Smart Contracts im Spannungsfeld zwischen Automatisierung und Verbraucherschutz [1 ed.] 9783428585717, 9783428185719

Die Diskussion rund um sogenannte Smart Contracts hat insbesondere im Kielwasser der zunehmenden Bekanntheit der Blockch

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German Pages 332 [333] Year 2022

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Smart Contracts im Spannungsfeld zwischen Automatisierung und Verbraucherschutz [1 ed.]
 9783428585717, 9783428185719

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Internetrecht und Digitale Gesellschaft Band 37

Smart Contracts im Spannungsfeld zwischen Automatisierung und Verbraucherschutz

Von

Felix Exner

Duncker & Humblot · Berlin

FELIX EXNER

Smart Contracts im Spannungsfeld zwischen Automatisierung und Verbraucherschutz

Internetrecht und Digitale Gesellschaft Herausgegeben von

Dirk Heckmann

Band 37

Smart Contracts im Spannungsfeld zwischen Automatisierung und Verbraucherschutz

Von

Felix Exner

Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität zu Münster hat diese Arbeit im Jahr 2021 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

D6 Alle Rechte vorbehalten © 2022 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: TextFormA(r)t, Daniela Weiland, Göttingen Druck: CPI buchbücher.de GmbH, Birkach Printed in Germany ISSN 2363-5479 ISBN 978-3-428-18571-9 (Print) ISBN 978-3-428-58571-7 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Jahr 2021 von der juristischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster als Dissertation angenommen. Literatur und Rechtsprechung konnten bis zur Einreichung im Dezember 2020 berücksichtigt werden. Mein ganz besonderer Dank gilt zuerst meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Nikolas Guggenberger, LL. M. für die hervorragende Betreuung sowie seine Hilfe und Unterstützung. Er hat nicht nur das Thema angeregt, sondern durch seine wertvollen Hinweise und Ratschläge ganz erheblich zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen. Herrn Prof. Dr. Hoeren möchte ich zudem herzlich für die rasche Erstellung des Zweitgutachtens danken. Danken möchte ich auch dem Verlag Duncker & Humblot für die sorgfältige Betreuung der Drucklegung und Herrn Prof. Dr. Dirk Heckmann für die Aufnahme der Arbeit in diese Schriftenreihe. Die Arbeit entstand während meiner Tätigkeit bei Skadden, Arps, Slate, Meagher & Flom LLP in Frankfurt und bei iov42 in Wien. Meinen Kollegen dort und bei Mountain Partners sowie meinen Freunden danke ich vielmals für ihren Humor, die unzähligen anregenden Gespräche, ihre ständige Motivation und vielfältige Unterstützung. Mein größter Dank gilt schließlich meiner Familie und insbesondere meinen Eltern für Ihre bedingungslose Unterstützung in jeder erdenklichen Hinsicht über all die Jahre. Ihnen ist diese Arbeit gewidmet. Zürich, im Februar 2022

Felix Exner

Inhaltsverzeichnis Erster Teil

Einleitung und Grundlagen 17

A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 B. Begriff von Smart Contracts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 I. Unklarheiten um den Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 II. Definitionsvorschläge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 III. Einigkeit über zentrale Wesensmerkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 IV. In dieser Untersuchung zugrunde gelegter Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 C. Funktion: Automatisierter Vollzug von Vertragsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 I. Automatisierung als Loslösen von menschlichen Entscheidungen . . . . . . . . . . . 31 1. Die Entscheidung zum Vertragsbruch als Voraussetzung für Leistungsstörungen 33 2. Automatisierung als Unmöglichmachen einer Entscheidung zum Vertragsbruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 3. Automatisierung als Nachteil für Verbraucher? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 II. Automatisierte Reaktion auf Vertragsuntreue . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 1. Verhinderung von Vertragsverletzungen durch Steigerung der Anreize für vertragsgemäßes Verhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 2. Steigerung der Anreize durch automatisierte Konsequenzen für Vertragsbrüche 39 D. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42

Zweiter Teil

Risiken von Smart Contracts für Verbraucher 43

A. Fremdbestimmung des Verbrauchers durch Smart Contracts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 I. Notwendigkeit einer Zustimmung des Verbrauchers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 1. Der Verbraucher als unmittelbar von der Automatisierung Betroffener . . . . . 45 a) Zahlungen als typischerweise automatisierte Leistungen . . . . . . . . . . . . . 45 b) Verbraucher als typische Zahlungsschuldner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 2. Rechtfertigungsbedürftigkeit der Automatisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 a) Rechtfertigungsbedürftigkeit von automatisierten Vermögensverschiebungen 50 b) Rechtfertigungsbedürftigkeit von automatisierten Sanktionen . . . . . . . . . 51

8

Inhaltsverzeichnis 3. Rechtfertigung der Automatisierung durch Zustimmung des Verbrauchers . . 51 a) Der vertragliche Anspruch auf das Automatisierte als Rechtfertigung . . . 52 b) Rechtfertigungsbedürftigkeit der Automatisierung selbst . . . . . . . . . . . . . 52 aa) Rechtfertigungsbedürftigkeit der Automatisierung einer Leistungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 bb) Rechtfertigungsbedürftigkeit der Automatisierung von Sanktionen . 54 c) Rechtfertigung der Automatisierung selbst durch Zustimmung des Verbrauchers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 II. Das Funktionieren von Smart Contracts: Selbstbestimmung als raison d’être . . 57 1. Vervollständigte Selbstbestimmung statt Abhängigkeit von anderen als ursprüngliches Ziel der Automatisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 2. Beiderseitige Selbstbestimmung statt einseitiger Interessendurchsetzung . . . 60 a) Smart Contracts als Weiterentwicklung traditioneller Verträge . . . . . . . . . 61 b) Beiderseitige Selbstbestimmung als Fundament des Vertragsmechanismus 63 3. Übertragung des Vertragsgedankens auf den automatisierten Vollzug durch Smart Contracts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 III. Notwendigkeit eines staatlichen Verbraucherschutzes zur Gewährleistung der beiderseitigen Selbstbestimmung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 1. Ablehnung eines staatlichen Verbraucherschutzes entsprechend der ideologischen Ursprünge von Smart Contracts? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 2. Gefährdung der Selbstbestimmung durch ungleiche Machtverteilung . . . . . . 68 3. Strukturelle Ungleichheit in Verbraucher-Unternehmer-Beziehungen bei Einsatz von Smart Contracts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 a) Unverständlichkeit des Smart Contract-Programmcodes für Verbraucher . 70 b) Keine Möglichkeit der Einflussnahme auf den Programmcode . . . . . . . . . 73 c) Eingeschränkte Kontrollmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 d) Schlussfolgerung: Strukturelle Unterlegenheit des Verbrauchers bei Einsatz von Smart Contracts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 4. Ergebnis: Herausragende Bedeutung eines staatlichen Verbraucherschutzes für Smart Contracts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 IV. Die Umsetzung des Verbraucherschutzes als Gegensatz zur Automatisierung? . . 78 1. Entschleunigung als Werkzeug des Verbraucherschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . 79 2. Verbraucherschützende Regelungen bei Einsatz von Smart Contracts . . . . . . 81 3. Nebeneinander von Automatisierung und Entschleunigung . . . . . . . . . . . . . . 83 V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84

B. Automatisierte private Rechtsdurchsetzung als Belastung des Verbrauchers . . . . . . . 86 I. Automatisierte private Rechtsdurchsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 1. Automatisierte Erfüllung als Substitut für Rechtsdurchsetzung . . . . . . . . . . . 87 2. Alleinige Maßgeblichkeit des Programmcodes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89

Inhaltsverzeichnis

9

a) Wenn-Dann-Logik des Smart Contracts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 b) Determinismus als Konsequenz der Wenn-Dann-Struktur . . . . . . . . . . . . . 93 c) Orientierung am Programmcode statt am Parteiwillen . . . . . . . . . . . . . . . 94 d) Durchsetzung ohne Rücksicht auf rechtliche Durchsetzbarkeit . . . . . . . . . 95 3. Rechtsdurchsetzung nach selbst gewählten Regeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 II. Automatisierte private Rechtsdurchsetzung als Systembruch . . . . . . . . . . . . . . . 98 1. Notwendigkeit eines Systems zwangsweiser Rechtsdurchsetzung . . . . . . . . . 98 2. Primat staatlicher Rechtsdurchsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 3. Grundsätzliches Verbot der privaten Rechtsdurchsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . 102 4. Umgehung gerichtlicher Verfahren durch automatisierte Erfüllung . . . . . . . . 104 5. Gezielter Einsatz von Smart Contracts zur Gesetzesumgehung . . . . . . . . . . . 105 III. Verbraucher als primäres Opfer einer privaten automatisierten Rechtsdurchsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 1. Besondere Gefährdung des Verbrauchers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 2. Entfesselung der Privatautonomie durch Smart Contracts . . . . . . . . . . . . . . . 108 a) Gestaltung der Rechtsbeziehung allein nach dem Willen des Unternehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 b) Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers vor schrankenloser Vertragsfreiheit 111 3. Gerichtliche Verfahren als Schutz des Schwächeren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 C. Doppelte Benachteiligung des Verbrauchers infolge der Automatisierung . . . . . . . . . 114 I. Belastung des Verbrauchers mit den unmittelbaren Folgen der Automatisierung 115 1. Automatisierung als unmittelbare Änderung des status quo . . . . . . . . . . . . . . 115 2. Benachteiligung des Verbrauchers infolge der Automatisierung . . . . . . . . . . . 116 II. Automatisierung als Verschiebung der Rechtsdurchsetzungslast zulasten des Verbrauchers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 1. Verlagerung auf Bereicherungsansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 2. Zwingen des Verbrauchers in die Rolle des Klägers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 3. Nachteile der Rechtsdurchsetzungslast für den Verbraucher . . . . . . . . . . . . . . 120 a) Keine Auswirkungen auf zu beweisende Tatsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 b) Finanzielles Risiko: Vorfinanzierung des Prozesses . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 c) Psychologische Belastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 4. Reduzierte Wahrscheinlichkeit eines Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 a) Klage als Kosten-Nutzen-Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 b) Reduziertes Interesse an der Rückabwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 5. Unterlegenheit des Verbrauchers im Prozess und Beweisschwierigkeiten . . . 126 6. Verantwortungsverlagerung zulasten des Verbrauchers . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127

10

Inhaltsverzeichnis III. Missbrauchspotential: Smart Contracts als Instrument zur gezielten Verschiebung der Rechtsdurchsetzungslast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 1. Gezieltes Hervorrufen einer Zwangslage des Verbrauchers . . . . . . . . . . . . . . 129 2. Spekulation auf Klageverzicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130

D. Formale Sprache des Smart Contracts als besonderes Risiko für Verbraucher . . . . . . 132 I. Die formale Sprache des Smart Contracts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 1. Praktische Umsetzung: Verbindung mit der Blockchain-Technologie . . . . . . 134 a) Manipulationssichere Speicherung in dezentraler Datenbank . . . . . . . . . . 136 aa) Manipulationssichere Speicherung als Voraussetzung für Smart Contracts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 bb) Vereinfachte Funktionsweise der Blockchain . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 cc) Speicherung von Smart Contracts auf der Blockchain . . . . . . . . . . . . 140 b) Unmittelbare Übertragung digitaler Werte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 c) Smart Contracts zwingend auf der Blockchain? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 2. Programmierung von Smart Contracts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 3. Formalismus als Voraussetzung für Smart Contracts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 II. Sprache als Risiko für Verbraucher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 III. Formalisierung und Inflexibilität als besondere Risiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 1. Vorteile der Formalisierung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 2. Verlust von Flexibilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 a) Probleme bei der Formalisierung der Rechtssprache . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 aa) Mehrdeutigkeit juristischer Sprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 bb) Gezielte Flexibilität in gesetzlichen Tatbeständen . . . . . . . . . . . . . . . . 157 cc) Ausschluss einer Entscheidung in Hinblick auf konkrete Umstände als Abkehr vom Zusammenspiel zwischen Gesetz und Richterspruch . . . 159 dd) Versuch der Formalisierung unbestimmter Rechtsbegriffe . . . . . . . . . 162 b) Der Wert flexibler Formulierungen für Verbraucher . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 aa) Abkürzen von Vertragsverhandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 bb) Flexible Reaktion auf veränderte Umstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 cc) Flexibilität bei der Durchsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 3. Verlust von Flexibilität bei Einsatz von Smart Contracts . . . . . . . . . . . . . . . . 168 a) Keine Berücksichtigung besonderer Umstände im Einzelfall . . . . . . . . . . 168 b) Beschränkte Reaktionsmöglichkeit auf Fehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 c) Ausschluss eines effizienten Vertragsbruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177

Inhaltsverzeichnis

11

Dritter Teil

Grenzen privater Smart Contracts gegenüber Verbrauchern 178

A. Grenzen der privatautonomen Rechtsgestaltung als Grenzen privater Rechtsdurchsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 I. Vertragsfreiheit als Grundlage des automatisierten Vollzugs von Vertragsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 II. Zwingendes Recht als Grenze der Automatisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 1. Sittenwidrigkeit einer Spekulation bei automatisierten Zahlungen . . . . . . . . . 181 2. Umgehung sonstiger zwingender Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 B. AGB-rechtliche Zulässigkeit der Vereinbarung von Smart Contracts . . . . . . . . . . . . . 186 I. Anwendung der §§ 305 ff. BGB auf Smart Contracts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 1. Smart Contracts als Vertragsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 a) Hintergrund der Namensgebung von Smart Contracts . . . . . . . . . . . . . . . . 188 b) Smart Contracts und Verträge als zu trennende Konzepte . . . . . . . . . . . . . 189 c) Einbeziehung eines Smart Contracts in einen separaten Vertrag . . . . . . . . 190 d) Smart Contracts selbst als Verträge im Sinne der §§ 145 ff. BGB? . . . . . . 192 aa) Programmcode als Vertragssprache? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 bb) Verwendung des Smart Contracts als Willenserklärung? . . . . . . . . . . 195 2. Smart Contracts als allgemeine Geschäftsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 II. Einbeziehung: Obliegenheit zur Übersetzung des Smart Contracts? . . . . . . . . . . 198 III. Smart Contracts als überraschende Klauseln (§ 305c Abs. 1 BGB) . . . . . . . . . . . 200 IV. Probleme im Rahmen der Inhaltskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 1. Eröffnung der Inhaltskontrolle (§ 307 Abs. 3 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 2. Spezielle Klauselverbote nach §§ 308, 309 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 a) Klageverzicht (§ 309 Nr. 14 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 b) Änderung der Beweislast (§ 309 Nr. 12 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 3. Unangemessene Benachteiligung (§ 307 Abs. 1 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 a) Nachteile der Automatisierung für den Verbraucher . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 aa) Erzwungene Erfüllung und automatisierte Rechtsdurchsetzung . . . . . 208 bb) Konsequenzen der Automatisierung unmittelbar spürbar . . . . . . . . . . 208 cc) Verschiebung der Rechtsdurchsetzungslast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 dd) Inflexibilität des Smart Contracts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 b) Vorteile der Automatisierung für den Verbraucher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 c) Automatisierung als Entscheidung der Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 4. Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213

12

Inhaltsverzeichnis V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213

C. Verbotene Eigenmacht als originäre Grenze automatisierter privater Rechtsdurchsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 I. Originäre Grenzen der Automatisierung als Schutz des Verbrauchers . . . . . . . . . 216 1. Mythos einer gewaltfreien automatisierten Rechtsdurchsetzung . . . . . . . . . . 217 2. Das Gewaltmonopol als Schutz des Verbrauchers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 3. Besondere Betroffenheit des Verbrauchers von Durchbrechungen der originären Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 II. Smart Contracts zur Steuerung des Zugangs zu Sachen („Smart Locks“) als verbotene Eigenmacht nach § 858 BGB? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 1. Problem automatisierter Zugangs- und Nutzungssperren . . . . . . . . . . . . . . . . 223 a) Beispiele automatisierter Zugangs- und Nutzungssperren . . . . . . . . . . . . . 224 b) Gebot der Einhaltung der zwingenden gesetzlichen Grenzen . . . . . . . . . . 225 c) Unzulässigkeit allein aufgrund des automatisierten Zugriffs? . . . . . . . . . . 225 2. Zugangssperren als Entziehung oder Störung des Besitzes . . . . . . . . . . . . . . . 226 a) Verweigerung des Zugangs zur Mietwohnung bei ausbleibender Mietzahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 aa) Vergleich mit Auswechseln der Türschlösser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 bb) Nur vorübergehender Ausschluss? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 b) Abstellen des Motors eines kreditfinanzierten Fahrzeugs bei ausbleibender Ratenzahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 c) Abstellen anderer kreditfinanzierter technischer Geräte bei ausbleibender Ratenzahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 d) Abstellen von Internetzugang, Strom- oder Wasserversorgung („Versorgungssperre“) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 e) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 3. Rechtfertigung kraft Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 4. Rechtfertigung durch Zustimmung des Besitzers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 a) Rechtsnatur der Zustimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 b) Smart Contract als antizipierte Einwilligung in die Besitzstörung . . . . . . 234 c) Problematik der antizipierten Zustimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 aa) Keine Willensänderung wegen fehlender Kenntnis der Besitzstörung . 235 bb) Hypothetischer Wille im Moment der Besitzstörung . . . . . . . . . . . . . 237 cc) Willensänderung als venire contra factum proprium (§ 242 BGB)? . . . 238 5. Zwischenergebnis de lege lata . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240

Inhaltsverzeichnis

13

Vierter Teil

Rechtspolitische Empfehlungen für den Umgang mit Smart Contracts gegenüber Verbrauchern 241

A. Regelungsbedarf und Regelungsanliegen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 I. Risiken der Automatisierung für Verbraucher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 II. Unzulänglichkeit der bestehenden Gesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 1. Anwendbarkeit der bestehenden Gesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 2. Mangelnde Adressierung Smart Contract-spezifischer Risiken . . . . . . . . . . . 245 III. Argumentation gegen ein pauschales Verbot der Automatisierung . . . . . . . . . . . 247 1. Verbot kann Nutzung faktisch nicht ausschließen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 2. Chancen der Automatisierung für Verbraucher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 a) Unmittelbar verbraucherfreundliche Regelungen in Smart Contracts . . . . 248 aa) Automatisierung der Leistung des Unternehmers . . . . . . . . . . . . . . . . 249 bb) Zahlung nur bei Erfüllen der Gegenleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 cc) Sonstige verbraucherfreundliche Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 dd) Anreize für den Unternehmer für verbraucherfreundliche Regelungen 251 b) Mittelbare Vorteile für Verbraucher: kostengünstigere Angebote . . . . . . . 251 aa) Reduzierung des Gegenparteirisikos durch Automatisierung . . . . . . . 252 (1) Reduzierung des Gegenparteirisikos bei automatisierter Leistungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 (2) Reduzierung des Gegenparteirisikos bei automatisierten Sanktionen auf Vertragsverletzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 bb) Risikoangepasste Angebote an den Verbraucher . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 cc) Reduzierung der Transaktionskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 c) Gesteigerte Einflussmöglichkeiten auf Vereinbarungen? . . . . . . . . . . . . . . 261 3. Pauschales Verbot als Widerspruch zu Grundgedanken des Verbraucherschutzes 263 IV. Ergebnis: Balance zwischen Risikominimierung und Potentialmaximierung . . . 264 B. Empfehlungen zur Adressierung Smart Contract-spezifischer Risiken für Verbraucher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 I. Risiko 1: Fremdbestimmung des Verbrauchers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 1. Bestehende Informationspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 a) Anwendbarkeit der verbraucherrechtlichen Informationspflichten auf Smart Contracts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 b) Inhalt der Informationspflichten nach § 312d BGB i. V. m. Art. 246a EGBGB 269 aa) Zahlungs-, Lieferungs- und Leistungsbedingungen (Nr. 7) . . . . . . . . . 269 bb) Funktionsweise digitaler Inhalte (Nr. 14) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 c) AGB-rechtliche Hinweispflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271

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Inhaltsverzeichnis 2. Zusätzliche Smart Contracts-spezifische Informationspflicht gegenüber dem Verbraucher de lege ferenda? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 3. Vorschlag für einen neuen Art. 246a § 1 Abs. 1 Nr. 17 EGBGB . . . . . . . . . . . 273 II. Risiko 2: Automatisierung rechtswidriger Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 1. Staatliche ex ante-Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 2. Verminderte Anreize (Disziplinierung des Marktes) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 3. Empfehlung: Herstellen von Transparenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 III. Risiko 3: Verschiebung der Rechtsdurchsetzungslast und Benachteiligung des Verbrauchers im Prozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 1. Umgang mit dem Vorfinanzierungsrisiko . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 a) Mögliche Neuregelung der Klagelast oder Vorfinanzierung? . . . . . . . . . . 280 b) Einführung einer speziellen Smart Contract-Rechtsschutzversicherung . . 282 c) Empfehlung: Staatliche Empfehlung des Abschlusses einer Rechtsschutzversicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 2. Umgang mit den Beweisschwierigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 a) Beweiserleichterungen für den Verbraucher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 b) Vorschlag für einen neuen § 293a ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 IV. Risiko 4: Inflexibilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 1. Bestehende Ansätze für mehr Flexibilität bei Einsatz von Smart Contracts . . 287 a) Paradox eines Smart Contracts mit menschlicher Entscheidung . . . . . . . . 287 b) Flexibilität im Rahmen der Durchsetzung durch gemeinsames Stoppen („Hintertür“) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 2. Gebotenheit eines gesetzgeberischen Eingreifens? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290

C. Smart Contract-freundliche Regelungen de lege ferenda? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 I. Differenzierte Regelung statt Bevormundung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 II. Bindung an die Einwilligung als Systembruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 III. Empfehlung: Keine Neuregelung de lege ferenda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 D. Staatlicher Einsatz von Smart Contracts zum Schutz des Verbrauchers . . . . . . . . . . . 296 I. Gesetzlich vorgeschriebene automatisierte Durchsetzung von Verbraucher­ rechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 1. Äußerungen der Regierungsparteien und des Bundesrates . . . . . . . . . . . . . . . 297 2. Rechtsdurchsetzungsdefizite bei Verbraucherrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 3. Smart Contracts als gesetzgeberisches Mittel zur Umkehr der Rechtsdurchsetzungslast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 II. Automatisierte Durchsetzung gesetzlicher Verbote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300

Inhaltsverzeichnis

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Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 A. Begriff und Struktur von Smart Contracts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 B. Risiken von Smart Contracts für Verbraucher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 C. Grenzen privater Smart Contracts gegenüber Verbrauchern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 D. Rechtspolitische Empfehlungen für den Umgang mit Smart Contracts gegenüber Verbrauchern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330

Erster Teil

Einleitung und Grundlagen A. Einführung Smart Contracts sind in aller Munde.1 In den letzten Jahren haben sich Smart Contracts geradezu zu einem Buzzword2 in der rechtswissenschaftlichen Literatur3 entwickelt und sind zum Gegenstand von Diskussionen im Europäischen Parlament4 und im Deutschen Bundestag5 geworden. Die Idee, Verträge mit einer Software zu verbinden, die das vertragliche Pflichten­programm automatisch vollziehen oder auf Leistungsstörungen automatisiert reagieren kann6, verspricht enorme Potentiale.7 Schon bald könnten solche 1

So auch Paulus / Matzke, ZfPW 2018, 431 (432); Möslein, ZHR 2019, 254 (255, 259); Hennemann, Interaktion und Partizipation, 2020, S. 35. Als „among the most debated topics in the legal arena“ auch Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (288). 2 So etwa Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (618); Paulus / Matzke, CR 2017, 769 (771); Söbbing, ITRB 2018, 43 (43) bzw. als „Schlagwort“ Finck, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 1 (6). 3 Vgl. nur aus dem deutschsprachigen Raum etwa die Sammelwerke Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019; Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019 sowie aus der Aufsatzliteratur insbesondere Blocher, AnwBl 2016, 612 (617 f.); Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023; Kaulartz, InTeR 2016, S. 201; Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618; Heckmann /  Kaulartz, c’t 2016, 138; Börding / Jülicher / Röttgen / v. Schönfeld, CR 2017, 134 (138 ff.); Paulus /  Matzke, CR 2017, 769; Schrey / T halhofer, NJW 2017, 1431; Simmchen, MMR 2017, 162; Eschenbruch / Gerstberger, NZBau 2018, 3; Fries, AnwBl 2018, 86; Heckelmann, NJW 2018, 504; Jacobs / L ange-Hausstein, ITRB 2017, 10; Möslein, ZBB 2018, 208; Paulus / Matzke, NJW 2018, 1905; Paulus / Matzke, ZfPW 2018, 431; Söbbing, ITRB 2018, 43; Möslein, ZHR 2019, 254. 4 Vgl. Europäisches Parlament, Entschließung des Europäischen Parlaments zu virtuellen Währungen (2016/2007(INI)), vom 26. Mai 2016, P8 TA(2016)0228, unter C.9. 5 Vgl. FDP-Fraktion, Antrag Zukunftsfähige Rahmenbedingungen für die DistributedLedger-Technologie im Finanzmarkt schaffen, 11. 09. 2018, BT-Drs.  19/4217 sowie die anschließende Diskussion im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages, Wortprotokoll der 34. Sitzung vom 11. 03. 2019, Protokoll 19/34, BT-Drs. 19/4217. 6 Vgl. Fries / Paal, Vorwort, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, III. Ausführlich zum Begriff sogleich unten S. 22 ff. 7 Vgl. etwa The Economist, Disrupting the trust business, 15. 06. 2017: „Smart contracts promise to change the economy more than any other feature of the blockchain.“ Auch Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (274) spricht von „disruptive potential“.

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1. Teil: Einleitung und Grundlagen

Smart Contracts unmittelbar in den Lebensbereich von Verbrauchern eingreifen.8 Diskutiert wird ein Einsatz etwa im Rahmen der Sicherung von Darlehensrückzahlungsansprüchen9 sowie von Ansprüchen im Dauerschuldverhältnissen. Automatisierte Funktions- und Zugriffssperren (sog. „Smart Locks“) sind beispielsweise denkbar bei Mietwohnungen, geleasten Fahrzeugen oder bei auf Raten gekauften Gegenständen wie Fernsehern oder Mobiltelefonen.10 Großes Potential wird Smart Contracts auch im Bereich des Internet of Things zugeschrieben.11 So könnte durch Smart Contracts automatisiert ein Lieferbedarf festgestellt und hierauf durch eine entsprechende Bestellung reagiert werden.12 8 Zu Verbraucherverträgen als Hauptanwendungsfall von Smart Contracts etwa Durovic /  Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (77). A. A. indes Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (299). 9 Vgl. etwa Jacobs / L ange-Hausstein, ITRB 2017, 10 (12). 10 Vgl. grundlegend Szabo, Formalizing and Securing Relationships on Public Networks, in: First Monday, Band 2 (1997). Im Anschluss auch Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (618); BaFin, Blockchain-Technologie, 2017; Börding / Jülicher / Röttgen / v. Schönfeld, CR 2017, 134 (138); K. Levy, in: Engaging Science, Technology and Society, Band 3 (2017), S. 1 (3); M. Müller, ZfIR 2017, 600 (610 f.); Paulus / Matzke, CR 2017, 769 (772 f.); Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (310); Simmchen, MMR 2017, 162 (164); Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (273 f.); De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 160 f.; Fries, AnwBl 2018, 86 (86); Heckelmann, NJW 2018, 504 (505); Lobe, in: Süddeutsche Zeitung, 08. 04. 2018; Paulus / Matzke, ZfPW 2018, 431 (435); Werbach, The Blockchain and the New Architecture of Trust, 2018, S. 65, 127; Hofmann, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 125 (128); Möslein, ZHR 2019, 254 (262, 264). Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (86, 95 ff.); Voshmgir, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 13 (25) [Rn. 40]. 11 Vgl. etwa Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (620); Jacobs / L ange-Hausstein, ITRB 2017, 10 (12); Prinz / Schulte, Blockchain und Smart Contracts, Fraunhofer-Gesellschaft, 2017, S. 23; De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 156 ff.; Glatz, in: Hartung / Bues / Halbleib (Hrsg.), Legal Tech: Die Digitalisierung des Rechtsmarktes, 2018, S. 287 (293) [Rn. 1230]; Paulus / Matzke, ZfPW 2018, 431 (435); Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 25; Möslein, ZHR 2019, 254 (262); Voshmgir, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 13 (25) [Rn. 39]; Gatteschi / L amberti / Demartini, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 37 (52); Cannarsa, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 102 (107). 12 Zum Beispiel eines Smart Contract-basierten, sich selbst befüllenden Kühlschrankes etwa Simmchen, MMR 2017, 162 (164); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 15; Heckelmann, NJW 2018, 504 (504); Paulus / Matzke, ZfPW 2018, 431 (435); Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (giz), Blockchain: A World without Middlemen?, 2019, S. 20 f.; Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (64); Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 54 ff. Zur Waschpulver nachbestellenden Waschmaschine zudem Kaulartz, in: FAZ, 16. 03. 2016, S. 16.; Gatteschi / L amberti / Demartini, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 37 (52).

A. Einführung

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Überdies kann die Automatisierung mittels Smart Contracts – unter Umständen – Transaktionskosten derart reduzieren13, dass sog. Mikrotransaktionen ermöglicht werden.14 Besondere Aufmerksamkeit wird in diesem Zusammenhang der Idee vollkommen autonomer Fahrzeuge zuteil.15 Diese sollen beispielsweise selbständig Wartungsbedarf anmelden und sich an andere Nutzer vermieten können, um den für den Kauf aufgenommenen Kredit abzubezahlen oder um Gewinne direkt an den Hersteller weiterzuleiten.16 Dieses Potential macht insbesondere eine Anwendung von Smart Contracts in der sog. Sharing Economy interessant.17 In diesem Zusammenhang könnten Smart Contracts etwa dazu führen, bisherige Intermediäre, wie Airbnb oder Uber, zu ersetzen18 und deren Wertschöpfungsbeitrag unmittelbar an die Parteien zu verteilen.19 13 Vgl. hierzu etwa Surden, in: University of California-Davis Law Review, Band 46 (2012), S. 629 (689 f.); Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1027); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (203); Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1, unter D.; Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (618 f.); BaFin, Blockchain-Technologie, 2017; Börding / Jülicher / Röttgen / v. Schönfeld, CR 2017, 134 (138); Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band  1 (2017), S. 305 (324, 336); K. Levy, in: Engaging Science, Technology and Society, Band 3 (2017), S. 1 (10 f.); ­Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1027); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (203); O’Shields, in: North Carolina Banking Institute, Band 21 (2017), S. 177 (183); Prinz / Schulte, Blockchain und Smart Contracts, Fraunhofer-Gesellschaft, 2017, S. 33; Paulus / Matzke, ZfPW 2018, 431 (432); Finck, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 1 (7); Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 25; Durovic, in: Aggarwal / Eidenmüller / Enriques / Payne / van Zwieten (Hrsg.), Autonomous Systems and the Law, 2019, S. 23 (23); Möslein, ZHR 2019, 254 (288); Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (62); Mik, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 160 (173); Borgogno, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (292) sowie ausführlich unten S. 257 ff. 14 Vgl. etwa Prinz / Schulte, Blockchain und Smart Contracts, Fraunhofer-Gesellschaft, 2017, S. 33; De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 76; Finck, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 1 (8 f.). 15 Vgl. etwa Prinz / Schulte, Blockchain und Smart Contracts, Fraunhofer-Gesellschaft, 2017, S. 23; Tabscott / Tabscott, Blockchain Revolution, 2016, S. 164 ff.; Pesch, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 13 (16 f.). 16 Vgl. Tabscott / Tabscott, Blockchain Revolution, 2016, S. 164 ff.; Prinz / Schulte, Blockchain und Smart Contracts, Fraunhofer-Gesellschaft, 2017, S. 23. 17 Ausführlich Anzinger, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 33. Ebenfalls auf Anwendungen in der Sharing Economy hinweisend Paulus / Matzke, ZfPW 2018, 431 (435); Glatz, in: Hartung / Bues / Halbleib (Hrsg.), Legal Tech: Die Digitalisierung des Rechtsmarktes, 2018, S. 287 (292 f., Rn. 1230); Matzke, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 99 (115); Voshmgir, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 13 (25, Rn. 40); Gatteschi / L amberti / Demartini, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 37 (52). 18 Vgl. etwa Anzinger, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 33 (61); Tabscott / Tabscott, Blockchain Revolution, 2016, S. 115 ff. 19 Vgl. etwa Tabscott / Tabscott, Blockchain Revolution, 2016, S. 115 ff.

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1. Teil: Einleitung und Grundlagen

Vorstellbar ist dabei neben der automatisierten Vermietung von Wohnungen20 oder von Fahrtdienstleistungen auch die Entwicklung neuartiger Geschäftsmodelle wie dezentralisierter peer-to-peer Energiemärkte.21 Verbrauchern könnte so etwa ermöglicht werden, selbst (z. B. durch Solaranlagen) produzierten Strom unmittelbar, also ohne die Beteiligung eines Energiekonzerns, an andere zu verkaufen.22 Neben der Ermöglichung von Mikrotransaktionen, kann insofern vor allem eine durch einen Smart Contract automatisierte Abgabe von Willenserklärungen eine wichtige Rolle spielen.23 Diese Beispiele zeigen die potentiellen Vorteile, die ein automatisierter Vertragsvollzug für Verbraucher mit sich bringen kann. Eine stärkere Sicherung von Darlehensrückzahlungsansprüchen oder Ratenzahlungen durch automatisierte Zugriffssperren kann sich etwa zumindest mittelbar vorteilhaft für den Verbraucher auswirken, wenn wegen des verringerten Ausfallrisikos Zinsen gesenkt werden können.24 Im Bereich des Internet of Things können Verbraucher unter Umständen 20 Zur möglichen Funktionsweise einer solchen automatisierten Vermietung vgl. Paulus /  Matzke, ZfPW 2018, 431 (435). 21 Vgl. hierzu etwa Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1028); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (203); Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (620); Börding / Jülicher / Röttgen / v. Schönfeld, CR 2017, 134 (139); Prinz / Schulte, Blockchain und Smart Contracts, Fraunhofer-Gesellschaft, 2017, S. 23 f.; Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 22 f.; De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 161 f.; Glatz, in: Hartung / Bues / Halbleib (Hrsg.), Legal Tech: Die Digitalisierung des Rechtsmarktes, 2018, S. 287 (293, Rn. 1230); Paulus / Matzke, ZfPW 2018, 431 (439 ff.); Anzinger, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 33 (58 f.); Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (giz), Blockchain: A World without Middlemen?, 2019, S. 44 ff.; Finck, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 1 (8 f.); Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 26; Möslein, ZHR 2019, 254 (272); ­Möslein, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 81 (90 ff.) [Rn. 15 ff.]; Mik, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 160 (173). 22 Vgl. Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (giz), Blockchain: A World without Middlemen?, 2019, S. 46 f. 23 Vgl. zu dieser Möglichkeit und den damit verbundenen Problemen etwa Kaulartz, DSRITB 2016, S. 1023 (1028); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (203); Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (620); Börding / Jülicher / Röttgen / v. Schönfeld, CR 2017, 134 (139); Prinz / Schulte, Blockchain und Smart Contracts, Fraunhofer-Gesellschaft, 2017, S. 23 f.; Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 22 f.; De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 161 f.; Glatz, in: Hartung /  Bues / Halbleib (Hrsg.), Legal Tech: Die Digitalisierung des Rechtsmarktes, 2018, S. 287 (293, Rn. 1230); Paulus / Matzke, ZfPW 2018, 431 (439 ff.); Anzinger, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 33 (58 f.); Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (giz), Blockchain: A World without Middlemen?, 2019, S. 44 ff.; Finck, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 1 (8 f.); Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 26; Möslein, ZHR 2019, 254 (272); Möslein, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 81 (90 ff.) [Rn. 15 ff.]; Mik, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 160 (173). 24 Vgl. ausführlich unten S. 251 ff.

A. Einführung

21

von den Effizienz- und Bequemlichkeitsvorteilen einer Automatisierung profitieren oder – wie im Fall des sich selbst vermietenden Fahrzeugs, der Sharing Economy oder dezentraler Energiemärkte – zusätzliche Einkommensquellen erschließen.25 Fairfield hält Smart Contracts nicht zuletzt für ein Instrument für Verbraucher, um die derzeitige ungleiche Verhandlungssituation zwischen Verbrauchern und Unternehmern im Online-Handel zu einem gewissen Grad auszugleichen.26 Auch in der politischen Diskussion dominieren vor allem die potentiellen Vorteile einer Smart Contract-basierten Automatisierung für Verbraucher. So sollen Smart Contracts insbesondere dazu eingesetzt werden, gesetzlich bereits bestehende, oftmals aber nicht geltend gemachte Verbraucherrechte durch einen automatisierten Vollzug zur Wirksamkeit zu verhelfen.27 Sogar in den Koalitionsvertrag der 19. Wahlperiode zwischen CDU / CSU und SPD hatten Smart Contracts aus diesem Grund Einzug erhalten – wenngleich ohne Ergebnis. Dort hieß es: „Wir erleichtern Verbraucherinnen und Verbrauchern die Rechtsdurchsetzung durch Digitalisierung, insbesondere bei smart contracts. Deshalb werden wir die Entwicklung der automatischen Vertragsentschädigung fördern und rechtssicher gestalten.“28 Oftmals übersehen werden in dieser einseitig von den Potentialen und Vorteilen einer Automatisierung geprägten Debatte indes die Risiken und Probleme, die eine Automatisierung von Vertragsbedingungen durch Smart Contracts für Verbraucher bedeuten kann. Smart Contracts bergen eine Reihe von Risiken und Missbrauchspotentialen, die Gefahr laufen, in der Diskussion aus den Augen verloren zu werden. Das Ziel der vorliegenden Untersuchung ist es daher, die besonderen Risiken, die mit einem automatisierten Vollzug von Vertragsbedingungen für den Verbraucher verbunden sind, sowie die Grenzen der Verwendung von Smart Contracts zu beleuchten und auf dieser Grundlage Empfehlungen für den zukünftigen Umgang mit dieser Technologie im Verbraucherkontext zu erarbeiten. Zu diesem Zweck werden im ersten Teil zunächst die zahlreichen Definitionsvorschläge für Smart Contracts betrachtet und der in dieser Arbeit zugrunde gelegte Konsensbegriff beschrieben. Anschließend wird kurz auf die zentralen 25

Vgl. etwa De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 158 f. Vgl. Fairfield, in: Washington & Lee Law Review Online, Band 71 (2014), S. 35. Ähnlich auch Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (131 f.). Es ist aber durchaus fraglich, ob diese Instrumente als „Smart Contracts“ zu bezeichnen sein sollen, vgl. ausführlich unten S. 261 ff. 27 In diese Richtung auch Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 26; Tual, Twitter, 21. 03. 2016, https://twitter.com/stephantual/status/711874685156376576 ?lang=en („Customer protection on blockchain is insured via smart contracts, not legal systems. Code is Law.“). 28 CDU / CSU / SPD, Koalitionsvertrag, 19. Legislaturperiode, 07. 02. 2018, S. 124 [Zeile 5825 ff.]. 26

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1. Teil: Einleitung und Grundlagen

Funktionen und Anwendungsfälle von Smart Contracts eingegangen, die für das weitere Verständnis dieses Instruments zentral sind. Diese Ausführungen dienen als Grundlage für den zweiten Teil der Arbeit, in denen die verschiedenen Risiken, die eine Automatisierung von Vertragsbedingungen für den Verbraucher mit sich bringen kann, im Einzelnen untersucht werden. So bergen Smart Contracts etwa ein erhebliches Risiko der Fremdbestimmung des Verbrauchers, die die Selbstbestimmung als Grundlage der Automatisierung grundlegend in Frage stellen können. Zudem kann der automatisierte Vollzug von Vertragsbedingungen unter Umständen auch Auswirkungen auf das Verständnis der Rechtsdurchsetzung haben und sich möglicherweise sogar in einen Widerspruch zum System der gerichtlichen Anspruchsdurchsetzung stellen. Die Leidtragenden eines so entstehenden automatisierten privaten Rechtsdurchsetzungsregimes, das u. a. die Durchführung rechtswidriger Vereinbarungen ermöglicht, wären vor allem Verbraucher. Darüber hinaus können Smart Contracts auch zu einer Benachteiligung des Verbrauchers in anschließenden gerichtlichen Verfahren führen. Schließlich droht der von Smart Contracts vorausgesetzte Formalismus mit einem Verlust von Flexibilität einherzugehen, die sich traditionell (auch) zum Vorteil des Verbrauchers auswirken würde. Anschließend werden in einem dritten Teil zentrale Grenzen eines Einsatzes von Smart Contracts wie das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (§§ 305 ff. BGB) sowie die Regelung der verbotenen Eigenmacht (§ 858 BGB) und die daraus entstehenden Probleme für den Einsatz von Smart Contracts betrachtet. Schließlich sollen auf dieser Grundlage im vierten Teil Empfehlungen an den Gesetz­ geber für den zukünftigen Umgang mit Smart Contracts gegenüber Verbrauchern entwickelt werden.

B. Begriff von Smart Contracts Bevor die Risiken und Probleme von Smart Contracts für Verbraucher im Einzelnen untersucht und diskutiert werden können, ist es zunächst erforderlich, den Begriff des Smart Contracts, seine grundlegenden Wesensmerkmale, Funktionen und Strukturen zu verstehen.

B. Begriff von Smart Contracts

23

I. Unklarheiten um den Begriff Obwohl der Begriff „Smart Contract“ auf eine verhältnismäßig lange Geschichte verweisen kann29, wurden die ihn umgebenden Verwirrungen bis heute nicht vollständig ausgeräumt.30 Noch heute scheint der Begriff Smart Contracts von einer fast mystischen Aura umgeben zu sein.31 Während auf der einen Seite aber bereits Potentiale betont, Anwendungsbeispiele besprochen und die Minimierung von Ausfallrisiken und Transaktionskosten beschworen werden32, wird auf der anderen Seite erst noch um begriffliche Klarheit gerungen. Schwierigkeiten bereitet insofern vor allem die Abstraktheit des gewählten Wortpaares. Der Begriff „Smart Contracts“ könnte potentiell für nahezu jede digitale Fortentwicklung eines traditionellen Vertrages herangezogen werden.33 Insbesondere die sprachliche Verwandtschaft zu traditionellen Verträgen hat dabei eher für Verblüffung gesorgt als für begriffliche Klarheit.34 So findet sich in der Literatur häufig der Hinweis, Smart Contracts seien eigentlich eine Fehlbezeichnung: in Wahrheit seien sie weder intelligent („smart“) noch Verträge („contracts“).35

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Das Konzept des Smart Contracts geht auf den US-amerikanischen Informatiker, Krypto­ grafen und Juristen Nicholas „Nick“ Szabo zurück. Dieser veröffentlichte bereits in den ­90er-Jahren die ersten Essays und Aufsätze, die die Grundlage für die Konzeption von Smart Contracts bilden sollten, siehe unten S. 24 ff. 30 Die Verwirrung um den Begriff setzt sich auch in qualifizierten Kreisen fort, vgl. etwa einen der Entwickler der Bitcoin-Blockchain Todd, Twitter, 05. 12. 2014, https://twitter.com/ peterktodd/status/540910541360099328 („Conclusion of smart contract discussion: no-one has a clue what a smart contract actually is, and if we did it’d need oracles.“). Ähnlich auch Diedrich, Ethereum, S. 166. 31 So etwa Möslein, ZHR 2019, 254 (255). 32 Vgl. zu den diskutierten Anwendungsbeispielen bereits oben S. 17 ff. 33 Vgl. in diesem Sinne etwa De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 72 („A new generation of digital contracts“). Von einem „ausufernden Begriff“ spricht in diesem Sinne auch Timmermann, Legal-Tech Anwendungen, 2020, S. 72. 34 Szabo verteidigt die Wortwahl dennoch weiterhin als „sehr nützlich“ und zieht eine Parallele zum Begriff des „Smart Phone“, vgl. Szabo, Twitter, 15. 10. 2018, https://twitter.com/ NickSzabo4/status/1051603179526270976. 35 Vgl. etwa Blocher, AnwBl 2016, 612 (618); Jaccard, in: Jusletter IT v. 23. 11. 2017, S. 3 f.; Paulus / Matzke, CR 2017, 769 (772); O’Shields, in: North Carolina Banking Institute, Band 21 (2017), S. 177 (178); Paulus / Matzke, NJW 2018, 1905 (1905); Braegelmann / Kaulartz, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 1 (7, Rn. 18); Antonopoulos / Wood, Mastering Ethereum, 2019, S. 127; Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 25; Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (62 f.); Rein, in: Sassenberg / Faber, Rechtshandbuch Industrie 4.0 und Internet of Things, 2. Aufl. 2020, § 14 Rn. 121. Differenzierter hingegen Anzinger, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 33 (54).

24

1. Teil: Einleitung und Grundlagen

II. Definitionsvorschläge Vor diesem Hintergrund finden sich in der englisch- sowie deutschsprachigen Literatur etwa 100 verschiedene Definitionen für Smart Contracts.36 Dennoch hat sich bis heute noch kein Vorschlag allgemein durchgesetzt.37 Grundlegend geht der Begriff auf die Arbeiten des US-amerikanischen Softwareentwicklers Nick Szabo zurück, der einen „smart contract“ bereits im Jahr 1994 als „a computerized transaction protocol that executes the terms of a contract“ beschrieb.38 Nachdem dem Konzept jedoch lange Zeit kaum Aufmerksamkeit zuteil wurde39, erfuhren Smart Contracts erst im Zuge der Entwicklung der BlockchainTechnologie eine Renaissance40: vor allem die Übernahme des Begriffs im Rahmen der Ethereum-Blockchain hat zur Verbreitung des Begriffes beigetragen.41 Deren Begründer, Vitalik Buterin, schlug dabei zwei Definitionen vor: Smart Contracts seien „systems which automatically move digital assets according to arbitrary pre-specified rules“ bzw. „cryptographic ‚boxes‘ that contain value and unlock it if certain conditions are met“.42 Heute gibt er indes an, diese Namensgebung im Rückblick zu bereuen.43 Als der Begriff schließlich in die rechtswissenschaftliche Literatur Einzug hielt wurden diese Definitionen indes nicht ohne weiteres übernommen. Stattdessen 36

Vgl. zu der Entwicklung und Vielzahl an Vorschlägen die Nachweise in diesem Abschnitt. Vgl. etwa Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (618); Catchlove, Smart Contracts: A New Era of Contract Use, 2017, S. 6; Lauslahti / Mattila / Seppälä, Smart Contracts  – How will Blockchain Technology Affect Contractual Practices, 2017, S. 11; Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (120); Cong / He, Blockchain Disruption and Smart Contracts, 2018, S. 8; De Caria, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 19 (21); Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 40; Hennemann, Interaktion und Partizipation, 2020, S. 35. 38 Szabo, Smart Contracts, 1994. Vgl. aber auch die abweichende Definition in Szabo, Smart Contracts Glossary, 1995 („A set of promises, including protocols within which the parties perform on the other promises.“). 39 Soweit ersichtlich greift lediglich der Beitrag von Miller / Stiegler, in: Rizzo / W hite (Hrsg.), Markets, Information and Communication – Austrian Perspectives on the Internet Economy, 2004, S. 63 (64) den Begriff schon vor Entwicklung der Blockchain-Technologie auf. 40 So auch Finck, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 1 (12). In diese Richtung auch etwa O’Shields, in: North Carolina Banking Institute, Band 21 (2017), S. 177 (179); ­Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band  1 (2017), S. 305 (321); Werbach /  Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (324). 41 Vgl. etwa Braegelmann / Kaulartz, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 1 (9, Rn. 23); Otto, in: Deutscher Bundestag  – Finanzausschuss, Protokoll zur 34. Sitzung, BT-Drs. 19/4217, S. 82 (103), die sogar von Buterin als „Begriffsbegründer“ spricht. Zum engen Zusammenhang zwischen komplexeren Smart Contracts und der Ethereum-Blockchain noch ausführlich unten S. 146 ff. 42 Buterin, Ethereum White Paper, 2013, S. 1 bzw. 13. 43 Vgl.  Buterin,  Twitter,  13. 10. 2018, https://twitter.com/vitalikbuterin/status/1051160932 699770882?lang=en. 37

B. Begriff von Smart Contracts

25

legten Autoren – zunächst in erster Linie im anglo-amerikanischen Rechtsraum – abweichende, eigene Begriffserklärungen vor.44 Eine herausgehobene Stellung nimmt dabei die von Richard Gendal Brown vorgeschlagene Definition von Smart Contracts als „an event-driven program, with state, which runs on a replicated, shared ledger and which can take custody over assets on that ledger“45 ein. So diente diese Formulierung etwa als Vorlage für die Entwicklung der ersten gesetzlichen Definitionen von Smart Contracts in den USBundesstaaten Arizona (2017)46 und Tennessee (2018)47. Unabhängig von Browns 44 Aus der englischsprachigen Literatur Bourque / Fung Ling Tsui, in: Scientia Nobilitat – Revised Legal Studies, 2014, S. 4 (4); Fairfield, in: Washington & Lee Law Review Online, Band 71 (2014), S. 38; Swanson, Great Chain of Numbers, 2014, S. 16; Baker, in: Southwestern Law Review, Band 45 (2015), S. 351 (360); Brown, A simple model for smart contracts, 2015; Kiviat, in: Duke Law Journal, Band 65 (2015), S. 569 (605); Peters / Panayi, Understanding Modern Banking Ledgers through Blockchain Technologies, 2015, S. 7; Christidis / Devetsikiotis, in: IEEE Access, Band 4 (2016), S. 2292 (2296); Clack / Bakshi / Braine, Smart Contract Templates, 2016, S. 2; The Economist, Schumpeter: Not-so-clever contracts, 28. 07. 2016; Hingley /  Robinson, A smart new world: blockchain and smart contracts, 2016; Juels / Kosba / Shi, in: Proceedings of the 2016 ACM SIGSAC Conference, 2016, S. 283 (283); Kõlvart / Poola / Rull, in: Kerikmäe / Rull (Hrsg.), The Future of Law and eTechnologies, 2016, S. 133 (134); Koulu, in: SCRIPTed, Band 13 (2016), S. 40 (53); Perugini / Dal Checco, Smart Contracts: a preliminary evaluation, 2016, S. 8; Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band  26 (2017), S. 116 (127); Stark, Making Sense of Blockchain Smart Contracts, 2016; Catchlove, Smart Contracts: A New Era of Contract Use, 2017, S. 8; Fenwick / Kaal / Vermeulen, in: Vanderbilt Journal of Entertainment and Technology Law, Band  20 (2017), S. 351 (367); Giancaspro, in: Law & Security Review, Band 33 (2017), S. 825 (Manuskript, S. 3); Hsiao, in: US-China Law Review, Band 14 (2017), S. 685 (686); Jaccard, in: Jusletter IT v. 23. 11. 2017, S. 4; Kaal / Calcaterra, in: The Business Lawyer, Band  73 (2017), S. 109 (111); Lauslahti / Mattila / Seppälä, Smart Contracts – How will Blockchain Technology Affect Contractual Practices, 2017, S. 11; K. Levy, in: Engaging Science, Technology and Society, Band 3 (2017), S. 1 (1 f.); McJohn / McJohn, in: UCC Law Journal, Band 47 (2017), Art. 4; Mik, in: Innovation & Technology, Band 9 (2017), S. 269 (Manuskript, S. 1); T. Ng, in: Business Law Today, 28. 09. 2017; O’Shields, in: North Carolina Banking Institute, Band 21 (2017), S. 177 (179); Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (309); Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (273); Szczerbowski, in: Private College of Economic Studies Znojmo (Hrsg.), Proceedings of the 12th Annual International Scientific Conference, 2017, S. 333 (333); Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (320); Young, in: Catholic University Journal of Law & Technology, Band 26 (2017), S. 1 (6 f.); Cong / He, Blockchain Disruption and Smart Contracts, 2018, S. 8; De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 74; Kennedy, in: Law Practice, Band 44 (2018), S. 56 (58 f.); McCarthy, in: For the Defense, März 2018, S. 12 (14); Sokolov, Smart Legal Contract as a Future of Smart Contracts Enforcement, 2018, S. 14; Szczerbowski, in: Law and Forensic Science, Band 16 (2018), S. 1 (1); Werbach, in: Berkeley Technology Law Journal, Band 33 (2018), S. 489 (495); De Caria, in: Aggarwal / Eidenmüller / Enriques / Payne / van Zwieten (Hrsg.), Autonomous Systems and the Law, 2019, S. 27 (29); Frankenreiter, in: Journal of Institutional and Theoretical Economics 175 (2019), S. 149 (152 f.); Jacob, in: Aggarwal /  Eidenmüller / Enriques / Payne / van Zwieten (Hrsg.), Autonomous Systems and the Law, 2019, S. 3 (3); Voshmgir, Token Economy, 2019, S. 87 f. 45 Brown, A simple model for smart contracts, 2015. 46 Arizona Revised Statutes, § 44–7061 (E) Nr. 2. 47 Tennessee Code, § 47–10–201, Abs. 2.

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1. Teil: Einleitung und Grundlagen

Definition konkretisierte im Jahr 2018 auch der Gesetzgeber Maltas den Begriff im Rahmen des Digital Innovation Authority Act48. Den Ausgangspunkt für die Diskussion im deutschsprachigen Raum bildeten die frühen Beiträge von Blocher49 und Kaulartz / Heckmann50. In der Folge wurde auf dieser Grundlage auch in der deutschen Literatur eine Vielzahl von Konkretisierungen des Begriffs Smart Contracts vorgeschlagen.51 Auch die Bundesregierung52 und die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) haben sich bereits früh mit dem Begriff auseinandergesetzt.53 Der deutsche Gesetzgeber hat sich bisher aber nicht geäußert.

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Malta, Digital Innovation Authority Act, Teil I, Art. 2 (1) UA 17. Blocher, AnwBl 2016, 612 (618): „Programmcode, der auf einer Blockchain läuft und dort Daten auf der Grundlage anderer (externer) Daten verändert“. 50 Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (619): „eine Software [.], die rechtlich relevante Handlungen (insbesondere einen tatsächlichen Leistungsaustausch) in Abhängigkeit von digital prüfbaren Ereignissen steuert, kontrolliert und / oder dokumentiert, mit dessen Hilfe aber unter Umständen auch […] dingliche und / oder schuldrechtliche Verträge geschlossen werden können“. 51 Vgl. Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1, unter B.; Heckmann, CR 2016, R99 (R99); Heckmann / Kaulartz, c’t 2016, 138 (138); Voshmgir, Blockchains, Smart Contracts und das Dezentrale Web, 2016, S. 14; BaFin, Blockchain-Technologie, 2017; Berentsen / Schär, Bitcoin, Blockchain und Kryptoassets, 2017, S. 289; Börding / Jülicher / Röttgen / v. Schönfeld, CR 2017, 134 (138); Eidenmüller, in: Frankfurter Allgemeine Woche 22/2017, S. 54 (55); Meitinger, in: Deutsche Gesellschaft für Informatik, Informatiklexikon, 2017; Prior, ZAP, Fach 2, 05/2017, S. 651 (653); Schrey / T halhofer, NJW 2017, 1431 (1431); Simmchen, MMR 2017, 162 (164); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 13; J. Wagner, BB 2017, 898 (901); Eschenbruch / Gerstberger, NZBau 2018, 3 (3); Fries, AnwBl 2018, 86 (86); Fries, in: Deutscher Bundestag – Finanzausschuss, Protokoll zur 34. Sitzung, BT-Drs. 19/4217, S. 71 (71); Glatz, in: Hartung / Bues / Halbleib (Hrsg.), Legal Tech: Die Digitalisierung des Rechtsmarktes, 2018, S. 287 (287, Rn. 1211); Grundmann / Hacker, in: European Review of Contract Law, Band 13 (2017), S. 255 (Manuskript, S. 10); Heckelmann, NJW 2018, 504 (504); Jacobs / L ange-Hausstein, ITRB 2017, 10 (12); Lobe, in: Süddeutsche Zeitung, 08. 04. 2018; Möslein, ZBB 2018, 208 (215); Otto, in: Deutscher Bundestag – Finanzausschuss, Protokoll zur 34. Sitzung, BT-Drs. 19/4217, S. 82 (103); Paulus / Matzke, NJW 2018, 1905 (1905); Paulus / Matzke, ZfPW 2018, 431 (433 f.); Söbbing, ITRB 2018, 43 (43); Urbach, in: Enzyklopädie der Wirtschaftsinformatik, 2018; J. Wagner, Legal Tech und Legal Robots, 2018, S. 21; Weigel, Von „smart contracts“ und Getränkeautomaten, 2018; Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 24; Finck, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 1 (7); Möslein, ZHR 2019, 254 (260); Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 13, 42; Rein, in: Sassenberg / Faber, Rechtshandbuch Industrie 4.0 und Internet of Things, 2. Aufl. 2020, § 14 Rn. 118. 52 Vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi), Von Bitcoin zum Smart Contract, 2016, S. 4: „Computerprogramme [.], die vertragliche Vereinbarungen selbständig ausführen“. 53 BaFin, Blockchain-Technologie, 2017: „programmierbare Verträge, die durch den Programmcode definiert werden und dann automatisch auf Blockchains ausgeführt und durchgesetzt werden können“. 49

B. Begriff von Smart Contracts

27

III. Einigkeit über zentrale Wesensmerkmale Obwohl sich die Definitionsvorschläge in ihren Formulierungen im Einzelnen zum Teil sehr unterscheiden, liegen sie inhaltlich doch nicht so weit auseinander, wie es angesichts der Zahl verschiedener Vorschläge auf den ersten Blick scheinen mag.54 Einigkeit besteht insbesondere darüber, dass es sich bei Smart Contracts um eine Software handelt.55 Sie bestehen mithin aus Programmcode.56 Einige Stimmen bezeichnen Smart Contracts indes – teilweise sogar zugleich – als besondere Form oder Weiterentwicklung von Vereinbarungen und Verträgen.57 Unklar ist, ob 54

Ähnlich de Caria, in: Aggarwal / Eidenmüller / Enriques / Payne / van Zwieten (Hrsg.), Autonomous Systems and the Law, 2019, S. 27 (29) („some consensus on a core definition“). 55 Vgl. nur aus der deutschsprachigen Literatur beispielsweise Blocher, AnwBl 2016, 612 (618); Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (619; Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1, unter B.; Heckmann, CR 2016, R99 (R99); Heckmann / Kaulartz, c’t 2016, 138 (138); BaFin, Blockchain-Technologie, 2017; Berentsen / Schär, Bitcoin, Blockchain und Kryptoassets, 2017, S. 289; Börding / Jülicher / Röttgen / v. Schönfeld, CR 2017, 134 (138); Schrey / T halhofer, NJW 2017, 1431 (1431); Simmchen, MMR 2017, 162 (164); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 13; J. Wagner, BB 2017, 898 (901); Eschenbruch / Gerstberger, NZBau 2018, 3 (3); Fries, AnwBl 2018, 86 (86); Glatz, in: Hartung / Bues / Halbleib (Hrsg.), Legal Tech: Die Digitalisierung des Rechtsmarktes, 2018, S. 287 (287, Rn. 1211); Heckelmann, NJW 2018, 504 (504); Möslein, ZBB 2018, 208 (215); Paulus / Matzke, NJW 2018, 1905 (1905); Paulus / Matzke, ZfPW 2018, 431 (433 f.); Söbbing, ITRB 2018, 43 (43); Urbach, in: Enzyklopädie der Wirtschaftsinformatik, 2018; Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 24; Finck, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 1 (7); Möslein, ZHR 2019, 254 (260); Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 13, 42; Timmermann, Legal-Tech Anwendungen, 2020, S. 71 f. 56 So ausdrücklich etwa Blocher, AnwBl 2016, 612 (618); Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1, unter B.; O’Shields, in: North Carolina Banking Institute, Band 21 (2017), S. 177 (179); Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (127); Simmchen, MMR 2017, 162 (164); Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (273); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 13; Young, in: Catholic University Journal of Law & Technology, Band 26 (2017), S. 1 (6 f.); De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 74; Eschenbruch / Gerstberger, NZBau 2018, 3 (3); Möslein, ZBB 2018, 208 (215); De Caria, in: Aggarwal / Eidenmüller / Enriques / Payne / van Zwieten (Hrsg.), Autonomous Systems and the Law, 2019, S. 27 (29); Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 24; Finck, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 1 (7). 57 Vgl. etwa Szabo, Smart Contracts Glossary, 1995; Bourque / Fung Ling Tsui, in: Scientia Nobilitat – Revised Legal Studies, 2014, S. 4 (4); Clack / Bakshi / Braine, Smart Contract Templates, 2016, S. 2; Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1, unter B.; Heckmann, CR 2016, R99 (R99); Heckmann / Kaulartz, c’t 2016, 138 (138); BaFin, Blockchain-Technologie, 2017; K. Levy, in: Engaging Science, Technology and Society, Band 3 (2017), S. 1 (1 f.); McJohn / McJohn, in: UCC Law Journal, Band 47 (2017), Art. 4; Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (309); Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (320); De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 74; Möslein, ZBB 2018, 208 (215); Söbbing, ITRB 2018, 43 (43); Sokolov, Smart Legal Contract as a Future of Smart Contracts Enforcement, 2018, S. 14; J. Wagner, Legal Tech und Legal Robots, 2018, S. 21; Voshmgir, Token Economy, 2019, S. 87 f.

28

1. Teil: Einleitung und Grundlagen

damit gleichzeitig eine Einordnung des Smart Contracts als Vertrag im rechtlichen Sinne verbunden sein soll.58 Nahezu alle Autoren stimmen zudem darin überein, dass die zentrale Funktion dieses Computerprogramms in der automatisierten Durchführung bzw. dem automatisierten Vollzug vertraglicher Bedingungen besteht.59 Nur teilweise wird dabei jedoch ausdrücklich auf die der Automatisierung und damit dem Smart Contract zugrundeliegende Wenn-Dann-Logik Bezug genommen.60 Einigkeit besteht auch darin, dass der Begriffsbestandteil „smart“ nicht in dem Sinne zu verstehen ist, dass ein Smart Contract den Einsatz künstlicher Intelligenz

58

Zu der Frage, ob Smart Contracts Verträge im Sinne der §§ 145 ff. BGB ausdrücken können, noch ausführlich unten S. 192 ff. 59 Vgl. nur aus der deutschsprachigen Literatur etwa Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1, unter A. und B.; Heckmann, CR 2016, R99 (R99); BaFin, Blockchain-Technologie, 2017; Berentsen / Schär, Bitcoin, Blockchain und Kryptoassets, 2017, S. 289; Börding / Jülicher /  Röttgen / v. Schönfeld, CR 2017, 134 (138); Simmchen, MMR 2017, 162 (164); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 13; J. Wagner, BB 2017, 898 (901); Eschenbruch / Gerstberger, NZBau 2018, 3 (3); Fries, AnwBl 2018, 86 (86); Glatz, in: Hartung / Bues / Halbleib (Hrsg.), Legal Tech: Die Digitalisierung des Rechtsmarktes, 2018, S. 287 (287, Rn. 1211); Heckelmann, NJW 2018, 504 (504); Jacobs / L ange-Hausstein, ITRB 2017, 10 (12); Möslein, ZBB 2018, 208 (215); Paulus /  Matzke, NJW 2018, 1905 (1905); Paulus / Matzke, ZfPW 2018, 431 (433 f., 438); J. Wagner, Legal Tech und Legal Robots, 2018, S. 21; Finck, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 1 (7); Möslein, ZHR 2019, 254 (259 f.); Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 13, 42. 60 Vgl. etwa bei Buterin, Ethereum White Paper, 2013, S. 1, 13; Fairfield, in: Washington & Lee Law Review Online, Band 71 (2014), S. 38; Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1, unter B.; The Economist, Schumpeter: Not-so-clever contracts, 28. 07. 2016; Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (618); Kõlvart / Poola / Rull, in: Kerikmäe / Rull (Hrsg.), The Future of Law and eTechnologies, 2016, S. 133 (134); Koulu, in: SCRIPTed, Band 13 (2016), S. 40 (53); Perugini / Dal Checco, Smart Contracts: a preliminary evaluation, 2016, S. 8; Voshmgir, Blockchains, Smart Contracts und das Dezentrale Web, 2016, S. 14; Jacobs / L ange-Hausstein, ITRB 2017, 10 (13); Lauslahti / Mattila / Seppälä, Smart Contracts – How will Blockchain Technology Affect Contractual Practices, 2017, S. 11; K. Levy, in: Engaging Science, Technology and Society, Band 3 (2017), S. 1 (1 f.); T. Ng, in: Business Law Today, 28. 09. 2017; O’Shields, in: North Carolina Banking Institute, Band 21 (2017), S. 177 (179); Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (126); Simmchen, MMR 2017, 162 (164); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 13, 23; Eschenbruch / Gerstberger, NZBau 2018, 3 (3); Fries, AnwBl 2018, 86 (86); Heckelmann, NJW 2018, 504 (504 f.); Paulus / Matzke, ZfPW 2018, 431 (433 f.); Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 25; Frankenreiter, in: Journal of Institutional and Theoretical Economics 175 (2019), S. 149 (152 f.); Jacob, in: Aggarwal / Eidenmüller / Enriques / Payne / van Zwieten (Hrsg.), Autonomous Systems and the Law, 2019, S. 3 (3); Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 13, 42.; ­Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (62); Cannarsa, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 102 (106).

B. Begriff von Smart Contracts

29

voraussetze.61 Im Gegenteil: im Kern geht es um die automatisierte Durchführung bestimmter Maßnahmen in Abhängigkeit vorher klar festgelegter Bedingungen.62 Inhaltliche Unterschiede zwischen den Definitionsvorschlägen ergeben sich daher vor allem bei der Verbindung von Smart Contracts mit der Blockchain-Technologie: während einige die Verwendung einer Blockchain bzw. von Distributed Ledger Technology (DLT) für Smart Contracts schon terminologisch voraussetzen63, gehen andere von einem technologieneutralen Begriff aus.64 Vereinzelt wird stattdessen beispielsweise auf das Erfordernis einer manipulationssicheren Speicherung abgestellt65, die wiederum faktisch oftmals zu einer Anwendung der

61

Vgl. explizit etwa Szabo, Smart Contracts Glossary, 1995; Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (618 f.); Jaccard, in: Jusletter IT v. 23. 11. 2017, S. 3 f.; Jacobs / L ange-Hausstein, ITRB 2017, 10 (13); Lauslahti / Mattila / Seppälä, Smart Contracts – How will Blockchain Technology Affect Contractual Practices, 2017, S. 3, 17; Paulus / Matzke, CR 2017, 769 (772); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 14; Cong / He, Blockchain Disruption and Smart Contracts, 2018, S. 8; Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 24. Anderes Verständnis offenbar nur Eidenmüller, in: Frankfurter Allgemeine Woche 22/2017, S. 54 (55). 62 Im Sinne einer solchen „robotischen“ Natur von Smart Contracts etwa ausdrücklich Cong / He, Blockchain Disruption and Smart Contracts, 2018, S. 8. 63 Vgl. beispielsweise Fairfield, in: Washington & Lee Law Review Online, Band 71 (2014), S. 38; Brown, A simple model for smart contracts, 2015; Blocher, AnwBl  2016,  612 (618); Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi), Von Bitcoin zum Smart Contract, 2016, S. 4; Heckmann / Kaulartz, c’t 2016, 138 (138); Voshmgir, Blockchains, Smart Contracts und das Dezentrale Web, 2016, S. 14; BaFin, Blockchain-Technologie, 2017; Berentsen / Schär, Bitcoin, Blockchain und Kryptoassets, 2017, S. 289; Fenwick / Kaal / Vermeulen, in: Vanderbilt Journal of Entertainment and Technology Law, Band 20 (2017), S. 351 (367); Jacobs / L angeHausstein, ITRB 2017, 10 (12 f.); K.  Levy, in: Engaging Science, Technology and Society, Band 3 (2017), S. 1 (1 f.); I. Ng, The Art of Contract Drafting in the Age of Artificial Intelligence, 2017, S. 33; Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (127); Schrey / T halhofer, NJW 2017, 1431 (1431) („vorzugsweise“); Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (273); De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 74; Glatz, in: Hartung / Bues / Halbleib (Hrsg.), Legal Tech: Die Digitalisierung des Rechtsmarktes, 2018, S. 287 (287, Rn. 1211); Szczerbowski, in: Law and Forensic Science, Band 16 (2018), S. 1 (1); Werbach, The Blockchain and the New Architecture of Trust, 2018, S. 64; Jacob, in: Aggarwal / Eidenmüller / Enriques / Payne / van Zwieten (Hrsg.), Autonomous Systems and the Law, 2019, S. 3 (3); Voshmgir, Token Economy, 2019, S. 87 f.; Gatteschi / L amberti / Demartini, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 37 (42). 64 Ausdrücklich etwa Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (618); Heckelmann, NJW 2018, 504 (505); Braegelmann / Kaulartz, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 1 (10, Rn. 25); Finck, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 1 (5 ff.); Matzke, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 99 (101 f.); Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (85).; Timmermann, Legal-Tech Anwendungen, 2020, S. 75. 65 So etwa Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi), Von Bitcoin zum Smart Contract, 2016, S. 4; Eschenbruch / Gerstberger, NZBau 2018, 3 (3); Heckelmann, NJW 2018, 504 (504); Finck, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 1 (6).

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1. Teil: Einleitung und Grundlagen

Blockchain-Technologie führen wird.66 Wie unten noch im Einzelnen zu sehen sein wird67, ist dem technologie-neutralen Verständnis im Ergebnis der Vorzug zu gewähren: die Verbindung zwischen Smart Contracts und der Blockchain-Technologie ist eine faktische, nicht aber eine begriffliche.

IV. In dieser Untersuchung zugrunde gelegter Begriff Der in dieser Arbeit zugrunde gelegte Begriff soll vor diesem Hintergrund gleichsam einen Konsensbegriff darstellen, der die Wesensmerkmale in den Vordergrund stellt, über die weitgehende Einigkeit besteht: ein Smart Contract ist Software, deren Funktion in der automatisierten Durchführung von Vertrags­bedingungen besteht.68 Um die – nicht immer explizit vorausgesetzten, für ein Verständnis aber zen­ tralen – Elemente der Wenn-Dann-Logik sowie die manipulationssichere Speicherung zusätzlich zu betonen, werden Smart Contracts in dieser Arbeit als solche Computerprogramme verstanden, die (1) in Abhängigkeit von bestimmten, durch einen Computer verifizierbaren Ereignissen bestimmte, rechtlich relevante69 Maßnahmen automatisiert ausführen, (2) manipulationssicher gespeichert sind und (3) der automatisierten Erfüllung von Ge- und Verboten, insbesondere vertraglicher Verpflichtungen, dienen.

C. Funktion: Automatisierter Vollzug von Vertragsbedingungen Versteht man einen Smart Contract also als Software, deren Funktion in der automatisierten Durchführung von Vertragsbedingungen besteht, so muss diese Zweckbestimmung in den Mittelpunkt der Betrachtung rücken. Der zentrale Gedanke des Smart Contracts besteht darin, die Vertragsdurch­ führung, den Vollzug der vertraglichen Regelungen, auf einen Computer auszula­ 66 Vgl. zu den Vorteilen der Verwendung der Blockchain-Technologie für Smart Contracts noch eingehend unten S. 134 ff. 67 Vgl. unten S. 143 ff. 68 Andere Beispiele von zusammenfassenden „Konsensdefinitionen“ finden sich insbesondere bei De Caria, in: Aggarwal / Eidenmüller / Enriques / Payne / van Zwieten (Hrsg.), Autonomous Systems and the Law, 2019, S. 27 (29); De Caria, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 19 (23 f.). 69 Eine Maßnahme ist in diesem Sinne nicht nur rechtlich relevant, wenn sie rechtmäßig und daher rechtlich wirksam ist. Auch rechtlich eigentlich „unwirksame“ Maßnahmen können rechtlich relevante Folgen haben. Kritisch zum Kriterium der rechtlichen Relevanz aber ­Möslein, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 81 (81).

C. Funktion: Automatisierter Vollzug von Vertragsbedingungen 

31

gern.70 Nicht eine der Vertragsparteien, sondern die Maschine sorgt dementsprechend für die Erfüllung des vertraglichen Pflichtenprogramms. Diese Automatisierung soll im Ergebnis dazu führen, dass Vertragsverletzungen verhindert werden.71 Dieses Ziel soll vor allem auf zwei Wegen erreicht werden: die Software kann entweder dazu eingesetzt werden, (1) vertragliche Pflichten unmittelbar automatisch zu vollziehen oder (2) automatisiert auf Leistungsstörungen zu reagieren.72

I. Automatisierung als Loslösen von menschlichen Entscheidungen Zentrale Folge der Automatisierung des Vollzugs vertraglicher Bedingungen ist es, dass dem Schuldner einer automatisierten Leistung von vornherein die Möglichkeit genommen wird, diese Leistung nicht zu erfüllen, den einmal geschlossenen

70 Vgl. zur automatisierten Ausführung von Vertragsbedingungen als zentralem Element von Smart Contracts beispielsweise Szabo, Smart Contracts, 1994; Szabo, Smart Contracts Glossary, 1995; Fairfield, in: Washington & Lee Law Review Online, Band 71 (2014), S. 38; Baker, in: Southwestern Law Review, Band 45 (2015), S. 351 (360); Brown, A simple model for smart contracts, 2015; Kiviat, in: Duke Law Journal, Band 65 (2015), S. 569 (605); Fenwick /  Kaal / Vermeulen, in: Vanderbilt Journal of Entertainment and Technology Law, Band  20 (2017), S. 351 (367); K. Levy, in: Engaging Science, Technology and Society, Band 3 (2017), S. 1 (1 f.); O’Shields, in: North Carolina Banking Institute, Band 21 (2017), S. 177 (179); Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (309); Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (320); De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 74; Werbach, in: Berkeley Technology Law Journal, Band 33 (2018), S. 489 (495); De Caria, in: Aggarwal / Eidenmüller / Enriques / Payne / van Zwieten (Hrsg.), Autonomous Systems and the Law, 2019, S. 27 (29); Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 24; Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (62 f., 73). Aus der deutschsprachigen Literatur zudem etwa Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1, unter A. und B.; Heckmann, CR 2016, R99 (R99); Börding / Jülicher / Röttgen / v. Schönfeld, CR 2017, 134 (138); Simmchen, MMR 2017, 162 (164); J. Wagner, BB 2017, 898 (901); Eschenbruch / Gerstberger, NZBau 2018, 3 (3); Fries, AnwBl 2018, 86 (86); Heckelmann, NJW 2018, 504 (504); Jacobs / Lange-Hausstein, ITRB 2017, 10 (12); Möslein, ZBB 2018, 208 (215); Paulus / Matzke, NJW 2018, 1905 (1905); Paulus / Matzke, ZfPW 2018, 431 (433 f., 438); Finck, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 1 (7); Möslein, ZHR 2019, 254 (259 f.); Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 13, 42. 71 Grundlegend Szabo, Formalizing and Securing Relationships on Public Networks, in: First Monday, Band 2 (1997): „the basic idea behind smart contracts is that many kinds of contractual clauses (such as collateral, bonding, delineation of property rights, etc.) can be embedded in the hardware and software we deal with, in such a way as to make breach of contract expensive (if desired, sometimes prohibitively so) for the breacher.“ Wortgleich zudem in Szabo, Smart Contracts: Building Blocks for Digital Markets, 1996. 72 Zu diesen zwei grundsätzlichen Anwendungsfällen auch etwa Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (344); Paulus / Matzke, ZfPW 2018, 431 (433 f.); Fries / Paal, Vorwort, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, III.

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1. Teil: Einleitung und Grundlagen

Vertrag also zu einem späteren Zeitpunkt zu brechen.73 Die Erfüllung einer Leistung wird insofern von der vorgeschalteten menschlichen Entscheidung losgelöst.74 Wenn vertragliche Pflichten automatisiert erfüllt werden, der Vertrag durch den Smart Contract also unmittelbar vollzogen wird, könnte im Ergebnis von vornherein garantieren werden, dass ein geschlossener Vertrag erfüllt wird und es somit zu keinen Vertragsverletzungen kommt.75 Auf eine gerichtliche Rechtsdurchsetzung müsste in der Folge nicht mehr zurückgegriffen werden.76 In diesem Sinne setzen Smart Contracts zu einem früheren Zeitpunkt an als traditionelle Instrumente der Rechtsdurchsetzung: während Gerichte bereits entstandene Konflikte auflösen

73 Vgl. etwa Hsiao, in: US-China Law Review, Band 14 (2017), S. 685 (686 f.); Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (130); Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (279); Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (306, 316); Mik, in: Innovation & Technology, Band 9 (2017), S. 269 (Manuskript, S. 10); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 13; De Caria, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 19 (27); Durovic / Janssen, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (73, 75); Tjong Tjin Tai, in: DiMatteo / Cannarsa /  Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 80 (98); Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (118, 128); Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (291). 74 Deutlich Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (306, 316). In diese Richtung auch Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1, unter A.; Kaulartz /  Heckmann, CR 2016, 618 (618); Mik, in: Innovation & Technology, Band  9 (2017), S. 269 (Manuskript, S. 10); Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (120, 126 f., 129); Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 26; Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (73); Clément, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (271); Borgogno, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (291). 75 In die Richtung einer Erfüllungsgarantie auch Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (306, 316); Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (620); Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1027); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (203); Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (275); Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (332); Heckelmann, NJW 2018, 504 (504); Mik, in: Innovation & Technology, Band 9 (2017), S. 269 (Manuskript, S. 10); DiMatteo / Cannarsa / Poncibò, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 3 (4); Clément, in: DiMatteo / Cannarsa /  Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (271). 76 Vgl. noch ausführlich zur Automatisierung als Substitut für eine staatliche Rechtsdurchsetzung unten S. 87 ff.

C. Funktion: Automatisierter Vollzug von Vertragsbedingungen 

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sollen (ex post), versuchen Smart Contracts zu vermeiden, dass es überhaupt zu Vertragsverletzungen kommt (ex ante).77 1. Die Entscheidung zum Vertragsbruch als Voraussetzung für Leistungsstörungen Den Ansatzpunkt für die Verhinderung von Vertragsverletzungen durch Automatisierung bildet die Erkenntnis, dass Vertragsbrüche in den meisten Fällen auf einer Entscheidung des Schuldners beruhen. Durch den Vertrag wird der Schuldner zwar vertraglich zu einem Tun oder Unterlassen verpflichtet (§ 241 Abs. 1 BGB), dies bedeutet aber nicht notwendiger­ weise, dass er diese Verpflichtung auch tatsächlich erfüllt.78 Fallen der Zeitpunkt des Vertragsschlusses und der Leistungserbringung auseinander79, so setzt die Erfüllung einer Leistungspflicht regelmäßig eine erneute Entscheidung des Schuldners voraus, an seinem vertraglichen Leistungsversprechen festzuhalten. Für die Erfüllung einer vertraglichen (Leistungs-)Pflicht ist somit eine – nach der Entscheidung zum Abschluss des Vertrages – erneute Entscheidung „für“ den Vertrag notwendig. In gewisser Weise hat der Schuldner seinen bei Vertragsschluss zum Ausdruck gebrachten Erfüllungswillen, seine Leistungsbereitschaft, ein zweites Mal zu bestätigen. Umgekehrt bedeutet die einer Erfüllung grundsätzlich vorgelagerte Entscheidung, dass sich der Schuldner auch gegen die Einhaltung seiner Pflicht entscheiden kann. In diesem Fall hat er die entsprechenden rechtlichen Konsequenzen seines Vertragsbruchs zu tragen (insb. den Verlust der Gegenleistung aufgrund eines ausgeübten Rücktritts des Gläubigers (§ 323 iVm. § 346 BGB) und – bei Vertretenmüssen  – Schadensersatzansprüche (§§ 280 ff. BGB)). Die drohenden leistungs 77 Vgl. etwa Hsiao, in: US-China Law Review, Band 14 (2017), S. 685 (690); K. Levy, in: Engaging Science, Technology and Society, Band 3 (2017), S. 1 (4); Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (312); Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (318); Paulus / Matzke, ZfPW 2018, 431 (434); Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (75); Tjong Tjin Tai, in: DiMatteo / Cannarsa /  Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 80 (98); Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (125); Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (291). 78 Vgl. etwa Stamm, Die Prinzipien und Grundstrukturen des Zwangsvollstreckungsrechts, 2007, S. 6 („Die Vorstellung, der Schuldner werde freiwillig seiner Verpflichtung nachkommen, grenzt an Naivität.“). Gerade aus diesem Grund muss ein System der zwangsweisen Durchsetzung privater Rechte bestehen, vgl. hierzu noch ausführlich unten S. 98 ff. 79 In Fällen eines sofortigen Leistungsaustausches werden die vertraglichen Pflichten hingegen praktisch stets erfüllt, da faktisch keine nachgelagerte, erneute Entscheidung zur Vertragserfüllung getroffen werden muss.

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1. Teil: Einleitung und Grundlagen

störungsrechtlichen Folgen eines Vertragsbruchs dienen insofern zwar als Anreiz, einen geschlossenen Vertrag einzuhalten80, können eine Erfüllung des Vertrages aber nicht garantieren oder erzwingen. Der Schuldner kann sich somit faktisch – mehr oder weniger frei – zwischen Erfüllung und Nichterfüllung entscheiden.81 Allein mit der grundsätzlichen Fähigkeit, einen Vertrag nicht zu erfüllen, geht indes mitnichten auch ein „Recht“ zum Vertragsbruch einher.82 Nur bei Bestehen entsprechender Leistungsverweigerungsrechte, darf der Schuldner die Leistung verweigern, ist also gewissermaßen berechtigt, den Vertrag nicht zu erfüllen.83 Das Recht, die Leistung zu verweigern, kann sich etwa aus der Einrede der Verjährung (§ 214 Abs. 1 BGB), einem mit der Leistungserbringung verbundenen unverhältnismäßigem Aufwand (§ 275 Abs. 2 BGB), der Unzumutbarkeit einer persönlichen Leistung (§ 275 Abs. 3 BGB), einem Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Abs. 1 BGB oder aus der Einrede des nicht erfüllten Vertrages (§ 320 Abs. 1 BGB) ergeben. Wenn kein Leistungsverweigerungsrecht besteht stellt die Nichtleistung aber eine Pflichtverletzung dar, für die der Schuldner durch das Leistungsstörungsrecht entsprechend sanktioniert wird. Ein „Recht“ zum Vertragsbruch kann es insofern schon begrifflich nicht geben. Wäre der Schuldner zur Nichterfüllung berechtigt, läge gerade kein „Vertragsbruch“, keine Verletzung einer vertraglichen Pflicht, sondern eben eine berechtigte Leistungsverweigerung vor. Der Schuldner ist insofern grundsätzlich zum Vertragsbruch zwar nicht berechtigt, aber fähig.84 80

Vgl. auch G. Wagner, AcP 206 (2006), 352 (426); Schäfer / Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 5. Aufl. 2012, S. 498 f.; Zander, Die Versicherung des Erfüllungsinteresses des privaten Bauherrn, 2018, S. 57. 81 Vgl. Holmes, in: Harvard Law Review, Band 10 (1897), S. 457 (462) („[t]he duty to keep a contract at common law means a prediction that you must pay damages if you do not keep it – and nothing else.“). 82 Vgl. auch Barbour, in: Michigan Law Review, Band  16 (1917), S. 106 (insb. 108 f.). ­Holmes’ oben zitierter Satz wird demgegenüber oftmals im Sinne eines „Rechts zum Vertragsbruch“ missverstanden, da er eine Gleichwertigkeit von Erfüllung einerseits und Nichterfüllung und Schadensersatz andererseits zum Ausdruck bringe (vgl. beispielsweise Barbour, in: Michigan Law Review, Band 16 (1917), S. 106 (106 f.); Remington, in: Buffalo Law Review, Band 47 (1999), S. 645 (647)). Instruktiv zur Auflösung des Missverständnisses um Holmes’ Auffassung Perillo, in: Fordham Law Review, Band 68 (2000), S. 1085 (1085 ff.) mit weiteren Beispielen. Im Sinne eines „right […]. to breach the contract“ wohl ebenfalls Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (293). 83 Entsprechend verletzt der Schuldner seine Pflicht zur Leistung nicht, wenn dem Anspruch des Gläubigers ein Leistungsverweigerungsrecht entgegensteht, vgl. etwa Kaiser, in: Staudinger-Eckpfeiler, 7. Aufl. 2020, Kapitel H., Rn. 8. Zu Leistungsverweigerungsrechten im Zusammenhang mit Smart Contracts ausführlich Tjong Tjin Tai, in: DiMatteo / Cannarsa /  Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 80 (84 ff.). 84 Vgl. auch Barbour, in: Michigan Law Review, Band 16 (1917), S. 106 (insb. 108 f.). Eine Berechtigung würde umgekehrt mit einer entsprechenden Pflicht einhergehen, während die Ausübung einer Fähigkeit eine Haftung auslösen würde. Letzteres ist bei einem Vertragsbruch gerade der Fall.

C. Funktion: Automatisierter Vollzug von Vertragsbedingungen 

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Logische Voraussetzung für einen Vertragsbruch ist vor diesem Hintergrund die faktische Fähigkeit des Schuldners, sich gegen die Erfüllung seiner Leistungspflicht zu entscheiden. 2. Automatisierung als Unmöglichmachen einer Entscheidung zum Vertragsbruch Diese Entscheidung zur Nichterfüllung, die Möglichkeit zum Vertragsbruch, soll dem Schuldner durch die Automatisierung von vornherein genommen werden.85 Smart Contracts versuchen, die spätere Erfüllung nicht mehr von einer menschlichen Entscheidung des Schuldners abhängig zu machen, sondern von einem Computer automatisieren zu lassen.86 Nachdem der Smart Contract einmal – nämlich zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses – initiiert wird, wird daher keine weitere menschliche Entscheidung vorausgesetzt.87 Mehr noch: eine weitere menschliche 85 Vgl. zum Ausschluss eines Vertragsbruchs durch Automatisierung etwa Hsiao, in: USChina Law Review, Band 14 (2017), S. 685 (686 f.); Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (130); Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (279); Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (306, 316); Mik, in: Innovation & Technology, Band 9 (2017), S. 269 (Manuskript, S. 10); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 13; Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (347, 352 f.); De Caria, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 19 (27); Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (73, 75); Tjong Tjin Tai, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 80 (98); Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (118, 128); Borgogno, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (291). 86 Deutlich insbesondere Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (306, 316). Vgl. auch Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1, unter A.; Kaulartz /  Heckmann, CR 2016, 618 (618); Mik, in: Innovation & Technology, Band  9 (2017), S. 269 (Manuskript, S. 10); Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (126 ff.); Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 26; Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (73); Clément, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (271); Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa /  Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (291). 87 Vgl. Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (306, 316); Hsiao, in: US-China Law Review, Band 14 (2017), S. 685 (686 f.); Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (73); Clément, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (271).

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1. Teil: Einleitung und Grundlagen

Entscheidung, die unter Umständen zu einer Nichterfüllung führen könnte, ist nicht länger möglich.88 Der Vertrag wird entsprechend der in dem Smart Contract festgelegten Regeln automatisiert vollzogen. Durch die Automatisierung wird der Schuldner somit in besonderer Weise an sein Leistungsversprechen gebunden89: Dem Schuldner wird von vornherein die Möglichkeit genommen, den Vertrag doch nicht zu erfüllen.90 Idealerweise beruht diese besonders starke Bindung aber auf einer selbstbestimmten Entscheidung des Schuldners.91 Raskin vergleicht die Parteien eines Smart Contracts insofern anschaulich mit Homers Odysseus, der sich – um von den Sirenen nicht in Versuchung geführt zu werden – freiwillig an den Mast seines Schiffes binden ließ:92 „[…] doch bindet ihr mich fest, damit ich kein Glied zu regen vermögen, Aufrecht stehend am Maste, mit festumschlungenen Seilen.“93 Beide Vertragsparteien müssen sich auf die Verwendung des Smart Contracts einigen, der Schuldner der Automatisierung seiner Leistungserfüllung also zustimmen.94 Der Schuldner, der sich durch die Zustimmung zur Automatisierung selbst der Fähigkeit beraubt, den Vertrag zu brechen, versucht sich somit gewissermaßen, vor sich selbst zu schützen. Ähnlich wie der legendäre König von Ithaka traut der Schuldner seinem zukünftigen Ich nicht zu, den Versuchungen veränderter Umstände zu widerstehen. Der Schuldner einer automatisierten Leistung entscheidet sich vielmehr dafür, von vornherein die Fähigkeit zu verlieren, sich zu einem späteren Zeitpunkt gegen die Erfüllung zu entscheiden. Indem die Automatisierung dem Schuldner somit die Entscheidung zum Vertragsbruch nimmt, garantiert sie die Vertragsausführung wie geschuldet.95 Prak 88 Vgl. etwa auch Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (311); Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (332, 334). 89 Im Sinne einer Verstärkung von Versprechen etwa auch Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (356). 90 Vgl. auch Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (126 ff.); Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (332, 334, 352); De Caria, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 19 (27). Kritisch zu dieser Folge aber K. Levy, in: Engaging Science, Technology and Society, Band 3 (2017), S. 1 (9). 91 Vgl. zur Automatisierung als Selbstbindung auch Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (129). Zur Bedeutung der Selbstbestimmung für Smart Contracts noch ausführlich unten S. 44 ff. 92 Vgl. Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (309). 93 Homer, Odyssee, Übertragung von Johann Heinrich Voß, 2015 (Erstmals 1781), XII. Gesang, Zeilen 160 ff. [S. 164]. 94 Dies entspricht dem Grundsatz volenti non fit iniuria, vgl. ausführlich zu diesem Prinzip im Allgemeinen Ohly, Volenti non fit iniuria, 2002, S. 64 ff. 95 Vgl. auch Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (620); Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1027); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (203); Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (306, 316); Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (332); Heckelmann, NJW 2018, 504 (504); Mik, in: Innovation & Technology, Band 9 (2017), S. 269 (Manuskript, S. 10); DiMatteo / Cannarsa / Poncibò, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.),

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tisch werden Verträge, bei denen Vertragsschluss und Erfüllung auseinanderfallen, somit durch Smart Contracts solchen Vereinbarungen angenähert, bei denen die Leistungen bereits bei Vertragsschluss ausgetauscht werden.96 Eine Durchsetzung des vertraglichen Anspruchs ist hierdurch mitunter nicht mehr erforderlich: Der Vertragsschluss und die Erfüllung bzw. Vollstreckung fallen zusammen.97 Wenn technologisch garantiert wird, dass die andere Partei ihre vertragliche Pflichten erfüllt, besteht keine Notwendigkeit mehr, diese vertragliche Verpflichtung (gerichtlich) durchzusetzen. 3. Automatisierung als Nachteil für Verbraucher? In Vertragsbeziehungen zwischen Unternehmern und Verbrauchern wird zumeist der Verbraucher die Rolle des Schuldners (typischerweise einer Zahlungsverpflichtung) einnehmen.98 Die unmittelbar benachteiligenden Folgen der Automatisierung werden mithin primär den Verbraucher treffen. Die Automatisierung führt zunächst dazu, dass die unmittelbaren Handlungsspielräume des Verbrauchers beschnitten werden: selbst wenn eine Nichterfüllung in seinem Interesse läge, könnte er sich als Schuldner einer automatisierten Leistung nicht für diese Alternative entscheiden. Die Nichterfüllung trotz Möglichkeit ist jedoch nicht in jedem Fall auf Arglist oder Böswilligkeit zurückzuführen. Gegebenenfalls kann es für eine Vertragspartei sogar wirtschaftlich vorteilhaft sein, den Vertrag nicht zu erfüllen und dem Vertragspartner stattdessen gem. § 280 Abs. 1, 3, § 281 Abs. 1 BGB den durch die Nichterfüllung entstehenden Schaden des Gläubigers zu ersetzen (sog. effizienter Vertragsbruch).99 Die Automatisierung The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 3 (4); De Caria, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 19 (31). 96 In diese Richtung auch Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (623); K. Levy, in: Engaging Science, Technology and Society, Band 3 (2017), S. 1 (3); Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (276); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 22. 97 Vgl. Kaulartz, Smart Contract Dispute Resolution, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 73 (79). Ausführlich zur Automatisierung als Substitut für eine staatliche Rechtsdurchsetzung und den daraus folgenden Risiken und Problemen für Verbraucher noch unten S. 87 ff. 98 Vgl. hierzu noch ausführlich unten S. 45 ff. 99 Vgl. etwa grundlegend Birmingham, in: Rutgers Law Review, Band  24 (1970), S. 273 (284 ff.); Goetz / Scott, in: Columbia Law Review, Band 77 (1977), S. 554. Aus der deutschen Literatur vgl. insbesondere die Darstellungen bei Finsinger / Simon, in: KritV, Neue Folge, Band 2 [70] (1987), S. 262; Köndgen / von Randow, in: Ott / Schäfer (Hrsg.), Allokationseffizienz in der Rechtsordnung, 1989, S. 122; C. Engel, in: Homo Oeconomicus, Band 11 (1994), S. 143; Unberath, Die Vertragsverletzung, 2007, S. 232 ff.; Weller, Die Vertragstreue, 2009, S. 355 ff.; Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, 2015, S. 173 ff.; Mathis, Effizienz statt Gerechtigkeit?, 4. Auflage, 2019, S. 108 ff. Zum effizienten Vertragsbruch bei Verwendung von Smart Contracts noch ausführlich unten S. 173 ff.

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differenziert indes gerade nicht nach den Motiven des Verbrauchers für eine Nichterfüllung. Er wird ungeachtet der individuellen Umstände an seinem Versprechen festgehalten. Dieser absolute Ausschluss eines Vertragsbruchs läuft daher Gefahr auch solche Entscheidungen des Verbrauchers zu verhindern, die im Interesse des Schuldners und aus ökonomischer Sicht sinnvoller ist.100 Im Ergebnis kann sich eine so durch Automatisierung erzwungene Erfüllung der Leistungspflichten101 mittelbar durchaus vorteilhaft für den Verbraucher auswirken.102 Zunächst führt sie aber zu einer Beschränkung der eigenen Handlungsoptionen. Mittelbar kann die Automatisierung der Leistungspflichten zudem zu weiteren Risiken und Nachteilen zur Folge haben.103 Solange die Automatisierung auf einer selbstbestimmten Entscheidung des Verbrauchers beruht, also eine Selbstbindung darstellt104, bestehen gegen sie jedoch keine grundsätzlichen Bedenken.105 Sie führt jedoch dann zu Problemen, wenn der Schuldner diese Entscheidung nicht selbstbestimmt getroffen hat, sondern von einem anderen fremdbestimmt wird. Dieses Risiko der Fremdbestimmung besteht insbesondere bei Verbrauchern in besonders hohem Maße.106

II. Automatisierte Reaktion auf Vertragsuntreue Nicht in allen Fällen ist eine solche automatisierte Erfüllung der vertraglichen Pflichten durch den Computer aber möglich oder wünschenswert. Zum Beispiel werden sich Dienstpflichten nur selten durch einen Computer steuern und daher automatisieren lassen.107 100 Vgl. auch Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (328); Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (127); Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (366); Borgogno, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (293). 101 Vgl. etwa auch Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (320). 102 Vgl. ausführlich unten S. 248 ff. 103 Vgl. ausführlich unten Zweiter Teil, S. 43 ff. 104 In diese Richtung auch Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (129). 105 Vgl. zum Erfordernis einer Entscheidung des Verbrauchers bzw. zur Vertragsfreiheit als rechtlicher Grundlage der Automatisierung noch ausführlich unten S. 44 ff. bzw. S. 178 ff. 106 Vgl. zum Risiko der Fremdbestimmung des Verbrauchers bei Verwendung von Smart Contracts noch ausführlich unten, insbesondere S. 70 ff. 107 Vgl. etwa Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (311). Zur Notwendigkeit der Steuerung der auszuführenden Maßnahme durch einen Computer als Grundvoraussetzung der Automatisierung durch Smart Contracts etwa Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (619 f.); Jacobs / L ange-Hausstein, ITRB 2017, 10 (13); Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (309 f.); Eschenbruch / Gerstberger, NZBau 2018, 3 (4); Frankenreiter, in: Journal of Institutional and Theoretical Economics 175 (2019), S. 149 (154 f., 157).

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1. Verhinderung von Vertragsverletzungen durch Steigerung der Anreize für vertragsgemäßes Verhalten Ursprüngliches Ziel des Smart Contracts ist die Minimierung von Vertragsverletzungen.108 Ohne eine direkte Automatisierung der Leistung bleibt die grundsätzliche Fähigkeit des Schuldners, den Vertrag zu brechen, erhalten. In derartigen Fällen kann der – gewissermaßen nachgeschaltete – Ansatz des Smart Contracts lediglich darin bestehen, einen Vertragsbruch durch automatisierte Sanktionen so unattraktiv für den Schuldner zu machen, dass der Schuldner um jeden Preis vermeiden will, den Vertrag zu brechen.109 Sofern sich der Schuldner also weiterhin für einen Vertragsbruch entscheiden kann, soll diese Entscheidung durch die Automatisierung so wenig reizvoll wie möglich gemacht werden. Eine durch Smart Contracts automatisierte unmittelbare Sanktion vertragsuntreuen Verhaltens erhöht die Anreize für den Schuldner, den Vertrag zu erfüllen.110 Vertragsverletzungen sollen insofern für die vertragsverletzende Partei „teuer“ werden – so teuer, dass der Schuldner sich fast schon gegen einen Vertragsbruch entscheiden muss.111 Die vom Schuldner vorzunehmende Abwägung der Vor- und Nachteile einer Nichterfüllung sollen somit durch automatisierte Konsequenzen zugunsten der Leistungserbringung beeinflusst werden. Auf diese Weise soll die Wahrscheinlichkeit gesteigert werden, dass der Schuldner sich vertragsgemäß verhält. 2. Steigerung der Anreize durch automatisierte Konsequenzen für Vertragsbrüche Das klassische Beispiel für solche automatisierten Sanktionen ist eine computergesteuerte Wegfahrsperre (sog. „Smart Lock“) für ein gemietetes, geleastes oder auf Raten gekauftes Fahrzeug, die das Anlassen des Motors von der Erfüllung der Zahlungsverpflichtungen (§ 535 Abs. 2 BGB bzw. § 433 Abs. 2 iVm. § 506 Abs. 3 BGB) durch den Schuldner abhängig macht.112 108

Grundlegend Szabo, Formalizing and Securing Relationships on Public Networks, in: First Monday, Band 2 (1997); Szabo, Smart Contracts: Building Blocks for Digital Markets, 1996. 109 Vgl. auch Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (311); Paulus / Matzke, ZfPW 2018, 431 (434, 462 f.); Frankenreiter, in: Journal of Institutional and Theoretical Economics 175 (2019), S. 149 (158); Fries / Paal, Vorwort, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, III; Matzke, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 99 (108 f.). 110 Vgl. etwa auch Paulus / Matzke, CR 2017, 769 (773); Paulus / Matzke, NJW 2018, 1905 (1910). 111 In diese Richtung auch Szabo, Formalizing and Securing Relationships on Public Networks, in: First Monday, Band 2 (1997); Szabo, Smart Contracts: Building Blocks for Digital Markets, 1996; Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (306) („Their aim is to allow contracting parties to ensure their agreement is enforced by raising the costs of any breach by a prohibitive amount.“). 112 Vgl. grundlegend Szabo, Formalizing and Securing Relationships on Public Networks, in: First Monday, Band 2 (1997). Im Anschluss auch Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (618); BaFin, Blockchain-Technologie, 2017; Börding / Jülicher / Röttgen / v. Schönfeld, CR 2017, 134

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1. Teil: Einleitung und Grundlagen

Bei Einsatz derartiger Smart Contracts hat ein Zahlungsausfall des Schuldners zur Folge, dass das Fahrzeug nicht mehr benutzt werden kann. Die Funktions­ fähigkeit des Fahrzeugs wird auf diese Weise direkt an die Zahlung gekoppelt. Die Konsequenzen eines Zahlungsausfalls werden für den Besitzer damit innerhalb kürzester Zeit, „nahezu in Echtzeit“113 empfindlich spürbar. Das sanktionswürdige Verhalten und die darauffolgende Konsequenz werden durch die Automatisierung in einen direkten und unmittelbar wahrnehmbaren Zusammenhang gestellt. Allgemein entfalten Sanktionen ihre Abschreckwirkung typischerweise am wirkungsvollsten, wenn sie unmittelbar auf die sanktionswürdige Handlung folgen.114 Insofern kann einer automatisieren Reaktion auf Vertragsuntreue in gewisser Weise auch ein „pädagogischer Effekt“ zukommen.115 Auch die im BGB vorgesehenen, traditionellen Sicherungsverhältnisse116 können indes Anreize für den Schuldner bilden, seine Zahlungspflicht zu erfüllen.117 So wird der mit der Verwertung eines Pfandrechts, einer Hypothek oder einer Grundschuld (§ 1228 Abs. 1 BGB bzw. § 1147 BGB bzw. § 1192 Abs. 1, § 1147 BGB) verbundene endgültige Verlust der Sache für den Schuldner typischerweise eine erhebliche zusätzliche Motivation bedeuten. Im Vergleich zu traditionellen Sicherungsverträgen minimiert eine Automatisierung indes den Zeitraum zwischen der vertraglichen Pflichtverletzung und dem Moment, in dem die Konsequenzen für den Schuldner spürbar werden. Ehe es bei traditionellen Sicherungsverträgen (138); K. Levy, in: Engaging Science, Technology and Society, Band 3 (2017), S. 1 (3); M. Müller, ZfIR 2017, 600 (610 f.); Paulus / Matzke, CR 2017, 769 (772 f.); Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (310); Simmchen, MMR 2017, 162 (164); Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (273 f.); De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 160 f.; Fries, AnwBl 2018, 86 (86); Heckelmann, NJW 2018, 504 (505); Lobe, in: Süddeutsche Zeitung, 08. 04. 2018; Paulus / Matzke, ZfPW 2018, 431 (435); Werbach, The Blockchain and the New Architecture of Trust, 2018, S. 65, 127; Hofmann, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 125 (128); Möslein, ZHR 2019, 254 (262, 264). Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (86, 95 ff.); Voshmgir, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 13 (25) [Rn. 40]. Vgl. zur Rechtmäßigkeit einer solchen Gestaltung vor dem Hintergrund der verbotenen Eigenmacht nach § 858 BGB noch ausführlich unten S. 223 ff. 113 So Matzke, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 99 (108). 114 Im Zusammenhang mit Smart Contracts Matzke, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 99 (108 f.). Allgemein zur verstärkten Wirkung unmittelbarer Konsequenzen etwa die Richtlinien zum Jugendgerichtsgesetz (RiJGG), 18. 06. 1994, zu § 43 JGG, Nr. 6 („Die Maßnahmen und Strafen des Jugendstrafrechts sind regelmäßig dann am wirksamsten, wenn sie der Tat auf dem Fuße folgen.“). 115 Matzke, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 99 (107). 116 Hierbei handelt es sich insbesondere um das Pfandrecht an beweglichen Sachen oder Forderungen (§§ 1204 ff. BGB), Grundpfandrechte wie die Hypothek (§§ 1113 ff. BGB) und die Grundschuld (§ 1191 ff. BGB), den Eigentumsvorbehalt (§ 929 S. 1, § 158 Abs. 1, § 449 BGB), Sicherungsübereignungen (§ 929 S. 1, § 930 BGB) und -abtretungen (§ 398 BGB). 117 Vgl. instruktiv Schäfer / Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 5. Aufl. 2012, S. 635. Vgl. zur Anreizwirkung von Haftungsregeln auch Mathis, Effizienz statt Gerechtigkeit, 4. Aufl. 2019, S. 96; Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (354 ff., 362 f.).

C. Funktion: Automatisierter Vollzug von Vertragsbedingungen 

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zu einem Zugriff des Gläubigers auf das geleaste Fahrzeug kommen kann, ist zunächst ein langwieriges gerichtliches Zwangsvollstreckungsverfahren durchzuführen.118 Die Verwendung von Smart Contracts ermöglicht demgegenüber eine direkte Bindung der Nutzungsmöglichkeit einer Sache an die Erfüllung der Zahlungspflicht. Während der Schuldner das geleaste Fahrzeug also traditionell trotz eines Zahlungsausfalls noch eine gewisse Dauer nutzen können wird, hat die Automatisierung zur Folge, dass mögliche Konsequenzen nicht mehrere Monate in der Zukunft liegen, sondern direkte Auswirkungen auf sein Leben haben. Ein Zahlungsausfall wird auf der Stelle durch eine automatisierte Sperre des Sicherungsgegenstands sanktioniert. Der drohende unmittelbare Entzug der Nutzungsfähigkeit der Sache erhöht die Anreize für den Schuldner, seiner Zahlungspflicht nachzukommen, erheblich.119 Die mit der Automatisierung verbundenen Anreize müssen im Vergleich zu traditionellen Sicherungsverträgen indes sogar so groß sein, dass sie die fehlende Befriedigungswirkung der Automatisierung ausgleichen. Im Zentrum traditioneller Sicherungsinstrumente steht primär die Perspektive des Gläubigers: Dieser soll den Sicherungsgegenstand zur eigenen Befriedigung verwerten können.120 Während die Anreizwirkung in diesen Fällen also wohl eher als Nebenfolge anzusehen sein wird121, tritt sie bei Einsatz von Smart Contracts in den Mittelpunkt. Die Automatisierung führt nicht zu einem Verwertungsrecht des Gläubigers, sondern kann lediglich die Anreize des Schuldners, seinen Zahlungspflichten nachzukommen, in besonderem Maße erhöhen. So wird der unmittelbare Zusammenhang zwischen den Zahlungen des Schuldners und der Nutzungsmöglichkeit des Fahrzeugs einen enormen Druck für den Schuldner bedeuten. Dem Smart Contract kommt in gewisser Weise fast schon eine Erpressungswirkung (vgl. § 253 StGB) zu. Durch die permanente Drohung eines sofortigen Nutzungsverlustes, wird der Schuldner zu einer Erfüllung seiner Zahlungsverpflichtungen gedrängt. Eine Nichterfüllung wird durch die Automatisierung zu mehr als einer Pflichtverletzung mit der vergleichsweise abstrakten Gefahr leistungsstörungsrechtlicher Konsequenzen. Ein Zahlungsausfall kann bei Einsatz von Smart Contracts vielmehr bedeuten, dass der Schuldner sich ohne ein funktionsfähiges Fahrzeug oder ohne Zugang zur eigenen Wohnung wiederfindet. Der Schuldner wird daher regelmäßig alles daransetzen, seine vertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen, um weiterhin auf das Fahrzeug zugreifen zu können, das er möglicherweise benötigt, um seiner Erwerbstätigkeit nachzugehen oder um die eigenen Kinder zur Schule zu bringen. 118

Zu den Effizienzvorteilen einer digitalisierten Zwangsvollstreckung auch Paulus / Matzke, CR 2017, 769 (770); Paulus / Matzke, NJW 2018, 1905 (1910). 119 Vgl. etwa auch Paulus / Matzke, CR 2017, 769 (773); Paulus / Matzke, NJW 2018, 1905 (1910). 120 Vgl. nur den Wortlaut der jeweiligen gesetzlichen Regelungen, etwa § 1204 Abs. 1; § 1113 Abs. 1 BGB. 121 So wird etwa eine Bürgschaft (§ 765 BGB) ohnehin nur eine begrenzte Anreizwirkung für den Schuldner – der Anreiz wird sich hier wohl primär aus der möglichen Belastung der Beziehung und des Vertrauensverhältnisses zum Bürgen ergeben –, wohl aber dennoch eine erhebliche Sicherungswirkung haben.

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1. Teil: Einleitung und Grundlagen

Die durch die Automatisierung so verschobenen Anreize haben insofern wiederum zur Folge, dass die Wahrscheinlichkeit, dass der Schuldner seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, enorm sinkt.122

D. Zusammenfassung Ein Smart Contract ist Software, deren Funktion in der automatisierten Durchführung von Vertragsbedingungen besteht. Sie sind Computerprogramme, die (1) in Abhängigkeit von bestimmten, durch einen Computer verifizierbaren Ereignissen bestimmte, rechtlich relevante Maßnahmen automatisiert ausführen, (2) manipulationssicher gespeichert sind und (3) der automatisierten Erfüllung von Ge- und Verboten, insbesondere vertraglicher Verpflichtungen, dienen. Der zentrale Gedanke des Smart Contracts besteht darin, den Vollzug vertraglicher Regelungen auf einen Computer auszulagern. Hierdurch sollen Vertragsverletzungen möglichst verhindert werden. Zur Erreichung dieses Ziels verfolgen Smart Contracts praktisch vor allem zwei Ansätze: die Software kann entweder dazu eingesetzt werden, das vertragliche Pflichtenprogramm unmittelbar automatisch zu vollziehen und auf diese Weise eine Entscheidung des Schuldners zum Vertragsbruch unmöglich zu machen oder andererseits automatisiert auf vertragswidriges Verhalten zu reagieren und so Vertragsverletzungen für den Schuldner weniger attraktiv zu machen.

122 Hierdurch sinkt auch das sog. Gegenparteirisiko, vgl. hierzu und zu möglichen mittelbaren Vorteilen des Verbrauchers noch ausführlich unten S. 251 ff.

Zweiter Teil

Risiken von Smart Contracts für Verbraucher A. Fremdbestimmung des Verbrauchers durch Smart Contracts Der automatisierte Vollzug von Vertragsbedingungen durch Smart Contracts beschränkt die Möglichkeit des Schuldners, den Vertrag nicht zu erfüllen. Daneben kann auch auf vertragswidriges Verhalten automatisiert reagiert werden.1 Typischerweise unmittelbar von diesen Automatisierungen betroffen ist der Verbraucher. Regelmäßig wird er als Schuldner einer automatisierten Zahlungsverpflichtung mit den von der Automatisierung hervorgerufenen Nachteilen belastet. Die mit der Automatisierung verbundenen Eingriffe in seine Rechtspositionen bedürfen einer Rechtfertigung. Der Verbraucher muss der Automatisierung daher zustimmen. Smart Contracts beruhen insofern grundlegend auf dem Gedanken der Selbstbindung.2 Insbesondere in Vertragsbeziehungen zwischen Unternehmern und Verbrauchern wird diese Selbstbestimmung als Grundlage der Automatisierung aber unter Umständen in Frage gestellt. Dies ist vor allem auf die technischen Besonderheiten zurückzuführen, die ein Smart Contract mit sich bringt. Smart Contracts sind Software.3 1 Vgl. zu diesen beiden grundlegenden Ansätzen etwa Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (344); Paulus / Matzke, ZfPW 2018, 431 (433 f.); Fries / Paal, Vorwort, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, III. sowie ausführlich oben S. 30 ff. 2 Vgl. etwa Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (309); Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (129); sowie oben S. 36. 3 Vgl. nur aus der deutschsprachigen Literatur Blocher, AnwBl 2016, 612 (618); Kaulartz /  Heckmann, CR 2016, 618 (619; Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1, unter B.; Heckmann, CR 2016, R99 (R99); Heckmann / Kaulartz, c’t 2016, 138 (138); Voshmgir, Blockchains, Smart Contracts und das Dezentrale Web, 2016, S. 14; BaFin, Blockchain-Technologie, 2017; Berentsen / Schär, Bitcoin, Blockchain und Kryptoassets, 2017, S. 289; Börding / Jülicher /  Röttgen / v. Schönfeld, CR 2017, 134 (138); Meitinger, in: Deutsche Gesellschaft für Informatik, Informatiklexikon, 2017; Prior, ZAP, Fach 2, 05/2017, S. 651 (653); Schrey / T halhofer, NJW 2017, 1431 (1431); Simmchen, MMR 2017, 162 (164); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 13; J. Wagner, BB 2017, 898 (901); Eschenbruch / Gerstberger, NZBau 2018, 3 (3); Fries, AnwBl 2018, 86 (86); Fries, in: Deutscher Bundestag – Finanzausschuss, Protokoll zur 34. Sitzung, BT-Drs. 19/4217, S. 71 (71); Glatz, in: Hartung / Bues / Halbleib (Hrsg.), Legal Tech: Die Digitalisierung des Rechtsmarktes, 2018, S. 287 (287, Rn. 1211); Grundmann / Hacker, in: European Review of Contract Law, Band 13 (2017), S. 255 (Manuskript, S. 10); Heckelmann, NJW 2018, 504 (504);

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2. Teil: Risiken von Smart Contracts für Verbraucher

Sie bestehen aus Programmcode.4 Kaum ein Verbraucher wird aber über die technischen Kenntnisse verfügen, um den Programmcode und damit die genaue Funktionsweise im Einzelnen nachvollziehen zu können. Smart Contracts werden daher kaum individuell verhandelt werden5, der Verbraucher wird kaum an ihrer Gestaltung mitwirken können. Stattdessen wird ein Smart Contract oftmals von einem Unternehmer, der über die entsprechende Expertise verfügt, vorgegeben werden. Die einseitige Formulierung des Programmcodes durch den Unternehmer in Verbindung mit dessen Unverständlichkeit birgt ein immenses Risiko einer Fremdbestimmung des Verbrauchers bei Verwendung von Smart Contracts. Es besteht eine erhebliche Gefahr, dass ein Unternehmer das mangelnde Verständnis des Verbrauchers ausnutzt, indem er sich mit dem Verbraucher formal auf eine Automatisierung einigt, obwohl der Verbraucher die Funktionsweise des Smart Contracts ebenso wie die damit verbundenen Risiken nicht vollständig überblickt.

I. Notwendigkeit einer Zustimmung des Verbrauchers Typischerweise ist der Verbraucher von einer Automatisierung vertraglicher Regelungen durch Smart Contracts direkt betroffen. Der Verbraucher hat dieser besonderen Form der Vertragserfüllung daher grundsätzlich zustimmen. Ohne eine Lobe, in: Süddeutsche Zeitung, 08. 04. 2018; Möslein, ZBB 2018, 208 (215); Otto, in: Deutscher Bundestag – Finanzausschuss, Protokoll zur 34. Sitzung, BT-Drs. 19/4217, S. 82 (103); Paulus / Matzke, NJW 2018, 1905 (1905); Paulus / Matzke, ZfPW 2018, 431 (433 f.); Söbbing, ITRB 2018, 43 (43); Urbach, in: Enzyklopädie der Wirtschaftsinformatik, 2018; Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 24; Finck, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 1 (7); Möslein, ZHR 2019, 254 (260); Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 13, 42. 4 So ausdrücklich etwa Miller / Stiegler, in: Rizzo / W hite (Hrsg.), Markets, Information and Communication – Austrian Perspectives on the Internet Economy, 2004, S. 63 (64); P ­ eters /  Panayi, Understanding Modern Banking Ledgers through Blockchain Technologies, 2015, S. 7; Blocher, AnwBl 2016, 612 (618); Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1, unter B.; Hingley / Robinson, A smart new world: blockchain and smart contracts, 2016; Stark, Making Sense of Blockchain Smart Contracts, 2016; Catchlove, Smart Contracts: A New Era of Contract Use, 2017, S. 8; Jaccard, in: Jusletter IT v. 23. 11. 2017, S. 4; Kaal / Calcaterra, in: The Business Lawyer, Band 73 (2017), S. 109 (111); I. Ng, The Art of Contract Drafting in the Age of Artificial Intelligence, 2017, S. 33; O’Shields, in: North Carolina Banking Institute, Band 21 (2017), S. 177 (179); Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (127); Simmchen, MMR 2017, 162 (164); Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (273); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 13; Young, in: Catholic University Journal of Law & Technology, Band 26 (2017), S. 1 (6 f.); De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 74; Eschenbruch / Gerstberger, NZBau 2018, 3 (3); Kennedy, in: Law Practice, Band 44 (2018), S. 56 (58 f.); Möslein, ZBB 2018, 208 (215); De Caria, in: Aggarwal /  Eidenmüller / Enriques / Payne / van Zwieten (Hrsg.), Autonomous Systems and the Law, 2019, S. 27 (29); Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 24; Finck, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 1 (7); Voshmgir, Token Economy, 2019, S. 87 f. 5 Vgl. Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (622); Möslein, ZBB 2018, 208 (218).

A. Fremdbestimmung des Verbrauchers durch Smart Contracts 

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solche Selbstbestimmung läuft die Automatisierung Gefahr, ihre grundlegende Rechtfertigung zu verlieren. 1. Der Verbraucher als unmittelbar von der Automatisierung Betroffener Die besondere Belastung des Verbrauchers durch Smart Contracts ergibt sich zunächst aus seiner typischen Stellung in Vertragsbeziehungen zu einem Unternehmer: zumeist wird der Verbraucher die Rolle des Schuldners einer Zahlung einnehmen und hierfür im Gegenzug ein Produkt, Werk oder eine Dienstleistung erhalten. Bei Verwendung eines Smart Contracts bedeutet dies indes, dass es meist die Leistungspflicht des Verbrauchers sein wird, die durch den Smart Contract automatisiert vollzogen wird. a) Zahlungen als typischerweise automatisierte Leistungen Die Automatisierung durch einen Smart Contract setzt voraus, dass die durchzuführende Maßnahme vollumfänglich durch ein Computerprogramm gesteuert werden kann.6 Dies umfasst beispielsweise Zahlungen (ggf. über Zahlungsdienstleister), Online-Bestellungen, Datentransfers oder das Zur-Verfügung-Stellen von Dateien7. In Verbindung mit der Blockchain-Technologie können digitale Wirtschaftsgüter (Kryptowährungen oder Tokens) sogar unmittelbar automatisiert übertragen werden.8 Smart Contracts können zudem etwa den Zugang zu oder die Nutzung von einer Sache ermöglichen oder versperren, Geldtransfers bewirken oder Informationen vermitteln.9 Unter Umständen können Smart Contracts auch eingesetzt werden, um Willenserklärungen automatisiert zu übermitteln.10 6

Zu diesem Erfordernis etwa Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (619 f.); Jacobs / L angeHausstein, ITRB 2017, 10 (13); Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band  1 (2017), S. 305 (309 f.); Eschenbruch / Gerstberger, NZBau 2018, 3 (4); Frankenreiter, in: Journal of Institutional and Theoretical Economics 175 (2019), S. 149 (154 f., 157). 7 Vgl. etwa Börding / Jülicher / Röttgen / v. Schönfeld, CR 2017, 134 (138). Zum Beispiel des Zur-Verfügung-Stellens eines E-Books auch ausführlich Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 49 ff. 8 Insbesondere Frankenreiter, in: Journal of Institutional and Theoretical Economics 175 (2019), S. 149 (157). Zur Verbindung der Idee des Smart Contracts mit der Blockchain-Technologie siehe ausführlich unten S. 134 ff. 9 Insgesamt im Sinne einer Automatisierung von Realakten etwa Heckelmann, NJW 2018, 504 (508); Paulus / Matzke, ZfPW 2018, 431 (454). 10 Vgl. zu dieser Möglichkeit und den damit verbundenen Problemen etwa Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1028); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (203); Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (620); Börding / Jülicher / Röttgen / v. Schönfeld, CR 2017, 134 (139); Prinz / Schulte, Blockchain und Smart Contracts, Fraunhofer-Gesellschaft, 2017, S. 23 f.; Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Über-

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2. Teil: Risiken von Smart Contracts für Verbraucher

Umgekehrt können solche Verpflichtungen, die eine menschliche Ausführungshandlung entweder als notwendigen Zwischenschritt voraussetzen oder sogar unmittelbar zum Gegenstand haben, kaum von einem Smart Contract vollzogen werden können.11 Auf analog zu erbringende Leistungen sind Smart Contracts nicht anwendbar.12 So können etwa Dienstleistungen (§ 611 Abs. 1 BGB) nur in wenigen Fällen automatisiert von einem Computer vorgenommen werden.13 Das gleiche gilt wohl grundsätzlich auch für die Herstellung eines Werkes (§ 631 Abs. 1 BGB) oder eine Geschäftsbesorgung (§§ 662, 675 Abs. 1 BGB). Der einfachste und praktisch wohl häufigste Fall einer automatisierten Leistungspflicht besteht in der Automatisierung einer Zahlung.14 Nahezu alle im BGB geregelten Vertragstypen regeln eine Zahlungsverpflichtung als Gegenleistung, etwa für die Übergabe und Übereignung des Kaufgegenstandes (§ 433 Abs. 2 BGB), die Herstellung eines Werkes (§ 631 Abs. 1 BGB), die Leistung eines Dienstes (§ 611 Abs. 1 BGB) oder das Zur-Verfügung-Stellen einer Mietsache (§ 535 Abs. 2 BGB) oder eines Geldbetrags (§ 488 Abs. 1 BGB). Diese Geldüberweisungen können ohne größere Probleme – durch automatisierte Anweisung an einen entsprechenden Zahlungsdienstleister oder durch die unmittelbare Übertragung von Kryptowährungen – durch Computerprogramme gesteuert werden. Im Rahmen derartiger blick, 2017, S. 22 f.; De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 161 f.; Glatz, in: Hartung / Bues / Halbleib (Hrsg.), Legal Tech: Die Digitalisierung des Rechtsmarktes, 2018, S. 287 (293, Rn. 1230); Paulus / Matzke, ZfPW 2018, 431 (439 ff.); Anzinger, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 33 (58 f.); Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (giz), Blockchain: A World without Middlemen?, 2019, S. 44 ff.; Finck, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 1 (8 f.); Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 26; Möslein, ZHR 2019, 254 (272); Möslein, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 81 (90 ff.) [Rn. 15 ff.]; Mik, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 160 (173). 11 Vgl. Perugini / Dal Checco, Smart Contracts: a preliminary evaluation, 2016, S. 10; ­Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (311); De Caria, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 19 (28 f.) sowie Simmchen, MMR 2017, 162 (164), der die Abhängigkeit der meisten Vertragserfüllungen von menschlichen Ausführungshandlungen als wesentliches Hindernis für Smart Contracts ansieht. 12 Vgl. Börding / Jülicher / Röttgen / v. Schönfeld, CR 2017, 134 (138); Perugini / Dal Checco, Smart Contracts: a preliminary evaluation, 2016, S. 10; De Caria, in: DiMatteo / Cannarsa /  Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 19 (28 f.). 13 Vgl. Perugini / Dal Checco, Smart Contracts:  a preliminary evaluation, 2016, S. 10; ­Simmchen, MMR 2017, 162 (164); De Caria, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 19 (28 f.). 14 Im Ergebnis auch Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 15; Eschenbruch / Gerstberger, NZBau 2018, 3 (4); Fries, AnwBl 2018, 86 (86); DiMatteo / Cannarsa / Poncibò, in: DiMatteo / Cannarsa /  Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 3 (8).

A. Fremdbestimmung des Verbrauchers durch Smart Contracts 

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entgeltlicher Verträge können Smart Contracts daher eingesetzt werden, um zumindest einen Teil des vertraglichen Pflichtenprogramms automatisiert zu vollziehen. In Kaufverträgen (§ 433 BGB) und Mietverträgen (§ 535 BGB) lassen sich unter Umständen sogar beide Hauptleistungspflichten automatisieren, etwa beim Kauf digitaler Produkte oder elektronisch verschließ- und öffenbaren Mietgegenständen. Das gleiche gilt ohnehin für Darlehensverträge (§ 488 Abs. 1 BGB), in denen sowohl die Leistung des Darlehensgebers als auch die des Darlehensnehmers im Ergebnis in ohne weiteres automatisierbaren Geldtransfers besteht. In gleicher Weise können durch Smart Contracts auch beispielsweise Vertragsstrafen oder die Auszahlung von Schadensersatz automatisiert werden.15 Die Übertragung von Vermögensgegenständen und Zahlungen im Speziellen sind vor diesem Hintergrund der klassische Anwendungsfall einer Automatisierung durch Smart Contracts.16 b) Verbraucher als typische Zahlungsschuldner In Rechtsverhältnissen zwischen Unternehmern und Verbrauchern (Verbraucherverträgen, gem. § 310 Abs. 3 BGB) wird zumeist der Verbraucher die Rolle des Zahlungsschuldners einnehmen und hierfür im Gegenzug ein Produkt, ein Werk oder eine Dienstleistung vom Unternehmer erhalten.17 Verbraucher werden also in den meisten Fällen Schuldner einer Zahlungspflicht sein. Nach der Legaldefinition des § 14 BGB handelt der Unternehmer „bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung [seiner] gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit“. Ein Unternehmer erbringt vor diesem Hintergrund Leistung gerade mit dem Ziel hierfür eine Zahlung als Gegenleistung zu erhalten. Die Entgeltlichkeit der Tätigkeit stellt gerade ein konstitutives Merkmal eines Gewerbes und damit des Unternehmerbegriffes dar.18 Der Kern der unternehmerischen Tätigkeit besteht gerade darin, ein Produkt zu verkaufen (§ 433 BGB), ein Werk herzustellen (§ 631 BGB), eine Dienstleistung zu erbringen (§ 611 BGB), einen Gegenstand zeitweise zu überlassen (§ 535 BGB), Geld zur Verfügung zu stellen (§ 488 BGB) oder ein sonstiges Geschäft zu besorgen (§ 675 BGB) und hierfür vom Verbraucher 15 Vgl. zu automatisierten Sanktionen für vertragsuntreues Verhalten als Anwendungsfall der Automatisierung durch Smart Contracts ausführlich oben S. 38 ff. 16 In diese Richtung wohl auch Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 15; Eschenbruch / Gerstberger, NZBau 2018, 3 (4); Fries, AnwBl 2018, 86 (86); DiMatteo / Cannarsa / Poncibò, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 3 (8). 17 Instruktiv zur ökonomischen Herleitung des Verbrauchers als Konsument in Abgrenzung zum Unternehmer als Produzent Calliess, in: Möslein (Hrsg.), Private Macht, 2016, S. 213 (216 f.). In diese Richtung auch Tamm, Verbraucherschutzrecht, 2011, S. 11 f. 18 Vgl. statt vieler etwa Micklitz, in: MüKo-BGB, 8. Aufl. 2020, § 14 Rn. 23 ff.; Bamberger, in: Hau / Poseck (Hrsg.), BeckOK-BGB, 55. Edition, 01. 08. 2020, § 14, Rn. 14.

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2. Teil: Risiken von Smart Contracts für Verbraucher

im Gegenzug eine Geldzahlung zu erhalten, die (idealerweise) die Kosten für die Erfüllung der eigenen Leistungspflicht übersteigt. Umgekehrt wird der Verbraucher, der nicht zu gewerblichen Zwecken oder für eine selbständige berufliche Tätigkeit tätig wird (§ 13 BGB), regelmäßig als Käufer, Besteller, Dienstgeber, Mieter, Kreditnehmer oder Auftragsgeber auftreten.19 Der Verbraucher tritt typischerweise als Nachfrager von Waren und Dienstleistungen auf letzter Absatzstufe auf.20 Schon sprachlich handelt es sich bei dem Verbraucher um einen Konsumenten21, der Waren und Dienstleistungen zur Befriedigung des persönlichen oder familiären Bedarfs22 erwirbt und anschließend verbraucht.23 Diese Rollenverteilung wird unterstrichen durch die Legaldefinition des Verbrauchsgüterkaufs in § 474 Abs. 1 S. 2 BGB, der zufolge der Verbraucher gerade als Käufer, der Unternehmer als Verkäufer auftritt.24 Der (aus privaten Motiven handelnde) Verbraucher wird demgegenüber nur selten Waren an einen (gewerblich orientierten) Unternehmer verkaufen. Verbraucherverträge, die eine entgeltliche Leistung des Unternehmers zum Gegenstand haben, sind sogar von so großer praktischer Bedeutung, dass die zentralen verbraucherschützenden Regelungen der Kapitel 1 und 2 des Untertitels „Grundsätze bei Verbraucherverträgen und besondere Vertriebsformen“ ausdrücklich nur auf diese Fallgruppe anwendbar sind (§ 312 Abs. 1 BGB). Vor diesem Hintergrund werden Verbraucher in Rechtsbeziehungen zu Unternehmern typischerweise die Rolle des Zahlungsschuldners einnehmen – und damit gerade der Art einer Leistungspflicht, die paradigmatisch für eine Automatisierung durch einen Smart Contract ist.25 Praktisch wird der Verbraucher somit im Regelfall die Rolle des Schuldners der automatisierten Leistung einnehmen und damit direkt von der Automatisierung betroffen sein.

19 Vgl. zum Verbraucher als Abnehmer von Waren und Dienstleistungen auch Tamm, Verbraucherschutzrecht, 2011, S. 11 f.; Calliess, in: Möslein (Hrsg.), Private Macht, 2016, S. 213 (216 f.). 20 Vgl. etwa Tamm, Verbraucherschutzrecht, 2011, S. 12; Tamm, in: Tamm / Tonner / Brönneke (Hrsg.), Verbraucherrecht, 3. Aufl. 2020, § 2 Rn. 1; Calliess, in: Möslein (Hrsg.), Private Macht, 2016, S. 213 (217). 21 Vgl. etwa Dudenredaktion (o. J.), „Verbraucher“, Duden online. Verbraucher und Konsument synonym verwendend beispielsweise auch Tamm, in: Tamm / Tonner / Brönneke (Hrsg.), Verbraucherrecht, 3. Aufl. 2020, § 1 Rn. 6. 22 Vgl. etwa Tamm, in: Tamm / Tonner / Brönneke (Hrsg.), Verbraucherrecht, 3. Aufl. 2020, § 1 Rn. 15. Ähnlich auch Calliess, in: Möslein (Hrsg.), Private Macht, 2016, S. 213 (216 f.). 23 Instruktiv zur Motivation des Verbrauchers im Gegensatz zum Unternehmer auch Tamm, Verbraucherschutzrecht, 2011, S. 13. 24 Vgl. zur Gegenüberstellung des Verbrauchers mit dem Verkäufer auch die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. 05. 1999, vgl. beispielhaft die Erwägungsgründe (6), (9), (11), (12), (18), (19), (21). 25 Vgl. soeben oben S. 45 ff.

A. Fremdbestimmung des Verbrauchers durch Smart Contracts 

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2. Rechtfertigungsbedürftigkeit der Automatisierung Vor diesem Hintergrund werden etwaige benachteiligende Folgen der Automatisierung primär den Verbraucher als typischen Schuldner der automatisierten Leistung treffen. Zwar kann sich eine Automatisierung mittelbar durchaus vorteilhaft für den Verbraucher auswirken26, zunächst führt sie aber zu einer Beschränkung der Handlungsoptionen des Schuldners: Diesem wird durch den Smart Contract die grundsätzliche Fähigkeit genommen, sich gegen die Erfüllung seiner vertraglichen Leistungspflicht zu entscheiden.27 Alternativ, d. h. wenn diese Fähigkeit bestehen bleibt, können zudem Konsequenzen für vertragsbrüchiges Verhalten automatisiert vollzogen werden, die Leistungsstörungen besonders unattraktiv machen sollen.28 Den häufigsten Fall einer Automatisierung von Leistungspflichten stellen automatisierte Zahlungen dar.29 Der klassische Fall automatisierter Sanktionen besteht wiederum in Computer-gesteuerten Wegfahr- und Nutzungssperren (Smart Lock).30 26

Vgl. ausführlich unten S. 251 ff. Vgl. zum Ausschluss eines Vertragsbruchs durch Automatisierung etwa Hsiao, in: USChina Law Review, Band 14 (2017), S. 685 (686 f.); Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (130); Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (279); Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (306, 316); Mik, in: Innovation & Technology, Band 9 (2017), S. 269 (Manuskript, S. 10); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 13; Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (347, 352 f.); De Caria, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 19 (27); Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (73, 75); Tjong Tjin Tai, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 80 (98); Poncibò /  DiMatteo, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (118, 128); Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (291). 28 Vgl. hierzu auch Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (344); Paulus / Matzke, ZfPW 2018, 431 (433 f.); Fries / Paal, Vorwort, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, III. sowie ausführlich oben S. 38 ff. 29 Vgl. ausführlich oben S. 45 ff. 30 Vgl. grundlegend Szabo, Formalizing and Securing Relationships on Public Networks, in: First Monday, Band 2 (1997). Im Anschluss auch Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (618); BaFin, Blockchain-Technologie, 2017; Börding / Jülicher / Röttgen / v. Schönfeld, CR 2017, 134 (138); K. Levy, in: Engaging Science, Technology and Society, Band 3 (2017), S. 1 (3); M. Müller, ZfIR 2017, 600 (610 f.); Paulus / Matzke, CR 2017, 769 (772 f.); Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (310); Simmchen, MMR 2017, 162 (164); Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (273 f.); De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 160 f.; Fries, AnwBl 2018, 86 (86); Heckelmann, NJW 2018, 504 (505); Lobe, in: Süddeutsche Zeitung, 08. 04. 2018; Paulus / Matzke, ZfPW 2018, 431 (435); Werbach, The Blockchain and the New Architecture of Trust, 2018, S. 65, 127; Hofmann, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 125 (128); Möslein, ZHR 2019, 254 (262, 264). Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (86, 95 ff.); Voshmgir, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 13 (25) [Rn. 40]. 27

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2. Teil: Risiken von Smart Contracts für Verbraucher

Durch einen Smart Contract können somit insbesondere Vermögensverschiebungen zulasten des Verbrauchers oder Eingriffe in Rechtspositionen automatisiert werden. Derartige Vorgänge sind nicht ohne weiteres zulässig, sondern bedürfen, da sie die Sphäre des Schuldners bzw. Verbrauchers betreffen, einer entsprechenden Rechtfertigung.31 a) Rechtfertigungsbedürftigkeit von automatisierten Vermögensverschiebungen Durch Smart Contracts automatisierte Zahlungen und Vermögensverschiebungen sind rechtfertigungsbedürftig32: Sie bedürfen nach § 812 Abs. 1 BGB eines rechtlichen Grundes.33 Erfolgt die automatisierte Leistung ohne einen rechtlichen Grund, so hat der Unternehmer (als typischer Empfänger der automatisierten Leistung) das Erlangte nach den Grundsätzen der Rückgabe ungerechtfertigter Bereicherungen an den Verbraucher herauszugeben (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB).34 Typischerweise wird sich dieser Rechtsgrund aus einem zwischen dem Verbraucher und dem Unternehmer vereinbarten Kausalgeschäft ergeben.35 Der Smart Contract kann demnach grundsätzlich nur dann zu einem kondiktionsfesten Erwerb einer Rechtsposition führen, wenn ein entsprechendes (vertragliches) Recht des Unternehmers besteht.36 Dementsprechend muss die Automatisierung auf einem entsprechenden Anspruch beruhen, d. h. durch ein Recht von einem anderen, ein Tun oder Unterlassen zu verlangen (§ 194 Abs. 1 BGB), gestützt sein.37

31

So gerade im Zusammenhang mit Smart Contracts auch Riehm, in: Braegelmann /  Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 99 (99) [Rn. 1]. 32 Vgl. auch Riehm, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 99 (99) [Rn. 1]. 33 Ausdrücklich auch Riehm, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 99 (101) [Rn. 5]. 34 Vgl. Riehm, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 99 (101) [Rn. 5]. 35 Zur Auslegung des Merkmals der Rechtsgrundlosigkeit etwa Grigoleit / Auer, Schuldrecht III: Bereicherungsrecht, 2009, § 1 Rn. 29; Auer, in: Staudinger-Eckpfeiler, 7. Aufl. 2020, Kapitel S., Rn. 25; Schwab, in: MüKo-BGB, 8. Aufl. 2020, § 812 Rn. 415 ff. 36 Vgl. Riehm, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 99 (101 f.) [Rn. 7]: „Der Smart Contract darf nur diejenigen Vermögensverschiebungen vornehmen, die nach den vertraglichen Vereinbarungen (bzw. nach dem Gesetz) zulässig sind, und nur unter den Voraussetzungen, die vertraglich bzw. gesetzlich vorgesehen sind.“ 37 In diese Richtung wohl auch Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (86, 88).

A. Fremdbestimmung des Verbrauchers durch Smart Contracts 

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b) Rechtfertigungsbedürftigkeit von automatisierten Sanktionen Das Problem der Rechtfertigungsbedürftigkeit der Automatisierung stellt sich nicht nur im Fall automatisierter Leistungen, sondern beispielsweise auch bei den bereits angesprochenen automatisierten Sanktionen.38 Durch Smart Contracts kann beispielsweise das Anlassen des Motors eines vom Verbraucher gemieteten oder geleasten Fahrzeugs oder das Öffnen der Tür zur Mietwohnung von der Erfüllung der Zahlungsverpflichtungen (§ 535 Abs. 2 BGB bzw. § 433 Abs. 2 iVm. § 506 Abs. 3 BGB) durch den Verbraucher abhängig gemacht werden.39 Diese automatisierten Sperren führen nicht zu einer Vermögensverschiebung zu Lasten des Unternehmers, sondern dienen in erster Linie dem Ziel, die Nichtzahlung für den Verbraucher so unattraktiv wie möglich zu machen und ihn auf diese Weise zur Vertragstreue zu bewegen.40 Weil der Unternehmer durch die Nutzungssperre aber nichts im Sinne des § 812 Abs. 1 BGB erlangt, können die Maßgaben der Herausgabe ungerechtfertigter Bereicherungen in diesem Fall keine Anwendung finden. Dennoch greifen derartige Smart Contracts in die Möglichkeit des Verbrauchers, das Fahrzeugs bzw. die Mietwohnung zu nutzen, ein und können daher seinen Besitz (§ 854 BGB) stören. Vor diesem Hintergrund können sie bei fehlender Rechtfertigung insbesondere eine verbotene Eigenmacht (§ 858 BGB)41 und / oder einen Eingriff in den als sonstiges Recht nach § 823 Abs. 1 BGB geschützten berechtigten Besitz42 darstellen43. 3. Rechtfertigung der Automatisierung durch Zustimmung des Verbrauchers Sowohl automatisierte Leistungspflichten als auch automatisierte Sanktionen – zumindest sofern sie entweder in Vermögensverschiebungen oder in Eingriffen in Rechtspositionen bestehen – bedürfen vor diesem Hintergrund grundlegend einer Rechtfertigung. Diese Rechtfertigung wird grundsätzlich in einer Zustimmung des Verbrauchers zur Automatisierung bestehen.

38

Vgl. bereits eingehend oben S. 38 ff. Vgl. zur Zulässigkeit dieser Gestaltungen auch noch ausführlich unten S. 223 ff. 40 Vgl. zu der erhöhten Anreizwirkung automatisierter Reaktionen etwa auch Paulus / Matzke, CR 2017, 769 (773); Paulus / Matzke, NJW 2018, 1905 (1910) sowie oben S. 39 ff. 41 Vgl. hierzu ausführlich unten S. 223 ff. 42 Vgl. zum Schutz des berechtigten Besitzes als sonstiges Recht nach § 823 Abs. 1 BGB etwa BGH, Urt. v. 21. 02. 1979 – VIII ZR 124/78, BGHZ 73, 355 (362); Urt. v. 21. 01. 1981 – VIII ZR 41/80, BGHZ 79, 232 (237); Urt. v. 07. 05. 1991 – VI ZR 259/90, BGHZ 114, 305 (312); Urt. v. 04. 11. 1997 – VI ZR 348/96, BGHZ 137, 89 (98). 43 Zu dieser möglichen Rechtsfolge eines vom Parteiwillen abweichenden Smart Contracts auch Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (121 f.). 39

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2. Teil: Risiken von Smart Contracts für Verbraucher

a) Der vertragliche Anspruch auf das Automatisierte als Rechtfertigung Voraussetzung einer durch Smart Contracts automatisierten Leistung eines Verbrauchers muss mindestens das Recht des Unternehmers sein, das Automatisierte zu verlangen, d. h. ein vertraglicher Anspruch (§ 194 BGB) auf das Automatisierte.44 Der Smart Contract muss somit eine vertraglich geschuldete Leistungspflicht automatisieren. Bestünde hingegen keine der Automatisierung entsprechende Leistungspflicht des Verbrauchers bzw. ein entsprechender Anspruch des Unternehmers, so würde eine Vermögensverschiebung grundsätzlich rechtsgrundlos erfolgen und müsste daher nach Maßgabe des § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB rückabgewickelt werden.45 Grundlage dieses Anspruchs ist ein wirksamer Vertrag zwischen Unternehmer und Verbraucher.46 Ein solcher Vertrag kommt gemäß der §§ 145 ff. BGB durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen der beiden Parteien zustande, bedingt also notwendigerweise bereits eine selbstbestimmte Entscheidung des Verbrauchers. Umgekehrt wird regelmäßig kein Rechtsgrund für eine Leistung bestehen – und damit kein kondiktionsfester Erwerb möglich sein –, wenn der Verbraucher dieser Vermögensverschiebung nicht im Rahmen einer vertraglichen Einigung zugestimmt hat. Auch andere automatisierte Eingriffe in Rechtspositionen des Verbrauchers, die zwar nicht zu einer Bereicherung des Unternehmers führen, aber unter Umständen eine Schadensersatzpflicht nach § 823 Abs. 1 BGB auslösen47, bedürfen grundsätzlich der Zustimmung des Verbrauchers. So wird eine Einwilligung des Verbrauchers die Widerrechtlichkeit eines Eingriffs in eine absolut geschützte Rechtsposition gemäß § 823 Abs. 1 BGB ausschließen.48 Ohne einen entsprechenden Willen des Verbrauchers, werden zudem Besitzstörungen von vornherein eine verbotene Eigenmacht nach § 858 BGB darstellen.49 b) Rechtfertigungsbedürftigkeit der Automatisierung selbst Es stellt sich indes die Frage, ob ein solcher Anspruch auf das Automatisierte ausreicht, um die Automatisierung eines Smart Contracts zu rechtfertigen. 44

In diese Richtung auch Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (86, 88). Vgl. bereits oben S. 50 ff. 46 Vgl. Riehm, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 99 (101 f.) [Rn. 7]: „Der Smart Contract darf nur diejenigen Vermögensverschiebungen vornehmen, die nach den vertraglichen Vereinbarungen (bzw. nach dem Gesetz) zulässig sind, und nur unter den Voraussetzungen, die vertraglich bzw. gesetzlich vorgesehen sind.“ 47 Zu dieser möglichen Rechtsfolge eines vom Parteiwillen abweichenden Smart Contracts auch Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (121 f.). 48 Vgl. allgemein Wagner, in: MüKo-BGB, 8. Aufl. 2019, § 823, Rn. 81; Förster, in: Hau / Poseck (Hrsg.), BeckOK-BGB, 55. Edition, 01. 08. 2020, § 823, Rn. 33. 49 Vgl. zur besonderen Problematik der Zustimmung in die Besitzstörung vor dem Hintergrund der verbotenen Eigenmacht bei Einsatz von Smart Contracts ausführlich unten S. 233 ff. 45

A. Fremdbestimmung des Verbrauchers durch Smart Contracts 

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aa) Rechtfertigungsbedürftigkeit der Automatisierung einer Leistungspflicht Besteht ein Anspruch auf das Automatisierte, so wird der Verbraucher durch die Automatisierung lediglich an eine bestehende Verpflichtung gebunden, der er im Rahmen der vertraglichen Einigung bereits zugestimmt hat. Sofern der Smart Contract aber nur bereits Vereinbartes umsetzt50, der Smart Contract also nur eine Bindung an das Geschuldete festsetzt, wird keine weitere Rechtspflicht des Verbrauchers begründet. Er wird „lediglich“ an seine Verpflichtung gebunden.51 Vor diesem Hintergrund kann durchaus in Frage gestellt werden, ob die Automatisierung selbst einer (weiteren) Rechtfertigung bedarf. Der automatisierte Vollzug eines vertraglichen Rechtes unterscheidet sich jedoch wesentlich von einer traditionellen Leistungserbringung durch den Verbraucher. Im Vergleich zu dem bloßen Bestehen einer vertraglichen Leistungspflicht bedeutet die Automatisierung eine ungleich engere Bindung an das Versprochene.52 Der Erfüllung traditioneller vertraglicher Verpflichtungen wohnt insofern eine Komponente der Selbstbestimmung bzw. der Freiwilligkeit inne als der Schuldner seine Leistungsbereitschaft im Moment der Erfüllung gewissermaßen zu bestätigen hat.53 Der Schuldner kann sich aber auch gegen eine Erfüllung entscheiden. Durch die Automatisierung soll dem Schuldner jedoch gerade diese Fähigkeit zum Vertragsbruch genommen werden.54 Die Leistungserbringung soll auf diese Weise von 50

Zu Smart Contracts als Umsetzungsinstrumente allgemein auch Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1030 f.); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (205); Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (621, 623); Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1, unter E.I; Mann, NZG 2017, 1014 (1016); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 14; Möslein, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 81 (83) [Rn. 4]; Möslein, ZHR 2019, 254 (264); Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (87); DiMatteo / Cannarsa / Poncibò, in: ­DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 3 (4); Rein, in: Sassenberg / Faber, Rechtshandbuch Industrie 4.0 und Internet of Things, 2. Aufl. 2020, § 14 Rn. 119. 51 Vgl. etwa auch Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (130). 52 Im Sinne einer Verstärkung von Versprechen etwa auch Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (356). 53 Vgl. hierzu bereits oben S. 33 ff. 54 Vgl. zum Ausschluss eines Vertragsbruchs durch Automatisierung etwa Hsiao, in: USChina Law Review, Band 14 (2017), S. 685 (686 f.); Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (130); Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (279); Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (306, 316); Mik, in: Innovation & Technology, Band 9 (2017), S. 269 (Manuskript, S. 10); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 13; Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (347, 352 f.); De Caria, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 19 (27); Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (73, 75); Tjong Tjin Tai, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart

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2. Teil: Risiken von Smart Contracts für Verbraucher

einer weiteren Entscheidung des Schuldners entkoppelt werden.55 Im Unterschied zur Situation, die im Anschluss an eine bloße vertragliche Bindung besteht, kann sich der Schuldner vor diesem Hintergrund selbst dann nicht gegen die Leistungserbringung entschließen, wenn die Nichterfüllung in seinem Interesse läge.56 Durch die Automatisierung werden mithin die unmittelbaren Handlungsspielräume des Verbrauchers beschnitten.57 Die Automatisierung differenziert nicht nach den Motiven des Verbrauchers für eine Nichterfüllung oder zunächst nicht vorhergesehenen Änderungen maßgeblicher Umstände.58 Er wird ungeachtet der individuellen Umstände an seinem Versprechen festgehalten. Durch die Automatisierung wird die Erfüllung der Leistungspflichten somit praktisch erzwungen.59 Das Bestehen eines entsprechenden Anspruchs kann daher nicht ausreichen, um die durch den Smart Contract hervorgerufenen besonders enge Bindung an das Leistungsversprechen zu rechtfertigen. bb) Rechtfertigungsbedürftigkeit der Automatisierung von Sanktionen Dies muss im Ergebnis auch für durch Smart Contracts herbeigeführte unmittelbare Konsequenzen für vertragswidriges Verhalten gelten.60

Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 80 (98); Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (118, 128); Borgogno, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (291). 55 Vgl. etwa Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1, unter A.; Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (618); Mik, in: Innovation & Technology, Band 9 (2017), S. 269 (Manuskript, S. 10); Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (306, 316); ­Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (126 ff.); Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 26; Durovic / Janssen, in: ­DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (73); Clément, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (271); Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (291). 56 Vgl. etwa Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (328); Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (127); Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (366); Borgogno, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (293) sowie unten S. 173 ff. 57 Vgl. auch bereits oben S. 37 f. 58 Vgl. zur Inflexibilität als Folge des von Smart Contracts vorausgesetzten Formalismus ausführlich unten S. 168 ff. 59 Vgl. etwa auch Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (320). 60 Zu diesem Anwendungsfall bereits ausführlich oben S. 38 ff.

A. Fremdbestimmung des Verbrauchers durch Smart Contracts 

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Eine derartige automatisierte Reaktion auf eine Leistungsstörung des Verbrauchers unterscheidet sich erheblich von möglichen Konsequenzen, die erst infolge eines gerichtlichen Verfahrens festgesetzt würden. So kann durch Verwendung von Smart Locks61 die Funktionsfähigkeit des Fahrzeugs direkt an die Zahlung des Mietzinses oder Ratenzahlungen gekoppelt werden.62 Im Vergleich zu traditionellen Sicherungsverträgen minimiert eine Automatisierung den Zeitraum zwischen der vertraglichen Pflichtverletzung und dem Moment, in dem die Konsequenzen für den Schuldner spürbar werden. Die Automatisierung macht die Konsequenzen eines Zahlungsausfalls für den Besitzer innerhalb kürzester Zeit, „nahezu in Echtzeit“63 empfindlich spürbar. Während der Schuldner das geleaste Fahrzeug traditionell trotz eines Zahlungsausfalls noch eine gewisse Dauer nutzen können würde, hat die Automatisierung zur Folge, dass mögliche Konsequenzen nicht mehrere Monate in der Zukunft liegen, sondern direkte Auswirkungen auf sein Leben haben. Dieser drohende unmittelbare Entzug der Nutzungsfähigkeit der Sache verändert die Situation im Vergleich zu traditionellen leistungsstörungsrechtlichen Konsequenzen daher enorm.64 Dem Smart Contract kommt somit in gewisser Weise fast schon eine Erpressungswirkung (vgl. § 253 StGB) zu.65 Es macht somit einen erheblichen Unterschied, ob eine bestehende vertragliche Regelung – ob Leistungspflicht oder Sanktion – durch Einsatz von Smart Contracts automatisiert wird oder nicht. Allein das Bestehen eines entsprechenden Anspruchs auf das Automatisierte kann die durch den automatisierten Vollzug dieser Regelung hervorgerufene, besondere Situation nicht rechtfertigen.

61 Vgl. grundlegend zu dieser Anwendung von Smart Contracts Szabo, Formalizing and Securing Relationships on Public Networks, in: First Monday, Band 2 (1997). Im Anschluss auch Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (618); BaFin, Blockchain-Technologie, 2017; Börding /  Jülicher / Röttgen / v. Schönfeld, CR 2017, 134 (138); K. Levy, in: Engaging Science, Technology and Society, Band 3 (2017), S. 1 (3); M. Müller, ZfIR 2017, 600 (610 f.); Paulus / Matzke, CR 2017, 769 (772 f.); Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (310); Simmchen, MMR 2017, 162 (164); Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (273 f.); De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 160 f.; Fries, AnwBl 2018, 86 (86); Heckelmann, NJW 2018, 504 (505); Lobe, in: Süddeutsche Zeitung, 08. 04. 2018; Paulus / Matzke, ZfPW 2018, 431 (435); Werbach, The Blockchain and the New Architecture of Trust, 2018, S. 65, 127; Hofmann, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 125 (128); Möslein, ZHR 2019, 254 (262, 264). Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (86, 95 ff.); Voshmgir, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 13 (25) [Rn. 40]. 62 Vgl. auch bereits oben S. 39 ff. 63 So Matzke, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 99 (108). 64 Vgl. zu einer wesentlichen Erhöhung der Anreize auch Paulus / Matzke, CR  2017, 769 (773); Paulus / Matzke, NJW 2018, 1905 (1910) sowie oben S. 39 ff. 65 Vgl. auch bereits oben S. 41.

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2. Teil: Risiken von Smart Contracts für Verbraucher

c) Rechtfertigung der Automatisierung selbst durch Zustimmung des Verbrauchers Der Verbraucher darf vor diesem Hintergrund nicht ohne oder sogar gegen seinen Willen mit den besonderen Risiken eines automatisierten Vollzugs von Vertragsbedingungen belastet werden. Mit den Vorstellungen des Bürgerlichen Gesetzbuches wäre es unvereinbar, wenn derartige Einschränkungen des Handlungsspielraums bzw. Rechtseingriffe ohne die Zustimmung des Verbrauchers erfolgen dürften. Ein automatisierter Vollzug vertraglicher Regelungen über den Kopf des Verbrauchers hinweg erscheint ebenso systemwidrig wie die Annahme einer vertraglichen Verpflichtung ohne eigene Entscheidung im Sinne eines Vertrags zu Lasten Dritter.66 Ebenso wie eine vertragliche Verpflichtung grundsätzlich nur auf einer entsprechenden eigenen Entscheidung der Person beruhen kann67, muss auch die von Smart Contracts hergestellte besonders strenge Bindung an privat aufgestellte Regeln, da ohne Möglichkeit der Missachtung68, auf einer privatautonomen Entscheidung beruhen. Dass ein Verbraucher durch seine Zustimmung zur Automatisierung etwaige Eingriffe rechtfertigen kann, wird wiederum durch die Tatbestände der verbotenen Eigenmacht nach § 858 BGB und der unerlaubten Handlung nach § 823 Abs. 1 BGB unterstrichen. In beiden Fällen setzen Eingriffe in Rechtspositionen eine Rechtfertigung voraus, die insbesondere in einer Zustimmung des Betroffenen bestehen kann.69 Nach dem Prinzip volenti non fit iniuria sollen Privatrechtssubjekte grundsätzlich selbstbestimmt über die Zulässigkeit von Eingriffen in ihre Rechtspositionen entscheiden dürfen.70 Stimmt der Betroffene einem Rechtseingriff also zu, so ist dieser Eingriff aus Sicht der Rechtsordnung grundsätzlich nicht sanktionswürdig.

66 Zur grundsätzlichen Unzulässigkeit eines Vertrags zu Lasten Dritter vgl. etwa BVerfGE 73, 261 (270 f.); BGH, Urt. v. 09. 03. 1972  – VII ZR 178/70, NJW 1972, 942 (943); Urt. v. 08. 11. 1973 – VII ZR 246/72, NJW 1974, 96 (96); Urt. v. 12. 11. 1980 – VIII ZR 293/79, NJW 1981, 275 (276); Gottwald, in: MüKo-BGB, 8. Aufl. 2019, § 328, Rn. 261; Janoscheck, in: Hau / Poseck (Hrsg.), BeckOK-BGB, 55. Edition, 01. 08. 2020, § 328 BGB, Rn. 5. 67 Auch eine Verpflichtung durch Handeln anderer (§ 164 BGB) setzt grundsätzlich die rechtsgeschäftliche Erteilung von Vertretungsmacht voraus. Eine Verpflichtung ohne bewusste privatautonome Entscheidung kommt nur ausnahmsweise bei Schaffen eines entsprechenden zurechenbaren Rechtsscheines in Betracht, vgl. hierzu grundlegend Canaris, Die Vertrauenshaftung im deutschen Privatrecht, 1971. 68 Vgl. in diese Richtung etwa auch Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band  67 (2017), S. 313 (356). 69 Vgl. zur Einwilligung als Rechtfertigung eines Rechtseingriffs nach § 823 Abs. 1 BGB etwa allgemein Wagner, in: MüKo-BGB, 8. Aufl. 2019, § 823, Rn. 81; Förster, in: Hau / Poseck (Hrsg.), BeckOK-BGB, 55. Edition, 01. 08. 2020, § 823, Rn. 33. Zur Rechtfertigung einer Besitzstörung durch Zustimmung nach Maßgabe des § 858 BGB noch ausführlich unten S. 233 ff. 70 Ausführlich zu diesem Grundsatz als Gerechtigkeitsprinzip Ohly, Volenti non fit iniuria, 2002, S. 64 ff.

A. Fremdbestimmung des Verbrauchers durch Smart Contracts 

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Die Parteien und insbesondere der von der Automatisierung unmittelbar betroffene Verbraucher müssen daher sowohl dem Automatisierten als auch der Automatisierung selbst zugestimmt haben.71 Verbraucher und Unternehmer müssen sich somit sowohl über das Bestehen einer entsprechenden vertraglichen Regelung als auch über den Vollzug Regelung gerade im Wege der Automatisierung geeinigt haben.

II. Das Funktionieren von Smart Contracts: Selbstbestimmung als raison d’être Die zentrale Funktion von Smart Contracts besteht in der Automatisierung von vertraglichen Bedingungen.72 Hierdurch sollen Vertragsverletzungen (im Fall automatisierter Erfüllung) von vornherein ausgeschlossen oder (im Fall automatisierter Reaktionen auf bestimmte Situationen) deutlich unattraktiver gemacht werden.73 Diese Vorgänge sind rechtfertigungsbedürftig und daher grundsätzlich nur bei einer entsprechenden Zustimmung des Verbrauchers – als unmittelbar betroffene Partei – zulässig.74 Vor diesem Hintergrund bildet die Selbstbestimmung des Verbrauchers, seine Zustimmung zur Automatisierung, eine zentrale Voraussetzung für die Zulässigkeit von Smart Contracts.75 71

Im Ergebnis in diese Richtung wohl auch Börding / Jülicher / Röttgen / v. Schönfeld, CR 2017, 134 (138): „der automatisierten Vertragsvollziehung ist eine generelle Einwilligung desjenigen, in dessen Namen gehandelt wird, vorgeschaltet.“ 72 Vgl. nur aus der deutschsprachigen Literatur etwa Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1, unter A. und B.; Heckmann, CR 2016, R99 (R99); Voshmgir, Blockchains, Smart Contracts und das Dezentrale Web, 2016, S. 14; BaFin, Blockchain-Technologie, 2017; Berentsen / Schär, Bitcoin, Blockchain und Kryptoassets, 2017, S. 289; Börding / Jülicher / Röttgen / v. Schönfeld, CR 2017, 134 (138); Meitinger, in: Deutsche Gesellschaft für Informatik, Informatiklexikon, 2017; Prior, ZAP, Fach 2, 05/2017, S. 651 (653); Simmchen, MMR 2017, 162 (164); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 13; J. Wagner, BB 2017, 898 (901); Eschenbruch / Gerstberger, NZBau 2018, 3 (3); Fries, AnwBl 2018, 86 (86); Fries, in: Deutscher Bundestag – Finanzausschuss, Protokoll zur 34. Sitzung, BT-Drs. 19/4217, S. 71 (71); Glatz, in: Hartung / Bues / Halbleib (Hrsg.), Legal Tech: Die Digitalisierung des Rechtsmarktes, 2018, S. 287 (287, Rn. 1211); Grundmann / Hacker, in: European Review of Contract Law, Band 13 (2017), S. 255 (Manuskript, S. 10); Heckelmann, NJW 2018, 504 (504); Jacobs / L ange-Hausstein, ITRB 2017, 10 (12); Lobe, in: Süddeutsche Zeitung, 08. 04. 2018; Möslein, ZBB 2018, 208 (215); Paulus / Matzke, NJW 2018, 1905 (1905); Paulus / Matzke, ZfPW 2018, 431 (433 f., 438); Urbach, in: Enzyklopädie der Wirtschaftsinformatik, 2018; J. Wagner, Legal Tech und Legal Robots, 2018, S. 21; Weigel, Von „smart contracts“ und Getränkeautomaten, 2018; Finck, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 1 (7); Möslein, ZHR 2019, 254 (259 f.); Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 13, 42. Zur englischsprachigen Literatur vgl. auch bereits oben S. 31. 73 Zu diesen zwei grundsätzlichen Anwendungsfällen etwa Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (344); Paulus / Matzke, ZfPW 2018, 431 (433 f.); Fries / Paal, Vorwort, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, III. sowie bereits ausführlich oben S. 30 ff. 74 Vgl. ausführlich oben S. 44 ff. 75 Vgl. ausführlich zur Vertragsfreiheit als rechtlicher Grundlage für die Akzeptanz der Automatisierung noch unten S. 178 ff.

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2. Teil: Risiken von Smart Contracts für Verbraucher

Mehr noch als eine Zulässigkeitsvoraussetzung, ist die Selbstbestimmung der Parteien vor dem Hintergrund der Entstehungsgeschichte von Smart Contracts aber sogar ein zentraler Grund für ihre Entwicklung. 1. Vervollständigte Selbstbestimmung statt Abhängigkeit von anderen als ursprüngliches Ziel der Automatisierung Das bereits angesprochene Ziel des Smart Contract, Vertragsverletzungen zu verhindern76, sollte schließlich darin münden, dass sich Private aus der Abhängigkeit von staatlicher Rechtsdurchsetzung befreien könnten.77 Bereits in den 90er-Jahren veröffentlichte Nick Szabo die ersten Beiträge rund um den Begriff „Smart Contract“.78 Zu dieser Zeit war Szabo Mitglied der sog. Cypherpunks79, einer heterogenen Gruppe, die heute insbesondere wegen ihrer Beiträge zur Entwicklung einer dezentralen digitalen Währung einen fast legendären Ruf genießt.80 Die Cypherpunks träumten von einer Gesellschaft, in der mithilfe von Technologie verhindert wird, dass der Staat sich in private Rechtsverhältnisse einmischt, einem „Galt’s Gulch in cyperspace“81. Die Cypherpunks

76

Vgl. grundlegend etwa Szabo, Formalizing and Securing Relationships on Public Networks, in: First Monday, Band 2 (1997); Szabo, Smart Contracts: Building Blocks for Digital Markets, 1996, sowie oben S. 31 ff. 77 Zu dieser möglichen Folge einer Automatisierung auch etwa Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (127, 130); Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (274); Werbach / Cornell, The Promise – and Perils of „Smart Contracts“, 18. 05. 2017; De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 49 ff.; Werbach, The Blockchain and the New Architecture of Trust, 2018, S. 161; Blocher, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 113 (129) [Rn. 62]; Braegelmann / Kaulartz, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 1 (6) [Rn. 16]. 78 Vgl. Szabo, Smart Contracts, 1994; Szabo, Smart Contracts Glossary, 1995, Szabo, Smart Contracts: Building Blocks for Digital Markets, 1996; Szabo, Formalizing and Securing Relationships on Public Networks, in: First Monday, Band 2 (1997). 79 Vgl. etwa N. Popper, Digital Gold, 2015, S. 338 („deeply involved with the Cypherpunks back in the early days“). Szabo veröffentlichte seinen ersten Beitrag auf der CypherpunkMailingliste am 04. 04. 1993 unter der E-Mail-Adresse „[email protected]“, vgl. https:// mailing-list-archive.cryptoanarchy.wiki/archive/1993/04/5386c6c1bfcdbb385b72e12a8f279f0 b553f275f16ad30a7d16159a6c68466e0/. Daneben verwendete er teilweise auch die Adresse „[email protected]“. Insgesamt veröffentliche Szabo 80 Beiträge, von denen 60 ins Jahr 1993 fielen, vgl. https://mailing-list-archive.cryptoanarchy.wiki/authors/notable/. 80 Vgl. zur Rolle der Cypherpunks bei der Entwicklung der Bitcoin-Währung ausführlich N. Popper, Digital Gold, 2015, S. 8 ff.; De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 18 ff. 81 Vgl. etwa May, Cyphernomicon, 1994, 2. 13. 1. In Ayn Rands Roman „Atlas Shrugged“ (dt. Der Streik), wird „Galt’s Gulch“ als vor dem Staate und der übrigen Gesellschaft verborgenes Refugium beschrieben, in der die Menschen nicht dazu angehalten werden, das Allgemeinwohl zu verbessern, sondern der Einzelne nur dem eigenen Selbstinteresse verpflichtet ist, vgl. etwa den Eid der Bewohner des Tals in Rand, Der Streik, 2012 (1957), S. 792.

A. Fremdbestimmung des Verbrauchers durch Smart Contracts 

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verstanden den Anfang der 90er-Jahre insofern als richtungsweisende Zeit: entweder würde die moderne Informationstechnologie von staatlicher Seite zu einer Beschränkung persönlicher Freiheit führen oder Private würden kryptografische Instrumente nutzen, um ihre Privatsphäre und Freiheit zu sichern.82 Als zentrales Hindernis dieser Vision erwies sich indes rasch die Rechtsdurchsetzung ohne Staat83, war doch die Durchsetzung vertraglicher Pflichten seit Jahrhunderten als zentrale Aufgabe des Staates angesehen worden.84 Szabo, einem erklärten Anhänger der politischen Philosophie des Libertarismus85, ging es bei seinen Überlegungen zu Smart Contracts vor diesem Hintergrund vor allem darum, Computer zu nutzen, um die Verwundbarkeit gegenüber Dritten zu minimieren und Eigentumsrechte und vertragliche Ansprüche gewaltfrei und ohne Einmischung des Staates durchzusetzen.86 Ziel der Entwicklung von Smart Contracts war daher in erster Linie, ein Werkzeug zu schaffen, um Abhängigkeiten von staatlicher Einmischung zu vermeiden. Insbesondere die traditionell durch den Staat vorgenommene Rechtsdurchsetzung sollte hierdurch einer privaten Gestaltung anheimfallen. Smart Contracts sollten insofern die Selbstbestimmung durch die Parteien in privaten Rechtsverhältnissen vervollständigen: Smart Contracts würden es Privaten ermöglichen, ihre Rechtsbeziehungen vollständig – von der Vertragsbegründung bis zur Durchsetzung – selbstbestimmt, autonom und vor allem unabhängig von staatlichen Einflüssen regeln zu können.87 Wenn die Funktion der Rechtsdurchsetzung durch den Programmcode erfüllt werden kann, gibt es grund-

82 Vgl. May, Cyphernomicon, 1994, 1.2 („fork in the road“); May, The Crypto Anarchist Manifesto, 1988; S. Levy, Crypto, 2001, S. 204 ff.; Manne, The Cypherpunk Revolutionary: Julian Assange, in: The Monthly, 03/2011; N. Popper, Digital Gold, 2015, 8 ff. 83 Vgl. May, Cyphernomicon, 1994, 3. 4. 10: „strong crypto changes the nature and visibility of many economic transactionst (sic!), making it very difficult for governments to interfere or even to enforce laws, contracts, etc., thus, changes in the nature of contract enforcement“. Vgl. auch DiMatteo / Cannarsa / Poncibò, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 3 (4): „contracting without the state“. 84 Vgl. etwa Merten, Rechtsstaat und Gewaltmonopol, 1975, S. 29; Schwartz / Scott, in: The Yale Law Journal, Band 113 (2003), S. 541 (546 f.). 85 Vgl. etwa die Selbstbezeichnung bei Szabo, in: Cypherpunks-Mailingliste, 15. 08. 1993, https://mailing-list-archive.cryptoanarchy.wiki/archive/1993/08/9310515e3b5c3b3c7f4568e18 51662a5d6f2010c38c217f52425023919e8bab6/. Vgl. auch N. Popper, Decoding the Enigma of Satoshi Nakamoto and the Birth of Bitcoin, in: New York Times, 15. Mai 2015; Werbach, The Blockchain and the New Architecture of Trust, 2018, S. 203. Zu den philosophischen Eckpfeilern des Libertarismus instruktiv Wendt, Libertäre politische Philosophie, 2009. 86 Vgl. Szabo, Origins & Future of Bitcoin [Video], YouTube, 09. 11. 2015, https://www. youtube.com/watch?v=r_yUeuKu7L4 [ab Minute 0:30]; Szabo, History of the Blockchain [Video], YouTube, 14. 11. 2015, https://www.youtube.com/watch?v=YpSeOU1VVj4 [ab Minute 2:27]. Vgl. zum Mythos einer gewaltfreien Rechtsdurchsetzung durch Automatisierung aber noch eingehend unten S. 217 ff. 87 In diese Richtung auch Werbach / Cornell, The Promise – and Perils of „Smart Contracts“, 18. 05. 2017.

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2. Teil: Risiken von Smart Contracts für Verbraucher

sätzlich keinen Grund für den Staat, in die privat geregelte Rechtsbeziehung einzugreifen.88 Dieses Ziel versuchte Szabo zu erreichen, indem vertragliche Regelungen in Programmcode abgebildet und bei Eintritt der hierfür festgelegten Bedingungen automatisiert durchgeführt werden.89 Die Rechtsbeziehung würde daher allein durch Programmcode bestimmt.90 Auf diese Weise sollten Leistungsstörungen von vornherein ausgeschlossen oder erheblich unattraktiver gemacht werden91, mit der Folge, dass auf eine staatliche Rechtsdurchsetzung in erheblich weniger Fällen zurückgegriffen werden muss oder sogar vollständig auf sie verzichtet werden kann.92 2. Beiderseitige Selbstbestimmung statt einseitiger Interessendurchsetzung Bei genauerer Betrachtung kann mit diesem Ziel einer vervollständigten parteilichen Selbstbestimmung indes zu keinem Zeitpunkt eine einseitige Interessendurchsetzung durch eine stärkere Partei, insbesondere den Unternehmer, gemeint sein. 88

In Richtung eines (völligen) Entfernens der Rechtsordnung auch etwa Werbach / Cornell, The Promise – and Perils of „Smart Contracts“, 18. 05. 2017: „A smart contract, in theory at least, takes away the legal system entirely. Now there is nothing but that digital agreement. That is the entirety of the relationship, and everything from the negotiating of the agreement, all the way to the full enforcement and clearing of the agreement, happens digitally.“ Zu dieser Folge im Ergebnis auch Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (127, 130); Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band  166 (2017), S. 263 (274); De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 49 ff.; Eschenbruch / Gerstberger, NZBau 2018, 3 (8); Werbach, The Blockchain and the New Archi­ tecture of Trust, 2018, S. 161; Blocher, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 113 (129) [Rn. 62]; Braegelmann / Kaulartz, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 1 (6) [Rn. 16]. 89 Vgl. zum Begriff von Smart Contracts bereits oben S. 22 ff. 90 Vgl. Werbach / Cornell, The Promise – and Perils of „Smart Contracts“, 18. 05. 2017. 91 Vgl. etwa Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (344); Paulus /  Matzke, ZfPW 2018, 431 (433 f.); Fries / Paal, Vorwort, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, III. sowie bereits ausführlich oben S. 30 ff. 92 Vgl. etwa Blocher, AnwBl 2016, 612 (618); O’Shields, in: North Carolina Banking Institute, Band 21 (2017), S. 177 (177); Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (333); Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (130); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 13; Baker, in: Southwestern Law Review, Band 45 (2015), S. 351 (362); Möslein, ZBB 2018, 208 (217); De Caria, in: DiMatteo / Cannarsa /  Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 19 (31); Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (118); Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (289, 291). Ausführlich zur Automatisierung als Substitut für eine staatliche Rechtsdurchsetzung unten S. 87 ff.

A. Fremdbestimmung des Verbrauchers durch Smart Contracts 

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Smart Contracts wurden vielmehr von Anfang an ausdrücklich in die Tradition herkömmlicher Verträge gestellt93, die grundlegend auf dem Gedanken der beiderseitigen Selbstbestimmung beruhen94. Erst diese beiderseitige Selbstbestimmung, das „gegenseitige Abschleifen gegenseitiger Interessen“95, begründet die „Richtigkeit“ einer Vereinbarung zwischen zwei Parteien96 und damit die grundsätzliche Kontrollfreiheit von Verträgen durch die Rechtsordnung.97 a) Smart Contracts als Weiterentwicklung traditioneller Verträge Eine Vielzahl von Autoren sieht in Smart Contracts eine Weiterentwicklung von Verträgen.98 Ihre Besonderheit bestehe darin, dass sie automatisiert, selbst-ausführend oder selbst-vollziehend seien.99

93 Vgl. insbesondere die Parallele der Formulierungen in Szabo, Smart Contracts Glossary, 1995; Szabo, Formalizing and Securing Relationships on Public Networks, in: First Monday, Band 2 (1997). 94 Das BGB definiert den Begriff des „Vertrages“ zwar nicht ausdrücklich, aus den §§ 145 ff. BGB geht aber hervor, dass das Zustandekommen eines Vertrages mindestens zwei übereinstimmende, mit Bezug aufeinander abgegebene Willenserklärungen voraussetzt, vgl. instruktiv bereits Flume, AT II, 1992, § 34, 1 [S. 618]. 95 Bydlinski, Privatautonomie und objektive Grundlagen des verpflichtenden Rechtsgeschäfts, 1967, S. 62. 96 Grundlegend Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), 130 (150 ff.); Schmidt-Rimpler, FS Raiser (1974), S. 3 (11 f.) sowie eingehend sogleich unten S. 63 ff. 97 Vgl. etwa Wendland, in: Staudinger-Eckpfeiler, 7. Aufl. 2020, Kapitel E., Rn. 1. 98 Vgl. etwa Szabo, Smart Contracts Glossary, 1995; Miller / Stiegler, in: Rizzo / W hite (Hrsg.), Markets, Information and Communication – Austrian Perspectives on the Internet Economy, 2004, S. 63 (64); Bourque / Fung Ling Tsui, in: Scientia Nobilitat  – Revised Legal Studies, 2014, S. 4 (4); Peters / Panayi, Understanding Modern Banking Ledgers through Blockchain Technologies, 2015, S. 7; Clack / Bakshi / Braine, Smart Contract Templates, S. 2; Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1, unter B.; Heckmann, CR 2016, R99 (R99); Heckmann / Kaulartz, c’t 2016, 138 (138); BaFin, Blockchain-Technologie, 2017; Eidenmüller, in: Frankfurter Allgemeine Woche 22/2017, S. 54 (55); K. Levy, in: Engaging Science, Technology and Society, Band 3 (2017), S. 1 (1 f.); McJohn / McJohn, in: UCC Law Journal, Band 47 (2017), Art. 4; Meitinger, in: Deutsche Gesellschaft für Informatik, Informatiklexikon, 2017; Mik, in: Innovation & Technology, Band 9 (2017), S. 269 (Manuskript, S. 1); Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (309); Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (320); Cong / He, Blockchain Disruption and Smart Contracts, 2018, S. 8; De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 74; Lobe, in: Süddeutsche Zeitung, 08. 04. 2018; Möslein, ZBB 2018, 208 (215); Söbbing, ITRB 2018, 43 (43); Sokolov, Smart Legal Contract as a Future of Smart Contracts Enforcement, 2018, S. 14; J. Wagner, Legal Tech und Legal Robots, 2018, S. 21; Weigel, Von „smart contracts“ und Getränkeautomaten, 2018; Voshmgir, Token Economy, 2019, S. 87 f. 99 So beispielsweise Bourque / Fung Ling Tsui, in: Scientia Nobilitat – Revised Legal Studies, 2014, S. 4 (4); Swanson, Great Chain of Numbers, 2014, S. 16; Peters / Panayi, Under­ standing Modern Banking Ledgers through Blockchain Technologies, 2015, S. 7; Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1, unter B.; The Economist, Schumpeter: Not-so-clever contracts, 28. 07. 2016; Heckmann, CR 2016, R99 (R99); Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (619);

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2. Teil: Risiken von Smart Contracts für Verbraucher

Der enge Zusammenhang zwischen Smart Contracts und traditionellen Verträgen ist bereits begrifflich angelegt. So bezeichnete der Namensbegründer Nick Szabo Verträge als „traditional way to formalize a relationship“, während Smart Contracts die Möglichkeit eines „new way to formalize and secure digital relationships“ eröffnen sollen.100 Szabo stellt sie damit gezielt in die Tradition herkömmlicher Verträge. Diese sprachliche Symmetrie setzt sich sogar bis in die Definition fort: den Vertrag definiert Szabo als „set of promises“101 und auch Smart Contracts werden als „set of promises, specified in digital form“102 bezeichnet. Nicht zuletzt verwendet Szabo den Begriff „Contract“ sogar unmittelbar im Namen des von ihm erdachten Konzepts.103 Nach Szabo solle der Begriff Smart Contract darauf hinweisen, dass eine Software Aufgaben übernehme, die traditionell Verträgen zugewiesen würden.104 Konkret würden sie Regelungen über Vermögensgegenstände treffen und Anreize für Leistungen schaffen.105 Diese Funktion solle nach Szabo auch Smart Contracts zukommen. Analog zum Begriff des „Smart Phones“, das für ein computerisiertes Telefon stehe, stehe der Begriff des Smart Contracts somit für eine Form computerisierter Verträge.

­ örding / Jülicher / Röttgen / v. Schönfeld, CR 2017, 134 (138); Kaal / Calcaterra, in: The BusiB ness Lawyer, Band 73 (2017), S. 109 (111); Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1026); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (203); Lauslahti / Mattila / Seppälä, Smart Contracts – How will Blockchain Technology Affect Contractual Practices, 2017, S. 11; Meitinger, in: Deutsche Gesellschaft für Informatik, Informatiklexikon, 2017; O’Shields, in: North Carolina Banking Institute, Band 21 (2017), S. 177 (179); Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (126 f.); Simmchen, MMR 2017, 162 (164); J. Wagner, BB 2017, 898 (901); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 14; Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (320); Cong / He, Blockchain Disruption and Smart Contracts, 2018, S. 8; Lobe, in: Süddeutsche Zeitung, 08. 04. 2018; Möslein, ZBB 2018, 208 (215); J. Wagner, Legal Tech und Legal Robots, 2018, S. 21; Werbach, in: Berkeley Technology Law Journal, Band 33 (2018), S. 489 (495); Voshmgir, Token Economy, 2019, S. 87 f.; Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (62 f.); Hennemann, Interaktion und Partizipation, 2020, S. 36. 100 Szabo, Formalizing and Securing Relationships on Public Networks, in: First Monday, Band 2 (1997). 101 Szabo, Smart Contracts Glossary, 1995; Szabo, Formalizing and Securing Relationships on Public Networks, in: First Monday, Band 2 (1997). 102 Szabo, Smart Contracts Glossary, 1995; Szabo, Smart Contracts: Building Blocks for Digital Markets, 1996. 103 Vgl. zum Hintergrund der Namensgebung auch noch ausführlich unten S. 188 ff. 104 Szabo, Twitter, 15. 10. 2018, https://twitter.com/NickSzabo4/status/1051603179526270976 („‚Smart contract‘ is a very useful concept & phrase. ‚Smart‘ as in ‚smart phone‘ (shorthand for computerized phone), ‚contract‘ meaning it does some important things we previously relied on contracts to do for our deals, especially controlling assets & incentivizing performance.“). 105 In diese Richtung auch Möslein, ZHR 2019, 254 (264 f.).

A. Fremdbestimmung des Verbrauchers durch Smart Contracts 

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b) Beiderseitige Selbstbestimmung als Fundament des Vertragsmechanismus Traditionelle Verträge zeichnen sich grundlegend dadurch aus, dass sie auf einem Konsens mehrerer selbstbestimmter Parteien beruhen.106 Der Vertrag berechtigt somit nicht zu einer „Selbstbestimmung in Selbstherrlichkeit“ im Sinne einer vollständigen Durchsetzung eigener Interessen ohne Rücksicht auf die Interessen der anderen Partei.107 Kant beschreibt den Vertrag vielmehr als einen „Act der vereinigten Willkür zweier Personen“.108 Vertragliche Ansprüche gegenüber einem anderen können grundsätzlich nur begründet werden, wenn dieser – gemäß dem Grundsatz volenti non fit iniuria109  – einer entsprechenden Verpflichtung zugestimmt hat.110 Da die Vertragsfreiheit somit nur mit Rücksicht auf die korrespondierende Freiheit des Vertragspartners besteht und mithin im Konzert mit einem anderen ausgeübt werden muss, wird auch von einer „dialogischen Freiheit“ gesprochen.111 Der Vertragsfreiheit liegt in diesem Sinne ein dialogischer Prozess zugrunde, durch den die Vertragsparteien ihre Interessen in einen für beide Seiten akzeptablen Ausgleich bringen.112 Dies beruht auf dem Gedanken, dass die Parteien einerseits ihre eigenen Präferenzen am besten beurteilen können und andererseits das größte Interesse an ihrem eigenen Wohl haben.113 Die Parteien werden eine Ver 106

Das BGB definiert den Begriff des „Vertrages“ zwar nicht ausdrücklich, aus den §§ 145 ff. BGB geht aber hervor, dass das Zustandekommen eines Vertrages mindestens zwei übereinstimmende, mit Bezug aufeinander abgegebene Willenserklärungen voraussetzt, vgl. instruktiv bereits Flume, AT II, 1992, § 34, 1 [S. 618]. 107 Vgl. Busche, Privatautonomie und Kontrahierungszwang, 1999, S. 104. Zur „Selbstbestimmung in Selbstherrlichkeit“ grundlegend Flume, AT II, 1992, § 1, 5 ff. [S. 6 ff.]. Ähnlich auch Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), 130 (151) („Sinn [des Vertrages] ist nicht Willensherrschaft, nicht Ermächtigung zur Selbstherrschaft“). 108 Kant, Metaphysische Anfangsgründe der Rechtslehre, 4. Aufl. 2018 (1797), S. 79 [AA Bd. VI, § 18, S. 271, Zeile 32 f.]. 109 Ausführlich zu diesem Grundsatz als Gerechtigkeitsprinzip Ohly, Volenti non fit iniuria, 2002, S. 64 ff. 110 Vgl. Canaris, AcP 200 (2000), 273 (283 f.). Umgekehrt zur grundsätzlichen Unzulässigkeit eines Vertrags zu Lasten Dritter etwa BVerfGE 73, 261 (270 f.); BGH, Urt. v. 09. 03. 1972 – VII ZR 178/70, NJW 1972, 942 (943); Urt. v. 08. 11. 1973 – VII ZR 246/72, NJW 1974, 96 (96); Urt. v. 12. 11. 1980 – VIII ZR 293/79, NJW 1981, 275 (276); Gottwald, in: MüKo-BGB, 8. Aufl. 2019, § 328, Rn. 261; Janoscheck, in: Hau / Poseck (Hrsg.), BeckOK-BGB, 55. Edition, 01. 08. 2020, § 328 BGB, Rn. 5. 111 So etwa Lüttringhaus, Vertragsfreiheit und ihre Materialisierung im Europäischen Binnenmarkt, 2018, S. 302. Vgl. hierzu auch instruktiv Busche, Privatautonomie und Kontrahierungszwang, 1999, S. 104. 112 Vgl. Lüttringhaus, Vertragsfreiheit und ihre Materialisierung im Europäischen Binnenmarkt, 2018, S. 305; BVerfG, Beschl. v. 07. 09. 2010 – 1 BvR 2160/09 u. a., NJW 2011, 1339 (1340 f.). Grundlegend zum Vertragsmechanismus Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), 130 (150 ff.); Schmidt-Rimpler, FS Raiser (1974), 3 (5 f.). 113 Vgl. bereits Mill, On Liberty, 1880, S. 45 [Kapitel IV] („He is the person most interested in his own well-being […] while with respect to his own feelings and circumstances, the most ordinary man or woman has means of knowledge immeasurably surpassing those that can be

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2. Teil: Risiken von Smart Contracts für Verbraucher

einbarung daher jeweils vor dem Hintergrund ihres eigenen Interesses prüfen.114 Nachteile werden sie umgekehrt nur akzeptieren, wenn sie hierdurch im Gegenzug entsprechende Vorteile „erkaufen“ oder die Nachteile aus anderem Grund als gerecht und richtig erscheinen.115 Wenn die gegensätzlich interessierten Parteien also eine Regelung finden, der beide Parteien zustimmen, so kann davon ausgegangen werden, dass die Einigung im beiderseitigen (subjektiven) Interesse liegt bzw. für keine Partei nach ihrer eigenen Wertung ungerecht ist.116 Dieser Mechanismus eines selbstbestimmten Interessenausgleichs durch die Parteien im Wege eines „gegenseitigen Abschleifens entgegenstehender Interessen“117 bis zur Konsensfindung steht im Zentrum des Privatrechts. Jedes egoistisch motivierte ungerechte Wollen wird durch den Vertrag paralysiert.118 Aus Sicht der Rechtsordnung ist ein auf diese Weise zwischen den Parteien gefundener Kompromiss daher grundsätzlich als sachgerechter Interessenausgleich zu respektieren.119 Ein solcher „prozeduraler Vertragsmechanismus“120 bildet die Grundlage für die Vermutung der „Richtigkeit“ der Vereinbarung. Der Gedanke der „Richtigkeitsgewähr“ des Vertragsmechanismus hat rechtsordnungs-übergreifend eine lange Tradition121 und wurde für das deutsche Recht maßgeblich von Schmidt-Rimpler geprägt122. Die „Richtigkeit“ der Vereinbarung orientiert sich dabei nicht an einem objektiven Gerechtigkeitsmaßstab, sondern allein an dem Verfahren ihres Zustandekommens.123 Insofern als der Vertragsmechanismus zur Vermutung der „Richtigkeit“ der Einigung führt, tritt wiederum die utilitaristische Begründung p­ ossessed by any one else.“). In diese Richtung auch Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), 130 (151) („bekanntlich hat man niemals ein feineres Gerechtigkeitsgefühl, wägt man niemals sorg­samer die individuelle Zweckmäßigkeit ab, als wenn es um eigene Nachteile oder Lasten geht.“). 114 Ähnlich Schmidt-Rimpler, FS Raiser (1974), 3 (5). 115 Vgl. Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), 130 (151). Ähnlich Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, 4. Aufl., 2015, S. 333. 116 Vgl. Schmidt-Rimpler, FS Raiser (1974), 3 (5). 117 Bydlinski, Privatautonomie und objektive Grundlagen des verpflichtenden Rechts­ geschäfts, 1967, S. 62. 118 Vgl. Schmidt-Rimpler, FS Raiser (1974), 3 (5). 119 BVerfG, Beschl. v. 07. 09. 2010 – 1 BvR 2160/09 u. a., NJW 2011, 1339 (1340 f.); Lüttringhaus, Vertragsfreiheit und ihre Materialisierung, 2018, S. 312. 120 Vgl. Canaris, AcP 200 (2000), 273 (283 f.); Lüttringhaus, Vertragsfreiheit und ihre Materialisierung im Europäischen Binnenmarkt, 2018, S. 305. Ähnlich auch Fornasier, Freier Markt und zwingendes Vertragsrecht, 2013, S. 40 („verfahrensmäßige Garantie“). 121 Instruktiv Lüttringhaus, Vertragsfreiheit und ihre Materialisierung im Europäischen Binnenmarkt, 2018, S. 311, sowie insbesondere zur Richtigkeitsvermutung im Unionsrecht, S. 312 ff. 122 Grundlegend Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), 130 (150 ff.). Abschwächend im Sinne einer „Richtigkeitswahrscheinlichkeit“ aber Schmidt-Rimpler, FS Raiser (1974), S. 3 (11 f.). 123 Vgl. etwa Canaris, AcP 200 (2000), 273 (284); Flume, AT II, 1992, § 1, 6 [S. 7 f.]; MellerHannich, Verbraucherschutz im Schuldvertragsrecht, 2005, S. 9 ff.; Sedlmeier, Rechtsgeschäftliche Selbstbestimmung im Verbrauchervertrag, 2012, S. 38 ff. („Gerechtigkeit der Freiheit“). Für das Unionsrecht Lüttringhaus, Vertragsfreiheit und ihre Materialisierung im Europäischen Binnenmarkt, 2018, S. 312 ff.

A. Fremdbestimmung des Verbrauchers durch Smart Contracts 

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der individuellen Selbstbestimmung zu Tage.124 Diese entspricht im Wesentlichen dem Leitgedanken Adam Smiths: Der gesellschaftliche Nutzen wird maximiert, wenn der Einzelne sein Handeln an individuellen Präferenzen ausrichten kann.125 3. Übertragung des Vertragsgedankens auf den automatisierten Vollzug durch Smart Contracts Der Vertragsmechanismus baut insofern grundlegend auf der beiderseitigen Selbstbestimmung der Parteien auf. Dieser Grundgedanke traditioneller Verträge muss auch für die durch Smart Contracts bezweckte Automatisierung der Vertragsausführung bzw. -durchsetzung gelten. Mit dem ursprünglichen ideologischen Ziel der Vervollständigung der parteilichen Selbstbestimmung126 wäre eine einseitige Interessendurchsetzung durch eine stärkere Partei, insbesondere den Unternehmer, nicht vereinbar. Eine „Selbstbestimmung in Selbstherrlichkeit“127, eine einseitige Interessendurchsetzung, der stärkeren Partei, d. h. praktisch des Unternehmers, würde das hehre Ziel vollständiger parteilicher Selbstbestimmung nahezu in ihr Gegenteil verkehren. Für die schwächere Partei bedeutet sie gerade nicht Selbst-, sondern Fremdbestimmung. Der dialogische Prozess des Zustandekommens128, die Konsensfindung, muss daher auch im Zusammenhang mit Smart Contracts dazu genutzt werden, ein „egoistisch motiviertes ungerechtes Wollen“ zu paralysieren.129 Nur dieser Prozess, das „gegenseitige Abschleifen gegenseitiger Interessen“130, legt den Grundstein für die Vermutung die „Richtigkeit“ einer Vereinbarung zwischen zwei Parteien.131 124 Grundlegend zur utilitaristischen Begründung der individuellen Selbstbestimmung Mill, On Liberty, 1880, insb. S. 8 [Kapitel 1] („Mankind are greater gainers by suffering each other to live as seems good to themselves, than by compelling each to live as seems good to the rest.“). Vgl. auch die Darstellungen bei Schmolke, Grenzen der Selbstbestimmung im Privatrecht, 2014, S. 16 ff.; Ohly, Volenti non fit iniuria, 2002, S. 68 f.; Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, 4. Aufl., 2015, S. 329 ff. 125 Vgl. Smith, Wohlstand der Nationen, 2013 (1776). Vgl. auch Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, 1998, S. 92 ff.; Fornasier, Freier Markt und zwingendes Vertragsrecht, 2013, S. 25 ff.; Mathis, Effizienz statt Gerechtigkeit?, 4. Auflage, 2019, S. 33 ff. Zur sog. Präferenzautonomie im Einzelnen instruktiv Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, 4. Aufl., 2015, S. 326 ff. 126 Vgl. dazu soeben oben S. 58 ff. 127 Grundlegend Flume, AT II, 1992, § 1, 5 ff. [S. 6 ff.]. 128 Vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 07. 09. 2010 – 1 BvR 2160/09 u. a., NJW 2011, 1339 (1340 f.); Lüttringhaus, Vertragsfreiheit und ihre Materialisierung im Europäischen Binnenmarkt, 2018, S. 305. Grundlegend zum Vertragsmechanismus Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), 130 (150 ff.); Schmidt-Rimpler FS Raiser (1974), 3 (5 f.). 129 Vgl. Schmidt-Rimpler, FS Raiser (1974), 3 (5). 130 Bydlinski, Privatautonomie und objektive Grundlagen des verpflichtenden Rechtsgeschäfts, 1967, S. 62. 131 Vgl. grundlegend Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), 130 (150 ff.); Schmidt-Rimpler, FS Raiser (1974), S. 3 (11 f.); Wendland, in: Staudinger-Eckpfeiler, 7. Aufl. 2020, Kapitel E., Rn. 1.

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2. Teil: Risiken von Smart Contracts für Verbraucher

Eine einseitigen Interessendurchsetzung hüllt sich demgegenüber lediglich in den formellen Mantel eines Vertrages. Die eigentliche Idee des Vertrages, seine Rechtfertigung, der Kern also, warum der Vertrag als sachgerechter Interessenausgleich von der Rechtsordnung akzeptiert wird132, geht der völligen „Usurpation der Vertragsautonomie“133 durch eine Partei hingegen gänzlich ab. Die formale Vertragsfreiheit ist kein Selbstzweck, sondern beruht auf dem Gedanken, dass durch eine beiderseitige Selbstbestimmung ein angemessener Interessenausgleich verwirklicht werden kann.134 Kann eine Partei hingegen nicht nach ihren Interessen Einfluss auf die Vereinbarung nehmen, wird die Rechtfertigung des Vertrages, der auf der beiderseitigen Interessenwahrnehmung beruht, in Gänze in Frage gestellt. Der Vertrag ist nach Schmidt-Rimpler gerade „nicht Ermächtigung zur Selbstherrschaft“.135 Wenn eine Partei der anderen ihren Willen aufzwingen kann, wird der Vertragsmechanismus unter diesen Voraussetzungen nicht zu einem angemessenen Interessenausgleich führen.136 Dieser zentrale Gedanke des prozeduralen Vertragsmechanismus137 als Grundlage für die Vermutung der „Richtigkeit“ der Vereinbarung muss daher auch in eine – als Weiterentwicklung traditioneller Verträge entwickelte, gedanklich zumindest vertragsähnliche138 – Konzeption von Smart Contracts übertragen werden. Die mit der Automatisierung verfolgte Funktion der selbstbestimmten Übernahme der Rechtsdurchsetzung139 durch die Parteien kann daher nur erfüllt werden, wenn sowohl Unternehmer als auch Verbraucher dieser Regelung zustimmen.

III. Notwendigkeit eines staatlichen Verbraucherschutzes zur Gewährleistung der beiderseitigen Selbstbestimmung? Smart Contracts setzen somit zumindest implizit eine Übertragung des Vertragsmechanismus in die Regelung der Automatisierung bzw. Rechtsdurchsetzung und damit gerade eine selbstbestimmte Entscheidung beider Parteien voraus. Die beiderseitige Selbstbestimmung ist in diesem Sinne mehr als eine Zulässigkeits 132

Vgl. insofern BVerfG, Beschl. v. 07. 09. 2010  – 1 BvR 2160/09 u. a., NJW  2011, 1339 (1340 f.); Lüttringhaus, Vertragsfreiheit und ihre Materialisierung, 2018, S. 312. 133 So etwa im Zusammenhang mit dem Einsatz von AGB Wendland, in: Staudinger-­ Eckpfeiler, 7. Aufl. 2020, Kapitel E., Rn. 4. 134 Vgl. etwa Tamm, in: Tamm / Tonner / Brönneke (Hrsg.), Verbraucherrecht, 3. Aufl. 2020, § 1 Rn. 46; Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), 130 (157). 135 Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), 130 (151). 136 Vgl. Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), 130 (157 ff.). 137 Vgl. Canaris, AcP 200 (2000), 273 (283 f.); Lüttringhaus, Vertragsfreiheit und ihre Materialisierung im Europäischen Binnenmarkt, 2018, S. 305. Ähnlich auch Fornasier, Freier Markt und zwingendes Vertragsrecht, 2013, S. 40 („verfahrensmäßige Garantie“). 138 Vgl. zu der Frage, ob Smart Contracts selbst Verträge nach den §§ 145 ff. BGB darstellen, ausführlich unten S. 192 ff. 139 Vgl. hierzu bereits oben S. 58 ff.

A. Fremdbestimmung des Verbrauchers durch Smart Contracts 

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voraussetzung.140 Sie bildet das Fundament für Smart Contracts, die Rechtsdurchsetzung nach vertraglichem Vorbild, selbstbestimmt, zu regeln. Die herausragende Bedeutung der Selbstbestimmung für Smart Contracts wirft die Frage auf, ob zur Gewährleistung einer selbstbestimmten Entscheidung des Verbrauchers eine staatliche Intervention erforderlich ist. 1. Ablehnung eines staatlichen Verbraucherschutzes entsprechend der ideologischen Ursprünge von Smart Contracts? Die Entwicklung von Smart Contracts wurde maßgeblich von libertaris­tischen und anarcho-kapitalistischen Einflüssen geprägt, die eine Abhängigkeit von staatlichen Eingriffen gerade vermeiden wollte.141 Konsequenterweise müssten nach diesen ideologischen Ursprüngen daher auch solche staatlichen Interventionen abgelehnt werden, die darauf gerichtet sind, die für Smart Contracts entscheidende beiderseitige Selbstbestimmung zu gewährleisten, d. h. ein staatlicher Verbraucherschutz.142 Der Markt wird insofern als sich selbst regulierendes Instrument betrachtet, das dem Verbraucher – ebenso wie jedem anderem Teilnehmer – eine ausreichende Chance biete, seine Interessen angemessen wahrzunehmen (sog. altliberales Verbrauchermodell).143 Als selbstverantwortlichem Markteilnehmer (homo oeconomicus)144 könne dem voll geschäftsfähigem Verbraucher zugemutet werden, seine Interessen selbstständig wahrzunehmen und die eingegangenen Risiken ausreichend abzuschätzen.145 Der Verbraucher bedürfe demnach keines besonderen Schutzes.146

140 Vgl. zum Erfordernis der Zustimmung des Verbrauchers für die Zulässigkeit des Smart Contracts ausführlich oben S. 44 ff. sowie für die Vertragsfreiheit als Grundlage der rechtlichen Akzeptanz der Automatisierung unten S. 178 ff. 141 Vgl. hierzu ausführlich oben S. 58 ff. 142 Im Sinne einer Nichtanwendbarkeit des Verbraucherschutzes bei Smart Contracts insofern wohl auch Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (131). 143 Darstellend Tamm, Verbraucherschutzrecht, 2011, S. 46 ff.; Tamm, in: Tamm / Tonner /  Brönneke (Hrsg.), Verbraucherrecht, 3. Aufl. 2020, § 1 Rn. 22; Achilles, Vom Homo Oeconomicus zum Differenzierten Verbraucher, 2020, S. 61 ff. 144 Vgl. zu diesem Verbraucherleitbild etwa Achilles, Vom Homo Oeconomicus zum Differenzierten Verbraucher, 2020, S. 63 ff. Vgl. auch Eidenmüller, JZ 2005, 216 (217 ff.); Schäffer /  Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 5. Aufl. 2012, S. 95 ff.; Towfigh, in: Towfigh / Petersen (Hrsg.), Ökonomische Methoden im Recht, 2. Aufl. 2017, Rn. 69 ff. 145 Darstellend Achilles, Vom Homo Oeconomicus zum Differenzierten Verbraucher, 2020, S. 63 ff.; Tamm, in: Tamm / Tonner / Brönneke (Hrsg.), Verbraucherrecht, 3. Aufl. 2020, § 1 Rn. 21 ff. 146 Vgl. Achilles, Vom Homo Oeconomicus zum Differenzierten Verbraucher, 2020, S. 63.

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2. Teil: Risiken von Smart Contracts für Verbraucher

2. Gefährdung der Selbstbestimmung durch ungleiche Machtverteilung Ein solcher laissez-faire-Ansatz147, der sich allein auf die regulierenden Kräfte des Marktes verlässt, wird heute jedoch gemeinhin abgelehnt.148 Durch die ungleichen Kräfteverhältnisse wird die Selbstbestimmung der Parteien in Frage gestellt. Der für den Markt zentrale Vertragsmechanismus geht von dem Ideal selbstbestimmter Entscheidungen durch freie und im Wesentlichen gleiche Vertragsparteien aus, die ihre jeweiligen Interessen im Zuge der Vertragsverhandlungen wahren können.149 Das Funktionieren dieses Vertragsmechanismus setzt daher notwendigerweise voraus, dass die Vertragsparteien rechtlich die gleiche Chance haben, auf den Vertrag Einfluss zu nehmen.150 Die Vertragsfreiheit kann sich indes im Wege des Vertragsmechanismus nur verwirklichen, wenn beide Parteien neben der rechtlichen auch die faktische Möglichkeit der Beeinflussung des Vertrages haben.151 Andernfalls würden die Interessen desjenigen nicht angemessen berücksichtigt, der faktisch keinen Einfluss auf den Vertrag nehmen kann, seine Interessen also nicht in ausreichendem Maß durchsetzen kann. Der Vertrag würde daher nicht zu einem angemessenen Interessenausgleich führen, mit der Folge, dass die Richtigkeitsvermutung in diesem Fall keine Anwendung finden könne. Gründet sich die Freiheitsentfaltung nicht auf selbstbestimmtes Wollen, so entfaltet sich die Vertragsfreiheit nur äußerlich, bleibt aber innerlich unterdrückt.152

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So etwa Tamm, in: Tamm / Tonner / Brönneke (Hrsg.), Verbraucherrecht, 3. Aufl. 2020, § 1 Rn. 22; Achilles, Vom Homo Oeconomicus zum Differenzierten Verbraucher, 2020, S. 61. 148 Vgl. zur Kritik etwa Eidenmüller, JZ 2005, 216 (218 ff.); Achilles, Vom Homo Oeconomicus zum Differenzierten Verbraucher, 2020, S. 66 ff. Instruktiv zur Entwicklung dieses Rechtsbewusstseins auch Tamm, Verbraucherschutzrecht, 2011, S. 46 ff. 149 Vgl. Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), 130 (157 f., dort Fn. 34); Schmidt-Rimpler, FS Raiser (1974), 3 (13); Bydlinski, Privatautonomie und objektive Grundlagen des verpflichtenden Rechtsgeschäfts, 1967, S. 62; Lüttringhaus, Vertragsfreiheit und ihre Materialisierung im Europäischen Binnenmarkt, 2018, S. 42; Fornasier, Freier Markt und zwingendes Vertragsrecht, 2013, S. 70; Busche, in: MüKo-BGB, Band 1, 8. Aufl. 2018, vor § 145 Rn. 6. Kritisch hingegen Zöllner, AcP 196 (1996), 1 (25 f.). 150 Vgl. Lüttringhaus, Vertragsfreiheit und ihre Materialisierung im Europäischen Binnenmarkt, 2018, S. 306; Sedlmeier, Rechtsgeschäftliche Selbstbestimmung im Verbrauchervertrag, 2012, S. 26 f., 29; Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, 1998, S. 294 („notwendige, aber keine hinreichende Bedingung dafür, dass sich materielle Vertragsfreiheit verwirklicht“). 151 Vgl. etwa Canaris, AcP 200 (2000), 273 (277, 286); Meller-Hannich, Verbraucherschutz im Schuldvertragsrecht, 2005, S. 9 ff.; Fornasier, Freier Markt und zwingendes Vertragsrecht, 2013, S. 70, 77; Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, 1998, S. 7, 208 f., 294 ff.; Bydlinski, Privatautonomie und objektive Grundlagen des verpflichtenden Rechtsgeschäfts, 1967, S. 62. Auch Schmidt-Rimpler wies bereits daraufhin, dass die „Richtigkeitsgewähr“ nur in Grenzen bestehen kann und diese im Einzelfalle durchaus auch „versagen“ kann, vgl. Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), 130 (157 ff.); Schmidt-Rimpler, FS Raiser (1974), 3 (6 ff.). 152 Vgl. Bülow / Artz, Verbraucherprivatrecht, 3. Aufl. 2011, Rn. 3.

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Die Ausübung der Vertragsfreiheit setzt demnach voraus, „dass die einzelnen sich mit der Macht zur Selbstbestimmung gegenüberstehen und nicht durch die Macht des einen statt der beiderseitigen Selbstbestimmung eine einseitige Fremdbestimmung eintritt“.153 Tatsächlich werden sich die Parteien aber in vielen Fällen zwar rechtlich gleich, aber in ihrer Verhandlungsposition faktisch ungleich gegenüberstehen. Die Entstehung ungleicher Verhandlungspositionen ist eine direkte Folge der Ausübung von Vertragsfreiheit.154 Nach Flume ist es „das ewige Dilemma der Privatautonomie, dass diese immer wieder durch ungleiche Machtverteilung in Frage gestellt wird“.155 In anderem Zusammenhang aber im Ergebnis ähnlich beschreibt auch Karl Popper dieses „Paradox der Freiheit“ (paradox of freedom).156 In der Literatur hat sich mittlerweile die Ansicht durchgesetzt, der Vertrags­ mechanismus setze voraus, dass die Parteien nicht nur rechtlich, sondern auch tatsächlich in der Lage sein, die inhaltliche Gestaltung des Vertrages zu beeinflussen.157 Nach Alexy ist „rechtliche Freiheit, also die rechtliche Erlaubnis, etwas zu tun oder zu lassen, ohne faktische (wirkliche, reale) Freiheit, also die tatsächliche Möglichkeit, zwischen dem Erlaubten zu wählen, wertlos“.158 Bei einer einseitigen Machtlage kann von einer Gestaltung der Rechtsverhältnisse in Selbstbestimmung keine Rede mehr sein.159 Eine Materialisierung der Vertragsfreiheit sei daher unter Umständen erforderlich, um die Selbstbestimmung der Parteien zu sichern.160 Die Parteien müssen in der Lage sein, ihre autonom definierten Zielsetzungen (Präferenzen) in den Koordinationsvorgang einzubringen.161 Kann eine Partei somit nicht 153

Flume, AT II, 1992, § 1, 7 [S. 10]. Vgl. Fornasier, Freier Markt und zwingendes Vertragsrecht, 2013, S. 71. In diese Richtung auch Sedlmeier, Rechtsgeschäftliche Selbstbestimmung im Verbrauchervertrag, 2012, S. 105 f. 155 Flume, AT II, 1992, § 1, 7 [S. 10]. 156 K. Popper, The Open Society and Its Enemies, 2013 (1945), S. 581 [Notes to Volumne 1, Chapter 7] („The so-called paradox of freedom is the argument that freedom in the sense of absence of any restraining control must lead to very great restraint, since it makes the bully free to enslave the meek.“). Popper geht es hier indes weniger um eine unbeschränkte Privatautonomie als um das Problem, dass absolut freie Wähler in einer Demokratie auch Tyrannen wählen (können). Nichtsdestotrotz kann dieses Paradox auch entsprechend auf die Privatautonomie übertragen werden. 157 Vgl. etwa Canaris, AcP 200 (2000), 273 (277 ff.); Flume, AT II, 1992, § 1, 7 [S. 10]; Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, 1998, S. 208 f.; Fornasier, Freier Markt und zwingendes Vertragsrecht, 2013, S. 77 ff.; Meller-Hannich, Verbraucherschutz im Schuldvertragsrecht, 2005, S. 9 ff.; Lüttringhaus, Vertragsfreiheit und ihre Materialisierung im Europäischen Binnenmarkt, 2018, S. 327 ff. Gegen das Kriterium, die Partei müsse in der Lage sein, auf den Vertrag Einfluss nehmen zu können, aber Zöllner, AcP 196 (1996), S. 1 (26). Allerdings differenziert Zöllner im Folgenden nicht ausreichend zwischen „in der Lage sein“ und „bereit sein“, auf den Vertrag Einfluss zu nehmen. 158 Alexy, Theorie der Grundrechte, 2. Aufl. 1994, S. 458 (Hervorhebungen im Original). 159 Vgl. Flume, AT II, 1992, § 1, 9 [S. 16]. 160 Vgl. etwa Sedlmeier, Rechtsgeschäftliche Selbstbestimmung im Verbrauchervertrag, 2012, S. 210 („Primär geht es im Vertragsrecht also darum, die Gerechtigkeit der Freiheit zu verwirklichen.“). 161 Vgl. Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, 1998, S. 290. 154

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2. Teil: Risiken von Smart Contracts für Verbraucher

nach ihren Interessen Einfluss auf die Vereinbarung nehmen, wird das Ergebnis des Vertragsmechanismus, der gerade auf der beiderseitigen Interessenwahrnehmung beruht, in Gänze in Frage gestellt. Das Bundesverfassungsgericht hat in diesem Zusammenhang herausgearbeitet, dass den Staat sogar eine verfassungsrechtliche Pflicht trifft, die Selbstbestimmung des Einzelnen zu schützen.162 Der Gesetzgeber habe die Privatrechtsordnung so zu gestalten, dass die tatsächlichen Voraussetzungen der Selbstbestimmung geschaffen werden.163 3. Strukturelle Ungleichheit in Verbraucher-Unternehmer-Beziehungen bei Einsatz von Smart Contracts Ein Befund einer typischerweise unterlegenen Marktstellung des Verbrauchers stellt vor diesem Hintergrund den fundamentalen Unterbau des staatlichen Verbraucherschutzes dar.164 Bei Einsatz von Smart Contracts wird die Selbstbestimmung des Verbrauchers durch dessen strukturelle Unterlegenheit gegenüber dem Unternehmer grundlegend in Frage gestellt. Bei Verwendung von Smart Contracts unterliegen Verbraucher jedoch einem erheblich erhöhten Risiko der Fremdbestimmung. Dies ist auf eine Reihe von Risikofaktoren zurückzuführen, die besonders bei Beteiligung eines Verbrauchers zu Tage treten. a) Unverständlichkeit des Smart Contract-Programmcodes für Verbraucher Das zentrale Problem des Verbrauchers und gleichzeitig das größte Risiko für dessen Selbstbestimmung liegt darin, dass der Smart Contract-Programmcode für den Verbraucher als Laien kaum verständlich ist.165

162

BVerfG, Beschl. v. 19. 10. 1993 – 1 BvR 567/89 u. a., NJW 1994, 36. Vgl. hierzu auch die Darstellung bei Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, 1998, insb. S. 266 ff. Sehr kritisch hingegen Zöllner, AcP 196 (1996), S. 1. 163 BVerfG, Beschl. v. 19. 10. 1993 – 1 BvR 567/89 u. a., NJW 1994, 36. 164 Vgl. auch Tamm, Verbraucherschutzrecht, 2011, S. 14; Grunewald / Pfeier, Verbraucherschutz im Zivilrecht, 2010, Rn. 8 f. [S. 5 f.]. Allgemein zu den verschiedenen Begründungsansätzen für eine Unterlegenheit des Verbrauchers etwa Tamm, Verbraucherschutzrecht, 2011, S. 15 ff.; Kemper, Verbraucherschutzinstrumente, 1994, S. 36 ff. Zur Unterlegenheit als Tatbestand „privater Macht“ und zum Verbraucherschutz als Versuch dem eine staatliche Macht entgegen zu setzen instruktiv Calliess, in: Möslein (Hrsg.), Private Macht, 2016, S. 213 (221 f.; 233 ff.). 165 Anschaulich etwa Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (621), die insofern von einer „black box“ sprechen. Vgl. auch Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1029 f.); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (204); Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (621); Vereinigung der bayrischen Wirt-

A. Fremdbestimmung des Verbrauchers durch Smart Contracts 

71

Technisch handelt es sich bei Smart Contracts um spezialisierte Computerprogramme166, die der automatisierten Durchführung von Vertragsbedingungen dienen.167 Smart Contracts bestehen somit aus Programmcode.168

schaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 24; Riehm, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 99 (110 f., Rn. 37); Söbbing, ITRB 2018, 43 (46). Zu dieser Informationsasymmetrie im Vergleich zum Unternehmer auch Clément, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (282). 166 Vgl. nur aus der deutschsprachigen Literatur Blocher, AnwBl 2016, 612 (618); Kaulartz /  Heckmann, CR 2016, 618 (619; Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1, unter B.; Heckmann, CR 2016, R99 (R99); Heckmann / Kaulartz, c’t 2016, 138 (138); Voshmgir, Blockchains, Smart Contracts und das Dezentrale Web, 2016, S. 14; BaFin, Blockchain-Technologie, 2017; Berentsen / Schär, Bitcoin, Blockchain und Kryptoassets, 2017, S. 289; Börding / Jülicher /  Röttgen / v. Schönfeld, CR 2017, 134 (138); Meitinger, in: Deutsche Gesellschaft für Informatik, Informatiklexikon, 2017; Prior, ZAP, Fach 2, 05/2017, S. 651 (653); Schrey / T halhofer, NJW 2017, 1431 (1431); Simmchen, MMR 2017, 162 (164); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 13; J. Wagner, BB 2017, 898 (901); Eschenbruch / Gerstberger, NZBau 2018, 3 (3); Fries, AnwBl 2018, 86 (86); Fries, in: Deutscher Bundestag – Finanzausschuss, Protokoll zur 34. Sitzung, BT-Drs. 19/4217, S. 71 (71); Glatz, in: Hartung / Bues / Halbleib (Hrsg.), Legal Tech: Die Digitalisierung des Rechtsmarktes, 2018, S. 287 (287, Rn. 1211); Grundmann / Hacker, in: European Review of Contract Law, Band 13 (2017), S. 255 (Manuskript, S. 10); Heckelmann, NJW 2018, 504 (504); Lobe, in: Süddeutsche Zeitung, 08. 04. 2018; Möslein, ZBB 2018, 208 (215); Otto, in: Deutscher Bundestag – Finanzausschuss, Protokoll zur 34. Sitzung, BT-Drs. 19/4217, S. 82 (103); Paulus / Matzke, NJW 2018, 1905 (1905); Paulus / Matzke, ZfPW 2018, 431 (433 f.); ­Söbbing, ITRB 2018, 43 (43); Urbach, in: Enzyklopädie der Wirtschaftsinformatik, 2018; Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 24; Finck, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 1 (7); Möslein, ZHR 2019, 254 (260); Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 13, 42. 167 Ausführlich zum in dieser Arbeit zugrunde gelegten Begriff oben S. 30 f. 168 So ausdrücklich etwa Miller / Stiegler, in: Rizzo / W hite (Hrsg.), Markets, Information and Communication – Austrian Perspectives on the Internet Economy, 2004, S. 63 (64); ­Peters /  Panayi, Understanding Modern Banking Ledgers through Blockchain Technologies, 2015, S. 7; Blocher, AnwBl 2016, 612 (618); Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1, unter B.; Hingley / Robinson, A smart new world: blockchain and smart contracts, 2016; Stark, Making Sense of Blockchain Smart Contracts, 2016; Catchlove, Smart Contracts: A New Era of Contract Use, 2017, S. 8; Jaccard, in: Jusletter IT v. 23. 11. 2017, S. 4; Kaal / Calcaterra, in: The Business Lawyer, Band 73 (2017), S. 109 (111); I. Ng, The Art of Contract Drafting in the Age of Artificial Intelligence, 2017, S. 33; O’Shields, in: North Carolina Banking Institute, Band 21 (2017), S. 177 (179); Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (127); Simmchen, MMR 2017, 162 (164); Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (273); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 13; Young, in: Catholic University Journal of Law & Technology, Band 26 (2017), S. 1 (6 f.); De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 74; Eschenbruch / Gerstberger, NZBau 2018, 3 (3); Kennedy, in: Law Practice, Band  44 (2018), S. 56 (58 f.); Malta, Digital Innovation Authority Act, Teil I, Art. 2 (1) UA 17; Möslein, ZBB 2018, 208 (215); De Caria, in: Aggarwal / Eidenmüller /  Enriques / Payne / van Zwieten (Hrsg.), Autonomous Systems and the Law, 2019, S. 27 (29); Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 24; Finck, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 1 (7); Voshmgir, Token Economy, 2019, S. 87 f.

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2. Teil: Risiken von Smart Contracts für Verbraucher

Der Verbraucher kann aus einem offengelegten Programmcode mangels entsprechender technischer Kenntnisse jedoch in der Regel keine Erkenntnisse ziehen.169 Ausgeführt werden Smart Contracts praktisch zudem in Form von Bytecode170, der im Vergleich zu dem zumindest für technische Experten lesbaren Quellcode sogar noch unverständlicher ist.171 Geradezu hilflos ausgeliefert ist der Verbraucher vor diesem Hintergrund insbesondere dem Risiko von Fehlern in der Programmierung des Smart Contracts. Denn obwohl vertragliche Wenn-Dann-Bedingungen sich theoretisch in Code und damit in Smart Contracts abbilden lassen, ist eine solche Umsetzung nicht trivial.172 Programmcode, der eine Parteivereinbarung (oder zumindest Teile davon) abbilden soll, kann schnell solch eine Komplexität erreichen, dass eine fehlerlose Übersetzung erheblich erschwert wird.173 Derartige Fehler würden aber dazu führen, dass das zwischen den Parteien eigentlich Vereinbarte und die Regelungen des Smart Contracts auseinanderfallen.174 Die Parteien hätten sich also zwar über bestimmte Bedingungen für eine Automatisierung geeinigt, der Programmcode würde diese Vereinbarung aber nicht (vollständig) abbilden. Programmierfehler führen mithin dazu, dass eine andere als die vereinbarte Wenn-Dann-Beziehung im Programmcode abgebildet und damit automatisiert wird.175 169

Vgl. auch Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1029 f.); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (204); Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (621); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 24; Riehm, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 99 (110 f., Rn. 37); Söbbing, ITRB 2018, 43 (46); Clément, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (281 f.). 170 Vgl. etwa Diedrich, Ethereum, 2016, S. 200 f.; Erbguth, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 25 (29); Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 37 (dort Fn. 218) sowie unten S. 146 ff. 171 Zu dieser Problematik und möglichen Lösungsansätzen Erbguth, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 25 (28 f.). 172 Instruktiv etwa Blocher, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 113 (113) [Rn. 2]. Vgl. zu den Problemen der Übersetzung eines Vertrages in Software auch Mik, in: Innovation & Technology, Band 9 (2017), S. 269 (Manuskript, S. 16 ff.); Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (126); Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (365); Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (128); Mik, in: DiMatteo / Cannarsa /  Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 160 (174 f.). 173 Vgl. etwa Clément, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (277). 174 Vgl. etwa Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (118 f.). 175 Deutlich Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (88); Riehm, in: Braegel­mann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 99 (100) [Rn. 4]: „Das, was unaufhaltsam durchgesetzt wird, entspricht nicht dem, was rechtlich geschuldet ist, und das, was rechtlich geschuldet ist, wird dann nicht durch den Smart Contract durchgesetzt.“ Vgl. auch Mik, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 160 (175).

A. Fremdbestimmung des Verbrauchers durch Smart Contracts 

73

Zwar besteht gegebenenfalls für den Verbraucher die Möglichkeit, eine Übersetzung des Programmcodes in natürlicher Sprache zu verlangen oder selbst in Auftrag zu geben176, doch auch in diesem Fall besteht ein nicht zu vernachlässigendes Risiko, dass diese Übersetzung (bewusst oder unbewusst) fehlerhaft ist.177 Es würde sich insbesondere die Frage stellen, ob Interessenkonflikte bestehen können, wenn der Unternehmer die Übersetzung in Auftrag gibt.178 Hat hingegen der Verbraucher selbst für eine Übersetzung zu sorgen, müsste er die hierfür anfallenden Kosten tragen, noch bevor ein Vertrag geschlossen wurde, nur, um auf Grundlage dieser Übersetzung eine informierte, selbstbestimmte Entscheidung treffen zu können. Schon aufgrund einer Abwägung der Kosten und möglichen Vorteile, wird der Verbraucher regelmäßig von einer Übersetzung bzw. einer Nachprüfung im Allgemeinen absehen: Der Aufwand einer Kontrolle wird regelmäßig in keinem Verhältnis zum Wert des Geschäftes für den Verbraucher stehen.179 b) Keine Möglichkeit der Einflussnahme auf den Programmcode Mittelbar aus der fehlenden Expertise des Verbrauchers folgt zudem auch dessen stark eingeschränkten Möglichkeit, auf die Programmierung und damit auf die Ausgestaltung des Smart Contracts im Einzelnen Einfluss zu nehmen. Nur äußerst selten werden Smart Contracts im Einzelnen zwischen Unternehmer und Verbraucher ausgehandelt werden.180 Angesichts der typischerweise fehlenden Expertise des Verbrauchers, eine komplexe Wenn-Dann-Beziehung in Programmcode im Einzelnen aushandeln zu können, wird in den meisten Fällen auf vorformulierte Vorlagen zurückgegriffen werden.181 Die Gestaltung eines neuen Smart Contracts ist mit einem erheblichen Aufwand verbunden und wird regelmäßig 176

Vgl. hierzu auch Clément, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (281 ff.). Vgl. zu einer Obliegenheit des Unternehmers, dem Verbraucher eine solche Übersetzung bereit zu stellen, noch ausführlich unten S. 198 ff. 177 Vgl. auch Mik, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 160 (175); Clément, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (282 f.). 178 Vgl. zur Frage der Haftung für etwaige Fehler auch Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 136 sowie unten S. 199 f. 179 Vgl. für Allgemeine Geschäftsbedingungen auch Leyens / Schäfer, AcP 210 (2010), 771 (782 ff.); Leuschner, AcP 207 (2007), 491 (495 ff.); Wendland, in: Staudinger-Eckpfeiler, 7. Aufl. 2020, Kapitel E., Rn. 3; Basedow, in: MüKo-BGB, 8. Aufl. 2019, Vor § 305, Rn. 6 f. 180 Ebenso Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (622); Möslein, ZBB 2018, 208 (218). 181 Vgl. auch Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (622); Heckelmann, NJW 2018, 504 (507); Möslein, ZBB 2018, 208 (218); Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (76); Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (294).

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2. Teil: Risiken von Smart Contracts für Verbraucher

spezielle Expertise voraussetzen. Werden Smart Contracts also in Beziehungen zwischen Unternehmern und Verbrauchern eingesetzt, so wird die Aufgabe ihrer Programmierung praktisch in der Regel dem Unternehmer zufallen. Etwas anderes dürfte allenfalls für Fälle gelten, in denen von unabhängigen Dritten formulierte – und ggf. sogar von staatlicher Stelle kontrollierte – Smart Contract-Vorlagen zur Verfügung stehen. Der Verbraucher wird jedoch kaum selbst einen spezifischen Smart Contract programmieren, um diesen dann in einem Geschäft mit einem Unternehmer einzusetzen. Der Unternehmer dürfte einen solchen vom Verbraucher vorgeschlagenen, selbst programmierten Programmcode zur Automatisierung der Geschäftsbeziehung ohnehin regelmäßig ablehnen. Dementsprechend werden Smart Contracts in den meisten Verbraucherverträgen (§ 310 Abs. 3 BGB) vom Unternehmer einseitig vorgegeben.182 Im Ergebnis geht dem Verbraucher auf diese Weise jede Möglichkeit der Ausübung seiner Vertragsgestaltungsfreiheit verloren.183 Der Unternehmer reißt die Autonomie der Gestaltung des Smart Contracts gänzlich an sich.184 Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass der Unternehmer sich mit einer einseitig zu seinen Gunsten gestalteten Programmierung des Smart Contracts durchsetzt. Der Verbraucher befindet sich bei Verwendung von Smart Contracts insofern in einer ähnlichen Situation wie im Fall der Verwendung Allgemeiner Geschäftsbedingungen (AGB).185 Auch durch den Einsatz von Smart Contracts wird der Unternehmer – ebenso wie bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen186  – typischerweise bestrebt sein, eine Stärkung seiner Rechtsposition herbeizuführen. Soweit durch AGB vom positiven Recht abweichende Regelungen getroffen werden, geschieht dies für gewöhnlich zum Nachteil des Verbrauchers.187 Vertragliche Risiken werden auf diese Weise oftmals auf den Verbraucher abgewälzt.188 Die in den AGB getroffenen Regelungen privilegieren vor diesem Hintergrund typischerweise den Unternehmer. Das 182 A. A. aber Heckelmann, NJW 2018, 504 (507), der den Unternehmer AGB-rechtlich regelmäßig nicht als Verwender ansehen will, da nicht ein Verwender einen Smart Contract mehrmals nutzen wird, sondern viele Verwender denselben Smart Contract jeweils einmal. 183 Vgl. für AGB Wendland, in: Staudinger-Eckpfeiler, 7. Aufl. 2020, Kapitel E., Rn. 3. 184 Für den Einsatz von AGB Wendland, in: Staudinger-Eckpfeiler, 7. Aufl. 2020, Kapitel E., Rn. 4 spricht im Zusammenhang mit AGB insofern von der „Usurpation der Vertragsautonomie“. Vgl. in diese Richtung auch BGH, Urt. v. 07. 07. 1976 – IV ZR 229/74, NJW 1976, 2345 (2346). 185 Vgl. zur Frage, ob bzw. wann Smart Contracts selbst Allgemeine Geschäftsbedingungen darstellen und daher die §§ 305 ff. BGB unmittelbar Anwendung finden noch ausführlich unten S. 187 ff. 186 Vgl. etwa Tamm, in: Tamm / Tonner / Brönneke (Hrsg.), Verbraucherrecht, 3. Aufl. 2020, § 11 Rn. 5; Basedow, in: MüKo-BGB, 8. Aufl. 2019, Vor § 305, Rn. 3. 187 Vgl. Basedow, in: MüKo-BGB, 8. Aufl. 2019, Vor § 305, Rn. 3. 188 Vgl. Basedow, in: MüKo-BGB, 8. Aufl. 2019, Vor § 305, Rn. 3. Vgl. zu der daraus folgenden Risikoverlagerung auch OLG Frankfurt, Urt. v. 21. 12. 1978 – 6 U 57/78, NJW 1979, 985 (985); Tamm, Verbraucherschutzrecht, 2011, S. 533 ff.; Wendland, in: Staudinger-Eckpfeiler, 7. Aufl. 2020, Kapitel E., Rn. 3; Tamm, in: Tamm / Tonner / Brönneke (Hrsg.), Verbraucherrecht, 3. Aufl. 2020, § 11 Rn. 5.

A. Fremdbestimmung des Verbrauchers durch Smart Contracts 

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gleiche wird regelmäßig auch für den Einsatz von Smart Contracts gelten müssen. Der Unternehmer hat den Vorteil, bei der Gestaltung und Programmierung des Smart Contracts auf spezialisierte Experten zurückgreifen und die Vor- und Nachteile der Automatisierung im Einzelnen würdigen zu können.189 Wenn der automatisierte Vollzug einer bestimmten Regelung also nicht in seinem Interesse liegt wird der Unternehmer darauf verzichten, einen entsprechenden Smart Contract programmieren zu lassen und einzusetzen. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass der Einsatz eines Smart Contracts durch einen Unternehmer grundsätzlich in dessen Interesse liegt und auch im Einzelnen entsprechend seiner Präferenzen gestaltet wird. c) Eingeschränkte Kontrollmöglichkeiten Die mit diesem völligen Ausschluss des Verbrauchers vom Prozess der Gestaltung des Smart Contracts verbundenen Risiken werden durch die eingeschränkten Kontrollmöglichkeiten zusätzlich verschärft. Auch in Folge der Programmierung des Smart Contracts wird der Verbraucher typischerweise keine Möglichkeit haben, das Für und Wider der Automatisierung konkret abzuwägen. Ein vorformuliertes Klauselwerk in seiner ganzen Bedeutung und all seinen potentiellen Auswirkungen zu verstehen und zu würdigen, wird einem Vertragspartner, insbesondere einem Verbraucher, schon bei AGB schwerfallen, die in natürlicher Sprache formuliert sind.190 Bei Einsatz von Smart Contracts wird der Verbraucher in der Regel aber nicht einmal über die erforderlichen technischen Kenntnisse verfügen, um den Programmcode im Einzelnen zu verstehen und auf Fehler hin zu überprüfen.191 Er muss sich deshalb darauf zu verlassen, dass die vom Unternehmer vorgenommene bzw. in Auftrag gegebene Programmierung genau der Parteivereinbarung entspricht. Sein Vertrauen kann der Verbraucher insofern entweder in das bloße Wort des Unternehmers oder in eine etwaig vom Unternehmer in Auftrag gegebene Übersetzung des Programmcodes in natürlicher Sprache stecken. Auch eine solche Übersetzung des Smart Contracts in für den Verbraucher verständliche Sprache 189

Vgl. für AGB etwa Leuschner, AcP 207 (2007), 491 (495); Tamm, in: Tamm / Tonner /  Brönneke (Hrsg.), Verbraucherrecht, 3. Aufl. 2020, § 11 Rn. 6. 190 Vgl. Lieb, AcP 178 (1978), 196 (202); Leuschner, AcP 207 (2007), 491 (495 f.); Tamm, in: Tamm / Tonner / Brönneke (Hrsg.), Verbraucherrecht, 3. Aufl. 2020, § 11 Rn. 6. 191 Vgl. in diese Richtung auch Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1029 f.); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (204); Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (621); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 24; Riehm, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 99 (110 f., Rn. 37); Söbbing, ITRB 2018, 43 (46); Clément, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (281 f.) sowie soeben oben S. 70 ff.

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2. Teil: Risiken von Smart Contracts für Verbraucher

kann aber bewusst oder unbewusst fehlerhaft sein.192 Insbesondere bei freiwillig durch den Unternehmer angefertigten Übersetzungen193 stellt sich daher die Frage nach Interessenkonflikten und der Haftung für eine fehlerhafte Übersetzung.194 Will sich der Verbraucher aus diesen Gründen nicht auf eine vom Unternehmer in Auftrag gegebene Übersetzung verlassen, kann er allenfalls selbst eine Übersetzung oder Kontrolle in Auftrag geben. Die für eine solche Kontrolle anfallenden Kosten und der damit verbundene Aufwand stehen für den Verbraucher jedoch regelmäßig außer Verhältnis zum Wert des Geschäfts und der Wahrscheinlichkeit, infolge der Nachprüfung Veränderungen des Smart Contracts durchsetzen zu können.195 Dem Verbraucher würden mit anderen Worten prohibitiv hohe Transaktionskosten entstehen.196 Der Verbraucher kann dem vom Unternehmer gestalteten Smart Contract von vornherein lediglich widerspruchslos zustimmen oder diesen ablehnen („take it or leave it“).197 Einfluss nehmen auf die Gestaltung kann er praktisch aber kaum.198 d) Schlussfolgerung: Strukturelle Unterlegenheit des Verbrauchers bei Einsatz von Smart Contracts Im Ergebnis führt insbesondere die technische Natur der Gestaltung des Programmcodes eines Smart Contracts in Verbindung mit der typischerweise fehlenden Expertise des Verbrauchers dazu, dass der Verbraucher regelmäßig die Gestaltung des Programmcodes kaum beeinflussen können wird. Die Aufgabe der Gestaltung des Smart Contracts wird typischerweise allein dem Unternehmer zukommen. Auch die Möglichkeiten des Verbrauchers, den Smart Contract im Einzelnen zu kontrollieren und zu würdigen, sind wegen seines mangelnden technischen Verständnisses eingeschränkt. 192 Vgl. etwa Mik, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 160 (175). Instruktiv zur Schwierigkeit der Übersetzung des Programmcodes in verständliche Sprache auch ­Clément, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (282 f.). 193 Vgl. zu der Frage, ob zumindest bei Vorliegen von AGB eine Übersetzungsobliegenheit des Unternehmers zur Gewährleistung einer zumutbaren Kenntnisnahmemöglichkeit nach § 305 Abs. 2 BGB besteht, noch ausführlich unten S. 198 ff. 194 Vgl. zur Frage der Haftung für etwaige Fehler auch Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 136 sowie unten S. 199 f. 195 Vgl. Leyens / Schäfer, AcP 210 (2010), 771 (782 ff.); Leuschner, AcP 207 (2007), 491 (495 ff.); Wendland, in: Staudinger-Eckpfeiler, 7. Aufl. 2020, Kapitel E., Rn. 3; Basedow, in: MüKo-BGB, 8. Aufl. 2019, Vor § 305, Rn. 6 f. 196 Vgl. Basedow, in: MüKo-BGB, 8. Aufl. 2019, Vor § 305, Rn. 7; Leuschner, AcP 207 (2007), 491 (496). Vgl. auch Wendland, in: Staudinger-Eckpfeiler, 7. Aufl. 2020, Kapitel E., Rn. 3: „Transaktionskostenasymmetrie“. 197 Vgl. Wendland, in: Staudinger-Eckpfeiler, 7. Aufl. 2020, Kapitel E., Rn. 3; Basedow, in: MüKo-BGB, 8. Aufl. 2019, Vor § 305, Rn. 4 f. 198 Vgl. für AGB Leuschner, AcP 207 (2007), 491 (497 f.).

A. Fremdbestimmung des Verbrauchers durch Smart Contracts 

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Der Verbraucher ist dem Unternehmer, der den Programmcode insofern autonom nach seinen Interessen gestalten, strukturell unterlegen. Er befindet sich in einer ähnlichen Situation wie bei der Verwendung allgemeiner Geschäftsbedingungen.199 4. Ergebnis: Herausragende Bedeutung eines staatlichen Verbraucherschutzes für Smart Contracts Vor dem Hintergrund dieser strukturellen Unterlegenheit des Verbrauchers besteht bei Einsatz von Smart Contracts ein besonders hohes Risiko einer Fremdbestimmung. Die von Smart Contracts grundsätzlich vorausgesetzte beiderseitige Selbstbestimmung läuft vor diesem Hintergrund Gefahr, in eine Fremdbestimmung durch den Unternehmer umzuschlagen. Statt die Vertragsfreiheit zu verwirklichen könnte sich die Automatisierung so zu einem Werkzeug der Unterdrückung und der Fremdbestimmung von Schwächeren entwickeln. Der Verbraucher ist insofern in erhöhtem Maße schutzbedürftig. Der Verbraucherschutz nimmt daher eine enorm wichtige Rolle bei der Gewährleistung der Selbstbestimmung des Verbrauchers ein. Es kann kaum davon ausgegangen werden, dass die Selbstbestimmung des Verbrauchers ohne weiteres, d. h. ohne staatliche Intervention, schlechthin gewährleistet werden kann. Das Risiko der Fremdbestimmung des Verbrauchers ist angesichts seiner enormen Unterlegenheit aus Sicht der Rechtsordnung nicht tolerierbar. Die beiderseitige Selbstbestimmung ist für das Funktionieren des Vertragsmechanismus und damit für Smart Contracts von so zentraler Bedeutung, dass auf einen staatlichen Verbraucherschutz bei der Verwendung von Smart Contracts effektiv nicht verzichtet werden kann. Ohne eine wirksame Zustimmung des Verbrauchers zur Automatisierung droht der durch Smart Contract automatisierte Vollzug von Vertragsbedingungen aber seine Rechtfertigung200 bzw. seine rechtliche Grundlage201 zu verlieren. Indem der Verbraucherschutz die Selbstbestimmung des Verbrauchers zu gewährleisten versucht202, sichert er aber gleichzeitig auch das Funktionieren des durch Smart Contracts auf den automatisierten Vollzug von Vertragsbedingungen 199

Vgl. zur Frage, ob bzw. wann Smart Contracts selbst Allgemeine Geschäftsbedingungen darstellen und daher die §§ 305 ff. BGB unmittelbar Anwendung finden noch ausführlich unten S. 187 ff. 200 Zur Rechtfertigungsbedürftigkeit der Automatisierung ausführlich oben S. 49 ff. 201 Vgl. ausführlich zur Vertragsfreiheit als Grundlage für die rechtliche Akzeptanz der Automatisierung noch unten S. 178 ff. 202 Vgl. etwa Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, 1998, insb. S. 206 ff., 282 ff.; Meller-Hannich, Verbraucherschutz im Schuldvertragsrecht, 2005, S. 145 ff. Vgl. auch zur rechtsgeschäftlichen Selbstbestimmung als Begründung des Verbraucherschutzrechtes ausführlich Sedlmeier, Rechtsgeschäftliche Selbstbestimmung im Verbrauchervertrag, 2012, S. 196 ff.

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2. Teil: Risiken von Smart Contracts für Verbraucher

übertragenen Vertragsmechanismus203. Ein starker Verbraucherschutz erweist sich vor diesem Hintergrund als wichtiger Wegbereiter für eine selbstbestimmte Entscheidung des Verbrauchers – und damit für das Funktionieren der Idee hinter Smart Contracts. Die Entwicklung von Smart Contracts baute ursprünglich in erster Linie auf dem Gedanken auf, die Selbstbestimmung der Parteien zu vervollständigen, indem die Idee des Vertrages in die Vertragsdurchsetzung übertragen wird.204 Ebenso wie traditionelle Verträge beruhen auch Smart Contracts daher grundlegend auf der Konsensfindung, nicht einer einseitigen Interessendurchsetzung einer Partei. Die beiderseitige Selbstbestimmung bildet insofern das Fundament für Smart Contracts, den automatisierten Vollzug vertraglicher Regelungen nach vertraglichem Vorbild zu regeln. Der Verbraucherschutz stellt das entscheidende Mittel dar, um dieses Fundament zu erhalten, indem er die beiderseitige Selbstbestimmung der Parteien eines Smart Contracts zu gewährleisten versucht. Im Interesse des Schutzes der Privatautonomie des Verbrauchers muss daher von dem Grundsatz der formellen Vertragsfreiheit im Sinne einer Materialisierung abgewichen werden, soweit die Selbstbestimmung des Verbrauchers beeinträchtigt ist.205 Verfassungsrechtlich steht dem Verbraucher ein „Grundrecht auf wirtschaftliche Selbstbestimmung“ zu206, das der Gesetzgeber zu schützen hat. Indem der Verbraucherschutz eine privatautonome Entscheidung des Verbrauchers ermöglicht, stellt er eine zentrale Bedingung für das Funktionieren von Smart Contracts207 dar. Er hilft dem Smart Contract nicht nur, seine Rechtfertigung208 und rechtliche Grundlage209 zu erhalten, sondern ermöglicht es gleichzeitig, die ursprüngliche Zielbestimmung des Smart Contracts – die Vervollständigung der (beiderseitigen) Selbstbestimmung der Parteien210 – zu erfüllen.

IV. Die Umsetzung des Verbraucherschutzes als Gegensatz zur Automatisierung? In der Theorie nimmt der Verbraucherschutz somit eine enorm wichtige Rolle für die Gewährleistung der Selbstbestimmung des Verbrauchers bei Einsatz von Smart Contracts ein. Die zur Umsetzung des Verbraucherschutzes verwendeten Werkzeuge scheinen einer Automatisierung jedoch teilweise entgegen zu stehen. 203

Vgl. hierzu ausführlich oben S. 65 ff. Vgl. hierzu bereits ausführlich oben S. 58 ff. 205 Vgl. allgemein etwa Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, 1998, S. 208; Meller-Hannich, Verbraucherschutz im Schuldvertragsrecht, 2005, S. 147. 206 Grundlegend Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, 1998, S. 253 ff. 207 Vgl. zum Funktionieren von Smart Contracts bereits ausführlich oben S. 57 ff. 208 Zur Rechtfertigungsbedürftigkeit der Automatisierung ausführlich oben S. 49 ff. 209 Vgl. ausführlich zur Vertragsfreiheit als Grundlage für die rechtliche Akzeptanz der Automatisierung noch unten S. 178 ff. 210 Vgl. hierzu ausführlich oben S. 58 ff. 204

A. Fremdbestimmung des Verbrauchers durch Smart Contracts 

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1. Entschleunigung als Werkzeug des Verbraucherschutzes Ein wichtiges Werkzeug des Verbraucherschutzes zur Gewährleistung der Selbstbestimmung des Verbrauchers ist die Entschleunigung. Die wichtigsten allgemeinen Instrumente des Verbraucherschutzes sind das Transparenzgebot, Informationspflichten sowie das Widerrufsrecht des Verbrauchers.211 Entsprechend des sog. Informationsmodells des Verbraucherschutzes212, sollen diese Werkzeuge primär ein bestehendes Informationsdefizit des Verbrauchers ausgleichen und dem Verbraucher auf diese Weise eine selbstverantwortliche Teilnahme am Markt ermöglichen.213 Im Ergebnis haben diese Instrumente oftmals eine Entschleunigung zur Folge. Besonders deutlich zeigt sich der Gedanke der gezielten Entschleunigung zugunsten des Verbrauchers bei den verbraucherschutzrechtlichen Widerrufsrechten (§§ 312, 312b, 312c i. V. m. § 312g Abs. 1 iVm § 355 BGB). Hintergrund dieses „einseitigen Vertragslösungsrechts zugunsten des Verbrauchers“214 ist die Gefahr, dass der Verbraucher aufgrund einer besonderen Situation (§ 312 Abs. 1 S. 1 BGB), eines besonderen Vertragsabschlussmediums (§ 312b Abs. 2 BGB) oder besonderer Vertragsinhalte (§§ 481, 491 BGB) uninformiert oder unreflektiert handelt.215 So werden bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen Verträgen (§ 312b BGB) Verbraucher etwa gezielt und künstlich in Situationen gezwungen, in denen ihre Bedenkzeit verkürzt wird216, sodass etwa auch vorvertragliche Informationspflichten keine ausreichende Wirkung entfalten können.217 Der Verbraucher soll durch psychologischen Druck oder durch Nutzen eines Überraschungseffekts218 gleichsam „überrumpelt“219 werden und so zu spontanen, impulsiven Kaufent 211

Vgl. zu diesen Instrumenten etwa Tamm, Verbraucherschutzrecht, 2011, S. 347 ff.; Gsell, in: Staudinger-Eckpfeiler, 7. Aufl. 2020, Kapitel K., Rn. 14 ff.; Achilles, Vom Homo Oeconomicus zum Differenzierten Verbraucher, 2020, S. 174 ff. 212 Vgl. ausführlich etwa Achilles, Vom Homo Oeconomicus zum Differenzierten Verbraucher, 2020, S. 69 ff.; 164 ff. Überblicksweise auch Tamm, in: Tamm / Tonner / Brönneke (Hrsg.), Verbraucherrecht, 3. Aufl. 2020, § 1 Rn. 24 f. 213 So etwa Achilles, Vom Homo Oeconomicus zum Differenzierten Verbraucher, 2020, S. 174, 189. Das Widerrufsrecht wird teilweise jedoch auch nicht als Kompensationsinstrument angesehen, sondern als (marktkompensatorisches) Schutzinstrument, vgl. Meller-Hannich, Verbraucherschutz im Schuldvertragsrecht, 2005, S. 228; Tamm, Verbraucherschutzrecht, 2011, S. 43. 214 Tamm, Verbraucherschutzrecht, 2011, S. 385. 215 Vgl. etwa Weller, Die Vertragstreue, 2009, S. 292. 216 Vgl. Sedlmeier, Rechtsgeschäftliche Selbstbestimmung im Verbrauchervertrag, 2012, S. 218; Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, 1998, S. 312. 217 Vgl. Tamm, Verbraucherschutzrecht, 2011, S. 388. 218 Vgl. Achilles, Vom Homo Oeconomicus zum Differenzierten Verbraucher, 2020, S. 187. Instruktiv zu diesen „exogen veranlassten Präferenzstörungen“ auch Eidenmüller, AcP 210 (2010), 67 (82 f.). 219 Vgl. zum Verbraucherschutz, insb. den Widerrufsrechten, als Überrumpelungsschutz etwa Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, 1998, S. 312; Sedlmeier, Rechtsgeschäftliche Selbstbestimmung im Verbrauchervertrag, 2012, S. 217; Achilles, Vom Homo Oeconomicus zum Differenzierten Verbraucher, 2020, S. 187; Wendehorst, in: MüKoBGB, Band 3, 8. Aufl. 2019, § 312g BGB, Rn. 1.

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2. Teil: Risiken von Smart Contracts für Verbraucher

scheidungen verleitet werden.220 Der Gesetzgeber stellt dieser gezielten Beschleunigung durch den Unternehmer mit dem Widerrufsrecht daher gesetzlich eine Entschleunigung entgegen. Die „heiße Phase der Verlockung“ soll durch eine Phase des Abkühlens („cooling off“) kompensiert werden.221 Dem Verbraucher wird auf diese Weise die Zeit gegeben, sich ausreichend Gedanken über die Vor- und Nachteile eines Rechtsgeschäftes zu machen, seinen Entschluss in Ruhe zu überdenken und ein etwaiges Informationsdefizit auszugleichen.222 Das Rechtsgeschäft wird durch diese Möglichkeit des Verbrauchers, sich ohne sachlichen Grund von dem Vertrag zu lösen, faktisch in der Schwebe gehalten. Der Vertrag ist „schwebend wirksam“.223 Im Vergleich zu anderen Vertragsabschlüssen wird die endgültige rechtliche Bindung des Verbrauchers damit hinausgezögert und der Prozess des Vertragsschlusses im Ergebnis entschleunigt. In gewisser Weise entschleunigend wirken auch durch verbraucherschützende Regelungen auferlegte, vorvertragliche Informationspflichten des Unternehmers.224 Vor dem Hintergrund des Ziels der Beseitigung von Informationsdefiziten225 stellen Informationspflichten das naheliegende und am häufigsten genutzte Instrument des Verbraucherschutzes dar.226 Sollen diese Informationspflichten aber ihr Ziel eines Ausgleichs struktureller Informationsasymmetrien erreichen, so muss dem Verbraucher Zeit zugestanden werden, die zur Verfügung gestellten Informationen aufzunehmen und sich erst anschließend zu entscheiden. Soll der Verbraucher die zur Verfügung gestellten Informationen zur Kenntnis nehmen und würdigen, so wird dies notwendigerweise mehr Zeit in Anspruch nehmen, als wenn ihm keine Informationen zugänglich sind und er eine Entscheidung gleichsam „aus dem Bauch heraus“ treffen soll. Auch verbraucherrechtliche Informationspflichten werden vor diesem Hintergrund praktisch entschleunigend wirken, indem die Kenntnisnahme der bereitgestellten Informationen vor eine finale Entscheidung des Verbrauchers geschaltet wird. 220

Vgl. Achilles, Vom Homo Oeconomicus zum Differenzierten Verbraucher, 2020, S. 187. Vgl. etwa Grunewald / Pfeier, Verbraucherschutz im Zivilrecht, 2010, Rn. 7 [S. 5]. Vgl. zum Cooling-Off-Effekt auch Eidenmüller, JZ 2005, 216 (221); Achilles, Vom Homo Oeconomicus zum Differenzierten Verbraucher, 2020, S. 188. 222 Vgl. instruktiv Eidenmüller, AcP 210 (2010), 67 (74 ff.); Föhlisch, in: Tamm / Tonner /  Brönneke (Hrsg.), Verbraucherrecht, 3. Aufl. 2020, § 12 Rn. 1; Achilles, Vom Homo Oeconomicus zum Differenzierten Verbraucher, 2020, S. 187 f.; Wendehorst, in: MüKo-BGB, Band 3, 8. Aufl. 2019, § 312g BGB, Rn. 1. 223 Vgl. hierzu etwa Meller-Hannich, Verbraucherschutz im Schuldvertragsrecht, 2005, S. 156 ff.; Tamm, Verbraucherschutzrecht, 2011, S. 392 f. 224 Zu den gesetzlichen Informationspflichten des Unternehmers gegenüber Verbrauchern vgl. den Überblick in Weiler, in: Tamm / Tonner / Brönneke (Hrsg.), Verbraucherrecht, 3. Aufl. 2020, § 13 Rn. 5 ff.; allgemein auch Tamm, Verbraucherschutzrecht, 2011, S. 358 ff. 225 Vgl. zum sog. Informationsmodell ausführlich etwa Achilles, Vom Homo Oeconomicus zum Differenzierten Verbraucher, 2020, S. 69 ff.; 164 ff. Überblicksweise auch Tamm, in: Tamm / Tonner / Brönneke (Hrsg.), Verbraucherrecht, 3. Aufl. 2020, § 1 Rn. 24 f. 226 Vgl. auch Achilles, Vom Homo Oeconomicus zum Differenzierten Verbraucher, 2020, S. 174; Weiler, in: Tamm / Tonner / Brönneke (Hrsg.), Verbraucherrecht, 3. Aufl. 2020, § 13 Rn. 3. 221

A. Fremdbestimmung des Verbrauchers durch Smart Contracts 

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Ein so entschleunigender Verbraucherschutz ist in erster Linie darauf gerichtet, eine vertragliche Bindung des Verbrauchers hinauszuzögern, um eine informierte Entscheidung zu ermöglichen. Verbraucherschutz ist jedoch nicht zwingend mit einer Entschleunigung verbunden. Im Gegenteil sollen andere verbraucherschützende Regelungen, die den Verbraucher nicht vor einer endgültigen Bindung schützen sollen, oftmals gerade langwierige Prozesse erleichtern und können auf diese Weise durchaus beschleunigend wirken. So soll dem Verbraucher etwa durch die Widerrufsbelehrung (§ 312d BGB iVm Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 EGBGB), die Form- (e contrario §§ 355, 125 Abs. 1 BGB)227 und Begründungsfreiheit (§ 355 Abs. 1 S. 4 BGB) gerade die Ausübung seines Widerrufsrechtes erleichtert werden. Damit der Verbraucher rasch Kontakt zum Unternehmer aufnehmen kann, sind ihm zudem die hierfür nötigen Kontaktdaten zur Verfügung zu stellen (§ 312d Abs. 1 iVm Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EGBGB). In grenzüberschreitenden Fällen wird dem Verbraucher außerdem die Rechtsdurchsetzung durch die Regelung des Gerichtsstandes in Art. 18 EuGVVO erleichtert.228 Der Verbraucherschutz ist insofern nicht prinzipiell mit einer Entschleunigung verbunden. Es handelt sich vielmehr ein teilweise verwendetes Werkzeug, um sicherzustellen, dass eine endgültige Bindung auf einer informierten Entscheidung statt einer gezielten Überrumpelung des Verbrauchers beruht. 2. Verbraucherschützende Regelungen bei Einsatz von Smart Contracts Die Anwendbarkeit verbraucherschützender Regelungen hängt primär von der konkreten Situation ab, in der sich der Verbraucher befindet. Die Rolle als Verbraucher im Sinne des § 13 BGB als solche ist gerade keine hinreichende Bedingung für eine staatliche Intervention.229 Ein die Selbstbestimmung ausschließendes Ungleichgewicht besteht nicht in allen Fällen, in denen sich Verbraucher und Unternehmer im Sinne der §§ 13, 14 BGB gegenüberstehen können.230 Der Verbraucherschutz muss sich daher weniger an der Beteiligung eines Verbrauchers als solcher orientieren, als an besonderen Fällen, in denen ein situationsbezogener Schutz der Selbstbestimmung des Verbrauchers erforderlich ist.231 Der Gesetzgeber hat in 227

Vgl. auch Föhlisch, in: Tamm / Tonner / Brönneke (Hrsg.), Verbraucherrecht, 3. Aufl. 2020, § 12 Rn. 20, 74. 228 Vgl. eingehend zu dieser „für den Verbraucher besonders vorteilhafte[n] Regelung“ Hoffmann, in: Tamm / Tonner / Brönneke (Hrsg.), Verbraucherrecht, 3. Aufl. 2020, § 26 Rn. 5. 229 Vgl. etwa Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, 1998, insb. S. 283 ff.; Bydlinski, System und Prinzipien des Privatrechts, 1996, S. 726; Meller-Hannich, Verbraucherschutz im Schuldvertragsrecht, 2005, S. 145 ff.; ausführlich gegen das „Modell vom motivatorischen Ungleichgewicht“ auch Sedlmeier, Rechtsgeschäftliche Selbstbestimmung im Verbrauchervertrag, 2012, S. 82 ff. 230 Vgl. etwa Bydlinski, System und Prinzipien des Privatrechts, 1996, S. 726; Sedlmeier, Rechtsgeschäftliche Selbstbestimmung im Verbrauchervertrag, 2012, S. 96 ff. 231 Ausführlich Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, 1998, S. 284 ff.

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2. Teil: Risiken von Smart Contracts für Verbraucher

diesem Sinne typisierbare Situationen strukturellen Vertragsungleichgewichts zu ermitteln und entsprechende Regelung zu finden, um seiner verfassungsrechtlichen Schutzpflicht nachzukommen.232 Konsequenterweise ist auch die Frage der Anwendbarkeit spezieller verbraucherschützender Regelungen auf den Einsatz von Smart Contracts maßgeblich von den konkreten Umständen des Vertragsschlusses abhängig.233 Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (§ 312b BGB) und bei Fernabsatzverträgen (§ 312c BGB) ist der Verbraucher etwa grundsätzlich nach Maßgabe der § 312d BGB iVm Art. 246a § 1 Abs. 1 EGBGB zu informieren.234 Hält der Gesetzgeber diese Informationspflichten angesichts der besonderen Gefahr der Fremdbestimmung durch einen dem Verbraucher typischerweise unverständlichen Programmcode für nicht ausreichend, kann er de lege ferenda eine spezielle Informationspflicht für den Fall des Einsatzes von Smart Contracts festsetzen.235 Über die allgemeine, situationsbezogene Regelung der §§ 312, 312b, 312c i. V. m. § 312g Abs. 1 i. V. m. § 355 BGB hat der Gesetzgeber bisher auch keine Regelung eines besonderen verbraucherrechtlichen Widerrufsrechts bei Verwendung von Smart Contracts statuiert.236 De lege ferenda könnte ein solches Widerrufsrecht indes wohl kaum auf eine – mit außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (§ 312b BGB) vergleichbare  – besondere Drucksituation bei Einsatz von Smart Contracts gestützt werden. Auch die Komplexität des Vertrages, die bei Verbraucherdarlehen (§ 495 BGB) die Notwendigkeit einer längeren Bedenkzeit begründet237, ist bei Smart Contracts in der Regel weniger ein Problem als die Unverständlichkeit des Programmcodes238. Die automatisierte Umsetzung einer vertraglichen Regelung, auf die Smart Contracts gerichtet sind, ist zwar unter Um 232

BVerfG, Beschl. v. 19. 10. 1993 – 1 BvR 567/89 u. a., NJW 1994, 36. Wobei es, wie bereits oben angesprochen, nicht auf die Ungleichgewichtslage an sich ankommen kann, sondern auf die Beeinträchtigung der Selbstbestimmung als Folge des Ungleichgewichts, vgl. wiederum Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, 1998, S. 208, 290; Zöllner, AcP 196 (1996), S. 1 (24 ff.). 233 Ähnlich Spindler / Wöbbeking, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 135 (137) [Rn. 11]. 234 Vgl. zur Anwendbarkeit dieser Informationspflicht, insb. vor dem Hintergrund der Ausschlussregelung des § 312 Abs. 2 Nr. 9 BGB noch ausführlich unten S. 266 ff. 235 Vgl. zu dieser Frage ausführlich unten S. 272 ff. 236 Vgl. zu Widerrufsrechten bei Einsatz von Smart Contracts auch Spindler / Wöbbeking, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 135 (142) [Rn. 27]. 237 Vgl. insbesondere im Zusammenhang mit Verbraucherdarlehen (§ 495 BGB) Föhlisch, in: Tamm / Tonner / Brönneke (Hrsg.), Verbraucherrecht, 3. Aufl. 2020, § 12 Rn. 1. 238 Vgl. zur Unverständlichkeit des Programmcodes auch Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1029 f.); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (204); Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (621); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 24; Riehm, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 99 (110 f.) [Rn. 37]; Söbbing, ITRB 2018, 43 (46); Clément, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (281 f.) sowie oben S. 70 ff.

A. Fremdbestimmung des Verbrauchers durch Smart Contracts 

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ständen technisch komplex239, die für eine Entscheidung des Verbrauchers eigentlich relevante Funktionsweise aber durchaus nachvollziehbar – jedenfalls soweit dem Verbraucher eine entsprechende „Übersetzung“ des Programmcodes bzw. eine Aufschlüsselung der Regelungen des Smart Contracts zur Verfügung gestellt wird.240 Ein verbraucherschützendes Widerrufsrecht kann sich vor diesem Hintergrund allenfalls darauf stützen, dass dem Verbraucher – analog zu Fernabsatzverträgen (§ 312c BGB)241 – Zeit zu geben ist, das Informationsdefizit auszugleichen und die Vor- und Nachteile der Automatisierung daher in Ruhe zu würdigen. 3. Nebeneinander von Automatisierung und Entschleunigung Doch selbst ein in Form von Informationspflichten und Widerrufsrechten – ob de lege lata oder ferenda – entschleunigender Verbraucherschutz steht nicht in einem zwingenden Gegensatz zur Automatisierung des Smart Contracts. Zwar sind Smart Contracts auf eine Automatisierung und damit auf eine gezielte Beschleunigung und Effizienzsteigerung des Vertrages gerichtet242 – diese erfolgt aber erst in Folge des Vertragsschlusses. Smart Contracts dienen primär der Durchführung bzw. Durchsetzung eines bereits geschlossenen Vertrages.243 Die entschleunigenden Werkzeuge des Verbraucherschutzes greifen hingegen in erster Linie vor (Informationspflichten) bzw. kurze Zeit nach dem Vertragsschluss (Widerrufsrechte). Automatisierung und Entschleunigung stehen in diesem Sinne nebeneinander und schließen sich nicht von vornherein gegenseitig aus.244 Der Verbraucherschutz soll mit anderen Worten häufig eine endgültige Bindung hinauszögern, die Automatisierung soll diese Bindung im Anschluss automatisieren. Auch insofern können sich Verbraucherschutz und Automatisierung trotz scheinbar gegensätzlicher Ansätze also ergänzen. 239

Zur Programmierung von Smart Contracts noch ausführlich unten S. 146 ff. Vgl. aber instruktiv zur Schwierigkeit der Übersetzung des Programmcodes in verständliche Sprache Clément, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (282 f.) sowie oben S. 72 f. 241 Vgl. etwa Föhlisch, in: Tamm / Tonner / Brönneke (Hrsg.), Verbraucherrecht, 3. Aufl. 2020, § 12 Rn. 1; Wendehorst, in: MüKo-BGB, Band 3, 8. Aufl. 2019, § 312g BGB, Rn. 1. 242 Vgl. zu den Effizienzvorteilen der Automatisierung etwa Paulus / Matzke, CR 2017, 769 (770); Paulus / Matzke, NJW 2018, 1905 (1910). 243 Vgl. auch Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1030 f.); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (205); Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (621, 623); Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1, unter E.I; Mann, NZG 2017, 1014 (1016); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 14; Möslein, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 81 (83) [Rn. 4]; Möslein, ZHR 2019, 254 (264); Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (87); DiMatteo / Cannarsa / Poncibò, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 3 (4). 244 Vgl. aber unten zu Problemen der Umgehung der Widerrufspflichten durch Automatisierung S. 185. 240

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2. Teil: Risiken von Smart Contracts für Verbraucher

Ein Konflikt besteht indes insofern als durch eine verlängerte Entscheidungszeit bzw. sogar ein „in der Schwebe Halten“ des Vertrages die Transaktionskosten im Zusammenhang mit dem Vertrag steigen, während Smart Contracts gerade zu einer Reduzierung von Transaktionskosten führen sollen.245 Es wäre jedoch verfehlt anzunehmen, dass der Verbraucherschutz einen der zentralen Vorteile von Smart Contracts dadurch zunichte machen würden. Die aufgrund des Verbraucherschutzes erhöhten Transaktionskosten bestünden auch im Falle traditioneller Verträge. Eine Automatisierung mittels Smart Contracts kann unter Umständen also dennoch zu der gewünschten Reduzierung von Transaktionskosten im Vergleich zu traditionellen Verträgen führen. Der automatisierte Verbrauchervertrag darf insofern nicht mit einem Vertrag verglichen werden, in dem kein transaktionskosten­ erhöhender Verbraucherschutz Anwendung findet. Im Ergebnis führen auch die entschleunigenden Werkzeuge des Verbraucherschutzes wie Widerrufsrechte und Informationspflichten eine Automatisierung durch Smart Contracts nicht von vornherein ad absurdum. Die entschleunigende Wirkung dieser Regelungen tritt in einem anderen Stadium der Rechtsbeziehung zwischen Verbraucher und Unternehmer ein als die automatisierte Ausführung.

V. Zusammenfassung Die Selbstbestimmung ist beim Einsatz von Smart Contracts von enormer Bedeutung. So sind die durch Smart Contracts häufig automatisiert vollzogenen Vermögensverschiebungen und Eingriffe in Rechtspositionen grundsätzlich rechtfertigungsbedürftig und setzen daher eine entsprechende Zustimmung des unmittelbar Betroffenen in die Automatisierung voraus. In Rechtsbeziehungen zwischen einem 245 Vgl. zur Reduzierung von Transaktionskosten als Folge der Automatisierung etwa S­ urden, in: University of California-Davis Law Review, Band  46 (2012), S. 629 (689 f.); ­Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1027); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (203); Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1, unter D.; Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (618 f.); BaFin, Blockchain-Technologie, 2017; Börding / Jülicher / Röttgen / v. Schönfeld, CR 2017, 134 (138); Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (324, 336); K. Levy, in: Engaging Science, Technology and Society, Band 3 (2017), S. 1 (10 f.); Kaulartz, DSRITB 2016, S. 1023 (1027); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (203); Prinz / Schulte, Blockchain und Smart Contracts, Fraunhofer-Gesellschaft, 2017, S. 33; Paulus / Matzke, ZfPW 2018, 431 (432); Finck, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 1 (7); Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 25; Durovic, in: Aggarwal / Eidenmüller / Enriques / Payne / van Zwieten (Hrsg.), Autonomous Systems and the Law, 2019, S. 23 (23); Möslein, ZHR 2019, 254 (288); Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (62); Mik, in: ­DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 160 (173); Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa /  Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (292). Vgl. zu dieser Frage auch noch ausführlich unten S. 399 ff.

A. Fremdbestimmung des Verbrauchers durch Smart Contracts 

85

Unternehmer und einem Verbraucher wird zumeist der Verbraucher von einer solchen Automatisierung unmittelbar betroffen sein. Vor diesem Hintergrund bildet die Zustimmung des Verbrauchers eine zentrale Zulässigkeitsvoraussetzung für Smart Contracts. Die Zustimmung des Verbrauchers zur Automatisierung ist indes sogar mehr als eine bloße Zulässigkeitsvoraussetzung. Vor dem Hintergrund ihrer Entstehungsgeschichte ist die Selbstbestimmung beider Parteien zentral für das Funktionieren des Smart Contracts, sie bildet gleichsam ihre raison d’être. Smart Contracts sollten durch die Automatisierung eine Vervollständigung der parteilichen Selbstbestimmung ermöglichen – von der Vertragsbegründung bis zur Durchsetzung. Es geht mithin um eine Ausweitung der Grundgedanken traditioneller Verträge. Diese beruhen aber wesentlich auf dem Gedanken der beiderseitigen Selbstbestimmung, nicht einer einseitigen Interessendurchsetzung durch die stärkere Partei. Dieser Gedanke ist daher auch auf die Regelung der Automatisierung zu übertragen. Insbesondere in Vertragsbeziehungen zwischen Unternehmern und Verbrauchern läuft diese beiderseitige Selbstbestimmung aber Gefahr, in ihr Gegenteil verkehrt zu werden. Dies würde dem Smart Contract jedoch ihre Rechtfertigung und ihre ideologische Grundlage entziehen. Wegen des völligen Ausschlusses des Verbrauchers vom Prozess der Gestaltung des Smart Contracts sowie seiner eingeschränkten Kontrollmöglichkeiten, ist das Risiko einer Fremdbestimmung des Verbrauchers bei Einsatz von Smart Contracts besonders hoch. Der Verbraucher ist daher in erhöhtem Maße schutzbedürftig. Es kann nicht kaum davon ausgegangen werden, dass die Selbstbestimmung des Verbrauchers ohne weiteres, d. h. ohne staatliche Intervention, schlechthin gewährleistet werden kann. Das Risiko der Fremdbestimmung des Verbrauchers ist angesichts seiner enormen Unterlegenheit aus Sicht der Rechtsordnung nicht tolerierbar. Die beiderseitige Selbstbestimmung ist für das Funktionieren des Vertragsmechanismus und damit für Smart Contracts von so zentraler Bedeutung, dass auf einen staatlichen Verbraucherschutz bei der Verwendung von Smart Contracts daher effektiv nicht verzichtet werden kann. Aus diesem Grund spielt ein starker Verbraucherschutz, der diese Selbstbestimmung des Verbrauchers zu gewährleisten versucht, eine enorm wichtige Rolle für Smart Contracts. Ziel des Verbraucherschutzes ist es insofern, die Selbstbestimmung des Verbrauchers zu gewährleisten – und damit schließlich auch das Funktionieren des in die Durchsetzung übertragenen Vertragsmechanismus zu sichern. Obwohl der Verbraucherschutz teilweise gezielt entschleunigend wirkt, steht er dabei auch in seiner praktischen Umsetzung nicht von vornherein in einen Widerspruch zur mit Smart Contracts bezweckten Automatisierung. Die verbraucherrechtlichen Informationspflichten und Widerrufsrechte greifen primär vor oder kurz nach dem Vertragsschluss, während die Automatisierung erst in Folge des Vertragsschlusses durchgeführt wird.

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2. Teil: Risiken von Smart Contracts für Verbraucher

B. Automatisierte private Rechtsdurchsetzung als Belastung des Verbrauchers Bei dem Problem einer möglichen Fremdbestimmung des Verbrauchers durch Verwendung eines Smart Contracts handelt es sich gewissermaßen um ein Risiko der ersten Stufe. Es betrifft die Grundlage der Vereinbarung, vertragliche Regelungen zu automatisieren. Selbst wenn aber der Verbraucher eine wirkliche selbstbestimmte Entscheidung über die Automatisierung treffen kann, stellen sich auf einer zweiten Stufe weitere Fragen. Eine Automatisierung ist mit einer Reihe besonderer Konsequenzen insbesondere für Verbraucher verbunden, die diesem auf den ersten Blick möglicherweise nicht klar sein werden. Diese Risiken sind es, über die der Verbraucher aufzuklären ist, damit er sich bewusst dafür entscheiden kann, diese Gefahren in Kauf zu nehmen, um im Gegenzug die möglichen Vorzüge der Automatisierung genießen zu können. Ein zentrales Risiko ergibt sich dabei zunächst aus der Struktur des Smart Contracts als Computerprogramm, das praktisch zumeist allein vom Unternehmer bestimmt wird.246

I. Automatisierte private Rechtsdurchsetzung Die zentrale Idee von Smart Contracts liegt in dem automatisierten Vollzug vertraglicher Regelungen.247 Eine solche Automatisierung hat auch Auswirkungen auf das Verständnis der Rechtsdurchsetzung. 246

Vgl. ausführlich oben S. 73 ff. Vgl. allein aus der deutschsprachigen Literatur Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1, unter A. und B.; Heckmann, CR 2016, R99 (R99); Voshmgir, Blockchains, Smart Contracts und das Dezentrale Web, 2016, S. 14; BaFin, Blockchain-Technologie, 2017; Berentsen / Schär, Bitcoin, Blockchain und Kryptoassets, 2017, S. 289; Börding / Jülicher /  Röttgen / v. Schönfeld, CR 2017, 134 (138); Meitinger, in: Deutsche Gesellschaft für Informatik, Informatiklexikon, 2017; Prior, ZAP, Fach 2, 05/2017, S. 651 (653); Simmchen, MMR 2017, 162 (164); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 13; J. Wagner, BB 2017, 898 (901); Eschenbruch / Gerstberger, NZBau 2018, 3 (3); Fries, AnwBl 2018, 86 (86); Fries, in: Deutscher Bundestag – Finanzausschuss, Protokoll zur 34. Sitzung, BT-Drs. 19/4217, S. 71 (71); Glatz, in: Hartung / Bues / Halbleib (Hrsg.), Legal Tech: Die Digitalisierung des Rechtsmarktes, 2018, S. 287 (287, Rn. 1211); Grundmann / Hacker, in: European Review of Contract Law, Band 13 (2017), S. 255 (Manuskript, S. 10); Heckelmann, NJW 2018, 504 (504); Jacobs / L ange-Hausstein, ITRB 2017, 10 (12); Lobe, in: Süddeutsche Zeitung, 08. 04. 2018; Möslein, ZBB 2018, 208 (215); Paulus / Matzke, NJW 2018, 1905 (1905); Paulus / Matzke, ZfPW 2018, 431 (433 f.); Urbach, in: Enzyklopädie der Wirtschaftsinformatik, 2018; J. Wagner, Legal Tech und Legal Robots, 2018, S. 21; Weigel, Von „smart contracts“ und Getränkeautomaten, 2018; Finck, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 1 (7); Möslein, ZHR 2019, 254 (260); Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 13, 42. Zur englischsprachigen Literatur auch bereits oben S. 31. 247

B. Automatisierte private Rechtsdurchsetzung als Belastung des Verbrauchers 

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1. Automatisierte Erfüllung als Substitut für Rechtsdurchsetzung Durch Smart Contracts kann die Erfüllung einer vertraglichen Verpflichtung durch eine Software vorgenommen werden. Sie hängt dann lediglich von dem Eintreten der hierfür vereinbarten Bedingungen ab.248 Auf diese Weise wird die Leistungserbringung von menschlichen Entscheidungen entkoppelt und so ein Vertragsbruch von vornherein ausgeschlossen.249 Die Erfüllung einer automatisierten 248

Vgl. zu Smart Contracts als Wenn-Dann-Bedingungen etwa Buterin, Ethereum White Paper, 2013, S. 1, 13; Fairfield, in: Washington & Lee Law Review Online, Band 71 (2014), S. 38; Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1, unter B.; The Economist, Schumpeter: Notso-clever contracts, 28. 07. 2016; Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (618); Kõlvart / Poola / Rull, in: Kerikmäe / Rull (Hrsg.), The Future of Law and eTechnologies, 2016, S. 133 (134); Koulu, in: SCRIPTed, Band 13 (2016), S. 40 (53); Perugini / Dal Checco, Smart Contracts: a preliminary evaluation, 2016, S. 8; Voshmgir, Blockchains, Smart Contracts und das Dezentrale Web, 2016, S. 14; Catchlove, Smart Contracts: A New Era of Contract Use, 2017, S. 8; Giancaspro, in: Law & Security Review, Band 33 (2017), S. 825 (Manuskript, S. 3); Grundmann / Hacker, in: European Review of Contract Law, Band 13 (2017), S. 255 (Manuskript, S. 10); Jaccard, in: Jusletter IT v. 23. 11. 2017, S. 4; Jacobs / L ange-Hausstein, ITRB 2017, 10 (13); Lauslahti / Mattila / Seppälä, Smart Contracts – How will Blockchain Technology Affect Contractual Practices, 2017, S. 11; K. Levy, in: Engaging Science, Technology and Society, Band 3 (2017), S. 1 (1 f.); T. Ng, in: Business Law Today, 28. 09. 2017; O’Shields, in: North Carolina Banking Institute, Band 21 (2017), S. 177 (179); Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (126); Simmchen, MMR 2017, 162 (164); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 13, 23; Eschenbruch / Gerstberger, NZBau 2018, 3 (3); Fries, AnwBl 2018, 86 (86); Heckelmann, NJW 2018, 504 (504 f.); Kennedy, in: Law Practice, Band 44 (2018), S. 56 (59); McCarthy, in: For the Defense, März 2018, S. 12 (14); Paulus / Matzke, ZfPW 2018, 431 (433 f.); Urbach, in: Enzyklopädie der Wirtschaftsinformatik, 2018; Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 25; Frankenreiter, in: Journal of Institutional and Theoretical Economics 175 (2019), S. 149 (152 f.); Jacob, in: Aggarwal / Eidenmüller / Enriques / Payne / van Zwieten (Hrsg.), Autonomous Systems and the Law, 2019, S. 3 (3); Cannarsa, in: DiMatteo / Cannarsa /  Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 102 (106); Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (62); Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 13, 42. 249 Vgl. etwa Hsiao, in: US-China Law Review, Band 14 (2017), S. 685 (686 f.); Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (130); Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (279); Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (306, 316); Mik, in: Innovation & Technology, Band 9 (2017), S. 269 (Manuskript, S. 10); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 13; De Caria, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 19 (27); Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa /  Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (73, 75); Tjong Tjin Tai, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 80 (98); Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (118, 128); Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (291).

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2. Teil: Risiken von Smart Contracts für Verbraucher

Leistungspflicht wird durch Smart Contracts somit technisch garantiert.250 Smart Contracts stellen insofern in gewisser Weise eine Form der zwangsweisen Erfüllung dar.251 Die Erfüllung ist das Idealziel der Durchsetzung eines Anspruchs. Indem Smart Contracts also vertragliche Pflichten somit automatisiert erfüllen, muss auf eine gerichtliche Rechtsdurchsetzung in der Folge nicht mehr zurückgegriffen werden.252 Im Ergebnis steht die garantierte Automatisierung der Erfüllung in ihrer Wirkung damit einer Automatisierung der Rechtsdurchsetzung gleich.253 Durch den Smart Contract kann somit unmittelbar eine Situation herbeigerufen werden, die normalerweise erst nach Abschluss eines gesetzlich vorgesehenen Verfahrens bestehen würde.254 250

In die Richtung einer Erfüllungsgarantie auch Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (306, 316); Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (620); Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1027); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (203); Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (275); Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (332); Heckelmann, NJW 2018, 504 (504); Mik, in: Innovation & Technology, Band 9 (2017), S. 269 (Manuskript, S. 10); DiMatteo / Cannarsa / Poncibò, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 3 (4); Clément, in: DiMatteo / Cannarsa /  Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (271). 251 Vgl. etwa auch Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (320). 252 Vgl. etwa Blocher, AnwBl 2016, 612 (618); O’Shields, in: North Carolina Banking Institute, Band 21 (2017), S. 177 (177); Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (333); Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (130); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 13; Baker, in: Southwestern Law Review, Band 45 (2015), S. 351 (362); Möslein, ZBB 2018, 208 (217); De Caria, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 19 (31); Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo / Cannarsa /  Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (118); Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (289, 291). 253 In diese Richtung auch BaFin, Blockchain-Technologie, 2017; K. Levy, in: Engaging Science, Technology and Society, Band 3 (2017), S. 1 (3); Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (126 f., 130); Schrey / T halhofer, NJW 2017, 1431 (1431); Möslein, ZBB 2018, 208 (217); Paulus / Matzke, CR 2017, 769 (772 f.); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 13; Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (331 f., 346); Paulus / Matzke, NJW 2018, 1905 (1905); Blocher, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 113 (129) [Rn. 62]; Hacke, in: Aggarwal / Eidenmüller / Enriques / Payne / van Zwieten (Hrsg.), Autonomous Systems and the Law, 2019, S. 17 (18); Möslein, ZHR 2019, 254 (280); DiMatteo / Cannarsa / Poncibò, in: DiMatteo / Cannarsa /  Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 3 (4). Anders aber wohl Werbach, The Blockchain and the New Architecture of Trust, 2018, S. 160 f., jedoch ebenfalls mit dem Ergebnis, dass Smart Contracts die Rechtsdurchsetzung automatisieren. 254 Vgl. Paulus / Matzke, CR 2017, 769 (773); Hofmann, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 125 (133).

B. Automatisierte private Rechtsdurchsetzung als Belastung des Verbrauchers 

89

2. Alleinige Maßgeblichkeit des Programmcodes Missbrauchspotentiale und entsprechende Risiken für den Verbraucher ergeben sich vor diesem Hintergrund vor allem daraus, dass sich die Durchsetzung eines Rechts durch Automatisierung gerade nicht infolge eines gerichtlichen Verfahrens vollzieht, sondern allein von den Bestimmungen des Programmcodes abhängig ist. Smart Contracts liegt strukturell eine Wenn-Dann-Logik zugrunde, die eine notwendige Voraussetzung für die Automatisierung bildet. Dieser im Programmcode im Vorhinein festgelegte Mechanismus, mithin die entsprechenden Bedingungen und auszuführenden Maßnahmen, ist für die Ausführung des Smart Contracts allein maßgeblich. a) Wenn-Dann-Logik des Smart Contracts Die von einem Smart Contract bezweckte Automatisierung beruht grundlegend auf der Abhängigkeit der Durchführung einer bestimmten Maßnahme vom Eintritt bestimmter Bedingungen nach dem Schema „wenn Bedingung erfüllt, dann Maßnahme ausführen“.255 Smart Contracts bilden daher die Wenn-Dann-Transak 255

Vgl. zur Wenn-Dann-Logik von Smart Contracts etwa Buterin, Ethereum White Paper, 2013, S. 1, 13; Fairfield, in: Washington & Lee Law Review Online, Band 71 (2014), S. 38; Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1, unter B.; The Economist, Schumpeter: Not-soclever contracts, 28. 07. 2016; Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (618); Kõlvart / Poola / Rull, in: Kerikmäe / Rull (Hrsg.), The Future of Law and eTechnologies, 2016, S. 133 (134); Koulu, in: SCRIPTed, Band 13 (2016), S. 40 (53); Perugini / Dal Checco, Smart Contracts: a preliminary evaluation, 2016, S. 8; Voshmgir, Blockchains, Smart Contracts und das Dezentrale Web, 2016, S. 14;Catchlove, Smart Contracts: A New Era of Contract Use, 2017, S. 8; Giancaspro, in: Law & Security Review, Band 33 (2017), S. 825 (Manuskript, S. 3); Grundmann / Hacker, in: European Review of Contract Law, Band 13 (2017), S. 255 (Manuskript, S. 10); Jaccard, in: Jusletter IT v. 23. 11. 2017, S. 4; Jacobs / L ange-Hausstein, ITRB 2017, 10 (13); Lauslahti / Mattila /  Seppälä, Smart Contracts – How will Blockchain Technology Affect Contractual Practices, 2017, S. 11; K. Levy, in: Engaging Science, Technology and Society, Band 3 (2017), S. 1 (1 f.); T. Ng, in: Business Law Today, 28. 09. 2017; Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (126); Simmchen, MMR 2017, 162 (164); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 13, 23; Eschenbruch / Gerstberger, NZBau 2018, 3 (3); Fries, AnwBl 2018, 86 (86); Heckelmann, NJW 2018, 504 (504 f.); Kennedy, in: Law Practice, Band 44 (2018), S. 56 (59); McCarthy, in: For the Defense, März 2018, S. 12 (14); Paulus / Matzke, ZfPW 2018, 431 (433 f.); Urbach, in: Enzyklopädie der Wirtschaftsinformatik, 2018; Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 25; Frankenreiter, in: Journal of Institutional and Theoretical Economics 175 (2019), S. 149 (152 f.); Jacob, in: Aggarwal / Eidenmüller /  Enriques / Payne / van Zwieten (Hrsg.), Autonomous Systems and the Law, 2019, S. 3 (3); Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 13,  42.; Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (62); Cannarsa, in: DiMatteo / Cannarsa /  Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 102 (106).

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2. Teil: Risiken von Smart Contracts für Verbraucher

tionslogik einer oder mehrerer Vertragsbedingungen in Software ab und führen diese aus, sobald der Bedingungseintritt verifiziert wurde.256 Smart Contracts sind also im Kern als Instrumente zur automatisierten Verifizierung von Bedingungen und zur Durchführung vertraglicher Leistungen zu verstehen.257 Aufgrund der Abbildung von Vertragsbedingungen in Programmcode und deren automatisiertem Vollzug, werden Smart Contracts auch häufig als selbst-ausführend oder selbstvollziehend bezeichnet.258 Der dem Smart Contract zugrundeliegende Programmcode muss vor diesem Hintergrund nicht nur die durchzuführende Maßnahme spezifizieren, sondern dem Computer auch mitteilen, wann diese Maßnahmen vorgenommen werden sollen, mithin unter welchen Bedingungen.259 Soll die Software eine automatisierte Re 256

Vgl. auch Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1, unter B.; Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 13, 23; K. Levy, in: Engaging Science, Technology and Society, Band 3 (2017), S. 1 (3); Eschenbruch / Gerstberger, NZBau 2018, 3 (3); Jacob, in: Aggarwal / Eidenmüller / Enriques /  Payne / van Zwieten (Hrsg.), Autonomous Systems and the Law, 2019, S. 3 (3); Timmermann, Legal-Tech Anwendungen, 2020, S. 216. 257 Vgl. etwa Swanson, Great Chain of Numbers, 2014, S. 16; Kiviat, in: Duke Law Journal, Band  65 (2015), S. 569 (605); Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1, unter B.; ­Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (618 f.); Perugini / Dal Checco, Smart Contracts:  a preliminary evaluation, 2016, S. 8; Stark, Making Sense of Blockchain Smart Contracts, 2016; Fenwick / Kaal / Vermeulen, in: Vanderbilt Journal of Entertainment and Technology Law, Band 20 (2017), S. 351 (367); Giancaspro, in: Law & Security Review, Band 33 (2017), S. 825 (Manuskript, S. 3); O’Shields, in: North Carolina Banking Institute, Band 21 (2017), S. 177 (179); Prior, ZAP, Fach 2, 05/2017, S. 651 (653); Schrey / T halhofer, NJW 2017, 1431 (1431); Fries, AnwBl 2018, 86 (86); Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 42. 258 Vgl. etwa Bourque / Fung Ling Tsui, in: Scientia Nobilitat – Revised Legal Studies, 2014, S. 4 (4); Swanson, Great Chain of Numbers, 2014, S. 16; Peters / Panayi, Understanding Modern Banking Ledgers through Blockchain Technologies, 2015, S. 7; Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1, unter B.; The Economist, Schumpeter: Not-so-clever contracts, 28. 07. 2016; Heckmann, CR 2016, R99 (R99); Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (619); Börding / Jülicher /  Röttgen / v. Schönfeld, CR 2017, 134 (138); Kaal / Calcaterra, in: The Business Lawyer, Band 73 (2017), S. 109 (111); Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1026); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (203); Lauslahti / Mattila / Seppälä, Smart Contracts – How will Blockchain Technology Affect Contractual Practices, 2017, S. 11; Meitinger, in: Deutsche Gesellschaft für Informatik, Informatiklexikon, 2017; O’Shields, in: North Carolina Banking Institute, Band 21 (2017), S. 177 (179); Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (126 f.); Simmchen, MMR 2017, 162 (164); J. Wagner, BB 2017, 898 (901); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 14; Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (320); Cong / He, Blockchain Disruption and Smart Contracts, 2018, S. 8; Lobe, in: Süddeutsche Zeitung, 08. 04. 2018; Möslein, ZBB 2018, 208 (215); J. Wagner, Legal Tech und Legal Robots, 2018, S. 21; Werbach, in: Berkeley Technology Law Journal, Band 33 (2018), S. 489 (495); Voshmgir, Token Economy, 2019, S. 87 f.; Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (62 f.). 259 Vgl. etwa die Beispiele für durch Smart Contracts automatisierbare Wenn-Dann-Bedingungen bei Hacke, in: Aggarwal / Eidenmüller / Enriques / Payne / van Zwieten (Hrsg.), Autonomous Systems and the Law, 2019, S. 17 (18 f.).

B. Automatisierte private Rechtsdurchsetzung als Belastung des Verbrauchers 

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aktion auf vertragsuntreues Verhalten vornehmen, so liegt dieser Mechanismus auf der Hand: wenn der Schuldner die geschuldete Leistung nicht bis zu einem bestimmten Zeitpunkt vornimmt, dann soll der Smart Contract diese Vertragsuntreue automatisiert sanktionieren, zum Beispiel durch eine automatisierte Strafzahlung oder eine Nutzungssperre. Die gleiche Logik wird aber oftmals auch einer Erfüllung von Leistungspflichten zugrunde liegen. Eine Vielzahl von Klauseln in vertraglichen Vereinbarungen beruht auf einer Wenn-Dann-Logik.260 Offenkundig ist dies zunächst in Fällen, in denen die Entstehung eines vertrag­ lichen Anspruchs explizit von einer Bedingung abhängig gemacht (§ 158 BGB) oder befristet wird (§ 163 BGB). Eine Automatisierung von Leistungspflichten ergibt von vornherein nur dann Sinn, wenn die vertraglichen Leistungen nicht ohnehin auf der Stelle auszutauschen sind. Der Vorteil der Automatisierung liegt gerade in der Garantie der Leistungserfüllung durch Loslösen der Erfüllung von einer späteren Entscheidung des Schuldners.261 Eine Automatisierung ist daher unnötig, wenn die Leistungen ohnehin sofort zu erbringen sind, der Schuldner seine Leistungspflicht also ohnehin erfüllen wird. Nur wenn die Erfüllung in der Zukunft liegt, kann eine Automatisierung zu einer Reduzierung des Risikos der Nichterfüllung, des Gegenparteirisikos, führen.262 In diesen Fällen kann die Erfüllung der Leistung von bestimmten Bedingungen abhängen, etwa einem bestimmten Datum (§ 163 BGB) oder Ereignis (§ 158 BGB). Die Wenn-Dann-Logik einer vertraglichen Regelung setzt aber keine derart explizite Verknüpfung einer Maßnahme mit bestimmten Bedingungen voraus. So wird beispielsweise eine Anspruchsdurchsetzung regelmäßig davon abhängen, 260 So etwa auch Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (312); Eschenbruch / Gerstberger, NZBau 2018, 3 (3); Cannarsa, in: DiMatteo / Cannarsa /  Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 102 (106). Allgemein für „legal reasoning“ auch Clément, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (277); Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa /  Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (294). 261 Vgl. etwa Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1, unter A.; Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (618); Mik, in: Innovation & Technology, Band 9 (2017), S. 269 (Manuskript, S. 10); Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (306, 316); ­Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (120, 126 f., 129); Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 26; Durovic /  Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (73); Clément, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (271); Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (291). 262 Vgl. zur Reduzierung des Gegenparteirisikos noch ausführlich unten S. 252 ff.

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dass der Forderung keine entsprechenden Zurückbehaltungsrechte, Einreden oder sonstige Einwendungen entgegenstehen (vgl. insbesondere § 214 Abs. 1, §§ 273, 275 Abs. 2, 3, § 320 BGB).263 In synallagmatischen Verhältnissen kann eine Leistung in diesem Sinne etwa an die Erbringung der Gegenleistung geknüpft sein (§ 320 BGB).264 Auch ein Smart Contract wird die Automatisierung einer Leistung daher regelmäßig zumindest von dem Nichtbestehen entsprechender Einwendungen abhängig machen.265 Informations- und Schutzpflichten266 sollten ebenfalls in erster Linie in bestimmten Situationen gelten und setzen insofern gewisse Bedingungen voraus. Im Ergebnis wird sich wohl jede Erfüllung vertraglicher Leistungspflichten als Wenn-Dann-Bedingung ausdrücken lassen.267 Dies gilt gerade auch für die Durchsetzung dieser Vertragspflichten: Wenn bis zu einem gewissen Zeitpunkt nicht freiwillig erfüllt, dann wird die Pflicht zwangsweise durchgesetzt.268 Oftmals wird diese innere Logik des Smart Contracts mit der Funktionsweise eines Warenautomaten verglichen.269 Dieser sei der „primitive Vorfahre“ des Smart Contracts.270 Auch Warenautomaten sind auf die maschinell automatisierte Veri 263

Vgl. ausführlich zur Programmierung von Leistungsverweigerungsrechten in Smart Contracts Tjong Tjin Tai, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 80 (91 ff.). 264 In diesem Sinne auch Catchlove, Smart Contracts: A New Era of Contract Use, 2017, S. 8. 265 Die alleinige Maßgabe des Programmcodes für die Automatisierung birgt allerdings das Risiko, dass der Smart Contract sich – bewusst oder unbewusst – nicht an den rechtlichen Vorgaben orientiert und daher beispielsweise Einwendungen unberücksichtigt lässt. Zu diesem Risiko für Verbraucher vgl. unten S. 95 ff. 266 Schutzpflichten werden sich allerdings häufig nicht automatisieren lassen, da der Schutz oftmals nicht durch einen Computer gewährleistet werden kann. 267 Vgl. Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (312). 268 Vgl. auch Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (312 f.). 269 Vgl. grundlegend Szabo, Smart Contracts: Building Blocks for Digital Markets, 1996; Szabo, Formalizing and Securing Relationships on Public Networks, in: First Monday, Band 2 (1997). Im Anschluss beispielsweise Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (621); Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (306) [der den Warenautomaten sogar unter den Begriff des Smart Contracts fassen will]; Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (120); Schrey / T halhofer, NJW 2017, 1431 (1431); Glatz, in: Hartung / Bues / Halbleib (Hrsg.), Legal Tech: Die Digitalisierung des Rechtsmarktes, 2018, S. 287 (287, Rn. 1211); Weigel, Von „smart contracts“ und Getränkeautomaten, 2018; Werbach, The Blockchain and the New Architecture of Trust, 2018, S. 64; Jacob, in: Aggarwal / Eidenmüller / Enriques / Payne / van Zwieten (Hrsg.), Autonomous Systems and the Law, 2019, S. 3 (3); Möslein, ZBB 2018, 208 (215); Möslein, ZHR 2019, 254 (260 f.); Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (289); Gatteschi / L amberti / Demartini, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 37 (42 f.); Timmermann, Legal-Tech Anwendungen, 2020, S. 218. 270 Ursprünglich Szabo, Formalizing and Securing Relationships on Public Networks, in: First Monday, Band  2 (1997). Als „Archetyp“ auch Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (314); Möslein, ZHR 2019, 254 (260) bzw. als „Protoyp“ ­Simmchen, MMR 2017, 162 (164).

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fizierung und Durchführung eines Vertrages gerichtet.271 Warenautomaten sind in sich geschlossene Maschinen, die Waren (wie Süßigkeiten und Softdrinks) ausgeben oder Dienstleistungen (wie Wiegen) bereitstellen, wenn Münzen eingeworfen werden.272 Die Grundidee des Warenautomaten besteht darin, die Transaktions­ logik der zu automatisierenden Geschäfte so in der Konstruktion einer Maschine abzubilden, dass diese nur durch ihre Bauweise die Vertragsdurchführung automatisieren kann. Die Transaktion folgt dabei einer einfachen Wenn-Dann-­Logik: Wenn der Käufer ein Produkt auswählt und Geld einwirft, dann erhält er das Produkt.273 Smart Contracts entwickeln das Konzept des Warenautomaten insofern weiter, als dass diese Aufgaben nicht durch die Bauweise einer Maschine wahrgenommen werden, sondern durch die Programmierung eines Computerprogrammes.274 Smart Contracts sind in diesem Sinne computerbasierte Vertragsdurchführungsautomaten. Während es sich beim Warenautomaten also um „Hardware-Automaten“ handelt, können Smart Contracts als „Software-Automaten“ beschrieben werden.275 b) Determinismus als Konsequenz der Wenn-Dann-Struktur Diese der Automatisierung zugrundeliegende Wenn-Dann-Logik macht es erforderlich, dass die Ausführung einer Maßnahme von im Programmcode bestimmten Bedingungen abhängig gemacht wird. Alle Faktoren, die für die Ausführung des Smart Contracts maßgeblich sind, d. h. insbesondere alle zugrundeliegenden Bedingungen, Ausnahmen und die zu automatisierenden Maßnahmen, müssen im Voraus im Einzelnen festgelegt werden.276 Die Komplexität eines durch Automatisierung zu regelnden Lebenssachverhaltes muss daher auf eine begrenzte Zahl eindeutiger und computerisiert verifizierbarer Parameter heruntergebrochen werden.277 271

Vgl. Hansen / Algermissen, Stichwort: Automatenhandel, in: Hansen / Algermissen, Handelsbetriebslehre – Taschenlexikon, 1979, S. 37, die vom Automatenhandel als „eine weitgetriebene Sonderform der Selbstbedienung mit einem mechanisierten Inkasso-Vorgang und Aushändigungsautomaten“ sprechen. 272 Vgl. Segrave, Vending Machines, 2002, S. 1. 273 Vgl. auch die Beschreibung bei Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (314 f.); Jacob, in: Aggarwal / Eidenmüller / Enriques / Payne / van Zwieten (Hrsg.), Autonomous Systems and the Law, 2019, S. 3 (3). 274 Anders Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (306), der beide Fälle unter den Begriff des Smart Contracts fassen will. 275 Ähnlich Simmchen, MMR 2017, 162 (164). 276 Vgl. etwa Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (623); Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (277); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 13; Möslein, ZBB 2018, 208 (217). 277 Vgl. zu den Anforderungen und Schwierigkeiten einer solchen formalisierten Sprache noch ausführlich unten S. 149 ff.

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Diese im Programmcode festgelegten Bedingungen sind für das Ob und Wann der Automatisierung allein maßgeblich.278 Der Inhalt des Smart Contracts, seine Funktionsweise und Wirkung richtet sich allein nach dem durch den Unternehmer festgelegten Code. Dieser Determinismus, d. h. die Vorherbestimmung der Automatisierung durch die im Programmcode festgelegten Bedingungen279, ist ein zentrales Wesensmerkmal eines Smart Contracts.280 Die Ausführung des Smart Contracts hängt dementsprechend nur von der zeitlichen Reihenfolge, dem Startzeitpunkt und von den Parametern der auszuführenden Transaktionen ab.281 Dies muss auch für bekannte Risiken und antizipierte Konflikte gelten – auch diese müssen explizit im Programmcode berücksichtigt werden.282 c) Orientierung am Programmcode statt am Parteiwillen Aus dieser klaren Abhängigkeit von den im Programmcode festgelegten Regelungen folgt zunächst, dass nicht mehr der übereinstimmende Parteiwille, sondern allein der Code für die Durchführung des Smart Contracts maßgeblich ist.283 Diese faktische Herrschaft des Programmcodes steht somit in einem Widerspruch zum rechtlichen Vorrang des Parteiwillens (§§ 133, 157 BGB).284 Für den Computer ist nicht erkennbar, ob die Parteien eigentlich etwas anderes gewollt haben, ob also der Programmcode den übereinstimmenden Parteiwillen korrekt wiedergibt. Alles, was nicht ausdrücklich im Programmcode festgehalten worden ist, ist gewissermaßen lediglich eine unverfängliche Kommentierung, die auf die Ausführung selbst keine Auswirkung hat.285 Ein von den Regelungen des Programmcodes abweichender übereinstimmender Parteiwille kann für die Automatisierung 278

Ähnlich Börding / Jülicher / Röttgen / v. Schönfeld, CR 2017, 134 (138). Zum Begriff des Determinismus auch Matthes, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 37 (45) [Rn. 43]. 280 Vgl. etwa Börding / Jülicher / Röttgen / v. Schönfeld, CR 2017, 134 (138); M. Müller, ZfIR 2017, 600 (610); Matthes, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 37 (45 f.) [Rn. 43]. 281 Vgl. Matthes, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 37 (46) [Rn. 43]. 282 Vgl. Kaulartz / Kreis, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 249 (249 f.) [Rn. 3]. 283 Vgl. auch Hsiao, in: US-China Law Review, Band 14 (2017), S. 685 (692 f.); Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (125, 131); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 16; Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (350, 368 f.); Werbach, The Blockchain and the New Architecture of Trust, 2018, S. 126; Riehm, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 99 (100) [Rn. 2]. 284 Vgl. auch Hsiao, in: US-China Law Review, Band 14 (2017), S. 685 (692 f.); Riehm, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 99 (100) [Rn. 2]. 285 In diesem Sinne auch Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (350). 279

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daher nicht maßgeblich sein.286 Für die Ausführung des Smart Contracts kann es keine Rolle spielen, ob eine bestimmte im Code festgelegte Konsequenz von beiden, nur von einer oder sogar keiner Partei gewollt war. Die Abhängigkeit von im Programmcode festgelegten Bedingungen führt damit zu einer Verlagerung des Schwerpunkts der Parteienbeziehung: vom übereinstimmenden Parteiwillen zum Programmcode. Der objektive Sinn des als vereinbart Festgehaltenen wird nicht länger durch ein übereinstimmendes gemeinsames Verständnis überlagert.287 Insbesondere ist der Programmcode eines Smart Contracts einer vertragsrechtlichen Auslegung von vornherein nicht zugänglich.288 Diese Unterscheidung zwischen dem faktisch und rechtlich Maßgeblichem kann zu einem Auseinanderfallen des Automatisiertem mit dem rechtlich Vereinbarten führen289 – und damit zu einer Automatisierung, die nicht von einer vertraglichen Vereinbarung gestützt ist.290 d) Durchsetzung ohne Rücksicht auf rechtliche Durchsetzbarkeit Das gleiche gilt zudem auch für gesetzliche Grenzen der Automatisierung. Für die tatsächliche Wirkung der Automatisierung ist nicht die Rechtslage maßgeblich, sondern allein der von den Parteien festgelegte Programmcode.291 Die Ausführung des Smart Contracts hängt allein von den Regelungen des Programmcodes ab und kann sich nur insofern an gesetzlichen Vorgaben orientieren als die Grenzen der Automatisierung292 bei der Programmierung berücksichtigt worden sind.293 Dies 286 Im Gegensatz dazu steht im deutschen Recht etwa die Doktrin „falsa demonstratio non nocet“, vgl. zu dieser grundlegend RG, Urt. v. 08. 06. 1920 – II 549/19, RGZ 99, 147 (148) („Haakjöringsköd“) sowie Flume, AT II, 1992, § 16, 2a [S. 302 ff.]; Singer, in: Staudinger-BGB, Buch 1: Allgemeiner Teil, §§ 90–124, §§ 130–133, 2017, § 133 BGB Rn. 13 f.; Armbrüster, in: MüKo-BGB, Band 1, 8. Aufl. 2018, § 119 BGB, Rn. 60; Neuner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 12. Aufl. 2020, § 35 Rn. 27 f. [S. 413 f.]; BGH, Urt. v. 18. 1. 2008 – V ZR 174/06, NJW 2008, 1658. 287 Vgl. etwa Riehm, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 99 (100) [Rn. 2]; Möslein, ZHR 2019, 254 (277). 288 Vgl. etwa Kaulartz, DSRI-TB 2016, 1023 (1031, 1035); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (205 f.); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 23. 289 Vgl. zur Diskrepanz zwischen Vertragsinhalt und Programmcode auch etwa Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 16; Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (88); Durovic /  Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (74). 290 Vgl. zu den Rechtsfolgen einer fehlenden Zustimmung zur Automatisierung bereits oben S. 49 ff. 291 Vgl. etwa Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band  26 (2017), S. 116 (128). Zur Anwendbarkeit der bestehenden Gesetze aber noch eingehend unten S. 180 ff. sowie S. 243 ff. 292 Zu gesetzlichen Grenzen der Automatisierung noch ausführlich unten S. 178 ff. 293 Vgl. zur Möglichkeit des Zwischenschaltens einer entscheidenden Instanz indes unten S. 287 ff.

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kann aber angesichts der in gesetzlichen Tatbeständen oftmals verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffen durchaus problematisch sein.294 Die alleinige Maßgabe des Programmcodes macht es im Ergebnis möglich, dass auch rechtswidrige Regelungen des Programmcodes durch einen Smart Contract automatisiert vollzogen und durchgesetzt werden können.295 Mit anderen Worten können im Ergebnis auch rechtlich eigentlich nichtdurchsetzbare Vereinbarungen mithilfe von Smart Contracts automatisiert durchgesetzt werden. Smart Contracts werden gerade nicht durch das Rechtssystem durchgesetzt.296 Die Durchsetzung von durch Smart Contracts zu automatisierenden Regelungen hängt daher nicht von der Rechtsordnung, sondern nur vom Programmcode ab. Der Smart Contracts löst insofern den traditionellen Zusammenhang zwischen der rechtlichen Wirksamkeit und der Durchsetzbarkeit einer Vereinbarung in gewisser Weise auf.297 Wenn sich die Durchsetzung nur nach dem Programmcode richtet, können somit unter Umständen unwirksame Verträge (zunächst) faktische Wirksamkeit erlangen. 3. Rechtsdurchsetzung nach selbst gewählten Regeln Für Verbraucher kann diese Festlegung auf die Regelungen des Programmcodes zu erheblichen Risiken führen. Wegen der regelmäßig mangelnden Expertise des Verbrauchers wird der Programmcode des Smart Contracts typischerweise allein vom Unternehmer vorgegeben werden.298 Dieser kann die Rechtsbeziehung durch die Festlegungen im Programmcode somit weitgehend nach den eigenen Vorstellungen gestalten. Mithilfe von Smart Contracts erhält der Unternehmer die Möglichkeit, die Durchsetzung seiner vertraglichen Ansprüche privat zu regeln.299 Die automati 294

Vgl. hierzu ausführlich unten S. 247 ff. Im Ergebnis etwa auch Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (623); Jaccard, in: Jusletter IT v. 23. 11. 2017, S. 8; Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (132); Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (347); Frankenreiter, in: Journal of Institutional and Theoretical Economics 175 (2019), S. 149 (153 ff.); Möslein, ZHR 2019, 254 (280); Braegelmann / Kaulartz, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 1 (5) [Rn. 13]; De Caria, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 19 (29); Gatteschi / L amberti / Demartini, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 37 (53); Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (74). 296 Vgl. Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (372). 297 Vgl. in diese Richtung auch Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (369). 298 Vgl. bereits ausführlich oben S. 73 ff. 299 Vgl. auch etwa Paulus / Matzke, NJW 2018, 1905 (1905); Hacke, in: Aggarwal / Eidenmüller /  Enriques / Payne / van Zwieten (Hrsg.), Autonomous Systems and the Law, 2019, S. 17 (19 f.). 295

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sierte Rechtsdurchsetzung ist gerade unabhängig von einer staatlichen Intervention und richtet sich allein nach den Regelungen, die der Unternehmer im Programmcode niedergelegt hat. Der Unternehmer kann die Erfüllung bzw. Durchsetzung der Verpflichtung etwa an die gleichen Bedingungen knüpfen wie die Fälligkeit. Durch den Smart Contract würde der Vertrag dann im Fälligkeitszeitpunkt automatisiert erfüllt. Es ist aber auch denkbar, dass der Unternehmer für die automatisierte Erfüllung andere Bedingungen festlegt als gesetzlich für das Entstehen oder Fälligwerden des Anspruchs vorgesehen. Er kann die für die Automatisierung maßgeblichen Bedingungen selbst bestimmen. Der Smart Contract könnte in diesem Sinne beispielsweise als ultima ratio ausgestaltet werden, der erst nach einer Phase greift, in der der Verbraucher die Möglichkeit hat, den Vertrag freiwillig zu erfüllen. Alternativ könnte er die Ausführung eines Vertrages auch von entsprechenden Entscheidungen einer Gruppe ausgewählter Juroren abhängig machen, die etwa über das Vorliegen eines Mangels entscheiden.300 Smart Contracts eröffnen in diesem Sinne die Möglichkeit einer privaten Regelung der Durchsetzung von Ansprüchen. Die Herrschaft über das System der Rechtsdurchsetzung wird hierdurch vom Staat auf den Unternehmer verlagert. Der Unternehmer kann die Rechtsdurchsetzung nach vertraglichem Vorbild, selbstbestimmt, regeln.301 Der Staat kann so aus der Rechtsbeziehung nahezu vollständig ausgeschlossen werden.302

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Instruktiv etwa Hacke, in: Aggarwal / Eidenmüller / Enriques / Payne / van Zwieten (Hrsg.), Autonomous Systems and the Law, 2019, S. 17 (19 f.). Zum Einsatz von Menschen als Entscheidungsinstanz im Rahmen der Automatisierung auch beispielsweise Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1035); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (206); Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (375); De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 75; ­Heckelmann, NJW 2018, 504 (508); Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 25; Blocher, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 113 (125 f.) [Rn. 48]; Möslein, ZHR 2019, 254 (269); De Caria, in: DiMatteo / Cannarsa /  Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 19 (31); Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (74); Tjong Tjin Tai, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 80 (83 f.) sowie unten S. 287 ff. 301 Vgl. zu diesem Ziel der Entwicklung von Smart Contracts auch bereits oben S. 58 ff. 302 In Richtung eines (völligen) Entfernens der Rechtsordnung auch etwa Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (127, 130); Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (274); Werbach / Cornell, The Promise – and Perils of „Smart Contracts“, 18. 05. 2017; De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 49 ff.; Eschenbruch / Gerstberger, NZBau 2018, 3 (8); Werbach, The Blockchain and the New Architecture of Trust, 2018, S. 161; Blocher, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 113 (129) [Rn. 62]; Braegelmann /  Kaulartz, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 1 (6) [Rn. 16].

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2. Teil: Risiken von Smart Contracts für Verbraucher

Im Ergebnis kann durch Smart Contracts damit potentiell ein privates, außerstaatliches Rechtsdurchsetzungsregime implementiert werden.303 Für die Durchsetzung eines Anspruches wird gerade kein Gericht vorausgesetzt. Die Durchsetzung richtet sich vielmehr nach vom Unternehmer – typischerweise unilateral – im Programmcode festgelegten Bestimmungen. Mithin erfolgt eine insofern private geregelte Rechtsdurchsetzung auch nicht zwingend entsprechend der gesetzlichen Vorgaben und unabhängig von rechtlichen Wertungen.304

II. Automatisierte private Rechtsdurchsetzung als Systembruch Ein solches Rechtsdurchsetzungsregime, das sich an Regeln orientiert, die nur von einer Vertragspartei vorgegeben werden, birgt erhebliche Missbrauchspotentiale und Risiken für die andere Partei, d. h. typischerweise den Verbraucher. Traditionell ist die Durchsetzung vertraglicher Ansprüche gerade nicht den Parteien überlassen, sondern soll durch neutrale staatliche Organe durch ein geordnetes, rechtsstaat­ liches Verfahren erfolgen. Eine automatisierte, privat geregelte Rechtsdurchsetzung mithilfe von Smart Contracts steht diesen Grundsätzen diametral gegenüber.305 Eine Rechtsdurchsetzung durch Automatisierung entfernt sich insofern von dem gesetzlichen System staatlicher Rechtsdurchsetzung und läuft dabei Gefahr, die inhärenten Schutzmechanismen gerichtlicher Verfahren zu unterwandern. 1. Notwendigkeit eines Systems zwangsweiser Rechtsdurchsetzung Ausgehend von dem Wesen des Vertrages als freiwilliger Selbstverpflichtung liegt es zunächst nicht allzu fern, dass Verträge in der Regel eingehalten werden.306 Anders als formelle Gesetze handelt es sich bei ihnen gerade nicht um aufgezwungene, sondern um freiwillig gewählte Regeln. Die meisten vertraglichen Verpflichtungen enden folglich mit ihrer Erfüllung (§ 362 BGB).307 Der Bruch eines Vertrages stellt vor diesem Hintergrund lediglich eine Ausnahme dar.308 Eine mo 303

Ähnlich etwa Paulus / Matzke, NJW 2018, 1905 (1905); Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (119). 304 Vgl. auch Möslein, ZHR 2019, 254 (280). 305 Zum Gewaltmonopol als Fundament für originäre Grenzen der automatisierten privaten Rechtsdurchsetzung noch ausführlich unten S. 216 ff. 306 Vgl. etwa Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (311); Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (125). 307 So auch Gottwald, in: Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivilprozessrecht, 18. Aufl. 2018, § 1 Rn. 9; Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (311). 308 Vgl. auch Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (311); Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (125).

B. Automatisierte private Rechtsdurchsetzung als Belastung des Verbrauchers 

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derne Gesellschaft, in der der Vertragsbruch zur Regel wird und Menschen nicht mehr auf die grundsätzliche Vertragstreue des Gegenübers vertrauen können, wäre kaum denkbar.309 Die Rechtswirklichkeit zeigt jedoch, dass die Vorstellung einer Gesellschaft, in der sich jeder an vertragliche Verpflichtungen hält, utopisch ist.310 Das Bestehen eines rechtlichen Anspruchs allein stellt noch keine Garantie für die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtung dar. Die leistungsstörungsrechtlichen Konsequenzen, die nach der vertraglichen oder gesetzlichen Regelung an einen Vertragsbruch geknüpft werden, stellen zwar einen Anreiz für die Erfüllung von Verpflichtungen dar311, sie haben aber keinen tatsächlichen Zwang zur Folge. Der Schuldner kann sich trotz eines bestehenden Anspruchs und der zu befürchtenden Folgen gegen die Erfüllung seiner Verpflichtung entscheiden. Das notwendige Korrelat der Freiheit, die eigenen Angelegenheiten selbst­ bestimmt zu regeln312, ist aber die Bindung an das vertraglich Vereinbarte.313 Erst durch die Bindung an das Vereinbarte kann die Privatautonomie verwirklicht werden.314 Wer nicht an seine eigenen Entscheidungen gebunden sein will, wird nicht ernst genommen, sondern entmündigt.315 Diese Vertragsbindung verlangt jedoch gleichzeitig, dass die so begründeten Rechte effektiv durchgesetzt werden können.316 Keine Privatrechtsordnung kann daher ohne ein System der zwangsweisen Durchsetzung von privaten Rechten bestehen.317 309

Vgl. etwa Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (311). In diesem Sinne auch zur Bindung an vertragliche Versprechen als „Voraussetzung des rechtlichen Verkehrs schlechthin“ etwa Lorenz, Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, 1997, S. 29. 310 Vgl. auch Stamm, Die Prinzipien und Grundstrukturen des Zwangsvollstreckungsrechts, 2007, S. 6 („Die Vorstellung, der Schuldner werde freiwillig seiner Verpflichtung nachkommen, grenzt an Naivität.“). Allgemein für die Utopie eines freiwilligen Gesetzesgehorsams Merten, Rechtsstaat und Gewaltmonopol, 1975, S. 29. 311 Vgl. zur Anreizwirkung des Vertragsrechts auch etwa Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (354 ff., 362 f.) sowie für Haftungsregeln auch Mathis, Effizienz statt Gerechtigkeit, 4. Aufl. 2019, S. 96. 312 Vgl. zur Privatautonomie als „das Prinzip der Selbstgestaltung der Rechtsverhältnisse durch den Einzelnen nach seinem Willen“ Flume, AT II, 1992, § 1, 1. 313 Instruktiv zur Selbstbindung als ethisches Korrelat der Selbstbestimmung etwa ­Weller, Die Vertragstreue, 2009, S. 157 ff. Dennoch folgt die rechtliche Bindung nicht allein aus der Privatautonomie, sondern aus einer entsprechenden Anordnung der Rechtsordnung, vgl. ­Weller, Die Vertragstreue, 2009, S. 160 ff.; Lorenz, Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, 1997, S. 35 ff. 314 Vgl. etwa Lorenz, Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, 1997, S. 37: „Vertragsfreiheit ohne grundsätzliche Anerkennung der Bindungswirkung wäre jeden Sinnes beraubt.“. 315 Vgl. Ohly, Volenti non fit iniuria, 2002, S. 77. 316 Vgl. etwa BVerfGE 89, 214 (231); Möslein, ZHR 2019, 254 (264 f.). In diese Richtung auch Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (355). 317 Vgl. deutlich etwa Gottwald, in: Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivilprozessrecht, 18.  Aufl. 2018, § 1 Rn. 9. Ähnlich auch Baker, in: Southwestern Law Review, Band 45 (2015), S. 351 (360); Merten, Rechtsstaat und Gewaltmonopol, 1975, S. 30 („Insoweit ist die Rechtsordnung zugleich Zwangsordnung.“); Fisahn, in: KritV, Band 94 (2011), S. 3 (12 f.). Anschaulich

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2. Teil: Risiken von Smart Contracts für Verbraucher

2. Primat staatlicher Rechtsdurchsetzung Die Aufgabe der Durchsetzung privater Rechte kommt grundsätzlich nur dem Staat als neutrale Instanz zu (staatliches Gewaltmonopol).318 Das Gewaltmonopol ist zum paradigmatischen Charakteristikum des modernen Staates geworden ist.319 Der Rechtsstaat will so eine gewaltsame und möglicherweise von eigensüchtigen Motiven geleitete und daher potentiell missbräuchliche Rechtsdurchsetzung durch die Parteien verhindern.320 Stattdessen sollen private Rechte durch ein ausschließlich an den rechtlichen Vorgaben orientiertes Verfahren und damit durch Institutionen durchgesetzt werden, die an dem Ausgang des Rechtsstreits kein eigenes Interesse haben. Diese gerechtigkeitsorientierte Rechtsdurchsetzung bildet seit Beginn der Staatstheorie eine Hauptaufgabe des Staates.321 Der Staat löst damit das in vorstaatlichen Zeiten322 vorherrschende System der Selbsthilfe ab.323 Ein derartiges „Recht des Stärkeren“ orientierte sich gerade nicht an der Gerechtigkeit als Regelungsprinvon Jhering, Der Zweck im Recht, Nachdruck der 4. Aufl., 1970 (1904), S. 250 f. („Der vom Staate in Vollzug gesetzte Zwang bildet das absolute Kriterium des Rechts, ein Rechtssatz ohne Rechtszwang ist ein Widerspruch in sich selbst, ein Feuer, das nicht brennt, ein Licht, das nicht leuchtet.“). 318 Zum Begriff des Gewaltmonopol des Staates grundlegend Weber, Politik als Beruf, 1919, S. 4; Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, 2010 (1922), S. 40. Im Anschluss im Sinne eines Monopols legitimer Gewaltausübung auch Wimmer, Gewalt und das Gewaltmonopol des Staates, 2009, S. 12 f.; Fisahn, in: KritV, Band 94 (2011), S. 3 (3 f., 6); Haack, in: Kühnhardt / Mayer (Hrsg.), Bonner Enzyklopädie der Globalität, 2017, S. 1153 (1153). Allgemein zum staatlichen Gewaltmonopol auch Merten, Rechtsstaat und Gewaltmonopol, 1975, S. 29 ff.; Weiner, Privatisierung von staatlichen Sicherungsaufgaben, 2001, S. 115 ff.; Stoffer, Wie viel Privatisierung „verträgt“ das strafprozessuale Ermittlungsverfahren?, 2016, S. 25 ff. [Rn. 29 ff.]. 319 Vgl. Frick, in: Ertl / Troy (Hrsg.), Vom Krieg aller gegen alle zum staatlichen Gewaltmonopol und zurück?, 2012, S. 17 (17); Weber, Politik als Beruf, 1919, S. 4; Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, 2010 (1922), S. 40; Merten, Rechtsstaat und Gewaltmonopol, 1975, S. 32; Weiner, Privatisierung von staatlichen Sicherungsaufgaben, 2001, S. 115; Stoffer, Wie viel Privatisierung „verträgt“ das strafprozessuale Ermittlungsverfahren?, 2016, S. 26 [Rn. 30]; Haack, in: Kühnhardt / Mayer (Hrsg.), Bonner Enzyklopädie der Globalität, 2017, S. 1153 (1153); Möslein, ZBB 2018, 208 (219). 320 Ähnlich BVerfG, Urt.  v.  11. 06. 1980  –  1 PBvU 1/79, NJW 1981, 39 (41); Beschl. v. 13. 03. 1990 – 2 BvR 94/88 u. a., NJW 1991, 413 (413); Beschl. v. 12. 02. 1992 – 1 BvL 1/89, NJW 1992, 1673 (1673). Vgl. auch Stamm, Die Prinzipien und Grundstrukturen des Zwangsvollstreckungsrechts, 2007, S. 7. 321 Vgl. Merten, Rechtsstaat und Gewaltmonopol, 1975, S. 29; Schwartz / Scott, in: The Yale Law Journal, Band 113 (2003), S. 541 (546 f.). 322 Wimmer vertritt in diesem Zusammenhang etwa die These, dass es im Zeitraum zwischen 500 und 1500 n. Chr. in Europa keinen Staat gegeben habe, vgl. Gewalt und das Gewaltmonopol des Staates, 2009, S. 26 ff. 323 Vgl. Gottwald, in: Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivilprozessrecht, 18. Aufl. 2018, § 1 Rn. 10; Stamm, Die Prinzipien und Grundstrukturen des Zwangsvollstreckungsrechts, 2007, S. 7. Ausführlich zu den Zuständen im europäischen Mittelalter insofern etwa C. Müller, Das staatliche Gewaltmonopol, 2007, S. 3 ff.; Wimmer, Gewalt und das Gewaltmonopol des Staates, 2009, S. 33 ff.

B. Automatisierte private Rechtsdurchsetzung als Belastung des Verbrauchers 

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zip, sondern lässt das Durchsetzungs-vermögen des Einzelnen entscheiden.324 Das zentrale Problem eines staatenlosen Zustandes besteht nach insofern Locke darin, dass es an unbeteiligten Richtern mangele, die Streitigkeiten entscheiden könnten. Im Naturzustand sei vielmehr jeder gewissermaßen zum Richter in eigener Sache berufen.325 Hobbes beschreibt den vorstaatlichen „Naturzustand“ als einen „Krieg aller gegen alle“ (bellum omnium contra omnes).326 Aus der natürlichen Gleichheit der Menschen folge nämlich, dass niemandem ein Vorteil zustehe, den ein anderer nicht mit dem gleichen Recht einfordern könnte.327 Hobbes wie Locke begreifen den Naturzustand damit als einen Zustand der Unsicherheit, ohne gesicherte Rechte, in dem die Menschen in ständiger Furcht leben müssen.328 Die Anarchie, die Herrschaftslosigkeit, münde insofern in einem Paradox: ein Recht auf alles, sei in seiner Wirkung nicht mehr als ein Recht auf nichts.329 Indem die Menschen im Naturzustand durch kein äußeres Gesetz bestimmt, gleichzeitig aber auch durch kein Gesetz geschützt werden, seien sie sowohl die freiesten als auch die unfreiesten Menschen.330 Für Hobbes ist die Flucht aus diesem dauerhaften Kriegszustand in den Frieden und damit von der Herrschaftslosigkeit in die Staatlichkeit vor diesem Hintergrund ein Gebot der Vernunft.331 Zum Schutze aller müsse die legitime Gewaltanwendung monopolisiert werden.332 In diesem Sinne trat nach Thomas Paine „der Mensch [.] nicht in die Gesellschaft, um schlechter zu werden als er vorher war, sondern um sich diese Rechte besser zu sichern.“333 Der Gedanke, dass es im Ergebnis im Interesse des Menschen liege, diesem Naturzustand zu entfliehen, führte schließlich zur Idee des Gesellschaftsvertrages.334 Durch 324

Vgl. Weichbrodt, Der verbotene Beweis im Straf- und Zivilprozess, 2012, S. 192 f.; Gottwald, in: Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivilprozessrecht, 18. Aufl. 2018, § 1 Rn. 10. 325 Vgl. Locke, Zwei Abhandlungen über die Regierung, 1995 (1689), II. § 7 [S. 203 f.]. 326 Hobbes, De Cive / Vom Bürger, 2017 (1642), S. 32 bzw. 33. Diese Idee führte er später in Hobbes, Leviathan, 2013 (1651), S. 254/255 weiter aus. 327 Vgl. Hobbes, Leviathan, 2013 (1651), S. 250/251. 328 Vgl. Hobbes, Leviathan, 2013 (1651), S. 256/257; Locke, Zwei Abhandlungen über die Regierung, 1995 (1689), II. § 123 ff. [S. 278 f.]. 329 Vgl. Hobbes, Naturrecht und Allgemeines Staatsrecht in den Anfangsgründen, 1990 (1640), I. Kap. XIV, 10 [S. 98 f.]. 330 Vgl. Frick, in: Ertl / Troy (Hrsg.), Vom Krieg aller gegen alle zum staatlichen Gewaltmonopol und zurück?, 2012, S. 17 (19). 331 Hobbes, Naturrecht und Allgemeines Staatsrecht in den Anfangsgründen, 1990 (1640), I. Kap. XIV, 14 [S. 100] sowie I. Kap. XV, 2 [S. 101]. In Hobbes, Leviathan, 2013 (1651), S. 264/265 bezeichnet er das Streben nach Frieden sogar als „grundlegendes natürliches Gesetz“. Nach Locke, Zwei Abhandlungen über die Regierung, 1995 (1689), II. § 127 [S. 279] werden die Menschen in die Gesellschaft „gezwungen“. 332 So etwa Reemtsma, in: Heitmeyer / Soeffner, Gewalt, 2004, S. 346 (346 ff.). Ähnlich auch Reinhard, Geschichte der Staatsgewalt, 3. Aufl. 2002, S. 114. 333 Paine, Die Rechte des Menschen, 1983 (1791), S. 159. 334 Zur Idee des Gesellschaftsvertrages jedoch mit jeweils (deutlich) unterschiedlichen Vorstellungen von diesem Begriff vgl. Hobbes, Leviathan, 2013 (1651), Kapitel XIV. [S. 262 ff. bzw. 263 ff.]; Locke, Zwei Abhandlungen über die Regierung, 1995 (1689), II. § 89 ff. [S. 254 ff.]; Rousseau, Vom Gesellschaftsvertrag, 2013 (1778), Erstes Buch. Vgl. auch Fisahn, in: KritV, Band 94 (2011), S. 3 (7, 10).

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2. Teil: Risiken von Smart Contracts für Verbraucher

diesen sollten die Menschen ihr Recht auf private Gewaltanwendung gewissermaßen abtreten und stattdessen einen Staatsapparat erhalten, der eine am Prinzip der Gerechtigkeit orientierte staatliche Rechtsdurchsetzung gewährleistet.335 Die Beschränkung der staatlichen Gewaltausübung und Rechtsdurchsetzung durch die Gesetze spielt vor diesem Hintergrund eine herausgehobene Rolle.336 Die Achtung der rechtlichen Vorgaben, der entsprechenden Prozesse und Formen, unterscheidet eine neutrale Rechtsdurchsetzung durch staatliche Institutionen gerade von einer Rechtsdurchsetzung durch die Parteien selbst, die sich typischerweise primär von ihren eigenen Interessen leiten lassen.337 3. Grundsätzliches Verbot der privaten Rechtsdurchsetzung In Anbetracht der Gefahr, dass eine private Rechtsdurchsetzung von egois­ tischen statt gerechtigkeitsorientierten Motiven geleitet sein wird, steht der Staat einer privaten Rechtsdurchsetzung äußerst skeptisch gegenüber. Die Durchsetzung vertraglicher Ansprüche ist daher grundsätzlich nicht den Parteien selbst überlassen.338 Dem Bürger ist es grundsätzlich nicht gestattet, Selbstjustiz zu üben und den ihm aus seiner Sicht zustehenden Anspruch „auf eigene Faust“ durchzusetzen. Dieser Gewaltverzicht des Bürgers ist heute zwar nicht ausdrücklich im Grundgesetz genannt, wird aber als Konsequenz des staatlichen Gewaltmonopols implizit vorausgesetzt339 und folgt vor allem aus einfach-gesetzlichen Regelungen wie dem Strafgesetzbuch und dem zivilrechtlichen Deliktsrecht340.

335 Vgl. etwa Weichbrodt, Der verbotene Beweis im Straf- und Zivilprozess, 2012, S. 194. Ähnlich auch Merten, Rechtsstaat und Gewaltmonopol, 1975, S. 29. Während Hobbes hierdurch vor allem eine Verhinderung privater Gewalt erreichen will, betont Locke die Abkehr von privater Willkür hin zu staatlicher Objektivität, vgl. instruktiv Braun, Einführung in die Rechtsphilosophie, 2. Aufl., 2011, § 16 [S. 187 ff.] sowie § 17 [S. 200 ff.]. 336 Vgl. Reemtsma, in: Heitmeyer / Soeffner, Gewalt, 2004, S. 346 (349 f.); Fisahn, in: KritV, Band 94 (2011), S. 3 (6). 337 Ähnlich auch Stamm, Die Prinzipien und Grundstrukturen des Zwangsvollstreckungsrechts, 2007, S. 7. 338 Vgl. Svarez, Vorträge über Recht und Staat, 1960, S. 243 („Dagegen ist niemand befugt, sich durch eigene Gewalt Recht zu verschaffen.“); Merten, Rechtsstaat und Gewaltmonopol, 1975, S. 56 ff.; C. Müller, Das staatliche Gewaltmonopol, 2007, S. 111, 121; Stoffer, Wie viel Privatisierung „verträgt“ das strafprozessuale Ermittlungsverfahren?, 2016, S. 25 [Rn. 29]; Haack, in: Kühnhardt / Mayer (Hrsg.), Bonner Enzyklopädie der Globalität, 2017, S. 1153 (1153); Gottwald, in: Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivilprozessrecht, 18. Aufl. 2018, § 1 Rn. 10 f.; Grunsky / Jacoby, Zivilprozessrecht, 16. Aufl. 2018, Rn. 1; Saenger, in: Saenger (Hrsg.), Handkommentar ZPO, 8. Aufl. 2019, Einführung, Rn. 3; Hartmann, in: Baumbach / Lauterbach /  Albers / Hartmann, Zivilprozessordnung, Kommentar, 77. Aufl. 2019, Einleitung III Rn. 1; Weller, Die Vertragstreue, 2009, S. 174. 339 Vgl. zur Verankerung des Gewaltmonopols und des Gewaltverzichts im Grundgesetz etwa C. Müller, Das staatliche Gewaltmonopol, 2007, S. 112 ff. 340 Vgl. C. Müller, Das staatliche Gewaltmonopol, 2007, S. 121 f.

B. Automatisierte private Rechtsdurchsetzung als Belastung des Verbrauchers 

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Der grundsätzliche Gewaltverzicht des Bürgers wird lediglich in engen Ausnahmefällen durchbrochen.341 Das Korrelat zu diesem Verzicht des Bürgers auf eine private Rechtsdurchsetzung und zum staatlichen Gewaltmonopol bildet der staatliche Schutz privater Rechte in Gestalt des Justizgewährungsanspruchs.342 Der Staat erfüllt seine grundrechtliche Schutzpflicht insofern dadurch, dass er die von den Parteien vereinbarten Regelungen grundsätzlich respektiert343 und dem vertraglich Vereinbarten zur Geltung verhilft, indem er dem Bürger Zugang zu Institutionen gewährt, die vertragliche Rechte durchsetzen.344 Die Rechtsordnung stellt in § 241 S. 1 BGB ein vertragliches Schuldverhältnis einem gesetzlichen gleich und begreift einen Verstoß gegen eine vertragliche Verpflichtung daher als Verstoß gegen eine gesetz­liche Verpflichtung.345 Vertragswidrigkeit bedeutet insofern Rechtswidrigkeit346 und ist dementsprechend zu sanktionieren.347 Kehrseite eines vertraglichen Anspruchs ist daher ein verfassungsrechtlich verbürgter Justizgewährungsanspruch gegen den Staat (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG).348 Im Rahmen des Zivilprozesses wird der Richter schließlich in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht prüfen und anschließend verbindlich feststellen, ob das vom Kläger behauptete Recht besteht und ggf. die Durchsetzung dieses Rechts mittels des staatlichen Rechtsdurchsetzungsapparates anordnen.349 341

Vgl. im Zivilrecht etwa Fälle der allgemeinen Selbsthilfe (§ 229 BGB), des Selbsthilferechts des Vermieters (§ 562b BGB), der Selbsthilfe des Besitzers im Fall verbotener Eigenmacht (§ 859 BGB), des Notstands (§ 904 BGB) sowie das Recht des Eigentümers zur Verfolgung seines Bienenschwarms (§ 962 BGB), vgl. ausführlich etwa C. Müller, Das staatliche Gewaltmonopol, 2007, S. 148 ff. 342 Vgl. etwa Prütting, in: Wieczorek / Schütze, ZPO, Band 1/1, 4. Aufl. 2015, Einleitung, Rn. 28; Weller, Die Vertragstreue, 2009, S. 174; Calliess, JZ 2006, 321 (321), der die staatliche Pflicht zum Schutz vertraglicher Rechte als „eine Art Kompensation für die Akzeptanz des Gewaltmonopols“ bezeichnet. 343 Vgl. BVerfGE 81, 242 (254). 344 Vgl. instruktiv etwa Hillgruber, AcP 191 (1991), S. 69 (74); Schmolke, Grenzen der Selbstbindung im Privatrecht, 2014, S. 75 f. 345 Vgl. instruktiv Löwisch, AcP 165 (1965), S. 421 (422); Lorenz, Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, 1997, S. 32. 346 So Löwisch, AcP 165 (1965), S. 421 (423). 347 Vgl. im Sinne einer Sanktionierung des Vereinbarten auch Hillgruber, AcP 191 (1991), S. 69 (74). 348 Ständige Rechtsprechung des BVerfG, vgl. etwa BVerfG Urt. v. 11. 06. 1980 – 1 PBvU 1/79, NJW 1981, 39 (41); Beschl. v. 12. 02. 1992 – 1 BvL 1/89, NJW 1992, 1673 (1673); Beschl. v. 20. 06. 1995 – 1 BvR 166/93, NJW 1995, 3173; Beschl. v. 27. 01. 1998 – 1 BvL 15–87, NJW 1998, 1475 (1478); Beschl. v. 30. 04. 2003 – 1 PBvU 1/02, NJW 2003, 1924; Beschl. v. 08. 12. 2010 − 1 BvR 381/10, NJW 2011, 1276 (1277); Beschl. v. 17. 06. 2013 – 1 BvR 2246/11, NJW 2013, 2881 (2882, Rn. 11). Ausführlich Gottwald, in: Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivilprozessrecht, 18. Aufl. 2018, § 3 Rn. 1 ff. Vgl. auch Saenger, in: Saenger (Hrsg.), Handkommentar ZPO, 8. Aufl. 2019, Einführung, Rn. 9; Prütting, in: Wieczorek / Schütze, ZPO, Kommentar, Band 1/1, 4. Aufl. 2015, Einleitung, Rn. 28; Hartmann, in: Baumbach / Lauterbach / Albers / Hartmann, Zivilprozessordnung, Kommentar, 77. Aufl. 2019, Einleitung III Rn. 1 und Grundzüge vor § 253, Rn. 1 f.; Grunsky / Jacoby, Zivilprozessrecht, 16. Aufl. 2018, Rn. 1. 349 Vgl. etwa Saenger, in: Saenger (Hrsg.), Handkommentar ZPO, 8. Aufl. 2019, Einführung, Rn. 9.

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2. Teil: Risiken von Smart Contracts für Verbraucher

4. Umgehung gerichtlicher Verfahren durch automatisierte Erfüllung Durch einen Smart Contract kann unmittelbar eine Situation herbeigerufen werden, die normalerweise erst nach Abschluss eines gesetzlich vorgesehenen Verfahrens bestehen würde.350 Eine automatisierte zwangsweise Erfüllung wird daher oftmals eigentlich vorrangige gerichtliche Verfahren umgehen.351 Diese Umgehung basiert auf dem Gedanken, dass ohne ein gerichtliches Verfahren traditionell aus einer Vereinbarung für den Betroffenen keine spürbaren Konsequenzen gegen dessen Willen erwachsen. So wird es regelmäßig ohne ein gerichtliches Verfahren weder zu einer unmittelbaren Beschränkung der Handlungsfreiheit noch zu einem Eingriff in geschützte Rechtspositionen352 noch insgesamt zu einer Änderung des status quo kommen, wenn der Betroffene diesen Zustandsänderungen nicht auch im letzten Moment zustimmt, also insbesondere freiwillig leistet. Die Automatisierung löst die Leistungserbringung aber gerade von der Notwendigkeit einer erneuten Bestätigung der Leistungsbereitschaft.353 Wie oben gezeigt, stellen Smart Contracts daher eine Form der zwangsweisen Erfüllung354 und damit ein Substitut für eine Rechtsdurchsetzung in einem gerichtlichen Verfahren dar.355 Während der Schuldner / Verbraucher traditionell nur 350 Vgl. Paulus / Matzke, CR 2017, 769 (773); Hofmann, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 125 (133). 351 In diese Richtung auch Paulus / Matzke, NJW 2018, 1905 (1910). 352 Vgl. zu diesen möglichen Folgen der Automatisierung und der daraus folgenden Rechtfertigungsbedürftigkeit bereits oben S. 49 ff. 353 Deutlich Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (306, 316). In diese Richtung auch Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1, unter A.; Kaulartz /  Heckmann, CR 2016, 618 (618); Mik, in: Innovation & Technology, Band  9 (2017), S. 269 (Manuskript, S. 10); Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (120, 126 f., 129); Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 26; Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (73); Clément, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (271); Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa /  Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (291). 354 Vgl. etwa auch Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (320). 355 Vgl. etwa BaFin, Blockchain-Technologie, 2017; K. Levy, in: Engaging Science, Technology and Society, Band 3 (2017), S. 1 (3); Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (126 f., 130); Schrey / T halhofer, NJW 2017, 1431 (1431); Möslein, ZBB 2018, 208 (217); Paulus / Matzke, CR 2017, 769 (772 f.); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 13; Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band  67 (2017), S. 313 (331 f., 346); Paulus / Matzke, NJW 2018, 1905 (1905); Blocher, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 113 (129) [Rn. 62]; Hacke, in: Aggarwal / Eidenmüller /  Enriques / Payne / van Zwieten (Hrsg.), Autonomous Systems and the Law, 2019, S. 17 (18); ­Möslein, ZHR 2019, 254 (280); DiMatteo / Cannarsa / Poncibò, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 3 (4) sowie oben S. 87 ff.

B. Automatisierte private Rechtsdurchsetzung als Belastung des Verbrauchers 

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nach Abschluss eines gerichtlichen Verfahrens leisten muss, führt die Automatisierung seiner Leistungspflicht unmittelbar zu einer Pflichterfüllung – auch gegen den Willen des Schuldners. Durch Smart Contracts werden insofern unmittelbar Fakten geschaffen.356 Es kann unmittelbar eine Situation herbeigerufen werden, die normalerweise erst nach Abschluss eines gesetzlich vorgesehenen Verfahrens bestehen würde.357 Unabhängig von der konkreten inhaltlichen Ausgestaltung läuft der durch Smart Contracts automatisierte Selbstvollzug des Gläubigers / Unternehmers vor diesem Hintergrund Gefahr, den Richtervorbehalt bei der Durchsetzung von Ansprüchen zu umgehen.358 Folge einer von gerichtlichen Verfahren losgelösten Durchsetzung von Rechten kann insbesondere die Umgehung schuldnerschützender Normen wie der §§ 765a (Vollstreckungsschutz wegen mit den guten Sitten nicht vereinbarer Härte), 811 (Unpfändbare Sachen) ZPO sein.359 Wird ein Mieter mittels eines Smart Contracts aus seiner Mietwohnung ausgesperrt, weil er die Miete nicht fristgerecht bezahlt hat, so umgeht der Gläubiger zumindest das besondere Verfahren zur Räumung von Wohnraum gem. § 940a ZPO.360 5. Gezielter Einsatz von Smart Contracts zur Gesetzesumgehung Die Unabhängigkeit der Automatisierung von rechtlichen Vorgaben und im Gegenzug ihre Bestimmung durch selbst festgelegte Regeln, machen Smart Contracts insbesondere für Unternehmer interessant, die auf diesen Weg gesetzliche Regelungen zu umgehen versuchen.361 Die potentiellen Gründe für eine Benutzung von Smart Contracts sind vielfältig. Neben dem primären Ziel eines Ausschlusses von Vertragsverletzungen362 bzw. der Reduzierung des Gegenparteirisikos363 ragt indes insbesondere die Möglichkeit der Durchsetzung rechtswidriger Vereinbarungen heraus.364 Bei Einsatz von 356

In diese Richtung etwa auch Paulus / Matzke, CR 2017, 769 (770); Paulus / Matzke, NJW 2018, 1905 (1910); Blocher, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 113 (129) [Rn. 62]. 357 Vgl. Hofmann, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 125 (133). 358 Vgl. Matzke, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 99 (110). 359 Matzke, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 99 (110 f.). 360 Zur Zulässigkeit eines solchen Vorhabens vor dem Hintergrund verbotener Eigenmacht ausführlich unten S. 223 ff. 361 Ähnlich auch Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (132); De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 51 f., 86 ff. 362 Vgl. Szabo, Formalizing and Securing Relationships on Public Networks, in: First Monday, Band 2 (1997); Szabo, Smart Contracts: Building Blocks for Digital Markets, 1996. 363 Vgl. hierzu noch ausführlich unten S. 252 ff 364 Vgl. zur Durchsetzung rechtswidriger Vereinbarungen etwa Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (623); Jaccard, in: Jusletter IT v. 23. 11. 2017, S. 8; Savelyev, in: Information &

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2. Teil: Risiken von Smart Contracts für Verbraucher

Smart Contracts erfolgt die Rechtsdurchsetzung nach Regeln, die autonom durch den Unternehmer gestaltet werden. Die Rechtsbeziehung wird allein durch den Programmcode bestimmt.365 In der Theorie könnte ein solcher automatisierter Vollzug unter Umständen dazu führen, dass die Rechtsordnung vollständig entfernt wird.366 Aus Sicht eines Verbrauchers wird diese Vorstellung regelmäßig erschreckend erscheinen: Ohne den Einfluss der Rechtsordnung drohen gesetzliche Grenzen umgangen und Mechanismen zum Schutz des Verbrauchers ausgeschaltet zu werden. Es liegt nahe, dass ein Instrument, das auch rechtswidrige Vereinbarungen durchsetzen kann, Verwender anzieht, die gesetzliche Vorgaben umgehen wollen.367 Insofern wohnt Smart Contracts in gewisser Weise eine Tendenz inne, rechtswidrig eingesetzt zu werden.368 Smart Contracts machen rechtswidrige Verträge auf diese Weise von einem auf dem Papier bestehenden, gerichtlich nicht durchsetzbaren Versprechen zu unmittelbar spürbarer Realität. Sobald der Smart Contract in der Welt ist, kann der Schuldner eine rechtswidrige Automatisierung nicht mehr verhindern. Vor dem Hintergrund der Entstehungsgeschichte von Smart Contracts ist diese Unabhängigkeit von gerichtlichen Institutionen und die Möglichkeit, Rechts­ beziehungen gänzlich ohne staatlichen Eingriff zu regeln, indes gerade gewollt.369 Smart Contracts wurden in den frühen 90er-Jahren in dem von den politischen

Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (132); Frankenreiter, in: Journal of Institutional and Theoretical Economics 175 (2019), S. 149 (153 ff.); Möslein, ZHR 2019, 254 (280); Braegelmann / Kaulartz, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 1 (5) [Rn. 13]; De Caria, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 19 (29); Gatteschi / L amberti / Demartini, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 37 (53); Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (74) sowie oben S. 95 ff. 365 Vgl. Werbach / Cornell, The Promise – and Perils of „Smart Contracts“, 18. 05. 2017. 366 Vgl. insbesondere Werbach / Cornell, The Promise  – and Perils of „Smart Contracts“, 18. 05. 2017. Im Ergebnis ähnlich auch Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (127, 130); Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band  166 (2017), S. 263 (274); De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 49 ff.; Werbach, The Blockchain and the New Architecture of Trust, 2018, S. 161; Blocher, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 113 (129) [Rn. 62]; Braegelmann / Kaulartz, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 1 (6) [Rn. 16]. 367 Vgl. De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 86 f. 368 Vgl. zu rechtswidrigen Anwendungsfeldern von Blockchain-Systemen auch De Filippi /  Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 66 f.; Frankenreiter, in: Journal of Institutional and Theoretical Economics 175 (2019), S. 149 (153 f.). 369 In diese Richtung auch DiMatteo / Cannarsa / Poncibò, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 3 (4), die jedoch darauf hinweisen, dass diese „Flucht vor dem Recht“ eine bloße Illusion darstellt.

B. Automatisierte private Rechtsdurchsetzung als Belastung des Verbrauchers 

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Philosophien des Libertarismus geprägten Umfeld der Cypherpunks entwickelt.370 Aus libertärer und anarcho-kapitalistischer Sicht sollen alle übereinstimmend gewollten Vereinbarungen wirksam und durchsetzbar sein.371 Eine etwaige staatliche Missbilligung soll nicht entscheidend sein. Bereits heute wird Software und insbesondere die Blockchain-Technologie häufig dazu verwendet, gesetzliche Grenzen zu umgehen.372 Einige Fällen sind denkbar, in denen Smart Contracts zur Durchsetzung gesetzeswidriger Vereinbarungen und damit zur gezielten Umgehung gesetzlicher Vorgaben eingesetzt werden könnten.373 So könnten insbesondere wettbewerbswidrige Preisabsprachen durch Smart Contracts automatisiert werden.374 Möglich erscheint zudem der Einsatz eines Smart Contracts im Rahmen von Verkäufen von illegalen Substanzen.375 So könnte das Rauschgift beispielsweise in einem Schließfach deponiert werden und dem Käufer der entsprechende Code für dessen Öffnung mitgeteilt werden. Sobald das Schließfach geöffnet wird, wird dies – über ein entsprechend programmiertes Oracle376– an den Smart Contract gemeldet. Als Reaktion auf den Eintritt dieser Bedingung überweist der Smart Contract automatisch den vereinbarten Kaufpreis an den Verkäufer. Schließlich könnten Smart Contracts unter Umständen sogar eingesetzt werden, um Straftätern Zahlungen für begangene (Auftrags-)Straftaten zu garantieren.377

370

Vgl. zum Hintergrund von Smart Contracts auch bereits oben S. 58 ff. Vgl. in diese Richtung etwa auch Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (335); Clément, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (271). Zum Libertarismus im Allgemeinen instruktiv Wendt, Libertäre politische Philosophie, 2009. 372 Instruktiv etwa Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 41 ff., die insofern insbesondere auf das Beispiel der Musiktauschbörse Napster hinweist. Vgl. auch De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, S. 66 f. 373 Ausführlich Juels / Kosba / Shi, in: Proceedings of the 2016 ACM SIGSAC Conference, 2016, S. 283; De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 86 ff. 374 Vgl. etwa Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (372 f.); Finck, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 1 (10). 375 Vgl. De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 87; Gatteschi / L amberti / Demartini, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 37 (53); Durovic / Janssen, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (74). 376 Vgl. zur Nutzung von sog. Oracles bei blockchain-basierten Smart Contracts noch eingehend unten S. 150 f. 377 Vgl. etwa Finck, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 1 (10). Auf das Beispiel eines Auftragsmordes, in dem die (anonyme) Bezahlung für den Mord an einer prominenten Person von der Bedingung abhängig gemacht werden, dass in Zeitungen über den Tod berichtet wird, weisen etwa De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 87 f. hin. Vgl. grundlegend zu solchen „Assassination Markets“ bereits May, Cyphernomicon, 1994, 2. 13. 9. 371

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2. Teil: Risiken von Smart Contracts für Verbraucher

III. Verbraucher als primäres Opfer einer privaten automatisierten Rechtsdurchsetzung Das Loslösen von staatlicher Intervention bei der Vertragsgestaltung, die Möglichkeit, auch rechtswidrige Vereinbarungen zu automatisieren, sowie die Umgehung gerichtlicher Verfahren bergen erhebliche Risiken. Hierdurch unmittelbar belastet werden primär Verbraucher als Vertragspartner des Unternehmers. 1. Besondere Gefährdung des Verbrauchers Als typischer Schuldner der automatisierten Zahlungsverpflichtung wird regelmäßig der Verbraucher mit den von der Automatisierung hervorgerufenen Nachteilen belastet.378 Bei Verwendung eines Smart Contracts bedeutet dies indes in der Folge, dass es meist die Leistungspflicht des Verbrauchers sein wird, die der Smart Contract automatisiert vollziehen wird. Gleiches gilt auch für andere Leistungen, eine Automatisierung wird meist zulasten des Verbrauchers gehen, da der Programmcode des Smart Contracts typischerweise einseitig durch den Unternehmer vorgegeben wird.379 Der Unternehmer wird sich dabei logischerweise in erster Linie an seinen eigenen Interessen und Präferenzen orientieren. Es ist daher davon auszugehen, dass der Unternehmer primär Regelungen treffen wird, die ihn bevorteilen. Zwar kann der Unternehmer durchaus auch unmittelbar verbraucherfreundliche Smart Contracts gestalten – beispielsweise, weil er sich hierdurch einen Wettbewerbsvorteil erhofft380; der Regelfall wird dies aber nicht sein. Praktisch bedeutet dies, dass sich eine Automatisierung tendenziell unmittelbar zum Nachteil des Verbrauchers, nicht des Unternehmers auswirken wird. 2. Entfesselung der Privatautonomie durch Smart Contracts Der Smart Contract soll nach seiner Entstehungsgeschichte gerade der Vervollständigung der parteilichen Selbstbestimmung dienen.381 Wenn aber der Unternehmer die Autonomie der Gestaltung des Smart Contracts gänzlich an sich reißt, erlaubt die Automatisierung es dem Unternehmer, die Rechtsbeziehung zum Verbraucher völlig nach seinem Willen und seinen Interessen zu gestalten. Er kann alle maßgeblichen Bestimmungen für die Durchsetzung im Wege der Automatisierung im Programmcode festlegen. Eine gerichtliche Kontrolle ist erst möglich, nachdem die Automatisierung bereits vollzogen wurde.382 378

Vgl. hierzu bereits oben S. 45 ff. Vgl. hierzu ausführlich oben S. 73 ff. 380 Vgl. hierzu ausführlich unten S. 251. 381 Vgl. ausführlich oben S. 58 ff. 382 Vgl. auch Werbach, The Blockchain and the New Architecture of Trust, 2018, S. 126 sowie ausführlich unten S. 114 f. 379

B. Automatisierte private Rechtsdurchsetzung als Belastung des Verbrauchers 

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Die Nachteile und Risiken dieser schrankenlosen Vertragsfreiheit des Unternehmers hat der Verbraucher als Vertragspartner zu tragen. Er ist als Vertragspartner und von der automatisierten Rechtsdurchsetzung unmittelbar Betroffener besonders schutzbedürftig. Der Schutz des Verbrauchers vor einer solchen unbeschränkten Ausübung der Privatautonomie des Stärkeren war ein Leitgedanke für die Entwicklung des Verbraucherschutzes. a) Gestaltung der Rechtsbeziehung allein nach dem Willen des Unternehmers Smart Contracts erlauben es, den Staat aus einer privat geregelten Rechtsbeziehung nahezu vollständig herauszuhalten.383 Die traditionell von staatlicher Seite übernommene Funktion der Durchsetzung von Rechten wird auf den vom Unternehmer festgelegten Computercode ausgelagert.384 Smart Contracts ermöglichen ein privates Rechtsdurchsetzungsregime, das weitgehend losgelöst von gesetzlichen und rechtlichen Einschränkungen Rechtsfolgen setzen kann.385 So bestimmt sich die Ausführung des Smart Contracts gerade nicht nach einer Auslegung nach Maßgabe des §§ 133, 157 BGB oder dem gesetzlichen Erlaubten, sondern richtet sich nur nach den Regelungen des Programmcodes.386 Smart Contracts können theoretisch jede durch einen Computer verifizierbare und durchführbare Wenn-Dann-Bedingung automatisieren, die der Unternehmer im Programmcode festschreiben lässt. Jeder Faktor, der für die Automatisierung maßgeblich ist, wird vom Unternehmer einseitig festgelegt und in den Programmcode aufgenommen. Der Unternehmer genießt insofern völlige Autonomie und hat keine 383 In diese Richtung auch etwa Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band  26 (2017), S. 116 (127, 130); Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (274); Werbach / Cornell, The Promise – and Perils of „Smart Contracts“, 18. 05. 2017; De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 49 ff.; Eschenbruch / Gerstberger, NZBau 2018, 3 (8), Werbach, The Blockchain and the New Architecture of Trust, 2018, S. 161; Blocher, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 113 (129) [Rn. 62]; Braegelmann / Kaulartz, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 1 (6) [Rn. 16]. 384 In diese Richtung auch BaFin, Blockchain-Technologie, 2017; K.  Levy, in: Engaging Science, Technology and Society, Band 3 (2017), S. 1 (3); Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (126 f., 130); Schrey / T halhofer, NJW 2017, 1431 (1431); Möslein, ZBB 2018, 208 (217); Paulus / Matzke, CR 2017, 769 (772 f.); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 13; Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (331 f., 346); Paulus / Matzke, NJW 2018, 1905 (1905); Blocher, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 113 (129) [Rn. 62]; Hacke, in: Aggarwal /  Eiden­müller / Enriques / Payne / van Zwieten (Hrsg.), Autonomous Systems and the Law, 2019, S. 17 (18); ­Möslein, ZHR 2019, 254 (280); DiMatteo / Cannarsa / Poncibò, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 3 (4) sowie oben S. 87 ff. 385 Vgl. auch Möslein, ZHR 2019, 254 (280). 386 Vgl. ausführlich oben S. 94 ff.

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2. Teil: Risiken von Smart Contracts für Verbraucher

effektive Kontrolle seiner Festlegungen zu befürchten bis die Automatisierung bereits vollzogen wurde. Erst infolge einer Automatisierung kann der Verbraucher unter Umständen den Rechtsweg ersuchen.387 Bis dahin kann der Unternehmer die Rechtsbeziehung indes völlig frei nach seinem Willen gestalten. Ohnehin kann ein gerichtliches Verfahren hier von vornherein allenfalls der Folgen­beseitigung oder Wiederherstellung des status quo ante dienen, kann die unmittelbaren Folgen der Automatisierung einer rechtswidrigen Vereinbarung aber nicht verhindern.388 Durch Smart Contracts werden unmittelbar Fakten geschaffen.389 Es kann unmittelbar eine Situation herbeigerufen werden, die normalerweise erst nach Abschluss eines gesetzlich vorgesehenen Verfahrens bestehen würde.390 Das Konzept von Smart Contracts verbindet insofern die nahezu unbeschränkte Privatautonomie des Unternehmers mit der Möglichkeit, diese Entscheidungen automatisiert erfüllen bzw. durchsetzen zu können. Der der Privatautonomie zugrundeliegende Gedanke der privaten Regelung der eigenen Rechtsverhältnisse wird mittels Smart Contracts somit durch die Möglichkeit ergänzt, private Vereinbarungen auch nach eigenen Regeln durchzusetzen. Die Idee der privatautonomen Gestaltung von Rechtsbeziehungen durch Verträge wird hierdurch in die Durchsetzung dieser Ansprüche übertragen.391 Smart Contracts stellen in diesem Sinne gleichsam eine endgültige Verwirklichung, eine Vervollständigung, der Privatautonomie dar. Die Rechtsbeziehung beruht bis in die Durchsetzung hinein auf einer gegenseitigen Regelung. Der Smart Contract ist damit gleichsam der verlängerte Arm der Vertragsfreiheit. Auf den Einsatz staatlichen Zwangs wird hingegen gerade bewusst verzichtet. Der Privatautonomie des Unternehmers wird bei Verwendung von Smart Contracts insofern freien Lauf gelassen. Sie wird von einer vorherigen Kontrolle entbunden. Natürlich muss der Verbraucher der Automatisierung formell zustimmen, dessen Selbstbestimmung wird jedoch wegen der Unverständlichkeit des Pro 387 Vgl. zur grundsätzlichen Anwendbarkeit gerichtlicher Verfahren infolge der Automatisierung etwa Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (375); Eschenbruch / Gerstberger, NZBau 2018, 3 (8); Werbach, The Blockchain and the New Architecture of Trust, 2018, S. 161 f.; Kaulartz / Kreis, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 249 (251 f.) [Rn. 9 ff.]; Möslein, ZHR 2019, 254 (283); De Caria, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 19 (33); Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (118, 121, 125); Durovic, in: Aggarwal / Eidenmüller /  Enriques / Payne / van Zwieten (Hrsg.), Autonomous Systems and the Law, 2019, S. 23 (24) sowie noch eingehend unten S. 114 ff. 388 Vgl. dazu noch eingehend unten S. 115 ff. 389 In diese Richtung etwa auch Paulus / Matzke, CR 2017, 769 (770); Paulus / Matzke, NJW 2018, 1905 (1910); Blocher, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 113 (129) [Rn. 62]. 390 Vgl. Hofmann, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 125 (133). 391 Vgl. zu diesem Gedanken bereits oben S. 65 ff.

B. Automatisierte private Rechtsdurchsetzung als Belastung des Verbrauchers 

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grammcodes und der daraus folgenden mangelnden Nachprüfungsmöglichkeit des Verbrauchers in Frage gestellt.392 b) Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers vor schrankenloser Vertragsfreiheit Eine derart unbeschränkte Ausübung der Privatautonomie durch den Unternehmer kann vor allem für den Verbraucher zu einem Problem werden. Die Risiken einer schrankenlosen Vertragsfreiheit waren ein tragender Leitgedanke für die Entwicklung des Verbraucherschutzes.393 So wies Otto von Gierke bereits in seiner Kritik zum Ersten Entwurf des BGB auf das Problem einer Ausnutzung einer Machtposition im Privatrecht eindrücklich hin: „Schrankenlose Vertragsfreiheit zerstört sich selbst. Eine furchtbare Waffe in der Hand der Starken, ein stumpfes Werkzeug in der Hand der Schwachen, wird sie zum Mittel der Unterdrückung des Einen durch den Anderen, der schonungslosen Ausbeutung geistiger und wirtschaftlicher Übermacht.“394 Von Gierke stellt den Schutz des Schwächeren dabei in den Kontext seiner Forderung nach der Erfüllung der „sozialen Aufgabe des Privatrechts“.395 Die bisherige Diskussion hat jedoch gezeigt, dass der Schutz des Schwächeren hier nicht auf Grundlage etwaiger sozialpolitischer Begründungen geschützt werden soll, sondern sich die Verhinderung einer Fremdbestimmung des Schwächeren als eine ureigene Aufgabe des Privatrechts erwiesen hat. Eine auf dem Gedanken der Selbstbestimmung aufbauende Privatrechtsordnung muss sicherstellen, dass jemand, insbesondere der Schwächere, nicht durch einen anderen, Stärkeren, fremdbestimmt wird.396 Der Schwächerenschutz ist in diesem Sinne keine „soziale Aufgabe“ des Privatrechts, sondern in erster Linie notwendig, um eine selbstbestimmte Entscheidung jedes Einzelnen zu ermöglichen. Es geht nicht um den Schutz des Schwächeren an sich, sondern um die Sicherung bzw. Ermöglichung der Selbstbestimmung. Der Verbraucherschutz ist nicht auf die Kompensation eines Ungleichgewichtes per se gerichtet, sondern auf die Korrektur aufgrund einer auf der Ungleichgewichtslage beruhenden Beeinträchtigung der Selbstbestimmung.397 392

Vgl. zu diesem Problem ausführlich oben S. 70 ff. Vgl. zur Ablehnung eines laissez-faire-Ansatzes sowie zum Hintergrund der Entwicklung des Verbraucherschutzrechts auch bereits oben S. 67 ff. 394 v. Gierke, Die soziale Aufgabe des Privatrechts, 1889, S. 28 f. 395 Vgl. aber instruktiv Repgen, Die soziale Aufgabe des Privatrechts, 2001, S. 51 ff., wonach von Gierke in erster Linie den Gemeinschaftsgedanken des Privatrechts betonte. Zum Schutz des Schwächeren im Allgemeinen vgl. die Diskussion bei Repgen, Die soziale Aufgabe des Privatrechts, 2001, S. 68 ff. 396 Vgl. zur Bedeutung zur Materialisierung der Vertragsfreiheit insofern auch bereits oben S. 68 ff. 397 Ähnlich Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, 1998, S. 208; Lüttringhaus, Vertragsfreiheit und ihre Materialisierung im Europäischen Binnenmarkt, 2018, S. 332. 393

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2. Teil: Risiken von Smart Contracts für Verbraucher

Der Verbraucherschutz soll vor diesem Hintergrund nicht auf Grundlage einer entsprechenden rechtspolitischen Entscheidung, Unternehmer bzw. Unternehmen gleichsam als Ausgleich für ihre starke Stellung mit zusätzlichen Pflichten belegen. Er dient vielmehr als Korrektiv zur Wahrung bzw. Ermöglichung privatautonomer Entscheidungen eines strukturell Schwächeren. Bei Verwendung von Smart Contracts sind Verbraucher in besonderem Maße schutzbedürftig. Zum einen laufen sie Gefahr durch den für sie unverständlichen und kaum kontrollierbaren Programmcode fremdbestimmt zu werden.398 Zum anderen führt die Automatisierung zu einer Entfesselung der Autonomie des Unternehmers, der die Rechtsbeziehung von der Vertragserstellung bis zur Durchsetzung nach seinem Willen gestalten kann.399 Die Nachteile und Risiken dieser schrankenlosen Vertragsfreiheit des Unternehmers hat der Verbraucher als Vertragspartner zu tragen. Die automatisierte Rechtsdurchsetzung gemäß vom Unternehmer festgelegten Bestimmungen wird tendenziell daher unmittelbar zu Lasten des Verbrauchers gehen. 3. Gerichtliche Verfahren als Schutz des Schwächeren Der Schutz der schwächeren Partei ist ein wesentliches Anliegen für gerichtliche Verfahren.400 Private Rechte sollen durch ein rechtsstaatliches, ausschließlich den Vorgaben des Rechtsstaates orientiertes Verfahren und durch neutrale Institutionen durchgesetzt werden, die kein eigenes Interesse an dem Ausgang des Rechtsstreits haben.401 Der Rechtsstaat will hierdurch eine von eigensüchtigen Motiven geleitete und daher potentiell missbräuchliche Rechtsdurchsetzung durch die Parteien verhindern.402 Gerichtliche Verfahren sollen zu diesem Zweck gerade an die Stelle eines Systems treten, das nicht die Gerechtigkeit, sondern das Durchsetzungsvermögen des Einzelnen für die Durchsetzung von Ansprüchen für entscheidend hielt.403 Der Stär 398

Vgl. ausführlich oben S. 70 ff. Vgl. ausführlich oben S. 108 ff. 400 Vgl. zum Zusammenhang zwischen dem staatlichen Gewaltmonopol und dem Schutz des Verbrauchers auch noch unten S. 219 ff. 401 Zur staatlichen Gewaltmonopol und seiner Rechtfertigung ausführlich oben S. 100 ff. Allgemein zum staatlichen Gewaltmonopol auch Merten, Rechtsstaat und Gewaltmonopol, 1975, S. 29 ff.; Weiner, Privatisierung von staatlichen Sicherungsaufgaben, 2001, S. 115 ff.; Stoffer, Wie viel Privatisierung „verträgt“ das strafprozessuale Ermittlungsverfahren?, 2016, S. 25 ff. [Rn. 29 ff.]. 402 Ähnlich BVerfG, Urt.  v.  11. 06. 1980  –  1 PBvU 1/79, NJW 1981, 39 (41); Beschl. v. 13. 03. 1990 – 2 BvR 94/88 u. a., NJW 1991, 413 (413); Beschl. v. 12. 02. 1992 – 1 BvL 1/89, NJW 1992, 1673 (1673). Vgl. auch Stamm, Die Prinzipien und Grundstrukturen des Zwangsvollstreckungsrechts, 2007, S. 7. 403 Vgl. Weichbrodt, Der verbotene Beweis im Straf- und Zivilprozess, 2012, S. 192 f.; Gottwald, in: Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivilprozessrecht, 18. Aufl. 2018, § 1 Rn. 10. 399

B. Automatisierte private Rechtsdurchsetzung als Belastung des Verbrauchers 

113

kere erhält durch dieses grundsätzliche Verbot der Selbsthilfe keinen Vorteil. Er würde von einem Recht des Stärkeren vielmehr gerade profitieren. Die gericht­liche Rechtsdurchsetzung soll insofern gerade den Schwächeren vor einem etwaigen Missbrauch seiner überlegenen Position durch den Stärkeren schützen. Dieser Schwächerenschutz durch gerichtliche Verfahren, der sich praktisch insbesondere zugunsten des Verbrauchers auswirken wird, droht umgangen zu werden, wenn durch ein privates automatisiertes Rechtsdurchsetzungsregime Situationen herbeigeführt werden können, die eigentlich erst nach einem gerichtlichen Verfahren bestehen würden.404

IV. Zusammenfassung Smart Contracts ermöglichen ein privates, außerstaatliches Rechtsdurchsetzungsregime nach vom Unternehmer einseitig festgelegten Regeln. Die automatisierte Erfüllung macht eine Rechtsdurchsetzung im Wege eines gerichtlichen Verfahrens obsolet: Smart Contracts stellen eine Form der zwangsweisen Erfüllung und damit ein Substitut für eine Rechtsdurchsetzung in einem gerichtlichen Verfahren dar. Durch die Automatisierung kann unmittelbar eine Situation herbeigeführt werden, die normalerweise erst nach Abschluss eines gesetzlich vorgesehenen Verfahrens bestehen würde. Diese Rechtsdurchsetzung eines automatisierten Rechts orientiert sich allein an dem Programmierten und damit weder an dem gesetzlich Erlaubten noch an dem von den Parteien beiderseits Gewollten bzw. dem objektiv Erklärten. Nicht zuletzt können daher auch rechtswidrige Vereinbarungen oder Regelungen, die nicht dem Vereinbarten entsprechen, durch Smart Contracts unaufhaltsam durchgesetzt werden. Ein solches Rechtsdurchsetzungsregime, das sich nach privat aufgestellten Regeln richtet, stellt indes einen Bruch mit dem traditionellen System staatlicher Rechtsdurchsetzung dar. Die Durchsetzung vertraglicher Ansprüche ist traditionell gerade nicht den Parteien überlassen, sondern soll durch neutrale staatliche Organe in einem rechtsstaatlichen Verfahren erfolgen. Der Rechtsstaat will hierdurch eine gewaltsame und möglicherweise von eigensüchtigen Motiven geleitete und daher potentiell missbräuchliche Rechtsdurchsetzung durch die Parteien gerade verhindern. Genau dieses Risiko einer missbräuchlichen Rechtsdurchsetzung besteht aber, wenn der Unternehmer die Rechtsdurchsetzung allein nach seinen Interessen gestalten kann und dabei sogar die inhärenten Schutzmechanismen gerichtlicher Verfahren unterwandern kann. Eine gerichtliche Kontrolle ist hingegen erst möglich, nachdem die Automatisierung bereits vollzogen wurde. Zuvor führt der Smart Contract aber zu einer unmittelbaren Änderung des status quo. Die Automatisierung 404

Vgl. Hofmann, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 125 (133).

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2. Teil: Risiken von Smart Contracts für Verbraucher

führt auf diese Weise zu einer Entfesselung der Autonomie des Unternehmers. Dies macht Smart Contracts insbesondere für Unternehmer interessant, die auf diesen Weg gesetzliche Regelungen zu umgehen versuchen. Die Nachteile und Risiken einer solchen schrankenlosen Vertragsfreiheit des Unternehmers hat primär der Verbraucher als Vertragspartner zu tragen.

C. Doppelte Benachteiligung des Verbrauchers infolge der Automatisierung Eine gerichtliche Kontrolle von Smart Contracts ist nicht von vornherein ausgeschlossen.405 Smart Contracts bilden kein unkontrollierbares rechtliches Vakuum.406 Die Funktions- und Wirkungsweisen eines Smart Contracts müssen sich vielmehr an den gesetzlichen und rechtlichen Vorgaben und Schranken messen lassen.407 Die Möglichkeit einer gerichtlichen Kontrolle ist die logische Konsequenz des Vorrangs des Rechts gegenüber dem Programmcode. An eine von rechtlichen Vorgaben zunächst unbeeinflusste Automatisierung durch einen Smart Contract kann sich daher eine nachträgliche gerichtliche Kontrolle des herbeigeführten Ergebnisses anschließen. Ein durch einen Smart Contract herbeigeführter etwaiger rechtswidriger Zustand kann somit durchaus im Nachhinein korrigiert werden.408 Die Wirkungen einer Automatisierung eines rechtswidrigen Smart Contracts sind nicht (notwendigerweise) endgültig.

405

Vgl. etwa Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (375); Eschenbruch / Gerstberger, NZBau 2018, 3 (8); Werbach, The Blockchain and the New Architecture of Trust, 2018, S. 161 f.; Kaulartz / Kreis, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 249 (251 f.) [Rn. 9 ff.]; Möslein, ZHR 2019, 254 (283); De Caria, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 19 (33); Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (118, 121, 125); Durovic, in: Aggarwal / Eidenmüller / Enriques / Payne / van Zwieten (Hrsg.), Autonomous Systems and the Law, 2019, S. 23 (24), der aber auf die möglichen Probleme gerichtlicher Verfahren in diesem Zusammenhang hinweist. 406 Ausdrücklich etwa Möslein, ZBB 2018, 208 (218). Zur Anwendbarkeit der geltenden gesetzlichen Vorgaben etwa Fries, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 211 (212 f.) [Rn. 7]; Möslein, ZHR 2019, 254 (266) („[…] die Exklusivität des technischen Regimes scheidet von vorneherein aus, weil sie dem Geltungsanspruch des Rechts – und damit dessen charakteristischer Idee – diametral zuwiderliefe.“); De Caria, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 19 (33) sowie unten S. 243 f. 407 Vgl. Kaulartz, DSRI-TB 2016, 1023 (1035); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (206) sowie noch eingehend unten S. 180 ff. 408 Vgl. auch Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (118).

C. Doppelte Benachteiligung des Verbrauchers infolge der Automatisierung 

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Ein gerichtliches Verfahren409 kann jedoch von vornherein allenfalls der Folgenbeseitigung oder Wiederherstellung des status quo ante dienen. Es kann die unmittelbaren Folgen der rechtswidrigen oder fehlerhaften Automatisierung aber nicht verhindern.

I. Belastung des Verbrauchers mit den unmittelbaren Folgen der Automatisierung Eine Kontrolle und etwaige Folgenbeseitigung sind erst in einem gerichtlichen Verfahren möglich, wenn die Konsequenzen der Automatisierung bereits eingetreten sind und der Verbraucher hiergegen vorgehen will. Ohnehin kann ein gerichtliches Verfahren nicht verhindern, dass sich der Verbrauch zunächst mit den unmittelbar durch die Automatisierung entstandenen Problemen zu arrangieren hat. 1. Automatisierung als unmittelbare Änderung des status quo Im Ergebnis wirken Smart Contracts als eine Form der Anordnung der sofortigen Vollziehung eines vertraglichen Anspruchs. Entstehen nach Abschluss eines Vertrages Streitigkeiten zwischen den Parteien über eine Leistungsverpflichtung einer Partei, so würde dies grundsätzlich dazu führen, dass der Schuldner / Verbraucher diese Leistung nicht erbringt und der Gläubiger / Unternehmer, diesen daher auf Erfüllung der Leistung verklagt. Im praktischen Ergebnis würde der Vollzug des Anspruchs bei Streitigkeiten dementsprechend zeitweise ausgesetzt, um eine gerichtliche Kontrolle der Anspruchsberechtigung des Gläubigers zu gewährleisten. Bei Streitigkeiten über die Anspruchsberechtigung würde daher vor Abschluss eines gerichtlichen Verfahrens keine Zustandsänderung eintreten. Die Automatisierung führt hingegen zu einer unmittelbaren Änderung des status quo.410 Der durch die Automatisierung veränderte status quo entspricht dabei genau den vom Unternehmer verfolgten Zielen. Dieser kann den für die Automatisierung allein maßgeblichen Programmcode nach seinen Interessen gestalten.411 Bei Bedingungseintritt kann der Verbraucher eine Erfüllung nicht mehr verhin 409 Die gleiche Problematik besteht auch in Fällen alternativer Konfliktlösungsinstrumente. Vgl. zu diesen instruktiv Kaulartz / Kreis, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 249 (251) [Rn. 8 ff.]; Kaulartz, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 73 (74 ff.); Clément, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (285); Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 227 ff. 410 Vgl. auch Paulus / Matzke, CR 2017, 769 (770); Paulus / Matzke, NJW 2018, 1905 (1910); Blocher, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 113 (129) [Rn. 62]: „schafft neue Fakten“. 411 Vgl. ausführlich oben S. 73 ff. bzw. S. 109 ff.

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2. Teil: Risiken von Smart Contracts für Verbraucher

dern.412 Die Erfüllung seiner Leistungspflicht liegt nicht mehr in seiner Hand, sondern wurde auf den Smart Contract ausgelagert. Die Automatisierung erzwingt gleichsam die Erfüllung413 – unabhängig davon, ob dieser Vorgang sich im Nachhinein als rechtswidrig oder fehlerhaft herausstellt.414 Der Smart Contract führt zu einer Automatisierung der Leistung, selbst wenn der Schuldner / Verbraucher in der Zwischenzeit die Anspruchsberechtigung des Gläubigers / Unternehmers in Frage stellt. Der Smart Contract führt insofern unter Umständen zu einer für den Schuldner nachteiligen Zustandsänderung bereits vor einer gerichtlichen Kontrolle.415 Hierdurch kann ein Smart Contract auch einen eigentlich rechtswidrigen Zustand hervorrufen.416 Der Verbraucher wird so vor vollendete Tatsachen gestellt.417 Smart Contracts haben somit eine unmittelbare Zustandsänderung ohne vorrangige gerichtliche Kontrolle zur Folge. Sie führen zu einer faktischen Zuweisung von Rechten.418 2. Benachteiligung des Verbrauchers infolge der Automatisierung Dies kann zu Problemen für den Verbraucher im Zeitraum zwischen der durch den Smart Contract vorgenommenen Zustandsänderung und dem Abschluss eines nachträglichen gerichtlichen Verfahrens führen.419 412

Vgl. Hsiao, in: US-China Law Review, Band 14 (2017), S. 685 (686 f.); Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (130); Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (279); Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (306, 316); Mik, in: Innovation & Technology, Band 9 (2017), S. 269 (Manuskript, S. 10); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 13; Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (347, 352 f.); De Caria, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 19 (27); Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (73, 75); Tjong Tjin Tai, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 80 (98); Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (118, 128); Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (291). 413 Vgl. in diesem Sinne auch Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band  1 (2017), S. 305 (320). 414 Vgl. ausführlich oben S. 95 ff. 415 In diese Richtung auch Werbach, The Blockchain and the New Architecture of Trust, 2018, S. 126. 416 Vgl. ausführlich oben S. 104 ff. 417 Vgl. etwa auch Paulus / Matzke, NJW 2018, 1905 (1910). 418 Vgl. in diese Richtung etwa Braegelmann / Kaulartz, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 1 (5) [Rn. 13]. 419 Vgl. allgemein zur Bedeutung des status quo im Zivilprozess Röhl, in: ZfRSoz, Band 2 (1981), S. 7.

C. Doppelte Benachteiligung des Verbrauchers infolge der Automatisierung 

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Eine nachträglich mögliche gerichtliche Überprüfung dieses Ergebnisses vermag nichts daran zu ändern, dass der Verbraucher sich zunächst mit dem durch die Automatisierung veränderten Zustand zu arrangieren hat. Selbst wenn der durch den Smart Contract herbeigeführte Zustand nicht dauerhaft sein sollte, hat der Verbraucher doch die unmittelbaren Folgen der sofortigen Vollziehung des Anspruchs zu tragen. Durch die Automatisierung wird der Verbraucher gezwungen, die durch den Smart Contract hervorgerufene neue Situation zumindest zeitweise auszuhalten und sich mit dem veränderten status quo zu arrangieren. Selbst wenn der Verbraucher also von der Rechtswidrigkeit der Automatisierung überzeugt ist, muss er trotzdem Maßnahmen treffen, um mit den durch die Automatisierung neu entstandenen Problemen  – zumindest bis zu einer entsprechenden gericht­ lichen Entscheidung – zu leben. So müsste der Verbraucher beispielsweise Ersatz für einen infolge einer automatisierten Nutzungssperre unbrauchbar gewordenen Gegenstand besorgen sowie die Verwahrung des funktionslosen Gegenstandes veranlassen und die hierfür anfallenden Kosten tragen.420 Die infolge der Automatisierung zwischenzeitlich anfallenden Probleme des Verbrauchers können die Verhandlungsposition des Unternehmers erheblich stärken. Dieser kann eine unter Umständen durch den Smart Contracts hervorgerufene missliche Lage des Verbrauchers zu seinem Vorteil ausnutzen. Der Unternehmer könnte etwa darauf spekulieren, dass der Verbraucher infolge der Automatisierung kein oder nur noch ein geringeres Interesse an der Wiederherstellung des status quo ante hat.421 So kann der Verbraucher etwa das Interesse an einem Wiedereinzug in die Mietwohnung oder einer Wiederbenutzung eines Autos verlieren, wenn er in der Zwischenzeit gezwungen war, Ersatz zu beschaffen. Matzke hat in diesem Zusammenhang insbesondere auf das Potential der Stärkung von Zurückbehaltungsrechten hingewiesen. Unter Umständen könnte ein automatisiert durchgesetztes Zurückbehaltungsrecht „gegenüber einem unkooperativen Schuldner ein – jedenfalls kurzfristig – schärferes Schwert sein als ein zu titulierender und zu vollstreckender Herausgabeanspruch (d. h. eben kein Wegnahmerecht).“422 Zwar garantiere nur ein solcher Herausgabeanspruch, dass der Gläubiger die Sache endgültig zurückerhält, ein automatisierter Nutzungsentzug mache den Besitz einer Sache für den Schuldner aber grundsätzlich sinnlos und könnte daher eher dazu führen, dass der Schuldner bereit ist, die Sache freiwillig herauszugeben.423 Zusätzliche Brisanz erhält diese Beobachtung freilich dadurch, dass für eine Automatisierung nicht einmal ein solches Zurückbehaltungsrecht bestehen müsste.424 Der Smart Contract könnte vielmehr auch bewusst eine miss 420

Vgl. etwa Matzke, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 99 (103, Fn. 22). Vgl. in diese Richtung etwa Timmermann, Legal-Tech Anwendungen, 2020, S. 305 f. sowie noch unten S. 125 ff. 422 Matzke, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 99 (103). 423 Vgl. Matzke, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 99 (103). 424 Vgl. zur Unabhängigkeit der Ausführung des Smart Contracts von rechtlichen Vorgaben bereits S. 95 ff. 421

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2. Teil: Risiken von Smart Contracts für Verbraucher

liche Lage des Verbrauchers hervorrufen, ohne dass der Unternehmer sich hierzu auf irgendein, wie auch immer geartetes Recht berufen müsste.425

II. Automatisierung als Verschiebung der Rechtsdurchsetzungslast zulasten des Verbrauchers Ein nachträglicher gerichtlicher Prozess spielt im Falle einer automatisierten Rechtsdurchsetzung mittels Smart Contracts eine wichtige Rolle. Das Gerichtsverfahren stellt die wichtigste Möglichkeit für eine Partei dar, gegen eine rechtswidrige, fehlerhafte und / oder fremdbestimmte Automatisierung vorzugehen.426 Der Prozess ist die Kontrollchance für den Verbraucher, nachdem die Möglichkeiten einer Kontrolle des Smart Contracts vor der Ausführung regelmäßig eingeschränkt sein werden.427 1. Verlagerung auf Bereicherungsansprüche Zunächst führt die automatisierte Erfüllung einer (vermeintlichen) Leistungspflicht zu einer Verlagerung des Fokus des Verfahrens von einer Durchsetzung des Primäranspruchs auf die Durchsetzung von Bereicherungsansprüchen nach § 812 Abs. 1 BGB.428 Die eigentliche Leistungspflicht des Schuldners / Verbrauchers wird durch den Smart Contract automatisiert erfüllt. Bei Eintritt der entsprechenden Bedingungen kann der Schuldner einer Erfüllung nicht mehr widersprechen oder diese auf andere Weise verhindern.429 Die Automatisierung führt gerade zu einer zwangs 425

Vgl. hierzu auch noch unten S. 129. Vgl. zu alternativen Instrumenten der Konfliktlösung bei Smart Contracts aber auch Kaulartz / Kreis, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 249 (251) [Rn. 8 ff.]; Kaulartz, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 73 (74 ff.); Clément, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (285); Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 227 ff. 427 Vgl. zur eingeschränkten Kontrollmöglichkeit des Smart Contracts durch Verbraucher bereits oben S. 75 ff. 428 Vgl. etwa Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (322); Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (376); Fries, AnwBl 2018, 86 (88); Werbach, The Blockchain and the New Architecture of Trust, 2018, S. 162; Anzinger, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 33 (57); Möslein, ZHR 2019, 254 (284); ­Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (77). 429 Vgl. zum Ausschluss eines Vertragsbruchs durch Automatisierung etwa Hsiao, in: USChina Law Review, Band 14 (2017), S. 685 (686 f.); Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (130); Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (279); Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, 426

C. Doppelte Benachteiligung des Verbrauchers infolge der Automatisierung 

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weisen Erfüllung.430 Das Ziel des Unternehmers, die Erfüllung der vertraglichen Leistungspflicht bzw. die Sanktion für missbilligtes Verhalten, tritt hierdurch bereits ein. Dem Verbraucher, der sich gegen diese automatisierte Rechtsfolge wenden will, bleibt anschließend nichts anderes übrig als eine Rückabwicklung dieser aus seiner Sicht ungerechtfertigten Bereicherung nach Maßgabe des § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB zu erwirken. Bei dem Versuch der Durchsetzung seines Rückabwicklungsanspruchs, d. h. insbesondere einer gegenläufigen Transaktion (z. B. Rückzahlung), trägt die durch den Smart Contract benachteiligte Partei, insbesondere also der Verbraucher, das volle Risiko.431 Der Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens wird insofern von Leistungsansprüchen des Unternehmers auf eine Rückabwicklung der Automatisierung durch Bereicherungsansprüche des Verbrauchers verlagert. 2. Zwingen des Verbrauchers in die Rolle des Klägers Mit der Verlagerung von Leistungs- auf Bereicherungsansprüche geht auch eine veränderte Rollenverteilung der Parteien einher.432 Der Schuldner des automatisierten Leistungsanspruchs, typischerweise der Verbraucher, ist Gläubiger des behaupteten Bereicherungsanspruchs und wird damit in die Rolle des Klägers gedrängt. Derjenige, der den status quo zu verändern sucht, muss die Initiative ergreifen.433 Die Automatisierung führt indes dazu, dass sich der für den Prozess maßgebliche status quo verändert.434 Smart Contracts haben eine unmittelbare Zustandsänderung ohne vorrangige gerichtliche Kontrolle zur Folge. Eigentlich, d. h. ohne eine Band 1 (2017), S. 305 (306, 316); Mik, in: Innovation & Technology, Band 9 (2017), S. 269 (Manuskript, S. 10); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 13; Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (347, 352 f.); De Caria, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 19 (27); Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (73, 75); Tjong Tjin Tai, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 80 (98); Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (118, 128); Borgogno, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (291). 430 Vgl. in diesem Sinne auch Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band  1 (2017), S. 305 (320) sowie bereits oben S. 87 ff. 431 Vgl. Kaulartz, Smart Contract Dispute Resolution, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 73 (74). 432 Vgl. etwa Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (376). 433 Vgl. Röhl, in: ZfRSoz, Band 2 (1981), S. 7 (8). 434 Vgl. etwa Fries, AnwBl 2018, 86 (88). Allgemein zur Bedeutung des status quo im Zivilprozess auch Röhl, in: ZfRSoz, Band 2 (1981), S. 7.

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2. Teil: Risiken von Smart Contracts für Verbraucher

Automatisierung, würde der Schuldner / Verbraucher auf Erbringung der Leistung verklagt werden. Der Unternehmer müsste also die Initiative ergreifen – ihn träfe die Rechtsdurchsetzungslast.435 Wird diese Leistungserbringung aber durch den Smart Contract automatisiert, muss der Verbraucher nunmehr auf Rückabwicklung der aus seiner Sicht rechtswidrigen Vermögensverschiebung bzw. des Rechtseingriffs klagen. Der durch die Automatisierung veränderte status quo entspricht dem vom Unternehmer verfolgten Ziel. Umgekehrt wird der Verbraucher mit den Konsequenzen der aus seiner Sicht rechtswidrigen Automatisierung konfrontiert und bekommt deren Folgen unmittelbar zu spüren. Es liegt somit infolge der Automatisierung am eigentlichen Schuldner der Leistungspflicht, den neuen status quo zu verändern, statt sich lediglich gegen eine Inanspruchnahme durch den Gläubiger zu verteidigen. Die Rechtsdurchsetzungslast wird auf diese Weise zu Lasten des Schuldners / Verbrauchers verschoben.436 Statt auf Räumung verklagt zu werden, müsste ein Mieter etwa Wiedereinzug und / oder Schadensersatz verlangen.437 Ein Fahrzeugbesitzer müsste, statt auf Zahlung der entsprechenden Kreditrate verklagt zu werden, auf Einräumung der Benutzungsmöglichkeit des Autos klagen. Im Ergebnis muss der Verbraucher somit nicht nur die unmittelbaren Folgen der Automatisierung aushalten und entsprechende Maßnahmen treffen, um die unmittelbaren Nachteile aufzufangen. Er wird zugleich bei dem Versuch, das Ergebnis eines aus seiner Sicht rechtswidrigen Smart Contracts nachträglich zu korrigieren, mit der Rechtsdurchsetzungslast belastet. 3. Nachteile der Rechtsdurchsetzungslast für den Verbraucher Diese Verschiebung der Rechtsdurchsetzungslast vom Unternehmer auf den Verbraucher kann sich erheblich zum Nachteil des Verbrauchers auswirken.438 Bereits nach Szabo sollte der Smart Contract zu einer faktischen Zuweisung von Rechten und damit einer Begünstigung des Gläubigers der automatisierten Leistungspflicht führen.439 435

Instruktiv zur Rechtsfigur der Klagelast im Allgemeinen Hau, ZZP 129 (2016), S. 133. Vgl. zur Verschiebung der Klagelast als Folge der Automatisierung durch Smart Contracts auch Paulus / Matzke, CR 2017, 769 (770); Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (376); Fries, AnwBl 2018, 86 (88); Guggenberger, NJW 2018, 1057 (1059 f.); Paulus / Matzke, NJW 2018, 1905 (1910); Möslein, ZHR 2019, 254 (283 f.); Matzke, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 99 (110); Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (89); Timmermann, Legal-Tech Anwendungen, 2020, S. 305. In diese Richtung für eine technologische Beschränkungen der Benutzung der Kaufsache auch Mackenrodt, Technologie statt Vertrag?, 2015, S. 23 f. 437 Zur typischen Verteilung der Rechtsdurchsetzungslast in Mietverhältnissen Röhl, in: ZfRSoz, Band 2 (1981), S. 7 (10). 438 Vgl. Fries, AnwBl 2018, 86 (88); Röhl, in: ZfRSoz, Band 2 (1981), S. 7 (9) („Wer den status quo für sich hat, hat im Rechtsstreit die bessere Ausgangsposition.“). 439 Vgl. Szabo, Twitter, 15. 10. 2018, https://twitter.com/nickszabo4/status/105160653010819 0720 („The main relation of smart Ks to traditional courts is that smart Ks control burden of 436

C. Doppelte Benachteiligung des Verbrauchers infolge der Automatisierung 

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a) Keine Auswirkungen auf zu beweisende Tatsachen Die veränderte Rolle des Verbrauchers als Kläger wirkt sich zunächst grundsätzlich nicht auf die von den Parteien zu beweisenden Tatsachen aus:440 jede Partei hat die für sie günstigen Tatsachen zu beweisen.441 Auf die Parteirolle kommt es insofern nicht an.442 Obwohl der Verbraucher nun die einen Bereicherungsanspruch begründenden Tatsachen beweisen muss, statt sich gegen eine Inanspruchnahme durch den Gläubiger zu verteidigen, bleiben die im Prozess darzulegenden Tatsachen dieselben: Es besteht kein Anspruch auf die Leistung und dementsprechend erfolgte die Selbstdurchsetzung mittels des Smart Contracts ohne Rechtsgrund im Sinne des § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB. Neben dem Fehlen eines entsprechenden Anspruchs kann der Verbraucher sogar noch weitere Gründe für die Rechtswidrigkeit der automatisierten Rechtsdurchsetzung vortragen  – etwa eine fehlende parteiliche Einigung über diese Automatisierung443 und / oder den Verstoß gegen zwingendes Recht444. Zu Recht weist Fries aber daraufhin, dass die Begründung eines Anspruchs typischerweise einen höheren Aufwand und größere Sorgfalt erfordert als die Verteidigung.445 Als Kläger hat der Verbraucher in dem Verfahren den ersten Schritt zu machen.446 Anhand seines Sachvortrags muss das Gericht in die Lage versetzt werden, aufgrund des tatsächlichen Vorbringens der Partei zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Bestehen des geltend gemachten Rechts vorliegen.447 Dieses Erfordernis stellt ungleiche höhere Anforderungen – insbesondere psychologisch – an den Kläger, der anders als der Beklagte nicht nur auf den lawsuit. If „possession is 90 % of the law“, then a good smart K may be „99 % of the law“.) Hierzu auch Braegelmann / Kaulartz, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 1 (5) [Rn. 13]. 440 Ebenso Matzke, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 99 (110). Anders wohl Möslein, ZHR 2019, 254 (284), demzufolge sich die Beweislast gleichermaßen auf den Schuldner verschiebe, weil dieser sich auf andere materielle Anspruchsgrundlagen stützen muss. 441 Der Kläger hat die rechtsbegründenden, der Beklagte rechtshemmende, rechtshindernde oder rechtsvernichtende Tatsachen zu erbringen, vgl. etwa BGH, Urt. v. 14. 01. 1991 – II ZR 190/89, NJW 1991, 1052 (1053); Urt. v. 13. 11. 1998 – V ZR 386–97, NJW 1999, 352 (353); Prütting, in: MüKo-ZPO, Band  1, 5. Aufl. 2016, Rn.111; Foerste, in: Musielak / Voit, ZPO, Kommentar, 16. Aufl. 2019, § 286 Rn. 35; grundlegend Rosenberg, Die Beweislast, 5. Aufl. 1965, S. 98 ff. 442 Ausdrücklich BGH, Urt. v. 02. 03. 1993 – VI ZR 74/92, NJW 1993, 1716 (1717); Saenger, in: Saenger (Hrsg.), Handkommentar ZPO, 8. Aufl. 2019, § 286 ZPO Rn. 58. 443 Vgl. zur Rechtfertigungsbedürftigkeit der Automatisierung selbst bereits ausführlich oben S. 49 ff. 444 Zu den gesetzlichen Grenzen der Automatisierung noch ausführlich unten S. 180 ff. 445 Vgl. Fries, AnwBl 2018, 86 (88). 446 Vgl. auch Röhl, in: ZfRSoz, Band 2 (1981), S. 7 (8). 447 St. Rspr., vgl. etwa BGH, Beschl. v. 28. 05. 2019 – VI ZR 328/18, NJW 2019, 3236, Rn. 10; Beschl. v. 26. 03. 2019 – VI ZR 163/17, MDR 2019, 825, Rn. 11; Beschl. v. 25. 09. 2018 – VI ZR 234/17, NJW 2019, 607, Rn. 8; Urt. v. 21. 06. 2018 – IX ZR 129/17, NJW-RR 2018, 1150, Rn. 16; Beschl. v. 14. 03. 2017 – VI ZR 225/16, BeckRS 2017, 109294.

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2. Teil: Risiken von Smart Contracts für Verbraucher

Vortrag eines anderen reagieren und dessen Argumentation entkräften kann. Bei der Verwendung von Smart Contracts wird dieses Problem für den Verbraucher zusätzlich dadurch verschärft, dass er den Nachweis einer rechtswidrigen Automatisierung anhand des einseitig vom Unternehmer gestellten Programmcodes zu führen hat.448 b) Finanzielles Risiko: Vorfinanzierung des Prozesses Der Verbraucher muss das Verfahren als Kläger allerdings vorfinanzieren (§ 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, § 12 GKG, § 4 GvKostG).449 Im Falle eines Obsiegens würde der Kläger die Prozesskosten zwar ersetzt bekommen (§ 91 Abs. 1 S. 1 ZPO), allein das Erfordernis zur Vorfinanzierung kann den Bereicherungsgläubiger aber von einer Klage absehen lassen. Stellt sich im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens die Automatisierung als widerrechtlich heraus – etwa, weil sie nicht auf einer entsprechenden parteilichen Einigung beruht oder sonst gegen zwingende Rechtssätze verstößt – kann der Verbraucher die Kosten des Rechtsstreits vom Unternehmer ersetzt verlangen, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Mit der erforderlichen Vorfinanzierung des Verfahrens können jedoch bereits einige Schwierigkeiten für den Verbraucher einhergehen, die durch den nachträglichen Ersatz nur zum Teil ausgeglichen werden. So kann die aktuelle wirtschaftliche Situation des Klägers eine Vorfinanzierung des Prozesses möglicherweise nicht zulassen, das Aufbringen der Mittel im Vorfeld des Prozesses kann insbesondere zu Liquiditätsengpässen führen. Der Verbraucher wird etwa kaum einen Prozess vorfinanzieren, wenn er hierdurch in finanzielle Probleme geraten würde und beispielsweise laufende Rechnungen nicht mehr bezahlen könnte – selbst wenn er davon ausginge, im Prozess Recht zu bekommen. Durch das Verfahren werden Zeit und Ressourcen des Verbrauchers gebunden, die er auch für andere Aktivitäten hätte einsetzen können. Derartige Opportunitätskosten sowie emotionale Belastungen können durch den Ersatz der Prozesskosten nicht ausgeglichen werden.450 Schließlich wird der Kläger zusätzlich mit dem Insolvenzrisiko des Beklagten belastet.451 Dazu kommt, dass der Erstattungsanspruch nur im Falle eines Obsiegens besteht. Es kann indes kaum je eine Garantie für ein Obsiegen im gerichtlichen Verfahren gegeben werden kann.452 Die Vorfinanzierung eines Prozesses bleibt daher 448

Zu den Beweisschwierigkeiten des Verbrauchers noch ausführlich unten S. 126 ff. Vgl. etwa Matzke, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 99 (107, 110). 450 Vgl. Klett, in: Sutter-Somm / Hafner / Schmid / Seelmann (Hrsg.), Risiko und Recht, 2004, S. 649 (659); Adams, Ökonomische Analyse des Zivilprozesses, 1981, S. 49 ff. 451 Vgl. Matzke, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 99 (107). 452 Vgl. Klett, in: Sutter-Somm / Hafner / Schmid / Seelmann (Hrsg.), Risiko und Recht, 2004, S. 649 (655). 449

C. Doppelte Benachteiligung des Verbrauchers infolge der Automatisierung 

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trotz der Aussicht auf Erstattung im Fall des Obsiegens eine risikobehaftete Angelegenheit. Dies gilt umso mehr als dem Verbraucher regelmäßig die technische Expertise fehlen wird, um die Chancen einer erfolgreichen Klage selbst einschätzen zu können. Hierzu kann der Verbraucher zumeist lediglich auf die Einschätzung von Experten vertrauen. Selbst in diesem Fall könnte dem Verbraucher aber durchaus das nötige Selbstvertrauen fehlen, um das Verfahren vorzufinanzieren. Vor diesem Hintergrund ist schließlich zu berücksichtigen, dass für den Verbraucher regelmäßig bereits in der Vorbereitung einer etwaigen Klage erhebliche Kosten anfallen werden. Da der Verbraucher zu jedem Zeitpunkt auf die Expertise eines entsprechenden Experten angewiesen ist, muss er etwa bereits eine Prüfung des Programmcodes in Auftrag geben, bevor er überhaupt seriös einschätzen kann, ob eine Chance auf ein Obsiegen besteht. Wenn sich in dieser Prüfung herausstellt, dass der Programmcode rechtmäßig ist, müsste der Verbraucher von einer Klage absehen und hätte keine Möglichkeit auf einen Kostenersatz. Er müsste die anfallenden Kosten entsprechend selbst bezahlen. Dieses Risiko kann den Verbraucher bereits davon abschrecken, überhaupt eine Einschätzung eines Experten einzuholen. Insbesondere Verbraucher werden durch die mit der Klägerrolle verbundenen Kostenrisiken daher oftmals abgeschreckt.453 c) Psychologische Belastung Schließlich kann nicht ignoriert werden, dass der Kläger auch mit der emotionalen Situation belastet wird, den bestehenden Zustand ändern zu müssen.454 Psychisch ist diese Situation eine völlig andere als die Situation des Beklagten, der den aktuellen status quo nur aufrechterhalten will. Insbesondere kann der Schuldner / K läger den Wunsch haben, die Angelegenheit möglichst rasch abzuschließen und sich nicht auf das Risiko eines Prozesses einzulassen, der sich im Nachhinein als schlechte Entscheidung herausstellen könnte.455 Unter Umständen kann es für den Verbraucher zudem eine Überwindung darstellen, ein Verfahren anzustrengen, das sehr durch die technische Natur des Smart Contracts dominiert wird. Dem Verbraucher wird daher oftmals das für das Einreichen einer Klage erforderliche Vertrauen in die eigene Rechtsauffassung und den eigenen Vortrag fehlen. Verbraucher könnten etwa dadurch abgeschreckt werden, dass sie sich wegen ihres fehlenden technischen Verständnisses im Rahmen des 453

Vgl. Kemper, Verbraucherschutzinstrumente, 1994, S. 57; Koch, Verbraucherprozessrecht, 2. Aufl. 2019, S. 107 ff.; Fries, AnwBl 2018, 86 (88). 454 In diese Richtung auch Hofmann, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 125 (126). Von einer höheren Hemmschwelle der aktiven Verfolgung von Ansprüchen gegenüber der Verteidigung spricht Röhl, in: ZfRSoz, Band 2 (1981), S. 7 (12). 455 Instruktiv zu dieser sog. „Dissonanzreduktion“ als Ursache für einen Klageverzicht Hau, ZZP 129 (2016), 133 (138).

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2. Teil: Risiken von Smart Contracts für Verbraucher

Verfahrens blamieren könnten. Der Unternehmer könnte diese besondere emotionale Belastung besonders ausnutzen, indem er die Klage als auf technisches Unwissen und Unverständnis des Verbrauchers gestützt diskreditiert. 4. Reduzierte Wahrscheinlichkeit eines Verfahrens Die Automatisierung und die daraus folgende Verschiebung der Rechtsdurchsetzungslast macht es zudem weniger wahrscheinlich, dass es überhaupt zu einem Verfahren kommt456 – selbst wenn der Verbraucher eigentlich davon überzeugt ist, dass die Automatisierung rechtswidrig war. Zunächst können bereits die soeben angesprochenen Nachteile der Klägerrolle  – insbesondere das Problem der Vorfinanzierung des Verfahrens und die emotionale Belastung – den Verbraucher dazu bewegen, von vornherein auf eine Klage zu verzichten. a) Klage als Kosten-Nutzen-Analyse Während die klageweise Durchsetzung von Ansprüchen eigene Initiative erfordert457 und damit eine Auseinandersetzung mit dem Für und Wider eines Verfahrens voraussetzt, ist die Beklagtenrolle regelmäßig schlicht zu akzeptieren. Der Kläger muss sich daher im Einzelnen mit den mit der gerichtlichen Rechtsdurchsetzung verbundenen Risiken und Kosten auseinandersetzen.458 Psychologisch sind Personen oftmals eher bereit, sich gegen einen Anspruch zu verteidigen als zu versuchen, einen eigenen Anspruch durchzusetzen.459 Dies ist darauf zurückzuführen, dass drohende Verluste typischerweise mehr schmerzen als nicht realisierte Gewinne (sog. loss aversion).460 Kahnemann beobachtet insofern eine dramatische Asymmetrie zwischen Gewinnen und Verlusten: „People really discriminate sharply between gaining and losing and they don’t like losing.“461 Wenn es also nicht um eine Verteidigung des status quo, sondern um die Durchsetzung eigener Ansprüche geht, sind Menschen oftmals risikoavers und scheuen 456

Allgemein etwa Paulus / Matzke, NJW 2018, 1905 (1910). Vgl. auch Röhl, in: ZfRSoz, Band 2 (1981), S. 7 (8). 458 Ausführlich zu den mit einem gerichtlichen Verfahren verbundenen Risiken Klett, in: Sutter-Somm / Hafner / Schmid / Seelmann (Hrsg.), Risiko und Recht, 2004, S.  649. 459 Vgl. Fries, AnwBl 2018, 86 (88); Röhl, ZfRSoz 1981, S. 7 (11). 460 Grundlegend zu diesem Aspekt der sog. „Prospect Theory“ Kahneman / Tversky, in: Econometrica, Band 47 (1979), S. 263, insb. S. 279. Vgl. auch Stake, in: The Georgetown Law Journal, Band 89 (2001), S. 2419 (2459 ff.); Pfister / Jungermann / Fischer, Die Psychologie der Entscheidung, 4. Aufl. 2017, S. 186 ff.; H. Beck, Behavioral Economics, 2014, S. 131 f. 461 Goode, A Conversation with Daniel Kahneman; On Profit, Loss and the Mysteries of the Mind, in: The New York Times, 05. 11. 2002. 457

C. Doppelte Benachteiligung des Verbrauchers infolge der Automatisierung 

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das Vorfinanzierungs- und Beweisrisiko. Insbesondere Verbraucher werden durch das mit der Klägerrolle verbundene Kostenrisiko oftmals abgeschreckt.462 Der Verbraucher hat insofern eine Kosten-Nutzen-Analyse vorzunehmen, um zu entscheiden, ob das Ziel der Wiederherstellung des status quo ante das Risiko eines verlorenen Prozesses rechtfertigt.463 Dabei wird der Verbraucher praktisch aber nicht allein das – im konkreten Einzelfall ggf. nur geringe – objektive Risiko eines verlorenen Prozesses, sondern auch die erwartete Dauer des Verfahrens464, die vorzufinanzierenden Kosten465 und die emotionale Belastung in seine Entscheidung miteinbeziehen müssen. b) Reduziertes Interesse an der Rückabwicklung Diese Abwägung des Verbrauchers wird zusätzlich durch die unmittelbaren Folgen der Automatisierung der rechtswidrigen Vereinbarung belastet, die der Verbraucher zu tragen hat.466 Infolge der Automatisierung kann insbesondere das mit dem gerichtlichen Verfahren verfolgten Interesse des Verbrauchers an einer Rückabwicklung – und damit der Nutzen aus Sicht des Verbrauchers – sinken. Der automatisierte Entzug der Nutzungsmöglichkeit einer Sache zwingt den Verbraucher etwa unmittelbar, sich auf eine Situation ohne die Sache einzustellen und entsprechende Hilfsmaßnahmen zu treffen. Hat der Verbraucher beispielsweise bereits Ersatz für einen infolge der automatisierten Nutzungssperre unbrauchbar gewordenen Gegenstand besorgt, wird er unter Umständen weniger Interesse daran haben, die Sache wieder nutzen zu können. Die Automatisierung kann den Verbraucher zudem unmittelbar in eine schwierige wirtschaftliche Situation bringen, etwa wenn er aus seiner Mietwohnung ausgesperrt oder wenn er wegen der Sperre seines Fahrzeugs nicht mehr zu seinem Arbeitsplatz gelangen kann.467 Unter Umständen wird der Verbraucher daher auf einen langwierigen Gerichtsprozess verzichten wollen und stattdessen das Gespräch mit dem Unternehmer suchen, um seine Mietwohnung bzw. sein Fahrzeug rasch wieder nutzen zu können.

462

Vgl. Kemper, Verbraucherschutzinstrumente, 1994, S. 57; Koch, Verbraucherprozessrecht, 2. Aufl. 2019, S. 107 ff.; Fries, AnwBl 2018, 86 (88). 463 Vgl. zur Kosten-Nutzen-Analyse im Rahmen des Zivilprozesses insbesondere Adams, Ökonomische Analyse des Zivilprozesses, 1981, S. 3 ff.; Eidenmüller, ZZP 113 (2000), 5. 464 Vgl. Adams, Ökonomische Analyse des Zivilprozesses, 1981, S.56 ff. 465 Oftmals wird der Kläger etwa auf eine Klage verzichten, wenn die von ihm vorzufinanzierenden Kosten eines gerichtlichen Verfahrens außer Verhältnis zur Höhe des ursprünglichen Anspruchs stehen. 466 Vgl. hierzu bereits ausführlich oben S. 115 ff. 467 Vgl. im Sinne einer Erpressungswirkung daher auch bereits oben S. 41.

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2. Teil: Risiken von Smart Contracts für Verbraucher

5. Unterlegenheit des Verbrauchers im Prozess und Beweisschwierigkeiten Die durch die Verschiebung der Rechtsdurchsetzungslast hervorgerufene missliche Lage des Verbrauchers wird zusätzlich dadurch verschärft, dass der Verbraucher gegenüber dem Unternehmer im gerichtlichen Verfahren typischerweise unterlegen ist.468 Zum einen wird der Verbraucher anders als Unternehmer nur selten vor Gericht auftreten und schon allein deshalb oftmals von einem Prozess zurückschrecken. Verbraucher sind zumeist „Einmal-Prozessierer“.469 Ihnen fehlt es typischerweise im Vergleich zum Unternehmer sowohl an der Erfahrung als auch an der entsprechenden Expertise für einen gerichtlichen Prozess. Anders als für Unternehmer wird ein Prozess für Verbraucher zudem oftmals auch eine besondere psycholo­ gische Belastung mit sich bringen.470 Die strukturelle Unterlegenheit des Verbrauchers zeigt sich jedoch besonders deutlich in den erheblichen Beweisschwierigkeiten, die der Verbraucher bei der Verwendung von Smart Contracts regelmäßig haben wird. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Sachvortrag zur Begründung eines Anspruchs dann schlüssig und erheblich, wenn die Partei Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person der Partei entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten ist nicht erforderlich, soweit diese für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung sind. Das Gericht muss nur in die Lage versetzt werden, aufgrund des tatsächlichen Vorbringens der Partei zu entscheiden, ob die gesetz­lichen Voraussetzungen für das Bestehen des geltend gemachten Rechts vorliegen.471 Macht der Verbraucher etwa einen Bereicherungsanspruch aufgrund einer ungerechtfertigten Vermögensverschiebung (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB) geltend, muss er zeigen, dass die Automatisierung, die zu der Vermögensverschiebung ohne Rechtsgrund erfolgte. Die Rechtswidrigkeit der Automatisierung hat sich dabei aus dem zugrundeliegenden Programmcode des Smart Contracts zu ergeben. Dieser ist für die Ausführung des Smart Contracts allein maßgeblich. Der Verbraucher hat den Nachweis einer rechtswidrigen Automatisierung daher grundsätzlich anhand des einseitig vom Unternehmer gestellten Programmcodes zu führen. Er

468

Ausführlich Kemper, Verbraucherschutzinstrumente, 1994, S. 56 ff.; Koch, Verbraucherprozessrecht, 2. Aufl. 2019, S. 53 ff., 106 ff. 469 Vgl. etwa Koch, Verbraucherprozessrecht, 2. Aufl. 2019, S. 57 f.; Kemper, Verbraucherschutzinstrumente, 1994, S. 58. 470 Vgl. Koch, Verbraucherprozessrecht, 2. Aufl. 2019, S. 58. 471 Vgl. BGH, Beschl. v. 28. 05. 2019 – VI ZR 328/18, NJW 2019, 3236, Rn. 10; Beschl. v. 26. 03. 2019 – VI ZR 163/17, MDR 2019, 825, Rn. 11; Beschl. v. 25. 09. 2018 – VI ZR 234/17, NJW 2019, 607, Rn. 8; Urt. v. 21. 06. 2018 – IX ZR 129/17, NJW-RR 2018, 1150, Rn. 16; Beschl. v. 14. 03. 2017 – VI ZR 225/16, BeckRS 2017, 109294.

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wird typischerweise indes nicht über die technische Expertise verfügen wird, um anhand des für ihn unverständlichen Programmcodes472 dessen Fehlerhaftigkeit, Abweichen von der vertraglichen Einigung oder sonstige Rechtswidrigkeit nachzuweisen. Für den Verbraucher wird es zunächst gar nicht ohne weiteres erkennbar sein, dass – und wie im Einzelnen – der Smart Contract von der Parteivereinbarung oder dem geltenden Recht abweicht. Der Verbraucher kann die Rechtswidrigkeit der Automatisierung zwar durch die resultierenden Konsequenzen erkennen, die genaue Ursache dieser Rechtswidrigkeit im Programmcode wird ihm aber regelmäßig nicht verständlich sein. Vor diesem Hintergrund ist der Verbraucher für die Beweisführung regelmäßig auf die – unter Umständen sehr kostspielige – Expertise eines entsprechenden Experten angewiesen. 6. Verantwortungsverlagerung zulasten des Verbrauchers Im Ergebnis führt die Verschiebung der Rechtsdurchsetzungslast infolge der Automatisierung473 vor diesem Hintergrund zu einer Verantwortungsverlagerung zulasten des Verbrauchers. Derjenige, der für eine etwaige Rechtswidrigkeit oder einen Fehler verantwortlich ist, wird durch die Automatisierung auch in dem anschließenden gerichtlichen Verfahren privilegiert. Obwohl der Programmcode in der Regel einseitig vom Unternehmer festgelegt wird474, muss der Verbraucher die von ihm behauptete Rechtswidrigkeit der Automatisierung anhand dieses von ihm nicht beeinflussten und nicht verständlichen Smart Contracts nachweisen. Der Unternehmer erreicht durch die Automatisierung hingegen genau das von ihm verfolgte Ziel: Der status quo wird entsprechend seiner im Programmcode festgelegten Vorstellungen geändert. In der Folge liegt es nunmehr an dem Verbraucher sich zunächst mit dem veränderten status quo zu arrangieren und anschließend die Initiative zu ergreifen und auf Wiederherstellung des status quo ante zu klagen.475

472

Vgl. auch Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1029 f.); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (204); Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (621); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 24; Riehm, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 99 (110 f.) [Rn. 37]; ­Söbbing, ITRB 2018, 43 (46); Clément, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (281 f.) sowie bereits oben S. 70 ff. 473 Vgl. auch Paulus / Matzke, CR 2017, 769 (770); Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (376); Fries, AnwBl 2018, 86 (88); Guggenberger, NJW 2018, 1057 (1059 f.); Paulus / Matzke, NJW 2018, 1905 (1910); Möslein, ZHR 2019, 254 (283 f.); Matzke, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 99 (110); Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (89). 474 Vgl. ausführlich oben S. 73 ff. 475 Vgl. ausführlich oben S. 118 ff.

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2. Teil: Risiken von Smart Contracts für Verbraucher

Diese Verantwortungsverlagerung wird insbesondere im Falle eines fehlerhaften Programmcodes deutlich, bei der das Automatisierte und das eigentliche Vereinbarte auseinanderfallen.476 Wird der fehlerhafter Code einseitig vom Unternehmer vorgegeben, stammt der Fehler aus seiner Sphäre und hätte von ihm bei Anwendung der entsprechenden Sorgfalt möglicherweise erkannt werden können.477 Dennoch profitiert der Unternehmer unter Umständen von der fehlerhaften Automatisierung.478 Fehler in der Programmierung können die Automatisierung gerade nicht verhindern. Obwohl die Automatisierung im Fall eines fehlerhaften Programmcodes nicht dem vertraglich Vereinbarten und damit dem rechtlich Geschuldeten entspricht, hat der Verbraucher die unmittelbaren Folgen der Automatisierung zu tragen.479 Der Verbraucher hingegen hat die Programmierung des Smart Contracts weder beeinflusst noch hatte er wegen seiner mangelnden Expertise auch nur die Möglichkeit, den vorgegebenen Programmcode im Einzelnen zu überprüfen.480 Dennoch treffen ihn die Folgen der Automatisierung, während der für den Fehler verantwortliche Unternehmer profitiert. Will der Verbraucher den durch die Automatisierung hervorgerufenen Zustand ändern, wird er in die Rolle des Klägers gedrängt und mit der Rechtsdurchsetzungslast belastet. Im Ergebnis wird der Unternehmer, obschon für den Fehler eigentlich verantwortlich, in mehrfacher Hinsicht privilegiert. Die Automatisierung kann insofern unter Umständen gerade zu einer besonderen Belastung des „Opfers“ (Verbrauchers) und einer Privilegierung des Verantwortlichen (Unternehmers) führen.

III. Missbrauchspotential: Smart Contracts als Instrument zur gezielten Verschiebung der Rechtsdurchsetzungslast Die dargestellten Nachteile, die der Verbraucher infolge einer Automatisierung auszuhalten hat, bergen ein erhebliches Missbrauchspotential, das der Unternehmer zu seinen Gunsten ausnutzen könnte. 476 Vgl. zur möglichen Diskrepanz zwischen Vertragsinhalt und Programmcode auch etwa Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (88); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 16; Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (74). 477 Zu möglichen Prüfungsverfahren ausführlich Blocher, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 113 (122 ff.) [Rn. 36 ff.]; Koch / Reitwiessner, in: Braegel­mann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 59 (62 ff.) [Rn. 13 ff.]; Werbach, The Blockchain and the New Architecture of Trust, 2018, S. 125. 478 Ob im Einzelfall tatsächlich eine Privilegierung anzunehmen ist, hängt natürlich von dem konkreten Fehler ab. Ein Programmierfehler kann durchaus auch zu Lasten des Unternehmers gehen. 479 Vgl. Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (88); Riehm, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 99 (100) [Rn. 4]. 480 Vgl. ausführlich oben S. 75 ff.

C. Doppelte Benachteiligung des Verbrauchers infolge der Automatisierung 

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Die Besonderheit von Smart Contracts besteht insofern darin, dass sie im Wesentlichen ein allein vom Unternehmer beeinflusstes Instrument darstellen.481 Der Unternehmer legt den der Automatisierung zugrundeliegenden Programmcode fest und kann diesen daher genau entsprechend seiner Vorstellungen gestalten. Diese Gestaltungsmacht kann der Unternehmer unter Umständen zu seinem Vorteil ausnutzen. Mit dem Smart Contract erhält der Unternehmer ein Instrument, mit dem er gezielt die Rechtsdurchsetzungslast auf den Verbraucher verschieben und ihm die mit der Klägerrolle verbundenen Nachteile aufzwingen kann.482 Der Unternehmer kann insofern insbesondere eine Gestaltung wählen, die in einem ersten Schritt durch die Automatisierung gezielt eine empfindliche Zwangslage des Verbrauchers hervorruft, um dann in einem zweiten Schritt darauf zu spekulieren, dass der Verbraucher auf ein langwieriges gerichtliches Verfahren verzichtet. 1. Gezieltes Hervorrufen einer Zwangslage des Verbrauchers Bereits bevor es überhaupt zu einem Prozess um die Rechtswidrigkeit des Smart Contracts kann, kann der Unternehmer im Wege der Automatisierung eine unmittelbare Änderung des status quo herbeiführen.483 Mit dieser veränderten Ausgangslage hat sich der Verbraucher dann zunächst zu arrangieren.484 Diese Automatisierung kann den Verbraucher insbesondere unmittelbar in eine schwierige wirtschaftliche Situation bringen, etwa wenn er aus seiner Mietwohnung ausgesperrt oder wenn er wegen der Sperre seines Fahrzeugs nicht mehr zu seinem Arbeitsplatz gelangen kann. Der Unternehmer könnte die Automatisierung vor diesem Hintergrund dazu einsetzen, gezielt eine missliche Lage des Verbrauchers hervorrufen. Hierzu müsste sich der Unternehmer nicht einmal auf irgendein, wie auch immer geartetes Recht berufen.485

481

Vgl. ausführlich oben S. 73 ff. In diese Richtung auch Fries, AnwBl 2018, 86 (88), der zurecht davon spricht, dass sich der Nachteil des Anspruchsbelasteten durch Smart Contracts „beliebig“ zwischen den Vertragsparteien verschieben lasse. 483 Vgl. auch Paulus / Matzke, CR 2017, 769 (770); Paulus / Matzke, NJW 2018, 1905 (1910); Blocher, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 113 (129) [Rn. 62]: „schafft neue Fakten“. 484 Vgl. ausführlich oben S. 116 ff. 485 Vgl. zur Unabhängigkeit der Ausführung des Smart Contracts von rechtlichen Vorgaben bereits S. 95 ff. 482

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2. Teil: Risiken von Smart Contracts für Verbraucher

2. Spekulation auf Klageverzicht Der durch die Automatisierung veränderte status quo und die etwaig hierdurch hervorgerufene missliche Lage des Verbrauchers kann dem Unternehmer die Möglichkeit geben, darauf zu spekulieren, dass der Schuldner von einem gerichtlichen Verfahren von vornherein absieht.486 Infolge der Automatisierung und der Verschiebung der Rechtsdurchsetzungslast sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass es überhaupt zu einem Verfahren kommt487 – selbst wenn der Verbraucher eigentlich davon überzeugt ist, dass die Automatisierung rechtswidrig war. Unter Umständen wird der Verbraucher auf einen langwierigen Gerichtsprozess verzichten wollen und stattdessen das Gespräch mit dem Unternehmer suchen, um seine Mietwohnung bzw. sein Fahrzeug wieder nutzen zu können. Die Folgen der Automatisierung können in diesem Sinne dazu führen, dass der Schuldner eher an einer schnellen als an einer „richtigen“ Lösung der Problematik interessiert ist. Er wird der Beendigung seiner misslichen Lage oftmals eine höhere Priorität einräumen als dem (risikobehafteten) Bestehen auf seinem Recht. Der Verbraucher wird durch die Automatisierung mithin in Richtung einer außergerichtlichen Lösung „geschubst“ (nudging).488 Ein Klageverzicht ist dabei zwar nicht zwingend, es liegt aber nicht fern, dass der Verbraucher sich im Rahmen der vom Kläger anzustellenden Kosten-Nutzen-Abwägung im Vorfeld eines Gerichtsverfahrens gegen eine Klage entscheidet.489 Das möglicherweise gesunkene Interesse des Verbrauchers an einer Wiederherstellung des status quo ante490 und der Wille einer raschen Lösung der Streitigkeit kann in Verbindung mit der Aussicht eines langwierigen und kostspieligen Verfahrens insofern insbesondere einen Anreiz für den Verbraucher bilden, Kompromissangebote des Unternehmers anzunehmen. Die Verhandlungsposition des möglicherweise gezielt rechtswidrig handelnden Unternehmers würde hierdurch deutlich gestärkt. Der Unternehmer wird hierdurch oftmals mehr erhalten als ihm nach rechtlicher Beurteilung eigentlich zustehen würde – und könnte dabei sogar ein gerichtliches Verfahren vermeiden.

IV. Zusammenfassung Der Unternehmer wird in diesem Sinne durch die Folgen der Automatisierung des Smart Contracts in mehrfacher Hinsicht privilegiert. 486

In diese Richtung auch Timmermann, Legal-Tech Anwendungen, 2020, S. 305 f. Allgemein etwa Paulus / Matzke, NJW 2018, 1905 (1910). 488 Vgl. grundlegend zu dem Konzept des sog. „Nudging“ im Allgemeinen Thaler / Sunstein, Nudge, 2009. 489 Vgl. hierzu bereits ausführlich oben S. 124 ff. 490 Vgl. ausführlich oben S. 125 ff. 487

C. Doppelte Benachteiligung des Verbrauchers infolge der Automatisierung 

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Zunächst wird der Verbraucher mit den unmittelbaren Folgen einer Automatisierung belastet, die maßgeblich nach den Vorstellungen des Unternehmers gestaltet wurde. Smart Contracts wirken als eine Form der Anordnung der sofortigen Vollziehung eines vertraglichen Anspruchs. Die Automatisierung führt hingegen zu einer unmittelbaren Änderung des status quo bereits vor einer gerichtlichen Kontrolle. Der Verbraucher wird so vor vollendete Tatsachen gestellt. Ein nachträgliches gerichtliches Verfahren kann den Verbraucher nicht vor Nachteilen in der Zeit zwischen der Automatisierung der gerichtlichen Entscheidung schützen. Der Verbraucher wird so mit den unmittelbaren Konsequenzen der Automatisierung belastet – unabhängig ob sich die Automatisierung im Nachhinein als rechtmäßig oder rechtswidrig herausstellt. Selbst wenn der durch den Smart Contract herbeigeführte Zustand nicht dauerhaft sein sollte, hat der Verbraucher doch die unmittelbaren Folgen der sofortigen Vollziehung des Anspruchs zu tragen. Die Automatisierung hat indes negative Auswirkungen für den Verbraucher bis ins gerichtliche Verfahren hinein. So ändert sie den für den Prozess maßgeblichen status quo und führt zu einer Verlagerung des Fokus des Verfahrens von einer Durchsetzung des Primäranspruchs auf die Durchsetzung von Bereicherungsansprüchen. Mit der Verlagerung von Leistungs- auf Bereicherungsansprüche geht auch eine veränderte Rollenverteilung der Parteien einher. Der Verbraucher wird, obwohl eigentlich Schuldner der automatisierten Leistung, als Gläubiger des Bereicherungsanspruchs in die Rolle des Klägers gedrängt. Der Smart Contract hat insofern eine Verschiebung der Rechtsdurchsetzungslast zulasten des Verbrauchers zu Folge. Diese Verschiebung der Rechtsdurchsetzungslast vom Unternehmer auf den Verbraucher kann sich erheblich zum Nachteil des Verbrauchers auswirken. So hat der Verbraucher die Initiative hinsichtlich der Beweisführung zu ergreifen, obwohl ihm der zugrundeliegende Programmcode zumeist unverständlich sein wird. Er hat das Verfahren insbesondere vorzufinanzieren und insofern etwa mit möglichen Liquiditätsengpässen zu kämpfen. Zudem ist auch zu berücksichtigen, dass der Verbraucher zusätzlich mit der emotionalen Situation belastet wird, den bestehenden Zustand ändern zu müssen. Die Automatisierung und die daraus folgende Verschiebung der Rechtsdurchsetzungslast macht es zudem weniger wahrscheinlich, dass es überhaupt zu einem Verfahren kommt – selbst wenn der Verbraucher eigentlich davon überzeugt ist, dass die Automatisierung rechtswidrig war. In einem Prozess ist der Verbraucher dem Unternehmer schließlich strukturell unterlegen, insbesondere wird der Verbraucher bei der Verwendung von Smart Contracts erhebliche Beweisschwierigkeiten haben. Die dargestellten Nachteile, die der Verbraucher infolge einer Automatisierung auszuhalten hat, bergen ein erhebliches Missbrauchspotential, das der Unternehmer zu seinen Gunsten ausnutzen könnte. Mit dem Smart Contract erhält der Unternehmer ein Werkzeug, mit dem er gezielt die Rechtsdurchsetzungslast auf den Verbraucher verschieben und ihm die mit der Klägerrolle verbundenen Nachteile aufzwingen kann. Der Unternehmer kann insofern insbesondere eine Gestaltung

132

2. Teil: Risiken von Smart Contracts für Verbraucher

wählen, die in einem ersten Schritt durch die Automatisierung gezielt eine empfindliche Zwangslage des Verbrauchers hervorruft, um dann in einem zweiten Schritt darauf zu spekulieren, dass der Verbraucher auf ein langwieriges gerichtliches Verfahren verzichtet.

D. Formale Sprache des Smart Contracts als besonderes Risiko für Verbraucher Smart Contracts sind Software, deren Funktion in der automatisierten Durchführung von Vertragsbedingungen besteht.491 Sie bestehen daher aus Programmcode.492 Notwendige Voraussetzung der Automatisierung von Vertragsbedingungen durch Programmcode ist die Formalisierung dieser vertraglichen Regelung, d. h. die vollständige und eindeutige Definition aller Regelungen.493 Auch bei traditionellen Verträgen können sich aus der Sprache des Vertrages Risiken für Verbraucher ergeben. Das mit der Sprache verbundene Risiko wird durch die besonderen Charakteristika des Smart Contracts aber noch verschärft: die formale, deterministische und inflexible Sprache des Smart Contracts führt zusätzliche Risiken ein, die bei in natürlicher Sprache verfassten, traditionellen Verträgen bisher nicht aufgetreten waren und daher auch vom Gesetzgeber bisher nicht beachtet worden sind. 491

Zum Begriff ausführlich oben S. 30 f. So ausdrücklich etwa Miller / Stiegler, in: Rizzo / W hite (Hrsg.), Markets, Information and Communication – Austrian Perspectives on the Internet Economy, 2004, S. 63 (64); Peters /  Panayi, Understanding Modern Banking Ledgers through Blockchain Technologies, 2015, S. 7; Blocher, AnwBl 2016, 612 (618); Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1, unter B.; Hingley / Robinson, A smart new world: blockchain and smart contracts, 2016; Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (127); Stark, Making Sense of Blockchain Smart Contracts, 2016; Catchlove, Smart Contracts: A New Era of Contract Use, 2017, S. 8; Jaccard, in: Jusletter IT v. 23. 11. 2017, S. 4; Kaal / Calcaterra, in: The Business Lawyer, Band 73 (2017), S. 109 (111); I. Ng, The Art of Contract Drafting in the Age of Artificial Intelligence, 2017, S. 33; O’Shields, in: North Carolina Banking Institute, Band 21 (2017), S. 177 (179); Simmchen, MMR 2017, 162 (164); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 13; Young, in: Catholic University Journal of Law & Technology, Band 26 (2017), S. 1 (6 f.); De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 74; Eschenbruch / Gerstberger, NZBau 2018, 3 (3); Kennedy, in: Law Practice, Band 44 (2018), S. 56 (58 f.); Malta, Digital Innovation Authority Act, Teil I, Art. 2 (1) UA 17; Möslein, ZBB 2018, 208 (215); Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (273); De Caria, in: Aggarwal / Eidenmüller /  Enriques / Payne / van Zwieten (Hrsg.), Autonomous Systems and the Law, 2019, S. 27 (29); Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 24; Finck, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 1 (7); Voshmgir, Token Economy, 2019, S. 87 f. 493 Vgl. etwa Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (277, 291); Gatteschi / L amberti / Demartini, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 37 (55). 492

D. Formale Sprache des Smart Contracts als besonderes Risiko 

133

I. Die formale Sprache des Smart Contracts Die im Programmcode abgebildete Wenn-Dann-Beziehung494 muss in einer Weise definiert sein, dass der Computer feststellen kann, ob eine Bedingung erfüllt ist – ob also die daran geknüpfte Maßnahme ausgeführt werden soll. Der Computer ist auf eine mechanische, logische Subsumtion beschränkt, kann eine wägende Subsumtion aber gerade nicht leisten.495 Anders als traditionelle Verträge setzt der Programmcode daher eine formale Sprache voraus, die vollständig definiert und in ihrer Interpretation eindeutig ist.496 Praktisch werden Smart Contracts nahezu ausschließlich im Zusammenhang mit der Blockchain-Technologie besprochen und dabei oftmals als eine auf der Blockchain basierte Software verstanden.497 Obwohl die Idee bereits Anfang der 494

Vgl. ausführlich oben S. 89 ff. Vgl. M. Engel, JZ 2014, 1096 (1098). 496 Vgl. etwa Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (325); Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band  166 (2017), S. 263 (277, 291); Gatteschi / L amberti / Demartini, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 37 (55); Cannarsa, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 102 (106); Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (120). Allgemein zu formaler Sprache auch Raabe / Wacker / Oberle / Baumann / Funk, Recht ex machina, 2012, S. 70. 497 Vgl. etwa Fairfield, in: Washington & Lee Law Review Online, Band 71 (2014), S. 38; Brown, A simple model for smart contracts, 2015; Blocher, AnwBl 2016, 612 (618); Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi), Von Bitcoin zum Smart Contract, 2016, S. 4; Christidis / Devetsikiotis, in: IEEE Access, Band 4 (2016), S. 2292 (2296); Heckmann / Kaulartz, c’t 2016, 138 (138); Juels / Kosba / Shi, in: Proceedings of the 2016 ACM SIGSAC Conference, 2016, S. 283 (283); Koulu, in: SCRIPTed, Band 13 (2016), S. 40 (53); Stark, Making Sense of Blockchain Smart Contracts, 2016 [für „smart contract code“, in Abgrenzung zu „smart legal contracts“]; Voshmgir, Blockchains, Smart Contracts und das Dezentrale Web, 2016, S. 14; Arizona Revised Statutes, § 44–7061 (E) Nr. 2; BaFin, Blockchain-Technologie, 2017; Berentsen /  Schär, Bitcoin, Blockchain und Kryptoassets, 2017, S. 289; Fenwick / Kaal / Vermeulen, in: Vanderbilt Journal of Entertainment and Technology Law, Band 20 (2017), S. 351 (367); Grundmann / Hacker, in: European Review of Contract Law, Band 13 (2017), S. 255 (Manuskript, S. 10); Jacobs / L ange-Hausstein, ITRB 2017, 10 (12 f.); Lauslahti / Mattila / Seppälä, Smart Contracts – How will Blockchain Technology Affect Contractual Practices, 2017, S. 11; K. Levy, in: Engaging Science, Technology and Society, Band 3 (2017), S. 1 (1 f.); Meitinger, in: Deutsche Gesellschaft für Informatik, Informatiklexikon, 2017; I. Ng, The Art of Contract Drafting in the Age of Artificial Intelligence, 2017, S. 33; Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (127); Schrey / T halhofer, NJW 2017, 1431 (1431) („vorzugsweise“); Cong / He, Blockchain Disruption and Smart Contracts, 2018, S. 8; De Filippi /  Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 74; Glatz, in: Hartung / Bues / Halbleib (Hrsg.), Legal Tech: Die Digitalisierung des Rechtsmarktes, 2018, S. 287 (287, Rn. 1211); Kennedy, in: Law Practice, Band 44 (2018), S. 56 (58 f.); Lobe, in: Süddeutsche Zeitung, 08. 04. 2018; Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (273); Szczerbowski, in: Law and Forensic Science,  Band  16 (2018), S. 1 (1); Tennessee Code, § 47–10–201, Abs. 2; ­Urbach, in: Enzyklopädie der Wirtschaftsinformatik, 2018; Werbach, The Blockchain and the 495

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2. Teil: Risiken von Smart Contracts für Verbraucher

90er Jahre entstand498, fristeten Smart Contracts lange ein Schattendasein499 und wurden erst im Zuge der Entwicklung der Blockchain-Technologie einer breiteren Öffentlichkeit bekannt.500 1. Praktische Umsetzung: Verbindung mit der Blockchain-Technologie Als Blockchain wird ein von einem Konsensprotokoll geführtes, öffentliches verteiltes Buch (engl. „distributed ledger“) beschrieben.501 Es ist eine öffentlich einsehbare, verteilte Datenbank, die ohne eine kontrollierende zentrale Instanz sicherstellen kann, dass zwischen verteilt geführten Büchern ein Konsens über die Transaktionshistorie gefunden wird.502 Die gesamte Transaktionsgeschichte ist dabei redundant auf allen Netzwerkknoten (sog. Nodes) gespeichert: alle Nodes besitzen eine exakte Kopie der gesamten Transaktionsgeschichte.503 New Architecture of Trust, 2018, S. 64; Jacob, in: Aggarwal / Eidenmüller / Enriques / Payne / van Zwieten (Hrsg.), Autonomous Systems and the Law, 2019, S. 3 (3); Voshmgir, Token Economy, 2019, S. 87 f.; De Caria, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 19 (24) [für „decentralized smart contracts“]; Gatteschi / L amberti / Demartini, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 37 (42). 498 Vgl. Szabo, Smart Contracts, 1994; Szabo, Smart Contracts Glossary, 1995, Szabo, Smart Contracts: Building Blocks for Digital Markets, 1996; Szabo, Formalizing and Securing Relationships on Public Networks, in: First Monday, Band 2 (1997). 499 Soweit ersichtlich greift lediglich der Beitrag von Miller / Stiegler, in: Rizzo / W hite (Hrsg.), Markets, Information and Communication – Austrian Perspectives on the Internet Economy, 2004, S. 63 (64) den Begriff schon vor Entwicklung der Blockchain-Technologie auf. 500 Vgl. im Sinne einer „Renaissance“ etwa Finck, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 1 (12). In diese Richtung auch Catchlove, Smart Contracts: A New Era of Contract Use, 2017, S. 1; Giancaspro, in: Law & Security Review, Band 33 (2017), 825 (Manuskript, S. 2); O’Shields, in: North Carolina Banking Institute, Band 21 (2017), S. 177 (179); Gatteschi /  Lamberti / Demartini, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 37 (42); Durovic /  Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (63). 501 So etwa Fairfield, in: Washington & Lee Law Review Online, Band 71 (2014), S. 35 (36); Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 19. Vgl. zu anderen Definitionen etwa Simmchen, MMR 2017, 162 (162); BaFin, Blockchain-Technologie, 2017; Hofert, Regulierung der Blockchains, 2018, S. 5. 502 Vgl. etwa Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (318); Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (325); Hofert, Regulierung der Blockchains, 2018, S. 4. Eine Blockchain ist dabei technisch eigentlich nur ein Unterfall der Distributed Ledger Technology, vgl. Matzke, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 99 (100, dort Fn. 3). Anders als bei anderen Anwendungsfällen der Distributed Ledger Technology werden in der Blockchain die Daten in Blöcken organisiert, vgl. Werbach, in: Berkeley Technology Law Journal, Band 33 (2018), S. 489 (502, dort Fn. 58). 503 Vgl. etwa Heckelmann, NJW 2018, 504 (504); Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 19. Zur Blockchain-Technologie und ihrer Funktionsweise grundlegend Nakamoto, Bitcoin: A Peer-to-Peer Electronic Cash System, 2008. Daran anschließend auch

D. Formale Sprache des Smart Contracts als besonderes Risiko 

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Die Blockchain-Technologie geht auf ein White Paper zurück, das im Jahr 2008 unter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto504 veröffentlicht wurde.505 Nakamoto verband dabei mehrere bereits bestehende Technologien.506 Über den ursprünglichen Kontext einer digitalen Währung507 hinaus wird der Technologie heute revolutionäres Potential zugeschrieben.508 Für Smart Contracts bietet die Blockchain-Technologie vor allem zwei Vorteile509: zum einen ermöglicht sie eine Speicherung eines Programmcodes in einer nicht manipulierbaren Weise510 und löst damit eines der zentralen UmsetzungshinBlocher, AnwBl 2016, 612 (615 f.); Berentsen / Schär, Bitcoin, Blockchain und Kryptoassets, 2017, S. 194 ff.; Schrey / T halhofer, NJW 2017, 1431 (1431 f.); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 2 ff.; De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 22 ff.,  33 ff.; Hofert, Regulierung der Blockchains, 2018, S. 14 ff.; Werbach, The Blockchain and the New Architecture of Trust, 2018, S. 42 ff.; Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 19 ff.; Gatteschi /  Lamberti / Demartini, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 37 (38 ff.). 504 Es ist weiterhin unbekannt, wer genau sich hinter diesem Pseudonym verbirgt. Im Folgenden wird aufgrund des gewählten Namens der männliche Singular verwendet. 505 Nakamoto, Bitcoin: A Peer-to-Peer Electronic Cash System, 2008. Nakamoto veröffentlichte sein White Paper am 31. Oktober 2008 auf der „The Cryptography Mailing List“ (http:// www.metzdowd.com/pipermail/cryptography/2008-October/014810.html). 506 Vgl. ausführlich Narayanan / Clark, Bitcoin’s Academic Pedigree, in: ACM Queue, Band 15 (2017); Simmchen, MMR 2017, 162 (162); Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 8 f. 507 Mit seinem White Paper schaffte Nakamoto die Grundlage für die digitale Währung Bitcoin. Zur frühen Geschichte Bitcoins ausführlich N. Popper, Digital Gold, New York 2016. Auf Grundlage der Blockchain wurden neben Bitcoin eine Reihe weiterer Kryptowährungen entwickelt, vgl. etwa Weidemann, in: t3n, Nr. 50, November 2017, S. 58 f. Diese folgen einem ähnlichen Grundprinzip, weichen jedoch insbesondere in ihrem Konsensprotokoll voneinander ab. So wird teilweise statt eines Proof-of-Work-Mechanismus auf die Idee des Proof-of-Stake zurückgegriffen. 508 Vgl. etwa World Economic Forum, Deep Shift – Technology Tipping Points and Societal Impact, 2015, S. 5; Tabscott / Tabscott, Blockchain Revolution, 2016, S. 8 ff.; Blocher, AnwBl 2016, 612; Simmchen, MMR 2017, 162; Casey / Vigna, The Truth Machine, 2018, S. 1 ff.; ­Voshmgir, Token Economy, 2019; DiMatteo / Cannarsa / Poncibò, in: DiMatteo / Cannarsa /  Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 3 (4). Vgl. zu Anwendungsfeldern auch Simmchen, MMR 2017, 162 (163 ff.); Glatz, in: Hartung / Bues / Halbleib (Hrsg.), Legal Tech: Die Digitalisierung des Rechtsmarktes, 2018, S. 287 (292 f., Rn. 1228 ff.). 509 Vgl. beispielsweise auch Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1024); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (202); Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (119); Clément, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (275). 510 Vgl. vor allem Buterin, Visions, Part 1: The Value of Blockchain Technology, Ethereum Blog, 12. 04. 2015, https://blog.ethereum.org/2015/04/13/visions-part-1-the-value-of-block chain-technology/. Im Sinne einer manipulationssicheren Speicherung von Smart Contracts auch Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (319); Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (271); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 13; Paulus / Matzke, ZfPW 2018, 431 (433).

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2. Teil: Risiken von Smart Contracts für Verbraucher

dernisse für Smart Contracts.511 Zum anderen bietet die Blockchain eine Lösung für das Problem der unmittelbaren Übertragung digitaler Werte und erlaubt so, dass Smart Contracts direkt Vermögensdispositionen treffen können.512 a) Manipulationssichere Speicherung in dezentraler Datenbank Durch Verbindung mit der Blockchain-Technologie können Smart Contracts auf einer unabhängigen, von keiner Institution beherrschten dezentralen Datenbank, dem distributed ledger bzw. der Blockchain, gespeichert werden. aa) Manipulationssichere Speicherung als Voraussetzung für Smart Contracts Das eigentliche Ziel einer Automatisierung durch Smart Contracts besteht darin, durch Technologie zu garantieren, dass eine bestimmte Maßnahme als Reaktion auf den Eintritt einer bestimmten Bedingung ausgeführt wird.513 Die Parteien entscheiden sich gerade deshalb für eine Automatisierung, weil sie sich darauf verlassen wollen, dass in einer bestimmten Situation (Bedingung) zwingend eine bestimmte Maßnahme ausgeführt wird. Daher möchte sie die Ausführung der Maßnahme von einer menschlichen Einflussnahme entkoppeln und stattdessen durch den Computer automatisieren lassen.514 511 In diese Richtung auch Mann, NZG 2017, 1014 (1015); BaFin, Blockchain-Technologie, 2017; Eschenbruch / Gerstberger, NZBau 2018, S. 3 (3 f.); Finck, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 1 (3). 512 Ähnlich etwa Giancaspro, in: Law & Security Review, Band 33 (2017), 825 (Manuskript, S. 4). 513 In die Richtung einer Erfüllungsgarantie etwa Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (306, 316); Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (620); Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1027); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (203); Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (275); Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (332); Heckelmann, NJW 2018, 504 (504); Mik, in: Innovation & Technology, Band 9 (2017), S. 269 (Manuskript, S. 10); DiMatteo / Cannarsa / Poncibò, in: ­DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 3 (4); Clément, in: DiMatteo / Cannarsa /  Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (271). 514 Zum Loslösen von einer menschlichen Entscheidung deutlich Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (306, 316). In diese Richtung auch Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1, unter A.; Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (618); Mik, in: Innovation & Technology, Band 9 (2017), S. 269 (Manuskript, S. 10); Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (120, 126 f., 129); Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 26; Durovic / Janssen, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (73); Clément, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (271); Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (291).

D. Formale Sprache des Smart Contracts als besonderes Risiko 

137

Um die Ausführung einer Maßnahme aber zu garantieren, reicht es nicht, die zu automatisierenden Wenn-Dann-Vertragsbedingungen in einem Computerprogramm abzubilden.515 Ebenso wichtig ist es, sicherzustellen, dass dieses Computerprogramm wie vereinbart bzw. programmiert abläuft.516 Es ist entscheidend, dass der Smart Contract bei Eintritt der entsprechenden Bedingung auch tatsächlich die entsprechende Maßnahme ausführt. Vor diesem Hintergrund darf keine der Parteien – und grundsätzlich auch kein Dritter – die Möglichkeit haben, den Programmcode zu einem späteren Zeitpunkt zu ändern und damit die Ausführung der zu automatisierenden Maßnahme zu beeinflussen.517 Bestünde hingegen die Möglichkeit für Parteien, die Ausführung des Smart Contracts einseitig anzuhalten, würde die Vertragserfüllung weiterhin von dem Willen der jeweiligen Partei abhängen. Gleichzeitig muss der Smart Contract auch vor nachträglichen Änderungen des Programmcodes geschützt werden. Vor dem Hintergrund, dass für die Ausführung des Smart Contracts allein der zugrundeliegende Programmcode maßgeblich ist, ist die Sicherstellung der Integrität des Codes ein hohes Gut. Damit der Smart Contract-Mechanismus die Vereinbarung der Parteien korrekt wiedergibt, ist auch entscheidend, dass der von den Parteien für maßgeblich erachtete Code nicht nachträglich – zu Lasten einer Partei – geändert wird. Smart Contracts sind daher in einer Weise zu speichern, dass dessen Ausführung nicht angehalten werden kann518, es sei denn diese Möglichkeit ist von den Parteien gezielt in den Code integriert worden (etwa bei beiderseitiger Zustimmung, um auf veränderte Umstände reagieren zu können).519 Diese manipulationssichere Speicherung und Sicherstellung der Integrität des Programmcodes bereitet indes erhebliche Schwierigkeiten. Sofern die Parteien die Sicherung des Smart Contracts und die Wahrung der Integrität des Programmierten nicht der jeweils anderen Partei überlassen wollen, können sie den Smart Contract grundsätzlich lediglich in die Hände eines vertrauensvollen Dritten legen. Infolgedessen entsteht jedoch wiederum eine Abhängigkeit von dem Dritten. Der den Programmcode speichernde Dritte wird zu einer zentralen Gestalt der Rechts 515

Vgl. hierzu etwa oben S. 89 ff. Hierzu ausführlich auch Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (319 f.). 517 In diese Richtung etwa auch Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (311, 319); Finck, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 1 (7); ­Kaulartz, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 73 (73); Heckelmann, NJW 2018, 504 (504); Eschenbruch / Gerstberger, NZBau 2018, 3 (3). 518 Die Nichtmanipulierbarkeit ebenfalls als zentrales Wesensmerkmal von Smart Contracts sehen wohl Finck, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 1 (7); Kaulartz, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 73 (73); Heckelmann, NJW  2018, 504 (504); Eschenbruch / Gerstberger, NZBau 2018, 3 (3). 519 Vgl. etwa Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (291 f.); Finck, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 1 (7). Vgl. zu dieser Möglichkeit auch noch unten S. 289 ff. 516

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2. Teil: Risiken von Smart Contracts für Verbraucher

beziehung zwischen den Vertragsparteien. Eine Speicherung bei einer zentralen Institution, dem Dritten, birgt Missbrauchsrisiken, die die Integrität des Codes beeinträchtigen können. Es ist ein erhebliches Vertrauen der Parteien in die Integrität des Dritten von Nöten. Der Dritte könnte den Code beispielsweise aus eigensüchtigen Motiven ändern oder eine Bestechung einer Vertragspartei annehmen. Schließlich könnte er auch Opfer eines Hackerangriffs werden. Der Dritte wird somit gleichsam zu einem single point of failure für die durch den Smart Contract zu automatisierende Rechtsbeziehung. Das Problem der sicheren Speicherung des Smart Contract-Programmcodes erwies sich vor diesem Hintergrund als ein enormes Hindernis für die Umsetzung dieser Idee des automatisierten Vollzugs von Verträgen.520 bb) Vereinfachte Funktionsweise der Blockchain Dies sollte sich mit der Entwicklung der Blockchain-Technologie indes ändern. Die Blockchain bietet als öffentlich einsehbare, verteilte Datenbank eine Möglichkeit, Programme in einer kaum manipulierbaren Weise zu speichern.521 Die eigentliche Innovation der Blockchain besteht dabei in ihrem Konsensprotokoll.522 Dieses hat sicherzustellen, dass zwischen den Netzwerkknoten (Nodes), die allesamt über eine exakte Kopie der gesamten Transaktionsgeschichte verfügen und diese daher auch einheitlich fortführen sollen, auch ohne eine kontrollierende zentrale Instanz ein Konsens über die Transaktionshistorie gefunden wird.523 520

In diese Richtung auch Eschenbruch / Gerstberger, NZBau 2018, S. 3 (3 f.); Mann, NZG 2017, 1014 (1015); Finck, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 1 (3). 521 Vgl. vor allem Buterin, Visions, Part 1: The Value of Blockchain Technology, Ethereum Blog, 12. 04. 2015, https://blog.ethereum.org/2015/04/13/visions-part-1-the-value-of-block chain-technology/. Im Sinne einer manipulationssicheren Speicherung von Smart Contracts auch Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (319); Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (271); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 13; Paulus / Matzke, ZfPW 2018, 431 (433). 522 Vgl. Bonneau / Miller / Clark / Narayanan / Kroll / Felten, SoK: Research Perspectives and Challenges for Bitcoin and Cryptocurrencies, 2015, S. 3; Frankenreiter, in: Journal of Institutional and Theoretical Economics 175 (2019), S. 149 (151). In diese Richtung auch Werbach /  Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (327). 523 Zur Funktionsweise der Blockchain grundlegend Nakamoto, Bitcoin: A Peer-to-Peer Electronic Cash System, 2008. Daran anschließend auch Blocher, AnwBl 2016, 612 (615 f.); Berentsen / Schär, Bitcoin, Blockchain und Kryptoassets, 2017, S. 194 ff.; Schrey / T halhofer, NJW 2017, 1431 (1431 f.); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 2 ff.; De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 22 ff., 33 ff.; Hofert, Regulierung der Blockchains, 2018, S. 14 ff.; Werbach, The Blockchain and the New Architecture of Trust, 2018, S. 42 ff.; Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 19 ff.; Gatteschi / L amberti / Demartini, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 37 (38 ff.).

D. Formale Sprache des Smart Contracts als besonderes Risiko 

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Grundlegend bedient sich Satoshi Nakamoto sich hierzu der Idee des sog. „Proof of Work“524, indem er die Fortführung der verteilten Transaktionsgeschichte durch Aufnahme neuer Transaktionen an bestimmte Bedingungen knüpft.525 Hierdurch stellt er sicher, dass das gemeinsame „Kontenbuch“ nicht ohne Weiteres von jedem Netzwerkknoten gleichzeitig weitergeschrieben werden kann. Aus diesem Grund stellt das Bitcoin-Konsensprotokoll jedem Netzwerkteilnehmer, der die Transaktionsgeschichte weiterschreiben will (sog. Miner), eine auf sog. Hash-Funktionen basierende Aufgabe. Hash-Funktionen weisen einem bestimmten Input einen deterministischen, aber zufällig scheinenden Output zu. Jedem Input entspricht ein bestimmter Output. Dementsprechend sind Hash-Funktionen auch treffend als „digitaler Fingerabdruck“ beschrieben worden.526 Der Output steht jedoch in keinem mathematischen Zusammenhang mit dem Input, kann also nicht errechnet oder vorhergesagt werden. Umgekehrt lässt sich aber ohne größere Schwierigkeiten überprüfen, ob ein bestimmter Input diesen Output generiert.527 Diese Kostenasymmetrie zwischen der Schwierigkeit des Findens des Inputs und der Einfachheit der Prüfung528 macht die Hash-Funktionen zu einer geeigneten Grundlage für ein Proof of Work-Verfahren. Das Bitcoin-Konsensprotokoll verlangt von den Minern, einen vorgegebenen sog. Header um eine Buchstaben- und Zahlenfolge (Nonce) so zu ergänzen, um einen Output zu generieren, der gewisse Bedingungen erfüllt.529 Diese Buchstaben- und Zahlenfolge kann nicht mathematisch ermittelt, sondern nur in einem „trial and error“-Prozess erraten werden.530 Dieser sog. Mining-Prozess ist im Kern ein Wettlauf um das Recht, bisher ausstehende Transaktionen der Transaktions­ geschichte hinzuzufügen.531 Der Miner der am schnellsten eine gültige Nonce

524

Grundlegend Nakamoto, Bitcoin: A Peer-to-Peer Electronic Cash System, 2008, S. 3. Adam Back schlug bereits 1997 einen Mechanismus vor, um E-Mail-Spam und Denialof-Service-Attacken zu verhindern, indem das Senden von Nachrichten vom Erfüllen einer schwierig zu lösenden, aber einfach zu überprüfenden Rechenaufgabe abhängig gemacht wird, vgl. Back, Hashcash – A Denial of Service Counter-Measure, 2002. 526 Vgl. etwa Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 7; De Filippi /  Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 22. 527 Vgl. Nakamoto, Bitcoin: A Peer-to-Peer Electronic Cash System, 2008, S. 3, nämlich durch Durchführen eines einzigen Hashs. 528 Vgl. Berentsen / Schär, Bitcoin, Blockchain und Kryptoassets, 2017, S. 61. 529 Vgl. Nakamoto, Bitcoin: A Peer-to-Peer Electronic Cash System, 2008, S. 3. Die Anforderungen an den Output bestehen im Einzelnen darin, dass die ersten Stellen des Outputs „0“ sein müssen (sog. Difficulty Target). Je mehr Nullen vorausgesetzt werden, desto schwieriger ist es, den richtigen Input zu erraten, vgl. auch Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 29 f. 530 Fairfield, in: Southern Calfornia Law Review, Band 88 (2015), S. 805 (821 f.) vergleicht das Erraten der Nonce im Rahmen des Mining von Bitcoin mit dem Wurf eines zwanzigseitigen Würfels; vgl. auch Hofert, Regulierung der Blockchains, 2018, S. 20; Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 22. 531 Vgl. Werbach, The Blockchain and the New Architecture of Trust, 2018, S. 42; Hofert, Regulierung der Blockchains, 2018, S. 44. 525

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findet, darf unbestätigte Transaktionen in einem „Block“ zusammenfassen532 und diesen der gemeinsamen Datenbank hinzufügen.533 Neu eingefügte Blocks müssen dabei auf dem jeweils vorherigen Block aufbauen. Jeder Header eines Blocks enthält den Hash des vorherigen Blocks.534 Auf diese Weise werden die Blocks chronologisch verkettet bis zum ersten Block vom 3. Januar 2009 (dem sog. Genesis-Block).535 Die in der Blockchain gespeicherte Transaktionsgeschichte ist somit eine chronologisch geordnete Reihe von Datenblöcken.536 Damit der neu eingefügte Block von dem restlichen Netzwerk akzeptiert wird, muss er Teil der längsten Kette sein.537 Dies hat zur Folge, dass ein bestehender Block nicht ohne weiteres ersetzt werden kann, sondern der Arbeitsnachweis auch für die folgenden Blöcke erneut erbracht werden müsste.538 Das Ersetzen eines Blocks würde somit gerade voraussetzen, dass der „unehrliche“ Netzwerkteilnehmer in der Zeit, in der das übrige Netzwerk an der Verlängerung der längsten Kette durch Hinzufügen eines einzigen Blocks arbeitet, mehrere neue Blöcke erstellt.539 Dies ist kaum möglich. cc) Speicherung von Smart Contracts auf der Blockchain Diese chronologische Verkettung der Einträge macht die Blockchain im Ergebnis zu einem öffentlichen, aber nachträglich kaum manipulierbaren Register. Auf der Blockchain können manipulationssicher Transaktionen abgebildet, sonstige Ereignisse dokumentiert oder sogar Programme540 gespeichert werden. Die Blockchain wird dabei gerade nicht von einer einzelnen Partei kontrolliert, sondern ist eine über die Netzwerkknoten verteilte Datenbank. Diese verteilte 532

Ein Miner kann beliebige Transaktionen für die Aufnahme in einem Block auswählen. Dabei muss er jedoch darauf achten, dass es sich um legitime Transaktionen handelt, da diese andernfalls von den anderen Netzwerkknoten abgelehnt werden würde, vgl. Berentsen / Schär, Bitcoin, Blockchain und Kryptoassets, 2017, S. 58. 533 Vgl. Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 22. 534 Vgl. Nakamoto, Bitcoin: A Peer-to-Peer Electronic Cash System, 2008, S. 2; Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 22 f. 535 Vgl. Hofert, Regulierung der Blockchains, 2018, S. 19 beschreibt die Blockstruktur in diesem Sinne als Baum, an dessen Wurzel sich der Genesis-Block befinde. 536 Vgl. Hofert, Regulierung der Blockchains, 2018, S. 15. 537 Vgl. Nakamoto, Bitcoin: A Peer-to-Peer Electronic Cash System, 2008, 3. 538 Vgl. Nakamoto, Bitcoin: A Peer-to-Peer Electronic Cash System, 2008, S. 3; Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 23. 539 Vgl. De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 25; Blocher, AnwBl 2016, 612 (616). 540 Vgl. vor allem Buterin, Visions, Part 1: The Value of Blockchain Technology, Ethereum Blog, 12. 04. 2015, https://blog.ethereum.org/2015/04/13/visions-part-1-the-value-of-block chain-technology/. Im Sinne einer manipulationssicheren Speicherung von Smart Contracts auch Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (319); Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (271); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 13; Paulus / Matzke, ZfPW 2018, 431 (433).

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Speicherung verhindert eine missbräuchliche Einflussnahme von Intermediären auf die Ausführung des Smart Contracts. Ein Smart Contract, der auf mehreren Blockchain-Knoten ausgeführt wird, kann nicht von einer einzelnen Partei gestoppt oder verändert werden.541 Vitalik Buterin hält die manipulationssichere Speicherung von Programmen sogar für so entscheidend, dass er sie als wesensbildend für den Begriff der Blockchain ansieht: „A blockchain is a magic computer that anyone can upload programs to and leave the programs to self-execute, where the current and all previous states of every program are always publicly visible, and which carries a very strong cryptoeconomically secured guarantee that programs running on the chain will continue to execute in exactly the way that the blockchain protocol specifies.“542

Die verteilte Speicherung des Programmcodes auf der Blockchain macht das Vertrauen, das die Vertragsparteien alternativ einer zentralen Institution entgegenbringen müssten, weitgehend unnötig.543 Die Parteien müssen sich nicht aufeinander oder auf einen Dritten, sondern nur auf die Sicherheit und Unveränderbarkeit der Blockchain verlassen.544 Die Blockchain führt insofern dazu, dass sich die Parteien nicht in die Hände eines korrumpierbaren Mittelsmannes geben müssen. Allerdings kann auch eine Blockchain gewisse Sicherheitslücken nicht von vornherein ausschließen.545 541

Vgl. auch Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (311, 319); De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 75; Finck, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 1 (3); Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 24 f.; Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 35. 542 Buterin, Visions, Part 1: The Value of Blockchain Technology, Ethereum Blog, 12. 04. 2015, https://blog.ethereum.org/2015/04/13/visions-part-1-the-value-of-blockchain-technology/. 543 Vgl. Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1024); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (202); BaFin, Blockchain-Technologie, 2017; Heckelmann, NJW 2018, 504 (505); Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (64); Clément, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (275). 544 Vgl. Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1024); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (202); B ­ aFin, Blockchain-Technologie, 2017; Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band  1 (2017), S. 305 (319); Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (119); Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (64); Clément, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (275). 545 Vgl. O’Shields, in: North Carolina Banking Institute, Band 21 (2017), S. 177 (184); Pesch, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 13 (20 ff.); Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (131 ff.). In diesem Zusammenhang wird teilweise der sog. „Hack“ des auf Smart Contracts basierenden Investmentfonds „The DAO“ erwähnt. Bei diesem handelte es sich indes nicht um einen „Hack“ im Sinne eines Überwindens von Sicherheitssystemen, sondern um das Ausnutzen eines Fehlers in der Programmierung, vgl. ausführlich hierzu Leising, The Ether Thief, in: Bloomberg, 13. 06. 2017; Biederbeck, The DAO-Hack: Ein Blockchain-Krimi aus Sachsen, in: GQ-Magazin, 21. 11. 2016.

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b) Unmittelbare Übertragung digitaler Werte Das Konsensprotokoll der Blockchain ermöglicht zudem die unmittelbare Übertragung digitaler Werte, ohne hierzu auf Mittelsmänner zurückgreifen zu müssen.546 Eine solche direkte Übertragung digitaler Werte scheiterte zuvor an deren einfacher Kopierbarkeit und der Gefahr doppelter Übertragungen (Double-SpendingProblem).547 Eine digitale Datei lässt sich grundsätzlich ohne Schwierigkeiten kopieren.548 Dies macht es aber theoretisch möglich, die gleiche Datei mehrmals zu verschicken. Dateien, die von jedermann beliebig oft versendet werden können, eignen sich von vornherein nicht als Tauschmittel.549 Eine digitale Währung muss es demgegenüber unmöglich machen, dass die gleiche Geldeinheit mehrmals übertragen wird.550 Die Übertragung eines digitalen Wertes muss dazu führen, dass nunmehr nur der Empfänger über die übertragene Einheit verfügen kann.551 Würde das Versenden einer Datei hingegen dazu führen, dass fortan sowohl der Sender als auch der Empfänger über die Datei verfügen, wäre die Währung wertlos. Anhand der in der Blockchain manipulationssicher festgehaltenen Transaktionshistorie kann indes kontrolliert werden, ob eine Datei bereits übertragen wurde. Traditionell übernehmen zentrale Stellen (z. B. Banken, Grundbuchämter) die Funktion, über Transaktionen Buch zu führen, und so sicherzustellen, dass eine Transaktion nicht zweimal ausgeführt wird.552 Eine verteilte, nachträglich nicht 546

Vgl. Blocher, AnwBl 2016, 612 (616 f.); Fairfield, in: Washington & Lee Law Review Online, Band 71 (2014), S. 35 (40); Kiviat, in: Duke Law Journal, Band 65 (2015), S. 569 (577); Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1024); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (202); O’Shields, in: North Carolina Banking Institute, Band 21 (2017), S. 177 (181); Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band  26 (2017), S. 116 (119); Glatz, in: Hartung / Bues /  Halbleib (Hrsg.), Legal Tech: Die Digitalisierung des Rechtsmarktes, 2018, S. 287 (289, Rn. 1218). In diese Richtung auch Clément, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (275 f.). 547 Vgl. etwa Blocher, AnwBl 2016, 612 (613 f.); Börding / Jülicher / Röttgen / v. Schönfeld, CR 2017, 134 (134); Frankenreiter, in: Journal of Institutional and Theoretical Economics 175 (2019), S. 149 (151). Zum Double-Spending-Problem als entscheidendem Hindernis einer digitalen Währung auch Nakamoto, Bitcoin: A Peer-to-Peer Electronic Cash System, 2008, S. 2; Kiviat, in: Duke Law Journal, Band 65 (2015), S. 569 (577); Hofert, Regulierung der Blockchains, 2018, S. 4; Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1025); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (202). 548 Vgl. etwa Blocher, AnwBl 2016, 612 (613); Börding / Jülicher / Röttgen / v. Schönfeld, CR 2017, 134 (134). 549 Vgl. etwa Börding / Jülicher / Röttgen / v. Schönfeld, CR 2017, 134 (134). Zu den Grundeigenschaften einer Geldeinheit instruktiv Berentsen / Schär, Bitcoin, Blockchain und Krypto­ assets, 2017, S. 16 f. 550 Vgl. Hofert, Regulierung der Blockchains, 2018, S. 4. 551 Vgl. auch Guggenberger, in: Winkler (Hrsg.), Beck’scher Referendarführer 2018/19, 2018, S. 20 (21 f.), der insofern eine Parallele zur Übergabe im Rahmen der Übertragung des Eigentums an beweglichen Sachen (§ 929 S. 1 BGB) zieht, die voraussetzt, dass der Veräußerer seinen Besitz an der Sache vollständig aufgibt. 552 Vgl. Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1025); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (202); ­Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (325).

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manipulierbare Datenbank ermöglicht jedoch eine unmittelbare Übertragung digitaler Güter ohne eine zentrale Institution.553 Dem Konsensprotokoll der Blockchain ist es gelungen, Konsens über die Transaktionsgeschichte in einem verteilten Netzwerk herzustellen554, d. h. die verteilten Transaktionsbücher zu synchronisieren555, und ist daher nicht mehr von einem zentralen Intermediär abhängig. Die Technologie eröffnet damit abstrakt die Möglichkeit, die Kopierbarkeit digitaler Güter überwinden und Personen so Ausschließlichkeitsrechte an digitalen Gütern zuzuordnen (eine Art „Eigentum an digitalen Vermögenswerten“).556 Erst dies ermöglicht es Smart Contracts, Bedingungen für die Übertragung digitaler Werte aufzustellen und automatisiert durchzuführen.557 So können durch Smart Contracts Zahlungen von Kryptowährungen ebenso wie die Übertragung anderer digitaler Werte von Bedingungen abhängig gemacht und automatisiert vollzogen werden. c) Smart Contracts zwingend auf der Blockchain? Vor dem Hintergrund dieser Vorteile und dem parallelen Popularitätsanstieg von Blockchain-Technologie und Smart Contracts kann rasch der Eindruck entstehen, Smart Contracts seien nur in Zusammenhang mit der Blockchain-Technologie denkbar. Oftmals werden Smart Contracts als eine auf der Blockchain-Technologie basierte Software verstanden und nur in diesem Zusammenhang besprochen.558 553

Vgl. etwa Fairfield, in: Washington & Lee Law Review Online, Band 71 (2014), S. 35 (40); Kiviat, in: Duke Law Journal, Band 65 (2015), S. 569 (577); O’Shields, in: North Carolina Banking Institute, Band 21 (2017), S. 177 (181); Glatz, in: Hartung / Bues / Halbleib (Hrsg.), Legal Tech: Die Digitalisierung des Rechtsmarktes, 2018, S. 287 (289, Rn. 1218); Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 10; Frankenreiter, in: Journal of Institutional and Theoretical Economics 175 (2019), S. 149 (151). 554 Das Problem der Konsensfindung zwischen verteilten, einander unbekannten und misstrauenden Parteien wurde erstmals im Jahr 1982 als „Byzantine Generals Problem“ beschrieben, vgl. Lamport / Shostak / Pease, in: ACM Transactions on Programming Languages and Systems, Band 4 (1982), S. 382; Werbach, The Blockchain and the New Architecture of Trust, 2018, S. 42 f. Im Kern geht es dabei um die Resistenz eines dezentralisierten Systems gegen sich falsch verhaltene Komponenten (bzw. verräterische Generäle), die einen Konsens stören könnten. 555 Vgl. Hofert, Regulierung der Blockchains, 2018, S. 4; Werbach, in: Berkeley Technology Law Journal, Band 33 (2018), S. 489 (502). 556 Vgl. Glatz, in: Hartung / Bues / Halbleib (Hrsg.), Legal Tech: Die Digitalisierung des Rechtsmarktes, 2018, S. 287 (289) [Rn. 1218]; Berentsen / Schär, Bitcoin, Blockchain und Kryptoassets, 2017, S. 277. 557 Vgl. hierzu auch Kaulartz, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 73 (73). 558 Vgl. etwa Fairfield, in: Washington & Lee Law Review Online, Band 71 (2014), S. 38; Brown, A simple model for smart contracts, 2015; Blocher, AnwBl 2016, 612 (618); Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi), Von Bitcoin zum Smart Contract, 2016, S. 4; Christidis / Devetsikiotis, in: IEEE Access, Band 4 (2016), S. 2292 (2296); Heckmann / Kaulartz, c’t 2016, 138 (138); Juels / Kosba / Shi, in: Proceedings of the 2016 ACM SIGSAC Conference,

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­ italik Buterin hat Smart Contracts etwa als Computerprogramme beschrieben, die V von dem am Blockchain-Netzwerk teilnehmenden Computern dezentral ausgeführt werden.559 Auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) bespricht Smart Contracts nur im Zusammenhang mit der Blockchain-Technologie.560 Die Verbindung zwischen der Blockchain-Technologie und dem Konzept der Smart Contracts ist indes bei genauerer Betrachtung nur eine faktische. Sie ist nicht in allen Fällen zwingend.561 Aus diesem Grund ist von einem von der Block2016, S. 283 (283); Koulu, in: SCRIPTed, Band 13 (2016), S. 40 (53); Stark, Making Sense of Blockchain Smart Contracts, 2016 [für „smart contract code“, in Abgrenzung zu „smart legal contracts“]; Voshmgir, Blockchains, Smart Contracts und das Dezentrale Web, 2016, S. 14; Arizona Revised Statutes, § 44–7061 (E) Nr. 2; BaFin, Blockchain-Technologie, 2017; Berentsen / Schär, Bitcoin, Blockchain und Kryptoassets, 2017, S. 289; Fenwick / Kaal / Vermeulen, in: Vanderbilt Journal of Entertainment and Technology Law, Band 20 (2017), S. 351 (367); Grundmann / Hacker, in: European Review of Contract Law, Band 13 (2017), S. 255 (Manuskript, S. 10); Jacobs / L ange-Hausstein, ITRB 2017, 10 (12 f.); Lauslahti / Mattila / Seppälä, Smart Contracts – How will Blockchain Technology Affect Contractual Practices, 2017, S. 11; K. Levy, in: Engaging Science, Technology and Society, Band 3 (2017), S. 1 (1 f.); Meitinger, in: Deutsche Gesellschaft für Informatik, Informatiklexikon, 2017; I. Ng, The Art of Contract Drafting in the Age of Artificial Intelligence, 2017, S. 33; Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (127); Schrey / T halhofer, NJW 2017, 1431 (1431) („vorzugsweise“); Cong / He, Blockchain Disruption and Smart Contracts, 2018, S. 8; De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 74; Glatz, in: Hartung / Bues / Halbleib (Hrsg.), Legal Tech: Die Digitalisierung des Rechtsmarktes, 2018, S. 287 (287, Rn. 1211); Kennedy, in: Law Practice, Band  44 (2018), S. 56 (58 f.); Lobe, in: Süddeutsche Zeitung, 08. 04. 2018; Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (273); Szczerbowski, in: Law and Forensic Science, Band 16 (2018), S. 1 (1); Tennessee Code, § 47–10–201, Abs. 2; Urbach, in: Enzyklopädie der Wirtschaftsinformatik, 2018; Werbach, The Blockchain and the New Architecture of Trust, 2018, S. 64; Jacob, in: Aggarwal / Eidenmüller / Enriques / Payne / van Zwieten (Hrsg.), Autonomous Systems and the Law, 2019, S. 3 (3); Voshmgir, Token Economy, 2019, S. 87 f.; De Caria, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 19 (24) [für „decentralized smart contracts“]; Gatteschi / L amberti / Demartini, in: ­DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 37 (42). 559 Buterin, Ethereum White Paper, 2013, schlägt zwei Definitionen für Smart Contracts vor. Smart Contracts seien „systems which automatically move digital assets according to arbitrary pre-specified rules“ (S. 1) bzw. „cryptographic ‚boxes‘ that contain value and unlock it if certain conditions are met.“(S. 13). 560 BaFin, Blockchain-Technologie, 2017. 561 Ebenso Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1024); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (202); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 13; Fries, AnwBl 2018, 86 (86); Heckelmann, NJW 2018, 504 (505); Möslein, ZBB 2018, 208 (215); Möslein, ZHR 2019, 254 (261); Borgogno, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (289); Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa /  Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (63); Timmermann, Legal-Tech Anwendungen, 2020, S. 75; Rein, in: Sassenberg / Faber, Rechtshandbuch Industrie 4.0 und Internet of Things, 2. Aufl. 2020, § 14 Rn. 122.

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chain-Technologie unabhängigen, technologieneutralen Smart Contract-Begriff auszugehen.562 Ob die Blockchain-Technologie notwendig ist, hängt vor allem davon ab, ob der Smart Contract eine Übertragung digitaler Vermögensgegenstände automatisieren soll. Ist dies der Fall, so ist die Blockchain-Technologie zwingend für eine eigentumsähnliche Übertragung dieses Vermögenswertes erforderlich. Eine unmittelbare, eigentumsähnliche Übertragung digitaler Werte, d. h. insbesondere von Währung und Tokens, ist – zumindest derzeit – nur auf Grundlage einer Blockchain möglich.563 Soll hingegen kein Wert übertragen werden, so wird eine Blockchain nicht notwendigerweise als (weitgehend) nicht manipulierbares Speichermedium vorausgesetzt.564 Auch zentrale Institutionen können grundsätzlich eine manipulationssichere Speicherung gewährleisten. Der wesentliche Unterschied zwischen einer Speicherung auf der Blockchain und einer manipulationssicheren Speicherung bei einer zentralen Institution liegt in dem Vertrauen, das dem speichernden Dritten entgegengebracht werden muss.565 Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Speicherung bei einem vertrauensvollen Dritten zu Manipulationen führt, ist höher als im Falle einer Speicherung auf einer Blockchain.566 Dies liegt insbesondere daran, dass der Dritte gleichsam eine Sicherheitslücke darstellt. Er ist einfacher korrumpierbar und angreifbar ist als eine verteilte, von keiner einzelnen Person kontrollierte Datenbank. Zwingend notwendig ist eine Speicherung eines Smart Contracts auf der Blockchain deshalb aber nicht. Es liegt vielmehr durchaus nahe, dass sich auch zentrale Speichereinheiten praktisch grundsätzlich als zuverlässig erweisen werden. So 562

So ausdrücklich etwa Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (618); Heckelmann, NJW 2018, 504 (505); Braegelmann / Kaulartz, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 1 (10) [Rn. 25]; Finck, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 1 (5 ff.); Matzke, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 99 (101 f.); Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (85). 563 Vgl. ausführlich oben S. 142 ff. 564 Vgl. Kuhlmann, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 117 (118); Finck, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 1 (5 f.); Heckelmann, NJW 2018, 504 (505). 565 Zum Vorteil der Blockchain, die dieses Vertrauen unnötig macht, etwa Kaulartz, DSRITB 2016, S. 1023 (1024); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (202); BaFin, Blockchain-Technologie, 2017; Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (319); Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (119); Durovic /  Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (64); Clément, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (275). 566 In diese Richtung etwa auch BaFin, Blockchain-Technologie, 2017; Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 13; Heckelmann, NJW 2018, 504 (505); Durovic / Janssen, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (64).

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2. Teil: Risiken von Smart Contracts für Verbraucher

liegt es im eigenen wirtschaftlichen Interesse des Dritten, sich eine Reputation als zuverlässig aufzubauen, um weitere Aufträge als zentrale Instanz zu erhalten. Langfristig ergibt es für den Dritten regelmäßig keinen Sinn, das in ihn gesteckte Vertrauen zu enttäuschen, um hierdurch einen kurzfristigen Vorteil zu erhalten. Die langfristige Überlegenheit einer Strategie der Zuverlässigkeit für den Dritten kann allerdings in Frage gestellt werden, wenn eine Manipulation so wertvoll ist, dass der kurzfristige Vorteil für den Dritten so groß ist, dass sich zuverlässiges Verhalten mit Blick auf dauerhaft weitere Aufträge nicht lohnen würde. Vor diesem Hintergrund bietet sich eine Speicherung eines Smart Contracts auf der verteilten Datenbank einer Blockchain insbesondere in Fällen an, in denen erhebliche Vermögenswerte im Raum stehen. Praktisch wird sich daher eine Vielzahl von Smart Contracts die angesprochenen Vorteile der Blockchain-Technologie zu Nutze machen. Eine pauschale Verknüpfung der Blockchain-Technologie mit Smart Contracts verbietet sich aber schon deshalb, weil es den „einen“ Smart Contract nicht gibt. Smart Contracts sind inhaltlich ebenso vielgestaltig wie die von ihnen umzusetzenden Vertragsbedingungen. Dies bedeutet gleichzeitig, dass die konkreten Anforderungen eines Smart Contracts je nach inhaltlicher Ausgestaltung variieren können. Manche Formen von Smart Contracts werden von einer Verbindung mit der Blockchain-Technologie daher mehr profitieren als andere. 2. Programmierung von Smart Contracts Blockchain-basierte Smart Contracts werden praktisch vor allem auf der Ethereum-Blockchain567 umgesetzt.568 Während die ursprüngliche Bitcoin-Blockchain noch keine Speicherung allgemeiner Programme zuließ, sondern die Übertragung von Bitcoins lediglich an bestimmte Vollzugsbedingungen geknüpft werden konnte (sog. Skripts), wurde Ethereum gerade mit dem Ziel der Erweiterung des Anwendungsbereichs der Blockchain auf allgemeine Programme entwickelt.569 Das Ziel 567

Vgl. grundlegend Buterin, Ethereum White Paper, 2013. Allgemein auch Diedrich, Ethereum, 2016, S. 27 ff.; Casey / Vigna, The Truth Machine, 2018, S. 79 ff.; Werbach, The Blockchain and the New Architecture of Trust, 2018, S. 63 ff.; De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 27 ff.; Antonopoulos / Wood, Mastering Ethereum, 2019, S. 1 ff. 568 Vgl. Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 30, 34; Rein, in: Sassenberg / Faber, Rechtshandbuch Industrie 4.0 und Internet of Things, 2. Aufl. 2020, § 14 Rn. 118. Vor allem in der Finanzbranche wird hingegen teilweise auch auf private bzw. permissioned Blockchains wie R3 Corda zurückgegriffen (https://www.r3.com/corda-platform/), vgl. Spitz / L ehnert / Heizmann, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 69 (69). 569 Vgl. Buterin, Ethereum White Paper, 2013; Blocher, AnwBl 2016, 612 (617); Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (128); Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band  166 (2017), S. 263 (271); Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (333); Casey / Vigna, The Truth Machine, 2018, S. 79 f.; Werbach, The Blockchain and the New Architecture of Trust, 2018, S. 65, 124;

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von Ethereum ist es, die Idee der Blockchain über monetäre Anwendungen hinaus fruchtbar zu machen.570 Es handelt sich daher um eine frei nutzbare (open source), zugangsfreie (permissionless)571 weltweit dezentralisierte, turing-vollständige572, allgemein einsetzbare („general-purpose“) Blockchain.573 Die Ethereum-Blockchain soll dementsprechend die Programmierung jeglicher Art von Smart Contracts ermöglichen.574 Ausgeführt werden Smart Contracts auf der Ethereum Virtual Maschine (EVM).575 Diese bildet das Kernelement der Architektur des Smart Contract Systems.576 Da es aber große Schwierigkeiten bereitet, kompliziertere Konzepte unmittelbar in der Sprache auszudrücken, die die EVM letztlich ausführt (sog. Bytecode)577, wurden Hilfssprachen und entsprechende Compiler entwickelt, die die Programmierung von Smart Contracts erleichtern sollen.578 Die heute am häufigsten verwendete Programmiersprache für Ethereum-basierte Smart Contracts Frankenreiter, in: Journal of Institutional and Theoretical Economics 175 (2019), S. 149 (153); Antonopoulos / Wood, Mastering Ethereum, 2019, S. 2, 6; Finck, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 1 (3); Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 30. 570 Vgl. Buterin, Ethereum White Paper, 2013; Casey / Vigna, The Truth Machine, 2018, S. 79 f.; Werbach, The Blockchain and the New Architecture of Trust, 2018, S. 53 ff., 65.; Finck, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 1 (3); Durovic / Janssen, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (63). 571 Vgl. zu den Vorteilen zugangsfreier Plattformen instruktiv Matthes, in: Braegelmann /  Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 37 (49 f.) [Rn. 55 ff.]. 572 Vgl. zum Begriff und der Turing-Vollständigkeit von Ethereum im Einzelnen Antonopoulos / Wood, Mastering Ethereum, 2019, S. 8 ff. 573 Vgl. etwa Blocher, AnwBl 2016, 612 (617); Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (333); Werbach, The Blockchain and the New Architecture of Trust, 2018, S. 55, 65 f., 124; De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 28; Antonopoulos / Wood, Mastering Ethereum, 2019, S. 1 ff. 574 Vgl. Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (619); Casey / Vigna, The Truth Machine, 2018, S. 81; Voshmgir, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 13 (21) [Rn. 26]; Möslein, ZHR 2019, 254 (261). Im Anschluss an Ethereum wurden auch weitere Protokolle für die Umsetzung komplexerer Smart Contracts geschaffen. Hierzu gehören etwa Cardano (https://cardano.org/), Neo (https://neo.org/), EOS (https://eos.io/) oder Hyperledger (https://www.hyperledger.org/), vgl. Voshmgir, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 13 (21) [Rn. 26]. 575 Vgl. Blocher, AnwBl 2016, 612 (618); Koch / Reitwiessner, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 59 (59) [Rn. 2]; De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 28. Zur EVM im Einzelnen auch Diedrich, Ethereum, 2016, S. 199 ff.; Antonopoulos / Wood, Mastering Ethereum, 2019, S. 297 ff. 576 Vgl. Matthes, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 37 (41 ff.) [Rn. 23 ff.]. 577 Vgl. zur Ausführung von Bytecode durch die EVM und den damit verbundenen Vorteilen Diedrich, Ethereum, 2016, S. 200 f.; Erbguth, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 25 (29); Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 37 (dort Fn. 218). 578 Vgl. Koch / Reitwiessner, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 59 (59 f.) [Rn. 2, 4]; Antonopoulos / Wood, Mastering Ethereum, 2019, S. 129 f.; Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 37.

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2. Teil: Risiken von Smart Contracts für Verbraucher

ist Solidity.579 Softwareentwickler benutzen diese höheren Sprachen für ein komfortableres Programmieren von komplexeren Programmen, die anschließend durch den Compiler in für die EVM ausführbaren Bytecode übersetzt werden.580 Für die Ausführung des Smart Contracts ist dementsprechend eigentlich nicht das in Solidity oder einer anderen Sprache Programmierte, sondern der Bytecode maßgeblich.581 Ist aber ein fehlerfreier Compiler vorhanden, der das Programmierte in Bytecode übersetzt, reicht es aus Sicht der Smart Contract-Entwickler aus, sicherzugehen, dass das Programm in der höheren Sprache korrekt abläuft.582 Dies ist besonders deshalb für den Umgang mit Smart Contracts wichtig, weil der unmittelbar ausgeführte Bytecode selbst sogar für die meisten Software-Entwickler nicht lesbar oder verständlich ist.583 Bei den derzeit zur Programmierung von Ethereum-Smart Contracts verfügbaren höheren Programmiersprachen handelt es sich um sog. imperative Sprachen, die sequentiell zu lesen sind und genaue Handlungsanweisungen angeben.584 Sie unterscheiden sich insofern von der deskriptiven Form traditioneller Verträge und Gesetze, die eine Liste von zu erfüllenden Bedingungen oder Folgen bestimmter Situationen beschreiben.585 Auf der EVM ausgeführte Smart Contracts sind deterministisch586, d. h. ihre Ausführung liefert bei bestimmten Ausgangswerten für 579 Vgl. Diedrich, Ethereum, 2016, S. 211; Eschenbruch / Gerstberger, NZBau 2018, 3 (4); Koch / Reitwiessner, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 59 (60) [Rn. 4]; Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 37. Andere speziell für die Entwicklung von Smart Contracts auf der Ethereum-Blockchain entwickelte Programmiersprachen sind beispielsweise LL, Mutan und Serpent bzw. Vyper, vgl. Koch / Reitwiessner, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 59 (60) [Rn. 4]; Diedrich, Ethereum, 2016, S. 201, 212 f.; Antonopoulos / Wood, Mastering Ethereum, 2019, S. 131. 580 Vgl. Koch / Reitwiessner, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 59 (59) [Rn. 2]; Antonopoulos / Wood, Mastering Ethereum, 2019, S. 128; Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 37. 581 Vgl. Koch / Reitwiessner, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 59 (59) [Rn. 2]. 582 Vgl. Koch / Reitwiessner, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 59 (59) [Rn. 2]. Umgekehrt zum Nachvollziehen des Quellcodes auf Basis des Bytecodes auch Erbguth, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 25 (29). 583 Vgl. Antonopoulos / Wood, Mastering Ethereum, 2019, S. 129. 584 Vgl. Koch / Reitwiessner, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 59 (60 f.) [Rn. 7]. Kritisch zu diesem Zustand aber Poncibò / DiMatteo, in: ­DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (130 f.). 585 Vgl. Koch / Reitwiessner, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 59 (60) [Rn. 6]. 586 Vgl. Diedrich, Ethereum, 2016, S. 205; M. Müller, ZfIR 2017, 600 (610); Antonopoulos /  Wood, Mastering Ethereum, 2019, S. 127 f.; Matthes, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 37 (45 f.) [Rn. 43]. Vgl. ergänzend zur terminierten und isolierten Ausführung von Smart Contracts auf der EVM instruktiv Matthes, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 37 (46 f.) [Rn. 45 f.]. A. A. scheinbar Cannarsa, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 102 (106), wenn Oracles verwendet werden.

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Variablen und Parametern immer exakt dasselbe Ergebnis.587 Die Ausführung des Smart Contracts ist damit allein durch den Code vorherbestimmt. Allein der Code entscheidet darüber, wie sich der Smart Contract verhält – wie und wann er bestimmte Maßnahmen vornimmt. 3. Formalismus als Voraussetzung für Smart Contracts Voraussetzung dieses Determinismus ist es wiederum, dass alle Faktoren, die für die Ausführung des Smart Contracts maßgeblich sind, d. h. insbesondere alle zugrundeliegenden Bedingungen, Ausnahmen und die zu automatisierenden Maßnahmen, im Voraus im Einzelnen festgelegt werden588 und dass die im Programmcode abgebildete Wenn-Dann-Beziehung in einer Weise definiert ist, dass der Computer feststellen kann, ob eine Bedingung erfüllt ist – ob also die daran geknüpfte Maßnahme ausgeführt werden soll.589 Dem Computer kann bei der Entscheidung, ob die Bedingung eingetreten ist und daher die daran geknüpften Maßnahmen auszuführen sind, keinerlei Beurteilungsspielraum zukommen. Der Smart Contract liefert bei bestimmten Ausgangswerten für Variablen und Parametern immer exakt dasselbe Ergebnis.590 Smart Contracts können dementsprechend nicht auf Zufallszahlen oder andere nicht-deterministische Systemfunktionen zurückgreifen.591 Es ist auch nicht möglich, diese Entscheidungen auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben, sondern sie müssen von vornherein klar im Programmcode festgelegt werden. Der Computer muss das Vorliegen der Bedingung zweifelsfrei als entweder „wahr“ oder „falsch“ (sog. Schaltvariable) einordnen können.592 Der Computer ist 587

Zum Begriff des Determinismus im Einzelnen Matthes, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 37 (45 f.) [Rn. 43]. 588 Vgl. etwa Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (623); Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (277); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 13; Möslein, ZBB 2018, 208 (217). 589 In diese Richtung auch Werbach, The Blockchain and the New Architecture of Trust, 2018, S. 125. 590 Zum Begriff des Determinismus im Einzelnen Matthes, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 37 (45 f.) [Rn. 43]. Zum Determinismus des Smart Contracts auch Diedrich, Ethereum, 2016, S. 205; M. Müller, ZfIR 2017, 600 (610); Antonopoulos / Wood, Mastering Ethereum, 2019, S. 127 f. 591 Vgl. Matthes, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 37 (45) [Rn. 43]. 592 Vgl. etwa Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (620); Jacobs / L ange-Hausstein, ITRB 2017, 10 (13); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 23; Paulus / Matzke, CR 2017, 769 (772); Catchlove, Smart Contracts: A New Era of Contract Use, 2017, S. 8; Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (125); Schrey / T halhofer, NJW 2017, 1431 (1431); Hacke, in: Aggarwal / Eidenmüller / Enriques / Payne / van Zwieten (Hrsg.), Autonomous Systems and the Law, 2019, S. 17 (19); ähnlich Kaulartz, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts,

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auf eine mechanische, logische Subsumtion beschränkt, kann eine wägende Subsumtion aber gerade nicht leisten.593 Ein Entscheidungsspielraum wäre allenfalls denkbar, wenn der Smart Contract in der Weise mit einer künstlichen Intelligenz verbunden würde, die es dem Computer erlaubt, auch mehrdeutige oder offene Formulierungen zu verstehen und eindeutige Entscheidungen über die Erfüllung einer Bedingung zu treffen. Das ist aber grundsätzlich nicht der Fall.594 Von Anfang an verband Szabo das Konzept von Smart Contracts ausdrücklich nicht mit künstlicher Intelligenz, bei der der Maschine eine solche Entscheidung gegebenenfalls zugetraut werden könnte.595 Smart Contracts dürfen dementsprechend nicht in dem Sinne als „intelligent“ verstanden werden, dass dieser auch natürliche Sprache verstehen könnte.596 Grundsätzlich kann auch nicht auf Variablen außerhalb des persistenten Speichers der Blockchain zugegriffen werden.597 Um derartige externe Bedingungen (z. B. Wechsel- oder Börsenkurse, Messtände etc.), für den Smart Contract wahrnehmbar und damit verifizierbar zu machen, muss daher auf sog. Oracles zurückgegriffen werden.598 Oracles verifizieren den Eintritt externer Bedingun­ 2019, S. 73 (74). Ausführlich zu Schaltvariablen etwa Whitesitt, Boolesche Algebra und ihre Anwendungen, 1970, S. 83 ff.; Hoffmann, Grundlagen der Technischen Informatik, 5. Aufl. 2016, S. 93 ff. 593 Vgl. M. Engel, JZ 2014, 1096 (1098). 594 Vgl. explizit etwa Szabo, Smart Contracts Glossary, 1995; Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (618 f.); Jaccard, in: Jusletter IT v. 23. 11. 2017, S. 3 f.; Lauslahti / Mattila / Seppälä, Smart Contracts  – How will Blockchain Technology Affect Contractual Practices, 2017, S. 3, 17; Paulus / Matzke, CR 2017, 769 (772); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 14; Cong / He, Blockchain Disruption and Smart Contracts, 2018, S. 8; Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 24. Anderes Verständnis offenbar nur Eidenmüller, in: Frankfurter Allgemeine Woche 22/2017, S. 54 (55). 595 Vgl. Szabo, Smart Contracts Glossary, 1995. 596 So auch Finck, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 1 (7); Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 24 f. 597 Vgl. Matthes, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 37 (45) [Rn. 43]; Antonopoulos / Wood, Mastering Ethereum, 2019, S. 253. 598 Vgl. Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (620); Berentsen / Schär, Bitcoin, Blockchain und Kryptoassets, 2017, S. 294 ff.; M. Müller, ZfIR 2017, 600 (610); Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (336); De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 75; Heckelmann, NJW 2018, 504 (505); Antonopoulos / Wood, Mastering Ethereum, 2019, S. 253 ff.; Finck, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 1 (7 f.); Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 25; Frankenreiter, in: Journal of Institutional and Theoretical Economics 175 (2019), S. 149 (156 f.); Matthes, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 37 (46) [Rn. 44]; Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 13 f.; DiMatteo / Cannarsa / Poncibò, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 3 (9 f.); Gatteschi / L amberti / Demartini, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 37 (44); Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (66); Tjong Tjin Tai, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The

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gen.599 Sie wirken als Schnittstellen mit der „echten“ Welt außerhalb der Block­ chain600 und erlauben, Smart Contract-Transaktionen von Bedingungen abhängig zu machen, die nicht ohne weiteres auf der Blockchain selbst ablesbar sind.601 4. Zusammenfassung Voraussetzung der Automatisierung von Vertragsbedingungen durch Programmcode ist vor diesem Hintergrund die Formalisierung dieser vertraglichen Regelung. Smart Contracts bestehen aus Programmcode.602 Ein in natürlicher SpraCambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 80 (83 f.); Mik, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 160 (175 f.); Clément, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (279 f.); Borgogno, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (294). 599 Vgl. Mik, in: Innovation & Technology, Band 9 (2017), S. 269 (Manuskript, S. 23); Mik, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 160 (175). 600 Ähnlich M. Müller, ZfIR 2017, 600 (610); Heckelmann, NJW 2018, 504 (505); Gatteschi /  Lamberti / Demartini, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 37 (44); Mik, in: ­DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 160 (175); Borgogno, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (294). 601 Vgl. Matthes, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 37 (46) [Rn. 44]. Zur Unterscheidung zwischen „on-chain“ und „off-chain“ Events auch Mik, in: Innovation & Technology, Band 9 (2017), S. 269 (Manuskript, S. 22). 602 So ausdrücklich etwa Miller / Stiegler, in: Rizzo / W hite (Hrsg.), Markets, Information and Communication  – Austrian Perspectives on the Internet Economy, 2004, S. 63 (64); Peters / Panayi, Understanding Modern Banking Ledgers through Blockchain Technologies, 2015, S. 7; Blocher, AnwBl 2016, 612 (618); Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1, unter B.; Hingley / Robinson, A smart new world: blockchain and smart contracts, 2016; Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (127); Stark, Making Sense of Blockchain Smart Contracts, 2016; Catchlove, Smart Contracts: A New Era of Contract Use, 2017, S. 8; Jaccard, in: Jusletter IT v. 23. 11. 2017, S. 4; Kaal / Calcaterra, in: The Business Lawyer, Band 73 (2017), S. 109 (111); I. Ng, The Art of Contract Drafting in the Age of Artificial Intelligence, 2017, S. 33; O’Shields, in: North Carolina Banking Institute, Band 21 (2017), S. 177 (179); Simmchen, MMR 2017, 162 (164); Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (273); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 13; Young, in: Catholic University Journal of Law & Technology, Band 26 (2017), S. 1 (6 f.); De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 74; Eschenbruch / Gerstberger, NZBau 2018, 3 (3); K ­ ennedy, in: Law Practice, Band  44 (2018), S. 56 (58 f.); Malta, Digital Innovation Authority Act, Teil I, Art. 2 (1) UA 17; Möslein, ZBB 2018, 208 (215); De Caria, in: Aggarwal / Eidenmüller /  Enriques / Payne / van Zwieten (Hrsg.), Autonomous Systems and the Law, 2019, S. 27 (29); Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 24; Finck, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 1 (7); Voshmgir, Token Economy, 2019, S. 87 f.

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2. Teil: Risiken von Smart Contracts für Verbraucher

che formulierter Vertrag muss, mit anderen Worten, in eine für den Computer lesbare Form gewissermaßen übersetzt werden.603 Anders als traditionelle Verträge setzt der Programmcode eine formale Sprache voraus, die vollständig definiert und in ihrer Interpretation eindeutig ist.604 Bei Einsatz der Ethereum-Blockchain werden Smart Contracts typischerweise in einer höheren Programmiersprache entsprechend der umzusetzenden vertraglichen Wenn-Dann-Bedingungen programmiert, ehe sie anschließend durch einen Compiler in für die EVM ausführbaren Bytecode übersetzt werden.605

II. Sprache als Risiko für Verbraucher Für Verbraucher bringt die formale Sprache des Smart Contracts im Vergleich zu traditionellen Verträgen zusätzliche Probleme und Risiken mit sich. Traditionell ist das Sprachrisiko ein Risiko mangelnder Verständigung.606 Der Verbraucherschutz und das Gebot der Verständlichkeit sind dabei eng miteinander verwoben. Wenn der Verbraucher die Regelungen des Vertrages nicht verstehen und dementsprechend würdigen kann, wird hierdurch seine Selbstbestimmung in Frage gestellt. Der Verbraucher kann kaum eine informierte Entscheidung darüber treffen, ob er einem vom Unternehmer formulierten Vertrag zustimmen will, wenn er die vertraglichen Regelungen aus sprachlichen Gründen von vornherein nicht verstehen und nachvollziehen kann. Nach dem sog. Informationsmodell des Verbraucherschutzes ist der Verbraucher zum Ausgleich die rechtliche Selbst­ bestimmung gefährdender Informationsdefizite daher auf entsprechende Informa-

603

Vgl. etwa Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (309); Cannarsa, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 102 (106). Zu den damit verbundenen Schwierigkeiten wegen der unterschiedlichen Sprachkoventionen von SoftwareEntwicklern und Juristen instruktiv auch Clément, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (273 f.). 604 Vgl. etwa Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (325); Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band  166 (2017), S. 263 (277, 291); ­Gatteschi / L amberti / Demartini, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 37 (55); Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (120). Allgemein zu formaler Sprache auch Raabe / Wacker / Oberle / Baumann / Funk, Recht ex machina, 2012, S. 70. 605 Vgl. Koch / Reitwiessner, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 59 (59) [Rn. 2]; Antonopoulos / Wood, Mastering Ethereum, 2019, S. 128; Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 37; sowie bereits oben S. 146 ff. 606 Vgl. zum Begriff des Sprachrisikos ausführlich Kling, Sprachrisiken im Privatrechtsverkehr, 2008, S. 5 ff. Zum Sprachrisiko als Verständigungsrisiko auch Dreißigacker, Sprachenfreiheit im Verbrauchervertragsrecht, 2002, S. 17 (Fn. 3); Schäfer, JZ 2003, S. 879 (880 ff.).

D. Formale Sprache des Smart Contracts als besonderes Risiko 

153

tionen angewiesen.607 Entsprechend dem Leitbild des informierbaren, mündigen Verbrauchers608 statuiert der Gesetzgeber deshalb Informationspflichten zugunsten des Verbrauchers, um dieses Ungleichgewicht (teilweise) zu beseitigen.609 Damit die zur Verfügung gestellten Informationen ihren Zweck erfüllen können, muss der Verbraucher sie aber auch verstehen können.610 Flankiert werden die verbraucherrechtlichen Informationspflichten daher durch das Transparenzgebot611, demzufolge u. a. die vom Unternehmer bereit gestellten Informationen „klar und verständlich“612 sein müssen (Art. 246a § 4 Abs. 1 EGBGB). Darüber hinaus erstreckt sich das Gebot klarer und verständlicher Sprache auch auf die vertraglichen Regelungen selbst, sofern sie sich aus allgemeinen Geschäftsbedingungen ergeben (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB).613 Die für Verbraucher verständliche Vertragsgestaltung spielt sowohl im Rahmen des Vertragsschlusses als auch bei der Vertragsdurchführung eine Rolle.614 Die insofern vorausgesetzte Verständlichkeit der gegenüber Verbrauchern verwendeten Sprache wird ebenso durch die Verwendung von Fremdsprachen615 wie durch Fachsprache, Fremdwörter oder umständliche Formulierungen616 oder die Präsentation der Klausel617 in Frage gestellt. Wie bereits gesehen, stellt die typische Unverständlichkeit des Programmcodes auch bei Smart Contracts in besonders erhöhtem Maße ein Problem für die Selbst 607 Vgl. ausführlich etwa Achilles, Vom Homo Oeconomicus zum Differenzierten Verbraucher, 2020, S. 69 ff.; 164 ff. Überblicksweise auch Tamm, in: Tamm / Tonner / Brönneke (Hrsg.), Verbraucherrecht, 3. Aufl. 2020, § 1 Rn. 24 f. 608 Vgl. Achilles, Vom Homo Oeconomicus zum Differenzierten Verbraucher, 2020, S. 75 f.; Tamm, in: Tamm / Tonner / Brönneke (Hrsg.), Verbraucherrecht, 3. Aufl. 2020, § 1 Rn. 24 f. 609 Vgl. allgemein etwa Tamm, Verbraucherschutzrecht, 2011, S. 358 ff.; Weiler, in: Tamm /  Tonner / Brönneke (Hrsg.), Verbraucherrecht, 3. Aufl. 2020, § 13 Rn. 5 ff. 610 In diese Richtung bereits EuGH, Urt. v. 03. 06. 1999 – Rs. C-33/97, Slg. 1999, I-3175 – Colim NV / Bigg’s Continent Noord NV, Rn. 29: „Die Informationen, die die Wirtschaftsteilnehmer dem Käufer, vor allem dem Endverbraucher, geben müssen, sind, sofern sie nicht durch Piktogramme oder andere Zeichen als Worte erfolgreich übermittelt werden können, ohne praktischen Nutzen, wenn sie nicht in einer für ihre Adressaten verständlichen Sprache abgefaßt sind.“ 611 Vgl. allgemein zum Transparenzgebot des Verbraucherschutzes etwa Kling, Sprachrisiken im Privatrechtsverkehr, 2008, S. 51 ff.; Tamm, Verbraucherschutzrecht, 2011, S. 347 ff.; Achilles, Vom Homo Oeconomicus zum Differenzierten Verbraucher, 2020, S. 182 ff. 612 Instruktiv zu dem Begriffspaar „klar und verständlich“ Kling, Sprachrisiken im Privatrechtsverkehr, 2008, S. 52 ff. 613 Zum Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB vgl. Kling, Sprachrisiken im Privatrechtsverkehr, 2008, S. 580 ff.; Tamm, Verbraucherschutzrecht, 2011, S. 355 ff.; Tamm, in: Tamm / Tonner / Brönneke (Hrsg.), Verbraucherrecht, 3. Aufl. 2020, § 11 Rn. 208 ff. Zu weiteren Sprachrisiken bei Verwendung allgemeiner Geschäftsbedingungen ausführlich Kling, Sprachrisiken im Privatrechtsverkehr, 2008, S. 506 ff. 614 Vgl. Tamm, Verbraucherschutzrecht, 2011, S. 350. 615 Vgl. zu einer spezialgesetzlichen Regelung beispielsweise § 483 Abs. 1 BGB. 616 Instruktiv zu verschiedenen Verständlichkeitsstufen nach Maßgabe des sog. MCM-Wertes einer Sprache Tamm, Verbraucherschutzrecht, 2011, S. 351 f. 617 Vgl. Achilles, Vom Homo Oeconomicus zum Differenzierten Verbraucher, 2020, S. 183.

154

2. Teil: Risiken von Smart Contracts für Verbraucher

bestimmung des Verbrauchers dar.618 Der Programmcode des Smart Contracts ist für den Verbraucher als Laien regelmäßig, ähnlich wie eine Fremdsprache, von vornherein unverständlich.619 Anders als bei natürlichen Fremdsprachen hat der Verbraucher dabei aber nicht einmal die Möglichkeit, Übersetzungsprogramme heranzuziehen, um rasch zumindest ein allgemeines Verständnis der Regelungen des Smart Contracts zu erhalten.620 Obwohl also das sprachliche Verständigungsrisiko bei Einsatz von Smart Contracts also bereits in erhöhtem Maße besteht, wird die von der Sprache des Smart Contracts ausgehende Gefahr durch ihre besonderen formalen Charakteristika noch zusätzlich verschärft.

III. Formalisierung und Inflexibilität als besondere Risiken Neben dem Problem der mangelnden Verständlichkeit, das indes ggf. durch eine entsprechende Übersetzung des Unternehmers gelöst oder zumindest abgemildert werden könnte621, führt die formale Sprache des Smart Contracts zusätzliche Risiken ein, die bei traditionellen, in natürlicher Sprache verfassten Verträgen bisher nicht aufgetreten sind. Diese neuartigen, besonderen Risiken einer formalen Vertragssprache bzw. die Gefahren von Verträgen aus Programmcode sind daher auch durch den Gesetzgeber bisher nicht beachtet worden. 1. Vorteile der Formalisierung? Die Formalisierung von Vertragsbedingungen wird aufgrund der mit ihr verbundenen Klarheit und Eindeutigkeit teilweise sehr begrüßt.622 Dem Wunsch nach präziser, formalistischer Vertragssprache mag unter anderem ein gewisses Miss-

618

Vgl. hierzu bereits ausführlich oben S. 70 ff. Vgl. etwa Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1029 f.); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (204); Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (621); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 24; Riehm, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 99 (110 f.) [Rn. 37]; ­Söbbing, ITRB 2018, 43 (46); Clément, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (281 f.). 620 So auch Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 123 f. [dort Fn. 645]. 621 Vgl. zu der Frage einer Übersetzungsobliegenheit des Unternehmers etwa Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 106 f. sowie im Zusammenhang mit AGB noch ausführlich unten S. 198 ff. 622 Vgl. etwa Börding / Jülicher / Röttgen / v. Schönfeld, CR 2017, 134 (138); Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (323 ff.); Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (125); Jacob, in: Aggarwal / Eidenmüller / Enriques / Payne / van Zwieten (Hrsg.), Autonomous Systems and the Law, 2019, S. 3 (3); 619

D. Formale Sprache des Smart Contracts als besonderes Risiko 

155

trauen gegenüber Juristen und ihrer scheinbar unverständlichen Sprache zugrunde liegen.623 In Zukunft sollten Verträge hingegen klar formuliert und präzise sein, Doppeldeutigkeiten ausschließen und nicht erst mühsam von Menschen interpretiert werden müssten.624 Die Formalisierung wird insofern als Wert an sich angesehen, nicht allein als Zwischenschritt auf dem Weg zum eigentlichen Ziel, der Automatisierung.625 2. Verlust von Flexibilität Gleichzeitig geht die Formalisierung allerdings mit einem Verlust von Flexibilität einher, die sich traditionell aus der natürlichen Sprache von Verträgen ergibt.626 Auch gesetzliche Regelungen, die Rechte für Parteien oder Grenzen für die Vereinbarung bedeuten können, lassen sich unter Umständen nicht ohne weiteres in den Smart Contract aufnehmen627, wenn diese sich offener Formulierungen bedienen.

DiMatteo / Cannarsa / Poncibò, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 3 (6 f.); ­Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (76); Cannarsa, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 102 (106 f., 111). 623 Vgl. etwa Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (265); Jacob, in: Aggarwal / Eidenmüller / Enriques / Payne / van Zwieten (Hrsg.), Autonomous Systems and the Law, 2019, S. 3 (3). 624 In diese Richtung auch Börding / Jülicher / Röttgen / v. Schönfeld, CR 2017, 134 (138); ­Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (323 ff.); Werbach /  Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (360); De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 72, 81 f.; Cannarsa, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 102 (106 f., 111); DiMatteo / Cannarsa / Poncibò, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 3 (6 f.); Timmermann, Legal-Tech Anwendungen, 2020, S. 83 f. 625 Vgl. zu Ansätzen zur Formalisierung von Verträgen etwa Grigg, in: Frankel (Hrsg.), Financial Cryptography – 4th International Conference, 2000, S. 332; Grigg, The Ricardian Contract, 2004; Surden, in: University of California-Davis Law Review, Band  46 (2012), S. 629. Ausführlich zur Entwicklung dieser Ansätze auch Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (320 ff.); De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 72 ff. 626 Ausführlich insbesondere Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (279 ff.). 627 Vgl. aber zur Notwendigkeit der Aufnahme gesetzlicher Regelungen als Hintergrund etwa Tjong Tjin Tai, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 80 (84).

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2. Teil: Risiken von Smart Contracts für Verbraucher

a) Probleme bei der Formalisierung der Rechtssprache Der Versuch, Vertragsbedingungen zu formalisieren, steht in einem grundlegenden Widerspruch zur Sprache traditioneller Verträge.628 Der Zwang zur eindeutigen Festlegung steht der Mehrdeutigkeit und den fließenden Grenzen natürlicher Sprache entgegen.629 Die Verwendung offener, auslegungsbedürftiger Begriffe in Verträgen ist jedoch weder Zufall noch Selbstzweck, sondern kann durchaus Vorteile für die Vertragsparteien mit sich bringen.630 aa) Mehrdeutigkeit juristischer Sprache Hinter Gesetzesworten – und vertraglichen Regelungen, die diese Worte aufgreifen – verbergen sich Vorstellungsinhalte, die durch sprachliche Zeichen „objektiviert“, also lesbar, gemacht werden sollen.631 Mit den so verwendeten Zeichen können indes verschiedene Vorstellungsinhalte verbunden sein.632 Die juristische Sprache ist gerade nicht eindeutig und präzise.633 Der Versuch, eine natürliche

628 Im Zusammenhang mit Smart Contracts auch Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (279 ff.); Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band  1 (2017), S. 305 (325 f.); Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 26 f.; Gatteschi / L amberti / Demartini, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 37 (56); Cannarsa, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 102 (106); ­Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (120 f.); ­Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (293). 629 Vgl. hierzu etwa instruktiv Lyons, Einführung in die moderne Linguistik, 1971, S. 412 ff. 630 Vgl. K. Levy, in: Engaging Science, Technology and Society, Band 3 (2017), S. 1 (7 ff.); Mik, in: Innovation & Technology, Band 9 (2017), S. 269 (Manuskript, S. 19) („ambiguity is a feature not a bug“); Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (279 ff.); De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 77; Finck, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 1 (9); DiMatteo / Cannarsa / Poncibò, in: DiMatteo / Cannarsa /  Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 3 (7) („strategic ambiguity“) bzw. (9) („the beauty of contract law is found in its malleability“); Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (128); Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (292 f.). 631 Vgl. Zippelius, Juristische Methodenlehre, 11. Aufl. 2012, S. 15; Busse, Juristische Semantik, 2. Aufl. 2011, S. 229 ff. 632 Vgl. zur Mehrdeutigkeit juristischer Begriffe etwa Heck, AcP 112 (1914), S. 1 (173); Engisch, Einführung in das juristische Denken, 12. Aufl. 2018, S. 159; Zippelius, Juristische Methodenlehre, 11. Aufl. 2012, S. 38 f. 633 Vgl. Kotsoglou, JZ 2014, 451 (454); Zippelius, Juristische Methodenlehre, 11. Aufl. 2012, S. 38 f., 88; Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (325).

D. Formale Sprache des Smart Contracts als besonderes Risiko 

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(Fach-)Sprache zu formalisieren und somit für einen Computer handhabbar zu machen, stößt daher schon auf grundsätzliche Bedenken.634 So werden dieselben Begriffe teilweise etwa in verschiedenen Kontexten verwendet635 und verstoßen somit gegen das Kontextinvarianzprinzip der formalen Logik, nach dem sich derselbe Ausdruck immer auf denselben Bedeutungsinhalt beziehen müssen.636 Juristische Begriffe verfügen zudem über einen inexakten Bedeutungsumfang, einen „Bedeutungsspielraum“.637 Nur wenige Rechtsbegriffe sind derart klar bestimmt, dass in allen Fällen zweifelsfrei erkennbar ist, ob ein konkreter Fall hierunter zu fassen ist oder nicht.638 So erlauben sogar wahrnehmbare, lediglich deskriptive Begriffe wie „Mensch“, „Dunkelheit“ oder „Lärm“ keine eindeutige Zuordnung, sondern können in besonderen Fällen zu Zweifeln führen.639 Insofern setzt (nahezu) jede Anwendung einer abstrakten Rechtsnorm auf einen konkreten Fall eine Wertung darüber hinaus, ob dieser Fall von der Norm erfasst sein soll.640 Ein rein formaler Vergleich reicht hierzu gerade nicht aus.641 Eine Subsumtion ist in diesem Sinne keine logische, sondern eine methodologische Aufgabe.642 bb) Gezielte Flexibilität in gesetzlichen Tatbeständen Das Bedürfnis des Programmcodes, Begriffe eindeutig festzulegen und computerisiert überprüfbar zu machen, steht in einem starken Kontrast zu der häufigen Nutzung offener und unbestimmter Rechtsbegriffe in gesetzlichen Tatbeständen

634

Instruktiv Kotsoglou, JZ 2014, 451 (453 f.); Kotsoglou, JZ 2014, 1100 (1101) („begriff­ liche Unmöglichkeit des Unterfangens“); Zippelius, Juristische Methodenlehre, 11. Aufl. 2012, S. 88. Optimistischer hingegen Raabe / Wacker / Oberle / Baumann / Funk, Recht ex machina, 2012, insb. S. 70 ff.; 171 ff. 635 Vgl. insbesondere das Beispiel der Mehrdeutigkeit des Begriffs „Sache“ bei Engisch, Einführung in das juristische Denken, 12. Aufl. 2018, S. 159 (dort Fn. 8). Allgemein auch DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 3 (7 f.). 636 Vgl. Kotsoglou, JZ 2014, 451 (453). Zu einem Umgang mit kontextabhängigen Rechts­ begriffen in diesem Zusammenhang allerdings M. Engel, JZ 2014, 1096 (1098); dagegen wiederum Kotsoglou, JZ 2014, 1100 (1101). Im Zusammenhang mit Smart Contracts auch Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (291). 637 Zippelius, Juristische Methodenlehre, 11. Aufl. 2012, S. 88. 638 Vgl. etwa Engisch, Einführung in das juristische Denken, 12. Aufl. 2018, S. 159; Heck, AcP 112 (1914), S. 1 (173). 639 Vgl. Engisch, Einführung in das juristische Denken, 12. Aufl. 2018, S. 160 f. 640 Instruktiv Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 214 ff. Vgl. auch Ring, Computergestützte Rechtsfindungssysteme, 1994, S. 135 f.; Adomeit / Hähnchen, Rechtstheorie mit Juristischer Methodenlehre, 7. Aufl. 2018, S. 34 (Rn. 48). 641 Vgl. Ring, Computergestützte Rechtsfindungssysteme, 1994, S. 136. 642 Vgl. Adomeit / Hähnchen, Rechtstheorie mit Juristischer Methodenlehre, 7. Aufl. 2018, S. 34 (Rn. 48). Ähnlich auch Busse, Juristische Semantik, 2. Aufl. 2011, S. 22 („Die Fiktion der automatischen Subsumtion hat auf die juristische Praxis nie gepaßt“.).

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2. Teil: Risiken von Smart Contracts für Verbraucher

und vertraglichen Vereinbarungen.643 Gesetzliche Regelungen müssen unter Umständen aber als Grenzen des Smart Contracts in den Programmcode aufgenommen werden.644 Besonders große Zuordnungsprobleme bereiten dabei solche Rechtsbegriffe, die von anderen rechtlichen Normen, Normenkomplexen oder sogar Wertvorstellungen und Weltanschauungen abhängen.645 Eine eindeutige Zuordnung solcher wertausfüllungsbedürftigen Rechtsbegriffen ist für einen Computer kaum möglich.646 Der Programmcode kann gerade keine wertende Entscheidung über die Zugehörigkeit eines Falles zu einem wertungsabhängigen Begriff treffen.647 Selbst eine inhaltliche Konkretisierung eines solchen Begriffs durch eine Datenbank aus Präjudizen und Beispielfällen648 würde zu kurz greifen, da sich bei der Anwendung dieser Rechtsbegriffe eine rein schematische Betrachtung gerade verbietet.649 Die Verwendung dieser Rechtsbegriffe in gesetzlichen Tatbeständen ist jedoch kein Zufall.650 Sie beruhen vielmehr auf bewussten Entscheidungen des Gesetz 643 Vgl. zu dieser Problematik etwa Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (620); Jacobs / L angeHausstein, ITRB 2017, 10 (13); Mik, in: Innovation & Technology, Band 9 (2017), S. 269 (Manuskript, S. 19 f.); Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band  1 (2017), S. 305 (325); Simmchen, MMR 2017, 162 (164); Hsiao, in: US-China Law Review, Band 14 (2017), S. 685 (692); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 16; Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (365); De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 77; ­Werbach, The Blockchain and the New Architecture of Trust, 2018, S. 125; Finck, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 1 (9); Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 27; DiMatteo / Cannarsa / Poncibò, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 3 (7); Gatteschi / L amberti / Demartini, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 37 (56); Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (121); Clément, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (276); Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa /  Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (294); Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 137 f. 644 Vgl. etwa Tjong Tjin Tai, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 80 (84). Zu besonderen gesetzlichen Grenzen von Smart Contracts noch ausführlich unten S. 178 ff. 645 Vgl. etwa Jacobs / L ange-Hausstein, ITRB 2017, 10 (13). Ausführlich zu diesen Begriffen auch Engisch, Einführung in das juristische Denken, 12. Aufl. 2018, S. 160 ff. 646 Vgl. etwa Jacobs / L ange-Hausstein, ITRB 2017, 10 (13); Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (365). 647 Vgl. M. Engel, JZ 2014, 1096 (1098). 648 Vgl. zu dieser Möglichkeit beispielsweise Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 138 f.; zumindest „mittel- bis langfristig“ auch Kaulartz / Kreis, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 249 (258) [Rn. 34]. 649 Vgl. etwa Schmitt-Kästner, Bürgerlich-rechtliche Generalklauseln als Schranken der Rechtsausübung in der Zwangsvollstreckung, 2018, S. 28. 650 In diese Richtung auch Jacobs / L ange-Hausstein, ITRB 2017, 10 (13).

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gebers. Dieser befindet sich in einem grundlegenden Dilemma zwischen dem Ziel, Einzelfallgerechtigkeit zu gewährleisten, und der Unmöglichkeit des Vorhabens, jeden Fall vorauszusehen und konkret zu regeln.651 Die Besonderheiten jedes einzelnen Falles kann der Gesetzgeber nur eingeschränkt abstrakt würdigen. Die Zahl konkreter Fälle, die der Gesetzgeber hierzu einzeln zu würdigen und zu regeln hätte, wäre unüberschaubar.652 Im wahrsten Sinne des Wortes entscheidende Bedeutung erlangt vor diesem Hintergrund der Richter. Dieser ist als derjenige, der mit den konkreten Einzelfällen unmittelbar in Berührung kommt, aufgerufen, die gesetzlichen Vorschriften auf den konkreten Fall anzuwenden.653 cc) Ausschluss einer Entscheidung in Hinblick auf konkrete Umstände als Abkehr vom Zusammenspiel zwischen Gesetz und Richterspruch Das Verständnis der Rolle des Richters bei der Rechtsanwendung hat sich im Laufe der Jahrhunderte stark gewandelt.654 Während die richterliche Rechtsanwendung früher (insbesondere unter dem Einfluss der Begriffsjurisprudenz655) „funktionieren [sollte] wie ein Automat, mit der einzigen Besonderheit, dass der funktionierende Apparat kein mechanischer, sondern ein logischer Automatismus ist“656, setzte sich bald die Erkenntnis durch, dass der Richter mehr sein sollte – und musste – als der bloße „Mund“657 oder sogar „Sklave des Gesetzes“658. Ein Gesetz, das so eindeutig bestimmt, vollständig und abschließend ist, dass die Rechtsanwendung als logischer Schluss allein aus dem Gesetz folgt, und die richterliche Entscheidung damit final determiniert, erwies sich als „naive Vorstellung“.659 651

Lange, Treu und Glauben und Effizienz, 2013, S. 90. Vgl. auch Schmitt-Kästner, Bürgerlich-rechtliche Generalklauseln als Schranken der Rechtsausübung in der Zwangsvollstreckung, 2018, S. 25. 653 Vgl. Lange, Treu und Glauben und Effizienz, 2013, S. 90 f. 654 Instruktiv zu dieser Entwicklung insbesondere Ogorek, Richterkönig oder Subsumtionsautomat?, 2008. Vgl. auch Hassemer, in: Kaufmann / Hassemer / Neumann (Hrsg.), Einführung in die Rechtsphilosophie und Rechtstheorie der Gegenwart, 8. Aufl. 2011, S. 251; Bockelmann, in: FS Smend, 1952, S. 23 (28 ff.); Engisch, Einführung in das juristische Denken, 12. Aufl. 2018, S. 156 f. 655 Dieser als Kritik verstandene Begriff geht zurück auf von Jhering, Scherz und Ernst in der Jurisprudenz, 2016 (1885), S. 337. Überblicksartig zur Begriffsjurisprudenz etwa Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl. 1991, Berlin, S. 19 ff.; Rückert, in: Rückert /  Seinecke (Hrsg.), Methodik des Zivilrechts – von Savingy bis Teubner, 2. Aufl. 2012, S. 501 (502 ff., Rn. 1359 ff.); Kaufmann, in: Kaufmann / Hassemer / Neumann (Hrsg.), Einführung in die Rechtsphilosophie und Rechtstheorie der Gegenwart, 8. Aufl. 2011, S. 26 (116 ff.). 656 Bockelmann, in: FS Smend, 1952, S. 23 (26). 657 Montesquieu, Vom Geist der Gesetze, 2011 (1748), S. 225 [XI. Buch, 6. Kapitel] („la bouche, qui prononce les paroles de la loi“). 658 Bockelmann, in: FS Smend, 1952, S. 23 (27). 659 Hassemer, in: Kaufmann / Hassemer / Neumann (Hrsg.), Einführung in die Rechtsphilosophie und Rechtstheorie der Gegenwart, 8. Aufl. 2011, S. 251 (252). Ähnlich auch Kotsoglou, JZ 2014, 451 (454) („Methodenillusionismus“). 652

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Der Gesetzgeber kann unmöglich alle Kontexte antizipieren, in denen ein bestimmter Rechtsbegriff angewendet werden soll und ihn auf diese Weise konkretisieren.660 Die meisten in Tatbeständen verwendeten Begriffen sind daher zumindest teilweise unbestimmt.661 Dies ist teilweise bereits auf die Ungenauigkeit und fließenden Grenzen natürlicher Sprache zurückzuführen.662 Aufbauend auf Heck kann insofern zwischen den klaren Fällen des „Begriffskerns“ und den Zweifelsfällen des „Begriffshofes“ unterschieden werden.663 Vielfach beschränken sich Gesetzesworte zudem nicht rein deskriptiv auf wahrnehmbare Gegebenheiten, sondern hängen von anderen Rechtsbegriffen oder sogar von Wertungen ab.664 Die Auslegung, d. h. das Verstehen der vom Gesetzgeber verwendeten Sprachzeichen, ist vor diesem Hintergrund eine logische Voraussetzung der Rechtsanwendung.665 Dies wiederum verlangt eine Wertung des Rechtsanwenders mit Hinblick auf den konkreten Fall.666 Nach modernem Verständnis muss der Richter daher in gewissem Umfang selbst rechtsschaffend tätig werden.667 Eine Sonderrolle nehmen insofern die sog. Generalklauseln ein.668 Dem Gesetzgeber wird daher heute insbesondere die Möglichkeit zugestanden, durch die Formulierung von Generalklauseln die Konkretisierung des Tatbestandes und die Entscheidung über dessen Anwendbarkeit auf einen späteren Zeitpunkt zu verlagern, in dem die konkreten Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden können.669 Die Generalklauseln dienen in diesem Sinne der Verwirklichung der Einzelfallgerechtigkeit.670 Durch sie können Gerichte auch atypische, vom Gesetzgeber 660

Vgl. Kotsoglou, JZ 2014, 451 (455). Vgl. Engisch, Einführung in das juristische Denken, 12. Aufl. 2018, S. 159. Vgl. auch Heck, AcP 112 (1914), S. 1 (173) („Mit verschwindender Ausnahme ist jedes Wort mehrdeutig.“); Zippelius, Juristische Methodenlehre, 11. Aufl. 2012, S. 38 f. 662 Instruktiv zu Worten als Zeichen für Vorstellungsinhalte insbesondere Zippelius, Juris­ tische Methodenlehre, 11. Aufl. 2012, S. 15 f. Zur Semantik allgemein Lyons, Einführung in die moderne Linguistik, 1971, S. 412 ff.; Busse, Juristische Semantik, 2. Aufl. 2010, inbs. S. 229 ff. 663 Grundlegend Heck, AcP 112 (1914), S. 1 (173). 664 Instruktiv Engisch, Einführung in das juristische Denken, 12. Aufl. 2018, S. 160 ff. 665 Busse, Juristische Semantik, 2. Aufl. 2011, S. 22. Indes kann es dennoch nicht allein um die Bedeutung der Gesetzesworte gehen, sondern vielmehr (auch) um das Erkennen der dahinterstehenden Normbereiches, vgl. instruktiv Busse, Juristische Semantik, 2. Aufl. 2011, S. 229 ff. 666 Vgl. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl. 1991, Berlin, S. 214 ff.; ­Zippelius, Juristische Methodenlehre, 11. Aufl. 2012, S. 80 f. 667 Hassemer, in: Kaufmann / Hassemer / Neumann (Hrsg.), Einführung in die Rechtsphilosophie und Rechtstheorie der Gegenwart, 8. Aufl. 2011, S. 251 (252). Ähnlich Engisch, Einführung in das juristische Denken, 12. Aufl. 2018, S. 156 f. 668 Zum Begriff ausführlich Auer, Materialisierung, Flexibilisierung, Richterfreiheit, 2005, S. 126 ff.; Schmitt-Kästner, Bürgerlich-rechtliche Generalklauseln als Schranken der Rechtsausübung in der Zwangsvollstreckung, 2018, S. 25 (Fn. 1). 669 Vgl. insbesondere zu der Kritik an Generalklauseln übersichtshalber Olzen / Looschelders, in: Staudinger-BGB, Buch 2: Recht der Schuldverhältnisse, §§ 241–243, 2015, § 242 BGB, Rn. 1 ff. 670 Vgl. Schmitt-Kästner, Bürgerlich-rechtliche Generalklauseln als Schranken der Rechtsausübung in der Zwangsvollstreckung, 2018, S. 25; Olzen / L ooschelders, in: Staudinger-BGB, Buch 2: Recht der Schuldverhältnisse, §§ 241–243, 2015, § 242 BGB, Rn. 102 (§ 242 BGB als „Einzelfallkorrektiv“). 661

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nicht vorhergesehene Problemlagen einer sachgerechten Lösung zuführen – unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls. Generalklauseln stellen heute ein zentrales Mittel der Gesetzgebungstechnik dar, indem sie eine große Gruppe von Sachverhalten lückenlos und anpassungsfähig erfassen.671 In diesem Sinne können Generalklauseln dem Rechtsanwender insbesondere die Möglichkeit geben, angemessen auf veränderte Lebenswirklichkeiten und Weltanschauungen zu reagieren.672 Der Richter hat zudem verschiedene Möglichkeiten, um einen gesetzlichen Wortlaut – ausnahmsweise – im Einzelfall in Hinblick auf dessen teleologischen Hintergrund zu korrigieren.673 Ist ein Gesetz etwa zwar seinem Wortlaut, nicht aber seinem Sinn und Zweck nach auf den konkreten Fall anwendbar, kommt eine teleologische Reduktion der Vorschrift in Betracht. Umgekehrt können über den Wortlaut des Gesetzes hinaus, gesetzliche Regelungen im Wege der Analogie auch auf andere Fälle Anwendung finden. Selbstredend berechtigen auch Generalklauseln oder auslegungsbedürftige Tatbestandsmerkmale nicht zu einer willkürlichen Gesetzesanwendung des Richters.674 Die richterliche Einzelfallprüfung erlaubt dem Gesetzgeber aber dennoch eine gewisse Flexibilität. Ein Gericht entscheidet stets im Einzelfall, ob ein gesetzlicher Tatbestand erfüllt ist und deswegen die gesetzliche Regelung Anwendung finden soll. Die Rechtsanwendung ist in nahezu allen Fällen von richterlichen Wertungen abhängig.675 Der Bedeutungsinhalt einer Rechtsnorm wird gerade mit Bezug auf die vorhandene Lebenswirklichkeit erwägt und konkretisiert.676 Der Richter kann – und soll – das Gesetz daher stets vor dem Hintergrund der besonderen Umstände des Einzelfalls anwenden. All diese Flexibilität in Hinblick auf eine gerechte Rechtsanwendung im Einzelfall, die sich aus dem Zusammenspiel zwischen Gesetz und Richterspruch traditionell ergibt, ist bei Einsatz von Smart Contracts von vornherein ausgeschlossen.677 In gewisser Weise spiegelt sich in dem Spannungsfeld zwischen der Automatisierung durch Smart Contracts und dem Ziel, adäquate Lösungen angesichts der konkreten Umstände des Einzelfalls zu finden, das allgemeine Dilemma des Gesetzgebers wider. Die Vertragsparteien, die in dem Smart Contracts-Programmcode eigene 671

Engisch, Einführung in das juristische Denken, 12. Aufl. 2018, S. 179 f. Schmitt-Kästner, Bürgerlich-rechtliche Generalklauseln als Schranken der Rechtsausübung in der Zwangsvollstreckung, 2018, S. 25. 673 Ausführlich etwa Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl. 1991, Berlin, S. 366 ff. Vgl. auch Zippelius, Juristische Methodenlehre, 11. Aufl. 2012, S. 52 ff.; Engisch, Einführung in das juristische Denken, 12. Aufl. 2018, S. 193 ff. 674 Der Richter ist an „Recht und Gesetz“ gebunden (Art. 20 Abs. 3 GG). Vgl. aber auch den abweichenden Wortlaut in Art. 97 Abs. 1 GG sowie § 1 GVG („nur dem Gesetze unterworfen“). 675 Vgl. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 214 ff., Ring, Computergestützte Rechtsfindungssysteme, Köln 1994, S. 135 f. 676 Vgl. Zippelius, Juristische Methodenlehre, 11. Aufl. 2012, S. 80; ausführlich auch Busse, Juristische Semantik, 2. Aufl. 2011, S. 229 ff. 677 Vgl. zu den Problemen der Anpassung auf veränderte Umstände noch eingehend unten S. 168 ff. 672

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2. Teil: Risiken von Smart Contracts für Verbraucher

Regelungen für die Erfüllung bzw. Durchsetzung vertraglicher Ansprüche aufstellen, müssen abstrakt, also ohne Berücksichtigung der konkreten Umstände, Regelungen treffen, die zu angemessenen Lösungen im Moment der Automatisierung führen.678 Sie agieren insofern wie ein Gesetzgeber. Anders als der Gesetzgeber bedienen sich die Vertragsparteien mit dem Smart Contract aber gewissermaßen eines Richters, der die Umstände des Einzelfalls ebenfalls nicht berücksichtigen kann. Der Smart Contract kann gerade nicht auf veränderte Umstände des Einzelfalls reagieren oder sonst korrigierend eingreifen. Eine Prüfung, ob die Parteien beispielsweise diesen konkreten Fall tatsächlich dieser Regelung unterwerfen wollten, unterbleibt. Maßgeblich für die Automatisierung ist nicht das von den Parteien übereinstimmend Gewollte, sondern allein das Programmierte.679 Der Programmcode entzieht sich jedoch einer Auslegung oder Korrektur.680 dd) Versuch der Formalisierung unbestimmter Rechtsbegriffe Allgemein lassen sich offen formulierte Rechtsbegriffe wie „größtmögliche Bemühungen“, „höhere Gewalt“, „nach bestem Wissen und Gewissen“, oder „nach Treu und Glauben“ nicht in einem Programmcode wiedergeben.681 Derartige unbestimmte Rechtsbegriffe können grundsätzlich nur insofern in den Programmcode aufgenommen werden als der Code gleichzeitig klare Anweisungen zu ihrer Ausfüllung enthält, die dem Computer erlauben, eindeutig festzustellen, ob der Tatbestand erfüllt ist.682 Diese Anweisungen müssen sich nicht notwendiger 678

Vgl. in diese Richtung auch Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (73 f.). 679 Vgl. etwa Riehm, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 99 (100) [Rn. 2]; Möslein, ZHR 2019, 254 (277) sowie bereits ausführlich oben S. 94 ff. 680 Vgl. etwa Kaulartz, DSRI-TB 2016, 1023 (1031, 1035); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (205 f.); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 23. 681 Vgl. Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (620); Jacobs / L ange-Hausstein, ITRB 2017, 10 (13); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 16; Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band  67 (2017), S. 313 (365); De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 77; Werbach, The Blockchain and the New Architecture of Trust, 2018, S. 125; Finck, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 1 (9); Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 27; Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (121); Clément, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (276); Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (294); Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 137 f. 682 Vgl. in diese Richtung auch Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (325); Anzinger, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 33 (56). Ähnlich Clément, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (276 f.).

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weise an den rechtsdogmatischen Konkretisierungen dieser Begriffe orientieren. Maßgeblich ist vielmehr, dass die Parteien beispielsweise eine Reihe bestimmter Verhaltensweisen unter dem Oberbegriff „treuwidrig“ zusammenfassen und ausschließen wollen.683 Nicht zuletzt besteht schließlich auch die Möglichkeit, Juristen oder sogar Richter als Oracles684 einzusetzen und auf diese Weise eine flexible Handhabung zu ermöglichen.685 Allein die Qualifikation eines Rechtsbegriffs als „unbestimmt“ bedeutet indes nicht zwingend, dass ein solcher Rechtsbegriff im konkreten Fall nicht eindeutig durch einen Computer subsumierbar wäre. Eine Reihe von normativen Rechtsbegriffen kann etwa ohne weiteres durch deskriptive Merkmale konkretisiert werden (z. B. „minderjährig“).686 So handelt es sich zwar bei dem Begriff „fremd“ um einen von anderen rechtlichen Normen abhängigen, technisch unbestimmten Rechtsbegriff, der erst vor dem Hintergrund der Eigentumsordnung des BGB näher präzisiert wird687, die Fremdheit eines Gegenstandes kann jedoch – zumindest theoretisch – auch durch einen Computer wahrgenommen werden. So wäre es beispielsweise denkbar, eine Liste aller Sachen anzulegen, die im Eigentum des Betroffenen stehen.688 Der Computer könnte auf dieser Grundlage eindeutig beurteilen, dass alle anderen Sachen „fremd“ sind. Andere Begriffe wie etwa eine „angemessene Frist“ können unter Umständen durch Rückgriff auf Rechtsprechungsdatenbanken oder Beispielfälle hinreichend konkretisiert werden.689 Die formale Logik des Computers lässt es grundsätzlich 683

Im Ergebnis ähnlich auch Clément, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (276 f.). 684 Allgemein zum Einsatz von Menschen als Oracles Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1035); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (206); Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (375); De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 75; Heckelmann, NJW 2018, 504 (508); Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 25; Blocher, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 113 (125 f.) [Rn. 48]; Hacke, in: Aggarwal / Eidenmüller / Enriques / Payne / van Zwieten (Hrsg.), Autonomous Systems and the Law, 2019, S. 17 (19); Möslein, ZHR 2019, 254 (269); De Caria, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 19 (31); Durovic / Janssen, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (74); Tjong Tjin Tai, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 80 (83 f.). 685 Vgl. hierzu sowie den damit verbundenen Problemen noch unten S. 287 ff. 686 Vgl. Engisch, Einführung in das juristische Denken, 12. Aufl. 2018, S. 162. 687 Vgl. Engisch, Einführung in das juristische Denken, 12. Aufl. 2018, S. 162. 688 Probleme bereitet insofern indes die statische Natur des Programmcodes, wenn sich Eigentumsverhältnisse im Laufe der Zeit ändern. 689 Vgl. etwa Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 136 ff.; Clément, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (276 f.). In diese Richtung wohl auch Möslein, ZHR 2019, 254 (285). Gegen eine Möglichkeit der Verarbeitung des Merkmals der „angemessenen Frist“ noch Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (623).

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durchaus zu, für eine Reihe von Fällen Oberbegriffe zu bilden.690 Allerdings ist es hierfür erforderlich, alle relevanten Fälle zu antizipieren. In diesem Zusammenhang ist schließlich zu beachten, dass es bei den Problemen von Smart Contracts im Rahmen der Formalisierung unbestimmter Rechtsbegriffe im Kern nicht darum geht, dass der Smart Contract unmittelbar ein Gesetz umsetzt / automatisiert oder im Sinne eines Subsumtionsautomaten auf einen konkreten Fall anwendet.691 Im Mittelpunkt steht hier vielmehr die Einhaltung der gesetz­lichen Regelungen.692 Die Nichtsubsumierbarkeit gesetzlicher Regeln bedeutet nicht zwingend einen Verstoß gegen diese Regeln. Stattdessen ist ohne weiteres denkbar, dass in den Smart Contract ein Weg programmiert wird, der – ggf. nach vorheriger juristischer Prüfung – die gesetzlichen Regeln einhält. Der entsprechende unbestimmte Rechtsbegriff selbst muss hierfür dann nicht verwendet werden. Der Programmcode selbst muss insofern die notwendige juristische Prüfung nicht selbst vornehmen, sie kann vielmehr auch im Vorfeld der Programmierung erfolgen. Vor diesem Hintergrund erhöhen die Probleme der Formalisierung von offenen Rechtsbegriffen in erster Linie die Schwierigkeiten bei der Gestaltung des Smart Contracts. Anders als in traditionellen Verträgen reicht es beispielsweise nicht aus, zu vereinbaren, dass die Parteien sich „nicht treuwidrig“ verhalten dürfen. Auch etwaige Ausnahmen von der Vollstreckung unter Hinweis auf eine „besondere Härte“ (etwa § 765a ZPO) genügen bei Einsatz von Smart Contracts nicht.693 Es müssen vielmehr im Vorfeld klare Verhaltensge- oder -verbote definiert werden. In gleicher Weise müsste die Programmierung, um gesetzliche Leistungsverweigerungsrechte nicht zu umgehen, explizit Ausnahmen von der grundsätzlichen Automatisierung der Leistung definieren.694 Pauschale Verweise auf die gesetzlichen Regelungen, die beispielsweise auf eine „schwerwiegende Veränderung von Umständen“ (§ 313

690 Instruktiv Ring, Computergestützte Rechtsfindungssysteme, 1994, S. 140 sowie zu den mit diesem Unterfangen verbundenen Schwierigkeiten S. 141 ff. 691 Zu einer solchen automatisierten Rechtsanwendung oder sogar Rechtserzeugung Raabe /  Wacker / Oberle / Baumann / Funk, Recht ex machina, 2012. Kritisch hingegen Ring, Computergestützte Rechtsfindungssysteme, 1994, insb. S. 135 ff.; Kotsoglou, JZ 2014, 451 (454); ­Kotsoglou, JZ 2014, 1100 (1101). Für eine automatisierte Subsumtion teilweise als Arbeitshilfe M. Engel, JZ 2014, 1096 (1098). 692 Vgl. etwa Tjong Tjin Tai, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 80 (84). Zu besonderen gesetzlichen Grenzen von Smart Contracts noch ausführlich unten S. 178 ff. 693 Vgl. zu der Problematik von Härtefällen als Vollstreckungsgrenze etwa Paulus / Matzke, NJW 2018, 1905 (1910 f.). 694 Vgl. ausführlich zur Programmierung von Leistungsverweigerungsrechten in Smart Contracts Tjong Tjin Tai, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 80 (91 ff.). Zur Notwendigkeit der Programmierung spezieller Fälle auch Clément, in: DiMatteo / Cannarsa /  Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (276 f.).

D. Formale Sprache des Smart Contracts als besonderes Risiko 

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Abs. 1 BGB) oder einen „unverhältnismäßigem Aufwand“ (§ 275 Abs. 2 BGB) abstellen, reichen hierfür gerade nicht aus.695 b) Der Wert flexibler Formulierungen für Verbraucher Der Verbraucher kann von der in traditionellen Verträgen typischerweise angelegten Flexibilität in mehrfacher Hinsicht profitieren. Die Verwendung offener, auslegungsbedürftiger Begriffe in Verträgen ist weder Zufall noch Selbstzweck.696 Im Rahmen der Rechtsgestaltung der eigenen Rechtsbeziehungen verwenden die Parteien oftmals bewusst offene, auslegungsbedürftige Formulierungen. Sie entscheiden sich dabei gezielt für die mit der Unbestimmtheit verbundene Flexibilität. aa) Abkürzen von Vertragsverhandlungen Der Verbraucher kann zunächst dadurch profitieren, dass durch offene Formulierungen und den Verzicht auf klare Festlegungen in allen denkbaren Fragen Vertragsverhandlungen abgekürzt werden.697 Würde dieses vorvertragliche Stadium hingegen deutlich in die Länge gezogen, so müssten die Parteien die dafür anfallenden Kosten – inklusive etwaiger Opportunitätskosten – gemeinsam tragen.698 695

Weniger Probleme sollte demgegenüber die Formalisierung der Einrede der Verjährung (§ 214 Abs. 1 BGB), eines Zurückbehaltungsrechtes nach § 273 Abs. 1 BGB oder der Einrede des nicht erfüllten Vertrages (§ 320 Abs. 1 BGB) bereiten. Das Problem der Bestimmung der Unzumutbarkeit einer persönlichen Leistung (§ 275 Abs. 3 BGB) sollte sich hingegen kaum stellen, da sich persönliche Leistungen ohnehin kaum automatisieren lassen werden. 696 Vgl. K. Levy, in: Engaging Science, Technology and Society, Band 3 (2017), S. 1 (7 ff.); Mik, in: Innovation & Technology, Band 9 (2017), S. 269 (Manuskript, S. 19) („ambiguity is a feature not a bug“); Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (279 ff.); De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 77; Finck, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 1 (9); DiMatteo / Cannarsa / Poncibò, in: DiMatteo / Cannarsa /  Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 3 (7) („strategic ambiguity“) bzw. (9) („the beauty of contract law is found in its malleability“); Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (128); Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (292 f.). 697 Vgl. auch K. Levy, in: Engaging Science, Technology and Society, Band 3 (2017), S. 1 (7 f.); Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (279 ff., 282 ff.); DiMatteo / Cannarsa / Poncibò, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 3 (7 f.); Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (293). 698 Vgl. in diesem Sinne auch Tjong Tjin Tai, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 80 (98 f.).

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2. Teil: Risiken von Smart Contracts für Verbraucher

Der Unternehmer wird derartige Kosten indes typischerweise über den Preis zum Teil auf den Verbraucher umlegen. Nicht zuletzt könnte der Unternehmer von einem enormen Aufwand im vorvertraglichen Stadium abgeschreckt werden, mit der Folge, dass Vereinbarungen, die (auch) im Interesse des Verbrauchers gelegen hätten, von vornherein nicht zustande kommen. Vor diesem Hintergrund haben die Parteien ein Interesse daran, auf eine klare Festlegung in einem frühen Stadium der Rechtsbeziehung zu verzichten und sich mit einer etwaigen anfangs offen gelassenen Problematik erst zu einem späteren Zeitpunkt im Einzelnen auseinanderzusetzen.699 Müssten die Parteien hingegen für jeden Punkt eine dezidierte Regelung treffen – selbst wenn dieser Punkt für den Vertrag im Ganzen von eher untergeordneter Bedeutung ist – würden die Vertragsverhandlungen deutlich in die Länge gezogen und zusätzlich belastet.700 Vor allem bei schwierigen Vertragsverhandlungen, in denen bereits die zentralen Punkte kontrovers diskutiert werden, bergen Einzelpunkte erhebliches Konfliktpotential. Müssten neben den zentralen Punkten auch kleinere, fernliegende und eigentlich unbedeutende Einzelpunkte im Einzelnen geregelt und diskutiert werden, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Beziehung zwischen den Parteien zusätzlich belastet und der Vertragsabschluss unter Umständen sogar gefährdet wird.701 Teilweise sollen Vertragsinhalte daher bewusst offengelassen werden, um die langfristige Beziehung mit dem Vertragspartner nicht zu gefährden.702 bb) Flexible Reaktion auf veränderte Umstände Durch bewusst offene Formulierungen können die Parteien zudem besser auf veränderte Umstände reagieren.703 Von dieser Anpassungsfähigkeit profitieren sowohl der Unternehmer als auch der Verbraucher. Gerade in bei Vertragsschluss nicht vorhergesehenen Konstellationen oder bei schwerwiegend veränderten Um 699

Vgl. etwa Baker / Krawiec, in: Florida State University Law Review, Band  33 (2006), S. 724 (724 f.). 700 Vgl. K. Levy, in: Engaging Science, Technology and Society, Band 3 (2017), S. 1 (7 f.); Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band  166 (2017), S. 263 (282 ff.); ­Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (293). 701 Vgl. K. Levy, in: Engaging Science, Technology and Society, Band 3 (2017), S. 1 (8). 702 Vgl. K.  Levy, in: Engaging Science, Technology and Society, Band  3 (2017), S. 1 (8); ­Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (128). 703 Vgl. etwa K. Levy, in: Engaging Science, Technology and Society, Band 3 (2017), S. 1 (8); Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (128); Clément, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (275). Vgl. zu den Problemen einer strengen Bindung bei Langzeitverträgen auch Fornasier, Freier Markt und zwingendes Vertragsrecht, 2013, S. 88.

D. Formale Sprache des Smart Contracts als besonderes Risiko 

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ständen kann die Möglichkeit einer flexiblen Anpassung des Vertrages für die Parteien von großem Vorteil sein.704 So kann sich eine ex ante – Festlegung auf einen bestimmten Vertragsinhalt bei sich rapide verändernden Rahmenbedingungen als nicht sachgerecht erweisen. Offene Formulierungen erlauben den Parteien hingegen die Flexibilität, ihre vertraglichen Beziehungen an veränderte Umstände anzupassen.705 Insbesondere langfristige Verträge enthalten etwa oftmals ein Preis- oder Leistungsanpassungsrecht einer Partei.706 Das Problem der nachträglichen schwerwiegenden Veränderung grundlegender Umstände liegt nicht zuletzt der gesetzlichen Regelung zur Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB zugrunde.707 Der Gesetzgeber weist hier auf Fälle hin, in denen sich die Grundlage des Vertrages nach Vertragsschluss so schwerwiegend verändert, dass einem Teil das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Durch die gesetzliche Regelung wird der benachteiligten Partei mithin in Form eines Anspruchs auf Vertragsanpassung sogar eine Flexibilität zugestanden, die nicht ausdrücklich in der eigentlichen Vereinbarung vorhergesehen worden war. cc) Flexibilität bei der Durchsetzung Daneben kann der Verbraucher auch von einer flexiblen Durchsetzung der Ansprüche des Unternehmers profitieren. Die Möglichkeit des Unternehmers, unter gewissen Bedingungen auf eine Durchsetzung (vorübergehend) zu verzichten, kann Lösungen ermöglichen, die im beiderseitigen Interesse liegen und auf die besonderen Umstände der zukünftigen Situation angepasst sind.708 Traditionelle Verträge gewähren den Parteien insofern eine gewisse Flexibilität im Rahmen der Durchsetzung ihrer Vereinbarung.709 Der Gläubiger ist nicht ge 704

Vgl. etwa Werbach, The Blockchain and the New Architecture of Trust, 2018, S. 126. Vgl. Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (280); Werbach, The Blockchain and the New Architecture of Trust, 2018, S. 126. 706 Vgl. Fornasier, Freier Markt und zwingendes Vertragsrecht, 2013, S. 89. Zur Zulässigkeit derartiger Anpassungsrechte im beiderseitigen Interesse BGH, Urt. v. 12. 07. 1989 – VIII ZR 297/88, NJW 1990, 115; Urt. v. 21. 09. 2005 – VIII ZR 38/05, NJW-RR 2005, 1717; Urt. v. 15. 11. 2007 – III ZR 247/06, NJW 2008, 360; BGH, Urt. v. 11. 10. 2007 – III ZR 63/07, NJW-RR 2008, 134. 707 Vgl. zum Hintergrund des § 313 BGB ausführlich Bayrak, Investitionsschutz und Geschäftsgrundlage, 2019, S. 49 ff.; Alberts, Wegfall der Geschäftsgrundlage, 2015, S. 17 ff.; Westermann, in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 313 BGB Rn. 1 ff.; Neuner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 12. Aufl. 2020, 42 Rn. 2 f. [S. 512 f.]. 708 Vgl. etwa K. Levy, in: Engaging Science, Technology and Society, Band 3 (2017), S. 1 (9 f.); Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (277 f., 284 ff.); Werbach, The Blockchain and the New Architecture of Trust, 2018, S. 126; Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (292 f.). 709 Vgl. K. Levy, in: Engaging Science, Technology and Society, Band 3 (2017), S. 1 (9 f.) („strategic nonenforcement“); Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 705

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2. Teil: Risiken von Smart Contracts für Verbraucher

zwungen, seine Forderung gegen den Schuldner auch tatsächlich durchzusetzen. Vielmehr kann er aus Kulanz oder aus Kalkül auf eine Durchsetzung – zumindest zeitweise – verzichten.710 Der Gläubiger kann etwa angesichts besonderer, bei Vertragsschluss nicht vorhergesehener Umstände auf eine Durchsetzung seines Anspruchs verzichten, um den Schuldner nicht in eine wirtschaftliche Schieflage zu bringen. Der Gläubiger könnte zudem in einer Angelegenheit auf eine Durchsetzung (zunächst) verzichten, um an anderer Stelle, etwa bei einem anschließenden größeren Auftrag, von einem so aufgebauten guten Willen beim Schuldner zu profitieren. 3. Verlust von Flexibilität bei Einsatz von Smart Contracts Diese Flexibilität, die sich bei traditionellen Verträgen gerade auch zum Vorteil des Verbrauchers auswirken kann, geht bei Einsatz von Smart Contracts verloren.711 Der Formalismus erlaubt keine offen gelassenen Regelungen zum Abkürzen von Vertragsverhandlungen, eine flexible Anpassung der Vereinbarung in Hinblick auf veränderte Umstände oder eine Flexibilität im Rahmen der Durchsetzung. a) Keine Berücksichtigung besonderer Umstände im Einzelfall Die Unveränderbarkeit des Programmcodes des Smart Contracts macht insbesondere eine Anpassung des ex ante Programmierten mit Rücksicht auf die konkreten Umstände des Einzelfalls unmöglich.712

(2017), S. 263 (277 f., 284 ff.) („enforcement flexibility“); Finck, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 1 (9) („Vollzugsermessen“); Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 27; Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (292). 710 Zur Möglichkeit, einen Durchsetzungsverzicht etwa im Rahmen von Verhandlungen anzubieten, vgl. K. Levy, in: Engaging Science, Technology and Society, Band 3 (2017), S. 1 (9 f.). 711 Ausführlich insbesondere Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (279 ff.). 712 Vgl. Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band  67 (2017), S. 313 (367); Durovic /  Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (73); Cannarsa, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 102 (111); Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo / Cannarsa /  Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (129); Mik, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 160 (175); Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (292 f.); Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 208.

D. Formale Sprache des Smart Contracts als besonderes Risiko 

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Die grundlegende Idee des Smart Contracts besteht darin, dass bei Eintritt bestimmter Bedingungen automatisiert eine bestimmte Folge ausgelöst wird.713 Eine menschliche Entscheidung des Schuldners, der den Vertrag möglicherweise im letzten Moment brechen wollen könnte, wird dabei gezielt ausgeschlossen.714 Zwar beruht der Smart Contract (idealerweise) auf dem privatautonomen Willen beider Parteien, im Zeitpunkt des Bedingungseintritts und der Ausführung operiert er aber gerade unabhängig von menschlichen Entscheidungen. Tritt die programmierte Bedingung ein, führt der Smart Contract die programmierte Maßnahme aus – ohne Rücksicht auf die konkreten Umstände des Einzelfalls. Es besteht nur eine eingeschränkte Möglichkeit, einen einmal begonnen Smart Contract während der Ausführung zu stoppen.715 Der Smart Contract trifft keine Entscheidung im Moment der Ausführung, ob die zu automatisierende Maßnahme nach Maßgabe der konkreten Umstände dem beiderseitigen Willen der Parteien entspricht.716 Der Programmcode ist einer vertragsrechtlichen Auslegung von vornherein nicht zugänglich.717 Sein Handeln ist in dem Smart Contract-Programmcode bis ins kleinste Detail vorherbestimmt. Der Smart Contract nimmt somit gerade keine Rücksicht auf etwaige nach der Programmierung veränderte Umstände.718 Der Smart Contract steht dabei nicht grundsätzlich in einem Konflikt zu der Handlung, die die Parteien bei Bedingungseintritt vorgenommen hätten. Obwohl in der Regel der Programmcode einseitig vom Unternehmer vorgegeben wird, einigen sich die Vertragsparteien dabei darauf, dass eine bestimmte Maßnahme ausge 713

Vgl. zur Wenn-Dann-Logik des Smart Contracts bereits ausführlich oben S. 89 ff. Vgl. etwa deutlich Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (306, 316). In diese Richtung auch Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1, unter A.; Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (618); Mik, in: Innovation & Technology, Band 9 (2017), S. 269 (Manuskript, S. 10); Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (120, 126 f., 129); Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 26; Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (73); Clément, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (271); Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (291). 715 Vgl. etwa Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (273, 291 f.); De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 75; Finck, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 1 (7); Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 24 f. 716 Vgl. zu dem daraus folgenden möglichen Konflikt zwischen Automatisierung und Partei­ willen in nicht vorhergesehenen bzw. geregelten Fällen etwa Durovic / Janssen, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (74 f.). 717 Vgl. etwa Kaulartz, DSRI-TB 2016, 1023 (1031, 1035); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (205 f.); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 23. 718 Vgl. auch Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (369); Durovic /  Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (73 f.). 714

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2. Teil: Risiken von Smart Contracts für Verbraucher

führt werden soll, wenn eine bestimmte Bedingung eintritt. Das zentrale Problem besteht hingegen darin, dass der zu automatisierende Sachverhalt auf bestimmte entscheidende Parameter heruntergebrochen werden muss. Alle Umstände außerhalb derjenigen, die in den Bedingungen des Smart Contract festgelegt werden, sind für die Ausführung des Smart Contracts unbeachtlich.719 Diese Problematik wird zusätzlich dadurch verschärft, dass in diesem Zusammenhang – wie oben gezeigt – gerade nicht auf formelartige Formulierungen wie „besondere Härte für den Schuldner“, „höhere Gewalt (force majeure)“ oder „unverschuldete Zahlungsunfähigkeit“ zurückgegriffen werden kann.720 Derartige Sammelbegriffe können in traditionellen Verträgen eine flexible Handhabung der vertraglichen Pflichten erlauben, sind jedoch nicht von einem Computer (mechanisch) subsumierbar. Die Fälle, in denen die Automatisierung ausnahmsweise nicht stattfinden soll, sind vielmehr von den Parteien im Einzelnen zu antizipieren und konkret im Programmcode festzulegen.721 Die Notwendigkeit der exakten Beurtei 719

Vgl. im Sinne einer unbedeutsamen bloßen Kommentierung etwa Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (350). 720 Vgl. zum Problem der Abbildung unbestimmter Rechtsbegriffe etwa Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (620); Jacobs / L ange-Hausstein, ITRB 2017, 10 (13); Mik, in: Innovation & Technology, Band 9 (2017), S. 269 (Manuskript, S. 19 f.); Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (325); Simmchen, MMR 2017, 162 (164); Hsiao, in: US-China Law Review, Band 14 (2017), S. 685 (692); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 16; Werbach /  Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (365); De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 77; Werbach, The Blockchain and the New Architecture of Trust, 2018, S. 125; Finck, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 1 (9); Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 27; DiMatteo / Cannarsa / Poncibò, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 3 (7); Gatteschi / L amberti / Demartini, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 37 (56); Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo / Cannarsa /  Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (121); Clément, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (276); Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (294); Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 137 f.sowie oben. 721 Zur Schwierigkeit oder sogar Unmöglichkeit dieses Unterfangens etwa Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (279 ff.); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 13; DiMatteo / Cannarsa / Poncibò, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 3 (7, 11); Gatteschi / L amberti / Demartini, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 37 (54); Tjong Tjin Tai, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 80 (98); Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (118 ff.). Allgemein zu den Problemen derartiger „complete contracts“ auch Baker / Krawiec, in: Florida

D. Formale Sprache des Smart Contracts als besonderes Risiko 

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lung von Begriffen und der Verzicht auf eine Einzelfallbetrachtung stehen damit in einem Gegensatz zu den Bemühungen des Gesetzgebers durch Generalklauseln bewusst Unbestimmtheit und damit Flexibilität ins Recht einzuführen. Die Vorteile einer exakten Rechtssprache führen gleichzeitig zu einem Verlust der Anpassungsfähigkeit an die Vielgestaltigkeit der konkreten Umstände.722 b) Beschränkte Reaktionsmöglichkeit auf Fehler Die Unveränderbarkeit von auf der Blockchain gespeicherten Smart Contracts führt zudem zu Schwierigkeiten, wenn im Nachhinein (unbewusst verursachte) Fehler im Programmcode festgestellt werden.723 Der Smart Contracts kann nachträglich weder ergänzt noch verändert werden.724 Das gleiche Problem stellt sich daher auch bei nachträglichen Änderungen der Rechtslage.725 Fehler bei der Übersetzung von vertraglichen Vereinbarungen in Programmcode können nicht ausgeschlossen werden.726 Fehler im Programmcode führen State University Law Review, Band 33 (2006), S. 724 (725); Schwartz / Scott, in: The Yale Law Journal, Band 113 (2003), S. 541 (594 f.); Mathis, Effizienz statt Gerechtigkeit?, 4. Auflage, 2019, S. 108; Williamson, The Economic Institutions of Capitalism, 1985, S. 70 („prohibitively costly if not impossible“). 722 Vgl. Zippelius, Juristische Methodenlehre, 11. Aufl. 2012, S. 88. 723 Vgl. hierzu etwa Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (623 f.); O’Shields, in: North Carolina Banking Institute, Band 21 (2017), S. 177 (187); Blocher, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 113 (113) [Rn. 1]; DiMatteo / Cannarsa / Poncibò, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 3 (4); Gatteschi / L amberti / Demartini, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 37 (54); Mik, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 160 (175); Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 209. 724 Vgl. etwa Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1035); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (206); Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (273); Durovic /  Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (73); Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (129); Clément, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (285). Instruktiv zur Möglichkeit sog. „Upgradable“ Smart Contracts aber Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 208 f. 725 Vgl. etwa Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (327). 726 Instruktiv etwa Blocher, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 113 (113) [Rn. 2]. Zu den Problemen der Übersetzung eines Vertrages in Software auch Mik, in: Innovation & Technology, Band 9 (2017), S. 269 (Manuskript, S. 16 ff.); Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (126); Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (365); Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (128); Mik, in: DiMatteo / Cannarsa /  Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 160 (174 f.).

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2. Teil: Risiken von Smart Contracts für Verbraucher

dazu, dass das zwischen den Parteien eigentlich Vereinbarte und die Regelungen des Smart Contracts auseinanderfallen.727 Die Parteien haben sich also zwar über bestimmte Bedingungen für eine Automatisierung geeinigt, der Programmcode bildet diese Vereinbarung aber nicht (vollständig) ab. Programmierfehler führen mithin dazu, dass eine andere als die vereinbarte Wenn-Dann-Beziehung im Programmcode abgebildet und damit automatisiert wird. „Das, was unaufhaltsam durchgesetzt wird, entspricht nicht dem, was rechtlich geschuldet ist, und das, was rechtlich geschuldet ist, wird dann nicht durch den Smart Contract durchgesetzt.“728 Der Smart Contract wäre daher mangels einer Zustimmung des Verbrauchers zu dieser Automatisierung grundsätzlich unzulässig.729 Selbst wenn die Parteien diesen Fehler aber zwischen der finalen Speicherung des Smart Contracts und dem Bedingungseintritt bemerken, hätten sie aber grundsätzlich keine Möglichkeit, diesen Fehler im Nachhinein zu beheben.730 Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass aufgrund der fehlenden Korrekturmöglichkeit Fehler im Programmcode unbedingt zu vermeiden sind.731 Die aus diesem Grund besonders gebotene Sorgfalt732 kann zu erheblichen Kosten für den Unternehmer führen, der typischerweise für die Programmierung verantwortlich sein wird. Die hierfür anfallenden Kosten dürften dabei in der Regel zumindest zum Teil aber auf den Verbraucher umgelegt werden. Schwierigkeiten ergeben sich zudem in Fällen, in denen bereits erfolgte Transaktionen rückgängig gemacht werden sollen.733 Dies kann beispielsweise auf einer Nichtigkeit oder Anfechtung734 beruhen. Gem. § 142 Abs. 1 BGB ist etwa 727

Vgl. etwa Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (131). 728 Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (88); Riehm, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 99 (100) [Rn. 4]. 729 Vgl. ausführlich zur Zustimmung des Verbrauchers als notwendige Rechtfertigung für die Automatisierung oben S. 44 ff. 730 Eine solche Korrekturmöglichkeit müsste vielmehr ebenso wie die genauen Umstände, die diese Korrektur erlauben sollen, im Programmcode vorgesehen werden, vgl. Werbach, The Blockchain and the New Architecture of Trust, 2018, S. 126. 731 Vgl. zur Notwendigkeit der Fehlerprävention bei Smart Contracts auch, Blocher in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 113 (122 f.) [Rn. 36 ff.]. 732 Vgl. auch Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (374); DiMatteo / Cannarsa / Poncibò, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 3 (4). 733 Vgl. etwa auch Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1035); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (206); Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1, unter E.II.; O’Shields, in: North Carolina Banking Institute, Band 21 (2017), S. 177 (187); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 24; Heckelmann, NJW 2018, 504 (507); Paulus / Matzke, ZfPW 2018, 431 (460 f.); Schrey / T halhofer, NJW 2017, 1431 (1435 f.); Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (292); Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 214. 734 Vgl. zur Irrtumsanfechtung (§ 119 BGB) bei Smart Contracts etwa Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1031); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (204); Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (622); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht

D. Formale Sprache des Smart Contracts als besonderes Risiko 

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ein wirksam angefochtenes Rechtsgeschäft als von Anfang an nichtig anzusehen. Diese Rechtsfolge lässt sich nicht ohne weiteres auf Transaktionen übertragen, die auf einer Blockchain vorgenommen wurden.735 Auf einer Blockchain festgehaltene Transaktionen können technisch nicht gelöscht werden.736 Der wohl vielversprechendste Weg, um ein mit der Unwirksamkeit vergleichbares Ergebnis zu erreichen, liegt daher darin, eine umgekehrte Transaktion vorzunehmen, die den status quo ante wiederherstellt (sog. reverse transaction).737 Eine solche „umgekehrte Transaktion“ entspricht insofern dem Bereicherungsanspruch infolge einer Unwirksamkeit des zugrundeliegenden Schuldverhältnisses nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB. Probleme bereiten aber weiterhin Ansprüche auf Berichtigung oder Löschung. Diese können auch durch umgekehrte Transaktionen nicht erreicht werden.738 c) Ausschluss eines effizienten Vertragsbruchs Eine Smart Contract-basierter automatisierter Vollzug von vertraglichen Bedingungen soll dem Schuldner – zumeist dem Verbraucher – von vornherein die Möglichkeit nehmen, seine Leistungspflichten zu erfüllen bzw. den Vertrag zu brechen.739 Die Automatisierung ist in diesem Sinne darauf gerichtet, dass der und Technik im Überblick, 2017, S. 24; Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 148 f. 735 Vgl. etwa Gatteschi / L amberti / Demartini, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 37 (53); Clément, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (285); Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (292). 736 Vgl. auch Clément, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (285). 737 Vgl. hierzu sowie zu möglichen Alternativen ausführlich etwa Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 215 ff. Zu „reverse transactions“ im Allgemeinen auch Schrey / T halhofer, NJW 2017, 1431 (1435); Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo / Cannarsa /  Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (121, 130); Clément, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (286) („anti-contract“). 738 Vgl. Schrey / T halhofer, NJW 2017, 1431 (1435). 739 Vgl. etwa Hsiao, in: US-China Law Review, Band 14 (2017), S. 685 (686 f.); Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (130); Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (279); Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (306, 316); Mik, in: Innovation & Technology, Band 9 (2017), S. 269 (Manuskript, S. 10); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 13; De Caria, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 19 (27); Durovic / Janssen, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Tech-

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2. Teil: Risiken von Smart Contracts für Verbraucher

Schuldner / Verbraucher sich unabhängig von den konkreten Umständen nachträglich nicht mehr gegen den Vertrag entscheiden können soll. Eine solche starke Bindung an das Vereinbarte740 kann durchaus auch im Interesse des Verbrauchers liegen: es schafft ein besonders großes Maß an Vertrauen zwischen den Parteien und führt zu mehr Rechtssicherheit.741 Die sog. Theorie des effizienten Vertragsbruchs („theory of efficient breach“) weist indes auf Fälle hin, in denen es für den Schuldner wirtschaftlich sinnvoller und daher wünschenswert sein kann, den Vertrag nicht zu erfüllen und dem Vertragspartner dafür dessen Schaden zu ersetzen.742 Dies kann etwa der Fall sein, wenn der Gewinn des Schuldners infolge des Vertragsbruchs größer wäre als der Schadensersatz, den der Schuldner an den Gläubiger zu zahlen hat.743 Derartige Konstellationen zeigen, dass der durch eine Automatisierung herbeigeführte absolute Ausschluss eines Vertragsbruchs Gefahr läuft, unter Umständen eine Entscheidung des Verbrauchers zu verhindern (die Nichterfüllung), die im Interesse des Schuldners und aus ökonomischer Sicht sinnvoller ist.744 Eine erzwungene

nology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (73, 75); Tjong Tjin Tai, in: DiMatteo / Cannarsa /  Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 80 (98); Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (118, 128); Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (291). 740 Im Sinne einer Verstärkung von Versprechen auch etwa Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (356). 741 Vgl. etwa Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (292). Zur ökonomischen Funktion der Vertragsbindung zudem instruktiv Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, 2015, S. 166 ff. 742 Vgl. aus der englischsprachigen Literatur grundlegend Birmingham, in: Rutgers Law Review, Band 24 (1970), S. 273 (284 ff.); Goetz / Scott, in: Columbia Law Review, Band 77 (1977), S. 554. Im Anschluss Shavell, in: Quarterly Journal of Economics, Band 99 (1984), S. 121; Rogerson, in: The Rand Journal of Economics, Band 15 (1984), S. 39; Craswell, in: Southern California Law Review, Band 61 (1988), S. 629 (633 ff.); Mahoney, in: The Journal of Legal Studies, Band 24 (1995), S. 139. Übersichtsweise zudem Klass, in: Klass / Letsas / Saprai, Philosophical Foundations of Contract Law, 2014, S. 362. Aus der deutschen Literatur vgl. insbesondere die Darstellungen bei Finsinger / Simon, in: KritV, Neue Folge, Band 2 [70] (1987), S. 262; Köndgen / von Randow, in: Ott / Schäfer (Hrsg.), Allokationseffizienz in der Rechtsordnung, 1989, S. 122; C. Engel, in: Homo Oeconomicus, Band 11 (1994), S. 143; Unberath, Die Vertragsverletzung, 2007, S. 232 ff.; Weller, Die Vertragstreue, 2009, S. 355 ff.; Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, 2015, S. 173 ff.; Mathis, Effizienz statt Gerechtigkeit?, 4. Auflage, 2019, S. 108 ff. 743 Ähnlich Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, 2015, S. 171. 744 Vgl. auch Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (328); Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (127); Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (366); Borgogno, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (293).

D. Formale Sprache des Smart Contracts als besonderes Risiko 

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Vertragstreue745 könnte insofern möglicherweise eine Wohlstandsmaximierung verhindern.746 Als klassische Fallgruppe eines effizienten Vertragsbruchs kann die Situation beschrieben werden, in der ein Verkäufer einen Vertrag mit einem potentiellen Käufer für ein unvertretbares oder am Markt nicht verfügbares Produkt abschließt, in der Zeit zwischen Vertragsschluss und Erfüllung, d. h. vor der Lieferung, aber einen Dritten findet, der bereit ist, einen höheren Preis für dasselbe Produkt zu bezahlen.747 Schuldrechtlich ist dem Verkäufer durch den ersten Vertrag das Recht unbenommen, weitere Kaufverträge über dieselbe Sache abzuschließen. Unter der Annahme, dass der Verkäufer das Produkt nur einmal übereignen und daher nur einen Kaufvertrag erfüllen kann (§ 433 Abs. 1 BGB), muss er sich dann entweder zwischen der Erfüllung des ersten oder eines möglichen zweiten Kaufvertrages mit dem Dritten entscheiden. Regelmäßig wird der Verkäufer den höheren Kaufpreis durch einen zweiten Vertrag mit dem Dritten erzielen wollen. Hierzu kann der Verkäufer den ersten Kaufvertrag nicht erfüllen bzw. brechen und dem Käufer Schadensersatz statt der Leistung gem. § 280 Abs. 1, 3 iVm § 281 BGB zahlen. Das deutsche Recht entscheidet sich in § 249 Abs. 1 BGB für den Ersatz des sog. Erfüllungsschadens: der Schadensersatzpflichtige hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Der Schadensersatzgläubiger ist demnach im Fall eines Vertragsbruchs so zu stellen, als hätte der Schuldner seinen Anspruch erfüllt. Erfüllt der Verkäufer demnach seine Übergabe- und Übereignungsverpflichtung gegenüber dem ersten Käufer nicht, so hat er – abhängig davon, ob der Käufer bereits bezahlt hat – den Kaufpreis zurückzubezahlen und zusätzlich einen möglichen Mehrwert des Produktes auszugleichen. Bezahlt der zweite Käufer, der Dritte, anschließend im Zuge der beiderseitigen Erfüllung des zweiten Kaufvertrages dem Verkäufer den höheren Kaufpreis, profitiert der Verkäufer mithin von der möglicherweise übrigbleibenden Differenz zwischen dem Schadensersatz und dem zweiten Kaufpreis. Der Vertragsbruch kann daher unter Umständen im wirtschaftlichen Interesse des Verkäufers liegen. Allerdings ist bei genauerer Betrachtung zu berücksichtigen, dass in einer solchen Situation ein Verbraucher nur selten als Verkäufer betroffen sein wird. Der Verbraucher nimmt in Rechtsbeziehungen zu Unternehmern vielmehr in der Regel die Rolle des Zahlungsschuldners ein, nicht die des Anbieters eines Produktes oder 745

Vgl. in diesem Sinne auch Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band  1 (2017), S. 305 (320). 746 Ähnlich Nagel, Wirtschaftsrecht II – Eigentum, Delikt und Vertrag, 4. Aufl. 2003, S. 131; Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, 2015, S. 173. 747 Vgl. hierzu und zu weiteren Beispielfällen Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, 2015, S. 173 f., 181. Vgl. zum Fall des Mehrangebots eines Dritten etwa auch Finsinger / Simon, in: KritV, Neue Folge, Band 2 [70] (1987), S. 262 (264 ff.); Unberath, Die Vertragsverletzung, 2007, S. 234 f.; Klass, in: Klass / Letsas / Saprai, Philosophical Foundations of Contract Law, 2014, S. 362 (364).

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2. Teil: Risiken von Smart Contracts für Verbraucher

einer Dienstleistung.748 Ein effizienter Vertragsbruch durch einen Verbraucher als Käufer kommt allenfalls in Betracht, wenn der Käufer zwar bereits einen Kaufvertrag für ein Produkt abgeschlossen hat, dieses aber anschließend bei einem Dritten zu einem niedrigeren Preis findet. Indes ist diese Situation im Ergebnis nicht mit dem oben beschriebenen Fall eines effizienten Vertragsbruchs zu vergleichen: der Bruch des ersten Kaufvertrages läge nicht im wirtschaftlichen Interesse des Verbrauchers. Da der erste Kaufvertrag bereits wirksam abgeschlossen wurde und die entsprechende Zahlungsverpflichtung zum höheren Kaufpreis bereits entstanden ist, würde der erste Verkäufer den Verbraucher entweder unmittelbar auf Kaufpreiszahlung (§ 433 Abs. 2 BGB) oder auf Schadensersatz statt der Leistung in gleicher Höhe (§ 280 Abs. 1, 3 iVm § 281 BGB) in Anspruch nehmen. Daneben einen weiteren Kaufvertrag zu einem niedrigeren Preis mit dem Dritten abzuschließen, führt daher nicht zu einem Vorteil für den Verbraucher. Den ersten Kaufpreis bzw. einen entsprechenden Schadensersatz müsste er in jedem Fall bezahlen. Die Entscheidung des Gesetzgebers für eine Erstattung des positiven Interesses führt im Ergebnis dazu, dass ein Anreiz für den Schuldner geschaffen wird, den Vertrag zu erfüllen, der das Produkt bzw. die Dienstleistung höher bewertet.749 Im Fall eines Verkäufers, der ein besseres zweites Angebot erhält, kann dies unter Umständen zu einem effizienten Vertragsbruch führen, während ein Käufer, der eine günstigere Möglichkeit sieht, das gleiche Produkt zu erwerben, an dem ersten Vertrag mit dem höheren Kaufpreis festgehalten wird. Vor diesem Hintergrund kommt ein effizienter Vertragsbruch zugunsten des Verbrauchers wohl nur in den seltenen Fällen in Betracht, in denen ein Verbraucher einem Unternehmer ein Produkt verkauft. In seiner typischen Rolle als Zahlungsschuldner wird der Verbraucher hingegen kaum von einem effizienten Vertragsbruch profitieren können. Überhaupt sind Fälle eines effizienten Vertragsbruchs in der Praxis äußerst selten.750 Diese Beobachtung ändert indes nichts daran, dass die mangelnde Flexibilität des Verbrauchers, den Vertrag doch nicht zu erfüllen, dennoch zu Problemen für den Verbraucher führen kann. So können sich wesentliche Umstände nach Vertragsschluss so verändert haben, dass der Verbraucher sich lieber gegen eine Erfüllung entscheiden würde  – etwa, weil er Liquiditätsprobleme hat und den Kaufpreis daher lieber für andere Ausgaben verwenden würde. Auch ohne eine Automatisierung dieser Zahlungsverpflichtung durch Smart Contracts würde der Verbraucher in diesen Fällen aber vertragsrechtlich an seiner Zahlungsverpflichtung festgehalten. Insofern führt der Smart Contract – sofern rechtmäßig – (lediglich) dazu, dass die Zahlungsverpflichtung früher – und damit möglicherweise zu 748

Vgl. bereits oben S. 47 ff. Vgl. etwa Klass, in: Klass / Letsas / Saprai, Philosophical Foundations of Contract Law, 2014, S. 362 (363); Nagel, Wirtschaftsrecht II – Eigentum, Delikt und Vertrag, 4. Aufl. 2003, S. 130; Finsinger / Simon, in: KritV, Neue Folge, Band 2 [70] (1987), S. 262 (266 f.). 750 Vgl. etwa Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, 2015, S. 180. 749

D. Formale Sprache des Smart Contracts als besonderes Risiko 

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einem für den Verbraucher unbequemen Zeitpunkt und daher gegen den Willen des Verbrauchers – erfüllt wird.

IV. Zusammenfassung Smart Contracts bestehen aus Programmcode. Sie folgen daher einer formalen Logik, die vollständig definiert und eindeutig ist und voraussetzt, dass alle für die Automatisierung maßgeblichen Faktoren im Programmcode bestimmt sind. Praktisch umgesetzt werden Smart Contract praktisch vor allem in Verbindung mit der Blockchain-Technologie. Ein solches öffentliches, verteiltes Buch hat für Smart Contracts vor allem zwei Vorteile: Sie erlaubt eine manipulationssichere Speicherung des Programmcodes, ohne sich hierzu auf einen korrumpierbaren Dritten zu verlassen, und ermöglicht eine unmittelbare, eigentumsähnliche Übertragung digitaler Vermögensgegenstände wie insbesondere Währungen. Dennoch ist diese Verbindung nicht zwingend. Die Formalisierung des Smart Contracts geht jedoch mit einer Reihe von Nachteilen und Risiken für Verbraucher einher. Zwar bestehen auch bei traditionellen Verträgen sprachliche Risiken für Verbraucher. Diese beziehen sich aber in erster Linie auf eine mangelnde Verständlichkeit. Bei Einsatz von Smart Contracts ergeben sich darüber hinaus aber bisher unberücksichtigte Risiken aus den Einschränkungen des Programmcodes und dessen Inflexibilität. So steht der Zwang zur eindeutigen Festlegung in einem Gegensatz zu der Mehrdeutigkeit und den fließenden Grenzen natürlicher Sprachen. Während die juristische Sprache in Verträgen wie Gesetzen also gerade nicht eindeutig und präzise ist, ist der Computer auf eine mechanische, logische Subsumtion beschränkt, kann eine oftmals notwendige wägende Subsumtion aber gerade nicht leisten. Probleme bereiten vor diesem Hintergrund insbesondere die mangelnde Fähigkeit des Smart Contracts Regelungen mit Hinblick auf die konkreten Umstände des Einzelfalls auszulegen, um auf diese Weise Einzelfallgerechtigkeit herzustellen. Zudem bereitet die Abbildung unbestimmter Rechtsbegriffe erhebliche Schwierigkeiten. Durch Smart Contracts geht den Parteien insofern eine Flexibilität verloren, von der sie in traditionellen Verträgen in vielfacher Hinsicht profitieren. So kann der Verzicht auf Eindeutigkeit etwa zu kürzeren Vertragsverhandlungen führen, eine Anpassung auf veränderte Umstände ermöglichen sowie einen gewissen Spielraum im Rahmen der Rechtsdurchsetzung erlauben. Bei Einsatz von Smart Contracts bestehen diese Vorteile nicht. Besondere Probleme bereiten dabei vor allem die mangelnde Berücksichtigung konkreter Umstände, die eingeschränkte Möglichkeit der Korrektur von Fehlern im Programmcode und unter Umständen erforderliche Nichtigkeit oder Löschung von Transaktionen. Zumindest für Verbraucher stellt hingegen der Ausschluss eines effektiven Vertragsbruchs kein großes Problem dar – dieser wird sich nur sehr selten in einer Position befinden, in der sich die Frage eines effektiven Vertragsbruchs überhaupt stellen würde.

Dritter Teil

Grenzen privater Smart Contracts gegenüber Verbrauchern A. Grenzen der privatautonomen Rechtsgestaltung als Grenzen privater Rechtsdurchsetzung Smart Contracts beruhen auf der grundsätzlichen Freiheit der Parteien, ihre Rechtsbeziehungen zueinander selbstverantwortlich zu regeln. Die rechtliche Zulässigkeit des Smart Contracts richtet sich vor diesem Hintergrund zu einem wesentlichen Teil nach den gesetzlichen Grenzen einer privatautonomen Gestaltung der eigenen Rechtsverhältnisse. Die Grenzen der Privatautonomie müssen konsequenterweise auch die Grenzen der Gestaltung von Smart Contracts darstellen.

I. Vertragsfreiheit als Grundlage des automatisierten Vollzugs von Vertragsbedingungen Die grundsätzliche Zulässigkeit der Entscheidung der Parteien, durch Smart Contracts Vertragsbedingungen automatisiert vollziehen zu lassen, ergibt sich aus der verfassungsrechtlich verbürgten Privatautonomie.1 Sofern der Bürger sich nicht auf speziellere Gewährleistungen wie insbesondere die Berufsfreiheit nach Art. 12 GG berufen kann – wie dies typischerweise bei Verbrauchern der Fall sein wird2 – wird die Privatautonomie, und mit ihr die Vertragsfreiheit, durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistet.3 Die Privatautonomie schützt das Recht des Bürgers, seine Rechtsbeziehungen zu anderen Bürgen grundsätzlich selbstverantwortlich zu regeln.4 Gewährleistet wird insbesondere das Recht der 1

Vgl. auch Möslein, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 81 (82 f.) [Rn. 3 ff.]; Möslein, ZHR 2019, 254 (266 ff.); Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (126). 2 Vgl. Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, 1998, S. 252 f. 3 Vgl. etwa BVerfG, NJW 1986, 1859 (1860); NJW 1994, 36 (38); Lang, in: Epping / Hill­ gruber (Hrsg.), BeckOK Grundgesetz, 41. Edition, 2019, Art. 2 GG Rn. 5a; Di Fabio, in: Maunz /  Dürig, Grundgesetz-Kommentar, 87. EL März 2019, Art. 2 Abs. 1 GG Rn. 19; Lüttringhaus, Vertragsfreiheit und ihre Materialisierung, 2018, S. 175 f. 4 Vgl. statt vieler Flume, AT II, 1992, § 1, 1 („das Prinzip der Selbstgestaltung der Rechtsverhältnisse durch den Einzelnen nach seinem Willen“).

A. Grenzen der privatautonomen Rechtsgestaltung 

179

Entscheidung über das Ob einer vertraglichen Bindung (Abschlussfreiheit) sowie die inhaltliche Ausgestaltung der Vereinbarung im Einzelnen (inhaltliche Gestaltungsfreiheit).5 Die Parteien sind demnach berechtigt, die inhaltliche Ausgestaltung ihrer Rechtsbeziehung selbstbestimmt zu regeln. Einigen sich die Parteien also auf den Einsatz einer Technologie zur automatisierten Durchführung ihrer Vereinbarung, so ist diese beiderseitige privatautonome Entscheidung grundsätzlich durch die Inhaltsfreiheit geschützt.6 Ebenso wie sie entscheiden können, welchen Inhalt der Vertrag haben soll, können die Vertragsparteien auch selbst bestimmen, in welcher Weise der Vertrag erfüllt werden soll.7 Entsprechend können die Vertragsparteien auch vereinbaren, sich technischen Instrumenten zur Durchsetzung ihrer vertraglichen Rechte zu unterwerfen.8 Erklären sich die Parteien also freiwillig dazu bereit, sich auf eine Automatisierung einzulassen, so ist diese privatautonome Entscheidung grundsätzlich auch von der Rechtsordnung zu respektieren.9 In Bereichen, in denen die Parteien ihre Rechtsbeziehungen selbst regeln dürfen, muss es grundsätzlich auch zulässig sein, die Erfüllung bzw. Durchführung dieser Vereinbarung selbstbestimmt zu regeln. Das Gesetz schreibt grundsätzlich nicht vor, auf welche Weise die Parteien eine von ihnen geschlossene Vereinbarung umzusetzen bzw. ihre Pflichten zu erfüllen haben. Auch ein gesetzlicher Zwang, zur Durchsetzung einer Vereinbarung die Gerichte aufzusuchen, besteht nicht.10 Einigen sich Unternehmer und Verbraucher somit darauf, dass vertragliche Pflichten durch einen Smart Contract automatisiert vollzogen werden sollen, so bestehen hiergegen im ersten Schritt keine grundsätzlichen Bedenken. Ungeachtet ihrer besonderen Folgen und Risiken, stellen Smart Contracts zunächst nur eine besondere Art dar, eine vertraglich geschuldete Leistung zu erbringen oder vereinbarte Konsequenzen durchzuführen.

5

Ausführlich Busche, Privatautonomie und Kontrahierungszwang, 1999, S. 67 ff. Vgl. auch Flume, AT II, 1992, § 1, 8 [S. 12]; Fornasier, Freier Markt und zwingendes Vertragsrecht, 2013, S. 19. 6 Vgl. auch Simmchen, MMR 2017, 162 (164); Möslein, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 81 (83 f.) [Rn. 5]; Möslein, ZHR 2019, 254 (267 f.); Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (126). 7 Vgl. eingehend Möslein, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 81 (83) [Rn. 5]. 8 So Möslein, ZHR 2019, 254 (267 f.). 9 Vgl. Möslein, ZHR 2019, 254 (268). 10 So zumindest im Ergebnis wohl auch Möslein, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 81 (85) [Rn. 7].

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3. Teil: Grenzen privater Smart Contracts gegenüber Verbrauchern 

II. Zwingendes Recht als Grenze der Automatisierung Die Autonomie, auf die sich Smart Contracts insofern stützen, besteht jedoch nicht schrankenlos.11 Eine zentrale Aufgabe des Rechts ist es, die Freiheit des einen mit der Freiheit des anderen in Einklang zu bringen.12 Gem. Art. 2 Abs. 1 GG wird das Recht auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit durch die verfassungsmäßige Ordnung eingeschränkt und unterliegt daher einem einfachen Gesetzesvorbehalt.13 Die Rechtsordnung stellt daher für bestimmte Ausnahmefälle zwingende Vorschriften auf, die einer rechtlichen Wirksamkeit der Vereinbarung entgegenstehen.14 Diese zwingenden Grenzen, die die Rechtsordnung der privatautonomen Gestaltung von Rechtsgeschäften setzt, müssen konsequenterweise auch die Gestaltung von Smart Contracts als Instrumente einer privaten automatisierten Rechtsdurchsetzung beschränken.15 Durch Programmcode kann nicht in zulässiger Weise etwas automatisiert werden, das nicht auch in traditionellen Verträgen vereinbart werden könnte.16 Die Grenzen der privatautonomen Rechtsgestaltung bilden somit zugleich die Grenzen einer privaten Regelung der Rechtsdurchsetzung.17 11

Vgl. etwa BVerfGE 89, 214 (231); Paulus / Z enker, JuS 2001,  1 (1); Ohly, Volenti non fit iniuria, 2002, S. 72; Möslein, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 81 (83) [Rn. 5]; Möslein, ZHR 2019, 254 (268); Riehm, in: Braegelmann /  Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 99 (99 f.) [Rn. 1, 3]. 12 Vgl. Kant, Metaphysische Anfangsgründe der Rechtslehre, 4. Aufl. 2018 (1797), S. 79 [AA Bd. VI, § 18, S. 271, Zeile 32 f.]. 13 Zur Auslegung des Begriffs der „verfassungsmäßigen Ordnung“ im Sinne eines einfachen Gesetzesvorbehalts grundlegend BVerfGE 6, 32 (37 f.). 14 Instruktiv zu den Grenzen der Privatautonomie Paulus / Z enker, JuS 2001, 1. 15 Vgl. auch Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1035); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (206); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 24; Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (363); Möslein, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 81 (83) [Rn. 5]; Riehm, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 99 (99, 100, 102) [Rn. 1, 3, 8]. 16 Deutlich Riehm, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 99 (102) [Rn. 8]; Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (119). In diese Richtung auch Fries, AnwBl 2018, 86 (87); Clément, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (272 f., 277 f.). 17 Im Ergebnis ähnlich auch Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1035); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (206); Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (623); Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1, unter E.II.; Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 24; Fries, AnwBl 2018, 86 (87); Möslein, ZBB 2018, 208 (218); Riehm, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 99 (100, 102) [Rn. 3, 8]; Möslein, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 81 (82) [Rn. 2]; Möslein, ZHR 2019, 254 (279). In diese Richtung auch De Caria, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 19 (33); Poncibò / DiMatteo,

A. Grenzen der privatautonomen Rechtsgestaltung 

181

Vor diesem Hintergrund dürfen Smart Contracts etwa nicht zur automatisierten Durchsetzung gesetzes- (§ 134 BGB) oder sittenwidriger (§ 138 BGB) Geschäfte missbraucht werden.18 In diesen Fällen fehlt es bereits an einem wirksam vereinbarten, zu automatisierenden Anspruch. Eine automatisierte Vermögensverschiebung wäre nach Maßgabe der §§ 812 ff. BGB rückabzuwickeln.19 Auch bestehende gesetzliche Leistungsverweigerungsrechte dürfen durch die Automatisierung nicht umgangen werden.20 1. Sittenwidrigkeit einer Spekulation bei automatisierten Zahlungen Bei Einsatz von Smart Contracts kann sich eine Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB unter Umständen daraus ergeben, dass automatisierte Zahlungen eine einseitige Bindung des Verbrauchers zur Folge haben und der Unternehmer daher möglicherweise zulasten des Verbrauchers spekulieren kann. Durch Smart Contracts wird die Durchführung einer von einem Computer kontrollierbaren Maßnahme vom Eintritt einer Bedingung abhängig gemacht. Insbesondere Zahlungen des Verbrauchers können auf diese Weise automatisiert vollzogen werden.21 Die Zahlung wird dabei durchgeführt, sobald eine zuvor vereinbarte Bedingung eintritt, ohne dass eine erneute Entscheidung des Schuldners vorausgesetzt wird.22 Eine Zahlung kann dementsprechend beispielsweise in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (119). Speziell für das Verbraucherrecht zudem Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (78). Anders für den Verbraucherschutz hingegen wohl Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (131). 18 Ausdrücklich etwa Riehm, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 99 (100, 102) [Rn. 3, 8]; Fries, AnwBl 2018, 86 (87). 19 Vgl. zu dieser Folge im Falle einer fehlenden vertraglichen Grundlage für die Automatisierung bereits oben S. 49 ff. 20 Vgl. ausführlich zur Programmierung von Leistungsverweigerungsrechten in Smart Contracts Tjong Tjin Tai, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 80 (91 ff.). Vgl. auch Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (326 f.). 21 Vgl. zu Zahlungspflichten als typische automatisierte Leistungspflicht bereits oben S. 45 ff. 22 Vgl. etwa Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1, unter A.; Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (618); Mik, in: Innovation & Technology, Band 9 (2017), S. 269 (Manuskript, S. 10); Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (306, 316); Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (120, 126 f., 129); Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 26; Durovic /  Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (73); Clément, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (271); Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (291).

182

3. Teil: Grenzen privater Smart Contracts gegenüber Verbrauchern 

abhängig gemacht werden (1) vom Eintritt einer bestimmten, von beiden nicht zu kontrollierenden Bedingung, (2) von der Erbringung der Gegenleistung oder dem Erfüllen einer anderen Bedingung seitens des Gläubigers oder (3) von einem Zeitpunkt oder Datum.23 Eine besondere Problematik bei durch Smart Contracts automatisierten Zahlungen besteht schließlich in Fällen, in denen die zahlungsauslösende Bedingung lediglich in Handlungen des Unternehmers besteht. Hängt die Zahlung des Verbrauchers nur von einer Handlung des Unternehmers – etwa der Erbringung der Gegenleistung24  – ab, hat es der Unternehmer allein in der Hand, die Zahlung auszulösen. Während der Verbraucher als typischer Zahlungsschuldner somit an seine Zahlungsverpflichtung gebunden ist, kann der Unternehmer entscheiden, ob er die Zahlung erhalten will oder ob er die Bedingung nicht erfüllt. Der Unternehmer erhält damit potentiell die Möglichkeit auf veränderte Umstände flexibel und entsprechend seiner Interessen zu reagieren. Der Verbraucher auf der anderen Seite hat diese Möglichkeiten nicht. Insofern sind zwei Fallgruppen zu entscheiden: entweder verändern sich die Umstände zum Nachteil des Unternehmers oder des Verbrauchers. Der Unternehmer profitiert allerdings grundsätzlich in beiden Fällen von seiner Möglichkeit, auf Veränderung entsprechend der eigenen Interessen reagieren zu können. Ändern sich etwa die Umstände zum Nachteil des Unternehmers, wird er darauf verzichten, die Zahlungsbedingung zu erfüllen. Ändern sich die Umstände hingegen zu seinem Vorteil oder zum Nachteil des Verbrauchers, kann der Unternehmer die vorausgesetzte Handlung vornehmen und hierdurch die Zahlung des Verbrauchers auslösen. Hängt der Smart Contract somit nicht von einer Bedingung ab, deren Eintritt von keiner Partei kontrolliert wird, sondern steht im Ermessen des Unternehmers, kann dieser auf Kosten des Verbrauchers spekulieren. Dies wirft die Frage auf, ob Fälle einer solchen automatisierten einseitigen Bindung des Zahlungsschuldners unzulässig sind, weil sie sittenwidrig (§ 138 BGB) sind oder eine unangemessene Benachteiligung durch AGB (§ 307 Abs. 1 BGB)25 darstellen. Eine Automatisierung einer Zahlungsverpflichtung, die von einer vom Unternehmer zu erfüllenden Bedingung abhängig gemacht wird, kann zunächst nicht von vornherein unzulässig sein. Zwar besteht die Gefahr, dass der Unternehmer als Zahlungsgläubiger zulasten des Verbrauchers als Zahlungsschuldners auf eine Veränderung der Begleitumstände spekuliert und insofern die fehlende Flexibilität des 23

Vgl. hierzu auch bereits oben S. 89 ff. In die Richtung eines solchen Mechanismus (jedoch unabhängig von der VerbraucherUnternehmer-Beziehung) auch Tjong Tjin Tai, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 80 (96 f.). 25 Vgl. zur unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 BGB bei Einsatz von Smart Contracts noch ausführlich unten S. 207 ff. 24

A. Grenzen der privatautonomen Rechtsgestaltung 

183

Smart Contracts auszunutzen versucht, jedoch kann nicht ignoriert werden, dass dem Zahlungsschuldner insofern vertragsrechtliche Ansprüche zustehen. Wenn der Zahlungsgläubiger etwa bei Verschlechterung der Umstände zu seinen Lasten davon absieht, die für die Automatisierung maßgebliche Bedingung zu erfüllen, wird der Verbraucher wohl in den meisten Fällen einen vertraglichen Anspruch auf die Erfüllung der Bedingung, etwa die Erbringung der Gegenleistung (z. B. nach § 433 Abs. 1 BGB), haben. Weigert sich der Unternehmer dennoch diesen Anspruch zu erfüllen, werden dem Verbraucher entsprechende Schadensersatzansprüche statt der Leistung gem. § 280 Abs. 1, 3, § 281 BGB zustehen. Auch im umgekehrten Fall einer Verschlechterung der Umstände zu Lasten des Verbrauchers wird der Verbraucher durchaus in gewisser Weise geschützt. Sofern keine spezifische vertragliche Vereinbarung für einen solchen Fall getroffen wurde, kann der Verbraucher unter Umständen etwa einen Anspruch auf Anpassung des Vertrages nach § 313 Abs. 1 BGB wegen Störung der Geschäftsgrundlage haben. In Fällen der sog. wirtschaftlichen Unmöglichkeit nach § 275 Abs. 2 BGB steht dem Verbraucher zudem ein Leistungsverweigerungsrecht zu.26 In diesem Zusammenhang ist jedoch zu beachten, dass derartige Vertragsanpassungsansprüche oder Leistungsverweigerungsrechte des Verbrauchers eine Ausführung des Programmcodes in einem ersten Schritt nicht verhindern können – sofern sie nicht explizit im Programmcode geregelt wurden. Der Verbraucher kann seine entgegenstehenden Rechte vielmehr erst infolge der Automatisierung im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens geltend machen. Die hieraus folgende Umkehr der Klagelast ist eines der zentralen Probleme der Automatisierung durch Smart Contracts.27 Dieses Risiko wurde aber durch den Verbraucher, der der Automatisierung zugestimmt hat, bewusst in Kauf genommen – möglicherweise im Gegenzug gegen Vergünstigungen oder andere Vorteile. In besonderen Fällen kann eine Spekulation des Unternehmers bei einer automatisierten Zahlungspflicht aber aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls sittenwidrig sein (§ 138 BGB). Dies kann insbesondere auf ein Ausnutzen eines Informationsvorsprungs zurückzuführen sein. So hat der Bundesgerichtshof etwa entschieden, dass eine exorbitant hohe Einzelpreisvereinbarung nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig sein kann, wenn sie die Grundlage für eine Kalkulation von Mehrmengenpreisen bildet und der Bauunternehmer gerade auf einen Mehrbedarf spekuliert hatte.28

26

Vgl. ausführlich zur Programmierung von Leistungsverweigerungsrechten in Smart Contracts Tjong Tjin Tai, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 80 (91 ff.). Vgl. auch Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (326 f.). 27 Vgl. bereits ausführlich oben S. 118 ff. 28 Vgl. BGH, Urt. v. 18. 12. 2008 – VII ZR 201/06, NJW 2009, 835; zustimmend Fornasier, Freier Markt und zwingendes Vertragsrecht, 2013, S. 99 ff.

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3. Teil: Grenzen privater Smart Contracts gegenüber Verbrauchern 

2. Umgehung sonstiger zwingender Vorschriften Daneben dürfen durch Smart Contracts auch Formvorschriften29, gesetzliche Kündigungsfristen oder vollstreckungsrechtliche Normen30 nicht umgangen werden.31 So darf ein Smart Contract etwa nicht dazu eingesetzt werden, einen Mieter automatisiert aus der Mietwohnung auszuschließen32, wenn nicht einmal die Voraussetzungen einer Kündigung (insbesondere die Frist für eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund bei Zahlungsverzug des § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB) vorliegen. Eine Automatisierung darf im Ergebnis zudem nicht zu einer automatisierten Nutzungssperre von Gegenständen führen, die in der Zwangsvollstreckung einem gesetzlichen Pfändungsschutz (§ 811 ZPO) unterliegen würden. Selbst wenn sich der Gegenstand infolge einer solchen Automatisierung noch physisch im Besitz des Verbrauchers befindet, würde der Ausschluss der Nutzungsmöglichkeit, den Besitzer im Ergebnis so treffen wie eine Pfändung. Ebenso sind sonstige der Parteidisposition entzogene Schutzvorschriften zu beachten.33 Schwierigkeiten werden in diesem Zusammenhang insbesondere Härtefallregelungen wie beispielsweise § 765a ZPO bereiten, da die insofern notwendige Ermessensentscheidung der formalisierten Sprache des Programmcodes entgegensteht.34 Das Verbot automatisierter Entscheidungen in Art. 22 DSGVO sollte dem Einsatz von Smart Contracts hingegen nicht allgemein entgegenstehen.35 Eine Automatisierung einer vertraglichen Vereinbarung durch Smart Contracts wird in der Regel mit ausdrücklicher Einwilligung der betroffenen Person erfolgen und damit nach Art. 22 Abs. 2 Nr. 3 DSGVO unschädlich sein.36 Fehlt diese Zustimmung, so ist die Automatisierung ohnehin unzulässig.37 Hier stellt sich auch nicht die glei 29 Hierzu etwa Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1, unter E.II.; Möslein, in: Braegel­mann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 81 (85) [Rn. 7] sowie ausführlich zu Formvorschriften bei Einsatz von Smart Contracts (87 ff.) [Rn. 9 ff.]. 30 Vgl. etwa Paulus / Matzke, NJW 2018, 1905 (1910 f.); Matzke, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 99 (110 f.). 31 Vgl. auch Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 24; Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1, unter E.II. 32 Zu der Zulässigkeit des hierzu verwendeten Mechanismus eines sog. „Smart Locks“ vor dem Hintergrund der verbotenen Eigenmacht noch ausführlich unten S. 223 ff. 33 Vgl. etwa die Beispiele bei Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (88). 34 Vgl. etwa Paulus / Matzke, NJW 2018, 1905 (1910 f.). Zu den Problemen des Umgangs mit unbestimmten Rechtsbegriffen bereits ausführlich oben S. 162 ff. 35 Näher zu dieser Frage Finck, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 195 (195 ff.); von Lewinski, in: Wolff / Brink (Hrsg.), BeckOK Datenschutzrecht, 29. Edition, 2019, Art 22 DSGVO, Rn 18. 36 In diese Richtung auch Finck, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 195 (201) [Rn. 27]. 37 Vgl. zur Zustimmung des Verbrauchers als zentraler Zulässigkeitsvoraussetzung bereits ausführlich oben S. 44 ff.

A. Grenzen der privatautonomen Rechtsgestaltung 

185

che Problematik wie im Rahmen der verbotenen Eigenmacht nach § 858 BGB.38 Der Wortlaut des Art. 22 DSGVO spricht dabei gerade von einer „Einwilligung“ und damit einer vorherigen Zustimmung (§ 183 BGB) und setzt anders als § 858 BGB damit keinen im Moment der Automatisierung bestehenden tatsächlichen Willen voraus. Bei einer Automatisierung von Verbraucherverträgen ist in diesem Zusammenhang zudem vor allem an eine Umgehung der gesetzlichen Widerrufsrechte gem. § 312g iVm §§ 355 ff. BGB zu denken.39 Durch den Smart Contract kann eine vertragliche Vereinbarung automatisiert erfüllt werden. Erfolgt eine solche Automatisierung vor dem Ablauf der Widerrufsfrist des Verbrauchers, wird dem Verbraucher im Ergebnis das Recht genommen, sich ohne weiteres von der geschlossenen Vereinbarung zu lösen. Der Verbraucher hat erst im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens die Möglichkeit, den Unternehmer zur Rückabwicklung der Vereinbarung anzuhalten. Bis dahin hat er aber die Folgen der Automatisierung sowie die Rechtsdurchsetzungslast, insbesondere das mit der Klage verbundene Kostenrisiko, zu tragen.40 Diese Folgen der Automatisierung stehen dem Grundgedanken des Widerrufsrechtes diametral entgegen. Der Gesetzgeber will eine endgültige Bindung des Verbrauchers gerade aufschieben und es dem Verbraucher durch das Widerrufsrechts gerade ermöglichen, unabhängig von einer gezielt herbeigeführten Drucksituation darüber nachzudenken, ob er die Folgen des abgeschlossenen Rechtsgeschäftes wirklich tragen will.41 Dieser Schutz des Verbrauchers würde umgangen, wenn durch einen Smart Contract eine Vereinbarung bereits vor Ablauf der Widerrufsfrist automatisiert werden dürfte.

III. Zusammenfassung Smart Contracts beruhen auf der Vertragsfreiheit als Unterfall der Privatautonomie. Einigen sich die Parteien also auf den Einsatz einer Technologie zur automatisierten Durchführung ihrer Vereinbarung, so ist diese beiderseitige Entscheidung grundsätzlich von ihrer inhaltlichen Gestaltungsfreiheit umfasst. Die Vertragsparteien können selbst bestimmen, in welcher Weise der Vertrag erfüllt werden soll. 38

Vgl. zu den Problemen einer antizipierten Einwilligung im Rahmen des § 858 BGB ausführlich unten S. 235 ff. 39 Vgl. zum Konflikt zwischen Widerrufsrechten und der automatisierten Erfüllung auch Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (78). Zur Anwendbarkeit von Widerrufsrechten im Zusammenhang mit Smart Contracts Spindler / Wöbbeking, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 135 (142 f.) [Rn. 27 f.] sowie oben S. 81 ff. 40 Vgl. zu dieser doppelten Benachteiligung ausführlich oben S. 114 ff. 41 Vgl. zu den Hintergründen der verbraucherrechtlichen Widerrufsrechte etwa Weller, Die Vertragstreue, 2009, S. 292; Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, 1998, S. 312; Sedlmeier, Rechtsgeschäftliche Selbstbestimmung im Verbrauchervertrag, 2012, S. 218 f. sowie oben S. 79 f.

186

3. Teil: Grenzen privater Smart Contracts gegenüber Verbrauchern 

Diese Freiheit wird jedoch durch zwingende gesetzliche Vorschriften in besonderen Fällen eingeschränkt. Diese zwingenden Grenzen, die die Rechtsordnung der privatautonomen Gestaltung von Rechtsgeschäften setzt, müssen konsequenterweise auch die Gestaltung von Smart Contracts beschränken. Die Grenzen der Privatautonomie müssen konsequenterweise auch die Grenzen der Gestaltung von Smart Contracts darstellen. So dürfen etwa sitten- (§ 138 BGB) oder gesetzeswidrige (§ 134 BGB) Vereinbarungen nicht im Wege der Automatisierung dennoch faktisch durchgesetzt werden können. Bei Einsatz von Smart Contracts kann sich eine Sittenwidrigkeit unter Umständen aus einer Spekulation des Unternehmers bei einseitiger Bindung des Verbrauchers ergeben. Die einseitige Bindung des Verbrauchers an die Zahlung gibt dem Unternehmer potentiell die Möglichkeit, auf Kosten des Verbrauchers zu spekulieren, wenn die Zahlung nur von vom Unternehmer beeinflussten Bedingungen abhängt. Der Unternehmer könnte auf veränderte Umstände entsprechend seiner Interessen reagieren, während der Verbraucher gebunden bliebe. Eine solche einseitige Bindung muss aber nicht allgemein sittenwidrig (§ 138 BGB) sein oder eine unangemessene Benachteiligung durch allgemeine Geschäftsbedingungen (§ 307 Abs. 1 BGB) darstellen. Nur in besonderen Fällen wird eine solche Spekulation des Unternehmers bei einer automatisierten Zahlungspflicht sittenwidrig sein (§ 138 BGB), etwa wenn ein Informationsvorsprung ausgenutzt wird. Zudem darf durch Smart Contracts nicht der vollstreckungsrechtliche Pfändungsschutz (§ 811 ZPO), gesetzliche Kündigungsfristen (etwa § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB) oder insbesondere die verbraucherrechtlichen Widerrufsrechte (§ 312g i. V. m. §§ 355 ff. BGB) umgangen werden.

B. AGB-rechtliche Zulässigkeit der Vereinbarung von Smart Contracts In Beziehungen zwischen Verbrauchern und Unternehmern werden Smart Contracts und der diesen zugrundeliegende Programmcode im Regelfall einseitig durch den Unternehmer vorgegeben.42 Dies liegt insbesondere an dem für die Gestaltung des Smart Contracts erforderlichen erheblichen Aufwands, der kaum profitabel in jedem Einzelfall wiederholt werden könnte, sowie der typischen technischen Unkenntnis des Verbrauchers. In dieser Hinsicht unterscheiden sich Smart Contracts mithin im Ergebnis nicht von traditionellen Verträgen, die aus Vereinfachungs- und Effizienzgründen ebenfalls oftmals auf Vordrucke, Musterverträge oder mehrfach zu verwendende Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) zurückgreifen.43

42

Vgl. ausführlich oben S. 73 ff. Vgl. zu dieser und den weiteren Funktionen Allgemeiner Geschäftsbedingungen beispielsweise Neuner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 12. Aufl. 2020, § 47 Rn. 3 [S. 571]. 43

B. AGB-rechtliche Zulässigkeit der Vereinbarung von Smart Contracts 

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Dass ein Smart Contract von dem Unternehmer vorgegeben wurde, schließt eine privatautonome Entscheidung des Verbrauchers, diesen Smart Contract zu verwenden, nicht von vornherein aus. Es ist ohne weiteres denkbar, dass der Verbraucher auch vorgegebenen Bedingungen vollumfänglich zustimmt. Ebenso wie bei traditionellen Verträgen kann sich aber auch bei Smart Contracts in diesem Zusammenhang die Frage stellen, wie eine schutzwürdige Partei, insbesondere ein Verbraucher, vor überraschenden und unbillig belastenden Bedingungen geschützt werden kann.

I. Anwendung der §§ 305 ff. BGB auf Smart Contracts Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne der §§ 305 ff. BGB sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die der Verwender der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt (§ 305 Abs. 1 S. 1 BGB). 1. Smart Contracts als Vertragsbedingungen Smart Contracts sind in Programmcode ausgedrückte Ausführungsinstrumente zur Formalisierung und Automatisierung von Vertragsbedingungen.44 Daher stellt sich zunächst die Frage, ob es sich bei ihnen um Vertragsbedingungen im Sinne des § 305 Abs. 1 BGB handelt. Der Begriff „Smart Contracts“ legt sprachlich eine Verwandtschaft mit Verträgen nahe. Die Bezeichnung eines Programmcodes zur automatisierten Ausführung vertraglicher Bedingungen als „intelligente Verträge“ hat jedoch gerade wegen dieser Vermischung mit dem rechtlichen Konzept des Vertrages durchaus für Verwirrung gesorgt.45

44

Vgl. eingehend zum Begriff von Smart Contracts S. 22 ff. Vgl. etwa Paulus / Matzke, NJW 2018, 1905 (1905); Durovic / Janssen, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (63); Scholz, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 251 (256); Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (288). Kritisch zu diesem „unglücklichen Begriff“ auch Mik, in: Innovation & Technology, Band 9 (2017), S. 269 (Manuskript, S. 4 f.); Hennemann, Interaktion und Partizipation, 2020, S. 36, 189. 45

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3. Teil: Grenzen privater Smart Contracts gegenüber Verbrauchern 

a) Hintergrund der Namensgebung von Smart Contracts Der Begriff Smart Contracts geht auf Überlegungen Nick Szabos in den 90er Jahren zurück. Mit dem Begriff scheint Szabo Smart Contracts als eine Fortentwicklung traditioneller Verträge darstellen zu wollen.46 Angesichts Szabos juristischer Ausbildung47 liegt die Annahme nicht fern, dass er sich bei der Namensgebung „Smart Contracts“ bewusst auf das traditionelle Vertragskonzept bezog und durchaus implizieren wollte, dass Smart Contracts Verträge im traditionellen Sinne darstellen sollen, die durch die Ideen der Formalisierung und Automatisierung weiterentwickelt wurden. Szabo selbst hat jedoch offenbart, dass er, als er die ersten Beiträge zum Konzept von Smart Contracts veröffentlichte, sein rechtswissenschaftliches Studium noch nicht aufgenommen hatte.48 Vielmehr seien Smart Contracts sogar ein Hauptgrund gewesen, dass Szabo schließlich Jura studierte. Er versuchte damit das Konzept, das er als Informatiker erdachte, einem „Realitätscheck“ zu unterziehen.49 Demnach entwickelte er zuerst die Grundlinien von Smart Contracts – ohne zu diesem Zeitpunkt bereits zu wissen, dass dieser Begriff für Juristen irreführend sein könnte. Allerdings haben auch etwaige neue, im Studium erlangte Erkenntnisse Szabo bisher nicht dazu veranlasst, den von ihm geprägten Begriff näher zu erläutern oder gar einen neuen Begriff vorzuschlagen. Erst im Oktober 2018 verteidigte Szabo seine Namensgebung erneut.50 Aus der bloßen Bezeichnung eines Instruments als „intelligenten Vertrag“ folgt aber selbstverständlich noch nicht die rechtliche Einordnung als Vertrag.

46 Vgl. etwa Szabo, Smart Contracts Glossary, 1995; Szabo, Smart Contracts: Building Blocks for Digital Markets, 1996; Szabo, Formalizing and Securing Relationships on Public Networks, in: First Monday, Band 2 (1997) sowie oben S. 61 ff. 47 Nach einem Informatik-Studium an der University of Washington in Seattle, Washington, das er 1989 mit dem Bachelor of Science abschloss (vgl. die Online-Datenbank „Graduation­DB“ über „Nicolas Julius Szabo“, http://archive.is/NQyBb), und nachdem er anschließend einige Jahre als Entwickler arbeitete, ging Szabo schließlich an die George-Washington University in Washington, D.C, um Rechtswissenschaften zu studieren (Abschluss 2006), vgl. Vigna, in: Wall Street Journal, 16. 04. 2014; N. Popper, Digital Gold, 2015, S. 341; Werbach, The Blockchain and the New Architecture of Trust, 2018, S. 203. 48 Szabo, Nick Szabo Interview | The Tim Ferriss Show (Podcast) [Video], 11. 08. 2017, YouTube, https://www.youtube.com/watch?v=3FA3UjA0igY& [ab Minute 33:08]. 49 Szabo, Nick Szabo Interview | The Tim Ferriss Show (Podcast) [Video], 11. 08. 2017, YouTube, https://www.youtube.com/watch?v=3FA3UjA0igY& [ab Minute 33:08]. Vgl. auch Werbach, The Blockchain and the New Architecture of Trust, 2018, S. 203. 50 Szabo, Twitter, 14. 10. 2018, https://twitter.com/NickSzabo4/status/1051603179526270976 („‚Smart contract‘ is a very useful concept & phrase. ‚Smart‘ as in ‚smart phone‘ (shorthand for computerized phone), ‚contract‘ meaning it does some important things we previously relied on contracts to do for our deals, especially controlling assets & incentivizing performance.“).

B. AGB-rechtliche Zulässigkeit der Vereinbarung von Smart Contracts 

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b) Smart Contracts und Verträge als zu trennende Konzepte Smart Contracts sind in erster Linie Ausführungsinstrumente, die vertragliche Regelungen automatisiert vollziehen sollen.51 Begründet werden die automatisierten Verpflichtungen bzw. Ansprüche durch eine rechtliche Vereinbarung nach Maßgabe der §§ 145 ff. BGB. Smart Contracts dienen in erster Linie dazu, rechtliche Verpflichtungen faktisch umzusetzen, sie aber nicht zu begründen.52 Bei Verträgen auf der einen und Smart Contracts auf der anderen Seite handelt es sich insofern um zwei grundsätzlich zu unterscheidende Konzepte.53 Vor diesem Hintergrund lassen sich gedanklich drei Fallgruppen unterscheiden: (1) Erstens können Smart Contracts als Ausführungsinstrumente explizit in einen separat zwischen den Parteien abgeschlossenen Vertrag einbezogen werden.54 Die Regelungen des Smart Contracts würden hierdurch zu Bestimmungen des Vertrages. (2) Zweitens kann der Programmcode des Smart Contracts unter Umständen selbst einen Vertrag im Sinne der §§ 145 ff. BGB darstellen.55 Nur, weil Smart Contracts primär Ausführungsinstrumente für vertraglich begründete Ansprüche 51

Vgl. ausführlich zum Begriff oben S. 22 ff. Zu Smart Contracts als Umsetzungsinstrumente etwa Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1030 f.); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (205); Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (621, 623); Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1, unter E.I; Mann, NZG 2017, 1014 (1016); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 14; Möslein, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 81 (83) [Rn. 4]; Möslein, ZHR 2019, 254 (264); Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (87); DiMatteo / Cannarsa / Poncibò, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 3 (4); Rein, in: Sassenberg / Faber, Rechtshandbuch Industrie 4.0 und Internet of Things, 2. Aufl. 2020, § 14 Rn. 119. 53 Ähnlich etwa auch Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1, unter E. I.; Hennemann, Interaktion und Partizipation, 2020, S. 189. 54 Vgl. etwa Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1030 f.); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (205) („Zwei-Ebenen-Modell“); Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1, unter E.I; Riehm, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 99 (101) [Rn. 6]; Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 14; De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 78 („hyprid arrangements“); De Caria, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 19 (31 f.); Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (76 f.). Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 44 f. bezeichnet diese Fallgruppe auch als „unechte“ Smart Contracts. 55 Vgl. etwa Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 14; Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 45, der diese Fallgruppe als „echte“ Smart Contracts beschreibt. Möslein, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 81 (84) [Rn. 6]; Möslein, ZHR 2019, 254 (264) bezeichnet diese Fallgruppe auch als „Smart Contracts als funktionales Vertragsäquivalent“. 52

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3. Teil: Grenzen privater Smart Contracts gegenüber Verbrauchern 

darstellen, wäre es verfehlt, ihnen aus diesem Grund von vornherein die Fähigkeit abzusprechen, selbst Verträge im Sinne der §§ 145 ff. BGB darzustellen.56 Soweit der Programmcode selbst auf den Abschluss rechtlicher Bindung gerichtete Willenserklärungen ausdrückt, stellen Smart Contracts Verträge dar. Dies ist aber nicht bei allen Smart Contracts zwingend der Fall.57 (3) Drittens könnte möglicherweise bereits die bloße Benutzung eines Smart Contracts nach den §§ 137, 155 BGB als konkludente Einigung der Parteien über den Einsatz dieses Instruments ausgelegt werden. Auch in diesem Fall würde damit der Smart Contract selbst einen rechtlichen Vertrag darstellen. Die Frage, ob Smart Contracts Vertragsbestimmungen im rechtlichen Sinne darstellen, lässt sich nur anhand der Umstände des konkreten Falles entscheiden. Eine pauschale Einordnung von Smart Contracts verbietet sich hingegen: es handelt sich weder von vornherein um Verträge bzw. Vertragsbestimmungen, noch schließen Smart Contracts eine solche Qualifikation von vornherein aus.58 c) Einbeziehung eines Smart Contracts in einen separaten Vertrag Der Smart Contract ist in erster Linie ein Instrument zur automatisierten Ausführung anderweitig begründeter vertraglicher Regelungen.59 In den meisten Fällen werden Smart Contracts wohl dazu verwendet werden, eine separat getroffene Parteivereinbarung – ggf. in Teilen – umzusetzen.60 56

Vgl. hierzu noch eingehend unten S. 192 ff. Eine Einordnung als Vertrag „allgemein“ ablehnend aber wohl Finck, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 1 (8); Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 25. 57 So auch Schrey / T halhofer, NJW 2017, 1431 (1431) („nicht stets“); Mik, in: Innovation & Technology, Band 9 (2017), S. 269 (Manuskript, S. 14) („while there are no theoretical obstacles for some smart contracts to be legally enforceable, it is impossible to make a general statement that all smart contracts can be legally binding“). 58 In diesem Sinne auch DiMatteo / Cannarsa / Poncibò, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 3 (4). So wohl auch Schrey / T halhofer, NJW 2017, 1431 (1431); Mik, in: Innovation & Technology, Band 9 (2017), S. 269 (Manuskript, S. 14). A. A. aber wohl Finck, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 1 (8); Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 25. 59 Zu Smart Contracts als Umsetzungsinstrumente etwa Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1030 f.); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (205); Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (621, 623); Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1, unter E.I; Mann, NZG 2017, 1014 (1016); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 14; Möslein, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 81 (83) [Rn. 4]; Möslein, ZHR 2019, 254 (264); Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (87); DiMatteo / Cannarsa / Poncibò, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 3 (4); Rein, in: Sassenberg / Faber, Rechtshandbuch Industrie 4.0 und Internet of Things, 2. Aufl. 2020, § 14 Rn. 119. 60 Vgl. zu diesem Vorgehen etwa Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1030 f.); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (205) („Zwei-Ebenen-Modell“); Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1,

B. AGB-rechtliche Zulässigkeit der Vereinbarung von Smart Contracts 

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Der Programmcode selbst eignet sich nur eingeschränkt als alleinige Regelung der rechtlichen Beziehung der Parteien, da dieser oftmals zumindest nicht für beide Parteien verständlich sein wird.61 Die Parteien werden daher wohl typischerweise eine in natürlicher Sprache verfasste Vereinbarung vorziehen.62 Durch diesen Vertrag sollen die Ansprüche, Verpflichtungen oder Konsequenzen begründet werden, die durch den Smart Contract als Ausführungsinstrument lediglich umgesetzt werden soll. Eine solche vertragsrechtlich maßgebliche Vereinbarung kann sowohl mündlich als auch schriftlich getroffen worden sein. Die Regelungen des Smart Contracts können in diesem Fall aber in den bestehenden Vertrag einbezogen werden.63 Ergibt eine Auslegung des Vertrages nach den Grundsätzen der §§ 133, 157 BGB, dass die Parteien sich auf einen automatisierten Vollzug bestimmter vertraglicher Wenn-Dann-Bedingungen durch einen bestimmten Smart Contract-Programmcode geeinigt haben, wird dieser Smart Contract Vertragsbestandteil. Der Smart Contract ist aber nicht ohne weiteres formell Teil der vertraglichen Vereinbarung.64 Die eindeutigste Form der Einbeziehung des Smart Contracts besteht darin, die Funktionsweise des Ausführungsinstruments, d. h. insbesondere die zu automatisierende Wenn-Dann-Beziehung, die auslösende(n) Bedingung(en) und die zu automatisierende(n) Maßnahme(n) im Vertrag explizit und detailliert darzustellen. Weniger klar ist demgegenüber eine vertragliche Bezugnahme auf die Verwendung eines Smart Contracts mittels einer einfachen Formel. Kaum Klarheit bietet etwa eine Formulierung wie „Dieser Vertrag wird mittels eines Smart Contracts automatisiert.“ Hieraus wird nicht deutlich, welcher Vertragsteil genau von der unter E.I; Riehm, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 99 (101) [Rn. 6]; Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 14; De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 78 („hyprid arrangements“); De Caria, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 19 (31 f.); Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (76 f.); Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 44 f. bezeichnet diese Fallgruppe auch als „unechte“ Smart Contracts. 61 Vgl. etwa Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1029 f.); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (204); Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (621); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 24; Riehm, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 99 (110 f.) [Rn. 37]; ­Söbbing, ITRB 2018, 43 (46); Clément, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (281 f.). 62 Aus dieser Unverständlichkeit sollte aber nicht folgen, dass der Programmcode von vornherein keine Willenserklärungen ausdrücken kann, vgl. zu dieser Frage noch unten S. 192 ff. 63 Vgl. zur Einbeziehung eines Smart Contracts durch einen Verweis etwa Fries, AnwBl 2018, 86 (87); Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (76). 64 Vgl. zum Erfordernis einer eindeutigen Referenz etwa auch Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1031); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (205).

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3. Teil: Grenzen privater Smart Contracts gegenüber Verbrauchern 

Automatisierung des Smart Contracts umfasst sein soll. Eine derartige Formulierung bietet sich daher allenfalls bei sehr einfachen Verträgen an, die vollständig automatisiert werden sollen. Selbst dann wird aber nicht klar, wie der Smart Contract im Einzelnen funktionieren soll. Eine solche Formulierung ist daher grundsätzlich ohnehin ungeeignet für eine Einbeziehung des Smart Contracts in die vertragliche Vereinbarung der Parteien. Alternativ kann in einer Klausel des Vertrages auf einen genauen Smart Contract Bezug genommen werden, dessen Bedingungen – oder unter Umständen sogar dessen Programmcode – idealerweise zusätzlich im Anhang des Vertrages zu finden sind. d) Smart Contracts selbst als Verträge im Sinne der §§ 145 ff. BGB? Allerdings sind auch Konstellationen denkbar, in denen über den Smart Contracts-Programmcode hinaus, keine ausdrückliche Einigung der Parteien festgestellt werden kann. In diesen Fällen wird daher die Frage relevant, ob Smart Contracts nicht nur Teil einer bestehenden Einigung sein können, sondern selbst Verträge im rechtlichen Sinne darstellen. Maßgeblich für die Frage, ob Smart Contracts nach deutschem Recht Verträge darstellen, sind die §§ 145 ff. BGB. Demnach kommen Verträge durch (mindestens) zwei übereinstimmende, in Bezug aufeinander abgegebene Willenserklärungen zustande (Antrag und Annahme).65 aa) Programmcode als Vertragssprache? Fehlt eine separate Einigung der Parteien stellt sich die Frage, ob der dem Smart Contract zugrundeliegende Programmcode zwei übereinstimmende Willenserklärungen der Parteien ausdrückt, also eine rechtsgeschäftliche Einigung im Sinne der §§ 145 ff. BGB aufzeichnet.66 Verträge können grundsätzlich formlos abgeschlossen werden.67 Aus dem Grundsatz der Privatautonomie folgt zudem, dass die Parteien grundsätzlich in der Wahl der Vertragssprache frei sind.68 Es sind dementsprechend keine Gründe ersichtlich, weshalb durch den Programmcode eines Smart Contracts von vorn 65

Vgl. Bork, in: Staudinger-BGB, Buch 1: Allgemeiner Teil: §§ 139–145, 2015, § 145 BGB Rn. 1; Neuner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 12. Aufl. 2020, § 37 Rn. 1 [S. 436]. 66 Ausführlich zu dieser Problematik auch Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1028 f.); ­Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (204); Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (621 f.); Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 101 ff. 67 Zum Grundsatz der Formfreiheit Hertel, in: Staudinger-BGB, Buch 1: Allgemeiner Teil, §§ 125–129, 2017, § 125 BGB, Rn. 3; Neuner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 12. Aufl. 2020, § 44 Rn. 2 f. [S. 526 f.]. 68 Ausführlich Kling, Sprachrisiken im Privatrechtsverkehr, 2009, S. 240 ff.

B. AGB-rechtliche Zulässigkeit der Vereinbarung von Smart Contracts 

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herein keine auf den Abschluss eines Vertrages gerichtete Willenserklärungen ausgedrückt werden können sollen.69 Der Umstand, dass die Parteien möglicherweise ihre Einigung nur in Programmcode festgehalten haben, schließt somit nicht von vornherein aus, dass hierdurch eine vertragliche Einigung im Sinne der §§ 145 ff. BGB wiedergegeben wird.70 Hierzu ist erforderlich, dass aus dem Programmcode ein rechtlicher Bindungswille beider Parteien ersichtlich wird. Ob dies der Fall ist, ist gemäß der §§ 133, 157 BGB nach Maßgabe des Wertungsmaßstabs des objektiven Empfängerhorizontes zu entscheiden.71 Es ist zunächst grundsätzlich davon auszugehen, dass neben einer in natürlicher Sprache verfassten, ausdrücklichen Vereinbarung durch den Programmcode typischerweise keine weitere rechtliche Vereinbarung abgeschlossen werden soll.72 Der Programmcode wird nach dem Willen der Parteien diese separate Verein-

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Vgl. auch Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1028 f.); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (204); Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (621); Börding / Jülicher / Röttgen / v. Schönfeld, CR 2017, 134 (139); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 14; Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band  67 (2017), S. 313 (342); Heckelmann, NJW 2018, 504 (505); Anzinger, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 33 (55); Erbguth, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 25 (26); Kaulartz, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 73 (75); Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (87); Riehm, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 99 (99) [Rn. 2]; Möslein, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 81 (85, 94) [Rn. 7, 20 f.]; Möslein, ZHR 2019, 254 (271); De Caria, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 19 (32); ­Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (67); Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (291); Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 102. Zurückhaltend, aber nicht von vornherein ausschließend Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (621) („grundsätzlich nicht“). Für das US-amerikanische Recht auch De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 79. A. A. aber wohl Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (621); Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1, unter E. I. 70 Vgl. Heckelmann, NJW 2018, 504 (505); Möslein, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 81 (94) [Rn. 20]; Möslein, ZHR 2019, 254 (271); ­Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (68 f.), jedoch mit einer (unbegründeten) Einschränkung für Unternehmer-Verbraucher-Beziehungen. 71 Vgl. zur normativen Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont etwa Singer, in: Staudinger-BGB, Buch 1: Allgemeiner Teil, §§ 90–124, §§ 130–133, 2017, § 133 BGB Rn. 18 ff.; Neuner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 12. Aufl. 2020, § 35 Rn. 3 ff. [S. 408 ff.]. 72 In diese Richtung wohl auch Riehm, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 99 (101) [Rn. 6]. Vgl. allgemein zum Verfahren der Auslegung bei Divergenzen zwischen Programmcode und in natürlicher Sprache formulierten Vereinbarungen Möslein, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 81 (96) [Rn. 23].

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3. Teil: Grenzen privater Smart Contracts gegenüber Verbrauchern 

barung lediglich umsetzen sollen, während die rechtsgeschäftliche Einigung in natürlicher Sprache festgehalten werden soll. Diese Frage wird virulent, wenn der Programmcode – etwa aufgrund eines Programmierfehlers – von der ausdrück­ lichen Vereinbarung abweicht. In diesen Fällen ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der in natürlicher Sprache verfasste Vertrag für die rechtliche Beziehung der Parteien maßgeblich sein soll. Der Programmcode soll die Rechtsbeziehung hingegen grundsätzlich nicht regeln, sondern eine lediglich bereits getroffene Regelung umsetzen. Zwingend ist dieser Schluss aber nicht. Maßgeblich sind die konkreten Vorstellungen der Parteien.73 Nach Kaulartz / Heckmann soll sich der Programmcode eines Smart Contracts sogar grundsätzlich nicht dazu eignen, Willenserklärungen inhaltlich auszudrücken, da er für die meisten Benutzer unverständlich sei.74 Die Unverständlichkeit des Programmcodes spricht allerdings nur dafür, dass die Parteien typischerweise eine ausdrückliche Regelung in natürlicher Sprache vorziehen werden. Wenn allerdings (bewusst) keine ausdrückliche Vereinbarung getroffen wurde, so weist dies eher daraufhin, dass die rechtliche Beziehung nach dem Willen der Parteien gerade durch den Programmcode ausgedrückt werden soll. Teilweise wird darauf hingewiesen, dass eine vertragliche Verpflichtung aus Sicht der Parteien bei Verwendung eines Smart Contracts möglicherweise überflüssig sein könnte, da das gewünschte Ergebnis bereits automatisiert durch den Programmcode erzielt werde, ohne hierfür auf eine gerichtliche Rechtsdurchsetzung zurückgreifen zu müssen.75 Da die Parteien also davon ausgingen, dass eine gerichtliche Durchsetzung nicht erforderlich sein würde, könne hieraus geschlossen werden, dass kein Rechtsbindungswille bestehe. Im Ergebnis sollte man jedoch davon ausgehen, dass sich ein Rechtsbindungswillen im Regelfall daraus ergeben wird, dass die Parteien sich vor ungewollten Konsequenzen von Programmierfehlern schützen wollen.76 Wenn der Programmcode allein maßgeblich wäre, wären hingegen auch Programmierfehler für die rechtliche Beziehung maßgeblich. Dass eine gerichtliche Durchsetzung aus Sicht der Parteien idealerweise nicht erforder 73 Vgl. allgemein zum Verfahren der Auslegung bei Divergenzen zwischen Programmcode und in natürlicher Sprache formulierten Vereinbarungen Möslein, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 81 (96) [Rn. 23]. 74 Vgl. Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (621). Ohne Begründung im Ergebnis ebenso auch Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1, unter E. I. A. A. indes Heckelmann, NJW 2018, 504 (506). 75 Vgl. etwa Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (123); Mann, NZG 2017, 1014 (1016); Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (339). Referierend auch Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (71). 76 Vgl. Mann, NZG 2017, 1014 (1016 f.); Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (339); Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (71).

B. AGB-rechtliche Zulässigkeit der Vereinbarung von Smart Contracts 

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lich sein soll, bedeutet nicht zwingend, dass sie nicht verfügbar sein soll, wenn sie doch gebraucht würde.77 Im Ergebnis sollte daher, wenn keine ausdrückliche Vereinbarung getroffen wurde, regelmäßig zumindest der Programmcode eines Smart Contract Willenserklärungen nach den §§ 133, 157 BGB ausdrücken. Dies ist jedoch nicht zwingend der Fall, maßgeblich ist eine entsprechende Auslegung.78 bb) Verwendung des Smart Contracts als Willenserklärung? Schließlich besteht die Möglichkeit, dass die Benutzung eines Smart Contracts als rechtlich relevantes Verhalten gedeutet werden kann, das konkludent einen rechtlichen Bindungswillen zum Ausdruck bringt.79 In diesem Zusammenhang lässt sich erneut die Verwandtschaft von Smart Contracts zu Warenautomaten fruchtbar machen.80 Auch Warenautomaten stellen selbst keine Verträge dar. In dem Aufstellen eines Warenautomaten kann jedoch ein Vertragsantrag ad incertas personas gesehen werden.81 Diesen Antrag nimmt der Käufer durch ordnungsgemäße Benutzung des Warenautomaten konkludent an. Der Warenautomat selbst wird hierdurch nicht etwa zum Vertrag, das Verhalten der Parteien – d. h. das Aufstellen und Nutzen des Automaten – kann jedoch konkludent als rechtsgeschäftliche Einigung gedeutet werden.

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Vgl. auch Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (339). Vgl. Möslein, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 81 (96) [Rn. 23]. 79 Vgl. Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (67). Ähnlich auch Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (322 f.); Glatz, in: Hartung / Bues / Halbleib (Hrsg.), Legal Tech: Die Digitalisierung des Rechtsmarktes, 2018, S. 287 (287 f., Rn. 1211), die jeweils allerdings wohl davon ausgehen, dass Willenserklärungen nur konkludent erfolgen. 80 Vgl. auch Mann, NZG 2017, 1014 (1015); Glatz, in: Hartung / Bues / Halbleib (Hrsg.), Legal Tech: Die Digitalisierung des Rechtsmarktes, 2018, S. 287 (287 f.) [Rn. 1211]; Möslein, ZHR 2019, 254 (271); De Caria, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 19 (33); ­Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (68). Zur Verwandtschaft zwischen Smart Contracts und Warenautomaten im Allgemeinen bereits oben S. 131 f. 81 Nach der wohl überwiegend vertretenen Meinung handelt es sich hierbei nicht um eine bloße invitatio ad offerendum, weil kein Insolvenzrisiko und kein Risiko einer Bindung trotz fehlender Erfüllungsmöglichkeit besteht, vgl. Flume, AT II, 1992, § 35, I 1 [S. 636]; Bork, in: Staudinger-BGB, Buch 1: Allgemeiner Teil: §§ 139–145, 2015, Rn. 8; Busche, in: MüKoBGB, Band 1, 8. Aufl. 2018, § 145 Rn. 12; a. A. Armbrüster, in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 145 Rn. 8; Neuner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 12. Aufl. 2020, § 37 Rn. 7 [S. 438]. 78

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3. Teil: Grenzen privater Smart Contracts gegenüber Verbrauchern 

Ähnlich kann es sich auch bei Smart Contracts verhalten. Die Benutzung eines Smart Contracts durch zwei Parteien kann – unter gewissen Umständen – nach Maßgabe der §§ 133, 157 BGB als Willenserklärungen gedeutet werden. Inhaltlich muss sich ein derart geschlossener Vertrag indes notwendigerweise an dem Programmcode orientieren. Weil der Programmcode aber für die Parteien – und Gerichte – typischerweise unverständlich sein wird, kann dies zu Schwierigkeiten bei der Auslegung führen.82 Der Frage, ob der Programmcode selbst Erklärungscharakter hat, kommt daher keine entscheidende Bedeutung zu. Selbst wenn angenommen werden sollte, dass der Smart Contract selbst nicht rechtlich bindend ist, bringen die den Smart Contract benutzenden Parteien durch ihre Verwendung des Programmcodes konkludent zum Ausdruck, sich an den Inhalt des Smart Contracts binden zu wollen. 2. Smart Contracts als allgemeine Geschäftsbedingungen Smart Contracts stellen nach den oben dargestellten Grundsätzen somit Vertragsbestimmungen dar, wenn eine entsprechende Auslegung des Verhaltens der Parteien nach den §§ 133, 157 BGB ergibt, dass (1) der Smart Contract Teil einer separaten in natürlicher Sprache verfassten Parteivereinbarung ist, (2) der Programmcode selbst auf den Abschluss eines Vertrages gerichtete Willenserklärungen der Parteien ausdrückt oder (3) die einvernehmliche Verwendung des Smart Contracts eine entsprechende vertragliche Vereinbarung darstellt. Die Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB setzt entsprechend der Legaldefinition allgemeiner Geschäftsbedingungen gem. § 305 Abs. 1 S. 1 BGB darüber hinaus voraus, dass diese Vertragsbestimmungen für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert wurden und von einer Vertragspartei, dem Verwender, der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags gestellt werden.83 Diese Voraussetzungen werden bei Smart Contracts durchaus in einigen Fällen erfüllt sein.84 Die Programmierung eines Smart Contracts ist sehr aufwändig. Es ist daher davon auszugehen, dass Smart Contracts bzw. die entsprechenden Einbeziehungsklauseln zumindest in Verhältnissen zwischen Unternehmern und Ver 82

Vgl. hierzu O’Shields, in: North Carolina Banking Institute, Band 21 (2017), S. 177 (190). Zur Frage, ob Smart Contracts AGB darstellen können bejahend auch Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (622); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 24; Heckelmann, NJW 2018, 504 (507); Riehm, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 99 (104) [Rn. 15]; Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 119; Rein, in: ­Sassenberg / Faber, Rechtshandbuch Industrie 4.0 und Internet of Things, 2. Aufl. 2020, § 14 Rn. 119; a. A. Paulus / Matzke, ZfPW 2018, 431 (459), denen zufolge der Smart Contract nicht selbst AGB darstellt, aber seine Nutzung Gegenstand von AGB sein kann. An der Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB – dann auf die AGB, die die Nutzung des Smart Contracts zum Gegenstand haben – ändert dies freilich im Ergebnis nichts. 84 A. A. Heckelmann, NJW 2018, 504 (507) („nur selten“). 83

B. AGB-rechtliche Zulässigkeit der Vereinbarung von Smart Contracts 

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brauchern vorformuliert werden.85 Dem Verbraucher wird bereits typischerweise die entsprechende Expertise fehlen, um eine komplexe Wenn-Dann-Beziehung in Programmcode im Einzelnen aushandeln zu können.86 Es stellt wegen des enormen Gestaltungsaufwands schließlich ein Gebot wirtschaftlicher Vernunft dar, dass Smart Contracts nicht nur in einem Fall eingesetzt werden, sondern von vornherein mit dem Ziel gestaltet werden, in einer Reihe von vergleichbaren Fällen verwendet zu werden.87 Dies gilt insbesondere in aus Sicht des Unternehmers weitgehend austauschbaren Beziehungen zu Verbrauchern. Zudem dürften Smart Contracts im Regelfall einseitig vom Unternehmer gestellt werden.88 Die Aufgabe, einen Smart Contract durch erheblichen Aufwand und ggf. mithilfe spezieller Expertise zu programmieren, wird praktisch in der Regel dem Unternehmer zufallen. Gem. § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB gelten allgemeine Geschäftsbedingungen ohnehin als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden. Allgemeine Geschäftsbedingungen müssen nicht notwendigerweise schriftlich vorformuliert werden.89 Es reicht aus, wenn sie auf andere Weise „fixiert“ sind.90 Nach dem Wortlaut des § 305 Abs. 1 BGB ist es gleichgültig, welche Form der Vertrag hat. Auch in Hinblick auf den Sinn und Zweck der §§ 305 ff. BGB muss eine Fixierung der Vertragsbedingungen in Programmcode grundsätzlich ausreichen.91 Der Vertragspartner ist bei Verwendung derartiger Klauseln nicht weniger schutzbedürftig als bei schriftlichen Vertragsbedingungen. Im Gegenteil: es besteht in besonderem Maße ein Missbrauchsrisiko, wenn der Vertragspartner nicht einmal auf schriftliche Klauseln Bezug nehmen kann. Zudem besteht andernfalls eine erhebliche Gefahr, dass der Verwender die gesetzlichen Grenzen der §§ 305 ff. BGB dadurch umgeht, dass kein ausdrücklicher Vertrag geschlossen wird. Die §§ 305 ff. 85

Ebenso Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (622); Heckelmann, NJW 2018, 504 (507); Möslein, ZBB 2018, 208 (218); Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (76); Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (294). 86 Gegen ein individuelles Aushandeln auch Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (622); ­Möslein, ZBB 2018, 208 (218). 87 Vgl. auch Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (294). 88 Vgl. hierzu ausführlich oben S. 73 ff. A. A. aber Heckelmann, NJW 2018, 504 (507), der davon ausgeht, dass oftmals nicht ein Verwender einen Vertrag mehrmals nutzen wird, sondern viele Verwender denselben Vertrag jeweils einmal. 89 Vgl. BGH, Urt. v. 12. 06. 2001 – XI ZR 274/00, NJW 2001, 2635 (2636); Roloff, in: E ­ rman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 305 Rn. 9; Basedow, in: MüKo-BGB, Band  2, 8. Aufl. 2019, § 305 BGB Rn. 13; Neuner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 12. Aufl. 2020, § 47 Rn. 10 [S. 572 f.]. 90 Vgl. Grigoleit / Herresthal, BGB Allgemeiner Teil, 3. Aufl. 2015, Rn. 435; Neuner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 12. Aufl. 2020, § 47 Rn. 11 [S. 573]. 91 Vgl. zur Fixierung in Programmcode Basedow, in: MüKo-BGB, Band 2, 8. Aufl. 2019, § 305 BGB Rn. 13.

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3. Teil: Grenzen privater Smart Contracts gegenüber Verbrauchern 

BGB sollten daher grundsätzlich auch auf Fälle anwendbar sein, in denen die Parteien sich, ohne ausdrücklichen zugrundeliegenden Vertrag, über die Verwendung eines bestimmten Smart Contracts einig sind.

II. Einbeziehung: Obliegenheit zur Übersetzung des Smart Contracts? Grundsätzlich lässt sich nur unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls beurteilen, ob ein Smart Contract wirksam in einen Vertrag einbezogen wurde. Die Einbeziehung von allgemeinen Geschäfts-bedingungen setzt im Allgemeinen einen ausdrücklichen Hinweis oder Aushang auf die entsprechenden Vertragsbedingungen und die Möglichkeit und Zumutbarkeit der Kenntnisnahme voraus (§ 305 Abs. 2 BGB).92 Dies erfordert jedenfalls, dass dem Verbraucher der Programmcode offengelegt wird.93 Allerdings wird die Zumutbarkeit der Kenntnisnahme des Verbrauchers in Frage gestellt, wenn die Vereinbarung allein in Programmcode festgehalten ist.94 Der Programmcode wird dem Verbraucher grundsätzlich nicht in gleicher Weise verständlich sein wie ein entsprechender Text in natürlicher Sprache.95 Der Verbraucher befindet sich insofern in einer ähnlichen Situation wie bei der Verwendung fremdsprachiger Geschäftsbedingungen.96 Fremdsprachige AGB können in den Vertrag nur einbezogen worden, wenn von einem durchschnittlichen Kunden

92 Gegen die Anwendbarkeit der Beschränkung zumindest des § 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB aber Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (205); Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1030); Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (622). Dagegen wiederum Riehm, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 99 (111) [Rn. 38]. 93 Vgl. etwa Söbbing, ITRB 2018, 43 (46); Riehm, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 99 (110) [Rn. 37]. 94 Vgl. zu diesem Problem auch Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (204 f.); Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1030); Söbbing, ITRB 2018, 43 (46); Riehm, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 99 (110 f.) [Rn. 37]; Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 121 ff.; Clément, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (281). 95 Vgl. etwa Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1029 f.); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (204); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 24; Riehm, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 99 (110 f.) [Rn. 37]; Söbbing, ITRB 2018, 43 (46); Clément, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (281 f.) sowie bereits ausführlich oben S. 70 ff. 96 Wegen des Fehlens entsprechender Übersetzungsprogramme, könnte der Verbraucher bei Smart Contracts sogar als noch schutzwürdiger angesehen werden. Eingehend zur Vergleichbarkeit von Fremdsprachen und Programmiersprachen insofern Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 123 f. [dort Fn. 645].

B. AGB-rechtliche Zulässigkeit der Vereinbarung von Smart Contracts 

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Kenntnisse der entsprechenden Fremdsprache erwartetet werden können.97 Dies ist insbesondere der Fall, wenn Vertragsverhandlungen in dieser Sprache stattgefunden haben.98 Von Verbrauchern kann die Kenntnis einer Programmiersprache wie Solidity99 aber grundsätzlich nicht erwartet werden.100 Auch Vertragsverhandlungen werden nicht in der Programmiersprache geführt. Vor diesem Hintergrund ist die Kenntnisnahme von in Programmcode verfassten AGB Verbrauchern nur in Ausnahmefällen zumutbar.101 Grundsätzlich hat das Erfordernis einer zumutbaren Kenntnisnahme nach § 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB daher zur Folge, dass der Smart Contract-Programmcode in für den Vertragspartner verständliche natürliche Sprache zu „übersetzen“ ist.102 Fehler dieser Übersetzung müsste sich der Unternehmer im Zweifel auch entgegenhalten lassen.103 Andernfalls ist dem Verbraucher typischerweise eine Kenntnisnahme des Vertragsinhalts nicht zumutbar. Wie eine solche Übersetzung praktisch umgesetzt werden kann, ist unklar. Naheliegend wäre eine entsprechende Übersetzung des Programmierers bzw. eines unabhängigen Experten, der zusichert, dass der Programmcode der ihm vorgelegten Vereinbarung entspricht.104 Ein Programmierer wird eine solche Erklä 97 Vgl. etwa Riehm, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 99 (110 f.) [Rn. 37]. 98 Vgl. etwa BGH, Urt. v. 10. 03. 1983 – VII ZR 302/82, NJW 1983, 1489 (1489); Urt. v. 27–10–1994 – IX ZR 168/93, NJW 1995, 190 (190); Kling, Sprachrisiken im Privatrechtsverkehr, 2008, S. 517; Becker, in: Hau / Poseck (Hrsg.), BeckOK-BGB, 55. Edition, 01. 08. 2020, § 305, Rn. 62; Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (204 f.); Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1030); Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 122. 99 Zur Programmierung von Smart Contracts bereits oben S. 146 ff. 100 Vgl. etwa Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1030); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (204). Zu entsprechenden Ausnahmefällen aber Riehm, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 99 (110 f.) [Rn. 37]. 101 Vgl. Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1030); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (204); Riehm, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 99 (110 f.) [Rn. 37]. Wohl für einen völligen Ausschluss hingegen Fries, AnwBl 2018, 86 (88). 102 Vgl. auch Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1030); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (205); Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 124; Durovic / Janssen, in: ­DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (79); Clément, in: DiMatteo / Cannarsa /  Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (282); Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (293). Vgl. zu dieser Frage unabhängig vom Bestehen von AGB auch Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 106 f. In diese Richtung wohl auch Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 24. 103 Vgl. Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1030); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (205). In­ struktiv zur Schwierigkeit der Übersetzung des Programmcodes in verständliche Sprache auch Clément, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (282 f.). 104 Vgl. in diese Richtung wohl auch Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 136.

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3. Teil: Grenzen privater Smart Contracts gegenüber Verbrauchern 

rung regelmäßig aber wohl nur im Falle einer Haftungsfreistellung abgeben. Alternativ wären staatliche, staatlich zertifizierte oder sogar rein private Prüfungsstellen denkbar, die zertifizieren, dass ein Programmcode einen bestimmten Inhalt hat.105

III. Smart Contracts als überraschende Klauseln (§ 305c Abs. 1 BGB) Über diese allgemeinen Anforderungen hinaus stellt sich die Frage, ob es erforderlich ist, dass der Verwender des Smart Contracts, zumeist also der Unternehmer, seinen Vertragspartner, den Verbraucher, ausdrücklich auf die besonderen Risiken des Smart Contracts bzw. der Automatisierung hinweisen und über diese aufklären muss. Den gesetzlichen Anhaltspunkt für diese Problematik bildet das Verbot der Einbeziehung überraschender Klauseln in § 305c Abs. 1 BGB. Demnach werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil. Bei der Verwendung von Smart Contracts, die für den Verbraucher oftmals nicht ohne Weiteres verständlich, aber mit stark einschneidenden Folgen verbunden sein wird, ist der Verbraucher in erhöhtem Maße schutzbedürftig. Eine Automatisierung mittels eines Smart Contracts stellt eine besondere, unmittelbar wirksame Form der Rechtsdurchsetzung dar, die deutlich von dem traditionellen und für Verbraucher wohl üblicherweise erwarteten System der gerichtlichen Rechtsdurchsetzung ab. Die damit verbundenen besonderen Risiken106 werden dem Verbraucher nicht ohne weiteres bekannt sein. Dieses erhöhte Schutzbedürfnis des Verbrauchers wird besonders dadurch unterstrichen, dass das Institut und die Funktionsweise von Smart Contracts in der breiten Öffentlichkeit bisher weitgehend unbekannt sein. Ein Verbraucher wird daher regelmäßig nicht ohne weiteres mit einer Automatisierung und der sofortigen Vollziehung des Vertrages durch einen Smart Contract rechnen. Dies hat jedoch nicht zur Folge, dass Smart Contracts nach § 305c Abs. 1 BGB allgemein nicht in einen Vertrag einbezogen werden könnten. Im Rahmen der Auslegung der Ungewöhnlichkeit einer Klausel gilt vielmehr ein konkret-individueller Maßstab.107 Es kommt nicht allein auf den Inhalt der Klausel an, sondern – nach dem Wortlaut des § 305c Abs. 1 BGB ausdrücklich – auf die Umstände, „insbesondere“ auf das äußere Erscheinungsbild des Vertrages. Angesichts der bei der 105

In diesem Sinne auch Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (375); Clément, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (283); Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (304). 106 Vgl. ausführlich den Zweiten Teil dieser Arbeit. 107 Vgl. etwa Grigoleit / Herresthal, BGB Allgemeiner Teil, 3. Aufl. 2015, Rn. 451; Roloff, in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 305c Rn. 11.

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Verwendung von Smart Contracts regelmäßig erhöhten Missbrauchsrisiken und der erheblichen Abweichung von gesetzlichen und bisherigen vertraglichen Standards, setzt eine Einbeziehung des Smart Contracts daher grundsätzlich einen besonderen Hinweis auf den zu verwendenden Smart Contract voraus. Andernfalls braucht der Durchschnittskunde mit der Verwendung dieses Instruments grundsätzlich nicht zu rechnen. Ohne einen derart dezidierten und auch im Einzelnen verständlichen Hinweis auf die Automatisierung mittels des Smart Contracts, werden die entsprechenden Smart Contracts-Klauseln als „überraschende Klauseln“ nach § 305c Abs. 1 BGB daher grundsätzlich nicht Vertragsbestandteil.

IV. Probleme im Rahmen der Inhaltskontrolle Es liegt in der Natur der Sache, dass sich eine inhaltliche Kontrolle der Bestimmungen eines Smart Contracts nach Maßgabe der §§ 307 ff. BGB nur unter Berücksichtigung der konkreten Klausel bzw. Regelung vornehmen lässt. Im Folgenden soll aber dennoch eine Reihe zentraler Probleme aufgezeigt werden, die bei Smart Contracts möglicherweise auftreten können. 1. Eröffnung der Inhaltskontrolle (§ 307 Abs. 3 BGB) Gem. § 307 Abs. 3 BGB gilt die inhaltliche Kontrolle einer AGB-Klausel nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB sowie den §§ 308, 309 BGB nur „für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden.“ Hierdurch sollen in erster Linie Klauseln, die die vertraglich geschuldeten Hauptleistungen festlegen sowie sog. deklaratorische Klauseln, die nur die gesetzliche Regelung wiederholen, von der Inhaltskontrolle ausgenommen werden.108 In Smart Contracts werden typischerweise keine ausdrücklich vom Gesetz abweichenden Regelungen getroffen. Sie dienen vielmehr in erster Linie als Instrument zur automatisierten Erfüllung bzw. Durchsetzung vertraglicher Ansprüche.109 108

Vgl. etwa Wurmnest, in: MüKo-BGB, Band 2, 8. Aufl. 2019, § 307 BGB Rn. 6 ff.; Neuner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 12. Aufl. 2020, § 47 Rn. 51 ff. [S. 581 ff.]. 109 Vgl. zum automatisierten Vollzug von Vertragsbedingungen als zentralem Element von Smart Contracts nur aus der deutschsprachigen Literatur etwa Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1, unter A. und B.; Heckmann, CR 2016, R99 (R99); Voshmgir, Blockchains, Smart Contracts und das Dezentrale Web, 2016, S. 14; BaFin, Blockchain-Technologie, 2017; Berentsen / Schär, Bitcoin, Blockchain und Kryptoassets, 2017, S. 289; Börding / Jülicher /  Röttgen / v. Schönfeld, CR 2017, 134 (138); Meitinger, in: Deutsche Gesellschaft für Informatik, Informatiklexikon, 2017; Prior, ZAP, Fach 2, 05/2017, S. 651 (653); Simmchen, MMR 2017, 162 (164); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart C ­ ontracts

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3. Teil: Grenzen privater Smart Contracts gegenüber Verbrauchern 

Würde man Smart Contracts daher allgemein so verstehen, dass sie lediglich bestimmen, dass entstandene Ansprüche durchgesetzt werden, so würde dies der gesetzlichen Regelung entsprechen. Indes gehen Smart Contracts in ihrem Regelungsgehalt typischerweise über einen derartigen Minimalinhalt hinaus. Sie bestimmen regelmäßig dezidierte Regelungen, wie die Leistungserbringung in Abhängigkeit bestimmter Bedingungen durch einen Computer automatisiert werden kann. Die Abweichung von der gesetzlichen Regelung besteht insofern in dem Aufstellen besonderer Regeln für die Durchsetzung. Allein die Automatisierung stellt bereits eine besondere Form der Leistungserbringung dar. Daher kann eine Smart Contract-Klausel wohl selbst dann nicht von der Inhaltskontrolle ausgenommen sein, wenn sie – im Sinne des Leistungsaustausches im Synallagma nach § 320 BGB – die Erbringung der einen Leistung von der Erbringung der anderen Leistung abhängig macht. Dieses Ergebnis entspricht auch dem Telos des § 307 Abs. 3 BGB. Der Begriff der Abweichung bzw. Ergänzung der gesetzlichen Regelung ist grundsätzlich weit auszulegen.110 Trotz des insofern missverständlichen Wortlautes („nur“) sollen AGB grundsätzlich Gegenstand der Inhaltskontrolle sein.111 Der § 307 Abs. 3 BGB soll lediglich ausnahmsweise Fälle von der Inhaltskontrolle ausnehmen, in denen für eine inhaltliche Kontrolle von vornherein kein Bedürfnis besteht.112 Keine der in diesem Zusammenhang regelmäßig genannten Fallgruppen – die bloße Wiedergabe des Gesetzes oder die Bestimmung von Leistung und Preis113 – wird bei Verwendung von Smart Contracts aber typischerweise vorliegen. Auch im Übrigen besteht kein Grund für eine Privilegierung. Eine Automatisierung der Durchsetzung entstandener Ansprüche – ggf. sogar nach vom Unternehmer einseitig im Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 13; J. Wagner, BB 2017, 898 (901); Eschenbruch /  Gerstberger, NZBau 2018, 3 (3); Fries, AnwBl 2018, 86 (86); Fries, in: Deutscher Bundestag – Finanzausschuss, Protokoll zur 34. Sitzung, BT-Drs. 19/4217, S. 71 (71); Glatz, in: Hartung /  Bues / Halbleib (Hrsg.), Legal Tech: Die Digitalisierung des Rechtsmarktes, 2018, S. 287 (287, Rn. 1211); Grundmann / Hacker, in: European Review of Contract Law, Band 13 (2017), S. 255 (Manuskript, S. 10); Heckelmann, NJW 2018, 504 (504); Jacobs / L ange-Hausstein, ITRB 2017, 10 (12); Lobe, in: Süddeutsche Zeitung, 08. 04. 2018; Möslein, ZBB 2018, 208 (215); Paulus /  Matzke, NJW 2018, 1905 (1905); Paulus / Matzke, ZfPW 2018, 431 (433 f., 438); ­Urbach, in: Enzyklopädie der Wirtschaftsinformatik, 2018; J.  Wagner, Legal Tech und Legal Robots, 2018, S. 21; Weigel, Von „smart contracts“ und Getränkeautomaten, 2018; Finck, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 1 (7); Möslein, ZHR 2019, 254 (259 f.); Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 13, 42. 110 Umgekehrt H. Schmidt, in: Hau / Poseck (Hrsg.), BeckOK-BGB, 55. Edition, 01. 08. 2020, § 307, Rn. 71, demzufolge die in § 307 Abs. 3 S. 1 angelegte Ausnahme eng auszulegen sei. Dies entspricht im Ergebnis aber einer weiten Auslegung der die Inhaltskontrolle eröffnenden Begriffe der Abweichung und Ergänzung. 111 Vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 154; H. Schmidt, in: Hau / Poseck (Hrsg.), BeckOK-BGB, 55. Edition, 01. 08. 2020, § 307, Rn. 71: „im Zweifel pro Inhaltskontrolle“. 112 Vgl. Wurmnest, in: MüKo-BGB, Band 2, 8. Aufl. 2019, § 307 BGB Rn. 1. 113 Vgl. zu diesen Fallgruppen Wurmnest, in: MüKo-BGB, Band 2, 8. Aufl. 2019, § 307 BGB Rn. 6 ff.; H. Schmidt, in: Hau / Poseck (Hrsg.), BeckOK-BGB, 55. Edition, 01. 08. 2020, § 307, Rn. 73 ff.

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Programmcode festgelegten Regeln – stellt eine besonders strenge Bindung des Schuldners an sein Leistungsversprechen dar.114 Ihm wird grundsätzlich die Möglichkeit genommen, sich entgegen seiner Verpflichtung doch für einen Bruch des Vertrages zu entscheiden. Die Schutzbedürftigkeit des Schuldners / Verbrauchers wird zusätzlich verschärft durch die oben eingehend dargestellten erheblichen Risiken, die eine Automatisierung insbesondere für Verbraucher, haben kann.115 Es wäre daher verfehlt, Smart Contract-Klauseln von vornherein von der Inhaltskontrolle auszunehmen. 2. Spezielle Klauselverbote nach §§ 308, 309 BGB In den §§ 308, 309 BGB ist kein Verbot vorgesehen, dass eine Automatisierung der Leistungserbringung explizit ausschließen würde. Auch eine strenge Bindung des Schuldners an seine Verpflichtung dergestalt, dass ein Vertragsbruch nicht mehr möglich ist116, wird nicht ausdrücklich ausgeschlossen. Ob darüber hinaus eines der speziellen Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit (§ 308 BGB) oder ohne Wertungsmöglichkeit (§ 309 BGB) im Einzelfall einer Wirksamkeit einer Bestimmung eines Smart Contracts entgegensteht, lässt sich nur unter Berücksichtigung der konkret zu prüfenden Klausel entscheiden. a) Klageverzicht (§ 309 Nr. 14 BGB) Das Verbot der Vereinbarung eines Klageverzichts der anderen Partei (§ 309 Nr. 14 BGB) sollte bei Verwendung von Smart Contracts regelmäßig nicht einschlägig sein. 114 Im Sinne einer Verstärkung von Versprechen auch etwa Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (356). 115 Vgl. ausführlich den Zweiten Teil dieser Arbeit. 116 Vgl. im Sinne eines Ausschlusses eines Vertragsbruchs durch Automatisierung etwa Hsiao, in: US-China Law Review, Band 14 (2017), S. 685 (686 f.); Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (130); Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (279); Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (306, 316); Mik, in: Innovation & Technology, Band 9 (2017), S. 269 (Manuskript, S. 10); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 13; De Caria, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 19 (27); Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa /  Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (73, 75); Tjong Tjin Tai, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 80 (98); Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (118, 128); Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (291).

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Eine gerichtliche Kontrolle von Smart Contracts ist nicht von vornherein ausgeschlossen.117 Ein durch die Automatisierung benachteiligter Verbraucher hat weiterhin die Möglichkeit, gegen den Smart Contract gerichtlich vorzugehen. Die Funktions- und Wirkungsweisen eines Smart Contracts müssen sich an den gesetzlichen und rechtlichen Vorgaben und Schranken messen lassen.118 Die Besonderheit der Automatisierung besteht jedoch darin, dass das gerichtliche Verfahren nunmehr unter veränderten Vorzeichen stattfindet.119 Die Automatisierung führt zu einer Änderung des für das Verfahren maßgeblichen status quo und verändert die Ausgangspositionen der Parteien: der Verbraucher wird in die Rolle des Klägers gedrängt. Der Smart Contract führt so zu einer Verschiebung der Rechtsdurchsetzungslast zulasten des Verbrauchers. Diese Verschiebung der Klagelast macht es weniger wahrscheinlich, dass es zu einem gerichtlichen Verfahren kommt – selbst wenn der Verbraucher eigentlich davon überzeugt ist, dass die Automatisierung rechtswidrig war. So können die Nachteile der Klägerrolle  – insbesondere das Problem der Vorfinanzierung des Verfahrens und die emotionale Belastung – den Verbraucher dazu bewegen, von vornherein auf eine Klage zu verzichten. Der Vereinbarung eines Klageverzichts im Sinne des (§ 309 Nr. 14 BGB) steht dies aber nicht gleich. Die andere Partei kann auch nach einer Automatisierung weiterhin gerichtlichen Rechtsschutz suchen. Insbesondere wird der Vertragspartner durch die Automatisierung nicht in ein außergerichtliches Streitbeilegungsverfahren gezwungen. Das durch die Vorschrift geschützte Wahlrecht zwischen gericht­licher und außergerichtlicher Streitbeilegung120 bleibt mithin grundsätzlich erhalten. b) Änderung der Beweislast (§ 309 Nr. 12 BGB) Problematischer ist vor diesem Hintergrund indes das Verbot der Änderung der Beweislast in § 309 Nr. 12 BGB. Die Automatisierung der Leistungserbringung durch Smart Contracts führt zu einer Umkehr der Klagelast zulasten des Verbrauchers.121 So ändert sie den für den 117

Vgl. etwa Eschenbruch / Gerstberger, NZBau 2018, 3 (8); Werbach, The Blockchain and the New Architecture of Trust, 2018, S. 161 f.; Kaulartz / Kreis, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 249 (251 f.) [Rn. 9 ff.]; De Caria, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 19 (33); Durovic, in: Aggarwal / Eidenmüller / Enriques /  Payne / van Zwieten (Hrsg.), Autonomous Systems and the Law, 2019, S. 23 (24). 118 Vgl. Kaulartz, DSRI-TB 2016, 1023 (1035); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (206). 119 Vgl. ausführlich oben S. 118 ff. 120 Vgl. zum Zweck des § 309 Nr. 14 BGB Wurmnest, in: MüKo-BGB, Band 2, 8. Aufl. 2019, § 309 Nr. 14 BGB Rn. 2. 121 Vgl. zur Verschiebung der Klagelast als Folge der Automatisierung durch Smart Contracts auch Paulus / Matzke, CR 2017, 769 (770); Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67

B. AGB-rechtliche Zulässigkeit der Vereinbarung von Smart Contracts 

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Prozess maßgeblichen status quo und führt zu einer Verlagerung des Fokus des Verfahrens von einer Durchsetzung des Primäranspruchs auf die Durchsetzung von Bereicherungsansprüchen. Mit der Verlagerung von Leistungs- auf Bereicherungsansprüche geht auch eine veränderte Rollenverteilung der Parteien einher. Der Verbraucher wird, obwohl eigentlich Schuldner der automatisierten Leistung, als Gläubiger des Bereicherungsanspruchs in die Rolle des Klägers gedrängt. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob mit der Umkehr der Klagelast de facto auch eine Umkehr der Beweislast einhergeht, wie sie in § 309 Nr. 12 BGB verboten wird. Durch die Automatisierung wird der Schuldner in die Position des Klägers gedrückt, während er ohne eine automatisch erfolgende Leistungserbringung mit der Erfüllung bis zu einer Lösung der Streitigkeiten hätte warten können. Regelmäßig sollte mit dieser Umkehr der prozessualen Rollen aber keine Umkehr der Beweislast einhergehen.122 Die für die jeweiligen Parteien zu beweisenden Tatsachen bleiben trotz der Rollenumkehr grundsätzlich die gleichen.123 Im deutschen Zivilprozessrecht gilt der Grundsatz, dass jede Partei, die für sie günstigen Umstände zu beweisen hat.124 Auf die Parteirolle kommt es insofern nicht an.125 Obwohl der ursprüngliche Schuldner nun die einen Bereicherungsanspruch begründenden Tatsachen beweisen muss, statt sich gegen eine Inanspruchnahme durch den Gläubiger zu verteidigen, geht es in der Sache um dieselben darzulegenden Tatsachen: es besteht kein Anspruch auf die Leistung und dementsprechend erfolgte die Selbstdurchsetzung mittels des Smart Contracts ohne Rechtsgrund. Die Verteilung der prozessualen Rollen hat daher grundsätzlich keine Auswirkungen auf die Beweislast. Für beide Parteien bleiben die gleichen Umstände relevant und müssen bewiesen werden. Es kann aber problematisch sein, dass der Vertragspartner in einem gericht­ lichen Verfahren die Fehlerhaftigkeit oder Rechtswidrigkeit anhand des vom Verwender gestellten Programmcodes nachzuweisen hat. Die Begründung eines (2017), S. 313 (376); Fries, AnwBl 2018, 86 (88); Paulus / Matzke, NJW 2018, 1905 (1910); Möslein, ZHR 2019, 254 (283 f.); Matzke, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 99 (110); Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (89); Guggenberger, NJW 2018, 1057 (1059 f.). In diese Richtung für eine technologische Beschränkungen der Benutzung der Kaufsache auch Mackenrodt, Technologie statt Vertrag?, 2015, S. 23 f. sowie ausführlich oben S. 118 ff. 122 Anders wohl Riehm, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 99 (108) [Rn. 29]. 123 Vgl. auch bereits oben S. 121 ff. 124 Der Kläger hat die rechtsbegründenden, der Beklagte rechtshemmende, rechtshindernde oder rechtsvernichtende Tatsachen zu erbringen, vgl. etwa BGH, Urt. v. 14. 01. 1991 – II ZR 190/89, NJW 1991, 1052 (1053); Urt. v. 13. 11. 1998 – V ZR 386–97, NJW 1999, 352 (353); Prütting, in: MüKo-ZPO, Band  1, 5. Aufl. 2016, Rn.111; Foerste, in: Musielak / Voit, ZPO, Kommentar, 16. Aufl. 2019, § 286 Rn. 35; grundlegend Rosenberg, Die Beweislast, 5. Aufl. 1965, S. 98 ff. 125 Ausdrücklich BGH, Urt. v. 02. 03. 1993 – VI ZR 74/92, NJW 1993, 1716 (1717); Saenger, in: Saenger (Hrsg.), Handkommentar ZPO, 8. Aufl. 2019, § 286 ZPO Rn. 58.

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3. Teil: Grenzen privater Smart Contracts gegenüber Verbrauchern 

Anspruchs erfordert typischerweise einen höheren Aufwand und größere Sorgfalt als die Verteidigung.126 Anhand des Sachvortrags des Klägers muss das Gericht in die Lage versetzt werden, aufgrund des tatsächlichen Vorbringens der Partei zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Bestehen des geltend gemachten Rechts vorliegen.127 Diese Anforderungen können für den Verbraucher zu Problemen führen. Insofern wird ihm unter Umständen die Beweislast für Umstände aufgebürdet, die im Verantwortungsbereich des Verwenders lagen. Eine solche Situation versucht § 309 Nr. 12 BGB gerade zu verhindern (§ 309 Nr. 12 lit. a)).128 Der Unternehmer ist typischerweise allein für die Bestimmungen des Programmcodes verantwortlich. Etwaige Fehler oder eine Rechtswidrigkeit begründende Regelungen des Programmcodes stammen daher aus seinem Verantwortungsbereich. Jedoch darf nicht ignoriert werden, dass dem Verbraucher ein Nachweis eines Fehlers oder einer rechtswidrigen Regelung im Programmcode zwar deutlich erschwert, aber dennoch durchaus möglich ist. Der Programmcode wird dem Verbraucher in der Regel in Gänze vorliegen.129 Zwar ist der Programmcode für den Verbraucher wegen seines technischen Charakters unverständlich130, der Verbraucher hat jedoch die Möglichkeit, einen entsprechenden Experten zu beauftragen, der den Programmcode analysieren und unter Umständen sogar ein Gutachten über dessen Rechtswidrigkeit anfertigen kann. Wenngleich der Programmcode für den Verbraucher selbst also eine „black box“ darstellt131, ist er dennoch in der Lage die die Rechtswidrigkeit begründenden Tatsachen zumindest mit der Hilfe von Experten nachzuvollziehen und geltend zu machen. Bei der Fehlerhaftigkeit oder Rechtswidrigkeit des Smart Contracts handelt es sich insofern nicht in dem Sinne um Umstände aus dem Verantwortungsbereich des Verwenders, als dass der Vertragspartner diese Umstände von vornherein nicht nachvollziehen und daher nicht beweisen könnte.132 So wäre eine effektive Beweisführung von vornherein 126

Vgl. Fries, AnwBl 2018, 86 (88). St. Rspr., vgl. etwa BGH, Beschl. v. 28. 05. 2019 – VI ZR 328/18, NJW 2019, 3236, Rn. 10; Beschl. v. 26. 03. 2019 – VI ZR 163/17, MDR 2019, 825, Rn. 11; Beschl. v. 25. 09. 2018 – VI ZR 234/17, NJW 2019, 607, Rn. 8; Urt. v. 21. 06. 2018 – IX ZR 129/17, NJW-RR 2018, 1150, Rn. 16; Beschl. v. 14. 03. 2017 – VI ZR 225/16, BeckRS 2017, 109294. 128 Vgl. Wurmnest, in: MüKo-BGB, Band 2, 8. Aufl. 2019, § 309 Nr. 12 BGB Rn. 1. 129 Zur Pflicht der Offenlegung des Programmcodes nach § 305 Abs. 2 BGB etwa Söbbing, ITRB 2018, 43 (46); Riehm, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 99 (110) [Rn. 37]. 130 Vgl. auch Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1029 f.); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (204); Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (621); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 24; Riehm, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 99 (110 f.) [Rn. 37]; ­Söbbing, ITRB 2018, 43 (46); Clément, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (281 f.). 131 So Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (621). 132 So aber typischerweise die Situation in den klassischen Fällen des § 309 Nr. 12 BGB bei Lagerverträgen, vgl. Wurmnest, in: MüKo-BGB, Band 2, 8. Aufl. 2019, § 309 Nr. 12 BGB Rn. 11. 127

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nahezu ausgeschlossen, wenn es um interne, von vornherein für Außenstehende nicht einsehbare und nachvollziehbare Vorgänge ginge, die der Verbraucher zu beweisen hätte. Dies ist bei Smart Contracts aber nicht der Fall. Die Beweisführung ist dem Verbraucher zwar erschwert, aber nicht von vornherein unmöglich. Die Situation eines Verbrauchers bei Verwendung eines Smart Contracts ist vor diesem Hintergrund kaum mit den typischen Fällen des § 309 Nr. 12 BGB vergleichbar. Es ist daher durchaus fraglich, ob der § 309 Nr. 12 BGB pauschal auch auf Smart Contracts Anwendung finden sollte. Im Ergebnis ist anhand der individuellen Klausel genau zu prüfen, ob der Smart Contract durch die Automatisierung de facto zu einer Umkehr der Beweislast führt, insbesondere ob der Vertragspartner Umstände zu beweisen hat, die aus der Sphäre des Verwenders stammen. 3. Unangemessene Benachteiligung (§ 307 Abs. 1 BGB) Auch eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB kann auf die Umkehr der Klagelast als Folge der Automatisierung zurückzuführen sein.133 Eine unangemessene Benachteiligung wird widerlegbar vermutet, wenn die Klausel mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht vereinbar ist (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Dabei sind im Rahmen einer abstrakt-generellen Betrachtung die Interessen der typischerweise an Rechtsgeschäften der vorliegenden Art beteiligten Verkehrskreise gegeneinander abzuwägen.134 Bei Verbraucherverträgen sind darüber hinaus auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen (§ 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB). Die prinzipiell abstrakt-generelle Betrachtung wird mithin bei Verbraucherverträgen um einzelfallbezogene konkretindividuelle Aspekte ergänzt.135 a) Nachteile der Automatisierung für den Verbraucher Eine unangemessene Benachteiligung durch eine Vertragsklausel setzt Nachteile „von einigem Gewicht“ für die andere Partei voraus.136 Insbesondere für Verbraucher kann der automatisierte Vollzug vertraglicher Bedingungen zu einer Reihe von Nachteilen führen.

133

Vgl. zu dieser Frage auch Riehm, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 99 (108) [Rn. 29 ff.]. 134 Vgl. Grigoleit / Herresthal, BGB Allgemeiner Teil, 3. Aufl. 2015, Rn. 467; Neuner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 12. Aufl. 2020, § 47 Rn. 74 [S. 586]. 135 Vgl. Grigoleit / Herresthal, BGB Allgemeiner Teil, 3. Aufl. 2015, Rn. 468. 136 Vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 27. 02. 1981 – 4 Re Miet 4/80, NJW 1981, 1049 (1050).

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3. Teil: Grenzen privater Smart Contracts gegenüber Verbrauchern 

aa) Erzwungene Erfüllung und automatisierte Rechtsdurchsetzung Smart Contracts ermöglichen ein privates, außerstaatliches Rechtsdurchsetzungsregime nach vom Unternehmer einseitig festgelegten Regeln.137 Smart Contracts stellen eine Form der zwangsweisen Erfüllung138 und damit ein Substitut für eine Rechtsdurchsetzung in einem gerichtlichen Verfahren dar.139 Durch den Smart Contract kann somit unmittelbar eine Situation herbeigerufen werden, die normalerweise erst nach Abschluss eines gesetzlich vorgesehenen Verfahrens bestehen würde.140 Die Durchsetzung eines automatisierten Rechts vollzieht sich gerade nicht infolge eines gerichtlichen Verfahrens, sondern ist allein von den Bestimmungen des Programmcodes abhängig. Es besteht daher ein erhebliches Risiko, dass der Smart Contract von gesetzlichen Regeln oder dem vertraglich Vereinbarten abweicht.141 Ein solches Rechtsdurchsetzungsregime, das sich an Regeln orientiert, die nur von einer Vertragspartei vorgegeben werden, stellt indes einen Bruch mit dem traditionellen System staatlicher Rechtsdurchsetzung dar.142 Hierdurch können unter Umständen auch die inhärenten Schutzmechanismen gerichtlicher Verfahren unterwandert werden.143 bb) Konsequenzen der Automatisierung unmittelbar spürbar Smart Contracts wirken zudem als eine Form der Anordnung der sofortigen Vollziehung eines vertraglichen Anspruchs.144 Der Verbraucher wird in jedem Fall mit den unmittelbaren Konsequenzen der Automatisierung belastet – unabhängig davon, ob sich die Automatisierung im Nachhinein als rechtmäßig oder rechtswidrig herausstellt. Die Automatisierung führt zu einer unmittelbaren Änderung 137

Vgl. ausführlich oben S. 86 ff. Vgl. in diesem Sinne auch Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band  1 (2017), S. 305 (320). 139 In diese Richtung auch BaFin, Blockchain-Technologie, 2017; K. Levy, in: Engaging Science, Technology and Society, Band 3 (2017), S. 1 (3); Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (126 f., 130); Schrey / T halhofer, NJW 2017, 1431 (1431); Möslein, ZBB 2018, 208 (217); Paulus / Matzke, CR 2017, 769 (772 f.); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 13; Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (331 f., 346); Paulus / Matzke, NJW 2018, 1905 (1905); Blocher, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 113 (129) [Rn. 62]; Hacke, in: Aggarwal / Eidenmüller /  Enriques / Payne / van Zwieten (Hrsg.), Autonomous Systems and the Law, 2019, S. 17 (18); ­Möslein, ZHR 2019, 254 (280); DiMatteo / Cannarsa / Poncibò, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 3 (4). 140 Hofmann, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 125 (133). 141 Vgl. ausführlich oben S. 94 ff. bzw. S. 105 ff. 142 Vgl. ausführlich oben S. 98 ff. 143 Vgl. ausführlich oben S. 104 ff. 144 Vgl. ausführlich oben S. 115 ff. 138

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des status quo bereits vor einer gerichtlichen Kontrolle.145 Der Verbraucher wird so vor vollendete Tatsachen gestellt. Eine nachträglich mögliche gerichtliche Überprüfung dieses Ergebnisses vermag nichts daran zu ändern, dass der Verbraucher sich zunächst mit dem durch die Automatisierung veränderten Zustand zu arrangieren hat.146 Der Verbraucher wird nicht vor Nachteilen geschützt, die in der Zeit zwischen der Automatisierung der gerichtlichen Entscheidung entstehen. Selbst wenn der durch den Smart Contract herbeigeführte Zustand nicht dauerhaft sein sollte, hat der Verbraucher mithin dennoch die unmittelbaren Folgen der sofortigen Vollziehung des Anspruchs zu tragen. cc) Verschiebung der Rechtsdurchsetzungslast Darüber hinaus ändert die Automatisierung zudem den für den Prozess maßgeblichen status quo und führt zu einer Verlagerung des Fokus des Verfahrens von einer Durchsetzung des Primäranspruchs auf die Durchsetzung von Bereicherungsansprüchen und damit zu einer Verschiebung der Rechtsdurchsetzungslast.147 Diese Verschiebung der Rechtsdurchsetzungslast vom Unternehmer auf den Verbraucher kann sich erheblich zum Nachteil des Verbrauchers auswirken.148 Geht eine derartige Umkehr der Klagelast mit einer Umkehr der Beweislast einher, ist die Klausel bereits nach § 309 Nr. 12 BGB unzulässig.149 Die Frage, ob nach der Generalklausel des § 307 Abs. 1 BGB eine unangemessene Benachteiligung vorliegt, stellt sich also nur in Fällen, in denen nicht bereits die Beweislast umgekehrt wird. Auch in Fällen ohne Beweislastumkehr kann die Umkehr der Klagelast aber mit Nachteilen für den Schuldner verbunden sein.150 Der Bundesgerichtshof steht Klauseln, die zu einer Umkehr der Klagelast bei der Erhebung 145

In diese Richtung etwa auch Paulus / Matzke, CR 2017, 769 (770); Paulus / Matzke, NJW 2018, 1905 (1910); Blocher, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 113 (129) [Rn. 62]. 146 Vgl. ausführlich oben S. 116 ff. 147 Vgl. zur Verschiebung der Klagelast als Folge der Automatisierung durch Smart Contracts auch Paulus / Matzke, CR 2017, 769 (770); Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (376); Fries, AnwBl 2018, 86 (88); Paulus / Matzke, NJW 2018, 1905 (1910); Möslein, ZHR 2019, 254 (283 f.); Matzke, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 99 (110); Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (89); Guggenberger, NJW 2018, 1057 (1059 f.). In diese Richtung für eine technologische Beschränkungen der Benutzung der Kaufsache auch Mackenrodt, Technologie statt Vertrag?, 2015, S. 23 f. sowie ausführlich oben S. 118 ff. 148 Vgl. ausführlich oben S. 120 ff. 149 Vgl. ausführlich soeben oben S. 204 ff. 150 Vgl. aber BGH, Urt. v. 05. 07. 2005 – X ZR 60/04, NJW 2005, 2919 (2923), demzufolge die Umkehr der prozessualen Rollenverteilung keine rechtliche Belastung darstelle, wenn sich die Darlegungs- und Beweislast nicht verändere und sich – zumindest in dem zu entscheidenden Fall – auch das Kostenrisiko nicht erhöhe.

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von Einwendungen führen, skeptisch gegenüber.151 Wenn die Verschiebung der Rechtsdurchsetzungslast nicht durch legitime Gläubigerinteressen gerechtfertigt ist, sollte daher grundsätzlich eine unzulässige Benachteiligung des Verbrauchers anzunehmen sein.152 Eine solche Rechtfertigung soll etwa vorliegen, wenn der Verbraucher – wie bei der Erteilung einer Einzugsermächtigung153 – den Eingriff veranlasst oder initiiert hat.154 dd) Inflexibilität des Smart Contracts Durch Smart Contracts geht den Parteien schließlich eine Flexibilität verloren, von der sie in traditionellen Verträgen in vielfacher Hinsicht profitieren.155 So kann der Verzicht auf Eindeutigkeit etwa zu kürzeren Vertragsverhandlungen führen, eine Anpassung auf veränderte Umstände ermöglichen sowie einen gewissen Spielraum im Rahmen der Rechtsdurchsetzung erlauben. Bei Einsatz von Smart Contracts bestehen diese Vorteile nicht. Besondere Probleme bereiten dabei vor allem die mangelnde Berücksichtigung konkreter Umstände, die eingeschränkte Möglichkeit der Korrektur von Fehlern im Programmcode und unter Umständen erforderliche Nichtigkeit oder Löschung von Transaktionen. b) Vorteile der Automatisierung für den Verbraucher Diese Nachteile dürften in der Regel jedoch nicht „entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen“ sein. Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist in diesem Sinne unangemessen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchsetzt, ohne dessen Interessen hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen.156 151

Vgl. etwa BGH, Urt. v. 10. 01. 1996 – XII ZR 271/94, NJW 1996, 988 (989); Urt. v. 05. 07. 2005 – X ZR 60/04, NJW 2005, 2919 (2921 ff.); Urt. v. 29. 05. 2008 – III ZR 330/07, NJW 2008, 2495 (2495 f.); Urt. v. 14. 10. 2009 – VIII ZR 96/07, NJW 2010, 1275 (1276) [Rn. 14 ff.]; Riehm, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 99 (108 f.) [Rn. 30 f.]. 152 Vgl. auch Riehm, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 99 (108) [Rn. 30]; Möslein, ZHR 2019, 254 (280). 153 Vgl. zur Unterscheidung der Gefahren eines (grds. zulässigen) Einzugsermächtigungsverfahrens mit einem (wenn verbindlich, grds. unzulässigem) Abbuchungsverfahren auch BGH, Urt. v. 10. 01. 1996 – XII ZR 271/94, NJW 1996, 988 (989); Urt. v. 29. 05. 2008 – III ZR 330/07, NJW 2008, 2495 (2495 f.) [Rn. 13 ff.]; Urt. v. 14. 10. 2009 – VIII ZR 96/07, NJW 2010, 1275 (1276) [Rn. 14 ff.]. 154 Vgl. Riehm, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 99 (108 f.) [Rn. 31]. 155 Vgl. ausführlich oben S. 165 ff. 156 St. Rspr., vgl. etwa BGH, Urt. v. 23. 06. 2010 – VIII ZR 230/09, NJW 2010, 3431, Rn. 21; Urt. v. 23. 11. 2005 – VIII ZR 154/04, NJW 2006, 1056, Rn. 21; Urt. v. 03. 11. 1999 – VIII ZR 269/98, BGHZ 143, 103 (113).

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Eine Automatisierung kann jedoch durchaus auch Vorteile für den Verbraucher haben. Sie kann etwa die Effizienz der Leistungsabwicklung erheblich steigern, so Transaktionskosten verhindern und das Gegenparteirisiko senken.157 So kann die durch die Automatisierung erhöhte Rechtssicherheit beispielsweise vertragsspezifische Investitionen der Parteien schützen. Zudem kann sich das durch die Automatisierung verminderte Risiko der Nichterfüllung mittelbar zum Vorteil des Verbrauchers auswirken. Wenn das Ausfallrisiko durch die Nutzung von Smart Contracts reduziert werden kann, kann unter Umständen auch die Höhe der Zinsen oder des Kaufpreises angepasst werden. Vor allem bei Kreditgeschäften werden Risiken, insbesondere das Risiko, dass der Kreditnehmer den Kredit nicht zurückzahlt, typischerweise in der Höhe der vereinbarten Zinsen antizipiert.158 Risiken, die – wie das Ausfallrisiko – mit Bankgeschäften notwendigerweise einhergehen, werden dabei nicht als zu vermeidende Einzelfälle, sondern als kalkulierbare Kosten verstanden.159 Folge des Einsatzes von Smart Contracts können daher etwa ein geringerer Mietzins oder geringere Zinsvereinbarungen sein.160 Auch die zusätzlichen Kosten für eine ansonsten zu befürchtenden, kostspieligen Rechtsdurchsetzung müssen nicht in Miete oder Zinsen veranschlagt werden. c) Automatisierung als Entscheidung der Parteien Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die Automatisierung der Leistung lediglich eine Modalität der Erbringung der Leistung darstellt. Zwar bildet eine durch Automatisierung erzwungene Erfüllung von vertrag­ lichen Pflichten nicht die gesetzliche Grundvorstellung ab, insofern handelt es sich aber in der Sache um eine Regelung der Modalitäten der Leistungserbringung, die weithin im Ermessen der Parteien steht. Die zwischen den Parteien vereinbarte Hauptleistung wird dabei inhaltlich typischerweise nicht verändert. Es wird lediglich bereits bei Vertragsschluss vereinbart, dass bei Eintritt bestimmter Bedingungen, die Leistung der anderen Partei durch einen Computer automatisiert erbracht werden soll.161 Diese Automatisierung kann mit Effizienz- und Sicher 157 Vgl. zu den Vorteilen der Automatisierung für den Verbraucher noch eingehend unten S. 251 ff. 158 Hierzu etwa ausführlich Rosenberger, Risikoadäquate Kreditkonditionen, 2000; Beck /  Lesko, in: Eller / Gruber / Reif (Hrsg.), Handbuch MaK  – Organisation  – Risikoklassifizierung – Kreditbepreisung, 2003, S. 313; Nippel, WiSt 2003, S. 209; Schmeisser / Mauksch, FB 2005, S. 296. 159 Vgl. Rosenberger, Risikoadäquate Kreditkonditionen, Zürich 2000, S. 6. 160 Vgl. Guggenberger, in: Winkler (Hrsg.), Beck’scher Referendarführer 2018/19, 2018, S. 20 (22); Hudson / L audicina, in: The Business Lawyer, Band 2 (2006), S. 843 (846). 161 Vgl. zu Smart Contracts als Umsetzungsinstrumente etwa Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1030 f.); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (205); Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (621, 623); Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1, unter E.I; Mann, NZG 2017, 1014 (1016); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht

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3. Teil: Grenzen privater Smart Contracts gegenüber Verbrauchern 

heitsvorteilen für beide Parteien verbunden sein. Wollen die Parteien die mit einer Automatisierung verbundenen Effizienzvorteile nutzen, kann ihnen dies nicht von vornherein, pauschal gesetzlich verwehrt sein. Die automatisierte Leistungserbringung durch einen Computer sollte daher nicht ohne weiteres mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung unvereinbar sein. Sich für eine Automatisierung zu entscheiden, ist vielmehr grundsätzlich von der Privatautonomie der Parteien gedeckt.162 d) Ergebnis Im Ergebnis sollte eine Automatisierung der Leistung durch einen Smart Contract daher grundsätzlich keine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB darstellen.163 Zwar kann die Automatisierung zu erheblichen Nachteilen für den Verbraucher führen, die bewusste Entscheidung für diese Nachteile im Gegenzug gegen bestimmte Vorteile ist jedoch grundsätzlich durch das Selbstbestimmungsrecht des Verbrauchers gedeckt.164 Eine Automatisierung stellt nicht notwendigerweise eine missbräuchliche Gestaltung dar, die pauschal eine unangemessene Benachteiligung darstellen muss. Vielmehr kann der Verbraucher durchaus auch von einer Automatisierung profitieren und sich daher für die Verwendung eines Smart Contracts entscheiden. Etwas anderes kann sich aber aus den besonderen Umständen einer konkreten Gestaltung ergeben. Ergibt etwa die gebotene abstrakt-generelle Interessenabwägung, dass die Vorteile und Nachteile der Automatisierung nicht in einem angemessenen Verhältnis zueinanderstehen – etwa, weil der Smart Contract keinerlei Vorteile für den Verbraucher zur Folge hat – kann die einseitige Gestaltung durchaus als missbräuchlich und daher als unangemessene Benachteiligung angesehen werden. Führt die Automatisierung dann beispielsweise dazu, dass der Unternehmer eigenmächtig auf Vermögenswerte des Verbrauchers zugreifen kann und der Verund Technik im Überblick, 2017, S. 14; Möslein, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 81 (83) [Rn. 4]; Möslein, ZHR 2019, 254 (264); Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (87); DiMatteo / Cannarsa / Poncibò, in: ­DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 3 (4); Rein, in: Sassenberg / Faber, Rechtshandbuch Industrie 4.0 und Internet of Things, 2. Aufl. 2020, § 14 Rn. 119. 162 Vgl. etwa Möslein, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 81 (82 f.) [Rn. 3 ff.]; Möslein, ZHR 2019, 254 (266 ff.); Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (126) sowie oben S. 178 ff. 163 Wohl im Sinne eines anderen Regel-Ausnahme-Verhältnisses („nur in äußerst engen Grenzen“) hingegen Riehm, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 99 (108) [Rn. 30]. 164 Im Sinne eines „legitimen Interesses“ des Schuldners an der Automatisierung in diese Richtung auch Riehm, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 99 (108) [Rn. 31].

B. AGB-rechtliche Zulässigkeit der Vereinbarung von Smart Contracts 

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braucher dem (zunächst) keine Einwendungen entgegenhalten kann, so kann dies eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB bedeuten.165 Eigenmächtig ist ein Eingriff in diesem Sinne im Übrigen insbesondere nicht, wenn der Verbraucher / Schuldner bereits eine Vermögensverschiebung initiiert hat.166 4. Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB Gem. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung auch daraus ergeben, dass die vertraglichen Bestimmungen nicht klar und verständlich sind. Hierdurch werden die Beschränkungen des § 305 Abs. 2 S. 2 BGB über die Zumutbarkeit der Kenntnisnahme ergänzt.167 Dieses Erfordernis hat grundsätzlich zur Folge, dass der Smart Contract-Programmcode in für den Vertragspartner verständliche natürliche Sprache zu „übersetzen“ ist.168 Aus dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 folgt darüber hinaus, dass der Programmcode nicht auf Programmbibliotheken verweisen darf, die für den Verbraucher nicht einsehbar oder auch ansonsten nicht ohne weiteres bestimmbar sind.169

V. Zusammenfassung Die §§ 305 ff. BGB sind bei der Verwendung von Smart Contracts von großer Bedeutung. Im Regelfall werden Smart Contracts für eine Vielzahl von Fällen vorformuliert und einseitig vom Unternehmer gestaltet und dem Verbraucher vorgegeben. Smart Contracts stellen zudem Vertragsbestimmungen dar, wenn eine entsprechende Auslegung des Verhaltens der Parteien nach den §§ 133,  157 BGB ergibt, dass (1) der Smart Contract Teil einer separaten in natürlicher Sprache verfassten Partei 165 Vgl. Riehm, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 99 (108) [Rn. 30]. 166 Vgl. Riehm, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 99 (108) [Rn. 31]. 167 Vgl. auch Riehm, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 99 (107) [Rn. 27]. 168 Vgl. so zumindest auch im Ergebnis Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1030); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (205); Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 124; Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (79); Clément, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (282); Borgogno, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (293) sowie im Zusammenhang mit § 305 Abs. 2 BGB oben S. 198 ff. 169 Vgl. Riehm, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 99 (107) [Rn. 27].

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3. Teil: Grenzen privater Smart Contracts gegenüber Verbrauchern 

vereinbarung ist, (2) der Programmcode selbst auf den Abschluss eines Vertrages gerichtete Willenserklärungen der Parteien ausdrückt oder (3) die einvernehm­liche Verwendung des Smart Contracts eine entsprechende vertragliche Vereinbarung darstellt. Vor diesem Hintergrund werden Smart Contracts praktisch in den wohl meisten Fällen Vertragsbestimmungen darstellen. Das Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen wird daher häufig auf Smart Contracts Anwendung finden. Über den allgemein erforderlichen ausdrücklichen Hinweis oder Aushang auf die entsprechenden Vertragsbedingungen hinaus, erfordert die Möglichkeit einer zumutbaren Kenntnisnahme (§ 305 Abs. 2 BGB) gegenüber Verbrauchern grundsätzlich, dass der Smart Contract-Programmcode in für den Vertragspartner verständliche natürliche Sprache zu „übersetzen“ ist. Zudem hat der Verwender des Smart Contracts, zumeist also der Unternehmer, seinen Vertragspartner, den Verbraucher, besonders auf den Smart Contract und damit die Automatisierung hinzuweisen und aufzuklären (§ 305c Abs. 1 BGB). Andernfalls braucht der Durchschnittskunde mit der Verwendung dieses Instruments nicht zu rechnen. Obwohl in Smart Contracts typischerweise keine ausdrücklich vom Gesetz abweichenden Regelungen getroffen werden, sollte die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle in der Regel eröffnet sein. So bestimmen Smart Contracts regelmäßig dezidierte Regelungen, wie die Leistungserbringung in Abhängigkeit bestimmter Bedingungen durch einen Computer automatisiert werden kann. Die Abweichung von der gesetzlichen Regelung besteht insofern in dem Aufstellen besonderer Regeln für die Durchsetzung. Dieses Ergebnis entspricht auch dem Telos des § 307 Abs. 3 BGB, der eine Inhaltskontrolle nur in besonderen Fallgruppen von vornherein ausschließen will. Eine solche Privilegierung ist angesichts der mit der Automatisierung verbundenen Risiken aber bei Smart Contracts nicht geboten. Das Verbot der Vereinbarung eines Klageverzichts der anderen Partei (§ 309 Nr. 14 BGB) sollte bei Verwendung von Smart Contracts regelmäßig nicht einschlägig sein. Zwar führt die Automatisierung dazu, dass das gerichtliche Verfahren nunmehr unter veränderten Vorzeichen stattfindet, und macht dieses unter Umständen sogar weniger wahrscheinlich, einem Klageverzicht steht dies aber nicht gleich. Eine gerichtliche Kontrolle von Smart Contracts ist nicht von vornherein ausgeschlossen. Ein durch die Automatisierung benachteiligter Verbraucher hat weiterhin die Möglichkeit, gegen den Smart Contract gerichtlich vorzugehen. Auch das Verbot der Änderung der Beweislast in § 309 Nr. 12 BGB wird durch Smart Contracts nicht zwingend verletzt. Die Automatisierung der Leistungs­ erbringung durch Smart Contracts führt einer Umkehr der Klagelast zulasten des Verbrauchers. Regelmäßig sollte mit dieser Umkehr der prozessualen Rollen aber keine Umkehr der Beweislast einhergehen. Die für die jeweiligen Parteien zu beweisenden Tatsachen bleiben trotz der Rollenumkehr grundsätzlich die gleichen. Insofern als der Verbraucher die Rechtswidrigkeit anhand des einseitig vom Unternehmer festgelegten Programmcodes nachzuweisen hat, könnte den Verbraucher indes die Beweislast für Umstände aufgebürdet werden, die im Verantwortungs­

C. Verbotene Eigenmacht als originäre Grenze 

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bereich des Verwenders lagen (§ 309 Nr. 12 lit. a) BGB). Die Situation eines Verbrauchers bei Verwendung eines Smart Contracts ist jedoch kaum mit den klassischen Fällen des § 309 Nr. 12 BGB vergleichbar. Die Beweisführung ist dem Verbraucher zwar erschwert, aber nicht von vornherein unmöglich. Auch eine unangemessene Benachteiligung des Verbrauchers im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB sollte nicht pauschal angenommen werden. Zwar kann die Automatisierung zu erheblichen Nachteilen für den Verbraucher führen, die bewusste Entscheidung für diese Nachteile im Gegenzug gegen bestimmte Vorteile ist jedoch grundsätzlich durch das Selbstbestimmungsrecht des Verbrauchers gedeckt. Missbräuchlich kann die Gestaltung aber sein, wenn die gebotene abstrakt-generelle Interessenabwägung ergibt, dass die Vorteile und Nachteile der Automatisierung nicht in einem angemessenen Verhältnis zueinanderstehen.

C. Verbotene Eigenmacht als originäre Grenze automatisierter privater Rechtsdurchsetzung Wie gesehen, stellen die Grenzen der privatautonomen Rechtsgestaltung stellen zugleich die Grenzen der Vereinbarung eines automatisierten Vollzugs von Vertragsbedingungen einer privat geregelten, automatisierten Rechtsdurchsetzung dar.170 Smart Contracts können allerdings gegebenenfalls selbst dann rechtswidrig sein, wenn sie auf einer wirksamen Einigung der Parteien beruhen und alle gesetzlichen Grenzen der Privatautonomie einhalten. Die Rechtswidrigkeit könnte sich in diesen Fällen allein daraus ergeben, dass Smart Contracts durch die Automatisierung eine Erfüllung von Leistungspflichten erzwingen können und auf diese Weise eine automatisierte Rechtsdurchsetzung nach selbst festgelegten Regelungen ermöglichen.171 Es geht mit anderen Worten um die „originären Grenzen“ einer privaten automatisierten Rechtsdurchsetzung. 170

Vgl. ausführlich oben S. 180 ff. Im Ergebnis ähnlich auch Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1035); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (206); Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (623); Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1, unter E.II.; Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 24; Fries, AnwBl 2018, 86 (87); Möslein, ZBB 2018, 208 (218); Riehm, in: Braegelmann /  Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 99 (100, 102) [Rn. 3, 8]; ­Möslein, in: Braegel­mann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 81 (82) [Rn. 2]; Möslein, ZHR 2019, 254 (279). In diese Richtung auch De Caria, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 19 (33); Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (119). Speziell für das Verbraucherrecht zudem Durovic / Janssen, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (78). Anders für den Verbraucherschutz hingegen wohl Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (131). 171 Vgl. zu diesem automatisierten privaten Rechtsdurchsetzungsregime ausführlich oben S. 86 ff.

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3. Teil: Grenzen privater Smart Contracts gegenüber Verbrauchern 

I. Originäre Grenzen der Automatisierung als Schutz des Verbrauchers Smart Contracts ermöglichen eine automatisierte Durchsetzung vertraglicher Vereinbarungen nach Maßgabe durch die Parteien selbst aufgestellter Bedingungen.172 Im Ergebnis können Smart Contracts insofern eine private automatisierte Rechtsdurchsetzung ermöglichen. In gewisser Weise stellen Smart Contracts in diesem Sinne eine Form der Selbstjustiz dar.173 Teilweise wird die automatisierte Vollziehung eines Vertrages insofern auch als „präventive Form der Selbsthilfe“ („a preemptive form of self-help“174) bezeichnet, da die Maschine für die Durchführung der Vereinbarung keines Rückgriffs auf ein Gericht bedürfe. Die originären Grenzen einer Smart Contract-basierten Automatisierung beruhen wesentlich auf dem staatlichen Gewaltmonopol.175 Der Rechtsstaat steht einer privat geregelten Rechtsdurchsetzung grundsätzlich skeptisch gegenüber.176 Eine private Rechtsdurchsetzung läuft Gefahr, sich nur nach den Interessen des Durchsetzenden zu richten und rechtsstaatliche Regelungen zu missachten. Durch das Gewaltmonopol soll dem Bürger daher das Recht der Selbstjustiz daher grundsätzlich genommen.177 Zivilrechtlich schlägt sich dieses Gewaltmonopol in einem 172

Vgl. hierzu ausführlich oben S. 86 ff. Vgl. etwa Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1, unter E.III.; K. Levy, in: Engaging Science, Technology and Society, Band 3 (2017), S. 1 (4); Paulus / Matzke, CR 2017, 769 (769 ff.); Lobe, in: Süddeutsche Zeitung, 08. 04. 2018. Blocher, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 113 (129) [Rn. 63]; Riehm, Smart Contracts und verbotene Eigenmacht, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (85); De Caria, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 19 (31); Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa /  Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (288). Zunächst auch Möslein, ZBB 2018, 208 (219 f.), jedoch mit der Einschränkung, dass Smart Contracts „nicht zwangsläufig als Selbsthilfe zu subsumieren“ seien. Kritisch auch Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band  26 (2017), S. 116 (122) („too simplistic“); Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (346 ff.). 174 So etwa Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (333). Kritisch dazu Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (346 ff.). 175 Vgl. zum Konflikt zwischen Smart Contracts und dem Gewaltmonopol auch bereits oben S. 98 ff. sowie etwa Eschenbruch / Gerstberger, NZBau 2018, 3 (8); Paulus / Matzke, CR 2017, 769 (769 f.); Möslein, ZBB 2018, 208 (219). Zum staatlichen Gewaltmonopol im Allgemeinen ausführlich auch Merten, Rechtsstaat und Gewaltmonopol, 1975, S. 29 ff.; Weiner, Privatisierung von staatlichen Sicherungsaufgaben, 2001, S. 115 ff.; Stoffer, Wie viel Privatisierung „verträgt“ das strafprozessuale Ermittlungsverfahren?, 2016, S. 25 ff. [Rn. 29 ff.]. 176 Zur Begründung des Gewaltmonopols vgl. ausführlich oben S. 100 ff. 177 Vgl. Svarez, Vorträge über Recht und Staat, 1960, S. 243 („Dagegen ist niemand befugt, sich durch eigene Gewalt Recht zu verschaffen.“); Merten, Rechtsstaat und Gewaltmonopol, 1975, S. 56 ff.; C. Müller, Das staatliche Gewaltmonopol, 2007, S. 111, 121; Stoffer, Wie viel Privatisierung „verträgt“ das strafprozessuale Ermittlungsverfahren?, 2016, S. 25 [Rn. 29]; Haack, in: Kühnhardt / Mayer (Hrsg.), Bonner Enzyklopädie der Globalität, 2017, S. 1153 (1153), Gottwald, in: Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivilprozessrecht, 18. Aufl. 2018, § 1 Rn. 10 f.; 173

C. Verbotene Eigenmacht als originäre Grenze 

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grundsätzlichen Verbot der Selbsthilfe nieder (e contrario § 229 BGB).178 Das Rechtsystem hält den Einsatz körperlichen Zwangs durch Private nur bei expliziter staatlicher Legitimation für zulässig.179 Das Gesetz enthält daher Regelungen, die eine private Regelung der Durchsetzung von Rechten verhindern sollen. Wenn die Rechtsdurchsetzung grundlegend dem Staat zugewiesen ist, kann diese Aufgabenverteilung aber auch nicht ohne weiteres durch eine Automatisierung umgangen werden.180 Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Smart Contracts regelmäßig – entgegen ihres ursprünglichen Ziels – nicht weniger einschneidend als die traditionelle staatliche Rechtsdurchsetzung oder gar gänzlich gewaltfrei sein werden. Die mit der Automatisierung verbundene Durchbrechung des Gewaltmonopols wird dabei insbesondere zulasten des Verbrauchers gehen. 1. Mythos einer gewaltfreien automatisierten Rechtsdurchsetzung Das Konzept des Smart Contracts geht grundlegend auf Überlegungen von Nick Szabo in den 90er Jahren zurück.181 Szabos Gedanken waren von einer grundsätzlichen Skepsis gegenüber dem Staat geprägt. Er stellte sich eine Gesellschaft vor, in der private Rechtsverhältnisse völlig unabhängig vom Einfluss des Staates bestehen könnten.182 Dabei sah Szabo sich jedoch der „Schlüsselfrage“ ausgesetzt, wie Verträge ohne den Staat durchgesetzt werden können.183 Mit der Entwicklung von Smart Contracts versuchte Szabo daher einen Weg zu finden, Computer zu nutzen, um die Verwundbarkeit gegenüber Dritten zu minimieren und idealerweise gewaltfrei Eigentumsrechte und vertragliche Ansprüche durchzusetzen.184 Grunsky / Jacoby, Zivilprozessrecht, 16. Aufl. 2018, Rn. 1; Saenger, in: Saenger (Hrsg.), Handkommentar ZPO, 8. Aufl. 2019, Einführung, Rn. 3; Hartmann, in: Baumbach / Lauterbach /  Albers / Hartmann, Zivilprozessordnung, Kommentar, 77. Aufl. 2019, Einleitung III Rn. 1; Weller, Die Vertragstreue, 2009, S. 174. 178 Vgl. auch Weller, Die Vertragstreue, 2009, S. 174; Paulus / Matzke, CR 2017, 769 (769). 179 Vgl. etwa Stoffer, Wie viel Privatisierung „verträgt“ das strafprozessuale Ermittlungsverfahren?, 2016, S. 25 f. [Rn. 29]; Merten, Rechtsstaat und Gewaltmonopol, 1975, S. 56 f. 180 Vgl. zu dieser Problematik etwa auch Paulus / Matzke, CR 2017, 769 (769 f.). 181 Vgl. Szabo, Smart Contracts, 1994; Szabo, Smart Contracts Glossary, 1995, Szabo, Smart Contracts: Building Blocks for Digital Markets, 1996; Szabo, Formalizing and Securing Relationships on Public Networks, in: First Monday, Band 2 (1997). 182 Vgl. zu den ideologischen Hintergründen der Entwicklung von Smart Contracts bereits oben S. 58 ff. Referierend auch Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band  1 (2017), S. 305 (334 f.). 183 Vgl. etwa May, Cyphernomicion, 16. 19. 6. Beispielhaft zu Überlegungen zur Rechtsdurchsetzung ohne Staat etwa Nozick, Anarchie, Staat, Utopia, 2011 (1974), S. 31 ff. Instruktiv zur Gedankenführung Nozicks und der dagegen vorgebrachten Kritik Wendt, Libertäre politische Philosophie, 2009, S. 161 ff. 184 Vgl. Szabo, Origins & Future of Bitcoin [Video], YouTube, 09. 11. 2015, https://www. youtube.com/watch?v=r_yUeuKu7L4 [ab Minute 0:30]; Szabo, History of the Blockchain [Video], YouTube, 14. 11. 2015, https://www.youtube.com/watch?v=YpSeOU1VVj4 [ab Minute 2:27].

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3. Teil: Grenzen privater Smart Contracts gegenüber Verbrauchern 

Der automatisierte Vollzug von vertraglichen Vereinbarungen durch Smart Contracts sollte einen Gegenentwurf darstellen zu einer Rechtsdurchsetzung durch den Staat, der seine gerichtlichen Entscheidungen notfalls mit Zwang durchsetzen und dabei gewaltsam in das Leben der Bürger eingreifen würde. Derartige gewaltsamen Eingriffe zur Rechtsdurchsetzung sollten durch Smart Contracts idealerweise der Vergangenheit angehören. Die Automatisierung sollte demgegenüber eine Erfüllung (gewaltfrei) garantieren185 und auf diese Weise eine gewaltsame Rechtsdurchsetzung obsolet machen.186 Smart Contracts versuchen somit, zu verhindern, dass eine solche Gewaltanwendung überhaupt nötig wird. Während Gerichte also bereits entstandene Konflikte auflösen sollen (ex post), wollen Smart Contracts vermeiden, dass es überhaupt zu Konflikten kommt (ex ante).187 Durch die Veränderung der Leistungsanreize oder sogar die unmittelbare Leistungserbringung soll die Automatisierung Vertragsverletzungen von vornherein verhindert werden.188 185 In die Richtung einer Erfüllungsgarantie auch Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (306, 316); Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (620); Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1027); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (203); Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (275); Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (332); Heckelmann, NJW 2018, 504 (504); Mik, in: Innovation & Technology, Band 9 (2017), S. 269 (Manuskript, S. 10); DiMatteo / Cannarsa / Poncibò, in: ­DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 3 (4); Clément, in: DiMatteo / Cannarsa /  Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (271). 186 In diese Richtung auch Blocher, AnwBl 2016, 612 (618); O’Shields, in: North Carolina Banking Institute, Band 21 (2017), S. 177 (177); Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (333); Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (130); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 13; Baker, in: Southwestern Law Review, Band  45 (2015), S. 351 (362); Möslein, ZBB 2018, 208 (217); De Caria, in: ­DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 19 (31); Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (118); Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (289, 291). 187 Vgl. in diese Richtung auch Hsiao, in: US-China Law Review, Band 14 (2017), S. 685 (690); K. Levy, in: Engaging Science, Technology and Society, Band 3 (2017), S. 1 (4); ­Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band  1 (2017), S. 305 (312); Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (318); Paulus / Matzke, ZfPW 2018, 431 (434); ­Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (75); Tjong Tjin Tai, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 80 (98); Poncibò / DiMatteo, in: ­DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (125); Borgogno, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (291). 188 Vgl. grundlegend Szabo, Formalizing and Securing Relationships on Public Networks, in: First Monday, Band 2 (1997); Szabo, Smart Contracts: Building Blocks for Digital Markets, 1996.

C. Verbotene Eigenmacht als originäre Grenze 

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Bei genauerer Betrachtung wird dieses Ideal einer gewaltfreien Rechtsdurchsetzung durch eine Smart Contract-basierte Automatisierung jedoch nicht erreicht. Automatisierte Leistungsanreize oder sogar eine durch die Automatisierung erzwungene Erfüllung189, bei der dem Schuldner die Entscheidung zur Erfüllung abgenommen wird, wirken im Ergebnis wie eine traditionelle staatliche Rechtsdurchsetzung. Durch den Smart Contract kann unmittelbar eine Situation herbeigerufen werden, die normalerweise erst nach Abschluss eines gesetzlich vorgesehenen Verfahrens bestehen würde.190 Dabei können auch Smart Contracts durchaus Elemente körperlicher Gewalt beinhalten, etwa in Fällen automatisierter Wegfahroder Zugangssperren (Smart Locks).191 Der Zeitpunkt, d. h. ob durch den Vorgang bereits entstandene Konflikte aufgelöst oder von vornherein vermeiden werden sollen, spielt für die Wirkung der Rechtsdurchsetzung nur eine untergeordnete Rolle. Aus Sicht des Schuldners einer automatisierten Verpflichtung oder des Besitzers eines automatisiert gesperrten Fahrzeugs ist die durch den Smart Contract herbeigeführte Rechtsfolge nicht weniger einschneidend als eine Durchsetzung durch staatliche Organe: die Leistung wird ggf. gegen den Willen des Schuldners erzwungen bzw. das Fahrzeug ist für den Besitzer nicht mehr nutzbar. Im Gegenteil: wegen der Unmittelbarkeit der von ihr ausgelösten Folgen192 kann der Smart Contract unter Umständen sogar als noch drastischer empfunden werden als eine traditionelle Rechtsdurchsetzung – die zudem zumindest nicht auf einseitigen Gestaltungen der anderen Vertragspartei beruht. 2. Das Gewaltmonopol als Schutz des Verbrauchers Der Konflikt zwischen der automatisierten privaten Rechtsdurchsetzung und dem staatlichen Gewaltmonopol193, wird sich im Ergebnis vor allem zulasten des Verbrauchers auswirken. Ein System der privaten Rechtsdurchsetzung, das faktisch den Stärkeren privilegiert, würde insbesondere für Verbraucher zu einem Problem werden. Das ungleiche Machtverhältnis zwischen Unternehmer und Verbraucher und das Risiko, dass der Unternehmer seine überlegene Position zu seinem Vorteil ausnutzt, hat gerade zur Entwicklung des Verbraucherschutzes geführt.194 Diese Problematik setzt sich grundlegend auch im Rahmen der Rechtsdurchsetzung fort. 189

Vgl. etwa auch Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (320). Hofmann, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 125 (133). 191 Vgl. Möslein, ZBB 2018, 208 (219). Vgl. zu automatisierten Wegfahr- und Zugangs­sperren noch ausführlich unten S. 223 ff. 192 Vgl. zur Automatisierung als Anordnung der sofortigen Vollziehung eines Anspruchs und den damit verbundenen Problemen bereits ausführlich oben S. 116 ff. 193 Vgl. hierzu auch bereits oben S. 98 ff. sowie etwa Eschenbruch / Gerstberger, NZBau 2018, 3 (8); Paulus / Matzke, CR 2017, 769 (769 f.); Möslein, ZBB 2018, 208 (219). 194 Vgl. ausführlich zum Hintergrund des Verbraucherschutzes insbesondere bei Einsatz von Smart Contracts S. 66 ff. 190

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3. Teil: Grenzen privater Smart Contracts gegenüber Verbrauchern 

Das staatliche Gewaltmonopol und der Verbraucherschutz teilen insofern einen gemeinsamen ideellen Hintergrund. Im Mittelpunkt beider Institute steht das Ziel, einen eigensüchtigen Missbrauch des Durchsetzungs-vermögens des Stärkeren zu verhindern.195 Ähnlich wie eine allein an eigenen Interessen ausgerichtete Rechtsdurchsetzung durch Private läuft auch eine ungehemmte Vertragsfreiheit des Unternehmers Gefahr, zu einer „Selbstbestimmung in Selbstherrlichkeit“196 zu mutieren, die umgekehrt in eine Unterdrückung des Verbrauchers mündet, der der Willkür des Unternehmers nahezu schutzlos ausgeliefert ist. Beide Beispiele – das eigensüchtige Recht des Stärkeren in der Rechtsdurchsetzung ebenso wie eine ungehemmte Vertragsfreiheit des Unternehmers – spiegeln insofern das von Karl Popper beobachtete Paradox der Freiheit wider.197 Das ewige Dilemma der Privatautonomie bestehe darin, dass sie stets durch eine ungleiche Machtverteilung in Frage gestellt werde198, die aber gerade Ergebnis einer freien Gestaltung der eigenen Verhältnisse sei199. Das Gewaltmonopol wiederum beruht auf der Erkenntnis, dass ein Recht auf alles in seiner Wirkung nicht mehr ist als ein Recht auf nichts.200 Die Begrenzung einer ungehemmten, willkürlichen Rechtsgestaltung ist vor diesem Hintergrund eine zentrale Aufgabe des Rechts.201 Diese nimmt ihren logischen Anfang in dem Ausschluss einer eigensüchtigen Durchsetzung von Rechten ohne Rücksicht auf Recht und Gerechtigkeit. Das Gewaltmonopol bildet damit die Grundlage, die eine Beschränkung der Willkür in anderen Bereichen überhaupt erst möglich macht. Erst der Staat ermöglicht durch die Monopolisierung der legitimen Gewaltanwendung ein gesellschaftliches Zusammenleben mit gesicherten 195

Vgl. für das Gewaltmonopol in diese Richtung etwa BVerfG, Urt. v. 11. 06. 1980 – 1 PBvU 1/79, NJW 1981, 39 (41); Beschl. v. 13. 03. 1990 – 2 BvR 94/88 u. a., NJW 1991, 413 (413); Beschl.  v.  12. 02. 1992  –  1 BvL 1/89, NJW 1992, 1673 (1673); Stamm, Die Prinzipien und Grundstrukturen des Zwangsvollstreckungsrechts, 2007, S. 7; Weichbrodt, Der verbotene Beweis im Straf- und Zivilprozess, 2012, S. 192 f.; Gottwald, in: Rosenberg / Schwab / Gottwald, Zivilprozessrecht, 18. Aufl. 2018, § 1 Rn. 10. 196 Zur „Selbstbestimmung in Selbstherrlichkeit“ grundlegend Flume, AT II, 1992, § 1, 5 ff. [S. 6 ff.]. 197 Vgl. K. Popper, The Open Society and Its Enemies, 2013 (1945), S. 581 [Notes to Volume 1, Chapter 7]. Popper geht es hier indes weniger um eine unbeschränkte Privatautonomie als um das Problem, dass absolut freie Wähler in einer Demokratie auch Tyrannen wählen (können). Nichtsdestotrotz kann dieses Paradox auch entsprechend auf die Privatautonomie übertragen werden. 198 Vgl. Flume, AT II, 1992, § 1, 7 [S. 10]. 199 Vgl. Fornasier, Freier Markt und zwingendes Vertragsrecht, 2013, S. 71. In diese Richtung auch Sedlmeier, Rechtsgeschäftliche Selbstbestimmung im Verbrauchervertrag, 2012, S. 105 f. 200 Hobbes, Naturrecht und Allgemeines Staatsrecht in den Anfangsgründen, 1990 (1640), I. Kap. XIV, 10 [S. 98 f.]. 201 Vgl. zum Recht als Ausgleich der Interessen des Einzelnen mit denen des Anderen insofern auch bereits Kant, Metaphysische Anfangsgründe der Rechtslehre, 4. Aufl. 2018 (1797), S. 79 [AA Bd. VI, § 18, S. 271, Zeile 32 f.].

C. Verbotene Eigenmacht als originäre Grenze 

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subjektiven Rechten.202 Nur das Gewaltmonopol des Staates lässt auf diese Weise ein privates Eigentum sowie Kategorien wie Recht und Unrecht möglich werden.203 Auf diese Weise untermauert es nicht zuletzt die kapitalistische Wirtschaftsordnung selbst.204 Recht – auch das Verbraucherrecht – bedingt seine Durchsetzung und damit nötigenfalls auch Zwang.205 Ohne eine durch das Gewaltmonopol implementierte Disziplinierung der Parteien und die Kontrollfunktion staatlicher Verfahren wäre eine Einwirkung auf private Vereinbarungen zum Schutz der Privat­ autonomie des Schwächeren kaum möglich. Das Gewaltmonopol des Staates ist mithin eine notwendige Voraussetzung für den Verbraucherschutz – ebenso wie für das Funktionieren des Rechtsstaates als Ganzen. Die durch das Gewaltmonopol ermöglichten gerichtlichen Verfahren dienen vor diesem Hintergrund insbesondere dem Schutz des Schwächeren – und damit auch des Verbrauchers.206 3. Besondere Betroffenheit des Verbrauchers von Durchbrechungen der originären Grenzen Die mit einer privaten automatisierten Rechtsdurchsetzung verbundenen Durchbrechungen des Gewaltmonopols werden praktisch vor allem Risiken für den Verbraucher begründen.207 Der Programmcode des Smart Contracts wird typischerweise einseitig durch den Unternehmer vorgegeben.208 Weil der Unternehmer insofern die Vertragsgestaltungsautonomie vollständig an sich reißt, liegt es nahe, dass er sich dabei in erster Linie an seinen eigenen Interessen orientieren wird. Die von ihm gestalteten Regelungen werden daher typischerweise ihn bevorteilen und sich umgekehrt eher – jedoch nicht zwingend209 – zum Nachteil des Verbrauchers auswirken. Das besondere Risiko für Verbraucher ergibt sich dabei zunächst aus der typischen Stellung des Verbrauchers als Zahlungsschuldner.210 Das gleiche gilt aber 202

Vgl. Reinhard, Geschichte der Staatsgewalt, 3. Aufl. 2002, S. 114 f.; C. Müller, Das staatliche Gewaltmonopol, 2007, S. 111. 203 Vgl. Reinhard, Geschichte der Staatsgewalt, 3. Aufl. 2002, S. 115, 118; C. Müller, Das staatliche Gewaltmonopol, 2007, S. 111 f. 204 Instruktiv Fisahn, in: KritV, Band 94 (2011), S. 3 (11 ff.). 205 In diese Richtung auch etwa von Jhering, Der Zweck im Recht, Nachdruck der 4. Aufl., 1970 (1904), S. 250 f. („Der vom Staate in Vollzug gesetzte Zwang bildet das absolute Kriterium des Rechts, ein Rechtssatz ohne Rechtszwang ist ein Widerspruch in sich selbst, ein Feuer, das nicht brennt, ein Licht, das nicht leuchtet.“); Merten, Rechtsstaat und Gewaltmonopol, 1975, S. 30 („Insoweit ist die Rechtsordnung zugleich Zwangsordnung.“); Fisahn, in: KritV, Band 94 (2011), S. 3 (7). 206 Vgl. auch bereits oben S. 164 ff. 207 Vgl. bereits ausführlich oben S. 108 ff. 208 Vgl. hierzu ausführlich oben S. 73 ff. 209 Vgl. zu einer möglichen Automatisierung unmittelbar verbraucher-freundlicher Regelungen noch eingehend unten S. 248 ff. 210 Vgl. ausführlich oben S. 45 ff.

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3. Teil: Grenzen privater Smart Contracts gegenüber Verbrauchern 

auch für Smart Contract-basierte Leistungsanreize in Form automatisierter Zugangs- oder Nutzungssperren (Smart Locks), durch die beispielsweise dem Mieter der Zugang zu einer Mietwohnung automatisiert versperrt werden, wenn der Mieter den vereinbarten Mietzins nicht innerhalb der vertraglich vereinbarten Frist auf das Konto des Gläubigers überweist oder die Funktionsfähigkeit eines geleasten Fahrzeugs oder auf Raten gekauften technischen Geräts an die Erfüllung der monatlichen Zahlung knüpft.211 Auch die Stromversorgung oder die Bereitstellung eines Internetzugangs könnte potentiell durch einen Smart Contract von der Zahlung des vereinbarten Preises abhängig gemacht werden.212 Diese Beispiele haben gemeinsam, dass derartige Automatisierungsmechanismen in der Mehrzahl der Fälle zu Lasten eines Verbrauchers eingesetzt werden. Regelmäßig wird es der Verbraucher sein, der von einem Unternehmer eine Wohnung mietet, ein Fahrzeug least oder ein elektronisches Gerät auf Raten kauft.213 Die besondere Belastung des Verbrauchers durch derartige Smart Contracts wird schließlich dadurch unterstrichen, dass Verbraucher vielfach nur über eine entsprechende Sache, d. h. eine Mietwohnung, ein Fahrzeug oder einen Fernseher, verfügen werden und dieses für ihre tägliches Leben eine äußerst hohe Bedeutung einnimmt. Automatisierte Zugangs- oder Nutzungssperren, die dem Verbraucher die Möglichkeit nehmen, diese Sachen wie gewohnt zu gebrauchen, werden daher oftmals besonders schwerwiegende Auswirkungen auf die Lebensführung des Verbrauchers haben.

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Vgl. grundlegend zu dieser Fallgruppe etwa Szabo, Formalizing and Securing Relationships on Public Networks, in: First Monday, Band 2 (1997). Im Anschluss auch etwa Kaulartz /  Heckmann, CR 2016, 618 (618); Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1028); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (203); M. Müller, ZfIR 2017, 600 (610 f.); Börding / Jülicher / Röttgen / v. Schönfeld, CR 2017, 134 (138); De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 160 f.; Fries, AnwBl 2018, 86 (86); Heckelmann, NJW 2018, 504 (505); Lobe, in: Süddeutsche Zeitung, 08. 04. 2018; Werbach, The Blockchain and the New Architecture of Trust, 2018, S. 65, 127; Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (86, 95 ff.); Hofmann, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 125 (128); Voshmgir, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 13 (25) [Rn. 40]; Möslein, ZHR 2019, 254 (262, 264). 212 So auch Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (86), der die „Wohnungssperre“, die „Gassperre“ sowie die „Wegfahrsperre“ als Beispiele nennt. Vgl. zur Versorgungssperre im Einzelnen auch Paulus / Matzke, NJW 2018, 1905. 213 Vgl. zur typischen Rolle des Verbrauchers als Nachfrager von Produkten und Dienstleistungen etwa Tamm, Verbraucherschutzrecht, 2011, S. 11 f.; Calliess, in: Möslein (Hrsg.), Private Macht, 2016, S. 213 (216 f.).

C. Verbotene Eigenmacht als originäre Grenze 

223

II. Smart Contracts zur Steuerung des Zugangs zu Sachen („Smart Locks“) als verbotene Eigenmacht nach § 858 BGB? Der Konflikt zwischen der automatisierten privaten Rechtsdurchsetzung mittels Smart Contracts und dem staatlichen Gewaltmonopol wird insbesondere durch das Verbot der widerrechtlichen Beeinträchtigung des Besitzes (verbotene Eigenmacht, § 858 BGB) deutlich.214 Eine Besitzbeeinträchtigung ist auch dann widerrechtlich, wenn der Störer einen Anspruch auf die Herausgabe hat. Ein Herausgabeanspruch berechtigt gerade nicht zur eigenmächtigen Wegnahme der Sache.215 Diese Regelung soll vor allem sicherstellen, dass ein Eingriff in die unmittelbare Sachherrschaft des Besitzes nur aufgrund eines staatlichen Vollstreckungstitels in einem geordneten Verfahren erfolgt. Sie dient damit dem Schutz des staatlichen Gewaltmonopols und soll verhindern, dass Bürger Selbstjustiz üben, indem sie eigenmächtig in den Besitz an Sachen eingreifen, die in fremdem Besitz stehen.216 Durchbrochen wird dieser Grundsatz etwa durch die Gestattung der Selbsthilfe in Ausnahmefällen (§ 859 BGB). Diese dient aber lediglich als Schutzmechanismus gegen die verbotene Eigenmacht eines anderen und greift nicht schon ein, wenn ein Herausgabeanspruch besteht. Die gesetzliche Regelung der verbotenen Eigenmacht wirft die Frage auf, ob diese Maßstäbe auch auf Smart Contracts Anwendung finden. Wenn Smart Contracts grundsätzlich als verbotene Eigenmacht einzuordnen wären, wäre eine entsprechende Automatisierung nur in den engen gesetzlichen Ausnahmefällen zulässig. 1. Problem automatisierter Zugangs- und Nutzungssperren Neben einer unmittelbaren Automatisierung der Erfüllung von Leistungspflichten können Smart Contracts insbesondere automatisiert Leistungsanreize erhöhen.217 Durch automatisierte Sanktionen kann ein Vertragsbruch für den Schuldner  – typischerweise den Verbraucher  – unter Umständen so unattraktiv gemacht werden, dass der Schuldner um jeden Preis vermeiden will, den Vertrag zu brechen. Indem sie Leistungsanreize erhöhen und auf diese Weise das Risiko 214

Vgl. eingehend etwa auch Paulus / Matzke, CR 2017, 769 (772 f., 776); Timmermann, Legal-­ Tech Anwendungen, 2020, S. 303 ff. 215 Vgl. etwa Baur / Stürner, Sachenrecht, 18. Aufl. 2009, S. 127 [§ 11 Rn. 42] („Der Herausgabeanspruch ist kein Gewaltrecht.“). 216 Vgl. Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (89). 217 Zu derartigen Smart Contracts etwa De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 160 f.; Lobe, in: Süddeutsche Zeitung, 08. 04. 2018; Riehm, Smart Contracts und verbotene Eigenmacht, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (86); Voshmgir, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 13 (25) [Rn. 40]; sowie ausführlich oben S. 38 ff.

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3. Teil: Grenzen privater Smart Contracts gegenüber Verbrauchern 

einer Nichterfüllung verringern sollen, stehen derartige Smart Contracts in der Tradition traditioneller Sicherungsverträge und können potentiell in ähnlichen Situationen Anwendung finden. a) Beispiele automatisierter Zugangs- und Nutzungssperren Dem entspricht auch das erste Beispiel, das Szabo für einen Smart Contract vorschlug: er stellte sich eine computer-gesteuerte Wegfahrsperre für geleaste Fahrzeuge vor, die das Anlassen des Motors von der Erfüllung der Zahlungsverpflichtungen durch den Schuldner abhängig macht.218 Ein Zahlungsausfall des Schuldners würde also unmittelbar dazu führen, dass dieser das Fahrzeug nicht mehr verwenden kann.219 Die Konsequenzen seiner Pflichtverletzung werden für den Schuldner damit innerhalb kürzester Zeit empfindlich spürbar. Der entscheidende Unterschied zu traditionellen Sicherungsverträgen besteht insofern in der Minimierung des Zeitraums zwischen der vertraglichen Pflichtverletzung und dem Moment, in dem die Konsequenzen für den Schuldner spürbar werden. Die Verwendung von Smart Contracts ermöglicht demgegenüber einen computerisierten Zugriff auf den Sicherungsgegenstand, durch den dem Schuldner automatisiert der Zugriff auf die Sache entzogen werden kann. Vergleichbare automatisierte Zugangs- oder Nutzungssperren können auch im Fall anderer Dauerschuldverhältnisse mit wiederkehrender Zahlungspflicht wie Miet-, Darlehens220- oder Ratenkaufverträge auftreten. Auch die Stromversorgung oder die Bereitstellung eines Internetzugangs könnte potentiell durch einen Smart Contract von der Zahlung des vereinbarten Preises abhängig gemacht werden.221 Praktisch sind durch diese Smart Contracts vor allem Verbraucher als typische Schuldner derartiger wiederkehrender Zahlungsverpflichtungen unmittelbar betroffen.

218 Vgl. grundlegend Szabo, Formalizing and Securing Relationships on Public Networks, in: First Monday, Band 2 (1997). Im Anschluss auch etwa Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (618); M. Müller, ZfIR 2017, 600 (610 f.); De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 160 f.; Heckelmann, NJW 2018, 504 (505); Lobe, in: Süddeutsche Zeitung, 08. 04. 2018; Werbach, The Blockchain and the New Architecture of Trust, 2018, S. 65, 127; Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (86, 95 ff.); Hofmann, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 125 (128); Voshmgir, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 13 (25) [Rn. 40]; Möslein, ZHR 2019, 254 (262, 264); Timmermann, Legal-Tech Anwendungen, 2020, S. 239 f. 219 Zur Funktionsweise, den Hintergründen und der im Vergleich zu traditionellen Sicherungsverträgen erhöhten Anreizwirkung bereits ausführlich oben S. 38 ff. 220 Vgl. etwa Möslein, ZBB 2018, 208 (216). 221 So auch Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (86), der die „Wohnungssperre“, die „Gassperre“ sowie die „Wegfahrsperre“ als Beispiele nennt. Vgl. zur Versorgungssperre im Einzelnen auch Paulus / Matzke, NJW 2018, 1905.

C. Verbotene Eigenmacht als originäre Grenze 

225

b) Gebot der Einhaltung der zwingenden gesetzlichen Grenzen Ein entsprechender Smart Contract müsste jedenfalls die Voraussetzungen einer außerordentlichen Kündigung des Mietvertrages bei Zahlungsverzugs nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB beachten.222 Demnach liegt ein zur Kündigung berechtigender wichtiger Grund erst vor, wenn der Mieter entweder für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete in Verzug ist (lit. a)) oder in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht (lit. b)). Würde der Smart Contract dem Mieter also bereits den Zugang zur Wohnung versperren, wenn der Mieter nur einen Monat oder gar wenige Tage mit der Miete in Verzug ist, würden diese mieterschützenden Voraussetzungen der Kündigung umgangen. Trotz seines Zahlungsverzugs besteht weiterhin ein wirksames Mietverhältnis kraft dessen der Vermieter dem Mieter den Gebrauch der Mietsache zu überlassen hat (§ 535 Abs. 1 BGB). Der Smart Contract müsste vor diesem Hintergrund die automatisierte Sperre des Zugangs zur Mietwohnung zumindest an die Bedingung knüpfen, dass der Mieter seit mehr als zwei Monaten mit der Miete in Verzug ist. Darüber hinaus müsste eine Programmierung auch die Einhaltung anderer gesetzlicher Grenzen beachten. So dürfte eine automatisierte Zugangssperre beispielsweise nicht zu Gefahren für Leib oder Leben des Besitzers führen, etwa wenn der Motor während der Fahrt abgeschaltet würde.223 c) Unzulässigkeit allein aufgrund des automatisierten Zugriffs? Über die Einhaltung derartiger zwingender gesetzlicher Voraussetzungen hinaus, stellt sich indes allgemein die Frage, ob es überhaupt zulässig sein kann, einen Smart Contract dazu zu nutzen, den Zugang zu der Sache automatisiert zu sperren, wenn der vereinbarte Sicherungsfall eintritt. Selbst wenn sich die Parteien über den Mietvertrag, die Zahlungsverpflichtung und die Automatisierung wirksam geeinigt haben und auch alle übrigen gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen, steht eine automatisierte Zugangs- oder Nutzungssperre dennoch in einem grundlegenden Konflikt zum Verbot privater Rechtsdurchsetzung. Im Fall der versperrten Mietwohnung kann durch die Automatisierung insbesondere eine entsprechende Räumungsklage (§ 940a ZPO) umgangen werden. 222

Vgl. bereits zu den Grenzen der privatautonomen Rechtsgestaltung im zwingenden Recht als Grenzen von Smart Contracts oben S. 180 ff. 223 Vgl. hierzu im Zusammenhang mit starter interrupt devices auch Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (330 f.).

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3. Teil: Grenzen privater Smart Contracts gegenüber Verbrauchern 

Der gesetzliche Maßstab für die Zulässigkeit eines Smart Contracts, der die Steuerung des Zugangs zu Sachen zum Gegenstand hat, ist die verbotene Eigenmacht nach § 858 BGB.224 Mangels besonderer Regelungen kann der Einsatz eines Smart Contracts insofern nicht anders zu beurteilen sein, als wenn dasselbe Ergebnis ohne den Einsatz dieser Technologie herbeigeführt würde. Ein Smart Contract, der den Zugang zu einer Sache steuert, darf keine weitergehenden Rechte verwirklichen als sie dem Inhaber der Sache zustehen würden.225 2. Zugangssperren als Entziehung oder Störung des Besitzes Der Begriff der verbotenen Eigenmacht wird in § 858 Abs. 1 BGB gesetzlich definiert. Demnach handelt widerrechtlich, „wer dem Besitzer ohne dessen Willen den Besitz entzieht oder ihn im Besitz stört [.], sofern nicht das Gesetz die Entziehung oder die Störung gestattet“. Eine Entziehung des Besitzes führt zu einer Beendigung des Besitzes im Sinne des § 856 Abs. 1 Alt. 2 BGB.226 Eine Besitzentziehung im Sinne des § 858 BGB ist daher der dauernde und vollständige Ausschluss von der tatsächlichen Sachherrschaft.227 Eine nur vorübergehende Verhinderung in der Ausübung der tatsäch­ lichen Gewalt über die Sache reicht für eine Entziehung des Besitzes hingegen nicht aus (§ 856 Abs. 2 BGB). Als Auffangtatbestand dient insofern die Besitz­störung: diese ist jede sonstige Beeinträchtigung oder Verhinderung der tatsächlichen Sachherrschaft ohne ihren Entzug.228 Sowohl die Besitzentziehung als auch jede sonstige Besitzstörung führt  – bei fehlender Rechtfertigung  – zur Erfüllung des Tatbestandes der verbotenen Eigenmacht (§ 858 BGB). Die Abgrenzung wird aber relevant im Rahmen der Selbsthilfe (§ 859 Abs. 3 BGB) sowie der Besitzschutzansprüche nach §§ 861, 862 BGB.

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Vgl. auch Paulus / Matzke, CR 2017, 769 (772 f.). Vgl. Anzinger, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 33 (34). 226 Vgl. Fritzsche, in: Hau / Poseck (Hrsg.), BeckOK-BGB, 55. Edition, 01. 08. 2020, § 858 BGB, Rn. 7. 227 RG, Urt. v. 07. 02. 1908 – VIII 466/07, RGZ 67, 387 (389); BGH NJW 2008, 580 (581); Joost, in: MüKo-BGB, Band 7, 7. Aufl. 2017, § 858 BGB, Rn. 4; Gutzeit, in: Staudinger-BGB, Buch 3: Sachenrecht, Einleitung zum Sachenrecht, §§ 854–882, 2018, § 858 BGB Rn. 11 f.; ­L orenz, in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 858 Rn. 4; Müller / Gruber, Sachenrecht, 2016, Rn. 271. 228 BGH, Urt. v. 23. 11. 2007 – LwZR 5/07, NJW 2008, 580 (581); Joost, in: MüKo-BGB, Band 7, 7. Aufl. 2017, § 858 BGB, Rn. 5; Fritzsche, in: Hau / Poseck (Hrsg.), BeckOK-BGB, 55. Edition, 01. 08. 2020, § 858 Rn. 10; Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (93). 225

C. Verbotene Eigenmacht als originäre Grenze 

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a) Verweigerung des Zugangs zur Mietwohnung bei ausbleibender Mietzahlung Ein Smart Contract kann beispielsweise dazu eingesetzt werden, um das Öffnen eines elektronischen Türschlosses einer Mietwohnung von der Zahlung des vereinbarten monatlichen Mietzinses abhängig zu machen.229 Bei ausbleibender Mietzahlung würde der Smart Contract dementsprechend verhindern, dass der Mieter die Wohnung betreten kann. aa) Vergleich mit Auswechseln der Türschlösser Eine solche automatisierte Zugangssperre der Mietwohnung bei ausbleibender Mietzahlung ist im praktischen Ergebnis mit einem Auswechseln der Türschlösser zu vergleichen.230 In beiden Fällen kann der Mieter mit seinem Schlüssel die Tür zur Mietwohnung nicht mehr öffnen. Ein Auswechseln von Türschlössern stellt nach allgemeiner Meinung eine Besitzentziehung dar.231 Der Mieter wird „ausgesperrt“, hat keinen Zugang mehr zu der Wohnung und wird so von der Ausübung der tatsächlichen Sachherrschaft vollständig ausgeschlossen. bb) Nur vorübergehender Ausschluss? Bei Einsatz von Smart Contracts könnte allerdings argumentiert werden, dass dieser Ausschluss nur „vorübergehend“ und daher unbeachtlich (§ 856 Abs. 2 BGB) sei, weil der Mieter die Möglichkeit hat, durch Zahlung der Miete die Sachherrschaft automatisiert wieder zu erlangen. Der Smart Contract würde den Eingang der Mietzahlung registrieren und dem Mieter automatisch den Zutritt zu der Wohnung wieder gestatten. Für die Frage, ob der Besitzer nur vorübergehend an der Gewaltausübung gehindert ist, ist entscheidend, ob bei Verlust der tatsächlichen Gewalt ihre Wiedererlangung mit größter Wahrscheinlichkeit abzusehen ist.232 Die Besonderheit beim Einsatz eines Smart Contracts besteht in diesem Zusammenhang darin, dass im Fall der Zahlung – ebenso wie die Sperre selbst im ersten Schritt – auch die Auf 229

Vgl. beispielsweise Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (86). Vgl. etwa auch Timmermann, Legal-Tech Anwendungen, 2020, S. 306. 231 OLG Celle, Beschl. v. 10. 11. 1993 – 2 U 115/93, ZMR 1994, 163; OLG Düsseldorf Urt. v. 20. 3. 2017 – 9 U 159/16, BeckRS 2017, 134476; Beschl. v. 03. 07. 2008 – I-24 W 49/08, OLGReport 2009, 91; LG Berlin, Urt. v. 29. 09. 2009 – 65 S 425/08, NZM 2010, 579; LG Köln LG Köln, Beschl. v. 24. 04. 1996 – 1 T 82/96, NJWE-MietR 1996, 269; Fritzsche, in: Hau / Poseck (Hrsg.), BeckOK-BGB, 55. Edition, 01. 08. 2020, § 858 BGB, Rn. 8.1. 232 LG Köln, Urt. v. 06. 01. 2017 – 5 O 386/15; Gutzeit, in: Staudinger-BGB, Buch 3: Sachenrecht, Einleitung zum Sachenrecht, §§ 854–882, 2018, § 856 BGB Rn. 22; Müller / Gruber, Sachenrecht, 2016, Rn. 269. 230

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3. Teil: Grenzen privater Smart Contracts gegenüber Verbrauchern 

hebung der Wohnungssperre automatisiert ausgeführt wird. Eine solche Regelung der Aufhebung wird typischerweise – gerade als Zahlungsanreiz – im Programmcode festgelegt werden: Wenn der Schuldner als Reaktion auf eine Sperre doch zahlt, dann wird diese Sperre automatisiert aufgehoben.233 Insofern würde der Schuldner nach einer Zahlung dann von der Automatisierung und der Unmittelbarkeit der Aufhebung der Sperre profitieren. Es ist also anders als bei einem traditionellen Auswechseln des Türschlosses keine Endgültigkeit in dem Sinne eingetreten, dass nunmehr der Schlüssel des Mieters ausgetauscht werden müsste. Bei Einsatz eines Smart Contracts wird gerade kein Verhalten des Vermieters oder eines Dritten dazwischengeschaltet. Der Mieter hat die Wiedererlangung der tatsächlichen Gewalt damit allein in der eigenen Hand. Zumindest wenn der Mieter fest entschlossen ist, die Miete zu bezahlen (und dies ggf. sogar durch sofortige Zahlung zur Schau stellt), könnte man daher möglicherweise davon sprechen, dass eine Wiedererlangung der tatsächlichen Sachherrschaft mit größter Wahrscheinlichkeit abzusehen ist. Allerdings ist zweifelhaft, ob dies zur Annahme einer nur vorübergehenden Verhinderung der Gewaltausübung im Sinne des § 856 Abs. 2 BGB führen kann. Der § 856 Abs. 2 BGB dient lediglich als gesetzliche Manifestation der Verkehrsanschauung.234 Demnach bedinge der Besitz keine jederzeitige Einwirkungsmöglichkeit. Das kurzfristige Abstellen des PKW auf der Straße, das Verlassen des Hauses oder ein Krankenhausaufenthalt soll daher nicht zu einer Beendigung des Besitzes führen.235 Zweck des § 856 Abs. 2 BGB ist es somit, klarzustellen, dass nach der Verkehrsanschauung eine nur vorübergehende Unterbrechung der Einwirkungsmöglichkeit auf die Besitzverhältnisse nicht verändert. Die von Rechtsprechung und Literatur für maßgeblich erachtete Prognose der Wahrscheinlichkeit der Wiedererlangung dient in diesem Sinne nur als typisierende Konkretisierung dieser Verkehrsanschauung.236 Vor diesem Hintergrund kann der Einsatz eines Smart Contracts nicht zu einer Aufrechterhaltung des Besitzes des Mieters führen. Durch den Smart Contract wird der Mieter vollständig von der Einwirkung auf die Sache ausgeschlossen. Es kann hierfür nicht darauf ankommen, ob die Sperre nur von kurzer Dauer ist, weil der Mieter gewillt ist, die Miete sofort zu bezahlen. Sofern er sich nicht mithilfe seines Schlüssels Zutritt zu der Mietwohnung verschaffen kann, kann der Mieter nicht als Besitzer angesehen werden. Der Smart Contract gibt dem Mieter damit lediglich die Möglichkeit, durch Zahlung den Besitz aufgrund der Automatisierung alsbald 233

Zur Wenn-Dann-Logik von Smart Contracts bereits ausführlich oben S. 89 ff. Vgl. etwa Westermann / Gursky / Eickmann, Sachenrecht, 8. Aufl. 2011, § 15 Rn. 3 [S. 123]; Gutzeit, in: Staudinger-BGB, Buch 3: Sachenrecht, Einleitung zum Sachenrecht, §§ 854–882, 2018, § 856 BGB, Rn. 21. 235 Vgl. etwa Joost, in: MüKoBGB, Band 7, 7. Aufl. 2017, § 856 BGB, Rn. 13. 236 Vgl. etwa Westermann / Gursky / Eickmann, Sachenrecht, 8. Aufl. 2011, § 15 Rn. 3 [S. 123]; Gutzeit, in: Staudinger-BGB, Buch 3: Sachenrecht, Einleitung zum Sachenrecht, §§ 854–882, 2018, § 856 BGB, Rn. 21. 234

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und weitgehend risikolos zurückzuerlangen. Zuvor hat er seinen Besitz aber verloren. Es liegt nicht nur eine vorübergehende Verhinderung der Gewaltausübung vor, wenn der Mieter gezielt und vollständig von der Einwirkung auf die Sache ausgeschlossen ist. b) Abstellen des Motors eines kreditfinanzierten Fahrzeugs bei ausbleibender Ratenzahlung Durch einen Smart Contract kann ein Fahrzeug so programmiert werden, dass sich der Motor nicht mehr starten lässt, wenn die Zahlung der Kreditrate zur Finanzierung dieses Fahrzeugs ausbleibt. Ein ähnlicher Mechanismus ist auch im Zusammenhang mit dem Ausbleiben von Leasingraten eines geleasten Fahrzeugs denkbar.237 Derartige Smart Contracts sind mit sog. „starter interrupt devices“ („SIDs“) zu vergleichen238, die in den Vereinigten Staaten bereits heute verbreitet sind.239 Der finanzierte Kauf eines Fahrzeugs an „sub-prime borrowers“, d. h. Kreditnehmer mit einem schlechten Kredit-Rating, wird oftmals von der Bedingung abhängig gemacht, dass das Fahrzeug vor der Übergabe mit einem SID ausgestattet wird. Teilweise macht das SID das Starten des Fahrzeugs in jeder Zahlungsperiode von der Eingabe eines erst bei Zahlung erteilten Codes abhängig240, in anderen Fällen soll der Kreditgeber die Zündung per Fernsteuerung ausschalten können.241 Wenngleich sich mithin die Funktionsweise dieser Geräte im Einzelnen unterscheiden mag, haben sie doch die gleiche Wirkung: zahlt der Kreditnehmer nicht wie vereinbart, lässt sich das Fahrzeug nicht starten.242 Smart Contracts entwickeln diese 237 Zu diesem Beispiel im Anschluss an Szabo, Formalizing and Securing Relationships on Public Networks, in: First Monday, Band 2 (1997) insbesondere Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (86, 95 ff.); Hofmann, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 125 (128); Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (618); Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1028); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (203); Heckelmann, NJW 2018, 504 (505). 238 Vgl. Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (308, 329 ff.); Möslein, ZBB 2018, 208 (219 f.). Matzke, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 99 (101) nennt diese Geräte als Beispiel der Umsetzung von Smart Contracts ohne die Distributed Ledger Technologie. Er impliziert damit, dass SIDs selbst Smart Contracts seien. Kritisch zu diesem Vergleich hingegen Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (347 f.). 239 Nach Corkery / Silver-Greenberg, in: The New York Times – Dealbook, 24. 09. 2014 wurden SID im Jahr 2014 in den USA in etwa 25 % der Autokredite an Kreditnehmer mit schlechtem Kredit-Rating („subprime auto loans“) verwendet. 240 Vgl. Hudson / L audicina, in: The Business Lawyer, Band 2 (2006), S. 843 (843). 241 Vgl. Corkery / Silver-Greenberg, in: The New York Times – Dealbook, 24. 09. 2014 („By simply clicking a mouse or tapping a smartphone …“). 242 Typischerweise werden indes Codes zur Verfügung gestellt, die eine kurzfristige Nutzung in Notfällen erlauben, vgl. Corkery / Silver-Greenberg, in: The New York Times – Dealbook, 24. 09. 2014; Hudson / L audicina, in: The Business Lawyer, Band 2 (2006), S. 843 (843).

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3. Teil: Grenzen privater Smart Contracts gegenüber Verbrauchern 

SID insofern weiter als durch sie die Abschaltung vollständig automatisiert werden kann. Ob die Abschaltung dabei direkt nach Ablauf des Fälligkeitsdatums erfolgen soll oder eine gewisse Karenzzeit vereinbart wird, bleibt im Einzelnen den Parteien bzw. der Programmierung überlassen. Nach US-amerikanischem Recht ist ein Abschalten des Motors mithilfe SID grundsätzlich zulässig, wenn sich der Kreditnehmer im Zahlungsverzug befindet (§ 9–609 Uniform Commercial Code).243 Demnach ist eine Wiederinbesitznahme (repossession) des Kreditnehmers ohne gerichtliches Verfahren im Fall des Zahlungsausfalls möglich, sofern diese ohne eine „Störung des Friedens“ (breach of the peace) erfolgt.244 Das deutsche Recht hat in § 858 BGB jedoch eine andere Regelung gefunden. Eine Leistungsstörung des Kreditnehmers berechtigt den Kreditgeber nicht, dem Kreditnehmer den finanzierten Gegenstand zu entziehen. Sogar ein etwaiger Herausgabeanspruch des Kreditgebers würde eine Besitzentziehung nicht rechtfertigen.245 Durch einen Smart Contract kann die Zündung eines Fahrzeugs potentiell so ausgeschaltet werden, dass der Motor nicht mehr gestartet werden kann und sich das Fahrzeug daher nicht mehr bewegen lässt. Der Kreditnehmer hat das Fahrzeug jedoch weiterhin in seiner physischen Gewalt, lediglich eine bestimmte Nutzung – die Fortbewegung – ist durch die Automatisierung ausgeschlossen.246 Nach teilweiser Ansicht soll ein automatisierter Gebrauchs- oder Nutzungsentzug aber keine Besitzstörung darstellen.247 Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung zur Versorgungssperre248 solle der bestimmungsgemäße Gebrauch einer Sache nicht nach § 858 BGB geschützt sein. Riehm hält dem indes zurecht entgegen, dass sich die Fälle der Versorgungs- und der Wegfahrsperre unterscheiden.249 Anders als bei der Versorgungssperre geht es bei der Wegfahrsperre nicht um eine Erweiterung des Rechtskreises des Besitzers. Es geht hier nicht um Ansprüche auf zusätzliche Leistungen, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs250 nicht auf das Besitzrecht, sondern auf Gewährleistungsrechte gestützt werden sollen.251 Der Bundesgerichtshof führt in seiner Entscheidung zur Versorgungssperre aus, dass der Besitz nur den Bestand 243 Vgl. etwa Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band  1 (2017), S. 305 (332). 244 Zur Konkretisierung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs, vgl. McRobert, in: Washington Law Review, Band 87 (2012), S. 569. 245 Vgl. etwa Baur / Stürner, Sachenrecht, 18. Aufl. 2009, S. 127 [§ 11 Rn. 42] („Der Herausgabeanspruch ist kein Gewaltrecht.“). 246 Vgl. Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (95 f.). 247 Vgl. Paulus / Matzke, CR 2017, 769 (775); Matzke, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 99 (105). 248 BGH, Urt. v. 06. 05. 2009 – XII ZR 137/07, NJW 2009, 1947. 249 Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (96). 250 BGH, Urt. v. 06. 05. 2009 – XII ZR 137/07, NJW 2009, 1947. 251 Vgl. Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (96).

C. Verbotene Eigenmacht als originäre Grenze 

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der tatsächlichen Sachherrschaft schützt.252 Der Zufluss von Versorgungsleistungen sei aber nicht Bestandteil der tatsächlichen Sachherrschaft als solcher.253 Nach dem Bundesgerichtshof wird die Ausübung der tatsächlichen Sachherrschaft durch das Besitzrecht geschützt – dieses gewähre insofern aber nur Abwehr- und keine Leistungsrechte.254 Eine automatisierte Wegfahrsperre greift demgegenüber in etwas ein, das der Besitzer bereits inne hat – die dem Besitz inhärente Fortbewegungsmöglichkeit des Fahrzeugs.255 Der vollständige Ausschluss der Fortbewegungsmöglichkeit bedeutet allerdings einen erheblichen Eingriff in den Bestand der Sachherrschaft und die Ausübung des Besitzrecht. Im Ergebnis stellt die Wegfahrsperre daher eine Besitzstörung dar.256 c) Abstellen anderer kreditfinanzierter technischer Geräte bei ausbleibender Ratenzahlung Nicht anders zu behandeln ist auch das Sperren bzw. Abschalten anderer kredit­ finanzierter technischer Geräte (wie Fernseher, Smartphone o. ä.) als (automatisierte) Reaktion auf eine ausbleibende Ratenzahlung. Auch in diesen Fällen sollte wegen der völligen Aufhebung der Nutzungsmöglichkeit der Sachen eine Besitzentziehung im Sinne des § 858 BGB vorliegen. d) Abstellen von Internetzugang, Strom- oder Wasserversorgung („Versorgungssperre“) Durch einen Smart Contract können außerdem der Internetzugang oder die Strom- oder Wasserversorgung automatisiert abgestellt werden, wenn entsprechende Zahlungsverpflichtungen des Mieters nicht eingehalten werden.257 Während eine solche sog. „Versorgungssperre“ bis vor Kurzem von der Rechtsprechung noch als Besitzstörung und damit als verbotene Eigenmacht eingeordnet wurde258, gehen mittlerweile sowohl der Bundesgerichtshof als auch die wohl 252

Vgl. BGH, Urt. v. 06. 05. 2009 – XII ZR 137/07, NJW 2009, 1947 (1949, Rn. 25). Vgl. BGH, Urt. v. 06. 05. 2009 – XII ZR 137/07, NJW 2009, 1947 (1949, Rn. 27). 254 Vgl. BGH, Urt. v. 06. 05. 2009 – XII ZR 137/07, NJW 2009, 1947 (1949 f., Rn. 27, 34). 255 Vgl. Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (95). 256 Vgl. Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (95); a. A. wohl Paulus /  Matzke, CR 2017, 769 (775); Matzke, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 99 (105). Um im Ergebnis ebenfalls zu einer Besitzstörung zu gelangen wollen Paulus / Matzke, CR 2017, 769 (776 f.) indes de lege ferenda eine Erweiterung des Sachbegriffs um Firmware erreichen. 257 Ausführlich Paulus / Matzke, NJW 2018, 1905 (1909 ff.). 258 Vgl. etwa OLG Köln, Beschl. v. 26. 04. 2004 – 1 U 67/03, NZM 2005, 67; OLG Celle, Urt. v. 28. 04. 2005 – 11 U 44/05, BeckRS 2005, 5695. 253

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3. Teil: Grenzen privater Smart Contracts gegenüber Verbrauchern 

überwiegende Zahl der Literaturstimmen davon aus, dass eine Versorgungssperre keine Besitzstörung darstellt.259 Es bestehen keine Gründe dafür, in der Behandlung einer Smart Contract-­ induzierten Versorgungssperre von einer auf anderem Wege herbeigeführten Versorgungssperre abzuweichen.260 Entsprechend der Rechtsprechung und überwiegenden Literaturmeinung führt das Abstellen von Internetzugang, Strom- oder Wasserversorgung mittels eines Smart Contracts daher ebenfalls nicht zu einer Besitzstörung im Sinne des § 858 BGB. e) Zusammenfassung Der Einsatz eines Smart Contracts (1) zur Verweigerung des Zugangs zur Mietwohnung bei ausbleibender Mietzahlung, (2) zum Abstellen des Motors eines kreditfinanzierten Fahrzeugs bei ausbleibender Ratenzahlung sowie (3) zum Abstellen anderer kreditfinanzierter technischer Geräte bei ausbleibender Ratenzahlung stellt jeweils eine Besitzentziehung im Sinne des § 858 BGB dar. Für den Besitzer – zumeist ein Verbraucher – ist der Einsatz eines Smart Contracts dabei umso belastender, da er keine Möglichkeit hat, sich einer möglichen verbotenen Eigenmacht im Wege der Selbsthilfe (§ 859 BGB) entgegenzustellen. Eine etwaige verbotene Eigenmacht erfolgt nicht durch eine persönliche Handlung des Zahlungsgläubigers, sondern durch automatisierte Abschaltung. Andererseits vermindert eine solche digitalisierte Zwangsvollstreckung das mit einer Selbstvornahme ansonsten verbundene Eskalationspotential.261 3. Rechtfertigung kraft Gesetzes Eine Rechtfertigung der Besitzstörung kraft Gesetzes wird in den genannten Fallgruppen nur selten eingreifen. Die Selbsthilfe nach § 229 BGB setzt etwa voraus, dass „obrigkeitliche Hilfe nicht rechtzeitig zu erlangen ist und ohne sofortiges Eingreifen die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung des Anspruchs vereitelt oder wesentlich erschwert werde“. In Fällen einer im Voraus programmierten Sperre oder Abschaltung auf 259 Vgl. BGH, Urt. v. 06. 05. 2009 – XII ZR 137/07, NJW 2009, 1947; Müller / Gruber, Sachenrecht, 2016, Rn. 279; Westermann / Gursky / Eickmann, Sachenrecht, 8. Aufl. 2011, § 21 Rn. 2 [S. 152 f.]; a. A. Gutzeit, in: Staudinger-BGB, Buch 3: Sachenrecht, Einleitung zum Sachenrecht, §§ 854–882, 2018, § 858 BGB, Rn. 53; Joost, in: MüKo-BGB, Band 7, 7. Aufl. 2017, § 858 BGB, Rn. 6. Ausführlich zu der Problematik Scheidacker, NZM 2005, 281 sowie im Anschluss an die BGH-Entscheidung erneut Scheidacker, NZM 2010, 103. 260 So im Ergebnis auch Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (95). 261 Vgl. Paulus / Matzke, CR 2017, 769 (777).

C. Verbotene Eigenmacht als originäre Grenze 

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Grundlage einer entsprechenden Sicherungs- oder Mietvereinbarung wird diese Voraussetzung nur in seltenen Ausnahmefällen erfüllt sein.262 Angezeigt ist insofern aber stets eine Prüfung im Einzelfall. Ein solcher Ausnahmefall könnte etwa vorliegen, wenn zu befürchten ist, dass der Mieter seine werthaltigen Sachen aus der Wohnung akut entfernen will, um das Vermieterpfandrecht zu vereiteln. Jedoch könnte der Eigentümer auch in diesem Fall den Mieter nicht aussperren, sondern die Sachen zur Sicherung seines Vermieterpfandrechts lediglich einsperren.263 4. Rechtfertigung durch Zustimmung des Besitzers Bereits der Wortlaut des § 858 BGB verleiht dem Gedanken Ausdruck, dass der Besitzschutz zur Disposition des Besitzers steht. Vor dem Hintergrund der Möglichkeit der Besitzaufgabe nach § 856 BGB ist es auch nur konsequent, dass die wesentliche Rechtfertigung einer Besitzstörung in der Zustimmung des unmittelbaren Besitzers liegt. a) Rechtsnatur der Zustimmung Entsprechend dieser Parallele zwischen der Einwilligung in eine Besitzstörung (§ 858 BGB) und der Besitzaufgabe (§ 856 BGB) müssen dieselben Grundsätze in beiden Fällen anzuwenden sein. Der Besitz beschreibt eine tatsächliche Beziehung einer Person zu einer Sache.264 Der jeweilige Wille zur Begründung, Erhaltung und zur Aufgabe des Besitzes ist daher ein natürlicher, kein rechtsgeschäftlicher Wille.265 Für die Einwilligung in eine Besitzstörung im Rahmen des § 858 BGB kann daher nichts anderes gelten. 262 Vgl. zu § 229 BGB als wichtiger Hürde auch Möslein, ZBB 2018, 208 (220). Die einer Parteidisposition nicht zugängliche Regelung des § 229 BGB für eine Wegnahme, Zerstörung oder Beschädigung einer Sache wird tatbestandlich im Falle einer Automatisierung aber wohl nur selten eingreifen, da der Smart Contract kaum einen dieser Fälle zum Gegenstand haben wird, sondern eben eine automatisierte Nutzungssperre. 263 Vgl. etwa Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (93). 264 Vgl. in diesem Sinne etwa Westermann / Gursky / Eickmann, Sachenrecht, 8. Aufl. 2011, § 7 Rn. 1, 8 [S. 82, 85 ff.]; Lorenz, in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2015, Vorb. vor § 854, Rn. 1; Gutzeit, in: Staudinger-BGB, Buch 3: Sachenrecht, Einleitung zum Sachenrecht, §§ 854– 882, 2018, Vorb. vor § 854 BGB, Rn. 35; Prütting, Sachenrecht, 36. Aufl. 2017, Rn. 43, 49 [S. 18, 20]. 265 Vgl. etwa Gutzeit, in: Staudinger-BGB, Buch 3: Sachenrecht, Einleitung zum Sachenrecht, §§ 854–882, 2018, § 854 BGB, Rn. 17 bzw. § 856 BGB, Rn. 10; Wieling, Sachenrecht I, 1990, § 4 I 1 b) cc) [S. 136] bzw. § 4 III 2a [S. 154]; Baur / Stürner, Sachenrecht, 18. Aufl. 2009, S. 72 f. [§ 7 Rn. 26]; Lorenz, in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2015, § 854, Rn. 10 bzw. § 856 Rn. 3; Prütting, Sachenrecht, 36. Aufl. 2017, Rn. 55 [S. 22]; Joost, in: MüKo-BGB, Band 7, 7. Aufl. 2017, § 854 BGB, Rn. 9; Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (90).

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3. Teil: Grenzen privater Smart Contracts gegenüber Verbrauchern 

Maßgeblich ist kein rechtsgeschäftlicher, sondern der natürliche Wille des Besitzers im Zeitpunkt der Besitzstörung.266 Es ist davon auszugehen, dass im Zusammenhang mit dem Einsatz von Smart Contracts typischerweise im Moment der Besitzentziehung kein entsprechender Wille des Besitzers vorliegen wird. Eine Sperrung der Mietwohnung oder eine Deaktivierung der Zündung eines Fahrzeugs kann mit empfindlichen Konsequenzen für den Schuldner verbunden sein, mit denen ein Besitzer, der die Sache nutzen will, regelmäßig nicht einverstanden sein wird. Besteht hingegen ausnahmsweise doch eine solche Zustimmung im Moment der Besitzstörung, liegt keine verbotene Eigenmacht im Sinne des § 858 BGB vor. b) Smart Contract als antizipierte Einwilligung in die Besitzstörung Grundsätzlich werden die Verwendung und der Inhalt von Smart Contracts von den Parteien im Rahmen eines Rechtsgeschäftes vereinbart. Sie stehen damit typischerweise auf einer freiwilligen Grundlage.267 Beruht die automatisierte Zugangs- oder Nutzungssperre auf einer solchen wirksamen, privatautonomen Vereinbarung beider Parteien, so ist der Smart Contract im Ergebnis so zu behandeln wie eine antizipierte Zustimmung zur Besitzstörung im Moment des Vertragsschlusses. Die Parteien einigen sich darauf, dass bei Eintritt bestimmter Bedingungen der Zugang zu oder die Nutzung einer Sache automatisiert versperrt werden soll. Der Besitzer stimmt der zukünftigen Besitzstörung insofern bei Vertragsschluss im Voraus zu. Dies schließt allerdings nicht von vornherein aus, dass er – wie dies regelmäßig der Fall sein wird – im Moment der Besitzstörung selbst mit der Zugangs- oder Nutzungssperre nicht einverstanden sein wird. Allerdings sind auch Fälle vorstellbar, in denen die Automatisierung nicht auf einer entsprechenden Einigung beruht. Insbesondere für Verbraucher besteht ein erhebliches Risiko einer Fremdbestimmung durch den Unternehmer.268 Smart Contracts zur Steuerung des Zugangs zu Sachen, die nicht auf einer privatautonomen Entscheidung des Besitzers beruhen, sind verbotene Eigenmacht (§ 858 BGB) 266

Vgl. Müller / Gruber, Sachenrecht, 2016, Rn. 293; Westermann / Gursky / Eickmann, Sachenrecht, 8. Aufl. 2011, § 21 Rn. 4 [S. 153]; Gutzeit, in: Staudinger-BGB, Buch 3: Sachenrecht, Einleitung zum Sachenrecht, §§ 854–882, 2018, § 858 BGB, Rn. 18; Lorenz, in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2015, § 858 Rn. 6; Joost, in: MüKo-BGB, Band 7, 7. Aufl. 2017, § 858 BGB, Rn. 7; Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (90); aA Prütting, Sachenrecht, 36. Aufl. 2017, Rn. 109 [S. 41]; Mittenzwei, MDR 1987, 883 (884) [aufgrund des Schutzes Minderjähriger]. 267 Vgl. zur Zustimmung des Verbrauchers als Zulässigkeitsvoraussetzung oben S. 44 ff. sowie zur Privatautonomie als Grundlage der Vereinbarung von Smart Contracts auch bereits oben S. 178 ff. 268 Vgl. ausführlich oben S. 70 ff.

C. Verbotene Eigenmacht als originäre Grenze 

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und daher unzulässig. Eine Rechtfertigung aufgrund einer Zustimmung des Besitzers scheidet hier von vornherein aus. c) Problematik der antizipierten Zustimmung Grundsätzlich ist eine antizipierte Zustimmung in eine Besitzstörung bei Vertragsschluss zwar zulässig, entfaltet aber nur eingeschränkte Wirkung. Trotz der vorherigen Vereinbarung soll der natürliche Wille des Besitzers im Moment der Besitzstörung maßgeblich sein.269 Der Besitzer ist an ein früher erklärtes Einverständnis nicht unwiderruflich gebunden.270 Dementsprechend geht die herrschende Meinung davon aus, dass eine im Voraus erteilte Zustimmung bis zum Moment der eigentlichen Besitzstörung widerrufen werden kann. Die antizipierte Zustimmung dient lediglich als Indiz, das auf einen tatsächlichen Zustimmungswillen hinweist.271 Auch wenn der Besitzer also vertraglich sein Einverständnis mit einer späteren Wegnahme der Sache erklärt hat, liegt eine verbotene Eigenmacht im Sinne des § 858 BGB vor, wenn die Wegnahme gegen den dann aktuellen tatsächlichen Willen des Besitzers erfolgt.272 aa) Keine Willensänderung wegen fehlender Kenntnis der Besitzstörung Möslein argumentiert indes, dass im Fall von Smart Contracts regelmäßig keine Willensänderung des Besitzers vorliege, weil dieser im Moment der Besitzstörung von der Besitzstörung typischerweise keine Kenntnis haben werde.273 Der Betroffene werde sich vielmehr erst Gedanken machen, wenn die Sperre bzw. Abschaltung bereits erfolgt ist. Dies habe wiederum zur Folge, dass der Besitzer im Moment der Besitzentziehung keinen entgegenstehenden Willen zum Ausdruck bringt bzw. bringen kann und daher die bei Vertragsschluss abgegebene antizi 269

Zur Maßgeblichkeit des natürlichen Willens etwa Müller / Gruber, Sachenrecht, 2016, Rn. 293; Westermann / Gursky / Eickmann, Sachenrecht, 8. Aufl. 2011, § 21 Rn. 4 [S. 153]; ­Gutzeit, in: Staudinger-BGB, Buch 3: Sachenrecht, Einleitung zum Sachenrecht, §§ 854–882, 2018, § 858 BGB, Rn. 18; Lorenz, in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2015, § 858 Rn. 6; Joost, in: MüKo-BGB, Band 7, 7. Aufl. 2017, § 858 BGB, Rn. 7; Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (90). 270 Vgl. allgemein für die Einwilligung Kohte, AcP 185 (1985), S. 105. Im Einzelnen zu § 858 BGB auch Westermann / Gursky / Eickmann, Sachenrecht, § 21, Rn. 4; RGZ 146, 182 (186); ­Müller / Gruber, Sachenrecht, 2016, Rn. 296; Gutzeit, in: Staudinger-BGB, Buch 3: Sachenrecht, Einleitung zum Sachenrecht, §§ 854–882, 2018, § 858 BGB, Rn. 19; Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (91). 271 Vgl. etwa Lorenz, in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2015, § 858 Rn. 7; Gutzeit, in: StaudingerBGB, Buch 3: Sachenrecht, Einleitung zum Sachenrecht, §§ 854–882, 2018, § 858 BGB, Rn. 19. 272 Vgl. Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (91); Timmermann, Legal-­ Tech Anwendungen, 2020, S. 307. 273 Möslein, ZBB 2018, 208 (220).

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3. Teil: Grenzen privater Smart Contracts gegenüber Verbrauchern 

pierte Zustimmung zu gelten habe. Nach erfolgter Besitzentziehung könne diese Zustimmung nicht mehr nachträglich widerrufen werden. Dieser Auffassung kann allerdings nicht zugestimmt werden. Die Annahme, dass wegen der fehlenden Kenntnis der konkreten Besitzstörung keine Willens­ änderung des Besitzers vorliege, ist im Ergebnis eine Fiktion. Würde der Besitzer vor der Abschaltung oder Sperre gefragt werden, würde er der Abschaltung typischerweise nicht zustimmen. Eine Einschränkung der Nutzung seiner Mietwohnung, seines (häufig einzigen) Fahrzeugs oder seines Smartphones wird dem Verbraucher nur in den seltensten Fällen tatsächlich gleichgültig sein.274 Es kann daher nicht überzeugen, dass der Besitzer allein wegen der fehlenden Kenntnis einer Besitzstörung an eine vorherige Zustimmung gebunden bleibt, obwohl er im Fall der Kenntniserlangung der Besitzentziehung widersprochen hätte. Das Primat des natürlichen Willens275 würde in sein Gegenteil verkehrt, wenn der tatsächliche Wille mangels Kenntnis von der Besitzentziehung nicht zum Ausdruck gebracht werden kann und deshalb auf einen zuvor geäußerten Willen zurückzugreifen wäre. Der Vorteil des Einsatzes von Smart Contracts läge in diesem Fall darin, dem Besitzer durch die Automatisierung der Besitzentziehung die Möglichkeit zu nehmen, einen abweichenden natürlichen Willen zu äußern. So wird im Fall der automatisierten Abschaltung die Besitzentziehung nicht durch das Erscheinen des Gläubigers oder einer von ihm beauftragten Person angekündigt.276 Ein solches Ergebnis würde einem Missbrauch der Technologie Tür und Tor öffnen. Durch die Automatisierung würde dem Besitzer von vornherein die Möglichkeit zum Widerspruch und damit zum Schutz seines Besitzes genommen. Wäre – ohne Einsatz der Smart Contract-Technologie – hingegen eine manuelle Handlung des Gläubigers vor Ort erforderlich, so hätte der Besitzer zumindest die Möglichkeit, von der anstehenden Besitzstörung Kenntnis zu erlangen und seinen geänderten natürlichen Willen zu artikulieren. Es kann kaum überzeugen, dass der Besitzer bei Einsatz der Technologie weniger schutzbedürftig sei, weil durch die Automatisierung eine vorherige Kenntnisnahme von der konkreten Besitzstörung ausgeschlossen wird. Dies wird zudem dadurch unterstrichen, dass es sich bei einem „Widerruf der antizipierten Zustimmung im Rahmen des § 858 BGB“ nicht um einen Widerruf in dem Sinne handelt, dass ohne den Widerruf eine vorherige Willensäußerung zu gelten habe. Maßgeblich ist allein der Wille des Besitzers im Moment der Besitz-

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Vgl. bereits oben S. 234. Zur Maßgeblichkeit des natürlichen Willens etwa Müller / Gruber, Sachenrecht, 2016, Rn. 293; Westermann / Gursky / Eickmann, Sachenrecht, 8. Aufl. 2011, § 21 Rn. 4 [S. 153]; ­Gutzeit, in: Staudinger-BGB, Buch 3: Sachenrecht, Einleitung zum Sachenrecht, §§ 854–882, 2018, § 858 BGB, Rn. 18; Lorenz, in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2015, § 858 Rn. 6; Joost, in: MüKo-BGB, Band 7, 7. Aufl. 2017, § 858 BGB, Rn. 7; Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (90). 276 Hierdurch wird indes zugleich das mit einer Selbstvornahme ansonsten verbundene Eskalationspotential reduziert, vgl. Paulus / Matzke, CR 2017, 769 (777). 275

C. Verbotene Eigenmacht als originäre Grenze 

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störung.277 Eine vorherige Zustimmung ist nicht bindend und hat auf den maßgeblichen natürlichen Willen allenfalls Indizwirkung.278 Es spielt keine entscheidende Rolle, ob im Vorhinein eine Zustimmung zum Ausdruck gebracht wurde und ob diese Zustimmung anschließend „widerrufen“ wurde oder nicht. Eine vorherige Zustimmung muss nicht widerrufen werden; auf sie kommt es ohnehin nicht an. Vor diesem Hintergrund darf dem Bedürfnis eines „Widerrufs“ einer vorherigen Zustimmung keine zu hohe Bedeutung beigemessen werden. Es ist nicht entscheidend, ob ein „Widerruf“ erfolgt ist, sondern allein, welchen Willen der Besitzer im Moment der Besitzstörung hat. Dementsprechend kann der Besitzer im Fall der fehlenden Kenntnis von der konkreten Besitzstörung nicht an seiner zuvor geäußerten Zustimmung festgehalten werden. bb) Hypothetischer Wille im Moment der Besitzstörung Diese Überlegungen weisen jedoch auf eine besondere Problematik hin: typischerweise wird der Besitzer von einer anstehenden Besitzstörung Kenntnis erlangen und daher die Möglichkeit haben, seinen entgegenstehenden Willen zum Ausdruck zu bringen. Bei Einsatz eines Smart Contracts erfolgt die Besitzstörung indes automatisiert, d. h. ohne manuelle Handlung des Gläubigers und ohne Verzögerung. Der Besitzer erhält daher gerade keine konkrete Kenntnis von einer drohenden Besitzstörung und wird sich daher – wie von Möslein durchaus zu Recht angemerkt279 – im Moment der Besitzstörung keine Gedanken darüber machen. Die fehlende Kenntnis des Besitzers von einer drohenden Besitzstörung im Fall von Smart Contracts kann indes im Ergebnis keinen verminderten Schutz des Besitzers zur Folge haben. In diesem Fall kann nicht – scheinbar mangels Alternativen – ein vorher erklärter Wille maßgeblich sein. Dies würde systemwidrig den tatsächlichen Willen des Besitzers im Moment der Besitzstörung außer Acht lassen.280 Der Besitzer muss bei Einsatz eines Smart Contracts vielmehr ebenso behandelt werden, wie wenn die Besitzstörung nicht automatisiert würde, der Be 277 Zur Maßgeblichkeit des natürlichen Willens etwa Müller / Gruber, Sachenrecht, 2016, Rn. 293; Westermann / Gursky / Eickmann, Sachenrecht, 8. Aufl. 2011, § 21 Rn. 4 [S. 153]; ­Gutzeit, in: Staudinger-BGB, Buch 3: Sachenrecht, Einleitung zum Sachenrecht, §§ 854–882, 2018, § 858 BGB, Rn. 18; Lorenz, in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2015, § 858 Rn. 6; Joost, in: MüKo-BGB, Band 7, 7. Aufl. 2017, § 858 BGB, Rn. 7; Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (90). 278 Vgl. allgemein für die Einwilligung Kohte, AcP 185 (1985), S. 105. Im Einzelnen zu § 858 BGB auch Westermann / Gursky / Eickmann, Sachenrecht, § 21, Rn. 4; RGZ 146, 182 (186); ­Müller / Gruber, Sachenrecht, 2016, Rn. 296; Gutzeit, in: Staudinger-BGB, Buch 3: Sachenrecht, Einleitung zum Sachenrecht, §§ 854–882, 2018, § 858 BGB, Rn. 19; Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (91). 279 Vgl. Möslein, ZBB 2018, 208 (220). 280 Vgl. schon soeben oben S. 233 ff.

238

3. Teil: Grenzen privater Smart Contracts gegenüber Verbrauchern 

sitzer also regelmäßig Kenntnis von einer besitzstörenden Handlung des Gläubigers erlangen würde. Bei fehlender konkreter Kenntnis des Besitzers von der Besitzstörung muss daher maßgeblich sein, ob der Besitzer bei Kenntnis der konkreten Besitzstörung einer Besitzentziehung zugestimmt hätte. Ein vorher zum Ausdruck gebrachter Wille des Besitzers kann lediglich als Indiz einer weiterhin bestehenden Zustimmung dienen. Letztlich entscheidend ist aber die Frage, ob der Besitzer bei konkreter Kenntnis der Besitzstörung zugestimmt hätte. Eine solcher „hypothetischer natürlicher Wille“ mag zunächst wie ein Oxymoron klingen, muss aber maßgeblich sein, um Wertungswidersprüche zu einem Vorgehen ohne die Smart ContractTechnologie zu vermeiden. cc) Willensänderung als venire contra factum proprium (§ 242 BGB)? Nach der gesetzlichen Regelung des § 858 BGB ist eine vorherige Zustimmung des Besitzers in die Besitzstörung nicht entscheidend.281 Maßgeblich ist der natürliche Wille des Besitzers im Moment der Besitzstörung.282 Haben die Parteien also bei Vertragsschluss die automatisierte Vollziehung einer Klausel mittels eines Smart Contracts vereinbart, so entfaltet diese antizipierte Zustimmung in die Besitzstörung grundsätzlich keine Bindungswirkung. Etwas anderes kann aber ausnahmsweise dann gelten, wenn die Ablehnung der Besitzstörung trotz einer vorherigen entsprechenden Vereinbarung der Zustimmung im Einzelfall rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 242 BGB ist. Nimmt der Besitzer bei Vereinbarung des sofortigen Zugriffsrechts auf die Sache erhebliches Vertrauen in Anspruch, kann sich eine Willensänderung und die daraus folgende Ablehnung der Besitzstörung als Fall des venire contra factum proprium darstellen.283 Ein solches widersprüchliches Verhalten liegt insbesondere vor, wenn eine Partei Vorteile in Anspruch nimmt, während die dazugehörigen Nachteile abgewehrt werden sollen.284

281

Vgl. etwa Westermann / Gursky / Eickmann, Sachenrecht, § 21, Rn. 4; RGZ 146, 182 (186); Müller / Gruber, Sachenrecht, 2016, Rn. 296; Gutzeit, in: Staudinger-BGB, Buch 3: Sachenrecht, Einleitung zum Sachenrecht, §§ 854–882, 2018, § 858 BGB, Rn. 19; Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (91). 282 Vgl. auch Müller / Gruber, Sachenrecht, 2016, Rn. 293; Westermann / Gursky / Eickmann, Sachenrecht, 8. Aufl. 2011, § 21 Rn. 4 [S. 153]; Gutzeit, in: Staudinger-BGB, Buch 3: Sachenrecht, Einleitung zum Sachenrecht, §§ 854–882, 2018, § 858 BGB, Rn. 18; Lorenz, in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2015, § 858 Rn. 6; Joost, in: MüKo-BGB, Band 7, 7. Aufl. 2017, § 858 BGB, Rn. 7; Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (90). 283 Ausführlich zum Verbot widersprüchlichen Verhaltens Singer, Das Verbot widersprüchlichen Verhaltens, 1993. Vgl. auch Mansel, in: Jauernig, BGB, Kommentar, 17. Aufl. 2018, § 242 BGB Rn. 48 ff.; Schubert, in: MüKo-BGB, Band 2, 8. Aufl. 2019, § 242 BGB Rn. 353 ff. 284 Vgl. Schubert, in: MüKo-BGB, Band 2, 8. Aufl. 2019, § 242 BGB Rn. 353.

C. Verbotene Eigenmacht als originäre Grenze 

239

Bei Einsatz von Smart Contracts kann ein solches widersprüchliches Verhalten beispielsweise in Betracht kommen, wenn der Gläubiger den Schuldner vor eine echte Wahl zwischen zwei Alternativen stellt. So könnte der Gläubiger den Schuldner etwa darüber entscheiden lassen, ob er entweder einem sofortigen, automatisierten Zugriff auf die Sache im Fall des Zahlungsausfalls zustimmt und im Gegenzug von einen geringeren Zinssatz profitiert285 oder alternativ einer solchen Automatisierung nicht zustimmt und stattdessen einen höheren Zinssatz zahlt. Entscheidet sich der Besitzer / Schuldner in diesem Fall ganz bewusst für die Konsequenzen der sofortigen Vollziehung und profitiert im Gegenzug von den niedrigeren Zinsen, erscheint eine Willensänderung im Lichte des in Anspruch genommenen Vertrauens des Vertragspartners als „Rosinenpicken“. Der Besitzer würde von den niedrigeren Zinsen profitieren, ohne die automatisierten Konsequenzen eines Zahlungsausfalls, für die er sich bewusst entschieden hatte, tragen zu müssen. Verweigert der Besitz in diesem Fall letztlich doch die Zustimmung zur Besitzstörung, die eine verbotene Eigenmacht nach § 858 BGB ausschließen würde, kann hierin somit unter Umständen ein widersprüchliches Verhalten nach § 242 BGB zu sehen sein. Entscheidet sich der Besitzer bewusst für die Verwendung eines Smart Contracts im Gegenzug zu Vergünstigungen, vertraut der Vertragspartner in diese Entscheidung – schließlich hätte der Besitzer sich auch für die andere Alternative entscheiden können. Im Ergebnis, kann ein Rechtsmissbrauch zwar nicht schon deswegen vorliegen, weil der Besitzer zwar bei Vertragsschluss einer Besitzstörung zustimmt, im eigentlich maßgeblichen Moment der Besitzstörung aber trotzdem keine Zustimmung erteilt. Der Besitzer ist hierzu nach der gesetzlichen Regelung grundsätzlich berechtigt. Ein Rechtsmissbrauch im Sinne des § 242 BGB kommt aber in Betracht, wenn besondere Umstände hinzukommen, die dazu führen, dass der Gläubiger besonders darauf vertraut, dass der Besitzer der Ausführung des Smart Contracts auch im Moment der Ausführung zustimmen wird. Dies liegt insbesondere nahe, wenn der Besitzer direkt von geringeren Zinsen, dem Verzicht auf andere Sicherheiten oder anderen Vergünstigungen profitiert, die im Einzelfall im Sinne eines Kausalverhältnisses auf der Vereinbarung des sofortigen Zugriffs mittels Smart Contracts beruhen.286

285 Vgl. zu den möglichen Vorteilen einer Automatisierung für Verbraucher noch unten S. 251 ff. 286 Die gleichen Grundsätze gelten indes auch für vergleichbare Fälle ohne einen Smart Contract. Andere Klauseln, die einen sofortigen Zugriff auf die Sache vorsehen, sind ebenso zu behandeln.

240

3. Teil: Grenzen privater Smart Contracts gegenüber Verbrauchern 

5. Zwischenergebnis de lege lata Der automatisierte Zugriff auf eine Sache in Form einer Sperre oder Abschaltung stellt trotz einer vorherigen entsprechenden Parteivereinbarung grundsätzlich eine verbotene Eigenmacht nach § 858 BGB dar. Etwas anderes gilt nur, wenn der Besitzer im Moment der Besitzstörung, d. h. der Ausführung des Smart Contracts, der Besitzstörung zustimmt oder wenn die Ablehnung der Besitzstörung im Lichte der vorherigen Zustimmung als rechtsmissbräuchlich anzusehen ist (§ 242 BGB). Riehm betont, dass der automatisierte Selbstvollzug des Smart Contracts gegen das dem Recht der verbotenen Eigenmacht zugrunde liegende Prinzip verstoße287, „dass die zur Wahrung des Rechtsfriedens eingerichteten staatlichen Behörden nicht durch Vereinbarung ausgeschaltet werden dürften“288.

287 288

Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (98). RG, Urt. v. 08. 12. 1903 – VII 321/03, RGZ 56, 182 (184).

Vierter Teil

Rechtspolitische Empfehlungen für den Umgang mit Smart Contracts gegenüber Verbrauchern A. Regelungsbedarf und Regelungsanliegen Die bisherige Untersuchung hat gezeigt, dass ein automatisierter Vollzug von Vertragsbedingungen durch Smart Contracts für den Verbraucher mit erheblichen Risiken verbunden sein kann. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass der allein maßgebliche Programmcode regelmäßig einseitig vom Unternehmer vorgegeben werden wird, ergeben sich Missbrauchspotentiale, die Technologie allein entsprechend der eigenen Interessen und zulasten des Verbrauchers einzusetzen. Die Entwicklung der Smart Contract-Technologie und ihr zu erwartender zunehmender Einsatz machen es aus regulatorischer Sicht erforderlich, sich mit Fragen des zukünftigen Umgangs mit der Automatisierung von Vertragsbedingungen zumindest auseinanderzusetzen.1 Eine frühzeitige Klärung des zukünftigen Umgangs mit Smart Contracts wäre besonders wünschenswert, um die weitere Entwicklung der Technologie in Deutschland mit klaren rechtlichen Vorgaben zu begleiten und zu lenken, um Richtern angemessene Entscheidungsgrundlagen zu liefern und schließlich um Missbräuchen vorzubeugen und einen effektiven Schutz für Verbraucher zu gewährleisten.2 Auf der anderen Seite möchte der zukünftige Umgang mit Smart Contracts wohl überlegt sein.3 Ein angesichts der Risiken möglicherweise allzu schnell 1

Vgl. etwa Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1, unter G.; Fries, in: Braegelmann / ​ Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 211 (211) [Rn. 1]; Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (302 ff.). Zumindest im Sinne eines „study-and-watch“-Ansatzes auch De Caria, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 19 (27 f.). 2 Ähnlich Fries, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 211 (211) [Rn. 1]. Kritisch zu der zu erwartenden Verzögerung zwischen Benutzung und Regulierung auch O’Shields, in: North Carolina Banking Institute, Band 21 (2017), S. 177 (189). 3 Abstrakt zu möglichen Regulierungsansätzen etwa Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (338 ff.). Instruktiv zu Wegen und Schwierigkeiten der Regulierung von blockchain-basierten Systemen und damit auch Smart Contracts De Filippi /  Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 173 ff.; Werbach, The Blockchain and the New Architecture of Trust, 2018, S. 153 ff. Grundlegend zur Regulierung von Code zuvor bereits L ­ essig, Code: Version 2.0, 2006, S. 61 ff., 120 ff.

242

4. Teil: Rechtspolitische Empfehlungen für den Umgang 

angenommenes pauschales Verbot etwa läuft Gefahr, die Potentiale und Vorteile einer Automatisierung – insbesondere für Verbraucher – zu vereiteln und Parteien, die sich trotz der Risiken selbstbestimmt für eine Automatisierung entscheiden, zu bevormunden.

I. Risiken der Automatisierung für Verbraucher Im zweiten Teil dieser Untersuchung wurden die besonderen Risiken, die ein Smart Contract-basierter automatisierter Vollzug von Vertragsbedingungen für Verbraucher haben kann, eingehend betrachtet. Die zentralen Risiken der Automatisierung sind demnach: erstens die Gefahr der Fremdbestimmung des Verbrauchers durch einen für ihn unverständlichen Programmcode4, zweitens der Einsatz von Smart Contracts als automatisierte Form einer selbst geregelten privaten Rechtsdurchsetzung5, drittens die doppelte Benachteiligung des Verbrauchers infolge der Automatisierung wegen der unmittel­baren Konsequenzen der Automatisierung und der Verschiebung der Rechtsdurchsetzungslast im nachfolgenden Verfahren6, schließlich folgen Risiken und Nachteile aus der formalistischen und daher unflexiblen Sprache des Smart Contracts7. Umgekehrt haben diese Risiken auch enorme Missbrauchspotentiale zur Folge. So kann der Unternehmer Smart Contracts unter Umständen ganz gezielt dazu einsetzen, um dem Verbraucher eine ungewollte Rechtsfolge aufzuzwingen, gesetzliche Schutzmechanismen zu umgehen, die Situation des Verbrauchers gezielt zu verschlechtern und ihm schließlich, wenn er sich hiergegen zur Wehr setzen will, die Rechtsdurchsetzungslast aufzudrängen.8

II. Unzulänglichkeit der bestehenden Gesetze Das deutsche Recht kennt bisher keine Regelung, die sich speziell mit den besonderen durch einen automatisierten Vollzug von Verträgen hervorgerufenen Problemen und Risiken für Verbraucher beschäftigt.9 Andere Rechtsordnungen haben demgegenüber zwar bereits erste gesetzliche Regelungen erlassen, die Smart 4

Vgl. oben S. 43 ff. Vgl. oben S. 86 ff. 6 Vgl. oben S. 114 ff. 7 Vgl. oben S. 132 ff. 8 Vgl. oben S. 128 ff. 9 Vgl. auch Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1034); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (206). Vgl. aber Fries, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 211 (212) [Rn. 7], der auf andere Vorschriften hinweist, die einen automatisierten Vertragsvollzug, etwa die Einzugsermächtigung regeln (§ 675x BGB). 5

A. Regelungsbedarf und Regelungsanliegen

243

Contracts erwähnen und definieren10, gehen aber ebenfalls nicht besonders auf die damit einhergehenden Gefahren ein.11 1. Anwendbarkeit der bestehenden Gesetze Dies bedeutet indes nicht, dass sich Smart Contracts derzeit in einem recht­ lichen Vakuum befänden.12 Vielmehr sind die bestehenden gesetzlichen Grenzen zu beachten.13 Allein durch die Nutzung einer neuen Technologie können traditionelle rechtliche Vorgaben nicht von vornherein unanwendbar werden.14 Es ist eine wesentliche Errungenschaft abstrakten Gesetzesrechts, dass dieses auch auf

10

Vgl. etwa Arizona Revised Statutes, § 44–7061 (E) Nr. 2; Tennessee Code, § 47–10–201, Abs. 2; Malta, Digital Innovation Authority Act, Teil I, Art. 2 (1) UA 17. Im Überblick auch Fries, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 211 (213 f.) [Rn. 8 ff.]; De Caria, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 19 (24 ff.). 11 Vgl. aber Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1034); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (206), der davon spricht, dass das BGB bereits ausreichend Werkzeuge parat halte, um die Gefahren von Smart Contracts zu bannen. 12 Vgl. ausdrücklich etwa Möslein, ZBB 2018, 208 (218). So aber scheinbar für das Internet De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 51. Auch dieses „legal vacuum“ ist aber wohl nicht im Sinne der Nichtanwendbarkeit von Gesetzen zu verstehen, sondern vor dem Hintergrund der tatsächlichen Wirkung des Programmcodes zu sehen. 13 Vgl. etwa Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1034 f.); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (206); Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (623); Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1, unter E.II.; Heckelmann, NJW 2018, 504 (509); Fries, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 211 (212 f.) [Rn. 7]; Riehm, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 99 (99, 100, 102) [Rn. 1, 3, 8]; Möslein, ZBB 2018, 208 (218); Möslein, ZHR 2019, 254 (266, 270, 289); De Caria, in: DiMatteo / Cannarsa /  Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 19 (26); Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (121); Clément, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (272 f., 277 f., 284); Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (289). 14 Vgl. Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band  1 (2017), S. 305 (306). ­Möslein, ZBB 2018, 208 (218); Möslein, ZHR 2019, 254 (266, 270, 289); Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (119); DiMatteo / Cannarsa / Poncibò, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 3 (6, 10); De Caria, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 19 (26, 33); Clément, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (272 f., 277 f., 284); Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (291).

244

4. Teil: Rechtspolitische Empfehlungen für den Umgang 

Konstellationen anwendbar bleibt, die ursprünglich nicht vorhergesehen waren.15 Durch die Nutzung eines bei Regelsetzung nicht bekannten oder vorhergesehenen Instrumentes kann zwingendes Recht nicht umgangen werden.16 Smart Contracts sind lediglich Werkzeuge, die sich an dieselben rechtlichen Regeln zu halten haben wie sonstige vertragliche Vereinbarungen oder Vorgehensweisen der Parteien.17 Das Recht beansprucht insofern zweifellos Vorrang gegenüber dem Code.18 Teilweise missverstanden wird in diesem Zusammenhang der auf Lawrence Lessig zurückgehende Satz „Code is Law“.19 Hiermit sollte nicht etwa ausgedrückt werden, dass der Programmcode Gesetze und Verbote obsolet mache, also nur der Code zähle und allein dessen Ergebnis wahr sei.20 „Code is Law“ soll vielmehr lediglich auf die Beobachtung hinweisen, dass Programmcode in ähnlicher Weise Verhalten regulieren könne, wie es Gesetze tun.21 Lessig betont hierdurch, dass das heutige Leben nicht mehr primär durch Gesetze und Regeln bestimmt werde, sondern auch zu einem großen Teil durch Code.22 Unter Umständen kann Software dabei sogar noch zwingender wirken als gesetzliche Regelungen, indem sie von vornherein kein dem Programmcode widersprechendes Verhalten zulassen.23 Hiermit verbunden ist aber lediglich eine Aussage über die realen Wirkungen von Code, keine rechtliche Würdigung.24 15

Vgl. zum Nutzen abstrakter Gesetze etwa Larenz / Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, Studienausgabe, 3. Aufl. 1995, S. 267. 16 Vgl. etwa Möslein, ZBB 2018, 208 (218); Möslein, ZHR 2019, 254 (289). 17 Vgl. in diese Richtung etwa Fries, AnwBl 2018, 86 (87); Riehm, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 99 (102) [Rn. 8]; Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (119); Clément, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (272 f., 277 f.) in diesem Sinne auch bereits oben S. 180 ff. 18 Vgl. Anzinger, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 33 (56); Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (622); Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (87) („Code has to obey the law.“); Möslein, ZBB 2018, 208 (217 f.); Möslein, ZHR 2019, 254 (266, 270). 19 Grundlegend Lessig, Code: Version 2.0, 2006, S. 5. Missverständlich im Sinne des Codes als eine Art „Ersatzgesetz“ etwa Tual, Twitter, 21. 03. 2016, https://twitter.com/stephantual/ status/711874685156376576?lang=en („Customer protection on blockchain is insured via smart contracts, not legal systems. Code is Law.“). 20 Wie hier Kaulartz, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 73 (73 f.). Vgl. auch Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (87) [Rn. 6]; Möslein, in: Braegel­ mann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 81 (81) [Rn. 1]; Fries, AnwBl 2018, 86 (87, dort Fn. 12). 21 Vgl. Lessig, Code: Version 2.0, 2006, insb. S. 83 ff.; De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 51; Werbach, The Blockchain and the New Architecture of Trust, 2018, S. 153. 22 Vgl. De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 51; Fries, AnwBl 2018, 86 (87, dort Fn. 12). 23 Vgl. zum Einsatz von Smart Contracts zur automatisierten Durchsetzung gesetzlicher Verbote durch Verhinderung rechtswidrigen Verhaltens noch unten S. 300 ff. 24 Vgl. etwa Anzinger, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 33 (55); Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (87, Fn. 6): „freilich nicht auf die normative, sondern lediglich auf die faktische Bedeutung des Codes bezogen“. Ebenso Riehm, in: Braegel­ mann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 99 (99) [Rn. 2].

A. Regelungsbedarf und Regelungsanliegen

245

„Code is Law“ bedeutet mithin gerade nicht „Code instead of Law“ oder „Code supersedes / replaces Law“.25 Andererseits darf „Code is Law“ auch nicht in der Weise missverstanden werden, dass Code auf einer Stufe mit dem Gesetz stehe und daher nicht an diesem zu messen wäre – auch das soll durch den Ausspruch nicht ausgedrückt werden. Durch Programmcode wird kein rechtsfreier Raum geschaffen, der sich nicht an den geltenden rechtlichen Grenzen zu messen hätte.26 Es gilt eher „Code has to obey the law.“27 Der Vertragsinhalt eines in Programmcode ausgedrückten Vertrages ist ebenso wie bei traditionellen Verträgen durch Auslegung nach Maßgabe der §§ 133, 157 BGB zu ermitteln.28 2. Mangelnde Adressierung Smart Contract-spezifischer Risiken Vor diesem Hintergrund ist eine gerichtliche Kontrolle von Smart Contracts nicht von vornherein ausgeschlossen.29 Die Funktions- und Wirkungsweisen eines Smart Contracts müssen sich vielmehr an den gesetzlichen und rechtlichen Vorgaben und Schranken messen lassen.30 25

Vgl. auch Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 39; Möslein, ZHR 2019, 254 (266); Werbach, The Blockchain and the New Architecture of Trust, 2018, S. 153. So aber wohl Tual, Twitter, 21. 03. 2016, https://twitter.com/stephantual/status/71187 4685156376576?lang=en. 26 Vgl. Möslein, ZBB 2018, 208 (218); Möslein, ZHR 2019, 254 (266, 270); Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (121); Clément, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (272 f., 277 f., 284); Borgogno, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (289). 27 So Riehm, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 99 (99) [Rn. 1]. 28 So auch Anzinger, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 33 (56); Fries, AnwBl 2018, 86 (87) [Fn. 12]; Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (622); Riehm, in: Braegelmann /  Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 99 (99) [Rn. 2]. 29 Vgl. etwa Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (375); Eschenbruch / Gerstberger, NZBau 2018, 3 (8); Werbach, The Blockchain and the New Architecture of Trust, 2018, S. 161 f.; Kaulartz / Kreis, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 249 (251 f.) [Rn. 9 ff.]; Möslein, ZHR 2019, 254 (283); De Caria, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 19 (33); Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (118, 121, 125); Durovic, in: Aggarwal / Eidenmüller /  Enriques / Payne / van Zwieten (Hrsg.), Autonomous Systems and the Law, 2019, S. 23 (24). 30 Vgl. etwa Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1034 f.); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (206); Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (623); Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1, unter E.II.; Heckelmann, NJW 2018, 504 (509); Fries, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 211 (212 f.) [Rn. 7]; Riehm, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 99 (99, 100, 102) [Rn. 1, 3, 8]; Möslein, ZBB 2018, 208 (218); Möslein, ZHR 2019, 254 (266, 270, 289); De Caria, in: DiMatteo / 

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4. Teil: Rechtspolitische Empfehlungen für den Umgang 

Die bestehenden Gesetze und spätere gerichtliche Verfahren können den Verbraucher indes nicht angemessen vor den spezifischen Risiken einer Automatisierung schützen.31 Einer privat geregelten automatisierten Rechtsdurchsetzung auf Grundlage des Programmcodes werden immerhin insofern rechtlich Grenzen gesetzt, als sie sich an die Grenzen der privatautonomen Rechtsgestaltung zu halten hat und unter Umständen insbesondere als verbotene Eigenmacht nach § 858 BGB unzulässig ist.32 Nicht verhindern können diese Grenzen aber, dass ein Smart Contract, für dessen Ausführung und Funktionsweise allein der Programmcode maßgeblich ist, bei Bedingungseintritt auch dann die automatisierte Maßnahme vollziehen wird, wenn diese Automatisierung rechtswidrig sein sollte.33 Das traditionelle System einer nachträglichen gerichtlichen Kontrolle stößt insofern im Zusammenhang mit Smart Contracts an seine Grenzen.34 Fehler oder Rechtsverstöße hindern die Automatisierung des Smart Contracts gerade nicht. In dem Verfahren führt die Automatisierung schließlich zu einer Umkehr der Rechtsdurchsetzungslast.35 Typischerweise wird dadurch der Unternehmer privilegiert, also derjenige, der für die Gestaltung des Programmcodes und damit für dessen Rechtswidrigkeit oder Fehlerhaftigkeit in erster Linie verantwortlich ist. Für das Problem rechtswidriger Automatisierungen hat das geltende Recht vor diesem Hintergrund ebenso wenig eine zufriedenstellende Antwort wie auf die doppelte Benachteiligung des Verbrauchers infolge der Automatisierung. Weitere nicht spezifisch durch gesetzliche Regelungen adressierte Risiken ergeben sich zudem aus der Unverständlichkeit und Inflexibilität des Programmcodes.36

Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 19 (26); Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo / Cannarsa /  Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (121); Clément, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (272 f., 277 f., 284); Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (289). 31 Im Sinne eines Ausreichens des bestehenden Instrumentariums hingegen wohl Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1034); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (206); Simmchen, MMR 2017, 162 (164); Heckelmann, NJW 2018, 504 (508); Paulus / Matzke, ZfPW 2018, 431 (432). 32 Vgl. auch Fries, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 211 (212) [Rn. 7]. Ausführlich zu den Grenzen der Privatautonomie als Grenzen von Smart Contracts, sowie insbesondere zur AGB-rechtlichen Zulässigkeit bzw. zur Problematik der verbotenen Eigenmacht, S. 178 ff. 33 Vgl. ausführlich oben S. 95 ff. 34 Vgl. ausführlich oben S. 114 ff. 35 Vgl. ausführlich oben S. 118 ff. 36 Vgl. ausführlich oben S. 43 ff. bzw. S. 132 ff.

A. Regelungsbedarf und Regelungsanliegen

247

III. Argumentation gegen ein pauschales Verbot der Automatisierung Angesichts der erheblichen potentiellen Risiken und Missbrauchspotentiale der Automatisierung liegt es zunächst durchaus nahe, im Interesse des Schutzes von Verbrauchern eine Verwendung von Smart Contracts von vornherein zu untersagen.37 Ein solches pauschales Verbot  – ggf. in Verbindung mit entsprechenden Strafen für eine Verwendung – würde die Risiken der Automatisierung theoretisch am effektivsten reduzieren. Gegen ein solches pauschales Verbot sprechen jedoch eine Reihe von Argumenten. 1. Verbot kann Nutzung faktisch nicht ausschließen So sollte zunächst nicht ignoriert werden, dass der Gesetzgeber durch ein Verbot nicht ohne weiteres einen status quo ante, im Sinne eines Zustandes vor der Entwicklung einer Technologie, herstellen kann. Mit der Entwicklung der Technologie besteht vielmehr grundsätzlich die Möglichkeit ihrer Benutzung. Der Staat kann nicht von vornherein ausschließen, dass eine bekannte, öffentlich zur Verfügung stehende Technologie – aus für den Staat ohnehin nur schwierig zu regulierendem Code besteht38– praktisch eingesetzt wird.39 Parteien, die die mit der Automatisierung verbundenen Vorteile nutzen wollen, werden abwägen, ob der Einsatz sich auch in Anbetracht des Verbotes dennoch lohnen wird. Dies gilt insbesondere für Fälle eines bewusst rechtswidrigen Einsatzes von Smart Contracts, wenn etwa Leistungen in rechtswidrigen Vereinbarungen automatisiert vollzogen werden sollen.40 Der Staat hat nur eine eingeschränkte Möglichkeit auf Einsätze der Technologie zu reagieren, die außerhalb des Rechtes stehen und daher von vornherein vor dem Staat verborgen bleiben sollen. Diese 37

Zu dieser Überlegung etwa Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (338 ff.); Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (295). 38 Vgl. zu den Schwierigkeiten der Beeinflussung von Code und Aktivitäten auf der Blockchain im Allgemeinen etwa De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 5 f., 66 ff., 86 ff.; Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 41 ff.; Frankenreiter, in: Journal of Institutional and Theoretical Economics 175 (2019), S. 149 (152 ff.). 39 Instruktiv auch Frankenreiter, in: Journal of Institutional and Theoretical Economics 175 (2019), S. 149 (155 ff.), der insofern aber zwischen Smart Contracts differenziert, die entweder (1) keine Schnittstelle zur Welt außerhalb der Blockchain benötigen oder (2) die eine solche Schnittstelle benötigen. Diese Schnittstelle könne einen Ansatzpunkt für die Regulierung bilden. 40 Vgl. zur Tendenz von Smart Contracts zu rechtswidrigen Zwecken eingesetzt zu werden bereits oben S. 105 ff.

248

4. Teil: Rechtspolitische Empfehlungen für den Umgang 

Fälle bewusst rechtswidriger privater Vereinbarungen können aus Sicht des Staates aber ohnehin kaum durch privatrechtliche Regelungen verhindert werden, sondern sind in erster Linie Gegenstand strafrechtlicher Verfahren. Die Versagung der rechtlichen Gültigkeit dieser Vereinbarungen hindert die Parteien nicht daran, sie trotzdem durchzuführen. Sie bedienen sich in diesem Fall anderer, außerrechtlicher Rechtsdurchsetzungsmechanismen.41 Parteien, die den Smart Contract hingegen zu grundsätzlichen legalen Zwecken einsetzen wollten, werden durch ein pauschales gesetzliches Verbot und ggf. entsprechende Strafen tatsächlich häufig von einer Nutzung eines Smart Contracts abgehalten werden. Dies kann insbesondere für Unternehmer gelten, die den Einsatz der Technologie typischerweise initiieren, hiervon aber regelmäßig abrücken würden, wenn sich die Automatisierung im Rahmen einer Kosten-Nutzen-Analyse wegen möglicher Strafen als nicht rentabel erweist. 2. Chancen der Automatisierung für Verbraucher Ein pauschales Verbot eines automatisierten Vertragsvollzugs würde jedoch das Potential von Smart Contracts erheblich beschränken. Die Chancen und Vorteile der Technologie könnten sich kaum entfalten. Eine breite Nutzung – und damit verbunden auch eine Innovation und Verbesserung – von Smart Contracts würde durch eine derart restriktive Vorgehensweise stark eingebremst. Volkswirtschaftlich sinnvolle Effizienzvorteile würden auf diese Weise zunichte gemacht. Insbesondere Verbraucher können von einer Nutzung von Smart Contracts im Ergebnis profitieren. a) Unmittelbar verbraucherfreundliche Regelungen in Smart Contracts Der Smart Contract muss etwa nicht zwingend zum Nachteil des Verbrauchers programmiert sein.42 Vielmehr kann der Programmcode auch Regelungen erhalten, die unmittelbar dem Verbraucher zugutekommen oder in seinem Interesse sind. 41 Vgl. zu derartigen außergerichtlichen Rechtsdurchsetzungsmechanismen (basierend auf Reputation oder gewaltsamen Repressalien) etwa Bernstein, in: The Journal of Legal Studies, Band 21 (1992), S. 115; Paulus, ZRP 2000, 296 (296); BGH, Urt. v. 07. 08. 2003 – 3 StR 137/03, NJW 2003, 3283; Beschl. v. 21. 02. 2002 – 4 StR 578/01, BeckRS 2002, 3544; Schwartz / Scott, in: The Yale Law Journal, Band 113 (2003), S. 541 (546); DiMatteo / Cannarsa / Poncibò, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 3 (5); Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (127). 42 Vgl. auch Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (295).

A. Regelungsbedarf und Regelungsanliegen

249

aa) Automatisierung der Leistung des Unternehmers Der Verbraucher würde insbesondere von einer Automatisierung der Leistung des Unternehmers profitieren.43 Die typische Rollenverteilung im Rahmen eines Smart Contracts würde auf diese Weise umgedreht: während regelmäßig der Verbraucher in der Rolle des Schuldners einer automatisierten Leistung sein wird44, würde er nunmehr in die Rolle des Gläubigers rücken. Beispielsweise könnte die Auszahlung einer Versicherung an bestimmte, klar festgelegte Bedingungen geknüpft und anschließend durch den Smart Contract automatisiert werden.45 In der Folge würde somit nicht der Verbraucher, sondern der Unternehmer durch die Automatisierung an seine Verpflichtung gebunden. Die durch die Automatisierung vermittelte Rechtssicherheit kommt dann dem Verbraucher zugute. Einige der Risiken der Automatisierung, die typischerweise zulasten des Verbrauchers gehen würden, würden in diesem Fall zudem den Verbraucher sogar privilegieren. So hätte der Verbraucher als Gläubiger einer automatisierten Leistung des Unternehmers keine unmittelbaren negativen Konsequenzen dieser Automatisierung zu befürchten und müsste sich mit diesen nicht arrangieren. Die Rechtsdurchsetzungslast würde zudem nicht auf den Verbraucher, sondern auf den Unternehmer verschoben. bb) Zahlung nur bei Erfüllen der Gegenleistung Während automatisierte Leistungen des Unternehmers wohl praktisch dennoch Ausnahmefälle bleiben dürften, kann der Verbraucher durchaus auch von den Folgen einer Automatisierung seiner eigenen Leistungspflichten profitieren. So könnten eine Anspruchsdurchsetzung etwa an besondere Bedingungen geknüpft werden, die der Unternehmer zunächst zu erfüllen hat, ehe die Leistung des Verbrauchers automatisiert wird.46 Auf diese Weise wird gerade auch der 43

Vgl. auch Spindler / Wöbbeking, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 135 (143) [Rn. 33]. 44 Vgl. eingehend oben S. 119 ff. 45 Vgl. zu diesem Beispiel etwa Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 24; Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (331); Möslein, ZBB 2018, 208 (216); Möslein, ZHR 2019, 254 (262); Gatteschi / L amberti / Demartini, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 37 (49 f.); Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (64). Ein praktisches Beispiel beschreibt zudem Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 47 ff. 46 In die Richtung eines solchen Mechanismus (jedoch unabhängig von der VerbraucherUnternehmer-Beziehung) auch Tjong Tjin Tai, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 80 (96 f.).

250

4. Teil: Rechtspolitische Empfehlungen für den Umgang 

Unternehmer in die Verantwortung genommen. Das synallagmatische Verhältnis (vgl. § 320 BGB) wird damit in besonderem Maße festgeschrieben: automatisiert zahlen muss der Verbraucher nur, wenn der Unternehmer im Gegenzug alle hierfür notwendigen Bedingungen erfüllt. Zwar führt eine solche von durch den Unternehmer zu erfüllenden Bedingungen abhängige Automatisierung unter Umständen wegen der einseitigen Bindung des Verbrauchers zu Missbrauchs- und Spekulationspotentialen47, der Verbraucher profitiert aber von der im Programmcode festgelegten Gegenseitigkeit der Leistungen. Der Verbraucher kann sich in der Folge darauf verlassen, dass seine Leistung nur ausgeführt wird, wenn umgekehrt der Unternehmer seinen Teil der Vereinbarung einhält. cc) Sonstige verbraucherfreundliche Regelungen Schließlich ist auch denkbar, dass Unternehmer und Verbraucher sich darauf einigen, gezielt verbraucherschützende Regelungen – ggf. sogar über den gesetzlich vorgeschriebenen Rahmen hinaus – in ihre Vereinbarung aufzunehmen und durch Smart Contracts automatisiert durchzusetzen.48 Der Verbraucherschutz würde insofern in den Programmcode eingebettet und auf diese Weise technisch gewährleistet.49 Verbraucherrechte würden dann nicht lediglich zu Formeln degradiert, sondern könnten mittels des Smart Contracts unmittelbare Wirkungen entfalten.50 Auf diese Weise könnten durch die Automatisierung dieser Verbraucherrechte etwa bestehende Rechtsdurchsetzungsdefizite ausgeglichen werden.51 Beispielsweise können umfangreiche Informations- und Hinweispflichten automatisiert und die Leistung von dem Erhalt dieser Informationen abhängig gemacht werden.

47

Vgl. ausführlich oben S. 181 ff. Vgl. etwa Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (295). 49 Vgl. etwa in diese Richtung Tual, Twitter 21. 03. 2016, https://twitter.com/stephantual/ status/711874685156376576?lang=en („Customer protection on blockchain is insured via smart contracts, not legal systems. Code is Law.“). 50 Vgl. Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (295). 51 Vgl. zu diesen Rechtsdurchsetzungsdefiziten und Smart Contracts als mögliche Lösung etwa Guggenberger, in: FAZ Einspruch, 02. 05. 2018; Fries, AnwBl 2018, 86 (88); Finck, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 1 (9); Anzinger, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 33 (57); Hofmann, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 125 (140); Fries, in: Aggarwal / Eidenmüller / Enriques / Payne / van Zwieten (Hrsg.), Autonomous Systems and the Law, 2019, S. 13 (14 ff.); Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (296) sowie unten S. 298 ff. 48

A. Regelungsbedarf und Regelungsanliegen

251

dd) Anreize für den Unternehmer für verbraucherfreundliche Regelungen Die Aufgabe der Programmierung des Smart Contracts wird indes typischerweise allein dem Unternehmer zufallen.52 Dieser wird den Programmcode daher primär nach seinen Interessen und Präferenzen gestalten. Eine Stärkung des Verbraucherschutzes mittels Smart Contracts kann aber durchaus auch im Interesse des Unternehmers liegen. Durch die Festlegung verbraucherfreundlicher Regelungen im Programmcode kann sich der Unternehmer von Wettbewerbern abheben und so sein Produkt oder seine Dienstleistung für Verbraucher besonders attraktiv machen.53 Der Unternehmer wird häufig auf eine hohe Nachfrage durch Verbraucher nach dem Smart Contract angewiesen sein, da sich nur durch einen häufigen Einsatz die Kosten für die Programmierung des Smart Contracts rentieren können. Ein Unternehmer, der dauerhaft am Markt bestehen will, muss sein Angebot, d. h. hier den Smart Contract, daher (auch) an den Präferenzen und Interessen des Verbrauchers orientieren.54 Um das eigene Angebot für einen Verbraucher besonders interessant zu machen, kann sich daher der Unternehmer entschließen, verbraucherschützende Regelungen einer Vereinbarung durch einen Smart Contract zu automatisieren.55 Es kann allerdings durchaus bezweifelt werden, ob diese Anreize praktisch ausreichen werden, um den Unternehmer zur Automatisierung verbraucherfreundlicher Regelungen zu veranlassen.56 Unter Umständen kann daher auch über eine gesetzliche Anordnung de lege ­ferenda nachgedacht werden.57 b) Mittelbare Vorteile für Verbraucher: kostengünstigere Angebote Auf den ersten Blick werden Verbraucher durch die Automatisierung ihrer Leistungspflicht oder durch einen automatisierten Zugriff auf Sachen im Besitz des Verbrauchers einseitig belastet. Unmittelbar wird vor allem der Unternehmer profitieren. Mittelbar können sich die Folgen dieser Automatisierung aber auch zum Vorteil des Verbrauchers niederschlagen.

52

Vgl. eingehend oben S. 73 ff. Vgl. etwa auch Blocher, AnwBl 2016, 612 (618). 54 Allgemein etwa Lüttringhaus, Vertragsfreiheit und ihre Materialisierung, 2018, S. 309; Fornasier, Freier Markt und zwingendes Vertragsrecht, 2013, S. 153. 55 Vgl. etwa Blocher, AnwBl 2016, 612 (618). 56 Vgl. etwa Fries, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 211 (216) [Rn. 17]. 57 Vgl. etwa Fries, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 211 (216) [Rn. 17]; Fries, in: Aggarwal / Eidenmüller / Enriques / Payne / van Zwieten (Hrsg.), Autonomous Systems and the Law, 2019, S. 13 (16); Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa /  Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (303) sowie ausführlich unten S. 297 ff. 53

252

4. Teil: Rechtspolitische Empfehlungen für den Umgang 

So haben beispielsweise die teilweise in den Vereinigten Staaten verwendeten – in ihrer Wirkung automatisierten Nutzungssperren ähnlichen58 – „starter interrupt devices“ gezeigt, dass infolge der besseren Sicherung des Darlehens auch Personen Kredite gewährt werden können, die andernfalls wegen schlechter Kreditwürdigkeit keinen Kredit erhalten hätten.59 In ähnlicher Weise kann ein durch die Automatisierung verringertes Gegenparteirisiko unter Umständen zu niedrigeren Zinsen oder dem Abschluss von Geschäften führen, die andernfalls nicht zustande gekommen wärenaa) Reduzierung des Gegenparteirisikos durch Automatisierung Ein wesentlicher Vorteil einer Automatisierung aus Sicht des Unternehmers liegt darin, durch die Verwendung von Smart Contracts die Wahrscheinlichkeit zu steigern, dass sich der Vertragspartner vertragstreu verfällt und seinen vertraglichen Verpflichtungen nachkommt.60 Umgekehrt sinkt damit das sogenannte Gegenparteirisiko.61 Als Gegenparteirisiko wird das Risiko beschreiben, dass eine Vertragspartei ihre vertraglichen Verpflichtungen gegenüber der anderen Partei nicht wie vereinbart erfüllt und der anderen Partei damit einen Schaden zufügt.62 Das Gegenpartei­ risiko wird daher vor allem durch zwei Faktoren beeinflusst: durch die Wahrscheinlichkeit vertragswidrigen Verhaltens und die Höhe des dadurch erwartbaren Schadens. Zwar haben Smart Contracts grundsätzlich keinen Einfluss auf den zu erwartenden Schaden einer Vertragsverletzung, können aber die Wahrscheinlichkeit verringern, dass sich dieses Risiko verwirklicht. Das Gegenparteirisiko kann 58

Vgl. zum Vergleich zwischen Smart Contracts und starter interrupt devices etwa R ­ askin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (308, 329 ff.); Matzke, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 99 (101); Möslein, ZBB 2018, 208 (220) sowie oben S. 229 f. Kritisch hingegen Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (347 f.). 59 Vgl. Hudson / L audicina, in: The Business Lawyer, Band 2 (2006), S. 843 (846); Corkery /  Silver-Greenberg, in: The New York Times – Dealbook, 24. 09. 2014; Hudson, in: Auto Dealer Today Magazine, 22. 08. 2006. 60 Vgl. zum Ziel der Verhinderung von Vertragsverletzungen grundlegend bereits Szabo, Formalizing and Securing Relationships on Public Networks, in: First Monday, Band 2 (1997); Szabo, Smart Contracts: Building Blocks for Digital Markets, 1996 sowie ausführlich oben S. 31 ff. 61 Vgl. Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (623); Kiviat, in: Duke Law Journal, Band 65 (2015), S. 569 (606); Guggenberger, in: Winkler (Hrsg.), Beck’scher Referendarführer 2018/19, 2018, S. 20 (21); Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 25; Mik, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 160 (173). Im Ergebnis auch De Filippi /  Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 81; Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (292). 62 Zum Begriff des Gegenparteirisikos, der in § 32d Abs. 2 Nr. 1 WpHG auch vom Gesetzgeber verwendet wird, etwa Beck / Röh, in: Schwark / Zimmer, Kapitalmarktrechts-Kommentar, 4. Aufl. 2010, WpHG § 32d Rn. 9.

A. Regelungsbedarf und Regelungsanliegen

253

durch den Einsatz von Smart Contracts im Wesentlichen auf zwei Wegen verringert werden: durch die unmittelbare Automatisierung der Leistungspflicht oder durch automatisierte Sanktionen auf Leistungsstörungen.63 (1) Reduzierung des Gegenparteirisikos bei automatisierter Leistungspflicht Erheblich reduziert wird das Gegenparteirisiko zunächst in Fällen, in denen die Erfüllung der vertraglichen Leistungspflicht durch einen Smart Contract automatisiert werden, die Leistungserbringung also vollständig durch das Computerprogramm erfolgen soll.64 Dem Schuldner kann hierdurch von vornherein die Möglichkeit genommen werden, seiner Verpflichtung trotz Eintritts der maßgeblichen Bedingung nicht zu erfüllen.65 Traditionell obliegt die Entscheidung, ob der Vertrag erfüllt werden soll, dem jeweiligen Schuldner. Eine vertragliche Verpflichtung setzt Anreize, Leistungspflichten einzuhalten, indem vertragswidriges Verhalten mit leistungsstörungsrechtlichen Konsequenzen verbunden wird, die mittels des staatlichen Rechtsdurchsetzungsapparates durchgesetzt werden können.66 Das Recht schafft Vertrauen, indem es Mechanismen bereitstellt, die die Enttäuschung von berechtigtem Vertrauen sanktioniert.67 Dennoch kann ein Vertrag den Schuldner nicht daran hin 63

Zu diesen zwei grundsätzlichen Anwendungsfällen auch etwa Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (344); Paulus / Matzke, ZfPW 2018, 431 (433 f.); Fries / Paal, Vorwort, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, III. sowie oben S. 30 ff. 64 Vgl. bereits oben S. 31 ff. 65 Vgl. zum Ausschluss eines Vertragsbruchs durch Automatisierung etwa auch Hsiao, in: US-China Law Review, Band 14 (2017), S. 685 (686 f.); Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (130); Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (279); Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (306, 316); Mik, in: Innovation & Technology, Band 9 (2017), S. 269 (Manuskript, S. 10); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 13; Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (347, 352 f.); De Caria, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 19 (27); Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (73, 75); Tjong Tjin Tai, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 80 (98); Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (118, 128); Borgogno, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (291) sowie oben S. 31 ff. 66 Vgl. etwa Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (354 ff., 362 f.). 67 Vgl. Boehme-Neßler, NJW 2017, 3031 (3035); Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo / Cannarsa /  Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (122).

254

4. Teil: Rechtspolitische Empfehlungen für den Umgang 

dern, es sich im letzten Moment doch anders zu überlegen und den Vertrag zu brechen. Die rechtliche Bindung kann in Verbindung mit dem gesetzlichen oder vertraglich vereinbarten Leistungsstörungsrechten nur einen Anreiz zur Erfüllung vertraglicher Verpflichtungen bilden. Solange aber der Schuldner weiterhin die Möglichkeit des Vertragsbruchs offensteht, kann die Erfüllung des Vertrages nicht garantiert werden. Demgegenüber wird das Vertrauen in die Leistungsbereitschaft des Gegenübers bei Smart Contracts durch einen determinierten Prozess ersetzt.68 Die Erbringung der Gegenleistung wird technisch garantiert.69 Wenn der Smart Contract den Vertrag garantiert wie geschuldet durchführt und dem Schuldner selbst keine Möglichkeit lässt, den Vertrag zu brechen70, besteht (theoretisch) kein Risiko eines Vertragsbruchs. Das Vertrauen in den Leistungswillen der Gegenpartei wird somit zu einem Vertrauen in die technische Garantie der Vertragserfüllung. Das Vertrauen in die Vertragstreue der anderen Partei wird bei Einsatz von Smart Contracts damit weitgehend unnötig.71 Durch die Automatisierung der Leistungserbringung wird Vertragstreue damit von einer Verhaltensregel zu einem Automatismus. 68

Vgl. Simmchen, MMR 2017, 162 (164). Ähnlich auch Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (618); Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (123). 69 Vgl. im Sinne einer garantierten Ausführung auch Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (620); Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1027); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (203); Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (275); Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (306, 316); Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (332); Heckelmann, NJW 2018, 504 (504); Mik, in: Innovation & Technology, Band 9 (2017), S. 269 (Manuskript, S. 10); DiMatteo / Cannarsa /  Poncibò, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 3 (4); De Caria, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 19 (31); Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (73); Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (128); Mik, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 160 (173); Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (289). 70 Im Sinne eines Loslösens von einer Entscheidung des Schuldners auch deutlich Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (306, 316). In diese Richtung auch Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1, unter A.; Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (618); Mik, in: Innovation & Technology, Band 9 (2017), S. 269 (Manuskript, S. 10); Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (120, 126 f., 129); Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 26; Durovic / Janssen, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (73); Clément, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (271); Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (291). 71 So etwa auch Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 13; Timmermann, Legal-Tech Anwendungen, 2020, S. 73.

A. Regelungsbedarf und Regelungsanliegen

255

(2) Reduzierung des Gegenparteirisikos bei automatisierten Sanktionen auf Vertragsverletzungen Auch bei durch Smart Contracts automatisierten Sanktionen auf vertragsuntreues Verhalten, kann das Gegenparteirisiko gesenkt werden. Eine durch Smart Contracts automatisierte, unmittelbare Sanktion auf vertragsuntreues Verhalten erhöht in besonderem Maße die Anreize für den Schuldner, den Vertrag zu erfüllen.72 So kann auf diese Weise etwa die Funktionsfähigkeit eines Fahrzeugs oder die Nutzung einer Wohnung direkt an die Zahlung gekoppelt werden.73 Die Konsequenzen eines Zahlungsausfalls werden für den Besitzer damit innerhalb kürzester Zeit, „nahezu in Echtzeit“74 empfindlich spürbar. Der Anreiz, einer Zahlungsver­ pflichtung nachzukommen, wird enorm erhöht, wenn mögliche Konsequenzen nicht mehrere Monate in der Zukunft liegen, sondern unmittelbar Auswirkungen auf das Leben des Verbrauchers haben. Der Verbraucher wird um jeden Preis versuchen, die Funktionsfähigkeit seines Autos oder den Zugang zu seiner Wohnung zu erhalten.75 Dem Smart Contract kommt dabei in gewisser Weise fast schon eine Erpressungswirkung (vgl. § 253 StGB) zu.76 Durch das Damoklesschwert einer automatisierten Nutzungssperre wird der Verbraucher zu einer Erfüllung seiner Zahlungsverpflichtungen gedrängt. Ein Zahlungsausfall kann bei Einsatz von Smart Contracts bedeuten, dass der Schuldner sich ohne ein funktionsfähiges Fahrzeug oder ohne Zugang zur eigenen Wohnung wiederfindet. Der Schuldner wird regelmäßig alles daransetzen, seine vertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen, um weiterhin auf das Fahrzeug zugreifen zu können. Auf diese Weise macht die Automatisierung eine Nichtzahlung außerordentlich unattraktiv für den Verbraucher. Dies hat zur Folge, dass die Wahrscheinlichkeit einer Vertragsverletzung und damit das Gegenparteirisiko erheblich sinkt. bb) Risikoangepasste Angebote an den Verbraucher Das Risiko einer Nichtleistung des Verbrauchers wird infolge der Automatisierung somit erheblich reduziert. Es wird deutlich weniger wahrscheinlich oder sogar unmöglich, dass der Verbraucher den Vertrag zu einem späteren Zeitpunkt bricht. Ein so minimiertes Ausfallrisiko macht entsprechende Geschäfte für den Unternehmer – sei es als Verkäufer, Vermieter oder Kreditgeber – äußerst interessant.

72

Vgl. etwa auch Paulus / Matzke, CR 2017, 769 (773); Paulus / Matzke, NJW 2018, 1905 (1910) sowie ausführlich oben S. 39 ff. 73 Vgl. zur Beschreibung und Rechtmäßigkeit einer solchen Gestaltung vor dem Hintergrund der verbotenen Eigenmacht nach § 858 BGB ausführlich bereits oben S. 223 ff. 74 So Matzke, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 99 (108). 75 In diese Richtung etwa auch Paulus / Matzke, CR 2017, 769 (773). 76 Vgl. bereits oben S. 41.

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4. Teil: Rechtspolitische Empfehlungen für den Umgang 

Die gesteigerte Attraktivität dieser Geschäfte für Unternehmer kann sich umgekehrt zum Vorteil des Verbrauchers auswirken. Insbesondere bei Kreditgeschäften werden Risiken – insbesondere das Risiko, dass der Kreditnehmer den Kredit nicht zurückzahlt – typischerweise in der Höhe der vereinbarten Zinsen antizipiert.77 Risiken, die – wie das Ausfallrisiko – mit Bankgeschäften notwendigerweise einhergehen, werden dabei nicht als zu vermeidende Einzelfälle, sondern als kalkulierbare Kosten verstanden.78 Diese risikoorientierte Zinsbildung hat zusätzliche Bedeutung durch die Eigenkapitalrichtlinien des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht (Basel II) erhalten.79 Indes wird sich auch in anderen Geschäftsbereichen der Preis regelmäßig an den Risiken orientieren.80 Unter Umständen können erhöhte Leistungsanreize und ein dadurch reduziertes Gegenparteirisiko daher möglicherweise zu Preissenkungen führen, die wiederum den Verbraucher begünstigen. Wenn etwa das Ausfallrisiko durch die Nutzung von Smart Contracts reduziert werden kann, kann dementsprechend unter Umständen auch die Höhe der Zinsen angepasst werden. Folge eines automatisierten Zugriffsrechts auf die Sache und der damit verbundenen erhöhten Sicherung der Zahlungspflicht können daher etwa ein geringerer Mietzins oder geringere Zinsvereinbarungen sein.81 Nicht zuletzt kann ein minimiertes Ausfall- und Gegenparteirisiko dazu führen, dass Unternehmer zu Geschäften mit Verbrauchern bereit sind, die wegen ihrer schlechten Kreditwürdigkeit ansonsten nicht für ein solches Geschäft in Frage gekommen wären.82 Die Automatisierung kann insofern die für den Abschluss von Darlehens- oder Mietverträgen erforderliche Vertrauensgrundlage mit weniger kreditwürdigen Verbrauchern schaffen. 77 Hierzu etwa ausführlich Rosenberger, Risikoadäquate Kreditkonditionen, 2000; Beck /  Lesko, in: Eller / Gruber / Reif (Hrsg.), Handbuch MaK  – Organisation  – Risikoklassifizierung – Kreditbepreisung, 2003, S. 313; Nippel, WiSt 2003, S. 209; Schmeisser / Mauksch, FB 2005, S. 296. 78 Vgl. Rosenberger, Risikoadäquate Kreditkonditionen, Zürich 2000, S. 6. 79 Vgl. im Einzelnen etwa Schmeisser / Mauksch, FB 2005, S. 296; Fieseler / Schumacher /  Wolf, in: Reichmann / P yszny (Hrsg.), Rating nach Basel II – Herausforderungen für den Mittelstand, 2006, S. 73. 80 Vgl. für die Kosten für das Abschleppen und Verwahren eines geleasten Fahrzeugs im Fall von Starter Interrupt Devices Hudson / L audicina, in: The Business Lawyer, Band 2 (2006), S. 843 (846). 81 Vgl. auch Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (331); Guggenberger, in: Winkler (Hrsg.), Beck’scher Referendarführer 2018/19, 2018, S. 20 (22); Hudson / L audicina, in: The Business Lawyer, Band 2 (2006), S. 843 (846). 82 Vgl. De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 81; Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 25 („situations devoid of human and institutional trust“); Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (292). Zum Beispiel von „starter interrupt devices“, die zu genau dieser Folge geführt haben auch Hudson /  Laudicina, in: The Business Lawyer, Band 2 (2006), S. 843 (846); Corkery / Silver-Greenberg, in: The New York Times – Dealbook, 24. 09. 2014; Hudson, in: Auto Dealer Today Magazine, 22. 08. 2006.

A. Regelungsbedarf und Regelungsanliegen

257

cc) Reduzierung der Transaktionskosten Teilweise wird zudem darauf hingewiesen, dass Smart Contracts in der Lage seien, die im Rahmen von Rechtsbeziehungen anfallenden Transaktionskosten zu senken.83 Ähnlich wie ein gesunkenes Gegenparteirisiko können sich auch reduzierte Transaktionskosten mittelbar zum Vorteil des Verbrauchers auswirken. Eine Senkung der Transaktionskosten macht das Geschäft für den Unternehmer attraktiver und kann daher zum Abschluss von Verträgen mit Verbrauchern führen, mit denen der Unternehmer andernfalls keinen Vertrag geschlossen hätte. Grundlegend von Coase beschrieben84, sind Transaktionskosten allgemein die Kosten für die Beschaffung von Informationen, für das Aushandeln, das Ausführen sowie für die Kontrolle und Durchsetzung von Verträgen85, mithin für die Nutzung des Marktmechanismus.86 Der Begriff der Transaktionskosten wird vor allem in der ökonomischen Analyse des Rechts verwendet.87 83 Vgl. etwa Surden, in: University of California-Davis Law Review, Band  46 (2012), S. 629 (689 f.); Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1027); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (203); Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1, unter D.; Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (618 f.); BaFin, Blockchain-Technologie, 2017; Börding / Jülicher / Röttgen / v. Schönfeld, CR 2017, 134 (138); Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band  1 (2017), S. 305 (324, 336); K. Levy, in: Engaging Science, Technology and Society, Band 3 (2017), S. 1 (10 f.); Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1027); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (203); Prinz / Schulte, Blockchain und Smart Contracts, Fraunhofer-Gesellschaft, 2017, S. 33; Paulus / Matzke, ZfPW 2018, 431 (432); Finck, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 1 (7); Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 25; Durovic, in: Aggarwal / Eidenmüller /  Enriques / Payne / van Zwieten (Hrsg.), Autonomous Systems and the Law, 2019, S. 23 (23); Möslein, ZHR 2019, 254 (288); Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (62); Mik, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 160 (173); Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (292). 84 Coase, The Problem of Social Cost, in: Journal of Law and Economics, Band 3 (1960), S. 1 (15) („In order to carry out market transactions it is necessary to discover who it is that one wishes to deal with, to inform people that one wishes to deal and on what terms, to conduct negotiations leading up to the bargain, to draw up the contract, to undertake the inspection needed to make sure that the terms of the contract are being observed, and so on.“). 85 Vgl. Mathis, Effizienz statt Gerechtigkeit, 4. Aufl. 2019, S. 75. Zum Begriff der Transaktionskosten auch Morell, in: Towfigh / Petersen (Hrsg.), Ökonomische Methoden im Recht, 2. Aufl. 2017, Rn. 163. Zu den Problemen einer präzisen Bestimmung des Begriffs der Transaktionskosten aber instruktiv Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, 4. Aufl., 2015, S. 97 ff. 86 Vgl. Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, 4. Aufl., 2015, S. 99 f.; Schäfer / Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 5. Aufl. 2012, S. 72 ff.; Morell, in: Towfigh /  Petersen (Hrsg.), Ökonomische Methoden im Recht, 2. Aufl. 2017, Rn. 161 ff. 87 Vgl. etwa Mathis, Effizienz statt Gerechtigkeit, 4. Aufl. 2019, S. 75 f. In diesem Zusammenhang werden Transaktionskosten vor allem bei der Frage relevant, ob der Staat korrigierend in das Marktgeschehen eingreifen soll. Eine staatliche Intervention sei dann sinnvoll, wenn zu hohe Transaktionskosten dazu führen, dass der Preismechanismus nicht mehr als effektives Koordinierungsinstrument genutzt werden kann, vgl. etwa Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, 4. Aufl., 2015, S. 92 ff.

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4. Teil: Rechtspolitische Empfehlungen für den Umgang 

Ob ein Smart Contract praktisch zu einer Senkung von Transaktionskosten führt, kann jedoch kaum pauschal beurteilt werden.88 Es kommt vielmehr auf den Inhalt des jeweiligen Smart Contracts an. Regelmäßig werden bei Verwendung von Smart Contracts aber wohl die Transaktionskosten vor Vertragsschluss erhöht, während die Kosten nach Vertragsschluss reduziert werden.89 So werden die Vertragsschlusskosten wegen dem Erfordernis der Programmierung des Smart Contracts tendenziell höher sein als bei traditionellen Verträgen. Bei der Gestaltung von Smart Contracts besteht grundsätzlich keine Möglichkeit, offene Formulierungen, unbestimmte Rechtsbegriffe oder sonstige Formeln zu verwenden, die den Parteien Flexibilität in der Anwendung des Vertrages erhalten.90 Der Smart Contract ist vielmehr auf eine formale Logik, d. h. eine eindeutige Festlegung sowie präzise Formulierungen und Regelungen angewiesen.91 Alle Fälle, in denen der Smart Contract eine Maßnahme automatisiert ausführen soll, sind ausdrücklich im Programmcode zu regeln.92 Hierdurch können Vertragsverhandlungen erheblich in die Länge gezogen werden.93 Von großer Bedeutung ist zudem die Vermeidung von Fehlern in der Programmierung. Programmierfehler führen dazu, dass das zwischen den Parteien Vereinbarte und das vom Smart Contract 88

Im Sinne von Kostenersparnissen in jeder Phase hingegen Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (335). 89 In diesem Sinne auch Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (127); Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (275 ff., 296 ff.); Tjong Tjin Tai, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 80 (98). 90 Vgl. hierzu bereits ausführlich oben S. 154 ff. 91 Vgl. etwa Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (325); Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band  166 (2017), S. 263 (277, 291); ­Gatteschi / L amberti / Demartini, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 37 (55); Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (120). Allgemein zu formaler Sprache auch Raabe / Wacker / Oberle / Baumann / Funk, Recht ex machina, 2012, S. 70. 92 Zu den Schwierigkeiten und Kosten dieses Unterfangens etwa Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (279 ff.); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 13; DiMatteo / Cannarsa / Poncibò, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 3 (7, 11); Gatteschi / L amberti / Demartini, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 37 (54); Tjong Tjin Tai, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 80 (98); Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (118 ff.). 93 Vgl. etwa K. Levy, in: Engaging Science, Technology and Society, Band 3 (2017), S. 1 (6 ff.); Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (277); Vatiero, Smart contracts and transaction costs, 2018, S. 10.

A. Regelungsbedarf und Regelungsanliegen

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Ausgeführte auseinanderfallen.94 Durch die daher gebotene Sorgfalt bei der Programmierung werden die Transaktionskosten ebenfalls erhöht.95 Vor diesem Hintergrund steigen die Vertragsschlusskosten insbesondere soweit der Smart Contract im Einzelnen programmiert oder sogar ausgehandelt werden muss.96 Etwas anderes kann möglicherweise gelten, wenn weitgehend eine Vorlage genutzt wird.97 Transaktionskosten nach Vertragsschluss sind vor allem von Fehlern im Programmcode und rechtswidrigen Regelungen abhängig. Liegen diese nicht vor – führt der Smart Contract also ideal aus –, kann ein Smart Contract zu einer erheblichen Reduzierung der Transaktionskosten nach Vertragsschluss führen.98 So kann aufgrund der Automatisierung etwa eine gerichtliche Rechtsdurchsetzung – und somit die damit einhergehenden Kosten – obsolet werden.99 Dies gilt jedoch gerade 94 Vgl. etwa Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (88); Riehm, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 99 (100) [Rn. 4]; Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (118 f.); Mik, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 160 (175). 95 Vgl. Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (277); Szczerbowski, in: Law and Forensic Science, Band 16 (2018), S. 1 (3); Szczerbowski, in: Law and Forensic Science, Band 16 (2018), S. 1 (3); Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (374); DiMatteo / Cannarsa / Poncibò, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 3 (4). 96 Dies wird jedoch nur selten vorkommen, vgl. auch Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (622); Möslein, ZBB 2018, 208 (218). 97 Vgl. zur Verwendung einer Vorlage Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (622); Heckelmann, NJW 2018, 504 (507); Möslein, ZBB 2018, 208 (218); Durovic / Janssen, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (76); Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (294). 98 Vgl. etwa Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (618 f.); Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1027); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (203); Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1, unter D.; O’Shields, in: North Carolina Banking Institute, Band 21 (2017), S. 177 (183); Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (275, 279); Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (315, 324); Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (122, 127); Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (291 f.). Zur Reduzierung von Kontrollkosten insofern auch De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 80 f.; Möslein, ZBB 2018, 208 (215); Möslein, ZHR 2019, 254 (263, 288). 99 Vgl. etwa Blocher, AnwBl 2016, 612 (618); Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (130); Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band  166 (2017), S. 263 (275, 279); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 13; Baker, in: Southwestern Law Review, Band 45 (2015), S. 351 (362); De Caria, in: DiMatteo / Cannarsa /  Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 19 (31); Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò

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4. Teil: Rechtspolitische Empfehlungen für den Umgang 

nicht, wenn es wegen einer aus Sicht des Verbrauchers rechtswidrigen Automatisierung dennoch zu einem Verfahren kommt.100 Schließlich können Smart Contracts weitergehende positive Effekte haben, etwa indem sie opportunistisches Verhalten nach Vertragsschluss verhindern101 und auf diese Weise Investitionen schützen, die die Vertragsparteien im Vertrauen an die Vertragsdurchführung tätigen.102 Das Problem dieser Investitionen besteht traditionell darin, dass die Amortisation der eigenen Investitionen in den Händen der anderen Partei liegt: entscheidet diese sich gegen eine Vertragsdurchführung werden sich spezifische Aufwendungen, die im Vertrauen auf die Leistung getätigt wurden, als vergeblich erweisen. Bei traditionellen Verträgen kann das Risiko, dass sich Investitionen nicht amortisieren könnten, weil der Vertragspartner den Vertrag aus irgendeinem Grund nicht wie vereinbart durchführt, die Vertragsparteien jeweils davon abhalten, diese Investitionen zu tätigen (sog. Hold-Up-Problem).103 Der Smart Contract schließt durch Formalisierung und Inflexibilität ein solches opportunistisches Verhalten aber von vornherein aus und kann daher unter Umständen sicherstellen, dass Investitionsanreize erhalten bleiben.104

(Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (123); Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (289, 291) sowie bereits oben S. 87 ff. 100 Vgl. etwa Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (77); Durovic, in: Aggarwal / Eidenmüller / Enriques / Payne / van Zwieten (Hrsg.), Autonomous Systems and the Law, 2019, S. 23 (24): „disputes are still certain to arise“. 101 Vgl. etwa Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (127); Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (273); De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 81; Durovic / Janssen, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (73). 102 Vgl. allgemein zur Vertragsbindung als Schutz vertragsspezifischer Investitionen Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, 2015, S. 167 f. 103 Grundlegend insbesondere Klein / Crawford / Alchian, in: Journal of Law and Economics, Band 21 (1978), S. 297; Williamson, in: Journal of Law and Economics, Band 22 (1979), S. 233; Grout, in: Econometrica, Band 52 (1984), S. 449; Williamson, The Economic Institutions of Capitalism, 1985. Einen Überblick über die Entwicklung der Theorie sowie die englischsprachige Literatur bietet zudem Holmström / Roberts, in: Journal of Economic Perspectives, Band  12 (1998), S. 73 (73 ff.). Aus der deutsch-sprachigen Literatur vgl. etwa Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, 2015, S. 167 f.; Schäfer / Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 5. Aufl., 2012, S. 427 ff.; Morell, in: Towfigh / Petersen (Hrsg.), Ökonomische Methoden im Recht, 2. Aufl. 2017, Rn. 163. 104 So zumindest im Ergebnis auch Holden / Malani, Can Blockchain Solve the Holdup Problem in Contracts?, 2017, S. 24 ff.

A. Regelungsbedarf und Regelungsanliegen

261

c) Gesteigerte Einflussmöglichkeiten auf Vereinbarungen? Teilweise wird zudem vertreten, Smart Contracts könnten es Verbrauchern ermöglichen, mehr Einfluss auf die inhaltliche Gestaltung von Verträgen zu nehmen.105 So könnten etwa Software-Bots so programmiert werden, dass sie für den Verbraucher vorteilhafte Vertragsbedingungen suchen und unter Umständen sogar verhandeln. Der Verbraucher, der bisher keine Zeit hatte, um Vertragsbedingungen im Detail zu lesen und zu analysieren und darüber hinaus ohnehin keine Verhandlungsmacht hat106, könnte durch Nutzung derartiger elektronischer Agenten mehr Einfluss auf Verträge nehmen. Die Einzelheiten dieses Vorschlags bleiben indes weitgehend unklar. Der Vergleich zu sog. ebay-Snipers107 legt nahe, dass es in erster Linie um eine Software gehen soll, die aus einem breiten Angebot möglicher Geschäfte nach vorher bestimmten Parametern diejenigen Geschäfte auswählt, die – nach Maßgabe festgelegter Kriterien – den Interessen des Verbrauchers entsprechen. Es ist aber fraglich, warum derartige Software-Bots in einen Zusammenhang zu Smart Contracts gestellt werden. Soweit ausgedrückt werden soll, dass derartige Bots selbst Smart Contracts darstellen, so ist diesem Verständnis zu widersprechen.108 Smart Contracts im hier verstandenen Sinne sind spezialisierte Computerprogramme, die (1) in Abhängigkeit von bestimmten, durch einen Computer verifizierbaren Ereignissen bestimmte, rechtlich relevante Maßnahmen automatisiert ausführen, (2) manipulationssicher gespeichert sind und (3) der automatisierten Erfüllung von Ge- und Verboten, insbesondere vertraglicher Verpflichtungen, dienen.109 Zentral ist insofern die Automatisierung der Durchführung bzw. des Voll 105

Grundlegend Fairfield, in: Washington & Lee Law Review Online, Band 71 (2014), S. 35 (44 ff.). Ebenso Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (131 f.); Spindler / Wöbbeking, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 135 (144, Rn. 35). Im Zusammenhang mit der abweichenden Bezeichnung „Algorithmic Contracts“ auch Scholz, in: Stanford Technology Law Review, Band 20 (2017), S. 128 (128 ff.); Scholz, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 251 (251 ff.). 106 Vgl. etwa Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (131 f.); Scholz, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 251 (252). 107 Vgl. Fairfield, in: Washington & Lee Law Review Online, Band 71 (2014), S. 35 (45); Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (132); Spindler / Wöbbeking, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 135 (144, Rn. 35). 108 Scholz verwendet daher einen anderen Begriff und bezeichnet die durch diese Bots entstehenden Verträge als „Algorithmic Contracts“, vgl. grundlegend Scholz, in: Stanford Technology Law Review, Band 20 (2017), S. 128 (128 ff.); Scholz, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 251 (251 ff.). 109 Vgl. zum Begriff ausführlich oben S. 22 ff.

262

4. Teil: Rechtspolitische Empfehlungen für den Umgang 

zugs des Vertrages. Dem entspricht es nicht, wenn ohne weiteres jede Software, die durch eine Partei an irgendeiner Stelle des Lebenszyklus eines Vertrages eingesetzt wird, als Smart Contract verstanden wird. Es handelt sich nicht um einen Smart Contract im hier verstandenen Sinne, wenn lediglich die Begründung eines Vertrags in gewisser Weise durch Verwendung einer Software vereinfacht wird. Etwas anderes gilt nur, wenn durch die automatisierte Abgabe von Willenserklärungen eine andere (vorherige) Vereinbarung erfüllt werden soll.110 In diesem Fall kann dennoch ein Smart Contract vorliegen, der diese (vorherige) Vereinbarung umsetzt. Eine nur einseitige Software des Verbrauchers, die ähnlich einem ebaySniper Verträge sucht und ggf. abschließt, setzt keine vertraglichen Verpflichtungen um und kann daher nicht als Smart Contract verstanden werden – selbst, wenn sie auf einer Blockchain gespeichert ist und möglicherweise die Ausschüttung von Kryptowährungen steuert.111 Alternativ könnte der Zusammenhang zwischen den dargestellten SoftwareBots und Smart Contracts allerdings auch so verstanden werden, dass die Bots aus einer Reihe von Smart Contracts auswählen. So verstanden hat der dargestellte Vorschlag durchaus Potential. Die Benutzung von Smart Contracts ist wegen der Reduzierung des Gegenparteirisikos insbesondere für Unternehmer interessant.112 Dies kann wiederum zur Folge haben, dass das Interesse des Unternehmers insbesondere an grenzüberschreitenden Verträgen erheblich steigt. Für Versicherungsleistungen kommen hierdurch beispielsweise nicht mehr nur Anbieter aus der Region in Betracht, sondern wegen der durch Smart Contracts erhöhten Sicherheiten kann Vertrauen zu potentiellen Vertragspartnern weltweit aufgebaut werden. Im Ergebnis kann dies zu einem größeren globalen Wettbewerb zwischen Anbietern führen. Diese potentiell breite Auswahl von Smart Contracts ist notwendigerweise formalisiert und kann daher potentiell auch durch einen Software-Agenten analysiert werden. Bots könnten daher eingesetzt werden, um aus einer breiten Auswahl 110 Vgl. zu diesem Anwendungsfall von Smart Contracts etwa Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1028); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (203); Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (620); Börding / Jülicher / Röttgen / v. Schönfeld, CR 2017, 134 (139); Prinz / Schulte, Blockchain und Smart Contracts, Fraunhofer-Gesellschaft, 2017, S. 23 f.; Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 22 f.; De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 161 f.; Glatz, in: Hartung / Bues / Halbleib (Hrsg.), Legal Tech: Die Digitalisierung des Rechtsmarktes, 2018, S. 287 (293, Rn. 1230); ­Paulus / Matzke, ZfPW 2018, 431 (439 ff.); Anzinger, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 33 (58 f.); Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (giz), Blockchain: A World without Middlemen?, 2019, S. 44 ff.; Finck, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 1 (8 f.); Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 26; Möslein, ZHR 2019, 254 (272); Möslein, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 81 (90 ff.) [Rn. 15 ff.]; Mik, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 160 (173). 111 So aber wohl Fairfield, in: Washington & Lee Law Review Online, Band 71 (2014), S. 35 (46). 112 Vgl. soeben oben S. 391 ff.

A. Regelungsbedarf und Regelungsanliegen

263

an Verträgen, solche Verträge herauszufiltern, die im Interesse des Verbrauchers liegen. Ein möglicher globaler Wettbewerb könnte in der Folge dazu führen, dass Anbieter Vertragsbedingungen vorschlagen, die im Interesse des Verbrauchers liegen, um einen Wettbewerbsvorteil zu erlangen.113 3. Pauschales Verbot als Widerspruch zu Grundgedanken des Verbraucherschutzes In Anbetracht dieser Chancen, die der Einsatz von Smart Contracts für Verbraucher bedeuten kann, liegt ein pauschales Verbot eines automatisierten Vollzugs von Vertragsbedingungen nicht unbedingt im Interesse des Verbrauchers.114 Insbesondere ließe sich ein solcher pauschaler Paternalismus nicht auf den Verbraucherschutz als Grundlage stützen. Mit den Grundgedanken des Verbraucherschutzes115 wäre ein pauschales Verbot bestimmter Verträge nicht zu vereinbaren. Der Verbraucherschutz will nach seinem grundlegenden Ansatz Verträge nicht verhindern, sondern ermöglichen.116 Die Automatisierung von Vertragsbedingungen durch Smart Contracts beruht grundsätzlich jedoch gerade auf selbstbestimmten Entscheidungen.117 Unternehmer und Verbraucher entscheiden also sich bewusst für den Einsatz eines Smart Contracts – in dem Wissen, dass mit der Automatisierung auch Risiken und Nachteile verbunden sein können. Der Verbraucherschutz will geschäftsfähige Parteien aber nicht generell vor risikoreichen Entscheidungen schützen. Im Mittelpunkt des Verbraucherschutzes steht vielmehr allein die Gewährleistung der Selbstbestimmung des Verbrauchers.118 Ein sog. harter Paternalismus, der bestimmte Verträge pauschal, d. h. unabhängig davon, ob beide Parteien sich selbstbestimmt für diese Vereinbarung entscheiden, würde diesen Grundgedanken grundlegend widersprechen.119 113

Vgl. in diesem Sinne auch bereits oben S. 251. Gegen ein pauschales Verbot von Smart Contracts im Ergebnis auch Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (340). 115 Vgl. ausführlich zum Hintergrund des Verbraucherschutzes oben S. 68 ff. 116 In diese Richtung auch Wendland, in: Staudinger-Eckpfeiler, 7. Aufl. 2020, Kapitel E., Rn. 4, dem zufolge die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle (als besonderes Verbraucherrecht) gerade keine Beschränkung der Privatautonomie darstellt, sondern der „effektiven Begrenzung ihres Missbrauchs“ dient. 117 Vgl. zur Zustimmung des Verbrauchers als Zulässigkeitsvoraussetzung oben S. 44 ff. sowie zur Privatautonomie als Grundlage der Vereinbarung von Smart Contracts auch bereits oben S. 178 ff. 118 Vgl. etwa Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, 1998, insb. S. 206 ff., 282 ff.; Meller-Hannich, Verbraucherschutz im Schuldvertragsrecht, 2005, S. 145 ff.; Sedlmeier, Rechtsgeschäftliche Selbstbestimmung im Verbrauchervertrag, 2012, S. 196 ff. 119 Zur grundsätzlichen Ablehnung harten Paternalismus instruktiv Schmolke, Grenzen der Selbstbindung im Privatrecht, 2014, S. 25 ff. 114

264

4. Teil: Rechtspolitische Empfehlungen für den Umgang 

Sofern die Parteien die mit der Automatisierung verbundenen Vorteile für bedeutender halten als die Nachteile und die Risiken dabei bewusst in Kauf nehmen, so ist diese selbstbestimmte privatautonome Entscheidung grundsätzlich zu respektieren. Sie ist von der parteilichen Privatautonomie gedeckt.120 Bewertet der Verbraucher umgekehrt beispielsweise die Flexibilität während der Vertragsbegründung und -durchführung sowie die Berücksichtigung der konkreten Umstände im Zeitpunkt des Bedingungseintritts höher als die Vorteile, so wird er einem entsprechenden Smart Contract nicht zustimmen. Diese Entscheidung des Abwägens der Vor- und Nachteile der Automatisierung sollte jedoch nicht vom Gesetzgeber in paternalistischer Weise diktiert werden, sondern den Parteien selbst überlassen werden. Trifft der Verbraucher aber eine solche Entscheidung und entscheidet sich für eine Automatisierung, so ist dies grundsätzlich zu respektieren. Die bewusste Entscheidung für die Risiken und Nachteile der Automatisierung im Gegenzug gegen bestimmte Vorteile muss grundsätzlich durch das Selbstbestimmungsrecht des Verbrauchers gedeckt sein.

IV. Ergebnis: Balance zwischen Risikominimierung und Potentialmaximierung Vor diesem Hintergrund hat der Gesetzgeber eine Balance zu finden zwischen der gebotenen Minimierung der durch die Automatisierung hervorgerufenen Risiken für Verbraucher einerseits und dem Versuch, den Parteien dennoch die Selbstbestimmung zuzugestehen, selbst zu entscheiden, ob sie die Risiken wegen der mit Smart Contracts verbundenen Vorteile bewusst in Kauf nehmen wollen. Ein Paternalismus, der die Verwendung von Smart Contracts von vornherein ausschließt, wäre insofern verfehlt.121 Vielmehr wäre es wünschenswert, zum einen die spezifischen Risiken der Automatisierung im Einzelnen zu adressieren und sich zum anderen mit Regelungen zu beschäftigen, die das Potential dieser neuen Technologie bestmöglich nutzen können.

120

Vgl. etwa Möslein, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 81 (82 f.) [Rn. 3 ff.]; Möslein, ZHR 2019, 254 (266 ff.); Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (126) sowie ausführlich oben S. 178 ff. 121 Gegen ein pauschales Verbot und für einen differenzierten Umgang verschiedener Anwendungsfälle von Smart Contracts auch Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (340).

B. Empfehlungen zur Adressierung 

265

B. Empfehlungen zur Adressierung Smart Contract-spezifischer Risiken für Verbraucher Statt eines paternalistischen pauschalen Verbots von Smart Contracts sollte der Gesetzgeber im Interesse der Rechtssicherheit und eines effektiven Schutzes des Verbrauchers somit Regelungen erlassen, die dezidiert die spezifischen Risiken für Verbraucher im Zusammenhang mit dem automatisierten Vollzug von Vertragsbedingungen adressieren.

I. Risiko 1: Fremdbestimmung des Verbrauchers Ein zentrales Risiko für Verbraucher besteht in der fehlenden Kenntnis und Erfahrung des Verbrauchers über die Funktionsweise und Wirkungen eines Smart Contracts sowie in der Unverständlichkeit des Programmcodes für Laien.122 Programmierfehlern, aber auch mutwilligen Abweichungen von der eigentlichen Parteivereinbarung ist der Verbraucher daher nahezu schutzlos ausgeliefert. Eine Kontrolle oder Nachprüfung des Programmierten ist ihm kaum möglich. Die Selbstbestimmung des Verbrauchers wird hierdurch enorm gefährdet. Insbesondere werden einem Verbraucher oftmals die besonderen mit der Automatisierung verbundenen Risiken nicht ohne weiteres bekannt sein. Eine Zulässigkeit eines Smart Contracts setzt aber voraus, dass sich die Parteien über die Automatisierung einig sind. Die Selbstbestimmung der Parteien bildet das Fundament einer gewillkürten automatisierten Durchführung von vertraglichen Regelungen durch Smart Contracts. Damit insofern von einer privatautonomen Entscheidung des Verbrauchers gesprochen werden kann, muss dieser sich über die mit dieser Entscheidung verbundenen besonderen Risiken im Klaren sein. Dies macht es aber erforderlich, dass der Verbraucher eine gewisse Kenntnis von den Regelungen des Programmcodes und dessen Funktionsweise und Wirkungen hat. Ohne ein Verständnis von den Inhalten des Programmcodes, der für die Automatisierung allein maßgeblich ist, kann der Verbraucher kaum eine selbstbestimmte Entscheidung über den Einsatz eines Smart Contracts treffen.

122

Vgl. ausführlich oben S. 43 ff.

266

4. Teil: Rechtspolitische Empfehlungen für den Umgang 

1. Bestehende Informationspflichten Im Mittelpunkt des Verbraucherschutzes steht die Sicherung bzw. Gewährleistung der Selbstbestimmung des Verbrauchers als in bestimmten Situationen strukturell unterlegene Partei.123 Nach dem sog. Informationsmodell des Verbraucherschutzes ist der Verbraucher zum Ausgleich die rechtliche Selbstbestimmung gefährdender Informationsdefizite daher auf entsprechende Informationen angewiesen.124 Entsprechend dem Leitbild des informierbaren, mündigen Verbrauchers125 stellt der Gesetzgeber deshalb Informationspflichten zugunsten des Verbrauchers auf, um dieses Ungleichgewicht (teilweise) zu beseitigen.126 Obwohl derzeit keine Smart Contract-spezifischen Informationspflichten des Unternehmers bestehen, enthält das deutsche Recht eine Reihe von Informationspflichten, die beim Einsatz von Smart Contracts potentiell Anwendung finden könnten. a) Anwendbarkeit der verbraucherrechtlichen Informationspflichten auf Smart Contracts Die Anwendbarkeit der verbraucherrechtlichen Informationspflichten nach § 312d BGB setzt voraus, (1) dass es sich bei den zwischen Unternehmer und Verbraucher vereinbarten Smart Contracts um Verträge handelt, die eine entgeltliche Leistung des Unternehmers zum Gegenstand haben (§ 312 Abs. 1 BGB), (2) dass es sich bei diesen Verträgen um außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge im Sinne des § 312b BGB oder um Fernabsatzverträge im Sinne des § 312c BGB handelt127 und (3) dass keiner der in § 312 Abs. 2 BGB aus dem Anwendungsbereich ausgenommenen Fälle erfüllt ist. Besondere Probleme beim Einsatz von Smart Contracts bereitet insofern lediglich der Ausschluss von Verträgen, die unter Verwendung von Warenautomaten oder automatisierten Geschäftsräumen geschlossen wurden, gem. § 312 Abs. 2

123

Vgl. etwa Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, 1998, insb. S. 206 ff., 282 ff.; Meller-Hannich, Verbraucherschutz im Schuldvertragsrecht, 2005, S. 145 ff.; Sedlmeier, Rechtsgeschäftliche Selbstbestimmung im Verbrauchervertrag, 2012, S. 196 ff. 124 Vgl. ausführlich etwa Achilles, Vom Homo Oeconomicus zum Differenzierten Verbraucher, 2020, S. 69 ff.; 164 ff. Überblicksweise auch Tamm, in: Tamm / Tonner / Brönneke (Hrsg.), Verbraucherrecht, 3. Aufl. 2020, § 1 Rn. 24 f. 125 Vgl. Achilles, Vom Homo Oeconomicus zum Differenzierten Verbraucher, 2020, S. 75 f.; Tamm, in: Tamm / Tonner / Brönneke (Hrsg.), Verbraucherrecht, 3. Aufl. 2020, § 1 Rn. 24 f. 126 Vgl. allgemein etwa Tamm, Verbraucherschutzrecht, 2011, S. 358 ff.; Weiler, in: Tamm /  Tonner / Brönneke (Hrsg.), Verbraucherrecht, 3. Aufl. 2020, § 13 Rn. 5 ff. 127 Vgl. zu dieser Frage für „echte“, d. h. nur in Programmcode ausgedrückte, Smart Contracts Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 175.

B. Empfehlungen zur Adressierung 

267

lit. 9 BGB.128 Diese Regelung beruht auf Art. 3 Abs. 3 lit. l) der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie 2011129. In ihrer Funktionsweise und Struktur sind Smart Contracts durchaus vom Waren­automaten inspiriert und mit diesem vergleichbar.130 In gewisser Weise können Smart Contracts als computerbasierte „Vertragsdurchführungsautomaten“ verstanden werden.131 Während es sich beim Warenautomaten also um „Hardware-Automaten“ handelt, können Smart Contracts als „Software-Automaten“ beschrieben werden.132 Diese gedankliche Verwandtschaft zwischen dem Warenautomaten und dem Smart Contract sollte im Ergebnis jedoch nicht dazu führen, dass verbraucherschützende Informationspflichten bei Einsatz von Smart Contracts keine Anwendung finden sollen. Verträge, bei denen einzelne Regelungen durch einen Smart Contract automatisiert durchgesetzt werden sollen, werden regelmäßig schon nicht im Sinne von § 312 Abs. 2 lit. 9 BGB „unter Verwendung“ von Smart Contracts geschlossen. Während durch Warenautomaten in gewisser Weise (auch) der Vertragsschluss selbst automatisiert wird, stellen Smart Contracts in erster Linie eine Form der automatisierten Erfüllung eines bereits geschlossenen Vertrages dar.133 Nur selten wird die Automatisierung selbst zu einem Vertragsschluss führen, so 128

Vgl. zu Smart Contracts als Verträge im Allgemeinen eingehend oben S. 192 ff. Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. 10. 2011. 130 Zu diesem Vergleich grundlegend Szabo, Smart Contracts: Building Blocks for Digital Markets, 1996; Szabo, Formalizing and Securing Relationships on Public Networks, in: First Monday, Band  2 (1997). Im Anschluss beispielsweise Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (621); Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (306) [der den Warenautomaten sogar unter den Begriff des Smart Contracts fassen will]; Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (120); Schrey / T halhofer, NJW 2017, 1431 (1431); Glatz, in: Hartung / Bues / Halbleib (Hrsg.), Legal Tech: Die Digitalisierung des Rechtsmarktes, 2018, S. 287 (287, Rn. 1211); Weigel, Von „smart contracts“ und Getränkeautomaten, 2018; Werbach, The Blockchain and the New Architecture of Trust, 2018, S. 64; Jacob, in: Aggarwal / Eidenmüller / Enriques / Payne / van Zwieten (Hrsg.), Autonomous Systems and the Law, 2019, S. 3 (3); Möslein, ZBB 2018, 208 (215); Möslein, ZHR 2019, 254 (260 f.); Gatteschi / L amberti / Demartini, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 37 (42 f.); Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (289). 131 Vgl. zur Vergleichbarkeit auch bereits eingehend oben S. 92 f. 132 Ähnlich Simmchen, MMR 2017, 162 (164). 133 Zu Smart Contracts als Umsetzungsinstrumente etwa Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1030 f.); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (205); Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (621, 623); Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1, unter E.I; Mann, NZG 2017, 1014 (1016); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 14; Möslein, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 81 (83) [Rn. 4]; Möslein, ZHR 2019, 254 (264); Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (87); DiMatteo / Cannarsa / Poncibò, in: DiMatteo / Cannarsa /  Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 3 (4); Rein, in: Sassenberg / Faber, Rechtshandbuch Industrie 4.0 und Internet of Things, 2. Aufl. 2020, § 14 Rn. 119. 129

268

4. Teil: Rechtspolitische Empfehlungen für den Umgang 

dass von einem zustande kommen des Vertrages „unter Verwendung“ des Smart Contracts die Rede sein könnte.134 Anders als beim Warenautomaten besteht für eine Privilegierung des Einsatzes von Smart Contracts zudem wertungsmäßig keine Rechtfertigung.135 Hintergrund der besonderen Behandlung von Geschäften an Warenautomaten ist das zeitliche Zusammenfallen von Vertragsschluss und beiderseitiger Erfüllung des Vertrages.136 Ebenso wie bei Bargeschäften bestehen wegen des sofortigen beiderseitigen Leistungsaustausches nur geringe Risiken, auf die der Verbraucher hingewiesen werden müsste, und daher von vornherein nur ein geringes Bedürfnis nach Informationspflichten. Dies wird zusätzlich dadurch unterstrichen, dass der Leistungsaustausch am Warenautomaten für den Verbraucher ohne weiteres sichtbar und nachvollziehbar ist.137 Auf einen Smart Contract, der überhaupt nur bei Geschäften sinnvoll ist, bei denen Vertragsschluss und Erfüllung auseinanderfallen und gerade aus diesem Grund das Risiko einer Nichtleistung verringert werden soll138, lassen sich diese Gründe nicht übertragen. Wegen der besonderen Risiken einer Automatisierung ist der Verbraucher bei Einsatz eines Smart Contracts nicht weniger schutzbedürftig, sondern bedarf im Gegenteil sogar eines erhöhten Schutzes. Der Leistungsaus 134 Vgl. zur Möglichkeit der automatisierten Abgabe von Willenserklärungen aber etwa ­ aulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1028); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (203); Kaulartz / HeckK mann, CR 2016, 618 (620); Börding / Jülicher / Röttgen / v. Schönfeld, CR 2017, 134 (139); Prinz / Schulte, Blockchain und Smart Contracts, Fraunhofer-Gesellschaft, 2017, S. 23 f.; Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 22 f.; De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 161 f.; Glatz, in: Hartung / Bues / Halbleib (Hrsg.), Legal Tech: Die Digitalisierung des Rechtsmarktes, 2018, S. 287 (293, Rn. 1230); Paulus / Matzke, ZfPW 2018, 431 (439 ff.); Anzinger, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 33 (58 f.); Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (giz), Blockchain: A World without Middlemen?, 2019, S. 44 ff.; Finck, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 1 (8 f.); Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 26; Möslein, ZHR 2019, 254 (272); Möslein, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 81 (90 ff.) [Rn. 15 ff.]; Mik, in: DiMatteo / Cannarsa /  Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 160 (173). 135 Vgl. auch Spindler / Wöbbeking, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 135 (137 f., Rn. 12). 136 Vgl. etwa Wendehorst, in: MüKo-BGB, Band 3, 8. Aufl. 2019, § 312 Rn. 53; Spindler /  Wöbbeking, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 135 (138., Rn. 12). 137 Vgl. Wendehorst, in: MüKo-BGB, Band 3, 8. Aufl. 2019, § 312 Rn. 53; Spindler / Wöbbeking, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 135 (138., Rn. 12). 138 Vgl. in die Richtung von Smart Contracts als Annäherung an Verträge, bei denen Vertragsschluss und Erfüllung zusammenfallen etwa Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (623); K. Levy, in: Engaging Science, Technology and Society, Band 3 (2017), S. 1 (3); Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (276); Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 22 sowie oben S. 36 f.

B. Empfehlungen zur Adressierung 

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tausch vollzieht sich hier zwar automatisiert und daher ebenfalls mit einem geringeren Risiko einer Nichtleistung – gerade dieser Umstand kann aber erhebliche Risiken und Nachteile für den Verbraucher mit sich bringen, über die er aufgeklärt werden sollte. Vor allem ist der Leistungsaustausch auf Grundlage eines für den Verbraucher unverständlichen Programmcodes – anders als beim Warenautomaten – zudem gerade nicht ohne weiteres nachvollziehbar. Im Ergebnis sollte die Ausschlussregelung des § 312 Abs. 2 lit. 9 BGB daher auf Smart Contracts keine Anwendung finden.139 Der Anwendbarkeit der verbraucherrechtlichen Informationspflichten auf Smart Contracts stehen daher keine grundsätzlichen Bedenken entgegen, sofern die übrigen Voraussetzungen des § 312d BGB erfüllt sind. Insbesondere muss es sich also um einen außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag im Sinne des § 312b BGB oder um einen Fernabsatzvertrag im Sinne des § 312c BGB handeln. b) Inhalt der Informationspflichten nach § 312d BGB i. V. m. Art. 246a EGBGB Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und Fernabsatzverträgen hat der Unternehmer dem Verbraucher gem. § 312d Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 246a § 1 Abs. 1 EGBGB eine umfassende Liste von Informationen zur Verfügung zu stellen. aa) Zahlungs-, Lieferungs- und Leistungsbedingungen (Nr. 7) Neben unter Umständen bei Verwendung der Blockchain-Technologie besonders relevanten Informationen über die Identität des Unternehmers140, sind bei Einsatz von Smart Contracts vor allem Informationen über die Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen nach Art. 246a § 1 Abs. 1 Nr. 7 EGBGB von Bedeutung. Dieses Erfordernis verpflichtet den Unternehmer im Ergebnis, den Verbraucher umfassend über die Funktionsweise und die Bedingungen des Smart Contracts zu informieren. Durch Smart Contracts werden im Fall entgeltlicher Leistungen des Unternehmers in erster Linie Zahlungen des Verbrauchers automatisiert.141 Die Zahlung wird dazu an bestimmte, im Programmcode festgelegte Bedingungen geknüpft.142 Über diese der automatisierten Erfüllung seiner Leistungspflicht zugrundeliegenden Bedingungen ist der Verbraucher daher nach § 312d Abs. 1 BGB

139

So auch Spindler / Wöbbeking, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 135 (137 f., Rn. 12). 140 Vgl. hierzu ausführlich Spindler / Wöbbeking, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 135 (138 ff., Rn. 14 ff.). 141 Vgl. ausführlich oben S. 45 ff. 142 Zur Wenn-Dann-Logik des Smart Contracts ausführlich oben S. 89 ff.

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4. Teil: Rechtspolitische Empfehlungen für den Umgang 

in Verbindung mit Art. 246a § 1 Abs. 1 Nr. 7 EGBGB zu informieren.143 Der Verbraucher ist zudem darüber zu informieren, dass der Bedingungseintritt gerade nicht durch einen Menschen oder gar durch ihn selbst zu bestätigen ist, sondern durch einen – unter Umständen fehleranfälligen – Computer. Vor diesem Hintergrund sollte der Verbraucher auch abstrakt über die Risiken eines fehlerhaften Programmcodes und damit einer Automatisierung informiert werden, die von dem vertraglich Vereinbarten abweicht.144 Ebenso ist der Verbraucher als Teil der Zahlungsbedingungen nach Art. 246a § 1 Abs. 1 Nr. 7 EGBGB darüber aufzuklären, dass er infolge der Automatisierung regelmäßig keine Möglichkeit mehr hat, sich später gegen eine Erfüllung seiner Zahlungspflicht zu entscheiden.145 Die Zahlung wird vielmehr gerade automatisiert durch den Smart Contract vorgenommen und setzt daher keine erneute Entscheidung des Verbrauchers voraus.146 Daneben ist der Verbraucher über im Programmcodes festgelegte Liefer- und Leistungsbedingungen für die Leistung des Unternehmers zu informieren. Obwohl diese Leistung typischerweise nicht automatisiert wird, kann sie als Bedingung für die Automatisierung der Leistung in den Programmcode aufgenommen und insofern exakt definiert werden. Der Unternehmer wird seine Leistung genauso erbringen wie als Bedingung im Programmcode festgelegt, da andernfalls die Zahlung des Schuldners nicht automatisiert werden würde.147 bb) Funktionsweise digitaler Inhalte (Nr. 14) Nach § 312d Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 246a § 1 Abs. 1 Nr. 14 EGBGB ist der Verbraucher zudem über die Funktionsweise etwaiger digitaler Inhalte zu informieren. Nach der Legaldefinition des § 312 f. Abs. 3 BGB sind digitale Inhalte alle „nicht auf einem körperlichen Datenträger befindlichen Daten, die in digitaler Form hergestellt und bereitgestellt werden“. Bei dieser Informationspflicht geht es indes in erster Linie um Fälle einer Lieferung derartiger digitaler Inhalte. Hierauf weist bereits der Wortlaut des § 312f Abs. 3 BGB hin. Der Unternehmer hat den Verbraucher demnach gem. Art. 246a § 1 Abs. 1 Nr. 14 EGBGB darüber aufzuklären, wie die gelieferten Produkte funk 143 Vgl. auch Spindler / Wöbbeking, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 135 (140, Rn. 19). 144 Vgl. Spindler / Wöbbeking, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 135 (140, Rn. 21). 145 Ähnlich Spindler / Wöbbeking, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 135 (140) [Rn. 20]. 146 Im Sinne eines Loslösens von einer Entscheidung des Schuldners insbesondere Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (306, 316) sowie oben S. 31 ff. 147 Vgl. zu der Erbringung der Gegenleistung als Bedingung für die Automatisierung als Vorteil für den Verbraucher bereits oben S. 249 f.

B. Empfehlungen zur Adressierung 

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tionieren, damit der Verbraucher in die Lage versetzt wird, die gekauften Inhalte zu benutzen. Bei Einsatz von Smart Contracts besteht die Leistung des Unternehmers jedoch nicht zwingend in digitalen Inhalten.148 Der Programmcode des Smart Contract ist insofern nicht das Produkt, sondern lediglich ein Instrument, um die Zahlung in Abhängigkeit bestimmter Bedingungen zu automatisieren. Vor diesem Hintergrund sollte Art. 246a § 1 Abs. 1 Nr. 14 EGBGB grundsätzlich nicht auf Smart Contracts anwendbar sein.149 Für eine gesonderte Informationspflicht für digitale Inhalte besteht indes auch kein Bedürfnis. Smart Contracts bestimmen die Zahlungs- und Lieferbedingungen. Der Unternehmer hat den Verbraucher daher bereits nach Art. 246a § 1 Abs. 1 Nr. 7 EGBGB über die Funktionsweise des Smart Contracts zu informieren. c) AGB-rechtliche Hinweispflicht Ergänzt werden diese verbraucherrechtlichen Informationspflichten durch die zusätzlichen Pflichten des Unternehmers bei Verwendung von allgemeinen Geschäftsbedingungen. Dies umfasst einerseits einen ausdrücklichen Hinweis und die zumutbare Möglichkeit einer Kenntnisnahme gem. § 305 Abs. 2 BGB sowie andererseits den Ausschluss überraschender Klauseln nach § 305c BGB. Das Erfordernis, dem Verbraucher eine zumutbare Kenntnisnahme zur ermöglichen (§ 305 Abs. 2 S. 2 BGB), hat grundsätzlich zur Folge, dass der Smart Contract-Programmcode in für den Vertragspartner verständliche natürliche Sprache zu „übersetzen“ ist.150 Andernfalls werden die Bestimmungen des Smart Contracts für den typischen Verbraucher als Vertragspartner nicht verständlich. Zudem setzt die Einbeziehung des Smart Contracts grundsätzlich nach § 305c BGB einen besonderen Hinweis auf den zu verwendenden Smart Contract voraus.151 Andernfalls 148 Anders wohl Spindler / Wöbbeking, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 135 (141, Rn. 22). Vgl. zu den möglichen automatisierbaren Leistungen bereits eingehend oben S. 45 ff. 149 Anders Spindler / Wöbbeking, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 135 (141, Rn. 22). 150 Vgl. so auch Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1030); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (205); Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 124; Durovic / Janssen, in: ­DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (79); Clément, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (282); Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (293). Vgl. zu dieser Frage unabhängig vom Bestehen von AGB auch Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 106 f. In diese Richtung wohl auch Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 24 sowie eingehend oben S. 198 ff. 151 Vgl. ausführlich oben S. 200 ff.

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4. Teil: Rechtspolitische Empfehlungen für den Umgang 

braucht der Durchschnittskunde mit der Verwendung dieses Instruments grundsätzlich nicht zu rechnen. 2. Zusätzliche Smart Contracts-spezifische Informationspflicht gegenüber dem Verbraucher de lege ferenda? Über die derzeit bestehenden Informationspflichten hinaus hat der Gesetzgeber zudem die Möglichkeit, de lege ferenda spezielle Smart Contract-spezifische Informationspflichten gegenüber dem Verbraucher zu erlassen. Die Forderung der Verbindung von Smart Contracts mit speziellen Informationspflichten hat bereits Einzug erhalten in die Blockchain-Strategie der Bundesregierung.152 Der technische Laie könne nicht nachvollziehen, was der Smart Contract tatsächlich umsetzt. In diesem Zusammenhang ist allerdings zu beachten, dass  – wie soeben gezeigt – die bestehenden verbraucher- und AGB-rechtlichen Informationspflichten den Unternehmer bereits jetzt zum Bereitstellen einiger Informationen bei Einsatz von Smart Contracts verpflichten. Insbesondere ist dem Verbraucher nach § 305 Abs. 2 BGB eine natürlich-sprachliche „Übersetzung“ eines nur in Programmcode festgehaltenen Smart Contracts zur Verfügung zu stellen, um auf diese Weise eine zumutbare Kenntnisnahme von den Inhalten zu ermöglichen. Zudem verpflichtet unter Umständen die Informationspflicht über die Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen nach § 312d Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 246a § 1 Abs. 1 Nr. 7 EGBGB den Unternehmer dazu, den Verbraucher umfassend über die Funktionsweise und die Bedingungen des Smart Contracts zu informieren. Im Ergebnis sollten diese Informationspflichten aber nicht ausreichen, um eine selbstbestimmte Entscheidung des Verbrauchers über die Automatisierung zu ermöglichen.153 Der Verbraucher muss in die Lage versetzt werden, die Vorteile und Chancen der Automatisierung einerseits und die Nachteile und Risiken andererseits sorgfältig gegeneinander abzuwägen. Hat der Verbraucher keine ausreichende Kenntnis von den mit der Automatisierung verbundenen besonderen Risiken, kann er diese Abwägung nicht in einem angemessenen Umfang durchführen. Von einer selbstbestimmten Entscheidung kann aber kaum gesprochen werden, wenn der Verbraucher die Risiken der Automatisierung nicht angemessen berücksichtigen kann. Seine Entscheidung würde in diesem Fall auf einer unzureichenden Grundlage beruhen. Die spezifischen mit der Automatisierung verbundenen Risiken hinsichtlich der unmittelbaren Folgen, die eine fehlerhafte oder rechtswidrige Automatisierung für

152

Vgl. Bundesregierung, Blockchain-Strategie der Bundesregierung – Wir stellen die Weichen für die Token-Ökonomie, 18. 09. 2019, Zi ff. 3.b [S. 15]. 153 So wohl im Ergebnis auch Spindler / Wöbbeking, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 135 (141, Rn. 26).

B. Empfehlungen zur Adressierung 

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den Verbraucher haben kann, die Inflexibilität des Programmcodes und insbesondere die eingeschränkte Wirksamkeit einer nachträglichen gerichtlichen Kontrolle und Benachteiligung des Verbrauchers im gerichtlichen Verfahren durch die Verschiebung der Rechtsdurchsetzungslast werden einem Verbraucher typischerweise nicht in vollem Umfang bekannt sein.154 Dem Verbraucher, dem erstmals vorgeschlagen wird, einen Smart Contract zur Automatisierung von Vertragsbedingungen einzusetzen, wird dieses Instrument in aller Regel zunächst unbekannt sein. Der Verbraucher ist vor diesem Hintergrund besonders schutzbedürftig. Aus diesem Grund sollte der Gesetzgeber im Interesse eines effektiven Schutzes des Verbrauchers und der Gewährleistung selbstbestimmter Entscheidungen, zusätzlich zu den bestehenden Informationspflichten de lege ferenda neue Informationspflichten des Unternehmers festsetzen, die den Verbraucher speziell und umfassend über die mit einer Automatisierung von Vertragsinhalten verbundenen Risiken informiert. 3. Vorschlag für einen neuen Art. 246a § 1 Abs. 1 Nr. 17 EGBGB Die bestehenden verbraucherrechtlichen Informationspflichten sollten demnach um eine Regelung für Informationen für die speziellen Risiken der automatisierten Durchführung von Vertragsbedingungen ergänzt werden. Es wird daher empfohlen, das Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetz­ buche, in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. 09. 1994 (BGBl. I S. 2494, ber. 1997 S. 1061), wie folgt zu ändern. Dem Art. 246a § 1 Abs. 1 EGBGB ist eine neue Nummer 17 anzufügen: „(1) Der Unternehmer ist nach § 312d Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs verpflichtet, dem Verbraucher folgende Informationen zur Verfügung zu stellen: 17. gegebenenfalls, eine Erläuterung der besonderen Nachteile und Risiken eines automatisierten Vollzugs von vertraglichen Bedingungen, insbesondere hinsichtlich der Verschiebung der Rechtsdurchsetzungslast auf den Verbraucher.“

II. Risiko 2: Automatisierung rechtswidriger Regelungen Ein weiteres zentrales Risiko einer Automatisierung von Vertragsbedingungen durch Smart Contracts besteht in der nur eingeschränkten Wirksamkeit nachträglicher gerichtlicher Verfahren.155 Fehler oder Rechtsverstöße hindern die Automatisierung des Smart Contracts nicht. Der Verbraucher wird in jedem Fall mit den unmittelbaren Konsequenzen der Automatisierung belastet – unabhängig ob sich 154 155

Vgl. ausführlich zu diesen Risiken den zweiten Teil dieser Arbeit. Vgl. ausführlich oben S. 86 ff.

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4. Teil: Rechtspolitische Empfehlungen für den Umgang 

die Automatisierung im Nachhinein als rechtmäßig oder rechtswidrig herausstellt. Selbst wenn der durch den Smart Contract herbeigeführte Zustand nicht dauerhaft sein sollte, hat der Verbraucher doch die unmittelbaren Folgen der sofortigen Vollziehung des Anspruchs zu tragen. Ein gerichtliches Verfahren kann mithin allenfalls der Folgenbeseitigung oder Wiederherstellung des status quo ante dienen, kann die unmittelbaren Folgen der Automatisierung einer rechtswidrigen Vereinbarung aber nicht verhindern. Vor diesem Hintergrund ist es von großer Bedeutung, zu verhindern, dass es überhaupt zu einer fehlerhaften oder rechtswidrigen Automatisierung kommt. Unbeabsichtigte und unbewusste Fehler des Smart Contracts lassen sich indes kaum allgemein durch gesetzgeberische Maßnahmen verhindern. Die Parteien sind ihrerseits daran interessiert, dass ihre Vereinbarung so umgesetzt wird, wie vereinbart. Sie selbst wollen daher Fehler unbedingt vermeiden. Die daher notwendige Fehlerprävention lässt sich in erster Linie durch technische Mittel erreichen.156 Indes werden sich Fehler kaum in jedem Fall von vornherein ausschließen lassen.157 Fokus des gesetzgeberischen Umgangs mit dem Risiko der Automatisierung rechtswidriger Vereinbarungen muss daher die Frage sein, wie verhindert werden kann, dass das Instrument des Smart Contracts bewusst missbraucht und zur Automatisierung rechtswidriger Regelungen eingesetzt wird.158 Insofern sind vor allem zwei Ansätze denkbar: zum einen eine staatliche ex ante Kontrolle von Smart Contracts und zum anderen eine Verminderung der Anreize für den Unternehmer, Rechtswidriges zu automatisieren.

156

Vgl. etwa Blocher, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 113 (122 ff.) [Rn. 36 ff.]; Koch / Reitwiessner, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 59 (62 ff.) [Rn. 13 ff.]; Werbach, The Blockchain and the New Architecture of Trust, 2018, S. 125. 157 Zur Fehleranfälligkeit von Smart Contracts etwa Blocher, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 113 (113) [Rn. 2]; Lumb, in: New York Times, 9. 11. 2016 („Even the smartest contracts can be susceptible to human error“); De Caria, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 19 (33); Gatteschi / L amberti / Demartini, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 37 (54); Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (128); Mik, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 160 (174 f.). 158 Vgl. etwa Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (377). Zu diesem Regelungsproblem auch Fries, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 211 (216 f.) [Rn. 18 f.].

B. Empfehlungen zur Adressierung 

275

1. Staatliche ex ante-Kontrolle Am effektivsten könnte einer Verwendung rechtswidriger Smart Contract theoretisch durch eine strenge ex ante-Kontrolle von Smart Contracts begegnet werden.159 Hierfür müssten alle privaten Gestaltungen eines Smart Contracts bei einer staatlichen Stelle, einer Art „Gestaltungsanmeldeamt“, angemeldet werden, ihren Code für eine Kontrolle sichtbar machen und dürften erst nach erfolgreicher Prüfung eingesetzt werden.160 In ihrer Blockchain-Strategie hat auch die Bundesregierung bereits zugesagt, die Einführung akkreditierter Zertifizierungsverfahren für Smart Contracts zu eruieren.161 In diesem Zusammenhang spricht die Bundesregierung jedoch lediglich von einem freiwilligen Angebot, das Anbieter nutzen können, um Vertrauen in den Einsatz von Smart Contracts zu erhöhen.162 Es handelt sich insofern somit nicht bereits um den Vorschlag einer zwingenden ex ante – Kontrolle von Smart Contracts im Sinne eines Vorlage- und Prüfungserfordernisses von Smart Contracts. Der Ansatz eines derartigen Gestaltungsanmeldeamtes stößt aber ohnehin auf zahlreiche Bedenken. So führt eine Rechtspflicht zur Veröffentlichung des Programmcodes bereits zu Vertraulichkeits- und Datenschutzproblemen, denen jedoch wohl noch durch eine entsprechende gesetzgeberische Parallele zum Steuergeheimnis (§ 30 AO) begegnet werden könnte. Schwieriger zu bewältigen sind die praktischen Probleme, die ein Gestaltungsanmeldeamt für Smart Contract hervorrufen würde. So wäre bereits fraglich, wie sichergestellt werden kann, dass jeder verwendete Smart Contract vor der Nutzung angemeldet wird.163 Zudem würde eine händische Überprüfung jedes Smart Contracts oftmals bereits an der fehlenden Expertise einer ausreichend großen Zahl von Staatsbediensteten scheitern. Die Kontrolleure müssten nicht nur über eine ausreichende technische Expertise verfügen, um den Programmcode eines Smart Contracts lesen und verstehen zu können, sondern müssten den Mechanismus auch einer eingehenden rechtlichen 159

Zu möglichen Prüfungsverfahren ausführlich Blocher, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 113 (122 ff.) [Rn. 36 ff.]; Koch / Reitwiessner, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 59 (62 ff.) [Rn. 13 ff.]; Werbach, The Blockchain and the New Architecture of Trust, 2018, S. 125. 160 In diese Richtung etwa Blocher, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 113 (125) [Rn. 46 f.]; Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (304). 161 Vgl. Bundesregierung, Blockchain-Strategie der Bundesregierung  – Wir stellen die Weichen für die Token-Ökonomie, 18. 09. 2019, Ziff. 3.9 [S. 15]; Blocher, in: Braegelmann /  Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 113 (125) [Rn. 46]. 162 Als „Best Practice“ auch Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (375). 163 Vgl. zu den Schwierigkeiten der Beeinflussung von Code und Aktivitäten auf der Blockchain im Allgemeinen etwa De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 5 f., 66 ff., 86 ff.; Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 41 ff.; Frankenreiter, in: Journal of Institutional and Theoretical Economics 175 (2019), S. 149 (152 ff.).

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4. Teil: Rechtspolitische Empfehlungen für den Umgang 

Prüfung unterziehen. In einer angemessen kurzen Zeit, um Effizienzvorteile für die Parteien zu erhalten, wäre ein solcher Prozess kaum möglich. Eine vorherige Überprüfung durch eine staatliche Stelle würde einen Einsatz des Smart Contracts erheblich verzögern, Transaktionskosten erhöhen und die Geschwindigkeitsvorteile der Automatisierung in ihr Gegenteil verkehren. Grundsätzlich denkbar wäre aber eine computerisierte Überprüfung etwa durch einen staatlichen „Überprüfungs-Smart Contract“. Dieser könnte den Programmcode potentiell automatisiert auf potentielle Rechtsbrüche überprüfen.164 Ein solcher Überprüfungs-Smart Contract müsste so programmiert sein, dass er alle Regelungen eines anderen Smart Contracts verstehen und diese auf Einhaltung aller anwendbaren gesetzlichen Vorgaben überprüfen kann. Anschließend könnte der Smart Contract automatisiert zur Nutzung freigegeben werden. Indes lassen sich viele gesetzliche Regelungen gerade nicht ohne weiteres in Programmcode kodifizieren.165 Ein Überprüfungs-Smart Contract könnte gerade nicht die Einhaltung von offen formulierten Generalklauseln oder eine Verletzung von unbestimmten Rechtsbegriffen prüfen. 2. Verminderte Anreize (Disziplinierung des Marktes) Statt eines solchen staatlichen Kontrollapparats könnte dem Problem missbräuchlicher, rechtswidriger Automatisierungen indes auch durch eine Verminderung der Anreize zum Missbrauch begegnet werden. Dieser Ansatz beruht im Wesentlichen auf dem Gedanken, dass dem Einsatz von Smart Contracts typischerweise eine Amortisations- und Rentabilitätserwartung zugrunde liegt. Die Programmierung des dem Smart Contract zugrundeliegenden Programmcodes wird oftmals mit erheblichen Kosten für den Benutzer verbunden sein. Amortisieren wird sich der Einsatz eines Smart Contracts daher regelmäßig nur durch einen vielfachen Einsatz. Vor diesem Hintergrund haben auch die Anbieter eines Smart Contracts kein Interesse an der Programmierung von Smart Contracts, die auf dem Markt nicht bestehen würden. In gewisser Weise müssen sich die Anbieter eines Smart Contracts daher nach den Präferenzen der Kunden richten, damit die eigenen Smart Contracts für Kunden interessant sind und sie im Wettbewerb mit anderen Anbietern bestehen.166 164

Vgl. zu diesem Verfahren der formalen Verifikation etwa Werbach, The Blockchain and the New Architecture of Trust, 2018, S. 125; Blocher, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 113 (124 f.) [Rn. 43 f.]; Erbguth, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 25 (30); Koch / Reitwiessner, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 59 (64) [Rn. 22 ff.]. 165 Vgl. bereits ausführlich oben S. 156 ff. 166 Vgl. allgemein zur Notwendigkeit der Orientierung an Präferenzen der Kunden Lüttringhaus, Vertragsfreiheit und ihre Materialisierung, 2018, S. 309; Fornasier, Freier Markt und zwingendes Vertragsrecht, 2013, S. 153 sowie bereits oben S. ​251.

B. Empfehlungen zur Adressierung 

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Tun sie dies nicht, laufen sie Gefahr, auf den Kosten für die Programmierung des Smart Contracts sitzen zu bleiben. Umgekehrt werden sich rechtswidrige oder verbraucherfeindliche Smart Contracts nicht durchsetzen, da sie von den Kunden auf Dauer boykottiert würden. Auf diese Art nicht verhindert werden können indes solche Verträge, die wegen eines rechtswidrigen Vertragsgegenstandes von vornherein außerhalb der Rechtsordnung stehen, jedoch dennoch – oder gerade deswegen – nach dem Willen beider Parteien durch Smart Contracts automatisiert werden sollen.167 Ein wesentlicher wirtschaftlicher Anreiz gegen eine missbräuchliche Verwendung von Smart Contracts liegt in der Verpflichtung zur Übernahme der Prozesskosten des Verbrauchers im Fall des Unterliegens (§ 91 Abs. 1 S. 1 ZPO). Verwendet der Unternehmer einen rechtswidrigen Smart Contract wird er den Prozess verlieren und hat daher die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Dieser Anreiz wird indes in gewisser Weise dadurch in Frage gestellt, dass der Unternehmer mit einem rechtswidrigen Smart Contract durch das Hervorrufen einer Zwangslage und aufgrund der Nachteile der Verschiebung der Rechtsdurchsetzungslast zulasten des Verbrauchers unter Umständen darauf spekulieren kann, dass der Verbraucher von einer Klage absieht.168 In diesem Fall käme es somit gar nicht erst zu einem Verfahren, der rechtswidrig handelnde Unternehmer hätte somit auch keine Prozesskosten zu ersetzen. Indes kann dieses Problem der geringeren Wahrscheinlichkeit eines Gerichtsverfahrens gegebenenfalls durch andere Maßnahmen verringert werden, etwa indem dem Verbraucher Klage und Prozessführung erleichtert werden.169 Fries weist aber daraufhin, dass der Einsatz eines erkennbar rechtswidrigen Smart Contracts unter Umständen lauterkeitsrechtlich (§§ 3,8 UWG) oder sogar strafrechtlich (§§ 240, 263 StGB) relevant werden kann.170 3. Empfehlung: Herstellen von Transparenz Vor dem Hintergrund der Bedenken über die Effektivität und praktische Umsetzbarkeit einer staatlichen ex ante-Kontrolle, sollte – zumindest zunächst – auf die Disziplinierungsfunktion des Marktes171 vertraut werden, um einen bewusst rechtswidrigen Einsatz von Smart Contracts zu verhindern. Sollte sich diese Selbstregulierung nicht als ausreichend erweisen, kann darauf unter Berücksichtigung der gewonnenen Erkenntnisse potentiell immer noch durch schärfere Maßnahmen reagiert werden. 167 Vgl. zum bewussten Einsatz von Smart Contracts zu rechtswidrigen Zwecken etwa S. 105 ff. 168 Vgl. zu diesem Missbrauchspotential bereits ausführlich oben S. 128 ff. 169 Vgl. zu diesen Ansätzen sogleich unten S. 283 ff. 170 Vgl. Fries, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 211 (217) [Rn. 19]. 171 Allgemein Fornasier, Freier Markt und zwingendes Vertragsrecht, 2013, S. 41 f., 153.

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4. Teil: Rechtspolitische Empfehlungen für den Umgang 

Die Disziplinierungsfunktion des Marktes erfordert allerdings, dass die Rechtswidrigkeit oder Fehlerhaftigkeit eines Smart Contracts für Verbraucher transparent gemacht werden. Öffentlichkeit über die Kundenfreundlichkeit von Produkten wird heute insbesondere durch Internetportale oder soziale Medien hergestellt, in denen Kunden ihre Erfahrungen mit anderen Teilen und das Produkt bewerten. Ähn­liche Portale wären auch für Smart Contracts denkbar. Möglicherweise könnte die Transparenz von Smart Contracts mittelfristig zusätzlich durch eine entsprechende Prüf- und Zertifizierungsbehörde, eine Art „Smart Contract-TÜV“, erhöht werden.172 In diesem Sinne könnte auch das bereits angesprochene, von der Bundesregierung angedachte akkreditierte Zertifizierungsverfahren eingesetzt werden.173 Diese hierdurch hergestellte Transparenz verhindert zwar nicht von vornherein, dass rechtswidrige Smart Contracts eingesetzt werden, führt aber dazu, dass Unternehmer ein erhebliches Interesse daran haben, Lösungen zu finden, die auch den Interessen der Kunden entsprechen. Zwar ändert dies nichts an den weiterhin bestehenden Schwächen nachträglicher gerichtlicher Verfahren bei der Automatisierung von vertraglichen Vereinbarungen, die veränderten Anreize können aber zumindest die Wahrscheinlichkeit verringern, dass ein Unternehmer bewusst rechtswidrige Smart Contracts einsetzt, um von den unmittelbaren Folgen der Automatisierung sowie der Umkehr der Klagelast ohne größere wirtschaftliche Risiken zu profitieren. Wirtschaftliche Sanktionen können in diesem Sinne eine abschreckende Wirkung für den typischerweise primär wirtschaftlich motivierten Verwender von Smart Contracts entfalten. Dem Gesetzgeber bzw. der Bundesregierung ist daher zu empfehlen, Maßnahmen zu treffen, die die Rechtswidrigkeit oder Fehlerhaftigkeit des Smart Contracts für Kunden transparent machen, um auf diese Weise eine Disziplinierung der einseitigen Gestaltung von Smart Contracts durch den Markt zu erreichen. Bei diesen Maßnahmen kann es sich etwa um spezielle Internetportale oder insbesondere um staatliche Zertifizierungsprogramme handeln.

III. Risiko 3: Verschiebung der Rechtsdurchsetzungslast und Benachteiligung des Verbrauchers im Prozess Erhebliche Risiken bergen zudem die negativen Auswirkungen der Automatisierung für den Verbraucher im gerichtlichen Verfahren.174 Der Smart Contract ändert infolge der Automatisierung den für den Prozess maßgeblichen status quo und führt zu einer Verlagerung des Fokus des Verfahrens von einer Durchsetzung 172 In diese Richtung etwa Blocher, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 113 (125) [Rn. 46]. 173 Vgl. Bundesregierung, Blockchain-Strategie der Bundesregierung – Wir stellen die Weichen für die Token-Ökonomie, 18. 09. 2019, Ziff. 3.9 [S. 15]. 174 Vgl. ausführlich oben S. 114 ff.

B. Empfehlungen zur Adressierung 

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des Primäranspruchs auf die Durchsetzung von Bereicherungsansprüchen.175 Gleichzeitig wird der Verbraucher, obwohl eigentlich Schuldner der automatisierten Leistung, als Gläubiger des Bereicherungsanspruchs, in die Rolle des Klägers gedrängt. Der Smart Contract hat insofern eine Verschiebung der Rechtsdurchsetzungslast zulasten des Verbrauchers zu Folge.176 Diese Verschiebung der Rechtsdurchsetzungslast vom Unternehmer auf den Verbraucher ist für den Verbraucher mit einer Reihe von Nachteilen verbunden, die im Ergebnis insbesondere dazu führen können, dass der Verbraucher nicht gegen eine aus seiner Sicht rechtswidrige Automatisierung vorgehen will.177 Verbraucher können insbesondere aufgrund des Erfordernisses der Vorfinanzierung des Prozesses, des damit verbundenen Risikos und der erheblichen Beweisschwierigkeiten von einer Klage abgehalten werden. 1. Umgang mit dem Vorfinanzierungsrisiko Zentrale Folge der Verschiebung der Rechtsdurchsetzungslast auf den Verbraucher ist auch die Verschiebung der Pflicht, das gerichtliche Verfahren vorzufinanzieren (§ 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, § 12 GKG, § 4 GvKostG).178 Obwohl der Verbraucher im Fall seines Obsiegens die Prozesskosten vom Unternehmer erstattet verlangen könnte (§ 91 Abs. 1 ZPO), kann das Erfordernis, zunächst aus eigenen Mitteln in den Prozess investieren zu müssen, den Verbraucher von einer Klage abhalten.179 So hat der Verbraucher die entsprechende Liquidität aufzubringen und trägt das Risiko und die damit verbundene emotionale Belastung eines möglichen Verlustes des Verfahrens und damit der vorfinanzierten Mittel.

175 Vgl. etwa Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (322); Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (376); Fries, AnwBl 2018, 86 (88); Werbach, The Blockchain and the New Architecture of Trust, 2018, S. 162; Anzinger, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 33 (57); Möslein, ZHR 2019, 254 (284); ­Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (77). 176 Vgl. zur Verschiebung der Klagelast als Folge der Automatisierung durch Smart Contracts auch Paulus / Matzke, CR 2017, 769 (770); Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (376); Fries, AnwBl 2018, 86 (88); Paulus / Matzke, NJW 2018, 1905 (1910); Möslein, ZHR 2019, 254 (283 f.); Matzke, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 99 (110); Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (89); Guggenberger, NJW 2018, 1057 (1059 f.). In diese Richtung für eine technologische Beschränkungen der Benutzung der Kaufsache auch Mackenrodt, Technologie statt Vertrag?, 2015, S. 23 f. 177 Vgl. bereits ausführlich oben S. 124 ff. 178 Vgl. etwa Matzke, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 99 (107, 110). 179 Vgl. zur Abschreckungswirkung der Vorfinanzierung auch etwa Kemper, Verbraucherschutzinstrumente, 1994, S. 57; Koch, Verbraucherprozessrecht, 2. Aufl. 2019, S. 107 ff.; Fries, AnwBl 2018, 86 (88).

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4. Teil: Rechtspolitische Empfehlungen für den Umgang 

a) Mögliche Neuregelung der Klagelast oder Vorfinanzierung? Zur Entlastung des Verbrauchers wäre es zunächst denkbar, die Vorfinanzierung in Prozessen über den Einsatz von Smart Contracts neu zu regeln. Wenn durch die Automatisierung gezielt die Rechtsdurchsetzungslast auf den Verbraucher verschoben werden kann, liegt es nahe, dass er Gesetzgeber entweder die Rechtsdurchsetzungslast im Allgemeinen180 oder das Vorfinanzierungsrisiko im Speziellen in diesen Fällen durch eine gesetzliche Regelung neu verteilt. Auf diese Weise könnte im Ergebnis die eigentliche, d. h. ohne eine Automatisierung, bestehende Rollenverteilung im Prozess wiederhergestellt werden. Das dem Smart Contract innewohnende Missbrauchspotential durch gezielte Verschiebung der Rechtsdurchsetzungslast würde neutralisiert, wenn aufgrund der gesetzlichen Regelung weiterhin nicht der Verbraucher, sondern der Unternehmer zu klagen bzw. den Prozess vorzufinanzieren hätte. Es ist jedoch durchaus fraglich, wie sich eine solche gesetzliche Neuverteilung der Klagelast praktisch umsetzen ließe. Infolge der Automatisierung ändert sich der status quo181: die Leistungspflicht des Verbrauchers wird automatisiert erfüllt. Der Unternehmer befindet sich somit in der von ihm gewünschten Situation. Er hat also kein Interesse daran, den status quo zu ändern. Es mag daher nicht einleuchten, wie ihm ohne weiteres die Rechtsdurchsetzungslast gesetzlich zugewiesen werden könnte. Der Unternehmer wird infolge der Automatisierung keine Klage erheben wollen. So ist etwa unklar, worauf eine solche Klage überhaupt gerichtet wäre. Theoretisch wäre es denkbar, jeden automatisierten Vollzug von Vertragsbedingungen auf Grundlage eines Smart Contracts in gewisser Weise als „schwebend unwirksam“182 zu behandeln bis seine Wirksamkeit durch ein Gericht bestätigt wird. Der Unternehmer hätte dann in jedem Fall nach einer Automatisierung eine Klage auf „Feststellung der Rechtmäßigkeit der Automatisierung“ zu erheben. Auf diese Weise würden die Parteien somit gleichsam in das Gerichtssystem gezwungen. Eine gerichtliche Kontrolle des Smart Contracts würde ihnen somit auf­ gedrängt. Ein solches Konzept von Geschäften, die von den Parteien wirksam vereinbart wurden, zu ihrer Gültigkeit aber einer „Feststellung der Rechtmäßigkeit“ bedürfen, ist dem deutschen Recht jedoch unbekannt. Die mit der Automatisierung verbundenen Vorteile würden durch eine solche Regelung zudem gänzlich zunichte 180

Instruktiv zur Rechtsfigur der Klagelast im Allgemeinen Hau, ZZP 129 (2016), S. 133. In diese Richtung etwa auch Paulus / Matzke, CR 2017, 769 (770); Paulus / Matzke, NJW 2018, 1905 (1910); Blocher, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 113 (129) [Rn. 62]; Hofmann, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 125 (133). 182 Vgl. zur schwebenden Unwirksamkeit von Geschäften, die von einer Genehmigung eines anderen abhängen etwa § 108 Abs. 1, § 177 Abs. 1, § 185 Abs. 1 BGB. 181

B. Empfehlungen zur Adressierung 

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gemacht.183 Der Grundgedanke der Automatisierung würde durch vorgeschriebene nachträgliche Gerichtsverfahren auf seinen Kopf gestellt.184 Ein langwieriges und wegen seiner technischen Natur auch für Gerichte besonders aufwändiges Verfahren185 würde insbesondere auch in eigentlich unproblematisch Fällen stattfinden, in denen weder der Unternehmer noch der Verbraucher eine gerichtliche Kontrolle wünschen. Dem Ziel einer Entlastung der Gerichte würde eine solche Regelung diametral gegenüberstehen. Der Vorschlag allgemein „schwebend unwirksamer“ Smart Contracts erscheint daher äußerst impraktikabel. Es ist vor diesem Hintergrund kaum ersichtlich, wie eine gesetzliche Regelung die Rechtsdurchsetzungslast bei Einsatz von Smart Contracts zurück auf den Unternehmer verschieben soll, der kein Interesse an einer Änderung des bestehenden Zustandes hat. Möglich erscheint allenfalls eine besondere Regelung der Vorfinanzierung (§ 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, § 12 GKG, § 4 GvKostG) in Fällen der Automatisierung, mit der Folge, dass dem Verbraucher durch Smart Contracts nicht das Risiko der Vorfinanzierung des Verfahrens zugeschoben werden kann. Eine derartige Umkehr der Prozessfinanzierung in dem Sinne, dass der Prozess nunmehr vom Unternehmer vorzufinanzieren wäre, würde das Problem jedoch nicht lösen, sondern nur verschieben. Müsste der Beklagte den Prozess vorfinanzieren, so würde dies missbräuchlichen Klagen Tür und Tor öffnen, die lediglich das Ziel verfolgen, dem Unternehmer – wenn ggf. auch nur kurzfristigen – wirtschaftlichen Schaden zuzufügen. Es besteht das Risiko, dass der Kläger (Verbraucher) den Beklagten (Unternehmer) in ein von letzterem vorzufinanzierendes Verfahren zwingt. Der Beklagte kann insofern insbesondere nicht die gleiche Kosten-Nutzen-Analyse vornehmen wie ein Kläger186, sondern ist faktisch gezwungen, sich gegen die Klage zu vertei 183 Vgl. etwa zu der Reduktion von Kosten für die Rechtsdurchsetzung als Vorteil der Automatisierung Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (618 f.); Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1027); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (203); Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1, unter D.; O’Shields, in: North Carolina Banking Institute, Band 21 (2017), S. 177 (183); Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (275, 279); Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (315, 324); Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (122, 127); Borgogno, in: ­DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (291 f.). Zur Reduzierung von Kontrollkosten insofern auch De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 80 f.; Möslein, ZBB 2018, 208 (215); Möslein, ZHR 2019, 254 (263, 288) sowie oben S. 257 ff. 184 Vgl. demgegenüber zur Verringerung der Abhängigkeit von staatlicher Rechtsdurchsetzung als eigentlicher Folge der Automatisierung Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (127, 130); Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (274); Werbach / Cornell, The Promise – and Perils of „Smart Contracts“, 18. 05. 2017; De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 49 ff.; Werbach, The Blockchain and the New Architecture of Trust, 2018, S. 161; Blocher, in: Braegel­mann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 113 (129) [Rn. 62]; Braegelmann / Kaulartz, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 1 (6) [Rn. 16] sowie zu dem Hintergrund ausführlich oben S. 58 ff. 185 Vgl. hierzu noch sogleich unten S. 284 f. 186 Vgl. hierzu eingehend oben S. 124 ff.

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4. Teil: Rechtspolitische Empfehlungen für den Umgang 

digen, solange die erwarteten Kosten unter dem Interesse am Aufrechterhalten des status quo liegen. Die Kostenverteilung des deutschen Zivilprozesses geht daher gezielt von einer Vorfinanzierung derjenigen Partei aus, die die Initiative ergreifen und den status quo ändern will (§ 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, § 12 GKG, § 4 GvKostG). Gleichzeitig steht der obsiegenden Partei aber ein Erstattungsanspruch gegen die unterliegende Partei zu (§ 91 Abs. 1 ZPO). Eine Neuregelung für Fälle der Automatisierung, die dieses System gänzlich auf den Kopf stellt, erscheint daher nicht nur systemwidrig, sondern im Ergebnis auch nicht sinnvoll. b) Einführung einer speziellen Smart Contract-Rechtsschutzversicherung Zur Entlastung des Verbrauchers angesichts des mit der Klägerrolle verbundenen Vorfinanzierungsrisikos ist schließlich an die Einführung einer speziellen Rechtsschutzversicherung für den Einsatz von Smart Contracts zu denken. Das finanzielle Risiko des Verbrauchers eines teuren gerichtlichen Verfahrens könnte hierdurch auf mehrere Personen verteilt werden. Durch den Versicherungsbeitrag einer großen Zahl an Versicherten könnten die Prozesskosten für die wenigen Fällen übernommen werden, in denen ein gerichtliches Verfahren erforderlich wird.187 Die Einführung einer Smart Contract-spezifischen Rechtsschutzversicherung eröffnet zusätzlich die Möglichkeit, dem Verbraucher unter Umständen vor Abschluss eines Smart Contracts beratend zur Seite zu stehen und Expertise in Vorbereitung oder im Laufe eines etwaigen Gerichtsverfahrens anzubieten. Grundsätzlich können Verbraucher selbst entscheiden, ob sie durch den Abschluss einer solchen Rechtsversicherung ihr Vorfinanzierungsrisiko absichern wollen. Aus Sicht des Gesetzgebers stellt sich daher die Frage, ob ein solcher Abschluss einer Rechtsschutzversicherung für Fälle einer Automatisierung gesetzlich vorgeschrieben sein sollte. Eine gesetzliche Regelung würde es unter Umständen sogar möglich machen, dass der Unternehmer verpflichtet würde, einen Teil oder den gesamten Versicherungsbeitrag zu übernehmen. Dieser Versicherungsbeitrag wäre für den Unternehmer in diesem Sinne als zusätzlicher Risikobeitrag anzusehen, der auf dem Missbrauchspotential der vom Unternehmer typischerweise vorgeschlagenen Technologie beruht. Es würde sich dann um notwendige zusätzliche Kosten für das Verwenden eines Smart Contracts zum Schutz des Verbrauchers handeln. Ohne eine entsprechende Verpflichtung müsste der Beitrag in jedem Fall vom Verbraucher bezahlt werden, der schließlich auch von der Versicherung profitieren würde. 187 Vgl. zur Erforderlichkeit gerichtlicher Verfahren trotz Automatisierung etwa Durovic /  Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (77); Durovic, in: Aggarwal /  Eidenmüller / Enriques / Payne / van Zwieten (Hrsg.), Autonomous Systems and the Law, 2019, S. 23 (24): „disputes are still certain to arise“.

B. Empfehlungen zur Adressierung 

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Im Ergebnis sollte der Abschluss einer solchen Rechtsschutzversicherung aber den Parteien selbst überlassen sein. Der Verbraucher sollte selbst entscheiden können, ob er das finanzielle Risiko eines möglichen Prozesses für so hoch hält, dass er eine entsprechende Versicherung abschließen möchte. Das deutsche Recht kennt derzeit keine Fälle, in denen der Abschluss einer Rechtsschutzversicherung zwingend vorgeschrieben wäre. Ein solcher Abschlusszwang würde einen schwerwiegenden Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht der Parteien bedeuten, der sich ohnehin nur in absoluten Ausnahmefällen rechtfertigen ließe.188 Dies gilt insbesondere für eine oben angedachte Zahlungsverpflichtung für den Unternehmer, der durch seinen Mitgliedsbeitrag nicht nur nicht profitiert, sondern sogar mittelbar einen Prozess gegen sich selbst finanziert. c) Empfehlung: Staatliche Empfehlung des Abschlusses einer Rechtsschutzversicherung Der Gesetzgeber bzw. die Bundesregierung sollten den Abschluss einer Rechtsschutzversicherung für Fälle eines automatisierten Vollzugs von Vertragsbedingungen daher zwar nicht gesetzlich vorschreiben, dem Verbraucher einen solchen Abschluss aber deutlich empfehlen. Gerade im Zusammenhang mit dem weitgehend unbekannten Instrument des Smart Contracts können Versicherungen eine wichtige Rolle einnehmen sowohl bei der Übernahme der finanziellen Risiken als auch bei einer umfassenden Beratung über die Chancen und Risiken der Automatisierung vor Abschluss und einer Begleitung und dem Zur-Verfügung-Stellen von Expertise in einem etwaigen gerichtlichen Verfahren nach der Automatisierung. 2. Umgang mit den Beweisschwierigkeiten Zudem wird der Verbraucher bei der Verwendung von Smart Contracts regelmäßig erhebliche Beweisschwierigkeiten haben.189 Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshof muss das Gericht durch den Sachvortrag des Klägers in die Lage versetzt werden, aufgrund des tatsächlichen Vorbringens der Partei zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Bestehen des geltend gemachten Rechts vorliegen.190 Der Ver 188

Allgemein zum Kontrahierungszwangs als Rechtsproblem insbesondere Busche, Privatautonomie und Kontrahierungszwang, 1999, S. 124 ff. 189 Vgl. bereits eingehend oben S. 126 ff. 190 BGH, Beschl. v. 28. 05. 2019  – VI ZR 328/18, NJW 2019, 3236, Rn. 10; Beschl.  v. 26. 03. 2019 – VI ZR 163/17, MDR 2019, 825, Rn. 11; Beschl. v. 25. 09. 2018 – VI ZR 234/17, NJW 2019, 607, Rn. 8; Urt. v. 21. 06. 2018 – IX ZR 129/17, NJW-RR 2018, 1150, Rn. 16; Beschl. v. 14. 03. 2017 – VI ZR 225/16, BeckRS 2017, 109294.

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4. Teil: Rechtspolitische Empfehlungen für den Umgang 

braucher wird typischerweise jedoch nicht über die technische Expertise verfügen wird, um anhand des für ihn unverständlichen Programmcodes dessen Fehlerhaftigkeit, ein Abweichen von der vertraglichen Einigung oder eine sonstige Rechtswidrigkeit nachzuweisen. a) Beweiserleichterungen für den Verbraucher Im Sinne einer verbraucherfreundlichen Behandlung dieser Problematik könnte man grundsätzlich darüber nachdenken, eine bloße Behauptung des Verbrauchers, dass die Automatisierung rechtswidrig gewesen sei, für die Begründung der Klage ausreichen zu lassen. Von dem Verbraucher sollte hingegen keine detaillierte, technische Darstellung verlangt werden, die der er von vornherein nicht selbständig und daher kostengünstig erstellen könnte. Andererseits wird eine solche Behauptung – in Verbindung mit dem vorgelegten Programmcode – das Gericht nur selten in die Lage versetzen, zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen des Rückabwicklungsanspruchs erfüllt sind. Die besondere Problematik besteht insofern darin, dass der Programmcode in der Regel auch für den Richter unverständlich sein wird.191 Auch dieser kann in erster Linie nur die Konsequenzen des Smart Contracts bewerten, eine rechtliche Auseinandersetzung mit dem Programmierten und insbesondere ein Vergleich zwischen dem Programmcode und dem Vereinbarten wird auch dem Gericht aber typischerweise schwerfallen. Insofern hat möglicherweise auch das Gericht entsprechende Einschätzungen von Experten heranzuziehen.192 Nach § 184 S. 1 GVG ist die Gerichtssprache deutsch. Grundsätzlich kann das Gericht daher gem. § 142 Abs. 3 ZPO verlangen, dass von in fremder Sprache abgefassten Urkunden eine Übersetzung beigebracht wird. Dieses Erfordernis kann grundsätzlich auch auf Smart Contracts übertragen werden.193 Insbesondere, wenn es sich indes bei dem Programmcode um die ein-

191

Vgl. zu den besonderen Herausforderungen, die sich aus der Nutzung von Smart Contracts für Gerichte ergeben können, instruktiv auch O’Shields, in: North Carolina Banking Institute, Band 21 (2017), S. 177 (190); Cannarsa, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 102 (111 ff.). 192 Vgl. auch Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1, unter E.II.; Börding / Jülicher /  Röttgen / v. Schönfeld, CR 2017, 134 (139); Fries, AnwBl 2018, 86 (89); Kaulartz / Kreis, in: Braegel­mann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 249 (251 f.) [Rn. 9 ff.]; Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 14. Eher in die Richtung einer Übersetzungspflicht der Parteien hingegen O’Shields, in: North Carolina Banking Institute, Band  21 (2017), S. 177 (190). 193 Vgl. Börding / Jülicher / Röttgen / v. Schönfeld, CR 2017, 134 (139); Kaulartz,  DSRI-TB 2016, S. 1023 (1029); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (204).

B. Empfehlungen zur Adressierung 

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zige verschriftliche Vereinbarung zwischen den Parteien handelt194, könnte eine solche Übersetzung aber als „Auslegung“ einer Parteivereinbarung angesehen werden, die ein Richter grundsätzlich nicht von einem Gutachter verlangen darf. Richtern ist es nach der Maxime iura novit curia („Das Recht kennt der Gerichtshof“) nicht gestattet, zum Zwecke der Klärung rein juristischer Fragen ein Gutachten einzuholen.195 Dies ergibt sich e contrario aus der Regelung des § 293 S. 2 ZPO, nach dem das Gericht bei Ermittlung ausländischer Rechtsnormen nicht auf die von den Parteien beigebrachten Nachweise beschränkt ist, sondern befugt ist, auch andere Erkenntnisquellen zu benutzen und zum Zwecke einer solchen Benutzung das Erforderliche anzuordnen. Diese Regelung wäre nicht erforderlich, wenn das gleiche auch für inländisches Recht gelten würde. In Ermangelung entsprechender Entscheidungen besteht bisher noch keine Klarheit darüber, ob – und wenn ja, in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen – das Gericht vor diesem Hintergrund „Übersetzungen“ des Programmcodes eines Smart Contracts in Auftrag geben darf.196 Wenn das Gericht berechtigt ist, Gutachten über die Bedeutung des der Automatisierung zugrundeliegenden Programmcodes einzuholen und auf diese Weise ein Verständnis von der exakten Funktionsweise, der maßgeblichen Bedingungen und der Wirkungen der Automatisierung zu erlangen, sollte grundsätzlich bereits eine Behauptung einer rechtswidrigen Automatisierung seitens des Verbrauchers ausreichen. Eine detaillierte, technische Darstellung ist dann nicht erforderlich, um das Gericht in die Lage zu versetzen, die Erfüllung gesetzlicher Voraussetzungen zu prüfen. Die Beweisführung des Verbrauchers könnte auf diese Weise deutlich erleichtert werden. b) Vorschlag für einen neuen § 293a ZPO Im Interesse der Rechtssicherheit und in dem Interesse, dem Verbraucher die Beweisführung bei der Verwendung von Smart Contracts zu erleichtern, sollte der Gesetzgeber klarstellend eine Regelung erlassen, nach der Gerichte berechtigt sind, soweit erforderlich Gutachten über die Bedeutung eines der Automatisierung zugrundeliegenden Programmcodes einzuholen. 194 Vgl. etwa Vereinigung der bayrischen Wirtschaft (vbw), Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick, 2017, S. 14; Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 45, der diese Fallgruppe als „echte“ Smart Contracts beschreibt. Ausführlich zur Fähigkeit des Programmcodes auch Willenserklärungen ausdrücken zu können bereits oben S. 192 ff. 195 Vgl. Schütze, Ausgewählte Probleme des internationalen Zivilprozessrechts, 2006, S. 212 f. 196 Allerdings kann auch eine solche Übersetzung unter Umständen fehlerhaft sein, vgl. etwa Mik, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 160 (175); Clément, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (282 f.).

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4. Teil: Rechtspolitische Empfehlungen für den Umgang 

Es wird daher empfohlen, die Zivilprozessordnung, in der Fassung der Bekanntmachung vom 05. 12. 2005 (BGBl. I S. 3202, ber. 2006 I S. 431, 2007 S. 1781), wie folgt zu ändern. Es ist ein neuer § 293a ZPO einzufügen: „Soweit im Falle eines automatisierten Vollzugs von vertraglichen Bedingungen eine Untersuchung des der Automatisierung zugrundeliegenden Programmcodes erforderlich ist, ist das Gericht befugt, das Erforderliche anzuordnen, um sich in die Lage zu versetzen, zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen des geltend gemachten Rechts erfüllt sind.“

IV. Risiko 4: Inflexibilität Smart Contracts folgen einer formalen Logik, die vollständig definiert und eindeutig ist und voraussetzt, dass alle für die Automatisierung maßgeblichen Faktoren im Programmcode bestimmt sind.197 Diese Formalisierung führt jedoch zu einer Inflexibilität, die besondere Risiken für den Verbraucher begründen kann.198 So ist der Computer auf eine mechanische, logische Subsumtion beschränkt und kann eine etwaig notwendige wägende Subsumtion gerade nicht leisten.199 Pro­ bleme bereiten vor diesem Hintergrund insbesondere die mangelnde Fähigkeit des Smart Contracts Regelungen mit Hinblick auf die konkreten Umstände des Einzelfalls auszulegen, um auf diese Weise Einzelfallgerechtigkeit herzustellen. Zudem bereitet die Abbildung unbestimmter Rechtsbegriffe erhebliche Schwierigkeiten. Durch Smart Contracts geht den Parteien insofern eine Flexibilität verloren, von der sie in traditionellen Verträgen in vielfacher Hinsicht profitieren. Probleme bereiten dabei vor allem die mangelnde Berücksichtigung konkreter Umstände, die eingeschränkte Möglichkeit der Korrektur von Fehlern im Programmcode und unter Umständen erforderliche Nichtigkeit oder Löschung von Transaktionen. Die formalistische Sprache des Smart Contracts läuft daher Gefahr, wegen ihres Determinismus dem Verbraucher der Vorteile einer flexiblen Handhabung der Vereinbarung zu berauben.

197 Vgl. etwa Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (325); Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band  166 (2017), S. 263 (277, 291); ­Gatteschi / L amberti / Demartini, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 37 (55); Cannarsa, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 102 (106); Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (120). Allgemein zu formaler Sprache auch Raabe / Wacker / Oberle / Baumann / Funk, Recht ex machina, 2012, S. 70. 198 Vgl. ausführlich oben S. 154 ff. 199 Vgl. M. Engel, JZ 2014, 1096 (1098).

B. Empfehlungen zur Adressierung 

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1. Bestehende Ansätze für mehr Flexibilität bei Einsatz von Smart Contracts Vor diesem Hintergrund stellt sich zunächst die Frage, inwiefern die traditionellen Vorteile der Flexibilität200 dennoch auch bei Smart Contracts zumindest teilweise aufgegriffen werden können. Allerdings ist in diesem Zusammenhang zunächst zu beachten, dass die Parteien sich bewusst für den Einsatz eines Smart Contracts entschieden haben – in dem Bewusstsein, dass sie dadurch Abstriche in Hinblick auf Flexibilität machen müssen. Der Verbraucher stimmt der Automatisierung gerade zu und nimmt damit die Inflexibilität zugunsten der Effizienzvorteile bewusst in Kauf. So soll durch die Automatisierung etwa ein Vertragsbruch gerade gezielt ausgeschlossen werden – also selbst dann, wenn eine Situation auftreten sollte, in der ein effizienter Vertragsbruch möglich erschiene.201

a) Paradox eines Smart Contracts mit menschlicher Entscheidung Die nächstliegende Lösung für das Problem einer Verlängerung der Vertragsverhandlungen wegen des zwingenden Verzichts auf unbestimmte Rechtsbegriffe und Generalklauseln wäre die Verbindung des Smart Contracts mit der Entscheidung eines Menschen im Einzelfall.202 Auf diese Menschen könnten dann etwa Entscheidungen über das Vorliegen etwaiger unbestimmter Rechtsbegriffe ausgelagert werden, die eigentlich im Programmcode des Smart Contracts nicht dargestellt werden können.203 In gleicher Weise könnte eine dazwischengeschaltete urteilende Instanz

200

Vgl. ausführlich oben S. 165 ff. Vgl. hierzu eingehend oben S. 173 ff. 202 Vgl. zum Einsatz von Menschen als Oracles etwa Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1035); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (206); Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (624); Werbach /  Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (375); De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 75; Heckelmann, NJW 2018, 504 (508); Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 25; Blocher, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 113 (125 f.) [Rn. 48]; Hacke, in: Aggarwal / Eidenmüller /  Enriques / Payne / van Zwieten (Hrsg.), Autonomous Systems and the Law, 2019, S. 17 (19); ­Möslein, ZHR 2019, 254 (269); De Caria, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 19 (31); Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (74); Tjong Tjin Tai, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 80 (83 f.). 203 Vgl. Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (375); De Filippi /  Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 75; Frankenreiter, in: Journal of Institutional and Theoretical Economics 175 (2019), S. 149 (157). Zu den Problemen der Formalisierung unbestimmter Rechtsbegriffe ausführlich oben S. 162 ff. 201

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4. Teil: Rechtspolitische Empfehlungen für den Umgang 

auch etwa über die Wirksamkeit der zu automatisierenden Regelungen oder der Automatisierung selbst entscheiden.204 Würde allerdings die Ausführung des Smart Contracts jeweils eine menschliche Entscheidung im konkreten Einzelfall voraussetzen, würde hierdurch einer der Grundgedanken der Automatisierung – die Garantie und Beschleunigung der Ausführung durch Ausschließen menschlicher Verhinderungshandlungen205 – weitgehend ad absurdum geführt.206 Von einer Automatisierung kann kaum gesprochen werden, wenn für die Ausführung doch menschliche Ausführungshandlungen bzw. Entscheidungen vorausgesetzt werden. Auch die Vision einer technischen Garantie der Vertragserfüllung207 würde lediglich in der Theorie bestehen, wenn die Vertragserfüllung trotz Einsatz eines Smart Contracts von der Entscheidung eines Dritten208, einer Gruppe ausgewählter Juroren209, eines staatlichen Gerichts210 204 Vgl. etwa Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1035); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (206); Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (624). 205 Vgl. zum Loslösen von menschlichen Entscheidungen etwa Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1, unter A.; Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (618); Mik, in: Innovation & Technology, Band 9 (2017), S. 269 (Manuskript, S. 10); Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (306, 316); Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (120, 126 f., 129); Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 26; Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (73); Clément, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (271); ­Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (291) ausführlich oben S. 31 ff. 206 In diese Richtung wohl auch Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (624); De Caria, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 19 (31); Durovic / Janssen, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (73). 207 In die Richtung einer Erfüllungsgarantie etwa Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (620); Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1027); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (203); Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (306, 316); Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (275); Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (332); Heckelmann, NJW 2018, 504 (504); Mik, in: Innovation & Technology, Band 9 (2017), S. 269 (Manuskript, S. 10); DiMatteo / Cannarsa / Poncibò, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 3 (4); Clément, in: DiMatteo / Cannarsa /  Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (271). 208 Vgl. etwa Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (375); Tjong Tjin Tai, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 80 (84). 209 Vgl. ausführlich zu dieser Überlegung Hacke, in: Aggarwal / Eidenmüller / Enriques /  Payne / van Zwieten (Hrsg.), Autonomous Systems and the Law, 2019, S. 17 (19 f.). 210 Vgl. etwa Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (624); Simmchen, MMR 2017, 162 (164) („staatliche Justizschnittstelle“); Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (74).

B. Empfehlungen zur Adressierung 

289

oder gar einer Vertragspartei abhinge. Jegliche Effizienzvorteile, die man sich einer Smart Contracts-basierten Automatisierung versprechen könnte, würden durch derartige zwischengeschaltete Entscheidungen zunichte gemacht, da sie Gefahr laufen, das Verfahren erheblich in die Länge zu ziehen. Durch die Automatisierung soll eine Beteiligung eines Menschen und die Möglichkeit einer Manipulation gerade ausgeschlossen werden. Ein Smart Contract, dessen Ausführung von einer menschlichen Entscheidung abhängig gemacht wird, stellt insofern ein Paradox dar. b) Flexibilität im Rahmen der Durchsetzung durch gemeinsames Stoppen („Hintertür“) Ein Durchsetzungsverzicht211 kann indes durch eine Programmierung erreicht werden, nach der die Automatisierung des Smart Contracts gestoppt werden kann, wenn beide bzw. alle Parteien zustimmen.212 Eine solche Möglichkeit, den Smart Contract nachträglich gemeinsam anzuhalten, müsste dabei explizit im Programmcode vorgesehen sein.213 Anders als ein Recht jeder Partei, die Ausführung des Smart Contracts zu stoppen, würde hierdurch das Ziel einer garantierten Vertragsausführung nicht von vornherein konterkariert. So wird praktisch ein Durchsetzungsverzicht des Gläubigers ermöglicht, denn der Schuldner wird einem Verzicht auf die Durchsetzung des gegen ihn gerichteten Anspruchs regelmäßig zustimmen. Zumindest erhalten die Parteien auf diese Weise die Chance, sich auf eine flexiblere Durchsetzung zu verständigen. 211

Vgl. zu Flexibilität im Rahmen der Durchsetzung als Vorteil für die Parteien etwa K. Levy, in: Engaging Science, Technology and Society, Band 3 (2017), S. 1 (9 f.) („strategic nonenforcement“); Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (277 f., 284 ff.) („enforcement flexibility“); Finck, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 1 (9) („Vollzugsermessen“); Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 27; Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (292) sowie oben S. 167 f. 212 In die Richtung einer solchen „Reißleine“ auch etwa Blocher, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 113 (125 f.) [Rn. 48]; Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (76); Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 208 f. jedoch jeweils ohne die (ausdrückliche) Beschränkung auf ein gemeinsames Handeln. 213 Vgl. etwa Sklaroff, in: University of Pennsylvania Law Review, Band 166 (2017), S. 263 (291 f.); De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 75; Finck, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 1 (7); Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 24 f.; Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (74, 76); Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (126); Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts, 2020, S. 208 f.

290

4. Teil: Rechtspolitische Empfehlungen für den Umgang 

2. Gebotenheit eines gesetzgeberischen Eingreifens? Vor diesem Hintergrund ist es theoretisch möglich, durch die Verbindung des Smart Contracts mit einer menschlichen Entscheidung einen gewissen Grad an Flexibilität zu erhalten.214 Andererseits würden hierdurch wesentliche Effizienzvorteile der Automatisierung im Ergebnis zunichte gemacht. Dennoch stellt sich die Frage, ob der Gesetzgeber das Interesse an Einzelfallgerechtigkeit, also an der Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls, für so groß hält, dass er de lege ferenda zum Schutz des Verbrauchers vor einer schwerwiegenden Veränderung von Umständen und unzumutbaren Leistungen ein Recht auf Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls, also im Ergebnis ein Recht auf eine menschliche Entscheidung, regelt.215 Im Ergebnis würde der Gesetzgeber durch eine solche Regelung aber seine Einschätzung an die Stelle derjenigen der Parteien setzen. Die Parteien entscheiden sich gerade für die Verwendung von Programmcode und nehmen dafür ein gewisses Maß an Inflexibilität bewusst in Kauf. Nicht zuletzt kann die Eindeutigkeit des Programmcodes auch durchaus zu Vorteilen führen.216 Die Frage, ob eine menschliche Entscheidung im Einzelfall erforderlich, sinnvoll und zweckmäßig ist, sollte daher den Vertragsparteien überlassen bleiben. Wenn die Parteien die mit der Automatisierung verbundenen Effizienzvorteile für bedeutender halten als eine Berücksichtigung der konkreten Umstände, so ist diese privatautonome 214

Vgl. zum Einsatz von Menschen als Oracles etwa Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1035); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (206); Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (624); Werbach /  Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (375); De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 75; Heckelmann, NJW 2018, 504 (508); Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 25; Blocher, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 113 (125 f.) [Rn. 48]; Hacke, in: Aggarwal / Eidenmüller /  Enriques / Payne / van Zwieten (Hrsg.), Autonomous Systems and the Law, 2019, S. 17 (19); ­Möslein, ZHR 2019, 254 (269); De Caria, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 19 (31); Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (74); Tjong Tjin Tai, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 80 (83 f.). 215 Vgl. im Sinne einer Verpflichtung zu einer Justizschnittstelle etwa Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (624). 216 Vgl. etwa Börding / Jülicher / Röttgen / v. Schönfeld, CR 2017, 134 (138); Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (323 ff.); Savelyev, in: Information & Communications Technology Law, Band 26 (2017), S. 116 (125); Jacob, in: Aggarwal / Eidenmüller / Enriques / Payne / van Zwieten (Hrsg.), Autonomous Systems and the Law, 2019, S. 3 (3); DiMatteo / Cannarsa / Poncibò, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 3 (6 f.); Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (76); Cannarsa, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 102 (106 f., 111).

C. Smart Contract-freundliche Regelungen de lege ferenda?

291

Entscheidung grundsätzlich zu respektieren.217 Es besteht kein Grund dafür, geschäftsfähige Parteien generell vor risikoreichen Entscheidungen zu schützen. Die Parteien nehmen mögliche Abstriche hinsichtlich der Berücksichtigung konkreter Umstände gerade bewusst in Kauf, wenn sie sich für eine Automatisierung mithilfe eines Smart Contracts entscheiden. Ein Durchbrechen dieser Entscheidung durch eine gesetzliche Anordnung einer menschlichen Entscheidung würde den Zweck des Smart Contracts als Ganzes zunichte machen und damit im Ergebnis fast einem Verbot von Smart Contracts gleichkommen. Der Gesetzgeber sollte daher hier nicht korrigierend eingreifen.

C. Smart Contract-freundliche Regelungen de lege ferenda? Durch die angesprochenen Empfehlungen können spezifische Risiken einer Automatisierung angemessen adressiert werden. Der Einsatz von Smart Contracts – und damit möglicherweise die volle Entfaltung ihres Potentials – wird indes dennoch durch die bestehenden gesetzlichen Regelungen begrenzt.218 De lege lata stellt insbesondere ein Smart Contract, der den Zugriff auf eine Sache im Fall des Zahlungsausfalls automatisiert, grundsätzlich eine verbotene Eigenmacht (§ 858 Abs. 1 BGB) dar.219 Nur wenn der Verbraucher als Besitzer der Sache der Besitzstörung im Moment der Automatisierung zustimmt, ist eine durch einen Smart Contract automatisierte Zugangs- oder Nutzungssperre rechtmäßig. Der Verbraucher ist dabei gerade nicht an sein bei Vertragsschluss gegebenes Einverständnis gebunden, sondern kann seine Zustimmung bei der Automatisierung verweigern. 217

Vgl. zur grundsätzlichen Zulässigkeit der Entscheidung zur Verwendung von Smart Contracts aufgrund der Vertragsfreiheit etwa Möslein, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 81 (82 f.) [Rn. 3 ff.]; Möslein, ZHR 2019, 254 (266 ff.); ­Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (126) sowie ausführlich oben S. 178 ff. 218 Vgl. etwa Kaulartz, DSRI-TB 2016, S. 1023 (1034 f.); Kaulartz, InTeR 2016, S. 201 (206); Kaulartz / Heckmann, CR 2016, 618 (623); Djazayeri, in: jurisPR-BKR 12/2016, Anm. 1, unter E.II.; Heckelmann, NJW 2018, 504 (509); Fries, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 211 (212 f.) [Rn. 7]; Riehm, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 99 (99, 100, 102) [Rn. 1, 3, 8]; Möslein, ZBB 2018, 208 (218); Möslein, ZHR 2019, 254 (266, 270, 289); De Caria, in: DiMatteo /  Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 19 (26); Poncibò / DiMatteo, in: DiMatteo / Cannarsa /  Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 118 (121); Clément, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 271 (272 f., 277 f., 284); Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (289). 219 Vgl. ausführlich oben S. 223 ff.

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4. Teil: Rechtspolitische Empfehlungen für den Umgang 

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob dem Gesetzgeber zu raten ist, de lege ferenda eine gesetzliche Regelung zu finden, die einen Einsatz derartiger Smart Contracts im beiderseitigen Interesse der Parteien ermöglicht.220

I. Differenzierte Regelung statt Bevormundung? Der Gesetzgeber hätte insofern grundsätzlich die Möglichkeit eine Smart Contract-freundliche differenzierte Regelung zu finden, die eine bindende Parteivereinbarung – und damit entsprechende Sicherungsgeschäfte – zulässt.221 Durch die bestehende gesetzliche Regelung des § 858 BGB werden Smart Contract, die den Zugriff auf eine Sache im Fall des Zahlungsausfalls automatisieren, faktisch ausgeschlossen: Selbst wenn sich die Parteien selbstbestimmt auf eine solche Automatisierung einigen, wäre de lege lata ein vorheriges Einverständnis des Verbrauchers in die automatisierte Besitzstörung nicht bindend und daher faktisch wirkungslos.222 Sofern der Verbraucher nicht an sein vorheriges Einverständnis gebunden ist, kommt es nur auf den natürlichen Willen im Moment der Automatisierung an. Stimmt der Verbraucher der Besitzstörung also in diesem Moment nicht zu, so ist die Automatisierung rechtswidrig. Die Automatisierung würde auf diese Weise ihrer Grundlage entzogen. Der Unternehmer wird einer Vereinbarung aber nicht zustimmen, die zu eigenen Pflichten führt, aber gleichzeitig eine Willensänderung der anderen Partei zulässt. Die bestehende Regelung steht damit im Ergebnis einer Bevormundung der Parteien gleich. Die Vereinbarung einer automatisierten Zugangs- oder Nutzungssperre kann jedoch durchaus im Interesse beider Parteien, insbesondere des direkt betroffenen Verbrauchers, liegen.223 So kann die erhöhte Sicherheit einer sofortigen Nutzungssperre sich mittelbar positiv für den Verbraucher auswirken, insbesondere, wenn sie zum Anlass genommen wird, den Zinssatz zu senken oder überhaupt einen Kredit zu vergeben. Es liegt daher nicht fern, dass sich die Parteien selbstbestimmt und im vollen Bewusstsein der Risiken auf die Verwendung eines Smart Contracts zur Automatisierung einer Zugangs- oder Nutzungssperre an Sachen des Verbrauchers einigen würden. Durch die bestehende Rechtslage, die dem Verbraucher im Ergebnis eine Entscheidung über die Rechtswidrigkeit der Automatisierung zugesteht, wird der Unternehmer typischerweise aber von einer solchen Gestaltung absehen – selbst, wenn sie eigentlich im beiderseitigen Interesse liegen würde. 220

Umgekehrt für eine klare gesetzliche Regelung gegen derartige Smart Contracts hingegen Timmermann, Legal-Tech Anwendungen, 2020, S. 311. 221 In diese Richtung für Anwendungen im Bereich der Sharing Economy etwa Paulus /  Matzke, CR 2017, 769 (776 f.). 222 Vgl. ausführlich oben S. 235 ff. 223 Vgl. etwa Paulus / Matzke, CR 2017, 769 (776 f.). Zu den potentiellen Vorteilen einer Automatisierung für den Verbraucher ausführlich oben S. 251 ff.

C. Smart Contract-freundliche Regelungen de lege ferenda?

293

Durch eine neue Regelung könnte der Gesetzgeber indes einen solchen Smart Contract grundsätzlich ermöglichen, ihre Zulässigkeit aber gegebenenfalls an zusätzliche Bedingungen knüpfen. So könnte die Bindung des Verbrauchers an seine vorherige Zustimmung etwa direkt davon abhängig gemacht werden, dass der Besitzer aufgrund des besonders belastenden Sicherungsmechanismus im Gegenzug tatsächliche Vorteile wie einen günstigeren Zinssatz erhält. In gewisser Weise würde durch eine solche Regelung der Gedanke des widersprüchlichen Verhaltens (venire contra factum proprium) aufgegriffen: Erhält der Verbraucher aufgrund seines Versprechens, einer Besitzstörung zuzustimmen, bestimmte Vorteile, kann es unter Umständen gem. § 242 BGB rechtsmissbräuchlich sein, wenn er seine Zustimmung im entscheidenden Moment zurückhält.224 In der Neuregelung könnte der Gesetzgeber überdies zwischen besonders schutzwürdigen Wohnungsmietverhältnissen und ggf. weniger schutzwürdigen Finanzierungskäufen von Fernseh­geräten unterscheiden und so eine differenzierte Regelung treffen. Paulus / Matzke weisen zudem auf die möglicherweise veränderte Abwägungssituation bei Anwendungen im Rahmen der Sharing Economy, d. h. einer nur kurzfristiger Gebrauchsüberlassungen, im Vergleich zu langfristigen Wohnungsmietverträgen hin.225

II. Bindung an die Einwilligung als Systembruch Andererseits würde eine derartige gesetzliche Regelung einen Systembruch darstellen. Würde eine antizipierte Einwilligung in die Besitzstörung de lege ferenda in bestimmten Fällen bindend sein, so wäre kaum noch verständlich, warum ansonsten der tatsächliche Wille maßgeblich sein soll. Die Einwilligung in die Besitz­störung würde – systemwidrig – einem Rechtsgeschäft angenähert. Das Besitzrecht baut fundamental auf dem Verständnis des Besitzes als tatsächlichem Verhältnis zu einer Sache226 auf und hält daher für die Einwilligung in die Besitzstörung – ebenso wie für die Besitzbegründung und -aufgabe227 – den tatsächlichen Willen für maß 224

Vgl. hierzu bereits ausführlich oben S. 370 ff. Paulus / Matzke, CR 2017, 769 (776 f.). 226 Vgl. in diesem Sinne etwa Westermann / Gursky / Eickmann, Sachenrecht, 8. Aufl. 2011, § 7 Rn. 1, 8 [S. 82, 85 ff.]; Lorenz, in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2015, Vorb. vor § 854, Rn. 1; ­Gutzeit, in: Staudinger-BGB, Buch 3: Sachenrecht, Einleitung zum Sachenrecht, §§ 854– 882, 2018, Vorb. vor § 854 BGB, Rn. 35; Prütting, Sachenrecht, 36. Aufl. 2017, Rn. 43, 49 [S. 18, 20]. 227 Vgl. etwa Gutzeit, in: Staudinger-BGB, Buch 3: Sachenrecht, Einleitung zum Sachenrecht, §§ 854–882, 2018, § 854 BGB, Rn. 17 bzw. § 856 BGB, Rn. 10; Wieling, Sachenrecht I, 1990, § 4 I 1 b)  cc)  [S. 136] bzw. § 4 III 2a [S. 154]; Baur / Stürner, Sachenrecht, 18. Aufl. 2009, S. 72 f. [§ 7 Rn. 26]; Lorenz, in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2015, § 854, Rn. 10 bzw. § 856 Rn. 3; Prütting, Sachenrecht, 36. Aufl. 2017, Rn. 55 [S. 22]; Joost, in: MüKo-BGB, Band 7, 7. Aufl. 2017, § 854 BGB, Rn. 9; Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (90).

225

294

4. Teil: Rechtspolitische Empfehlungen für den Umgang 

geblich.228 Eine differenzierte Lösung ist insofern daher kaum denkbar: Entweder bindet eine antizipierte Einwilligung in die Besitzstörung den Besitzer oder der tatsächliche Wille im Moment der Besitzstörung ist maßgeblich. Für eine Sonderbehandlung bestimmter aus Sicht des Gesetzgebers besonders förderungswürdiger Fälle besteht dabei kein Raum. Eine entsprechende Smart Contract-freundliche Neuregelung würde indes nicht nur diesem zentralen Prinzip des Besitzrechts widersprechen, sondern sich auch in einen erheblichen Gegensatz zum Gedanken des Ausschlusses von Selbstjustiz setzen.229 Die bestehende Rechtslage beschränkt faktisch in gewisser Weise das Selbstbestimmungsrecht der Parteien. Die derzeitige Regelung der verbotenen Eigenmacht nach § 858 BGB bzw. die fehlende Bindungswirkung einer antizipierten Einwilligung beruht indes nicht auf dem Gedanken des Verbraucherschutzes, der eine Bevormundung nicht rechtfertigen würde. Vielmehr beruht der faktische Ausschluss einer automatisierten Zugangs- oder Nutzungssperre auf dem staatlichen Gewaltmonopol.230 Eine Automatisierung, die den Verbraucher aus seiner Mietwohnung aussperrt oder eine Nutzung eines Fahrzeugs verhindert, stellt einen schwerwiegenden Eingriff in den Besitz des Verbrauchers dar. Der Unternehmer kann diese Automatisierung indes gerade nach seinen Vorstellungen gestalten.231 Er wird damit potentiell in die Lage versetzt, die Durchsetzung vertraglicher Regelungen selbst durch die Automatisierung zu regeln. Ein auf diese Weise unter Umstände entstehendes privat geregeltes Rechtsdurchsetzungsregime durch Automatisierung steht jedoch in einem grundlegenden Widerspruch zur Skepsis des Staates vor der Selbstjustiz und dem daraus folgenden Verzicht auf private Gewalt.232 Riehm betont, dass der automatisierte Selbstvollzug des Smart Contracts gegen das dem Recht der verbotenen Eigenmacht zugrunde liegende Prinzip verstoße233, „dass die zur Wahrung des Rechtsfriedens eingerichteten staatlichen Behörden nicht durch Vereinbarung ausgeschaltet werden dürften“234. Eine Privilegierung der Automatisierung würde daher eine Durchbrechung des Gewaltmonopols zu-

228

Vgl. Müller / Gruber, Sachenrecht, 2016, Rn. 293; Westermann / Gursky / Eickmann, Sachenrecht, 8. Aufl. 2011, § 21 Rn. 4 [S. 153]; Gutzeit, in: Staudinger-BGB, Buch 3: Sachenrecht, Einleitung zum Sachenrecht, §§ 854–882, 2018, § 858 BGB, Rn. 18; Lorenz, in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2015, § 858 Rn. 6; Joost, in: MüKo-BGB, Band 7, 7. Aufl. 2017, § 858 BGB, Rn. 7; Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (90); a. A. Prütting, Sachenrecht, 36. Aufl. 2017, Rn. 109 [S. 41]; Mittenzwei, MDR 1987, 883 (884) [aufgrund des Schutzes Minderjähriger]. 229 So im Ergebnis wohl auch Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (97 f.). 230 Vgl. etwa Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (89) sowie zum staatlichen Gewaltmonopol als Hintergrund der originären Grenzen einer privaten automatisierten Rechtsdurchsetzung ausführlich oben S. 216 ff. 231 Vgl. ausführlich oben S. 73 ff. bzw. S. 109 ff. 232 Vgl. ausführlich oben S. 98 ff. sowie S. 216 ff. 233 Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (98). 234 RG, Urt. v. 08. 12. 1903 – VII 321/03, RGZ 56, 182 (184).

C. Smart Contract-freundliche Regelungen de lege ferenda?

295

gunsten eines Instruments bedeuten, das gezielt einen sehr einfachen Weg für eine selbstgeregelte Durchsetzung vertraglicher Bestimmungen ermöglichen soll.235 Vor diesem Hintergrund ist auch zu berücksichtigen, dass Verträge, die ein Zugriffsrecht auf Sachen ohne Automatisierung vorsehen und daher in ihrer Wirkung vergleichbar sind, bereits seit Jahren möglich sind, der Gesetzgeber aber keine entsprechende privilegierende Regelung getroffen hat. So werden beispielsweise in den Vereinigten Staaten sog. starter interrupt devices eingesetzt, um das Starten des Fahrzeugs von der Zahlung abhängig zu machen.236 Während derartige Gestaltungen aber nach US-amerikanischem Recht aber unter gewissen Voraussetzungen grundsätzlich zulässig sind, wenn sich der Kredit­ nehmer im Zahlungsverzug befindet (§ 9–609 Uniform Commercial Code)237, hat das deutsche Recht in § 858 BGB eine andere Regelung gefunden. Ohne ein gerichtliches Verfahren kann eine Besitzstörung – abgesehen von stark begrenzten Ausnahmefällen wie § 229 BGB – nur durch Zustimmung des Besitzers gerechtfertigt werden. Obwohl der Einsatz von starter interrupt devices sich durchaus zum Vorteil des Besitzers auswirken238 und daher im beiderseitigen Interesse der Parteien liegen kann, hat der Gesetzgeber für diese Fälle keine privilegierende Regelung geschaffen. Es besteht daher auch kein Grund, eine in der Wirkung ähnliche Automatisierung – bei der der Besitzer wegen der weiteren besonderen Risiken der Automatisierung sogar noch in erhöhtem Maße schutzwürdig ist – im Ergebnis anders zu behandeln und eine Smart Contract-freundliche Regelung de lege ferenda zu erlassen. Schließlich würde eine differenzierte Neuregelung zu praktischen Problemen in der Umsetzung führen. Eine Regelung etwa, die die Bindungswirkung der Einwilligung – im Ergebnis also die Zulässigkeit der automatisierten Zugangs- oder Nutzungssperre – von einer Zinserleichterung oder sonstigen Vorteilen abhängig machen würde, würde erhebliche Beweisschwierigkeiten hervorrufen. So wäre gerichtlich zu klären, welchen Zins die Parteien ohne eine Automatisierung vereinbart hätten und ob die Erleichterung tatsächlich in einem Kausalverhältnis zur Vereinbarung der automatisierten Sperre steht. Diese Fragen würden neben die traditionellen Beweisschwierigkeiten in Zusammenhang mit Smart Contracts tre-

235

Vgl. zum Hintergrund der Entwicklung von Smart Contracts ausführlich oben S. 58 ff. Zum Vergleich zwischen diesen starter interrupt devices und Smart Contracts etwa ­Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (308, 329 ff.); Möslein, ZBB 2018, 208 (219 f.). Matzke, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 99 (101). Zu starter interrupt devices im Allgemeinen zudem Hudson / L audicina, in: The Business Lawyer, Band 2 (2006), S. 843 (846); Corkery / Silver-Greenberg, in: The New York Times – Dealbook, 24. 09. 2014; Hudson, in: Auto Dealer Today Magazine, 22. 08. 2006. 237 Vgl. etwa Raskin, in: Georgetown Law Technology Review, Band 1 (2017), S. 305 (332). 238 Vgl. Hudson / L audicina, in: The Business Lawyer, Band 2 (2006), S. 843 (846); Corkery /  Silver-Greenberg, in: The New York Times – Dealbook, 24. 09. 2014; Hudson, in: Auto Dealer Today Magazine, 22. 08. 2006. 236

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4. Teil: Rechtspolitische Empfehlungen für den Umgang 

ten.239 Im Ergebnis würde eine derart komplexe Regelung ein gerichtliches Verfahren erheblich in die Länge ziehen und damit am Ende den Verbraucher belasten, der bis zur Entscheidung die unmittelbaren Folgen der Automatisierung zu ertragen hat.

III. Empfehlung: Keine Neuregelung de lege ferenda Dem Gesetzgeber ist daher zu empfehlen, keine Smart Contract-freundliche Neuregelung zu erlassen, die einen Einsatz von Smart Contracts, die den Zugriff auf eine Sache im Fall des Zahlungsausfalls automatisiert, ermöglicht. In diesem Zusammenhang ist aber auch zu berücksichtigen, dass die bestehende gesetzliche Regelung, der zufolge eine vorherige Zustimmung in den Besitzstörung für den Besitzer nicht bindend ist, die Vereinbarung eines automatisierten Zugriffsrechts nicht zwingend ausschließt. Vielmehr wäre es möglich, dass die Parteien vereinbaren, dass eine spätere Willensänderung des Verbrauchers / Besitzers zu vertraglichen Schadensersatzansprüchen führt. Die Verweigerung der Zustimmung im Moment der Automatisierung würde in diesem Fall zwar weiterhin zu einer verbotenen Eigenmacht des Unternehmers nach § 858 BGB führen, dem Unternehmer stünden dann aber entsprechende vertragliche Ansprüche gegen den Verbraucher zu. Indes müssten diese Ansprüche das erhebliche Risiko einer wegen der Willensänderung rechtswidrigen Automatisierung – infolge der der Unternehmer die Gerichtskosten zu tragen hätte und die Automatisierung zurückabgewickelt werden müsste  – für den Unternehmer ausgleichen. Derartige Verträge dürften daher praktisch eher selten vorkommen.

D. Staatlicher Einsatz von Smart Contracts zum Schutz des Verbrauchers   Grundsätzlich entscheiden die Parteien einer Vereinbarung, ob zwischen ihnen bestehende vertragliche Rechte mittels eines Smart Contracts automatisiert erfüllt bzw. durchgesetzt werden sollen.240 Der Einsatz von Smart Contracts ist insofern Ausfluss der Privatautonomie, Smart Contracts selbst sind gleichsam der verlängerte Arm der Vertragsfreiheit.241 Smart Contracts sind aber nicht notwendigerweise auf einen freiwilligen Einsatz durch Private beschränkt. Unter Umständen kann der Staat den Einsatz der Smart Contracts-Technologie in privaten Rechtsbeziehungen gesetzlich anordnen.242 Der 239

Vgl. bereits oben S. 126 ff. Vgl. zur Vertragsfreiheit als Grundlage des automatisierten Vertragsvollzugs oben S. 178 ff. 241 Vgl. zu diesem Hintergrund der Entwicklung ausführlich oben S. 57 ff. 242 Ausführlich zur Nutzung von Blockchain und Smart Contracts zu Regulierungszwecken De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 193 ff. 240

D. Staatlicher Einsatz von Smart Contracts zum Schutz des Verbrauchers    

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Fokus einer rechtlichen Diskussion von Smart Contracts verschiebt sich dann von den Risiken und Problemen einer privaten Gestaltung von Smart Contracts hin zu den Chancen einer gesetzlich angeordneten Automatisierung von vertraglichen Rechten.

I. Gesetzlich vorgeschriebene automatisierte Durchsetzung von Verbraucherrechten Der Gesetzgeber wird sich die Frage stellen, ob die Automatisierung in manchen Bereichen zum Erreichen gesetzgeberischer Ziele sinnvoll und zweckmäßig ist. Nicht zuletzt wird er sich daher mit einer Automatisierung von bestehenden Verbraucherrechten beschäftigen.243 1. Äußerungen der Regierungsparteien und des Bundesrates Die Regierungsparteien der 19. Legislaturperiode, die Christlich Demokra­ tische Union (CDU), die Christlich Soziale Union (CSU) und die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), haben das Potential von Smart Contracts für die Stärkung von Verbraucherrechten bereits erkannt. So haben sie folgendes im Koalitionsvertrag vereinbart: „Wir erleichtern Verbraucherinnen und Verbrauchern die Rechtsdurchsetzung durch Digitalisierung, insbesondere bei smart contracts. Deshalb werden wir die Entwicklung der automatischen Vertragsentschädigung fördern und rechtssicher gestalten.“244 In ein konkretes Gesetzgebungsvorhaben mündete diese Vereinbarung zwar nicht, in ihrer Blockchain-Strategie erneuerte die Bundesregierung jedoch ihren Willen, durch die blockchain-basierte Durchsetzung von Rechten ohne zentrale Instanz den Verbraucherschutz zu stärken.245 Für den konkreten Anwendungsfall der Durchsetzung von Fluggastrechten nach der Fluggastrechteverordnung EG 261/2004246 hat auch der Bundesrat die Bun 243

Vgl. etwa Fries, in: Braegelmann / Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 211 (215 f.) [Rn. 16 f.]; Finck, Blockchain Regulation and Governance in Europe, 2019, S. 26; Fries, in: Aggarwal / Eidenmüller / Enriques / Payne / van Zwieten (Hrsg.), Autonomous Systems and the Law, 2019, S. 13 (13 ff.). 244 CDU / CSU / SPD, Koalitionsvertrag: Ein neuer Aufbruch für Europa Eine neue Dynamik für Deutschland Ein neuer Zusammenhalt für unser Land, 19. Legislaturperiode, S. 124 [Zeile 5825 ff.]. 245 Vgl. Bundesregierung, Blockchain-Strategie der Bundesregierung – Wir stellen die Weichen für die Token-Ökonomie, 18. 09. 2019, Ziff. 2.10 [S. 12]. 246 Vgl. zu Fluggastrechten als Anwendungsfall für Smart Contracts auch etwa Fries, AnwBl 2018, 86 (88); Guggenberger, in: FAZ Einspruch, 02. 05. 2018; Hofmann, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 125 (126); Fries, in: Aggarwal / Eidenmüller / Enriques / Payne / van Zwieten (Hrsg.), Autonomous Systems and the Law, 2019, S. 13 (16); Möslein, ZHR 2019, 254 (262); Durovic / Janssen, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 61 (64); Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (297 f.).

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4. Teil: Rechtspolitische Empfehlungen für den Umgang 

desregierung aufgefordert, „zu prüfen, ob über freiwillige Selbstverpflichtungen der Branche hinaus auch durch gesetzliche Maßnahmen – etwa hinsichtlich der Automatisierung des Entschädigungsverfahrens – echte Verbesserungen des Verbraucherschutzes bei den Fahrgastrechten erreicht werden können.“247 Ohne ausdrücklich das Stichwort Smart Contracts zu nennen, spricht der Bundesrat damit ebenfalls das Potential einer Automatisierung von Verbraucherrechten im Interesse des Verbrauchers an. 2. Rechtsdurchsetzungsdefizite bei Verbraucherrechten Eine de lege ferenda vorgeschriebene248 automatisierte Durchsetzung von Verbraucherrechten wirft die Frage auf, welche Vorteile sich der Gesetzgeber von einer Automatisierung für den Verbraucher verspricht. Ausgangspunkt eines Automatisierungsvorhabens sind die in der Rechtswirklichkeit teilweise zu beobachtenden Rechtsdurchsetzungsdefizite zulasten des Verbrauchers.249 Obwohl dem Verbraucher gesetzlich bestimmte Rechte zustehen, werden diese oftmals nicht durchgesetzt. Selbst wenn Verbraucher wissen, dass ihnen solche Rechte zustehen, begegnen Unternehmen derartigen Anspruchsbegehren in der Regel mit einem verwaltungstechnischen Abwehrreflex.250 Die Durchsetzung von Verbraucherrechten ist daher typischerweise mit einem unangemessenen Verwaltungs- und Rechercheaufwand für den Verbraucher verbunden.251 Die – ggf. sogar klageweise – Durchsetzung von Verbraucherrechten wird vor dem Hintergrund des hierzu erforderlichen Aufwandes und des Klagerisikos daher für den Verbraucher oftmals nicht lohnenswert erscheinen (sog. rationales Desinteresse252). Dies führt aber dazu, dass der Unternehmer gerade einen Anreiz erhält, den Aufwand für den Verbraucher zu erhöhen und so auf einen Klage- bzw. 247

Bundesrat, Drs. 571/18 (Beschluss), 14. 12. 2018, Anlage S. 1. Vgl. zur Notwendigkeit einer gesetzlichen Anordnung insofern Fries, in: Braegelmann /  Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, 2019, S. 211 (216) [Rn. 17]; Fries, in: ­Aggarwal / Eidenmüller / Enriques / Payne / van Zwieten (Hrsg.), Autonomous Systems and the Law, 2019, S. 13 (16); Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (303). 249 Vgl. instruktiv Hofmann, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, S. 125 (125 ff.); Guggen­berger, in: FAZ Einspruch, 02. 05. 2018; Fries, in: Aggarwal / Eidenmüller / Enriques /  Payne / van Zwieten (Hrsg.), Autonomous Systems and the Law, 2019, S. 13 (13 f.); Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (295 f.). 250 Vgl. Bundesrat, Drs. 571/18 (Beschluss), 14. 12. 2018, Anlage S. 2; Fries, in: Aggarwal /  Eidenmüller / Enriques / Payne / van Zwieten (Hrsg.), Autonomous Systems and the Law, 2019, S. 13 (13). 251 Vgl. Bundesrat, Drs. 571/18 (Beschluss), 14. 12. 2018, Anlage S. 2. 252 Vgl. Hofmann, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 125 (126); Timmermann, Legal-Tech Anwendungen, 2020, S. 305. 248

D. Staatlicher Einsatz von Smart Contracts zum Schutz des Verbrauchers    

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Durchsetzungsverzicht zu spekulieren. Im Ergebnis bestehen die gesetzlich kodifizierten Verbraucherrechte daher oftmals nur auf dem Papier. 3. Smart Contracts als gesetzgeberisches Mittel zur Umkehr der Rechtsdurchsetzungslast Diese Defizite in der Durchsetzung eigentlich bestehender Rechte könnten durch eine Automatisierung in gewisser Weise ausgeglichen werden.253 Es geht damit nicht um die Begründung neuer Verbraucherrechte, sondern um die bessere Durchsetzung bestehender Verbraucherrechte. Smart Contracts könnten etwa automatisiert den Eintritt der gesetzlichen Voraussetzungen für Verbraucherrechte – beispielsweise Entschädigungszahlungen – prüfen und die Erfüllung dieser Rechte anschließend automatisiert durchsetzen.254 Eine der zentralen Folgen einer Automatisierung vertraglicher Rechte ist die Umkehr der Klagelast: Infolge der Automatisierung wird die Rechtsdurchsetzungslast demjenigen zugewiesen, der gegen die Automatisierung vorgehen will.255 Während die Umkehr der Klagelast bei rechtswidrigen oder fehlerhaften Smart Contracts aber ein erhebliches Risiko für den Verbraucher darstellen, kann der Gesetzgeber die Umkehr der Klagelast infolge der Automatisierung als Chance begreifen. Der Gesetzgeber kann sich eines der zentralen Risiken von Smart Contracts zu Nutze machen und zu einem Vorteil für den Verbraucher umkehren. Durch Smart Contracts erhält der Gesetzgeber insofern die Möglichkeit, die Rechtsdurchsetzungslast gezielt zugunsten des Verbrauchers zu verschieben und auf diese Weise Rechtsdurchsetzungsdefizite auszugleichen.256 Während die Durchsetzung von Verbraucherrechten traditionell dem Verbraucher obliegt, dieser aber aus verschiedenen Gründen von diesem Recht oftmals nicht Gebrauch macht, 253

Vgl. Guggenberger, in: FAZ Einspruch, 02. 05. 2018; Fries, AnwBl 2018, 86 (88); Finck, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 1 (9); Anzinger, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 33 (57); Hofmann, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 125 (140); Fries, in: Aggarwal / Eidenmüller / Enriques / Payne / van Zwieten (Hrsg.), Autonomous Systems and the Law, 2019, S. 13 (14 ff.); Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (296). 254 Vgl. etwa Borgogno, in: DiMatteo / Cannarsa / Poncibò (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Smart Contracts, Blockchain Technology and Digital Platforms, 2020, S. 288 (299). 255 Vgl. zur Verschiebung der Klagelast als Folge der Automatisierung durch Smart Contracts auch Paulus / Matzke, CR 2017, 769 (770); Werbach / Cornell, in: Duke Law Journal, Band 67 (2017), S. 313 (376); Fries, AnwBl 2018, 86 (88); Paulus / Matzke, NJW 2018, 1905 (1910); Möslein, ZHR 2019, 254 (283 f.); Matzke, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 99 (110); Riehm, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 85 (89); Guggenberger, NJW 2018, 1057 (1059 f.). In diese Richtung für eine technologische Beschränkungen der Benutzung der Kaufsache auch Mackenrodt, Technologie statt Vertrag?, 2015, S. 23 f. sowie ausführlich oben S. 118 ff. 256 Vgl. Guggenberger, in: FAZ Einspruch, 02. 05. 2018.

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4. Teil: Rechtspolitische Empfehlungen für den Umgang 

kann die Klagelast auf den Unternehmer verschoben werden. Dieser müsste infolge einer automatisierten Durchsetzung der Klagelast nachweisen, dass die Voraussetzungen des entsprechenden Rechts ausnahmsweise nicht vorlagen, statt sich gegen die Durchsetzung zu verteidigen. Der Gesetzgeber könnte Smart Contracts damit insbesondere zugunsten der Partei einsetzen, die typischerweise Recht erhalten wird.257

II. Automatisierte Durchsetzung gesetzlicher Verbote Nur am Rande erwähnt werden kann an dieser Stelle schließlich das Potential von Smart Contracts zur Durchsetzung gesetzlicher Ver- oder Gebote.258 Smart Contracts können nicht ausschließlich zur Automatisierung von Rechten in privaten Rechtsbeziehungen eingesetzt werden, sondern können unter Umständen sogar rechtswidriges Handeln von vornherein unmöglich machen. Nachträgliche Strafverfolgungs- oder Rechtsdurchsetzungsmaßnahmen würden in diesem Sinne durch ex ante-Mechanismen und eine dauerhafte Kontrolle abgelöst.259 Smart Contracts dienen insofern als Architektur, die einen Rahmen für rechtlich zulässiges Handeln setzt und insofern gleichsam Spielregeln aufstellt.260 Derartige Anwendungen von Smart Contracts werden vor allem im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr diskutiert. Auf die in diesem Zusammenhang aufgeworfenen interessanten rechtsphilosophischen Fragen nach einer „Freiheit, rechtswidrig handeln zu können“261 und damit nach der Zulässigkeit einer Automatisierung gesetzlicher Verbote durch Smart Contracts kann hier jedoch nicht im Einzelnen eingegangen werden.262

257

Vgl. Guggenberger, in: FAZ Einspruch, 02. 05. 2018; Hofmann, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, S. 125 (129). 258 Vgl. hierzu ausführlich etwa De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 53 ff., 195 ff.; Kuhlmann, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 117 (insb. 119 ff.); Rademacher, JZ 2019, 702; Timmermann, Legal-Tech Anwendungen, 2020, S. 243 ff. 259 Vgl. De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 54 f. 260 Vgl. instruktiv etwa Miller / Stiegler, in: Rizzo / W hite (Hrsg.), Markets, Information and Communication – Austrian Perspectives on the Internet Economy, 2004, S. 63 (72 ff.); De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 55. 261 Vgl. instruktiv Becker, ZUM 2019, 636; De Filippi / Wright, Blockchain and the Law, 2018, S. 203 f. In eine ähnliche Richtung auch Lobe, in: Süddeutsche Zeitung, 08. 04. 2018. 262 Vgl. hierzu insbesondere Kuhlmann, in: Fries / Paal (Hrsg.), Smart Contracts, 2019, S. 117; Rademacher, JZ 2019, 702; Rich, in: Harvard Journal of Law & Public Policy, Band 36 (2013), S. 795; Rich, The Perfect Non-Crime, in: New York Times, 06. 08. 2012; Timmermann, LegalTech Anwendungen, 2020, S. 325 ff.

Zusammenfassung der Ergebnisse Das Ziel der vorliegenden Untersuchung war es, die spezifischen Risiken, die mit einem automatisierten Vollzug von Vertragsbedingungen für den Verbraucher verbunden sind, sowie die Grenzen der Verwendung von Smart Contracts zu beleuchten und auf dieser Grundlage Empfehlungen für den zukünftigen Umgang mit Smart Contracts im Verbraucherkontext zu entwickeln.

A. Begriff und Struktur von Smart Contracts Ein Smart Contract ist Software, deren Funktion in der automatisierten Durchführung von Vertragsbedingungen besteht. Sie sind Computerprogramme, die (1) in Abhängigkeit von bestimmten, durch einen Computer verifizierbaren Ereignissen bestimmte, rechtlich relevante Maßnahmen automatisiert ausführen, (2) manipulationssicher gespeichert sind und (3) der automatisierten Erfüllung von Ge- und Verboten, insbesondere vertraglicher Verpflichtungen, dienen. Der zentrale Gedanke des Smart Contracts besteht darin, den Vollzug vertraglicher Regelungen auf einen Computer auszulagern. Hierdurch sollen Vertragsverletzungen möglichst verhindert werden. Zur Erreichung dieses Ziels verfolgen Smart Contracts praktisch vor allem zwei Ansätze: die Software kann entweder dazu eingesetzt werden, das vertragliche Pflichtenprogramm unmittelbar automatisch zu vollziehen und auf diese Weise eine Entscheidung des Schuldners zum Vertragsbruch unmöglich zu machen oder andererseits automatisiert auf vertragswidriges Verhalten zu reagieren und so Vertragsverletzungen für den Schuldner weniger attraktiv zu machen.

B. Risiken von Smart Contracts für Verbraucher Ein automatisierter Vollzug von Vertragsbedingungen kann für einen Verbraucher mit erheblichen Risiken verbunden sein. Umgekehrt gehen damit auch enorme Missbrauchspotentiale einher. Erstens besteht eine erhebliche Gefahr, dass die für die Automatisierung eigentlich vorausgesetzte beiderseitige Selbstbestimmung der Parteien in eine Fremd­ bestimmung zulasten des Verbrauchers umschlägt. Die Selbstbestimmung ist beim Einsatz von Smart Contracts von enormer Bedeutung. Sie bildet sowohl eine zentrale Zulässigkeitsvoraussetzung für Smart Contracts und Rechtfertigung für

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Zusammenfassung der Ergebnisse

die Folgen der Automatisierung als auch die eigentliche raison d’être für ihre Entwicklung. So sollten Smart Contracts durch die Automatisierung eine Vervollständigung der parteilichen Selbstbestimmung ermöglichen – von der Vertragsbegründung bis zur Durchsetzung. Wegen des völligen Ausschlusses des Verbrauchers vom Prozess der Gestaltung des Smart Contracts sowie seiner eingeschränkten Kontrollmöglichkeiten, ist das Risiko einer Fremdbestimmung des Verbrauchers bei Einsatz von Smart Contracts jedoch besonders hoch. Der Verbraucher ist daher in erhöhtem Maße schutzbedürftig. Aus diesem Grund spielt ein starker Verbraucherschutz, der diese Selbstbestimmung des Verbrauchers zu gewährleisten versucht, eine enorm wichtige Rolle für Smart Contracts, die Selbstbestimmung des Verbrauchers und damit schließlich auch das Funktionieren des in die Durchsetzung übertragenen Vertragsmechanismus zu gewährleisten. Zweitens ermöglichen Smart Contracts im Ergebnis die Bildung eines privaten, außerstaatlichen Rechtsdurchsetzungsregimes nach vom Unternehmer einseitig festgelegten Regeln. Smart Contracts stellen eine Form der zwangsweisen Erfüllung und damit ein Substitut für eine Rechtsdurchsetzung in einem gerichtlichen Verfahren dar. Durch den Smart Contract kann direkt eine Situation herbeigeführt werden, die normalerweise erst nach Abschluss eines gesetzlich vorgesehenen Verfahrens bestehen würde. Der Smart Contract orientiert sich dabei jedoch allein an dem Programmierten und damit weder an dem gesetzlich Erlaubten noch an dem von den Parteien beiderseits Gewollten bzw. dem objektiv Erklärten. Ein solches Rechtsdurchsetzungsregime, das sich an Regeln orientiert, die nur von einer Vertragspartei – dem Unternehmer – vorgegeben werden, stellt indes einen Bruch mit dem traditionellen System staatlicher Rechtsdurchsetzung dar. Die einseitig vom Unternehmer nach seinen Interessen gestaltete Automatisierung birgt erhebliche Missbrauchspotentiale und Risiken für den Verbraucher und läuft dabei Gefahr, die inhärenten Schutzmechanismen gerichtlicher Verfahren zu unterwandern. Verbraucher sind daher bei Verwendung von Smart Contracts in besonderem Maße schutzbedürftig: die Nachteile und Risiken einer mithilfe der Automatisierung entfesselten Vertragsfreiheit des Unternehmers hat primär der Verbraucher als Vertragspartner zu tragen. Drittens stößt das traditionelle System einer gerichtlichen Kontrolle von Regelungen bei einer Automatisierung an seine Grenzen. Der Verbraucher wird bereits vor einem solchen Verfahren – und für dessen Dauer – mit den unmittelbaren Folgen der Automatisierung belastet. Fehler oder Rechtsverstöße hindern die Automatisierung des Smart Contracts gerade nicht. Ein nachträgliches gerichtliches Verfahren kann den Verbraucher daher nicht vor Nachteilen in der Zeit zwischen der Automatisierung der gerichtlichen Entscheidung schützen. Der Verbraucher wird in jedem Fall mit den unmittelbaren Konsequenzen der Automatisierung belastet – unabhängig ob sich die Automatisierung im Nachhinein als rechtmäßig oder rechtswidrig herausstellt. Selbst wenn der durch den Smart Contract herbeigeführte Zustand nicht dauerhaft sein sollte, hat der Verbraucher doch die unmittelbaren Folgen der sofortigen Vollziehung des Anspruchs zu tragen. Ein gerichtliches

B. Risiken von Smart Contracts für Verbraucher  

303

Verfahren kann mithin allenfalls der Folgenbeseitigung oder Wiederherstellung des status quo ante dienen. Viertens hat die Automatisierung negativen Auswirkungen für den Verbraucher im gerichtlichen Verfahren. Der Smart Contract ändert infolge der Automatisierung den für den Prozess maßgeblichen status quo und führt so zu einer Verlagerung des Fokus des Verfahrens von einer Durchsetzung des Primäranspruchs auf die Durchsetzung von Bereicherungsansprüchen. Gleichzeitig wird der Verbraucher, obwohl eigentlich Schuldner der automatisierten Leistung, als Gläubiger des Bereicherungsanspruchs, in die Rolle des Klägers gedrängt. Der Smart Contract hat insofern eine Verschiebung der Rechtsdurchsetzungslast zulasten des Verbrauchers zu Folge. Diese Verschiebung der Rechtsdurchsetzungslast vom Unternehmer auf den Verbraucher ist für den Verbraucher mit einer Reihe von Nachteilen verbunden, die im Ergebnis insbesondere dazu führen können, dass der Verbraucher nicht gegen eine aus seiner Sicht rechtswidrige Automatisierung vorgehen will. Verbraucher können insbesondere aufgrund des Erfordernisses der Vorfinanzierung des Prozesses, des damit verbundenen Risikos und der erheblichen Beweisschwierigkeiten von einer Klage abgehalten werden. Diese Benachteiligung des Verbrauchers im Prozess birgt ein erhebliches Missbrauchspotential, das der Unternehmer zu seinen Gunsten ausnutzen könnte. Mit dem Smart Contract erhält der Unternehmer ein Instrument, mit dem er gezielt die Rechtsdurchsetzungslast auf den Verbraucher verschieben und ihm die mit der Klägerrolle verbundenen Nachteile aufzwingen kann. Der Unternehmer könnte insofern insbesondere eine Gestaltung wählen, die in einem ersten Schritt durch die Automatisierung gezielt eine empfindliche Zwangslage des Verbrauchers hervorruft, um dann in einem zweiten Schritt darauf zu spekulieren, dass der Verbraucher auf ein langwieriges gerichtliches Verfahren verzichtet. Schließlich geht mit der notwendigen Formalisierung des Smart Contracts eine Reihe von Nachteilen und Risiken für Verbraucher einher. Über traditionelle Risiken mangelnder Verständlichkeit hinaus, ergeben sich bei Einsatz von Smart Contracts bisher unberücksichtigte Risiken aus den Einschränkungen des Programmcodes und dessen Inflexibilität. So steht der Zwang zur eindeutigen Festlegung in einem Gegensatz zu der Mehrdeutigkeit und den fließenden Grenzen natürlicher Sprachen. Während die juristische Sprache in Verträgen wie Gesetzen also gerade nicht eindeutig und präzise ist, ist der Computer auf eine mechanische, logische Subsumtion beschränkt, kann eine oftmals notwendige wägende Subsumtion aber gerade nicht leisten. Probleme bereiten vor diesem Hintergrund insbesondere die mangelnde Fähigkeit des Smart Contracts Regelungen mit Hinblick auf die konkreten Umstände des Einzelfalls auszulegen, um auf diese Weise Einzelfallgerechtigkeit herzustellen. Zudem können unbestimmter Rechtsbegriffe nur eingeschränkt in Smart Contracts abgebildet werden. Durch Smart Contracts geht den Parteien insofern eine Flexibilität verloren, von der sie in traditionellen Verträgen in vielfacher Hinsicht profitieren. So kann der Verzicht auf Eindeutigkeit etwa zu kürzeren Vertragsverhandlungen führen, eine Anpassung auf veränderte Umstände

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Zusammenfassung der Ergebnisse

ermöglichen sowie einen gewissen Spielraum im Rahmen der Rechtsdurchsetzung erlauben. Besondere Probleme bereiten zudem die mangelnde Berücksichtigung konkreter Umstände, die eingeschränkte Möglichkeit der Korrektur von Fehlern im Programmcode und unter Umständen erforderliche Nichtigkeit oder Löschung von Transaktionen.

C. Grenzen privater Smart Contracts gegenüber Verbrauchern Smart Contracts beruhen auf der Vertragsfreiheit als Unterfall der Privatautonomie. Diese Freiheit wird jedoch durch zwingende gesetzliche Vorschriften in besonderen Fällen eingeschränkt. Diese zwingenden Grenzen, die die Rechtsordnung der privatautonomen Gestaltung von Rechtsgeschäften setzt, müssen konsequenterweise auch die Gestaltung von Smart Contracts beschränken. Die Grenzen der Privatautonomie müssen konsequenterweise auch die Grenzen der Gestaltung von Smart Contracts darstellen. So dürfen etwa sitten- (§ 138 BGB) oder gesetzeswidrige (§ 134 BGB) Vereinbarungen nicht im Wege der Automatisierung dennoch faktisch durchgesetzt werden können. Nur ausnahmsweise wird eine einseitige Bindung des Verbrauchers und die daraus folgende Möglichkeit des Unternehmers, auf Kosten des Verbrauchers zu spekulieren, sittenwidrig (§ 138 BGB) sein oder eine unangemessene Benachteiligung (§ 307 Abs. 1 BGB) darstellen. Zudem darf durch Smart Contracts nicht der vollstreckungsrechtliche Pfändungsschutz (§ 811 ZPO), gesetzliche Kündigungsfristen (etwa § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB) oder insbesondere die verbraucherrechtlichen Widerrufsrechte (§ 312g i. V. m. §§ 355 ff. BGB) umgangen werden. Eine wichtige Grenze bildet zudem das Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen gem. §§ 305 ff. BGB. Praktisch werden Smart Contracts in den wohl meisten Fällen Vertragsbestimmungen darstellen. Im Regelfall werden Smart Contracts zudem für eine Vielzahl von Fällen vorformuliert und einseitig vom Unternehmer gestaltet und dem Verbraucher vorgegeben. Über den allgemein erforderlichen ausdrücklichen Hinweis oder Aushang auf die entsprechenden Vertragsbedingungen hinaus, erfordert die Möglichkeit einer zumutbaren Kenntnisnahme (§ 305 Abs. 2 BGB) gegenüber Verbrauchern grundsätzlich, dass der Smart ContractProgrammcode in für den Vertragspartner verständliche natürliche Sprache zu übersetzen ist. Zudem hat der Verwender des Smart Contracts, zumeist also der Unternehmer, seinen Vertragspartner, den Verbraucher, besonders auf den Smart Contract und damit die Automatisierung hinzuweisen und aufzuklären (§ 305c Abs. 1 BGB). Inhaltlich wird die Gestaltung des Smart Contracts durch die AGBrechtliche Inhaltskontrolle beschränkt. Zwar sollten die speziellen Klauselverbote des Verbots der Vereinbarung eines Klageverzichts der anderen Partei (§ 309 Nr. 14 BGB) sowie des Verbots der Änderung der Beweislast (§ 309 Nr. 12 BGB) regelmäßig nicht verletzt sein, jedoch kann der Verbraucher durch die Automati-

D. Rechtspolitische Empfehlungen für den Umgang  

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sierung unter Umständen unangemessen benachteiligt werden im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB. Eine wichtige originäre Grenze einer privaten automatisierten Rechtsdurchsetzung bildet jedoch die verbotene Eigenmacht nach § 858 BGB. Der automatisierte Zugriff auf eine Sache in Form einer Sperre oder Abschaltung stellt trotz einer vorherigen entsprechenden Parteivereinbarung grundsätzlich eine verbotene Eigenmacht nach § 858 BGB dar und ist daher unzulässig. Der Verbraucher ist an seine bei Vertragsschluss abgegebene Zustimmung in die Besitzstörung nicht gebunden. Es kommt es nur auf seinen natürlichen Willen im Moment der Automatisierung an. Typischerweise wird der Verbraucher mit der Besitzstörung im entscheidenden Moment aber nicht einverstanden sein, da dies bedeutet, dass er keinen Zugang mehr zur Mietwohnung hat oder sein Fahrzeug nicht mehr benutzen kann. Eine verbotene Eigenmacht liegt daher nur ausnahmsweise dann nicht vor, wenn der Besitzer im Moment der Besitzstörung, d. h. der Ausführung des Smart Contracts, in diese Störung einwilligt oder wenn die Ablehnung der Besitzstörung im Lichte der vorherigen Zustimmung als rechtsmissbräuchlich anzusehen ist (§ 242 BGB).

D. Rechtspolitische Empfehlungen für den Umgang mit Smart Contracts gegenüber Verbrauchern Die Entwicklung der Smart Contract-Technologie und ihr zu erwartender zunehmender Einsatz machen es aus regulatorischer Sicht erforderlich, sich mit Fragen des zukünftigen Umgangs mit der Automatisierung von Vertragsbedingungen zu beschäftigen. Die bestehenden gesetzlichen Regelungen sind zwar anwendbar, können die besonderen Risiken der Automatisierung aber nur eingeschränkt adressieren. Ein pauschales Verbot von Smart Contracts wäre insofern aber verfehlt. Vielmehr wäre es wünschenswert, zum einen die spezifischen Risiken der Automatisierung im Einzelnen zu adressieren und sich zum anderen mit Regelungen zu beschäftigen, die das Potential dieser neuen Technologie bestmöglich nutzen können. Insbesondere Verbraucher können von einer Nutzung von Smart Contracts im Ergebnis in verschiedener Weise profitieren. Die Automatisierung kann durchaus (auch) im Interesse des Verbrauchers liegen. Um das Risiko einer Fremdbestimmung des Verbrauchers bei Einsatz von Smart Contracts zu reduzieren sollten zunächst die bestehenden verbraucherrechtlichen Informationspflichten um eine Regelung für Informationen für die speziellen Risiken der automatisierten Durchführung von Vertragsbedingungen ergänzt werden. Hinsichtlich des Risikos der Automatisierung rechtswidriger Regelungen ist der Bundesregierung ist zu empfehlen, Maßnahmen zu treffen, die die Rechtswidrigkeit oder Fehlerhaftigkeit des Smart Contracts für Kunden transparent machen, um auf diese Weise eine Disziplinierung der einseitigen Gestaltung von Smart Contracts durch den Markt zu erreichen. Bei diesen Maßnahmen kann es sich etwa

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Zusammenfassung der Ergebnisse

um Internetportale oder insbesondere um staatliche Zertifizierungsprogramme handeln. Eine staatliche ex ante-Kontrolle wäre hingegen praktisch kaum durchführbar und würde zudem Effizienzvorteile zunichte machen. Im Interesse der Rechtssicherheit und in dem Interesse, dem Verbraucher die Beweisführung bei der Verwendung von Smart Contracts zu erleichtern, sollte der Gesetzgeber zudem klarstellend eine Regelung erlassen, der zufolge Gerichte berechtigt sind, soweit erforderlich Gutachten über die Bedeutung eines der Automatisierung zugrundeliegenden Programmcodes einzuholen. In diesem Fall sollte grundsätzlich bereits eine Behauptung einer rechtswidrigen Automatisierung seitens des Verbrauchers ausreichen. Eine detaillierte, technische Darstellung ist dann nicht erforderlich, um das Gericht in die Lage zu versetzen, die Erfüllung gesetzlicher Voraussetzungen zu prüfen. Die Beweisführung des Verbrauchers könnte auf diese Weise deutlich erleichtert werden. Hinsichtlich der mangelnden Flexibilität der Automatisierung ist dem Gesetz­ geber hingegen zu raten, nicht korrigierend einzugreifen. Die Inflexibilität der Automatisierung beruht auf einer privatautonomen Entscheidung des Verbrauchers und ist daher aus Sicht der Rechtsordnung grundsätzlich zu respektieren. Ein Durchbrechen dieser Entscheidung durch eine gesetzliche Anordnung einer menschlichen Entscheidung würde den Zweck des Smart Contracts zunichte machen. Dem Gesetzgeber ist auch zu empfehlen, keine Smart Contract-freundliche Neuregelung zu erlassen, die einen Einsatz von Smart Contracts, die den Zugriff auf eine Sache im Fall des Zahlungsausfalls automatisiert, ermöglicht. Eine entsprechende Smart Contract-freundliche Neuregelung würde nicht nur diesem zentralen Prinzip des Besitzrechts widersprechen, sondern sich auch in einen erheblichen Gegensatz zum Gedanken des Ausschlusses von Selbstjustiz setzen. Schließlich sollte der Gesetzgeber Möglichkeiten prüfen, Smart Contracts zur Automatisierung von Verbraucherrechten und gegebenenfalls sogar von gesetz­ lichen Verboten einzusetzen.

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Sachverzeichnis Alexy, Robert  69 Allgemeine Geschäftsbedingungen  186 ff. – Anwendung  187 ff. – Inhaltskontrolle  201 ff. – Transparenzgebot  213 ff. – Überraschende Klauseln  200 ff. – Unangemessene Benachteiligung  207 ff. – Vergleichbare Situation bei Smart ­Contracts / AGB  73 ff. Anarcho-Kapitalismus 67, 107 Automatisierung – als Loslösen von menschlichen Ent­ scheidungen  31 ff. – als unmittelbare Änderung des status quo  115 f. – als Unmöglichmachen einer Ent­ scheidung zum Vertragsbruch  35 ff. – als Verantwortungsverlagerung zulasten des Verbrauchers  127 ff. – als Verschiebung der Rechtsdurch­ setzungslast ​118  ff. – des Vollzugs von Vertragsbedingungen  30 ff. – Rechtfertigungsbedürftigkeit  49 ff. Blockchain – Ethereum-Blockchain  24, 146 ff. – Funktionsweise und Begriff  138 ff. – Verbindung mit Smart Contracts  24 ff., 133 ff. Brown, Richard Gendal  25 Buterin, Vitalik  24, 141, 144 Coase, Ronald  257 f. Code is Law 244 f. Cypherpunks  58 ff., 107 Flume, Werner  69 Formalisierung – als Voraussetzung  149 ff.

– Herausforderungen  155 ff. – Vorteile  154 f. Fries, Martin  121, 277 Gegenparteirisiko  252 ff. Generalklausel  160 ff. Gerichtliche Verfahren – als Schutz des Schwächeren  112 f. – Gefahr der Umgehung  104 ff. Gewaltmonopol, staatliches – als Grenze privater Rechtsdurchsetzung  102 ff., 216 ff. – Hintergrund  100 ff. Gierke, Otto von  111 Heck, Philipp  160 Hobbes, Thomas  101 Homer 36 Internet of Things  18 ff. Kahnemann, Daniel  124 Kant, Immanuel  63 Koalitionsvertrag  21, 297 Lessing, Lawrence  244 f. Libertarismus  59 f., 67, 106 f. Locke, John  101 f. Matzke, Robin  117 Möslein, Florian  235 ff. Nakamoto, Satoshi  135, 139 Oracle  107, 150 f., 163, 287 Paine, Thomas  101 Paternalismus  263 f. Popper, Karl  69, 220 Privatautonomie – als Grundlage  178 ff.

Sachverzeichnis

331

– Entfesselung  108 ff. – Schutzbedürftigkeit  68 ff. – Vervollständigung als Ziel  58 ff. Programmcode – Alleinige Maßgeblichkeit  89 ff. – Determinismus  93 f., 148 ff. – Eingeschränkte Kontrollmöglichkeiten  75 f. – Einseitige Gestaltung durch Unternehmer  44, 73 ff., 109 ff. – Übersetzung  73, 76, 83, 154, 198 ff., 213 f., 271 f., 284 ff. – Unverständlichkeit für Verbraucher ​ 70 ff. Programmierfehler – Auswirkungen  72 f., 128, 171 ff., 206 ff., 258 f., 274 – Verantwortungsverlagerung  127 ff.

– – – – –

Raskin, Max  36 Rechtsdurchsetzung – Automatisierte  87 ff. – Ohne Rücksicht auf Durchsetzbarkeit ​ 95 f., 105 ff., 273 ff. – Private  96 f., 102 ff., 109 ff. – Staatliche  98 ff. Riehm, Thomas  230, 240, 294

Unbestimmte Rechtsbegriffe  157 ff., 162 ff., 258, 276, 286 ff.

Schmidt-Rimpler, Walter  64, 66 Smart Contracts – als AGB  187 ff. – als Ausführungsinstrumente  189, 201 – als Form der Selbstjustiz  216 f. – als Programmcode / Software  27, 71 f., 89 f., 132 f. – als Substitut zu traditioneller Rechtsdurchsetzung  32 f., 36 f., 60, 87 f., 104 ff. – als Vertrag  27 f., 187 ff. – Begriff  22 ff., 30, 42, 187 ff. – Chancen für Verbraucher  248 ff. – Determinismus  93 f., 148 ff. – Formale Sprache  133 ff., 149 ff. – Funktion  28, 30 ff., 42, 57 ff., 77 f., 84 ff. – Geschichte  58 ff. – Potentielle Anwendungen  17 ff., 45 ff., 223 ff. – Rechtspolitische Empfehlungen  241 ff., 265 ff.

Strukturelle Ungleichheit  70 ff. Übersetzung  73, 198 ff. und Blockchain  24 ff., 133 ff. und Künstliche Intelligenz  28 f., 150 und staatliches Gewaltmonopol  100 ff., 216 ff. – und Vertragsmechanismus  57 ff., 65 ff. – und Warenautomaten  92 f., 195 f., 266 ff. – Wenn-Dann-Logik  30, 89 ff.

Smart Locks  18, 39 f., 49 f., 184, 219, 221 f. – als verbotene Eigenmacht  223 ff. Smith, Adam  65 Szabo, Nick  24, 58 ff., 120, 150, 188, 217, 224 Transaktionskosten  19, 84, 211, 257 ff.

Verbotene Eigenmacht  52, 56 f., 215 ff., 223 ff. – als originäre Grenze privater Rechtsdurchsetzung  215 ff. – Problem der antizipierten Zustimmung ​ 235 ff. Verbraucher – Altliberales Verbrauchermodell  68 – Chancen der Automatisierung für Verbraucher  248 ff. – Gefahr der Fremdbestimmung  43 ff. – Sprache als Risiko  152 ff. – Typische Betroffenheit von Automati­ sierung  45 ff. – Wert flexibler Formulierungen  165 ff. Verbraucherschutz – Bedeutung im Zusammenhang mit Smart Contracts  66 ff., 77 ff., 108 ff., 111 f. – Bei Einsatz von Smart Contracts 81 ff., 186 ff., 265 ff. – Entschleunigung als Werkzeug  79 ff. – Informationsmodell  79 f., 152, 266 – Informationsrechte  79 ff., 266 ff. – Notwendigkeit  66 ff., 70 ff., 108 ff., 111 f. – Widerrufsrechte  79 ff., 185 f., 304

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Sachverzeichnis

Verschiebung der Rechtsdurchsetzungslast – als Folge der Automatisierung  118 ff. – Empfehlungen für Umgang mit Risiken  278 ff. – gezielte  128 ff., 299 ff. – Nachteile für Verbraucher  120 – Staatliche  299 ff. Vertrag – Auslegung  94 f.

– Freiheit  63, 68 f., 77 f., 108 ff., 111 f., 178 ff., 192 f., 211 f. – Mechanismus  63 ff. – Wenn-Dann-Logik  91 f. Vertragsbruch – Effizienter  37 f., 173 ff. – Entscheidung zum  33 ff. – Recht zum  34 Volenti non fit iniuria  56, 63