Slowakische Literatur: Entwicklungstrends vom Vormärz bis zur Gegenwart [Reprint 2022 ed.] 9783112647103


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Table of contents :
Inhalt
Vorbemerkung
Literatur als Organ der unterdrückten Nation. Zum Funktionsverständnis der slowakischen Literatur vom Vormärz bis zur Wende 1917/18
Das nationalkonstitutive Moment in der Vormärzliteratur
Das nationalutilitaristische Moment in der Literatur nach der Revolution von 1848/49
Das nationalbewahrende Moment in der Literatur des Realismus und der Moderne
Literaturverständnis in der Arbeiterklasse und Arbeiterdichtung
Weltoffenheit als Alternative zur nationalen Selbstbeschränkung. Sozialistische Literaturvorstellungen 1917/18 bis 1938/39
Kulturpolitische Maßnahmen der KP£ zur Herausbildung eines Literaturkonzepts der slowakischen Arbeiterklasse
Ästhetische Programmbildung innerhalb der jungen Generation und erste Anfänge einer proletarischen Literaturbewegung
Die Gründung der DAV-Gruppe und ihre Auseinandersetzung mit Nationalismus und Traditionalismus
Ideologische Geschlossenheit und ästhetische Vielfalt Konstanten davistischer Literaturauffassungen
Die führende Rolle der Davisten in der antifaschistischen Sammlungsbewegung und der Erste Slowakische Schriftstellerkongreß von Trenčianske Teplice (1936)
Antifaschistische Entscheidung aus nationaler Verpflichtung. Literatur im Widerstands- und nationalen Befreiungskampf310
Nationalistische und klerikalfaschistische Mobilisierungsliteratur
Zwischen abstraktem Humanismus und kämpferischem Antifaschismus — Wandlungsprozesse innerhalb der bürgerlichen Literatur
Aktivierung des progressiven nationalen Erbes für den antifaschistischen Widerstand
Sozialistische Literatur und „Aufstandsdichtung"
Zur Literaturentwicklung in der „Übergangsperiode" (1944/45 bis Anfang der sechziger Jahre)
Das integrative kulturpolitische Konzept des Davisten Laco Novomeský
Ideologische und ästhetische Differenzierungsprozesse innerhalb des Surrealismus
Ausbruch aus dem „Land der Engel". Auseinandersetzung mit Faschismus, Krieg und nationalem Befreiungskampf in der Prosa
Kontinuierliche und diskontinuierliche Momente beim allgemeinen Übergang auf sozialistische Positionen nach der Februarrevolution von 1948
Zur Problematik von antifaschistischem Befreiungskampf und sozialistischer Revolution im epischen Schaffen von Vladimir Mináč und Rudolf Jašík
Erkundung von Geschichte und Gegenwart. Slowakische Literatur heute (Ausblick)
Die „Krise der Kriterien" in den sechziger und ihre Überwindung im politischen Konsolidierungsprozeß der siebziger Jahre
Realistische Wirklichkeitsgestaltung in den siebziger Jahren
Anhang
Anmerkungen
Personenregister
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Slowakische Literatur: Entwicklungstrends vom Vormärz bis zur Gegenwart [Reprint 2022 ed.]
 9783112647103

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Ludwig Richter

Slowakische Literatur

Literatur und Gesellschaft Herausgegeben von der Akademie der Wissenschaften der D D R Zentralinstitut für Literaturgeschichte

Ludwig Richter

Slowakische Literatur Entwicklungstrends vom Vormär\ bis \ur Gegenwart

Akademie-Verlag • Berlin J979

Erschienen im Akademie-Verlag, DDR-108 Berlin, Leipziger Str. 3—4 © Akademie^Verlag Berlin 1979 Lizenznummer: 202 • 100/170/79 Gesamtherstellung: IV/2/14 VEB Druckerei »Gottfried Wilhelm Leibniz«, 445 Gräfenhainichen • 5359 Bestellnummer: 753 430 9 (2150/63) • LSV 8041 Printed in GDR DDR 8,50 M

Inhalt

Vorbemerkung

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Literatur als Organ der unterdrückten Nation. Zum Funktionsverständnis der slowakischen Literatur vom Vormärz bis zur Wende 1917/18

9

Das nationalkonstitutive Moment in der Vormärzliteratur . Das nationalutilitaristische Moment in der Literatur nach der Revolution von 1848/49 Das nationalbewahrende Moment in* der Literatur des Realismus und der Moderne Literaturverständnis in der Arbeiterklasse und Arbeiterdichtung Weltofftnheit als Alternative zur nationalen Selbstbeschränkung. Sozialistische Literaturvorstellungen 1917/18 bis 1938/ 39 Kulturpolitische Maßnahmen der KPC zur Herausbildung eines Literaturkonzepts der slowakischen Arbeiterklasse Ästhetische Programmbildung innerhalb der jungen Generation und erste Anfänge einer proletarischen Literaturbewegung Die Gründung der DAV-Gruppe und ihre Auseinandersetzung mit Nationalismus und Traditionalismus . . . . Ideologische Geschlossenheit und ästhetische Vielfalt Konstanten davistischer 'Literaturauffassungen Die führende Rolle der Davisten in der antifaschistischen Sammlungsbewegung und der Erste Slowakische Schriftstellerkongreß von Trencianske Teplice (1936) 5

13 24 32 56

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Antifaschistische Entscheidung aus nationaler Verpflichtung. Literatur im Widerstands- und nationalen Befreiungskampf

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Nationalistische und klerikalfaschistische Mobilisierungsliteratur

108

Zwischen abstraktem Humanismus und kämpferischem Antifaschismus - Wandlungsprozesse innerhalb der bürgerlichen Literatur Aktivierung des progressiven nationalen Erbes für den antifaschistischen Widerstand Sozialistische Literatur und „Aufstandsdichtung" . . . . Zur Literaturentwicklung in der „Übergangsperiode" (1944f45 bis Anfang der sechziger Jahre) Das integrative kulturpolitische Konzept des Davisten Laco Novomesky Ideologische und ästhetische Differenzierungsprozesse innerhalb des Surrealismus Ausbruch aus dem „Land der Engel". Auseinandersetzung mit Faschismus, Krieg und nationalem Befreiungskampf in der Prosa Kontinuierliche und diskontinuierliche Momente beim allgemeinen Übergang auf sozialistische Positionen nach der Februarrevolution von 1948 Zur Problematik von antifaschistischem Befreiungskampf und sozialistischer Revolution im epischen Schaffen von Vladimir Minäc und Rudolf Jasik

111 131 138 155 157 163

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Erkundung von Geschichte und Gegenwart. Slowakische Literatur heute (Ausblick)

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Die „Krise der Kriterien" in den sechziger Jahren und ihre Überwindung im politischen Konsolidierungsprozeß der siebziger Jahre Realistische Wirklichkeitsgestaltung in den siebziger Jahren

204 210

Anhang

221

Bibliographie von Übersetzungen slowakischer Literatur in der DDR (Buchveröffentlichungen 1949-1979)

221

Anmerkungen

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Personenregister

266

Vorbemerkung

In den letzten Jahren ist mit der intensiveren Rezeption von Literaturen europäischer sozialistischer Länder auch die slowakische Literatur stärker ins Blickfeld des kulturellen Lebens der DDR gerückt und hat das Interesse für eine übergreifende Darstellung ihrer historischen Entwicklung geweckt. Daher wird hier erstmals der Versuch unternommen, den slowakischen Literaturprozeß von der Periode der nationalen Wiedergeburt im 19. Jahrhundert bis zur unmittelbaren Gegenwart zu erfassen. An ausgewählten Beispielen und Gegenständen werden Entwicklungstrends, Zusammenhänge von Wirklichkeitsaneignung und poetologischer Bestrebung herausgearbeitet, vor allem jene spezifischen geschichtlichen und künstlerischen Voraussetzungen markiert, unter denen der Weg zur sozialistischen Nationalliteratur beschritten wurde. Die Arbeit ist somit primär als problemorientierter Studienband zur Herausbildung und Entwicklung der sozialistischen Literatur angelegt, bezieht aber das relevante Erbe aus der Periode des nationalen Befreiungskampfes in1 die Darstellung mit ein; sie will und kann keine Literaturgeschichte ersetzen, die alle Epochen berücksichtigen und auch alle literarischen Strömungen systematisch abhandeln müßte. Auch so vermag sie aber die seit dem Vormärz datierende moderne slowakische Literaturentwicklung auf eigener schriftsprachlicher Grundlage in wesentlichen Grundzügen durchsichtig zu machen. Die angefügte bibliographische Übersicht über die bisher in der DDR erschienenen deutschen Übersetzungen aus der slowakischen Literatur ist als Lesehilfe gedacht und soll zugleich den Stand der Rezeption bei uns dokumentieren. Für zahlreiche Anregungen bei der Konzipierung dieser Publikation bzw. für kontinuierliche Unterstützung bei der Materialbeschaffung dankt der Verfasser allen Mitarbeitern der Forschungsgruppe Literaturen europäischer sozialistischer Länder im Zentralinstitut für Literaturgeschichte der Akademie der Wissenschaften der

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DDR in Berlin, dem Institut fi^r Literaturwissenschaft der Slowakischen Akademie der Wissenschaften und dem Slowakischen Schriftstellerverband in Bratislava sowie der Matica slovenskd in Martin, insbesondere jenen Kollegen und Freunden in der Slowakei, mit denen er seit nunmehr anderthalb Jahrzehnten aufs engste zusammenarbeitet: PhDr. Karol Rosenbaum, DrSc; PhDr. Stanislav Smatläk, DrSc.; PhDr. Dionyz Durisin, DrSc.; PhDr. Libor Knezek, CSc. und PhDr. Augustin Mat'ovcik, CSc. Für die technische Redaktion des Manuskripts dankt der Verfasser Frau Hannelore Adolph und Frau Barbara Sudik, die auch das Register anfertigte. Berlin, am 19. August 1978

Ludwig Richter

Literatur als Organ der unterdrückten Nation. Zum Funktionsverständnis der slowakischen Literatur vom Vormärz bis zur Wende 1917/18

„Bei kaum einem Volk hing die Literatur so eng mit der politischen und kulturellen Lage zusammen wie bei den Slovaken. Das nationale Erwachen und die sprachliche Trennung von den Tschechen traf die Slovaken in der Zeit des wachsenden magyarischen Nationalismus, und so mußten die Slovaken ihre Tätigkeit nach zwei Seiten hin entfalten: . . . den eigenen schwachen nationalen und kulturellen Organismus kräftigen und . . . sich zur Wehr setzen gegen den mächtigen Druck der Magyarisierung. In einer derartigen Lage wurde auch die künstlerische Literatur vor allem zum Werkzeug der erzieherischen Einwirkung auf das Volk . . Z'1 Mit diesen Worten kennzeichnet Andrej Mräz treffend die Situation, in der sich die slowakische Literatur von der Periode der nationalen Wiedergeburt im 19. Jahrhundert bis hin zur Wende 1917/18 befand. Daß sie sich, obgleich fast ebenso alt wie die meisten anderen europäischen Literaturen, erst seit Mitte des vorigen Jahrhunderts auf eigener schriftsprachlicher Grundlage zu entfalten vermochte, ist dem schweren geschichtlichen Weg der Slowaken geschuldet, die ein Jahrtausend, vom Zerfall des Großmährischen Reiches bis zum Untergang der Habsburger Monarchie, innerhalb Ungarns in nationaler Unfreiheit und ökonomisch-gesellschaftlicher Rückständigkeit leben mußten. Daher folgte zwar der Periode des altslawischen Schrifttums, die mit dem Wirken der Slawenapostel Kyrill und Method auf slowakischem Gebiet in Zusammenhang steht, die Epoche der lateinischen Feudalkultur, die Literaturentwicklung in slowakischer Sprache aber verzögerte sich. 2 * Neben dem Lateinischen fungierte seit dem 15. Jahrhundert unter dem Einfluß der Hussitenbewegung auch das Tschechische als Schriftsprache der Slowaken. Dieses fand besonders im evangelischen Schrifttum Ver* Ziffern, die auf Sachanmetkungen hinweisen, werden durch einen Stern gekennzeichnet.

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wendung, so daß sich hierfür nach der Krälicer Bibel die Bezeichnung „biblictina" (,,Bibelsprache' : ) eingebürgert hat. Daneben gab es Übergangsstufen, die sich an slowakischen Dialekten orientierten und die „biblictina" noch vor der sogenannten „bernoläkovstina", dem 1787 von dem katholischen Sprachforscher Anton Bernolak unternommenen, auf westslowakischem Dialekt basierenden Versuch schriftsprachlicher Kodifizierung, zurückdrängten. 3 Auch die „bernoläkovstina" fand beträchtliche Verbreitung und bot sich, wie das lyrische Werk des klassizistischen Dichters Jan Holly beweist, durchaus als Alternative zur „biblictina" an, in der noch solch hervorragende Vertreter der slowakischen nationalen Wiedergeburt 4 wie Jan Kollär und Pavel Jozef Safärik schrieben. Dennoch erfolgte erst im Jahre 1843 die Fixierung der einheitlichen slowakischen Schriftsprache, und zwar auf der Grundlage des mittelslowakischen Dialektes. Diese wurde in der Romantik durch die Dichter der Stür-Generation durchgesetzt, um - wie L'udovit Stur es selbst begründete das nationale „Eigenleben zu wecken" und „in unserem zersplitterten Stamm die erforderliche und ihm bislang fehlende Einheit zu festigen, ohne die wir auch weiterhin im Staube liegen müßten". 5 Die Entscheidung für das Mittelslowakische als einzige Schriftsprache bedeutete aber keine totale Abgrenzung von der tschechischen Kultur, sondern vor allem die Vertiefung des Nationalcharakters der slowakischen Literatur. Diese Tatsache hatte für ihr weiteres Schicksal grundlegende Bedeutung. Sie bildete die Voraussetzung für ihre endgültige Konstituierung als Nationalliteratur und förderte ihre eingreifende Rolle im nationalen Befreiungskampf des slowakischen Volkes. Die Literatur suchte die Kluft zwischen der relativ dünnen Bildungsschicht und der Masse des Volkes zu überwinden, identifizierte sich nicht nur mit dessen Lebensinteressen, sondern wußte diese auch so auszudrücken, daß sie den Zugang zum Volk auch wirklich fand. Das mag angesichts der geschichtlichen Situation der Slowaken als selbstverständlich erscheinen, markierte jedoch bei aller traditionell gegebenen Lebensnähe bereits eine neue Qualität von Volksverbundenheit. Hatte es doch Karol Kuzmany noch 1838 für notwendig gehalten, in seinem Bildungsroman Ladislav pointiert auf eine latent vorhandene Diskrepanz zwischen den subjektiven Wirkungsabsichten der Autoren und den objektiven Wirkungsmöglichkeiten von Kunstliteratur im Volk aufmerksam zu machen: „Unser Volk beklagt es, daß unsere Dichter den Charakter unseres Volkes sowenig beachten; die Ge10

dichte sind für sie selbst Kinder, für unser Volk hingegen lediglich Mumien . . ,"6 Und dies hatte jenseits jcglicher Problemstellung nicht zuletzt etwas mit Sprache zu tun, da sich zwischen dem gesprochenen und dem geschriebenen Wort ein nicht mehr überbrückbarer Zwiespalt aufgetan hatte. Die neuere slowakische Literatur auf eigener schriftsprachlicher Grundlage wurde nun - unterstützt von einer streitbaren Wissenschaft und Publizistik, die nahezu von ein und denselben Autoren getragen wurde - allseitig in die geschichtlichen Auseinandersetzungen einbezogen:Sie e n t w i c k e l t e s i c h z u m p o l i t i s c h e n O r g a n d e r N a t i o n . Damit wurde ein Funktionsverständnis von Literatur begründet, das die gesellschaftliche Mission der Literatur nahezu uneingeschränkt bejahte und auch in der Folgezeit ungeachtet unterschiedlicher, ja gegensätzlicher ästhetischer Bestrebungen einzelner literarischer Richtungen intakt blieb, wenn sich auch bald sein ambivalenter Charakter offenbarte. Diesen hat ein Jahrhundert später der sozialistische Dichter Laco Novomesky in seinem programmatischen Aufsatz Der Auftrag des Schriftstellers in der Nation im Zusammenhang mit einer schöpferisch-kritischen Erbebestimmung präzise herausgearbeitet: „Mehr noch als unter den differenzierteren tschechischen Verhältnissen wurde der Schriftsteller Träger und Vermittler der nationalen Bestrebungen und Ideale, waren doch noch bis vor kurzem, das heißt bis zur politischen Befreiung unserer Nation im Jahre 1918, die volksaufklärerische Funktion und die literarische Mission des Schriftstellers so eng verknüpft, daß wir bis heute nicht genau sagen können, ob die Schriftsteller notwendigerweise zu nationalen und sozialen Erweckern wurden oder ob sich nationale und soziale Erwecker der Poesie und der Belletristik zuwandten . . . Bei uns ist, einfach durch den Charakter der Umstände, die Frage gar nicht aufgekommen, ob der Schriftsteller seine Sendung in der Nation durch sein b e l i e b i g e s Werk erfüllt hat; bei uns kann man das Verhältnis des Schriftstellers zu Bedürfnissen und Forderungen der nationalen Gesellschaft nur an der Frage messen, ob er in der Lage ist, seine Funktion als kritische Funktion zu begreifen, mit auf die Zukunft gerichtetem Blick - oder ob er nur seinem Milieu verhaftet ist und so zum Vermittler der diesem eigenen Anschauungen und Stimmungen wird. Über die Funktion an sich hat es hierzulande niemals Streit gegeben. Das war einfach unmöglich."7 Wenn auch nach Novomeskys Zeugnis der Dienst an der Nation 11

bis in unsere Zeit hinein in der slowakischen Literatur nie ernsthaft in Zweifel gezogen wurde, so ist im Sinne seiner Einschränkungen dennoch sowohl nach den Positiva als auch nach den Negativa dieses Sachverhalts zu fragen. Hielt diese akzeptierte „dienende" Literaturfunktion, die ja neben der Artikulation nationaler Existenz eine Reihe weiterer Funktionen wie Volksbildung, politische Erziehung der Massen und andere implizierte, mit den aktuellen Aufgaben des realen Geschichtsprozesses Schritt oder bemäntelte sie lediglich nationale Selbstgenügsamkeit oder gar konservative Weltverschlossenheit? Wie wirkte sie sich ästhetisch im engeren Sinne aus? Wurden die reichen Schätze der slowakischen Volkskultur für den Aufbau einer modernen Nationalkultur genutzt, und förderten sie die volle Ausprägung des Gattungsensembles der Nationalliteratur, oder führte eine einseitige Bindung an Folklore-Muster zu ästhetischer Verarmung, indem sie die Volksdichtung lediglich konservierte und somit eine moderne Kunstentfaltung behinderte - seit wann und wie lange? Diese Fragen lassen sich für den Zeitraum von der nationalen Wiedergeburt in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis zur Wende 1917/18 nicht pauschal beantworten. Wiewohl die Unterdrükkung der slowakischen Nation bis zur Gründung der Tschechoslowakischen Republik fortdauerte und die slowakische Literatur weiterhin die nationale Sache gegen den Druck von Magyarisierung und Germanisierung zu verteidigen hatte, so besaß diese Aufgabe vor der bürgerlich-demokratischen Revolution von 1848/49 durchaus einen anderen Inhalt als in der Periode danach, die durch Konterrevolution und Bachschen Absolutismus gekennzeichnet ist. Daß sie sich erneut wandelte, als sich seit der Jahrhundertwende der slowakischen nationalen Befreiungsbewegung mit der erstarkenden und sich formierenden Arbeiterklasse objektiv neue geschichtliche Möglichkeiten eröffneten, erhellt aus der Tatsache, daß sich das Literaturverständnis des „Dienstes an der Nation" notwendigerweise mit der klassenmäßigen Differenzierung des nationalen Organismus der slowakischen Gesellschaft verändert. Generalisierend kann man sagen: In der Vormärzliteratur ist das nationalkonstitutive, in der Literatur nach der Revolution von 1848/49 aber das nationalutilitaristische Moment dominant. Seit der Jahrhundertwende bildet sich im Realismus das nationalbewahrende Moment aus, das nationale Vereinseitigungen überwindet und sich zunehmend, am konsequentesten in der Arbeiterdichtung bzw. im Literaturverständnis der Arbeiterklasse überhaupt, mit der sozialen Problematik verbindet. 12

Das nationalkonstitutive Moment in der Vormärzliteratur Slawische Wechselseitigkeit und die Kyrill-Metbod-Tradition im ausgehenden Klassizismus Die slowakische Literatur entwickelte sich im Vormärz zu einem Instrument des politischen Kampfes um nationale Eigenständigkeit, wobei die neugeschaffene einheitliche Schriftsprache, die auch konfessionelle Spaltung überbrückte, als starke Schubkraft wirkte. Der slowakische Schriftsteller wurde zum Volkstribun und anerkannten Führer der Nation. Nicht subjektive Selbstüberhöhung lancierte ihn in diese Rolle, sondern die reale geschichtliche Situation zwang ihn in diese hinein, denn das slowakische Bürgertum war zahlenmäßig klein und wirtschaftlich schwach, rekrutierte sich hauptsächlich aus Lehrern, Pfarrern, Advokaten, Kaufleuten und Kleinunternehmern, verfügte über keinerlei Institutionen, um sich nationalpolitisch wirkungsvoll artikulieren zu können. So fiel im Prozeß der bürgerlichen Nationwerdung insbesondere dem Schriftsteller die Aufgabe zu, das Freiheitsstreben des slowakischen Volkes, dessen Sehnsucht nach gesicherter nationaler wie auch sozialer Existenz, die ihm die Unterdrückermächte versagten, auszudrücken. Zwar wird dieses Rollenverständnis erst im Vormärz symptomatisch, doch ist es bereits früher durch zahlreiche Verteidigungsschriften der Muttersprache und des Slowakentums vorbereitet worden. Diese führten den Nachweis, daß die althergebrachte Vorstellung von einer zwar ethnisch differenzierten, aber in sich dennoch geschlossenen „natio Hungarica" angesichts bewußter Gleichsetzung von „natio Hungarica" und „natio Magyärica" durch magyarische herrschende Kreise nicht mehr aufrechtzuerhalten war; bildeten doch die Magyaren im ungarischen Staate nur eine der Nationen.8 Vor allem aber brachte Jan Kollärs Idee der slawischen Wechselseitigkeit die nationale Bewußtwerdung der Slowaken voran. Sie gab ihnen in einer finsteren Zeit die Gewißheit, keine unbedeutende ethnische Gruppe im heterogenen Magyarenreich, sondern gleichberechtigtes Glied einer so mächtigen Völkerfamilie wie der slawischen zu sein, der nach Herders Prophezeiung eine glänzende Zukunft beschieden ist.9 Auch Pavel Jozef Safärik trug mit seinen wissenschaftlichen Arbeiten dazu bei, das Zusammengehörigkeitsgefühl der Slawen zu fördern; vor allem durch den Nachweis, daß die Slawen zum gleichen indoeuropäischen Stamm gehören wie die 13

Griechen, Römer und Germanen, daß sie eine „ureuropäische Nation" sind. Wesentlich gefördert wurde das nationale Erwachen der Slowaken ferner durch die Erneuerung der kyrillisch-methodianischen Tradition und durch die Rückbesinnung auf die dominierende Stellung der Slowaken im Großmährischen Reich, wie sie der Klassizist Jan Holly vornahm. Auf solche Weise wurde die lichte Zukunftsperspektive noch um eine große nationale Vergangenheit bereichert, so daß der beklagenswerte gegenwärtige Zustand angesichts solcher geschichtlicher Dimensionen als rasch passierbares Durchgangsstadium begriffen werden konnte. Daher zählen sowohl Jan Kollärs lyrisch-episches Gedicht Tochter der Slawa10* und seine Abhandlung Über die literarische Wechselseitigkeit zwischen den verschiedenen Stämmen und Mundarten der slawischen Nation11, Safäriks Geschichte der slawischen Sprache und Literatur und Slawische Altertümer^2 als auch Jan Hollys Epos Svatopluk und die Cirillo-Methodiada13 zu den Grundbüchern der slowakischen nationalen Wiedergeburt. Daran ändert auch die Tatsache nichts, daß Kollär selbst das Slowakische im Tschechoslowakischen aufgehoben sah und dieses wiederum als eine von vier Mundarten des Slawischen betrachtete, die Kodifizierung der slowakischen Schriftsprache also für überflüssig, ja schädlich hielt. Da Kollars Konzeption der slawischen Wechselseitigkeit die Vorstellung einer einheitlichen slawischen Nation und einer einheitlichen slawischen Literatur zugrunde lag, förderte er subjektiv die synthetisierenden Momente, unterstützte aber objektiv die differenzierenden Momente - jene Bestrebungen also, die auf nationale Selbstartikulation der einzelnen slawischen „Stämme" zielten. So ehrlich daher auch Kollärs Versicherung gemeint sein mochte, die slawische Wechselseitigkeit bestehe „nicht in einer politischen Vereinigung aller Slawen, nicht in demagogischen Umtrieben oder revolutionärem Aufruhr gegen die Landesregierungen und Volksbeherrscher" und respektiere selbst die „Abhängigkeit der Untere thanen von diesem oder anderm Monarchen"14 - seine bewußt auf die literarische Sphäre, auf den Austausch von Kulturgütern eingegrenzte Idee der slawischen Wechselseitigkeit erwies sich in der Folgezeit dennoch auch politisch nicht als „stilles unschuldiges Schäflein"15. Vielmehr verwandelte sie sich in ein Trojanisches Pferd, aus welchem in Gestalt der Dichter der Stur-Generation die Kämpfer für die slowakische nationale Eigenständigkeit hervorkamen.

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Kreative

Nutzung der Volksdichtung

in der

Romantik

Bei all ihren Vorläufern unter den slowakischen „nationalen Erwekkern" - neben Kollar und Holly sind hier noch Juraj Fandly, Ignäc Bajza, Anton Bernoläk, Jan Chalupka und Karol Kuzmäny zu nennen16 - bewirkten erst die Dichter der Stür-Generation in der slowakischen Literatur den grundlegenden Strukturwandel. Orientierten sich die Klassizisten Kollar und Holly in ihren Werken noch an unterschiedlichen ausländischen Poetiken aus verschiedenen Literaturepochen, schöpften sie die Fülle ästhetischer Muster von der Antike bis zur westeuropäischen Romantik aus, so wandten sich die Dichter der Stür-Generation - Stür selber als spiritus rector eingeschlossen konsequent der eigenen Volksdichtung als der zwar nicht einzigen, aber doch entscheidenden poetologischen Grundlage zu. Ermöglicht wurde dies durch eine systematische Sammlung und Aufbereitung des reichen Volksliedgutes und durch die Schaffung der einheitlichen slowakischen Schriftsprache, so daß die Folklore den offenkundigen Mangel an Kunstliteratur in der eigenen Schriftsprache zu kompensieren vermochte. Der Hinwendung zur Folklore lagen also in der slowakischen Romantik nicht dieselben Motive zugrunde wie in der deutschen. In seiner Schrift Über die Volkslieder und Volkssagen der slawischen Stämme stellt Stür die ästhetische Forderung auf, die Dichter müßten „ihre Lieder im Geiste unseres Volkes singen, in den Formen des unwillkürlich von ihm ausgehenden Geistes"17. So wird der syllabische Vers der Folklore von der Kunstdichtung adaptiert, während der syllabisch-tonische Vers, der bei den in der „biblictina" schreibenden klassizistischen Autoren - wie Kollar - bereits anzutreffen ist, fallengelassen und erst am Ende des 19. Jahrhunderts von Svetozär Hurban Vajansky und Pavol Orszägh Hviezdoslav wieder aufgenommen wird. 18 Das Anknüpfen an die Folklore geschieht auf vielfältige Weise; zwar sind die Grenzen zwischen Volksdichtung und Kunstliteratur zunächst oft fließend, dennoch wird die Folklore nicht lediglich nachvollzogen, sondern es erfolgt durchaus auch eine kritische Auseinandersetzung mit ihr. Zudem werden ihre Potenzen nicht durchgängig so hoch veranschlagt wie bei Stür. Jan Kalinciak drückt noch zu Lebzeiten Stürs seine unverhohlene Skepsis gegenüber den kreativen Möglichkeiten der Folklore-Tradition aus: „Solange wir uns im Schweiße unseres Angesichts nicht selbst eine Kunst schaffen, gibt sie uns gewiß weder das Volkslied noch die Volkssage."19 15

Die enge Bindung der Literatur an die Volksdichtung bewirkte in der slowakischen Romantik nicht nur einen Umbruch im Verssystem, sondern sie beeinflußte auch nachhaltig die gesamte Struktur der slowakischen Literatur, ihr Gattungsgefüge und ihr Genreensemble (Prädominanz der Poesie; Ballade, „Duma" und Sage als bevorzugte Genres). Bedeutendstes Ergebnis der Hinwendung zur Folklore als einer authentischen Selbstartikulation des Volkes war zweifellos die neue Qualität der Kommunikation der Kunstliteratur, die sich hierbei allmählich mit herausbildete. Schrieb der slowakische Autor bis dahin bewußt oder unbewußt als ein Gebildeter für eine sehr dünne Bildungsschicht (wobei ihm oft nur nebelhaft ein zu belehrendes Volksganzes vorschwebte), so wandte er sich nun dem Volke als einer realen geschichtlichen Kraft zu. Sein recht abstraktes volksbildnerisches Anliegen konkretisierte sich und mündete in eine zielgerichtete politische Mobilisierung. Diese erforderte nicht nur die Preisgabe der Vereinzelung und den Zusammenschluß zu einer Generation von ästhetisch wie politisch Gleichgesinnten, sondern auch ein neues Instrumentarium der Vermittlung zwischen Autor und Adressat. Und dieses schuf Stur 1845 mit der wöchentlich zweimal erscheinenden Zeitung Slovenske ndrodnie noviny und deren Literaturbeilage Orot tatränsky,20 die zur Tribüne sowohl für nationale Erneuerung und sozialen Fortschritt als auch für ästhetische Bemühungen auf kunstpraktischem wie kunsttheoretischem Gebiet wurden.

Zur Einheit von nationaler, revolutionärer und poetologischer Bestrebung in L'udovit Stürs Literaturkonzept Stur ist Poet und Publizist, Volksbildner, Agitator und Politiker in einer Person, er bescheidet sich nicht mit poetologischer Bestrebung, sondern sucht mit Hilfe der Literatur wie mit allen anderen Zur Verfügung stehenden Mitteln die Lage seines Volkes zu verändern, dessen nationale Existenz magyarischerseits bestritten wurde: „Wie andfcrswo, so können wir auch bei uns nicht ohne Literatur auskommen. Die Literatur hat den Auftrag, die Nation auf Fehler, Mißstände, Unzulänglichkeiten hinzuweisen, ihr die Erfordernisse klarzu machen, ihr die Schätze anderer vor Augen zu führen, sie durch Kenntnisse zu bereichern, in ihr den Willen für alles Gute und Edle zu entfachen. Daß wir eine solche Literatur brauchen, ist offenkundig; unter den heutigen Umständen wird sie uns um so wichtiger, je 16

weniger wir in anderen Bereichen des nationalen Lebens wirksam werden können." 21 Aus dieser extremen Unterdrückungssituation heraus, aus dem historischen Zwang zu gesellschaftspolitischer Aktion wird deutlich, warum sich Stür entschieden gegen eine passive Byronsche Weltschmerzhaltung wandte und ihr betont eine aktive Handlungsbereitschaft entgegensetzte. „Der Schmerz des Slawen . . . kommt nicht aus innerer Zerrissenheit und Unzufriedenheit, sondern aus einer qualvollen, verderbten, schändlichen Wirklichkeit bzw. Welt überhaupt . . . Der Schmerz des Slawen wurzelt also in der Objektivität, der des Romanen oder Germanen rührt von der Subjektivität her. Je größer der Schmerz des Slawen ist, desto größer seine Aktivität . . . Der Schmerz ist für den Slawen nur Anlaß zum Handeln . . .; erfordert es seine Tätigkeit, so entsagt er der Liebe, ist ein solches Opfer erforderlich, so verleugnet er seine Eltern und mehr." 22 Was hier so allgemein als „Schmerz des Slawen" bezeichnet wird, ist freilich bei genauerem Hinsehen der „Schmerz" der unterdrückten Slawen (und nicht nur dieser!) sowohl im österreichischen als auch im zaristischen Völkergefängnis, bezieht sich also auf die Serben, Kroaten, Slowenen, Tschechen und Slowaken ebenso wie auf die Polen. Allerdings wurde der polnisch-russische Gegensatz im Interesse der erstrebten Einheit aller Slawen mehr beklagt als einhellig verurteilt, so groß die Sympathien für die standhaften polnischen Freiheitskämpfer auch waren. Angesichts der bestehenden sozialen Gegebenheiten und Herrschaftsverhältnisse in der Slowakei hielt Stür den Subjektivismus und Individualismus der westeuropäischen Romantik, deren überspannte Gefühlsbetontheit, melancholische Grundhaltung, selbstquälerische Untätigkeit, die er schlicht als Lebensuntüchtigkeit ansah, in der eigenen Literaturentwicklung für unangemessen. Er brauchte und gebrauchte die Literatur als unmittelbares politisches Kampfinstrument nationaler Selbstartikulation des slowakischen Volkes. Stür begriff die Literatur als Einheit von Gegenständlichkeit und Geist: „Die Poesie ist dasselbe, was die Kunst ist, nämlich die Vereinigung von Materie und Geist in Worten. Es muß in der Poesie Geist und Materie sein, aber diese muß mit dem Geist so verbunden sein, daß er selbständig bleibt und die Materie ihm zwar dient, aber dennoch wesentlich bleibt." 23 Der Dichter soll sich also nicht an einer fiktiven Welt berauschen, sondern von einer gegebenen Wirklichkeit ausgehen, diese allerdings nicht nur spiegeln oder naturgetreu abbilden, sondern nach festen Zielvorstellungen gestalten und

2

Richter, Literatur

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so verändernd auf sie einwirken. Das ist ein Literaturverständnis, das die Beziehungen zwischen Literatur und Gesellschaft dialektisch faßt, also den Gebrauchswert von Literatur nicht verabsolutiert, so emphatisch Stur auch an ihre politische Wirkungsmacht glaubte. Diese wurde von Sttirs Zeitgenossen zwar nicht in Frage gestellt, aber doch weit nüchterner beurteilt und somit auch relativiert. „Literatur ist nicht das Endziel des Lebens", sagt Sttirs engster Kampfgefährte Jozef Miloslav Hurban 1846 in seiner Arbeit Die Slowakei und ihr literarisches Leben, „sondern lediglich eine himmlische Waffe', mit der sie (die Nationen - L. R.) das höhere Jerusalem des Ruhms, der Ehre und des nationalen Heils erringen."24 Dennoch erkannte auch er ihre große Bedeutung für die Bewußtseinsbildung eines Volkes, ja sie war für ihn sogar ein Barometer, das den tatsächlichen Bewußtseinsstand einer Nation verläßlich anzeigt: „Hier macht sich zuerst der Geist der Nation verständlich, hier ist er zu Hause, hier erzählt er, was er will, was er möchte - selbst wenn dafür noch nicht die Zeit gekommen ist; hier sind seine Sehnsüchte, seine Hoffnungen und seine Prophezeiungen niedergelegt. Wer den Geist der Literatur kennt, wird sehr leicht auch auf den Geist des gesellschaftlichen Bewußtseins schließen können; wo die Literatur schweigt, dort sind gewiß alle höheren Lebensäußerungen verstummt."25 Sowohl Stur selbst als auch seine Anhänger reflektieren nicht nur theoretisch darüber, wie Literatur mit dem wirklichen Leben zu verbinden sei, sie setzen ihr Konzept auch in die politische Praxis des nationalen Befreiungskampfes um. Das Dilemma, in das sie als Nationalpolitiker im Revolutionsjahr 1848 realhistorisch geraten, erweist sich freilich auch als Achillesferse des Literaturkonzepts: die Prädominanz des nationalen gegenüber dem sozialen Moment. Sttir, Hurban und Hodza konzentrierten sich nämlich, als sie mit der im März erfolgten Bauernbefreiung ihre soziale Hauptforderung erfüllt sahen, in der Folgezeit auf die Ausarbeitung der Forderungen der slowakischen Nation, die im Mai 1848 in Liptovsky Mikuläs formuliert und als verbindliche Plattform der slowakischen Nationalbewegung verabschiedet wurden. Sie sind ein offenes Bekenntnis zu den erklärten Prinzipien der bürgerlich-demokratischen Revolution, allerdings sollen die Ideale der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit auch auf nationalem Gebiet verwirklicht werden. Sie wenden sich gegen die uneingeschränkte Hegemonie der magyarischen Nation und zielen auf „einen allgemeinen Reichstag der unter ungarischer Krone lebenden Nationen, auf dem jede Nation vertreten sein wird" 18

und jeder Abgesandte einer Nation in deren Sprache auftreten kann sowie auf „besondere nationale Landtage", damit „weder eine Min* derheit von Magyaren einer slowakischen Mehrheit" noch „eine slowakische Minderheit einer Mehrheit von Magyaren zu dienen genötigt ist". 26 Über diese und andere Forderungen ließ die in der nationalen Frage generell eine starre Haltung beziehende revolutionäre ungarische Regierung nicht mit sich reden, vielmehr sah sie darin panslawistische Umtriebe, verhängte in den slowakischen Gebieten das Standrecht und ließ die slowakischen „Aufrührer" stecke brieflich verfolgen, die kurz darauf, wie Sttir und Hurban, in den Barrikadenkämpfen des Prager Juniaufstandes erneut ihre revolutionäre Gesinnung beweisen. Erst als ein Interessenausgleich mit den Magyaren, an dem die slowakische Delegation noch auf dem Prager Slawenkongreß festgehalten hatte, unmöglich schien, schickte der Slowakische Nationalrat im festen Vertrauen auf Zugeständnisse des Kaisers schließlich seine Freiwilligenverbände, die im Zeichen der Losungen der bürgerlich-demokratischen Revolution formiert worden waren, gegen die ungarischen Revolutionäre. Vergebens, wie sich später zeigte, denn der Wiener Hof erfüllte die nationalen Hoffnungen der Slowaken nicht; im Gegenteil, die Unterdrückung des slowakischen Volkes verschärfte sich in der Periode des Bachschen Absolutismus, und an die Stelle der Magyarisierung trat zunehmend die Germanisierung: „Vorher, wenn auch unter magyarischem Joch", bekennt Stur in einem Brief an den russischen Slawisten Sresnewski vom 23. Januar 1851, „hatten wir dennoch ein leidliches Leben und Verbindungen, aber jetzt im deutschen Drill, Belagerungszustand haben wir nichts, wir sind zerstreut, vegetieren dahin . . . Die Magyaren sind geschlagen, aber die Gleichberechtigung fiel lächerlich aus. Anstelle der vorherrschenden ungarischen Sprache haben wir jetzt bei uns alle Sprachen gleichberechtigt - nur nicht die slowakische . . . Die slowakischen Männer werden von der Regierung ferngehalten, geschmäht, verfolgt . . . Das Volk beklagt sich über hohe Steuern und andere Lasten, mit einem Wort, unser Zustand ist beklagenswert." 27 Stür verfiel angesichts dieser Situation in tiefe Resignation und entwickelte in seiner nachgelassenen deutschsprachigen Schrift Das Slawenthum und die Welt der Zukunft28 die Theorie, sein Volk müsse sich an das zaristische Rußland anlehnen, könne sich nicht aus eigener Kraft befreien. Sie wurde zur Richtschnur konservativer slowakischer Nationalpolitik nach Sttirs Tode. Blickt man von dieser Zäsur 1848/49 aus noch einmal kritisch auf 2*

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Stürs Funktionsverständnis von Literatur zurück, so wird man nicht nur die Vorzüge der Verbindung von Literatur und Leben bestätigen können, sondern auch feststellen müssen, daß bei Stür eine gewisse Spannung zwischen seinen theoretischen, konzeptionellen Vorstellungen und ihrer praktischen Realisierung besteht. Als Redakteur des von ihm gegründeten Orol tatränsky bevorzugte er nämlich die operativen Genres, insbesondere solche Werke, die das nationalpolitische Anliegen am schlagkräftigsten auszudrücken vermochten. In seinem „Filter" blieben solche literarischen Werke hängen, die das nationale Moment vernachlässigten: intime Lyrik oder Sozialrevolutionäre Dichtung.

Unterschiedliche Realisierung des Stürschen Literaturkonzepts in Andrej Slädkovics und ]anko Kräl's lyrischem Werk Nicht alle Stür-Anhänger faßten den Dienst an der Nation so pragmatisch, die Teilnahme an den Emanzipationskämpfen ihres Volkes so unmittelbar auf wie Stür selbst. Die Forderung, für die Gegenwart zu schreiben, bedeutete a u c h , a b e r n i c h t n u r für den Tag, für die aktuellste Erscheinung des geschichtlichen Augenblick? zu schreiben. Andrej Slädkovic beispielsweise tat beides. Sein Gelegenheitsgedicht Ich singe das Lied vom freien Vaterland reagiert unmittelbar auf die ungarische Revolution und die erlassenen Märzgesetze: „Vergiß, Mutter, den Schmerz der Geburt / du gebärst den Sohn der Freiheit / . . . / Vergiß, Bauer, deine Schwielen / klein ist dein Feld, doch dein eigen I . . . 1 Du hast eine ärmliche Vergangenheit, doch eine glänzende Zukunft / . . . Wisset aber, Brüder Magyaren I . . . / ein Danaergeschenk ist eure Freiheit / falls ihr nicht unsre Freunde seid!" 29 In seinem Gedichtzyklus Marina hingegen erhebt er sich über eine allzu gegenständliche Aktualität; es ist ein Kunstwerk von bleibendem und zugleich von politischem Zeitwert. Dieser wurde ihm allerdings von so manchem seiner streitbaren Gesinnungsgenossen abgesprochen, indem sie - aus einer kämpferischen und asketischen Haltung - die Verinnerlichung des Verhältnisses von Individuum und Gesellschaft, die symbolische Einheit der Liebe zur Frau und zur Nation („Das teure Vaterland in der schönen Marina lieben / die teure Marina im schönen Vaterland / und beide in einem umschlingen" 30 ) als Subjektivismus geißelten. In seinem Detvan ist Slädkovic schließlich um eine Synthese von aktueller politischer Aus20

sage und Subjektivität bemüht und gestaltet im Epos an einem vergangenheitsgeschichtlichen Stoff Gegenwart und Zukunft seines Volkes. Ein weiteres Beispiel dafür, daß die gesellschaftliche Mission des Schriftstellers nicht national verengt aufgefaßt und praktiziert wurde, ist Janko Kräl's Schaffen. Dieser revolutionärste Dichter unter den slowakischen Romantikern entzieht sich der mythischen Verklärung von Slawentum und Nationalgeschichte, ja er spricht sogar offen aus, daß der Nationalismus allein nicht in die ersehnte und erstrebte Freiheit führt: „Nennt nicht Nationalität / unser Sehnen, unser Trachten / sonst wird euch die Zukunft / als Toren verachten!"31 Kräl's politische Lyrik ist operativ und subjektiv zugleich, die appellativen Züge treten hier zugunsten der reflexiven zurück. Er betrachtete die gesellschaftliche Wirklichkeit nicht aus dem Blickwinkel des taktierenden und lavierenden Nationalpolitikers, sondern „von unten her", aus einem direkten Kontakt mit dem einfachen Volk unterschiedlicher Nationalität. Von daher erklärt sich sein überaus starkes soziales Engagement. Kral' relativiert so Stürs allzu national geprägtes Literaturverständnis, denn der Dienst an der Nation hat für ihn erst dann wirklich einen Sinn, wenn sich das Streben nach einer nationalen Gesellschaft nicht verselbständigt, sondern über die Lösung der sozialen Belange zum Ziele führt. Verantwortungsgefühl gegenüber seinem Volk sowie feste Zukunftshoffnung münden bei Kral' nicht in einen unkritischen Zweckoptimismus, beharrlicher Glaube an den Wiedereintritt seines Volkes in die Welthistorie - aus der es ja seit dem Zerfall des Großmährischen Reiches verbannt war, in den Augen der Unterdrücker schließlich gar zur assimilierbaren, allmählich schrumpfenden gesichts- und geschichtslosen ethnischen Gruppe degradiert - nicht in unbeirrbare Geschichtsgläubigkeit. Vielmehr mischt er Skepsis in allzu hohe nationale Jubeltöne, bringt er, belehrt durch vielfältige Erfahrungen eines unsteten Wanderlebens, Ernüchterung in erdferne Freiheitstrunkenheit. Im Gedicht Die Fackel fordert er den tausend Jahre vergeblich betenden Propheten seines Volkes auf: „Nimm die Fackel, zünd die Lichter an - / möge die Erde in den Himmel sich verwandeln!" 32 , im Gedicht Der Prophet33 läßt er diesen angesichts tausendjährigen vergeblichen Rufens resignieren. In Der Geheiligte34 stellt er in einem Anflug von Selbstironie die Askese nationaler Opferbereitschaft in Frage, in Religion warnt er schließlich vor allzu überspannten gesellschaftlichen Erwartungen:

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Es kommen die Zeiten von Wille und Freiheit! Doch sind sie nur Mondscheinglanz, die Sonne versank, scheint schon nicht mehr selbst hundertsoviele Opfer, die fallen, bringen der Welt die Ruhe nicht her! 35 Kral' blickt also - und dies nicht erst nach 1848/49 - hinter den nationalen Dunstschleier, ahnt zumindest die Klassenauseinandersetzungen im nationalen Organismus wie im internationalen Beziehungsgeflecht der jungen bürgerlichen Nationalstaaten nach ihrer Konstituierung. An Janko Kräl's und Andrej Slädkovics Werk läßt sich übrigens auch veranschaulichen, wie unterschiedlich das Anknüpfen an die Folklore-Tradition ausfiel: Schon sehr bald beschränkte sie sich nicht allein auf verschiedene Versuche von Nachgestaltung; vielmehr gingen von ihr schöpferische Impulse aus, die zur Ausbildung nicht nur eines Generationsprogramms, sondern auch von Individualpoetiken führten. So ist Janko Kräl's Dichtung nicht allein auf die Ballade und das Lied fixiert, doch bilden diese das „Eingangstor" zu seinem Bruchstück gebliebenem Gesamtwerk.36 Kral' ahmt Folklore-Muster nicht einfach nach, sondern nutzt sie, um das zwiespältige Weltverhältnis des lyrischen Subjekts allseitig auszudrücken. Milan Riifus trifft den Kern der Sache, wenn er - selbst ein Dichter - davon spricht, daß Kräl's „Ballade wie eine Imitation der Volksballade, seine Lyrik wie ein Widerhall des Volksliedes aussieht", aber „dieses für ihn zu enge Kleid zerreißt. Seine Ballade ist bereits ein kleines Weltdrama, worin das prometheische Schicksal des Menschen, das ewige, schöne Aufbegehren des Menschen gegen die Kräfte des Verderbens hineinprojiziert Wird."37 Während also Kräl's unmittelbares Vorbild die Folklore ist und er zunächst in ihrem Geist und in ihren Formen gemäß der Forderung Stürs schreibt, bis er sich allmählich von dieser Fessel befreit und zu eigenem Ausdruck findet, ist für Andrej Slädkovic die Volksdichtung nicht primär und bewußt Grundquell dichterischen Schaffens. Slädkovic knüpft zunächst an klassizistische Vorbilder an, er führt Vorgänger wie Jan Kollär und Jän Holly weiter, bildet somit gewissermaßen eine Brücke zwischen Ihnen und den Dichtern der Stür-Generation, die in der Regel die Diskontinuität hervorkehrten. So knüpft Slädkövics Marina im Aufbau an Kollärs Gedichtzyklus Tochter der Slawa an; dennoch bringt auch Slädkovic im Vergleich 22

zu seinen Vorgängern - auch zu Kolldr - einen neuen Ton in die slowakische Lyrik ein: Slädkovic kehrt das didaktische Moment nicht einfach in das nationalpolitisch mobilisierende Moment um, wie das bei den meisten Dichtern der Stür-Generation der Fall ist, vielmehr verinnerlicht er die reflexiven Züge und verbindet solche Verinnerlichung mit der aus der Folklore gewonnenen Bildliaftigkeit und dem Rhythmus der neugegründeten slowakischen Schriftsprache. Die Entwicklungswege von Andrej Slädkovic und Janko Kral' belegen überzeugend, daß die Dichter der Stür-Generation zwar eine Generation von ästhetisch und politisch Gleichgesinnten, doch durchaus kein monolithisches Ganzes sind. Vereint durch das Hauptziel, die bürgerliche Nationwerdung ihres unterdrückten, existentiell bedrohten Volkes zu fördern, als Dichter ihren Auftrag in ^ler Gesellschaft zu erfüllen, sind ihre ideologischen Positionen. wie auch ihre ästhetischen Ansichten keineswegs identisch. Der Dienst an der Nation wird zwar einhellig als Programm akzeptiert, aber ästhetisch unterschiedlich realisiert. Wirklichkeitsbezug, Lebensnähe, Volksverbundenheit, politische Operativität differenzieren sich bei ihnen ebenso wie die Bindung an die Folklore. Imitation und Nachgestaltung der Volksdichtung werden zunehmend überwunden. Die Volksdichtung stützt die Anfänge der slowakischen Literatur auf neuer, eipheitlicher schriftsprachlicher Grundlage ab, da sie nicht einfach konserviert, übertragen, sondern kreativ ausgebeutet wird. So trägt sie dazu bei, den ausgehöhlten Manierismus und den kunterbunten Synkretismus fremdnationaler künstlerischer Ausdrucksformen zu überwinden, die die slowakische Poesie auf das gekünstelte Versemachen in einer lebensfremden Sprache herunterzubringen drohten. Allerdings waren die poetologischen Möglichkeiten der Folklore begrenzt. So mußte eine ungleichgewichtige Entwicklung der Gattungen in Kauf genommen werden. Politische Handlungsbereitschaft des Schriftstellers paarte sich häufig mit selbstauferlegter Askese. Dies wirkte sich dort progressiv aus, wo nationale und Sozialrevolutionäre Bestrebung eine Einheit bildeten, ästhetisch produktiv war vor allem die organische Synthese von gesellschaftlichem Engagement und dichterischer Subjektivität. In dieser Differenzierung und nicht in etikettierender Uniformität erwies sich die slowakische Literatur im Vormärz tatsächlich als Organ der unterdrückten Nation, als Anwalt nationaler und sozialer Forderungen des slowakischen Volkes, vermochte sie im ausgehen-

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den Klassizismus und vor allem in der Aufstiegsphase der Romantik eine nationalkonstitutive Funktion auszuüben, wobei ihr die Idee der slawischen Wechselseitigkeit Weltoffenheit sicherte.

Das nationalutilitaristische Moment in der Literatur nach der Revolution von 1848/49 Verquickung nationaler und klerikaler sowie Abbau sozialrevolutionärer Bestrebungen Ein Jahr vor der Revolution von 1848/49 hatte Michal Miloslav Hodza, neben Stür und Hurban zum engen Führungskern der slowakischen Nationalbewegung gehörend, 38 in seiner Schrift zur Verteidigung der slowakischen Schriftsprache Ein gutes Wort an die Slowaken ganz im Sinne der slawisch geprägten slowakischen Nationalideologie erklärt: „. . . wir Slowaken haben in unserer slowakischen Nationalität eine bestimmte s l a w i s c h e Nationalität, welche eine W e l t n a t i o n a l i t ä t , also ein großer und besonderer Faktor in der europäischen Menschheit ist, während demgegenüber die magyarische Nationalität für ewige Zeiten immer nur eine h e i m i s c h e , untergeordnete, geringe Nationalität bleiben wird. Damit mich niemand falsch versteht, erläutere ich das im folgenden: Bisher dienten der Menschheit am meisten die Generationen der romanischen und germanischen Nationen, aber dieser Dienst hat mit ihnen weder angefangen, noch wird er mit ihnen enden: Es muß ihn auch diese dritte Nation antreten, die neben diesen beiden Generationen in Europa wichtig und am größten ist . . . Wer und wo auch immer ihr Sohn, ihr Geschlecht, ihre Mitnationalität ist . . . immer ist er ein slawischer Mensch, ist sie eine slawische Nation; überall hat er gegenüber dem Vaterlande und dem Lande eine Pflicht, aber zugleich auch eine menschheitliche, eine slawische Pflicht. D e n n h i e r u n d h e u t e i s t d i e Z e i t d e r m e n s c h h e i 11 i c h s l a w i s c h e n P f l i c h t." 39 Was im Vormärz noch im nationalmobilisierenden u n d revolutionären Sinne genutzt werden konnte und auch wurde, wiewohl die Gleichsetzung von menschheitlicher und slawischer Pflichtsetzung bereits damals problematisch war, da sie von der realgeschichtlichen Rolle des zaristischen Rußlands als Gendarmen Europas absah, vermochte n a c h Revolution, Konterrevolution und Bachschem Absolu24

tismus nur noch messianistisch nachzuklingen, um eine zunehmend konservative Nationalpolitik zu verbrämen, die spätestens mit dem Österreichisch-Ungarischen Ausgleich von 1867, der auch die Hoffnungen der sogenannten Memorandumsbewegung''' 0 begrub, aussichtslos wurde. D i e Habsburger suchten in ihrem Imperium den Ausgleich mit den Mächtigsten, vor allem mit den Magyaren, dann mit den Kroaten. An die Slowaken dachten sie bald nicht mehr, die überließen sie der magyarischen Interessensphäre. Dies fiel ihnen um so leichter, als die slowakischen Nationalpolitiker selber in sich zerstritten waren und je nach tagespolitischer Wetterlage mal mehr auf die Wiener Regierung, mal mehr auf die Pester Opposition oder auch auf beide gleichzeitig setzten,'51 so daß sich ihre Kräfte nie wieder so gebündelt entfalten konnten wie im Vormärz. Diesen Niedergang der slowakischen Nationalbewegung vollzog die Literatur als ihr inhärenter Bestandteil in logischer Konsequenz mit. D a ihr ein tragfähiges ideologisches Konzept fehlte, das sie in der veränderten Situation ähnlich hätte zusammenschließen können wie die Stür-Generation vor der Revolution, suchte sie den Mangel an Konsens - die „Altslowaken" führten, gestützt auf Kollärs Autorität nach der Revolution 1848/49 den Kampf gegen die einheitliche slowakische Schriftsprache sogar verschärft fort! - durch ein Höchstmaß an Dienstwilligkeit wettzumachen. Was sich subjektiv als B e reitschaft des Schriftstellers zu gesellschaftlichem Handeln darstellt, wird - wenn auch nicht durchgängig, so aber doch als Grundtendenz dieser Entwicklungsphase - objektiv zu vordergründig nationaler Zielsetzung am Rande der wirklichen Gesellschaftsbewegung. Daran ändert auch nichts der nationale Aufwind unmittelbar vor Gründung der ersten gesamtnationalen Kulturinstitution der Slowaken - der Matica slovenskä - und in den anderthalb Jahrzehnten danach (den sogenannten „Matica-Jahren"), der noch einmal so bedeutende Dichter der Stür-Generation wie Janko Kral' und Andrej Slädkovic produktiv werden läßt. 4 2 * Diese suchten - offenkundig anknüpfend an ihr Vormärz-Engagement - gedämpfte Zukunftshoffnung zu wecken. D i e Matica slovenskä entfaltete eine zielgerichtete editorische, wissenschaftliche und publizistische Tätigkeit, um die nationalen Bestrebungen zu fördern und ihnen eine größere Breitenwirkung in unterschiedlichen Klassen und Schichten des slowakischen Volkes zu sichern. Zugleich nahm sie über ihre kulturellen Kontakte zu entsprechenden Institutionen im Ausland, vorwiegend in slawischen Ländern, eine nationale Repräsentatiohsfunktion der Slowaken nach außen wahr. 4 3 Dennoch

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muß in bezug auf die Rolle der Literatur bei der Lösung der aktuellen gesellschaftlichen Probleme nüchtern festgestellt werden: D i e Literatur bleibt zwar weiterhin an Fragen der Nation orientiert, hat aber im Unterschied zum Vormärz nicht mehr den unmittelbaren konzeptionellen und organisatorischen Einfluß auf die slowakische Nationalbewegung. W a r sie im Vormärz geistiger Wegbereiter gesellschaftlicher Aktion und zugleich auch deren Mitvollstrecker gewesen, übte sie sich nun, das Unversöhnlich-Kämpferische ins Feiertägliche kehrend, zunehmend in nachträglicher Bestätigung des Vollzogenen. In der Rolle des „Führers der Nation" verdrängte unversehens - für eine bestimmte Zeit wenigstens - der petitionsgeübte Jurist den realpolitisch ratlosen Dichter. D i e Hoffnungen, die slowakische Frage fernab jeder Massenbewegung auf dem Petitionswege zum Kaiser zu einem guten Ende zu bringen, erwiesen sich freilich als trügerisch. J e mehr eine Literatur ihre antizipatorische Funktion ausspart, die in jedem Falle eine kritische Prüfung von Gegenwart und Geschichte von festumrissenen Zukunftsvorstellungen aus voraussetzt, desto kurzatmiger sind gewöhnlich auch ihre Reaktionen auf die Erscheinungen der gesellschaftlichen Wirklichkeit. In der Slowakei äußerte sich dies im dritten Viertel des 19. Jahrhunderts in einer Überbetonung des Gebrauchswerts der Literatur, im Verlust tatsächlicher Volksnähe sowie in einer Tendenz zur Klerikalisierung. Pragmatische Ausfichtung der Literatur auf das jeweilige politisch-taktische Nahziel jenseits allen ästhetischen Anspruchs drohte allmählich die Stiirsche Literaturauffassung als „Einheit von Geist und Gegenständlichkeit", als Einheit von ästhetischer Bestrebung und gesellschaftlichem E n gagement auszuhöhlen. So erklärte damals Jan Mally-Dusärov, Journalist und Politiker, aber durchaus Kenner der Literatursituation, unumwunden: „Jedes Stück [sie!] Buch, das zur Befriedigung nationaler Bedürfnisse, zur Lösuhg der nationalen Fragen nicht beiträgt, das der nationalen Tätigkeit keine Impulse oder Mittel gibt, ist ein Verlust und ein Schaden." 4 , 1 * Ein solch reduziertes Aufgabenverständnis der Literatur war unter den spezifischen slowakischen Verhältnissen um so folgenschwerer, als im Zusammenhang mit den sogenannten „Patentialkämpfen" - d. h. mit den sich seit 1859 über zwei Jahrzehnte hinziehenden Auseinandersetzungen um die Gliederung der reformierten und der evangelisch-lutherischen Kirche im ungarischen Staatsgebiet, die die Slowaken für ihre nationale Sache immer wieder auszubeuten suchten - das nationalpolitische Moment innig

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mit dem klerikalen verquickt war. Der einstige Kampfgefährte Stürs, Jozef Miloslav Hurban, der sich hierbei besonders hervortat, 45 sah daher die Mission der slowakischen Literatur auch konsequenterweise darin, „das nationalpolitische und das kirchliche Leben zu wecken, zu beleben, zu festigen und zu preisen"''6. Er fixierte damit allerdings lediglich das als Aufgabe, was bereits gängige literarische Praxis war, wie dieser Auszug aus Andrej Trüchly-Sytnianskys Glosse Wer bin ich veranschaulichen mag: Herrgott, Kirche, Slowakengeschlecht sind meinem Herzen nah und recht, ja meines Lebens Betätigungsfeld, ich gäb sie nicht für die ganze Welt ! 47 Volkstümelei

und ahistorische Verlängerung

der

Folklore-Tradition

Der verstärkte Gebrauch der slowakischen Literatur für zahlreiche kirchlich geprägte nationalpolitische Aktivitäten untergrub ihre besondere Stellung im konfessionell gespaltenen Volk. Volksverbundenheit (l'udovost') wandelte sich in philanthropische Volkstümelei (l'udomilstvo), Streben nach nationaler Souveränität (närodovstvo) in abstraktes Stammerhaltungsbemühen (rodol'ubstvo). Aus dem „Führer der Nation", dem Dichter aus dem Volke, der mit dem Volke für das Volk tätig ist, schien sich schließlich gar der „Vater der Nation", der gute Hirte zu entwickeln, der unter der Losung „Durch christliche Belehrung zu Freiheit und Ruhm'"18* seine Herde sicher geleitet in die Dreieinigkeit von Gott, Kirche und Nation! Mit dem Abbau der Volksverbundenheit verlor auch die Folklore allmählich ihre kreative Funktion, ja mehr: Aus einem konstruktiven wurde ein destruktives Element. Die weitgehende Identifizierung von Poesie und Kunstliteratur sowie deren unmittelbare Bindung an die Volksdichtung, wie sie Stürs Konzeption einer slawischen Poesie eigen ist, war angesichts der historisch unausweichlichen Komplettierung des Gattungsensembles der slowakischen Nationalliteratur auf die Dauer nicht aufrechtzuerhalten. Zeitgenossen wie Jonas Zäborsky haben dies auch damals sofort erkannt und entsprechend kommentiert: „Sollen etwa meist lyrische Liedchen den Epikern und Dramatikern zum Vorbild dienen?" Das wäre „Beschränktheit und Einseitigkeit!" 49 Mit der Epik- und Dramatikentwicklung auf neuer schriftsprachlicher Grundlage wurden zwar die schöpferischen Mög27

lichkeiten der Folklore als unmittelbares ästhetisches Muster wesentlich eingeschränkt, als Inspirationsquell jedoch wurde die Folklore nicht außer Kraft gesetzt, wenngleich sie im epigonalen Schrifttum sehr einseitig ausgeschöpft und die „Volksweisheit" in Gestalt von Sprichwortgut übermäßig strapaziert wurde. Dies geschah erst durch den Aufbau einer besonderen „Volkslektüre" (l'udovä cetba). Mit ihr sollte, ausgehend von einer philanthropischen Volksauffassung, durch gezielte Nivellierung des ästhetischen Anspruchs im Namen einer fiktiven Allgemeinverständlichkeit Volksnähe erzeugt und manifestiert werden. Geschaffen wurde im Grunde genommen aber mittels ahistorischer Verlängerung bereits überwundener FolkloreMuster lediglich eine spezifische Art von Trivialliteratur 50 * für die Masse der kleinbäuerlichen slowakischen Bevölkerung. Sucht man nach Elementen des Traditionalismus in der neueren slowakischen Literatur, dann findet man sie hier bereits vor- und ausgeprägt. Die damals einsetzenden Debatten um Inhalt und Profil der „Volkskalender", welche dank des Distributionsnetzes der Matica slovenskä nahezu in jede slowakische Hütte gelangten, sind daher nicht nur von bildungsgeschichtlichem Interesse, sondern spiegeln auch die Auseinandersetzung zwischen folkloregebundener konservativer und zeitgemäßer „moderner" Literaturauffassung, zwischen Volkstümelei und Volksverbundenheit wider und erweisen sich so ebenfalls als Indikatoren der Entwicklungsrichtung des slowakischen Literaturprozesses.

Andrej Slddkovics Alternative zum vorherrschenden in der Literatur

Utilitarismus

Was hier pointiert als Entwicklungssymptom herausgearbeitet wurde, darf freilich nicht als völliger Gleichklang der einzelnen Entwicklungsschritte aufgefaßt werden. Diese fallen nämlich durchaus sehr unterschiedlich aus - sowohl bei den Vertretern der Stür-Generation und ihren Epigonen als auch bei ihren Kontrahenten. Sogar im Schaffen der jeweiligen Autoren selber gibt es Schwankungen und Widersprüche bei der Beurteilung der politischen Lage und der Rolle von Literatur. Der weitere Entwicklungsweg Andrej Slädkovics, der in den sechziger Jahren zum poeta laureatus, zum Primus unter 3en slowakischen Dichtern avancierte, belegt dies. Obgleich Sladkovic, der Sänger von Liebe und Jugendlichkeit, 28

wie er oft apostrophiert wird, nicht ein so exponierter Streiter für die nationale Sache der Slowaken gewesen war wie Sttir oder Hurban, empfand auch er zutiefst die Pein der nachrevolutionären Situation seines Volkes, die ihn wie so manchen seiner Zeitgenossen ins „geistige Exil" 5 1 trieb. Zwar meinte er, „gelernt zu haben, nicht zu politisieren"52, doch auch er blieb von Memorandumsbewegung und Patentialkämpfen nicht unberührt: Er ließ sich von der Welle der nationalen Begeisterung mittragen, ebensowenig war er gefeit gegen den allgemeinen Mißmut über nichterfüllte Erwartungen. Je nach Stand der Dinge geriet er in emphatische Glücksstimmung oder abgrundtiefen Pessimismus. Optimistisch schrieb er am 23. August 1860 an Samuel Hojc: „Die Angelegenheiten der Slowaken standen niemals so gut wie heute. Warum? Darum. Wir sprechen schon nicht mehr nur von Hoffnungen und Sehnsüchten . . . Die Stunde hat geschlagen. Gott segne Feuer und Schwert!" 53 Aber bereits zwei Monate später, nach dem Mißerfolg eines Bittganges nach Wien, findet er in einem Brief vom 30. Oktober 1860 an Samuel Zäturecky nur Worte der Skepsis und Resignation: „Über dem Patent liegt überall und allerorts Grabesstille. Man hat ihm schon das Sterbeglöckchen geläutet . . . Heute ist davon keine Rede mehr; warten wir ab, was die Zukunft bringt. Ohne Zweifel zuvörderst nur ein Durcheinander sowie Not in Kirche und Nation. Neue Bedrückungen sind zu erwarten. Gottes Wille geschehe!"5'1 Und so wechseln nationaler Eifer und dumpfe Schicksalsergebenheit immer wieder einander ab. Wie die Mehrheit seiner Dichterkollegen vertraute Sladkovic taktischen Winkelzügen und Petitionskünsten der Juristen unter den Nationalpolitikern mehr als der Kraft seines Volkes, das sich seiner Ansicht nach in zu großer „geistiger Gefangenschaft befindet"55. Dieser innere Zwiespalt wirkte sich natürlich auch auf Slädkovics literarisches Schaffen aus. Einerseits wollte er mit den Mitteln des Dichters der nationalen Sache dienen, also griff er erneut auf das Gelegenheitsgedicht zurück, um Teilerfolge der slowakischen Nationalbewegung zu preisen (z. B. in der St. Martiniade) oder verdiente Persönlichkeiten der kulturellen Erneuerung, wie Stefan Moyses oder Jan Francisci, durch Eloge, andere wiederum, wie Karol Kuzmäny oder L'udovit Kubani, durch Nekrologe zu ehren. Andererseits suchte er an sein erfolgreiches Vormärzschaffen anzuknüpfen, das - wie die Marina hinlänglich belegt - der Schönheit und dem Leben huldigte. Bezeichnenderweise erhob gerade Sladkovic in offenkundigem Widerspruch zur eigenen künstlerischen Praxis und wo;hl auch in

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kritischer Selbstprüfung E n d e der sechziger Jahre die Forderung, die slowakische Literatur aus ihrer Dienstfunktion zu entlassen: „DiePoesie ist eine der freien Künste und sich somit selbst Ziel. In den Staub der Alltagsbedürfnisse herabgezogen, verliert diese Tochter des Ruhms als Instrument ihre Kraft und ihre Majestät . . . D i e Macht der geistigen Majestät steht wie die Sterne am Himmel über dem veränderlichen Karussell alltäglichen Tuns. Den Nutzen eines Gedichts drückt besser das Wort .Genuß' aus - und zwar nicht nur als .Unterhaltung, Erheiterung, Bildung', sondern als unaussprechliche Freude sowie Tröstung und Erhebung der ganzen Seele. , D i e Sterne, wir begehren sie nicht, doch freut uns ihre Pracht', sagte, wenn ich mich recht erinnere, Goethe. D i e Grenzen der Dichtkunst beginne ich vom ästhetischen Gesichtspunkt aus zu sehen." 56 Slädkovic sprach diese Forderung in einem Gutachten für die Leitung der Matica slovenskä vom 10. Januar 1868 aus, also nach dem Österreichisch-Ungarischen Ausgleich, ernüchtert durch die Erkenntnis, wie gering in der T a t die Wirkung der Literatur im politischen Kräfteund Interessenspiel war. Damit unternahm er einen ersten Versuch, in der Literatur den „Windeln der Nation" 5 7 , wie Slädkovic die Folklore in Gestalt von „heidnischen Liedern, abergläubischen Märchen, gottlosen Sprichwörtern, simplen Spielen . . . " bezeichnete, ebenso zu entrinnen wie dem „Altar der Nation" 5 8 , der Dienstwilligkeit erheischt; E s war dies ein Versuch, eine Alternative zum nationalen Utilitarismus zu finden, der die gesellschaftliche Funktion d e r Literatur und damit die Literatur selbst deformierte, eine Alternative auch zum Traditionalismus, der solchen Utilitarismus durch Nivellierung des ästhetischen Anspruchs und durch Folklorekonservierung förderte, ein Versuch, die spezifische ästhetische Funktion der Literatur zu betonen, womit Slädkovic der Zeit freilich weit vorauseilte. Mit dieser Darstellung des slowakischen Literaturprozesses im dritten Viertel des 19. Jahrhunderts ist zugleich auch die weitere E n t wicklung der slowakischen Romantik veranschaulicht worden. Zwar trifft auch auf die slowakische Romantik zu, was allgemein für die Romantikentwicklung 59 bei den national unterdrückten slawischen Völkern (und nicht nur bei diesen) gilt - daß sie insgesamt einen progressiven Charakter trägt - , doch ist diese insgesamt stimmige Generalisierung in ihrer zeitlichen Segmentierung wie ideellen Polarisierung zu sehen: Das revolutionäre Moment vermochte sich nämlich außer bei Janko Kral' nicht voll auszubilden, ging aber im Vormärz.

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mit dem nationalpatriotischen Moment weithin konform, bis es von diesem nicht nur überblendet, sondern auch kaschiert wurde und schließlich angesichts der schwierigen nachrevolutionären Gesellschaftsverhältnisse in der Slowakei durch das klerikal verfärbte nationalpolitische Moment mehr und mehr verdrängt wurde. Dies mußte sich vor allem dort konservativ auswirken, wo sich die Hoffnung auf nationale Befreiung aus der sozialen Bestrebung herauslöste und allzusehr verselbständigte. Einzelne Gipfelleistungen von bleibendem Wert, wie Janko Kräl's Frühlingslied und das Gedicht Das Wort, Jan Bottos Dichtung Jdnosiks Tod sowie Samo Chalupkas Epos Töte ihn! vermögen nicht die Tatsache zu verhüllen, die im epigonalen Schaffen offenkundig ist, daß sich in der slowakischen Romantik nach der Revolution von 1848/49 ein allgemeiner Niedergang vollzieht. In dieser Literatur herrscht nun das nationalutilitaristische Moment vor, das sich vor allem in einer Überbetonung des Gebrauchswertes der Literatur, im Verlust ihrer Volksnähe äußert. Da die Literatur in zahlreichen kirchlich geprägten nationalpolitischen Aktivitäten im Sinne der regressiven Zielstellung „Gott, Kirche und Nation" verbraucht wird, entwickelt sich aus dem „Führer der Nation" der „Vater", ja der „Besserwisser der Nation". Aus den bisherigen Ausführungen könnte nun geschlußfolgert werden, daß sich ein Konzept, das Literatur als Organ der unterdrückten Nation versteht, in der Romantik nicht nur voll ausgebildet, sondern zugleich auch wieder aufgelöst hat - jedenfalls in dem Sinne, daß es ästhetisch nicht mehr produktiv werden konnte. Diese Deduktion läßt sich aber durch den Verlauf der historischen wie der literarischen Entwicklung nicht bestätigen. Auf dieses Konzept wurde ungeachtet seiner erkannten oder auch nicht erkannten Mutationen erneut erfolgreich zurückgegriffen, als die Romantik vom Realismus abgelöst wurde. Ja, selbst in der slowakischen Moderne ist es nicht gänzlich preisgegeben worden, sosehr diese sich auch programmatisch von jeglicher Dienstbarkeit als eigentlichem Sinn und Zweck literarischen Schaffens distanzierte.

Das nationalbewahrende Moment in der Literatur des Realismus und der Moderne Slowakische Russophilie, russische Slawopbilie und allslawische Idee bis zum Ende des 19. Jahrhunderts In seinem politischen Testament, in der nachgelassenen Schrift Das Slawentum und die Welt der Zukunft, hatte L'udovit Stur prophetisch erklärt: „Können die Slawen weder in den Foederativstaaten noch unter Österreich sich einrichten und ihr Leben entfalten, bleibt das Dritte, nämlich der Anschluß aller Slawen an Rußland, und dies allein ist das Wahre und Zukunftsvolle . . . Rußland ist der Hebel und Chorführer unserer ganzen Völkerfamilie, schließen wir uns an dasselbe an, treten wir ganz im Geiste unseres Volkes unter die Leitung des uns historisch gegebenen Stammesältesten."60 Natürlich war damals ein solches Konzept angesichts der rückständigen Gesellschaftsverhältnisse im zaristischen Rußland eine Utopie, Ausdruck der Resignation darüber, innerhalb der Grenzen der Habsburger Monarchie kaum etwas bewirken zu können, Symptom auch eines bestimmten „Konservatismus"61 in bezug auf das Gesellschaftsbild des Autors. Zugleich war es jedoch auch Ausdruck einer unter den Slowaken bodenständigen Russophilie, die sowohl auf die Größe als auch auf die kulturschöpferischen Kräfte des russischen Volkes vertraute. Vor allem letzteres hatte auch Kollärs Rußlandverhältnis bestimmt, und dies wurde auch Ende des 19. Jahrhunderts durch eine intensive Rezeption der demokratischen russischen Literatur wieder produktiv, vollzog sich doch die Herausbildung des slowakischen Realismus in enger Berührung mit dem Werk von Gogol, Turgenjew, Dostojewski, Tschechow und später auch von Tolstoi.62 Das mit der Rezeption der klassischen russischen Literatur einfließende progressive Ideengut paralysierte allerdings erst seit den neunziger Jahre die konservative Ideologie der „antiwestlich" eingestellten russischen Slawophilen. So blieben in der Slowakei bis in unser Jahrhundert hinein Illusionen über das zaristische System weiter bestehen. 1893 empörte sich Jozef Skultety in einem Brief an Svetozar Hurban Vajansky über die Äußerung der tschechischen Schriftstellers Jan Herben: „Den Polen geht es bei den Russen schlechter als den Slowaken bei den Magyaren!" 63 Er übte damit an der Jahrhundertwende noch immer jene Nachsicht gegenüber innerslawischen Zerwürfnissen, die schon im Vormärz auf Kosten der polnischen 32

Aufständischen gegangen war, als Karol Kuzmäny bei allem Verständnis für ihre nationalen Ziele die Tatsache, daß sie sich permanent „einem gemeinsamen, unzertrennbaren Glück unter Rußlands weiser Führung widersetzten", als Hochmut rügte, die zaristische Willkür hingegen mit der „Unkultiviertheit einiger seiner Beamten" bemäntelte. 64 Daß die Polen wie auch die Slowaken selber ein Bündnis mit den revolutionären Kräften Rußlands hätten anstreben müssen, um ihre Zukunft zu sichern, erkannten nur wenige. Immerhin hat aber der slowakische Dramatiker Jan Palärik ein Jahr nach dem niedergeschlagenen polnischen Aufstand von 1863 diesen Sachverhalt mitreflektiert, als er Sttirs Rußlandorientierung nach der Revolution von 1848/49 in Frage stellte: „Solange also Polen unter dem Druck der absolutistischen Petersburger Regierung stehen wird, wird unsere Wissenschaft von der slawischen Wechselseitigkeit die Brust des Polen nicht erweichen . . . Nein, kein slawischer Stamm will seine Selbständigkeit verlieren, will von einem anderen slawischen Stamm geschluckt oder unterjocht werden . . . Nicht ein konzentrierter slawischer großer Staat, sondern so viele selbständige und freie slawische Staaten, wie viele Stämme es gibt, ist das Ziel einer sich aus der Wissenschaft von der slawischen Wechselseitigkeit herleitenden Politik." 65 So kam es nicht zufällig um die Jahrhundertwende zu unterschiedlichen Bemühungen, eine Alternative zur slawophilen Rußlandorientierung zu finden und eine Allianz jener in der k.u.k. Monarchie unterdrückten Nationen zustandezubringen, die beim Ausgleich von 1867 zu kurz gekommen waren, wie gemeinsame Aktivitäten von Rumänen, Serben und Slowaken belegen. 66 Daß hieraus ein neues Zusammengehörigkeitsgefühl unter Slawen und Nichtslawen erwuchs, welches nicht auf mythischer Verklärung von Stammesherkunft, sondern auf Solidarität angesichts einer realgeschichtlichen konkreten Unterdrückungssituation gründete, bezeugt anschaulich ein Brief des rumänischen Schriftstellers Ioan Slavici, den dieser demonstrativ an den in einen „Presseprozeß" verwickelten, verhafteten slowakischen Schriftsteller Vajansky am 3. Dezember 1892 richtete. Darin versichert er Vajansky seiner Sympathie und spricht die Erwartung aus: „Wird es noch möglich, durch gemeinsames Zusammenwirken der Monarchie die gehörige Kraft zu geben, um die Magyaren in die Bahnen der Ordnung und der Gerechtigkeit einzuzwängen, so ist die von uns heiß ersehnte friedliche Lösung, sei es im ungarischen Staate selbst, sei es in einer einheitlichen Monarchie, nicht bloß möglich, sondern auch in einer nicht mehr fernen Zeit zu erhoffen." 67

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Richter, Literatur

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Differenzierung des antimagyarischen national-politischer Konzepte in der

Grundzugs Literatur

Bereits diese wenigen Beispiele werfen ein bezeichnendes Licht auf die Zeit, vor allem darauf, wie sich in den Köpfen slowakischer Schriftsteller bestimmte ideologische Konzepte verfestigen, die in einer historisch zurückliegenden Situation entstanden waren, wie andererseits jedoch immer wieder versucht wurde, neue Ansätze zu finden, vom slowakischen Volk die Bedrohung seiner nationalen Existenz abzuwenden. Als Konstante tritt dabei ein durchgehender antimagyarischer Zug zutage, der sich zwar auch, aber durchaus nicht typisch in Magyarenhaß ausprägte. „Man hüte sich vor einem dumpfen unduldsamen haßsüchtigen Patriotismus"68, hatte 1837 bereits Kollär gefordert, und auch Sttir, der nicht die kulturelle, sondern die politische slowakische Nationwerdung betrieb, hatte sich noch im Vormärz zu nationaler Toleranz bekannt, zugleich aber das Recht der Auflehnung gegen nationale Unterdrückung verteidigt: „Wir lassen uns von einem rein menschlichen Bestreben leiten und wünschen schon darum unseren magyarischen Landsleuten alles Gute auf ihrem Wege zur Bildung und Freiheit, wir wünschen es ihnen auch wegen unserer alten, schon fast tausend Jahre bestehenden Verbindungen. Aber gegen jeden Zwang und Unterdrückung hegen wir tiefen Haß im Herzen, und kein vernünftiger Mensch kann von Bedrückten und Unterdrückten mit Recht Liebe und Ergebenheit erwarten".69 Auch Slädkovic hatte diese Linie nicht verlassen, weder in seinem Gelegenheitsgedicht auf die ungarischen Märzereignisse Ich singe das Lied vom freien Vaterland noch später. Ja er hatte sogar - Ursache und Wirkung verkehrend - in den magyarisierten Slowaken eine noch größere Gefahr gesehen als in den Magyaren selber, 70 * unter denen er so manchen Wohlgesinnten als potentiellen Bundesgenossen der Slowaken wußte. So hatte er regelrecht dazu aufgefordert, „Stimmen und Urteile von bei den Magyaren und im Ungarland wichtigen und populären Männern zu sammeln, die sich hinsichtlich einer Gleichbrechtigung günstig ausgesprochen haben!" 71 Es wurde also slowakischerseits sehr wohl unterschieden zwischen nationaler Selbstartikulation der Magyaren im Prozeß ihrer bürgerlichen Nationwerdung, die den alten ungarländischen Patriotismus72* zwangsläufig aufbrechen mußte, und unduldsamer, die Rechte anderer Nationen mißachtender Unterdrückungs- und Assimilierungspolitik. Ebenso gab es auf der Gegenseite Liberale mit Weitblick,

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die um eine Minderung der nationalen Spannungen bemüht waren.73 Auch kam der Austausch kultureller Werte nicht völlig zum Erliegen, wenngleich er natürlich aus der tagespolitischen Auseinandersetzung nicht herausgehalten werden konnte.7'1 So geriet der slowakische Dichter Koloman Bansell als Petöfi-Verehrer angesichts der magyarischen Restriktionsmaßnahmen gegen die slowakischen Gymnasien und gegen die einzige gesamtnationale slowakische Institution, die Matica slovenskä, in einen tiefen inneren Zwiespalt.75 Aus gleichem Grunde blieb seine Anthologie aus der ungarischen Literatur (1875) ungedruckt, mußte es schließlich der slowakische Übersetzer von Mör Jökais Roman Pater Peter hinnehmen, vom „Vater der Nation" Hurban als Vaterlandsverräter gebrandmarkt zu werden: „Mörder des slowakischen Namens bei der armen slowakischen Nation popularisieren zu wollen . . . bedeutet einfach Verrat an der Nation." 76 Ohne das Wissen um diese Differenzierung innerhalb des antimagyarischen Grundzugs entgeht man kaum der Gefahr, das slowakische Literaturkonzept des Dienstes an der Nation in der zweiten Hälfte des 19. und zu Beginn unseres Jahrhunderts als peinlichen Anachronismus zu empfinden und als nationalistisch verengtes Konzept abzutun. Für die Slowaken, die sich bis zur Wende von 1917/18 doppelter nationaler Unterdrückung - der Magyarisierung und der Germanisierung - erwehren müssen, gilt vielmehr im besonderen jene Feststellung, die Lenin 1916 in bezug auf die nationalen Kämpfe in Osteuropa allgemein getroffen hat: „In den westlichen Ländern gehörte die nationale Bewegung längst der Vergangenheit an . . . Im Osten Europas ist die Sache anders . . . Die Vaterlandsverteidigung kann hier noch Verteidigung der Demokratie, der Muttersprache, der politischen Freiheit gegen die unterdrückenden Nationen" 77 sein. Sie bietet den Schlüssel, um das fortdauernd national geprägte slowakische Literaturverständnis ausgewogen zu bewerten, denn sie läßt weder eine allzu benevolente, jegliche Verengungen zudeckende Sicht noch eine starr am „klassischen" westeuropäischen Muster orientierte und daher a priori negativistische Betrachtung zu, da sie nachdrücklich auf die Dialektik von nationaler und sozialer Bestrebung verweist, die auch nicht durch spezifische historische Gegebenheiten, z. B. durch einen offenkundigen Rückstand in der ökonomischen Basis und im ideologischen Uberbau außer Kraft gesetzt, wohl aber modifiziert werden kann.

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Erneuerung

der Auffassung von Literatur als „Dienst an der in der ersten Phase des Realismus

Nation"

Die Überbetonung der nationalen Aufgaben der Literatur führte zwar zwangsläufig zur Deformierung der Literatur selbst, doch wurde diese nicht widerspruchslos hingenommen. Insbesondere die liberal eingestellte Jugend, die der Losung „Gott, Kirche, Nation" aus innerer Überzeugung nicht zu folgen vermochte, erkannte sehr bald, daß Hurban aus der „himmlischen Waffe" Literatur ein stumpfes rostiges Schwert gemacht hatte. Sie setzte daher seit Ende der sechziger bzw. seit Beginn der siebziger Jahre dem mehr und mehr sich verfestigenden nationalen Utilitarismus und religiösen Mystizismus das erklärte Streben nach Universalität entgegen. Aus dem Führer der Nation, der zur Altvaterfigur erstarrt war, der provinzielle Abgeschiedenheit, ja konservative Weltverschlossenheit zu nationalen Tugenden erhob, sollte ein Weltdichter werden, der menschliche Probleme ins Zentrum seines Schaffens rückt und sie organisch mit denen der eigenen Nation verknüpft. Dies bedeutete sowohl Abschied von der fiktiven Einheit des nationalen Ganzen, also nüchterne Kenntnisnahme der klassenmäßigen Differenzierung des slowakischen Volkes, als auch Hinwendung zu übernationalen sozialen Bezügen. Weder Daniel Lauceks Konzept einer „Allfreiheit" noch Koloman Bansells Programm der „Freiheit und Liebe" kam hierbei freilich über die negative Abgrenzung zum vorherrschenden Literaturverständnis hinaus, so emphatisch sie ihre Idealsetzung auch propagierten. Dennoch hat Bansell mit seinen Beiträgen im Almanach Napred und mit seiner Novelle Atalanta, die zwischen den „Altvätern" und ihren jungen Widersachern eine heftige Literaturdebatte auslösten, wichtige Signale für eine Überwindung von Selbstbescheidung und Selbstisolation gesetzt. Diese konnte mit Beschwörungen des Gespenstes von Liberalismus und Kommunismus, wie Hurban es immer wieder versuchte, nicht mehr verhindert, wohl aber dadurch hinausgeschoben werden, daß man den aufbegehrenden jungen Dichtern kurzerhand den Zugang zu den Zeitschriften versperrte, überhaupt ihre Publikationsmöglichkeiten erheblich einschränkte. Allerdings zeigte sich im Falle Koloman Bansells sehr bald, daß die „Monopolisierung des Nationalen" in der Literatur zwar durch Hervorkehren der dichterischen Subjektivität aufzubrechen, angesichts der konkreten slowakischen Gesellschaftsverhältnisse mit ihrem fortdauernden Zwang, der nationalen Dezimierung, d. h. den systematischen Magyari36

sierung zu wehren, aber nicht zu überwinden war. Was sich in der ausgehenden Romantik mehr und mehr verhärtet hatte, ließ sich schließlich seibist in den achtziger Jahren mit der verspätet einsetzenden slowakischen Realismusentwicklung nicht sofort auflockern. Svetozar Hurban Vajansky und Jozef Skultety bemühten sich in Übereinstimmung mit der konkreten Lage um einen Kompromiß. „Unsere politische Verengung", forderte ersterer, „darf sich nicht tödlich auf das Schrifttum auswirken!" 78 Er unterlief diesen seinen kritischen Neuansatz allerdings selber, indem er weiterhin auf „die konservative und stille Kraft des slowakischen Volkes" vertraute und zur Bewahrung des „Andenkens unserer Väter" 79 aufrief. Dennoch gilt seine Losung „Wir schreiben und singen für die Nation!" 80 nicht voraussetzungslos: Die Literatur soll „mit dem Leben und der Lebenswahrheit der Nation" verbunden, „Abglanz ihrer Bestrebungen und Sehnsüchte sein"; denn „Literatur, die nicht ins Leben dringt", die „gänzlich unnützes Spielzeug" ist, „kann für Nationen, die um ihre Existenz kämpfen . . . klar in die Zukunft blicken" überhaupt nicht, sollte aber auch bei „großen Völkern" (die sich solchen Luxus eher leisten könnten) prinzipiell nicht akzeptiert werden. 81 Vajansky warnt freilich auch hier vor Übertreibungen, denn „niemand zwingt straflos den Pegasus in den Pflug!" 82 . Wirkliche Größe erlangen seiner Auffassung nach Dichter nicht dadurch, daß sie in „kosmopolitischen Allgemeinheiten" schwelgen, sondern nur, wenn „sie von einem eigenen Konkretum ausgehen, dieses erfassen und künstlerisch darzustellen wissen" 83 . Unterstützt wird Vajansky in seinem Bemühen, das Literaturkonzept des Dienstes an der Nation aus seiner extremen Einseitigkeit und Lebensfremdheit herauszuführen und wieder organischer mit dem gesellschaftlichen Auftrag des Schriftstellers zu verbinden, durch den jungen Skultety, der insbesondere die klerikale Einbindung attackierte: „Gegenstand der Poesie soll angeblich nur Gott bzw. der Glaube sein . . . Welche Beschränktheit! . . . Ich glaube an die Mannigfaltigkeit des menschlichen Geistes, solche Belehrung sehe ich als eine Beleidigung ebendieses Geistes an." 84 Obgleich auch Skultety im Dichter noch vorrangig den Mahner und Bekenner erblickt, ihn auch in nationalen Belangen für zuständig hält, wendet er sich doch entschieden gegen eine vordergründig politische Aussagt jenseits des ästhetischen Anspruchs. Er baut vielmehr auf die Wirkungskraft des Schönen: „Das ästhetisch Schöne beleidigt weder die Moral noch den Glauben noch sonst etwas, was 37

dem Menschen heilig ist." 85 Er plädierte für eine lebensnahe realistische Kunst, möchte aus ihr aber das Häßliche verbannen, kaschierte somit freilich auch wieder das gesellschaftskritische Moment und die soziale Frage. Letztlich rührte er nicht an der Prädominanz d6s Nationalen. Die Betonung der sozialen Frage fügte seiner Ansicht nach der slowakischen Emanzipationsbewegung mehr Schaden zu, als sie ihr Nutzen brachte: „Die Slowaken im Ungarland erwecken, emporheben und retten kann man nur unter dem nationalen Banner. Haben wir uns national erst einmal emanzipiert, so kommt bei uns die soziale Sicherheit von selbst. Ohne die verbindende Kraft der nationalen Idee läuft unter den harten politischen Bedingungen im Ungarland die slowakische Nation auseinander und verliert sich in der Welt!" 8 6 Solch eine Position war nicht nur für Skultety, sondern allgemein für die Führungskräfte in Martin, dem Zentrum der slowakischen Nationalbewegung, kennzeichnend; sie alle traten entschieden für die Emanzipation des slowakischen Volkes ein, gewannen jedoch nicht die erforderliche kritische Distanz zu deren Konsequenzen. Von daher beurteilten sie sowohl die slowakische Literaturproduktion als auch die Rezeption anderer Literaturen, schließlich auch die „tschechoslowakische Wechselseitigkeit", die seit dem Österreichisch-Ungarischen Ausgleich aus politischen Bündniserwägungen wieder etwas in den Vordergrund gerückt war. Alles, was sich nicht national oder slawisch, sprich slawophil gab, geriet in den Verdacht, kosmopolitisch oder unmoralisch zu sein. Und hieraus erwuchsen, wie u. a. Vajanskys Vorbehalte gegenüber den Lumirovci, dem Kreis um die tschechische Zeitschrift Lutnir, zeigen, 87 * zwischen dem noch relativ homogenen slowakischen und dem weit mehr differenzierten tschechischen Geistesleben Divergenzen. Diese konnten selbst durch wohlgemeinte „Zugeständnisse" von beiden Seiten nicht verhüllt, geschweige denn abgebaut werden. Ein Beispiel: Der pragmatische slowakische Nationalpolitiker Hurban gab (welch lebensfremder Anachronismus!) den Almanach Nitra als Versöhnungsgeste gegenüber den Tschechen in der biblictina heraus, und der tschechische Slowakophile Josef Holecek billigte den Slowaken „großzügig" den Gebrauch ihrer Schriftsprache in der schöngeistigen Literatur zu, wollte sie aber im wissenschaftlichen Schrifttum im Interesse der tschechoslowakischen Einheit durch das Tschechische ersetzt wissen. Dennoch muß festgehalten werden: Sowohl Vajansky als auch Skultety haben das slowakische Literaturkonzept des „Dienstes an der Nation" in einem Zweifrontenkampf gegen Philistertum und 38

Bigotterie aus der utilitaristischen Sackgasse herauszuführen und durch stärkere Betonung der relativen Eigengesetzlichkeit der Literatur an die veränderten Zeitverhältnisse anzupassen versucht, ohne die unmittelbare politische Wirkungsmacht der Literatur damit in Frage zu stellen. Nur sollte eben eine literarische Erscheinung nicht ausschließlich nach ihrem aktuellen Gebrauchswert beurteilt werden. Skultety hat diese Haltung in einem Brief an L'udmila Podjavorinskä auf folgenden Nenner gebracht: „Was in der Literatur an Wertvollem und Seltenem produziert wird, das bleibt uns. Daran ändern auch politische Mißerfolge nichts. Man mag dagegen aufbegehren wie man will, gegen diesen slowakischen Besitz ist man machtlos. Ja, je mehr wir davon haben werden, um so gewisser erleben wir auch politische Erfolge. Denn eine Nation, die eine Literatur besitzt, geht nicht unter. Ihr wird die ganze gebildete Welt beistehen."88 Zu einer progressiven Weltöffnung der slowakischen Literatur reichte diese zaghafte Modifizierung des „Dienstes an der Nation", die das nationalutilitaristische Konzept ins nationalbewahrende abmilderte, allerdings nicht aus. Idealistische Weltsicht und illusorische Heilserwartung vom zaristischen Rußland stellten sich ihr ebenso in den Weg wie ein auf konservative Bewahrung gerichtetes patriarchalisches Gesellschaftsbild, das - wie bei Vajansky - angesichts der Wirrnisse im europäischen Westen als ein Stück heile Welt ins 20. Jahrhundert hinübergerettet werden sollte.

Anfechtung

der Prädominanz des Nationalen und Orientierung auf das Plebejische durch die Hlasisten

Die offenkundige Unterschätzung der sozialen Probleme bzw. deren Verharmlosung, der historisch gänzlich unmotivierte Versuch bei Vajansky, auf den verkümmerten entnationalisierten bzw. national desinteressierten slowakischen Landadel als relevante gesellschaftliche Kraft im nationalen Organismus zurückzugreifen und politisch zu reaktivieren, stieß bei den Hlasisten - den Schriftstellern und Kritikern um die Zeitschrift Hlas (gegründet 1898) 89 * - auf heftigen Widerspruch. Dieser Gruppierung, die die slowakischen Gesellschafts- und Literaturverhältnisse an denen in den böhmischen Ländern maß, gelang konzeptionell ein weiterreichender Vorstoß. Sie erkannte ebenfalls den Zwang zu nationalem Handeln an, betrachtete aber zum einen das nationale Geschehen nicht isoliert vom Weltgeschehen und akzentuierte zum anderen die klassenmäßige Diffe-

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renzierurig der nationalen Gesellschaft wie auch innerhalb ihrer Klassen und Schichten viel schärfer als irgendeine andere literarische Gruppierung oder Einzelpersönlichkeit von Rang. Srobär gab mit vollem Recht zu bedenken: „Wir Slowaken haben weder einen Adel noch einen hohen Klerus, noch Großindustrie, wir haben also keine Veranlassung, eine dieser Schichten zu schonen; wir sind ein armes Volk, die Proletarier des Landes, und es gibt nichts Natürlicheres, als sich mit dem Proletariat der übrigen Nationen zu verbinden."90 Wenn die Hlasisten also ebenso wie Vajansky dazu aufriefen, sich dem realen Leben zuzuwenden, so meinten sie beide durchaus Verschiedenes. Vajanskys Plädoyer für den Landadel beantworteten die Hlasisten mit dem Ruf nach den plebejischen Schichten. Sie waren der festen Überzeugung, daß der plebejische Grundzug in der tschechischen realistischen Prosa auch der slowakischen besser zu Gesicht stünde als ihr aufgepfropftes aristokratisches und gekünsteltes bildungsbürgertümliches Gehabe: „Die slowakische Literatur", betont Srobär, „muß sich, soll sie Triebkraft der Slowakei sein, auf andere Wege begeben. Wir sind ins Jahrhundert des Demokratismus eingetreten, in ein Jahrhundert, in welchem der kleine Mann zu Sieg und Ruhm gelangt, möge auch unsere Literatur unter den Millionen leidenden und kämpfenden kleinen Leuten ihre wirklichen lebendigen und wahren Helden finden." 91 Solchen Forderungen wurde die kritische Spitze allerdings dadurch genommen, daß die Hlasisten sehr im Ewig-Menschlichen und Schicksalhaften verharrten, sich mit sozialer Anklage beschieden, revolutionäre Aktionen hingegen nicht befürworteten. Da hinter ihren literaturprogrammatischen Vorstellungen auch keine adäquate künstlerische Leistung stand, die der eines Vajansky hätte entgegengesetzt werden können, vermöchten die Hlasisten im slowakischen Literaturprozeß selbst weit weniger auszurichten, als sie in ihrem subjektiven Eifer meinten. Doch trugen ihre heftigen Auseinandersetzung mit den „MartinRepräsentanten" vor allem auf literaturkritischem Gebiet wesentlich dazu bei, das soziale Moment in der slowakischen Prosa zu verstärken. In der zweiten Phase des Realismus, im Schaffen Jozef Gregor Tajovskys oder Timravas, hat sich dies später produktiv niedergeschlagen, bei Timräva insbesondere durch die unbarmherzig kritische Durchleuchtung der „kleinen Leute" auf dem Lande, die dem Klischee von der pastoralen Idylle auf dem Dorfe wirksam zu Leibe rückte, wie u. a. in der auch deutsch vorliegenden Erzählung Die Tapaks92 sichtbar wird. 40

Pavol Orszägb Hviezdoslav als Dichter des Volkes und der Menschheit Wollte man den bedeutendsten slowakischen Dichter der Jahrhundertwende, Pavol Orszägh Hviezdoslav, strikt generationsmäßig einordnen, dann könnte man ihn mit Fug und Recht als Zeitgenossen Vajanskys bezeichnen, ja es ließen sich ohne viele Mühe sogar zahlreiche Belege finden, die dafür sprächen, ihn als Gesinnungsgenossen Vajanskys zu bezeichnen. Aus Hviezdoslavs Grabgesängen auf die slowakischen Nationalpoeten und -politiker, beginnend 1872 bei Sladkovic und endend 1916 bei ebendiesem Vajansky 93 , weht uns ein Hauch von nationaler Pathetik entgegen, dem noch die Ursprünge liehen Ingredienzien anhaften. Und man glaubt seinen Augen nicht zu trauen, daß der Kampfgefährte Bansells und Mitbegründer des Napred die Altvaterfigur Jozef Miloslav Hurban so unkritisch in den Pantheon der slowakischen Nation hineingeleitet, 94 als habe weder das slowakische Volk noch er, Hviezdoslav, die Kluft bemerkt, die sich an Hurbans Lebensende objektiv zwischen ihnen auftat. Vajanskys Berufung auf das „Andenken der Väter" und Hviezdoslavs Nekrologpraxis scheinen sich in einer überraschenden ideellen Übereinstimmung zu befinden. Und doch nimmt Hviezdoslav bei genauerem Hinsehen, bei Berücksichtigung des Gesamtschaffens, zwischen der Vajansky-Generation und den Hlasisten eine gewisse Mittlerstellung ein, die sich sowohl in kritischer Anerkennung der künstlerischen Leistung der Vajansky-Generation als auch in rationaler Prüfung des hlasistischen ideell-ästhetischen Gegenwurfs ausdrückt. Im Vergleich zu Vajansky, der dem „reglosen Volkskonglomerat" 95 * letztlich mißtraute und aus politischem Kakül an der fiktiven Einheit der Nation festhielt, verstand sich Hviezdoslav wohl weniger als Sprecher der Nation, eher als Dichter des Volkes, aber auch dies nicht im engen Wortsinne. Hviezdoslavs gesellschaftliches Engagement greift über die nationale Bestrebung ebenso hinaus wie über die Volksgrenzen, nimmt eine menschheitliche Dimension an. Hviezdoslav, der anfangs ungarisch geschrieben, sich aber noch während seiner Gymnasialzeit „aus einem Saulus in einen Paulus" verwandelt und „der wohlklingenden slowakischen Sprache" 96 den Vorzug gegeben, damit zugleich eine politische Entscheidung getroffen hatte, lehnte sich in der Tat von Anbeginn an gegen den nationalen Utilitarismus und religiösen Mystizismus auf. In einer Notiz hat 41

er 1871 festgehalten, was er öffentlich nicht auszusprechen wagte. „Ach, Herr H [urban], meinen Sie, daß Sie der heilige Geist sind, der alles Slowakentum ausfüllt? . . . Die Poesie schiebt die Religion beiseite - sie ist sich selbst eine Gottheit . . . Kommt, ihr Genien, ihr Großen freier Poesie, kommt euch wundern, den Vater der Musen euch anhören, was und wie ihr fühlen, denken, ja dichten sollt! . . . Komm her Shakespeare, Byron, Goethe, Petöfi, Heine! Ihr habt euch ebenfalls versündigt, falls ihr uns schlecht singen lehrtet; euch richtet, züchtigt ein Priester - und miserabler Poet dazu!" 97 Auch Hviezdoslav stellt sich der Verpflichtung, der slowakischen Nation in ihrer Bedrängnis zu helfen. Im Unterschied aber zu Vajansky, der Dichter, Politiker und Journalist in einer Person ist, möchte er die Geschäfte des Dichters von denen des Politikers und Journalisten abgegrenzt wissen. Darin sieht er zwischen Vajansky und sich selbst den „großen Unterschied" 98 . Vajansky ist für ihn „ein Geistesriese, der nach den Wolken greift, ein Riese, den niemand und nichts überwindet" 99 , der daher auch alle drei Funktionen in einem zu vereinigen vermag. Solche „großen Geistesgaben" besitze er selber nicht, er brauche zu „größeren Werken auch Zeit, sorgenfreies Leben, Ruhe vor der äußeren Welt und inneren Frieden". 100 Ihm „stehe das politische Kleid", das sich Vajansky selbst angelegt habe, „nicht zu Gesicht". 101 Zwar ist sich auch Hviezdoslav der Macht des Slawentums bewußt, doch verteidigt er dieses keinesfalls so emphatisch und unkritisch wie Vajansky, dem er anläßlich eines Rußlandaufenthaltes in einem leichten Anflug von Ironie wünscht, er möge „seinen großen Talenten angemessen aus jener reinen großen slawischen Welt auch empirisch geläutert zurückkehren" 102 . Daher vermochte auch um die Jahrhundertwende der heftige Angriff der Hlasisten auf die konservative Martiner nationalpolitische Feste, auf den Vajansky hektisch reagierte, Hviezdoslav keineswegs aus dem Gleichgewicht zu bringen. Vielmehr empfahl er kaltblütiges Abwarten, sich auch selbst nicht für den Nabel der Welt zu halten: „Sind wir denn wirklich so vollendet, daß diejenigen, die einmal unsere Plätze einnehmen sollen, uns gleichsam als Muster in allem nachfolgen sollen und müssen? . . . Wenn unsere Jungen' als Apostel unters Volk gehen, sein Bewußtsein wecken und es höher emporheben wollen als dies uns selbst gelang: Sollen wir sie darin behindern oder nicht lieber im Gegenteil dazu ermuntern?" 103 Diese Gelassenheit entsteht nicht aus politischem Desinteresse, sondern verrät eher eine souveräne Distanz gegenüber den Erfordernis-

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•sen des geschichtlichen Augenblicks; die Größe des strategischen Ziels wird über kurzatmiges (und auch selbstgefälliges) taktisches Manövrieren gestellt. Empfindet er doch selbst die „allgemeine Not" 104 , die „slowakische Armut" 105 , die nicht zuletzt auch im Unvermögen liegt, nach erhabener Idealsetzung auch die erforderlichen Schritte zur Realisierung zu tun. Erst in der stillen Abgeschiedenheit des Orava-Tals nahm Hviezdoslav das wahr, was den Martiner Nationalpolitikern in der Hast des politischen Alltags zu erkennen verwehrt war: die offenkundige Diskrepanz zwischen lauthals verkündetem politischem Anspruch und tatsächlicher reaipolitischer Bedeutsamkeit, auf die seit der Jahrhundertwende in seinen Humoresken auch Janko Jesensky 106 nachdrücklich verwies. Hviezdoslav erkannte in enger Berührung mit dem Volk, mit seinen bäuerlichen Schichten vor allem, wie ungleichgewichtig das Emanzipationsprogramm der slowakischen Bourgeoisie war, die zwar immer wieder ihre Kritik auf die Unterdrückermächte richtete, sich selbst gegenüber wenig kritisch war und die Lösung der sozialen Fragen auf die Zeit nach Erringung der Eigenstaatlichkeit hinausschob. In seiner Dichtung suchte Hviezdoslav die Kluft zwischen Nation und Volk zu überbrücken. Im epischen Gedicht Die Frau des Hegers ist die reale Wirklichkeit im sozialen Gegensatz zwischen der Welt der Hütten und der der Paläste gefaßt, und diese? wird auch nicht durch den Hviezdoslav eigenen moralisierenden Grundton aufgehoben. Der Dichter will der Wahrheit, dem Guten und der Schönheit dienen, gegen Bosheit und Unrecht ankämpfen, wo immer es auftritt. Er ficht die Homogenität des nationalen gesellschaftlichen Organismus an. Der Dichter soll gewiß auch Sprecher der Nation, vor allem aber ein konsequenter Verteidiger der Wahrheit sein. Hviezdoslav gibt so der slowakischen Poesie wieder etwas von ihrer Lebensnähe zurück, die sie im Vormärz ausgezeichnet hatte. Hviezdoslav wandte sich aber nicht nur dem slowakischen Mikrokosmos, sondern auch dem Weltgeschehen zu, versuchte dieses mitzureflektieren. Während Vajanskys Reaktion auf die russische Revolution von 1905 angesichts seiner konservativen russophilen Politik eindeutig negativ ausfallen mußte, denn nicht in den revolutionären Kräften Rußlands, sondern in den Repräsentanten des Zarismus sah er die Macht, die seinem Volke Rettung bringen sollte, setzte sich Hviezdoslav in der Sammlung Klagelieder mit diesem geschichtlichen Ereignis durchaus differenziert auseinander. Im* Gedieht Ach, es rebelliert und gärt im Slawentum beklagt er zwar das Blutvergie43

ßen, hofft aber, daß es nicht umsonst gewesen ist: „Denn kein Zerfall ist hier wie einst im morschen Rom / hier ist ein Fundament: des Volks gesunde Kraft I . . . I und aus dem Blutbad eine neue Welt erschafft."107 Hviezdoslav reagierte auch sofort auf den Ausbruch des ersten Weltkrieges. Seine Blutigen Sonette hat er Ende August, Anfang September 1914 niedergeschrieben. Hierin verurteilt er das Völkermorden, hofft er auf den Sieg der Vernunft, darauf, daß eine bessere Welt, ein „Königreich der Brüderlichkeit und Liebe" erstehen wird. Aus diesem Blickwinkel betrachtet er auch die Oktoberrevolution. Im Widerstreit von Zweifel und Hoffnung fragt er in der Gedichtsammlung Zur herbstlichen Mitternacht nach dem historischen Sinn des Geschehens im fernen und gleichsam doch so nahen Rußland, mit dem ja das Schicksal auch seines Volkes immer wieder verknüpft worden war: Über dem Polarstern, wo thront die ewigen Feste . . . Was ist's? Lohnt die Fahne oder die Bluse wie Blut? Ist's Abendröte oder entflammende Morgenröte? Erlischt sie, hellt sich auf der Tag? Oder wird dichter das Dunkel? undurchdringbar selbst für den Himmel mit den Augen der Sterne? . . . Tritt dann hervor aus ihr des Lichtes Herold auf die Seite der Erde - Sonne? - Freiheit, mit ihr Gleichheit, Brüderlichkeit? Das Königreich der Wahrheit mit dem Azurblau der Schönheit, die Liebe zur Sonne immer im Zenit? . . . Dieses chaotische Grau, das gebärt die Welt? 108 Gewiß ist dies kein einhelliges Bekenntnis zur sozialistischen Revolution, deren Konturen sich für den slowakischen Dichter Anfang 1918 im „chaotischen Grau" auch noch nicht abzeichneten, dennoch schließt der Demokrat und Humanist Hviezdoslav die Möglichkeit einer Weltenwende nicht aus, die den Menschen endlich Freiheit, 44

Gleichheit, Brüderlichkeit, das „Königreich der Wahrheit" bringen würde, welches sie nach dem blutigen Krieg mehr denn je herbeisehnen. Hviezdoslavs Position hebt sich damit wohltuend von dem Wehklagen jener slowakischen Nationalpolitiker ab, die mit der Beseitigung des zaristischen Systems auch die konservativ deformierte slawische Idee begraben mußten und mit dem endgültigen Zusammenbruch solch systemgebundenen Konzepts der „slawischen Nation" als „Weltnation" auch ihre nationalen Hoffnungen zunichte gemacht sahen. Insofern erwies sich Hviezdoslavs Vertrauen auf die Kräfte des Volkes auch hier als Korrektiv nationaler Illusionen. Hviezdoslav war allerdings nicht Dichter eines geschichtlichen Optimismus; eher ein Zweifler und Skeptiker, der die Erdferne des nationalpolitischen Konzepts zutiefst spürte, zugleich aber selbst große Sehnsucht nach fernen Welten empfand, die ihm die Idee vom Slawentum nicht zu stillen vermochte, da er die Gleichsetzung von Slawischem und Menschheitlichem nicht mitvollziehen konnte. So begreift er im Gedicht Der slowakische Prometheus - ist er möglich? die Tragik des slowakischen Schicksals zugleich als eigene, als die eines Dichters, den die Fessel peinigt, die seinen Höhenflug stoppt. Seine Dichtung, vor allem seine Klagelieder, drücken nicht selten Einsamkeit und Depression aus, das Mißverhältnis zwischen den subjektiven Möglichkeiten und den objektiven Hindernissen der gegebenen Realität spiegelnd. Hviezdoslavs Dichtung basiert also primär nicht mehr auf einem nationalen, auch nicht auf einem didaktisch-belehrenden Literaturprogramm, das sich an einen unmündigen Adressaten wendet, vielmehr trägt sie stärkere subjektive Züge, die sich mit sittlichem Pathos und sozialer Ethik verbinden. Der Autor verdrängt den nationalen Mythos, entläßt sich aber damit nicht aus der Verpflichtung, die nationale Befreiung seines Volkes zu fördern, doch rückt er das Volk betont ins Zentrum künstlerischer Darstellung, auch den werktätigen Menschen, den Landmann vor allem mit seinem ungebrochenen Verhältnis zur Natur. Dabei versteht sich Hviezdoslav selbst als „Dichter des Schweißes", nicht als Gestalter ländlicher Idylle, wiewohl er die Naturschönheiten seiner Heimat zu besingen weiß. Hviezdoslav überwindet die enge Bindung an die Folklore als ästhetisches Grundmuster, ist aufgeschlossen gegenüber andersnationalen Vorbildern, belesen, in der Weltliteratur, aus der er vieles übersetzte. Er verbannt die traditionellen Metaphern des Falken, des Adlers als Symbole des nationalen Befreiungskampfes, ersetzt sie durch die Lerche als 45

Symbol friedfertiger Arbeit. Zugleich greift er aber auch auf die antike und christliche Mythologie zurück, um das Lebensgefühl des Zeitgenossen differenziert auszudrücken. Schließlich stellt er das von der Stür-Generation kanonisierte syllabische Verssystem auf das syllabisch-tonische um, bereichert die junge slowakische Schriftsprache um subtile Neubildungen und führt sie so an das Niveau älterer Kultursprachcn heran. Insofern kann Hviezdoslav mit einem gewissen Recht als Vollender progressiver slowakischer Literaturtraditionen der nationalen Wiedergeburt im 19. Jahrhundert und zugleich als wichtige Brücke zur Literaturentwicklung im 20. Jahrhundert bezeichnet werden, wie dies in der slowakischen Literaturwissenschaft geschieht. 109

Stärkere Hinwendung zur sozialen Problematik des Realismus

in der zweiten

Phase

Das nationalutilitaristische Literaturkonzept der ausgehenden R o mantik wie das nationalbewahrende Literaturverständnis der ersten. Phase des Realismus krankten - zwar nicht in gleichem Maße, aber doch auf gleiche Weise - an chronischer Selbstbescheidung auf die eigenen nationalen Belange, an einem heute kaum noch vorstellbaren Isolationismus. D i e „arme slowakische Nation", de facto nur im geistigen Überbau existent, da nahezu allein durch Sprache und Literatur nach außen hin repräsentiert, als selbständige Nation aber de jure weder bei den Magyaren noch bei den Habsburgern anerkannt, sollte angesichts ihres zarten, zerbrechlichen Organismus möglichst vor jedem Luftzug bewahrt werden, der die Welt draußen durchwehte und in aller Stille in provinzieller Geborgenheit gedeihen. In diesem Sinne hatte Hurban die schüchternen Ansätze liberalbürgerlicher Weltöffnung als „schändlichen Materialismus" 110 zurückgewiesen, in ebensolchem Sinne reagierte ein Vierteljahrhundert später Vajansky auf die hlasistischen, sozial und plebejisch orientierten B e strebungen, die er in einem Brief an Hviezdoslav vom 19. August 1898 unumwunden als „Dekadenz", als „Mist aus fremden Stall, vor allem aus Frankreich" bezeichnete, dabei zugleich auch Dusan Makovickys Tolstojanertum als „Anarchie, Atheismus, Internationalismus, überspannten Individualismus" geißelnd. 111 Nur war inzwischen die Differenzierung der slowakischen nationalen Gesellschaft, die ideologische Polarisierung ihres literarischen wie überhaupt kulturell-

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geistigen Lebens weiter vorangeschritten und nahm nun einen beschleunigten Verlauf. Die fortschreitende kapitalistische Entwicklung in der Habsburger Monarchie machte nicht vor ethnischen oder nationalen Grenzen innerhalb des österreichisch-ungarischen Staates halt, die Standortverteilung der Industrie mußte notgedrungen, sollte sie profitabel sein, nach ökonomischen Gesichtspunkten erfolgen, je nach Lage der Bodenschätze und des Arbeitskräftereservoires. In der Periode von 1890 bis 1918 veränderte sich daher die Sozialstruktur auch des slowakischen Volkes grundlegend. Einerseits erhöhte sich die Zahl der Industriearbeiter, andererseits war die Industrie nur auf wenige Bezirke („Gespanschaften"), nicht gleichmäßig über das gesamte Territorium verteilt, wodurch das Gefälle im Sozialgefüge noch verstärkt wurde. Die Landflucht der Bauern konnte von der Industrie nicht verkraftet werden. Massenauswanderung setzte ein: Von 1901 bis 1914 emigrierten jährlich mehr als 20 000 Slowaken nach Amerika, und gleichzeitig nahm die Migrationsbewegung der slowakischen Arbeitskräfte, die neben der Industrie der Eisenbahnbau brauchte,, innerhalb der ungarischen Landesgrenzen erheblich zu. Im Rahmen der Sozialdemokratischen Partei Ungarns organisierte sich auch die slowakische Arbeiterklasse; hier erfuhr sie die Solidarität der ungarischen Werktätigen in ihrem Bemühen, sich auch national als gleichberechtigtes Glied der Arbeiterklasse des Vielvölkerstaates zu artikulieren. Ihre ein Jahr währende organisatorische Verselbständigung (1905/06) weist allerdings darauf hin, daß ungarische rechte Arbeiterführer die Hegemonie der Magyaren innerhalb der Sozialdemokratischen Partei Ungarns dazu mißbrauchten, über eine „Internationalisierung" Magyarisierung zu betreiben. Andererseits mußten die slowakischen Sozialdemokraten sehr bald erfahren, daß nationale Abkapselung nur die Einheit der Arbeiterklasse innerhalb eines geschlossenen Staatswesens stört. Parallel zur politischen Organisierung der slowakischen Arbeiterklasse erfolgte der Zusammenschluß der Landarbeiter, deren Zahl mit zunehmender Pauperisierung der Landbevölkerung anstieg, so daß sie zu einer bedeutenden gesellschaftspolitischen Kraft wurden. Angesichts dieser realen Tatbestände wird deutlich, daß sich die slowakische Gesellschaft in unserem Jahrhundert national nicht mehr über eine illusorische Zukunftsgläubigkeit zusammenhalten, geschweige denn führen ließ, mochten dies die Martiner Nationalpolitiker um Vajansky nun wahrhaben wollen oder nicht. Vielmehr mußten soziale Lösungsmöglichkeiten erkundet und 47

konkrete Sozialprogramme entwickelt werden, die nicht von einem amorphen Volkskonglomerat, sondern von den Lebensinteressen der verschiedenen Klassen und Schichten ausgingen. Zudem drangen auch revolutionäre Weltereignisse wie die russische Revolution von 1905 ins Bewußtseins der ländlichen Bevölkerung und wurden von dieser um so stärker wahrgenommen, als sie selbst die Krisenerscheinungen des Kapitalismus am eigenen Leibe verspürte, nicht Abenteuerlust, sondern der Kampf um die nackte Existenz trieb sie in die Fremde, nach Übersee. Ferner blieb seit Anfang unseres Jahrhunderts bei fortdauernder Magyarisierung die Repräsentanz der slowakischen Nation nicht mehr allein auf die Literatur beschränkt. Im politischen Kräftespiel der k.u.k. Monarchie war so manches möglich, was nach Staatsraison und rationalem Kalkül zwar widersinnig schien, dennoch aber dazu beitrug, die gebrechliche Monarchie immer wieder auf den Beinen zu halten. So auch in der slowakischen Frage. Einerseits durften die Gymnasien in der Slowakei den Unterricht nicht in der Muttersprache abhalten (denn wer vorankommen wollte, der mußte, wenn ihm der Preis der nationalen Konvertierung zu hoch war, zumindest den magyarischen Bildungsweg durchlaufen mit allen Gefahren der nationalen Überfremdung, die darin lagen); blieb die einzige gesamtnationale Kulturorganisation der Slowaken, die Matica slovenskä, weiterhin geschlossen, wenn 1896 auch der Gründung des Slowakischen Nationalmuseums in Martin zugestimmt wurde. Andererseits konnte aber die Slowakische Nationalpartei an den ungarischen Reichstagswahlen teilnehmen und gelang es, 1901 vier, 1905 zwei, 1906 sieben und 1910 drei slowakische Abgeordnete durchzubringen. 112 * So bescheiden diese Zugeständnisse waren, die natürlich der slowakisch sprechenden ethnischen Minderheit, nicht der slowakischen Nation galten - die Slowaken erhielten damit eine wichtige Plattform, ihr nationales Anliegen immer wieder auch öffentlich vorzutragen. Dadurch wurde u. a. erst jene „Schützenhilfe" von außen möglich, die der norwegische Schriftsteller Björnstjerne Björnson 113 * oder der englische Publizist Seton-Watson 114 * den slowakischen Nationalpolitikern dadurch gewährten, daß sie die europäische Öffentlichkeit über die Lage der Slowaken in der k.u.k. Monarchie informierten und diese mobilisierten. Kurzum, die slowakische Literatur wurde durch objektive geschichtliche Prozesse gewissermaßen von dem Trauma befreit, alleinige Repräsentantin der slowakischen Nation sein zu müssen, wenngleich sich dies den Zeitgenossen nicht sogleich ins Bewußtsein einprägte.

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Die Differenzierung im ideologischen Bereich spiegelt sich besonders anschaulich in dem überraschend steilen Aufschwung des slowakischsprachigen Zeitungs- und Zeitschriftenwesens wider, welches der totalen Magyarisierung ebenfalls entgegenwirkte: Der slowakischsprechende Staatsbürger Österreich-Ungarns hatte nämlich sowohl Tageszeitungen als auch kulturpolitische sowie literarische Zeitschriften in slowakischer Sprache zur Verfügung, und dies von Jahrzehnt zu Jahrzehnt in ständig wachsender Zahl (1880: 11, 1890: 16, 1900 : 32, 1910: 47, 1914: 61), 115 die zunehmend unterschiedliche soziale, politische und auch ästhetische Vorstellungen in die slowakische Öffentlichkeit hineintrugen, die die archaische Vorstellung von der monolithischen Nation und vom „reglosen Volkskonglomerat" allmählich unterminierten. Alle diese Basisprozesse und Veränderungen im ideologischen Bereich höhlten das nationalgeprägte Literaturkonzept aus, führten im gesellschaftlichen Funktionsverständnis zu einer Verlagerung des Schwerpunktes vom Nationalen zum Sozialen hin. Die Kritik an der ersten Phase des slowakischen Realismus, wie sie insbesondere durch Vajansky repräsentiert wurde, hat am prägnantesten, wenn auch polemisch überspitzt, der Hlasist Srobär vorgetragen. Vajanskys Angriff auf Tajovskys düstere Schilderung des slowakischen Dorflebens 116 energisch zurückweisend, warf er Vajansky vor: „Um das Volk ist es Ihnen in der Literatur nie gegangen. Ihr größtes Vergehen besteht jedoch darin, daß Sie den d e m o k r a t i s c h e n G e i s t unserer Erwecker Kollar, Stur, Kral', Sladkovic und Botto unterschlagen haben. Diese haben ihre schönsten Früchte dem Volke geweiht. Sie hingegen und unter Ihrem Einfluß auch andere vergeuden Zeit und Energie für die künstlichen, fremden, ja unmöglichen Figuren der Rudopol'skys, Lutisics u. ä. . . . Und auf das Volk blickten Sie allenfalls wie Aristokraten: An ihm gefiel Ihnen die bunte Sonntagstracht, sein Gesang und seine Sprache aber in seine Seele haben Sie ihm noch nie hineingeschaut i" 117 Mit dieser Kritik legte der Hlasist Srobär die offenkundige Differenz zwischen bewußt positiver Idealsetzung und tatsächlicher Wirklichkeitsnähe in der ersten Phase der slowakischen Realismusentwicklung bloß und forderte eine lebensorientierte, psychologisch vertiefte Darstellung des Volkes unter Berücksichtigung seines Sozialgefüges. In diesem Sinne setzte sich Timrava als Vertreterin der zweiten Phase des Realismus wohltuend von einer Oberflächenrealistik ab, die das „einfache" Volk feiertäglich-erhaben oder koboldhaft-dümmlich dahinstelzen oder „weise" vor sich her reden läßt, den reichen Sprich4

Richtet. Literatur

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Wortschatz schröpfend. Ihr ist auch ein entleertes philanthropisches Sozialgefühl fremd, das sich des Klischees vom armen, aber hilfreichen und guten Menschen pauschal bedient. In der Erzählung Alles Eitelkeit (1908) führt sie in der Figur der Anca die moralische Deformation des heilen Dorfbewohners vor: Die bettelarme, liebe, oft gedemütigte Anca entwickelt sich, selber zu bescheidenem Reichtum gelangt, in ein gefühlskaltes, die Not anderer mißachtendes Scheusal. Und in den T'apaks (1914) zeigt die Autorin das Dorf in seiner patriarchalischen Zurückgebliebenheit und morbiden Stagnation, aus der sich die Menschen nur befreien können, wenn sie ihre Lebenseinstellung grundlegend ändern wie Päl'os Frau Il'a, die durch städtische Erfahrungen ermutigt, allmählich die Scheu überwindet, die traditionellen Familienbande zu sprengen und ihr Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen. Für Timrava ist also sowohl eine sozialkritische Problemsicht als auch eine psychologisch vertiefte Darstellungsweise charakteristisch. Hier besonders wird die neue Qualität im Vergleich zu Martin Kukucin deutlich, der ebenfalls lebensvolle Volksgestalten zu zeichnen, sie auch psychologisch zu fundieren weiß, aber die Konflikte auf dem Dorfe, die Erzählung Der Unerweckte und den Roman Das Haus am Hang ausgenommen, letztlich harmonisiert, sie mit seinem liebenswerten Humor zudeckt. Das kritische Moment trägt Timrava auch in die Gestaltung der nationalen Probleme hinein, das erstarrte Schema - hier guter Slawe, dort verwerflicher Magyarone oder degenerierter ungarischer Gentry - durchbrechend. In Erfahrung (1902) stellt sie die nationalen Führer distanziert dar, rügt sie das dekorative, veräußerlichte Nationalgefühl der „Damen" der slowakischen Gesellschaft, in der Novelle Ohne Stolz weist sie in der Figur des Samo Jablovsky auf den Egozentrismus und die Isolation der nationalen Volksapostel hin. Timravas Schaffensweg veranschaulicht, daß der slowakische Realismus in seiner zweiten Entwicklungsphase seine harmonisierenden Züge verliert und sich voll als kritischer Realismus ausbildet, da er sich nun auch gegenüber den sozialen Lebensverhältnissen innerhalb der eigenen Nation kritisch verhält und den sentimentalen und pathetischen Kitt mittels desillusionierender Eingriffe entfernt. Die nüchterne Hinwendung zu den „niederen" Volksschichten schließt die Auseinandersetzung mit der nationalen Problematik nicht aus, wohl aber den Verlust der Illusion ein, nach Erringen der Nationalstaatlichkeit würden sich alle Widersprüche gleichsam von selbst lösen. Der Dienst an der Nation wird also nicht prinzipiell aufgekündigt, aber entidealisiert 50

und sozial stärker untermauert, wie dies die Hlasisten forderten. Im Unterschied zu Timravas oder auch Tajovskys 118 profilierten Volksgestalten ist aber in den literaturprogrammatischen Vorstößen der Hlasisten als Tendenz eine Homogenisierung der ,unteren' Volksschichten zu beobachten. Das plebejische und kleinbäuerliche Element wird nämlich durch die klassenindifferente Gleichsetzung von „armer Slowake" und Proletarier gleichermaßen mit unter das proletarische Element subsumiert. Von daher rührt letztlich auch die Überbetonung der didaktischen, volksbildnerischen Funktion der Literatur durch die Hlasisten. 119 * E s hieße allerdings den kritischen Neuansatz der Hlasisten in seiner Bedeutung für die slowakische Literaturauffassung zu Beginn unseres Jahrhunderts herabmindern, wollte man aus dieser tendenziellen Vereinseitigung den Schluß ziehen, sie hätten das nationalutilitaristische Konzept zwar einreißen helfen, hätten es aber lediglich durch einen ästhetisch nivellierenden soziologischen Utilitarismus ersetzt. Bei aller Gebundenheit an die bürgerlich-reformistische Sozialphilosophie, insbesondere an den Masarykismus, wirkte sich die Betonung der soziologischen Seite des Literaturprozesses produktiv aus.

Nationales

und soziales Engagement

in der Slowakischen

Moderne

Angesichts der skizzierten Literaturverhältnisse zu Beginn unseres Jahrhunderts läßt die Ausbildung einer Slowakischen Moderne in bezug auf das literarische Aufgabenverständnis ihre Besonderheiten erwarten, die sogleich dadurch augenfällig werden, daß ihr Hauptvertreter und Vollender Ivan Krasko in einem Atemzug als Dichter des Vaterlands 120 und als moderner intimer Lyriker bezeichnet werden kann, der „in den Abgrundtiefen des eigenen Innern" 1 2 1 forscht. Ein Widerspruch? Auf den ersten Blick ja, wenn man die bisherigen Poetiken und Vaterlandsverteidigungen in der slowakischen Dichtung zum Maßstab nehmen wollte, bei näherer Betrachtung aber keineswegs. Milan Rüfus, der slowakische sozialistische Dichter, trifft den Kern des Problems, wenn er feststellt: Krasko „hat den Spasmus, den Krampf in bezug auf die Poesie und auf die Nation gelöst, ein Krampf, der sich - nicht wegzudenken - im langen Ringen um die Existenz der Nation herausgebildet hat. Nichts hat er an diesem Bezug vereinfacht, und doch hat er den Krampf gelöst." 122 In der T a t hat sich Krasko von der programmatischen, auf das 4*

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Kollektivum Nation ausgerichteten, dieser bewußt formen wollenden Poesie losgesagt. Insofern hat er sowohl die zwiespältigen Traditionen der Romantik als auch den Kanon der ersten Phase des Realismus hinter sich gelassen, denen ja bei allen Modifikationen des Literaturkonzepts eines gemeinsam war: Literatur ist in erster Linie Sprachrohr und Transporteur nationalpolitischer Doktrin. Allerdings äußert sich solche Abwendung vor allem in der Abkehr vom pathetischen Gestus sowie im Verzicht auf das Losungshafte. Sie rührt jedoch nicht an Kraskos Zugehörigkeitsgefühl zum slowakischen Volk und seinem schweren historischen Los, auch nicht an seiner Liebe zum Vaterland. Diese empfand er am tiefsten, als er von 1893 bis zum Ausbruch des ersten Weltkriegs, in der Zeit also, als er seine Gedichte schrieb, in der Fremde lebte - zunächst mehrere Jahre in Rumänien und dann in Böhmen. Dies festzuhalten scheint sehr wichtig, da sich sonst die Zweipoligkeit des symbolistischen Dichters - hier patriotische Töne, da Widerhall des chaotischen eigenen Ichs wie sie z. B. in den folgenden Gedichten Sklave und O meine Seele sichtbar wird, nicht begreifen läßt: Sklave Auch ich hab einst gehört der Sklavenmutter Lied, das unaustilgbar tief in meiner Seele glüht. Seltsame Furcht und Trauer, aller Schmerz der Welt zog leise über unser unfruchtbares Feld, und fraß sich in die bange Kinderseele. Auch ich bin einer, der des Sklavenhalters Peitsche kannte, die täglich neu auf ungeheilte Wunden brannte, so daß sie niemals heilen, nie vernarben können, krumm bleibt mein Rücken von der Last der Tränen, doch unter den gesenkten Lidern glühn verborg'ne Funken. Ich warte auf Alarm, der Glocke schrilles Werben, denn schwer nur kann ein Sklave ohne Rache sterben, erst dann streckt sich mein Rücken und die Wangen glühen, bis dahin werd ich nichts als Galgenbäume ziehen . . . O traurig klang der Sklavenmutter Lied.

(Nachdichtung: Annemarie Bostroem)

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O meine Seele .. . Nacht trankst du, meine Seele, vor verschloss'nen Toren spielte ich sonderbarer Spielmann. Dunkelheiten wie sie aus Augenhöhlen gelber Schädel gleiten, aus meiner tauben Geige quellend sich verloren, obwohl du manchmal dir zu leuchten schienst im fahlen grünlichen Phosphorschein von modernden Skeletten, wenn jäh die Saiten kreischten wie gespannte Ketten, gleich Priesterinnen bei uralten Ritualen. Und dennoch sankst du täglich schwach, ermüdet wieder vor fremden Göttern auf die weißen Kniee nieder, Orakel hüten sie, versteckt in Blut und Brot. Die Seele flatterte in wilden wehen Tönen, ob des versunknen Lichtes rannen deine Tränen, als brächte Mädchenbeten dich in Sündennot. (Nachdichtung: Annemarie Bostroem 123 *)

Kraskos Gedichte bedeuten einen tiefen Einschnitt in die slowakische Lyrikentwicklung, und dies ist bereits den Zeitgenossen bewußt geworden, die das diskontinuierliche Moment sofort bemerkten. So rügt Vajansky den „nicht gerade vom Tatrawind getragenen Pessimismus"124, und Hviezdoslav wertet den Neuansatz im poetologischen Verständnis gar als „Mode vom Westen"125 ab. Strukturuntersuchungen ordnen Kraskos Lyrik dem europäischen Symbolismus126 zu, verweisen auf Affinitäten zu Verlaine, Baudelaire, Rimbaud, Mallarmé, aber auch zu Dehmel und zu Eminescu, nicht zuletzt schließlich auf unmittelbare Impulse aus der zeitgenössischen tschechischen Literatur: auf Bfezina und insbesondere auf Hlaväcek. Das Nebeneinander von sozialgestimmter vaterländischer und reflexiver intimer Lyrik deutet allerdings auch auf eine Spannung zwischen Bezruc und Hlaväcek hin.127 Ungerechtfertigt scheint freilich die starke Betonung der Vorbildwirkung von Dehmel,128* die vordergründig aus der Tatsache abgeleitet wird, daß Krasko die Aufsätze Natur, Symbol und Kunst sowie Der Wille zur Tat129 ins Slowakische übersetzt hat. Hier sollte stärker die Differenz in den Literaturverhältnissen im Wilhelminischen Deutschland und in der Slowakei im ersten Jahrzehnt unseres Jahrhunderts beachtet werden. Für Dehmels Entwicklung ist die all53

mähliche Abkehr vom sozialen Engagement und die Hinwendung zum Irrationalen, zu erdferner Traumhaftigkeit kennzeichnend. Sie spiegelt sich sowohl in seinem lyrischen Werk als auch besonders in seinen ästhetischen Ansichten. Nicht zufällig übersetzte Krasko lediglich zwei theoretische Aufsätze Dehmels, obwohl er sie - wie seine Privatbibliothek ausweist - alle zur Verfügung hatte. 130 * Mit Dehmels antinaturalistischer Revolte, mit der Betonung der Kreativität des Künstlers, dessen Souveränität gegenüber der rohen Natursubstanz 131 konnte sich Krasko auch voll identifizieren, kamen sie doch seinem Bemühen entgegen, die slowakische Poesie von ihrer nationalen Dienstfunktion zu erlösen. Nicht konform ging Krasko aber und hier hat die Tatsache der Zugehörigkeit zu einem national und sozial unterdrückten Volk besonderes Gewicht - mit der Reduktion der künstlerischen Aktivität des Dichters auf das Pontifikale, auf die „Dissonanzen zwischen Menschheit und Gottnatur" 132 , auch nicht mit der programmatischen Trennung von Kunst und Volk („Kein Kunstwerk mehrt den Kunstbestand, durch das der Urheber irgendein bekanntes Ziel ausbilden will oder wollte" 133 ), die schließlich den totalen Auszug aus jeglicher Realität zur Konsequenz hat („Beständiges Leben enthält nur die Kunst, die jederzeit und immerfort hinaus ins Unbekannte weist, wie die Blumen blühen ins Blaue hinein" 134 ). Im Unterschied zu Dehmel bleibt Krasko - selbst wenn er ebenfalls die Neigung verspürt, zuweilen „den Alltagsdunst zu zerteilen" 135 - in der gesellschaftlichen Realität seines Volkes in Gegenwart und Geschichte verhaftet, wie die Spannung zwischen reflexiver, stärker ichbezogener Lyrik und sozialbetonter patriotischer Dichtung belegt. Krasko fühlt sich stets als Sohn des seit Jahrhunderten unterjochten slowakischen Volkes („Auch ich bin einer, der des Sklavenhalters Peitsche kannte"), ihn bedrückt das historische Schicksal seiner Nation („krumm bleibt mein Rücken von der Last der Tränen"), und er befürwortet rebellische Auflehnung gegen die Gesellschaftsverhältnisse. Allerdings verfällt er nicht in lebensfremden Zweckoptimismus, sondern drückt eher einen in der Zeitsituation gründenden Pessimismus aus. Während Vajansky die in der slowakischen Gesellschaft vorherrschende Stagnation und Passivität durch positive Idealsetzung überwinden will, mag sie noch so utopisch, illusorisch sein, sucht Krasko den Zeitgenossen durch Präsentation der nationalen Misere wachzurütteln, ohne vor düsteren Zukunftsahnungen zurückzuschrekken, die mit der von der köpf- und konzeptionslosen slowakischen Nationalbourgeoisie proklamierten lichten Perspektive arg kon-

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trastierte. Um sein Volk zu mobilisieren, ihm Selbstvertrauen zu geben, es zu Aktionen zu stimulieren, beschwört er es in Jehova um den Preis der Selbstvernichtung, das Gebot der Stunde zu erkennen und sich zu erheben.136 Gedichte wie Jebova und Sklave, aber auch Vaters Feld und Bergleute, die die Verbundenheit des in der Fremde lebenden Dichters mit dem schweren Los seines Volkes besonders hervorheben, sind allerdings in Kraskos Schaffen nicht dominant. Krasko neigt stärker einer Lyrik zu, wie sie das zitierte Beispiel O meine Seele präsentiert, das in seinem Aufbau, mit seinen Metaphern, mit dem Wechsel von Oxymoron und Synästhesie schon eher Affinitäten zum europäischen Symbolismus verrät. Und zu Recht wird diese Lyrik auch als das poetologisch Neue in der slowakischen Lyrikentwicklung herausgestellt. Dennoch ist es für die Charakterisierung der slowakischen Moderne, für das Herausarbeiten ihrer spezifischen Qualität aus übernationalem Blickwinkel wichtig festzuhalten, daß beide Lyrikmuster nicht im chronologischen Nacheinander, sondern in zeitlicher Parallelität entstanden sind. Für die slowakische Literatur gilt ganz besonders, was auch für weitere Literaturen ost- und südosteuropäischer Länder kennzeichnend ist: daß sich hier auf Grund der besonderen Gesellschaftsverhältnisse - verlangsamte Kapitalismusentwicklung und fortdauernde nationale Unterdrückung - die Kulturkrise des Imperialismus nicht so heftig ausprägen konnte wie in den „klassischen" Ländern Westeuropas oder in Deutschland. Das Verhältnis zwischen Kunst und Leben, Vergangenheit und Gegenwart, Künstler und Publikum war weder in gleicher Intensität noch in gleicher Richtung in Mitleidenschaft gezogen.137 Das völlige Herauslösen des Künstlers aus der Verantwortung gegenüber Volk und Nation hätte hier nicht nur zu totaler Selbstisolation, sondern auch unweigerlich zum Ausschluß aus dem Kommunikationskreis der slowakischen Literatur geführt. Daher hat die Verinnerlichung in der Slowakischen Moderne, wie sie im Werk von Krasko verkörpert ist, eine andere Dimension als die anti- und postnaturalistische Verinnerlichung in der deutschen Literatur zu Beginn unseres Jahrhunderts, wiewohl sie sich auch dort - wie die Spannung zwischen Dehmel und Rilke z. B. zeigt - durchaus differenziert ausprägt. Das, was Dehmel zu programmatischer Flucht aus der Wirklichkeit in eine Traumwelt bewegt - weg vom konkreten Menschen mit seinen inneren Qualen und äußeren Bedrückungen und hin in eine selbstgewollte Irrationalität - , führt bei Krasko zu einer Verinnerlichung ohne 55

solche Einbußen an Rationalität und Geschichtlichkeit; der moderne Mensch des 20. Jahrhunderts ist es, den Krasko anvisiert, 1 3 8 sein verändertes Lebensgefühl will er ausdrücken, und er tut dies durch B e fragen des eigenen Ichs wie auch durch nüchterne Prüfung des geschichtlichen Zustandes seines Volkes. In dieser Zweipoligkeit liegt ein spezifischer Wesenszug der slowakischen Moderne: das Volk bleibt der eigentliche Adressat künstlerischer Äußerung des „modernistischen" Dichters. D a s nationalbewahrende Moment in der Literatur des Realismus und der Moderne wird also wesentlich bestimmt durch die fortdauernde Prädominanz des Nationalen über das Soziale, führt aber das Konzept des Dienstes an der Nation aus seiner utilitaristischen Sackgasse heraus und paßt es durch stärkere Betonung der relativen Eigengesetzlichkeit der Literatur an die veränderten Zeitverhältnisse an. Begründet wird es in der ersten Phase des Realismus in den achtziger und neunziger Jahren, bleibt aber hier infolge Weiterführung eines illusorischen N.itionalprogramms russophiler Prägung auf das Konservativ-Bewahrende beschränkt. Erst seit Jahrhundertbeginn wird es mit zunehmender klassenmäßiger Differenzierung und ideologischer Polarisierung der slowakischen Gesellschaft in der zweiten Phase des Realismus (Timrava, Tajovsky) sozial untermauert und damit stärker mit dem realen Leben verbunden, eine Errungenschaft, die auch durch die Slowakische Moderne (Krasko) nicht preisgegeben wird, sosehr sie die Subjektivität hervorkehrt und die positive Idealsetzung durch Präsentation der nationalen Misere abbaut.

Literaturverständnis in der Arbeiterklasse und Arbeiterdichtung Für die ästhetische Differenzierung und ideologische Polarisierung der slowakischen Literaturverhältnisse seit der Jahrhundertwende ist die Tatsache von großer Bedeutung, daß sich im zeitlichen Nebeneinander nicht nur der kritische Realismus und die Moderne, sondern auch die Arbeiterdichtung ausprägt, die mit der politischen Organisierung der slowakischen Arbeiterklasse in unmittelbarem Zusammenhang steht. 139 So unentfaltet diese Dichtung auch ist, sowenig sie im offiziellen Literaturbetrieb auch zur Kenntnis genommen wurde, auf das Funktionsverständnis der slowakischen Literatur übte sie objektiv als Selbstartikulation der Arbeiterklasse, als Beweis ihrer kul-

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turschöpferischen Kraft, einen wesentlichen Einfluß aus. Das sich allmählich - wenn auch sporadisch - ausbildende Literaturverständnis der slowakischen Arbeiterklasse stellte insbesondere zu den illusorischen nationalpolitischen, bürgerlichen Literaturkonzepten ein echtes Gegengewicht dar. Im Unterschied zur slowakischen Bourgeoisie, die sich im österreichisch-ungarischen Staat als slowakische Nationalbourgeoisie nur entfalten konnte, wenn sie ihre Bestrebung auf die slowakische Gemeinde 140 * richtete, sich sozusagen in aufgezwungener Selbstisolation zum Kampf um die Durchsetzung ihres Herrschaftsanspruchs rüstete, entwickelte sich die slowakische Arbeiterklasse im engen Zusammenwirken mit der Arbeiterklasse anderer in der k.u.k. Monarchie lebenden Nationen. In den Industriezentren, vor allem in Budapest oder Bratislava, stand der slowakische Arbeiter neben dem deutschen, ungarischen oder kroatischen gleichermaßen ausgebeutet der ungarischen und der deutschen Bourgeoisie gegenüber. Daraus entwickelte sich ein Gefühl der Solidarität und der Glaube an die Kraft des proletarischen Internationalismus. Dennoch trifft auf die slowakische Arbeiterklasse damals ebenso zu, was Lenin allgemein zum Verhältnis von Arbeiterklasse und Bourgeoisie im Prozeß der bürgerlichen Nationwerdung festgestellt hat: „Die Nationen sind ein unvermeidliches Produkt und eine unvermeidliche Form der gesellschaftlichen Entwicklung der bürgerlichen Epoche. Auch die Arbeiterklasse konnte nicht erstarken, groß werden und sich formieren, ohne sich im Rahmen der Nation einzurichten, ohne .national' zu sein (,wenn auch keineswegs im Sinne der Bourgeoisie')." 141 Auch die slowakische Arbeiterklasse überläßt der Bourgeoisie nicht allein die nationale Bestrebung, kämpft gemeinsam mit ihr für die Befreiung des slowakischen Volkes von der Fremdherrschaft, dennoch hat sie differente Perspektivevorstellungen für die Zeit nach erreichter bürgerlicher Nationalstaatlichkeit, die sie auch artikuliert. „Die slowakische Intelligenz", heißt es in einem Leitartikel der Arbeiterzeitung Nova doba vom 1. Juli 1899, „. . . pflegt eine Politik, die zwar vielleicht eine schöne Phrase ist, aber sich mit dem Fortschritt nicht in Einklang bringen läßt." 142 Sie fühlt sich daher berufen, ein Alternativprogramm zur nationalen Bourgeoisie auszuarbeiten, sie begreift sich als notwendiges Korrektiv: „Was Eure slowakischen Nationalpolitiker nicht zu realisieren vermochten, das muß die slowakische Arbeiterklasse verwirklichen!" 143 - so bekräftigte der tschechische Gastdelegierte auf dem I. Kongreß der Slowakischen Sozialdemokratischen Partei, der vom 11. bis 12. Juni 1905 stattfand, diese Ent57

schlossenheit. In der nationalen Frage kann sie dabei auf die revolutionären Traditionen der slowakischen Nationalbewegung im Vormärz zurückgreifen, als nationale und soziale Bestrebung noch eine untrennbare Einheit bildeten. Frantisek Tupys Positionsbestimmung der slowakischen Arbeiterklasse zur nationalen Frage ist nahezu identisch mit jener, die Stiir für seine Generation formuliert hat.1'*1'* In einem Brief vom 28. Mai 1897 an Fedor Houdek bekannte nämlich Tupy: „Was die nationale Frage anbelangt, hier lautet unser Programm sehr klar, wir kennen und machen keine Unterschiede zwischen den Nationen, folglich dulden wir auch nicht, daß eine Nation durch eine andere unterdrückt wird." 145 Den Vorwurf zurückweisend, die Arbeiterklasse und ihre Partei betreibe eine anationale Politik und unterstütze daher objektiv die Entnationalisierungs- und Assimilierungspolitik der Unterdrückermächte, vermerkte er an gleicher Stelle mit einem Seitenhieb auf das Mißverhältnis von programmatischem Anspruch und konkreter Verwirklichung bürgerlicher slowakischer Nationalpolitik: „In bezug auf die Nationalität und die Sprache hat und hatte die slowakische Nation noch keine so entschlossenen und selbstbewußten Verteidiger, als es die internationalen Sozialdemokraten sind."1'16 Die slowakischen Arbeiter mußten allerdings die Erfahrung machen, daß sich in der Führung der Sozialdemokratischen Partei Ungarns Rechtsopportunisten durchsetzten, die auf den expansiven nationalistischen Kurs der magyarischen Bourgeoisie einschwenkten.1'17 „Der Leitung der Partei wäre es lieber", heißt es in diesem Zusammenhang in einem Leitartikel der Slovenske robotnicke noviny, „wenn die in Ungarn lebenden Arbeiter unterschiedlicher nationaler Zugehörigkeit sich magyarisieren würden. Wir slowakischen Sozialdemokraten stimmen jedoch dieser privaten Nationalitätenpolitik unserer ungarischen Genossen nicht zu." 148 Die slowakische Arbeiterklasse nimmt also bewußt nicht nur die Funktion eines Anwalts der sozialen Interessen des slowakischen Volkes wahr, sondern sie bekennt sich auch zur Mitverantwortung für das Schicksal der Nation. In diesem Sinne tritt sie entschieden für die Pflege der Muttersprache, für den Aufbau eines Schulwesens, für die slowakische Nationalkultur ein. Für Ermittlungen zum Literaturverständnis der slowakischen Arbeiterklasse in den ersten beiden Jahrzehnten unseres Jahrhunderts sind in erster Linie die in der Zora und Nova doba sowie in den Slovenske robotnicke noviny und im Slovensktf mäj erschienenen Literaturbeiträge, Kritiken und kurzen Problemartikel aufschlußreich,

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denn über einen K o n z e p t i o n s b i l d n e r wie Blagoew in Bulgarien 149 oder Mehring in Deutschland, die das Problem Literatur und Sozialismus theoretisch verallgemeinerten, verfügte sie nicht. Dennoch kann deduktiv wenigstens umrißartig das Literaturkonzept der slowakischen Arbeiterklasse sichtbar gemacht werden, wenn von einer isolierten Wertung der sozialdemokratischen Arbeiterdichtung als Randerscheinung des eigentlichen Literaturprozesses abgegangen und die - verständlicherweise lapidaren - ästhetischen Vorstellungen im Vergleich zum bürgerlichen Literaturkonzept komplex herausgearbeitet werden. In diesem Zusammenhang ist das Verhältnis zur slowakischen Nationalliteratur, zur tschechoslowakischen literarischen Wechselseitigkeit und zum weltliterarischen Erbe von Bedeutung. Die slowakische Arbeiterklasse tritt für die slowakische Schriftsprache ein, identifiziert sich mit dem revolutionären Erbe der Dichter der Stür-Generatioh, distanziert sich aber nicht nur vom klerikal verbrämten nationalutilitaristischen, sondern auch vom nationalbewahrenden Literaturkonzept, sofern es nicht an die sozial differenzierte Nation, sondern lediglich an ein illusorisches Nationalprogramm gebunden ist. Vajanskys Zorn gegenüber den Unterdrückern wird honoriert, nicht akzeptiert wird jedoch sein lebensfremdes Verhältnis zum Volk („er hat keinen Begriff vom modernen Kampf des arbeitenden Volkes für die Befreiung aus schrecklichen Verhältnissen" 150 ) und auch nicht seine Hoffnung auf das „amtliche Rußland mit seinen überfüllten Gefängnissen, zaristischen Kosakenknuten, Galgen" 151 . Zurückgewiesen wird eine Darstellung des Volkes, die die soziale Lage des arbeitenden Menschen nicht berücksichtigt, sondern sich in folkloristischer Ausstaffierung gefällt, unterstrichen wird die revolutionär-mobilisierende Funktion der Literatur, gefordert werden Werke, die die Klassendifferenzierung der nationalen Gesellschaft widerspiegeln. Die Befürwortung einer eigenständigen slowakischen Nationalkultur bedeutet keine prinzipielle Abgrenzung von der tschechischen Nationalkultur. Das tschechische Buch wird nicht als Konkurrent, sondern als willkommener ideeller Helfer aufgefaßt. Mit Karel Havlicek Borovsky, Bozena Nemcovä, Svatopluk Cech (mit seinen Sklavenliedern), Jan Neruda, Jozef Svatopluk Mächar, Petr Bczruc wird versucht, das offensichtliche Defizit an sozialengagierter und sozialrevolutionärer Literatur in slowakischer Sprache auszugleichen. Unmittelbare Vorbildwirkung erlangen die tschechischen Arbeiter-«

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dichter für die slowakische Arbeiterdichtung: „Solange sich die sozialdemokratische Literatur noch nicht entwickelt hat, müssen wir uns so behelfen, daß wir uns tschechische Bücher besorgen, die uns am verständlichsten sind." 152 Bei der Rezeption der Weltliteratur wird gegen eine borniert slawische Tradition vorgegangen und wieder an die Weltoffenheit zu Beginn der slowakischen nationalen Wiedergeburt angeknüpft. Rezipiert werden Tolstoi, Gorki, Tschechow, Nekrassow, Puschkin, Schewtschenko, Franko, Maupassant, Hugo, Zola, France, Goethe, Heine, Dickens, Twain, Björnson, Petöfi, Sienkiewicz, Cankar, Botew und andere. 153 Diese Rezeptionsbreite ist beachtlich und verliert auch nicht an Bedeutung durch die Tatsache, daß hier häufig lediglich eine Rezeption aus zweiter Hand - Übernahmen aus der tschechischen Arbeiterpresse - vorliegt. Besonders geschätzt wird Gorki, da er „mit Wort und Schrift das Selbstbewußtsein der Arbeiter" 154 weckt. Beachtenswert ist auch die Petöfi-Rezeption: Hier triumphiert revolutionäre Sicht über nationalen Antagonismus. Aus dem Gesagten ergibt sich in mehrfacher Hinsicht ein Zusammengehen mit den Hlasisten und Prtidisten 155 * gegen den illusorischen Nationalismus, für eine stärkere Akzentuierung der sozialen Frage; für ein vorurteilsfreies Verhältnis zur tschechischen Literatur und für Offenheit gegenüber dem weltliterarischen Prozeß, als besondere „eigenständige" Leistung aber die Herausstellung der geschichtlichcn Rolle des Proletariats und damit im Zusammenhang die Artikulierung der sozialistischen Parteilichkeit, die Bestimmung ihres Verhältnisses zur Volksverbundenheit. In der slowakischen sozialdemokratischen Arbeiterliteratur im engeren Sinne wird dieses aus Veröffentlichungen in der Arbeiterpresse rekonstruierte bzw. abgeleitete Literaturkonzept der slowakischen Arbeiterklasse nur partiell realisiert. Auch ist sie nicht sehr umfangreich und schrumpft noch zusammen, wenn man Arbeiterfolklore und Arbeiterdichtung voneinander trennt. Sie ist meist anonym, als Arbeiterdichter gelten lediglich; Vaclav Chlumecky, Andrej Hvizdäk, Jan Jagyugy, Jan Spriska, Jozef Skotek und Ondrej Roztocky. 156 * Wirkungsvoll ist vor allem das Lied. Eine Analyse der Hvizdäkschen Sammlung von Arbeiterliedern 157 zeigt, daß gern nationalmobilisierende hymnische Lieder, aber auch Volkslieder entweder paraphrasiert oder umfunktioniert werden, indem das nationale Moment durch das soziale ergänzt oder ersetzt wird. Slowakische Übersetzungen' der Internationale, der Marseillaise, aber auch

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ungarischer und tschechischer Arbeiterlieder deuten auf internationalistische Sicht hin. Als Vorlagen werden darüber hinaus Muster der Stür-Generation genutzt. Zurückgegriffen wird aber nicht nur auf Janko Kral' oder auf Jan Botto, sondern auch auf Jan Kollar. Das Sozialrevolutionäre Moment ist prädominant, eine soziale Mitleidsdichtung ist nicht charakteristisch. Die slowakischen Arbeiterdichter artikulieren die schwere Lage des Proletariers, aber auch die nationale Bedrückung des Volkes, zumal der nationale Unterdrücker zugleich als Ausbeuter in Erscheinung tritt. Sie wenden sich gegen den imperialistischen Krieg und erblicken in der Oktoberrevolution die Weltenwende. Im Gedicht Sursum corda, das am 20. Dezember 1917 in den Robotnicke noviny veröffentlicht worden und in die der vorweihnachtlichen Zeit angepaßten Form der traditionellen Koleda gekleidet ist, wird die sozialistische Revolution mit dem „erleuchtenden Stern" verglichen, der die Geburt des Herrn, des „Erlösers des Volkes" ankündigt. 158 Die slowakische Arbeiterdichtung zeichnet sich einerseits durch besondere Nähe zur Volksdichtung aus, andererseits ist sie aber auch durchaus bemüht, im Rahmen ihrer Möglichkeiten, die ja schon durch den Bildungsstand der Autoren begrenzt sind, mit der „Kunstpoesie" Schritt zu halten. Eine detaillierte Strukturuntersuchung hat ergeben, daß sie zunächst den Wechsel vom syllabischen zum syllabisch-tonischen Vers nicht vollzogen hat, daß sie später aber die stärkere Hinwendung zum ungebundenen Vers, wie sie vor allem durch die Moderne eingeleitet wurde, mitgemacht hat.159 Ihr bleibendes Verdienst besteht aber ohne Zweifel darin, daß sie mit der Gestaltung aktueller Themen aus dem Emanzipationskampf die slowakischen Literaturverhältnisse zu Beginn unseres Jahrhunderts mitbefördert hat.160 Das sich in ersten Umrissen ausbildende Literaturverständnis der slowakischen Arbeiterklasse, das über die sozialdemokratische Arbeiterdichtung hinausgreift, signalisiert also zumindest die Ablösung des bürgerlichen Literaturkonzepts des Dienstes an der Nation durch eine sozialistische Kulturkonzeption, die das Verhältnis von Nationalem und Sozialem, von Nationalem und Internationalem dialektisch faßt. Zu ihrer Ausbildung kommt es freilich erst nach der Wende von 1917/18 in den Literaturvorstellungen der Davisten, der slowakischen sozialistischen Schriftsteller, und auch dann nicht auf einen Schlag, sondern in einem langwierigen, oft widersprüchlichen komplizierten Entwicklungsprozeß. 61

Weltoffenheit als Alternative zur nationalen Selbstbeschränkung. Sozialistische Literaturvorstellungen 1917/18 bis 1938/39

„Voranzugehen bedeutet, mit der Welt in die Welt zu gehen. Die Tradition, und vor allem die heimische, ist eine Lehne für die Schwachen, würden sie doch ohne sie zusammenbrechen, eine Fessel aber für die Lebensfähigen, die sie so bald als möglich abstreifen müssen. Wozu immerfort in die Vergangenheit blicken? Das, was positiv und beständig ist in der Arbeit früherer Generationen, bildet für die Jungen den Ausgangspunkt, ist für sie eine These, der sie ihre Antithese entgegensetzen . . . Der Weltkrieg und die mit ihm zusammenhängenden Ereignisse haben neue Probleme an die Oberfläche gebracht und ins Zentrum der Interessen gerückt." 161 In diesem Bekenntnis des jungen kommunistischen Publizisten Vladimir Clementis im Jahre 1923 spiegelt sich wie in einem Prisma der Entscheidungszwang der slowakischen Literatur nach der Wende von 1917/18, nach Oktoberrevolution und Gründung der bürgerlichen Tschechoslowakischen Republik: entweder, wie Stefan Krcmery es forderte, die „Kontinuität zwischen dem gestrigen und dem morgigen Tag" 162 bewahren oder sich in Übereinstimmung mit den Erfordernissen der Gegenwart einen neuen Weg bahnen, der die slowakische Nation mit dem revolutionären Weltgeschehen verbindet. Auf den ersten Blick artikulierte Clementis ganz allgemein das Lebensgefühl seiner Generation. Diese bestaunte den gemeinsamen Staat der Tschechen und Slowaken nicht wie ihre Väter als ein Wunder, sondern nahm ihn nüchtern als geschichtliches Faktum hin. Von der Last jahrhundertelanger nationaler Unterdrückung befreit, wurde ihr die Rückständigkeit des eigenen Lebens zu sehr bewußt, als daß sie die Triumphstimmung der „Alten" nachzuempfinden vermochte. So entsprach der Appell, sich nach einer Periode aufgezwungener Selbstisolation der Menschheit und den „Geistesströmungen in der Welt" 163 zuzuwenden, in der Tat dem Zeit- und Aufgabenverständnis der slowakischen Jugend schlechthin. Dennoch war die ideologische

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Differenzierung innerhalb der slowakischen Gesellschaft nicht mehr zu übersehen. Mit dem „bisherigen idyllischen Zusammenleben", das „sich nicht auf ideelle Einheit, sondern auf ideelle Leere gründete",164 war es endgültig vorbei. Naive Fortschrittsgläubigkeit geriet in Widerstreit zu den progressiven Vorstellungen, die sich an die siegreiche Oktoberrevolution, die Klassenkämpfe im eigenen Lande und den Aufbau des Sozialismus in der Sowjetunion knüpften.

Kulturpolitische Maßnahmen der K P £ zur Herausbildung eines Literaturkonzepts der slowakischen Arbeiterklasse Die slowakische und die tschechische Nation gelangten zwar beide 1918 zu gemeinsamer Eigenstaatlichkeit, dennoch vollzog sich die ideologische Polarisierung unter den slowakischen Schriftstellern weder in gleicher Weise noch in gleichem Tempo wie unter den tschechischen, zu verschieden waren jeweils die konkreten Literaturverhältnisse. In der Slowakei wandten sich z. B. nationalrepräsentative Schriftsteller der Generation vor 1917/18 nicht den Ideen der sozialistischen Revolution zu, sie halfen nicht, diese gesellschaftspolitisch und künstlerisch durchzusetzen, wie dies die Tschechen Jaroslav Hasek, Ivan Olbracht oder S. K. Neumann tun.165 Die Ursache hierfür ist sicher in erster Linie darin zu sehen, daß in der slowakischen Literatur zwar stets das nationalmobilisierende Moment scharf akzentuiert, das Sozialrevolutionäre jedoch in der zweiten Hälfte des

19. Jahrhunderts nicht gleichermaßen ausgebildet worden war, sosehr auch das Verständnis für die soziale Notlage des Volkes fortdauerte. So vermag der bürgerlich-liberale Janko Jesensky in der Oktoberrevolution, die er als Legionär in Rußland aus unmittelbarer Nähe erlebte, nicht die Weltenwende zu erkennen, erblickt er in ihr vor allem das definitive Scheitern des russophil geprägten Konzepts der Befreiung seiner Nation. Auch Hviezdoslav läßt die Frage offen, ob sich „im chaotischen Grau" Morgenröte abzeichnet, die Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, das „Königreich der Wahrheit", die neue Welt ankündigt.166 Lediglich Martin Razus artikuliert in dem Gedicht Revolution (1918) die Hoffnung auf echte Weltveränderung ( „ . . . Was gestern noch ein Traum, ist heute / - vollendete T a t . . . " ) ; doch auch er bleibt nicht standfest, wechselt 1919 in der Auseinan63

dersetzung um die Slowakische Räterepublik aus nationalen Erwägungen die Fronten. Ein Unterschied zur tschechischen Literatursituation ergibt sich aber auch insofern, als die Generation, die vor der Wende den slowakischen Literaturprozeß entscheidend geprägt hat, so stark zusammenschrumpft, daß sie nach 1917/18 nicht mehr entwicklungsbestimmend werden kann: Vajansky starb bereits 1916, Hviezdoslav stirbt 1920, Krasko meldet sich nach dem ersten Weltkrieg als Dichter nicht mehr zu Wort. Unmittelbare Reaktionen auf die „russische Revolution" finden sich vor allem in der Arbeiterdichtung, doch fallen sie auch hier nicht einhellig positiv aus. Fest an die Sozialdemokratische Partei und ihre Publikationsorgane, insbesondere an die Robotnicke noviny gebunden, schlägt sich auch in ihr die nach der Republikgründung und hauptsächlich nach der blutigen Niederschlagung der Ungarischen und Slowakischen Räterepublik stärker werdende ideologische Frontenbildung unter den slowakischen Sozialdemokraten nieder, deren Führung sich aus Angst vor revolutionären Massenbewegungen klar von der sozialistischen Revolution abgrenzt: „Unsere Partei hat mit der Taktik der russischen Bolschewiki und der deutschen Spartakisten nichts gemein und will mit ihr auch nichts gemein haben!" 167 Nur wer sich zur Sozialdemokratischen Linken bekennt, die Anfang 1921 auf ihrem Kongreß in Lubochna die einundzwanzig Leninschen Bedingungen zum Eintritt in die Kommunistische Internationale annimmt und im Mai 1921 in Prag die Kommunistische Partei der Tschechoslowakei (KPC) mitbegründet, hält mit der raschen ideologisch-politischen Entwicklung Schritt. Zwar entstand in der Slowakei kein Pendant zu der von S. K. Neumann geleiteten, von Ivan Olbracht, Josef Hora, Zdenek Nejedly und anderen unterstützten Proletkultorganisation der Tschechen •erst 1923 bildeten sich in Banska, Bystrica, Vrütky, Zilina, Bratislava, Kosice Zweigstellen heraus 168 * - , doch wurde im ebenfalls 1921 gegründeten Arbeitersportbund die geeignete organisatorische Basis für entsprechende kulturelle Aktivitäten entdeckt. Über die Zeitschrift Spartakus und über die Laienspielgruppen konnte revolutionäres Gedankengut an breiteste Kreise der vorwiegend ländlichen katholischen Bevölkerung 169 * herangetragen werden. Die Losung „Weg mit den klerikalen und chauvinistisch-nationalen Theaterstücken" 170 hatte angesichts des weiterhin dominierenden bürgerlichen Nationalismus klerikaler Färbung einen politisch-erzieherischen Akzent. Hervorzuheben ist jedoch, daß solche Stücke nicht einfach durch slowakische oder

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tschechische Agitationsstücke ersetzt wurden, sondern daß eine Adaption des Romans Das Feuer von Barbusse ebenso zum festen Repertoire gehörte wie Jiri Mähens Jänosik, Ibsens Nora, Tschechows Onkel Wanja, Gogols Revisor oder Molieres Stück Der Geizige.m D i e kulturellen Bestrebungen der K P C an der „Basis" waren also weder national noch linkssektiererisch verengt, sondern international ausgerichtet, offen auch in bezug auf das weltliterarische Erbe. Der unmittelbare Kontakt mit dem Publikum ließ hier allzu ehrgeizige Pläne massenpolitischer Agitation mit den Mitteln der Literatur ohnehin nicht aufkommen. D i e Dimension dieser praktischen Kulturarbeit ergibt sich aus der spezifischen slowakischen Theatersituation. Die Slowaken besaßen nämlich nicht wie die Tschechen seit dem 19. Jahrhundert, sondern erst seit 1920 (sie!) ihr Nationaltheater und mit ihm ihr erstes Berufstheater überhaupt. Selbst dieses war aber nach authentischem Zeugnis zunächst „slowakisch nur dem Namen nach", da „in ihm die tschechische Oper und das tschechische Schauspiel das Zepter führten". 1 7 2 Bis in die vierziger Jahre hinein wurde daher das slowakische Theaterleben insbesondere von den etwa fünftausend Laienspielgruppen bestritten, die sich über das gesämte Territorium der Slowakei verteilten. Der Arbeitersportbund und mit ihm die K P C hatten sich also nicht irgendwo an der Peripherie, sondern in einem wichtigen kulturellen Bereich von besonderer Publizität ideologische Einwirkungsmöglichkeiten geschaffen. Flankiert wurden diese und andere Schritte der K P C , die auf der Überzeugung gründeten, „die soziale Revolution stehe bevor" und mit ihr nahe auch „eine Etappe der Kulturrevolution", 173 von der

Schriftenreihe Slowakische

Kommunistische

Bibliothek.

In ihr er-

schienen von 1923 bis 1925 beachtliche fünfundzwanzig Titel, Grundlagenwerke des wissenschaftlichen Sozialismus von Marx, Engels und Lenin sowie Publikationen zur Politik der K P C , aber auch ein Arbeiterliederbuch und eine Slowakische Rechtschreibung174, die das Recht der Slowaken auf die eigene Schriftsprache nachdrücklich unterstrich. Zugleich wird in den Organen Proletär, Hlas l'udu, Pravda chudoby (in ihrer Beilage Nedel'na pravda), Robotnik, Kovorobotnik und anderen auf neuer Stufe und auf breiterer Grundlage systematisch fortgeführt, was vor 1917/18 in den Robotnicke noviny in bezug auf die Verbreitung des Marxismus-Leninismus in Gang gesetzt worden war. Gleiches gilt für die Weltliteraturrezeption. So werden nun nicht mehr vereinzelt, sondern ziemlich regelmäßig Übersetzun5

Richter. Literatur

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gen aus der zeitgenössischen tschechischen sozialistischen und sowjetischen Literatur, aber auch von Henri Barbusse, Jack London, Upton Sinclair, Anatole France, Ellin Pelin, Ljudmil Stojanow und anderen publiziert.175 Mit diesen Maßnahmen, die auf die weitere Ausbildung eines Litcraturkonzepts der slowakischen Arbeiterklasse zielen, verbreitet die K P C auf dem gesamten Staatsgebiet der Tschechoslowakei unabhängig von seinen kulturellen Grenzlinien ihre Grundvorstellungen über die Rolle von Literatur und Kultur in der Gesellschaft. Innerhalb der slowakischen Literaturverhältnisse werden so entscheidende Voraussetzungen dafür geschaffen, daß sich zu Beginn der zwanziger Jahre neben der fortbestehenden ästhetisch anspruchslosen Arbeiterdichtung, wie sie z. B. durch Vaclav Chlumecky oder Stefan Darula verkörpert wird, 176 allmählich auch eine proletarische Literaturbewegung ausformen kann, die von jenen Vertretern der jungen slowakischen Schriftstellergeneration getragen wird, die sich um die K P C scharen.

Ästhetische Programmbildung innerhalb der jungen Generation und erste Anfänge einer proletarischen Literaturbewegung Die Tschechoslowakische Republik hatte den Slowaken freiere kulturelle Entfaltungsmöglichkeiten gebracht, die auch den Aufbau eines eigenen Schulsystems - von der Volksschule bis hin zur Universität einschlössen. Damit ging zugleich ein alter Wunsch in Erfüllung: der Unterricht in der Muttersprache auf allen Bildungsstufen, den die Unterdrückermächte immer wieder den Slowaken vorenthalten hatten, um aus ihnen „nichtdenkende Maschinen, loyale Österreicher und Magyaren" 177 zu machen. D a zugleich die Matica slovenskä erneuert und aus einem patriotischen Kulturverein in ein umfassendes wissenschaftliches Forschungszentrum mit Volksbildungsaufgaben verwandelt wurde, erfuhr das kulturelle Leben in der Slowakei einen dynamischen Aufschwung. Zudem hatte die slowakische Jugend ungehindert Zugang zu den tschechischen Hochschulen und so auch unmittelbar Kontakt zur geistigen Atmosphäre in den Großstädten Prag und Brno, der ihnen neue Horizonte eröffnete. Vor allem diese Jugend war es, die neue Literaturvorstellungen entwickelte. Als im Januar 1922 die altehrwürdige Zeitschrift Slovenske 66

pohl'a-

dy nach dreijähriger Unterbrechung wieder herausgegeben wurde, suchte ihr Redakteur Stefan Krcmery unter Berufung auf Hurbans und Vajanskys Vermächtnis die Kontinuität zur vorangegangenen Entwicklung wiederherzustellen. Obwohl sich die Lage der Slowaken grundlegend verändert hatte, baute er weiterhin auf „das slowakische Gefühl, das slowakische Bewußtsein, den slowakischen Willen" als eine Konstante, die stärker „als alle unsere Theorien und Dogmen ist." 178 Er wollte auf diese Weise unter den neuen geschichtlichen Bedingungen die Einheit der slowakischen Nationalkultur als ideelle Einheit bewahren, wohl vor allem deshalb, weil der Staatsgedanke nicht, wie erhofft, jene integrative Funktion zu übernehmen vermochte, die seinerzeit unter magyarischem Joch die Idee der nationalen Befreiung ausgeübt hatte. Bei diesem Bemühen schien ihm die junge Generation zu assistieren, als sie ebenfalls im Januar 1922 in der neugegründeten Zeitschrift Svojel' mit einem Programm an die Öffentlichkeit trat, das die „teure Nation" als „das wahre slowakische Ego", als einigendes Dach literarischer Bestrebung akzeptierte. In Wirklichkeit wurde hier aber der Versuch unternommen, im Rahmen des traditionellen Denkschemas das dominante Literaturverständnis dadurch zu untergraben, daß der Dienst an der Nation nicht mehr als gesellschaftlicher Auftrag, sondern mehr als kultische Handlung aufgefaßt wurde: „Die höhere Literatur" wird zu einer Enklave erklärt, wohin „der Parteien Hader . . . der Sumpf der politischen Intrigen" nicht dringt, wo in der angebrochenen Zeit der „slawischen Freiheit" die „tiefe, vom materiellen westlichen Geist unverdorbene, weiche . . . Seele" dem schrecklichen „Chaos des Lebens" entrinnen kann, wo „politische Richtungen" keinen Platz finden, „auch nicht Dekadenz oder Konservatismus." 179 Zwar stellte eine so starke Betonung der Pontifikalfunktion der Kunst unter den damaligen slowakischen Literaturverhältnissen eine ähnliche Revolte gegen Konventionen dar, wie sie zu Jahrhundertbeginn die Slowakische Moderne unternommen hatte, eine Alternative zum Programm der Traditionsbewahrung bot sie jedoch nicht. Zu sehr verhüllten der nationale Habitus und der Rückgriff auf Hurban und Vajansky bezüglich ängstlicher Abschirmung vor allem „Westlichen" sowie unreflektierter Bejahung alles Slawischen den kritischen Ansatz. Auch wurde so die Distanz zum klerikal verbrämten nationalistischen Konzept der Zeitschrift Vatra nicht deutlich. Infolgedessen profilierte sich Svojet' auch nicht in der vorgezeichneten „monistischen" Richtung, sondern als Tribüne von Traditionskritikern unterschiedlicher Couleur „pluralistisch". Da5*

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mit bereitete sie sich selbst nach elfmonatigem Bestehen ihr Ende. Innerhalb der slowakischen Bourgeoisie, die sich zum Bruderzwist mit der weitaus mächtigeren tschechischen Bourgeoisie rüstete, da diese ihr die erhofften Aufstiegschancen übermäßig beschnitt, fand sich keine politische Gruppierung, die ein ideologisch derart buntes, auch „rot untersetztes" Organ180 zu unterstützen bereit war. Einen weiteren Versuch von Seiten der bürgerlichen Literatur, „aus dem engen Bannkreis der Traditionen, der nationalen wie der religiösen, herauszukommen", unternahm 1924 Jan Smrek im Sammelband der jungen slowakischen Literatur181. Er glaubte durch Verkündung der „absoluten Freiheit des Fühlens, Denkens, des Wortes und der Tat" der enttäuschenden Gegenwart entfliehen und in universale Räume vorstoßen zu können, wenn „die politische Revolution" durch die „Revolution des Geistes", durch den „Umbruch im eigenen Innern, in den Seelen der Massen" ersetzt wird. 182 Was programmatisch als relativ später Abglanz tolstojanischen Bekennertums erscheint, entpuppt sich in der künstlerischen Praxis als urwüchsiger Vitalismus ohne tiefere philosophische Fundierung. Für ein Generationskonzept der „Jungen" gegen die „Alten" erwiesen sich diese verinnerlichten, wirklichkeitsabgewandten Zielvorstellungen als nicht tragfähig. Sie blieben ebenso individuelles Credo einer starken Dichterpersönlichkeit wie etwa E. B. Lukäcs christliches Universalitätsstreben, das seine Anregungen aus der Renouveau catholique Claudelscher Prägung bezog und selbst von Smrek als „der erlösten Nation" nicht angemessene „abstrakte Meditationen über metaphysische Dinge"183 empfunden wurde. In diese literarische Auseinandersetzung griffen die KPC und die mit ihr verbundenen Schriftsteller ein; sie unternahmen vielfältige Anstrengungen, das gesellschaftliche Funktionsverständnis von Literatur an die veränderte geschichtliche Realität anzupassen und mit dem Kampf der Arbeiterklasse in Übereinstimmung zu bringen. Vor allem Jan Rob Ponicans Grundsatzartikel Die Slowaken und der Internationalismus, veröffentlicht am 1. Mai 1922 in der tschechischen Zeitschrift Var, brachte die Generationsdiskussion in Bewegung. Er wandte sich emphatisch gegen eine Fortführung des slowakischen Kulturlebens auf „orthodox nationaler Grundlage", gegen den Mißbrauch der Begriffe „Nation" und „nationaler Erwecker" durch die Bourgeoisie: „Im Vordergrund steht die ,Nation', der .nationale Erwecker', Menschheit und Menschlichkeit sind zweitrangige Begriffe, werden nur anstandshalber zur Kenntnis genommen und nur insoweit

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ins Feld geführt, als sie die proklamierte Humanität im Glänze des nationalen Bewußtseins, des Nationalstolzes, des nationalen Egoismus als schwachen Reflex religiöser Moral erscheinen lassen, unter deren Strahlen der kommunistische Internationalismus als Fehler, als Krankheit, als Utopie erscheint." 184 In einer fortdauernden nationalen Selbstbeschränkung sieht Ponican daher nicht nur ein untrügliches Indiz für unbewältigte Vergangenheit, sondern zugleich einen gefährlichen Anachronismus, einen Nährboden für Chauvinismus, der sowohl einer Aussöhnung mit den Magyaren als auch dem vorurteilsfreien Zusammenwirken zwischen der slowakischen und der tschechischen Nation entgegenstehe. Seine Zukunftshoffnung gründet sich darauf, daß „die überschäumende Begeisterung der tschechischen proletarischen Jugend, ihr kämpferischer Optimismus auch in den Herzen der slowakischen proletarischen Jugend Widerhall finden werden" 185 . Ponicans Artikel gab den letzten Anstoß zur Bildung der Freien Vereinigung sozialistischer Studenten aus der Slowakei im Juni 1922 in Prag. Sie stand unter Führung der mit der K P C verbundenen Dichter und Kritiker Jan Rob Ponican, Daniel Okäli, Andrej Siräcky, Edo Urx und Vladimir Clementis. Ihre Vertreter publizierten in den KPC-Organen Pravda chudoby und Spartakus, nahmen aber auch zunehmend Einfluß auf die Zeitschriften Svojet' und Mlade Slovensko. Aus ihr entwickelte sich die proletarische Literaturbewegung, deren künstlerische Produkte ungeachtet gleicher weltanschaulicher Grundlage aus recht unterschiedlichen Quellen gespeist wurden. Da die Arbeiterdichtung in der Slowakei relativ unentfaltet, oft nur Paraphrase von Volksliedern bzw. thematische Umrüstung von patriotischer Lyrik in soziale Poesie oder schlichter Reim auf aktuelle Losung war, vermochten die proletarischen Schriftsteller nur bedingt an diese heimische Tradition anzuknüpfen. Viel stärker orientierten sie sich an der tschechischen bzw. an der internationalen revolutionären Literatur, z. B. an S. K. Neumann und Jiri Wolker, an Jessenin und Majakowski, Ady und Kassak, wie auch ganz allgemein am „Expressionismus, Futurismus und später am Konstruktivismus" 186 . Die theoretischen Debatten in den tschechischen linken Kunstzeitschriften, insbesondere in Cerven, Var und später in Avantgarda, sowie im ungarischen Emigranten-Organ Ma bestärkten Ponican in seinem Bemühen, das „Proletariat als Helden des menschlichen Fortschritts, der Zukunft der Menschheit" 187 auch ins Blickfeld der eigenen Nationalliteratur zu rücken. Wie kein anderer slowakischer Dich-

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ter vor ihm stellte er den Klassencharakter der Kunst heraus; er vermochte jedoch nicht der Versuchung zu widerstehen, das Nationale einfach durch das Klassengemäße zu ersetzen, statt beide zueinander in Beziehung zu setzen. Zunächst hatte es den Anschein, als konzentrierten sich die proletarischen Schriftsteller ausschließlich auf das Erfassen des neuen Gegenstandes - auf die Darstellung der Arbeiterklasse und ihrer Mission - und klammerten Gestaltungsfragen aus. In diesem Sinne konnte jedenfalls Ponicans Bekenntnis: „Dichter-Proletarier / möge dein Wort einfach und klar sein / für platte Zierde fehlt die Zeit / möge dein Werk erklingen wie eine Fabriksirene . . ," 1 8 8 aufgefaßt werden. Doch wurde sehr bald deutlich, daß ein künstlerisches Bild der Epoche dem Dichter mehr abverlangt als starke revolutionäre Worte, mochten sie auch wie „Bomben" wirken, die „in stehende Gewässer einschlagen". 189 Als infolge der relativen Stabilisierung des Kapitalismus die revolutionäre Stimmung der Massen abzuebben begann, überprüften die proletarischen Schriftsteller ihre Vorstellungen von revolutionärer Kunst. Während Ponican, bestärkt durch den Erfolg seiner Gedichtsammlung Ich bin (1923), die als bedeutendstes Werk der slowakischen proletarischen Literatur in ihrer Herausbildungsphase gilt, weiterhin auf Agitationslyrik festgelegt blieb, erkannte der Kritiker Edo Urx auf Grund seiner genauen Kenntnis von tschechischer und slowakischer Literaturentwicklung, daß die Wirkung der proletarischen Kunst über die unmittelbare Operativität hinausgreifen muß. In diesem Sinne meinte er 1924, es genüge nicht, daß der Dichter emphatisch sage: „Es werde Revolution, bourgeoise Welt gehe unter!", vielmehr solle er „im Geiste der Tendenzen der Arbeiterklasse schaffen", sie auf ihrem „Weg zu wahrer Menschlichkeit" begleiten. 190 Das schließe aber ein, daß die mit der Arbeiterklasse verbundene, deren Kampf gestaltende Lyrik das „Wesen der Poesie überhaupt" begreife, „damit sie sich nicht mit blutleerem Verseschmieden und mit dem Schlager vermische" 191 . Urx ruft nach „wirklicher Poesie", welche „die proletarische Realität zu einer neuen, durch die Phantasie synthesierten Welt schöner Formen umzugestalten" vermag. 192 Der Unterschied der proletarischen Kunst zur Kunst vorangegangener Epochen müsse sich „im neuen Inhalt u n d in der neuen Form" (Hervorhebung - L. R.) ausdrücken. Der Inhalt sei durch „die geschichtliche Aktivität des Proletariats gegeben", nicht aber die Form. Der echte Künstler „bescheide sich nicht mit der alten Form, sondern suche intensiv nach einer neuen" 193 . Energisch

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wandte sich Urx gegen Schriftsteller, die meinten, es reiche aus, wenn „etwas ,klar und aufrichtig' gesagt" werde; gewiß - so räumte er ein - „klar und aufrichtig sprachen auch die Primitiven unter den Dichtern, aber bei diesen ist es eine Revolte gegen eine Überkultiviertheit in der Poesie".194 Da diese unter den spezifischen slowakischen Bedingungen nicht gegeben war, achtete Urx nicht nur auf die klare weltanschauliche Abgrenzung von der bürgerlicher Literatur, sondern plädierte bei aller thematischen Konzentration auf das Proletariat für Vielfalt der gestalterischen Mittel. Er schafft somit die Voraussetzungen dafür, daß sich im Herbst 1924 junge, mit der Arbeiterklasse und ihrer Partei verbundene Schriftsteller und Kritiker zu einer Gruppe zusammenschließen, die sich ungeachtet unterschiedlicher ästhetischer Zielstellungen durch ideologische Geschlossenheit auszeichnet.

Die Gründung der DAV-Gruppe und ihre Auseinandersetzung mit Nationalismus und Traditionalismus Die Mitglieder der Freien Vereinigung sozialistischer Studenten aus der Slowakei hatten zwar mehrfach versucht, die Zeitschrift Mlade Slovensko in eine Revue der proletarischen Literatur umzufunktionieren, doch war dies unter Ponicans und Novomeskys Redaktion nur kurzzeitig zu erreichen. So bedeutete die Gründung des DAV als Tribüne „aller Pioniere sozialistischer Ideen unter der jungen Generation in der Slowakei, die auf geistigem und künstlerischem Gebiet tätig sind"195, einen wirklichen Fortschritt. DAV wurde von vornherein nicht als rein literarische Zeitschrift, sondern bewußt umfassender, als Organ für Fragen der „Kunst, Kritik, Politik, Philosophie, Literatur"190 konzipiert. Um DAV gruppierten sich aber vorwiegend Schriftsteller, Kritiker, Kulturtheoretiker und -politiker: Jan Ponican, Daniel Okäli, Edo Urx, Laco Novomesky, Vladimir Clementis, Peter Jilemnicky und später Frano Kral', so daß die Bezeichnung Davisten zum Synonym für jene Autoren wird, die den Entwicklungsprozeß der slowakischen sozialistischen Literatur in der Periode zwischen beiden Weltkriegen entscheidend prägten. Die Zeitschrift DAV wandte sich vor allem an die Kulturschaffenden, wollte diese im Sinne der Politik der KPC aktivieren. Sie trat nicht mit einem spezifischen ästhetischen Programm, sondern 71

mit einer betont politischen Zielstellung an die slowakische Öffentlichkeit: „Wir kommen erst nach sieben Jahren. Kommen belastet durch das Bewußtsein, daß die älteren Generationen in der Gefangenschaft und im Schatten altväterlicher Traditionen erstarrt sind. Mit dem Bewußtsein, daß sie nahezu nichts getan haben, um die bisherige Ordnung der Klassenunterdrückung und der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen zu beseitigen. Zu ersetzen durch eine neue, bessere Ordnung, der in den Gedanken der Menschen der Sozialismus den Weg bahnt. W i r möchten auf die Ungerechtigkeit der heutigen Gesellschaftsordnung verweisen. W i r möchten durch kritische Analyse aller ihrer Erscheinungen, die schon lange ihre Lebensberechtigung verloren haben, dazu beitragen, daß diese endgültig niedergerungen wird. Wir möchten wenigstens auf diese Weise unsere Solidarität mit den Werktätigen dokumentieren und die Schuld von Jahrhunderten wenigstens teilweise begleichen. Wir treten ins Leben mit der Absicht, auch die übrige Intelligenz an ihre Pflicht gegenüber dem werktätigen Proletariat zu gemahnen. Mit Anklage auf den Lippen. Denn sie stellt sich bisher willfährig in die Dienste des Kapitals. Verwirrt die Gedanken der Massen mit Sklavenhalterlosungen. Dies schreien wir in die Seelen und ins Gewissen der studierenden Jugend. Zum großen Teil kommt sie aus den Hütten der Werktätigen und verrät für ein Stück Brot die Interessen ihrer eigenen Väter und Mütter. W i r erwarten kein Verständnis bei unserer älteren Intelligenz. W i r sind ohne fremde materielle Unterstützung. Wir fürchten uns nicht vor unbekannten Geschehnissen der Zukunft. W i r handeln so nur deshalb, weil dies in höchstem Maße unsere Pflicht ist. Der Erfolg und der freundschaftliche Druck schwieliger Hände werden uns nur noch in unserem Vorhaben bestärken." 197 Zwar richtete sich die Kritik der Davisten verbal vorwiegend gegen die „älteren Generationen" - mit dem Ruf, die Kunst in den Dienst der Arbeiterklasse zu stellen, forderten sie jedoch bürgerliche Schriftsteller unabhängig von Generationszugehörigkeit und ästhetischem Programm zum Widerspruch heraus. Der junge, demokratisch gesinnte Literaturkritiker Andrej Kostolny z. B. vermochte darin nur eine Einschränkung der künstlerischen Freiheit zu sehen, denn die „Welt der Kunst" sei „die ganze Welt und das ganze Leben", 198 nicht lediglich das einer Klasse. Für die geistige Situation in der Slowakei 72

waren aber insbesondere jene Reaktionen bezeichnend, die das Klassenmäßige als etwas dem Slowaken Wesensfremdes, auf ausländischem Grund Gewachsenes, als „Korn absurder philosophischer Ideen" 199 * diffamierten. Daran knüpften sich gewöhnlich der Appell an die slowakische Eigenart sowie die konservative Erwartung, „das katholische slowakische Herz und der wache slowakische Verstand werde den Irrwahn erkennen und sich rechtzeitig von ihm abwenden, damit die Nation keinen Schaden erleide" 200 . Diese Haltung ist nicht zufällig, blieb doch für die slowakische Bourgeoisie auch unter den Bedingungen der Tschechoslowakischen Republik die nationale Frage jenes Instrumentarium, über das sie ihre Machtansprüche am massenwirksamsten artikulieren und realpolitisch am ehesten durchsetzen konnte. Auch erschienen ihr die Mystifizierung alles Nationalen sowie die Glorifizierung des Werkes der „Erwecker" als besonders geeignet, das „schreckliche Gift des Leninischen Moskovitismus" 201 , die Ausstrahlungskraft der Oktoberrevolution und des Aufbaus des Sozialismus in der UdSSR, zu neutralisieren. Die Parole, die einer der „Staatsgründer", General Stefänik, in geradliniger militärischer Diktion ausgegeben hatte: „Ein Tscheche ist ein tschechisch sprechender Slowake, ein Slowake ein slowakisch sprechender Tscheche" 202 , mußte allein schon deshalb wirkungslos verhallen, weil sie an der Realität, am Denken und Fühlen des slowakischen wie des tschechischen Volkes, völlig vorbeiging. Je massiver die Doktrin des Tschechoslowakismus, der die Idee einer einheitlichen tschechoslowakischen Nation zugrunde lag, seitens der tschechischen Bourgeoisie verfochten wurde, desto mehr wurde das nationale Selbstverständnis der Slowaken herausgefordert. Der Tschechoslowakismus erzeugte einerseits eine nationalistische Gegenreaktion bei den Autonomisten der Volkspartei, zwang andererseits aber auch jene, die am gemeinsamen Staatsgedanken festhielten, die Eigenständigkeit der slowakischen Nation zu artikulieren. Selbst der streng auf Loyalität bedachte Krcmery verteidigte „aus Liebe zur Wahrheit und aus beleidigtem Nationalstolz heraus" 203 energisch das slowakische nationale Interesse, als er dieses im Zusammenhang mit dem Havlicek-Borovsky-Jubiläum von der tschechischen Bourgeoisie verletzt glaubte. Angesichts dieser Situation wurde es für die Davisten immer wichtiger, der breitgefächerten nationalpolitischen Offensive der Bourgeoisie die internationalistische revolutionäre Bestrebung der Arbeiterklasse entgegenzusetzen, zugleich aber auch immer problematischer, das „Vermächtnis der Väter" a priori als etwas 73

Rückwärtsgewandtes, mit dem Aufbau einer neuen Welt nicht zu vereinbarendes hinzustellen. Novomesky hat dies vierzig Jahre später in einer kritischen Rückbetrachtung unumwunden ausgesprochen: „Die Kommunisten griffen an und beherrschten mit ihrem Klassenstandpunkt souverän das soziale Feld, auf dem die Bourgeoisie weitgehend wehr- und ratlos war. Doch in der Auseinandersetzung um die nationale Problematik überließen sie ihr das Feld." 20 ' 1 Er spielt damit auf die Tatsache an, daß ¡»ich die KPC auf ihrem Gründungsparteitag 1921 zur einheitlichen tschechoslowakischen Nation bekannt und diese Haltung erst 1924 nach Einspruch der Kommunistischen Internationale korrigiert hatte. Doch selbst danach vermochten sich die Davisten nicht sogleich von der Befürchtung frei zu machen, die Betonung des Rechts auf nationale Selbstbestimmung bis zur Konsequenz der staatlichen Lostrennung könne in der Slowakei eine Identität zwischen dem nationalen Programm der Kommunisten und dem autonomistischen Programm der reaktionären Bourgeoisie suggerieren, als ob „mit dem Bekenntnis zur Nation zugleich auch dieses .Programm' der slowakischen Bourgeoisie übernommen werde" 205 . So wurden selbst föderalistische Konzepte innerhalb der KPC zunächst zurückgestellt.206* Mit dieser Position gerieten die Davisten freilich in eine arge Zwickmühle. Clcmentis mußte daher expressis verbis klarstellen, gegen den „slowakischen Nationalismus" zu sein, heiße nicht, „für das tschechische nationalistische Programm" zu sein, für den Tschechoslowakismus einzutreten.207 Die Davisten lehnten zwar uneingeschränkt den Tschechoslowakismus ab, doch setzten sie sich aktiv für ein gleichberechtigtes Zusammenleben zwischen der slowakischen und der tschechischen Nation ein, welches das Klasseninteresse berücksichtigte. Eng arbeiteten sie mit den tschechischen sozialistischen Schriftstellern zusammen und empfingen von ihnen für ihr Schaffen zahlreiche Impulse. Langjährige Kontakte unterhielten sie auch zu deutschen Schriftstellern in der Tschechoslowakei, zu F. C. Weiskopf und zu Egon Erwin Kisch. Es war dennoch nicht nur eine freundschaftliche, sondern zugleich eine symbolische Geste, daß in der ersten Nummer des DAV Weiskopfs Gedicht Die rote Pest, Lajos Kassäks Auf dem )ulifeld und Josef Horas Ähren und Fische in der jeweiligen Originalsprache veröffentlicht wurden.208 Damit bekannten sich die Davisten freimütig zu den revolutionären Tendenzen in der deutschen, ungarischen und tschechischen Literatur, wandten sie sich zugleich auch gegen jene, die Stürs Kampf gegen Magyarisierung und Germariisierutig sowie für

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die eigenständige Nation zeitlos faßten, um antimagyarische Stimmungen aus der Periode der nationalen Unterdrückung zu konservieren und antitschechische immer wieder aufs neue hervorzurufen. Als konsequente Internationalisten traten sie dafür ein, den Antimagyarismus endgültig zu begraben und im Vertrauen auf die Solidarität der Arbeiterklasse auch „die antitschechische Stimmung in der Slowakei rein klassenmäßig auszunutzen, d. h., auf das Ende •des bürgerlichen Regimes hinzuweisen, ohne seinen tschechischen •Charakter anzugehen"209. Allerdings erkannten die Davisten Mitte der zwanziger Jahre noch nicht, daß der Kampf gegen den nationalistischen Erbemißbrauch seitens der zeitgenössischen Bourgeoisie nicht durch generellen Verzicht auf das nationale Erbe, sondern nur durch kritische Aneignung und aktualisierte Verteidigung seiner progressiven Elemente erfolgreich durchgestanden werden kann. Zwar entlarvte Clementis schonungslos den Neostürismus als „historisches Kostüm" der frustrierten slowakischen Bourgeoisie, die „für Stur, Gott, die Nation", vor allem aber „für die Plätze" sei, die „heute von der überaus starken tschechischen Bourgeoisie besetzt sind", 210 doch wurde diesen wie ähnlich gearteten Frontalangriffen dadurch die Wucht genommen, daß es bei der negativen Abgrenzung vom bürgerlichen Nationalismus blieb, die positive programmatische Entgegensetzung aber, die Berufung auf die revolutionären Traditionen der Sttir-Generation, fehlte. Smatläk trifft den Kern der Sache, wenn er feststellt, daß damals bei den Davisten die Erbefrage theoretisch ungelöst blieb, daß sie sich aber „im konkreten politischen und ideologischen Kampf mit den bürgerlichen Traditionalisten als den unberechtigten Erben der Vergangenheitskultur" als relevantes Problem herauskristallisierte, im politischen wie im literarischen Leben. 211 In der Tat empfanden die Davisten Mitte der zwanziger Jahre in der slowakischen Literatur einen schroffen Gegensatz zwischen Weltoffenheit (svetovost') und slowakischer nationaler Eigenart (slovenskost'), der sich für sie zunächst nicht aufheben ließ. In der Auseinandersetzung mit verschiedenen Spielarten des Traditionalismus war für sie bereits der Begriff „slowakische Eigenart" höchst suspekt. Sie witterten dahinter unschöpferisches Verharren im Konventionellen, Festhalten an erstarrten ästhetischen Mustern wie auch an erledigten literarischen Gegenständen. Novomesky distanzierte sich mehrfach von jenen traditionsgebundenen, national bornierten bürgerlichen Autoren, diö „vom Slowakischen ausgehen und e i n e s l o w a k i s c h e E i g e n a r t . . . eine n a t i o n a l e Literatur

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kreieren" 2 1 2 wollen (Hervorhebung - L. R.), die sich selbst genügt und bewußt vor der Welt verschließt. Entschieden wandte er sich in diesem Zusammenhang gegen die ahistorische Verlängerung der Folklore-Tradition, d. h. gegen Versuche, sie in der Prosa z. B . auf die folkloristische Kostümierung der Gestalten zu reduzieren bzw. oberflächlich zum Aufbau unterschiedlicher Klischeebilder einer heilen Welt ländlicher Unberührtheit zu nutzen. Deshalb forderte Novomesky wiederholt dazu auf, „aus jungen Künstlern, Freunden der modernen Kunst, einen starken Block zu bilden und . . . dieses gebrechliche Kind .Eigenart' auszumerzen" 213 , das aus solchem Blickwinkel für ihn ästhetisch wie gesellschaftsbezogen ein Archaismus war. Hier tritt ein Moment zutage, das die frühe slowakische sozialistische Literatur durchaus im internationalen Vergleich auszeichnet. Das destruktive Verhältnis zum nationalliterarischen Erbe, das primär von der spezifischen Klassenkampfsituation in der Slowakei bestimmt und nur peripher von internationalen Proletkult-Tendenzen mitgeprägt wird, ist nicht gleichbedeutend mit Negierung des bürgerlichen Kulturerbes schlechthin. Sektiererische Vereinseitigung in dieser Richtung kann insofern keinen Boden gewinnen, als die Suche nach produktiven ästhetischen Mustern jenseits der nationalen Überlieferung infolge des historisch erklärbaren Entwicklungsrückstands der Literatur in bezug auf ästhetische Differenzierung gleichsam unabdingbar war. Insofern paarte sich der Kampf der Davisten gegen eine kultisch-bewahrende bzw. unkritische Fortführung des nationalliterarischen Erbes zugleich mit dem Kampf um neue künstlerische Ausdrucksmöglichkeiten. Urxs negative Stellung zum deskriptiven und folklorisierenden slowakischen Realismus und sein späterer provokatorischer R u f : „Gegenüber der .reinen Kunst' wäre ein proletarischer Naturalismus - proletarisch mag er sein, aber immerhin doch Naturalismus - ein Rückschritt" 21,5 sind Ausdruck dieser Grundposition der Davisten, die sich insoweit auch relativ früh Bündnispartnern gegenüber offenhielten. Allerdings entsprang das brennende Interesse der Davisten für andersnationale ästhetische Erfahrungen der sozialistischen wie der bürgerlichen Literatur neben objektiven Ursachen auch dem subjektiven Unvermögen, aus der Gleichsetzung von nationaler Literaturtradition und nationalem Utilitarismus herauszukommen. So produktiv nämlich die Schlußfolgerung der Davisten war, es reiche nicht aus, den nationalen Utilitarismus einfach in eine proletarische Tendenzliteratur umzuwandeln, in der zwar das

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inhaltliche Moment neu, die Strukturen aber die alten seien, sie gründete sich dennoch auf eine einseitig negative Subsumierung des national geprägten gesellschaftlichen Funktionsverständnisses der slowakischen Literatur aus der Periode des Befreiungskampfes. Daher war ein Rückgriff auf progressive Elemente im Vormärz und seit der Jahrhundertwende auf die Dauer nicht zu umgehen. Aus der Spannung zwischen programmatischer Äußerung und künstlerischer Realisierung erwuchs allmählich auch die theoretische Klärung des Erbeproblems, die 1927 mit dem Aufsatz von Clementis Über Tradition und über Traditionalisten einsetzt, wo er zwischen „lebendiger und toter Tradition" 215 * unterscheidet. Sie wird aber erst Mitte der dreißiger Jahre im Zusammenhang mit den antifaschistischen Bündnisbestrebungen wirklich herbeigeführt. Dies belegen hinreichend die Debatten auf dem Ersten Slowakischen Schriftstellerkongreß von Trencianske Teplice im Frühsommer 1936, vor allem das Hauptreferat von Novomesky Die heutige Situation und die Entwicklung der slowakischen Kultur216. Hier stellt dann auch Clementis im Sinne der Leninischen Erbeauffassung pointiert heraus, was ihm zuvor nicht einsichtig war, daß die slowakische Arbeiterklasse „Erbe des Besten ist, was die slowakische Kultur hervorgebracht hat"217.

Ideologische Geschlossenheit und ästhetische Vielfalt Konstanten davistischer Literaturauffassungen Als sich die Davisten Mitte der zwanziger Jahre als eben formierte Gruppe mit kleineren Prosaarbeiten vorstellten, ergab sich ein überraschendes Bild. Nicht das Dorf mit seinen „ewigen" Werten, sondern vor allem die Stadt mit ihrem krassen Sozialgefälle wurde zum Thema gewählt. In Novomeskys Märchen Über die traurige Stadt, in Skizzen bzw. „Mikronovellen" wie Musik von Peter Jilemnicky, Tänzerinnen von Jarko Elen, Auswanderer von Daniel Okäli wurde Anklage gegen das kapitalistische System erhoben, das den Menschen unbarmherzig vermarktet, physisch und moralisch deformiert, zum Bettler, zur Dirne, zum Arbeits- und Heimatlosen macht. Diese und ähnliche Erstlingswerke verrieten den unbändigen Willen der Davisten, ausgetretene Pfade zu verlassen und neue Möglichkeiten der Wirklichkeitsgestaltung zu erproben. Leidenschaftlicher Protest gegen soziales Unrecht sowie ungestüme Revolutionserwartung kennzeichnen diese Kurzprosa, die sich expressionistischer Darstellungsweisen

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bedient und sich scharf abhebt von Ponicans Agitkas, in denen der künstlerische Anspruch dem politischen Anliegen im Sinne operativer, unmittelbar agitatorischer Wirksamkeit bewußt untergeordnet wurde. In gewisser Weise spiegelt bereits diese Kurzprosa wider, was später in Verkehrung der Tatsachen zu einem ideologischen Gegensatz aufgebauscht wurde, der schwerwiegende persönliche Konsequenzen hatte: daß nämlich die Davisten in ihrem künstlerischen Schaffen durchaus unterschiedlich auf die Frage antworteten, wie die gesellschaftlich eingreifende Rolle der Literatur zu gewährleisten sei. Novomesky hat diese Unterschiedlichkeit 1964 in einem vielbeachteten, nüchtern analysierenden Rückblick so erläutert: „DAV ... hatte keine einheitliche monolithische literarische Konzeption . . . In einer Zeitschrift, in einer Gruppe, trafen sich und arbeiteten - wie unter Genossen üblich - Leute freundschaftlich zusammen, die auf der einen gemeinsamen ideellen Plattform des Sozialismus und Kommunismus standen, wenngleich ihre künstlerischen Bekenntnisse, ihre Ansichten über Kunst, voneinander abwichen."218 Die Aufspaltung der DAV-Bewegung, wie sie in den fünfziger Jahren vorgenommen wurde, ist heute ebenso überwunden, wie die Versuche in den sechziger Jahren gescheitert sind, mit ihr in antidogmatischer Manie unhistorisch eine Antinomie zwischen moderner (avantgardistischer) und traditionsgebundener Literatur oder - als weitere Variante - ein pluralistisches sozialistisches Literaturkonzept ohne feste ideologische Konturen aufzubauen. Die literaturgeschichtliche Untersuchung bestätigte die sich nach beiden Seiten hin kritisch abgrenzende Selbsteinschätzung der Davisten durch Novomesky. Allerdings differierten die Literaturvorstellungen der Davisten nicht nur untereinander. Auch innerhalb ihrer individuellen Ausprägungen sind neben kontinuierlichen Momenten erhebliche Entwicklungssprünge zu beobachten. Sie werden von der slowakischen marxistisch-leninistischen Literaturwissenschaft als unverzichtbare ästhetische Erfahrungen bei der Herausbildung der slowakischen sozialistischen Nationalliteratur gewertet. „Deshalb sind", wie Karol Rosenbaum schlußfolgert, „Laco Novomesky und Peter Jilemnicky nicht gegeneinander, sondern nebeneinander zu stellen."219 In der Tat läßt sich Jilemnickys Entwicklung zum bedeutendsten sozialistischen Epiker in der Zwischenkriegsperiode ebensowenig auf den Nenner traditionsverpflichteter realistischer Kunst bringen, wie sich Novomeskys Schaffensweg zum überragenden sozialistischen Lyriker auf den bewußten ästhetischen Gegenwurf reduzieren läßt. 78

Peter Jilemnickys Beitrag zur slowakischen sozialistischen Epikentwicklung Während Ponicans revolutionäre Lyrik Mitte der zwanziger Jahre in der Slowakei lebhafte Diskussionen auslöste, nahm das nicht weniger revolutionäre epische Werk Jilemnickys in aller Stille seinen Anfang. Ponicans agitatorischer Gestus wurde damals literarisch wie gesellschaftlich als Herausforderung empfunden, oder war es nur die Gestik, die provozierte? Poetologisch war seine politisch-operative Lyrik jedenfalls so diskontinuierlich nicht, wie sie zunächst wirkte. Ihre Affinitäten zur tradierten appellativen patriotischen Lyrik sind ebenso offenkundig, wie ihre äußerliche Negierung alles Nationalen unleugbar ist.220 Von der Schreibweise wie von der Problemsicht hätten freilich Jilemnickys Erstlingswerke ebenso als Bruch zum bisherigen Kanon verstanden werden müssen. Oder billigte man dem gebürtigen Tschechen, der sich, in der Slowakei lebend, als Autor von seiner Muttersprache löste und zur slowakischen Schriftsprache hinüberwechselte, von vornherein andere literarische Ausgangspunkte zu? In Jilemnickys Früherzählungen, die leider damals nicht gesammelt als Buch, sondern verstreut in Zeitschriften erschienen sind, verbinden sich nämlich expressionistische Menschheitsdämmerung und konstruktivistisches Experiment mit der Erschließung neuer Stoffbereiche. Bevor die Erzählung Musik im DAV 1925 veröffentlicht wurde, mußte Jilemnicky sogar Edo Urxs Bedenken zerstreuen, hier etwas „von den poetistischen Theorien und Vorschriften Teiges" 221 realisiert zu haben. Zwar solidarisierte sich Jilemnicky in der Poetismus-Frage uneingeschränkt mit der damaligen einheitlichen Haltung der DAV-Gruppe („Die Poetisten sind in formaler Hinsicht ein Gewinn, doch fehlt es ihnen an gesunder Lebensfülle" 222 ), immerhin ist jedoch dieses Detail sehr bezeichnend dafür, daß sich Jilemnicky durchaus in einem schöpferischen Kontakt mit verschiedenartigen Bestrebungen avantgardistischer Provenienz befand, um den Ausbruch aus dem Überkommenen auch ästhetisch zu vollziehen. Insofern stand Jilemnicky Mitte der zwanziger Jahre in einer Front mit Novomesky und Okäli, die alle - wenn auch anders als Ponican - den ästhetischen Neuansatz hervorkehrten. Man denke nur an Okälis ebenfalls 1925 in der Zeitschrift DAV veröffentlichtes Plädoyer für den Konstruktivismus, dessen „künstlerische Prinzipien auch in der Literatur spürbare Furchen hinterlassen", vor allem in bezug auf die Ausdrucksmittel: „Das Wort soll von überflüssigem Ballast befreit wer79

den, soll in seiner Schlichtheit, Frechheit oder auch Weichheit zur Geltung kommen, damit seine emotionale Kraft um so intensiver werde. Es soll wiederum dynamische, rasch atmende und bewegende Gestalt annehmen. Verschwinden soll die Fessel grammatikalischer Bindung. Die Rede soll frei erklingen, befreit von den spanischen Stiefeln der Professoren. Aber nicht nur die Rede, auch der Aufbau, die Konstruktionen der Novelle, des Romans, des Dramas, des photographischen Bildes, des Gemäldes soll jene Züge annehmen, die universal, international sind, die den aufnehmenden Intellekt nicht mit der Philosophie rindslederner Lexikonbände belasten, sondern möglichst gewaltige Erregungen und Gefühle hervorrufen."223 Allerdings überschätzte Jilemnicky die Wirkung des formalen Experiments nicht. Antibürgerlichkeit und Auflehnung gegen soziales Unrecht waren für ihn nie lediglich äußerliche Attribute seines künstlerischen Engagements, sie bildeten vielmehr das Grundanliegen seines Schaffens, dem sich die Suche nach neuen Ausdrucksweisen unterordnete. Von hier aus fand er Anschluß an den Hauptstrang slowakischer Epikentwicklung in den zwanziger und dreißiger Jahren, an die parallel entstehenden Romane Milo Urbans und Jozef Ciger Hronskys, in denen allerdings nicht so sehr die Urbane Welt, sondern das bäuerliche Milieu das beherrschende Thema bildete. Sobald Jilemnicky als Lehrer auf dem slowakischen Dorfe heimisch geworden war, ließ auch er die städtischen und fremdländischen Motive hinter sich, die in seinen „kinematographischen" Erzählungen dominierten, und versuchte, fortan die sozialen Lebensverhältnisse auf dem Lande darzustellen. In seinem ersten Roman Der siegreiche Fall, 1926 geschrieben, aber erst 1929 veröffentlicht, gestaltete Jilemnicky einen ihm einsehbaren Ausschnitt aus dem Leben der Kysücer Bauern: die spontane Auflehnung gegen soziale Zwänge und die ständige unbarmherzige Auseinandersetzung des Menschen mit der Natur, „um den Stein der Felder in Brot zu verwandeln"22''. Dieses Werk richtet sich polemisch sowohl gegen den zeitgenössischen tschechischen Ruralismus als auch gegen die bisherige Gestaltung der Bauernproblematik in der slowakischen Literatur. Es wendet sich nämlich ungeachtet seiner betont lyrischen Erzählweise gegen den leicht zur Pastorale gerinnenden impressiven Lyrismus eines Josef Knap, zerstört bewußt das Bild von der heilen Welt des Dorfes, richtet sich zugleich aber auch gegen die Unmündigkeit, in welcher der slowakische beschreibende Realismus den Bauern beläßt, wie vor allem Kukucins Gestalt des Adam 80

Krt in der Erzählung Die scheckige Färse225 versinnbildlicht. Jilemnicky fragt hier bereits nach den sozialen Konsequenzen eines solchen Lebenskampfes, visiert die Lösung vom Privateigentum zwar nicht explizit, so doch vermittelt als unausbleibliche Voraussetzung für ein menschenwürdiges Dasein an, auch wenn seine Hauptfigur Mat'o Horoñ noch mehr mit seinem steinigen Acker als mit den gesellschaftlichen Mißständen ringt. In solcher Intention korrespondiert dieses Werk mit dem Roman Die lebende Peitsche (1927) von Milo Urban226, der damals den Davisten sehr nahestand. Darin wird aber nicht so sehr das Aufbegehren eines Individuums als vielmehr die Rebellion eines Dorfkollektivs erfaßt. Der Übergang von Themen aus der großen Welt mit ihren kapitalistischen Deformationen, wie sie in den „kinematographischen" Erzählungen vorherrschend sind, zu einem in der Slowakei bodenständigen monothematischen literarischen Gegenstand bedeutet für Jilemnicky jedoch nicht die Preisgabe seiner Weltoffenheit, auch nicht das Absinken auf regionalistische Heimatliteratur. Die universale Dimension bleibt, weil die Epochenprobleme, die revolutionäre Umwandlung der Gesellschaft nach dem „russischen Beispiel", Ausgangsund Zielpunkt seiner künstlerischen Tätigkeit sind. In diesem gesellschaftlichen Aufgabenverständnis von Literatur bestärkte ihn vor allem sein Aufenthalt in der Sowjetunion in den Jahren 1926 bis 1928, der ihm auch literarisch neue Horizonte eröffnete. Jilemnicky betrachtete es fortan als seine besondere Aufgabe, die sowjetischen Erfahrungen für den Kampf um die soziale Befreiung des tschechischen und slowakischen Volkes nutzbar zu machen. Diese glaubte er zunächst nur im praktisch-politischen Kampf verwirklichen zu können. Zwischen seinem Status als Parteiarbeiter und seinem Status als Schriftsteller sah er einen Widerspruch. Das Bestreben, „in der Bewegung und in den Massen unmittelbar aktiv zu werden" 22 ', führte bei ihm schließlich zu Zweifeln an der politischen Wirkungskraft schöner Literatur überhaupt, jedenfalls dann, wenn ihre Kommunikativität so eingeschränkt bleibt wie bisher. „Ein Gedicht auf Papier zu schreiben, wenn man es in die Masse schreien oder aus der Masse hervorrufen kann", ist ihm ein „altmodisches Gelüst".228 Als Ausweg rückte bei ihm die Zeitung und mit ihr die Tatsachenliteratur ins Blickfeld, um die vielfältigen neuen Fakten einem Millionenpublikum mitzuteilen. Von hier aus erkannte er produktive Gestaltungsmöglichkeiten in der Skizze, im Bericht, in der Reportage, in der „Litmontage", wobei er den Wandzeitungen, der Arbeiter- und -6

Richter, Literatur

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Bauernkorrespondentenbewegung Anregungen abzugewinnen vermochte. Zeitgenössische sowjetische Debatten um die Literatur des Fakts, der Aufruf „Schriftsteller in die Zeitung", Tretjakows pointierter Hinweis, „jeder kleine objektive Reporter trägt auf seiner Federspitze den Tod für die Belletristik" 229 , haben offenkundig Jilemnickys ästhetische Selbstverständigung wesentlich mitgeprägt. Ein Bericht wie Die Z i f f e r n agitieren hat für Jilemnicky nun „einen subjektiv größeren Wert als irgend etwas anderes, . . . er bedeutet für den Arbeiter und den Bauern hinsichtlich der Erhöhung der Aktivität, der Überzeugung u. a. weit mehr als irgendeine meiner früheren Arbeiten" 230 . Verwirklicht hat Jilemnicky dieses ästhetische Konzept in seinen Reportagen über die Sowjetunion, die teils in der sowjetischen, teils in der tschechischen und slowakischen kommunistischen Presse erschienen und erst später zum Band Zwei ]abre im Lande der Sowjets zusammengefaßt worden sind. In den meist kurzen Reportagen zeichnet der Autor Fakten aus der sozialistischen Gesellschaftspraxis auf, die ihm für den politischen Kampf in der Heimat aktuell und wesentlich erscheinen. Sowohl in ideeller als auch in formaler Hinsicht korrespondieren sie mit dem Grundanliegen der DAV-Gruppe, die slowakische Literatur aus der Erstarrung im Konventionellen herauszuführen und ihr eine zeitgemäße Weltoffenheit zu sichern. Für die Davisten ist die Tatsachenliteratur allerdings lediglich e i n ästhetisches Prüffeld unter vielen. Jilemnicky kann den Informationshunger der Davisten kaum stillen. Für den Kollektivroman von fünfundzwanzig russischen Autoren in der Zeitschrift Ogonjok interessierten sie sich ebensosehr wie für die Diskussion um den „lebendigen Menschen" oder für einzelne Schriftstellerporträts und Individualpoetiken. 231 Die Hinwendung der Davisten zur Sowjetunion beschränkt sich jedoch nicht ausschließlich auf die Kultursphäre. So haben sie bei der Gründung der Gesellschaft für wirtschaftliche und kulturelle Verbindung mit dem neuen Rußland (1928) eine aktive Rolle gespielt und diese Organisation kontinuierlich durch rege Vortragstätigkeit sowie durch Vermittlung beim Austausch von Schriftstellerdelegationen praktisch unterstützt. Ferner verbanden sie 1929 eine Umfrage in der Zeitschrift DAV über die kulturelle Orientierung der Slowakei, an der sich Vertreter aller Klassen und Schichten - auch bürgerliche Schriftsteller und Kritiker - beteiligten, mit der Frage nach dem Verhältnis zum Sowjetstaat 232 *; das belegt ihr allseitiges Engagement für den ersten sozialistischen Staat. 82

Die Literatur des Fakts hat auf Jilemnicky vor allem während seines Studiums am Staatlichen Institut für Journalistik in Moskau Einfluß ausgeübt, ein Konzept von Dauer war sie jedoch auch für ihn nicht. Schon bald wurde ihm bewußt, daß der trockene informationsreiche Bericht die Funktion der schönen Literatur nicht zu ersetzen vermag, die nicht nur rational, sondern auch emotional gesellschaftliche Aktivität erzeugt. Ihm schwebt nun eine Dichtung als Ideal vor, die „sozial und zutiefst menschlich ist", „den Puls der Zeit und der Menschheit in aller Welt zu erfühlen" vermag. 233 In dieser Hinsicht markiert der Roman Der dröhnende Schritt (1931) einen wichtigen Neubeginn: Fast zeitgleich mit Panfjorows Genossenschaft der Habenichtse und noch vor Scholochows unübertroffenem Werk Neuland unterm Pflug versucht Jilemnicky hier die Kollektivierung der Landwirtschaft in der UdSSR schon als historische Gesetzmäßigkeit darzustellen, als diese sich realgeschichtlich erst unter großen Schwierigkeiten und Hemmnissen zu vollziehen begann. Jilemnicky bemüht sich im Roman Der dröhnende Schritt, die künstlerischen Erfahrungen seiner Reportagen mit denen seines ersten Romans zu verknüpfen, also dem in der Wirklichkeit vorgefundenen Tatsachenmaterial größeres Gewicht zu geben und doch seine dichterische Subjektivität nicht preiszugeben. Die Davisten haben dieses Bemühen anerkannt, wenn auch Edo Urx kritisch anmerkte, daß noch immer sinnenfreudige Wahrnehmung von Naturschönheit über die Gestaltung von Klassenauseinandersetzung triumphiere. Diese Kritik konnte Jilemnicky erst in seinem international bekanntesten Roman Brachland (1932) entkräften, worin der Autor zum Thema der Kysticer Bauern zurückkehrt, nun aber primär den Prozeß ihrer Revolutionierung gestaltet. Die historische Konkretheit des Werkes wird vor allem durch stärkere dokumentarische Züge erreicht. Daß sich Jilemnicky Anfang der dreißiger Jahre bewußt für diese Darstellungsweise entschied, hat neben seinen nachwirkenden Erfahrungen mit der Literatur des Fakts auch noch einen aktuellen Beweggrund: jenen Anforderungen maximal zu entsprechen, die die Charkower Konferenz in bezug auf die ideologische Wirksamkeit proletarischer Literatur formuliert hatte. Wie alle Davisten nahm Jilemnicky die Kritik sehr ernst, die in dem Offenen Brief an die revolutionären Schriftsteller in der Tschechoslowakei nicht nur am Devetsil, sondern auch an der DAV-Gruppe geübt worden war.23'1 Die Hauptgestalt des Romans Brachland, Pavel Huscava, ist die erste konsequent revolutionäre Figur in der slowakischen Epik. Sie bietet in dem durch proletarische 6*

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Kampferfahrungen gereiften bäuerlichen Revolutionär eine Alternativlösung zum anarchistischen Rebellen Adam Hlavaj in Milo Urbans Roman Die lebende Peitsche, gleichsam vorweggenommen auch einen perspektivischen Gegenwurf zur fatalistischen Dulderfigur des „Millionenmenschen" Jozef Mak in Hronskys Roman Die armen Seligkeiten des Josef Mak (1933). Die Grundlegung der sozialistisch-realistischen Epik erfolgte also in der slowakischen Literatur nicht in unmittelbarer Fortsetzung des Werks der Realisten Martin Kukucin und Jozef Gregor-Tajovsky. Insofern unterscheidet sich der slowakische Entwicklungsweg vom tschechischen; dort vollzogen Jaroslav Hasek, Ivan Olbracht, Vladislav Vancura wie auch Marie Majerovä einen relativ bruchlosen Übergang von kritisch-realistischen auf sozialistische Positionen.235 Auch wird der Gegenstand künstlerischer Gestaltung nicht - wie in der tschechischen Literatur - durch Mobilisierung und Umfunktionierung plebejischer Tradition, sondern durch Neuaufschluß der Bauernproblematik gefunden. Jilemnickys Werdegang ist somit auch nicht im Sinne von Traditionsgebundenheit und nationalliterarischer Kontinuität interpretierbar, sondern als inhärenter Bestandteil unterschiedlicher Bestrebungen der Davisten, nationale Enge und traditionalistische Darstellungsweise zu überwinden und ein weltoffenes, d. h. vor allem epochenbezogenes Literaturkonzept durchzusetzen. Daran ändern auch Rückschläge nichts, welche der Roman Ein Stück Zucker (1934) markiert, in dem der dokumentarische Zug ins Illustrative umschlägt, die nackte These über das widerspruchsvolle Leben triumphiert. Ist sich doch Jilemnicky nach dem I. Allunionskongreß der Sowjetschriftsteller 1934 in Moskau, an dem er zusammen mit Laco Novomesky teilgenommen hatte, darüber klargeworden, daß der Kampfwert der Literatur nicht durch äußerliches Hervorkehren des Kämpferischen erhöht werden kann. So bekannte er in einem Brief vom 22. Juni 1935 an Edo Urx: „Ich habe die Frage des literarischen Schaffens, die Bedeutung eines literarischen Kunstwerkes ziemlich vereinfacht gesehen und auf ein Wort als Minimum reduziert: Kampf! Und das ist zu eng. Die Literatur als Bruchstück des gesamten Lebensprozesses hat zwar nur den einen Nenner, aber dieser setzt sich aus vielen und oft bisher unentdeckten Faktoren zusammen. Vielleicht sollte man ihn gerade in die vielen und häufig verborgenen Elemente zerlegen, um den Reichtum und das Spiel der Farben zu erfassen, wie ein Lichtstrahl im Prisma zerlegt wird in ein hell leuchtendes Spektrum." 236 Jilemnicky genügt es nun nicht mehr, „die politische Linie

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richtig erfaßt zu haben"237. Das politische Engagement bleibt für ihn zwar weiterhin Grundvoraussetzung jeglichen künstlerischen Schaffens, doch bekommen für ihn jetzt spezifischere Gestaltungsfragen einen größeren Stellenwert. Im Novellenzyklus Der Kompaß in uns (1937) gelingt ihm eine stärkere psychologische Fundierung des Figurenaufbaus, welche die beabsichtigte politisch-rnobilisierende Wirkung dieses angesichts der faschistischen Gefahr geschriebenen, die humanistischen Werte der Menschheit verteidigenden Werkes nicht nur nicht beeinträchtigt, sondern durch die erhöhten Identifizierungsmöglichkeiten beim Adressaten unzweifelhaft vervielfacht. Dank seiner Symbolkraft wird Der Kompaß in uns in der slowakischen Epik ebenso als Gipfelleistung, als reife Synthese angesehen wie Novomeskys Gedichtbände Offene Fenster (1935) und Der Heilige hinterm Dorf in der Lyrik (als Band 1939, in Zeitschriften sukzessive seit 1936 erschienen). Allerdings ist Novomesky über die gattungsbedingten Unterschiede hinaus auf anderem Wege zur Synthese des eigenen Schaffens gelangt, wie vor allem die Spannung zwischen Novomeskys und Ponicans Entwicklung deutlich macht, die den Gegensatz zwar nicht betont, ihn aber auch nicht ausschließt.

Laco

Novomeskys

und ]än Ponicans

sozialistische

Lyrikauffassung

Von Ponican erfahren wir aus seinen Erinnerungen Stürmische Jugend (1975), er habe sich „immer nur als ein Reihenkämpfer betrachtet und habe wahrscheinlich auch deshalb - wie auch in der Absicht ,epater les bourgeois' - seine Gedichte nur mit kleinen Buchstaben geschrieben"238. Ende der zwanziger Jahre sei er aber zu der Überzeugung gelangt, daß zwar die Poesie nach wie vor „Waffe im Klassenkampf" sein müsse, der Mensch jedoch „nicht nur ein ,homo politicus' sei".239 Dieses Selbstbekenntnis aus der Distanz von nahezu einem halben Jahrhundert unterstreicht noch einmal, was seine proletarischen Gedichte und vor allem auch seine Agitkas aus den zwanziger und dreißiger Jahren bereits hinlänglich belegen: Ponican suchte unentwegt der Aufgabe zu genügen, „eine Kunst zu schaffen, die . . . zum Helfer der revolutionären Massen im Kampf um das Leben und um eine bessere Zukunft wird"2'*0, doch faßte er diese meist zu äußerlich auf. Deshalb wurde er nicht nur von Vertretern der bürgerlichen Literatur, sondern auch aus den eigenen Reihen mit Kritik bcdacht, sosehr die Davisten ihn auch als Pionier der proletarischen Poesie in

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der Slowakei anerkannten. Mi»- einem Seitenblick auf Ponicans Entwicklung warnte Jilemnicky seinen engen Freund Frano Kral' vor einer Poesie entleerter revolutionärer Gestik, die nur „Bombast auf wackliger Tribüne" 241 ist. Und E d o Urx, der bereits in Ponicans Debüt Ich bin (1923) nicht nur den originellen unsentimentalen Dichter von kämpferischer Frische, sondern zugleich auch dessen Hang zu „erläuternden Phrasen" 242 entdeckt hatte, hielt ihm in der Rezension der Gedichtsammlung Angara (1934) vor, daß seine proletarischen Verse noch immer „mehr Haltung als wirkliche Erkenntnis und Bewältigung der revolutionären Realität" 27 ' 3 seien. Vor diesem Hintergrund gewinnt Novomeskys freimütige Bemerkung aus dem Jahre 1936 an Bedeutung, die die poetologischen Unterschiede in der DAVGruppe ungeschminkt offenlegt: „Widersprüche zwischen Novomesky und Ponican? In der W e l t a n s c h a u u n g sind wir e i n i g , aber ein W i d e r s p r u c h besteht zwischen uns i n d e r A u f f a s s u n g v o n d e r P o e s i e als solcher" (Hervorhebung - L. R.). 224 Diese Differenz zwischen den Poetiken Ponicans und Novomeskys läßt sich vielleicht am besten durch einen typologischen Vergleich zur tschechischen proletarischen Poesie der frühen zwanziger Jahre veranschaulichen, die sich nicht nur in mehreren Individualpoetiken, sondern sogar in mehreren Richtungen ausprägte. 245 Die originäre Leistung beider slowakischer Dichter als unbestrittene Tatsache vorausgesetzt, könnte man sagen, daß Ponicans Dichtung der „robusten, schlagkräftigen revolutionären Agitationspoesie S. K. Neumanns" 246 in dessen Roten Gesängen (1923) zuneigte, auch wenn sie deren innere dramatische Geschlossenheit nicht erreichte, daß sich aber Novomesky emotional wie rational insbesondere zur Poesieauffassung Jiri Wolkers 247 hingezogen fühlte, der das Revolutionäre organisch mit dem Schönen zu verbinden wußte. „Er sprach nicht von der Revolution, aber er sprach revolutionär" - bewunderte Novomesky 1925 Wolkers verhaltene, aber desto wirksamere Schreibweise - , seine „Worte verblieben nicht in den Herzen, sie drangen weiter, drangen in die Fäuste". 248 Nicht zufällig nannte Novomesky seine erste Gedichtsammlung Sonntag (1927). Er wollte damit d e n b e s o n d e ren, a l l e r d i n g s nicht exklusiven Status des D i c h t e r w o r t s zum Ausdruck bringen, d a s s i c h u n t e r s c h e i d e t , a b e r n i c h t im W i d e r s p r u c h zum W o r t des J o u r n a l i s t e n u n d P o l i t i k e r s s t e h t , deren Funktionen er gleichermaßen wahrnahm. Die „Poesie der sechs Arbeitstage" sollte zum „siebenten Tag", zum „Sonntag" werden. 249 Literatur ist für Novo-

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mesky keineswegs gesellschaftlich irrelevante Spielerei, aber auch nicht nur politischer Zweck, keineswegs nur Formenrausch, aber auch nicht nur die gereimte Losung der Partei. D e r Dichter steht auf keiner höheren Warte, „er hat keine über dem Leben stehenden, keine überparteilichen, noch sonstige Ü b e r - Positionen" 250 , doch er hat sein festumrissenes Beobachtungs- und arbeitsteiliges Betätigungsfeld. A n Brjussow faszinierte Novomesky, d a ß er „eine besondere Entwicklung durchlief, wie bei uns (den Slowaken - L. R.) kein einziger Dichter . . . er brachte in die Poesie etwas Besonderes. Nicht Sinn, aber F a r b e , D u f t u n d K l a n g " (Hervorhebung - L. R.) 2 3 1 . Zugleich hielt er Brjussow freilich vor, d a ß er zwar die Aktivität der Masse bewundere, zu ihr selbst aber nicht f i n d e : „Als er sah, wie der arbeitende Mensch H a n d anlegte, erblickte er darin wiederum nur Baudelairesche Schönheit." 252 Novomeskys Plädoyer f ü r das „Schöne" wie f ü r das „Sonntägliche", ja „Feiertägliche" ist nie gesellschaftlich passiv, sondern hat stets die subjektive Bereitschaft des Autors zur aktiven Teilnahme am revolutionären Kampf der A r beiterklasse zur Voraussetzung. Wiewohl Ponican dies aus unmittelbarer E r f a h r u n g im Umgang mit Novomesky wußte, vermochte er es poetologisch nicht hinzunehmen. Stolz auf das eigene emphatische Bekenntnis zu einer linear aufgefaßten „Alltagskunst", bis um den Preis asketischer Entsagung jeglichen dichterischen Nachruhms auf tagespolitische Aktualität eingeschworen, betrachtete er Novomeskys stilles Bekenntnis zur „Sonntagskunst" nahezu als ein Zugeständnis an den bürgerlichen Literaturbetrieb, den er selbst so gern schockierte. Ponicans Übergang zum U-blok253* hing ursächlich mit diesem divergenten Poesiebegriff zusammen, wie er in seinen Erinnerungen im nachhinein erneut bestätigt: „Laco Novomesky schaute auf die Dinge von oben, von Prag her, wir (Peter Jilemnicky, Frano K r a l ' und ich) wiederum von innen her. Laco Novomesky konnte .abstrahieren', wir waren so mit dem Kampf des Volkes in der Slowakei verwoben, d a ß wir weder Zeit noch Lust hatten, rein laboratoriumsmäßig Probleme der Kunst als solcher zu lösen. Wir bemühten uns, sie durch das Schaffen selbst zu lösen - inmitten des Kampfes, des alltäglichen, tagtäglichen und nicht des .sonntäglichen' Kampfes." 2 5 4 W a s Ponican hier etwas distanziert als Laboratoriumsarbeit qualifiziert, zeichnete den Dichter Novomesky im damaligen literarischen Kontext in höchstem M a ß e aus. Betrieb er doch keine Kunst-Alchimie im weltverschlossenen Elfenbeinturm, sondern - ohne seine praktisch-politische Tätigkeit als Journalist der K P C aufzugeben —

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eine intensive Suche nach neuen künstlerischen Ausdrucksmitteln, an welcher es der slowakischen proletarischen Lyrik nicht nur aus Novomeskys, sondern auch aus der Sicht des angesehenen tschechischen Kritikers F. X. Saida so sehr mangelte, daß sie ernsthaft Gefahr lief, „nur Propagandaliteratur, letztlich irgendein Abkömmling journalistischer Agitation"255 zu werden. Novomesky erkannte der operativen Lyrik nicht die Existenzberechtigung ab, doch entsprach sie seinen Anforderungen an die Poesie nicht. Er wollte nicht nur den „Bedarf" an Ideologie decken, sondern auch dem „Niveau" des Adressaten, dessen künstlerischer Aufnahme- und Genußfähigkeit genügen.25® Insofern war seine poetistische Entwicklungsphase, wie sie in der Sammlung Rhomboid (1932) ihren Niederschlag fand, eine notwendige Selbstverständigung des Dichters über Möglichkeiten und Grenzen sozialistischer Lyrik, ein bewußt experimenteller Vorstoß, keineswegs ein „Ausrutscher", über den man hinwegsehen sollte. Schon in seiner Brjussow-Studie (1924) hatte er deutlich gemacht, wie produktiv er die Auseinandersetzung mit dem Werk solcher bürgerlichen Dichter wie Apollinaire, Baudelaire, Verhaeren hielt. Zwar hatte er ein Jahr darauf die poetistischen Bestrebungen innerhalb der tschechischen Gruppierung Devetsil als „mißlungenes Konglomerat coktailbeladener Hirne" abgetan und in polemischer Zuspitzung gerufen „Apollinaire ist tot. Es lebe Majakowski!", 257 doch war für ihn ein Apollinaire auch dann noch nicht erledigt, als sich ihm mit Majakowski der große russische Revolutionsdichter erschloß, da die slowakische Literatur über vergleichbare Erfahrungen nicht verfügte. Rhomboid war aber nicht ein verspäteter Nachvollzug tschechischer Entwicklung nach Teiges erstem Manifest des Poetismus^ sosehr Novomesky die poetistischen Gedichte Jaroslav Seiferts und Vitezslav Nezvals auch anregten. Vielmehr war es eine Gegenreaktion auf die sich Anfang der dreißiger Jahre in der Slowakei verengende Auffassung von proletarischer Kunst, die vor allem der theoretisch überforderten linken Literaturkritik geschuldet ist, welche selbst Ponicans vages Bemühen, in Abendlichter (1931) die appellativen Züge seiner Lyrik zu verdrängen, als Abgleiten ins L'art pour l'art rügte. Außerstande, in Rhomboid eine subjektive Spiegelung der Zeit der Weltwirtschaftskrise mit ihren katastrophalen Folgen zu erkennen, wies sie dieses Werk um so entschiedener als formalistisch zurück. Okäli bemerkte zwar richtig eine Traditionslinie vom revolutionären Romantiker Janko Kral' (dem Novomesky die Sammlung widmete) über den Dichter der Slowakischen Moderne, 88

Ivan Krasko, bis hin zu Novomesky, doch diente ihm diese Erkenntnis nicht als entlastendes, sondern infolge seiner nach wie vor negativen Einstellung zum nationalliterarischen Erbe als belastendes Argument. Dabei gab Novomesky ungeachtet seiner Bemühungen um eine stärkere Metaphorisierung der Sprache, welche das betont Experimentatorische einschlössen, keinesfalls das gesellschaftliche Engagement preis, vereinte diese Sammlung doch so unterschiedliche Gedichte wie Rhomboid, worin das gewollt Artistische vorherrscht, und Schwarz und Rot, worin die sozialanklägerischen Töne dominieren: Rhomboid Bei den Purzelbäumen der Affen erinnern wir uns der fernen Kindheit: Torheiten, schon vergessen. Ausgelaufen sind die Schiffe nach Afrika. Der komödiantische Affe des alten Gauklers, dieser kleine Kiki, ist vor Sehnsucht nach der Heimat gestorben. Leb wohl, leb wohl, fernnahe Kindheit! Doch niemals sind wir ohne dich: ohne die trunkenen Purzelbäume Villons, ähnlich der Schlinge am Galgen, an dem sein Leben hängen sollte und das des Janko Kral'. Und ohne die Phantasie des Marquis de Sade, der Paris in Brand gesteckt unterm Beifall der Galerie in den Fenstern der Bastille. Auch Leben und Tod des Wezir Muchtar, auch dein Lied, dein Vers, lieber Dichter Nezval, und tausend andere Mosaike.

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Bis zum Himmel lodert die Lohe der kindlichen Torheit: der kugelrunden Gesichter, der kugelbunten Tränen, der Ringe und Räder auf den Spiegeln der Wasser, zerschnitten von einem runden Kies, der Rauchwolke aus der ersten Zigarette . . . Wäre die Erde vom Spielzeug der Kinder beschlagen, sie hörte auf, ewig Ellipsen zu schreiben, sie begänne sich im Kreise der Spiele zu drehn: dreh dich, dreh dich, Mühlenrad für vier güldne Gulden . . . Tausendmal leb wohl, fernnahe Kindheit, vergessen werden die Tollheiten sein. Und fragt nicht das Kind, was geschehen ist, wenn seine Trauer über dem zerbrochenen Spielzeug weint. Die Kreise sind in vier Winkel zerstückt. Sieh: das Bild ist zerschnitten, entzwei: Rhomboid - Trümmer der Kinderspiele. (Nachdichtung: Manfred Jähnichen) Schwarz und Rot Das ganze Land ist schwarz wie Nacht. Und selbst der Schnee hat sich schmutzig gemacht. Die Erde, so weit die Augen sehn, trägt die Farbe der Raben. Und selbst die Liebste aus Ostrau muß kohlschwarze Augen haben. Schwarz sind die Kumpels, schwarz ihre Wunden, schwarz ist das Feuer von Stein, das sie im Berg gefunden.

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Schwarz ist der Schleier, der über den Gruben steht, Schwarz wie der Tod. Und nur das Blut, das Blut, das im Schacht zum Teufel geht, ist rot. (Nachdichtung: F . C. Weiskopf 259 )

Novomesky blieb auch in der Sammlung Rhomboid, wie der sowjetische Literaturwissenschaftler Jurij Bogdanow auf Grund einer Analyse so unterschiedlicher Gedichte wie Rhomboid und Schwarz und Rot in einem Novomesky-Porträt vom Jahre 1972 feststellte, „der sozialen und humanistischen Linie des Sonntag treu . . . Aktiv polemisierte er seinerzeit mit den Verfechtern einer eng utilitaristischen Literaturauffassung, mit Überbleibseln von RAPP-Tendenzen, die nach der Charkower Konferenz proletarischer Schriftsteller wieder auflebten"2fi0. Damit veranschaulicht Bogdanow zugleich, warum der gegen einen proletarischen „Utilitarismus" streitende sozialistische Lyriker Laco Novomesky in eine polare Entgegensetzung zum sozialistischen Epiker Peter Jilemnicky geraten mußte, dessen Roman Brachland (1932) mit seinem Figurenaufbau, der „die Wirkung des Industriebetriebes und des proletarischen Milieus auf einen jungen Menschen aus dem tauben Dorf"'261 explizit herausstellte, den Vorstellungen dieser engherzigen Kritik am ehesten entsprach. Was die slowakische linke Literaturkritik Anfang der dreißiger Jahre als einen unüberbrückbaren künstlerischen Gegensatz empfand und ihre dogmatische Nachfolgerin zwei Jahrzehnte später zu einem unversöhnlichen ideologischen Gegensatz umstilisierte, war im Grunde eine in der internationalen sozialistischen Literaturbewegung häufig zu beobachtende Spannung zwischen unterschiedlichen Individualkonzeptionen, die in der slowakischen Literatur - vor allem infolge ihrer geringen Differenzierung - im Falle Novomeskys und Jilemnickys die Qualität einander ausschließender Alternativlcisungen erhielt. Allerdings entkrampfte sich nach dem I. Allunionskongreß der Sowjetschriftsteller 1934 in Moskau auch hier die Situation zusehends, hoben doch die „synthetischen" Werke beider Autoren Jilemnickys Novellenzyklus Der Kompaß in uns (1937), worin die lineare Auffassung der sozialistischen Literatur als Kampfliteratur überwunden wurde, und Novomeskys Lyrikbände Offene Fenster (1935) und Der Heilige hinterm Dorf (seit 1936 in Zeitschriften, 91

1939 als Band), die den unmittelbaren Zeitbezug stärker akzentuierten - diese Spannung zwischen beiden Konzepten produktiv auf. In der politischen Praxis hatten beide ; Autoren ohnehin nie gegeneinander gestanden. Für Jilemnicky gilt ebenfall?, was Gustav Husäk einst selbst Redaktionsmitglied des. DAV - 1964 in einem Rückblick über die Davisten gesagt hat: „Das waren vor allem Mitglieder der Partei, ihre Funktionäre, die sich sehr aktiv am gesamten Kampf der KPC um die Rechte, die Stellung und die sozialistische Zukunft unseres werktätigen Volkes beteiligten." 262 Wie alle Davisten, so hatte auch Novomesky ein sehr enges Verhältnis zur Sowjetunion urtd zur sowjetischen Literatur, als deren eifriger Propagandist er sich seit Beginn der zwanziger Jahre mit sachkundigen Beiträgen in den Zeitschriften Mlade Slovensko, DAV, Tvorba, Doba, Slovenske zvesti und anderen, mit subtilen Vorworten sowie mit zahlreichen Vorträgen hei unterschiedlichen Anlässen, nicht zuletzt bei Begegnungen mit sowjetischen Schriftstellern, nachdrücklich auswies. Rückhaltlos bekannte er sich zur Oktoberrevolution und zum ersten sozialistischen Staat. Die „Gesetzmäßigkeit, die die Entwicklung des Landes und der Gesellschaft bestimmt", die „Tendenz vom Gestern zum Heute und Morgen", die „genau voraussehbaren Zukunftsperspektiven" 263 geben in seinen Augen dem weltrevolutionären Kampf der Arbeiterklasse i die Zielrichtung. Von daher leitet Novomesky auch die weltliterarische Bedeutung der Sowjetliteratur ab: „Die Prinzipien der literarischen Gesichtspunkte haben ebenso internationale Gültigkeit, wie sie die Prinzipien haben, nach denen in der UdSSR die neue Gesellschaft; aufgebaut wird." 264 Bei aller Betonung dieses grundsätzlichen Zusammenhangs begreift Novomesky die Sowjetliteratur aber - wie seine Studien über Brjussow, Block, Gorki, Jessenin und Majakowski 265 sowie seine Äußerungen über Bedny, Pasternak, Tretjakow, und andere belegen - nicht als ein monolithisches, normsetzendes, sondern als ein in sich differenziertes und insofern exemplarisches Ganzes. Im Vergleich zur dynamischen Kulturentwicklung in der Sowjetunion erscheint ihm die kulturelle Situation im übrigen: .Europa als „eine elend dahinvegetierende Erscheinung"266. Insbesondere bewundert er die Lebensnähe der sowjetischen Literatur, bei Gorki z. ,B. die „Wahrhaftigkeit, Offenheit, die den revolutionären Charakter betont und nicht nur angelernte Phrase ist" 267 . Hierin vor allem sieht er die Ursache für ihre unübertreffliche Resonanz beim Adressaten;. „Die Sowjetliteratur weckte den Hunger von Millionen Bürgern nach Literatur." 26P 92

A l s ihre größte Leistung insgesamt betrachtet N o v o m e s k y jedoch die ästhetische H a n d h a b u n g des konsequenten Historismus der marxistisch-leninistischen Weltanschauung. In seinem umfassenden Artikel Sowjetliteratur und 'Welt (1935) betont er deshalb, d a ß „ d e r Blickpunkt der Sowjetliteratur in R a u m und Zeit universal ist und . . . kein bloßer Blick auf gegenwärtige Anstrengungen im sowjetischen Leben ist . . . In diesem Blickpunkt hat d a s B i l d der zartesten Poesie ebenso R a u m wie die handfesteste Aktualität der G e g e n w a r t . . . Durch diesen Blickpunkt hörte die Sowjetliteratur auf, nur Literatur zu sein, sie w u r d e - ein A u s w e g " 2 6 9 . In der Sowjetliteratur als „Werkstatt moderner Literatur" 2 7 0 findet N o v o m e s k y entscheidende E l e mente seines weltoffenen sozialistischen Literaturkonzepts, d a s uneingeschränktes gesellschaftliches Engagement und hohe künstlerische Q u a l i t ä t organisch miteinander zu vereinen suchte, vorgeprägt und bestätigt. Innerhalb der D A V - G r u p p e standen sich also in der ersten H ä l f t e d e r dreißiger J a h r e Unterschiedliche poetologische Auffassungen über sozialistische Literatur gegenüber: Ponicans Festhalten an proletarischrevolutionärer Lyrik mit stark agitatorischem Gestus, N o v o m e s k y s schöpferische Auseinandersetzung mit d e m Poetismus, Frano K r ä l ' s soziale Lyrik, gepaart mit Elementen der Naturlyrik, und Jilemnickys Bemühen um einen sozialistischen R o m a n mit betont dokumentarischen Zügen - im K a m p f gegen die bürgerliche Ideologie und für die sozialistischen Menschheitsideale bildete die G r u p p e jedoch eine einheitliche Front. U n d obwohl sie zahlenmäßig relativ klein w a r , sicherte sie mit ihren vielgestaltigen ästhetischen Erkundungen bereits d a m a l s der sozialistischen Literatur innerhalb der slowakischen N a tionalliteratur eine sichtbare Dominanz.

Die führende Rolle der Davisten in der antifaschistischen Sammlungsbewegung und der Erste Slowakische Schriftstellerkongreß von Trenciänske Teplice (1936) D i e Auseinandersetzung mit Faschismus und Kriegsgefahr hat auch die slowakische Literaturentwicklung entscheidend mitgeprägt. Z w a r bildete das J a h r 1933 in der slowakischen Geschichte keinen tiefgreifenden Einschnitt, die Machtergreifung des Nationalsozialismus in Deutschland und die Eskalation des Faschismus in Süd- und Südost-

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europa wurde jedoch auch in der Slowakei zunehmend als Bedrohung des Vaterlands und der Menschheit empfunden, zumal sich die slowakischen Autonomisten nicht scheuten, sogar mit den Henleinfaschisten zu paktieren, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. 271 Unter den slowakischen Schriftstellern, und zwar nicht nur aus dem Kreise der Davisten, wurden Stimmen laut, die darauf drängten, jeglichen Anfängen von Faschismus im eigenen Lande zu wehren und sich mit den Faschismusgegnern international zu verbinden. Sichtbarer Ausdruck für die gewachsene gesellschaftliche Verantwortung war u. a. das Manifest tschechischer und slowakischer Schriftsteller zur Verteidigung der Demokratie gegen die faschistischen Provokationen vom 28. November 1934 im Zusammenhang mit dem Insignienstreit an der Karlsuniversität. 272 Hierbei ging es vor allem darum, durchsichtig zu machen, daß der Faschismus nicht an ein nationales Wesen gebunden ist, sondern primär im Gesellschaftssystem des Imperialismus seine Wurzeln hat. 273 Auch andere Anzeichen deuten darauf hin, daß allmählich auch im bürgerlichen Lager regionale Selbstgenügsamkeit und nationalbornierte Sorglosigkeit als Gefahr erkannt wurden, daß versucht wurde, nicht nur auf sich und nach innen, sondern auch nach außen zu blicken. Mit Respekt vermerkt Dobroslav Chrobäk 1933 die Aktivität der antifaschistischen deutschen Schriftsteller, die im Exil „mit den Waffen des Geistes gegen brachiale Gewalt kämpften . . . vor Hitler nicht kapitulierten" 274 . Die Davisten, die in ihrem Organ regelmäßig über antifaschistische Aktionen im Ausland (z. B. über die antifaschistischen Kongresse in Berlin, Amsterdam und Paris, über internationale Reaktionen auf den Reichstagsbrandprozeß und anderes) berichteten, 275 förderten diesen ideologischen Differenzierungsprozeß. Mitte der dreißiger Jahre erkannten sie die Chance, die „Hüter der slowakischen literarischen, kulturellen wie überhaupt geistigen Quarantäne" in die Defensive zu drängen und Schriftsteller unterschiedlicher Weltanschauung und verschiedener poetologischer Programme im Sinne der „Festlegungen des Pariser und Moskauer Kongresses" dazu zu bewegen, die Verantwortung „für das gesamte gesellschaftliche Geschehen und den Menschen in ihm" mitzutragen. 276 Auf dem Ersten Slowakischen Schriftstellerkongreß in Trencianske Teplice (Ende Mai/Anfang Juni 1936) erreichen diese Bestrebungen, innerhalb deren sich die slowakische bürgerliche Literatur ideologisch-weltanschaulich polarisiert, ihren Höhepunkt. Allerdings zeigt die Vorbereitungsphase des Kongresses, daß sich an ihn sehr unter-

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schiedliche Erwartungen knüpften. Während Jan Smrek lediglich eine „entente cordiale" 277 , ein relativ unverbindliches Kennenlernen der Schriftsteller untereinander erstrebte, betonte E. B. Lukäc den Arbeitscharakter dieser Veranstaltung mit dem Hinweis auf die notwendige Klärung herangereifter „Probleme der Sprache, der ideellen Ausrichtung, der Literaturpropagierung und des Verbandsstatus" 278 . Lediglich die Davisten, die sozialistischen Schriftsteller, rückten von Anfang an die aktuellen menschheitlichen Probleme mit in den Vordergrund: „Hoffen wir", hob Jan Ponican hervor, „daß der Kongreß auch zu den aktuellsten Tagesfragen Stellung nehmen wird: zu den imperialistischen Faschismuskonzepten, zur Kriegsgefahr, die auch das literarische Schaffen in seinen Grundfesten bedroht. Und könnte der Kongreß nicht auch die Einheit der Schriftsteller in der Hinsicht bringen, daß aus ihr eine feste Aktionsbasis für die Zukunft erwächst?" 279 Ein solches Ziel stieß vor Kongreßbeginn noch auf erheblichen Widerstand und mußte sich vor allem gegen das Konzept der nationalen Selbstbeschränkung durchsetzen, das unter den slowakischen Schriftstellern ungeachtet der bedrohlichen Weltsituation noch immer fest verankert war. So warnte Martin Räzus - der der Auffassung war, „die slowakische Nation brauche, wenn sie leben wolle, anstelle einer Literatur linker zersetzender Tendenzen eine gesunde nationale Literatur" 280 - in offensichtlichem Gegensatz zu den intensiven Einheitsfrontbestrebungen der Davisten davor, zu „irgendwelchen welterschütternden Ereignissen Stellung zu beziehen". Vielmehr forderte er dazu auf, sich bei allem Respekt vor den „Erfolgen der russischen und Pariser wie auch deutschen und italienischen Schriftsteller" vor allem als „Arbeiter unserer slowakischen Nation" zu begreifen, „nicht die Achse zu suchen, um die sich die heute noch chaotische Welt, ob im Osten oder im Westen, im Norden oder Süden dreht", sondern „ d i e s l o w a k i s c h e A c h s e " im Blick zu haben, „ u m d i e sich unsere slowakische k u l t u r e l l e kleine Welt dreht und auch w e i t e r h i n g l ü c k l i c h drehen w i r d " (Hervorhebung - L. R.). 281 Dieses Konzept der nationalen Selbstbeschränkung war um so gefährlicher, als es einerseits den Komplex, ein kleines ohnmächtiges Volk zu sein, als gegeben hinnahm und andererseits Illusionen Vorschub leistete, der Faschismus sei einem so kleinen Volk wie dem slowakischen mit dem Taubencharakter wesensfremd. So fehlte es denn auf dem Kongreß selbst nicht an Stimmen, die meinten, der

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„Rassismus in Deutschland" und der „italienische Faschismus" seien Erscheinungen, die in der Slowakei nicht möglich wären: „Sie berühren uns nicht. Wir müssen nicht fremde Produkte auf uns nehmen, wir gehen unseren eigenen Lebensweg."282 Die sozialistischen Schriftsteller wiesen diese Unbekümmertheit energisch zurück und hoben die Verantwortung jeder Nation im Kampf gegen Faschismus und Krieg hervor. Hierbei wurden sie von Ilja Ehrenburg unterstützt, der als Vertreter der Internationalen Vereinigung zur Verteidigung der Kultur am Kongreß teilnahm und zugleich im Namen der Sowjetschriftsteller auftrat. In seiner Begrüßungsansprache, die um so größere Beachtung fand, als Ehrenburg bereits vorher mehrfach die Slowakei besucht und in Reportagen seine intime Kenntnis des Landes, seiner Geschichte und Kultur bewiesen hatte,283* sagte er dazu: „Es gibt keine kleinen Nationen und keine kleinen Literaturen. Jede Nation ist Gestalter ihres Schicksals, vermag große Literatur zu schaffen, ohne selbst zahlenmäßig groß zu sein, wenn sie nur von historischer Bestrebung erfüllt ist."284 Die bestimmende Rolle der Davisten bei der Vorbereitung und Durchführung des Ersten Slowakischen Schriftstellerkongresses drückt sich allein schon darin aus, daß das Hauptreferat Die heutige Situation und die Entwicklung der slowakischen Kultur an Laco Novomesky und ein weiteres wichtiges Referat zum Thema Literatur und Gesellschaft an Jan Ponican vergeben wurde,285* daß darüber hinaus Clementis, Okäli und Novomesky mehrfach konstruktiv in die Diskussion eingriffen. Sie besteht aber hauptsächlich darin, daß es die Davisten verstanden, eng mit anderen Gruppierungen, so mit R 1910 (Michal Chorväth, Alexander Matuska, Jozef Felix, Dobroslav Chrobäk und andere) sowie mit anerkannten Einzelpersönlichkeiten wie Janko Jesensky, Hana Gregorovä, E. B. Lukac und Geza Vämos zusammenzuwirken, um in der slowakischen Literatur die nationalistisch-traditionalistische Linie zurückzudrängen und die humanistischdemokratische Linie durchzusetzen. Den Weg hierzu ebnete Novomeskys „Synthese von menschheitlichen Sehnsüchten des sogenannten Ostens und Kultiviertheit des sogenannten Westens" mit der die Sieghaftigkeit der Ideen der Menschheitsbefreiung, wie sie erstmals mit der Oktoberrevolution und dem sozialistischen Aufbau in der UdSSR reale Verwirklichung gefunden haben, betont und zugleich die Errungenschaften der progressiven bürgerlichen Kultur voll akzeptiert wurden, mit der ferner ein produktives Verhältnis zum eigenen nationalliterarischen Erbe impliziert und sorgfältiger zwischen 96

nationalliterarischer und Folklore-Tradition, zwischen moderner und traditionalistischer Kunst unterschieden werden konnte. 286 Im Sinne der antifaschistischen Bündnisbestrebungen knüpfte sich an sie der dringende Appell, die gegenwärtige Weltsituation aus dem künstlerischen Schaffen nicht auszuklammern, sondern angesichts der Alternative Kultur oder Barbarei beim „Aufbau einer neuen, von gerechten menschlichen Sehnsüchten erfüllten Menschheitskultur" mitzuwirken und diese mitzuverteidigen „gegen alle Auswüchse der Kulturlosigkeit, gleich ob sie sich nun ,glühender Nationalismus', .rassische Überlegenheit', .kirchliche religiöse Selbsterlösung' oder .Faschismus' nennen" 28 '. Allerdings hoben auf dem Kongreß nicht allein sozialistische Autoren die progressiven Traditionen der slowakischen Literatur und ihre gesellschaftlich eingreifende Rolle hervor. Auch von bürgerlichnationalen Positionen aus wurde dazu aufgerufen, die Kunst in den Dienst des Volksganzen zu stellen, wieder so bewußt zu schreiben und zu handeln wie in der Periode des Kampfes um die nationale Befreiung, als sich die Schriftsteller noch als Führer der Nation verstanden, als, wie Stanislav Meciar es formulierte, „das rein künstlerische Material und die rauhe Problematik der nationalen Existenz im Werk Platz finden mußte . . . das rein Künstlerische nicht vom nationalen Gebrauchswert, der reine l'art pour l'art nicht von der humanistischen Durchdringung der soziologischen Komponenten des slowakischen Lebens getrennt wurde" 288 . An solche Reaktivierung des gesellschaftlichen Funktionsverständnisses von Literatur knüpfte sich jedoch eine zwiespältige Zielsetzung nationaler Erneuerung, die auf einem nebulösen Humanismus gründete, der „den Widerspruch zwischen Nationalismus und Internationalismus . . . die schädlichen Einseitigkeiten des Monismus und Pluralismus" aufheben und auf solche Weise das „Nationalspezifische mit dem Allgemeinmenschlichen" verbinden wollte. 289 Da sich dieses Konzept nicht auf eine reale geschichtliche Kraft stützte, sondern sich lediglich auf die „Weisheit des 20. Jahrhunderts" 290 berief, konnte es nicht produktiv werden, zumal dadurch das Experimentierfeld der Kunst, die aus solchem Blickwinkel bereits dann verdächtig erscheinen mußte, wenn sie dem nationalen Gedanken nicht huldigte, zwangsläufig traditionalistisch eingeengt wurde. Im Unterschied zu diesem „dritten Weg" zwischen den ideologischen Fronten plädierten die Davisten für einen zielgerichteten kämpferischen Humanismus, forderten sie vom Schriftsteller nicht schlechthin 7

Richter, Literatur

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gesellschaftliches Engagement, sondern parteiliches Handeln auf der Seite des Fortschritts - dort, „wo um die Zukunft gekämpft wird" 291 . So nahmen sie dem Dienst an der Nation den anachronistischen Glorienschein, akzeptierten ihn nun aber als Dienst an einer zeitgemäßen weltverbundenen Entwicklung der nationalen Gesellschaft, denn in ihrem Verständnis ist echtes nationales Engagement fortan nur dort möglich, wo es sich mit antifaschistischer bzw. antiimperialistischer Bestrebung verbindet. Im Unterschied zu Räzus prosperiert in ihren Augen „die kleine kulturelle slowakische Welt" erst dann, wenn sie ihre Selbstisolation, ihr Krähwinkeldasein aufgibt und sich offensiv mit dem internationalen politischen wie kulturellen Geschehen auseinandersetzt, um „nicht Anhängsel bzw. bloßes Objekt dieses Geschehens, sondern ihr aktiver Bestandteil zu werden" 292 . Nach hartem Ringen mit jenen „chauvinistischen und ähnlichen Richtungen, die unser Leben in ihre stehenden Wasser hineinziehen möchten" - so charakterisiert Clementis 293 die Kongreßatmosphäre trug schließlich die Weltoffcnheit der sozialistischen Schriftsteller über das zählebige Konzept der nationalen Selbstbeschränkung den Sieg davon. Das Hauptergebnis des Kongresses, die Gemeinsame Erklärung der slowakischen Schriftsteller, die von der überwältigenden Mehrheit der anwesenden Schriftsteller ungeachtet ihrer deutlich artikulierten weltanschaulichen, konfessionellen und ästhetischen Differenzen angenommen wurde, legt hiervon ein beredtes Zeugnis ab: Gemeinsame Erklärung der slowakischen Schriftsteller Der Erste Slowakische Schriftstellerkongreß ist in einer Zeit zusammengetreten, die infolge der Belastung ihrer Lebens- und Schicksalsprobleme von uns klare und aufrüttelnde Worte verlangt. Ungeachtet der Verschiedenheit unserer Werke und unseres Denkens sprechen wir mit einer Stimme: Die slowakischen Schriftsteller bleiben dem Kampf um die Freiheit und die großen Ideale der Menschheit treu, die den Schöpfern unserer Kultur halfen, unser nationales Heute zu sichern. Wir sind entschlossen, die errungenen Werte der Freiheit zu verteidigen, falls ein barbarischer Feind, seine Helfershelfer hier oder im Ausland sie antasten. Wir werden so handeln in freundschaftlicher Verbundenheit mit den tschechischen Schriftstellern, die uns am nächsten stehen, als Gleiche unter Gleichen. Wir fühlen die Mitverantwortung für das Schicksal unseres tsche-

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choslowakischen Staates und unserer slowakischen Nation, und deshalb werden wir auf deren Stimme und auf ihr Rufen nach Glück und nach neuer Menschlichkeit hören. Wir möchten, daß unsere literarische Arbeit dem Sehnen des Volkes nach sozialer Gerechtigkeit entspricht, denn in seiner Verwirklichung sehen wir die beste Gewähr für die errungenen Werte und die Schaffung weiterer Bedingungen für das Gedeihen unserer Literatur und Kultur. Darin besteht unsere historische Mission, damit gliedern wir die slowakische Nation in das kulturelle und gesellschaftliche Weltgeschehen ein und stellen sie an die Seite der kulturellen Prosperität der großen Nationen. Tr. Teplice, am 1. Juni 193620'' Dieses klare Bekenntnis zu Antifaschismus, Demokratie und zur Erhaltung der Tschechoslowakischen Republik entsprach den Einheitsfrontbestrebungen der Kommunistischen Internationale, die im Frühjahr 1936 auf dem VII. Parteitag der KPC erhärtet und auf die tschechoslowakische Situation abgestimmt worden waren. Es signalisierte die historische Möglichkeit, dem Faschismus zu wehren, der sich - für viele noch unsichtbar - bereits damals in der Slowakei zu formieren begann, was schon bald - im Herbst 1936 auf dem Parteitag der Volkspartei Hlinkas in Piest'any - offenkundiger werden sollte. Um so rasch wie möglich ihre autonomistischen Forderungen durchsetzen zu können, schreckte die Volkspartei hier nicht einmal davor zurück, ein Paktieren mit den sudetendeutschen Henleinfaschisten sowie mit den von Eszterhäzy geführten ungarischen Revanchisten auf slowakischem Boden ins Kalkül zu ziehen. Um so bedeutender war es, daß auf dem Schriftstellerkongreß von Trencianske Teplice mit der „Rehabilitierung des Stürschen Erbes" 295 , mit der Rückbesinnung auf die progressiven nationalen Traditionen im Vormärz, mit der unmißverständlichen Bejahung einer eigenständigen slowakischen Nationalkultur, mit der entschiedenen Zurückweisung der bürgerlich-tschechoslowakistischen Fiktion einer „einheitlichen tschechoslowakischen Literatur" sowie einer „einheitlichen tschechoslowakischen Nation" die humanistisch-demokratisch gesinnten patriotischen Kräfte gestärkt wurden und den Nationalisten der Wind aus den Segeln genommen wurde. Schließlich sei, um die Leistungen der Davisten bei dieser Sammlungsbewegung voll ins Licht zu rücken, noch vermerkt, daß es erstmals seit Verkündung des Memorandums 7*

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1861 in Martin wieder gelungen war, so viele slowakische Schriftsteller zu politischer Bestrebung zusammenzuführen, und diesmal sogar im Zusammenwirken mit den tschechischen Schriftstellern sowie mit Schriftstellern der ukrainischen und ungarischen Minderheit in der Slowakei. Manifeste und Proteste sind zwar wichtige Indikatoren weltanschaulicher Wandlungsprozesse von Schriftstellern, im literarischen Schaffen sind sie jedoch sehr vermittelt zu finden. So sind auch die Wirkungen des Ersten Slowakischen Schriftstellerkongresses von Trencianske Teplice, der sich mit seinen produktiven Debatten und mit der Resolution des Prädikats würdig erwies, ein Nachfolgekongreß des Pariser Kongresses zur Verteidigung der Kultur zu sein, das ihm durch II ja Ehrenburgs Anwesenheit sowie durch Grußtelegramme von André Gide, André Malraux, Jean-Richard Bloch und Louis Aragon, von Bertolt Brecht und F. C. Weiskopf quasi vorab erteilt worden war, 2 9 6 durchaus differenziert und distanziert zu betrachten. Zwar haben die slowakischen Schriftsteller nach Ansicht von Milo Urban „endlich begriffen, d a ß wir lediglich dann aus der Sackgasse herauskommen, in die uns die lange Knechtschaft hineingezwängt hat, wenn wir rasch und zielgerichtet an die ; Strömungen in der Welt anknüpfen und sie in gemäßer Weise auf unsere Verhältnisse übertragen" 2 9 7 ; über das W i e beständen aber nach wie vor große Meinungsverschiedenheiten. Eine radikale Weltöffnung der slowakischen Literatur als Ganzes im Sinne der davistischen Konzeption, die eine Hinwendung zur Weltliteratur u n d zum aktuellen Weltgeschehen einschloß, trat nicht ein, wohl aber eine weitere und auch schärfere ideologische Polarisierung und ästhetische Differenzierung unter den slowakischen Schriftstellern. Die Versuche, das Humanistische nicht nur mit dem Nationalen, sondern auch mit dem Internationalen zu verbinden, fielen unterschiedlich aus. Zwar ist angesichts der Zeitverhältnisse auch die Flucht in eine machtgeschützte Innerlichkeit zu beobachten, die den Kontakt mit der Welt auf die Welt in sich und in der Natur reduzierte, als Grundtendenz kann nach dem Kongreß aber eine offensivere Auseinandersetzung mit der gesellschaftlichen Wirklichkeit und mit den politischen Entwicklungen in der Slowakei und im Ausland konstatiert werden. Bereits unmittelbar nach dem Kongreß kam für das antifaschistische Bündnis der slowakischen Schriftsteller eine erste Prüfung: der Freiheitskampf des spanischen Volkes. Daß der faschistische Putsch als Alarmsignal einer brutalen Eskalation des Faschismus verstanden

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wurde, kann ebenfalls als ein weitreichender Impuls des Ersten Slowakischen Schriftstellerkongresses gewertet werden. Vertreter verschiedener literarischer Gruppierungen setzten sich publizistisch wie auch künstlerisch mit den Vorgängen in Spanien auseinander. Im Sammelwerk Spanien in uns'm drückten Schriftsteller der Tschechoslowakei von unterschiedlicher nationaler Zugehörigkeit - Tschechen, Slowaken, Ukrainer, Ungarn und auch Deutsche - gemeinsam ihren Protest aus. Die Zeitschrift DAV berichtete regelmäßig über die Situation in Spanien. In einem speziell dieser Problematik gewidmeten Heft wurde das Schicksal Spaniens mit dem Europas verknüpft: „Spanien entscheidet heute darüber, ob Europa einer weiteren Faschisierung ausgesetzt sein wird, . . . ein faschisidrtes Spanien rückt die Stunde des Ausbruchs eines neuen Weltkrieges näher, ein antifaschistisches Spanien wird den Kriegsbrandstiftern eine Niederlage bereiten und der Welt den Frieden bringen." 299 Zusammen mit Egon Erwin Kisch und mit dem Tschechen Jaroslav Kratochvil nahm Novomesky 1937 am II. Kongreß der Internationalen Vereinigung der Schriftsteller zur Verteidigung der Kultur teil, der in Barcelona, Valencia, Madrid und Paris stattfand, und suchte die Interbrigadisten in ihren Schützengräben auf. Das unmittelbare Erleben des Krieges und der internationalen Solidarität hat auf Novomesky nachhaltig gewirkt. Der Kontakt mit den spanischen Schriftstellern im Kanonendonner der Front machte ihm auf drastische Weise bewußt, daß im „Menschen selbst ein innerer Prozeß der Umbewertung einsetzt: Einwand wird zu Widerstand, Nonkonformismus zu Haß, kritische Ablehnung zu leidenschaftlicher Feindschaft" 300 . Angesichts der faschistischen Barbarei, der Bombenteppiche auf die wehrlose Zivilbevölkerung, dürfe sich der Dichter nicht mehr auf „die Position des weisen und besonnenen Richters" zurückziehen, sondern müsse die eines „leidenschaftlich engagierten Kämpfers" einnehmen, komme es doch auf den aktuellen Kampfwert „jedes Wortes und jedes Pinselstrichs" an, um „Erörterungen in Leidenschaft, Friedfertigkeit in Zorn, Gebet in Aufschrei - und Pazifisten in Kämpfer urrtschmelzen zu können". 301 Novomesky widmete der Spanienproblematik mehrere Reportagen302 und auch einige Gedichte, die Höhepunkte seines lyrischen Schaffens sind. Er beschreibt darin nicht nur den „Weg der Reiter der Apokalypse" 303 , beklagt nicht nur die „Kindergräber vor den Städten, die kopfgestellten Wiegen" 304 , sondern ruft dazu auf, dem Faschismus Widerstand zu leisten, wo immer er auftritt. Allerdings artikuliert Novomesky seine parteiliche Haltung, ohne einen agitatorischen Gestus zu pflegen:. 101

Er verfaßt weder zündende Massenlieder, noch ist er um eine streng dokumentarische Aufzeichnung des Kampfgeschehens bemüht. Seine Dichtung ist eher von prägnanter Gegenständlichkeit und philosophischer Dichte, die im Spiel der Metaphern sichtbar werden, ohne eines Übermaßes an abstrakter Reflexion zu bedürfen. Im Gedicht Der Prinz von Dänemark gelingt ihm auf solche Weise eine weltliterarische bedeutsame Gestaltung der Hamletfrage, die in der Auseinandersetzung mit dem Faschismus in der zweiten Hälfte der dreißiger Jahre von Dichtern verschiedener Nationalliteraturen aufgegriffen wurde. Die spanische Situation erscheint hier als Weltsituation, die mit Spanien aufgeworfenen Probleme als menschheitliche Probleme.305 Es ist für die veränderte literarische Situation in der Slowakei bezeichnend, daß nicht nur die sozialistischen Dichter Novomesky und Ponican, sondern auch bürgerliche Autoren wie der Surrealist Vladimir Reisel, der Symbolist E. B. Lukäc und der den Surrealisten nahestehende Pavol Morov (in dem Gedicht Spanisches Motiv) auf die Ereignisse in Spanien reagieren und für die Sache des spanischen Volkes eintreten. Lukäc beklagt im Gedicht Goya in ausdrucksstarken Bildern, die den Pinselstrichen Goyas zu folgen scheinen, das spanische Schicksal. Das Land, über das „wilde Horden Stiere jagen", ist „ans Räuberkreuz geschlagen"; von Granaten „zerfetzte Kinderfinger, Frauenbrüste" sind „ein heiliger Fraß für Geier". Der Dichter malt aber nicht nur Bilder des Schreckens. Wiewohl einem christlichen Humanismus verhaftet, durchschaut er die gesellschaftlichen Ursachen des spanischen Infernos: „Unersättlich schneidet sich vom Beefsteak junger Körper / Lord City Scheib um Scheibe ab", lauscht gelassen dem „Rauschen des Goldregens", der Melodie „auf der Geige aus Menschenknochen", der „Tarantella ausgemergelter Gespenster".306 Dieses Spaniengedicht markiert den Beginn einer entscheidenden Wende in Lukdcs Schaffen. Das Streben nach Erneuerung der poetologischen Grundlagen der slowakischen Lyrik verbindet sich mit einer offensiven Auseinandersetzung mit der ihn umgebenden Welt und ihren Kämpfen. Die Symbole verlieren auf solche Weise die Attitüde von Bildungsreflexen und werden zu Waffen im antifaschistischen Kampf umgeschmiedet. Die Auseinandersetzung mit Faschismus und Kriegsgefahr wird jedoch nicht allein am Thema des Spanienkrieges sichtbar. Andere, Dobroslav Chrobäk z. B., nehmen in warnender Absicht das Thema des ersten Weltkrieges wieder auf, um zu zeigen, welches Leid der Krieg den Menschen bringt, wie er ihre Träume und Hoffnungen 102

zerstört. Unter diesem Blickwinkel erscheint Chrobäks Novelle Die Heimkehr des Ondrej Baldz (1937) nicht so sehr als eine späte Nachgestaltung von Leonhard Franks Heimkehrergeschichte Karl und Anna (1927),307 sondern eher als eine aus der Zeitatmosphäre heraus zu verstehende Auseinandersetzung mit der Kriegsgefahr. Diese Antikriegstendenz, die auch in Barc-Ivans Drama Der Diktator (1937/ 38) sichtbar wird, gewinnt zusehends an Bedeutung, und sie wird ergänzt durch eine Tendenz zur kritischen Prüfung des bürgerlichen Nationalstaates, die bei Janko Jesensky in seinem Roman Die Demokraten (1934-1937) in eine Systemkritik einmündet. Peter Jilemnicky bekennt sich schließlich als Kommunist zur Heimat. Im Novellenzyklus Der Kompaß in uns (1937) gehört neben befreiter Arbeit und von materiellen Interessen unbelastetem Gefühlsleben auch sie zum Glück des Menschen, doch wird hier der Vaterlandsbegriff zugleich entfetischiert, werden Patriotismus und Internationalismus nicht im Widerspruch zueinander, sondern als Einheit gefaßt.308 Dieses Werk Jilemnickys sowie Novomeskys Gedichtband Der Heilige hinterm Dorf belegen überzeugend, daß die Davisten den antifaschistischen Kurs des Ersten Slowakischen Schriftstellerkongresses auch künstlerisch umzusetzen verstanden. Im Grunde genommen erfüllen beide Werke bereits jene Anforderungen, die der humanistisch-demokratische Schriftsteller L'udo Zübek angesichts der unmittelbaren faschistischen Bedrohung im März 1938 an die slowakischen Schriftsteller richtete: „. . . die Augen vor der Wirklichkeit nicht zu verschließen", vielmehr auf alle ihre komplizierten Probleme zu reagieren und sie künstlerisch zu einem „überzeitlichen Werk zu gestalten . . ., den gefährlichen Luxus des Pazifismus nicht zuzulassen", auch „nicht dem Defaitismus zu erliegen", sondern das militantkämpferische Vermächtnis von der Stür-Generation bis zu Hviezdoslav und Jesensky zu erfüllen, dem faschistischen Feind mit der Entschlossenheit von Chalupkas Töte ihn entgegenzutreten.309 In diesem Bewußtsein trat die progressive slowakische Literatur in das schwere Jahr vom Herbst 1938 bis zum Spätsommer 1939 ein, das nach dem Münchener Diktat und dem Verrat der Westmächte die Zerschlagung der Tschechoslowakischen Republik durch Hitlerdeutschland und im März 1939 die Etablierung des klerikalfaschistischen Staates mit sich brachte. Von nun an mußte sich das von den Davisten entscheidend geförderte und getragene antifaschistische Bündnis von sozialistischer und bürgerlich-demokratischer Literatur unter extremen Bedingungen bewähren. 103

Antifaschistische Entscheidung aus nationaler Verpflichtung. Literatur im Widerstands- und nationalen Befreiungskampf310

Als das Jahr 1939 zu Ende ging, jenes erste Jahr des Krieges und des klerikalfaschistischen Slowakischen Staates, da -wurden im Rundfunk mehrere Kulturschaffende über ihre Eindrücke zum Jahreswechsel befragt. Es waren nicht die erwarteten Jubeltöne, die in diesen Interviews erklangen, sondern sehr verhaltene Stimmen. 311 * Andrej Mräz, der angesehendste unter den bürgerlichen Kritikern, bemerkte lakonisch, die literarische Produktion sei „ziemlich ratlos, chaotisch" gewesen, habe „ernsthaft stagniert", aber vielleicht sei solche „Krisenerscheinung Zeugnis dafür, daß in den gegenwärtigen slowakischen Literaturverhältnissen eine Erschütterung, eine innere Gärung, eine Umwertung der Werte" vor sich gehe. Margita Figuli, eine Vertreterin der lyrischen Prosa, räumte zwar ein, daß man nicht sagen könne, „das Kulturleben habe eine besondere Erstarrung erfahren, wie sie gewöhnlich Staatsumstürze mit sich brächten", hielt aber eine positive Kulturentwicklung nur dann für denkbar, „wenn die Künstler streng gegenüber sich selbst sein werden, wenn sie nicht anderen Interessen vor der reinen Kunst den Vorzug geben und wenn unsere Öffentlichkeit begreift, daß sie durch Unterstützung der Kunst die Zukunft der Nation sichert." Zuzka Zguriska, eine kritisch-realistische Autorin, antwortete schließlich auf die Frage nach dem bewegenden literarischen Ereignis des verflossenen Jahres unumwunden: „Laco Novomesky - unser großer Dichter. Aus seinen Gesängen erkennt man den Menschen, den Menschen im wahrsten Sinne des Wortes, der um den Nächsten, ja um die Menschheit ringt, der beharrlich einen Weg sucht, wohin er die Seinen zum Licht führen kann . . . Sein Buch Der Heilige hinterm Dorf wird zu denen gehören, die mir am teuersten sind." Interviewt wurden ferner Julius Barc-Ivan, Valentin Beniak, Ferdinand Gabaj, Mikuläs Gacek, Stefan Graf, Jan Kostra, Emil B. Lukac, L'udo Ondrejov, Anton Pridavok, L'udo Zübek, also weitere

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bürgerliche Autoren unterschiedlicher Generations- und Gruppenzugehörigkeit, auch unterschiedlichen literarischen Gewichts - und sogar der sozialistische Dichter Laco Novomesky! Während aber die Interviews der Erstgenannten en bloc als „Äußerungen der heutigen slowakischen Kulturgarde" sogleich in den Ndrodnie noviny nachgedruckt wurden, ist das Novomesky-Interview von diesen abgetrennt und offenbar erst nach hartnäckigen Verhandlungen zwischen Redaktion und Pressezensur vierzehn Tage später gesondert publiziert worden. 312 Novomesky hatte darin mit unverhohlener ironischer Distanz erklärt: „Wie auf mich, wie auf einen Schriftsteller das Jahr 1939 gewirkt hat? Nun ja, ich beginne mich, bitte schön, mit dem eindringlichen Ruf eifriger Literaturpropagandisten auszusöhnen, die Dichtung solle; sich von den Ungewohntheiten poetischen Neuerertums abwenden, den beruhigenden Durchschnitt an Wahrnehmung, Fühlen und Denken nicht durch vorwitzige Ausflüge über die üblichen Sichtgrenzen hinaus in Erregung versetzen, sondern auf die bewährten Muster des Klassizismus, Akademismus und anderer Konventionen zurückgreifen, wie sie in fernerer und jüngerer Vergangenheit zwar nicht von anerkannten, aber dafür von unerkannten Autoren hervorgekehrt wurden. Die reale Welt und die Lebenspraxis, wie wir sie auch im abgelaufenen Jahr kennengelernt haben, sind freilich so beschaffen, d a ß z . B. die so lieben Dadaisten und Surrealisten ihre Kramläden voll unlogischer Dinge und phantastischer Unwahrscheinlichkeiten werden schließen müssen - wenn sie sie nicht schon geschlossen haben. Die provokatorischen Ungereimtheiten der Dadaisten am Ende des letzten Krieges, die Panoptikum-Visionen der Surrealisten zu Beginn dieses Krieges sind nämlich so vollkommen von dem übertroffen worden, was man gemeinhin Wirklichkeit nennt, daß diese Dichter darin nicht fortfahren können, ohne befürchten zu müssen, ihre Originalität einzubüßen. Ja, sie können nur die Zeit beneiden, die ihnen rücksichtslos den Wind aus den Segeln nahm. Scheint es doch,- als ob dasselbe Publikum, das sich über die Parodierung seines Verstandes und seines Urteilsvermögens, über die Unsinnigkeiten, die Invektiven, die verzerrten Grimassen der dichterischen Visionen und über die Zudringlichkeiten dieser ungebändigten Irren empörte, dem allem in seiner realen Darbietung beifällig zunickt, ja mehr noch, all dies bereitwillig als den natürlichsten Ausdruck seines Willens hinnimmt. Ich meine, daß diese Tatsachen die kühnste dadaistische Metapher bilden und daß es nur selbstverständlich ist, wenn auf das Unzeitgemäße dieses oder jenes ,-ismus' in 105

der Literatur verwiesen wird. Fügt doch keine literarische Phantasie solche Tatsachen zusammen, wie sie die Wirklichkeit zusammengetan hat. - Literarische Hoffnungen für das nächste Jahr habe ich keine. Ich meine aber, daß mit einem Schuß Zynismus und mit einer übermenschlichen Anstrengung, den Menschen das gesunde Urteilsvermögen zu erhalten, Literat wie Literatur wie Publikum auch das nächste Jahr überstehen werden."• il ' ! Diese Stellungnahmen belegen nicht nur die fortdauernde ideologische Polarisierung unter den slowakischen Schriftstellern, sie deuten auch auf besondere geschichtliche Bedingungen hin, unter denen sich die Entwicklung der slowakischen Literatur im zweiten Weltkrieg vollzog, die mit einem statischen Faschismusbild nicht faßbar sind. Daher sind jene historischen Merkmale auch für eine Bestimmung der slowakischen Literaturverhältnisse dieser Periode aufschlußreich, die Gustav Husäk in seinem auch deutsch vorliegenden Werk Der slowakische Nationalaufstand,™ in bezug auf die Entwicklung des Slowakischen Staates herausgearbeitet hat. Husäk unterscheidet hier drei Etappen: Die erste umfaßt den Zeitraum von der Gründung des Slowakischen Staates im März 1939 bis zum Überfall Hitlerdeutschlands auf die Sowjetunion im Juni 1941. In ihr konsolidiert sich das TisoRcgime politisch und wirtschaftlich, findet das künstliche Staatsgebildc bei breiteren, von der nationalistischen Propaganda irregeleiteten Volksschichten beträchtliche Unterstützung, auch internationale diplomatische Anerkennung (u. a. durch England, den Vatikan, Jugoslawien und die UdSSR). Der „Faschisierungsprozeß geht noch schrittweise vor sich". Bis zu den Salzburger Verhandlungen im Juli 1940, als Hitler dem Tiso-Regime auch innenpolitisch seine Entscheidungen aufzwingt, ist die deutsche Einmischung „noch nicht so offensichtlich". Daher vermochte anfangs das nationalmobilisierende Moment noch über das Prinzip der ideologischen Gleichschaltung nach reichsdeutschem Muster zu triumphieren, wurde die massenwirksame Losung Hlinkas „Für Gott und die Nation" zunächst noch nicht von der Parole vom „slowakischen Nationalsozialismus" verdrängt. Zwar bildeten schon damals Antikommunismus, Antisemitismus und Tschechenhaß die Grundpfeiler der Staatsdoktrin, doch wurde diese Tatsache weithin von der emphatischen Beschwörung einer slowakischen nationalen Schicksalsgemeinschaft jenseits aller Klassenunterschiede', mit der sich das Vermächtnis der schweren geschichtlichen Vergangenheit erfülle, kaschiert. Das Regime betrieb eine intensive „soziale 106

Demagogie, versprach eine Bodenreform, saturierte seine Getreuen durch Arisierungen und schnelle Karrieren im Staatsapparat und in der Wirtschaft", umwarb nicht zuletzt auch mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln die wissenschaftliche und künstlerische Intelligenz. Die zweite Etappe reicht vom Sommer 1941 bis zum Sommer 1944, bis zum Slowakischen Nationalaufstand. Die Faschisierung wird auf massiven deutschen Druck von den miteinander rivalisierenden Gruppen innerhalb des Regimes (Tiso einerseits und Mach/Tuka andererseits) rigoros vorangetrieben. Die Slowakei tritt an der Seite Hitlerdeutschlands in den Krieg gegen die Sowjetunion ein, erlebt nun Kominunistenverfolgungen großen Maßstabs und mit der strikten Anwendung der Nürnberger Rassengesetze auch Massendeportationen der jüdischen Bevölkerung. Diese jähe innenpolitische Wende läßt die anfängliche Freude über den „eigenen" Staat rasch schwinden und macht tiefer Betroffenheit Platz. Angesichts der Propagierung und Durchsetzung des „slowakischen Nationalsozialismus" einerseits und angesichts der Niederlagen der Hitlerwehrmacht an den Fronten des zweiten Weltkriegs, vor allem an der Ostfront, andererseits, verliert das Regime „seinen politischen Einfluß unter den Volksmassen", entlarvt es sich als „Agentur des Nazismus". Es wächst der Widerstand sowohl unter der Zivilbevölkerung als auch innerhalb der Armee, von der an der Ostfront ganze Einheiten auf die sowjetische Seite überlaufen und allmählich eine tschechoslowakische Widerstandsarmee bilden. 315 Die dritte und letzte Etappe setzt mit dem Slowakischen Nationalaufstand Ende August 1944 ein und endet mit der Befreiung des Landes durch die Rote Armee und die an ihrer 1 Seite kämpfenden tschechoslowakischen Einheiten. Der Nationalaufstand, in dem die antifaschistische Widerstandsbewegung des slowakischen Volkes unter Führung der Kommunistischen Partei gipfelte, „zerschlug den slowakischen Staat und sein Regime". Dieses konnte sich „nur noch auf die Bajonette der SS" verlassen, deren Truppen am 29. August 1944 in die Slowakei eindrangen. „Das war die Zeit der grausamen Abrechnung mit den Aufständischen und Freiheitskämpfern, die Zeit der Massenmorde, die Zeit des faschistischen Terrors in der Slowakei." Gegen das eigene Volk kämpfend, erlitt das Tiso-Rcgime eine Niederlage. Mit ihm „verschwand auch der Staat, der von Hitlers Gnaden entstanden war", üm als Musterbeispiel für die faschistische Neuordnung Europas zu fungieren. 316 Aus diesen historischen Gegebenheiten erklärt sich, weshalb es

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unter den slowakischen Schriftstellern nicht gleich zu Kriegsbeginn, als sich die Slowakei inmitten Europas noch als Oase der Ruhe darbot und noch gewisse demokratische Freiheiten aus der Tschechoslowakischen Republik fortdauerten, wodurch Illusionen über den Charakter des langersehnten „eigenen" Staates geweckt wurden, sondern erst in der zweiten und dritten Etappe in stärkerem Maße zu Überprüfungen und Neubestimmungen ihrer weltanschaulichen und künstlerischen Positionen kommt. Dann wurden sich viele erst des Entscheidungszwangs bewußt, entweder den Verlockungen des TisoRegimes zu erliegen und sich nicht nur in die nationalistische, sondern auch in die klerikalfaschistische Mobilisierung eingliedern zu lassen, oder ihnen konsequent entgegenzuwirken und aus humanistischer wie patriotischer Gesinnung die antifaschistischen Bündnisbestrebungen zu unterstützen. Jenen, wie z. B. Hana Gregorovä, Zuzka Zguriska, Janko Jesensky, Jozef Gregor Tajovsky, Laco Novomesky und andere, die bereits unmittelbar nach der Bildung des Slowakischen Staates unerschrocken ihre Distanz zum Tiso-Regime zum Ausdruck gebracht hatten, schlössen sich nunmehr zahlreiche Gesinnungsgenossen an. Aus individuellen Protesthaltungen entstand eine Widerstandsbewegung, die in dem Maße unter den Schriftstellern erstarkte, in dem sich das Tiso-Regimes realpolitisch als „Agentur des Nazismus" entlarvte.

Nationalistische und klerikalfaschistische Mobilisierungsliteratur Unterzieht man den Literaturprozeß während des Slowakischen Staates im zweiten Weltkrieg einer generalisierenden Wertung, so kann insgesamt eine Dominanz humanistisch-demokratischer Literatur und - vor allem in der zweiten und dritten Etappe - auch eine Tendenz zum antifaschistischen Zusammenschluß festgestellt werden. Allerdings vollzieht sich diese Entwicklung nicht in ungebrochener Kontinuität zur vorausgegangenen Literaturproduktion und auch nicht in unmittelbarer Fortsetzung der progressiven nationalliterarischen Traditionen, sondern in einer heftigen, dynamischen Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Versuchen des herrschenden Regimes, über eine nationalistische eine klerikalfaschistische Mobilisierungsliteratur aufzubauen. Hierfür bietet sich ihm nicht nur der konservative Traditionalismus mit seiner dekorativen Ausstellung des Folkloristischen im Sinne des Völkischen, sondern partiell auch die

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katholische Moderne mit ihrer diesseitsfremden Geistigkeit ah. Integrierbar ist auch eine sozial engagierte Prosa, die das Gebundensein des Slowaken an die heimatliche Scholle mythisch verklärt, soziale Spannungen zwar reflektiert, den Klassenwiderspruch aber durch nationale und auch rassische Gegensätze überblendet. Möglichkeiten zum Mißbrauch finden sich ferner innerhalb der Naturlyrik, insbesondere dort, wo das Heimatliche historisch gänzlich voraussetzungslos feiertäglich besungen und so ein scheinbar politisch wertfreies Heimatgefühl erzeugt wird, das über den Parteienstreit erhaben ist. Zugleich ist die Naturlyrik auch ein Born, aus dem echte heimatliche Werte geschöpft werden, die als Gegengewicht zur faschistischen Ideologie wirken können. Mobilisierungsliteratur bildet sich schließlich auch dort aus, wo sich nationalistische Töne in die patriotische Dichtung mischen, wo die Tradition der nationalen Befreiungskämpfe unkritisch mit der klerikalfaschistischen Gegenwart in Verbindung gebracht wird. Allerdings entsteht nationalistische und klerikalfaschistische Mobilisierungsliteratur nicht nur in solch passiver Teilhabe an der „hohen" Literatur. Stellen sich doch nicht nur Kritiker wie S. K. Smälov und St. Meciar sowie einige Debütanten und Graphomanen, sondern auch so bekannte Autoren wie Milo Urban und Tido Gaspar dem Tiso-Regime zur Verfügung. Gaspar, dessen zeitgeschichtlich orientierte Schrift Das große ]abr (1939) vor allem die erhaltene Eigenstaatlichkeit als Triumph slowakischer Geschichte preist317, mächt ebenso wie der Philosophieprofessor im Priesterrock, Stefan Polakovic318, nach der in Salzburg von den hitlerfaschistischen Machthabern319 erzwungenen Kurskorrektur auch die Umwandlung der nationalistischen in die faschistische Mobilisierung mit. Das Manifest der „Kulturarbeiter" Unser Standpunkt (1940), für das sich nur wenige Unterzeichner fanden, ist unter seiner Regie zustande gekommen.320 Sosehr das Tiso-Regime zu Beginn seiner Herrschaft auch damit beschäftigt war, den Staatsapparat aufzubauen und die Wirtschaft in Gang zu setzen, was durch die Kriegskonjunktur begünstigt wurde, es verzichtete schon damals nicht darauf, die ideologischen Grenzlinien auch auf literarischem Gebiet abzustecken. Bereits in der Märznummer der Slovenske pohl'ady bestimmte ihr neuer Chefredakteur Stanislav Meciar, der Andrej Mrdz ablöste, mit aller Deutlichkeit, was als konstruktiv und Avas als destruktiv anzusehen sei: „ D e r i n t e r n a t i o n a l e Ko l l e k t i v i s m u s , d e r s o z i a l e R e a 109

l i s m u s , der S u r r e a l i s m u s und u n t e r s c h i e d l i c h e mitihnenverbundeneBestrebungenundTendenz e n . . . drangen in das Schaffen einiger unserer Literaten ein und haben den einen und anderen aus der organischen Wachstumskraft unserer Kultur eliminiert. Doch wandten sich auch einige mit der Spontaneität ihres Wachstums wieder dieser organischen Kraft zu, so d a ß b e i d e r L i q u i d i e r u n g d i e s e r R i c h t u n g e n g a n z w e n i g S c h a d e n b l e i b e n w i r d . . . Es irrt, wer die Existenz dieser Richtungen als Differenzierung der literarischen Entwicklung rechtfertigen und erklären wollte; denn die Ziele dieser Richtungen befanden sich im Widerspruch zu den Zielen der nationalen Entwicklung (Hervorhebung - L. R.)." 3 2 1 Dies war eine unmißverständliche Kampfansage an die Davisten und an die Avantgarda 38, eine Vereinigung von Surrealisten und Strukturalisten. Stefan Polakovic assistierte Meciar bei solcher Feindbestimmung, indem er dazu aufforderte, den „ideellen Verrat an der Nation" härter zu bestrafen als Eigentumsdelikte, denn „entschieden ist der ein größerer Feind der Nation, der die Nation mit seinen nicht zu Ende gedachten und unreifen Ansichten ins Unglück treibt als der, der sich am materiellen Gut vergreift". 322 Diese Haltung erwuchs aus einem militanten Klerikalismus, der alles, was nicht national und christlich war, als „ideellen Verrat" denunzierte, die massenhafte Beraubung jüdischer Familien durch staatliche Arisierungsmaßnahmen aber guthieß. So richtete sich der Hauptschlag des Regimes vor allem gegen die Davisten, gegen die sozialistischen Autoren, die den „internationalen Kollektivismus und den sozialen Realismus" verkörperten. Die Auseinandersetzung um die Ausrichtung der slowakischen Nationalkultuf wurde aber auch offensiv mit bügerlichen Autoren geführt, obwohl als gegenläufige Tendenz auch immer wieder das Bemühen zu beobachten ist, die „Kulturvaluta" in Gestalt nationalrepräsentativer Kunstleistungen zusammenzuhalten, da sie „ihren Wert nicht nur im Innern des Staates, sondern auch im internationalen Raum" 323 haben. Denn, so argumentierte man, echte „wissenschaftliche und künstlerische Schöpfungen muß jede Nation anerkennen, vor solchen Tatsachen kann man auf die Dauer nicht die Augen verschließen"324. So vielfältig die Anstrengungen des Tiso-Regimes auch waren, die slowakische Literatur mitsamt ihren historischen Traditionen in seine politischen Dienste zu stellen, es waren ihm keine Erfolge von Dauer beschieden. Selbst in der Zeitschrift Slovenske pohl'ady, die unter Meciars Leitung das Regime ideologisch am stärksten unter110

stützte, wenn man von den Tageszeitungen einmal absieht, ist das Mißverhältnis zwischen programmatischer Anstrengung in bezug auf die Mobilisierung und tatsächlicher Realisierung in der literarischen Produktion unübersehbar. So findet die geistige Aufrüstung, die in den Artikeln von Stanislav Meciar, Stefan Polakovic, Tido Gaspar, Ladislav Hanus und anderen betrieben wird, nur einen schwachen Abglanz in dort publizierten Gedichten und Novellen.'525 Schon bald kehrt sich auch hier die Selbsttäuschung über die „Erfüllung der nationalen Geschichte" in Enttäuschung über die Dunkelheit, die sie mit sich brachte. So finden sich z. B. neben Gedichten von Andrej Zarnov, die der nationalen Triumphstimmung Tribut zollen, auch Novellen wie Der Gestank von Dominik Tatarka oder Hippolylb von Julius Barc-Ivan, die die Zeit in ihrer ganzen Morbidität spiegeln.326 In anderen Zeitschriften wie Rlán und Tvorba oder im Kulturteil der Närodnie noviny herrscht sogar das Bemühen vor, der Mobilisierung entgegenzuwirken.327 Hier kommen in den ersten Jahren noch die sozialistischen Dichter Ján Ponican und Laco Novomesky zu Wort, erhalten die Surrealisten nach Verlust ihrer Tribüne Nové slovo (1939/40)328 die Gelegenheit zur Polemik mit den TisoIdeologen. So ist der Klageruf eines regimetreuen Kritikers aus dem Jahre 1943, daß „Gaspar nur einer sei und daß Schriftsteller und Kämpfer dieses Formats in der Slowakei nicht mehr leben"329, nur allzu verständlich. Im weiteren Verlauf des Krieges wenden sich auch jene vom Regime ab, die sich anfangs von dessen nationalem Habitus und liberalem Gehabe hatten täuschen lassen. Den Durchhalteparolen folgte schließlich, nach Ausbruch des Slowakischen Nationalaufstandes, nur noch, wer fest im Apparat des Regimes verankert war und sich durch Kollaboration mit den Hitlerfaschisten diskreditiert hatte. Das Manifest der Schande330*, die gewaltsam erzwungene Ergebenheitserklärung einiger Schriftsteller vom Herbst 1944, vermochte an dieser Entwicklung nichts mehr zu ändern.

Zwischen abstraktem Humanismus und kämpferischem Antifaschismus — Wandlungsprozesse innerhalb der bürgerlichen Literatur An den unterschiedlichen Versuchen des Tiso-Regimes, eine nationalistische bzw. klerikalfaschistische Mobilisierungsliteratur aufzubauen, ist ablesbar, unter welchen spezifischen Bedingungen sich im Slowa-

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kischen Staat die ideologische Polarisierung der Literatur vollzieht, unter welchen Prämissen die Auseinandersetzung um die Bewahrung des Humanismus und um die Verteidigung der wirklichen Interessen der Nation und des Volkes geführt wird. Je schärfer die Menschenfeindlichkeit des „slowakischen Nationalsozialismus'" hervortritt, desto stärker wird der Widerstandswille. Schriftsteller unterschiedlicher weltanschaulicher und ästhetischer Positionen drücken in ihren die legalen Publikationsmöglichkeiten maximal ausschöpfenden Werken ihre Besorgnis über die Eskalation der Gewalt aus, entlarven die emphatische Traditionsbeschwörung als Täuschungsmanöver des Regimes, unterstützen die illegalen Presseorgane der antifaschistischen Widerstandsbewegung und beteiligten sich schließlich auch an der Vorbereitung und Durchführung des Slowakischen Nationalaufstandes. In diesem diffizilen Entwicklungsprozeß kommt es zur Erneuerung des Bündnisses von humanistisch-demokratischer bürgerlicher und sozialistischer Literatur und zu Wandlungen im Aufgabenverständnis der Kunst. Diese lassen sich, soweit sie die bürgerliche Literatur betreffen, an Entwicklungen innerhalb des Surrealismus, des Symbolismus, der lyrischen Prosa und des kritischen Realismus veranschaulichen, ohne daß damit freilich das Spektrum möglicher Haltungen und künstlerischer Reaktionen auf die Zeitverhältnisse lückenlos erfaßt wäre.

Der slowakische

Surrealismus

Auf den ersten Blick mag es verwundern, daß der Ideologe des Tiso-Regimes, Stanislav Meciar, im März 1939 in seiner ersten programmatischen Erklärung als Redakteur der Slovenske pohl'ady neben dem „internationalen Kollektivismus und sozialen Realismus" ausgerechnet den „Surrealismus" zum Hauptfeind auf kulturellem Gebiet erklärte, den es zu liquidieren gelte, da er wie erstere nur Unsicherheit und Chaos verbreite und sich von den nationalen Lebensgrundlagen abwende. 331 Betrachtet man jedoch die Entwicklungsgeschichte des slowakischen Surrealismus und seine Haltung gegenüber Faschismus und Krieg etwas näher, so wird deutlich, warum Meciar beiden Gruppierungen ungeachtet ihrer unterschiedlichen weltanschaulichen und künstlerischen Positionen ein „gemeinsames Ziel" unterstellte, um sie gemeinsam aus der „organischen Wachstumskraft" der slowakischen Nationalkultur auszuschließen.332 112

Der slowakische Surrealismus bildete sich erst relativ spät, Mitte der dreißiger Jahre, heraus. Als sein Begründer gilt Rudolf Fabry mit seiner Gedichtsammlung Abgehackte Hände (1935). Sein Rückgriff auf dadaistische und poetistische Gestaltungsmittel vermochte die slowakische literarische Öffentlichkeit zunächst mehr aufzuregen als anzuregen. L'udo Ondrejov, ein Vertreter der lyrischen Prosa, nannte dieses Debüt einen „fatalen Irrtum" 3 3 3 . Im Organ der Volkspartei Hlinkas, Sloväk, wurde es gar als „Krebsgeschwür der jungen slowakischen Poesie" 3 3 4 apostrophiert. Dennoch bekam Fabry nicht nur von tschechischer Seite, von Jan Mukarovsky und Vitezslav Nezval, Schützenhilfe. D e r Kritiker Michal Povazan und der Literaturwissenschaftler Mikuläs Bakos, ein Schüler Mukarovskys und eifriger Propagandist der russischen formalen Schule, unterstützten die antitraditionalistische Stoßrichtung dieser Lyrik. Sie schufen mit die theoretischen Grundlagen dafür, daß sich zu einem Zeitpunkt, als sich die tschechische surrealistische Gruppe mit dem Austritt Nezvals aufzulösen begann, in der Slowakei die Avantgarda 3 8 herauskristallisierte, die Lyriker, bildende Künstler und Strukturalisten "ereinigte, die die Entwicklung des slowakischen Surrealismus von einer bedeutungslosen Randerscheinung zu einer gewichtigen Kunstströmung sicherten. Man kann sogar sagen, daß außer den Davisten keine Strömung in der slowakischen Literatur jener Zeit ein so ausgearbeitetes Gruppenprogramm aufzuweisen hatte wie die Surrealisten. Konnte Fabrys Debüt noch als individuelles Anrennen gegen die konventionelle Kunst verstanden werden, so weist die programmatische Erklärung Ja und Nein vom Sommer 1938 bereits feste künstlerische Ziele auf. Sie richtet ihre Kritik nicht nur auf ästhetische Strukturen, sondern dehnt sie auf den gesellschaftlichen Organismus aus, will Literatur wie Gesellschaft verändern: „Wir sind gegen die kulturelle Reaktion, gegen den Faschismus, der eine Versklavung des Geistes ist; darin besteht unser entschiedenes N ei n ! Und wir sind für den Fortschritt und haben ein positives Verhältnis zu dem, was in der slowakischen Tradition fortschrittlich war; darin besteht unser J a !" 3 3 3 D i e slowakischen Surrealisten streben zwar primär den Aufbau einer neuen Poetik an - so setzen sie in der slowakischen Lyrik den ungebundnen Vers durch und bringen die Metaphorik zu hoher Vollendung - , dennoch fühlen sie sich nicht aus der konkreten Zeitsituation entlassen. Über eine erneuerte Poetik wollen sie eine „neue Weltsicht" 3 3 6 erreichen, zu einer neuen Wirklichkeit finden. D i e gesellschaftliche Wirkungsabsicht hat Rudolf Fabry ein Jahr nach seiner

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Richtet, Literatur

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zweiten Sammlung Wasseruhreti Sanduhren (1938) ausdrücklich im Sinne des Gruppenprogramms bestätigt: „Wir hängen an das Gedicht keine Lasten, aber wir'bewegen uns auch nicht auf neutralem Boden. Irgendwie reagieren wir auf die äußere Welt, und immer reagieren wir als Glieder eines bestimmten Ganzen, denn wir bleiben Glieder der Gesellschaft, in der wir leben. Deshalb ist auch unsere Poesie von diesen Umständen gefärbt. Es gibt kein Gedicht im luftleeren Raum." 337 Während des Krieges erhält dieses Aufgabenverständnis noch schärfere Konturen. Die slowakischen Surrealisten sind entschlossen, „sich offen gegen das zu stellen, was heute Rückschrittlichkeit und organisiertes Dunkelmännertum ist, die die Grundlagen der europäischen Kultur zu untergraben drohen" 338 . Diese unzweideutige Zielstellung verhindert es, daß sie sich auf eine Position elitärer Zurückgezogenheit abdrängen lassen. Derartigen Versuchen des TisoRegimcs wird mit Entschiedenheit begegnet. „Wir wollen nicht zu .einige Auserwählten' sprechen", bekennt Vladimir Reisel 1940, „wir wollen zu a l l e n sprechen!" 339 Gequält von einem „unersättlichen Durst nach den wahrhaftigen, überzeitlichen und menschheitlichen Werten", erstreben sie mit ihren Gedichten „die mannhafte Tat". 340 Zwar lehnen sie die utilitaristische Festlegung der Poesie auf den Dienst an der Nation strikt ab, wie ihn die Ideologen des Tiso-Regimes immer wieder beschworen, doch entlassen sie den Dichter nicht aus der geschichtlichen Verantwortung. „Der Dichter flieht nicht in unwirkliche Welten", bekräftigt Reisel 1942 diese Haltung, „wo man nur mit Worten und Bildern spielt, sondern nähert sich im Gegenteil der brennendsten Wirklichkeit . . . schafft sich ein vielfältiges Verhältnis zu allen Gegebenheiten der äußeren Welt, in der er als Richter und als sehender und fühlender Mensch steht". 341 Die slowakischen Surrealisten drücken nicht nur ihr Unbehagen am Gesellschaftszustand in der Slowakei, sondern ernste Zweifel an der durch Faschismus und Krieg endgültig diskreditierten bürgerlichen Weltordnung überhaupt aus, die ihnen mehr und mehr irreparabel zu sein scheint. Aus dieser Erkenntnis erwächst aber nicht ein selbstzerstörerischer antizivilisatorischer Affekt, sondern die Zuversicht, daß nach dem schrecklichen Kriege ein neues sinnerfülltes Leben möglich sein werde, wenn auch um den Preis der Vernichtung bisher gültiger Werte:

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Nach der Uhr die das Glück anzeigt Erkalten die Spuren der Schmach Und die Menschen zorniger als Felsen Geleitet vom Sinn für Gerechtigkeit Erreichen jenen Punkt Wo austritt das reine wild gurgelnde Blut Küssend die bleiche Sphinx des Mondes Dort oben über dem Himmelgewölbe Wo keine Spur von vergangenen Zeiten Die besessen mit ihren Attributen klapperten Adieu Kopfschmerz schwerer Abende Adieu Nacht mit der letzten Ölung Wir sind hier Nach getaner Arbeit Ebenbürtig unserer Träne Ebenbürtig unserer Zukunft Es ist eine Vision von der revolutionären Veränderung der Welt, von der Wiedergeburt der Menschheit, die hier in Rudolf Fabrys Gedicht Der Garten der Grausamkeiten anklingt.342 Die Reaktion der slowakischen Surrealisten - die seit 1939 diesen französischen Terminus slowakisieren und sich als nadrealisti bezeichnen, um die eigenschöpferische Leistung zu betonen - auf die gesellschaftliche Realität ist freilich nicht immer so durchsichtig. Da nach ihrem Selbstzeugnis ihr „Hauptschwert die blendende Metapher ist" 343 , ist ihre Lyrik häufig schwer dechiffrierbar und auch in sich, was ihren weltanschaulichen Gehalt anbelangt, sehr widersprüchlich. Der damals im Londoner Exil lebende Davist Vladimir Clementis hat den ambivalenten Charakter ihrer Poesie treffend als „Flucht aus der realen Welt der Unfreiheit in die surreale Welt der Freiheit" 344 bezeichnet. Ungeachtet dessen sieht er die objektiven gesellschaftlichen Wirkungspotenzen dieser Poesie darin, daß „sie eine Verhöhnung jener Prinzipien" darstellt, „zu denen sich der Nazismus und sein Aufguß, der slowakische' Nationalsozialismus in Literatur und Kunst bekennen".345 In der Tat hat das Regime nichts unversucht gelassen, die Surrealisten zu diffamieren. Eine eigene Zeitschrift wurde ihnen nicht gestattet. Alle ihre Sammelbände Ja und Nein (1938), Traum und Wirklichkeit (1940), Am Tage und in der Nacht (1941), Der Gruß (1942), die neben Gedichtproben und theoretischen Betrachtungen meist auch Reproduktionen aus der moder8*

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nen Malerei enthalten - neben slowakischen Autoren kamen vor allem französische Dichter (André Breton und Paul Eluard) zu Wort, von den ausländischen Künstlern wurde Picasso bevorzugt - lösten lebhafte Debatten aus und wurden von der regimetreuen Kritik heftig attackiert. J. K. Smälov wendet sich gegen den „negativistischen" Grundzug der surrealistischen Poesie. Diesen stellt ervnicht nur im Bereich der künstlerischen Ausdrucksmittel, sóndern auch auf weltanschaulichem Gebiet fest. Hier kreidet er den slowakischen Surrealisten ihre Hinneigung „zum dialektischen Materialismus bzw. praktisch: zur kommunistischen sozialen Revolution" 346 an und schlußfolgert: „Was in der ökonomisch-sozialen Struktur der Kommunismus ist, das bedeutet in der Kunst der Surrealismus: die Anarchie." 347 Der Begriff Surrealismus erhält fortan im Propagandajargon der slowakischen Klerikalfaschisten bei der Feindbeschwörung einen ähnlichen Stellenwert wie die überstrapazierte.Vokabel vom „Judenbolschewismus"348. Der slowakische Surrealismus wurde also im Slowakischen Staat durchaus nicht als ein Versuchslaboratorium angesehen, dessen Wirkung auf eine autarke Kunstsphäre beschränkt bleibt. Vielmehr wurde er, da er in seiner theoretischen Zielstellung wie in der literarischen Praxis der nationalistischen und klerikalfaschistischen Mobilisierung zuwiderlief, die sich auf die Überhöhung der nationalen Geschichte, auf die traditionalistische Verehrung von Heimat, Scholle und Brauchtum gründete, als unmittelbare Bedrohung empfunden. Daran vermochte auch die Tatsache nichts zu ändern, daß sich seine Vertreter ausgerechnet den Dichter der slowakischen Romantik, Janko Kral', zu ihrem Ahnherren auserkoren, den das Regime auch für die eigene Traditionsbildung beanspruchte. „Wenn wir zulassen," heißt es bezeichnenderweise im Organ der Hlinka-Garde Gardista vom 16. Mai 1943, „daß verantwortungslose Individuen es (das geistige Fundament der Nation - L. R.) uns mit dem Unkraut der Überfremdung zunichte machen, wenn wir dulden, daß dort die Kuckuckseier des Defaitismus und Destruktivismus gelegt werden, wird uns niemand auf der Welt retten. Wir werden verschwinden."349 Als die Forderung nach Restriktionsmaßnahmen Widerspruch hervorruft, wird diese Einschätzung im Gardista vom 2. Juni 1943 noch einmal pointiert bekräftigt: Der Surrealismus „ist ein Produkt irrsinniger Spekulation, das unserer Mentalität völlig fremd, ja künstlerisch und gesellschaftlich zersetzend ist" 350 . Das bestätigt, daß die slowakischen Surrealisten sich nicht nur in ihrem subjektiven Empfinden mit den 116

Zeitverhältnissen, mit Faschismus und Krieg auseinandersetzten-, sondern daß sie auch objektiv dem Vordringen faschistischer Ideologie entgegenwirkten. Hierin besteht die historische Leistung des slowakischen Surrealismus, die gebunden ist an die spezifische Gesellschaftssituation der Slowakei inmitten des zweiten Weltkrieges.

Bekenntnis

zum Humanismus im lyrischen Werk von ]dn Smrek und Emil B. Lukdc

Bei allen Debatten um die Surrealisten in jener Zeit darf nicht vergessen werden, daß ihr objektives literarisches Gewicht in einem gewissen Mißverhältnis zu der überaus großen und dauerhaften Aufmerksamkeit stand, die die regimetreue Kritik ihnen schenkte. Waren es doch meist junge Autoren, die entweder kurz vor oder gar erst im Krieg debütierten, auf die sich das Sperrfeuer der Tiso-Ideologen; richtete: Rudolf Fabry, Vladimir Reisel, Pavol Buncäk, Julius Lenko, Stefan Zary, Jan Brezina und Jan Rak. Tatsächlich galten die Angriffe auch nicht allein ihnen: Vielmehr waren sie zugleich als Warnung an all jene gedacht, die „kein korrektes Verhältnis zu den heutigen gesunden Lebensströmen finden" 351 konnten. Bereits Anfang 1941 wurde im Gardista der Verdacht ausgesprochen, hinter dem Surrealismus stünde eine Gruppe, die diese literarische Strömung als „unpolitisches Mittel politischer Anarchie" 352 nutze. Die Ausfälle gegen die Surrealisten hatten also ganz offensichtlich die Funktion, all jene einzuschüchtern, die sich der ideologischen Gleichschaltung der Kunst nach reichsdeutschem Muster widersetzten. So wurde im Sommer 1943, wiederum im Gardista, der die faschistischen Prinzipien am konsequentesten vertrat, mit den Sympathisanten der Surrealisten ebenso ins Gericht gegangen wie mit den Surrealisten selbst, ja wurde der Kreis der Nonkonformisten ziemlich pauschal auf die Künstler ausgedehnt, die der Prager Boheme angehört hatten und nach ihrer Zwangsrückkehr in den slowakischen „Führerstaat" mit der hier herr-, sehenden Ordnung und Disziplin nicht zurechtkämen: „Ihr Geist blieb irgendwo in Prag, ihr Verstand, ihr Gefühl arbeitet mit ausdauernder Kraft in den Zusammenhängen, in denen sie dort gearbeitet haben." 353 Dies zielte nicht nur auf den surrealistischen Debütanten Vladimir Reisel, der im Gedicht Unwirkliche Sfadt35i den erzwungenen .Abschied von Prag gestaltet hatte, sondern gleichermaßen auf den renommierten Dichter Jan Smrek, der mit der litera117

rischen Zeitschrift Elan aus Prag nach Bratislava hatte übersiedeln müssen und deren weltoffenen Charakter auch unter den neuien Bedingungen aufrechtzuerhalten trachtete. Eingeschüchtert werden sollten aber auch andere „Kleingläubige" im Lande, die „den goldenen Zeiten der demokratischen Freiheit" nachtrauerten und „durch latentes Festhalten an dem Zustand, wie er hier bis zum Jahre 1938 war" die angestrebte „Umerziehung der Nation" unterliefen. 355 Dies war u. a. auf den symbolistischen Dichter Emil B. Lukäc gemünzt, der zwar als Angehöriger der ehemaligen Benes-Partei in die vereinigte Slowakische Volkspartei Hlinkas übernommen und sogar Abgeordneter des Slowakischen Parlaments geworden war, sich aber seine humanistisch-demokratische Gesinnung zu bewahren und auch in der Zeitschrift Tvorba durch sein entschiedenes Plädoyer für die Schaffensfreiheit des Künstlers zur Geltung zu bringen wußte. Sowohl Smreks Elan als auch Lukacs Tvorba wurden 1944 wegen „ideologischer Verdunkelung" verboten. 356 Beide Herausgeber hatten sich beharrlich dem Druck der neuen Machthaber widersetzt, in ihren Zeitschriften nationalsozialistisches Gedankengut zu propagieren. 357 D a sich ihre Weigerung auch auf die Übersetzung deutscher faschistischer Mobilisierungsliteratur bezog, schaltete sich in dieser Angelegenheit der Sicherheitsdienst ein. In einem Bericht vom 27. März 1944 an SS-Obergruppenführer K. H. Frank in Prag wird darüber inforniiert, daß „in der führenden Literaturzcitschrift Elan", die „von d e m b e k a n n t e n B o l s c h e w i s t e n S m r e k herausgegeben werde" (Hervorhebung - L. R.) „das deutsche Schrifttum völlig im Hintergrund stehe". Smrek fände „stets eine neue Ausredt", um der Verpflichtung zu entgehen, „ein Heft über deutsche Literatur herauszugeben." Er begründe dies u. a. damit, „daß die deutsche Literatur seit Goethe im Abstieg sei". Er habe ferner erklärt, daß er, falls er sich „dem Drängen der deutschen kulturpolitischen Stellen" nicht werde entziehen können, lediglich „einen Überblick über die deutsche Literatur von ihren Anfängen an geben" werde. „Das neure deutsche Schrifttum sei ganz uninteressant und werde nicht in Erscheinung treten." 358 Während ein Italien-Heft bereits Ende 1941 erschienen war, kam das nachdrücklichst geforderte DeutschlandHeft erst im Jahre 1944 zustande. Smrek blieb bei seiner Konzeption, fand sich nicht bereit, die pronazistische Literatur als deutsche Kulturleistung von Wert zu propagieren. Smrek zeichnete als Redakteur auch für den deutschsprachigen Studienband Die Slowakei der Gegenwart in Literatur und Kunst verantwortlich, der 1944 im 118

Tatra-Verlag Bratislava zwar erschien, jedoch nicht verbreitet werden durfte. Er erregte das Mißfallen der „deutschen kulturpolitischen Stellen" in der Slowakei, denn darin waren in der Studie Die Slowakische Dichtung aus der Feder von Jozef Biely (d. i. Jozef Felix) auch die sozialistischen Dichter Ján Ponican, Laco Novomesky, Daño Okáli und Fraño Král' gewürdigt worden, und unter den Illustrationen befanden sich die Porträts von Ponican, Jesensky sowie von dem Komponisten Ján Cikker, die alle als Kritiker des Tiso-Regimes bekannt waren. 359 Diese Details werfen ein bezeichnendes Licht auf die Literaturverhältnisse im klerikalfaschistischen Staat; sie belegen, daß einigen Ideologen des Tiso-Regimes trotz aller Anstrengungen nicht gelungen ist, die erstrebte Gleichschaltung im nationalsozialistischen Sinne frontal durchzusetzen. Mehr noch, die humanistisch-demokratischen Dichter nutzten alle legalen Möglichkeiten aus, um im Widerspruch zu den nationalistischen und klerikalfaschistischen kulturellen Mobilisierungskonzepten ihre Besorgnis über die Entwicklung der Menschheit und ihre Distanz zur politischen Praxis des Regimes zum Ausdruck zu bringen. Dazu bedurfte es freilich der geschickten Tarnung, einer subtilen äsopischen Darstellungsweise. Diese wurde von Vertretern verschiedener literarischer Richtungen kultiviert, von den Surrealisten und Symbolisten, von Vertretern der lyrischen Prosa, aber auch von sozialistischen Autoren. Innerhalb der bürgerlichen Literatur war es zunächst lediglich die „Sehnsucht nach Reinheit und Menschlichkeit" 360 , die eine innere Protesthaltung hervorrief, aus der heraus dann eine antifaschistische Entscheidung erwuchs, als erkennbar wurde, daß weder Schweigen noch Anpassen aus der undurchdringlichen Finsternis der schmutzbeladenen Umgebung heraushilft. Der Symbolist E. B. Lukác, der in der Anthologie Vor dem feurigen Drachen (1939) in dem Gedicht Belvedere noch vorwiegend die Wunden am nationalen Organismus beweint hatte, von dem durch den Wiener Schiedsspruch einige Teile abgetrennt worden waren, 361 * erkannte erst im Verlaufe des Krieges, daß das nationale Schicksal zutiefst mit dem Schicksal der Menschheit verknüpft ist, als deren größter Feind sich der Faschismus erweist, mag er nun in seiner aggressivsten Erscheinungsform, dem deutschen Nationalsozialismus, auftreten oder in der „gemäßigteren" und daher oft nicht ganz so ernst genommenen Spielart des slowakischen Klerikalfaschismus. Als Beleg für diese Entwicklung kann die Sammlung Babel (1944) dienen. In dem Gedicht Ars poética betont Lukác, daß die Verant119

wortung des Dichters für die Welt jegliche Kniefälligkeit vor dem faschistischen Regime ausschließt: „Ein Dichter, würdig dieses Namens / wird niemals euch die Füße lecken!" 362 Und in dem Gedicht Abrakadabra, das 1943 entstand und 1944 ebenfalls in der Sammlung Babel erschien, führte er selber vor, was er als Redakteur der Zeitschrift Tvorba bereits mehrfach gefordert hatte: Systemkritik durch äsopische Darstellungsweisen im Rahmen der Legalität: Abrakadabra Sahst du die Sümpfe, den Dampf des Moores? Den bleichen nassen Nebel überm Schilf? Keines Vogels Lied hörst du hier, keines Wildes Fährte siehst du auf feuchtem Grund. Nur die Frösche quaken im Chor der Verdammten. Das ist die Steppe. Morgengrauen, das kein Leben verheißt. Sahst du der Dünen seltsames Wandern? Der Myriaden Sandkörner treibenden Strom? Von Vandalen verstümmelte Torsi, Tempel, Paläste, mumifizierte Zeugen toter Vergangenheit? Dort lauert der Skorpion, die Schlange speichelt Gift. Im Wellenschlag der Zeit wogt auf und nieder der Staub. Sahst du das Feuer, die Mäuler der hungrigen Flammen, die mit geifernder Gier an Mauern lecken? Die geknickten Glieder des Waldes, die schwelenden Balken, das Abrakadabra des Grauens, die Schwaden vom schwarzen Rauch? Solches sah Dante nicht, er atmete nie das Inferno der Dünste, das ausstrahlt von den vergeblichen Opfern des Kain.-563 Auf den ersten Blick wird hier Vergangenes als solches dargestellt, sieht man aber genauer hin, dann findet man leicht den aktuellen Bezug zu den damaligen Zeitumständen. Die „von Vandalen verstümmelten Torsi, Tempel, Paläste" sind gewiß nicht „Zeugen toter Vergangenheit", die vom Dichter gestellte Frage provoziert eine Antwort im Sinne lebendiger alleszerstörender faschistischer Gegenwart, 120

deren Grauen selbst Dante nicht sah. „Die vergeblichen Opfer des Kain" sind die slawischen Brüder, die Tschechen, die Polen, die Ukrainer, die Russen - all jene, die das klerikalfaschistische Regime an der Seite Hitlerdeutschlands bekämpfte. Über eine dechiffrierbare Symbolik wird hier also eine antifaschistische Protesthaltung vorgetragen. Während diese sich aber bei Lukäc bereits seit Mitte der dreißiger Jahre in den Sammlungen Elixier (1934), Moloch (1938) bis hin zu Babel (1944) relativ kontinuierlich ausprägte, wobei sich durch den Bezug auf reale Geschehnisse die Symbolik stärker konkretisierte und sich nicht mehr auf eine ziemlich allgemeine Beschwörung apokalyptischer Visionen beschränkte, setzte in Smreks lyrischem Schaffen erst mitten im Krieg eine solche Entwicklung ein. Der Autor, der im Jahre 1936 auf dem Schriftstellerkongreß von Trencianske Teplice die Gefahr der Faschisierung in der Slowakei noch für irrelevant gehalten hatte, 364 muß nun erkennen, daß auch sein eigenes Volk vom Verderben bedroht ist. Gedichte von zeitloser elementarer Lebens- und Sinnesfreude, die nahezu sein gesamtes vorangegangenes Schaffen charakterisieren, treten nun allmählich in den Hintergrund, und ihren Platz nehmen Werke ein, die die Folgen des Krieges, die sinnlose Vernichtung menschlicher und materieller Werte beklagen. Die „Bestie Menschenwurm" bildet nun das Gegenstück zum lebensfrohen Erdenbürger, der naiv dem Spiel seiner Sinne lauscht. Lediglich ein Teil der über einhundertfünfzig Gedichte, die Smrek in den Jahren 1943/44 niederschrieb, erschien in der Sammlung Das Gastmahl (1944). Die meisten konnten ihrer klaren antifaschistischen Aussage wegen erst nach der Befreiung in dem Band Der Brunnen (1945) veröffentlicht werden, kursierten aber noch während des Krieges in mehreren Abschriften und wurden so einem größeren Publikum bekannt. Zu ihnen zählt auch Stalingrad 1942 und Melodie 1943, worin die Hoffnung auf den siegreichen Vormarsch der Roten Armee ausgesprochen, die Rettung des slowakischen Volkes vor dem Untergang beschworen wird. 365

Janko Jesenskys Hinwendung

zum politischen

Zeitgedicht

Ende der dreißiger/Anfang der vierziger Jahre kommt es innerhalb des kritischen Realismus zu einer Stagnation. Diese hat mehrere Ursachen. Zum einen klingt das Schaffen jener Autoren aus, die be121

reiti vor der Wende von 1917/18 bzw. gar vor der Jahrhundertwende zu schreiben begonnen hatten: Elena Soltesova (1939), Tajovsky und Jege (1940) sowie Terezia Vansova (1942) rafft der Tod dahin, die hochbetagte Timrava zieht sich nach der Erzählung Die Überschwemmung (1938) gänzlich ins private Leben zurück. Zum anderen bleibt für die Entwicklung eines k r i t i s c h e n Realismus unter den Bedingungen des Slowakischen Staates wenig Spielraum. Entweder er gleitet in den Traditionalismus ab mit seiner archaischen Beschwörung von Scholle und Heimat, oder er fördert die nationale Mobilisierung. Die echte, „gesunde", „nationale" Literatur sollte nach den Vorstellungen des Tiso-Ideologen möglichst sogar beides leisten. S. K. Smälov sieht solche Leistung im Werk Kukucins vorgezeichnet, zumindest paßt er dessen Literaturverständnis enthistorisiert in dieses Klischeebild ein: „Die realistische K u n s t . . . ist in den nationalen Dienst eingespannt."366 Sehr bald schon werden dann beide Komponenten zum nationalsozialistischen Dienst zusammengezogen: „Die Zeit und die Entwicklung der europäischen Verhältnisse haben gezeigt, daß diese zwei Gedankenströme - der nationale Strom und der soziale Strom - sich sehr gut unter einem Hut vertragen, so daß sie sich im Wesen decken. Sich das auch bei uns bewußt zu machen, war höchste Zeit und sehr notwendig."367 Urbans Roman In der Schlinge (1940) gilt als erfolgversprechender Beginn in der gewünschten Richtung und wird zum ästhetischen Gegenwurf zur „destruktiven" experimentellen Prosa hochstilisiert.368 In dieser Atmosphäre gerät auch Josef Ciger Hronsky in eine tiefe Schaffenskrise, wie das künstlerische Gefälle zwischen den Romanen Die Schreiber Grac (1940) und Auf Bukvas Hofe (1944) deutlich macht. In letzterem bilden „die Erde, der ,Atem' der Erde, ihr ,Duft', die Scholle, das Brot, ewiges Geheimnis und Wunder zugleich"369 den ideellen Hintergrund des Romans. Der schöpferische Impuls, der Hronskys frühere Arbeiten, insbesondere sein bestes Werk Die armen Seligkeiten des Josef Mak (1933)370* ausgezeichnet hatte, ist erloschen, das Erstarren in der Routine (bis hin zum Eigenzitat) unübersehbar. Angesichts dieser Situation verdient die Entwicklung Janko Jesenskys, der mit seinem Roman Demokraten (1934 bis 1937)371* den slowakischen kritischen Realismus noch einmal zu einem Höhepunkt geführt hatte, besondere Aufmerksamkeit. Seine Haltung gegenüber dem klerikalfaschistischen System war scharf ablehnend, jeglichen Kompromiß wies er entschieden von sich. Von Anfang an durchschaute er den menschenfeindlichen Charakter des slowakischen Fa122

schismus, ließ er sich von dessen nationalem und klerikalem Gewand nicht täuschen. Um das progressive Erbe aus den nationalen Emanzipationskämpfen vor 1917/18 zu bewahren, in die der stets nationalbewußte, doch nie nationalbornierte liberale Demokrat selbst engagiert und an verantwortlicher Stelle eingegriffen hatte, rief er zum Widerstand gegen diesen slowakischen Separatstaat auf. Noch vor dessen Ausrufung hatte er zusammen mit Tajovsky das Parlament aufgefordert, einer Löstrennung von der Tschechoslowakischen Republik die Zustimmung zu verweigern: „Wenn Sie heute zu entscheid den haben, ob die autonome Slowakei Teil der Tschechoslowakischen Republik sein wird oder ein selbständiger Staat an der Seite eines Nachbarstaates, dann erinnern Sie sich bitte daran, daß die standhaften slowakischen nationalen Kämpfer gemeinsam mit den Tschechen für die Freiheit der slowakischen Nation gekämpft haben . . ."372 Diese konsequent antifaschistische Hältung intakten einer Atmosphäre der nationalen Triumphstimmung ist auch Jesenskys künstlerischem Schaffen eigen und führt hier zu Konsequenzen, die über den stofflich-thematischen Bereich weit hinausgehen. Sie bewirkt beim Autor einen überraschenden Gattungswechsel, einen Wandel auch im FunktionsVerständnis der Literatur überhaupt. Zunächst bleibt Jesensky noch bei der Epik, nutzt er weiterhin die kleine Form, um sein aktuelles Anliegen vorzutragen. Die heitere Besinnlichkeit seiner früheren Humoresken weicht dabei tragikomischen Zügen, das leicht nostalgische Lächeln, das über jenen liegt, die kritisch die k.u.k. Zeit beleuchten, erstarrt nun zur Grimasse, wie die Erzählung Angst (1939 bis 1941) belegt, in der es ihm gelingt, bisherige Gestaltungsweiscn auf den unerhörten Gegenstand 1 des gewöhnlichen Faschismus anzuwenden. In der Figur, des ehemaligen Politikers Mal' vik werden die Einschüchterungsversuche der neuen Machthaber dargestellt, ihr brutales Vorgehen aber nicht als Zeichcn der Stärke, vielmehr als Indiz eigner Unsicherheit gewertet. „Ja, und die uns so ängstigen", so erkennt der gequälte und verfolgte Mal'vik, „haben selber die größte Angst . . . Schrecklich sind sie, damit die Leute sie fürchten. Schrecklich sind sie, weil sie die Leute fürchten." 373 Um noch rascher in die politische Auseinandersetzung eingreifen zu können, wandte sich Jesensky aber schon bald von der Kürzprosa ab und nach vier Jahrzehnten wieder der Lyrik zu, ohne damit zum Kanon der Slowakischen Moderne zurückzukehren. Vielmehr stellte er die Lyrik ganz in den Dienst des Tages, bevorzugte bewußt einfache, auf Breitenwirkung bedachte Strukturen, setzte meist die Mittel der 123

Satire bis hin zur Parodie ein, um das Gedicht als Waffe im Kampf gebrauchen zu können. So entstand eine Lyrik von unmittelbarem politischem Gebrauchswert, die zur Änderung menschlicher Haltungen beitragen will: Der Dichter zielt auf Ernüchterung, sucht durch Desillusionierung Widerstandswillen, durch das entlarvende Wort die antifaschistische Tat zu bewirken. Kennzeichnend für Jesenskys operative Lyrik ist u. a. das Gedicht Das nationale Banner. Es ist am 5. Oktober 1939 geschrieben worden und nimmt auf Zeitungsmeldungen Bezug, wonach anläßlich des „Falls von Warschau und Tukas Verurteilung" von Bratislavas Häusern die slowakischen Nationalfahnen geweht haben. Jesensky deckt den Widersinn solcher Flaggenehrung auf. Béla Tuka, einer der Wegbereiter des slowakischen Klerikalfaschismus, war 1929 von einem tschechoslowakischen Gericht zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt worden und ließ sich nun im Slowakischen Staat als Held feiern. Jesensky macht deutlich, daß für einen aufrechten slowakischen Patrioten weder der zehnte Jahrestag der Verurteilung Tukas noch die Niederwerfung Warschaus durch die Hitlerfaschisten Anlaß zu Jubelfeiern sein können. Der Autor will eine klare Stellungnahme zu den polnischen Ereignissen provozieren, wie er es übrigens schon zuvor im Gedicht Finis Polonae - aus dem Blickwinkel eines slowakischen Soldaten und direkt an die in Polen eingesetzten slowakischen Truppen gewandt - versucht hatte. Er konstatiert: Das nationale Banner heute wieder ist voller Schmutz und reinigt dicht ; die Helden schlägt es nieder, empor hebt es den Bösewicht. Das nationale Banner heute wieder ist nicht des Volkes Wille ; einen Verräter belebt es wieder, achtbaren Toten raubt es die Stille. Das nationale Banner heute wieder ist den Unwürdigen zu entreißen.: Geh auf die Ehrlichen, Tapferen, Freien über, um wahre Vaterlandsliebe zu preisen !37/i Die Themen, die der Dichter wählt, sind vielfältig: Einweihung 124

eines Denkmals, Attentat auf Hitler, Vernichtung Lidices, slowakische Soldaten an der Ostfront, Auszeichnung von Hitlerfaschisten, die sich bei der Unterdrückung des Nationalaufstandes „bewährt" haben, durch Tiso und ähnliche. So schlicht die künstlerische Gestaltung auch ist, Jesensky vermag Aktivität zu erzeugen, da er das Empfinden breiter Volksschichten artikuliert. Jesenskys dokumentarisch kommentierende und satrisch analysierende Zeitgedichte gehen in Abschriften von Hand zu Hand, erscheinen in illegalen Zeitschriften, werden schließlich auch anonym im slowakischen Exilzentrum London in zwei Sammelbänden (Vor dem feurigen Drachen, 1941; Der heilige Zorn, 1944) herausgegeben. O f t als Beweis für die Existenz der „anderen Slowakei" verstanden, leisten sie im antifaschistischen Widerstand Bedeutendes, zumal sie nicht nur allgemein an Menschlichkeit, sondern in echtem Traditionsverständnis an patriotische Gefühle und realgeschichtliches Denken appellieren. Mit beißender Ironie führt Jesensky immer wieder den Nachweis, daß der klerikalfaschistische Staat nicht die Erfüllung der nationalen Bestrebungen des slowakischen Volkes sein kann, daß das Tiso-Regime kein Recht hat, das Vermächtnis von Generationen slowakischer Patrioten für sich in Anspruch zu nehmen, da es das Volk seiner demokratischen Freiheiten beraubt hat, daß der Dienst für die Nation und ihre sozialen Geschicke vielmehr den Kampf gegen den Nationalsozialismus bedinge.

Die lyrische Prosa Bereits 1942 vertrat Clementis die Ansicht, daß das „Vordringen des Surrealismus" in der Slowakei keine isolierte Erscheinung sei, „sondern einerseits mit der psychologisierenden und moralisierenden Prosa, andererseits mit den strukturellen (die autonomen Gesetze der Literatur beachtenden) literaturkritischen Methoden und ästhetischen Maßstäben korrespondiere". 375 In der Tat stehen alle diese Erscheinungen in einem engen Zusammenhang. Mit dem Aufbau einer slowakischen Literatufkritik Ende der dreißiger Jahre, die sich aus dem Banne des Positivismus löste und sich modernen wissenschaftlichen Untersuchungen der Feinstruktur von Kunstwerken öffnete, wurde die Polarisierung des lebendigen Literaturprozesses hier traditionalistisches Beharren auf erledigten ästhetischen Mustern, dort intensives formales Experimentieren - wesentlich beschleunigt. 125

Hierbei erfüllte die 1937 als Vereinigung von Wissenschaftlern und Künstlern gegründete Wissenschaftliche Synthese376* zweifellos eine wichtige Aufgabe. Angesichts der Tatsache, daß sich die Anhänger des Traditionalismus in der Regel mit dem Klerikalfaschismus verbanden, erhielt diese Vereinigung mit ihrem betont antitraditionalistischen Programm nicht nur einen nonkonformistischen, sondern objektiv sogar einen antifaschistischen Charakter, weshalb sie 1940 auch durch die Sicherheitsbehörden des Tiso-Regimes aufgelöst wurde. Bei aller positiven Wertung dieses Entwicklungstrends kann der Literaturprozeß unter den Bedingungen des Slowakischen Staates nicht im Kraftfeld dieser beiden Pole geortet werden, ohne nicht auch zugleich das Verhältnis der Literatur zur realen Wirklichkeit zu berücksichtigen. Dies wurde auch schon damals erkannt. Clementis wertete zwar surrealistische Poesie, experimentelle Prosa sowie strukturelle literaturkritische Methoden als „legales" Gegengewicht zu den Gleichschaltungsmaßnahmen des Tiso-Regimes, plädierte damit aber keineswegs für ein überanstrengtes Metaphorisieren. Sowohl in det Schrift Gleichgeschaltete Slowakei (1942) als auch in seiner Einleitung zum Sammelband Der heilige Zorn (1942) ging es ihm primät um eine Bestimmung des unmittelbaren Kampfwertes der Literatur. Im Londoner Exil interessierte ihn vor allem die Frage, inwieweit die Literatur zu Hause das klerikalfaschistische System unterstützte und inwieweit sie ihm entgegenwirkte. Von daher erhielten für ihn Widerstandsäußerungen in der legal erscheinenden Literatur und Literaturkritik ebenso ihren festen Stellenwert wie die illegale operative Dichtung, „die ,Agitka', der politische Vers, die Satire, das Epigramm", die unter den spezifischen geschichtlichen Bedingungen „zu einer der wichtigsten psychologischen Waffen"377 wurden. In konsequenter Anwendung des funktionalen Aspekts unterschied er sogar nicht nur zwischen „legaler" und „illegaler" Widerstandslitcratur, sondern auch noch zwischen „Schubfachliteratur" und (als bewußte Protesthaltung) „nichtgeschriebener Literatur".378 Clementis kam es also insbesondere darauf an, daß der slowakische Dichtet „seine nationale und menschliche Pflicht" begriff, mochte er nun wie Jesensky „zu den alten Formen, zum schlichten Reim, aber auch zum klaren, kompromißlosen und jedem verständlichen Wort zurückkehren"379 oder auch nicht. Da es ihm um die Haltung des Autors und um die objektive Wirkung des von ihm geschaffenen literarischen Produkts ging, rückte er die Frage der ästhetischen Wertung im engeren Sinne an die zweite Stelle.: „Ich weiß nicht, in welche ,Dichter126

schule' dereinst Literaturkritik und -geschichte dieses Schaffen einreihen, welche poetischen Werte sie ihm zuerkennen werden. S i c h e r i s t j e d o c h soviel, daß sich d e r s l o w a k i s c h e Dichter damit unter die V e r t r e t e r hoher m o r a l i s c h e r u n d c h a r a k t e r l i c h e r W e r t e e i n g e r e i h t hat."380 Auf die Einheit von Künstler und Werk verwies zur gleichen Zeit in der Slowakei der demokratisch gesinnte Kritiker Jozef Felix in dem Aufsatz Stärke und Schwäche des 'Wortes (1942). Ohne die von Clementis geltend gemachten funktionalen Gesichtspunkte außer Kraft zu setzen, forderte er einen „völligen Wandel des Funktionsverständnisses von Dichter und Literatur" wie auch einen „gänzlichen Wandel bisheriger Schaffensprinzipien". Felix fragte nach den Grenzen des Umgangs mit dem Wort. Eine Analyse gegenwärtiger Lyrikund Prosaentwicklung signalisierte ihm die Gefahr, das Spiel mit dem Wort könnte zu entleertem „Verbalismus" führen, ja die slowakische Literatur könnte eines Tages „im Wort ertrinken". Nicht als Gegner, sondern als Befürworter von moderner Literatur hielt er es für dringend angezeigt, den „Begriff des Dichters" wiederherzustellen, d. h., „die ganze Persönlichkeit mit einem entwickelten Gefühl für Verantwortung und formale Bestrebung" ins Schaffen einzubeziehen, „Trieben und Instinkten" nicht freien Lauf, „das Wort als solches nicht zu einem souveränen und selbständigen Element werden" zu lassen; hinter ihm müßten stets auch „bestimmte ideelle Werte und also der ganze Mensch mit seinem Verstand und seinem Willen stehen". 381 Felix wandte sich vor allem gegen den „lyrischen Verbalismus", gegen die Lyrisierung der Prosa. Diese Tendenz würde in differenzierteren Literaturen durch „Gedankenfülle und klassische Strenge im Ausdruck" ausgeglichen, könnte in der slowakischen aber zu unfruchtbarer „Logophagie" führen. Daher müsse das Problembewußtsein für die Frage geschärft werden, ob diese Entwicklung ein „Reservoir neuer Formen" zu erschließen vermöge oder ob sie lediglich „Ausdruck einer geistigen Krise" sei.382 Obwohl also Clementis und Felix von unterschiedlichen Standorten und Prämissen aus an die Analyse des slowakischen Literaturprozesses im zweiten Weltkrieg herangingen, gelangten sie beide unabhängig voneinander zu der Ansicht, daß der inhaltlichen Seite des künstlerischen Schaffens die gemäße Aufmerksamkeit zu schenken, die intensive Suche nach neuen Gestaltungsmitteln nicht von der Verantwortung des Schriftstellers für das Geschehen in der realen Welt zu trennen sei. 127

Sosehr sich die Vertreter der lyrischen Prosa, einer Richtung, die sich Mitte der dreißiger Jahre in der slowakischen Literatur unter dem Einfluß des Werks von Giono und Ramuz auszubilden begann, 383 auch darum bemühten, „eine Lösung zu finden, wie Lyrik auf die Prosa zu übertragen sei"38'1, erschöpfte sich ihre ästhetische Bestrebung keinesfalls in verbaler Effekthascherei. Insoweit waren die Felixschen Befürchtungen tatsächlich übertrieben. Sowohl1 Margita Figuli als auch Dobroslav Chrobäk, L'udo Ondrejov und Frantisek Svantner bewiesen in den Jahren des Krieges, daß sie sich ungeachtet unterschiedlicher künstlerischer Konsequenzen der Verantworf tung des Schriftstellers für sein Wort und dessen Wirkung sehr wohl bewußt waren. In einem Interview betonte Margita Figuli bereits 1940 expressis verbis, daß sie vom Schriftsteller erwarte, daß „seine Worte die Menschheit aus ihrer Ratlosigkeit befreien und daß er mit seiner Stimme die Menschheit nicht nur zu kristallklarer Vollendung, sondern auch zu moralischer Festigkeit und reiner Humanität führe" 385 . Aus diesem Blickwinkel ist weniger Figulis bekannteste Erzählung Drei kastanienbraune Pferde (1940), eine zeitlose verträumte Liebesgeschichte vor einer imposanten Naturkulisse - obwohl auch hier die ethischen Werte betont werden - , sondern ihre Novelle Der Bleivogel (1940) signifikant. In ihr protestierte die Autorin leidenschaftlich gegen die Teilnahme slowakischer Soldaten an der Niederwerfung Polens: Eine slowakische Mutter begreift den Tod ihres Sohnes - er wird von polnischen Partisaninnen erschossen als Sühne für jenes Unrecht, das Slowaken in Polen mitbegangen haben, auch wenn sie an dem Schmerz über den Tod des geliebten Sohnes zerbricht. Mit solch zeitbezogener Thematik vollzog Margita Figuli einen Ablösungsprozeß von den ursprünglichen Intentionen der lyrischen Prosa, die primär auf das Verhältnis von Mensch und Natur gerichtet waren. Aufgrund des klar artikulierten antifaschistischen Engagements erreichte sie innerhalb dieser literarischen Richtung eine neue ästhetische Dimension: Die hohe Kultur sprachlichen Ausdrucks verbindet sich bei ihr organisch mit einem aktuellen Wirklichkeitsbezug. Die latente Gefahr, sich im Biologischen zu verlieren, das Verhältnis von Mensch und Natur, Mensch und Landschaft außerhalb des gesellschaftlichen Beziehungsfeldes zu betrachten und dabei antikapitalistischen Stimmungen eine regressive, letztlich illusionär-antizivilisatorische Richtung zu geben, erweist sich somit als durchaus überwindbar. Die lyrische Struktur zeigt sich aufnahmefähig für eine parteiliche, gesellschaftlich eingreifende Auseinander128

setzung mit der Umwelt. Allerdings muß Figuli sehr bald erkennen, daß die „löchrige Totalität" 386 , die Durchlässigkeit der Zensur, sich mehr und mehr verringerte und bald kaum noch einen Spielraum zu solch unverhüllter Aussage ließ. Sie zog sich zurück, um den gleichnishaften Roman Babylon zu schreiben, der erst nach dem Kriege vollendet wurde, der aber nach dem Selbstzeugnis der Autorin darauf abzielte, die faschistische Gegenwart im historischen Geschehen mitzuspiegeln: „. . . voller Schrecken stand ich als Glied der menschlichen Gesellschaft dem dahinjagenden geschichtlichen Sturmwind gegenüber, und ich suchte nach Analogien, in denen das blutige Drama Europas und der Welt einmünden könne . . . Bestimmte Abschnitte im Leben des Chaldäerreichs erinnerten mich sehr an die Gegenwart." 387 Das Schicksal Babylons diente Figuli als „Spiegel unseres Jahrhunderts", um der Geschichtskonzeption der Hitlerfaschisten entgegenzuwirken, die zur Rechtfertigung ihrer Weltherrschaftspläne die Sklavenhalterordnung idealisierten, die Despotie verherrlichten, die Eroberungskriege als gerechte, für die unterjochten Völker segensreiche Kriege priesen.388 Wenn daraus schließlich auch kein Schlüsselroman im engeren Sinne, sondern ein auf geschichtliche Detailtreue bedachter historischer Roman mit gleichnishaften Zügen geworden ist, so bestätigt er doch augenfällig die Akzentverschiebung in Figulis Schaffen vom Zeitlos-Kreatürlichen zum Realgeschichtlichen hin. Die Notwendigkeit solcher Umorientierung erkannte während des Krieges auch Dobroslav Chrobak. Zwar blieb er noch weithin auf der „naturistischen Beschreibungslinie", doch deutet sein Epilog zum Roman Der Dracbe kehrt wieder (1943), der die Handlung stärker in die Vergangenheit rückt, schon an, was er kurz darauf in einem Interview ausdrücklich bestätigt, daß er seine Sicht auf das Dorf revidiert. Der Archetypus des Adam Krt aus Kukucins Erzählung Die scheckige Färse erscheint ihm nun antiquiert. Der Dorfbewohner sei „heute ebenso ins Weltgeschehen einbezogen wie der Städter", und dem müsse die Literatur Rechnung tragen. Standhaft verwahrte er sich aber gegen Interpretationen von seiten der regimetreuen Kritik, sein Roman diene den klerikalfaschistischen Attributen der „zemitost'" und „svojräznost' ", 389 so wie es vor ihm bereits L'udo Ondrejov getan hatte, als man seinen Roman Jergus Lapin (1939) rassistisch zu deuten suchte: „Bei Jergus Lapin ist es nur ein Zufall, daß die Unterdrücker des Volkes gerade Ungarn und Juden sind. Wer auch immer an ihrer Stelle wäre, Jergus würde sich gegen sie wenden!" 390 9

Richter, Literatur

129

Selbst in Svantners Prosaschaffen ist bereits während des Krieges neben der strikt „naturistischen" Darstellung eine stärker wirklichkeitsorientierte Gestaltungsweise erkennbar, die dann nach dem Kriege dominant wurde. Am extremsten im biologischen Sein verhaftet bleibt Svantners Mikroroman Die Abnbraut. Hier verselbständigt sich die „Psychologie der Natur", so ernst auch die Absichtserklärung des Autors zu nehmen ist, daß das Werk „ein bescheidener Toast auf das Leben" sein sollte, „als man sonst dem Tode zuprostete", ein Hymnus „auf die reine Menschlichkeit gerade in dieser Zeit, als diese . . . sich zersetzte".391 Anders verhält es sich mit der Novellensammlung Malka (1942). Hier ist die mythische Verklärung der Natur in einigen Erzählungen wie Begegnung, Sabl'a oder Gottes Spiel aufgehoben durch einen gesellschaftlichen Handlungshintergrund. Gottes Spiel kann durchaus als Antikriegsreaktion interpretiert werden, die sich, obwohl Lebensmaterial aus dem ersten Weltkrieg gestaltet wird, eindeutig gegen den Krieg mit der Sowjetunion wendet. Hieran kann Svantner 1948/49 in seinen Novellen, die sich mit Geschehnissen des zweiten Weltkriegs auseinandersetzen, anknüpfen. In ihnen erfolgt eine stärkere Hinwendung zur gesellschaftlichen Realität, die sich vor allem im Roman Das Leben ohne Ende (postum 1966) produktiv niederschlägt. Svantner gelingt schon in den Novellen Die Dame, Der Priester und Der Bauer392 ohne Preisgabe der lyrischen Gestaltungsweise und der dadurch bedingten subjektiven Sicht eine ästhetisch gültige, offensive Auseinandersetzung mit dem Faschismus. Die Wandlungsprozesse innerhalb der slowakischen bürgerlichen Literatur, die hier an Entwicklungen des Surrealismus, des Symbolismus, des kritischen Realismus und der lyrischen Prosa veranschaulicht worden sind, greifen natürlich über diese Richtungen hinaus. Sie könnten durchaus an weiteren Schriftstellerpersönlichkeiten demonstriert werden. 393 In der Lyrik kommen im Zusammmenhang mit der „Aufstandslyrik", d. h. mit der während des Slowakischen Nationalaufstandes in der unmittelbaren Atmosphäre des bewaffneten Widerstands geschriebenen Dichtung noch weitere Autoren zu Wort. Neben der lyrischen Prosa wäre vor allem noch jene antitraditionalistische experimentelle Prosa mit stark psychologisierenden Zügen in die Darstellung einzubeziehen, die das Frühschaffen von Dominik Tatarka sowie die Novellistik von Julius Barc-Ivan und von Jan Cerven umfaßt, worin sich insbesondere die bedrückende Atmosphäre im Slowakischen Staat spiegelt und die Suche nach einer Alternative arti130

kuliert. Dies alles würde aber das Gesamtbild dieser Entwicklungen^ deren prinzipiellen Charakter nicht ändern: Es handelt sich bei ihnen um weltanschauliche Wandlungsprozesse mit nachhaltigen Konsequenzen im künstlerischen Schaffen, die in mehrfacher Hinsicht mit den antifaschistischen Bündnisbestrebungen der sozialistischen Literatur korrespondieren: Zum einen in der Erkenntnis des antihumanen Charakters des Faschismus schlechthin, mag er nun in seiner aggressiven Erscheinungsform, dem deutschen Nationalsozialismus, auftreten oder in der scheinbar „gemäßigteren" Spielart des slowakischen Klerikalfaschismus; zum anderen in der Verurteilung des imperialistischen Krieges und nicht zuletzt im Erfassen der historischen Verantwortung und nationalen Verpflichtung, die sich aus dem progressiven Erbe der nationalen Befreiungskämpfe des slowakischen Volkes herleiten.

Aktivierung des progressiven nationalen Erbes für den antifaschistischen Widerstand Auf dem Parteitag der Slowakischen Volkspartei im Herbst 1936 ip Piest'any hatten die „Nästupisten", die Radikalisten im Lager der separatistischen Bewegung, ihre Drohung formuliert, gegebenenfalls mit Hilfe des internationalen Faschismus die Tschechoslowakische Republik zu spalten. Nach dem Wiener Schiedsspruch, der dem Münchener Abkommen folgte, war an eine solche Losung angesichts der erzwungenen Gebietsabtretungen an Ungarn nicht mehr zu denken. Nach der Gründung des Slowakischen Staates hieß die Parole „Von Arnulf bis Hitler, von Pribina bis Tiso", die sich später auch für die Propagierung des „slowakischen Nationalsozialismus" als geeignet erwies. Sie manifestiert das krampfhafte Bemühen des Tiso-Regimes» mit einer Geschichtsklitterung sondergleichen die „Schutzfreundschaft mit dem Großdeutschen Reich" und die Etablierung des slowakischen Separatstaates historisch zu fundieren. Wie willkürlich dabei mit den geschichtlichen Fakten umgegangen wurde, erhellt ein Ausspruch von A. Mach vom 27. März 1940: „Glaubt nicht, wir hätten unsere Geschichte verraten, als wir uns den Deutschen anschlössen. Im Gegenteil, wir sind zur Geschichte zurückgekehrt . . . Dieser Weg führt von Arnulf bis Hitler, von Pribina bis zum Präsidenten Tiso, über den Kampf von Hlinka und Räzus, über die Gräber und Kerker der Anhänger Hurbans und Tukas."'' 94 Innerhalb der nationalistischen 9»

131

und klerikalfaschistischen Mobilisierungskonzepte spielte diese Geschichtsklitterung eine überaus wichtige Rolle. Sie war darauf gerichtet, den „slowakischen Sendungsraum bzw. Lebensraum" abzugrenzen, ohne die Botmäßigkeit unter Hitlerdeutschland in Frage zu stellen. 395 Um das negative Verhältnis zu den Tschechen und Polen in der Gegenwart zu rechtfertigen, suchte man eine Art Erbfeindschaft zu konstruieren, die bis zu Svätopluk zurückreicht („die Tschechen und Polen sahen in Svätopluk nur den Feind und Okkupanten" 396 ). Der Abgrenzung gegenüber den Magyaren wegen durfte die „Idee der Svätoplukkrone" über die „Idee der heiligen Stefanskrone" triumphieren, um die Synthese von „Gott und Nation" nicht durch konfessionellen Hader im eigenen Lande zu beeinträchtigen, durfte sie jedoch nicht mit der kyrillisch-methodianischen Tradition kollidieren. 397 Verbindlich war das Rezept, das Tiso selber seinen Ideologen in die Hand gegeben hatte: „Die Klassenunterschiede sind verschwunden und es gibt nur die Nation." 398 Die verspätet einsetzende soziale Differenzierung der slowakischen Gesellschaft wurde zu einer Kontinuitätslinie der „nationalen Einheit" erhoben und damit sogar das revolutionäre Vermächtnis eines Janko Kral' oder L'udovit Stur nationalistisch umgedeutet. So behauptete Meciar am Grabe von Janko Kral' anläßlich der Überführung der sterblichen Überreste auf den Nationalfriedhof in Martin: „Wir sind das Abbild auch Ihres Geistes. Schützen Sie uns vor Schwäche!" 399 Kurz darauf stempelte er in den Slovenske pohl'ady die Stür-Generation mit Stür als kompromißloser Führergestalt zu Vorreitern des „slowakischen Nationalsozialismus": „Der slowakische Nationalsozialismus ist die organische Entwicklung der Gebote unserer nationalen Erwecker und Freiheitskämpfer ; er ist ein derartiger Aufbau von Weltanschauung und eine solche Festigung des slowakischen Lebenswillens, daß er alle Vorbilder auch der Stür-Generation der Erfüllung entgegenführt, alle ihre Sehnsüchte in dauerhafte Wirklichkeit verwandelt. Aber nur dann, wenn die Geisteskraft dieses staatlichen Anliegens kompromißlos zum Ziel dringt. Stür kannte bei der Arbeit, bei der Anspannung seiner Kräfte keine Umschweife, mit übermenschlicher Entschlossenheit schritt er mit seinen Getreuen zum gemeinsamen Ziel, und die Feiglinge, die Wankenden und Reaktionäre, geißelte er gnadenlos und stieß sie von sich, wenn sie sich seinem Entschluß entgegenstellen wollten. Wir sollten nur auf solche Weise die lichte slowakische Gegenwart festigen, sie mit erhöhter Aktivität in dauerhaftes und unüberwindbares slowakisches Lebensgesetz verwandeln." 400 132

Solche infamen Entstellungen der nationalen Traditionen durften nicht unwidersprochen bleiben. Sie bedeuteten eine beispiellose Herausforderung an die slowakischen patriotischen Kräfte, mochten sie nun zum liberaldemokratischen Lager gehören wie Janko Jesensky oder zu denen, die sich eng an die Kommunistische Partei der Slowakei anschlössen, die nach Zurücknahme ihrer sektiererischen Losung von der „Sowjet-Slowakei" 401 beim Aufbau einer antifaschistischen patriotischen Front zur entscheidenden Triebkraft wurde. Das positive Erbe aus den nationalen Befreiungskämpfen mit seinen demokratischen und revolutionären Inhalten mußte der Demagogie entgegengesetzt, der Selbstbehauptungskampf gegen Germanisierung und Magyarisierung sowie die freundschaftliche Verbundenheit mit den slawischen Völkern herausgestellt werden. In dieser Hinsicht boten sich vor allem die allslawische Idee und die Jänosik-Tradition wie überhaupt die „Räubertraditionen" als Synonym für die antifeudalen Kämpfe des slowakischen Volkes zur Reaktivierung im antifaschistischen Sinne an. Schließlich war die Auseinandersetzung um das klassische Erbe der slowakischen Literatur, z. B. um Janko Kral', Teil des antifaschistischen Widerstands.

Aktivierung der allslawiscben

Idee

Die allslawische Idee bzw. die Idee der slawischen Wechselseitigkeit, von Jan Kollär entwickelt und insbesondere kulturell verstanden, im Vormärz durch L'udovit Stur und seine Anhänger aber als Hebel zur bürgerlichen Nationwerdung auch politisch genutzt, umfaßte neben der internationalen immer auch eine nationale Komponente. Sie artikulierte sich in einem Patriotismus, der sowohl das eigenständig Slowakische als auch das nationalen Stolz weckende Bewußtsein umfaßte, ein Glied jener mächtigen slawischen Völkerfamilie zu sein, welcher nach den Herder-Interpretationen der slowakischen Romantiker die Zukunft gehört und welche zugleich ein unbezwingbares Bollwerk gegen Germanisierung und Magyarisierung darstellt. Nach der erzwungenen Teilnahme der Slowakei am Überfall Hitlerdeutschlands auf Polen und die Sowjetunion wurden diese nationalen ideologischen Traditionen folgerichtig unter antifaschistischem Vorzeichen wieder bewußt gemacht, wobei sich die Hoffnungen im Kampf der Völker gegen Hitlerdeutschland an den mächtigen „russischen Bruder" in Gestalt der Sowjetunion knüpfen. .133

Zurückgegangen wird auf die Kollärsche Idee von der slawischen Wechselseitigkeit, nicht etwa auf spätere panslawistische Konzepte, die im Dienst der imperialen Politik des Zarismus gestanden haben. Auf der Festsitzung des Slawischen Komitees, die am 29. Juli 1943 aliläßlich des 150. Geburtstages von Jan Kollär in Moskau stattfand, hob dies der sowjetische Schriftsteller Alexander Fadejew pointiert hervor: „Nicht vom Zarismus, sondern vom russischen Volk erwartete er (Kollär - L. R.) Hilfe bei der Befreiung der Slawen. Bei Kbllär ist die Idee der slawischen Wechselseitigkeit von einem tiefen Humanismus durchdrungen, vom Geist der Freiheit der Völker.'"*02 Auch der andere Festredner, der tschechische marxistische Historiker Zdenek Nejedly, sah gerade darin die Aktualität von Kollärs .allslawischer Idee für die Auseinandersetzung mit dem Faschismus,: „Eins bleibt bei Kollär unverändert lebendig, sein fester Glaube an die Zukunft der Slawen im Verein mit anderen Völkern der Welt und nicht weniger sein fester Glaube an die hohen menschlichen Werte der slawischen Völker." 4 0 3 Wie schwer der Rückgriff auf Kollär die Tiso-Idcologen traf, erhellt aus der Tatsache, daß R. Brtäns Buch über Kollärs Konzeption der slawischen Wechselseitigkeit verboten wurde. Die Grenzen solcher Aktivierung des allslawischen Gedankens liegen dort, wo lediglich die antigermanische bzw. antideutsche Attitüde dieses Erbes rezipiert und so eine Identität von antideutscher upd antifaschistischer Haltung suggeriert wird, denn dies kaschiert die Abrechnung mit dem eigenen Faschismus. Gegen derartige Einseitigkeiten hatte sich der slowakische sozialistische Dichter Laco Novomesky bereits 1933 gewandt. Theorien, zwischen Faschismus und Nationalcharakter bestünde ein Kausalzusammenhang, hatte er als bürgerlich-nationalistisch entlarvt: „Das kriminelle und pathologische Antlitz des deutschen Faschismus ist dennoch dem deutschen Nationalcharakter ebenso fremd, wie dem Nationalcharakter der Ungarn Horthys. weißer Terror fremd war." 404 Diese Position nahmen die slowakischen Kommunisten auch während des Krieges ein, wo im Widerstand auch deutsche und ungarische Antifaschisten an ihrer Seite kämpften. ii Die Berufung auf die nationalen Existenzkämpfe des 19. Jahrhunderts, die im Bewußtsein des slowakischen Volkes noch immer präsent waren, vermochten die Gefahren für die slowakische Nation in der unmittelbaren klerikälfaschistischen Gegenwart überzeugend zu verdeutlichen, und dies in dem Maße, wie sich das Tiso-Regime als 134

„Agentur des Nazismus'"'05 entlarvte. Daher wurden in der illegalen Presse, in Organen wie Hlas l'udu, Hlas närodu, Ütok, Slovensky partizan, Morho oder Jdnosik,406 gezielt Auszüge aus Werken des Klassizismus und der Romantik abgedruckt. Bevorzugt wurden Textstellen aus Jan Kolldrs Dichtung Die Tochter der Slava, aus Jan Hollys Epos Svätopluk oder aus Janko Kräl's Frühlingslied. Sie vermittelten die Zuversicht, daß „über der erwachten Slawenwelt der Tag der Freiheit anbricht", wenn sich die Slawen „brüderlich die Hand zu neuem Leben" reichen/*07 Bezogen auf die aktuelle Kriegssituation hieß das: Kampf an der Seite der Sowjetunion, Unterstützung des polnischen Widerstands; es enthielt die Aufforderung an das slowakische Volk, sich aus historischer Verantwortung und nationaler Verpflichtung gegen das klerikalfaschistische Tiso-Regime zu erheben. Während des Aufstands fungierte ein Vierzeiler aus Samo Chalupkas Gedicht Töte ihn im Freiheitssender von Banskä Bystrica als Aufforderung zum Kampf gegen den deutschen Okkupanten. Die Auswirkungen solcher Aktivierung des Erbes aus den nationalen Befreiungskämpfen blieben nicht auf die ideologisch-politische Sphäre beschränkt, sie griffen auch in den strukturell-ästhetischen Bereich über. Unschwer lassen sich in der Widerstandslyrik partielle Rückgriffe auf den Kanon der slowakischen Romantik feststellen in der Versstruktur, in der Verwendung von Symbolen, Metaphern, bestimmter lexikalischer Einheiten. Sie verliehen dieser Art Widerstandslyrik zuweilen leicht archaische Züge, was die Identifikation des Adressaten mit der nationalen Tradition im antifaschistischen Kampf erleichterte.

Wiederbelebung

der

Jänosik-Tradition

Die Emanzipationsbestrebungen des slowakischen Volkes hatten jedoch nicht nur eine nationale, stark mit der allslawischen Idee verbundene Zielrichtung, sie trugen auch soziale Züge, waren mit Elementen des Rebellischen und Revolutionären verknüpft. Diese Seite ist in der Jänosik-Tradition besonders ausgeprägt. Jänosik, ein Freibeuter, der den Reichen nahm und den Armen gab, ist in zahlreichen Volkslegenden zum Symbol sozialer Gerechtigkeit, zum slowakischen Nationalhelden geworden. Welch tiefe Wurzeln diese Volkstraditiori geschlagen hat, läßt sich nicht zuletzt daraus ablesen, daß sich seit der Romantik beinahe jede Dichtergenerätion in irgendeiner Form, 135

sei es im Poem, im Drama oder auch nur durch Motivaufnahme, mit diesem Stoff auseinandergesetzt hat. 408 Unter den Bedingungen des antifaschistischen Befreiungskampfes erfuhr auch diese Tradition eine Wiederbelebung, zunächst ebenfalls durch den Nachdruck geeigneter Textstellen aus Werken der Romantik, z. B. aus Jan Bottos Poem Jdnoüks Tod. Solche Auszüge in illegalen Zeitschriften aktualisieren die Klassenlinie des antifeudalen Kampfes, veranschaulichen, daß es die „Herren" sind, die nicht nur Janosik, sondern der Freiheit selbst „den Galgen zimmern".'509 Daß diese Interpretationslinie für das Regime nicht akzeptabel war, davon zeugt u. a. die Tatsache, daß Ponicans umfassende Prosaerzählung Die Jänosiks (1939) Manuskript blieb und daß sein Drama Janosik (1941) zwar veröffentlicht, nicht aber aufgeführt werden durfte, da es in Janosik den „sozialen Reformator"'''10 bzw. den einen Volksaufstand vorbereitenden „antifeudalen Revolutionär" 411 versinnbildlichte. Auch Maria Räzusovä-Martäkoväs Janosik-Stück (1941), mit welchem die Autorin die traditionelle Auffassung dadurch durchbrach, daß sie diese Figur stärker intellektualisierte, nahm ungeachtet der Anstrengungen der regimetreuen Kritik, es ideologisch für sich auszubeuten,412 eine gegen das herrschende Regime gerichtete Aussage an, so daß es nach wenigen Vorstellungen wieder vom Spielplan abgesetzt wurde.413 Die konsequenteste Umfunktionierung fand die Jänosik-Tradition in den Kampf-, besonders in den Partisanenliedern.414 Hier wurde zwischen Jänosiks Ringen um soziale Gerechtigkeit und dem antifaschistischen Kampf für eine neue Zukunft, für die soziale Befreiung des Volkes, ein Gleichheitszeichen gesetzt. Dieses Traditionsverständnis fördert die literarisch produktive Gestalt des Volkskämpfers zutage, der nicht nur als Räuber für zugefügtes Leid auftritt, sondern die jahrhundertelange Sehnsucht des Volkes nach sozialer Gerechtigkeit dadurch erfüllt, daß er ihm die Fesseln abnimmt. Aus spontan agierenden Rebellen entwickeln sich Revolutionäre, die sich - allmählich der geschichtlichen Bedeutung ihres Handelns bewußt werden. Das Partisanenlied wurde in der Slowakei ähnlich wie in Jugoslawien zum massenwirksamsten Genre der antifaschistischen Widerstandsliteratur. Meist anonym und kollektiv entstanden, greift es auf einen über die Jänosik-Tradition hinausgehenden, in Jahrhunderten gebildeten reichen Schatz an Kauberliedem415* zurück, in denen das Freiheitsstreben des slowakischen Volkes, sein unbeugsamer Wille, sich gegen seine Unterdrücker aufzulehnen, auf vielfältige Weise ausgedrückt wird. Oft behält das Partisanenlied die Struktur der 136

literarischen Vorlage bei und aktualisiert die Aussage lediglich durch den Austausch einzelner Wörter. Als Beispiel bietet sich uns die Umfunktionierung des alten slowakischen Volksliedes Vom Ahornbaum an. F. C. Weiskopf, der sich auch selbst mit der Problematik des slowakischen Widerstands literarisch auseinandersetzte - der Roman Vor einem neuen Tagiiß* nimmt die Ereignisse des slowakischen antifaschistischen Widerstands vorweg hat dem deutschen Leser beide Fassungen in einer Nachdichtung zugänglich gemacht: Ahornbaum, Ahornbaum, Ahornbaum, Ahornbaum, Ahornbaum, du grüner! Ahornbaum, du grüner! Auf dem Herrenhofe Unter fremden Herren Wein ich, armer Diener, Ächz ich, armer Diener. Auf dem Herrenhofe Unter fremden Herren Ist ein tiefer Bronnen Ist das Land gekommen; Wirst Du, lieber Gott, mich Haben, lieber Gott, uns Von hier freibekommen, Alles weggenommen, Von hier freibekommen? Alles weggenommen. Anderswohin tragen? Alles weggetragen. Sonst wird mich der Dienst Doch es kommt die Stunde noch Ganz und gar erschlagen . . . Da wir sie verjagen.417 An dieser Umfunktionierung, deren Authentizität durch Weiskopfs Vermerk „Neue Fassung, gesungen von den Partisanen, die gegen Hitlers Besatzungstruppen kämpften"418, ausdrücklich bestätigt wird, fällt auf, daß an die Stelle der sozialen Bedrückung die nationale Bedrohung tritt, ohne daß der Aspekt der Klassenauseinandersetzung dadurch aufgehoben wird. Es sind „fremde Herren", unter die „das Land gekommen" ist, die es zu „verjagen" gilt - der nationale Befreiungskampf ist auch ein Kampf um die soziale Befreiung. Das Verfahren der Umfunktionierung wird in der „Partisanenfolklore" häufig angewandt, nicht nur zur Aktualisierung überlieferter Werke, sondern auch zur Integration andersnationaler Gegenwartsstoffe. So werden sowjetische Partisanenlieder, die sich unter den Aufständischen großer Beliebtheit erfreuen, oft nicht einfach übersetzt, sondern schöpferisch auf den slowakischen Kontext übertragen, d. h. den heimischen Folklore-Traditionen, ihren Symbolen und Motiven gemäß adaptiert.419* Die Aktivierung progressiver nationaler Traditionen geschah also 137

auf unterschiedlichste Weise und verfolgte unmittelbar das politische Ziel, den Widerstand gegen die Hitlerfaschisten und ihre Helfershelfer im eigenen Lande als patriotische Pflicht, als historisch unausweichliche Fortsetzung der nationalen Befreiungskämpfe des slowakischen Volkes erscheinen zu lassen. Die Produktivität solcher Erbereaktivierung, an der die Kritiker Alexander Matuska, Jozef Felix und Michal Chorväth entscheidenden Anteil hatten, bestätigte während des Slowakischen Nationalaufstandes der Kritiker Michal Povazan in dem Prav da-httikd Mit wem gebt ihr, Meister der Kultur? Darin forderte er dazu auf, die Versuche der „Machs, Gaspars und Meciars" zu vereiteln, „aus den alten slowakischen Schriftstellern nazistische Hetzer zu machen und sie gewaltsam mit den chauvinistischen und rassistischen Verirrungen in Verbindung zu bringen", Versuche, die in der absurden Behauptung einiger Mach-Leute gipfelten, „das slowakische Volk gehöre gar nicht in die slawische Völkerfamilie" - , und betonte die Einheit von Geschichte und Gegenwart im antifaschistischen Kampf: „Aus dem Mund des slowakischen Soldaten und des slowakischen Partisanen erklingen Kampflieder von Botto, Kral', Vajansky, Jesensky und Räzus, und gewiß werden auch die Lieder unserer gegenwärtigen Dichter erklingen. Die Zeit ist angebrochen, da im Kampf und im Schaffen sich alle die Hände reichen."420 Bei aller Korrespondenz mit den bereits geschilderten Bestrebungen hat diese Einheit von Geschichte und Gegenwart im Schaffen der Davisten, der sozialistischen Schriftsteller, sowie in der „Aufstandsdichtung", in der während des Slowakischen Nationalaufstands entstandenen operativen Lyrik, ihren besonderen Ausdruck gefunden.

Sozialistische Literatur und „Aufstandsdichtung" Im klerikalfaschistischen Staat waren die Vertreter der sozialistischen Literaturbewegung den härtesten Bedrückungen ausgesetzt. Suchte das Tiso-Regime die bürgerliche Literatur, sofern sie sich seinen Gleichschaltungsmaßnahmen widersetzte, vor allem durch Zensureingriffe niederzuhalten, so wandte es gegen die Davisten härtere Restriktionsmaßnahmen an: Peter Jilemnicky wurde als gebürtiger Tscheche ins Protektorat Böhmen und Mähren ausgewiesen und damit praktisch an die Gestapo ausgeliefert, die ihn überwachte und schließlich in ein faschistisches Arbeitslager nach Deutschland 138

verschleppte; Laco Novomesky, Daniel Okäli und Jan Ponican wurden mehrfach verhört und auch ins Gefängnis von Ilava geworfen; Fraiio Kral' wurde aus dem Schuldienst entlassen und isoliert; Vladimir Clementis vermochte sich nur durch Flucht ins Ausland der drohenden „Ausschaltung" zu entziehen. Dennoch verblieb der sozialistischen Literatur noch ein bestimmter Wirkungsraum im Rahmen der Legalität, und zwar insbesondere in der ersten Entwicklungsetappe des Slowakischen Staates. In Smreks Zeitschrift Elan und in Lukäcs Zeitschrift Tvorba, aber auch auf der Kulturseite der Närodnie noviny kamen ihre Vertreter teils unter einem Pseudonym, teils aber auch unter ihrem wirklichen Namen noch gelegentlich zu Wort, ebenso in den von Smrek und Lukäc initiierten Publikationsreihen. Die Davisten waren sich von Anfang an der besonderen Verantwortung bewußt, die sie als Kommunisten i im Kampf gegen den Faschismus und für eine künftige bessere Weltordnung trugen. Auch nach der Etablierung des Tiso-Regimes gaben sie sich nicht einer angesichts der prekären geschichtlichen Lage verständlichen Resignation hin, sondern unternahmen vielfältige Anstrengungen, um ihre Führungsrolle in der antifaschistischen Sammlungsbewegung der Schriftsteller, die sie seit dem Ersten Slowakischen Schriftstellerkongreß von Trencianske Toplice (1936) ausübten, auch unter den neuen Bedingungen ungeachtet ihrer Dezimierurig und ungeachtet ihrer drastisch eingeschränkten Wirkungsmöglichkeiten behaupten zu können. Dieses Ziel konnte, wie sich sehr bald zeigte, weniger durch spektakuläre Einzelaktionen, als vielmehr durch permanente Demonstration einer konsequent antifaschistischen'Haltung, durch beharrliche Zurückweisung der faschistischen Ideologie als menschenfeindliche und gegen die nationalen Interessen des slowakischen Volkes gerichtete Doktrin erreicht werden. Aus diesem Grunde entschlossen sich die sozialistischen Dichter, so lange als möglich im nationalliterarischen Kontext auch legal präsent zu bleiben, ohne irgendwelche ideellen Zugeständnisse an das Regime zu machen, die diesem die Vermarktung ihrer kunstschöpferischen Leistungen in Gestalt regimestabilisierender „Kultürvalutä" gestattet hätte. Dazu bedurfte es immer wieder präziser Grenzmarkierungen. Novomesky zog diese unmißverständlich in seinem eingangs zitierten Rundfunkinterview über seine Eindrücke am Ende des ersten Kriegsjahres, zur gleichen Zeit auch in seinem Aufsatz Was wollt ihr von der Poesie?, der im Dezember 1939 in der Zeitschrift erschien. Hier forderte er, die Dichtung solle „das Wesen und den Sinn weitrei139

chender geschichtlicher Gärung und künftiger Folgen heutiger Veränderungen für den Menschen und die Nation erfühlen . . . Antwort geben auf die aktuellste Frage, wie die unaufhörlichen Umbrüche in der äußeren Welt die Gefühle des Menschen, seine gesamte innere Welt umkehren"421. Vermag sie infolge äußeren Drucks diesem Auftrag nicht nachzukommen, so solle sie lieber schweigen als ganze „Wälzer von Unwahrheiten und Unaufrichtigkeiten" zu verfassen, wie er im Oktober 1943 in der gleichen Zeitschrift als logische Konsequenz schrieb.422 An diese Maxime haben sich die Davisten auch in ihrer literarischen Produktion gehalten. Wo immer möglich, unterliefen sie die von den Tiso-Ideologen ausgehenden geistigen Quarantänemaßnahmen und beteiligten sich an Aktionen progressiver bürgerlicher Autoren, die eine kritische Distanz zum Regime und zu den bestehenden Zeitverhältnissen zum Ausdruck brachten. Auch entwickelten sie eine äsopische Darstellungsweise, die antifaschistische Wirkungspotenzen nicht nur subjektiv herbeizusehnen, sondern auch objektiv freizusetzen vermochte. Als selbst dafür die Voraussetzungen schwanden, meldeten sie sich in illegalen Zeitschriften zu Wort oder wählten das „produktive Schweigen"423, um Raum und Zeit zu gewinnen für eine politische Tätigkeit, die über die Wirkung von Literatur hinausgreift. So schieden sie als Vertreter der sozialistischen Literatur zwar aus dem offiziellen Literaturbetrieb des Regimes, nicht jedoch aus dem lebendigen Literaturprozeß aus, ja sie blieben im literarischen Bewußtsein der slowakischen Nation als ideell-ästhetischer Polarisierungsfaktor weiterhin wirksam. Auf welch unterschiedliche Weise und mit welchen Schaffenskonsequenzen die Davisten dies erreichten, mag ein Hinweis auf Frano Krals legale und illegale Zeitgedichte, auf Ponicans Abkehr von der offensiven Agitationslyrik und Hinwendung zur Tradition der Volksballade im Gedicht Der seltsame Janko (1941) sowie schließlich auf Novomeskys Entwicklungsweg vom Lyrikband Der Heilige hinterm Dorf (1939) über die während des Krieges geschriebenen und in der Zeitschrift Elan veröffentlichten Gedichte der Sammlung Mit geschmuggeltem Bleistift bis hin zum führenden Organisator des Slowakischen Nationalaufstandes veranschaulichen. Damit wird zugleich die Brücke von der sozialistischen Literatur zur „Aufstandsdichtung" und darüber hinaus zu den Literaturverhältnissen im befreiten Aufstandsgebiet geschlagen, in denen sich das Bündnis von sozialistischer und humanistisch-demokratischer bürgerlicher Literatur unter den Bedingungen der anti-

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faschistischen Erhebung des slowakischen Volkes in neuer Qualität und mit entscheidenden Weichenstellungen für die sozialistische Literaturentwicklung nach der Befreiung darbietet. Frano Kräl's äsopische

und satirische

Zeitgedichte

Unterzieht man die in den Kriegs jähren geschriebenen Gedichte Frano Kräl's, von denen damals nur wenige teils legal, teils illegal erschienen, das Gros aber im Schubfach liegenblieb, bis es gemeinsam mit Lobgedichten auf die Befreiung in der Sammlung Aus Nacht zum Licht (1945)42''* an die Adressaten gelangte, einer näheren Betrachtung, so ist man von der Variabilität des künstlerischen Ausdrucks überrascht. Der Dichter und Literaturwissenschaftler Jan Brezina sieht darin „ein Ringen klassizistischer und modernistischer dichterischer Verfahrensweisen", welches das bisherige lyrische Werk des sozialistischen Realisten um Elemente bereichere, die von der „SturPoesie über Symbolismus und Poetismus bis hin zum Surrealismus" reichen/'23 Und er führt den Nachweis, daß es sich hierbei nicht lediglich um einen äußeren Synkretismus heterogener lyrischer Bauelemente, sondern durchaus um eine schöpferische Suche nach adäquaten künstlerischen Gestaltungsmitteln in einem historisch genau fixierbaren Funktionszusammenhang handelt.426 In der Tat lassen sich in „legalen" Gedichten wie Denkwürdiger Herbst427 oder Nach Norden Affinitäten zur symbolistischen Lyrik, im Gedicht Der Winter, das ebenfalls für eine legale Publikation vorgesehen war, Anklänge an die apokalyptischen Visionen der Surrealisten, im illegalen appellativen Gedicht Auf zum Kampf! in bezug auf Lexik und Gestus Anleihen bei den Dichtern der Stiir-Generation und in „Schubfachgedichten" wie Geschichtsfarce - was den Einsatz satirischer und parodistischer Gestaltungsmittel betrifft - Parallelen zu Janko Jesenskys operativer politischer Lyrik428 finden. Die originäre Leistung ergibt sich freilich nicht nur aus diesem Wertungsblickwinkel, sondern in gleicher Weise aus der Grundfrage, inwieweit beim Autor zwischen Dichterwort und staatsbürgerlicher Haltung eine Einheit besteht. Kral' bewährte sich immer wieder als kämpferischer Antifaschist, Solange Peter Jilemnicky noch im Protektorat lebte, hielt er ungeachtet der damit verbundenen Gefahren die Verbindung mit seinem Freunde aufrecht und informierte ihn regelmäßig über die geistige Situation in der Slowakei.429* Und als 1941 die Wehrmachts141

transporte gen Osten rollten, unternahm der schwerkranke Dichter den Versuch, eine Brückc in die Luft zu sprengen/':t0 um ein Signal zu geben, als Slowaken den Krieg der Hitlerfaschisten gegen die Sowjetunion nicht mitzumachen. Liebe zum Vaterland, Treue zum Tschechoslowakischen Staat und Hoffnung auf die Kraft der Sowjetunion und ihrer Armee einerseits, kompromißlose Gegnerschaft zum Tiso-Regime andererseits kennzeichnen die Haltung des Dichters und sein Schaffen. Bereits in seinen Gedichten, die 1939 legal in E. B. Lukäcs Anthologie Vor dem feurigen Drachen erschienen, galt seine Trauer nicht allein dem nationalen Los, obwohl auch ihn die Zerstückelung seiner ^ Heimat, die durch den Wiener Schiedsspruch erzwungenen Gebietsverluste an Horthy-Ungarn, zutiefst berührte. Beweint Lukac in seinem Gedicht Belvedere primär die Wunden am nationalen Organismus, so drückte Kral' im Gedicht Denkwürdiger Herbst die Gefahren aus, die seinem „verratenen Volke" und der durch den Faschismus „verhetzten Menschheit" drohen/'31 Frano Kral' siichte möglichst lange legal zu Worte zu kommen, doch wurde ihm dies in der Slowakei sehr bald untersagt. So hoffte er, bestärkt durch Novomeskys Sammlung Der Heilige hinterm Dorf, zunächst noch auf Edierung seiner Werke in Prag/'32 doch war unter den Bedingungen der Okkupation auch hier an eine Herausgabe nicht mehr zu denken. So blieben Kräl's 1939/40 geschriebene satirische, die aktuellen Zeitereignisse kommentierende Gedichte ebenso liegen wie seine äsopischen, die über eine entschlüsselbare Symbolik den Adressaten aufrütteln sollten. Kral' empfand es als unerträglich, nur für das Schubfach zu schreiben, daher suchte er die Zusammenarbeit mit der illegalen Presse, doch mußte er seinen Eifer zügeln und sich den strengen konspirativen Regeln beugen, da sich in seinem Hause Mitglieder des illegalen Komitees der Kommunistischen Partei der Slowakei trafen/'33 Im Februar 1942 wurde dann aber dennoch im Parteiorgan Hl'as l'udu sein Gedicht Auf zum Kampf veröffentlicht, das ähnlich wie zwei Jahre später sein Partisanenlied in seiner Struktur ganz und gar der unmittelbaren Zweckbestimmung angepaßt war. An die Stelle der Chiffre trat hier die klare unmißverständliche, leicht faßbare Aussage: Noch brüstet der Barbar sich des Brandes ohnegleichen, da weicht die Nacht schon unsrem Morgenrot, ihr Niedergestampften, vor Schrecken Totbleichen, beißt die Zähne zusammen und folgt dem Gebot: 142

Unsre Stunde hat geschlagen, zu der Freiheit Kranze wuchs der Tatra Reis, aus dem Osten Hilfe wird herangetragen, auf zum Kampf, wir kennen seinen Preis ! 434 Kral' greift hier auf die Poetik, auf die Metaphern und Symbole der slowakischen Romantiker („Unsre Stunde hat geschlagen", „der Freiheit Kranze", „der Tatra Reis") zurück, um durch einen direkten Bezug zu den Traditionen der nationalen Befreiungskämpfe des slowakischen Volkes die Verpflichtung des patriotisch gesinnten Staatsbürgers zum Kampf gegen den Hitlerfaschismus und seine Helfershelfer im eigenen Lande sichtbar zu machen. Allerdings werden hier die tradierten Muster rigoros aktualisiert, während sie in Ponicans legal erschienenem Gedicht Der seltsame Janko (1941) auf andere Weise umfunktioniert werden.

Jan Ponicans lyrisch-episches

Gedicht „Der seltsame Janko"

Dieses Gedicht steht in einem vielfältigen Bezugssystem, das der sozialistische Autor schöpferisch nutzt, um legal seine antifaschistische und revolutionäre Gesinnung auszudrücken und Meciars Mobilisierungskonzept in bezug auf das Erbe zunichte zu machen. Dieses umfaßt die alte slowakische Volkssage vom seltsamen Janko und der verwunschenen Jungfrau in der Waag, die vom slowakischen Romantiker Janko Kral* 1844 nach diesem Sagenstoff verfaßte Ballade gleichen Namens,435 die legendenumwobene Dichterbiographie des Janko Kral', ferner die sich geradezu aufzwingende Analogie der gesellschaftlichen Situation - Restauration nach der gescheiterten Revolution von 1848 einerseits, klerikalfaschistische Reaktion nach der Zerschlagung der Tschechoslowakischen Republik im Jahre 1938 andererseits - sowie schließlich die von Ponican tief empfundene Analogie des Dichterschicksals: Auch Ponican durchlebte wie Janko Kral' Gefängnishaft und mußte nach seiner Freilassung mit der Isolation, in die er sich hineingestellt sah, fertig werden. Da nach authentischem Zeugnis dem zeitgenössischen Leser diese Bezüge präsent, also auch dechiffrierbar waren, konnte der Autor weitgehend im vorgegebenen Rahmen der überlieferten Volkssage bleiben.''36 Diesen Sachverhalt unterstreicht er durch den Gebrauch von Metaphern aus der slowakischen Volksdichtung. Durch die Iden143

tifizierung des seltsamen Janko mit dem Dichter Janko Kral' verlieh Ponican der Sage eine neue historische Dimension, die ihm eine aktuelle Auseinandersetzung mit dem Problem der slowakischen Nationwerdung ermöglichte. Insbesondere die Einfügung des Dialogs zwischen dem ungarischen Revolutionsdichter Sandor Petöfi und dem slowakischen Revolutionsdichter Janko Kral' (der seltsame Janko spricht mit dem Schatten des Petöfi) diente der Aufnahme dieses Problems. Der Dialog mündet in der Erkenntnis, daß beide für das Volk tätig waren, das Volk sich aber in Nationen habe spalten lassen. „Darin sind wir einig, ich bin ein Sohn des Volkes" 457 , beschließt Janko Kral' den Dialog. Angesichts der Zeitsituation relativierte Ponican bewußt die sich aus der bürgerlichen Nationwerdung ergebenden nationalen Gegensätze und verteidigte das Primat des Revolutionären gegenüber dem Nationalen: Zur Freiheit des Volkes führt ein Weg, den sollten die Nationen gemeinsam gehn/' 38 Damit markierte Ponican zugleich die Grenzen allslawischer Konzeptionen. Im Kampf um die soziale Befreiung ihrer Völker sind slawische und nichtslawische Nationen Bundesgenossen; erst bei Beachtung solcher übergreifender Interessen kann sich die allslawische Idee zum Wohle der Völker entfalten und bewähren. In dieser Verknüpfung von nationalen und revolutionären Momenten und nicht, wie die Tiso-Ideologen immer wieder glaubhaft zu machen suchen, in der demagogischen Gleichung Nationalismus + Sozialismus = Nationalsozialismus, ist das Vermächtnis Janko Krdl's, des auch vom Regime als Vorkämpfer beanspruchten Dichters der slowakischen Romantik zu sehen. Und es ist nach Ponicans fester Überzeugung die Arbeiterklasse, die dieses Vermächtnis im progressiven Sinne zu verwirklichen vermag. Der seltsame Janko wendet sich hoch oben auf den Bergen an die Holzfäller, sucht sie in ihrer Kraft zu bestärken: Verwandelte sich nun der Wald in einen einzigen starken Baum, könnten Eure Äxte dann noch mit ihm ringen? Kaum. So schließt zusammen Euch, Ihr könnt die Welt bezwingen !439 144

Diese Worte sind Aufruf zur Tat, zum antifaschistischen Widerstandskampf, zum Streiten für ein neues Leben, das vom Volke selber gestaltet werden kann. Damit sich die Prophezeiung erfülle, die dem seltsamen Janko aus den Wassern der Waag entgegenhaJlt: Dem Volke schwellen die Muskeln an, bald zünden sie auf den Bergen die Feuer an!'*40 Mit dem Gedicht Der seltsame Janko stellte sich Ponican als ein gewandelter Dichter vor. Er, der in den zwanziger Jahren ausgezogen war, um emphatisch alles Tradierte niederzureißen, der eine Agitationslyrik bevorzugte, in der das politische Anliegen meist losungshaft vorgetragen wurde, knüpfte nun an die Traditionen der Romantik an und wußte sie so überzeugend weiterzuführen, daß der demokratisch gesinnte Michal Chorväth, der vordem in Ponican einen Bilderstürmer rtationalliterarischer Tradition gesehen hatte, in überschwengliches Lob ausbrach und ihn in die Ahnenreihe von Janko Kral', Samo Chalupka, Andrej Slädkovic und Jan Botto stellte/' 41 Der seltsame Janko gilt bis heute als das Gipfelwerk Ponicans, damals war es für den Autor selbst vor allem der Versuch, aus seiner bedrückenden Isolation, der er im Gedicht Der Häftling in der jede Strophe abschließenden Verszeile „Die Zeit hat mich eingekerkert" 442 Ausdruck gegeben hatte, herauszukommen und dennoch seine unveränderte progressive Gesinnung artikulieren zu können. Im Gedicht Der seltsame Janko gelang ihm nun, was ihm in dem Prosawerk Die Jänosiks mißglückt war: die legale Publizität. Allerdings war auch das Gedicht zunächst von der Zensur verboten worden. Erst nach mehrfachen Interventionen unterschiedlicher Persönlichkeiten konnte die Freigabe des Gedichts zur Veröffentlichung erwirkt werden, 443 * wobei die Tatsache, daß es das erste Buch in der von Smrek neugeschaffenen slowakischen Veröffentlichungsreihe Kammerbibliothek des Elan war, die den Verlust des Prager MazäcVerlages kompensieren helfen sollte, mit eine Rolle gespielt haben dürfte. Der Wirkungsaspekt, nicht so sehr die theoretische poetologische Reflexion, wie sie bei den Surrealisten parallel zu ihrem lyrischen Werk stark ausgebildet war, gab also bei Jan Ponican wie auch bei Frano Kral' den unmittelbaren Impuls zur Erkundung neuer, von ihren bisherigen künstlerischen Erfahrungen und poetologischen Vorstellungen abweichender Gestaltungsweisen. Von ihm wurde die dy10

Richter, Literatur

145

namische Entwicklung der slowakischen sozialistischen Literatur unter den schwierigen Bedingungen des Krieges maßgeblich geprägt, bis jene Grenze erreicht war, wo das „produktive Schweigen" beginnen, das Dichterwort durch andere Kampfmittel flankiert bzw. abgelöst werden mußte, um dem antifaschistischen Widerstand des slowakischen Volkes noch effektiver zu dienen. In dieser Hinsicht ist Novomeskys Entwicklungsweg beispielhaft.

Laco Novomesky

- Dichter und Organisator des

Widerstands

Gleich zu Beginn des Slowakischen Staates sorgte der sozialistische Dichter Laco Novomesky mit seinem Lyrikband Der Heilige hinterm Dorf, der 1939 im bereits okkupierten Prag noch auf den Buchmarkt gelangte, in der slowakischen Öffentlichkeit für kein geringes Aufsehen, führte diese nationalliterarische Gipfelleistung doch Meciars großsprecherisches Getue, die slowakische Literatur werde durch die Liquidierung der sozialistischen Literatur keinen allzugroßen Schaden erleiden, ad absurdum. Zguriskas öffentliches Eintreten für dieses Werk und seinen Autor gewinnt unter diesem Blickwinkel die Qualität eines mutigen Bekenntnisses zu den humanistischen Grundwerten der sozialistischen Literatur. Durch eine solche Stellungnahme mußte sich der Tiso-Ideologe zu einer Entgegnung herausgefordert fühlen. Hatte Zguriska im Dezember 1939 in dem eingangs zitierten Rundfunkinterview Novomesky ausdrücklich bescheinigt, daß er „um die Menschheit ringt", ja „beharrlich einen Weg sucht, wohin er die Seinen zum Licht führen kann" 4 '' 4 , so unterstellte Meciar in seiner Rezension dem Dichter in Hinsicht auf sein Weltverhältnis „das Bewußtsein der Niederlage oder zumindest das Eingeständnis, daß es unmöglich ist, seine Sicht, seinen Plan zu verwirklichen", es sei denn „des Didiers Plan fände Boden und Mittel zur Verwirklichung gerade dort, wo sie ihm bisher noch nicht einleuchteten'"545. Mit diesem Manöver vermochte Meciar freilich die klare antifaschistische Aussage des Bandes, die im Schmerz über die Zeitverhältnisse die Hoffnung auf eine bessere Zukunft einschloß, nicht zu entkräften, allein schon deshalb nicht, weil Novomesky als Dichter und als Staatsbürger dem Regime gegenüber eine kompromißlos ablehnende Haltung einnahm. Im Gegenteil, der geschichtliche Verlauf bestätigte in ungeahntem Maße die in Novomeskys Spaniengedichten ausgesprochenen Warnungen vor Faschismus und Krieg. Die Hamletfrage, wie

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sie Novomesky im Gedicht Der Prinz von Dänemark gestellt hatte, wurde nun, da die Slowakei an der Seite Hitlerdeutschlands in die Kriegsereignisse einbezogen war, wie der Polenfeldzug zeigte und später auch der widersinnige Krieg gegen die Sowjetunion, zu einer Entscheidungsfrage von höchster Aktualität: Der Prinz von Dänemark Totenacker ohne Ende und Angst, die keine Grenzen hat, durchschossene Schädel, durchlöcherte Träume, auch, wieviel Grund, sich mit der Frage abzuquälen, sein oder nicht sein. Qualen armseliger Nächte, die ich allein durchlitt, beklemmen meine Tage, nun soll'n die andern fragen, unglücklicher noch als ich mit keiner Schuld belastet, schwanken auch sie; sein oder nicht sein. Das Haupt in den Händen, an Gräbern des Protestes stehn, mit zärtlichem Hauch sie furchtlos umfangen, ganz für sie sein, aus ihnen sein und in ihnen sein, in ihrem Blut, das ist, glaube ich die Frage. (Nachdichtung: Lotte Elsnerovä 446 )

Nicht Resignation, sondern das Bekenntnis zu einem militanten Humanismus spricht also aus Novomeskys Lyrikband Der Heilige hinterm Dorf. Dieses gründete sich auf die feste Überzeugung des Kommunisten, daß der Niedergang der alten „kriegsfeurigen Welt", den Novomesky im Gedicht Mit den Beinen nach oben in der „Rose mit den schwärzlichen Blütenrändern / über des greisen Europas verdorrendem Adernkreis"447 symbolisiert, unausweichlich ist, daß der „schwarzen Nacht" des „Faschismus" einst der „künftige lichte Tag" 448 folgen werde. Allerdings wurde diese Siegeszuversicht durch die besonderen geschichtlichen Bedingungen zu Beginn der klerikalfaschistischen Herrschaft auf eine harte Probe gestellt. Das Titelgedicht der Sammlung Mit geschmuggeltem Bleistift, das Novomesky im Jahre 1940 in Ilava schrieb, läßt ahnen, welch innerer Kraft es bedurfte, nicht zu verzagen. Daß „unserer Hoffnung Lied" im Lärm der Zeit zu verrauschen droht, ist für den Dichter Anlaß zum „Besinnen der langen Augenblicke'"1'19, Anlaß, intensiv darüber nachzu10»

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denken, welchen Ausweg es aus der „Zeit der Gewehre, Dolche und Klagen'"''50 gibt. Denn trotz alledem blieb sein Glaube an den Sieg des Lichts über die Finsternis ungebrochen, wie sein Gedicht Eine Birke in der Nacht (Dezember 1941) belegt: Eine Birke in der Nacht Die Finsternis, die sie täuscht aus der Ferne mit bleichem Schein unter, des schwarzen Himmels verdunkelter Sternenkette, steht der Trauer der gepeinigten Städte wie dunkle Schleier oder das Dunkel allein. Sie kämpft, als ob in der Nacht ein Lichtstrahl aufblitzt, mit ihr, wie auf schwarzer Tafel ein Kreidestrich. Und die blinde Zeit, ach die blinde Zeit tastet sich durch den Herbst, auf den Knüppel der weißen Birke gestützt. (Nachdichtung: Annemarie Bostroem 451 )

Novomeskys Gedichte der Sammlung Mit geschmuggeltem Bleistift, die in den Jahren des Krieges entstanden und in der Zeitschrift Elan veröffentlicht wurden, geben ein subtiles Bild von der Zeit und schöpfen die Möglichkeiten legaler Publikation maximal aus, ohne daß der Dichter sein poetologisches Credo geändert hätte. Für ihn blieb das Gedicht weiterhin eine „Zeremonie", wurde es nicht zum „Report über eine aktuelle Begebenheit" 452 , dennoch gelang ihm eine parteiliche Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit. Doch dann verstummte der Autor plötzlich in dem Bewußtsein: „Wenn die Waffen klirren, schweigen die Musen. Aber nur, um Waffenträger zu werden." 453 Und Novomesky vollendet durch die Tat, was das Wort nicht mehr zu leisten vermag. E r kämpft im illegalen antifaschistischen Widerstand. Zusammen mit Gustav Husäk und Karol Smidke bildet er das V. Revolutionäre Zentralkomitee der Slowakischen Kommunistischen Partei, das den Slowakischen Nationalaufstand, den antifaschistischen Befreiungskrieg des slowakischen Volkes, vorbereitete und leitete/' 5 ' 1 Novomesky stand als Dichter in diesem Kampf nicht allein. Am Aufstand nahmen zahlreiche Schriftsteller unterschiedlicher politischer Bekenntnisse und verschiedener weltanschaulicher Positionen teil. Sie gestalteten in ihren operativen Werken die Atmosphäre des Befreiungskampfes und bildeten auf dem zeitweilig befreiten Gebiet Kulturverhältnisse aus, mit denen der Grundstein für die Nachkriegsentwicklung gelegt wurde. 148

Dichtung

und Kulturverhältnisse

während

des

Nationalaufstandes

In der „Aufstandsdichtung", in der während des Nationalaufstandes verfaßten Lyrik, manifestiert sich die Einheit von Wort und Tat unmittelbar; von daher ist ihr ästhetischer Wert, die Leistung solcher Dichter wie Milos Krno, Jan Brocko, Milan Lajciak, Viliam Kopecny, Ladislav Dzuränyi, Otto Frank, Marcel Herz, Samo Mal'achPetrovsky, Milan Marecek, Boris Kocür zu bestimmen456, die selber kämpften und im Kampf ihre Verbundenheit mit dem Volk, mit seinem Freiheitssehnen unter Beweis stellten, die bereit waren, ihr Leben für eine sichere Zukunft ihres Volkes hinzugeben. Viliam Kopecny und Ladislav Dzuränyi fielen in den Kämpfen bei Strecno, Marcel Herz und Milan Marecek wurden von den deutschen Faschisten hingerichtet. Otto Frank und Boris Kocür ereilte vermutlich das gleiche Schicksal, sie gerieten in deutsche Gefangenschaft und sind seither vermißt, Jan Brocko und Samo Mal'ach-Petrovsky starben an Erschöpfung. Es sind keine Heldengesänge, die sie verfaßten; neben Aufrufen zum Handeln finden sich Gedichte voller Todesahnung und Siegeszuversicht. Als Beispiel für die appellative Dichtung können die folgenden Verse von Milos Krno gelten, die dieser unter dem Pseudonym M. Blesk am 10. Oktober 1944 in der Pravda veröffentlicht hat: Mit feurigen Augen und reinem Herzen die Flinte, den Spaten, die Feder nehmt zur Hand: Macht ein Ende den Schmerzen, befreit von den Faschisten unser Land !456 Hier dominiert wie im illegalen politischen Zeitgedicht der Appell an patriotische Gefühle, an die Pflicht dem Vaterland gegenüber, der sich keiner entziehen kann, weder der Soldat, der Arbeiter noch der Intellektuelle. Krno, der sich in seinen Erstlingen als ein subtiler Dichter mit variablen Gestaltungsmitteln vorstellte, ordnet hier sein poetisches Konzept ganz und gar dem Wirkungsaspekt unter, der Durchsichtigkeit, Schlichtheit und Einprägsamkeit verlangt. Die slowakische „Aufstandsdichtung" atmet Unmittelbarkeit, spiegelt primär subjektives Erleben. Das Heroische gerinnt hier nicht in mehrdimensionale Geschichtsbilder, sondern drückt sich in kleinen Wirklichkeitsausschnitten aus, wie u. a. das Gedicht von Jan Brocko Partisanenbrot verrät: 149

Ich lobpreise dich, tägliches Partisanenbrot, hart wie Felsen, schwarz wie Kohle, in den Schüttelfrösten der Begeisterung, in den Lumpen des Hungers, der Kälte, der Qual dennoch schmackhaft; gesalzen mit dem blutigen Schweiß der verruchten Vergangenheit, duftend nach rosigem Morgen.457 Dennoch geht durch diese Details nicht die historische Dimension verloren. Der Dichter ist sich, wie Smatläk treffend festgestellt hat, „dessen bewußt, an einer Sache teilzuhaben, die diese Situation perspektivisch überschreitet, denn aus ihrer Gegenwärtigkeit wächst der Keim der Zukunft'"138. Und diese „Aufstandsgedichfce" sind auch deshalb mehr als bloße Beschreibungen der selbsterlebten schweren Kämpfe, weil sie sowohl den Preis der Opfer als auch den Gewinn des Sieges transparent machen. Diese Dialektik wird z. B. in dem Gedicht November sichtbar, das Marcel Herz im Gestapo-Gefängnis von Kremnica kurz vor seiner Hinrichtung niedergeschrieben hat: November Noch kein Seufzen kannten wir, da kam schon der Herbst. Ein paar gelbe Blätter auf dem Nußbaum als Siegel der Tränen und des matten Lächelns eines Sommers, der nicht reifte. Noch hab ich meine düstre Stirn auch die Hände und die Brust, die magere. Doch der Herbst, in hundertfacher Wiederkehr Wird mich im Herzen der Verwesten finden. Glaubt nur, zu sterben vermag nur der, der weiß, wovon er zu künden I459 150

Dieses Gedicht gehört in die Reihe jener Zeugnisse der internationalen Widerstandsliteratur, bei denen der Autor die Einheit von Denken und Wollen, von Wort und Tat mit aller Konsequenz, selbst um den Preis des eigenen Lebens, durchficht. Es besticht wie diese durch Wahrhaftigkeit und schlichtes Pathos. In der „Aufstandsdichtung" in engerem Sinne, wie sie hier an einigen ausgewählten Beispielen vorgeführt wurde, erschöpfte sich die kulturelle Tätigkeit im Slowakischen Nationalaufstand freilich nicht. Seit dem Bestehen und Funktionieren des „Slowakischen Nationalrats als oberstem Organ des slowakischen Widerstandskampfes in der Heimat"* 60 bildeten sich im befreiten Gebiet auf allen Ebenen des gesellschaftlichen Lebens demokratische Herrschaftsformen heraus, die - soweit dies die fortdauernde bewaffnete Auseinandersetzung mit dem Faschismus erlaubte - auch der kulturellen Sphäre neue Entfaltungsmöglichkeiten boten. Allerdings bedeutete die Wiederherstellung demokratischer Verhältnisse nicht einfach Rückkehr zu den Vormünchener Strukturen und Methoden, sondern entsprechend dem veränderten Kräfteverhältnis Hinwendung zur Volksdemokratie. „Der Slowakische Nationalrat und seine Organe", stellt Husak rückblickend fest, „waren revolutionäre Machtorgane des aufständischen Volkes. In jedem Bereich hatte die Kommunistische Partei ihren Vertreter, der für die Interessen und Ziele des werktätigen Volkes eintrat." 461 Dabei sicherte die paritätische Zusammensetzung des Nationalrates (von fünfzig Mitgliedern gehörten - die beiden militärischen Befehlshaber ausgenommen - nach der Vereinigung der Kommunisten und Sozialdemokraten vierundzwanzig der ideologisch geschlossenen Kommunistischen Partei der Slowakei und vierundzwanzig dem heterogenen bürgerlichen Lager an, und im achtköpfigen Präsidium befanden sich mit Karol Smidke, Gustav Husäk, D . Ertel und Laco Novomesky vier Kommunisten) 462 nicht nur die Aktionsfähigkeit des antifaschistischen Bündnisses, sondern auf Grund der wachsenden Rolle der Kommunistischen Partei und ihres festen Rückhalts unter den Volksmassen auch prinzipielle Weichenstellungen für eine Überführung der nationalen demokratischen in die sozialistische Revolution nach dem Kriege. Zwar konnte damals die Bodenreform und die Nationalisierung der Industrie noch nicht durchgesetzt werden, doch wurde „das Volk für diese Perspektive" 463 mobilisiert. So ist bereits in der Deklaration des Slowakischen Nationalrats vom 1. September 1944 diese Zielstellung dem Wesen nach im gesamten Umfange enthalten, so allgemein auch mit Rücksicht auf den Bündnis151

partner die Formulierungen gefaßt werden mußten: „Außer der politischen Befreiung streben wir an, den sozial schwachen Schichten des Volkes, besonders dem slowakischen Arbeiter und dem slowakischen Bauern, ein schöneres und glücklicheres Leben zu sichern. Um den Lebensstandard des Volkes zu heben, setzen wir uns für eine gerechte Verteilung des Nationaleinkommens und für eine neue Form des Eigentums zugunsten der Kleinbauern ein.'""'64 Erste konkrete Schritte in Richtung auf eine Nationalisierung der Industrie wurden dann schon eine Woche später mit der Verordnung vom 8. September 1944 eingeleitet; sie sah vor, das Eigentum von Deutschen, Nutznießern der Arisierung und Kollaborateuren durch den Staat sicherzustellen. 465 Zwei Tage vorher war bereits mit der Verordnung über die Verstaatlichung des Schulwesens, die die Erziehung der Jugend dem Einfluß der Kirche entzog, der Grundstein für eine demokratische Schulreform gelegt worden. D a s alles belegt anschaulich die Funktionstüchtigkeit der Aufstandsorgane und offenbart das erfolgreiche Bemühen der Kommunistischen Partei, im antifaschistischen Befreiungskampf die Grundprobleme der slowakischen Gesellschaftsentwicklung bei aller Flexibilität gegenüber dem Bündnispartner in Einzelfragen grundsätzlich und perspektivisch anzupacken. Auf dem Vereinigungsparteitag der Kommunistischen Partei der Slowakei und der Sozialdemokratischen Partei in der Slowakei, der am 17. September 1944 stattfand, wurde daher in der Resolution als programmatisches Ziel der Partei auch „die konsequente Volksdemokratie" benannt - „das werktätige Volk, das die Mehrheit der Bevölkerung repräsentiert, muß Träger der politischen Macht im Staate sein"/' 6 6 Unter diesem Aspekt hat sich die Kommunistische Partei der Slowakei auch mit der Frage der Kulturentwicklung befaßt. Im Hauptreferat des Vereinigungsparteitages forderte Karol Smidtke „die Sozialisierung der Kultur, d. h. ihre massenhafte Verbreitung", denn „die Intelligenz wie überhaupt jeder kulturell tätige Mensch kann die volle Entfaltung seiner geistigen Kräfte nur in einem solchen System finden, das die Kulturwerte jedem Angehörigen der Nation gibt bzw. zu geben vermag, wo Wissenschaft und Kultur, das Buch und die Zeitschrift, nicht auf eine Handvoll Leute aus der besser situierten Kaste beschränkt bleiben." Und er fügte hinzu, daß dies nur durch Veränderung der Gesellschaftsverhältnisse herbeizuführen ist: „ D i e Sozialisierung der Kultur . . . kann nur Hand in Hand mit der Sozialisierung der Produktionsmittel, mit der Lösung der Grundfragen des Arbeiters und des Bauern gehen. Somit ist das revolutio152

näre Bündnis zwischen dem Arbeiter, dem Bauern und der werktätigen Intelligenz eine historische Aufgabe und die einzige Garantie für ein wirklich schöneres und glücklicheres Leben in der Zukunft." /l67 In den Sendungen des Freien Senders in Banská Bystrica und vor ällem in der Wochenschrift für Politik, Kultur und Ökonomie Nove slovo, die vom 24. September bis 22. Oktober 1944 ebenfalls in Banská Bystrica - dem Zentrum des Aufstands und Sitz des Slowakischen Nationalrats - unter Gustáv Husáks Chefredaktion in einer Auflage von 4000 bis 5000 Exemplaren e r s c h i e n , w u r d e diese Grundvorstellung konzeptionell unterbaut und in bezug auf das nationalliterarische Erbe sowie auf das Bündnis von humanistisch-demokratischer und sozialistischer Literatur in Gegenwart und Zukunft näher bestimmt, eine Aufgabe, die im Zentralorgan der Kommunistischen Partei der Slowakei Pravda vom 10. Oktober 1944 ausdrücklich hervorgehoben wurde: „Es geht hierbei nicht um revolutionäre Improvisation, sondern um durchdachte Kulturarbeit, die in ihren Konsequenzen tief in die slowakische kulturelle Zukunft eingreifen wird." 469 In den programmatischen Beiträgen des Nové slovo'110 wie auch der Pravda wurden im wesentlichen jene ideell-ästhetischen Grundpositionen wieder reaktiviert und den veränderten geschichtlichen Bedingungen gemäß modifiziert, die auf dem Ersten Slowakischen Schriftstellerkongreß von Trencianske Teplice (1936) das davistische Konzept bestimmt hatten. Uneingeschränktes Bekenntnis zur Eigenständigkeit der slowakischen Nation und ihrer Kultur, aber kompromißlose Bekämpfung des engstirnigen, in den Klerikalfaschismus einmündenden Nationalismus der Volkspartei; Propagierung des „brüderlichen Zusammenlebens mit der tschechischen als der nächstverwandten Nation" 471 , aber entschiedene Zurückweisung des Tschechoslowakismus in allen seinen Spielarten; konsequentes Festhalten am Konzept der Weltoffenheit, insbesondere „engste Zusammenarbeit und engsten Kontakt mit den übrigen slawischen Nationen, vor allem mit der großen russischen Nation'"''72, aber zur Stärkung der Abwehrkräfte gegen den faschistischen Aggressor und seine Helfershelfer im eigenen Lande unnachsichtige Ablehnung jeglicher Germanophilie; nachdrücklichstes Plädoyer für die Volksverbundenheit der Kunst, aber keine prinzipiellen Zugeständnisse an die Qualität der Kunstproduktion und -rezeption; Hinwendung zu den progressiven nationalen Traditionen, aber gezielte Überwindung des konservativen Traditionalismus; uneingeschränkte Bejahung der gesellschaftlichen 153

Funktion der Kunst, aber strikte Verneinung eines nationalen wie sozialen Utilitarismus. Und es ist bezeichnend, daß sich an dieser Kulturarbeit für die Zukunft neben Kommunisten jene der Partei nahestehenden Literaturkritiker aktiv beteiligten, die wie Alexander Matuska und Michal Chorväth als Angehörige der Gruppierung R 10 bereits seit Beginn der dreißiger Jahre mit den Davisten, den sozialistischen Schriftstellern, zusammengearbeitet und sich seither wie diese auch als kämpferische Antifaschisten bewährt hatten. In der Periode von 1938/39 bis 1945 bildete sich also in der Slowakei eine starke antifaschistische Literatur heraus, die sehr unterschiedliche Möglichkeiten nutzte, um den Widerstand gegen den Faschismus zu unterstützen. Sie zeigt, daß das antifaschistische Bündnis von Trencianske Teplice, das unter Führung der sozialistischen Schriftsteller zustande gekommen war, in seinem Kern auch unter den veränderten gesellschaftlichen Bedingungen intakt blieb, zwar nicht als geschlossene Front, sondern den realen geschichtlichen Voraussetzungen entsprechend auf Gruppierungen und Einzelpersönlichkeiten beschränkt, die von verschiedenen weltanschaulichen Positionen her und mit ganz bestimmten perspektivischen Erwartungen ihren Protest gegen die Zerschlagung des Tschechoslowakischen Staates, gegen die Errichtung eines separatstaatlichen klerikalfaschistischen Regimes in der Slowakei, gegen Faschismus und Krieg überhaupt zum Ausdruck brachten, die nicht nur mit der Feder, sondern im Slowakischen Nationalaufstand auch mit der Waffe in der Hand gegen die Faschisten im eigenen Lande und gegen die Hitlerfaschisten kämpften. Sie trafen ihre antifaschistische Entscheidung aus nationaler Verpflichtung, d. h. in der festen Überzeugung, an einer großen geschieht^ liehen Bewegung teilzunehmen, die die „nationalen Sehnsüchte in völliger Harmonie mit den progressiven Bestrebungen in Europa und in der Welt" 473 vereinen und so die Existenz der slowakischen Nation für die Zukunft sichern werde.

Zur Literaturentwicklung in der „Übergangsperiode" (1944/45 bis Anfang der sechziger Jahre)

Der Slowakische Nationalaufstand leitet in unserer Geschichte eine neue Epoche ein, und unsere nahe und fernere Zukunft wird in ihrem Tun an seinem Ruhm, an seine Gedanken und an seine Erfahrungen anknüpfen. (10. Dezember 1944) Die Februarereignisse von diesem Jahre führen in vielem nur das f u Ende, was Sich in den letzten Augusttagen 1944 während' unseres Nationalaufstandes zu formen begann und öffnen . . . den Weg zum eigentlichen Sinn und zur eigentlichen Mission unserer nationalen Revolution - zum Sozialismus. (7. März 1948)'*74

Diese Worte des Dichters und Politikers Laco Novomesky, gesprochen inmitten des revolutionären Kampfes seines Volkes, sind vom Verlauf der Geschichte vollauf bestätigt worden. Tatsächlich begann in der Tschechoslowakei bereits mit dem Slowakischen Nationalaufstand, dem Prager Aufstand sowie mit der Befreiung des gesamten Landes durch die Rote Armee und die an ihrer Seite kämpfenden tschechoslowakischen Einheiten der Weg zum Sozialismus, wenn er auch erst im Februar 1948 endgültig gesichert werden konnte. „Der Februar 1948", faßt Miroslav Boucek nach Charakterisierung von fünf Entwicklungsetappen der Revolution bis 1948 die neuesten Ergebnisse der Geschichtswissenschaft der CSSR zusammen, „bedeutete die definitive Niederlage der Bourgeoisie . . . vollendete den Prozeß des Hinüberwachsens der nationalen und demokratischen Revolution in die sozialistische Revolution in der machtpolitischen Sphäre. Diese generelle Feststellung bedeutet jedoch nicht, der Februar 1948 sei die sozialistische Revolution gewesen. Die Besonderheiten des revolutionären Prozesses der Jahre 1944 bis 1948 in der Tschechoslowakei bestehen darin, daß sich im Rahmen des einheitlichen revolutionären Prozesses nahezu parallel Elemente der demo155

kratischen und der sozialistischen Revolution durchsetzten, wobei die sozialistische Tendenz ständig an Boden gewann, bis sie im Februar endgültig siegte. D i e s e g e s a m t e P e r i o d e i s t b e r e i t s B e s t a n d t e i l der Ü b e r g a n g s p e r i o d e vom K a p i t a l i s m u s z u m S o z i a l i s m u s , bildet deren erste, deren Ausgangsstufe. In dieser Periode werden die ersten Eingriffe in das kapitalistische Eigentum vorgenommen und die ersten Schritte auf dem Wege zum Sozialismus getan, und zwar ungeachtet der Tatsache, daß die Diktatur des Proletariats noch nicht errichtet war. Ermöglicht wurde dies durch die Hegemonie der Arbeiterklasse und ihre hervorragende Stellung im Mechanismus der Staatsmacht . . . Die Kommunistische Partei der Tschechoslowakei hat somit in ihrer politischen Linie und in ihrem konkreten Handeln in der Revolution der Jahre 1944 bis 1948 schöpferisch Lenins allgemeine, international gültige Lehre vom Hinüberwachsen der demokratischen Revolution in die sozialistische Revolution in die Tat umgesetzt (Hervorhebung L. R.)."/l7S Bouceks Ergebnisse korrespondieren mit Resultaten entsprechender Forschungen in anderen europäischen sozialistischen Ländern/'76 Sie werfen auch für eine Untersuchung der slowakischen Literaturentwicklung in der „Übergangsperiode" die Frage auf, ob der Prozeß der Konstituierung der slowakischen sozialistischen Nationalliteratur bereits 1944/45 beginnt und nicht erst, wie bisher angesetzt, 1948/49. Eine positive Beantwortung dieser Frage ist ohne Zweifel von dem Nachweis abhängig, daß im zeitlichen Nebeneinander von demokratischer und sozialistischer Literaturentwicklung die sozialistischen Elemente so gestärkt werden konnten, daß 1948/49 der Umschlag in eine neue Qualität möglich wurde. Daß dieser Nachweis nicht allein durch eine Analyse der Literaturproduktion und Literaturprogrammatik, sondern im Detail nur dann erbracht werden kann, wenn die Veränderungen in den Kulturverhältnissen in die Betrachtung einbezogen werden, haben jüngste Forschungen zur DDR-Literatur in der „Übergangsperiode"477 signalisiert. Slowakischerseits hat sich Stanisläv Smatläk dieser Fragestellung bereits genähert, wenn er in seinem umfassenden Aufsatz Dreißig Jahre slowakische sozialistische Literaturentwicklung (1945 bis 1975) für die Periode bis 1948/49 eine „kommunistische" und eine „bürgerlich-demokratische Linie" herausarbeitet.478 Allerdings betont Smatläk in Anlehnung an die damalige Parteienstruktur in der Slowakei (hier Kommunistische Partei, dort Demokratische Partei) mehr die polare Entgegensetzung, was 156

außerhalb dieses Kontextes terminologisch problematisch erscheint. Schließt doch in unserem Sprachgebrauch die „bürgerlich-demokratischer noch in praktischer Hinsicht bei Null angefangen zu werden, (auch in der politischen Praxis) objektiv die „komunistische Linie" unterstützen. Die zeitlich parallel verlaufende demokratische und sozialistische Literaturentwicklung ist also keinesfalls nur im Gegeneinander und Nebeneinander, sondern zugleich auch im Miteinander ihrer Elemente zu sehen.

Das integrative kulturpolitische Konzept des Davisten Laco Novomesky Da bereits während des Slowakischen Nationalaufstandes Kulturarbeit für die Zukunft geleistet worden war, 4 7 9 brauchte in der Slowakei nach der endgültigen Befreiung des Landes weder in theoretischer, noch in praktischer Hinsicht bei Null angefangen zu werden. Dank der entschiedenen Haltung der slowakischen und tschechischen Kommunisten waren auch ins Kosicer Regierungsprogramm 480 eine Reihe von Forderungen eingegangen, die über eine konsequente Demokratisierung die allmähliche „Sozialisierung" der slowakischen Nationalkultur zu befördern vermochten, freilich nicht im Selbstlauf, sondern, wie Klement Gottwald damals zum gesamten Programm bemerkte, „im Kampf mit der Bourgeoisie um das Vertrauen des Volkes" 431 . Sie beinhalteten: „Säuberung der Schulen und anderer Kulturinstitutionen (Theater, Bibliotheken usw.) von Personen, die in diesem Bereich aktiv mit den Okkupanten zusammengearbeitet haben, Revision der Schul- und öffentlichen Bibliotheken sowie gründliche Säuberung in der Journalistik, im Rundfunk und im Film"; „konsequente Demokratisierung der Kultur", und zwar nicht nur Erweiterung der Bildungsmöglichkeiten für breiteste Volksschichten, sondern „Umbau des Erziehungssystems und Veränderung des Charakters der Kultur im volksdemokratischen Sinne, damit sie nicht einer kleinen Schicht, sondern dem Volk und der Nation dient;" „verstärkte slawische Orientierung" entsprechend der „neuen Bedeutung des Slawentums in der internationalen und vor allem in unserer tschechoslowakischen Politik"; Ausbau der Kulturbeziehungen zur Sowjetunion, Russisch als erste Fremdsprache;

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kulturschöpferische Tätigkeit „im Geiste des Fortschritts, des Volkes und der Nation . . . wobei uns unsere großen Klassiker Beispiel sein werden", da sie eine „zutiefst volksverbundene und nationale Kultur von höchstem Niveau" geschaffen haben/*82 Schließlich bot die Zusammensetzung der Regierung im allgemeinen und der Kulturressorts im besonderen gunstige Bedingungen, die Verwirklichung dieser Festlegungen im Sinne der kulturpolitischen Strategie der Kommunistischen Partei zu beeinflussen, konnten diese Ressorts doch durchweg mit Vertretern der marxistisch-leninistischen Weltanschauung besetzt werden (Zdenek Nejedly Minister, Laco Novomesky Beauftragter des Slowakischen Nationalrats für Schulwesen und Bildung; Vaclav Kopecky Minister, Michal Chorväth Beauftragter für Information). 483 D a die Anerkennung der slowakischen Nation als eigenständige Nation im Bereich der Kultur die Eigenverantwortlichkeit der Slowaken zur Konsequenz hatte, erhielt das davistische Kulturkonzept unmittelbare, praktisch-politische Wirkungsmöglichkeiten. Auf diesem Fundament konnte also im Frühling des Jahres 1945 die während des Krieges begonnene antifaschistisch-demokratische Erneuerung der slowakischen Nationalkultur weitergeführt und damit zugleich die Grundvoraussetzung für ihre „Sozialisierung" geschaffen werden. Dazu bedurfte es vor allem energischer Anstrengungen, um die vom Nationalaufstand und von der Befreiung ausgehenden schöpferischen Impulse ideologisch zu kanalisieren und die hochgespannten Zukunftserwartungen mit den historischen Verpflichtungen in Übereinstimmung zu bringen. Dies schien um so leichter, als sich die allgemeine Freude der Schriftsteller darüber, dem Inferno des Krieges entronnen zu sein, wieder „frei atmen, frei sich bewegen, frei und laut über das sprechen zu können, worüber man bislang hatte nur in verborgenen Winkeln flüstern können'"' 84 meist mit spontaner Bereitschaft paarte, „Mitgestalter eines neuen Lebens, Baumeister eines schöneren Morgens" 485 zu sein. D a ß dies von jedem einzelnen einschneidende Konsequenzen forderte - nicht nur eine pauschale Distanzierung von der klerikalfaschistischen Vergangenheit, sondern ihre allseitige Bewältigung, nicht nur ein emotionales Bekenntnis zu Aufstand und Befreiung, sondern prinzipielle Entscheidungen über das künftige Schicksal der slowakischen Nation und ihrer Kultur wurde allerdings so manchem erst bewußt, als das Auseinanderbröckeln der Anti-Hitler-Koalition, die politische Spekulation der nationalen wie der internationalen Reaktion mit der ameri158

kanischen Atombombe, der beginnende kalte Krieg den unausweichlichen Entscheidungszwang sichtbar machten. Wer geglaubt hatte, nach dem Sieg über den Faschismus sei die Literatur politischer Aufgaben enthoben und könne sich nun den „eigentlichen" innerliterarischen Problemen zuwenden, mußte angesichts der ideologischen Polarisierung in der Nachkriegsrealität erkennen, daß die Absage an eine wirklichkeitsfremde und die Bejahung einer lebensnahen volksverbundenen Kunst nicht lediglich eine Frage des individuellen künstlerischen Credo, sondern ein grundsätzliches Problem war, das den Standort des Künstlers in der Gesellschaft, das Verhältnis von Literatur und Politik generell betraf. Wie unentschieden im ersten Nachkriegsjahr die Situation unter den slowakischen Schriftstellern war, brachte damals Peter Karvas im Nové slovo pointiert zum Ausdruck: „Wie immer in Umbruchszeiten, so ist auch heute in unseren literarischen Foyers an prophetischen Äußerungen keine Not. Einige nehmen Gift auf den sozialistischen Realismus, andere künden vom Ruhm des kollektiven Dramas, diese erwarten eine Wende in der surrealistischen Methode, jene wiederum eine Invasion des Unanimismus. Ihr Hauptproblem aber ist: Werden wir nur eine tendenzielle, politisch-funktionale oder auch eine artistische Literatur haben . . Z'486 Novomesky war als Kulturpolitiker bestrebt, die Meinungsbildung unter den Künstlern so zu fördern, daß die Entscheidung für den volksdemokratischen Staat und seine enge Bindung an die Sowjetunion aus nationalgeschichtlicher Verpflichtung heraus getroffen wurde. Gestützt auf jene Kräfte, die sich im antifaschistischen Kampf bewährt hatten, ergriff er im unausbleiblichen ideologischen Klärungsprozeß die Initiative und nutzte jenen Spielraum zwischen realpolitischem Kalkül und perspektivischem Lösungsangebot, den das Kosicer Programm zuließ. So ernst er den Ruf nach „radikaler Säuberung des slowakischen Kulturlebens"487 nahm, er beschränkte die kritische Auseinandersetzung mit dem slowakischen Klerikalfaschismus nicht lediglich auf die Abrechnung mit den Parteigängern des Tiso-Regimes, sondern suchte zugleich auch das geschichtliche Versagen des bürgerlichen Gesellschaftssystems bloßzulegen. Den politisch Unentschlossenen, Abwartenden rückte er ins Bewußtsein, daß „alle Postúlate der europäischen Kultur, von der Zivilisation bis hin zum Christentum, in wesentlichem Maße ein System vor dem nazistischen Verderben bewahrt hat, das vom offiziellen liberalistischen Europa vor dem Kriege . . . entschieden abgelehnt wurde, obwohl dieses Europa selber weder durch eigene gesellschaftliche Mittel noch durch mora159

lische Fonds zur eigenen Rettung beizutragen verstand" 4 8 8 . Auch begnügte sich Novomesky nicht mit einer Beschwörung der slawischen Gemeinschaft schlechthin, sondern wies nachdrücklich darauf hin, daß das von vielen Generationen herbeigesehnte „ruhmvolle Zeitalter des Slawentums" nicht anbricht „ohne den erneuernden Eingriff mächtiger revolutionärer Gärung in den slawischen Nationen", da erst diese „die engen Grenzen slawischer Interessen überschreitet und der Mission des Slawentums in der Geschichte ihren wirklich großzügigen Sinn verleiht". 4 8 9 J a , er hielt sogar eine Verlängerung russophiler und allslawischer Traditionen für entwicklungshemmend, falls sie sich nicht mit dem Sozialrevolutionären Inhalt des neuen Rußland, der Sowjetunion, verbindet, denn: „ D i e Frage lautet so, ob der Gedanke des sozialistischen Internationalismus mit dem slawischen Gedanken vereinbar ist, ob das eine das andere nicht ausschließt. . ,?" 4 9 0 Um den unmittelbaren Zusammenhang zwischen antifaschistischer Tradition und antiimperialistischer Bestrebung sichtbar zu machen, knüpfte Novomesky bewußt an die Ergebnisse des Ersten Slowakischen Schriftstellerkongresses von Trencianske Teplice (1936) an und stellte die seinerzeit geforderte „Synthese zwischen den menschlichen Sehnsüchten des sogenannten Ostens und der Kultiviertheit des sogenannten Westens" 4 9 1 als weiterhin gültiges Konzept für die E r neuerung der slowakischen Nationalkultur heraus. Auf dem I. Kongreß der Künstler und Wissenschaftler, der anläßlich des ersten Jahrestages des Slowakischen Nationalaufstandes vom 27. bis 28. August 1945 in Banskä Bystrica stattfand und das Ziel verfolgte, eine breite gemeinsame Plattform für all jene zu schaffen, die willens und fähig waren, diese Erneuerung mitzutragen, erläuterte und präzisierte er dieses Konzept wie folgt: „ D i e grundsätzliche Ausrichtung unserer nationalen Politik und unserer Kulturentwicklung auf das Slawentum und seine mächtige Bastion, die Sowjetunion, löst im wesentlichen mit definitiver Gültigkeit die Frage Westen oder Osten, die vor dem Krieg auch unsere kulturelle und künstlerische Orientierung beeinflußte . . . Wenn wir auch das Dilemma Westen oder Osten durch die entschiedene Hinwendung unseres kulturellen Lebens zur slawischen Kultur, vor allem zur Kultur der Ostslawen, als gelöst ansehen, und zwar sowohl im Sinne unserer besten Kulturtraditionen als auch im Sinne unserer gegenwärtigen Zukunftsvorstellungen, werden wir bei diesem geschichtlichen Entschluß die Bindungen mit westlichen Kulturquellen festigen . . . Wir begreifen die Eindeutigkeit unserer kulturellen Orientierung nicht als Einseitigkeit; unsere

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weitere Entwicklung ist offen für befruchtende Einflüsse von welcher Seite auch immer . . .", 4 9 2 denn „die Macht der Sowjets auf dem Gebiet der U d S S R und außerhalb von ihm ist so gefestigt", daß „überall in der Welt mächtige, nicht mehr aufhaltbare soziale B e wegungen entstanden sind", die „den Charakter der meisten europäischen Staaten verändert haben und mit denen alle Staaten der Welt rechnen müssen" 4 9 3 . Das Bekenntnis zum Slawentum mußte seiner Auffassung nach den Blick für das revolutionäre Weltgeschehen öffnen, durfte nicht zu nationaler Selbstgefälligkeit verführen. W i e konsequent internationalistisch Novomesky dachte, erhellt nicht zuletzt die Tatsache, daß er die apriorische Ablehnung der deutschen Kultur, so verständlich sie unmittelbar nach dem Kriege auch war, nicht mitmachte. Für ihn blieb „der Weimarer Philosoph Herder der beste Künder slawischer Zusammengehörigkeit in der Vergangenheit" 4 9 4 . Und er verteidigte Karl Marx' kritische Haltung gegenüber den Slawen im Revolutionsjahr 1848, denn sie galt „nicht dem Slawentum als Träger erhabener Menschheitsideen, sondern jenem Slawentum, wie es durch das zaristische Rußland repräsentiert wurde, das die gesamte Entwicklung der Humanität zu ersticken suchte, galt der Reaktion im Slawentum, die auf Leben und T o d jedem revolutionären Gedanken zwischen den nichtslawischen Nationen feindlich gegenüberstand" 495 . Novomesky achtete darauf, daß mit der erneuten Hinwendung zum Slawentum nicht die Klassenlinie kaschiert wurde. Novomesky betonte die Kontinuität der slowakischen Nationalkultur, suchte jene progressiven Traditionslinien zu bewahren und unter den veränderten geschichtlichen Bindungen in neuer Qualität fortzusetzen, die im Kriege der politisch-moralischen Prüfung standgehalten hatten. D a sich vor allem die traditionalistische Kunst vom Tiso-Regime in die klerikalfaschistische Mobilisierung hatte einfunktionieren lassen, erwies sich Novomeskys Bekenntnis zu einer weltoffenen modernen Kunst zugleich als Bekenntnis zur antifaschistischen Traditionslinie. Novomesky forderte die slowakischen Künstler auf, solche Werke zu schaffen, die „den Vergleich mit dem Besten aushalten, was auf dem jeweiligen Gebiet in der Welt geschaffen wird". 4 9 C E r plädierte für „eine gründliche Durchlüftung" der slowakischen Kulturszene, für eine kritische Prüfung und schöpferische Aufnahme andersnationaler Kunsterfahrungen, warnte aber davor, „ausländische Muster nachzuäffen" 497 . Von daher erklärt sich die ausdrückliche Versicherung des Kulturpolitikers, daß er „weder das 11

Richter, Literatur

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sogenannte avantgardistische Schaffen in der Kunst noch die Laboratoriums-, die Forschungsarbeit in Kunst und Wissenschaft behindern werde'"' 98 . Damit distanzierte er sich bewußt von Versuchen, den Aufbau einer völksverbundenen Nationalkultur durch Nivellierung des ästhetischen Anspruchs zu erreichen. Darin vermochte er lediglich einen Rückfall in den konservativen Traditionalismus zu sehen, eine offenkundige Ignorierung auch des gewandelten Verhältnisses zwischen Künstler und Volk, denn - so gibt er zu bedenken - „aus dem Pflegekind ist ein Partner geworden, darin besteht das Neue in der heutigen Situation!'"1™ Nicht nur der Künstler, die Intelligenz überhaupt müsse ein „gesundes, freundschaftliches, ebenbürtiges Verhältnis zum Arbeiter, Handwerker, Bauern" finden, dürfe sich nicht als „Vormund" fühlen, ihre Arbeit nicht als „moralisierende charitative Tätigkeit" auffassen. 500 Damit sich dieses Partnerschaftsverhältnis organisch entwickeln kann, hielt es Novomesky für angezeigt, „anstatt von der Kunst im Namen allgemeiner Zugänglichkeit und Verständlichkeit Konzessionen zu fordern" 501 , die Bildungsmöglichkeiten der breiten Volksmassen systematisch zu verbessern. Als äußerst problematisch empfand er die undifferenzierte Handhabung des Begriffs Volkskultur, die sich stets auf Volksverbundenheit berief, doch oft nur Volkstümelei meinte. Wirklich volksverbundene Kunst kann sich seiner Ansicht nach nur auf nationalliterarischer Höhe, nicht an der literarischen Peripherie entfalten. Wie bereits schon in den dreißiger Jahren lehnt er eine besondere „Volkslektüre" ab und unterstreicht „die unmittelbare Beziehung der Literatur zur Gesellschaft und ihren Erfordernissen" 502 , die gesellschaftlich eingreifende Rolle der Literatur. „Die Periode bohemegleicher Unverbindlichkeit" 503 * war für ihn nach den Erfahrungen des Krieges endgültig vorbei. Der Schriftsteller kann seinen Auftrag in der Nation nur dann erfüllen, wenn er „sein Werk und sein Streben ganz dem Fortschritt widmet", wenn er sich „in die Lebensdynamik vertieft", d. h. „die Anstrengungen und die Mühsal der einfachen Menschen miterlebt und durch sein Werk deren Kraft und Energie vervielfacht". 504 Die Literatur müsse aber „die untrennbare Einheit von Schriftstellerpersönlichkeit und Werk" betonen, der Autor ein Beispiel „staatsbürgerlicher Standhaftigkeit" geben, um vom Leser ernst genommen zu werden. „Den Aktionsradius des gegenwärtigen Kunstschaffens schränken nicht fremdartige und unverständliche Gedanken und Impulse, sondern meist die Tatsache ein, daß hinter diesen Gedanken und Impulsen nicht immer der M e n s c h - der ganze Mensch - steht." Novomesky 162

forderte daher von den Künstlern, daß „sie mit ihrem ganzen Leben für den Gedanken und für die Wahrheit ihrer Bücher und Werke l e b e n "50r>. Entscheidendes Kriterium einer volksverbundenen Literatur waren für ihn also Lebensnähe und Parteinahme für den gesellschaftlichen Fortschritt. Daher verstand er die Orientierung auf die „großen Klassiker" und ihre „zutiefst volksverbundene und nationale Kultur von höchstem Niveau" 506 , wie sie im Kosicer Regierungsprogramm verankert worden war, auch nicht als Fixierung auf einen bestimmten überkommenen Kanon. Seine Traditionslinie umfaßte die romantische Dichtung der Stür-Generation ebenso wie das Werk kritischer Realisten, verzichtete nicht auf die Slowakische Moderne, bezog neben dem eigenen sozialistischen Erbe in Gestalt der davistischen Bewegung der Zwischenkriegszeit jene bürgerlich-demokratische Literatur in sie ein, die sich im antifaschistischen Kampf als Verfechter eines aktiven Humanismus erwiesen hatte. So förderte er die integrativen Momente der slowakischen Nationalkultur, suchte er, gestützt auf die antifaschistisch-demokratischen und antiimperialistischen Elemente, den Prozeß der „Sozialisierung" voranzutreiben: Wenn Novomesky das nationale demokratische Erbe aus der Periode vor 1917/18, die proletarisch-revolutionäre Tradition und die Avantgarde-Tradition als tragende Säulen dieses Prozesses betrachtete, so bedeutet dies nicht, daß er damit einer ahistorischen Verlängerung ihrer poetologischen Programme das Wort redete. Novomesky war, um die eingangs aufgeworfene Frage zu beantworten, für eine „politisch-funktionale" u n d „artistische" Literatur, vor allem aber für eine dynamische Kunstentwicklung in allen ihren Bereichen, d. h. für eine kritische Prüfung des Überkommenen und für eine schöpferische Suche nach neuen Gestaltungsmöglichkeiten. Die heftigen Auseinandersetzungen um den Surrealismus und um die lyrische Prosa waren für ihn daher untrügliches Symptom fortschreitender Kunstentwicklung.

Ideologische und ästhetische Differenzierungsprozesse innerhalb des Surrealismus Nach den Chancen des Surrealismus in der Nachkriegszeit befragt, erklärte Vladimir Reisel am 5. August 1945 im Zentralorgan der Kommunistischen Partei der Slowakei Pravda: „Versteht man unter Surrealismus eine bestimmte Verstechnik, dann kann von einer Lili

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quidierung des slowakischen Surrealismus nicht die Rede sein . . . Versteht man aber unter Surrealismus einen bestimmten gedanklichen Inhalt, genauer gesagt, die Semantik der Poesie, dann kann schon eher davon gesprochen werden, der Surrealismus sei liquidiert. Wie gesagt, der slowakische Surrealismus hat innerhalb von zehn Jahren unterschiedliche Entwicklungsphasen durchgemacht, laienhaft ausgedrückt, von der Unverständlichkeit zur Verständlichkeit, und hat heute einen solchen Stand erreicht, daß er eine Verherrlichung des Menschen, der Arbeit und des Schaffens darstellt." 507 Reisel kennzeichnete damit prägnant jene dynamische Entwicklung, die sich seit Kriegsende unter den slowakischen Surrealisten vollzog. Diese suchten aus der Welt des Traums heraus- und zur realen Wirklichkeit hinzufinden, wollten der „Zwangsverbannung aus dem Leben" 508 entrinnen und „Mitgestalter eines neuen Lebens, Baumeister am Bau eines schöneren Morgens" 509 werden. An die Stelle des „Protestaufschreis" sollte nun „die Hymne auf die Schönheit des ganzen, großen, schöpferischen und reichen Lebens"510 treten. Obwohl solch alternativer künstlerischer Zielsetzung die Gefahr innewohnte, daß einem differenzierten „Alten" lediglich ein undifferenziertes „Neues" entgegengestellt würde, leistete diese von hoffnungsvollem Zukunftsglauben erfüllte Poesie bei der Bewältigung der jüngsten schweren Vergangenheit und beim gesellschaftlichen Neubeginn im wiedervereinigten Staate der Tschechen und Slowaken Bedeutendes. Wie sich diese Wandlung von nonkonformistischer Ablehnung des Gestern zu emphatischer Bejahung des Heute im lyrischen Schaffen der Surrealisten niederschlägt, soll ein Vergleich zwischen dem antifaschistischen Gedicht Vladimir Reiseis Unwirkliche Stadt aus dem Jahre 1943 und Jan Raks Lobgedicht Vorfrühling aus dem Jahre 1945 veranschaulichen: Unwirkliche Stadt Und doch war's allerschlimmste Nostalgie Spät nachts die öden wilden Plätze aufzusuchen Und eines Tags verließ ich dann mein Heim Herbst war es trostlos flattern der Vögel Schwingen Ich weiß nicht wohin ich geh fast machts mich traurig Ein Engel selbst könnte der Angst klaffende Wunde nicht schließen Heut geh ich fort 164

U n d komm niemals zurück Denn kühl ist der Septembermorgen U n d eine Träne weint bei jedem Wort die Mutter Eine nicht enden wollende Fahrt Warum kehren die Züge nicht stets an ihren Ausgangsort zurück Bleich und gebrochen scheint die Sonne in der häßlichen toten Stadt Wir wandern durch die Straßen umgeben von der Frauen buntem Mohn D i e alle heute weiße Kleider tragen Mich verwirren Die Schaufenster W o schwankend Mein Schatten Auf mich lauert U n d doch war's allerschlimmste Nostalgie Spät nachts die öden wilden Plätze aufzusuchen (Nachdichtung: Lotte Elsnerovä 51 ')

Vorfrühling Die E r d e schlägt aus und duftet nach Weidekätzchen Auf die Schollen regnet es Rauch von Strahlen Unterm Teppich aus Vorjahrslaub sprießt neues Leben Ein verwunschener Traum Die Schneeglöckchen der Stille und Verheißungen Auf jedem Hang künden sie den Morgen Den Morgen langer Sehnsüchte Und endlosen Wartens Sei also nun willkommen Sonne Willkommen heißer Atem deines gütigen Gesichts Willkommen hier bei uns Verjag für alle Ewigkeit H a ß und Krieg Laß niemals sie zurück Zu uns Willkommen Weihrauch Sonne 165

Ergieß dich über der Fabriken Dächer Über der Schornsteine Bäume Über lächelnder Arbeiter und Arbeiterinnen Hände Schau ihre Hand über den blinzelnden Augen Ihre Freude ist übergroß Wetteifert mit der Frühjahrssonne Unter der Weiden Rinde summt des Saftes Milch Die Erde schlägt aus und duftet nach Weidekätzchen Die Erde erweckt von der Sonne Die Erde verwundet von den Pflügen Singt in qualvoller Lust Dieses Lied Vom ewigen Kreislauf des Lebens (Nachdichtung: Ludwig Richter512)

Vladimir Reiseis Gedicht Unwirkliche Stadt gibt ein einschneidendes autobiographisches Ereignis wieder: Die erzwungene Abreise des Autors aus dem von Truppen der Hitlerwehrmacht besetzten Prag im Jahre 1939. In offenkundigem Widerspruch zur Propaganda der Tiso-Ideologen, die die staatliche Trennung von den Tschechen als Triumph der nationalen Geschichtc feierten und die „Heimkehr" ihrer Landsleute zur Jubelfahrt hochstilisierten, führte der Dichter in starken assoziativen Bildern die Tragik dieses geschichtlichen Augenblicks vor. Im Verlorenscin des lyrischen Subjekts wird die Ausweglosigkeit der ganzen Nation durchsichtig, ohne daß das Gedicht geschichtliche Gegenstände benennt. Reisel tastet hier schon die Grenzen surrealistischer Poesie ab: Momente des Traums verbinden sich mit dem Erlebnishaften und ermöglichen so einen Wirklichkeitsaufschluß, der auf Authentizität zielt. Diese Linie prägte sich während des Krieges nicht allein bei Reisel aus, so daß Julius Lenko in einem Brief an Mikuläs Bakos vom 10. April 1943 bemerkte: „Nach meinem Dafürhalten ist die gegenwärtige Poesie (der slowakischen Surrealisten - L. R.) wirklich ziemlich weit von Bretons Poesieauffassung entfernt. Ich sehe darin keine Bedrohung des Surrealismus, im Gegenteil. Ich fühle es, der Surrealismus hat große schöpferische Möglichkeiten. Mein Credo als Dichter ist stets das von Reisel: ,Sei klar und offen wie eine> Quelle'! . . . Der Apokalyptismus scheint sich im Endstadium zu befinden." 513 Jan Raks Gedicht Vorfrühling zeugt vom Bemühen der slowaki166

sehen Surrealisten, diese Entwicklungslinie nach der Befreiung vom Faschismus konsequent weiterzuführen und sie entsprechend den neuen Gesellschaftsbedingungen zu modifizieren. Er will das allgemeine Lebensgefühl seines Volkes unmittelbar nach dem überstandenen Krieg ausdrücken und sich dem Volk zugleich als eigentlichem Adressaten seiner künstlerischen Äußerung verständlich machen. So hält er zwar am ungebundenen Vers fest, geht also nicht auf den schlichten Reim zurück, verzichtet aber bewußt auf „komplizierte" Metaphern, wenn er die Ankunft im Heute besingt. Herauskommt auf diese Weise eine Hymne auf das Leben, in der die neue geschichtliche Wirklichkeit ziemlich unscharf, weil feiertäglich gefaßt wird. Zwar symbolisiert „der Weihrauch Sonne", der sich „über lächelnder Arbeiter und Arbeiterinnen Hände" ergießen soll, auf welche gesellschaftliche Kraft der Dichter seine Zukunftshoffnung setzt, doch signalisiert die gesamte Organisation des Gedichts, daß die erstrebte ideell-ästhetische Umrüstung zu sehr auf den pathetischen Gestus beschränkt bleibt. Die Unterschiede zwischen Jan Raks Vorfrühling und Vladimir Reiseis Unwirklicher Stadt machen deutlich, daß die slowakischen Surrealisten über relativ günstige Voraussetzungen verfügten, um „die Noetik und Poetik ihres früheren Schaffens"51''' mit dem erlangten Niveau ihrer weltanschaulichen Entwicklung in eine schöpferische Spannung zu bringen, daß sie aber durchaus Schwierigkeiten hatten, die veränderte Wirklichkeit, der sie nun nicht mehr destruktiv, sondern konstruktiv gegenüberstehen, historisch konkret zu fassen. Zwar wurden die in den ersten beiden Nachkriegsjahren edierten- Lyrikbände der Surrealisten noch weithin von dem bestimmt, was sie in den Jahren des Krieges durchlebt und gestaltet hatten, dennoch kann tendenziell nicht nur bei Rak, sondern generell eine bewußte Hinwendung zur Nachkriegsrealität festgestellt werden. Selbst Rudolf Fabry, der in seiner Sammlung Ich bin jemand anders (1945) in apokalyptischen Visionen die Schrecken des Krieges gestaltete und so der ursprünglichen surrealistischen Poetik am stärksten verhaftet blieb, hat als Epilog eine Ode an das zwanzigste Jahrhundert ängefügt, die Geschichtsoptimismus verrät. Für die slowakischen Surrealisten ist es charakteristisch, daß sie auch nach der Befreiung den Gruppenzusammenhalt weiter pflegten. In regem Austausch untereinander sowie in ständigem Kontakt mit einer breiteren Öffentlichkeit dachten sie über Aufgaben und Ziele der Kunst unter den veränderten Zeitverhältnissen nach.515 Aller167

dings forderte solch permanent demonstrierte Geschlossenheit, die ein Fluidum fortdauernder Exklusivität verbreitete, zu Stellungnahmen geradezu heraus, die von Skepsis über die Wirkungsmöglichkeiten surrealistischer Poesie gestern und heute bis hin zu ernsten Zweifeln an ihre Integrierbarkeit in eine volksverbundene Nationalkultur reichten. Als der damalige Sekretär des Slowakischen Schriftstellerverbandes, Jan Ponican, schließlich gar die antifaschistische Haltung der Surrealisten in Frage stellte, kam es zu einer öffentlichen Polemik, 516 die sich im Mai 1946 so verschärfte, daß Jan Brezina, Pavel Buncäk, Rudolf Fabry, Julius Lenko, Jan Rak, Vladimir Reisel und Stefan Zäry, ihre Theoretiker Mikuläs Bakos und Michal Povazan sowie der Theaterkritiker Rudolf Mrlian und der Prosaist Dominik Tatarka aus dem Verband austraten und sich in der Künstlerorganisation Umeleckä beseda slovenskä ansiedelten. 517 * An ihrer positiven Haltung gegenüber dem Konzept der „Sozialisierung" der Nationalkultur änderte sich dadurch freilich nichts. Die Surrealisten bekannten sich nach wie vor zu diesem Konzept durch ihr entschiedenes Ja für sozialen Fortschritt und ihr entschiedenes Nein zum Wiedererstarken der klerikalen Rechten. Sie alle suchten den Weg zur Kommunistischen Partei, wurden entweder deren Mitglieder oder unterstützten außerhalb ihrer Reihen das kommunistische Gesellschaftsprogramm. Die ständigen Auseinandersetzungen zwangen die Surrealisten immer wieder, den eigenen Entwicklungsweg kritisch zu überprüfen, um ihr künstlerisches Selbstverständnis in der Nachkriegszeit historisch zu fundieren. Sahen sie sich doch nicht nur Vorurteilen, sondern auch Mißverständnissen gegenübergestellt, die auf Unkenntnis der tatsächlichen Entwicklungsmerkmale des slowakischen Surrealismus beruhten. Daher sprach Jan Rak 1946 in einem Interview der neugegründeten Zeitschrift Kultürny zivot dem slowakischen Surrealismus nicht nur das Verdienst zu, „die poetische Sprache mit einem Schlag zu ungeahnter Blüte gebracht" zu haben, sondern bescheinigte ihm auch Kreativität über die „L'art pour l'art-Poesie und intime Lyrik" hinaus. Er könne zugleich „ein mächtiger Impuls für eine programmatisch-soziale Dichtung, für eine menschheitliche Lyrik sein, die auch Gesellschaftsprobleme löst". Es sei also unfruchtbar, noch immer darüber zu rätseln, „ob der surrealistische Dichter bewußt oder im Unterbewußtsein schaffe". Die spezifischen Bedingungen in der Slowakei hätten bewirkt, daß hier die surrealistische Poesie „niemals nur als passives Aufzeichnen von Unterbewußtseinszuständen 168

in Gestalt eines psychischen Automatismus" denkbar war. 518 Seinen Lyrikband Laßt die Hoffnung nicht schwinden (1946) begreift Rak daher nicht als Sonderfall, nicht als künstlerischen Positionswechsel eines besonders einsichtigen Autors, sondern als logisches Ergebnis eines tiefgreifenden Wandlungsprozesses innerhalb des slowakischen Surrealismus, der aus sich selbst heraus zu einer Dichtung finde, die „allen verständlich, zumindest ebenso verständlich ist wie die Poesie der übrigen [sie!] realistischen Dichter" 519 . So aufrichtig und intensiv die Bemühungen der slowakische» Surrealisten auch waren, „Kunstschöpfer und -konsumenten einander näherzubringen", eine Verständlichkeit um jeden Preis lehnten sie entschieden ab. Mit Laco Novomesky teilten sie vollauf die Überzeugung, daß der Ruf nach Volkstümlichkeit nicht zu einem Absinken des ästhetischen Anspruchs führen dürfe. „Neben der Kabinett- und Laboratoriumskunst, die ihr Existenzrecht haben muß" - resümiert Pavel Buncäk 1945 den erreichten Diskussionsstand - „wird es natürlich auch zugänglichere Kunst geben", denn „die neue politische Situation" erheischt, „das Kunstschaffen breiteren sozialen Schichten zugänglich zu machen." Es sei jedoch notwendig, zwischen „Kunst und Pseudokunst" einen klaren Trennungsstrich zu ziehen. Vor allem sei „das kulturelle Niveau der breiten Konsumentenkreisc anzuheben", und dies sei „nicht die Frage einer Saison oder von ein zwei Jahren", sondern von „Jahrfünften". Der Kommunist Buncäk baut auf die Langzeitwirkung kulturrevolutionärer Maßnahmen. Die Propagierung einer „sozialistischen Kultur, die von der bürgerlichen Kultur diametral verschieden sein wird", hält er für verfrüht, auch für bedenklich, wenn sie ausschließlich auf das proletarische Modell fixiert bleibt. 520 Er wollte ästhetischen Standard und revolutionäre Bewußtheit organisch miteinander vereinen. Insofern geht er noch über Julius Lenko hinaus, der im Namen der neuen Zeit vom Dichter forderte, „außerhalb seines r e i n e n S c h a f f e n s seine Überzeugung im politischen Kampf auch im Vers zum Ausdruck zu bringen . . . die Idee in goldene Lettern zu fassen, um deren Verwirklichung die Nation kämpft, damit die Nation hierdurch moralisch stimuliert und gestärkt werde" 521 . Für Buncäk ist das rückhaltlose Bekenntnis zur neuen geschichtlichen Realität auch nicht identisch mit unentwegter Lobpreisung eines herbeigesehnten gesellschaftlichen Idealzustandes. Sein poetisches Credo heißt „weniger Schönheit und mehr Wahrheit", keinesfalls nur Wortsuche „Für euer Glück / Zugeschnitten auf das Fest169

gewand", was nicht zwangsläufig Verzicht auf Phantasie, sondern nur deren Zügelung bedeutet, wie er im Gedicht Phantasie (1946) explizit herausarbeitet: 1. Ihr wendet euch an den Dichter D a ß er euch singe von Freiheit D a ß er euch suche Worte Für euer Glück Zugeschnitten auf das Festgewand Unsere Sprache Die allerfeierlichste Ist schlicht ohne die Zierden Zweier Welten an der Wende Kennt kein Erbarmen Verletzt tödlich Alles, was sich nicht gleicht Was nicht öffnet Der Schlüssel unsres Herzens In der Hölle dieser Generation Der lebendig verbrannten Schlaf deshalb Phantasie Ich will weniger Schönheit Und mehr Wahrheit sagen Da ist die Welt um uns Sie öffnet uns die Augen Damit wir ihr blicken Ins enthüllte Angesicht Schlafende Liebste Phantasie 2. Deine Haare die verführerischen Mit dem Geschmack uralten Weins Der die alte Welt umspannt wie eine Spindel Wie die Rebe mit dem Lorbeerblatt Verzeih aus dir werd ich Verse ziehen 170

D i e Wahrheit wird wie Säure brennen Von Sünde träumen wirst du am Altar Gewürgt von mir wirst lichte Morgen du gebären Gewissenlos wie eine Kurtisane Weinende Wachskerzen der Schmerzen wirst du anzünden U n d rauschen vor Glück wie ein Komet (Nachdichtung: Ludwig Richter 521 )

Buncäk wußte also um die Schwierigkeiten einer produktiven Hinwendung zur Nachkriegsrealität, erkannte auch die Gefahr, die emphatische Bejahung des Heute könne in entleertem Pathos ersticken. D a s „Schwert der Metapher", auf das die Surrealisten weiterhin setzten, durfte nicht stumpf werden, es wurde in der sich verschärfenden Klassenauseinandersetzung zwischen Imperialismus und Sozialismus benötigt. D a ß in sie die Literatur weltweit einbezogen ist, wurde ihm besonders auf dem Ersten Deutschen Schriftstellerkongreß in Berlin im Oktober 1947 augenfällig, wo er „zwei Weltanschauungen, repräsentiert von den sowjetischen und von den amerikanischen D e legierten, aufeinanderprallen" 5 2 3 sah: die provokatorischen antisowjetischen Ausfälle von Melville Lasky und die ruhig-sachlichen Entgegnungen Valentin Katajews. In das Bild dieses Selbstverständigungsprozesses über die Aufgaben der Kunst in einer Gesellschaft, die nach volksdemokratischen Grundsätzen organisiert wird, paßt auch die Tatsache, d a ß sich die slowakischen Surrealisten nun weniger auf A n d r é Breton als ihren Stammvater berufen, sondern d a ß sie nun vor allem die Affinität ihrer poetischen Bestrebung zur Lyrik Paul Eluards und Tristan Tzaras herausstellen. Über Vladimir Reisel, der in den ersten Nachkriegsjahren als Pressereferent an der Tschechoslowakischen Botschaft in Paris tätig war, entwickeln sich zu beiden engere Kontakte „im N a m e n all dessen, was uns vereint: die klare H o f f n u n g auf den glücklichen, freien und ungezwungenen Menschen", wie Paul E l u a r d seinen „slowakischen Brüdern" bestätigte. 52 ' 1 Am 11. April 1946 sprach E l u a r d in Bratislava über die Poesie im Dienste der W a h r heit, am 14. Dezember des gleichen Jahres an gleichem O r t e Tzara über die revolutionären Quellen der französischen Poesie. 525 Beide bestärkten die slowakischen Surrealisten in der Erkenntnis, d a ß antifaschistische Kampftradition und Engagement f ü r eine neue bessere Welt eine untrennbare Einheit bilden müssen. Allerdings betrachteten sie die Gedichte Eluards und Tzaras, welche diese Einheit 171

dokumentieren, nicht als Bruch mit dem Surrealismus, sondern als Beweis für dessen Wandlungsfähigkeit auf der Basis neuer Welterfahrung. Wenngleich sie sich emphatisch zur neuen Wirklichkeit bekannten, so wollten sie doch keinesfalls ihre surrealistische Poetik gänzlich preisgeben, sondern lediglich „mit bestimmten Requisiten aufräumen", um, wie Rak es ausdrückt, „eine neue unbelastete und unverbrauchte künstlerische Basis"526 zu finden. Für die angestrebte Synthese von ästhetischem Standard und revolutionärer Bewußtheit suchten sie daher Bestätigung zum einen im lyrischen Schaffen Eluards und Tzaras, das sie der slowakischen Öffentlichkeit durch Übersetzungen erschlossen,527 zum anderen aber in einer nationalliterarischen Traditionslinie, die vom revolutionärsten unter den slowakischen Romantikern, Janko Kral', über den Hauptvertreter der Slowakischen Moderne, Ivan Krasko, bis hin zum bedeutendsten sozialistischen Dichter Laco Novomesky reicht, wie entsprechende literarhistorische Arbeiten der Surrealisten Povazan, Brezina und Reisel belegen.528 Ungeachtet ihres ausgeprägten Gruppenbewußtseins unterstützten die slowakischen Surrealisten also die integrative Kulturpolitik Novomeskys, die auf den Aufbau einer weltoffenen, künstlerisch anspruchsvollen, den revolutionären und antifaschistischen Traditionen verpflichteten slowakischen Nationalkultur gerichtet war, um über eine durchgreifende Demokratisierung zur „Sozialisierung" zu gelangen. Damit verließen auch sie die breite Front der Aktivisten der ersten Stunde nicht, die im Manifest der slowakischen Künstler und, Wissenschaftler (1945) feierlich gelobet hatten, „das Programm der nationalen Front der Tschechen und Slowaken zu verwirklichen" und „die Ideale der Volksdemokratie in dauerhaftem Bunde mit dem slowakischen Volk und seines Repräsentanten, dem Slowakischen Nationalrat, mit Leben zu erfüllen, damit die slowakische Kultur endlich aufhört, die Angelegenheit eines engen Kreises von Kulturschaffenden zu sein und zur Sache der gesamten Nation wird". 529 Ja, sie bekannten sich einhellig dazu, mitzuhelfen an der „Errichtung einer Gesellschaft, die sich allmählich aller Anhängsel des kapitalistischen Systems entledigt"530 und fanden so bereits in den ersten Nachkriegsjahren den Weg vom antifaschistischen Engagement zu antiimperialistischer Haltung, den Übergang auf sozialistische Positionen.

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Ausbruch aus dem „Land der Engel". Auseinandersetzung mit Faschismus, Krieg und nationalem Befreiungskampf in der Prosa In den ersten beiden Nachkriegsjahren erschien zunächst noch viel von dem, was im Kriege hatte im Schubfach liegen bleiben müssen. Dies traf mutatis mutandis auf alle Gattungen zu. Während sich aber in der Lyrik die Sammlungen Aus Nacht zum Licht (1945) von Frano Kral', Schwarze Tage (1945) und Auf des Tages Ärger (1945) von Janko Jesensky sowie die Bände der Surrealisten entweder der jüngeren Vergangenheit oder der unmittelbaren geschichtlichen Gegenwart zuwandten, wurde in der Prosa ein solcher Entwicklungstrend nicht sogleich sichtbar. Hier zeichnete sich dem äußeren Erscheinungsbild nach sogar eine gegenläufige Tendenz ab, als im Jahre 1946 mit Babylon von Margita Figuli, Die Almbraut von Frantisek Svantner und Das Land der Engel von Hana Zelinovä gleich mehrere Romane herauskamen, in denen neben historischen Stoffen aus einer weit zurückliegenden Epoche auch zeitlos kreatürliche Probleme der Auseinandersetzung des Menschen mit der Natur dargestellt wurden. Die zufällige Häufung solcher Titel erweckte nämlich den Eindruck, der durch Nachauflagen mehrerer „naturistischer" Werke noch verstärkt wurde, als schrieben die Vertreter der lyrischen Prosa nach dem Kriege genauso weiter wie bisher, als hätten der antifaschistische Nationalaufstand und die Befreiung nicht neue geschichtliche Tatsachen geschaffen, die der künstlerischen Gestaltung harrten. So erklärt es sich, daß Ende 1946/Anfang 1947, zu einem Zeitpunkt also, da die Polemiken mit den Surrealisten allmählich abflauten, erneut heftige Debatten über das Verhältnis von Literatur und Wirklichkeit entbrannten. Ausgelöst wurden sie durch den Artikel von Jozef Felix Um neue Wege der Prosa oder das Problem der „Engel-Länder" in unserer Literatur. Darin warf der Kritiker den slowakischen Epikern Lebensfremdheit sowie eine übermäßige Metaphorisierung vor, „deren Funktion nicht darin bestehe, einen Gedanken ästhetisch zu potenzieren", sondern lediglich darin, „den ästhetischen Effekt als solchen zu vervielfachen". Die „Überwindung der Realismus", eine Losung, unter der die Vertreter der lyrischen Prosa seinerzeit angetreten seien, münde nun zusehends in eine „Überwindung der Realität" überhaupt. Die Wirklichkeit im „Lande der Babylonier . . . , Engel und . . . wundersamen Jungfrauen" sei eine „nichtexistente Welt mit nichtexistenten Problemen", eine Welt voller „Phantome, Ungeheuer und Irrlichter". 173

Es sei daher dringend geboten, die „Einheit von Zeichen und Idee" wiederherzustellen, aus dem „Land der Engel und Babylonier" auszubrechen und zu „unserer Wirklichkeit, zu unserer Problematik, zu unserem Leben" zurückzukehren/'' 51 Was da schwungvoll vorgetragen wurde, schien nicht nur einleuchtend, sondern auch stimmig, denn daß die Prosa größere Anlaufschwierigkeiten hatte als die Lyrik, um die jüngste Vergangenheit und unmittelbare Gegenwart zu gestalten, war nicht zu leugnen. Die Schlußfolgerung freilich, die sich an Felix' Argumentation knüpfte, mußte Widerspruch hervorrufen. „Nur die Lüge muß in der Literatur auch schön gesagt werden, damit wir ihr Glauben schenken, damit sie auf uns Eindruck macht. Je tiefer jedoch der Schriftsteller ins Leben blickt, desto weniger bedarf er zur Suggerierung seiner Wahrheit und seiner Lebenserkenntnisse irgendwelcher verwirrender ästhetisierender und emotionaler Mittel." 532 In der Tat erwies sich die Felixsche Kritik, welche - obgleich nicht so intendiert - mit zeitlichem Abstand wie das Präludium zu einer slowakischen Formalismusdiskussion anmutet, in ihrer Wirkung durchaus zwiespältig. Einerseits half sie ohne Zweifel das Bewußtsein für die notwendige stärkere Hinwendung zum Realismus und zur Realität schärfen. Andererseits drohte sie aber die vielfältigen Anstrengungen des kommunistischen Kulturpolitikers Novomesky zu unterlaufen, die Einheit von gesellschaftlichem Engagement und künstlerischer Bestrebung zu bewahren, d. h. keinesfalls eine Trennung von „politisch-funktionaler" und „artistischer Literatur" zuzulassen. In seiner Replik auf Einwände von Jan Bodenek und Dominik Tatarkä ging Felix nämlich so weit, 533 das Selbstbekenntnis der antifaschistischen Autoren in Frage zu stellen, die Metaphorisierung bewußt als gestalterisches Mittel eingesetzt zu haben, um ihre ablehnende Haltung gegenüber dem klerikalfaschistischen Tiso-Regime artikulieren zu können. Damit, sowie mit der völlig unzutreffenden Pauschalisierung „Unser heutiger Prosaiker ist ein introvertierter Autor mit geschlossenen Augen!" schoß Felix weit übers Ziel hinaus. Dieser „überaus feurigen" Kritik hielt Ivan Kusy nüchtern prüfend entgegen, es habe sich nie um die Überwindung des Realismus als solchen, sondern um die Abkehr von dem „etwas pathetischen slowakischen Realismus" gehandelt, welche auf zwei Wegen vor sich gegangen sei: zum einen über den „sozialen Realismus", der sich „durch eine heftige Kritik der kapitalistischen Gesellschaft" auszeichne, zum anderen über die „Einführung nichtepischer Elemente in die Struktur des Prosawerks" ohne Preisgabe eines sozialen Grundan174

liegens. Zudem sei „Felix mit seinem Artikel post festum gekommen", denn die „Engel-Länder entschwänden bereits". D i e Gestaltung von Themen „aus der lebendigsten Gegenwart - vom Slowakischen N a tionalaufstand, von dem uns noch nicht einmal drei Jahre trennen" 534 , beweise es. Im weiteren Verlauf der Debatte wurden sehr verschiedene Ratschläge erteilt, in welcher Richtung die slowakische Prosa sich entwickeln müßte, um auf der Höhe der Zeit zu sein. Während der Romanist Felix „den französischen und angloamerikanischen Roman, der im Zeichen eines neuen Realismus steht", als Vorbild empfahl und in diesem Zusammenhang die Namen, „Cassou, Malraux, Maugham, Graham, Green und Bosco" nannte, 535 verwies Vojtech Mihälik auf die großen russischen und französischen Realisten des 19. Jahrhunderts, auf die „einzigartigen Charaktergestalter" Gogol, Dostojewski und Balzac. 5 3 6 Der Theoretiker der Surrealisten, Michal Povazan, sprach sich schließlich dafür aus, nicht etwa dort fortzufahren, wo die slowakischen Realisten Svetozar Hurban Vajansky und Martin Kukucin an der Jahrhundertwende gestanden hätten, sondern einen Weg zu beschreiten, der eine Abschwächung der „Mitteilungsfunktion" der Literatur ins Kalkül ziehe: „Mit der Orientierung auf den Reportagestil verwirklicht sich das, was wir von der heutigen Prosa fordern, d. h. die unmittelbare Beziehung zu den aktuellen Problemen des sozialen, politischen, ökonomischen und kulturellen Lebens . . . Von dem Augenblick an, da diese .beschreibende' und ,Informations'funktion von Presse, Rundfunk und Film übernommen wird, beginnen sich in der Prosa wieder stärker auch die künstlerischen Komponenten durchzusetzen. Der thematische Teil der Prosa, vorher die dominierende Komponente, tritt entweder in den Hintergrund (Joyce) oder wird beliebig, ohne Beziehung zu Ort und Raum, eingesetzt (Georges Ribemont-Dessaignes) . . . Auch wenn sich diese Veränderungen bei uns nicht in ganzer Breite abspielen, muß der slowakischen Gegenwartsprosa dennoch eine dynamische Entwicklung bescheinigt werden." 5 3 ' Der reale Literaturprozeß gab den Überlegungen Kusys und Povazans in einigen wichtigen Punkten recht: Der Ausbruch aus dem „Land der E n g e l " vollzog sich sozusagen vor den Augen der Zeitgenossen. Hauptsächlichster Gegenstand epischer Gestaltung - das wurde spätestens im Jahre 1947 offenkundig - wurde der Slowakische Nationalaufstand. Neben der Reportage und anderen Formen journalistischer Aufzeichnung bemächtigten sich die Erzählung und der 175

Roman dieses aktuellen Gegenstandes. Schließlich boten sich in den ersten Nachkriegsjahren, obwohl so bedeutende Epiker wie Milo Urban und Jozef Ciger Hronsky aus dem nationalliterarischen Kontext ausschieden, 538 * durchaus nicht nur die lyrische und psychologisierende experimentelle Prosa, sondern auch der „soziale Realismus" als unmittelbares Anknüpfungsfeld an. Letzterer war durch Wiederauflagen der Hauptwerke Peter Jilemnickys und Frano Kräl's aus der Zwischenkriegszeit 539 sowie durch die Erstveröffentlichung der vor dem Kriege entstandenen Romane Begegnung (1945) von Frano Kral' und Spinngewebe (1946) von Jan Ponican sogar nachhaltig ins Bewußtsein der literarischen Öffentlichkeit gerückt. Diese Werke, in denen nicht nur soziale Not angeprangert wurde, sondern auch die sozialistische Revolution als Perspektive für ein menschenwürdiges Dasein erschien, spiegelten die vielfältigen Erfahrungen der sozialistisch-realistischen Epik wider, veranschaulichten auch, in welchem Maße nationalliterarische Repräsentanz erreicht wurde. Angesichts dieser keineswegs einspurigen, sondern durchaus differenzierten slowakischen Epikentwicklung fiel die Auseinandersetzung mit der Problematik Faschismus, Krieg, Widerstand und nationaler Befreiungskampf auch unterschiedlich aus. 540 * Ähnlich wie in der Lyrik der Surrealisten - aber nicht nur bei diesen, wie Andrej Plavkas Band Fetter auf den Bergen (1947) und Pavel Horovs Sammlung Defilee (1947) belegen - , so ist auch bei den Repräsentanten der psychologisierenden experimentellen (Julius Barc-Ivan, Dominik Tatarka) und lyrischen Prosa (Margita Figuli, Dobroslav Chrobdk, L'udo Ondrejov, Frantisek Svanter) das subjektiv ehrliche Bestreben erkennbar, ihre konstruktive staatsbürgerliche Haltung als Antifaschisten auch künstlerisch produktiv zu machen. Julius Barc-Ivan, der während des Nationalaufstands in dem Artikel Der Dichter sollte sich zu Wort melden dazu aufgerufen hatte, den Aufbau „eines besseren und gerechteren Lebens" zu unterstützen, 541 schrieb in den Jahren 1945/46 ganz im Sinne dieses Appells eine Reihe von Skizzen, in denen er den slowakischen Aufständischen und den sowjetischen Soldaten als den Befreiern ein Denkmal setzte. Die etwas pathetischen Skizzen kontrastieren scharf mit der düsteren Welt seiner im Ti so-Staat geschriebenen Novellen, wollen ein „Hymnus auf die siegreiche Gerechtigkeit" 542 sein. Ähnliche gestalterische und thematische Konsequenzen lassen sich allerdings in Barc-Ivans dramatischem Schaffen nach dem Kriege nicht nachweisen. 543 Dominik Tatarka suchte nach seiner Novellensamm176

lung Die wundersame' Jungfrau (1945) ebenfalls von seiner bisherigen Gestaltungsweise wegzukommen, die sich surrealistischer Verfahren bediente. Im Roman Die Pfaffenrepublik (1948) geschieht dies durch eine betonte Entmetaphorisierung; die Anklage gegen das klerikalfaschistische Regime, die während des Krieges verschlüsselt vorgetragen werden mußte, kann nun unverhüllt ausgesprochen werden. Smatläks Beobachtung, hier sei ein Rückgriff auf eine realistische Beschreibungslinie erfolgt, die publizistische Züge trage und Affinitäten zu Janko Jesenskys Gesellschaftssatire Die Demokraten aufw e i s e , b e z e i c h n e t genau diesem Umbruch in Tatarkas poetologischem Selbstverständnis. Allerdings war eine solche Entwicklung zum Publizistischen hin, die auch an den zeitlich wesentlich früheren Streiflichtern aus dem selbsterlebten Aufstandsgeschehen Der Viadukt (1946) von Milos Krno ablesbar ist, nicht der einzige Weg einer offensiven Auseinandersetzung mit dieser Problematik. In die entgegengesetzte Richtung wies damals das Erzählschaffen (nicht das parallel entstehende dramatische Werk) von Peter Karvas, der nach seiner „Publizistik aus revolutionären Zeiten" Die Brücke (1.945) in der Novellensammlung Mit halber Stimme (1947) wieder an Erfahrungen der experimentellen Prosa anknüpfte, wo die Auseinandersetzung mit der geschichtlichen Realität primär über eine Darstellung der inneren Welt des Individuums erfolgte (erst später „vertauschen sich" die Entwicklungswege wieder). Diese Novellen signalisieren ebenso wie die von Frantisek Svantner eine Gegenreaktion auf äußerliche Geschichtlichkeit, obgleich beide Autoren von unterschiedlichen Ausgangspunkten aus den Zugang zur Problematik suchten und fanden. Svantners Leistung ist vor dem Hintergrund der ästhetischen D i f ferenzierung innerhalb der lyrischen Prosa zu sehen, die sowohl Merkmale schöpferischer Weiterführung als auch Anzeichen von Stagnation aufweist: Dobroslav Chrobäk unternahm zwar unmittelbar nach Kriegsende in der Skizze Monolog-'''5 einen Versuch, mit lyrischen Gestaltungsmitteln die antifaschistische Erhebung seines Volkes darzustellen, doch dann verstummte der Schriftsteller, da der Kommunist Chrobdk als Ingenieur voll in die Aufbauarbeit eingegliedert wurde. Margita Figuli machte mit ihrem umfänglichen Werk Babylon eine relativ unauffällige Wendung vom Zeitlos-Kreatürlichen zum Realgeschichtlichen hin. Im Unterschied zu Felix, dessen Kritik sich im Nachhinein in mancherlei Hinsicht als „Irrläufer" erwies, bescheinigte der Vertreter der jungen, sich erst formierenden marxisti12

Richter, Literatur

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sehen Kritikergeneration, Karol Rosenbaum, der Autorin sowohl die gleichnishaften Züge ihres historischen Romans (sie sei „über das Gegenwärtige in die alte Geschichte vorgedrungen") als auch das ernsthafte Bemühen, von einer gefühlsüberladencn Darstellung wegzukommen.5'*6 Damit lehnte Rosenbaum, wie schon während der Surrealismus-Debatte,5/,~ einen linearen, lediglich auf das gegenwärtige Thema eingegrenzten Aktualitätsbegriff ab. Größere Schwierigkeiten bereitete es hingegen L'udo Ondrejov, den Jergus Lapin im Sinne der inzwischen gewonnenen ideologisch-politischen Einsichten so fortzusetzen, daß sich spontanes Rebellentum in revolutionäre Bewußtheit kehrt. Im Schlußteil seiner sogenannten „Bergbauerntrilogie", im Roman Auf der Erde sind deine Sterne (erst 1950!), mißlang letztlich die Synthese von lyrischem „Naturismus" und historisch-gesellschaftlicher Problemstellung. Die lyrische Prosa büßte also in den ersten Nachkriegsjahren dort künstlerische Substanz ein, wo ihre Vertreter den Anforderungen der neuen Zeit lediglich dadurch zu genügen suchten, daß sie sich thematisch „anpaßten". Als ästhetisch produktiv erwiesen sich dagegen Versuche, Gegenstandswahl, Welterkenntnis des Autors und Gestaltungsweise organisch aufeinander abzustimmen, wie insbesondere Frantisek Svantners Nachkriegsschaffen belegt. Zunächst blieb Svantner noch bei der Darstellung des Verhältnisses von Mensch und Natur, Mensch und Landschaft. Im während des Krieges begonnenen, aber erst 1946 veröffentlichten Mikroroman Die Almbraut erfuhr die mythische Verklärung biologischen Seins, verglichen mit seinem Debüt der Novellensammlung Malka, sogar noch eine erhebliche Steigerung. Reale Welt und Fabelwelt verschwimmen hier zu einer amorphen Ganzheit. Die Hauptfigur Zuna ist als Symbol unbändiger Naturkraft gefaßt, versinnbildlicht gleichwohl aber entfesselte Triebhaftigkeit vor einer imposanten Naturkulisse. Nach des Autors Selstzeugnis sollte das Werk „ein bescheidener Toast auf das Leben" sein, „als man sonst dem Tode zuprostete", ein Hymnus auf „die reine Menschlichkeit gerade in jener Zeit, als sie . . . sich zersetzte".5li8 Den tatsächlich eingetretenen Verlust an Lebensnähe vermochte Svantner mit seinem zornigen Hinweis auf Prototypen549 allerdings keineswegs zu entkräften. Ein gänzlich gewandelter Autor präsentierte sich aber schon ein Jahr später. In den Novellen Der Bauer (1947), Die Dame (1948) und Der Priester (postum 1966)550 ist von mythischer Naturverklärung nichts mehr zu spüren. Hier werden sozial determinierbare Individuen in existen178

tielle Grenzsituationen des Krieges und des Nationalaufstandes gestellt. Der Bauer besteht die Bewährungsprobe nicht. Da er in der Waldeinsamkeit seines entlegenen Hofes nicht zu unterscheiden vermag, wer für das Recht streitet und wer Unrecht begeht, wird er aus Angst um das eigene Leben zum Mörder an einem ihm anvertrauten verwundeten Partisanen. Der Priester hingegen nimmt den Tod auf sich, um das Leben zweier Jungen zu retten. Er stirbt in der Erkenntnis, daß auch der Christ nicht abseits stehen darf, nötigenfalls den Pflug stehenlassen, das Gebetbuch beiseite legen, die Kirchen schließen und zur Waffe greifen muß, wenn die elementarsten Lebensbedingungen der Menschheit bedroht sind. Gewiß, es sind psychologische Studien, die eine engere Berührung mit dem Existentialismus verraten, doch gab das eigene Widerstandserlebnis - der Autor arbeitete während des Aufstands in den revolutionären Nationalausschüssen mit - den entscheidenden Impuls, das bisherige künstlerische Credo zu überprüfen und sich fortan stärker der geschichtlichen Wirklichkeit zuzuwenden. Die Natur wird zwar weiterhin mit ins Bild gesetzt, kaschiert aber nun nicht mehr die gesellschaftliche Aussage. Die „Psychologie der Natur" - eine Ausdruck Svantners - hat ihre beherrschende Kraft gegenüber der „Psychologie des Menschen" verloren. So überwindet Svantner den zeitlosen Naturismus, ohne die psychologische Fundierung seiner Figuren preiszugeben. Der Autor schafft so ein Gegengewicht zur publizistischen Memoirenliteratur, in der authentische Fakten bekenntnishaft aufgezeichnet sind, wobei mehr auf historische Detailtreue als auf künstlerische „Verarbeitung" geachtet wird, eine Alternative aber auch zu psychologisierenden Darstellungsversuchen, in denen die Auseinandersetzung mit der antifaschistischen Widerstandsproblematik entweder wie in der Novelle Der Schacht von Jozef Horäk 551 — auf ein effektvolles Spannungselement oder - wie in der Erzählung Nächtliches Verhör von Jan Bodenek552 - auf einen qualvollen Sühneschrei reduziert wird. Einen ersten, nationalliterarisch bedeutenden Versuch, den Slowakischen Nationalaufstand nicht so sehr als individuelle, sondern vielmehr als kollektive Entscheidung zu fassen, unternahm der führende sozialistisch-realistische Epiker Peter Jilemnicky in dem Roman Der Wind dreht sich (1947). Er brachte hierfür besondere Voraussetzungen mit, verfügte er doch über reiche Erkenntnisse der Menschenbildgestaltung, denn im Zentrum seiner früheren Arbeiten standen soziale Kämpfe und revolutionäre Bewußtseinsprozesse. Da Jilem12*

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nicky die negativen Ergebnisse seiner ästhetischen Erkundungen zu eleminieren und an die positiven Erfahrungen der eigenen sozialistischen Tradition aus der Zwischenkriegszeit anzuknüpfen verstand, gelang es ihm, die revolutionäre Erhebung des slowakischen Volkes als „gezielten nationalen Befreiungsakt mit der organischen Rolle der Partei in ihm"553 darzustellen. Jilemnicky machte deutlich, „wie die Gesinnung des Volkes war, das sich erhob", erfaßte jene Kräfte, „die ihm die Wahrheit zeigten", verschwieg auch den Preis des Sieges, die Opfer, nicht, die gebracht werden mußten, „um das Unheil abzuwenden und den Untergang unseres Volkes zu verhindern".554 Durch das Prisma des Geschehens in einem einzigen Waldbauerndorf macht fler Autor weniger spontanes Aufbegehren gegen einen gnadenlosen Feind als vielmehr geschichtlich bewußtes Handeln sichtbar. Die angestrebte historische Objektivierung erreicht er durch eine chronikhafte Anlage des Romans mit dem Förster Gondds als medialem Erzähler. Diese ästhetische Lösung konnte sich insofern produktiv auswirken, als sie einen möglichen Ausweg aus jenen zeitgenössischen Darstellungen wies, in denen - wie in Vladimir Minäcs autobiographisch gefärbtem Roman Der Tod geht um in den Bergen (1947) eine subjektive emotionale Problemsicht dominierte. Dennoch konnte auch mit ihr nur ein relativ schmaler Gesellschaftsausschnitt bewältigt werden. Die großen Gesellschaftssynthesen sollten erst ein Jahrzehnt später kommen. So unterschiedlich in der slowakischen Prosa die Auseinandersetzung mit der Problematik Faschismus, Krieg, antifaschistischer Widerstand im einzelnen auch ausfiel, sie wurde zum entscheidenden Prüffeld weltanschaulicher und künstlerischer Wandlung. Über sie vor allem vollzog sich der Ausbruch aus dem „Land der Engel", an ihr erprobten sich jene Debütanten, die das eigene Erleben des Slowakischen Nationalaufstandes zum Schreiben zwang, über sie wurden schließlich auch die Erfahrungen der sozialistisch-realistischen Epik der Zwischenkriegszeit wieder produktiv gemacht. Der ideologische Polarisierungs- und ästhetische Differenzierungsprozeß innerhalb der slowakischen Nachkriegsliteratur blieb also keinesfalls auf die Lyrik beschränkt, er bildete sich, mit geringer zeitlicher Verschiebung zwar, aber keineswegs weniger intensiv, auch in der Prosa aus. Zusammenfassend kann daher gesagt werden: In den ersten Nachkriegsjahren wurde das antifaschistische Bündnis zwischen der sozialistischen und der humanistisch-demokratischen Literatur offensiv weitergeführt und nahm mehr und mehr eine neue, antiimperialisti180

sehe Qualität an. Wesentlichen Anteil an dieser Entwicklung hat die Tatsache, daß das integrative kulturpolitische Konzept des Davisten Novomesky sowohl gegen Widerstände seitens der Rechtskräfte a l s auch gegen linksradikale Einwände durchgesetzt werden konnte. So wurden optimal die Möglichkeiten des Kosicer Regierungsprogrammsi genutzt, im Sinne des strategischen Ziels der Kommunistischen Partei die „Sozialisierung" der slowakischen Nationalkultur zu fördernVertreter aller Gattungen und verschiedener literarischer Richtunger» bekannten sich zur Politik dieser Partei und unterstutzten innerhalb wie außerhalb ihrer Reihen konsequent das Aufbauprogramm der. Gottwald-Regierung. Künstlerisch ist dieser weltanschauliche Positionswandel in einer beachtlichen Zahl nationalliterarisch bedeutsamer 1 Werke erkennbar, in denen sich die Autoren kritisch mit der klerikalfaschistischen Vergangenheit auseinandersetzten, den Nationalauf ^ stand als Beginn einer geschichtlichen Wende begriffen und den volksdemokratischen Staat der Tschechen und Slowaken als trag-fähige und perspektivische Alternative zum „eigenen" kompromittier-, ten bürgerlichen Nationalstaat begrüßten. Auf solche Weise setzte! also bereits vor dem Februar-Umschwung von 1948 der Konstituierungsprozeß der slowakischen sozialistischen Nationalliteratur ein, und zwar nicht als partielle Erscheinung an der Peripherie, sondern durchaus als Hauptentwicklungslinie im Zentrum des literarischen. Geschehens. Dieser Erfolg kommunistischer Kulturpolitik ist um so bemerkenswerter, als er wirklich unter den Bedingungen schärfsten ideologischen Kampfes errungen wurde. Suchte doch die Demokratische Partei als Repräsentantin der slowakischen Bourgeoisie immer wieder die Schranken des Kosicer Programms zu durchbrechen, das ihr zu Kriegsende angesichts des siegreichen Vormarsches der Roten Armee abgetrotzt worden war, und die Machtverhältnisse zu ihren Gunsten zu verändern. Sie arrangierte sich insgeheim sowohl mit dem, katholischen Klerus, der weiterhin einen beträchtlichen Einfluß i*uf die gläubige ländliche Bevölkerung ausübte, als auch mit ehemaligen Mitgliedern der Volkspartei, die sie unter der Flagge des Antikommunismus politisch zu mobilisieren und letztlich auch zu rehabilitier ren suchte. Ihre Kompromißbereitschaft gegenüber den einstigen Parteigängern des Kollaborantenregimes ging sogar so weit, daß sie gerichtliche Verfahren niederzuschlagen und Strafmilderung für den; Hauptschuldigen, Jozef Tiso, zu erwirken versprach. Daraus erklärt sich unter anderem, daß die Demokratische Partei bei den Wahlen

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vom 26. Mai 1946 in der Slowakei 62 Prozent der Stimmen erhielt. 555 Diese schwere politische Krise konnte zwar überwunden werden, da innerhalb der gesamten Tschechoslowakischen Republik die Kommunistische Partei mit 38 Prozent der Stimmen als Sieger aus den Wahlen hervorging und danach in Regierungsverantwortung die Machenschaften der Bourgeoisie zu entlarven vermochte, sie signalisierte aber nachhaltig die permanente Gefahr, die namentlich in der Slowakei von seiten der klerikalen Reaktion drohte. „Die Geister, die vor den Wahlen von der Propaganda (der Demokratischen Partei - L. R.) in der Hoffnung herbeigerufen wurden, sie würden lediglich Stimmenmaterial abgeben", stellte Laco Novomesky in diesem Zusammenhang warnend fest, „versuchen nach den Wahlen, die Situation in den Griff zu bekommen. Sie fühlen sich zu Ausschreitungen ermutigt, die weder dem Kommunisten noch dem Demokraten gleichgültig sein können, der in den Stunden des Nationalaufstandes Seite an Seite mit den Kommunisten kämpfte." E r appellierte an die Kommunisten und die „wirklichen Demokraten im Wahllager der Demokratischen Partei", mit vereinter Kraft allen Versuchen entgegenzuwirken, „bei uns die Herrschaft des faschisierten Klerikalismus wiederzuerrichten".556 So bedeutend angesichts dieser konkreten Klassenkampflage die ideell-ästhetischen Wandlungsprozesse innerhalb der slowakischen Literatur erscheinen mögen und auch sind, sie stehen nicht vereinzelt da. Vielmehr sind sie Bestandteil eines ganzen Systems kulturrevolutionärer Maßnahmen, die von der Abschaffung des kommerziellen Privattheaters, der Nationalisierung des Films und der Schallplattenindustrie über die Verstaatlichung des Rundfunks bis hin zur Neuorganisation des Volksbildungswesens in der Kompetenz der Nationalausschüsse reichten. 557 Dadurch wurden die ideologischen Einflußmöglichkeiten der durch die Nationalisierung der Schlüsselindustrie, der Banken und Versicherungen auch ökonomisch geschwächten Bourgeoisie erheblich eingeschränkt. In den ersten drei Nachkriegsjahren wurden somit nicht allein in der Literatur, sondern in mehreren Bereichen entscheidende Grundlagen für die „Sozialisierung" der slowakischen Nationalkultur geschaffen, so daß im Februar 1948 relativ günstige Voraussetzungen gegeben waren, diese nach dem definitiven Sieg der Arbeiterklasse kontinuierlich weiterzuführen und mit den objektiven Erfordernissen des sozialistischen Aufbaus in der Tschechoslowakei in Übereinstimmung zu bringen. 182

Kontinuierliche und diskontinuierliche Momente beim allgemeinen Übergang auf sozialistische Positionen nach der Februarrevolution von 1948 Mit dem Sieg der Arbeiterklasse im Februar 1948 veränderten sich auch die Entwicklungsbedingungen der slowakischen Literatur. Was bisher bei der „Sozialisierung" der Nationalkultur partiell erreicht worden war, vermochte nun endgültig gesichert und im Prozeß des planmäßigen Aufbaus der sozialistischen Gesellschaftsordnung konsequenter und umfassender weitergeführt werden. Allerdings erforderte dies eine zielgerichtete Aktivität auch von seiten der Kulturschaffenden selber, die nicht nur subjektiv der neuen geschichtlichen Situation entsprach. Die spontan geäußerte Bereitschaft einzelner, „mit ihrer Kunst dem Fortschritt zu dienen" 558 , wie sie im Manifest des sozialistischen Humanismus vom 8. April 1948 zum Ausdruck kommt, genügte nun nicht mehr. 559 Der Übergang auf sozialistische Positionen, bislang eine individuelle Entscheidung, nahm jetzt den Charakter einer objektiven kollektiven Notwendigkeit an und mußte in diesem Sinne auch bewußtgemacht werden. Selbst wer - wie die Unterzeichner des Manifestes - willens war, „die neue Wirklichkeit mitzugestalten, d. h., nicht lediglich abzubilden, sondern auch umzuformen" 060 , mußte begreifen lernen, daß diese Aufgabe mit einer Modifizierung des künstlerischen Programms allein nicht zu bewältigen war. Nicht zufällig rückte Laco Novomesky in seinem Referat auf dem Kongreß der Nationalkultur am 11. April 1948 in Prag den untrennbaren Zusammenhang von ökonomisch-politischer und kultureller Entwicklung in den Mittelpunkt seiner Betrachtungen: „Unser kulturelles Problem ist ein Problem des Fortschritts . . . Auf drei Wegen kann sich die Slowakei aus dörflicher, fast noch feudaler Rückständigkeit in ein Land mit einer fortgeschrittenen und bewußten nationalen Gesellschaft entwickeln. Der erste ist eine der Bauernschaft zugute kommende Bodenreform, die aus einer ganzen Reihe von Reformen besteht, von der Bodenreform bis zur Mechanisierung der Produktion. Der zweite Weg ist die Industrialisierung des Landes, die sowohl unseren beträchtlichen Bevölkerungsüberschuß von dem überbeanspruchten und nicht ausreichenden Boden abschöpft als auch den heute noch sehr bescheiden lebenden Arbeitern in den Fabriken wie Werkstätten eine bessere Lebensweise ermöglicht und so den Typ des neuen Menschen hervorbringt. Der dritte Weg ist schließlich eine moderne Kultur-, vor allem Schul- und Bildungs-

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politik, welche im nationalen Maßstab einheitlich ist, die Erziehung nicht konfessionell aufspaltet und sich auf die unleugbaren Errungenschaften der Wissenschaft stützt. Gleichmäßige Schritte auf diesen drei Wegen, g l e i c h m ä ß i g e s W a c h s t u m a u f d i e s e n d r e i P f e i l e r n d e s s l o w a k i s c h e n F o r t s c h r i t t s formt allein mit Sicherheit unser Leben um" (Hervorhebung - L. R . ) . 5 6 1 Aus einer so „breit unterbauten Kulturrevolutions"-auffassung, die die Lebensweise mit einschließt, leitete Novomesky die Verpflichtungen für „alle Bereiche unserer Kunst und letztlich auch unserer. Wissenschaft" ab, die sich unter den Bedingungen „unserer Revolution und der mit ihr einhergehenden Befreiung unseres Volkes" an die nach wie vor gültige Forderung knüpften, eine im echten Sinne volksverbundene slowakische sozialistische Nationalkultur zu schaffen, die den Kontakt mit der Welt und ihren revolutionären Bewegungen ausrechterhält. 562 Novomeskys Kulturkonzept blieb auch nach dem revolutionären Februar-Umschwung kontinuitätsbetiöht, er "wollte vor allem eine undialektische Entgegensetzung von sozialistischer und nichtsozialistischer Kunst vermeiden, um nicht von vornheriin „solche Werte auszuschließen, die zwar nicht sozialistisch, dennoch aber fortschrittlich" und „ein guter Beitrag für unsere Gegenwart und unsere sozialistische Zukunft sind".5®3 So traf Novomesky als1 verantwortlicher Kulturpölitiker in der Slowakei zwar mit aller Entschiedenheit die erforderlichen Maßnahmen, um die kulturellen Bereiche vom Einfluß der Bourgeoisie und der mit ihr verquickten klerikalen Reaktion zu säubern, zugleich unternahm er aber auch vielfältige Anstrengungen, um das progressive bürgerliche E r b e möglichst organisch mit der sich dynamisch entfaltenden sozialistischen Nationalkultur zu verbinden. E r hielt, die eigenen davistischen Erfahrungen aus der Zwischenkriegszeit vor Augen, ein bestimmtes ästhetisches Ausgangsniveäu ganz einfach für unumgänglich, damit diese den rasch wachsenden Ansprüchen der Gesellschaft gerecht zu werden vermag. „Wir planen keine Attacke gegen die Kunst, sondern ein Unternehmen zu ihren Gunsten l" 56 '', hatte Novomesky unmittelbar nach den FebruarEreignissen auf einem Literaturabend in Banskä Bystrica erklärt, und davon rückte er auch in der Folgezeit nicht ab. D i e „zielbewußte und kompromißlose Orientierung" der Künstler „auf alle Erscheinungen unseres Lebens" 5 6 3 stellte sich ihm vorrangig als eine Frage der Aneignung der sozialistischen Ideologie dar. „Nicht um deren Schlußfolgerungen abzuschreiben oder in seinem Werk breitz'utrcten", wie Novomesky warnend hinzufügt, sondern um „das Leben zu vet-

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stehen." 566 Von daher schloß er eine „Aktualität in der Themenwahl und -bearbeitung nicht aus" 567 , gab sich aber keineswegs mit ihr zufrieden. „Denn das Geheimnis der großen und wahren Kunst liegt schließlich in dem, was sie offenbart, was sie erhellt, und dazu verhilft ihr die sozialistische Wissenschaft: zur Erkenntnis der wirklichen Grundlagen des Lebens, zur Erkenntnis der Art und Weise, wie man das Leben verändert und verbessert, zur Erkenntnis der Methoden, mit denen man den Menschen aus den Irrungen und Wirrungen zur Menschenwürde führt und emporhebt: Darin sind sich wahre Kunst und wahrer Sozialismus einig. Darin ist wirkliche Kunst ein Helfer des Sozialismus und der wirkliche Sozialismus ein Helfer der Kunst." 568 Auf Grund der bisherigen Nachkriegsentwicklung und der traditionellen Verbundenheit zwischen Künstler und Volk war Novomesky davon überzeugt, das Ziel einer „bewußt sozialistischen Literatur und Kunst, geschaffen von bewußten Sozialisten"569, durchaus „ohne Krise" erreichen zu können, da es dem Künstler nicht die Forderung auferlege, „die Kunst und ihre Werte zu verlassen oder zu veruntreuen" 570 . Er plädierte dafür, „in erster Linie die neue ideelle Orientierung unserer Schriftsteller, unserer schöpferischen Menschen" zu fördern und „Schaffensprobleme"' und „Fragen der Arbeitsmethode" zunächst zurückzustellen. Der „Kampf um die Formen" werde mit der ..Vertiefung in diese Aufgaben" notwendigerweise folgen. Durch „Kabinettskunst" seien sie. nicht zu lösen, die Kunst brauche den „Kontakt mit den lebendigen Menschen", um die „stürmische Entwicklung der gesellschaftlichen Kräfte" aktiv unterstützen zu können. 571 „Heute, im Jahre 1949, sprechen wir von der historischen Mission der Arbeiterklasse nicht mehr nur theoretisch und allgemein, auch vom Sozialismus nicht mehr wie von einem entfernten Traum . . . heute ist er da", nimmt die Arbeiterklasse „die Verwaltung der Dinge fest in ihre Hände" und „gestaltet das Land auf sozialistische Weise um"; die Kunst muß „diese Entwicklungslinie" unterstützen. 572 Dieses kulturpolitische Konzept Novomeskys bot zweifelsohne eine Chance, den allgemeinen Übergang auf sozialistische Positionen so zu vollziehen, daß die Einheit von ästhetischem Standard und revolutionärer Bewußtheit gewahrt blieb. Und dies um so mehr, als der Dichter und. Revolutionär Novomesky selber diese Einheit verkörperte. Es war daher ein tiefer Eingriff in den Organismus der slowakischen sozialistischen Kultur, als Novomesky Anfang der fünfziger Jahre zusammen mit anderen Davisten und Funktionären der 185

Kommunistischen Partei der Slowakei auf Grund falscher Beschuldigungen als „bürgerlicher Nationalist" verurteilt und die D A V Tradition, soweit sie mit den Namen Clementis, Novomesky, Okali verbunden war, für über ein Jahrzehnt „aus dem Blutkreislauf der slowakischen sozialistischen Literatur einfach herausgenommen wurde". 573 Die für Novomesky charakteristische kulturpolitische Praxis der offensiven prinzipiellen Problemdiskussion wurde „durch das Konzept der Normativität, nicht selten auch der Reglementierung und Administrierung" 374 ersetzt. Die anstehenden Probleme konnten so zwar verdrängt, nicht aber bewältigt werden. Der weitgehende Verzicht, die krasse Vereinseitigung des eigenen sozialistischen Erbes aus der Zwischenkriegszeit führten zu einer maßlosen Überschätzung des sich im übrigen meist nur thematisch äußernden ästhetischen Neuansatzes. „Vereinfachte theoretische Vorstellungen, simplifizierte ästhetische Muster, von den Autoren nicht selten mechanisch auf das eigene literarische Schaffen angewandt, verhalfen Werken ans Licht der Welt, in denen subjektiv wohlgemeinte ideologisch .richtige' Haltungen künstlerisch wirkungslos realisiert wurden oder in denen die .Lebenswahrheit' mit ihrem forcierten voluntaristischen Schema verwechselt wurde." 575 Gewiß war dies in jenen Jahren kein slowakisches Spezifikum. Hier spitzte sich aber die Literatursituation dadurch drastisch zu, daß aus der konstruierten politischen Anklage gegen die Davisten Clementis, Novomesky, Okali literarisch „ein Großteil Schuld" daran abgeleitet wurde, daß „die moderne slowakische Literatur von Formalismus, Artismus, Ideenlosigkeit, Naturalismus, bürgerlichen Nationalismus und Kosmopolitismus verseucht worden ist". 576 Damit blieben fortan nicht allein die genannten Davisten aus dem slowakischen Literaturprozeß ausgeklammert. All das, was im Kampf gegen den konservativen Traditionalismus, im Streben nach einer modernen slowakischen Literatur, die den Kontakt mit der Welt und ihren revolutionären Bewegungen sucht, erreicht worden war, wurde nun, soweit es nicht der vorgegebenen Traditionslinie des Realismus von Kukucin und Tajovsky zu Jilemnicky und Frano Kral folgte, dem Formalismus zugeschlagen. Ungeachtet der traditionellen Verbundenheit des slowakischen Künstlers mit seinem Volk, von der sich auch Ivan Horväth 1948 erhofft hatte, sie werde im Unterschied zu den Künstlern „einiger anderer Nationen" die Lösung der anstehenden Probleme erleichtern, 577 * ungeachtet aber auch bereits vollzogener Übergänge auf sozialistische Positionen bis zur schöpferischen Negierung des ursprünglichen poetologischen Credos, 186

wurde die tatsächlich vorhandene breite Basis einer auf anspruchsvollem künstlerischem Niveau stehenden volksverbundenen Literatur abgebaut, und, als logische Konsequenz, die lediglich in spärlichen Ansätzen existente „bürgerlich-dekadente" Literatur durch Addition mit der Avantgarde als Traditionslinie des volksfremden Kosmopolitismus erst gewichtig gemacht. So wurde zwangsläufig „die historische Kontinuität der slowakischen sozialistischen Literatur, ihre organische Verbindung, ernsthaft gestört" 378 . Die Negierung des davistischen Literaturkonzepts im allgemeinen und die Preisgabe der von Novomesky proklamierten und auch durchgesetzten Synthese von ästhetischem Standard und revolutionärer Bewußtheit im besonderen führten zwar zu erheblichen Störungen im Organismus der slowakischen Literatur, hatten jedoch in den einzelnen Gattungen unterschiedliche Auswirkungen. Am schärfsten traten die diskontinuierlichen Momente in der Lyrik hervor. Hier wurde quasi wieder von vorne angefangen, obwohl Novomeskys Schaffen der slowakischen sozialistischen Lyrik in der Zwischenkriegszeit nicht nur zu nationalliterarischer Repräsentanz, sondern sogar zur Hegemonie im nationalliterarischen Entwicklungsprozeß verholten hatte. Der Debütant Milan Lajciak vermochte mit seiner Weltfriedensdichtung zwar ein aktuelles Neuland zu besetzen, der gänzliche Verzicht auf die Erfahrungen der modernen slowakischen Lyrik seit Ivan Krasko, welche pauschal der volksfremden kosmopolitischen Traditionslinie zugeschlagen wurden, führte jedoch zu einer drastischen Reduzierung der poetischen Ausdrucksmittel. Der schmucklose Reim und das losungshafte Agitationsgedicht verdrängten wiederum das Spiel mit der Metapher, das von Krasko, Lukäc, Smrck, den Surrealisten und nicht zuletzt auch von Novomesky selber zu hoher Vollendung gebracht worden war. Welche Qualität der damit einhergehende Umbruch im Lyrikverständnis annahm, veranschaulicht u. a. das Gedicht An Philipp Müller, das dem Leser in der D D R 1951 in einer Nachdichtung von Louis Fürnberg als das damals gültige ästhetische Muster slowakischer Poesie erschlossen wurde.-'79 Hier ist die antiimperialistische Aussage linear, ohne wirkliche künstlerische Verarbeitung des gegebenen tagespolitischen Anlasses realisiert, die internationalistische Haltung des Autors durch unmittelbare geschichtliche Gegenständlichkeit transparent gemacht worden. Was dabei an gedanklicher Tiefe und ästhetischer Substanz verlorenging, veranschaulicht nachhaltig ein Hinweis auf Novomeskys Spaniengedichte, die deshalb die Zeit überdauert haben, weil sie, um ein Wort Novomeskys über 187

Jiri Wolker abzuwandeln, nicht nur vom revolutionären Kampf redeten, sondern wirklich revolutionär waren, und zwar revolutionär im Sinne der dialektischen Einheit von „Poesie der Revolution und Revolution der Poesie" 580 . In den beginnenden fünfziger Jahren war freilich fast ausschließlich die eine Seite dieser Einheit gefragt, die andere ging in einem undifferenzierten Volksliteraturbegriff unter, der Volksverbundenheit mit Schlichtheit der Gestaltungsmittel gleichsetzte. „Sich auf das Volkslied zu stützen", meinte L'udö Ondrejov 1954 ganz im Sinne dieser verpflichtenden Auffassung, „ist eine gewaltige Grundlage, eine riesige Hilfe für den Literaturschaffenden", fügte aber gleichzeitig als Forderung hinzu, daß mit ihm auch „absolute Aufrichtigkeit und die allergrößte Wahrheitsliebe" übernommen werden müßten.581 Neben der Hinwendung zu Problemen der Weltfriedensbewegung, mit denen objektiv auch Probleme des weltrevolutionären Prozesses ins Blickfeld rückten, stand die Auseinandersetzung mit der sozialistischen Gesellschaftspraxis in der Slowakei im Zentrum der Gestaltung. Da die „Identifizierung des lyrischen Subjekts mit Faktum und Zielstellung des sozialistischen Aufbaus ziemlich oft lediglich durch rhetorische Lobpreisung äußerer Symbole des sozialistischen Aufbaus (ja häufig nur technischer Requisiten wie Traktoren und Maschinen) ausgedrückt wurde" 582 , konnten die Fragen der befreiten Arbeit mehr bewußt gemacht als wirklich bewältigt werden. Gewöhn-lieh mangelte es den durch die Literaturkritik verunsicherten, ja desorientierten Dichtern an jenem Mut, „die Gesellschaftsprozesse durch eine eigene, persönliche, individuelle Optik zu sehen", den Miroslav Välek zwanzig Jahre später rückblickend als Grundvoraussetzung für eine gesellschaftlich eingreifende moderne sozialistische Lyrik bezeichnet hat. 583 Nicht zufällig haben solche Gedichte aus Vojtech Mihäliks Sammlung Das Plebejerhemd (1950) eine fortdauernde Resonanz gefunden, in denen der Autor durch das subjektive Spektrum eigener proletarischer Kindheitserfahrungen die humanistische Qualität der neuen Gesellschaftsordnung sichtbar zu machen verstand. Novomeskys ästhetisches Konzept konnte zwar durch administrative Eingriffe „aus dem Blutkreislauf der slowakischen sozialistischen Literatur"5®'1 herausgenommen, nicht aber gänzlich aus dem literarischen Bewußtsein verdrängt werden. Der Lyrikband Bis wir reifen, mit dem Milan Rüfus im Jahre 1956 debütierte,585 der jedoch in wesentlichen Teilen noch vor dem XX. Parteitag der KPdSU geschrieben 188

worden war, belegt diesen Tatbestand ebenso anschaulich wie Miroslav Valeks Lyrikauffassung in der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre. Beide Dichter bekennen sich wie Novomesky zum gesamten progressiven national- und ¡weltliterarischen Erbe. In seiner ersten programmatischen Äußerung Wege der Poesie (1958) hob Valek geradezu pointiert hervor, die moderne Poesie werde zwar „die alten Mauern niederreißen, aber ihr Haus nicht in die Luft bauen", daher auch keineswegs verkünden, „das alte poetische Arsenal gehöre ins Museum" ; vielmehr „brauche sie alle Waffen", wenn sie auch „mit ihnen anders umgehen", ihnen „neue Funktionen zuweisen werde." Von daher bekannte sich Valek: nicht nur zu einer nationalliterarischen Traditionslinie, die „die besten Verse Plavkas, Kostras, Horovs, Zärys, Mihäliks" umfaßt» „Verse, die über die poetische Konzeption ihrer Entstehungszeit hinauswuchsen", sondern auch zur schöpferischkritischen Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Strömungen der Weltpoesie. Wie die Prosa, die die Erfahrungen eines Joyce oder Hemingway nicht negieren könne, werde auch die Poesie den Kontakt mit der Welt suchen: „Sie wird nicht nur von der amerikanischen (Masters), nicht nur von der.französischen Poesie (Aragon, Eluard) lernen, sondern auch von der sowjetischen Poesie, und zwar von jener sowjetischen Poesie, die für uns noch immer ein unbekanntes Festjand ist, das zu entdecken und erschließen , sich lohnt."586 Valeks Lyrikauffassung ist zweifelsohne eine' kritische Reaktion auf die schematischen Züge der slowakischen Poesie der beginnenden fünfziger Jahre, eine Rückbesinnung abei; auch auf Novomeskys Konzept der Weltoffenheit, das die weltliterarischen Entwicklungen nicht losgelöst vom weltrevolutionären Prozeß betrachtete. Allerdings handelt es sich hierbei nicht nur um Wiederanknüpfung an ein ausgeklammertes Konzept, sondern um einen originellen Neuaufschluß seiner wichtigsten Grundprobleme gemäß den veränderten Zeitverhältnissen. Wie Milan Rtifus, der ebenfalls im Jahre 1958 unmißverständlich erklärte: „Die Poesie ist keine Koketterie,: die Poesie ist Kampf und Tat!"587, so ging es auch Välek nie um Modernität an sich, sondern um die Erneuerung der poetologischen Grundlagen sozialistischer Lyrik, damit sie ihren menschheitlichen Aufgaben im „Atomzeitalter" genügen, den Sozialismus in seiner realen Gestalt voranbringen kann. Die Poesie werde zwar „von den Geburtswehen der neuen Menschheitsära geschüttelt sein, aber mit allen Poren die Überzeugung säen, daß dies eine glückliche Ära sein wird". Diese Poesie werde „den Menschen vom Gefühl der Angst und Einsamkeit befreien . . . optimistisch auch dort sein, 189

wo sie weinen wird" 588 . Välek plädiert entschieden für eine „Hinwendung zur Realität", warnt aber davor, sich mit einem fotografischen Abbild zu bescheiden. Die Poesie der sozialistischen Gesellschaft müsse sowohl „die abziehenden Wolken als auch die aufgehende Sonne", d. h. nicht nur die lichten Momente, sondern auch die Schattenseiten des Lebens spiegeln, ja „alle Themenbereiche umfassen". Aus diesem Blickwinkel erhielt auch die Metapher wieder einen größeren Stellenwert, wenngleich „Träger des Poetischen im Gedicht die Idee" bleiben müsse. Välek ist für das „Spiel" mit der Metapher, sofern es nicht zum Selbstzweck degradiert wird, sofern es - im einzelnen scheinbar unverständlich - „die Verständlichkeit des gesamten Gedichts, die Verständlichkeit der Idee zu unterstützen vermag"üfis. Er suchte die unnatürlichen Schranken zwischen intimer und gesellschaftlicher Lyrik zu beseitigen, der slowakischen Poesie wieder ihre Subjektivität zurückzugeben. Daß ihm dies tatsächlich gelang, ist nicht zuletzt dem Umstand zu verdanken, daß er seine Postulate nicht nur theoretisch zu formulieren, sondern in seinen Sammlungen Anziehungskraft (1961), Unruhe (1963) und Lieben in Gänsehaut (1965) auch auf hohem künstlerischem Niveau zu realisieren verstand. Die in einer Auswahl von Manfred Jähnichen nun auch dem DDR-Leser in deutscher Übersetzung zugänglichen Gedichte aus jener Zeit legen hierfür ein beredtes Zeugnis ab. 590 Väleks Lyrikkonzeption und ihre Realisierung dokumentieren also sehr anschaulich, daß in der slowakischen Lyrikentwicklung zwischen der Anfangsphase und Endphase der Übergangsperiode eine schöpferische Spannung besteht, die - ungeachtet der notwendigen Bewältigung der schwierigen Zwischenphase des Schematismus, in der „an die Stelle der individualisierten künstlerischen Wahrheit meist eine konventionelle illusorische Pseudowahrheit gesetzt wurde"591 - die reale Chance bot, eine slowakische Lyrik zu entwickeln, die modern, lebensnah und sozialistisch ist. Im Vergleich zur Lyrik schien die Entwicklung der Dramatik relativ bruchlos zu verlaufen. Zum einen, weil das realistische Erbe hier eine so beherrschende Rolle spielte, ja noch so lebendig war, daß es sich als verbindliches Anknüpfungsfeld für den Aufbau einer sozialistischen Dramatik direkt anbot. Zum anderen aber auch deshalb, weil sich in der Slowakei das Theater erst unter sozialistischen Gesellschaftsverhältnissen auf gesicherter Basis entfalten konnte. Wenn die Slowaken, die bis zur Gründung ihres Nationaltheaters im Jahre 1920 ausschließlich auf Laienspielgruppen angewiesen waren, heute 190

über neunzehn Theater (davon fünf Puppentheater) mit insgesamt fünfundzwanzig Ensembles verfügen,1592 so ist dies vor allem jenen kulturrevolutionären Maßnahmen zu danken, die nach 1944/45 noch von Laco Novomensky initiiert und in den fünfziger Jahren durchgeführt wurden. Sie veranschaulichen in besonderer Weise den engen Zusammenhang von kultureller und gesamtgesellschaftlicher Entwicklung, belegen eine Kontinuität beim systematischen Ausbau der kulturellen Einrichtungen. Auf dem gesamten Gebiet der Slowakei bildet sich im Laufe der sozialistischen Umgestaltung des Landes ein mehr und mehr urbanisierter und auch zunehmend anspruchsvollerer Adressat heraus, der den Aufbau einer in sich differenzierten modernen Dramatik erheischt. Daraus ergaben sich für die Dramenentwicklung einige Probleme. Die unmittelbare Fortführung des ästhetischen Musters eines Gregor-Tajovsky vollzog sich zwar bei Ivan Stodola organisch, ging jedoch objektiv hinter das zurück, was bereits Julius Barc-Ivan oder Stefan Krälik in bezug auf die Überwindung der zählebigen Volksstücktradition geleistet hatten. So bezeugt u. a. Stefan Kräliks Schaffensweg,593 daß nicht der ideelle Übergang von antifaschistisch-demokratischen auf sozialistische Positionen Schwierigkeiten bereitete, sondern die praktische Umsetzung des empfohlenen künstlerischen Modells, denn Gregor-Tajovskys lebensvolle Volksstücke zielten auf Laienspiel und auf ein noch wenig „theatergeschultes", vorwiegend ländliches Publikum. So entsteht unter den besonderen slowakischen Kulturverhältnissen die paradoxe Situation, daß die Verwirklichung des vorgegebenen ästhetischen Modells und der Aufbau eines weitverzweigten Theaternetzes in unterschiedliche Richtung weisen. Krälik mußte sich erst von nahezu allen seinen vorherigen dramatischen Versuchen lossagen, um mit dem Volksstück Poljaner Buchen (1949) die slowakische Dramatik auf diese ihr zugewiesenen Grundlagen zu stellen. Auch Ivan Bukovcan debütierte ganz im Sinne der damaligen Anforderungen mit dem schlichten, folkloristisch ausstaffierten Volksstück Rohes Holz (1954). Es zeigte sich aber sehr bald, daß nicht der peinlich genaue Nachvollzug des ästhetischen Musters entwicklungsbestimmend wurde, sondern solche im realistischen Traditionsbezug enthaltenen Momente wie Volksverbundenheit, Lebensnähe und Patriotismus, sofern sich zu ihnen sozialistische Parteilichkeit gesellte. Dies zu betonen ist wichtig, weil spätere Versuche, mit dem spätcxpressionistischen Barc-Ivan im Nachhinein ein Alternativmodell aufzubauen, - da doch erst in BarcIvans Stücken das slowakische Drama aufhöre, naives Spiel über das 191

slowakische Dorf, über die Kleinstadt und den Kleinbürger zu sein und zu einem anspruchsvollen Ideendrama werde (so die durchaus plausibel klingende Argumentation) gerade diese unverzichtbaren Momente gänzlich übersahen. Welchcn weiteren Verlauf die slowakische sozialistische Dramatik bis zu Beginn der sechziger Jahre nahm, welche vielfältigen Probleme sie an welchen Gegenständen gestaltete, hat der Leser bei uns in der D D R lediglich durch Stücke von Peter Karvas vermittelt bekommen, die die Gesamtsituation natürlich nur partiell erfassen. Dennoch verraten sie als dominierenden Entwicklungstrend die allmähliche Überwindung des traditionellen ästhetischen Musters, dem die bei uns als „lustiges Aufbaustück" bzw. als „publikumswirksames Volksstück'' rezipierten Menseben unserer Straße noch am meisten verhaftet sind, zum anderen eine schöpferische Berührung mit moderner internationaler zeitgenössischer Dramatik, deren Darstellungsweisen und Techniken zunehmend in die Gestaltung aktueller politischer Gegenstände der nationalen Geschichte und des antiimperialistischen Kampfes in der Welt einfließen. 594 Mit Karvas' antifaschistischem Stück Mitternachtsmesse wurde der slowakischen Dramatik erstmals ein Welterfolg beschieden. In ihm wird jene Problematik gestaltet, um die es auch der slowakischen sozialistisch-realistischen Epik im Werke von Alfonz Bednar, Vladimir Minäc und Rudolf Jasik ging: unbeschönigte historisch-konkrete Abrechnung mit der geschichtlichen Vergangenheit, kritische Analyse der slowakischen Gesellschaftsverhältnisse im zweiten Weltkrieg. In der D D R hat es eine ähnliche Resonanz gefunden wie seinerzeit Leon Kruczkowskis Stück Die Sonnenbrucks.593 Faszinierte Kruczkowskis differenzierte Analyse des deutschen Nationalsozialismus, so imponierte Karvas' „erbarmungsloser Wahrheitsdrang" in bezug auf die slowakischen Kriegs- und Widerstandserfahrungen und die präzise mitleidlose Diagnostizierung des slowakischen Kleinbürgers, die „zu einer bohrend-unerbittlichen Gewissenserforschung" herausfordern. 596 Karvas führte die slowakische Dramatik mit diesem Stück an das Niveau der slowakischen Epik heran, die Ende der fünfziger/Anfang der sechziger Jahre einen großen Aufschwung erlebte. Wurde in der Lyrik auf das eigene sozialistische Erbe aus der Zwischenkriegszeit weithin verzichtet, so wurde in der Epik die Verbindung zu ihm explizit herausgestellt, um jene Traditionslinie vom Realismus des 19. Jahrhunderts nationalliterarisch belegen zu können, die nach den damals gültigen Kriterien nahezu ungebrochen zum 192

sozialistischen Realismus führte. Unter diesem Blickwinkel wurde das Werk von Peter Jilemnicky und Frano Kral' einseitig interpretiert, ihm sein dynamischer Charakter genommen und als Gegenwurf zur davistischen Literaturkonzeption Laco Novomeskys aufgebaut. 597 Damit erhielt es im Nachhinein nicht nur die Qualität einer Alternativlösung, sondern den Stellenwert des einzig richtigen Entwicklungsweges zugesprochen. Die Folge davon war eine schematische Entgegensetzung von Realismus und Antirealismus in der slowakischen Literaturgeschichte, wobei letzterer in Gestalt des „Naturalismus, des falschen Realismus" und des „Surrealismus der Prosa" a priori der „bürgerlichen Verfallsliteratur" zugerechnet wurde. 598 Die realistische Traditionslinie in der Prosa reichte von Kalinciak über Kukucin, Gregor-Tajovsky, Timrava, Jesensky zu den sozialistischen Realisten Peter Jilemnicky und Frano Kral' und bezeichnete zugleich das einzig relevante Erbe der slowakischen sozialistischen Epik. Damit wurden freilich wesentliche Teile der progressiven bürgerlichen Literatur vom aktuellen Schaffensprozeß ferngehalten. Nach den Davisten gerieten auf dem sogenannten Aprilaktiv 1951 die Kritiker Alexander Matuska, Mikuläs Bakos, Michal Chorväth und die Epiker Vladimir Minäc und Dominik Tatarka, die mit ihren Romanen Der Tod geht um in den Bergen und Die Pfaffenrepublik aktuelle politische Probleme gestaltet hatten, ins Sperrfeuer der Kritik. Schweigen oder aber Aneignung des empfohlenen ästhetischen Musters und bewußte Eingliederung in die sogenannte Aufbauliteratur hieß dadurch die praktizierte Alternative. Es gab also in der Prosa nicht nur eine gewichtige realistische Traditionslinie, sondern auch ein eigenes sozialistischen Erbe aus der Zwischenkriegszeit, das, wenn auch reduziert, fortgeführt wurde; zugleich traten aber auch hier sehr starke diskontinuierliche Momente auf, die einen ziemlich radikalen Umbruch im Literaturverständnis mit sich brachten. Allerdings zeigt sich mit zunehmendem Abstand, daß von dieser Entwicklungsphase durchaus weiterwirkende Impulse ausgingen. Die sogenannte Aufbauliteratur, bemerkt Minäc fast ein Vierteljahrhundert später, „ist nicht auf Thema und Genre festgelegt, sondern ist die Literatur einer in sich geschlossenen Periode, einer Periode schärfster gesellschaftlicher Auseinandersetzungen mit Geboten und Verboten, die nur aus der Zeitsituation gesehen und begriffen werden kann . . . In dieser Literatur finden wir nicht nur willfährige Anpassung, sondern - und durchaus nicht nur als Rarität - auch aufrichtige Auseinandersetzung mit den Zeitumständen und 13

Richter, Literatur

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der künstlerischen Wahrheit." 393 In der Tat lassen sich weiterwirkende Impulse in zwei Richtungen feststellen. Sie betreffen zum einen die Umfunktionierung des traditionellen Bauernromans gemäß den neuen gesellschaftlichen Veränderungen auf dem Lande, wobei allerdings Frantisek Heckos Roman Das hölzerne Dorf (1951) hinter den Möglichkeiten zurückbleibt, die Jilemnicky bereits in den dreißiger Jahren in bezug auf ein differenziertes Menschen- und Gesellschaftsbild erschlossen hatte. Zum anderen bringen sie ein Novum in die slowakische Literaturentwicklung ein: den Industrieroman.60i! Gewiß, es handelt sich hierbei im einzelnen oft um Lösungsversuche, die zu eng und auch zu schematisch angelegt waren, dem technischen Ablauf eines Aufbauwerks mehr Aufmerksamkeit schenkten als den Menschen, die es schufen und deren Lebensweise sich dabei grundlegend wandelte. Dennoch stellten sie einen ersten Schritt in der Aufnahme neuen Wirklichkeitsmaterials dar. Die Diskussion um den Roman Das elfte Gebot von Jan Jonas Mitte der siebziger Jahre macht deutlich, daß die reife sozialistische Literatur nicht gegen ihre früheren Stufen, auch nicht nur durch bloße Weiterführung, sondern einzig und allein durch dialektische Aufhebung früherer Leistungen und Grenzen in Stand gesetzt wird, die Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft in ihrer ganzen Dynamik zu gestalten. 801 Im übrigen signalisierten Vladimir Minäcs Erzählungsband An der Wende und Alfonz Bednars Romandebüt Der gläserne Berg nachhaltig, daß in der slowakischen Epik „nach kurzer Konjunktur illustrativer Sujetkonstruktionen ein Prozeß vertiefter psychologischer und sozialer Analyse mit den entsprechenden Konsequenzen für Figurenaufbau und Konfliktgestaltung eintrat" 602 . Minäc wandte sich dem Individuum zu, das sich im sozialistischen Heute erst zurechtfinden, so manche inneren Hemmnisse überwinden muß, ehe es die es umgebenden und auch sein eigenes Leben berührenden Ereignisse zu begreifen vermag. 603 Der Autor scheute sich auch nicht davor, allgemeinmenschiiche Probleme zur Sprache zu bringen, die sonst gern zugunsten der Vermittlung eines panoramaartigen Geschichtsbildes zurückgestellt wurden. Im Erzählungsband An der Wende (1954) wird die sozialistische Umwälzung als ein objektiver geschichtlicher Vorgang dargestellt, der unterschiedliche subjektive Entscheidungen, qualvolle weltanschauliche Ablösungsprozesse impliziert. Minac warf Fragen der moralischen Integrität des Menschen auf und hielt keine fertigen Antworten parat, wenngleich seine Konflikte durchaus überwindbar und lösbar erschienen. Zeigt er doch zwar die Spannung zwischen dem

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sozialistischen Ideal und dem bisher erreichten Grad seiner Verwirklichung, nicht aber einen statischen Widerspruch zwischen Ideal und Gesellschaftspraxis auf. Auch Alfonz Bednar wandte sich bewußt dem Individuum und seiner Psyche zu. Anläßlich der Herausgabe seines Romans Der gläserne Berg formulierte er in der literarischen Wochenschrift Kultürny Zivot sein Credo folgendermaßen: „Der Mensch ist unter der scheinbar einfachen Oberfläche sehr kompliziert, und über die Kompliziertheit des modernen Menschen nicht zu schreiben, ist eine Lüge." Von daher begründete er auch, weshalb er seinen Roman in die Tagebuchform gekleidet hat: Sie „entsprach am besten meinem Anliegen, über einen Menschen zu schreiben, der im Wandel der Zeiten und in gesellschaftlichen Umbruchsituationen lebt, über seine intimen Angelegenheiten. Tagebuch und Erinnerungen bedeuten hier weder ein tatsächliches Tagebuch, noch tatsächliche Erinnerungen, sondern einen Zustand, in dem sich eine Figur zu einer bestimmten Zeit und unter bestimmten Verhältnissen befindet. "W* Bednars Heldin Erna Klaasovä war überhaupt nicht heldisch konzipiert, hatte gar so wenig von jenen positiven Charaktereigenschaften an sich, die jene lineare Vorbildwirkung garantieren, die die slowakische Literaturkritik in der ersten Hälfte der fünfziger Jahre von der Zentralgestalt eines literarischen Werks erwartete. Ihr Leben war viel zu bewegt und statisch zugleich, um solche Erwartungen erfüllen zu können. Wurde ihre individuelle Entwicklung doch weniger von äußeren, leicht überschaubaren gesellschaftlichen Veränderungen bestimmt als vielmehr von persönlichen Wirrnissen und rätselhaften Bindungen mit sehr verschiedenen Menschen in unterschiedlichen LebenssUuationen, die ihr letztlich zum Trauma werden. Ihr Unfalltod bei einer Havarie im Wasserkraftwerk ließ daher auch folgerichtig die Frage offen, ob sie zu jener inneren Stabilisierung gelangt wäre, die sie zu einem unstrittig vollwertigen Glied der sozialistischen Gesellschaft gemacht hätte. Bednar griff bewußt jenes Problem auf, das damals etwas in den Hintergrund geriet: „Den Sozialismus bauen die Menschen auf, so wie sie sind - diese Menschen verändern die Welt und sich selbst in ihr," 60 ' aber nicht auf einmal, sondern in einem langwierigen und äußerst diffizilen Bewußtseinsprozeß, der dem „Weg auf einem Felsgrat" gleicht, wie Erna Klaasovä ihr Leben sieht, sie, die freimütig von sich sagt: „Wie kann man sich in anderen auskennen, solange man sich selbst nicht kennt?"60® Bednars Roman Der gläserne Berg fand eine ungewöhnlich starke Resonanz beim Leser, allerdings wußte

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Jan Lenco schon im Jahre 1956 nicht nur die Vorzüge, sondern auch die Grenzen dieses ästhetischen Vorstoßes zu markieren: „Der gläserne Berg unterscheidet sich von dieser wenig differenzierten Masse. Auch in diesem Falle handelt es sich aber nur um eine Antithese, um eine elegante und hervorragend geschriebene Antithese, und n u r um eine Antithese."607 Selbst dies ist aber auch aus der Retrospektive eine Leistung von bleibendem Wert, trugen dieser Roman und die mit ihm einhergehende Problematik doch wesentlich mit dazu bei, jenes sozialistische Literaturverständnis auszuformen, ohne das die Leistungen der slowakischen Epik Ende der fünfziger Jahre/Anfang der sechziger Jahre undenkbar sind.

Zur Problematik von antifaschistischem Befreiungskampf und sozialistischer Revolution im epischen Schaffen von Vladimir Minäc und Rudolf Jasik Bereits im Jahre 1949 stellte Vladimir Minäc bei einer Sichtung der bisherigen slowakischen „Aufstandsliteratur" nüchtern fest: „Es gibt in der slowakischen Literatur noch kein Werk, das die Problematik des Aufstands in ihrer ganzen Breite erfassen, vom slowakischen Aufstand nicht wie von einer spezifischen, aus dem geschichtlichen Kontext herausgerissenen Erscheinung, sondern wie von einer Erscheinung sprechen würde, die in die breiten Zusammenhänge der damaligen politischen und wirtschaftlichen Problematik eingegliedert ist."608 In der Tat boten die Erzählungen von Bodenek, Svantner, Karvas, Krno und die Romane von Minäc, Tatarka und Jilemnicky aus den ersten Nachkriegsjahren zwar ein mosaikartiges Gesamtbild über Faschismus, Krieg und Nationalaufstand, bewältigen im einzelnen aber lediglich relativ schmale Wirklichkeitsausschnitte. Dies gilt letztlich auch für Jilemnickys Romanchronik Der Wind dreht sich, wenn hier auch bereits der antifaschistische Widerstands- und nationale Befreiungskampf der Slowaken als revolutionäre Erhebung des Volkes dargestellt wurde. Auch in der Folgezeit blieb ein solches breit angelegtes Werk aus, obwohl der Slowakische Nationalaufstand immer wieder als Bezugsfeld fungierte. So ist für Bednar bezeichnend, daß er Verhaltensweisen im sozialistischen Heute mit moralischen Haltungen in existentiellen Grenzsituationen des Krieges konfrontiert. Meist geschieht dies durch Rückblenden oder aber durch eine besondere Rahmenhandlung, wie u. a. die deutsch vorliegenden Erzählungen Der stei196

nerne Brunnen sowie Stunden und Minuten609 belegen. „Der Aufstand", charakterisierte er im Dezember 1957 auf einer Plenarsitzung des Slowakischen Schriftstellerverbandes seine Problemsicht, „erfaßte vorbereitete und unvorbereitete Menschen, mutige und feige, entschlossene und abwägende, die aber in den entscheidenden Augenblicken alles der großen Sache gaben, deren Dimension sie häufig gar nicht kannten. Der Aufstand war eine große Sache, und es macht sie keinesfalls kleiner, wenn jemand hierbei und nachher schwankte." 610 Bednar ließ in der kollektiven Entscheidung des Volkes wieder die individuelle Entscheidung des einzelnen sichtbar werden. Es ging ihtn< also nie um historische Abläufe, sondern immer wieder um die Frage der moralischen Standfestigkeit. Auf solche Weise bauten Bednar, wie Ivan Kusy aufgrund einer Analyse der gesamten slowakischen Aufstandsprosa feststellt, „eine der Brücken, auf der andere zur umfassenden Darstellung des Slowakischen Nationalaufstandes schreiten konnten"611. Gemeint sind damit Vladimir Minäc mit der Trilogie Eine Generation und Rudolf Jasik mit dem Roman Die Toten singen nicht. In der Trilogie, die sich aus den Bänden Die lange Zeit des Wartens (1958), Haß und Liebe (1959) sowie Die Glocken läuten den Tag ein (1961) zusammensetzt, geht es auch Minäc nicht um eine detailgetreue Aufzeichnung der äußeren geschichtlichen Umstände des Zeitraums von 1943 bis 1948 mit den Markierungspunkten: klerikalfaschistischer Staat, Nationalaufstand, Februarrevolution, sondern um die Aufhellung jener Vorgänge, die sich unter diesen historischen Gegebenheiten in den Menschen verschiedener politischer Anschauung aus unterschiedlichen Klassen und Schichten der Bevölkerung abgespielt haben, die ihren Standort im Geschehen fixieren und motivieren. Da diese stärkere Akzentuierung des Einzelschicksals nicht historisch voraussetzungslos erfolgt, kann die für das slowakische Volk so entscheidende nationalgeschichtliche Umbruchphase in ihrem Wesen, in ihrer Dynamik und Prozeßhaftigkeit gestaltet werden. Minäc interessierte die Vielfalt moralischer und politischer Haltungen zu den Grundfragen jener Zeit, von der Entscheidung für oder gegen den Faschismus bis hin zur Entscheidung für oder gegen die sozialistische Umwälzung. Dieses Herangehen gestattet es dem Autor, Wandlungsprozesse sichtbar zu machen, die die Krise der bürgerlichen Gesellschaft und die Bestrebungen zu ihrer revolutionären Beseitiguhg offenbaren. Am sinnfälligsten hat der Autor diesen Wandlungsprozeß an Marek 197

Uhrin veranschaulicht, der im reichen Figurenensemble als Schlüsselfigur gelten kann. Er entwickelt sich von einem passiv verharrenden Intellektuellen, der zwischen sich und der realen Welt einen Wall aus Worten errichtet, zu einem kommunistischen Kämpfer, der die Tat bejaht. Marek Uhrin begegnet uns zunächst als ein äußerst sensibler, sich selbst isolierender Student, der nur der Überwindung seiner Schwäche lebt und subjektiv ehrlich einen qualvollen Kampf um innere Wahrhaftigkeit führt in einer Welt voller Schmutz, die er verachtet. So erliegt er in seiner Vereinsamung letztlich der Selbsttäuschung des inneren Widerstands. Erst als er als Reservist zur slowakischen Armee einrücken muß, wird er zur Auseinandersetzung mit der realen Welt gezwungen. Während des Nationalaufstandes und der darauffolgenden Partisanenkämpfe in den Bergen der Mittelslowakei vollzieht sich bei ihm der entscheidende Qualitätsumschlag in seinem Verhältnis zur Welt. Aus dem äußeren Zwang zum Händeln wird geschichtlich bewußtes Handeln, „denn Marek brauchte ein erhabenes Ideal, um die bevorstehenden Strapazen ertragen zu können, während anderen dazu die Notwendigkeit genügte" 612 . Dieses bewüßte Handeln im Sinne eines gesellschaftlichen Ziels bildete die Voraussetzung dafür, daß sich Mareks politischer Reifeprozeß nach dem Kriege organisch weitervollziehen kann, wiewohl er sich nur schwer von Vorbehalten und allzu messianistischen Vorstellungen von der Revolution und vom Sozialismus lösen kann. Dennoch gelangt er zu der Erkenntnis, daß sich das eigene Zukunftsideal nicht nur mit den proklamierten Idealen des Kommunismus, sondern auch mit der Gesellschaftspraxis im Alltag des Klassenkampfes vereinbaren läßt: „Die Tat hatte ihn in die Welt der realen Beziehungen geführt . . . Marek verwarf seine Vergangenheit nicht, seine einsame Verzweiflung, er lächelte nur ein bißchen von oben herab über den naiven Sucher. E r wußte, daß man Worte zu Dickichten stapeln kann, die nur die Tat durchbricht." 613 Hier tritt eirt wichtiger Unterschied zu Bednars Konfliktgestaltung auf. Während bei Bednar nahezu permanent „das Ideal im Widerstreit liegt mit der Praxis, die Praxis ihrerseits mit dem Ideal" 61 '', hebt Minäc die Spannung zwischen Ideal und Wirklichkeit im perspektivischen Sinne letztlich positiv auf. Doch auch bei ihm kommt nicht jeder Kämpfer von einst im sozialistischen Heute an. Dies demonstriert Minäc an Kapitän Labuda, der' als Kontrastfigur zu Marek fungiert. Labudas unvermitteltes, nicht bewußtes Verhältnis zur Tat setzt seinen individuellen Entwicklungsmöglichkeiten Grenzen,

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die..erst in der Nachkriegszeit offenbar werden. Der tapfere Held vieler Gefechte im Aufstand und Partisanenkrieg ist nun, da er durch eine Rückenverletzung körperbehindert ist, ein sich mehr und mehr isolierender, ins private Leben zurückziehender Mann. „Seine ganze K r a f t war", wie sich jetzt zeigt, „mit dem Körperlichen verbunden gewesen, sein Mut zu leben und das Leben auszukosten, war mehr der Mut seiner Muskeln als etwas anderes gewesen, als er das verlor, hatte er fast alles verloren." 6 1 5 Sein Niedergang erscheint unausweichlich: In den Tagen der revolutionären Umwälzung bedeutet ihm das Vermächtnis des Aufstands nichts mehr, sucht er mit einem jungen Mädchen in der Weltabgeschiedenheit eines Bergdorfes ein fragwürdiges, persönliches Glück. Damit werden substantielle Fragen der Trilogie berührt: Von welchen Ursachen und perspektivischen Erwartungen wurde die Entscheidung gegen den Faschismus bestirfimt? Ist sie spontan oder bewußt getroffen worden, bleibt sie auf die negative Abgrenzung zur Unmenschlichkeit und Unkultur des Faschismus begrenzt oder ist sie mit fest umrissenen gesellschaftlichen Zielstellungen verbunden? Inwieweit werden an sie nationale, humanistisch-demokratische, revolutionäre Hoffnung geknüpft? Minäc ist diesen Fragen nicht ausgewichen, hat die Ambivalenz des breiten antifaschistischen Bündnisses im zweiten Weltkrieg, die ideologische Polarisierung der Kräfte nach dem Kriege durchsichtig gemacht. Doch bei aller klassenmäßigen Differenzierung der Figuren geht es Minäc primär um das Bild des kämpferischen, handlungsfähigen, revolutionsbereiten Menschen. Janko Krap und Kommissar Bende sind unzweifelhaft produktive Menschen, doch keinesfalls Helden ohne Fehl und Tadel. Minäc gestaltete nicht nur ihre unstrittigen Leistungen, er zeigte auch die Schwierigkeiten, die sie während des Widerstandskampfes lind in den vielfach schwer überschaubaren Klassenkampfsituationen der Nachkriegs jähre zu überwinden haben, wo ganz andere Probleme auf sie zukommen, die sich mit Mut und Umsicht allein nicht lösen lassen, Probleme, die nicht nur opferbereite, kühne, kampferfahrene, sondern auch wissende Menschen erfordern, die sich auf die veränderten Kampfbedingungen einzurichten verstehen. Minäc entpathetisiert die revolutionären Kämpfer, sie erscheinen bei ihm nicht als monumentale Standbilder, sondern als Menschen von Fleisch und Blut mit ihren Stärken und auch mit ihren Schwächen, die gerade deshalb, wieil sie nicht vollkommen sind, sondern mehr nach Vollkommenheit streben, eine Vorbildwirkung ausstrahlen

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können: „Denn nur schwer findet man Zugang zu Unverwundbaren, sie sind wie Statuen, die zu den Menschen herabgestiegen sind, ohne ihr Wesen als Statuen zu verlieren, sie sind aus Stein oder aus Bronze, man kann sie bewundern, und man kann sich klein fühlen in ihrem Schatten - lieben aber kann man sie nicht." 656 Entpathetisierung ber deutet für Minac aber keinesfalls Verzicht auf das Heroische, auf echtes, schlichtes Heldentum. Entscheidendes Kriterium für die Bewertung seiner Helden ist nicht allein die Teilnahme am Slowakischen Nationalaufstand, sondern zugleich auch die Stellung zur volksdemokratischen Revolution, zum Aufbau des Sozialismus. Diese Problemsicht läßt Minacs Trilogie Eine Generation weit über die vor ihr zahlreich erschienene Aufstandsliteratur hinausragen, und bislang ist von der Konzeption her lediglich Rudolf Jasiks Roman Die Toten singen nicht (1961) an dieses Werk herangekommen. Während aber Minäc die Gesellschaftsprozesse möglichst total und in ihrer ständigen Bewegung erfassen will und somit ohne einen häufigen Wechscl der Szenerie nicht auskommt, beschränkt sich Jasik auf zwei Handlungsebenen: auf die Geschehnisse in der Heimat, d. h. im Umkreis der Stadt Pravno, in der seit langem Slowaken und Deutsche zusammenleben, sowie auf die Vorgänge an der Ostfront innerhalb der slowakischen Armee. Auch Jasik gelingt es, die Polarisierung der slowakischen Gesellschaft als Ganzes wie auch Wandlungen ihrer Individuen transparent zu machen, ohne bekannte äußere geschichtliche Abläufe deskriptiv in die Handlung einzubeziehen. Diese Fähigkeit hatte er vorher bereits in den Romanen Am Ufer des durchsichtigen Flusses (1956) und Die Liebenden vom St. Elisabethplatz (1958) ausgebildet, in denen er die armseligen Lebensverhältnisse im Kusücer Gebiet in der Zwischenkriegszeit und die tragische Liebe zwischen einem slowakischen Vorstadt jungen und einem jüdischen Mädchen im Slowakischen Staat gestaltet hatte.617: Der Roman Die Toten singen nicht zeichnet sich darüber hinaus durch eine differenzierte und streng klassenmäßige Darstellung der Deutschen aus, die dem Autor eine souveräne internationalistische Haltung abverlangt. Wie in anderen Werken über den zweiten Weltkrieg, so treffen wir auch hier auf fanatische Nationalsozialisten mit dem Dünkel und Sendungsbewußtsein der Herrenrasse. Sie haben ihr Schicksal untrennbar mit dem Hitlerfaschismus verbunden: Von daher rühren ihre Aggressivität und ihre verbissene Entschlossenheit weiterzumarschieren, auch „wenn alles in Scherben fällt". Außer diesen Deut-

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sehen zeigt Jasik aber auch andere, die nicht so festumrissene ideologische Positionen haben, Mitläufer, die sich aus Angst oder aus Gewinnsucht dem Faschismus in die Arme werfen. Auch die Situation der deutschen Frontsoldaten stellt der Autor nicht klischeehaft dar. Er rügt ihren Kadavergehorsam, aber er billigt es nicht nur seinen slowakischen Landsleuten zu, daß sie Soldaten wider Willen sind. In der Gestalt des Otto Renner, der sich weigerte, einen Gefangenen zu erschießen und damit das eigene Leben riskiert, verkörpert Jasik den kriegsmüden illusionslosen, sich seine Menschlichkeit bewahrenden Soldaten, der keine Überlebenschance hat und wissend in den Tod geht. „Er war mit diesem Krieg nicht einverstanden."618 Für den slowakischen Leutnant Klako setzt dieses deutsche Soldatenschicksal Maßstäbe, an denen er seine eigene Haltung überprüft. Jasik macht ferner darauf aufmerksam, daß es in Pravno auch deutsche Kommunisten gab, die wie Kramer an der Seite der slowakischen Genossen gegen den Faschismus gekämpft haben. Zwar bricht die Trilogie mitten im zweiten Teil ab, aus Aufzeichnungen ist aber ersichtlich, daß Jasik diese Gestaltungslinie noch zu verstärken beabsichtigte, indem er die Teilnahme der Partisanenabteilung „Ernst Thälmann", die vorwiegend aus deutschen Kommunisten bestand, am Slowakischen Nationalaufstand würdigen wollte. Jasiks konsequent internationalistische Haltung prägt auch die Darstellung des Kampfbündnisses zwischen sowjetischen und slowakischen Partisanen. Dabei erscheint dieses nicht einfach als bloße Verlängerung der russophilen Tradition, die auf dem Zusammengehörigkeitsgefühl aller Slawen basiert, das im Krieg bewußt und mit Erfolg reaktiviert wurde, sondern wird verkörpert in der Hilfe des Sowjetstaates für die vom Faschismus unterdrückten Nationen. Schließlich gestaltet Jasik auch die Situation der slowakischen Soldaten an der Ostfront, die, zwischen Truppen der deutschen Wehrmacht eingekeilt und von diesen überwacht, gegen die Sowjetunion kämpfen sollen; er zeigt ihre Entschlossenheit, sich vom Tiso-Regime nicht in diesem widersinnigen Krieg mißbrauchen zu lassen. In dieser Hinsicht korrespondiert Jasiks Werk sowohl mit Milos Krnos Romanbiographie über den slowakischen Offizier und Partisanenführer Kapitän Ndlepka als auch mit Ladislav Tazkys großflächig angelegtem Roman Amenmaria (1964) über den Rückzug der slowakischen Armee aus der Ukraine und aus Rumänien, dessen Handlung in dem Roman Die Abenteuer des Zugführers Matüs (1978) weitergeführt wird. 201

Minac und Jasik vermitteln also ein sehr differenziertes Gesamtbild vom Slowakischen Nationalaufstand. Dennoch sind beide Werke keinesfalls als historische Romane, sondern als Gesellschaftsromane konzipiert, die sich unmittelbar an den Zeitgenossen wenden, der nach 1956 aufs neue seine Position im sozialistischen Heute überprüft. „Ich wollte", bemerkte Minäc anläßlich des Erscheinens des ersten Bandes seiner Trilogie im Jahre 1958, „mir selbst und meiner Generation erklären, warum wir so sind, wie wir sind, warum wir so artig und so aufsässig sind, warum wir glauben und insgeheim über unseren Glauben lächeln oder warum wir nach außen hin lächeln und insgeheim doch glauben . . . Ich wollte den Ursprung meines Zeitgenossen enthüllen, und es scheint mir, daß er sich vor allem: im Aufstand zu entwickeln begann, d a ß dies der Schlüsselplatz ist, von dem aus sich viele der heutigen Charaktere ausgebildet haben." 619 Minäc und Jasik ging es also nicht um die Illustration eines großen geschichtlichen Ereignisses, sondern um die moralisch-politische Bewältigung des geschichtlichen Weges, den die slowakische Nation seit dem Aufstand über die Februarrevolution zur sozialistischen Gegenwart zurückgelegt hat. Insofern bilden ihre Werke in der Tat einen Neuaufschluß einer in der slowakischen Literatur seit 1944/45 präsenten Problematik und sind ein konstruktiver Beitrag zur Überwindung des Schematismus in der slowakischen Literatur, ein nachhaltiger Beweis für die gewandelte Auffassung vom sozialistischen Realismus und nicht zuletzt ein Bekenntnis zum 'kämpferischen Antifaschismus und zum realen Sozialismus.

Erkundung von Geschichte und Gegenwart. Slowakische Literatur heute (Ausblick) Die „Krise der Kriterien" in den sechziger und ihre Überwindung im politischen Konsolidierungsprozeß der siebziger Jahre [m Frühjahr 1977 wurde auf dem III. Kongreß des Slowakischen Schriftstellerverbandes in Bratislava die Literaturentwicklung seit Ende der sechziger Jahre so bilanziert: „Unsere Literatur überwand die Folgen der ideologischen Destruktion, und die Prophezeiungen der Rechtskräfte, die ' Aktivität der Schriftsteller werde erlahmen, erfüllten sich nicht." f,2ü Damit wurde den slowakischen Schriftstellern zugleich bescheinigt, daß 1 fite mit dem politischen Konsolidierungsprozeß in ihrem Lande Schritt gehalten haben, der durch das Aprilplenum der KPC von 1969 sowie durch den XIV. und XV. Parteitag der KPC (1971 und'1976) markiert ist. Fragt man nach den spezifischen Gründen, die solches bewirkten, so ist man insbesondere auf folgende Faktoren verwiesen: „Die scharfe Differenzierung unter den Künstlern bereits in den Krisenjahren, die eindeutig gesellschaftliche Hallung mehrerer bedeutender Künstlerpersönlichkeiten, die stets lebendige Gegenwärtigkeit der proletarischen und der sozialistischen Literaturtradition und schließlich die zielbewußte Kulturpolitik der Kommunistischen Partei." e2( Was die Differenzierung unter den slowakischen Künstlern, die ideologische Standfestigkeit mehrerer bedeutender Persönlichkeiten anbelangt, so zeigte sich diese bereits auf dem IV. Kongreß des Tschechoslowakischen Schriftstellerverbandes Ende Juni 1967 in Prag. Hier hatte nicht nur Milan Lajciak ausgerufen: „Ich glaube nicht, daß es möglich ist, sich mit einer ideellen Plattform zu identifizieren, die schon längst von der ideellen Plattform der Kommunisten abgewichen ist."®22 Auch Alexander Matuska hatte davor gewarnt, unter der Losung der Schaffensfreiheit an Grundlagen der sozialistischen Ordnung zu rütteln: „Freiheit bedeutet nicht, d a ß wir tun werden, was uns beliebt, Freiheit bedeutet auch, daß wir aus eigener Entscheidung das tun werden, was zu tun nötig ist." 625 Schließlich hatte Miroslav Välek ein auf Initiative einiger slowaki203

scher und tschechischer Verbandsmitglieder zustande gekommenes Schreiben verlesen, in dem die „Psychose" einer emotionalen politischen Diskussion zurückgewiesen wurde, da sie gewöhnlich „einen dankbaren Boden für Demagogie" abgäbe. 624 Von slowakischer Seite hatten dieses Schreiben neben Miroslav Välek auch Vladimir Minäc, Jan Kostra, Vojtech Mihalik, Jan Ponican, Alexander Matuska, Karol Rosenbaum und andere unterstützt. Und als sich fast ein Jahr später, Ende April 1968, auch innerhalb des Slowakischen Schriftstellerverbandes die ideologische Auseinandersetzung zuspitzte, hatte Laco Novomesky seinen Austritt aus der kulturpolitischen Wochenschrift Kultürny zivot mit den Worten erklärt: „Ich will bei jedem Akte dabei sein, der den Sozialismus repariert und erneuert. Aber ich will nicht bei seiner Liquidierung sein, auch wenn sich diese unfeierliche Zeremonie beflissentlich mit Demokratisierungslärm maskiert." 625 Diese prinzipienfeste Haltung, der sich auch sofort die Redaktionsmitglieder Miroslav Vdlck und Vojtech Mihälik anschlössen, hatte für die slowakische Kultur große Bedeutung: Dem Einbruch des Revisionismus widerstand eine Gruppe nationalliterarisch bedeutender Dichter, deren Schicksal und Haltung in den fünfziger Jahren sich nicht einfach als „dogmatisch" denunzieren ließ, ja vielfach standen sich sogar wieder die Kontrahenten von einst gegenüber. So gelang es den Rechtskräften nicht, einen durchgreifenden Generationskonflikt zwischen den „dogmatischen Alten" und den „undogmatischen Jungen" hervorzurufen. Sowohl bei den „Alten", als auch bei den „Jungen" fanden sich Autoren, die sich dem politischen Konsolidierungsprozeß zur Verfügung stellten, so unterschiedlich im einzelnen ihr künstlerisches Credo auch war. In gewisser Weise wurde nun offenbar, worauf Vladimir Minäc in seinem polemischen Artikel Über Modernität, Weltoffenheit und über andere Dinge bereits 1958 nachhaltig aufmerksam gemacht hatte, daß „sich ein sozialistischer Schriftsteller, mag er sich nun für einen modernen oder für einen traditionellen Schriftsteller halten, von nirgendwo anders als von unserer Gegenwart, von unserer sozialistischen Gegenwart her entwickeln kann und daß die moderne sozialistische Literatur weder die Ziele unserer Gesellschaft, noch ihre Konflikte umgehen kann" 626 . Die Tatsache, daß die Trennungslinie zwischen sozialismusfeindlicher und den realen Sozialismus verteidigender Kunst nicht zwischen „moderner" und „traditioneller" Kunst, auch nicht zwischen 'der jungen und der älteren Generation verlief, hat Konsequenzen für eine literarhistorische Wertung des Schaffens junger Autoren in

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den sechziger Jahren. E i n e genaue Prüfung der aus dieser Zeit vorliegenden Werke und der heutige Stand sowie daraus ablesbare E n t wicklungsmöglichkeiten machen deutlich, d a ß eine pauschale E t i kettierung dieser Autoren als politisch verantwortungslose Ästheten, die teils unbekümmert, teils bedenkenlos provokatorisch die unterschiedlichsten Reagenzien mischten, um in der literarischen Welt ihre „ O r i g i n a l i t ä t " zu demonstrieren, die tatsächlichen Schwierigkeiten eines komplizierten Prozesses einseitig und ungenau bezeichnet. Z w a r ist es richtig, d a ß die Vertreter unterschiedlichster Wellen der jungen Generation ästhetische Muster der spätbürgerlichen Literatur nachzuahmen suchten, doch waren es nicht nur Autoren, die den nationalliterarischen Traditionen verhaftet blieben, die in den Krisenjahren staatsbürgerliche Standfestigkeit bewiesen. Z u d e m w u r d e die Krisensituation insbesondere von Autoren und Literaten forciert, die außerhalb dieser Generationswellen standen, diese aber als H e b e l für eine Beschleunigung des „Demokratisierungsprozesses" zu nutzen trachteten. D i e Reaktionen, die L a d i s l a v Mnackos provokatorischer Weggang nach Israel im August 1967 und vor allem seine spätere kurzzeitige Rückkehr auslöste, legen hierfür ein beredtes Zeugnis ab. 6 2 7 A u s ihnen ließ sich erstmals deutlicher ersehen, d a ß die zunehmende Frontstellung gegenüber der „alten Partei- und S t a a t s f ü h r u n g " mit N o v o t n y an der Spitze, welche „zwischen einer Kritik von Mängeln und Fehlern beim A u f b a u der entwickelten sozialistischen Gesellschaft, die von prinzipienfesten marxistisch-leninistischen Positionen ausging, und Äußerungen eines negativistischen Anarchismus oder einer verschleierten ideologischen D i v e r s i o n " 6 2 8 nicht zu unterscheiden wußte, auch in der Slowakei im einzelnen politisch durchaus unterschiedlich motiviert w a r ; eine Tatsache, die durch die für die Slowaken scheinbar allgemein verbindliche L o s u n g „ E r s t Förderalisierung, dann D e m o k r a t i s i e r u n g ! " zunächst etwas verhüllt worden war. W a s die Gegenwärtigkeit des eigenen sozialistischen E r b e s als wichtigen Konsolidierungsfaktor anbelangt, so trifft dies auf d a s Werk Peter Jilemnickys und L a c o s N o v o m e s k y s , vor allem aber auf d a s davistische Literaturkonzept zu. K o n n t e dieses doch in den K r i senjahren nicht mißbraucht werden, d a die Davisten, soweit sie noch lebten, selbst darüber wachten, d a ß es nicht zum A b b a u , sondern zur Stabilisierung der geistigen Grundlagen des realen Sozialismus eingesetzt wurde. D i e s e s Konzept, d a s N o v o m e s k y Mitte der sechziger Jahre in den Lyriksammlungen 30 Minuten in die Stadt, Villa

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Therese und Von Dorther und anderes629 erneut künstlerisch überzeugend realisiert hatte, kräftigte nicht nur in der Lyrik jene Entwicklungstendenzen, die auf eine engagierte, d. h. in die Auseinandersetzung zwischen Sozialismus und. Imperialismus parteilich eingreifende Dichtung zielten, im Grunde genommen strahlte es auf den gesamten Literaturprozeß aus: „Die Idee der organischen Symbiose zwischen dem wirklich revolutionären Gesellschaftsfortschritt und dem wahren Kunstfortschritt - jene bekannte, von Novomesky lapidar formulierte dialektische Einheit zwischen der .Poesie der Revolution und der Revolution der Poesie' - , die den nicht wegzudiskutierenden Kern wie das konkrete Ziel der historisch fundierten schöpferischen Aktivität unserer kommunistischen literarischen Avantgarde zwischen beiden Weltkriegen bilden, dringt gerade in den letzten Jahren stärker denn je ins Bewußtsein unserer Literatur ein und hilft in ihm die ideellen .Parameter' der eigenen organisch gewachsenen historischen Kontinuität konkretisieren. Über das erneuerte Bewußtsein dieses grundlegenden historischen Zusammenhangs beginnt nämlich unsere Literatur in der ersten Hälfte der siebziger Jahre zu begreifen, daß Sich ihre neue Entwicklungsphase nicht in der Aufgabe erschöpfen kann, die unmittelbar vorangegangene Periode (und ihre Krisenmerkmale) zu überwinden, sondern daß sie zugleich auch die Aufgabe übernehmen muß, die besten Traditionen der gesamten historischen Erfahrung der slowakischen sozialistischen Literatur weiterzuentwickeln." 630 Dieses Aufgabenverständnis hat sich freilich nicht im Selbstlauf herausgebildet, sondern ist das Ergebnis einer zielgerichteten Kulturpolitik der Kommunistischen Partei, die die Schriftsteller davon zu überzeugen vermochte, daß die Rückkehr zu den Prinzipien des sozialistischen Realismus nicht ; Rückkehr zu jenen Vereinseitigungeri bedeutet, die Anfang der fünfziger Jahre in der Slowakei damit verbunden gewesen waren. Die klare Orientierung der verantwortlichen Kulturpalitiker, an das eigene sozialistische Erbe schöpferisch anzuknüpfen, keinesfalls „einzelne Linien bzw. Seiten der davistischen Tradition dogmatisch zu kanonisieren", da dies „unweigerlich zur Abtötung ihrer lebendigen Inspirationskraft führen würde", 631 trug relativ rasch Früchte. Wurden doch zugleich die Erfahrungen der internationalen sozialistischen Literatur, insbesondere der Sowjetliteratur, durch eine intensive ausgewogene Rezeption 632 für den eigenen Selbstverständigungsprozeß ebenso produktiv gemacht wie die heutigen Erkenntnisse der marxistisch-leninistischen Literaturtheorie über 206

den sozialistischen Realismus.01"' So konnte im Laufe der siebziger Jahre das davistische Konzept allmählich zum Konzept für die Literatur der entwickelten sozialistischen Gesellschaft theoretisch ausgebaut werden, wozu Mirolav Välek als Kulturminister der Slowakischen Sozialistischen Republik u n d als nationalrepräsentativer sozialistischer Dichter gleichermaßen einen gewichtigen Beitrag geleistet hat; denn er hat nicht nur an der weiteren theoretischen Fundierung dieses Konzepts mitgearbeitet, sondern es in seiner Lyriksammlung Das Wort (1976) auch künstlerisch auf hohem Niveau umgesetzt.63'' Als letztlich entscheidendes Wertkriterium wurde die Einheit von ästhetischem Standard und revolutionärer Bewußtheit, von „hoher Parteilichkeit und hoher künstlerischer Meisterschaft" 63 ' propagiert. Dies schloß die unverzichtbare „Forderung nach einer neuen ideellästhetischen Qualität" ein, die sich nicht mit „anspruchslosem Durchschnitt" zufriedengibt, 636 denn den Anforderungen der entwickelten sozialistischen Gesellschaft, die die Zurückdrängung eines LehrerSchüler-Verhältnisses und die Respektierung einer partnerschaftlichen Beziehung zwischen dem Autor und dem in vielfältiger Hinsicht mündig gewordenen Leser notwendig machen, genügt ein lediglich quantitatives Angebot an gesellschaftlich engagierter Literatur nicht mehr. „Nur das Talent, das sich mit den Idealen dieser Gesellschaft identifiziert", hob daher der Schriftsteller Jozef Kot, in dem Artikel Unser Ideal (1975) pointiert hervor, „kann in die Kunst dieser - sozialistischen - Gesellschaft eine neue Qualität einbringen. Und umgekehrt: bleiben die besten ideellen Absichten, schmilzt sie nicht ein Talent um, heiligt sie - bildlich gesprochen nicht die Kunst, lediglich an der Peripherie der Kulturwerte und verbreitern den Durchschnitt." 637 Diese keineswegs rückwärtsgewandte, sondern offensiv in die Zukunft weisende kulturpolitische Orientierung, die - um ein Wort von Vladimir Minäc zu gebrauchen - „die wirklichen Talente fördert und nicht jene Graphomanen, die bei jedem Wetterwechsel aus der literarischen Unterwelt auftauchen", sichert der slowakischen sozialistischen Literatur heute jenen „produktiven Raum, den sie zu ihrer Entfaltung braucht". 638 Diese Orientierung ist an die Voraussetzung gebunden, daß Zielpunkt aller schöpferischen Anstrengungen nicht nur die „neue Qualität der s o z i a l i s t i s c h e n Kunst" schlechthin, sondern auch „die g e s e l l s c h a f t l i c h e Tragfähigkeit ihrer einzelnen Entwicklungsphasen" ist,639 d. h. ein Import sozialismusfeindlicher Ideologie durch unkritische Übernahme spätbürgerlicher ästhetischer Muster ausgeschlossen ist, und sie trägt der Erkenntnis Rech207

nung, daß „sich Qualität in der Kunst nicht durch administrative Maßnahmen dekretieren läßt", daß ein konstruktives „positives Programm der sozialistischen Kunst nur durch Erhöhung der ideellen und künstlerischen Anforderungen entwickelt werden kann".640 Die Kulturpolitik der Kommunistischen Partei konzentrierte sich freilich nicht allein auf diese konzeptionelle Seite gegenwärtiger slowakischer Literaturentwicklung. Von Beginn des politischen Konsolidierungsprozesses an hat sie vielfältige Anstrengungen unternommen, um die Schriftsteller auf dieser ideellen Basis organisatorisch zusammenzuschließen. So verdient die Tatsache besondere Beachtung, daß in der Slowakei bereits zwei Monate nach dem Aprilplenum der KPC, im Juni 1969, der Slowakische Schriftstellerverband gemäß dem Prinzip der Föderalisierung neu gegründet werden konnte. Dieser stellte auf seinem I. Kongreß seine Funktionsfähigkeit dadurch nachdrücklich unter Beweis, daß er die überwiegende Mehrheit der slowakischen Schriftsteller, geführt von so nationalrepräsentativen Autoren wie Laco Novomesky, Andrej Pldvka, Pavol Horov, Miroslav Välek, Vladimir Minäc und anderen, in sich zu vereinigen vermochte. Damit war eine reale Grundlage dafür gegeben, sukzessive die Verbindungen mit den Schriftstellerverbänden der sozialistischen Bruderländer wieder aufzunehmen, die mit dem ideologischen und organisatorischen Zerfall des alten Tschechoslowakischen Schriftstellerverbandes als Gesamtvertretung der slowakischen und tschechischen Schriftsteller praktisch zu bestehen aufgehört hatten. Mit dieser Öffnung nach außen, mit dieser bewußten Eingliederung in die internationale sozialistische Literaturbewegung ging die konsequente Konsolidierung nach innen einher - „die politische Säuberung des Mitgliederbestandes des Verbands, die Neuordnung der Verlags- und Zeitschriftenangelegenheiten, die Festigung der ideell-politischen Einheit in den gewählten Organen"651. Sie sicherten dem Verband nicht nur nach außen Repräsentanz, sondern konkrete Einflußmöglichkeiten auf den Literaturprozeß. So konnte im Sinne der Forderungen des XIV. Parteitages der KPC (1971), die Kunstproduktion, -rezeption und -distribution auf marxistisch-leninistische Grundlagen zu stellen, auf dem II. Kongreß des Slowakischen Schriftstellerverbandes 1972 gemäß den Lehren aus der krisenhaften Entwicklung in Partei und Gesellschaft?'12 eine Analyse der slowakischen Literatursituation in den sechziger Jahren vorgelegt werden, die nicht nur eine kritische Rückschau enthielt, sondern zugleich eine programmatische Vorschau auf die künftig anzustrebende Entwicklung. Die Literatur ihrerseits 208

entwickelte sich dank der kreativen Reaktivierung des eigenen sozialistischen Erbes sowie dank einer intensiven, sehr differenzierten Rezeption der internationalen sozialistischen Literatur aber zugleich in der gebotenen Vielfalt des künstlerischen Ausdrucks, ohne „den sozialistischen Realismus auf einen Stil und auf eine Form"643 zu beschränken. Auf die slowakische Literatur trifft daher heute in besonderem Maße zu, was auf dem XV. Parteitag der KPC (1976) für die gesamte kulturelle Situation in der CSSR festgestellt wurde: „Durch eine prinzipielle und feinfühlige Politik gelang es, den sozialistischen Charakter unserer Kultur zu stärken, eine Front von Kulturschaffenden zu bilden, die mit der Partei und dem Sozialismus verbunden ist und das kulturelle Leben entfaltet."64'''

Realistische Wirklichkeitsgestaltung in den siebziger Jahren Fragt man nach den Problemen und Gegenständen, denen sich die slowakische Literatur in den siebziger Jahren zugewandt hat, so lassen sich im wesentlichen drei Schwerpunkte ausgliedern: Hinwendung zur geschichtlichen Vergangenheit des slowakischen Volkes, um das nationale Selbstverständnis historisch zu fundieren; erneute Rückkehr zur Problematik Krieg und antifaschistischer Widerstand, um die Bewährung einer Nation sichtbar zu machen und das Vermächtnis de? kämpferischen Antifaschismus als einer internationalen Erscheinung lebendig zu halten; Erschließung des geschichtlichen Weges zur sozialistischen Gesellschaft, um das heute Erreichte kritisch abzuwägen, die produktive Spannung zwischen dem sozialistischen Ideal und seiner schrittweisen Verwirklichung im realen Sozialismus anzuzeigen. Die Hinwendung zur geschichtlichen Vergangenheit fiel nicht zufällig mit dem Beginn des politischen Konsolidierungsprozesses zusammen. Vladimir Minäcs Arbeiten In die Glut geblasen (1970) und Gesamtnelte Streitfälle des Jozef Miloslav Hurban (1972), eine Kombination von historisch-politischem Traktat, historischer Erzählung und impressiver Abhandlung, entsprangen nach des Autors Selbstzeugnis einem polemischen Impuls, wandten sich gegen den „nationalen Nihilismus" der sechziger Jahre: „Den beinahe selbstmörderischen Kampagnen zu Beginn der fünfziger Jahre folgte eine ganz neue .moderne' Tradition, die des nationalen Nihilismus. Alle Werte wurden in ihr Gegenteil gekehrt. Das, was der Marxismus und die Ar14

Richter, Literatur

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beiterklassc auf die Beine gestellt hatten, wurde wieder auf den Kopf gestellt. Reinster Kosmopolitismus wurde als Internationalismus ausgegeben. Jede Erwähnung solcher Vokabeln wie Nation, Nationalgeschichte, nationale Traditionen wurde bestenfalls für impertinent, im widrigsten Falle als Abweichung betrachtet. Diese Atmosphäre des nationalen Nihilismus ermöglichte . . . den frontalen Einbruch der bürgerlichen Ideologie in das Gebiet der Kultur, und nicht nur dorthin."615 Mindcs kritische Betrachtung der slowakischen Nationwerdung im 19. Jahrhundert verfolgte das Ziel, die im Konsolidierungsprozeß erreichte Föderalisierung, mit der der slowakischen Nation im tschechoslowakischen Staat die völlige Gleichberechtigung gesichert worden war, in ihrer tatsächlichen historischen Dimension erscheinen zu lassen. Der Autor suchte auf diese Weise sozialistisches Geschichtsbewußtsein zu erzeugen. Die Hinwendung zur Vergangenheit ist somit „Teil der Auseinandersetzung mit der Gegenwart"64®. Minäcs Arbeiten wurden von einer Welle historischer Romane begleitet, die Jan Cajak jr. bereits 1968 mit Gefangen auf der Burg von Holte eingeleitet hatte. Es ist ein Zeitgemälde an der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert, mit dem belegt werden soll, daß die slowakische Geschichte zwischen dem „Untergang des Großmährischen Reiches und der nationalen Wiedergeburt" im 19. Jahrhundert durchaus keine „tabula rasa" ist.647 Vor allem dann nicht, wenn sie nicht nur als Abfolge von Dynastien begriffen, sondern auch und vor allem in ihren Volksbewegungen erfaßt wird. Cajak macht deutlich, daß im marxistischen Geschichtsverständnis der von der bürgerlichen Historiographie hervorgerufene und lange kultivierte Komplex vom kleinen staatlosen slowakischen Volk mit dem Taubencharakter gegenstandslos wird, denn die geschichtsbildende Kraft der Slowaken manifestiert sich in zahlreichen antifeudalen Erhebungen, im Kampf der Unterdrückten gegen die Unterdrücker. Wie immer in geschichtlichen Umbruchsituationen, so wurde auch jetzt die Jänosik-Problematik wieder aufgegriffen und zum nationalen Selbstverständnis genutzt. Während Jan Ponican in seinem Prosawerk Die Jdnostks (1939 verfaßt, dann überarbeitet und 1973 veröffentlicht) die Jänosik-Figur im sozial-revolutionären Sinne historisch überzeichnete, versuchte der Dramatiker Stefan Krälik in seinen beiden Stücken Der Soldatenrock des Juraj Janostk (1970) und Der Rebell (1973) eine betont distanzierte, teilweise sogar leicht ironisierende geschichtliche Neuinterpretation, die zur „Demontage der Legende" und zur „poetischen Rekonstruktion der historischen Wahrscheinlich210

keit" führt, wie Rampäk nach einer Detailanalyse dieser Stücke konstatiert. 648 Krälik interessierte vor allem, „weshalb Jänosik zum Räuber wurde". Und er stellt klar: Nicht geschichtlich bewußtes Handeln im Sinne eines fest umrissenen sozialen Programms, sondern vor allem eine anarchische Auflehnung gegen äußere Zwänge, die sich angesichts „der harten Lebenswirklichkeit als eine tragikomische Naivität" 649 erweist, ließen Jänosik zum Rebellen werden. Der Autor ruft auf diese Weise zu einer historischen Relativierung der Räuber^ tradition auf, ohne deren Qualität als antifeudale Tradition des slowakischen Volkes in Abrede zu stellen. Schließlich hat sich der slowakische historische Roman in den siebziger Jahren auch wieder Gegenständen außerhalb der nationalen Geschichte zugewandt; literarisch bedeutsam bleibt freilich vor allem die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit des eigenen Volkes. Die erneute Rückkehr zur Problematik Krieg und antifaschistischer Widerstand erwies sich insofern als positiv, als sie die Reaktivierung des gesellschaftlichen Engagements und die Gewinnung neuer Erfahrungen bei der Menschengestaltung besonders förderte. Werden von vornherein Verfahren an der Grenze zur Trivialliteratur, die diese Problematik auf den wirklichkeitsverzerrenden Abenteuerroman herunterbringen, aus der Betrachtung ausgeschlossen, so lassen sich folgende „Gestaltungsmodelle" ausgliedern: a) Aufarbeitung und Verallgemeinerung eigner Kriegs- und Widerstandserfahrungen durch Wiederanknüpfung bzw. Fortsetzung früherer Arbeiten, wobei in Absetzung zu diesen auch eine betont zivile Betrachtungsweise als Novum erscheint; b) Gestaltung der Problematik aus der Rückerinnerung auf die Kindheit und Bestätigung wie Korrektur des vom Elternhaus und von der Schule unmittelbar nach dem Kriege vermittelten subjektiven Geschichtsbildes ; c) Darstellung der Zeitverhältnisse auf der Grundlage eines modifizierten wissenschaftlichen Geschichtsbildes unter Hervorkehrung objektiver Geschichtsabläufe, wobei als Gefahr die Bebilderung von Geschichte sichtbar wird; d) Krieg und antifaschistischer Widerstand als historisches, nicht aber unbedingt authentisches Aktionsfeld, um moralische Grundfragen für die sozialistische Gegenwart bewußt zu machen. Als besonders produktiv erwies sich das letztgenannte „Gestaltungsmodell". Es brachte der slowakischen Dramatik nach fast einem 211

Jahrzehnt wieder einen internationalen Erfolg. Bukovcans Stück Ehe der Hahn kräht ist kein geschichtliches, sondern ein psychologisches Stück. 630 Dennoch bildet die geschichtliche Realität nicht bloß eine austauschbare Kulisse, sondern bleibt erkennbare Voraussetzung, eine Erscheinung, die nicht allein bei Bukovcan zu beobachten ist, sondern mit zunehmendem Abstand zum Kriege auch für andere Autoren und Literaturen kennzeichnend ist. Während aber gewöhnlich das Heldische mehr und mehr mit verhaltenem Pathos betont wird, interessierte Bukovcan hier nicht so sehr, daß und wie es der Mensch fertigbringt, Mensch zu bleiben, sondern ob er es fertigbringt: „Nicht jeder Mensch ist dafür ,geschaffen', ein Held zu werden, wie es scheint, ist es eher umgekehrt. Und deshalb steht dann, wenn der Mensch einem .unerbittlichen Druck ausgesetzt ist, wenn gegen ihn auf vollen Touren ein Machtapparat arbeitet. . . der normale Mensch, nicht der Held, in tragischer Ratlosigkeit vor der schwersten Wahl: seinen Kopf oder sein Gesicht, seine Menschenwürde zu verlieren. ,,6j1 Bukovcans Charakterzeichnung ist nicht auf Aktion, sondern auf psychologische Reaktion gegründet, wie die Mordtat des unbescholtenen Friseurs Uhrik und seine aus einem Handlungszwang heraus selbst vollzogene Sühne veranschaulichen. Dabei scheint es, als wollte Bukovcan die Figur des; Friseurs Florik aus Jasiks Roman Die Liebenden vom St.-Elisabeth^Platz alternativ lösen, jenes Denunzianten, der sich nicht selbst richtete, sondern gerichtet wurde. Auch sonst ist die Nähe zu Jasik spürbar. S.o stellt Bukovcan den Deutschen Fischl nicht von vornherein als willfähriges Werkzeug der Hitlerokkupanten dar, sondern setzt ihn ebenso, wie seine slowakischen Mitbürger einem moralischen Entscheidungszwang aus. Fischl versagt nicht seiner Nationalität wegen, sondern weil er den Preis des Lebens höher schätzt als den seiner Menschenwürde, die es ihm hätte: verbieten müssen, einem widerwärtigen Handel zwischen einem ; gefühllosen Henker und seinen wehrlosen Opfern als „ehrlicher" Makler zu dienen. Mit solcher Differenzierung erhöht Bukovcan die Überzeugungskraft seines Werks, enthüllt und bekämpft er „den zivilisierten Barbar als Paradoxon unseres Jahrhunderts" 632 , mobilisiert er den Leser im antifaschistischen und antiimperialistischen Sinne. Daher hat die Tatsache, daß in Ehe der Hahn kräht der faschistische deutsche Offizier hinter die Bühne verbannt wird, ihre funktionale Bedeutung. Der präzise und mitleidslos arbeitende Machtapparat erscheint dadurch eher noch gefährlicher als in Karvass Mitternachtsmesse, wo Leutnant Brecker, eine blonde Bestie, deren feingliedrige 212

Finger ebenso gewandt morden wie sie brilliant Orgel spielen können, diesen personifiziert. In die Zeit des Krieges wird auch in Vincent Sikulas umfassendem Romanwerk zurückgegangen, von dem bisher' 2wei Bände, Die Meister (1976) und Muskat (1977), vorliegen* das aber zur Trilogie oder gar zur Pentalogie erweitert werden soll. Auch hier rückt das unmittelbare Kriegsgeschehen in den Hintergrund, doch wird dadurch, im Unterschied zu Bukovcan, das Moment der moralischen Bewährung abgeschwächt. In Die Meister läuft das Leben in traditionellen Bahnen weiter, als ob es den Krieg und den faschistischen Staat nicht gäbe, die Menschen haben ihre Alltagssorgen mit der Arbeit und der Liebe wie eh und je, der homo politicus tritt letztlich nicht in Erscheinung. Damit gerät Sikulas Darstellung in eine Spannung zu Vladimir Minäcs Trilogie oder auch zu Frantisek Heckos Romantorso Heilige Dunkelheit, worin die ideologische Polarisierung der Kräfte innerhalb der slowakischen Gesellschaft besonders akzentuiert wurde. In Muskai hat dies zwangsläufig zur Folge, daß der Nationalaufstand mehr als elementare Bewegung denn als bewußte kollektive Willensentscheidung des slowakischen Volkes gefaßt wird. Zwar ist Sikula auf diese Weise eine aus dem Abstand von drei Jahrzehnten notwen1dige distanzierte Problemsicht gelungen, zugleich ist damit aber auch ein beträchtlicher Substanzverlust eingetreten, der an das bisherige historische Selbstverständnis rührt. Dieser Verlust kann durch den Authentizität beanspruchenden Hinweis auf regionale Gültigkeit im westslowakischen Raum irgendwo zwischen Modra und Trnava keinesfalls aufgehoben werden. Im Spektrum einer Familiengeschichte vermag Sikula die slowakischen Kriegs- und Widerstandserfahrungen nur bruchstückartig und daher letztlich nicht in ihrer wirklichen Dynamik durchsichtig zu machen, so plastisch er im einzelnen die Figuren auch herausarbeitet.653 Überhaupt wird die lange stagnierende, erst seit Mitte der siebziger Jahre wieder aufstrebende Romanentwicklung wesentlich von der Gestaltung des Themas Krieg und Nachkrieg geprägt, woran Autoren unterschiedlicher Generationszugehörigkeit ihren Anteil haben. Eine historisch' distanzierte Analyse des slowakischen Klerikalfaschismus nimmt Milos Krno in Der tugendsame MethocL (1978) vor; den Leidensweg der slowakischen Armee nach ihrer Entwaffnung und Internierung durch die Hitlerwehrmacht zeichnet Ladislav Tazky in Die Abenteuer des Zugführers Matus (1978) mit erkennbarer Vorliebe fürs Detail auf. Als Vertreter der sogenannten „Auf213

standsgeneration" sind sie beide in hohem Maße um Authentizität des geschichtlichen Abbilds und um Großflächigkeit der Darstellung bemüht. Einen beträchtlich schmaleren Zugang zur Problematik wählten Emil Dzvonik und Ladislav Ballek, die selber jene Zeit lediglich aus der Optik des Kindes erlebt haben. Sie rückten die Befindlichkeit des Individuums nach überstandenem Inferno in den Vordergrund. In Dzvoniks Debüt Die verlorenen Augen (1976) werden Geschehnisse aus dem antifaschistischen Widerstand in der subjektiven Rückerinnerung eines Kriegsblinden gebrochen, auf den ganz besonders die Sentenz zutrifft: Aus dem Kriege kehren nicht Helden heim, sondern Menschen. Und in Balleks Roman Tier Gehilfe (1977) werden Aufstandserleben, Gestapohaft und Loskauf vom Galgen schließlich gar zum Trauma, da sie den unaufhaltsamen Aufstieg und Niedergang der Familie des Metzgermeisters Riecan und seines Gehilfen in den ersten Nachkriegsjahren quasi vorprogrammieren. Dieses Werk vor allem belegt auf überzeugende Weise, daß die Konzentration auf einen kleinen, leicht überschaubaren Wirklichkeitsausschnitt weder zur Verringerung des Blickwinkels, noch zu Perspektiveverlust führen muß, wenn auf soziographische Stimmigkeit, auf die Klassenlinie geachtet wird. Schlaglichtartig erhellt sich die Nachkriegsrealität der Tschechoslowakei: die schwierige Neubesiedlung der verödeten Grenzgebiete, die allmähliche Regelung der brennenden Nationalitätenprobleme, die Versuche kleinbürgerlicher Elemente, aus dem Hunger und der Not der Bevölkerung Kapital zu schlagen durch überteuerte Schmuggel- und Schwarz-1 marktware, bis im Februar 1948 die Arbeiterklasse mit diesem Spuk aufräumt. Ballek bringt die Fabel wieder voll zur Geltung, die in den sechziger Jahren teils durch den Einfluß spätbürgerlicher Antiromantheorien, teils durch ahistorische Verlängerung der Tradition der lyrischen Prosa deformiert worden war. Er erweist sich als ein souveräner Erzähler, der sich bei allem Sinn für den Zauber des Worts so zu disziplinieren weiß, daß es nicht in leerer Gestik erstarrt. Der Gehilfe von Ballek unterstreicht, daß die Erneuerung des slowakischen Gesellschaftsromans, der zwar auf äußerliche Gegenständlichkeit, nicht aber auf Geschichtlichkeit verzichtet, nun vollzogen worden ist. Die slowakische Literaturkritik stellt das Werk auf eine Stufe mit den besten Romanen von Milo Urban, Jozef Ciger Hronsky, Alfonz Bednar und Vladimir Minäc, also von jenen Autoren, die die slowakische Epikentwicklung entscheidend bestimmt haben.654 214

Die Erschließung des eigenen geschichtlichen Weges zur sozialistischen Gesellschaft und die Auseinandersetzung mit ihrem heutigen Zustand, dieser dritte und letzte Problemkomplex slowakischer Literaturentwicklung in den siebziger Jahren, hängt natürlich eng mit den vorausgegangenen zusammen, hat aber dennoch im Literaturprozeß sein spezifisches Gewicht. Er kündigte sich noch während des politischen Konsolidierungsprozesses an, und zwar zunächst in der Memoirenliteratur und in der Dramatik. Der durstige Liebhaber (1971) und Der volle Becher (1976) von Andrej Plävka sowie Stürmische Jugend (1975) von Jan Ponican sind nicht nur Rückerinnerungen zweier sozialistischer Dichter, sondern zugleich subjektive Sonden in die neuzeitliche Entwicklung der slowakischen Nation überhaupt: „Insbesondere, wenn dieses Leben an der Wende des Jahrhunderts beginnt, das so bedeutsam in die Geschicke der Menschheitsgeschichte eingegriffen hat,"655 wie Plävka selber den Impuls zur Niederschrift seiner Memoiren kennzeichnet. Insofern sind diese auch mehr als „fast der Roman eines Lebens"656*, erfüllten sie eine Substitutionsfunktion in bezug auf den damals noch fehlenden Gesellschaftsroman. Veranschaulichte die Memoirenliteratur vor allem sehr konkrete Erfahrungen des allgemeinen Kampfes um die Errichtung der sozialistischen Gesellschaft, so konzentrierte sich die Dramatik seit Beginn der siebziger Jahre vor allem auf den Zeitgenossen im sozialistischen Heute.657 Aufgeworfen werden Fragen der sozialistischen Lebensweise, Alltagsprobleme, die den Menschen bedrängen, mit denen er fertig werden muß, um im Leben ehrlich zu bestehen. Man geht diese Probleme im kleinen an, will den Raum ausloten, der dem Individuum in der Gesellschaft gegeben ist, auch die Spannung zwischen dem erstrebten gesellschaftlichen Ideal und seiner schrittweisen konkreten Verwirklichung im realen Sozialismus erfassen. In dieser Hinsicht hat Solovic Ende der sechziger/Anfang der siebziger Jahre mit seinen Komödien, in denen er für moralische Sauberkeit und Aufrichtigkeit in den zwischenmenschlichen Beziehungen eintritt, auf Konflikte in der Familie, im Betrieb, beim alternden Menschen aufmerksam macht und den Anspruch jedes Individuums auf sein Quäntchen Glück verteidigt, einen wichtigen Anfang gemacht, der von Osvald Zahradnik, Peter Koväcik, Stefan M. Sokol und von ihm selbst in der Trilogie Meridian (1974), Der silberne Jaguar (1975) und Der goldene Regen (1976) ausgebaut werden konnte. Hierin wird der Versuch unternommen* die Lebensprobleme von heute mit den Kampferfahrungen von gestern zu konfrontieren, ohne den Gcnera215

tionsunterschied zum unüberbrückbaren Generationskonflikt werden zu lassen. Auch Osvald Zahradnik geht es in seinem Erfolgsstück Solo für Schlag(ubr) (1972) nicht primär um einen solchen Konflikt, obwohl er hierfür Zündstoff liefert. Verleiht er doch der intakten Welt der Alten, in der Freundschaft, gegenseitige Achtung und Geselligkeit noch einen dauerhaften Wert, keinen nur zeitweiligen Gebraucht-, sprich Beziehungswert haben, einen matten Glanz, während er den sich vor allem in Wohlstandsträumen und in Sehnsucht nach häuslicher Behaglichkeit ausdrückenden Lebensanspruch der Jugend betont egoistisch, gefühlskalt und berechnend hinstellt. Zahradnik beläßt es aber beim Nebeneinander unterschiedlicher Lebensvorstellungen, ohne die Differenz zwischen der Lebenserfahrung der Alten und dem Erwartungshorizont der Jungen auf die Kluft zwischen Altersweisheit und jugendlicher Unbekümmertheit herunterzuschrauben. Der Autor entgeht so der Gefahr, didaktisch zu werden und normative Lebensregeln aufzustellen. Zahradnik hat mit Solo für Schlagtuhr) Maßstäbe gesetzt für eine gesellschaftlich eingreifende Gegenwartsdramatik, die zwar für den Tag geschrieben, nicht aber in ihm aufgebraucht wird. Im Unterschied zur Dramatik hatte die Epik gewisse Schwierigkeiten, sich den Problemen der sozialistischen Gesellschaftspraxis zü nähern. Gewiß auch deshalb, weil sich hier in den Krisenjahren die Diskontinuität dadurch am schärfsten ausgeprägt hatte, daß Vertreter mehrerer Generationen unkritisch fremde ästhetische Muster übernommen, teilweise eine „Experimentiererei" betrieben hatten, „die im Grunde genommen nichts mit schöpferischer Suche nach neuen künstlerischen Ausdrucksmitteln zu tun hatte, sondern eher - wie bei den Hits - Variation fremder Melodien war". 658 Allerdings zeigt ein parteiliches Herangehen an die literarische Produktion der sechziger Jahre auch, daß nicht nur Sikula, „der nicht mit sogenannten Modellversuchen spekulierte" 659 , an Problemen der gesellschaftlichen Wirklichkeit drangeblieben und im Konsolidierungsprozeß wirksam geworden ist, sondern auch Peter Jaros, Jozef Kot, Jan Beno, Jan Lenco und andere Vertreter der Generation 56. Peter Jaros' Schaffen zeigt nicht nur ein imitatorisches, sondern auch ein schöpferisch-kritisches Verhältnis zum Nouveau roman und gewinnt auf diese Weise einen produktiven Impuls zu origineller Wirklichkeitserschließung. 660 Und der als Übersetzer an Mustern der englischen und amerikanischen Literatur geschulte Jozef Kot hat in seinen leicht 216

grotesken Erzählungen - man denke nur an Notstand. - das bedrohliche Beben im gesellschaftlichen Organismus der Tschechoslowakei der sechziger Jahre signalisiert und mit dem Mittel der Ironie als „empfindlichsten Seismographen ästhetischer Wahrnehmung" sichtbar gemacht.661 Kot ist ein experimentierfreudiger Autor, sein Stil ist variabel und rational fundiert. In dieser Hinsicht hebt er sich wohltuend von späten Nachfahren der lyrischen Prosa ab, die das Arsenal an Gestaltungsmitteln, aber auch den unzeitgemäßen Naturismus dieser Richtung weiterführen. Das beharrliche Dranbleiben an aktuellen Problemen des gesellschaftlichen Lebens schlägt sich in Kots Novelle Fieber (1973) produktiv nieder. An Vorgängen im Verlagswesen wird die Atmosphäre der Krisenjahre künstlerisch überzeugend eingefangen. Schließlich hat auch Jan Lenco, der sich zunächst bewußt von der großen Form ab- und einer aphoristischen Schreibweise zuwandte, nach mehreren historischen Prosaarbeiten zu Themen aus dem alten Ägypten zu dieser aktuellen Problematik einen Roman vorgelegt. Ähnlich wie Kot, wählte auch er in Rückbesinnung (1978) einen punktuellen Ansatz: die Porträtierung des Lehrkörpers einer Oberschule, doch erhöhte er dadurch die allgemeine Aussagefähigkeit seines Werks, daß er an mehreren Einzelschicksalen etwas von der Dynamik der geschichtlichen Entwicklung seines Volkes seit der Befreiung sichtbar machte. Der Autor schöpfte die Möglichkeiten des Montageromans maximal aus, um nicht nur verschiedene Erzähltechniken, sondern auch unterschiedliche moralisch-politische Haltungen vorzuführen. Seine lebensnah gezeichneten Figuren agieren zwar vorwiegend in der Kleinstadt, doch reicht ihre exemplarische Wirkung über ihr Milieu hinaus. Rückbesinnung ist „die Geschichte der slowakischen Gesellschaft im kleinen, in jenen Jahren, die wir als jüngst vergangene Gegenwart betrachten", bemerkt hierzu der Kritiker Jan Stevcek. - Aus der Perspektive der endsiebziger Jahre läßt sich somit genauer bestimmen, was aus dem erklärten Willen der Generation 56 geworden ist, in der slowakischen Prosa einen neuen Weg zu beschreiten: Die besondere Betonung der literarischen Fiktion führte nicht zur Trennung von Literatur und Leben, wie anfangs durchaus zu befürchten war, denn diese wurde mehr und mehr zur eignen Empirie in Beziehung gesetzt; die Freude am Formenspiel löste sich allmählich aus dem Stadium bloßer Kopierung andersnationaler ästhetischer Muster, mündete in kreative Werkstattarbeit und brachte einen intellektuellen Ton in die Prosa ein; der Auszug aus epischer Totalität bewirkte nicht zwangsläufig eine un217

verbindliche Atomisierung der Wirklichkeitssicht, die Hinwendung zu Alltagsproblemen zielte auf wichtige Lebensfragen, wenn diese auch mehr von der „Peripherie" denn vom „Zentrum" sozialistischer Gesellschaftspraxis her aufgeworfen wurden. Voraussetzung für die Bewältigung dieses in sich durchaus widersprüchlichen Weges bildete die uneingeschränkte Bejahung der gesellschaftlichen Funktion der Kunst und das Bekenntnis zum realen Sozialismus. Die Gegenwart wird jedoch auch in der jüngeren und jüngsten Prosa gestaltet, in einem breiten Spektrum von „kleinen" Themen, die von der Emanzipation der Frau (Viera Svenkovä) über Jugendprobleme (Andrej Ferko) bis hin zu Studien aus dem Berufsleben der Arbeiter (bei Blazej Beläk der Bergleute) reichen. Es sind vielfältige Erkundungen, die nicht so sehr auf die wohlwollende Bestätigung eines erreichten Zustands als vielmehr darauf gerichtet sind, ungelöste Probleme und Konflikte des heutigen Lebens offenzulegen, die bei der weiteren Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft mitzubedenken und zu bewältigen sind. In dieser Hinsicht werden einerseits der subjektive Leistungswille und der objektive Leistungszwang, wie er durch die Umwandlung der Slowakei aus einer Agrarregion der bürgerlichen Republik in eine moderne Industrienation des sozialistischen föderativen Staates hervorgerufen wird, miteinander konfrontiert, werden andererseits aber auch die positiven wie die negativen Begleiterscheinungen einer so dynamischen Entfaltung und „Modernisierung" des gesellschaftlichen Lebens, ihre Auswirkungen auf das Lebensgefühl des einzelnen aufgezeigt. Aus diesem Blickwinkel wird u. a. das um sich greifende Wohlstands-, Prestige- und Konsumdenken attackiert und eine Rückbesinnung auf die moralisch-ethischen Werte des Menschen für notwendig gehalten. „Ich hoffe nur", hatte Vladimir Minac bereits 1967 in Übereinstimmung mit derartigen Erwägungen erklärt, „keine solche perfekte technische Gesellschaft zu erleben, in der es so viele Sachen und so perfekte Sachen geben wird, daß der Mensch aufhört, überhaupt an sich zu denken, im besten Sinne des Wortes. Das touristische Lechzen nach der klassischen Natur ist nur ein kläglicher Ersatz. Aber auch in diese Natur geht der Mensch von lauter Dingen umgeben. Das vor allem deshalb, weil er sich fürchtet, allein zu sein . . . Das ist ein Totschlagen von Zeit, in der ich an mich denken könnte, in der ich mich irgendwie erforschen und versuchen könnte, mich in die Geschichte der Zivilisation einzureihen. Das ärgert fmich am meisten, dieses Fortlaufen des Menschen vor sich selber." 662

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In der slowakischen Literatur gibt es nach wie vor eine stark dem dörflichen Leben zugewandte Prosa. In den Vordergrund treten zum einen die lyrische Naturbeschreibung und zum anderen die Gestaltung von Wesensmerkmalen einer bestimmten Region und ihrer Menschen (Südslowakei, Westslowakei, Liptov usw.). Nicht selten ist ein nostalgischer Glanz bei jenen Autoren spürbar, die über Kindheitscrinnerungen ihre eigene Verstädterung zu bewältigen suchen. Diese Prosa ist kein Kostüm für moralisch-ethische Fragen schlechthin, ist auch nicht primär auf Bewahrung alten Brauchtums und Kulturgutes, sondern auf die Probleme gerichtet, die sich durch Industrialisierung und LTrbanisierung für die Menschen und vor allem für die alten Menschen ergeben. Ins Zentrum rücken Fragen der zwischenmenschlichen Beziehungen und des Umweltschutzes. Dabei werden die alten Gegensätze zwischen Stadt und Land nicht statisch gesehen, die Gefahren der raschen Urbanisierung aber unverhüllt ausgesprochen. Dies gilt in besonderem Maße für Ivan Habajs Erzählband Unter dem Maulbeerbaum (1973), wo keine konservativbewahrende, sondern eine konstruktiv-kritische Haltung bezogen wird, die auf die Möglichkeiten des Sozialismus zur Lösung der Probleme verweist. Was in der Kurzprosa sehr partiell angegangen wird, ist in der Lyrik bereits konzentrierter und auch komplexer angepackt worden. Dies gilt vor allem für Miroslav Väleks Band Das Wort (1976), worin er das Lebensgefühl des Zeitgenossen nicht nur abzubilden, sondern durch moralisch-ethische kategorische Imperative auch zu verändern trachtet. Es ist eine unerbittliche Diagnose des heutigen Zustands der ideologisch gespaltenen Welt, aber kein Schwarz-WeißBild. Der Dichter ergreift unmißverständlich Partei für den Sozialismus, den er nicht nur als die Welt faßt, in die er hineingestellt ist, sondern als Zukunftshoffnung für die gesamte Menschheit. Aus dieser Grundüberzeugung heraus formuliert Välek jene sittlichen Gebote, die er für unerläßlich hält, damit sich das hohe gesellschaftliche Ideal in der konkreten Alltagspraxis nicht zu sehr verliert, denn auch im Mikrokosmos darf nichts von den unbestreitbaren Werten verlorengehen, die die weltverändernde Kraft des Sozialismus verkörpern : Ich will den Menschen, der menschlich bleibt auch in der Freude wie im Schmerz wenn er Buße tut und wenn er im siebten Himmel schwebt. 219

Und das könnte kein Kommunist sein? Doch! 663 Valeks Lyrikbartd Das Wort ist eine breifangdegte Gesellschaftsanalyse und zugleich eine Synthese von intimer und politischer Lyrik, ist Reflexion und Appell, eine „Enzyklopädie des modernen Menschen"664. Välek ist sich, wie er 1978 in einem Interview ausdrücklich betont, sehr wohl darüber im klaren, daß „große Themen" in sich noch keine „große Poesie" garantieren, ja daß es „für Autoren von politischer Poesie im eigentlichsten Sinfte des Wortes" wie für alle anderen auch vor allem darauf ankommt, echte Lebensprobleme aufzuspüren und sie „schöpferisch", nicht „banal" zu verarbeiten, d. h. eine „neue Beziehung zu den Zeitgenossen, zur Welt" zu finden, die „neue Moral" sowie „neue Dilemmas, die unser Zeitgenosse lösen muß", sichtbar zu machen. Dies erfordert vom Dichter „nicht zuletzt auch neue Worte, eine neue Sprache, neue Bilder, die vofi diesen Wirklichkeiten provoziert werden." Und prononciert fügt er hinzu: „Das ist niemals einfach, lohnt aber immer den Versuch!" Välek wendet sich gegen die Festschreibung eines bestimmten literarischen Kanons, gegen nach wie vor anzutreffende Praktiken, Welthaltigkeit und formale Bestrebung voneinander zu trennen: „Ich meine, daß man die ! Poesie nicht in eine .engagierte' und eine ,reint' einteilen kanft. Alles, was uns persönlich berührt, hat seinen Ursprung in den gesellschaftlichen Bedingungen unseres' Lebens, es spiegelt diese Bedingungen auf seine Art wider. Ein einziges Gedicht kann freilich nicht die ganze Welt in ihrer widersprüchlichen Kompliziertheit erfassen, aber die Welt eines Gedichtes reicht oftmals aus, daß wir es uns für immer merken." Für Välek dominiert im ästhetisch anspruchsvollen Gedicht stets „der Mensch selber und seine Beziehung zu der Welt, in der er lebt." Dies setzt Engagement für die sozialistische Gesellschaft voraus, schließt aber, wie Välek in Bezug auf die gesamte Kulturentwicklung in der heutigen Tschechoslowakei unterstreicht, auch kritische Auseinandersetzung „mit einigen Erscheinungen unseres gegenwärtigen Lebens" ein: „Und warum auch nicht? Das Leben ist keine Idylle, und die Entwicklung realisiert sich durch die Überwindupg von dialektischen: Widersprüchen." 665 Ganz im Sinne dieses künstlerischen Credo bleibt Välek in seinem Lyrikband Das Wort nicht bei aktueller Gegenständlichkeit stehen, sondern dringt in einprägsamen Bildern von philosophischer Dichte zum We220

sen unserer Epoche vor. Dieser Grundzug vor allem ist es, der dieses Werk im Vergleich zu zahlreichen anderen nationalliterarischen Ver? suchen auszeichnet, die unmittelbare sozialistische Gegenwart künstlerisch zu gestalten. So unvollständig' mit den hier erörterten drei Problemkreisen sowie mit den angeführten Autoren und Werken die gesamte, literarische Situation umschrieben ist, so machen sie doch deutlich, daß sich die slowakische Literatur nach der „Krise der Kriterien" in den sechziger Jahren im politischen Konsolidierungsprozeß der siebziger Jahre rasch als sozialistische Nationalliteratur entfaltet hat. Ein untrüglicher Beweis hierfür ist eine Reihe beachtlicher Leistungen, die in ihrer Bedeutung über die Grenzen des tschechoslowakischen Kontextes hinausreichen. Gerade in den letzten Jahren ist sie international so stark rezipiert worden wie nie zuvor. Das hat sich auf das Selbstverständnis der Autoren günstig ausgewirkt. Heute sind sie sich voll bewußt, nicht mehr nur Rezipienten andersnationaler Erfahrungen, sondern selbst in den wechselseitigen Austausch der Werte einbezogen zu sein, wie er sich vor allem zwischen den sozialistischen Ländern intensiv vollzieht. Heute fühlen sie sich auch nicht mehr nur als Repräsentanten der slowakischen Nation allein, sondern zusammen mit den tschechischen Schriftstellern auch als tatsächlich gleichberechtigte Vertreter geistigen Lebens im gemeinsamen föderativen sozialistischen Staat. Dies drückt sich nicht zuletzt in der Ende 1977 erfolgten Gründung des Tschechoslowakischen Schriftstellerverbandes aus, der künftig beide nationalen Verbände nach außen vertreten wird und dessen Funktionsfähigkeit gemäß den Prinzipien der Föderalisierung durch die paritätische Zusammensetzung der Leitungsgremien gesichert ist. In dem programmatischen Artikel Eine neue Etappe gemeinsamen Weges (1977) im Nové slovo hat Karol Rosenbaum jene Momente benannt, die zur Gemeinschaft fähig machen und die Möglichkeiten einer organischen eigenständigen Weiterentwicklung beider sozialistischer Nationalliteraturen der CSSR garantieren: „In eine Einheit mit anderen tritt nur, wer darauf vorbereitet ist, wer selbst in das Ganze etwas Wesentliches einzubringen vermag, für den der Boden der Gleichberechtigung bereitet ist. Die Einheit unserer sozialistischen Literaturen ist ein qualitativ neuer Stand wie auch ein fortdauerndes Ziel. Sie hat ihre Gesetze und Gesetzmäßigkeiten, die mit den Gesetzen und Gesetzmäßigkeiten beider Literaturen in Einklang 221

stehen. Es ist dies keine Zuordnung und erst recht keine Unterordnung der einen Literatur unter die andere . . es ist ein Schaffen, das ideell im proletarischen Internationalismus sowie im tschechoslowakischen sozialistischen Patriotismus gründet."666 Die slowakische Literatur steht somit Ende der siebziger Jahre an der Schwelle einer neuen Entwicklungsphase.

Anhang Bibliographie von Übersetzungen slowakischer Literatur in der DDR (Buchveröffentlichungen 1949-1979)*

Anthologien DAS HERZ - EIN SCHILD. Lyrik der Tschechen und Slowaken. Übers, und hg. von F. C. Weiskopf. Berlin: Dietz Verlag 1948. Einführung in die Dichtung der Tschechen und Slowaken von F. C. Weiskopf. Inhalt: Vom Ahornbaum. Volkslied aus der Slowakei; Frano Kral': Mutter;Laco No vomesky: Totentanz; Laco Novomesky: Schwarz und Rot; Alle gleich (Volkslied aus der Zvolener Gegend); Slowakisches Volkslied. BROT UND STERNE. Nachdichtungen tschechischer und slowakischer Lyrik von F.C. Weiskopf. Erw. Aufl. von: Das Herz — ein Schild. Berlin: Dietz Verlag 1951. Einführung in die Dichtung der Tschechen und Slowaken von F. C. Weiskopf. Inhalt: Vom Ahornbaum. Volkslied aus der Slowakei; Vom Ahornbaum. Neufassung, gesungen von den Partisanen, die gegen Hitlers Besatzungstruppen kämpften; Milan Lajciak: Dank; Frano Kral': Mutter; Flöte, meine Kleine. Volkslied aus der Slowakei; Alle gleich. Volkslied aus der Zvolener Gegend. Slowakisches Volkslied. DIE TSCHECHOSLOWAKEI ERZÄHLT. Ein Einblick in die Literatur der Tschechoslowakei. Ausgewählt und zusammengestellt von Hilde Standfest und Horst Görsch. Berlin: Volk und Wissen 1953. 9. Auflage 1961 (Literatur der Volksdemokratien. Bd. 1). Vorwort: Louis Fürnberg. Inhalt: Peter Jilemnicky: Die Rastelbinder in der Slowakei (Auszug aus dem Roman Brachland); Peter Jilemnicky: Auf der Veporwiese (Auszug aus dem Roman Der Wind dreht sich); Jan Kostra: Wenn die Mäher hinausziehen; Milan Lajciak: An Philipp Müller. Übersetzer und Nachdichter: Julius Mader, Günther Jarosch, F. C. Weiskopf, Louis Fürnberg. DER MANN MIT DEM TICK. Tschechoslowakische Humoresken und SatirenHg. und mit einer Nachbemerkung versehen von Rudolf Vapenik. Berlin: Eulen, spiegel Verlag 1964. 2. Aufl. 1966. Inhalt: Jege: Über einen Kamm geschoren; Janko Jesensky: König David; Jan Hrusovsky: Es war einmal; Janko Alexy: Meine Italienerin; Jozef A. Tallo: Die Kunst zu schweigen; Jozef Hamza: Zwei auf einen Streich; Peter Karvas: Abenteuer mit der Gerechtigkeit. Übersetzer: Elisabeth Botehardt, A. P. Musil, Gertruda Albrechtovä, Frido Bunzl.

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FEUERZEICHEN. Erzählungen über den Slowakischen Nationalaufstand. Ausgewählt und hg. von Anneliese Gladrow und Ludwig Richter unter Mitarbeit von Jan Medved'. Mit 25 Holzschnitten von Julius Szabó. Berlin: Verlag der Nation 1969. Nachwort: Ludwig Richter. Zu den Autoren (Kurzporträts). Bibliographische Hinweise. Inhalt: Gedicht: Julius Lenko: Herbst 1944; Erzählungen: Peter Karvas: Die Fünf (Der Briefträger, Der Lokführer, Der Gymnasiast, Der Gendarm, Der Chauffeur); Peter Jilemnicky: Cierny Balog; Katarina Lazarovä: Das letzte Geschütz; Frantisek Svantner: Der Priester: Samo Falt'an: Rotes Blut; Vladimir Minäc: Unter dunklem Himmel; Milos Krno: Die Reise; Rudolf Jasik: Schweigsame Weihnachten; Viera Handzovä: Der Keller; Ladislav Tazky: In der Taille gebrochen; Jozef Horäk: Der Schacht; Viera Markovicovä-Zäturecka : Der Gurt; Jan Bodenek: Nächtliches Verhör; Pominik Tatarka: Hähnchens Todeskampf; Alfonz Bednar: Stunden und Minuten. Übersetzer: Ilse Seehase, Anneliese Gladrow, Gustav Just, Ludwig Richter, Hugo Kaminsky, Gertrude Albrecht, Frantisek Chorvit; Nachdichtung: Günther Deicke. AUGEN VOLLER STERNE 1 . Moderne slowakische Erzählungen. Hg. von Manfred Jähnichen. Aus dem Slowakischen übers, von Karl-Heinz Jähn, Waltraud und Manfred Jähnichen, Gustav Just und Barbara Merzdorf. Mit drei Graphiken von Orest Dubay und einer Graphik von Lubomir Kellenberger. Berlin-Weimar: Aufbau-Verlag 1974 (Edition Neue Texte). Zu den Autoren (Biobibliographische Angaben). Inhalt: Viera Svenkovä: Die Geige; Jan Stiavnicky: Der verfluchte Sumpf; Peter Jaros: Der Paradeausflug. Eine Reiseskizze; Vincent Sikula: Mandul'a; Blazej Beläk: Der weiße Stein; Ivan Habaj: Hirten; Marina Ceretkovä-Gällo v i : . . . denn der Krieg ist böse; Peter Koväcik: Augen voller Sterne. B E G E G N U N G E N . Tschechische und slowakische Gedichte zur Befreiung. Auswahl und Redaktion: Manfred Jähnichen. Redaktionelle Mitarbeit: Milo Samko. Hg. vom Kultur- und Informationszentrum der CSSR in Berlin anläßlich des 20. Jahrestages seines Bestehens im 30. Jahr der Befreiung der Tschechoslowakei durch die Sowjetarmee [Berlin 1975]. Nachwort: Manfred Jähnichen. Inhalt: Frano Kral': Als die Armee kam; Jan Kostra: Frühling in Bratislava; Vladimir Reisel: So kamen sie; zu uns; Pavol Horov: Defilé; Milan. Lajciak: Inschriften der Rotarmisten; Milan Rüfus: Abend auf dem Öumbier; Jan Skamla: Gefallen in der Slowakei; Vojtech Mihalik: Nach Jahren; Miroslav Välek: Süden; Andrej Plävka: Auf dem Slavin. Nachdichtungen: Annemarie Éostroem, Wilhelm Tkaczyk, Waltraud Jähnichen, Günther Jarosch. SOLO FÜR SCHLAG(UHR) UND A N D E R E TSCHECHOSLOWAKISCHE STÜCKE. Dialog. Mit einem Nachwort von Ludwig Richter. Berlin: Henscljelr Verlag 1977. Biographische Notizen. Inszenierungsverzeichnisse. Übersetzung: Gustav Just.

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Inhalt: Ivan Bukovcan: Ehe der Hahn kräht . . . Drama, Osvald Zahradnik: Solo für Schlag(uhr). GEDICHTE. Miroslav Välek, Milan Rüfus, Vojtech Mihälik. Hg. und mit einem Nachwort versehen von Manfred Jähnichen. Berlin: Volk und Welt 1978. Biographische Notizen. Auswahl aus dem Gesamtschaffen dieser drei Dichter. Nachdichtungen: Waltraud und Manfred Jähnichen, Uwe Grüning, Günther Deicke. DER STEINERNEBRUNNEN. Slowakische Erzählungen. Herausgabe und Nachwort Ludwig Richter. Leipzig: Philipp Reclam jun. 1979. Biographische Notizen. Inhalt: Rudolf Jasik: Die Zeit der kupfernen Gesichter; Frantisek Svantner: Der Priester; Vladimir Minäc: Das Leben gehört den Lebenden; Alfonz Bednar: Der steinerne Brunnen; Jan Johanides: Der Unentschlossene; Ladislav Tazky: Ein unbekannter Soldat hat kein Grab; Peter Jaros: Unkraut; Ivan Habaj: Maria; Vincent Sikula: Mit Rozarka; Jozef Kot. Das große Los; Viera Svenkovä: Wände; Peter Karvas: Der alte Herr und der Frühling. Übersetzer: Gustav Just. Ilse Seehase, Anneliese Gladrow, Günther Jarosch, Ludwig Richter, Barbara Sudik. UNTER DUNKLEM HIMMEL. Erzählungen. Hg. von Dr. Jaromira Nejedlä und Dr. Libor Knezek. Aus dem Slowakischen übers, von Karl-Heinz Jahn, Gustav Just, Anneliese Gladrow, Günther Jarosch, Gertrude Albrecht. Berlin: Volk und Welt 1979 (Bibliothek des Sieges). Inhalt: Frantisek Svantner: Die Dame; Jan Bodenek: Nächtliches Verhör; Andrej Plävka: Für die Freiheit: Maria Topol'skä: Giftige Jahre; Milos Krno: Einsamkeit; Vladimir Minäc: Unter dunklem Himmel; Jan Beno: Die Brüder; Jozef Horäk: Der Schacht; Alfonz Bednar: Der steinere Brunnen. TSCHECHISCHE UND SLOWAKISCHE ERKUND UN GEN. Hg. und mit einem Nachwort versehen von Karl-Heinz Jahn. Berlin: Volk und Welt 1979. Inhalt: Ladislav Ballek: Die Südpost; Vlado Bednar: Ein Loch in die Welt; Andrej Chudoba: Der Schneesturm; Andrej Ferko: Der Nußbaum; Ivan Habaj: Der Mann mit den blauen Augen; Jan Johanides: Die Schöne und der Ausflug; Peter Jaros: Die Fähre; Dusan Mitana; Weihnachtliche Reise; Jozef Puskäs: Der Aufstieg des Meteorologen; Viera Svenkovä: Der Steinbrech; Jan Papp: Das grüne Dach gegenüber.

Einzelne Autoren Bednar, Alfons^ Stunden und Minuten. Aus dem Tschechischen [richtig: Slowakischen] übers, von Gustav Just. Berlin: Militärverlag 1974 (Reihe: Meridian).

Cbnoupek, Bobus Der General mit dem Löwen. Reportagen. Ausgewählt und mit einem Nachwort versehen von Manfred Jähnichen. Aus dem Slowakischen von Peter Lux. Berlin: Verlag Volk und Welt 1976. 15

Richtet, Literatur

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Inhalt : Die Slowaken in den Katakomben; Steh auf und geh; Der General mit dem Löwen; Der letzte Parlamentär; Über die Katjuschas; Koordinaten der Tapferen; In der Bucht des goldenen Trepang; Der Wert des Menschen; Ein lakonischer Brief; An der Wolga; Drei Werst bis zur Hölle; Stadt der Polarsterne; Tuloma; Der Stern des Pamir; Die Kapitäne vom verrückten Fluß; Jenseits des Flusses liegt die UdSSR; Wir, die erste kommunistische Brigade.

D^vonik, Emil Die verlorenen Augen. Aus dem Slowakischen von Gustav Just. Berlin-Weimar: Aufbau-Verlag 1979. Nachwort: Ludwig Richter.

Figuli, Margita Babylon. Historischer Roman. Deutsch von Bruno Liehm. Band 1.2. Berlin: Buchverlag Der Morgen 1968. 2. Aufl. 1969.

Grosman, Ladisiav Der Laden auf dem Korso. Novelle. Aus dem Tschechischen übertragen von Rudolf Iltis und Günter Deicke. Berlin: Verlag der Nation 1968 (Roman für alle. Bd. 171). Schlußbemerkung: Ludwig Richter.

Habaj, Ivan Unter dem Maulbeerbaum. Erzählungen. Aus dem Slowakischen von Barbara Zulkarnain. Berlin: Verlag Volk und Welt 1978. Inhalt: Spuren im Schnee; Blumen für diese Gelegenheit; Im Schatten des Maulbeerbaums ; Regenzeit; Die Reise nach Südwesten; Die Reise nach Nordosten; Die Hecke; Die zwei bei den Weichen; Hochsommer; Das Rätsel von Klemans Traum; Mal so, mal so; Wenn das Telefon klingelt; Graue, übers Land verstreute Punkte.

Hecko, Frantisek Das hölzerne Dorf. Roman. Dem Werk liegt eine Übersetzung von Olga Dargova zugrunde. Berlin: Verlag Volk und Welt 1955.

Jasik, Rudolf Die Toten singen nicht. Roman. Deutsch von Gustav Just. Berlin: Verlag Volk und Welt 1965. Die Toten singen nicht. Roman. Aus dem Slowakischen von Gustav Just. Berlin: Verlag der Nation 1977. (Gemeinschaftsausgabe mit dem Verlag Slovensky spisovatel', Bratislava.) Nachwort: Ludwig Richter. Die Liebenden vom St.-Elisabeth-Platz. Aus dem Slowakischen übertragen von Bruno Liehm. Mit einer Biographie. Berlin: Verlag der Nation 1961 (Roman für alle. Bd. 108/109). Die Liebenden vom St.-Elisabeth-Platz. Roman. Aus dem Slowakischen übertragen und mit einem Nachwort versehen von Bruno Liehm. Berlin: Verlag der Nation 1974. (Gemeinschaftsausgabe mit Verlag Slovensky spisovatel', Bratislava.)

Jesensky, Janko Tausch der Ehepartner und andere Humoresken. Aus dem Slowakischen von

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Gustav Just. Hg. und mit einem Nachwort versehen von Ludwig Richtcr. Mit Illustrationen von Hans Ticha. Berlin: Verlag der Nation 1974. Inhalt: Der Redakteur; Der Doktor; Pilze; Ein Unglücksrabe; Frau Rafikovä; Ein Pantoffelheld;Der Hund Taraj; Das Abendessen; Sklaven; Quadrille; Hauptmann Talapka; Tausch der Ehepartner; König David; Eine Akte, eine kleine Akte . . . ; Ausschußsitzung (Auszug aus dem Roman Demokraten); Wählt Liste 4 ! (Auszug aus dem Roman Demokraten)-, Um einer besseren Qualifikation willen; Zwei Bäten; Angst. Tausch der Ehepartner und andere Humoresken. Aus dem Slowakischen von Gustav Just. Hg. und mit einem Nachwort versehen von Ludwig Richter. Mit Illustrationen von Hans Ticha. Berlin: Verlag der Nation 1977 (Roman für alle. Bd. 225/226). [Gekürzte Neuausgabe.] Inhalt: Der Redakteur; Pilze; Der Hund Taraj; Das Abendessen; Sklaven; Hauptmann Talapka; Tausch der Ehepartner; König David; Eine Akte, eine kleine Akte . . .; Um einer besseren Qualifikation willen; Zwei Bären; Angst.

jilemnicky,

Veter

Der Wind dreht sich. Eine Chronik vom slowakischen Aufstand 1944. Berechtigte Ubersetzung von Dr. Günther Jarosch. Berlin: Aufbau-Verlag 1951. 2. Aufl. 1952. Der Wind dreht sich. Eine Chronik vom slowakischen Aufstand 1944. Berechtigte Übersetzung von Dr. Günther Jarosch. Berlin: Verlag Volk und Welt 1953. (Romanzeitung. 1953, 4). Der Wind dreht sich. Eine Chronik vom slowakischen Aufstand 1944. Mit einem Nachwort von Dr. Ilse Seehase. Berechtigte Übertragung von Dr. Günther Jarosch. Leipzig: Verlag Philipp Reclam jun. 1962 (Reclams Universalbibliothek, Bd. 9007/11). Der Wind dreht sich. Eine Chronik. Aus dem Slowakischen von Günther Jarosch. Berlin: Verlag Volk und Welt 1977 (Bibliothek des Sieges). Brachland. Ein slowakischer Roman. Nachwort von Louis Fürnberg. Berlin: Verlag Volk und Welt 1951. Ein Stück Zucker. Deutsch von Rudolf Pabel. Berlin: Verlag Volk und Welt 1952.

Kaliskj,

Roman

Das Vermächtnis der Gusta Boreckä. Kriminalerzählung. Ins Deutsche übers. Berlin: Verlag Das neue Berlin. (Blaulicht. 64.)

Karvas,

Peter

Menschen unserer Straße. Lustspiel in vier Bildern. Übers, und für die deutsche Bühne bearb. von Harry Riebauer. Als unverkäufliches Manuskript vervielfältigt. Berlin: Henschelverlag, Abt. Bühnenvertrieb 1952. Menschen unserer Straße. Lustspiel in vier Bildern. Aus dem Tschcch. übersetzt yon Harry Riebauer. Für die Dramatischen Zirkel bearbeitet und mit Regiehinweisen versehen von Egon Günther. Bühnenbild von Fritz Werner. Halle/S.: Mitteldeutscher Verlag 1953 (Dramatischer Zirkel). 15»

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Menschen unserer Straße. Neufassung. Lustspiel über den Anteil der Arbeit an der Vermenschlichung der Menschen. In vier Bildern. Deutsch von Frido Bunzl. Als unverkäufliches Manuskript vervielfältigt. Berlin: Henschelverlag, Abt. Bühnenvertrieb 1962. Antigone und die anderen. Deutsch von Frido Bunzl. Als unverkäufliches Manuskript vervielfältigt. Berlin: Henschelverlag, Abteilung Bühnenvertrieb 1952. Diplomaten. Komödie in drei Akten. Deutsch von Frido Bunzl. Als unverkäufliches Manuskript vervielfältigt. Berlin: Henschelverlag, Abteilung Bühnenvertrieb 1958. 2. Auflage 1960. Mitternachtsmesse. Drama mit Prolog in drei Akten (fünf Bildern). Deutsch von Frido Bunzl. Als unverkäufliches Manuskript vervielfältigt. Berlin: Henschelverlag, Abteilung Bühnenvertrieb 1960. Mitternachtsmesse. Drama mit Prolog in drei Akten (fünf Bildern). Deutsch von Frido Bunzl. Berlin: Henschelverlag 1961 (Zeitgenössische Dramatik). Teufeleien. Hg. von Dr. Günther Jarosch. Aus dem Slowakischen von Dr. Günther Jarosch und Frido Bunzl. Berlin: Eulenspiegel Verlag 1968. Inhalt: Über die Satire; Konfetti: Äußerst peinlich, Die angehaltene Zeit, Der Druckfehler; Romanzen und Tragödien: Bereichsleiter Barometer, Ein trauriger junger Mann, Der Riese ; Comics : Die Klienten des Abbé Richter, Leutnant Clifford und die heilige Anna, Eine Botschaft aus dem Weltall; In den Armen der Muse, Schriftsteller, Das Fernsehinterview, Der gesellschaftliche Aktionsradius, Aufstieg und Fall des Barnabas Kos.

Kot, Jozef Fieber und andere Erzählungen. Aus dem Slowakischen von Ilse Seehase. Hg. und mit einem Nachwort versehen von Ludwig Richter. Berlin : Verlag der Nation 1976. Inhalt: Die Tauben; Das große Los; Der Schreiber Simonides; Das Schloß; Alibi; Das Spukschloß; Begrüßung des Frühlings, Notstand, Fieber. Kr dl', F ratio Es tagt hinter den dunklen Wäldern. Übers, aus dem Tschechischen von Isabella Ogrisek. Berlin: Verlag Tribüne 1954. Ldnik, Jo%ef Was Dante nicht sah. Roman. Aus dem Slowakischen von Erich Mehnert. Berlin: Verlag der Nation 1967. 2. Aufl. 1968. Mindc, Vladimir Die lange Zeit des Wartens. Roman. Aus dem Slowakischen von Gustav Just. Berlin: Verlag der Nation 1977. In Zusammenarbeit mir dem Verlag Slovensky spisovatel', Bratislava. (Band 1 der Trilogie Eine Generation) Haß und Liebe. Roman. Aus dem Slowakischen von Gustav Just. Berlin: Verlag der Nation 1972. In Zusammenarbeit mit dem Verlag Slovensky spisovatel', Bratislava. (Band 2 der Trilogie Eine Generation).

228

Die Glocken läuten den Tag ein. Roman. Aus dem Slowakischen übertragen von Gustav Just. Mit einem Nachwort (zur gesamten Trilogie) von Dr. Ludwig Richter. Berlin: Verlag der Nation 1974. In Zusammenarbeit mit dem Verlag Slovensky spisovatel', Bratislava. (Band 3 der Trilogie Eine Generation).

Mnanko,

Ladislav

Der Tod heißt Engelchen. Ins Deutsche übertragen von Dr. Hans Gärtner. Illustrationen von Horst Bartsch. Berlin: Verlag Neues Leben 1962. Gemeinschaftsausgabe mit Artia Verlag Prag.

Novomesky,

Laco

Abgezählt an den Fingern der Türme. Gedichte. Aus dem Slowakischen. Hg. und mit einem Nachwort versehen von Manfred Jähnichen. Illustration von Gerhard Oschatz. Berlin: Verlag Volk und Welt 1971. Auswahl aus dem Gesamtschaffen. Nachdichtungen von Friedemann Berger, Wilhelm Tkaczyk, Annemarie Bostroem, Manfred Jähnichen, F . C. Weiskopf, Oskar Kosta, Lotte Elsnerovä, Paul Wiens. Erwägungen. Aufsätze zur Literatur. H g . und mit einer Vorbemerkung versehen von Karol Rosenbaum. Aus dem Slowakischen übers, von Ilse Seehase. Berlin: Verlag Volk und Welt 1977. Bibliographische und editorische Anmerkungen.

Sokol,

Stefan

Die Familienfeier. Aus dem Slowakischen von Gustav Just. Berlin: Henschelverlag, Abteilung Bühnenvertrieb 1977. Als unverkäufliches Manuskript vervielfältigt.

Svantner,

Frantisek

Die Dame und andere Erzählungen. Aus dem Slowakischen von Karl-Heinz Jähn Gustav Just, Ludwig Richter. Mit einer Nachbemerkung von Karl-Heinz Jähn. Berlin: Verlag Volk und Welt 1976. Inhalt: Die Dame; Der Bauer; Der Priester.

Tatarka,

Dominik

Korbsessel. Aus dem Slowakischen übers, von Anna Wagenknecht. Illustrationen von Ruth Kotsch. Berlin: Verlag Neues Leben 1965. Nachbemerkung: Manfred Jähnichen.

Volanskä,

Heia

Gift. Arztroman. Autorisierte Übers, von Dr. Günther Jarosch. Berlin: Buchverlag Der Morgen 1966.

Zamarovsky,

Vojtech

Auf den Spuren der Hethiter. Ein vergessenes Großreich wird entdeckt. Aus dem Tschechischen von Günter Müller. Leicht gekürzte Fassung. Mit 32 Schwarzweißtafeln, 28 Textzeichnungen u. einer Aufschlagkarte. Leipzig: Brockhaus 1965.

229

Am Anfang war Sumer. Ins Deutsche übers, von Dieter Lokys. Wissenschaftliche Bearbeitung: Kaspar Riemenschneider. Leipzig: Brockhaus 1968.

Zabradnik, Osvald Solo für Schlag(uhr). Aus dem Slowakischen von Gustav Just. Berlin: Henschelverlag, Abteilung Bühnenvertrieb 1974. Als unverkäufliches Manuskript vervielfältigt.

Zübek, Uudo Doktor Jessenius. Roman. Der unter der Redaktion von Bernhard v. RautenbergGarczynski hergestellte Text der Übersetzung wurde vom Verlag gekürzt. Berlin : Union-Verlag 1960. *Vgl. hierzu auch folgende bibliographischen Arbeiten: Heinz Pohrt: Literatur europäischer sozialistischer Länder in der DDR. Auswahlbibliographie. Slowakische Literatur. In: Literaturen europäischer sozialistischer Länder. Redaktion: Heinrich Olschowsky, Ludwig Richter. Berlin und Weimar : Aufbau-Verlag 1975, S. 530—535; Libor Knëzek: Slovenskâ literatüra v prekladoch 1945—1966 (Die slowakische Literatur in Übersetzungen 1945—1966). Martin: Matica slovenskâ 1970. Nicht berücksichtigt wird die ziemlich stark rezipierte slowakische Kinderund Jugendliteratur (Elena Cepcekovâ, Klara Jarunkovâ, Rudo Moric, Maria Râzusovâ-Martâkovâ u. a.), da sie nicht Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist. Der zeitliche Beginn vorliegendet Bibliographie erklärt sich aus der Tatsache, daß, erst seit Gründung der DDR eine intensive Rezeption der slowakischen Literatur eingesetzt hat. Davor wurden lediglich einzelne Werke von Peter Jilemnicky, Milo Urban, Jozef Ciger Hronsky und Krystina Royovâ übersetzt. Die Titel des Jahres 1979 wurden nach Auskünften der Verlage zusammengestellt, die sich eventuelle Änderungen vorbehalten.

Anmerkungen Zitate ohne deutschen Nachweis sind vom Verfasser übersetzt.

Abkürzungen Bakos Avantgarde 38

— M. Bakos: Avantargda 38. Studie, clänky, dokumenty (Avantgarde 38. Studien, Artikel, Dokumente). Bratislava 1969.

Clementis Publizistik 1/2

— ' V. Clementis: Vzduch nasich cias. Clänky, State, prejavy, polemiky (Atmosphäre unserer Zeit. Artikel, Aufsätze, Reden, Polemiken). Bd. 1 : 1922 bis 1934; Bd. 2 : 1934-1938. Hg. v. Zd. Holotikovä. Bratislava 1967.

Hviezdoslav Korrespondenz — Korespondencia P. O. Hviezdoslava so Svetozärom Hurbanom Vajanskym a Jozefom Skultetym (P. O. Hviezdoslavs Korrespondenz mit Svetozär Hurban Vajansky und Jozef Skultcty). Hg. v. St. Smatläk. Bratislava 1962. Jilemnicky Korrespondenz — P. Jilemnicky: Z korespondencie (Aus der Korrespondenz). Hg. v. B. Truhlär, Ol'ga Jilemnickä u. I. Kupec. Bratislava 1967. Literaturen

— Literaturen europäischer sozialistischer Länder. Universeller Charakter und nationale Eigenart sozialistischer Literatur. Hg. v. Heinrich Olschowsky, Ludwig Richter u. Gerhard Ziegengeist. BerlinWeimar 1975.

Novomesky Erwägungen

— L . Novomesky: ratur. Hg. v. K. — L . Novomesky: K . Rosenbaum.

Novomesky Publizistik 2/3/4/5

Erwägungen. Aufsatze zur LiteRosenbaum. Berlin 1977. Publicistika (Publizistik). Hg. v. Bd. 2 : Cestna povinnost'. Vyber

z politickych stati a clänkov 1933—1944 (Ehrenpflicht. Auswahl aus politischen Aufsätzen und Artikeln 1933-1944). Bratislava 1969. Bd. 3 : Manifest)' a protesty. Vyber zo stati a prispevkov o kultüre a umeni 1924—1937 (Manifeste und Proteste. Auswahl aus Aufsätzen und Beiträgen über Kultur und Kunst 1924-1937). Bratislava 1970. Bd. 4 : Slävnost' istoty. Vyber zo stati a prispevkov

231

o kultúre a umení 1938—1944 (Feierliche Gewißheit. Auswahl aus Aufsätzen und Beiträgen über Kultur und Kunst 1938-1944). Bratislava 1970. Bd. 5 : Zväzky a závazky. Vyber zo statí a clánkov 1945—1950 (Bindungen und Verpflichtungen. Auswahl aus Aufsätzen und Artikeln 1945—1950). Bratislava 1972. Ponican Memoiren

Ponican Publizistik

SLG 1/2/3/4/5

— J . Ponican :Búrlivámladost'. Spomienky I (1920 bis 1938 (Stürmische Jugend. Memoiren I 1920-1938). Bratislava 1975. — J. Ponican: V ohni a búrkach. Clánky, kritiky, glosy (Im Feuer und in Stürmen. Artikel, Kritiken, Glossen). Hg. v. L. Knézek. Bratislava 1961. — Dejiny slovenskej literatúry (Geschichte der slowakischen Literatur). Bd. 1: J . Misianik / J . Minárik / M. Michalcová / A. Melichercik: Dejiny starsej slovenskej literatúry (Geschichte der älteren slowakischen Literatur). Bratislava 1958. Bd. 2 : M. P i s ú t / K . R o s e n b a u m / V . Kochol: Literatura národného obrodenia (Literatur der nationalen Wiedergeburt). Bratislava 1960. Bd. 3 : O. Cepan/ I. Kusy / St. Smatlák / J. N o g e : Literatura druhej polovice devätnästeho storocia (Literatur der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts). Bratislava 1965. Bd. 4 : I. Kusy / St. Smatlák: Literatura na rozhraní 19. a. 20. storocia (Literatur an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert). Bratislava 1975. Bd. 5 : J. Noge / K. Rosenbaum / M. Tomcik / O. Cepan / Zd. Kasác / St. Smatlák: Manuskriptteile zur Periode 1918-1945.

1 A . Mraz: Die slovakische Literaturwissenschaft in der Nachkriegszeit. In: Zeitschrift für slavische Philologie 14 (1937), S. 198-199. 2 Vgl. hierzu SLG 1, S. 8. Hier wird die Entwicklung der slowakischen Literatur bis zur nationalen Wiedergeburt wie folgt gegliedert: A. Die Epoche des Großmährischen Reiches — Altslawische Bildung (9.—Anfang des 10. Jahrhunderts); B. Die romanische und gotische Epoche — Die Herrschaft der lateinischen Kultur (10. —Anfang des 15. Jahrhunderts); C. Renaissance — Erster Widerhall bürgerlicher Ideologie (15.—Mitte des 17. Jahrhunderts); D. Barock — Literatur unter erneuter Festigung der Feudalbeziehungen (Mitte des 17. Jahrhunderts— um 1780). — Gegenstand der slowakischen Literatur „ist das gesamte literarische

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Schaffen, das von Angehörigen unseres nationalen Ganzen stammt und nicht nur in unserer, sondern auch in fremder Sprache, zu Hause oder im Ausland verfaßt ist, eventuell auch von Angehörigen anderer Nationen, wenn es in unsere Nationalkultur eingegliedert wurde" (ebenda, S. 7). Diese Definition der slowakischen Literatur zielt auf den Bilinguismus mehrerer slowakischer Autoren, auf ihre Eingliederung in die tschechische (z. B. Jan Kollär und P. J. Safärik) bzw. in die ungarische Literatur (M. Bei). Sie trägt ferner der Tatsache Rechnung, daß auch in ausländischen Emigrationszentren ein beträchtliches Schrifttum entstanden ist und daß mehrere Autoren tschechischer Herkunft so mit dem slowakischen Milieu verwurzelt sind, daß sie nahtlos in die slowakische Literatur integriert wurden (z. B. P. Jilemnicky). 3 Vgl. hierzu den Studienband: K pociatkom slovenskeho närodneho obrodenia (Zu den Anfängen der slowakischen nationalen Wiedergeburt). Hg. v. J. Tibensky. Bratislava 1964; so wieden Dokumentenband: Bernoläkovske polemiky (Polemiken um Bernoläk). Hg. v. I. Kotvan. Bratislava 1966. 4 Zum Begriff „nationale Wiedergeburt" vgl. K. Rosenbaum: Poezia närodneho obrodenia (Die Poesie der nationalen Wiedergeburt). Bratislava 1970, S. 5—6. 5 L\ Stur: Hlas k rodäkom (Stimme an die Landsleute). In: Orol tatränsky 1 (1845 6-7), S. 1. 6 K. Kuzmäny: Ladislav. In: Hronka 3 (1838) 1, S. 45. 7 L. Novomesky: Der Auftrag des Schriftstellers in der Nation. In: Novomesky Erwägungen, S. 151—152. 8 Über das Verhältnis von „natio Hungarica" und „natio Magyarica" im Vormärz vgl.: J. Mesäros: Magyaren und Slowaken. Zur Frage des Panslawismus in der Vormärzzeit. In: L'udovit Stur und die Idee der slawischen Wechselseitigkeit. Hg. v. L'. Holotik. Bratislava 1969, S. 187—216; die Verteidigungsschriften sind zugänglich in den beiden Dokumentenbänden: O rec a närod. Slovenske närodne obrany z rokov 1832—1848 (Um Sprache und Nation. Slowakische Verteidigungsschriften aus den Jahren 1832—1848). Hg. v. J. V. Ormis. Bratislava 1973; sowie: Chväly a obrany slovenskeho näroda (Lob-und Verteidigungsschriften der slowakischen Nation). Hg. v . J . Tibensky. Bratislava 1965. 9 Auf die slowakische nationale Wiedergeburt wirkten Herders Ideen zur Entwicklung der Menschheit, sein Humanitätsverständnis, seine Auffassung von der Nation und der Rolle der Sprache für ihre Konstituierung sowie schließlich sein Verhältnis zur Volksdichtung. Vgl. hierzu K. Rosenbaum: Herder und die slowakische nationale Wiedergeburt. In: Johann Gottfried Herder. Zur HerderRezeption in Ost- und Südosteuropa. Hg. v. Gerhard Ziegengeist, Helmut Graßhoff, Ulf Lehmann. Berlin 1978, S. 92-106; ferner vgl. dazu K. Rosenbaum : Zur Funktion slowakisch-deutscher Literaturbeziehungen in der slowakischen Literaturentwicklung. In: Weimarer Beiträge 21 (1975) 2, S. 23—36. 10 Zur Rezeption von J. Kollärs SIdvy deera im deutschsprachigen Raum vgl. Manfred Jähnichen: Zwischen Diffamierung und Widerhall. Tschechische Poesie im deutschen Sprachgebiet 1815-1867. Berlin 1967, S. 27-31, 55-58, 96-97. 233

11 Dt. erschienen: 1. Aufl. Pesth 1837; 2. verb. Aufl. Leipzig 1844; textkrit. Ausg. v . M . Weingart. Praha 1929 ; vgl. hierzu auch K. Rosenbaum : Die Bedeutung der Idee der slawischen Wechselseitigkeit für die slowakische Literatur. In: L'udovít Stur und die slawische Wechselseitigkeit. Hg. v. L'. Holotik. Bratislava 1969, S. 51—56; M. Pisút: Die Slowaken und die Idee der slawischen Wechselseitigkeit in den Zwanziger- und Dreißigerjahren des 19. Jahrhunderts. In: ebenda, S. 11-26. 12 Paul Joseph Schaffarik: Geschichte der slawischen Sprache und Literatur nach allen Mundarten. Ofen 1826; Pawel Josef Safarjk: Starozitnosti. W Praze 1837. 13 J . Holly: Svatopluk. Trnava 1833; ders.: Cirillo-Methodiada. Budín 1835; vgl. hierzu: J . Ambrus: Die slawische Idee bei Jan Holly. In: L'udovít Stúr und die slawische Wechselseitigkeit. Hg. v. L'. Holotik. Bratislava 1969, S. 4 6 - 5 0 . 14 J. Kollár: Über die literarische Wechselseitigkeit zwischen den verschiedenen Stämmen und Mundarten der slawischen Nation. Pesth 1837, S. 7—8. 15 Ebenda, S. 8. 16 Vgl. S L G 2, S. 40-59, 146-169, 235-265. 17 L'. Stúr: O národnich písních a povéstech plemen slovanskych (Über Volkslieder und Volkssagen der slawischen Stämme). Praha 1853, S. 27. 18 V. Turcany: Rym v slovenskej poezii (Der Reim in der slowakischen Poesie). Bratislava 1975, S. 70ff. 19 J. Kalinciak: O literatúre a l'udoch (Über Literatur und Menschen). 2. Aufl. Bratislava 1965, S. 51. 20 Vgl. hierzu: M. Potemra: Bibliografía slovenskych novín a casopisov do roku 1918 (Bibliographie der slowakischen Zeitungen und Zeitschriften bis zum Jahre 1819). Martin 1958, S. 87, 99. 21 Zitiert nach M. Tomcík, Kritika v dejinách slovenskej literatúry. In: Slovenská kritika, zv. 1, Bratislava 1977, S. 13. 22 Listy L'udovíta Stüra (Briefe von L'udovít Stúr). Hg. v. J. Ambrus. Bd. 1. Bratislava 1954, S. 350. 23 L ' . Stúr: Prednásky o poésii slovanskej (Vorlesungen über slawische Poesie). In: Orol 6 (1875), S. 135-136. 24 J. M. Hurban: Slovensko a jeho zivot literárny (Die Slowakei und ihr literarisches Leben). Hg. v. R. Chmel. Martin 1972, S. 10. 25 Ebenda, S. 17. 26 Vgl. hierzu: Dejiny Slovenska 2. Od roku 1848 do roku 1900 (Geschichte der Slowakei 2. Vom Jahre 1848 bis zum Jahre 1900). Hg. v. J. Mésáros und anderen. Bratislava 1968, S. 31. 27 Listy L'udovíta Stúra (Briefe von L'udovít Stúr). Hg. v. J. Ambrus. Bd. 2. Bratislava 1956, S. 239-240. 28 Vgl. d. textkrit. Ausg. in dt. Originalfassung v. J . Jirásek. Bratislava 1931. 29 A. Sládkovic: Poézia (Poesie). Bratislava 1972, S. 212-214 (Zlaty fond). 30 Ebenda, S. 91.

234

31 32 33 34 35 36 37 38 39 40

J. Kral': Poézia (Poesié). Bratislava 1972, S. 101 (Zlaty fond). Ebenda, S. 259 Ebenda, S. 260. Ebenda, S. 193-196 Ebenda, S. 181. Vgl. St. Smatläk: 150 rokov slovenskej lyriky (150 Jahre slowakische Lyrik). Bratislava 1971, S. 7 4 - 8 0 . M. Rüfus: Bäsnik Janko Kral' (Der Dichter Janko Kral'). In: J. Kràl': Poézia (Poesie). Bratislava 1972, S. 10-11 (Zlaty fond). Vgl. SLG 2, S. 324-327. M. M. Hodza: Dobruo slovo Sloväkom, sücim na slovo (Ein gutes Wort an die Slowaken). Levoca 1847. (Faksimile-Neudruck: Martin 1970), S. 43. Vgl. J. Mésàrós : Stätoprävne snahy Sloväkov po burzoäznej revolücii (Die staatsrechtlichen Bestrebungen der Slowaken nach der bürgerlichen Revolution). In: Sloväci a ich närodny vyvin (Die Slowaken und ihre nationale Entwicklung). Hg. V. J. Mesäros. Bratislava 1966, S. 213-228.

41 Vgl. ebenda, S. 220. 42 Kràl' schrieb im Memorandums]ahr die Gedichte Slovo (Das Wort), Duma slovenskà (Slowakische Duma) sowie Krakoviaky dobrovol'nikovi (Krakowiaks der Freiwilligen), Slädkovic schrieb 1861 die Svätomartuuada (St. MaLtiniade); vgl. A. Slädkovic: Poézia (Poesie). Bratislava 1972, S. 414—454; sowie ein Jahr später das Gedicht Pamiatka pre den 4. augusta (Erinnerung an den 4. August); vgl. ebenda, S. 457-461 43 Vgl. hierzu den Studienband. Matica slovenskà v nasich dejinäch (Die Matica slovenskä in unserer Geschichte). Red. J. Mesäros, M. Kropiläk. Bratislava 1963. 44 Zit. nach SLG 3, S. 64. In der Druckfassung ist diese Passage nicht mehr vorhanden. Hier ist lediglich davon die Rede, die Literatur müsse „Reflex wie auch Motor des Nationalgeistes" sein. „Eine völlig vernachlässigte Nation hat keine Literatur: eine Nation ohne Literatur muß verkommen und verfallen. Das ist das Wechselve rhältnis zwischen Literatur und Leben." Vgl. J. MallyDusärov : Cim vlastne ma byt' nasa literatura? (Was eigentlich soll unsere Literatur sein?). In Priatel' skoly a literatüry 1 (1859) 2, S. 10. 45 Vgl. hierzu auch- Ludwig Richter: Nationalpolitischc Aspekte der konfessionell bestimmten Deutschland-Beziehungen des Slowaken Jozef Miloslav Hurban. In: Wissenschaftliche Zeitschrift der Humboldt-Universität zu Berlin. Ges.- und sprachwiss. Reihe 17 (1963) 2, S. 223-228 46 J. M. Hurban, Litcrärne üvahy (Literarische Betrachtungen). In: Närodnie noviny 1 (1870) 62, S. 2 47 A. Trüchly-Sytniansky : Kto som (Glösa) (Wer ich bin [Glosse]). In: Sokol 8 (1869) 7, S. 194. 48 Unter dieser Losung stand die Zeitschrift Orol, als A. Trühly-Sytniansky von 1871-1878 ihr Redakteur war 49 J. Zäborsky: Rozmluva o bäsnictve (Dialog über die Dichtkunst). In: Sokol 2 (1863) 23, S. 539-542.

235

50 Mit dem Verhältnis von Kunstliteratur und Trivialliteratur befaßt sich P. Liba, allerdings verwendet er den Begriff „populärna literatüra" (populäre Literatur); vgl. hierzu: F. Miko / P. Zajac/ A. Popovic und andere: Styl — komunikät — dielo (Stil — Kommunikat — Werk). In: SlavicaSlovaca 11 (1976) 2, S. 124-134. 51 Korespondencia Andreja Slädkovica (Briefwechsel Andrej Slädkovics). Hg. v . C. Kraus. Martin 1970, S. 136. 52 Ebenda, S. 131. 53 Ebenda, S. 98. 54 Ebenda, S. 100. 55 Ebenda, S. 129. 56 Ebenda, S. 293. 57 Ebenda, S. 299. 58 Ebenda, S. 214; vgl. zur Entwicklungsgeschichte des Dichters Andrej Slädkovic die Monographie: C. Kraus: Andrej Sladkovic. 2. verb. Aufl. Bratislava 1972. 59 Vgl. hierzu: D . Öurisin: Methodisch-theoretische Überlegungen zur vergleichenden Erforschung der slawischen Romantik. In: Zeitschrift für Slawistik 21 (1976) 4, S. 4 5 6 - 4 6 2 ; ferner die Beiträge von A. Matuska, St. Smatlak, M. Pisüt, C. Kraus, O. Cepan, V. Kochol, M. Dzubäkovä, K . Rosenbaum, J. Hvisc u. R. Chmel in: Litteraria. Bd. 16. Literärny romantizmus (Romantik). Bratislava 1974. 60 L \ Stür: Das Slawenthum und die Welt der Zukunft. Hg. v. J. Jiräsek. Bratislava 1931, S. 192, 194. 61 S. A. Nikitin: Die Adressaten des „Slawenthums und die Welt der Zukunft". In: L'udovit Stür und die slawische Wechselseitigkeit. Bratislava 1969, S. 417. 62 Vgl. hierzu u. a.: D . Durisin: Slovenskä realistickä poviedka a N . V. Gogol' (Die slowakische realistische Erzählung und N . V. Gogol'). Bratislava 1966: A. Cervendk: Vajansky a Turgenev (Vajansky und Turgenev). Bratislava 1968; A. Popovic: Ruskä literatüra na Slovensku v rokoch 1863—1875 (Die russische Literatur in der Slowakei in den Jahren 1863—1875). Bratislava 1961; S. Lesriäkova: Ccsty k realizmu. J. G. Tajovsky a ruskä literatüra (Wege zum Realismus. J. G. Tajovsky und die russische Literatur). Bratislava 1971; K . Rosenbaum: Literärne sprostredkovanie. Kapitola zo vzt'ahov k I. S. Turgenevovi Literarische Vermittlung. Ein Kapitel der Beziehungen zu I. S. Turgenev). In: Slavica Slovaca 2 (1967) 3, S. 238-246. 63 Korespondencia Svetozära Hurbana Vajanskeho Bd. 2 (Vyber listov z rokov 1890—1916) (Briefwechsel Svetozär Hurban Vajanskys Bd. 2 [Auswahl aus den Briefen der Jahre 1890-1916)]. Bratislava 1972, S. 64. 64 K . Kuzmäny: Ladislav. In: Hronka 3 (1838), S. 156-157. 65 L. Palärik: O vzäjomnosti slovanskej. Üvahy politickoliterärne (Über die slawische Wechselseitigkeit. Literaturpolitische Betrachtungen). In: Lipa 3 (1864), S. 292-293. 66 Vgl. M. Krajcovic: Slovenskä politika v strednej Euröpe 1890—1901 (Die slowakische Politik in Mitteleuropa 1890—1901). Bratislava 1971.

236

6 7 Korespondencia Svetozára Hurbana Vajanskcho B d . 2 (Vyber listov z rokov (1890—1916) (Briefwechsel Svetozár Hurban Vajanskys B d . 2 [Auswahl aus den Briefen der Jahre 1 8 9 0 - 1 9 1 6 ] ) . Bratislava 1972, S. 36. 6 8 J . K o l l á r : Über die literarische Wechselseitigkeit zwischen den verschiedenen Stämmen und Mundarten der slawischen Nation. Pesth 1837, S. 36. 6 9 L \ S t ú r : Dielo. Z v . 1 : Politické State a prejavy (Werke. Bd. 1 : Politische Artikel und Reden). H g . v. J . Ambrus. Bratislava 1954, S. 320. 70 V g l . dazu: Korespondencia Andreja Sládkovica. Martin 1970. S. 1 4 7 : „ N o c h immer erdulden wir Slowaken Beschimpfung und Unterdrückung nicht so sehr v o n gebürtigen Magyaren, als vielmehr von denen, die sich ihrer Herkunft schämen und sich ihrem Land verräterisch entgegenstellen." 71 Ebenda, S. 123. 72 Im Slowakischen

wird sehr bewußt zwischen uhorsky (ungarländisch) und

mad'arsky (magyarisch) unterschieden. Um diese Unterscheidung auch genau zu verdeutlichen, wird hier auch im Deutschen anstelle des heute gebräuchlicheren Wortes Ungar der Terminus Magyare verwandt, der stärker die ethnische Herkunft unterstreicht. 7 3 Vgl. G . K e m é n y : Ungarische liberale Politiker und die Slowaken. I n : L'udovit Stúr und die slawische Wechselseitigkeit. Bratislava 1969, S. 241—247. 7 4 Vgl. hierzu: Tradície a literárne vzt'ahy. Hagyományok és irodalmi kapcsolatok (Traditionen und Literaturbeziehungen). H g . v. M . Bakos. Bratislava 1 9 7 2 ; enthält auch eine Bibliographie zur Geschichte der slowakisch-ungarischen Beziehungen; Dejiny a národy (Geschichte und Nationen). H g . v. K . Rosenbaum u. L . Sziklay. Bratislava 1 9 6 5 ; R . Chmel: Literárne vzt'ahy slovensko-mad'arské. D o k u m e n t y z 19. a zo zaciatku 20. storocia (Slowakisch-ungarische Literaturbeziehungen. Dokumente aus dem 19. und vom Beginn des 20. Jahrhunderts). Bratislava 1973. 75 V g l . R . Chmel: Literatúry v kontaktoch. Stúdie o

slovensko-mad'arskych

literárnych vzt'ahoch. (Literaturen in Kontakten. Studien zu den slowakischungarischen Literaturbeziehungen). Bratislava 1972, S. 85. 76 Korespondencia Svetozára Hurbana Vajanského B d . 1 (Briefwechsel

von

Svetozár Hurban Vajansky Bd. 1). Hg. v. P. Petrus. Bratislava 1967, S. 3230. 77 W . I. L e n i n : Werke. B d . 23. Berlin 1957, S. 3 0 - 3 1 . 7 8 S . H . Vajansky: Literatura a národ, 1882 (Literatur und Nation, 1882). I n : S. H . Vajansky: State o slovenskej literatúre (Aufsätze zur slowakischen Literatur). Bratislava 1956, S. 36. 79 S. H. Vajansky: Slovenská kultúra, 1885 (Slowakische Kultur, 1885). I n : Ebenda, S. 33. 8 0 S. H . Vajansky: Literatura a zivot, 1886 (Literatur und Leben, 1886). I n : Ebenda, S. 39. 8 1 Ebenda, S. 4 5 . 8 2 S. H . Vajansky: Spevy Jána Bottu, 1880 ( D i e Gesänge des J á n Botto, 1880). I n : Ebenda, S. 356. 8 3 Kritické listy I. I n : O r o l 11 (1880) 1, S. 17.

237

84 Hviezdoslav Korrespondenz, S. 29. 85 Kriticke listy II. In: Orol 11 (1880) 2, S. 56. 86 J . Skultety: Memorandum a „Detvan" (Das Memorandum und „Detvan"). In: Närodnie noviny 33 (1902) 30 v . 13. 3 . 1 9 0 2 ; über Leben und Wirken von J . Skultety vgl. den Konferenzprotokollband: Jozef Skultety (1853—1948). Hg. v . M . Kocäk. Martin 1970. 87 Die Lumirovci strebten eine kreative Auseinandersetzung mit dem -weltliterarischen Prozeß an, den sie durch Übersetzungen auch breit erschlossen ; für Vajansky waren sie zuwenig national und auch zuwenig slawisch. 88 Brief J. Skultetys an L ' . Podjavorinskä vom 5 . 3 . 1 9 0 7 . Zit. nach SLG 3, S. 384. 89 Der vollständige Titel der Zeitschrift lautet: Hlas. Mesacnik pre Literatüru, Politiku a Otäzku sociälnu (Die Stimme. Monatsschrift für Literatur, Politik und die soziale Frage); sie erschien unter der Redaktion von P. Blaho und V. Srobär von 1898/99—1904 und verstand sich als Organ der bürgerlichen Demokraten und christlichen Sozialisten, verkörpert also das liberale bürgerliche Lager. Eine knappe Charakteristik der Zeitschrift befindet sich in: Bibliografia slovenskych novin a casopisov do roku 1918 (Bibliographie slowakischer Zeitschriften und Zeitungen bis zum Jahre 1918). Hg. v . M . Potemra. Mattin 1958, S. 46—47. Das Programm der Zeitschrift legt dar V. Srobär: Nase snahy (Unsere Bestrebungen). I n : Hlas 1 (1898/99) 1, S. 1 - 6 . 90 V. Srobär: Rez. zu: S. H. Vajansky: Kotlin (Der Kessel). Martin 1901. In: Hlas 4 (1901/02) 2 - 3 , S. 82. 91 Ebenda. 92 Timrava: Die Tapaks. In: Heimkehr und andere slowakische Erzählungen aus acht Jahrzehnten. Hg. v. R . Väpenik. Praha 1960, S. 6 7 - 1 0 2 . 93 V g l . Hviezdoslav Bd. 2. Bratislava 1973, S. 4 2 3 - 4 7 7 (Zlaty fond). 94 Vgl. ebenda, S. 4 4 3 - 4 4 4 . 95 Vajansky verwandte diesen Begriff mehrfach. Er ist Ausdruck seiner klassenindifferenten Volksauffassung. 96 Brief P. O. Hviezdoslavs an A . Prazäk v . 16. 9.1908. I n : A . Prazäk: S Hviezdoslavom (Mit Hviezdoslav). Bratislava 1955, S. 372. 97 Zit. nach: SLG 3, S. 662. 98 Brief P . O . Hviezdoslavs an J . Skultety v. 1 7 . 1 2 . 1 8 7 9 . In: Hviezdoslav Korrespondenz, S. 41. 99 Brief P. O. Hviezdoslavs an S. H. Vajansky v. 26. 4. 1883. In: Ebenda, S. 59. 100 Brief P. O. Hviezdoslavs an J. Skultety v . 10. 4. 1881. In: Ebenda, S. 47. 101 Brief P. O. Hviezdoslavs an J . Skultety v. 16. 7.1881. I n : Ebenda, S. 49. 102 Brief P. O. Hviezdoslavs an J . Skultety v . 10. 11. 1881. In: Ebenda, S. 50. 103 Brief P. O. Hviezdoslavs an S. H. Vajansky v. 24. 8.1898. In: Ebenda, S. 135. 104 Brief P. O. Hievzdoslavs an J. Skultety v . 16. 6. 1891. I n : Ebenda, S. 84. 105 Brief P. O. Hviezdoslavs an S. H. Vajansky v. 19.12. 1898. I n : Ebenda, S. 140. 106 Vgl. hierzu: J . Jesensky: Tausch der Ehepartner und andere Humoresken. Hg. v . L u d w i g Richter. Berlin 1974. 107 Hviezdoslav Bd. 2. Bratislava 1973. S. 1 0 3 - 1 3 1 (Zlaty fond).

238

108 Ebenda, S. 413. 109 Zur

Gesamtentwicklung

Hviezdoslavs vgl. insbesondere:

St.

Smatlák:

Hviezdoslav. Zrod a vyvin jeho lyriky (Hviezdoslav. Entstehung und Entwicklung seiner Lyrik). Bratislava 1961; St. Smatlák: Hviezdoslav. I n : S L G 4, S. 656—714; Hviezdoslav v kritike a spomienkach (Hviezdoslav in Kritik und Erinnerungen). Hg. v. St. Smatlák. Bratislava 1954. 110 J . M . Hurban: Svetielka do tmavych strán Slovenska (Licht in die dunklen Bereiche der Slowakei). I n : Sokol 3 (1864), S. 4 1 3 - 4 1 4 . 111 Brief Vajanskys an Hviezdoslav v. 19. 8 . 1 8 9 8 . I n : Hviezdoslav Korrespondenz, S. 1 3 3 - 1 3 4 . 112 Um die tatsächlichen Relationen damit aber nicht zu verwischen, sei betont, daß selbst die im Jahre 1906 erreichte Höchstzahl von sieben Abgeordneten bei fast fünfzig slowakischen Wahlkreisen natürlich verschwindend

gering

war. Vgl. hierzu: J . B u t v i n / J . Havránek: Dejiny Ceskoslovenska (Geschichte der Tschechoslowakei). Bd. 3. Praha 1968, S. 4 4 6 - 4 4 7 . 113 Vgl. hierzu die ins Detail gehende Monographie: J . B. Michl: Björnsterne Björnson a Slováci (Björnsterne Björnson und die Slowaken). Bratislava 1970, die ein ausführliches Resümee in deutscher Sprache enthält. 114 Der Journalist und Historiker Robert William Seton-Watson hat sich im Zusammenhang mit seinen Untersuchungen zur Nationalitätenpolitik in der k.u.k. Monarchie auch mehrfach zur slowakischen Frage geäußert. Während des ersten Weltkrieges hatte er Kontakt zu Masaryk und anderen Persönlichkeiten des tschechoslowakischen Widerstandes im Ausland. 115 Vgl. hierzu den von I. Kusy verfaßten Abschnitt: Casopisy a

koneepeie

(Zeitschriften und Konzeptionen). I n : S L G 4, S. 24—35. 116 Vgl. S. H. Vajansky: Chabé unizovanie (Schlaffe Erniedrigung). I n : Národnie noviny 35 (1904). 117 V. Srobár: Unizujeme? (Erniedrigen wir?). I n : Hlas 6 (1904). 118 Vgl. die in dt. Sprache vorliegende Erzählung: Maco Mliec. I n : Heimkehr und andere slowakische Erzählungen aus acht Jahrhunderten. Hg. v. R . Vápeník. Praha i960, S. 1 0 7 - 1 1 8 . 119 St. Smatlák untersucht in S L G 4, S. 95 die hlasistiscben Literaturvorstellungen und stellt eine „einseitige Akzentuierung der soziologischen Determiniertheit und eine unmittelbare Vernutzung der kulturbildenden Phänomene" wie auch eine „intelligenzfeindliche bzw. antisubjektivistische Bestrebung" fest, wodurch er sich Raum für eine ausgewogene Vajansky- und Krasko-Interpretation schafft. Auch Smatlák erkennt aber den kritischen Neuansatz, wie er sich in der Literaturkritik der Hlasisten, weniger in ihrem eigenen Schaffen äußert, an. 120 Vgl. V. Turcány: Dichter des Vaterlandes. Vortrag, gehalten anläßlich des Krasko-Jubiläums am 13. 10. 1976 im Kultur- und Informationszentrum der C S S R in Berlin. 121 Ebenda, S. 4 (Vortragsmanuskript). 122 Pravda v. 5. 10. 1976, S. 5.

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123 Die Gedichte sind in deutscher Fassung bisher noch nicht veröffentlicht worden. Die Nachdichtungen wurden zum Krasko-Jubiläum angefertigt und am 13.10. 1976 auf dem Krasko-Abend im Tschechoslowakischen Kulturund Informationszentrum in Berlin rezitiert. 124 S. H. Vajansky: Rez. zu: I. Krasko: Nox et Solitudo. In: S. H. Vajansky: State o slovenskej literatúre (Artikel zur slowakischen Literatur). Bratislava 1956, S. 520. 125 Zit. nach V. Turcány: Dichter des Vaterlands, S. 4 (Vortragsmanuskript). 126 Vgl. hierzu den Studienband: Ivan Krasko 1866—1976 (Ivan Krasko 1866-1976). Litteraria. Bd. 20/21. Bratislava 1978. 127 Vgl. M. Pisút: Symbolizmus a spolocenská angazovanost' v poézii Ivana Krasku (Symbolismus und gesellschaftliches Engagement in der Poesie Ivan Kraskos). In: Ebenda, S. 99-101. 128 M. Gáfrik: Poézia Slovenskej moderny (Die Poesie der slowakischen Moderne). Bratislava 1965, S. 187—188. — Gáfrik sieht zwischen Kraskos Sammlung Verse (Verse) und Dehmels Literaturkonzept eine große Affinität. Detaillierter hat K. Rosenbaum die Beziehungen Kraskos zu Dehmel untersucht in: Ivan Krasko a Richard Dehmel (Ivan Krasko und Richard Dehmel). In: Ivan Krasko 1866-1976 (Ivan Krasko 1866-1976). Litteraria. Bd. 20/21. Bratislava 1978, S. 164-170. 129 Richard Dehmel: Vól'a k cinu (Der Wille zur Tat). In: Prúdy 1 (1909-1910) 9—10, S. 239—243; Richard Dehmel; Príroda, Symbol a umenie (Natur, Symbol und Kunst). In: Slovenské pohl'ady 31 (1911), S. 745-752. 130 Im Krasko-Museum in Piest'any ist die Bibliothek Kraskos erhalten geblieben. Darin befinden sich Richard Dehmels Gesammelte Werke, Berlin 1909. Bd. 8 mit den ästhetischen Aufsätzen ist mit zahlreichen Randglossen versehen. 131 Richard Dehmel: Natur, Symbol und Kunst. In: Richard Dehmel: Gesammelte Werke, Bd. 8. Berlin 1909, S. 57-74. 132 Richard Dehmel: Kunst und Persönlichkeit. In: Ebenda, S. 159. 133 Richard Dehmel: Kunst und Volk. In: Ebenda, S. 192. 134 Ebenda, S. 193. 135 I. Krasko: Meine Lieder. Deutsche Nachdichtung von Annemarie Bostroem; bisher unveröffentlicht. Vgl. hierzu die Untersuchung der Nachdichtungen Manfred Jähnichen: Nové nemecké preklady Ivana Krasku (Neue deutsche Übersetzungen Ivan Kraskos). In: Romboid 12 (1977) 1, S. 59—64. 136 Vgl. I. Krasko: Jehovah. Deutsche Nachdichtung von Annemarie Bostroem; bisher unveröffentlicht. 137 Vgl. hierzu: Heinrich Olschowsky und Ludwig Richter: Nationalgeschichtliches Erbe — literarische Traditionen — sozialistisches Epochenverständnis. In: Literaturen, S. 23f. 138 Vgl. zu Krasko ferner St. Smatlák: Ivan Krasko (Ivan Krasko). Bratislava 1976; ferner das Krasko-Kapitel vom selben Verfasser in: SLG 4, S. 516—548; M. Gáfrik: Poézia Slovenskej moderny (Die Poesie der Slowakischen Moderne). Bratislava 1965, S. 132—203; M. Gáfrik besorgte auch die textkrit. Ausg.

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des Gesamtwerkes I. Kraskos: Suborné dielo Ivana Krasku (Poézia) (Gesaramelte Werke — Ivan Krasko [Poesie]). Bd. 1. Bratislava 1966. 139 Vgl. zum folgenden die materialerschließende Arbeit von St. Drug: Od robotnickej poézie k DAVu (Von der Arbeiterdichtung zur DAV-Bewegung). Bratislava 1976. 140 Mit der Obec wurde die slowakische Nation im Memorandum von Martin 1861 erstmals juristisch als besondere Struktureinheit innerhalb des ungarischen Staates fixiert. Vgl. hierzu: J. Mésâros: Statoprâvne snahy Slovâkov po burzoâznej revolùcii (Die staatsrechtlichen Bestrebungen der Slowaken nach der bürgerlichen Revolution). In: Slovâci a ich nàrodny vyvin (Die Slowaken und ihre nationale Entwicklung). Hg. v. J. Mésâros. Bratislava 1966, S. 213-228. 141 W. I. Lenin: Polnoe sobranie socinenij. 5. Ausg. Bd. 26. Moskva 1961, S. 75. 142 Nova doba. Organ robotnictva slovenského 3 (1899) 4 v. 1.7. 1899, S. 1. 143 Zit. nach St. Drug : Od robotnickej poézie k DA Vu (Von der Arbeiterdichtung zur DAV-Bewegung). Bratislava 1976, S. 52. 144 Vgl. S. 18-19 dieser Arbeit. 145 Brief F. Tupys an F. Houdek v. 28.5. 1897. In: M. Gosiorovsky: Dejiny slovenského robotnickeho hnutia 1848—1918 (Geschichte der slowakischen Arbeiterbewegung 1848-1918). Bratislava 1956, S. 326. 146 Ebenda. 147 Vgl. ebenda, S. 168ff. 148 Slovenské robotnicke noviny. Casopis hajici zajmy pracovného l'udu slovenského 1 (1904) 1 v. 1. 10.1904, S. 1. 149 Vgl. hierzu: Bulgarische marxistische Literaturtheorie und Literaturkritik 1891-1941. Hg. v. G. Dimow u. D. Witschew. Berlin 1978 (Literatur und Gesellschaft). 150 Robotnicke noviny. Slovensky orgân Sociâlnodemokratickej strany Uhorska 6 (1909) 15, S. 3. 151 Ebenda. 152 Slovenské robotnicke noviny 5 (1908) 5, S. 3. 153 Vgl. hierzu St. Drug: Od robotnickej poézie k DAVu (Von der Arbeiterdichtung zur DAV-Bewegung). Bratislava 1976, S. 80. 154 Robotnicke noviny 11 (1914) 14, S. 3. 155 So genannt nach der Zeitschrift Vrüdy (1909—1914). Über ihre Bestrebungen vgl. SLG 4, S. 34ff. 156 Kurzporträts dieser Arbeiterdichter finden sich bei St. Drug: Od robotnickej poeézi k DAVu (Von der Arbeiterdichtung zur DAV-Bewegung). Bratislava 1976, S. 67-74. 157 A. Hvizdâk: Robotnicke piesne (Arbeiterlieder). Praha 1911. 158 J. Skotek-Rackovsky : Sursum corda! In : Na svitani. Vyber z poézie robotnickych autorov (Morgendämmerung. Auswahl aus der Poesie von Arbeiterautoren). Hg. v. St. Drug. Bratislava 1962, S. 102-103. 159 Vgl. V. Kochol: Versové formy slovenskej robotnickej poézie (Versformen 16 Richter, Literatur

241

der slowakischen Arbeiterdichtung). In: Slovenská literatura 18 (1971) 5, S. 447-463. 160 Vgl. hierzu im einzelnen St. Drug: Od robotníckej poézie k DAVu (Von der Arbeiterdichtung zur DAV-Bewegung). Bratislava 1976, S. 67ff. 161 V. Clementis: Kapitoly o nás, 1923 (Kapitel über uns, 1923). In: Clementis Publizistik 1, S. 48. 162 St. Krcméry: Slovensko a jeho zivot literárny (Die Slowakei und ihr literarisches Leben). In: Slovenské pohl' ady 38 (1922) 1, S. 2. 163 V. Clementis: Kapitoly o nás, 1923 (Kapitel über uns, 1923). In: Clementis Publizistik 1, S. 48. 164 V. Clementis: In margine Jansákovho clánku Mladé Slovensko (In margine des Artikels von Jansák Die Zeitschrift Mladé Slovensko). In: Clementis Publizistik 1, S. 52. 165 Zur tschechischen Literatursituation nach der Wende von 1917/18 vgl. dt.: Manfred Jähnichen: Arbeiter einer neuen Schönheit. Tschechische proletarische Poesie. In: Literaturen, S. 106—147; Ilse Seehase: Blick in ein neues Land. Tschechische Reportagen über die Sowjetunion. In: Ebenda, S. 177— 210; Barbara Zietlow: Volksverbundenheit als Quelle revolutionären Bewußtseins. DiefrüheLeistung des sozialistischen tschechischen Romans. In: Ebenda» S. 218—244; St. Vlasin: Tschechische Literatur in den Klassenkämpfen der Zwischenkriegszeit. In: Funktion der Literatur. Berlin 1975. S. 213—219 St. Smatlák: Slowakische und tschechische proletarische Poesie. In: Zeitschrift für Slawistik 21 (1976) 4, S. 535-542. 166 Vgl. Gedichtzitat auf S. 44 dieser Arbeit; über den Widerhall der Oktoberrevolution auf die slowakische Literatur vgl. K. Rosenbaum: Vel'ky október a slovenská národná kultúra (Der Große Oktober und die slowakische Nationalkultur). In: Nove slovo 19 (1977) 37 u. 38, S. 1, 12 u. 12. 167 Robotnicke noviny 16 (1919) 6, S. 3. 168 Die folgenden Ausführungen stützen sich auf das Quellenmaterial, das in St. Drug: Od robotníckej poézie k DAVu (Von der Arbeiterdichtung zur DAV-Bewegung). Bratislava 1976 erschlossen worden ist. 169 1930 betrug der Anteil der Katholiken an der slowakischen Gesamtbevölkerung 71,6 Prozent. Vgl.: Statistische Übersicht der techoslovakischen Republik. Brünn 1930, S. 10. Andere Quellen geben sogar 84 Prozent an. 170 Spartakus 1 (1922) 12, S. 197. 171 Vgl. St. Drug: Od robotníckej poézie k DAVu (Von der Arbeiterdichtung zur DAV-Bewegung). Bratislava 1976, S. 117-118. 172 Ponican Memoiren. S. 131. 173 Spartakus 1 (1922) 7, S. 106. 174 Vgl. St. Drug: Od robotníckej poézie k DAVu (Von der Arbeiterdichtung zur DAV-Bewegung.) Bratislava 1976, S. 151. 175 Vgl. ebenda, S. 121, 143. 176 Vgl. ebenda, S. 129-139 (Porträt von Václav Chlumecky) sowie S. 139-140 (Porträt von Stefan Darul). 242

177 K. Galla: Nova generäcia (Die neue Generation). In: Mladc Slovensko 3 (1921) 3 - 4 , S. 64. 178 St. Krcmery: Ako möze l'udovychova prispiet' na Slovensku k sprävnemu chäpaniu stätnosti a k vecnemu rieseniu pomeru ceskoslovcnskeho? (Wie kann die Volkserziehung in der Slowakei zu einer richtigen Staatsauffassung und zur sachlichen Lösung des tschechisch-slowakischen Verhältnisses beitragen?). In: Slovenske pohl'ady 42 (1926) 6 - 8 , S. 485. 179 G. Vamos: Cuj närod näs drahy (Horch, unsere teure Nation). In: Svojet' 1 (1922) 1, S. 1 - 2 . 180 Zur Entwicklung der Zeitschrift Svojet' vgl. S. Siräcky: Svojetisti. Krätky prehl'ad a ocenenie ich literärnej cinnosti (Die Vertreter der Zeitschrift Svojet'. Kurze Übersicht und Bewertung ihrer literarischen Tätigkeit). In: Mlade Slovensko 5 (1923) 7 - 8 , S. 167-171. 181 J. Smrek: Literärne glossy (Literarische Glossen). In: Sbornik mladej slovenskej literatüry (Sammelband der jungen slowakischen Literatur). Praha 1924, S. 229-331, 303. 182 Ebenda, S. 303. 183 Ebenda, S. 310. 184 I. Ponican: Sloväci a internacionalizmus, 1922 (Die Slowaken und der Internationalismus, 1922). In: Ponican Publizistik, S. 24. 185 Ebenda. 186 Ponican Memoiren, S. 35. 187 J. Ponican: Nieco o umeni (Etwas über die Kunst). In: Ponican Publizistik, S. 32. 188 Rob [d. i. J. Ponican]: Slovo tvoje nech je proste a jasnc (Möge dein Wort einfach und klar sein). In: Pravda chudoby 5 (1924) 102 v. 24. 8. 1924, S. 6 (auf der Kulturseite Proletärska nedel'a). 189 A. Matuska: Portrety slovenskych spisovatel'ov, 1934 (Slowakische Schriftstellerporträts, 1934). In: A. Matuska: Za a proti (Für und Wider). Bratislava 1975, S. 90. 190 E. Urx: Umenie a Proletariat, 1924 (Kunst und Proletariat, 1924). In: E. U r x : Bäsnik v zästupe. Vyber z literärneho diela (Der Dichter in der Masse. Auswahl aus dem literarischen Werk). Hg. v. St. Drug. Bratislava 1961, S. 20. 191 E. Urx: Umenie a „umenie". Niekol'ko poznämok o proletärskej poezii, 1924 (Kunst und „Kunst". Einige Bemerkungen über die proletarische Poesie, 1924). In: Ebenda, S. 21. 192 Ebenda, S. 23. 193 Ebenda. 194 Ebenda. 195 DAV 1 (1924) 1, Umschlagseite. 196 Ebenda. 197 Ebenda. 198 A. Kostolny: Rozhovor o slovenskej literatüre (Gespräch über die slowakische Literatur). In: Slovenske pohl'ady 42 (1926) 5, S. 303. 16'

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199 Na cestu (Geleitwort). l a : Kultúra. Casopis slovenskej inteligencie 1 (1926) 1, S. 1. — Herausgegeben wurde diese Zeitschrift vom Spolok Sv. Vojtecha (Sc.-Adalbert-Verein) Trnava. Ihr Profil ist traditionalistisch geprägt: „Wie gehen den geraden Weg, den unsere Vorfahren gegangen sind. Und diesen Weg wollen wir festigen durch Wissenschaft, Kultur, durch Überzeugüngsarbeit, damit ihn kein Gewitter, keine Lawine von Fortschrittlern zerstören kann." 200 Ebenda. 201 Zit. nach: St. Drug: Od robotníckej poézie k DAVu. (Von der Arbeiterdichtung zur DAV-Bewegung.) Bratislava 1976, S. 164. 202 Zit. nach: DAV. Spoinienky a stúdie (DAV. Erinnerungen und Studien). Bratislava 1965, S. 30. 203 St. Krcmáry: Havlíckovo jubileum (Das Havlicek-Jubiläum). In: Slovenské pohl'ady 33 (1922) 1, S. 50. 204 L. Novomesky: Slovensko — DAV — komunizmus (Slowakei — DAV — Kommunismus). In: DAV. Spomienky a stúdie (DAV. Erinnerungen und Studien). Bratislava 1955, S. 267. 205 V. Clementis: K národnostnej otázke, 1924 (Zum Nationalitätenproblem, 1924). In: Clementis Publizistik 1, S. 59. 206 Zuc Haltung der KPC in der slowakischen nationalen Frage vgl.: G. Husák: Der Slowakische Nationalaufstand. Berlin 1972, S. 141ff.; hier finden sich auch zahlreiche Belege aus den Dokumenten des I. (1923), II. (1924), V. (1929) und VI. (1931) Parteitages der KPC sowie des V. Kongresses der Kommunistischen Internationale. 207 V. Clementis: DAV a jeho kritici, 1925 (DAV und seine Kritiker, 1925). In: Clementis Publizistik 1, S. 84. 208 DAV 1 (1924) 1, S. 9 (Weiskopf), S. 25 (Hora) und S. 50 (Kassák). 209 V. Clementis: K národnostnej otázke (Zum Nationalitätenproblem). In: Clementis Publizistik 1, S. 59—60. 210 V. Clementis: Neostúrizmus a ceská burzoázia, 1925 (Der Neostúrismus und die tschechische Bourgeoisie, 1925). In: Ebenda, S. 87. 211 Vgl. St. Smatlák: Tvorba programu slovenskej proletárskej literatúry. (Zur Programmbildung der slowakischen proletarischen Literatur). In: Slovenská literatura 24 (1977) 2, S. 129-148. 212 L. Novomesky: „Vatra", literárny a umelecky a casopis, 1924 („Vatra", eine literarische und künstlerische Zeitschrift, 1924). In: Novomesky Publizistik 3, S. 9. 213 L. Novomesky: Kultúrna Bratislava. 1925 (Das kulturelle Bratislava, 1925). In: Novomesky Publizistik 3, S. 39. 214 E. Urx: Bedrich Václavek in Bedrängnissen. In: Von der Verantwortung der Kunst. Dokumente zur tschechischen sozialistischen Literaturprogrammatik 1918-1933. Hg. v. Ilse Seehase. Berlin 1976, S. 5 3 - 6 3 (Literatur und Gesellschaft). 215 V. Clementis: O tradicii a tradicionalistoch (Über Tradition und Traditiona-

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listen). In: Národní osvobození v. 10. 2. 1927. Hier sagt Clementis prononciert: „Wir schreien nicht: Weg von der Tradition!, sondern: Näher zum Leben und zum Heute, das voll neuer Probleme ist! Denn es gibt zweierlei Tradition: eine lebendige und eine tote!" L. Novomesky: Die heutige Situation und die Entwicklung der slowakischen Kultur. In: Novomesky Erwägungen, S. 47—63. V. Clementis: Cakáme od vás pochopenie násho zivota (Wir erwarten von euch Verständnis für unser Leben). In: Clementis Publizistik 2, S. 195. L. Novomesky: Dve tendencie vo vyvine socialistickej literatúry (Zwei Tendenzen in der Entwicklung der sozialistischen Literatur). In: L. Novomesky: O literatúre (Über Literatur). Hg. v. V. Sabik. Bratislava 1971, S. 109-110. K. Rosenbaum: Entwicklungsprobleme der slowakischen sozialistischen Literatur. In: Funktion der Literatur. Berlin 1975, S. 225 (Literatur und Gesellschaft). Vgl. St. Smatlák: Jan Ponican a proletárska poézia (Ján Ponican und die proletarische Poesie). In: St. Smatlák: Súcasnost' a literatura (Gegenwart und Literatur). Bratislava 1975, S. 236. Brief Jilemnickys an Edo Urx v. 1. 3. 1925. In: Jilemnicky Korrespondenz, S. 24. E. Urx: Na vlnách T. S. F., 1925 (Auf den Wellen von T. S. F., 1925). In E. Urx.: Básnik v zástupe. Vyber z literárneho diela. (Der Dichter in der Masse. Auswahl aus dem literarischen Werk). Hg. v. St. Drug. Bratislava 1961, S. 140. D. Okáli: Umenie, 1925 (Kunst, 1925). In: D. Okáli: Vyboje a súboje (Gefechte und Eroberungen). Bratislava 1973, S. 18. P. Jilemnicky: Vit'azny päd (Der siegreiche Fall). Bratislava 1959, S. 11; zu den nachfolgenden Ausführungen über Jilemnicky vgl. die umfassendere Studie: Ludwig Richter: Epische Struktur und revolutionäre Praxis. Peter Jilemnickys Stellung in der slowakischen sozialistischen Literatur. In: Literaturen, S. 271-306. M. Kukucin: Die scheckige Färse. In: Heimkehr und andere slowakische Erzählungen aus acht Jahrhunderten. Praha i960, S. 19—65. M. Urban: Die lebende Peitsche. Berlin 1931. Jilemnicky Korrespondenz, S. 51. Ebenda. S. M. Tretjakow: Fortsetzung folgt. In: S. M. Tretjakow: Lyrik, Dramatik, Prosa. Hg. v. Fritz Mierau. Leipzig 1972, S. 215. Jilemnicky Korrespondenz, S. 46. Vgl. ebenda, S. 4 9 - 5 0 . Vgl. Anketa: O kultúrnej orientácii Slovenska (Umfrage: Über die kulturelle Orientierung der Slowakei). In: DAV 3 (1929) 1, S. 3ff. - Sie umfaßte folgende vier Fragen: 1. Ist die Slowakei Ihrer Ansicht nach einer eigenständigen Entwicklung fähig, ohne sich an einem stärkeren kulturellen Ganzen zu orientieren? 2. Wie blicken Sie auf die Russophilie der Altslowaken und wie

245

ist Ihr Verhältnis zum heutigen Rußland? 3. Verfolgen Sie die Kulturverhältnisse in der UdSSR (Schulwesen, Literatur, Theater, Film, Wissenschaft usw.) und wie ist Ihr Verhältnis zu Ihnen? 4. Glauben Sie, daß die sowjetische Kultur den kulturellen Verhältnissen in der Slowakei eine Wiedergeburt bringen könnte? 233 Jilemnicky Korrespondenz, S. 81. 234 Vgl. Tvorba 3 (1930) 50 v. 2 4 . 1 2 . 1930. 235 Vgl. hierzu Barbara Zietlow: Volksverbundenheit als Quelle revolutionären Bewußtseins. I n : Literaturen, S. 218—244. 236 Jilemnicky Korrespondenz, S. 62. 237 Ebenda, S. 60. 238 Ponican Memoiren, S. 1 2 9 - 1 3 0 . 239 Ebenda, S . 124. 240 Ebenda, S . 318. 241 Jilemnicky Korrespondenz, S. 81. 242 E . Urx: Slovenskä poezia proletärska, 1924 (Slowakische proletarische Poesie, 1924). I n : E . Urx: BAsnik v zastupe. Vyber z literärneho diela. (Der Dichter in der Masse. Auswahl aus dem literarischen Werk). Hg. v. St. Drug. Bratislava 1961, S. 21, 80. 243 E . Urx: „Angara" medzi svojimi. Bäsnik a revolucnä realita („Angara" unter ihresgleichen.

Dichter

und revolutionäre

Realität).

I n : D A V 7 (1934)

3, S. 47. 244 L. Novomesky:

Odpoved' diskuterom, 1936 (Antwort an die Diskussions-

teilnehmer 1936). I n : Novomesky Publizistik 3, S. 249. 245 Vgl. St. Vlasin: Rözne koneepeie ceskej proletdrskej poezie (Verschiedene Konzeptionen der tschechischen proletarischen Poesie). I n : Geneza slovenskej socialistickej literatiiry (Zur Genesis der slowakischen sozialistischen Literatur). Bratislava 1972, S. 1 1 8 - 1 2 7 . 246 St. Smatläk: Slowakische und tschechische proletarische Poesie. Der Versuch eines typologischen Vergleichs. I n : Zeitschrift für Slawistik 21 (1976) 4, S. 536. 247 Zur Poesieauffassung J . Wolkers vgl. vor allem: Manfred Jähnichen: Arbeiter einer neuen Schönheit. I n : Literaturen, S. 126—135; ferner Ilse Seehase: Vorwort zu: J . Wolker: Ich wachse wie der helle Tag. Hg. v. Ilse Seehase. Leipzig 1971, S. 5 - 1 0 . 248 L. Novomesky: Wölket (1925). I n : Novomesky Erwägungen, S. 16. 249 Manfred Jähnichen: Nachwort zu: L. Novomesky: Abgezählt an den Fingern der Türme. Hg. v. Manfred Jähnichen. Berlin 1971, S. 97—105; K . Rosenbaum: Vorbemerkung zu: Novomesky Erwägungen, S. 5—11; vgl. slowak. vor allem: St. Smatlak: Bäsnik Laco Novomesky (Der Dichter Laco Novomesky). Bratislava 1967; sowie: Nenähodne stretnutia. Zbornik o diele Laca Novomeskeho v socialistickom svete (Nicht zufällige Begegnungen. Sammelband über das Werk Laco Novomeskys in der sozialistischen Welt). Martin 1974.

246

2 5 0 L . N o v o m e s k y : Sila L ' a v c h o f r o n t u , 1929 (Die Kraft dec L i n k s f r o n t , 1929). I n : N o v o m e s k y Publizistik 3, S. 70. 2 5 1 L . N o v o m e s k y : Valerij B r i u s o v ( V a l e r i j Brjusov 1924). I n : E b e n d a , S. 25—26. 252 E b e n d a , S. 27. 253 A n der tschechischen Zeitschrift U-blok arbeiteten slowakischerseits n e b e n J . Ponican auch P . J i l e m n i c k y u n d F. Kral' mit, d a in d e r S l o w a k e i nicht d i e V o r a u s s e t z u n g e n g e g e b e n w a r e n , speziell e i n e Zeitschrift f ü r sozialistischrealistische Literatur ( i m d a m a l i g e n Zeitverständnis) zu g r ü n d e n . 2 5 4 Ponican M e m o i r e n , S . 318. 2 5 5 S a l d ü v zápisník 6 ( 1 9 3 3 - 3 4 ) , S. 371. 256 V g l . L . N o v o m e s k y : O d p o v e d ' d i s k u t é r o m , 1936 ( A n t w o r t an d i e D i s k u s sionsteilnehmcr, 1936). I n : N o v o m e s k y Publizistik 3, S. 249. 2 5 7 L . N o v o m e s k y : Poetizmus, 1925 ( D e r Poetismus, 1925). I n : N o v o m e s k y Publizistik 3, S. 32. 258 K . T e i g e : P o e t i s m u s ( D e r Poetismus). Praha 1924. 2 5 9 M a n f r e d J ä h n i c h e n : N a c h w o r t z u : L . N o v o m e s k y : A b g e z ä h l t an d e n F i n g e r n der T ü r m e . H g . v . M a n f r e d J ä h n i c h e n . Berlin 1971, S . 101. 260 J u . V . B o g d a n o v : Laco N o v o m e s k i j . I n : Istorija slovackoj literatury. M o s k v a 1970, S. 385. 2 6 1 J i l c m n i c k y Korrespondenz, S . 102. 262 G . H u s á k : S p o m i e n k y o k o l o D A V u ( E r i n n e r u n g e n an d e n D A V ) . I n : D A V . S p o m i c n k y a Studie ( D A V . E r i n n e r u n g e n u n d Studien). Bratislava 1965, S. 416. 2 6 3 L . N o v o m e s k y : Poslanie literatury v sovietskom zivote, 1934 ( D i e M i s s i o n d e r Literatur i m sowjetischen Leben, 1934). I n : N o v o m e s k y Publizistik 3, S. 1 6 3 - 1 6 4 . 264 L . N o v o m e s k y : S o v i e t s k a literatura a sovietska verejnost', 1934 ( S o w j e t literatur u n d sowjetische Öffentlichkeit, 1934). I n : E b e n d a , S . 189. 2 6 5 V g l . diese S t u d i e n : Gestammelte Grabrede f ü r W l a d i m i r M a j a k o w s k i ( 1 9 3 0 ) ; „ D i e Z w ö l f " v o n A l e x a n d e r B l o c k ( 1 9 3 4 ) ; V o r e i n e m J a h r starb G o r k i ( 1 9 3 7 ) . I n : N o v o m e s k y E r w ä g u n g e n , S. 2 2 - 2 6 ; 3 1 - 3 8 ; 8 4 - 8 7 . 266 L . N o v o m e s k y : S o v i e t s k a literatura a sovietska verejnost', 1934 ( S o w j e t literatur u n d sowjetische Öffentlichkeit, 1934). In N o v o m e s k y Publizistik 3 , S . 179. 267 L . N o v o m e s k y : V o r e i n e m J a h r starb G o r k i (1937). I n : N o v o m e s k y E r w ä g u n g e n , S. 85. 268 L . N o v o m e s k y : Poslanie literatury v sovietskom zivote, 1934 ( D i e M i s s i o n der Literatur i m sowjetischen Leben, 1934). I n : N o v o m e s k y P u b l i z i s t i k 3, S . 162. 269 L . N o v o m e s k y : Sowjetliteratur u n d W e l t . I n : N o v o m e s k y E r w ä g u n g e n . S. 4 3 - 4 4 . 270 L . N o v o m e s k y : D i e h e u t i g e Situation u n d d i e E n t w i c k l u n g d e r s l o w a k i s c h e n K u l t u r . I n : Ebenda, S . 54. 271 V g l . h i e r z u : J ö r g K . H o e n s c h : D i e S l o w a k e i u n d Hitlers Ostpolitik. H l i n k a s

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slowakische Ostpolitik zwischen Autonomie und Separation 1938/39. Köln/ Graz 1965, S. 33—35 (Beiträge zur Geschichte Osteuropas. Bd. 4.) Über Inhalt und Wirkung dieses Manifestes vgl. L. Novomesky: Nad manifestami, 1934 (Über den Manifesten, 1934). In: Novomesky Publizistik 3, S. 189-193. Vgl. L. Novomesky: Kto ma zäsluhu o manifest?, 1934 (Wer hat sich um das Manifest verdient gemacht?, 1934). In: Novomesky Publizistik 3. S. 195. D. Chrobäk: Nemecki spisovatelia, 1933 (Deutsche Schriftsteller, 1933). In: D. Chrobäk: Cesta za umenim (Der Weg zur Kunst). Bratislava 1957, S. 121. Vgl. hierzu die von L. Knezek zusammengestellte Bibliographie des DAV: DAV, 2. Beil. Bratislava 1965. T. 3, S. 3-130. L. Novomesky: Zrusi sa karantena? 1935 (Wird die Quarantäne aufgelöst?, 1935). In: Novomesky Publizistik 3, S. 223. J. Smrek: Kongres spisovatel'ov? (Ein Schriftstellerkongreß?). In: Elan 6 (1935/36) 5, S. 1. E. B. Lukäc: Preco zvolävame kongres slovenskych spisovatel'ov? (Warum berufen wir einen slowakischen Schriftstellerkongreß ein?). In: Slovenske smery 3 (1935/36), S. 268-269. J. Ponican: Co prinesie zjazd? (Was wird der Kongreß bringen?). In: Slovenske smery 3 (1935/36), S. 270-271. Brief von M. Räzus an den Landesausschuß Brezno nad Hronom v. 25. 5. 1934. Auszugsweise abgedr. bei: Clementis Publizistik 2, S. 16—17. M. Räzus: Ku kongresu (Zum Kongreß). In: Elän 6 (1935/36) 9, S. 1. Elän 6 (1935/36) 6, S. 10. Vgl. DAV 3 (1929) Nr. 2, S. 31-32, Nr. 3, S. 47, Nr. 4 - 5 , S. 70-71, Nr. 6, S. 86, Nr. 7, S. 103, Nr. 8, S. 119. Über Ilja Ehrenburgs Verhältnis zur Slowakei und zu seinen engen Kontakten mit den Davisten, insbesondere mit Vladimir Clementis und Laco Novomesky, vgl. seine eigenen Rückerinnerungen: I. Erenburg: Vernost' srdcu a vernost' osudu (Treue zum Herzen und Treue zum Schicksal). In: DAV. Spomienky a stüdie (DAV. Erinnerungen und Studien). Bratislava 1965, S. 475—480; ferner: I. Erenburg: Laco Novomesky (1966). In: Nenähodne stretnutia (Nicht zufällige Begegnungen) Bratislava 1974, S. 1 3 - 2 1 . I. Ehrenburg: Privet Ilja Ehrenburga na kongrese (Begrüßungsansprache Ilja Ehrenburgs auf dem Kongreß). In: Elän 7 (1936/37) 10, S. 3. L. Novomesky: Die heutige Situation und die Entwicklung der slowakischen Kultur. In: Novomesky Erwägungen, S. 47—63; Ponicans Referat ist deutsch nicht zugänglich, nach eigenen Angaben hat er sich dabei auf das Buch von Lu Maerten: Wesen und Veränderungen der Formen-Künste gestützt; vgl.: Ponican Memoiren, S. 303. Vgl. L. Novomesky: Die heutige Situation und die Entwicklung der slowakischen Kultur. In: Novomesky Erwägungen, S. 52ff. Ebenda, S. 63.

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288 St. Meciar: Slovenskâ literatùra a tradicia (Slowakische Literatur und Tradition). In: Slovenské smery 3 (1935/36). S. 301. 289 Ebenda, S. 304. 290 Ebenda. 291 V. Clementis: Vzduch nasich cias, 1936 (Atmosphäre unserer Zeit, 1936). In: Clementis Publizistik 2, S. 191. 292 Ebenda. 293 V. Clementis: Bil'agovat', 1936 (Zunichtemachen, 1936). In: Clementis Publizistik 2, S. 204. 294 Zit. nach der Übersetzung von: Ludwig Richter in: Verteidigung der Menschheit. Hg. v. Edward Kowalski. Berlin 1975, S. 599. 295 A. Mrâz in seinem Diskussionsbeitrag auf dem Kongreß. 296 Vgl. hierzu: Ponican Memoiren, S. 293. 297 M. Urban: Co näm dal kongres slovenskych spisovatel'ov?, 1934 (Was hat uns der Slowakische Schriftstellerkongreß gebracht?, 1934). In: Elan 6 (1935/36) 10, S. 1. 298 Spanëlsko v nàs (Spanien in uns). Red. F. Nechvàtal. Olomouc 1937. 299 D A V 9 (1936) 10, S. 1. 300 L . Novomesky: Unter spanischen Schriftstellern (1936). In: Novomesky Erwägungen, S. 72. 301 Ebenda, S. 73, 78. 302 L . Novomesky: Riport o solidarité so Spanielskom (Report über die Solidarität mit Spanien) ; Spanielsko vas nepozyva, aie vyzyva (Spanien lädt euch nicht ein, sondern ruft euch) ; Spanielsky zàpas a feudalizmus (Der spanische Kampf und der Feudalismus); Spanielsko 1936-1938 (Spanien 1936-1389); Od Cerbère po Brunete (Von Cerbère bis Brunete). In: Novomesky Publizistik 2, S. 208ff. 303 L . Novomesky: Spanisches Land. Nachdichtung von Manfred Jähnichen. In: L . Novomesky: Abgezählt an den Fingern der Türme. Hg. v. Manfred Jähnichcn. Berlin 1971, S. 48. 304 L. Novomesky: Agitationslied. Nachdichtung von Annemarie Bostroem. In: Ebenda, S. 50. 305 Vgl. E . B. Lukäc: Goya. Zit. nach: Zächvevy (Erdbeben). Hg. v. K.Wlachovsky. Bratislava 1972, S. 36. 306 Ebenda. 307 Vgl. hierzu: Ludwig Richter: Dobroslav Clirobâk v kontexte slovenskej literatüry (Dobroslav Chrobäk im Kontext der slowakischen Literatur). In: Poézia Chrobâkovej prözy (Die Poesie der Prosa Chrobâks). H g . v. J . Stevcek. Bratislava 1977, S. 177-199. 308 Vgl. hierzu die Detailanalyse des Novellenzyklus bei: Ludwig Richter: Epische Struktur und revolutionäre Praxis. Peter Jilemnickys Stellung in der slowakischen sozialistischen Literatur. In : Literaturen, S. 302ff. 309 L'. Zübek: Literatùra a brannost' (Literatur und Verteidigungsbereitschaft). In: Slovensky hlas 1 (1938) Nr. 47 v. 30. 3. 1938, S. 9.

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310 Vgl. hierzu auch die Studien: Ludwig Richter: Bündnis und Poetik: Slowakische Literatur im antifaschistischen Widerstand. In: Literaturen, S. 359—387; Ludwig Richter: Entwicklungslinien der slowakischen antifaschistischen Literatur. In: Verteidigung der Menschheit. Berlin 1975, S. 598—619. 311 Die Interviews wurden alle am 26. 12. 1939 im Slowakischen Rundfunk gesendet und außerdem — bis auf das Novomesky-Interview — unter dem Titel Slovenskí spisovatelia o roku 1939 (Slowakische Schriftsteller über das Jaht 1939) in den Národnie noviny 70 (1938) 128 v. 30.12. 1939, S. 7 - 8 veröffentlicht. Die Zitate von Mráz, Figuli und Zguriska entstammen dieser Quelle. 312 Národnie noviny 71 (1940) 2 v. 13.1.1940, S. 7. 313 Zit. nach L. Novomesky: O roku 1939 (Über das Jahr 1939). In: Novomesky Publizistik 4, S. 222-223. 314 G. Husák: Der Slowakische Nationalaufstand. Berlin 1972, S. 15-28, Kap. 1: Der slowakische Staat. 315 Vgl. hierzu: L. Svoboda: Von Busuluk bis Prag. Berlin 1967. 316 Vgl. hierzu Hans Dtess: Slowakei und faschistische Neuordnung Europas 1939-1941. Berlin 1972; Jörg K. Hoensch: Die Slowakei und Hitlers Ostpolitik. Hlinkas Slowakische Volkspartei zwischen Autonomie und Separation 1938/39. Köln/Graz 1965. 317 T. J. Gaspar: Vel'ky rok (Das große Jahr). Türe. Sv. Martin 1939. 318 St. Polakovic: K základom slovenského státu. Filosofické esseje (Zu den Grundlagen des slowakischen Staates. Philosophische Essays). Türe. Sv. Martin 1939; St. Polakovic :Slovensky národny socializmus. Ideové poznámky (Der slowakische Nationalsozialismus. Ideelle Bemerkungen). Bratislava 1941. 319 Vgl. Hans Dress: Slowakei und faschistische Neuordnung Europas 1939 bis 1941. Berlin 1972, S. 132-153. 320 Slovák 11 (1940) 36, v. 8. 9. 1940, S. 5. 321 St. Meciat: „Organickä sila vzrastu" („Organische Wachstumskraft"). In: Slovenské pohl'ady 55 (1939) 3, S. 132. 322 St. Polakovic: Ideová zrada na národe (Der ideelle Verrat an der Nation). In: Slovenské pohl'ady 55 (1939) 8 - 9 , S. 479. 323 Kultúrna valuta (Kulturvaluta). In: Slovenské pohl'ady 55 (1939) 12, S. 736. 324 St. Polakovic: Pocit menejeennosti v národe (Der Minderwertigkeitskomplex in der Nation). In: Slovenské pohl'ady 56 (1940) 2 S. 88. 325 Vgl. hierzu: I. Ruzarkovsky / M. Vargová: Bibliografía „Slovenskychpohl'adov" 1939—1964 (Bibliographie der „Slovenské pohl'ady"). Martin 1968; sowie die kritische Auseinandersetzung mit der Periode von 1939—1944 bei A. Mráz: „Slovenské pohl'ady" veera a dnes (Die Zeitschrift „Slovenské pohl'ady" gestern und heute). In: Slovenské pohl'ady 61 (1945) 1—6, S. 2—11. 326 Vgl. ebenda: Bibliographie Nr. 1418-1424 sowie Nr. 1932-1939. 327 Vgl. hierzu K. Rosenbaum: Literárne casopisy a orgány slovenskej literatúry (Literarische Zeitschriften und Organe der slowakischen Literatur). In: SLG 5 (Manuskript). 328 Nové slovo. Literárny a kriticky mesaeník (Nové slovo. Literarische und

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kritische Monatsschrift). Es erschienen 1939/40 insgesamt 10 Hefte. Zum Redaktionskreis gehörte Rudolf Fabry. Vgl. M. Fedor: Bibliografia periodik na Slovensku v rokoch 1939—1944 (Bibliographie der Periodica in der Slowakei in den Jahren 1 9 3 9 - 1 9 4 4 ) . Martin 1969, S. 2 6 4 - 2 6 5 . 329 J . E . B o r : Tido J . Gaspar z profilu (Tido J . Gaspars Profil). I n : Slovenske pohl'ady 59 (1943) 3, S. 196. 330 Die Bezeichnung „Manifest der Schande" stammt von M . Chorväth. V g l . : Pravda v. 13. 10. 1944, S. 1 (Faksimile-Ausgabe Martin 1974); der Text ist wiedergegeben bei M. Chorväth:

Dokument ciernych dni (Ein Dokument

schwarzer Tage). In: Nove slovo v. 15. 10. 1944, S. 61 (Faksimile-Ausgabe Martin 1974). 331 St. Meciar: „Organickä sila vzrastu" („Organische Wachstumskraft"). I n : Slovenske pohl'ady 55 (1939) 3, S. 132. 332 Ebenda. 333 L'. Ondrejov: Fatälny omyl. Poznämky k takzvanej modernej poezii (Ein fataler Irrtum. Bemerkungen zur sogenannten modernen Poesie). I n : Elan 6 (1935/36) 6, S. 9. 334 Rakovina

mladej slovenskej poezie. O najnovsej literärnej möde (Krebs-

geschwür der jungen slowakischen Poesie. Über die neueste literarische Mode). I n : Slovak 19 (1937) 7 v. 10. 1. 1937, S. 9 ; zum slowakischen

Surrealismus

vgl. M. Fedor; Slovensky nadrealizmus. Anotovanä bibliografia (Der slowakische Surrealismus. Annotierte Bibliographie). Martin 1968, S. 245. 335 Ano a nie ( J a und Nein). In: Bakos Avantgarde 38, S. 181. 336 V. Reisel: Preco

nerozumiete modernej poezii? (Warum versteht ihr die

moderne Poesie nicht?). I n : Ebenda, S. 186. 337 R. Fabry: List priatel'ovi bäsnikovi (Brief an den Freund und Dichter). I n : Ebenda, S. 188. 338 Ano a nie ( J a und Nein). I n : Ebenda, S. 182. 339 V. Reisel: Nova poezia a verejnost' (Die neue Poesie und die Öffentlichkeit). In: Ebenda, S. 200. 340 St. Zäry / M. Povazan: Pred südom casu (Vor dem Gericht der Zeit). I n : Ebenda, S. 208. 341 V. Reisel: Poezia tohto casu (Poesie dieser Zeit). I n : Sloväk 24 v. 25. 6. 1942. Zit. nach: Ebenda, S. 65. 342 Dieses Gedicht

ist enthalten in: R. Fabry: Vodne hodiny hodiny piesoene

(Wasseruhren Sanduhren). Bratislava 1938, S. 94. 343 St. 2 a r y : Slovensky nadrealizmus a nadrealisti (Der slowakische Surrealismus und die Surrealisten). I n : Bakos Avantgarde 38, S . 209. 344 V. Clementis: Usmcrtiovane Slovensko (Gleichgeschaltete Slowakei). London 1942, S. 81. 345 Ebenda, S. 82. 346 J . K . Smälov: Surrealismus. Jeho vznik, podstata, kritika. (Der Surrealismus. Seine Entstehung, sein Wesen und seine Kritik). I n : Slovenske pohl'ady 55 (1939) 10, S. 569.

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347 J . K . Smálov: Je surrealizmus pocziou? V com je jeho podstata? (Ist der Surrealismus Poesie? Worin besteht sein Wesen?). In: Slovák 21 (1939) 98 v. 28.4.1939, S. 7. 348 V. Clementis: Odkazy z Londyna (Botschaften aus London). Bratislava 1947, S. 417. 349 M. Urban: Vyradené umenie 1 (Ausgeschaltete Kunst 1). In: Gardista 5 (1943) 113 v. 16.5. 1943, S. 4. 350 M. Urban: Este dva hlasy (Noch zwei Stimmen). In: Gardista 5 (1943) 127 v. 2. 6. 1943, S. 4. 351 Hroncan: O surrealizme a surrealistoch (Über Surrealismus und Surrealisten). In: Gardista 3 (1941) 18 v. 23. 1. 1941, S. 6. 352 Ebenda. 353 M. Urban: Vyradené umenie 3 (Ausgeschaltete Kunst 3). In: Gardista 5 (1943) 115 v. 19.5. 1943, S. 4. 354 Nachdichtung v. L. Elsnerová in: Das reine Wort. Anthologie der slowakischen Poesie. Prag [o. ].], S. 123. 355 M. Urban: Vyradené umenie 3 (Ausgeschaltete Kunst 3). In: Gardista 5 (1943) 115 v. 19. 5. 1943, S. 4. 356 Vgl.: Ocista v tlaci. „Elan", „ T v o r b a " a „Cirk. listy" zastavené. — Prestane ideologické mátozenie (Säuberung in der Presse. „Elan", „Tvorba" und ,,Cirk[evné] listy" eingestellt. — Die ideologische Verdunkelung hört auf). In: Slovák 24 (1944) 264 v. 19.11. 1944, S. 1. 357 Vgl. hierzu K . Rosenbaum: Literárne casopisy a orgány slovenskej literatúry (Literarische Zeitschriften und Organe der slowakischen Literatur). In: S L G 5 (Mscr.), ferner D. Okáli: Casopis „ T v o r b a " v obdobi druhej svetovej vojny (Die Zeitschrift „ T v o r b a " in der Periode des zweiten Weltkriegs). I n : Slovenská literatura 15 (1968) 1, S. 9 - 2 9 . 358 Zit. nach B. Kovác: Poézia Jána Smreka (Die Poesie Ján Smreks). Bratislava 1962, S. 9 0 - 9 1 . 359 J. Felix: Co nie je v slovniku (Was nicht im Schriftstellerlexikon steht). In: Romboid 12 (1977) 3, S. 7 2 - 7 3 . 360 V. Minác: Nach dreißig Jahren (Interview). In: Verteidigung der Menschheit. Hg. von Edward Kowalski. Berlin 1975, S. 591. 361 Mit dem ersten Wiener Schiedsspruch vom 2. 1. 1938 wurden LTngarn 12400 km 2 tschechoslowakischen Territoriums zugesprochen. 362 E . B. Lukác: Ars poética. In: E . B. Lukác: Bábel (Babel). Bratislava 1944. 363 E . B. Lukác: Abrakadabra. Nachdichtung v . L . Elsnerová. In: Das reine Wort. Anthologie der slowakischen Poesie. Prag [o. J.] S. 53. 364 Vgl. Elán 6 (1935/36) 6, S. 10. 365 Vgl.: Zd. Kasác: Slovenská poézia protifasistického odboja 1938—1945 (Slowakische Lyrik des antifaschistischen Widerstands). Bratislava 1974, S. 193—195. 366 J. K . Smálov: Skutocnost' v umeni. Kukucínové literárnoteoretické náhl'ady (Die Wirklichkeit in der Kunst. Kukucins literaturtheoretische Ansichten). In: Slovcnskc pohl'ady 55 (1939) 6 - 7 , S. 329.

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367 Milo Urban rozprava. Rozhovor kritika J. K. Smälova s autorom romänovej trilogie, präve dokoncenej (Milo Urban erzählt. Gespräch des Kritikers J . K. Sraälov mit dem Autor der gerade beendeten Trilogie). In: Elan 5 (1940) 7, S. 2 - 3 . 368 St. Meciar: Rez. zu M. Urban: Vosidlach(In der Schlinge). Türe. Sv. Martin 1940. In: Slovenske pohl'ady 56 (1940) 10, S. 599-603. 369 A. Matuska: J. C. Hronsky. Bratislava 1970, S. 206-207. 370 Unter diesem Titel erschien der Roman in dt. Übersetzung 1942 im Hohenstaufen-Verlag Stuttgart, der Originaltitel heißt lediglich Jo^ef Mak. 371 Zwei Episoden aus dem Roman, und zwar Ausscbußsit^ung sowie Wählt Liste 4, liegen dt. vor in: J. Jesensky: Tausch der Ehepartner und andere Humoresken. Hg. von Ludwig Richter. Berlin 1974, S. 228-252, 253-270. 372 Zit. nach: S L G 4, S. 426. 373 J. Jesensky: Angst. In: J. Jesensky: Tausch der Ehepartner und andere Humoresken. Hg. v. Ludwig Richter. Berlin 1974, S. 304. 374 Übersetzung von Ludwig Richter übernommen aus: Ludwig Richter: Bündnis und Poetik. Slowakische Literatur im antifaschistischen Widerstand. In: Literaturen, S. 368. 375 V. Clementis: Usmernovane Slovensko (Gleichgeschaltete Slowakei). London 1942. S. 82. 376 Der Spolok pre vedeckü syntezu (Verein für wissenschaftliche Synthese), Kurzbezeichnung Vedeckä synteza (Wissenschaftliche Synthese), trat für eine komplexe Zusammenarbeit der einzelnen Wissenschaftsbereiche ein und korrespondiert in dieser Hinsicht mit Bestrebungen des Wiener Kreises. Zugleich fühlte er sich der russischen formalen Schule und dem Prager linguistischen Zirkel verbunden. Vgl. Bakos Avantgarda 38, S. 213, hier auch weiterführende bibliographische Angaben. 377 V. Clementis: Vorwort zu: Hnev sväty. Zbierka z versov odbojneho Slovenska (Der heilige Zorn. Eine Sammlung von Versen aus dem Widerstand in der Slowakei). London 1944, S. 19; das Vorwort ist datiert: 14.3. 1944. 378 Ebenda, S. 13. 379 Ebenda, S. 19. 380 Ebenda, S. 19. 381 J. Felix: Sila a slabost' slova, 1942 (Stärke und Schwäche des Wortes, 1942). In: J . Felix: Harlekyn skloneny nad vodou (Über das Wasser geneigter Harlekin). Bratislava 1965, S. 172. 382 Ebenda, S. 169. 383 Zur Entwicklung der slowakischen lyrischen Prosa vgl. insbesondere: J . Stevcek: Lyrickä tvar slovenskej prözy (Das lyrische Antlitz der slowakischen Proia). Bratislava 1969; J . Stevcek: Lyrizovanä pröza (Lyrische Prosa). Bratislava 1973; O. Cepan: Kontüry naturizmu (Konturen des Naturismus). Bratislava 1977. Zu den Debatten um den Begriff „lyrische Prosa" vgl.: Ludwig Richter: Rez. zu: J. Stevcek: Lyrizovanä pröza (Lyrische Prosa). In: Referatedienst zur Literaturwissenschaft 8 (1976) 3, S. 411—412.

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384 J. S.: Svet hör u L'uda Ondrcjova (Die Bergwelt bei L'udo Ondrejov). In: Rozvoj. Casopis stredoskolskych studentov 19 (1942) 1, S. 46 (Interview). 385 Dve slovenske spisovatel'ky o sebe (Zwei slowakische Schriftstellerinnen über sich). Margita Figuli. In: Zivena 30 (1940) 1, S. 152. 386 Den Ausdruck verwendet V. Clementis: Usmernovane Slovensko (Gleichgeschaltete Slowakei). London 1942, S. 82. 387 J. Telgärsky: Rozhovor s Margitou Figuli (Interview mit Margita Figuli). In: Slovensko 12 (1947), S. 44-47. 388 M. G.: Dve otäzky Margite Figuli (Zwei Fragen an Margita Figuli). In: Kulturny zivot 18 (1963) 14 v. 6. 4. 1963, S. 11. 389 J. Priehradnik: Rozhovor s Dobioslavom Chrobäkom (Interview mit Dobroslav Chrobäk). In: Närodnie noviny 74 (1943) 115 v. 2. 12. 1943, S. 13. 390 Über den Entwicklungsweg von L\ Ondrejov vgl. die monographische Arbeit von Z. Klätik: Ondrejovov mytus o slobode (Ondrejovs Freiheitsmythos). Bratislava 1969. 391 Vgl. Brief Frantisek Svantners an den Redakteur der Slovenske pohl'ady v. 19.7.1945. In: Literärny archiv 1969. Martin 1970, S. 341. 392 F. Svantner: Die Dame und andere Erzählungen. Hg. v. Karl-Heinz Jahn. Berlin 1976. 393 Vgl. hierzu Zd. Kasäc: Slovenskä poezia protifasistickeho odboja 1938—1945 (Slowakische Lyrik des antifaschistischen Widerstands 1938—1945). Bratislava 1974. 394 Zit. nach G. Husäk: Der Slowakische Nationalaufstand. Berlin 1972, S. 19. 395 St. Polakovic: Idea svätoplukovskej koruny (Die Idee der Svätoplukskrone). In: Slovenske pohl'ady 56 (1940) 6 - 7 , S. 345. 396 Ebenda, S. 346. 397 St. Polakovic: Slovensky närodny socializmus, jeho nevyhnutel'nost' a räz (Der slowakische Nationalsozialismus, seine Unvermeidlichkeit und sein Charakter). In: Slovenske pohl'ady 56 (1940) 11, S. 618. 398 Zit. nach G. Husäk: Der Slowakische Nationalaufstand. Berlin 1972, S. 16. 399 St. Meciar: Z prejavu na martinskom cintorine dna 3. novembra 1940 (Auszug aus der Rede, gehalten am 3. November 1940 auf dem Friedhof in Martin). In: Slovenske pohl'ady 56 (1940) 10, S. 599. 400 A. Kment: L'udovit Stiir. In: Slovenske pohl'ady 56 (1940) 11, S. 664; daß sich Stanislav Meciar hinter dem Pseudonym Adam Kment verbirgt, konnte festgestellt werden in: D. Kormüth: Slovnik slovenskych pseudonymov 1919—1944 (Wörterbuch der slowakischen Pseudonyme 1919—1944). Martin 1974, S. 404. 401 Vgl. hierzu G. Husäk: Der Slowakische Nationalaufstand. Berlin 1972, S. 32ff. 402 Z. Nejedly / A. Fadejev: Jän Kollär. Tri projevy (Jan Kollär. Drei Vorträge). Praha 1952, S. 25. 403 Ebenda, S. 21. 404 L. Novomesky: Kto mä zäsluhu o manifest? (Wer hat sich um das Manifest verdient gemacht?). In: Novomesky Publizistik 3, S. 195.

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405 G . H u s ä k : D e r Slowakische Nationalaufstand. Berlin 1972, S. 28. 406 V g l . hierzu: M . F e d o r : Bibliografia periodik na Slovensku v rokoch 1 9 3 9 d o 1944 (Bibliographie der Periodica in der Slowakei in den Jahren 1939—1944). Martin 1969. 407 J . K r a l ' : Poezia (Poesie). Bratislava 1972. S. 4 3 5 - 4 3 6 (Zlaty f o n d ) . 408 A . Melichercik: Juraj Janosik. Hrdina protifeudälniho o d b o j e slovenskeho lidu (Juräj Janosik. Held des antifeudalen K a m p f e s des slowakischen Volkes). Praha 1956. 409 J . B o t t o : Poezia (Poesie). Bratislava 1975, S. 187 (Zlaty f o n d ) . ( S l o b o d a , sloboda, slobodienka m o ja / pre teba mne päni sibenice stroja!). 410 b. t. [ d . i . B. Truhlar]: J a n Ponican. I n : R o m b o i d 12 (1977) 6, S. 75 ( Z o slovnika slovenskej literattiry [ A u s dem Lexikon der slowakischen Literatur]). 411 M . Chorväth: Literarne dielo Jana Ponicana ( D a s literarische W e r k

Jan

Ponicans). Bratislava 1972, S. 103. 412 J . K . S m ä l o v : Rez. z u : M . Räzusovä-Martäkovä: Janosik. I n : Slovenske pohl'ady 57 (1941) 4, S. 2 7 0 - 2 7 4 . 413 V g l . Z. R a m p ä k : D r a m a , divadlo, spolocnost' (Drama, Theater, Gesellschaft). Bratislava 1976, S. 307. 414 Z d . K a s a c : Slovenskä poezia protifasistickeho odboja 1938—1945 (Slowakische Lyrik des antifaschistischen Widerstands 1938—1945). Bratislava 1974, S. 135bis 142. 415 D i e v o n Jiri H o r ä k und Karel Plicka herausgegebene Auswahl Zbojntcke

piesne slovenskebo l'udu {Räuberlieder des slowakischen Volkes) Bratislava 1965 enthält allein 705 Räuberlieder. 416 F . C. Weiskopf: V o r einem neuen T a g . I n : F. C. W e i s k o p f : Gesammelte Werke. Bd. 3. Berlin 1960, S. 236—474. In einem N a c h w o r t schildert der A u t o r Entstehung und Wirkung des Romans, der im Dezember 1941 in den U S A erschienen ist. 417 F . C. Weiskopf: Gedichte und Nachdichtungen. I n : F . C. W e i s k o p f : G e s a m melte Werke. B d . 5. Berlin i960, S. 7 2 - 7 3 . 418 Ebenda, S. 73. 419 S v . Svehläk: Prispevok k stüdiu partizänskych piesni na Slovensku ( E i n Beitrag zum Studium der Partisanenlieder in der Slowakei). I n :

Slovensky

närodopis 12 (1964) 3, S. 431—447; für den deutschen Leser sei vermerkt, d a ß sogar das Weihnachtslied Stille Nacbt, beilige Nacht zu einem K a m p f l i e d der Partisanen umfunktioniert wurde, vgl. hierzu: J . Michalek: K p ö v o d u partizänskej piesne „ T i c h ä noc, tmavä n o c " ( Z u r Herkunft des Partisanenliedes „Stille Nacht, dunkle N a c h t " ) . I n : Slovensky närodopis 12 (1964) 3, S . 454. 420 M . Povazan: S kym idete, majstri kultüry?, 1944 (Mit wem geht ihr, Meister der Kultur?, 1944). I n : M . Povazan: N o v y m i cestami. Kritiky, stüdie, prejavy (Auf neuen Wegen.

Kritiken, Studien, Vorträge). H g . v. M . B a k o s .

Bratislava 1963, S. 2 3 - 2 6 . 421 L . N o v o m e s k y : Co chcete od bäsnictva? (Was wollt ihr v o n der Poesie?). I n : N o v o m e s k y Publizistik 4, S. 220.

255

422 L. No vomesky : O tom mlcani (Über das Schweigen). In : No vomesky Publizistik 4, S. 245. 423 Ebenda, S. 244. 424 Über die Entstehungsgeschichte der Sammlung Z noci do usvitu (Aus"Nacht%um Liebt) vermerkt J. Brezina in: Poézia Frana Krâl'a a problémy slovenskej poetiky (Die Poesie Frano Krâl's und die Probleme der slowakischen Poetik). Bratislava 1968, S. 361, Anmerkung 1: „Drei Viertel der Lyriksammlung Aus Nacbt %um Liebt entstanden in den Jahren 1939—1940, ihr letztes Viertel (außer zwei Gedichten) schrieb der Autor in der Zeit des Slowakischen Nationalaufstandes vom Jahre 1944 und in den ersten Monaten nach der Befreiung. Sic erschien im Juni 1945 im Verlag Pravda in Bratislava, in zweiter Auflage im September des gleichen Jahres, in dritter Auflage im Januar 1946." 425 J. Brezina: Die Dichtung Frano Krâls' und ihr Platz in der Entwicklung der sozialistischen slowakischen Literatur. In: Zeitschrift für Slawistik 21 (1976) 5, S. 635. 426 J. Brezina: Poézia Frana Krâl'a a problémy slovenskej poetiky (Die Poesie Frano Krâl's und die Probleme der slowakischen Poetik). Bratislava 1968, S. 299-361. 427 Eine Nachdichtung befindet sich in: Das reine Wort. Anthologie der slowakischen Poesie. Praha [o. J.], S. 59—60. 428 Hinweise auf diesen Zusammenhang in: D. Okâli: K problematike prózy a poézie Frana Krâl'a (Zur Problematik von Frano Krâl's Prosa und Lyrik). In: Slovenské pohl'ady 89 (1973) 3, S. 28-34. 429 Vgl. Jilemnicky Korrespondenz, S. 110—129 (Briefe Jilemnickys an Kral', aus denen hervorgeht, daß Krâl' diese auch erwiderte). 430 Zd. Kasâc: Slovenskâ poézia protifasistického odboja 1939—1945 (Slowakische Lyrik des antifaschistischen Widerstands 1938—1945). Bratislava 1974, S. 97. 431 Vgl. die Übersetzung des gesamten Gedichts in: Das reine Wort. Anthologie der slowakischen Poesie. Prag [o. J.], S. 59—60. 432 Jilemnicky Korrespondenz, S. 118—119. 433 Vgl. J. Brezina: Die Dichtung Frano Krâl's und ihr Platz in der Entwicklung der sozialistischen slowakischen Literatur. In: Zeitschrift für Slawistik 21 (1976) 5, S. 635. 434 Übertr. v. Ludwig Richter, veröffentlicht im Prospekt für die Ausstellung „Der Slowakische Nationalaufstand in Literatur und Kunst". Martin 1975. 435 J. Krâl' : Zakliata panna vo Vâhu a divny Janko (Die verwunschene Jungfrau in der Waag und der seltsame Janko). In: J. Krâl': Poézia (Poesie). Bratislava 1972, S. 20-28 (Zlaty fond). 436 Vgl. M. Chorvâth: Literârne dielo Jana Ponicana (Das literarische Werk Jan Ponicans). Bratislava 1972, S. 67. 437 J. Ponican: Divny Janko (Der seltsame Janko). In: J. Ponican: Boje a lâska. Vyber z bâsni (Kämpfe und Liebe. Gedichtauswahl). Bratislava 1970, S. 131. 438 Ebenda, S. 137. 256

439 Ebenda, S. 140. 440 Ebenda, S. 128. 441 M. Chorväth: Literärne diclo Jana Ponicana (Das literarische Werk Jan Ponicans). Bratislava 1972, S. 58. 442 J. Ponican: Väzen (Der Häftling). In: J. Ponican: Sen na medzi (Traum an der Grenze). Tranoscius 1942. 443 Über die Auseinandersetzungen mit der Zensur haben sich Dokumente im Staatsarchiv Bratislava erhalten. Vgl. Zd. Kasäc: Slovenskä poezia protifasistickeho odboja 1938—1945 (Slowakische Lyrik des antifaschistischen Widerstands 1939-1945). Bratislava 1974, S. 133. 444 Vgl. S. 104 dieser Arbeit. 445 St. Meciar: Rez. zu L. Novomesky: Sväty za dedinou (Der Heilige hinterm Dorf). In: Slovenske pohl'ady 56 (1940) 2, S. 122. 446 L. Novomesky: Abgezählt an den Fingern der Türme. Hg. v. Manfred Jähnichen. Berlin 1971, S. 47. 447 L. Novomesky: Mit den Beinen nach oben. Nachdichtung v. Friedemann Berger, In: Ebenda. S. 53. 448 L. Novomesky: Traum. Nachdichtung v. Annemarie Bostroem. In: Ebenda, S. 51. 449 L. Novomesky: Mit geschmuggeltem Bleistift. Nachdichtung v. Wilhelm Tkaczyk. In: Ebenda, S. 63. 450 So heißt es im Motto zur Sammlung Der Heilige hinterm Dorf. Vgl. L. Novomesky: Bäsnicke dielo (Dichterisches Werk). Bd. 1. Bratislava 1971, S. 159. 451 L. Novomesky: Eine Birke in der Nacht. Nachdichtung v. Annemarie Bostroem. In: L. Novomesky: Abgezählt an den Fingern der Türme. Hg. v. Manfred Jähnichen. Berlin 1971, S. 64. 452 L. Novomesky: O tom mlcani (Über das Schweigen). In: Novomesky Publizistik 4, S. 244-245. 453 L. Novomesky: Unter spanischen Schriftstellern, 1937. In: Novomesky Erwägungen, S. 79. 454 Vgl. hierzu: G. Husäk: Der Slowakische Nationalaufstand. Berlin 1972. 455 Porträts dieser Dichter finden sich bei Zd. Kasäc: Slovenskä poezia protifasistickeho odboja 1938—1945 (Slowakische Lyrik des antifaschistischen Widerstands 1938-1945) Bratislava 1974, S. 62-65. 456 Übertr. v. Ludwig Richter in: Ludwig Richter: Entwicklungslinien der slowakischen antifaschistischen Literatur. In: Verteidigung der Menschheit. Hg. v. Edward Kowalski. Berlin 1975, S. 608-609. 457 Übertr. v. Ludwig Richter in: Ebenda, S. 586. 458 St. Smatläk: Der Slowakische Nationalaufstand — ein lebendiges Thema der slowakischen sozialistischen Poesie. In: Ebenda. 459 Dt. Übertr. v. Ludwig Richter in: Ebenda, S. 609. 460 G. Husäk: Der Slowakische Nationalaufstand. Berlin 1972, S. 293. 461 Ebenda, S. 302. 462 Ebenda, S. 296, 299-300. 17

Richter, Literatur

257

463 Ebenda, S. 297. 464 Ebenda, S. 293. 465 Vgl. ebenda, S. 298. 466 Ebenda, S. 351. 467 Pravda (1944) 10, v. 20. 9. 1944, S. 3 (Faksimile-Ausgabe Martin 1974). 468 Vgl. M. Fedor: Bibliografia periodik na Slovensku v rokoch 1939—1944 (Bibliographie der Periodica in der Slowakei in den Jahren 1939—1944). Martin 1969, S. 2 6 5 - 2 6 6 . 469 Pravda (1944) 27 v. 10. 10. 1944, S. 3 (Faksimile-Ausgabe Martin 1974). 470 Vgl. auch F. Matejov: Problémy kultüry v povstaleckom „Novom slove" (Probleme der Kultur in der während des Nationalaufstands erscheinenden Zeitschrift „Novc- slovo"). I n : Novc slovo 16 (1974) 38 v. 18. 9. 1974, S. 9. 471 Gustav Husàk in seinem programmatischen Artikel in: Novc slovo 1 (1944) 1 v. 24. 9. 1944, S. 2 (Faksimile-Ausgabe Martin 1974). 472 Ebenda. 473 L. Novomesky: Rozhovor (Interview). I n : Novomesky Publizistik 2, S. 381. 474 Ebenda ; L. Novomesky : Poucenie z poslednej krizy, 1948 (Die Lehren aus der letzten Krise 1948). I n : Novomesky Publizistik 5, S. 265. 475 M. Boucek: Leninskâ cesta revolücie v Cesköslovensku (Der Leninsche Weg der Revolution in der Tschechoslowakei). I n : Nové slovo 19 (1977) 39, Beilage S. 8. 476 Vgl. Alexander Tinschmidt u . a . : Der revolutionäre Umwälzungsprozeß in Mittel- und Siidostcuropa nach dem zweiten Weltkrieg. Zu neuen Diskussionen über Inhalt und Form des Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus. I n : Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 25 (1977) 5, S. 517—540. 477 Literarisches Leben in der D D R 1945—1960. Literaturkonzepte und Leseprogramme. Autorenkollektiv unter Leitung von Ingeborg

Münz-Koenen.

Berlin 1979. 478 St. Smatläk: Dreißig Jahre slowakische sozialistische Literaturentwicklung ( 1 9 4 5 - 1 9 7 5 ) . I n : Weimarer Beiträge 22 (1976) 10, S. 46. 479 vgl. S. 153 dieser Arbeit. 480 G. Husàk: Der Slowakische Nationalaufstand. Berlin 1972, S. 298. 481 K. Gottwald: Rede auf einer Funktionärskonferenz der Kommunistischen Partei der Slowakei in Kosice. In: K . Gottwald: Ausgewählte Reden und Schriften 1 9 4 5 - 1 9 5 2 . Berlin 1976. S. 343, 347. 482 Program vlädy Nàrodného frontu Cechov a Slovàkov (Programm der Regierung der Nationalen Front der Tschechen und Slowaken). Kosice 1945, S. 2 3 - 2 5 . 483 L. Gresik: Slovenskâ kultüra v revolücii (Slowakische

Kultur in der Re-

volution). Bratislava 1977, S. 61 ; vorher teilveröffentlicht im Studienband Kultüra a revolücia (Kultur und Revolution). Bratislava 1969. 484 D . Chrobäk; Slobodne dychat', 1945 (Frei atmen, 1945). I n : D . Chrobâk: Cesta za umenim (Wege zur Kunst). Bratislava 1957, S. 202.

258

485 V. Reisel: 1. maj kultúrnych pracovnikov. (Der 1. Mai der Kulturarbeitet) In: Pravda v. 1. 5. 1945, S. 1. 486 P. Karvas: Literarne perspektivy (Literarische Perspektiven). I n : Nové slovo 2 (1945) 11, S. 15. 487 M. K r n o : Slovenská literatura v odboji (Slowakische Literatur im Widerstand). I n : Ohñom a perom 1 (1945) 10, S. 3. 488 L. Novomesky: Poznámky k diskusii, 1945 (Bemerkungen zur Diskussion, 1945). I n : Novomesky Publizistik 5, S. 49. 489 L. Novomesky: Slovanské poslanie, 1945 (Die slawische Mission, 1945). I n : Ebenda, S. 22. 490 L. Novomesky: Nova náplñ slovanskej myslienky, 1947 (Der neue Inhalt des slawischen Gedankens, 1974). I n : Ebenda, S. 207. 491 Vgl. S. 96 dieser Arbeit. 492 L. Novomesky: Poznámky k diskusii, 1945 (Bemerkungen zur Diskussion, 1945). I n : Novomesky Publizistik 5, S. 4 7 - 4 8 . 493 L. Novomesky: Parízska skúsenost', 1946 (Pariser Erfahrung, 1946). I n : Ebenda, S. 168. 494 L . Novomesky: Slovanské poslanie, 1945 (Die slawische Mission, 1945). I n : Ebenda, S. 22. 495 L. Novomesky: Nova náplñ slovanskej myslienky, 1947 (Der neue Inhalt des slawischen Gedankens, 1947). I n : Ebenda, S. 209. 496 L. Novomesky: Na okraj nasej kultúrnej politiky, 1945 (Zu unserer Kulturpolitik, 1945). I n : Ebenda, S. 25. 497 Ebenda. 498 Ebenda, S. 26. 499 L. Novomesky: Inteligencia v rozpakoch, 1945 (Die Intelligenz in Verlegenheit, 1945). I n : Ebenda, S. 94. 500 L. Novomesky: Komunizmus v slovenskej národnej idei, 1946 (Der Kommunismus in der slowakischen nationalen Idee, 1946). I n : Ebenda, S. 149. 501 L. Novomesky: Na okraj nasej kultúrnej politiky, 1945 (Zu unserer Kulturpolitik, 1945). I n : Ebenda, S. 26. 502 L. Novomesky: Veda a umenie v spolocnosti, 1947 (Wissenschaft und Kunst in der Gesellschaft, 1947). I n : Ebenda, S. 202. 503 L. Novomesky: Der Künstler und das Heute, 1948. I n : Novomesky Erwägungen,

S. 164.

Es

ist

eine

Rückblende

auf

den I. Kongreß der

Künstler und Wissenschaftler, der vom 2 7 . - 2 8 . 8. 1945 in Banskd Bystrica stattfand. 504 L. Novomesky: Der Auftrag des Schriftstellers in der Nation. 1946. I n : Ebenda, S. 157. 505 L. Novomesky: K Prvému

kongresu umelcov a vedeckych pracovnikov,

1945 (An den I. Kongreß der Künstler und Wissenschaftler, 1945). I n : Novomesky Publizistik, S. 37. 506 Program vlády Národného frontu Cechov a Slovákov (Programm der Regierung der Nationalen Front der Tschechen und Slowaken). Kosice 1945, S. 25. 17«

259

507 O situácii anvatgardnej poézie. Rozhovor s básnikom Vladimírom Reiselom (Übet die Situation der avantgardistischen Poesie. Interview mit dem Dichter Vladimir Reisel). In: Pravda v. 5. 8. 1945, S. 6. 508 V. Reisel: Spisovatel' a dnesok (Der Schriftsteller und das Heute). In: Nové slovo 2 (1945), 6, S. 16. 509 V. Reisel: 1. máj kultúrnych pracovníkov (Der 1. Mai der Kulturarbeiter). In: Pravda v. 5. 1. 1945, S. 1. 510 V. Reisel: Spisovatel' a dnesok (Der Schriftsteller und das Heute). In: Nové slovo 2 (1945) 6, S. 16. 511 V. Reisel: Unwirkliche Stadt. In: Das reine Wort. Anthologie der slowakischen Poesie. Praha [o. J.j, S. 123. 512 J. Rak: Predjarie (Vorfrühling). In: Slovenské pohl'ady 62 (1946), S. 110-111. 513 Zit. nach: M. Bakos: Z letopisov slovenského nadrealizmu 1935—1948 (Aus den Annalen des slowakischen Surrealismus 1935—1948). In: Slovenské pohl'ady 80 (1964) 9, S. 81. 514 St. Smatlák: Dreißig Jahre slowakische sozialistische Literaturentwicklung (1945-1975). In: Weimarer Beiträge 22 (1976) 10, S. 48. 515 Über die Aktivitäten der Surrealisten vgl.: Bakos Avantgarde 38, S. 250ff. 516 Vgl. hierzu: M. Fedor: Slovensky nadrealizmus. Anotovaná bibliografía (Der slowakische Surrealismus. Annotierte Bibliographie). Martin 1968, S. 80ff. 517 Ebenda, S. 87. Kurzporträts der Surrealisten finden sich in der Zeitschrift Komboid unter der Rubrik: Zo slovníka slovenskej literatúry (Aus dem Lexikon der slowakischen Literatur), und zwar versehen mit Kommentaren der Porträtierten: Co nie je v slovniku (Was nicht im Lexikon steht). Vgl.: Romboid 11 (1976) 6, S. 67-70 (Vladimir Reisel). Romboid 12 (1977) 1, S. 71-75 (Ján Brezina): Heft 2. S. 68-73 (Rudolf Fabry) Heft 8. S. 74-78 (Stefan Záry): Heft 9, S. 71-74 (Pavel Buncák). 518 Nasi spisovatelia a umelei o svojej tvorbe. Rozhovor s básnikom Jánom Rakom (Unsere Schriftsteller und Künstler über ihr Schaffen. Interview mit dem Dichter Ján Rak). In: Kultúrny zivot 1 (1946) 9, S. 3. 519 Ebenda. 520 P. Buncák: K otázke dnesnej umeleckej tvorby (Zur Frage des heutigen Kunstschaffens). In: Nové slovo 2 (1945) 2. S. 14. 521 J. Lenko: Problém literárnej tvorby a slovenská prítomnost' literárna a kritická (Das Problem des literarischen Schaffens und die slowakische Gegenwart in Literatur und Kritik). In: Tvorba 6 (1947) 2-3, S. 20. 522 P. Buncák: Fantázia (Phantasie). In: Slovenské pohl'ady 62 (1946) 3—4, S. 136-137. 523 P. Buncák: Kongres nemeckych spisovatel'ov v Berline (Der deutsche Schriftstellerkongreß in Berlin). In: Slovenské pohl'ady 63 (1947) 11-12, S. 731-732. 524 Zit. nach: Bakos Avantgarde 38, S. 235. 525 Ebenda, S. 251. 526 J. Rak: Pomer dnesného básnika k mase (Das Verhältnis des heutigen Dichters zur Masse). In: Pravda v. 20. 5. 1945, S. 3.

260

527 P. Eluard: Poézia a pravda (Poesie und Wahrheit. Ins Slowakische übersetzt von V. Reisel). Bratislava 1946: T. Tzara: Zern na zemi (Erde auf Erden. Ins Slowakische übersetzt von P. Buncák). Bratislava 1948; außerdem gab St. 2áry in slowakischer Übersetzung eine Rimbaud-Ausgabe heraus (ebenfalls Bratislava 1948). 528 M. Povaäan: Zivy odkaz Janka Král'a (Das lebendige Vermächtnis des Janko Král'). In: Kultürny zivot 1 (1946) 9, S. 4; J. Brezina: Ivan Krasko. Literárnohistorická monografía (Ivan Krasko. Literarhistorische Monographie). Bratislava 1946; V. Reisel: Poézia Laca Novomeského. Rozbof básnickej ítruktúry (Die Lyrik Laco Novomeskys. Analyse der poetischen Struktur). Bratislava 1946. 529 Manifest slovenskych umelcov a vedeckych pracovnikov (Manifest der slowakischen Künstler und Wissenschaftler). In: R. Mrlian: Sborník z 1. sjazdu umelcov a vedeckych pracovnikov (Protokollband vom 1. Kongreß der Künstler und Wissenschaftler). Bratislava 1946, S. 136. 530 V. Reisel: Spivosatel' a dnesok (Der Schriftsteller und das Heute). In: Nové slovo 2 (1945) 6, S. 15. 531 J . Felix: O nové cesty prózy alebo problém 'anjelskych zemí' v nasej literatúre (Um neue Wege der Prosa oder das Problem der ,Engel-Länder' in unserer Literatur). In: Elan 16 (1946/47) 3 - 4 , S. 6 - 7 ; Nachdr. in: J. Felix: Harlekyn skloneny nad vodou (Über das Wasser geneigter Harlekin). Bratislava 1965, S. 174-185. 532 Ebenda, S. 181-182. 533 J. Felix: Odpoved' dvom prozaikom J. Bodenkovi a D. Tatarkovi (Antwort an die beiden Prosaiker J. Bodenek und D. Tatarka). In: Elan 16 (1946/47) 6, S. 9 - 1 0 . 534 I. Kusy: K problému slovenskej prózy (Zum Problem der slowakischen Prosa). In: Slovenské pohl'ady 63 (1947) 2 - 3 , S. 7 3 - 7 8 . 535 J. Felix: Harlekyn skloneny nad vodou (Über das Wasser geneigter Harlekin). Bratislava 1965, S. 183. 536 V. Mihálik: Súcasná slovenská próza v zrkadle kritiky (Die slowakische Prosa der Gegenwart im Spiegel der Kritik). In: Nová práca 3 (1947) 7—8, S. 3. 537 M. Povaáan: Niekol'ko poznámok k sporu medzi literárnou kritikou a slovenskymi prozaikmi (Einige Bemerkungen zum Streit zwischen der Literaturkritik und den slowakischen Prosaikern). In: M. Povazan: Novymi cestami. Kritiky, Studie, prejavy (Auf neuen Wegen. Kritiken, Studien, Vorträge). Hg. v. M. Bakos. Bratislava 1963, S. 327-328. 538 M. Urban hatte sich als Chefredakteur des Cardista kompromittiert, J. C. Hronsky emigrierte. 539 Von Jilemnicky erschienen Der siegreiche Fall (1945), Der Kompaß in uns (1945), Brachland (1946) und Ein Stück Zucker (1947), von Fraño Kral' Der verbarrikadierte Weg (1946). 540 Slowakischerseits hat insbesondere I. Kusy: Premeny povstaleckej prózy. Literárnohistorickc stúdié (Wandlungen der Aufstandsprosa. — Literarhisto-

261

rische Studien). Bratislava 19/4, S. 59—104 diese Periode aufgearbeitet; in der DDR hat sich Anneliese Gladrow: Entwicklungstendenzen der slowakischen sozialistischen Prosa (Der Roman über den Slowakischen Nationalaufstand von 1944). Phil. Diss. Berlin 1974, S. 30-86, näher mit diesem Gegenstand befaßt. 541 J. Barc-Ivan: Mal by sa ozvat' bäsnik (Der Dichter sollte sich zu Wort melden). In: Ndrodnie noviny. Organ Närodneho vyboru 75 (1944) 104 v. 1 . 9 . 1944,

s; 3.

542 Ebenda. 543 Z. Rampäk: Väriacie Jüliusa Barca-Ivana (Variationen des Julius Barc-Ivan). Bratislava 1973, S. 245. 544 St. Smatläk: Dreißig Jahre slowakische sozialistische Literaturentwicklung (1945-1975). In: Weimarer Beiträge 22 (1976) 10, S. 50. 545 D. Chrobäk: Monolog V (Monolog V). In: Slovenske pohl'ady 61 (1945) 7 - 1 0 , S. 198-203. 546 K. Rosenbaum: Rez. zu M. Figuli: Babylon (Babylon). Martin 1946. In: Slovenske pohl'ady 63 (1947) 1, S. 5 8 - 6 2 . 547 Vgl. K. Rosenbaum: Pöezia Rudolfa Fabryho (Rudolf Fabrys Lyrik). In: Slovenske pohl'ady 62 (1946) 9, S. 430. 548 Brief Svantners an den Redakteur der Slovenske pohl'ady v. 19. 7. 1945. In: Literärny archiv 1969 (Literaturarchiv 1969). Red. A. Mat'ovcik. Martin 1969, S. 341. 549 F. Svantner: Zivotnä a umeleckä skutoenost' (Lebensrealität und künstlerische Wirklichkeit). In: F. Svantner: Novely (Novellen). Bratislava 1976, S. 590-593. 550 Vgl. E. Svantnet: Die Dame und andere Erzählungen. Berlin 1976. 551 Vgl. Feuerzeichen. Erzählungen über den Slowakischen Nationalaufstand. Hg. v. Anneliese Gladrow u. Ludwig Richter unter Mitarbeit v. J. Medved'. Berlin 1969, S. 301-339. 552 Vgl. Ebenda, S. 368-380. 553 A. Matuska: Od vcerajska k dnesku (Vom Gestern zum Heute). Bratislava 1959, S. 24. 554 P. Jilemnicky: Der Wind dreht sich. Eine Chronik vom slowakischen Aufstand 1944. Berlin 1952, S. 275. 555 V. Plevza: Trvale hodnoty (Bleibende Werte). Bd. 2. Bratislava 1976, S. 112. 556 L. Novomesky: Je mozny pokojny vyvoj?, 1946 (Ist eine friedliche Entwicklung möglich?, 1946); sowie: Spät' k zäsadäm närodneho povstania, 1946 (Zurück zu den Grundsätzen des Nationalaufstandes, 1946). In: Novomesky Publizistik 5, S. 154-157, S. 157-160. 557 Vgl. J. Havlin: Cesta k rozvoju socialistickej kultüry a vzdelania v teskoslovensku (Der Weg zur Entwicklung der sozialistischen Kultur und Bildung in der Tschechoslowakei). In: Pravda 58 (1977) 308 A v. 30. 12. 1977, S. 3. 558 Manifest socialistickeho humanizmu, 1948 (Manifest des sozialistischen Humanismus, 1948). Nachdr. in: Bakos Avantgarde 38, S. 115.

262

559 Vgl. hierzu K. Rosenbaum: S literatúrou a v literatúre. K vy vinu slovenskej marxistickej ktitiky v rokoch 1945—1975 (Mit der Literatur und in der Literatur. Zur Entwicklung der slowakischen marxistischen Kritik in den Jahren 1945-1975). In: Slovenská literatura 22 (1975) 3, S. 231. 560 Manifest socialistického humanizmu, 1948 (Manifest des sozialistischen Humanismus, 1948). Nachdr. in: Bakos Avantgarde 38, S. 115. 561 L. Novomesky: Slovenské kultúrne problémy, 1948 (Slowakische Kulturprobleme, 1948). In Novomesky Publizistik 5, S. 281. 562 Ebenda, S. 287. 563 Ebenda, S. 286. 564 L. Novomesky: Der Künstler und das Heute. In: Novomesky Erwägungen, S. 164. 565 L. Novomesky: Der definitive Gehalt der Literatur. In: Ebenda, S. 174. 566 Ebenda, S. 169-170. 567 Ebenda, S. 175. 568 Ebenda, S. 174. 569 Ebenda, S. 178. 570 L. Novomesky: Der Dichter und das Heute. In: Ebenda, S. 164—165. 571 L. Novomesky: Der definitive Gehalt der Literatur. In: Ebenda S. 174—176. 572 L. Novomesky: Predpoklady novcho umenia, 1949 (Voraussetzungen der neuen Kunst, 1949). In: Novomesky Publizistik 5, S. 370. 573 St. Smatlák: Dreißig Jahre slowakische sozialistische Literaturentwicklung (1945-1975). In: Weimarer Beiträge 21 (1976) 10, S. 53. 574 K. Rosenbaum: S literatúrou a v literatúre. K vyvinu slovenskej marxistickej kritiky v rokoch 1945—1975 (Mit der Literatur und in der Literatur. Zur Entwicklung der slowakischen marxistischen Kritik in den Jahren 1945—1975). In: Slovenská literatúra 22 (1975) 3, S. 233. 575 St. Smatlák: Dreißig Jahre slowakische sozialistische Literaturentwicklung (1945-1975). In: Weimarer Beiträge 21 (1976) 10, S. 56. 576 J. Sefránek: Niektoré ideologické problémy nascj literatúry (Einige ideologische Probleme unserer Literatur). In: Slovenské pohl'ady 67 (1951) 4, S. 227. 577 Einführende Worte Ivan Horváths auf dem Literaturabend am 8. April 1948 in Bratislava, auf dem das Manifest des sozialistischen Humanismus angenommen wurde. Vgl. hierzu die Dokumentation: Umenie v novej spoloenosti (Die Kunst in der neuen Gesellschaft). In: Slovenské pohl'ady 81 (1965) 5, S. 20. 578 St. Smatlák: Dreißig Jahre slowakische sozialistische Literaturentwicklung (1945-1975). In: Weimarer Beiträge 21 (1976) 10, S. 55-56. 579 Vgl. S. 221 dieser Arbeit. 580 L. Novomesky: Villa Therese. In: L. Novomesky: Abgezählt an den Fingern der Türme. Hg. v. Manfred Jähnichen. Berlin 1971, S. 95. 581 L'. Ondrejov: O umeleckosti v literatúre (Über künstlerische Meisterschaft in der Literatur.) In: Kultúrny zivot 10 (1955) 20, S. 8. 582 St. Smatlák: Dreißig Jahre slowakische sozialistische Literaturentwicklung (1945-1975). In: Weimarer Beiträge 22 (1976) 10, S. 56.

263

583 Nové slovo 15 (1973) 8, S. 10. 584 St. Smatlák: Dreißig Jahre slowakische sozialistische Literaturent wicklung (1945-1975). In: Weimarer Beiträge 22 (1976) 10, S. 53. 585 Vgl.: Gedichte. Miroslav Válek, Milan Rúfus, Vojtech Mihálik. Hg. v. Manfred Jähnichen. Berlin 1978. 586 M. Válek; Cesty poézie (Wege der Poesie). In: Mladá tvorba 3 (1958) 3, S. 2 - 3 . 587 M. Rúfus: Slovo k vrstevnikom (Wort an die Altersgenossen). In: Mladá tvorba 3 (1958) 2, S. 2. 588 M. Válek: Cesty poézie (Wege der Poesie). In: Mladá tvorba 3 (1958) 3, S. 2. 589 Ebenda, S. 2 - 3 . 590 V g l . : Gedichte. Miroslav Válek, Milan Rúfus, Vojtech Mihálik. H g . v . Manfred Jähnichen. Berlin 1978. 591 J. Lenco: O väcsiu nárocnost' (Um einen größeren Anspruch). In: Mladá tvorba 1 (1956) 1, S. 6. 592 Vgl. hierzu: Z. Rampák: Profesionálne divadlo (Das Berufstheater). I n : Kultúrny rozvoj Slovenska (Die kulturelle Entwicklung der Slowakei). H g . v. P. Paska. Bratislava 1974, S. 163-197. 593 Vgl. zum folgenden Ludwig Richter: Nachwort zu: Solo für Schlag (uhr)und andere tschechoslowakische Stücke. Berlin 1977, S. 181 ff. 594 Vgl. dazu die Rezension in: Theater der Zeit (1952) 19, S. 32. 595 Vgl.: Heinrich Olschowsky: Tua res agitur. Zur Rezeption von Leon Kruczkowskis „Die Sonnenbrucks" in der D D R . In: Weimarer Beiträge 22 (1976) 2, S. 4 1 - 6 2 . 596 Henryk Keisch in: Neues Deutschland v. 2 . 1 2 . 1 9 6 0 . 597 Vgl. hierzu Novomeskys Antwort auf diese Praxis der fünfziger Jahre: Dve tendencie vo vyvine socialistickej literatúry (Zwei Tendenzen in der Entwicklung der sozialistischen Literatur). In: Slovenská literatura 11 (1964) 2, 5. 163-165. 598 L'. Zajac: Antirealizmus v nasej literatüre (Antitealismus in unserer Literatur). In: Slovenské pohl'ady 67 (1951) 11-12, S. 756. 599 V. Minác: Nach dreißig Jahren: In: Verteidigung der Menschheit. Hg. v. Edward Kowalski. Berlin 1975, S. 595. 600 Vgl. hierzu A. Bagins Referat, gehalten am 22. 2. 1978 in Liblice auf der internationalen wissenschaftlichen Konferenz „Ceská a slovenská socialistická literatura v letech 1948—1978" (Die tschechische und slowakische Literatur in den Jahren 1948-1978). 601 Vgl. hierzu die Beiträge von I. Sulik, St. Smatlák, D . Okáli, F. Matejov, V. Sabík, I. Kusy, K . Rosenbaum, V. Minác. In: Slovenské pohl'ady 92(1976) 6, S. 8 9 - 9 8 ; 7, S. 117-124; 8, S. 4 3 - 5 2 ; 9, S. 8 7 - 9 0 ; 10, S. 93-104. 602 St. Smatlák: Dreißig Jahre slowakische sozialistische Literaturentwicklung (1945-1975). In: Weimarer Beiträge 22 (1976), S. 57. 603 Vgl. insbesondere die Erzählung Großmaul. 604 A. Bednar, interviewt v. M. Gregorová, in: Kultúrny zivot 9 (1954) 39 v. 25. 9. 1954, S. 11.

264

605 A. Bednar: O dvojakej kritike (Über die zweifache Kritik). In: Kultürny iivot 13 (1958) 1 v. 4.1.1958, S. 8. 606 A. Bednar: Skleny vrch (Der gläserne Berg). Bratislava 1957, S. 431. 607 J. Lenco: O väcsiu närocnost' (Um einen größeren Anspruch). In: Mladä tvorba 1 (1956) 1, S. 6. 608 V. Minäc : Splatenä dan a dlzoba slovenskej literatüry Povstaniu (Soll und Haben der slowakischen Literatur in bezug auf den Aufstand). In : Literärni noviny v. 28. 7. 1949. 609 Vgl. dazu die Anthologien: Der steinerne Brunnen. Slowakische Erzählungen. Hg. v. Ludwig Richter. Leipzig 1979. Feuerzeichen. Erzählungen über den Slowakischen Nationalaufstand. Hg. v. Anneliese Gladrow u. Ludwig Richter unter Mitarbeit von J. Medved'. Berlin 1969. 610 A. Bednar: O dvojakej kritike (Über die zweifache Kritik). In: Kultürny zivot 13 (1958) 1 v. 4.1.1958, S. 8. 611 I. Kusy: Premeny povstaleckej prózy (Wandlungen der Aufstandsprosa). Bratislava 1974, S. 131. 612 V. Minäc: Haß und Liebe. Berlin 1972, S. 163; vgl. hierzu und zum folgenden auch: Ludwig Richter: Entwicklungslinien der slowakischen antifaschistischen Literatur. In: Verteidigung der Menschheit. Hg. v. Edward Kowalski. Berlin 1975, S. 612ff. 613 V. Minäc : Die Glocken läuten den Tag ein. Berlin 1974, S. 158-159. 614 A. Bednar: O dvojakej kritike (Über die zweifache Kritik). In: Kultürny zivot 13 (1958) 1 v. 4. 1.1958, S. 8. 615 V. Minäc: Die Glocken läuten den Tag ein. Berlin 1974, S. 12. 616 Ebenda, S. 99. 617 Vgl. hierzu Ludwig Richter: Nachwort zu R. Jasik: Die Toten singen nicht. Berlin 1977, S. 647-658. 618 Ebenda, S. 247. 619 V. Minäc: Nävraty v pravej chvili (Rückkehr zur rechten Zeit). In: Kultürny ¿ivot 13 (1958) 35 v. 30. 8. 1958, S. 8. 620 Slovenskä literatüra medzi II. a III. zjazdom ZSS (Die slowakische Literatur zwischen dem II. und III. Kongreß des Slowakischen Schriftstellerverbandes). In: Slovenské pohl'ady 93 (1977) 4. S. 3. 621 J. Kot: Näs ideäl (Unser Ideal). In: Ebenda 91 (1975) 6, S. 3. 622 IV. sjezd Svazu ceskoslovenskych spisovatelü (protokol) (Der IV. Kongreß des Tschechoslowakischen Schriftstellerverbandes [Protokoll]). Praha 1968, S. 106. 623 Ebenda, S. 83. 624 Ebenda, S. 159. 625 Zit. nach: St. Smatläk: Literatüra v epoche budovania socializmu (Literatur in der Epoche des Aufbaus des Sozialismus). Manuskript für die Encyklopédia Slovenskä (Enzyklopädie der Slowakei), S. 60. 626 V. Minäc : O modernosti, svetovosti a o inych veciach (Über Modernität, Weltoffenheit und über andere Dinge, 1958). In: V. Minäc: Süvislosti. Eseje, state,

265

627 628 629 630

631 632 633

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rozhovory (Zusammenhänge. Essays, Aufsätze, Interviews). Bratislava 1976, S. 391. Vgl. St. Smatlák: Dreißig Jahre slowakische sozialistische Litcraturentwicklung (1945-1975). In: Weimarer Beiträge 22 (1976) 10, S. 63. Ebenda. Übersetzt partiell zugänglich in: L. Novomesky: Abgezählt an den Fingern der Türme. Gedichte. Hg. v. Manfred Jähnichen. Berlin 1971, S. 65-95. Slovenská literatura mcdzi II. a III. zjazdom ZSS (Die slowakische Literatur zwischen dem II. und III. Kongreß des Slowakischen Schriftstellerverbandes). In: Slovenské pohl'ady 93 (1977) 4, S. 5. Ebenda. Vgl. hierzu L. Knézek: Preklady z inych literatúr do slovenciny 1945 (Übersetzungen aus anderen Literaturen ins Slowakische). Bd. 1. 2. Bratislava 1969. Vgl. hierzu: O socialistickom realizme. Zborník literárnovednych statí (Über den sozialistischen Realismus. Ein Sammelband literaturwissenschaftlicher Aufsätze). Hg. v. V. Cerevka, K. Rosenbaum, St. Smatlák. Bratislava 1976. Vgl. St. Smatlák: Tvorba ako súcinnost' mozgu a zmyslov. K Válkovej koneepeii socialistickej poézie. (Schaffen als Zusammenwirken von Hirn und Sinnen. Zu Váleks sozialistischer Lyrikkonzeption) . In: Slovenské pohl'ady 93 (1977) 7, S. 1 - 1 4 .

635 J. K o t : Nás ideál (Unser Ideal). In: Ebenda 91 (1975) 6, S. 4. 636 Slovenská literatura medzi II. a III. Zjazdom ZSS (Die slowakische Literatur zwischen dem II. und III. Kongreß des Slowakischen Schriftstellerverbandes). In: Ebenda 93(1977) 4, S. 5. 637 J. K o t : Nás ideál (Unser Ideal). In: Ebenda 91 (1975) 6, S. 4. 638 V. Minác: Nach dreißig Jahren. In: Verteidigung der Menschheit. Hg. v. Edward Kowalski. Berlin 1975, S. 597. 639 J. K o t : Nás ideál (Unser Ideal). In: Slovenské pohl'ady 91 (1975) 6, S. 5. 640 Ebenda, S. 6 - 7 . 641 Vgl. Si. Smatlák: Literatura v epoche budovania socializmu (Literatur in der Epoche des Aufbaus des Sozialismus). Manuskript für die Encyklopédia Slovenská (Enzyklopädie der Slowakei), S. 61. 642 Vgl. hierzu den Sammelband: Za socialistické umenie (Für eine sozialistische Kunst). Bratislava 1974. 643 Slovenská literatura medzi II. a. III. zjazdom ZSS (Die slowakische Literatur zwischen dem II. und III. Kongreß des Slowakischen Schriftstellerverbandes). In: Slovenské pohl'ady 93 (1977) 4, S. 23. 644 Zit. nach: Ebenda, S. 22. 645 V. Minác: Nach dreißig Jahren. In: Verteidigung der Menschheit. H g . v. Edward Kowalski. Berlin 1975, S. 595. 646 Ebenda. 647 Vgl. Interview mit Ján Cajak in: Vecernik v. 18. 7. 1972. 648 Z. Rampák: Dramatik Stefan Králik (Der Dramatiker Stefan Králik). Bratislava 1975, S. 192.

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