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German Pages 398 [403] Year 1997
HANDBUCH DER ORIENTALl STIK HERAUSGEGEBEN VON
BERTOLDSPULER
DRITTER BAND
SEMITISTIK
LEIDEN
E.
J.
BRILL 1954
Copyright I954 by E. J. Brill, Leiden, Netherlands All rights reserved, including the right to translate or to reproduce this book or parts thereoj in any jorm
PRINTED IN THE NETHERLANDS
INHALT EINFÜHRUNG Der semitische Sprachtypus (BERTOLD SPULER)............ 2. Ausbreitung der semitischen Sprachen (BERTOLD SPULER).. . 3. Geschichte der semitischen Sprachwissenschaft (JOHANN FÜCK). I.
3 25 31
KANAANÄISCH UND UGARITISCH
4. Die kanaanäischen Dialekte mit dem Ugaritischen (CARL BROCKELMANN) .... , .. ,.",.,.,.",., ..,., .. , .. ,., ..... ,
40
HEBRÄISCH
5. Das Hebräische (CARL BROCKELMANN) ., . , . , , , . , , , . , , , . , , . 6, Die hebräische Literatur der nachbiblischen Zeit (ERNST LUDWIG DIETRICH) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
59 70
ARAMÄISCH UND SYRISCH
7. Das Aramäische, einschliesslich des Syrischen (CARL BROCKELMANN) ................................................ 8. Die aramäische und syrische Literatur.................... a. Kleinere aramäische Literaturen (ANTON BAUMSTARK t).. b, Die syrische Literatur (ANTON BAUMSTARK t und ADOLF RÜCKER t) ..........................................
135 162 162 168
ARABISCH 9. Das Arabische und seine Mundarten (eARL BROCKELMANN), .. Die Ausbreitung der arabischen Sprache (BERTOLD SPULER)..
10.
207 245
VIII
INHALT
Geschichte der arabischen Literatur (CARL BROCKELMANN).. Das Südarabische der Inschriften und der lebenden Mundarten (MARIA HÖFNER) ....................................... 13. Geschichte der Arabistik (J OHANN FÜCK) ... . . . . . . . . . . . . .. II.
253
12.
314 341
ÄTHIOPISCH 14. Die äthiopische Sprache (ENNo LITTMANN) . . . . . . . . . . . . . . .. 15. Die äthiopische Literatur (ENNo LITTMANN) ..............
350 375
Druckfehler und Ergänzungen .............................. Register .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
386 387
..
ERSTER ABSCHNITT ..
EINFUHRUNG - KANAANAISCH UND UGARITISCH - HEBRÄISCH
EINFÜHRUNG 1.
DER SEMITISCHE SPRACHTYPUS
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Bei einem Versuche, den Sprachbau des Semitischen im Rahmen einer kurzen Betrachtung für solche zu behandeln, die keine semitische Sprache kennen, können nur die typischen Bestandteilen herangezogen werden. Die Darstellung wird dadurch wesentlich erleichtert, dass sich alle semitischen Sprachen so nahestehen, dass ihre Verwandtschaft auf den ersten Blick zu erkennen ist und tatsächlich auch schon vor vielen Jahrhunderten erkannt wurde. Die semitischen Sprachen stehen also in dieser Hinsicht in demselben Verhältnisse zueinander wie die germanischen und romanischen Einzelsprachen, nicht aber wie der germanische und der romanische Sprachzweig. (Eine Ausnahme macht dabei eigentlich nur das sehr stark von afrikanischen Idiomen beeinflusste Amharische i'n Abessinien, das deshalb im Folgenden - als nicht mehr den 'eigentlichen semitischen Typ repräsentierend - ausgeschlossen wurde.) Auf jeden Fall muss aus dem Tatsachenbestande, den uns das Akkadische (Assyrisch-Babylonische), Hebräisch-Kanaanäische, Ugaritische, Aramäische, Nordarabische und Südarabisch-Äthiopische liefern - denn das sind die Zweige der semitischen Sprachfamilie -, das Gemeinsame und deshalb wesentlich Semitische herausgehoben werden. Das zwingt dazu, viele Einzelerscheinungen zu übergehen oder zu vergröbern, und überhaupt muss die einzelsprachliche Entwicklung hinter dem Gesamtbilde zurücktreten. Wie jede Auswahl birgt das natürlich Gefahren in sich, aber nur dadurch tritt das deutlich hervor, was wir als semitischen "Typ" bezeichnen können. Damit soll nicht ein "Ursemitisch" konstruiert werden, ein Unterfangen, vor dem erst kürzlich CARL BROCKELMANN eindringlich gewarnt hat, es soll nur der Typ von der Einzeltatsache, das Generelle vom Individuellen abgesondert und besonders unterstrichen werden. Nachdem zuerst BROCKELMANN in seinem Grundriss der vergleichenden Grammatik der semitischen Sprachen (Berlin 1908 u. 1913) mit den Mitteln der Indogermanistik in der Sicht 1 Diese Skizze ist als Überblick für Nicht-Semitisten gedacht. Der Vf. ist Herrn Geheimrat Prof. Dr eARL BROCKELMANN für wertvolle Hinweise und Ratschläge zu grossem Dank verpflichtet.
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EINFÜHRUNG
der sog. "junggrammatischen Schule" die semitischen Sprachen zergliedert und die sprachlichen Einzeltatsachen in übersichtlicher Anordnung des Stoffes registriert hatte, hat dann GOTTHELF BERGSTRÄssER in seiner Einführung in die semitischen Sprachen (München 1928) m.W. zuerst den Versuch gemacht, das Semitische typologisch zu sehen. Auf diese beiden massgebenden Werke sei zu Beginn nachdrücklich hingewiesen. Freilich sind diese beiden Untersuchungen von Forschern verfasst, denen das Akkadische ferner lag. Daher kommt es, dass die Ansichten der Assyriologen von den ihren verschiedentlich abweichen; dazu kommt, dass der Nicht-Assyriologe sich über diese Sprache nur anhand von Arbeiten unterrichten kann, deren Abfassung länger zurückliegt. Unter diesen Umständen muss die Hoffnung ausgesprochen werden, dass die Assyriologen trotz aller Bedenken, die derartigen Unternehmungen immer entgegenstehen, einmal eine Darstellung ihrer Ergebnisse vorlegen, die auch für den Nicht-Fachmann bestimmt ist, und dass sie zum andern von ihrer Sicht aus zum Problem des Semitischen Stellung nehmen 1. Damit hängt es zusammen, dass auch über das Prinzip der Gruppeneinteilung des Semitischen die Ansichten geteilt sind. Es handelt sich dabei um eine schwierige Frage. Wie schon gesagt, ähneln sich die semitischen Sprachen so, wie etwa die germanischen oder die slawischen. Und wie bei diesen manche Probleme der Gruppeneinteilung umstritten sind, und wie man z.B. im Slawischen im wesentlichen das Prinzip der Phonetik bei der Einteilung zugrunde gelegt hat, so hat das die Forschung auch im Semitischen getan. Man stellte dem Akkadischen als Ostsemitisch den Komplex des Kanaanäisch-Hebräisch-MoabitischPhoinikischen, des Amoräisch-Ugaritischen (der seit 1930 bekannt gewordenen Sprache von Ra's Samra) und des Aramäischen als NordWest semitisch gegenüber. Dagegen sind aber sachlich bedeutsame Einwände möglich. Denn einmal stellt das Ugaritische so sehr einen eigenen Typus dar, dass es nicht gerechtfertigt erscheint, diese Sprache dem "N ord-Westsemitischen" einzuordnen oder (wegen der präfigierten Erzählungsform des Verbs sowie des "ma" der Hervorhebung) als Übergang zum Akkadischen anzusehen. Ähnlich liegen die Verhältnisse aber auch beim Kanaanäischen und beim Aramäischen. Das Kanaanäische geht in verschiedenen lautlichen Einzelheiten mit dem Akkadischen gegen das Aramäische, und ADAM FALKENSTEIN als Assyriolog hält 1
Eine auf die Höhe der Zeit stehende Darstellung aus der Feder Wolframs, Freiherrn steht (1952) vor dem Erscheinen.
SODEN
VON
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deshalb eine Einteilung des Semitischen für gegeben, die alle einzelnen Zweige dieses Sprachstamms getrennt nebeneinander stellt und sie nach dem Alter ihrer ersten schriftlichen Fixierung ordnet. Mir scheint, dass man im Aramäischen und im Kanaanäischen doch eine solche Anzahl von Gemeinsamkeiten findet, dass man sie als Nord-Westsemitisch näher zusammenfassen darf. Natürlich mag dabei die verhältnismässige Schnelligkeit, mit der die kanaanäische und die aramäische Welle des Semitentums aufeinander gefolgt sind (etwa 600 Jahre Abstand), eine Rolle gespielt haben. Ebenso glaube ich, dass man auch das N ordArabische und das Süd-Arabisch-Äthiopische näher zusammenfassen darf. Aber das gilt, wie gesagt, vor allem für das Phonetische; dazu kommen bei bei den "Gruppen" allerdings jeweils einige Gleichheiten der Wortbildung und Flexion. Denn in syntaktischer Hinsicht gilt - das hebt auch BERGSTRÄSSER hervor - auf jeden Fall, dass die Reihenfolge des A~tftretens und damit der schriftlichen Fl;xierung entscheidend ist. Dadurch rückt das Kanaanäische (Hebräische) entschieden in die Nähe des Akkadischen. Dazu kommt der Umstand, dass Gemeinsamkeiten der W ortüberlieferttng ohne Rücksicht auf diese Einteilung von einer Gruppe zur andern führen. Aramäische und (meist durch das Aramäische vermittelte) akkadische Lehnwörter sind in fast allen semitischen Sprachen zu finden. Nur mit dieser Einschränkung seien in Zukunft die Bezeichnungen für die einzelnen Zweige des semitischen Sprachstamms gebraucht. Da es hier aber in erster Linie auf die Herausstellung des Typs der vorhandenen Sprachen und erst in zweiter Linie auf die Klärung genetischer Zusammenhänge ankommt, die in einer semitischen Sprachgeschichte ihren Raum finden müssen, tritt diese Frage zurück. Zur Darstellung des Typs bedarf es mehr der Analyse deutlich übersehbarer als besonders altertümlicher Sprachen. Es besteht kein Zweifel darüber, dass der Sprachtypus des Alt-Ägyptischen mit dem Semitischen eine starke Ähnlichkeit besitzt, die doch wohl darauf zurückzuführen ist, dass das Ägyptische eine in sehr alter Zeit abgesplitterte und dann unter starken hamitisch-afrikanischen Einfluss geratene semitische Sprache ist. Ein eigenes Urteil steht mir freilich hier nicht zu, so dass die Erörterung an diesem Punkte von anderer Seite weitergeführt werden muss 1. Die Besonderheit des Semitischen ergibt sich beim ersten Blick auf den beiden Gebieten der Phonetik und des Wortaufbaus durch das 1 V gl. neuerdings MARCEL CAHEN, Essai comparatif sur le vocabula ire et la plwnitique du ChamitoSe.nitique, Paris 1947 (Bibliotheque de l'Ecole des Hautes Mudes, Nr. 291) und dazu CARL BROCKELMANN in der Bibliotheca Orientalis, VII (1950), S. 58-6!. - Vgl. ferner unten S. 25.
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EINFÜHRUNG
Verhältnis von Vokal und Konsonant. Wir wenden uns zuerst der Phonetik zu und lernen hier eine Anzahl von Lauten kennen, deren Vorhandensein in einer Sprache sie fast sicher alsbald dem Semitischen (einschliesslich des Ägyptischen) zuweist, da sie zwar einzeln gelegentlich auch asserhalb dieser Sprachstämme vorkommen, in ihrer Gesamtheit aber nur ihnen eigentümlich sind. (Freilich gibt es infolge sekundärer Entwicklung eine Anzahl von semitischen Sprachen, die diese besonderen Laute grossenteils oder fast ganz verloren haben, so dass also ihr Fehlen nicht als Kriterium gegen den semitischen Charakter des betreffenden Idioms angesehen werden kann. Hierüber wird noch ein Wort zu sagen sein.) Zu diesen besonderen Lauten gehören einmal die Kehllaute (Gutturale, Laryngale) und zum Zweiten die sogenannten emphatischen Konsonanten. Von den Kehllauten sind in der deutschen Sprache zwei, der feste Stimmeinsatz (das sog. Aleph) und das h, ohne weiteres geläufig, wenn auch der feste Stimmeinsatz nicht geschrieben wird. Hiermit ist jener Laut gemeint, den man in Wörtern wie "Abart", "Anordnung" zu Beginn des zweiten Wortbestandteils spricht, der aber auch zu Beginn jedes (in der Schrift) vokalisch anlautenden Wortes eine "Bindung" an das vorhergehende verhindert, etwa in dem Satze: "Ein armer, ehrlicher Arbeiter aus Essen". Mit dem Worte "Bindung" ist schon auf eine Sprache hingewiesen, die diesen Laut vor (in der Schrift) vokalisch anlautendem Worte nicht kennt, das Französische, und bei der deshalb eine "Bindung" in der Aussprache der entsprechenden Wörter (un arbre, une ortie usw.) erfolgt. Die romanischen Sprachen (ausser dem Rumänischen) haben ja auch den zweiten uns geläufigen dieser Laute nicht, das h. Dazu treten nun zwei Kehllaute, die tatsächlich eigentümlich semitisch und ägyptisch sind, das sog. 'Ajin, das gewöhnlich als der erste Laut beim Erbrechen beschrieben wird, das man in Wirklichkeit aber von einem Araber gehört haben muss, um es richtig zu erkennen. Dieser Laut begegnet ausserhalb des Semitisch-Ägyptischen nur ganz selten, z.B. im (kaukasischen) Awarischen, während der letzte hier zu behandelnde Kehllaut, das /:t, ein heiseres, im Kehlkopf gesprochenes h (nicht etwa ein "Ach-Laut"), wohl ein Specificum der semitischen Sprachen ist. Zu dieser Gruppe von Kehllauten treten nun die sogenannten emphatischen, heute meist durch Anpressen des Zungenrückens an den Vordergaumen oberhalb der oberen Schneidezähne hervorgebrachten Laute. Es handelt sich dabei um eine Anzahl von Zahnlauten (Dentalen), Gaumenlauten (Velare) und Zischlauten, die in dieser emphatischen Aussprache hervorgebracht werden. Doch ist die Liste insofern lückenhaft,
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als keineswegs alle Artikulationsarten der genannten Lautgruppen emphatisch ausgesprochen werden können, und als überdies keine semitische Sprache mehr alle sprachwissenschaftlich sicher zu erschliessenden frühsemitischen emphatischen Laute besitzt. Im Nord-Arabischen (bei uns meist schlechthin "Arabisch" genannt), das im Lautstande - und nur in diesem! - (das Alt-Südarabische ist in dieser Hinsicht nur unvollständig erschliessbar) als die altertümlichste semitische Sprache angesehen werden darf, ist noch vorhanden (wenn auch nicht überall an der alten Stelle) der emphatische Dental t, während ursprünglich emphatisches t zu ? und ursprüngliches d zu rj verschoben ist. Dazu kommen an Palatalen q, an Zischlauten ~ (und das arabisch neuentstandene ?). BERGSTRÄSSER vermutet hier eine ursprüngliche Aussprache mit Stimmabsatz, wie wir ihn z.B. aus dem Kaukasischen kennen (georgisch: k' argi = schön; ds' igni = Buch) 1. - Die Zahn- und Zischlaute sind es übrigens, die in den einzelnen semitischen Sprachen schon in vorgeschichtlicher Zeit (mit diesem Ausdrucke meine ich regelmässig: vor ihrer ersten jeweiligen Fixierung) die meisten und verwickeltsten Verschiebungen erlitten haben. Ihre Lautung in den einzelnen Idiomen ist daher zu einem wichtigen Unterscheidungsmerkmal der verschiedenen Zweige des semitischen Sprachstammes geworden. Dagegen weisen die Lippenlaute (Labiale): bund p, die Gaumenlaute (Palatale) g, kund q, g und lJ sowie die bisher gar nicht erwähnten Sonore rund l, die Nasale Jn und n einzelsprachlich im Frühstadium nur geringe Verschiebungen auf. Die Halbvokale wund j neigen hingegen besonders im Nordwest-Semitischen zu gegenseitiger Angleichung und Ausgleichung in den mannigfachsten möglichen Stellungen. Hierüber ist nicht im einzelnen zu handeIn; das muss jeweils einer Darstellung der einzelnen Sprachen zugewiesen werden. Nur sei bemerkt, dass das Nordwest-Semitische als besonderes Kennzeichen eine - nach BERGSTRÄSSERS Vermutung zuerst im Aramäischen aufgekommene und dann ins Hebräische (teilweise vielleicht nur schriftlich) übernommene - Spirantisierung der Lippen-, Zungen- und Kehllaute (in dem Merkworte "Begadkephat" zusammengefasst) nach Vokalen (auch über das Wortende hinweg) kennt. Dadurch wird b nach Vokal oder Murmelvokal (nur einzelsprachlich auch nach Diphtong) zu 12 (labiodentalem w), P zu t, d zu J, t zu t, g zu g und k zu 1i (= lJ) verschoben. Das Südarabische kennt diesen Wechsel von Hause aus nicht; es besitzt einige der genannten Laute 1 Vgl. die traditionelle Aussprache des q im Ge'ez und den Übergang zu ' in arabischen Mundarten (z. B. dem ägyptischen).
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SEMITISTIK -
EINFÜHRUNG
gesondert (t: i, d: d) und hat einen Teil ganz aufgegeben. Das Nordarabische hat z.B. p immer zu f verschoben (und überdies g zu g = dsch palatalisiert, während k zu c = tsch nur in einzelnen Beduinenmundarten vorkommt). Diese verhältnismässig reiche Liste von Konsonanten ist besonders hinsichtlich ihres eigentümlich semitischen Bestandteils in keiner überlieferten oder gesprochenen Sprache mehr vollständig vorhanden. Es gibt aber ein Gebiet innerhalb des semitischen Sprachbereiches, wo ausser t und $ alle eigentümlich semitischen Laute (besonders also die Gutturale) schon in frühgeschichtlicher Zeit untergegangen sind: Das Zweistromland bis zur Eingliederung in den arabischen Sprachbereich. Das Akkadische ist schon in der ältesten uns erreichbaren Stufe im Begriffe, besonders die eigentümlich semitischen Kehllaute fast alle (ausser ly) zu verlieren, und derjenige Zweig des Aramäischen, der im südlichen Zweistromlande beheimatet war, das Mandäische, hat diese Eigenschaft mit ihm gemeinsam. Der wohl sichere Grund für diese Erscheinung liegt (wie auch im Punischen) darin, dass hier das semitische Idiom auf eine ursprünglich anders, nämlich sumerisch redende Bevölkerung übertragen wurde, eine Bevölkerung, die eben einfach nicht in der Lage war, das Semitische korrekt auszusprechen. Erst nach Jahrtausenden, im Gefolge der etwa im 5. und 6. Jh. (also schon vor der islamischen Eroberung) einsetzenden arabischen Überschwemmung ist hier der ursprüngliche semitische Konsonantenbestand wieder eingedrungen, wahrscheinlich infolge der Menge, vor allem aber der gehobenen sozial-religiösen Stellung der Einwanderer (Koranrezitation!): Die heutige irakische Mundart des Arabischen unterscheidet sich in dieser Hinsicht nicht von den übrigen arabischen Dialekten. Einen ähnlichen Verlust wie das Akkadische haben erst Jahrhunderte später - gleichfalls in nichtsemitischer Umgebung das Neu-Ostaramäische in Kurdistan und das Amharische in Abessinien durchgemacht. Vom Vokalbestande des Semitischen haben wir bisher noch nicht gehandelt, und tatsächlich bietet er kein Charakteristikum, das ihn von andern Sprachgemeinschaften abhöbe. Nach allem, was wir erschliessen können, werden in der ältesten, uns erkennbaren Stufe des Semitischen (bei aller Variation der Aussprache) nur die Vokale a - i - u (Kurz und Lang) funktionell unterschieden (kurzes i und u anscheinend nur gering differenziert). Dieser Zustand ist im klassischen Nord-Arabischen noch erhalten. In den übrigen Sprachen freilich ist eine doch wohl ursprünglich vorauszusetzende grössere Mannigfaltigkeit auch schriftlich (lautlich) zum Ausdruck gekommen, wenn auch die funktionelle Zusammen-
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gehörigkeit von e und i sowie von 0 und u fast immer erhalten blieb. Im Akkadischen findet sich noch ein e, in den übrigen semitischen Sprachen (soweit wir ihre Vokalisation kennen) e und 0 (kurz und lang) und ausserdem im Nord-Westsemitischen noch stark reduzierte sog. Murmelvokale, die im synagogalen Vortrage des Hebräischen in verschiedener Färbung (nach a, e und 0 hin) oder aber ohne genauere Kennzeichnung (also wohl etwa wie das deutsche e in "gering") erscheinen. Den Wechsel dieser Vokale, ihre Entwicklung und ihre gegenseitige Bedingtheit zu verfolgen, ist Aufgabe einer Darstellung der Einzelsprachen und bildet einen wesentlichen Teil hiervon. Hier muss darauf verzichtet werden. Nur so viel darf als allgemeines Kennzeichen gesagt werden, dass die langen Vokale sehr stabil sind (nur im syrisch-palästinischen Raum ist bei allen dorthin gekommenen semitischen Sprachen weitgehend eine Tendenz zur Verschiebung ä>ö eingetreten), dass der Einfluss der umgebenden Konsonanten auf die Vokale erheblich grösser ist als etwa in den indogermanischen Sprachen, dass etwa die Kehllaute - vielfach auch das r - die Neigung zeigen, ein formgesetzliches i oder e (seltener u und 0) in a zu verwandeln, und dass die emphatischen Laute eine - hier nicht näher darzustellende - prägnante Aussprache der Vokale bewirken. Im übrigen assimilieren sich im Konjugationssystem, aber auch sonst die emphatischen Laute häufig benachbarte nicht-emphatische, wie denn überhaupt im Semitischen die Assimilation und (besonders im Akkadischen und im Aramäischen) die Dissimilation eine grosse Rolle spielen. Dass wir ein so grosses Schwanken in der Vokalisation haben, dass die Aussprache der Vokale also vielfach beeinflussbar erscheint, hat seinen Grund in dem wesentlichsten Kennzeichen der semitischen Sprachen überhaupt, in dem Verhältnis von Konsonanten und Vokal. Hier liegt ein durchgreifender Unterschied zu allen sonstigen umliegenden bekannten Sprachstämmen, also dem der Indogermanen, Indochinesen, Türken, Finno-Ugrier, Kartwelier, Basken, Bantus und anderen, mit der einzigen schon kurz erörterten Ausnahme des (Alt-)Ägyptischen mit seinen Fortsetzungen und des Hamitischen. Diese Eigenart des Semitischen besteht darin, dass die Bedeutung eines Wortes (von einer eng umgrenzten Anzahl von Ausnahmen - die noch zu erörtern sein werden - abgesehen) lediglich an den Konsonanten haftet, während die Vokale zur Modifizierung und Typisierung der Grundbedeutung Verwendung finden. Es sind im übrigen fast stets 3 Konsonanten, die die "Wurzel" eines solchen Wortes bilden und denen allein der Grundsinn inhäriert. Fälle also, wie die deutsche Wortfolge laben, leben, lieben, loben oder
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EINFÜHRUNG
wie Schaf, schief, Schiff, schaff, schuf, bei der der Bedeutungsunterschied lediglich vom Vokal abhängt, sind im Semitischen ausgeschlossen. Das wird an einem Beispiel deutlicher als an allen theoretischen Erörterungen. Die drei - in ihrer Zusammengehörigkeit innerhalb eines Wortstammes als "Radikale" oder "Wurzelbuchstaben" bezeichneten - Konsonanten q - t - l haben im Semitischen die Bedeutung "töten". Um die verschiedenen Ableitungen dieses Wortes herzustellen, wird es verschieden vokalisiert, oder aber einzelne Konsonanten werden verdoppelt oder schliesslich, es wird gleichzeitig noch durch Präfixe (selten Infixe) und Suffixe erweitert. Das Wesentliche dabei ist, dass die drei entscheidenden Konsonanten q - t - l, die "Wurzel", in jeder Form erhalten bleiben. Das ist am einfachsten an Beispielen zu erläutern. Als die formenreichste und in ihrem Vokalisationssystem einfachste und deutlichste Sprache wähle ich dabei das klassische Nord-Arabische aus, überdies seit vielen ] ahrhunderten die am weitesten verbreitete aller semitischen Sprachen. Die Form qatala ist verbal und bedeutet "er hat getötet", die Form q~ttila ist das Passiv dazu, "er wurde getötet". Qatl ist Verbalsubstantiv und heisst "der Mord", qattäl "Nomen agentis": "der Mörder"; das Partizip des Aktivs lautet: qätil, der Imperativ: (u)qtul. Dazu tritt nun eine Anzahl von Prä-, In--und Suffixen, die uns Gelegenheit gibt, das System der Verbal- und der Nominalbildung kennen zu lernen. Zuerst wenden wir unser Augenmerk auf das Verbum. Dazu ist eine kurze Vorbemerkung nötig. Das Verbalsystem war im Semitischen offensichtlich noch nicht zu einer abschliessenden Entwicklung gelangt, als die semitischen Sprachen sich voneinander trennten. Es hat deshalb in einzelnen von ihnen (dem Akkadischen und Äthiopischen) eine eigenständige Ausprägung erfahren, auf die am Schlusse der Übersicht über das Verbum ein Wort gesagt werden muss. Im übrigen hat sich das Verbalsystem verhältnismässig einheitlich entwickelt; auf einige der wichtigsten Besonderheiten soll im Verlaufe der Ausführungen kurz hingewiesen werden. Aus Formen, die - wie schon ]OHANN DAVID MICHAELIS (I7I7-I79I) erkannte - ursprünglich offenbar die Aktionsart und nicht die Zeitfolge ausdrückten, haben sich noch in vorgeschichtlicher Zeit zwei "Tempora" herausgebildet (ebenso im Hamitischen, nicht aber im Ägyptischen), die zum Ausdruck der "vollendeten" bzw. "unvollendeten" Handlung dienen und dementsprechend gewöhnlich als "Perfekt" und "Imperfekt" bezeichnet werden. Davon dient das geschichtlich zuerst entstandene "Imperfekt" zum
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Ausdruck der "unvollendeten Handlung" (daher der Name und deshalb "Imperfekt" genannt), woraus sich die Wiedergabe des deutschen Präsens und Futurs (also nicht mit dem indogermanischen Imperfekt zu verwechseln!) entwickelt hat, in dem der Begriff des Aspekts offen bar dahinschwand 1. Es wird gebildet durch Präfixe, zu denen in einzelnen Fällen auch Suffixe traten. Arabisch: 3. masc. 3. fern. 2. masc. 2. fern. I. comm.
Dual Plural Sing. jdqtulu jaqtulanz" jaqtulüna Itaqtulan~ jaqtulna tdqt'uht tdqtulu ( taqtulam taqt~tluna taqtuUna) taqtulna dqt1du ndqtulu (im Ost-Syrischen hat die 3. masc. sing. das Präfix n- statt j-, fällt also mit der I. plur. comm. zusammen).
Das Perfekt hat Vergangenheits-Bedeutung und wird durch die Zuhilfenahme folgender ursprünglicher Affixe gebildet, die strukturell in der I. und 2. Person den Personalpronomina entsprechen, in der 3. Person eigentlich Nominalaffixe (Endungen, vgl. unten) darstellen, die zuerst durch Zusammenrückungen bei intransitiven Zustandsausdrücken entstanden sind. I.
Endungen am "Perfekt" Sing. (cornm.) -kü
masc. fern. 3. masc. 3. fern. I. Plur. (cornm.) 2. masc. 2. fern.
-ta -ti -a -at -na -tumü -tinna
3. masc. 3. fern. Dual 2. comm. 3. masc. 3. fern.
-ü
2. 2.
-na -tuma
-a
-ata
Selbst. Pers.-Pronomina ana (arab), hebr. und assyr. erweitert: anö1.5i bzw. anaku anta (arab.) anti (arab.) h~twa (arab.) , eigl. Demonstrativ hija (arab.) dgl. nafmu (arab.) antum(ü) antunna (arab.), ausgeglichen aus antinna hwm(ü) (arab.), Demonstrativ hunna (arab.) ausgeglichen aus hinna
antuma huma huma (wie masc.)
1 Über die Aktionsarten und A,pektc vgL eARL BROCKELMANN: Die "Tempora" des Semitischen, in der Zeitschrift fiir Phonetik u11d aUg. Sprachwissenschaft, v ('95'), S. '33-'54·
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SEMITISTIK -
EINFÜHRUNG
Das arabische Perfekt lautet also: 3· masc. 3· fern. 2. masc. 2. fern. 1. comm.
Sing. qatala qatalat qatalta qatalti qataltu
Dual
Plural
qatalä qatalatä qataltumä qataltumä
qatalü qatalna qataltum qataltunna qatalnä
Die Endungen sind hierbei im Arabischen formell ausgeglichen, und auch die anderen semitischen Sprachen weisen solche Ausgleichungen auf, die gelegentlich allerdings in einer andern Richtung ausgefallen sind. (Im Schema steht aus strukturellen Gründen die 3. Person an erster Stelle.) Bemerkenswert ist dabei neben dem Dual das Vorhandensein eines Feminins auch für die 2. Person Sing. und Plur., ein Zug, der für das Semitische schlechthin kennzeichnend ist. (Auch das Personalpronomen weist ja, wie wir sahen, entsprechende Formen auf.) Nur erwähnen kann ich die Tatsache, dass offenbar als letzter Ausläufer eines polaren Gegensatzes der "Charaktervokal" des Perfekts und Imperfekts (hinter dem 2. "Radikal") zwischen a, i und u wechselt (in den andern semitischen Sprachen entsprechend), je nachdem, ob das Verbum transitiv oder intransitiv-zuständlich ist. Dem a des transitiven Perfekts (Muster qatala, r/araba) entspricht dabei u oder i des Imperfekts (jaqtulu, jar/ribu) , dem i des intransitiven und sprachgeschichtlich älteren Perfekts (J:tazina: traurig sein) ein a des Imperfekts (jaJ:tzanu) , während bei u des Perfekts (J:tasuna = schön sein = dauernde Eigenschaft) die Formen im Impf. in den einzelnen semitischen Sprachen schwanken (arab. jaJ:tsttmt). Freilich ist dieses System durch Lautausgleich, Analogie-Bildungen und vor allem durch den Einfluss umgebender Konsonanten (so haben die Kehllauten vielfach a zur Folge, wo - im Perf. oder Impf. - i oder u zu erwarten wäre) sehr häufig durchbrochen worden. Auf eine Besprechung aller Einzelheiten muss hier verzichtet werden. Etwas dem Unterschied zwischen Tat- und Empfindungsverben, wie wir ihn aus den kaukasischen Sprachen kennen, Vergleichbares (georgisch: I s [N om.] ant'ebs = er zündet an; aber: mas [Dat.] esmis = ihm erklingt = er hört) hat sich in Ansätzen einer objektiven Konjugationsweise erst in einigen Spätstadien herausgebildet (syrisch: smi' lan = es ist uns gehört = wir haben gehört; ähnliches auch im Westiranischen). Hiermit ist aber die Formbildung des Verbums noch keineswegs erschöpft. Während die suffigierte Verbalform keine (ursprünglichen)
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modalen Variationen kennt (und sie nur in einigen wenigen Mundarten
spät herausgebildet hat), erscheint die präfigierte Form (auch mit Vergangenheitsbedeutung wie im Akkadischen und Kuschitischen) in verschiedenen Modi, die zwar in manchen Einzelsprachen (so im Hebräischen) zahlenmässig beschränkt sind, in andern (so im Aramäischen) fast völlig fehlen, die aber im Arabischen um so üppiger gedeihen und hier neben dem Indikativ faqtulu einen Konjunktiv (Subjunktiv) faqtula (in bestimmten Arten von Nebensätzen), einen Jussiv (Apokopat) faqtul (auch hinter bestimmten Partikeln und Negationen verwendet) und zwei Energici faqtuldn und faqtuldnna (ohne Bedeutungsunterschied zur Bezeichnung energischer Befehle) herausbildeten. Daneben tritt ein mit dem Impf. formell zusammengehöriger Imperativ in fünf Formen (Masc. und Fem. Sing. und Plur., Dual comm.), der aber nicht verneint werden kann. (Hierfür tritt mit lä oder entsprechenden Formen negiertes Impf. - soweit vorhanden im Apokopat - ein.) Dazu kommt ein Partizip Akt. (Muster arabisch: qätil, fem. qätila) und passiv (maqtül, maqtüla) mit Dual und Plur., also unter Aufgabe einer formell noch übernommenen und im Aramäischen noch funktionell vorhandenen Form qatil. Schliesslich ein Verbalsubstantiv (Inf.), das nach keinem einheitlichen Schema gebildet wird, vielmehr im Arabischen eine Variationsbreite von 35 möglichen Formen aufweist (in den andern Sprachen meist genormt), die einzeln oder zu mehreren nebeneinander - ohne feste Regel - gebildet werden. Diesem "Normalschema" hat man das Akkadische und Äthiopische gegenübergestellt. So werden im Akkadischen neben einem suffigierenden "Permansiv" paris (trennen) zwei präfigierende Formen gebildet, das "Präteritum" iprus und das (durative) Präsens und Gutur ipd(r)ras (ähnlich im Äthiopischen). Der Unterschied zwischen diesen Formen ist zunächst ein solcher der Aktionsart; die erste Form ist statisch, das das Präsens dient zum Ausdruck einer in ihrem Ablauf begriffenen Handlung, und das Präteritum ist punktuell. Später ist auch ein Unterschied in der Zeitbedeutung hinzugetreten, der durch Zuhilfenahme einer weiteren ("abgeleiteten") Form noch um eine dritte Ausdrucksmöglichkeit bereichert wurde. Doch ist darauf hinzuweisen, dass auch in andern semitischen Sprachen noch Reste des Durativs vorkommen (Hebräisch fezammer, fedabber, fehallel, syrisch dafi,fi,ek = spotten, daggel = lügen; arabisch: qawwala = viele Worte mischen, tawwafa = umkreisen, u.a.m.), die aber nicht als solche empfunden werden und deshalb als Imperfekte dem (alsbald zu erwähnenden) Intensiv zugeordnet worden sind. (Unter der Einwirkung dieser Formen gaben die
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EINFÜHRUNG
meisten westsern. Sprachen die im Akkadischen übliche Form des kursiven Aspekts auf und leiteten dadurch einen Umbau des Aspekts~ystem ein.) Im späteren Aramäischen, so schon im Syrischen, macht sich die Tendenz geltend, aus Partizipien mit Personalpronominibus (Muster: qätlä(')nä = tötend bin ich) ein neues Präsens zu entwickeln, eine Tendenz, die sich in den neu-aramäischen Mündarten in verschiedener Weise durchgesetzt hat (also ein der Bildung des alten Perfekts paralleler Vorgang). Bei diesem semitischen Aktions- und dann Zeitsystem mutet uns seine geringe Ausdrucksfähigkeit zunächst befremdlich an, und tatsächlich haben verschiedene Sprachen hier Erweiterungsmöglichkeiten herausgebildet, so das Arabische durch Partikeln (sa- zum Ausdruck des Futurs, qad zum Ausdruck des Perfekts oder Zweifels, je nach der Konstruktion) und durch Zusammenrückungen mit der Kopula käna (Plusquamperfekt bezw. Wiederholung, je nach der Konstruktion), wodurch etwas den indogermanischen zusammengesetzten Zeiten entsprechendes im Entstehen begriffen ist. Der modern-ägyptische Dialekt hat dann z.B. durch die Partikel b vor dem Impf. ein punktuelles Präsens vom Futur (ohne diesen Vorschlag) unterschieden (ähnliches im Marokkanischen und Maltesischen). Die eigentliche Besonderheit des semitischen Verbums liegt auch weniger in den vorhandenen Tempora und Modi, als in der eigenartigen Entfaltungsmöglichkeit, die ihm hinsichtlich bestimmter M odijizierungen der Gr~tndbedeu#tng gegeben ist. Es besitzt die Fähigkeit, durch verschiedene Mittel folgende Bedeutungsnuancen aus sich selbst heraus zu entwickeln: Ein Intensiv, mehrere Kausativa, Deklarativa und Reflexiva mit teilweise pseudopassiver oder wirklicher passiver Bedeutung, ferner Deprekativa. Sämtliche hierfür als ursprünglich einzusetzenden Bildungsmöglichkeiten sind in keiner Sprache mehr erhalten; ich setze als Beispiel einmal die besonders reichhaltige Entwicklung des NordArabischen und dann die nach Bedeutungen schematisierte und also typisierte Entwicklung des Syrischen (eines Zweiges des Aramäischen) hierher (sog. "Stämme"): Arabisch: I Stamm: II III IV
Perf. qdtala qdttala qätala dqtala
Impf. fdqtulu fuqdttilu fuqätilu fuqtilu
I alle ausser N )
r. IX
mit Passiv
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DER SEMITISCHE SPRACH TYPUS
Arabisch: Stam: V VI VII VIII IX X
Perl. taqdttala taqatala inqdtala iqtdtala iqtdlla istdqtala
Impf. iataqdttalu fataqatalu fanqdtilu iaqtdtilu jaqtdllu fastdqtitu
Syrisch: Stamm:
Perf. qtal elqtel qattel et.qattal aqtel ettaq!al
Impf. neqtol netqtel neqattel netqattal naqtel nettaqtal
I II III IV V VI
I \
alle ausser N r IX mit Passiv
I
Die geraden Nummern sind Pass. \ der vorhergehenden ungeraden.
Man beachte dabei im Arabischen die Herausbildung sekundärer Passivformen, im Syrischen dagegen den Ausgleich der Vokalisation zwischen Perf. und Impf. sowie zwischen Akt. und (Medio-) Passiv. Aus den Listen sind auch die Mittel der Bildung erkenntlich: Verdoppelung von Radikalen (II: Intensiv und deklarativ - ferner im gleich zu erwähnenden IX. Stamm), Vorsetzung von (aus dem Personalpronomen entstandenen) h bezw. Aleph und s bezw. S, zur Bildung des Kausativs (letzteres nur in einigen Sprachen, z.B. im Akkadischen und Ugaritischen sowie mit einem t-Reflexiv im arabischen X. Stamm), präfigiertes t- (Reflexiv V des Stammes II), infigiertes t (reziprok-Passiv: VIII), präfigiertes n (Medio-Passiva: VII, häufig passiv) und schliesslich Vokaldehnung (III und VI: Reziprok) sowie Häufung dieser Mittel (arabisch X, mehrfach im Syrischen). Dazu tritt im Arabischen eine charakteristische Impf.- und Impt.- sowie Partizipial-Vokalisierung. Syrisch III und IV Intensiv-, V und VI Kausativstamm ; weitere Stämme fehlen (auch ein n-Medio-Passiv). In diesem Bildungsprinzip liegt ein besonderes Kennzeichen des Semitischen, das vom Indogermanischen ganz abweicht: einmal in der Reichhaltigkeit der Nuancierung, dann aber auch in der Art der Bildung (man denke z.B. daran, dass im Indogermanischen gerade die Vokale bei der Bildung des Kausativs massgebend sind: deutsch trinken und tränken, fallen und fällen). Der türkische Sprachstamm etwa, der eine ähnliche Reichhaltigkeit der Nuancierung aufweist, verwendet hierfür aber - seinem Charakter gemäss - Stammaffixe. Doch ersetzt das Indogermanische diesen Mangel an Reichhaltigkeit durchaus durch
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die Bildung zusammengesetzter Verba (Muster: anfangen, mitmachen, zugeben usw.), die dem Semitischen gänzlich fehlen. Im Arabischen tritt dazu - wie schon bemerkt - noch die Möglichkeit einer PassivBildung für alle Stämme ausser dem IX., der nur von einer bestimmten Bedeutungskategorie (Farben und Körpergebrechen : i/:tmarra = rot sein, i'warra = auf einem Auge blind sein) und also einer sehr beschränkten Anzahl von "Wurzeln" vorkommt. Rechnet man diesen Stamm ab, so kann man von den zahlreichen arabischen Verbalstämmen, die tatsächlich alle 9 übrigen Stämme (I-VIII, X; häufig aber in ganz gesonderter und nicht schematisch ableitbarer Bedeutung) bilden können, jeweils n87 Formen 1 ableiten, wenn man alle Genera, Modi und Geschlechter berücksichtigt. Dieser grossen Fülle von Formen des einzelnen Verbums steht die Tatsache gegenüber, dass es im Grunde keine unregelmässigen Zeitwörter im Sinne des Indogermanischen (also mit Ablaut) gibt. Das will freilich nicht heissen, dass auf Grund des obigen Schemas alle Formen eines einzelnen Verbums ohne weiteres gebildet werden könnten. Vielmehr sind die Halbvokale wund j in allen semitischen Sprachen sogenannte "schwache Laute" (auch das eine kennzeichnende Eigenart des Semitischen und Ägyptischen) und rufen, an erster, mittlerer oder letzter Stelle als Radikal stehend, bestimmte phonetische Veränderungen hervor, die auf Grund der Lautgesetzmässigkeiten eigene Formen entstehen lassen, die vom Grundparadigma (fast) nicht in der Bildung, wohl aber im phonetischen Ausdruck abweichen. Zu diesen "schwachen Lauten" gesellt sich in den meisten semitischen Sprachen (im Arabischen nur in ganz besonderen Fällen) der Stimmeinsatz, das Aleph, in den nordwest-semitischen Sprachen überdies anlautendes n. Die Kehllaute, vielfach auch r, rufen überdies gewisse Änderungen der Vokalisation hervor. Wenn die in diesen Fällen entstehenden Bildungen als phonetischer Natur gekennzeichnet wurden, so bedarf das freilich einer Einschränkung insofern, als sich hier teilweise auch Reste einer alten Zweiradikalität des Verbums erhalten haben, die mit Hilfe der 1
Nämlich: 13 13 8 5 6 13 13 6 9
Perfektformen X 9 Stämme ................................. Impf. formen X 4 Modi X 9 Stämme ....................... Energicns lI-Formen X 9 Stämme.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. Impt.-Formen X 9 Stämme ................................ Part.-Formen X 9 Stämme ................................ Pass. Perf. Formen X 9 Stämme ........................... Pass. Impf.-Formen X 3 Modi X 9 Stämme ........... '" .... Pass. Part.-Formen X 9 Stämme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. Infinitive (die versch. Möglichkeiten der Bildung nicht gerechnet)
II7 Formen 468 72 45 54 II7 351 54 9 II87 Formen
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"schwachen Buchstaben" in allen oder mehreren Formen "künstlich" auf den Stand der Dreiradikalität gehoben worden sind (Nebeneinander der Formen mit dem Radikalen m-w-t und m-t = tot sein). Jedes Eingehen auf Einzelheiten verbietet sich hier. Es sei nur erwähnt, dass auch die" Verba mediae geminatae", deren zweiter und dritter Radikal (heutzutage) gleich sind, ursprünglich wohl zweiradikalig waren und diese ihre Eigenschaft im Laufe der Flexion noch vielfach hervorkehren (Nebeneinander der Formen mit den Radikalen j-r-r und j-r = fliehen). Schliesslich muss noch darauf hingewiesen werden, dass es eine Anzahl von Verbalstämmen gibt, die ähnliche Bedeutungen haben und in zweien Radikalen gleich sind; auch dies gewiss ein Zeichen dafür, dass aus ursprünglich zweiradikaligen Stämmen durch Anfügung eines differenzierenden dritten (im Verlaufe der Durchsetzung des Grundsatzes der Dreiradikalität) genauere Bedeutungsschattierungen vorgenommen worden sind. Indem wir mit dieser Bemerkung das Problem des Verbums abschliessen, darf gleich zu Beginn der Besprechung des Nominal- und Deklinationssystems darauf hingewiesen werden, dass auch hier ein begrifflich als uralt erwiesener, begrenzter Vorrat von zweiradikaligen N ominibus durch alle semitischen Sprachen geht, etwa: äb ~ Vater, af; = Bruder, ben = Sohn, jad = Hand usw. Diese Nomina zeichnen sich noch dadurch aus, dass bei ihnen der Vokal offensichtlich zum ursprünglichen Bestande gehört, dass sie also die einzigen semitischen Bildungen sind, deren Vokalisation charakteristisch ist. All das lässt natürlich Vermutungen auf eine ältere Sprachstufe des Semitischen zu, über die uns aber die Möglichkeiten einer Aussage (noch?) fehlen. Im übrigen ist das System der Deklination nur kurz zu skizzieren. Das Semitische besitzt nur drei Kasus, eine Grundform ("Nominativ") als Subjekt, durch die Endung 11 gekennzeichnet, einen "Genetiv" auf i als Adnominalis im weitesten Sinne und einen "Akkusativ" auf a als casus adverbialis, im Arabischen aber auch zum Ausdruck des Prädikats und des Subjekts nach bestimmten Partikeln. Beziehungen zwischen diesen drei Endungen und denen der Modi des Imperfekts, die man hat herstellen wollen, können nicht als gesichert gelten und müssen hier unberücksichtigt bleiben. Das Nomen besitzt wie das Verbum einen Dual und einen Plural, beide durch die Anhängung von Endungen gebildet und nur mit zwei Kasus-Formen - Nominativ und Obliquus ausgestattet. Lediglich das Südsemitische (Arabisch und Äthiopisch) bildet durch Vokalwechsel ohne Anhängung einer Endung Kollektiva, die als "gebrochene Plurale" gelten und hier der herrschende Pluraltyp Handbuch der Orientalistik III
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geworden sind (arabisch: sagaratun, asgärun). Daneben gibt es auch im Singular in bestimmten formalen Bildungskategorien im Arabischen Nomina mit nur zwei Kasus (Nominativ und Obliquus) und besonderer Endungsform. Das Adjektiv - angesichts der ursprünglichen grossen Seltenheit dieser Wortgattung vielfach sekundär nach einem besonderen Schema gebildet - dekliniert grundsätzlich wie das Substantiv, dem es nachgestellt wird und mit dem es den Artikel gemeinsam hat, soweit er vorhanden ist. Dieser hat sich von einer wohl als *hal anzusetzenden Form aus in den Einzelsprachen sehr verschieden entwickelt, fehlt z. B. im Akkadischen und Äthiopischen und ist z.B. im Syrischen durch eine angehängte Deutepartikel -ä verdrängt worden. Man sagt also etwa im Arabischen: al-kalbu 'l-kabiru = der grosse Hund. Ein unbestimmter Artikel besteht einzelsprachlich durch die Anhängung von n (arabisch) 1; doch ist dieser unbestimmte Artikel und überhaupt die Flexionsendung in vielen Sprachen (z.B. Hebräisch, Aramäisch, spätes Akkadisch und alle heutigen arabischen Mundarten) weggefallen und hat einer Hilfskonstruktion unter Anwendung von Präpositionen (akkadisch sa, syrisch de, späthebräisch sel für den Genetiv, in den arabischen Dialekten z.B. betä' (ägypt.-arabisch; von matä' = Ware), li für den Dativ) Platz gemacht (also wie im Romanischen oder Bulgarischen). Bemerkt sei, dass die Determinierung eine etwas andere Ausdehnung hat als im Indogermanischen und gerade auch bei generellen Ausdrücken, z.B. Vergleichen, verwendet wird, z.B. (arabisch): millu 'l-kalbi = wie der Hund (wo wir sagen: wie ein Hund). Besondere Steigentngsjormen fehlen in den meisten semitischen Sprachen: man vergleicht im Positiv unter Zuhilfenahme von min (aus) in dem Sinne (hebr.): Qätön min ham-mälä/s = klein vom König (aus gesehen), d.h.: kleiner als der König. Nur das Arabische hat sich in einer für es absolut kennzeichnenden Form (kabir = gross, dazu dkbar) eine gemeinsame Form für Komparativ und Superlativ geschaffen, die ebenfalls mit min konstruiert wird (akbar mina 'l-maliki = grösser als der König). (Diese Form dient übrigens - mit abweichender Femininbildung - auch für Farben und Körperfehler.) In der Mehrzahl der semitischen Sprachen, besonders älterer Prägung, tritt bei Genetiv-Verhältnissen der sog. "Status constructus" ein, dadurch gekennzeichnet, dass das übergeordnete Wort in eine hinsichtlich der Endung -- in manchen Sprachen, z.B. dem Hebräischen, auch hinsicht1
Das Assyrische -m ist Zeichen des "konkreten" (im Sinne H.
PAULS)
Nomens
(BROCKELMANN).
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lieh der Vokalisation - veränderte Form tritt und durch den folgenden Genetiv als determiniert gilt, also keinen Artikel hat (das Amharische kennt Ausnahmen), während dieser Genetiv selbst ausser durch die Kasusendung - sovveit sie noch vorhanden ist - nicht herausgehoben wird. Also arabisch: rasmtt 'l-maliki = das Bild des Königs, und Hebräisch: Dä~är = das Wort; aber De~ar ham-mälälj = das Wort des Königs (wobei die Änderung der Vokalisation dadurch hervorgerufen wird, dass beide Worte als eine Akzenteinheit gelten). Soll das regierende Wort indeterminiert sem, so muss eine Hilfskonstruktion (meist mit li) eintreten. Wortzusammensetzungen in der Art von deutsch "Haustür" kennt das Semitische dagegen nicht. An Sinnabschnitten im Satz ("in Pausa") treten im Hebräischen besondere (meist ältere) Vokal- und Tonverhältnisse, im Arabischen ein Wegfall oder eine Verkürzung der Endung ein. Die Nominalbildung ähnelt der Formung der Verbalstämme insofern, als sie ebenfalls mit Vokalvertauschungen, Häufung von Radikalen sowie mit Präfixen und Suffixen vollzogen wird. Neben einfachen Wurzelsubstantiven : M alik = König, M ulk = Besitz und zahlreichen andern Vokalisationsmöglichkeiten, darunter auch für Deminutiva: Mulaik = Königlein, bildet man z.B. Berufsnamen nach dem Muster Falläl; (Bauer, ei gl. Pflüger, von den Radikalen f-l-7}), nomina loci und temporis (Mdmlaka = [König-JReich, Königtum; Mdktab = Schule, von k-t-b = schreiben) und nomina instrumenti (Miftäl; = Schlüssel, von f-t-I; = öffnen) usw., nach einem ganz strengen Formprinzip aufgebaut, das dem indogermanischen zuwiderläuft, wobei allenfalls Berufsnamen auf -er oder Kollektive mit Ge- (Gebüsch, Gewölk usw.) im Deutschen eine Ähnlichkeit in der Zuweisung eines Wortes durch seine Form in eine bestimmte Begriffskategorie (aber mit andern Mitteln) aufweisen. Auch das Klassenprinzip der Bantu-Sprachen, das sich als Prinzip von fern vergleichen liesse, arbeitet ja mit Vorsilben. An grammatischen Geschlechtern besitzt das Semitische nur 2, das meist endungslose Maskulinum und das durch verschiedene Formantien (besonders -a, -at und -tl gebildete Feminin, das auch zur Bildung von Einheitsbezeichnungen aus Kollektiven (raml = Sand, ramla = Sandhaufen, Sandkorn) dient und überdies weitestgehend das Neutrum der indogermanischen Sprachen vertritt. Nur bei den Fragewörtern tritt an die Stelle der Unterscheidung nach grammatischen Geschlechtern die sachliche zwischen Person und Ding: "Wer" und "Was". (In dem Nebeneinander von Maskulinis mit Feminin-Endung und Femininis ohne Endung und der verschiedenen Funktion mancher Feminin-
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Endungen will BERGSTRäsSER die Reste eines alten NominalklassenSystems sehen, wie wir es z.B. aus den Bantu-Sprachen kennen; BROCKELMANN, Grundriss, I, 4I8 H. spricht von "Klassenzeichen des Minderwertige n") . Die Zahlwörter sind von "Drei" an Substantive, deren Kasusrektion je nach ihrer Grösse hinsichtlich Numerus und Kasus schwankt. Kennzeichnend für die semitischen Sprachen ist die Dis gruenz zwischen den grammatischen Geschlechtern: zu einem männlichen Substantiv tritt ein Zahlwort weiblicher Form und umgekehrt. Das Possessiv- und das oblique Personal-Pronomen fehlen (mit einigen unten zu erwähnenden Ausnahmen) und werden durch Personalsuffixe an Substantiv und Verbum ersetzt, die - ausser in der I. Pers. Sing. - gleiche Formen haben und mit dem Nomen oder Verbum zu einem Lautkörper verschmelzen. Das Gebiet der Syntax des Semitischen kann im Rahmen einer kurzen Darlegung um so weniger erschöpfend behandelt werden, als hier die Forschung noch keineswegs abgeschlossen ist. Freilich besitzen wir durch die grundlegenden vergleichenden Untersuchungen CARL BROCKELMANNS, dann durch die Arbeiten VOll HEINRICH RECKEN DORF und die Grammatik von KARL PAUL CASPARI und WILLIAM WRIGHT für das Arabische und THEoDoR NÖLDEKE für die verschiedenen Zweige des Aramäischen schon gründliche Vorarbeiten. Dagegen sind die Aufstellungen EMIL KAuTzscHs und FRIEDRICH EDUARD KÖNIGS fürs Hebräische durch GOTTHELF BERGSTRÄSSER als weitgehend falsch erwiesen worden, ohne dass ein früher Tod diesem hervorragenden Gelehrten eine Fixierung seiner Erkenntnisse erlaubt hätte. So sind wir hier noch auf ARNO KROPATS Syntax des Autors der Chronik (Giessen I909) und EWALD KUHRS Die Ausdrucksmittel der koniunktionslosen Hypotaxe in der ältesten hebräischen Prosa (Leipzig I929) angewiesen, während für die übrigen semitischen Sprachen, insbesondere auch für die arabischen Dialekte, umfassende Forschungen auf syntaktischem Gebiete noch fehlen 1. So kann die Syntax nur in einer ganz allgemeinen Skizzierung behandelt werden. Kennzeichnend für das Semitische ist ein verhältnismässig häufiges Vorkommen von Nominalsätzen, für die ursprünglich keine Kopula zur 1 Für die modernen südarabischen Mundarten vgl. jetzt EWALD WAGNER, Syntax der JIehri-Sprachen, Diss. Hamburg 1951 (im Druck bei der "Deutschen Akad. der Wiss.", Berlin). Ferner seien genannt: M. SCHLESINGER, Satzlehre der aram. Sprache des Babyl. Talmuds, Leipzig 1928 (Veröffl. der A. Kohut-Stiftung I); MOH. FEGHALl, Syntaxc des parlers arabes actuels du Liban, Paris 1928. (BibI. ec. 19. or. viv. IX).
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Verfügung stand. Nach Ausweis der Verbalprä- und Suffixe vermutete BERGSTRÄSSER, das das Prädikat hierbei anfänglich voranstand ; doch ist dies wenigstens in den nordwestsemitischen Sprachen und im klassischen Arabischen heute umgekehrt. In ein solches Prädikatsverhältnis tritt in den semitixchen Sprachen übrigens auch Mass und Gemessenes, Rohstoff und daraus Geformtes u.a.m., was wir im Indogermanischen anders zu verbinden gewohnt sind; man sagt z.B. im Arabischen: Häg,ä 'r-ritlu !Jamrun = dieses Ritl[LiterJ-Mass ist Wein, d.h. mit Wein gefüllt, oder aj-jaubu /:tarirun = das Kleid ist (aus) Seide. Als Kopula dient dabei häufig das Personal-Pronomen der 3. Person, etwa arabisch: 'Abd Alläh huwa 'l-malik = 'Abd Alläh er der König, d.h. 'Abd Alläh ist König. Auch bei der 1. und 2. Pers. steht dabei manchmal das Pron. der 3. Pers. Später entwickelten die einzelnen semitischen Sprachen eine Kopula, und zwar meist durch Bedeutungsentleerung ursprünglich konkret-anschaulicher Verba. Nominalsätze werden häufig zusammengesetzt, z.B. syrisch: malkä hänä qatleh = dieser König - er hat ihn getötet, d.h. er hat diesen König getötet, oder arabisch: 'Umaru abühu /:tasanun = 'Umar - sein Vater ist schön, d.h. 'Umars Vater ist schön. Gegenüber dem Nominalsatz hat sich der Verbalsatz in den einzelnen semitischen Sprachen je länger, desto mehr Heimatrecht erkämpft. Die Stellung des Verbums ist nicht einheitlich; im Akkadischen und vielfach (aber keineswegs immer) im Syrischen, das überhaupt durch eine freiere Wortstellung gekennzeichnet ist, ausserdem in verschiedenen äthiopischen und amharischen Sprachen finden wir nachstehendes Verbum, teilweise wohl unter griechischem (Syrisch) und afrikanischem (Amharisch) Einflusse. Das Arabische und die übrigen nordwestsemitischen Sprachen stellen das Verbum meist voran, haben aber nur eine sehr lockere Kongruenz, sodass das Verbum fast immer in der 3. Pers. masc. sing. stehen k a n n, häufig aber in der 3. pers. fern. sing. steht, besonders (abgesehen von einem Subjekt im Sing. Fern.) vor einem femininen Plural und vor gebrochenen Pluralen. Ein voranstehendes Verbum im Plural findet sich fast nur vor belebten Subjekten. Der Aufbau des Verbalsatzes ist dann Verbum-Subjekt-Prädikat, wobei allerdings ein Prädikat, das im Indogermanischen durch Personalpronomina ausgedrückt würde, als Personal-Suffix vorausgenommen und dem Verbum angehängt wird. Nur das Akkadische, das Aramäische für die 3. Pers. Plur. und (in Sonderfällen) das Arabische sowie einige ganz junge Mundarten haben besondere oblique Personalpronomina ausgebildet; und das Syrische mit seinem stark analytisch gewordenen Gepräge neigt dazu, das Akkusativ-Objekt durch die Präposition le einzuführen, die
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eigentlich zum Dativ gehört (also ein mit der Verwendung von a im Spanischen vergleichbarer Vorgang), ja, es nimmt häufig das Objekt als Personalsuffix voraus und führt dann den Akkusativ mit ze ein, sagt also: qa#eh le-malkä = er tötete ihn, den König (d.h. er tötete den König). Doch ist diese Ausdrucksweise noch nicht Zwang. Das Arabische ist in diesem Punkte ganz "regelmässig", hat also: J:tabasa 'l-maliku 'r-ragula = (er) band der König den Mann, d.h. der König band den Mann; bezw. J:tabasahu 'l-maliku = (er) band ihn der König, d.h. der König band ihn. Eine beliebte semitische Ausdrucksweise ist hierbei die Paronomasie (oder das "innere Objekt") : 4arabahu 4arbatan = er schlug ihn ein Schlagen, d.h. er schlug ihn heftig; besonders wenn damit eine Modifizierung ausgedrückt wird: taqätalü qitälan sadidan = sie kämpften ein heftiges Kämpfen, d.h. sie kämpften heftig. Dazu tritt die Verwendung der Paronomasie beim unbestimmten Subjekt: qäla qä'ihtn = (er) sagte ein Sagender, d.h. jemand sagte. Der Bau zusammengesetzter Verbalsätze hat sich erst nach der Loslösung der einzelnen semitischen Sprachen von einander gefestigt. Hier gibt es also viele Unterschiede, und hierbei sind diejenigen Sprachen am altertümlichsten, die am frühesten zu Literatursprachen geworden sind, das Akkadische und das Hebräische. Dagegen sind das Syrische (als junger Zweig des Aramäischen) und das klassische Nordarabische hier am weitesten fortgeschritten. So kann auf diesem Gebiete von gemeinsemitischen Eigenheiten kaum gesprochen werden, und nur eine Studie über vergleichende semitische Syntax würde hier wirklich Eindringendes sagen können. Das kann im Rahmen dieser Ausführungen natürlich nicht geschehen; ich beschränke mich auf eine knappe Auswahl. Relativsätze im Sinne des Indogermanischen (oder auch des modernen Georgischen) kennt das Semitische so wenig wie das Türkische, wenn man darunter einen Satz versteht, der vermittels eines deklinierten Relativ-Pronomens von einem andern Satze oder Worte abhängt. Vielmehr sind die Sätze, die man im Semitischen als Relativsätze zu bezeichnen gewohnt ist, grammatisch selbständige Hauptsätze, die gewissermassen eine Apposition zu demjenigen Worte bilden, von dem sie im Sinne des Indogermanischen - abhängen. Dementsprechend ist auch ihre Konstruktion derjenigen der Apposition par excellence, der des Adjektivs, verwandt. Sie treten auch in der syntaktisch reichhaltigsten semitischen Sprache, dem klassischen Nord-Arabischen, neben ein indeterminiertes Nomen noch indeterminiert, d.h. ohne jedes äussere Anzeichen, also: ragulun 4araba = ein Mann - er schlug, d.h. ein Mann,
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der schlug; ragulun 4arabahu = ein Mann - er schlug ihn, d.h. ein Mann, den er schlug. Sie werden aber nach einem determinierten Nomen durch ein - in den einzelnen semitischen Sprachen verschiedenes - Deuteund dann Bindewort determiniert: ar-ragulu 'lladi 4araba = der Mann - dieser da - er schlug, d.h. der Mann, welcher schlug; aber: ar-ragulu 'lladi 4arabahu = der Mann - der da - er schlug ihn, d.h. der Mann, den er schlug; und ar-ragulu 'lladi arsala lahu maktüban = der Mann - der da - er sandte ihm einen Brief, d.h. der Mann, dem er einen Brief sandte. Man sieht dabei gleichzeitig auch schon die Konstruktion: das sog. "Relativ-Pronomen" allag,i bleibt ohne Rücksicht auf die syntaktische Einordnung (nur nach dem grammatischen Geschlechte des übergeordneten Wortes verändert) gleich, ein Personalsuffix rückt den "Relativsatz" in das Satzganze ein und gibt dadurch an, in welchem Kasus wir Indogermanen das Relativ-"Pronomen" auffassen. Es ist dies jene Konstruktion, die wir auch im Englischen oder im Schwedischen ausgebildet finden ("The man he heard o/") und die auch in den deutschen mundartlichen Relativ-Bildungen mit wo vorliegt (z.B. in meiner heimatlichen Karlsruher Mundart). Bemerkt sei noch, dass im Hebräischen als solches relatives Deutewort (Her erscheint, eigl. "Ort", also dem deutschen wo entsprechend; im Aramäischen (Syrischen) das vieldeutige deo Im Zusammenhang damit sei noch das semitische Charakteristikum des sog. "Zustands-Ausdrucks" (arab. lfäl) erwähnt, ein syntaktisch beziehungsloser Akkusativ zum Ausdruck eines mit dem (Haupt-)Satze gleichzeitigen Ereignisses: (arab.) raga'a ilä 'l-madinati räkiban = er kehrte in die Stadt zurück, reitend, d.h. indem er ritt. Daneben gibt es auch syndetische und asyndetische Verbalkonstruktionen ähnlicher Bedeutung. Im übrigen ist die Unterordnung in den semitischen Sprachen sehr verschieden entwickelt und kann also als eine gemein-semitische Erscheinung eigentlich nicht beurteilt werden, gehört vielmehr ins einzelsprachliche Gebiet. Es sei nur noch auf die Bedinglmgssätze mit einem Worte hingewiesen, die in ihrem hypothetischen Vorderteil (im Gegensatz zu den Türksprachen) insofern den indogermanischen Verhältnissen entsprechen, als sie dabei eine Partikel für "wenn" verwenden, im (hebr.), in (arab.) oder verwandte Formen, wobei das Verbum im Perfekt oder im Apokopat steht. Auf jeden Fall liegt die Schattierung des Satzes dabei nur in der Partikel, nicht aber in der Verbalform, und so musste für den Irrealis zu einem Ausweg gegriffen werden, der dem Indogermanischen entgegengesetzt ist: Der Ausdruck der Irrealität wurde in die Partikel verlegt, die in diesem Falle ganz anders heisst (lalt) ,
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während das Verbum sich nicht ändert. Der Nachsatz der Bedingungssätze entspricht dem Bau eines einfachen Hauptsatzes. Es kann nun nur noch zusammenfassend erwähnt werden, dass das dem frühsemitischen Typ besonders nahe Hebräische in seiner älteren Stufe noch die Parataxe (Nebenordnung) bevorzugt und die Hypotaxe (Unterordnung) eines Satzes (Satzteils) unter einen andern nur in einer beschränkten Anzahl von Fällen kennt, wobei die häufig noch nach der Nebenordnung hin schillernde Auffassungsmöglichkeit noch deutlicher als in der oben erwähnten Arbeit KUHRS hervorzuheben wäre. Dafür hat es eine verhältnismässig bewegliche Ausdrucksweise in der Parataxe geschaffen, die mit gewissen Hilfswörtern und mit dem Mittel der Stellung arbeiten muss, da dem Hebräischen ja infolge der Auslautgesetze die Kasusendungen fehlen und ihm überdies nur zwei Modi des Imperfekts als mögliches enterscheidungsmerkmal zur Verfügung stehen. Dagegen hat das Hebräische speziell bei konditionalen und temporalen Beziehungen eine verwickelte Tempussyntax herausgebildet, wobei die Bedeutung der Tempora sich nach der Partikel wa (und) unter gewissen Bedingungen ändert. Hier und im Syrischen kommt auch die unmittelbare Fortsetzung von Partizipien durch verba finita vor. Das Aramäische hat sich im übrigen im Sinne der Unterordnung weiterentwickelt, und insbesondere das Syrische ist hier zu einer - vielfach durch das Griechische beeinflussten - grossen Mannigfaltigkeit gekommen, die dazu geführt hat, dass es teilweise einen dem semitischen Sprachtyp fremden analytischen Charakter bekommen hat. Das klassische Nordarabische hat umgekehrt trotz reicher syntaktischer Entfaltung das ursprüngliche Gepräge viel besser bewahrt und ist in seinen syntaktischen Verhältnissen und bei präpositionalen Ausdrücken viefach so konzis, dass nicht selten sogar die Verständlichkeit des Ausdrucks darunter leidet. Betrachten wir noch einmal rückblickend den Typus des Semitischen, so sehen wir, dass es vom Indogermanischen und andern Sprachfamilien in absolut kennzeichnenden Punkten - phonetisch, im Wortbau, in der Syntax - abweicht. Ein Vergleich mit andern Sprachgruppen lehrt aber, dass es dem Indogermanischen typologisch doch am nächsten steht, wie ja auch die semitisch sprechenden Völker den Indogermanen somatisch am nächsten verwandt sind. So konnte man auf die Idee kommen, eine Urverwandtschaft des Semitischen mit dem Indogermanischen anzunehmen. Besonders der Däne HERMANN MÖLLER hat auf diesem Gebiete gearbeitet und mehrere Bücher darüber veröffentlicht: Semitisch und Indogermanisch (I, 1906); Vergleichendes indogermanisch-semitisches Wörterbuch (19II). Doch sind seine, vor allem auf
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den Wortschatz bezüglichen Arbeiten, so anregend sie auch in manchen Punkten sind, m.E. doch zu wenig gesichert, um eine Urverwandtschaft nach dem heutigen Standpunkte unserer Kenntnis annehmen zu dürfen. (A. CUNYS Arbeiten 1 gehen sehr weit ins dilettantische.) Es möge daher mit diesem Hinweise sein Bewenden haben. Auf die Verwandtschaft mit dem Ägyptischen ist schon wiederholt hingewiesen worden, ebenso auf Gemeinsamkeiten, die sich in den hamitischen Sprachen finden. Wie weit diese letzteren auf Urverwandtschaft beruhen, ist trotz OTTO RÖSSLERS interessanten neuesten Untersuchungen 2 noch nicht abschliessend geklärt und bedarf weiterer eindringender Arbeit. BERTOLD SPULER SCHRIFTTUM Ausser dem im Texte und in den Abschnitten z und 3 genannten: BROCKELMANN, CARL, Kurzgefasste vergleichende Grammatik der semitischen Sprachen, Berlin 1908 (Porta linguarum orientalium XXI). - , Semitische Sprachwissenschaft, z. Aufl., Leipzig 1916 (Sammlung Göschen 291) (Xeuauflage im Ms. abgeschlossen.) ERMAN, ADOLF, "Das Verhältnis des Ägyptischen zu den semitischen Sprachen", in Ztschr. d. Dtsch. Morgeni. Ges., 1892, S. 93-129. FLEISCH, HENRI, Introducti01t a l'itude des langues shnitiques. Eli!ments de bibliographie, Paris 1947 (Initiation a I'Islam IV). GRAY, LOUIS H., Introduction to Semitic Comparalive Linguislics, New York 1934. PEDERSEN, JOHS., in Reallexikon der Vorgeschichte, XII (1928), S. "4-50 (mit weiterem Schrifttum). TORCZYNER, HARRY, Die Entstehung des sem#ischen Sprachtypus, Bd. I, Wien 1916. WRIGHT, WILLTAM, Leetures on the Comparalive Grammar of the Semilic Lanf!,uages, Cambridge 1890. ZIMMERN, Hch., Vergi. Gramm. der Sem. Sprachen, Berlin 1898.
Z.
AUSBREITUNG DER SEMITISCHEN SPRACHEN
3
Das Gebiet, für das die semitischen Sprachen Bedeutung haben oder hatten, ist stets Vorderasien, und (erst seit dem 9. Jh. vor Chr.) Nordafrika gewesen. Wir besitzen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass ausserhalb dieses Raumes jemals semitisch gesprochen worden wäre, und wenn wir nach der Urheimat der semitisch redenden Menschen fragen, so müssen wir sie offensichtlich auch in diesem Bereiche suchen. Tat1 Etudes pregrammaticales sur la domaine des langues i"do-europiennes el chamilo-semit-iques (Public. de la Soc. ling. de Paris XIV); Recherches sur le vocalisme el consonantisme el la formation des raeines en "nostratique", ance/re de l' indo-europeen et du chamito-semilique, Paris 1943, u. a. m. 2 OTTO RÖSSLER, "Verbalbau und Verbalflexion in den semito-hamitischen Sprachen. Vorstudien zu einer vergleichenden semito-hamitischen Grammatik", in der Zischr. der Deutsch. ;'VJorgenl. Ges. C (1951), S. 460-514. 3 Herr Geh. Rat Prof. Dr CARL BROCKELMANN (Halle) hat mich durch wertvolle Ratschläge zu aufrich tigern Danke verpflichtet.
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sächlich weisen die ältesten Nachrichten, die wir über die Ausbreitung von Semiten besitzen, auf die Halbinsel Arabien als den (für uns greifbaren) Ursitz hin, und der Stand der sprachlichen Entwicklung der einzelnen semitischen Idiome, der eine wellenförmige Ablösung von einem Ursitz voraussetzt, scheint dieser Annahme Recht zu geben. Natürlich ist dabei zu berücksichtigen, dass schon das Früh-Semitische wie jede Sprache, die sich über einen grösseren Raum erstreckt, mundartlich gespalten war. Auch das Verhältnis zum Ägyptischen rechtfertigt diese Annahme. Von den semitischen Sprachen ist uns eine aus sehr alter Zeit bekannt, das sog. Akkadische, jene Sprache, die in zwei Mundarten, dem Assyrischen und dem Babylonischen, im Zweistromlande gesprochen wurde. Die ältesten bekannten Texte reichen ins frühe 3. vorchristliche Jahrtausend zurück. Nach Allem, was wir wissen und erschliessen können, sind die Träger dieser Sprache, die Akkader, aus dem Süden, also doch wohl aus Arabien, in das südliche Zweistromland eingedrungen und von dort allmählich nach Norden vorgestossen. Hier hat sich die akkadische Sprache selbständig weiterentwickelt. Die Akkader überlagerten ein altes Kulturvolk von unbekannter Herkunft, die Sumerer, die im Laufe einer längeren Zeitspanne die Sprache der Eroberer annahmen, wobei sie eine grössere Anzahl von sumerischen Fremdwörtern in diese einreihten. Diese Tatsache hat die Wirkung gehabt, dass der Lautbestand des Semitischen im Munde der Akkader in einer Weise zerfallen ist, wie sie auch sonst für den Fall kennzeichnend ist, dass ursprüngliche Nichtsemiten semitische Wörter übernehmen (vgl. etwa die arabischen Fremdwörter im PersIschen und Türkischen). Vor allem wurden die für das Semitische so kennzeichnenden Kehl- und Zischlaute teils aufgegeben, teils zusammengeworfen. Dadurch hat der akkadische Lautbestand ein durchaus kennzeichnendes Gepräge erhalten. Lange Zeit, nachdem das Zweistromland von einer semitisch redenden Bevölkerung besetzt worden war, wurde auch das westliche Küstenland, Syrien, Phoinikien und Palästina, von Semiten erfüllt. Hinweise in der Bibel und andere Kennzeichen lassen es als höchst wahrscheinlich erscheinen, dass auch diese Wanderbewegung ihren Ausgang im nördlichen Arabien genommen hat. Die Einwanderung geschah in einzelnen Wellen, und so kamen verschiedene Zweige des semitischen Sprachstammes nach Vorderasien, und verschiedene Idiome haben sich hier überlagert. Die erste Welle, die uns erst in den letzten Jahrzehnten (seit I930)
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durch Ausgrabungen am Ra's Samra (,Fenchelkap') in Syrien und die Forschungen der Gelehrten HANS BAUER, CHARLES VIROLLEAUD, JEAN CANTINEAU, CLAUDE SCHAEFFER, ÜTTO EISSFELDT, GORDON, JULIAN ÜBERMANN u.a. fassbar geworden ist, hat sich als die "ugaritische" (nach dem Namen der ausgegrabenen Stadt) erwiesen. Diese Sprache hat im I5./I3. Jh. v. Chr. im nördlichen Syrien eine Rolle gespielt, ist aber dann nach dem Untergange der Stadt Ugarit durch andere kanaanäische Mundarten (nach ,Kanaan', dem ,Niederland') verdrängt worden. Ein Zweig dieser Mundarten, das Amurritische oder üstkanaanäische, reichte nach Ausweis der Eigennamen der Hammurabidynastie (I7. Jh. v. Chr.) bis ins Zweistromland. Zu diesen kanaanäischen Mundarten gehört einmal das Phoinikische (Grammatik von JOHS. FRIEDRICH, I95I), die Sprache jenes bedeutenden Handelsvolkes, das die Küstenländer um die beiden Metropolen Sidon und Tyros innehatte und dessen Idiom uns aus Inschriften bekannt geworden ist. Eine davon wurde jüngst zu Karatepe in Anatolien gefunden und weist auf die Bedeutung des Phoinikischen als Verkehrssprache in diesem Gebiete hin. Die weitreichende Kolonisationstätigkeit, die dieses Volk entwickelt hat, hat auch seine Sprache in andere Gegenden verpflanzt, vor allem nach Nordafrika, wo das Punische um Karthago sich in den letzten Ausläufern bis an die Schwelle der muslimischen Eroberung im 7. Jh. n. Chr. erhielt. Neben dem Phoinikischen stand das Moabitische, die Sprache einer Nation, die wir vor allem aus dem Alten Testament näher kennen, ein Idiom, das uns freilich nur aus einer Inschrift und also nur mangelhaft bekannt ist. Immerhin reichen diese Texte aus, um zu beweisen, dass das Moabitische nicht nur lautlich, sondern auch syntaktisch besonders eng mit der für uns wichtigsten kanaanäischen Sprache zusammengehört, dem Hebräischen. Das Hebräische ist die Sprache jenes Volkes gewesen, das als letzter kanaanäischer Stamm ins west asiatische Küstenland eindrang und dann durch die Eigenart seiner Religion eine grosse Bedeutung erlangt hat. Es ist uns in seinen ältesten Überlieferungen aus einer Zeit bekannt, die wohl nahe an IOOO v. Chr. liegt. Die Hauptmasse der (fast ausschliesslich in der Bibel) überlieferten Texte gehört aber späteren Jahrhunderten an. Das Hebräische selbst ist dann durch die Jahrzehnte lang dauernde Verpflanzung eines erheblichen Teils des Volkes ins Zweistromland (das "Babylonische Exil") in seinem Bestande zwar keineswegs vernichtet, aber doch wesentlich geschädigt worden (ZELLIG S. HARRIS, The Development 01 the Canaanite Dialects, I937). Dieses Ereignis wird man doch
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wohl als entscheidend ansehen müssen zur Erklärung der Tatsache, dass der Widerstand, den es seinem Untergang im täglichen Verkehr entgegensetzte, trotz der ausgeprägten religiösen und kulturellen Eigenart der Juden so gering gewesen ist. Das Aramäische ist die Sprache einer neuen Einwandererschicht, durch die das sprachliche Bild Vorderasiens wesentlich verändert wurde. Von den Aramäern hören wir zum ersten Male im 14. Jh. v. Chr., da sie in akkadischen Quellen als Räuber - d.h. als die städtischer Kultur stets feindlichen Nomaden - in den wüsten Gebieten westlich des Zweistromlandes erwähnt werden. Sie sprachen eine Mundart des Semitischen, die sich von den bisher zu einer Schriftsprache entwickelten Idiomen in verschiedenen, kennzeichnenden Punkten unterschied, ohne dass dadurch die gegenseitige Ähnlichkeit verdeckt worden wäre. Die Schrift entlehnten die Aramäer in den nächsten Jahrhunderten den Kanaanäern, in jener Zeit also, als sie in immer steigender Anzahl in das Zweistromland und nach Palästina und Syrien eindrangen und dort sesshaft wurden. Sie nahmen gleichzeitig auch wesentliche Elemente der babylonischassyrischen Kultur an, ein Vorgang, der sich in dem akkadischen Lehnwortgut der aramäischen Sprache wiederspiegelt. Schon vor der Mitte des ersten vorchristlichen Jahrtausends war das Aramäische zur Verkehrssprache ganz Vorderasiens geworden, offenbar wegen seiner verhältnismässig leichten Erlernbarkeit und seines einfachen Alphabets. Es gelangte zu besonderer Bedeutung, als die Perser es nach der Zerstörung des neu-babylonischen Reiches (539/38 v. Chr.) zur Verkehrssprache in ihrem Reiche erhoben (Reichsaramäisch) . Gleichzeitig begannen die in Vorderasien lebenden Semiten - die Akkader und die verschiedenen kanaanäischen Stämme - ihre Muttersprache zugunsten des Aramäischen aufzugeben. Sehr früh begann dieser Vorgang offenbar bei den Juden, die infolge ihrer schon damals einsetzenden Zerstreuung ohnehin auf die Kenntnis fremder Idiome angewiesen waren. Um 300 v. Chr. ist das Hebräische im mündlichen Gebrauche auch in Palästina untergegangen, nachdem z.B. die jüdischen Kolonien in Ägypten schon fast zwei Jahrhunderte vorher sich des Aramäischen bedient hatten, und die Juden in griechischer Umgebung diese Sprache annahmen. Das Phoinikische scheint sich etwas länger gehalten zu haben, ist aber um 100 v. Chr. gleichfalls erloschen; nur das Punische hat sich seiner besonderen räumlichen Lage wegen gehalten. Damit ist zum ersten Male der geschichtlich denkwürdige Vorgang eingetreten, dass eine semitische Sprache alle übrigen verdrängt und in sich aufgesogen hatte (von dem damals kulturell bedeutungslosen Nord-
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Arabischen und dem geographisch abgelegenen Süd-Arabischen abgesehen). Der vordere Orient war damit zwischen dem Südrande Kleinasiens, dem Zagros-Gebirge an der persischen Grenze und der Halbinsel Sinai im Wesentlichen ein einheitliches Sprachgebiet. Natürlich hat sich auch das Aramäische in diesem ausgebreiteten Raume nicht als völlige Einheit bewahren können. Auch es zerfiel in mehrere Mundarten auf räumlicher und religiöser Grundlage. Denn im Orient bildet bei räumlich nahe zusammen wohnenden Menschen häufig auch das verschiedene Religionsbekenntnis die Grundlage einer (wenn auch nur dialektischen) sprachlichen Scheidung. Drei Hauptmundarten haben sich im Aramäischen herauskristallisiert : r) Diejenige im eigentlichen Zweistromlande, aufgespalten a) in das von den Juden in ihren religiösen Schriften und bei der Übersetzung einzelner Bibelteile in den Synagogen (in den Targumen) angewandte Babylonisch-Aramäische, und b) in das von der selbständigen Religionsgemeinschaft der Mandäer angewandte Idiom, das dadurch sprachlich besonders bedeutsam ist, dass es weder griechischen noch hebräischen Einflüssen unterlag. - Dieses Mandäische, im südlichen Zweistromlande beheimatet, zeigt wieder den bei einem nichtsemitischen Substrat kennzeichnenden Zerfall insbesonders der Kehllaute, weist also jene Eigenschaft auf, die auch das Akkadische kennzeichnet. Man sieht, dass sich hier über mehrere Jahrtausende hinweg die Eigenheit sumerischer Aussprache durchgesetzt hat. - 2) Das Palästinisch-Aramäische, jene Sprache, deren sich J esus Christus bedient hat, die wir aber in schriftlicher Überlieferung erst aus späteren Jahrhunderten und zwar a) im Jerusalemischen Talmud, b) als "Christlich-Palästinisch" kennen. - Dieser Mundart steht das Samaritanische nahe. - 3) Jene Mundart, die sich in Nordsyrien (östlich des Euphrats) um das Zentrum Edessa schon in heidnischer Zeit bildete, dann aber als Syrisch - so nach der Eigenbezeichnung der christlichen Träger dieser Sprache, durch die sie sich von den noch heidnischen Aramäern unterscheiden wollten - durch eine umfangreiche christliche Literatur besondere Bedeutung erlangt hat. Auch das Syrische hat sich durch die infolge der christologischen Streitigheiten entstandenen religiösen Spaltung des Volkes (in die monoph ysi tisch -jako bi tisch-westsyrische und die nestorianisch-ostsyrische Kirche) ebenfalls in doppelter mundartlicher Form und doppelter Schrift ausgeprägt. Dabei haben auch örtliche dialektische Unterschiede eine Rolle gespielt, die z.B. im Westsyrischen darauf hinwirkten, dass ebenso wie im alten Hebräischen -- das ä sich unter gewissen Voraussetzungen zu ö verwandelte, eine Eigenschaft, die sich auch auf die heu-
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tigen arabischen Mundarten dieser Gegend vererbt hat und - nach FRANZ PRAETORIUS (1847-1927) - vorsemitische Eigenheiten widerspiegelt. (Man kann damit z.B. die Tatsache vergleichen, dass sich in einem von Bayern über Ost erreich nach Ungarn hinziehenden Streifen das a ebenfalls unter gewissen Voraussetzungen in 0 verwandelt hat.) Der arabische Vorstoss im 7. Jh. hat dann eine zweite sprachliche Umwälzung innerhalb der semitisch redenden Völker hervorgebracht. Schon etwa im 9. Jh. ist das Aramäische weitgehend durch das Arabische verdrängt worden (über die Gründe vgl. "Verbreitung der arabischen Sprache"); lediglich an zwei Rückzugsstellen im Gebirge (bei Damaskus einerseits und im nördlichen Zweistromlande andererseits) gibt es heute noch neuwestaramäische und neuostaramäische Mundarten. In der gleichen Zeit wurde das jahrhundertelang kulturell bedeutsame SüdArabische sprachlich fast völlig vernichtet. Dadurch hat das (N ord)-Arabische schliesslich fast die Alleinherrschaft unter den semitischen Sprachen angetreten und deren Reichweite bedeutend ausgedehnt. Neben ihm spielen die übrigen semitischen Sprachen nur eine ganz untergeordnete Rolle, von einer Ausnahme abgesehen, den heutigen semitischen Sprachen in Abessinien, dem Amharischen, Tigre und Tigrifia. Sie sind freilich durch die umliegenden Kuschitensprachen sehr wesentlich verändert, haben aber infolge der geographischen Sonderlage ihres Gebietes und sehr wesentlich infolge der christlichen Religion wenigstens der Amharen das Schicksal deI übrigen semitischen Sprachen nicht geteilt, zugunsten des Arabischen unterzugehen. Diese beiden im Süden des Sprachgebietes beheimateten Sprachen sind es also, die den noch heute lebenden Typus des Semitischen verkörpern. - Eine weitere Ausnahme bildet allerdings das heutige Neu-Hebräische (s.d.), das, durch den Idealismus einiger Zionisten zu neuem Leben als Umgangssprache erweckt, heute in Palästina und unter den dortigen Juden wenigstens in der zweiten, im Lande geborenen oder grossgewordenen Generation, die Rolle der Mutter- und Umgangssprache spielt. Es ist ein eigenartiges Schicksal fast sämtlicher semitischen Sprachen gewesen, dass sie sich nach ihrem Untergang im täglichen Leben als heilige Sprachen noch Jahrhunderte lang (vielfach bis in die Gegenwart) erhalten haben, eine Folge des Umstandes, das zwei Weltreligionen und mehrere national bedeutungsvolle Kulte von hier ihren Ausgang genommen haben. So ist das Akkadische noch lange als die Sprache der babylonischen ("chaldäischen") Priester - zuletzt noch der Sterndeuter - am Leben geblieben. Das Hebräische war immer die religiöse
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Kultsprache der Juden (bis es jetzt zu neuem Leben erweckt wurde), das Samaritanische war noch lange im Mittelalter Gelehrtensprache, das Syrische ist die Kirchensprache der morgenländischen Christen gewesen und ist es teilweise bis zum heutigen Tage. Das Ge'ez, die alte semitische Sprache der Abessinier, ist heute noch Kirchensprache, und das klassische Nordarabische hat als die Sprache des Korans über alle Wandlungen der gesprochenen Dialekte hinaus als Sprache der Moschee und des ganzen wissenschaftlichen und gebildeten Lebens - als einzige Schriftsprache der Araber - bis auf den heutigen Tag seine Bedeutung behalten. BERTOLD SPULER SCHRIFTTUM Ausser dem im Texte und in den Abschnitten I und 3 genannten: ASIN PALACIOS, MIGUEL, "El origen deI lenguaje y problemas connexos, en Algazel, Ibn Sida e Ibn I;Iazm", in Andalus, IV (I936/9), S. 253-28I. BARToN, G. A., Sketch of Semitic Origins, Social and Religious, London I902. BROCKELMANN, CARL, Grundriss der vergleichenden Grammatik der semitischen Sprachen, Bd. I (I908), S. I-33. - , "Stand und Aufgaben der Semitistik", in Beiträge zur Arabistik, Semitistik und Islamwissenschaft, hrsg. von RICHARD HARTMANN und HELMUT SCHEEL, Leipzig I944, S. 3-4I. MOSCATI, SABATINO, Storia e civilta dei Semiti, Bari I949. NÖLDEKE, THEoDoR, Die semitischen Sprachen, eine Skizze, 2. Aufi., Leipzig I899. REN AN, ERNEST, Histoire generale et systeme compare des languages semit·iques, Teil I (mehr nicht erschienen), 3. Auti., Paris I863 (veraltet). ROSENTHAL, FRANz, Die aramaistische Forschung seit Th. N öldekes Veröffentlichungen, Leiden I939·
3. GESCHICHTE DER SEMITISCHEN SPRACHWISSENSCHAFT 1. Akkadisch, Aramäisch, Arabisch und Äthiopisch sind die Hauptsprachen eines Sprachstammes, den man seit A. L. SCHLÖZER I78I aufgrund von Genesis x als semitisch bezeichnet. Der Begriff Semitisch bezieht sich somit auf Sprachen und hat nichts mit Volkstum, Rasse oder Kultur zu tun. Die Semitistik hat die Aufgabe, die zwischen den semitischen Sprachen bestehenden Beziehungen mit Hilfe eines allgemein gültigen Prinzips zu erklären. Die Ähnlichkeit dieser Sprachen in Lautstand, Formbildung, Syntax und Wortschatz ist so offensichtlich, dass bereits im Mittelalter jüdische Grammatiker die Verwandtschaft des Hebräischen mit dem Aramäischen und Arabischen erkannten und dunkle Wörter des Alten Testaments mit Hilfe dieser Sprache zu deuten suchten, freilich noch ohne jede Einsicht in ihre sprachgeschichtliche Entwicklung, da sie das Hebräische für die Sprache des Paradieses hielten. Diese jüdische, von den Theorien der arabischen Nationalgrammatiker abhängige Sprachgelehrsamkeit wurde in ihrer Spätform für die christ-
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lichen Hebraisten des Abendlands massgebend, als hier zu Ende des 15. Jahrhunderts der Humanismus das Interesse an den Sprachen der Bibel und ihrer orientalischen Versionen neu belebte. Bei der Anpassung an das System der lateinischen Grammatik wurden zahlreiche Fachausdrücke mit übernommen, darunter der wichtige Begriff der Sprachwurzel, worunter die jüdischen und arabischen Grammatiker ursprünglich diejenigen Buchstaben (bzw. Konsonanten) eines Wortes verstanden, welche übrig blieben, wenn man von dem Schriftbild alle zum Ausdruck der grammatischen Formation dienenden zusätzlichen Buchstaben abstrich. Juden waren auch die gegebenen Lehrmeister, wenn christliche Theologen sich mit dem nachbiblischen Schrifttum in hebräischer oder aramäischer Sprache befassten. Orientalische Christen vermittelten die ersten Kenntnisse des Syrischen, Arabischen und Äthiopischen. Die grosse Ähnlichkeit dieser Sprachen untereinander gab frühzeitig dazu Anlass, zwei oder mehrere von ihnen gleichzeitig grammatisch oder lexikalisch darzustellen. Bereits 1553 gab A. CANINI in seinem Abriss des Biblisch-Aramäischen und Targumischen die Paradigmen des Grundstammes der starken Verba im Arabischen und Äthiopischen. Mit wesentlich besserer Kenntnis behandelte L. DE DIEU (1590-1642) das Hebräische, Chaldäische und Syrische 1628, und schliesslich J. H. HOTTINGER (1620-67) dieselben Sprachen und das Arabische. Doch verlor diese "harmonische Methode" dadurch erheblich an Wert, dass immer noch das Hebräische für die heilige Ursprache galt, neben deren Reinheit alle andern Sprachen als entartete Mischdialekte betrachtet wurden. Dazu studierten die Theologen die orientalischen Sprachen im wesentlichen um des Nutzens willen, den sie sich von ihnen für das richtige Verständnis von "Gottes Wort" versprachen; sie erwarteten dabei von der Erforschung der "Töchtersprachen" eine Aufklärung der mannigfachen Rätsel, welche das Alte Testament aufgab. So beruhte VALENTIN SCHINDLER (gest. 1610) nach den hebräischen \Vurzeln geordnetes Lexicon pentaglotton im wesentlichen auf dem Alten Testament, den Targumen, dem syrischen Neuen Testament und der arabischen Bibelversion. Erheblich besser war das zu der Londoner Polyglotte gehörige Lexicon heptaglotton von EDlVI. CA STELL (1606-85). Ihren Höhepunkt erlangte diese Richtung in der von ALBERT SCHULTENS (1686-1750) begründeten Holländischen Schule. Von der irrigen Voraussetzung ausgehend, dass das Arabische als Tochtersprache des Hebräischen mit seinem ausserordentlich reichhaltigen \Vortschatz der Armut des Biblisch-Hebräischen aufhelfen könne, deutete er nicht nur viele dunkle Stellen des Alten Testaments nach dem Arabischen, sondern
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legte auch zahlreichen wohlbekannten Wurzeln des Hebräischen die Bedeutung ihrer arabischen Entsprechungen bei. 2. Unterdessen hatten die Ideen der Aufklärung einen Umschwung im Geistesleben Europas herbeigeführt, der allmählich auch die sprachwissenschaftlichen Ansichten umgestaltete. Dass LEIBNIZ (1646-1716) die irrige Vorstellung vom Hebräischen als der Ursprache der Menschheit nachdrücklich bekämpfte, hatte freilich auf den Gang des bis zum Ende des 18. Jahrhunderts und darüber hinaus im Rahmen der sacra philologia betriebenen Studiums der semitischen Sprachen ebensowenig Einfluss wie die von DE BROSSE, HERD ER, HORNE TOOKE u.a. in diesem Jahrhundert aufgestellten Thesen über den Ursprung der Sprache. Auch die von der französischen Aufklärung vertretene Auffassung, dass die Sprache im wesentlichen dem vernünftigen Gedankenaustausch diene, dass die Unterschiede der Einzelsprachen das zufällige Ergebnis menschlicher Erfindungen seien, und dass allen Sprachen eine allgemeine Grammatik zugrunde liege, kam wohl dem Studium des Arabischen zugute, als ANTOINE ISAAC, Baron SILVESTRE DE SACY (1758-1838) in seiner bahnbrechenden Grammaire arabe 1806 die Grundsätze der "Grammaire generale et raisonnee" mit ihren präzisen Definitionen der grammatischen Kategorien und Termini befolgte, stand aber einer sprach vergleichenden Betrachtung nur hemmend im Wege. 3. Erst als infolge des Bekanntwerdens des Sanskrits im Abendlande die sprachwissenschaftlichen Anschauungen sich grundlegend änderten, als FRIEDRICH VON SCHLEGEL 1808 auf die Bedeutung der inneren Struktur für die Sprachvergleichung hinwies und FRANZ Bopp 1816 die Verwandtschaft der indogermanischen Sprachen mit Hilfe einer vergleichenden Untersuchung des Konjugationssystems erwies, gewannen neue Ideen in der Semitistik Eingang. Das Hebräische fand in WILHELM GESENIUS (1786-1842) einen Grammatiker und Lexicographen, der - Rationalist gleich DE SACY - den tatsächlichen Sprachgebrauch unter Beachtung des Unterschieds von älterer und jüngerer, prosaischer und poetischer Diktion sorgfältig beschrieb, die grammatischen Formen durch den Vergleich mit ihren Entsprechungen in den verwandten Sprachen erläuterte und übersichtlich ordnete. Zwar nahm er an, dass die Radikale gelegentlich ohne Bedeutungsänderung umgestellt werden könnten, dass ein Radikal mit einem verwandten Laut (etwa b mit p, m, w) vertauschbar sei, dass Wurzeln, die die beiden ersten Radikale gemeinsam hätten, durch den dritten Radikal in der Bedeutung differenziert würden, und dass bei schwachen Wurzeln nur die beiden festen Radikale wesentlich wären. Wie wenig indessen diese Wurzeltheorie Handbuch der Orientalistik III
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der arabischen Grammatiker seine Forschungen hemmte, zeigt sich an seinen epochemachenden Arbeiten zur semitischen Epigraphik und seinem Versuch über die maltesische Sprache, r8ro. 4. Hatte GESENIUS die nüchterne kritisch-historische Richtung vertreten, die sich um die Sammlung und Erklärung der sprachlichen Tatbestände bemühte, so kam mit dem genialen HeH. EWALD (r803r875) die philosophische Sprachbetrachtung Humboldtscher Prägung zu Worte, die in der Sprache kein Werk, sondern eine sinnvolle, den Gedanken Gestalt verleihende Tätigkeit sah, deren Einzelheiten nur im Hinblick auf das Ganze verstanden werden können. EWALDs Kritische Grammatik der hebräischen Sprache r827 (in 8. A. u.d.T. Ausführliches Lehrbuch etc. r870 erschienen) und seine Grammatica critica linguae Arabicae 1831-33, in denen er für alle sprachlichen Erscheinungen ein einheitliches Prinzip und auch für die regelwidrigen Bildungen einen gesetzmässigen Grund suchte, wirkten trotz vieler Unklarheiten und Willkürlichkeiten anregend auf die semitischen Studien ein. (Auf EWALD geht z.B. die Bezeichnung "Imperfekt" statt des aus der jüdischen Grammatik stammenden "Futurum" zurück). 5. Aus der Ewaldschen Schule ging THEODOR NÖLDEKE (r836-1930) hervor, der grösste deutsche Orientalist seiner Zeit. NÖLDEKE gab 1875 in seiner bahn brechenden M andäischen Grammatik die erste sprachgeschichtlich orientierte, die verwandten Mundarten systematisch vergleichende Darstellung einer aramäischen Mundart, wobei er auch die Syntax mit grosser Ausführlichkeit beschrieb. Die gleiche Methode wandte er als erster auf das Syrische an, stellte dabei die Lautlehre auf die sichere Grundlage der durch die syrische Masora für den gottesdienstlichen Vortrag fixierten Ausspracheregeln und lieferte für die Syntax ein reiches, aus den Klassikern der Sprache gesammeltes Material, das er durch den Vergleich mit hebräischem und arabischem Sprachgebrauch und dem Nachweis von Hebraismen und Graecismen beleuchtete. In dem Artikel "Semitic Languages" in der Encyclopaedia Britannica 1886 (deutsch 1887 u.d.T. Die semitischen Sprachen, 21898) gab er einen meisterhaften Überblick über die einzelnen Sprachen und ihre Geschichte und besprach knapp und klar die Hauptprobleme der Semitistik: die aus dem Triliteralismus und der grammatischen Funktion des inneren Vokalwechsels, aus Übereinstimmungen in Verbal-, Nominalund Pronominalbildung, in Wortstellung und Satzbildung zu folgernde Abkunft dieser Sprachen aus einer längst erloschenen, heute nicht mehr rekonstruierbaren Ursprache; altertümliche und altertümelnde Züge des Arabischen; die Verwandtschaft des Semitischen mit dem Hamitischen;
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etwaige Beziehungen zum Indogermanischen; die Unsicherheit von Aussagen über das semitische Urvolk und seine Urheimat und der Versuche, die semitischen Sprachen zu klassifizieren. Alle diese Fragen behandelte NÖLDEKE mit grösster Behutsamkeit; seine Urteile beruhten auf genauer Kenntnis des ganzen Gebiets - nur für das Assyrische und Sabäische betrachtete er sich nicht als zuständig -, auf scharfer Beobachtung und divinatorischem Verständnis des tatsächlichen Sprachgebrauchs und der Fähigkeit, ihn systematisch zu ordnen. Er zögerte nicht, aus sicheren Übereinstimmungen auf eine Urverwandtschaft zu schliessen, ward aber durch seine nüchterne Sachlichkeit und seine Abneigung gegen alles Theoretisieren davor bewahrt, die Grenzen des Erkennbaren zu überschreiten. Vorschnelle Verallgemeinerungen, wie sie z.B. in den aufsehenerregenden Thesen von ERNEST RENANS (182392) geistreicher Histoire generale des langues semitiques 1855 vorlagen, lehnte er als methodisch unzulässig ab. Auch gegenüber der die Sprache als einen wie eine Pflanze wachsenden und verblühenden Organismus betrachtenden Theorie AUGUST SCHLEICHERS, welcher die Phonetik in die Sprachwissenschaft einführte und mit Hilfe von Lautgesetzen eine indogermanische Ursprache rekonstruierte, bewahrte NÖLDEKE den Blick für die sprachlichen Gegebenheiten. Als in der Indogermanistik der Streit der Junggrammatiker tobte, erkannte NÖLDEKES Scharfsinn sofort die Haltlosigkeit der Theorie von der Ausnahmslosigkeit der Lautgesetze (ZDMG, 35, 221) und die Einseitigkeit einer Betrachtungsweise, welche den Entwicklungsgang einer Sprache ausschliesslich vom Lautwechsel her, ohne Rücksicht auf ihre Bedeutungsfunktion, begreifen wollte. Wo NÖLDEKE sich zu Problemen der Semitistik äusserte, wie z.B. in den Aufsätzen seiner Beiträge (1904) bzw. Neuen Beiträge zur semitischen Sprachwissenschaft (1910), schöpfte er aus der Fülle seines auf gründlicher Vertrautheit mit den Texten beruhenden Wissens, verglich sorgsam das in Betracht kommende Material, und liess neben der äusseren Lautgestalt auch die Bedeutung zu ihrem Recht kommen und zeigte gelegentlich durch weite Ausblicke (BSSW, 29) die Grenzen auf, welche einer auf das semitische Material sich beschränkenden Sprachvergleichung gezogen sind. Die sprachgeschichtlich wichtigen Aramäischen Fremdwörter im Arabischen wurden unter NÖLDEKES tätiger Anteilnahme von SIEGMUND FRAENKEL 1886 mustergültig bearbeitet. 6. Der gewaltige Zustrom neuen Materials im Verlaufe des 19. Jahrhunderts, die Keilschriftfunde, welche im Assyrischen eine bisher unbekannte semitische Sprache ans Licht brachten, sodann der Zuwachs
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an Inschriften, welche die Kenntnis des Phönizischen und Aramäischen erheblich erweiterten und bisher unbekannte Sprachen Altsüdarabiens zu Tage förderten, und nicht zuletzt die durch bessere Dialektaufzeichnungen vertiefte und erweiterte Kenntnis der heutigen lebenden arabischen, abessinischen und aramäischen Dialekte machten es dem einzelnen immer schwerer, das ganze Gebiet des Semitischen zu überschauen. So blieb die Sprachvergleichung auch weiterhin meist Männern überlassen, deren Interessen nicht ausschliesslich einer Sprache an sich galten, sondern auch die Literatur und Kultur umfassten, welchen sie angehörten. Die Förderung, welche die hebräische Grammatik durch 1UL. OLSHAUSEN (1800-1882), AUGUST MÜLLER (1848-1892) und BERNHARD STADE (1848-1906) erfuhr, kam der Semitistik ebenso zugute wie AUG. DILLMANNS (1823-94) Grammatik der äthiopischen Sprache (1857,21903), sein Lexicon, sowie die Forschungen von IGN. GUlDI (18441935) und FRANz PRAETORIUS (1847-1927) über die abessinischen Sprachen. Philologen waren es auch, welche sich an eine zusammenfassende grammatische Darstellung mehrerer Sprachen wagten: der als Arabist und Syrologe gleichermassen bedeutende WILLIAM WRIGHT (1830-1889) und der Assyriologe HEINRICH ZIMMERN (1862-1931). WRIGHT behandelte in seinen seit 1877 gehaltenen, aber erst 1890 gedruckten Lectures on the Comparative Grammar (d.h. Laut- und Formenlehre) of the Semitic Languages die Schriftsprachen Hebräisch, Syrisch, Arabisch und Äthiopisch unter gelegentlicher Heranziehung des Assyrischen. ZIMMERNS ebenfalls auf die Laut- und Formenlehre beschränkte Vergleichende Grammatik der semitischen Sprachen 1898 räumte dem Assyrischen den ersten Platz ein und legte das Schwergewicht auf die vergleichenden Tabellen zur Formenlehre, insbesondere der Verbalbildung, während der erläuternde Text sehr knapp gehalten ist. Für die Sprach- wie die Kulturgeschichte ertragreich war ZIMMERNS schöne Studie über Akkadische Fremdwörter als Beweis für babylonischen Kultureinfluss 1917. 7. Unterdessen war in der Indogermanistik der sprachgeschichtliche Positivismus zu fast uneingeschränkter Herrschaft gelangt, der die Vielheit der Sprachen als eine in der Geschichte sich vollziehende, durch Lautgesetze erklärbare Evolution der Ursprache ansah. Es wurde dabei vorausgesetzt, dass innerhalb eines bestimmten Dialektes und einer bestimmten Sprachperiode gleiche Laute unter den gleichen lautphysiologischen Bedingungen sich in gleicher Richtung bewegen, dass dieser durch Lautgesetze darstellbare Lautwandel an sich ausnahmslos sei, dass aber seine Wirkung auf ein Wort durch Analogiebildung, d.h. die
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auf der Bedeutung beruhende Assoziation dieses Wortes an ein grammatisch oder begrifflich verwandtes Wort aufgehoben und rückgängig gemacht werden könne. Diese sprachwissenschaftliche Methode vertrug sich nicht mit einer Sprachphilosophie, welche in der Sprache ein Werk des Volksgeistes sah und die Grundbedeutung der Wortformen durch logische Abstraktionen festzustellen suchte, wie dies noch PAUL ANTON DE LAGARDE (1827-91) in seiner Übersicht über die im Aramäischen, Arabischen und Hebräischen übliche Bildung der Nomina 1889 tat, indem er die Perfekte fa ö beruht. Diese Vokalreduktion war durch eine Akzentverschiebung bedingt, die das Aramäische von der im Arabischen erhaltenen, nur durch die Vokalquantität geregelten Druckführung unterschied. In vokalisch auslautenden Wörtern war der Druck auf die vorhergehende Silbe verschoben; geschlossene Silben im Auslaut aber zogen den Druck auf sich, falls ihn nicht das Gewicht einer vorangehenden Silbe mit langem Vokal festhielt (s. BIRKELAND, a.a.O., 5). Beim Pronomen breitet sich das ursprünglich durch Assimilation an i im Nomen oder durch Dissimilation nach ü im Verbum entstandene Suffix 3. m. Sg. hi für hü, das sich nur noch in den nach Schwund des h kontrahierten Diphthongen äu, eu, tU hält, auch auf die Formen mit auslautendem ä (benähi "er baute es") aus. Beim Nomen tritt der Artikel *ha> > hä vielleicht unter dem Einfluss des nichtsemitischen Substrats, ans Ende, nach Verlust der Kasusendungen, (anders BIRKELAND a.a.O., 2), hielt aber vermöge seiner Funktion den Druck fest; später aber wuchs er
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so eng mit dem Stamme zusammen, dass er seine determinierende Kraft verlor und als sogen. Status emphaticus zur Normalform des Nomens wurde, die den Absol. auf bestimmte syntaktische Verwendungen, namentlich als Praedikat, einschränkte. Beim Verbum ist das den späteren aramäischen Dialekten verloren gegangene Passiv im Grundstamm, allerdings nur in Anpassung an das Part., erhalten. Die Verbalaspekte wurden immer mehr dem Ausdruck des für das praktische Leben wichtigen Zeitbegriffs dienstbar und für die Gegenwart durch das aktive Part. ergänzt, nachdem die Affixform auf die Vergangenheit, die Praefixform auf die Zukunft bezogen war. Der Satzbau gewinnt eine dem altsern. Stil noch fremde Bewegungsfreiheit und Mannigfaltigkeit. Ob diese Züge der Entwicklung fremdsprachigem Einfluss oder der das Aramäerturn mehr noch als die Kanaanäer kennzeichnenden Neigung zu nüchterner, auf das Erwerbsleben gerichteter Tätigkeit beruhen, sei dahingestellt. Im Wortschatz nimmt das Aramäische neben akkadischen immer mehr iranische Lehnwörter auf. Diese amtliche Sprache wurde dann auch der Literatur dienstbar gemacht, wie schon die Übersetzung des Al).iqarromans zeigte. Die nächst dieser ältesten Schriftwerke treten uns bei den Juden entgegen. An die im Wortlaut aufgenommenen aramäischen Urkunden über den Bau des Tempels zu Jerusalem schlossen die vom Chronisten bearbeiteten Memoiren Ezras auch einige eigene Notizen in der gleichen Sprache an. In derselben Sprache suchte der Autor des Danielbuches die Juden in der Verfolgung durch Antiochos Epiphanes 148 v. Chr. zum Ausharren im Glauben anzufeuern. Damals war das Hebräische nur noch den Gelehrten verständlich. Die an den Sprachwechsel, in diesem Buch sich knüpfenden Fragen (s.u.a. G. HÖLSCHER, Theol. St. u. Krit., 1919 II3/38) können hier nicht entschieden werden, wenn es auch wahrscheinlich bleibt, dass ein späterer Verfasser eine hebräische und eine aramäische Schrift zusammengefasst hat. Jedenfalls beruht dies Aramäische nicht etwa auf einem palästinischen Dialekt, sondern steht in einer längeren literarischen Überlieferung (HANS BAUER und PONTUS LEANDER, Grammatik des Biblisch-Aramäischen, Halle/S. 1927). An die gleiche Tradition knüpfen auch die aramäischen Übersetzungen des A.T.'s an, die sogenannten Targüme, die in der Synagoge nach dem der Gemeinde schon unverständlich gewordenen Urtext verlesen wurden. Das wichtigste und auch wohl älteste dieser Targume, der sogen. Onkelos zum Pentateuch, und das ihm nächstverwandte Prophetentargum sind wohl zuerst in Palästina entstanden, wenn sie auch keine Spur eines dort heimischen Dialekts aufweisen. Als dann Babylonien zum Hauptsitz
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der jüdischen Gelehrsamkeit wurde, übernahm man dort auch die Pflege dieser Targüme. In ihre auch dort verständliche Sprache führte man aus dem heimischen Dialekt wohl nur die Infinitive des Schema qaptöle ein. Als man aber später diese Texte wie die hebräischen mit Vokalzeichen versah, sonderten sich eine westliche und eine östliche Aussprache. Gut überliefert ist uns allerdings nur die der Babyionier in der supralinearen Punktation, die in einer etwas jüngeren und vereinfachten Form sich auch bei den Juden in Jemen erhalt~nhat, die sie im Se/er Kejer Törä mit der arabischen ÜbersetzungSa'adyasJerusalem 1894-1901 haben drucken lassen, während die tiberiensische Überlieferung früh verwilderte. Kritische Ausgaben dieser Targüme fehlen leider immer noch. Neben diesen alten Targümen entstanden in Palästina auch neuere Übersetzungen, von denen uns nur Bruchstücke in Londoner Handschriften (hsg. von M. GINSBURGER, Berlin 1903) und in der Kairiner Geniza (KAHLE, Masoreten des Westens II, 1930) erhalten sind. Diese palästinischen Targüme gelangten nie zu solchem Ansehen wie der Onkelos, von dem sie an manchen Stellen auch beeinflusst waren; sie wurden zu erbaulichen Zwecken mehrfach überarbeitet und erweitert. Aus ihnen lässt sich also nur unvollkommen erkennen, wie sich das Aramäisch in Palästina im täglichen Leben weiter entwickelt hat. Etwas deutlicher tritt uns dies in einigen älteren Schriftstücken entgegen, in der sogen. Fastenrolle, in Urkundenformularen und vereinzelten Sprüchen und Sprichwörtern. Diese Quellen genügen nicht, um ein einigermassen verlässliches Bild des Aramäischen zu zeichnen, wie es zur Zeit J esu und der ersten Apostel in Palästina gesprochen wurde. Erst im 4. Jh. tritt uns in dem sogen. J erusalemer Talmud die in Galilaea gesprochene Form des Aramäischen deutlicher entgegen, namentlich in einer Reihe von Erzählungen, die dem hebräischen Text eingefügt sind. (M. SCHLESINGER, Das aramäische erb im J erus. Talmud, Berlin 1889). Jünger ist die Sprache der aramäischen Midräsim zum Pentateuch, zum Hohen Lied und andern Megillöt sowie der Megillat Antiochos. Dasie uns nur aus einer Zeit, da das Aramäische nicht mehrlebte, überliefert sind, und da die Juden dem Aramäischen nie dieselbe grammatische Pflege wie dem Hebräischen angedeihen liessen, sind sie als Sprachdenkmäler nur mit Vorsicht zu benutzen. Das einzige Monument aus der Zeit des Lebens der Sprache, die Mosaikinschrift aus Kefr Kenna in Galilaea, ist zu kurz, als dass sie uns weseritliches lehren könnte. Den Lautstand des Galilaeischen kennzeichnet der Verlust der Laryngalen; einige Neubildungen beim Pronomen und namentlich beim Verbum sichern die durch Vokalschwund bedrohte Deutlichkeit; der Wort-
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schatz weist einige Besonderheiten auf. So wird das durch Aufgabe des' zwischen Vokalen für das Aramäische schon früh untragbar gewordene altsem. ra'a "sehen" hier durch lJema "bewahren" statt durch lJeza (nach Omina) "ausschauen" wie in den andern Dialekten ersetzt. G. DALMAN, Grammatik des füdisch-palästinischen Aramäisch, 2. Aufl., Leipzig 1905. Neben der jüdischen Überlieferung des palästinischen Aramäisch stehen die davon unabhängigen der Samaritaner und der Christen. Wie die Juden hatten auch die Samaritaner das Bedürfnis nach einer Wiedergabe des Pentateuchs, den sie als einzige Grundlage ihrer Religion anerkennen, in der Landessprache empfunden. Man hat wohl vermutet, dass sie sich dabei die Übersetzung des Onkelos zunutze gemacht hätten, doch ist das nicht erwiesen, wie es denn an sich schon unwahrscheinlich ist, dass sie sich in einer Sache ihres Kultus der Hilfe ihrer feindlichen Brüder bedient haben sollten. Leider ist diese aramäische Übersetzung von den Samaritanern, nachdem sie das Arabische als Umgangssprache angenommen hatten, noch viel sorgloser überliefert als die Targume bei den Juden. Wir kennen sie nur aus jungen Handschriften, deren älteste aus dem J. 1204/5 stammt, während die andern erst dem 15. und 16. Jh. angehören. In diesen Handschriften sind manchmal aramäische Wörter gradezu durch hebräische ersetzt, die den Abschreibern geläufiger waren, andre sind so stark entstellt, dass man früher geneigt war, dem Samaritanischen eine Reihe sogen. kuthäischer, d.h. aus ihrer östlichen Heimat mitgebrachter unsemitischer Wurzeln zuzuschreiben. Leider gibt es noch keine, kritischen Ansprüchen genügende Ausgabe des samaritanischen Targums. Über seine traditionelle Aussprache geben uns nur vereinzelte Vokalzeichen ungenügende Auskunft. __Etwas besser, obwohl in viel jüngeren Handschriften ist eine von A. C. COWLEY, Oxford 1909, herausgegebene Liturgie überliefert, die manche noch aus der Zeit des vollen Lebens der Sprache stammende Stücke enthält, darunter auch solche eines Dichters Marqa aus dem 4. Jh.; ein von diesem verfasster haggadischer Kommentar zum Pentateuch ist uns wenigstens für Exodus erhalten. Solange dieser noch nicht kritisch herausgegeben ist, lässt sich eine Neubearbeitung des samaritanischen Sprachguts in Grammatik und Lexikon, die zu den dringendsten Erfordernissen der aramäischen Philologie gehört, nicht in Angriff nehmen. Schon jetzt aber lässt sich erkennen, dass der Verlust der Laryngalen, der später die Schreibung völlig verwildern liess, dem alten Targumtext noch fremd war. So wird auch die Formenlehre des Samaritanischen aufgrund kritischer Texte ein reicheres und reineres Bild ergeben, als es J. H. PETERMANN 1873 entwerfen konnte.
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Besser überliefert und daher auch schon genauer erforscht ist das Aramäisch der palästinischen Christen, die sich als Melkiten, d.h. Anhänger des Chalcedonense, eine von der soviel bedeutenderen syrischen, für sie häretischen, unabhängige Literatur geschaffen hatten. Deren Grundstock bildet eine Evangelienübersetzung, die uns nur in Lektionaren, z.T. in Verbindung mit alttestamentlichen Perikopen erhalten ist. Dazu kommen Hymnen, Homilien und Heiligenleben, sowie eine Liturgie für das Steigen des Nils, die also in einer in Ägypten ansässigen Gemeinde entstanden ist, endlich auch eine kurze rilschrift aus Geras (F. MACLER. M osaique orient., Paris 1907, 198/200). Das zuerst bekannt gewordene Vatikanische Evangeliar (Neuausgabe nach der Ordnung der Grundschrift von P. DE LAGARDE, Bibl. Syr. Göttingen 1892, mit den Varianten zweier Handschriften aus dem Sinaikloster von A. SMITH-LEWIS und M. D. GIBSON, London 1899) ist von einem Manne aus 'Abud in Nordjudaea geschrieben für das Kloster des Abbä Musä in der Stadt 'ntkyh im Distrikt 'dqws. Beide Namen sind noch nicht sioher gedeutet; schwerlich darf der zweite in al-Quds geändert werden, sodass man an eine Gemeinde dieser Sprache in der Nähe von Jerusalem denken müsste. Da sich solche Texte ausser in Ägypten auch in Damaskus gefunden haben, darf man annehmen, dass diese Sprache über Nordpalästina hinaus ins Ostjordanland verbreitet war. Wann diese Literatur entstanden ist, bleibt auch noch unsicher. Wenn BAUMSTARK mit Recht, wie es scheint, eine Abhängigkeit der Übersetzung des A. T.s von den palästinischen Targumen annimmt, so würde sich ergeben, dass diese palästinischen Christen unabhängig sowohl von der griechischen wie von der syrischen Kirche sich der Tradition ihrer jüdischen Landsleute angeschlossen hätten. Erst später, wahrscheinlich aber noch im 6. Jh., ist diese Übersetzung nach den LXX überarbeitet. Da kaum anzunehmen ist, dass diese Christen sich das A.T. früher als das Evangelium zu eigen gemacht hätten, so müsste man dies spätestens ins 5. Jh. versetzen, darf also nicht die Religionspolitik Justinians (527/65), die palästinische Juden ins Christentum hineinzwang, für die Entstehung dieser Gemeinden verantwortlich machen, wie SCHULTHESS vermutete. Zu einem früheren Ansatz stimmt auch die Unbeholfenheit der Übersetzung und die ungeregelte Schreibung des Dialektes, der mit dem von Galilaea jedenfalls keine näheren Beziehungen aufweist. NÖLDEKES Darstellung des aus Miniscalchis Erstausgabe des vatikanischen Evangeliars zu erhebenden Sprachmaterials (ZDMG XXII, 1868, 443-527) konnte F. SCHULTHESS aus den späteren Veröffentlichungen ergänzen und nach neueren sprachwissenschaftlichen Methoden untersuchen; seine
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durch den Tod unterbrochene und daher nicht völlig ausgereifte Arbeit hat E. LITTMANN, Tübingen I924, veröffentlicht. Als Schriftsprache wurde das Reichsaramäisch auch in Palmyra verwendet. In den grossartigen Ruinen dieser einstigen Rivalin Roms wurden schon I75I I3 Inschriften von H. DAWKINS und R. WOOD gefunden und I753 veröffentlicht, nachdem schon I6I6 eine griechischpalmyrenische Inschrift in Rom und eine palmyrenische in Taiyibe im Umkreis der Stadt aufgetaucht waren und von der weltweiten Wirkung dieser Wüstenzentrale Kunde gegeben hatten. Als dann seit I86I immer mehr Texte bekannt wurden, trat die nahe Verwandtschaft ihrer Sprache mit dem Biblisch-Aramäischen deutlich in Erscheinung. Diese Schriftsprache wurde in Palmyra von dem in der Stadt gesprochenen, ihr übrigens sehr nahe stehenden aramäischen Dialekt beeinflusst, der durch ihre Handelsbeziehungen zum Osten den Einwirkungen der dort gesprochenen Dialekte ausgesetzt war. Aus dem Reichsaramäischen hatte sich in Palmyra die gesonderte Schreibung des in der Aussprache mit s zusammenfallenden s erhalten. Die in Palästina immer mehr um sich greifende Aufgabe der laryngalen Artikulation ist hier noch nicht zu beobachten; auch das anlautende y mit Murmelvokal, das in den andern Dialekten mit diesem zu einem sonantischen i zusammenschmilzt, hat sich, wie die Umschrift griechischer Eigennamen zeigt, in der Aussprache gehalten. Nur in der Neigung, die langen Vokale im Wort auslaut verhallen zu lassen, unterliegt das Palmyrenische dem Einfluss der östlichen Dialekte. Beim Demonstrativpronomen haben sich in Palmyra ältere Formen, die später durch verdeutlichende Zusätze erweitert wurden, erhalten. Beim Nomen greift die Endung e des Status emph. im m. PI., die durch Dissimilation nach der Adjektivendung äi entstanden war, weiter um sich. Das Verbum hat noch den Ausdruck des Passivs durch Vokalwechsel bewahrt; beim Infinitiv des Kausativs dringt wie im J üdischaramäischen das Schema aq/öle aus dem Osten ein. Besonderheiten des Satzbaus lassen sich aus den kurzen und meist stereotypen Inschriften nicht ersehen, und in dem aus dem Griechischen übersetzten Zolltarif ist er zu stark an die Vorlage gebunden. In den Wortschatz sind zahlreiche technische Ausdrücke aus den Gebieten des Staates und der Finanzen wie des Heerwesens eingedrungen. Wie die Juden führten auch die Palmyrener neben ihren heimischen vielfach griechische Namen, die womöglich dem Original durch Lehnübersetzung angepasst waren. Unter den in Palmyra gefundenen Texten (s. J. CANTINEAU, Inventaire .des inscriptions de Palmyre I-VIII, Beyrouth 1930-6, ROSENTHAL
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300-1), überwiegen bei weitem die Grabinschriften. Daneben finden sich Statuen, die verdienten oder vornehmen Leuten, darunter auch Frauen mit der besonderen Femininbildung fjalm'pä, von ihren Angehörigen, von Zunft- und Handelsgenossen, aber auch von dem Behörden der Stadt errichtet und beschriftet sind, wobei öfters zugleich in griechischem Wortlaut der Anlass der Ehrung, insbesondere Verdienste um die Förderung des Karavanenhandels oder um Bauten, genannt wird. Unter den öffentlichen Urkunden ist der aus dem danebenstehenden griechischen Text übersetzte Zoll- und Steuertarif a.d. J. 137 n. Chr. mit seinen 162, leider namentlich im zweiten Feld stark beschädigten Zeilen die längste nordsemitische Inschrift, die wichtigste. Ohne systematische Ordnung werden hier Zölle für Import, Export und Transit neben Platzgebühren für Handwerker sowie Wasser- und Schlachtsteuern aufgeführt, um Streitigkeiten zwischen den Zollpächtern und den Pflichtigen vorzubeugen (s. J. B. CHABOT, Remarques sur le tarif de Palmyre, JA, 1918). Ausserhalb Palmyras sind Inschriften in ihrer Sprache in der näheren und ferneren Umgegend der Stadt, in Qaryatain und Taiyibe, weiter in tIarbatät bei Ba calbek, I:Iim;;-Emesa, Damaskus, J erusalem und in Dura Europos (s. Comte Du MESNIL DE BurssoN, Inventaire des inscriptions palmyreennes de Doura Europos, nouv. ed. Paris 1939), darunter die älteste bisher bekannte aus d. J. 33 v. Chr., aber auch in Ägypten und Nordafrika, in Tomi am Schwarzen Meer, in Ungarn, I talien und sogar in England gefunden worden; meist handelt es sich um Grabschriften für Legionäre, deren Andenken ihre Landsleute auch fern von der Heimat in ihrer Muttersprache festhalten wollten. Nachdem Palmyra 272 n. Chr. dem Kaiser Aurelian erlegen war, fehlte den Bewohnern der Stadt das Vermögen, um sich ihr Andenken gleich dem ihrer Vorfahren zu sichern. 274, zwei Jahre nach ihrem Fall hat man die letzte pamyrenische Inschrift in Kursive gesetzt. Die wenigen, aus späterer Zeit erhaltenen Inschriften sind griechisch abgefasst. Der Stolz auf das eigene Volkstum und seine Sprache war mit der politischen Unabhängigkeit zugleich gebrochen. S. J. B. CHABOT, Choix des Inscriptions de Palmyre, Paris 1922. J. CANTINEAU, Grammaire du Palmyrenien epigraphique, PuN de l' I nst. d' Etudef orient. de la F aculte des Lettres d' Alger, IV, Le Caire 1935. F. ROSENTHAL, Die Sprache der Palmyrenischen Inschriften und ihre Stellung innerhalb des Aramäischen, MV AG, 41, I, Leipzig 1936. D. SCHLUMBERGER, La Palmyrene du Nordouest~ suivi du Recueil des inscriptions semitiques de cette region, par; H. FABHOLT et J. STARCK (BibI. Arch. et Hist. T. XLIX), 1951.
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Auch in Assur und Hatra sind aramäische Inschriften aus der Zeit der Partherherrschaft gefunden worden. In Assur verewigten sich Verehrer des alten Landesgottes Assur und seiner Gemahlin Serua auf dem Pflaster eines über ihrem alten Tempel errichteten Neubaus (s. P. JENSEN, MDOG, I920, No. 60). In Hatra fand sich u.a. die Inschrift vom Standbild des Enkels des noch in der arabischen Überlieferung fortlebenden Königs Sanatruk (s. RONZEVALLE, al-M asriq, I9I2, 509 ff, JENSEN, a.a.O.). N ur als Schriftsprache wurde das Aramäische von den N abatäern verwendet, einem arabischen Volk, das vom nördlichen I:!igäz aus mit seinen Karavanen den Handel mit den Erzeugnissen und Einfuhren Südarabiens bis nach Damaskus hinauf vermittelte. Schon Antigonos versuchte 3I2 v. Chr. diese ihre wirtschaftliche Machtstellung zu erschüttern. Im 2. Jh. sicherten sie sich diese durch eine staatliche Organisation, die ihnen der Verfall des Seleukidenreichs ermöglichte, unter Königen, als deren erster im J. I69 I Makk. 5, 8 Aretas genannt wird. Ihrer Ausbreitung nach Süden scheint der Stamm Lil).yän ein Ziel gesetzt zu haben. Auch im Norden stiess sie auf starken Widerstand. Zwar konnte König Aretas In Philhellen den Seleukiden Antiochos XII i. J. 85 bei Qana und den König der Juden Alexander J annaeus bei Adida schlagen und damit dem nabatäischen Handel den Weg nach Damaskus und Bo~ra öffnen. Aber derselbe Alexander J annaeus konnte den Nabatäern i. J. 96 Gaza entreissen und sie damit vom Meer abschneiden. Aus Damaskus wurden sie von den Römern verdrängt, als die Legaten des Pompejus es i. J. 60 besetzt hatten. Aber in Bo~ra hielten sie sich noch ebenso wie im I:Iigäz in Hegra mit seinem Hafen Leuke Korne. Ihre Hauptstadt Petra im Süden des Ostjordanlandes konnte ihre Unabhängigkeit von Rom bis I06 n. Chr. bewahren, nachdem sie sie i. J. 62 v. Chr. von dem Quaestor des Pompejus)Aemilius Scaurus durch einen hohen Tribut erkauft hatte. Da König Malik I beim Einfall der Parther eine zweideutige Haltung gezeigt hatte, liess ihn Antonius 32/I durch eine Strafexpedition unter dem Juden Herodes züchtigen. Als von den ägyptischen Häfen am Roten Meer, namentlich von Myos Hormos der direkte Seeverkehr nach Südarabien eröffnet wurde, litt ihr Handel schweren Schaden. Unter Trajan machte dann der Statthalter in Syrien A. Cornelius Palma der Unabhängigkeit von Pet ra selbst ein Ende und fügte sein Gebiet der Provincia Arabia ein. Seine Stelle als Mittelpunkt des Karavanenhandels übernahm Palmyra. Diese Araber bedienten sich in ihren Inschriften, da ihre eigene Sprache noch nicht literarisch geformt war, des bei ihren Nachbarn im
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N orden herrschenden Aramäisch; sie hielten dabei an einigen Archaismen des Reichsaramäischen wie dem Pronomen 3. m. PI. hm statt hn, öfter auch an der Schreibung des Relativs mit zi (für Oi) statt di fest. Nur durch ihre Namen verraten sie ihre Nationalität. Aus ihrer eigenen Sprache lies sen sie nur wenige Wörter in ihre Texte eindringen, wie 'äl "Stamm", walad "Kinder" alJar "Nachkommenschaft", afjdaq "legitimer Erbe", wagr "Felsgrab" , r:jarilJ "Zimmer", 'ilJde "eine", das bequeme gair "andrer" mit dem Verb gaiyar "andern" , die Verba fjana'a "machen", halaka "sterben", la'ana "verfluchen", dies auch in der imprekativen Verwendung des Perfekts nach arabischem Sprachgebrauch, das arabisch geformte Part. pass. malJkür "gedacht", den Artikel al, die Präpositionen ji "in" und lJäsä "ausser" , sowie die stärker folgernde Konjunktion ja "dann". Dem Griechischen und Lateinischen entlehnen sie nur militärische Titel wie Strateg, Hipparch, Chiliarch, und Centurio und dazu einige Eigennamen. Die Inschriften der N abatäer finden sich ausser ihrer Hauptstadt Pet ra über das ganze Gebiet ihrer Handelswege zerstreut, im J-:Iaurän und im Ostjordanland, auf der Sinaihalbinsel, wo ihre zahlreichen Graffiti schon im 6. Jh. dem Reisenden Kosmas Indikopleustes aufgefallen waren, in Arabien in Taimä und namentlich in Hegra, wo die prächtigen, in griechischem Stil ausgeführten Grabbauten von dem Reichtum der dort ansässigen Kaufmannschaft zeugen; aber auch ausserhalb ihrer arabischen Heimat haben Nabatäer sich verewigt, in Oberägypten zu Dendera, in Milet, auf Kos und sogar in Italien. (Nachweise bei ROSENTHAL, 299). Die meisten naba*ischen Inschriften stehen an Grabbauten ; sie sollen dem Stifter und seinen Nachkommen deren Besitz und ungestörte Ruhe sichern. Daneben finden sich zahlreiche religiöse Weihinschriften, z. T. mit griechischer Übersetzung; sie gelten einheimischen Göttern, wie dem Sai' al-qaum, dem Helfer des Stammes, dem Düsarä A 'rä und der Allät, aber auch dem aramäischen Be'elSemin. Andre sind Männern, namentlich Bauherren zu Ehren errichtet. Auf dem Sinai haben sich viele Nabatäer verewigt, die wohl als Pilger die dortigen Kultstätten aufgesucht hatten. Nabatäischer Schrift und Sprache bedienten sich auch andre arabische Stämme, wie der König der Tanüb Gaoima, der gegen Ende des 3. Jh. seinem Erzieher Fihr, Sohn des Solla eine Ehrenstele errichtete. (LITTMANN, Sem. Inser., 389). Dann aber übernahmen die Araber ihre Schrift auch zur Darstellung ihrer eigenen Sprache, wie in der zu enNemära gefundenen Grabschrift des 328 verstorbenen Königs Imra'alqais
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von al-I:Iira, der dort König aller Araber genannt wird; s. J. CANTINEAU, Le Nabatien, I: Nations generales, Ecriture, Grammaire, II: Choix de Textes, Lexiqu,e, Paris 1930, 1932, DERS. Nabatien et Arabe, Annales de l'Institut d'Etudes Or. (Fac. d. lett. de l'Un. d'Alger), I, 1934/5, 77-97. Vom Reichsaramäischen und den ihm nahestehenden Mundarten des Westens heben sich die im Osten auf dem Boden der akkadischen Kultur gesprochenen Dialekte schärfer ab. Die Sprache Babyloniens kennen wir von zwei durch die Religion geschiedenen Volksgruppen, den Juden und den Mandäern. In Mesopotamien und Nordsyrien war es das Christentum, das der Sprache von Edessa ihre beherrschende Stellung in der Literatur erwirkte. Allen diesen ostaramäischen Dialekten gemeinsam ist die Verdrängung der alten Endung des Status emph. im m. PI. aiyä durch e, die hier vielleicht durch den Einfluss des Akkadischen befördert ist. Beim Verbum ist das y-Praefix der 3. P. im Impf. durch l oder n ersetzt. Dies l ist vielleicht die Präposition la > li, die auch im Arabischen, Äth. und im Tigre den Jussiv verstärkt, die hier, nachdem l'yi > li kontrahiert war, ihre Funktion verloren und das alte Praefix ganz verdrängt hat. Vielleicht hat auch hierbei das akkadische liksud mitgewirkt, das als Optativ aus lü i- entstanden ist. Aus l wurde n wohl erst durch Dissimilation. BAUER (ZDMG 69, 563) machte mit Recht darauf aufmerksam, dass eine grosse Zahl der im täglichen Leben gebräuchlichsten Verba des Aramäischen ein l im Stamm enthält. Die Sprachen der babylonischen Juden kennen wir aus den Discussionen der Rabbiner in dem dort gesammelten Talmüd, die in ihrem manierierten Stil die Sprache des Lebens zwar nur unvollkommen wiederspiegeln, aber doch mit deren Lautstand und Formenbau arbeiten. Wie im Akkadischen und sicher unter seinem Einfluss sind hier die Laryngalen ' und lJ geschwunden, doch ist lJ wenigstens als h erhalten. Die historische Rechtschreibung unterscheidet zwar noch die beiden Laute' und " hund lJ, aber in manchen etymologisch nicht mehr klaren Wörtern hat sich die wirkliche Aussprache durchgesetzt. Nachdem Babylonien unter die Herrschaft der Sasaniden gekommen war, führte auch das Eranische dem Wortschatz viele neue Bezeichnungen zu. Ausser dem Talmüd kennen wir die Sprache der Juden durch einige 30 Schalen, die hauptsächlich in Nippur gefunden sind und Zaubertexte in Quadratschrift enthalten. Danach kann kein Zweifel bestehen, dass sie für Juden hergestellt sind, wenn diese auch durchweg eranische Namen tragen. Da diese Texte sich wie jeder Zauber in festgefügten Formeln bewegen, in denen babylonische und hellenistische Vorstellungen zusammenHandbuch der Orientalistik III
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fliessen, ist ihr Ertrag für unsre Kenntnis der Sprache nicht sehr erheblich. Nachdem die Araber das zmä "Blut" vielleicht derselbe Lautwechsel vorliegt wie im griech. 0fL > O"fL und in der türkischen Aussprache
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des arabischen !Jidmät "Dienst" als hizmät. Das Relativ als Exponent des Genetivs zwischen zwei Nomina erscheint manchmal als t, wohl durch übersteigerte Aussprache in feierlichen Formeln wie rühä täbähäpan "Geist unsrer Väter" und Mandä t Haiye bei E. S. DRoWER-STEVENS, The Mandaeans, 103 H. Dem feierlichen Klang verdankt auch die alte Form 'arqä "Erde" ihre Erhaltung. Doppelkonsonanten werden hier besonders häufig durch Dissimilation des Anlauts zu n aufgelöst, wie in Mandä deHaiye "das Wissen des Lebens", nach dem die Sekte ihren N amen trägt. Für den Vokalismus sind die vielen Sprosssilben bezeichnend, die vielleicht wieder durch das Lentotempo bei der Rezitation der hI. Schriften begünstigt wurden. Unter den Pronomia des Mandäischen fällt das Demonstrativ für "jener" hanape ohne Genusunterschied, pI. m. hanapän, f. hanapen auf, in dem die deiktischen Elemente hä und n, wie im syrischen hänä "dieser" mit einem wohl erst dem Akkadischen entlehnten apeh "er selbst" usw. zusammengesetzt sind. Unter den Praepositionen ist das alte (am "mit", nachdem es seinen Anlaut verloren hatte, zunächst wohl vor Suffixen durch min "von" verdrängt, obwohl dies seinen Auslaut ständig bewahrt. Beim zweiradikaligen Verbum fallen die Formen mit langem Vokal und die mit kurzem Vokal und Doppelkonsonanz ganz zusammen, und ihnen schliessen sich auch die Verba mit ' und ( als zweiten Radikalen an nachdem diese in der Aussprahe verhallt waren. So fallen auch die Verba mit einer Laryngalis als 3. Radikal in manchen Formen mit den III y zusammen. Trotz dieses starken lautlichen Verfalls bewahrt aber das Mandäische die altsemitischen Formen; in Babylonien fehlte eben das Substrat, das im Neuostaram. zu einer völligen Umschichtung des Verb alb aus geführt hat (TH. NÖLDEKE, Mandäische Grammatik, Halle 1875. E. S. DRowER-STEvENs, The Mandaeans 0/ Iraq and Iran, Oxford 1937). Im Norden des semitischen Siedlungsgebietes, in Syrien ätnd auf dem Boden des alten Assyriens wurden aramäische Dialekte gesprochen, die ebenso wie die Babyions das Impf.-Praefix y meist durch n ersetzt haben, die sich aber durch Bewahrung der laI yngalen" Artikulation von ihnen unterscheiden. In Hatra (s. S: RONZEVALLE, al-M asriq XV, 509-32, P. JENSEN, SPA W, 1919, 1°42-51) und Assur gefundene Inschriften (s.o.) zeigen allerdings schon den Zusammenfall von l} und h, der im Syrischen nur in vereinzelten Dialektwörtern auftritt. Die ältesten syrischen Inschriften lieferten die Stadt Edessa (Urhai) und ihre Umgebung, die Osrhoene, wo seit etwa 125 v. ehr. eine arabische Dynastie, deren Glieder sich meist Abgar nannten, herrschte. Vom Grabe
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eines Königs dieses Hauses, Ma 'nü, stammt die älteste uns erhaltene Inschrift a. d. J. 73 n. Chr. (POGNON, Inser. sem., 2), die in der Gegend von Serrin gefunden ist. Hier ist noch das Impf.-Praefix y erhalten. Demselben Geschlecht gehörte die Amassams an, Gattin des Sär'dü, Sohnes des Ma'nü (des VIII?, 138-62, 164-88), deren Grabstele aus Edessa SACHAU, ZDMG 36, 145 veröffentlicht hat, sowie die Malkepä ba(r)p Ma'nü, der ebenda eine Ehrensäule errichtet wurde (eb. 154 f). In heidnische Zeit gehörten auch noch eine Inschrift aus der Umgegend von Aleppo, die N. AIME-GIRON, JAs, XI, v. 19, 1922, 844 veröffenlicht hat, die Grabschrift des Seleuk(os) Bar Muqima a. d. J. 20I (POGNON No. 38) und die Denksteine für einige Herrscher. Aus dem Archiv der Könige von Edessa stammt der Bericht über eine Überschwemmung aus dem J. 201, der uns in einer späteren Chronik der Stadt erhalten ist (s. meine ehrest., 21 f). Das älteste Originaldokument lieferte ein in Dura-Europos gefundenes Pergament mit einem Kaufvertrag aus Edessa v. J. 243 (s. TORREY, ZS X, 33/45). Hier tritt schon der in der älteren syrischen Literatur herrschende Schrifttypus, das sogen. Estrangelo, die Rundschrift auf; doch ist hier das Zeichen s für S, das später mit s zusammenfiel, noch beibehalten. Bald darauf setzt auch die literarische Überlieferung ein; die syrischen Inschriften aus späterer Zeit bieten daher nur noch lokales und manchmal baugeschichtliches Interesse, liefern aber der Sprachgeschichte nur vereinzelte Vulgarismen. Dass die Sprache von Edessa schon in heidnischer Zeit auch über den Bereich der Osrhoene hinaus literarische Würde besass, zeigt der uns erhaltene Brief eines Märä Bar Serapion aus Samosata, der von den Römern aus seiner Vaterstadt im Zusammenhang mit leider nicht näher datierbaren politischen Ereignissen fortgeführt wurde und nun an seinen studierenden Sohn Ermahnungen im Stil der stoischen Popularphilosophie richtet (s. SCHULTHESS, ZDMG LI, 365/91). Die christliche Literatur der Syrer, deren Geschichte in .. Ih .. dargestellt wird, setzte mit der uns nicht im Original erhalt~nen Übersetzung der Evangelienharmonie des Tatian ein. Ihr folgten wohl zunächst Übertragungen alttestamentlicher Bücher. Bei der Chronik, die für den kirchlichen Gebrauch nicht eben wichtig war, begnügte man sich mit einer notdürftigen Angleichung eines jüdischen Targüms an den heimischen Dialekt (s. S. FRAENKEL, ] ahrb. f. prot. Theologie, 1879). Aber auch der so viel wichtigere Pentateuch wurde unter dem Einfluss des Onkelos übersetzt, Diese alttestamentlichen Texte sind vielleicht schon in der Adiabene, deren Königshaus zum Judentum übergetreten war,
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übernommen und später in der edessenischen Kirche nur überarbeitet worden. Nachdem die Dynastie der Abgariden zum Christentum übergetreten war, ward ihre Hauptstadt Edessa die wichtigste Pflanzstätte der syrischen Literatur. Sie diente aber nicht der rechtgläubigen Kirche allein. Am Hofe Abgars IX lebte seit etwa 222 Bardai~än, dessen Familie aus Arbela eingewandert war. Er schuf hier den Anhängern der von ihm nach Anregungen Valentinians begründeten gnostischen Sekte religiöse Lieder, deren Stil von seinem Sohn Harmonios weiter entwickelt und dann auch von der Hochkirche übernommen wurde; aus seiner Schule stammt auch die erste weltliche Prosaschrift, wenn wir von dem Brief des Mära absehen, ein den platonischen nachgebildeter Dialog über die Gesetze der Länder (s. SCHULTHESS, ZDMG, 745/50-64, 9I/4, NÖLDEKE, eb. 555-60). Dies literarische Syrisch ist wie die meisten Schriftsprachen in sich nicht ganz einheitlich. Aus einem östlicheren Dialekt, vielleicht dem der Adiabene, hat es mehrere Wortformen mit Dissimilation verdoppelter Konsonanten übernommen Cant "du" usw, 'antepä "Frau", ganbärä "Held"), für die eine spätere Aussprachebezeichnung die Grundform wiederherstellt, die für 'att,pä in Edessa schon in der Grabschrift der Amassams bezeugt ist. Die vulgäre Assimilation eines t im Wortauslaut an einen folgenden Konsonanten (aus Amat Sams) wie sie dieser Name zeigt, die in den Inschriften auch sonst noch auftritt, ist in der literarischen Tradition ausgemerzt. Von dialektischen Verschiedenheiten, abgesehen von der gleich zu erwähnenden Schichtung der Vokale in der östlichen und der westlichen Aussprache, geben uns nur vereinzelte Notizen bei den Lexikographen Kunde. Der Formenstand des Altaramäischen ist im Syrischen weit treuer bewahrt als in den babylonischen Dialekten; nur der auch schon im Hebräischen sich vorbereitende Zusammenfall der Verba III ' mit den III y ist nahezu vollständig durchgeführt. Früh schon tritt aber auch bei guten Schriftstellern die Neigung auf, aktive Verb formen durch passive zu umschreiben, die wohl auf eine geistige Anlage des Substratvolkes zurückzuführen ist und die dann im Neusyrischen zu einem völligen Umbau des Verbalsystems geführt hat; dass es sich hier um eine altererbte Tendenz handelt, zeigt ihr Auftreten auch in den westeranischen Dialekten. Zu den schon altaramäischen Lehnwörtern aus dem Kanaanäischen hat das Syrische aus dem Hebräischen noch einige kirchliche Ausdrücke übernommen. Als besonders stark aber erwies sich der Einfluss des
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Griechischen, namentlich bei den im römischen Reich lebenden Westsyrern, den J akobiten, die sich trotz ihrer häretischen Einstellung der geistigen Übermacht der byzantinischen Kirche nicht entziehen konnten, wie sie denn auch ihre eigene Lehre griechischen Theologen verdankten. Aus deren Sprache drangen nicht nur zahlreiche Wörter, namentlich aus dem Bereich des kirchlichen Lebens in das Syrische ein, sondern auch Wortfügung und Satzbau passten sich in einigen Punkten den griechischen an; die Partikeln des Gegensatzes und der Begründung den "aber" und ger "denn" sind zwar echtaramäisch, verdanken aber ihre Bedeutung und ihre Stellung nach dem ersten Wort des Satzes dem Vorbild des griechischen oE: und yap. Gute Schriftsteller halten sich von fremden Einflüssen allerdings freier als einige Übersetzer, die sich sklavisch an den griechischen Text anschliessen. Viel weniger hat das Eranische auf das Syrische eingewirkt, obwohl die beiden verbreitetsten Volksbücher, das indische Fabelwerk Kalila und Dimna und der Alexanderroman, aus dem Pahlavi übersetzt waren. Die Einheit der syrischen Schriftsprache wurde durch die dogmatischen Streitigkeiten des 5. Jh.s schwer gefährdet. Nachdem die im Pers erreich lebenden Syrer sich der Lehre des N estorios angeschlossen hatten, mussten ihre Lehrer aus dem geistlichen Mittelpunkt der Syrer, aus Edessa weichen und 489 in Nisibis eine eigene Schule eröffnen. Der Riss zwischen den beiden Konfessionen, der sich wie gewöhnlich im Orient zu einem nationalen Gegensatz erweiterte, trat erst recht in Erscheinung, als das Syrische nach dem siegreichen Vordringen des Arabischen, namentlich in den Städten, immer mehr aus dem täglichen Leben verschwand und die Geistlichkeit sich daher genötigt sah, seine Aussprache für den kirchlichen Gebrauch festzulegen. Die Nestorianer hatten die reine Aussprache des ä bewahrt, während die J akobiten im Westen es wie die Juden nach KAHLE, Cairo Geniza 52 erst im 7.-8. Jhd. zu ö getrübt hatten; sie hielten auch die Vokale e und ö fest, die im Westen mit i und 17 zusammengefallen waren. Hatte schon die altererbte Rundschrift in den beiden Gemeinschaften sich gesondert weiter entwickelt, so schieden sich ihre Schreiberschulen nun auch durch die Methoden der Vokalbezeichnung. Die Nestorianer entwickelten aus den einfachen Punkten, mit denen man ursprünglich kürzere und vollere Wortformen unterschieden hatte, ein vollständiges System, das zwar den Lautstand sorgfältig wiedergab, aber durch Häufung der Punkte oft unübersichtlich wurde. Die Jakobiten aber übernahmen die griechischen Vokalbuchstaben und setzten sie an die Seite der vertikal geschriebenen, wenn auch horizontal gelesenen Zeilen. Später suchte man
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wohl auch die Vorzüge beider Systeme mit einander zu verbinden, nachdem das gemeinsame Joch der Fremdherrschaft die konfessionellen Gegensätze gemildert und auch zu einem gewissen Ausgleich in der Überlieferung der hl. Schrift geführt hatte. S. TH. NÖLDEKE, Kurzgejasste syrische Grammatik, 2. AufI. Leipzig 1898. C. BROCKELMANN, Syrische Grammatik, 6. Aufl., Leipzig 1951. Nachdem die beiden syrischen Volksgruppen unter die Herrschaft der Araber gekommen waren, mit denen sie im Westen schon lange vorher friedlich zusammengelebt hatten, gaben sie namentlich in den Städten bald die eigene Sprache auf. Zwar die Träger der Bildung, die Geistlichen, hielten am Syrischen, das ja auch im Kultus noch die Herrschaft behauptete, lange fest, ja sie gewannen als Vertreter der hellenistischen Wissenschaft bald starken Einfluss auf die arabische Literatur. So ist auch nach dem Siege des Isläms noch viel in syrischer Sprache geschrieben worden, und noch in der Mongolenzeit handhabte der Mafreyänä der J akobiten, Barhebraeus auch in seinen profanen Schriften die Sprache der Väter mit grosser Gewandtheit. Nirgends treten bei ihm vulgäre Wortformen auf und auch in seiner Grammatik nimmt er von solchen nur vereinzelt Notiz. Aber mit dem Niedergang der islamischen Kultur, der dem Mongolensturm folgte, sank auch das schon spärliche syrische Schrifttum immer tiefer, da auch die Geistlichkeit mehr und mehr zum Gebrauch des Arabischen überging. So konnte sich das Aramäische nur in entlegenen Gebirgsgegenden bis in die Gegenwart am Leben behaupten. Im Westen lebt das Aramäische, täglich mehr vom Arabischen bedrängt, nur noch in einigen Dörfern des Antilibanus, in dem vorwiegend christlichen Ma 'lülä und den benachbarten, schon dem Isläm verfallenen Orten Ba:g'a und Gubb'adin. Als Erben des West aramäischen erweisen sich die hier gesprochenen Dialekte durch die Trübung von betontem ä zu 6, die nicht nur in den zahlreichen Entlehnungen aus dem Arabischen nachwirkt, sondern sogar die in der Umgegend gesprochenen arabischen Dialekte selbst ergreift. Unbetontes ä ist aber zu a gekürzt, nicht nur im Auslaut wie rjahba "Gold", sondern auch im Inlaut in offener Silbe wie qaf,elle "er schlägt ihn", wie in geschlossener in dem Titel mar "mein Herr" vor Eigennamen. Also kann ä > 6 erst verschoben sein, nachdem der Druck auf die Paenultima zurückgegangen war, wenn ihn nicht eine lange Silbe am Wortende dort festhielt. Dass diese Verlagerung des Druckes erst später eingetreten ist, zeigen auch noch die Vokale i und u; sie bleiben als solche erhalten, wenn sie in ursprünglich druckloser Silbe vor einer geschlossenen standen, wie
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yiqtul "er tötet", qutlun "tötet" werden aber in sekundär betonter Silbe zu e und 0 (debsa "Honig", sopPta "Woche") verschoben. Unter den Konsonanten sind selbst die Laryngalen gut erhalten, nur ) und h sind zuweilen dem Schwund ausgesetzt. Die emphatische Aussprache der Explosiven ist wie in den benachbarten syrisch-arabischen Dialekten manchmal schon aufgegeben. Die Explosiva t ist zur Komplexpalatalen e verschoben. Wie in einigen arabischen Dialekten (s. KOFLER, WZKM 47, rr6) und doch wohl unter deren Einfluss ist das k vor i im Suff. 2. f. Sg. zu s geworden und dies verbreitet sich durch Analogie auch auf das Affix der gleichen Person am Perfekt und sogar auf das selbständige Pron. has "du" (Frau) im Gegesatz zum m. hae. Verdoppelte Medien verlieren wie in vielen Sprachen ihren Stimmton, wie rappa "gross", sattar "schickte"; in dem arabischen Lehnwort lJattöta "Schmied" geht der Stimmverlust dann auch auf den nichtverdoppelten 3. Radikal über. Auch der Formenbau des Aramäischen ist in Ma 'lUlä noch gut erhalten. Das Pron. 2. P. haee, has, das seinen Anlaut dem Einfluss der 3. P. verdankt, ersetzt die alte PI. - endung durch das Possessivsuffix in haelJon. Das Demonstrativ für die entferntere Deixis ist durch eine vollere Neubildung aus den selben Elementen wie im Mandäischen (höte, hatinnun) ersetzt. Beim Nomen ist die Endung des m. Status det. e durch die voller klingende der Beziehungsadjektiva äye> oyi > öy, ö ersetzt, oft aber dem Sing. durch Annahme von a angeglichen. Der Einfluss der benachbarten arabischen Dialekte tritt besonders stark beim Verbum in Erscheinung. Hier sind mehrere dem Aramäischen fehlende Aktionsarten, der Zielstamm III und die Reflexiva V, VI, VII, VIII und X zunächst mit arabischen Verben übernommen, dann aber auch auf aramäische Stämme übertragen, wie mincabrin "sie zerbrechen". Auch sonst ist der Wortschatz von Entlehnungen aus dem Arabischen gradezu überschwemmt; sie sind nicht nur in den Bereich der Sachwörter eingedrungen, sondern haben auch Partikeln und Interjektionen aufs stärkste durchsetzt. Aber selbst den Kurden, die in jedem Sommer als Viehhändler zum Libanon hinabziehen, hat man ihre Negation eu abgeborgt, die beim Handelsverkehr oft mit besonderem Affekt gehört sem mag. S. A. SPITALER, Grammatik des neuaramäischen Dialekts von Ma'lülä (Antilibanon) , AKM, XXIII, I, Leipzig 1939. S. REICH (jetzt RICE) Etudes sur les viUages arameens de l'Antiliban, Damas I939. Viel weiter als diese westlichen Dialekte haben sich die der Syrer im
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Osten vom ursprünglichen Bau des Aramäischen entfernt. In ihnen lebt noch die durch die Dogmatik hervorgerufene Spaltung des Volkes fort. Die Jakobiten im Tür 'Abdin haben wie ihre Vorfahren ii > 0 und ö> ü verschoben, aber abweichend von der literarischen Überlieferung das alte e bewahrt. Dass die Verschiebung von ii > 0 erst spät eingetreten ist, zeigt die aus ii in geschlossener Silbe entstehende Kürze wie nargo "Axt" qamaito "erste"; diese Lautneigung ist aber heute nicht mehr lebenskräftig und lässt daher sekundär nach Aufhebung einer Doppelkonsonanz wie diimik "schlafend" oder durch Verlust eines auslautenden h in ii "ihr" oder durch Affektbetonung wie im Imp. dmiik "schlaf" entstehendes ii unberührt. Während Laryngale und Velare gut erhalten sind, lässt sich auch hier oft ein Erschlaffen in der Artikulation der emphatischen Laute beobachten. Weit mehr als im Lautstand entfernt sich das Toräni im Formenbau vom Altsyrischen. Beim Personalpronomen ist auch hier der Anlaut h von der 3. auf die 2. Ps. übertragen worden. Die in vielen Sprachen zu beobachtende Flucht vor der Einsilbigkeit hat das Pron. der 3. P.s. durch Anhängung der Possessivsuffixe zu hüwe und hiya verstärkt, die Endung des PI. folgt der des m. Sg hinne. Das einfache hü, hi, das in der alten Sprache schon oft zur bIossen Hervorhebung diente, wobei es in der Enklisis seinen Anlaut verlor, ist hier zu einem vorgesetzten determinierenden Artikel Sgm. ü f. i, PI. ann, dessen n konsonantischen Anlaut assimiliert wird, entwickelt. Beim Nomen begnügt sich das Torani nicht mit den altererbten Formen, Sg. m. 0 PI. e, Sg. f to. PI. 010. Es lässt nicht nur die im Altsyrischen auf bestimmte Wortkategorien beschränkte Endung one wuchern, sondern entlehnt dem Kurdischen die Endung in (= neupers. an) und dem Arabischen nicht nur die bei Berufsnamen beliebte Endung iye, sondern auch dessen innere Pluralbildung, die auch auf kurdische Wörter wie Mn "Zelt" PI. kowan übertragen wird. Beim Fern. dringt neben die altererbte Endung 010 die arabische iit ein, die wie im Türkischen und Eranischen auch an diesen Sprachen entlehnten Wörtern erscheint. Am stärksten ist das Verbum umgestaltet. Von dem alten Formbestand ist nur der Imper. erhalten und in erstarrter Gestalt das alte enklitische Perfekt wo "war". Wie vereinzelt schon im Altsyrischen ist der aktive Ausdruck der Vergangenheit unter dem Einfluss des vorderasiatischen Substrats durch das Passiv ersetzt, wie msikla "er .wurde von ihr gefangen" = "sie fing ihn"; bei intransitiven Verben tritt dafür
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das intensive Verbalnomen wie dämik "er schlief" ati "er ist gekommen" mayit "er ist gestorben". Für die Gegenwart und die Zukunft tritt wie oft schon im Altsyrischen das aktive Partizip ein, das auch als Optativ und nach lö "nicht" als Prohibitiv dient; die bei den Zeitsphären werden durch die Partikeln k, reduziert aus qä'em "stehend", für die Gegenwart und das noch nicht einleuchtend erklärte k.d,g.d für die Zukunft unterschieden. Von den alten Aktionsarten sind Intensiv und Kausativ noch ganz lebendig, während die Reflexivstämme schon im Begriff sind zu erstarren und im Gegensatz zum. Ma 'IUlädialekt auch durch Anleihen beim Arabischen nur wenig Zuwachs erhalten haben. Der Wortschatz ist nicht nur aus dem Arabischen sondern auch aus dem Kurdischen stark überfremdet durch Anleihen. S. A. SIEGEL, Laut- 'bmd Formenlehre des neztaramäischen Dialekts des Tür Abdin, Hannover I923. Die Dialekte der N estorianer zerfielen, ehe sie durch die zwischen den bei den Weltkriegen über sie hereingebrochene Katastrophe zerstreut und in ihrem Volkstum nahezu vernichtet wurden, in vier von Süden nach Norden sich ausbreitende Gruppen. Unter den südlichen Dialekten ist der wichtigste der der Bauern (Fellil).i) in der Mo::.;ulebene, namentlich um Alqos. Hier haben schon im I7. Jh. nestorianische Geistliche angefangen, ihren Gläubigen Lieder in der Volkssprache zu dichten, konnten sich dabei aber vom Vorbild der klassischen Literatur nicht ganz freihalten. Amerikanische Missionare haben auch eine Evangelienübersetzung für diesen Dialekt geschaffen, die aber nahezu verschollen ist. Leider haben die wenigen Gelehrten, die den Dialekt an Ort und Stelle oder durch Auswanderer zu hören Gelegenheit hatten, versäumt, ihn in phonetischen Aufzeichnungen festzuhalten, sodass wir über seinen Lautstand nur unvollkommen unterrichtet sind. (1. GUIDI, ZDMG 37, 293-3I8; E. SACHAU, Skizze des Fellichidialekts von Mos1~1, ABA, I895.) Dem Fellil).i sehr nahe steht der Dialekt der Juden von Zagu, nördlich von Mo::.;ul und der der Nestorianer in Westkurdistan in Bohtän am Oberlauf des Tigris. Am besten bekannt ist der Dialekt der am Westufer des Urmiasees angesessenen Christen, da amerikanische Missionare schon vor IOO Jahren sich ihrer geistigen Vereinsamung annahmen und ihnen eine Literatur in ihrer Volkssprache schufen, die einen guten Einblick in deren Bau gestattet, wenn auch hier getreue phonetische Aufnahmen leider versäumt sind. Aufgrund dieser Literatur schuf NÖLDEKE (Grammatik der neusyrischen Sprache, Leipzig I868) die erste Darstellung einer lebenden aramäischen Mundart, die A. J. MACLAEN (Grammar 01 the Dialects
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01 Vernacular Syriac as spoken by the Eastern Syrians 01 Kurdistan, North West Persia and the Plain 01 Mosul, Cambridge 1895) zwar durch reiches dialektisches Material ergänzen, seinem praktischen Zweck gemäss aber weder durch genauere Darstellung des Lautstandes noch durch historische Untersuchung des Formenbaus ausbauen konnte. Die von den Missionaren normierte Schriftsprache übernahmen auch die nach dem Kaukasus und nach Amerika ausgewanderten N estorianer für ihre Presse, die in Tiflis 1934 durch den Kol].bä, dmedinl].ä, in Kalifornien zeitweise durch ein ] ournal Karmä und in Brookline 1920 durch ein Blatt Rä yalJifjfjimüna "sie streiten" S. 36-49 nach Ubaiy (JEFFERY, 159). So wird auch der Vokal des Impf.-Präfixes im I. Stamm manchmal dem des 2. Radikals angeglichen, wie in nu(buduhum S. 39, 3, sanifrigu S. 55,31 (VOLLERS, 38). Im Fluss der Rede wurde bei der Qor'änrezitation mehrfach der Auslaut eines Wortes dem Anlaut des folgenden angeglichen. Während auslautendes n in der Dichtersprache nur in den Partikeln 'an und 'in der folgenden Negation lä und in den Praepositionen min und (an dem m der Interrogativa assimiliert wurde, liessen Ibn Mas(üd und Tall).a b. Mu~arrif das n von 'in in 'anirJrJukirtum S. 36, 19 auch in einem rJ aufgehen (JEFFERY, 78), indem sie zugleich, wie es scheint, die Aufeinanderfolge der beiden Hamz in 'a'in durch den Hiatustilger n vermieden. Schon in der Poesie wurde das Tanwin vielfach einer folgenden Liquida angeglichen, was allerdings nur in besonders sorgfältig geschriebenen Handschriften philologischer Werke, und solchen des Qor'äns, wie sie der offiziellen Kairiner Ausgabe zugrundeliegen, durchgeführt zu werden pflegt. Wie das l des Artikels behandelten al-Kisä'i und Hamza auch den Auslaut der Partikeln bal und hal (s.b. Ya (iS 1481, 3, b. Durustuya zu einem Vers des SammälJ, al-Masriq 1920, 505, 2). Während in der Poesie das Versrnass die auslautenden kurzen Vokale festhält, waren sie in der Umgangssprache namentlich zwischen Lauten gleicher oder verwandter Artikulation vielfach geschwunden, daher solche Laute dann zusammenschmelzen. Das ist für die Rezitation mancher Qor'änleser bezeugt, so für al-Kisä'i in nalJsif bihim S. 34, 9, für Abü (Amr salJlJara lakum > salJ!JallakumS. 22. 64, atharu lak~tm > 'athallakumS. 1I. 80 (VOLLERS, 35), in weiterem Umfang bei Zahn- und Zischlauten, die nicht nur in einander aufgehen, sondern auch ein schon als dj artikuliertes g sich angleichen, wie di'lma(ärigi ta(ntgu > diCZ-ma(äritta(rugu S. 70, 3/4, sogar mit Überschreitung der Versgrenze bei a. (Amr (Muf. 193, 4, VOLLERS, 26), oder in ihm aufgehen, wie wagabat gunübuhü "seine Seiten senkten sich" S. 22. 37 zu wagabaggunübuhü, endlich auch bei Velaren wie lJalaqa kulla > lJalaqqulla S. 24. 44, und Laryngalen, wie zuJ:tziJ:ta (an> zuJ:tzi( 'an S. 3. 182. nach a. (Amr (a.a.O.). Andere Dialektunterschiede treten im Formenbau zutage. Die den Qais Tamim u.a. eigentümliche Bildung des Impf. neutrischer Stämme
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mit dem Präfixvokal i ausser nach y (RABIN , 61 i) dringt bei Verben I > vereinzelt auch in die Qor>anlesung ein, wie in ti>manhü S. 3, 68 (75) in den Handschriften des Mas'ud (JEFFERY, 33) und des Ubaiy (eb. 124) und ti>lamüna S. 4, 104-5 in der des al-A 'mas und der Lesung des a. :tIa~in und b. al-Mu 'tamar (eb. 317). Eine Eigentümlichkeit des mekkanischen Dialekts war die Abneigung gegen die Aufeinanderfolge des Reflexivpräfixes ta im 5. und 6. Stamm und eines anlautenden Dentals (RABIN, 147), die durch Vokalverlust beim Präfix und Assimilation vermieden wurde; zu Formen wie yaddakkaru bildete man dann auch Perfekta wie ittäqaltum S. 9. 38, wie im Kana 'anäischen und Aramäischen und in den neueren Dialekten, wie schon dem Span. ar. Während sich n als 1. Radikal auch nach den Imperf.-präfixen des 1. und 4. Stammes sonst stets behauptet, schwindet es vereinzelt durch Dissimilation nach dem n als Präfix der 1. PI. wie in nuggi < mtngi S. 21. 88 und nach der Auffassung einiger Ausleger in nuggiya S. 12. IIO sowie in einzelen Hdss. in lina?ura S. 10. 15, lana~~uru S. 40, 50-54 (b. Ginni, ffa~äi~ I, 4°3, 9, b. Ya'iS 981, 3, Bergsträsser, GQ III, 51). Manche Neubildungen treten bei den Stämmen med. gern. durch Kürzung normaler Formen, auf, wie ?alilta > ?alta S. 20, 97, dessen Variante ?ilta bei b. Mas'ud und Ubaiy (JEFFERY 61) vielleicht der Analogie von bitta folgte wie BARTH, ZA 24, 331, vermutete. Die vom Islam getragene Wanderbewegung schuf der arabischen Sprache einen weiteren Lebensraum, der ganz Vorderasien bis an die iranischen Randgebirge im Osten, und bis an die Ausläufer des kleinasiatischen Hochlandes im Norden, Ägypten bis in den Sudan hinein, Nordafrika und Südspanien umfasste; von 'Oman aus drang das Arabische auch nach Zanzibar und Ostafrika vor. Die Araber, die einst den Islam bis nach Ostiran verbreitet hatten, sind nach dem Niedergang der umaiyadischen Herrschaft in ihrer iranischen und türkischen Umgebung aufgegangen. Heute haben sich nur wenige Reste arabischer Stämme im Bereich der Republik Uzbekistan erhalten, deren Gesamtzahl N. BURYKINA und M. IZMAILOVA in Nekotorye dannye po jazyku Arabov kislaka Djugary Bucharskogo Okruga i kislaka Djeinay Kaska-Darinskogo okruga Uzbekskoi SSR, Zap. Koll. vost. V, 527-49 auf 27977 Personen schätzten; ihre Sprache hat schon viele iranische und türkische Elemente aufgenommen und sich in ihrer völligen Isolierung eigenartig entwickelt. Bei diesen Arabern lebt keine Erinnerung mehr an ihre Herkunft; die Einweisung in ihre jetzigen Wohnsitze führen sie auf Tamerlan zurück. In den andern Gebieten Vorderasiens aber hat das Arabische festen
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Fuss gefasst und die dort vorher herrschenden Sprachen fast restlos aufgesogen. In Syrien und im Zweistrornland ist das Aramäische in die o.S. 158 genannten Gebiete zurückgedrängt. Am längsten hielt sich noch das Syrische als die Sprache der christlichen Kirche, deren Klerus an ihr nicht nur im Gottesdienst festhielt, sondern sie auch literarisch weiter zu pflegen bemüht war, als ihre Gemeindeglieder sie im täglichen Leben längst gegen das Arabische vertauscht hatten. Bald aber musste die Geistlichkeit sich in erbaulichen Werken des Arabischen bedienen. Schon aus der Zeit um 800 sind uns aus Südpalästina, insbesondere aus dem Kloster des hl. Saba, S.ö. von J erusalem, arabische Übersetzungen von Teilen der Bibel und der Apokryphen, sowie Mönchsviten in Handschriften aus dem Kloster der hl. Katharina auf dem Sinai erhalten, und seit dem 10. Jhrh. erblühte eine fruchtbare theologische Literatur in arabischer Sprache. Im rib, im S. die Hochebene von Ibb bis an die Grenzen des Protektorats von