä u f e l n a b ! 〈…〉 die allmälige H i m m e l h e b u n g ! 〈…〉 L u f t l ä u t e r u n g vom tiefsten Grau, zur schönsten, lachendsten G l a n z e s b l ä u e ! (Herder, SW 6, S. 260f.). 94,9–13 der König des Tages 〈…〉 die Königin der Nacht] Vgl. Herders Aelteste Urkunde des Menschengeschlechts: D a s g r o s s e L i c h t , K ö n i g d e s Ta g e s ! D a s k l e i n e L i c h t , K ö n i g i n d e r N a c h t ! (Herder, SW 6, S. 242). In Moritz’ Kantatentext Die Schöpfungs-Feier oder die Hirten in Midian (1781; vgl. Erl. zu S. 90,27–28) wird die aufgehende Sonne als Königin des Tages apostrophiert (vgl. Sellack 2010; KMA 2). 95,26–28 Und nun ruft 〈…〉 eure Kräfte!] Vgl. Herders Aelteste Urkunde des Menschengeschlechts: Von Himmel und Erden rufe den zerstreuten, betäubten Blick zurück auf dich! in dich selbst – 〈…〉 betrachte dein G l ü c k ! deine G e s t a l t ! deine K r ä f t e ! (Herder, SW 6, S. 262).
Die Texte im einzelnen
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96,1 ohne ihm] Nach Moritz’ Zusätzen zu den Briefen vom Unterschiede des Akkusativ’s und Dativ’s (Berlin 1781; vgl. KMA 7) müßte es hier »ohne ihn« heißen (ebd., S. 85–96).
Der Kaufmann und seine vier Söhne Überlieferung 1. Textgrundlage 1
D Unterhaltungen mit meinen Schülern. Von M. Carl Philipp Moritz, Conrector am grauen Kloster zu Berlin. ÇVignette: Blumen und BlasinstrumenteÈ Erstes Bändchen. Berlin 1780. Gedruckt und verlegt von Christ. Sigism. Spener, S. 161–180; Fortsetzung des Vorigen S. 181–192. D2 Karl Philipp Moritz Unterhaltungen mit seinen Schülern. Zweite Auflage. Berlin, bei Arnold Wever 1783, S. 127–159. j Moritz: Willich, oder der gute Haushälter. In: Kleine Kinderbibliothek,
herausgegeben von J. H. Campe. Eilftes Bändchen. Mit Chursächsischer Freiheit. Hamburg, In der Heroldschen Buchhandlung. 1784, S. 113–127 (Teildruck, entspricht in vorliegendem Bd. S. 97,18–106,15). Grundlage für den edierten Text: D1.
2. Varianten 96,24 Oder vom] Oder: Vom D2 96,31 hängen:] hängen; D2 97,3 beitragen. Wenn] beitragen. Wenn D2 97,4 Morgen] morgen D2 97,8 habt] habt, D2 97,8 seid] seyd D2 97,12 richten. Jetzt] richten. Jetzt D2 97,18 In] Willich, oder der gute Haushälter. In j 97,18 großen und angesehenen Handelsstadt,] großen Handelsstadt j 97,18 lebte vor Zeiten] lebte j 97,19 Kaufmann, Namens] Kaufman, Nahmens j
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Unterhaltungen mit meinen Schülern
97,19 W i l l i c h . Ob er] W i l l i c h . Ob derselbe j 97,20 noch beständig] beständig D2 97,20 beständig, ia] beständig. Ja j 97,21 stellt] stelt j 97,21 iährlich] jährlich D2 j 97,21 eignes] eigenes j 97,22 Bewandniß. Noch] Bewandniß. Noch D2 j 97,22 seinen Lebzeiten] seinem Leben j 97,22–23 Waisenhaus] Weisenhaus j 97,23 worinn] worin D2 j 97,23 Nöthigen] Nothwendigen j 97,25 allemal] allemahl j 97,26 worinn] worin D2 j 97,26 Waisenkinder] Weisenkinder j 97,27 alsdann] alsdan j 97,28 ergötzen] ergözen j 97,29–32 zubringen mögen. Manche Leute 〈. . .〉 stiftete.] zubringen. j 97,33 wollt] wolt j 97,33 gerne mehr] mehr j 98,2 Stücken, ähnlich] Stükken gleich j 98,2 werden; wenn] werden. Wenn j 98,2 dann] dan j 98,3 Waisenhaus] Weisenhaus j 98,4 glückliche] glükliche j 98,5 frühesten] frühsten j 98,6 Insbesondre] Insbesondere j 98,9 richten] gehen lassen j 98,9 durfte. Neben] durfte. Neben D2 j 98,11 iunge W i l l i c h , ] junge W i l l i c h : j 98,12 Büchern,] Büchern j 98,13 Ordnung,] Ordnung j 98,13 Landcharte] neue Landkarte j 98,14 wohl mochte] wol mochte D2 wol mögte j 98,14–15 Belohnung. » C a r l «, so hieß] Belohnung. » C a r l , so hieß D1 D2 Belohnung. »Karl, so hieß j 98,15 iungen] jungen j
Die Texte im einzelnen
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98,15 » C a r l ! « pflegte] » C a r l ! pflegte D1 D2 Karl! j 98,16 dann] dan j 98,16 wohl] wol D2 j 98,16 »gerne] gerne j 98,16 ietzt] jezt j 98,17 F r i t z ] Friz j 98,18 Rock] Rok j 98,19 muthwilligerweise] muthwilliger Weise j 98,19–20 Dintenflecken beschmutzt] Dintenflek-ken beschmuzt j 98,20–21 kannst.« Dann] kannst.« Dann D2 kanst.« Dan j 98,21 bereuete C a r l ] bereute Karl j 98,21 Unordnung] Unordnung, j 98,21 Vorsatz] Vorsaz, j 98,22 F r i t z ] Friz j 98,23 an der Liebe zur] an j 98,24 möchte. Spare was, so hast du was!] mögte. S p a r e w a s , s o h a s t du was! j 98,25 wohl] wol D2 j 98,25 sagen,] sagen; j 98,25 Augenblick] Augenblik j 98,26–27 Brich dem Hungrigen dein Brod!] b r i c h d e m H u n g r i g e n dein Brod! j 98,27 ging] gieng D2 98,27–28 Vermögen. Einige] Vermögen. Einige D2 j 98,28 kannten] kanten j 98,28 ihn,] ihn j 98,29 Sparsamkeit,] Sparsamkeit D2 j 98,29 geitzig] geizig j 98,29 kannten] kanten j 98,29 wohl] wol D2 j 98,30–31 thun zu können. Dieses] thun Dieses j 98,32 prahlen wollte. Diese] pralen wollte. Diese j 98,33 W i l l i c h s , ] W i l l i c h s j 98,33 K a r l n einen] C a r l n ein D2 Karln einen j 98,34 iedem] jedem j 99,1 an. Er] an. Er j
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Unterhaltungen mit meinen Schülern
99,2 Vergnügen. Nun] Vergnügen. Nun D2 Vermögen. Nun j 99,3 fleißiger iunger] fleissiger junger j 99,4 besaß, weil sein Betragen so gut und sittsam war] besaß j 99,5 iunge] junge j 99,6 konnte] konte j 99,7 zurückbleiben] zurük bleiben j 99,7 mußte. Dis] mußte. Dies D2 mußte. Dis j 99,8 K a r l ] C a r l D2 Karl j 99,8 sitzen] sizen j 99,9 einmal] einmahl j 99,9 wollte] wolte j 99,9 lassen. Nun] lassen. Nun D2 j 99,10 W i l l i c h ] Willich j 99,11 K a r l ] C a r l D2 Karl j 99,11 gerne as] gern aß j 99,12 nichts. Bis] nichts, bis j 99,13 K a r l ] C a r l D2 Karl j 99,13 nach Verlauf] nach j 99,13 kam,] kam j 99,13 sagte: »Lieber] sagte: »Lieber j 99,14 ietzt] jezt j 99,15 erspart, wollten] erspart; wolten j 99,15 wohl] wol D2 j 99,15–16 iungen E r n s t ] jungen Ernst j 99,17–18 kann. Er will 〈. . .〉 fehlt.« Er erhielt] kann. Er will 〈. . .〉 fehlt.« Er D2 kan?« Er erhielt j 99,18 Erlaubniß] Erlaubniß leicht j 99,20 freute,] freuete, D2 freute; j 99,20–22 und spornstreichs lief er in den Buchladen, um das Buch zu
kaufen; er behielt noch einige Groschen übrig, dafür ließ er es] er kaufte das Buch gleich, ließ es j 99,22–24 den andern Tag nahm er es mit in die Schule und gab es seinem Freunde, da ihn eben niemand wollte mit einsehen lassen. Dieser] gab es den andern Tag seinem Freunde. Dieser j 99,22 Schule] Schule, D2 99,24 Freuden] Freudem D1 Freuden D2
Die Texte im einzelnen
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99,24 außer] ausser j 99,25 dis] dies D2 99,25 Geschenk. Nun] Geschenk. Nun D2 j 99,25 K a r l ] C a r l D2 Karl j 99,26 dafür hatte er aber] aber dafür hatte er j 99,29 konnten] konten j 99,31 haben. Noch] haben. Noch j 99,32 K a r l n ] C a r l n D2 99,32–33 wie er 〈. . .〉 angenommen hat. In] wie er 〈. . .〉 angenommen hat. In D2 daß er seinem Vater ganz nachahmte. j 99,33 W i l l i c h s ] W i l l i g s D2 99,34 Sparsamkeit, und] Sparsamkeit; j 100,1 alle] aller j 100,2 gebacken] gebakken j 100,2 fügte] fügt’ j 100,3 einmal] einmahl j 100,5 dann] denn j 100,5 K a r l ] C a r l D2 Karl j 100,5 Stück] Stük j 100,6 andern. Er ging] andern. Er gieng D2 andern. Er j 100,6 iungen] jungen j 100,7 ieder von ihnen] jeder j 100,7 Stück] Stük j 100,7 aufas, nur] aufaß. Nur j 100,9 dann] dan j 100,9–10 wurde. Die] wurde. Die j 100,11 von diesem Stück] des j 100,11 ietzt] jezt j 100,12 schmecken] schmekken j 100,12 Morgen] morgen D2 100,13 dann] dan j 100,14 will] wil j 100,14 aufheben.« Den] aufheben.« Den D2 j 100,15 letzte Festtag, die] lezte Festtag. Die j 100,15 K a r l ] C a r l D2 100,15 stellte] stelte j
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Unterhaltungen mit meinen Schülern
100,16 Stückchen] Stükchen j 100,16 verzehren. Indem] verzehren. Indem j 100,18 heraufkommen] herauf kommen j 100,18 darauf,] darauf D2 100,19 hinsetzte] hinsezte j 100,19 Brodkrumen] Brodtkrumen D2 100,20 stillen. »Lieber] stillen. »Lieber j 100,20 K a r l ] C a r l D2 Karl j 100,20 ietzt] jezt j 100,21 einmal] einmahl j 100,22 essen!« Ehe] essen!« Ehe D2 j 100,22 Stück] Stük j 100,23 daß] das D2 100,24 Knaben, darauf] Knaben. Darauf j 100,25 geschmeckt] geschmekt j 100,25–26 hätte. Seine] hätte. Seine D2 j 100,26 iungen] jungen j 100,27 ihn wieder] ihn j 100,27 aus,] aus; j 100,28 wohl] wol D2 j 100,29 ist. Einstmals] ist. Einstmals D2 ist. Einsmahls j 100,30 außerordentliches] ausserordentliches j 100,30 Dies] Das j 100,30 nehmlich] nemlich j 100,31 Pappe,] Pappe j 100,31 Schublädchen. Vor] Schubläden. Vor D2 Schublädchen. Vor j 100,34 und vor] vor D2 100,34 Z u m Ve r g n ü g e n . »Dis] Z u m Ve r g n ü g e n . »Dies D2 F ü r Ve r g n ü g u n g e n . »Dis j 101,1 ia] ja j 101,2 Kleinod,] Kleinod D2 j 101,2 wirst:] wirst, D2 101,3 kann] kan j 101,3 einmal] einmahl j 101,3 glücklichen] glüklichen j 101,4 Dis] Dies D2
Die Texte im einzelnen
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101,4 soll] sol j 101,4 Sinnbilde] Sinbilde j 101,5 dann] dan j 101,9 kannst] kanst j 101,9 wohl] wol D2 j 101,10 einmal] einmahl j 101,10 Ve r g n ü g e n ] Vergnügen j 101,10 machen.« Diese] machen.« Diese D2 j 101,11 dem Herzen] in das Herz j 101,11 iungen] jungen j 101,11 ein. Oft,] ein. Oft, j 101,12 wollte] wolte j 101,13 vertheilen. Weil] vertheilen; weil j 101,13 sowohl] so wol j 101,14 Bedürfnisse, für iezt] Bedürfnisse für ietzt D2 Bedürfnisse für jezt j 101,15 erhielt,] erhielt: j 101,17 Taschengeld] Ta s c h e n g e l d j 101,17 die eine Hälfte] die H ä l f t e j 101,18 Vergnügen] Vergnügen, D2 101,18 andre] andere j 101,18 bestimmte] bestimte j 101,19 Kinderiahre] Kinderjahre j 101,19 alsdann] alsdan j 101,20 Kaufmannschaft] Kaufmanschaft j 101,21 Kaufmann] Kaufman j 101,21 rechtschaffener,] rechtschaffener j 101,22 Mann,] Man j 101,22 von seinem Vater] seines Vaters j 101,22–23 Lehre, wo er nun alle die Lebensregeln anzuwenden suchte] Lehre. Hier bemühete er sich nun alle die Lebensregeln anzuwenden j 101,23–24 ihm sein Vater zu Hause so oft] sein Vater ´ıhm so oft j 101,24 hatte. Er] hatte. Er D2 101,24 hielt auch hier beständig sehr] hielt beständig j 101,25–26 machte. Auch] machte. Auch j 101,27–28 Gott. Während] Gott. Während D2 j 101,29 andern,] andern j
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Unterhaltungen mit meinen Schülern
101,30 iunge Willich nun bloß] junge W i l l i c h nur blos j 101,32 hatte. Er] hatte. Er j 101,32 Unglück] Unglük j 101,33 Eltern,] Eltern j 101,34 eines] seines D2 101,34 Vermögens;] Vermögens, j 101,34 damals] damahls j 102,2 Glücks seyn] Glüks sein j 102,2–3 Thätigkeit, und sein ganzer Eifer,] Thätigkeit j 102,3 wurde. An] wurde. An j 102,5 Thränen] Tränen j 102,7 Lehriahre] Lehrjahre j 102,9 gegeben hatte. Erstlich] gegeben. Erstlich j 102,10 demienigen] demjenigen j 102,10 iezt] ietzt D2 just j 102,11–12 erscheinen zu können. Hiebei] erscheinen zu können. Hiebei D2 zu erscheinen. Hiebei j 102,12 will] wil j 102,13 giebt] gibt j 102,13 verschiedne] verschiedene j 102,13 jeder ieder D2 102,14 einmal] einmahl j 102,14 S t a n d e ] Stande j 102,14 Kaufmann] Kaufman j 102,15 kann] kan j 102,16 Anstande] A n s t a n d e j 102,16 kömmt] kömt j 102,17 seyn wollte. Freilich] sein wolte. Freilich j 102,17 wohl besser] woll besser D2 besser j 102,18 so gar] so j 102,18 ieder] jeder j 102,20 wohl] wol D2 j 102,21 schicken. Das] schikken. Das j 102,21 iunge Willich] junge W i l l i c h j 102,22 ietzt] jezt j 102,24 Bekannten] Bekante, j
Die Texte im einzelnen 102,25 andre] andere j 102,26 sowohl] sowol D2 so wol j 102,27 müssen. Ein] müssen. Ein j 102,28 dies] dis j 102,28 zu. Er] zu. Er j 102,29 nehmlich] nemlich j 102,29 Knabeniahren,] Knabenjahren j 102,29 Auftritts] Auftrits j 102,30 Thür] Thüre j 102,32 Stück] Stük j 102,32 gab. Dabei] gab. Dabei D2 j 102,34 andre wieder] andere j 102,34 einmal] einmahl j 103,1 kann. Wenn] kan. Wenn j 103,1 diesen Betrachtungen] dieser Betrachtung j 103,1 nachhing] nachhieng D2 103,1 konnte] konte j 103,2 Thränen] Tränen j 103,2–3 wohlschmeckende] wohlschmekkende j 103,3 konnte] konte j 103,4 wie viele iezt] viele ietzt D2 wie viele jezt j 103,6 könnten. Dann] könnten. Dann D2 könten! Dan j 103,6 Seele] Sele j 103,6–7 könntest] köntest j 103,7 dazu beitragen] beitragen j 103,9 andre] andere j 103,9 keinen] nicht j 103,10 litte! – Dies] litte! – Dis j 103,10 empfindsamen] guten j 103,10 Herzen,] Herzen D2 j 103,12 doch noch nicht damit] damit noch nicht j 103,13 Tagelöhnerarbeit] Sklavenarbeit j 103,13 zwang. Dann] zwang. Dan j 103,15 konnte] konte j 103,15 dann] dan j 103,16 leckgewordenen] lekgewordenen j
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Unterhaltungen mit meinen Schülern
103,16 gösse. Er] gösse. Er D2 j 103,17 allgemeine] algemeine j 103,17 insbesondre] insbesondere j 103,18 Einwohner,] Einwohner D2 j 103,18 konnten] konte j 103,19 ieder] jeder j 103,20 erstickt wurde. Willich] erstikt wurde. W i l l i c h j 103,21 ie] je j 103,22 zu. Dadurch] zu. Dadurch j 103,23 will] wil j 103,23 will] wil j 103,24 vielleicht segnet] Vielleicht seegnet j 103,25 glücklich] glüklich j 103,25 kann? – Und] kann? – Und D2 kan. – Und j 103,25 iezt] ietzt D2 jezt j 103,28 heftiger] stärker j 103,28 würde. Er] würde. Er j 103,29 gering] gering, j 103,29 möglich ein,] möglich, ein; j 103,29 iezt] ietzt D2 jezt j 103,31–32 fürs erste noch] vors erste j 103,32 ietzt] jezt j 103,33 Zukunft. Nun] Zukunft. Nun D2 j 103,33 iedermann] jederman j 103,34 geitzig] geizig D2 j 104,1 kannte] kante j 104,1 beurtheilten,] beurtheilten; j 104,1 ging] gieng D2 104,3 lassen. Weil] lassen. Weil j 104,3 letztern Jahren,] leztern Jahren j 104,4 Buchhalter,] Buchhalter j 104,5 konnte. Nun] konte. Nun j 104,7 erworbnes Capital eintheilte. Durch] erworbenes Kapital eintheilte. Durch j 104,10 damals] damahls j 104,11 umging] umgieng D2
Die Texte im einzelnen 104,11 welchen] den j 104,11 würklich] wirklich j 104,11–12 ausführte. Zu] ausführte. Zu D2 j 104,12 Trinken,] Trinken j 104,12 Kleidern,] Kleidern D2 j 104,13 bestimmte] bestimte j 104,13 erfordert] erfodert j 104,14 ein. Die] ein. Die j 104,15 er, für sich, zum] er für sein j 104,15–16 bestimmt hatte; überhaupt] bestimt hatte. Ueberhaupt j 104,17 Armen-Kasse] Armenkasse D2 j 104,18 iener] dieser D2 jener j 104,18 ersetzt. Denn] ersetzt. Denn D2 ersezt. Denn j 104,18–19 konnte Willich] konte er j 104,19 leiden, ia] leiden; ja j 104,19 konnte] konte j 104,19 einmal] einmahl j 104,20 daran Theil] Theil daran j 104,22 müßten. Weit] müßten. Weit j 104,23 vergönnte] vergönte j 104,24 geniessen] genies-sen D1 genießen D2 104,25 weit ruhiger] ruhiger j 104,25 ihm däuchte] ihn dünkte j 104,26 Augenblick,] Augenblik j 104,26 Theil,] Theil j 104,26–27 unter den] der j 104,27 wünschte. Indeß] wünschte. Indeß D2 wünschte. Indessen j 104,29 bestimmt] bestimt j 104,29 niemals müßig] niemahls müssig j 104,31 verkaufte. Niemals] verkaufte. Niemahls j 104,33 Gewinnst] Gewinst j 104,33 Endzweck bestimmt] Endzwek bestimt j 104,34 ia] ja j 105,1 wollte! – So] wollte! – So D2 wolte! – So j 105,3 beständig,] immer j 105,4 so. Weil] so. Weil j
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Unterhaltungen mit meinen Schülern
105,6 geitzig] geizig D2 j 105,6 gehalten. – Sein] gehalten. Sein D2 105,7 schwoll] schwol j 105,7 empor] empor für Freuden j 105,8 seyn] sein j 105,8–10 mildern, 〈. . .〉 heilen. Indes] mildern. Indes j 105,10 Söhne] Söhne erzeugt j 105,11 erziehen] erziehn j 105,12 ieden] jeden j 105,13 zurücklegte] zurüklegte j 105,13 seyn] sein j 105,13–14 würde. Weil] würde. Weil D2 j 105,15–16 immer sehr glücklich war, dabei aber 〈. . .〉 änderte] sehr glüklich war j 105,17 so sehr, daß iedermann darüber erstaunte.] sehr. j 105,17 Endzweck] Endzweck, D2 Endzwek aber, j 105,18 vorgesetzt] vorgesezt j 105,18 aber noch] noch j 105,18–19 zu. Er] zu. Er j 105,19 Jahre,] Jahre j 105,20 großen Gewinnst] großem Gewinst j 105,21 zurück. Dabei] zurük. Dabei j 105,22 einmal,] einmahl j 105,22 seiner Gesundheit und seines Lebens,] seines Lebens j 105,23 mochten] mogten j 105,24 abrathen,] abrathen j 105,24 wollten. Nun] wolten. Nun j 105,24–25 iedermann] jederman j 105,26 kriegen,] krigen; j 105,26 zweimal] zweimahl j 105,27 unersättlichen] unersätlichen j 105,27 Geitz] Geiz D2 j 105,27 kann! – Er] kann! Er D2 möge. – Er j 105,27–28 glücklich] glüklich j 105,28 zurück] zurük j 105,28 nun,] nun j
Die Texte im einzelnen
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105,28 Stillen,] Stillen j 105,29 auszuführen. Zuerst bestimmte] auszuführen. Zuerst bestimte j 105,30 einem ieden] für einen jeden j 105,30 Söhnen,] Söhnen j 105,30–31 hinlänglich genug] hinlänglich j 105,31 sich, durch eignen Fleiß, ebenfalls] durch eigenen Fleiß ebenfals j 105,32 konnten. Darauf] konten. Darauf j 105,33 worinn] worin D2 j 105,33 sollten] solten j 105,34–106,1 Andenken,] Andenken j 106,1 Tode,] Tode j 106,1–2 gesegnet] geseegnet j 106,2 wird. Binnen] wird. Binnen D2 j 106,2 Jahren,] Jahren D2 j 106,3 seinen Lebzeiten,] seinem Leben j 106,3–4 eingeweihet. Plötzlich] eingeweihet. Plötzlich D2 eingeweihet. Plözlich j 106,4 erschallete] erschalte j 106,5 iedermann] jederman j 106,5 blieb aber] aber blieb j 106,5–6 es vorher] vorher es j 106,6 einmal] einmahl j 106,7 Beifall] Beifal j 106,7 eignen] eigenen j 106,7 Herzens,] Herzens D2 j 106,8 ungewisse Beifall] Beifal j 106,8 Menschen. Geliebt] Menschen. Geliebt D2 j 106,9 erzogen hatte] erzogen j 106,10 gesegnet] geseegnet j 106,10–11 um ein merkliches gemildert hatte] so sehr gemildert j 106,11–15 sanft, und legte 〈. . .〉 vollendet hatte.] endlich mit dem süßen Bewußtsein seine Pflichten alle redlich erfült zu haben. j 106,15 mühseeliges] mühseliges D2 106,15–18 hatte. (Die 〈. . .〉 Die vier] hatte. Die vier D2 106,19 ältste] älteste D2 106,21 Vater. Ob] Vater. Ob D2
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Unterhaltungen mit meinen Schülern
106,23 offenbarte. Wenn] offenbarte. Wenn D2 106,29 ergötzen. A n t o n ] ergötzen. A n t o n D2 106,30 preiß] preis D2 106,32 dis] dies D2 107,2 hing] hieng D2 107,4 wann] wenn D2 107,4–5 können.« – F r i t z ] können.« F r i t z D2 107,8 so] so, D2 107,10 konnte:] konnte; D2 107,11 zuviel] zu viel D2 107,12 möchte. » F r i t z ! ] möchte. » F r i t z ! D2 107,15 Armen.« – So] Armen.« So D2 107,18 darinn] darin D2 107,24 mußte. E r n s t ] mußte. E r n s t D2 107,26 » E r n s t ! « ] » E r n s t ! D1 D2 107,26 »ich] ich D2 107,28 so] so, D2 107,29 verursachen!« – C a r l ] verursachen!« – C a r l D2 107,32–33 Brüdern E r n s t und F r i t z ] Brüdern, E r n s t und F r i t z , D2 108,7 fing] fieng D2 108,11 so] so, D2 108,12 litte. Hier] litte. Hier D2 108,19 beobachten. Aber] beobachten. Aber D2 108,20 ging] gieng D2 108,23 loß] los D2 108,25 Gegentheil:] Gegentheil; D2 108,26 dis reitzte] dies reizte D2 108,26 eben] eben, D2 108,27–28 ergötzen. Im] ergötzen. Im D2 108,30 bloß] blos, D2 108,33 möchte. Darauf] möchte. Darauf D2 109,1 Mammon. Bei] Mammon. Bei D2 109,5–6 könnte. – So] könnte. So D2 109,7 ihn] ihm D1 ihn D2 109,8 geitzig] geizig D2 109,11 wurde. – Fast] wurde. Fast D2
Die Texte im einzelnen 109,13 vorhielten] vorhielten, D2 109,17–18 ersetzen. Aus] ersetzen. Aus D2 109,21 dis] dies D2 109,29 gerathen. Wir] gerathen. Wir D2 109,29 darinn] darin D2 109,30 ging] gieng D2 110,2 Dis] Dies D2 110,2–3 oder Ehrsucht] und Ehrfurcht D2 110,9 wollte:] wollte; D2 110,11 Noth. Als] Noth. Als D2 110,16 aufheben:] aufheben; D2 110,21 seyn. Er] seyn. Er D2 110,23 äußerste] äus-serste D1 D2 110,24 ältste] älteste D2 110,25 sie. Indeß] sie. Indeß D2 110,26 K a r l ] C a r l D2 111,1 Armen. Manchmal] Armen. Manchmal D2 111,1 wohl] wol D2 111,5 länger. Zuweilen] länger. Zuweilen D2 111,6 wohl] wol D2 111,11 Ganzen,] Ganzen D2 111,11 war. Ob] war. Ob D2 111,12 hatten] hatten, D2 111,16 mildern. Wie] mildern. Wie D2 111,20 käme. Auf] käme. Auf D2 111,26 hatten. Seinem] hatten. Seinem D2 111,27 gerne auch] auch gerne D2 111,29 Geitz] Geiz D2 111,31 ihren] ihrem D2 111,33 Geitz] Geiz D2 111,34 Vermögen. Wovon] Vermögen, wovon D2 111,34 K a r l ] C a r l D2 112,2 worinn] worin D2 112,3 hatten. Sie] hatten. Sie D2 112,5 waren. Die] waren. Die D2
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Unterhaltungen mit meinen Schülern
Stellenerläuterungen 96,24 zeitlichen Güter] »güter der erde, der welt gegenüber den himmlischen oder geistigen« (DWb 9, Sp. 1359). 98,26–27 Brich dem Hungrigen 〈…〉 Brod] Vgl. Jes 58,7. 104,7 wornach] Vgl. Erl. zu S. 41,19.
Vom Ebenbilde Gottes bei einem Spatziergange im Sommer Überlieferung 1. Textgrundlage D1 Unterhaltungen mit meinen Schülern. Von M. Carl Philipp Moritz, Conrector am grauen Kloster zu Berlin. ÇVignette: Blumen und BlasinstrumenteÈ Erstes Bändchen. Berlin 1780. Gedruckt und verlegt von Christ. Sigism. Spener, S. 193–200. D2 Karl Philipp Moritz Unterhaltungen mit seinen Schülern. Zweite Auflage. Berlin, bei Arnold Wever 1783, S. 26–33. Grundlage für den edierten Text: D1.
2. Varianten 112,8–9 Gottes bei] Gottes. Bei D2 112,9 Spatziergange] Spaziergange D2 112,10 dis] dies D2 112,11 Dis] Dies D2 112,20 sowohl] sowol D2 112,23 Dis] Dies D2 112,24 betrachten] betrachten, D2 113,5 würken] wirken D2 113,5 Begierde] Begierde, D2 113,15 dahingehen] dahin gehen D2 113,25 würklich] wirklich D2 113,26 erinnert] Erinnert D2
Die Texte im einzelnen
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113,26 denen] den D2 113,27 eigensinnigerweise] eigensinniger Weise D2 114,1 dis] dies D2 114,3 Nun] Nun, D2 114,6 Bach,] Bach: D2 114,8 feindseeliger] feindseliger D2 114,14 an,] an D2 114,21 trüben,] trüben: D2 114,23 habt,] habt: D2 114,24 wiederholet;] wiederholet: D2 114,25 so] so, D2 114,27 liegt,] liegt: D2 114,29 steigt,] steigt: D2 115,1 ausartet,] ausartet: D2 115,4 wollt,] wollt: D2 115,12 wohl] wol D2 115,13 daß] das D2 115,16 weitgetriebne] weit getriebne D2 115,19 Darum] Darum, D2 115,22 hat,] hat: D2 115,23 sobald] so bald D2 115,24 ist] ist: D2 115,25 Entschliessung] Entschließung D2 115,30 daß] das D2 115,32 unterdrücken] un-unterdrücken D1 unterdrücken D2
Stellenerläuterungen 112,23–24 liebreich kund gethan] Vgl. Gen 1,27: »Und Gott schuf den Menschen ihm zum Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn«. 115,4 Gott aus euch 〈…〉 erkennen] Moritz’ Auffassung der Gottesebenbildlichkeit des Menschen entspricht nicht der protestantischen Lehre, wie sie etwa in der Schrift Idea fidei fratrum oder kurzer Begriff der Christlichen Lehre (Barby 1782) von August Gottlieb Spangenberg formuliert wird: Moses zeigt
nicht an, worinn das Bild GOttes und die Gleichheit mit GOtt, bestanden habe. Will man 〈das〉 deutlich erkennen, 〈…〉 so muß man auf JEsum Christum sehen, 〈…〉 sofern Er ein Mensch war (ebd., S. 92); vgl. ebd., S. 94:
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Unterhaltungen mit meinen Schülern
Ziehet den n e u e n M e n s c h e n an, d e r d a v e r n e u e r t w i r d zu der Erkentniß, n a c h d e m E b e n b i l d e d e ß , d e r i h n g e s c h a f f e n h a t , Coloss. 3, 10. Hier wird deutlich, daß Moritz in seiner Religionspädagogik, wie vor ihm auch Johann Bernhard Basedow, »konfessionelle – und damit auch christliche – Gesichtspunkte« fernhalten wollte (Meiers 1971, S. 89). Gegenstand ist zunächst die »natürliche Religion«, nicht die biblische oder geoffenbarte Religion. 115,14–16 Das Böse 〈…〉 an sich gut ist] Gegen die Ansicht, daß Affekte nur durch Übertreibung des Guten zum moralisch Bösen werden, hatte sich bereits Christian Thomasius gewandt (Von der Artzeney Wieder die unvernünfftige Liebe [vgl. Erl. zu S. 7,21]), und auch Moritz revidierte nach intensiver Auseinandersetzung mit der psychologischen Perspektive als Herausgeber des Magazins zur Erfahrungsseelenkunde seine Meinung. Später plädierte er dafür, das moralisch Böse als Seelenkrankheit aufzufassen und auf Mißbrauch und Verwöhnung von vorstellenden und vergleichenden Kräften der Seele zurückzuführen (Moritz, Fortsetzung der Revision der drei ersten Bände dieses Magazins, in: MzE IV.1 1786, S. 1–56, hier S. 3–8; vgl. den Abdruck in der Großen Loge S. 396,21–399,27 in vorliegendem Bd.).
Von der Sprache Überlieferung 1. Textgrundlage 1
D Unterhaltungen mit meinen Schülern. Von M. Carl Philipp Moritz, Conrector am grauen Kloster zu Berlin. ÇVignette: Blumen und BlasinstrumenteÈ Erstes Bändchen. Berlin 1780. Gedruckt und verlegt von Christ. Sigism. Spener, S. 201–212; Beschluß des Vorigen S. 213–216. D2 Deutsche Sprachlehre für die Damen. In Briefen von Carl Philipp
Moritz. Mit Königlich Preußischer und Churfürstlich Sächsischer allergnädigster Freiheit. Berlin, bei Arnold Wever. 1782, Zweiter Brief (Von der Sprache überhaupt: die Kraft der Sprache, aus einzelnen Bildern, die schon in unsrer Seele liegen, neue Bilder zusammenzusetzen, und Leben und Bewegung in dieselben hinein zu tragen, aus einer kleinen Erzählung entwickelt, nebst der ersten Darstellung eines Hauptunterschiedes zwischen den Wörtern), S. 23–36 (Teildruck, entspricht ungefähr S. 118,1–121,30 in vorliegendem Text) u. Siebenter Brief
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(Einige Rückblicke auf das Ganze der Sprache), S. 166–174 (Teildruck, entspricht ungefähr S. 121,31–123,33 in vorliegendem Text). Auch eine Hypothese über die Schöpfungsgeschichte Mosis. In: Berlinische Monatsschrift, Bd. 3, April 1784, S. 335–346, hier S. 335–337 (entspricht etwa S. 123,4–22 u. S. 121,32–122,8 in vorliegendem Bd.). (Nachdruck in Launen und Phantasien von Carl Philipp Moritz herausgegeben von Karl Friedrich Klischnig Ç. . .È Berlin bey Ernst Felisch 1796, S. 335–348, hier S. 337f.).
D3 Die Kraft der Sprache, aus einzelnen Bildern, die schon in unsrer Seele
liegen, neue Bilder zusammen zu setzen, und Leben und Bewegung in dieselben hinein zu tragen, aus einer kleinen Erzählung entwickelt. In: Vom richtigen deutschen Ausdruck oder Anleitung die gewöhnlichen Fehler im Reden zu vermeiden, für solche die keine gelehrte Sprachkenntniß besitzen von Karl Philipp Moritz, Königl. Preuß. Hofrath und Professor, ordentl. Mitgliede der königl. Akademie der Wissenschaften und des Senats der Akademie der bildenden Künste zu Berlin. Berlin 1792. Im Verlage der königl. preuß. akademischen Kunst- und Buchhandlung, S. 111–118 (Teildruck, entspricht in vorliegendem Band ungefähr S. 118,1–121,30). Grundlage für den edierten Text: D1.
2. Varianten 118,1 kleiner Knabe] Knabe D2 D3 118,1–2 Baum, 〈. . .〉 holen.] Baum Der nah an einem Fluße stand: Er wolte eine reiffe Kirsche pflücken, D2 Baum Der nah an einem Flusse stand: Er wollte eine reife Kirsche pflücken, D3 118,2 Er hielt sich an einem Aste:] Und faßte sich an einem Ast, D2 Und faßte sich an einen Ast, D3 118,2–3 aber der Ast brach entzwei,] Allein der Ast zerbrach, D2 D3 118,3 der Knabe 〈. . .〉 brach ein Bein.] Und der bedauernswürdge Knabe Fiel in den Fluß, sank unter, und ertrank. D2 Und der bedauernswürd’ge Knabe Fiel in den Fluß, sank unter, und ertrank. D3 118,4 Hätte ich euch dieses blos] Sollte diese kleine Erzählung D2 D3 118,4 deutlich machen wollen,] dargestellt werden; D2 dargestellt werden, D3
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118,5 so hätte ich den Knaben erstlich abmahlen müssen] so müßte der Knabe etwa erst abgemahlt werden D2 D3 118,6 nachher] dann D2 D3 118,6 und] mit der einen Hand D2 D3 118,7–9 alsdann wieder 〈. . .〉 Und doch wäre] und mit der andern die Kirsche pflücken will, und dann wäre noch ein andres Gemählde nöthig, wo wir ihn im Fluße wirklich untersinken sehen; das Ertrinken aber könnte wiederum nicht anders bezeichnet werden, als durch noch ein Gemählde, wo wir ihn, nachdem er herausgezogen wäre, todt am Ufer liegend erblickten; und demohngeachtet wäre dann D2 und mit der andern die Kirsche pflücken will, und dann wäre noch ein andres Gemählde nöthig, wo wir ihn im Flusse wirklich untersinken sähen; das Ertrinken aber könnte wiederum nicht anders bezeichnet werden, als durch noch ein Gemählde, wo wir ihn, nachdem er herausgezogen wäre, todt am Ufer liegend erblickten; und demohngeachtet wäre dann D3 118,10 der ganzen] dieser D3 118,10–11 Gemählde, zusammengenommen, doch] Gemählde zusammengenommen D2 D3 118,11–14 können. Da seht ihr 〈. . .〉 ansehet] können. Wie einleuchtend ist hier der Vorzug der Sprache vor dem Gemählde! Indem Sie die Worte der obigen Erzählung hören oder lesen, so ist es fast, als ob Sie die traurige Begebenheit selber mit ansehn D2 können. Wie einleuchtend ist hier der Vorzug der Sprache vor dem Gemählde. Indem wir die Worte der obigen Erzählung hören oder lesen, so ist es fast, als ob wir die Begebenheit selber mit ansehen D3 118,14 seht ihr ietzt] sehn Sie wirklich D2 sehn wir wirklich D3 118,15 hinaufklettern] klettern D2 D3 118,15 hört alsdann] hören D2 D3 118,15–16 entzwei brechen] brechen D2 D3 118,16 fest hielt] festhielt D2 D3 118,16–24 seht nun 〈. . .〉 erblickt] bedauren ihn, indem er ohne Rettung im Strome ertrinkt D2 D3 118,24–26 Wodurch entstanden 〈. . .〉 gehört habt.] Und alle diese abwechselnden, lebhaften Bilder in ihrer Seele entstanden durch wenige Worte, die man auf ein kleines Blättchen schreiben, oder in weniger als einer Minute hersagen kann: D2 Und alle diese abwechselnden, lebhaften Bilder in unsrer Seele entstanden durch wenige Worte, die man auf ein kleines Blättchen schreiben, oder in weniger als einer Minute hersagen kann: D3
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118,26 Seht, das] das D2 D3 118,27 Sprache:] Sprache; D2 D3 118,27–28 doch wirklich nicht] uns, im Ganzen genommen, nie D2 D3 118,28–30 sind. Was ihr 〈. . .〉 machen] waren, und kann uns also einen
Begriff von demjenigen machen, was wir nie selbst mit unsern Augen gesehn haben D2 D3 118,31–34 Aber 〈. . .〉 Aehnlichkeit hat?] Ein Gemählde von Baume Z. B. hat zwar weit mehrere Aehnlichkeit mit demselben als das Wort B a u m , aber dafür stellt es uns auch nur eine Aehnlichkeit des Baumes dar; D2 Ein Gemählde vom Baume, z. B. hat zwar weit mehr Aehnlichkeit mit demselben als das Wort B a u m , aber dafür stellt es uns auch nur eine A e h n l i c h k e i t des Baumes dar; D3 119,1–6 Nun bedenkt 〈. . .〉 sage, so] das Wort Baum hingegen ist ein Zeichen, das wir einmal statt des Baumes selber setzen, und sobald wir es hören, D2 das Wort B a u m hingegen ist e i n Z e i c h e n , das wir statt des Baumes s e l b e r setzen, und sobald wir es hören, D3 119,6 entsteht] steht D2 D3 119,6–7 euren Gedanken] unsern Gedanken da D2 D3 119,7 schön] schön, D2 D3 119,7–8 mit seinen] seinen D2 D3 119,8 Blättern;] Blättern, und nicht etwa flach und verkleinert, wie auf einem Gemählde. D2 Blättern, und nicht etwa f l a c h und v e r k l e i n e r t , wie auf einem Gemählde. D3 119,8 wenn ihr] Sobald wir D2 D3 119,9–10 hört, so stellt ihr 〈. . .〉 Gedanken da;] hören, stellen wir uns auch diesen im Leben vor; D2 hören, stellen wir uns auch diesen im Leben vor, D3 119,11 wenn ich euch nun das Wort h i n a u f k l e t t e r n sage,] sagt uns nun jemand noch das Wort k l e t t e r n , D2 D3 119,12 auf den Knaben und] von dem Knaben D2 D3 119,12 bezieht;] bezieht, D2 D3 119,12–13 auch, in euren Gedanken,] in unsern Gedanken D2 D3 119,13 hinauf: da steht also] hinauf, und so steht D2 D3 119,14 eurer] unsrer D2 D3 119,14 worinn] worin D3 119,15 iedes] jedes D2 D3
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Unterhaltungen mit meinen Schülern
119,15–16 das ich euch zeigen] ein Mahler davon entwerfen D2 D3 119,17–18 Hiebei will ich 〈. . .〉 aufmerksam machen.] fehlt in D3 119,17 will] kann D2 119,17 euch] Sie D2 119,17 den Unterschied] einen Hauptunterschied D2 119,18 machen.] der uns in der Folge zu statten kommen wird. D2 119,18 Was für] Welche D2 D3 119,18 wohl] eigentlich D2 aber nun eigentlich D3 119,18 Leben] Leben und Zusammenhang D2 119,19 bringen? – So lange ihr euch noch] bringen, das durch obige Er-
zählung in der Seele hervorgebracht ward? – So lange Sie sich die Wörter D2 bringen, das durch obige Erzählung in der Seele hervorgebracht ward? – So lange wie man sich die Wörter D3 119,20 Vo g e l n e s t , A s t und B e i n ] F l u ß , K i r s c h e , A s t , und wiederum A s t , K n a b e , F l u ß , D2 D3 119,20 denkt] denken D2 denket D3 119,20–21 noch stille] stille D2 D3 119,21–22 abgesondert. Wenn ihr euch aber nun] abgesondert: wenn sie sich nun aber die Wörter D2 abgesondert: wenn man sich nun aber die Wörter D3 119,22–23 k l e t t e r n , h o l e n , e n t z w e i b r e c h e n , h e r u n t e r f a l l e n ] kletterte, stand, wollte, pflücken, faßte, zerbrach, fiel, s a n k , e r t r a n k D2 D3 119,23 Wörter, a u f ] Wörter a u f , a n , und D2 119,23 v o n ] i n D2 119,24–25 hinzudenkt, 〈. . .〉 zusammen] hinzudenken, so wird es mit Hinweglassung einiger, das Bild noch mehr ausmahlender Wörter, ohngefähr so heißen: Ein Knabe kletterte auf einen Baum Der an einem Fluße stand, Wollte eine Kirsche pflücken, Faßte einen Ast. Der Ast zerbrach, Der Knabe Fiel in den Fluß, sank und ertrank. Und nun ist auf einmal alles in Bewegung gerathen. Die Bilder haben sich zusammengefügt, D2 hinzudenkt, so wird es mit Hinweglassung einiger, das Bild noch mehr ausmahlender, Wörter ohngefähr so heißen: Ein Knabe k l e t t e r t e auf einen Baum Der an einem Flusse stand, Wollte eine Kirsche pflücken, Faßte einen Ast, Der Ast zerbrach, Der Knabe Fiel in den Fluß, sank und ertrank. Und nun ist auf einmal alles in Bewegung gerathen. Die Bilder haben sich zusammengefügt, D3
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119,25–26 Leben. Die] Leben. Die erstern D2 Leben. Die ersten D3 119,26 steht, heißen] stand, waren bloße Namen oder Benennungen von Dingen, sie heißen deswegen D2 stand, waren bloße Nahmen oder Benennungen von Dingen, sie heissen deswegen D3 119,26–27 N e n n w ö r t e r : dieienigen,] N e n n w ö r t e r ; diejenigen aber, D2 D3 119,27 hinein bringen, nennt man] in das Gemählde brachten, waren kei-
ne Benennungen von Dingen, denn unter k l e t t e r t e Z. B. kann ich mir ja keine Sache denken, sondern sie zeigten die mannichfaltigen Arten des Zusammenhangs, und der Veränderungen und Bewegungen der Dinge untereinander an, darum heißen sie D2 in das Gemählde brachten, waren keine Benennungen von Dingen, denn unter k l e t t e r t e z. B. kann ich mir ja keine Sache denken, sondern sie zeigten die mannichfaltigen Arten des Zusammenhanges und der Veränderungen und Bewegungen der Dinge unter einander an, darum heissen sie D3 119,28–29 ieden Bewegung, und zu einem ieden Zustand einer Sache,] jeden auch der kleinsten Veränderung oder Bewegung allemal D2 D3 119,29 wird. Die] wird. Die kleinen D2 D3 119,30–31 und v o n , 〈. . .〉 letztern] a n , i n D2 D3 119,31–32 Kit 〈. . .〉 zusammenfügt.] Kit, welcher das Bild zusammenhält; D2 Kitt, welcher das Bild zusammenhält; D3 119,32 Wenn] wenn D2 D3 119,32–33 oft das ganze Bild] das Gemählde oft ganz D2 D3 119,33 auseinander] aus einander D3 119,33 fallen. Wenn man z. B. sagen wollte:] fallen. Sagte man Z. B. D2 fallen. Sagte man z. B. D3 119,33–34 Ein Knabe kletterte Baum] e i n K n a b e k l e t t e r t e e i n e n B a u m D2 D3 119,34 a u f einen Baum] a u f e i n e n B a u m D2 D3 119,34–120,1 oder, er fiel Baum, anstatt v o n dem Baume] oder e r f i e l d e n F l u ß , anstatt i n d e n F l u ß D2 D3 120,1 zusammenhängendes] Zusammenhängendes D3 120,2–3 gesagt. Wenn ihr] gesagt: K n a b e und B a u m , und K n a b e und F l u ß wären immer voneinander getrennt geblieben. Diese letztern kleinen Wörter wollen wir also fürs erste B i n d u n g e n in der Sprache nennen. Dieß ist erst ein Hauptunterschied zwischen den Wörtern; die nähere Kenntniß der übrigen kleinen Wörter in unsrer Erzählung würde uns jetzt
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zu weit vom Ziele abführen. Wenn man D2 gesagt: K n a b e und B a u m , und K n a b e und F l u ß wären immer von einander getrennt geblieben. Wenn man D3 120,3 eine] spielt, und eine D2 D3 120,4 immer] immer wieder D2 D3 120,4–5 Ton, berührt ihr wieder eine andre, so entsteht auch ein andrer Ton] Ton D2 D3 120,5–6 Eben so ist es mit euren Gedanken, diese] Die Gedanken D2 D3 120,6–10 Seele, so wie der Ton in den Saiten liegt. Durch die Worte aber müssen sie erst wieder hervorgelockt werden. Nun denkt ihr auch bei dem Worte B a u m immer einen ordentlichen Baum, und bei dem Worte K n a b e , stellt ihr euch beständig einen Knaben vor. Der Ton liegt schon in den Saiten] Seele, wie der Ton in den Saiten D2 D3 120,11 sie] diese D2 D3 120,11 soll. Die] soll. Die D3 120,12 von B a u m und K n a b e liegen zwar schon in eurer] vom Baum und Knaben lagen schon einmal in unsrer D2 von Baum und Knaben lagen schon einmal in unsrer D3 120,13 müssen] mußten D2 D3 120,14 werden] werden, dieß waren gleichsam die Klaves, die man erst anschlagen mußte. D2 werden, dies waren gleichsam die Klaves, die man erst anschlagen mußte D3 120,15–18 Nun 〈. . .〉 gesehen habt?] Wahrscheinlicher Weise haben Sie in Ihrem Leben noch keinen ähnlichen traurigen Auftritt, gerade auf die Weise, gesehn, wie er in obiger Erzählung geschildert wird; D2 Wenn man auch nie in seinem Leben einen ähnlichen Auftritt, gerade auf die Weise gesehn hatte, wie er in obiger Erzählung geschildert wird, D3 120,19–20 Die Bilder 〈. . .〉 in eurer Seele.] allein die Bilder von K n a b e , B a u m , F l u ß , und die Vorstellungen von k l e t t e r n , s t e h e n , p f l ü k k e n , b r e c h e n , f a l l e n , s i n k e n , u. s. w. waren schon in Ihren Gedanken vorhanden: D2 so waren doch die Bilder von K n a b e , B a u m , F l u ß , und die Vorstellungen von k l e t t e r n , s t e h e n , p f l ü c k e n , b r e c h e n , f a l l e n , s i n k e n u. s. w. schon in den Gedanken vorhanden: D3 120,20–22 Einzeln erinnert ihr euch 〈. . .〉 betrachtet.] einzeln erinnerten Sie sich wohl, alle diese Dinge gesehen und bemerkt zu haben, aber nur noch nicht gerade in dem Zusammenhange, worinn Sie sie nun betrachten. D2 einzeln erinnerte man sich wohl alle diese Dinge gesehen und bemerkt
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zu haben, aber nur noch nicht gerade in dem Zusammenhange, worin man sie nun betrachtet. D3 120,23–26 Vielleicht habt ihr 〈. . .〉 ein Bein.] Vielleicht haben Sie das Herunterfallen vom Baume wohl an einem Apfel, und das Ertrinken im Fluße an einem Thiere bemerkt, aber beides wahrscheinlich noch an keinem Menschen gesehen. D2 Man hat aber das Herunterfallen vom Baume wohl etwa an einem Apfel, und das Ertrinken im Flusse an einem Thiere bemerkt, wenn man gleich beides noch an keinem Menschen gesehen hat. D3 120,27 ihr auf dem Klaviere ein neues Stück spielen lernt] Sie ein neues Stück auf dem Klaviere spielen, D2 man ein neues Stück auf dem Klaviere spielt, D3 120,27–28 greift ihr] greifen Sie D2 greift man D3 120,28 die ihr] deren Sie sich D2 deren man sich D3 120,28 so manchen] manchen D2 D3 120,29 gebraucht habt] bedient haben D2 bedient hat D3 120,29 ihr setzt] Sie setzen D2 man setzet D3 120,30 wieder auf andre Art zusammen. So] auf eine andre Weise in Verbindung. So D2 auf eine andere Weise in Verbindung. So D3 120,30–31 allem, was man sagt, und mit ieder] jeder D2 D3 120,31 Erzählung, man nimmt] Erzählung: wir nehmen D2 D3 120,31 ebendieselben] eben dieselben D2 D3 120,32 man] wir D2 D3 120,32 Dingen] Erzählungen D2 D3 120,32 hat] haben D2 D3 120,33 bedienet man sich] bedienen wir uns D2 D3 120,33 einmal schon] schon seit langer Zeit D2 D3 120,33 der] unsrer D2 D3 120,34 liegen] waren D2 D3 120,34 aber man setzt sie] nur setzen wir dieselben D2 D3 120,34 andre] eine andre D2 D3 121,1 zusammen. Eben] zusammen; eben D3 121,1 so,] so D2 D3 121,1 man] wir D2 D3 121,1–2 man schreibt, beständig] wir schreiben, immer D2 D3 121,2 dieselben] eben dieselben D2 D3 121,2 nimmt] nehmen D2 D3
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121,2 mit denen] womit D2 D3 121,3–4 sind, blos das ihre Zusammensetzung verschieden ist] sind. D2 D3 121,5 Ihr seht also, die] Die D2 D3 121,5–7 schon in der Seele liegen 〈. . .〉 hervorgelockt] also schon da seyn, und können durch das Wort nicht erst hineingetragen werden D2 D3 121,8 also] daher D2 D3 121,8 wahre Bild von demselben] Bild von einem Baume D2 D3 121,9 es] dieses D2 D3 121,9 nicht] nicht vorher D2 D3 121,12 wohl auch] auch D2 D3 121,15 Größe.] Größe; D2 D3 121,16 Blättern,] Blättern D2 D3 121,16 den Blühten,] der Blüthe D2 D3 121,16 weiße] weisse D3 121,17 Stamme,] Stamme D2 D3 121,17 Farbe,] Farbe D2 D3 121,18 so] auch so D2 D3 121,18 hören,] hören D3 121,18–20 will. Da seht ihr also 〈. . .〉 liegt.] will. D2 D3 121,21 Wenn] Ist D2 D3 121,21 Bild] Bild Z. B. von einem Thiere D2 Bild z. B. von einem Thiere D3 121,21 gewesen ist] gewesen D2 D3 121,21 ich] man D2 D3 121,22 oft] doch, vermittelst der Sprache, D2 D3 121,22 darinn] darin D3 121,22 liegen.] liegen, und es auf die Weise hineintragen. D2 D3 121,22–30 Ihr habt z. B. noch keinen Löwen gesehen 〈. . .〉u. s. w.] Hätten
Sie noch keinen Löwen gesehn, so würde ich Ihnen doch durch Worte eine Vorstellung davon machen können, indem ich ihn beschriebe, als ein Thier mit einem großen Kopfe, platten viereckigtem Gesichte, dicken Beinen, kurzen Füßen, über Kopf, Kinn, Hals und Schultern mit einem langen lockigtem Haare geziert, u. s. w. D2 Hätte jemand noch keinen Löwen gesehen, so würde ich ihm doch durch Worte einigermaassen eine Vorstellung davon machen können, indem ich ihn beschriebe als ein Thier mit einem großen Kopfe, platten viereckigten Gesichte, dicken Beinen, kurzen Füßen, über Kopf, Kinn, Hals und Schultern mit einem langen lockigten Haare geziert, u. s. w. D3
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121,32 Wer] Wir machen es wie ein Wandrer, der D2 Wir machen es, wie
ein Wandrer, der J1 121,32 dicken] dichten, D2 dichten J1 121,32 Gehölze wäre, und den] Gehölze, den D2 Gehölze den J1 121,33 ginge, wieder] wandelt, gerne wieder D2 J1 121,33 finden wollte, müßte] zurück finden will, und D2 zurükfinden will, und J1 121,34 hinstellen] hinstellt D2 J1 121,34 könnte] kann D2 J1 122,1 umkehrte. Solche Merkstäbe sind die Worte.] umkehrt D2 J1 122,1 bald] oft D2 J1 122,2 sehen,] sehen D2 J1 122,2 wir uns einen] wir, durch das tönende Wort, einen D2 wir durch das tönende Wort einen solchen J1 122,2 der] unsrer D2 J1 122,3 nun dessen] desjenigen D2 J1 122,4–5 Merkstäben] Merkstäben, als getreuen Wegweisern, D2 Merkstäben, als getreuen Wegweisern J1 122,5 Wenn 〈. . .〉 thäten] Thäten wir das nicht D2 J1 122,6 Erinnerung] Erinnrung D2 122,6 die] deren D2 J1 122,7–8 bald zur rechten 〈. . .〉 niemals] mit ungewissen Schritten bald zur Rechten, bald zur Linken ausweichen, und niemals, als durch Zufall, D2 J1 122,8 Fleck] Flek J1 122,11–17 Es gab 〈. . .〉 die Sprache.] Und jene süße Erinnerung an unsre verfloßnen Tage, was wäre sie ohne die Sprache? Ein ödes Labyrinth halbverwischter Eindrücke, durch tausend Lücken unterbrochen, worinn sich wiederum die Gegenwart eines jeden Tages verlieren würde. Allein die Sprache ist der unzerstörbare Knäuel, von welchem wir den Faden abwikkeln, der uns aus diesem Labyrinthe unsrer Vorstellungen den einzigen Weg zeigt. D2 Jene süße Erinnerung an unsre verflossnen Tage, was wäre sie ohne die Sprache? Ein ödes Labyrinth halbverwischter Eindrükke durch tausend Lükken unterbrochen, worin sich wiederum die Gegenwart eines jeden Tages verlieren würde. Allein die Sprache ist der unzerstörbare Knäuel, von welchem wir den Faden abwikkeln, der uns aus diesem Labyrinth unsrer Vorstellungen den einzigen Weg zeigt. J1
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122,18–20 Ihr sehet hier 〈. . .〉 wo die Wand angeht.] Wenn Sie auf Ihrem
Altan stehen, so können sie W i e s e , Wa l d , und F l u ß , vermöge dieser Benennungen, sehr gut unterscheiden: D2 122,20–21 Hättet ihr keine Worte 〈. . .〉 ineinander fließen,] hätten Sie solche Benennungen nicht, wer wüßte, ob nicht alle Gegenstände vor ihren Augen gleichsam ineinanderfließen würden: D2 122,22 dem] nun jedem einzelnen Bilde D2 122,23 Wenn ihr ietzt hinausgeht] Sind Sie von dem Altan in Ihr Zimmer gegangen D2 122,23 der Stube] schönen Gegend um Ihr Landhaus D2 122,24 eurer] ihrer D2 122,24 darinn wäret;] es noch wirklich vor Ihren Augen stände: D2 122,24 macht] macht, D2 122,25 hat,] hat D2 122,25 Worte,] Worte, oder durch die Benennungen der einzelnen Gegenstände, D2 122,25–26 erhalten, hättet ihr diese nicht gehabt,] erhalten; wäre das nicht geschehen, D2 122,26 nur] nur noch D2 122,26 eurer] Ihrer D2 122,27 Woher kömmt es aber, daß] Daß aber D2 122,27 unsern] unsren D2 122,28 geben? 〈. . .〉 Wiederholung.] geben, daran ist die öftere Wiederhohlung Ursach. D2 122,29 kömmt] kömmt beständig D2 122,29 dem] wieder dem D2 122,29–123,2 Wie oft 〈. . .〉 Wörtern. Und] So oft wir einen Berg sehen, erwacht zugleich die Vorstellung von dem tönenden Merkmahle, womit wir denselben einmal bezeichnet haben, und so oft wir dieß tönende Merkmahl hören, erwacht zugleich die Vorstellung von dem Berge, den wir gesehen haben. Und doch ist das tönende Merkmahl größtentheils von der Sache so verschieden, daß es in unsrer Vorstellung nicht leicht damit zusammenfließen kann; welches auch sehr nöthig ist, denn die Merkstäbe müssen ja von den Bäumen des Waldes verschieden seyn, durch welche sie uns den Weg zeigen sollen. Wir haben vielleicht aus eben dem Grunde von den Tönen in der Natur die schwankendsten Vorstellungen, weil die Zeichen derselben, in der Sprache, zu sehr mit der bezeichneten Sache zusam-
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men fließen. – So wie nun also das Wort Berg der Vorstellung von einem Berge endlich Dauer und Festigkeit gab, so geht es mit allen übrigen Wörtern, und D2 123,2 Wiederholung] Wiederhohlung D2 123,2 eben] allein D2 123,2 nun] endlich D2 123,3 eurer] unsrer D2 123,4–5 So lange 〈. . .〉 nichts] Aus den frühesten Jahren Ihrer Kindheit, so lange die Sprache den schwankenden Vorstellungen in ihrer Seele noch keine Dauer und Festigkeit geben konnte, werden Sie sich D2 Aus den frühesten Jahren unsrer Kindheit, so lange die Sprache den schwankenden Vorstellungen in unsrer Seele noch nicht Dauer und Festigkeit gab, können wir uns J1 123,5 ihr] Sie D2 wir J1 123,5 oder] und D2 J1 123,5 habt] haben D2 J1 123,6 erinnern] wenig oder nichts mehr erinnern D2 J1 123,6–8 ihr konntet damals noch nichts unterscheiden 〈. . .〉 in eins zusammen] sie hatten noch keine Merkmahle, woran Sie ihre eignen Vorstellungen voneinander unterscheiden konnten: diese flossen daher entweder in eins zusammen, verdrängten einander, oder verwirrten sich untereinander. D2 Wir hatten noch keine Merkmahle, woran wir unsre eignen Vorstellungen von einander unterscheiden konnten; diese flossen daher entweder iu 〈!〉 eins zusammen, verdrängten sich einander, oder verwirrten sich untereinander, J1 123,8 Ihr konntet] Sie konnten D2 Wir konnten J1 123,8 von dem] noch nicht vom D2 J1 123,9–10 Licht nicht von dem Tische auf dem es stand] Gemählde nicht von der Wand, woran es befestigt war. D2 J1 123,10 Vorstellung] Vorstellungen D2 J1 123,10 floß] floßen D2 flossen J1 123,10–11 der Vorstellung] den Vorstellungen D2 J1 123,11 zusammen. Da war es also fast so gut] zusammen, und verwirrten sich auf mancherlei Art, so daß es beinahe eben so gut war D2 zusammen, und verwirrten sich auf mancherlei Art, so daß es beinahe so gut war J1 123,11 ihr] Sie D2 wir J1
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Unterhaltungen mit meinen Schülern
123,12 hättet. Als] hätten. Mit D2 hätten. Mit J1 123,12 Als ihr aber sprechen lerntet] Mit den ersten Tönen aber, die Ihr Mund stammeln lernte D2 Mit den ersten Tönen aber, die unser Mund stammlen lernte J1 123,12–13 da wurde es Licht in eurer Seele] fing es auch an in Ihrer Seele Licht zu werden. D2 fing es auch an, in unsrer Seele L i c h t zu werden. J1 123,13 ihr] Sie D2 wir J1 123,13 Namen, Va t e r und M u t t e r , ] Nahmen Vater und Mutter D2 Namen: Vater und Mutter, J1 123,14 stammeltet,] lallten, D2 lallten; J1 123,14 konntet ihr schon eure Wohlthäter] konnten Sie in ihnen schon Ihre zärtlichsten Freunde D2 konnten wir in ihnen schon unsre zärtlichsten Freunde J1 123,15 todten,] todten und D2 J1 123,15 den] allen D2 J1 123,15–16 Menschen, unterscheiden. So] Menschen unterscheiden: so D2 Menschen u n t e r s c h e i d e n . J1 123,16–18 So oft 〈. . .〉 zu sehen.] fehlt in BM 123,16 ihr eure M u t t e r ] Ihr Auge die lächelnde Mutter D2 123,16 dachtet ihr euch] dachten Sie auch D2 123,17 Namen] Nahmen D2 123,17 ihr] Sie D2 123,17 Namen hörtet] Nahmen hörten D2 123,17–18 dachtet ihr euch wieder ihr Antlitz, ohne sie selbst zu sehen]
stand wiederum das Bild von dem lächelnden Antlitz der Mutter in Ihrer Vorstellung da, wenn sie selbst gleich abwesend war D2 123,19 eurer] Ihrer D2 unsrer J1 123,19 ihm folgten bald mehrere,] wo sich mehrere anschließen konnten, die demselben, eines nach dem andern, folgten, D2 wo sich mehrere a n s c h l i e ß e n konnten, die demselben eines nach dem andern folgten; J1 123,20 zuletzt] allmälig J1 123,20 wunderbare] wunderbare, schöne D2 wunderbare, starke J1 123,20 eurer] Ihrer D2 unsrer J1 123,20 nun,] nun D2 J1 123,21 Zeit,] Zeit D2 J1 123,21 in einander] ineinander D2 J1
Die Texte im einzelnen
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123,21 leicht] leicht mehr D2 J1 123,23–25 Gott wußte es wohl, wie nöthig dem Menschen die Sprache sey,
darum hat er dieselbe gleichsam schon in die Schöpfung mit eingewebt. Er legte nehmlich einen solchen Unterschied in die Dinge,] Es scheinet, als ob der Schöpfer selbst die Sprache, als ein so nothwendiges Bedürfniß des Menschen, schon, von Anfang an, in die Schöpfung mit eingewebt habe; indem er einen so auffallenden Unterschied in die Dinge legte, D2 Allein der Mensch konnte nicht lange ohne Sprache bleiben, weil der Schöpfer dieselbe, als ein so nothwendiges Bedürfniß des menschlichen Denkens, schon von Anfang an in die ganze Schöpfung mit eingewebt, und einen so a u f f a l l e n d e n U n t e r s c h i e d in die Dinge gelegt hatte J1 123,26 sich] sich zuerst D2 123,26 dem Menschen darstellten] den Menschen umgaben J1 123,26–27 gleichsam das Wort auss einer Seele herausgepreßt werden mußte,] gleichsam das Wort aus seinem Munde gepreßt wurde, womit er diesen Unterschied bezeichnen sollte. D2 dadurch das Wort, womit er diesen Unterschied bezeichnen sollte, gleichsam aus seinem Munde gepreßt wurde. J1 123,28 Daher heißt es] Die Schöpfungsgeschichte selbst enthält hievon sichtbare Spuren, und scheint uns auch einen Aufschluß über die Entstehung der menschlichen Sprache zu geben. In dieser ganzen ehrwürdigen Erzählung finden wir die Begriffe von Unterscheidung und Benennung, allemal unmittelbar aufeinander folgend, eingewebt. Wir sehen, wie in der schönsten Stuffenfolge, erstlich die größten und auffallendsten, und dann allmälig die kleinern Unterschiede durch die Sprache bezeichnet werden. Was für einen auffallendern Unterschied giebt es in der ganzen Natur, als zwischen Licht und Finsterniß! Dieser wird zuerst bezeichnet, indem es heißt: D2 Nun lese ich die Schöpfungsgeschichte Mosis, und finde die Begriffe von U n t e r s c h e i d u n g und B e n e n n u n g , allemal unmittelbar aufeinander folgend, dieser ehrwürdigen Erzählung eingewebt. Gott u n t e r s c h i e d , Gott n a n n t e , heißt es bei der Schöpfung des Lichts, des Firmaments, und der Erde. Wir sehen, wie in der schönsten Stuffenfolge erstlich die größten und auffallendsten, und dann allmälig die kleinern U n t e r s c h i e d e bezeichnet werden. Was für einen auffallendern Unterschied giebt es in der ganzen Natur, als zwischen Licht und Finsterniß! Dieser wird z u e r s t bezeichnet, indem es heißt: J1
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Unterhaltungen mit meinen Schülern
123,28 s c h e i d e t e ] s c h e i d e t e oder u n t e r s c h i e d das Licht von der Finsterniß, D2 123,30–33 Die Veste 〈. . .〉 Sprache in den Mund legte.] Wie natürlich erklärt sich dieses, wenn wir sagen: Gott legte durch den auffallenden Unterschied zwischen Licht und Finsterniß dem Menschen gleichsam die Sprache in den Mund, daß er für jedes einen Nahmen fand. Auf den Unterschied zwischen Licht und Finsterniß folgte der zweite grosse Unterschied zwischen Himmel und Erde; und dann der dritte zwischen Erde und Wasser. 〈usw.〉 D2
Stellenerläuterungen 116,4 Von der Sprache] Dieses Kapitel entfällt in der zweiten Auflage. Inhalte und Formulierungen sind jedoch – teilweise wörtlich – in den zweiten und den siebenten Brief der Deutschen Sprachlehre für die Damen (DS 1782, S. 23–26 u. S. 166–174; KMA 7) und in den Aufsatz Auch eine Hypothese über die Schöpfungsgeschichte Mosis (in: Berlinische Monatsschrift, Bd. 3, 1784, S. 335–346, hier S. 335f.; KMA 7) eingegangen. 117,24 Gemählde?] Von hier bis zum vorletzten Absatz des 7. Stücks arbeitete Moritz den Text um, formulierte ihn weitgehend neu und fügte ihn als 2. Brief in die Deutsche Sprachlehre für die Damen ein (DS, S. 23–36; KMA 7). 118,3 brach ein Bein] Bei der Überarbeitung für die Deutsche Sprachlehre für die Damen wurde diese Unglücksgeschichte verschlimmert: Ein Knabe wollte
eine reiffe Kirsche pflücken, 〈…〉 Fiel in den Fluß, sank unter, und ertrank
(DS, S. 23f.; KMA 7). 118,32 Das Wort Baum] Bei der Überarbeitung des Textes fügte Moritz hier den Begriff Zeichen ein: das Wort Baum hingegen ist ein Zeichen, das wir einmal statt des Baumes selber setzen (DS, S. 26; KMA 7). 119,31 Vo r w ö r t e r ] Die Deutsche Sprachlehre für die Damen ersetzt diese Bezeichnung durch den Begriff Bindungen (DS, S. 31; KMA 7); gemeint sind Konjunktionen (vgl. GWb I, S. 276; KMA 7). 121,33 Merkstab] Wahrscheinlich hat sich Moritz hier an Herders Abhandlung über den Ursprung der Sprache (Berlin 1772) orientiert, die ein innerliches M e r k w o r t (Herder, SW 5, S. 36) als Unterscheidungs- und Wiedererkennungszeichen annimmt. 121,34 wornach] Vgl. Erl. zu S. 41,19.
Die Texte im einzelnen
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123,30 Veste] Festung; nach Adelung schon im 18. Jh. veraltete Schreibweise (Adelung 2, Sp. 121). Moritz fordert diese Schreibweise in der Deutschen Sprachlehre für die Damen (DS, S. 521; KMA 7).
Von den Eigenschaften Gottes. Bei einem Spatziergange in der Aehrenzeit Überlieferung 1. Textgrundlage D1 Unterhaltungen mit meinen Schülern. Von M. Carl Philipp Moritz, Conrector am grauen Kloster zu Berlin. ÇVignette: Blumen und BlasinstrumenteÈ Erstes Bändchen. Berlin 1780. Gedruckt und verlegt von Christ. Sigism. Spener, S. 217–229. D2 Karl Philipp Moritz Unterhaltungen mit seinen Schülern. Zweite Auflage. Berlin, bei Arnold Wever 1783, S. 186–199. Grundlage für den edierten Text: D1.
2. Varianten 124,10 Spatziergange] Spaziergange D2 124,21 wohl, weit] wol weit D2 124,23 Begriff] Begrif D2 124,31 Natur] Natur, D2 125,1 offne] ofne D2 125,3–4 Morgenröthe,] Morgenröthe; D2 125,5 Mensch,] Mensch! D2 125,9 auszuruhen und] auszuruhen, und D2 125,10 sammlen,] sammlen; D2 125,10 zu] zu, D2 125,11 Mensch,] Mensch! D2 125,16 Mensch,] Mensch! D2 125,21 freuet,] freuet; D2
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Unterhaltungen mit meinen Schülern
125,22 Mensch,] Mensch! D2 125,23 Seegen] Segen D2 125,33 Mensch,] Mensch! D2 126,7 Mensch,] Mensch! D2 126,13 Mensch,] Mensch! D2 126,19 Mensch,] Mensch! D2 126,22 reitzende] reizende D2 126,27 drücken,] drücken; D2 126,28 Mensch,] Mensch! D2 127,1 schallt,] schallt D2 127,3 Mensch,] Mensch! D2 127,8–9 Weißheit] Weisheit D2 127,12 wohl] wol D2 127,15 lehren: Seht] lehren; seht D2 127,27 reitzend] reizend D2 127,32 Weißheit] Weisheit D2 128,10 eur] euer D2 128,13 Weißheit] Weisheit D2 128,26 viel,] viel D2 128,31 herunter holte] herunterholte D2 129,2 herunter geholt] heruntergeholt D2 129,14 dis] dies D2 129,20 Weißheit] Weisheit D2 129,25 Weißheit] Weisheit D2 129,26 Weißheit] Weisheit D2 129,28 Begriff] Begrif D2 129,33 Weißheit] Weisheit D2 130,3 spatzieren] spazieren D2 130,9–10 Weißheit] Weisheit D2 130,23 ist. Für] ist. Für D2 130,25 Weißheit, Macht,] Weisheit, Macht D2 130,27 erblickt] erblickt, D2
Die Texte im einzelnen
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Stellenerläuterungen 124,30–31 so offenbaret sich Gott durch die Natur] Von der analogischanthropomorphistischen Erkenntnis Gottes nach Erfahrungsbegriffen geht die natürliche Theologie aus, die der transzendentalen und der geoffenbarten Theologie gegenübergesetzt wird (Carl Christian Erhard Schmid, Wörter-
buch zum leichtern Gebrauch der Kantischen Schriften nebst einer Abhandlung, 4. verm. Aufl. Jena 1798, S. 20). Moritz verwischt allerdings die gebräuchliche Terminologie, wenn er von Offenbarung durch die Natur spricht. 125,3–5 Seine sanfte Stimme 〈…〉 Vater, o Mensch] Die elfmalige Wiederholung dieser Formel erinnert an den 29. Psalm, der sechs Verse mit Die Stimme des Herrn beginnen läßt, sowie an den rhetorischen Refrain in den ergreifend rührenden Predigten des Pastors P.(aulmann), die Moritz im Anton Reiser beschrieben hat: Der Refrain bei jedem Perioden that eine unglaubliche Wirkung – es war, als wenn jedes Mal die Empfindung einen neuen elektrischen Schlag erhielt, wodurch sie bis zum höchsten Grade verstärkt wurde (KMA 1, S. 71). Vgl. auch Moritz’ Kommentar zu einer Predigt Paulmanns in: Geschichte eines taub- und stummgebohrnen Frauenzimmers, in: MzE I.3 1783, S. 82–101, hier S. 99–101, sowie Moritz’ eigene Predigt Die Dankbarkeit gegen Gott erhöhet unsre Freuden auf Erden (S. 413,1–430,19 in vorliegendem Bd., hier S. 429,15–32). 125,7 Sey frölich in deiner Arbeit] Pred 3,22. Vgl. Erl. zu S. 67,13. 127,7 Eigenschaft Gottes] Die Attribute Gottes, wie sie die natürliche Theologie demonstrierte, hatte Anton Reiser während seiner Schulzeit aus Christian Wolffs Vernünfftige Gedancken Von Gott, Der Welt und der Seele des Menschen (Halle 1751) und Johann Christoph Gottscheds Erste Gründe der gesammten Weltweisheit (Erstdr. Leipzig 1762) kennengelernt (vgl. Anton Reiser, KMA 1, S. 217,9–10 u. Erl. sowie S. 214,19–20 u. Erl). 127,29–30 da sahe 〈…〉 sehr gut] Vgl. Gen 1,31. 128,3 wornach] Vgl. Erl. zu S. 41,19.
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Unterhaltungen mit meinen Schülern
Der Uebergang vom Guten zum Bösen Überlieferung 1. Textgrundlage D1 Unterhaltungen mit meinen Schülern. Von M. Carl Philipp Moritz, Conrector am grauen Kloster zu Berlin. ÇVignette: Blumen und BlasinstrumenteÈ Erstes Bändchen. Berlin 1780. Gedruckt und verlegt von Christ. Sigism. Spener, S. 230–248. j Moritz: Der Uebergang vom Guten zum Bösen. In: Kleine Kinderbi-
bliothek, herausgegeben von J. H. Campe. Siebentes Bändchen. Mit Chursächsischer Freiheit. Hamburg, in der Heroldschen Buchhandlung. 1781, S. 46–48 (entspricht in vorliegendem Bd. S. 130,31–131,26). D2 Karl Philipp Moritz Unterhaltungen mit seinen Schülern. Zweite Auflage. Berlin, bei Arnold Wever 1783, S. 199–220. D3 Der kleine Albert. In: Lesebuch für Kinder von K. P. Moritz als ein Pendant zu dessen A B C Buch, welches zugleich eine natürliche Anleitung zum Denken für Kinder enthält. Ç. . .È Berlin, 1792. Bey Christian Gottfried Schöne, S. 31 (entspricht in vorliegendem Bd. S. 131,12–23). Grundlage für edierten Text: D1.
2. Varianten 130,30 Dis] Dies D2 130,31 Schnell] Schnel j 130,31 Bösen,] Bösen; j 130,32 oft] gemeiniglich j 130,32 Wiederkehr. – Auf] Wiederkehr. – Auf j D2 130,32 dis] dies D2 131,1 Leben,] Leben j 131,1 unwegsame] steile j 131,2 hin,] hin; j 131,2 sehet] seht j
Die Texte im einzelnen
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131,2–3 verführen will] reizt j 131,3 Wege] beschwerlichen Wege j 131,3–4 abzuweichen, schnell gleitet ihr] abzuweichen. Last ihr euch nun dadurch verführen, so gleitet ihr schnel j 131,4 hinunter,] hinunter; j 131,5 schwer] schwer, schwer j 131,5 hinanzuklimmen. Zehnmal] hinaufzuklimmen. Zehnmahl j hinanzuklimmen. Zehnmal D2 131,6 dann] dan j 131,6 einmal] einmahl j 131,7 könnt. Darum] könt. Darum j 131,7 ia] ja j 131,7 Schritt] Schrit j 131,8–9 herunter liefet] herunterliefet D2 131,9 iedem] jedem j 131,10 eignen] eigenen j 131,10 zuletzt] zulezt j 131,11 könnt] könt j 131,12 gerne wolltet. So gings] gern woltet. So ging es j gerne wolltet. So giengs D2 131,12 dem kleinen A l b e r t : ] dem kleinen Albert. j dem kleinen A l b e r t ; D2 Überschrift Der kleine Albert. D3 131,13 seine Eltern] Seine Eltern D2 Die Eltern des kleinen Albert D3 131,14 war; 〈. . .〉 beständig] war. Sie nahmen ihn sehr in Acht, und warnten ihn beständig j war. Der kleine Albert wurde sehr oft von seinen Eltern gewarnt D3 131,15 ia] doch ja D2 ja D3 131,15 herunterlaufen sollte; endlich] herunterlaufen solte, weil er sonst gewiß zu Schaden kommen würde. Endlich j hinunter laufen solle. Endlich D3 131,16 einmal] einmahl j 131,16 so] so, D2 131,16 sahe,] sahe; j D3 131,17–20 seinen Eltern 〈. . .〉 hinunter zu laufen: diesen 〈. . .〉 lief] seinen 〈. . .〉 hinunter zu laufen. Diesen 〈. . .〉 lief D2 nur ein paar Schritte den Hügel hinunter zu laufen, und dann wieder umzukehren. Er lief also D3
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Unterhaltungen mit meinen Schülern
131,17 seyn] sein j 131,18 paar] Paar j 131,19 laufen: diesen] laufen. Diesem j laufen. Diesen D2 131,20 zu, und als] wirklich ab. Als j 131,21 wollte] wolte j 131,21 konnte] konte j 131,22 einmal] einmahl auch wider Willen j 131,22 herunterlaufen, so daß] hinunterlaufen, so daß j herunterlaufen, so, daß D2 herunter laufen, so daß D3 131,23 ertrank. – Denkt] ertrank. – Denkt j D2 ertrank. 〈Ende des Abschnittes〉 D3 131,24 unglücklichen A l b e r t ] unglüklichen Albert j 131,24 Schritt] Schrit j 131,25 wollt] wolt j 131,25 dann] dan j 131,25 schnell] schnel j 131,26 zurück] zurük j 131,26 ist!] ist. D2 131,29–30 ab. Fragt] ab. Fragt D2 131,31 Begriff] Begrif D2 131,34 wohl] wol D2 132,3 ziehen:] ziehen; D2 132,5 behielten. Der] behielten. Der D2 132,9 konnten. Nun] konnten. Nun D2 132,11 wohl] wol D2 132,15 euch,] euch D2 132,19 anfing] anfieng D2 133,1 er,] er D2 133,3 einem] einen D2 133,7 Begierde,] Begierde D2 133,9 reitzender] reizender D2 133,10 hingegen,] hingegen D2 133,10 wohl] wol D2 133,11 dis] dies D2 133,14 ginget] gienget D2 133,15 Begriff] Begrif D2
Die Texte im einzelnen 133,16 Begriff] Begrif D2 133,20 hättet. O Kinder:] hättet. O Kinder! D2 133,26 denken;] denken, D2 133,27 seyd:] seyn; D2 133,27 von] an D2 133,28 diesen] diesem D2 133,29 noch gut] gut D2 133,31 wohl] wol D2 133,32 Wege] Wege, D2 133,34 kann:] kann; D2 134,3 dis] dies D2 134,12–13 lassen. Diesen] lassen. Diesen D2 134,17–18 werden. Wenn] werden. Wenn D2 134,30 Dieser] Die Kustode ser Dieser D1 Dieser D2 134,34 w i l l . Dieser] w i l l . Dieser D2 135,2 Geitzigen wohl] Geizigen wol D2 135,8 zu etwas in der Welt] in der Welt zu etwas D2 135,10 Seele. Es] Seele. Es D2 135,11 regieret] regieret, D2 135,16 nehmen. – Der] nehmen. – Der D2 135,17 i r d i s c h e n ] i r r d i s c h e n D2 135,18 so bald] sobald D2 135,25 We i s e , ] We i s e D2 135,28 gut:] gut, D2 135,31 an. Wenn] an. Wenn D2 135,34 eher] eher, D2 136,1 Pflicht. Darum] Pflicht. Darum D2 136,2 wohl] wol D2 136,3 seyn:] seyn; D2 136,5 daß] das D2 136,5 wollt,] wollt; D2 136,6 so] so, D2 136,6 Vergnügen] Vergnügen, D2 136,8 zuletzt erst] zuletzt D2 136,9 denkt. Wenn] denkt. Wenn D2 136,12 Bach] Bach, D2
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Unterhaltungen mit meinen Schülern
136,14 seyn. – Indem] seyn. Indem D2 136,24 finden. Wenn] finden. Wenn D2 136,29 kann. Darum] kann. Darum D2 136,30 Bache,] Bache D2 137,5 hatte. Wenn] hatte. Wenn D2 137,6 Gedanke,] Gedanke: D2 137,15 sollte. Kinder] sollte. Kinder D2 137,17 Gedanken,] Gedanken: D2 137,24 Gedanke] Gedanke, D2 137,30 ab! So] ab! So D2 137,32 Hoffnung] Hofnung D2 138,2 will. I c h ] will. I c h D2 138,4 a u s z e i c h n e n ! – Der] a u s z e i c h n e n ! der D2 138,6 k a n n , ] k a n n ; D2 138,17 ausüben:] ausüben; D2 138,21 Seele. Was] Seele. Was D2 138,21 seyn? – Das] seyn? neue Zeile Das D2 138,26 Vergnügen,] Vergnügen D2 139,2 Oberherrschaft] Oberrschaft D2 139,2 wäre:] wäre; D2 139,6 darf. Der] darf. Der D2 139,10 Gelegenheit,] Gelegenheit D2 139,13 Gedanke, ] Gedanke: D2 139,13 sich. Wenn] sich. Wenn D2 139,16 zufriedner] zufriedener D2 139,16–17 Unordnung,] Unordnung D2 139,17 Gedanke, ] Gedanke: D3 139,19 hervorbringt, eben so] hervorbringt; eben so, D2 139,21 wird. Nach] wird. Nach D2 139,23 Worte, ] Worte: D2 139,25 so] so, D2 139,28 G u t s e y n ] G u t s e y n D2 139,29–30 werth als R e i c h s e y n ] werth, als r e i c h s e y n D2 139,30 mehr als G e e h r t s e y n ] mehr, als g e e h r t s e y n D2 139,30 mehr] mehr, D2 139,34 wohl] wol D2
Die Texte im einzelnen
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140,1 ihn wohl] ihn wol D2 140,1 also wohl] also wol D2 140,4 vielleicht,] vielleicht D2 140,5 wohl] wol D2 140,6–7 ist? – Die] ist? Die D2 140,12 euch] auch D1 euch D2 140,13–14 g l ü c k l i c h nennt,] g l ü c k l i c h nennt; D2 140,14 ist,] ist: D2 140,14–15 r e c h t s c h a f f n e ] r e c h t s c h a f n e D2 140,19 gute] wichtige D2 140,19 geben:] geben. D2 140,20 B e g r i f f ] B e g r i f D2 140,23 H a n d l u n g e n ] H a n d l u n g e n , D2
Stellenerläuterungen 130,29 Der Uebergang vom Guten zum Bösen] Wahrscheinlich bezogen auf eine Formulierung Lessings in dessen Faust-Fragment. Lessing hatte im 17. Brief, die neueste Literatur betreffend (1759) eine Szene entworfen, in der sieben Höllengeister von Doktor Faust auf die Probe gestellt werden, welcher von ihnen der schnellste sei (Lessing, Sämtliche Schriften 8, S. 44). Sieger ist schließlich der, der so schnell ist wie der Uebergang vom Guten zum Bösen (Lessing, Sämtliche Schriften 3, S. 384). 131,29 guten Gedanken] Durch den Begriff der guten oder bösen Gedanken versucht Moritz dem kindlichen Verständnis näher zu kommen und die anspruchsvolleren Begriffe der Morallehre (z. B. Affekte, Leidenschaften, Neigungen, Laster, Trieb u. a.) zu vermeiden bzw. zu erläutern (Begierde, Tugend u. a.). 134,29 Hauptgedanken] In der Folge benutzte Moritz die Lehre von den vier Haupt-Leidenschafften, die Christian Thomasius (1655–1728) seiner Ausübung der Sittenlehre zugrundegelegt hatte (Thomasius, Ausübung der Sittenlehre, S. 157). Es ist wahrscheinlich, daß Thomasius sich an Baruch de Spinozas (1632–1677) Tractatus de intellectus emendatione (1677) anlehnt, nach dem das unmäßige Streben nach Reichtum, Ehre und Sinnenlust einer neuen Lebenseinrichtung auf der Suche nach dem höchsten Glück im Wege steht (vgl. Spinoza, Abhandlung über die Verbesserung des Verstandes, Leipzig 1907, S. 4). 134,31 Geizigen] Der Geld-Geitz ist nach Thomasius eine der drey HauptBegierden, die sich auf Besitz im weitesten Sinn richtet (Thomasius, Ausübung der Sittenlehre, S. 259).
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Unterhaltungen mit meinen Schülern
135,25–26 v e r g n ü g e n ] Mit diesem Hauptgedanken ist das Haupt-Laster der Wollust bei Thomasius gemeint, die ihre Ruhe in stetswährender Verän-
derlicher Belustigung des Verstandes und der äusserlichen Sinne 〈…〉 suchet (Thomasius, Ausübung der Sittenlehre, S. 185f.). Deßhalben ist ja auch der Müßiggang ein Kind der Wohllust (ebd., S. 404). 137,23–24 ü b e r a n d e r e M e n s c h e n z u e r h e b e n s u c h e n ] Das Hauptlaster des Ehr-Geitzes (Thomasius, Ausübung der Sittenlehre, S. 219f.) sucht seine Ruhe in stetswährender veränderlicher Hochachtung und Gehorsam anderer 〈…〉 Menschen (ebd., S. 220f.). Lasset uns nun aber auch von dem Zorne als dem Kind des Ehrgeitzes etwas melden (ebd., S. 421). 138,18 i c h w i l l g u t s e y n ! ] Dieser einzig tugendhafte Gedanke entspricht dem, was Thomasius empfiehlt: daß der Mensch nach denen Regeln der Klugheit alle seine Kräffte dran strecken solle, d i e drey bösen Passiones zu dämpffen, oder zu tilgen, und die vernünfftige Liebe in die Höhe zu heben (Thomasius, Ausübung der Sittenlehre, S. 459). 138,24–25 Gott über alles lieben 〈…〉 als mich selbst] Vgl. Mt 22,37–39.
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Des Magisters und Conrectors Carl Philip Moritz Anrede an die Versammlung Überlieferung 1. Textgrundlage D Reden, welche am vierten December 1782, in dem grauen Kloster zu
Berlin, bey der Einführung neuer Lehrer, gehalten worden. Berlin, gedruckt mit Eisfeldschen Schriften, 1782, S. 16–18. S. Ç1È–32. 8°; Satzspiegel: 15 x 8 cm Fraktur. Eingesehenes Exemplar: Goethe-Museum, Anton-und Katharina-Kippenberg-Stiftung, Bibliothek. Düsseldorf. Grundlage für den edierten Text: D.
2. Varianten 141,22 Lehrern] Lehrer D 141,26 befördern] beförden D
Überblickskommentar Schon in der ersten Auflage der Unterhaltungen hatte Moritz seine Ansprache zum Antritt ÇsÈeines Lehramts an der Schule im Grauen Kloster im Jahr 1778 abdrucken lassen (vgl. Erl. zu S. 75,1–77,15). Nachdem ihm am 28. Oktober 1779 das Prädicat als Conrector an der Schule beygelegt worden war,1 wur1
Acta des Magistrats zu Berlin betr. Best. d. Lehrer bey der Berlinischen Schule, Stadtarchiv Berlin, Nr. 3680.
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Des Magisters und Conrectors Anrede
den ihm am 4. Dezember 1782 neue Aufgaben übertragen: Er wechselte von der unteren Schule und vom Berlinischen Gymnasium zum Grauen Kloster zur Köllnischen Schule, die jedoch seit 1776 mit der Berlinischen Schule vereinigt war, allerdings eine eigene Abteilung bildete. Gemeinschaftlich mit seinem Kollegen Valentin Heinrich Schmidt (1756–1838) wurde Moritz das Amt des Konrektors übertragen. Gedruckte Einladungsschriften und Schulprogramme anläßlich von Schulfeiern oder öffentlichen Prüfungen wurden im 18. Jahrhundert zu einer verbreiteten Publikationsform, die die Gelehrsamkeit und wissenschaftliche Reputation der Schule – und vor allem des jeweiligen Schulleiters – sichtbar werden lassen sollten. Moritz‘ Vorgesetzter Anton Friedrich Büsching, der Direktor des Berlinischen Gymnasiums zum Grauen Kloster, ließ 1767 bis 1793 insgesamt 30 solcher Gelegenheitsschriften erscheinen,2 wovon allerdings nur zwei sich auf die feierliche Einführung oder Verabschiedung von Lehrern bezogen. Dafür, daß auch die Ansprachen der verabschiedeten und begrüßten Kollegen abgedruckt wurden, sind die Reden, welche am vierten December 1782, in
dem grauen Kloster zu Berlin, bey der Einführung neuer Lehrer, gehalten worden, allerdings das einzige Beispiel.
Stellenerläuterungen 141,6 Unpäßlichkeit] Markus Herz (1747–1803) bemerkte dazu in seiner Krankengeschichte von Moritz: Moritz kam im Jahre 1782. Von seiner Fußreise
nach England zurück 〈...〉 Aus der Höle zu Castleton brachte er eine, mit einem kurzen Husten verbundene Engbrüstigkeit mit. Nach der Schilderung der dramatischen Klimax fährt Herz fort: Den andern Morgen eile ich hin zu Moritz, finde seine Thüre verschlossen und höre mit Erstaunen von seinen Hausleuten: daß er sich geputzt, weggefahren, sich in einer Schule als Lehrer einführen läßt, eine öffentliche Rede hält und des Mittags beym Rath B ü s c h i n g zu Gaste ist (Markus Herz, Etwas Psychologisch-Medizinisches. Moriz Krankengeschichte, in: Journal der practischen Arzneykunde und Wundarzneykunst 5 [1798], 2. St., S. 259–339, hier S. 278–280).
2
Vgl. Hoffmann 2000, S. 275f.
Stellenerläuterungen
597
141,11 g e l i e b t e S c h ü l e r ] Die Schüler der unteren Schule im Grauen Kloster, die Moritz seit 1778 unterrichtete. 141,17 w e r t h g e s c h ä t z t e G y m n a s i a s t e n ] Am Berlinischen Gymnasium zum Grauen Kloster hatte Moritz nur wenige Stunden unterrichtet, aber auch am Köllnischen Gymnasium hielt er nur die wenigen Stunden, die er auf dem
Gymnasium gab, 〈…〉 mit Lust, theils weil es seiner Ehrbegierde schmeichelte, erwachsene Jünglinge zu unterrichten, theils weil ihm die Sachen, die er hier vortrug, selbst interessant waren (Klischnig, Erinnerungen, S. 75). 141,23 g e l i e b t e c ö l n i s c h e S c h ü l e r ! ] Von 1767 bis 1824 waren Berlinische und Köllnische Schule und Gymnasium unter einer gemeinsamen Leitung vereinigt. Lehrer und Schüler blieben jedoch den einzelnen Schulabteilungen zugeordnet. Moritz wechselte also innerhalb der vereinigten berlinisch-köllnischen Schule von der Schule des Grauen Klosters zur köllnischen Schule, um gemein-
schaftlich mit Herrn Conrector Schmidt, die Aufsicht über dieselbige zu verwalten (Anton Friedrich Büsching, Anrede an die Gymnasiarchen, neuen Lehrer, Gymnasiasten und Schüler, in: Reden 1782, S. 2–5, hier S. 4). Die Schüler übergaben dem Herrn Conrector Moritz bey dem Antritte seines Lehramts an der Cölnischen Schule ein sechsstrophiges Gedicht (gedruckt bey Georg Friedrich Starcke, Berlin 1782; mitgeteilt im dokumentarischen Anhang S. 476f.). 142,6–7 H e r r P r o f e s s o r G e d i c k e ] Ludwig Friedrich Gottlob Ernst Gedike (1761–1838) war der jüngere Bruder von Friedrich Gedike (1754–1803), dem Direktor des Friedrich-Werderschen Gymnasiums, bekanntem Schulreformer, Schulbuchautor, Mitherausgeber der Berlinischen Monatsschrift und Übersetzer. An diesen hatte Moritz die Briefe seiner Reisen eines Deutschen in England im Jahre 1782 gerichtet. Der »junge« Gedike war, wohl zu merken, noch Gymnasiast, da ich schon Konrektor war (Moritz an Campe, 15. Oktober 1782; KMA 13; vgl. Eybisch 1909, S. 193). Ludwig Gedike, der jüngste Lehrer der Schule des Grauen Klosters und mit Moritz kollegial befreundet, folgte einem Ruf an das Gymnasium zu St. Elisabeth in Breslau. 142,16 H e r r K o l l e g e S c h m i d t ] Valentin Heinrich Schmidt (1756–1838), Konrektor der Köllnischen Schule, hatte dieses Amt mit Moritz gemeinschaftlich zu verwalten. In das Magazin zur Erfahrungsseelenkunde rückte Moritz einen Aufsatz Sonderbarer Gemüthszustand eines jungen Menschen von funfzehn Jahren ein, welcher mir von dem Herrn Konrektor S c h m i d t , meinem
Freunde und nächsten Kollegen an der Kölnischen Schule mitgetheilt worden (MzE I.2 1783, S. 28–34, hier S. 28). Das Mythologische Wörterbuch zum
598
Des Magisters und Conrectors Anrede
Gebrauch für Schulen (1794), das Moritz bei seinem Tod unvollendet hinterließ, wurde von Schmidt fortgesetzt und herausgegeben (vgl. KMA 4/2). 142,25 E p h o r e n ] Vgl. Erl. zu S. 77,2.
599
Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik welche auch zum Theil für Lehrer und Denker geschrieben ist Überlieferung 1. Textgrundlage 1
D Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik welche auch zum
Theil für Lehrer und Denker geschrieben ist. Herausgegeben von Carl Philipp Moritz Professor am Berlinischen Gymnasium. Mit sieben Kupfertafeln von Dan. Chodowiecky. Berlin, bei August Mylius 1786.
J1 J2 J3 J4 J5 J6
S. ÇI–IVÈ, S. Ç1È–156. 7 Kupfertafeln (vgl. Bauer 1982, Nr. 622–628), je 15 x 9,3 cm. Format: 8°; Satzspiegel 11,7 x 6,8 cm. Fraktur. Druckvorlagen: 1.) Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz: Sig. Ng 8160 R; 2.) Herzogin Anna Amalia Bibliothek, Weimar: Sig. Aa 7.367; 3.) Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung, Berlin: Sig. AD 2505,1. ÇKarl Philipp Moritz,È Das Buch. In: DW 1786 I, 2. St. (10. Januar), S. 25–30 (Teildruck, entspricht S. 165,11–167,14 in diesem Bd.). ÇKarl Philipp Moritz,È Die Schöpfung der Götterwelt. In: DW 1786 I, 3. St. (17. Januar), S. 47f. (Teildruck, entspricht S. 189,16 in diesem Bd.). ÇKarl Philipp Moritz,È Das Eisen. Ein Ideenspiel. In: DW 1786 I, 4. St. (24. Januar), S. 57–60 (Teildruck, entspricht S. 176,7–177,26 in diesem Bd.). ÇKarl Philipp Moritz,È Das Skelet. In: DW 1786 I, 5. St. (31. Januar), S. 73–78 (Teildruck, entspricht S. 201,18–205,23). ÇKarl Philipp Moritz,È Das Kriegsheer. In: DW 1786 I, 7. St. (14. Februar), S. 112 (Teildruck, entspricht S. 220,33–221,27). ÇKarl Philipp Moritz,È Einheit – Mehrheit – menschliche Kraft. In: DW 1786 I, 8. St. (21. Februar), S. 123–128 (Teildruck, entspricht S. 219,23–220,30 sowie S. 221,28–224,20 [dazwischen eingeschoben die Entsprechung zu J5]).
600 J7
Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik
ÇKarl Philipp Moritz,È Häußliche Glückseeligkeit Ç. . .È. In: DW 1786 I, 10. St. (7. März), S. 150–153 (Teildruck, entspricht S. 229,24–231,28).
D2 Lesebuch für Kinder von K. P. Moritz als ein Pendant zu dessen A B
C Buch, welches zugleich eine natürliche Anleitung zum Denken für Kinder enthält. Mit Churfürstl. Sächsisch. gnädigster Freiheit Berlin, 1792. Bey Christian Gottfried Schöne. Darin: – Der unordentliche Fritz (vgl. S. 270,9–272,34 in diesem Bd.; entspricht S. 145,1–147,23 von D1) – Die Thierwelt und die Menschenwelt (vgl. S. 280,27–281,30 in diesem Bd.; entspricht S. 150,27–151,30 von D1) – Fischen – lesen. Pflügen – schreiben (vgl. S. 278,7–280,26 in diesem Bd.; entspricht S. 154,30–155,20 von D1) – ÇZu den Thieren Ç. . .È die MausÈ (vgl. S. 279,2–280,26 in diesem Bd.; entspricht S. 160,24–162,12 von D1) – Das Eisen (vgl. S. 277,24–278,6 in diesem Bd.; entspricht S. 162,29–163,9 von D1) – Das Buch (vgl. S. 261,15–19 in diesem Bd.; entspricht S. 165,15–19 von D 1) – Das Schiff (vgl. S. 276,25–277,23 in diesem Bd.; entspricht S. 170,3–171,4 von D1) – Der Fuchs und der Storch (vgl. S. 274,3–16 in diesem Bd.; entspricht S. 182,10–24 von D1) – Der Fuchs und der Rabe (vgl. S. 274,20–275,22 in diesem Bd.; entspricht S. 182,32–183,25 von D1) – Der Frosch und der Ochse (vgl. S. 275,23–276,24 in diesem Bd.; entspricht S. 183,29–184,27 von D1) – Der Wolf und das Lamm (vgl. S. 259,1–16 in diesem Bd.; entspricht S. 188,1–15 von D1) D3 Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik welche auch zum
Theil für Lehrer und Denker geschrieben ist. Herausgegeben von Karl Philipp Moritz Königl. Preußischen Hofrath und Professor, ordentlichem Mitgliede der Königl. Akademie der Wissenschaften und des Senats der Akademie der bildenden Künste. Zweite Auflage. Mit sieben Kupfertafeln von Dan. Chodowiecky. Berlin, bei August Mylius 1793.
Varianten
601
S. ÇI–IVÈ, S. Ç1È–156. 7 Kupfertafeln (vgl. Bauer 1982, Nr. 622–628), je 15 x 9,3 cm. Format: 8°; Satzspiegel 11,7 x 6,8 cm. Fraktur. Druckvorlage: Herzogin Anna Amalia Bibliothek, Weimar: Sig. 19 A 33. D4 Die große Loge oder der Freimaurer mit Wage und Senkblei. Von
dem Verfasser der Beiträge zur Philosophie des Lebens. Berlin, bey Ernst Felisch 1793. Darin:
– Das Eisen (vgl. S. 369,20–371,8 in diesem Bd.; entspricht S. 176,7–177,26 von D1) D5 Launen und Phantasien von Carl Philipp Moritz herausgegeben
von Karl Friedrich Klischnig Ç. . .È Berlin bey Ernst Felisch 1796.
Erweiterter Nachdruck von D4. Auf diese Quelle wird nur verwiesen, wenn ein Text von D4 abweicht oder darin nicht enthalten ist. Grundlage für den edierten Text: D1.
Zeitgenössische Übersetzungen Übersetzung ins Niederländische:
Proeve eener korte beöffenende Redeneerkunde voor de Jeugd; ook gedeeltlij voor Onderwijzers en Denkers. Naar het Hoogduits van den Heer Karel Philip Moritz, Hoogleeraar te Berlin met Plaaten. Te Amsterdam, bij M. Schalekamp. MDCCLXXXIX. S. Ç1È–172, 7 Kupfertafeln (D. Chodowiecki del. C. T. de Kayser sculp. Mit holländischen Untertiteln). Eingesehene Exemplare: Koninklijke Bibliotheek, Den Haag, Sig. 1090 F 94; dort ist auch der tweede, verbeterde Druk von 1801 vorhanden (Sig. 1090 B 60).
2. Varianten 144,7 indem] in dem D3 144,10 daher] daher eigentlich D3 145,2 unter’m] untern D2 unter’n D3 145,5 Spiegel.] Spiegel; D2
602
Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik
145,7 überdem noch] noch D2 145,9 mit] mit mit D2 145,18 in einem] im D2 145,19 Schreibfedern] Schreibefedern D3 145,20 Zeuge –] Zeuge. – D2 145,22 weiße] weisse D2 145,26 konnte.] konnte, D3 145,28 kam.] kam, D3 145,32 hatten,] hat ten D3 146,1 der] die D2 146,1 ihres einzigen] ihres D2 146,3 übertraf] noch übertraf D2 146,4 im Anfange:] im Anfange; D3 146,6 vierzehn] zwölf D2 146,7 dis] das D2 146,7 Nahme] Name D2 146,10 bey] bei D2 146,12–13 z u s a m m e n g e h ö r t e ] z u s a m m e n - g e h ö r t e D3 146,15 zur rechter] zu rechter D2 146,18 zuginge.] zuginge? D2 146,19 daß] das D2 D3 146,19 darinn] darin D2 146,20 bey] bei D2 146,31 neben einander] nebeneinander D2 146,32 so wieder] wieder D2 146,34 schalt,] schalt D2 147,3 zur rechten] zu rechter D2 147,4 daß] das D2 D3 147,5–6 Grammatik, Federn und Schreibebuch,] Grammatik und Schreibebuch D2 147,7–8 ihren Platz in Fritzens kleinem Schreibepulte, wo sie auch hin-
gehörten] in Fritzens kleinem Schreibepulte, wo sie auch hingehörten, ihren Platz. D2 147,11 Gegenständen] Gegenständen, D2 147,11–12 zusammengehörte] zusammen gehörte D2 147,12 was nicht zusammengehörte] nicht zusammen gehörte D2
Varianten 147,15 heraussuchten] heraus suchten D2 147,16 zusammenlegten] zusammen legten D2 147,19 kaufen,] kaufen. D3 147,20 so zu] zu D2 147,21 Naturalienkabinett] Naturalienkabinet D2 D3 147,22 z u s a m m e n g e h ö r i g e ] Z u s a m m e n g e h ö r i g e D2 147,29 kleine] kleinen D3 147,33 verfertigt] verfertiget D3 148,13 P e i t s c h e , ] P e i t s c h e ; D3 148,20 Peitsche.] Peitsche, D3 148,22 Netz.] Netz, D3 149,13 L e b l o ß ] L e b l o s . D3 149,26 ihn] ihm D3 149,27 Gedanken,] Gedanken D3 150,7 wider] wieder D3 150,11 Thier] Thier. D3 150,13–14 Wesen] Wesen; D3 150,14 Erde,] Erde D3 150,16 wird] wirkt D3 150,16 Zukünftige] Zukünftige, D3 150,19 also,] also D3 150,28 Cellen] Zellen D2 151,2 schaft] schafft D2 151,3 Wald] Wald, D2 151,5 Axt] Axt, D2 151,9 seinen] seinem D2 D3 151,9 Gebrauch] Gebrauche D2 151,10 der] Der D2 151,10 mancherlei] mancherley D2 151,10 ihn] ihm D2 D3 151,16 zum] mit zum D2 151,16 führt –] führt. – D2 151,17 eisernen Hammer] e i s e r n e n H a m m e r D2 151,19 Säge] Zange D2 151,21 Schoßes] Schooßes D2 151,24 nicht;] nicht, D3
603
604
Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik
151,29 haben,] haben; D2 151,30 Gemählde,] Gemählde D2 152,4 l e b l o ß ] l e b l o s D3 152,13 Netz] Pflug D1 Netz D3 152,16 Feder.] Feder D3 153,1 N a t u r w e l t ] N a t u r w e l t . D3 153,2 Thiere] Thiere. D3 153,5 Künstler,] Künstler D3 153,12 erlernet] erlernt D3 153,18 besonderen] besondern D3 153,24 Unvernünftigen] Unvernünftigen. D3 154,8 dem] den D3 154,24 des] der D3 154,30 l e s e n ] l e s e n . D2 154,32 senken] senken, D2 154,32 fangen – Die] fangen – Die D2 155,2 einzutunken] eintunken D2 155,2 denn] dann D2 155,3 zu drücken] drücken D2 155,6 fortzudauren] fortzudauern D2 155,9 will] kann D2 155,11 Das] Dies D2 155,12 Künsten] Künsten, D2 155,14 G e i s t ] G e i s t . D2 155,14 K ö r p e r ] K ö r p e r . D2 155,15 lesen] lesen, D2 155,15 pflügen] pflügen, D2 155,16 schreiben] schreiben, D2 155,16 fischen] fischen, D2 155,17 mahlen] mahlen, D2 155,17 backen] backen, D2 155,18 zeichnen] zeichnen, D2 155,18 brauen] brauen, D2 155,19 rechnen] rechnen, D2 155,19 schmieden] schmieden, D2 155,20 dichten] dichten, D2
Varianten
605
155,20 kochen,] kochen D3 155,29 Tanze] Tanz D3 156,9 bedeckte;] bedeckte: D3 157,1 loßzureißen.] loszureißen D3 157,14 schadloß] schadlos D3 157,17 des] das D1 des D3 157,18 schadloß] schadlos D3 158,3 Unterschiede] Unter schiede D3 158,18–19 häußliche] häusliche D3 158,30 ließt] liest D3 159,19 Ein] Eine D1 Ein D3 159,22 Schwerdt] Schwerdt, D3 160,20 mit] mit. D3 160,23 herrscht] herrscht. D3 160,24 seinen] seinem D2 D3 160,26 Das Lamm, das Pferd, das Schwein und die Gans] D a s L a m m , d a s P f e r d , d a s S c h w e i n u n d d i e G a n s – D2 160,28 Federn] Federn! D2 160,29 Leder] Daraus werden Leder D2 160,29 nun] nun, D2 160,30 diesen] diesem D2 160,30 kömmt] kommt D2 161,1 bestehen. –] bestehen – D2 161,2 werden] werden. D2 D3 161,3 Bücher] Bücher, D2 161,4 nehmen] nehmen. D3 161,13 verändert] ändert D2 161,22 nun] nun, D2 161,23 Stärke] Stärke, D2 161,24 daß] das D2 161,30 verschaft] verschafft D2 161,34 nähret] nährt D3 162,1 andrer] anderer D2 162,7–8 abnimmt,] abnimmt D2 162,17 Brunnen.] Brunnen D3 162,18 Brücke.] Brücke D3
606
Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik
162,28 gebildet] gebildet. D3 162,29 Er] Der Mensch D2 162,30 tödtet. –] tödtet – D2 163,1 Schaufel] Schaufel, D2 163,2 umgraben;] umgraben: D3 163,3 seinen] seinem D2 D3 163,4 Holz, und Kalk, und Stein] Holz und Kalk und Steinen D2 163,4 künstlich] künstliche D2 163,6 fehlt,] fehlt: D3 163,6 Tiefe] Tiefen D2 164,31 Thal] Thal. D3 164,33 spräche] spräche. D3 165,3 wohnen] wohnen. D3 165,6 voneinander] voneinander. D3 165,9–10 können.] können; D3 165,12 Künsten,] Künsten J1 165,12 ist.] ist, J1 ist; D3 165,13 Gestorbnen] Gestorbenen J1 165,17 Das] das D2 165,17–18 alles den v i e r u n d z w a n z i g k l e i n e n F i g u r e n , die wir
B u c h s t a b e n ] alles den v i e r u n d z w a n z i g k l e i n e n F i g u r e n , die wir B u c h s t a b e n J1 vier und zwanzig kleinen Figuren, die wir Buchstaben D2 165,19 zusammengesetzt] zusammengesezt J1 165,22 dabey] dabei J1 165,24 es sollten.] sollten – J1 165,25–29 der nicht 〈. . .〉 reden können!] nicht also der Erfinder dieser vier
und zwanzig kleinen Figuren, wodurch alle Wissenschaften, alle menschliche Begebenheiten, alle Dinge die am Himmel und auf Erden sind, in dem kleinen Umfange einer Sammlung von Büchern dargestellt werden können! J1 165,28 Dinge,] Dinge D1 Dinge, D3 165,30 nicht wiederum] wiederum J1 165,31–32 Buchstaben, die von den 〈. . .〉 Nahmen führen,] kleinen Figuren J1 Buchstaben, (die von den 〈. . .〉 Nahmen führen,) D3 165,33–166,14 gießen 〈. . .〉 verbreitet werden können –] gießen, um durch ihre Zusammensetzung Wörter zu bilden, die mit leichter Mühe zu unzäh-
Varianten
607
ligen malen vervielfältigt werden, und wodurch es möglich gemacht wird, daß die Gedanken eines einzigen Menschen in kurzer Zeit unter einer großen Anzahl von Menschen verbreitet werden können. J1 166,15–167,14 Die Erlernung aller Wissenschaften 〈. . .〉 ehrwürdiger Anblick seyn.] Durch diese vier und zwanzig kleinen Figuren, die entweder geschrieben oder gedruckt sind, wirkt der Geist des Menschen noch nach seinem Tode auf die kommenden Geschlechter fort – Horaz, der weit über tausend Jahre vor dem liebenswürdigen Hagedorn starb, war dennoch sein Lehrer, sein Freund, und sein Begleiter Wenn wir in dieser Rücksicht ein B u c h als eine Erfindung des menschlichen Geistes betrachten, so muß es uns ein erhabener, ein ehrwürdiger Anblick seyn. J1 167,1 vorhergeschrieben] vorher geschrieben D3 167,7 seinen] seinem D3 167,18 Werkstätte] Werkstäte D3 167,20 Werkstätte] Werkstäte D3 167,28 Bücherwelt] Bücherwelt. D3 168,12 mehr] wehr D1 mehr D3 168,20 〈Haus〉] Hund D1 D3 〈die Kupfertafel zeigt ein Haus (domus)〉 168,22 Tod.] Tod D3 169,9 wider] wieder D3 170,3 worinn] worin D2 170,6 daß] das D3 170,6 seinen] seinem D2 170,6 festineinandergefügten] festaneinandergefügtem D2 170,7 wiedersteht;] widersteht; D2 D3 170,7 daß] das D2 D3 170,8 die denn] die D2 170,9 Steuerruder] Steierruder D1 Steuerruder D2 D3 170,10–11 und mit Behendigkeit 〈. . .〉 läßt,] fehlt in D2 170,11 Seite,] Seite D3 170,15 beständig mit] mit D2 170,18–23 Das bodenlose Meer 〈. . .〉 gefärbt] fehlt in D2 170,24 Aber das] Das D2 170,24 auch] uns D2 170,29 Schmucks,] Schmucks D2 170,31 worinn] worin D2
608
Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik
171,4 daß] das D2 D3 171,6 daß] das D3 171,24–25 üntere] untere D3 171,25 öbere] obere D3 172,14 E i n f a s s u n g ] E i n f a s s u u g D1 E i n f a s s u n g D3 172,18 Rahmen] Rahmen. D3 172,27 daß] das D3 172,34 wie] als D3 173,1–2 wiedrigen] widrigen D3 173,15 getrieben.] getrieben D3 174,1 Diese] R e l i g i ö s e B e g r i f f e . Diese D3 174,6 Haus] Haus. D3 175,2 Die] die D3 175,6 welche] welchen D3 176,1 aufgebauet] aufgebaut D3 176,9 gibt] giebt J3 D3 D4 176,10 Sicherheit] Sicherheits- D4 176,10 Vertheidigungsmittel –] Vertheidigungsmittel. J3 D4 176,11 Pflanzenreich –] Pflanzenreich D3 176,12–13 welchem die Natur 〈. . .〉 gestört, sondern] dem die Natur keine
eigentliche Bildung und Form gegeben hat, wird nicht von dem Menschen zerstört, aber J3 D4 176,16–19 Wir wollen 〈. . .〉 zu halten. Stahl] Helm, Schild – Schwerdt, Kugel, Pfeil – Stahl J3 Helm, Schild – Schwerdt, Kugel, Pfeil – Stahl D4 176,19 halten.] halten D3 176,20 schützt] schüzt J3 176,20 Stahl – Helm] Stahl – Helm J3 176,23 kleinsten Kugel] Kugel J3 D4 176,23 welche] die J3 D4 176,24 wird –] wird. – J3 D4 176,26 zurück;] zurück, J3 D4 176,26 Last] Last des Kriegers J3 D4 176,30 erhöhten] erhöhenden D3 176,30 Beschützung] Erhöhung der beschützenden Kraft J3 D4 176,31 gehalten – Der Bogen] gehalten. – Bogen J3 gehalten. – Bogen D4 176,31 hinweggeworfen] hingeworfen D4
Varianten
609
176,32 tödtende] tödtenden D1 176,32 Feuergewehr] Feuerrohr J3 D4 176,32 getreten] getreten. J3 D4 176,34 getreten.] getreten. – J3 D4 177,1–2 Pflanzenwelt –] Pflanzenwelt. – D4 177,3 Schafs] Schafes J3 D4 177,3 ihn –] ihn. D4 177,4 ihm Wohnung 〈. . .〉 und Regen] ihm, ob er sie gleich abgehauen hat, eine bequeme Wohnung, J3 D4 177,4 beschützen] schützen J3 D4 177,5 Regen –] Regen. – J3 D4 177,6 daß] das D4 177,7 ihn. –] ihn – J3 D4 177,8 nützlichste] nüzlichste J3 177,9 Zerstörung] Z e r s t ö r u n g J3 177,9 Zweck –] Zweck. – J3 D4 Zweck D2 177,10 Baum, durch] Baum – Durch J3 D4 177,11 ganze] innerste J3 D4 177,11–12 Baumes zerstört –] Brunnens zerstört – D1 D3 Baumes zerstört. J3 Baumes zerstört. D4 177,13 wird die] die J3 177,14 Thieres aufgelöst] Thiers aufgelößt J3 Thieres aufgelößt D4 177,15–16 Aehren – Der] Aehren – Der J3 Aehren. – Der D4 177,17 neue] andre J3 D4 177,18 lassen –] lassen. – J3 D4 177,19–21 beneidet er sich 〈. . .〉 Schöpfung – Daraus] Bald b e n e i d e n
sich die Menschen untereinander diese neue von ihnen selbst hervorgebrachte Schöpfung. Daraus J3 Bald beneiden sich die Menschen unter einander diese neue von ihnen selbst hervorgebrachte Schöpfung. Daraus D4 177,21 Streit –] Streit. – D4 177,21 das] das gefährliche Werkzeug J3 D4 177,25 zerstörte –] zerstörte, D4 177,32 umgiebt –] umgiebt D3 178,13 seinem] seinen D3 178,14 f r e i w i l l i g e n ] f r e i w i l l g e n D1 f r e i w i l l i g e n D3 178,17 H a b e n s , ] H a b e n s D3
610
Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik
178,25 Schlüssels,] Schlüssels D3 178,29 Durch] B e s i t z t h u m . Durch D3 179,16 wird;] wird, D3 179,23 daß] das D3 179,28 selbst;] selbst D3 179,29 Zeichen;] Zeichen. D3 179,33 wird] wird. D3 180,31 können.] können. F a b e l . D3 181,9 schnapt] schnappt D3 181,24 F a b e l w e l t ] F a b e l w e l t . D3 182,2 daß,] daß D3 182,10 ladet also] ladet D2 182,10 speisen] essen D2 182,13 Figur –] Figur; D2 182,14 indes] indeß D2 182,22 heraushohlt] herausholt D2 182,24 Und] U n d D2 182,30 Aeußres] Aeußeres D3 182,32 Indem man also] Als man D2 183,1 schmeichlen] schmeicheln D2 183,2 jederman] jedermann D2 D3 183,9 den Charakter] das Merkmal D2 183,13 Schmeichelei] Schmeicheleien D3 183,15 lasse] lasse. D3 183,23 dieß] dies D2 D3 183,23 eröfnete] eröffnete D2 D3 183,29–30 aber ist] ist D2 183,30 Frosch –] Frosch. D2 183,31 Verwandtschaft] Verwandschaft D2 184,1 bläßt] bläst D2 184,2 Verwandschaft] Verwandtschaft D2 D3 184,3 gewesen] gewesen, D2 184,6 dieß] dies D2 184,10 weidete,] weidete – D2 184,14 Thiere] Thier D3 184,16 Ebenmaß] Ebenmaaß D2
Varianten
611
184,18 dieser] der D2 184,21 die Scene noch komischer] den Auftritt noch lächerlicher D2 184,23 Jungen,] Jungen D2 184,23–24 herstehen] her stehen D2 184,25 andre, als eine] andre als D2 184,26 aufbläßt] aufbläst D2 D3 184,29 daß] das D3 184,30 Mächtigeren] Mächtigern D3 185,5 Menschen,] Menschen: D3 185,23 gegeneinandergestellt] gegeneinander gestellt D3 186,5 Schaale] Schale D3 186,6 werde] würde D3 186,16 F ä l l e ] F a l l e D1 F ä l l e D3 188,13 Monathen] Monaten D3 188,15 gesprochen,«] gesprochen«, D3 188,22 den] dem D3 188,23 Dieß] Dies D3 188,30 Daß] Das D3 189,12 I d e e n w e l t ] I d e e n w e l t . D3 189,16–18 In diese Ideenwelt 〈. . .〉 schon] Schon J2 189,18–19 den ältesten Zeiten] undenklichen Zeiten ist die Welt J2 189,19 neuen Wesen] Wesen J2 189,19 worden ist] worden J2 189,20 außer] ausser J2 189,20 waren.] waren – J2 189,21 Dahin gehörte, 〈. . .〉 Jupiter, und] Dahin gehörten, alle Nymphen, Faunen und Satyrs; J2 189,24 persönlich] persönlich; D3 189,24 gleich] mehr g l e i c h J2 189,26 die Luft und den Himmel –] Luft und Himmel; J2 189,27 Meer –] Meer; J2 189,27 Erde] Erde. J2 189,28 ungeheure Massen,] ungeheuern Massen J2 189,28 Meer,] Meer J2 189,28–29 spielende Einbildungskraft] s p i e l e n d e E i n b i l d u n g s k r a f t des Menschen J2
612
Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik
190,3 und seine] und J2 190,3 so] schon so J2 190,5 verlieh] gab J2 190,6 Einbildungskraft] Einbildungskraft der Menschen J2 190,7 Vortreffliches] Vortrefliches D3 190,11 Nahmen] Namen D3 190,11 Minerva] Minerva, D3 190,12 Apollo] Apollo, D3 190,18 Umformungen] Unformungen D1 Umformungen D3 190,19 Glas,] Glas D3 190,20 Meer,] Meer D3 190,23 Dieß] S p r a c h e . Dies D3 190,30 Bewußtseyn] Bewußtsein D3 191,12 erhitzt] erhitz D1 erhitzt D3 191,14 seinen] seinem D3 192,7 Vorstellungsart] Vorstellunsgart D1 Vorstellungsart D3 192,8 abweicht,] abweicht D3 192,24 Gelehrten] Gelehten D1 Gelehrten D3 193,4 aufmerksam] aufmerksaw D1 aufmerksam D3 193,4 indes] indeß D3 193,4 dieß] dies D3 193,8 B e n e n n u n g e n ] B e n e n n u n g e n . D3 193,21 Thür] Thür, D3 193,24 als:] als D3 193,26 Durch] durch D3 194,11 seiner] einer D3 194,11 belebenden] beledenden D1 belebenden D3 195,8 e i n z i g s t e , ] e i n z i g s t e D3 195,9 andre] andere D3 195,11 Mannichfaltige] Mannigfaltige D3 195,30 Frühling] Frühliug D1 Frühling D3 196,22 erhabene] erhabne D3 196,24 e i n s , ] e i n s D3 196,26 das] Das D3 196,27 ihm] ihn D3 197,28 mannichfaltig] mannigfaltig D3
Varianten 198,8 womit 〈er〉] womit D1 womit er D3 198,14 n a n n t e ] nannte D3 199,8 daß] das D3 199,10 stützt,] stützt; D3 199,22 Pflanzen,] Pflanzen D3 199,23 S o n n e ,] S o n d , D1 S o n n e , D3 199,27 Daß] Das D3 200,7 Den] den D3 200,19–20 aufeinander folgt] aufeinanderfolgt D3 200,28 E r d e , ] E r d e D3 200,31 die] Die D3 201,7 e i g e n e n ] e i g n e n D3 201,12 Das] L e b e n u n d To d Das D3 201,13 M e n s c h . ] M e n s c h D3 201,18 d e r To d , ] Das Skelet. J4 201,19 welcher durch das] Durch dieß J4 D5 201,20 Menschen] Menschen wird also der Tod J4 D5 201,20 dargestellt wird.] dargestellt! – J4 dargestellt! D5 201,22 Knochenbaues,] Knochenbaues D5 201,24 übertrifft] überrifft D1 übertrifft D3 übertrift J4 D5 201,24 indem] in dem D5 201,26 das] daß J4 201,27 kann –] kann. – D5 201,29 sie sich] sie J4 sich D5 201,29 abbildete –] abbildete. – D5 201,30 worinn] worin J4 D5 201,31 Oeffnungen] Oefnungen J4 D5 201,32 Lippen] Lippen, J4 201,32 Freuden] Freude J4 D5 201,33 verschwunden –] verschwunden. – D5 202,1 Fiebern] Fibern D3 202,2 Sitz] Sitze J4 D5 202,3 abgelößt] abgelöst D3 202,4 trotzt;] trotzt, D5 202,4 und selbst] selbst J4 D5 202,5–6 zerfallnen] zerfallenen J4 D5
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614
Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik
202,6 einflößt –] einflößt. – D5 202,12 wollen] wollen? J4 D5 202,16 Menschen-] Menschen J4 D5 202,16 letzte] lezte J4 202,17 die] deren J4 D5 202,18 anhäufe] anhäufte J4 D5 202,18 geboren] gebohren J4 D5 202,19 wird? –] wird? J4 D3 202,20 Dieß] Dies D3 202,20 dauren] dauern D5 202,21 daß] das J4 D3 202,22 die] diese J4 D5 202,23 alle diesen] allen unsern J4 D5 202,23 Vorstellungen –] Vorstellungen. J4 D5 202,24 L e b e n ] Leben D5 202,24 To d ] Tod D5 202,25 fürchterlichen] fürchterlichem D3 202,27 Welt] Welt. D5 202,28–29 A n f a n g und E n d e d e s D a s e y n s ] A n f a n g – E n d e d e s D a s e y n s J4 D5 202,30 gehüllt –] gehüllt. – D5 203,1 S c h l u ß p u n k t ] Schlußpunkt D5 203,1 zwei Seiten] zwey Seiten. D5 203,3 gehemmet –] gehemmt – J4 gehemmt. – D5 203,4 alles;] alles – J4 D5 203,7 zurückgesunken –] zurückgesunken. – D5 203,8 uns –] uns, J4 D5 203,9 sollen –] sollen. – D5 203,11 kann –] kann. – D5 203,12 scheint] scheinet J4 203,12–13 Widerspruch] Widerspruch. D5 203,15 ist –] ist. – D5 203,16–17 D e n k e n d e r M e n s c h – K n o c h e n g e r i p p e – Es] D e n k e n d e r M e n s c h – K n o c h e n g e r i p p e – Es J4 Denkender Mensch – Knochengerippe – Es D5 203,17 denken –] denken. – D5
Varianten
615
203,18 Das,] Das D5 203,18 d a c h t e ] dachte D5 203,18 werden –] werden. – D5 203,19 ergänzt] erzeugt J4 D5 203,20 erhabnen] erhabenen J4 D5 203,21 plötzlich] plözlich J4 203,22 macht –] macht. – D5 203,24 darinn] darein J4 D5 203,24–25 können –] können. D5 203,26 steife] steiffe J4 203,26 anfaßt,] anfaßt D5 203,27 Dieses] diese J4 D5 203,28 steht] stehet D5 203,29 Betrachtung] Betrachtung. D5 203,30 meinen] meinem J4 D3 D5 204,1 beobachtet,] beobachtet J4 204,3 geben] geben. D5 204,5 bezeichnet] bezeichnet. D5 204,8 K ö r p e r und G e i s t ] K ö r p e r und G e i s t . J4 Körper und Geist D5 204,9 dunklen] dunkeln D5 204,11 d i e G e i s t e r w e l t ] die Geisterwelt D5 204,12 empor –] empor. – D5 204,15 verhüllt –] verhüllt. – D5 204,17 heitere] heitre J4 D3 D5 204,17 auf –] auf. – D5 204,19 B a u e n und B i l d e n ] B a u e n , das B i l d e n J4 Bauen, das Bilden D5 204,20 Mittel –] Mittel. – D5 204,21 andere] andre J4 D5 204,23 wird –] wird. – D5 204,24 geboren] gebohren J4 204,27 zu] zu. D5 204,28 Vervollkommnung] Vervollkommung J4 D5 204,29 F o r t s c h r e i t e n d e ] Fortschreitende D5 204,30 Dinge] Dinge, D5 204,30 Zweck] Zweck, D5
616
Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik
204,31 seyn] sey D1 seyn. J4 seyn D3 seyn, D5 205,2 rollt –] rollt. – D5 205,3 die] diese J4 D5 205,3 d o p p e l t e ] doppelte D5 205,4 f o r t s c h r e i t e t ] fortschreitet D5 205,4 drehet –] drehet? – D5 205,6 Tod] Tod, D5 205,7 Alter] Alter, D5 205,8 Zerstörung.] Zerstörung J4 205,9 D r e h e n um ihre A x e ] D r e h e n u m i h r e A x e J4 Drehen um ihre Axe D5 205,9–10 Ta g und N a c h t – ] Tag und Nacht. D5 205,14 Kreislauf] Kreislaufe J4 D5 205,15 welches] welcher J4 D5 205,16 soll? –] soll? D5 205,18 Vervollkommnung] Vervollkommung J4 D3 D5 205,18 vollendeten] vvllendeten D1 vollendeten D3 205,19 zunimmt –] zunimmt. D5 205,20 Feld –] Feld. – D5 205,23 e r m ü d e n ] ermüden D5 205,31 übertrift] übertrifft D3 206,3 das] daß D3 206,7 läßt] läst D3 206,10 außer] ausser D3 206,16 verschiedne] verschiedene D3 206,17 unzerstörbare] unzerstörbar D1 D3 207,3 einen] einem D3 207,4 gewissermaßen] gewißermaßen D3 207,5 unserer] unser D1 unserer D3 207,11 G o t t ] G o t t . D3 207,13 dem] den D3 207,29 andere] andre D3 209,1 Körper] Körper, D3 209,11 diesen] diesem D3 209,22 i n ] in D3 210,14–15 Unvollkommenheit] Unvollkommenheit, D3
Varianten
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210,18 ineinanderzwingt] ineinander zwingt D3 210,20 gewissermaßen] gewißermaßen D3 211,1 endlichen] endlich D3 211,6 Dieß] Dies D3 212,2 den] dem D3 212,10 das] daß D3 212,13 a l l e r ] aller D3 212,15–16 denselben] demselben D3 212,33 grün] grün. D3 213,4 D e r ] d e r D3 213,20 angewiesen,] angewiesen; D3 213,28 a l l g e m e i n e r n ] a l l g e m e i n e n D3 214,15 Mittelpunkt] Mitpunkt D1 D3 214,29 denjenigen] demjenigen D3 214,29 diesem] diesen D3 214,31 K ö r p e r . ] K ö r p e r D3 215,18 a n d e r e ] a n d r e D3 216,9 Bekannten] Bekannte D1 D3 216,13 antworte] anworte D1 217,6 andere] andre D3 217,19 wäre –] wäre. D3 217,20 dieß] dies D3 218,15–16 Daseyns –] Daseyns D3 218,28 bewerkstelliget] bewerkstelligt D3 218,30 Wir] Sie D3 219,21 Die] die D3 219,23–24 E i n h e i t – M e h r h e i t m e n s c h l i c h e K r a f t , ] Einheit – Mehrheit – menschliche Kraft – J6 219,25–220,12 sind es 〈. . .〉 gerettet werden –] fehlt in J6 220,1 ihren] ihrem D3 220,13 diese] die J6 220,13–14 m e h r e r e r menschlicher Kräfte zu einem Z w e c k ] m e h r e r e r m e n s c h l i c h e n K r ä f t e z u e i n e m Z w e c k J6 m e h r e r e r m e n s c h 〈fehlender Trennstrich〉l i c h e r K r ä f t e z u e i n e m Z w e c k D3 mehrerer menschlicher Kräfte zu einem Zweck D5 220,14 nun in] in J6 D5
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Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik
220,16–19 S t ä d t e 〈. . .〉 M a n u f a k t u r e n ] Städte – Kriegsheere – Staatsverfassungen – 〈. . .〉 Manufakturen D5 220,17–18 u n t e r i r r d i s c h e ] u n t e r i r d i s c h e D3 unterirdische D5 220,19 F a b r i k e n ] Fabriken. D5 220,20 nebeneinanderstellen] nebeneinander stellen J5 D5 220,21 d e r e i n z e l n e M e n s c h und d e r M e n s c h i n G e s e l l -
s c h a f t ] d e n e i n z e l n e n M e n s c h e n und d e n M e n s c h e n i n G e s e l l s c h a f t – J6 den einzelnen Menschen und den Menschen in Gesellschaft. D5 220,22 e i n z e l n e ] einzelne D5 220,22 Hülle] Hütte J6 D5 220,23 Trunk] Trank J6 D5 220,23 Kräuter,] Kräuter J6 D5 220,24 Nahrung] Nahrung. D5 220,25 G e s e l l s c h a f t ] Gesellschaft D5 220,25 Kriegsheeren] Krieesheeren D1 Kriegsheeren J6 D3 D5 220,26 Fabriken] Fabriken. D5 220,28 K ö r p e r ] Körper D5 220,28 worinn] wovon J6 D5 220,29 A r m und F u ß ] Arm und Fuß D5 220,29 seyn;] seyn, J6 D5 220,29 indes] indeß D5 220,29 andere] andre J6 220,29 K o p f ] Kopf D5 220,30 gesetzt] gesezt J6 220,30 werden] werden. D5 220,33 das Kriegesheer –] Das Kriegsheer. J5 221,1 Beweiß] Beweis D3 221,2 Kriegsheer –] Kriegsheer. J5 221,3 Das] Daß J5 D3 221,5 Mensch –] Mensch; J5 221,6 Das] Daß D3 221,6 gleichsam] gleichsam, J5 221,6 einen] einem D3 221,6 Drath] Draht J5 221,8 befindet –] befindet; J5
Varianten
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221,9 gesetzten] gesezten J5 221,10 fallen] fallen, J5 221,11 wird. –] wird; J5 221,15–16 entgegengesetzt] entgegensetzt D1 entgegengesezt J5 entgegengesetzt D3 221,17–19 Ein Soldat 〈. . .〉 fürchtet –] fehlt in J5 221,17 Gefangnen] Gefangenen D3 221,18 Gefangne] Gefangene D3 221,21 Kriegesheer] Kriegsheer J5 D3 221,23 gegeneinandergestellten] gegeneinander gestellten J5 221,24 zuweilen bis] bis J 221,24 höchste.] höchste – J5 221,27 zusammenziehen] zusammen ziehen J5 221,28 Die] S t a a t s v e r f a s s u n g . Die D3 221,29 hervor –] hervor. – D5 221,30 darinn] darin J6 D5 221,31 vernachlässiget] vernachlässigt J6 vernachläßigt D5 221,33 größern] großen J6 D5 221,34 b l o ß ] bloß D5 222,1 gemäß,] gemäß J6 D5 222,2 d e n k e n ] denken D5 222,4 menschlicher] menschlichen J6 D5 222,5 Bewegungen] Bewegnungen D1 Bewegungen J6 D3 D5 222,6 Menschen,] Menschen D5 222,6 einzigen] Einzigen D5 222,6–7 g e w i s s e R i c h t u n g ] gewisse Richtung D5 222,9 soll –] soll. – J6 D5 222,10 z. B. einmal] einmal D5 222,11 i m m e r ] immer D5 222,14 würde –] würde. – D5 222,15–16 s o l a n g e , b i s d a s G e b ä u d e f e r t i g i s t ] l a n g e b i s d a s G e b ä u d e f e r t i g i s t J6 lange bis das Gebäude fertig ist D5 222,16 freywilligen] freiwilligen J6 222,17 Ve r z i c h t thun] Verzicht thun. D5 222,18 Ve r z i c h t t h u n ] Ve r z i c h t thun J6 Verzichtthun D5 222,18 bei jener] zur J6
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Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik
222,19 menschlicher] menschlichen J6 D5 222,20 den] den J6 D5 dem D3 222,20 Werke] Werken J6 D5 222,21 seyn] seyn. D5 222,23 e i g n e r G e d a n k e ] eigner Gedanke D5 222,24 treibt] treibt. D5 222,25–26 fortbewegen;] fortbewegen J6 fortbewegen, D5 222,27 nehmen] nehmen. D5 222,30 hat] hat. D5 222,31 z. B.] zum Beispiel D5 222,32 den] die J6 222,32 hat] hat. D5 222,34–35 d e r n i c h t 〈. . .〉 e x i s t i r t – ] der nicht 〈. . .〉 existirt. – D5 223,1 wird] bleibt D5 223,2 bloß] blos D3 223,2 Fuß] Fuß. D5 223,4 w a r u m ] warum D5 223,4 bewegt] bewegt. D5 223,6 a u f g i e b t ;] aufgiebt? D5 223,7 Bewegungen] Bewegungen, J6 D5 223,8 Wa r u m ] Warum D5 223,8 Wa r u m ] Warum D5 223,9 drehen] drehen? D5 223,10 den] dem J6 D5 223,11 Z w e c k ] Zweck D5 223,12 z e r r e i ß t ] zerrreißt D5 223,13 seinen eignen,] seine eigenen J6 seine eignen, D5 223,14 läßt –] lässt. D5 223,15 l i s t i g e r We i s e ] listiger Weise D5 223,18 können] können. D5 223,19 verschlagnere] verschlagenere D5 223,19 nehmlich] nemlich D5 223,20 ehrlichern] ehrlichen D3 ehrlicheren D5 223,20 gutmüthigern] gutmüthigeren D5 223,21 entreissen] entreißen D5 223,24 Ve r z i c h t ] Verzicht D5
Varianten
621
223,26 Kommandowort] Kommando J6 D5 223,27 muß] muß. D5 223,28 B.] E. D5 223,30 daß] das D5 223,31 können] können. D5 223,32 w ä h l e n ] wählen D5 223,33 ihren Arm] ihre Arme J6 D5 223,35 lassen] lassen. D5 224,1 a l l e n ] allen D5 224,1 a l l e n ] allen D5 224,1–2 g e l e g e n ] gelegen D5 224,2 werde –] werde. – J6 224,2 d e n k t ] denkt D5 224,3 f ü r s i e ] für sie D5 224,4 selber] selber. D5 224,5 etwa erst] erst J6 D5 224,5 hatte,] hätte, D5 224,5 war] wär D5 224,6 e t w a v o r h e r 〈. . .〉 h a l t e n ] etwa vorher 〈. . .〉 halten D5 224,7 die K ö p f e ] ihre K ö p f e J6 ihre Köpfe D5 224,7 mußte, ehe] müßte, ehe J6 müßte, eher D5 224,8 durfte,] dürfte, D5 224,9 machen] machen. D5 224,11 Zerreissen] Zerreißen D5 224,12 Maschine –] Maschiene D5 224,13 Wa r u m ] Warum D5 224,14 andern –] andern. – D5 224,15 w i e ] wie D5 224,15 Richtung,] Richtung J6 224,16 Fuß, zur] Fuß zu D5 224,16 gemeinschaftlichen] gesellschaftlichen J6 D5 224,16 Endzwecks,] Endzwecks D5 224,17 läßt] läst D3 224,17–18 vorschreiben] vorschreiben. D5 224,19–20 D e n n e r 〈. . .〉 G e d a n k e n g e w ä h l t ] Denn er 〈. . .〉 Gedanken gewählt D5
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Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik
224,19 d i e s e n ] d i e s e J6 diese D5 224,20 s e i n e n ] seinen D5 s e i n e m D3 224,20 e i g n e n ] e i g e n e n J6 224,20 g e w ä h l t – ] g e w ä h l t . – J6 gewählt. D5 224,25 Republick] Republik D3 225,2 Representanten] Repräsentanten D3 225,11 ihren] ihrem D3 225,19 ungeheure] nngeheure D1 ungeheure D3 226,31 geworden] worden D3 227,23 das] daß D3 228,1 dieß] dies D3 228,2 daß] das D1 228,8 B e s c h ä f t i g u n g – ] Beschäftigung D3 229,6–7 zurücklassen] zurücklaßen D3 229,24–27 Dieß Ideenspiel 〈. . .〉 beschließen.] Häußliche Glückseeligkeit – Genuß der schönen Natur. J7 229,24 den] dem D3 229,30 offnen] offenen J7 229,31 angenehm – denn] angenehm – Denn J7 229,32 ans] vors J7 229,34 ausgesetzt wird –] ausgesezt wird. – J7 230,3 unabhängig –] unabhängig. – J7 230,6 Natur –] Natur. – J7 230,9 Meere] Meer D3 230,9 unter] in J7 230,10 wird –] wird. – J7 230,11 Einschränkung,] Einschränkung D3 230,12 suchen –] suchen. – J7 230,14 h ä u s l i c h e r ] h ä u ß l i c h e r J7 230,15 entstanden –] entstanden. – J7 230,19 erfüllet] erfüllt J7 230,22 der] den J7 230,23 Verbindung] Verbindungen. J7 230,25 ausmachen –] ausmachen. – J7 230,28 werden –] werden. – J7 230,29 Königreiches] Königreichs J7
Überblickskommentar
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230,32 f i n d e n – ] f i n d e n . – J7 230,33 dem Schooße] den Schoß J7 230,34 daß] das D3 J7 230,34 bürgerlichen] bürgerliche D3 230,35 zusammen –] zusammen. – J7 231,1 Menschen] Menschen, J7 231,4 liegt,] liegt – J7 231,4 worinn] worin J7 231,5 worinn] worin J7 231,11 allenthalben,] allenthalben J7 231,12 Wo h n u n g ] Wo h n u n g , J7 231,13 loß] los D3 231,14 Glückseeligkeit] Glückseligkeit J7 231,15 Zirkeln] Cirkeln J7 231,16 zusammenzudrängen] zusammen zu drängen J7 231,18 wollten –] wollten. – J7 231,19 um] nuu D3 231,20 bleibt] bleibt doch J7 231,21 worinn] worin J7 231,23 Glückseligkeit] Glückseeligkeit J7 231,23–24 unauflößlichen] unauflöslichen D3 231,26 ist h ä u s l i c h e ] ist: H ä u s l i c h e J7
Überblickskommentar 1. Entstehungsgeschichte Die Entstehung der Kinderlogik ist nach der Vorrede auf einen eher zufälligen äußeren Umstand zurückzuführen: Einige Kupfertafeln für ein Lehrbuch der lateinischen Sprache waren dem Verleger auf dem Halse geblieben.1 In die Überlegungen zu einer sinnvollen Weiterverwendung wurde offenbar auch Moritz einbezogen, der feststellte, daß diese Kupfertafeln zufälliger Weise auch zu meiner Idee paßten.2 1 2
Klischnig, Erinnerungen, S. 260. Vorrede zur Kinderlogik, vgl. S. 144,1–4 in diesem Bd.
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Bei dem Lehrbuch handelte es sich um Johann Michael Friedrich Schulzes (1753–?) Elementarbuch der lateinischen Sprache. Erster Theil in Verbin-
dung mit sieben Kupferplatten von Daniel Chodowiecki, Berlin bei August Mylius 1779. Schulze arbeitete ab 1780 im Dessauer Philanthropin als Lehrer für Handlungswissenschaft und Geschichte. Seine Kindergrammatik zielte darauf, Kindern die elementarische Grammatik auf eine angenehme, menschenfreundliche Art beizubringen.3 Sechzehn Dialoge eines Lehrers mit drei Kindern sollten zeigen, wie ein liebreicher Kinderfreund grammatikalisch angenehm und unterhaltend mit Kindern sprechen könne.4 Das Werk selbst wurde von einem zeitgenössischen Rezensenten sehr kritisch beurteilt, mit Ausnahme der eleganten Chodowieckischen Kupfer.5 Diese vom damals bedeutendsten zeitgenössischen Kupferstecher Daniel Chodowiecki (1726–1801) stammenden Illustrationen waren hinten im Buch eingeklebt und ausklappbar; der Verleger Mylius entnahm sie, um sie ebenso an die Kinderlogik anzubinden. Die Tafeln dienten dazu, grammatikalische Kategorien wie Singular/Plural, Maskulin/Feminin, transitiv/intransitiv zu veranschaulichen. Die abgebildeten Lebewesen und Gegenstände etwa auf den Tafeln I und II waren ausgewählt, um die verschiedenen Deklinationsarten der jeweiligen Namen zu veranschaulichen. Lediglich die Tanzfiguren auf Tafel II nahmen Bezug auf ein Stellenverwechselungsspiel; außerdem nutzte Schulze die Bilder Nr. 4–6 auf Tafel V, um eine kleine Geschichte zu erzählen.6 Moritz dagegen filtert anhand der Tafeln gleich logische Zusammenhänge heraus; während Schulze etwa die Inhalte der 1. Kupfertafel nur zur Verdeutlichung der unterschiedlichen Kasus Nominativ und Akkusativ nutzt,7 baut Moritz sie in größere Zusammenhänge ein. Die Idee, eine Kinderlogik in enger Verbindung mit sprachlichen Reflexionen zu entwickeln, läßt sich bis in Moritz’ erste Veröffentlichungen zurückverfolgen. So wies Moritz schon im Vorbericht zu den Unterhaltungen mit meinen Schülern (1780) darauf hin, daß in dem Abschnitt von der Sprache Ç. . .È zugleich die allersimpelste Kinderlogik mit enthalten sei.8 In der Deutschen Sprachlehre 3
Vorbericht, S. XIV. Ebd. 5 Vgl. Allgemeine deutsche Bibliothek, 45. Bd., 1781, 1. St., S. 188. 6 Vgl. Johann Michael Friedrich Schulze, Elementarbuch der lateinischen Sprache. Erster Theil in Verbindung mit sieben Kupferplatten von Daniel Chodowiecki, Berlin 1779, S. 351. 7 Ebd., S. 31–39. 8 Vgl. S. 8,31 in diesem Bd. 4
Überblickskommentar
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hatte er diesen Zusammenhang nachdrücklich betont: die L o g i k Ç. . .È gehöret eigentlich in die Sprachlehre, und ist mit ihr auf das genaueste verwebt.9 Das sprachstrukturierende Anschauungsmaterial der Kupfertafeln forderte offenbar Moritz dazu heraus, hieran die ordnende und klärende Funktion des Denkens und der Sprache zu demonstrieren. Von der Möglichkeit, auch Kindern philosophische Gedanken zu vermitteln, war er überzeugt: Wenn dergleichen Materien
nicht in die Schulterminologie eingehüllt werden, so sind sie für jeden Kopf und sogar für Kinder verständlich.10 Daß die Kinderlogik dem Autor unter den Händen das geworden ist, was sie eigentlich nicht werden sollte, aber doch bey dem natürlichen Gange des Denkens werden mußte,11 zeigt sich in den über den üblichen Bereich der praktischen Logik hinausgehenden metaphysischen und geschichtsphilosophischen Partien. Es gibt keine Dokumente zur Entstehung des Werks. Im Katalog der Leipziger Michaelismesse 1785 ist das Buch unter der Rubrik Schriften, welche künftig herauskommen sollen, angekündigt.12 Das Verzeichnis der Ostermesse 1786 führt die Kinderlogik als fertig gewordene Schrift auf.13 Angaben zum tatsächlichen Erscheinungszeitpunkt sind weiter nicht überliefert. In Klischnigs Bibliographie ist als Erscheinungsjahr der Kinderlogik 1785 angegeben.14 Möglicherweise kam die Kinderlogik also bereits Ende 1785 auf den Markt.15 Für die in dem Buch enthaltenen Texte, die zwischen dem 10. Januar und 7. März 1786 wöchentlich auch in Moritz’ Zeitschrift Denkwürdigkeiten, aufgezeichnet zur Beförderung des Edlen und Schönen (KMA 11) erschienen sind, wären damit die parallelen Kinderlogik-Texte als Erstdrucke anzusehen.16 Auf die zeitliche Priorität der Kinderlogik deutet, daß in den Parallelbeiträgen der Denkwürdigkeiten der Hinweis auf Daniel Nikolaus Chodowieckis (1726–1801) Kupfertafeln fehlt, zu denen die Texte der Kinderlogik ursprünglich verfaßt worden sind.17 Für die Denkwürdigkeiten wurden sieben Textteile ausgewählt, die the9
DS, S. 274 (KMA 7). Anton Reiser, KMA 1, S. 179. 11 Vorrede; vgl. S. 144,5–7 in vorliegendem Bd. 12 Meßkatalog Michaelis 1785, S. 233. 13 Meßkatalog Ostern 1786, S. 323. 14 Klischnig, Erinnerungen, S. 259; vgl. S. 633 in diesem Bd. 15 Vgl. Saine 1971, S. 15f. 16 Ebd., S. 15. 17 Vgl. Moritz’ Vorrede S. 144,1–4 in diesem Bd. sowie Klischnigs Erinnerungen, S. 259f. 10
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matisch in sich geschlossen und so bearbeitet werden konnten, daß sie keiner Illustration bedürfen. Deutlich macht die Priorität der Kinderlogik der Hinweis auf die Illustration mit dem Buch des Horaz für den Beitrag Das Buch (vgl. S. 164f. u. Erl.); vgl. auch die fehlende beschreibende Passage in Das Kriegsheer, S. 221,17–19. Inwieweit die in der Kinderlogik enthaltenen Texte schon vor der Aufnahme in dieses Werk entstanden sein könnten, läßt sich nicht beurteilen, weil der Nachlaß von Moritz nicht erhalten ist. Der pädagogische Kern und der Name der Hauptfigur Fritz gehen auf eine Geschichte zurück, die Moritz 1780 in seinen Unterhaltungen im Kapitel Vom Widerwillen gegen das Gute veröffentlichte.18 Die Geschichte wurde 1781 unter dem Titel Nur der Anfang ist schwer ausgekoppelt für das von Joachim Heinrich Campe herausgegebene Perodikum Kleine Kinderbibliothek.19 Die Kinderlogik ist im Verlag August Mylius (Berlin) erschienen, wie zuvor schon die Aussichten zu einer Experimentalseelenlehre (1782; vgl. KMA 12), das Magazin zur Erfahrungsseelenkunde (ab 1783; vgl. KMA 12) und Moritz’ Übersetzung von John Truslers Regeln einer feinen Lebensart und Weltkenntniß (1784; vgl. KMA 11). Der Verleger Gottlieb August Mylius20 hatte allerdings 1784 die Geschäftsführung krankheitshalber an Johann Friedrich Vieweg (1761–1818) übertragen, der dann am 1. April 1786 ein eigenes Unternehmen gründete.21 Es ist nicht unwahrscheinlich, daß die Anregung zur Kinderlogik von Vieweg ausging, der seit 1784 Moritz’ Logenbruder war (wo er zur Unterscheidung von den anderen drei Viewegs »Vieweg III« oder »der ältere« genannt wurde). Die Kinderlogik beginnt mit der Geschichte von Fritz, dem unordentlichen Knaben, der von seinem Hauslehrer angeleitet, lernt, zu unterscheiden und zu ordnen. Zu diesem Zweck werden die Kupferstiche herangezogen, die eine Reihe von Objekten zeigen, die zu vergleichen, zu unterscheiden und zu ordnen waren. Die Form einer »Fallgeschichte«22 wird bald verlassen. Nach der Einführung der
18
Unterhaltungen mit meinen Schülern. Erstes Bändchen. Berlin 1780, S. 123–129; s.
19
Siebentes Bändchen. Hamburg, in der Heroldschen Buchhandlung. 1781, S. 34–37 (auch unter dem Titel: Hamburgscher Kinderalmanach für das Jahr 1782, oder Weihnachtsgeschenk für Kinder in angenehmen und lehrreichen Unterhaltungen, die ihrer Fähigkeit angemessen sind).
S. 78,10–34 in diesem Bd.
20
Der Verlag Mylius war noch 1787 der drittgrößte in Berlin. Vgl. Eichler 1996, S. 178. Dreyer 1936, S. 13. 22 Meier 2000, S. 94. 21
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Kupfertafeln als Vorlagen zur Begriffsdifferenzierung tritt an die Stelle des Protagonisten Fritz (ab S. 16 des Originals) das verallgemeinerte Subjekt »wir«, »man« oder »der Mensch«. Anders als in der pädagogischen Erstlingsschrift Unterhaltungen mit meinen Schülern, wo der Autor als belehrender und erzählender Freund23 auftritt, ist der Autor in der Kinderlogik nicht als Person zu erkennen. Der Autor demonstriert lediglich das Verfahren des Unterscheidens und Ordnens. Ohne Aufforderungen oder moralische Appelle führt er verschiedene Unterscheidungen exemplarisch vor. Bei dem natürlichen Gange des Denkens24 ergeben sich dabei u. a. die folgenden zentralen differenzierenden Kategorien: Menschen- vs. Tierwelt, Natur- vs. Kunstwelt, Bücherwelt, Wirklichkeit vs. Ideenwelt, Fabelwelt, Leben vs. Tod, Körper- vs. Geisterwelt. Auch in der biblischen Schöpfungsgeschichte wird die erhabne Logik der Natur25 entdeckt, die mit der Schöpfungsgeschichte des menschlichen Verstandes26 übereinstimmt. Der Gedankengang kulminiert schließlich in der Bestimmung Gottes als des höchsten denkenden Wesens.27 Dabei kommt das Verfahren des Unterscheidens bei der höchsten denkbaren Einheit an eine absolute Grenze, denn: Alles ist eins.28 An diese höchste Abstraktion schließen sich noch einige logische und staatsphilosophische Reflexionen an, um dann mit dem Lob der häuslichen Glückseeligkeit29 zu enden. Moritz übernimmt in der Kinderlogik Verfahren der rationalistischen Schulphilosophie, etwa nach Wolff und Gottsched,30 und läßt in der Formulierung des
23
Vgl. S. 75,20 u. Erl. in diesem Bd. Vgl. Moritz’ Vorrede, S. 144,6–7 in vorliegendem Bd. 25 Vgl. S. 201,15 in vorliegendem Bd. 26 Ebd., S. 201,14. 27 Ebd., S. 207,17. 28 Ebd., S. 206,22. 29 Ebd., S. 230,14. 30 Christian Wolff, Vernünfftige Gedanken von den Kräften des menschlichen Verstandes und ihrem richtigen Gebrauche in Erkäntniß der Wahrheit ÇDeutsche Logik, Halle 1713È, Hildesheim 1978; Johann Christoph Gottsched, Erste Gründe der gesamm24
ten Weltweisheit darinn alle philosophische Wissenschaften, in ihrer natürlichen Verknüpfung, in zween Theilen abgehandelt werden, Zum Gebrauche Academischer Lectionen entworfen, mit einer kurzen philosophischen Historie, nöthigen Kupfern und einem Register versehen, 7. verm. u. verb. Aufl. Leipzig 1762 (Ausgewählte Werke, hrsg. v. P. M. Mitchell, 5. Bd., Berlin 1983).
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Gottesbegriffs als Endpunkt der logischen Ordnung zugleich eine Teilnahme am sogenannten »Pantheismusstreit« erkennen. Diese Kontroverse wurde durch einen Brief (4. November 1783) von Friedrich Heinrich Jacobi ausgelöst, in dem er Moses Mendelssohn berichtete, daß Lessing sich vor seinem Tod in einem Gespräch ihm (Jacobi) gegenüber zum Spinozismus bekannt habe und sich damit dem Verdacht des Atheismus aussetze. Fast gleichzeitig mit Jacobis Veröffentlichung des Briefwechsels, den er zuvor schon Goethe und Herder mitgeteilt hatte, erschienen im September/Oktober 1785 Mendelssohns Morgenstunden oder Vorlesungen über das Dasein Gottes,31 die eine eingehende Auseinandersetzung mit der Lehre des Spinoza enthalten. Mendelssohn übersetzt dabei das von Lessing benutzte En kaÂi paÂn! durch die Formel Alles ist Eins,32 die auch Moritz in der Kinderlogik gebraucht (vgl. S. 206,22 in vorliegendem Bd.). Es ist zu vermuten, daß Moritz bereits vor der Veröffentlichung des »Spinoza-Streits« in Gesprächen mit Mendelssohn an der Diskussion beteiligt wurde.33 Die 1786 in der »Vossischen Zeitung« erschienenen, vermutlich von Moritz stammenden, ausführlichen Rezensionen in Sachen der Herren Lessing, M. Mendelssohn u. Jakobi34 setzen die Diskussion engagiert fort. Das Problem des pantheistischen Gottesbegriffs trieb Moritz auch nach der Darstellung in der Kinderlogik weiter um und erst im September 1787 kam es zu einer Klärung, über die Goethe berichtete: Moritzen
hat Herders Gotteslehre sehr wohl gethan, er zählt gewiß Epoche seines Lebens davon, er hat sein Gemüth dahin geneigt und war durch meinen Umgang vorbereitet, er schlug gleich wie wohl getrocknet Holz in lichte Flammen. Ç. . .È Der G o t t 35 leistet mir die beste Gesellschaft. Moritz ist dadurch wirklich aufgebaut worden, es fehlte gleichsam nur an diesem Werke, das nun als Schlußstein seine Gedanken schließt, die immer aus einander fallen wollten. Es wird recht brav. Mich hat er aufgemuntert in 31
Friedrich Heinrich Jacobi, Über die Lehre des Spinoza in Briefen an den Herrn Moses Mendelssohn, Breslau 1785; Moses Mendelssohn, Morgenstunden oder Vorlesungen über das Dasein Gottes, Berlin 1785. 32 Mendelssohn, JubA 3/2, Stuttgart-Bad Cannstatt 1974, S. 104. 33 Vgl. Moritz’ Nachruf Ueber Moses Mendelssohn in: DW I 1786, 2.–9. St., S. 17–24; 49–53; 97–101; 129–133 (KMA 11). 34 Königlich-privilegirte Berlinische Zeitung von Staats- und gelehrten Sachen, 1786, 34.–36. St.; 64.–69. St.; 71. St. (KMA 10). 35 Gemeint ist Johann Gottfried Herders Schrift Gott. Einige Gespräche, Gotha 1787; vgl. Herder, SW 16, S. 41–580.
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natürlichen Dingen weiter vorzudringen, wo ich denn besonders in der Botanik auf ein En kaÂi paÂn gekommen bin, das mich in Erstaunen setzt Ç. . .È.36 Die zeitgenössischen Rezensenten (s. S. 631f. in vorliegendem Bd.) urteilten zwiespältig über das Werk: Einerseits wurde die Kinderlogik als praktisch anwendbares Unterrichtsbuch, als Anleitung zum Ordnen und Klassifizieren empfohlen, und man bewunderte schöpferische Denkkraft, Witz, Verstand und Scharfsinn des Verfassers. Andererseits wurden Ordnung, Plan und Deutlichkeit vermißt.37 Der Pädagoge August Hermann Niemeyer empfahl noch 1796 die Kinderlogik dem Lehrer, Ç. . .È um die Methode Çdes Elementarunterrichts; J. J.È zu lernen; Ç. . .È sie sei für philosophische Lehrstunden Ç. . .È mehr für Jünglinge als Kinder geeignet.38 Im 19. Jahrhundert wurde dann der Bereich der Logik auf die Lehre von »Begriff«, »Urteil« und »Schluß« eingeengt und zusammen mit der »empirischen Psychologie« als »philosophische Propädeutik« zum Pflichtpensum für den gymnasialen Unterricht aufbereitet. Moritz’ Kinderlogik paßte nicht in dieses Konzept, weil sie weder die formale Logik systematisch definierend darstellte, noch sich auf diesen Bereich beschränkte. In den letzten Jahren wurde die Kinderlogik wieder zunehmend als pädagogische Konzeption gewürdigt, so sah Armin Henry Polster darin »an applied Pedagogy of Autonomy«.39 Moritz demonstriert in der Kinderlogik das Konzept der Autonomie radikaler als seine Zeitgenossen, indem er seine Leser zu unabhängigem Urteil und zur Selbstbestimmung zu führen versucht. Er distanziert sich damit vom Philanthropismus und von seinem eigenen Erziehungskonzept der Unterhaltungen. Auch Anthony Krupp erkennt in Moritz’ pädagogischen Schrif-
36
Goethe, Italiänische Reise. III. Zweiter Römischer Aufenthalt vom Juni 1787 bis April 1788, Einträge unter dem 1. und 6. September 1787, in: WA I 32, S. 73 u. S. 76f. 37 Die Rezensenten gehen allerdings nicht so weit wie neuere Interpreten, die die Kinderlogik zwar »als ausführlichste Darstellung von Moritz’ Ideenwelt vor seiner Reise nach Italien« (Saine 1971, S. 40) würdigen, aber andererseits konstatieren, die Kinderlogik sei »als Logik betrachtet Ç. . .È nicht nur eigenwillig, sondern absurd« (Bezold 1984, S. 62), sie gerate »zum völligen Fiasko« (ebd., S. 5), das sich in Tautologien und Zirkelschlüssen verfange. 38 August Hermann Niemeyer, Grundsätze der Erziehung und des Unterrichts für Eltern, Hauslehrer und Erzieher. Unveränderter Nachdruck der ersten Aufl., Halle 1796. Paderborn 1970, S. 241; S. 282. 39 Polster 1994, S. 209f.
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Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik
ten einen zweiphasigen Entwicklungsprozeß von der Heteronomie zur Autonomie.40 Die Kinderlogik zeigt besonders, daß Autonomie vor allem als kognitive Selbständigkeit und Selbstbestimmung und als Autopoiesis zu verstehen ist.
40
Vgl. Anthony Krupp, Autonomy and Development in the Works of Karl Philipp Moritz, Baltimore 2000. Diss. phil. Johns Hopkins Univ.
Dokumente zur Rezeptionsgeschichte
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2. Rezeptionsgeschichte
Dokumente 1. Zeitgenössische Rezensionen 1. Anton Friedrich Büschings Wöchentliche Nachrichten von neuen Landcharten, geographischen, statistischen und historischen Büchern und Sachen, 14. Jg., 14. St., 3. April 1786, S. 112
Ve r s u c h e i n e r k l e i n e n p r a k t i s c h e n K i n d e r - L o g i k , w e l c h e auch zum Theil für Lehrer und Denker geschrieben ist. Herausgegeben von Carl Philipp Moritz. Professor am berlinischen Gymnasium. Mit 7 Kupfertafeln von Dan. Chod o w i e c k i . 1786 in Octav. Die Kupfertafeln sind vor 7 oder 8 Jahren zu einem ganz anderen Buch verfertiget, und mit demselben geliefert worden, aber Herr Professor Moritz machet jetzt einen Gebrauch von denselben, der seinem Witz und Verstande Ehre bringet, und das kleine Buch verdienet große Empfehlung, und Anwendung. 2. Allgemeine Deutsche Bibliothek, 73. Bd., 2. St., Berlin und Stettin 1787, S. 571f. (Hz. = Ernst Christian Trapp)
Der Verf. gesteht es in der Vorrede selbst, was jeder beym Durchlesen findet, daß ihm diese kleine praktische Kinderlogik unter den Händen das geworden sey, was sie eigentlich nicht hätte werden sollen, und daß also der letzte Theil gar keine praktische Kinderlogik mehr sey. Schade drum! Nach dem Anhange zu urtheilen, scheint Hr. P. M. der Mann zu seyn, der uns eine brauchbare praktische Logik für die Schulen hätte liefern können. Ob aber selbst dieser Zuschnitt eine K i n d e r l o g i k gegeben hätte, ob sich überall für K i n d e r eine Logik schreiben lasse, das wäre noch wohl erst zu untersuchen. Es wird hier immer viel darauf ankommen, wie alt und mit welchen Kenntnissen versehen, man sich die Kinder denkt, und auch darauf, wie eng oder weit man den Begriff der Logik faßt.
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Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik
3. Göttingische Anzeigen von gelehrten Sachen, 115. St., 21. Juli 1787, S. 1149f.
Zuerst Uebungen im Zusammensetzen verwandter Begriffe, Eintheilungen der mannigfaltigen Gegenstände sinnlicher Erkenntnisse, nach Kupfertafeln, die ursprünglich für eine praktische latein. Sprachlehre Ç. . .È bestimmt waren. Hernach die natürliche Geschichte der Fabeln und über das Sinnliche sich erhebenden Ideen und Ideale. Das letztere für Lehrer und Denker. Beydes aber mit vielen feinen Bemerkungen durchwebt, die neue Beweise enthalten von dem glücklichen, treffenden Blick des Verf. bey seiner lebhaften, dichterischen Imagination. Einige zur Probe. Der Mensch bildet die ganze Natur nach sich um; nicht nur in seinen Vorstellungen und Benennungen – wie er so dem B e r g F u ß u n d R ü c k e n giebt – sondern auch durch wirkliche Hervorbringung. Durch den Stuhl bildet er seine im Sitzen gebogenen Knie; durch den T i s c h die Erhöhung seines Schoßes, durch den L ö f f e l seinen mit der hohlen Hand schöpfenden Arm nach. – Die S o n n e und der M o n d sind das einzigste in der Natur, alles andere ist mehrmalen da. Diese beyden großen Gegenstände der Betrachtung des Menschen bringen daher auch Einheit in das Mannigfaltige; sie ordnen seine Vorstellungen von dem Lauf der Dinge; sie schlagen durch ihr immerwährendes Auf- und Niedergehen gleichsam den Takt zu den großen Revolutionen, die sich auf dem Erdrund ereignen. Die Schöpfungsgeschichte Mosis, als Geschichte des menschlichen Verstandes angesehen; ohngefähr wie in HÇerdersÈ ä l t e s t e r U r k u n d e . – Manche Bemerkungen sind freylich auch ein wenig zu einseitig aufgefaßt; besonders da, wo Phantasie und kühner Blick am wenigsten mehr ausreichen. So wenn die einzelnen denkenden Wesen als Begriffe des höchsten denkenden Wesens angesehen werden. Und wenn gesagt wird, das ganze Daseyn der höchsten Denkkraft dränge sich in weniger als einen Augenblick zusammen; ein Augenblick übertreffe die Ewigkeit an Dauer. Doch stehen gemeiniglich Sätze daneben, oder folgen nach, die Mißdeutungen abhalten können; wie hier der Satz: der Begriff von Zeit verschwindet ganz, und macht dem Begriff von Ewigkeit Platz, der hier an seine Stelle tritt. (Zeit und Ewigkeit können gar nicht mit einander verglichen, nicht durch m e h r oder w e n i g e r gegen einander bestimmt werden). So auch, wenn es erst hieß: Jedes Urtheil ist zugleich das, was man einen Schluß nennt; verbessert diesen unstatthaften Satz das Nachfolgende. – Das Buch läßt sich beym Unter-
Dokumente zur Rezeptionsgeschichte
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richt gebrauchen; wenn der Lehrer auszuwählen und zuzusetzen versteht; und gelesen zu werden verdient es auf jeden Fall. Wenn es um der Kupfer willen geschrieben seyn sollte, so müßte Rec. die gefällig schöpferische Denkkraft des V. nur desto mehr bewundern. 4. Karl Philipp Moritz. In: ÇSamuel Baur,È Charakteristik der Erziehungsschriftsteller Deutschlands: Ein Handbuch für Erzieher, Leipzig 1790, S. 296–303, hier S. 302f.
Sein ÇMoritz’È Ve r s u c h e i n e r k l e i n e n p r a k t i s c h e n K i n d e r l o g i k 1786 hat uns nicht recht gefallen. Dieses Buch ist, soviel wir glauben, nicht sowohl für Kinder, als vielmehr für solche, die sich künftig mit der Unterweisung der Jugend beschäftigen wollen. Und auch diese werden nicht sehr viel daraus lernen, weil es zu sehr aus gemeinen Dingen zusammen gesezt ist, und weder Ordnung noch einen stuffenweisen, zum Unterricht angelegten Plan, sondern nur blos vier Kupfertafeln zur Grundlage hat, die nach und nach so erklärt werden, daß man dadurch junger Leute Begriffe von der Eintheilung der Dinge, z. B. in lebendige und leblose vernünftige und unvernünftige Dinge, Natur- und Kunstsachen, die zum Feldbau, zu den Künsten, zum Krieg, zum Handel gehören, kennen lernt. Uns deucht, man könnte mit weit mehr Ordnung, Kürze und Leichtigkeit den Kindern dieß alles vermittelst weniger Blätter beibringen. An der Deutlichkeit fehlt es hier und da sehr, wenn nehmlich das Buch für Kinder bestimmt sein soll. Diese fühlt ein Philosoph nicht, aber ein Hofmeister, der das Buch brauchen wollte, würde es fühlen. 5. Karl Friedrich Klischnig, Erinnerungen aus den zehn letzten Lebensjahren meines Freundes Anton Reiser: Als ein Beitrag zur Lebensgeschichte des Herrn Hofrat Moritz Ç= Anton Reiser: Ein psychologischer Roman; Fünfter und letzter TheilÈ, Berlin 1794, S. 259f.
25. Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik 1785. Gemeiniglich läßt man zu einem Werke Kupfer stechen; dies Buch aber macht eine Ausnahme von der Regel, es ist zu Kupferstichen geschrieben. Einige schöne Chodowiekische Kupferplatten, zu einem Unterricht im Lateinischen für Kinder gehörig, der dem Verleger auf dem Halse geblieben war, gaben die erste Veranlassung dazu.
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Nur die ersten Bogen dieser Logik sind für Kinder faßlich, der größere Theil aber übersteigt bei weitem ihre Fassungskraft. Es gieng Reisern oft so, daß er currente rota etwas anders hervorbrachte, als es eigentlich hatte werden sollen. Simplex duntaxat et unum. Auch hier findet man viel herrliche Ideen. 6. Carl Gotthold Lenz, Karl Philipp Moritz. In: Nekrolog auf das Jahr 1793. Enthaltend Nachrichten von dem Leben merkwürdiger in diesem Jahre verstorbener Personen. Gesammelt von Friedrich Schlichtegroll, 4. Jg., 2. Bd., Gotha 1795, S. 169–276; hier S. 271f.
Sein Versuch einer k l e i n e n p r a k t i s c h e n K i n d e r l o g i k . Berlin 1786 (eigentlich 1785); sein N e u e s A B C - b u c h Berl. 1790 und das dazu gehörige L e s e b u c h f ü r K i n d e r sind Arbeiten, die ihm von Buchhändlern aufgegeben wurden. Wahrscheinlich fand seine Eitelkeit auch darin Nahrung, daß man sagen würde, der große Moritz lasse sich herab, Fibeln und Schriften für kleine Kinder zu schreiben. Und man hat dieses wirklich gesagt. Durch eigne, nicht gemeine Behandlung zeichnen sich auch diese Schriften aus. Seine Kinderlogik entstand sehr zufällig. Dem Buchhändler Mylius war eine kleine Sprachlehre für Kinder mit einigen Kupfertafeln liegen geblieben. Um die Kupfer nun auf irgendeine Weise in Umlauf zu setzen, legte ihnen Moritz einen neuen Text unter und zwar nicht wieder eine eigentliche Sprachlehre sondern überhaupt eine praktische Anweisung zum Denken. An den so verschiedenartigen Gegenständen der Kupfer, lehrt er das Ungleichartige zusammenstellen, wobey allerdings Scharfsinn, aber oft auch ein sehr gezwungener Witz angewendet wird. 7. Revision der Literatur für die Jahre 1785–1800. in Ergänzungsblättern zur AllgÇemeinenÈ LitÇeraturÈ-Zeitung dieses Zeitraums, 4. Jg. 1804, 1. Bd, Nr. 81, Sp. 88
Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik Ç. . .È zweyte Auflage Ç. . .È 1793. Wenn unter Logik eine Anleitung zum richtigen Denken verstanden wird: so ist eine Kinderlogik eben so nothwendig und vielleicht noch nothwendiger, als ein ABC der Anschauuungen; denn daß das Kind diese er-
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halte, dafür sorgt die Natur; daß es aber zu richtigen und geordneten Vorstellungen, Begriffen und Urtheilen gelange, dafür bedarf es einer nachhelfenden Leitung. Selbstdenken wird kein Mensch durch alle ABC’s und Katechismen der Anschauung lernen, wenn nichts weiter hinzu kommt. Die Idee zu dieser Kinderlogik, deren erste Ausgabe 1786 erschien, war daher kein übler Gedanke des sel. M o r i t z . Der Vf. nimmt von einigen, für einen andern Zweck verfertigten, Kupfern Veranlassung, eine praktische Anleitung zum Ordnen oder Classificiren verschiedenartiger Gegenstände und Begriffe zu geben. Die dabey eingestreueten Räsonnements verrathen zum Theil den Scharfsinn des Vf., wenn man sie auch nicht immer, als unbezweifelt wahr annehmen kann, wie S. 51, daß die Könige Kronen tragen, sey in der Natur der menschlichen Seele gegründet, weil das Wesen des Schönen darin bestehe, daß Etwas aus der Masse der übrigen Gegenstände herausgehoben und mit einer Einfassung versehen werde; oder wenn der Vf. S. 102 den Grundriß zur erhabenen Logik der Natur in Moses Schöpfungsgeschichte findet. Obgleich eine Kinderlogik kein vollständiges System der Denkregeln und ihrer Anwendung seyn darf: so vermissen wir doch Mancherley, was hieher gehören dürfte: unter andern eine Anleitung, abstracte Begriffe in ihre concreten aufzulösen; eine Uebung, welche, wie wir glauben, selbst für die moralische Bildung junger Menschen nicht ohne Nutzen seyn dürfte. Uebrigens verdient dieses Buechelchen von Jugendlehrern nicht übersehen zu werden; sie werden darin manche Winke finden, besonders diejenigen Lehrstunden, die den sogenannten Ve r s t a n d e s ü b u n g e n gewidmet sind, interessant zu machen. Stellenerläuterungen 144,2–3 sieben Kupfertafeln 〈…〉 verfertiget sind] Vgl. Überblickskommentar, S. 623. 144,5 praktische Kinderlogik] Kinderlogik: »logik wie sie die schulkinder lernen oder können«; der Ausdruck ist schon bei Luther belegt (DWb 11, Sp. 742). Der Begriff Kinderlogik findet sich bei Moritz zuerst im Vorbericht der Unterhaltungen (vgl. S. 8,31 und Erl.). Seine Auffassungen sind wohl von Johann Christoph Gottscheds Lehrbuch Erste Gründe der gesammten Weltweisheit (Erstdr. 1762) beeinflußt (vgl. Krupp 2000, S. 166), das Moritz im Anton Reiser als Lektüre erfahren hatte, die ihm wenigstens eine leichte Uebersicht aller philosophischen Wissenschaften vermittelte, wodurch sich die Ideen in seinem
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Kopfe aufräumten (KMA 1, S. 214). Moritz veränderte die Reihenfolge der Kapitel der theoretischen Weltweisheit in Gottscheds Werk nach dem natürlichen Gange des Denkens (vgl. S. 144,6–7 in diesem Bd.) zu der Abfolge von Physik, Kosmologie, Psychologie, Metaphysik, Logik. Trotz der Betonung einer praktischen Kinderlogik im Titel seines Werks berührte er nur beiläufig die Inhalte des Gottschedschen Praktischen Theils, darinn die allgemeine Sittenlehre, das Recht der Natur, die Tugend- und Staatslehre enthalten ist (Gottsched, Erste Gründe der gesammten Weltweisheit, 2. Teil). 145,1–147,23 Fritz 〈…〉 z u o r d n e n ] Von Moritz unter dem Titel Der unordentliche Fritz 1792 wiederabgedruckt im Lesebuch für Kinder; vgl. S. 270,9–272,34 in vorliegendem Bd. 145,7–8 Nun hatte Fritz 〈…〉 nicht früh aufzustehen] Name und Verhalten der Beispielfigur Fritz finden sich schon 1780 in Moritz’ Schrift Unterhaltungen mit meinen Schülern (vgl. S. 78,10–34 in diesem Bd.) vorformuliert. Vgl. dazu Überblickskommentar, S. 626. 145,16 ins Geschicke bringen] Geschick: das Verhältniß der Theile einer
Sache, so wie es der jedesmahligen Absicht gemäß ist, im gemeinen Leben und der vertrauten Sprechart. 〈…〉 Eine Sache in das Geschick bringen (Adelung 2, Sp. 607). 145,27 verwildert] verwildern: ein wildes, unordentliches Ansehen be-
kommen. 〈…〉 Das Zimmer verwildern lassen, durch versäumte Reinigung und Ordnung. Ingleichen in moralischem Verstande. Einen jungen Menschen verwildern lassen, durch Mangel der Bildung, sowohl des Geistes, als der Sitten (Adelung 4, Sp. 1180). 146,11–13 z u s a m m e n l e g e n u n d z u s a m m e n s t e l l e n 〈…〉 w a s n i c h t z u s a m m e n g e h ö r t e ] Reflectiren bedeutet Nichts anders, als daß es 〈das Kind〉 anfange, e i n D i n g m i t d e m a n d e r n i n s e i n e r Vo r s t e l l u n g z u v e r g l e i c h e n . Und was ist solch Vergleichen anders, als Dinge in der Absicht gegen einander halten, d a m i t m a n s e h e , w o r in sie mit einander ähnlich oder einerley sind, und worin s i e n i c h t e i n e r l e y o d e r v e r s c h i e d e n s i n d . 〈…〉 Daher entstehet es, daß Kinder sich von selbst, ohne Anweisung, allgemeine Begriffe aus einzelen machen, und eine Sprache richtig verstehen und sprechen lernen. Daß nun diese Kraft, zu reflectiren, eigentlich diejenige sey, welche wir Vernunft nennen, 〈…〉 werde ich noch umständlicher zu erweisen haben (〈Hermann Samuel Reimarus,〉 Die Vernunftlehre, als eine Anweisung zum richtigen Gebrauche der Vernunft in der Erkenntniß der Wahrheit, aus
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zwoen ganz natürlichen Regeln der Einstimmung und des Wiederspruchs hergeleitet, Hamburg 1756, S. 29). Übungen des Unterscheidens und Vergleichens finden sich häufig in Lehrwerken der Zeit. So beginnt das Deutsche Lesebuch für den zweiten Cursus des Neuen Elementarwerks mit der Klassifikation lebendiger und lebloser Wesen, organischer und unorganischer Körper, um dann zur Systematik von Gattungen und Arten fortzuschreiten (Christian Gottfried Schütz, Neues Elementarwerk für die niedern Klassen lateinischer Schulen und Gymnasien. 〈…〉 Siebenter Theil. Deutsches Lesebuch für den
zweiten Cursus, nebst der Fortsezung der deutschen Sprachlere und Kinderlogik, Halle 1781). Joachim Heinrich Campe beschreibt einige neue pädagogische Kinderspiele 〈…〉 zur Uebung ihrer Seelenkräfte: Aus einem Stapel Kärtchen sind zwei auszuwählen und nach den Ähnlichkeiten und Verschiedenheiten der darauf bezeichneten Gegenstände zu beschreiben. Oder Begriffspaare (Erwachsener/Kind; Biber/Zimmermann usw.) sind zu vergleichen und zu unterscheiden (Sammlung einiger Erziehungsschriften von J〈oachim〉 H〈einrich〉 Campe, Leipzig 1778, 2. T., S. 24f.). 147,13–16 Kräuter und Pflanzen 〈…〉 zusammenlegten] Dieses Ordnen und Klassifizieren auf Grund von Ähnlichkeiten entspricht der zeitgenössischen systematischen Naturgeschichte z. B. nach George Louis Leclerc de Buffon (1707–1788) und Carl von Linne´ (1707–1778), Systema naturae, sive Regna
tria naturae systematice proposita per classes, ordines, genera et species / Natur-Systema, Oder Die in ordentlichem Zusammenhange vorgetragene Drey Reiche der Natur, nach ihren Classen, Ordnungen, Geschlechtern und Arten, in die Deutsche Sprache übers., und mit einer Vorrede hrsg. v. Johann Joachim Lange, Halle: Johann Justinus Gebauer 1740). 147,19 Naturalienkabinet] Eine systematisch geordnete Sammlung von Naturobjekten, wo alle von der Natur selbst zusammen gesetzte Körper 〈…〉 aufgestellet werden (Adelung 3, Sp. 444). 147,20–21 daß Fritz 〈…〉 anlegen mußte] Das Prinzip der Selbsttätigkeit hatte Rousseau im zweiten Buch seines Emile nachdrücklich vertreten: »In dem Maße, in dem er 〈der Zögling〉 als empfindsames Wesen aktiv wird, gewinnt er ein Urteilsvermögen, das seinen Kräften angemessen ist. 〈…〉 Mein Schüler aber, oder vielmehr der Schüler der Natur ist frühzeitig geübt, sich so weit wie möglich selbst zu genügen 〈, so …〉 beurteilt, bedenkt und überlegt er alles, was ihn selbst unmittelbar betrifft« (Rousseau 1971, S. 102–104). 147,33–34 Ob nun gleich 〈…〉 verfertigt waren] Die sieben Kupfertafeln waren ursprünglich gedacht für Johann Michael Friedrich Schulzes Elementarbuch
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der lateinischen Sprache. Erster Theil in Verbindung mit sieben Kupferplatten von Daniel Chodowiecki, Berlin bei August Mylius 1779. Für die niederländische Übersetzung der Kinderlogik (Amsterdam 1789) wurden die Kupfer – zum Teil seitenverkehrt – nachgestochen, ohne die lateinischen Bezeichnungen und sachlich korrigiert. 150,27–151,30 In der Thierwelt 〈…〉 Gemählde, u. s. w.] Von Moritz 1792 unter dem Titel Die Thierwelt und die Menschenwelt im Lesebuch für Kinder wiederabgedruckt; vgl. S. 280,27–281,30 in vorliegendem Bd. 151,29 Statüen] Statüe 〈…〉 Es ist zunächst aus dem Französ. Statue, dessen Aussprache auch im Hochdeutschen beybehalten wird (Adelung 4, Sp. 307). 153,2 Pflanzen] Die Pflanzen werden zur leblosen Naturwelt gerechnet, denn seit der Antike wurde die ›autonome Bewegung‹ als Merkmal des Lebens angesehen: Steine, Erden, Wasser, Luft, Pflanzen, scheinen sich nicht von selbst
zu bewegen, diese rechnen wir also zu den leblosen; hingegen die Vögel, Fische, die vierfüsigen Thiere rechnen wir zu den lebendigen Wesen (Christian Gottfried Schütz, Neues Elementarwerk, S. 1). 154,30–155,20 F i s c h e n 〈…〉 kochen, u. s. w.] Von Moritz 1792 im Lesebuch für Kinder wiederabgedruckt; vgl. S. 278,7–280,26 in vorliegendem Bd. 155,23 zweite Kupfertafel] Vgl. Abb. 4 in diesem Bd. 155,25 Ein Mädchen, die strickt] Mädchen: Da dieses Wort eine Person
weiblichen Geschlechtes bedeutet, so pflegt man auch zuweilen wohl das folgende Pronomen im weiblichen Geschlechte zu setzen. Sie ist ein recht artiges Mädchen, die (für das oder welches) von den meisten Fehlern unsers Geschlechtes frey ist 〈…〉 (Adelung 3, Sp. 13). 155,26 Küssen] Kissen (vgl. Adelung 2, Sp. 1849). 155,27–29 verschiedene krumme Linien 〈…〉 Tanze macht] Abbildung der sechs Touren einer Angloise bzw. Anglaise, eines beliebten Gesellschaftstanzes englischer Herkunft. In Schulzes Elementarbuch der lateinischen Sprache, für das Chodowiecki dieses Kupfer geschaffen hatte (vgl. Überblickskommentar, S. 623f.), sollte das Stellenverwechseln (Schulze, Elementarbuch, S. 48) des Tanzes die Möglichkeiten der Syntax verdeutlichen; vgl. die Anrede des Lehrers an seine Schüler ebd., S. 53: Ihr kennt ja die englischen Touren gut genug; also
brauche ich es euch nur vorzuzeichnen; so werdet ihr es gleich frisch wegtanzen können. Seht hier! (er zeigt ihnen die zweite Kupferplatte, auf welcher sich die Zeichnung befindet). Moritz wird wahrscheinlich auch das Portefeuille Englischer Taenze gekannt haben, das sein Logenbruder, der Bal-
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lettmeister Joseph Lanz, 1784 veröffentlicht hatte (Berlin: Maurer). Für jede der 6 Englischen Touren stehen hier 20 choreographische Kärtchen zur Auswahl. Auf den insgesamt 120 Kärtchen sind die Bewegungen von drei Tanzpaaren (Chapeau und Dame, einander gegenüberstehend) gezeichnet. Chodowieckis Darstellung vereinfacht demgegenüber und beschränkt sich nur auf die Schritte einer Paarhälfte (Das Portefeuille von Lanz ist vollständig faksimiliert in: Karl Heinz Taubert, Die Anglaise, Zürich 1983, S. 16f.; den Hinweis darauf verdanke ich Walter Salmen). 157,23–24 Unterschied zwischen dem Schönen und Nützlichen] Von dieser Unterscheidung ging Moritz’ ästhetische Erstlingsschrift Versuch einer Vereini-
gung aller schönen Künste und Wissenschaften unter dem Begriff des i n s i c h s e l b s t Vo l l e n d e t e n aus (in: Berlinische Monatsschrift, 5. Bd., März 1785, S. 225–236 [KMA 3]; wieder abgedruckt in Die große Loge, S. 353–360 in diesem Band). 158,7–11 kürzeste Linie 〈…〉 k r u m m e L i n i e n ] Leitmotiv in Moritz’ Denken. Am Beginn seines Romans Andreas Hartknopf sinniert der Held über die gerade und über die krumme Linie (AH, S. 9; KMA 2). Eine Abbildung der gekrümmten Schönheitslinien, die man beim Tanzen des Country-Dance (der Anglaise) auf dem Fußboden beschreibt, hatte Moritz auch auf der Randleiste der 2. Kupfertafel unter der Nr. 123 in William Hogarth’s Schrift The Analysis of Beauty (1753) finden können (Zergliederung der Schönheit, die schwanken-
den Begriffe von dem Geschmack festzusetzen, geschrieben von Wilhelm Hogarth, übers. v. Chr. Mylius, Berlin und Potsdam: Voß, 1754). 159,19 Ein Floh] Die Kupfertafel III zeigt allerdings keinen Floh (lat. pulex), sondern eine Mücke (lat. culex). Der Nachstich der niederländischen Ausgabe von 1789 korrigiert diese Unstimmigkeit und zeigt einen Vlooi (vgl. Abb. 11). 160,19–20 durch jeden Sinn 〈…〉 übrigen Sinnen mit] Die Annahme eines gemeinschaftlichen Sensoriums (sensorium commune), das verschiedene Sinnesqualitäten verbindet, wurde im 18. Jahrhundert häufig diskutiert. Die Werkstädte der denkenden Kraft oder das innerste Heiligthum der SeelenWohnung nennt Dietrich Tiedemann dieses Konzept (Dieterich Tiedemann, Untersuchungen über den Menschen. Anderer Theil, Leipzig 1777, S. X bzw. 133). Auch Johann Gottfried Herder kam in seiner Abhandlung über den Ursprung der Sprache darauf zurück (Herder, SW 5, S. 61). Nach Ludwig Heinrich Jakob dagegen findet sich in der Erfahrung gar kein hinreichender Grund für eine solche Behauptung (Grundriß der Erfahrungs-Seelenlehre, entworfen von Ludwig Heinrich Jakob, 3. verb. Ausg., Halle 1800, S. 83).
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160,24–162,12 Zu den Thieren 〈…〉 die Maus] Von Moritz 1792 im Lesebuch für Kinder wiederabgedruckt; vgl. S. 279,2–280,26 in vorliegendem Bd. 162,29–163,9 Er gräbt das Eisen 〈…〉 zu schöpfen ist] Von Moritz 1792 unter dem Titel Das Eisen im Lesebuch für Kinder wiederabgedruckt; vgl. S. 277,24–278,6 in vorliegendem Bd. Vgl. Moritz’ thematisch ähnlichen Beitrag Das Eisen in den Denkwürdigkeiten, 24. Januar 1786, 4. St., S. 57–60 (KMA 11). 164,5–165,10 d a s B u c h 〈…〉 besorgen können] Von Moritz 1792 im Lesebuch für Kinder gestrafft dargestellt; vgl. S. 261,14–262,15 in diesem Bd. 165,11–166,20 Daß die Geschichte der Vorwelt 〈…〉 Anblick seyn] Von Moritz wiederveröffentlicht im Beitrag Das Buch in der Zeitschrift Denkwürdigkeiten 〈…〉 (DW 1786 I, 2. St., 10. Januar, S. 25–30; KMA 11); vgl. den Variantenapparat. 165,30–31 derjenige 〈…〉 Kunst erfand] Johannes Gutenberg (um 1397–1468). 165,31 b u c h e n e n S t ä b e n ] Diese Etymologie wird von Adelung (1, Sp. 1242) verworfen. Vgl. dagegen das DWb: »bokstaboˆs 〈sind〉 alle einzelnen vom baum geschnittenen tafeln und reiser, auf die büchnen stäbe wurden die züge geritzt und später gemahlt« (DWb 2, Sp. 480). 166,21–27 Verfasser 〈…〉 H o r a t i u s F l a c c u s 〈…〉 seinen Begleiter] Das erste Bild der Kupfertafel III zeigt ein aufgeschlagenes Buch, auf dessen Titelblatt Quinti Horatii Flacci zu entziffern ist (vgl. Abb. 5 in diesem Bd.). Den römischen Dichter Quintus Horatius Flaccus (65–8 v. Chr.), den Moritz seit seiner Schulzeit gern zitierte (vgl. zu Moritz’ Horaz-Rezeption KMA 4/1, S. 344f. u. KMA 1, S. 364f.), nennt er hier mit Friedrich von Hagedorns Worten mein〈en〉 Freund, mein〈en〉 Lehrer, mein〈en〉 Begleiter (Hagedorn, Horaz, Hamburg 1751, S. 3). Nach Klischnig bezeichnete Moritz den Horaz, den er gern im Taschenformat mit sich führte, als ein Gebetbuch der Menschheit (Klischnig, Erinnerungen, S. 86 u. 115). 168,18 Bogen] Von Moritz richtig nach der Abbildung verzeichnet. Die lateinische Bildunterschrift der Kupfertafel IV (vgl. Abb. 6, Nr. 9: hasta, galea, sagitta, parma, pharetra – ›Lanze‹, ›Helm‹, ›Pfeil‹, ›Schild‹, ›Köcher‹) nennt hier irrtümlich eine hasta, also einen Spieß oder eine Lanze. 170,3–171,4 Ein Schiff 〈…〉 bereisen kann –] Von Moritz 1792 im Lesebuch für Kinder wiederabgedruckt; vgl. S. 276,25–277,23 in vorliegendem Bd. 171,24–25 die üntere, die öbere] Diese Umlautformen, die nur die erste Auflage hat, waren mundartlich gebräuchlich; vgl. DWb 13, Sp. 1073 und DWb 24, Sp. 1453.
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172,10 Wesen des S c h ö n e n ] Die folgenden Gedanken zur Ästhetik des Isolierens, der Einfassung und des Rahmens hat Moritz mehrmals wieder aufgegriffen; vgl. die Aufsätze Vom Isoliren, in Rücksicht auf die schönen Künste überhaupt (in: Monatsschrift AdK, 2. Jg. 1789, 2. St., S. 66f.; KMA 3), Verzierungen (RDI III, S. 227f. [KMA 5/2]; VTO, S. 6f. [KMA 3]). 173,3 Unter dem Brunnen steht ein Kreuz] Die Kupfertafel IV (Abb. 6) zeigt hier über dem Bild des Kreuzes (Nr. 15) keinen Brunnen, sondern einen Baum (lat. arbor); möglicherweise verwechselt Moritz das Bild des Baums mit dem einer eingefaßten Quelle (lat. fons) in Kupfertafel III (Abb. 5, Nr. 19). 173,24 Paternoster] Lat.: ›Vaterunser‹, das Gebet des Herrn, vgl. Mt 6,5–14; Lk 11,2–4. 174,13 B a u m d e s E r k e n n t n i s s e s 〈…〉 G u t e n u n d B ö s e n ] Gen 2,17. 174,16 L a m m G o t t e s 〈…〉 S ü n d e t r ä g t ] Jh 1,29. 174,17 In meines Va t e r s 〈…〉 Wo h n u n g e n ] Jh 14,2. 175,8 M i c h a e l i s m e s s e ] Die Messe um den Tag des Erzengels Michael (29. September). 175,29–30 Der Stoff 〈…〉 das Mineralreich nennet] Segen und Fluch der Entdeckung des Eisens werden schon bei Lukrez (De rerum natura, 5. Buch) geschildert. Da Moritz offenbar mit der französischen Sprache weniger vertraut war, dürfte Jean-Jacques Rousseaus Darstellung im Discours sur l’origine et les fondemens de l’ine´galite´ parmi les hommes (Amsterdam 1755) durch die maßgebliche Übersetzung von Moses Mendelssohn anregend für ihn gewesen sein. Die Erfindung der Bergwerke und des Ackerbaues brachten diese
grosse Revolution zu wege. Der Dichter findet in Gold und Silber, und der Weltweise in Eisen und Getraide, die beiden Dinge, die den Menschen gesittet gemacht und das menschliche Geschlecht verderbt haben (Johann Jacob Rousseau Bürgers zu Genf Abhandlung von dem Ursprunge der Ungleichheit unter den Menschen 〈übers. v. M. Mendelssohn〉, Berlin: Voß 1756; Neudruck, hrsg. v. Ursula Goldenbaum, Weimar 2000, S. 151). 176,7–177,26 Das Pflanzenreich 〈…〉 zerstört es ihn wieder] Von Moritz 1786 wiederveröffentlicht im Beitrag Das Eisen. Ein Ideenspiel in der Zeitschrift Denkwürdigkeiten 〈…〉 (DW 1786 I, 4. St., 24. Januar, S. 57–60; KMA 11) und 1793 in die Sammlung Die große Loge aufgenommen (vgl. S. 369,20–371,8 in vorliegendem Bd.); vgl. den Variantenapparat. 176,16 vorigen Kupfertafel] Kupfertafel III, s. Abb. 5.
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178,29–30 Durch den Besitz 〈…〉 D i e b s t a h l , R a u b ] Vermutlich in Kenntnis von Jean-Jacques Rousseaus Zivilisationskritik verfaßt; vgl. dessen Charakteristik der negativen Folgen von Besitz und Eigentum in seiner Schrift Discours sur l’origine et les fondemens de l’ine´galite´ parmi les hommes (Amsterdam 1755): Der Erste, welcher ein Stück Landes umzäunete, sich in den Sinn
kommen ließ zu sagen, d i e s e s i s t m e i n , und einfältige Leute antraf, die es ihm glaubeten, der war der wahre Stifter der bürgerlichen Gesellschafft. Wie viel Laster, wie viel Krieg, wie viel Mord, Elend und Greuel, hätte einer nicht verhüten können, der die Pfähle ausgerissen, den Graben verschüttet, und seinen Nebenmenschen zugerufen hätte, »Glaubet diesem Betrüger nicht; ihr seyd verlohren, wenn ihr daran vergesset, daß die Früchte euch allen, der Boden aber niemanden, zugehöre« (Johann Jacob Rousseau Bürgers zu Genf Abhandlung von dem Ursprung der Ungleichheit unter den Menschen. Aus dem Frz. von Moses Mendelssohn, hrsg. v. Ursula Goldenbaum, Weimar 2000, S. 141). 179,28–29 Der Geizige 〈…〉 b l o ß als Zeichen] Vgl. dazu Christian Garves
Versuch über die 〈…〉 Frage: Ob man die natürlichen Neigungen vernichten, oder welche erwecken könne, die die Natur nicht erzeugt hat, den Moritz gekannt haben mag: Je grösser also das Vermögen ist, sich unter dem Zeichen, das Bezeichnete, ohne allen Unterschied vorzustellen, und je grösser die Fähigkeit eine abwesende Sache zu geniessen, durch den Anblick der Möglichkeit dazu, die man in Händen hat: desto grösser ist die Gefahr an statt der Sachen, blos das Zeichen zu begehren (in: L〈eonhard〉 Cochius Untersuchung über die Neigungen, welche den von der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin für das Jahr 1767. ausgesezten Preiß erhalten hat. Nebst anderen dahin einschlagenden Abhandlungen, Berlin 1769, S. 130). 180,7–8 dem Geizigen 〈…〉 nachahmen] Zusammen mit dem Verb »nachahmen« benutzt Moritz stets den Dativ. Adelung hingegen fordert den Akkusativ:
Die Sache, welche nachgeahmet wird, stehet alle Mahl in der vierten Endung, welche Endung auch die Person bekommt, wenn sie als Sache betrachtet wird (Adelung 3, Sp. 363). Balthasar Stenzel sieht in seiner Fortsetzung von Moritz’ Grammatischem Wörterbuch dagegen für den obigen Fall den Dativ vor (GWb III, S. 16). Bei Johann Gottfried Herder findet sich in den Kritischen Wäldern eine Bedeutungsdifferenzierung beider Kasus: E i n e n nachahmen, heißt, wie ich glaube, den Gegenstand, das Werk des andern nachmachen; e i n e m nachahmen aber, die Art und Weise von dem andern
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entlehnen, diesen oder einen ähnlichen Gegenstand zu behandeln (Herder, SW 3, S. 83). 181,6 verwechselt] Im Sinne von ›wechselt‹; vgl. dazu Adelung 4, Sp. 1173: Indessen ist 〈…〉 diese ganze Bedeutung im Hochdeutschen selten, indem man dafür vertauschen oder andere edlere Ausdrücke gebraucht. 181,15 Weil nun 〈…〉 etwas Bleibendes ist] Vgl. Lessing in seiner Abhandlung Von dem Gebrauche der Thiere in der Fabel: Die allgemein bekannten und unveränderlichen Charaktere der Thiere 〈sind〉 die eigentliche Ursache 〈…〉, warum sie der Fabulist zu moralischen Wesen erhebt (Lessing, Sämtli-
che Schriften 7, S. 446–455, hier S. 453). 181,24 D i e F a b e l w e l t ] Die Verwendung von Fabeln zur moralischen Erziehung war zu Moritz’ Zeit umstritten: Rousseau, der besonders die Fabeln von La Fontaine im Blick hatte, hielt Kinder von etwa sechs Jahren nicht für fähig, Fabeln zu verstehen und die beabsichtigte Nutzanwendung daraus zu ziehen: »Wie kann man so blind sein und die Fabeln der Morallehre der Kinder nennen, ohne zu bedenken, daß die Fabel, während sie unterhält, die Kinder täuscht. 〈…〉 Fabeln können Erwachsene belehren. Den Kindern aber muß man die nackte Wahrheit sagen 〈…〉« (Emile ou de l’e´ducation, 2. Buch; vgl. Rousseau 1971, S. 95). Der Philanthrop Christian Gotthilf Salzmann beurteilte Fabeln zwar als unterhaltsam, fürchtete aber, daß die angehängte Moral ihre Glaubenswürdigkeit verlieren werde, wenn das Kind weiß, daß die ganze Erzählung eine Erdichtung ist (Christian Gotthilf Salzmann, Ueber die wirksamsten Mittel, Kindern Religion beizubringen, in: Salzmann 1897, S. 123–250, hier S. 179). Moritz geht es in der Kinderlogik wohl weniger um die Moral, als um den h e v r i s t i s c h e n Nutzen der Fabeln (Lessing, Sämtliche Schriften 7, S. 475), er versucht seinen Lesern Entscheidungen und Prinzipien der produktiven Textkonstruktion zu demonstrieren, ähnlich, wie es Lessing in der V. Abhandlung über die Fabel: Von einem besondern Nutzen der Fabeln in den Schulen vorgeschlagen hatte (ebd., S. 475–479). 182,10 Der Fuchs ladet 〈…〉 Storch ein] Von Moritz 1792 unter dem Titel Der Fuchs im Lesebuch für Kinder wiederabgedruckt; vgl. S. 274,3–16 in vorliegendem Bd. – Zur Fabel »Der Fuchs und der Storch« s. Phaedrus I, 26; Richardson/Lessing, Nr. 31, S. 47. Moritz hatte in seiner Schulzeit Fabeln von Phaedrus (um 15 v. Chr. – um 60 n. Chr.) aus dem Lateinischen übersetzt (Anton Reiser, KMA 1, S. 152 u. Erl. zu S. 152,22). 182,17 Bouteille] Frz.: ›Flasche‹; vgl. GWb I, S. 171 u. Adelung 1, Sp. 1140.
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182,23–24 Man freut sich 〈…〉 ü b e r l i s t e t i s t ] Vgl. dazu die Betrachtung:
Die Vergeltung des Storchs war also 〈…〉 eine ganz verantwortliche Rache (Richardson/Lessing, S. 48) und die Lehre: N i c h t s s i e h t a l b e r n e r a u s , a l s e i n t ü c k i s c h e r S c h a l k , d e r ü b e r l i s t e t 〈…〉 w i r d (ebd., S. 47). 182,27 Aesops] Die Gattung der Fabel wird auf den legendären griechischen Fabelerzähler Aisopos (6. Jh. v. Chr.) zurückgeführt (vgl. Perry 1952; Coenen 2000). 182,32–183,25 Indem man also 〈…〉 mit dem Käse davon –] Von Moritz 1792 leicht verändert unter dem Titel Der Fuchs und der Rabe im Lesebuch für Kinder wiederabgedruckt; vgl. S. 274,20–275,22 in vorliegendem Bd. 183,4 Stimme des Raben] Phaedrus I, 13; Richardson/Lessing, Nr. 13, S. 20–22. 183,29–184,27 Ein sehr natürliches Bild 〈…〉 b e r s t e n –] Von Moritz 1792 unter dem Titel Der Frosch und der Ochse im Lesebuch für Kinder wiederabgedruckt; vgl. S. 275,23–276,24 in vorliegendem Bd. 184,3 sehr lehrreichen Fabel] »Der Frosch und der Ochse«; vgl. Phaedrus I, 24; Richardson/Lessing 35, S. 53f. 184,24 ob er nun 〈…〉 als der Ochse?] Diese wiederholte Frage fehlt in der Fassung der Fabel bei Richardson/Lessing. 185,4–5 Ich nehme 〈…〉 eines Menschen] Die Fabel hat unsere klare und
lebendige Erkenntniß eines moralischen Satzes zur Absicht. Nichts verdunkelt unsere Erkenntniß mehr als die Leidenschaften 〈…〉 Wie kann er 〈der Fabulist; J. J.〉 aber anders, z. E. die Erregung des Mitleids vermeiden, als wenn er die Gegenstände desselben unvollkommener macht, und anstatt der Menschen Thiere oder noch geringere Geschöpfe annimmt? (Lessing, Von dem Gebrauche der Thiere in der Fabel, in: Lessing, Sämtliche Schriften 7, S. 446–455, hier S. 454) 185,25 Mächtig ist der Adler] Phaedrus II, 6; bei Richardson/Lessing, Nr. 168 (S. 248f.) wird die Fabel Der Adler und die Schildkröte ohne den Rat der Krähe erzählt. 186,30 Wo l f und das L a m m ] Phaedrus I, 1; Richardson/Lessing, Nr. 3, S. 4f. – Die Fabel und ihre Erklärung veröffentlichte Moritz 1792 vereinfacht wieder in seinem Lesebuch für Kinder (vgl. S. 259,1–16 in diesem Bd.). 187,29 Kommunikation] Vgl. Moritz zum Ausdruck Communiciren: Der
fremde Ausdruck ist in der Sprache des gemeinen Lebens noch sehr gebräuchlich, ob er gleich ganz entbehrlich ist, eben so wie C o m m u n i k a t i o n , welches durch Mittheilung, Eröfnung, Vertraulichkeit, Vereinigung, in jedem Falle sehr wohl verdeutscht werden kann (GWb I, S. 195).
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189,16–190,6 In diese Ideenwelt 〈…〉 Götter –] Wiederveröffentlicht im Beitrag Die Schöpfung der Götterwelt in der Zeitschrift Denkwürdigkeiten (DW 1786 I, 3. St., 17. Januar, S. 47f.; KMA 11); vgl. den Variantenapparat. 189,17–18 M y t h o l o g i e 〈…〉 Götterlehre] Die Götterlehre als Schöpfung der menschlichen Einbildungskraft und als Sprache der Phantasie hat Moritz später in der Schrift Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten (Berlin 1791; vgl. KMA 4/2) ausführlich bearbeitet. 189,21–22 Apollo 〈…〉 Olymp] Vgl. dazu Moritz’ spätere Ausführungen in der Götterlehre (Götterlehre, bes. S. 98–178; KMA 4/2). 190,21 einen Fluß sich selbst aus seiner Urne ausgießen] Seit der Antike geläufiges und seit dem 16. Jh. in Lehrwerken zur Ikonologie kodifiziertes Bild, wonach Flüsse als Personifikation mit einer Wasserurne dargestellt sind. Johann Christoph Gottsched beschreibt in seinem Handlexicon oder Kurzgefaßtem Wörterbuch der schönen Wissenschaften und freyen Künste (Leipzig 1760) Flußgötter als »bärtige, mit Schilf bekrönte Greise, die auf eine Wasserurne gestützt in ihrem Herrschaftsbereich lägen« (Sp. 697f.; vgl. Appuhn-Radtke 1959, Sp. 71). 191,14 Berge hüpfen] Ps 114,4. 191,14–15 Erde freuet sich] Ps 97,1. 191,16–33 Auf die Weise 〈…〉 Masculinum –] Die Unterscheidung von Femininum und Maskulinum hat Moritz mit den gleichen Beispielen schon in seiner Deutschen Sprachlehre (DS, S. 230f.; KMA 7) formuliert; die Passage ging leicht verändert auch in das Grammatische Wörterbuch ein (GWb I, Art. Artikel, S. 134f.; KMA 7). 192,10–11 r o t h e Blatt 〈…〉 M a s k u l i n a ] Daß die Tafeln II und IV, die lateinische Feminina darstellen, dazu noch durch roten Druck gekennzeichnet sind, ist in der Kinderlogik eigentlich überflüssig, zumal bei den dargestellten Beispielen das lateinische Geschlecht mit dem deutschen oft nicht übereinstimmt. 194,8–10 nur ein einziges 〈…〉 Wort i s t ] Vgl. Moritz’ ähnliche Äußerungen in der Deutschen Sprachlehre: dieser 〈Laut〉 ist nun das Wort i s t , wodurch Sie
dasjenige, was vorher bloße B e n e n n u n g e n waren, erst zur wirklichen z u s a m m e n h ä n g e n d e n R e d e erheben (DS, S. 270f.; KMA 7); Dasjenige also, was wir durch das Wort i s t bezeichnen, enthält den ganzen Grund unsres Denkens, und in so fern die Sprache ein Abdruck unsrer Gedanken ist, enthält wiederum das Wort i s t den ganzen Grund der Sprache (ebd., S. 261).
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195,11 E i n h e i t in das Mannichfaltige] Die in der Aufklärung gebräuchliche Definition von Vollkommenheit und Schönheit. Die Einhelligkeit des Mannigfaltigen (Moses Mendelssohn, Über die Empfindungen, Berlin 1755, in: Mendelssohn, JubA 1, Stuttgart-Bad Cannstatt 1971, S. 85). Die Zusammenstim-
mung des mannigfaltigen machet die Vo l l k o m m e n h e i t der Dinge aus (Christian Wolff, Vernünfftige Gedancken von Gott, der Welt und der Seele des Menschen, Halle 1751, S. 78). 195,13 Revolutionen] Im ausgehenden 16. Jh. zunächst als Fachwort zur Bezeichnung der Umdrehung der Himmelskörper in der Astronomie gebräuchlich; im 18. Jh. auch auf Veränderungen in der Natur (Erdbeben, Überschwemmungen) und in der Politik bezogen. Vgl. Adelung 4, Sp. 1096 zur Bedeutung von »Revolution«: Eine gänzliche Veränderung in dem Laufe oder der Verbindung der Dinge. 195,15 Zeichen, Zeiten, Tage und Jahre] Vgl. Unterhaltungen mit meinen Schülern, S. 94,20 in vorliegendem Bd. 197,6 Die Natur 〈…〉 den Menschen] Damit beginnt Moritz’ letzte Formulierung der Schöpfungsgeschichte, die er hier als Schöpfungsgeschichte des menschlichen Verstandes durch die Logik der Natur zu erklären versucht. Zu den später mehrfach wiederveröffentlichten Vorstufen vgl. Erl. zu S. 90,27–28. Als Johann Georg Hamann hörte, daß Immanuel Kant beabsichtigte, eine Kinderphysick zu schreiben, riet er ihm: Schämen Sie sich also nicht, 〈…〉 auf dem
hölzernen Pferde der mosaischen Geschichte zu reiten, und nach den Begriffen, die jedes Christenkind von dem Anfange der Natur hat, ihre Physick 〈…〉 vorzutragen (Hamann 1962, S. 150; vgl. Graubner 1990). 197,25 Principium] Im Teutschen habe ich kein bequemes Wort finden können, dadurch ich das Wort P r i n c i p i u m hätte ausdrucken können. Daher habe ich eines in uneigentlichem Verstande, nemlich das Wort Quelle, gebrauchen müssen (Christian Wolff, Der vernünfftigen Gedancken von Gott, der Welt und der Seele des Menschen, 〈…〉 Anderer Theil. Die vierdte Auflage 〈…〉 Frankfurt/M. 1740, S. 82f.). Alles, was den Grund des Daseyns oder der Erkenntniß eines andern Dinges enthält, P r i n c i p i u m e x i s t e n d i e t c o g n o s c e n d i (Adelung 3, Sp. 889f.). 198,14 nannte er 〈…〉 Finsterniß N a c h t ] Nach Gen 1,5 benannte Gott Tag und Nacht, hier wird diese Unterscheidung und Benennung dem Menschen zugeschrieben. Ein Schöpfergott kommt in Moritz’ Schöpfungsgeschichte des menschlichen Verstandes (vgl. S. 201,14) nicht mehr vor. 201,3 das Thier nicht flog] Thier wurden im 18. Jh. häufig nur die Vierfüßler genannt; vgl. Adelung 4, Sp. 759: Oft verstehet man unter T h i e r schlechthin ein vierfüßiges auf der Erde lebendes Thier.
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201,18–20 To d 〈…〉 dargestellt wird] Auf der beigegebenen Kupfertafel IV ist der Tod als Skelett (mit der lat. Bildunterschrift mors) dargestellt (s. Abb. 6, Nr. 20). Lessing kam 1769 in seiner Untersuchung Wie die Alten den Tod gebildet zu dem Schluß, daß die alten Artisten den Tod nicht als ein Skelet vorgestellt (Lessing, Sämtliche Schriften 11, S. 7), sondern eher als einen jungen Genius mit umgestürzter Fackel (ebd., S. 10 u. 12). Im Neuen A. B. C. Buch (1790) zeigt das neunzehnte Bild den Tod. 〈…〉 Ein Knabe steht neben ihm mit einer umgekehrten und ausgelöschten Fackel (vgl. S. 245,26–27 in diesem Bd.). 201,18–205,23 d e r To d 〈…〉 e r m ü d e n kann] Von Moritz wiederveröffentlicht im Beitrag Das Skelet in der Zeitschrift Denkwürdigkeiten 〈…〉 (DW 1786 I, 5. St., 31. Januar, S. 73–78; KMA 11); vgl. den Variantenapparat. 202,1 Fiebern] In den thierischen Körpern, die zarten organischen Fä-
den, welche aus Zellgewebe entstehen und sich darin auflösen lassen; zum Unterschiede von unorganischen Fasern (Adelung 2, Sp. 142). Von dem schweizerischen Naturforscher Charles Bonnet (1720–1793) wurden psychische Vorgänge auf die Bewegung von Gehirnfibern zurückgeführt, vgl. Charles Bonnet, Essai de psychologie, London 1755. 202,26 die furchtbare Trümmer] »seit der mitte des 18. Jhs. 〈…〉 tritt trümmer auch als singular auf« (DWb 22, Sp. 1337). 204,8 K ö r p e r und G e i s t ] Diese Unterscheidung orientiert sich an Rene´ Descartes (1596–1650), der 1641 in seinem Werk Meditationes de prima philosophia, in qua Dei existentia et animae immortalitas demonstratur die Substanzen res cogitans und res extensa unterschied: »Nun bemerke ich hier erstlich, daß ein großer Unterschied zwischen Geist und Körper insofern vorhanden ist, als der Körper seiner Natur nach stets teilbar, der Geist hingegen durchaus unteilbar ist« (Descartes 1972, S. 74). 204,11 d i e G e i s t e r w e l t ] Nach Leibniz kann man leicht schließen, daß
die Versammlung aller Geister den Gottesstaat bilden muß 〈…〉, diese wahrhaft universelle Monarchie ist eine moralische Welt in der natürlichen Welt, und er ist das erhabenste und göttlichste unter den Werken Gottes (Gottfried Wilhelm Leibniz, Kleine Schriften zur Metaphysik [Philos. Schrif-
ten I], Frankfurt/M. 1965, S. 479). 205,1 Axe] Achse (vgl. DWb 1, Sp. 163). Die Schreibweise Axe wird auch von Adelung gebilligt (Adelung 1, Sp. 674). 205,8 Bildung und Zerstörung] Was hier als Prinzip der Natur bestimmt wird, wird von Moritz später als ästhetisches Prinzip formuliert: In diesem Punkte
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treffen also Zerstöhrung und Bildung in eins zusammen – Denn das höchste Schöne der bildenden Künste, faßt dieselbe Summe der Zerstöhrung, i n e i n a n d e r g e h ü l l t , auf einmal in sich, welche die erhabenste Dichtkunst, nach dem Maaß des Schönen, a u s e i n a n d e r g e h ü l l t , in furchtbarer Folge uns vor Augen legt (BNS, S. 48; KMA 3). 205,21–22 Mannichfaltigkeit und Einheit] Vgl. Erl. zu S. 195,11. 205,26–27 Unterschied 〈…〉 zwischen Körper und Geist] Vgl. Erl. zu S. 204,8. 206,10 B e g r i f f e ] Von hier an bis zur Erläuterung der nächsten Kupfertafel werden die Grundbegriffe der Logik oder Vernunftlehre (Begriff, Eigenschaften, Vorstellung, Erinnerung, Urtheil, Schluß, Beweis) entwickelt. Parallelen finden sich in Lehrbüchern der Zeit: z. B. von Christian Wolff (Vernünfftige Gedancken von den Kräften des menschlichen Verstandes 〈Deutsche Logik, 1713〉, Hildesheim 1978), Hermann Samuel Reimarus (Die Vernunftlehre, als
eine Anweisung zum richtigen Gebrauche der Vernunft in der Erkenntniß der Wahrheit, aus zwoen ganz natürlichen Regeln der Einstimmung und des Wiederspruchs hergeleitet, Hamburg 1756) und Johann Heinrich Lambert (Neues Organon, 1764 bzw. 1990). 206,14 cogitare] Vgl. Moritz’ Worterläuterung in seiner Revision der drei ersten Bände des Magazins zur Erfahrungsseelenkunde: Das lateinische C o -
g i t a r e scheint aus dem Begriff des gewaltsamen Z u s a m m e n z w ä n g e n s entstanden zu seyn, wovon man etwas ähnliches beim angestrengten Denken im Gehirn empfindet (MzE IV.1 1786, S. 1–56, hier S. 47; KMA 12). 206,22 A l l e s i s t e i n s ] Moritz benutzt hier als Universalbegriff der Geisterwelt die Formel aus der hermetischen Tradition, so wie sie Moses Mendelssohn in den Morgenstunden oder Vorlesungen über das Dasein Gottes (1785; vgl. Mendelssohn, JubA 3/2, Stuttgart-Bad Cannstatt 1974, S. 104, 106 u. 121) gebraucht hat und wie sie Lessing nach Jacobis Zeugnis griechisch zitiert haben soll:
Die orthodoxen Begriffe von der Gottheit sind nicht mehr für mich; ich kann sie nicht genießen. En kai pan! Ich weiß nichts anders (Lessing nach Friedrich Heinrich Jacobis Schrift Über die Lehre des Spinoza in Briefen an den Herrn Moses Mendelssohn, Breslau 1785; vgl. Jacobi 2000, S. 22). Obwohl es bei Spinoza selbst nicht vorkommt, wird das En kai pan als Indiz des Spinozismus und Pantheismus gewertet (vgl. Assmann 1999). Für Jacobi hat Lessing sich damit als Atheist zu erkennen gegeben, Mendelssohn sah dagegen in einem geläuterten Spinozismus (Mendelssohn, JubA 3/2, S. 123) keinen Widerspruch gegen einen vernünftigen Gottesglauben. Anton Reiser berichtet, daß er schon als Schüler in
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stundenlangen Unterhaltungen mit einem Schneidergesellen auch auf den Spinozismus – Gott und die Welt war eins geriet (Anton Reiser, KMA 1, S. 179). Für ihn lag auch die Verbindung zum Quietismus nahe: Reiser suchte nehmlich alle die mystischen Ideen seines Vaters, die er aus den Schriften der Mad. Guion geschöpft hatte, von Alles und Eins, vom Vollenden in Eins u. s. w., metaphysisch zu erklären, welches ihm sehr leicht wurde – indem die Mystik und Methaphysik wirklich in so fern zusammentreffen, als jene oft eben vermittelst der Einbildungskraft z u f ä l l i g e r w e i s e herausgebracht hat, was in dieser ein Werk der nachdenkenden Vernunft ist (KMA 1, S. 290). Ideengeschichtlich läßt sich die Formel »Alles ist eins« allerdings noch weiter zurückführen: Nikolaus von Kues definiert Gott als ›unus et omnia‹ sive ›omnia uniter‹ (Nikolaus von Kues, Die belehrte Unwissenheit, Buch 1 [1440], Hamburg 1994, S. 96f.), wobei er ausdrücklich an Hermes Trismegistos anknüpft, der im 2. Jh. n. Chr. die Definition »das All und das Eine« oder »den Einen, der alles ist«, verwendete (Das Corpus Hermeticum, hrsg. v. Folker Siegert, Münster 1999, S. 81). 206,33 Ve r e i n i g u n g s p u n k t ] Dieser Begriff ist mit dem Leibnizschen Begriff der Monade gleichgesetzt worden. Die M o n a d e , von der wir hier spre-
chen, ist nichts anderes als eine einfache Substanz, die in die zusammengesetzten eingeht; e i n f a c h , das heißt ohne Teile (Gottfried Wilhelm Leibniz, Kleine Schriften zur Metaphysik, Frankfurt a. M. 1965, S. 439). 207,9–11 d a s h ö c h s t e 〈…〉 oder G o t t ] GOTT 〈hat〉 die allerhöchste Vernunft (Wolff, Vernünftige Gedancken, § 974). In Übereinstimmung mit Lessing bestimmt Moses Mendelssohn Gott als das höchste denkende Wesen 〈…〉, das
Vollkommenste; also hat Gott von Ewigkeit her nur sich selbst denken können (Mendelssohn, Morgenstunden, JubA 3/2, S. 133). 209,33–35 n a c h e i n a n d e r bemerken 〈…〉 leisten kann] Was wir die Folge der Dinge nennen, 〈ist es〉 Vielleicht auch nur für einen eingeschränkten Geist, der sie eine nach der andern hat, aber wohl nicht für ein höheres Wesen (FTG, S. 74 [KMA 2]; vgl. auch DW 1786 I, 13. St., S. 204–206 und MzE VIII.2 1791, S. 64). GOtt erkennet alles auf einmahl: der Mensch eines nach dem andern (Wolff, Vernünfftige Gedancken, S. 589). 211,6 des Wörtchens i s t ] s e y n 〈…〉 ist vielleicht das merkwürdigste Wort in der ganzen Sprache. 〈…〉 Vermöge dieses Worts kann ich mir alle Eigenschaften eines Dinges, unbeschadet ihrer genauern Verknüpfung mit dem Dinge selbst, besonders denken 〈…〉 (DS, S. 149–151; KMA 7). Vgl. auch Erl. zu S. 194,8–10.
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211,12 Begriff des Daseyns] In der Deutschen Sprachlehre hatte Moritz die
allesumfassende Vorstellung vom D a s e y n , oder den ganzen Z u s a m m e n h a n g d e r D i n g e 〈...〉 die allumfassendste Vorstellung, 〈…〉 bei 〈der〉 mein Denken stille 〈steht〉, genannt und seinen Leserinnen geraten: Hieraus können Sie sich einen Begriff machen von demjenigen, was man L o g i k nennet: denn diese gehört eigentlich in die Sprachlehre, und ist mit ihr auf das genaueste verwebt (DS, S. 273f.; KMA 7). 211,30–212,3 die g r ü n e F a r b e 〈…〉 grün stattfindet] Vgl. Moritz’ ähnliche Formulierung in der Deutschen Sprachlehre: wenn Sie sagen, der Baum ist grün, so denken Sie sich denselben in die Reihe aller derjenigen Dinge hinein, welche auch grün sind, und bringen dadurch die Vorstellung von ihm in einen gewissen Zusammenhang mit andern Vorstellungen, woran sie sich festhalten kann (DS, S. 271f.; KMA 7). Das Beispiel der Verbindung von ›Baum‹ und ›grün‹ findet sich häufig in den sprachphilosophischen Abhandlungen der Zeit, so z. B. auch bei Maupertuis, der es als Exempel für die Unterscheidung von Substanz und Modus verwendet (Œuvres de Maupertuis. Nouvelle E´dition corrige´e & augmente´e, 4 Bde. Lyon 1768 [Reprint: Hildesheim 1974], Bd. 1, S. 272). 213,1–3 Sage ich 〈…〉 mehr thätig verhalte] Alle andern Wörter der Sprache 〈außer dem Wort »ist«〉 erwecken Vorstellungen in uns, wobei wir uns
bloß l e i d e n d verhalten, dieses einzige Wort aber setzt unsre Denkkraft in T h ä t i g k e i t (DS, S. 274; KMA 7). 214,31 K ö r p e r ] Der Begriff ›Körper‹ wurde auch in anderen Kinderlehrbüchern der Zeit gern erläutert, allerdings lediglich definierend-unterscheidend, z. B. Körper nennt man alle die Dinge, die man s e h e n und f ü h l e n kann (Karl Traugott Thieme, Erste Narung für den gesunden Menschenverstand, 2. verm. Aufl. Leipzig 1781, S. 81). Wir nennen 〈sie〉 Lebendige Wesen, leblose feste oder flüßige Körper (Schütz, Neues Elementarwerk, S. 2f.). 215,16 Ideenspiel] Immanuel Kant rechnet Gedankenspiele zum wechseln-
den freien Spiel der Empfindungen (die keine Absicht zum Grunde haben) und die vergnüg〈en〉, weil 〈sie〉 das Gefühl der Gesundheit befördern. 〈…〉 Das Gedankenspiel entspringt bloß aus dem Wechsel der Vorstellungen, in der Urteilskraft, wodurch zwar kein Gedanke, der irgend ein Interesse bei sich führte, erzeugt, das Gemüt aber doch belebt wird (Kant, WA 10, S. 271). Die Bezeichnung Ideenspiel für die logischen Konstruktionen der Kinderlogik wurde meist als Eingeständnis des Scheiterns interpretiert (vgl. Bezold 1984, S. 74). Ein Ideenspiel kann nach Moritz aber auch dazu führen, unsre Vorstellung 〈…〉 aufzuhellen (BNS, S. 14; KMA 3). Der Begriff ist also bei Moritz durchaus nicht abwertend gemeint.
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215,22–23 Noch eine Kraft 〈…〉 s c h l i e ß e n d e K r a f t ] Moritz hatte in diesem Text bisher Denkkraft, vorstellende Kraft, Erinnerungskraft, Urtheilskraft, schließende Kraft behandelt. Er folgte damit der Psychologie seiner Zeit, die einzelne psychische Funktionen auf gesonderte Seelenkräfte und -vermögen zurückführte. Nächst Kant (Kant 1956, S. 609) hat besonders der Philosoph Gottlob Ernst Schulze (1761–1833) diese Tendenz kritisiert: Man hat aber schon
längst eingesehen, daß die gemein üblichen Erklärungen gewisser Veränderungen und Thatsachen aus besonderen Ursachen und Vermögen derselben im Grunde nichts weiter ausmachen, als eine bloße Widerholung der Erscheinung und der Thatsache selbst, deren Eigenschaften man erst begreiflich machen will, mit der Hinzufügung des Wortes K r a f t oder Ve r m ö g e n (Aenesidemus oder über die Fundamente der von dem Herrn Professor Reinhold in Jena gelieferten Elementar-Philosophie [1792]; s. den Neudr. Schulze 1911, S. 81). 219,6 in der französischen Sprache] Gemeint ist die frz. Konjunktion »parce que«, wörtlich übersetzt: ›durch das, was‹. 219,17 zwei Kupfertafeln] Die beigegebenen Kupfertafeln V und VI (s. Abb. 7 u. 8) zeigen je 4 Bilder zur Verdeutlichung des Singularis (V, Nr. 1–4) und des Pluralis (V, Nr. 5 u. VI, Nr. 1–3). Vgl. die Beschreibung der Kupferstiche bei Engelmann 1926, S. 173f. 219,23–220,30 E i n h e i t – M e h r h e i t 〈…〉 gesetzt werden] Von Moritz wiederveröffentlicht im Beitrag Einheit – Mehrheit – menschliche Kraft in der Zeitschrift Denkwürdigkeiten 〈…〉 (DW 1786 I, 8. St., 21. Februar, S. 123–128; KMA 11), zusammen mit der Passage S. 221,28–224,20; vgl. den Variantenapparat. 219,29–220,4 Drei Knaben 〈…〉 einer] Beschreibung der Abbildungen Nr. 2, Tafel VI u. Nr. 3, Tafel V; Nr. 1, Tafel VI u. Nr. 2, Tafel V; Nr. 5, Tafel V u. Nr. 1, Tafel V; Nr. 3, Tafel VI u. Nr. 4, Tafel V (Abb. 7 u. 8). 220,5 Der fromme Aeneas] S. Tafel V, Nr. 1 mit einer Szene aus dem Epos Aeneis des röm. Dichters Vergil (70–19 v. Chr.): Aeneas trägt seinen greisen Vater Anchises aus dem brennenden Troja (Aen. II 700–742). 220,7 Die Weiber in Weinsberg] Die Burg von Weinsberg wurde 1240 von dem Stauferkönig Konrad III. erobert. Die Sage von der Burg »Weibertreu« berichtet, daß der König drohte, alle Männer zu töten, daß er aber den Frauen auf deren Bitte freien Abzug und die Mitnahme ihrer »besten Schätze« gewährte. Moritz kannte die Geschichte wohl aus der Ballade Die Weiber von Weinsberg, die Gottfried August Bürger 1777 im ›Vossischen Musenalmanach‹ veröffentlicht hatte (Hamburg: Bohn, S. 73–77; zu Moritz’ Rezeption von Musenalmanachen s. Anton Reiser, KMA 1, S. 251,30–32 und Erl.).
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220,21 d e r M e n s c h i n G e s e l l s c h a f t ] Was die Gesellschafft ist: Wenn Menschen miteinander eines werden mit vereinigten Kräfften ihr Bestes worinnen zu befördern; so begeben sie sich mit einander in eine Gesellschafft. Und demnach ist Gesellschafft nichts anders als ein Vertrag einiger Personen mit vereinigten Kräfften ihr Bestes worinnen zu befördern (Christian Wolff, Vernünfftige Gedancken von dem gesellschaftlichen Leben der Menschen und insonderheit dem gemeinen Wesen zur Beförderung der Glückseligkeit des menschlichen Geschlechts, Frankfurt u. Leipzig 1736 [Reprint: Hildesheim 1975], S. 3). 220,27–33 Eine Anzahl 〈…〉 das Kriegsheer –] Der Staat wird gewöhnlich als ein K ö r p e r betrachtet, dessen H a u p t der Regent vorstellet, definiert Johann Georg Feder und beruft sich dabei auf den Rechtslehrer Samuel von Pufendorf (Lehrbuch der practischen Philosophie, 4. verm. u. verb. Aufl. Göttingen 1776, S. 282). Die Ableitung dieser Vorstellung aus dem neutestamentlichen Gleichnis vom Leib Christi und seinen Gliedern (1 Ko 12,12–16) ist offensichtlich. Im Roman Andreas Hartknopf nennt Moritz den Staatskörper eine Chimäre, einen allgemeinen abstrakten Begriff (AH, S. 95; KMA 2). 220,33–221,27 das Kriegsheer 〈…〉 zusammenziehen muß] Von Moritz wiederveröffentlicht im Beitrag Das Kriegsheer in der Zeitschrift Denkwürdigkeiten 〈…〉 (DW 1786 I, 7. St., 14. Februar, S. 73–78; KMA 11); vgl. den Variantenapparat. 221,6 Drath] Diese Schreibweise, die in allen Auflagen beibehalten wird, läßt Adelung (1, Sp. 1335) aus Gründen der Etymologie nicht zu. 221,17–19 Ein Soldat 〈…〉 fürchtet] Vgl. Tafel V, Nr. 4 u. Tafel VI, Nr. 3 (Abb. 7 u. 8). 221,25–27 Der Staatskörper 〈…〉 zusammenziehen muß] Auf diesen Zusammenhang hatte Immanuel Kant 1784 in dem Aufsatz Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht deutlich hingewiesen. Es sei so, daß die Verwendung aller Kräfte der gemeinen Wesen auf Rüstungen
gegen einander, durch die Verwüstungen, die der Krieg anrichtet, noch mehr aber durch die Nothwendigkeit, sich beständig in Bereitschaft dazu zu erhalten, dazu nötige, ein Gesetz des Gleichgewichts auszufinden, und eine vereinigte Gewalt, die demselben Nachdruck giebt, mithin einen weltbürgerlichen Zustand der öffentlichen Staatssicherheit einzuführen (in: Berlinische Monatsschrift, November 1784, S. 385–410, hier S. 401f.; vgl. auch Kant, WA 11, S. 44). Die Ausgaben für das Militär machten in den Jahren 1764, 1774 und 1786 76%, 80% und 65% des preußischen Staatshaushalts aus (Papke 1979, S. 221).
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221,28–224,20 Die vereinigten Kräfte 〈…〉 G e d a n k e n g e w ä h l t ] Von Moritz wiederveröffentlicht im Beitrag Einheit – Mehrheit – menschliche Kraft in der Zeitschrift Denkwürdigkeiten 〈…〉 (DW 1786 I, 8. St., 21. Februar, S. 123–128; KMA 11), zusammen mit der Passage S. 219,23–220,30; vgl. den Variantenapparat. 222,1–3 über sich 〈…〉 Gelegenheit haben sollte] In seinem Aufsatz Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung? (in: Berlinische Monatsschrift, Dezember 1784, S. 481–494, hier S. 484) hatte Immanuel Kant Friedrich den Großen mit der Maxime zitiert: r ä s o n n i e r t , so viel ihr wollt, und worüber ihr wollt; a b e r g e h o r c h t ! (vgl. auch Kant, WA 11, S. 55) und Freiheit für den öffentlichen Gebrauch der Vernunft postuliert, im Privatgebrauch, also in bürgerlichen Posten dagegen abgelehnt. Auch der Nachfolger Friedrichs des Großen wurde zunächst dafür gerühmt, daß er sich zur Duldung 〈und〉 Schonung des
ersten und heiligsten aller Rechte der Menschheit 〈…〉, des Rechtes zu denken, zu forschen bekannt habe (Johann Jakob Engel, Rede am Geburtstage des Königs. Gehalten am 25. September 1786, in: ders., Schriften, 4. Bd.: Reden. Ästhetische Versuche, Berlin 1802, S. 59–100, hier S. 80). 222,4–5 Vereinigung mehrerer 〈…〉 einem Zweck] Die Teilung der Arbeit
(oder der ›Künste‹ und ›Berufe‹) wurde seit dem Aufkommen organisierter Arbeit in Manufaktur und Fabrik ausführlich zuerst 1767 von Adam Ferguson in seiner Schrift An Essay on the History of Civil Society (Edinburgh 1767) erörtert. Ferguson beschreibt dabei nicht nur die Vorteile der Qualitätssteigerung und Kostensenkung durch Spezialisierung, sondern auch die negativen Folgen: Viele ge-
werbliche Künste erfordern in der Tat keinerlei geistige Befähigung. Sie gedeihen am besten bei vollständiger Unterdrückung von Gefühl und Vernunft. 〈…〉 Nachdenken und Phantasie sind dem Irrtum unterworfen, aber die eingeschliffene Gewohnheit, die Hand oder den Fuß zu bewegen, ist von beiden unabhängig (Ferguson 1988, S. 340). Daß sich durch die Arbeitsteilung aber auch Berufszweige herausbilden, die für das Erfinden, Planen und Denken zuständig sind, hat Ferguson deutlich gemacht: Ja, das Denken selbst
kann in diesem Zeitalter der Arbeitsteilungen ein besonderer Beruf werden (ebd., S. 341). 1776 griff Adam Smith in seiner Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations das Problem erneut auf. Er leitete die Arbeitsteilung aus dem Tausch- und Handelsbedürfnis des Menschen ab und sah ihre Wirkung in der »bedeutendsten Steigerung der Produktivität der Arbeit« (Smith 1999, S. 89). Smith wies allerdings auch auf die negativen Folgen hin: »Wer sein ganzes Leben damit zubringt, einige wenige einfache Verrichtungen auszuführen,
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deren Wirkungen vielleicht noch dazu immer oder fast immer dieselben sind, hat keinen Anlaß, seinen Verstand anzustrengen 〈…〉 und wird im allgemeinen so dumm und unwissend, wie es ein Mensch nur werden kann« (ebd., S. 747). 223,19–27 Der listigere 〈…〉 Kommandowort thun muß] Mit der Unterscheidung von zwei ungleichen Teilen der Gesellschaft bezieht sich Moritz auf Moses Mendelssohns Übersetzung von Rousseaus Discours sur l’origine et les fondemens de l’ine´galite´ parmi les hommes (Johann Jacob Rousseau Bür-
gers zu Genf Abhandlung von dem Ursprunge der Ungleichheit unter den Menschen, Berlin: Voß 1756; Neudruck, hrsg. v. Ursula Goldenbaum, Weimar 2000). Rousseau fand, daß keine Ungleichheit im Stande der Natur statt finde: daß ihre Kraft so wie ihr Wachsthum aus der Entwickelung unserer Vermögen und aus dem Fortgange des menschlichen Verstandes entspringe, und daß die Einführung des Eigenthums und der Gesetze, diese Ungleichheit dauerhaft und rechtmäßig machen; 〈…〉 die moralische Ungleichheit 〈…〉 streitet offenbahr mit dem Gesetze der Natur, man mag sie erklähren wie man will. Ein Kind hat über einen Alten zu befehlen, der Weise stehet unter der Anführung eines Blödsinnigen, eine Handvoll Menschen brüstet sich im Überflusse, und eine ausgehungerte Menge darbet ihres nöthigen Auskommens (Rousseau 2000, S. 182). 225,21 Z u f a l l s ] Zufall: »das unberechenbare geschehen« (DWb 32, Sp. 345). Nach Leibniz ist Zufall, wie das Glück, eine »scheinbare« Erklärung, denn nur die Unkenntnis der Ursachen erzeugt ihn (Leibniz, PS II/2, S. 95). Bei Moritz wird der Zufall als nicht vorhersehbares oder berechenbares Geschehen vor allem mit der Geburt, mit Behinderungen und Schicksalsschlägen verbunden. Zur Rechtfertigung von Ungleichheit ist Geburt 〈…〉 nur ein Hirngespinst, falls sie nicht getragen wird vom Verdienst, hatte schon Friedrich II. im Erziehungsplan für seinen Thronerben konstatiert (Friedrich’s des Großen Pädagogische Schriften und Äußerungen, übs. u. hrsg. v. Jürgen Bona Meyer, Langensalza 1885 [Reprint: Königstein/Ts. 1978], S. 192). 225,23 Vertrag] Die meisten Staatslehren der Aufklärung (z. B. von Hobbes, Pufendorf, Rousseau) enthielten Konzepte von Verträgen und Bündnissen. Wichtigstes Moment war dabei die vertragliche Bindung zwischen der Allgemeinheit und dem Souverän. Daß ein solcher Vertrag der Unterwerfung (Johann Georg Heinrich Feder, Lehrbuch der practischen Philosophie, 4. verm. u. verb. Aufl. Göttingen 1776, S. 287) in der erblichen Monarchie letztlich ein Bündnis mit dem Zufall sei, macht Moritz hier satirisch-kritisch deutlich.
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225,25 l e t z t e K u p f e r t a f e l ] Tafel VII (Abb. 9); vgl. die Beschreibung bei Engelmann 1926, S. 174, Nr. 324. 226,20 jede Muskel] »das fem., das noch Campe 〈und Adelung〉 nicht aufführt, findet sich bereits im dritten viertel des 18. jhs., und ist nach und nach recht gebräuchlich geworden« (DWb 12, Sp. 2746). 227,16–25 Wie dieser 〈…〉 bläßt] Vgl. Tafel VII, Nr. 3 u. 4 (Abb. 9). 227,23 Tonstück] »ein in töne gesetztes stück, welcher art es sei, in engerer bedeutung ein blosz für tonwerkzeuge gesetztes stück, zum unterschiede von einem singstücke« (DWb 21, Sp. 807, nach Campe). 227,30 Vergnügen 〈…〉 Nutzen] Vgl. Horaz, Briefe II, 3: Aut prodesse volunt, aut delectare poetae (Horaz 1873, S. 237), übs.: ›Bald auf Nützliches schaut und bald auf Vergnügen der Dichter‹. 229,23 e i n I d e e n s p i e l ] Vgl. Erl. zu S. 215,16. 229,24–231,28 Dieß Ideenspiel 〈…〉 s c h ö n e n N a t u r ] Von Moritz wiederveröffentlicht im Beitrag Häußliche Glückseeligkeit 〈…〉 in der Zeitschrift Denkwürdigkeiten 〈…〉 (DW 1786 I, 10. St., 7. März, S. 150–153; KMA 11); vgl. den Variantenapparat. 229,24 letzten beiden Darstellungen] Vgl. Tafel VII, Nr. 5 u. 6 (Abb. 9). 230,13–14 Idee von h ä u s l i c h e r G l ü c k s e e l i g k e i t ] Wahrscheinlich eine von Moritz selbst gehegte Lieblingsvorstellung. Anton Reiser berichtet von seinem Mitschüler August Wilhelm Iffland, daß er ihn bei einsamen Spaziergängen gern mit den Ideen von h ä u s l i c h e r s t i l l e r G l ü c k s e l i g k e i t unterhielt, die er sich von der angenehmen Lage eines Landpredigers später erhoffte (Anton Reiser, KMA 1, S. 295). 231,7 g e g e n w ä r t i g e n A u g e n b l i c k ] Klischnig berichtete in seinen Erinnerungen: M e n d e l s s o h n war es – dieser verewigte Weise – der ihn 〈Anton Reiser; J. J.〉 sich selbst wiedergab und diese Stürme in seinem Innern
stillte. Er führte ihn auf den höchsten Punkt der Lebensweisheit zurück und lehrte ihn, s i c h a n d e n g e g e n w ä r t i g e n A u g e n b l i c k z u h a l t e n und in sich selbst den Quell der lautersten Freuden zu suchen (Klischnig, Erinnerungen, S. 82). 231,26–28 Das höchste Ziel 〈…〉 G e n u ß d e r s c h ö n e n N a t u r ] Als Ziel wird hier die Auflösung der seit Rousseau diskutierten Diskrepanz zwischen natürlichem und gesellschaftlichem Zustand des Menschen entworfen, indem glückliche Zufriedenheit im einfachen Naturzustand von der Beschränkung auf das ›Hier und Jetzt‹ und auf den engeren sozialen Umkreis erwartet wird. Daß es aber auch hier darauf ankommt, w i e die obrigkeitliche Gewalt ausgeübt wird, hat Johann
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Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik
Georg Feder differenzierter formuliert: Weit beneidenswürdiger, als der Zu-
stand noch ganz wilder Menschen kann die Glückseligkeit im H i r t e n s t a n d e vorgestellt werden. Von jeher haben diese auch Dichter gewählt, um die reizendsten Gemälde vom menschlichen Leben zu entwerfen. 〈…〉 Beym beständigen freyen Anblick der ganzen schönen Natur, und dem Vergnügen der Abwechselung, 〈…〉 dennoch ein fortwährendes zum Wohlleben hinreichenden, schon durch Gesetze und Obrigkeiten gesichertes Eigenthum; 〈…〉 schon die aus wechselseitiger Achtung entspringende, durch ausschweifende Anmaßungen oder unabläßige Beschäftigungen noch nicht gestörte häusliche Glückseligkeit! 〈…〉 So bald der Mensch aus dem Stande seiner natürlichen Freyheit heraus, und unter obrigkeitliche Gewalt sich begiebt: so hängt von nichts unter Allem, was außer ihm ist, seine Glückseligkeit so sehr ab, als von der Art, wie diese Gewalt über ihn ausgeübt wird (Johann Georg Heinrich Feder, Untersuchungen über den menschlichen Willen, 3. T., 2. verb. Aufl. Lemgo 1792, S. 130–133). Moritz läßt diesen Gesichtspunkt außer acht, in seinem hier dargestellten Ideal der Einschränkung in schützender Behausung, aber mitten in der großen und offnen Natur, »erscheinen die Lebensverrichtungen reduziert auf Ruhen, Schauen und (Spazieren-)Gehen, im Schoß der Familie, aus dem Fenster, in der schönen Natur« (Wölfel 1989, S. 371).
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Neues A. B. C. Buch welches zugleich eine Anleitung zum Denken für Kinder enthält Überlieferung 1. Textgrundlage D1 Neues A. B. C. Buch welches zugleich eine Anleitung zum Denken
für Kinder enthält mit Kupfern von Karl Philip Moritz. Professor bei der Academie der bildenden Künste in Berlin. Berlin, 1790. Bei Christian Gottfried Schöne. S. Ç1È–35. 9 Kupfertafeln (P. Haas del. et sc. Berol.) 14,5 x 8 cm, an- oder vorgebunden. 8°; Satzspiegel: 12,5 x 7,5 cm. Fraktur. Eingesehene Exemplare: Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek, Göttingen: Sig. RARA DD93 A33459 (Dieses Exemplar wurde von der Bibliothek faksimiliert hrsg., Göttingen o. J.). D2 Neues A. B. C. Buch, welches zugleich eine Anleitung zum Denken
für Kinder enthält mit Kupfern von Karl Philip Moritz. Professor bei der Academie der bildenden Künste in Berlin. Zweite Auflage. Berlin, 1794. Bei Christian Gottfried Schöne. S. Ç1È–35. 9 Kupfertafeln, koloriert, 14,5 x 8 cm, an- oder vorgebunden. 8°; Satzspiegel: 12,5 x 7,5 cm. Fraktur. Eingesehene Exemplare: Herzog-August-Bibliothek, Wolfenbüttel, Sig. Pb 609 (Dieses Exemplar wurde faksimiliert, hrsg. v. Horst Günther, Frankfurt/Main 1980). Grundlage für den edierten Text: D1.
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Neues A. B. C. Buch
Zeitgenössische Übersetzungen Übersetzung in das Französische:
Nouvel A. B. C. pour apprendre a` lire et a` penser, avec figures. Traduit de l’allemand de Mr. Moritz. Berlin 1793. Christian Gottfried Schöne. 31 u. 14 S. mit Kupfertafeln.
2. Varianten 236,4 Das zweite Bild.] Zweites Bild D2 236,10 Bey] Bei D2 237,1 Pfeiffen] Pfeifen D2 237,10 Vierte] vierte D2 240,9 weiß] weis D2 241,9 ernähret] ernährt D2 241,12 verzehret] verzehrt D2 244,5 vielerlei] vierlerlei D2 244,13 zufrieden,] zufrieden D2 247,24 der] des D2
Überblickskommentar 1. Entstehungsgeschichte Das Neue A. B. C. Buch erschien zur Ostermesse 1790.1 Moritz knüpfte damit an seine umfangreiche, aber schon vor der Italienreise versiegende pädagogische Schriftstellerei an. Er produzierte mit dem Neuen A. B. C. Buch und dem 1792 folgenden Lesebuch für einen Markt, der offenbar gegen Ende des ›pädagogischen Jahrhunderts‹ mehr als gesättigt war. Der Leipziger Verleger Karl Christoph Reiche schrieb 1783 an die sämmtlichen Autoren von Seiten der Buchhandlung der Gelehrten: Pädagogika sind jetzt abgedroschen, sie gehen nicht weiter, als der Name des Verfassers reicht, höchstens Jugendschriften von Campe und Weiße fänden Absatz.2 Der Berliner Gymnasialdirektor Friedrich Gedike klagte in seinen 1 2
Meßkatalog Ostern 1790, S. 89. Kapp/Goldfriedrich 3, S. 273.
Überblickskommentar
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Gedanken über Schulbücher und Kinderschriften: Jede Leipziger S o m m e r - und Wintermesse spült wie die Flut des Meers eine zahllose Menge Bücher der Art ans Ufer. Ç. . .È Da giebt es unter zahllosen Formen und Namen: Kinderalmanache, Kinderzeitungen, Kinderjournale, Kindersammlungen, Kinderromane, Kinderkomödien, Kinderdramas, Kindergeographieen, Kinderhistorien, Kinderphysiken, Kinderlogiken, Kinderkatechismen, Kinderreisen, Kindermoralen, Kindergrammatiken und Lesebücher für Kinder in allen Sprachen ohne Zahl, Kinderpoesien, Kinderpredigten, Kinderbriefe, Kindergespräche, und wie sonst noch alle der litterarische Puppenkram heißen mag Ç. . .È. Doch so zahllos das Heer der Schriftsteller für die Jugend ist, so sind die nicht blos unschädlichen, sondern wirklich brauchbaren und zwekmäßigen Kinderbücher dennoch sehr zählbar. Wer kann die großen Verdienste in Zweifel ziehen, die ein C a m p e , We i ß e , v o n R o c h o w , S a l z m a n n , und die wenigen ihnen ähnlichen Schriftsteller sich um die Jugend erworben?3 Moritz hatte selbst zu dieser Flut von Erziehungsschriften beigetragen. Als er mit den Unterhaltungen 1780 den Anfang machte, legitimierte er seine Autorschaft nachdrücklich durch seine Praxis als Lehrer. Zur Kinderlogik gaben dagegen bekanntlich äußere Bedingungen den Anstoß, der Lehrerberuf war inzwischen Last und Enttäuschung geworden. Schon 1782 klagte Moritz über den abscheulichen Schulkerker, worinn ich nun eingeschmiedet bin!4 Im Oktober 1784 schrieb Friedrich Gedike in seinem Bericht über das sogenannte graue Kloster: Noch ist hier auch der Professor
M o r i t z , der wegen mancherlei Schriften auf eine vortheilhafte Art bekannt ist, und sehr gute U n t e r r e d u n g e n m i t s e i n e n S c h ü l e r n herausgegeben hat.5 Alessandro Costazza erklärt Moritz’ Abwendung vom Lehrberuf weniger durch seine Kritik an der utilitaristischen Pädagogik der Philanthropen als durch seine Hinwendung zur Ästhetik.6 Als Karl Philipp Moritz im Juli 1786 schließlich Berlin verließ, um nach Italien zu gehen, schrieb er unterwegs seinem
3
4
Friedrich Gedike, Einige Gedanken über Schulbücher und Kinderschriften, in: Gesammlete Schulschriften von Friedrich Gedike, Berlin 1789, S. 422–455, hier S. 422f.
An Joachim Heinrich Campe, 15. Oktober 1782; vgl. S. 474 im vorliegenden Bd. Ueber Berlin. Von einem Fremden, in: Berlinische Monatsschrift, Oktober 1784, S. 337–350, 23. Brief, hier S. 349; vgl. Gedike 1987, S. 122. 6 Costazza 1996b, S. 197. 5
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Neues A. B. C. Buch
Freund Karl Friedrich Klischnig erleichtert: Jetzt bin ich frey – habe das Joch abgeschüttelt, das ich mir so geduldig auflegen ließ, ohne zu ahnden, wie sehr es mich noch drücken würde, und bin dem Schulkerker entflohen.7 Der Abschied von der Schule sollte endgültig sein und Moritz kehrte erst nach Berlin zurück, als ihm eine Professur an der Königlich Preußischen Akademie der Künste angeboten wurde. Nach seiner Rückkehr hatte Moritz genug anderes zu tun, als seine Laufbahn als Erziehungsschriftsteller fortzusetzen: Er wollte nicht nur die Redaktion des Magazins zur Erfahrungsseelenkunde wieder übernehmen, die Reiser- und Hartknopf-Romane und Übersetzungsarbeiten fortführen8 sowie mit den Reisen eines Deutschen in Italien den Ertrag des Italienaufenthalts einbringen, sondern sich auch in seine neuen Aufgaben an der Akademie einarbeiten, gelehrte Bücher zur Altertumskunde (Anthusa, Götterlehre) verfassen, die MonatsSchrift und später auch die Annalen der Akademie redigieren. Am 21. Juli 1790 schrieb Moritz an Alexander Macco: Ich gerieth bei meiner hiesigen Ankunft
sogleich in einen Wirbel von ganz voneinander verschiedenen Arbeiten, die mich nicht recht zu mir selbst kommen ließen.9 Daß unter diesen Bedingungen 1790 das Neue ABC-Buch und 1792 das Lesebuch für Kinder erschienen – Bücher für die kleinere Jugend also, für die Moritz sich nach dem Zeugnis Gedikes schon seit 1784 kaum noch interessierte –, läßt sich wohl nur durch vertragliche Verpflichtungen erklären, die Moritz zur Finanzierung seiner Italienreise gegenüber diversen Verlegern eingegangen war. Die Bindung an Joachim Heinrich Campe, die in der Folge zu dem Streit über die Rechte des Schriftstellers und Buchhändlers führen sollte,10 ist bekannt. Obwohl Moritz Campe gegenüber erklärt hatte, frei von Schulden und Verpflichtungen gegen andere Buchhändler zu sein, bot er dem Verleger Göschen an, verschiednes aus Italien über Italien zu schreiben.11 Am 28. Oktober wiederholte er dieses Angebot mit der Bitte um einen Vorschuß. Campe erfuhr über den Factor seiner Handlung Ç. . .È von der Leipziger Michaelismesse, daß Moritz
7
Klischnig, Erinnerungen, S. 176. Eybisch 1909, S. 134. 9 KMA 13; vgl. Eybisch 1909, S. 250. 10 S. Moritz’ Schrift Ueber eine Schrift des Herrn Schulrath Campe, und über die Rechte des Schriftstellers und Buchhändlers (1789), KMA 3; vgl. Marx/Sauder 1993. 11 Moritz an Göschen am 12. August 1786 (KMA 13); vgl. Eybisch 1909, S. 197. 8
Überblickskommentar
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gegenüber verschiedenen Verlegern dem Einen zu dieser, dem Andern zu
jener Schriftstellerarbeit, ich weiß nicht weit wie lange schon, verpflichtet wäre.12 Moritz machte später geltend, daß Campe um seine Verpflichtungen hinsichtlich der beiden Journale und des vierten Teils des Anton Reiser wußte. Weitere vertragliche Bindungen sind in der Tat nicht belegt, aber es ist naheliegend, daß Moritz in dem Fach, in dem er als Schriftsteller bereits einen Namen hatte, Projekte anbieten konnte, für die bereits vorhandene Texte zur Verfügung standen. Moritz hatte Ende 1789 dem Staatsminister von Heinitz vorgeschlagen, ein
Privilegium über die U n t e r r i c h t s b ü c h e r z u m L e s e n l e r n e n , sowohl deutsch als französisch zu errichten, wie aus einer diesbezüglichen Bewerbung des »akadem. Buchdruckers Joh. Friedrich Unger« zu entnehmen ist.13 Vermutlich verpflichtete Moritz sich gegenüber dem Verleger Christian Gottfried Schöne, mit dem er zuvor noch nicht in geschäftlicher Verbindung gestanden hatte. Schöne gehörte erst seit dem 4. April 1787 zu den vierzehn privilegierten Buchhändlern Berlins,14 er verlegte ein recht gemischtes Programm: Neben der Wochenschrift Der Zuschauer finden sich Anekdoten aus dem Leben Ludwigs XVI, Gemaelde des physischen Menschen oder die Geheimnisse der Mannbarkeit u. ä. Ludwig Geiger sieht in ihm den »damaligen eigentlichen Berliner Colportagebuchhändler«.15 Vielleicht sollte hier ein »ABC- und Lesebuch«, etwa nach dem Muster des erfolgreichen Weiße’schen,16 dem Angebot zur Seriosität verhelfen. Daß der Verleger dieses Ziel verfolgte, läßt sich auch daran erkennen, daß er gleichzeitig eine aufwendig illustrierte zweibändige deutsche Ausgabe von Johann Winckelmanns alten Denkmälern der Kunst (übersetzt von Friedrich Leopold Brunn, 1791/92) herausbrachte – eine Arbeit, die Moritz vermutlich mehr interessiert hätte als ein ABC- und Lesebuch. August Hermann Niemeyer stellte 1796 fest: Die Zahl der A b c und L e -
s e b ü c h e r ist Legion. Man müsste ein grosser Literator seyn, um die Titel 12
13
Vgl. Joachim Heinrich Campe, MoritzÇ.È Ein abgenöthigter trauriger Beitrag zur Erfahrungsseelenkunde, Braunschweig 1789, S. 6 (KMA 3).
Flodoard Frh. v. Biedermann, Johann Friedrich Unger im Verkehr mit Goethe und Schiller, Berlin 1927, S. XXIX. 14 Vgl. Eichler 1996, S. 184; Nicolai, Beschreibung, Bd. 2, S. 484. 15 Geiger 1895, S. 44. 16 ÇChristian Felix Weiße,È Neues A, B, C, Buch, nebst einigen kleinen Uebungen und Unterhaltungen für Kinder, Leipzig 1776.
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Neues A. B. C. Buch
zu behalten. Aus neun älteren entsteht alle Messe ein z e h n t e s N e u e s . 17 Zwischen 1780 und 1790 erschienen insgesamt 46 »neue« deutsche ABC-Bücher.18 Die Fibeln, ABC- und Lesebücher dieser Zeit enthielten meist tabellarische Alphabete der deutschen (Fraktur-) und lateinischen (Antiqua-) und der geschriebenen Groß- und Kleinbuchstaben, sowie der Zahlen. Ein bebildertes ABC folgte, wobei jedes der Bilder einen Gegenstand oder einen Begriff zeigte, der mit dem betreffenden Buchstaben anfing. Die Bildunterschrift, meist ein gereimter Zweizeiler, erläuterte das jeweilige Bild – seit Weiße (1776) nicht selten als »Lebensspruch«, durch eine Lehre oder eine Moral.19 Als umfangreichster Teil schloß sich eine Folge von Lesetexten an. So sollten die ABC- und Lesebücher meistens mehrere Funktionen erfüllen: sie zielten darauf, mit Schriftzeichen vertraut zu machen (ABC), das Lesen zu lehren (Buchstabieren) und Leseübungsstoff zu bieten. Das Neue A. B. C. Buch unterscheidet sich vom diesen Mustern mehrfach: Es verspricht im Titel zugleich eine Anleitung zum Denken für Kinder, knüpft also offenbar an die Kinderlogik an. Das Büchlein beschränkt sich auf das Alphabet und verzichtet auf Buchstabier- und Lautierübungen und entsprechende Hilfen im Satzbild (z. B. Akzentzeichen, Silbentrennungen, An- und Auslaute usw.), sowie auf zusätzliche Lesestücke. Das Bilder-Alphabet zeigt nicht die übliche zufällige Folge anschaulicher Begriffe, sondern ist planvoll organisiert, indem es – ähnlich wie die Kinderlogik – von unterscheidenden meist paarweise gegenübergestellten Begriffen ausgeht (fünf Sinne; Geist/Körper; Mensch/Tier; rohe Natur/gebildeter Mensch; Überfluß/Genügsamkeit; passive Bewegung/aktives Leben/Tod; Triebwerk mit/ohne Verstand; Vergänglichkeit/Dauer; Stolz/Ungleichheit; Zeit/Vergänglichkeit). Diese Systematik erlaubt es, ähnlich wie in der Kinderlogik, philosophische Grundfragen kindgemäß zu berühren. Jedes Bild zeigt als Legende den jeweiligen Ordnungsbegriff und eine erklärende Textzeile, die sich mit der des folgenden Bildes reimt. Im separaten Textteil folgt dann zu jedem einzelnen der 26 Bilder eine beschreibende und erläuternde Anleitung zum Denken.
17
Niemeyer 1970, S. 244. Vgl. Gisela Teistler, Fibel-Findbuch. Deutschsprachige Fibeln von den Anfängen bis 1944. Eine Bibliographie, Osnabrück 2003. 19 Vgl. Ernst Schmack, Der Gestaltwandel der Fibel in vier Jahrhunderten, Ratingen 1960 (phil. Diss. Köln), S. 92. 18
Überblickskommentar
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Mit einem ABC-Buch begab sich ein Autor auf ein heftig umkämpftes Terrain, wie es Moritz schon im Anton Reiser beschrieben hatte: In seinem achten Jahre fing Antons Vater an, ihn selber etwas lesen zu lehren, und kaufte ihm zu
dem Ende zwei kleine Bücher, wovon das eine eine Anweisung zum Buchstabiren, und das andre eine Abhandlung gegen das Buchstabiren enthielt.20 In diesem Streit ging es um die Lautier- oder Buchstabier-Methode im Leseunterricht: ist es sinnvoller, von einzelnen Lauten und Lautverbindungen auszugehen oder vom Alphabet und den Buchstabennamen? Im vorigen Jahrhundert lebte dieser Streit noch einmal zwischen der »synthetischen« und »analytischen« oder »ganzheitlichen« Methode wieder auf. Der Schulreformer Friedrich Gedike, der sich entschieden gegen die berühmte Hähnische und Felbigersche Litteralmethode gewandt hatte,21 hatte selbst 1791 ein Kinderbuch zur ersten Übung im Lesen ohne ABC und Buchstabiren vorgelegt, das von alphabetisch geordneten Wortlisten mit farbigen Anfangsbuchstaben über einfache Sätze zu Sachtexten und moralischen Erzählungen und Fabeln voranging. Moritz hält sich aus diesem Streit heraus; er verzichtet in seinem Neuen A. B. C. Buch, wie vor ihm schon Weiße (1776), auf didaktische und methodische Kommentare zum Lesenlernen. Gedike hatte 1779 nachdrücklich gefordert: Also noch einmal, das Kind
lerne nicht eher lesen, bis es zusammenhängend denken Ç. . .È und zusammenhängend reden kann.22 Moritz beherzigt diesen Rat, indem sein Neues A. B. C. Buch eine Anleitung zum Denken (s. Titel), aber nicht zum Lesen enthält. Neun Kupfertafeln hat der dänische Kupferstecher Peter Haas (1754 – nach 1804) für das Neue A. B. C. Buch angefertigt. Haas ist seit 1786 in Berlin nachweisbar und trat später mit Darstellungen aus dem Leben Friedrichs II. und mit Berliner Stadtansichten hervor.23 Von Haas stammt auch das Moritz-Bildnis, das der Biographie von Klischnig vorangestellt ist (Klischnig, Erinnerungen). Die ABCKupferstiche haben offenbar die des Weiße’schen Neuen ABC Buchs (1776) zum Vorbild: die Bildaufteilung ist identisch, bei dem Abschnitt X, Xerxes ist es auch das Bild selbst. Bei Weiße ist allerdings jedes Einzelbild mit einem Reimpaar versehen
20
KMA 1, S. 17f., Kom. S. 776f. Friedrich Gedike, Einige Gedanken über Schulbücher und Kinderschriften, in: Gesammlete Schulschriften von Friedrich Gedike, Berlin 1789, S. 422–455, hier S. 433. 22 Gedike, zitiert nach Offermann 1990, S. XXII. 23 Nicolai, Beschreibung, Anhang III, S. 31; Thieme/Becker 15, S. 391. 21
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Neues A. B. C. Buch
(z. B.: »L«: Das arme Lämmchen springt im Thale freudenvoll, Zum Glücke weiß es nicht, wie bald es bluten soll), während Moritz durch ein Reimpaar zwei (oder einmal drei) aufeinander folgende Bilder miteinander verbindet (vgl. Abb. 13–21). Weißes Neues ABC Buch, das als prominentes Beispiel für das »Eindringen der Morallehre in sprachunterrichtliche Lehrbücher«24 gilt, dient nur für das Alphabet als (graphisches) Vorbild; ihm gegenüber erscheint Moritz’ Buch als Torso, denn es enthält weder Leseregeln, noch Sittenlehre, Gedenksprüche, kleine Erzählungen, Lieder, Gebete und Fabeln, sondern beschränkt sich ganz auf Darstellung und Erläuterung des Bilder-ABC. Die bei Moritz vorangestellten deutschen und lateinischen Alphabete und Zahlen entsprechen dem üblichen Muster in den meisten ABC-Büchern. Moritz’ ABC dient der Anleitung zur planvollen Reflexion des Wahrnehmens und Erlebens und zum ordnenden Denken über philosophische Grundprobleme. Zuerst »werden die fünf Sinne durchbuchstabiert, aber nicht nach ihren Initialen, sondern in einer hierarchischen Reihenfolge«. Dieser »Leistungs«-Hierarchie der Sinne läuft »eine Angsthierarchie der Sinnlichkeit« entgegen: der »niedrigste« Sinn, das Gefühl, wird mit dem gefährlichen Feuer assoziiert.25 Bei den ersten neun Bildern wechselt der Leser zusammen mit dem Autor von einer beschreibenden Beobachterperspektive zur ersten Person, mit der er sich identifizieren kann.26 Der Text ist nach mehr als 200 Jahren heute noch so reizvoll, daß ihn der Künstler Wolf Erlbruch im Jahr 2000 neu illustriert als Kinderbuch herausgegeben hat und er ins Französische und Koreanische übersetzt worden ist.
24
Offermann 1990, S. XIX. Utz 1990, S. 25. 26 Hollmer 2000, unpag. 25
Rezeptionsgeschichte
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2. Rezeptionsgeschichte Dokumente Zeitgenössische Rezensionen 1. Allgemeine Literatur-Zeitung, Nr. 219, 11. August 1791, Sp. 327f. (zusammen mit dem »Berlinischen neu eingerichteten A. B. C. Buchstabierund Lesebüchlein« von Christian Zimmermann, Berlin 1790)
Beide wollen Anleitung, nicht nur zum Lesen, sondern auch zum Denken und Sprechen, und zu Sachkenntnissen geben. Bey beiden erst die Alphabete verschiedner Schrift; dann bey N. 1 Ç= Moritz’ ABC-BuchÈ ein Commentar über 25 Bilder, unter deren jedem ein Titul und ein Vers steht, z. B. unterm Bilde zum Buchstaben S das Wort L e b e n , und der Vers. I n A d e r n r o l l t d e s L e b e n s S a f t ; unterm Bilde zu T aber To d und: d e r To d m a c h t H a n d u n d F u ß e r s c h l a f t . Der Commentar zum 18ten Bilde ist. L e b e n . E i n M a n n s i t z t a u f e i n e m S t u h l e , u n d h ä l t e i n B e c k e n i n d e r r e c h t e n H a n d . E i n Wu n d a r z t l ä ß t i h m a m linken Arm zur Ader. In den Adern fließt das Blut. Das Blut aus der eröfneten Ader strömt in das Becken; die Ader wird verbunden; dann hört das Bluten wieder auf. Das Aderlassen ist zuweilen heilsam. In den Röhren der Pflanzen steigt der Saft empor. Die Pflanzen wachsen in die Höhe, aber sie bewegen sich nicht. Sie hohlen auch nicht Athem. Der Mensch hohlt beständig Athem. Das Blut strömt durchs H e r z . D a s H e r z s c h l ä g t j e d e n A u g e n b l i c k . We n n d a s H e r z auf immer still steht, so lebt der Mensch nicht mehr. 2. Giebt siebenerley Arten von Sylben an, und setzt unter jede eine Menge Hauptwörter u. s. w., in denen so eine Sylbe vorkommt; nachher ein Heer von Zeitwörtern. In den meisten Stunden soll bloß gelesen werden; auf einige Unterredungsstunden aber sollen sich die Kinder so vorbereiten, daß sie 5 bis 6 Zeilen durchgehen, und zu sehen, ob sie jedes Wort verstehen, und was sie davon wissen. Was sie nicht wissen, soll der Lehrer erklären, Abbildungen vorzeigen u. s. w. »Dis, sagt der V. in der Vorr., dächt ich, wäre bessere Anleitung zum Denken, Sprechen, Sachkenntnissen, als wenn ich ihnen hingeschrieben hätte: ›ich sehe mit den Augen; ich höre
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mit den Ohren‹. Das wußten sie ja, ehe sie einen Buchstaben lesen lernten.« (Beides hatte N. 1 Ç= Moritz’ ABC-BuchÈ p. 8. 9. wörtlich). 2. Allgemeine Deutsche Bibliothek, 113. Bd., 1. St., Berlin und Stettin 1793, S. 253–255, hier S. 253f. (KM.; zusammen rezensiert mit den »ABC-Blättern«, Winterthur 1790)
In der ersten Fibel sind die deutschen und lateinischen großen und kleinen Alphabete, nebst dem geschriebenen Deutschen, und dann den arabischen und römischen Zahlfiguren auf den ersten vier Seien abgedruckt. Darauf folgt die Beschreibung der Kupfer, welche zugleich die Anleitung zum Denken ist. Z. B. das vierte Bild: G e r u c h ; e i n K n a b e f a ß t e i n g r o ßes Rauchfaß mit beyden Händen an. Der Rauch steigt in die Höhe. Der Rauch aus einem Rauchfaß riecht angen e h m . E i n a n g e n e h m e r R a u c h h e i ß t We i h r a u c h (doch nicht j e d e r angenehme Rauch?) D e r Wo h l g e r u c h s t e i g t i n d i e H ö h e Ç . È D i e N a s e i s t n i e d e r g e s e n k t , u m d e n Wo h l g e r u c h a u f zufangen. Die schöne Farbe einer Blume kann ich sehen. A b e r d e n Wo h l g e r u c h d e r B l u m e k a n n i c h n i c h t s e h e n . D e r Wo h l g e r u c h d e r B l u m e h e i ß t a u c h d e r D u f t d e r B l u m e . Man sieht aus gegenwärtiger Probe, daß diese Denkübungen dem Kindesalter ganz angemessen sind. Die Kupfer sind nach einem Plane geordnet, der jedesmal durch ein Wort unter denselben bemerkt ist. Erst kommen die fünf Sinne, dann Geist und Körper, darauf Mensch und Thier u. s. w. Jeder Buchstabe hat sein Kupfer, jedes Kupfer hat seinen Vers, und je zwey von diesen Versen (einmal auch drey) reimen sich z. B. der Buchstab A hat ein A u g e , der Buchstab B einen Knaben mit einem B u c h e . Unter jenem steht: D a s o f f n e A u g e s i e h t i n s B u c h . Unter diesem: D a s B u c h m a c h t j u n g e K i n d e r k l u g . Die Kupfer sind von der Beschreibung abgesondert. Auf jedem Kupfer steht der Buchstab, auf den es sich bezieht, oben in den beyden Ecken, zur linken deutsch, zur rechten lateinisch. Diese ganze Einrichtung ist sehr zweckmäßig. – Die Verse unter W und X wollen mir nicht recht gefallen. Dort stürzt ein Berg ein, und der Blitz zündet ein Haus an. Darunter steht Ve r g ä n g l i c h k e i t , und darunter der Vers: We n n d i e s e r We l t b a u e i n s t z e r f ä l l t . Dann folgt bey X X e r x e s , wie er im Lager vor seinem Zelte steht und Befehle ertheilt. Darunter steht S t o l z (besser wäre wohl U e b e r m u t h ) und darunter der Vers: I s t d e n n
Stellenerläuterungen
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w o h l X e r x e s n o c h e i n H e l d ? Die Catechismuslehre, daß der Weltbau einst zerfallen wird, paßt nicht zu dem übrigen Inhalte der Fibel, und der Gedanke, daß Xerxes am jüngsten Tage kein Held mehr seyn wird, gehört zu jenen ausgemachten Wahrheiten, die man ohne Lachen nicht kann vortragen hören. Stellenerläuterungen 245,10 läßt ihm 〈…〉 zur Ader] Adelung fordert für die Wendung ›zur Ader lassen‹ den Akkusativ, nicht den Dativ; vgl. Adelung 1, Sp. 166. 245,15–16 In den Röhren 〈...〉 bewegen sich nicht] In der Kinderlogik hatte Moritz Pflanzen zur leblosen Naturwelt gerechnet; vgl. Erl. zu S. 153,2. Hier werden Pflanzen dem Leben zugeordnet, wenn sie auch das Kriterium »Bewegung« nicht erfüllen und lediglich »Wachstum« erkennen lassen. 245,26–27 Ein Knabe 〈...〉 ausgelöschten Fackel] Diese Darstellung des Todes folgt Lessings Abhandlung Wie die Alten den Tod gebildet (1769; Lessing, Sämtliche Schriften 11, S. 1–55). Vgl. Erl. zu S. 201,18–20. Die Darstellung des Todes und eines Leichnams in einem Kinderbuch ist für das 18. Jh. nicht ungewöhnlich. Sie sollte nicht nur zum memento mori dienen, sondern auch zur Dämpfung geschlechtlicher »Neugierde und Einbildungskraft« (Rutschky 1977, S. 328f.). 246,13 Triebwerk ohne Verstand] Diese Überschrift bezieht sich nicht nur auf die Wanduhr, sondern wohl auch auf die dargestellte pädagogische Situation und stellt damit einen recht sarkastischen Kommentar zur kontrollierenden und zeitökonomischen heteronomen Unterweisung dar (Polster 1994, S. 230). 246,26–27 jede Viertelstunde 〈…〉 zu verlieren] In den Beiträgen zu Philosophie des Lebens hatte Moritz das Gelingen und Misslingen effektiver Zeitnutzung für sich dokumentiert (vgl. BPL, S. 129f.; KMA 2). 247,3 Uhrmacher] Der Uhrmacher war im 18. Jh. ein beliebtes Beispiel für den Diskurs um freie oder mechanische Künste und um Kopf- oder Handarbeit. Vgl. Diderots Artikel Artisan in der Encyclope´die, ou Dictionnaire raisonne´ des sciences, des arts et des me´tiers, Bd. 1, 1751, S. 745: Artisan, s. m. nom par
lequel on de´signe les ouvriers qui professent ceux d’entre les arts mechaniques, qui supposent le moins d’intelligence. Übs.: »Handwerker: So nennt man die Arbeiter, die jene mechanischen Künste ausüben, die am wenigsten Intelligenz voraussetzten. Man sagt von einem guten Schuhmacher, er sei ein tüchtiger Handwerker, und von einem geschickten Uhrmacher, er sei ein großer Künstler.« (Artikel aus Diderots Enzyklopädie, hrsg. v. Manfred Naumann, Leipzig 1972, S. 104)
668
Neues A. B. C. Buch
248,3 Xerxes] Wer nicht – wie z. B. Joachim Heinrich Campe in seinem BilderABC – auf die selten gebrauchten Anfangsbuchstaben (X, Y) verzichten wollte (Campe 1830), mußte zu recht abgelegenen Beispielen greifen. Xerxes (486–465 v. Chr.) versuchte in den Perserkriegen vergeblich, die Griechen zu unterwerfen. Die persischen Niederlagen bei Platää (479 v. Chr.) und in der Seeschlacht von Salamis sind wohl mit den »Demütigungen« gemeint, die der stolze König erleben mußte (vgl. Aischylos 2001; Wallinga 2005). Das Bild zu diesem Buchstaben wiederholt die entsprechende Abbildung aus Christian Felix Weißes Neuem A, B, C,
Buch nebst einigen kleinen Uebungen und Unterhaltungen für Kinder (Leipzig 1776). Friedrich Gedike spießt dieses Beispiel in seinen Gedanken über Schulbücher und Kinderschriften auf: Denn die Bilder in den gewöhnlichen Fibeln dienen selten, um einen für die Kinder faßlichen und angenehmen B e g r i f anschaulich zu machen; sondern sie stehen nur da, weil der N a m e des abgebildeten Gegenstandes gerade mit diesem und keinem anderen Buchstaben anfängt, daher denn selbst X e r x e s und X a n t i p p e , um den Buchstaben X recht anschaulich zu machen, auftreten müssen (Einige Gedanken über Schulbücher und Kinderschriften, in: Gesammlete Schulschriften von Friedrich Gedike, Berlin 1789, S. 422–455, hier S. 432f.). 248,19 Ungleichheit] Vgl. Erl. zu S. 223,19–27. 248,29 Ysop] Hyssopus officinalis L., strauchartige Zier-, Gewürz- und Heilpflanze. 249,12–14 geflügelter alter Mann 〈…〉 Zeit] Saturnus, der bei den Griechen Chronos hieß (Anthusa, KMA 4/1, S. 160), wurde seit der Antike als Allegorie der Zeit dargestellt. Gebildet wurde Saturnus als Greis, mit grauen
Haaren und einem starken Barte. In der Hand trägt er die Sense (Mythologisches Wörterbuch zum Gebrauch für Schulen, von Karl Philipp Moritz 〈…〉 Nach dessen Tode fortgesetzt von Valentin Heinrich Schmidt, Berlin 1794, S. 437); vgl. zur Ikonographie Raymond Klibansky/Erwin Panofsky/Fritz Saxl, Saturn und Melancholie. Studien zur Geschichte der Naturphilosophie und Medizin, der Religion und der Kunst, Frankfurt/Main 1990, S. 293ff. 250,4–5 We r d i e R o s e b r e c h e n w i l l 〈…〉 s c h e u e n ] Ähnlich als Sprichwort überliefert, vgl. Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Ein Hausschatz für das deutsche Volk, hrsg. v. Karl Friedrich Wilhelm Wander, Bd. 3, Leipzig 1873, Nr. 100–102, bes. Nr. 101, S. 1728: »Wer will Rosen brechen, der muss die Dornen nicht fürchten.«
669
Lesebuch für Kinder Überlieferung 1. Textgrundlage D Lesebuch für Kinder von K. P. Moritz als ein Pendant zu dessen
A B C Buch, welches zugleich eine natürliche Anleitung zum Denken für Kinder enthält. Mit Churfürstl. Sächsisch. gnädigster Freiheit. Berlin, 1792. Bey Christian Gottfried Schöne. S. Ç1È–62. Vorgebunden: Kupfertafel mit zwei Bildern (J. D. Heidenreich fecit 1791), 12,5 x 7,8 cm. 8°; Satzspiegel: 13 x 7,6 cm. Druckvorlage: Leopold-Sophien-Bibl. Überlingen (Kopie des verlorengegangenen Exemplars). d
Lesebuch für Kinder von K. P. Moritz als ein Pendant zu dessen A B C Buch, welches zugleich eine natürliche Anleitung zum Denken für Kinder enthält. Mit einem Kupfer. Zweite Auflage. Berlin, Bei Christian Gottfried Schöne Ço. J., ca. 1800È. (Die Varianten dieser Ausgabe wurden nicht verzeichnet, weil sie textkritisch nicht relevant sind.)
Grundlage für den edierten Text: D. Französische Übersetzung:
LECTURES POUR LES ENFANTS par Mr. le professeur et conseiller MORITZ Traduites de l’allemand et servant de suite a´ son ABC, qui renferme en meˆme temps un de´veloppement naturel d’ı`de´es pour les enfans. Avec figures A Berlin, 1793. Chez C. G. Schöne, Libraire. S. Ç1È–62. 8°; Satzspiegel: 11 x 6,4 cm. Anhaltische Landesbücherei Dessau, Sig. HB 36675.
670
Lesebuch für Kinder
Niederländische Übersetzung:
Leesboek voor Kinderen door K. P. Moritz, naar den tweeden druk uit het hogduitsch vertaald. Groningen: J. Groenwolt. 1813, 12°, pie´ces limin. 56 p. (Paris BN X. 15268; das Buch ist nur aus diesem Katalogeintrag bekannt).
Überblickskommentar 1. Entstehungsgeschichte Ein Jahr nach dem Neuen A.B.C. Buch (vgl. S. 233,1–250,5 in diesem Bd.) kündigte der Buchhändler Christian Gottfried Schöne zur Leipziger Ostermesse 1791 das Erscheinen eines LesebuchÇsÈ für die Jugend von Moritz an.1 Vermutlich hatten Autor und Verleger ABC- und Lesebuch ursprünglich als Einheit zusammenbinden wollen, wie es zahlreichen zeitgenössischen Mustern entsprochen hätte. Aber die vielfältigen Verpflichtungen, die auf Moritz nach der Rückkehr aus Italien zukamen, zwangen ihn wohl dazu, den Verleger zunächst durch eine Teillieferung zufriedenzustellen und dadurch Zeit zu gewinnen. Erst zu Weihnachten 1791 meldete dann die Haude-Spenersche Zeitung: Moritz (K. P.) Lesebuch für
Kinder, als ein Pendant zu dessen A-B-C-Buch, welches zugleich eine natürliche EinleitungÇ!È zum Denken für Kinder enthält. Dieses schon so lange gewünschte Lesebuch für Kinder, hat nunmehro die Presse verlassen, und ist mit Kupfern a` 6 Gr. und illuminirt a` 9 Gr. bei C. G. Schöne unter der Stechbahn und in alle übrigen Buchhandlungen zu haben.2 Als »Lesebuch« wird heute in erster Linie ein Schulbuch mit Texten für den Lese- und Literaturunterricht bezeichnet. Im 18. Jahrhundert stand der Begriff dagegen für eine Vielfalt unterschiedlicher Formen und Inhalte, so daß das einzelne Beispiel durch Titelzusätze näher bestimmt werden mußte. Anton Reiser berichtet von frühen eigenen Erfahrungen mit einem Neu eingerichteten ABC, Buchstabir- und Lese-Büchlein,3 das zugleich mehrere Funktionen im Leselernpro-
1
Meßkatalog Ostern 1791, S. 94.
2
Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen Ç= Haude-Spenersche ZeitungÈ, Nr. 154, 24. Dezember 1791, S. Ç4È.
3
Vgl. KMA 1, Kommentar, S. 776f.
Überblickskommentar
671
zeß zu erfüllen hatte. Das Neue A, B, C, Buch, nebst einigen kleinen Uebungen und Unterhaltungen für Kinder von Christian Felix Weisse (1773), das Moritz für sein Neues ABC-Buch zum Vorbild genommen hatte, sollte über das Lesenlernen hinaus durch Beispielgeschichten auch der Moralerziehung dienen. Es entsprach damit dem Ziel, das sich Friedrich Eberhard von Rochow mit seinem Kinderfreund, einem Lesebuch zum Gebrauch in Landschulen (1776), gesetzt hatte: Es sollte die große Lücke zwischen Fibel und Bibel ausfüllen.4 In den zeitgenössischen Lesebüchern für Kinder in Bürgerschulen (Samuel Ludwig, Der Bürgerfreund, Berlin 1787) und dem Lesebuch für die Jugend der Bürger und Handwerker (von Johann Gotthilf Lorenz, Leipzig 1785f.) finden sich vermehrt auch Sachtexte zur Naturlehre und -beobachtung und sogar ein kurzer Briefsteller. Die Deutschen Lesebücher in der Reihe des Neuen Elementarwerks für die niedern Klassen lateinischer Schulen und Gymnasien von Christian Gottfried Schütz,5 aus denen Moritz den Begriff Kinderlogik entlehnt haben dürfte, verzichten dagegen auf moralische Erzählungen und geben erstmals der Sprachkunst mit literarischen Beispielen von Fabeln, Gedichten und Beschreibungen ein größeres Gewicht. Eine Art Kinderlogik ist auch Karl Traugott Thiemes Erste Narung für den gesunden Menschenverstand,6 der es in erster Linie auf richtige Begriffe ankommt, die der Jugend beygebracht werden.7 Es soll kein Lehrbuch für die
Jugend, sondern ein Lesebuch, ohngefehr der Pendant vom ABC Buch seyn.8 Genau diese Kennzeichnung gebraucht Moritz im Untertitel seines Lesebuchs für Kinder: als ein Pendant zu dessen ABC Buch. Gleichzeitig gab es auch Lesebücher, die sich ausdrücklich an erwachsene Leser richteten: Das Lesebuch für alle Stände von Johann Friedrich Zöllner, das von 1781 an in zehn Bänden in Berlin erschien, erwähnt Moritz in den Reisen eines Deutschen in England im Jahr 17829 und empfiehlt es in seinem Vorschlag zu einem Magazin einer Erfarungsseelenkunde.10 Schließlich bezeichnet Moritz auch dieses Magazin im Titel als ein Lesebuch für Gelehrte und Ungelehrte. 4
Ebd., Vorbericht, S. 2. Bd. 3 (Halle 1780) und 7 (ebd. 1781). 6 2. verm. Aufl. Leipzig: Crusius 1781. 7 Ebd., Vorrede, S. ÇVIÈ. 8 Ebd., S. ÇIIIÈ. 9 Berlin 1783, S. 268 (vgl. KMA 5/1). 10 In: Deutsches Museum, 1. Bd., 1782, S. 485–503, hier S. 490f. (KMA 12). 5
672
Lesebuch für Kinder
Sein Lesebuch für Kinder verbindet Moritz nicht nur mit dem vorausgegangenen Neuen ABC Buch als dessen Pendant, sondern auch mit dem Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik, indem es eine natürliche Anleitung zum Denken enthält und ausgewählte Texte zu Kindermoral und Kindermetaphysik für eine jüngere Altersstufe zusammenstellt. Nur die ersten zwölf der insgesamt 62 Druckseiten des Lesebuchs bieten neuen Text, alles übrige hat Moritz – abgesehen von zwei kurzen überleitenden und zusammenfassenden Überlegungen – seinen früher erschienenen Werken entnommen. Aus den 1779/80 veröffentlichten Unterhaltungen (vgl. S. 3,1–140,27 in diesem Bd.) stammen die große Wanderer-Allegorie samt moralischer Auslegung, drei kleine Beispielerzählungen und eine Mahnung zum rechten Gebrauch der Zeit.11 In den übernommenen Texten ist der Gottesbezug getilgt und der moralische Impetus abgeschwächt, so daß eine Wandlung von einer »heteronomen« zu einer eher »autonomen« Erziehungshaltung zu erkennen ist.12 Aus der Kinderlogik (1786) stammen vier Fabeln und sechs zusammenhängende moralphilosophische Passagen. Seiner 1786 erschienenen Zeitschrift Denkwürdigkeiten, aufgezeichnet zur Beförderung des Edlen und Schönen (KMA 11), hat Moritz noch zwei Ausführungen über die Naturwelt und eine Kinderfabel entnommen. Die neuen Texte bringen vor allem den theoretischen Gesichtspunkt des
Unterschieds zwischen Wa h r h e i t und T ä u s c h u n g , und zwischen Wa h r h e i t und D i c h t u n g (vgl. den Vorbericht, S. 253,3–5 in diesem Bd.) durch die Vermittlung von Perspektivität und Relativität sprachlicher Beschreibung zur Geltung. Die erste Fabel wird nicht nur einfach erzählt, sondern aus der Autorperspektive entwickelt. Der junge Leser wird dadurch zu produktiver Auseinandersetzung mit der Fabel und ihrer Darstellung angeregt. Die kurze Einschaltung im praktischenTheil faßt moralisierend die Vorzüge von O r d n u n g , T h ä t i g k e i t , Mühe und Anstrengung zusammen (S. 253,5–6 u. 273,4). Zur Zeit der Veröffentlichung des Lesebuchs war Moritz als Professor für Theorie der schönen Künste an der Akademie der Künste und mechanischen Wissenschaften in Berlin angestellt und hatte in diesem Amt didaktische Aufgaben zu erfüllen. Moritz’ Interesse an den bildenden Künsten dokumentiert sich im Lesebuch in der diesem vorgebundenen zweiteiligen Kupfertafel (s. Abb. 27). Auf sie
11 12
Vgl. S. 284,1–28. Vgl. Krupp 2000, S. 137f.
Rezeptionsgeschichte
673
bezieht sich Moritz in den neu geschriebenen Texten des Werks. Die obere Abbildung einer zentralperspektivisch dargestellten Allee demonstriert das Phänomen der Perspektive, die Moritz ursprünglich als Lehrgegenstand aufgegeben war und die er schon 1788 in Italien studierte.13 Im Januar 1789 meinte Moritz in der
Perspektive es so weit gebracht ÇzuÈ habeÇnÈ, daß ich glaube, nützlichen Unterricht darinn geben zu können.14 Die Perspektive hatte eine wichtige Funktion in Moritz’ Entwurf zu dem vollständigen Vortrage einer Theorie der schönen Künste für Zöglinge einer Akademie der Künste (vgl. KMA 3). Die
Kupfertafel ist wohl ein Auftragswerk von Moritz, der mit dem Künstler persönlich bekannt war. Sie wurde ausgeführt von J. D. Heidenreich, einem Eleven der Akademie der Künste, den Moritz an einigen Stellen seiner Protokolle der Senatssitzungen erwähnt. Demnach bewarb sich Heidenreich im April 1790 mit dem Ziel einer Anstellung in der Porzellanmanufaktur um freien Untericht an der Akademie, den man ihm gestattete; im Juli erhielt er wegen Krankheit eine kleine finanzielle Unterstützung.15 Heidenreich beteiligte sich 1791 und 1793 an den Akademieausstellungen,16 zu denen Moritz die Kataloge herausgab.
2. Rezeptionsgeschichte Zeitgenössische Rezensionen 1. Neue allgemeine deutsche Bibliothek, 7. Bd., 1. St., Kiel 1793, S. 132–134 (Jn.).
Lesebuch für Kinder, von K. P. Moritz etc. Berlin, bey Schöne, 1792. 62 S. 4 Gr. Dieses Büchlein soll, wie auf dem Titel steht, ein Pendant zu des Verf. ABCBuch seyn, und zugleich, wie dieses, eine natürliche Anleitung zum Denken für Kinder enthalten. Laut der Vorrede enthält es einen theoretischen und einen praktischen Theil. Der theoretische soll vorzüglich auf den Un13
S. Heinitz an Moritz, 8. November 1787; Moritz an Heinitz, 21. Februar 1788 (KMA 13). Moritz an Heinitz, 12. Januar 1789 (KMA 13). 15 S. Moritz‘ Protokolle der Sitzungen der Königlich Preußischen Akademie der Künste und mechanischen Wissenschaften vom 17. April, 24. April, 22. Mai und 17. Juli 1790 (KMA 13). 16 Vgl. Thieme/Becker 16, S. 264. 14
674
Lesebuch für Kinder
terschied zwischen Wa h r h e i t und T ä u s c h u n g , und zwischen Wa h r h e i t und D i c h t u n g aufmerksam machen. Der praktische Theil soll zeigen, daß O r d n u n g und T h ä t i g k e i t der einzige Weg zur Glückseligkeit sey. Diese beyden Theile aber sind, wegen ihres genauen Zusammenhangs, mit einander verwebt, und nicht in einzelne Abschnitte gesondert. Den Eltern und Lehrern der Kinder muß die nähere individuelle Anwendung und Erklärung der einzelnen Darstellungen in diesem Lesebuche überlassen bleiben. So weit die Vorrede. Für ganz kleine Kinder, ich meine, die 3 bis 6 Jahr alt sind – und solche lernen ja gewöhnlich schon lesen – möchte nun wohl manches in diesem Lesebuche nicht faßlich genug seyn, und müßte daher bis zu einem reifern Alter zurückgelegt werden. Z. E. wann es S. 17 heißt: »Die Zusammensetzung der Schrift aus Buchstaben ist an sich eine g r o ß e u n d w u n d e r v o l l e S a c h e , die uns nur wegen des öftern Gebrauchs so alltäglich und gewöhnlich vorkömmt.« Oder S. 61: »Das Ausstrecken einer Hand nach Zweck und Absicht ist w u n d e r b a r e r , als das Rauschen aller Winde, und das Strömen aller Flüsse auf dem ganzen Erdboden.« Auch möchte wohl, wo der Sinn an sich faßlich ist, die Wortfügung es nicht seyn, z. B. S. 47: »Ein Gebäude, das mit seinem starken und f e s t a n e i n a n d e r g e f ü g t e n (dies könnten füglich vier Wörter seyn, oder wollte man sie als Ein Wort schreiben, müßte man sie wohl, besonders in einem Lesebuche für kleine Kinder, durch Bindungsstriche – nämlich so: f e s t - a n - e i n a n d e r - g e f ü g t e m – an einander hängen) Gebälk der Gewalt des Sturmwindes und der Wellen widersteht, das mit Flügeln von Leinwand versehen, die ein günstiger Wind aufschwellt, mit seinem zugespitzten Schnabel, durch das Steuerruder gelenkt, die Fluth durchschneidet, um, vermittelst der Seegel, den Wind von der Seite, wo er am günstigsten ist, aufzufangen.« – Die Fabel von dem Hirsch bey der Quelle, nebst den Betrachtungen darüber, S. 6ff., scheinen mir auch nicht für kleine Kinder zu seyn. Ein solches Kind kann sich wohl schwerlich einen Fall denken, wo ihm etwas Ansehnliches weniger nützlich seyn könnte, als etwas Unansehnliches; und einen solchen Fall, aus der Welt der Erwachsnen ihm vorgelegt, möchte es kaum recht fassen können. Auch wird ihm hier kein solcher Fall vorgelegt, obgleich die Frage, S. 7, aufgeworfen wird: »Wozu diese ganze Erdichtung?« worauf die natürlichste Antwort die Vorlegung eines solchen Falles, als in der Fabel abgebildet, gewesen wäre. Statt dessen werden dem Kinde hier die Worte in den Mund gelegt: »So viel sehe ich
Rezeptionsgeschichte
675
wohl ein, daß diese Erzählung gut zusammenhängt (sollte ein Kind dies einsehen können? – wohl zu merken, einsehen, welches mehr sagen will, als d u n k e l f ü h l e n ) und darum gefällt mir auch die Erdichtung wohl.«
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Die Texte im einzelnen Vorbericht Überlieferung 1. Textgrundlage D Lesebuch für Kinder, S. Ç1f.È. Grundlage für den edierten Text: D.
ÇIch bin nun mit dem A B C Buch fertig . . .È Überlieferung 1. Textgrundlage D Lesebuch für Kinder, S. Ç3È. Grundlage für den edierten Text: D.
Die Allee Überlieferung 1. Textgrundlage D Lesebuch für Kinder, S. 3–5. Grundlage für den edierten Text: D.
Varianten
Die Landschaft Überlieferung 1. Textgrundlage D Lesebuch für Kinder, S. 5f. Grundlage für den edierten Text: D.
Der Hirsch bei der Quelle Überlieferung 1. Textgrundlage D Lesebuch für Kinder, S. 6–8. Grundlage für den edierten Text: D.
Beschreibung des Hirsches Überlieferung 1. Textgrundlage D Lesebuch für Kinder, S. 9f. Grundlage für den edierten Text: D.
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Lesebuch für Kinder
Das Bild Überlieferung 1. Textgrundlage D Lesebuch für Kinder, S. 10–12. Grundlage für den edierten Text: D.
Der Wolf und das Lamm Überlieferung 1. Textgrundlage D Lesebuch für Kinder, S. 12–14. Grundlage für den edierten Text: D.
Beschreibung des Wolfs Überlieferung 1. Textgrundlage D Lesebuch für Kinder, S. 14f. Grundlage für den edierten Text: D.
Varianten
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Beschreibung des Schafs Überlieferung 1. Textgrundlage D Lesebuch für Kinder, S. 15f. Grundlage für den edierten Text: D.
Das Buch Überlieferung 1. Textgrundlage D1 Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik welche auch zum
J
Theil für Lehrer und Denker geschrieben ist. Herausgegeben von Carl Philipp Moritz Professor am Berlinischen Gymnasium. Ç. . .È Berlin, bei August Mylius 1786, S. 38–40 (entspricht S. 261,14–19). ÇKarl Philipp MoritzÈ, Das Buch. In: DW 1786 I, 2. St. (10. Januar), S. 25–30
(entspricht S. 261,14–19 in diesem Bd.). D2 Lesebuch für Kinder, S. 16–19. Grundlage für den edierten Text: D2.
2. Varianten 261,17–18 das 〈. . .〉 Buchstaben] Das verdanken wir alles den v i e r u n d z w a n z i g k l e i n e n F i g u r e n , die wir B u c h s t a b e n J Das verdanken
wir alles den v i e r u n d z w a n z i g k l e i n e n F i g u r e n , die wir B u c h s t a b e n D1 261,18 zusammengesetzt] zusammengesezt J
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Lesebuch für Kinder
Der Wandrer oder die Lebensreise Überlieferung 1. Textgrundlage D1 Unterhaltungen mit meinen Schülern. Von M. Carl Philipp Moritz,
Conrector am grauen Kloster zu Berlin. Erstes Bändchen. Berlin, 1780. Gedruckt und verlegt von Christ. Sigism. Spener, S. 55–63. j
(entspricht S. 263,1–266,30 im edierten Text) Die Reise durchs Leben. In: Kleine Kinderbibliothek, herausgegeben
von J. H. Campe. Achtes Bändchen. Mit Chursächsischer Freiheit. Hamburg, in der Heroldschen Buchhandlung. 1782, S. 94–105, hier S. 94–100. D2 Karl Philipp Moritz Unterhaltungen mit seinen Schülern. Zweite Auflage. Berlin, bei Arnold Wever 1783, S. 75–82. (entspricht S. 263,1–266,30 im edierten Text) D3 Lesebuch für Kinder, S. 19–27. d Die Reise durchs Leben. In: Lesebuch für die Jugend. Zwölftes bis
fünfzehntes Jahr. Winterthur, in der Steinerschen Buchhandlung. 1792, S. 142–150 (übernommen aus j; nur Textänderungen werden verzeichnet). Grundlage für den edierten Text: D3.
2. Varianten 263,1 263,2 263,3 263,3 263,5 263,6 263,7 263,7 263,8
Der Wandrer oder die Lebensreise] Die Reise durchs Leben j wollte] wolte j Glück] Glük j hoffte. Als] hofte. Als j einmal] einmahl j sollte. Wie] solte. Wie j der] und j wollte] wolte j nannte] nante j
Varianten 263,9 seyn] sein j 263,9 wolle. Aus] wolte. Aus j 263,9–10 so Majestätisches] so Maiestätisches D1 D2 Majestätisches j 263,12 Augenblick] Augenblik j 263,13 giengen] gingen D1 263,13 nun] also j 263,13 miteinander] mit einander D1 D2 263,13 fort. Es] fort. Es j 263,14 Himmel,] Himmel; j 263,14 Luft,] Luft; j 263,16–17 hin. Rund] hin. Rund D1 j 263,17 erblickte] erblikte j 263,17 nichts,] nichts D1 j 263,18 grade] gerade D1 j D2 263,20 Entfernung] Entfernung, j 263,20 konnte. Ach] konte. Ach j 263,21 Entzückung] Entzükkung j 263,22 dieser] ist der j 263,22 wandeln! Siehst] wandeln! »Siehst j 263,22 jenen] ienen D1 D2 263,22 Hügel,] Hügel?« j 263,23 Greis, der] Greis; »der j 263,24 übersteigen. O] übersteigen.« O j 263,24 ja] ia D1 D2 263,24 entfernt] entfernet D1 j D2 263,25–26 doch wohl] wohl j doch wol D2 263,26 seyn] sein j 263,27–28 ist. Als] ist. Als D1 263,29 Anstatt] Anstat j 263,30 jetzt] ietzt D1 D2 jezt j 263,30 spitzige] spizige j 263,31 stechenden] stechende j 263,31 verlor] verlohr D1 j D2 263,32 Vorschein] Vorschien D4 Vorschein D1 j D2 263,32 Vorschein. Die] Vorschein. Die j 264,1 schiessen] schießen D1 j D2
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264,2 Hügel. Dieser] Hügel. Dieser j 264,2 jedem Schritte] iedem Schritt D1 D2 jedem Schrit j 264,2–3 stellte] stelte j 264,3 zuletzt] zulezt j 264,3 Anblick] Anblik j 264,4 Schrecken] Schrekken j 264,4–5 erfüllte. Dieser] erfüllte. Dieser D1 erfülte. Dieser j 264,5 fing] fieng D2 264,6 könnten] könten j 264,7 Sonnenhitze] Sommerhize j 264,7 wol] wohl D1 j 264,8 übersteigen? Hier] übersteigen? »Hier j 264,8 ab,] ab,« j 264,8 Greis] Greiß D1 264,8 der] »der j 264,10 verlassen,] verlassen D1 D2 264,10 gewählt] erwählet j 264,11 jezt] ietzt D1 D2 264,11–12 gedenkest, willst] gedenkest. Willst j 264,12 frei,] frei; j 264,12 du] da D2 264,13 mir! Der] mir!« Der j 264,13 traute] trauete D1 j D2 264,14–15 ihm. Und] ihm. Und D1 264,15 Und wie] Wie j 264,15 heran] hinan j 264,15 nicht] wirklich nicht j 264,15 schrecklich] schreklich j 264,16 er] es D1 j D2 264,16 kurzem] kurzen j 264,16–17 Als sie nun heraufstiegen, wollte] Dem ohngeachtet wolte j 264,17 Augenblicke] Augenblick D1 D2 Augenblik j 264,18 sagte: Sey] sagte: »Sei j 264,20 Dann] Dan j 264,21 quillt] quilt j 264,22 erquicken] erquikken j
Varianten 264,23 haben! Wenn] haben!« Wenn j 264,25 einmal] einmahl j 264,26 Berges. Hier] Berges. Hier j 264,26 konnten] konten j 264,27 zurück gelegt] zurückgelegt D1 D2 zurükgelegt j 264,27–28 konnte] konte j 264,29 abgieng] abging D1 j 264,29 zuletzt] zulezt j 264,31 konnte. Nun] konte. Nun j 264,33–265,1 hatte. Vor] hatte. Vor D1 265,1 das] daß D1 265,3 war. Laß] war. »Laß j 265,4 dies] dieß D1 j 265,4 anlocken] anlokken j 265,4 Greis] Greiß D1 265,5 und] »und j 265,5 darin] darinn D1 j D2 265,5 erquicken] erquikken j 265,6 jene] iene D1 D2 265,6 können;] können: D1 j 265,6 ja] ia D1 D2 265,7 zu erquicken] zu erquikken j 265,7 wir erquicken] wir erquikken j 265,8 reisen. Sie] reisen.« Sie j 265,9 setzten] sezten j 265,9 einen] einem D2 265,11 abpflücken] abpflükken j 265,11–12 konnten. So] konnten. So D1 konten. So j 265,13 angenehm;] angenehm, D1 265,14 aufstehen,] aufstehen j 265,14 mutig unsre] unsere j 265,14 fortsetzen] fortsezen d 265,16 erreichen! Nun] erreichen! Nun j 265,16 gieng] ging D1 265,16 einen] jeden j 265,18 erquicken] erquikken j
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Lesebuch für Kinder
265,18 konnten] konten j 265,19 sobald] so bald D1 j D2 265,20 aufgieng] aufging j 265,21–22 Weg. So] Weg. So D1 265,22 Strecke] Strekke j 265,22 zurück] zurük j 265,23 den] dem j 265,24 gingen] giengen D2 265,24 kämen. Oft] kämen. Oft j 265,25 verlieren,] verlieren; j 265,26 grade] gerade D1 j D2 265,27 hin. Zuweilen] hin. Zuweilen j 265,27 unmöglich] unmöglich, j 265,29 daß] so daß j 265,30 wieder] wider D1 j D2 265,30–31 konnten. Einmal] konten. Einmahl j 265,31 giengen] gingen D1 j 265,32 Felsenstücke,] Felsenstücke herab, D1 D2 Felsenstükke herab j 265,32 Augenblick] Augenblik j 265,33–266,1 droheten. Der] droheten. Der D1 drohten. Der j 266,1 fing] fieng D2 266,1 zagen,] zagen; j 266,2 glücklich] glüklich j 266,3 verschwand. Nun] verschwand. Nun j 266,3 setzte] sezte j 266,4 rechtes] recht volles j 266,5 mit ihm hätte] hätte mit ihm D1 D2 266,5–6 sollen. Eines] sollen. Eines j 266,6 her,] her; D1 D2 266,7 zurückgelegt] zurück gelegt D1 D2 zurük gelegt j 266,9 Stirne abtrocknete. Da blickte] Stirn abtroknete. Da blikte j 266,10 sey] »sei j 266,13 offnen] ofnen j 266,14 empfangen. Aber] empfangen.« Aber j 266,14 noch] doch j 266,15 Blicken] Blikken j
Varianten
685
266,17 dann] dan j 266,17 feste] fest D1 j D2 266,18 glücklich] glüklich j 266,19–20 bringen! Sie] bringen! Sie D1 bringen!« Sie j 266,21 erblickten] erblikten j 266,21 eröffnete] eröfnete D1 j D2 266,22 hinab, und] hinab. Und j 266,24 Blicken] Blikken j 266,24 konnte] konte j 266,24 selbst] fest j 266,27 glücklich] glüklich j 266,28 hindurch. Plötzlich] hindurch. Plözlich j 266,28 ging] gieng D3 266,28 schönere] schönre D1 D2 schöne j 266,30 unbeschreiblicher] ihrer unbeschreiblichen D1 j D2 266,30 Schönheit.] Schönheit. 〈in D1 und D2 folgt ein Gedicht: vgl. S. 40,10– 41,8 in diesem Band.〉
Einige Betrachtungen über diese Geschichte Überlieferung 1. Textgrundlage 1
D Unterhaltungen mit meinen Schülern. Von M. Carl Philipp Moritz,
j
Conrector am grauen Kloster zu Berlin. Erstes Bändchen. Berlin, 1780. Gedruckt und verlegt von Christ. Sigism. Spener, S. 66–70. Die Reise durchs Leben. In: Kleine Kinderbibliothek, herausgegeben von J. H. Campe. Achtes Bändchen. Mit Chursächsischer Freiheit. Hamburg, in der Heroldschen Buchhandlung. 1782, S. 94–105, hier
S. 100f. D2 Karl Philipp Moritz Unterhaltungen mit seinen Schülern. Zweite Auflage. Berlin, bei Arnold Wever 1783, S. 85–89. D3 Lesebuch für Kinder, S. 27f. Grundlage für den edierten Text: D3.
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Lesebuch für Kinder
2. Varianten 267,1 Einige Betrachtungen über diese Geschichte] Diese Geschichte, Kinder! ist ein Bild des menschlichen Lebens. Sucht sie also auf euch anzuwenden. Ihr habt nun auch eure Wanderschaft durch dis Leben angetreten. Bis ietzt ist euer Weg noch immer so ziemlich eben und gebahnt gewesen. Ihr habt noch wenig Ungemach erlitten. Nun seyd ihr in einem Alter, wo ihr von den Wegen, die vor euch liegen, einen wählen, und euch entschließen müßt, ob ihr gute Menschen werden wollt, oder nicht. Fühlt ihr nicht alle tief in eurer Seele den Wunsch, recht vergnügt und recht glücklich zu seyn? Glückseligkeit ist also wohl das Ziel, wornach ihr alle strebt, dis ist die Stadt, welche ihr sucht, und der einzige Endzweck eurer Reise. Wenn ihr also dis Ziel verfehlen solltet, was würde euch denn wohl noch übrig bleiben, als Reue und Verzweiflung. Der einzige Weg aber zu einer wahren Glückseligkeit zu gelangen, ist, daß ihr euch der Führung Gottes gänzlich überlaßt. Ihr wißt aber vielleicht nicht, was ihr euch unter dieser Führung Gottes gedenken sollt? Gott führt euch nicht unmittelbar, wie der Greis den Wandrer, er hat euch aber eure gesunde Vernunft und seine heiligen Gebote gegeben, durch diese will er euch den rechten Weg zur Glückseligkeit leiten. Wenn ihr also vernünftig handelt und die Gebote Gottes auf das genaueste beobachtet, so überlaßt ihr euch eben dadurch der Führung Gottes. Dann müßt ihr aber nicht verlangen, daß euch Gott zur Belohnung, dafür daß ihr seine Gebote haltet, beständig soll auf Rosen gehen lassen, sondern ihr müßt den Weg so nehmen, wie er nun einmal ist. D1 〈fast textidentisch mit D2〉 Diese Geschichte, Kinder! ist ein Bild des menschlichen Lebens. Sucht sie also auf euch anzuwenden. Ihr habt nun auch eure Wanderschaft durch dis Leben angetreten. Bis jezt ist euer Weg noch immer so ziemlich eben und gebahnt gewesen. Ihr habt noch wenig Ungemach erlitten. Nun seid ihr in einem Alter, wo ihr von den Wegen, die vor euch liegen, einen wählen, und euch entschließen müßt, ob ihr gute Menschen werden wolt, oder nicht. Fühlt ihr nicht alle tief in eurer Seele den Wunsch, recht vergnügt und recht glüklich zu sein? Glükseeligkeit ist also wohl das Ziel, wornach ihr alle strebt; dis ist die Stadt, welche ihr sucht, und der einzige Endzwek eurer Reise. Wenn ihr also dis Ziel verfehlen soltet, was würde euch denn wohl noch übrig bleiben, als Reue und Verzweiflung? Der einzige Weg aber zu einer wahren Glükseligkeit zu gelangen, ist, daß ihr euch der Führung Gottes gänzlich überlaßt. Ihr wißt aber
Varianten
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vielleicht nicht, was ihr euch unter dieser Führung Gottes gedenken solt? Gott führt euch nicht unmittelbar, wie der Greis den Wandrer; er hat euch aber eure gesunde Vernunft und seine heiligen Gebote gegeben, durch diese wil er euch den rechten Weg zur Glükseligkeit leiten. Wenn ihr also vernünftig handelt und die Gebote Gottes auf das genaueste beobachtet; so überlaßt ihr euch eben dadurch der Führung Gottes. Dan müßt ihr aber nicht verlangen, daß euch Gott zur Belohnung, dafür daß ihr seine Gebote haltet, beständig sol auf Rosen gehen lassen. Ihr müßt vielmehr den Weg so nehmen, wie er nun einmahl ist. j 267,2 Ein] Denn ein D1 j D2 267,2 kann] kann ia D1 D2 kan ja j 267,2 Gefallen] gefallen j 267,3 Bäume] Berge D1 j D2 267,4–5 weggeräumet würden. Eben] weggeräumt werden. Eben D1 j D2 267,5 kann man auch verlangen] könnt ihr auch begehren D1 D2 könt auch ihr begehren j 267,6 solle] soll D1 D2 sol j 267,6 man] ihr D1 j D2 267,6–7 Widerwärtigkeiten] Widerwärtigkeit D1 j D2 267,7 Unangenehmes] nichts Unangenehmes D1 j D2 267,7 habe] hättet 〈danach folgen 4 Seiten weitere Betrachtungen〉 D1 j D2 267,8–9 Man muß 〈. . .〉 glücklich werden will. Das Kind] Scheuet also ia keine Mühe, wenn ihr in der Welt glücklich werden wollt. Der Wandrer, von dem ich euch erzählt habe, wäre gewiß nicht in das anmuthige Thal und nachher in die schöne Stadt gekommen, wenn er nicht vorher den Berg überstiegen hätte, der vor ihm lag. Wäre er unten herum gegangen, so hätte ihn der Weg gewiß in den Abgrund geführt, den man nur oben vom Gipfel des Berges erblickte, und den dieienigen, welche gerade darauf zu gingen, nicht bemerken konnten, bis sie so nahe hinzu kamen, daß sie unwiederbringlich verlohren waren. Wenn ihr in euer kurzes Leben zurückschauet, so werdet ihr finden, daß euch schon eine iede kleine Mühe mit einem Vergnügen belohnt worden ist. D1 〈fast textidentisch mit D2〉
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Lesebuch für Kinder
Das Kind Überlieferung 1. Textgrundlage D1 Unterhaltungen mit meinen Schülern. Von M. Carl Philipp Moritz,
Conrector am grauen Kloster zu Berlin. Erstes Bändchen. Berlin, 1780. Gedruckt und verlegt von Christ. Sigism. Spener, S. 71 (entspricht S. 44,7–10 in diesem Bd.). D2 Karl Philipp Moritz Unterhaltungen mit seinen Schülern. Zweite Auflage. Berlin, bei Arnold Wever 1783, S. 89. D3 Lesebuch für Kinder, S. 28. Grundlage für den edierten Text: D3.
2. Varianten 1
2
267,11 ich] ihr D D 267,11 wollte] wolltet D1 D2 267,11 mußte ich] mußtet ihr D1 D2 267,12 hätte ich] hättet ihr aber D1 D2 267,13 würde ich jetzt] würdet ihr ietzt D1 D2 267,14 jedermann] iedermann D1 D2 267,14 mich] euch D1 D2 267,14 meiner] eurer D1 D2 267,15–16 verachten. Die Mühe und die Freude] verachten. Selbst eure
Spiele würden euch nicht halb so angenehm seyn, wenn sie nicht mit kleinen Bemühungen verknüpft wären. Gott hat einmal unsre Natur so eingerichtet, daß uns der Schlaf nur angenehm ist, wenn wir müde sind, und das Essen nur gut schmeckt, wenn uns hungert, eben so können wir uns auch nur nach der Arbeit freuen, wenn uns das Vergnügen selbst nicht sehr bald zum Ekel werden soll. D1 D2.
Varianten
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Die Mühe und die Freude Überlieferung 1. Textgrundlage D1 Unterhaltungen mit meinen Schülern. Von M. Carl Philipp Moritz,
Conrector am grauen Kloster zu Berlin. Erstes Bändchen. Berlin, 1780. Gedruckt und verlegt von Christ. Sigism. Spener, S. 71f. J j
(entspricht in vorliegendem Bd. S. 44,16–31). Mühe und Freude. In: Litteratur- und Theaterzeitung, 4. Jg. 1781, No. XXIII. Berlin, den 9. Juni 1781. S. 354f. Moritz: Die Reise durchs Leben. In: Kleine Kinderbibliothek, heraus-
gegeben von J. H. Campe. Achtes Bändchen. Mit Chursächsischer Freiheit. Hamburg, in der Heroldschen Buchhandlung. 1782, S. 94–105, hier S. 104f. D2 Karl Philipp Moritz Unterhaltungen mit seinen Schülern. Zweite Auflage. Berlin, bei Arnold Wever 1783, S. 90f. D3 Lesebuch für Kinder, S. 28f. Grundlage für den edierten Text: D3.
2. Varianten 267,17 Die Mühe] Mühe D1 j D2 267,17 die Freude] Freude D1 j D2 267,17 die] welche J 267,17 jeher] ieher D1 J1 ie her D2 267,18 einmal] einmahl j 267,18 voneinander] von einander D1 J j D2 267,19–20 trennen. Die] trennen. Die D1 J D2 267,20 soll] sol j 267,20 stört] stöhrt D1 j D2 267,21 emsigen] emsigsten D1 J j D2 267,21–22 Fleiße? Und] Fleiße? Und D1 J j D2 267,22 hab] hab’ D1 J j D2
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Lesebuch für Kinder
267,23–24 Genuß? Sie] Genuß? Sie D1 J D2 267,24 fingen] fiengen D2 267,24 an] an, J 267,25 ach] ach, j 267,25 störe] stöhre D1 j D2 267,27 darnieder] danieder j 267,27–268,1 sinke! Das] sinke! Das D1 J j D2 268,1 wol] wohl D1 J 268,2 süßesten Genuß] Genuß J 267,2 willst] wilst j 268,3 wohl] wol j D2 268,3 wir] wir, J 268,4 eines] einer j 268,4 das andere] dem andern D1 D2 den andern, J den andern j 268,4–5 können. Da] können. Da D1 J D2 268,5 mit einander,] miteinander, J mit einander; j 268,7 will] wil j 268,7 aufnehmen] anfnehmen, oder auf beide Verzicht thun j
Die beiden Arbeiter Überlieferung 1. Textgrundlage 1
D Unterhaltungen mit meinen Schülern. Von M. Carl Philipp Moritz,
Conrector am grauen Kloster zu Berlin. Erstes Bändchen. Berlin, 1780. Gedruckt und verlegt von Christ. Sigism. Spener, S. 132f. j Moritz: Die beiden Arbeiter. In: Kleine Kinderbibliothek, herausgegeben von J. H. Campe. Siebentes Bändchen Hamburg, in der Heroldschen Buchhandlung. 1781. Çauch mit dem Titel Hamburgscher Kinderalmanach für das Jahr 1782, oder Weihnachtsgeschenk für Kinder Ç. . .È erschienenÈ, S. 40f. (darin zwei Absätze vmtl. von Campe hinzugefügt). D2 Karl Philipp Moritz Unterhaltungen mit seinen Schülern. Zweite Auflage. Berlin, bei Arnold Wever 1783, S. 169f. d Von der Vortreflichkeit der Arbeitsamkeit. Ç. . .È 2. Moritz: ÇOhne TitelÈ. In: Moralisches Elementarbuch, von Christian Gotthilf Salzmann,
Varianten
691
Liturg und Professor am Dessauischen Erziehungsinstitut. ÇTitelkupferÈ Zweyter Theil. Ç. . .È Leipzig, bey Siegfried Lebrecht Crusius. 1783, S. 83f. (entspricht in vorliegendem Band S. 82,18–33). Salzmanns Text ist identisch mit D2; Varianten hier nicht verzeichnet. D3 Lesebuch für Kinder, S. 30f. Grundlage für den edierten Text: D3.
2. Varianten 268,10 mußte] muste d 268,10 tragen;] zutragen; D1 D2 zutragen. j 268,10 unter] Unter j 268,11 fand] befand D1 j D2 268,11 außerordentlich] ausserordentlich j 268,12 demohngeachtet] doch j 268,12 fortgeschafft] fortgeschaft D1 j D2 268,12–13 mußte. Allein] mußte. Allein D1 muste. Allein j 268,13–14 schob er ihn immer zurück] ließ er ihn immer unangerührt liegen j 268,14 weg; nun] weg: nun D1 weg, Nun j 268,14 ihn] ihn aber j 268,15 zuletzt] zulezt j 268,16–18 müßte, welches er denn auch endlich mit vielem Verdruß und
Widerwillen that. Ein] müßte, welches er denn auch endlich mit vielem Verdruß und Widerwillen that. Ein D1 müste. Er wolte dis endlich auch thun; aber da ihn die kleinern Lasten, die er mit Unmuth trug, schon ermattet hatten: so fehlte es ihm jezt an Kräften, die grössere fortzubringen. Er muste also den großen Stein liegen lassen; und weil derselbe mit in sein Tagelohn verdungen war, so wurde ihm von diesem ein Theil entzogen; und das mit Recht, weil nicht alles von ihm geleistet war, wozu man ihn bestelt hatte. j 268,18–19 liegen; dieser] liegen: dieser D1 liegen. Dieser j 268,19 allergrößten] allergrösten j 268,19 einmal] einmahl j 268,19 wußte] wuste j
692
Lesebuch für Kinder
268,20 seyn] sein j 268,20 könne] könnte D1 D2 könte j 268,20 ihn] diesen j 268,21 wurde,] wurde; j 268,22–23 würde; nun] würde: nun D1 würde. Nun j 268,23 ging] gieng D2 268,23 alles] auch alles j 268,23 fröhlich] frölich D1 j D2 268,23 in] bei j 268,24 hatte.] hatte. Welchem Arbeiter wollet ihr gleichen Kinder? D1
hatte. Welchem Arbeiter wollet ihr gleichen, Kinder? Dem, der das Schwerste bis zulezt ersparte? Oder dem, der mit dem Schwersten anfing? j hatte. Welchem Arbeiter wollet ihr gleichen, Kinder? D2
Der kleine Albert Überlieferung 1. Textgrundlage 1
D Unterhaltungen mit meinen Schülern. Von M. Carl Philipp Moritz,
Conrector am grauen Kloster zu Berlin. Erstes Bändchen. Berlin, 1780. Gedruckt und verlegt von Christ. Sigism. Spener, S. 231 (entspricht in vorliegendem Bd. S. 131,1–12). j
Moritz: Der Uebergang vom Guten zum Bösen. In: Kleine Kinderbibliothek, herausgegeben von J. H. Campe. Siebentes Bändchen. Mit Chursächsischer Freiheit. Hamburg, in der Heroldschen Buchhandlung. 1781, S. 46–48, hier S. 47. D2 Karl Philipp Moritz Unterhaltungen mit seinen Schülern. Zweite Auflage. Berlin, bei Arnold Wever 1783, S. 200. D3 Lesebuch für Kinder, S. 31. Grundlage für den edierten Text: D3.
Varianten
693
2. Varianten 269,1 Der kleine Albert.] So gings dem kleinen A l b e r t: D1 So ging es dem kleinen Albert j So giengs dem kleinen A l b e r t ; D2 269,2 Die Eltern des kleinen Albert] seine Eltern D1 D2 Seine Eltern j 269,3–6 war. Der kleine Albert 〈…〉 solle. Endlich] war; sie nahmen ihn
sehr in Acht, und warneten ihn beständig, daß er ia den Hügel nicht herunterlaufen sollte; endlich D1 D2 war. Sie nahmen ihn sehr in Acht, und warnten ihn beständig, daß er doch ja den Hügel nicht herunterlaufen solte, weil er sonst gewiß zu Schaden kommen würde. Endlich j 269,6 einmal] einmahl j 269,6 so] so, D2 269,7 sahe;] sahe, D1 D2 269,7–8 nur ein paar Schritte den Hügel] seinen Eltern ungehorsam zu seyn, und sich das Vergnügen zu machen, den Hügel nur ein paar Schritte D1 D2 seinen Eltern ungehorsam zu sein, und sich das Vergnügen zu machen, den Hügel nur ein Paar Schritte j 269,8–9 laufen, 〈…〉 umzukehren. Er lief also zu, und als] laufen: diesen Gedanken hätte er nun sogleich widerstehen sollen; das that er aber nicht, sondern lief zu, und als D1 laufen. Diesem Gedanken hätte er nun sogleich widerstehen sollen; das that er aber nicht, sondern lief wirklich ab. Als j laufen. Diesen Gedanken hätte er nun sogleich widerstehen sollen; das that er aber nicht, sondern lief zu, und als D2 269,10 wollte] wolte j 269,10 konnte] konte j 269,10 mußte] muste j 269,11 einmal] einmahl auch wider Willen j 269,11 herunter laufen, so] herunterlaufen, so D1 hinunterlaufen, so j herunterlaufen, so, D2 269,11 größten] grösten j 269,12 ertrank.] ertrank. – D1 j D2
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Lesebuch für Kinder
Das frühe Aufstehn Überlieferung 1. Textgrundlage D1 Unterhaltungen mit meinen Schülern. Von M. Carl Philipp Moritz,
Conrector am grauen Kloster zu Berlin. Erstes Bändchen. Berlin, 1780. Gedruckt und verlegt von Christ. Sigism. Spener, S. 123f. j Moritz, Nur der Anfang ist schwer. In: Kleine Kinderbibliothek, herausgegeben von J. H. Campe. Siebentes Bändchen Hamburg, in der Heroldschen Buchhandlung. 1781. Çauch mit dem Titel Hamburgscher Kinderalmanach für das Jahr 1782, oder Weihnachtsgeschenk für Kinder Ç. . .È erschienenÈ, S. 34–37, hier S. 34f. D2 Karl Philipp Moritz Unterhaltungen mit seinen Schülern. Zweite Auflage. Berlin, bei Arnold Wever 1783, S. 160f. d Moriz: Vom Schlafe. In: Moralisches Elementarbuch, von Christian Gotthilf Salzmann, Liturg und Professor am Dessauischen Erziehungsinstitut. ÇTitelkupferÈ Zweyter Theil. Ç. . .È Leipzig, bey Siegfried Lebrecht Crusius. 1783, S. 17–19 (entspricht in vorliegendem Band S. 78,10–34). Salzmanns Text entspricht D2; Varianten hier nicht verzeichnet. D Lesebuch für Kinder, S. 32f. 3
Grundlage für den edierten Text: D3.
2. Varianten 269,14 Ernst] Fritz D1 j D2 269,14 eine große] auch eine sehr starke D1 D2 eine sehr starke j 269,15–16 Aufstehn. Ob] Aufstehn. Ob D1 D2 Aufstehen. Ob j 269,16 gleichwohl] gleich wohl j gleichwol D2 269,16 das lange] sein langes D1 j D2 269,17 Vorsatz] Vorsaz j 269,17 faßte] faßte, D1 j D2 269,18 verbessern,] verbessern: j 269,18 wollte] wolte j
Varianten
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269,19 W i d e r w i l l e n ] Widerwillen D1 j D2 269,20–21 überwinden. Nun] überwinden. Nun D1 269,21 einmal] einmahl j 269,22–23 auf. Da fiel] auf, plötzlich fiel D1 D2 auf; plözlich fiel j 269,23 Vorsatz] Vorsaz j 269,23 einmal] einmahl j 269,24–25 machen! Indem] machen! indem D1 D2 269,25 Indem] Mit diesem Gedanken j 269,25 er] er hurtig j 269,25 ging] gieng D2 269,25 wie ein] ein D1 j D2 269,27–28 dagegen. Er] dagegen. Er D1 269,28 geschwinde] geschwind D1 D2 indes geschwind j 269,28 an,] an; j 269,28 Anziehn] Anziehen j 269,29 sollte; ein paarmal] solte. Ein paarmahl j 270,1 fast willens,] in Versuchung D1 D2 wirklich schon in Versuchung j 270,1 thun;] thun, D1 D2 270,1–8 glücklich 〈. . .〉 aufstand.] glüklich. Nachdem er sich gewaschen
und vollends angekleidet hatte, sezte er sich hin, und bereitete sich auf seine Lekzionen; und mit Vergnügen bemerkte er, daß ihm alles weit besser von statten ging, als sonst. Sein Lehrer war den Tag über ganz ausserordentlich mit ihm zufrieden; und seine Eltern, welche dieses hörten, überhäuften ihn mit Liebkosungen. Er selbst war heiter und vergnügt; es war ihm, als hätte er heute ein neues Leben angefangen. Da dachte er bei sich selbst: belohnt sich das Bischen Selbstüberwindung, welche das frühe Aufstehen mich heute kostete, mit so großem Vergnügen: o so wär´ ich ja wohl ein rechter Thor, wenn ichs nicht alle Tage so machen wolte. Er thats; mit jedem Morgen wards ihm leichter, eben so früh aufzustehen. Endlich wurde es ihm so gar zur Gewohnheit, so daß er niemahls länger schlafen und im Bette bleiben konte, wenn er auch gewolt hätte. Seht, Kinder, so geht es mit allem, was uns anfangs sauer wird. Nur frisch daran, nur ein Paarmahl euch gezwungen; und ich stehe euch dafür, daß es euch mit jedem Tage leichter, endlich zum Vergnügen werden wird. j 270,1 setzt] setzte D1 D2 270,3 gescheuet] gefürchtet D1 D2
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Lesebuch für Kinder
270,3–4 schien, Seine] schien. Seine D1 270,4 ging] gieng D2 270,5 freundlicher] freundlicher, D2 270,5 sonst] sonst, D2 270,5 zu rechter Zeit] zur rechten Zeit D1 D2 270,6 Dies] Dis D1 270,8 Vergnügen,] Vergnügen D1
Der unordentliche Fritz Überlieferung 1. Textgrundlage 1
D Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik welche auch zum
Theil für Lehrer und Denker geschrieben ist. Herausgegeben von Carl Philipp Moritz Professor am Berlinischen Gymnasium. Ç. . .È Berlin, bei August Mylius 1786, S. 3–8. D2 Lesebuch für Kinder, S. 33–40. D3 Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik welche auch zum Theil für Lehrer und Denker geschrieben ist. Herausgegeben von Karl Philipp Moritz Königl. Preußischen Hofrath und Professor, ordentlichem Mitgliede der Königl. Akademie der Wissenschaften und des Senats der Akademie der bildenden Künste. Zweite Auflage. Mit sieben Kupfertafeln von Dan. Chodowiecky. Berlin, bei August Mylius 1793, S. 3–8. Grundlage für den edierten Text: D2.
2. Varianten 270,11 270,14 270,16 270,18 270,27
untern] unter’m D1 unter’n D3 Spiegel;] Spiegel. D1 D3 noch] überdem noch D1 D3 mit] mit mit D2 mit D1 D3 im] in einem D1 D3
Varianten
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270,28 Schreibfedern] Schreibefedern D3 270,29 Zeuge. –] Zeuge – D1 D3 270,31 weisse] weiße D1 D3 271,6 kam.] kam, D3 271,13 der] die D2 der D1 D3 271,13 ihres] ihres einzigen D1 D3 271,15 noch übertraf] übertraf D1 D3 271,18 zwölf] vierzehn D1 D3 271,19 das] dis D1 D3 271,19 Name] Nahme D1 D3 271,22 bei] bey D1 D3 271,25 z u s a m m e n g e h ö r t e ] z u s a m m e n g e h ö r t e D3 271,27 zu rechter] zur rechter D1 D3 271,30 zuginge?] zuginge. D1 D3 271,31 das] daß D1 271,31 darin] darinn D1 D3 271,32 bei] bey D1 D3 272,9 nebeneinander] neben einander D1 D3 272,10 wieder] so wieder D1 D3 272,12 sich’s]sichs D1 D3 272,12 schalt] schalt, D1 D3 272,15 zu rechter] zur rechten D1 D3 272,16 das] daß D1 272,18–19 Grammatik 〈. . .〉 ihren Platz.] Grammatik, Federn und Schrei-
bebuch, hatten, als zusammengehörige Sachen, ihren Platz in Fritzens kleinem Schreibepulte, wo sie auch hingehörten. D1 D3 272,22 Gegenständen,] Gegenständen D1 D3 272,22–23 zusammen gehörte] zusammengehörte D1 D3 272,23 und] und was D1 272,23 zusammen gehörte] zusammengehörte D1 D3 272,26 heraus suchten] heraussuchten D1 D3 272,27 zusammen legten] zusammenlegten D1 D3 272,29 ihm] ihn D1 272,31 zu] so zu D1 D3 272,32 Naturalienkabinet] Naturalienkabinett D1 272,33 Z u s a m m e n g e h ö r i g e ] z u s a m m e n g e h ö r i g e D1 D3
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Lesebuch für Kinder
Die Stube Überlieferung 1. Textgrundlage D Lesebuch für Kinder, S. 40f. Grundlage für den edierten Text: D.
Der Fuchs und der Storch Überlieferung 1. Textgrundlage D1 Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik welche auch zum
Theil für Lehrer und Denker geschrieben ist. Herausgegeben von Carl Philipp Moritz Professor am Berlinischen Gymnasium. Ç. . .È Berlin, bei August Mylius 1786, S. 69. D2 Lesebuch für Kinder, S. 41f. D3 Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik welche auch zum Theil für Lehrer und Denker geschrieben ist. Herausgegeben von Karl Philipp Moritz Königl. Preußischen Hofrath und Professor, ordentlichem Mitgliede der Königl. Akademie der Wissenschaften und des Senats der Akademie der bildenden Künste. Zweite Auflage. Mit sieben Kupfertafeln von Dan. Chodowiecky. Berlin, bei August Mylius 1793, S. 69. Grundlage für den edierten Text: D2.
2. Varianten 1
274,4 ladet] ladet also D D 274,4 essen] speisen D1 D3 274,6 eine] ein D1
3
Varianten
699
274,7 Figur;] Figur – D1 D3 274,8 indeß] indes D1 D3 274,16 herausholt] heraushohlt D1 D3 274,19 U n d ] Und D1 D3
Der Fuchs und der Rabe Überlieferung 1. Textgrundlage 1
D Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik welche auch zum
Theil für Lehrer und Denker geschrieben ist. Herausgegeben von Carl Philipp Moritz Professor am Berlinischen Gymnasium. Ç. . .È Berlin, bei August Mylius 1786, S. 70f. D2 Lesebuch für Kinder, S. 42–44. D3 Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik welche auch zum Theil für Lehrer und Denker geschrieben ist. Herausgegeben von Karl Philipp Moritz Königl. Preußischen Hofrath und Professor, ordentlichem Mitgliede der Königl. Akademie der Wissenschaften und des Senats der Akademie der bildenden Künste. Zweite Auflage. Mit sieben Kupfertafeln von Dan. Chodowiecky. Berlin, bei August Mylius 1793, S. 70f. Grundlage für den edierten Text: D2.
2. Varianten 274,21 Als man] Indem man also D1 D3 274,24 schmeicheln] schmeichlen D1 D3 274,25 jedermann] jederman D1 275,6 das Merkmal] den Charakter D1 D3 275,12 lasse –] lasse. – D3 275,20 dies] dieß D1 275,20 eröffnete] eröfnete D1 275,22 davon –] davon – Der Rabe ist überhaupt nicht übel gewählt, um
ein eingebildetes, stolzes Wesen vorzustellen, weil er ebenfalls in seinem Gange und Stellung etwas komischgravitätisches hat – D1 D3
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Lesebuch für Kinder
Der Frosch und der Ochse Überlieferung 1. Textgrundlage D1 Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik welche auch zum
Theil für Lehrer und Denker geschrieben ist. Herausgegeben von Carl Philipp Moritz Professor am Berlinischen Gymnasium. Ç. . .È Berlin, bei August Mylius 1786, S. 71–73. D2 Lesebuch für Kinder, S. 44–46. D3 Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik welche auch zum Theil für Lehrer und Denker geschrieben ist. Herausgegeben von Karl Philipp Moritz Königl. Preußischen Hofrath und Professor, ordentlichem Mitgliede der Königl. Akademie der Wissenschaften und des Senats der Akademie der bildenden Künste. Zweite Auflage. Mit sieben Kupfertafeln von Dan. Chodowiecky. Berlin, bei August Mylius 1793, S. 71–73. Grundlage für den edierten Text: D2.
2. Varianten 275,23 Der Frosch und der Ochse.] fehlt in D1 und D3 275,24 ist] aber ist D1 D3 275,25 Frosch.] Frosch – D1 275,26 Verwandschaft] Verwandtschaft D1 D3 275,29 bläst] bläßt D1 D3 275,30 Verwandschaft] Verwandtschaft D3 275,31 gewesen,] gewesen D1 D3 276,3 dies] dieß D1 D3 276,6 w e i t ] weit D1 D3 276,7 weidete –] weidete, D1 D3 276,11 Thiere] Thier D3 276,13 Ebenmaaß] Ebenmaß D1 D3 276,15 den] dem D1 D3
Varianten 276,15 276,18 276,20 276,21 276,22 276,22 276,23
701
der] dieser D1 D3 den Auftritt noch lächerlicher] die Scene noch komischer D1 D3 Jungen] Jungen, D1 D3 her stehen] herstehen D1 D3 andre] andre, D1 D3 als] als eine D1 D3 aufbläst] aufbläßt D1
Das Schiff Überlieferung 1. Textgrundlage 1
D Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik welche auch zum
Theil für Lehrer und Denker geschrieben ist. Herausgegeben von Carl Philipp Moritz Professor am Berlinischen Gymnasium. Ç. . .È Berlin, bei August Mylius 1786, S. 46–48. D2 Lesebuch für Kinder, S. 47f. D3 Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik welche auch zum Theil für Lehrer und Denker geschrieben ist. Herausgegeben von Karl Philipp Moritz Königl. Preußischen Hofrath und Professor, ordentlichem Mitgliede der Königl. Akademie der Wissenschaften und des Senats der Akademie der bildenden Künste. Zweite Auflage. Mit sieben Kupfertafeln von Dan. Chodowiecky. Berlin, bei August Mylius 1793, S. 46–48. Grundlage für den edierten Text: D2.
2. Varianten 276,26 276,29 276,29 276,29 276,30
worin] worinn D1 D3 daß] das D1 seinen] seinem D3 festaneinandergefügtem] festineinandergefügten D1 D3 widersteht,] wiedersteht; D1 widersteht; D3
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Lesebuch für Kinder
276,30 das] daß D1 276,31 die] die denn D1 D3 277,1 Steuerruder] Steierruder D1 277,2 durchschneidet,] durchschneidet, und mit Behendigkeit sich wenden läßt, D1 D3 277,3 Seite,] Seite D3 277,6 Reisen] Reisen beständig D1 D3 277,8 Stadt –] danach folgt in D1 und D3 Das bodenlose Meer wird zum
Schauplatz des Krieges, der Zerstörung und des Verderbens gemacht – zwei feindliche Heere rücken in schwimmenden Bollwerken, mit Geschütz bepflanzt, gegeneinander – Am hohen Mastbaum weht die Flagge – Der Donner des Geschützes beginnt – Die Gegenstände hüllen sich in Dampf und Nebel – Das Meer wird mit Blut gefärbt – 277,9 Das] Aber das D1 D3 277,9 uns] auch D1 D3 277,14 Schmucks] Schmucks, D1 D3 277,14 Meere] Meer D1 D3 277,16 worin] worinn D1 D3 277,18 empor hebt] emporhebt D1 D3 277,23 das] daß D1
Das Eisen Überlieferung 1. Textgrundlage 1
D Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik welche auch zum
Theil für Lehrer und Denker geschrieben ist. Herausgegeben von Carl Philipp Moritz Professor am Berlinischen Gymnasium. Ç. . .È Berlin, bei August Mylius 1786, S. 34f. D2 Lesebuch für Kinder, S. 49. D3 Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik welche auch zum Theil für Lehrer und Denker geschrieben ist. Herausgegeben von Karl Philipp Moritz Königl. Preußischen Hofrath und Professor, ordentlichem Mitgliede der Königl. Akademie der Wissenschaften und des Senats der Akademie der bildenden Künste. Zweite Auflage. Mit
Varianten
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sieben Kupfertafeln von Dan. Chodowiecky. Berlin, bei August Mylius 1793, S. 34f. Grundlage für den edierten Text: D2.
2. Varianten 1
3
277,25 Der Mensch] Er D D 277,27 tödtet –] tödtet. – D1 D3 277,29 Schaufel,] Schaufel D1 D3 277,30 umgraben;] umgraben: D3 277,31 seinem] seinen D1 278,1 Holz] Holz, D1 D3 278,1 Kalk] Kalk, D1 D3 278,1 Steinen] Stein D1 D3 278,1 künstliche] künstlich D1 D3 278,3 fehlt,] fehlt: D3 278,3 Tiefen] Tiefe D1 D3
Fischen – lesen. Pflügen – schreiben Überlieferung 1. Textgrundlage 1
D Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik welche auch zum
Theil für Lehrer und Denker geschrieben ist. Herausgegeben von Carl Philipp Moritz Professor am Berlinischen Gymnasium. Ç. . .È Berlin, bei August Mylius 1786, S. 20f. D2 Lesebuch für Kinder, S. 50–55. D3 Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik welche auch zum Theil für Lehrer und Denker geschrieben ist. Herausgegeben von Karl Philipp Moritz Königl. Preußischen Hofrath und Professor, ordentlichem Mitgliede der Königl. Akademie der Wissenschaften und des Senats der Akademie der bildenden Künste. Zweite Auflage. Mit sieben Kupfertafeln von Dan. Chodowiecky. Berlin, bei August Mylius 1793, S. 20f.
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Lesebuch für Kinder
Grundlage für den edierten Text: D2.
2. Varianten 278,7 l e s e n . P f l ü g e n ] l e s e n P f l ü g e n D1 D3 278,8 senken,] senken D1 D3 278,8–9 fangen – Die] fangen – Die D1 D3 278,11 eintunken] einzutunken D1 D3 278,11 dann] denn D1 D3 278,11 Papier] Papier zu D1 D3 278,15 fortzudauern] fortzudauren D1 D3 278,18 kann] will D1 D3 278,18 s c h r e i b e n , ] s c h r e i b e n D3 278,20 Dies] Das D1 D3 278,21 Künsten,] Künsten D1 D3 278,23 G e i s t . ] G e i s t D1 D3 278,23 K ö r p e r . ] K ö r p e r D1 D3 278,24–29 lesen, 〈. . .〉 dichten,] in D1 und D3 jeweils ohne Komma 279,2 Thieren,] Thieren D3 279,2 seinem] seinen D1 279,4 D a s L a m m 〈. . .〉 G a n s – ] in D1 und D3 nicht hervorgehoben 279,6 Federn! –] Federn – D1 D3 279,7 Daraus werden Leder] Leder D1 D3 279,7 nun,] nun D1 D3 279,8 diesem] diesen D1 D3 279,9 kommt] kömmt D1 D3 279,13 bestehen –] bestehen. – D1 D3 279,14 werden.] werden D1 279,15 Bücher,] Bücher D1 D3 279,25 ändert] verändert D1 D3 280,1 nun,] nun D1 D3 280,2 Stärke,] Stärke D1 D3 280,9 verschafft] verschaft D1 D3 280,13 nähret] nährt D3 280,15 anderer] andrer D1 D3 280,21–22 abnimmt] abnimmt, D1 D3
Varianten
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Die Thierwelt und die Menschenwelt Überlieferung 1. Textgrundlage D1 Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik welche auch zum
Theil für Lehrer und Denker geschrieben ist. Herausgegeben von Carl Philipp Moritz Professor am Berlinischen Gymnasium. Ç. . .È Berlin, bei August Mylius 1786, S. 30–33. D2 Lesebuch für Kinder, S. 55–57. D3 Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik welche auch zum Theil für Lehrer und Denker geschrieben ist. Herausgegeben von Karl Philipp Moritz Königl. Preußischen Hofrath und Professor, ordentlichem Mitgliede der Königl. Akademie der Wissenschaften und des Senats der Akademie der bildenden Künste. Zweite Auflage. Mit sieben Kupfertafeln von Dan. Chodowiecky. Berlin, bei August Mylius 1793, S. 30–33. Grundlage für den edierten Text: D2.
2. Varianten 280,29 Zellen] Cellen D1 D3 281,2 schafft] schaft D1 D3 281,3 Wald,] Wald D1 D3 281,5 Axt,] Axt D1 D3 281,9 seinem] seinen D1 281,9 Gebrauche] Gebrauch D1 D3 281,10 Der] der D1 D3 281,10 mancherley] mancherlei D1 D3 281,10 ihm] ihn D1 281,16 mit zum] zum D1 D3 281,17 e i s e r n e n H a m m e r ] eisernen Hammer D1 D3 281,19 Zange] Säge D1 281,21 Schooßes] Schoßes D1 D3
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Lesebuch für Kinder
281,29 haben;] haben, D1 D3 281,30 Gemählde] Gemählde, D1
Das Gerüste Überlieferung 1. Textgrundlage J ÇKarl Philipp Moritz,È Das Gerüste. In: DW 1786 I, 12. St. (21. März), S. 192. D Lesebuch für Kinder, S. 57f. Grundlage für den edierten Text: D.
2. Varianten 282,1 Gerüste.] Gerüste. Eine Fabel für Kinder. J 282,6 trösten,] trösten; J 282,6 bey] bei J 282,7 sieh,] sieh J 282,8 spatzieren] spazieren J 282,8 giengen] gingen J 282,9 vorbey] vorbei J 282,11 dies] dieß J 282,12 soll;] soll, J 282,12 giengen] gingen J 282,13–14 vorbey: das] vorbei: Das J 282,14 angemalt] angemahlt J
Varianten
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Die Naturwelt Überlieferung 1. Textgrundlage J
Eine Vergleichung zwischen der physikalischen und moralischen Welt.
In: DW 1786 I, 9. St. (28. Februar), S. 134–137, hier S. 134f. D1 Lesebuch für Kinder, S. 58f. D2 Eine Vergleichung zwischen der physikalischen und moralischen Welt. In: Die große Loge oder der Freimaurer mit Wage und Senkblei. Von
dem Verfasser der Beiträge zur Philosophie des Lebens. Berlin, bey Ernst Felisch 1793, S. 61–65, hier S. 61f. Grundlage für den edierten Text: D1.
2. Varianten 2
282,19 uns] mich J D 282,20 Thieren] Thieren, D2 282,21 schön] planmäßig J D2 282,21–22 allesbelebende] alles belebende D2 282,22 Sonne. – ] Sonne. D2 282,23 r u h i g ] ruhig D2 282,23 Blicke] Blick J D2 282,24 in ihre ] in J D2 282,29 stürbe. –] stürbe – D2 283,3 ganzes] Vollendung des angefangnen, ganzes J D2 283,3–4 Leben, 〈. . .〉 Augenblickes] Leben im gegenwärtigen Augenblick J D2
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Lesebuch für Kinder
Schlafen und Wachen Überlieferung 1. Textgrundlage J Schlafen und Wachen. In: DW 1786 I, 9. St. (28. Februar), S. 138–141. D1 Lesebuch für Kinder, S. 59–61. D2 Schlafen und Wachen. In: Die große Loge oder der Freimaurer mit
Wage und Senkblei. Von dem Verfasser der Beiträge zur Philosophie des Lebens. Berlin, bey Ernst Felisch 1793, S. 134–137, hier S. 135–137. Grundlage für den edierten Text: D1.
2. Varianten 283,5 Wachen.] Wachen. Hat sich denn mein ganzes Leben in diese einsame Stunde der Mitternacht zusammengedrängt? – Wie lebhaft, wie geräuschvoll wird alles um mich her – da doch die Welt im Schlummer liegt – welch ein täuschendes Spiel meiner Phantasie, stellt mir eine so reizende Perspective der Vergangenheit und der Zukunft dar. – Morgen wird alles wieder wach seyn – die Todtenstille, die jezt herrscht, wird verschwinden, und dieselbe Welt, die jezt im tiefen Schlummer liegt, wird dann in allen ihren Beziehungen und Verhältnissen wieder lebendig seyn. – Schlummert denn noch eine Weile sanft ihr Müden, welche der morgende Sonnenstrahl zu neuen Beschwerden wecken wird – ruhet noch eine Weile, ihr bestimmten Opfer dieses festgeknüpften Zusammenhanges menschlicher Einrichtungen und Gesetze, träumet nicht von eurem Schicksal, das mit dem morgenden Tage unaufhaltsam über euch hereinbrechen wird. – J Wachen. Hat sich denn mein ganzes Leben in diese einsame Stunde der Mitternacht zusammen gedrängt? – Wie lebhaft, wie geräuschvoll wird alles um mich her – da doch die Welt im Schlummer liegt – welch ein täuschendes Spiel meiner Phantasie, stellt mir eine so reitzende Perspective der Vergangenheit und der Zukunft dar. – Morgen wird alles wieder wach seyn – die Todtenstille, die jetzt herrscht, wird verschwinden, und dieselbe Welt, die jetzt im tiefen Schlummer liegt, wird dann in allen ihren Beziehungen und Verhältnissen wieder lebendig seyn. – Schlummert denn noch
Varianten
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eine Weile sanft ihr Müden, welche der morgende Sonnenstrahl zu neuen Beschwerden wecken wird – ruht noch eine Weile, ihr bestimmten Opfer dieses fest geknüpften Zusammenhanges menschlicher Einrichtungen und Gesetze, träumet nicht von eurem Schicksal, das mit dem morgenden Tage unaufhaltsam über euch hereinbrechen wird. – D2 283,6 rauschen] rauschen. D2 283,6 Das] das J 283,10 empor.] empor. – J D2 283,11 l e b l o s e ] leblose J D2 283,12 immer wiederkehrenden] immerwiederkehrenden J 283,13–15 da hingegen 〈. . .〉 Herzens u. s. w.] unbeschadet der natürlichen Lebensbewegungen, die J D2 283,17 bey Tag] bei Tag’ J D2 283,17 fortwähret.] fortwähret. – J D2 283,18 auch einer] auch eine J 283,18 Ruhe, einer] Ruhe, eine J 283,21 dauert –] dauert. – D2 283,21 gränzt,] gränzt, das Organisirte und Wachsende, J grenzt, das Organisirte und Wachsende D2 283,22–23 Schlummers, 〈. . .〉 als] Schlummers, so wie D2 283,24 gränzt] grenzt D2 283,25 Erquickung;] Erquickung, D2 283,26–27 Blutsumlauf. –] Blutumlauf. – Was von den bewegenden Kräften in der Natur Erhohlung bedarf, und nicht Erhohlung bedarf, scheidet sich in das Edlere und Unedlere, in das Gröbere und Verfeinerte, in das Organisirte und Unorganisirte. – Bedürfniß der Erhohlung ist das untrügliche Zeichen edlerer Kräfte, die zu höherm Zweck aufgespart, gleichsam i n e i n e n B r e n n p u n k t z u s a m m e n g e d r ä n g t werden sollen. – J 〈fast
textidentisch mit D2〉 283,28–29 wunderbarer] etwas Größeres und Erhabneres J D2 283,30 Erdboden.] Erdboden. – Wunderbar – und ich schaudre nicht,
dieß Bewußtseyn meiner selbst, das einzige, was ich wirklich mein nennen kann, das Edelste, was ich besitze, wodurch ich die ganze Schöpfung gleichsam in mich hineinziehen, und mit einem Blick umfassen kann, auf einige Stunden ganz hinwegzugeben – mich freiwillig des Gebrauchs meiner Denkkraft zu entäußern, die mir allein mein wirkliches Daseyn sichert? – Würd’ ich nicht schaudern, wenn die täuschende Wahrscheinlichkeit des
710
Lesebuch für Kinder
Erwachens, die sich auf Jahrelange Erfahrung gründet, nicht so fest in meiner Seele stünde? – J 〈fast textidentisch mit D2〉
Vom rechten Gebrauch der Zeit Überlieferung 1. Textgrundlage 1
D Unterhaltungen mit meinen Schülern. Von M. Carl Philipp Moritz,
Conrector am grauen Kloster zu Berlin. Erstes Bändchen. Berlin, 1780. Gedruckt und verlegt von Christ. Sigism. Spener, S. 80–91. D2 Karl Philipp Moritz Unterhaltungen mit seinen Schülern. Zweite Auflage. Berlin, bei Arnold Wever 1783, S. 97–108. D3 Lesebuch für Kinder, S. 61f. Grundlage für den edierten Text: D3.
2. Varianten 1
2
284,2 allen] allem D D 284,2 ist] Kinder, ist D1 D2 284,6 erkaufen] erkauffen D1 284,6 Man kann] Ihr könnt D1 D2 284,7 man] ihr D1 D2 284,7 wollte] wolltet 〈danach 3 Seiten weiterer Text〉 D1 D2 284,8 Wir] wir D1 D2 284,8 dies] dis D1 284,10 Wir müssen] Laßt uns D1 D2 284,10 jetzt] ietzt D1 D2 284,11–12 sind. Unser] sind. Bedenkt, wie wichtig uns nun ein ieder Au-
genblik seyn muß: denn wenn er einmal dahin ist, so kömmt er nie wieder zurück; wir müssen ihn also ergreiffen, ehe er uns entflieht, und ihn schnell anwenden, ehe es noch zu spät ist. Unser D1 〈fast textidentisch〉 D2 284,15 einzelnen] einzelne D1 D2 284,16 jede] iede D1 D2
Stellenerläuterungen
711
284,18 wird.] wird. 〈es folgen ca. 5 Seiten weitere Ausführungen〉 D1 D2 284,19 uns] euch D1 D2 284,19 Erhohlung] Erholung D2 284,19 vergönnet ist] vergönnt wird D1 D2 284,19 können wir] könnt ihr D1 D2 284,20 wir] ihr D1 D2 284,21 Erhohlung] Erholung D2 284,21 unsern] euren D1 D2 284,21 anwenden] anwendet D1 D2 284,22 Schlafen] Schlaf D1 D2 284,22 können wir] könnt ihr D1 D2 284,23 wir] ihr D1 D2 284,23 genießen] genießet D 1 D2 284,23 Stunde,] Stunde D1 284,24 hat man] habt ihr D1 D2 284,25 man mit Mäßigkeit] ihr mäßig und mit Danksagung D1 D2 284,25 hat] habt D1 D2 284,26 Jedes] Hiebei bedenkt nun wohl, was der weise König Salomo sagt: Alles D1 D2 284,26 Man muß] Ihr müßt D1 D2 284,26 man] ihr D1 D2 284,27 soll] sollt D1 D2 284,27 man] ihr D1 D2 284,27 soll] sollt D1 D2 284,28 dasjenige,] dasienige D1 D2 284,28 man] ihr D1 D2 284,28 muß man] das müßt ihr D1 D2 284,28 g a n z ] ganz D1 D2
Stellenerläuterungen 254,1 A B C Buch] Besonders bezogen auf Moritz’ eigenes, 1790 veröffentlichtes ABC-Buch (vgl. S. 251,1–284,28 in diesem Bd.) 254,8–11 Hier sehe ich 〈…〉 immer niedriger] Hier wird das obere Frontispiz des Lesebuchs perspektivisch beschrieben, indem der Autor sich mit dem Leser in diesem Bild zu bewegen scheint. So wird der Leser dazu angeregt, das Problem von Schein, Täuschung und Wahrheit in der optischen Wahrnehmung
712
Lesebuch für Kinder
selbst zu erfahren. Vgl. dazu Überblickskommentar, S. 673. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß Moritz hier auf die 1764 erstmals erschienene Phänomenologie des in Berlin verstorbenen Mathematikers und Philosophen Johann Heinrich Lambert (1728–1777) zurückgegriffen hat, die sich mit dem Problem der Perspektive befaßte. Vgl. Lambert in seinem Neuen Organon: Es ist unnötig, viele Fälle
hier anzuführen, wodurch der Unterschied des Scheins und der wahren Beschaffenheit der sichtbaren Dinge, in so fern sie ein Gegenstand des Sehens sind, gewiesen wird. Denn so weiß jedermann, daß einerlei Dinge in größerer Entfernung kleiner, undeutlicher und blasser scheinen. 〈…〉 Aus solchen und unzähligen andern täglich vorkommenden Fällen, weiß jedermann, daß die scheinbare Gestalt und Ansehen der Dinge von ihrer wahren Gestalt müsse unterschieden werden (Lambert, Neues Organon, S. 646). – Vgl. dazu auch Moritz’ 1789 veröffentlichte Grundlinien zu einer Gedankenperspektive (in: MzE VII.3 1789, S. 81f.; KMA 12). 255,18 Der Hirsch bei der Quelle] Auf den griech. Fabeldichter Äsop (vgl. Erl. zu S. 182,27) zurückgehende Fabel; vgl. Phaedrus I, 12. Diese Fabel erscheint bei Richardson-Lessing (Nr. 42, S. 64f.) mit dem Epimythion, der moralischen Nutzanwendung am Schluß. 256,26–29 Wenn nun der Hirsch 〈…〉 Verderben war] Anspielung auf den Schluß der Fabel, der bei Phaedrus lautet: »Im Sterben soll er noch die Wort’ gerufen haben: Ich armer, armer Tor, der ich erst jetzt erkenne, Wie nützlich mir das war, was ich verachtet habe, Und wie so schweres Leid mir brachte, was ich lobte.« (Phaedrus 1999, S. 15) 257,6 ästige] Äste habend (Adelung 1, Sp. 455). 257,22 Das Bild] Hier wird das untere Frontispiz des Lesebuchs perspektivisch interpretiert. Die Leser werden wieder dazu angeregt, die Größenkonstanz experimentell zu prüfen. 259,1 Der Wolf und das Lamm] Gestraffte und für ein jüngeres Lesepublikum bearbeitete Fassung der Fabel, die Moritz in der Ende 1785 bzw. Anfang 1786 veröffentlichten Kinderlogik mit vielen Parallelen, aber ohne wörtliche Entsprechungen weniger erzählte, als in ihrer Gestaltung begründend entwickelte. Vgl. Erl. zu S. 186,30. 259,18 Fabel] Der Begriff ›Fabel‹ wird hier offenbar vorausgesetzt. In der Kinderlogik, die für ältere Kinder geschrieben war, wurde der Begriff erläutert. Vgl. Erl. zu S. 181,24. 259,20 Das arme Lamm dauert mich!] Hier widerspricht Moritz der Fabeltheorie von Gotthold Ephraim Lessing, der den Gebrauch der Thiere in der
Stellenerläuterungen
713
Fabel gerade damit erklärt, daß man die Erregung von Mitleid vermeiden wolle: 〈…〉 Wir haben Mitleiden mit dem Lamme: aber dieses Mitleiden ist so schwach, daß es unserer anschauenden Erkenntniß des moralischen Satzes keinen merklichen Eintrag thut (Lessing, Sämtliche Schriften, Bd. 7, S. 454). Vgl. auch Erl. zu S. 185,4–5. 261,17–18 Buchstaben] In der Kinderlogik führte Moritz die Etymologie von den buchenen Stäben, worin sie zuerst geschnitten wurden, an. Vgl. S. 165,31– 32 in vorliegendem Bd. 263,1 Der Wandrer 〈…〉 die Lebensreise] Die Exempelgeschichte wurde zuerst in den Unterhaltungen (1780) in dem Kapitel Vom Vertrauen auf Gott veröffentlicht (vgl. S. 36,24 in diesem Bd.). Der Bezug zu Gott wird im Lesebuch nicht thematisiert. Vgl. Erl. zu S. 36,24. 267,1 Einige Betrachtungen 〈…〉 Geschichte] Die allegorische Bedeutung der Lebensreise wird in den Unterhaltungen ausführlicher erläutert und das Gottvertrauen als einziger Weg zu wahrer Glückseligkeit empfohlen; vgl. S. 41,11–43,30 in diesem Bd. Nach dem Vorbericht dieses Lesebuchs führen dagegen nur O r d n u n g und T h ä t i g k e i t zu diesem Ziel (s. S. 253,6–7). 267,16 Die Mühe und die Freude] Vgl. Erl. zu S. 44,16. 268,9 Die beiden Arbeiter] Diese moralische Erzählung wurde zuerst in den Unterhaltungen (1780) in dem Kapitel Vom Widerwillen gegen das Gute veröffentlicht; vgl. S. 82,18–32. 269,1 Der kleine Albert] Diese und die folgende Geschichte demonstrieren in den Unterhaltungen die Gefahr des Übergang〈s〉 vom Guten zum Bösen. 269,14 Der kleine Ernst] In den Unterhaltungen hieß der Langschläfer noch Fritz (vgl. S. 36,24); eine Namensänderung wurde nötig, weil inzwischen die Kinderlogik (1786) mit der Geschichte vom unordentlichen Fritz veröffentlicht worden war (vgl. S. 145,1–147,23 in diesem Bd.), die Moritz ebenfalls in das Lesebuch aufnahm (S. 270,10–272,34). 270,9 Der unordentliche Fritz] Mit dieser Eröffnungsgeschichte übernimmt Moritz das didaktische Prinzip der Kinderlogik in das Lesebuch: sie zeigt den im Vorbericht propagierten einzigen Weg zur Glückseligkeit durch Ordnung und Thätigkeit (vgl. S. 253,6–7). 270,25 ins Geschicke bringen] von 〈…〉 schicken, ordnen, fügen 〈…〉 eine Sache in das Geschicke bringen (Adelung 2, Sp. 607). 271,5 verwildert] Einen jungen Menschen verwildern lassen, durch Mangel der Bildung, sowohl des Geistes, als der Sitten (Adelung 4, Sp. 1180).
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Lesebuch für Kinder
271,18 erst zwölf Jahr alt] Gegenüber der Kinderlogik (vgl. S. 146,6) ist Fritz hier zwei Jahre jünger, vermutlich, um ihn besser an den jüngeren Leserkreis des Lesebuchs anzugleichen. 271,23–25 z u s a m m e n l e g e n 〈…〉 z u s a m m e n g e h ö r t e ] Vgl. Erl. zu S. 146,10–13. 272,24–26 Kräuter und Pflanzen 〈…〉 ähnlich waren] Vgl. Erl. zu S. 147,13–16. 272,30 Naturalienkabinet] Vgl. Erl zu S. 147,19. 272,31–32 daß Fritz sich 〈…〉 anlegen mußte] Vgl. Erl. zu S. 147,20–21. 273,1–2 Diese kleinen Erzählungen 〈…〉 ihrem Ausgange] Nach dem Vorbild der klassischen Fabeldarstellung faßt Moritz hier die allgemeinen moralischen Sätze (nach Lessings Fabeltheorie; vgl. Erl. zu S. 185,4–5) aus den vorstehenden Erzählungen als moralische Nutzanwendungen zusammen. 274,1 Auszüge] Auszug: Ein Auszug in einem Schranke ist so viel als ein Schubkasten, welcher ausgezogen werden kann (Adelung 1, Sp. 673). 274,3 Der Fuchs und der Storch] Vgl. Erl. zu S. 182,10. 274,11 Bouteille] Vgl. Erl. zu S. 182,17. 274,18–19 Man freut 〈…〉 ü b e r l i s t e t i s t ] Vgl. Erl. zu S. 182,23–24. 274,20 Der Fuchs und der Rabe] Vgl. Erl. zu S. 183,4. 275,23 Der Frosch und der Ochse] Vgl. Erl. zu S. 184,3. 276,21 ob er 〈…〉 als der Ochse?] Vgl. Erl. zu S. 184,24. 277,24 Das Eisen] Vgl. Erl. zu S. 175,29–30. 284,1 Vom rechten Gebrauch der Zeit] Vgl. Erl. zu S. 48,16. 284,26 Jedes Ding 〈…〉 Zeit] Vgl. Erl. zu S. 53,30–31.
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Freimaurerische Schriften Freimaurerei im 18. Jahrhundert Verschiedene Ursprungsmythen wurden mit der Entstehung der Freimaurerlogen im 17. und 18. Jahrhundert verbunden. Man führte sie z. B. auf die Bauleute des Salomonischen Tempels, auf ägyptische Mysterien oder auf den Templerorden zurück, ohne daß diese Wurzeln im einzelnen nachgewiesen werden konnten. Für England, das »Mutterland der heutigen Freimaurerei«,1 ist dagegen die Herkunft der Logen aus Steinmetzgilden und mittelalterlichen Bauhütten am besten belegt. Im 18. Jahrhundert breitete sich die spekulative, nicht handwerkliche Freimaurerei zunehmend aus, seit sich 1717 in London vier Logen zur ersten Großloge vereinigt hatten. 1723 stellte der schottische Presbyterianer James Anderson (1689–1739) die Statuten und Regeln der Freimaurer-Verfassung zusammen. Sein Buch The
Constitutions of the Free-Masons Containing the History, Charges, Regulations etc., of that most ancient and right worshipful fraternity for the use of the lodges (mehrere verb. Neuauflagen; dt. Übers. 1741) war die Grundlage vieler Logengründungen. Die darin festgehaltenen »Old charges«, die »Alten Pflichten«, bildeten das Grundgesetz der Freimaurer. Reinhart Koselleck charakterisierte 1959 die Logen als »eine rein bürgerliche Schöpfung«2 und hob hervor, daß die Logen eine »Trennung von Politik und Moral« ermöglichten. Durch das Freimaurergeheimnis wurde ein außerstaatlicher Innenraum vom System des Absolutismus abgegrenzt. Die Geheimgesellschaften bildeten eine »indirekte Gewalt im absolutistischen Staat«.3 »Vom Boden der Logen aus wird bewußt neben die geltende politische Ordnung ein völlig neues Wertesystem gestellt. Da aber die politische Wirklichkeit gerade als die Negation 1
Lennhoff/Posner, Sp. 420. Reinhart Koselleck, Kritik und Krise. Eine Studie zur Pathogenese der bürgerlichen Welt, Frankfurt/Main 21973, S. 57. 3 Ebd., S. 55. 2
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der moralischen Position betrachtet wird, die innerhalb der Logen bereits verwirklicht wird Ç. . .È, erweist sich die politische Abwesenheit im Namen der Moral als eine indirekte politische Anwesenheit.«4 Die Logen waren demnach einerseits Träger der Aufklärung, sie traten öffentlich in Erscheinung5 und ihre »Verordnungen, Geschichte, Gesetze, Pflichten, Satzungen und Gebräuche«6 waren durch allgemein zugängliche Veröffentlichungen bekannt. Gleichzeitig gewann in ihnen das »Geheimnis«, auf symbolische und hermetische Weisheitsüberlieferung zurückgeführt, eine Bedeutung, die rationaler Prüfung nicht mehr zugänglich war. Die Suche nach dem Inhalt des »wahren Geheimnisses« bot zwar einen besonderen Reiz, sie »führte auch zum Entstehen immer neuer Systeme und immer höherer Grade, in denen man das wahre Geheimnis zu finden hoffte«;7 sie blieb aber letztlich unerfüllt: Die Inhalte erwiesen sich häufig als mehrdeutig und vage, so daß von einer »Leere im Zentrum« gesprochen werden kann.8 Angesichts dieser inhaltlichen Unbestimmtheit wurde den Details der Konstitutionen und Rituale, auf die sich die einzelnen Logen verpflichteten, eine große Bedeutung zugemessen. Kontakte von Moritz zu Freimaurern sind erst 1779, zu dem Zeitpunkt seiner Aufnahme in die Berliner Loge Zur Beständigkeit, überliefert. In seinem psychologischen, weitgehend autobiographischen Roman Anton Reiser schildert Moritz etwa für das Jahr 1776 eine Begegnung seines Titelhelden und alter ego mit einem Prediger bei Gotha, der in Reiser einen Freimaurer zu erkennen glaubt.9 Möglicherweise hat diese Begegnung, wenn sie denn stattgefunden hat, Moritz’ Interesse
4
Ebd., S. 67. Neuere Forschungen halten Kosellecks These, die Freimaurerei sei eine bürgerliche Schöpfung, entgegen, daß der Adel bei der Gründung der Logen zahlreich vertreten war und die Verbürgerlichung erst Ende des 18. Jahrhunderts einsetzte. Als Moritz in die Berliner Loge Zur Beständigkeit aufgenommen wurde, waren 38 % der Logenbrüder adelig. Vgl. Jahnke 2003, S. 126f. 5 In Nicolais Beschreibung der Königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam werden die Logen als »verschiedene andere Merkwürdigkeiten« detailliert aufgeführt (Nicolai, Beschreibung, S. 957f.). 6 So der Titel der ersten deutschen Anderson-Übersetzung von 1741. 7 Florian Maurice, Die Mysterien der Aufklärung. Esoterische Traditionen in der Freimaurerei? In: Aufklärung und Esoterik, hrsg. v. Monika Neugebauer-Wölk unter Mitarbeit v. Holger Zaunstöck, Hamburg 1999, S. 274–287, hier S. 274f. 8 Ebd., S. 275. 9 Anton Reiser, KMA 1, S. 370,30–35.
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für die Freimaurerei geweckt. Logenmitglied wurde Moritz noch im ersten Jahr seines Aufenthalts in Berlin. Er schloß sich dort einer zur »Großen Landesloge der Freimaurer von Deutschland« gehörigen Vereinigung an. Die Landesloge war 1770 von dem preußischen General-Feldstabsmedikus Johann Wilhelm Kellner von Zinnendorf (ursprünglich Ellenberger; 1731–1782), der erst dem Hochgradsystem der »Strikten Observanz« angehörte, gegründet worden. 1773 wurde diese Landesloge durch die Großloge von England bestätigt. Zinnendorf berief sich für seine Logengründung auf einen Freibrief, den er von dem schwedischen Kanzleirat Karl Friedrich Eckleff (1723–1784) bekommen hatte. Zu Moritz‘ Zeit arbeiteten in Berlin sieben Johannislogen unter der Obödienz dieser Großloge nach der sogenannten Schwedischen Lehrart. Das Hochgradsystem der Schwedischen Lehrart ist christlich-mystisch geprägt. Nach der »Allgemeinen Regel« hat der Orden seine Mitglieder »zu innerlich freien Menschen zu erziehen: frei aus Gebundenheit an Gott und Gottes Wort, an Christus, an seine Erscheinung und Lehre, an Volk und Vaterland, an Zucht, Ehre, Ordnung, Mannesmut, Wahrhaftigkeit, Gütigkeit, Demut, Sanftmut, Geduld, kurz aus Gebundenheit an alles, was heilig, ehrwürdig und gut ist«.10 Das Logensystem wurde von Zinnendorf in neun Graden organisiert. Die Johannislogen arbeiteten in den ersten drei Graden (Lehrling, Geselle, Meister). Die Johannisloge Zur Beständigkeit wurde am 12. Oktober 1775 von sechs Berliner Offizieren, Hof- und Stadtbeamten gegründet. Der programmatische Name Zur Beständigkeit entsprach der neostoischen Ausrichtung der Johannislogen insgesamt. Der Meister vom Stuhl, Brandes, und der zweite Aufseher, Scheele, gehörten zu den zehn königlichen Hofpostsekretären, die es in der Residenzstadt gab. Der Actuarius beim Stadtgericht, Eimbke, und der Auditeur beim Regiment Gens d’Armes, Wach, kamen aus dem zivilen und militärischen Rechtswesen, während die Offiziere Scheel und Schönermark (erster Aufseher) dem Feldartilleriekorps angehörten. Das Logensiegel zeigt einen Felsen »im wogenden Meer, von Wetterwolken umzogen und von Blitzen umzuckt«;11 den Felsen schmücken Freimaurersymbole. Die Darstellung geht auf einen Kupferstich in einer Sammlung von Logensiegeln (1777) des Berliner Akademielehrers Johann Konrad Krüger (1733–1791) zurück. Dieses Sinnbild soll Zinnendorf (1731–1782) in den »Tagen des Ringens«12 um Anerkennung und Aufbau seines Logensystems 10
Lennhoff/Posner, Sp. 1161. Ferdinand Runkel, Geschichte der Freimaurerei in Deutschland, 2. Bd., Berlin 1931, S. 207. 12 Ebd. 11
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selbst entworfen haben. Es knüpft an alte emblematische Traditionen an, worin die Tugend der constantia, der Standhaftigkeit, als Fels in der Brandung dargestellt ist.13 Die Standhaftigkeit ist in der antiken Moralphilosophie (Seneca, Cicero) eine Haupttugend und auch nach der katholischen Morallehre gefordert; im Neustoizismus des 16. und 17. Jahrhunderts kommt ihr sogar die Stelle eines »lebensphilosophischen Leitbegriffs«14 zu, der vor allem in der berühmtesten neustoischen Schrift, nämlich Von der Bestendigkeit von Justus Lipsius (lat. De Constantia, 1584), festgehalten wurde. Der Logenname der Beständigkeit bezieht sich auf die zur Zeit der Gründung besonders heftigen Rivalitäten und Richtungskämpfe unter den verschiedenen Freimaurersystemen und damit auf die Treue zur Loge. Sicherlich signalisierte der Name den christlich-stoischen Grundzug, der für die an der sog. Schwedischen Lehrart und am Zinnendorfschen System orientierten Johannislogen typisch ist. Moritz wurde in seinem ersten Berliner Jahr am 29. September 1779 als Mitglied der Johannisloge Zur Beständigkeit vorgeschlagen und am 15. Februar 1781 zum Freimaurergesellen befördert. Nachdem er am 10. Oktober 1783 als unthätig gerügt worden war, wurde er doch am 11. Mai 1784 zum Meister befördert. Von da an hat er, wie in den Logenakten vermerkt ist, mehrfach in der Loge Reden gehalten und Oden verlesen, noch ehe er am Stiftungstag (12. Oktober) 1789 zum Redner bestimmt wurde. Dieses Amt hatte Moritz bis zur Wahl als erster Aufseher (21. Oktober 1791) inne. Ein Jahr später mußte er aus gesundheitlichen Gründen um Entlassung aus dem Logenamt bitten. Die ausführlichste Charakteristik der Loge stammt von Moritz’ Freund Klischnig, bei dessen Aufnahme in die Loge Moritz selbst 1790 als Pate wirkte.15 Über die konkreten Rituale der Loge Zur Beständigkeit unterrichtet eine ausführliche Darstellung des Zinnendorfschen Systems, die im Jahr 1780 zusammengestellt worden ist und später auf Veranlassung von Friedrich Ludwig Schröder (1744–1816) gedruckt wurde.16 Man muß allerdings davon ausgehen, daß die Ri13
Vgl. Henkel/Schöne 1967, Sp. 67f. Blüher 1998, Sp. 101. 15 Vgl. S. 720–722 in diesem Bd. 16 Gesetze und Statuten des Ordens der Freymaurer. Faksimile eines auf Friedrich Ludwig Schröder zurückgehenden Drucks in: Die ersten Gesetze und Statuten des Ordens der Freymaurer (Zinnendorf’sches System aus dem Jahre 1780). Hrsg. von Klaus C. F. Feddersen, Jarplund/Flensburg 2001 (Schriften der freimaurerischen Forschungsvereinigung Frederik der Großen Landesloge der Freimaurer von Deutschland). 14
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tuale und die praktische Arbeit in den Logen diesen vorgegebenen Gesetzen zumindest in der Anfangsphase nicht immer entsprachen. Für Moritz’ Loge ist von Dezember 1781 bis April 1782 ein Konflikt mit Zinnendorf über die Zeremonien des Aufnahmerituals überliefert, der dazu führte, daß alle amtierenden Logenbeamten die Loge verließen,17 darunter neben dem Redner Heinrich XLIV. Graf von Reuss auch der zweite Aufseher Ludwig von Strampf, die Klischnig verschlüsselt in seiner Charakteristik der Loge erwähnt.18 Moritz hat trotz mancher Anfechtungen der Freimaurerei lebenslang die Treue gehalten, wobei das Avancement in der Loge und der soziale Aufstieg in der Stadt Hand in Hand gingen. Schon die Aufnahme im September 1779, für die seine Berufung an das angesehene Gymnasium zum Grauen Kloster die Voraussetzung geschaffen hatte, veränderte sein Leben grundlegend und bewirkte darin eine große Revolution.19 Hatte er sich bis kurz zuvor noch als Bettelstudent und Armenschulmeister durchschlagen müssen, so konnte er sich nun nach freimaurerischem Bruder-Ritual regelmäßig im Kreis von Adeligen, Offizieren, Kaufleuten, Künstlern und höheren Beamten bewegen.20 Wie weit dafür sein Geld und zumindest anfänglich seine Umgangsformen ausreichten, ist nicht bekannt. Sicherlich halfen hier die von Klischnig genannten Gönner und väterlichen Freunde weiter,21 die auch sonst in seinem Leben immer wieder auftauchten und den 1778/79 betretenen Weg schließlich in eine Akademieprofessur und einen Hofratstitel einmünden ließen. Geht man davon aus, daß zu Moritz’ notorischer Sonderlingsrolle eine beträchtliche soziale Selbstbehauptungskraft gehörte, dann war der Logen-Eintritt dafür sicher ein wichtiges Indiz.
17
Vgl. Jahnke 2003, S. 135–137. Vgl. S. 720. 19 Klischnig, Erinnerungen, S. 47. Vgl. Jahnke 2003, S. 138. 20 Zur Sozialstruktur der Loge Zur Beständigkeit vgl. Jahnke 2003 u. Jahnke 2005. 21 Ebd. 18
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Dokumente Karl Friedrich Klischnig, Erinnerungen aus den zehn letzten Lebensjahren meines Freundes Anton Reiser. Als ein Beitrag zur Lebensgeschichte des Herrn Hofrat Moritz Ç= Anton Reiser. Ein psychologischer Roman. Fünfter und letzter TheilÈ, Berlin 1794, S. 47–52.
Um diese Zeit Ç= 1779È trat Reiser in den Orden der Freymäurer. Ein Schritt, der jetzt bey vielen nichts anders ist, als der Wunsch, doch auch in diesem Punkt die Mode mitzumachen, der aber bey ihm eine große Revolution hervorbrachte. Die Ordnung und Feyerlichkeit, die damals in der Loge herrschten, von welcher Reiser ein Mitglied wurde, gaben im Anfang seiner Phantasie reichliche Nahrung; das liebevolle Zusammenhalten der Brüder that seinem Herzen, das so lange die Wonne der Freundschaft entbehren müssen, wohl, und die große Theilnahme Aller und vorzüglich des würdigen Logenmeisters* an seinem Schicksal, riß ihn ganz hin. Der Ton, der damals in dieser Loge herrschte, war zwar schwärmerisch und pietistisch. Oft wurden Versammlungen mit Gebet und Thränen eröfnet und geschlossen, und einige der Mitglieder waren sogar so weit gekommen, daß sie an einen Umgang der Geister mit guten Menschen treuherzig glaubten und sich darnach sehnten, – aber es war doch brüderliche Eintracht dort zu finden, und aller Stolz war verbannt. Man beschäftigte zwar durch Feyerlichkeit und Ceremonien mehr das Gefühl als den Verstand, – man sahe doch aber nicht blos auf die Schaale, sondern suchte auch den schönen Kern zu genießen. Reiser befand sich wohl in diesem Zirkel. Für die schwärmerischen Reden des Grafen R. . ... und des L. . .. S. . ... hielt ihn die vernünftige und belehrende Unterhaltung mit vielen andern Brüdern schadlos und die Sache erhielt noch mehr Interesse für ihn, da er endlich selbst R e d n e r wurde und seine Ideen der Versamlung mittheilen durfte. * Der Hofpostsekretair B r a n d e s . Mit Vergnügen nenne ich hier den Namen dieses Mannes, der sich so eifrig Reisers annahm und nicht blos für seine körperlichen Bedürfnisse als ein Vater sorgte, sondern sich auch bemühte ihm R u h e d e r S e e l e zu verschaffen. Auch dem Krieges Commissarius V i e w e g verdankte er in seiner damaligen Lage viel. Sanft ruhe die Asche dieser Edlen! –
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Einige dieser Reden sind Meisterstücke und ich widerstehe nur mit Mühe der Versuchung hier ein Paar derselben einzurücken.** In ihnen drang er auf Erfüllung des großen Zwecks, den die Maurerei haben muß, wenn sie nicht bloßes Kinderspiel seyn soll. Sind wir – sagt er in einer derselben – Sind wir nun auch durch dieses Bündniß, Das uns alle zusammenknüpft, Wirklich besser und glücklicher Und edler und weiser geworden? Ist es in unsern Köpfen heller In unserer Seele stiller, Und ruhiger in dem sich sonst empörenden Herzen – O so sey uns dieser Tag nicht minder wichtig Als der, welcher uns das Leben gab. Zählten wir aber dieses Jahr, Statt edler Fortschritte im Guten, Nur nach Mahlzeiten die wir genossen, Bis zu diesem festlichen Tage; So muß er von nun an Unter den gleichgültigen Tagen Des Jahres vergessen seyn! Denn was kümmert mich der Anfang dessen, Wodurch weder Böses verhindert, Noch Gutes gefruchtet ward! Bey jeder menschlichen Unternehmung Frägt die Vernunft: wo ist das Ziel davon? Und findet sie keinen, So ist die Unternehmung Kinderspiel und Tand. Und was giebt es wohl für ein edleres Ziel des Maurers, Als den höchsten Grad, Der Mäßigkeit und Standhaftigkeit, Eine weise Unerschrockenheit,
** Einige – aber nicht eben gerade die besten – hat er kurz vor seinem Tode in d i e g r o ß e L o g e , o d e r d e r F r e i m a u r e r m i t Wa g e u n d S e n k b l e y eingerückt.
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Eine unerschütterliche Rechtschaffenheit, Und unübersehliche Wahrheitsliebe zu erlangen? Die Furcht muß der Maurer verlernen, Um groß und edel zu handeln. Predigen das nicht alle Symbole der Maurerey? Uns der Nothwendigkeit zu unterwerfen, Standhaft zu seyn in Gefahren, Unerschrocken vor dem Tode, Der für die Edeln wenig Bittres hat! Dies sind der Weisheit Lehren, dies ihr Zweck. etc. Reiser suchte, wie man hieraus sieht, viel in der Maurerei und war auch, bis zu seinem Tode, fest überzeugt, daß viel Gutes dadurch bewirkt werden könne, wenn man sie recht zu nutzen verstehe. Er sahe indessen bald, daß dies wohl schwerlich geschehn dürfte, – daß seine große Ideen über diesen Punkt fromme Wünsche seyn und bleiben würden und zog sich nach und nach mißvergnügt zurück. Ganz kalt wurde er dagegen auf seiner Reise in Italien, durch seine genauere Bekanntschaft mit dem Herrn Geheimenrath v o n G ö t h e . Dieser große Mann hat in seinem F a u s t deutlich genug gezeigt, wie wenig er von der Maurerei hält – ob mit Recht oder Unrecht, bin ich zu schwach zu entscheiden. Nur so viel weiß ich, daß seine Demonstrationen und – um ehrlich zu seyn – vielleicht noch mehr sein Spott: »Mein Gott und auch Sie können noch so schwach seyn, darinn etwas zu suchen«, bey Reisern die Wirkung hervorbrachte, daß er nun das Kind mit dem Bade ausschüttete.
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Dokumente zu Karl Philipp Moritz’ Mitgliedschaft in der Johannisloge »Zur Beständigkeit« (1779–1793) 1.) Actum in der Sanct Johannis Loge zur Beständigkeit den 29. Tag
des 9. Monats 1779 Hs.: GStA Preuß. Kulturbesitz, Protocoll-Buch Ç. . .È Für den Gesellen Grad, Abt. Logen, Rep. 5.2.B24, Nr. 252, Bl. 11v–12r.
Niemand hatte für den Gesellengrad etwas vorzutragen: daher wurde die Loge in diesem Grad durch den Hochwürdigen in Beystand der Brüder Aufseher den Gesetzen gemäß geschlossen und in eine Lehrlingsloge verwandelt. In dieser schlug der Hochw. Bruder Brandes einen Suchenden, den Herrn Moritz, der Weltweisheit Magister und jetzt 12r Conrector der Schule zum grauen Kloster zum Mitglied für die Loge zur Beständigkeit vor. Ç. . .È 2.) Actum in der Sanct Johannis Loge zur Beständigkeit.
den 22. Tag des 11. Monats 1779 Hs.: GStA Preuß. Kulturbesitz, Protocoll Buch Ç. . .È Für den Lehrlingsgrad. Rep. 5.2.B24, Nr. 244, Bl. 78v–80r.
Die Loge wurde um 5. Uhr durch den hochwürdigen Meister vom Stuhl den Br. Brandes und die Brüder Aufseher v. Schönermarck und Scheele mit gesetzmäßiger Feyer eröfnet, Ç. . .È. Der Hochw. zeigte hierauf an: daß die Aufnahme zweyer Suchender, über welche die Umstimmung bereits mit glücklichem Erfolg ergangen sey, die heutige Zusammenkunft veranlaßt habe, und sey der erste dieser Kandidaten der Conrector an der Schule zum grauen Kloster hieselbst, Magister Moritz; der zweyte aber der ArtillerieLieutenant v. Hahn. Es erging an die Versammlung die Frage: ob bis zu diesem Augenblick noch jemand wider die Aufnahme jener Profanen Einwendungen hätte, und da solches nicht war: ward der Hochw. Br. Scheel als fürchterlicher Bruder an den ersten Kandidaten den Conrector Moritz gesandt. Ç. . .È – Zwischen diesen Arbeiten hatte der fürchterliche Bruder die Loge zweymal von den guten Eigenschaften und dem gesetzten Betragen des ersten Kandidaten benachrichtigt. Er führte ihn jetzt auf gewöhnliche Art zur Loge; wo er mit gehöriger Feyer aufgenommen und darüber auf
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Befehl des Hochwürdigen folgendes ins Jahrbuch des Ordens eingetragen ward: »Im Jahr des Lichts 5779. den 22. Tag des 11. Monats wurde zur Aufnahme vorgestellt der fremde Suchende Carl Philipp Moritz, ein Sohn des Johann Gottlieb, – 23 Jahr alt – den 15. Sept. 1756 in Hameln gebohren, lutherischer Religion, bürgerlicher Abkunft, der Weltweisheit Magister und gegenwärtig Conrector bey der Schule zum grauen Kloster allhier. – Er ist niemals in einen heimlichen oder öffentlichen Orden aufgenommen worden. Es ist auch nicht eitle unanständige Neugierde, sondern vielmehr reiner tugendhafter Trieb der ihn zu uns führt: daher denn seine Wünsche erfüllt: indem er heute mit allen gesetzmäßigen Feyerlichkeiten aufgenommen wurde als Freymaurer Ritter Lehrling und Bruder und zum Mitglied der Loge zur Beständigkeit. Seine Paten waren: die hochwürdigen Brüder Brandes und Scheele, und der Bruder Vieweg.« Als der neue Bruder wiederum angekleidet war und den Schmuck des Lehrlingsgrades erhalten hatte, stattete der fürchterliche Bruder auch von dem guten Verhalten des zweyten Kandidaten Ç. . .È Bericht ab Ç. . .È. Auch dieser neue Bruder ward wieder angekleidet und ihm der Schmuck des Lehrlingsgrades angelegt. Als solches geschehen war, wurden beyden die Geheimniße dieses Grades mitgetheilt, und gaben sie sich zuerst den Brüdern Aufsehern, sodann aber dem Hochwürdigen als Freymaurer Lehrlinge zu erkennen. Ç. . .È
3.) Actum in der Sanct Johannis Loge zur Beständigkeit den
15. Tag des 2. Monats 1781 Hs.: GStA Preuß. Kulturbesitz. Protocoll-Buch Ç. . .È Für den Gesellen Grad. Abt. Logen, Rep. 5.2.B24, Nr. 252, Bl. 13v–14r.
Nachdem der Hochwürdige Meister vom Stuhl, Bruder Brandes in Beystand der beyden Brüder Aufseher die Loge durch die zwey ersten Grade gesetzmäßig eröfnet hatte, zeigte er der Versammlung an, daß die heutige Zusammenberufung, die Beförderung verschiedener Brüder Lehrlinge zu Gesellen beträfe. Die Brüder Lehrlinge waren namentlich: 1.) der Bruder Hartmann 2.) der Bruder Falkenberg
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3.) der Bruder Moritz 4.) der Bruder v. Hahn 5.) der Bruder v. Strampff 2ter sämtlich Mitglieder unserer Loge und 6.) der Bruder Baltze, Mitglied der Loge zum fliegenden Pferde. Der Hochwürdige Bruder von Boaton, hatte dieses letztern wegen den Hochwürdigen Bruder Brandes gebeten, ihn mit zu befördern, indem derselbe seine Zeit bereits längstens ausgestanden habe. Der Hochwürdige machte bekannt: daß der Bruder Hartmann nicht früher als jetzt befördert werden können, indem er immer abwesend gewesen. Die übrigen Brüder bis auf den Bruder von Strampff 2ter hätten alle ihre Zeit ausgedienet, diesen aber wolle man früher befördern, um sein gutes Betragen, das er bisher geäußert, dadurch zu belohnen. Da auf Befragen des Hochwürdigen niemand wieder die Beförderung dieser 6 Brüder etwas einwendete, sondern eine allgemeine Stille zum Beweise einer gemeinschaftlichen Zufriedenheit erfolgte, wurde der Hochw: Br: Scheel als einführender Bruder abgesandt, die Brüder in ihren Kentnißen zu untersuchen, und der Loge Bericht zu geben. Ç. . .È. Hierauf langte der einführende Bruder an, und gab ein rühmliches Zeugnis von den Kenntnissen und dem guten Vorsatz der Brüder Lehrlinge, erhielt daher vom Stuhl aus den Auftrag, sich nochmals zu ihnen zu verfügen, und sie gehörig zubereitet der Loge zuzuführen. Er trat zum zweytenmale ab, und führte kurz nachher die Brüder Lehrlinge ein. Sie legten ihre Reisen, als Freymaurer Gesellen vergnügt zurück. Nachdem sie mit den Zeichen des 2ten Grades geschmückt waren, verwandelte der Hochwürdige die Beförderungs Loge in eine Unterrichts Loge und theilte den neu beförderten Brüdern die Kenntnisse der Freymaurer Gesellen mit. Nachdem dieses geschehen, ersuchte der Hochwürdige den Bruder Busch dasjenige vorzulesen, was er für die neu aufgenommenen Brüder aufgesetzt habe: dieser that es in einer mit seiner gewöhnlichen Beredsamkeit ausgearbeiteten Rede, die den verdienten maurerischen Beyfall erhielt. Ç. . .È
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4.) Verhandelt in der St. Johannisloge zur Beständigkeit, Berlin am
10. Tage des 10. Monats, im Jahr der Welt 5783 Ç= 1783È
Hs.: GStA Preuß. Kulturbesitz, Protocoll Buch Ç. . .È Für den Lehrlings Grad. Rep. 5.2.B24, Nr. 244, Bl. 134r.
Diesem nächst wurde auf den Vortrag des Hochw., daß der Br. Moritz sich bisher ganz unthätig bewiesen, durch Aufhebung der Hände einmüthig beschlossen, daß er von heute an mit Stillschweigen übergangen, seiner nicht eher, als bis er mehrern Trieb zur Sache zeige, wieder erwenet, uÇndÈ daß ihm dieses durch den Br. Ersten Aufseher bekannt gemacht werden solle. Ç. . .È 5.) Verhandelt in der St. Johannisloge zur Beständigkeit, Berlin am
11. Tage des 5. Monats, im Jahr der Welt 5784 Ç= 1784È
Hs.: GStA Preuß. Kulturbesitz, Protocoll Buch Ç. . .È Für den Meister Grad. Rep. 5.2.B24, Nr. 256, Bl. 13v–14r.
Um 6 Uhr des Abends, öfnete der Hochw. Logenmstr., Br. v. Beulwitz die Lehrlings- hierauf die Gesellen- uÇndÈ dann die Meisterloge, denen Gesetzen gemäß, Ç. . .È Hiernächst gab der Hochw. zu vernehmen, daß er die heutige Versammlung zur Aufnahme der 3 Br. Gesellen, Moritz, v. Ziethen u. v. Bülzingslöwen angesetzt habe. Sowohl über diese, als über die Br. Gesellen Christiani u. Pietzker, welche er auch zum 3ten Grad zu befördern gesonnen gewesen sey, habe er von einem jeden der Brüder seyne Stimme eingefordert. Diese wären zwar auch einstimmend; Da aber der Br. Christiani verreiset sey, u. der hiesige Aufenthalt der Br. v. Ziethen u. v. Bülzingslöwen nur noch von kurzer Dauer sey, so habe er aus dieser Ursach nur mit der Beförderung der 3 zuerst gedachten Br. Gesellen verfahren können. Von diesen Brüdern hat der Br. Moritz 7, der Br. v. Ziethen 17 u. der Br. v. Bülzingslöwen 21 Stimmen gehabt. Der Hochw. versicherte, daß diese Stimmen wirklich angezeigtermaßen ausgefallen wären, u. erboth sich, im Fall Jemanden hierüber ein Zweifel obwalten könnte, ihm die Vota zur Einsicht vorzulegen. Der Hochw. ernannte hiernach den wÇürdigenÈ Br. v. Geyer zum einführenden Br. u. sandte ihn, mit der erforderl. Instruktion versehen, zu den 3 aufzunehmenden Br. Gesellen ab.
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Eine kurze Zeit nachher wurde die bis dahin beobachtete Stille, durch die Ankunft des w. einführenden Bruders, mit denen 3 Brüder Gesellen unterbrochen u. zwar 1, des Carl Philipp Moritz, des Johann Gottlieb Sohn, 27 Jahr alt, am 15. Sept. 1756 in Hameln geboren, luther. Rel., bürgerl. Abkunft u. Professor bey dem hiesigen vereinigten Berlin. Köllnischen Gymnasio 2, Gottfried Christoph Daniel v. Ziethen Ç. . .È 3, Johann Heimar Hugo v. Bülzingslöwen, Ç. . .È Die Aufnahme dieser Brüder geschahe sodann auf die gewöhnliche u. gesetzmäßige Weise, sie erhielten die Zeich. dieses Grades u. den nötigen Unterricht.
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6.) Beglaubigungsschreiben für den Bruder Carl Philipp Moritz Hs.: GStA Preuß. Kulturbesitz, St. Johannisloge zur Beständigkeit, Allgemeiner Schriftwechsel. Rep. 5.2.B24, Nr. 13, Bl. 80.
Wir der unterschriebene Logenmeister, deputierter Meister, erster und zweiter Aufseher und Sekretaire, der unter dem Schutz Sr Königl. Majestät von Preußen, arbeitenden und von der Hochw. grossen Landesloge der Freimaurer von Deutschland alhier, constituirten, gesetzmäßigen, verbesserten und vollkommenen St. Johannisloge, genant die Beständigkeit, thun kund und bekennen hiermit, daß Vorzeiger dieses, der Königl. Professor am hiesigen Berlin- und Köllnischen Gymnasio Carl Philipp Moritz aus Hameln gebürtig, bei uns das Licht der Freimaurerei erblicket und wir denselben für einen freien und angenommenen arbeitenden Bruder Meister erkennen. Zur Beglaubigung dessen haben wir ihm dieses Zeugnis ausgefertigt, und empfehlen ihn in dieser Eigenschaft allen unsern auf der Oberfläche der Erde vereinigten und zerstreueten, gesetzmäßigen guten, freien und angenommenen Maurerbrüdern hierdurch bestens. Den, diesem unserm Bruder zu erweisenden geneigten Willen, werden wir jederzeitig zu erwiedern beflissen seyn. Der grosse Baumeister aller Welten sei mit ihm, und lasse ihn zu der Vollkommenheit unserer königl. Kunst gelangen!!! Gegeben unter dem Siegel der Loge zur Beständigkeit, und unserer eigenhändigen Unterschrift. Berlin, am dritten Tage des achten Monats
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und des eintausend sieben hundert, sechs und achtzigsten Jahres der algemeinen Rechnung. v. Beulwitz, Meister vom Stuhl. Wach, Abgeordneter Meister. JE v. Hüser, 1ter Aufseher C.F.D. Mundt ad interim 2ter Aufseher. Johann Otto Lindthorst Secr. Ausgefertigt d. 3. Aug. 1786 auf dem gehörigen Stempel L.
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Verzeichnis der Mitglieder der St. Johannisloge zur Beständigkeit in Berlin 1779–17931 Name
Bürgerlicher Stand
Ambrosch, Joseph Anton 1792 Sänger beym
Amt und Grad in der Loge
Lebensdaten
1792 Lehrling, 1793 Geselle
1759–1822
National-Theater Behrends, Jacob Isaac Bernhard
1779 Actuarius bey 1779 Meister, 1781 deputier- ? den Berliner Stadt- ter Meister, 1782 Austritt gerichten
Behrendt
1793 Lehrling, 1793 Geselle 1793 Sekretär bey der Accise- und Zoll Direction
Behrendt, Christian Friedrich
1788 Königl. Preuss. 1788 Lehrling, 1790 Geselle, ?–1838 Justiz Hofrath 1790 Meister, 1791 Secretär,
?
1792 zweiter Aufseher Benda, Heinrich (ältester 1784 Musicus Çkönigl. 1784 Lehrling, 1788 Meister Sohn von Franz Benda KammermusikusÈ [1709–1786]) Berlepsch, Friedrich von 1779 Lieutenant
1745–1814
1779 Meister
?
1779 Geselle, 1780 Meister, 1782 erster Aufseher, 1784 Logenmeister, 1790 LandesGroßmeister der Großen Loge der Freimaurer von Deutschland zu Berlin
1735–1799
beym Regiment Gens d’Armes, 1790 Rittmeister Beulwitz, Carl August von
1
1779 Rittmeister des Regiments Gens d’Armes, 1788 Major, 1791 Obrist-Lieutenant
Die Angaben aus den überlieferten Mitglieder- und Veränderungs-Verzeichnissen aus den Jahren 1779 bis 1793 (vgl. das Quellenverzeichnis am Schluß) wurden zu einem alphabetisch geordneten Verzeichnis zusammengefasst. Jahresangaben beziehen sich in der Regel auf den jährlichen Stiftungstag (12. Oktober), zu dem die Listen angefertigt wurden. Da die Namen häufig unterschiedlich geschrieben sind, wurde die häufigste Schreibweise gewählt.
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Freimaurerische Schriften Bürgerlicher Stand
Böheim, Joseph Michael 1783 Schauspieler
Amt und Grad in der Loge
Lebensdaten
1783 Lehrling, 1784 Geselle,
1750?–1811
bey dem hiesigen Meister deutschen Theater, 1784 Schauspieler am Hofe des Marggrafen Heinrich K. H. Brandes, August Michael 1779 Königl. Hof-
postsekretär Bredow, Carl Christian Sigmund August von
Stifter der Loge, 1779 Meister 1737–1783 vom Stuhl
1779 Meister 1779 Lieutenant beym Regiment Gens d’Armes, 1790 Rittmeister
Bredow, Johann Ludwig 1779 Lieutenant 1779 Meister beym Feldartillerie von
?–1827
?
Corps Breetz, Johann Friedrich 1779 Lieutenant des 1779 Geselle, 1780 Meister
?
Regiments v. Ziethen Husaren, 1780 Rittmeister, 1790 Obrist-Wachtmeister Brendel, Christian Fried- 1779 Kauff- und Handelsmann rich Briesen, Christian Heinrich Ludwig von
1779 Meister
1791 Lieutenant im 1791 Lehrling, 1793 Geselle
?
Infanterie Regiment Alt- v. Bornstedt
Bülow, Carl Leopold Da- 1780 Land-Cavalier 1780 Meister, 1782 Austritt niel von Bülzingsloewen, Johann Heimar Hugo von
?
1782 Lieutenant des 1782 Lehrling, 1783 Geselle, Husaren Regiments 1784 Meister v. Ziethen, 1790 Rittmeister
1748–1822 1757–?
Dokumente
731
Name
Bürgerlicher Stand
Amt und Grad in der Loge
Lebensdaten
Busch, Johann Daniel
1779 Der Gottesgelahrtheit Kandidat, 1788 Pagenhofmei-
1779 Redner, Meister, 1782 Redner, 1792 deckte die Loge (Austritt)
?
Christiani, Gottlieb
1782 Commissarius, 1782 Lehrling, 1783 Geselle, 1791 Austritt 1784 Meister, 1791 hat die Loge gedeckt (Austritt)
?
Collignon, Cesar
1780 Königl. französ. 1780 Meister
?
ster bei S. K. H., dem Prinzen Ferdinand (jüngster Bruder Friedrichs II.; 1730–1813)
Pensionair Chirurgus, 1791 Feld-StabsChirurgus Collignon, Philippe Mat- 1779 Amts- und 1779 Meister Stadtchirurgus, 1781 thieu
?–1829
Amts- und Leibchirurgus bey Ihro Majestät der Königin (Elisabeth Christine [1715–1797], Gemahlin Friedrichs II.) Dierßen ÇDyrsenÈ, Johann Heinrich
1790 Studiosus me- 1790 Lehrling dicinae
Dietrich, Carl Ludwig Sa- 1787 Kaufmann muel
1787 Lehrling, 1788 Geselle, 1790 Meister
1769–? 1759–?
Eimbke, Georg Mathes
1779 Actuarius bey Stifter, 1779 Meister den Berliner Stadtgerichten
?–1791
Falckenberg, Christoph
1779 Königl. Ober-
1733–1791
ÇChristianÈ Friedrich
Proviant-Commissair
1779 Lehrling, 1781 Meister
Fleckeisen, Carl Gottfried 1787 Buchhändler in 1787 Lehrling, 1788 abgegan- 1756–1814
Göttingen
gen, ist der Loge z. goldenen Zirkel daselbst beigetreten
732
Freimaurerische Schriften
Name
Bürgerlicher Stand
Amt und Grad in der Loge
Lebensdaten
Friedrichs, Christian Gottfried
1785 Kaufmann
1785 Meister
?
Fromm, Adam Christian 1785 Bedienter bei
1785 Lehrling, ist dienender ?
dem hochw. Logen- Bruder meister Garten, Johann Ludwig Friedrich von
1779 Lieutenant des 1779 Zeremonienmeister, Regiments v. Wol- Meister, 1789 zweiterAufsedeck, 1791 Haupt- her, 1792 erster Aufseher mann
Geyer, Siegmund Friedrich Wilhelm von
1781 Königl. Inge- 1781 Lehrling, 1782 Geselle, ?–1788 nieur Capitain, 1791 1783 Meister, 1785 ZeremoHauptmann nienmeister, 1787 Redner
Gille, Heinrich Christian 1791 Kaufmann Goebel, Johann Siegmund
1791 Lehrling, 1792 Geselle, Meister
1779 Kaufmann (in 1779 Meister Posen), 1790 Cadet in
?
1760–1799 ?
polnischen Diensten Grassmeyer, Paul Fried- 1781 Königl. Pensio- 1781 Lehrling nair Chirurgus, 1791 rich Hermann
1756–1825
Studiosus medicinae Hahn, Carl Ludwig von
1780 Lieutenant
1780 Lehrling, 1781 Geselle,
1755–?
beym Feldartillerie 1783 Meister Corps Hartmann, Christian
1779 der Gottesge- 1779 Geselle, 1783 Meister lahrtheit Kandidat, 1783 Prediger in Stiedenitz bey Havelberg
?–1785
Heidemann, Joachim Carl
1792 Lehrling 1793 Actuarius beym Königl. Generalauditoriat, 1793 beim Drag.-Rgt. v. Schmettau
?–1802
Dokumente Amt und Grad in der Loge
733
Name
Bürgerlicher Stand
Lebensdaten
Heidenreich, Johann Conrad
1779 Königl. Kreis- 1779 Lehrling Secretair Çist auswärtsÈ, 1783 Kämmerer in Bernau
?
Hoffmann, Georg Ludwig
1783 Candidat der Gottesgelahrtheit, 1785 Prediger
1783 Lehrling, Geselle, Meister, Redner
?
Hummel, Johann Julius
1779 Königl. Kommerzienrath (Musi-
1779 Meister
1723–?
kalienverleger und -drucker) 1779 Meister, 1782 Schatz1750–1835 Hüser, Johann Eberhard 1779 Lieutenant beym Feldartillerie meister, 1784 erster Aufseher von Corps, 1788 Capitain, 1791 Hauptmann Jüngken, Justus Philipp
1779 Vorsteher der 1779 Sekretär, Meister, 1782 ? Schraderschen Apo- zweiter Aufseher theke
Kallasch, Carl Gottlob
1787 Kaufmann
1787 Lehrling, 1788 Geselle, 1790 Meister
1759–1803
Keilberg, Johann Christoph
1783 Kauffmann
1783 Lehrling, 1784 Geselle, 1785 Meister
?–1789
Klischnige, Christian Çrec- 1790 Secretair beym 1790 Lehrling, 1791 Geselle, Präsid. v. d. Hagen, Meister, Redner (1796 Mitte: CarlÈ Friedrich 1792 Referendarius gliedschaft erloschen) Krasinsky, Michael
1779 Bedienter
beym Bruder v. Schönermarck
1779 Meister, dienender Bruder
Krüger, Johann Heinrich 1784 Registrator bey 1784 Lehrling, 1785 Geselle, Wilhelm dem Churmärk. Pu- 1788 Meister pillen Collegio, 1791
Bürgermeister in Spandow
1765–1811
?
1757–?
734
Freimaurerische Schriften
Name
Bürgerlicher Stand
Amt und Grad in der Loge
Lebensdaten
Lanz, Joseph Laurentius Martin
1784 Schauspieler, 1788 Mitglied des
1784 Lehrling, 1788 Meister
1745–1798
National-Theaters, 1791 Inspector beim National-Theater Lehmann, Carl
1788 Königl. Pensio- 1788 Meister när Chirurgus, 1791 Regiments-Chirurgus
1752–?
Lehmann, Gustav Fried- 1779 Lieutenant 1779 Meister, 1780 Redner beym Feldartillerie rich Corps, 1788 Capitain, 1790 Hauptmann
?
LepelÇlÈ, Bernhard Philipp 1783 Königl. Chur- 1783 Lehrling, 1784 Geselle, märk. Städte Forst- 1785 Meister von
1738–1787
meister Lindthorst, Johann Otto 1782 Criminal Ac-
1782 Meister, Secretaire, 1787 ?
tuarius bey den hie- zweiter Aufseher, 1790 erster sigen Stadtgerich- Aufseher ten, 1791 Hof- und Bau-Gerichts-Rath 1779 Kaufmann
1779 Geselle, 1780 Meister
?
Loehr, Samuel Willhelm 1780 Kaufmann
Loehr, Carl Friedrich
1780 Lehrling, 1781 ist der
?
Loge zu den 3 Rosen in Hamburg beygetreten Lücke, Johann Christian Friedrich
1785 Seidenappreteur
Mattausch, Franz Joseph 1793 Schauspieler
1785 Lehrling, 1787 Meister, 1788 Schatzmeister
?
1793 Lehrling, Geselle
1767–1833
1780 Meister
1758–1828
beym NationalTheater Meister, Johann Christian 1780 der Rechte Friedrich Candidat, 1782
Melm, Gottfried
Königl. Justiz Commissarius des Oppelnschen Kreises 1779 Kaufmann 1779 Lehrling, 1780 Geselle, 1781 hat sich der Mitgliedschaft der Loge entsagt ?
Dokumente Name
Bürgerlicher Stand
Moritz, Carl Philipp
1780 Conrector 1780 Lehrling, 1781 Geselle, beym grauen Klo- 1784 Meister, 1790 Redner, ster, 1784 Professor 1791 erster Aufseher am Berlin. und Köllnischen Gymnasio, 1790 Hofrath und Professor
Morius, Johann Georg Heinrich
1793 Candidat der Theologie
Mundt, Christian Ludwig 1788 Buchhalter in
der Hausensteinischen Fabrik, 1791 Tobacks-Fabricant Mundt, Carl Friedrich Daniel
Amt und Grad in der Loge
735 Lebensdaten 1756–1793
1793 Lehrling
?
1788 Lehrling, 1790 Geselle, 1790 Meister
?
1779 Miniaturmaler 1779 Meister, 1780 Zeremo- ? nienmeister
Neumann, Johann Philipp 1779 Regimentsfeld- 1779 Meister
?
scher des Regiments Teufel v. Birkensee (1782: v. Schönfeld) Pietzker, Friedrich August
1782 Rendant beym 1782 Lehrling, 1783 Geselle, ? Armen Directorio, 1784 Meister, 1787 Zeremo1791 Rendant und nienmeister Policey-Commissarius
Quast, Wolf Friedrich Ludwig von
1792 Lieutenant Re- 1792 Lehrling, 1793 Geselle giment Gens d’Armes
Reck, Philipp Heinrich Christian Freiherr von der
1779 Lieutenant des 1779 Geselle, 1780 Meister, ? Regiments Gens 1781 ist der Loge Aurora in d’Armes Minden beygetreten
Reckling, Joachim Friedrich
1793 Bürger und Di- 1793 Geselle, dienender Bru- ? stillateur der
Reimann, Theodor Fried- 1785 Kaufmann rich Wenzel Reuss, Heinrich der XXXVIII.te Graf und Herr zu Plauen
1785 Lehrling, 1787 Meister
1769–1812
?
1779 Meister, 1781 erster Auf- 1748–1835 1779 Lieutenant seher, 1782 Austritt beym Regiment Gens d’Armes, 1780 Rittmeister
736
Freimaurerische Schriften
Name
Bürgerlicher Stand
Amt und Grad in der Loge
Reuss, Heinrich der XXXXIV.te Graf und Herr zu Plauen
1780 Graf und Herr 1780 Meister, 1781 Redner, zu Plauen, 1782 1782 Austritt Königl. Kammerherr (im Hofstaat der
Lebensdaten 1753–1832
verwitweten Königin Elisabeth Christine [1715–1797]) Ribbe, Johann Christian
1787 Musikus
1787 Lehrling, 1788 Geselle, 1790 Meister
1755–1828 (seit 1793 Veterinär)
Rick, Carl Philipp
1785 Secretair b. d. Königl.Hof-Staatscasse
1785 Lehrling, 1787 Meister, 1792 Sekretär
?
Saagern, Christoph
1779 Geselle, 1780 Meister, ?–1800 1779 Lieutenant beym Feldartillerie 1782 Zeremonienmeister Corps
Sabbathier, Matthias
1779 Bothe bey der 1779 Meister, dienender Bru- ? Königl. Banco der, 1793 abgegangen
Sachsen Coburg-Saalfeld, Ludwig Carl Friedrich Prinz von
1779 sind in Coburg 1779 (Meister)
Scheel, Johann Heinrich
1779 Lieutenant
?
Stifter, 1779 Meister, 1780 de- ?
beym Feldartillerie putierter Meister, 1781 LogenCorps meister, 1782 Austritt Scheele, Johann Heinrich 1779 Königl. Hofpostsekretär, 1782 Friedrich
Stifter, 1779 zweiter Aufseher, ?–1810 1781 Ehrenmitglied; ist der
Loge zum rothen Adler in Königl. Preuß. Oberpost-Commis- Hamburg beygetreten sarius zu Hamburg Schlumberger, Daniel
1787 Kaufmann
Scholtz, Maximilian
1782 Meister 1782 Schauspieler Çin der Döbbelinschen TruppeÈ, 1783 Russ. Kayserl. Hofschauspieler zu St. Petersburg
1787 Geselle, 1788 Meister
? 1744–1834
Dokumente Name
Bürgerlicher Stand
Schönermarck, Georg Friedrich von
1779 Capitain beym Stifter, 1779 erster Aufseher 1740–1807 Feldartillerie Corps, 1788 Major, 1790 Oberst, 1791 Hauptmann
Schüler, Carl Julius Chri- 1783 Schauspieler bey dem hiesigen stian
Amt und Grad in der Loge
737 Lebensdaten
1783 Lehrling, 1784 Geselle
1748–1820
1790 Lehrling, 1792 Geselle, Meister
?
deutschen Theater, 1785 Hofschauspieler bei dem Marggrafen Heinrich K. H. Schultze, Gottlob
1790 Kaufmann
Schumann, August Ferdinand
1782 Assessor beym 1782 Meister, 1792 deckte hiesigen Stadtgedie Loge (Austritt) richt, 1791 Stadtrichter
1754–1828
Seel, Friedrich Wilhelm von
1783 Lieutenant des 1783 Lehrling, 1785 Geselle, Husaren Regiments Meister v. Ziethen
?
Seidel ÇSeydelÈ, Günter Carl Friedrich
1788 Magister und 1788 Lehrling, 1790 Geselle, Lehrer am Friedrich Meister, 1793 Redner Werderschen Gymnasio, 1791 Lehrer beim CadettenCorps
1764–1800 (1794 Prof. am Berlinisch-Köllnischen Gymnasium)
Silber, Johann Leonhard 1793 Soldat im Regt. 1793 Lehrling, dienender Bru- ? Herzog Friedrich der Starck, Johann Ludwig
1779 Kauff- und Handelsmann
1779 Meister
?–1800
Steinhausen, Johann Friedrich
1790 Wundarzt
1790 Lehrling, 1791 Geselle, Meister
1754–?
Sterling, Friedrich Leopold
1782 Depositen Rendant bey dem hiesigen Magistrat und Stadtgericht
1782 Meister
?
738 Name
Freimaurerische Schriften Bürgerlicher Stand
Amt und Grad in der Loge
Strampf, Anton Christian 1780 Lieutenant 1780 Lehrling, 1781 Geselle, beym Feldartillerie 1782 Austritt Christoph von
Lebensdaten 1754–1822
Corps Stifter, 1779 Schatzmeister Strampf, Ludwig Carl An- 1779 Lieutenant beym Feldartillerie (Meister), 1781 zweiter Aufdreas von Corps, seher, 1782 Austritt
?
Sydow, Otto Ferdinand
1783 Referendarius 1783 Lehrling, 1784 Geselle, bey den hiesigen 1785 Meister, 1787 SchatzChurmärk. Accise meister, 1788 Sekretär und Zollgericht, 1787 Geh. Sekretär beim Ober-RegieGericht
1754–1818
Thürnagel, Christoph Daniel
1783 Referendarius 1783 Lehrling, 1784 Geselle, bey den hiesigen 1785 Meister Stadtgerichten, 1785 Justizbürgermeister zu Köpenick
?
Traufeld, Friedrich Gott- 1779 Lieutenant 1779 Meister, 1780 Sekretär, ? beym Feldartillerie 1791 Ehrenmitglied, ist der lieb
Truckenbrodt, Georg Friedrich
Corps
Loge zur Säule (Breslau) beigetreten
1779 Kaufmann
1779 Geselle, 1780 Meister
Vieweg, Johann Friedrich 1779 Bücher- Anti- 1779 Meister, 1781 Schatzquarius und Buch- meister ÇVieweg IÈ binder, 1788 Königl
? ?–1793
Commissarius und Spediteur beim Ober Krieges Collegio Vieweg, Carl Friedrich Çder Sohn, Vieweg IIÈ
1781 Secretair beym Königl. Militair Departement, 1790 Geheimer Sekretär bey dem Ober Krieges Collegio
1781 Lehrling, 1782 Geselle, ? 1783 Meister, 1784 Schatzmeister, 1787 Sekretär, 1788 Redner
Dokumente Name
Bürgerlicher Stand
739
Amt und Grad in der Loge
Lebensdaten
Vieweg, Johann Friedrich 1784 Buchhändler ÇVieweg III, d. Ä.È ÇVerlegerÈ
1784 Geselle, 1785 Meister
1761–1835
Vieweg, Friedrich Wilhelm ÇVieweg IVÈ
1787 Lehrling, 1788 Geselle, Meister
1765–1829
1787 Buchhändler ÇVerlegerÈ
Wach, Johann Georg 1779 Auditeur beym Stifter, 1779 Meister, 1782 de- ? putirter Meister, 1789 depuHeinrich Carl Wilhelm Regiment Gens tierter Großmeister, 1790 Ludwig Friedrich August d’Armes, 1787 Königl. Kriegesrath Groß-Sekretär der Großen Loge der Freimaurer von Deutschland zu Berlin Wahlen Jurgass, Otto Al- 1779 Lieutenant und 1779 Meister General Adjutant brecht Ludwig von
?–1815
des Regiments v. Ziethen Husaren, 1788 Regiment v. Eben, 1790 Rittmeister 1791 Lehrling, 1793 Geselle
?
Werder, Carl Friedrich
1791 Kaufmann
Weyhe, Gotthilf Christoph
1783 Referandarius 1783 Lehrling, 1784 entlassen, ? bey den hiesigen ist der Loge zu den 3 KleeStadtgerichten blättern zu Aschersleben beygetreten
Ziethen, Gottfried Chri- 1782 gewesener Lie- 1782 Lehrling, 1783 Geselle, utenant des Husa- 1784 Meister stoph Daniel von
ren Regiments v. Ziethen, 1784 LandCavalier
1757–?
740
Freimaurerische Schriften
Quellenverzeichnis Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz. Abt. Logen. Rep. 5. 1. 3., Nr. 5404. Johannisloge zur Beständigkeit ÇSchriftwechsel mit der GLLÈ, 12.8.1775–10.6.1811. – Bl. 24–25 (Verzeichnis der Beamten und Mitglieder 12.10.1781) – Bl. 43–44 (Verz. der Beamten u. Mitgl. 12.10.1782) – Bl. 47–48 (Verz. Beamte u. Mitgl. 13.10.1783) – Bl. 54 (Veränderungen vom 9.–10. Stiftungstage (1783–1784) – Bl. 62 (Veränderungen bis Okt. 1787, Reinschr.) – Bl. 67–68 (Beamte u. Beförderungen 1789–1790) – Bl. 70–72 (Verz. Beamte u. beförderte Mitgl. bis 1790, Reinschr.) – Bl. 74–75 (Gedrucktes Mitgl.verz. 22.10.1791) – Bl. 78–79 (Verz. d. Mitglieder 12.10.1792, Reinschr.) – Bl. 83–84 (Verz. d. Mitglieder 12.10.1793, Reinschr.) GStA Preuß. Kulturbes. Abt. Logen. Rep. 5. 2. B 24. Johannisloge zur Beständigkeit, Allgemeiner Schriftwechsel – Nr. 7, Bl. 8 (Verz. der Beamten u. Mitglieder 12.10.1779) – Nr. 8 (Verz. der Beamten u. Mitglieder 12.10.1780) – Nr. 9, Bl. 9–10 (Verz. der Beamten u. Mitglieder 12.10.1781); Bl. 83 (Schr. an GLL über Veränderungen nach dem »Logenkonflikt« 25.4.1782) – Nr. 10, Bl. 6–7; 17–18 (Verzeichnis sämtl. Beamten u. Mitgl 12.10.1782, Reinschr.; Veränderungen 12.10.1782, Konzept) – Nr. 11, Bl. 21 (Schr. an ausw. Mitbrüder über Veränderungen nach dem Tod des Logenmeisters Brandes 20.1.1784) – Nr. 12, Bl. 9 (Veränderungen 9.–10. Stiftungstag 1784, Konzept) – Nr. 13, Bl. 7 (Veränderungen 10.–11. Stiftungstag 1785, Entwurf) – Nr. 16, Bl. 3; 7–8 (Veränderungen 13.–14. Stiftungstag 1788, Reinschr.; Mitgl.Verz., Konzept) – Nr. 17, Bl. 2–5 (Beamte 1789–1790; Beförderungen 1788–1789, Konzept) – Nr. 18, Bl. 2 (Veränderungen: Beförderungen, Beamte 1789–1790) – Nr. 18, Bl. 7–9 (Verz. d. Mitglieder 1790, Konzept) – Nr. 18, Bl. 10–12 (Verz. der Großbeamten der Großen Landesloge der Freimaurer in Deutschland 1790, gedruckt) – Nr. 18, Bl. 73 (Veränderungen 1790–1791, Konzept)
Dokumente
741
– Nr. 19, Bl. 5–7 (Veränderungen 1790–1791, Konzept; Verz. d. Mitgl. o. Datum, Konzept)
– Nr. 19, Bl. 13–14 (Gedr. Mitgl.verz. 22.10.1791, wie im vorigen Fasz. Bl. 4–75)
742
Die große Loge oder der Freimaurer mit Wage und Senkblei Überlieferung 1. Textgrundlage D Die große Loge oder der Freimaurer mit Wage und Senkblei. Von
dem Verfasser der Beiträge zur Philosophie des Lebens. Berlin, bey Ernst Felisch 1793. S. Ç1È–278. 8°; Satzspiegel: 11,8 x 6,4 cm. Fraktur. Druckvorlagen: Herzogin Anna Amalia Bibliothek Weimar: Sig. 39,8:4[1]; Gleimhaus Halberstadt. d
Launen und Phantasien von Carl Philipp Moritz Herausgegeben von Carl Friedrich Klischnig Ç. . .È Berlin bei Ernst Felisch 1796. Dieser Druck ist eigentlich eine erweiterte zweite Auflage, denn der Satz der Großen Loge, der am Schluß, S. 271–278, einen engeren Zeilenabstand zeigt, wurde bis dahin unverändert übernommen. Die letzten zwei Texte wurden neu gesetzt.
Grundlage für den edierten Text: D.
Überblickskommentar
743
Überblickskommentar 1. Entstehungsgeschichte Im Frühjahr 1793 erschien der Sammelband Die große Loge oder der Freimau-
rer mit Wage und Senkblei, von dem Verfasser der Beiträge zur Philosophie des Lebens.1 Moritz verschleierte seine Autorschaft für die Beiträge vermutlich, um werbewirksam authentische Informationen aus dem geheimen Bereich der Logenarbeit anzudeuten. Mit dem Hinweis auf seinen anonym veröffentlichten popularphilosophischen Erstling von 1780 Beiträge zur Philosophie des Lebens aus dem Tagebuche eines Freimäurers (vgl. KMA 2) ermöglichte er allerdings auch die Identifikation des Verfassers, denn diese Beiträge erschienen in 2. (1781) und 3. verbesserter (1791) Auflage ausdrücklich unter Moritz’ Namen, dabei allerdings ohne den Titelzusatz aus dem Tagebuche eines Freimäurers. Dieser Titelzusatz war wohl 1780 eher ein Werbeetikett, denn freimaurerische Inhalte oder Bezüge zu Ritual und Symbolik lassen sich in dieser Publikation nicht finden.2 Der Titel Die große Loge oder der Freimaurer mit Wage und Senkblei verspricht eine Freimaurerschrift,3 er steigert den Logenbezug durch den Zusatz »groß« ins Allgemeine und hierarchisch Höhere, wie es etwa nach ihrem Siegel die Grosse Freymaurer Loge von Deutschland zu Berlin mit »Großbeamten, Großmeister, Großredner u. s. w.« beanspruchte. Zum andern nennt der Titelzusatz zwei der vier Kleinodien der Freimaurer, die den beiden Logenaufsehern4 zukommen: Wasserwaage und Senkblei (Lot). Das nicht genannte Winkelmaß ist Abzeichen des Logenmeisters, und der Zirkel ist Zeichen für alle Brüder.5 Es ist jedoch nicht zu erkennen, daß die Große Loge sich nur an bestimmte Amtsträger 1
Meßkatalog Ostern 1793, S. 81. Vgl. Kosˇenina 2003, S. 115; KMA 2. 3 So gab Karl Friedrich Klischnig 1796 der erweiterten Neuauflage der großen Loge den Titel Launen und Phantasien, damit man nicht, wie bisher, blos maurerische Gegenstände darin suchen mögte (Klischnig, Launen und Phantasien, Berlin 1796, Vorrede, S. ÇIIÈ). 4 Zwischen 1791 und 1792 war Moritz 1. Aufseher der Loge Zur Beständigkeit. 5 Vgl. Gesetze und Statuten des Ordens der Freymaurer. Faksimile eines auf Friedrich Ludwig Schröder zurückgehenden Drucks in: Die ersten Gesetze und Statuten des Ordens der Freymaurer (Zinnendorf’sches System aus dem Jahre 1780). Hrsg. von Klaus C. F. Feddersen, Jarplund/Flensburg 2001 (Schriften der freimaurerischen Forschungsvereinigung Frederik der Großen Landesloge der Freimaurer von Deutschland), S. 108. 2
744
Die große Loge
in Logen richtet. Die freimaurerischen Werkzeuge lassen jedoch einen konkreten Bezug zu freimaurerischen Ritualen erwarten. Die meisten Rezensionen gingen auch von solchen Erwartungen aus und stellen den Freimaurerbezug in den Vordergrund;6 dabei ist nicht zu übersehen, daß moralphilosophische, psychologische und ästhetische Texte weitaus in der Überzahl sind. Die Große Loge versammelt 45 durch Überschriften abgegrenzte Texte, von denen 35 aus zwischen 1782 und 1789 erschienenen Veröffentlichungen Moritz’ übernommen worden sind. Ein Aufsatz (Amint) erschien nahezu gleichzeitig in der Deutschen Monatsschrift (März 1793). Für die übrigen neun Texte, größtenteils Freimaurerreden und Gedichte, ist keine Vor- oder Parallelveröffentlichung nachweisbar, dagegen beanspruchte Moritz’ Freund und Biograph Karl Friedrich Klischnig die Verfasserschaft für drei dieser Freimaurertexte, als er sie 1799 in seiner Freymaurerischen Blumenlese erneut veröffentlichte.7 Die Anordnung der Texte folgt keiner strikten Systematik, sie ergibt sich eher aus den Themen der einzelnen Vorveröffentlichungen: Nach dem Beginn mit fünf bis dahin unveröffentlichten Texten folgen sechs maurerische und moralphilosophische Abschnitte aus den Fragmenten aus dem Tagebuche eines Geistersehers (1787; KMA 2), danach werden zehn Beiträge aus den Denkwürdigkeiten, aufgezeichnet zur Beförderung des Edlen und Schönen (1786; KMA 10) übernommen, meist »moralphilosophische Schlüsseltexte«8 zur Philosophie des Lebens, durchsetzt mit wenigen Abschnitten aus den weiteren Quellen (»Vossische Zeitung«, Andreas Hartknopf, Berlinische Monatsschrift, Vorbegriffe zu einer Theorie der Ornamente). Die sieben meist umfangreichen ästhetischen Abhandlungen (aus der Monatsschrift der Akademie der Künste, der Berlinischen Monatsschrift, die Abhandlung Ueber die bildende Nachahmung des Schönen, sowie Die metaphysische Schönheitslinie als Erstdruck) dokumen6
Vgl. die Rezension in der Allgemeinen Litteratur-Zeitung vom 2. Juli 1794 (s. S. 748):
Leser ÇfindenÈ hier weiter nichts als eine Sammlung von Reden und andern prosaischen und poetischen Aufsätzen über freymaurerische und moralische GegenständeÇ,È die der Verf. in Logen vorgetragen zu haben scheint. 7
Von Klischnig stammt wohl auch die oft unter Moritz’ Namen bibliographierte anonyme Schrift Dreymal drey Worte zur Lehre und Warnung. Eines gewesenen Freymäurers Hinterlassenschaft für seine Brüder, Berlin: Maurer 1796 (vgl. Meier 1996, S. 96). Auch die Bücher Der Freidenker in der Maurerei (Berlin 1793) und Gnothi Seauton für jüngere Maurerbrüder. Hrsg. C. P. Moritz, als Manuskript gedruckt 5801 (Katalog des Freimaurermuseums Bayreuth) sind nicht von Moritz verfaßt. 8 Hollmer/Meier 2, S. 1065.
Überblickskommentar
745
tieren vollständig die Entwicklung von Moritz’ Autonomieästhetik (vgl. auch KMA 3). Fünf Texte aus dem Magazin zur Erfahrungsseelenkunde repräsentieren am Schluß Moritz’ psychologische Interessen, wobei allerdings seine umfangreichen Studien zu Sprache in psychologischer Rücksicht und Falldarstellungen nicht aufgenommen wurden. Nur acht Textbeiträge lassen sich Moritz eindeutig in freimaurerischem Kontext zuordnen. Sie sind wohl auch als Reden oder Oden, wie es in den Freimaurerakten9 häufig heißt, in Logensitzungen vorgetragen worden. Bis auf zwei Texte aus Andreas Hartknopf (Der Logos und Thubalkain) können alle Freimaurerbeiträge bestimmten Anlässen zugeordnet werden (s. Stellenkommentar), aber nicht alle zehn Vorträge, die Moritz nach den Logenprotokollen gehalten haben soll, sind überliefert. Klischnig schreibt zu Moritz’ Freimaurerreden: Einige dieser Reden sind
Meisterstücke Ç. . .È Einige – aber nicht eben gerade die besten – hat er kurz vor seinem Tode in die große Loge Ç. . .È eingerückt.10 Über die Hoffnung auf
»Prestigegewinn«11 und »sozialen Aufstieg«12 hinaus dürfte Moritz der »sittliche Ernst« und die »ethische« Dimension der Logenarbeit nicht wenig angezogen haben.13 So bestimmt er den Maurer als freien Menschen, der sich zu edler, uneigennütziger Thätigkeit verpflichtet, wobei die Unterwerfung unter das Unabänderliche, die völlige Resignation, jeglicher Furcht die Grundlage entzieht.14 Die wenigen Texte aus der Logenpraxis, die Moritz publiziert hat, darunter vorzugsweise Die Feier der Geburt des Lichts (vgl. S. 290,1–292,16 in diesem Bd.), zeigen ihn als orthodoxen Vertreter der maurerischen Grundgedanken. Eine direkte individuelle Kritik derselben, wie sie von Lessing, Wieland und anderen überkommen ist, hat er sich ebenso versagt wie eine Auseinandersetzung mit den skandalumwitterten Illuminaten- und Rosenkreuzerumtrieben seiner Zeit. Um so interessanter ist die indirekte Verarbeitung, wie sie in die Hartknopf-Romane, aber wohl auch in seine lebensphilosophischen Schriften und damit seine Werkkonzeption überhaupt eingegangen ist. Nimmt man hinzu, daß Moritz die Große 9
Vgl. Erl. zu S. 292,17, 298,1, 305,15 u. 385,1. Klischnig, Erinnerungen, S. 48f. Demnach sind die besten Freimaurerreden nicht überliefert (ebd., Fußnote, S. 49). 11 Voges 1987, S. 477. 12 Vgl. Jahnke 2003, S. 141. 13 Meier 1996, S. 97. 14 Vgl. in vorliegendem Bd. S. 300,21; 301,9; 301,31–302,12 u. 303,10. 10
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Die große Loge
Loge als letztes Werk kurz vor seinem Tode15 veröffentlichte, dann spricht alles dafür, daß die maurerische Titelwahl seiner letzten Essay-Sammlung nicht nur Aufmacherqualitäten, sondern auch Bekenntnischarakter hatte. Wahrscheinlich hat Moritz am Ende seines Lebens den Logenbegriff, vielleicht angeregt durch die im gleichen Jahr erschienene Unsichtbare Loge des von ihm geschätzten und protegierten Jean Paul, als angemessenes Symbol für sein theoretisches und spekulatives Bemühen betrachtet. Das Freimaurerritual der Loge Zur Beständigkeit beruhte auf dem sog. Zinnendorfschen System von 1780.16 Auch wenn Einzelaspekte dieser Schrift in der Loge heftig umstritten waren, dürften die Maurer der Beständigkeit sich insgesamt doch grundsätzlich dem System der Landesloge verpflichtet gefühlt haben. Zinnendorfs Gesetze und Statuten nach der sog. Schwedischen Lehrart sind der klassischen Freimaurerei näher als die Geheimlehren der Illuminaten und Rosenkreuzer, doch sind gerade in Zinnendorfs Johannis-Ritual einige Aspekte betont, die Moritz vermutlich besonders beeindruckt haben: das symbolische Ritual der Reise, die Verpflichtung auf die johanneische Wort-Mystik (Jh 1,1), der ständige Rekurs auf das tätige Leben und ein durchgehender christlicher Stoizismus, in dem die Leiderfahrung und Gegenwart des Todes eine zentrale Rolle spielen. Zum Wiedergeburtskult im Meisterritual gehört der symbolische Nachvollzug einer Grablegung.17 In Zinnendorfs Aufnahmeritualen haben die Adepten die Rollen des »Suchenden«, »Anhaltenden«, »Leidenden« und »Aufzunehmenden« zu durchlaufen, um zum »angenommenen Maurer-Ritter« zu werden, der auch – im Sinne des Logennamens – als »Beharrender« bezeichnet wird.18 Zusammen mit der maurerischen Grundidee einer symbolisch-egalitären und symbolisch-freien Suche nach dem Licht der Wahrheit und Tugend sind die genannten Aspekte in Moritz’ Werk eingegangen: das Reisemotiv in fiktiver und realer Form, die Logos-Mystik in der Idee der göttlichen Viereinigkeit und der christliche Stoizismus in seiner »Resignations«-Lehre als dem Prinzip der Unterwerfung unter das Unabänderliche, wozu als therapeutisches Gegenprinzip das furchtlose »memento mori« und die Selbstbestimmung zu edler, uneigennütziger Thätigkeit (vgl. S. 301,9) gehört. 15
Klischnig, Erinnerungen, S. 49, Anm. Vgl. Anm. 5. 17 Vgl. Gesetze und Statuten, S. 230–235; Lennhoff/Posner, Sp. 1380. 18 Vgl. Gesetze und Statuten, S. 102–120. 16
Rezeptionsgeschichte
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2. Rezeptionsgeschichte Dokumente 1. Ankündigung. In: Olla Potrida, 2. St., April-Juni 1793, S. 2.
D i e g r o ß e L o g e , o d e r d e r F r e i m a u r e r m i t Wa g e u n d S e n k b l e y . Vo n d e m Ve r f a s s e r d e r B e i t r ä g e z u r P h i l o s o p h i e d e s L e b e n s . 8. 20 Gr. Nicht dem Maurer allein, sondern auch jedem denkenden Profanen ist diese große Loge zur Bildung seines Geistes eröfnet. Die hier mitgetheilten Freimaurer-Reden sind nicht, wie leider wohl so manche, voller Schwulst und hieroglyphischem Bombast. Einfach, ungeschmückt und mit ruhiger Würde rufen sie jene erhabene Lehren vor die Seele des Lesers, worauf die Maurerey gegründet seyn muß, wenn nicht – wie der Verfasser sagt – die Kerzen blos flammen sollen, um Gaukelwerk zu leuchten. Sie leiten alle uns auf unsers Daseyns Zweck, auf die Veredlung dessen, was in uns denkt und handelt, auf jene Harmonie, worin sich Alles zu einem ordnungsvollen Ganzen fügt. Unter den übrigen Aufsätzen, die theils philosophischen Inhalts sind, theils in das Fach der schönen Künste und Wissenschaften einschlagen, und die alle, in Ansehung des Vortrags und des blühenden Styls die Hand eines Meisters verrathen, sind vorzüglich folgende: Z w e i f e l und Beruhigung, Leben und Wirksamkeit, Festigkeit, die M a c h t d e s U n g l ü c k s u n d d i e l e t z t e F r e i s t a t t d e s We i s e n . Und zwar wegen der darin enthaltenen Lehren, die unsern Geist zu jener ächten Lebensphilosophie führen, wo wir mit Ueberzeugung sagen: »Macht das Glück frölich, so macht das Unglück weise, und die Weisheit macht am Ende doch, trotz dem Unglück wieder frölich – sie frägt: was ist Unglück?« wo wir uns mit hoher Resignation der Nothwendigkeit unterwerfen, und im ruhigen Beobachten unsre letzte und sicherste Freistatt finden. –
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Die große Loge
Zeitgenössische Rezensionen 1. Allgemeine Literatur-Zeitung, Nr. 217, 2. Juli 1794, Sp. 23f.
Da dieser gesuchte Titel den eigentlichen Inhalt des Buchs unbestimmt läßt, so müssen wir unsere Leser benachrichtigen, daß sie hier weiter nichts als eine Sammlung von Reden und andern prosaischen und poetischen Aufsätzen über freymaurerische und moralische Gegenstände finden, die der Verf. in Logen vorgetragen zu haben scheint. Aufklärungen über Zweck, und Geschichte des Ordens dürfen sie nicht erwarten. Lebhafte Einbildungskraft, Interesse für Tugend und Wahrheit, und Empfänglichkeit für das Erhabne und Schöne kann man den Vf. nicht absprechen; aber man vermißt eindringenden Blick in die Natur der abgehandelten Gegenstände, deutliche Begriffe, Ordnung und Zusammenhang im Denken. Offenbar hat er seine Aufmerksamkeit mehr auf die Einkleidung als auf die Sachen selbst gerichtet und so aphoristisch und sententiös seine Sätze auch auf den ersten Blick aussehen: so findet man doch bey näherer Betrachtung derselben, daß sie mehrentheils Schalen ohne Kern, Phrasen ohne realen Inhalt sind. Gleich der erste Aufsatz: d i e F e i e r d e r G e b u r t d e s L i c h t s ist wenig einladend für das Uebrige. Er hebt so an: »So wie die Alten an ihren Geburtstägen (Geburtstagen) ihrem G e n i u s opferten und in ihm den bessern unsterblichen Theil ihres Wesens verehrten: s o wollen wir auch heute d i e E n t s t e h u n g d e s S c h ö n e n u n d E d l e n Ç f e i e r n È , d a s u n s e r e h e i l i g s t e n B a n d e k n ü p f t , und von der Vorwelt in ihrer ältesten Sprache durch Zeichen uns überliefert ist, die unsere Gedanken auf das Wesen der Dinge heften und uns lehren sollen, die Täuschung von der Wahrheit, den Schein von der Wirklichkeit zu unterscheiden.« – Wo ist hier ein bestimmter verständlicher Sinn und Zusammenhang? S. 26. »Ein mit Zweck und Absicht uneigennützig thätiger Mensch, der bey seinen Unternehmungen so wenig wie möglich eingeschränkt ist, ist ein F r e y m a u r e r . (Da hier auf die Beschaffenheit des Zwecks keine Rücksicht genommen ist: so würde auch der heil. Crispin auf den Namen eines Fr. M. Anspruch haben können.) S. 30. Wer sich von der gewöhnlichen Classe der Menschen durch ein höheres Freyheitsgefühl unterscheiden will, muß nothwendig gelernt haben, jedes Gut des Lebens zu besitzen, ohne sich zu fürchten, es zu verlieren.« (Schale ohne Kern! und in anderer Rücksicht ein ganz falscher Satz.) Der Aufsatz mit der doppelten
Rezeptionsgeschichte
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Ueberschrift: Leben und Wirksamkeit und Bestimmung der Thatkraft, ist ein Cento von unbestimmten Maximen und Sentiments, ohne Zweck und Einheit. S. 56. 57. heißt es darinn: »Darum erhieltest du ein Uebermaas von Kräften, damit Leben und Wirksamkeit befördert werden, indem das Stärkere auf das Schwächere drückt, bis beide wieder im Gleichgewicht sind. Wie das Wasser strebt i n s e i n e F l ä c h e , und die Luft, in ihr Gleichgewicht zu kommen, so wirken die moralischen Kräfte auf einander, und alles geräth in Bewegung und Thätigkeit. Stürme brausen, Ströme stürzen sich von Felsen, durchbrechen Dämme, überschwemmen Städte, und wälzen sich dann ruhig wieder in ihren angewiesenen Ufern hier. (fiat applicatio!) Nur der ist unglücklich, der noch nicht in seinem Gleise ist; es sey nun das gewöhnliche oder e c c e n t r i s c h e . (Die Gedanken des Verf. scheinen sich immer im letzteren zu bewegen.) Immerwährender S t u r m ist in der Seele dessen, dem die e r s t i c k t e Flamme im Busen l o d e r t . ( S t u r m und F l a m m e , e r s t i c k t e und dennoch l o d e r n d e Flammen!) Von gleichem Gehalte ist der folgende Aufsatz. S. 59. unter der Rubrik: F e s t i g k e i t , auf welche auch nicht eine Sylbe in demselben Bezug hat. Wir setzen ihn ganz her. »Ein fortdauernder wehmüthiger Zustand ziemt einem Manne nicht; nur die Anstrengung, womit er selbst seine Wehmuth zu unterdrücken sucht; erregt unser Mitleid. Eben das ist auch der Fall mit der Freude: man fühlt sich nie ruhig, bis man sich durch einen Gedanken an die Ungewißheit und Vergänglichkeit aller menschlichen Dinge, erst in das ordentliche gewöhnliche Gleis des Lebens wieder zurückgebracht hat. Alsdann ist man auch erst wieder fähig, ausser sich zu wirken, und mit Klugheit dabey zu Werke zu gehen. Wer mit der meisten Resignation auf den Erfolg arbeitet, der arbeitet sicher am besten. Unruhe und Sorgen plagen den, der sich über seine angewandte Mühe ärgern wollte, wenn sie unglücklicher Weise vergeblich seyn sollte. Nur der arbeitet sicher und ruhig bei dem größten Plane, der das Magna voluisse juvabit mit völliger Resignation von sich sagen kann.« In philosophischen Phantasieen, wobey es weniger auf bündigen Zusammenhang, Einheit, durchaus bestimmte Begriffe, Ausführlichkeit und Gründlichkeit ankömmt, ist der Vf. glücklicher, und man kann ihm hier die Kunst darzustellen und ein Interesse zu erregen nicht absprechen. Unter mehrern dergleichen Stücken, führen wir nur den Tr o s t d e s Z w e i f l e r s S. 40. und d a s E d e l s t e i n d e r N a t u r S. 74. an.
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Die große Loge
2. Karl Friedrich Klischnig, Erinnerungen aus den zehn letzten Lebensjahren meines Freundes Anton Reiser. Als ein Beitrag zur Lebensgeschichte des Herrn Hofrat Moritz Ç= Anton Reiser. Ein psychologischer Roman. Fünfter und letzter TheilÈ, Berlin 1794, S. 266
45. Die große Loge, oder der Freimaurer mit Wage und Senkbley, 1793. Freimaurerreden und andre interessante Aufsätze, worunter er auch von mir einige Kleinigkeiten aufgenommen hat. Die Freimaurerreden zeichnen sich vorzüglich durch Grundsätze der reinsten Humanität aus. In d i e s e r g r o ß e n L o g e ist jeder wahre Mensch willkommen. Christ, Jude, Türk’ und Heide genießen hier gleiche Rechte. 3. Carl Gotthold Lenz, Karl Philipp Moritz. In: Nekrolog auf das Jahr 1793. Enthaltend Nachrichten von dem Leben merkwürdiger in diesem Jahre verstorbener Personen. Gesammelt von Friedrich Schlichtegroll, 4. Jg., 2. Bd., Gotha 1795, S. 169–276, hier S. 261f.
Als Werke der Beredtsamkeit führe ich einige von ihm vorhandene Reden und Predigten und eine Sammlung von FrMrer-Reden an, die er unter dem gesuchten Titel: D i e g r o ß e L o g e o d e r d e r F r e y m a u r e r m i t Wa a g e u n d S e n k b l e y Berl. 1793 herausgegeben hat. Wahrscheinlich hat sie der Verf. als Br. Redner zum Theil selbst in den Logen gehalten. Man kann ihrem Urheber (um dem Rec. in der ALZeitung 94. Nr. 217 sein Urtheil abzuborgen) lebhafte Einbildungskraft, Interesse für Tugend und Wahrheit, und Empfänglichkeit für das Erhabene und Schöne nicht absprechen: aber man vermißt eindringenden Blick in die Natur der abgehandelten Gegenstände, deutliche Begriffe, Ordnung und Zusammenhang im Denken.
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Die Texte im einzelnen Die Feier der Geburt des Lichts Überlieferung 1. Textgrundlage D Die Feier der Geburt des Lichts. In: GL, S. 1–6. d Die Feyer der Geburt des Lichts. In: ÇKarl Friedrich Klischnig,È Freymau-
rerische Blumenlese. Ein Johannisgeschenk für alle ächte Maurer vom Redner der Loge zum flammenden Stern, Berlin 1799, S. 81–88. Grundlage für den edierten Text: D.
2. Varianten 290,1 Feier] Feyer d 290,2 Geburtstägen] Geburtstagen d 290,3 verehrten,] verehrten; d 290,4 wir auch] auch wir d 290,4 feiern] feyern d 290,5 unsere] unsre d 290,5 knüpft] knüpft, d 290,6 Sprache] Sprache, d 290,6 Zeichen] Zeichen, d 290,7 heften,] heften d 290,10 bei] bey d 290,10 bei] bey d 290,11 bei] bey d 290,11 bei] bey d 290,16 strebt,] strebt d 290,17 unsere] unsre d 290,18 Sonnenschein. –] Sonnenschein – d 290,18 Vor welchen] vor welchem d 290,19 fliehn. –] fliehn. d
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Die große Loge
290,20 umsonst –] umsonst, d 290,21 besitzt – ihn] besitzt. Ihn d 290,22 Flecken –] Flecken, d 290,22 zurück –] zurück, d 290,23 verwandt. –] verwandt. d 290,23 fanden] fanden, d 290,24 genossen. –] genossen. d 290,27 haucht?] haucht, d 290,28 durchweht? –] durchweht? d 290,32 unserer] unsrer d 290,33 Gauckelwerck] Gaukelwerk d 291,1 und] nud D und d 291,3 trägt? –] trägt? d 291,5–6 Schimmer,] Schimmer d 291,6 Weisheit] Weisheit, d 291,7 Kleinod] Kleinod, d 291,8 geweihet] geweiht d 291,9 Menschheit] Menschheir D Menschheit d 291,11 Weichlichkeit,] Weichlichkeit d 291,12 soll? –] soll? d 291,14 Hände? –] Hände? d 291,17 versammlen] versammeln d 291,17–18 feierlicher] feyerlicher d 291,19 ziehen. –] ziehen. d 291,20 lernen] lernen, d 291,21 verknüpfet sey. –] verknüpft sey. d 291,23 lencken] lenken d 291,26 Harmonie] Harmonie, d 291,27 herscht. –] herrscht. d 291,28 unbegrentzt] unbegränzt d 291,29 Aufgange] Aufgang d 291,30 Anbeginn. –] Anbeginn. d 291,31 feiern] feyern d 291,31 Heiligthum] Heiligthume d 291,32 Nacht. – Den] Nacht – den d 291,33 Masse. –] Masse – d
Die Texte im einzelnen
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291,33 Die Entwickelung,] die Entwickelung d 291,34 Unvollkommenen. – Die] Unvollkommenen – die d 292,1 Vorurtheile. – Den] Vorurtheile – den d 292,4 Feier] Feyer d 292,6 vergangen,] vergangen d 292,11 lächelt –] lächelt: d 292,13 bleibt. –] bleibt. d 292,14 schön –] schön: d 292,15 Schimmer,] Schimmer d 292,16 da. –] da. d
Stellenerläuterungen 290,1 Die Feier der Geburt des Lichts] Diese Freimaurerrede hat Moritz’ Freund Karl Friedrich Klischnig 1799 in einer Sammlung von freimaurerischen Texten als eines seiner rechtmäßigen Kinder reklamiert (Freymaurerische Blu-
menlese. Ein Johannisgeschenk für alle ächte Maurer vom Redner der Loge zum flammenden Stern, Berlin 1799, S. 73). Vgl. dazu Jahnke 2005 sowie den Überblickskommentar S. 744. 290,2 ihrem Genius opferten] Vgl. eine ähnliche Formulierung in Anthusa:
Ein jeder dachte sich nähmlich unter seinem Genius seinen besondern Schutzgeist, der ihn von seiner Geburt an bis ans Grab begleitete, und über alle seine Schicksale wachte 〈…〉 ein jeder 〈opferte〉 an seinem Geburtstage seinem Genius (Anthusa, KMA 4/1, S. 200). 290,14–15 todten Buchstaben] 2 Kor 3,6. Vgl. auch das Motto Der Buchstabe tödtet, aber der Geist macht lebendig von Moritz’ Roman Andreas Hartknopf (AH, Vorbericht u. S. 131; KMA 2). 290,16 wornach] Vgl. Erl. zu S. 41,19. 290,20–21 Edelstein in der Maurerkrone] Die Krone wird als Symbol für die Krone Salomos im Weiheritual für Gesellen der Andreas-Logen verwendet (IV. Grad des schwedischen Systems; vgl. Lennhoff/Posner, Sp. 882). Da Moritz und Klischnig in diesem System nur in drei unteren ›Johannis‹-Graden (Lehrling, Geselle, Meister) arbeiteten, kann hier nur das Lichtsymbol des von den Weisen gefundenen glänzenden Edelsteins gemeint sein, das alchimistische und okkulte freimaurerische Bezüge andeutet. Das Symbol der Krone bezeichnet Salomos Gegenwart bei dem Begräbnisse des Tempelbaumeisters Adoniram (= Hiram) (vgl. Gesetze und Statuten, S. 297). Ein Druckfehler ist allerdings nicht auszu-
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Die große Loge
schließen: vielleicht soll es »Mauerkrone« heißen. Die Göttin Cybele wird mit einer Mauer- oder Thurmkrone auf dem Haupte abgebildet (Götterlehre, S. 165 [KMA 4/2]; Anthusa, KMA 4/1, S. 61 u. Kommentar). Die »Mauerkrone« war eine bey den ältern Römern übliche Art der goldnen Kronen, welche
Zinken in Gestalt der Zinnen einer Mauer hatte, und dem gegeben wurde, welcher in einem Sturme die Mauer am ersten erstiegen hatte (Adelung 3, Sp. 115; vgl. DWb 12, Sp. 1777f.). 291,1 Hämmer] Der Meister vom Stuhl und die beiden Aufseher üben die ›Hammergewalt‹ bei den Logensitzungen aus. Die Schläge des Hammers fordern Ruhe und Aufmerksamkeit und sind besondere Zeichen bei der Öffnung und Schließung der Loge (vgl. Binder 2000, S. 382). 291,5 Menschheitsflamme] Symbolische Vereinigung der »drei Flammen 〈…〉 Weisheit, Stärke und Schönheit«; diese »sind die drei Ideale, welche die Arbeit des Freimaurers leiten sollen« (Lennhoff/Posner, Sp. 1680). 291,8 das Licht erblickte] Beim Aufnahmeritual für Lehrlinge hat der Aufzunehmende (in diesem Stadium nicht mehr Suchender oder Anhaltender, sondern Leidender genannt) mit verbundenen Augen verschiedene Prüfungen und ›Reisen‹ zu absolvieren, ehe er schließlich des Lichts würdig befunden und ihm die Binde von den Augen genommen wird (vgl. Gesetze und Statuten, S. 102–120). 291,14 Mitternacht] Nach dem Ritual beginnt eine Logensitzung mit der Feststellung, daß es voll Mittag sei, sie endet damit, daß es voll Mitternacht sei (vgl. Gesetze und Statuten, S. 139). 291,14 lassen] laß: träge, matt, müde, kraftlos (Adelung 2, Sp. 1910). 291,28–30 Hier fallen 〈…〉 Welt Anbeginn] Anklang an Ps 113,3. Die Formulierung bezieht sich auf an den Logenredner gerichtete Fragen im freimaurerischen Ritual: 〈…〉 Welches ist die Länge der Loge? 〈…〉 Von Osten gegen
Westen. 〈…〉 Ihre Breite? 〈…〉 Von Süden gegen Norden. 〈…〉 Ihre Höhe? 〈…〉 Unermeßlich. 〈…〉 Ihre Tiefe? 〈…〉 Von der Oberfläche der Erde bis zu ihrem Mittelpunkt. (Gesetze und Statuten, S. 142f.) 292,9–11 daß wenn ein schwacher Schimmer 〈…〉 lächelt] Vgl. die ähnliche Formulierung in Moritz’ Programmschrift Ueber die bildende Nachahmung des Schönen: Und wenn jemals ein schwacher Schimmer des über Zerstöhrung und Bildung erhabnen Schönen sich uns zeigen kann, so muss es auf dem Punkte seyn, wo es aus der über unserm Haupte schwebenden Zerstöhrung selbst uns wieder entgegen lächelt. (BNS, S. 51; KMA 3) 292,15 ausgelöschten Fackel] Vgl. Erl. zu S. 201,18–20.
Die Texte im einzelnen
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Des Lehrlings erste Probe Überlieferung 1. Textgrundlage D Des Lehrlings erste Probe. In: GL, S. 7f. Grundlage für den edierten Text: D.
2. Varianten 292,25 sich] sich sich D
Stellenerläuterungen 292,17 Des Lehrlings erste Probe] Den Anlaß dieses Gedichts gab vermutlich eine Lehrlingsaufnahme in Moritz’ eigener Loge. In den Logenprotokollen über Lehrlingsaufnahmen sind 1789/90 drei Reden von Moritz in seiner Eigenschaft als Redner der Loge erwähnt: am 12. Oktober 1789 laß der Br. Redner Moritz eine verfertigte Rede 〈…〉 mit Beifall vor; am 19. Dezember 1789 trug er eine kurze beifallswerthe Rede vor und am 12. Februar 1790 beschloß der Redner Moritz die Sitzung mit einer kurzen und guten Rede (Protocoll Buch 〈…〉 für den Lehrlings Grad, GStA PK Berlin, Rep. 5.2.B24, Nr. 244, Bl. 181r; 182v; 189v.). Die Texte der Reden sind nicht dokumentiert; angesichts von Moritz’ schriftstellerischer Ökonomie ist es aber wahrscheinlich, daß eine Fassung von Des Lehrlings erste Probe an einem der genannten Tage vorgetragen worden ist.
Amint oder kann die Vernunft beleidigt werden? Überlieferung 1. Textgrundlage D Amint oder kann die Vernunft beleidigt werden? In: GL, S. 9–18. J Moritz: Amint, oder kann die Vernunft beleidigt werden? In: Deutsche Monatsschrift, 1. Bd., März 1793, S. 187–192. Grundlage für den edierten Text: D.
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2. Varianten 293,17 Amint] Amint, J 293,20 Wa s i s t B e l e i d i g u n g ? ] Was ist Beleidigung? J 293,21 Beleidigt] Beleidiget J 293,22 Mücke,] Mücke J 293,23 meinem] einem J 293,28 verletzt.] verletzt? J 293,30 zu] zur J 294,3 bedecke] bewafne J 294,5 Man] Niemand J 294,7 die Taube] das Kalb J 294,8 erschrockne] erschrockene J 294,10 bei] bey J 294,11 beruhigen,] beruhigen J 294,12 Frage:] Frage; J 294,12 denjenigen] demjenigen J 294,13 haben] haben, J 294,14 eine andre] gleich eine andere J 294,15 geben. Statt] geben. Statt J 294,15–16 Unangenehme und Nachtheilige] unangenehme und uns nachtheilige J 294,16 unsrer Ideenreihe] unserer Ideenregion J 294,16 stellte,] stellte J 294,16 unsre] unsere J 294,17 wurde,] wurde; J 294,18 einschlagen,] einschlagen J 294,20 befreit,] befreyet J 294,20 nun nach] uns nach J 294,21 Maßstabe] Maasstabe J 294,21 eigenes] eignes J 294,22 mehr allein] allein mehr J 294,22 Augenmerk] Augenwerk D Augenmerk J 294,22 ausser] aus J 294,24 sind. Wir] sind. Wir J 294,24 hiebei] hiebey J
Die Texte im einzelnen 295,2 Stadt,] Stadt J 295,3 Dörfchen] Dörfgen J 295,3 und] in der er J 295,4 Kummer zuweilen] Kummer J 295,6 verkannt,] verkannt J 295,7 mißdeutet] misdeutet J 295,8 konnte] konnte, J 295,8 freien] freyen J 295,9 herbei] herbey J 295,9 eh] ehe J 295,10 zurück wünschte] zurückwünschte J 295,12 seinem] seinen J 295,14 antrat] anhub J 295,16–17 unmöglich] ohnmöglich J 295,18 unfreundlicher;] unfreundlicher, J 295,22 Nässe] Näße J 295,22 freiwillig] freywillig J 295,23 hatte,] hatte; J 295,23 Geduld] Gedult J 295,24 er] er, J 295,29 bewirken wolte] ausführen wollte J 295,30 mißgönnten] misgönneten J 295,33 Schuld] seine Schuld, J 296,2 doch,] doch J 296,3 Boßheit] Bosheit J 296,3 unnatürliches] unnatürliches, J 296,4 Mißlaut in] Mislaut in alle J 296,4 Empfindungen.] danach in J Kapiteltrennstrich 296,5 Gewirr] Gewirre J 296,6 ihn] ihm J 296,10 ihn] ihm J 296,10 fortschritt] fort schritt J 296,11 erfüllten] erfüllte J 296,13 verscheuchten] verscheuchte J 296,15 nun,] nun J 296,15 gieng] ging J
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758 296,16 296,17 296,17 296,18 296,18 296,19 296,19 296,21 296,21 296,22 296,23 296,24
Die große Loge
verdoppelte,] verdoppelte J hinanstieg] hinauf stieg J lebhaften] lebhaftern J däuchte] deuchte J äussern] äußern J Beruhigung bei] innere Beruhigung bey J empfinde] empfände J war] war, J Entwickelung] Entwicklung J nachdem] nach dem J hatte, worin] hatte worinn J erste ruhige und einsame Stunde] ersten ruhigen und einsamen Stunden J 296,26 willkomne] willkommene J 296,28 allmählig] allmälig J 296,29 äussern] äußern J 296,29 Menschen] Menschen, J 296,30 einem] einen J 296,31 schaute] schauete J 296,33 erbittertsten Mienen] erbittertesten Männer J 297,5 Gesichter verlosch] Gesichter, verlöschte J 297,7 verzerrtesten,] verzerrtesten J 297,7 Mißgunst entstelltesten] Misgunst entstellten J 297,8 einer] eine D einer J 297,10 angemeßne] angemessene J 297,12 Dörfchen erreichte] Dörfgen erreichte, J 297,13 seinem] seinen J 297,14 zufriedner] zufriedener J 297,14–15 zurükkehren] wieder zurückkehren J 297,15 äussern] äußern J 297,16 Mindeste] mindeste J 297,20 hatte] hätte J 297,20 von] gern von J 297,21 noch immer] immer noch J 297,23 eigenen] eignen J 297,23 seines gleichen] seinesgleichen J
Die Texte im einzelnen
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297,28 entzweiende] entzweyende J 297,29 statt finden müsse] Statt finden müßte J
Stellenerläuterungen 293,17–19 Amint oder kann die Vernunft beleidigt werden?] Dies ist der einzige Aufsatz der Großen Loge, der nahezu gleichzeitig im März 1793 veröffentlicht wurde. Vermutlich ist er erst Anfang 1793 geschrieben worden. 293,17 Amint] von AmyÂntvr (griech.): ›Abwehrer‹, ›Helfer‹. Ein im 18. Jh. häufig benutzter antikisierender Name (vgl. z. B.: Wieland, SW XIII, S 3, S. 194; Lichtenberg, VS 5, S. 3–13; Johann August Eberhard, Amyntor. Eine Geschichte in Briefen, Berlin und Stettin 1782). Eine gewisse Gemeinsamkeit bei den so benannten Figuren ist in ihrem heiter-gelassenen, stoisch reflektierten Einverständnis mit ihrer jeweiligen Lage zu sehen. In den Fragmenten aus dem Tagebuche eines Geistersehers (1787) nannte Moritz die kindliche Hauptfigur einer pädagogischen Erzählung ebenfalls Amint (FTG, S. 98–113; KMA 2). 293,20 Wa s i s t B e l e i d i g u n g ? ] Moritz bezeichnete die Neigung zum Beleidigtsein im Anton Reiser als mütterlich ererbte 〈Seelen-〉Krankheit: Antons
Mutter 〈hatte〉 das Unglück 〈…〉, sich oft für beleidigt, und gern für beleidigt zu halten (KMA 1, S. 31). Später bei der Revision der drei ersten Bände des Magazins zur Erfahrungsseelenkunde erkannte er, daß die Erklärung von Seelenkrankheit nicht ausreichte: Da nun das Wesen der Seele vorzüglich in der vorstellenden Kraft besteht, so muß auch der Ursprung der Seelenkrankheit in irgend einer zur Gewohnheit gewordenen unweckmäßigen Äußerung dieser Krankheit zu suchen sein (MzE IV.1 1786, S. 1f.; wieder abgedruckt
in GL, S. 396,27–30 in diesem Bd.). 294,22–23 gleichsam ausser uns selbst versetzen] Der Menschenbeobachter
müsste die Kunst verstehen, in manchen Augenblicken seines Lebens sich plözlich aus dem Wirbel seiner Begierden herauszuziehen, um eine Zeitlang den kalten Beobachter zu spielen, ohne sich im mindesten für sich selber zu interessieren (Vorschlag zu einem Magazin einer Erfarungsseelenkunde, in: Deutsches Museum 1, 1782, S. 485–503, hier S. 492f.). 295,1 Amint] Vgl. Erl. zu S. 293,17. 296,5 Eigennutzes] Moritz spricht hiermit den negativen Aspekt der Selbstbezogenheit an, der auch mit ›Egoismus‹, ›Eigenliebe‹ bezeichnet wurde. Nach Rousseau ist die Eigenliebe (amour propre) eine Folge des gesellschaftlichen Zustands, wogegen die Selbstliebe ein natürliches Gefühl sei. Erst durch die
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Die große Loge
Entwicklung der Eigenliebe werden Beleidigungen möglich (Jean-Jacques Rousseau, Discours sur l’ine´galite´; vgl. Rousseau 1981, S. 369). Vgl. auch Moritz’ spätere Erörterung des Problems: Giebt es eine reine Uneigennützigkeit? (1793), S. 431 in diesem Band. 296,11–12 Sympathie 〈…〉 physischen und moralischen Welt] Im Gegensatz zu Immanuel Kants Definition einer moralischen Welt, die, sofern sie allen
sittlichen Gesetzen gemäß wäre, (wie sie es denn, nach der F r e i h e i t der vernünftigen Wesen, sein k a n n , und, nach den notwendigen Gesetzen der S i t t l i c h k e i t , sein s o l l ) (Kant, Kritik der reinen Vernunft; vgl. Kant 1956, S. 730), bezieht Moritz den Begriff auf die Welt des gesellschaftlichen Lebens und Handelns. Die Sympathie, von der hier die Rede ist, bezeichnet den Zusammenhang zwischen dieser moralischen Welt und dem Wetter, eine Frage, die die zeitgenössische Psychologie hauptsächlich in Bezug auf das Klima eines ›Himmelsstrichs‹ behandelte (vgl. Karl Friedrich Flögel, Geschichte des menschlichen Verstandes, 3. verm. u. verb. Aufl. Breslau 1776, S. 62–130). In anderen Zusammenhängen (z. B. in dem Aufsatz Eine Vergleichung zwischen der physikalischen und moralischen Welt in der Großen Loge, vgl. S. 316–317 in diesem Band) verweist die Gegenüberstellung der physischen und moralischen Welt eher auf die Widersprüche und Differenzen, wie sie schon von Rousseau und Moses Mendelssohn formuliert worden waren: Das Bild der Natur zeigt mir nur Har-
monie und Ebenmaß, das des menschlichen Geschlechts bietet mir nur Verwirrung und Unordnung! Unter den Elementen herrscht Harmonie, die Menschen befinden sich im Chaos! (Rousseau, Emile; zitiert nach Rousseau 1971, S. 290).
Die Klage im Trauerhause Überlieferung 1. Textgrundlage D Die Klage im Trauerhause. In: GL, S. 19f. Grundlage für den edierten Text: D.
Die Texte im einzelnen
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Stellenerläuterungen 298,1 Die Klage im Trauerhause] Dies war vermutlich die Ode, die Moritz am 12. Oktober 1784 in der St. Johannis-Loge zur Beständigkeit zum Gedenken an den Logenmeister August Michael Brandes (1737–1783) verlesen hat, der am 30. Dezember 1783 gestorben war. Der Kgl. Hofpostsekretär Brandes war Stifter der Loge und förderte laut Klischnig Moritz, indem er nicht blos für seine kör-
perlichen Bedürfnisse als ein Vater sorgte, sondern sich auch bemühte, ihm R u h e d e r S e e l e zu verschaffen (Klischnig, Erinnerungen, S. 47). – Das Gedicht bezieht sich auf die »Bausage der Freimaurerei« (Lennhoff/Posner, Sp. 698), nach der der biblische Tempelbaumeister Hiram erschlagen und verscharrt wurde; sein Grab wurde von den Meistern wiedergefunden. Auf diese Legende wird in den Zeremonien der St. Johannis-Meister-Aufnahme vielfältig Bezug genommen. 298,3 Akazia] »Akazienzweige spielen in der freimaurerischen Symbolik mehrerer Grade eine bedeutende Rolle, 〈…〉 gemeint ist in der Symbolik der grünende Zweig auf einem Erdhügel, der sich fast regelmäßig auf freimaurerischen Symboltafeln, Teppichen u. s. w. vorfindet« (Lennhoff/Posner, Sp. 35). Die Akazie wird als Unsterblichkeitszeichen auf Gräbern gepflanzt, Akazienzweige werden bei freimaurerischen Begräbnissen ins Grab geworfen. In den auf die Hiram-Legende (s. Erl. zu S. 298,1) bezogenen Zeremonien der Johannislogen spielte der Akazienzweig eine besondere Rolle: So wird der neue Meister gefragt: Woran soll ich
erkennen, daß Sie Freymaurer und St. Johannis-Meister sind? 〈…〉 Der Acacien- oder Dornenzweig ist mir bekannt. 〈…〉 (zur Hiram-Geschichte:) Was machten sie 〈die Meister〉, nachdem sie diese Stelle 〈Hirams Grab〉 gefunden hatten? 〈…〉 Sie gaben den andern 6 Meistern ein Zeichen, daß sie zu ihnen kommen sollten. 〈…〉 Was thaten sie, um den Platz bei ihrer Rückkunft wieder zu finden? 〈…〉 Ehe sie das Grab verließen, sezten sie einen Zweig darauf, der wegen seiner Stacheln einem Dornbusch glich, und Acacia genannt wird (Gesetze und Statuten, S. 242–248). 298,15–16 Nacht des Grabes 〈…〉 Morgenroth] Vgl. die ähnlichen Formulierungen in Anton Reiser (KMA 1, S. 353,19f. u. S. 361,12f.).
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Die große Loge
Die Klage um den redlichen Bürger Überlieferung 1. Textgrundlage D Die Klage um den redlichen Bürger. In: GL, S. 21f.
Stellenerläuterungen 299,1 Die Klage um den redlichen Bürger] Dieses Trauergedicht könnte wie das vorstehende anläßlich des Todes von August Michael Brandes, Meister vom Stuhl und ›Pate‹ bei Moritz’ Logenaufnahme (vgl. Erl. zu S. 298,1), geschrieben worden sein. Es enthält allerdings keine deutlichen freimaurerischen Bezüge. 299,12 Chikane] unnütze Spitzfindkeit in Prozessen und Rechtshändeln.
Dieser fremde Ausdruck hat das Bürgerrecht erhalten. C h i k a n i r e n (jemanden), mit jemanden Händel suchen; ihn in unnützen Streit verwickeln; oder unnöthiger Weise in Kleinigkeiten tadeln (GWb I, S. 185; KMA 7). 299,27 klagen ihn] klagen: im Sinne von ›beklagen‹, in welcher Bedeutung es auch in der höhern Schreibart der Hochdeutschen zuweilen gebraucht wird (Adelung 2, Sp. 1599).
Des Maurergesellen Wanderschaft Überlieferung 1. Textgrundlage D ÇOhne TitelÈ. In: Fragmente aus dem Tagebuche eines Geistersehers. Von 1
dem Verfasser Anton Reisers. Berlin 1787. Bei Christian Friedrich Himburg, S. 83–94. D2 Des Maurergesellen Wanderschaft. In: GL, S. 23–35. Grundlage für den edierten Text: D2.
Die Texte im einzelnen
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2. Varianten 300,1 Des Maurergesellen Wanderschaft] ohne Titel in D1; eingeleitet durch den Vorspann Indem ich unter Sonnenbergs Papieren umherblättere, finde
ich Freimaurerreden und Predigten; eine Freimaurerrede, die er bei einer Gesellenaufnahme gehalten hat, und wovon das Manuscript schon sehr alt zu seyn scheint, theile ich hier mit: 300,2 Welch] Eine Gesellenaufnahme in unsern Orden, meine Brüder, hat für mich allemal, so wie gewiß für einen jeden unter uns, sehr etwas Rührendes und Herzerhebendes. Welch D1 300,2 immer thätigen] immerthätigen D1 300,4 tödlichen] tödtlichen D1 300,5 zurück weicht] zurückweicht D1 300,5 Musik] Music D1 300,6 entgegen tönt] entgegentönt D1 300,6 sinkenden] sinkendem D1 300,8 geöfnet] eröfnet D1 300,9 drohen;] drohen, D1 300,9–10 nun mehr] nunmehr D1 300,13 schwieg;] schwieg, D1 300,15 wollen wir] m. Br., wir wollen D1 300,17–18 sichrere Schritte] sicherere Schrite D1 300,19 Freymaurer-Lehrling, ein Freimaurer-Geselle] Freymaurerlehrling, ein Freimaurergeselle D1 300,22–23 Menschen] Menschen, D1 300,23–24 unternimt] unternimmt D1 300,25 Weise] weise D1 300,26 frey] frei D1 300,28 aber noch] noch D1 300,29 Absicht] Absicht, D1 300,29 sein] seyn D1 300,29 nicht?] nicht. D1 300,30 bey] bei D1 300,30 sind;] sind, D1 300,31 bey allem] bei allem, D1 300,33 Obdach,] Obdach D1
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Die große Loge
301,1 lebt] lebe D1 301,2 Mauren] Mauern D1 301,3 dem Gast und dem] den Gast und den D1 301,5 Maurerei,] Maurerei auf die Weltverbrüder oder Gebrüder D1 301,9 große, edle,] große edle D1 301,9 bezeichnen] begehen D1 301,11–12 freien Spielraum] freie Spielrade D1 301,14 bey] bei D1 301,15 Freimaurer] Freimaurer- D1 301,16 aber ist] war D1 301,17 z. B.] z E. D1 301,18 immer] einmal D1 301,19 weniger] so viele D1 301,20 gemäßer.] gemäßer. – D1 301,21–22 bey dem Freimaurer Lehrling] bei dem Freimaurerlehrling D1 301,23 eine] einige D1 301,25 bewußt] bewutzt D1 301,27 gewisser maßen] gewissermaßen D1 301,28 müßte] mußte D1 301,31 Furcht] Frucht D1 302,2 eben] dann aber D1 302,6 alsdann] alsdenn D1 302,8 frei] frei, D1 302,9 muß – darum] muß. – Darum D1 302,14 unterwerfen;] unterwerfen D1 302,18 Sturme] Sturm D1 302,19 Tode] Tode, D1 302,19 er;] er, D1 302,21 unwiederstehlichen] unwiderstehlichen D1 302,21 Luft,] Luft D1 302,22 wiederstehen] widerstehen D1 302,25 kann] könne D1 302,26 kann.] kann. – D1 302,30 gemacht. – Wie] gemacht. – Wie D1 302,32 unter einander] untereinander D1 302,32–33 unter einander] untereinander D1
Die Texte im einzelnen 302,34 Uneigennützigkeit] Uneigennüßigkeit D1 303,3–4 Wunder-Dinge] Wunderdinge D1 303,5 Vervollkommung] Vervollkommnung D1 303,9–10 eine völlige] einer völligen D1 303,13 Gut] Gute D1 303,14 verlieren.] verlieren. – D1 303,15 sicher] gewiß sicher D1 303,18 Tode.] Tode – D1 303,21 andere] andere D1 andern D2 303,24 nicht;] nicht, D1 303,25 unsre] unsere D1 303,26 ihren] ren D ihren D1 303,27 höchst mögliche] höchstmögliche D1 303,27 Vervollkommung] Vervollkommnung D1 303,31 handeln,] handeln – D1 303,32 handeln] handeln, D1 303,34 wer] wo D1 303,34 sowohl,] sowohl D1 303,34 wer] wo D1 304,1 dadurch. – Weil] dadurch. – Weil D1 304,4 Mitglieder] Subjekte D1 304,6 einen] einem D1 304,10 Einzelnen] einzelnen D1 304,11 bey] bei D1 304,11 sind. – Wo] sind, – Wo D1 304,15 dem] den D1 304,17 müssen] müssen, D1 304,23 selbstgewählter] selbstgewahlter D1 304,24 kann. – Wo] kann. – Wo D1 304,25 Lebens] menschlichen Lebens D1 304,28 im] in D1 305,1 feierlichen Pausen] feierliche Pause D1 305,2–3 einer schönen] eine schöne D1 305,6 als möglich] wie möglich, D1 305,7 Euch] euch D1 305,8 Brüder Gesellen] Brüder D1
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Die große Loge
305,9 welchen Ihr Euch] welche ihr euch D1 305,14 werden! –] werden! D1
Stellenerläuterungen 300,1 Des Maurergesellen Wanderschaft] Die Rede geht vermutlich auf eine tatsächliche Gesellenaufnahme in Moritz’ eigener Loge zurück. Da sie in den Fragmenten aus dem Tagebuche eines Geistersehers zuerst veröffentlicht wurde (vgl. S. 762 in diesem Bd.), muß sie vor 1787 für eine Gesellenaufnahme geschrieben worden sein. Nach den Logenprotokollen hat Moritz in diesem Zeitraum zu einem solchen Anlaß einzig am 30. September 1784 eine Rede gehalten, welche lauten Beifal erhielt (Protocoll-Buch 〈…〉 Für den Gesellen Grad, GStA PK Berlin, Rep. 5.2.B24, Nr. 252, Bl. 18v). 300,3–4 Reisen mit 〈…〉 tödlichen Stahl] Für die Aufnahme in die Loge wurde der Suchende vom fürchterlichen Bruder in der dunklen Kammer auf drei symbolische Reisen vorbereitet, bei denen der Leidende mit verbundenen Augen und einer Degenspitze auf der linken Brust unter Führung der beiden Logenaufseher seine Standhaftigkeit zu beweisen und Furcht zu überwinden hatte (Gesetze und Statuten, S. 102–115). 300,8 reifer gewordenen] Man fragt einen Lehrling vor seiner Beförde-
rung zum Mitbruder 〈Gesellen〉, ob seine Meister und Vorgesezte sich mit seiner Arbeit zufrieden bezeigt haben, davon ist die Ursache, daß niemand, der gegen seine Vorgesezten aufrührerisch gewesen, oder untaugliche Arbeit gemacht, oder gegen den Gehorsam verstoßen, den er dem Richterstuhl der Loge schuldig ist, keine 〈!〉 Beförderung verdient (Gesetze und
Statuten, S. 214). 300,12–13 den aufmunternden Gesang 〈…〉 für ihn schwieg] Daß die
Lehrlinge zu Mitbrüdern 〈Gesellen〉 mit offenen Augen und unter 3 Reisen gemacht werden, die an Leichtigkeit und Bequemlichkeit weit unterschieden sind von denen, welche sie zum erstenmal in der Lehrlingsloge machten, wozu noch kommt der entzückende Klang musikalischer Instrumente, welche ihre Schritte beseelen; hat zur Ursache, daß die Annehmlichkeit dieser Reisen eine Belohnung für die Beschwerden seyn sollen, welche ihre Lehrlingsreisen begleiteten (Gesetze und Statuten, S. 214). 300,19–20 Was heißt 〈…〉 Freimaurer überhaupt?] Die Gesetze und Statuten des Ordens der Freymaurer enthielten ausführliche Fragenlisten zur frei-
maurerischen Lehre, auf die die einzelnen Logenbeamten und -mitglieder zu ant-
Die Texte im einzelnen
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worten hatten: z. B.: Was ist ein Freymaurer? 〈…〉 Es ist ein freier Mann,
welcher weiß, seine Neigungen zu überwinden, seine Begierden zu unterdrücken, und seinen Willen den Gesetzen der Vernunft zu unterwerfen. 〈...〉 Welches sind eines Freymaurers Werkzeuge? 〈…〉 Vernunft, Verstand und Willen (Gesetze und Statuten, S. 135 u. 137). 301,9 uneigennützige Thätigkeit] Bereits bei der Lehrlingsaufnahme wird der Suchende ermahnt, sich vor Hochmuth, Geiz und Ehrbegierde zu hüten (Gesetze und Statuten, S. 113), er wird erst aufgenommen, nachdem er einen reinen und beharrlichen Trieb gezeigt, in diesen Orden aufgenommen zu werden, ohne von Neugier dazu verleitet oder irgend jemand dazu bewogen worden zu seyn (ebd., S. 120). Moritz steigert und konkretisiert dieses durch die Forderung der Uneigennützigkeit, die einzig durch das sie begleitende Vergnügen eine Belohnung für den Handelnden mit sich bringt (vgl. den Aufsatz Giebt es eine reine Uneigennützigkeit? S. 431 in diesem Band). 302,10–12 die Menschen 〈…〉 für recht hält] Innerhalb unserer Loge setzen wir alle Würden und geerbte Namen bei Seite, statt dieser bedienen wir uns des lieblichen Brudernamens, den unser allerweisester Baumeister allen Menschen beigelegt, die alle einer des andern Hülfe, Stärke, Zärtlichkeit und Vertrauens bedürfen. Gleichheit verbindet unsern starken und unzertrennlichen Freundschaftsbund, der uns den Hochmuth vermeiden hilft, welcher die Mauern niedereißt, die von Zärtlichkeit und Vertrauen errichtet worden (Gesetze und Statuten, S. 128). 302,13 Aufwiegler] Die Allgemeinen Pflichten fordern vom Freimaurer, die vollkommenste Unterwürfigkeit gegen die Befehle und Verordnungen seines Fürsten zu zeigen. Wenn er gewahr wird, daß Jemand, wer es auch sey, etwas gegen diese Pflichten unternimmt, so soll er es dem Meister seiner Loge anzeigen, der nach Beschaffenheit des Falles von dieser Anzeige Gebrauch machen wird (Gesetze und Statuten, S. 38). Reinhart Kosellecks These von der staatskritischen Tendenz der Freimaurerlogen, die er vor allem am Beispiel des Illuminatenordens aufzeigt (Koselleck 1973), läßt sich für die Berliner St. Johannisloge Zur Beständigkeit, der Moritz angehörte, kaum halten (vgl. Jahnke 2003; Jahnke 2005). 302,23 Resignation] 〈…〉 das Verzichtthun, Selbstverläugnung, Aufopferung, Hingebung, Ergebung (GWb III, S. 348). Die stoische Ergebenheit ins Unabänderliche wird als Bedingung höchster Freiheit gesehen. Die Weißheit,
welche H a r t k n o p f seine Schüler lehrte, ist einzig, fest, und unerschütterlich; sie heißt: R e s i g n a t i o n (AH, S. 159; KMA 2).
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Die große Loge
303,15–16 Der genießt 〈…〉 verlieren fürchtet] Vermutlich in Anlehnung an Lk 17,33 formuliert. 304,1 guten Beispiele] Möglicherweise knüpfte Moritz hier an Lessings Diskussion um die wahren Thaten der Freimaurer an (Ernst und Falk, 1. Gespräch, in: Lessing, Sämtliche Schriften, Bd. 13, S. 349). 304,33 edelsten Entschließungen] Entschließungen und gute Vorsätze waren zentrale pädagogische Zielbegriffe für Moritz; sie wurden als die wichtigsten, durch Vernunftgründe beeinflußbare Voraussetzungen edlen und guten Handelns angesehen (vgl. S. 7,10 und Erl.)
Die Beständigkeit Überlieferung 1. Textgrundlage D1 An dem Stiftungstage einer Loge. In: Fragmente aus dem Tagebuche
eines Geistersehers. Von dem Verfasser Anton Reisers. Berlin 1787. Bei Christian Friedrich Himburg, S. 95–97. D2 Die Beständigkeit. In: GL, S. 36–39. d ÇOhne TitelÈ. In: Erinnerungen aus den zehn letzten Lebensjahren meines Freundes Anton Reiser. Als ein Beitrag zur Lebensgeschichte des Herrn Hofrat Moritz. Ç= Anton Reiser. Ein psychologischer Roman. Fünfter und letzter TheilÈ von Karl Friedrich Klischnig. Berlin 1794 bei Wilhelm Vieweg, S. 49–51. Grundlage für den edierten Text: D2.
2. Varianten 305,15 305,22 305,26 305,26 305,28 305,29
Die Beständigkeit.] An dem Stiftungstage einer Loge. D1 ein Bündniß traten,] Bündniß treten, D1 Danks] Dankes D1 Freude] Freuden D1 wirklich] ihm wirklich D1 dieses Bündniß,] dies Bündniß D1 dieses Bü niß, D2
Die Texte im einzelnen
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305,30 zusammenknüpft,] zusammenknüpft D1 306,1 geworden;] geworden? d 306,2–3 es, seitdem 〈. . .〉 In] es in d 306,2 diesen Bund] diesem Bunde D1 306,4 unserer Seele] unserer Seele D1 d unsern Seele D2 306,7 gab!] gab. D1 d 306,8 wir aber] wir D1 wir aber dieses Jahr d 306,9 Das Jahr nach Mahlzeiten,] Jedes Jahr Nach Mahlzeiten, D1 Nur nach Mahlzeiten d 306,9 genoßen] genossen D1 d 306,10 Tage,] Tage; d 306,11 müsse] muß D1 d 306,15 verhindert] verhindert, d 306,17 Bey] Bei D1 306,18 was ist der Zweck] wo ist das Ziel D1 d 306,20 Tand –] Tand. D1 d 306,21 edleres] edlers D1 306,22 Als,] Als D1 d 306,22 Grad] Grad, d 306,24–26 Einer weisen 〈. . .〉 Wahrheits-Liebe] Eine weise Unerschrok-
kenheit Eine unerschütterliche Rechtschaffenheit Und eine unübersehliche Wahrheitsliebe D1 Eine Weise Unerschrockenheit, Eine unerschütterliche Rechtschaffenheit, Und unübersehliche Wahrheitsliebe d 306,28 handeln.] handeln D1 306,29 dies] das D1 d 306,29 Maurerey] Maurerei D1 306,30 unterwerfen,] unterwerfen D1 306,31 Gefahren,] Gefahren D1 306,32 Tode –] Tode Der für die Edeln D1 Tode, Der für die Edeln wenig Bittres hat! Dies sind der Weisheit Lehren, dies ihr Zweck. etc. d 306,33 Denn] Wer D1 307,1 fürchtet,] fürchtet D1 307,2 Staube] Staub – D1 307,4 wir denn künftig] denn künftig wir D1 307,5 heiligers] weiseres D1 307,6 Einander] Uns einander D1
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Die große Loge
307,7 Weichlichkeit,] Weichlichkeit D1 307,7 uns warnen,] warnen D1 307,8–9 Mit vereinten Kräften 〈. . .〉 Welches] Das D1 307,11 Die Beständigkeit!] D i e B e s t ä n d i g k e i t ! D1
Stellenerläuterungen 305,15 Die Beständigkeit] Dieses Gedicht, zuerst 1787 in den von freimaurerischem Gedankengut beeinflußten Fragmenten aus dem Tagebuche eines Geistersehers (FTG, S. 95–97; KMA 2) veröffentlicht, wurde vermutlich zu einem der jährlichen Stiftungsfeste der Johannisloge Zur Beständigkeit verfaßt und am 12. Oktober 1785 vorgetragen. Das Sitzungsprotokoll vermerkt: Der Bruder
Redner Hoffmann hielt sodann auf Veranlassung des heutigen festlichen Tages eine Rede u〈nd〉 Br. Moritz laß eine Ode ab, welche beide mit algemeinen Beifal aufgenommen wurden (Protocoll Buch 〈…〉 Für den Lehrlings Grad, GStA PK Berlin, Rep. 5.2.B24, Nr. 244, Bl. 156r). Vgl. Überblickskommentar, S. 742f.
Der Trost des Zweiflers Überlieferung 1. Textgrundlage D1 An . . . Am 24sten Juli 1782. In: Fragmente aus dem Tagebuche eines
Geistersehers. Von dem Verfasser Anton Reisers. Berlin 1787. Bei Christian Friedrich Himburg, S. 5–14. D2 Der Trost des Zweiflers. In: GL, S. 40–49. Grundlage für den edierten Text: D2.
2. Varianten 307,12 Der Trost des Zweiflers.] An . . . Am 24sten Juli 1782. D1 307,13 find ich] find’ ich also D1 307,13 bey] bei D1
Die Texte im einzelnen 307,15 fröhlichen] frölichen D1 307,17 Freundin] Freundinn D1 307,19 heller] heller wieder D1 307,24 freun] freuen D1 307,26 wolligten Heerde,] wollichten Heerde D1 307,27 Gras] Graß D1 307,30 Wolle] wolle D1 308,2 mein] unser D1 308,9 eigentlich über das] über das eigentlich D1 308,11 bewundernswürdigen] bewnndernswürdigen D1 308,12 Augenblicke] Augenblick D1 308,18 gehn] thun D1 308,19 Herzerhebenden] herzerhebenden D1 308,20 du,] du D1 308,23 erste] feste D1 308,24–25 heilte. Was] heilte. – Was D1 308,26 dem] der D1 308,28 blickte.] blickte? D1 308,30 Heilungsmittel] Heiligungsmittel D1 308,33 da] da, D1 308,34–309,1 mannigfaltigen] mannichfaltigen D1 309,5 Nahrungs-Mittel] Nahrungsmittel D1 309,7 wiederholten] wiederhohlten D1 309,8 Gedanken. –] Gedanken – D1 309,9 Augenblicke] Augenblick D1 309,17 Angesichts.] Angesichts D1 309,19 wohnt] wohnet D1 309,19 engen,] engen D1 309,20 bewohnt,] bewohnt D1 309,25 schlummert.] schlummert D1 309,30 säen,] säen, und säen D1 309,30–31 erndten? – –] ärndten? – D1 309,31 Erdenleben,] Erdenleben D1 309,32 seyn? –] seyn? D1 309,34 Edelste] edelste D1 309,35 Natur?] Natur. D1
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Die große Loge
310,2 hinarbeiten] hinarbeiteten D1 310,4–5 Natur] Natnr D1 310,9 höchst künstlich] höchstkünstlich D1 310,9 unzählichen] unzähligen D1 310,11 dies] dieß D1 310,14 Altgewordene,] Altgewordne D1 310,18 das,] das D1 310,19 wendet. – Der] wendet, – der D1 310,23 Blattes] Blatres D1 310,24 Baume] Baum D1 310,25 hatte.] hatte D1 310,30 werden.] werden D1 310,30 Faden,] Faden D1 310,31 abgeschnitten.] abgeschnitten D1 310,34 Zweck] Zweck, D1 311,3 Edleres] edleres D1 311,8 großen] großen großen D1 311,12 ich.] ich D1 311,13 mein] mien D1 311,19 in] n D1 311,21 werden.] werden D1 311,21 meinem] meinen D1
Stellenerläuterungen 307,12 Der Trost des Zweiflers] Erstpublikation: 1787 in Moritz’ Fragmenten aus dem Tagebuche eines Geistersehers (FTG, S. 514; KMA 2), als Brief (An …) fingiert und datiert auf den 24. Juli 1782. Das Datum ist offenbar fiktiv; Moritz befand sich an diesem Tag mitten auf der Überfahrt von London nach Hamburg, die vom 19. bis 31. Juli dauerte (vgl. KMA 5/1). 307,13 siechen Körper] Moritz’ Hausarzt Markus Herz (1747–1803) berichtete:
Moritz kam im Jahre 1782 von seiner Fußreise nach England zurück 〈…〉 Aus der Höle zu Castleton brachte er eine, mit einem kurzen Husten verbundene Engbrüstigkeit mit, die mich vor seine Brust fürchten ließ (Markus Herz, Etwas Psychologisch-Medizinisches. Moriz Krankengeschichte, in: Journal der practischen Arzneykunde und Wundarzneykunst 5 [1798], 2. St., S. 259–339, hier S. 278). In seiner Anrede an die Versammlung, die Moritz am
Die Texte im einzelnen
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4. Dezember 1782 in der Schule zum Grauen Kloster anläßlich seiner Beförderung hielt (s. S. 141,1–142,33 in diesem Band), sprach er selbst von einer mir plötzlich zugestoßenen Unpäßlichkeit (vgl. S. 141,5–6). 307,17 Mutter] Anspielung auf Klopstocks Zweyte Ode von der Fahrt auf der Zürcher-See (1750): Schön ist, Mutter Natur, deiner Erfindung Pracht, /
Auf die Fluren verstreut; schöner ein froh Gesicht, / Das den grossen Gedanken / Deiner Schöpfung noch einmal denkt (Klopstock, Oden, Hamburg 1771, S. 116). Moritz hat diese Strophe 1786 in seinem Versuch einer deutschen Prosodie (VP, S. 21 u. 237; KMA 3) analysiert und in dem Aufsatz Das Edelste in der Natur (in: DW 1786 I, 1. St., S. 5–16, hier S. 7; wiederabgedruckt in der Großen Loge, S. 321,10–327,20 in vorliegendem Bd.) zitiert. Die auf antike Vorstellungen rekurrierende Verwendung des Begriffs der ›großen Mutter‹ in der Anthusa, die von Kant in der Kritik der Urteilskraft auch als Mutter N a t u r bezeichnet wurde, ist hier noch nicht maßgeblich (vgl. KMA 4/1, S. 516–518). 308,8–9 innerste Heiligthum der Natur] Zur Sakralisierung der Natur vgl. auch Moritz’ Aufsatz Der Dichter im Tempel der Natur (in: Deutsche Monatsschrift, 1793, 1. Bd., S. 72–78; KMA 3). 308,25 Gesichtspunkt] »eigentlich: der gesichtspunkt, der ort, aus welchem man eine landschaft oder jede andere scene sichtbarer dinge übersieht 〈…〉 übertragen auf den geistigen standpunkt, auf die geistige perspektive« (DWb 5, Sp. 4103); vgl. auch die Einleitung Gesichtspunkt für die mythologischen Dichtungen (Götterlehre, S. 1f.; KMA 4/2) und den die Große Loge abschließenden Text Der letzte Zweck des menschlichen Denkens. Gesichtspunkt (s. S. 407f.) in vorliegendem Band). 309,22–23 versammlet euren Staub 〈…〉 Vorältern] Diese Formulierung erinnert an die Sprache des Alten Testaments; vgl. z. B. Gen 25,17; Gen 35,29; Num 20,26. 309,26–27 aber einst muß die große Erndte erscheinen] Vgl. Offb 14,15f. 309,30 säen 〈…〉 je zu erndten?] Vgl. Mt 6,26. 309,34–35 Edelste in der ganzen Natur?] Vgl. den programmatischen Aufsatz Das Edelste in der Natur, mit dem Moritz nach einer kurzen Einleitung seine Zeitschrift Denkwürdigkeiten zur Beförderung des Edlen und Schönen eröffnete (DW 1786 I, 1. St., S. 5–16; KMA 10; vgl. den Wiederabdruck in der Großen Loge S. 321,10–327,20 in vorliegendem Bd.).
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Die große Loge
Zweifel und Beruhigung Überlieferung 1. Textgrundlage D1 Çden 25sten JuliÈ. In: Fragmente aus dem Tagebuche eines Geisterse-
hers. Von dem Verfasser Anton Reisers. Berlin 1787. Bei Christian Friedrich Himburg, S. 14–17. D2 Zweifel und Beruhigung. In: GL, S. 50–53. Grundlage für den edierten Text: D2.
2. Varianten 311,28 Zweifel und Beruhigung.] den 25sten Juli. D1 311,30 Stuffen] Stufen D1 312,1 Vervollkommung] Vervollkommnung D1 312,2 fortpflantzen] fortpflanzen D1 312,4 Dauert] dauert D1 312,8 an.] an D1 312,9 Vervollkommnung der ganzen Art] Vervollkommung d e r g a n z e n A r t D1 312,11 Leben. –] Leben – D1 312,12 indem] in dem D1 312,17 Daseyns] Daseyn D1 312,22 noch] nvch D1 312,24 Nimmt] nimmt D1 312,26 bevölkert? Oder] Bevölkert? oder D1 312,27 Körperwelt,] Körperwelt D1 312,27–28 immer währendes] immerwährendes D1 312,30 Seiten] Sieten D1 312,30 Ideen] Ideen, D1 312,30–31 Wesen das] Wesen, daß D1 312,31 Oder] oder D1 312,31 Und] und D1
Die Texte im einzelnen
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312,32 sich] sich sich D1 312,32 Wo] wo D1 313,8 beschwören] beschwören, D1 313,9–10 aufzuschließen.] aufzuschließen D1 313,10 reinem] reinen D1
Stellenerläuterungen 311,28 Zweifel und Beruhigung] Erstpublikation: 1787 in Moritz’ Fragmenten aus dem Tagebuche eines Geistersehers, im Anschluß an den oben abgedruckten Brief Der Trost des Zweiflers (FTG, S. 14–17; KMA 2). 312,21–24 Körperwelt 〈…〉 Geisterwelt] Die Gegenüberstellung von Körperwelt und Geisterwelt begegnete schon in der Kinderlogik. Vgl. Erl. zu S. 204,8.
Leben und Wirksamkeit. Bestimmung der Thatkraft Überlieferung 1. Textgrundlage D1 Leben und Wirksamkeit. In: Fragmente aus dem Tagebuche eines
Geistersehers. Von dem Verfasser Anton Reisers. Berlin 1787. Bei Christian Friedrich Himburg, S. 48; 45–47; 43f. (entspricht in vorliegendem Bd. S. 313,19–30; S. 313,31–314,34; S. 315,1). D2 Leben und Wirksamkeit. Bestimmung der Thatkraft. In: GL, S. 54–58. Grundlage für den edierten Text: D2.
2. Varianten 313,17–18 Leben und Wirksamkeit. Bestimmung der Thatkraft] Leben und Wirksamkeit D1 313,22 immer währendes] immerwährendes D1 313,24 soltest] solltest D1
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313,25–26 eingreifen] eingreiffen D1 313,26 bedenke] denke D1 313,26–30 einen vollkommenen Menschen 〈. . .〉 kann.] in D1 hervorgehoben 313,26–27 vollkommenen] v o l l k o m m n e n D1 313,27 hervorzubringen] hervorzubringen, D1 313,27–28 höchste] h o c h s t e D1 314,4 Zwecke] Zweck D1 314,5 empor heben] emporheben D1 314,6 Verstand] Versiand D1 314,14 Uebermaß] U e b e r m a ß D1 314,17 strebt] strebt, D1 314,23 noch] uoch D1 314,25 Parthey] Parthei D1 315,1 Soll] Soll D1 315,11 dies] diß D1 315,18 zwingt] z w i n g t D1
Stellenerläuterungen 313,17 Leben und Wirksamkeit] Zusammenstellung dreier Passagen aus den 1787 veröffentlichten Fragmenten aus dem Tagebuche eines Geistersehers (FTG, S. 48; 45–47; 43f.; KMA 2). 313,18 Thatkraft] Für den Wiederabdruck des Textes neu gewählte Überschrift. Thatkraft oder thätige Kraft ist ein Synonym für den aus dem Griechischen stammenden Begriff ›Energie‹; er wird hier für das Vollkommenheitsstreben im ethischen Zusammenhang angewandt. Im Kontext von Moritz’ in der Bildenden Nachahmung des Schönen (1788; vgl. KMA 3) entwickelten Ästhetik ist die Thatkraft ein Schlüsselbegriff zum Verständnis schöpferischer Tätigkeit. Sie liegt den beteiligten Seelenvermögen wie Denkkraft, Bildungskraft, Einbildungskraft und Empfindungsfähigkeit zugrunde (Saine 1971, S. 143f.). Aus seiner Programmschrift der Autonomieästhetik hat Moritz die zentrale Partie, die sich mit Definition und Zusammenspiel dieser Kräfte befaßt, unter dem Titel Der bildende Genius in die Große Loge aufgenommen; vgl. S. 376,20–383,25 in diesem Bd. Die Annahme verschiedener psychischer Kräfte und Vermögen in der Erfahrungsseelenkunde blieb allerdings nicht ohne Kritik. So hielt Kant die Versuche, die Kausalität einer Substanz, welche Kraft genannt wird, wie z. B. Empfin-
Die Texte im einzelnen
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dung, Bewußtsein, Einbildung, Erinnerung, Witz, Unterscheidungskraft 〈…〉 usw. nach Gleichartigkeit und Ungleichartigkeit zu ordnen und auf eine Grundkraft zurückzuführen, letztlich für bloß hypothetisch (Kritik der reinen Vernunft; s. Kant 1956, S. 609f.). 314,24 eccentrische] Griech.-lat.: ›von der Mitte abweichend‹. 315,1 Interesse] In den schönen Künsten, dasjenige, worauf sich alle Theile eines Ganzen beziehen, zu dessen Hervorbringung sie alle wirken, oder wirken sollen. 〈…〉 Die Einheit des Ganzen wird also vollkommen seyn, wenn jeder Theil so viel als möglich zum gemeinschaftlichen Interesse hilft (Adelung 2, Sp. 1389). Eine Sache ist interessant, durch welche unsre eignen dunkeln Ideen von derselben getreu erweckt, aber zugleich a u f g e k l ä r t und erweitert werden (Christian Garve, Einige Gedanken über das Interessirende, in: ders., Sammlung einiger Abhandlungen, Breslau 1801, S. 225).
Festigkeit Überlieferung 1. Textgrundlage D ÇOhne TitelÈ. In: Fragmente aus dem Tagebuche eines Geistersehers. Von 1
dem Verfasser Anton Reisers. Berlin 1787. Bei Christian Friedrich Himburg, S. 44f. D2 Festigkeit. In: GL, S. 59f. Grundlage für den edierten Text: D2.
2. Varianten 315,21 Festigkeit.] fehlt in D1 315,22 Manne] Mann D1 315,26–27 Vergänglichkeit] Vergänlichkeit D1
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Die große Loge
Stellenerläuterungen 315,21 Festigkeit] Erstpublikation: 1787 in Moritz’ Fragmenten aus dem Tagebuche eines Geistersehers (FTG, S. 44f.; KMA 2). 315,31 Resignation] Vgl. Erl. zu S. 302,23. 316,3 magna voluisse juvabit] Leicht verändertes Zitat aus einer Elegie des röm. Dichters Properz (50–16 v. Chr.): in magnis et voluisse sat est (Prop. 2,10,6); übs.: »Bei großen Dingen gewollt zu haben, ist schon genug« (Sextus Propertius, Sämtliche Gedichte. Lat./Deutsch, Stuttgart 1993, S. 88f.).
Eine Vergleichung zwischen der physikalischen und moralischen Welt Überlieferung 1. Textgrundlage J
Eine Vergleichung zwischen der physikalischen und moralischen Welt.
In: DW 1786 I, 9. St. (28. Februar), S. 134–137. D1 Die Naturwelt. In: Lesebuch für Kinder von K. P. Moritz als ein Pendant
zu dessen A B C Buch, welches zugleich eine natürliche Anleitung zum Denken für Kinder enthält. Mit Churfürstl. Sächsisch. gnädigster Freiheit Berlin, 1792. Bey Christian Gottfried Schöne, S. 58f. (entspricht S. 316,7–21 in vorliegendem Bd.). D2 Eine Vergleichung zwischen der physikalischen und moralischen Welt. In: GL, S. 61–65. Grundlage für den edierten Text: D2.
2. Varianten 316,7 mich] uns D1 316,7 Bäumen] Baumen J 316,8 Thieren,] Thieren J D1 316,9 planmäßig] schön D1 316,9–10 alles belebende] allesbelebende J D1
Die Texte im einzelnen
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ruhig] r u h i g J D1 Blick] Blicke D1 in] in ihre D1 stürbe –] stürbe. – J D1 Vollendung des angefangnen, ganzes] ganzes D1 im gegenwärtigen Augenblick] und immerwährenden Genuß des gegenwärtigen Augenblicks D1 316,27 Absicht und Vorsatz] A b s i c h t und Vo r s a t z J 316,32 Schöpfung?] Schöpfung? – J 317,2 wahr und offen] w a h r und o f f e n J 317,2 Goldminen] Goldminen- J 317,7 empor arbeitet] emporarbeitet J 317,10 schön erleuchteten] schönerleuchteten J 317,11 eines] eines gegen alle, und eines J 317,16 hinweg schmelzen] hinwegschmelzen J 317,17 kömmt?] kömmt? – J 317,19 vielköpfigtes Produkt] v i e l k ö p f i g t e s P r o d u k t J 317,20 muß. –] muß – J 317,21 nichts?] nichts? – J 317,22 mit einander] miteinander J 317,24 Ist] ist J 317,25 Oder] oder J 317,30 Staaten?] Staaten? – J 316,11 316,11 316,12 316,17 316,20 316,21
Stellenerläuterungen 316,5–6 Eine Vergleichung zwischen der physikalischen und moralischen Welt] Erstdruck 1786 in der Zeitschrift Denkwürdigkeiten, s. DW 1786 I, 9. St., S. 134–137 (KMA 11). 316,5–6 der physikalischen und moralischen Welt] Vgl. Erl. zu S. 296,11–12. 316,26 Verwirrung, Unordnung] Hier nahm Moritz direkt auf das Bekenntnis des savoyischen Vikars aus Rousseaus Roman Emile ou de l’e´ducation (1762) Bezug: Das 〈Bild〉 des menschlichen Geschlechts bietet mir nur Verwirrung und Unordnung! (Rousseau 1971, S. 290). Vgl. Erl. zu S. 296,11–12. 317,13 Hochgerichte] Der Ort, wo die hohe Gerichtbarkeit ausgeübet wird, der Rabenstein, besonders der Galgen (Adelung 2, Sp. 1225).
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Die große Loge
317,21–23 die Köpfe eines Leibes 〈…〉 seyn] Vgl. das Menenius Agrippa zugeschriebene antike Gleichnis vom Körper und dem Magen (Liv. II 32).
Die letzte Freistadt des Weisen Überlieferung 1. Textgrundlage J Die lezte Freistadt des Weisen. In: DW 1786 I, 12. St. (21. März), S. 178–182. D Die letzte Freistadt des Weisen. In: GL, S. 66–71. Grundlage für den edierten Text: D.
2. Varianten 318,1 letzte] lezte J 318,2 Beobachten – sich über] B e o b a c h t e n – sich ü b e r J 318,11 Tode] Tode, J 318,12 setzte] sezte J 318,13 wie ihm zu Muthe sey?] w i e i h m z u M u t h e s e y ? J 318,13–16 Er faße jetzt 〈. . .〉 würde. –] in J hervorgehoben 318,13–14 faße jetzt] f a s s e j e z t J 318,17 entschloßene Sterbliche,] entschlossene Sterbliche J 318,17 zwey] zwei J 318,18 Seele,] Seele J 318,19 letzten] lezten J 318,20 erstlich, sich der Nothwendigkeit unterwerfen,] erstlich, s i c h d e r Nothwendigkeit unterwerfen, J 318,22–23 Zweytens, 〈. . .〉 seyn. –] zweitens, w e n n i h m s o n s t n i c h t s
mehr übrig blieb, – doch noch ruhiger Beobachter zu seyn. – J 318,24 Nothwendigkeit,] Nothwendigkeit J 318,25 statt] : statt D 318,25 Diese] diese J 318,26 Denkens. –] Denkens – J
Die Texte im einzelnen
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318,27 Beobachten,] B e o b a c h t e n J 318,27–28 Ermanglung] Ermangelung J 318,28 letzten] lezten J 318,30 bey] bei J 318,33 großen] großen J goßen D 319,1 ruhige Beobachten] r u h i g e B e o b a c h t e n J 319,3 diese] die J 319,4–5 unpartheyischer] unpartheiischer J 319,7 Das ruhige Beobachten] Dieß r u h i g e B e o b a c h t e n J 319,7 bey] bei J 319,9 veredlen wird. –] veredeln wird J 319,10 Bey] Bei J 319,10 die wir nicht ändern können] d i e w i r n i c h t ä n d e r n k ö n n e n J 319,10 wir] wi D 319,12 unsere] unsre J 319,14 desjenigen] desjenigen, J 319,14–15 eigentlich gegründet] e i g e n t l i c h g e g r ü n d e t J 319,16 Menschen] Menschen, J 319,17 abhängt] abhängt, J 319,17 fürs erste] f ü r s e r s t e J 319,18 uns,] uns J 319,18 Sturmwinde,] Sturmwinde J 319,20 Nach dem] Nachdem J 319,22–23 wie 〈..〉 mag? –] in J hervorgehoben 319,24 bey] bei J 319,28 Bey] Bei J 319,28 ziehet] zieht J 319,33–34 ohne räsonniren zu dürfen,] o h n e r ä s o n n i e r e n z u d ü r fen J 320,1–2 womit 〈. . .〉 läßt.] w o m i t s i c h w e d e r z a n k e n , n o c h ü b e r welche sich weiter räsonniren läßt J 320,6 das bloß stärker] daß bloß s t ä r k e r J 320,7 muß – und] muß. – Und J 320,11 ein] eine J
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Die große Loge
Stellenerläuterungen 318,1 Die letzte Freistadt des Weisen] Erstdruck 1786 in der Zeitschrift Denkwürdigkeiten, s. DW 1786 I, 12. St., S. 178–182 (KMA 11). 318,1 Freistadt] »fehlerhaft für f r e i s t a t t , asyl« (DWb 4, Sp. 122). 318,3 Seelenruhe] Der zentrale Zielbegriff der stoischen Philosophie äußert sich in der Beherrschung von Affekten, Ausgeglichenheit und Heiterkeit des Gemüts, Würde und Festigkeit des Charakters und innerer Freiheit, wie sie programmatisch in Senecas Schrift De tranquillitate animi (vgl. Erl. zu S. 318,7) vorgetragen werden. 318,7 jenem edlen Römer] Der röm. Philosoph Lucius Annaeus Seneca (ca. 1–65 n. Chr.) berichtet in seinem Dialog De tranquillitate animi (IX, 4–10): »Canus Julius, einer der größten Männer 〈…〉 hatte ein langes Wortgefecht mit Caligula, 〈der〉 ihm beim Weggehen nachgerufen hatte: ›Damit du dich nicht etwa in törichter Hoffnung wiegst: – ich habe deine Hinrichtung verfügt!‹, erwiderte er ihm: ›Ich danke dir, bester Princeps!‹ 〈…〉 Vor seinem Tod fragte ihn ein Philosoph, woran er denke. ›Ich habe mir vorgenommen, zu beobachten, ob der Geist in jenem einzigen Augenblick bemerken wird, daß er den Körper verläßt‹« (Sen. dial. IX 4–10, in: L. Annaeus Seneca, De tranquillitate animi. Über die Ausgeglichenheit der Seele. Lat./Deutsch. Übers. u. hrsg. v. Heinz Gunermann, Stuttgart 2002, S. 63–67). 318,9 Tyrannen] Der röm. Kaiser Gaius Caesar Augustus Germanicus, genannt Caligula (12–41 n. Chr.). 318,27 Beobachten] Die Selbstbeobachtung, ruhig, distanzierend, kaltblütig und unparteiisch, ist hier die letzte Möglichkeit stoischer Resignation (vgl. Erl. zu S. 302,23); bei Moritz spielt diese Kunst auch als Methode der Erfahrungsseelenkunde und der Autobiographie eine bedeutsame Rolle (vgl. dazu Nübel 1996). Vgl. Moritz’ Vorschlag zu einem Magazin einer Erfarungsseelenkunde: Wer sich
zum eigentlichen Beobachter des Menschen bilden wollte, der müsste von sich selber ausgehen 〈…〉; So müßte nun der Menschenbeobachter von sich selber ausgehen, und dann könten seine Beobachtungen nach und nach zu Gesicht, Sprache, und Handlungen von Kindern, Jünglingen, Männern und Greisen übergehn. 〈…〉 A u f m e r k s a m k e i t a u f s K l e i n s c h e i n e n d e ist überhaupt ein wichtiges Erforderniß des Menschenbeobachters, und dann die Uebung in der N e b e n e i n a n d e r s t e l l u n g des Successiven, weil der ganze Mensch blos aus successiven Aeusserungen erkant werden kann (in: Deutsches Museum, 1782, Bd. 1, S. 485–503, hier S. 492 u. 494). 320,7 resignirt] Vgl. Erl. zu S. 302,23.
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Die Macht des Unglücks Überlieferung 1. Textgrundlage J Die Macht des Unglücks. In: DW 1786 I, 4. St. (24. Januar), S. 61f. D Die Macht des Unglücks. In: GL, S. 72f. Grundlage für den edierten Text: D.
2. Varianten 320,15 fröhlich] frölich J 320,16 Weisheit] Weißheit J 320,17 fröhlich] frölich J 320,18 Wie] wie J 320,20–21 vorbeyrauschenden] vorbeirauschenden J 320,24 ein vorbeyrauschender] irgend ein vorbeirauschender J 320,25 mir] m i r J 320,26 bin] b i n J 320,26 habe] h a b e J 320,27 kein anderes] Kein andres J 320,29 gar nicht] g a r n i c h t J 320,29 werden. –] werden – J 320,30 bin. –] b i n – J 320,31 nie auf das erstrecken, was ich bin] nur auf das, was ich h a b e , erstrecken, nie auf das, was ich b i n J 320,32 Augenblicke] Augenblick J 321,2 Unglücke] Unglück J 321,5 gesetzt] gesezt J 321,5 bey] bei J 321,5 Traurigkeit,] Traurigkeit J 321,8 freywillig] freiwillig J 321,9 Weisheit] Weißheit J 321,9 erhohlen. –] erhohlen? – J
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Die große Loge
Stellenerläuterungen 320,14 Die Macht des Unglücks] Erstdruck 1786 in der Zeitschrift Denkwürdigkeiten, s. DW 1786 I, 4. St., S. 61f. (KMA 11). Der Aufsatz knüpft an das Theodizee-Problem an. Leibniz hatte versucht, begreiflich zu machen, daß eine
Welt mit 〈Unglück und〉 Übel besser zu sein vermöchte als eine Welt ohne Übel (Leibniz, Anhang zur Theodizee, PS II/2, S. 289). Moritz befaßt sich aller-
dings weniger mit den Ursachen des Unglücks, sondern weist auf die Möglichkeit stoisch-weiser Distanzierung hin und auf die Wonne der Thränen (the joy of grief), die schon Anton Reiser empfunden hatte (vgl. KMA 1, S. 98,33–34 und Erl.; vgl. dazu Gaskill 1995). 320,26 denn diese Denkkraft 〈…〉 selbst] Formulierung in Anspielung auf das Cartesianische Diktum cogito, ergo sum (vgl. Descartes, Discours de la Methode, 4. Kap.; Paris 1934, S. 38).
Das Edelste in der Natur Überlieferung 1. Textgrundlage J ÇOhne TitelÈ. In: DW 1786 I, 1. St. (3. Januar), S. 5–16. D Das Edelste in der Natur. In: GL, S. 74–88. Grundlage für den edierten Text: D.
2. Varianten 321,12 unabläßig] unablässig J 321,15–16 genügt ihm zuletzt] gnügt ihm zulezt J 321,16 ihn] ihn J ihm D 321,17–18 hervor. – Die] hervor. – Die J 321,20 einem] seinem J 321,21 krümmen,] krümmen J 321,22 Händen] Hänsen D 321,22–23 seinen Augen] seinem Auge J
Die Texte im einzelnen
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321,25 plötzlich] plözlich J 321,26 Tanz. –] Tanz – J 321,27 Zauberwerk? Die] Zauberwerk? – Die J 321,31 wohlgefallen] wohl gefallen J 321,32–322,1 umschuf. –] umschuf – J 322,2–3 hervor. – Warum] hervor. – Warum J 322,12–13 begraben. –] begraben – J 322,23–24 Gemählde] Gemählde, die sie nicht unmittelbar schuf, J 322,24 den menschlichen Geist] ihn J 322,24 hervor zu bringen,] hervorzubringen? oder schuf sie nicht viel-
mehr nur deswegen Statüen, Tempel und Gemählde durch den menschlichen Geist, J 322,25–26 vollkommener] vollkommner J 322,26 wollte?] wollte? – J 322,30 Silber] Silber, J 323,1 ist,] ist J 323,1 aber] Aber J 323,2 Gesicht, das] Gesicht, Das J 323,9 Metall] Metall, J 323,9 inneren] innerem J 323,15 Endzwecke] Endzweck J 323,26 scharf] einst scharf J 323,27 gewetzt] gewezt J 323,28 ausser] außer J 323,33 Arzney bey] Arznei bei J 324,2 bey] bei J 324,3 jedes] jeder J 324,6 Alles] Alles, J 324,16 diesen Punkt] diesem Punkte J 324,17 einmahl] einmal J 324,17–18 herzerstreute] her zerstreute J 324,19 zusammen fasse] zusammenfasst J 324,20 lernte] lernt J 324,28 nützliches] n ü z l i c h e s J 324,28 edles] e d l e s J 324,29 selber] selbst J
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Die große Loge
324,33 unter geordnetes] untergeordnetes J 324,33 die] diese J 325,2 Gebäudes] Gebäubes J 325,2 in einander] ineinander J 325,4 daß] das J 325,8 Platz] Plaz J 325,8 gesitteten Theil] g e s i t t e t e n T h e i l J 325,11 auf] nach J 325,11 fodre] fordre J 325,13 Mensch] Mensch, J 325,15 zwey] zwei J 325,16 welchem] welchen J 325,17 gesitteten Theil] g e s i t t e t e n T h e i l J 325,26 den] den J dem D 325,26 nützliche] nüzliche J 325,28 dies] dieß J 325,28 unendliche] Unendliche J 325,29 zuletzt] zulezt J 325,31–32 nützlichen] N ü z l i c h e n J 325,35 überrechnet. –] überrechnet – J 326,1 Bey] Bei J 326,2–5 auf die Menschen 〈. . .〉 hilft,] a u f d i e M e n s c h e n , d i e e s
treiben zurückwirkt, den Körper und den Geist schwächt oder gesund erhält, und die Endzwecke der Natur zur Bildung des menschlichen Geistes hintertreiben oder befördern hilft – J 326,14 gezogen. –] gezogen – J 326,15 veredlen] veredeln J 326,16 selber erst] erst selbst J 326,17 Methoden] Methoden, J 326,22 nicht] nicht, J 326,22 Erziehungs-Geschäft] Erziehungsgeschäft J 326,23 Zweck] Z w e c k J 326,24 letztere] leztere J 326,29 eigenen] eignen J 326,34 zu gleich] zugleich J
Die Texte im einzelnen
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326,35 nützliches] nüzliches J 327,4 darinn] darin J 327,4–5 wahre Aufklärung] w a h r e A u f k l ä r u n g J 327,5 allgemein] a l l g e m e i n J 327,11 Zuschnitte] Zuschnitt J 327,18 einen] einem J
Stellenerläuterungen 321,10 Das Edelste in der Natur] Erstdruck 1786 in der Zeitschrift Denkwürdigkeiten, s. DW 1786 I, 1. St., S. 5–16 (KMA 11). Vgl. Erl. zu S. 309,34–35. Der Aufsatz gehört in den Zusammenhang der Auseinandersetzung mit dem Campeschen Projekt der Allgemeinen Revision des gesammten Schul- und Erziehungswesens (seit 1783), bei dem Moritz zunächst als Mitarbeiter geführt wurde, zu dem er dann aber weder eigene Beiträge noch Stellungnahmen oder Kommentare lieferte. Als Redakteur der »Vossischen Zeitung« rezensierte er allerdings die Revisions-Beiträge (vgl. Knoche 1999, S. 224–245). 322,23 Statüen] Statüe: E i n e S t a t ü e v o n H o l z , M a r m o r , G y p s ,
M e t a l l u. s. f. Es ist zunächst aus dem Französ. Statue, dessen Aussprache auch im Hochdeutschen beybehalten wird. Im Oberdeutschen hingegen folgt man dem Lateinischen Statua, und spricht und schreibt daselbst Statua, Statue 〈…〉 (Adelung 4, Sp. 307). 322,27 bürgerlichen Welt] Im Unterschied zur physikalischen Welt und zum Naturzustand ist damit der gesellschaftliche Zustand gemeint, der in anderem Zusammenhang oft auch als moralische Welt bezeichnet wird. Vgl. Erl. zu S. 296,11–12. 323,1–3 Schön ist 〈…〉 einmal denkt!] Vgl. Erl. zu S. 307,17. 323,8 Peru] Zum Hinweis auf das goldreiche Peru könnte Moritz durch Joachim Heinrich Campes Jugendbuch Die Entdekkung von Amerika. III. Pizarro (Hamburg: Bohn 1782) angeregt worden sein. 324,28 nützliches] Die Unterscheidung von nützlich und edel erweitert die Unterscheidung des Nützlichen vom Schönen, wie sie Moritz im März 1785 in der Berlinischen Monatsschrift in seinem Aufsatz Versuch einer Vereinigung
aller schönen Künste und Wissenschaften unter dem Begriff des i n s i c h s e l b s t Vo l l e n d e t e n (Bd. 5, 1785, S. 225–236; KMA 3) und 1788 in seiner Schrift Ueber die bildende Nachahmung des Schönen (KMA 3) diskutiert hatte. Vgl. Erl. zu S. 157,23–24.
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Die große Loge
324,35 ein in sich selbst vollendetes Ganze] Den Begriff des in sich selbst Vollendeten, der hier auf den Geist des Menschen bezogen wird, hatte Moritz im März 1785 in der Berlinischen Monatsschrift als ästhetisches Grundprinzip vorgeschlagen; vgl. Erl. zu S. 324,28. 325,3 keinen Gran] »kleines gewichtsmaß, aus lat. granum ›(gersten-)korn‹ 〈…〉 das genus zeigt, soweit erkennbar, anfangs m. und n. gleichberechtigt, vom 17. bis zum 19. jh. hat das m. 〈…〉 entschieden den vorrang« (DWb 8, Sp. 1820). 325,15–16 zwey Theile] Vgl. Erl. zu S. 223,19–27. 325,26 bloß brauchbare] Wahrscheinlich Anspielung auf die Abhandlung von Peter Villaume Ob und in wie fern bei der Erziehung die Vollkommenheit des einzelnen Menschen seiner Brauchbarkeit aufzuopfern sey? (in: Joachim Heinrich Campe [Hrsg.], Allgemeine Revision des gesammten Schul- und Erziehungswesens von einer Gesellschaft praktischer Erzieher, 3. Teil, Hamburg 1785, S. 435–616). Villaume erörtert darin, wie die Erziehungsziele Vervollkommnung, Veredlung auf der einen und Brauchbarkeit, Nutzen des Einzelnen auf der anderen Seite in einer ständischen Gesellschaft abzuwägen und miteinander zu vereinen sind. Villaume gelangt zu drei Allgemeinen Gesetzen der
Veredlung: 1. Veredelt alle Menschen, insofern es ihre Brauchbarkeit in allen Verhältnissen, in welchen sie zu stehn pflegen, e r f o r d e r t . 1. Veredelt die Menschen, so viel als es ihre Verhältnisse e r l a u b e n . 3. Laß den 〈…〉, der nach etwas höherem strebt 〈…〉, erst alle Schwierigkeiten, die er zu überwinden haben wird, nicht bloß sehen, sondern fühlen; und gieb Acht, ob er muthlos wird, oder nicht (ebd., S. 570–590). In einem weiteren Aufsatz zur Frage, warum nicht mehr große Männer durch die Reformationen des Erziehungswesens hervorgebracht worden sind, meint Villaume sogar: Freilich müssen wir große Genies, große Männer haben; aber noch mehr, weit mehr sind uns mittelmäßige Köpfe und wohl gar Leute ohne Kopf nöthig (Was kann und darf man von den neuen Reformationen des Erziehungswesens erwarten und fordern?, in: Berlinische Monatsschrift, Bd. 5, Juni 1785, S. 546–558, hier S. 555). 325,33–34 kameralistischen] Unter volkswirtschaftlichem Aspekt. 326,9 Erziehungsgeschäft] Vgl. hierzu Moritz’ Aufsatz Die Pädagogen, mehrfach veröffentlicht in der »Vossischen Zeitung« (3. St., 6. Januar 1785; KMA 10), in den Denkwürdigkeiten (DW 1786 I, 3. St. [17. Januar], S. 41–46; KMA 11) und in der Großen Loge (vgl. S. 373,23–376,19 in vorliegendem Bd.). Die Überlegungen stehen im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung um die Allgemeine Re-
vision des gesammten Schul- und Erziehungswesens von einer Gesellschaft
Die Texte im einzelnen
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praktischer Erzieher (hrsg. von Joachim Heinrich Campe, 1.–3. Teil, Hamburg: Bohn 1785f.). 326,34–35 Zweck und Mittel] Moritz’ Überlegungen zur Zweck-Mittel-Unterscheidung könnten durch Kants Reflexionen angeregt worden sein: Nun sage ich:
der Mensch und überhaupt jedes vernünftige Wesen, e x i s t i r t als Zweck an sich selbst, n i c h t b l o s a l s M i t t e l zum beliebigen Gebrauche für diesen oder jenen Willen, sondern muß in allen seinen, so wohl auf sich selbst, als auch auf andere vernünftige Wesen gerichteten Handlungen, jederzeit z u g l e i c h a l s Z w e c k betrachtet werden (Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, Riga 1785, S. 64f., vgl. auch Kant, WA 7, S. 59–60). Der Anspruch, selbst Zwek zu sein, von jedem anderen auch als ein solcher geschätzt, und von keinem bloß als Mittel zu anderen Zwekken gebraucht zu werden, 〈…〉 ist 〈…〉 mit Entlassung 〈des Menschen〉 aus dem Mutterschooße der Natur verbunden (Kant, Mutmaßlicher Anfang der Menschengeschichte, in: Berlinische Monatsschrift 1786, S. 1–27, hier S. 11; vgl. auch Kant, WA 11, S. 91). 327,4–5 wahre Aufklärung 〈…〉 verbreitet seyn muß] Mit dieser Forderung nimmt Moritz den Aufsatz Vorschlag zur Verbreitung wahrer Aufklärung unter allen Ständen auf, der im November 1785 in der Berlinischen Monatsschrift (S. 472–477) erschienen war. Verfasser war der Pädagoge Johann Stuve (1751–1793), der am Campeschen Revisionswerk beteiligt war, den Moritz in einem Brief an Campe grüßen ließ (27. Oktober 1787; KMA 13) und der auch zu den Pränumeranten von Moritz’ Deutscher Sprachlehre für die Damen (1782; KMA 7) gehörte.
Die Signatur des Schönen Überlieferung 1. Textgrundlage J
In wie fern Kunstwerke beschrieben werden können? Von Herrn Professor Moritz. In: Monats-Schrift der Akademie der Künste und mechanischen Wissenschaften zu Berlin. Zweyter Band. 1788. Berlin, im Verlag der Königl. Preuß. Akademischen Kunst- und Buchhandlung Çhrsg. v. Andreas Riem und Karl Philipp MoritzÈ, 4. St. (Oktober), S. 159–168 (entspricht S. 327,21–333,9); 5. St. (November), S. 204–210 (Fortsetzung;
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Die große Loge
entspricht S. 333,10–337,17) [der Beschluß ebd., Zweyten Jahrgangs erstes Stück Ç1789È, S. 3–5 in GL weggelassen]). D Die Signatur des Schönen. In: GL, S. 89–111. Grundlage für den edierten Text: D.
2. Varianten 327,21 Die Signatur des Schönen.] In wie fern Kunstwerke beschrieben werden können? Von Herrn Professor Moritz. J 327,22 Philomele] Philomele J 327,22 beraubt] beraube D 327,24 auseinanderhüllend] aus einander hüllend J 327,24 Stillschweigen] Stillschweigen, J 327,25 Erzählung] Fußnote dazu in J: Ovids Verwandlungen, im sechsten
Buche. 327,25 laß] las J 327,26 lauter,] lauter J 327,27 erschüttern;] erschüttern, J 327,32 bei] bey J 327,32–328,1 Stein. Keine] Stein. Keine J 328,2 würken.] wirken. – J 328,5 und] und J nud D 328,8 verfehlen. –] verfehlen. J 328,9 Kollatinus] Kollatinus J 328,9 näher] näher, J 328,10 Gatte] Gatte, J 328,10 selbst] selbst, J 328,11 Schicksals] Schicksals, J 328,12 Freiheitsliebe] Freyheitsliebe J 328,13 weckten. Mit] weckten. Mit J 328,13 eignen] eignen, J 328,14 Virginius] Virginius J 328,15 hinzureißen – nur] hinzureißen, und J 328,17 einmahl] einmal J 328,19 und] und J nud D
Die Texte im einzelnen
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328,20 jenes] jene J 328,20 willkürlichen] willkührlichen J 328,20 machte] machte, J 328,21 Erzählung] Erzählung, J 328,22 würkte] wirkte J 328,22 innerste] Innerste J1 328,23–24 Todten selbst] Todten J 328,25 Wer] wer J 328,26 Philomelens] Philomelens J 328,26 Tuch] Tuch, J 328,27 würkte.] würkte? J 328,28 dieß] dies J 328,30–31 daß blos] das bloß J 328,31 Worte,] Worte J 328,32 sagt. Wer] sagt. Wer J 328,32 Virginius] Virginius J 328,32 wolte] wollte J 328,33 Zeitlang] Zeitlang, J 329,1 Leiden so viel wie] Leiden, so viel J 329,2 Virginius] Virginius J 329,2 s e y n . Oder] seyn. Oder J 329,4 Seele] Seel’ J 329,5 andere] andre J 329,6–7 wird. Der Geschichtsschreiber] wird. Der Geschichtschreiber J 329,8 Nachfolgenden] Nachfolgenden, J 329,13 Progne] Progne J 329,20 Künstlers] Künstlers, in jedem Zuge J 329,21 Ausdruck] Ausdruck J Ausdurck D 329,22 anfängt. Denn] anfängt. Denn J 329,28 Sobald] So bald J 329,28 ausser] außer J 329,31 Auge] Aug J 329,32 Electrischen] elektrischen J 330,4 Vo l l k o m m e n h e i t ] Vollkommenheit J 330,5 und] und J nnd D 330,7 unserer] unsrer J
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Die große Loge
330,8 ahndet. –] ahndet. J 330,9 kömmt] kommt J 330,10 aus] aus, J 330,11 Dämmerung] Dämmrung J 330,13 sichtbar] sichtbar, J1 330,17 zurück fallen] zurückfallen J 330,18 hofften. –] hofften. J 330,23 inneres] innres J 330,26 schimmern] schimmern, J 330,27 Grund, unseres eigenen] Grund, unsres eignen J 330,30 andere] andre J 330,30 entstellet] entstellt J 330,30 bei] bey J 330,32 Wahrheit] Wahrheit, J 330,32 andern Schmuck] edlern Schmuck, J 330,33 kennt. Denn] kennt. Denn J 330,34 Bestimmtheit] B e s t i m m t h e i t J 330,34 zufällige] Zufällige J 331,1 ausgeschloßen] ausgeschlossen J 331,1 wesentliche] Wesentliche J 331,3 bestimmt] bestimmt, J 331,5 bei] bey J 331,6 Entblößung] Entblößung, J 331,8 innere] innre J 331,9 verdeckt – eben] verdeckt. – Eben J 331,10 bestimmt] bestimmt, J 331,11 ü b e r s i c h ] über sich J 331,12 Schönheit] Schönheit, J 331,15 neidischsten] neidischten D1 neidischsten J 331,16 entzieht. So] entzieht. So J 331,18 Z u f ä l l i g k e i t ] Zufälligkeit J 331,23 insofern] in so fern J 331,25 sondert] s o n d e r t J 331,32 Erde] Erd’ J 332,4 B e s t i m m t h e i t ] Bestimmtheit J 332,5 Beysammenseyn] Beisammenseyn J
Die Texte im einzelnen
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332,6 Embryo] Embrio J 332,7 Feßeln] Fesseln J 332,7 er] er, J 332,8–9 zur Erde drückenden Zufälligen, seinen eigenen] z u r E r d e d r ü c k e n d e n Z u f ä l l i g e n , nun seinen eignen J 332,12 erstrecket] erstreckt J 332,12–13 endlich] endlich, J 332,14 Bestimmtheit] Bestimmtheit, J 332,15 alles übrige selbst wieder] auch alles übrige J 332,20–21 wird. Denn] wird. Denn J 332,22 reden] werden J 332,25 Lied –] Lied. – J 332,26 Schäfer] Schäfer J Schäfer: D 332,28 Rinde] Rind’ J 332,32 fallen.] fallen. – J 333,1 Menschen] Menschen J Menchen D 333,2 bildet? –] bildet? J 333,3 bei] bey J 333,3 bei] bey J 333,4 bei] bey J 333,5–6 bestimmt] b e s t i m m t J 333,6 auflößt] aüflöset J 333,6–7 Umfaßende] Umfassende J 333,7 umfaßend] umfassend J 333,8 wandelt,] wandelt J 333,13 auf] auf J aaf D 333,19 umfaßen kann,] umfassen kann; J 333,20 erweckten,] erweckten J 333,22 zurück laßen] zurücklassen J 333,22–23 beschreibt] umschreibt J 333,23 Künstlers dargestellt] bildenden Künstlers dargestellt J Künstlers dargestelt D 333,28 w e r d e n . ] w e r d e n . – J 333,31 Beschriebenen] Beschriebnen J 333,31–32 Beschriebenen] Beschriebnen J 333,34 kennen,] kennen; J
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Die große Loge
334,2 so wohl] sowohl J 334,3 wieder erkennen sollen] w i e d e r e r k e n n e n wollen J 334,5 hingegen] hingegen, J 334,6 Sache willen, jedesmal wieder] Sachen willen J 334,8–9 zurück laßen zusammen genommen] zurücklassen, zusammengenommen J 334,10 müßen nun] müssen J 334,11 selbst zusammen genommen] selbst, zusammengenommen, J 334,12 kann,] kann; J 334,17 Künste] Kunst J 334,17 mittelbar,] mittelbar J 334,19 nehmen] nehmen, J 334,19 Verhältnißen] Verhältnissen J 334,19–20 begreiffen müßen] begreifen müssen J 334,20 unsres] unsers J 334,31 demohngeachtet] demungeachtet J 334,31–32 zurückgelaßene] zurückgelaßne J 334,33 könne;] könne, J 334,34 Verwandschaft] Verwandtschaft J 335,2 einerley] einerlei J 335,3 seyn] seyn, J 335,5 letzten] l e t z t e n J 335,7 ist;] ist, J 335,9 zurücklaßen] zurücklassen J 335,14 zurücklaßen] zurücklassen J 335,15 blos] bloß J 335,16 Verhältniße] Verhältnisse J 335,23 allen] allem J 335,26 unmittelbar] u n m i t t e l b a r J 335,32 unmittelbar] u n m i t t e l b a r J 335,34 Sehenden,] Sehenden; J 336,1 Verhältniße] Verhältnisse J 336,1 andere] andre J 336,2 wieder erkennen] w i e d e r e r k e n n e n J 336,4 Wiedersprüche] Widersprüche J 336,6 Eingreifenden;] Eingreifenden, J
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336,7 Mächtigen;] Rechten, J 336,11 Wiedersprüche] Widersprüche J 336,13 welcher] welches J 336,14 Feindschafft] Feindschaft J 336,15–16 Ausschließenden,] Ausschließenden; J 336,16 Mächtigen] Geraden J 336,17 Unversöhnlichkeit,] Unversöhnlichkeit; J 336,23 hervor tritt] hervortritt J 336,25 entgegen kommenden] entgegenkommenden J 336,30 erhabene] erhabne J 336,31 Auge] Aug’ J 336,33 leisesten verlohrensten] leisesten, verlohrendsten J 337,4 Zwiespalt,] Z w i e s p a l t J 337,5 eingewickelten] eingewickelten, J 337,5–6 einem bestimmten Maße] einer b e s t i m m t e n M a s s e , J 337,7 Maße] Maaße J 337,11–12 einerlei nothwendigen Ursprung] e i n e r l e y n o t h w e n d i gen Ursprung J 337,13 Ursprung] U r s p r u n g J 337,14 er] es J 337,14–15 sichtbare] s i c h t b a r e J 337,16–17 Getrennten.] In J folgt als Beschluß: Wir kommen also wiederum
auf den Punkt zurück, daß die Werke der bildenden Künste selbst schon die vollkommenste Beschreibung ihrer selbst sind, welche nicht noch einmal wieder beschrieben werden kann. Denn die Beschreibung durch Konturen ist ja an sich selbst schon bedeutender und bestimmter, als jede Beschreibung durch Worte. Umrisse v e r e i n i g e n , Worte können nur auseinander sondern; sie schneiden in die sanfteren Krümmungen der Konturen viel zu scharf ein, als daß diese nicht darunter leiden sollten. Winkelmanns Beschreibung vom Apollo im Belvedere zerreißt daher das Ganze dieses Kunstwerks, sobald sie unmittelbar darauf angewandt, und nicht vielmehr als eine bloß poetische Beschreibung des Apollo selbst betrachtet wird, die dem Kunstwerke gar nichts angeht. Diese Beschreibung hat daher auch der Betrachtung dieses erhabenen Kunstwerks weit mehr geschadet, als genutzt, weil sie den Blick vom Ganzen abgezogen, und auf das Einzelne geheftet hat, welches doch bei der nähern Betrachtung immermehr verschwinden, und in das Ganze sich verlieren soll. Auch macht die Winkel-
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Die große Loge
mannsche Beschreibung aus dem Apollo eine Komposition aus Bruchstükken, indem sie ihm eine Stirn des Jupiters, Augen der Juno, u. s. w. zuschreibt; wodurch die Einheit der erhabnen Bildung entweihet, und ihr wohlthätiger Eindruck zerstört wird. Eben so unzweckmäßig wie es nun seyn würde, die Schönheiten eines Gedichts nach der Reihe zu beschreiben, statt das Gedicht selbst vorzulesen, oder den Gang einer vortrefflichen Musik die man hören kann, mit Worten schildern zu wollen, eben so vergeblich und zweckwidrig ist es auch, Kunstwerke, die man im Ganzen sehen kann, nach ihren e i n z e l n e n T h e i l e n im eigentlichen Sinne zu beschreiben. Wenn über Werke der bildenden Künste, und überhaupt über Kunstwerke etwas Würdiges gesagt werden soll, so muß es keine bloße Beschreibung derselben nach ihren einzelnen Theilen seyn, sondern es muß uns einen n ä h e r n A u f s c h l u ß ü b e r d a s G a n z e u n d d i e Nothwendigkeit seiner Theile geben. Moritz. Stellenerläuterungen 327,21 Die Signatur des Schönen] Unter dem 7. Juni 1788 hatte Moritz an Goethe geschrieben: Da die akademische Monathsschrift in Berlin Be-
schreibungen von Kunstwerken verlangt, so arbeite ich an einem Aufsatze für diese Monatsschrift: i n w i e f e r n K u n s t w e r k e b e s c h r i e b e n w e r d e n k ö n n e n ? Ich habe dabei Winkelmanns Beschreibungen von Apollo und Laokoon nachgelesen, und sie mir zu zergliedern gesucht. – auch habe ich die homerische Beschreibung des Schildes sehr aufmerksam durchgelesen. Wie gerne möchte ich wieder des Abends mit Ihnen über diese Sachen sprechen! (KMA 13; vgl. Eybisch 1909, S. 231f.). Dieser Aufsatz erschien dann ab Oktober 1788 unter dem Titel In wie fern Kunstwerke beschrieben werden können? in der Monats-Schrift der Akademie der Künste und mechanischen Wissenschaften zu Berlin (2. Bd., 4. St., S. 159–168; 5. St., S. 204–210; 3. Bd., 1. St., Jan. 1789, S. 3–5). In dem vorliegenden gekürzten Wiederabdruck des Textes führte Moritz in der neuen Überschrift den ›Signatur‹Begriff ein, was dazu geführt hat, Moritz mit der neuplatonischen Signaturenlehre in Verbindung zu bringen (vgl. Koch 1925, S. 42f.; Pfotenhauer 1991, S. 78f.). Der Begriff wird aber wohl hier »im unspezifischen Sinne eines charakteristischen Merkmals, abgelöst von der theoretischen Grundlage der S〈ignaturenlehre〉«, gebraucht (Meier-Oeser 1996, Sp. 753).
Die Texte im einzelnen
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327,22 Philomele] Nach Ovids Metamorphosen (met. VI 449–674) besuchte Philomele ihre Schwester Progne. Deren Mann, der Thraker-Fürst Tereus, entehr-
te das schwache Geschöpf, schnitt ihr, damit sie nichts entdecken konnte, die Zunge aus und sperrte sie ein. Philomele verfertigte von ihrem unglücklichen Schicksale eine bedeutende Vorstellung in ein Gewebe, und fand Gelegenheit, es Prokne zu senden. Diese entdeckte den Aufenthalt der leidenden Schwester; beide sannen auf die fürchterlichste Rache. Sie schlachteten den Sohn des Tereus, mit Namen Itys, und setzten ihn gekocht dem Vater zur Speise vor. Zu gleicher Zeit ließ sich Philomele sehen. Tereus wollte sie hinrichten lassen; aber sie entgingen seiner Wuth und wurden von den Göttern in Vögel verwandelt. Philomele wurde zur Nachtigall und Prokne zur Schwalbe. (Myth. Wb., S. 397f.; KMA 4/2) 327,26 Charaktere] Hier: Buchstaben oder Schriftzeichen (GWb I, S. 181; KMA 7). 328,9 Weibe des Kollatinus] Bei Livius (Liv. I 58–60) ist die Untat des römischen Königssohns Sextus Tarquinius, seine Schändung der Lukretia und ihre dadurch verursachte Selbstentleibung vorgestellt, wodurch das Volk der-
gestalt auf〈-gebracht wurde〉, daß es einmüthig darauf drang, dem Könige die Regierung zu nehmen (Des Titus Livius aus Padua Römische Geschichte, übersetzt von Joh. Franz Wagner, Lemgo 1776, S. 126). 328,14 Virginius] Virginia, die Tochter des Virginius, wurde von einem der Decemvirn, Appius Claudius, willkürlich ihrer Freiheit beraubt und unter Beugung des Rechts als Sklavin einem seiner Klienten übergeben. Virginius, nachdem er vergeblich versucht hatte, die Freiheit für seine Tochter zu erreichen, tötete sie schließlich.
Siehe, dieß ist das ein〈z〉ige Mittel, womit ich deine Freyheit behaupten kann (Liv. III 44–48; zitiert nach Des Titus Livius aus Padua Römische Geschichte [s. Erl. zu S. 328,9], S. 327). Vgl. auch Moritz’ Bemerkung in seiner italienischen Reisebeschreibung: Wenn Virginius seine Tochter ermordet, um sie der Schande zu entziehen, so treffen Grausamkeit und Mitleid in einem Punkte zusammen, und bilden eben durch dies Aneinandergrenzen des Entgegengesetzten das höchste tragische Schöne (RDI III, S. 144; KMA 5/2). Es ist nicht auszuschließen, daß Moritz zu diesen ästhetischen Reflexionen durch Johann August Eberhard angeregt worden ist, der das gleiche Beispiel im psychologischen Zusammenhang benutzt, um zu belegen, wie Eine jede Empfindung mit einem Begehren und Verabscheuen verknüpft ist und Mitleid, Unwillen〈,〉 Schrecken und 〈…〉 Besorgniß erregt (Johann August Eberhard, Allgemeine Theorie des Denkens und Empfindens, Berlin 1776, S. 123–128).
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329,13 Progne] Auch: Prokne; die Schwester der Philomele, vgl. Erl. zu S. 327,22. 329,20–22 Ausdruck 〈…〉 wo das ächte Kunstwerk anfängt] Hier bezieht sich Moritz auf den zeitgenössischen Diskurs über das Verhältnis von Sprache, Poesie und bildender Kunst und die Unterlegenheit der Wortsprache gegenüber der »Sprache der Kunst« (vgl. z. B. Lessings Laokoon, Kap. 20; Lessing, Sämtliche Schriften 9, S. 120–129). 331,15 neidischsten] neidisch: wird auch gesagt »von einem versteckenden, verhüllenden, gleichsam neiderfüllten gegenstande, der dem blicke etwas entzieht und es andere nicht genießen läßt« (DWb 13, Sp. 562). 331,34 der Wa c h s t h u m ] Das männliche Geschlecht ist bey diesem
Worte im Hochdeutschen das gewöhnlichste, dagegen in andern Gegenden das sächliche üblich ist (Adelung 4, Sp. 1326). 337,6 sich vollenden kann] Dieser Versuch einer Kunstbeschreibung über Umrisse und Konturen muß als Kritik an Johann Joachim Winckelmann gelesen werden. In der ersten Fassung dieses Aufsatzes in der Monats-Schrift der Akademie der Künste und mechanischen Wissenschaften deutet schon die Titelfrage In wie fern Kunstwerke beschrieben werden können? auf Winckelmanns Beschreibung des Apollo im Belvedere (Winckelmann, Geschichte der Kunst des Alterthums, Dresden 1764, S. 392f.) hin, mit der sich Moritz in den nicht in die Große Loge übernommenen Schlußabschnitten eingehender auseinandersetzt (vgl. KMA 3). 337,16–17 Zusammenfügung des Getrennten] Ein bei diesem Wiederabdruck des Aufsatzes fortgelassener Schlußabschnitt resümiert, daß die Werke der
bildenden Kunst selber schon die vollkommene Beschreibung ihrer selbst sind, welche nicht noch einmal wieder beschrieben werden kann. 〈…〉 W i n c k e l m a n n s Beschreibung vom Apollo im Belvedere zerreißt daher das Ganze dieses Kunstwerks (In wie fern Kunstwerke beschrieben werden können?, in: Monatsschrift AdK, 2. Jg. 1789, Bd. 2, S. 3; KMA 3).
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Das menschliche Elend Überlieferung 1. Textgrundlage J Das menschliche Elend. In: DW 1786 I, 6. St. (7. Februar), S. 81–89. D Das menschliche Elend. In: GL, S. 112–122. Grundlage für den edierten Text: D.
2. Varianten 337,19 Die wichtigsten Sachen] Ueber das Elend, welches die Menschen
nun seit Jahrtausenden, ohne es sich selber recht vorzustellen, erduldet haben, hat endlich der Professor Salzmann in Schnepfenthal bei Gotha, ein ganzes Buch geschrieben, worinn er alles gleichsam in einen Brennpunkt zusammenfaßt, was man sonst nur hie und da einzeln und zerstreut bemerkt hat. Um nun aber die versengenden Strahlen, welche dieser schreckliche Spiegel von sich werfen würde, in etwas wieder zu mildern, hat er seinen Gegenstand in den Flor der E r d i c h t u n g eingehüllt, und alles menschliche Elend in einen R o m a n gebracht, den er nach seinem Helden K a r l v o n K a r l s b e r g nennt, und von welchem schon eine zweite Auflage gemacht worden ist. Die wichtigsten Sachen J 337,20 manchmahl] manchmal J 337,21 Rathsversammlungen] Rathsversammlungen und Kollegiis J 337,22 zu erst] zuerst J 337,24 Kleinen] Kleinen, J 337,26 nach dem] nachdem J 338,1 allerlei] nun allerlei J 338,2 Elende] Elend J 338,3 Augenblicke] Augenblick J 338,4 plötzlich] plözlich J 338,5 auf einen einzigen Tag lang] a u f e i n e n e i n z i g e n Ta g l a n g J 338,5 Eigennuz] E i g e n n u t z J 338,11 Geleis] Gleis J
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338,12 war. –] war – J 338,13 werden. –] werden – J 338,15 Stachel] S t a c h e l J 338,16 auf. –] auf – J 338,18 des Thätigkeitstriebs] der Thätigkeitstriebe J 338,19 werden. –] werden – J 338,20 neuen] neuem J 338,20–21 gehen. – Die] gehen. – Die J 338,21–22 nieder gelegte] niedergelegte J 338,22 aufgesetzt] aufgesezt J 338,23 zusammen geschmiedet] zusammengeschmiedet J 338,24 herauf gewunden] heraufgewunden J 338,25 seinem vorigen Zustande] seinen vorigen Zustand J 338,28 Unterdrücker] U n t e r d r ü c k e r J 338,28 Unterdrückte] U n t e r d r ü c k t e J 338,29 freien Spielraum] f r e i e n S p i e l r a u m J 338,33 ungenutzten] ungenuzten J 338,33–34 erwecken. –] erwecken – J 339,1 Selbstthätigkeit] S e l b s t t h ä t i g k e i t J 339,3–4 Einrichtung – Der] Einrichtung – Der J 339,8 dessen] dessen, J 339,10 einzelnen] e i n z e l n e n J 339,12–13 legen. – Da] legen. – Da J 339,13 vereinzelt] v e r e i n z e l t J 339,14–15 Vereinzelung desselben durch die Zeit] Ve r e i n z e l u n g d e s selben durch die Zeit J 339,16 gegenwärtige Augenblick] g e g e n w ä r t i g e A u g e n b l i c k J 339,16 einzelne Mensch] e i n z e l n e M e n s c h J 339,16 wirklich] w i r k l i c h J 339,17 keine eigentliche Summe] k e i n e e i g e n t l i c h e S u m m e J 339,21 und] und J nnd D 339,22–23 bringt. – Das] bringt. – Das J 339,26–27 schließen – Kurz] schließen – Kurz J 339,28 winzig klein] w i n z i g k l e i n J 339,30–31 Leben. – Denen] Leben. – Denen, J 339,31 denen] denen, J
Die Texte im einzelnen
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339,32 wichtig] w i c h t i g J 339,33–340,1 Trost. – Die] Trost. – Die J 340,1 würden] werden J 340,2 selbst gewähltes] selbstgewähltes J 340,2–3 wolltest. – Daß] wolltest – daß J 340,3 Sclaven] Sklaven J 340,4–5 überhoben – Daß] überhoben – daß J 340,6–7 selber. – Es] selber. – Es J 340,7–8 kein Elend 〈. . .〉 mit sich führt,] k e i n E l e n d 〈. . .〉 m i t s i c h f ü h r t , welcher J 340,9 umstehenden] Umstehenden J 340,11 Was] was J 340,11 Mittelpunkte] Mittelpuukt J 340,12–13 zusammenfaßt? Du] zusammenfaßt? Du J 340,17 long –«] long – D long.« J 340,20–21 auflehnen – Ehe] auflehnen – Ehe J 340,23 gewissermassen] gewissermaßen J 340,23–24 seyn. Ich] seyn – ich J 340,25 so gar] sogar J 340,25 überwiegt.] überwiegt – J 340,26 das] daß J 340,28 nothwendig] n o t h w e n d i g J 340,28–29 wäre. Denn] wäre – denn J 340,29 wiederstehen] widerstehen J 340,30 Zufall der Geburt] Z u f a l l d e r G e b u r t J 340,34 tröstenden] tröstenden, J 340,34–341,8 daß es in der Macht des Menschen 〈. . .〉 Preis zu geben –] in J hervorgehoben 341,5 könne] k a n n J 341,5 jeden] j e d e m J 341,7 zurück zu ziehen] z u r ü c k z u z i e h e n J 341,9 voraus gesetzt] vorausgesezt J 341,10 Muthe] Muth J 341,11–12 anstellen. Aus] anstellen – Aus J 341,12 hergezogen] her gezogen J 341,13 Trotz] trotz J
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341,14 und] Und J 341,19 laße] lasse J 341,20 vorüberziehen] vorüber ziehen J 341,22–23 wird – Wie] wird – wie J 341,23 Mönchs-Klöster] Mönchsklöster J 341,27 entspringt] entsprang J 341,27 ein Traum] Traum J 341,28 indeß] indes J 341,29 bleibt. – – Solten] bleibt – – Sollten J
Stellenerläuterungen 337,18 Das menschliche Elend] Gegenüber dem Erstdruck in den Denkwürdigkeiten (DW 1786 I, 6. St., 7. Februar, S. 81–89) ist dieser Aufsatz um drei Absätze gekürzt, in denen sich Moritz auf Christian Gotthilf Salzmanns Roman Carl von Carlsberg oder über das menschliche Elend (6 Bde., Leipzig 1783–1788) bezieht: dieser werde von den meisten Menschen wohl mehr zum Zeitvertreib gelesen, obwohl er eigentlich als Aufforderung betrachtet werden sollte, der gemeinschaftlichen Noth in Zeiten zu Hülfe zu kommen (DW 1786 I, 6. St., S. 82f.; vgl. KMA 11). 337,27 Conchylien] Griech./Lat.: Schalentiere. 338,5 Selbstsucht und Eigennuz] Nach Thomasius ist es nicht nötig, auf ein Wunder zu warten, denn der Ursprung alles Unglücks ist nicht so wohl in dem Verstande des Menschen, als in seinem Willen zu suchen (Thomasius, Ausübung der Sittenlehre, S. 2). Auch die Zusammenhänge mit gesellschaftlichen Depravationsprozessen, auf die Rousseau hingewiesen hatte, werden hier nicht aufgegriffen. 338,12–13 Das Krumme 〈…〉 eben werden] Vgl. Lk 3,5; Jes 42,16. 338,26–28 wie soll 〈…〉 verstopft werden?] Anspielung auf Salzmanns Roman Carl von Carlsberg oder über das menschliche Elend (vgl. Erl. zu S. 337,18):
Nimm lieber ein Elend, das dich am mehresten erschüttert, heraus, mache es zum Gegenstande deiner Aufmerksamkeit, suche die Quelle desselben auf, und, wenn du sie gefunden hast, so denke auf Mittel, sie zu verstopfen (2. Bd., Leipzig 1784, S. 17). 339,17 Summe des Elendes] Die Frage danach, ob die Summe des Elends insgesamt die Summe der Güter überwiege, wurde im Zusammenhang mit dem Theodizee-Problem im 18. Jh. häufig gestellt und unterschiedlich beantwortet.
Die Texte im einzelnen
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Leibniz setzte sich in der Theodizee mit den Stellungnahmen der klassischen und kirchlichen Autoren auseinander und behauptete, daß das Übel 〈…〉 im Ver-
gleich zu dem Guten beinahe wie ein Nichts erscheinen wird, wenn man die wahre Größe des Gottesstaates bedenkt (Leibniz, PS II/1, S. 237). PierreLouis Moreau de Maupertuis kam dagegen in seinem Essai de philosophie morale zu dem Schluß, daß im gewöhnlichen Leben die Summe der Übel die Summe der Güter übersteige (Que dans la vie ordinaire la somme des maux surpasse celle des biens, in: Œuvres de Maupertuis. Nouvelle E´dition corrige´e & augmente´e. 4 Bde. Lyon 1768 [Reprint: Hildesheim 1974], Bd. 1, S. 201). Moritz dürfte diese These als Zitat in Johann Jacob Rousseau, Bürgers zu Genf Abhandlung von dem Ursprunge der Ungleichheit unter den Menschen in der Übersetzung von Moses Mendelssohn (Berlin: Voß, 1756) begegnet sein (Rousseau 2000, S. 194). Auch Basedow diskutierte die Frage im Elementarwerk und folgerte: Es ist mehr Gutes als Böses (Basedow 1880, S. 385–393). Der Anthropologe Ernst Platner (1744–1818) erklärte schließlich, daß die Meinungen zu dieser Frage vorurteilshaft sein müssen: Keine Philosophie wird je vermögend seyn, die Mei-
nung der Menschheit von dem Uebergewicht des Elends merklich zu schwächen. Denn diese Meinung selbst ist eine von der göttlichen Weisheit angeordnete Täuschung (Ernst Platners Philosophische Aphorismen nebst einigen Anleitungen zur philosophischen Geschichte. Ganz neue Ausarbeitung, 1. Teil, Leipzig 1793, S. 610). 340,16–17 Man wants but 〈…〉 that little long] Zitat aus dem von Moritz geschätzten humoristischen Roman The Vicar of Wakefield. A Tale. Supposed to Be Written by Himself (London 1766) des brit. Schriftstellers Oliver Goldsmith (1728–1774); vgl. KMA 1, Kommentar, S. 1059f. Übs.: Der Mensch braucht wenig, und auch das nur eine kurze Zeit (Oliver Goldsmith, Der Dorfprediger von Wakefield. Eine Geschichte, die er selbst geschrieben haben soll, Leipzig 1796, S. 81). Goldsmith zitiert darin eine Zeile aus Edward Youngs The Complaint: or Night Thoughts on Life, death & Immortality. Night the Fourth, London 1744, S. 9 (zu Young vgl. KMA 1, Kommentar, S. 955). 340,26–28 Ich fühle 〈…〉 unglücklich wäre] Rousseau hatte im Mitleid 〈…〉
eine allgemeine und dem Menschen ungemein nützliche 〈natürliche〉 Tugend erkannt, aus der allein alle gesellschaftlichen Tugenden entspringen (Johann Jacob Rousseau Bürgers zu Genf Abhandlung von dem Ursprunge der Ungleichheit unter den Menschen, Berlin: Voß, 1756; Neudruck, hrsg. v. Ursula Goldenbaum, Weimar 2000, S. 128).
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341,7 Zufall] Vgl. Erl. zu S. 225,21. 341,12 Veste] Vgl. Erl. zu S. 123,30.
Die Säule Überlieferung 1. Textgrundlage J
Moritz: Sind die architectonischen Zierrathen in den verschiedenen Säulenordnungen willkührlich oder wesentlich? In: Monats-Schrift der Akademie der Künste und mechÇanischenÈ Wissenschaften zu Berlin. Herausgegeben von K. P. Moritz und J. A. Riem. Zweyten Jahrgangs erstes Stück, 1789, S. 29–34. D1 Die Säule. In: Vorbegriffe zu einer Theorie der Ornamente von Karl Philipp Moritz. Mit Kupfern. Berlin, 1793. in Karl Matzdorff’s Buchhandlung, S. 18–24. D2 Die Säule. In: GL, S. 123–130. Grundlage für den edierten Text: D2.
2. Varianten 342,1 Die Säule.] Sind die architectonischen Zierrathen in den verschiedenen Säulenordnungen willkührlich oder wesentlich? J 342,2 Unter] Um diese Frage zu beantworten, dürfen wir nur den Begriff von Zierrath gehörig entwickeln. Unter J 342,2 überflüßige] Ueberflüßige J Ueberflüßige D1 342,4–5 fält. Durch] fällt. Durch J1 fällt. Durch D1 342,6 bey] bei D1 342,8 Fremdartiges] F r e m d a r t i g e s J fremdartiges D1 342,9–10 Sache selbst] Sache D1 342,12 Sache] Sache selbst J 342,12 wieder erkennen] wiedererkennen J 342,13–14 wieder finden. Je] wiederfinden. Je J 342,18 korinthischen] corinthischen J
Die Texte im einzelnen
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342,20–22 zurückkrümmen. – Das] zurückkrümmen. – Das J 342,22 jonischen] ionischen J 342,24–25 Blätter. Das] Blätter. – Das J 342,26 Auswuchs,] Auswuchs D1 342,30 tragen blos] t r a g e n bloß J 342,30 Gebälck – Die] Gebälk – die J Gebälke – Die D1 342,31 jonische] ionische J 342,31 korinthische] cvrinthische D2 corinthische J korinthische D1 342,32 heben] h e b e n J 342,32 Gebälck empor] Gebälk e m p o r J Gebälk empor D1 343,5 korinthische] corinthische J 343,5 schlankeste] schlankste J D1 343,7 tragen; nun] tragen. Nun J 343,9 geendigt] geendiget J 343,11 dies] dieß J 343,12 bey] bei D1 343,12–13 selbst. Die] selbst. Die J 343,13 Sprößlinge aber] Sprößlinge aber, J Sprossen aber, D1 343,17 zurückkrümmen,] zurückkrümmen D1 343,18 oberwärts] von oberwärts D1 343,19 bey der korinthischen] bey der corinthischen J bei der korinthischen D1 343,24–25 Eben deswegen] eben deswegen J Eben deßwegen, D1 343,27 Früchte,] Früchte J D1 343,27 geschloßen] geschlossen J D1 343,29 Haupt,] Haupt D1 343,29 schwer beladnen] schwerbeladenen J schwer beladenen D1 343,30 Aufmerksamkeit,] Aufmerksamkeit J 343,32 fremdes] Fremdes J 343,33–344,1 werden. Denn] werden. Denn J 344,2 gemein,] gemein; J 344,4 tragen] tragen, D1 344,5 Frucht,] Frucht; J1 344,6 leichten] leichtem J D1 344,6 entgegen strebt] entgegenstrebt J 344,8 selbst,] selbst D1
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344,9 korinthischen] corinthischen J 344,10 Federnschmuck] Federschmuck J Federnschmuck D1 Fedenschmuck D2 344,10 das] das J D1 des D2 344,11 unterbrochen] u n t e r b r o c h e n J 344,14–15 wird. Bei allem aber] wird. Bey allem aber J wird. Bei allem aber, D1 344,18 korinthische] corinthische J 344,20 gehemmt] gehemmt, J D1 344,20 Drucke] Deckel J D1 344,21 zurückkrümmen] zurück krümmen D1 344,22–23 haben. – In] haben. – In J 344,25 Gebälck] Gebälk J D1 344,25 gewissermaßen] gewissermaaßen J 344,26 in seiner] seiner J D1 344,28 jonische] ionische J 344,29 sanftentgegenstrebend] sanftentgegenstrebend, D1 344,31 korinthischen] corinthischen J 344,31 Gebälck] Gebälk J D1 344,32 schwebend] s c h w e b e n d J D1 344,32–33 trägt. – Sie] trägt. – Sie J 344,34–345,1 zurück. Durch] zurück. Durch J D1 345,2 korinthische] corinthische J 345,5 zarten Sproßen] zarte Sprossen D1 345,6 bei] bey J 345,7 Druck] Drucke D1 345,7–8 wiedersteht] widersteht J
Stellenerläuterungen 342,1 Die Säule] Dieser Aufsatz wurde zuerst für die Monats-Schrift der Akademie der Künste und mechanischen Wissenschaften zu Berlin (2. Jg. 1789, Bd. 3, S. 29–34) geschrieben. Moritz hat beim Wiederabdruck darauf verzichtet, die freimaurerischen Konnotationen des Themas zu ergänzen, obwohl das Symbol der Säule in den Freimaurerritualen eine wichtige Rolle spielt. Diese beziehen sich auf die beiden Säulen am Eingang des salomonischen Tempels; Weisheit, Schönheit und Stärke gelten als die tragenden Säulen des symbolischen Baus der Freimaurer (vgl. Lennhoff/Posner, Sp. 1680f.; Gesetze und Statuten, S. 142).
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342,25 toskanischen] Die Bauart, welche in den alten Zeiten bey den Hetruskern im Gebrauch gewesen ist (Sulzer 4, S. 553). 343,17 ihren Wachsthum] Vgl. Erl. zu S. 331,34.
Zufälligkeit und Bildung Überlieferung 1. Textgrundlage J
Vom Isoliren, in Rücksicht auf die schönen Künste überhaupt. In: Monats-Schrift der Akademie der Künste und mechÇanischenÈ Wissenschaften zu Berlin. Herausgegeben von K. P. Moritz und J. A. Riem. Zweyten Jahrgangs zweytes Stück, 1789, S. 66f. D Zufälligkeit und Bildung. In: GL, S. 131–133. Grundlage für den edierten Text: D.
2. Varianten 345,9 Zufälligkeit und Bildung] Vom Isoliren, in Rücksicht auf die schönen Künste überhaupt J 345,10 Begriffe] Begriff J 345,11 sich dadurch allein] dadurch allein sich J 345,14 herzieht] her zieht J 345,19 Bedeckung] Bedeckung J Bedecknug D 345,30 laßen] lassen J 346,3 reitzend] reizend J 346,5 wird.] wird. – J 346,8 an. –] an. – Anwendung des Begriffs vom Isoliren auf die Verzie-
rungen. Der Rahmen ziert ein Gemählde, weil er es isolirt, es aus der umgebenden Masse der übrigen Dinge heraushebt, und es als einen vorzüglichen Gegenstand der Aufmerksamkeit uns darstellt. Alle E i n f a s s u n g e n zieren, indem sie das Eingefaßte isoliren, es aus der umgebenden Masse von Dingen sondern, und es als etwas vorzüglich unsrer Aufmerksamkeit würdiges, bezeichnen.
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So ziert der Saum das Kleid, der Ring den Finger, der Kranz das Haupt. Das eigentlich Fassende selbst, die Vase, dienet daher schon an sich zur Zierrath, weil sie den Begriff des I s o l i r e n d e n i n s i c h f a s s e n s durch sich selbst bezeichnet. Die Form der Vase ergiebt sich von selber aus der natürlichen Idee des Fassens. Was fassen will, eröfnet, erweitert sich allmählig – denn wenn es gleich unten so weit, wie oben wäre, so würde es sich mehr leidend als thätig zu verhalten scheinen, und den l e b e n d i g e n Begriff des Fassens nicht bezeichnen. Dieser Begriff des Fassens mahlt sich am deutlichsten an dem Kelch der Blumen, der sich nach oben zu über sich selbst zurückbiegt, um noch mit dem äußersten Rande die fallenden Thautropfen aufzufassen, und nichts vorbeyzulassen, was sich von oben seiner Umgebung nähert. Es war daher auch bey den Alten die natürlichste und am nächsten liegende Idee, die Vasen gleich von unten auf dem Kelch der Blumen ähnlich zu bilden. So wie nun das Fassende sich von unten allmählig erweitert und aus einander tritt, so ist es auch natürlich, daß es sich nach oben zu wieder etwas zusammenziehe, um das Gefaßte aufzubewahren, und von obenher zu schützen. Trägt nun die Vase den Charakter des Aufbewahrens, so muß sie sich später und enger unter ihrem Rande, oder ihrer Vollendung, zusammenziehen. Trägt sie die Spur des Schöpfens, so muß sie sich kaum merklich unter ihrem Rande in sich selber schmiegen. Ist sie bloß darreichend, so muß ihre Erweiterung nach dem Rande zu durch gar keine Einziehung unterbrochen werden. J Stellenerläuterungen 345,9 Zufälligkeit und Bildung] Erstdruck unter dem Titel Vom Isoliren, in Rücksicht auf die schönen Künste überhaupt, in der Monats-Schrift der Akademie der Künste und mechanischen Wissenschaften zu Berlin, 2. Jg. 2. St., 1789, S. 66f. Darin wird der Aufsatz mit der Anwendung des Begriffs vom Isoliren auf die Verzierungen weitergeführt.
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Schlafen und Wachen Überlieferung 1. Textgrundlage J Schlafen und Wachen. In: DW 1786 I, 9. St. (28. Februar), S. 138–141. D1 Schlafen und Wachen. In: Lesebuch für Kinder von K. P. Moritz als ein
Pendant zu dessen A B C Buch, welches zugleich eine natürliche Anleitung zum Denken für Kinder enthält. Mit Churfürstl. Sächsisch. Gnädigster Freiheit. Berlin, 1792. Bey Christian Wilfried Schöne, S. 59–61 (entspricht S. 346,26–347,25 in vorliegendem Bd.). D2 Schlafen und Wachen. In: GL, S. 134–137. Grundlage für den edierten Text: D2.
2. Varianten 346,10–25 Hat sich denn mein ganzes Leben 〈. . .〉 hereinbrechen wird.] fehlt in D1 346,11 zusammen gedrängt] zusammengedrängt J 346,14 reitzende] reizende J 346,16 jetzt] jezt J 346,17 jetzt] jezt J 346,21 ruht] ruhet J 346,22 fest geknüpften] festgeknüpften J 346,26 rauschen. –] rauschen – J D1 346,26 Das] das J 346,30 empor. –] empor. D1 346,31 leblose] l e b l o s e D1 346,32 immer wiederkehrenden] immerwiederkehrenden J 347,1 unbeschadet der] da hingegen die D1 347,2 die] als der Umlauf des Bluts, das Schlagen des Herzens u. s. w. D1 347,4 bei Tag’] bey Tag D1 347,5 fortwähret. –] fortwähret. D1 347,6 einer] eine J
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347,6 einer] eine J 347,9 dauert. –] dauert – J D1 347,9 grenzt] gränzt J D1 347,10 das Organisirte und Wachsende] das Organisirte und Wachsende, J fehlt in D1 347,10 so wie] nur eines nicht so oft wiederkehrenden Schlummers, als J als D1 347,12 grenzt] gränzt J D1 347,13 Erquickung,] Erquickung; D1 347,14–15 Blutumlauf] Blutsumlauf D1 347,16–22 Was von den bewegenden Kräften 〈. . .〉 sollen. –] fehlt in D1 347,18–19 Unorganisirte] Unorgainsirte D2 347,21–22 in einen Brennpunkt zusammen gedrängt] i n e i n e n B r e n n punkt zusammengedrängt J 347,23–24 etwas Größeres und Erhabneres] wunderbarer D1 347,25 Erdboden. –] Erdboden. D1 347,26–34 Wunderbar 〈. . .〉 stünde?] fehlt in D1 347,30 hinweg zu geben] hinwegzugeben J 347,32 Würd] Würd’ J 347,33 Jahre lange] Jahrelange J
Stellenerläuterungen 346,9 Schlafen und Wachen] Erstdruck 1786 in der Zeitschrift Denkwürdigkeiten (DW 1786 I, 9. St., 28. Februar, S. 138–141).
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Der Logos Überlieferung 1. Textgrundlage D1 ÇOhne TitelÈ. In: ÇKarl Philipp Moritz,È Andreas Hartknopf. Eine Allegorie.
Non fumum ex fulgore / Sed ex fumo dare licem. Berlin, 1786. bei Johann Friedrich Unger, S. 38–40. D2 Der Logos. In: GL, S. 138f. Grundlage für den edierten Text: D2.
2. Varianten 348,5–6 ist – Unser] ist – Lieber Vetter, unser D1 348,9–10 hervorgerufen – Es] hervorgerufen – Es D1 348,11 ausgehet. –] ausgehet – D1 348,13–14 eins – Das] eins – Das D1 348,16–17 Gottes – Wir] Gottes, und – Vetter, wir D1 348,18 und] und D1 nud D2 348,19 sagen.] sagen! D1 348,23 denkt] denkt, D1 348,23–24 thut. Wer] thut. – – Wer D1 348,24 deßen] dessen D1 348,25 Seele] Seel’ D1 348,28 Mittagshitze. –] Mittagshitze – D1
Stellenerläuterungen 348,1 Der Logos] Erstdruck in Moritz’ Roman Andreas Hartknopf (AH, S. 38–40; KMA 2). 348,3–5 es war im Anfange 〈…〉 gemacht ist] Joh 1,1–3. Obwohl der Schutzpatron der Johannislogen Johannes der Täufer ist, wird auch an Johannes den Evangelisten häufig erinnert. 348,6 ein großes Wort] Nach der Hiram-Legende (vgl. S. 298,1 und Erl.) ging dem Baumeister des salomonischen Tempels ein bestimmtes Wort verloren, »das
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Die große Loge
nicht anders als ein Zauberwort aufgefaßt werden kann, das ihm seine Mörder abringen wollten und das dank seiner Beharrlichkeit mit seinem Tod verlorenging« (Lennhoff/Posner, Sp. 1723). Die Suche nach diesem ›verlorenen Wort‹ steht für die Suche des Freimaurers nach Licht und Wahrheit. 348,11–13 Viere sind 〈…〉 diese viere sind eins] Anspielung auf 1 Joh 5,7–8. Moritz persiflierte hier das sogenannte ›comma johanneum‹, einen trinitarischen Einschub in den ersten Johannes-Brief, der zuerst von dem spanischen Asketen Priscillian (um 340–385) bezeugt ist: Und drei sind, die da zeugen im Himmel:
der Vater, das Wort und der Geist, und die drei sind eins in Jesus Christus (vgl. Jahnke 1983, S. 141). Das ›comma johanneum‹ steht für das Schlüsselproblem der Aufklärungstheologie: die kritische Haltung gegenüber der Überlieferung. Auseinandersetzungen mit diesem Problem begegnet man nicht selten auch in autobiographischen Schriften von Theologen (z. B. Carl Friedrich Bahrdt, Geschichte seines Lebens; seiner Meinungen und Schicksale [1790/91], Berlin 1922, S. 139f.). Moritz konnte sich im brittischen Museum in London selbst davon überzeugen, daß eine der ältesten und umfangreichsten griechischen Bibelhandschriften, der ›codex alexandrinus‹, diesen Einschub noch nicht enthält (RDE, S. 69; vgl. KMA 5/1). 348,14–16 Das Wort 〈…〉 Sohnes Gottes] Joh 1,14. 348,18 Die Weisheit 〈…〉 auf den Gassen] Spr 1,20. 348,20 Worte des Lebens] Joh 6,63 u. 6,68.
Beim Abschiede des Jahres 1785 Überlieferung 1. Textgrundlage J
Zum Anfange des 1785sten Jahres. In: Königlich privilegirte Berlinische Zeitung von Staats- und gelehrten Sachen Ç= »Vossische Zeitung«È. 1tes Stück. Sonnabends, den 1ten Januar 1785, S. Ç1È. D Beim Abschiede des Jahres 1785. In: GL, S. 140–142. Grundlage für den edierten Text: D.
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2. Varianten 349,1 Beim Abschiede des Jahres 1785] Zum Anfange des 1785sten Jah-
res J 349,2–3 –] Schweig noch, du frohes Saitenspiel – denn heute
Ist unser erster Wunsch für Ihn, Den Vater Seines Volkes – und der zweite Für unsre theure Königin. Daß lange noch Sein Scepter uns beglücke, Den Er mit Macht und Weißheit führe, Und daß Sie lange noch ein Volk entzücke, Von dem Sie angebetet wird. J 349,4 – Und] Und J 349,15 davon. –] davon. J 349,24 in] im J 350,5 wen’gen] wenig J 350,6 noch! –] noch! J Stellenerläuterungen 349,1 Beim Abschiede des Jahres 1785] Erstdruck des Gedichts in der »Vossischen Zeitung«, 1. St., 1. Januar 1785, S. 〈1〉 (KMA 10). Diese erste Fassung des Neujahrsgedichts begann mit zwei Glückwunschversen auf König und Königin, bei der Wiederveröffentlichung werden sie durch Auslassungsstriche ersetzt.
Die Symbole der Maurerei Überlieferung 1. Textgrundlage D Die Symbole der Maurerei. In: GL, S. 143–145. d Die Symbole der Maurerei. In: ÇKarl Friedrich Klischnig,È Freymaurerische
Blumenlese. Ein Johannisgeschenk für alle ächte Maurer vom Redner der Loge zum flammenden Stern, Berlin 1799, S. 77–80. Grundlage für den edierten Text: D.
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2. Varianten 350,10 Maurerei,] Maurerei d 350,18 auseinander] aus einander d 350,21 gehaltener] gehaltner d 350,23 Seele. –] Seele. d 350,24 sind,] sind; d 350,25 alles] Alles d 350,26 seyn. –] seyn. d 350,26–27 versammlen – schnell] versammeln. Schnell d 350,29 beiden] beyden d 351,1 Weisheit] Weisheit, d 351,3 schlummert] schlummert, d 351,4 Höchste] Höchste, d 351,5 giebt? –] giebt? d 351,6 welches] welches, d
Stellenerläuterungen 350,9 Die Symbole der Maurerei] Diese Freimaurerrede hat Karl Friedrich Klischnig 1799 als sein geistiges Eigentum reklamiert und in seiner Freymaurerischen Blumenlese noch einmal veröffentlicht (〈Karl Friedrich Klischnig,〉
Freymaurerische Blumenlese. Ein Johannisgeschenk für alle ächte Maurer vom Redner der Loge zum flammenden Stern, Berlin 1799, S. 73). 350,26 hoch Mittag] Wann ist voll Mittag? 〈…〉 Wenn die Loge gehörig geöfnet ist (Gesetze und Statuten, S. 139). Vgl. auch Erl. zu S. 291,14. 350,28 voll Mitternacht] Wann ist endlich voll Mitternacht? 〈…〉 Wenn die Loge geschlossen und den Unkundigen erlaubt ist, sich zu nahen (Gesetze und Statuten, S. 139). Vgl. auch Erl. zu S. 291,14. 350,29–30 beiden Schläge 〈…〉 nach tönt] Mit wie viel Schlägen klopfet
ein Freymaurer? 〈…〉 Mit drei Schlägen, die beiden ersten gemäßigt und geschwind nacheinander, den dritten in einer kleinen Pause nach dem ersten mit Nachdruck (Gesetze und Statuten, S. 138). Vgl. auch Erl. zu S. 291,1. 350,32 Kinderjahre] Wie alt ist der Freymaurer-Lehrling? Allzeit minderjährig. 〈…〉 Wie alt sind Sie Meister? 〈…〉 Sieben Jahr und etwas drüber. 〈…〉 Warum antworten Sie so? 〈…〉 Weil Salomo nach 7 Jahren den Tempelbau vollendete (Gesetze und Statuten, S. 143; 246).
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Thubalkain Überlieferung 1. Textgrundlage D1 ÇOhne TitelÈ. In: ÇKarl Philipp Moritz,È Andreas Hartknopf. Eine Allegorie.
Non fumum ex fulgore / Sed ex fumo dare licem. Berlin, 1786. bei Johann Friedrich Unger, S. 106–108. D2 Thubalkain. In: GL, S. 146–148. Grundlage für den edierten Text: D2.
2. Varianten 351,13 Die alte Natur] So viel habe ich schon verrathen, daß H a r t k n o p f seines Handwerks ein Priester und ein Grobschmidt war – seiner leiblichen Geburt nach war er nehmlich ein Grobschmidt – seiner geistlichen Geburt nach aber ein Priester, von Kindheit auf geweiht, kein Unheiliges anzurühren, um einst in Unschuld und Reinigkeit des Herzens in dem großen Tempel des Heiligen und Wahren als ein Priester Gottes zu dienen. T h u b a l k a i n war sein großer Ahnherr – man fand diesen Nahmen in sein Petschaft eingegraben, und auf dem Taschenmesser stand er auch, das er sich selbst geschmiedet hatte – denn Messer konnte er auch schmieden. Da er noch ein Kind war, lernten seine zarten Hände zuerst mit dem großen schweren Hammer spielen, der er kaum zu heben vermochte – aber sein Arm wurde früh nervigt, und stark; bald mußte unter seinen wiederhohlten Schlägen der Ambos seufzen, und das glühende Eisen geschmeidig werden. – Der Nagel war das erste, was durch seine Hände aus der unförmlichen Masse Bildung und Form erhielt, die Fugen des losen zu befestigen, das zertrennliche unzertrennbar zu machen, und auf die Weise eine Schöpfung neuer Wesen zusammenzuzwängen, worüber die alte Natur erstaunt, D1 351,14 ihren Schoße] ihrem Schooß D1 351,21 Schoße] Schooß D1 351,23 deßen] dessen D1
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Die große Loge
351,23 hingleitet. –] hingleitet. D1 351,25 Willkür gesetzt] Willkühr gesetzt. – D1 351,26 Thubalkain] T h u b a l k a i n D1 351,27–28 Erndtetagen,] Erndtetagen – D1 352,2 Eichenstämme] Eichstämme D1 352,9 Thubalkain!] T h u b a l k a i n ! D1
Stellenerläuterungen 351,12 Thubalkain] Der Text stammt aus dem Roman Andreas Hartknopf, dessen Titelheld seines Handwerks ein Priester und ein Grobschmidt war (AH, S. 105; KMA 2). Thubalkain ist der Name eines Nachkommen von Kain; vgl. Gen 4,22: ›Die Zilla aber gebar auch, nämlich den Thubalkain, den Meister in allerlei Erz- und Eisenwerk.‹ Im Schwedischen (Zinnendorfschen) System der Freimaurerei ist Thubalkain das Lehrlingslosungswort, zum Andenken an den ersten
Künstler zu allerlei Eisenarbeit, und der zuerst allerhand Werkzeuge verfertigt hat, um Steine zum Bau damit zu behauen (Gesetze und Statuten, S. 134). 351,31–32 Flötenspieler] Der Halbbruder Thubalkains hieß Jubal, von dem sind hergekommen die Geiger und Pfeifer (Gen 4,21).
List ist nicht Seelenstärke Überlieferung 1. Textgrundlage J
List und Verstellung. In: Königl. privilegirte Berlinische Staats- und gelehrte Zeitung Ç= »Vossische Zeitung«È, 35. St., 22. März 1785, S. 3. D List ist nicht Seelenstärke. In: GL, S. 149f. Grundlage für den edierten Text: D.
Die Texte im einzelnen
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2. Varianten 352,10 List ist nicht Seelenstärke] List und Verstellung J 352,13 Kunstgriffe] Kunstgriffe, J 352,15 erstreckt] erstrecket J 352,15 Thiere – das] Thiere. Das J 352,16 listig,] listig J 352,17 edlern,] edlern J 352,22 allumfaßende] allumfassende J 352,22 Menschen] Menschen, J 352,24 listigen] sehr listigen J 352,24 G e n i e ] Genie J 352,26 so wohl] sowohl J 352,27 als,] als J 352,29–30 h a l b i r t e s ] halbirtes J
Stellenerläuterungen 352,10 List ist nicht Seelenstärke] Diese kurze moralische Glosse erschien zuerst am 22. März 1785 in der »Vossischen Zeitung«, eingerückt zwischen aktuellen Nachrichten und der folgenden Rubrik von gelehrten Sachen. Der Satz
Darum ist es falsch, wenn man einem sehr listigen Spitzbuben, G e n i e zuschreibt, deutet auf einen bestimmten Anlaß, wahrscheinlich auf eine Theaterrolle, deren Charakterisierung Kritik hervorrief. In Frage käme die Rolle des Mohren Hassan in Schillers Trauerspiel Die Verschwörung des Fiesko zu Genua. Dieses Stück wurde in Berlin seit dem 8. März 1784 in der 1784 gedruckten Fassung von Plümicke bis 1785 insgesamt sechzehnmal aufgeführt. Der Mohr wird mehrmals sowohl als Spitzbube als auch als Genie bezeichnet (Die Verschwö-
rung des Fiesko. Ein republikanisches Trauerspiel in fünf Aufzügen von F. Schiller. Für die Bühne bearbeitet, von C. M. Plümicke. Zwote Auflage, Breslau 1792, S. 35–37).
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Die große Loge
Die Heuchelei ist ein Tribut, den das Laster der Tugend bezahlt Überlieferung 1. Textgrundlage J
Heuchelei. In: Königl. privilegirte Berlinische Staats- und gelehrte Zeitung Ç= »Vossische Zeitung«È, 39. St., 31. März 1785, S. 3. D Die Heuchelei ist ein Tribut, den das Laster der Tugend bezahlt. In: GL, S. 151f. Grundlage für den edierten Text: D.
2. Varianten 353,1–2 Die Heuchelei 〈. . .〉 bezahlt] Heuchelei J 353,7 Geizhals] Geizhalz J 353,9 davon] davon, J 353,10 Betrüger] Betrieger J 353,15 Betrüger] Betrieger J 353,18 b e z a h l t ] b e z a h l e t J
Stellenerläuterungen 353,1–2 Die Heuchelei 〈…〉 Tugend bezahlt] Erstdruck in der »Vossischen Zeitung«, 39. St., 31. März 1785, S. 3. Der Titel ist die Übersetzung einer Maxime des frz. Moralisten Franc¸ois de La Rochefoucauld (1613–1680): L’hypocrisie est un homage que le vice rend a` la vertu (Franc¸ois de la Rochefoucauld, Maximen und Reflexionen. Französisch und Deutsch, übersetzt u. mit einem Anhang versehen von Jürgen v. Stackelberg, München 1987, S. 78), übersetzt: Die Heucheley ist eine Art von Huldigung, welche das Laster der Tugend leistet (Des
Herzogs de la Rochefoucault moralische Maximen mit Anmerkungen. Aus dem Französischen, Wien u. Leipzig 1784, S. 193). Die deutsche Fassung hat Moritz nicht zitiert, denn er hat die Maxime offenbar zuerst in englischer Übersetzung kennen gelernt. In dieser Form (Hypocrisy is a Kind of Hommage, that Vice pays to Vertue) findet der Satz sich im Anhang seiner Englischen Sprachlehre für die Deutschen (1784, S. 217; KMA 8). Alle dort aufgeführten 310
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Maxims and various Reflections (ebd., S. 197–234), darunter etwa ein Drittel von La Rochefoucauld, stammen aus einer häufig aufgelegten Beispielsammlung von John Tompson: English Miscellanies consisting of various pieces of divinity, morals, politicks, philosophy and history; as likewise of some choice poems; all collected out of the most approved authors in the English tongue, the third edition carefully revised and corrected, Göttingen 1755 (Den Hinweis auf Tompson verdanke ich Ute Tintemann).
Ueber den Begriff des in sich selbst Vollendeten Überlieferung 1. Textgrundlage J
Moritz: Versuch einer Vereinigung aller schönen Künste und Wissenschaften unter dem Begriff des i n s i c h s e l b s t Vo l l e n d e t e n . In: Berlinische Monatsschrift. ÇBd. 5È 1785. Drittes Stük. März, S. 225–236. D Ueber den Begriff des in sich selbst Vollendeten. In: GL, S. 153–168. Grundlage für den edierten Text: D.
2. Varianten 353,19 Ueber den Begriff des in sich selbst Vollendeten.] Versuch einer
Vereinigung aller schönen Künste und Wissenschaften unter dem Begriff des i n s i c h s e l b s t Vo l l e n d e t e n . An Herrn Moses Mendelssohn J 353,20–28 Es ist wohl wahr 〈. . .〉 Angenehmen.] fehlt in J 353,24 verlieren sich] verlierensich D 353,29 Nachahmung] N a c h a h m u n g J 353,30 Hauptendzweck der schönen Künste] Hauptendzwek der schönen Künste und Wissenschaften J 353,30 Zweck] Zwek J 353,31 Vergnügens] Ve r g n ü g e n s J 354,3–4 Absicht. – Nun] Absicht. – Nun J 354,6 so wohl] sowohl J 354,8 mir,] mir J
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354,9–10 Vernügen. Ich] Vergnügen. Ich J 354,13–14 Zweck bin. Der] Zwek bin. Der J 354,15 Zweck] Zwek J 354,16–17 wird. – Bei] wird. – Bei J 354,17 Zweck] Zwek J 354,18 zurück] zurük J 354,19 in sich 〈. . .〉 Vollendetes] i n s i c h s e l b s t Vo l l e n d e t e s J 354,20 um sein selbst Willen] u m s e i n s e l b s t w i l l e n J 354,21 so wohl Beziehung] sowohl eine Beziehung J 354,23 selbstwillen] selbst willen J 354,24 gewährt] gewähret J 354,25–26 Nützliche. Das] Nützliche. Das J 354,27 seltener.] seltner. Jenes haben wir, in gewissem Verstande, mit den Thieren gemein; dieses erhebt uns über sie. J 354,28 Zweck] Zwek J 354,28 außer] a u ß e r J 354,29 andern] anderm J 354,29 deßen] dessen J 354,31 äußern Zweck] ä u ß e r n Zwek J 354,31–32 haben. Und] haben. Und J 354,32 Zweck] Zwek J 354,34–355,1 Betracht. Wenn] Betracht. Wenn J 355,2 bekümmere] bekümmre J 355,3–4 um das Heft] des Griffes J 355,4 Messer;] Messer: J 355,4 darauf] darauf, J 355,5 Uhr] Uhr, J 355,5 das Heft] die Klinge J 355,5 Messer] Messer, J 355,5 falle,] fällt J 355,6 Zweck] Zwek J 355,10 Zwecks] Zweks J 355,10–11 Werth. Mit] Werth. Mit J 355,11 Zweck] Zwek J 355,12 Zweck] Zwek J 355,13–14 gleichgültig. Ich] gleichgültig. Ich J
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355,14 fern] ferne J 355,15 gebrauchen] brauchen J 355,17–18 umgekehrt. Dieses] umgekehrt. Dieses J 355,18 Zweck] Zwek J 355,19 andern] anderm J 355,19 eigenen] eignen J 355,22–23 kann. Wir] kann. Wir J 355,24 unserer] unsrer J 355,27–28 bestehen. Jemehr] bestehen. Jemehr J 355,29 selbstwillen] selbst willen J 355,30 Daseyn] volles Dasein J 355,30–31 geben. Denn] geben. Denn J 355,33–356,1 hinein. Daher] hinein. Daher J 356,4–5 Augen. Empfänden] Augen. Daher das Mißvergnügen bei einem
leeren Schauspielhause, wenn auch die Vorstellung noch so vortreflich ist. Empfänden J 356,6 selbstwillen] selbst willen J 356,7–8 würde? Wir] würde? Wir J 356,8–9 Bewunderer] Bewundrer J 356,10 so gar] sogar J 356,10 Anblick] Anblik J 356,11 danieder getreten] darniedergetreten J 356,12 Blick] Blik J 356,12–13 wird. – Auch] wird. – Auch J 356,13–14 angenehme Vergessen unserer selbst bei der] a n g e n e h m e Ve r g e s s e n u n s r e r s e l b s t bei J 356,17 unsre] alle unsre J 356,17–18 einräumen. Während] einräumen. Während J 356,21 unserer] unsrer J 356,22–23 gewährt. Wir] gewährt. Wir J 356,23 Augenblick] Augenblik J 356,24 Daseyn] Dasein J 356,25 Liebe] L i e b e J 356,26–27 seyn soll. Jede] sein soll. Jede J 356,29 verloren] verlohren J 356,30 besondre] specielle J
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356,31 hinweg denke] hinwegdenke J 356,32 selbstwillen] selbst willen J 356,33–357,1 sey. – So] sei. – So J 357,1 Liebe,] Liebe J 357,1 edlen] edeln J 357,2 gewißermaßen] gewissermaßen J 357,3–4 Manne von Geschmack] Mann von Geschmak J 357,6–7 verlieren. Wir] verlieren. Wir J 357,9 seyn] sein J 357,10 seyn] sein J 357,12–13 schön. Nun] schön. Nun J 357,13 Unzweckmäßige] Unzwekmäßige J 357,14–15 machen. Wo] machen. Wo J 357,15 Zweck] Zwek J 357,16–17 so bald] sobald J 357,17 erwecken soll; oder,] erwekken soll; oder: J 357,17–19 in den einzelnen Theilen 〈. . .〉 Ganze soll?] i n d e n e i n z e l n e n
Theilen desselben so viel Zwekmäßigkeit finden, daß ich vergesse zu fragen, wozu nun eigentlich das Ganze soll? J 357,20 sein] sein J seyn D 357,22 Zweckmäßigkeit] Zwekmäßigkeit J 357,22 Zweckmäßigkeit] Zwekmäßigkeit J 357,23 seyn] sein J 357,23 seyn] sein J 357,24 Zweckmäßigkeit] Zwekmäßigkeit J 357,28 Vergnügen,] Vergnügen J 357,29 erwecken] erwekken J 357,30 unvollkommener] unvollkommner J 357,31–32 verdorbenem Geschmack] verdorbnem Geschmak J 357,34–358,1 werden? Ist] werden? Ist J 358,2 Zweck] Zwek J 358,2 seyn könnte] sein konnte J 358,3 erweckt] erwekt J 358,3–4 mußte. Nur] mußte. Nur J 358,9 bestätigt] bestätiget J 358,9–10 soll. Wenn] soll. Wenn J
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358,10 ein nicht so sehr untergeordneter Zweck] nicht ein s o s e h r u n tergeordneter Zwek J 358,14 Schönheit] Schönheiten J 358,15–16 aufopfert? – Sagt] aufopfert? – Sagt J 358,16 Künstler aber:] Künstler: aber J 358,16 gefällt,] gefällt J 358,17 erweckt] erwekt J 358,17 Zweck] Zwek J 358,18 Weil] weil J 358,18 Zweck] Zwek J 358,19 kann vielleicht ein Zeichen] k a n n v i e l l e i c h t e i n Z e i c h e n J 358,20 Zweck] Zwek J 358,20–21 hast. War] hast. War J 358,21 Zweck] Zwek J 358,22 bewirken woltest] bewürken wolltest J 358,23 Werkes] Werks J 358,24 verdächtig] sehr verdächtig J 358,25 Aber] aber J 358,26 Zweck] Zwek J 358,29 zurück, deßen] zurük, dessen J 358,30 bestätigt] bestätiget J 358,30–31 sehen. Muntre] sehen. Muntre J 358,31 Edeln] Edlen J 358,33–359,1 verfehlen. Auch] verfehlen. Auch J 359,2–3 seyn. Die] sein. Die J 359,4 süssesten] süßesten J 359,5 hervor trete] hervortrete J 359,10–11 Edlen. Du] Edlen. Du J 359,13 selbstwillen] selbst willen J 359,13 Vollendetes] Vollendetes, J 359,13–14 hervor. Du] hervor. Du J 359,15 Blick] Blik J 359,17 Zweckmäßigkeit] Zwekmäßigkeit J 359,19 Zweck] Zwek J 359,22 Zweckmäßigkeit] Zwekmäßigkeit J 359,23 Glückseligkeit] Glükseligkeit J
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359,23 fortdauernden] fortdaurenden J 359,24 sichere] sichre J 359,25–26 betrachtet. Denn] betrachtet. Denn J 359,26 Glückseligkeitslinie] Glükseligkeit will nur auf dem Wege zur
Vollkommenheit m i t g e n o m m e n , und nicht erjagt sein. Die Glükseligkeitslinie J 359,27 so bald] sobald J 359,28–29 bekommen. Die] bekommen. Die J 359,29 blos] bloß J 359,30 abzwecken] abzwekken J 359,31 Zweckmäßigkeit] Zwekmäßigkeit J 359,32–33 aus. Eben] aus. Eben J 359,34 Vollkommenheit,] Vollkommenheit J 359,34 Begriffe von] Begriff vom J 360,1 Zweck] Zwek J 360,3 Zweckmäßigkeit] Zwekmäßigkeit J 360,4 Zweck] Zwek J 360,5 Zweckmäßigkeit] Zwekmäßigkeit J 360,6–7 erwächst. Mein] erwächst. Mein J 360,8 seyn] sein J 360,9 Zweck] Zwek J 360,9 Einfacheres,] Einfacheres J 360,9 seyn] sein J 360,10 abzwecken] abzwekken J 360,11 zusammen gesetzt] zusammengesetzt J 360,13 abzwecken] abzwekken J 360,14 Gemähldes] Gemäldes J 360,14 Zweck] Zwek J 360,15 Zusammensetzung seyn] Znsammensetzung sein J 360,16 Rücksicht] Rüksicht J 360,17–18 brauche. Stellt] brauche. Stellt J 360,18 angelaufener] angelaufner J 360,19 unvollkommener] unvollkommner J 360,19 vollkommener] vollkommner J 360,20 unvollkommener] unvollkommner J 360,21 verloren] verlohren J
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Stellenerläuterungen 353,19 Ueber den Begriff 〈…〉 selbst Vollendeten] Erstdruck 1785 in der Berlinischen Monatsschrift, Bd. 5, 3. St., März, S. 225–236. Dieses ist der einzige Beitrag zur Ästhetik, den Moritz vor seiner Italienreise veröffentlichte. Der ursprüngliche Titel lautete: Versuch einer Vereinigung der schönen Künste und
Wissenschaften unter den Begriff des i n s i c h s e l b s t Vo l l e n d e t e n . An Herrn Moses Mendelssohn. Moritz kritisiert die besonders von Moses Mendelssohn und Johann August Eberhard vertretene Auffassung, der Zweck des Vergnügens sei erstes Grundgesetz der schönen Künste, und setzt dem die ›innere Vollkommenheit des Werkes‹ entgegen (vgl. Costazza 1996a, S. 29). 353,31 Vergnügens] Mendelssohn hatte die dreyfache Quelle des Vergnü-
gens entdeckt. 〈…〉 Das E i n e r l e y i m M a n n i g f a l t i g e n oder die sinnliche Schönheit, die E i n h e l l i g k e i t d e s M a n n i g f a l t i g e n , oder die Vollkommenheit, und endlich der v e r b e s s e r t e Z u s t a n d u n s e r e r L e i b e s b e s c h a f f e n h e i t , oder die sinnliche Lust (Mendelssohn, Über die Empfindungen; JubA 1, S. 85). Vgl. auch Johann August Eberhard, Allgemeine Theorie des Denkens und Empfindens, Berlin 1776, S. 204: Das höchste Gesetz der schönen Künste 〈soll〉 seyn, uns zu ergötzen. Vgl. dazu Costazza
1996a, S. 16f. 356,20–22 eben 〈…〉 uneigennützigen Vergnügens 〈…〉 Schöne gewährt] Kant definierte das ästhetische Wohlgefallen ähnlich: Das Wohlgefallen 〈…〉 des
Geschmacks am Schönen 〈ist〉 einzig und allein ein uninteressiertes und f r e i e s Wohlgefallen. 〈…〉 Das reine Geschmacksurteil ist von Reiz und Rührung unabhängig (Kritik der Urteilskraft; Kant, WA X, S. 123 u. 138). 359,6 laß] Vgl. Erl. zu S. 291,14. 359,7 wornach] Vgl. Erl. zu S. 41,19. 359,26–27 Vollkommenheitslinie] Vgl. im folgenden Aufsatz (S. 360,22– 367,28) die Metaphern der metaphysischen Schönheitslinie und der Wahrheitslinie.
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Die metaphysische Schönheitslinie Überlieferung 1. Textgrundlage D Die metaphysische Schönheitslinie. In: GL, S. 169–184. Grundlage für den edierten Text: D.
2. Varianten 360,27 Zusammenhang] Znsammenhang D 363,26 nicht] uicht D 363,28 geleitet] geleitetet D 364,5–6 unermeßlichen] unermeßlichem D
Stellenerläuterungen 360,22 Die metaphysische Schönheitslinie] Dieser Aufsatz, nur in der Großen Loge veröffentlicht, steht in engem Zusammenhang zum vorstehenden Text und ist vermutlich ebenfalls bereits vor Moritz’ Italienreise entstanden. Der Begriff Schönheitslinie wurde von Lessing in seinem Vorbericht zur deutschen Übersetzung von William Hogarth’s The analysis of beauty für die Wellen- oder Schlangenlinie geprägt: Hr. H o g a r t h zeiget, daß alle körperliche Schönheit
in der geschickten und mannichfaltigen Anwendung der We l l e n l i n i e liege (Lessing, Sämtliche Schriften 5, S. 370). Diese ›Schönheitslinien‹, die auch Moses Mendelssohn (Über die Empfindungen; Mendelssohn, JubA 1, S. 87) und Johann Gottfried Herder (Plastik, 1778; Herder, SW 8, S. 85) diskutieren, sind auf Physisches, auf Körper und ihre Bewegungen bezogen. Moritz setzte dem ein ausdrücklich metaphysisches Konzept gegenüber, das im Verhältnis gedachter metaphorischer Linienverläufe (Schönheitslinie, Wahrheitslinie, Naturumkreis, Vollkommenheitslinie, Glückseligkeitslinie; vgl. S. 359,26–28) zueinander die Beziehungen zwischen Natur, Kunst, Zweckmäßigkeit und Geschichte verständlich zu machen sucht. 361,24 Achilles] Held der Ilias.
Die Texte im einzelnen
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361,34 Hektor] Gegner des Achilles, Verteidiger Trojas. 365,23 Horazische Ungeheuer] Vgl. Horaz’ Brief an die Pisonen über die Dichtkunst: »Wollte zum Kopf eines Menschen ein Maler den Hals eines Pferdes anfügen und Gliedmaßen, von überallher zusammengelesen, mit buntem Gefieder bekleiden, so daß als Fisch von hässlicher Schwärze endet das oben so reizende Weib: könntet ihr da wohl, sobald man euch zur Besichtigung zuließ, euch das Lachen verbeißen, Freunde?« (Hor. epist. II 3,1–5; zit. nach Horaz 1992, S. 629). 365,32–33 Erzählung 〈…〉 der Leda anhebt] Moritz zitiert hier wiederum Horaz, der Homer dafür lobt, daß er »nicht mit dem Zwillingsei (ab ovo) den Krieg um Troja beginnen« läßt (Hor. epist. II 3,147; zit. nach Horaz 1992, S. 639). 367,2 jener 〈…〉 Zeichner] Ein Zeichner konnte nicht ermittelt werden, nur in Bezug auf die Skulptur finden sich vergleichbare Äußerungen, die auf Michelangelo zurückzuweisen scheinen: »La scultura e` una arte che, levando il superfluo da la materia suggetta, la riduce a quella forma di corpo che nella idea dello artefice e` disegnata« (Giorgio Vasari, Le vite de’ piu´ ecellenti Architetti, Pittori, et Scultori Italiani, Torino 1986, S. 43). Entsprechungen finden sich in Michelangelos Gedichten (Michelangelo 1992, S. 204–207).
Milton über den Ursprung des Bösen Überlieferung 1. Textgrundlage 1
D Aus Miltons verlohrnem Paradiese. In: Fragmente aus dem Tagebuche
eines Geistersehers. Von dem Verfasser Anton Reisers. Berlin 1787. Bei Christian Friedrich Himburg, S. 60–64. D2 Milton über den Ursprung des Bösen. In: GL, S. 185–189. Grundlage für den edierten Text: D2.
2. Varianten 367,29 Milton über den Ursprung des Bösen] Aus Miltons verlohrnem Paradiese D1 368,1 Daß] Da D1
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368,5–6 nur dadurch] dadurch nur D1 368,10 Böse] Bos’ D1 368,16 Einsamkeit] Einsamkeit, D1 368,17–18 undurchdringlich] undurchdringlich, D1 368,18 verbreiten.] verbreiten: D1 368,22 vor einander] voreinander D1 368,28 Frucht] Frucht, D1 368,32 dieß] diß D1 369,3 w i r k l i c h e s Elend] w i r k l i c h e s E l e n d D1 369,5 möglich] möglich, D1 369,13 dieß] diß D1 369,19 diesen] diesem D1
Stellenerläuterungen 367,29 Milton über den Ursprung des Bösen] Erstdruck in den 1787 veröffentlichten Fragmenten aus dem Tagebuche eines Geistersehers (FTG, S. 60–64; KMA 2). Auf seiner Englandreise verglich Moritz gern die Landschaften, durch die er wanderte, mit John Miltons (1608–1674) Beschreibungen des Paradieses in Paradise lost (RDE, S. 200f.; KMA 5/1). An dem hier übersetzten Abschnitt vom Sündenfall (Paradise lost, Book IX, 1067–1098; vgl. Milton 1966, S. 395f.) haben Moritz wohl besonders die Fragen nach der Freiheit, nach dem Ursprung von Schuld und Scham und nach der Vorherbestimmtheit, denen er in der Folge nachgeht, beschäftigt. 368,30 Künste und Wissenschaften] Diese Frage verweist auf Jean-Jacques Rousseaus Abhandlung, welche bey der Akademie zu Dijon im Jahr 1750
den Preis über folgende von der Akademie vorgelegte Frage davon getragen hat: Ob die Wiederherstellung der Wissenschaften und Künste etwa zur Läuterung der Sitten beygetragen hat? (In der ersten dt. Übers. von Johann Daniel Tietz. Mit einem Nachw. hrsg. von Ralf Konersmann u. Gesine Märtens, St. Ingbert 1997 [Kleines Archiv des 18. Jhs.; 28]). Die Frage beantwortete Rousseau bekanntlich negativ. 369,3 w i r k l i c h e s Elend] Vgl. Erl. zu S. 337,18.
Die Texte im einzelnen
829
Das Eisen Überlieferung 1. Textgrundlage D ÇOhne TitelÈ. In: Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik welche 1
auch zum Theil für Lehrer und Denker geschrieben ist. Herausgegeben von Carl Philipp Moritz Professor am Berlinischen Gymnasium. Ç. . .È Berlin, bei August Mylius 1786, S. 57–60 (entspricht S. 369,20–371,8 in vorliegendem Bd.).
J
ÇKarl Philipp Moritz,È Das Eisen. Ein Ideenspiel. In: DW 1786 I, 4. St.
(24. Januar), S. 57–60. D2 Das EisenÇ.È Ein Ideenspiel. In: GL, S. 190–194. D3 ÇOhne TitelÈ. In: Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik welche
auch zum Theil für Lehrer und Denker geschrieben ist. Herausgegeben von Karl Philipp Moritz Königl. Preußischen Hofrath und Professor, ordentlichem Mitgliede der Königl. Akademie der Wissenschaften und des Senats der Akademie der bildenden Künste. Zweite Auflage. Mit sieben Kupfertafeln von Dan. Chodowiecky. Berlin, bei August Mylius 1793, S. 57–60. Grundlage für den edierten Text: D2.
2. Varianten 1
369,24 giebt] gibt D 369,25 Sicherheits-] Sicherheit, D1 J D3 369,25 Vertheidigungsmittel.] Vertheidigungsmittel – D1 D3 369,26 Pflanzenreich –] Pflanzenreich D3 369,27 dem] welchem D1 D3 369,27 eigentliche Bildung] Bildung D1 D3 369,28 zerstört, aber] gestört, sondern D1 D3 370,1 Helm, Schild 〈. . .〉 Pfeil – Stahl] Wir wollen aus der vorigen Kup-
fertafel Schwerdt, Kugel, und Spitze eines Pfeils hieher ziehen, um diese Begriffe gegen Bogen, Köcher, Helm und Schild zu halten. Stahl D1 D3 Helm, Schild – Schwerdt, Kugel, Pfeil – Stahl J
830
Die große Loge
370,1 schützt] schüzt J 370,4 Kugel] kleinsten Kugel D1 D3 370,4 die] welche D1 D3 370,5 wird. –] wird – D1 D3 370,7 zurück,] zurück; D1 D3 370,7–8 Last des Kriegers] Last D1 D3 370,11–12 Erhöhung der beschützenden Kraft] Beschützung D1 D3 370,12–13 gehalten. – Bogen] gehalten – Der Bogen D3 gehalten. – Bogen J 370,13 hingeworfen] hinweggeworfen J D1 370,13 tödtende] tödtenden D1 370,13 Feuerrohr] Feuergewehr D1 D3 370,14 getreten. –] getreten – D1 J D3 370,16 getreten. –] getreten. D1 D3 370,17–18 Pflanzenwelt. –] Pflanzenwelt – D1 J D3 370,19 Schafes] Schafs D1 D3 370,19 ihn.] ihn – D1 J D3 370,20–21 ihm, ob 〈. . .〉 bequeme Wohnung,] ihm Wohnung D1 D3 370,21 schützen] beschützen D1 D3 370,21 Regen. –] Regen – D1 D3 370,22 das] daß D1 D3 370,23 ihn –] ihn. – D1 370,24 nützlichste] nüzlichste J 370,25 Zerstörung] Z e r s t ö r u n g J 370,25 Zweck. –] Zweck – D1 Zweck D3 370,26–27 Baum – Durch] Baum, durch D1 D3 370,28 innerste] ganze D1 D3 370,28–29 Baumes zerstört.] Brunnens zerstört – D1 D3 370,30 wird die] die J 370,31 Thieres aufgelößt] Thieres aufgelöst D1 Thiers aufgelöst J D3 370,32 Aehren. – Der] Aehren Der D1 D3 Aehren – Der J 370,33 andre] neue D1 D3 370,34 lassen. –] lassen – D1 D3 371,1 beneiden sich die Menschen unter einander] b e n e i d e n sich die Menschen untereinander J beneidet er sich untereinander D1 D3 371,2 ihnen] ihm D1 D3
Die Texte im einzelnen
831
371,2 Schöpfung. Daraus] Schöpfung – Daraus D1 D3 371,3 Streit. –] Streit – D1 J D3 371,3 das gefährliche Werkzeug] das D1 D3 371,7 zerstörte,] zerstörte – D1 D3 371,9 Mensch] Mensch, J 371,10–11 Vernichtet werden] Vernichtetwerden J 371,12 ziehen. –] ziehen – J 371,12 mancherley] mancherlei J 371,15 sinnt] sint J 371,17 gesetzt] gesezt J 371,18 ein Ideenspiel] e i n I d e e n s p i e l J
Stellenerläuterungen 369,20 Das Eisen] Erstdruck 1786 in der Kinderlogik und den Denkwürdigkeiten; vgl. Erl. zu S. 175,29–30. 369,21 Ideenspiel] Vgl. Erl. zu S. 215,16. 369,22–25 Das Pflanzenreich 〈…〉 Vertheidigungsmittel] Vgl. Erl. zu S. 176,7–177,26. 370,1 Helm, Schild 〈…〉 Kugel, Pfeil] Diese Formulierung läßt erkennen, daß sie eine spätere Bearbeitung der durch die Kupfertafeln bestimmten Fassung der Kinderlogik ist. Vgl. Überblickskommentar, S. 626; KMA 11. 371,18 Ideenspiel] Vgl. Erl. zu S. 215,16.
Vernichtung Überlieferung 1. Textgrundlage J ÇKarl Philipp Moritz,È Phantasie. In: DW 1786 I, 6. St. (7. Februar), S. 95f. D Vernichtung. In: GL, S. 195f. Grundlage für den edierten Text: D.
832
Die große Loge
2. Varianten 371,19 Vernichtung] Phantasie 371,20 Gold umsäumte] Goldumsäumte J 371,29 Schooße?] Schoße? J 372,6 Lichtstof] Lichtstoff J 372,12 ihren] ihrem J 372,14 geründet] geründet Aller Wolken Schimmer schwindet J 372,15 der Wolken] des Himmels J 372,20 gebohren.] gebohren: J 372,21–22 Die Gebährerin 〈. . .〉 Nichts] in J hervorgehoben
Stellenerläuterungen 371,19 Vernichtung] Erstdruck in den Denkwürdigkeiten (DW 1786 I, 6. St., 7. Februar, S. 95f.). 372,20 das Licht gebohren] Trotz des Gleichklangs mit dem ersten Freimaurertext der Großen Loge, Die Feier der Geburt des Lichts (vgl. S. 290,1–292,16), gehört dieses Gedicht über den Sonnenuntergang wohl nicht in den freimaurerischen Kontext.
Vorbereitung des Edlern durch das Unedlere Überlieferung 1. Textgrundlage J ÇOhne TitelÈ. In: DW 1786 I, 3. St. (17. Januar), S. 33–46, hier S. 33f. D Vorbereitung des Edlern durch das Unedlere. In: GL, S. 197–199. Grundlage für den edierten Text: D.
Die Texte im einzelnen
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2. Varianten 373,2 letztere] lezte J 373,5 zartergebildeten] zarter gebildeten J 373,8 gefährlichsten] gefährlichsten, J 373,8 welchen] welchen J welcher D 373,10 jene] sie J 373,11 Willen] willen J 373,12 grosser] großer J 373,14 Ob] ob J 373,16 denken.] denken? J 373,20–21 a b e r e r d e n k t ] aber er d e n k t J
Stellenerläuterungen 372,23 Vorbereitung des Edlern durch das Unedlere] Dieser Text gibt nur den Anfang des vierfach längeren Aufsatzes aus den Denkwürdigkeiten wieder (DW 1786 I, 3. St., 17. Januar, S. 33–46; KMA 11). Moritz setzte sich hier kritisch reflektierend mit der von Campe herausgegebenen Allgemeinen Revision des gesammten Schul- und Erziehungswesens (1783f.) auseinander. Bei diesem Projekt wurde Moritz zunächst als Mitarbeiter aufgeführt; er lieferte jedoch keine eigenen Beiträge, sondern beschränkte sich auf Rezensionen und kritische Aufsätze in der »Vossischen Zeitung« und in den Denkwürdigkeiten. Der in der Großen Loge nicht abgedruckte Teil mündet in die Frage nach den Hindernissen bei der Verbreitung des Edelsten und Besten, was der menschliche Geist wirk-
lich hervorgebracht hat, 〈…〉 Steht nicht immer jene schädliche Absonderung der Stände, die so viel Unordnung, Mißvergnügen, und Unzufriedenheit hervorbringt, im Wege? (DW 1786 I, 3. St., S. 40f.; KMA 11).
Die Pädagogen Überlieferung 1. Textgrundlage 1
J
Die Pädagogen. In: Königlich privilegirte Berlinische Zeitung von Staats- und gelehrten Sachen Ç= »Vossische Zeitung«È, 3. St., Donnerstag, den 6ten Januar 1785, S. Ç2È–Ç3È.
834 J2
Die große Loge
Verbesserungen Çzu Die PädagogenÈ. In: Königlich privilegirte Berlinische Zeitung von Staats- und gelehrten Sachen Ç= »Vossische Zeitung«È,
4. St., 8. Januar, S. Ç4È. Die Pädagogen. In: ÇVorbereitung des Edlern durch das UnedlereÈ, DW 1786 I, 3. St. (17. Januar), S. 41–46. D Die Pädagogen. In: GL, S. 200–207.
J3
Grundlage für den edierten Text: D.
2. Varianten 1
373,24 man,] man J 373,25 Dinge,] Dinge J1 374,3 man denjenigen] sich der eine J1 374,3–4 erhaben] gewissermaßen erhaben J1 374,5 mehr,] mehr J1 374,6 jenem] jenen J1 374,9 allein] allein, J1 374,10 übrigen Menschen] übrigen J1 374,13 wieder] wider J3 374,21–22 vervollkommen wollte,] vervollkommnen wollte: J1 vervollkommen wollte: J3 374,23 verschaften] verschafften J1 374,23 einmal] einmal dafür J3 374,25 entblödete,] entblödete J3 374,26 oder] und in der J1 374,29–30 verfeinert, und noch] verfeinert und J1 374,30–31 blieb, wie es war –] blieb wie es war: J1 374,31 blieb] war J1 374,34 von einander] voneinander J3 375,2 gerade da] da J1 375,5 viele] viel J1 375,6 von einander] voneinander J3 375,7–8 Wiedersprüche] Widersprüche J1 J3 375,11 warmen] wahren J1 warmen J2 375,11–12 wahren Gesichtspunkt] warmen Gesichtspunkte J1 wahren Gesichtspunkt J2
Die Texte im einzelnen
835
375,13 Hirngespinnsten mancher eingebildeter] Hirngespinsten eingebildeten J1 375,13–14 ferner Gehör gäben.] Gehör geben, J1 375,17 höhern] Höhern J1 375,17 niedern] Niedern J1 375,18 Stufen] Stuffen wieder J1 Stufen wieder J3 375,21 niedern] Niedern J1 J3 375,21 höhern] Höhern J1 J3 375,27–28 Körperkultur] K ö r p e r k u l t u r J1 375,28 Geisteskultur] G e i s t e s k u l t u r J1 375,33 bedurften] brauchten J1 375,34 allmälig] allmählig J1 375,35 wurde.] wurde; J1 J3 376,1 Ehrfurcht] wahre Ehrfurcht J3 376,2 sich diese] diese sich J1 376,2 dasjenige] alles J1 376,7 Obrigkeiten,] Obrigkeiten J1 376,8 entstanden;] entstanden. J1 376,9 wieder gegeben] wiedergegeben J1 J3 376,13 die allgemeine] die J1 die allgemeine J3 die alle gemeine D 376,15 allmälig] allmählich J1 376,15 Menschheit, sich] Menschheit sich J1 Menschheit, sich, J3 376,15–16 Himmels,] Himmels J1 376,17 Endzwecke] großen Endzwecke J1 J3 376,19 l i e s s e n ] ließen J1 l i e ß e n J3 376,19 i h r e S ö h n e H a n d w e r k e l e r n e n ] ihre Söhne Handwerker lehren J1 ihre Söhne Handwerke lehren J2
Stellenerläuterungen 373,23 Die Pädagogen] Erstdruck in der »Vossischen Zeitung« (3. St., 6. Januar 1785, S. 2; 4. St., 8. Januar, S. 4; KMA 10). Nachdruck in Denkwürdigkeiten (DW 1786 I, 3. St., S. 41–46; KMA 11). 374,3 zwei Theile] Vgl. Erl. zu S. 223,19–27. 374,25–27 Frage aufzuwerfen 〈…〉 müsse oder nicht?] Die Berliner Akademie der Wissenschaften hatte für 1780 auf die Beantwortung der Frage: Ist es von
Nutzen für das Volk, daß es betrogen werde, sei es dergestalt, daß man es zu
836
Die große Loge
neuen Irrtümern verleitet, oder daß man es in den vorhandenen bestärkt? einen Preis ausgesetzt (vgl. Schneiders 1974, S. 28). Und Peter Villaume griff diese Frage in einem Aufsatz in der Allgemeinen Revision des gesammten Schulund Erziehungswesens (Bd. 3, 1785, S. 600) noch einmal auf: Soll man das Volk täuschen oder bloße Wahrheit lehren? und vertrat darauf die These, daß für die Unterdrückten Wahrheit nur Unheil stiften würde. Der Unterdrückte muß getäuscht werden, jedenfalls, insofern es nicht möglich ist, der Ungerechtigkeit Einhalt zu thun (ebd., S. 600f.). Eine vermutlich von Moritz stammende Rezension in der »Vossischen Zeitung« weist auf Villaumes Aufsatz hin: Aber die
verwickelten Verhältnisse der menschlichen Gesellschaft hüllen auch die klarste Sache in Dunkel, und machen ihre Auflösung schwer. Man sehe, wie Hr. V sich herausgewickelt hat (VZ, 130. St., 29. Oktober 1785; KMA 10). 375,27–28 Körperkultur] Dieser Begriff könnte eine Neuschöpfung sein; ein früherer Beleg ließ sich nicht finden. 375,28 Geisteskultur] Auch für diesen Begriff ließen sich ältere Belege nicht nachweisen. 376,19 H a n d w e r k e l e r n e n ] Diesen Rat gab schon Rousseau seinem Zögling Emile: »Lern ein Handwerk! Und zwar weniger darum, ein Handwerk zu erlernen, als darum, die Vorurteile zu besiegen, die es mißachten« (Emil oder Über die Erziehung; Rousseau 1971, S. 194). Moritz hat dieses Prinzip in seiner Romanfigur exemplifiziert, indem Hartknopf seines Handwerks ein Priester und Grobschmidt war (AH, S. 105; KMA 2).
Der bildende Genius Überlieferung 1. Textgrundlage D1 ÇOhne TitelÈ. In: Ueber die bildende Nachahmung des Schönen. von Karl Philipp Moritz. Braunschweig 1788. in der Schul-Buchhandlung, S. 23–33. D2 Der bildende Genius. In: GL, S. 208–224. Grundlage für den edierten Text: D2.
Die Texte im einzelnen
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2. Varianten 376,21 spiegelnd] spiegelnd nun D1 376,21 dunkel ahndenden] d u n k e l a h n d e n d e n D1 376,22–24 unterscheidende Denkkraft 〈. . .〉 Ohre wird,] u n t e r s c h e i -
d e n d e Denkkraft, bis zu dem h e l l s e h e n d e n Auge, und d e u t l i c h v e r n e h m e n d e n Ohre, wird; D1 376,25 desto mehr verdrängen] destomehr v e r d r ä n g e n D1 376,25 auch] auch, D1 376,26–27 schliessen einander aus. Wo] s c h l i e s s e n e i n a n d e r a u s . – Wo D1 376,28 meisten nebeneinander] m e i s t e n neben einander D1 376,29 unvollständigsten] u n v o l l s t ä n d i g s t e n D1 376,30–31 Unvollständiges] Unvollständiges, D1 376,31–32 unwiederstehlichen Reitz] unwiderstehlichen Reiz D1 377,2 Genie, so weit wie die Natur selber seyn, das heist:] Genie s o w e i t , w i e d i e N a t u r s e l b e r , seyn: das heißt D1 377,3 Berührungspunkte] B e r ü h r u n g s p u n k t e D1 377,4–5 äussersten Enden,] ä u s s e r s t e n E n d e n D1 377,5 Großen] Großen, D1 377,6 nebeneinanderstellend] nebeneinander stellend D1 377,8 feinen] feinern D1 377,10 Kraft ein Ganzes] Kraft, ein G a n z e s D1 377,11 kam,] kam; D1 377,12 sich] fich D1 377,15 Seele] Seele, D1 377,15 Kraft,] Kraft D1 377,15–16 Edle grosse G a n z e ] e d l e , g r o s s e G a n z e D1 377,16 sich die] die deutlich D1 377,17 Einbildungskraft] Einbildungskraft, D1 377,18 äußre] äussre D1 377,19 Natur] Natur, sich D1 377,21 großen] grossen D1 377,22 sichtbar,] sichtbar, hörbar, D1 377,22 werden;] werden: D1 377,23 werden] werden, D1
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Die große Loge
377,24 s e l b e r aus sich selber bilden, sie muß alle] s e l b e r , a u s s i c h s e l b e r b i l d e n . – Sie muß alle jenen D1 377,25 großen] grossen D1 377,25 gleichsam wie] wie D1 377,26 einem Brennpunkte fassen; – aus] einen Brennpunkt fassen. – Aus D1 377,27 sich] sich, D1 377,27 Weite] Weite, D1 377,29 großen] grossen D1 377,29 Natur] Natur, D1 377,32 Kraft] Kraft, D1 377,33 der] doch der D1 377,34 Abglantz] Abglanz D1 378,1 in verjüngendem Maaßstabe] im v e r j ü n g e n d e m Maasstabe D1 378,2 w i r k l i c h das,] w i r k l i c h , D1 378,3–4 wäre durch 〈. . .〉 Ganzen,] w ä r e , D1 378,5 eigenmächtiges] eigemächtiges D1 378,5 bestehen könnte;] ferner bestehen könnte: D1 378,5 führt] führet D1 378,6 dieß] dies D1 378,6 Punkt] Punkt, wo wir schon einmal waren: D1 378,6 innere] innre D1 378,7 es] es, durch die Kunst, D1 378,9 großen] grossen D1 378,9 Natur] Natur, D1 378,9 Umfange,] Umfange D1 378,11 großen Verhältnisse] grossen Verhältnisse, D1 378,11 völligen Umfange] v ö l l i g e n U m f a n g e eben D1 378,12 fallen,] fallen; D1 378,13 lebendige] l e b e n d i g e D1 378,16 allmäligen] allmähligen D1 378,17 Ahndung] Ahndung, D1 378,18 Erzeugung,] Erzeugung D1 378,18 wirklichen Daseyn] w i r k l i c h e n Daseyn, D1 378,19 alsdenn] alsdann D1 378,19 unnennbare Reitz] unnennbare Reiz D1 unnenbare Reitz D2
Die Texte im einzelnen
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378,22–23 Werke der schönen Künste selbst] schönen Kunstwerke selbst, D1 378,23–24 näher kommendes] näherkommendes D1 378,24 entstehen, daß] entstehn, das D1 378,25 erhöht.] erhöht. – D1 378,25–27 das Werden 〈. . .〉 fassen kann;] sein w e r d e n a u s u n s r e r e i g n e n Kraft unmöglich mit in sich fassen kann D1 378,28–29 Schöne selbst] Schöne D1 378,29 Zweck] Zweck, D1 378,30 erreicht; unser Nachgenuß] erreicht: unser N a c h g e n u ß D1 378,31 Folge] F o l g e D1 378,31 Und] und D1 378,31 großen] grossen D1 378,32 Natur zuerst um sein selbst] Natur, zuerst u m s e i n s e l b s t , D1 378,33 da,] da; D1 378,34 schaffen,] schaffen D1 378,34 das Gebildete doch] doch das Gebildete, D1 379,2 Wesen,] Wesen D1 379,2 Entstehung,] Entstehung D1 379,5–6 Vergleichungspunkte] Ve r g l e i c h u n g s p u n k t e D1 379,6 beurtheilen] beurtheilen, D1 379,8 den] mit dem D1 379,8 großen] grossen D1 379,10 zerstreute] zerstreute Schöne, D1 379,11 des großen] jenes grossen D1 379,12 offenbart] offenbahrt D1 379,15 Natur,] Natur D1 379,16 edlen] grossen D1 379,17 großen] allumfassenden D1 379,19 Weil nehmlich,] Denn weil D1 379,20 unsrer Denkkraft ist] der Denkkraft ist, D1 379,21 wir] wir, D1 379,21 können] können, D1 379,22 in dem] indem D1 379,23 halten] h a l t e n D1 379,23 Minderschöne,] Minderschöne D1
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379,25 ohne] ohne doch D1 379,26 ist] ist nun D1 379,26 Geschmack] G e s c h m a c k D1 379,27 nennen;] nennen, D1 379,28 Genusses,] Genusses D1 379,30 nehmlich] nämlich D1 379,30 ist] ist, D1 379,32 alle] a l l e D1 379,32 großen] grossen D1 379,33–34 nur noch ein Punkt zum Schluß des völligen] uns noch ein Punkt zum völligen Schluß des D1 380,1 Schöne] Schöne, D1 380,1 Versuch] Versuch, D1 380,2 darzustellen] darzustellen, D1 380,4–5 grenzt. Weil nehmlich] grenzt. Weil nämlich D1 380,5 Vollendung] Vo l l e n d u n g D1 380,6 Punkt] Punkt, D1 380,7 Stelle] Stelle, D1 380,8 gehören – und] gehören. – Und D1 380,8 Vollendungspunkt] Vo l l e n d u n g s p u n k t D1 380,10 Schlechte] schlechte D1 380,11 nothwendig,] nothwendig D1 380,11 Vergessenheit] Vergessenheit, D1 380,14 gepflanzten unvollendeten] gepflanzten D1 380,15 so viel] soviel D1 380,15 Der höchste] Den höchsten D1 380,17 wenig,] wenig D1 380,21 nun das] das D1 380,22 destomehr] desto mehr D1 380,23 Weise,] Weise D1 380,27 Kunst,] Kunst D1 380,27 durch das Werden] d u r c h d a s We r d e n D1 380,30 selbst,] selbst D1 380,33 verschaffen,] verschaffen; D1 380,34 vergebens,] vergebens D1 380,34 ähnliches] Aehnliches D1
Die Texte im einzelnen
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381,3 findet. Ihr] findet. – Ihr D1 381,4 versagten] versagten, D1 381,5 werden;] werden: D1 381,6 Bewußtsein] Bewußtseyn D1 381,7 spiegeln. – Allein] spiegeln. – Allein D1 381,9 sein selbstwillen,] sein selbst willen D1 381,11 schaffen wollenden Bildungstrieb] schaffenwollenden Bildungstrieb, D1 381,12 Genuß] G e n u ß D1 381,13 soll,] soll; D1 381,13 erste] e r s t e D1 381,14 wird;] wird, D1 381,15 an] in D1 381,15 fühlt,] fühlt; D1 381,16 rein;] rein: D1 381,17 Wirkung] W i r k u n g D1 381,18 aus einander,] a u s e i n a n d e r ; D1 381,18 nicht] nicht in sich selber D1 381,21 Kampf,] Kampf – D1 381,24 wir] wir noch D1 381,25 nur] nun D1 381,26 Kraft] Kraft, D1 381,27 möglich] möglich, D1 381,27 suchen. So] suchen: so D1 381,27 es auch]auch D1 381,28 erst] es erst D1 381,29 strebten. – Behält] strebten. – Behält D1 381,30 selbst] selbst, D1 381,30 Hervorbringung] Hervorbringung, D1 381,30 Reitz genug,] Reiz genug D1 381,32 ist. – Verliert] ist. – Verliert D1 381,32 aber] aber, D1 381,33 Wirkung] Wirkung, D1 381,33 Reitz,] Reiz – D1 381,34 hergestellt. –] hergestellt – D1 382,1 Das] und das D1
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382,2 sich] sich, D1 382,3 von allem Schönen] des Schönen D1 382,6 scheidet] schneidet D1 382,9–10 entstehen. Denn] entstehen. Denn D1 382,10 da auch] da D1 382,11 Werkes] Werks, D1 382,11 ersten höchsten] ersten, höhsten D1 382,12 Lohn schon] Lohn, D1 382,12 trägt,] trägt; D1 382,14 allerersten] a l l e r e r s t e n D1 382,14 Anstoßes] Anstosses D1 382,14 selbst] selber D1 382,15 Werke] Werke, D1 382,16 Leidenschaft] L e i d e n s c h a f t D1 382,16 selber] selbst D1 382,17–18 mißlungner Versuche] mislungner Versuche, D1 382,18 entkommen. – Und] entkommen. Und D1 382,24–33 Eben damit 〈. . .〉 überschwemmt zu werden.] Eben weil die
Natur die inwohnende Bildungskraft nicht immer zur völligen Reife und Entwicklung kommen oder sie einen falschen Weg einschlagen läßt, auf dem sie sich nie entwickeln kann; so bleibt das ächte schöne s e l t e n .Und weil sie auch aus dem angemaßten Bildungstriebe das Gemeine und Schlechte ungehindert entstehen läßt, so unterscheidet sich eben dadurch das ächte Schöne und Edle, durch seinen seltnen Werth, vom Schlechten und Gemeinen. – D1 383,2 ausfüllt.] ausfüllt. – D1 383,3 verhält] verhalten D1 383,3 einander] einander, D1 383,8 dem] den D1 383,9 in so] inso D1 383,10 großen] grossen D1 383,12 ist. Empfindungs-] ist. Empfindungskraft D1 383,12–13 mehr als Denkkraft;] m e h r als Denkkraft, D1 383,13–14 umfaßt zugleich] faßt z u g l e i c h D1 383,14 alles,] alles D1 383,15–16 herausspinnend] aus sich herausspinnend D1
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trägt.] trägt, D1 so fern] sofern D1 hervorbringend] h e r v o r d r i n g e n d D1 heist] heisset D1 Bildungskraft;] Bildungskraft: D1 so fern] sofern D1 der Hervorbringung sich entgegen neigend,] d e r H e r v o r b r i n g u n g s i c h e n t g e g e n n e i g e n d D1 383,20–21 in so fern heißt] heißt D1 383,16 383,17 383,18 383,18 383,19 383,19 383,20
Stellenerläuterungen 376,20 Der bildende Genius] Dieser Mittelteil aus Moritz’ Schrift Ueber die bildende Nachahmung des Schönen (1788) entspricht etwa dem Ausschnitt, den Goethe in den zweiten Teil der Italienischen Reise übernommen hatte (vgl. Schrimpf 1962, S. 361f.). Es ist der psychologische Teil der Abhandlung, der die Funktion seelischer Kräfte im schöpferischen Prozeß untersucht. Dabei verwendet Moritz neben gebräuchlichen Kategorien (Denkkraft, Einbildungskraft, Empfindungsfähigkeit, Empfindungsvermögen) auch weniger übliche, eigene Begriffe (Thatkraft, Bildungskraft, Bildungstrieb, Bildungsvermögen). S. zur Einordnung der Schrift KMA 3. 376,21–22 Thatkraft] Vgl. Erl. zu S. 313,18. 377,1–2 Genie] Derjenige Kopf, der sich in seiner Art hervorthut, und darin die meisten andern Köpfe übertrift (Johann August Eberhard, Allge-
meine Theorie des Denkens und Empfindens. Eine Abhandlung, welche den von der Königl. Akademie der Wissenschaften in Berlin auf das Jahr 1776 ausgesetzten Preis erhalten hat, Berlin 1776, S. 213). In noch engerer Bedeutung verstehet man unter diesem Ausdrucke zuweilen, besonders in den schönen Künsten, die zum Erfinden nöthige scharfe und schnelle Beurtheilungskraft, schnellen Witz und unerschrockenen Muth. Das Genie erschafft, das Talent setzt nur ins Werk (Adelung 2, Sp. 564f.). 379,6 wornach] Vgl. Erl. zu S. 41,19. 379,18 e m p f u n d e n werden] Das Verhältnis von ›Erkennen‹ und ›Empfinden‹ wurde seit der Mitte des 18. Jhs. häufig untersucht: Moses Mendelssohn stellte fest, daß die Lust verschwindet, wenn wir unsre Empfindung allzusorgfältig aufzuklären suchen (Mendelssohn, Über die Empfindungen; JubA 1, S. 46). Die Preisaufgabe der Berliner Akademie der Wissenschaften verlangte 1776 eine
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Allgemeine Theorie des Denkens und Empfindens. Der Preisträger, Johann August Eberhard, setzte sich in seiner Abhandlung (1776) mit den Bedingungen und Beziehungen dieser beyden Kräfte der Seele auseinander und ging auf die Frage ein, wie weit diese mit Genie und sittlicher Gemüthsart zusammenhängen. Er schloß: Der Zustand des Empfindens löscht den Zustand des Denkens aus (Eberhard, Allgemeine Theorie des Denkens und Empfindens, Berlin 1776, S. 138). 379,26–27 Geschmack oder 〈…〉 für das Schöne] Der Geschmak ist im Grunde nichts anders, als das Vermögen das Schöne zu empfinden (Sulzer 2, S. 371). G e s c h m a c k ist das Beurteilungsvermögen eines Gegenstandes oder einer Vorstellungsart durch ein Wohlgefallen, oder Mißfallen, o h n e a l l e s I n t e r e s s e . Der Gegenstand eines solchen Wohlgefallens heißt s c h ö n (Kant, WA X, S. 124). 383,3–4 wie Mann und Weib] In Herders Abhandlung Vom Erkennen und Empfinden der menschlichen Seele (1778) wurden Herr Ve r s t a n d und die Frau E m p f i n d u n g gegenübergestellt (Herder, SW 8, S. 232). In der Gegenüberstellung von Bildungs- und Empfindungskraft lassen sich nach Pauly aber nicht nur Züge von Goethe und Moritz selbst erkennen, sondern darin spiegeln sich die unterschiedlichen Haltungen gegenüber Antike und Moderne: »Idealtypisch sieht er 〈Moritz; J. J.〉 die Moderne nicht als wetteifernden Widerpart, als strebsame Nachfolgerin der Antike, sondern als unendlich aufnahmebereite Rezipientin derselben« (Pauly 1999, S. 209).
Des Maurerlehrlings Weihe Überlieferung 1. Textgrundlage D Des Maurerlehrlings Weihe. In: GL, S. 225–227. d Des Maurerlehrlings Weihe. In: ÇKarl Friedrich Klischnig,È Freymaureri-
sche Blumenlese. Ein Johannisgeschenk für alle ächte Maurer vom Redner der Loge zum flammenden Stern, Berlin 1799, S. 73–76. Grundlage für den edierten Text: D.
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2. Varianten 383,27 höchste, oder tiefste] höchste d 383,29 fühlen,] fühlen; d 384,1 Menschen Wohl] Menschen-Wohl d 384,2 eine] e i n e d 384,2 Prunk] Prnnk D Prunk d 384,3 andre] a n d r e , d 384,5 kömmt!] kömmt d 384,6 sagt] lehrt d 384,8 den] hier den d 384,8 drohn] drohn, d 384,11 Edelmuth] Edelmuth, d 384,13 Des wechselseitgen Beistands liebreicher] Der wechselseitigen liebreichen d 384,14 Maurer Lehrling] Maurerlehrling d 384,16 dem Blick des Eingeweihten] des Eingeweihten Blick d 384,20 einer] jener d 384,20 Maurer] Maurer, d 384,22 dieß] dies d 384,22 stets ein Wink,] stets d 384,23 Schimmer] Schimmer, d 384,24 uns zur] Zur d 384,27 Momente,] Momente d 384,28 würdigern] würdigen d 384,28 sammlen] sammlen, d
Stellenerläuterungen 383,26 Des Maurerlehrlings Weihe] Dieses Gedicht hat Karl Friedrich Klischnig als eines seiner rechtmäßigen Kinder beansprucht (〈Karl Friedrich Klischnig,〉 Freymaurerische Blumenlese. Ein Johannisgeschenk für alle ächte Maurer vom Redner der Loge zum flammenden Stern, Berlin 1799, S. 73). 384,15 täuschenden Gefahren] Beim Lehrlingsaufnahmeritual wurden die Leidenden mit verbundenen Augen symbolischen Gefahren ausgesetzt. Vgl. Erl. zu S. 300,3–4.
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384,16 Eingeweihten] Wenn dem Beharrenden, d. h. dem Leidenden, der die Prüfungen bestand, die Augenbinde abgenommen und ihm das Licht erteilt wird, ist er als eingeweihter Freimaurerbruder in den Orden aufgenommen (Gesetze und Statuten, S. 111–120). 384,24 Meisters Stimme] Der Meister vom Stuhl hat seinen Sitz im Osten der Loge, er leitet und schließt die Loge.
Die Stuffen des Gesellengrades Überlieferung 1. Textgrundlage D Die Stuffen des Gesellengrades. In: GL, S. 228–232. Grundlage für den edierten Text: D.
Stellenerläuterungen 385,1 Die Stuffen des Gesellengrades] Das Symbol der sieben Stufen des Aufgangs zum Tempel spielt bei der Gesellenbeförderung eine besondere Rolle. Dem Text liegt vermutlich eine tatsächlich gehaltene Rede bei einer Aufnahme in den Gesellengrad zugrunde. Nach den Logenprotokollen trat Moritz zweimal als Redner bei einem solchen Anlaß auf: am 30. September 1784 und am 18. September 1789 (vgl. Überblickskommentar, S. 745f.). Da die andere Gesellenrede Des Maurergesellen Wanderschaft (s. S. 300,1–305,14 in diesem Bd.) bereits 1787 in den Fragmenten gedruckt worden war, kommt für diese zweite Rede nur der 18. September 1789 in Frage. Das Protokoll vermerkt, daß Moritz an diesem Tage eine Rede mit dem allgemeinen und lautesten Beifall gehalten habe (Protocoll Buch 〈…〉 Für den Gesellen Grad, GStA PK Berlin, Rep. 5.2.B24, Nr. 252, Bl. 22r). 385,3 Fortschreiten] Der Redner erinnert hier an die symbolischen Reisen bei der Lehrlingsaufnahme, bei denen der Initiant mit verbundenen Augen Mut und Vertrauen zu beweisen hatte. Bei der Gesellenaufnahme ist der Lehrling ein für allemal auf den Weg des Lichts geführt worden (Gesetze und Statuten, S. 213) und kann den symbolischen Bedrohungen durch die beiden Brüder Auf-
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seher, die ihre Degenspitzen auf seine Brust setzen, mutig entgegensehen (ebd., S. 207). 385,7–8 Losungszeichen] Die Losungszeichen, mit denen sich Freimaurer untereinander zu erkennen geben, gehören zu den Geheimnissen. Sie werden daher vom Redner hier nur hinweisend angedeutet. Nach den Gesetzen und Statuten von 1780 sind wohl das Hals- bzw. Brustzeichen, die Maurerschläge (Klopfzeichen), sowie die Griffe (besondere, in den einzelnen Graden unterschiedliche Formen des Händedrucks) gemeint (Gesetze und Statuten, S. 242f.). 385,10 Losungswort] Boas ist das erste Losungswort der Gesellen, es bedeutet Meine Stärke ist in Gott und das Fortfahren im Guten. Das zweite ist Gibblim, es verweist auf im Alten Testament erwähnte Bauleute (Gesetze und Statuten, S. 218). 385,13 Götterfunken] Dieser Ausdruck ist wahrscheinlich durch Schiller angeregt worden. Er findet sich mindestens fünfmal in Moritz’ Schriften: Zweimal in der Götterlehre (Götterlehre, 1791, S. 89 u. 402; KMA 4/2), einmal in den Reisen eines Deutschen in Italien (1793, RDI III, S. 19; KMA 5/2) und zweimal hier in erstveröffentlichten Freimaurertexten der Großen Loge. Schillers Gedicht An die Freude war im Februar 1786 im 2. Heft der Thalia erschienen (S. 1–5), Moritz hatte Schiller im Sommer 1785 persönlich kennengelernt (vgl. Klischnig, Erinnerungen, S. 120–122). 385,15 Vesta] Es ist die reine Flamme in den keuschen Busen der hohen
Himmelsgöttin, welche als ein erhabnes Sinnbild auf dem Altar der Vesta loderte (Götterlehre, S. 115; KMA 4/2). Hauptgeschäft 〈der Vestalinnen〉 aber war, das heilige Feuer brennend zu erhalten (Anthusa, KMA 4/1, S. 107). Daß Moritz hier an eine römische Gottheit erinnert, spricht ebenfalls dafür, daß dieser Text nach der Italienreise entstanden ist. 385,22 flammender Stern] Der Höhepunkt des Lehrlingsaufnahme-Rituals war die Lichterteilung, die Abnahme der Augenbinde. Der angehende Geselle dagegen erlebt das Aufnahmeritual unter dem Licht des flammenden 6eckichten Sterns (Gesetze und Statuten, S. 220), der in der Mitte den Buchstaben ›G‹ trägt. ›G‹ bedeutet Die Geometrie oder die fünfte von den Wissenschaften, deren ein Freymaurer sich besonders muß angelegen seyn lassen (ebd.). 385,24 Zahl] Der Lehrling hatte am Ende des Rituals zur Beförderung zum Mitbruder sieben Stufen, die zwischen zwei Säulen zum Tempel hinaufführen (meist sind sie auf einer ›Arbeitstafel‹ lediglich bildlich dargestellt), symbolisch zu besteigen. Diese sieben Stuffen haben verschiedene Bedeutungen, worunter
insbesondere 3 in Acht zu nehmen sind. 1) Die 7 Wissenschaften und Kün-
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ste, deren ein Maurer sich besonders befleißigen soll, als: die Dichtkunst, Musik, das Zeichnen, die Arithmetik, Geometrie oder Meßkunst, Astronomie und Baukunst. 2) Die 7 Hauptlaster, denen ein Maurer ausweichen soll, nehmlich: Hochmuth, Geiz, Völlerei, Neid, Fleischeslust, Müssiggang, grausamer Zorn und zulezt: 3) Die 7 Gaben des heiligen Geistes 〈…〉: Weisheit, Verstand, Stärke, Rath, Kenntnisse, Gottesfurcht und ein liebevoller Geist. Außerdem erinnert die Zahl 7 noch jeden guten und eifrigen Maurer an die 2mal 7 Werke der Barmherzigkeit (Gesetze und Statuten, S. 216). Moritz fügte diesen Deutungen den Bezug zu den sieben Tönen einer Tonleiter an, die die göttliche Musik und vollkommene Harmonie ermöglichen, die beim Gesellenritual eine besondere Rolle spielt (ebd., S. 217). 385,27 Stuffe zur Vollkommenheit] Die Stufen symbolisierten als Weg der Perfektibilität offenbar auch das aufsteigende Grad-System der Großen Landesloge der Freimaurer in Deutschland, zu der die Johannisloge Zur Beständigkeit gehörte. Es gibt allerdings neun Grade, die Siebenzahl reicht hier nicht aus. 386,8 Symbolen der Maurerei] Vgl. Erl. zu S. 350,9. 386,10 Resignation] Vgl. Erl. zu S. 302,23. 386,14 vom Aufgange 〈…〉 Niedergange] Vgl. Erl. zu S. 291,28–30. 386,18–19 im hellen 〈…〉 der Flammenschrift] Vgl. Erl. zu S. 385,22. 386,21 Schlag des Hammers] Vgl. Erl. zu S. 291,1. 386,29 Pfeiler] Damit ist die rechts am Tempelaufgang stehende, mit ›B‹ bezeichnete Säule gemeint, an der sich nach der Legende die Baugesellen des salomonischen Tempels nach der Arbeit einfanden, um ihren Lohn zu empfangen. Ihr Name Boas (Meine Stärke ist in Gott) wird erst den aufgenommenen Gesellen enthüllt (Gesetze und Statuten, S. 218). 386,31–32 Mitternacht] Vgl. Erl. zu S. 291,14.
Mutius Scävola Überlieferung 1. Textgrundlage D ÇOhne TitelÈ. In: Ueber die bildende Nachahmung des Schönen. von Karl Philipp Moritz. Braunschweig 1788. in der Schul-Buchhandlung, S. 10–14. 1
Die Texte im einzelnen D2 Mutius Scävola. In: GL, S. 233–239. Grundlage für den edierten Text: D2.
2. Varianten 387,2 daß] also, daß z. B. D1 387,2 Scävola] Scaevola D1 387,3 war,] war; D1 387,4 Werthe] Werth D1 387,4 haben;] haben: D1 387,5 nützlich] n ü t z l i c h D1 387,6–7 hatte. Und] hatte:und D1 387,7–8 selbst, durch ihre Entstehung,] selbst, D1 387,9 edle und große] Edle und Grosse D1 387,10 j e d e n ] jeden D1 387,10 und] und, D1 387,12 Feind] Feind, D1 387,13–14 könnte. – So] würde. – So D1 387,14 große] grosse D1 387,15 äußerst] äusserst D1 387,15 s e l b s t w i l l e n , ] s e l b s t w i l l e n D1 387,16 große] grosse D1 387,19 andern] Andern D1 387,20 vortrefflich] vortreflich D1 387,21 ausgeführt;] ausgeführt: D1 387,21–22 im eigentlichen Sinne edel, aber sehr] edel aber D1 387,22 ob gleich] obgleich D1 387,23 doch] doch immer D1 387,24 zugleich noch] zugleich D1 387,26 Vaterlandes] Vaterlandes, D1 387,26 Weise] Weise, D1 387,27 mißlungen,] mißlungen: D1 387,29 dennoch,] dennoch D1 387,30 äußerm] äussrem D1 387,31 Edlen;] Edlen, D1
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388,1 gute] gute, D1 388,2–3 Handlung. Und] Handlung. Und D1 388,4 Schlechten:] Schlechten; D1 388,5–6 ist: wie] ist. Wie D1 388,8 schlecht] schlecht, D1 388,8 unnütz] unnütz, D1 388,9 schön,] schön D1 388,11–12 höchsten, 〈. . .〉 auf der niedrigsten] niedrigsten D1 388,12 Stuffe] Stufe D1 388,12 nun] nun, D1 388,13 Schönen] Schönen, D1 388,13 von einander] voneinander D1 388,14 entgegen gesetzt] entgegengesetzt D1 388,16 darf] darf, D1 388,18 bestehen] zusammen bestehen D1 388,19 also] nun D1 388,19 sich zuletzt] zuletzt sich D1 388,21 zusammenstoßen] zusammenstossen D1 388,21–22 zusammenstießen] zusammenstiessen D1 388,24 außer] ausser D1 388,27 bedarf] b e d a r f D1 388,30 Schönen,] Schönen D1 388,31 herab] hinab D1 388,31 nun,] nun D1 388,33 außer] ausser D1 388,34 hat, warum es da ist,] hat, D1 389,1 Stuffe] Stufe D1 389,3 außer] ausser D1 389,4 selber] selbst D1 389,11 hineinstehlen] hineinstehlen, D1 389,11 und] und unmerklich sich darin D1 389,14 nicht edel] unedel D1 389,16 nützlich] nützlich, D1 389,17 schön] schön, D1 389,18 nützlich: die] nützlich. – Die D1
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Stellenerläuterungen 387,1 Mutius Scävola] Dieser Abschnitt stammt aus Moritz’ 1788 erschienener Schrift Ueber die bildende Nachahmung des Schönen (KMA 3). Die vier Kategorien des Guten, Nützlichen, Edlen und Schönen werden zunächst an nachahmenswerten Handlungen verdeutlicht, um sie anschließend in ihren gegenseitigen Verhältnissen grundsätzlich zu bestimmen. 387,2 That des Mutius Scävola] Der junge adlige Römer Gaius Mutius Cordus Scaevola wollte die Belagerung der Etrusker durch ein Attentat auf deren König Porsenna beenden. Die Tat mißlang, Mutius wurde gefangen. Der König befahl,
daß Feuer angemacht würde, ihn zu peinigen. Mutius hielt seine Rechte in das zu einem Opfer angezündete Feuer. Der König, welcher sah, daß er seine Hand ohne alle Empfindung verbrennen ließ, ließ ihn frei (Liv. II 12, zit. nach Des Titus Livius aus Padua Römische Geschichte, was davon auf unsere Zeiten gekommen ist, Erster Band, aus dem Lateinischen ins Deutsche übersetzt von Johann Franz Wagner, Lemgo 1776, S. 152). 388,19–22 Hier zeigt 〈…〉 Weg seyn würde] Die Denkfigur des Aneinandergrenzen〈s〉 des Entgegengesetzten begegnet bei Moritz häufig; vgl. RDI III, S. 143f. (KMA 5/2); Anthusa (KMA 4/1, S. 47 u. S. 76); Götterlehre, S. 13 (KMA 4/2).
Die Unschuldswelt Überlieferung 1. Textgrundlage D ÇOhne TitelÈ. In: Fragmente aus dem Tagebuche eines Geistersehers. Von 1
dem Verfasser Anton Reisers. Berlin 1787. Bei Christian Friedrich Himburg, S. 65–71. D2 Die Unschuldswelt. In: GL, S. 240–246. Grundlage für den edierten Text: D2.
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2. Varianten 389,22 We n n a l l e M e n s c h e n i m m e r S c h a f e g e w e i d e t h ä t t e n ] Aber freilich, w e n n a l l e M e n s c h e n S c h a f e g e h ü t e t h ä t t e n D1 389,23 wohl] zwar an sich wohl D1 389,23 gewesen. –] gewesen. D1 389,24 unserer] unsrer D1 389,24 geworden? –] geworden? D1 389,25 Land] Land’ D1 389,30 macht] thut D1 390,9 Bombe] Bomben D1 390,13 viel] viele D1 390,13–14 zusammen zu denken] zusammenzudenken D1 390,16–17 haben. – Was] haben. – Was D1 390,17 Bomben] Bomben, D1 391,1 unsere] unsre D1 391,3 Z e r s t ö r e n ] Zerstören D1 391,6 v o r w ä r t s ] vorwärts D1 391,13 kann.] kann.. D1 391,15 das] des D1 391,15–16 g l e i c h s e y n w o l l e n , ] g l e i c h s e y n w o l l e n . D1 391,18 Uebeln] U e b e l n D1 391,21 Grab;] Grab, D1 391,23 fressende] freßende D1 391,24 verwesenden] verwesendem D1 391,28 unsinnigern] unsinnigen D1 391,29 Fürchterliche Glücksräder] fürchterliche G l ü c k s r ä d e r D1 391,30 ihrem] ihren D1 391,32 Glücksrad] G l ü c k s r a d D1 391,33 ieder] jeder D1 391,33 Loos] Looß D1 391,34 Eins] E i n s D1 391,35–392,1 bestimmt. Wenige] bestimmt. Wenige D1 392,3 sey.] sey. Tausende w o l l e n Sklaven seyn, damit n u r e i n e r herrsche. D1 392,6 Blume] Blume, D1 392,13 umgiebt] umgibt D1
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Stellenerläuterungen 389,21 Die Unschuldswelt] Erstdruck 1787 in den Fragmenten aus dem Tagebuche eines Geistersehers (FTG, S. 65f.; KMA 2). Wahrscheinlich war Moritz durch Moses Mendelssohn und seine Schrift Über die Empfindungen (Erstdruck: 1755) dazu angeregt worden, sich mit der Ästhetik des Erhabenen und Schrecklichen und den einschlägigen Schriften von Burke, Du Bos und Kant auseinanderzusetzen (Mendelssohn, JubA 1, S. 41f.). Am Beispiel von GladiatorenKämpfen, Hinrichtungen und anderen abscheulichsten Schauspiele〈n〉 zeigte Du Bos, daß das Anzügliche, welches eine heftige Gemüthsbewegung über
uns hat, 〈…〉 für die meisten ein weit stärkerer Sporn 〈ist〉, als Ueberlegung und Erfahrung (Kritische Betrachtungen über die Poesie und Mahlerey, aus dem Französischen des Abtes Dü Bos 〈…〉, 1. Teil, Kopenhagen 1760,
S. 14). Ähnlich wie Moritz stellte Du Bos im Kontrast dazu in einem späteren Abschnitt über die Schäferpoesie und über die Hirten der Eklogen die bukolische Unschuldswelt als ästhetischen Gegenstand dar (ebd., S. 162). 390,1 I l i a d e , zu 〈…〉 A e n e i d e ] Geschichte und Nachgeschichte des Trojanischen Kriegs werden in Homers Ilias und Vergils Aeneis geschildert. Mit beiden Epen hatte sich Moritz seit seiner Schulzeit beschäftigt. 390,24 Und das G r o ß e 〈…〉 will v i e l umspannen] Moritz bezog sich hier offenbar nicht nur auf die frühe Abhandlung Immanuel Kants Beobachtungen über das Gefühl des Schönen und Erhabenen (1764), in der dieser das Wohlgefallen mit Grausen vom Gefühl vor das Schöne zu unterscheiden versuchte (Kant, WA 2, S. 826). Hier ist darüberhinaus deutlich auf eine Arbeit Bezug genommen, die von eine〈r〉 einige〈n〉 U r k r a f t der Seele 〈ausgeht〉, ihre Vor-
stellungen zu erweitern, durch neue Begriffe, neue Verhältnisse; oder sie zu mehrerer Deutlichkeit, oder Lebhaftigkeit, zu erhöhen. Ueberhaupt, sich in dem Gebiethe der Vorstellungen nach allen Gegenden auszudehnen (Cochius, Untersuchung über die Neigungen, welche den von der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin für das Jahr 1767. ausgesezten Preiß erhalten hat. Nebst anderen dahin einschlagenden Abhandlungen, Berlin 1769, S. 24). Auf diese Arbeit, für die der Potsdamer Hofprediger Leonhard Cochius (1718–1779) 1767 vor Christian Garve und Christoph Meiners den Preis der Berliner Akademie der Wissenschaften bekam, nahm auch Moses Mendelssohn zustimmend Bezug (Mendelssohn, JubA 1, S. 327; JubA 3/1, S. 291–296). Auch Karl Franz v. Irwing nahm an, daß auf der Vermehrung und zweckmä-
ßigen Erweiterung der Gefühle 〈…〉 das Zweckmäßige des gesammten
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Verhaltens des Menschen, beruhen muß (Karl Franz von Irwing, Erfahrungen und Untersuchungen über den Menschen, 3. Bd., Berlin 1779, S. 175). 390,30 N e r o n e n ] Rom, das so große und so kostbare Anstalten vorkehrte, den Geschmack der Nation zu v e r w ö h n e n , brachte zuletzt ein Meisterstück von verwöhntem Geschmacke hervor, einen N e r o , der Rom in Flammen setzen lies, und mit Vergnügen brennen sah (Moses Mendelssohn, Über die Empfindungen; JubA 1, S. 306). Für Moritz war Moses Mendelssohn die wichtigste Bezugsfigur in Berlin: Über häufige Gespräche hinaus dürften auch seine Schriften ihm nicht unbekannt geblieben sein. Viele Formulierungen belegen Moritz’ Teilnahme an Mendelssohns Denken. 391,5 Z e r n i c h t e r ] Nach des Herrn C〈ochius〉 Theorie muß der
Wunsch, die Begierde sich zu zernichten, eine Aeusserung des Erweiterungstriebes seyn können. Der Begriff der E r w e i t e r u n g muß also dergestalt determinirt werden können, daß er den Begriff der Z e r n i c h t u n g enthält; das heißt, unter gewissen Bedingungen muß die Zernichtung eine Erweiterung seyn (Moses Mendelssohn, Über die Empfindungen; JubA 1, S. 329). 391,15–16 G o t t 〈…〉 s e y n w o l l e n ] Das Versprechen der Schlange im Paradies, Gen 3,5. 391,16 wornach] Vgl. Erl. zu S. 41,19. 391,21 übertünchte Grab] Mt 23,27. 391,23 Ve r g l e i c h u n g s s u c h t ] Von seiner Englandreise berichtete Moritz,
Man findet in England ebenfalls bei gemeinen Leuten solche gedruckte Bogen mit allerlei Sittenlehren in den Stuben an den Thüren angeschlagen 〈…〉. So las ich z. B. hier auf einem solchen gedruckten Blatt an der Stubenthür unter andern die goldne Regel; Make no Comparisons! (macht keine Vergleichungen!) Und wenn man bedenkt, wie viel Zänkereien und Unheil in der Welt eben durch solche verhaßte Vergleichungen der Verdienste oder der Person des einen, mit den Verdiensten oder der Person des andern, u. s. w., entstehen; so ist in den kurzen Worten der obigen Regel die herrlichste Sittenlehre zusammengedrängt (RDE, S. 210f.; KMA 5/1). 391,27 Rad des Ixion] Ixion, an die Tafel der Götter geladen, begehrte Juno; als er glaubte, das Ziel seiner Wünsche erreicht zu haben, wurde er getäuscht: s t a t t d e r J u n o u m a r m t e e r e i n e Wo l k e . 〈…〉 Er wurde für seine vermeßnen Ansprüche 〈…〉 bestraft. 〈…〉 Er ward plötzlich von dieser Höhe in den Tartarus hinabgeschleudert, wo er, an ein Rad gefesselt, sich ewig im Kreise drehet (Götterlehre, S. 394f.; KMA 4/2).
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Der Prediger in der Wüsten Überlieferung 1. Textgrundlage D Der Prediger in der Wüsten. In: GL, S. 246f. Grundlage für den edierten Text: D.
Stellenerläuterungen 392,22 Der Prediger in der Wüsten] Der Prediger in der Wüste (Mt 3,3) ist Johannes der Täufer (Festtag: 24. Juni). Er ist der Schutzpatron der Johannislogen, die in den drei Johannisgraden (Lehrling, Geselle, Meister) arbeiten (vgl. Lennhoff/Posner, Sp. 780f.). Die vorliegende Ansprache ist vermutlich im Juni 1791 entstanden. Schulze erwähnt, daß Moritz am Johannisfest 1791 zur Einweihung des neuen Hauses der Großen Landesloge geredet habe (vgl. Schulze 1891, S. 90f.). Da Der Prediger in der Wüsten sich ausdrücklich mit guten Wünschen auf diesen Tempel (vgl. S. 393,1) bezieht, dürfte er bei der Einweihung des Logenhauses vorgetragen worden sein. 393,4 Götterfunken] Vgl. Erl. zu S. 385,13.
Erinnerungen aus den frühesten Jahren der Kindheit Überlieferung 1. Textgrundlage 1
J
Erinnerungen aus den frühesten Jahren der Kindheit. In: GNVUI SAYTON oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde als ein Lesebuch für Gelehrte und Ungelehrte. Mit Unterstützung mehrerer Wahrheitsfreunde herausgegeben von Carl Philipp Moritz. Ersten Bandes erstes Stück. Berlin, bei August Mylius 1783, S. 65–70, hier S. 65– 67 (entspricht S. 393,12–394,21 in vorliegendem Bd.).
J2
Fortsetzung der Revision der drei ersten Bände dieses Magazins. In: oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde als ein Le-
GNVUI SAYTON
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Die große Loge
sebuch für Gelehrte und Ungelehrte. Mit Unterstützung mehrerer Wahrheitsfreunde herausgegeben von Carl Philipp Moritz, Professor am Berlinischen Gymnasium. Vierten Bandes drittes Stück. Berlin, bei August Mylius 1786, S. 1–16, hier S. 2–4 (entspricht S. 394,22–395,33 in vorliegendem Bd.). D Erinnerungen aus den frühesten Jahren der Kindheit. In: GL, S. 247–253. Grundlage für den edierten Text: D.
2. Varianten 393,15–16 verdienten. Diese] verdienten. Diese J1 393,16 gewissermaßen,] gewissermaßen J1 393,21 zurück schauen] zurückschauen J1 393,23 hängt.] hängt. Daher ist es auch seit mehreren Jahren oftmals die
Beschäftigung meiner einsamen Stunden gewesen, diese Erinnerungen in meine Seele zurückzurufen. J1 393,25 erloschene] erloschne J1 393,26–27 unmittelbar] mittelbar J1 393,28–29 wieder. Auf] wieder. Auf J1 393,31 ich] und ich J1 394,1 In] Im J1 394,3 dem ohngeachtet] demohngeachtet J1 394,10 diesem] diesen J1 394,13–14 irgend einen vergangenen] den vergangnen J1 394,14–15 ausmacht] ausmacht, J1 394,15–16 war? Unzähligemale] war? Unzähligemale J1 394,20 denselben] dieselbe J1 394,25 vergangenen] vergangnen J2 394,34 zurück finden] zurückfinden J2 395,1 zurück finden sollen –] zurückfinden sollen: J2 395,2 unsrer] unsre J2 395,3 wo] wie J2 395,3 E x i s t e n z ] Existenz J2 395,6 erfunden] gefunden J2 395,8 aufzustellen] aufzustellen, J2
Die Texte im einzelnen 395,10 395,12 395,17 395,18 395,19 395,20 395,24 395,25 395,26 395,29
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nicht] n i c h t J2 ihm] ihn J2 Daseyn,] Daseyn; J2 so bald] sobald J2 d e m s e l b e n ] d e n s e l b e n J2 mehr] mehr, J2 Geister-] Geister J2 Aufschlüße] Aufschlüsse J2 nur als] n u r a l s J2 anderer] andrer J2 Stellenerläuterungen
393,12 Erinnerungen 〈…〉 Jahren der Kindheit] Dieser Text ist im Zusammenhang mit der Arbeit am ersten Teil des Anton Reiser entstanden (vgl. KMA 1, u. a. S. 15 u. 35) und zuerst 1783 im Magazin zur Erfahrungsseelenkunde veröffentlicht worden (MzE I.1 1783, S. 65–70; KMA 12). Schon in den Reisen eines Deutschen in England im Jahre 1782 hatte Moritz unter dem Datum des 30. Juni 1782 festgestellt: die ersten Eindrücke der Kindheit bleiben doch
immer äusserst wichtig, und sind gewissermaßen die Grundlage aller folgenden (RDE, S. 183f.; KMA 5/1). Mit teilweise gleichen Worten (Brunnen nicht weit vom Hause; Faden, der unser gegenwärtiges Daseyn an irgend ein vergangnes knüpfte; Lethefluß) erinnert sich Andreas Hartknopf bei seinem ersten Erwachen in seinem Geburtsorte an seine früheste Kindheit (AH, S. 51; KMA 2). 393,29 Mutter] Dorothea Henriette Moritz geb. König (1721–1783). Ehemals als Kammermädchen im Damenstift Fischbeck beschäftigt, heiratete sie am 1. April 1755 in Hameln Moritz’ Vater, den Witwer Johann Gottlieb Moritz (1724–1788). Aus dieser Ehe gingen neben Karl Philipp folgende Kinder hervor: Johanna Maria Juliane (1760– ca. 1762), Johann Christian Conrad (1764–1828) und die Zwillinge Johann Simon Christian (1767– ca. 1795) und August Friedrich (1767–1768) (Wingertszahn 2006, S. 41f.). 394,2 Geburtsstadt] Moritz wurde am 15. September 1756 in Hameln geboren. Die Garnisonstadt hatte vor dem Siebenjährigen Krieg (1743) 4100, danach (1763) 2379 Einwohner (Wingertszahn 2006, S. 38). 394,26–27 K e t t e d e r We s e n ] Als Vast chain of Being, als große Kette der Wesen, hatte Alexander Pope in seinem Essay on Man (1744) den syste-
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Die große Loge
matischen, hierarchisch geordneten Zusammenhang von göttlich-geistigen, menschlichen, tierischen und niedereren Wesen im Universum bezeichnet (Pope 1966, S. 248; vgl. zur Geschichte dieser auf die Antike zurückgehenden Idee Lovejoy 1960). Moritz spricht den Gedanken von der großen Kette der Wesen oder von einem geheimen Band häufig an (vgl.: DS, S. 437 [KMA 7]; Anthusa, KMA 4/1, S. 17f.u. S. 242; Ueber die Vereinfachung der menschlichen Kenntnisse, in: Deutsche Monatsschrift, 3. Bd., 1791, S. 269–272, hier S. 269 [KMA 13]). 394,29 L e t h e ] Eines der unterirdischen Gewässer. 〈…〉 Aus dem wohl-
thätigen L e t h e trinken die Seelen der Abgeschiednen Vergessenheit der Sorgen und alles Kummers, der sie im Leben bedrückte (Götterlehre, S. 388f.; KMA 4/2). 394,33 L a b y r i n t h ] Theseus konnte den Minotaurus besiegen, weil er zuvor
aus den Händen der Ariadne den Knäul empfing, der ihm einen sichern Ausgang aus dem Labyrinth verschafte (Götterlehre, S. 292; KMA 4/2).
Laune Überlieferung 1. Textgrundlage
M**s: Laune. In: GNVUI SAYTON oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde als ein Lesebuch für Gelehrte und Ungelehrte. Mit Unterstützung mehrerer Wahrheitsfreunde herausgegeben von Carl Philipp Moritz. Zweiten Bandes drittes Stück. Berlin, bei August Mylius 1784, S. 122–124, hier S. 123f. D Laune. In: GL, S. 253f. J
Grundlage für den edierten Text: D.
2. Varianten 396,3 Glas] Glaß J 396,10 nie –] nie – denn als S** schon viele Jahre lang ein ordentlicher
und rechtlicher Mann gewesen war, und für seine Gemüthsruhe von kei-
Die Texte im einzelnen
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nem mißlungnen Kegelschube etwas mehr zu befürchten hatte, brachte ihn doch einmal das Billard so aus seinem Gleise, daß es ihm vier Wochen Zeit kostete, ehe er wieder hineinkommen konnte. J 396,14 wird er] wird er, wird er J 396,16 Acht] acht J Stellenerläuterungen 396,1 Laune] Dieser Text übernimmt den zweiten, interpretierenden Teil eines ›Fallberichts‹ (über Freund S.) aus dem Magazin zur Erfahrungsseelenkunde (MzE II.3 1784, S. 122–124). Er ist dort mit M…s. gezeichnet und deshalb auch in voller Länge in die »Sämtlichen Schriften« von Moses Mendelssohn aufgenommen worden (Mendelssohn JubA, 6/1, S. 183f.). Die Frage, ob der hier abgedruckte Textteil vom Magazin-Herausgeber oder von Mendelssohn selbst stammt, muß unentschieden bleiben, wenn auch der »letzte Satz für Mendelssohn charakteristisch ist« (ebd., S. XXXV).
Seelenheilkunde Überlieferung 1. Textgrundlage
ÇMoritz:È Fortsetzung der Revision der drei ersten Bände dieses Magazins. In: GNVUI SAYTON oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde als ein Lesebuch für Gelehrte und Ungelehrte. Mit Unterstützung mehrerer Wahrheitsfreunde herausgegeben von Carl Philipp Moritz, Professor am Berlinischen Gymnasium. Vierten Bandes erstes Stück. Berlin, bei August Mylius 1786, S. 1–56, hier S. 3–8. D Seelenheilkunde. In: GL, S. 254– 261.
J
Grundlage für den edierten Text: D.
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Die große Loge
2. Varianten 396,22 Lebens] Lebens aber J 396,22 doch] doch wohl J 396,28 Seelenkrankheiten] Seelenkrankheiten, J 397,2 ist] ist, J 397,2 bessre] beßre J 397,4 aber] aber, J 397,5 wollte:] wollte J 397,6 sey] sei J 397,9 m u ß ] muß J 397,14 Letztere] letztere J 397,15 vorher gegangen] vorhergegangen J 397,17–18 z u s a m m e n z u d e n k e n ] z u s a m m e n z u d e n k e n J 397,21 dahingehen] dahin gehen J 397,26 Wirkungen] Wirkungen, J 397,26 von einander] voneinander J 397,30 allen] allem J 397,32 laßen] lassen J 398,4 u n w i l l k ü h r l i c h ] u n w i l l k ü r l i c h J 398,10 auf einander] aufeinander J 398,19 zu denken] z u d e n k e n J 398,25 unserm] unsrem J 398,26 zieht, – daß] zieht. – Daß J 398,27 macht, – die] macht. – Und die J 398,28 Vorstellungen] Vorstellungen J Verstellungen D 398,30 schwächen,] schwächen J 398,31 genug] g e n u g J 399,9 unsers] unsres J 399,10 unsers] unsres J 399,11 unseres] unsres J 399,13 angespornet] angespornt J 399,18–19 entgegen gearbeitet] entgegengearbeitet J 399,26 Neid] N e i d J
Die Texte im einzelnen
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Stellenerläuterungen 396,21 Seelenheilkunde] Dieser Text stammt aus dem Anfangsteil der Revision der drei ersten Bände, die Moritz im vierten Band des Magazins zur Erfahrungsseelenkunde (MzE IV.1 1786, S. 1–56) veröffentlicht hatte. Er ging aus von der Beobachtung, daß die meisten der Beiträge des Magazins bisher unter die Rubrik Seelenkrankheitskunde fielen und hauptsächlich Fälle von Wahnwitz oder Melancholie betrafen (ebd., S. 2). Moritz plädierte dafür, den Begriff der Seelen- oder Gemüthskrankheiten auszuweiten und Geitz, Verschwendung, Spielsucht, Neid, Trägheit, Eitelkeit (ebd., S. 2f.) u. s. w. dazu zu rechnen, deren Entstehung psychologisch zu erklären und die heilende Beeinflussung zu begründen.
Die Schöpfung in der Seele des Menschen Überlieferung 1. Textgrundlage D1 Siebenter Brief. Einige Rückblicke auf das Ganze der Sprache. In: Deut-
sche Sprachlehre für die Damen. In Briefen von Carl Philipp Moritz. Mit Königlich Preußischer und Churfürstlich Sächsischer allergnädigster Freiheit. Berlin, bei Arnold Wever. 1782, S. 160–180, hier S. 174–180. D2 Anmerkung 6. In: James Beattie’s Grundlinien der Psychologie, natürlichen Theologie, Moralphilosophie und Logik. Aus dem Englischen übersetzt und mit Anmerkungen und Zusätzen begleitet von Karl Philipp Moritz Professor bei der Akademie der bildenden Künste in Berlin. Erster Band. Berlin, 1790. Bei Christian Friedrich Voß und Sohn, S. 310f. D3 Siebenter Brief. Einige Rückblicke auf das Ganze der Sprache. In: Deutsche Sprachlehre In Briefen. Von Karl Philipp Moritz, Professor bei der Akademie der bildenden Künste zu Berlin. Zweite verbesserte Auflage. Mit Königl. Preuß. und Churfürstl. Sächsisch. allergnädigster Freiheit. Berlin, bei Arnold Wever. 1791, S. 70–79, hier S. 76–79. D4 Die Schöpfung in der Seele des Menschen. In: GL, S. 261–265. Grundlage für den edierten Text: D4.
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Die große Loge
2. Varianten 399,30 ersten Unterschied] Unterschied D1 D2 D3 399,30 Finsterniß,] Finsterniß D1 D2 D3 399,31 große] grosse D1 399,32–400,1 Wasser. Es] Wasser. Es D1 D2 D3 400,1 großen] grossen D1 400,3–4 konnte. Nachdem] konnte. Nachdem D1 D2 D3 400,6 Unterschied] Unterschied, D1 D2 D3 400,7 sich] sich, D1 D2 400,8 dunklere,] dunklere D2 400,9–10 sahe. Nachdem] sahe. Nachdem D1 D2 D3 400,10 beschäftiget] beschäftigt D2 400,11 an] an, D1 D2 D3 400,14–15 bemerken. Und] bemerken. Und D1 D2 D3 400,15 Unterschiede] Unterschiede, D1 D2 D3 400,18–20 konnten. Aufmerksamer] konnten. Aufmerksamer D1 D2 D3 400,21 er] er D4 400,22 Mond] Mond, D1 D3 400,23 Sterne] Sterne, D1 D2 D3 400,23 glänzten,] glänzen, D2 400,23–24 unterscheiden. Endlich] unterscheiden. Endlich D1 D2 D3 400,24 auch] auch, D1 D2 D3 400,26 der Erde] Erden, D1 D2 D3 400,27–28 einzuprägen. Nachdem] einzuprägen. Nachdem D1 D2 D3 400,29 gelernt] gelernet D1 400,33 ebenderselben] eben derselben D2 401,1 Wiederholung:] Wiederhohlung: D1 401,1 Tag] Tag, D1 D2 D3 401,2 u. s. w.] u. s. w. – D2 401,3–6 So lange 〈. . .〉 herrschte. – fehlt in D2 401,4 worin] worinn D1 401,6 Da aber] Da D2 401,7 tagen;] tagen, D1 D2 D3 401,8 Morgendämmerung] Morgendämmrung D1 401,8 hervor – die] hervor – Die D1 D3 hervor. – Die D2
Die Texte im einzelnen
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401,9 vorher] im thierischen Zustande D2 401,9–10 betrachtet hatte] würde betrachtet haben D2 401,10 Vorstellung] Vorstellung, D2 401,12 Erde. –] Erde – D1 401,13 Flüsse] Flüße D1 401,13 die] Die D2 401,19 wie] Wie D1 D2 401,19 Dämmerung] Dämmrung D1 D2 D3 401,23 Flüsse] Flüße D1 401,24 Hütten] Hütten, D1 D2 D3 401,24 Menschen] Menschen, D1 D2 D3 401,25 Landschaft] Landschaft, D1 D2 401,26 Flüssen] Flüßen D1 401,27 Morgensonne] Morgensonne, D1 D2 D3
Stellenerläuterungen 399,28 Die Schöpfung in der Seele des Menschen] Vgl. Erl. zu S. 96,12–14. Merkwürdig ist allerdings, daß Moritz nach der Neubearbeitung des Schöpfungsthemas in der Kinderlogik (1786) zweimal auf die ältere Fassung von 1782 (in der Deutschen Sprachlehre) zurückgriff: Die Anmerkung 6 zur Beattie-Übersetzung von 1790 (Beattie, Grundlinien, S. 309–311) und der hier in die Große Loge aufgenommene Text entsprechen genau dem 7. Brief der Deutschen Sprachlehre von 1782. Inhaltliche Entsprechungen finden sich in den Unterhaltungen (in vorliegendem Bd.), im Aufsatz Auch eine Hypothese 〈…〉 (in: Berlinische Monatsschrift, 1784, S. 339–346) sowie in der Kinderlogik.
Hephata! Überlieferung 1. Textgrundlage 1
J
Fortsetzung der Revision der drei ersten Bände dieses Magazins. In: GNVUI SAYTON oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde als ein Lesebuch für Gelehrte und Ungelehrte. Mit Unterstützung mehrerer
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Die große Loge
Wahrheitsfreunde herausgegeben von Carl Philipp Moritz, Professor am Berlinischen Gymnasium. Vierten Bandes zweites Stück. Berlin, bei August Mylius 1786, S. 1–24, hier S. 2–7 und 21–24 (entspricht S. 401,29–405,13 und 405,15–407,27 in vorliegendem Bd.). Zeichen und Wortsprache. In: DW 1786 I, 13. St. (28. März), S. 198–203, hier S. 199–203 (entspricht S. 405,15–407,27 in vorliegendem Bd.). D Hephata. In: GL, S. 265–276. d Der letzte Zweck des menschlichen Denkens. In: Launen und PhantaJ2
sien von Carl Philipp MoritzÇ.È Herausgegeben von Carl Friedrich KlischnigÇ.È Berlin bei Ernst Felisch 1796, S. 265–276. Grundlage für den edierten Text: D.
2. Varianten 401,29–402,2 Daß nicht die Sprache 〈. . .〉 wolle.] in J1 hervorgehoben 401,29 Daß] U n d d a ß J1 401,29 Sprache] S p r a c h e , J1 401,32 empor] s o w i e b e i d e m Ta u b s t u m m e n , e m p o r J1 402,2–3 wolle. – Diß lehrt 〈. . .〉 Stummgebohrne.] wolle. – J1 402,7 werden] werden, J1 402,8 s e i n e m ] s e i n e n J1 402,9 vorstellenden Kraft,] v o r s t e l l e n d e n K r a f t , J1 402,19 Strömen,] Strömen, Seetreffen J1 402,20–21 Ordnung –] O r d n u n g . – J1 402,25 Meere] Meer J1 402,27 zurück zu rufen] zurückzurufen J1 402,28 gleich bleibendern] gleichbleibendern J1 402,30 drehet] umherdrehet J1 403,6 G e g e n w a r t , ] G e g e n w a r t – J1 403,7 Die] d i e J1 403,21 A u f e i n a n d e r f o l g e n d e ] a u f e i n a n d e r f o l g e n d e J1 403,24 vier und zwanzig] vierundzwanzig J1 404,3 dann] denn J1 404,4 andere] andre J1 404,17 eine] einer J1
Die Texte im einzelnen
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404,22 nöthig. – Dieser] nöthig – dieser J1 404,25 so bald] sobald J1 405,7 eine] ein J1 405,7 Und] und J1 405,10 stünde] stände J1 d 405,10 denn] dann d 405,15 außer] ausser J2 405,16 irgend wo] irgendwo J1 J2 405,16 finde] fände J1 J2 405,17 außer] ausser J2 405,17 Thierwelt] Thierwelt, J2 405,17 Flüsse] Flüsse, J2 405,18 hervor. – Dieser] hervor – dieser J1 hervor – Dieser J2 405,23 in- und auseinanderwickeln] in und auseinander wickeln J2 405,24 vier und zwanzig] vierundzwanzig J1 405,26 erhabene] erhabne J1 405,28 gesetzt] gesezt J2 405,30 simpeln] simplen J2 405,31 dem] den J2 405,32 zu] zu denken, als dem Chineser schnell und geläufig zu J1 zu denken, als dem Chineser, schnell und geläufig zu J2 406,6 sie] sein Ich J2 406,10 S i m p l i f i c i r u n g ] S i m p l i f i z i r u n g J1 J2 406,13 dieß] das J2 406,13 unwillkürliche] unwillkührliche J1 J2 406,16 wird. –] wird – J2 406,17 Bedürfniß,] Bedürfniß J2 406,22 einzelne] E i n z e l n e J2 406,22 G a n z e , ] G a n z e , u n d d a s G a n z e m i t b e s t ä n d i g e r R ü c k s i c h t a u f d a s E i n z e l n e , J1 J2 406,23 betrachten. – U n d ] betrachten – U n d J2 406,24 n o c h s o v e r s c h i e d e n e We i s e , l e r n e n ] n o c h s o v e r s c h i e d e n e We i s e , l e r n e n J1 n o c h s o v e r s c h i e d e n e n We g e n , l e r n e n J2 noch so verschiedene Weise, lernen D 406,24 s c h e i n e t ] s c h e i n t J2 406,25 u n s r e s ] u n s e r s J2
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Die große Loge
406,25 s e y n . – ] s e y n – J2 406,27 a u c h ] a u c h , J1 J2 406,28 v e r n a c h l ä s s i g e t ] v e r n a c h l ä ß i g e t J1 406,29 l e t z t e n ] l e z t e n J2 406,30 G e i s t e r w e l t ] G e i s t e r J2 406,32 O r d n u n g ] O r d n u n g , J2 406,33 s a h e . ] s a h e – J2 407,1 letzten] lezten J2 407,2 dieser] diesen J2 407,3 verlieren.] verlieren. – J1 verlieren – J2 407,4 a l l e r l e t z t e n ] a l l e r l e z t e n J2 407,6 e r w o r b n e n ] e r w o r b e n e n J2 407,7 a n . – ] a n – J2 407,8 der Sache] den Sachen J2 407,9 Zeichen] Z e i c h e n J2 407,9 vom] von dem J2 407,10 machen,] machen J2 407,11 Kopfe] Kopf J2 407,11 dieß] daß J1 das J2 407,12 dasselbe. –] dasselbe – J2 407,13 unserer] unsrer J1 J2 407,15 höheren] höhern J2 407,16 soll. –] soll – J2 407,19 Entstellung] Entstellung, J2 407,20 gewordene] gewordne J1 407,20–21 wegfällt. –] wegfällt – J2 407,24 Denkkraft] Denkkraft, J1 J2 407,27 u n s e r s ] u n s e r e s J1
Stellenerläuterungen 401,28 Hephata!] Hebräisch: ›Öffne dich!‹. Ausspruch Christi bei der Heilung eines taubstummen Mannes; vgl. Mk 7,34. Dieser Aufsatz über das TaubstummenProblem gehörte ursprünglich zur Revision der drei ersten Bände des Magazins zur Erfahrungsseelenkunde (MzE IV.1 1786, S. 2f.; S. 21–24). Vorher hatte Moritz im ersten Band Einige Beobachtungen über einen Taub- und Stummgebohrenen (K. F. Mertens) veröffentlicht, den er im Alter von 15 Jahren zu sich
Die Texte im einzelnen
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genommen hatte (MzE I.1 1783, S. 39–44; I.3, S. 76–82; Fortsetzung: III.2. 1785, S. 89–92). Ähnlich wie in dem vorher abgedruckten Revisionstext zur Seelenheilkunde betont Moritz auch hier die fördernde und heilende Funktion der Denk- und Vorstellungskräfte (vgl. Pustejowsky 1989). 403,6–9 durch das Auge 〈…〉 Ideen bewirkt] Bei Johann Gottfried Herder findet sich in der Schrift Plastik (1778) diese Gegenüberstellung, allerdings noch um den dritten Aspekt des G e f ü h l 〈 s 〉 , des i n e i n a n d e r , erweitert (Herder, SW 8, S. 15). 403,23–24 in dem kleinen Umfange 〈…〉 artikulirten Tönen] Hier ist das Alphabet als ›Tonvorrat‹ für die Gedanken gemeint. Die Zahl 24 entspricht dem älteren Alphabet, das ›I‹ und ›J‹ ebensowenig wie ›U‹ und ›V‹ unterschied. 404,31 Zufall der Geburt] Vgl. Erl. zu S. 225,21. 405,12 h a l b M e n s c h und h a l b T h i e r ] Zu den Tieren in Menschengestalt, die nur den gröbsten Instinkt zeigen, hatte der frz. Philosoph Julien Offray de La Mettrie (1709–1751) die Gehörlosen gerechnet (La Mettrie 1990, S. 73). 405,18 a r t i k u l i r t e n To n ] Man setzt nehmlich artikulirte Töne, wie
sie in der menschlichen Sprache statt finden, den unartikulirten Lauten der Thiere, dem Bellen des Hundes, dem Blöken des Schafes u. s. w. entgegen (GWb I, S. 153; KMA 7). 405,23–24 auf der Walze 〈…〉 vier und zwanzig Stifte] »Walze 〈…〉 in spieluhren und drehorgeln ist es die rolle, die mit drahtstiften bedeckt ist, welche die entsprechenden töne hervorrufen« (DWb 27, Sp. 1406). Vgl. z. B. Wolfgang Amadeus Mozarts Komposition Andante für eine Walze in eine kleine Orgel (KV 616). 406,21–23 d a s e i n z e l n e 〈…〉 G a n z e , betrachten] Eine Parallelstelle findet sich in den Fragmenten aus dem Tagebuche eines Geistersehers: Was
heißt das anders, als gewöhne deinen Geist beim E i n z e l n e n d a s G a n z e u n d i n d e m G a n z e n s t e t s d a s E i n z e l n e z u d e n k e n ! (FTG, S. 20; KMA 2). 406,29–33 N e h m e i c h 〈…〉 Ve r w i r r u n g s a h e ] Vgl. Erl. zu S. 296,11–12. 407,22–24 Der Taubstumme übt 〈…〉 des Ganzen macht] In Moritz’ Aufsatz Zeichen- und Wortsprache in den Denkwürdigkeiten (DW 1786 I, 13. St., 28. März, S. 198–203) wurde dieses Beispiel aus der Taubstummensprache unmittelbar vor dem hier abgedruckten Text näher erläutert: E i n S t e r n a u f d e r
B r u s t , wodurch der Taubstumme einen Fürsten oder König bezeichnet, bleibt immer ausser dem Zeichen der Würde auch an sich noch etwas (ebd., S. 199).
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Der letzte Zweck des menschlichen Denkens Überlieferung 1. Textgrundlage J
Fortsetzung der Revision der drei ersten Bände dieses Magazins. In: GNVUI SAYTON oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde als ein Lesebuch für Gelehrte und Ungelehrte. Mit Unterstützung mehrerer Wahrheitsfreunde herausgegeben von Carl Philipp Moritz, Professor am Berlinischen Gymnasium. Vierten Bandes zweites Stück. Berlin, bei August Mylius 1786, S. 1–24, hier S. 16–19. D Der letzte Zweck des menschlichen Denkens. In: GL, S. 276–278. d Der letzte Zweck des menschlichen Denkens. In: Launen und Phantasien von Carl Philipp MoritzÇ.È Herausgegeben von Carl Friedrich KlischnigÇ.È Berlin bei Ernst Felisch 1796, S. 276–278.
Grundlage für den edierten Text: D.
2. Varianten 407,30 ist] Ist d 408,7 schief,] schief und J 408,11 desselben. – Nehme ich] desselben – nehme ich nun J 408,14 Zirkel] Cirkel J 408,19 man] man ihn J 408,30 hineinfügen] hineinfügen, J 409,6 alle] alle, J 409,7 ausfindig] ausfündig J 409,10 Spinne] Spinnen J 409,11 Wahrheit] Wahrheit, J 409,12 Instinkt] I n s t i n k t J 409,18 daß] Daß d 409,22 einzusehen] einzusehen, J d 409,24–25 nach auch] auch J 409,25 muß] m u ß J
Die Texte im einzelnen
869
409,29 Ganzem] Ganzen J 409,32 wohl z. B.] wohl z. B., J wohl, d 410,6 erreichen. – –] erreichen. – J
Stellenerläuterungen 407,28–29 Der letzte Zweck 〈…〉 G e s i c h t s p u n k t ] Nach dem Erstdruck dieses Abschnitts im Magazin zur Erfahrungsseelenkunde von 1786 folgt die Bemerkung, daß es sich hier um eine eingeschobene Abschweifung vom Gegenstand des vorstehenden Taubstummenaufsatzes handle (Fortsetzung der Revision der drei ersten Bände dieses Magazins, in: MzE IV.2 1786, S. 16–19). Ausgangspunkt ist dort die Beobachtung, daß Taubstumme in einzelnen Bildern gern Hauptgesichtspunkte (ebd., S. 15) festhalten, die dann für ein ganzes Bild stehen (z. B. ein Ordensstern auf der Brust für das Bild des Königs).
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Die Dankbarkeit gegen Gott erhöhet unsre Freuden auf Erden Überlieferung 1. Textgrundlage D Die Dankbarkeit gegen Gott erhöhet unsre Freuden auf Erden. Eine
Predigt, in der St. Katharinenkirche zu Braunschweig am 27sten August 1780 gehalten von M. Carl Philipp Moritz, Conrector am Grauen Kloster zu Berlin. Berlin, bey Arnold Wever. 1780. S. Ç1È–31. 8°; Satzspiegel: 12,9 x 7,1 cm. Fraktur. Eingesehene Exemplare: 1.) Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, Sig. Qu N 401; 2.) Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Sig. H. Sax. Urb. H 334. Grundlage für den edierten Text: D.
2. Varianten 420,18 müsse] müssen D
Überblickskommentar
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Überblickskommentar 1. Entstehungsgeschichte Zu Moritz’ Text sind keinerlei Handschriften oder eigenhändige Aufzeichnungen des Autors erhalten. Die einzige nähere zeitgenössische Information über das Werk verzeichnet Karl Friedrich Klischnig im Schriftenverzeichnis seiner MoritzBiographie: Er hielt sie in der Katharinenkirche in Braunschweig, weil er
damals große Lust am Predigen fand und gerade hier am liebsten ein Amt gehabt hätte. Er tadelte in der Folge selbst daran, daß sie nicht einfach und schmucklos genug sey.1 Die Predigt hielt Moritz am 27. August 1780 in der Braunschweiger St. Katharinenkirche, wie aus dem Untertitel des gedruckten Werks hervorgeht. Die etwa 1200 begonnene und im 13. Jh. umgebaute große gotische Hallenkirche hatte seit 1528 evangelisch-lutherische Pfarrer. Die Pfarrbestellungsakten der Kirche und die Magistratsakten enthalten zu Moritz’ Bewerbung um die zweite Pfarrstelle von St. Katharinen keine Archivunterlagen.2 Die Stelle des zweiten Pfarrers an St. Katharinen war durch den Tod Paul Johann Bütemeisters (1702–1780) am 28. Mai 17803 vakant geworden. An der Predigerwahl nahmen sechs Bewerber teil, die zum Teil aus weit entfernten Orten anreisten;4 die Pfarrstelle erhielt nicht Moritz, sondern der aus Ölper gebürtige Johann Anton Eobald Alers (1745–1821), der am 6. Januar 1781 als Pastor in St. Katharinen eingeführt wurde.5 Über die näheren Umstände von Moritz’ Bewerbung ist nichts bekannt. Moritz selbst erwähnt lediglich in einem kurz nach der Predigt geschriebenen Brief an Ernst Anton Heiliger, den Bürgermeister von Hannover, daß von Braunschweig aus zu einer sehr ansehnlichen Predigerstelle auf mich reflektiert war (9. September 1780; KMA 13). Die Predigt hat Moritz wohl zeitnah konzipiert und geschrieben. Moritz präparierte seine Predigten meist erst kurz vor dem Gottesdienst und selten schrieb
er von seinen Predigten mehr als den Hauptinnhalt auf, der oft nicht 1
Klischnig, Erinnerungen, S. 251. Stadtarchiv Braunschweig, BS. Kath. Nr. 14; Auskunft des Landeskirchlichen Archivs Braunschweig von 1997. 3 Zu Bütemeister vgl. Beste 1900, S. 48; Seebaß/Freist II, S. 48. 4 Auskunft des Landeskirchlichen Archivs Braunschweig; vgl. Stadtarchiv Braunschweig, BS. Allg. Nr. 18. 5 Vgl. Beste 1900, S. 49; Seebaß/Freist II, S. 5. 2
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Die Dankbarkeit gegen Gott
einmal eine Oktavseite füllte.6 So kommt es, daß neben der einzigen gedruckten Predigt nur ein Fragment Ueber die Leiden des Lebens erhalten ist.7 Die Braunschweiger Predigt wurde bald nach ihrem Vortrag gedruckt und lag Anfang Oktober 1780 vor.8 Daß von allen Predigten des Autors – neben einem Fragment – ausgerechnet der in Braunschweig gehaltene Kanzelvortrag publiziert wurde, erklärt sich vermutlich nicht nur aus der besonderen Sorgfalt bei der rhetorischen Komposition des Textes, sondern aus Moritz’ biographischer Verbindung zu Braunschweig, wo er 1769/70 den Predigtstil des von ihm bewunderten Pastors Johann Ludwig Paulmann kennengelernt hatte. Im »psychologischen« Roman Anton Reiser ist, wenn auch literarisiert und stilisiert, wohl in den Kirchenbesuchen des Titelhelden Moritz’ Faszination für den Beruf des Predigers abgebildet. Das Beispiel des Pastors PÇaulmannÈ, »der eine sehr bezeichnende Mischung aus pietistisch gefärbter ›Erbauung‹ und aus rationalistischer Lehrhaftigkeit darstellt«,9 beeindruckte Anton Reiser nachhaltig.10 Dieser erlebte seelenerschütterndÇeÈ und sanftrührendÇeÈ Predigten Paulmanns,11 sie erschienen ihm als das höchste Ideal.12 Er konnte sich nichts Erhabeners und Reizenderes denken, als, wie der Pastor P. . ., öffentlich vor dem Volke reden zu dürfen.13 Über Paulmanns Predigtweise heißt es: Alles an ihm war in Bewegung; sein Ausdruck Ç. . .È war natürlich, schön und unwiderstehlich mit sich fortreißend;14 Anton glaubte einen der Propheten zu hören, der im heiligen Eifer das Volk Israel strafte.15
6
Klischnig, Erinnerungen, S. 54. DW 1786 II, 24. St., S. 373–380 (KMA 11). Vgl. Klischnig, Erinnerungen, S. 55–63. Klischnig berichtete, daß Moritz einst den Einfall hatte, eine Sammlung seiner Predigten herauszugeben und mit dieser den Anfang des Aufschreibens machte (ebd., S. 54). 8 Die Schrift wurde in zwei Anzeigen der Fürstl. Waysenhaus-Buchhandlung in Braunschweig am 11. und 18. Oktober 1780 angeboten; vgl. Gelehrte Beyträge zu den Braunschweigischen Anzeigen, 80. St., 11. Oktober 1780, Sp. 631–632 und 82. St., 18. Oktober 1780, Sp. 647–648; vgl. den Hinweis bei Albrecht 1980, S. 160, Anm. 59. 9 Minder 1974, S. 130. 10 Vgl. KMA 1, S. 828–830. 11 KMA 1, S. 72,17–18. 12 Ebd., S. 72,32. 13 Ebd., S. 75,27–29. 14 Ebd., S. 67,23–25. 15 Ebd., S. 68,11–13. 7
Überblickskommentar
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Anton Reiser berichtet auch von den weiteren Predigtversuchen der Moritz spiegelnden Hauptfigur. Über die erste Predigt, welche Anton in seinem Leben hielt, heißt es: Ç. . .È Zuweilen predigte er auch, und seine Brüder mußten ihm zuhören; auf seiner aus Stühlen gebauten Kanzel geriet er in heftigen Affekt, fiel herunter und verletzte dabei seine Brüder, worauf die herbeigeeilten Eltern anfingen, ihn für die gehaltene Predigt ziemlich derbe zu belohnen.16 Dieses kindliche Rollenspiel sollte später eine ernsthafte Fortsetzung finden, als der Theologiestudent in Erfurt im Wintersemester 1776/77 an den Predigtübungen bei Dr. Just Friedrich Froriep teilnahm. Jeden Mittwoch hatten die Studenten Gelegenheit, zu einem vorgegebenen »Hauptsatz« eine Predigt auszuarbeiten und vorzutragen, die anschließend kritisch besprochen wurde.17 Die Studenten werden examinirt, sie disputiren, sie machen Versuche in der Auslegung der Bibel, sie liefern lateinische Ausarbeitungen über theologische Materien, sie predigen, sie katechisiren und gehen mit mir in die Krankenhäuser.18 Nach dem Studium versuchte Moritz auch als Prediger unterzukommen. 1778 bemühte er sich in Potsdam vergeblich um eine Feldpredigerstelle.19 Als Lehrer ergriff er später gern die Gelegenheit, eine Kanzel zu besteigen: in Berlin als Herrn Oberconsistorialrath SpaldingÇsÈ Aßistent im Predigen,20 in London predigte er 1782 für Pastor Wendeborn.21 Das Neue Berliner Intelligentz-Blatt zeigte am 10. Januar 1784 an: Morgen, Sonntag den 11. Jan. predigt Çnachmittags in derÈ St. Nicolaikirche Ç. . .È Hr Conrector Moritz.22 In Göttingen ist eine Predigt am 6. Juni 1784 bezeugt: Moriz aus Berlin, der das Journal über die Seelen-
kunde – oder so ungefähr – herausgiebt ist hier, und hat heute in einer der Stadtkirchen gepredigt. – Ein Frauenzimmer, deren Urtheil ich sehr traue, sagt mir, diese Predigt sei äußerst interessant gewesen. Ich weiß es gar nicht, daß er hier ist, nicht daß er predigt, und so hab ichs erst heut Nachmittag erfahren. Die Dame, die mir davon erzählte, hatte gleich darauf Leß23 gehört, und konnte den Unterschied nicht auffallend genug be16
Ebd., S. 94,24–28. Vgl. AH, S. 119 (KMA 2); Eybisch 1909, S. 65f. 18 Froriep 1779, zit. n. KMA 1, S. 1049–1051. 19 Vgl. den anonymen Brief an Moritz in dessen Allgemeinem deutschen Briefsteller, KMA 9, S. 350,1–19 und Erl.; vgl. auch Eybisch 1909, S. 76. 20 Moritz an Johann Daniel Schumann, 29. April 1780 (KMA 13); vgl. Klingenberg 1993, S. 11. 21 RDE, S. 90; KMA 5/1. 22 Nr. 9, 10. Januar 1784, S. 72. 23 Gottfried Leß (1736–1797), Universitätsprediger. 17
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Die Dankbarkeit gegen Gott
schreiben. Bei Moriz höchst einfache, rührend unterrichtete Conversation, ein feierliches Gebet ohne alle Declamation, das nicht Bitte, sondern Wunsch gewesen ist, einer Ruhe zu genießen, welche zu verschaffen wir selbst in Händen haben. Wie Leß anfängt, schreit er gleich seinen Zuhörern zu, das höchst schändliche Laster der Unzucht zu meiden – ein Haufe junger Leute hört zu. – Wenn der Leß in Sodom Pastor gewesen wäre, so hätt’ er nuzen können.24 Klischnig charakterisiert den Prediger Moritz ähnlich durch das Bestreben, mit
Simplizität und Klarheit eine ruhige Ueberzeugung von den großen moralischen Wahrheiten, die das rechtverstandne Christenthum lehrt, Ç. . .È seinen Zuhörern zu verschaffen, ohne sich weiter auf die Geheimnisse des Glaubens einzulassen; sein Ton war der Ton eines Lehrers, einfach und schmucklos: Schade nur, daß sein Aeußeres und was noch mehr, seine üblen Angewohnheiten in Haltung seines Körpers, zum Theil den Eindruck wieder vernichteten, den seine Worte gemacht hatten. »Er predigt schön und rührend, – sagte mir einst ein alter würdiger Mann – aber ansehn muß man ihn nur auf der Kanzel nicht, wenn man nicht unwillkührlich lachen will.«25 Mißgeschicke scheinen Moritz häufig passiert zu sein: Auslassung des Va t e r u n s e r s oder Ç. . .È Herunterwerfen der Bibel und dergleichen26 störten die Andacht bei seinen Gottesdiensten ähnlich wie bei Hartknopfs Antrittspredigt (AP, S. 7f.; KMA 2). Moritz’ Predigt Die Dankbarkeit gegen Gott erhöhet unsre Freuden auf Erden unterscheidet sich deutlich von den ergreifenden, erschütternden und rührenden Beispielen eines Pastors Paulmann, die im Anton Reiser überliefert sind. Das Gefühl der Dankbarkeit, das als Predigtthema aus dem Sonntagsevangelium hervorgehoben wird, versucht der Prediger im Sinne der deistischen Vernunftreligion und der Morallehre der Aufklärung überzeugend zu begründen, ohne dabei zum praktischen Bekenntnis und zur aktiven Danksagung zu drängen, wie es einige Jahre zuvor der Göttinger Universitätsprediger Friedrich Wilhelm Kraft in seiner Predigt zum gleichen Text tat.27 Moritz versucht zwar mit eindringlichen
24
Therese Heyne an Samuel Thomas Soemmerring, 6. Juni 1784; in: Soemmerring, Werke 18, S. 503. 25 Klischnig, Erinnerungen, S. 53. 26 Ebd., S. 54. 27
D. Friedrich Wilhelm Krafts Abschieds-Predigt am XIV. Sonntage nach Trinitatis
Überblickskommentar
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rhetorischen Fragen Gefühle anzusprechen, jedoch ohne sie zu inszenieren: Und erinnert uns nicht an Gott diese Luft, die wir jetzt einathmen, diese Sonne, die jetzt am Himmel scheint, dieser Tag, der uns leuchtet? – und es sollte uns schwer werden, dankbar gegen Gott zu seyn?28 Dem Kanzelredner geht es weder um subtil-dogmatische Exegese, noch um religiöse Erschütterung und Rührung seiner Zuhörer, sondern eher um argumentierend begründete Lebenshilfe. Es werden allerdings rhetorische Mittel benutzt, die Moritz im Anton Reiser an Paulmanns Predigten hervorgehoben hat, z. B. die refrainartige Wiederholung einzelner Sätze (vgl. KMA 1, S. 71,6–23). Die ausgearbeitete Predigt zeigt jedoch deutlich, daß die zeitgenössische Predigttheorie der Aufklärung (besonders von Mosheim und Spalding)29 Moritz nicht wenig beeinflußt hat. Zu Moritz’ Zeit, nach der Mitte des 18. Jahrhunderts, »lagen Ç. . .È drei Richtungen mit einander im Kampf: die verknöcherte orthodoxistische, die zur starren Methode gewordene, salbadernde pietistische und die unfruchtbare schematisirende deistische Richtung der Wolf’schen Schule. Der gute Geschmack findet sich in keiner derselben.«30 So charakterisierte Theodosius Harnack die Kontroversen um die evangelische Predigt im 18. Jahrhundert. Aus dem Dilemma, entweder orthodox-dogmatisch, pietistisch-praktisch oder aufgeklärt-philosophisch zu predigen, wurden um diese Zeit mehrere Auswege vorgeschlagen: Der Göttinger Universitätsprediger Förtsch forderte die Verbindung von Dogmatick und Moral, um die allgemeine Erbauung zu fördern; der Verstand müsse von göttlichen Wahrheiten belehrt, der Wille zu Annehmung der Wahrheit erweckt werden.31 Dazu müsse der Prediger sich nach den Prinzipien der Klugheitslehre und der Logik und der Oratorie (Redekunst) richten. Er müsse außerdem Theologe sein und im Stande der Wiedergeburt stehen.32 Förtschs Anweisung zum erbaulichen Predigen versuchte, die drei Richtungen zu einer einzigen zusammenzuzwingen. Auch dem Kirchenhistoriker und Theologen Lorenz von Mosheim (1693–1755) ging es in seiner weitverbreiteten Anweisung erbau-
über das ordentliche Evangelium in der Universitäts-Kirche zu Göttingen gehalten, Göttingen 1750. 28
Vgl. S. 425,11–14 in vorliegendem Bd. Vgl. Beutel 1997, S. 303f. 30 Harnack 1878, S. 143. 31 Paul Jacob Förtsch, Anweisung zum erbaulichen Predigen vornehmlich zum Gebrauch academischer Vorlesungen, Göttingen 1757, S. 13f. 32 Ebd., S. 23f. 29
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Die Dankbarkeit gegen Gott
lich zu predigen (1766) um »eine predigttheoretische Vermittlungsbemühung Ç. . .È zwischen Orthodoxie, Pietismus und Frühaufklärung«.33 Erbaulich ist eine Predigt dann, wenn sie geeignet ist, die Seeligkeit der Menschen zu beförderen, wobei die Seeligkeit schon in festen Vorsatz, Gott zu lieben und seinen Geboten zu gehorsamen und in dem Entschluß des Menschen, seinen Willen dem Willen Gottes zu unterwerfen, gesehen wird.34 Die Predigt soll den biblischen Text dazu nutzen, die Zuhörer zu solchen die Seligkeit befördernden Vorsätzen und Entschlüssen zu bewegen. Damit bezieht Mosheim die Voraussetzungen der Hörer der Predigt in die Vorbereitung der Predigt mit ein. Wie Förtsch ging auch Mosheim von der Zusammengehörigkeit von Verstand und Willen aus: »Die Predigt hat nach Mosheim eine Doppelaufgabe zu erfüllen: Sofern sie den Verstand beschäftigt, ist sie belehrend, sofern sie sich an den Willen wendet, ist sie ermahnend«.35 Die pietistische Empfehlung, hauptsächlich das Herz und den Willen der Zuhörer zu bewegen, lehnt Mosheim ab. Die Gliederung einer Predigt sollte deshalb immer eine zentrale lehrhafte Abhandlung (explicatio) als Seele der Predigt enthalten, die von einer Nutzanwendung (applicatio) gefolgt wird, die auch bei Mosheim noch in das orthodoxe Schema der fünf »usus« gefaßt wird (Glaubensbestätigung; -widerlegung; Ermahnungsusus – etwas zu tun; Warnusus – etwas zu vermeiden; Trost). Nur das Ermahnen und Warnen dürfe in keiner Predigt fehlen. Der Göttinger Universitätsprediger und Direktor des Prediger-Seminars Johann Benjamin Koppe versuchte im Anschluß an Mosheim eine Genauere Bestimmung des Erbaulichen im Predigen zu geben: Erbaulich predigen heißt so predigen, daß der Zuhörer, während des Vortrags selbst, sich auf irgend eine Weise zu guten Empfindungen für Religion und Tugend, und durch sie zu frommen Entschließungen, hingerissen zu seyn fühle.36 Der Berliner Propst Johann Joachim Spalding, Autor der Abhandlung Ueber die Nutzbarkeit des Predigtamtes und deren Beförderung (1772), war nicht nur als Ephorus der Schule zum Grauen Kloster Moritz’ Vorgesetzter, sondern auch Bezugsfigur für dessen zeitweilige Predigtassistenz.37 Spalding, der als »Bahnbre33
Dreesman 2002, S. 91. Mosheim, zitiert nach. Dreesman 2002, S. 80f. 35 Dreesman 2002, S. 83. 36 Johann Benjamin Koppe, Genauere Bestimmung des Erbaulichen im Predigen, Göttingen 1778, S. 10. 37 Vgl. oben, S. 873. 34
Überblickskommentar
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cher der neuen Predigtweise des Rationalismus«38 bezeichnet wurde, bietet zwar keine ausgearbeitete Predigtlehre, denn er beschäftigt sich mit dem geistlichen Amt und seiner Funktion in der religiösen Gesellschaft, aber aus der Bestimmung
Geistliche sind die eigentlichen Depositairs der öffentlichen Moralität39 ergibt sich die homiletische Konsequenz: Religion ist Tugendlehre Ç. . .È Ziel der Predigt des Evangeliums ist Besserung und Ruhe.40 In seinem gegen den Pietismus und das Erfahrungschristenthum gerichteten Hauptwerk Gedanken über den Werth der Gefühle in dem Christenthum (Leipzig 1761, 4. Aufl. ebd. 1773) setzt sich Spalding kritisch mit der problematischen Funktion von Affekten,
Leidenschaften und Enthusiasmus auf der Kanzel und bei der Predigt auseinander. Er muß zwar akzeptieren, daß der große Haufe unserer Christen Ç. . .È fast nichts anders, als was sinnlich und sichtbar ist, denken kann41 und damit nur in der untern Gegend der Seele durch Leidenschaften in Bewegung zu bringen ist,42 aber: Das Lob einer sich aus der Kirche drängenden Menge: Gott! was war das für eine vortreffliche rührende Predigt! sagt noch eben nicht viel. Aber weit mehr hat es auf sich, wenn hie und da der stille Zuhörer, nach einer gesammleten ruhigen Ueberlegung, zu sich selbst sagt: Das ist wahr; so muß ich seyn, und so will ich mit Gottes Hülfe auch seyn; ich will Gott bitten, daß ich so werde.43 Es ist anzunehmen, daß Moritz’ Predigtauffassung und -praxis nach seinem Studium durch die Begegnung mit Spalding nachhaltig beeinflußt worden ist. Ein eigener Impuls für die Entwicklung der protestantischen Predigt ist in der bei Moritz zu erkennenden Tendenz zur Literarisierung gesehen worden.44
38
Krause 1965, S. 18. Spalding 2002, S. 70. 40 Ebd., S. 128. 41 Johann Joachim Spalding, Gedanken über den Werth der Gefühle in dem Christenthum, Leipzig 41773, S. 324. 42 Ebd., S. 321. 43 Ebd., S. 332f. 44 Kim Apel, Predigten in der Literatur. Homiletische Erkundungen bei Karl Philipp Moritz, Tübingen 2009, S. 425f. 39
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Die Dankbarkeit gegen Gott
2. Rezeptionsgeschichte Dokumente Zeitgenössische Rezensionen Staats- und Gelehrte Zeitung des Hamburgischen unpartheyischen Correspondenten, Nr. 207, 27. Dezember 1780
Diese einzelne Predigt verdient wegen des interessanten Gegenstandes, wegen der vollständigen Bearbeitung desselben, die sonst in Predigten nicht so gewöhnlich ist, und wegen der außerordentlichen Popularität im Vortrage, die dem ungeachtet mit der gehörigen Würde, und mit inniger Wärme verknüpft ist, vorzüglich ausgezeichnet und empfohlen zu werden. Stellenerläuterungen 413,4 27sten August 1780] Im Kirchenjahr der vierzehnte Sonntag nach Trinitatis, wofür das Evangelium vom dankbaren Samariter als Predigttext vorgeschrieben ist. 413,25 Religion Jesu] Dieser Begriff bezog sich offenbar auf das Bestreben der Aufklärungstheologie, die Lehre Jesu von späteren Zusätzen und Veränderungen zu befreien. Das siebte von Hermann Samuel Reimarus’ religionskritischen Fragmenten, das Gotthold Ephraim Lessing 1778 veröffentlicht hatte, bringt dieses Ziel prägnant zum Ausdruck: allein ich finde große Ursache, dasjenige, was
die Apostel in ihren eignen Schriften vorbringen, von dem, was Jesus in seinem Leben würklich selbst ausgesprochen und gelehret hat, gänzlich abzusondern (Von dem Zwecke Jesu und seiner Jünger. Noch ein Fragment des Wolfenbüttelschen Ungenannten, in: Lessing, Sämtliche Schriften 13, S. 215–327, hier S. 223). 413,25 m. Z.] Abkürzung für »meine Zuhörer«. 413,25–26 Pflichten gegen Gott 〈…〉 gegen uns selbst] Die Lehre von den Pflichten 〈umfasst den〉 theoretischen Theil der Moral (Johann Georg Heinrich Feder, Lehrbuch der practischen Philosophie, Göttingen 41776, S. 347). Auch Christian Wolffs verbreitetes Lehrbuch Vernünfftige Gedancken von der
Menschen Thun und Lassen, zur Beförderung ihrer Glückseligkeit, den Liebhabern der Wahrheit mitgetheilet, folgt dieser Gliederung. Ein längeres
Stellenerläuterungen
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Kapitel handelt von der Anruffung Gottes und Danckbarkeit gegen ihn (Frankfurt u. Leipzig 1733, S. 519–534). 415,2–3 L u c . 1 7 , 1 1 – 1 9 . 〈…〉 g e h o l f e n ] Die Erzählung vom dankbaren Samariter nach dem Lukas-Evangelium: UND es begab sich da er reisete gen
Jerusalem zoch er mitten durch Samarien und Galilean. UNd als er in einen Marckt kam begegneten jm zehen aussetzige Menner die stunden von fernen und erhuben jre stimme und sprachen Jhesu lieber Meister Erbarm dich unser. UND da er sie sahe sprach er zu jnen Gehet hin und zeiget euch den Priestern. UND es geschach da sie hin giengen worden sie rein. EIner aber unter jnen da er sahe das er gesund worden war keret er umb und preiset Gott mit lauter stim und fiel auff sein angesicht zu seinen Füssen und dancket jm Und das war ein Samariter. JHEsus aber antwortet und sprach Sind jr nicht zehen rein worden? Wo sind aber die neune? Hat sich sonst keiner funden der wider umbkeret und gebe Gott die ehre denn dieser Frembdlinger? UND er sprach zu jm Stehe auff gehe hin Dein Glaube hat dir geholffen. 417,1 mit dem theuren Blute Jesu Christi erkauft] Bibelzitate; vgl. 1 Petr 1,19 und 1 Kor 6,20. 417,13 Wir wollen erwägen] Nach Gebet, Einleitung (exordium), Lesung und Auslegung (explicatio) folgt hier die Gliederung (partitio): Es folgen tractatio (Erstlich und Zweytens) und conclusio oder applicatio (Drittens und viertens). Dieses Gliederungsschema ist sowohl für viele pietistische Predigten (z. B. Philipp Jakob Speners), als auch für viele Predigten der Aufklärung (z. B. Zollikofers) verbindlich. Es unterscheidet sich deutlich von der recht ungegliederten »Geistrhetorik« eines Zinzendorf oder Arndt (vgl. Beutel 2005; Sträter 2005). 419,14 Ich danke 〈…〉 wie andere Leute!] Der Dank des Pharisäers, vgl. Lk 18,11. 422,12–13 der im Schweiß 〈…〉 sein Brodt verdient] Gen 3,19. 422,26–27 der des Tages Last und Hitze getragen hat] Mt 20,10. 423,9–10 Gott speiset doch alles 〈…〉 mit Wohlgefallen] Ps 145,15–16. 423,24–25 Bis hieher hat mich Gott gebracht!] Anfang des vor 1685 entstandenen Kirchenliedes von Aemilia Juliane von Schwarzburg-Rudolstadt (1637–1706), das Moritz vermutlich selbst als Schüler häufig gesungen hat; vgl. Anton Reiser, KMA 1, S. 100,4–6 u. 151,28–30. 424,11 der Frühregen 〈…〉 Spatregen giebt!] Vgl. Jer 5,24. Frühregen und Spatregen nach Luthers Bibelübersetzung bedeuten Herbst- und Frühlingsregen; vgl. Adelung 2, Sp. 332 u. Adelung 4, Sp. 173: Spatregen ist derjenige Regen,
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Die Dankbarkeit gegen Gott
welcher in den Morgenländern kurz vor der Ernte im April zu fallen pflegt, im Gegensatze des F r ü h r e g e n s . Die nichtumgelautete Form spat war zu Moritz’ Zeit noch im Hochdeutschen gebräuchlich (vgl. Adelung 4, Sp. 170f.). 425,16 überbleibt] überbleiben: Es ist nur im gemeinen Leben für ü b r i g b l e i b e n üblich. In der Deutschen Bibel kommt es häufig vor (Adelung 4, Sp. 747). 425,26–27 mit dem theuren Blute Jesu Christi erkauft] Vgl. Erl. zu S. 417,1. 426,20 Komm herein du Gesegneter des Herrn!] Bibelzitat, vgl. Gen 24,31. 427,22–23 Hab ich das Gute 〈…〉 nicht auch annehmen?] Zitat aus dem Buch Hiob (Ijob 2,10). Laut Klischnig zählte das Buch Hiob und vorzüglich die
Stellen, wo dieser mit Gott rechtet und sich über die Ungerechtigkeit des Schicksals beklagt, zu Moritz’ Lieblingslektüre (Klischnig, Erinnerungen, S. 80). 427,25 wider Gott gemurret!] Bibelzitat, vgl. Ex 16,7. 428,6–8 die Leiden 〈…〉 offenbaret werden!] Bibelzitat, vgl. Rö 8,18. 429,15–16 Drum lerne dankbar seyn 〈…〉 dich nicht gereuen] Eine ähnliche refrainartige wiederholte Anrufung und Aufforderung hat Moritz vermutlich in den ergreifenden Predigten des Pastors P. (Johann Ludwig Paulmann, 1728–1807) in Braunschweig erlebt, deren Wirkung im Anton Reiser ausführlich geschildert ist (KMA 1, S. 71,6–23). Ein weiteres Beispiel dieser Predigtweise findet sich auch in Paulmanns Rede bei der Konfirmation 〈einer〉 Taub- und Stummgebohrnen, die Moritz in sein Magazin zur Erfahrungsseelenkunde einrückte und als rührend lobte (MzE I.3 1783, S. 99–101; KMA 12). Die gleiche rhetorische Figur wendete Moritz auch in der Kinderpredigt Von den Eigenschaften Gottes in den Unterhaltungen an; vgl. S. 125,3–5 und Erl. 429,33 Laßt uns 〈…〉 im Staub’] Hier folgte der Autor seinem Prediger-Vorbild, Pastor P〈aulmann〉, dessen Predigt Moritz im Anton Reiser wiedergibt: knie
nieder in Staub und Asche, bis deine Knie wund sind, und sprich: ich habe gesündiget im Himmel und vor dir (KMA 1, S. 71,6–8). 430,17–18 so will ich 〈…〉 und mein Gott bist!] Vgl. Ps 42,12 und Ps 43,5. Der Schluß von Moritz’ Predigt wurde von einem seiner Freunde wiederverwendet. Im Magazin zur Erfahrungsseelenkunde veröffentlichte Moritz 1785 einen Bericht über den Sohn eines seiner Freunde, den ein unseeliger Hang zum Theater beinahe um die ganze Glückseeligkeit seines Lebens gebracht hätte (MzE III.1 1785, S. 117–125, hier S. 117). Es handelte sich um den Sohn des Braunschweiger Pastors Johann Ludwig Paulmann, der Moritz als Prediger beeindruckt hatte (Anton Reiser, KMA 1, S. 67,11–73,26). Zu dem jungen Johann Ernst Ludwig Paulmann (1760–1830) stand Moritz – vermutlich seit seiner Braunschweiger Pro-
Stellenerläuterungen
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bepredigt 1780 – in freundschaftlichen Beziehungen (s. KMA 1, S. 617–619 und Erl. zu S. 72,4–6). Er kurierte ihn im Sommer 1783 von seiner Theatromanie, einer Leidenschaft, die häufig mit seinem Ziel, Prediger zu werden, im Konflikt stand und die Moritz bei sich selbst nur mühsam überwunden hatte. Am 10. Februar 1782 hatte der junge Paulmann an Moritz geschrieben: Mein Schluß 〈der Predigt〉
war dieser: 〈…〉 »Wenn ich dich dann mit allen Engeln Gottes schauen werde, so will ich dir noch danken, daß du meines Angesichtes Hülfe und mein Gott bist.« (Dieß war eine Nachahmung des Schlußes Deiner Predigt.) (Noch einige Belege zu dem Aufsatze: ein unglücklicher Hang zum Theater, in: MzE IV.1 1786, S. 85–109, hier S. 104; KMA 12).
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Giebt es eine reine Uneigennützigkeit? Überlieferung 1. Textgrundlage D Moritz: Giebt es eine reine Uneigennützigkeit? In: Deutsche Monatsschrift, 1. Bd., April 1793, S. 268–269. d Giebt es eine reine Uneigennützigkeit? In: Launen und Phantasien
von Carl Philip Moritz Herausgegeben von Carl Friedrich Klischnig Ç. . .È Berlin, bey Ernst Felisch 1796, S. 362–364. Grundlage für den edierten Text: D.
Überblickskommentar 1. Entstehungsgeschichte Zwei Monate vor Moritz’ frühem Tod erschien dieser kurze moralphilosophische Text im April-Heft der Deutschen Monatsschrift. An dieser Zeitschrift, die seit 1790 im Verlag seines Logenbruders Johann Friedrich Vieweg d. Ä. erschien, beteiligte sich Moritz von Anfang an. Der vorliegende Beitrag ist einer der letzten der fast zwanzig Texte, die Moritz für die Deutsche Monatsschrift geschrieben hat. Offen für ein breites Spektrum literarischer, historischer, moralischer, ästhetischer und politischer Themen, entsprach dieses Periodikum den Moritzschen Interessen in besonderer Weise. Der Beitrag über die Uneigennützigkeit schließt an den Aufsatz Amint, oder kann die Vernunft beleidigt werden? des vorausgehenden Hefts (März, S. 187–192) an, der das Gewirre des menschlichen Eigennutzes (vgl. S. 296,5 in diesem Bd.) beklagt hatte. Da uneigennützige Thätigkeit den Freimaurer auszeichnet (vgl. Die große Loge, in diesem Bd. S. 301,9), hätte auch dieser Aufsatz in Die große Loge aufgenommen werden können. Mit der
Überblickskommentar
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Frage nach der reinen Uneigennützigkeit wollte der Autor offenbar in eine Diskussion eingreifen, die sich am Problem des Egoismus und der Begründung von Tugend entzündet hatte. Es ist denkbar, daß der Text zunächst an Schillers Philosophische Briefe (1786) anknüpft, in denen der aufopfernde Egoismus aus Hoffnung auf zukünftigen Lohn der aufopfernden uneigennützigen Liebe gegenübergestellt wird; wie Moritz hob auch Schiller die integrierende Kraft des Ich in der Aufopferung hervor.1 Bedeutsamer Referenzhintergrund dürfte aber wohl die Entwicklung der Morallehre Kants gewesen sein. Dieser hatte in der Grundlegung zur Metaphysik der Sitten (1785) dem empirischen Prinzip der eigenen Glückseligkeit (und des Wohlbefindens) das rationale Prinzip des kategorischen Imperativs (moralische Pflicht, Vollkommenheit) gegenübergestellt.2 Vermittelnd äußerte sich 1792 Christian Garve zu diesem theoretischen
Streit, ob moralische Vollkommenheit, oder ob Glückseligkeit der letzte Zweck der Schöpfung sey:3 Ich für mein Theil gestehe, daß ich diese Theilung der Ideen mit meinem Kopfe sehr wohl begreife, daß ich aber diese Theilung der Wünsche und Bestrebungen in meinem Herzen nicht finde; – daß es mir sogar unbegreiflich ist, wie irgend ein Mensch sich bewußt werden kann, sein Verlangen, der Glückseligkeit würdig zu seyn, von dem Verlangen nach Glückseligkeit selbst, rein abgesondert, – und also die Pflicht ganz uneigennützig ausgeübt zu haben. Solche feine Unterschiede der Ideen verdunkeln sich schon im Nachdenken über particuläre Gegenstände. Aber sie verliehren sich gänzlich, wenn es aufs Handeln ankömmt, – wenn sie auf Begierden und Absichten angewandt werden sollen. Je einfacher, schneller, und von klaren Vorstellungen entblößter der Schritt ist, durch den wir von der Betrachtung der Motive zum wirklichen Handeln übergehn: destoweniger ist es möglich, das bestimmte Gewicht, welches jedes Motiv hinzugethan hat, den Schritt so und nicht anders zu leiten, genau und sicher zu erkennen.4 1
Friedrich Schiller, Philosophische Schriften, 1. Teil, hrsg. v. Benno v. Wiese unter Mitwirkung v. Helmut Koopmann, Weimar 1962 (Nationalausgabe, 20. Bd.), S. 122f. 2 Immanuel Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, Stuttgart 1955, S. 100. 3 Garve, Ueber die Geduld; in: Versuche über verschiedene Gegenstände aus der Moral, der Litteratur und dem gesellschaftlichen Leben, 1. T., Breslau 1792, S. 1–116, hier S. 111. 4 Ebd., S. 112.
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Giebt es eine reine Uneigennützigkeit?
Moritz argumentiert in seinem Text psychologisch und pragmatisch: uneigennütziges Handeln ist notwendig mit Vergnügen, eigenem Vorteil und Wohlbefinden verbunden. Das bewertende Gefühl von Vergnügen oder Mißvergnügen ist für das Selbstbewußtsein des Handelnden konstitutiv. Dieses Selbstbewußsein verhindert eine rigorose Unterscheidung von unbedingter, reiner Pflicht und zweckorientiertem Motiv, auf der Kant nachdrücklich insistierte. Für Moritz hatte die Debatte um die Uneigennützigkeit eine religiöse Vorgeschichte in der Auseinandersetzung mit dem Quietismus. Diese Lehre forderte
eine völlig uninteressirte Liebe zu Gott, worin sich auch kein Fünkchen Selbstliebe mehr mischen darf, wenn sie rein seyn soll.5 Der Aufsatz wurde von Klischnig in die Sammlung Launen und Phantasien (1796) aufgenommen. Spuren einer Rezeption ließen sich nicht finden, selbst in der einschlägigen Schrift Adolph von Knigges Ueber Eigennutz und Undank.
Ein Gegenstück zu dem Buche: Ueber den Umgang mit Menschen (Frankfurt und Leipzig 1796) wird Moritz nicht erwähnt.
5
Anton Reiser, KMA 1, S. 12.
Abbildungsverzeichnis Abb. 1
Unterhaltungen mit meinen Schülern, Titelblatt. Vorlage: For-
Abb. 2
Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik, Titelblatt. Vorlage:
Abb. 3 Abb. 4 Abb. 5 Abb. 6
Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik, Tafel I. Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik, Tafel II (Rotdruck). Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik, Tafel III. Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik, Tafel IV (Rot-
schungsbibliothek Gotha, Phil. 8° 1873/4. Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz/bpk, Ng 8160 R.
druck). Abb. 7 Abb. 8 Abb. 9 Abb. 10
Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik, Tafel V. Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik, Tafel VI. Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik, Tafel VII. Proeve eener korte beöeffenende Redeneerkunde voor de jeugd, Titelblatt (Kinderlogik, niederländisch). Vorlage: Koninklijke Bibliotheek Den Haag (NL), 1090 F94.
Abb. 11
Proeve eener korte beöeffenende Redeneerkunde voor de jeugd, Tafel III.
Abb. 12
Neues A. B. C. Buch, Titelblatt. Vorlage: Niedersächsische Staats- und
Abb. 13 Abb. 14 Abb. 15 Abb. 16 Abb. 17 Abb. 18 Abb. 19 Abb. 20 Abb. 21 Abb. 22
Neues A. B. C. Buch, Tafel A – C. Neues A. B. C. Buch, Tafel D – F. Neues A. B. C. Buch, Tafel G – I/J. Neues A. B. C. Buch, Tafel K – M. Neues A. B. C. Buch, Tafel N – P. Neues A. B. C. Buch, Tafel Q – S. Neues A. B. C. Buch, Tafel T – V. Neues A. B. C. Buch, Tafel W – Y. Neues A. B. C. Buch, Tafel Z. Neues A. B. C. Buch, S. 3 (deutsche Alphabete).
Universitätsbibliothek Göttingen, DD93 A 33459 RARA.
886 Abb. 23
Abbildungsverzeichnis
Neues A. B. C. Buch, S. 4 (zusammengesetzte Zeichen; geschriebenes Alphabet).
Abb. 24 Abb. 25 Abb. 26
Neues A. B. C. Buch, S. 5 (lat. Alphabet). Neues A. B. C. Buch, S. 6 (Zahlen). Lesebuch für Kinder, Titelblatt. Vorlage: Kopie des verlorengegan-
Abb. 27
Lesebuch für Kinder, Frontispiz (J. D. Heidenreich). Vorlage: Anhal-
genen Exemplars der Leopold-Sophien-Bibliothek Überlingen.
Abb. 28 Abb. 29
tische Landesbücherei Dessau, HB 36675. Die große Loge, Titelblatt. Vorlage: Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz/bpk, Nb 5696a. Die Dankbarkeit gegen Gott, Titelblatt. Vorlage: Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, M: Qu N 401 (5).
Personenregister Das Register verzeichnet in alphabetischer Folge historische Personen und ihre Werke. Recte gedruckte Seitenzahlen verweisen auf den Text-, kursive auf den Kommentarteil. Angehörige europäischer Herrscherhäuser der Neuzeit sind unter dem jeweiligen Ländernamen aufgeführt, z. B. »Preußen, Friedrich II., König von«. Nicht aufgenommen wurden die zahlreichen Nennungen von Verlegern in den bibliographischen Angaben. Im Titel von Werken genannte Personen sind nur im Ausnahmefall verzeichnet. Bibelstellen wurden summarisch angegeben unter dem Eintrag »Bibel«.
Achilles 361f., 826f. Adelung, Johann Christoph 585, 638, 645f., 647, 652, 667, 712f., 754, 762, 777, 779, 787, 798, 843, 880 Adoniram s. Hiram Aeneas 220, 651 Ahlefeld, Johann Georg Jakob (Schüler) 481 Aischylos 668 Aisopos (Äsop, Aesopos) 182, 526, 644, 712 Alers, Johann Anton Eobald (Prediger) 871 Ambrosch, Joseph Anton (Logenbruder) 729 Anchises 651 Anderson, James – »The Constitutions of the Free-Masons« 715f. Apollon 189f., 645, 795f., 798 Appius Claudius 797 Arndt, Johann 879 Bahrdt, Carl Friedrich Balhorn s. Ballhorn
467, 812
Ballhorn, Ludwig Wilhelm 473 Baltze 725 Basedow, Johann Bernhard 462, 466f., 469f., 502f., 570 – »Das Methodenbuch für Väter und Mütter der Familien und Völker« 466 – »Elementarwerk« 469, 502, 803 – »Methodischer Unterricht der Jugend in der Religion und Sittenlehre der Vernunft« 503 Baur, Samuel – »Charakteristik der Erziehungsschriftsteller« 461, 499, 633 Beattie, James 443, 446, 861, 863 Behrends, Jakob Isaak Bernhard (Logenbruder) 729 Behrendt (Logenbruder) 729 Behrendt, Christian Friedrich (Logenbruder) 729 Benda, Franz 729 Benda, Heinrich (Logenbruder) 729 Berlepsch, Friedrich von (Logenbruder) 729
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Register
»Berlinische Monatsschrift« s. Biester; Gedike 488f., 598, 639, 652f., 744, 788, 819, 825 Beulwitz, Carl August von (Logenbruder) 726–729 Bibel 24, 28, 36, 53, 67, 74, 90f., 96, 98, 125, 138, 174f., 191, 198f., 290, 303, 309, 348, 351, 414–430, 508, 524f., 526, 538, 552f., 568f., 587, 594, 641, 645f., 753f., 768, 773, 802, 811, 816, 847, 854f., 866, 879f. Biester, Johann Erich 474 – s. a. »Berlinische Monatsschrift« Boaton, Pierre Franc¸ois de 725 Bode, Johann Joachim Christoph – 〈Goldsmith:〉 »Der Dorfprediger von Wakefield« 803 Böheim, Josef Michael (Logenbruder) 730 Böttiger, Karl August – »Ueber den Misbrauch der Deutschen Lectüre auf Schulen« 435 Bonnet, Charles – »Essai de psychologie« 647 Brandes, August Michael (Logenbruder) 717, 720, 723–726, 730, 740, 761f. Bredow, Carl Christian Sigmund August von (Logenbruder) 730 Bredow, Johann Ludwig von (Logenbruder) 730 Breetz, Johann Friedrich (Logenbruder) 730 Brendel, Christian Friedrich (Logenbruder) 730 Briesen, Christian Heinrich Ludwig von (Logenbruder) 730 Brunn, Friedrich Leopold 661 Buchholtz, Friedrich Gottfried (Schüler) 481 Buchholz, Christian Alexander Friedrich (Magistrat) 473 Bülow, Carl Leopold Daniel von (Logenbruder) 730 Bülzingslöwen, Johann Heimar Ludwig von (Logenbruder) 726f., 730
Bürger, Gottfried August – »Die Weiber von Weinsberg« 651 Büsching, Anton Friedrich 142, 463, 470, 473–476, 478f., 481–483, 596f. – Biographische Skizze von Moritz 481–483 – »Wöchentliche Nachrichten von neuen Landkarten« 489, 492f., 631 Bütemeister, Paul Johann (Prediger) 871 Buffon, George Louis Leclerc de 637 Bunyan, John – »The Pilgrim’s Progress« 525f. Burke, Edmund 853 Busch, Johann Daniel (Logenbruder) 725, 731 Caligula (Gaius Caesar Augustus Germanicus) 318, 782 Campe, Joachim Heinrich 464, 466f., 470, 474f., 487f., 502f., 597, 655, 658, 660f. – »Allgemeine Revision des gesamten Schulund Erziehungswesens« 4 6 7 , 787f., 789, 833, 836 – »Bilder-ABC« 668 – »Die Entdeckung von Amerika« 787 – »Erster Unterricht in der Religion« 502 – »Kleine Kinderbibliothek« 488f., 524f., 626 – »Moritz. Ein abgenöthigter trauriger Beitrag 660f. – »Plan zu einer allgemeinen Revision« 467 – »Robinson der Jüngere« 469 – »Sammlung einiger Erziehungsschriften« 503, 508, 525, 637 – »Sittenbüchlein« 534 Chodowiecki, Daniel 601, 624f., 631, 638f. Christiani, Gottlieb (Logenbruder) 726, 731 Chronos 668 Cicero s. Tullius Cicero Cochius, Leonhard – »Untersuchung über die Neigungen« 642, 853f.
Register Collignon, Cesar (Logenbruder) 731 Collignon, Philippe Mathieu (Logenbruder) 731 Cornely, Johann Ernst (Schüler) 481 Crispin 748 Crome, August Friedrich Wilhelm 462 Cusanus, Nicolaus 649 Cybele 754 Descartes, Rene´ – »Discours de la Me´thode« 784 – »Meditationen über die Grundlagen der Philosophie« 647 Deutsches Reich – Konrad III. 651 Diderot, Denis 667 Dierßen, Johann Heinrich (Logenbruder) 731 Dietrich, Carl Ludwig Samuel (Logenbruder) 731 Diterich, Johann Samuel 473 Du Bos, Jean Baptiste 853 Eberhard, Johann August – »Amyntor« 759 – »Allgemeine Theorie des Denkens und Empfindens« 797, 825, 843f. Ebert, Johann Arnold 535 – »Dr. Eduard Young’s Klagen, oder Nachtgedanken über Leben, Tod und Unsterblichkeit« (Übersetzung) 535, 803 Ebert, Johann Jakob 474 Eckleff, Karl Friedrich 717 Eimbke, Georg Mathes (Logenbruder) 717, 731 Engel, Johann Jakob 653 Falckenberg, Christoph Friedrich (Logenbruder) 724, 731 Feder, Johann Georg – »Lehrbuch der practischen Philosophie« 652, 654–656, 878
889
– »Untersuchungen über den menschlichen Willen« 656 Felbiger, Johann Ignaz 663 Ferguson, Adam – »An Essay on the History of Civil Society« 653 Fischer, Ernst Gottfried 486 Fleckeisen, Carl Gottfried (Logenbruder) 731 Flögel, Karl Friedrich – »Geschichte des menschlichen Verstandes« 760 Förtsch, Paul Jacob – »Anweisung zum erbaulischen Predigen« 875f. Friedrich II. s. Preußen Friedrichs, Christian Gottfried (Logenbruder) 732 Fromm, Adam Christian (Logenbruder) 732 Froriep, Just Friedrich 473, 873 Garten, Johann Ludwig Friedrich von (Logenbruder) 732 Garve, Christian 642, 777, 853, 883 Gedike, Friedrich 463f., 467, 489f., 597, 660 – s. a. »Berlinische Monatsschrift« – »Gesammlete Schulschriften« 658f., 663, 668 Gedike, Ludwig Friedrich Gottlob Ernst 142, 474, 478, 486, 597 Geyer, Siegmund Friedrich Wilhelm von (Logenbruder) 726, 732 Gille, Heinrich Christian (Logenbruder) 732 Goebel, Johann Siegmund (Logenbruder) 732 Göschen, Georg Joachim 660 Goethe, Johann Wolfgang von 628f., 722, 796, 844 – »Italiänische Reise II« 843 Goldsmith, Oliver
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Register
– »The Vicar of Wakefield« 803 Gottsched, Johann Christoph – »Erste Gründe der gesammten Weltweisheit« 578, 627, 635f. – »Handlexicon« 645 Gräfe, Georg August Ludolph (Schüler) 481 Grassmeyer, Paul Friedrich Herrmann (Logenbruder) 732 Guyon du Chesnoy, Jeanne-Marie, geb. Bouvier de La Mothe (Motte), gen. Madame Guyon (Guion) 649 Gutenberg, Johannes 640 Haas, Peter 663 Hähn, Johann Friedrich 663 Hagedorn, Friedrich von 166, 639 Hahn, Carl Ludwig von (Logenbruder) 723, 725, 732 Hamann, Johann Georg 646 Harnack, Theodosius 875 Hartmann, Christian (Logenbruder) 724f., 732 Heidemann, Joachim Carl (Logenbruder) 732 Heidenreich, Johann Conrad (Logenbruder) 733 Heidenreich, J. D. 673 Heiliger, Ernst Anton 464, 871 Heinitz, Friedrich Anton Freiherr von 661, 673 Hektor 361, 827 Herder, Johann Gottfried 90f., 485, 491f., 628, 642f. – »Abhandlung über den Ursprung der Sprache« 584, 639 – »Älteste Urkunde des Menschengeschlechts« 90f., 497, 552, 632 – »Gott« 628 – »Plastik« 826, 867
– »Vom Erkennen und Empfinden der menschlichen Seele« 844 Herz, Marcus 596, 772 Heyne, Therese 874 Hiram (Adoniram) 753, 761, 811f. Hobbes, Thomas 654 Hoffmann, Georg Ludwig (Logenbruder) 733, 770 Hogarth, William – »The Analysis of beauty« 639, 826 Homeros (Homer) 334, 361, 827 – »Ilias« 361f., 390, 853 Horatius Flaccus, Quintus (Horaz) 166f., 365, 607, 626, 640, 655, 827 Hüser, Johann Eberhard von (Logenbruder) 728, 733 Humboldt, Alexander von 477 Hummel, Johann Julius (Logenbruder) 733 Ideler, Christian Ludwig (Schüler) 481 Iffland, August Wilhelm 655 Irwing, Karl Franz von – »Erfahrungen und Untersuchungen über den Menschen« 853f. Iselin, Isaak – »Ephemeriden der Menschheit« 469f. Itys 797 Ixion 391, 854 Jacobi, Friedrich Heinrich – »Allwill« 524 – »Ueber die Lehre des Spinoza« 628, 648 Jakob, Ludwig Heinrich – »Grundriß der Erfahrungs-Seelenlehre« 639 Jean Paul (Johann Paul Friedrich Richter) – »Unsichtbare Loge« 746 Johannes der Täufer 392f., 811, 855 Johannes der Evangelist 348, 811f. Jubal 816
Register Jüngken, Justus Philipp (Logenbruder) Julius Canus 318, 782 Juno 796, 854 Jupiter 189f., 796
733
Käppel, Gottfried 436 Kallasch, Carl Gottlob (Logenbruder) 733 Kant, Immanuel 646 – »Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?« 653 – »Beobachtungen über das Gefühl des Schönen und Erhabenen« 853 – »Grundlegung zur Metaphysik der Sitten« 789, 883 – »Idee zu einer allgemeinen Geschichte« 652 – »Kritik der reinen Vernunft« 501, 651, 760, 776f. – »Kritik der Urteilskraft« 650, 773, 825, 844 Keilberg, Johann Christoph (Logenbruder) 733 Klischnig, Karl Friedrich 478, 571, 733, 743f., 753, 884, 868 – »Erinnerungen« 462–464, 485, 597, 623, 625, 633f., 640, 655, 660, 663, 718–722, 745f., 750, 761, 768, 871f., 874, 880 – »Freymaurerische Blumenlese« 744, 751, 753, 813f., 844f. Klopstock, Friedrich Gottlieb – »Der Zürchersee« 307, 773, 787 Knigge, Adolph von – »Ueber Eigennutz und Undank« 884 Knüppeln, Julius Friedrich; Nencken, Carl Christoph; Paalzow, Christian Ludwig – »Moritz, Carl Philipp« 465 Königliche Akademie der Wissenschaften, Berlin 835f., 843, 853 Königliche Akademie der Künste und mechanischen Wissenschaften, Berlin 672, 796
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Kollatinus s. Tarquinius Konrad III. s. Deutsches Reich Koppe, Johann Benjamin – »Genauere Bestimmung des Erbaulichen im Predigen« 876 Kraft, Friedrich Wilhelm – »Abschieds-Predigt am XIV. Sonntage nach Trinitatis« 874 Krasinsky, Michael (Logenbruder) 733 Krüger, Johann Heinrich Wilhelm (Logenbruder) 733 Krüger, Johann Konrad 717 La Fontaine, Jean de 643 Lambert, Johann Heinrich – »Neues Organon« 648, 712 La Mettrie, Julien Offray de 867 Lange, Johann 526 Lange, Johann Joachim 637 Lanz, Joseph (Logenbruder) 634, 739 Laokoon 796, 798 La Rochefoucauld, Franc¸ois de 818f. Leda 365, 827 Lehmann, Carl (Logenbruder) 734 Lehmann, Gustav Friedrich (Logenbruder) 734 Leibniz, Gottfried Wilhelm 647, 649, 654, 784, 803 Lenz, Carl Gotthold – Moritz-Nekrolog 490, 634, 750 LepelÇlÈ, Bernhard Philipp von (Logenbruder) 734 Lessing, Gotthold Ephraim 526, 593, 628, 644, 648f., 826, 878 – »Abhandlung über die Fabel« 643f., 714 – »Ernst und Falk« 745, 768 – »Laokoon« 798 – »Sittenlehre der Vernunft (Richardson)« 526, 643f., 712f. – »Wie die Alten den Tod gebildet« 647f., 667
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Register
Leß, Gottfried 873f. Lichtenberg, Georg Christoph 759 Lieberkühn, Karl Christian Sigismund (Schüler) 481 Lieberkühn, Philipp Julius 467 Lindthorst, Johann Otto (Logenbruder) 728, 734 Linne´, Carl von 637 Lipsius, Justus – »De constantia« 718 Livius, Titus – »Ab urbe condita« 797, 851 Locke, John – »Some Thoughts concerning Education« 465, 503 Loehr, Carl Friedrich (Logenbruder) 734 Loehr, Samuel Wilhelm (Logenbruder) 734 Lorenz, Johann Gotthilf – »Lesebuch für die Jugend« 503, 671 Ludwig, Samuel – »Der Bürgerfreund« 671 Lücke, Johann Christian Friedrich (Logenbruder) 734 Lukretia 797 Lukrez (Titus Lucretius Carus) – »De rerum natura« 641 Luther, Martin 525, 635, 879 M…s 396, 859 – s. a. Mendelssohn, Moses Macco, Alexander 660 Marquard, Gebhard Heinrich 473 Mars 189f. Mattausch, Franz Joseph (Logenbruder) 734 Matzdorff, Johan Carl August (Schüler) 481 Maupertuis, Pierre-Louis Moreau de 650, 803 Mecklenburg-Strelitz, Carl Ludwig Friedrich von 473 Meiners, Christoph 853
Meister, Johann Christian Friedrich (Logenbruder) 734 Melm, Gottfried (Logenbruder) 734 Mendelssohn, Moses 628, 649, 655, 819, 825, 859 – »Briefe über die Empfindungen« 646, 826, 843, 853f. – »Morgenstunden oder Vorlesungen über das Daseyn Gottes« 628, 648 – »Phaedon oder über die Unsterblichkeit der Seele in drey Gesprächen« 526 – Übersetzung von Rousseaus »Discours« 641f., 654, 760, 803 Menenius Agrippa 780 Mertens, Karl Friedrich 866f. Michelangelo Buonarotti 827 Miller, Johann Peter – »Anweisung zur Katechisirkunst in Gesprächen« 524 Miller, Joseph – »Sammlung kleiner Erzählungen« 534 Milton, John – »Paradise lost« 367–369, 827f. Minerva 189f. Moritz, August Friedrich 857 Moritz, Dorothea Henriette geb. König 393f., 857 Moritz, Johann Christian Conrad 857 Moritz, Johann Gottlieb (Vater) 724, 727, 857 Moritz, Johann Simon Christian 857 Moritz, Johanna Maria Juliane 857 Moritz, Karl Philipp – »Allgemeiner deutscher Briefsteller« 435f., 468, 873 – »Amint« 293–297, 744, 755–760, 882 – »An die Thätigkeit« 488 – »An meine jungen Leser« 12f., 504 – »Andreas Hartknopf. Eine Allegorie« 435, 468, 503, 525, 538, 639, 652, 660, 744f., 753, 767, 811, 815f., 836, 857
Register – »Andreas Hartknopfs Predigerjahre« 435, 874 – Anmerkungen zu Beattie, »Grundlinien der Psychologie« 861, 863 – »Anrede Beim Antritt meines Lehramts an der Schule im grauen Kloster« 75–77, 464, 486, 497, 538f. – »Anthusa oder Roms Alterthümer« 660, 668, 753f., 773, 847, 851, 858 – »Anton Reiser« 435, 526, 535, 551, 587, 625, 635f., 643, 648f., 651, 655, 660f., 663, 670, 716f., 759, 761, 784, 857, 872, 874f., 880 – »Auch eine Hypothese über die Schöpfungsgeschichte Mosis« 552, 571, 584, 863 – »Aussichten zu einer Experimentalseelenlehre« 626 – »Beim Abschiede des Jahres 1785« 349f., 812f. – »Beiträge zur Philosophie des Lebens« 287, 534f., 667, 743 – »Briefe vom Unterschiede des Akkusativ’s und Dativ‘s« 553 – »Das Bild« 257f., 678 – »Das Buch« 165f., 261f., 626, 640, 679 – »Das Edelste in der Natur« 321–327, 749, 773, 784–789 – »Das Eisen« 162f., 175f., 277f., 369–371, 640f., 702f., 714, 829–831 – »Das frühe Aufstehn« 78, 269f., 694–696 – »Das Gerüste« 282, 706 – »Das Kind« 267, 688 – »Das Kriegsheer« 220f., 626, 652 – »Das menschliche Elend« 337–341, 799–804 – »Das Schiff« 170f., 276f., 640, 701f. – »Das Skelet« 201–205, 647 – »Denkwürdigkeiten, aufgezeichnet zur Beförderung des Edlen und Schönen« 436, 625, 628, 639f., 647, 649, 652, 655, 672,
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893
744, 773, 778–781, 783f., 787f., 799, 802, 809f., 829, 831–833, 835, 864, 867, 872 »Der Adler und die Schildkröte« 185f., 644 »Der bildende Genius« 376–383, 776, 836–844, 814, 881, 899 »Der Dichter im Tempel der Natur« 773 »Der Frosch und der Ochse« 183f., 275f., 644, 700f., 714 »Der Fuchs und der Rabe« 182f., 274f., 643, 699, 714 »Der Fuchs und der Storch« 182f., 274, 643, 698f., 714 »Der Hirsch bei der Quelle« 255–257, 677 »Der Kaufmann und seine vier Söhne« 98–112, 487, 493, 498, 553–568, »Der kleine Albert« 131, 269, 692f. »Der letzte Zweck des menschlichen Denkens« 407–410, 436, 773, 868f. »Der Logos« 348, 445, 745, 811f . »Der Prediger in der Wüsten« 392f., 855f. »Der Trost des Zweiflers« 307–311, 770–773 »Der Uebergang vom Guten zum Bösen« 130–140, 498, 588–594, 713 »Der unordentliche Fritz« 145–148, 270–272, 626, 636, 696–698, 713 »Der Vogel im Käficht« 436 »Der Wandrer oder die Lebensreise« 36–48, 263–266, 489, 509, 525, 680–685, 713 »Der Wolf und das Lamm« 187f., 259, 644, 678, 728 »Des Lehrlings erste Probe« 292f., 755 »Des Magistern und Conrectors 〈...〉 Anrede« 141f., 595–598, 772f. »Des Maurergesellen Wanderschaft« 300–305, 762–768, 846
894
Register
– »Des Maurerlehrlings Weihe« 383f., 844–846 – »Deutsche Sprachlehre für die Damen« 486, 502, 551, 570, 584f., 624f., 645, 649f., 789, 858 – »Deutsche Sprachlehre in Briefen« 861 – »Die Allee« 254, 676 – »Die beiden Arbeiter« 82, 268, 690–692, 713 – »Die Beständigkeit« 305–305, 721f., 768–770 – »Die Bücherwelt« 466 – »Die Dankbarkeit gegen Gott erhöhet unsre Freuden auf Erden« 413– 430, 435, 464, 508, 587, 870–881 – »Die Feier der Geburt des Lichts« 290–292, 745, 751–754, 832 – »Die große Loge oder der Freimaurer mit Wage und Senkblei« 287–410, 435f., 742–869 – »Die Heuchelei ist ein Tribut 〈...〉« 353, 818f. – »Die Klage im Trauerhause« 298, 760f. – »Die Klage um den redlichen Bürger« 299, 761 – »Die Landschaft« 255, 677 – »Die letzte Freistadt des Weisen« 318–320, 780f. – »Die Macht des Unglücks« 320f., 783f. – »Die metaphysische Schönheitslinie« 360–367, 744, 826f. – »Die Mühe und die Freude« 44, 267f., 526, 698f., 713 – »Die Naturwelt« 282f., 707, 778 – »Die Pädagogen« 373–376, 788, 833–836 – »Die Säule« 342–345, 804–807 – »Die Schöpfung der Götterwelt« 189, 645 – »Die Schöpfung in der Seele des Menschen« 399–401, 861–863
– »Die Schöpfungsfeier« 90–96, 485f., 494, 497f., 551–553 – »Die Schöpfungsfeier oder die Hirten von Midian« 551f. – »Die Signatur des Schönen« 327–337, 796–798 – »Die Stube« 273f. – »Die Stuffen des Gesellengrades« 385f., 846–848 – »Die Symbole der Maurerei« 350f., 813f. – »Die Thierwelt und die Menschenwelt« 150, 280, 638, 705f. – »Die Unschuldswelt« 386–392, 851–854 – »Eine Vergleichung zwischen der physischen und moralischen Welt« 282f., 316f., 760, 778f. – »Einheit – Mehrheit – menschliche Kraft« 219f. 653 – »Einige Beobachtungen über einen Taubund Stummgebohrenen« 866f. – »Englische Sprachlehre für die Deutschen« 818 – »Entwurf zu dem vollständigen Vortrage einer Theorie der schönen Künste« 673 – »Erinnerungen aus den frühesten Jahren der Kindheit« 393–395, 855–858 – »Festigkeit« 315, 775 – »Fischen – Lesen, Pflügen – Schreiben« 154f., 278–280, 638, 703f. – »Fragmente aus dem Tagebuche eines Geistersehers« 435, 649, 744, 759, 766, 768, 770, 772, 774–777, 827f., 851, 853, 867 – Gedicht über die Schöpfung 551 – »Geschichte eines taub- und stummgebohrnen Frauenzimmers« 587 – »Giebt es eine reine Uneigennützigkeit?« 430f., 760, 767, 882–884 – »Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten« 645, 660, 754, 773, 847, 851, 854, 858
Register – »Grammatisches Wörterbuch der deutschen Sprache« (1. Band) 642–644, 762, 867 – »Grundlinien zu einer Gedankenperspektive« 712 – »Häußliche Glückseeligkeit – Genuß der schönen Natur« 229–231, 655 – »Hephata« 401–407, 863–867 – »In wie fern Kunstwerke beschrieben werden können?« 796–798 – »James Beattie’s Grundlinien der Psychologie (Übersetzung)« 861, 863 – »Laune« 396, 858f. – »Launen und Phantasien« 743, 884 – »Leben und Wirksamkeit. Bestimmung der Thatkraft« 313–315, 775–777 – »Lesebuch für Kinder« 251–284, 435f., 470, 525, 634, 636, 638–640, 643f., 658, 660, 669–714, 778 – »List ist nicht Seelenstärke« 352, 816f. – »Magazin zur Erfahrungsseelenkunde« 468f., 570, 597, 626, 648f., 660, 671f., 712, 745, 759, 855, 857–859, 861, 863, 866, 868f., 880 – »Milton über den Ursprung des Bösen« 367–369, 827f. – »Mit welcher Freude eine Anzahl guter Kinder« 488 – »Monats-Schrift der Akademie der Künste und mechanischen Wissenschaften zu Berlin« 640, 744, 789, 796, 798, 804, 806f., 808 – »Mutius Scävola« 387–389, 848–851 – »Mythologisches Wörterbuch« 435, 597f., 668, 797 – »Neues A.B.C. Buch 〈…〉« 233–250, 435, 470, 634, 646, 657–668, 670–672, 711 – »Regeln einer feinen Lebensart 〈...〉 von D. John Trusler (Übersetzung)« 468, 547, 626
895
– »Reisen eines Deutschen in England im Jahr 1782« 488, 596, 671, 812, 828, 845, 857 – »Reisen eines Deutschen in Italien in den Jahren 1786 bis 1788« 640, 660, 797, 847, 851 – »Schlafen und Wachen« 283, 346f., 708–710, 809f. – »Seelenheilkunde« 396–399, 859–861 – »Thubalkain« 351f., 745, 815f. – »Ueber den Begriff des in sich selbst Vollendeten« 353–360, 639, 787f., 819–825 – »Ueber die bildende Nachahmung des Schönen« 647, 650, 744, 754, 776, 787, 836, 843, 848, 851 – »Ueber die Leiden des Lebens (Predigt)« 436, 872 – »Ueber die Vereinfachung der menschlichen Kenntnisse« 858 – »Ueber eine Schrift des Herrn Schulrath Campe« 660 – »Ueber Moses Mendelssohn« 628 – »Unterhaltungen mit meinen Schülern« 5–140, 435f., 470, 484–594, 624, 626, 635f., 659, 672, 713, 863 – »Vernichtung« 371f., 831f. – »Versuch einer deutschen Prosodie« 773 – »Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik« 143–231, 435f., 470, 502, 599–656, 659, 662, 672, 712–714, 775, 829, 863 – »Versuch einer Vereinigung aller schönen Künste« 353–360, 639, 787f., 819–825 – »Vom Ebenbilde Gottes« 112–115, 494, 498, 568–570 – »Vom Isoliren« 641, 807f. – »Vom rechten Gebrauch der Zeit« 48–63, 284, 487, 496, 527–535, 710f., 714 – »Vom richtigen deutschen Ausdruck« 571 – »Vom Tode« 64–74, 496, 535–538 – »Vom Vertrauen auf Gott« 26–48, 495, 508–526
896
Register
– »Vom Widerwillen gegen das Gute« 77–84, 540–547, 626, 713 – »Von den Eigenschaften Gottes« 124–130, 494, 498, 585–587 – »Von der deutschen Rechtschreibung« 435 – »Von der Liebe zu Gott« 13–25, 495, 505–508 – »Von der Sprache« 116–124, 486, 494, 498, 570–585, 624 – »Von guten Vorsätzen« 84–90, 497, 547–551 – »Vorbegriffe zu einer Theorie der Ornamente« 640, 744, 804 – »Vorbereitung des Edlern durch das Unedle« 372f., 832f. – »Vorschlag zu einem Magazin einer Erfarungs-Seelenkunde« 464, 466, 671, 759, 782 – »Vossische Zeitung«, Beiträge zur 466, 744, 787f., 812f., 816f., 833, 835f. – »Zeichen und Wortsprache 〈…〉« 864, 867 – »Zufälligkeit und Bildung« 345f., 807f. – »Zusätze zu den Briefen vom Unterschiede des Akkusativ’s und Dativ’s« 553 – »Zweifel und Beruhigung« 311–313, 774f. Morius, Johann Georg Heinrich (Logenbruder) 735 Mosheim, Johann Lorenz von – »Anweisung erbaulich zu predigen« 875f. Mozart, Wolfgang Amadeus 867 Müller, von (Schüler) s. Müllern Müllern, Johann Christian von 481 Mundt, Carl Friedrich Daniel (Logenbruder) 728, 735 Mundt, Christian Ludwig (Logenbruder) 735 Mutius Scävola (Gaius Mutius Cordus Scaevola) 387f., 848–851
Mylius, Christlob 639 Mylius, Gottlieb August 624, 626 Nencke, Carl Christoph s. Knüppeln Neptun 189 Nero (Nero Claudius Caesar) 390, 854 Neumann, Johann Friedrich Wilhelm (Schüler) 481 Neumann, Johann Philipp (Logenbruder) 735 Nicolai, Friedrich – »Beschreibung der königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam« 661, 663, 716 Niemeyer, August Hermann – »Grundsätze der Erziehung und des Unterrichts« 435f., 471, 490, 629, 661f. Nobiling, Johann Friedrich (Schüler) 481 Ovid (Publius Ovidius Naso) – »Metamorphosen« 790, 797 Paalzow, Christian Ludwig s. Knüppeln Paulmann, Johann Ernst Ludwig 880f. Paulmann, Johann Ludwig 587, 872, 874f., 880 Pestalozzi, Johann Heinrich 469 – »Lienhard und Gertrud« 466, 469 – »Wie Gertrud ihre Kinder lehrt« 466 Phaidros (Phaedrus) – »Fabulae« 643f., 712 Philippi, Johann Albrecht 473 Philomele 327, 797f. Pietzker, Friedrich August (Logenbruder) 726, 735 Platner, Ernst – »Philosophische Aphorismen« 803 Platon – »Phaidon« 526 Plümicke, Carl Martin – »Die Verschwörung des Fiesko von Fr. Schiller« 817
Register Pluto 189 Pope, Alexander – »An Essay on Man« 857f. Porsenna 851 Possin, Johann Samuel Carl 551 Preußen, Elisabeth Christine, Königin von 731, 736, 813 Preußen, Ferdinand, Prinz von 731 Preußen, Friedrich II. »der Große«, König von 479f., 653f., 663, 727, 731, 813 Preußen, Friedrich Wilhelm II. 653 Priscillian 812 Progne (Prokne) 329, 797f. Propertius, Sextus (Properz) 778 Pufendorf, Samuel von 652, 654 Quast, Wolf Friedrich Ludwig von (Logenbruder) 735 Ransleben, Karl Friedrich 473 Reck, Philipp Heinrich Christian Freiherr von der (Logenbruder) 735 Reckling, Joachim Friedrich (Logenbruder) 735 Reichardt, Johann Friedrich 488 Reiche, Karl Christoph 658 Reimann, Theodor Friedrich Wenzel (Logenbruder) 735 Reimarus, Hermann Samuel – »Die Vernunftlehre« 636f., 648 – »Von dem Zwecke Jesu und seiner Jünger« 878 Reinhold, Karl Leonhard 651 Reuss, Heinrich XXXVIII (Logenbruder) 735 Reuss, Heinrich XXXXIV (Logenbruder) 719f., 736 Ribbe, Johann Christian (Logenbruder) 736 Richardson, Samuel – »Aesop’s Fables, with instructive Morals and Reflections« 526, 643f., 712
897
Richter, Johann Paul Friedrich s. Jean Paul Rick, Carl Philipp (Logenbruder) 736 Ritter, Carl Gottfried 472–474, 478 Rochow, Friedrich Eberhard von 659, 671 Rostock, Carl Emmanuel (Schüler) 481 Rothe, Ernst Friedrich Wilhelm (Schüler) 481 Rousseau, Jean Jacques 469, 502, 654f., 802 – »Abhandlung über die Wissenschaften und Künste« 828 – »Discours sur l‘ine´galite´« 465, 641f., 654, 759f., 803 – »Emile« 465f., 539, 637, 643, 760, 779, 836 Saagern, Christoph (Logenbruder) 736 Sabbathier, Matthias (Logenbruder) 736 Sachsen-Coburg-Saalfeld, Ludwig Carl Friedrich Prinz von (Logenbruder) 736 Salomon (Salomo) 53, 535, 753, 814 Salzmann, Christian Gotthilf 469, 502f., 659 – »Carl von Carlsberg« 799, 802 – »Moralisches Elementarbuch« 489, 524, 534 – »Ueber die wirksamsten Mittel, Kindern Religion beizubringen« 503, 524, 539, 643 Saturn 249, 668 Scheel, Johann Heinrich (Logenbruder) 717, 723–725, 736 Scheele, Johann Heinrich Friedrich (Logenbruder) 717, 723f., 736 Schiller, Friedrich – »An die Freude« 847 – »Die Verschwörung des Fiesko« 817 – »Philosophische Briefe« 883 Schlichtegroll, Friedrich – »Nekrolog auf das Jahr 1793« 490, 634, 750 Schlosser, Johann Georg – »Iselins Briefwechsel mit J. G. Schlosser« 469f.
898
Register
Schlumberger, Daniel (Logenbruder) 736 Schmid, Carl Christian Erhard – »Wörterbuch zum leichtern Gebrauch der Kantischen Schriften« 587 Schmidt, Valentin Heinrich 142, 463, 475, 479, 481, 596f., 668 Schöne, Christian Gottfried 661, 670 Schönermark, Georg Friedrich von (Logenbruder) 717, 723, 733, 737 Scholtz, Maximilian (Logenbruder) 736 Schröckh, Johann Matthias 473 Schröder, Friedrich Ludwig 718, 743 Schüler, Carl Julius Christian (Logenbruder) 737 Schütz, Christian Gottfried – »Neues Elementarbuch« 502, 637f., 650, 671 Schultze, Gottlob (Logenbruder) 737 Schultze, Johann Joachim Friedrich (Schüler) 481 Schulze, Gottlob Ernst – »Aenisedemus« 651 Schulze, Johann Michael – »Elementarbuch der lateinischen Sprache« 624f., 637f. Schumann, August Ferdinand (Logenbruder) 737 Schumann, Johann Daniel 473, 873 Schwarzburg-Rudolstadt, Aemilia Juliane Gräfin zu 879 Seel, Friedrich Wilhelm von (Logenbruder) 737 Seidel, Günther Carl Friedrich (Logenbruder) 737 Seidel, Johann Friedrich 479 Seneca, Lucius Annaeus 718, 782 Sextro, Heinrich Philipp 473 Silber, Johann Leonhard (Logenbruder) 737 Smith, Adam – »Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations« 653f.
Soemmerring, Samuel Thomas 874 Sokrates 526 Spalding, Johann Joachim 472, 539, 873, 875–877 – »Ueber die Nutzbarkeit des Predigtamtes und deren Beförderung« 875 – »Gedanken über den Werth der Gefühle in dem Christenthum« 877 Spangenberg, August Gottlieb – »Idea fidei fratrum« 569f. Spener, Christian Sigismund 6, 485, 501f. Spener, Johann Karl 502 Spener, Philipp Jakob 501 Spinoza, Baruch de 628, 648f. – »Tractatus de intellectus emendatione« 593 Springer, Johann Christoph Erich von 473 Starck, Johann Ludwig (Logenbruder) 737 Steinhausen, Johann Friedrich (Logenbruder) 737 Stenzel, Balthasar 642 Sterling, Friedrich Leopold (Logenbruder) 737 Strampf (II.), Anton Christian Christoph von (Logenbruder) 725, 738 Strampf (I.), Ludwig Carl Andreas von (Logenbruder) 719f., 738 Stuve, Johann 466f. – »Vorschlag zur Verbreitung wahrer Aufklärung« 789 Sulzer, Johann Georg »Allgemeine Theorie der Schönen Künste« 807, 844 Sydow, Otto Ferdinand (Logenbruder) 738 Tarquinius Collatinus, Lucius 328, 797 Tarquinius, Sextus 797 Teller, Wilhelm Abraham 489 Tereus 797 Thaulow (I.), Andreas (Schüler) 481
Register Thaulow (II.), Johann Friedrich (Schüler) 481 Theokrit – »Idyllen« 477 Theophrast 535 Theseus 349, 858 Thieme, Karl Traugott – »Erste Narung für den gesunden Menschenverstand« 650, 671 Thieme, Martin Heinrich 479 Thomasius, Christian – »Ausübung der Sittenlehre« 487, 502, 570, 593f., 802 Thubalkain 351f., 745, 815f. Thürnagel, Christoph Daniel (Logenbruder) 738 Tiedemann, Dietrich – »Untersuchungen über den Menschen« 639 Titius, Johann Daniel 474 Tompson, John – »English Miscellanies« 819 Trapp, Ernst Christian 467 – »Versuch einer Pädagogik« 469, 631 Traufeld, Friedrich Gottlieb (Logenbruder) 738 Truckenbrodt, Georg Friedrich (Logenbruder) 738 Trusler, John – »Regeln einer feinen Lebensart und Weltkenntniß« 468, 547, 626 Tullius Cicero, Marcus 718 Ulrich, Friedrich Wilhelm (Schüler) Unger, Johann Friedrich 661 Vasari, Giorgio 827 Vergilius Maro, Publius (Vergil) – »Aeneis« 390, 651, 853 Vesta 385, 874 Viering (Schüler) 481
481
899
Vieweg (II.), Carl Friedrich (Logenbruder) 738 Vieweg (IV., d. J.), Friedrich Wilhelm (Logenbruder) 739 Vieweg (I.), Johann Friedrich (Logenbruder) 720, 724, 738 Vieweg (III., d. Ä.), Johann Friedrich (Logenbruder) 626, 739, 882 Villaume, Peter 466 – »Ob und in wiefern bei der Erziehung die Vollkommenheit des einzelnen Menschen seiner Brauchbarkeit aufzuopfern sey?« 469f., 788, 836 – »Soll man das Volk täuschen oder bloße Wahrheit lehren?« 836 Virginia 328, 797 Virginius 328, 797 Wach, Johann Georg Heinrich Carl Wilhelm Ludwig Friedrich August (Logenbruder) 717, 728, 739 Wackenroder, Christoph Benjamin 473 Wahlen-Jurgass, Otto Albrecht Ludwig von (Logenbruder) 739 Wegener, Wilhelm Gabriel 465, 477f., 481 Weiße, Christian Felix 658f., 671 – »Der Kinderfreund« 469 – »Neues ABC-Buch« 661–664, 668 Welle, Friedrich Wilhelm (Schüler) 481 Wendeborn, Gebhard Friedrich August 873 Werder, Carl Friedrich (Logenbruder) 739 Wever, Arnold 486 Weyhe, Gotthilf Christoph (Logenbruder) 739 Wieland, Christoph Martin 745, 759 Winckelmann, Johann Joachim 661 – »Geschichte der Kunst des Alterthums« 795f., 798 Wolff, Christian Freiherr von – »Vernünfftige Gedancken von dem gesellschaftlichen Leben der Menschen« 652
900
Register
– »Vernünfftige Gedancken von den Kräfften des menschlichen Verstandes« 648f., 627 – »Vernünfftige Gedancken Von GOTT, Der Welt, und der Seele des Menschen« 578, 646, 649 – »Vernünfftige Gedancken von der Menschen Thun und Lassen« 878f. Wolke, Christian Hinrich 474 Xanthippe 668 Xerxes 248, 663, 666–668 Young, Edward – »The Complaint: or, Night-thoughts« 535, 803
Zedlitz, Karl Abraham Freiherr von 5, 480, 495, 501 – »Ueber den Patriotismus« 487, 501f. Zierlein, Johann Georg 474, 478 Ziethen, Gottfried Christoph Daniel von (Logenbruder) 726f., 739 Zilla 816 Zinnendorf, Johann Wilhelm Kellner von 717–719, 743, 746, 816 Zinzendorf, Nikolaus Ludwig von 879 Zöllner, Johann Friedrich – »Lesebuch für alle Stände« 671 Zollikofer, Georg Joachim 879 Zschock, Albert Peter Heinrich (Schüler) 481
Abbildungen
Abb. 1: Unterhaltungen mit meinen Schülern, Titelblatt.
Abb. 2: Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik, Titelblatt.
Abb. 3: Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik, Tafel I.
Abb. 4: Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik, Tafel II (Rotdruck).
Abb. 5: Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik, Tafel III.
Abb. 6: Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik, Tafel IV (Rotdruck).
Abb. 7: Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik, Tafel V.
Abb. 8: Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik, Tafel VI.
Abb. 9: Versuch einer kleinen praktischen Kinderlogik, Tafel VII.
Abb. 10: Proeve eener korte beöeffenende Redeneerkunde voor de jeugd, Titelblatt (Kinderlogik, niederländisch).
Abb. 11: Proeve eener korte beöeffenende Redeneerkunde voor de jeugd, Tafel III.
Abb. 12: Neues A. B. C. Buch, Titelblatt.
Abb. 13: Neues A. B. C. Buch, Tafel A – C.
Abb. 14: Neues A. B. C. Buch, Tafel D – F.
Abb. 15: Neues A. B. C. Buch, Tafel G – I/J.
Abb. 16: Neues A. B. C. Buch, Tafel K – M
Abb. 17: Neues A. B. C. Buch, Tafel N – P.
Abb. 18: Neues A. B. C. Buch, Tafel Q – S.
Abb. 19: Neues A. B. C. Buch, Tafel T – V.
Abb. 20: Neues A. B. C. Buch, Tafel W – Y.
Abb. 21: Neues A. B. C. Buch, Tafel Z.
Abb. 22: Neues A. B. C. Buch, S. 3 (deutsche Alphabete).
Abb. 23: Neues A. B. C. Buch, S. 4 (zusammengesetzte Zeichen; geschriebenes Alphabet).
Abb. 24: Neues A. B. C. Buch, S. 5 (latein. Alphabet).
Abb. 25: Neues A. B. C. Buch, S. 6 (Zahlen).
Abb. 26: Lesebuch für Kinder, Titelblatt.
Abb. 27: Lesebuch für Kinder, Frontispiz (J. D. Heidenreich).
Abb. 28: Die große Loge, Titelblatt.
Abb. 29: Die Dankbarkeit gegen Gott, Titelblatt.