Sicherheit und Stabilität : Außenbeziehungen der Bundesrepublik zwischen Ölkrise und NATO-Doppelbeschluss 3423045302


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Sicherheit und Stabilität : Außenbeziehungen der Bundesrepublik zwischen Ölkrise und NATO-Doppelbeschluss
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Deutsche Geschichte der neuesten Zeit Helga Haftendorn: Sicherheit und Stabilität Außenbeziehungen der Bundesrepublik zwischen Ölkrise und NATO-Doppelbeschluß

Deutsche Geschichte der neuesten Zeit vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart

Herausgegeben von Martin Broszat, Wolfgang Benz und Hermann Graml in Verbindung mit dem Institut für Zeitgeschichte, München

Helga Haftendorn: Sicherheit und Stabilität Außenbeziehungen der Bundesrepublik zwischen Ölkrise und NATO-Doppelbeschluß

Deutscher Taschenbuch Verlag

Originalausgabe Juli 1986 © Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München Umschlaggestaltung: Celestino Piatti Vorlage: Weltwirtschaftsgipfel in Bonn 1978 (Bilderdienst Süddeutscher Verlag) Gesamtherstellung: C. H. Beck’sche Buchdruckerei, Nördlingen Printed in Germany • ISBN 3-423-04530-2

Inhalt

Das Thema..................................................................................

I. Helmut Schmidts Londoner Rede im Oktober 1977: Neue Dimensionen der Sicherheit..................................... Bonn, im September 1977 11 Das Internationale In­ stitut für Strategische Studien 16 Helmut Schmidt, Person und Politik 17 Der weltpolitische Hinter­ grund 20 Die Rede Helmut Schmidts in London 23 Erwartungen an die deutsche Politik 29

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II. Sicherheit und Stabilität: Von der Währungskrise bis zum Scheitern der Entspannungspolitik . ....................... 32 1. Die Bundesrepublik in den siebziger Jahren.............. 32 2. Die Bundesrepublik auf dem Weg in die Wirtschafts­ krise .................................................................................. 35 Der Zusammenbruch des Systems von Bretton Woods 35 Erdöl als Waffe: Die erste Ölkrise 1973 44 Außenwirtschaftspolitik unter den Bedingungen in­ ternationaler Interdependenz 53 Der Versuch eines gemeinsamen westlichen Krisenmanagements 63 Die zweite Ölkrise: Ein Markt gerät aus den Fugen 78 Bemühungen um wirtschafts- und sicherheitspoliti­ sche Stabilität 84 3. Der NATO-Doppelbeschluß vom Dezember 1979 92 Zweifel an der Glaubwürdigkeit der NATO-Strategie 92 Die Rede Helmut Schmidts vor dem IISS im Oktober 1977 in London 97 Beratungen innerhalb der NATO über eine Modernisierung der taktischen Nuklearwaffen 106 Die europäische Forderung nach parallelen Rüstungskontrollverhandlungen 114 Die innenpolitische Dimension des NATO-Doppelbeschlusses 124 4. Das Scheitern der Entspannungspolitik nach der Af­ ghanistan-Krise ..................................................................133 Europa und die Ost-West-Detente 134 Die Bundes­ republik als Dolmetscher zwischen zwei »neuroti­ schen Riesen«? 142 Die Entwicklung der deutsch­ deutschen Beziehungen 154

5. Die siebziger und frühen achtziger Jahre - eine »Ära Schmidt«?............................................................................. 163 Weltwirtschaftsgipfel und »Rélance Européenne« als Instrumente ökonomischen Krisenmanagements 166 Das doppelte Mißverständnis des NATO-Doppelbeschlusses 170 Rückschläge in der Entspannungspoli­ tik 175 Bilanz der Regierung Schmidt 179

Dokumente..................................................................................... 183 Forschungsstand und Literatur................................................ 243 Zeittafel........................................................................................... 255 Wirtschaftsdaten.......................................................................... 272 Abkürzungsverzeichnis.............................................................. 282 Die Reihe >Deutsche Geschichte der neuesten Zeit< . . . . . 284 Personenregister............................................................................ 286

Das Thema

Im Verlauf der siebziger und zu Beginn der achtziger Jahre wurde die Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland durch eine Reihe von internationalen Krisen geprägt, die ihr politi­ sches und wirtschaftliches System belasteten und ihren außen­ politischen Handlungsspielraum einschränkten. Dramatische Entwicklungen auf den internationalen Devi­ senmärkten, verursacht durch eine Verlagerung des wirtschaft­ lichen Gewichtes von den Vereinigten Staaten nach Westeuropa und Japan und begleitet von hohen Zahlungsbilanzdefiziten bzw. -Überschüssen, führten 1971 zur zeitweiligen Aufgabe fe­ ster Währungsparitäten und 1973 zum vollständigen Zusam­ menbruch des am Ende des Zweiten Weltkrieges in Bretton Woods geschaffenen Weltwährungssystems. Ehe sich die extrem exportabhängige Wirtschaft der Bundes­ republik an die neuen flexiblen Wechselkurse voll anpassen konnte, brach die nächste Krise herein: Als Folge des JomKippur-Krieges setzten die arabischen Staaten ihr Öl als politi­ sche Waffe ein. Drastische Preiserhöhungen, eine Reduzierung der Fördermengen und das Verbot von Lieferungen an die USA, die Niederlande und andere Israel-freundliche Staaten bewirkten einen kräftigen Inflationsschub in allen ölverbrau­ chenden Ländern. In der Bundesrepublik hatte er einen drasti­ schen Rückgang von Wirtschaftswachstum und Beschäftigung zur Folge. Konnte die deutsche Wirtschaft die Folgen dieser ersten Ölkrise teilweise noch durch verstärkte Exporte in die OPEC-Staaten kompensieren, so war dies bei der zweiten Öl­ krise nicht mehr der Fall. Diese brach 1979 als Folge der Revo­ lution im Iran und des iranisch-irakischen Krieges aus und er­ schütterte die Weltwirtschaft durch eine neue Explosion der Ölpreise. Die Wirtschaft der Bundesrepublik glitt Anfang der achtziger Jahre in die tiefste Rezession ihrer Nachkriegsge­ schichte. Der Erfolg der von der Bundesregierung ergriffenen wirt­ schaftspolitischen Maßnahmen war jedoch zum einen abhängig vom sozialen Konsens im Innern und zum andern von günsti­ gen außenwirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Angesichts der Gleichzeitigkeit der Rezession in den westlichen Industrie­ staaten war ein konjunktureller Aufschwung nur möglich über 7

eine enge Koordinierung der nationalen Wirtschaftspolitik. Diesem Ziel diente einmal die Intensivierung der europäischen Zusammenarbeit, die 1978 in die Schaffung eines europäischen Währungssystems mündete, und zum andern die Weltwirt­ schaftsgipfel, zu denen sich seit 1975 jährlich die Staats- und Regierungschefs der sieben führenden westlichen Industriestaa­ ten trafen. Kritische Entwicklungen traten in den letzten zehn Jahren aber auch auf sicherheitspolitischem Gebiet ein. Die wachsende sowjetische Stärke in Europa, vor allem bei den taktischen Nu­ klearwaffen, wurde als Gefahr empfunden. Die amerikanisch­ sowjetischen Vereinbarungen über eine beiderseitige Rüstungs­ beschränkung (SALT I und SALTII) waren nicht geeignet, das Gefühl der Bedrohung zu verringern; sie verstärkten es noch. Bundeskanzler Schmidt forderte daher bereits 1977 eine Einbe­ ziehung der sowjetischen Mittelstreckenraketen vom Typ SS 20 in ein Rüstungskontroll-Abkommen, während die Vereinigten Staaten, um den europäischen Befürchtungen Rechnung zu tra­ gen, eher an eine Modernisierung und Ergänzung der eigenen taktisch-nuklearen Waffen dachten. Das Ergebnis war der NATO-Doppelbeschluß vom Dezember 1979, in dem eine westli­ che »Nachrüstung« ab 1983 beschlossen wurde, falls es vorher nicht gelänge, die Sowjetunion zum Verzicht auf ihre eigenen weitreichenden taktischen Nuklearwaffen zu bewegen. Noch bevor der Versuch unternommen werden konnte, die Verhandlungsbereitschaft der Sowjetunion auszuloten, zerstör­ te die sowjetische Intervention in Afghanistan zur Jahreswende 1979/80 die Grundlagen für eine Fortführung des Ost-WestDialogs. Die Bundesrepublik sah sich mit dem Dilemma kon­ frontiert, daß sie zur Verringerung der Auswirkungen der deut­ schen Teilung und angesichts ihrer Lage an der Spannungslinie in Mitteleuropa ein besonderes Interesse an einer Fortführung der Entspannungspolitik haben mußte, während der Ge­ sprächsfaden auf der globalen Ebene abgerissen war. Als sie diesen wieder zu knüpfen suchte, setzte sie sich dem Verdacht aus, sie verspiele die Solidarität des westlichen Bündnisses und werde zu einem »Wanderer zwischen zwei Welten«. Abhängig von der Sicherheitsgarantie der USA, bemühte sich die Bundes­ regierung daher, alle Zweifel an ihrer dauerhaften Verankerung im Westen zu zerstreuen. Bundeskanzler Schmidt scheiterte jedoch nicht an der Wirt­ schaftskrise oder am NATO-Doppelbeschluß, wenn auch beide 8

zu seinem Sturz beitrugen. Aus innenpolitischen Erwägungen wurde er vom Koalitionspartner FDP im Stich gelassen, als sich der Fundus politischer Gemeinsamkeiten erschöpft hatte. Gleichzeitig bröckelte innerhalb seiner eigenen Partei, der SPD, die Unterstützung für den Regierungschef ab, als sich diese Pazifisten und Ökologen öffnete. Vor allem aber war der Sturz Schmidts am 1. Oktober 1982 ein Akt der Erschöpfung: einer Koalition, einer Partei, eines Politikers.

I. Die Rede Helmut Schmidts im Oktober 1977: Neue Dimensionen der Sicherheit

Bonn, im September 1977 Bei Dr. Walther Stützte, dem Leiter des Planungsstabes im Ver­ teidigungsministerium auf der Hardthöhe, klingelt das Telefon. Es ist Lieselotte Schmarsow, Helmut Schmidts Vorzimmerda­ me im Bundeskanzleramt. Sie arbeitet schon seit den sechziger Jahren für Schmidt, als er noch Fraktionsvorsitzender der SPD im Bundestag war. »Der Bundeskanzler möchte Sie gerne heute abend sprechen. Es geht um seine Rede nächsten Monat vor dem Institut für Strategische Studien in London.« Stützle ist gleich im Bilde. Das International Institute for Strategie Studies (IISS) kennt er gut. Er ist seit Jahren Mitglied dieser renommierten Londoner Institution. Er hat dort als Wis­ senschaftler gearbeitet, bevor ihn der damalige Verteidigungs­ minister Schmidt in den brain trust des Planungsstabs holte, mit dem damals auf der Hardthöhe ein politisches Gegengewicht zu dem eingefahrenen militärischen Apparat gebildet werden soll­ te. Der erste Leiter dieses Stabes war Theo Sommer, Redakteur der >Zeitof last resortSurvivalAdelphi Papers« heraus, es publiziert alljährlich die >Military Balance«, eine unabhängige Bestandsaufnahme der militärischen Streitkräftestärken in Ost und West, den »Strategie Survey«, in dem die wichtigsten sicherheitspolitischen Entwick­ lungen eines Jahres dargestellt werden, sowie eine Vielzahl von Büchern zu strategischen Fragen. Neben der Arbeit von Stu­ diengruppen, die verschiedene sicherheitspolitische Probleme untersuchen und meist in London tagen, kommt den Jahrestagungen des IISS besondere Bedeutung zu; alljährlich treffen sich einige hundert Mitglieder an einem jeweils anderen Konfe­ renzort, um über ein besonders wichtiges sicherheitspolitisches Thema in verschiedenen Arbeitsgruppen zu beraten. 1977 fin­ det diese Konferenz in der ersten Septemberwoche in Brügge statt. Thema ist die Bedeutung neuer konventioneller Waffen für die Ost-West-Sicherheit. Die Arbeit des Instituts befruchtete auch die sicherheitspoliti­ sche Diskussion in der Bundesrepublik. Zu den ersten deut­ schen Mitgliedern gehörten der außenpolitische Experte der SPD, Fritz Erler, der schon 1959 in den Beirat des Instituts berufen wurde, der CDU-Abgeordnete Kurt Birrenbach, der Herausgeber des »Europa-Archivs«, Wilhelm Cornides, der po­ litische Redakteur der »Zeit«, Theo Sommer, und der Physiker und Philosoph C. F. von Weizsäcker. 16

Nach dem Londoner Modell wurde 1961 von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik eine deutsche »Studien­ gruppe für Abrüstung, Rüstungskontrolle und Sicherheit« ge­ gründet. Den Vorsitz dieser überparteilichen Gruppe hatte Fritz Erler; ihr gehörte auch der damalige Hamburger Innense­ nator Helmut Schmidt an, der sich 1961 mit seinem Buch >Ver­ teidigung oder Vergeltung< als Sicherheitsexperte einen Namen machte. Dem IISS war Schmidt bereits 1959 beigetreten. Im Juli 1962 fand zum ersten Mal eine Jahrestagung des Insti­ tuts in der Bundesrepublik statt. Im Rheinhotel Dreesen in Bad Godesberg trafen sich etwa hundert Wissenschaftler, Politiker, Offiziere, Beamte und Journalisten, um über Probleme der Verteidigung Westeuropas zu diskutieren. Eine der Arbeits­ gruppen befaßte sich mit nuklear-strategischen Methoden, die andere mit Problemen der konventionellen Kriegführung. »Ich hatte eigentlich in letztere gehen wollen«, erinnert sich Helmut Schmidt, »aber Alastair sagte zu mir, ich müsse schon an der ersteren teilnehmen, denn das müsse ich noch lernen. Und das tat ich dann auch. Alastair war ein vorzüglicher Direktor des Instituts, wir wurden Freunde, denn ich teilte seine tiefe Sorge um die Erhaltung des Weltfriedens und der globalen Sicherheit als wesentliche Voraussetzung für die Freiheit und das Glück des Menschen.« Helmut Schmidt, Person und Politik

Als der Wissenschaftliche Beirat des IISS 1977 beschließt, den deutschen Bundeskanzler einzuladen, die zweite Alastair-Buchan-Gedenkrede zu halten, ist Helmut Schmidt - seit drei Jah­ ren Bundeskanzler - einer der führenden westlichen Politiker. Er hat sich nicht nur als Staatsmann bewährt, sondern ist auch in der Lage - ähnlich wie Henry Kissinger -, konzeptionelle Beiträge zur sicherheits- und wirtschaftspolitischen Diskussion zu leisten. In seinem 1961 erschienenen Buch »Verteidigung oder Vergeltung< hat er Alternativen zur damals gültigen NATO-Strategie der »Massiven Vergeltung« aufgezeigt, die Jahre später Eingang in die offizielle Politik des Westens fanden. Be­ reits damals ist Schmidt für die Stabilisierung des militärischen Gleichgewichtes in Europa eingetreten. Dieses Axiom bildet auch die zentrale These seines zweiten Buches »Strategie des Gleichgewichtes< (1969). In diesem kommt noch deutlicher zum Ausdruck: Helmut Schmidt versteht Sicherheit nicht aus17

schließlich militärisch; innenpolitische Stabilität und »Bere­ chenbarkeit« der politischen Akteure gehören für ihn ebenso dazu wie eine funktionierende Weltwirtschaft. Seit 1962 hatte Schmidt Gelegenheit, an verschiedenen politi­ schen Schalthebeln seine Vorstellungen in praktische Politik umzusetzen. Mit dem ersten politischen Amt kam auch die erste große Bewährungsprobe: bei der Sturmflutkatastrophe im Februar 1962 erwirbt sich der Hamburger Innensenator den Ruf eines ebenso umsichtigen wie tatkräftigen Politikers. Nach den Bundestagswahlen 1965 kehrt Schmidt jedoch wieder nach Bonn in den Bundestag zurück, zunächst auf die harten Bänke der Opposition, dann nach der Bildung der Großen Koalition von CDU/CSU und SPD und nach dem Tod des langjährigen Fraktionsvorsitzenden Fritz Erler, als Vorsitzender der SPDBundestagsfraktion. Es gilt, die SPD zum ersten Mal in der Nachkriegsgeschichte in die Regierungsverantwortung hinein­ zuführen. Und das in einer Zeit des Umbruchs, nicht nur in der Innenpolitik, sondern vor allem in der Außenpolitik. Die kon­ fliktträchtige Konfrontation der Weltmächte, die die Nach­ kriegszeit bestimmte, ist zurückgetreten zugunsten einer par­ tiellen Kooperation. Auch die Bundesrepublik steht vor der Aufgabe, neue Formen des Ausgleichs zwischen Ost und West zu finden. 1969, mit der Bildung der sozial-liberalen Koalition, über­ nimmt Schmidt das Verteidigungsministerium. Auch hier hin­ terläßt er seine Spuren durch neue Denkanstöße und Reformen: Die Weißbücher zur Sicherheit der Bundesrepublik und zur Lage der Bundeswehr, die Wehrstrukturreform einschließlich der Neuordnung der Offiziersausbildung und wichtige Beiträge der Bundesregierung zum Rüstungskontroll-Dialog zwischen Ost und West sind vor allem sein Werk. Nach dem Rücktritt Karl Schillers als Wirtschafts- und Finanzminister 1972 wird Schmidt für kurze Zeit »Superminister«, beschränkt sich jedoch nach den Wahlen im Herbst 1972 auf das Finanzministerium. Aus dieser Zeit stammen die engen Kontakte zu Valery Giscard d'Estaing, zu James Callaghan und zu George Shultz, Finanz­ minister-Kollegen und Mitglieder der »Library Group«, jenen Treffen westlicher Finanzminster zur Abstimmung der interna­ tionalen Währungspolitik, die zu Vorläufern der späteren Welt­ wirtschaftsgipfel wurden. Damals erwartete Schmidt nicht, den Einzug in das Palais Schaumburg, den Sitz des Bundeskanzlers, noch zu schaffen. 18

Als die SPD 1972 zum ersten Mal in der Bundesrepublik stärk­ ste Fraktion im Deutschen Bundestag wird und Willy Brandt und seine sozial-liberale Koalition in der Regierung bestätigt werden, deutet nichts auf die Möglichkeit eines vorzeitigen Rücktritts des nur wenig älteren, populären Regierungschefs hin. Schmidt stand dem lässigen Führungsstil Brandts kritisch gegenüber, hat aber nie seinen Sturz betrieben. Anders als Her­ bert Wehner redete er auch nach der Entdeckung des DDRSpions im Kanzleramt, Günter Guillaume, Brandt nicht zum Rücktritt zu. Er zögerte dann aber auch nicht, das Amt des Bundeskanzlers zu übernehmen, als Partei und Koalition ihn riefen. Das höchste Regierungsamt fordert ihn voll und ganz, ent­ spricht aber auch ganz seinen Kräften und Fähigkeiten. Er be­ ansprucht für sich, eine ethisch begründete, berechenbare und pragmatische Politik zu führen. Seine Kritiker werfen ihm vor, er leite die Regierung wie das Top-Management eines großen Industrieunternehmens. In den Tagen der Schleyer- und >LandshutLandshutForeign Affairs« wurde zum Kristallisationspunkt der politischen Diskussion und machte den Dissens diesseits und jenseits des Atlantiks deut­ lich: »Das außenpolitische Denken in den Vereinigten Staaten ist durchdrungen vom Beispiel München 1938; die Erinnerun­ gen an die dreißiger Jahre formten unsere Vorstellung von ei­ nem unaufhörlich expansiven Gegner und verstärkten unser Mißtrauen gegen diplomatische Lösungen. In Europa hingegen ist viel einprägsamer der Vergleich mit 1914: einen neuen Hitler vermöchten wir schon zu erkennen, aber auch ein zweites Sara­ jewo?«4’ In Europa wuchs die Sorge, der Weltfrieden sei nicht primär durch aggressive Aktionen der Sowjetunion, sondern durch unverantwortliches Handeln beider Supermächte bedroht. Der Wahlkampf in den Vereinigten Staaten mit seinen schrillen Tö­ nen verstärkte derartige Befürchtungen, vor allem als sich ab­ zeichnete, daß der Kandidat der Republikaner, Ronald Reagan, mit seinen markigen Sprüchen von den USA als »Nummer 1« in der Weltpolitik aller Voraussicht nach im November zum n Miles Kahler, Rumors of War: The 1914 Analogy. In: Foreign Affairs, Band 58, Nr. 2 (Winter 1979/80), S. 374-396; deutsch u. d. Titel: Wenn die Großmächte sich treiben lassen. In: Die Zeit, 18. 4. 1980, S. 3f.).

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neuen Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt werden würde. Bereits im Sommer hatte Reagan angekündigt, daß er mit der Sowjetunion über Rüstungsbeschränkungen erst dann verhan­ deln würde, wenn die USA ihren Rückstand im Rüstungswett­ lauf aufgeholt hatten. Während die Vereinigten Staaten dazu tendierten, die bisherige Détente-Politik pauschal als Fehlschlag zu betrachten, schien den Europäern im Zeitalter der Massen­ vernichtungswaffen jede Alternative zur politischen Verständi­ gung als zu riskant. Es traf sie tief, daß amerikanische Politiker ihnen einen Zug zur »Selbstfinnlandisierung« vorwarfen und argwöhnten, sie träfen Anstalten, sich mit ihrem bedrohlichen Nachbarn im Osten auf Kosten der Loyalität zum Bündnispart­ ner im Westen zu arrangieren. Bei einer Aufgabe der Entspannungspolitik hatte die Bundes­ republik zweifelsohne am meisten zu verlieren. Ihre Ost- und Deutschlandpolitik beruhte ja nicht auf einer Lösung der euro­ päischen Nachkriegsprobleme (Teilung, Grenzen u. a.), sondern lediglich auf einem verletzlichen Modus vivendi für die fortbe­ stehenden offenen Fragen. Ihre Fortführung war abhängig von einem Minimum an Détente zwischen den Supermächten. An­ dernfalls riskierte die Bundesrepublik, entweder die für die Ge­ währleistung ihrer Sicherheit unabdingbaren engen Beziehun­ gen zu den USA zu belasten oder aber dem Werben bzw. den Pressionen Moskaus ausgeliefert zu sein. Das Interesse der Bundesregierung war es daher, den aktuel­ len Konflikt zu begrenzen und den Weg für eine Rückkehr zur Entspannung nicht zu verbauen. Es bestand jedoch wenig Aus­ sicht, daß es ihr allein gelingen würde, mäßigend auf die Super­ mächte einzuwirken. Als natürlicher Verbündeter bot sich Frankreich an, das ähnliche Interessen verfolgte und in der Ver­ gangenheit Eigenständigkeit, z. B. 1966 beim Ausscheiden aus der NATO-Integration, demonstriert hatte. Bei deutsch-fran­ zösischen Konsultationen im Februar 1980 erzielten Bundes­ kanzler Schmidt und Staatspräsident Giscard d’Estaing rasch Übereinstimmung. Beide waren sich in der Verurteilung der sowjetischen Militäraktion in Afghanistan ebenso einig wie in der Notwendigkeit einer raschen Überwindung der Krise. Die von den Vereinigten Staaten geforderten Sanktionen gegenüber der Sowjetunion hielten sie für wenig hilfreich. Eine ähnliche Haltung nahmen die sieben westlichen Indu­ striestaaten auf dem Weltwirtschaftsgipfel in Venedig ein: das

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sowjetische Vorgehen wurde verurteilt, aber offengelassen, wel­ che konkreten Gegenmaßnahmen jede Regierung ergreifen würde. Die diplomatische Sprache des Kommuniques verdeck­ te, daß Washington und seine westeuropäischen Partner die Zu­ kunft der Ost-West-Beziehungen sehr unterschiedlich ein­ schätzten.

Die Bundesrepublik als Dolmetscher zwischen zwei »neuroti­ schen Riesen* ?>0 Am Vorabend des Weltwirtschaftsgipfels im Juni 1980 in Vene­ dig kam es zu einer denkwürdigen Begegnung zwischen Bun­ deskanzler Schmidt und US-Präsident Carter. Sie fand im klei­ nen Kreis der engsten Berater statt. Anlaß war ein Brief, den Carter dem deutschen Bundeskanzler kurz vor dem Gipfel ge­ schrieben hatte und in dem er in rüdem Ton - so der Adressat die Deutschen an die Einhaltung der im Dezember des Vorjah­ res übernommenen Verpflichtung zur »Nachrüstung« erinnert und ihre Einhaltung angemahnt hatte. Carter mißtraute der Ab­ sicht Schmidts, eine Woche nach dem Westgipfel nach Moskau zu reisen, um an Ort und Stelle die Möglichkeiten für eine Fonsetzung des Ost-West-Dialoges zu erkunden. Ihn irritierte außerdem der Vorschlag des Bundeskanzlers, beide Seiten soll­ ten ein Moratorium verkünden und während der nächsten drei Jahre, d. h. bis zum vorgesehenen Termin der »Nachrüstung«, keine weiteren Mittelstreckenraketen stationieren. Verärgert über das Zögern der westeuropäischen Verbündeten, sich an den von Washington geforderten Sanktionen gegen die Sowjet­ union zu beteiligen, interpretierte der amerikanische Präsident das Bonner Verhalten als Wankelmut und meinte, die Deut­ schen wieder auf Bündniskurs bringen zu müssen. Dem Kanzler stand der Unmut über das kränkende Schreiben im Gesicht geschrieben, als sich diese beiden eigenwilligen, in ihrem Stil so gegensätzlichen Politiker zum Gespräch in Vene­ dig trafen. Die Luft war zum Schneiden dick, wie Klaus Böl­ ling, damals Pressesprecher der Bundesregierung und Vertrau­ ter Schmidts, berichtete. Und Carter schreibt in seinen Memoi­ ren, es sei dies die unerquicklichste Unterredung gewesen, die er je mit einem ausländischen Staatsmann gehabt habe. Als alles 50 Peter Bender, Zwei neurotische Riesen. Am Beginn der großen Weltkrise? In: Merkur, 1980, H. 6, S. 529-541.

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vorüber war, verkündete Helmut Schmidt kurz und knapp: »Der Brief ist beiderseits für gegenstandslos erklärt worden.«51 Der Stein des Anstoßes war zwar aus dem Weg geräumt wor­ den, über den deutsch-amerikanischen Beziehungen aber blieb ein Schatten des Verdachtes liegen, daß Bonn eigene, von Wa­ shington oder vom Bündnis nicht kontrollierbare Interessen in der Ostpolitik verfolgte. Dieses wache Mißtrauen hatte die Ostpolitik der sozial-libe­ ralen Koalition von ihrem Beginn an begleitet. Schon Kissinger hatte mehrfach die Befürchtung geäußert, daß die innere Dyna­ mik dieser Politik die Bundesrepublik aus ihrem Gleichgewicht bringen und sie mehr und mehr von Moskau abhängig machen könnte. Sie würde sich damit ihren Verbündeten entfremden und sich schließlich aus ihren westlichen Verankerungen lö­ sen52. Um eben dies zu verhindern und um noch nicht einmal den Anschein eines Alleinganges zu erwecken, hatte sich die Bun­ desregierung bemüht, die Verbündeten regelmäßig über ihre ostpolitischen Schritte zu informieren. Nach Abschluß der Ver­ träge mit Moskau und Warschau suchte sie die bisher bilateral geführte Politik in einen multilateralen Ansatz überzuleiten. Dazu dienten die Konferenz über Sicherheit und Zusammenar­ beit in Europa (KSZE) sowie die Wiener Truppenabbau-Ver­ handlungen (MBFR). Das bei den Verbündeten der Bundesre­ publik stets latente Mißtrauen war jedoch so lange politisch ohne Belang, wie amerikanische Detente-Politik und deutsche Ostpolitik gleichgerichtete Ziele verfolgten. Nach der sowjetischen Intervention in Afghanistan wurde das anders. Während die Vereinigten Staaten aus einer veränder­ ten Einschätzung der internationalen Situation, nicht zuletzt auch unter dem Eindruck der Geiselkrise im Iran, Moskau hart entgegentreten, wenn möglich eine Lektion erteilen wollten, suchte die Bundesrepublik eine öffentliche Verurteilung der so­ wjetischen Aggression mit Bemühungen um eine Wiederher­ stellung von Verhandlungsbeziehungen zu verbinden. Aus

51 Jimmy Carter, Keeping Faith. Memoirs of a President. Toronto u. New York 1982, S. 538; Dieter Buhl, Der Seelsorger im Benediktinerkloster. In: Die Zeit, 27. Juni 1980, S. 3. 52 Vgl. Henry Kissinger, White House Years. Boston u. Toronto 1979, S. 529. Siehe auch Arnulf Baring, Machtwechsel. Die Ära Brandt-Scheel. Stuttgart 1982, S. 262.

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Bonner Sicht mußte versucht werden, die Entspannung in Mit­ teleuropa so gut es ging von den sich verschlechternden globa­ len Ost-West-Beziehungen abzuschirmen. Das entsprach eben­ sosehr den wohlverstandenen langfristigen Interessen der Bun­ desrepublik als auch aktuellen innenpolitischen Rücksichtnah­ men. In der Bundesrepublik wurde 1980 gewählt, und Franz Josef Strauß war der Herausforderer Helmut Schmidts als Kanzlerkandidat. Ihm galt es zu beweisen, daß die Entspan­ nungspolitik kein »illusionärer Schwindel« war, wie Strauß be­ hauptete, sondern konkrete Verbesserungen in Mitteleuropa ge­ bracht hatte und auch weiterhin bringen würde. Auch der NATO-Doppelbeschluß war unter diesen Umstän­ den für die Bundesregierung - und breite Teile der Öffentlich­ keit - nur als Doppe/beschluß akzeptabel, die beabsichtigte Nachrüstung nur durch die Aussicht auf vorgeschobene Ver­ handlungen, die eine Stationierung neuer Raketen möglicher­ weise ganz überflüssig machen könnte. Angesichts der nach Afghanistan verschlechterten Lage dachten die USA jedoch überhaupt nicht daran, auf die geplanten Mittelstreckenraketen in Europa zu verzichten, während die Sowjetunion nun ihrer­ seits jede Verhandlung ablehnte, ehe nicht die NATO ihre Be­ schlüsse wieder rückgängig gemacht hatte - wie dies Partei- und Staatschef Breschnew Anfang 1980 forderte. Damit schien dem NATO-Doppelbeschluß seine politische Grundlage entzogen. In dieser Zwickmühle mußte Bonn über das allgemeine Interes­ se an einer Fortsetzung der Entspannungspolitik hinaus auch ein ganz spezifisches Interesse an der Fortführung des OstWest-Dialoges haben. Führende Politiker der Regierungskoalition versuchten zu­ nächst, Afghanistan als einen Ost-Süd-Konflikt darzustellen und auf die nahezu einmütige Verurteilung des sowjetischen Vorgehens in den Vereinten Nationen zu verweisen. Bald zeigte sich jedoch, daß die Entspannung viel weniger »teilbar« war, als Egon Bahr und andere hofften, sondern daß die Schatten der weltpolitischen Krise auch auf Europa fielen. Die Bundesregie­ rung müßte deshalb, wie Bundeskanzler Schmidt in einer Re­ gierungserklärung im Januar 1980 sagte, »unsere deutsche In­ teressenlage und die westliche Interessenlage insgesamt mit ru­ higem Blick prüfen. Wir müssen unser Land mit sicherer Hand durch die Turbulenzen hindurchsteuern.« Und an die USA ge­ richtet: »Wir können dazu keine Nervosität gebrauchen, kein Krisengeschrei, auch keine aufgeregten oder gar scharfmacheri-

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sehen Reden. Vielmehr brauchen wir stattdessen ein sorgfältig überlegtes >Crisis management«.«53 Den Kanzler beunruhigte, daß Moskau und Washington in der Dritten Welt gegensätzliche Erwartungen hegten und eine gegeneinander gerichtete Politik verfolgten. Im Fehlen einer Kriegsvermeidungsstrategie sah er die größte Gefahr für den Weltfrieden. Die gegenwärtige Krise wurde weiter dadurch ver­ schärft, daß beide Seiten das direkte Gespräch ablehnten und sich stattdessen in öffentlichen Vorwürfen und Verurteilungen ergingen. Aus deutscher Sicht erschien es vordringlich, daß der zwischen den »Großen« abgerissene Kontakt wieder repariert, die Sprachlosigkeit überwunden, das Hineinschlittern in einen großen Konflikt von der Peripherie her, ä la 1914, vermieden wurde. Helmut Schmidt ließ jedoch keinen Zweifel daran, daß die Bundesrepublik in diesem Konflikt nicht neutral bleiben, keine unbeteiligte Mittlerposition zwischen den beiden Kontrahenten einnehmen konnte; sie war eingebunden in das westliche Bünd­ nis, das ihre Sicherheit gewährleistete. Nur auf dieser Grundla­ ge konnte sie sich um eine Wiederaufnahme des Dialoges bemü­ hen und gegenüber der Sowjetunion für Kompromißbereit­ schaft plädieren. Auch innenpolitische Gründe legten der Bundesregierung ei­ nen Verzicht auf allzu schrille Töne gegenüber Moskau nahe. Aufgeschreckt durch die Verschlechterung der Ost-West-Be­ ziehungen gewann die Kritik am NATO-Doppelbeschluß an Wirksamkeit. Sie wurde zum Kristallisationspunkt eines zu­ nächst ökologisch orientierten Protestpotentials, das sich in den Jahren 1981-1983 zu einer medienwirksamen und massenmobi­ lisierenden Friedensbewegung entwickelte. Eingedenk der War­ nungen Breschnews, eine westliche »Nachrüstung« würde die Entspannung zusätzlich belasten und schließlich unmöglich machen, forderte die Friedensbewegung einen Verzicht auf jede Raketenstationierung. Der Bundesregierung mußte demgegen­ über daran gelegen sein, die Möglichkeit und die Notwendig­ keit einer Verhandlungslösung zu betonen. Die Bundesregierung entfaltete daher eine rege diplomatische Aktivität. Während die USA das Ziel verfolgten, die Sowjetuni55 Regierungserklärung des Bundeskanzlers zur internationalen Lage. Abgegeben am 17. Januar 1980 vor dem Deutschen Bundestag. In: Bulletin der Bundes­ regierung, Nr. 8, 18. Januar 1980, S. 61-65 (S. 62).

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on (und das Regime der Mullahs im Iran) zu isolieren sowie den Westen in der Verurteilung des sowjetischen Vorgehens und in der »Bestrafung« durch Wirtschaftssanktionen und Boykott der Olympischen Spiele in Moskau im Sommer 1980 zu einen, wa­ ren für die Bundesregierung Strafmaßnahmen nur ein letztes Mittel, wenn alle diplomatischen Bemühungen um eine Kon­ fliktlösung versagten. Vor allem aber wollte sie den abgerisse­ nen Gesprächsfaden zwischen Ost und West wieder knüpfen. Um dieser Position politischen Rückhalt zu geben, bemühte sich Bonn zunächst um Abstimmung mit seinen europäischen Verbündeten. Die Kontakte mit Paris standen dabei im Vorder­ grund. Zwischen der Bundesrepublik und Frankreich bestan­ den nicht nur enge politische Beziehungen, sondern zwischen Helmut Schmidt und Frankreichs Staatspräsident Valery Gis­ card d’Estaing hatte sich ein besonderes Vertrauensverhältnis herausgebildet. Es beruhte auf einer sehr ähnlichen Sicht der internationalen Probleme, mit denen ihre Länder in den siebzi­ ger Jahren konfrontiert waren, vor allem aber auf dem großen Respekt, den beide füreinander empfanden. Auf diese Weise gestalteten sich die deutsch-französischen Beziehungen zu einer »Bonne Entente«, wie Giscard zu sagen pflegte, in der sich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Bundesrepublik mit dem aus einer lebendigen nationalen Tradition gespeisten Führungs­ anspruch Frankreichs verbanden. Wesentliche politische Initia­ tiven der siebziger Jahre - die Weltwirtschaftsgipfel, das Euro­ päische Währungssystem - gingen auf die Zusammenarbeit zwischen diesen beiden Staatsmännern zurück. Bereits am 7. Januar 1980, gerade zehn Tage nach Beginn der sowjetischen Intervention in Afghanistan, reiste Bundeskanzler Schmidt zu einem Gespräch mit Staatspräsident Giscard d’Es­ taing nach Paris. Vier Wochen später, im Rahmen der regelmä­ ßigen deutsch-französischen Konsultationen, legten dann beide Regierungen ihre Haltung fest: »Frankreich und die Bundesre­ publik Deutschland, deren Bürger die Schrecken der beiden Weltkriege auf ihrem eigenen Boden erlebt haben, haben sich dreißig Jahre lang für die Schaffung einer stabilen und friedli­ chen Welt eingesetzt ... Sie sind der Auffassung, daß die euro­ päischen Mächte unter den derzeitigen Umständen besondere Verantwortlichkeiten zu übernehmen haben, wobei sie sich, zu­ sammen mit ihren Bündnispartnern, versichern, daß das grund­ legende Gleichgewicht, das die Sicherheit ihrer Länder und die Sicherheit Europas bedingt, gewährleistet wird. Ihre Bemühun­ 146

gen zur Überwindung der Krise haben nur dann einen Sinn, wenn die Sowjetunion ihren Willen bekundet, darauf einzuge­ hen. «5'i Ende Februar reiste Bundeskanzler Schmidt zu Konsultatio­ nen mit der britischen Regierung nach London. Im Frühjahr 1979, nach dem Wahlsieg der Konservativen, hatte Margaret Thatcher den Labour Politiker James Callaghan als Premiermi­ nister abgelöst. Schmidt fand es zunächst schwierig, einen per­ sönlichen Kontakt zu Frau Thatcher zu finden; auch folgte ihre Politik anderen Prioritäten als diejenige ihrer kontinentalen Partner. Diese Konsultationen wurden ergänzt durch Gespräche mit anderen europäischen Regierungen, die teils bilateral, teils im Rahmen der Europäischen Politischen Zusammenarbeit geführt wurden, in ihrer Intensität jedoch nicht an die deutsch-franzö­ sische Entente heranreichten. Anfang März flog der Bundeskanzler dann zu einem Besuch in die USA, um Präsident Carter die deutschen Vorstellungen vorzutragen. Beide Staatsmänner waren sich dabei zwar in der Verurteilung der sowjetischen Intervention in Afghanistan und in der Forderung nach Abzug der sowjetischen Truppen einig, vertraten jedoch unterschiedliche Auffassungen über die Maß­ nahmen, welche jedes Land als Reaktion auf das sowjetische Vorgehen ergreifen sollte. Die Bundesrepublik befürwortete ei­ ne Arbeitsteilung unter den westlichen Verbündeten, wobei das Schwergewicht Bonner Aktionen in Europa und bei der Hilfe für die Türkei liegen würde. Den von Washington gewünschten Einsatz der Bundeswehr in der Golf-Region oder zumindest ein »Flagge-Zeigen« der Bundesmarine ließ das Grundgesetz nicht zu. Beide waren sich jedoch darüber einig, daß eine Teilnahme an den Olympischen Spielen in Moskau nicht in Frage kam, solange sowjetische Truppen in Afghanistan standen. Die Frage der Teilnahme der Bundesrepublik an dem Olym­ pia-Boykott zeigte jedoch auch die Schwierigkeiten einer Posi­ tion, die Festigkeit und Geschmeidigkeit miteinander zu ver­ binden suchte. Der Olympia-Boykott war zugegebenermaßen innenpolitisch unpopulär, aber die Bundesregierung wußte auch, daß ihre Sportler sich nicht an den Spielen beteiligen 54 Gemeinsame Erklärung von Staatspräsident Valéry Giscard d’Estaing und Bundeskanzler Helmut Schmidt anläßlich der 35. deutsch-französischen Konsul­ tationen am 5. Februar 1980 in Paris. In: Europa-Archiv, Folge 7/1980, S. D 166.

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konnten, wenn die USA ihnen fernblieben. Sie hielt jedoch nichts von dramatischen Gesten. Dies führte dazu, daß z. B. die britische Premierministerin Thatcher die sowjetische Aktion in Afghanistan sehr viel entschiedener verurteilte und lautstarker eine Bestrafung Moskaus forderte als Bonn dies tat. Die Bun­ desrepublik setzte sich damit dem Vorwurf der Leisetreterei aus. Im Endeffekt war sie es aber, die den Olympischen Spielen in Moskau fernblieb, während britische und französische Sport­ ler zu diesem »Fest des Friedens« antraten. Während der Bundeskanzler noch in den Vereinigten Staaten war, erreichte ihn ein Schreiben Breschnews, das zwar in der Sache keine neuen Gesichtspunkte enthielt, jedoch ein sowjeti­ sches Interesse signalisierte, mit der Bundesrepublik den Ge­ sprächsfaden nicht abreißen zu lassen. Außerdem erneuerte der sowjetische Staats- und Parteichef die im vorangegangenen Herbst von Außenminister Gromyko bei seinen Gesprächen in Bonn überbrachte Einladung an Bundeskanzler Schmidt zu ei­ nem Besuch in Moskau. Um diese Reise keinen Mißdeutungen auszusetzen, war es notwendig, zuerst Übereinstimmung in den westlichen Positionen zu erreichen. Dies geschah auf dem »Eu­ ropa-Gipfel«, der Tagung des Europäischen Rates am 13. und 14. Juni 1980 in Venedig, und auf dem »Weltwirtschaftsgipfel«, dem Treffen der Staats- und Regierungschefs der sieben westli­ chen Industriestaaten am 22. und 23. Juni 1980 ebenfalls in Ve­ nedig. Der Kompromiß, in der darauffolgenden Woche auf der Tagung des NATO-Rates in Ankara von den Außenministern bekräftigt, besagte, daß entschiedene Maßnahmen gegen das militärische Vorgehen der Sowjetunion notwendig wären, daß sie jedoch mit Bemühungen um Verbesserung des Ost-WestVerhältnisses und zur Aufrechterhaltung der Gesprächskontak­ te zwischen Ost und West vereinbar sein sollten. Dieser Kon­ sens wurde möglich, nachdem alle Staaten noch einmal ihre Entschlossenheit bekräftigt hatten, beide Teile des NATODoppelbeschlusses - Nachrüstung und Verhandlungsbereit­ schaft - loyal zu erfüllen. Als der Bundeskanzler am 30. Juni 1980 in Moskau eintraf, war er der erste westliche Regierungschef, der nach der sowjeti­ schen Intervention in Afghanistan Moskau besuchte. Am 19. Mai war es aber bereits zu einem Treffen zwischen dem sowjetischen Staats- und Parteichef Breschnew und Staatspräsi­ dent Giscard d’Estaing im Schloß Wilanow bei Warschau ge­ kommen. Auch anläßlich der Beisetzungsfeierlichkeiten für den 148

jugoslawischen Staatschef Marschall Tito hatten verschiedene Ost-West-Begegnungen stattgefunden. Diese Treffen erleich­ terten einerseits den Besuch Schmidts in Moskau, da sie ihm das Spektakuläre nahmen; signalisierten andererseits aber auch die Vorbehalte selbst eines so engen Verbündeten wie Frankreich dagegen, daß der Bundesrepublik die Rolle eines Sprechers der Westeuropäer gegenüber der Sowjetunion zuwuchs. Hinzu kam das wache Mißtrauen der Amerikaner, wie es Präsident Carter in dem Schreiben an Bundeskanzler Schmidt vom 13. Ju­ ni zum Ausdruck gebracht hatte, das zu der Kontroverse in Venedig geführt hatte. Auf diese Weise wurde der enge Hand­ lungsspielraum sichtbar, in dem sich die Bundesrepublik bewe­ gen mußte. Aus Bonner Sicht brachte der Besuch in Moskau drei Ergeb­ nisse. Erstens war er eine Bestätigung dafür, daß die Ostpolitik der Bundesrepublik durch die weltpolitischen Krisen zwar be­ lastet wurde, die Bereitschaft zu Verhandlungen und der Wille zum Interessenausgleich jedoch fortbestanden. Dies war außen­ politisch wichtig und hatte innenpolitisch Symbolcharakter. In einer durch Kriegsfurcht geprägten Stimmung beruhigte es, wenn ein deutscher Bundeskanzler dem Kreml-Herrscher zu­ prosten konnte: »Unser Kurs heißt Frieden.«55 Das zweite Ergebnis betraf die eingefrorenen Rüstungskon­ trollverhandlungen. Zwar forderte die sowjetische Regierung weiterhin, der Westen müsse den NATO-Nachrüstungsbeschluß rückgängig machen, da die Aufstellung neuer amerikani­ scher Systeme das gesamtstrategische Gleichgewicht über den Haufen werfe. Andernfalls drohte sie mit Gegenmaßnahmen. Der Kreml modifizierte seine Position jedoch insofern, als er sich bereit erklärte, mit der NATO über Waffen mittlerer Reichweite zu verhandeln. Allerdings sollte dann auch über alle in Europa stationierten Nuklearwaffen der USA gesprochen werden, welche sowjetisches Territorium erreichen konnten. Konkrete Vereinbarungen wurden jedoch von der Ratifizierung des SALT-II-Vertrages abhängig gemacht. Das gleiche galt für die Aufnahme von Verhandlungen über SALT III. Immerhin war nunmehr der Weg frei für den politischen Versuch, auch die zweite Schiene des NATO-Doppelbeschlusses zu realisieren. 55 Tischrede von Bundeskanzler Helmut Schmidt bei einem Essen am 30. Juni 1980 anläßlich seines Besuches in Moskau. In: Europa-Archiv, Folge 15/1980, S. D 429-433 (S. D 432).

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Drittens führte Bundeskanzler Schmidt seine delikate Mis­ sion durch, ohne bei der sowjetischen Führung Zweifel darüber aufkommen zu lassen, daß die Bundesrepublik fest im westli­ chen Bündnis verankert war. Dazu trug auch seine offene Kritik an dem sowjetischen Vorgehen in Afghanistan bei. Es wäre vermessen, diese Ergebnisse der Moskau-Reise als einen »Durchbruch« zu bezeichnen. Aber es war ein Fort­ schritt, und dieser war der Hartnäckigkeit der Bonner Diplo­ matie zu verdanken. Der deutsche Regierungschef sah sich da­ bei nicht als Vermittler zwischen den beiden Weltmächten dazu reichte das weltpolitische Gewicht der Bundesrepublik nicht aus - sondern als »Dolmetscher«56, der sich um die Wie­ deraufnahme des Dialoges zwischen ihnen bemühte. Zwei voneinander unabhängige Ereignisse verzögerten je­ doch den Beginn eines neuen Ost-West-Dialoges. Zum einen verschärfte sich die Krise in Polen, wo es im Sommer 1980 zu Arbeiterunruhen und zur Bildung einer unabhängigen Gewerk­ schaft kam. Als die polnische Regierung Schritt für Schritt vor der Dynamik der nicht mehr auf gewerkschaftliche Aktivitäten beschränkten Forderungen der »Solidarität« zurückwich, be­ fürchteten viele im Westen einen neuen militärischen Eingriff der Sowjetunion - und hielten den Atem an. Auch das zweite Ereignis warf bereits 1980 seine Schatten voraus: der Wahlsieg des republikanischen Kandidaten Ronald Reagan in den Vereinigten Staaten und sein Einzug in das Weiße Haus im Januar 1981. Er forderte eine grundlegende Überprü­ fung der bisherigen Rüstungskontrollpolitik und verwarf Ver­ handlungen, ehe die Vereinigten Staaten diese nicht aus einer Position militärischer Stärke heraus führen konnten. Es kam zwar im Oktober/November 1980 zu ersten sowjetisch-ameri­ kanischen Gesprächen über eine Begrenzung der Mittelstrekkensysteme in Europa, nach dem Wahlsieg Reagans wurden sie jedoch unterbrochen. Erst ein Jahr später, und nicht unbeein­ flußt vom Drängen der europäischen Verbündeten, signalisierte Washington dann Verhandlungsbereitschaft. In der Bundesrepublik war die SPD/FDP-Koalition und ihre Regierungsfähigkeit bei den Wahlen zum 9. Deutschen Bundes56 So Regierungssprecher Kurt Becker auf einer Pressekonferenz am 23. No­ vember 1981 über die Ergebnisse des Breschnew-Besuchs. Zit. bei Christian Schmidt-Häuer, Ein Russe am Rhein. Bilanz in Bonn: Der Kreml will verhan­ deln. In: Die Zeit, 27. 11. 1981, S. 3.

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tag bestätigt worden. Vor allem die FDP konnte Stimmenge­ winne verbuchen. Das Entstehen einer dynamischen Friedens­ bewegung, die mehr und mehr die bisherige Sicherheitspolitik der Bundesrepublik kritisierte und Zweifel an der Friedfertig­ keit der neuen amerikanischen Führung äußerte, begrenzte je­ doch zunehmend die innenpolitischen Gestaltungsmöglichkei­ ten der Bundesregierung, zumal die Kritik an den USA von weiten Kreisen der SPD geteilt wurde. Außenpolitisch wurde der Handlungsspielraum von sowjetischem Druck und ameri­ kanischem Gegendruck begrenzt. Theo Sommer schrieb damals in der >ZeitZeit< in Bonn. In: Die Zeit, 24. 12. 1982, S. 9-12 (S. 10).

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muß mit der Ausstellung vorläufiger Reiseausweise der BRD für Bürger der DDR bei derem zeitweiligen Aufenthalt in der BRD, ebenso mit der Ausstellung von BRD-Pässen für Bürger der DDR durch Botschaften der BRD in dritten Staaten. Wir halten auch die Zeit für gekommen, auf diplomatischem Gebiet, so wie es den Beziehungen zwischen zwei souveränen, vonein­ ander unabhängigen Staaten zukommt, Botschafter auszutau­ schen, d. h. die Ständigen Vertretungen der DDR und der BRD in das zu verwandeln, was dem Völkerrecht entspricht - in Botschaften. Das wäre ein sichtbarer Schritt zur Normalisie­ rung der Beziehungen zwischen den beiden deutschen Staa­ ten .. . Den Interessen des Friedens und der guten Nachbar­ schaft würde es dienen, möglichst bald eine Regelung des Grenzverlaufs auf der Elbe entsprechend dem internationalen Recht herbeizuführen, die bisher an unannehmbaren Stand­ punkten der BRD scheiterte. «60 Mit ihrer Doppelstrategie von praktischer Kooperation mit dem Westen bei gleichzeitiger politischer Abgrenzung, die pri­ mär dem Ziel der innenpolitischen Stabilisierung dienen sollte, möglicherweise aber auch ein Signal der Ideologietreue in Rich­ tung Osten war, riskierte die DDR jedoch, daß sie damit den Normälisierungsprozeß in den deutsch-deutschen Beziehungen belastete, wenn nicht gar unterbrach. Mit ihren Statusforderun­ gen rührte sie an Pflöcke, die zwar durch den Lauf der Ge­ schichte morsch geworden, jedoch durch den Spruch des Bun­ desverfassungsgerichtes 1974 noch tiefer eingeschlagen worden waren und damit den Handlungsspielraum der Bundesregie­ rung in ihrem Verhältnis zur DDR auf absehbare Zeit begrenz­ ten. Die Erhöhung des Zwangsumtausches berührte ebenfalls ei­ nen Kernbereich Bonner Deutschlandpolitik, in der »menschli­ chen Erleichterungen« ein besonderer Stellenwert zukam. Die Bundesregierung machte daher deutlich, daß für sie eine drasti­ sche Verringerung beim Zwangsumtausch eine Voraussetzung für Verhandlungen über verschiedene von der DDR vorgeschla­ gene Großprojekte im Energie- und Verkehrsbereich war. Al­ lerdings war angesichts der Finanznot im Bundeshaushalt abzu60 Rede von Generalsekretär Erich Honecker am 13. Oktober 1980 in Gera zur Eröffnung des SED-Parteilehrjahres 1980/81. In: Bundesministerium für Innerdeutsche Beziehungen (Hrsg.), Texte zur Deutschlandpolitik. Reihe II, Bd. 8, S. 170-179 (S. 177f.).

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sehen, daß Bonn in den nächsten Jahren nur sehr beschränkt Mittel für kostenintensive Großprojekte aufbringen konnte ungeachtet der Haltung der DDR. Und schließlich sah sie wohl nicht voraus, daß der Abschluß einiger dieser Projekte wenig später für sie als politischer Ausweis der Kontinuität ihrer Deutschlandpolitik notwendig wurde, ohne daß die DDR die geforderten Gegenleistungen erbracht hatte. Im Dezember 1981 fand dann die zweimal verschobene Be­ gegnung zwischen Bundeskanzler Schmidt und Generalsekretär Honecker in der DDR statt. Unter dem Eindruck der Ver­ schlechterung in den Ost-West-Beziehungen hatten Bundesre­ gierung und DDR-Führung am 30. Januar 1980 mitgeteilt, daß der Termin des ursprünglich für Februar vorgesehenen Besu­ ches auf einen für beide Seiten geeigneteren Zeitpunkt verscho­ ben würde. Dann sollte der Besuch im August stattfinden. Er wurde von Bonner Seite erneut kurzfristig mit Blick auf die Entwicklung in Polen abgesagt. Die Bundesregierung betonte dabei, daß diese Absage nicht der Beginn einer Verhärtung in den innerdeutschen Beziehungen sei. Sie fürchtete, daß wäh­ rend des Besuchs Ereignisse - hier dachte sie vor allem an ein sowjetisches Eingreifen in Polen - eintreten könnten, die die Handlungsfreiheit der Gesprächspartner beeinträchtigen wür­ den. Es zeigte sich freilich, daß die Verschiebung des SchmidtBesuches kein geeignetes Mittel war, um die Beziehungen zwi­ schen den beiden deutschen Staaten von den übrigen Entwick­ lungen abzuschirmen, in Sonderheit nicht von den Ereignissen in Polen. Bei seinem Besuch wollte der Kanzler vor allem herausfinden, »wo es konkrete Aussichten für eine zukünftige, stetige Ent­ wicklung der Beziehungen zwischen uns geben kann und wo wir im Interesse der Bürger sowohl der Bundesrepublik Deutschland als auch der Bürger der Deutschen Demokrati­ schen Republik die Qualität der Beziehungen zwischen den beiden deutschen Staaten anheben können«.61 Ähnlich wie bei den Gesprächen mit dem sowjetischen Par­ teichef Breschnew drei Wochen zuvor in Bonn, nahmen in den 61 Bundeskanzler Helmut Schmidt auf einer Pressekonferenz am 13. Dezem­ ber 1981 in der »Jugendhochschule Wilhelm Pieck« in Biesenthal/DDR. In: Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung, Nr. 121, 15. 12. 1981, S.1039-1041.

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Gesprächen mit Generalsekretär Honecker und der DDR-Füh­ rung am Werbellinsee Fragen der Sicherheit und der Rüstungs­ beschränkung breiten Raum ein. Diese neue Akzentuierung in den deutsch-deutschen Beziehungen hatte eine Reihe von Gründen. Einmal ordnete sich Ost-Berlin damit in die von Moskau geführte »Friedenskampagne« ein, deren bevorzugter Adressat die Bundesrepublik und deren Ziel es war, die Statio­ nierung neuer amerikanischer Mittelstreckenraketen in Westeu­ ropa zu verhindern. Zum anderen konnte die DDR auf diese Weise ein Mitspracherecht in internationalen Sicherheitsfragen kundtun. Und schließlich reagierte die SED-Führung damit auf die auch in der DDR wachsende Kriegsfurcht in der Bevölke­ rung. Im Kommunique fand dies seinen Niederschlag in der Formulierung, »daß von deutschem Boden nie wieder Krieg ausgehen darf«62 und in dem Bekenntnis, daß sich die beiden deutschen Staaten ihrer großen Verantwortung für die Siche­ rung des Friedens in Europa bewußt seien. Gleichzeitig machte die Begegnung Schmidt-Honecker aber auch den geringen Gestaltungsspielraum der beiden deutschen Staaten für die Entwicklung der innerdeutschen Beziehungen deutlich. In einem Interview mit dem SED-Zentralorgan >Neues Deutschland« ließ Honecker daran keinen Zweifel, wenn er von dem »Wechselverhältnis zwischen den bilateralen und den internationalen Seiten unserer Beziehungen« sprach und deren Bedeutung für Frieden und Entspannung unterstrich. »Ande­ rerseits kann sich keiner der beiden Staaten von der Weltpolitik abkoppeln. Von einer allgemeinen Verschärfung der Weltlage können sie nicht unberührt bleiben.«63 Der SED-Generalsekre­ tär hob dabei vor allem auf den NATO-Nachrüstungsbeschluß ab. Konkrete Verbesserungen in den deutsch-deutschen Bezie­ hungen, insbesondere die insgeheim erhoffte Ermäßigung des Mindestumtausches, blieben aus. Die Verkündung des Kriegs­ rechtes in Polen am 13. Dezember 1981, dem letzten Tag des Besuches von Bundeskanzler Schmidt in der DDR, machte ih­ rerseits die Grenzen westlicher Entspannungspolitik deutlich. War das Zusammenfallen des Besuches von Schmidt in der

62 Gemeinsames Kommunique über den Besuch von Bundeskanzler Helmut Schmidt vom 11. bis zum 13. Dezember 1981 in der Deutschen Demokratischen Republik. In: Europa-Archiv, Folge 3/1982, S. D 79-82 (S. D 79). 63 SED-Generalsekretär Erich Honecker in einem Interview mit dem »Neuen Deutschland* am 16. 11. 1981.

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DDR mit der Verkündung des Kriegsrechtes in Polen eine Fal­ le, in die Honecker seinen Gast tappen ließ - ähnlich wie der Staatssicherheitsdienst in Güstrow eine potemkinsche Kulisse aufgebaut und den Bundeskanzler bei seinem Besuch in der mecklenburgischen Kleinstadt am letzten Tag der DDR-Reise an jedem Kontakt mit der dortigen Bevölkerung gehindert hatte - oder war die DDR-Führung ebenfalls von der Zuspitzung der Ereignisse in Polen überrascht worden? Viel spricht für die These, daß Honecker über die geplanten Maßnahmen infor­ miert war, jedoch glaubte, sie würden später erfolgen. Ein ho­ her DDR-Funktionär erklärte das so: »Die Genossen in War­ schau konnten offensichtlich nicht mehr warten.«64 Trotz der relativen Ergebnislosigkeit des Schmidt-Besuches gaben Bundesrepublik und DDR in der Folge mehrfach zu er­ kennen, daß sie die Bemühungen um einen Interessenausgleich nicht für beendet hielten. Im Zusammenhang mit der Afghani­ stan- und der Polen-Krise hatte die DDR an Eigengewicht ge­ wonnen. Die Schwäche des polnischen Regimes wertete sie in­ nerhalb des sozialistischen Lagers auf; aufgrund ihrer politi­ schen Verläßlichkeit und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit wurde Ost-Berlin zum wichtigsten Verbündeten Moskaus. Die Westpolitik der DDR war ein Faktor ihrer inneren Stabilität, sie ließ sich aus sowjetischer Sicht jedoch ebenfalls nutzen, um der Bundesrepublik eine entspannungspolitische Perspektive zu bieten und um zu verhindern, daß Bonn voll auf die konfron­ tative Politik der USA einschwenkte. Seine Grenzen fand der gewachsene Handlungsspielraum der DDR jedoch an dem stets latenten Mißtrauen in Moskau und in anderen osteuropäischen Hauptstädten, daß die Führung in Ost-Berlin deutschen Inter­ essen den Vorrang vor denjenigen der sozialistischen Bruder­ staaten geben könnte. Dies zwang die DDR zu einer Gratwan­ derung zwischen Eigeninteresse und Blockdisziplin. Die Krise in Polen konfrontierte auch die Bundesrepublik mit einem Dilemma: ein Ausweg aus der Krise schien für Polen nur über die wirtschaftliche und politische Stabilisierung eines re­ pressiven Regimes möglich und lief dabei den- westlichen Wert­ vorstellungen zuwider, während die von den USA verfolgte Politik einer Isolierung Polens und der »Bestrafung« der So­ wjetunion mit Sicherheit keine Liberalisierung in Polen bewirH Zit. bei Jonathan Carr, Helmut Schmidt. Helmsman of Germany. London 1985, S. 174.

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ken, darüber hinaus aber die Ost-West-Beziehungen einer un­ erträglichen Belastung aussetzen würde. Der von der Bundesre­ gierung eingeschlagene mittlere Kurs - politische Verurteilung des Militärregimes, aber Fortsetzung einer begrenzten wirt­ schaftlichen Kooperation - brachte die Bundesrepublik in einen Gegensatz zu der harten Linie Washingtons, ohne daß er die Entspannungspolitik wieder flottmachte. Auch innenpolitisch gab es Widerstand: Während die CDU/CSU-Opposition den Vorrang von Bündnisgesichtspunkten forderte, hätten es Frie­ densbewegung und SPD-Linke am liebsten gesehen, wenn die Bundesregierung die eigenen europäischen Interessen betont und neue Entspannungsinitiativen entwickelt hätte, auch wenn dies zu ernsthaften Konflikten mit den USA führte. Sie wären am liebsten zu den Wurzeln der Ost-Politik der Sechziger jahre zurückgekehrt. Die pragmatische Vorgehensweise der Regierung Schmidt/ Genscher ebenso wie die an dieser geübte Kritik machten deut­ lich, wie sehr sich die Ost- und Entspannungspolitik seit dem Beginn der sozial-liberalen Koalition gewandelt hatte. Willy Brandt, zunächst Außenminister der Großen Koalition und seit 1969 erster sozialdemokratischer Regierungschef, orientierte seine Politik an der langfristigen Perspektive einer Europäi­ schen Friedensordnung. Eines Tages sollten die Konfronta­ tionsstrukturen der militärischen Bündnisse überflüssig werden und in einem System kollektiver Sicherheit aufgehen. Die Euro­ päische Friedensordnung könnte auch den Rahmen abgeben für eine Lösung der deutschen Frage. Auf der Basis der De-factoAnerkennung der DDR wäre eine deutsch-deutsche Annähe­ rung möglich, die langfristig zum Wandel innerhalb der beiden deutschen Staaten und schließlich zur Einebnung der gesell­ schaftlichen Unterschiede führen könnte. Diese Erwartung ei­ nes »Wandels durch Annäherung«65 hatte Egon Bahr bereits 1963 in seinen Tutzinger Thesen vertreten. Am Ende, nachdem sowohl der ideologische als auch der militärische Gegensatz an Bedeutung verloren hatte, vielleicht sogar ganz abgebaut wor­ den war, würde eine Wiedervereinigung stehen, wohl weniger im nationalen als im europäischen Rahmen. 65 Egon Bahr, damals Leiter des Presse- und Informationsamtes des Landes Berlin, in einer Rede am 15. Juli 1963 in der Evangelischen Akademie Tutzing. Abgedruckt in: Boris Meißner (Hrsg.), Die deutsche Ostpolitik 1961-1970. Köln 1970, S. 45-48 (S.48).

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Mitte der siebziger Jahre, mit dem Wechsel von Brandt zu Schmidt, begann die politische Führung in der Bundesrepublik den mit dem Begriff »Europäische Friedensordnung« umschrie­ benen Zielhorizont zugunsten einer Politik des Gleichgewichts zurückzunehmen. In Europa wurde Frieden nicht mehr als das Ergebnis einer Veränderung der bestehenden Sicherheitsstruk­ turen, sondern im Gegenteil, ihrer Stabilisierung gesehen. Diese Kursberichtigung trug zum einen der Tatsache Rechnung, daß die europäische Entwicklung nicht losgelöst von den Interessen der Weltmächte gesehen werden konnte, deren Präsenz in Eu­ ropa notwendig blieb. Zum anderen spiegelte sie die redu­ zierten Erwartungen hinsichtlich der Entwicklung der OstWest-Beziehungen wider, die auch weiterhin von dem machtund gesellschaftspolitischen Gegensatz geprägt sein würden. Schließlich war sie Ausdruck der politischen Vorstellungswelt Helmut Schmidts, in der das Konzept des Gleichgewichts seit langem eine wichtige Rolle spielte. Allerdings hielt die von Schmidt propagierte Politik des Gleichgewichts keine die Phantasie beflügelnden Perspektiven für die Lösung der deutschen Frage bereit. Sie beschränkte sich darauf, die Verantwortung der beiden deutschen Staaten zu be­ tonen, daß von ihrem Boden kein Krieg mehr ausgehen dürfe. Ansonsten bestand die Deutschlandpolitik der Regierung Schmidt/Genscher primär in Vereinbarungen mit dem anderen deutschen Staat, die der Sicherung Berlins dienen sowie Verkehr und Handel zwischen den Deutschen fördern sollten. Dieses pragmatische Vorgehen war möglich trotz gleichzeitiger ideolo­ gischer Abgrenzung. Die zunächst gehegte Erwartung, daß die »Verantwortungs­ gemeinschaft« zwischen den beiden deutschen Staaten eine Ver­ schlechterung der internationalen Situation nach Afghanistan überdauern würde, ja, daß es Bonn und Ost-Berlin gelingen könnte, in ihren jeweiligen Bündnissen ausgleichend zu wirken, erwies sich unter dem Eindruck der Polen-Krise als nicht reali­ stisch. Der Handlungsspielraum der beiden deutschen Staaten war und blieb begrenzt. Wenn sich die Deutschen nicht dem Verdacht - und den daraus folgenden Repressalien - aussetzen wollten, sie seien Wanderer zwischen zwei Welten, dann muß­ ten sie sich in Krisenzeiten um die Vormacht des eigenen Bünd­ nisses scharen und durften keinen Sonderweg suchen. Eine »Europäisierung Europas« (Peter Bender) - oder auch nur eine zeitweilige Abkoppelung der Europäer von den Händeln der 162

Weltmächte - war eben nicht möglich. Diese Einsicht in den begrenzten Handlungsspielraum, der auch und besonders die deutsch-deutschen Beziehungen betraf, war die eigentliche Lektion der Doppelkrise Afghanisten/Polen für die Bundesre­ publik Deutschland.

5. Die siebziger und frühen achtziger Jahre - eine »Ära Schmidt«?

War die zweite Hälfte der siebziger Jahre und der Beginn der achtziger Jahre auch eine »Ära Schmidt«66? »Ära« bezeichnet dabei die Zeitspanne, in der dieser Kanzler kraft seiner Persön­ lichkeit und seiner Politik der Bundesrepublik eine unverwech­ selbare Prägung gab, die sich deutlich abhob von der seines Vorgängers Willy Brandt, obgleich beide Sozialdemokraten und eingebunden in eine Koalition mit den Liberalen waren. Willy Brandt war ein Mann der kühnen Visionen. Als er die Richtlinien der Politik bestimmen konnte, war die Situation reif und die Partner im Westen ebenso wie die Nachbarn im Osten bereit zum Modus vivendi in der deutschen Frage. Vor allem aber war nunmehr in der Bundesrepublik eine Mehrheit der politischen Kräfte willens, die Konsequenzen aus der Katastro­ phe des Zweiten Weltkrieges auf sich zu nehmen. Es war dies ein Aufbruch in eine neue Dimension bundesdeutscher Politik, eine Befreiung eigener Art, deren Grenzen erst allmählich sicht­ bar wurden. Als dann Helmut Schmidt im Mai 1974 die Regierungsge­ schäfte übernahm, war die Aufbruchstimmung verflogen. Der Zusammenbruch des internationalen Währungssystems ebenso wie die katastrophalen Folgen der Ölkrise für die deutsche Wirtschaft ließen die Prognosen des Club of Rome über die »Grenzen des Wachstums«67 realistisch erscheinen. Die

66 Schmidt selbst zieht den Begriff »Epoche« vor. Vgl. Frankfurter Rund­ schau, 10. 12. 1982. Im deutschen Sprachgebrauch hat der Begriff der »Epoche« jedoch ein stärkeres Element der Dauerhaftigkeit als derjenige der »Ära«. Letzte­ rer ist in jüngster Zeit häufig auch für kürzere Zeiträume und Zeitphänomene verwendet worden. Vgl. Baring, Machtwechsel. 67 Dennis Meadows, Die Grenzen des Wachstums. Bericht des Club of Rome zur Lage der Menschheit. Stuttgart 1972.

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deutsch-deutschen Beziehungen hatten sich an den Bemühun­ gen Ost-Berlins um ideologische Abgrenzung festgefahren. Die Bundesrepublik konnte zwar in der multilateralen Entspan­ nungspolitik mit der Unterzeichnung der KSZE-Schlußakte 1975 noch einen weiteren Erfolg verbuchen, zu dessen Zustan­ dekommen sie maßgeblich beigetragen, hatte. Bald wurde je­ doch deutlich, daß dieses Dokument eher das in der ersten Hälfte der siebziger Jahre Erreichte beschrieb und festschrieb, als daß es neue Möglichkeiten für den Fortgang der Entspan­ nungspolitik eröffnete. Vor allem aber blieb eine wesentliche Spannungsursache ausgeklammert: die militärische Konfronta­ tion in Europa wie in der Welt. Darüber wurde zwar in Wien wie in Genf verhandelt, aber rasche Erfolge waren nicht abzuse­ hen. In dieser weltpolitischen Situation war also nicht der Archi­ tekt neuer, kühner Gebäude gefragt, sondern vielmehr ein Poli­ tiker, der darauf hinwirken würde, die in der Nachkriegszeit geschaffenen internationalen Strukturen zu bewahren und sie an die Bedingungen der Gegenwart anzupassen. Würde mit Helmut Schmidt wieder der richtige Mann zur richtigen Zeit ins Palais Schaumburg einziehen? (Noch in die verwinkelte, weiße Villa im schattigen Park zwischen Adenauerallee und Rhein; erst 1976 erfolgte der Umzug in das schwarze Gebäude aus Glas und Stahl, unter der Kanzlerschaft Willy Brandts geplant, von Schmidt als »Sparkassenfiliale« ver­ spottet.) Für Schmidt waren Stabilität, Berechenbarkeit und Glaubwürdigkeit die obersten Tugenden eines Staatsmannes zugegeben, vor allem bei der Kritik an anderen Politikern, so z. B. an Jimmy Carter, aber auch bei sich selber. Das Motto seiner ersten Regierungserklärung vom 17. Mai 1974 gab bereits die Richtung an: Kontinuität und Konzentration68. Einige der Kommentatoren zeigten sich erstaunt: war dies der Helmut Schmidt, der 1962 als Innensenator in Hamburg die Flutkatastrophe mit Bravour gemeistert hatte, ohne viel Rück­ sicht auf überkommene Zuständigkeiten zu nehmen? Oder der 1969 mit einer Fülle von politischen Neuerungen als Verteidi­ gungsminister auf der Hardthöhe eingezogen war? Sein Amt als Bundeskanzler trat Helmut Schmidt mit dem Anspruch an, 68 Regierungserklärung von Bundeskanzler Helmut Schmidt am 17. Mai 1974 im Deutschen Bundestag. Abgedruckt in: Deutscher Bundestag, Verhandlungen. 7. Sitzungsperiode, 100. Sitzung, S. 6593-6606.

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fortsetzen und konsolidieren zu wollen, was die sozial-liberale Koalition 1969 begonnen hatte. Dies war im Vergleich zu Brandt ein deutlich zurückgenommener Anspruch, sowohl für sich als Person als auch für das Amt des Bundeskanzlers. Nicht »Vordenker der Nation« wollte er sein; orientiert an Immanuel Kant und Max Weber sah er sich vielmehr als ein Politiker, der sich den Herausforderungen des Tages stellte, ethischen Nor­ men verpflichtet war und für die Folgen seines Handelns ein­ stand69. Während seiner Amtszeit war Schmidt mit einer doppelten Herausforderung konfrontiert. Im Vordergrund stand die Be­ wältigung der drei Krisen, die die siebziger und die beginnen­ den achtziger Jahre prägten: die Abfolge von Wirtschaftskri­ sen - Währungskrise, erste Ölkrise, Rezession, zweite Ölkrise und erneute Rezession -, außerdem das Entstehen einer »Grau­ zone« eines Rüstungsungleichgewichtes im Mittelstreckenbe­ reich, das zum NATO-Doppelbeschluß führte, und schließlich das Scheitern der Ost-West-Entspannung nach der sowjeti­ schen Intervention in Afghanistan. Hinzu kam noch die Geisel­ nahme von Arbeitgeberpräsident Hanns-Martin Schleyer und die Entführung der Lufthansa-Maschine >Landshut< im Herbst 1977. Keine dieser Krisen ging die Bundesrepublik alleine an; sie betrafen vielmehr die Gemeinschaft der westlichen Staaten insgesamt, wenn auch jeden in unterschiedlicher Weise. Nur gemeinsam konnten sie diese daher angehen. Amerikas Führungsschwäche, zunächst eine Folge von Viet­ nam-Krieg und Watergate-Affäre, dann bedingt durch den ra­ schen Wechsel von Personen und politischen Konzepten im Weißen Haus, war die zweite Herausforderung. Dem deut­ schen Bundeskanzler wuchs ein Maß an weltpolitischer Verant­ wortung zu, das weit über den Rahmen einer mittleren Macht hinausging, als die sich die Bundesrepublik als Folge histori­ scher Belastungen und der Einsicht in die begrenzten politi­ schen Handlungsspielräume der Gegenwart begriff. Besonders deutlich zeigte einerseits die Teilnahme Helmut Schmidts An­ fang 1979 am westlichen Vierergipfel in Guadeloupe die ge­ wachsene sicherheitspolitische Bedeutung der Bundesrepublik, zum andern machten die während der Nachrüstungsdebatte vor 69 Helmut Schmidt, Maximen politischen Handelns. Bemerkungen zu Moral, Pflicht und Verantwortung des Politikers. Rede des Bundeskanzlers auf dem Kant-Kongreß der Friedrich-Ebert-Stiftung am 12. Marz 1981.

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allem von den USA geäußerten Zweifel an der Bündnissolidar­ ität der Deutschen rasch deren Grenzen sichtbar. Die interna­ tionale Bedeutung ließ sich daher nur mit einem hohen Maß an bewußter politischer Zurückhaltung und Selbstbeschränkung kompensieren. Hinzu kam ein Drittes: seit ihrem Bestehen gehörten die Ge­ währleistung ihrer äußeren Sicherheit und die Entfaltung ihres ökonomischen Potentials zu den vorrangigen Zielen der Bun­ desrepublik, die mit unterschiedlichen politischen Strategien, vor allem aber von jeweils anderen Akteuren - man denke an die »Arbeitsteilung« zwischen Adenauer und Erhard, Brandt und Schiller - verfolgt wurden. Seit Anfang der siebzigerJahre ließen sich internationale Turbulenzen und wirtschaftliche Rückschläge jedoch nicht mehr getrennt voneinander behan­ deln. Auch in dieser Hinsicht war es ein Glücksfall, daß bereits am Beginn der konjunkturellen Talfahrt mit Helmut Schmidt ein Politiker die Führungsgeschäfte übernahm, der sich nicht nur als außenpolitischer Experte sowie internationaler Wirt­ schaftsfachmann einen Namen gemacht hatte, sondern der vor allem als Wirtschafts- und Finanzminister ebenso wie als Ver­ teidigungsminister auf beiden Gebieten bereits politische Ver­ antwortung getragen hatte. Weltwirtschaftsgipfel und »Relance Européenne« als Instrumen­ te ökonomischen Krisenmanagements

Für die Bundesrepublik stellten die beiden Ölkrisen von 1973/ 74 und 1978/79 eine enorme volkswirtschaftliche und politische Herausforderung dar - die bedeutendste nach der Periode des Wiederaufbaus unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg. Bes­ ser als den meisten anderen westeuropäischen Ländern gelang es ihr jedoch, die enormen Preissprünge bei den Rohölpreisen durch eine Kombination von energie- und währungspolitischen Maßnahmen aufzufangen und die Wirtschaft der Bundesrepu­ blik relativ rasch wieder aus der Rezession herauszuführen. Der Erfolg der von der Bundesregierung ergriffenen wirt­ schaftspolitischen Maßnahmen war jedoch abhängig von einem gesellschaftlichen Konsens im Innern und von günstigen außen­ wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Die Konzertierte Ak­ tion - die regelmäßigen Zusammenkünfte von Repräsentanten der Gewerkschaften, der Arbeitgeberverbände und der Bundes­ regierung - und, nach ihrem Auseinanderbrechen 1977, die vom 166

Bundeskanzler persönlich gepflegten engen Kontakte nicht nur mit den Gewerkschaften, sondern insbesondere auch mit der Industrie, dienten der sozialen Klimapflege. In der Tat war es bemerkenswert, daß die Bundesrepublik auch in der Wirt­ schaftskrise mit ihren hohen Arbeitslosenziffern von größeren Arbeitskämpfen oder sozialen Unruhen verschont blieb. Dies zeugte davon, daß das Netz des Sozialstaates einerseits Millio­ nen von Arbeitslosen auffangen konnte, andererseits aber die Unternehmer nicht völlig strangulierte. Es wurde von allen So­ zialpartnern gleicherweise bezahlt: von den einen durch Ver­ zicht auf reale Einkommenszuwächse und auf Lebensqualität, von den anderen durch Verzicht auf Gewinne und Investitio­ nen. Das wesentliche Kennzeichen der Rezession Mitte der siebzi­ ger (wie auch derjenigen Anfang der achtziger Jahre) war ihre Gleichzeitigkeit in den westlichen Industriestaaten. Eine natio­ nale Stabilisierung war daher nur möglich, wenn es gelang, die anderen westlichen Industriestaaten zu entsprechenden Maß­ nahmen zu veranlassen. Helmut Schmidt und dem französi­ schen Staatspräsidenten Giscard d’Estaing kommt das Verdienst zu, diese neue Qualität der internationalen Interdependenz er­ kannt und - vor allem - ihr durch entsprechende Maßnahmen Rechnung getragen zu haben. Die Weltwirtschaftsgipfel der sie­ ben führenden westlichen Industrienationen ebenso wie die Verstärkung der europäischen Zusammenarbeit waren ihr Er­ gebnis. 1977/78 wurde mit diesem Instrumentarium ein Maß an weltwirtschaftlicher Koordinierung erreicht, das bisher zwi­ schen souveränen Staaten nicht möglich war - und angesichts divergierender nationaler Prioritäten auch in den achtziger Jah­ ren nicht beibehalten werden konnte. In der Tat stellte sich die Frage, warum es der Bundesrepublik nicht gelang, die zweite Ölkrise ebenso souverän wie die erste zu meistern. Zunächst muß in Erinnerung gerufen werden, daß diese nochmals eine Verdoppelung der Rohölpreise brachte im Vergleich zu 1973 sogar eine Verachtfachung: 1981 kostete die Tonne Rohöl nicht mehr 83 DM, sondern 623 DM! Dann fehlte es der sozial-liberalen Koalition zunehmend an einem gemeinsamen wirtschaftspolitischen Konzept. Während der Lambsdorff-Flügel der FDP auf die Kräfte des Marktes vertrau­ te, wollte die SPD-Linke ein Mehr an staatlicher Lenkung, vor allem aber rief sie nach massiven Arbeitsbeschaffungsprogram­ men, um der auf 2 Millionen gestiegenen Arbeitslosenzahl Herr

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zu werden. Für einen neuen sozialen Konsens fehlten die Ak­ teure: Mit den Rücktritten von Oskar Vetter und Heinz Kluncker hatten die Gewerkschaften ihre einflußreichsten Repräsen­ tanten verloren; ihre farblosen Nachfolger waren nicht in der Lage, die Interessen von Industrie und Arbeitnehmern in einen neuen Konsens einzubringen. Vor allem aber hatten sich die internationalen Rahmenbedin­ gungen geändert. In den Partnerländern der Bundesrepublik dominierten unterschiedliche wirtschaftspolitische Konzepte. Die Reagan-Administration in den USA setzte auf die stimulie­ rende Wirkung einer angebotsorientierten, nationalen Wirt­ schaftspolitik und sah keine Notwendigkeit zur internationalen Abstimmung. Washington wischte die Klagen der Europäer und Japaner über die hohen Zinsen beiseite, die ein Hindernis für eine allgemeine wirtschaftliche Erholung bildeten. Es ver­ wies stattdessen auf die Zugkraft eines wirtschaftlichen Auf­ schwunges in den USA, der auch in anderen Ländern zur Erho­ lung führen würde. Kurzfristig profitierte die Bundesrepublik von der expansiven Wirtschaftspolitik der Linksunion in Frankreich, die nach ihrem Wahlsieg im Mai 1981 die heimische Wirtschaft anzukurbeln suchte, diesen Kurs jedoch nicht lange durchhalten konnte. Eine dauerhafte Erholung vermochte die Bundesrepublik in den achtziger Jahren nicht zu schaffen; sie setzte erst mit Hilfe eines Exportboomes ein, den die Konjunktur in den Vereinigten Staaten 1984/85 auslöste. Die Erkenntnis, daß die Bundesrepublik ihre wirtschaftliche Entwicklung nur im Verein mit den Partnerländern realisieren konnte, ließ sie früh zum Motor der Erweiterung der Europäi­ schen Gemeinschaft werden, die mit dem Beitritt von Großbri­ tannien, Dänemark und Irland am 1. Januar 1973 einen vorläu­ figen Abschluß fand. Frankreich hatte zwar seinen Widerstand gegen den britischen Beitritt - den Staatspräsident de Gaulle 1963 mit einem Veto blockiert hatte - aufgegeben, war jedoch unter der Präsidentschaft Georges Pompidous ein schwieriger Partner geblieben. Dies änderte sich 1974. Etwa gleichzeitig mit dem Wechsel im Kanzleramt in Bonn wurde in Paris der bishe­ rige Finanzminister Valery Giscard d’Estaing zum Staatspräsi­ denten gewählt. Schmidt und Giscard d’Estaing gelang es in den folgenden Jahren, die Europäische Gemeinschaft nicht nur mit neuen Initiativen zu befruchten, sondern ihr auch eine neue politische Qualität zu geben. Mit der Institutionalisierung des 168

Europäischen Rates und der Europäischen Politischen Zusam­ menarbeit (1974) wurde ein wichtiger erster Schritt auf dem Wege zur Politischen Union getan; mit der Schaffung des Euro­ päischen Währungssystems (1978) wurde das Fundament für eine Europäische Währungsunion gelegt. Die enge Abstim­ mung zwischen Bonn und Paris reichte jedoch über regionale Fragen hinaus und führte zu einer von beiden Staatsmännern getragenen »Relance Européenne« in der internationalen Poli­ tik. Diese bezog sich auf die Weltwirtschaftsgipfel ebenso wie auf die gegenseitige Abstimmung in politischen Krisensituatio­ nen. Drei Faktoren begünstigten die Ausprägung einer solchen »europäischen Säule« innerhalb der westlichen Gemeinschaft. Ihre Wurzel hatte sie in der Freundschaft zwischen Schmidt und Giscard d’Estaing, denen es gelang, über die enge persönli­ che Beziehung hinaus ein Maß an politischer Übereinstimmung und damit an weltpolitischem Gewicht zu erreichen, wie dies selbst in der Blütezeit der deutsch-französischen Beziehungen unter Adenauer und de Gaulle nicht denkbar gewesen wäre. Zum zweiten zwang zunächst die Währungskrise, dann die Energiekrise und schließlich die Wirtschaftskrise beide Länder zum gemeinsamen Handeln. Die Wirtschaft der Bundesrepu­ blik war in hohem Maße auf diejenige ihrer westeuropäischen Partner bezogen - über 50 Prozent des Außenhandels wurden innerhalb Westeuropas abgewickelt. Vor allem galt es daher, Handelshemmnisse abzubauen und die Wechselkurse im Ver­ hältnis zu den EG-Partnern zu stabilisieren. Diesem Zweck diente die europäische »Schlange« ebenso wie das Europäische Währungssystem. Aber auch die hohe Abhängigkeit von Roh­ ölexporten und das Angewiesensein auf frei zugängliche Welt­ märkte zwang zur engen Abstimmung; der europäisch-arabi­ sche Dialog mit den Staaten der Arabischen Liga, das gemeinsa­ me Auftreten auf der KIWZ und abgestimmte Positionen auf den Weltwirtschaftsgipfeln waren das Ergebnis. Schließlich forderte der Machtverfall in Washington zur Machtbehauptung durch die Europäer heraus. Der Versuch Au­ ßenminister Kissingers, mit der Proklamation eines »Year of Europe« und über eine neue Atlantik-Charta die amerikanische Vormachtrolle zu erhalten und einen neuen transatlantischen Konsens herzustellen, war gescheitert. Die stattdessen von den Neun verabschiedete Erklärung über »Europäische Identität« war ein deutliches Signal an die Adresse Washingtons, daß die 169

Europäer in Zukunft ihren eigenen Interessen Vorrang geben wollten vor der traditionellen Rücksichtnahme auf die USA70. Bonn und Paris konnten jedoch nur gemeinsam als Sprecher Europas fungieren; während es Frankreich an wirtschaftlicher Kraft fehlte, konnte es die Bundesrepublik aufgrund ihrer si­ cherheitspolitischen Abhängigkeit von den USA sowie ihrer historischen Belastungen nicht wagen, sich zum Wortführer Westeuropas zu machen. (Auf wirtschaftspolitischem Gebiet tat sie es freilich, wenn es der Bundeskanzler jedoch zu deutlich zeigte, dann wurde dies als »schulmeisterliche Belehrung« kriti­ siert.) Die Verbindung mit Paris sicherte Bonn daher ebenso ab wie sie seiner Stimme zusätzliches Gewicht gab. Diese »Relance Européenne« blieb auch nach der Niederlage von Giscard d’Estaing und der Wahl von François Mitterrand zum französischen Staatspräsidenten (und nach der Ablösung Helmut Schmidts in Bonn) erhalten, wenn sie auch an Substanz verlor und die besondere Qualität persönlichen Einvernehmens fehlte. Freilich änderte dies nichts an der Tatsache, daß es den Westeuropäern bisher selten gelungen war, wirklich mit einer Stimme zu sprechen. Wo dies möglich war, wie in der Frage des Osthandels und insbesondere beim westeuropäisch-sowjeti­ schen Erdgas-Röhren-Geschäft, blieb der Erfolg nicht aus. So gelang es in diesem Fall den Europäern (im Verein mit der amerikanischen Wirtschaft), Washington zur Zurücknahme der gegen europäische Firmen verhängten Sanktionen zu bewegen. Häufig ging jedoch die europäische Stimme in den Dissonanzen unter, die auseinanderlaufende nationale Interessen verursach­ ten.

Das doppelte Mißverständnis des NATO-Doppelbeschlusses

In der Sicherheitspolitik nahm die von Schmidt in seinem be­ reits 1969 veröffentlichten gleichnamigen Buch postulierte »Strategie des Gleichgewichts« deutlichere Konturen an. Deut­ sche Friedenspolitik hatte danach zwei Elemente: Sie stützte sich zum einen auf den militärischen Beitrag, den die Bundesre70 Dokument über Europäische Identität, verabschiedet am 14. Dezember 1973 von der Konferenz der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Ge­ meinschaften in Kopenhagen. In: Europa-Archiv, Folge 2/1974, S. D 50-53; Erklärung über die Atlantischen Beziehungen, unterzeichnet von den Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten der NATO am 26. Juni 1974 in Brussel. In: Europa-Archiv, Folge 15/1974, S. D 339-341.

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publik in Form einer leistungsfähigen und in den siebziger Jah­ ren in Ausbildung, Ausrüstung und Führung ständig moderni­ sierten Bundeswehr zum Atlantischen Bündnis leistete. Auf diesem beruhte die Fähigkeit des Westens zu Abschreckung und Verteidigung. Zum andern bestand sie in der Bereitschaft Bonns und seiner Verbündeten, Verhandlungen mit der anderen Seite zu dem Zweck zu führen, durch Rüstungskontrollmaß­ nahmen das militärische Kräfteverhältnis auf eine niedrigere Ebene zu transponieren, durch vertrauensbildende Maßnahmen Bedrohungsperzeptionen abzubauen und durch praktische Ko­ operation die gegenseitige Aufeinanderangewiesenheit (»Sicher­ heitspartnerschaft« nannte es Schmidt einmal) zu verstärken. Das herausragende sicherheitspolitische Ereignis war zweifel­ los der NATO-Doppelbeschluß im Dezember 197971. In die­ sem Zusammenhang ist häufig behauptet worden, mit seiner Londoner Rede im Oktober 1977 habe der Kanzler den Anstoß zur NATO-Nachrüstung gegeben. Damals ging es Schmidt je­ doch darum, auf die Disparitäten bei den euro-strategischen Waffensystemen hinzuweisen, zumal die Sowjetunion gerade dabei war, ihre Überlegenheit in diesem Bereich durch die Sta­ tionierung von neuen SS-20-Raketen zu stärken. Diese Systeme sollten nach seiner Auffassung ebenso wie die Mittelstrecken­ bomber der Sowjetunion vom Typ »Backfire« in die laufenden SALT-Verhandlungen einbezogen werden. Um seiner Forderung nach einem militärischen Gleichgewicht auf allen Ebenen Nachdruck zu verleihen, hatte der Kanzler hinzuge­ fügt, notfalls müsse der Westen eben selbst nachrüsten, wenn die Verhandlungen keinen Erfolg hätten. Ebensowenig strebte Schmidt ein separates euro-strategisches Gleichgewicht an; viel­ mehr wollte er gerade verhindern, daß die Glaubwürdigkeit der Abschreckung dadurch unterminiert wurde, daß in der Allianz Zonen ungleicher Sicherheit entstünden. Dies würde aber der Fall sein, wenn die Sowjetunion Westeuropa militärisch bedro­ hen konnte — z. B. mit den neuen Mittelstreckenwaffen -, ohne einen strategischen Gegenschlag der USA fürchten zu müssen. Vor dem Hintergrund der in der NATO und im eigenen Land anhaltenden Diskussion über Rolle und Stellenwert der taktischen Nuklearwaffen wurde die Rede Schmidts in Wa71 Vgl. oben sowie Helga Haftendorn, Das doppelte Mißverständnis. Zur Vor­ geschichte des NATO-Doppelbeschlusses von 1979. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 33 (1985), H. 2, S. 244-287.

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shington jedoch als Forderung nach neuen Waffensystemen in und für Europa mißverstanden. Zunächst reagierte die amerika­ nische Administration mit großer Zurückhaltung. Unter dem Eindruck der negativen Auswirkungen des Debakels über die »Neutronenbombe« und nachdem die Arbeiten in der NATO eine beträchtliche Eigendynamik entwickelt hatten, kam sie je­ doch 1978 zu der Auffassung, daß mit einer Dislozierung von weitreichenden taktischen Nuklearwaffensystemen in Westeu­ ropa im Gewand einer »Modernisierung« der vorhandenen Po­ tentiale sowohl die »Glaubwürdigkeitslücke« auf europäischer Seite gefüllt als auch dem militärischen Interesse der USA, die Kontinuität des nuklearen Abschreckungsspektrums intakt zu halten, optimal Rechnung getragen werden könnte. Nun waren es die Amerikaner, die auf eine Entscheidung drängten. Sie wußten aber auch, daß sie einen Stationierungsbe­ schluß nur im Zusammenwirken mit ihren europäischen Ver­ bündeten erreichen konnten. Diese machten ihre Zustimmung jedoch von einem gleichzeitigen Verhandlungsangebot abhän­ gig. Die daraufhin in der NATO ebenfalls formulierten Ver­ handlungsvorschläge trugen dann wieder deutlich die Hand­ schrift der Bundesregierung. Das zweite Mißverständnis betraf die Motive und Begrün­ dungen des NATO-Doppelbeschlusses. Während also die ame­ rikanische Regierung ihre von militärischen Überlegungen do­ minierte Stationierungsentscheidung damit begründete, daß sie damit vor allem europäischen - deutschen - Wünschen entge­ genkam, glaubte die Bundesregierung, die Nachrüstung vor al­ lem aus Rücksicht auf den Bündniszusammenhalt unterstützen zu müssen. War der Auslöser für die Rede Schmidts in London die Sorge vor einem militärischen »Abkoppeln« Westeuropas von den Vereinigten Staaten gewesen, wollte nunmehr die Bundesrepublik den Eindruck vermeiden, sie dächte daran vor allem um Belastungen ihrer Entspannungspolitik zu ver­ meiden - sich politisch von den USA abzuhängen. Mit der Bindung ihrer Zustimmung an ein gleichzeitiges Verhandlungs­ angebot hoffte sie einmal, doch noch eine Rüstungskontrollver­ einbarung zu erreichen. Zum anderen erwartete sie, die sich abzeichnenden innenpolitischen Widerstände leichter überwin­ den zu können. Für die USA waren die parallelen Rüstungs­ kontrollvorschläge im wesentlichen ein Zugeständnis an die Eu­ ropäer; Vorrang hatte eindeutig die Stationierung neuer, weit­ reichender, taktischer Nuklearwaffen in Westeuropa.

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Aus der Sicht der Bundesregierung als Signal und Anreiz zu neuen Verhandlungen gedacht, trug der NATO-Doppelbeschluß in der politischen Realität jedoch zu einer nachhaltigen Belastung ihrer Entspannungspolitik bei. Da war zunächst das zeitliche Zusammenfallen mit der militärischen Intervention der Sowjetunion in Afghanistan, die eine Fortführung der DetentePolitik äußerst schwierig machte. Es wäre zu vordergründig, in dem sowjetischen Vorgehen eine Reaktion auf die Beschlüsse der NATO zu sehen; aber sicher bestärkten diese Moskau in seiner Einschätzung, daß Rückschläge in der Westpolitik eher in Kauf genommen werden könnten - oder aufgrund der Vor­ gänge im westlichen Bündnis sowieso unvermeidlich seien - als eine unkontrollierte Entwicklung an der Südgrenze der Sowjet­ union. Moskau konnte sich daher erlauben, die Schwelle für neue Verhandlungen sehr hoch anzusetzen und sie von der Rücknahme des NATO-Doppelbeschlusses abhängig zu ma­ chen. In den USA bewirkte die sowjetische Intervention in Afgha­ nistan eine Stärkung der »hard-liners«, die bereits seit langem die Detente-Politik mit Skepsis verfolgten und einen weiteren Verlust der USA an militärischer Stärke und politischer Glaub­ würdigkeit fürchteten. Sie erzwangen die Herausnahme von SALT II aus dem Ratifikationsprozeß. Damit fehlte jedoch der wichtigste Anknüpfungspunkt für weitere Rüstungskontroll­ verhandlungen. Die Ankündigung Ronald Reagans, des siegrei­ chen Herausforderers von Präsident Carter in den Präsident­ schaftswahlen von 1980, er werde neue Verhandlungen nur aus einer Position militärischer Stärke heraus führen, verschlechter­ ten deren Erfolgsaussichten weiter. Die Bundesrepublik geriet durch das Auseinanderfallen von Nachrüstung und Rüstungskontrolle in eine schwierige Lage; aus ihrer Sicht bestand ja gerade der Sinn des NATO-Doppel­ beschlusses in der Verknüpfung von Stationierungsankündi­ gung und Verhandlungsangebot. Davon war auch in hohem Grade seine innenpolitische Akzeptanz abhängig. In einem komplizierten diplomatischen Prozeß versuchte Bundeskanzler Schmidt daher im Sommer 1980, den abgerissenen Verhand­ lungsfaden zwischen den Großmächten wieder zu knüpfen. Es war ein Akt auf dem Hochseil, da sich die Bundesrepublik zum einen gegen die Verdächtigung wehren mußte, sie gefährde die Bündnissolidarität und wolle der beschlossenen Stationierung neuer amerikanischer Waffen auf ihrem Territorium auswei173

chen. Zum anderen aber mußte der Bundeskanzler gegen das stets wache Mißtrauen kämpfen, er beanspruche aus einer Posi­ tion der Äquidistanz zu den beiden Weltmächten heraus die Rolle eines Vermittlers. Auch die Erklärung, er wolle als »Dol­ metscher« lediglich die vorhandenen Verständigungsschwierig­ keiten zu mildern versuchen, gab zu Mißverständnissen Anlaß. Durch eine aktive Reisediplomatie, die Helmut Schmidt im Juni 1980 als ersten westlichen Staatsmann nach der AfghanistanKrise nach Moskau führte, erreichte er jedoch, daß die sowjeti­ sche Führung ihre Vorbedingungen (Rücknahme des NATOBeschlusses und Ratifizierung von SALTII) fallenließ und auch die USA ihre Bereitschaft zur Rückkehr an den Verhandlungs­ tisch erklärten. Die Wiederaufnahme von Verhandlungen im Herbst 1980 garantierte jedoch noch nicht ihren erfolgreichen Abschluß. Bei einem ersten Gespräch mit dem neugewählten Präsiden­ ten im November 1980 glaubte Bundeskanzler Schmidt von Reagan die Versicherung erhalten zu haben, daß die neue Admi­ nistration nach ihrem Amtsantritt im Januar 1981 unverzüglich mit Moskau verhandeln würde. Bald zeigte sich jedoch, daß sich diese mit der Überprüfung und Neuformulierung ihrer Rüstungskontrollpolitik Zeit ließ. Währenddessen wuchsen in Bonn die Zweifel, ob Washington wirklich an raschen Verhand­ lungsergebnissen - d. h. an solchen, die eine Dislozierung neuer Raketen überflüssig machen würden - interessiert war. Die neue Administration brauchte mehr als ein Jahr, um ein Rü­ stungskontrollkonzept zu formulieren und die Verhandlungen mit der Sowjetunion wieder aufzunehmen. Die Rhetorik der in ihr reichlich vertretenen Entspannungsgegner stellte darüber hinaus die Ernsthaftigkeit des Verhandlungswillens in Frage. In dieser Situation nutzte der Bundeskanzler alle ihm zur Verfü­ gung stehenden Mittel, um gegenüber Washington auf kon­ struktive Verhandlungen zu drängen. Er tat dies ohne durch­ schlagenden Erfolg, aber mit der Folge, daß die Vorstellungen Helmut Schmidts den Amerikanern ziemlich lästig wurden und die deutsch-amerikanischen Beziehungen belasteten. Fünf Jahre nach der aufsehenerregenden Rede Schmidts in London war es also weder gelungen, das militärische Gleichge­ wicht zwischen NATO und Warschauer Pakt auf einer niedri­ geren Ebene wiederherzustellen, noch war die Glaubwürdigkeit der Ankoppelung Westeuropas an das strategische Potential der USA in Abschreckung und Verteidigung erhöht worden. Für 174

die Westeuropäer wurde es zur prekären Realität, daß die An­ koppelung am glaubwürdigsten durch die sowjetische Drohung erfolgte, ein Einsatz amerikanischer Nuklearwaffen - unabhän­ gig davon, wo diese stationiert waren - würde mit Schlägen gegen das amerikanische Territorium vergolten werden. Am sichtbarsten und für die Regierung Schmidt am folgen­ reichsten war das Abbröckeln der innenpolitischen und inner­ parteilichen Unterstützung für den NATO-Doppelbeschluß in seinen beiden Teilen. Der Schock über die Lähmung der Ent­ spannungspolitik als Folge der Afghanistan-Krise trug dazu bei, daß weite Teile der Bevölkerung, insbesondere der sicherheits­ politisch Interessierten, ihr Unbehagen an dem bestehenden Abschreckungssystem auf den Doppelbeschluß projizierten. Die Erfolglosigkeit der Genfer Abrüstungsverhandlungen ver­ stärkte das Gefühl, daß die westliche Sicherheitspolitik auf dem Weg in die Sackgasse sei und daß nur eine radikale Umkehr helfen würde. Angesichts der wirtschaftlichen Schwierigkeiten schienen die sicherheitspolitischen Unwägbarkeiten noch weni­ ger akzeptabel. Außer einem Appell an die Vernunft und die Zwänge von Bündnissolidarität und Parteidisziplin konnte der Bundeskanzler diesen Frustrationen nicht viel entgegensetzen. Nicht mehr die Regierungspartei mit ihrer Mehrheit, sondern nur noch der Kanzler mit seiner Person boten die Gewähr da­ für, daß die Bundesrepublik den einmal eingeschlagenen sicher­ heitspolitischen Weg weitergehen würde. Rückschläge in der Entspannungspolitik

In der Ostpolitik konnte die Regierung Schmidt auf den von ihrer Vorgängerin abgeschlossenen Ostverträgen aufbauen und die Bemühungen um einen Ausgleich mit der Sowjetunion und den anderen osteuropäischen Staaten fortsetzen. Sie orientierte sich dabei am Ziel einer Politik des Kräftegleichgewichtes, des Dialoges und der praktischen Zusammenarbeit. Zusammen mit dem Streben nach Rüstungsbeschränkung waren dies die Kern­ stücke ihrer Entspannungspolitik. Eine Politik des Gleichgewichtes zu führen bedeutete, keine Position der Schwäche hinzunehmen, aber auch keine westliche Überlegenheit anzustreben. In einer so verstandenen Politik kam dem NATO-Doppelbeschluß ein besonderer Stellenwert zu; er war ein Mittel zum Zweck, um ein ungefähres militäri­ sches Gleichgewicht auf möglichst niedrigem Niveau zu errei­ 175

chen, auf dem Sicherheit und Entspannung gewährleistet wer­ den konnten. Als jedoch deutlich wurde, daß die Sowjetunion nicht zur Selbstbeschränkung bereit war und ihre SS-20-Rüstung forcierte, mußte die Bundesregierung unwiderruflich klarstellen, daß sie die Nachrüstungsverpflichtung erfüllen werde, wenn bis zum Herbst 1983 kein Abkommen über die beiderseitige Be­ schränkung der Mittelstreckenwaffen erzielt werde. Trotz der Belastungen durch Afghanistan und den NATODoppelbeschluß riß der Dialog zwischen Bonn und Moskau nie ab. Im Gegenteil, er bewährte sich gerade in dem Krisenklima des Jahres 1980, als Schmidt nicht mit Kritik an der sowjeti­ schen Intervention in Afghanistan sparte und es ihm trotzdem gelang, die sowjetische Führung an den Verhandlungstisch zu­ rückzuholen. Das Verhältnis zwischen dem deutschen Bundes­ kanzler und dem sowjetischen Parteisekretär war durch Offen­ heit und gegenseitigen Respekt geprägt. Zunächst fühlte sich Schmidt von Breschnew getäuscht, als die Sowjetunion mehr als 300 Raketen vom Typ SS 20 mit 900 nuklearen Sprengköpfen stationierte, obwohl dieser bei seinem Besuch im Mai 1978 in Bonn erklärt hatte, die Sowjetunion strebe in keinem Bereich eine militärische Überlegenheit an. Mit den neuen sowjetischen Raketensystemen sei nunmehr ein euro-strategisches Gleichge­ wicht erreicht. Bald wurde jedoch deutlich, daß der alternde Generalsekretär nicht mehr die Kraft hatte, sich gegenüber den »Falken« im eigenen Lager durchzusetzen. Einfacher war die Zusammenarbeit auf wirtschaftlichem Ge­ biet, da sich hier der östliche Wunsch nach Kapital- und Tech­ nologieimport mit dem Interesse der Bundesrepublik nach Öff­ nung neuer Märkte für ihren Anlagen- und Maschinenbau be­ gegnete. Außerdem wurde die Sowjetunion zu einem der wich­ tigsten Energielieferanten (vor allem bei Erdgas) für die Bun­ desrepublik. In dem Jahrzehnt von 1972 bis 1982 stieg das Han­ delsvolumen der Bundesrepublik mit den Ländern des Rates für Gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) von 3,72 Mrd. US-Dollar auf 15,24 Mrd. US-Dollar. Dennoch bedeutete dies nur eine Steigerung des Anteils am gesamten Außenhandel der Bundes­ republik um 0,3 Prozent72. Die Konzentration der bilateralen Beziehungen auf die So­ wjetunion entsprach der Erkenntnis, daß vom Verhalten Mos­ 72 Friedemann Müller, Der Zusammenhang von politischem Klima und Wirt­ schaftskooperation. In: Osteuropa Wirtschaft, 1974, H. 1, S. 5.

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kaus die Fortsetzung der Entspannung in Europa abhängig war. Die anderen Länder Ost- und Mitteleuropas waren der Bundes­ regierung jedoch durchaus nicht gleichgültig. Dies galt vor al­ lem für die Entwicklung in Polen. Durch das 1975 abgeschlos­ sene Rentenabkommen und die Entschädigung für KZ-Opfer einerseits, durch die Zusage einer erleichterten Ausreise deutschstämmiger Polen andererseits, wurden die materiellen Voraussetzungen für eine Aussöhnung zwischen dem deut­ schen und dem polnischen Volk verbessert. Nach Ausbruch der Arbeiterunruhen im Sommer 1980 bemühte sich die Bundesre­ gierung, durch eine Politik der strikten Nichteinmischung jeder erdenklichen Eskalation entgegenzuwirken. In besorgten Brie­ fen an Generalsekretär Breschnew und General Jaruzelski warnte Bundeskanzler Schmidt vor den verheerenden Folgen einer militärischen Niederknüppelung der polnischen Reform­ bewegung. In dieser Sicht war die Verhängung des Kriegsrech­ tes im Dezember 1981 ein gerade noch zu rechtfertigender Schritt, der, wenn mit Zurückhaltung angewandt, eine Stabili­ sierung der polnischen Situation ermöglichen konnte. Sturheit im Osten und eine hell auflodernde Empörung im Westen machten einen Erfolg jedoch zunichte. Die Verbündeten, an der Spitze Amerika, warfen Schmidt eine zu weit gehende Rück­ sichtnahme auf die Sowjetunion vor, bis auch sie allmählich in der Praxis auf eine Politik einschwenkten, die eine Normalisie­ rung der Verhältnisse in Polen zum Ziel hatte. Noch komplizierter waren die deutsch-deutschen Bezie­ hungen. Zunächst blieb die Begegnung Schmidt - Honecker 1975 am Rande des KSZE-Gipfeltreffens ebenso wie ein wei­ teres Treffen während der Trauerfeierlichkeiten für Marschall Tito 1977 in Belgrad ohne Folgen, sieht man von gelegentli­ chen Telefongesprächen zwischen den beiden deutschen Poli­ tikern ab. Die Deutschlandpolitik war für Schmidt zunächst in erster Linie Berlin-Politik. Er war bemüht, die Lebensfä­ higkeit der Stadt nicht durch Statusgewinn - wie dies von einigen in der Bundesregierung mit der Errichtung des Um­ weltbundesamtes versucht wurde73 -, sondern durch Verbes­ 73 Neben der Errichtung des Umweltbundesamtes in Berlin siehe auch den sicher nicht ohne Zustimmung von Außenminister Genscher geschriebenen Aufsatz des Leiters der Politischen Abteilung im Auswärtigen Amt, Günther van Well, Die Teilnahme Berlins am internationalen Geschehen: ein dringender Punkt auf der Ost-West-Tagesordnung. In: Europa-Archiv, Folge 20/1976, S. 647-656.

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serung ihrer Verkehrsverbindungen mit dem Bundesgebiet zu erhöhen. Erst im Laufe des Jahres 1979 änderte sich die Zurückhaltung Schmidts gegenüber der DDR. Die Bemühungen, die Bezie­ hungen zu Ost-Berlin zu intensivieren, und die Absicht, zu Honecker in die DDR zu reisen, verzögerten sich jedoch durch die Ereignisse in Afghanistan und in Polen, obwohl diese Kri­ sen gleichzeitig deutlich machten, daß besondere Anstrengun­ gen notwendig waren, wenn die deutsch-deutschen Beziehun­ gen nicht in den neuen Ost-West-Spannungen ersticken sollten. Die verstärkte Aufmerksamkeit, die Ost-Berlin erhielt, wurde durch die Ernennung von Klaus Bölling, eines engen Vertrauten des Bundeskanzlers, zum Ständigen Vertreter Bonns in der DDR weiter unterstrichen. Dieser löste Günter Gaus, den ehe­ maligen Spiegel-Redakteur und Brandt-Vertrauten, ab. Als der Besuch Schmidts in der DDR nach dreimaliger Ver­ schiebung im Dezember 1981 stattfand und General Jaruzelski, während Schmidt am Werbellinsee weilte, das Kriegsrecht über Polen verhängte, da wurde deutlich, daß sich die beiden deut­ schen Staaten nicht aus der Weltpolitik ausklinken konnten. Die Entspannung in den deutsch-deutschen Beziehungen konnte nur so weit gehen, wie es der Stand der Ost-West-Beziehungen auf der globalen Ebene zuließ. Gemessen an der Schwierigkeit des deutsch-deutschen Verhältnisses, nicht nur in staatsrechtli­ cher Hinsicht, sondern vor allem mit Blick auf das gegenläufige politische Selbstverständnis, sind die in den zehn Jahren seit Unterzeichnung des Grundlagenvertrages erzielten Fortschritte jedoch nicht gering zu achten, wenn auch noch viele Mauern beseitigt werden müssen. Sie sind aber durchlässiger geworden. Aus der Sicht Helmut Schmidts war jedoch eine Entspan­ nungspolitik unvollständig, bei der die militärischen Potentiale unberücksichtigt blieben. Seine Bemühungen richteten sich da­ her darauf, die auf dem gegenseitigen Gewaltverzicht beruhen­ de Ostpolitik durch für Europa bedeutsame Vereinbarungen bei den laufenden Rüstungskontrollverhandlungen zu ergänzen. Im Vordergrund standen dabei die Wiener Truppenabbau-Ver­ handlungen. Hier ergriff der Kanzler mehrere Male selbst die Initiative, um diese voranzubringen. Das andere wichtige Feld waren die euro-strategischen Systeme, die im Rahmen der SALT-Verhandlungen verringert werden sollten. Als der Ver­ handlungsteil des NATO-Doppelbeschlusses dem Anfang der achtziger Jahre neu aufgeflammten Kalten Krieg zum Opfer

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fiel, scheiterte damit auch ein wesentliches Element Schmidtscher Gleichgewichtspolitik. Dieses Scheitern war jedoch - zumindest teilweise - in Ent­ wicklungen angelegt, die sich bereits viel früher vollzogen hat­ ten. Mit der Ausklammerung sicherheitsrelevanter Fragen aus der Tagesordnung der KSZE und ihrer Delegierung an ein sepa­ rates Konferenzforum - die Wiener Truppenabbau-Verhand­ lungen - war die Wurzel gelegt worden für eine Trennung von politischer und militärischer Entspannung. Erst mit der Erfin­ dung der Konferenz über Vertrauensbildende Maßnahmen und Abrüstung in Europa (KVAE) durch die französische Diploma­ tie wurde mühsam versucht, diesen Bruch wieder zu heilen. Auch die später von Schmidt beklagte Ausklammerung der eu­ ro-strategischen Waffen (FBS) aus den SALT-Verhandlungen war bereits 1969 erfolgt und 1972 bestätigt worden - auf deut­ schen Wunsch. Damals wollte die Bundesrepublik eine Einbe­ ziehung der in Europa stationierten nuklearwaffenfähigen Flug­ zeuge in die Beschränkungen vermeiden, da diese zum Aus­ gleich der konventionellen Überlegenheit des Warschauer Pak­ tes gebraucht wurden. Als einige westliche Nuklearwaffensy­ steme bei MBFR negotiabel wurden, stieß dies in Bonn auf Vorbehalte. Die MBFR-Verhandlungen hakten sich - ebenfalls nicht ohne deutsches Zutun - an der Datenfrage fest, d. h. an der Frage, wie viele Streitkräfte Warschauer Pakt und NATO in Europa stehen hatten, die auf gleiche Höchstgrenzen reduziert werden sollten. Außerdem zeigte sich bei allen diesen Verhandlungen, daß Bonn seine sicherheitspolitischen Vorstellungen im Bündnis nur sehr begrenzt durchsetzen konnte, vor allem dann nicht, wenn die USA andere Prioritäten verfolgten. Die Rolle der Bundesrepublik war die eines Anregers und die einer VetoMacht. Gegen ihren Willen gab es keine Beschlüsse, aber eben­ sowenig konnte sie diesen den Vereinigten Staaten aufzwingen.

Bilanz der Regierung Schmidt Nach dem Sturz Helmut Schmidts schrieb Kurt Becker in der >ZeitFinancial Timesc »Die deutschen Terroristen lassen sich eigentlich keiner politi­ schen Richtung zuordnen. Wenn man sie überhaupt mit etwas vergleichen kann, so sind es die Dostojewskischen Teufel, Men­ schen, die nach eigenem Eingeständnis sogar bereit sind, Kin­ dern Säure ins Gesicht zu schleudern, wenn dies nur ihrer Sache hilft. Was aber ist diese Sache? Die Gesellschaft zerstören - aber was darüber hinausgeht, weiß kein Mensch zu sagen.« Ich glau­ be, Jonathan Carr hat recht. Und unter extremen Bedingungen wären die Terroristen sogar imstande, einen internationalen Konflikt auszulösen. 210

Wir sollten uns deshalb gemeinsam vornehmen, gegen die Verblendung terroristischer Gewalttäter die Unerschütterlich­ keit unserer demokratischen Überzeugungen zu setzen. Lassen Sie uns gemeinsam weiter einstehen für die Erhaltung der Wür­ de des Menschen, für die Erhaltung der unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechte, für das Recht auf Leben und für die Freiheit der Person, zu denen wir uns gemeinsam als unveräußerliche Prinzipien bekennen. VI. Zusammenfassung Meine Damen und Herren, ich versuchte, die Dimensionen ei­ ner Politik zu umreißen, die darauf gerichtet ist, einen Zustand zu schaffen und zu erhalten, in dem unsere freiheitlich-demo­ kratischen Institutionen überleben und gedeihen können. Die industriellen Demokratien des Westens erzeugen 65 Pro­ zent der Weltproduktion und haben am Welthandel einen An­ teil von 70 Prozent. Sie sind der Motor des weltwirtschaftlichen Wachstums und des technologischen Fortschritts. Die Aus­ strahlungskraft und die moralische Überlegenheit unseres Glaubens an die Freiheit und an die Würde des Menschen sind deutlich. Deshalb bleiben wir alle bemüht, Demokratie ständig zu er­ neuern, von einem konstruktiven Reformwillen beseelt. Nur so lassen sich Schwächen, überholte Zustände und auch Ungerech­ tigkeiten aufheben, die sich in dem einen oder anderen Land einschleichen können. Die industriellen Demokratien der Welt müssen ihre Zusam­ menarbeit weiter intensivieren: in der Europäischen Gemein­ schaft, in der Atlantischen Gemeinschaft und in der trilateralen Gemeinschaft zwischen Europa, Nordamerika und der pazifi­ schen Region Japan/Australien/Neuseeland. Dieser Zusammenhalt ist von entscheidender Bedeutung für den Frieden, für das wirtschaftliche Wachstum und für die Sa­ che der Freiheit, der Gerechtigkeit und der Menschenwürde. Ein zweiter entscheidender Faktor ist das Verhältnis zwi­ schen den beiden Großmächten, von denen es abhängt, welchen räumlichen Bereich die Entspannungspolitik abdeckt und wie weitgehend ihre Substanz durch eine an der Erhaltung des Frie­ dens ausgerichtete Politik gekräftigt wird. Wir fühlen uns durch die Erklärungen der beiden führenden Persönlichkeiten beider Seiten ermutigt. Jimmy Carter hat versichert, daß die Vereinigten Staaten bei 211

dem Bestreben nach Weltfrieden an vorderster Front stehen und in ihrer Verpflichtung für die Freiheit der Menschen stand­ haft bleiben werden. In Ergänzung dieser Erklärung erscheint mir folgender Passus aus seiner Rede vor den Vereinten Natio­ nen am 4. Oktober 1977 besonders wichtig: »Wir müssen den Blick über das Heute hinaus erheben und alles daran setzen, um die kritischen Bedrohungen und Unsi­ cherheiten der Zukunft zu beseitigen. Hält man sich an die Prinzipien der Selbstbeschränkung, der Gegenseitigkeit und des Interessenausgleichs, dann wird es den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion nicht nur gelingen, die Waffen zu begrenzen, sondern sie werden auch eine Basis für bessere Beziehungen in anderen Interessensphären schaffen können.« Leonid Breschnew sagte Anfang des Jahres: »Die Behauptungen, die Sowjetunion gehe über das hinaus, was für die Verteidigung ausreicht und trachte nach einer Über­ legenheit in der Rüstung, um den >ersten Schlag« zu führen, sind böswillig unbegründet.« Und Breschnew hat in der gleichen Rede mit Recht festge­ stellt: »Es gibt keine brennendere und lebenswichtigere Aufga­ be, als die, den Frieden dauerhaft und unzerstörbar zu ma­ chen.« Hinzugefügt hat er: »Was die Sowjetunion betrifft, so soll es an uns nicht liegen.« Wir werden in unserem Streben nach Sicherheit und Frieden in Europa und weltweit beide Staatsmänner bei ihrem Wort nehmen. Denn letzten Endes kann die Menschheit nur überle­ ben, wenn der Weltfriede gestärkt wird.

6. Gemeinsame deutsch-sowjetische Erklärung, 7. Mai 1978. Vom 4. bis zum 7. Mai 1978 hielt sich der Generalsekretär des ZK der KPdSU und Vorsitzende des Präsidiums des Obersten Sowjet der UdSSR, Leonid Breschnew, zu einem Staatsbesuch in der Bundesrepu­ blik auf. In einer gemeinsamen Erklärung bekräftigten Breschnew und Bundeskanzler Schmidt ihre Auffassung, daß weitere energische An­ strengungen notwendig seien, um den Frieden zu sichern, die Entspan­ nung zu fördern und Fortschritte in der Abrüstung und Rüstungsbe­ grenzung zu erzielen. Quelle: Bulletin der Bundesregierung, Nr. 44, 9. Mai 1978, S. 429—430.

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Der Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, Helmut Schmidt, und der Generalsekretär des ZK der KPdSU, der Vor­ sitzende des Präsidiums des Obersten Sowjet der UdSSR, Leonid Breschnew, stellen fest, daß der Abschluß des Vertrages vom 12. August 1970 ein Vorgang von grundlegender Bedeu­ tung für die Entwicklung der beiderseitigen Beziehungen und die Verbesserung der Lage in Europa war; dieser Vertrag bleibt für das Verhältnis beider Staaten richtungweisend. Bei ihren intensiven Gesprächen sind Helmut Schmidt und Leonid Breschnew zu der übereinstimmenden Auffassung ge­ langt, daß weitere energische Anstrengungen notwendig sind, um den Frieden zu sichern, die Entspannung zu fördern und Fortschritte in der Abrüstung zu erzielen. Dementsprechend erklären sie folgendes: I. Aus der Entwicklung des letzten Jahrzehnts ziehen beide Seiten die Schlußfolgerung, daß die Entspannung notwendig, möglich und vorteilhaft ist. Sie sehen keine vernünftige Alternative zur friedlichen Zusammenarbeit der Staaten trotz Unterschieden in mehreren Grundpositionen und unterschiedlicher politischer, wirtschaftlicher und sozialer Systeme. Sie bringen ihren Willen zum Ausdruck, den Prozeß der Entspannung auszubauen, zu vertiefen und ihn fortschreitend und dauerhaft zu machen. In Respektierung der Unteilbarkeit des Friedens und der Sicher­ heit in allen Teilen der Welt werden sie ihre politischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten für dieses Ziel unilateral, bilate­ ral und multilateral einsetzen.

II. Beide Seiten sind entschlossen, dazu beizutragen, daß die durch die Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa eingeleitete Entwicklung dynamisch fortschreitet. Zu diesem Zweck setzen sie sich dafür ein, daß alle Prinzipien und Bestim­ mungen der in Helsinki unterzeichneten Schlußakte der KSZE im Verhältnis zwischen allen Teilnehmerstaaten und in ganz Europa volle Wirksamkeit erlangen - im Interesse der Zusam­ menarbeit der Staaten und zum Wohle der Menschen. Diese auf lange Sicht angelegte Politik erfordert eine kontinu­ ierliche Bemühung um konkrete Fortschritte. In diesem Sinne werden beide Seiten die bevorstehende Zeit konstruktiv nutzen, um den in Aussicht genommenen gemeinsamen Vorhaben und

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Treffen der Teilnehmerstaaten der KSZE zum Erfolg zu verhel­ fen. Hierüber werden beide Regierungen in Kontakt bleiben. III. Angesichts der zerstörerischen Kraft der vorhandenen und wei­ ter zunehmenden Vorräte an Waffen aller Art sind konkrete Maßnahmen erforderlich, um das Wettrüsten einzudämmen. Dies ist nach Überzeugung beider Seiten ein Problem von erst­ rangiger Dringlichkeit und Wichtigkeit. Seine Bewältigung mit dem Ziel der allgemeinen und vollständigen Abrüstung unter wirksamer internationaler Kontrolle liegt im politischen und wirtschaftlichen Interesse aller Staaten und Völker der Welt, ungeachtet ihrer Größe, vor allem aber im Interesse ihrer Si­ cherheit. Die Vereinbarung weiterer Schritte auf dem Gebiet der Abrü­ stung und Rüstungsbegrenzung muß beschleunigt werden, da­ mit der Prozeß der Entspannung durch die Entwicklung im militärischen Bereich nicht beeinträchtigt, sondern ergänzt wird. Beide Seiten betrachten es als wichtig, daß niemand militäri­ sche Überlegenheit anstrebt. Sie gehen davon aus, daß annä­ hernde Gleichheit und Parität zur Gewährleistung der Verteidi­ gung ausreichen. Ihrer Meinung nach würden angemessene Maßnahmen der Abrüstung und Rüstungsbegrenzung im nu­ klearen und konventionellen Bereich, die diesem Grundsatz entsprechen, von großer Bedeutung sein. Hinsichtlich der Streitkräfte in Mitteleuropa bekräftigen bei­ de Seiten das Ziel der Wiener Verhandlungen, auf der Grundla­ ge unverminderter Sicherheit der Beteiligten zu einer stabileren Lage auf niedrigerem militärischem Niveau als heute zu gelan­ gen. Beide Seiten bestätigen erneut, daß sie dementsprechend bereit sein werden, sich mit ihren Streitkräften an Verringerun­ gen der direkten Teilnehmer der Verhandlungen gemäß den Modalitäten, die in Wien ausgehandelt werden, zu beteiligen. Durch diese Verhandlungen und ihre Ergebnisse, sowie durch die Weiterentwicklung von vertrauensbildenden Maßnahmen in Europa könnten nach Auffassung beider Seiten das bestehende Mißtrauen und Gefahren der militärischen Konfrontation abge­ baut und die Sicherheit aller gestärkt werden.

IV. Beide Seiten sind fest entschlossen, die Qualität und das Niveau ihrer Beziehungen auf allen Gebieten weiter zu erhöhen und 214

danach zu streben, daß gute Nachbarschaft und wachsende Zu­ sammenarbeit zum gesicherten Gut auch kommender Genera­ tionen werden können.

V. Beide Seiten erachten den aktiven und sachlichen Meinungsaus­ tausch als ein wichtiges Mittel, das der Herstellung eines besse­ ren gegenseitigen Verständnisses und eines größeren Vertrauens dient. Sie sind daher entschlossen, einen solchen Meinungsaus­ tausch, auch in Form regelmäßiger Konsultationen, auf allen dafür geeigneten Ebenen kontinuierlich mit dem Ziel fortzuset­ zen, die Grundlagen des Einvernehmens auszubauen.

VI. Es ist von großer Bedeutung, daß der Gedanke des besseren gegenseitigen Verständnisses, der gegenseitigen Achtung und größerer gegenseitiger Aufgeschlossenheit im Bewußtsein der Menschen beider Staaten verankert und vertieft wird. Dies gilt ganz besonders für die Jugend, die nie wieder die Erfahrungen machen soll, die Generationen vor ihr machen mußten. Beide Seiten sind sich bewußt, daß es dafür ständiger und immer er­ neuter Anstrengungen, auch gemeinsam, bedarf. VII. Beide Seiten setzen sich zum Ziel, die wirtschaftliche, indu­ strielle und technische Zusammenarbeit zu fördern. Sie betrach­ ten eine solche Zusammenarbeit als ein wichtiges und notwen­ diges Element für die Festigung ihrer bilateralen Beziehungen. Diese Zusammenarbeit sollte zunehmend langfristig orientiert sein, so daß das beiderseitige Interesse an ihrem beständigen Ausbau wächst. So entsteht ein solide aufgebautes materielles Fundament der beiderseitigen Beziehungen, das über dieses Jahrhundert hinausreicht und den Menschen in beiden Ländern zugutekommt. Beide Seiten sind überzeugt, daß das am 6. Mai 1978 unter­ zeichnete Abkommen über die Entwicklung und Vertiefung der langfristigen Zusammenarbeit der Bundesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken auf dem Gebiet der Wirtschaft und Industrie zu dieser Entwicklung we­ sentlich beitragen wird.

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VIII. Die aus der Geschichte gewonnenen Erfahrungen und die Ver­ antwortung für den Frieden bestärken beide Seiten in der Über­ zeugung, daß nur der Weg der Entspannung und der Entwick­ lung der beiderseitigen Beziehungen in konstruktivem Geiste die Hoffnungen der Völker auf eine dauerhafte Sicherung des Friedens der Verwirklichung näherbringen kann.

IX. Beide Seiten bekräftigen die Auffassung, daß die strikte Einhal­ tung und volle Anwendung des Viermächte-Abkommens vom 3. September 1971 eine wesentliche Voraussetzung für eine dau­ erhafte Entspannung im Zentrum Europas und für eine Verbes­ serung der Beziehungen zwischen den entsprechenden Staaten, insbesondere zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sowjetunion, bleiben. X. Beide Seiten unterstreichen, daß sie auch in der Zukunft ihre bilateralen Beziehungen im Sinne der Erfordernisse der Ent­ spannung und Zusammenarbeit weiter gestalten werden. Sie sind davon überzeugt, daß dies zum Vorteil aller ist.

Bonn, den 6. Mai 1978 Helmut Schmidt

Leonid Breschnew

7. Bonner Wirtschaftsgipfel, 17. Juli 1978. Am 16. und 17. Juli 1978 fand in Bonn der vierte »Weltwirtschaftsgip­ fel« statt. Während die ersten Treffen der Staats- und Regierungschefs eher den Charakter eines unverbindlichen Meinungsaustausches über die Probleme der Weltwirtschaft hatten, beschlossen die Gipfekeilnehmer diesmal ein eng aufeinander abgestimmtes Maßnahmenpaket, mit dem ihre Volkswirtschaften aus der Rezession herausgeführt werden sollten. Quelle: Bulletin der Bundesregierung,- Nr. 80, 19. Juli 1978, S. 757-761.

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Erklärung Die Staats- bzw. Regierungschefs der Bundesrepublik Deutsch­ land, Frankreichs, Italiens, Japans, Kanadas, des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland und der Vereinig­ ten Staaten von Amerika trafen am 16. und 17. Juli 1978 in Bonn zusammen. Die Europäische Gemeinschaft wurde bei den Beratungen in Angelegenheiten ihrer Zuständigkeit vom Präsi­ denten des Europäischen Rats und vom Präsidenten der Euro­ päischen Kommission vertreten. 1. Wir einigten uns auf eine umfassende Strategie für Wachs­ tum, Beschäftigung und Inflation, internationale Währungspo­ litik, Energie, Handel und Fragen von besonderem Interesse für die Entwicklungsländer. Wir müssen mehr Arbeitsplätze schaf­ fen und die Inflation bekämpfen, den Welthandel stärken, die Zahlungsbilanzungleichgewichte abbauen und größere Stabili­ tät auf den Devisenmärkten erreichen. Wir stehen vor langfristi­ gen Problemen, die sich nur durch anhaltende Anstrengungen lösen lassen. Diese Strategie stellt ein zusammenhängendes Ganzes dar, dessen Teile sich gegenseitig bedingen. Jedes unse­ rer Länder kann zu dieser Strategie seinen Beitrag leisten, jedes aus ihr Nutzen ziehen.

Wachstum, Beschäftigung und Inflation 2. Sorgen macht uns vor allem die weltweite Arbeitslosigkeit, weil sie seit Jahren viel zu hoch ist, die schwächsten Teile der Bevölkerung am härtesten trifft und hohe wirtschaftliche und noch höhere menschliche Kosten mit sich bringt. Wir werden mit Maßnahmen zur Sicherung des Wachstums und zur Verbes­ serung der beruflichen Qualifikationen auf ein größeres Ar­ beitsplatzangebot hinwirken. Dabei werden wir auf dem im Kampf gegen die Inflation bereits erzielten Fortschritt aufbauen und uns um weitere Er­ folge in diesem Kampf bemühen. Wir brauchen aber ein besse­ res Wachstum, wo dies ohne erneutes Anheizen der Inflation möglich ist, um extreme Zahlungsbilanzüberschüsse und -defizite abzubauen. Dies wird destabilisierende Wechselkursbewe­ gungen reduzieren. Besseres Wachstum wird zu einer Verringe­ rung des protektionistischen Drucks beitragen. Wir brauchen es auch zur Förderung der Privatinvestitionen, von denen der wirtschaftliche Fortschritt abhängt; wir werden uns zudem um einen Abbau der nationalen und internationalen Hindernisse 217

bemühen, die ihrer Ausweitung im Wege stehen. Besseres Wachstum ist erforderlich, damit die freie Welt den Erwartun­ gen ihrer Bürger und den Bestrebungen der Entwicklungslän­ der gerecht werden kann. 3. Um ein stetiges und inflationsfreies Wachstum zu sichern, bedarf es seitens der einzelnen Länder eines auf die unterschied­ lichen Bedingungen abgestimmten Aktionsprogramms. In Län­ dern, denen ihre Zahlungsbilanzsituation und Inflationsrate keine besonderen Beschränkungen auferlegt, ist dafür ein ra­ scheres Anwachsen der Inlandsnachfrage erforderlich. In Län­ dern mit starkem Preis- und Kostendruck sind dafür neue Maß­ nahmen im Kampf gegen die Inflation zu ergreifen. - Kanada bekräftigte seine Absicht, innerhalb der sich aus der Notwendigkeit einer Eindämmung und Verminderung der Inflation ergebenden Grenzen einen höheren Anstieg der Be­ schäftigung und der Produktion um bis zu 5 Prozent zu er­ zielen. - Als Beitrag zur Abwehr der weltweiten Störungen des wirt­ schaftlichen Gleichgewichts hat die deutsche Delegation an­ gekündigt, daß sie ihren gesetzgebenden Körperschaften bis Ende August zusätzliche, quantitativ substantielle Maßnah­ men um bis zu 1 Prozent des BSP Vorschlägen wird, um eine erhebliche Stärkung der Nachfrage und eine höhere Wachs­ tumsrate zu erreichen. Die Größenordnung wird die Aufnah­ mefähigkeit des Kapitalmarkts und die Notwendigkeit be­ rücksichtigen, ein Wiederaufleben des inflationären Drucks zu vermeiden. - Der Präsident der Französischen Republik kündigte an, daß die französische Regierung ihre Politik mit dem Ziel einer Senkung der Inflationsrate fortführen werde und sich als Bei­ trag zu der gemeinsamen Anstrengung bereit erkläre, das De­ fizit des Staatshaushalts für das Jahr 1978 um etwa 0,5 Pro­ zent des BSP zu steigern. - Der italienische Ministerpräsident kündigte an, die Regierung verpflichte sich, das Wirtschaftswachstum 1979 gegenüber 1978 um 1,5 Prozent zu steigern. Sie plant, dieses Ziel durch eine Senkung der laufenden öffentlichen Ausgaben bei gleich­ zeitiger Förderung der Investitionen zu verwirklichen, um in einem inflationsfreien Rahmen ein höheres Beschäftigungsni­ veau zu erreichen. - Der Ministerpräsident Japans verwies darauf, daß seine Re­ gierung für 1978 eine etwa 1,5 Prozent höhere Wachstumsra218

te als in den vergangenenen Jahren anstrebe, und zwar haupt­ sächlich durch eine Ausweitung der Inlandsnachfrage. Er gab außerdem seiner Entschlossenheit Ausdruck, dieses Ziel durch die jeweils geeigneten Maßnahmen erreichen zu wol­ len. Er wird im August oder September prüfen, ob zusätzli­ che Maßnahmen erforderlich sind. - Das Vereinigte Königreich hat nach einer erheblichen Sen­ kung seiner Inflationsrate und Verbesserung seiner Zahlungs­ bilanz vor kurzem einen fiskalpolitischen Anreiz in Höhe von gut 1 Prozent des BSP gegeben. Die Regierung beabsich­ tigt, den Kampf gegen die Inflation im Hinblick auf eine weitere Verbesserung der Wachstums- und Beschäftigungs­ aussichten fortzusetzen. - Der Präsident der Vereinigten Staaten erklärte, eine Vermin­ derung der Inflation sei für die Erhaltung einer gesunden amerikanischen Volkswirtschaft von entscheidender Bedeu­ tung und habe deswegen in der amerikanischen Wirtschafts­ politik höchste Priorität. Er nannte die wichtigsten bereits ergriffenen und noch zu ergreifenden Maßnahmen zur Be­ kämpfung der Inflation in den Vereinigten Staaten: die für das Jahr 1979 ursprünglich vorgeschlagenen Steuersenkungen wurden jetzt um 10 Mrd. Dollar vermindert; die Haushalts­ ansätze für öffentliche Ausgaben in den Jahren 1978 und 1979 wurden gesenkt; für 1980 wird ein sehr sparsamer Haushalt aufgestellt; es werden Schritte unternommen, den unmittelbar durch staatliche Verordnung und Auflagen ent­ stehenden Anteil an Kosten- und Preissteigerungen zu ver­ mindern, und ein freiwilliges Programm zur Verlangsamung der Lohn- und Preisentwicklung ist angelaufen. - Das Gipfeltreffen nahm mit Befriedigung zur Kenntnis, daß der von der Europäischen Gemeinschaft bereits in Bremen vereinbarte gemeinsame Lösungsansatz die Wirksamkeit die­ ses Programms verstärken wird.

Energie 4. Trotz einer leichten Verbesserung ist die gegenwärtige La­ ge im Energiebereich nach wie vor unbefriedigend. Es muß noch sehr viel mehr getan werden. 5. Wir setzen uns für eine Verringerung unserer Abhängigkeit von eingeführtem Öl ein. 6. Wir nehmen zur Kenntnis, daß sich die Europäische Ge­ meinschaft in Bremen bereits darauf geeinigt hat, bis 1985 die 219

folgenden Ziele zu erreichen: Eine Verringerung der Abhängig­ keit der Gemeinschaft von eingeführter Energie auf 50 Prozent, eine Begrenzung der Nettoölimporte, eine Verminderung des Anstiegs des Energieverbrauchs im Verhältnis zum Anstieg des Bruttoinlandsprodukts auf 0,8 Prozent. 7. In Anerkenntnis ihrer besonderen Verantwortung im Energiebereich werden die Vereinigten Staaten ihre Abhängig­ keit von eingeführtem Öl verringern. Sie werden bis Jahresende ein umfassendes politisches Instrumentarium entwickeln, mit dessen Hilfe diese Anstrengungen energisch vorangetrieben werden können. Bis Jahresende werden Maßnahmen durchge­ führt, die bis 1985 zu Einsparungen bei der Öleinfuhr in Höhe von rd. 2,5 Millionen Barrel pro Tag führen werden. Zur Errei­ chung dieser Ziele werden die Vereinigten Staaten eine strategi­ sche Ölreserve von 1 Milliarde Barrel anlegen; sie werden ihre Kohleproduktion um zwei Drittel erhöhen; sie werden den An­ stieg der Energienachfrage im Verhältnis zum Anstieg des Brut­ tosozialprodukts auf 0,8 Prozent oder weniger begrenzen; ihr Ölverbrauch wird langsamer als ihr Energieverbrauch steigen. 1978 und 1979 soll weniger Öl als 1977 eingeführt werden. Um übermäßigem Ölverbrauch entgegenzuwirken und die verstärk­ te Nutzung von Kohle zu fördern, sind die Vereinigten Staaten nach wie vor entschlossen, den Preis für Öl in den Vereinigten Staaten bis Ende 1980 auf das Weltmarktniveau anzuheben. 8. Wir hoffen, daß die ölausführenden Länder auch künftig zu einer stabilen Weltenergielage beitragen. 9. Längerfristig werden unsere Länder ihre nationalen Ener­ gieprogramme im Hinblick auf eine Beschleunigung überprü­ fen. Allgemeine energiepolitische Zielsetzungen können als nützlicher Maßstab für den erreichten Fortschritt dienen. 10. Die privaten und öffentlichen Investitionen zur Ener­ gieerzeugung und rationelleren Energienutzung in der Industrie sollten gesteigert werden. Dadurch kann ein erheblicher Beitrag zum Wirtschaftswachstum geleistet werden. 11. Die weitere Entwicklung der Kernenergie ist unerläßlich und die bei der Durchführung der Kernkraftprogramme einge­ tretene rückläufige Entwicklung muß umgekehrt werden. Zur Förderung der friedlichen Nutzung der Kernenergie und zur Verringerung der Gefahr einer Verbreitung von Kernwaffen sollten die auf dem Londoner Gipfeltreffen eingeleiteten Unter­ suchungen des nuklearen Brennstoffkreislaufs fortgesetzt wer­ den. Der Präsident der Vereinigten Staaten und der kanadische

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Ministerpräsident brachten ihre feste Absicht zum Ausdruck, im Rahmen wirksamer Sicherungsmaßnahmen weiterhin zuver­ lässige Lieferanten von Kernbrennstoff zu sein. Der Präsident beabsichtigt, seine volle Amtsgewalt einzusetzen, um eine Un­ terbrechung der Lieferung von angereichertem Uran zu verhin­ dern, und sicherzustellen, daß die bestehenden Abkommen ein­ gehalten werden. Der Premierminister Kanadas beabsichtigt, daß es auf der Grundlage wirksamer Sicherungsmaßnahmen zu keiner Unterbrechung der Uranlieferungen kommt. 12. Kohle sollte langfristig eine immer bedeutendere Rolle spielen. 13. Im Hinblick auf die beschleunigte Entwicklung neuer, einschließlich regenerativer, Energiequellen und die rationellere Nutzung bestehender Energiequellen sollten gemeinsame oder koordinierte Energieforschungs- und -entwicklungsprogramme durchgeführt werden. 14. Bei der Energieentwicklung muß der Schutz der Umwelt und der Bevölkerung mit größter Sorgfalt gesichert werden. 15. Um den Entwicklungsländern zu helfen, werden wir un­ sere nationalen Entwicklungshilfeprogramme im Energiebe­ reich verstärken und koordinierte Bemühungen um die Einfüh­ rung von Technologien zur Nutzung regenerativer Energien unternehmen und entsprechende Einzelheiten innerhalb eines Jahres erarbeiten. Wir schlagen vor, daß die Zusammenarbeit mit anderen Ländern im Rahmen der OECD stattfindet. 16. Wir unterstreichen die Notwendigkeit, die Hilfeleistun­ gen an Entwicklungsländer im Energiebereich zu verbessern und zu koordinieren. Wir regen an, daß die Weltbank prüft, wie ihre Arbeit in diesem Bereich stärker auf die Bedürfnisse der Entwicklungsländer abgestimmt werden kann und ob neue An­ satzpunkte, insbesondere für die Finanzierung der Kohlenwas­ serstofferforschung, sinnvoll wären.

Handel 17. Wir bekräftigen unsere Entschlossenheit, den Welthan­ del, einen der Antriebskräfte für anhaltenderes und ausgewogeneres Wirtschaftswachstum, auszuweiten. Durch unsere ge­ meinsamen Anstrengungen werden wir das offene Welthan­ delssystem erhalten und stärken. Wir begrüßen und unterstüt­ zen den in der in Genf am 13. Juli 1978 veröffentlichten Rah­ menvereinbarung der Tokio-Runde der multilateralen Han­ delsverhandlungen dargelegten Fortschritt, wenn auch einige

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schwierige und wichtige Fragen in dieser Rahmenvereinbarung noch ungelöst sind. Ein erfolgreicher Abschluß dieser bislang größten Verhand­ lungen würde nicht nur zu einem umfassenden Programm zur Handelsliberalisierung bis in die 80er Jahre hineinführen, son­ dern auch den bedeutendsten Fortschritt darstellen, der bis heu­ te im Rahmen des GATT bezüglich nichttarifärer Maßnahmen erzielt worden ist. Die GATT-Regeln würden so den Erforder­ nissen des nächsten Jahrzehnts - vor allem in bezug auf Siche­ rungsmaßnahmen - auf eine Weise besser angepaßt, die jede Schwächung des Welthandelssystems vermeidet und allen Han­ del treibenden Ländern, Industrie- und Entwicklungsländern gleichermaßen, zugute kommt. Durch die Schaffung neuer Konsultations- und Schlichtungsmechanismen in vielen Berei­ chen würde im Welthandelssystem ein wesentlich höheres Maß an Gerechtigkeit und Disziplin bewirkt. Die einheitliche An­ wendung der GATT-Regeln ist ausschlaggebend, und wir wer­ den so bald wie möglich in dieser Richtung aktiv werden. Die am Gipfeltreffen teilnehmenden Länder sehen in allen Verhand­ lungsbereichen einer noch engeren Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern entgegen. Wir bemühen uns darum, für alle Teilnehmer ein vernünftiges und ausgewogenes Ergebnis zu gewährleisten, das die Bedürfnisse der Entwicklungsländer auf angemessene Weise, beispielsweise durch eine besondere und differenzierte Behandlung, berücksichtigt, und das ihre größere Beteiligung an den Vergünstigungen und Verpflichtungen des Welthandelssystems Wirklichkeit werden läßt. Bei dem Londoner Gipfel im vergangenen Jahr erteilten wir dem Protektionismus im Welthandel eine Absage. Wir kamen überein, der Tokio-Runde einen neuen Anstoß zu geben. Unse­ re Unterhändler sind dieser Verpflichtung nachgekommen. Heute beauftragen wir sie, in Zusammenarbeit mit den anderen Teilnehmern die noch offenen Fragen zu lösen und die Einzel­ verhandlungen bis zum 15. Dezember 1978 erfolgreich abzu­ schließen. 18. Wir nehmen das vom Ministerrat der OECD letzten Mo­ nat erneut abgegebene Bekenntnis zu einem offenen, markt­ wirtschaftlich orientierten System mit Befriedigung zur Kennt­ nis. Die heutigen Weltwirtschaftsprobleme sind nicht durch ei­ nen Rückfall in offenen oder verschleierten Protektionismus zu lösen. 19. Wir begrüßen die Erklärung des Ministerrats der OECD

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zu einer positiven Anpassungspolitik. Die Bereitschaft, den Strukturwandel zu akzeptieren und zu erleichtern, muß auf Dauer vorhanden sein. Strukturkonservierende Maßnahmen führen zur Verfestigung wirtschaftlicher Ineffizienz, bürden den Handelspartnern die Last des Strukturwandels auf und ver­ hindern die Integration der Entwicklungsländer in die Welt­ wirtschaft. Wir sind entschlossen, bei unseren industrie-, so­ zial-, Struktur- oder regionalpolitischen Initiativen zugunsten von Sektoren, die sich in Schwierigkeiten befinden, den interna­ tionalen Wettbewerb und die Handelsströme nicht zu beein­ trächtigen. 20. Wir stellen fest, daß Länder mit großen Leistungsbilanz­ defiziten ihre Ausfuhren steigern und Länder mit großen Lei­ stungsbilanzüberschüssen eine Einfuhrsteigerung erleichtern müssen. In diesem Zusammenhang werden sich die Vereinigten Staaten energisch für eine Steigerung ihrer Ausfuhrleistung ein­ setzen und prüfen diesbezügliche Maßnahmen. Der Minister­ präsident Japans erklärte, er beabsichtige, auf die Steigerung der Einfuhren durch Ausweitung der Inlandsnachfrage und ver­ schiedene Maßnahmen zur Einfuhrerleichterung hinzuwirken. Er erklärte außerdem, daß die japanische Regierung zur Bewäl­ tigung des vorhandenen ungewöhnlich hohen Überschusses den befristeten und außergewöhnlichen Schritt eines Aufrufs zur Mäßigung bei der Ausfuhr ergreift, um das Gesamtvolumen der japanischen Ausfuhren für das Finanzjahr 1978 auf oder unter dem Stand des Finanzjahres 1977 zu halten. 21. Wir unterstreichen unsere Bereitschaft zu einer engeren Zusammenarbeit im Bereich der privaten Auslandsinvestitionen unter den Industrienationen sowie zwischen ihnen und den Entwicklungsländern. Wir werden uns verstärkt um weitere Abkommen im Rahmen der OECD und andernorts bemühen. 22. Im Zusammenhang mit einer sich ausweitenden weltwirt­ schaftlichen Aktivität erkennen wir an, daß der Zugang für die Produkte der Entwicklungsländer zu unseren Märkten verbes­ sert werden muß. Gleichzeitig erwarten wir seitens der fortge­ schritteneren Entwicklungsländer eine zunehmende Bereit­ schaft, ihre Märkte für Einfuhren zu öffnen.

Beziehungen zu den Entwicklungsländern 23. Ein Erfolg unserer Bemühungen um eine Stärkung unse­ rer Volkswirtschaften kommt den Entwicklungsländern zugu­ te, und ihr wirtschaftlicher Fortschritt wird uns zugute kom­

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men. Dies erfordert ein gemeinsames Vorgehen in gemeinsamer Verantwortung. 24. In den kommenden Jahren können die Entwicklungslän­ der, vor allem die bedürftigsten unter ihnen, unsererseits mit einem vermehrten Strom von Kapitalhilfe und anderen Res­ sourcen zur Förderung ihrer Entwicklung rechnen. Der japani­ sche Ministerpräsident erklärte, er strebe innerhalb eines Zeit­ raums von drei Jahren eine Verdoppelung der staatlichen Ent­ wicklungshilfe seines Landes an. Wir bedauern zutiefst, daß die COMECON-Staaten den ih­ nen angemessenen Teil zu der finanziellen Hilfe an die Ent­ wicklungsländer nicht leisten, und fordern sie erneut dazu auf. 25. Die ärmeren Entwicklungsländer brauchen in verstärktem Umfang Hilfe zu besonders günstigen Bedingungen. Wir unter­ stützen die Fonds der Weltbank und der drei regionalen Ent­ wicklungsbanken für die Gewährung von Darlehen zu beson­ ders günstigen Bedingungen. Wir verpflichten unsere Regierun­ gen, zu einer Aufstockung der Mittel der Internationalen Ent­ wicklungsorganisation beizutragen, die zu einem jährlichen rea­ len Anstieg der Ausleihkapazität führt. 26. Was die fortgeschritteneren Entwicklungsländer angeht, so erneuern wir unsere Zusage, die Aufstockung der Mittel der multilateralen Entwicklungsbanken in dem Umfang zu unter­ stützen, der für die Befriedigung des wachsenden Darlehensbe­ darfs zu Marktbedingungen erforderlich ist. Wir werden die staatliche und private Mitfinanzierung von Entwicklungspro­ jekten mit diesen Banken fördern. Die Entwicklungsländer müssen an der Schaffung eines guten Investitionsklimas und eines ausreichenden Schutzes für auslän­ dische Investitionen mitwirken, damit private Auslandsinvesti­ tionen das Wirtschaftswachstum und verstärkten Technologie­ transfer wirksam fördern können. Wir verweisen auch auf unsere Anstrengungen hinsichtlich der Entwicklungsländer im Energiebereich, wie in Ziffer 15 und 16 ausgeführt. 27. Wir sind übereingekommen, die Verhandlungen über ei­ nen Gemeinsamen Fonds aktiv zu einem erfolgreichen Ab­ schluß zu führen und uns weiter um den Abschluß einzelner Rohstoffabkommen zu bemühen, sowie die Untersuchungen über verschiedene Möglichkeiten einer Stabilisierung der Ex­ porterlöse fertigzustellen. 224

Internationale Währungspolitik 28. Die in den vergangenen Monaten an den Devisenmärkten verzeichneten erheblichen Schwankungen haben sich in der ganzen Welt schädlich auf das Vertrauen, die Investitionstätig­ keit und das Wachstum ausgewirkt. Grundsätzlich läßt sich das Ziel der Wechselkursstabilität nur dann erreichen, wenn die grundlegenden Probleme, die mit für die gegenwärtigen großen Zahlungsbilanzdefizite und -Überschüsse verantwortlich sind, angepackt werden. Die Durchführung der obengenannten Maßnahmen im Rahmen eines konzertierten Programms wird zu einer strukturellen Verbesserung der internationalen Zah­ lungsbilanzen und zu größerer Stabilität auf den internationalen Devisenmärkten beitragen. Diese Stabilität wird das Vertrauen stärken und die Voraussetzungen für anhaltendes Wirtschafts­ wachstum verbessern. 29. Obwohl sich die Wechselkurse nach Änderungen in den grundlegenden wirtschaftlichen und finanziellen Gegebenhei­ ten im Verhältnis der Nationen untereinander richten müssen, werden unsere Währungsbehörden auch künftig in dem erfor­ derlichen Maß eingreifen, um ungeordneten Verhältnissen an den Devisenmärkten entgegenzutreten. Sie werden sich im Hin­ blick auf eine größere Wirksamkeit dieser Bemühungen auch in Zukunft konsultieren. Wir werden eine Überwachung seitens des Internationalen Währungsfonds unterstützen, die das stö­ rungsfreie Funktionieren des Weltwährungssystems fördert. 30. Die Vertreter der Europäischen Gemeinschaft unterrich­ teten das Gipfeltreffen von der vom Europäischen Rat in Bre­ men am bJ7. Juli getroffenen Entscheidung, ein System für eine engere währungspolitische Zusammenarbeit zu prüfen. Das Gipfeltreffen begrüßte diesen Bericht und nahm zur Kenntnis, daß die Gemeinschaft die anderen Teilnehmer auf dem laufen­ den halten wird.

Schlußfolgerung 31. Wir haben uns gemeinsam vorgenommen, die grundle­ genden wirtschaftlichen Probleme anzupacken, vor denen unse­ re Länder stehen. Die von uns vereinbarten Maßnahmen stützen sich gegensei­ tig. Ihre Gesamtwirkung dürfte daher größer sein als die Sum­ me ihrer Teile. Wir werden uns nunmehr darum bemühen, die Unterstützung der Parlamente und der Öffentlichkeit für diese Maßnahmen zu gewinnen.

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Wir können unsere Ziele nicht allein erreichen. Wir werden eng mit anderen Ländern und im Rahmen der geeigneten inter­ nationalen Einrichtungen Zusammenarbeiten. Diejenigen unter uns, deren Länder der Europäischen Gemeinschaft angehören, werden in deren Rahmen entsprechend tätig werden. Wir haben unsere Beauftragten angewiesen, vor Ende 1978 zusammenzukommen, um den bei der Durchführung der in dieser Erklärung vorgesehenen Maßnahmen erzielten Fort­ schritt zu prüfen. Wir beabsichtigen ferner, zu gegebener Zeit im nächsten Jahr eine ähnliche Zusammenkunft in unserem Kreise abzuhalten.

8. Kommunique der Sondersitzung der Außen- und Verteidi­ gungsminister der NATO, 12. Dezember 1979. Die Außen- und Verteidigungsminister der NATO-Staaten kamen am 12. Dezember 1979 in Brüssel zu einer Sondersitzung und am 13. und 14. Dezember zu der Wintertagung des Nordatlantik-Rats zusammen. Auf der Sondersitzung wurde der NATO-Doppelbeschluß verabschie­ det, der eine Stationierung von neuen amerikanischen Mittelstrecken­ systemen in Europa und gleichzeitige Verhandlungen mit der Sowjet­ union über eine beiderseitige Reduzierung der nuklearen Mittelstrekkenpotentiale vorsah. Der NATO-Rat verabschiedete dann noch wei­ tere Schritte zur Vertrauensbildung und Rüstungsbeschränkung. Quelle: Bulletin der Bundesregierung, Nr. 154, 18. Dezember 1979, S. 1409f. und S. 1414 (Auszug).

1. Die Außen- und Verteidigungsminister trafen am 12. De­ zember 1979 in Brüssel zu einer Sondersitzung zusammen. 2. Die Minister verwiesen auf das Gipfeltreffen vom Mai 1978, bei dem die Regierungen ihre politische Entschlossenheit zum Ausdruck brachten, der Herausforderung zu begegnen, die der fortdauernde intensive militärische Aufwuchs auf Seiten des Warschauer Paktes für ihre Sicherheit darstellt. 3. Im Laufe der Jahre hat der Warschauer Pakt ein großes und ständig weiterwachsendes Potential von Nuklearsystemen ent­ wickelt, das Westeuropa unmittelbar bedroht und eine strategi­ sche Bedeutung für das Bündnis in Europa hat. Diese Lage hat sich innerhalb der letzten Jahre in besonderem Maße durch die sowjetischen Entscheidungen verschärft, Programme zur sub­ stantiellen Modernisierung pnd Verstärkung ihrer weitreichen­ 226

den Nuklearsysteme durchzuführen. Insbesondere hat die So­ wjetunion die SS-20-Rakete disloziert, die durch größere Treff­ genauigkeit, Beweglichkeit und Reichweite sowie durch die Ausrüstung mit Mehrfachsprengköpfen eine bedeutende Ver­ besserung gegenüber früheren Systemen darstellt, und sie hat den »Backfire-Bomber« eingeführt, der wesentlich leistungsfä­ higer ist als andere sowjetische Flugzeuge, die bisher für konti­ nentalstrategische Aufgaben vorgesehen waren. Während die Sowjetunion in diesem Zeitraum ihre Überlegenheit bei den nuklearen Mittelstreckensystemen (LRTNF) sowohl qualitativ als auch quantitativ ausgebaut hat, ist das entsprechende Poten­ tial des Westens auf demselben Stand geblieben. Darüber hinaus veralten diese westlichen Systeme, werden zunehmend ver­ wundbarer und umfassen zudem keine landgestützten LRTNFRaketensysteme. 4. Gleichzeitig hat die Sowjetunion auch ihre Nuklearsyste­ me kürzerer Reichweite modernisiert und vermehrt und die Qualität ihrer konventionellen Streitkräfte insgesamt bedeutend verbessert. Diese Entwicklungen fanden vor dem Hintergrund des wachsenden Potentials der Sowjetunion im interkontinen­ talstrategischen Bereich und der Herstellung der Parität mit den Vereinigten Staaten auf diesem Gebiet statt. 5. Diese Entwicklungen haben im Bündnis ernste Besorgnis hervorgerufen, da - falls sie fortdauern sollten - die sowjetische Überlegenheit bei den Mittelstreckenwaffen die bei den inter­ kontinentalen strategischen Systemen erzielte Stabilität aushöh­ len könnte. Durch diese Entwicklungen könnte auch die Glaubwürdigkeit der Abschreckungsstrategie des Bündnisses dadurch in Zweifel gezogen werden, daß die Lücke im Spek­ trum der dem Bündnis zur Verfügung stehenden nuklearen Re­ aktionen auf eine Aggression stärker akzentuiert würde. 6. Die Minister stellten fest, daß diese jüngsten Entwicklun­ gen konkrete Maßnahmen des Bündnisses erfordern, wenn die NATO-Strategie der flexiblen Reaktion glaubwürdig bleiben soll. Nach intensiven Beratungen auch über alternative Ansätze und deren Wert und nach Kenntnisnahme der Haltung be­ stimmter Bündnispartner, kamen die Minister überein, daß dem Gesamtinteresse der Allianz am besten dadurch entsprochen wird, daß die zwei parallelen und sich ergänzenden Ansätze: LRTNF-Modernisierung und -Rüstungskontrolle verfolgt wer­ den. 7. Die Minister haben daher beschlossen, das LRTNF-Poten227

tial der NATO durch die Dislozierung von amerikanischen bo­ dengestützten Systemen in Europa zu modernisieren. Diese Sy­ steme umfassen 108 Abschußvorrichtungen für Pershing II, welche die derzeitigen amerikanischen Pershing la ersetzen werden, und 464 bodengestützte Marschflugkörper (GLCM). Sämtliche Systeme sind jeweils mit nur einem Gefechtskopf ausgestattet. Alle Staaten, die zur Zeit an der integrierten Ver­ teidigungsstruktur beteiligt sind, werden an diesem Programm teilnehmen. Die Raketen werden in ausgewählten Ländern sta­ tioniert und bestimmte Nebenkosten werden im Rahmen von bestehenden Finanzierungsvereinbarungen der NATO gemein­ sam getragen werden. Das Programm wird die Bedeutung nu­ klearer Waffen für die NATO nicht erhöhen. In diesem Zusam­ menhang kamen die Minister überein, daß als integraler Be­ standteil der TNF-Modernisierung so bald wie möglich 1000 amerikanische nukleare Gefechtsköpfe aus Europa abgezogen werden. Weiterhin beschlossen die Minister, daß die 572 LRTNF-Gefechtsköpfe innerhalb dieses verminderten Be­ stands untergebracht werden sollen. Dies impliziert notwendi­ gerweise eine Gewichtsverlagerung mit der Folge, daß die Zahl der Gefechtsköpfe von Trägersystemen anderer Typen und kürzerer Reichweite abnimmt. Zusätzlich haben die Minister mit Befriedigung zur Kenntnis genommen, daß die Nukleare Planungsgruppe (NPG) eine genaue Untersuchung vornimmt über Art, Umfang und Grundlage der sich aus der LRTNFDislozierung ergebenden Anpassungen und ihrer möglichen Auswirkungen auf die Ausgewogenheit von Aufgaben und Sy­ stemen im gesamten nuklearen Arsenal der NATO. Diese Un­ tersuchung wird Grundlage eines substantiellen Berichts an die Minister der NPG im Herbst 1980 sein. 8. Die Minister messen der Rüstungskontrolle als Beitrag zu einem stabileren militärischen Kräfteverhältnis zwischen Ost und West und zur Förderung des Entspannungsprozesses eine große Bedeutung bei. Dies spiegelt sich wider in einem breit angelegten Spektrum von Initiativen, die im Bündnis geprüft werden mit dem Ziel, die Weiterentwicklung von Rüstungs­ kontrolle und Entspannung in den achtziger Jahren zu fördern. Die Minister betrachten die Rüstungskontrolle als integralen Bestandteil der Bemühungen des Bündnisses, die unverminder­ te Sicherheit seiner Mitgliedstaaten zu gewährleisten und die strategische Lage zwischen Ost und West auf einem beiderseits niedrigeren Rüstungsniveau stabiler, vorhersehbarer und be­

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herrschbarer zu gestalten. In dieser Hinsicht begrüßen sie den Beitrag, den der SALT-II-Vertrag zur Erreichung dieser Ziele leistet. 9. Die Minister sind der Auffassung, daß auf der Grundlage des mit SALT II erreichten und unter Berücksichtigung der die NATO beunruhigenden Vergrößerung des sowjetischen LRTNF-Potentials nun auch bestimmte amerikanische und so­ wjetische LRTNF in die Bemühungen einbezogen werden soll­ ten, durch Rüstungskontrolle ein stabileres umfassendes Gleichgewicht bei geringeren Beständen an Nuklearwaffen auf beiden Seiten zu erzielen. Dies würde frühere westliche Vor­ schläge und die erst kürzlich geäußerte Bereitschaft des sowjeti­ schen Staatspräsidenten Breschnew aufnehmen, solche sowjeti­ schen und amerikanischen Systeme in Rüstungskontrollver­ handlungen einzubeziehen. Die Minister unterstützen voll die als Ergebnis von Beratungen im Bündnis getroffene Entschei­ dung der Vereinigten Staaten, über Begrenzungen der LRTNF zu verhandeln und der Sowjetunion vorzuschlagen, so bald wie möglich Verhandlungen auf der Grundlage der folgenden Leit­ linien aufzunehmen, die das Ergebnis intensiver Konsultationen innerhalb des Bündnisses sind: a) Jede künftige Begrenzung amerikanischer Systeme, die in erster Linie für den Einsatz als TNF bestimmt sind, soll von einer entsprechenden Begrenzung sowjetischer TNF begleitet sein. b) Uber Begrenzungen von amerikanischen und sowjetischen LRTNF soll Schritt für Schritt bilateral im Rahmen von SALT III verhandelt werden. c) Das unmittelbare Ziel dieser Verhandlungen soll die Ver­ einbarung von Begrenzungen für amerikanische und sowjeti­ sche landgestützte LRTNF-Raketensysteme sein. d) Jede vereinbarte Begrenzung dieser Systeme muß mit dem Grundsatz der Gleichheit zwischen beiden Seiten vereinbar sein. Die Begrenzungen sollen daher in einer Form vereinbart werden, die de jure Gleichheit sowohl für die Obergrenzen als auch für die daraus resultierenden Rechte festlegt. e) Jede vereinbarte Begrenzung muß angemessen verifizierbar sein. 10. Angesichts der besonderen Bedeutung dieser Verhand­ lungen für die Sicherheit des Bündnisses insgesamt wird zur Unterstützung der amerikanischen Verhandlungsbemühungen ein besonderes, hochrangiges Konsultationsgremium innerhalb 229

des Bündnisses gebildet. Dieses Gremium wird die Verhand­ lungen kontinuierlich begleiten und den Außen- und Verteidi­ gungsministern berichten. Die Minister werden die Entwick­ lung dieser und anderer Rüstungskontrollverhandlungen bei ih­ ren halbjährlichen Konferenzen bewerten. 11. Die Minister haben sich zu diesen beiden parallel laufen­ den und komplementären Vorgehensweisen entschlossen, um einen durch den sowjetischen TNF-Aufwuchs verursachten Rüstungswettlauf in Europa abzuwenden, dabei jedoch die Funktionsfähigkeit der Abschreckungs- und Verteidigungsstra­ tegie der NATO weiterhin zu erhalten und damit die Sicherheit ihrer Mitgliedstaaten weiterhin zu gewährleisten. a) Ein Modernisierungsbeschluß, einschließlich einer ver­ bindlichen Festlegung auf Dislozierungen, ist erforderlich, um den Abschreckungs- und Verteidigungsbedürfnissen der NATO gerecht zu werden, um in glaubwürdiger Weise auf die einseitigen TNF-Dislozierungen der Sowjetunion zu reagieren und um das Fundament für ernsthafte Verhandlungen über TNF zu schaffen. b) Erfolgreiche Rüstungskontrolle, die den sowjetischen Auf­ wuchs begrenzt, kann die Sicherheit des Bündnisses stärken, den Umfang des TNF-Bedarfs der NATO beeinflussen und im Einklang mit der grundlegenden NATO-Politik von Abschrekkung, Verteidigung und Entspannung - wie sie im HarmeiBericht niedergelegt wurde - Stabilität und Entspannung in Eu­ ropa fördern. Der TNF-Bedarf der NATO wird im Licht kon­ kreter Verhandlungsergebnisse geprüft werden. Kommunique der Ministertagung des Nordatlantikrates, 14. Dezember 1979. 18. Die Minister, die an der Sondersitzung von Außen- und Verteidigungsministern am 12. Dezember 1979 teilgenommen haben, nahmen mit Befriedigung zur Kenntnis, daß die Be­ schlüsse, die heute vom Nordatlantikrat getroffen wurden, nach ihrer Ansicht die Entscheidungen dieser Sondersitzung ergän­ zen. Zusammen mit den weitergehenden Arbeiten auf Grund der Entscheidungen der Gipfelkonferenz in London und Wa­ shington stellen diese Beschlüsse insgesamt ein umfassendes Aktionsprogramm dar. Dieses Programm enthält Maßnahmen zur Verringerung des militärischen Ungleichgewichts durch konkrete Verbesserung und Modernisierung von nuklearen Mittelstreckensystemen (LRTNF) und konventionellen Streit230

kräften sowie das nachstehende breite Spektrum von Initiati­ ven, insbesondere auf den Gebieten der Vertrauensbildung und der Rüstungskontrolle, die das Ziel haben, die Sicherheit beider Seiten und die Zusammenarbeit in Europa zu verbessern: - ein Angebot, über substantielle Reduzierungen des Umfangs der nuklearen Mittelstreckensysteme (LRTNF) wie auch der interkontinentalen strategischen Waffen im Rahmen von SALT III zu verhandeln; - einseitiger Abzug von eintausend amerikanischen nuklearen Sprengköpfen aus Europa als Teil des Beschlusses vom 12. Dezember 1979; - ein Vorschlag für ein Phase-I-Interimsabkommen im Rah­ men beiderseitiger und ausgewogener Truppenverminderun­ gen, das den MBFR-Verhandlungen neue Impulse geben soll; - ein Vorschlag für ein Paket begleitender Maßnahmen für MBFR, die die Einhaltung des Abkommens gewährleisten und militärische Aktivitäten transparenter machen und da­ durch das gegenseitige Vertrauen stärken sollen; - Bereitschaft, zur Weiterentwicklung des KSZE-Prozesses Vorschläge über vertrauensbildende Maßnahmen und eine Konferenz über Abrüstung in Europa zu prüfen. Die Minister sind der festen Überzeugung, daß die achtziger Jahre eine grundlegende Verbesserung im Ost-West-Verhältnis bringen sollten und sind entschlossen, alle Anstrengungen zu unternehmen, um dies herbeizuführen. Das von ihnen geplante Aktionsprogramm bietet die beste Aussicht, zwischen Ost und West gedeihlichere Beziehungen zu schaffen, auf die ihre Bür­ ger so lange hoffen. Diese Minister waren der Auffassung, daß dieses Programm eine große neue Gelegenheit für die Staaten des Warschauer Pakts darstellt, das von ihnen signalisierte Interesse an einer Verbesserung der Lage in Europa in die Tat umzusetzen. Sie appellieren an die Regierungen des Warschauer Pakts, auf dieses Angebot damit zu antworten, daß sie in allen vorhandenen Ver­ handlungsgremien eine entschlossene Anstrengung unterneh­ men, substantielle Ergebnisse zu erzielen, die die Sicherheit und das gegenseitige Vertrauen erhöhen.

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9. Gemeinsame deutsch-französische Erklärung, 5. Februar 1980. Im Rahmen der 35. deutsch-französischen Konsultationen am 4. und 5. Februar 1980 in Paris erörterten die Staats- und Regierungschefs beider Länder die Folgen der sowjetischen Intervention in Afghanistan und zogen daraus Schlußfolgerungen für die Politik beider Länder. Quelle: Bulletin der Bundesregierung, Nr. 15, 8. Februar 1980, S. 117f.

Der Präsident der Französischen Republik und der Bundes­ kanzler der Bundesrepublik Deutschland haben die internatio­ nale Lage im Lichte der Ereignisse in Afghanistan einer einge­ henden Prüfung unterzogen. Sie sind zu den folgenden Schlußfolgerungen gelangt, die die Politik ihrer beiden Länder unter den derzeitigen Umständen definieren: 1. Sie sind der Auffassung, daß die sowjetische Militärinter­ vention in Afghanistan unannehmbar ist und ernste Gefahren für die Stabilität in der Region und für den Frieden schafft. Sie halten es für unerläßlich, diese unverzüglich zu beenden, wie es die Generalversammlung der Vereinten Nationen mit großer Mehrheit gefordert hat. Dies ist das einzige Mittel, eine den Rechten des afghanischen Volkes und den Erfordernissen des internationalen Friedens entsprechende Lage wiederherzustel­ len. 2. Sie sind der Auffassung, daß die derzeitige Krise dazu an­ getan ist, einen Prozeß auszulösen, der nach und nach, selbst wenn das nicht beabsichtigt ist, schwerwiegendste Folgen ha­ ben würde. Es ist ihnen ein Anliegen, unter diesen Umständen die Treue ihrer beiden Länder zum Atlantischen Bündnis und ihre Entschlossenheit, dessen Verpflichtungen einzuhalten, zu bekräftigen. 3. Sie stellen fest, daß durch die Ereignisse in Afghanistan die Entspannung schwieriger und unsicherer geworden ist und daß deshalb der Rückzug der ausländischen Truppen aus Afghani­ stan erforderlich ist. Sie erklären, daß die Entspannung einem neuen Schlag gleicher Art nicht standhalten würde. In diesem Falle würden Frankreich und die Bundesrepublik Deutschland zusammen mit ihren Bündnispartnern die Maßnahmen ergrei­ fen, die unter diesen Umständen erforderlich sind, um ihre Si­ cherheit zu gewährleisten und die internationale Stabilität zu verteidigen. 232

4. Sie verstehen die von den Ländern, die sich wirklich zur Blockfreiheit bekennen, geäußerten Sorgen und bekräftigen, daß diese Länder eine wichtige eigenständige Rolle für Frieden und Stabilität in der Welt zu spielen haben. Deshalb sind sie überzeugt von der Notwendigkeit, zu vermeiden, daß sich der Ost-West-Gegensatz auf die Dritte Welt ausweitet. 5. Frankreich und die Bundesrepublik Deutschland, deren Bürger die Schrecknisse der beiden Weltkriege auf ihrem eige­ nen Boden erlebt haben, haben sich dreißig Jahre lang für die Schaffung einer stabileren und friedlicheren Welt eingesetzt. Dabei waren ihre gegenseitige Aussöhnung, ihre gemeinsame Mitwirkung zum Aufbau Europas, ihr paralleles Wirken für die Entspannung Etappen auf diesem Wege. Sie sind der Auffassung, daß die europäischen Mächte unter den derzeitigen Umständen besondere Verantwortlichkeiten zu übernehmen haben, wobei sie sich, zusammen mit ihren Bünd­ nispartnern, versichern, daß das grundlegende Gleichgewicht, das die Sicherheit ihrer Länder und die Sicherheit Europas be­ dingt, gewährleistet wird. 6. Ihre Bemühungen zur Überwindung der Krise haben nur dann einen Sinn, wenn die Sowjetunion jhren Willen bekundet, darauf einzugehen. Sie haben die Erklärungen zur Kenntnis genommen, wonach die Sowjetunion die Absicht hat, ihre Streitkräfte aus Afghani­ stan zurückzuziehen. Es ist erforderlich, daß diese Erklärungen sich in Tatsachen niederschlagen. Das ist notwendig für den Erfolg der Erörterungen, von denen die Sicherheit und die Zu­ kunft des Friedens abhängen.

10. Krefelder Appell, 16. November 1980. Als Reaktion auf die Beschlüsse der NATO zur Einführung neuer nuklearer Mittelstreckenwaffen bildete sich in der Bundesrepublik wie in zahlreichen anderen Staaten - eine aktive Friedensbewegung. Namhafte Vertreter derselben, u.a. General a. D. Bastian, Petra Kelly und Prof. Gerhard Kade, waren Redner auf einem »Krefelder Forum« am 15. und 16. November 1980, das die sogen. »Krefelder Erklärung« verabschiedete. Quelle: Alfred Mechtersheimer (Hrsg.), Nachrüsten? Dokumente und Positionen zum Nato-Doppelbeschluß, Reinbek 1981, S. 249 f.

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Der Atomtod bedroht uns alle! Keine Atomraketen in Europa! Die 1000 Teilnehmer stimmten der folgenden Erklärung zu: Immer offensichtlicher erweist sich der »Nachrüstungsbe­ schluß« der NATO vom 12. Dezember 1979 als verhängnisvol­ le Fehlentscheidung. Die Erwartung, wonach Vereinbarungen zwischen den USA und der Sowjetunion zur Begrenzung der eurostrategischen Waffensysteme noch vor der Stationierung einer neuen Generation amerikanischer nuklearer Mittelstrekkenwaffen in Westeuropa erreicht werden könnten, scheint sich nicht zu erfüllen. Ein Jahr nach Brüssel ist noch nicht einmal der Beginn sol­ cher Verhandlungen in Sicht. Im Gegenteil: Der neugewählte Präsident der USA erklärt unumwunden, selbst den bereits un­ terzeichneten SALT-II-Vertrag zur Begrenzung der sowjeti­ schen und amerikanischen strategischen Nuklearwaffen nicht akzeptieren und deshalb dem Senat nicht zur Ratifizierung zu­ leiten zu wollen. Mit der Verweigerung dieser Ratifizierung durch die USA würde jedoch die Aussicht auf Verhandlungen zur Begrenzung der eurostrategischen Nuklearwaffen unvermeidbar in noch weitere Ferne rücken. Ein selbstmörderischer Rüstungswettlauf könnte nicht im letzten Augenblick gestoppt werden; seine zu­ nehmende Beschleunigung und offenbar konkreter werdende Vorstellungen von der scheinbaren Begrenzbarkeit eines Nu­ klearkrieges müßten in erster Linie die europäischen Völker einem untragbaren Risiko aussetzen. Die Teilnehmer am Krefelder Gespräch vom 15. und 16. No­ vember 1980 appellieren daher gemeinsam an die Bundesregie­ rung, - die Zustimmung zur Stationierung von Pershing-II-Raketen und Marschflugkörpern in Mitteleuropa zurückzuziehen; - im Bündnis künftig eine Haltung einzunehmen, die unser Land nicht länger dem Verdacht aussetzt, Wegbereiter eines neuen, vor allem die Europäer gefährdenden nuklearen Wett­ rüstens sein zu wollen. In der Öffentlichkeit wächst die Sorge über die jüngste Ent­ wicklung. Immer entschiedener werden die Möglichkeiten einer alternativen Sicherheitspolitik diskutiert. Solche Überlegungen sind von großer Bedeutung für den demokratischen Prozeß der Willensbildung und können dazu beitragen, daß unser Volk sich nicht plötzlich vollzogenen Tatsachen gegenübergestellt sieht. Alle Mitbürgerinnen und Mitbürger werden deshalb auf234

gerufen, diesen Appell zu unterstützen, um durch unablässigen und wachsenden Druck der öffentlichen Meinung eine Sicher­ heitspolitik zu erzwingen, die - eine Aufrüstung Mitteleuropas zur nuklearen Waffenplatt­ form der USA nicht zuläßt; - Abrüstung für wichtiger hält als Abschreckung; - die Entwicklung der Bundeswehr an dieser Zielsetzung orientiert.

11. Pressekonferenz von Bundeskanzler Schmidt anläßlich sei­ nes Besuches in der DDR, 13. Dezember 1981. Nachdem ein Besuch wegen der Afghanistan- und der Polen-Krise zweimal verschoben worden war, hielt sich Bundeskanzler Schmidt vom 11. bis zum 13. Dezember 1981 zu Gesprächen mit dem General­ sekretär des ZK der SED und Vorsitzenden des Staatsrates der DDR, Erich Honecker, in der Deutschen Demokratischen Republik auf. Auf einer Pressekonferenz in der »Jugendhochschule Wilhelm Pieck« in Biesenthal zog er eine Bilanz seiner Gespräche mit Honecker. Die Gespräche wurden überschattet von der Verhängung des Kriegsrechtes in Polen am 13. Dezember 1981. Quelle: Bulletin der Bundesregierung, Nr. 121, 15. Dezember 1981, S. 1039—41. (Auszüge).

Meine Damen und Herren! Wenn ich die intensiven und tat­ sächlich sehr freimütigen Gespräche, die ich mit dem General­ sekretär der SED und dem Vorsitzenden des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik, Herrn Honecker, zu­ sammenfassen soll... dann kann ich sagen, daß diese Gespräche insgesamt nicht einfach nur ein zusätzliches Stück an Berechen­ barkeit und gegenseitiger, zuverlässiger Berechenbarkeit erge­ ben haben zwischen den politisch Verantwortlichen in den bei­ den deutschen Staaten, sondern daß sie auch ein Stück Vertrau­ en geschaffen haben ... Beide Seiten waren sehr an diesem gründlichen, gewissenhaf­ ten, natürlich auch sehr offenen Gespräch interessiert. Wir hat­ ten zwei Anläufe genommen, vergeblich. Wir waren eigentlich heute vor zwei Jahren uns einig geworden, daß ich einen Be­ such hjer machen wollte. Dann kam die Verschärfung der Welt­ situation durch den sowjetischen Einmarsch in Afghanistan da­ zwischen. Dann hatten wir uns ein zweites Mal im vorigen

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Sommer eingerichtet auf diesen Besuch. Dann kamen Besorg­ nisse um die Entwicklung in Polen dazwischen. Ich will gleich zu den aktuellen Ereignissen in Polen nachher noch ein Wort hinzufügen. Dies war also der dritte Anlauf, und Gott sei Dank hat es nun funktioniert. Ich bin ganz sicher, daß Sie im Laufe des Jahres 1982, meine Damen und Herren, deutlicher erkennen können als gegenwär­ tig, daß wir in der Tat in diesen langen Gesprächen eine Reihe von schwierigen Fragen, die zwischen uns stehen, einer Lösung näher gebracht haben. Ich verlasse den Werbellinsee und den Döllnsee mit dem guten Gefühl, daß in der Folge unserer Ge­ spräche eine positive Bewegung entstehen kann, aber in der Folge von Gesprächen, die natürlich auf der Grundlage der beiderseitigen Souveränität, der Gleichheit beider Staaten ge­ führt worden sind, was die Souveränität angeht. Jeder weiß, daß wir nicht hierher gekommen sind, um Ver­ handlungen über neue Abmachungen und Verträge zu führen, schon gar nicht um solche abzuschließen, das galt für beide Seiten, sondern wir sind beiderseits darum bemüht gewesen, herauszufinden, wo es konkrete Aussichten für eine zukünftige, stetige Entwicklung der Beziehungen zwischen uns geben kann und wo wir im Interesse der Bürger sowohl der Bundesrepublik Deutschland als auch der Bürger der Deutschen Demokrati­ schen Republik die Qualität der Beziehungen zwischen den beiden deutschen Staaten anheben können. Wir haben nicht die Absicht gehabt, aber auch Generalsekretär Honecker hat nicht die Absicht gehabt oder den Wunsch, Gegensätze zu vertu­ schen oder zu verkleistern, denn nur dann, wenn man offen über das redet, was zwischen uns steht, die Dinge beim Namen nennt, wenn man offen sich die gegenseitigen Interessenlagen klar vor Augen führt, kann man sich um Verständnis, erfolg­ reich um Verständnis der Motive der jeweils anderen Seite be­ mühen. Wenn die Motive verborgen bleiben, kann man sie nicht verstehen. Motive und Gründe und Interessen sind hier von beiden Seiten klar ausgesprochen worden. Aber auf der anderen Seite gibt es für mich überhaupt keinen Zweifel, daß beide Seiten - und das gilt eben durchaus auch für die gastgebende Seite -, daß beide die positive Entwicklung des letzten Jahrzehnts - Sie wissen, daß ich mehrfach öffentlich gesagt habe, daß es auch eine Phase der Rückschläge gab, insbe­ sondere im Jahre 1980 -, daß beide Seiten die positive Entwick­ lung, das Netzwerk von Verträgen und Abmachungen auch

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tatsächlich positiv bewerten, daß beide Seiten dieses positive Netzwerk verstärken und ausbauen wollen. Und ich will sagen, daß ich manchmal denke, daß einige unterschätzen, was ge­ schaffen worden ist, weil das, was man erreicht hat, heute für selbstverständlich gehalten wird. Wenn man es vergleicht mit dem Stande vor dem Treffen in Erfurt und Kassel, wer sich noch erinnert an die Zustände damals, der wird eher bereit sein, den Fortschritt zu würdigen. Es hat sich während unserer Gespräche eine authentische Übereinstimmung ergeben darüber, daß bessere Beziehungen zwischen den beiden deutschen Staaten möglich, daß wir sie beide herstellen wollen und daß sie zugleich einen Beitrag be­ deuten können und bedeuten sollen für die Sicherung des Frie­ dens in Europa, möglicherweise darüber hinaus. Die beiden deutschen Staaten, so haben Herr Honecker und ich im Laufe der Gespräche nicht nur unter vier Augen, sondern auch im Kreise der Delegationen wiederholt festgestellt, haben gerade in dieser schwierigen Zeit, in einer schwierigen Großwetterlage der Welt und in Europa, viele Besorgnisse auslöst, die Aufgabe, in besonderer Weise dem Frieden und seiner Stabilisierung, sei­ ner Festigung zu dienen. Wir haben im Hinblick auf die deut­ sche Verantwortung für den Zweiten Weltkrieg in besonderer Weise Anstrengungen nötig, um unserer beiderseitigen Frie­ denspflicht zu entsprechen. Wir haben heute morgen über die jüngsten Ereignisse in der Volksrepublik Polen gesprochen. Wir hoffen beide, daß es den Polen gelingt, die sich im Konflikt miteinander bewegenden Kräfte des polnischen Volkes zu Einigungen zu führen. Wir halten an dem Grundsatz strikt fest, uns nicht einzumischen. Ich will noch einmal betonen, daß wir unabhängig von den jeweiligen polnischen Führungen versucht haben, von der Bun­ desrepublik Deutschland aus mit Krediten unserer privaten Banken, die staatlich garantiert waren zum Teil, die Herrn Matthöfer jetzt inzwischen sehr, sehr viel Geld kosten, unab­ hängig von den jeweiligen polnischen Führungen wirtschaftlich zu halten. Das trifft nun inzwischen, sehr deutlich stößt das an Gren­ zen. Ich habe hier sehr deutlich erfahren, daß andere auch in einer zu Buch schlagenden Weise an solchen Hilfen beteiligt waren. Ich glaube, ich muß hier nicht betonen, daß wir uns natürlich darüber klar sind, daß wir nicht nur de facto durch den Ablauf der Geschichte, sondern auch aus Überzeugung 237

unseren beiderseitigen Bündnissen angehören. Das positive In­ teresse, das die Verbündeten der Nordatlantischen Allianz ebenso wie die Führung der Sowjetunion bekundet haben an den Gesprächen zwischen Herrn Honecker und mir, zeigt mir, daß in der Tat auch andere im Westen wie im Osten die Mei­ nung teilen, daß verbesserte deutsch-deutsche Beziehungen durchaus dazu geeignet sind, den Entspannungsprozeß zu bele­ ben, zu aktivieren, wenn ich es so sagen darf ... Ich habe mir erlaubt, am Schluß zu sagen, daß nach meinem Eindruck die Gespräche hier insgesamt nicht nur in einem freundlichen, sondern in einem gutnachbarlichen Tone, in einer gutnachbarlichen Atmosphäre geführt worden sind. Ich möchte auf die beiderseitig, beiderseitige Atmosphäre des Gesprächs am Schluß hier noch einmal den Akzent legen. Ich habe man­ ches - das muß ich Ihnen ganz offen sagen - heute und gestern und vorgestern besser verstanden als nach Aktenlage bisher. Und ich nehme an, daß dies auch für Herrn Honecker und für Herrn Mittag gilt. Und ich glaube, wenn man sich besser ver­ steht, kann man auch in Zukunft besser aufeinander zugehen. Die Deutschen müssen sich in beiden Teilen daran erinnern, wenn man die Geschichte der letzten Jahrhunderte vor seinem Auge noch einmal passieren läßt, daß es lange, lange Perioden gegeben hat mit einer Mehrzahl von Staaten in Deutschland, einer Mehrzahl deutscher Staaten, teils waren sie souverän, teils waren sie es nicht, und haben trotzdem Kriege gegeneinander geführt, teils waren sie verbündet mit auswärtigen Mächten, mit größeren und mittleren. Es wird Zeit, daß man den gegenwärtigen Zustand in Deutschland in eine geschichtliche Perspektive bekommt, damit er eine Zukunft hat, daß man eine realistische Einschätzung der Zukunft sich selber macht. Zu dieser realistischen Einschätzung der zukünftigen Entwicklung und zu diesem Vertrauen in die zukünftige Entwicklung, hoffe ich, haben wir in diesen drei Tagen einen Beitrag geleistet.

12. Erklärung der Bundesregierung zu aktuellen Fragen der Si­ cherheitspolitik, 31. März 1982. Angesichts von Spannungen zwischen der auf Eindämmung der So­ wjetunion gerichteten Politik der USA und den Bemühungen der Bun-

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desrepublik um Fortsetzung der Entspannungspolitik bemühte sich die Bundesregierung, die Vereinbarkeit ihrer Bündnis- und Sicherheitspo­ litik einerseits, sowie ihrer Ost- und Entspannungspolitik andererseits darzustellen. Auch wollte sie ihre Bemühungen um eine Implementie­ rung beider Teile des NATO-Doppelbeschlusses betonen. Sie griff da­ bei zu dem ungewöhnlichen Mittel, eine Zusammenfassung der Aus­ sprache im Bundeskabinett am 31. März 1982 durch Bundeskanzler Schmidt zu veröffentlichen. Quelle: Bulletin der Bundesregierung, Nr. 30, 3. April 1982, S. 233f.

I. Allianz 1. Die Bundesregierung hält am Konzept der umfassenden Friedenssicherung durch das Atlantische Bündnis fest, wie es vor 15 Jahren in den beiden Elementen der Grundphilosophie des Harmel-Berichts zum Ausdruck kam. - Gewährleistung des Gleichgewichts durch ausreichende mili­ tärische Stärke, Verteidigungsfähigkeit und politische Solida­ rität der Allianz zur Abschreckung von Pression und Aggres­ sion. - Eine Politik des Dialogs und der Bereitschaft zur Zusammen­ arbeit mit dem Osten. Dem sind hinzugefügt worden - Rüstungskontrolle und Abrüstung als integrale Bestandteile der Sicherheitspolitik des Bündnisses; - das Eintreten für echte Blockfreiheit als einem wichtigen Sta­ bilitätsfaktor in der Welt. Festigkeit und Verhandlungsbereitschaft bestimmen unsere Po­ litik. 2. Die große Mehrheit unserer Bürger trägt diese Politik. Zu diesem Konsens gehören: - Unsere enge Freundschaft mit den Vereinigten Staaten, - der politische und wirtschaftliche Zusammenhalt in der Eu­ ropäischen Gemeinschaft, - die besondere Rolle der deutsch-französischen Zusammenar­ beit, - ein einiges Europa als verläßlicher Partner Nordamerikas, - die Bejahung der Bundeswehr und ihres Auftrags. 3. Die besondere Stärke eines Bündnisses freier Partner liegt in einer von allen gemeinsam gestalteten und getragenen Politik. Dies erfordert umfassende und rechtzeitige Konsultationen. 4. Wirtschaftliche und soziale Stabilität der Bündnispartner haben strategische Bedeutung für Sicherheit und Gleichge­ wicht. 239

5. Das Bonner Gipfeltreffen der Allianz muß zu einer Bekräf­ tigung der Grundlinien gemeinsamer Bündnispolitik für die 80er Jahre führen. II. Sicherheitspolitik 6. Die Bundesregierung steht fest zur Sicherheitspolitik der Allianz. Diese Politik verbindet Abschreckungsstrategie und Verteidigungsfähigkeit mit Rüstungskontrolle und Abrüstung. 7. Der Warschauer Pakt baut sein konventionelles Überge­ wicht weiter aus. Die Sowjetunion hat bei den interkontinental­ strategischen Waffen de facto Parität mit den USA und bei den nuklearen Mittelstreckenwaffen (eurostrategischen Waffen) ei­ ne große Überlegenheit erreicht. 8. Der Bedrohung durch den Warschauer Pakt begegnet die NATO mit der bewährten Strategie der flexiblen Reaktion; die­ se verknüpft konventionelle und nukleare Fähigkeiten mitein­ ander, um durch Abschreckung jeden Krieg zu verhüten. 9. Unseren Beitrag zur Kriegsverhütung leisten wir mit einer modern ausgerüsteten und gut ausgebildeten Bundeswehr, mit der Wehrpflicht, durch unsere finanziellen Leistungen und mit der Aufnahme von Streitkräften aus sechs verbündeten Staaten. Dieser Beitrag beweist die Bereitschaft unserer Bürger, für Frie­ den und Freiheit einzutreten. Er sichert unseren Einfluß im Bündnis. 10. Rüstungskontroll- und Abrüstungspolitik hat das Ziel, Gleichgewicht auf möglichst niedrigem Niveau herzustellen, vertraglich abzusichern und überprüfbar zu machen. Verein­ barte Sicherheit festigt die Stabilität und schränkt die Gefahr des Rüstungswettlaufs ein. Die Bundesregierung setzt sich für konkrete Verhandlungser­ gebnisse bei den Genfer INF-Verhandlungen ein. Sie sind nur zu erreichen, wenn die Sowjetunion anderenfalls mit einer Sta­ tionierung amerikanischer Systeme ab Ende 1983 rechnen muß. Die Bundesregierung unterstützt nachdrücklich die von den Vereinigten Staaten nach intensiven Bündnis-Konsultationen vorgeschlagene Null-Lösung, d. h. den beiderseitigen Verzicht auf landgestützte nukleare Mittelstreckenraketen. Sie setzt sich ein für den baldigen Beginn von Verhandlungen zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion über eine Reduzierung der interkontinentalstrategischen Waffen (START), die in einem engen Zusammenhang mit den INFVerhandlungen stehen.

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Sie setzt sich für eine Aktivierung der Wiener MBFR-Verhandlungen über beiderseitig ausgewogene Truppenverminderungen ein. Sie strebt bei der Wiederaufnahme des Madrider KSZE-Folgetreffens ein präzises Mandat für eine Konferenz für Abrü­ stung in Europa (KAE) an, um vertrauensbildende Maßnahmen für ganz Europa zu vereinbaren. Sie setzt sich bei den Beratungen im Genfer Abrüstungsaus­ schuß für ein vollständiges und nachprüfbares Verbot der che­ mischen Waffen ein. Der Bundeskanzler wird bei der 2. Abrüstungs-Sondergene­ ralversammlung der UN unsere Vorstellungen zur weltweiten Friedenssicherung erläutern.

III. Dialog und Zusammenarbeit 11. Die Bundesregierung hält fest an einer langfristig angeleg­ ten Politik des Dialogs und der Zusammenarbeit zwischen West und Ost. Auf diese Zusammenarbeit ist durch die sowjetische SS-20-Hochrüstung, die Intervention in Afghanistan und den Druck auf Polen ein tiefer Schatten gefallen. Die Antwort dar­ auf liegt nicht in der Rückkehr zum Kalten Krieg, sondern in der festen Entschlossenheit des Westens, das Gleichgewicht zu gewährleisten und die Forderung nach Mäßigung und Verant­ wortung in den internationalen Beziehungen zur Geltung zu bringen. 12. Die Bundesregierung setzt sich für die Fortsetzung des "KSZE-Prozesses und für ein ausgewogenes Ergebnis der Ma­ drider Nachfolgekonferenz ein. Die Schlußakte von Helsinki ist zu einem europäischen Schlüsseldokument geworden, das Maß­ stäbe für die friedliche Entwicklung in Europa setzt. Wir wer­ den keinen der Unterzeichner-Staaten aus seiner Verantwor­ tung für ihre Verwirklichung entlassen. 13. Die Bundesregierung hält am langfristig angelegten wirt­ schaftlichen Austausch zwischen West und Ost fest. Sie will keinen Handelskrieg. Wirtschaftliche Zusammenarbeit trägt zur Entwicklung zuverlässiger politischer Beziehungen und da­ mit zur Stabilität bei. Wirtschaftlicher Austausch muß beiden Seiten gleichermaßen zugute kommen und darf weder einseitige Abhängigkeit schaffen noch zur Übertragung militärisch-rele­ vanter Spitzen-Technologie führen. 14. Das Gebot der Mäßigung und Verantwortung gilt für alle Staaten und weltweit. Die Bundesregierung lehnt jeden Versuch

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zur Übertragung des Ost-West-Gegensatzes auf die Dritte Welt ab. Sie wird auch in Zukunft wirkliche Blockfreiheit, die ein wichtiger Faktor der Stabilität in der Welt ist, ermutigen und nach Kräften unterstützen.

Forschungsstand und Literatur

Die zeitgeschichtliche Periode von der Ölkrise bis zum NATO-Dop-

pelbeschluß ist nahezu deckungsgleich mit der zweiten Hälfte der Re­ gierung der sozial-liberalen Koalition und mit der Amtszeit von Bun­ deskanzler Schmidt. Ihre Nähe zur Gegenwart bringt es mit sich, daß weder Gesamtdarstellungen dieser Periode zur Verfügung stehen, die wissenschaftlichen Ansprüchen genügen, noch daß dem Forscher ein Einblick in die Originaldokumente - von Reden und öffentlichen Kommuniques abgesehen - möglich ist. Wir leben jedoch in einer Art »öffentlicher Demokratie«, in der sich Politik, auch Außenpolitik (letz­ tere freilich in etwas geringerem Maße) coram publico - und das heißt heute: vor den Objektiven der Fernsehkameras -, in öffentlicher Dis­ kussion und unter dem Zwang zur politischen Rechtfertigung vor vie­ lerlei Gremien und nicht zuletzt vor dem Wähler vollzieht, der über­ zeugt und dessen Zustimmung gewonnen werden muß. Das Ergebnis ist eine außerordentlich heterogene Materiallage. Do­ kumentarischen Charakter haben die Erklärungen der Regierungen, offizielle Kommuniques und Stellungnahmen wie Reden und Inter­ views der Politiker, wenn sie in einer amtlichen (d. h. von einer Regie­ rungsstelle überprüften) Fassung abgedruckt werden. Wir finden diese vor allem in zwei Quellensammlungen: im vom Presse- und Informa­ tionsamt der Bundesregierung herausgegebenen >Bulletin der Bundes­ regierung« und in den stenographischen Protokollen des Deutschen Bundestages, «Verhandlungen«, und in der Sammlung «Drucksachen«. Das Bundespresseamt hat zu einer Reihe von Themengebieten, insbe­ sondere zu den Ostverträgen, einschlägige handliche Dokumenten­ sammlungen herausgegeben, die ebenfalls herangezogen werden soll­ ten. Bei weitem die wichtigste und umfassendste Dokumentation auf dem Gebiet der Außenpolitik stellen im deutschen Sprachraum die jährlichen Dokumentenbände der Zeitschrift «Europa-Archiv« dar. Herausgegeben von einer privaten Institution, der Deutschen Gesell­ schaft für Auswärtige Politik, werden vorzugsweise amtliche Texte verwandt. Um größtmögliche Aktualität bemüht, kann im Vergleich dazu das «Archiv der Gegenwart« nur zu ersten Informationen dienen. Für die Ost- und Deutschlandpolitik sowie die Beziehungen zwi­ schen den beiden deutschen Staaten sei verwiesen auf die vom Bundes­ ministerium für innerdeutsche Beziehungen herausgegebene Reihe «Texte zur Deutschlandpolitik«. Bis 1983 sind zwei Reihen mit 12 (Rei­ he 1) sowie 8 Bänden (Reihe 2) erschienen, die den Zeitraum von 1966 bis März 1982 abdecken. Diese Sammlung wird möglicherweise einmal durch die vom gleichen Herausgeber besorgte quellenkritische und an­ notierte Edition der «Dokumente zur Deutschlandpolitik« ersetzt, die

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bisher jedoch erst bis zum Jahr 1966 gediehen ist. Für viele Fragestel­ lungen wird es unabdingbar sein, sozusagen das östliche Pendant zu dieser Sammlung, die vom Institut für Internationale Beziehungen der Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft der DDR in Zusammen­ arbeit mit der Abteilung Rechts- und Vertragswesen des Minsteriums für Auswärtige Angelegenheiten der Deutschen Demokratischen Re­ publik herausgegebenen >Dokumente zur Außenpolitik der Deutschen Demokratischen Republik« heranzuziehen, die jährlich mit zwei Halb­ bänden erscheinen. Der Bereich der Rüstungsbeschränkung und Abrüstung wird doku­ mentarisch erschlossen durch die bis 1976 von Heinrich Siegler, seit 1977 von Hanswilhelm Haefs herausgegebene und im allgemeinen jähr­ lich erscheinende >Dokümentation zur Abrüstung und Sicherheit«. Vorzuziehen sind jedoch die von der Arms Control and Disarmament Agency der Vereinigten Staaten mit größerer editorischer Sorgfalt her­ ausgegebenen «Documents on Disarmament«. Während die erstere Stel­ lungnahmen und Dokumente häufig nach Tageszeitungen und Presse­ diensten zitiert, dabei jedoch europäische und deutsche Gesichtspunkte stärker berücksichtigt als dies bei der amerikanischen Regierungspubli­

kation der Fall ist, druckt letztere in der Regel Originaltexte ab und ist damit zuverlässiger. Hinzu kommen die verschiedenen Spezialdoku­ mentationen. Nimmt man die Zuverlässigkeit des zur Verfügung stehenden Mate­ rials zum Maßstab, so bildet die Fülle von Presseveröffentlichungen das andere Extrem zu den amtlichen Dokumentationen. Die Berichte der verschiedenen Tages- und Wochenzeitungen sind von durchaus unter­ schiedlicher Qualität, abhängig vom Sachverstand des Berichterstatters und von seinem Zugang zu entsprechenden Informationen. Und dieser ist wiederum abhängig von dem Aufmerksamkeitswert eines Vorgan­ ges, seiner politischen Bedeutung, seinem Geheimhaltungsgrad und vielen anderen Unwägbarkeiten, wie politisch motivierte »Enthüllun­ gen« oder gesteuerte Versuchsballons, für die schon Adenauer berühmt war. Wohlsortierte Pressearchive unterhalten der Deutsche Bundestag und die politischen Parteien in ihren Zentralen in Bonn, außenpoliti­ sche Spezialarchive unter anderem die Deutsche Gesellschaft für Aus­ wärtige Politik in Bonn, die Stiftung Wissenschaft und Politik in Eben­ hausen bei München und das Bundesinstitut für Ostwissenschaftliche und Internationale Studien in Köln. Informationslücken und Interpre­ tationsunterschiede zwischen den verschiedenen Materialien können häufig in Gesprächen mit beteiligten Akteuren geschlossen bzw. ge­ klärt werden, wobei jedoch zu beachten ist, daß das Erinnerungsver­ mögen umso lückenhafter sein wird, je weiter ein Ereignis zurückliegt und je peripherer es für den Beteiligten war. Hinzu kommt eine sich im zeitlichen Abstand häufig noch verstärkende Subjektivität der Sicht eines Ereignisses und der eigenen Rolle in diesem. Die internationale Verflechtung der Außenpolitik der Bundesrepu-

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blik Deutschland bringt es mit sich, daß Entscheidungen nicht mehr allein im nationalen Maßstab, sondern zunehmend in multi- oder su­ pranationalen Gremien in der Europäischen Gemeinschaft, im Nordat­ lantischen Bündnis oder beim Internationalen Währungsfonds getrof­ fen werden und daher durch nationale Informationsmedien kaum mehr zu erfassen sind. Diese internationale Interdependenz ermöglicht ande­ rerseits wieder den Blick auf Interna deutscher Politik aus der Perspek­ tive ausländischer Forscher oder Politiker. Ein Beispiel dafür sind die Memoiren Kissingers1 oder Brzezinskis1 2, Sicherheitsberater der ameri­ kanischen Präsidenten Nixon und Carter und genaue Beobachter deut­ scher Entwicklungen. Das Fehlen zuverlässiger Uberblicksdarstellungen zeigt, daß die siebzigerJahre wissenschaftlich noch nicht aufgearbeitet sind. In deut­ scher Sprache liegen bisher lediglich drei Monographien vor, die - mit Einschränkungen - als erste Versuche einer Bestandsaufnahme deut­ scher Außenpolitik genannt werden können. Ist es ein Zufall, daß zwei der Autoren im Ausland leben, Deutschland also gleichsam von außen betrachten? Der Band von Alfred Grosser, «Deutschland im Westen«3*, ist auch primär für den Ausländer geschrieben. Durch seine klugen Einsichten und treffenden Vergleiche, die sich auf das gesamte politi­ sche und gesellschaftliche System in der Bundesrepublik beziehen, wird ihn jedoch auch der in der Bundesrepublik Ansässige mit Gewinn lesen. Die Schrift von Wolfram Hanrieder, >Fragmente der Macht«3, ist eher ein kluger Essay über die Außenpolitik der Bundesrepublik in einer interdependenten Welt. Die Analyse der Verfasserin, Sicherheit und Entspannung«5, in der die Gestaltung der Ost-West-Beziehungen im Vordergrund steht, wird derjenige zur Hand nehmen wollen, der eine problemorientierte Uberblicksdarstellung sucht. Angekündigt, aber zum Zeitpunkt der Niederschrift der vorliegenden Arbeit noch nicht erschienen, ist der fünfte Band der von Karl-Dietrich Bracher, Theodor Eschenburg, Joachim C. Fest und Eberhard Jäckel herausge­ gebenen «Geschichte der Bundesrepublik Deutschland«6, bei dem Wer­ ner Link für die Darstellung der außenpolitischen Entwicklung verant­ wortlich zeichnet.

1 Henry Kissinger, White House Years. Boston u. Toronto 1979; ders., Years of Upheaval, Boston u. Toronto 1982. 2 Zbigniew Brzezinski, Power and Principie. Memoirs of the National Securi­ ty Adviser 1977-1981. New York 1983. 3 Alfred Grosser, Das Deutschland im Westen. Eine Bilanz nach 40 Jahren. München 1985. 3 Wolfram F. Hanrieder, Fragmente der Macht. Die Außenpolitik der Bun­ desrepublik. München 1981. 5 Helga Haftendorn, Sicherheit und Entspannung. Zur Außenpolitik der Bun­ desrepublik Deutschland 1955-1982. Baden-Baden 1983. 6 Karl Dietrich Bracher, Wolfgangjäger u. Werner Link, Republik im Wandel 1969-1982. Stuttgart u. Wiesbaden 1986 (i. E.).

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Besser sieht die Literaturlage zu den verschiedenen außenpolitischen Problembereichen aus. Einen guten Überblick über die Währungspoli­ tik von Bundesregierung und Bundesbank gibt der Beitrag des langjäh­ rigen Vizepräsidenten und Mitte der siebziger Jahre Präsidenten der Deutschen Bundesbank, Ottmar Emminger7. Er findet seine Ergän­ zung durch die Darstellung von Robert Solomon8 zum internationalen Währungssystem. Der Verfasser hat in verschiedenen Funktionen in­ nerhalb des Federal Reserve System, der amerikanischen Zentralbank, an den Bemühungen zur Stabilisierung des internationalen Währungs­ systems aktiv teilgenommen und vermittelt daher außerordentlich in­ struktive Einblicke in die internationalen Währungsverhandlungen. Deutschsprachige Überblicksdarstellungen über die beiden Ölkrisen

1973/74 und 1979/80, ihre Auswirkungen auf die Bundesrepublik und die Reaktion der Bundesregierung fehlen bisher weitgehend. Neben einem älteren Sammelband von Wolfgang Hager liegen nur zwei klei­ nere Studien von Hanns W. Maull9 vor. In den Vereinigten Staaten hat sich Robert J. Lieber intensiv mit den beiden Ölkrisen und ihren Aus­ wirkungen auf Westeuropa befaßt1011 . Ein Standardwerk über die Roh­ stoff- und Energiesituation des Westens ist der Band von Maull, >Raw Materials, Energy and Western SecurityEuropäische Politische Zusammenarbeit«15* . Ein neuer Versuch internationaler Koordinierung der Wirtschaftspo­ litik wurde mit den seit 1975 jährlich stattfindenden Weltwirtschafts­ gipfeln der sieben führenden Industriestaaten beschritten. Ihre Bera­ tungsgegenstände lesen sich wie ein Krisenkalender internationaler Wirtschaftspolitik; die Darstellungen der ersten sechs oder acht Gipfel­ begegnungen vermitteln so einen guten Überblick über die Haltung der Bundesrepublik in Fragen der Wirtschaftspolitik, der Währungspolitik, der Energiepolitik, der Handelspolitik und der Entwicklungspolitik, insbesondere dann, wenn die Verfasser über die vagen Schlußerklärun­ gen hinaus internes Material verwerteten, Beteiligte interviewten oder selbst an der Vorbereitung der Treffen mitgewirkt haben. Besonders instruktiv ist unter diesen Gesichtspunkten die Gemeinschaftsarbeit von Robert D. Putnam und Nicholas Bayne14. Nützlich sind ebenfalls der gemeinsame Bericht von George de Menil und Anthony M. Solo­ mon sowie der Sammelband von Cesare Merlini17. Schließlich sei noch auf vier unentbehrliche Hilfsmittel hingewiesen, die derjenige benötigt, der die außenwirtschaftliche Entwicklung ver­ folgen will: auf das jährlich erscheinende «Statistische Jahrbuch der Bundesrepublik Deutschland«, das vom Statistischen Bundesamt in Wiesbaden herausgegeben wird; auf die «Wochenberichte des Deut­ schen Instituts für Wirtschaftsforschung« in Berlin; auf die «Monatsbe­ richte der Deutschen Bundesbank« in Frankfurt am Main und schließ-

13 Herbert Müller-Roschach, Die deutsche Europapolitik 1949-1977. Eine po­ litische Chronik. Bonn 1980; Bernhard May, Kosten und Nutzen der deutschen EG-Mitgliedschaft. Bonn 1982. 14 Hans-Eckart Scharrer u. Wolfgang Wessels (Hrsg.), Das Europäische Wäh­ rungssystem. Bilanz und Perspektiven eines Experiments. Bonn 1983. ,s Auswärtiges Amt (Hrsg.), Europäische Politische Zusammenarbeit (EPZ). Dokumentation. Bonn 7. Aufl. 1984. 14 Robert D. Putnam u. Nicholas Bayne, Weltwirtschaftsgipfel im Wandel. Bonn 1985 (Engi. Originalausgabe: Hanging Together. The Seven-Power Summits. London 1984). 17 George de Menil u. Anthony M. Solomon, Weltwirtschaftsgipfel. Mit ei­ nem Vorwort von Helmut Schmidt. Bonn 1983; Cesare Merlini (Hrsg.), Western Summits and Europe. Rivalry, Cooperation, and Partnership. London 1984.

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lieh auf die Jahresgutachten des Sachverständigenrats zur Beurteilung der gesamtwirtschaftlichen Lage«. Statistisches Bundesamt und Sach­ verständigenrat liefern die volkswirtschaftlichen Daten (letzterer pro­ spektiv, ersteres post factum), welche die Grundlage zur Analyse bil­ den. Das Berliner Wirtschaftsforschungsinstitut und die Bundesbank erstellen vor allem aktuelle Kurzanalysen, das erstere primär zur Au­ ßenwirtschaftspolitik, letztere vor allem zur Geldpolitik. Zusammen­ genommen bilden sie ein hervorragendes Rüstzeug solider außenwirt­ schaftlicher Analysen, so daß es verwundert, daß diese selbst - vor allem im historischen Längsschnitt - so rar sind. Wie schon für die Wirtschafts- und Währungspolitik, fehlt auch für die Sicherheitspolitik eine übersichtliche Gesamtdarstellung. Dagegen gibt es z. B. zur Vorgeschichte des NATO-Doppelbeschlusses und zu den bilateralen wie zu den multilateralen Verhandlungen über Rü­ stungsbeschränkung zahlreiche zuverlässige Darstellungen. Gerade auf diesem Gebiet summen die meisten Arbeiten aus den Vereinigten Staa­ ten; gute Englischkenntnisse sind daher Voraussetzung. Diese Sprach­ kenntnisse sind um so wichtiger, als ein Expertenjargon entstanden ist, der sich häufig einer präzisen Übertragung ins Deutsche entzieht. Auch bei Werken, die in Übersetzung vorliegen, ist stets die Originalausgabe

vorzuziehen. Hohen dokumentarischen Charakter haben die seit 1970 regelmäßig vom Bundesminister der Verteidigung herausgegebenen Weißbücher >Zur Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und zur Lage der Bundeswehr«, ab 1971/72: »Zur Entwicklung'der Bundeswehr«, die eine offizielle Darstellung der Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Bundesrepublik bieten. Den gleichen dokumentarischen Charakter hat der vom NATO-Informationsdienst in Brüssel herausgegebene Band »Das Atlantische Bündnis. Tatsachen und Dokumente« (letzte deutsche Ausgabe: 1982). Eine Dokumentation der Kommuniques der verschie­ denen NATO-Konferenzen auf Ministerebene bieten die ebenfalls von der NATO herausgegebenen Bände >Texts of Final Communiqués 1949-1974« und >1975-1980«. Die in den folgenden Jahren veröffent­ lichten Erklärungen wurden jährlich in Broschürenform herausgege­ ben. Zum Doppelbeschluß selbst liegen mit meinem Aufsatz in den »Vier­ teljahrsheften für Zeitgeschichte« und dem Forschungsbericht der HSFK von Thomas Risse-Kappen zwei unterschiedlich akzentuierte Darstellungen18 vor, die sich mit der Vorgeschichte dieser Entschei-

18 Helga Haftendom, Das doppelte Mißverständnis. Zur Vorgeschichte des NATO-Doppelbeschlusses von 1979. In: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte 33 (1985), H. 2, S. 244-287; Thomas Risse-Kappen, »Fahrplan zur Abrüstung?« Zur INF-Politik der Bundesrepublik Deutschland 1970-1983. Hessische Stif­ tung Friedens- und Konfliktforschung. Forschungsbericht 1/85. Frankfurt a. M. 1985.

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dung ebenso wie mit ihren Folgewirkungen befassen. Für eine detail­ lierte Rekonstruktion des Entscheidungsprozesses innerhalb der NA­ TO und in der amerikanischen Regierung unverzichtbar ist ein Bericht des »Congressional Research Service« von 1980, den dieser für den Aus­ wärtigen Ausschuß des amerikanischen Repräsentantenhauses erstellt hat19. Ein wesentlicher Beweggrund für die Nachrüstungsentscheidung ist in einer sich seit Beginn der siebzigerJahre intensivierenden Strate­ giedebatte zu sehen. Deren historische Entwicklung im »Atomzeital­ ter« ist aufgearbeitet worden von Laurence Freedman20; die Untersu­ chung von Michael Legge21 beschränkt sich zeitlich auf die siebziger Jahre, kann sich jedoch auf interne Materialien der Nuklearen Pla­ nungsgruppe stützen. Den besonderen Bezug zum NATO-Doppelbeschluß stellt David N. Schwartz22 her, dessen Arbeit die nukleare Pro­ blematik für das Bündnis ungemein differenziert und kenntnisreich herausarbeitet. Ergänzend soll noch auf zwei Aufsätze von Ray­ mond L. Garthoff und James A. Thomson23 verwiesen werden, die als Beamte im State Department und im National Security Council inner­ halb der amerikanischen Administration am Zustandekommen des NATO-Doppelbeschlusses mitgewirkt haben und daher viele Interna preisgeben. Die Debatte über die Neutronenwaffe, die im Vorfeld des NATO-Doppelbeschlusses eine Rolle spielte, wurde - unter Berück­ sichtigung ihrer europäischen Rückwirkungen - von Sherri L. Wasser­ man24 aufgearbeitet. Die intensive öffentliche Diskussion in der Bundesrepublik über das Für und Wider der NATO-Beschlüsse hat ihren Niederschlag in einer Flut von aktuellen Publikationen gefunden, von denen die meisten so schnell vergessen sein werden, wie sie erschienen sind. Als Beispiel für die Argumentationen von Befürwortern und Gegnern des NATODoppelbeschlusses mögen die beiden Sammelbände von Alfred Mechtersheimer und von Josef Joffe25 dienen, der eine ein kämpferischer 19 The Modernization of NATO’s Long-Range Theater Nuclear Forces. Re­ port Prepared for the Subcommittee on Europe and the Middle East of the Committee on Foreign Affairs. U. S. House of Representatives, 96th Congress. Washington, D.C. 1980. 20 Lawrence Freedman, The Evolution of Nuclear Strategy. London 1981. 21 J. Michael Legge, Theater Nuclear Weapons and the NATO Strategy of Flexible Response. Santa Monica, Ca. 1983. 22 David N. Schwartz, NATO’s Nuclear Dilemmas. Washington, D.C. 1983. 23 Raymond L. Garthoff, The NATO Decision on Theater Nuclear Forces. In: Political Science Quarterly 98 (1983), S. 197-214; James A. Thomson, The LRTNF Decision: Evolution of U.S. Theatre Nuclear Policy, 1975-79. In: In­ ternational Affairs 60 (1984), S. 601-614. 24 Sherri L. Wasserman, The Neutron Bomb Controversy. A Study in Allian­ ce Politics. New York 1983. 25 Alfred Mechtersheimer (Hrsg ), Nachrüsten? Dokumente und Positionen zum NATO-Doppelbeschluß. Reinbek b. Hamburg 1981; Josef Joffe (Hrsg.), Friede ohne Waffen? Der Streit um die Nachrüstung. München 1981.

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Kritiker, der andere ein vorsichtiger Befürworter desselben. Von grö­ ßerer Distanz zu den politischen Vorgängen und thematisch breiter gefächert sind vier Sammelbände, von denen zwei mit aktuellen Beiträ­ gen unterschiedlicher politischer Provenienz von der Bundeszentrale für Politische Bildung26 und zwei weitere von Uwe Nerlich27 herausge­ geben wurden. Letztere stellen die Arbeitsergebnisse eines europäisch­ amerikanischen Workshops zu Problemen der Sicherheit des Westens vor. Sie mögen als Beispiele für eine facettenreiche sicherheitspolitische Diskussion zu Beginn der achtziger Jahre in der Bundesrepublik ste­ hen, die keineswegs abgeschlossen, geschweige denn aufgearbeitet ist. Zur Friedensbewegung liegt außer Selbstzeugnissen bisher nur eine analytische Studie vor von Kim R. Holmes28 -, und diese ist in den USA geschrieben worden. Relativ gut erschlossen sind dagegen die Verhandlungen über Rü­ stungsbeschränkung und Abrüstung. Auf die beiden Standard-Doku­ mentationen von Siegler/Haefs und von der amerikanischen ACDA29 ist bereits hingewiesen worden. Nahezu vollständig zugänglich sind die Dokumente der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Eu­ ropa und ihrer Folgekonferenzen. Dazu hat die Öffentlichkeitsarbeit des Auswärtigen Amtes beigetragen, das selbst mehrfach Dokumenta­ tionen30 veröffentlicht bzw. anderen Institutionen die Originaldoku­ mente zur Publikation überlassen hat. Davon profitiert haben z. B. die beiden von Hans-Adolf Jacobsen, Wolfgang Mallmann und Christian Meier herausgegebenen Bände31, die die Vorgeschichte sowie die Eröffnungs- und Schlußrunde in Helsinki dokumentieren. Einen schnellen Zugriff zu den wichtigsten Dokumenten (sowie zu begleitenden Ana-

26 Dieter S. Lutz (Hrsg.), Sicherheitspolitik am Scheideweg? Bonn 1982; Bun­ deszentrale für politische Bildung (Hrsg.), Frieden und Sicherheit als Herausfor­ derung. Informationen und Argumente. Bonn 1983. 27 Uwe Nerlich (Hrsg.) unter Mitwirkung von Falk Bomsdorf, Sowjetische Macht und westliche Verhandlungspolitik im Wandel militärischer Kräftever­ hältnisse. Baden-Baden 1982; ders. (Hrsg.), Die Einhegung sowjetischer Macht. Kontrolliertes militärisches Gleichgewicht als Bedingung europäischer Sicher­ heit. Baden-Baden 1982. 28 Kim R. Holmes, The West German Peace Movement and the National Question. Cambridge, Mass. u. Washington 1974. 29 Heinrich Siegler, ab 1977 Hanswilhelm Haefs (Hrsg.), Dokumentation zur Abrüstung und Sicherheit. Zuletzt erschien Bd. XIX: 1981, Bonn 1984; U. S. Arms Control and Disarmament Agency (Hrsg.), Documents on Disarmament. Zuletzterschienen: 1980, Washington, D.C. 1983. 30 Presse- und Informationsamt der Bundesregierung (Hrsg.), Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa. KSZE-Dokumentation. Bonn 1975; Auswärtiges Amt (Hrsg.), Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa. Dokumentation zum KSZE-Prozeß. Bonn 1984. 31 Hans-Adolf Jacobsen, Wolfgang Mallmann u. Christian Meier (Hrsg.), Si­ cherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE). Analyse und Dokumentation. Bd. 1, Köln 1973; Bd. 2, Köln 1978.

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lysen) der drei Konferenzen in Helsinki/Genf, Belgrad und Madrid erlauben die von Hermann Volle und Wolfgang Wagner herausgegebenen Bände mit Beiträgen und Dokumenten aus dem «Europa-Archiv«32. Weitere Texte sind in der Dokumentation von Siegler/Haefs oder in den >Documents on Disarmament« enthalten. Zu bisher nicht veröf­ fentlichten Dokumenten gewährt die zuständige Abteilung im Auswär­ tigen Amt unter bestimmten Bedingungen Einsicht für Forschungs­ zwecke. Bei den Wiener Verhandlungen über einen Truppenabbau in Mittel­ europa sind die Verhandlungspositionen der Teilnehmerstaaten nur im Ausnahmefall der Öffentlichkeit zugänglich, da beide Seiten strikte Vertraulichkeit vereinbart haben. Im Regelfall haben sich beide Seiten auf Erklärungen zum Verhandlungsstand jeweils nach Abschluß einer Sitzungsperiode beschränkt. Einige der Entwürfe und Stellungnahmen haben jedoch - teils als gezielte Veröffentlichung, teils als Ergebnis journalistischen Spürsinns - den Weg in die Tagespresse gefunden. Eine unter den gegebenen Möglichkeiten vorbildliche Dokumentation bietet Reinhard Mutz33, von dem auch eine subtile Analyse zu dem Verhandlungsprozeß selbst stammt. Damit Schritt halten höchstens die Darstellungen von Keliher und Ruehl34, wobei letztere vor allem für eine Bewertung der Gründe für die bisherige Erfolglosigkeit der Ver­ handlungen herangezogen werden sollte. Schwieriger ist die Dokumentation der bilateralen SALT-, STARTund INF-Verhandlungen. Für die beiden ersten Verhandlungskomple­ xe, die 1972 in die SALT-I- und 1979 in die SALT-II-Verträge münde­ ten, sind die wichtigsten Dokumente einschließlich der Vertragstexte sowie die verschiedenen Zusätze zu den Verträgen in den «Documents on Disarmament< zu finden. Die wichtigsten Texte wurden auch über­ setzt und jeweils im >Europa-Archiv< abgedruckt. Für die 1981 aufge­ nommenen INF-Verhandlungen beschränkt sich der Zugang auf die Reden und Interviews führender Politiker der amerikanischen Regie­ rung, die im >State Department Bulletin« wiedergegeben sind, sowie auf Stellungnahmen östlicher Politiker, die im «Digest of the Soviet Press«

32 Hermann Volle u. Wolfgang Wagner, KSZE. Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa in Beiträgen und Dokumenten aus dem EuropaArchiv. Bonn 1976; dies. (Hrsg.), Das Belgrader KSZE-Folgetreffen. Der Fort­ gang des Entspannungsprozesses in Europa. Bonn 1978; dies. (Hrsg.), Das Ma­ drider KSZE-Folgetreffen. Der Fortgang des KSZE-Prozesses in Europa. Bonn 1984. 33 Reinhard Mutz (Hrsg.), Die Wiener Verhandlungen über Truppenreduzie­ rungen in Mitteleuropa (MBFR). Chronik, Glossar, Dokumentation, Bibliogra­ phie 1973-1982. Baden-Baden 1983; ders., Konventionelle Abrüstungin Europa. Die Bundesrepublik Deutschland und MBFR. Baden-Baden 1984. 34 John G. Keliher, The Negotiations on Mutual and Balanced Force Reductions. The Search for Arms Control in Central Europe. New York u.a., o.J.; Lothar Ruehl, Lessons and Problems. London 1982 (Ädelphi Papers, Nr. 176).

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(teilweise auch im »Europa-Archiv«) abgedruckt wurden. Außerdem gibt es einen von der NATO herausgegebenen Bericht35 über den Stand der Verhandlungen bei ihrem Abbruch im Herbst 1983. Im übrigen liegen einige intelligente und größtenteils zuverlässige, journalistisch geschriebene und daher undokumentierte Berichte von John New­ house und Strobe Talbott36 zu den verschiedenen Phasen der SALTVerhandlungen sowie zu START und INF vor. Zuverlässige wissen­ schaftliche Darstellungen fehlen allerdings noch völlig, dürften auch erst in geraumer Zeit zu finden sein, wenn die Dokumente über diesen hochsensiblen Bereich internationaler Sicherheit freigegeben werden. Drei unentbehrliche Hilfsmittel für Forschungsarbeiten auf dem Ge­ biet der Sicherheitspolitik sind die jährlich vom International Institute for Strategie Studies (IISS) herausgegebene »Military Balance«, die de­ taillierte Angaben über die militärischen Streitkräfte der wichtigsten Länder der Welt veröffentlicht, sowie der vom gleichen Institut heraus­ gegebene »Strategie Survey«, in dem sicherheitspolitisch wichtige Ent­ scheidungen aufgezeigt und analysiert werden, sowie die »Adelphi Pa­ pers«, die etwa sechsmal jährlich erscheinen und jeweils ein sicherheits­ politisches Thema abhandeln. Zwei weitere Datenhandbücher sind die von der amerikanischen Arms Control and Disarmament Agency her­ ausgegebene Broschüre »Military Expenditures and Arms Transfers« sowie die Jahrbücher des schwedischen Friedensforschungsinstitutes

(SIPRI) »World Armaments and Disarmaments«. Schließlich sei auf das breite Spektrum von Fachzeitschriften verwiesen, das in der Bundesre­ publik von der »Europäischen Wehrkunde« über die »Beiträge zur Kon­ fliktforschung« bis zu den »Friedensanalysen« und zur »MilitärpolitikDokumentation« reicht. Auf internationaler Ebene für diese Debatte wichtig sind »Survival« (London), »Défense nationale« (Paris), »Interna­ tional Security« (Cambridge, Mass.), »Foreign Affairs« (New York), »The Washington Quarterly« (Washington) und »Orbis« (Philadelphia). Auch die Ostpolitik der Bundesrepublik ist bisher nicht systematisch aufgearbeitet worden. Am authentischsten ist die Analyse von Benno Zündorf37 (hinter dem Pseudonym verbirgt sich ein an den Vertrags­ verhandlungen unmittelbar beteiligter Beamter des Auswärtigen Am­ tes). Auf die Entscheidungsprozesse auf den verschiedensten Ebenen in den kritischen Jahren 1969/70 hebt dagegen Günther Schmid ab. Von

35 NATO Information Service (Hrsg.), Intermediate-Range Nuclear Forces (INF). Progress Report to Ministers by the Special Consultative Group. Brüssel 1983. 36 John Newhouse, Cold Dawn. The Story of SALT. New York 1973; Strobe Talbott, Endgame. The Inside Story of SALT II. New York u. a. 1979; ders., Deadly Gambits. The Reagan Administration and the Stalemate in Nuclear Arms Control. New York 1984, deutsch u.d. Titel: Raketenschach. München 1984. 37 Benno Zündorf, Die Ostverträge. Die Verträge von Moskau, Warschau, Prag, das Berlin-Abkommen und die Verträge mit der DDR. München 1979.

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ihm stammt auch eine knappe Darstellung der Ostpolitik der sozial­ liberalen Koalition und ihrer Motive38. Der Nachteil dieser und vieler anderer Darstellungen ist jedoch, daß sie mit dem Abschluß der Verträ­ ge, spätestens mit dem Rücktritt Willy Brandts als Bundeskanzler im Mai 1974, enden. Eine Ausnahme bildet die Osthandelspolitik, über die neben der vorzüglichen Monographie von Angela Stent3’ eine ganze Reihe kleinerer Schriften und Aufsätze vorliegen, vor allem zum Erdgas-Röhren-Geschäft mit der Sowjetunion40. Nützlich durch seinen Uberblickscharakter ist auch der von Reinhard Rode und Hanns-Die­ ter Jacobsen herausgegebene Sammelband «Wirtschaftskrieg oder Ent­ spannung?«41. Für denjenigen, der sich mit der Ostpolitik in der zweiten Hälfte der siebziger und der ersten Hälfte der achtziger Jahre intensiver beschäfti­ gen möchte, sei zum einen auf die - zugegebenerweise lückenhafte Dokumentation der «Texte zur Deutschlandpolitik« bzw. die verschie­ denen vom Bundespresse- und Informationsamt der Bundesregierung zu den einzelnen Ostverträgen herausgegebenen Sammeldokumenta­ tionen und schließlich auf die Beiträge und Dokumente in der Zeit­ schrift »Deutschland-Archiv« hingewiesen. Natürlich gibt es eine große Anzahl von aktuellen Publikationen, die wie die Schriften von Peter Bender und Günter Gaus42 als Diskussionsbeiträge, wenn nicht gar wie der Band von Venohr43 - als Streitschriften betrachtet werden müs­ sen. Unbefriedigend ist auch der Stand der Forschung über die Politiker, die die Außenpolitik der Bundesrepublik in der Regierung Schmidt/ Genscher geprägt haben. Journalistische Berichte, die selten frei von

38 Günther Schmid, Entscheidung in Bonn. Die Entstehung der Ost- und Deutschlandpolitik 1969/70. Köln 1979; ders., Politik des Ausverkaufs? Die Deutschlandpolitik der Regierung Brandt/Scheel. München 1975. ” Angela E. Stent, Front Embargo to Ostpolitik. The Political Economy of West German-Soviet Relations 1955-1980. Cambridge u. New York 1981, deutsch u.d. Titel: Wandel durch Handel? Die politisch-wirtschaftlichen Bezie­ hungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sowjetunion. Köln 1983. 40 Harald Müller u. Reinhard Rode, Osthandel oder Wirtschaftskrieg? Die USA und das Gas-Röhren-rGeschäft. Frankfurt a. M. 1982; Angela E. Stent, Soviet Energy and Western Europe. New York 1982 (The Washington Papers, Nr. 90); Claudia Wörmann, Osthandel als Problem der Atlantischen Allianz. Erfahrungen aus dem Erdgas-Röhren-Geschäft mit der UdSSR. Bonn 1986.. 41 Reinhard Rode u. Hanns-Dieter Jacobsen (Hrsg.), Wirtschaftskrieg oder Entspannung? Eine politische Bilanz der Ost-West-Wirtschaftsbeziehungen. Bonn 1984. 42 Peter Bender, Das Ende des ideologischen Zeitalters. Die Europäisierung Europas. Berlin 1981; Günter Gaus, Wo Deutschland liegt. Eine Ortsbestim­ mung. Hamburg 1983. 43 Wolfgang Venohr (Hrsg.), Die deutsche Einheit kommt bestimmt. Bergisch-Gladbach 1982.

253

Schönfärberei sind,44 und Redensammlungen, die weniger Zeugnis ab­ legen, als vielmehr Politik »verkaufen« wollen, dominieren45. Auch wenn die Privatarchive von Schmidt, Genscher und Kohl noch nicht zugänglich sind, liegt in den Parteizentralen und bei den politischen Stiftungen (insbesondere im Archiv der Sozialen Demokratie der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bonn-Bad Godesberg) umfangreiches Ma­ terial, das für Forschungszwecke einsehbar ist. Hier harrt ein reicher Steinbruch auf die zeitgeschichtliche Forschung. Andererseits sollte jedoch nicht übersehen werden, daß zeitge­ schichtliche Forschung durch die zunehmende Informationsüberflu­ tung wesentlich erschwert wird. Heute fallen politische Entscheidun­ gen in der Bundesrepublik häufiger in der Koalitionsrunde als am Ka­ binettstisch; das Telefon verdrängt vielfach den Aktenvermerk. Und international ersetzt das Gipfelgespräch die diplomatische Demarche eines Botschafters. Hinzu kommt, daß die Registratoren in den Mini­ sterien dazu tendieren, mehr Unterlagen - vor allem Entwürfe und interne Vermerke - dem Reiß wolf zu überantworten als in das Bundes­ archiv in Koblenz zu geben. Künftige historische Forschung wird spä­ ter, wenn die Zeitzeugen einmal nicht mehr leben, nicht mehr aus den

Dokumenten ablesen können, was wirklich war.

44 Jonathan Carr, Helmut Schmidt. Helmsman of Germany. London 1985. 45 Helmut Schmidt, Kontinuität und Konzentration. Bonn-Bad Godesberg 1975; ders., Der Kurs heißt Frieden. Düsseldorf u. Wien 1979; Perspectives on Politics. Hrsg. u. eingeleitet von Wolfram F. Hanrieder, Boulder, Co. 1982; Hans-Dietrich Genscher, Außenpolitik im Dienste von Sicherheit und Freiheit. Mit einer Einführung von Ralf Dahrendorf. Stuttgart 1976; ders., Deutsche Au­ ßenpolitik. Ausgewählte Grundsatzreden 1975-1980. Stuttgart 1981.

254

Zeittafel

1974 1. 1.

11.-13. 2.

4. 3. 25. 4.

5. 5.

6. 5.

15. 5.

16. 5.

15.-19. 6.

20. 6.

Die Mitgliedstaaten der Organisation Arabischer Erd­ ölexportierender Staaten (OAPEC) beschließen, ihre Rohölförderung wieder zu erhöhen, die Preise jedoch zu verdoppeln. Nach dem Jom-Kippur-Krieg im Ok­ tober 1973 war es bereits zu mehreren Preiserhöhun­ gen, einer Einschränkung der Fördermenge um 30 Pro­ zent und zu einem Lieferboykott gegen die USA und die Niederlande wegen deren freundlicher Haltung zu Israel gekommen. Energiekonferenz in Washington. Die Außenminister der EG-Staaten, Japans, Kanadas, Norwegens und der USA prüfen die internationale Energiesituation und deren Auswirkungen auf die Industriestaaten. Sie eini­ gen sich darauf, Konsultationen mit den Erzeugerlän­ dern aufzunehmen, und zur engeren Abstimmung ih­ rer Politik einen Koordinierungsausschuß zu bilden. Frankreich nimmt an letzterem nicht teil. Die Außenminister der EG-Staaten beschließen, mit den arabischen Ländern in einen Dialog einzutreten. Ein enger Mitarbeiter von Bundeskanzler Brandt, Günter Guillaume, wird unter dem Verdacht der Spio­ nage für die DDR festgenommen. In Bonn und Ost-Berlin werden Ständige Vertretungen der DDR und der Bundesrepublik gemäß dem Vertrag über die Grundlagen der Beziehungen (Grundlagen­ vertrag) vom 21. 12. 1972 eröffnet. Bundeskanzler Brandt erklärt seinen Rücktritt. Er übernimmt die politische Verantwortung für Fahrläs­ sigkeiten in Zusammenhang mit der Agentenaffäre Guillaume. Die Bundesversammlung wählt Walter Scheel (FDP) als Nachfolger von Gustav Heinemann (SPD) zum 4. Bundespräsidenten. Der Bundestag wählt Finanzminister Helmut Schmidt (SPD) zum neuen Bundeskanzler. Die Ministertagung des NATO-Rates in Ottawa be­ geht feierlich den 25. Jahrestag der Gründung des At­ lantischen Bündnisses. Sic verabschiedet eine Erklä­ rung über die atlantischen Beziehungen. Der Bundestag ratifiziert den am 11. 12. 1973 unter­ zeichneten Vertrag über die gegenseitigen Beziehungen

255

26. 6.

21. 8.

30. 9.-4. 10.

15. 10.

23. 10. 28.-31. 10.

15. 11.

23.-24. 11.

9.-10. 12.

1975 14.-16. 1.

256

zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik (Pra­ ger Vertrag). Die Staats- und Regierungschefs der 15 NATO-Staaten unterzeichnen in Brüssel die Erklärung über die Atlan­ tischen Beziehungen. Die NATO-Mitglieder betrach­ ten ihre Organisation weiterhin als unerläßliche Grundlage für ihre Sicherheit; sie bekunden ihren Wil­ len, sich rechtzeitig und freimütig in allen Fragen zu konsultieren, die ihre gemeinsamen Interessen als Bündnispartner betreffen. Die Bundesrepublik Deutschland wird Mitglied der Genfer Abrüstungskonferenz. Jahresversammlung des Internationalen Währungs­ fonds und der Weltbank in Washington. Die Minister und Zentralbank-Gouverneure beschäftigen sich mit den Problemen, die für das internationale Währungssy­ stem durch den Zusammenbruch des Systems fester Wechselkurse (19. 3. 1973) und die drastischen Erhö­ hungen der Rohölpreise entstanden sind. Der Bundestag billigt ein Sonderprogramm zur Bele­ bung der Konjunktur in Höhe von 950 Mio. DM. Das Bundeskabinett beschließt die Fortschreibung des Energieprogramms. Besuch von Kanzler Schmidt und Außenminister Gen­ scher in der Sowjetunion. Zum Abschluß des Besuches werden regelmäßige Konsultationen vereinbart. Der Rat der OECD beschließt die Schaffung einer In­ ternationalen Energie-Agentur. Er stützt sich dabei auf Empfehlungen des von der Washingtoner Energiekon­ ferenz eingesetzten Koordinierungsausschusses. US-Präsident Gerald Ford und der Generalsekretär der KPdSU, Leonid Breschnew, treffen in Wladiwostok eine Grundsatzvereinbarung für ein zweites SALTAbkommen. Konferenz der Staats- und Regierungschefs der EG in Paris. Die Regierungschefs beschließen, dreimal jähr­ lich gemeinsam mit den Außenministern als Rat der Gemeinschaften und im Rahmen der Europäischen Po­ litischen Zusammenarbeit (EPZ) zusammenzutreffen (Europäischer Rat). Sie wollen zunehmend gemeinsa­ me Positionen in der Außenpolitik anstreben.

Die Minister und Zentralbank-Gouverneure der »Zeh­ nergruppe« des Internationalen Währungsfonds ver-

einbaren in Washington die Einrichtung einer erweiter­ ten Ölfazilität (»Witteveen-Fazilität«) und einen Soli­

28. 2.

4. 3.

12.-27. 4.

2. 5. 27. 6.

30. 7.-1. 8.

27. 8.

daritätsfonds der Industrieländer zum Ausgleich von ölpreisbedingten Zahlungsbilanzdefiziten. Unterzeichnung eines Abkommens zwischen der Eu­ ropäischen Gemeinschaft und 46 Staaten Afrikas, des karibischen Raumes und des Pazifiks (AKP) über Han­ delsfragen sowie technische und finanzielle Zusam­ menarbeit in Lomé (Lomé-1-Abkommen). Es beinhal­ tet u. a. Vereinbarungen zur Exportstabilisierung für die AKP-Länder und weitreichende Zollfreiheit für die Einfuhren nach den Ländern der EG. Die Bundesrepublik Deutschland und die DDR neh­ men erstmals als neue Mitglieder an der Genfer Abrü­ stungskonferenz teil. Generalkonferenz der Organisation für Industrielle Entwicklung (UNIDO) in Lima. Verabschiedung eines Aktionsplans für industrielle Entwicklung und Zusam­ menarbeit (Erhöhung des Anteils der Entwicklungs­ länder an der Welt-Industrieproduktion) sowie der »Erklärung von Lima«, die u. a. die Forderung nach strikter Kontrolle der multinationalen Gesellschaften, Unterstützung von Rohstoffkartellen und Ausgleichs­ zahlungen für wirtschaftlich ausgebeutete Nationen enthält. Der Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaf­ fen tritt für die Bundesrepublik in Kraft. Zwischen der Bundesrepublik und Brasilien wird ein Abkommen über die Lieferung von Kernkraftwerken und anderen nuklearen Anlagen unterzeichnet. Nach zweijährigen Beratungen in Genf und Helsinki geht die Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa am 1. 8. mit der Unterzeichnung der Schluß­ akte durch Vertreter von 35 Staaten Europas, der Ver­ einigten Staaten und Kanadas in Helsinki zu Ende. Die Schlußakte enthält eine Erklärung über 10 Prinzipien, die die Beziehungen der Teilnehmerstaaten leiten soi-' len, sowie ein Dokument über vertrauensbildende Maßnahmen im militärischen Bereich, eine Erklärung über die Zusammenarbeit in den Bereichen Wirtschaft, Wissenschaft, Technik und Umwelt, eine Erklärung über Fragen der Sicherheit und Zusammenarbeit im Mittelmeerraum und eine Erklärung über die Zusam­ menarbeit in humanitären und anderen Bereichen. Das Bundeskabinett verabschiedet ein Investitionsför­ derungsprogramm in Höhe von 5,75 Mrd. DM.

257

1.-16. 9.

10. 10. 15.-17. 11.

11.-12. 12.

19. 12.

1976 7. 1.

7.-8. 1.

21.-22. 1.

12. 2./12. 3.

258

7. Sondersession der Generalversammlung der Verein­ ten Nationen über Entwicklung und internationale Zu­ sammenarbeit in New York. Annahme einer Schlußre­ solution, in der u.a. Entwicklungshilfeleistungen der Industrieländer in Höhe von 0,7 Prozent ihres BSP, Maßnahmen zum Abbau von Handelshemmnissen und eine Stabilisierung der Rohstoffpreise gefordert wird. Unterzeichnung der deutsch-polnischen Vereinbarun­ gen über Kredit-, Renten- und Ausreisefragen. 1. Weltwirtschaftsgipfel in Rambouillet. Die Staats­ und Regierungschefs der Bundesrepublik, Frankreichs, Großbritanniens, Italiens, Japans und der USA beraten über internationale Wirtschaftsfragen. In einer gemein­ samen Erklärung bezeichnen sie den Kampf gegen Ar­ beitslosigkeit und Inflation sowie die Herbeiführung eines soliden Wirtschaftsaufschwungs als Ziele ihrer Politik. Ministertagung des Nordatlantik-Rates in Brüssel. Die Vertreter der an MBFR-Verhandlungen beteiligten Re­ gierungen einigen sich auf neue Vorschläge für die MBFR-Verhandlungen in Wien. Abschluß der Verhandlungen zwischen der Bundesre­ gierung und der Regierung der DDR über Verbesse­ rungen im Berlin-Verkehr: Unterzeichnung eines Pro­ tokolls über die Neufestsetzung der Transitpauschale, Absprachen über den Ausbau der Transitwege sowie Verbesserungen im Schienenverkehr.

Veröffentlichung des Tindemans-Berichtes. Durch den Ausbau der bestehenden Institutionen der EG soll die­ se zu einer Europäischen Union fortentwickelt wer­ den. Der Interimsausschuß des Gouverneursrates des Inter­ nationalen Währungsfonds (IWF) beschließt auf seiner Tagung in Kingston, Jamaika, Schritte zur Reform des internationalen Währungssystems, darunter einen neu­ en Artikel IV des IWF-Abkommens, in dem das »Floa­ ten« sanktioniert wird. US-Verteidigungsminister Rumsfield macht auf der Sitzung der Nuklearen Planungsgruppe in Hamburg Vorschläge zur Verbesserung der Effektivität der Nuklear-Streitkräfte in und für Europa. Bundestag und Bundesrat billigen, die deutsch-polni­ schen Vereinbarungen (Rentenabkommen, Ausreise­ protokoll und Finanzkredit).

6.-31. 5.

24. 6.

27.-28. 6.

3. 10. 17. 10.

7.-10. 12.

20. 10. 15. 12.

1977 20. 1.

23. 3.

4. Konferenz für Handel und Entwicklung (UNCTAD IV) in Nairobi. Die Konferenz der 154 Mitglied­ staaten steht im Zeichen weitreichender Spannungen zwischen den Entwicklungs- und Industrieländern. Besonders umstritten ist die Forderung der Entwick­ lungsländer nach Erstellung eines »gemeinsamen Fonds für Rohstoffausgleichlager«. Der Deutsche Bundestag verabschiedet das Antiterror­ gesetz, durch das nach verschiedenen Anschlägen eine wirksamere Bekämpfung terroristischer Aktivitäten er­ möglicht werden soll. Weltwirtschaftsgipfel auf Puerto Rico. Die Staats- und Regierungschefs der Bundesrepublik, Frankreichs, Großbritanniens, Italiens, Japans und Kanadas verab­ schieden eine gemeinsame Erklärung, in der es heißt, Ziel ihrer Politik sei, einen wirksamen Übergang zu einer anhaltenden Expansion zu vollziehen, die den ho­ hen Stand der Arbeitslosigkeit senkt und eine neue In­ flationswelle vermeidet. Wichtig sei Währungsstabilität und die Vermeidung von Zahlungsbilanzungleichge­ wichten. Wahlen zum 8. Deutschen Bundestag. Die Finanzminister und Notenbankpräsidenten der sechs im Europäischen Währungsverbund (»Wäh­ rungsschlange«) zusammengeschlossenen Länder eini­ gen sich in Frankfurt auf neue Interventionskurse der Partnerwährungen (Aufwertung der D-Mark um 3 Prozent). Ministertagungen des Verteidigungsplanungs-Aus­ schusses der NATO und des NATO-Rates in Brüssel: Besorgnis über die wachsende Stärke des Warschauer Paktes und Überlegungen bezüglich eines langfristigen Verteidigungsverstärkungsprogramms (LTDP). Wahl der Bundesrepublik in den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen für die Periode 1977/78. Der Bundestag wählt Helmut Schmidt zum zweiten Mal zum Bundeskanzler.

In den Vereinigten Staaten wird James Earl Carter als 39. Präsident in sein Amt eingeführt. Das Bundeskabinett verabschiedet ein Programm für Zukunftsinvestitionen in Höhe von 16 Mrd. DM. Mit dem Programm soll die öffentliche Infrastruktur erwei­ tert, die Wachstumsbedingungen sowie der Beschäfti­ gungsstand verbessert werden.

259

4. 4.

7.-8. 5.

10.-11. 5.

25. 5

3. 6.

5. 9.

13.-18. 10.

4. 10. 11.-12. 10.

Die Bundesregierung bekräftigt ihren deutschlandpoli­ tischen Kurs. Anlaß ist eine Große Anfrage der CDU/ CSU-Fraktion zur Deutschland-Politik. Weltwirtschaftsgipfel in London. Die Staats- und Re­ gierungschefs der Bundesrepublik, Frankreichs, Groß­ britanniens, Italiens, Japans, Kanadas und der USA be­ raten über die Überwindung der Weltrezession, die Lö­

sung des Arbeitslosenproblems, die Bekämpfung der Inflation, den Ausgleich der Zahlungsbilanzen von Erd­ ölimporteuren und Erdölexporteuren, Energieeinspa­ rung, Nukleartechnik, sowie den Nord-Süd-Dialog. NATO-Gipfel in London. Die Staats- und Regie­ rungschefs beschließen eine Verstärkung der Verteidi­ gungsanstrengungen und weisen die Verteidigungsmi­ nister an, ein langfristiges Verteidigungsprogramm aus­ zuarbeiten. Gleichzeitig soll eine beiderseitige Senkung des Rüstungsniveaus durch Abrüstungs- und Rü­ stungskontroll-Maßnahmen angestrebt werden. Das Bundeskabinett beschließt ein arbeitsmarktpoliti­ sches Programm. Abschluß der Konferenz über Internationale Wirt­ schaftliche Zusammenarbeit (KIWZ) in Paris. Nach eineinhalbjährigen Verhandlungen einigen sich Indu­ strie- und ölverbrauchende sowie ölerzeugende Ent­ wicklungsländer u. a. über Einsparung und wirksame

Nutzung von Energie, Errichtung eines gemeinsamen Rohstoffonds, Art und Umfang der Entwicklungshilfe, Zugang zu den Kapitalmärkten und direkte ausländi­ sche Investitionen. Die Entwicklungsländer bedauern, daß über eine Vielzahl ihrer Vorschläge keine Einigung erzielt werden konnte. Entführung von Arbeitgeberpräsident Hanns-Martin Schleyer. Entführung und Befreiung einer Lufthansa-Maschine durch ein Sonderkommando des Bundesgrenzschutzes (GSG 9) in Mogadischu/Somalia. Mord an Schleyer und Selbstmord der in Stuttgart-Stammheim einsitzen­ den Terroristen Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe. Beginn der KSZE-Folgekonferenz in Belgrad. Tagung der Nuklearen Planungsgruppe der NATO in

Bari. Die Minister befassen sich mit den nuklearen Aspekten des langfristigen Verteidigungsprogramms sowie mit einer Modernisierung der in Europa statio­ nierten Kernwaffen. Dazu setzt sie eine Arbeitsgruppe auf hoher Ebene ein (»High Level Group«).

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28. 10.

21.-25. 11.

8. -9. 12.

1978 1. 1.

20. 1.

9. 3.

7. 4.

13. 4.

7.-8. 4.

18.-19. 4.

Rede von Bundeskanzler Schmidt über politische und wirtschaftliche Aspekte der westlichen Sicherheit vor dem International Institute for Strategie Studies in London. Besuch von Bundeskanzler Schmidt in Polen. In dem Abschlußkommunique wird der Wille beider Seiten unterstrichen, in den gegenseitigen Beziehungen den seit dem Vertrag vom 7. 12. 1970 begangenen Wegwei­ terzugehen. Ministertagung des Nordatlantik-Rates in Brüssel. Im Kommunique wird der Wille zur Entspannung und zur Verbesserung der Verteidigungsfähigkeit der NATO zum Ausdruck gebracht.

Nach fünfjähriger Übergangsperiode werden Däne­ mark, Großbritannien und Irland Vollmitglieder der EG. Der Bundestag verabschiedet einstimmig das Gesetz zu den Europäischen Übereinkommen vom 27. 1. 1977 zur Bekämpfung des Terrorismus (Terrorismuskon­ vention). In Belgrad geht das KSZE-Folgetreffen zur Ende. Das Schlußdokument enthält eine Bekräftigung der politi­ schen Verpflichtungen der 35 Teilnehmerstaaten, die Schlußakte von Helsinki unilateral, bilateral und multi­ lateral zu verwirklichen. Grundlegende Meinungsver­ schiedenheiten, insbesondere in Menschenrechtsfra­ gen, bleiben bestehen. Präsident Carter gibt seinen Entschluß bekannt, die Entscheidung über die Produktion der Neutronenwaf­ fe auf unbestimmte Zeit zu verschieben. Die Bundesregierung nimmt die Entscheidung Carters in einer Erklärung zur Kenntnis. Darin heißt es, daß die Produktion einer nuklearen Waffe ausschließlich die souveräne Entscheidung des betreffenden Nuklear­ waffenstaates sei. Tagung des Europäischen Rates in Kopenhagen. Die Staats- und Regierungschefs beschließen, daß die Di­ rektwahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments vom 7. bis 10. Juni .stattfindet. Die Nukleare Planungsgruppe der NATO billigt auf ihrer Tagung in Frederikshavn die Arbeiten der »High Level Group« über eine Modernisierung der taktischen Nuklearwaffen der Allianz.

261

26. 5.

30.-31. 5.

19. 6.

6.-7. 7.

13.-15. 7. 16.-17. 7.

28. 7.

262

Staatsbesuch des sowjetischen Staats- und Paneichefs, Leonid Breschnew, in der Bundesrepublik. Haupt­ punkte einer gemeinsamen Deklaration sind die För­ derung der Entspannung, Fortschritte in der Abrü­ stung und Rüstungsbegrenzung sowie die Förderung der bilateralen Zusammenarbeit. Ferner wird ein Ab­ kommen über die langfristige Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Wirtschaft und Industrie unterzeich­ net. Bundeskanzler Schmidt spricht auf der 10. Sonderses­ sion der Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York zum Problem der Abrüstung. Tagung des Nordatlantik-Rates unter Beteiligung der Staats- und Regierungschefs, Zustimmung zum langfri­ stigen Verteidigungsprogramm, das die NATO-Streitkräfte den Erfordernissen der achtziger Jahre anpassen soll. Gemeinsame Erklärung der Vorsitzenden der im Bun­ destag vertretenen Parteien zur Berlin-Politik. Die Par­ teien sehen eine nationale Aufgabe in der Aufrechter­ haltung und Entwicklung der Bindungen zwischen Berlin (West) und der Bundesrepublik und machen Vorschläge zur Erhaltung und Stärkung der wirtschaft­ lichen, geistigen und kulturellen Anziehungskraft Ber­ lins. Tagung des Europäischen Rates in Bremen. Die Staats­ und Regierungschefs der EG beschließen ein europäi­ sches Währungssystem, dessen Kern eine Europäische Währungseinheit sein soll. Die Finanzminister werden beauftragt, dazu Vorarbeiten in Angriff zu nehmen. Staatsbesuch des amerikanischen Präsidenten Carter in der Bundesrepublik. Weltwirtschaftsgipfel in Bonn. Die Staats- und Regie­ rungschefs der Bundesrepublik, Frankreichs, Großbri­

tanniens, Italiens, Japans, Kanadas und der USA ver­ pflichten sich zu einer weltweiten Strategie zur Stär­ kung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage, zur Schaf­ fung von Arbeitsplätzen und zusätzlichen Anstrengun­ gen bei der Inflationsbekämpfung. Dies gilt auch für die Einsparung von Energie, die Stabilisierung der Weltwährungsbeziehungen, das Freihalten des Welt­ handels vom Protektionismus sowie für den Ressour­ centransfer in die Entwicklungsländer. Die Bundesre­ gierung verpflichtet sich zu zusätzlichen Maßnahmen zur Konjunkturförderung. Die Bundesrepublik beschließt Maßnahmen zur Stär-

25.-28. 9.

15. 11.

29. 11. 4.-5. 12.

15. 12. 16. -17. 12.

27. 12.

1979 5.-6. 1.

31. 1.

8. 2.

26. 3.

kung der Nachfrage und zur Verbesserung des Wirt­ schaftswachstums. Der Internationale Währungsfonds und die Weltbank beschließen auf ihrer Jahrestagung in Washington Schritte zur Verbesserung der internationalen Liquidi­ tät. Abschluß von Verhandlungen mit der DDR über Ver­ kehrsfragen und über den Zahlungsverkehr. Danach wird die DDR eine Autobahn von Berlin nach Ham­ burg bauen und den Teltow-Kanal wieder öffnen. Unterzeichnung eines Regierungsprotokolls über den Verlauf der innerdeutschen Grenze. Tagung des Europäischen Rates in Brüssel. Die Staats­ und Regierungschefs der EG beschließen, zum 1. 1. 1979 das Europäische Währungssystem (EWS) einzu­ führen. Es sieht die Schaffung einer Europäischen Währungseinheit (ECU), die Einrichtung eines Wech­ selkurs- und Interventionsmechanismus und eine Aus­ weitung des bestehenden Kreditmechanismus vor. Die fünf EG-Staaten, die bereits in der Währungsschlange Zusammenarbeiten, sowie Frankreich erklären ihre Be­ reitschaft, sich am EWS zu beteiligen. Verbesserungen im innerdeutschen Telefonverkehr. Die Organisation Erdölexportierender Staaten (OPEC) beschließt auf ihrer Ministertagung in Abu Dhabi eine Erhöhung des Ölpreises für 1979 um

durchschnittlich 10 Prozent. Die Regierung des Iran stellt als Folge von Unruhen und Streiks den Erdölexport ein.

Konferenz der Staats- und Regierungschefs der Bun­ desrepublik, Frankreichs, Großbritanniens und der USA auf Guadeloupe. Gegenstand des Meinungsaus­ tausches sind allgemeine weltpolitische Probleme, die Modernisierung der weitreichenden taktischen Nukle­ arwaffen der Allianz und ein gemeinsames Rüstungs­ kontrollangebot an die Sowjetunion. Das Bundeskabinett beschließt Leitsätze für eine Sta­ tionierung von neuen nuklearen Mittelstreckensyste­ men auf dem Boden der Bundesrepublik. Bundestagsdebatte über Sicherheitspolitik. In Beant­ wortung Großer Anfragen aller Bundestagsparteien gibt die Bundesregierung eine Erklärung zur Sicher­ heitspolitik ab. Abschluß eines ägyptisch-israelischen Friedensvertra-

263

26.-27. 3.

11. 4.

11. 4.

13. 4.

26./27. 4.

23. 5.

5.-9. 6.

10. 6. 18. 6.

26.-28. 6. 28.-29. 6.

ges als Ergebnis amerikanisch-ägyptisch-israelischer Verhandlungen in Camp David bei Washington. Nach mehreren nationalen Ölpreiserhöhungen verein­ baren die Ölminister der OPEC-Staaten eine allgemei­

ne Preiserhöhung um 9 Prozent sowie verschiedene Zuschläge zu diesen Preisen. Es kommt zu weiteren Preissteigerungen auf den SpotrMärkten für Rohöl. Die DDR verhängt Arbeitsbeschränkungen für westli­ che Journalisten. Die Bundesregierung betrachtet dies als einen Verstoß gegen den Normalisierungsprozeß. Der NATO-Rat setzt eine Sonderarbeitsgruppe (»Spe­ cial Group«) ein, die die Rüstungskontrollaspekte von Kernwaffen mittlerer Reichweite prüfen soll. Das Europäische Währungssystem (EWS) tritt in Kraft. Die Ministertagung der Nuklearen Planungsgruppe der NATO in Homestead/Florida billigt die Vorlage der »High Level Group« für eine Modernisierung von nu­ klearen Mittelstreckensystemen und beauftragt diese mit der Ausarbeitung von konkreten Vorschlägen. Die Bundesversammlung wählt Karl Carstens (CDU) zum Bundespräsidenten. Besuch von Bundeskanzler Schmidt in den Vereinigten Staaten. Im Mittelpunkt der Gespräche stehen Fragen der Sicherheit, der Rüstungskontrolle und der Energie­ politik. Erste Direktwahl zum Europäischen Parlament. Unterzeichnung des SALT-II-Abkommens einschließ­ lich Protokoll- und Prinzipienerklärung in Wien durch Präsident Carter und Generalsekretär Breschnew. Die Ölminister der OPEC heben den Ölpreis auf durchschnittlich 18 Dollar pro Barrel an. Weltwirtschaftsgipfel in Tokio. Die Staats- und Regie­ rungschefs der Bundesrepublik, Frankreichs, Großbri­ tanniens, Italiens, Japans, Kanadas und der USA bera­ ten über eine gemeinsame Strategie angesichts von Öl­

26. 9.

26. 9.

264

verknappung, steigender Inflation und verlangsamten Wachstums. Sie verabschieden eine gemeinsame Erklä­ rung zu Problemen der Indochina-Flüchtlinge sowie zu Flugzeugentführungen. »High Level Group« und »Special Group« der NATO verabschieden auf einer gemeinsamen Sitzung einen Abschlußbericht und eine Beschlußvorlage für den NATO-Doppelbeschluß. Die Energieminister der Bundesrepublik, Frankreichs, Großbritanniens, Italiens, Japans, Kanadas und der

6. 10.

31. 10. 31. 10.

4. 11.

13./14. 11.

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13. -14. 12.

USA sowie Vertreter der EG tagen in Paris und erör­ tern die praktische Durchführung der im Juni 1979 in Tokio beschlossenen Energiemaßnahmen. Generalsekretär Breschnew warnt in seiner Rede in Ost-Berlin vor einer NATO-Nachrüstung und kün­ digt die einseitige Reduzierung sowjetischer Truppen in der DDR an. Neue Verkehrsvereinbarungen mit der DDR. In Lomé Unterzeichnung des zweiten Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und den AKP-Staaten. Revolutionäre Garden besetzen die US-Botschaft in Teheran und nehmen die Botschaftsangehörigen als Geiseln. In einer Erklärung fordern die Besetzer die Auslieferung des gestürzten Schahs. Tagung der Nuklearen Planungsgruppe der NATO in Den Haag. Die Minister verabschieden ein Programm zur Modernisierung der europabezogenen Nuklear­ streitmächte der NATO sowie parallele Vorschläge für Rüstungskontrollverhandlungen mit der Sowjetunion. Der SPD-Bundesparteitag in Berlin befürwortet mit großer Mehrheit die Annahme eines Leitantrages des Parteivorstandes, in dem die Einführung neuer Mittel­ streckenraketen in Europa an ein Angebot zu Rü­ stungsbegrenzungsverhandlungen mit der Sowjetunion gekoppelt wird. Sondersitzung der Außen- und Verteidigungsminister der 14 an der NATO-Integration beteiligten Mitglieds­ staaten. Die Minister beschließen die Modernisierung des NATO-Potentials an nuklearen Mittelstreckensy­ stemen durch Aufstellung von 572 bodengestützten US-Mittelstreckenraketen in Europa ab 1983; sie bie­ ten gleichzeitig der Sowjetunion Rüstungskontrollver­ handlungen im Mittelstreckenbereich an (NATODoppelbeschluß). Auf der Ministertagung des Nordatlantik-Rates in Brüssel werden Fragen der Ost-West-Beziehungen und des Kräfteverhältnisses zwischen NATO und Warschauer Pakt diskutiert. Die Minister begrüßen die Unterzeichnung des SALT-II-Abkommens, verab­ schieden neue westliche Vorschläge für die MBFRVerhandlungen und unterstützen den französischen Vorschlag für eine Konferenz über Abrüstung in Euro­

14. 12.

paBundesaußenminister Genscher unterrichtet den Deut­ schen Bundestag über den NATO-Doppelbeschluß.

265

17.-20. 12.

27. 12.

1980 4. 1.

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7.-8. 5.

9.-11. 6.

12.-13. 6.

266

Die ölminister der OPEC können sich auf ihrer Ta­ gung in Caracas nicht auf einen für alle Mitglieder gel­ tenden Ölpreis einigen. Beginn der sowjetischen Intervention in Afghanistan.

Präsident Carter unterbricht den Ratifizierungsprozeß des SALT-II-Abkommens aufgrund der sowjetischen Invasion in Afghanistan. Die US-Regierung kündigt Wirtschaftssanktionen ge­ gen die Sowjetunion (u. a. ein Getreideembargo) an. Sie droht mit dem Boykott der Olympischen Spiele. Dringlichkeitssitzung des Sicherheitsrates der Verein­ ten Nationen zu der Lage in Afghanistan. Ein Resolu­ tionsentwurf, in dem die sowjetische Invasion verur­ teilt wird, scheitert am sowjetischen Veto. Deutsch-französische Konsultationen in Paris: In einer gemeinsamen Erklärung wird die Sowjetunion aufge­ fordert, unverzüglich die Intervention in Afghanistan zu beenden; diese sei ein Rückschlag für die Entspan­ nung und eine ernste Gefahr für den Frieden. Der sowjetische Außenminister Gromyko erklärt, ehe nicht die NATO-Entscheidung über die Stationierung neuer amerikanischer Mittelstreckenraketen in Europa rückgängig gemacht oder zumindest auf ihre Realisie­ rung verzichtet werde, fehlten die Voraussetzungen für konstruktive Verhandlungen über Rüstungskontrolle. Präsident Carter ordnet weitere Sanktionen gegen den Iran an; diesem Schritt folgen die Außenminister der EG, die am 22. 4. im Rahmen der Europäischen Politi­ schen Zusammenarbeit (EPZ) eine Neun-Punkte-Erklärung über Sanktionen verabschiedet haben. Die Bundesregierung empfiehlt dem Nationalen Olympischen Komitee der Bundesrepublik, sich nicht an den Olympischen Spielen in Moskau zu beteiligen. Präsident Carter gibt das Scheitern einer Aktion zur Befreiung der amerikanischen Geiseln im Iran bekannt. Die Ölminister der OPEC einigen sich auf ihrer Ta­ gung in Taif/Saudi-Arabien auf eine Indexierung des Ölpreises, der alle 3 Monate neu angepaßt werden soll. Die Ölminister der OPEC beschließen in Algier einen Höchstpreis für Erdöl von 32 Dollar pro Barrel. Tagung des Europäischen Rates in Venedig. Die Staats­ und Regierungschefs der EG verabschieden ein zusam­ menfassendes Dokument über die Arbeit des Rates sö-

22.-23. 6.

25.-26. 6.

30. 6.-1. 7.

21. 8.

3. 9.

5. 10. 9. 10.

10. 10.

wie Erklärungen zu Afghanistan, zum Nahen Osten und zum europäisch-arabischen Dialog. Weltwirtschaftsgipfel in Venedig. Die Staats- und Re­ gierungschefs der Bundesrepublik Deutschland, Frankreichs, Großbritanniens, Italiens, Japans, Kana­ das und der USA erörtern politische und wirtschaftli­ che Probleme. Sie verabschieden verschiedene Erklä­ rungen, u. a. zu Afghanistan und zur Geiselnahme di­ plomatischen Personals. Sowohl die sowjetische Inter­ vention in Afghanistan als auch die Besetzung der ame­ rikanischen Botschaft in Teheran werden scharf verur­ teilt. In der Abschlußerklärung zu Wirtschaftsfragen heißt es, für ein nichtinflationäres Wirtschaftswachs­ tum und eine Verbesserung der Beschäftigungslage sei es unerläßlich, mehr zu investieren und weniger Pro­ tektionsmaßnahmen vorzusehen. Tagung des Nordatlantik-Rates in Ankara. Die Mini­ ster verurteilen die sowjetische Invasion in Afghanistan und drücken ihre Besorgnis über die Verschlechterung des militärischen Kräfteverhältnisses aus. An der Nachrüstung wird festgehalten, die Solidarität zwi­ schen Europa und den USA bekräftigt und die Unter­ stützung für SALT II bekundet. Besuch von Bundeskanzler Schmidt in Moskau. In ei­ nem Kommunique betonen beide Seiten die Notwen­ digkeit einer Fortsetzung des Entspannungsprozesses. Nach seiner Rückkehr erklärt Schmidt, die Sowjetuni­ on habe ihre Bedingung fallengelassen, daß vor der Aufnahme von Verhandlungen über nukleare Mittel­ streckenraketen die NATO ihren Nachrüstungsbe­ schluß rückgängig machen müßte. In einem Schreiben an die westlichen Regierungschefs bekräftigt Generalsekretär Breschnew die Bereitschaft der Sowjetunion, mit dem Westen Verhandlungen über den Abbau nuklearer Mittelstreckenwaffen in Europa aufzunehmen. Nach Streiks in Polen, die sich im August über das ganze Land ausgedehnt haben, wird ein Abkommen über die Bildung freier Gewerkschaften unterzeichnet. Wahlen zum 9. Deutschen Bundestag. Die DDR erläßt eine Verordnung über eine Erhöhung des verbindlichen Mindestumtausches bei Reisen von Personen aus dem nichtsozialistischen Ausland in die DDR. Die Bundesregierung sieht in der Erhöhung des Min­ destumtausches einen ernsten Vorgang, der einen

267

13. 10.

17. 10.

5. 11.

10. 11. 12. 11. 1981 20. 1. 20. 1.

20.-21. 7.

20. 7.

5. 9.-7. 10.

18. 11.

268

Rückschlag für die Bemühungen um eine Normalisie­ rung der Beziehungen bedeute. In einer Rede auf einer SED-Parteiveranstaltung in Ge­ ra nimmt Erich Honecker Stellung zu den Ereignissen in Polen und zu den deutsch-deutschen Beziehungen. Er fordert darin die Anerkennung einer eigenen DDRStaatsbürgerschaft, die Umwandlung der Ständigen Vertretungen in Botschaften, die Regelung des Grenz­ verlaufs auf der Elbe und die Auflösung der Zentralen Erfassungsstelle Salzgitter. In Genf werden Gespräche zwischen Delegationen der Vereinigten Staaten und der Sowjetunion über eine Be­ grenzung bestimmter nuklearer Mittelstreckenwaffen aufgenommen. Helmut Schmidt wird erneut zum Bundeskanzler ge­ wählt. Die Gewerkschaft »Solidarität« in Polen wird aufgrund eines Spruches des Obersten Gerichtshofes legalisiert. Beginn der KSZE-Folgekonferenz in Madrid.

In den Vereinigten Staaten wird Ronald Reagan als 40. Präsident in sein Amt eingeführt. Die als Geiseln festgehaltenen Angehörigen der ameri­ kanischen Botschaft in Teheran werden freigelassen. Weltwirtschaftsgipfel in Ottawa. Die Staats- und Re­ gierungschefs der Bundesrepublik, Frankreichs, Groß­ britanniens, Italiens, Japans, Kanadas und der USA. Die starken weltpolitischen Spannungen finden ihren Niederschlag in einer Erklärung zu politischen Fragen. In einer 38-Punkte-Erklärung zu weltwirtschaftlichen Fragen wird die Interdependenz der Industriestaaten hervorgehoben. Am Rande der Konferenz treffen sich Bundeskanzler Schmidt und Präsident Reagan zu ei­ nem Gespräch über die amerikanische Zinspolitik und das Erdgas-Röhren-Geschäft. Der neue polnische Ministerpräsident Jaruzelski kün­ digt ein Programm zur Überwindung der Krise und Stabilisierung der Wirtschaft an. Der Gewerkschaftskongreß der »Solidarität« in Danzig verabschiedet ein Programm, welches u. a. die Soziali­ sierung der Wirtschaft, betriebliche Selbstverwaltung, die Ablehnung des Regierungsprogramms zur Über­ windung der Krise sowie eine gesellschaftliche Kon­ trolle der Medien vorsieht. In einer Rede vor dem National Press Club in Wa-

20. 11.

13. 12.

22.-23. 11.

22.-25. 11.

30. 11.

3. 12.

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13. 12.

shington gibt Präsident Reagan die amerikanischen Verhandlungsstrategien und -ziele für die Verhandlun­ gen über Mittelstreckenwaffen, strategische Waffen, konventionelle Streitkräfte (MBFR) und für die KSZEFolgekonferenz in Madrid bekannt. In Essen wird zwischen der Ruhrgas AG und der so­ wjetischen Außenhandelsgesellschaft ein Erdgas-Lie­ fervertrag unterzeichnet. Vorgesehen sind die jährliche Lieferung von 40 Mrd. m3 Erdgas an 7 europäische Länder. Ein Konsortium westeuropäischer Firmen wird an die Sowjetunion Großröhren, Kompressorsta­ tionen und andere Materialien zum Bau der Pipeline nach Sibirien liefern. Westliche Banken stellen für die­ ses Großgeschäft einen Kredit zur Verfügung. Der Deutsche Bundestag beschließt zur Konjunktur­ belebung das Programm »stabilitätsgerechter Auf­ schwung« mit zusätzlichen Bundesausgaben in Höhe von 1,73 Mrd. DM. Gipfeltreffen von 22 Industrie- und Entwicklungslän­ dern in Cancun/Mexiko. Im Mittelpunkt der Konfe­ renz stehen Fragen des Nord-Süd-Dialoges. Besuch von Generalsekretär Leonid Breschnew in Bonn. In dem gemeinsamen Kommunique würdigen beide Seiten die Erfolge der wirtschaftlichen Zusam­ menarbeit zwischen beiden Ländern. Sie betonen fer­ ner die Bedeutung von Fortschritten bei Verhandlun­ gen zur Begrenzung und Reduzierung von nuklearen Waffensystemen. Nach einer Unterbrechung durch den Regierungs­ wechsel in den USA beginnen in Genf neue Verhand­ lungen zwischen den Vereinigten Staaten und der So­ wjetunion über die Begrenzung nuklearer Mittelstrekkenwaffen (INF). Die Gewerkschaft »Solidarität« droht mit einem unbe­ fristeten Generalstreik für den Fall, daß die Regierung ein Antistreik-Gesetz mit Sondervollmachten erlasse. Treffen von Bundeskanzler Schmidt und SED-Chef Honecker am Werbellinsee in der DDR. In dem Kom­ munique geben beide Seiten ihrer Überzeugung Aus­ druck, daß vom Verhältnis der beiden deutschen Staa­ ten keine zusätzlichen Belastungen für die Ost-WestBeziehungen ausgehen dürften. Sie erklären ihre Be­ reitschaft, nach Möglichkeiten für eine weitere vertrag­ liche Ausgestaltung ihrer Beziehungen zu suchen. In Polen wird der Kriegszustand verhängt: Ein Ver­ sammlungsverbot wird erlassen; das Streikrecht aufge-

269

18. 12.

29. 12.

1982 5. 1.

11. 1.

16. 3.

2. 4.

15. 4.

9. 5.

30. 5. 4.-6. 6.

270

hoben; die Tätigkeiten von Verbänden und Gewerk­ schaften suspendiert und zahlreiche Personen inter­ niert. Ministerpräsident Jaruzelski erklärt, dieses sei der letzte Ausweg, um die Krise zu überwinden und den Staat vor dem Zerfall zu retten. Der Deutsche Bundestag gibt in einer gemeinsamen Entschließung seiner Besorgnis über die Entwicklung in Polen Ausdruck. Präsident Reagan kündigt unter Bezug auf die Ereig­ nisse in Polen Sanktionen gegen die Sowjetunion an. Diese beinhalten einen Lieferstopp für hochentwickel­ te Technologien sowie für Einrichtungen zur Öl- und Gasfördertechnik.

Nach Gesprächen zwischen Bundeskanzler Schmidt und Präsident Reagan in den Vereinigten Staaten geben beide in einer gemeinsamen Erklärung ihrer Besorgnis über die Entwicklung in Polen Ausdruck, für die sie die Sowjetunion verantwortlich machen. Auf einer Sondersitzung des NATO-Ministerrates in Brüssel verurteilen die Bündnismitglieder die Verhän­ gung des Kriegsrechtes in Polen und mißbilligen die massive Verletzung der Menschenrechte sowie die Un­ terdrückung der bürgerlichen Grundfreiheiten. Generalsekretär Breschnew schlägt ein Moratorium für die Stationierung weiterer nuklearer Mittelstreckensy­ steme in Europa vor. Die Besetzung der Falkland-Inseln durch argentinische Streitkräfte löst einen militärischen Konflikt zwischen Argentinien und Großbritannien um die Zukunft der Inselgruppe aus. Die Bundesrepublik und die Vereinigten Staaten unter­ zeichnen ein Abkommen über Unterstützung durch den Aufnahmestaat in Krise und Krieg (»Wartime Host Nation Support«). Präsident Reagan schlägt in einer Rede am Eureka Col­ lege, 111., ein Fünf-Punkte-Programm für Frieden mit der Sowjetunion vor, in dem er auch die amerikanische Verhandlungsposition für eine Reduzierung der strate­ gischen Waffen erläutert. Spanien wird 16. Mitglied des Nordatlantik-Paktes. Weltwirtschaftsgipfel in Versailles. Die Staats- und Re­ gierungschefs der Bundesrepublik, Frankreichs, Groß­ britanniens, Italiens, Japans, Kanadas und der USA diskutieren politische und ökonomische Probleme von

6. 6. 10. 6.

18. 6.

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16. 7.

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1. 10.

weltweiter Bedeutung. Besonders umstritten ist die Fortführung des Ost-West-Handels. Die Gipfelteil­ nehmer kommen überein, im Osthandel bei Krediten keine Sonderkonditionen zu gewähren. In einer Erklä­ rung über Verpflichtungen im Weltwährungsbereich bekräftigen sie ihre gemeinsame währungspolitische Verantwortung. In einer Libanon-Erklärung wird eine sofortige Einstellung der militärischen Aktionen gefor­ dert. Israelische Truppen marschieren im Libanon ein. Gipfeltreffen der NATO in Bonn. Die Staats- und Re­ gierungschefs verabschieden eine »Bonner Erklärung«, in der die Bedeutung des Atlantischen Bündnisses für die gemeinsame Verteidigung und für eine wirkliche Entspannung mit dem Osten hervorgehoben wird. Sie verabschieden ferner ein Dokument über Rüstungs­

kontrolle und Abrüstung sowie über die integrierte Verteidigung des Bündnisses. Präsident Reagan dehnt die Wirtschaftssanktionen ge­ gen die Sowjetunion auch auf Anlagen zur öl- und Gasförderung aus, die mit amerikanischer Lizenz oder von amerikanischen Tochterfirmen im Ausland herge­ stellt werden. In Genf beginnen neue Verhandlungen zwischen der Sowjetunion und den Vereinigten Staaten über eine Re­ duzierung der strategischen Waffensysteme (START). Der amerikanische Delegierte Nitze und sein sowjeti­ scher Kollege Kwitzinski erarbeiten einen informellen Kompromißvorschlag für die Reduzierung der Mittel­ streckenwaffen in Europa (»Waldspaziergang«). Die FDP zieht ihre Minister aus der Bundesregierung zurück. Bundeskanzler Schmidt kündigt daraufhin das Ende der Regierungskoalition von SPD und FDP an. Die Bundesrepublik und die DDR schließen ein Um­ weltschutzabkommen ab. Der Deutsche Bundestag spricht Bundeskanzler Hel­ mut Schmidt mit den Stimmen von CDU und FDP das Mißtrauen aus und wählt Helmut Kohl (CDU) zum neuen Bundeskanzler.

271

Tab. 1: Zahlungsbilanz der Bundesrepublik (in Mio. DM) Leistungsbilanz

Zeitraum

insgesamt

+ 12354 +26581 + 9932 + 9915 + 9498 + 18111 -11091 -28617 -13135 + 8663 + 10340

1973 1974 1975 1976 1977 1978 1979 1980 1981 1982 1983

Handels­ bilanz1

+ 32979 +50846 +37276 + 34469 +38436 +41200 +22429 + 8947 +27720 +51277 +42089

Ergänzungen Dienstleistungsbilanz3 zum Waren­ darunter verkehr2 und zusammen Reise­ verkehr4 Transit­ handel

- 5016 - 6951 - 8278 - 6564 -10750 - 7358 -12491 -13020 -15066 -16461 -10628

- 82 -1263 -1187 - 106 + 33 +2050 + 211 - 46 + 1031 +2138 +5594

-10920 -12397 -14701 -14645 -16380 -19018 -21595 -25246 -25840 -26300 -24442

übertra-

zusammen

-15527 -16050 — 17879 -17884 -18221 -17781 -21240 -24499 -26819 -28292 -26716

1 Spczialhandcl nach der amtlichen Außenhandelsstatistik; Einfuhr cif, Ausfuhr fob. 2 Hauptsächlich Lagerverkehr auf inländische Rechnung und Absetzung der Rückwaren und der Lohnveredelung. 3 Ohne die bereits im cif-Wert der Einfuhr enthaltenen Ausgaben für Fracht- und Versi­ cherungskosten. 4 Einschließlich der der Bundesbank von den Zentralbanken wichtiger europäischer Reise­ zielländer mitgeteilten An- und Verkäufe von DM-Noten. 5 Eigene Leistungen: 4 Kapitalexport: 7 Saldo der nicht erfaßten Posten und statistischen Ermictlungsfehler im Leistungs- und Kapitalverkehr (= Restposten).

Tab. 2: Pie Entwicklung der Lebenshaltungskosten Veränderung des Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte ge­ genüber dem Vorjahr in %

1973

1974

1975

1976

1977

1978

1979

1980

1981

1982

1983

+7,0

+7,0

+5,9

+4,4

+3,6

+2,7

+4,2

+5,4

+6,3

+5,3

+3,3

Quelle: Monatsberichte der Deutschen Bundesbank, Nr. 9 September 1982, S. 72 und Nr. 9 September 1985, S. 72.

272

Kapitalbilanz ngsbilanz9 langfristiger kurzfristiger

darunter

lettobeitrag zum G-Haushalt

-1931 -1740 -3491 -3332 -3695 -2283 -4103 -4099 -6412 -7510 -6017

insgesamt

Statistisch nicht auf­ gliederbare

Ausgleichs-

aktionen7

Auslands­ position der Bundesbank8

+ 931 -3189 + 1131 - 789 + 920 -3917 -4523 -3366 + 1608 -1152 + 1837

-10279 - 7231 + 5480 - 7489 - 7880 - 7586 - 2334 + 2164 + 3561 - 411 + 2430

Devisen­ bilanz9

Kapitalverkehr

+ 13143 -25298 -13282 - 337 + 33 + 5577 + 10661 + 4089 + 9244 - 4433 -16251

+ 12950 - 6282 -18231 - 780 -12611 - 2805 + 12200 + 5671 + 8337 -15907 - 7792

+ 194 -19015 + 4949 + 443 + 12644 + 8382 - 1539 - 1582 + 906 + 11474 - 8459

+ 16149 - 9136 + 3260 + 1301 + 2570 +,12185 - 7288 -25730 + 1278 + 2667 - 1644

8 Gegenposten zu Veränderungen der Auslandsposition der Bundesbank, die nicht auf den Leiscungs- und Kapitalverkehr mit dem Ausland zuriickgehen: Änderungen des DM-Wertes der auf Fremdwährung lautenden Aktiva und Passiva der Bundesbank durch Neubewertung zum Jahresende und Zuteilung von IWF-Sonderziehungsrechten; ab 1982 auch Differenzen zwischen den Transaktionswerten und den im Wochenausweis der Bundesbank zu Bilanz­ kursen ausgewiesenen Veränderungen der Auslandsposition. 9 Veränderung der Netto-Auslandsaktiva der Bundesbank (Zunahme: +). Ab 1982 be­ wertet zu Bilanzkursen.

Quelle: Jahresgutachten des Sachverständigenrates 1984/85, S. 323/324.

Tab. 3: Die Kursentwicklung der DM (durchschnittlicher Jahres-Dollarkurs in DM) 1973

1974

1975

1976

1977

1978

1979

1980

1981

1982 1983

2,66

2,59

2,46

2,52

2,32

2,01

1,83

1,82

2,26

2,43

2,56

Quelle: Statistisches Jahrbuch für die Bundesrepublik, Berlin 1984, S. 729.

273

xj Tab. 4: Volkseinkommen (Mrd. DM in jeweiligen Preisen)

Jahr

1972 1973 1974 1975 1976 1977 1978 1979 1980 1981 1982’ 1983’

Realwert des Brutto­ sozialprodukts1

Brutto­ sozialprodukt in Preisen von 1976

Realwert des Netto­ sozialprodukts1

Netto­ sozialprodukt in Preisen von 1976

Reales Volks­ einkommen1

Mrd. DM

vH2

Mrd. DM

vH2

Mrd. DM

vH2

Mrd. DM

vH2

Mrd. DM

vH2

1047,0 1090,1 1080,6 1068,6 1123,0 1153,2 1202,3 1240,1 1245,1 1228,3 1220,6 1243,8

+4,2 +4,1 -0,9 -1,1 + 5,1 +2,7 +4,3 +3,1 +0,4 -1,4 -0,6 + 1,9

1029,0 1075,9 1080,8 1063,9 1123,0 1154,1 1194,0 1241,6 1265,5 1263,0 1248,9 1265,1

+4,1 +4,6 +0,5 -1,6 +5,6 +2,8 +3,5 +4,0 + 1,9 -0,2 -1,1 + 1,3

938,6 977,9 963,9 948,2 999,0 1025,5 1069,2 1101,1 1099,9 1078,7 1067,6 1087,1

+4,2 +4,2 -1,4 -1,6 +5,4 +2,6 +4,3 +3,0 -0,1 -1,9 -1,0 + 1,8

924,6 965,4 965,1 944,0 999,0 1025,8 1061,0 1103,3 1121,4 1113,3 1094,5 1106,2

+3,9 +4,4 -0,0 -2,2 +5,8 +2,7 +3,4 +4,0 + 1,6 -0,7 -1,7 + 1,1

818,9 856,4 847,5 834,1 879,2 902,2 940,7 966,0 963,3 944,2 936,0 950,6

+4,2 +4,6 -l,o -1,6 + 5,4 +2,6 +4,3 +2,7 -0,3 -2,0 -0,9 + 1,6

1 Bruttosozialprodukt und Nettosozialprodukt zu Marktpreisen sowie Volkseinkommen jeweils deflationiert mit dem Preisindex der letzten inländischen Verwendung (1976 = 100). 3 Veränderung gegenüber dem Vorjahr. 3 Vorläufige Ergebnisse.

Quelle: Jahresgutachten des Sachverstandigenrates 1984/1985, S. 141.

Tab. 5: Die Entwicklung am Arbeitsmarkt Erwerbstätige1

Arbeits­ lose3

beschäftigte Arbeitnehmer Jahr

insgesamt

zusammen

darunter Aus­ länder2*3

Kurz­ arbeiter3

Offene Stellen3

Selb­ ständige4

vH

1000

1973 1974 1975 1976 1977 1978 1979 1980 1981 1982 1983 1984‘

26849 26497 25746 25530 25490 25644 25986 26251 26048 25572 25126 25062

22833 22572 21950 21878 21972 22209 22606 22935 22793 22335 21901 21829

2498 2381 2061 1925 1872 1857 1924 2018 1912 1787 1694 1660

Arbeits­ losen­ quote5

4016 3925 3796 3652 3518 3435 3380 3316 3255 3237 3225 3233

273 582 1074 1060 1030 993 876 889 1272 1833 2258 2270

44 292 773 277 231 191 88 137 347 606 675 413

572 315 236 235 231 246 304 308 208 105 76 87

1,2 2,5 4,7 4,6 4,5 4,3 3,7 3,7 5,3 7,6 9,3 9,4

1 In der Abgrenzung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen; nach dem Beschäftigungsort (Inlandskonzept). Jahresdurchschnitte. 2 1960 Stand Ende Juli, 1961 Stand Ende Juni. 3 Quelle: Bundesanstalt für Arbeit; Jahresdurchschnitte. 4 Einschließlich mithelfender Familienangehöriger. 5 Anteil der Arbeitslosen an den abhängigen Erwerbspersonen (beschäftigte Arbeitnehmer + Arbeitslose); Berechnung nach dem Inländerkonzept (ständiger Wohnsitz im Bundesgebiet) in der Abgrenzung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen. 6 Eigene Schätzung. Quelle: Jahresgutachten des Sachverständigenrates 1984/1985, S. 68.

Tab. 6: Regionale Entwicklung des Außenhandels der Bundes­ republik Ausfuhr (fob) nach Verbrauchsländern Einfuhr (cif) aus Herstellungsländern

Mrd. DM 1973

1974

1975

1976

Ausfuhr 137,2 Einfuhr 109,2 Saldo + 28,0

168,8 125,0 + 43,8

152,6 131,7 + 20,9

181,2 156,7 + 24,5

+ 18,7 + 18,9 + 3,6

193,4 167,0 + 26,4

27,2 20,9 + 6,3 11,0 6,3 + 4,7 18,7 15,0 + 3,7 17,4 14,0 + 3,4 15,9 8,4 + 7,5 34,8 23,1 + 11,7 10,2 23,0 - 12,8 230,5 179,7 + 50,8

26,0 22,2 + 3,8 10,1 6,9 + 3,2 16,2 17,2 - 1,0 13,1 14,2 - 1,1 17,4 8,7 + 8,7 34,2 23,5 + 10,7 16,7 20,2 - 3,5 221,6 184,3 + 37,3

33,6 25,8 + 7,8 12,2 8,5 + 3,7 19,0 18,9 + 0,1 14,4 17,5 - 3,1 17,4 11.0 + 6,4 36,1 29,3 + 6,8 20,7 24,4 - 3,7 256,2 221,7 + 34,5

+29,5 + 16,6 + 4,0 + 20,7 +23,1 + 0,5 + 17,3 + 9,7 + 1,1 + 9,8 +23,4 - 2,0 + 0,1 +26,8 - 2,3 + 5,6 +24,8 - 3,9 +23,8 +20,7 - 0,2 + 15,6 +20,3 - 2,8

33,6 27,3 + 6,3 14,6 10,4 + 4,2 18,7 20,7 - 2,0 18,2 17,0 + 1,2 16,7 11,4 + 5,3 24,9 23,5 + 1,4 37,7 33,1 + 4,6 273,6 235,2 + 38,4

Ländergruppe/Land Westliche Industrieländer darunter: Frankreich

Ausfuhr Einfuhr Saldo Großbritannien Ausfuhr Einfuhr Saldo Italien Ausfuhr Einfuhr Saldo Vereinigte Staaten Ausfuhr von Amerika Einfuhr Saldo Staatshandelsländer Ausfuhr Einfuhr Saldo Entwicklungsländer Ausfuhr (ohne OPECEinfuhr Länder Saldo OPEC-Länder Ausfuhr Einfuhr Saldo Alle Länder Ausfuhr Einfuhr Saldo

276

Mrd. DM

Verände­ rung von Aus- und Einfuhr (in %) und des Saldos (in Mrd. DM) Mrd. DM gegen 1977 Vorjahr

23,1 18,9 + 4,2 8,4 5,2 + 3,2 15,0 14,1 + 0,9 15,1 12,2 + 2,9 10,8 6,6 + 4,2 24,1 19,4 + 4,7 5,9 10,1 - 4,2 178,4 145,4 + 33,0

Mrd. DM

1978

1979

1980'

203,7 178,2 + 25,5

249,6 221,5 + 28,1

277,7 254,2 + 23,6

34,9 28,3 + 6,6 16,8 12,1 + 4,8 19,4 23,2 - 3,8 20,1 17,4 + 2,6 17,6 12,5 + 5,1 24,5 19,4 + 5,1 37,9 33,5 + 4,4 284,6 243,8 + 40,7

40,0 33,2 + 6,8 21,0 17,2 + 3,8 24,5 25,8 - 1,3 20,8 20,3 + 0,5 18,8 16,0 + 2,8 25,9 27,3 - 1,4 19,2 27,0 - 7,8 314,5 292,0 + 22,4

46,6 36,6 + 10,0 22,9 22,9 + 0,0 29,9 27,1 + 2,9 21,5 25,7 - 4,2 19,4 17,4 + 2,0 28,9 32,1 - 3,1 22,8 37,4 - 14,6 350,4 341,3 + 9,1

Verände­ rung von Aus- und Einfuhr (in %) und des Saldos (in Mrd. DM) gegen Vorjahr

Mrd. DM

Verände­ rung von Aus- und Einfuhr (in %) und des Saldos (in Mrd. DM) gegen Vorjahr

1981

1982

1983

+ 11,3 + 14,8 - 4,5

305,0 277,9 + 27,1

332,9 286,4 + 46,5

341,2 304,7 + 36,4

+ 2,5 + 6,4 -10,1

+ 16,6 + 10,2 + 3,2 + 9,0 +32,8 - 3,8 +22,0 + 5,0 + 4,1 + 3,5 +26,8 - 4,7 + 3,0 + 8,5 - 0,8 + 11,8 + 17,4 - 1,7 + 19,0 +38,7 - 6,8 + 11,4 + 16,9 -13,3

47,7 35,7 + 12,1 26,2 27,4 - 1,3 31,3 27,6 + 3,7 186,1 174,6 + 11,5 19,5 19,3 + 0,3 35,7 34,2 + 1,5 34,9 37,5 - 2,6 397,0 369,1 + 27,9

52,7 35,4 + 17,4 31,3 27,0 + 4,3 32,4 28,7 + 3,7 28,1 28,2 - 0,1 20,5 21,4 - 0,8 34,6 35,6 “ 1,0 38,0 32,8 + 5,2 427,7 376,5 + 51,3

50,8 37,8 + 13,0 35,4 27,1 + 8,3 32,1 31,6 + 0,5 32,8 27,7 + 5,1 22,6 22,2 + 0,4 35,6 35,8 - 0,2 31,6 27,3 + 4,3 432,3 390,4 + 42,0

- 3,5 + 7,0 - 4,4 + 13,0 + 0,5 + 3,9 - 0,9 + 10,0 - 3,2 + 16,8 - 1,7 + 5,2 + 10,2 + 4,1 + 1,2 + 2,8 + 0,6 + 0,7 -17,0 -16,8 - 0,9 + 1,1 + 3,7 - 9,3

1 Vorläufig. Quelle: Monatsberichte der Deutschen Bundesbank, Nr. 3 März 1975, S. 24, Nr. 3 März 1977, S. 14, Nr. 3 März 1979, S. 27, Nr. 3 März 1981; S. 19, Nr. 3 März 1983, S. 27, Nr. 3 März 1982, S. 25, Nr. 3 März 1984, S. 20.

277

Tab. 7: Energieverbrauch im internationalen Vergleich 1982 Primärenergieverbrauch nach

Land

ins­ gesamt

je Einheit BIP'

in Mio. t ÖE2

Australien............ Belgien................. Dänemark............ Bundesrepublik Deutschland . . Frankreich .... Griechenland . . . Großbritannien. . Irland................. Italien................. Japan .................... Kanada................. Luxemburg .... Neuseeland .... Niederlande . . . Norwegen............ Österreich............ Portugal.............. Schweden............ Schweiz.............. Spanien.............. Türkei................. Vereinigte Staaten............ Insgesamt5 ' 2 3 tem vH.

278

je Ein­ wohner

feste Brenn­ stoffe

tÖE2

Mineral­ öl

Anteil am Primär-

79,0 41,7 17,6

0,77 0,58 0,40

5,2 4,2 3,5

48,9 28,1 35,8

40,0 47.5 63.6

254,8 184,9 15,9 196,7 8,6 134,8 343,7 217,0 3,1 11,4 56,0 23,8 25,9 12,2 46,8 24,5 74,1 36,5

0,52 0,46 0,62 0,78 0,82 0,58 0,50 1.13 1.19 0,80 0,58 0,66 0,57 0,62 0,61 0,41 0,63 0,78

4,1 3,4 1,6 3,5 2,5 2,4 2,9 8,8 8,6 3,6 3,9 5,8 3,4 1,2 5,6 3,8 2,0 0,8

36.7 16,3 25.8 37.1 25,6 11.5 18.6 14.1 45.2 14.9 10,5 7,6 19.3 9,0 12.4 4,1 25.5 46.6

43.6 49,0 69.2 39.1 52.3 62,0 61.6 34.7 32.3 32,5 40.4 33.2 40.2 77,0 42.5 46,9 61.3 44.7

1750,1

0,96

7,5

27.6

40,1

3559,1

0,73

4,5

25,6

44,3

Preis- und Wechselkursbasis 1975. Öleinheiten. Anteil der Netto-Importe am Primärenergieverbrauch in vH. Zahlen mit vorangestell­ Minuszeichen beinhalten den Anteil des Netto-Exports am Primärenergieverbrauch in

Importquote

Energieträgern Gas

Kern­ energie

Wasser­ kraft und sonstige

energieverbrauch in vH

insgesamt

von Mineralöl

in vH3

in vH4

12,4 17,0 0,0

0,0 8,4 0,0

4,1 0,5 0,0

- 27,0 86,6 89,2

34,5 111,1 87,5

14,7 12,0 0,0 21,0 19,8 18,2 6,8 22,4 9,7 15,8 49,8 3,4 14,7 0,0 0,0 4,1 3,0 0,0

5,6 13,1 0,0 5,0 0,0 1,1 7,3 3,6 0,0 0,0 1,6 0,0 0,0 0,0 18,6 13,9 2,7 0,0

17 8,7 5,0 0,7 3,5 7,8 6,1 27,2 3,2 37,7 0,0 58,8 28,2 12,3 26,3 34,3 8,2 8,8

51,0 65,4 67,9 - 11,2 62,8 84,1 84,8 - 9,1 87,1 25,4 10,9 -155,9 54,4 81,1 46,4 52,2 69,1 39,7

95,0 97,4 94,5 - 37,6 100,0 104,4 102,2 - 2,1 110,0 83,8 123,9 -201,3 81,7 102,1 99,5 100,0 97,8 84,7

25,4

3,8

4,1

10,4

32,7

19,6

4,7

6,9

26,5

55,7

4 Netto-Importe von Mineralöl im Verhältnis zum Primärenergieverbrauch von Mineralöl in vH. Zahlen mit vorangestelltem Minuszeichen beinhalten den Anteil des Netto-Exports am Primärenergieverbrauch von Mineralöl in vH. 5 Alle Mitgliedsländer der Internationalen Energieagentur einschließlich Frankreich. Quelle; Jahresgutachten des Sachverständigenrates 1984/1985, S. 260.

279

oo Tab. 8: Wirtschaftsdaten ausgewählter Länder Bruttosozialprodukt1)2) Land

Bundesrepublik Deutschland................. Belgien................................ Frankreich....................... Großbritannien.............. Italien................................ Niederlande....................... Schweiz............................. Vereinigte Staaten............ J*P“...................................

Ausrüstungsinvestitionen2)3)

1973— 198210

1982

1983

1984"

19731982'°

1982

1983

1984"

1973— 198210

1982

1983

1984"

+ 1,7 + 1,9 +2,4 +0,8 +2,1 + 1,5 +0,3 + 1,9 +3,8

-1,1 + 1,3 +2,0 +2,2 -0,4 -1,6 -1,5 -2,1 +3,3

+ 1,3 +0,4 +0,7 +3,2 -1,2 +0,4 +0,7 +3,7 +3,0

+272 +r/2 + 17: +2 +272 +r/2 + 272 +7 +572

+ 1,4 +0,9 +2,2 + 1,5 -0,2 +0,5 -0,8 +3,7 +5,5

-5,7 -1,7 +0,7 +0,2 -9,5 -1,3 -4,8 -7,2 +9,4

+6,1 -7,4 -1,1 -1,4 -9,1 + 1,3 +6,5 +2,5 +2,0

+ 72 + 472 + 3 + 14 + 472 + 4 + 372 +2072 + 972

+ 5,1 + 3,4 + 5,2 + 2,7 + 5,9 + 2,2 + 2,8 + 4,7 + 11,6

+4,6 + 1,8 -2,2 + 1,2 -0,8 -0,9 -3,2 -7,8 + 3,5

-1,3 +0,0 +3,9 + 1,0 +4,0 +4,5 +0,9 -5,6 +4,8

+ 7 + 572 + 472 + 672 + 572 + 572 + 472 + 472 + 1672

Arbeitslosigkeit6

Beschäftigung25 Land

Bundesrepublik Deutschland................. Belgien................................ Frankreich....................... Großbritannien.............. Italien................................ Niederlande.......................

Ausfuhr2’

Verbraucherpreise2

1973198210

1982

1983

1984"

1973— 1982"

1982

1983

1984"

1973— 198210

1982

1983

1984"

-0,6 -0,4 +0,1 -0,5 +0,8 +0,5

-1,8 -1,3 +0,2 -1,5 -0,4 -0,3

-1.7 -0,9 -0,9 -0,6 -0,4 -1,2

- 72 -0 -1 - 72 -0 -172

+3,7 + 7,5 +5,1 +5,5 +6,9 +6,1

+ 6,9 + 13,1 + 8,8 + 10,6 + 10,5 + 11,7

+ 8,4 + 14,4 + 8,9 + 11,5 + 11,9 + 14,3

+ 872 + 1472 + 972 + 12 + 1272 + 15

+ 5,0 + 8,2 + 11,4 + 14,6 + 16,9 + 7,0

+ 5,3 + 8,7 + 11,8 + 8,6 + 16,6 + 6,0

4- 3,3 + 7,7 + 9,6 + 4,6 + 14,6 + 2,7

+ 272 + 672 + 772 + 5 + 11 + 372

Schweiz............................. Vereinigte Staaten............ Japan...................................

-0,6 + 1,8 +0,8

-0,7 -0,9 + 1,0

-1,0 + 1,4 + 1,7

+ '/2 + 372 +1

+ 7,0 +2,0

Bundesrepublik Deutschland................. Belgien................................ Frankreich....................... Großbritannien............... Italien................................ Niederlande....................... Schweiz............................. Vereinigte Staaten............ Japan..................................

+ 0,9 + 9,6 + 2,6

+ 1 + 7‘/2 + 2'/2

+ 4,4 + 9,0 + 8,3

+ 5,6 + 6,1 + 2,7

+ 3,0 + 3,2 + 1,9

+ 3 + 3'/2 + 2

Staatsdefizit9

Staatsquote8

Leistungsbilanz7 Land

+ 0,4 + 9,7 + 2,4

19731982"

1982

1983

1984"

19731982"

1982"

1983"

1984"

+0,5 -1,1 -0,2 -0,1 -0,9 + 1,3 +3,2 +0,0 +0,2

+0,5 -3,1 -2,2 +2,0 -1,6 +2,6 +3,8 -0,4 +0,6

+0,6 -0,7 -0,8 +0,7 +0,1 +2,6 +3,1 -1,2 + 1,8

+ '/2 - '/i - 'h + */2 -0 + 2‘/2 + 3‘/2 —2!6 + 2'/2

47,3 47,5 44,7 44,9 44,6 56,7 28,7 34,1 29,5

49,9 58 5072 45 55 61'/2 30 35l/2 34*/2

48,9 5872 51!6 45 57*/2 62 */2 30'/2 35 35

48 58 '/2 53 447; 58 61 30'/2 34' 35

19731982"

- 3,3 - 9,5 - 1,7 - 2,8 -10,9 - 4,9 - 1,2 - 3,4

1982

1983

1984"

- 3,4 -12,7 - 2,5 - 2,4 -12,7 - 7,2 - 0,8 - 3,8 - 3,4

- 2,7 -13,4 - 3,2 - 3,3 -11,8 - 5,1 - 0,8 “ 4,1 - 3,3

- l'/z -11 - 372 - 272 -1372 - 472 - 72 - 3 - 2

1 In konstanten Preisen. Bruttoinlandsprodukt für Belgien. Frankreich, Großbritannien, Italien, Niederlande und die Schweiz. 2 Veränderung gegenüber dem Vorjahr in vH. 3 In konstanten Preisen. 4 Waren und Dienstleistungen in konstanten Preisen. i Zivile Erwerbstätige. 6 Für die EG-Länder: Anteil der registrierten Arbeitslosen an den zivilen Erwerbspersonen (für den EG-Gebrauch standardisierte nationale Angaben). Für die Schweiz: Anteil der als arbeitslos registrierten Personen an den gesamten Erwerbspersonen. Für die Vereinigten Staaten und Japan: Anteil der durch regelmäßige Haushaltsbefragungen (Stichpro­ ben) ermittelten Arbeitslosen an den Erwerbspersonen. 7 Leistungsbilanzsaldo im Verhältnis zum Bruttosozialprodukt bzw. Bruttoinlandsprodukt. 8 Staatsaus­ gaben im Verhältnis zum Bruttosozialprodukt bzw. Bruttoinlandsprodukt. (Für die Schweiz: Laufende Ausgaben ...) 9 Finanzierungssaldo (Überschuß: + , Defizit: -) der öffentlichen Haushalte (Gebietskörperschaften und Sozialversicherung) im Verhältnis zum Bruttosozialprodukt bzw. Bruttoinlandsprodukt. 10 Durchschnittlich jährliche Veränderung (geometrisches Mittel) in vH. 11 Eigene Schätzung. 12 Durchschnittlich jährliche Quote (arithmetisches Mittel).

Quelle: Jahresgutachten des Sachverständigenrates 1984/1985, S. 24. K) 00

Abkürzungsverzeichnis

AA ACDA ALCM

BSP CIA

EAD ECU

EG EPZ ER EWS FBS

GATT GLCM HLG

IBRD

IDA IEA IISS INF

IWF KIWZ

KSZE

KVAE

LRTNF LTDP

282

Auswärtiges Amt Arms Control and Disarmament Agency = Rüstungs­ kontroll- und Abrüstungsbehörde der USA Air-launched Cruise Missile = von Flugzeugen aus ein­ gesetzter Marschflugkörper Bruttosozialprodukt Central Intelligence Agency = Geheimdienstbehörde der USA Europäisch-Arabischer Dialog European Currency Unit = gemeinsame europäische Währungseinheit Europäische Gemeinschaft Europäische Politische Zusammenarbeit Europäischer Rat Europäisches Währungssystem Forward-based Systems = vorne stationierte Nuklear­ waffensysteme General Agreement on Tariffs and Trade = Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen Ground-launched Cruise Missile = landgestützter Marschflugkörper High Level Group = NATO-Gruppe »auf hoher Ebenc« International Bank for Reconstruction and Development — Weltbank International Development Association = Weltentwick­ lungsbank Internationale Energie-Agentur Internationales Institut für Strategische Studien Intermediate Nuclear Forces = Kernwaffen mittlerer Reichweite Internationaler Währungsfonds Konferenz für Internationale Wirtschaftliche Zusam­ menarbeit Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Eu­ ropa Konferenz über Vertrauensbildung und Abrüstung in Europa Long-range Tactical Nuclear Forces = weitreichende taktische Nuklearwaffen Long-term Defence Program = Langfristiges Verteidi­ gungsprogramm der NATO

MBFR

MRBM MTN NATO

NIC NSC OAPEC

OECD

OPEC RGW SALT

SC SCG SGV SLCM

SS20 START

TNF

UN UNCTAD

UNIDO WWU

Mutual and Balanced Force Reductions = beiderseitige und ausgewogene Truppenreduzierungen (in Europa) Medium-range Ballistic Missiles = Mittelstreckenrake­ ten Multilateral Trade Negotiations = Handelsverhandlun­ gen im Rahmen des GATT North Atlantic Treaty Organization = Nordatlantik­ pakt-Organisation Newly Industrialized Countries = Schwellenländer National Security Council = Nationaler Sicherheitsrat der USA Organization of Arabian Petroleum Exporting Coun­ tries = Organisation arabischer erdölexportierender Staaten Organization for Economic Cooperation and Develop­ ment = Organisation für Wirtschaftliche Zusammenar­ beit und Entwicklung Organization of Petroleum Exporting Countries = Or­ ganisation erdölexportierender Staaten Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe Strategie Arms Limitation Talks = Verhandlungen über eine Beschränkung der strategischen Waffen Special Group = Sonderarbeitsgruppe der NATO Special Consultative Group = Sonderberatungsgruppe der NATO Sondergeneralversammlung (der Vereinten Nationen) Sea-launched Cruise Missile = von Schiffen aus einge­ setzter Marschflugkörper im NATO-Jargon sowjetische Rakete (vom Typ 20 = MRBM) Strategie Arms Reduction Talks = Verhandlungen zur Reduzierung der strategischen Waffensysteme Theater Nuclear Forces = für einen regionalen Einsatz bestimmte Nuklearwaffen United Nations = Vereinte Nationen United Nations Conference on Trade and Development = Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung United Nations Industrial Development Organization = UN-Organisation für Industrielle Entwicklung Wirtschafts- und Währungsunion

283

Deutsche Geschichte der neuesten Zeit vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart Herausgegeben von Martin Broszat, Wolfgang Benz, Hermann Graml in Verbindung mit dem Institut für Zeitgeschichte Die »neueste« Geschichte setzt ein mit den nachnapoleonischen Evolu­ tionen und Umbrüchen auf dem Wege zur Entstehung des modernen deutschen National-, Verfassungs- und Industriestaates. Sie reicht bis zum Ende der sozial-liberalen Koalition (1982). Die großen Themen der deutschen Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts werden, auf die Gegenwart hin gestaffelt, in dreißig konzentriert geschriebenen Bänden abgehandelt. Ihre Gestaltung folgt einer einheitlichen Konzeption, die die verschiedenen Elemente der Geschichtsvermittlung zur Geltung bringen soll: die erzählerische Vertiefung einzelner Ereignisse, Kon­ flikte, Konstellationen; Gesamtdarstellung und Deutung; Dokumenta­ tion mit ausgewählten Quellentexten, Statistiken, Zeittafeln; Work­ shop-Informationen über die Quellenproblematik, leitende Fragestel­ lungen und Kontroversen der historischen Literatur. Erstklassige Au­ toren machen die wichtigsten Kapitel dieser deutschen Geschichte auf methodisch neue Weise lebendig. 4501

4502 4503

4504

4505 4506

4507 4508 4509

4510

4511

284

Peter Burg: Der Wiener Kongreß Der Deutsche Bund im europäischen Staatensystem Wolfgang Hardtwig: Vormärz Der monarchische Staat und das Bürgertum Hagen Schulze: Der Weg zum Nationalstaat Die deutsche Nationalbewegung vom 18. Jahrhundert bis zur Reichsgründung Michael Stürmer: Die Reichsgründung Deutscher Nationalstaat und europäisches Gleichgewicht im Zeitalter Bismarcks Hans-Jürgen Puhle: Das Kaiserreich Liberalismus, Feudalismus, Militärstaat Klaus J. Bade: Der Gründerkrach Die Industrielle Revolution und ihre Folgen Helga Grebing: Arbeiterbewegung Sozialer Protest und kollek­ tive Interessenvertretung bis 1914 Rüdiger vom Bruch: Bildungsbürgertum und Nationalismus. Politik und Kultur im Wilhelminischen Deutschland Hermann Graml: Imperialismus Deutsche Kolonial- und Weltpolitik 1880 bis 1914 Gunther Mai: Das Ende des Kaiserreichs Politik und Kriegführung im Ersten Weltkrieg Klaus Schönhoven: Reformismus und Radikalismus Gespaltene Arbeiterbewegung im Weimarer Sozialstaat

4512 4513

4514

4515

4516

4517 4518

4519 4520

4521 4522

4523

4524

4525 4526

4527 4528

4529

4530

Horst Möller: Weimar Die unvollendete Demokratie Peter Krüger: Versailles Deutsche Außenpolitik zwischen Revisionismus und Friedens­ sicherung Corona Hepp: Avantgarde Moderne Kunst, Kulturkritik und Reformbewegungen nach der Jahrhundertwende Fritz Blaich : Der Schwarze Freitag Inflation und Wirtschaftskrise Martin Broszat: Die Machtergreifung Der Aufstieg der NSDAP und die Zerstörung der Weimarer Republik Norbert Frei: Der Führerstaat Nationalsozialistische Herrschaft 1933 bis 1945 Bernd-Jürgen Wendt: Großdeutschland Außenpolitik und Kriegsvorbereitung des Hitler-Regimes Hermann Graml: Die Reichskristallnacht Antisemitismus und Judenverfolgung im Dritten Reich Elke Fröhlich, Hartmut Mehringer : Emigration und Widerstand Das NS-Regime und seine Gegner Lothar Gruchmann: Totaler Krieg Vom Blitzkrieg zur bedingungslosen Kapitulation Wolfgang Benz: Potsdam 1945 Besatzungsherrschaft und Neuaufbau im Vier-Zonen-Deutschland Wolfgang Benz: Die Gründung der Bundesrepublik Von der Bizone zum souveränen Staat Dietrich Staritz: Die Gründung der DDR Von der sowjetischen Besatzungsherrschaft zum sozialistischen Staat Martin Broszat: Die Adenauer-Zeit Wohlstandsgesellschaft und Kanzlerdemokratie Hartmut Zimmermann: Die Deutsche Demokratische Republik Von Ulbricht bis Honecker Ludolf Herbst: Option für den Westen Vom Marshallplan bis zum deutsch-französischen Vertrag Peter Bender: Neue Ostpolitik Vom Mauerbau zum Moskauer Vertrag Hans Heigert: Krisen und Reformen Die Bundesrepublik seit den sechziger Jahren Helga Haftendorn: Sicherheit und Stabilität Außenbeziehungen der Bundesrepublik zwischen Ölkrise und

NATO-Doppelbeschluß

285

Personenregister

Aaron, David 117f. Adenauer, Konrad 166, 169, 244 Apel, Hans 115 Arafat, Jasir S3 Bader, Andreas 15 Bahr, Egon 60f, 104f, 127, 129, 144, 161 Barraclough, John 24 Bastian, Gert 233 Bauer, Christian 15 Becker, Kurt 179 Bender, Peter 253 Bertram, Christoph 29 Bierce, Ambrose 209 Birrenbach, Kurt 16 Blumenthal, US-Schatzmmister 68 Bölling, Klaus 14, 142, 178 Brandt, Willy 19, 32, 34, 41, 105, 129, 134, 153, 161-164, 166, 183, 187, 253 Breschnew, Leonid I. 28, 121 L, 124, 144, 148, 151 ff., 158, 176f., 212f, 216, 229 Brown, Harald 100f., 106 Brzesinski, Zbigniew 68, 111, 116f., 121, 245 Buback, Siegfried 12 Buchan, Alastair (u. Frau)16f., 24, 29 Bull, Hedley 24

Callaghan, James 18, 66, 68, 70, 72, 117, 147, 196 Carr, Jonathan 210 Carter, James Earl (Jimmy) 12 f.» 20, 22, 28, 67-70, 75, 77, 81 f„ 87, 97f, 105, HOL, 116ff, 135f, 142, 147, 149, 164, 173, 194, 208, 211, 245 Connally, John 41 Cornides, Wilhelm 16 Cossiga, Francesco 118

Eppler, Erhard 60 Erhard, Ludwig 166 Erler, Fritz 16 ff Evans, Patricia 29

Ford, Gerald 12, 20, 63, 65f Friderichs, Hans 59 Fukuda, Takeo 75 f.

de Gaulle, Charles 168 f. Gaus, Günter 155, 178, 253 Gelb, Leslie 101, 119 Genscher, Hans-Dietrich 61, 115, 128, 131, 161f, 181, 254 Giscard d’Estaing, Valery 18, 63L, 68, 74, 76, 82, 87, 116f, 141, 146, 148, 151, 167-170, 189 Gromyko, Andrej A. 12, 148 Grosser, Alfred 245 Guillaume, Günter 19, 34 Haig, Alexander 88 Healey, Denis 196 Hiß, Dieter 14 Holst, Johan 29 Honecker, Erich 156, 158ff, 177f, 235-238 Howard, Michael 29 Jackson, Henry M. 135 Jaruzelski, Wojciech 177f. Jenkins, Roy 68, 73 Joffe, Josef 249

Kade, Gerhard 233 Kahler, Miles 140 Kant, Immanuel 165 Karmal, Babrak 133 Kelly, Petra 233 Kissinger, Henry A. 12, 16f, 29, 97, 134f, 143, 169, 201, 207, 245 Klunker, Heinz 168 Kohl, Helmut 182, 254

Duchène, François 29 Ehmke, Horst 129 Ellsworth, Robert 29 Emminger, Ottmar 246 Ensslin, Gudrun 15

286

Lahnstein, Manfred 88 Lambsdorff, Otto Graf 73, 82, 181

Mansfield, Michael Joseph 92 Marshall, George 201

Matthöfer, Hans 237 McGiffert, David E. 106f., 109, 121 Mechtersheimer, Alfred 249 Miki, Takeo 63 Mischnick, Wolfgang 131 Mittag, Günter 238 Mitterrand, François 87, 170 Möllemann, Jürgen 132 Moorer, J. P. 24 Moro, Aldo 63 Müller-Roschach, Herbert 246 Mulley, Fred 29, 100

Nixon, Richard M. 20, 39, 41 f., 134, 245

Palliser, Michael 24 Pawelczyk, Alfons 129, 132 Pompidou, Georges 41, 168 Ponto, Jürgen 12

Schleyer, Hanns-Martin 11. f., 15, 19, 30, 165 Schmarsow, Lieselotte 11 Schmidt, Helmut 8f., 11-14, 16-20, 24-31, 34, 55, 63f., 69f., 72, 74ff., 81, 87, 89, 97, 99, 102f., 105, 109, 114-118, 124f., 128f., 131, 141f., 144-153, 158f., 161-172, 174-183, 193, 195, 212f., 216, 235, 239, 243, 254 Schröder, Gerhard 130 Schüler, Manfred 14 Schumann, Jürgen 15 von Staden, Botschafter 29 Steinhaus, Rolf 11 Strauß, Franz Josef 144 Stützle, Walther 11-15 Tandecki, Peter 106 Thatcher, Margaret 82, 147f., Tito, Josip Broz 149, 177

Quinlan, Michael 24, 107 Raspe, Jan-Carl 15 Reagan, Ronald87f., 91,140f., 150ff., 173 f. Resa Pahlevi, Schah 78 Roberts, Frank 24 Roosevelt, Franklin D. 40 de Rose, François 29 Rühl, Lothar 15 Ruete, Helmut 29 Ruhfus, Jürgen 14 Rumsfield, Donald H. 95, 107

Seton-Watson, G. H. N. 24 Shonfield, Andrew 24 Shultz, George 18, 63 Sommer, Theo 11, 16, 151 Sonnenfeldt, Helmut 29 Scheel, Walter 32, 134 Schiller, Karl 18, 34, 43, 166 Schlesinger, James R. 81, 95f.

van den Beugel, Ernst 16, 24, 29 Vance, Cyrus R. 31, 104 Venohr, Wolfgang 253 Vetter, Oskar 168 Voigt, Karsten 130 Weber, Max 165 Wehner, Herbert 19, 105, 127, 129, 131 Weiskirch, Willi 128 Weizsäcker, Carl Friedrich von 16 Werner, Pierre 37 Wieck, Hans Georg 11 Wilson, Harold 63, 66 Wischnewski, Hans-Jürgen 14f. Wörner, Manfred 127, 132

Zaki el-Yamani, Achmed 51, 78 Zimmermann, Friedrich 127 Zündorf, Benno (Pseud.)252

Die Autorin

Dr. Helga Haftendorn, Jahrgang 1933, ist Professorin für Poli­ tische Wissenschaft, insbes. Theorie, Empirie und Geschichte der Außen- und internationalen Politik an der Freien Universi­ tät Berlin. Nach dem Studium der Geschichte und der Politik (Promotion 1960 in Frankfurt bei Carlo Schmid) Tätigkeiten beim »Europa Archiv« und bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik in Bonn. Nach der Habilitation 1972 in Hamburg Professuren an der Hochschule der Bundeswehr Hamburg, an der Georgetown University in Washington, D. C. und an der Stanford University in Kalifornien. Zahlreiche Ver­ öffentlichungen zur Außen- und Sicherheitspolitik der Bundes­ republik Deutschland, u. a. »Sicherheit und Entspannung. Zur Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland 1955-1982« (1983).

Helmut Schmidts Londoner Rede im Oktober 1977 Die Bundesrepublik in den siebziger Jahren Auf dem Wege in die Wirtschaftskrise Der NATO-Doppelbeschluß Das Scheitern der Entspannungspolitik nach der Afghanistan-Krise Die »Ära Schmidt«

DM 12.80

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Deutscher Taschenbuch Verlag