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German Pages 828 [832] Year 1991
G E I L E R , SÄMTLICHE W E R K E II
w G DE
AUSGABEN DEUTSCHER LITERATUR DES XV. BIS XVIII. J A H R H U N D E R T S
herausgegeben von Hans-Gert Roloff
J O H A N N E S G E I L E R VON K A Y S E R S B E R G SÄMTLICHE WERKE
WALTER DE G R U Y T E R · B E R L I N · NEW YORK 1991
JOHANNES GEILER VON KAYSERSBERG SÄMTLICHE WERKE herausgegeben von
GERHARD BAUER
ERSTER T E I L DIE DEUTSCHEN SCHRIFTEN
Erste Abteilung: Die zu Geilers Lebzeiten erschienenen Schriften
ZWEITER BAND
WALTER DE G R U Y T E R · BERLIN · NEW Y O R K 1991
Die Deutsche
Bibliothek
— CI Ρ-Einheitsauf
nähme
Geiler von Kaysersberg, Johannes: Sämtliche Werke / Johannes Geiler von Kaysersberg. Hrsg. von Gerhard Bauer. — Berlin ; New York : de Gruyter. NE: Bauer, Gerhard [Hrsg.]; Geiler von Kaysersberg, Johannes: [Sammlung] Teil 1. Die deutschen Schriften. Abt. 1. Die zu Geilers Lebzeiten erschienenen Schriften. Bd. 2. - (1991) (Ausgaben deutscher Literatur des XV. bis XVIII. Jahrhunderts ; 139) ISBN 3-11-012364-9 NE: GT
© Copyright 1991 by Walter de Gruyter & Co., D-1000 Berlin 30. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Satz und Druck: Arthur Collignon GmbH, Berlin 30 Buchbinderische Verarbeitung: Lüderitz & Bauer, Berlin 61
Zum ^weiten Band der Edition Die Herausgabe der Werke Johannes Geilers von Kaysersberg konfrontiert den Editor immer wieder mit neuen Problemen. Im Falle der (Deutschen Predigten)», die dieser Band enthält, erhob sich zunächst einmal die Frage, welche Fassung derselben überhaupt in die Ausgabe aufgenommen werden sollte. Wie Herbert Kraume 1980 dargelegt hatx, repräsentiert die 1508 in Augsburg erstmals gedruckte umfangreiche Sammlung eine Bearbeitung von Teilen der von Geiler 1488 in Augsburg gehaltenen Predigten, verbunden mit weiteren Straßburger Predigten Geilers aus späterer Zeit1. Der Prediger hat offenbar für den Vortrag vor seinem Straßburger Publikum sowohl erhebliche Änderungen am ursprünglichen Text vorgenommen1' als auch — wie der Druck %u den meisten Texten vermerkt — insbesondere für die Reuerinnen St. Magdalenen"1, aber auch für die Johanniter St. Johann im grünen Wert5 in vielen Predigten neue Themen abgehandelt und so ein Textcorpus geschaffen, das, wie sich auch an der handschriftlichen Uberlieferung6
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G e r s o n - Ü b e r s e t z u n g e n , bes. S. 106—117. Es handelt sich bei den hinzugekommenen Texten um die Nummern III bis XV dieses Bandes. Da%u (mit Beispielen) ausführlich Kraume, aaO. S. 172—194. Zur Geschichte des St. Magdalenenklosters vgl. etwa Lu^ian Pfleger: Die Geschichte des Reuerinnenklosters St. Magdalena in Straßburg, Straßburg 19)5; ders.: Geiler v o n Kaysersberg u n d das S. Magdalenenkloster in Straßburg, in: Straßburger Diözesanblatt 37 (1918), S. 24-31 und 56- 63. Zur Geschichte der Johanniterordenskommende vgl. etwa Lu^ian Pfleger: Kirchengeschichte der Stadt Straßburg im Mittelalter. N a c h den Quellen dargestellt. Kolmar 1943, S. 84 und 140- 145. Siehe da%u ausführlich unten S. 757— 775.
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Zum %weiten Band der Edition
ablesen läßt, bei einem breiten Leserkreis auf großes Interesse stieß. Seine weitere Verbreitung durch den Augsburger Druck von 1508 wird daher verständlich, und die Tatsache, daß bereits 1510 eine Neuauflage nötig wurde, beweist die rege Publikumsnachfrage. Demgegenüber haben die in einigen Handschriften1 überlieferten Texte, wie Geiler sie 1488 seinen Augsburger Hörern vorgetragen hatte, keine Verbreitung durch einen Druck gefunden; sie mußten mithin weithin unbekannt und folglich wirkungslos bleiben. Das ist der Grund, warum ich (unter Wahrung der chronologischen Anordnung des Materials*) den Text der {Deutschen Predigten)» Geilers nach der Augsburger editio princeps von 1508 diesem Band der Edition zugrunde gelegt habe. Er enthält — wobei die römische Numerierung von mir stammt — folgende 15 Predigt^yklen und Ein^elpredigten: I. {Berg der Betrachtung). Dies ist, wie Kraume geigen konnte9, die neu bearbeitete Fassung der 1488 in Augsburg gehaltenen Predigten für ein Straßburger Publikum, denen im wesentlichen Ger son10 zugrunde liegt. Kraume läßt sich auch über das Thema der „Meditation anjedem Tag der Woche" ausu, dessen Wichtigkeit er bereits darin dokumentiert sieht, „daß von der siebentägigen Meditation der Straßburger Fassung eine separate Abschrift vorliegt" 12. Er hat nicht bemerkt, daß das gleiche Thema unter der Überschrift Wie ein monsch sin gebet mack ordenen in die wuch gedeilt an zu ruffen sin lieben engel vnd heiigen geprediget durch doctor keissersperg ausführlich auch in der Handschrift 2746 der Bibliotheque Nationale et Universitaire
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Siehe die Angaben bei Kraume, aaO. S. 106f. Vgl. darüber die Einführung ?ur Gesamtausgabe in Band 1, S. IX—XI. Siehe oben Anm. 1. Vgl. etwa Kraume, aaO. S. 109f. Ebd. S. 184f. Es handelt sich um den Text der Handschrift h4 (Karlsruhe, St. Peter pap. 34); siehe dai^u unten S. 770f.
Zum ζweiten Band der Edition
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Straßburg behandelt wirdn. Da es sich dabei um eine vom Text der Augsburger Drucke stark abweichende Fassung handelt, habe ich sie in diesem Band nicht ^u berücksichtigen brauchen. Auch die was er darüber für sich spart, darvon wirt im sein hertz unflätig und unrain. Er müß gedencken wie er es anlegen und behüten müg. das er es meer und nitt darumb kumm. also hat er forcht / sorg / angst und nott. Hör was spricht Jesus Cristus was da überig ist davon geben almüsen und alle ding werden üch rain. Von disem wissen die clausterleüt nichts zusagen, sy mainen es gang sy nütt an. almüsen zu geben stand den weltlichen zu. Aber sy sollen ymmerzu einnemen / und nimer icht durch gotes willen ausgeben. Sy gedencken nit das der herre würt sprechen an dem 16tsten gericht Mich hat gehungeret / ir haben mich gespeisset. Mich hat getürstet / und ir haben mich getrencket. Ich byn nackendt gesein do habend ir mich geklaidet. Unnd herwiderumb. Mich hatt gehungeret, ir haben mich nicht gespeisset. Mich hatt getürstt / unnd ir gaben mir nit zu trinken, ich was nackent und ir klaidten mich nit. Diß mainendt sy / sey allain den layen gesagt und nit ynen. Aber sy filend daran Wann der herr maint hiemit gaistlich und weltlich / alle die da haben dass güt diser zeit, und die gaistlichen sind mer gebunden almüsen zugeben / dann die weltlichen. Wann sy seind die wölche da niessend das erb Cristi unsers herren. Wenn sy nun die ynnwendigen glider der erbirmd beschliessend vor Cristo dem herrn. das sy in lassen leiden hunger / durst, und nackenhait in seinen gelidern / so er doch spricht / was ir thünd dem minsten auß den meinen, das haben ir mir gethon. wie swärlich würt er seyn erb von ynen vodren. Diße ist die vierd aigenschafft der glider, das es a i n - ^ ^ e m yeden tzu schaden kommpt / wo es mer von der speis behaltet / dann ym zugehört.
5 f. 11-14 14-17 25 f.
Luc .11,41. Matt. 25, 35J. Matt.25, 42f. Matt. 25, 40.
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Geiler von Kaysersberg
Die fünft aigenschaft so die glyder underainander haben ist. das kain glid das ander verachtet unnd vorauß die unedeleren gelider klaidet man fleissigklicher / dann die mereren. und welches glid aller siechest und gebresthaftigest ist. des schonet man allermayst. und wartend sein die andren mit grosser gedultikait. Das aug spricht nitt zu dem füße / du bist mir nit nott. ich bedarff dein nit. wie woll es im haubt statt, noch ist es nit so stoltz. daz es darumb nit ain auff sehen hab auff den füße Dein fuß ist auch nit so ain edel gelid / als dein andtlüt / aber du lasest das antlüt bloß und den füß versorgest du fleissigklichen mit schüchen. Hastu ain siech glid an deinem leib du bindest ain tüch darumb / du schonest des. und pfligest sein fleissiklich. Kain glyd wie edel es ist. verschmähet die unedleren und die gebresthaftigeren. Also wie gewaltig / hochgeleert / gnadenreich / edel / oder reich ainer ist. so soll er doch kaynen armen gebresthaftigen. eilenden oder kranken unachtsamen menschen verachten, und also vil ain mensch siecher / gebresthafftiger / oder bürdlicher ist. sovil du sein mer schonen solt. in tragen und leiden. Nit sprich / warumb wolt ich es dem tun / man tut es mir nit. ich bedörfft sein auch wol. Nitt setz dich selbs ymmertzu für / als ob du yederman in dich richten wöllest Truck dich under got und under alle menschliche creaturen. sant Pauls spricht. Ir sollen ainander fürkommen in eeren in eweren hertzen / daz ist in deinem hertzen. soltu alle menschen besser schätzen dann dich selber. Du waist villeicht ain laster oder zway von deynem nihesten / aber bey dir (Q iiij*> selber findest du wol zwaintzige und ob du wol ytzund besser bist vor got dann er / so bistu doch nit sicher, das du biß in das end bestandest Wann es mag wol beschehen / daßs er sich bek6r von seinen sünden. und ain außerweiter fründ gotes werd / und du abfallest von deinem gütten fürsatz und also verlorn werdest. Darumb solt du alle menschen für dich setzen Aber ich sprich nämlich / in deinem hertzen /
Deutsche
Predigten
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wann das hat nit alwegen stat in den werken. Ain obrer ainer statt oder aines landes. ain herre oder frauw in irem hauß. ain priorin in ainem kloster. und ander / denen oberkait bevolhen ist. die sollen sich also haltten gegen iren underthonen. in äußerlicher eer erbietung. als daz ir Stadt und ampt gestattet, das der oberkait gewalt bleib, und gehorsam nit zergang Doch sol der oberer eben warnemen / das er sich selbs nit betrieg. so er sich selbs suchet und sein eer. nit gottes. Wann aigen gesüch bricht gern herfür. Die sechßt aigenschafft der glider ist. was ainem glid beschicht / es sey güt oder b6ß. des nement sich die anderen an / als ob es ynen allen beschehen wäre. Wischet dir ainer dein fuß / du sagest ym dank mit dem mund. Trittet oder stosset dich ymants / du klagest es mitt dem mund sagend. Du hast mir we geton. also tet der herr Jesus, do ym Maria Magdalena sein füß wusch, do sprach er zu dem Simon. Ich byn gangen in deyn hauß. aber du hast nicht geben das wasser meinen füssen. Aber dise hat mein fuß gewaschen / mit iren triheren. Nym war wie der herr mitt den wortten sines munds. dem Simon verweiset oder sich beklagett. das er ym nit dienstbare werk bewisen het. und Marie dancksaget. des gütten das sy ym thet Wie sprach Cristus mer zu sant Pauls / als er in niderschlüg auff dem weg? Er sprach zu im