118 58 6MB
German Pages 368 [81] Year 1997
HANDBUCH DER ORIENTALISTIK ERSTE ABTEILUNG II. BAND, 4. ABSCHNITT, LIEFERUNG 1A
HANDBUCH
DER ORIENTALISTIK von B. SPULER
Herausgegeben
unter Mitarbeit
H. FRANKE,
J. E.
DER
NAHE
J. GONDA, H.
von
HAMMITZSCH, W. HELCK,
VAN LOHUIZEN-DE LEEUW UND F. Vos
ERSTE ABTEILUNG UND DER MITTLERE
OSTEN
HERAUSGEGEBENVON B. SPULER
ZWEITER BAND
KEILSCHRIFTFORSCHUNG UND ALTE GESCHICHTE VORDERASIENS VIERTER ABSCHNITT
ORIENTALISCHE GESCHICHTE VON KYROS BIS MOHAMMED LIEFERUNG 1A
LEIDEN/KÖLN
E.
J. BRILL 1971
ORIENTALISCHE GESCHICHTE VON KYROS BIS MOHAMMED LIEFERUNG 1A
MIT BEITRÄGEN VON
E. VISSER
UND
H. VOLKMANN
LEIDEN/KÖLN
E. J. BRILL 1971
Copyright 1971 by E.
].
Brill,
Leiden, Netherlands
All rightsreserved. No parl ofthis book mqy be reproduced or translated in any form, by print, photoprint, microftlm, microftche means 111ithoutwrilten permission from the publisher or any other PRINTED
IN THE NETHERLANDS
INHALTSVERZEICHNIS I. Ägypten von Kyros bis Oktavian (E. V1sSER) .
I
II. Ägypten unter römischer Herrschaft (HANS VoLKMANN).
21
Register, zusammengestellt
67
von URSULASTEIER . . . . . .
ÄGYPTEN VON KYROS BIS OKTAVIAN VON
ELIZABETH VISSER
I. DIE PERSERHERRSCHAFT
Die Eroberung Ägyptens durch den Perserkönig Kambyses, der das Land im Jahre 525 besetzte, bedeutete das Ende der Geschichte des souveränen ägyptischen Staates. Zwar haben, zumal im 4. Jahrhundert, libysche Fürste manchmal auf kurze Zeit die Herrschaft wiedergewonnen, aber von einer wirklichen Unabhängigkeit Ägyptens kann man von Kambyses bis auf Alexander den Großen doch kaum mehr reden, und wenn nachher im hellenistischen Zeitalter Ägypten noch einmal dazu bestimmt war eine führende Rolle in der antiken Weltpolitik zu spielen, so verdankte es diese Großmachtstellung doch nur einer ausländischen Dynastie und ausländischen Truppen. Gewissermaßen gehört die politische Geschichte Ägyptens „von Kyros bis auf Justinian" eher zur persischen, griechischen, römischen und byzantinischen als zur ägyptischen Geschichte. Selbstverständlich gilt dies nur von der politischen Geschichte; die ägyptische Kultur ist während der Jahrhunderte der fremden Besatzung im allgemeinen ihren eigenen Weg gegangen, und das Land hat in geradezu erstaunlicher Weise eigenes Volkstum und eigene Sprache bewahrt. Aber die politische Geschichte wurde nach 525 gemacht „chez eux, sur eux et sans eux", wie es der französische König Ludwig XIV einmal den Niederlanden gegenüber ausgedrückt hat. Die Perserherrschaft war den Ägyptern verhaßt; das scheint wenigstens aus dem Geschichtswerk Herodots 1 hervorzugehen. Nach seinem Bericht hat Kambyses den heiligen Apisstier tödlich verwundet; zudem schändete er Gräber und verspottete die ägyptischen Kultstatuen. Herodot wundert sich demzufolge gar nicht daß die große Expedition des Kambyses nach dem Süden völlig mißlang, und daß der König selbst wahnsinnig wurde und ein klägliches Ende fand. Man muß natürlich bedenken daß Herodot das, was er über Kambyses 1
z.B. Herodot II, 29/30, 37, 64.
Handbuch der Orientalistik, Abt. 1, Band II, Abscbn. 4, Lfg. IA
2
ELIZABETH VISSER
zu erzählen weiß, zum allergrößten Teil von den ägyptischen „Priestern" 1 gehört hat. Als er in das Land kam, hatten die Deltabewohner zweimal vergebens versucht das Perserjoch abzuschütteln 2 und diese fehlgeschlagenen Aufstände werden das Verhältnis zwischen den Landeskindern und den Persern nicht verbessert haben. Man muß also damit rechnen daß Herodots Mitteilungen mindestens einseitig sind. Leider ist es aber nicht gut möglich ihn zu korrigieren, denn die Quellen über Kambyses' Auftreten in Ägypten fließen nicht gerade reichlich. Die wichtigste Quelle neben Herodots Erzählung ist eine Inschrift in der vatikanischen Sammlung3 in der ein mit den Persern zusammenarbeitender Ägypter Udjeharresne die Wohltaten der Perserkönige an Ägypten verherrlicht. Nach Udjeharresne hat Kambyses ägyptische Tempel wiederhergestellt und gereinigt, und Opfer dargebracht wie jeder frühere Pharao. Man merkt der ägyptischen wie der griechischen Quelle die Nebenabsichten all zu deutlich an; die Wahrheit mag in der Mitte gelegen haben. Daß aber die Perserherrschaft in Ägypten verhaßt war, ist nicht zu leugnen - findet man doch in dieser Zeit die Bezeichnung „Meder" als Schimpfwort gebraucht für den Gott Seth, Bruder und Feind des geliebten Gottes Osiris. Und so oft es den Persern in ihrem eigenen Lande schlecht ging, versuchten die Ägypter, oder vielmehr die libyschen Deltafürsten, ihre Unabhängigkeit wiederzugewinnen, und sie konnten bei diesen Aufständen auf die Sympathie der ägyptischen Bevölkerung rechnen. Das erste Mal wurde die Perserherrschaft gefährdet nach dem Tode des Dareios, als der junge König Xerxes den Thron bestieg. Einige Jahrzehnte später konnten Inaros und Amyrtaios sogar mit Hilfe der athenischen Flotte zeitweise das ganze Delta besetzen und als nachher die Athener und Inaros von einem großen persischen Heer geschlagen wurden, hielt Amyrtaios sich noch viele Jahre in den Sümpfen des Nildeltas 4 • Ein zweiter Amyrtaios, der vielleicht sein Enkel war, wird von Manetho als einziger Pharao der XXVIII. Dynastie bezeichnet; er regierte 404-399, also in der Zeit als die Brüder Artaxerxes und Kyros der Jüngere um den 1 Daß Herodot, der kein ägyptisch konnte, sich viel mit den Priestern höheren Ranges unterhalten hat, ist auszuschließen. Wahrscheinlich verdankt er seine Auskünfte zum größeren Teil Dolmetschern und Fremdenführern. 1 Die genaue Datierung von Herodots Aufenthalt in Ägypten ist nicht möglich. Terminus post quem ist die Schlacht bei Papremis (460 a.C., cf. III, 12, 4), aber weitere sicheren Anhaltspunkte fehlen. Ich möchte mich der Meinung von Kurt von Fritz (Die griechische Geschichtsschreibung (1967), S. 125) anschließen und annehmen daß Herodot zwischen 449 und 444 in Ägypten war. Die beiden Aufstände sind die von 484 und 460-449. 3 Cf Alberto Tulli, 11 Naoforo Vaticano, Miscellanea Gregoriana, (1941) und Sir Alan Gardiner, Egypt of the Pharaohs (1961), S. 364 ff. ' Nach Thucydides I, 112 hat sich Amyrtaios in den Sümpfen bis 449 halten können. Herodot III, 15 weiß von seiner Unterwerfung.
ÄGYPTEN VON KYROS BIS OKTAVIAN
3
persischen Thron kämpften. Die Könige der XXIX. Dynastie Manethos haben sich alle nur kurze Zeit mit Hilfe Athens oder Spartas im Delta halten können. Oberägypten hatte sich mehr und mehr verschlossen; schon Herodot weiß übrigens auffällig wenig davon zu erzählen. Die XXX. Dynastie bringt noch wieder eine große Persönlichkeit: Nektanebo I. Auch er hat der Hilfe griechischer Truppen nicht entbehren können seit Kambyses haben in Ägypten immer griechische Truppen auf persischer wie auf ägyptischer Seite gekämpft - aber er konnte wenigstens seine Herrschaft gegen die Perser behaupten (378-360) und sie seinem Sohne Tachos übergeben. Der beteiligte sich am allgemeinen Aufstand der Dynasten und Satrapen des Westens gegen das persische Königshaus und führte sogar ein beträchtliches Heer nach Syrien - er war übrigens der erste ägyptische König der, um die griechischen Söldner zu entlohnen, Silbermünzen prägte - aber von seinem Neffen Nektanebo II verraten, mußte er schließlich in Susa eine Zuflucht suchen. Nektanebo II konnte mit Hilfe des tüchtigen Spartanerkönigs Agesilaos die Herrschaft vorläufig behaupten 1 . Der Perserkönig Artaxerxes Ochos versuchte mehr als einmal, erst als Kronprinz, später als König, Ägypten für Tachos wiederzugewinnen. Das gelang ihm schließlich in 343; da war Tachos aber schon gestorben. Ägypten wurde nun endgültig eine Satrapie des persischen Reiches. Ochos kam selber nach Ägypten; was von seinem Besuch erzählt wird, mutet an wie eine gesteigerte Dublette der Kambysesgeschichte: Ochos soll den heiligen Apisstier absichtlich getötet haben und ihn für ein Bankett haben rösten lassen. Glaubwürdig ist das kaum, aber daß solche Gerüchte umgingen, beweist den Haß der einheimischen Bevölkerung gegen die persischen Beherrscher.
2. MAKEDONEN
UND GRIECHEN
Aber die Perser hatten die längste Zeit in Ägypten regiert. Im Herbst des Jahres 332 erschien der junge Makedonenkönig Alexander mit seinem Heer an der Ostgrenze Ägyptens. Was hatte ihn veranlaßt diesen Umweg zu nehmen? War es die Notwendigkeit des Krieges die ihn bewog den ganzen Westen zu sichern bevor er sich dem Perserkönig zur entscheidenden Schlacht stellte? War es der Reiz des geheimnisvollen Landes und der Zauber des berühmten Wüstenorakels? Den Ägyptern jedenfalls erschien Alexander als der ersehnte Befreier vom persischen Joch, doppelt willkommen da seit der Unterwerfung von 343 die Fremdherrschaft 1
Plutarch, Agesilaos c. 36 ff., Xenophon, Agesilaos c.
2.
4
ELIZABETH VISSER
schwerer als je auf dem Lande lastete. Nun endlich schien, dank den Griechen, die schon so oft an der Seite der Ägypter gegen den gemeinschaftlichen Erbfeind gekämpft hatten, die Stunde der Befreiung gekommen zu sein. Die persische Besatzung wehrte sich nicht gegen die Makedonen; das lohnte sich auch kaum, da doch der Großkönig selber den Kampf um den westlichen Teil seines Reiches schon aufgegeben hatte. Der persische Satrap von Ägypten Mazakes gab den Auftrag, den Makedonen alle Tore zu öffnen; er selbst ergab sich in Memphis dem König. Es wird, wie Bevan bemerkt hat 1 , den Ägyptern kaum bewußt gewesen sein daß der Einzug der Makedonen nicht den Anfang, sondern das endgültige Ende der nationalen Unabhängigkeit bedeutete, und daß fast nie mehr ein einheimischer König das Land regieren sollte. Der Alexanderroman mag eine historische Tradition bewahrt haben, indem er von der Krönung Alexanders in Memphis erzählt 2 • Es sieht so aus alsob zwischen Ägypten und Makedonien eine Art von „Personalunion" zu Stande kam. In schärfstem Gegensatz zu den Perserkönigen zeigte sich Alexander durchaus geneigt den religiösen Anschauungen der Bevölkerung entgegenzukommen. In Memphis hat er den ägyptischen Göttern und dem Apis geopfert, wie es sich für einen ägyptischen König ziemte 3 und überhaupt ist in seinem Betragen den Ägyptern gegenüber nichts was die überlieferte Krönung nach ägyptischem Ritus unwahrscheinlich macht. Daß unsere griechischen Quellen nichts darüber berichten, kann kaum als Gegenbeweis gelten; barbarisches Zeremoniell wäre wahrscheinlich unter der Würde ihrer Aufmerksamkeit gewesen. Übrigens betonte der makedonische König während seines Aufenthalts in Memphis auch sein Hellenentum, indem er dort musische und gymnische Wettkämpfe veranstaltete, zu denen er Künstler und Athleten aus Griechenland berief 4 • Durchaus in griechischer Tradition war auch die Gründung der neuen „Alexanderstadt" im westlichen Delta. Alexander hat sich nie gescheut den Orientalen ein Orientale, den Makedonen und Griechen ein Makedone und Hellene zu sein. Den Letzteren gegenüber blieb er König und „Führer der Hellenen", den Ersteren konnte er als Pharao und Ammonssohn entgegentreten; anzunehmen ist daß die ägyptische Theologie in Bezug auf die Geburt des ägyptischen Königs ihn mit zum Zug in die Ammonsoase veranlaßt hat. Bald nach der Gründung Alexandriens brach Alexander nach dem 1 Edwyn R. Bevan, The House of Ptolemy, A History of Egypt under the Ptolemaic Dynasty (1968, reprint of the 1927 edition), S. 2. 2 W. Kroll, Historia Alexandri Magni, (1926) c. 34, 2. 3 Flavius Arrianus, Anabasis Alexandri III, 3. • Arrian, Anabasis l.l.
ÄGYPTEN VON KYROS BIS OKTAVIAN
5
Orient auf. Er hatte die inneren Verhältnisse Ägyptens nur ganz vorläufig geregelt. Er sollte nicht mehr dorthin zurückkehren. Alexanders Nachfolger in Ägypten wurde der gescheite, nüchterne und sehr makedonische Ptolemaios, Sohn des Laagos 1 . Er hatte zu den ältesten Freunden Alexanders gehört, war in seiner Jugend mit Alexander von Philippos aus Pella verbannt worden und erst nach dessen Ermordung dorthin zurückgekehrt. An der Seite des Königs hatte er den ganzen Feldzug mitgemacht; bei der Massenhochzeit in Susa hatte er auf Wunsch Alexanders eine persische Prinzessin geheiratet, von der er sich aber nach dem Tode des Königs gleich wieder trennte. Er war älter als Alexander; in 323 mag er etwas über vierzig gewesen sein. Als Satrap des kleinen Alexander zog er Ende 323 in Memphis ein; die nominelle Autorität des offiziellen Königs störte ihn nicht im geringsten. Mit dem „Reichsverweser" Perdikkas hatte er schon in 322 einen Kampf zu bestehen, aber Perdikkas wurde bald von seinen eigenen Truppen ermordet. Später, in 306, hat der Gewaltigste aller Diadochen, Antigonos, noch einmal den Versuch gemacht Ptolemaios aus seiner Satrapie zu vertreiben. Aber in 306 wie in 322 scheiterte das Unternehmen: Ägypten war an der Ostgrenze wie an der Nordgrenze leicht zu verteidigen. So konnte Ptolemaios ohne große Anstrengungen seine Unabhängigkeit den Rivalen gegenüber behaupten. Das Reich des großen Alexander hat dem Namen nach noch einige Jahrzehnte nach seinem Tode bestanden. Aber in 310 wurde der kleine Alexander ermordet, und nun war kein einziger legitimer Nachfolger des großen Königs mehr da. Inzwischen hatte das Reich sich ohnehin schon aufgelöst. Es lag auf der Hand daß die Diadochen wie in Makedonien auch in Syrien und Ägypten den Königsnamen annehmen würden: Ptolemaios tat es wahrscheinlich in 305.2 1 Die einzige zeitgenössische Quelle für die Diadochenzeit ist das verlorengegangene Werk des Hieronymos von Kardia, der um die Mitte des 3. Jahrhunderts gestorben ist (Fragmente bei J acoby, Fr. Gr. H. Nr 154). Wichtig wäre daneben Arrians TaµeT' 'AU;avdeov, aber auch von diesem Werk ist nur wenig übrig (Jacoby Nr 156). Aller Wahrscheinlichkeit nach bildet Hieronymos die Hauptquelle für Diodor, Bibliotheke XVIII-XX, aber Diodors unselbständige Arbeit kann den Verlust des Hieronymos nicht ersetzen. Plutarchs Biographien des Eumenes und des Demetrios beruhen auf sehr verschiedenen Quellen. Curtius X, 6 ff. ist mit Vorsicht zu benutzen. Nepos' Eumenes und Justin sind in den meisten Fällen zu vernachlässigen. Für die späteren Jahrhunderte haben wir Polybios' auch leider unvollständig überlieferte Weltgeschichte, Livius, und für das letzte Jahrhundert Cicero als Hauptquellen. Natürlich geben manchmal Papyri und Inschriften sehr willkommene Ergänzungen. • Diodor XX, 53, 2-4, Plutarch, Demetrios 18. Dort wird erzählt daß gleich nach der Seeschlacht beim kyprischen Salamis Antigonos und sein Sohn Demetrios (Poliorketes) sich das Diadem umbanden und daß Ptolemaios, wohl aus Prestigegründen, ihr Beispiel sofort befolgte. Doch wird man die „Krönung" des ägyptischen Königs frühestens Ende 305 ansetzen können.
6
ELIZABETH VISSER
Der Lagide hatte sich Ägypten als seinen Teil gewählt, nicht nur weil es leicht zu verteidigen war, sondern auch weil es ihm eine sichere Grundlage für seine Machtbestrebungen im Mittelmeergebiet darbot. Das ist nämlich vielleicht der größte Unterschied zwischen dem „pharaonischen" und dem „hellenistischen" Ägypten, daß dieses in der Mittelmeerwelt eine Rolle spielen wollte und mußte, wenn es überhaupt als Großmacht mitzählen sollte. In der Hinsicht war die Gründung Alexandriens von ausserordentlicher Bedeutung. Früher hatte Ägypten nach dem Mittelmeer keinen großen Hafen gehabt; jetzt konnte Alexandrien für die Handelsflotte wie für die Marine eine Basis hergeben 1 . Zwar gehörte die Stadt offiziell nicht zum ägyptischen Reiche - noch in römischer Zeit spricht man von Alexandrea ad Aegyptum -, aber de facto war Alexandrien natürlich keine unabhängige Polis: es war die Residenz der Ptolemäer und die Hauptstadt ihres Reiches. Daß die Ptolemäer schon sehr bald die alte Hauptstadt Memphis - Theben kam für sie natürlich überhaupt nicht in Betracht -verlassen und ihre Paläste in der neuen Griechenstadt gebaut haben, versteht sich aus ihrem Bestreben sich in der Mittelmeerwelt als Machthaber zu behaupten. Durch diese Wahl der Residenz haben sie auch bewußt Abstand genommen von den Bestrebungen früherer Dynastien. Wenn also für die Lagiden das östliche Mittelmeer Mittelpunkt der Welt war, so haben doch der erste Ptolemäer, dem später der Name Soter beigelegt wurde, und seine Nachfolger die direkte Auslandspolitik immer nur mit großer Vorsicht, und gewissermaßen mit halbem Herzen betrieben. Soter selbst, obwohl er der lebenslange Gefährte Alexanders gewesen war und sein guter Freund, hat offenbar die Sehnsucht nach der Feme nicht gekannt; es ist auch bezeichnend daß er unter den Diadochen fast der Einzige gewesen ist, der nicht den Ehrgeiz hatte Alexanders Nachfolger zu werden. Ägypten war ihm Stütze und Halt, und wenn er, wie seine Nachfolger, natürlich versucht hat, seinen Machtbereich möglichst zu erweitern, so wäre ihm doch wohl nie der Gedanke gekommen durch abenteuerliche Unternehmungen den Besitz Ägyptens aufs Spiel zu setzen, wie Alexander den Besitz Makedoniens und seine führende Stellung in Griechenland aufs Spiel gesetzt hatte um Asien zu gewinnen. Was die Ptolemäer beanspruchten, war Ägypten mit der Kyrenaika, mit Kypros und Koilesyrien, und einen möglichst grossen Einfluß in der griechischen Welt. Koilesyrien war ein ebenso begehrter wie ungewisser Besitz. Dieser 1 Immerhin ist es auffallend daß die Flotte des Xerxes in 480 zweihundert Schiffe zählte (Herodot VII, 89).
ägyptische
ÄGYPTEN VON KYROS BIS OKTAVIAN
7
lange und schmale Küstenstrich war aus vielen Gründen für die Lagiden eben so wichtig wie für die Könige Syriens, die Seleukiden. Wir sind nicht in der Lage die Einzelheiten aller Kriege zu verfolgen, die beide Dynastien um das Land geführt haben. Wir wissen daß es von Ptolemaios während der Diadochenkriege besetzt und wieder aufgegeben wurde. Als der entscheidende Krieg der Diadochen gegen Antigonos ausbrach1, war Koilesyrien wieder in ägyptischer Hand; da sich aber Ptolemaios an diesem Koalitionskrieg gegen Antigonos nur lau beteiligte, wurde es beim Friedensschluß nach der Schlacht von I psos (301) seinem Gegner Seleukos gegeben. Wahrscheinlich aber haben die ptolemäischen Heere es nicht geräumt. Unter dem zweiten Ptolemäer, ,,Philadelphos", hatte Ägypten wieder einmal einen Einfall von Syrien her zu befürchten, dem ein Angriff der Seleukiden auf Koilesyrien voran ging. Um die Mitte des 3. Jahrhunderts jedoch stand Koilesyrien, wie aus den Zenonpapyri hervorgeht, noch immer, oder wieder, unter ptolemäischer Oberhoheit. Der dritte Ptolemäer, ,,Euergetes" (246-221), ist unter den Lagiden der Einzige gewesen, der eine agressive Politik nach Osten geführt hat. Ursache oder Veranlassung dazu war die Ermordung seiner Schwester Berenike. In 253, beim Friedensschluß nach dem sogenannten zweiten syrischem Kriege, hatte nämlich der Seleukide Antiochos seine Gemahlin Laodike verstoßen um die Tochter des Ptolemaios „Philadelphos", Euergetes' Schwester Berenike zu heiraten. Einige Jahre später starb Antiochos; darauf ermordeten Laodike und ihr ältester Sohn Seleukos (II) die ägyptische Prinzessin und ihren kleinen Sohn, der als Prätendent gefährlich war oder werden konnte. Ptolemaios Euergetes war seiner Schwester zur Hilfe geeilt; er kam aber zu spät um den doppelten Mord zu verhindern. Während dieses dritten syrischen Krieges eroberte Euergetes, von dessen Tagebuch ein Papyrus ein hochinteressantes, wenn auch nicht eindeutiges Fragment überliefert hat, 2 einen großen Teil des Seleukidenreiches; er kam bis in Mesopotamien und muß also die Hindernisse in Nordsyrien und Kleinasien bewältigt haben. Ob er den Tigris und, wie Polyainos behauptet 3 , auch Indien erreicht hat, ist mehr als fraglich, aber es steht außer Zweifel daß der Feldzug ein blitzartiger Erfolg war. Bleibende Folgen hatte er allerdings nicht. Um 242 kehrte Euergetes mit seinem Heer zurück. Wahrscheinlich hatte ihn ein Aufstand, entweder in der Kyrenaika oder in Ägypten selbst, dazu gezwungen. Wir wissen auch nicht ob die Ägypter vorhatten, die eroberten Gebiete zu behalten. Der Kirchenvater Hierony1
S.
303/302 a.C.
1 L. Mitteis-U. Wilcken, Grundzüge 1 3
ff.
Polyainos, Stratagemata
VIII, 50.
und Chrestomathie
der Papyruskunde
(1912)
I, 2,
8
ELIZABETH VISSER
mos erwähnt 1 daß der König Syrien in eigener Hand behielt, und daß er seinem „Freunde" Antiochos die Verwaltung Kilikiens, dem Feldherrn Xanthippos (wohl derselbe der im ersten punischen Kriege an karthagischer Seite gekämpft hatte) die Provinzen jenseite des Euphrats überwies. Wie dem auch sei, als Euergetes nach Ägypten zurückgekehrt war, gingen die Eroberungen sehr bald wieder verloren. Seleukos versuchte nun seinerseits Ägypten anzugreifen und Koilesyrien zu gewinnen, aber dort wurde er von Euergetes entscheidend zurückgewiesen. Koilesyrien blieb noch ägyptisch. Das sollte aber nicht lange mehr dauern. Denn im letzten Dezennium des 3. Jahrhunderts ging die ptolemäische Machtstellung in Asien zur Neige. Euergetes starb in 221; kurz zuvor war in Syrien Antiochos III, „der Große", seinem Vater Seleukos nachgefolgt. Der junge König von Ägypten, Ptolemaios IV Philopator, war dem jungen Antiochos in keiner Weise gewachsen. Der hatte das feste Vorhaben das Seleukidenreich in seinem alten Glanz wiederherzustellen, und mit dem schwachen Ptolemäer glaubte er nicht viel Umstände machen zu müssen. Es ist möglich daß schon in Euergetes' letzten Lebensjahren das ägyptische Heer in Verfall geraten war; jedenfalls fand der erste Angriff auf Koilesyrien schon im Todesjahr des Euergetes statt. Daß er scheiterte, war eher einem Aufstand im Osten des Seleukidenreiches als der Kraft Ägyptens zu verdanken. Als dann wenige Jahre später Antiochos, der im Osten große Erfolge erzielt hatte, seine Aufmerksamkeit wieder auf den Westen richtete, hatte sich die Situation in Ägypten verschlimmert. König Philopator war ganz wertlos, und der ebenso wertlose Sosibios, der de facto die Regierung führte, war mißtrauisch gegen alle tüchtigen Befehlshaber, wie z.B. gegen den Ätoler Theodotos, der in 221 den ersten Angriff der Syrer gehalten hatte. Theodotos wurde somit vom ägyptischen Hof entlassen, und rächte sich dadurch daß er die wichtigen Küstenstädte Tyros und Ptolemais (Akko) dem Seleukiden auslieferte. Die Gefahr für Ägypten war groß. Man war dort zwar immer noch reich genug um sich ein neues Heer, und was wichtiger war eine neue Heeresleitung in den verarmten griechischen Ländern wie Ätolien und Lakonien zu kaufen, aber dazu brauchte man Zeit. Nikolaos, der zur Zeit Befehlshaber der ägyptischen Truppen in Koilesyrien war, hielt Antiochos wenigstens für kurze Zeit auf. Dann kam der Winter (219-218). Antiochos, der es nicht eilig hatte, schloß einen Waffenstillstand auf vier Monate und kehrte in seine Residenz zurück. In Alexandrien war man aber den ganzen Winter in fieberhafter Eile dabei sich ein neues Heer zu be1
Hieronymos
Comm. in Danielem
II,
9 (Fr. Gr. H.
260,
fr. 43).
ÄGYPTEN
VON KYROS BIS OKTAVIAN
9
schaffen. Der Hof residierte in Memphis, wie uns Polybios erzählt!, denn ausländische Besucher sollten nicht ahnen, was vor sich ging. Und man schaffte es auch, wenn auch nicht so daß man Antiochos schon im Sommer von 218 halten konnte. Das syrische Heer machte in diesem Sommer im Binnenland wie an der Küste erhebliche Fortschritte; die Ägypter, die zum großen Schlag ausholten, ließen es gewähren. Als Philopator im Frühling von 217 endlich mit seinem neuen Heer aufbrach, stand Antiochos fast an der ägyptischen Grenze. Die Stadt Gaza war schon in seiner Hand. Bei Raphia an der Küste südlich von Gaza fand die große Schlacht statt, und Antiochos verlor. Die Gefahr für Ägypten war vorläufig vorbei; das Ungestüm des an sich besseren Feldherrn war der Disziplin der neu trainierten ägyptischen Armee nicht gewachsen gewesen. Koilesyrien blieb nach wie vor ägyptisch 2 • Diese Schlacht bei Raphia hat übrigens auch große Bedeutung gehabt in Bezug auf die ägyptische innere Politik. Zum ersten Male sind bei Raphia von einem Ptolemäer ägyptische Truppen verwendet worden: ungefähr 2.000 ägyptische Fußknechte und einige Hunderte von ägyptischen Reitern haben damals mitgeholfen den Besitz Koilesyriens und die Unabhängigkeit des ptolemäischen Reiches sicherzustellen. 3 Daß das eine Maßnahme war, folgenschwer für die inneren Verhältnisse im Lande, hat man nicht eingesehen oder nicht einsehn wollen. Vielleicht aber war die militärische Situation wirklich so heikel daß man der Hilfe der Einheimischen nicht entbehren konnte. Allzulange sollte übrigens der Sieg bei Raphia seine Nachwirkung nicht haben. Als Philopator in 203 starb und das Reich seinem unmündigen Sohn Ptolemaios V Epiphanes (geb. 210) und einer Anzahl unwürdiger Intriganten hinterließ, sah Antiochos seine Chance. Er kam zum dritten Male nach Süden um Koilesyrien zu erobern und diesmal gelang es ihm. Seitdem waren die Seleukiden die Herren von Palestina und Phoinikien 4 • Die Insel Kypros hat etwa 256 Jahre zum Ptolemäerreich gehört. Kypros war von jeher 5 eine Brücke zwischen Asien und Europa gewesen; 1 Polybios V, 63, 7 /8; 66, 8/9. z Ibidem V, So ff. 3 lbidem V, 65. 4 Der Versuch Philometors das Land wiederzugewinnen, von dem Polybios im XXVII. und XXVIII. Buch erzählt, ist schon im Anfang gescheitert. 6 Kypros hat seit dem 15. vorchristlichen Jahrhundert Beziehungen zum mykenischen Kulturkreis gehabt, zum vorderasiatischen wahrscheinlich noch früher. Die mykenische Tradition hat sehr lange nachgewirkt „unter starker Beimischung der einheimischen, seit alters von Babylonien und von Aegypten beeinflussten Kulturelemente" (Ed. Meyer, Geschichte des Altertums II3, 553). Die Phönizier kamen bedeutend später (um 800), und ihr Einfluß ist dem griechischen nicht bei weitem gleichgekommen.
IO
ELIZABETH
VISSER
zumal mit dem Küstenland stand es in reger Beziehung, wie denn auch die Bevölkerung der Insel zum Teil semitischer Herkunft war. In den ersten drei Jahrhunderten des letzten vorchristlichen Millenniums war Kypros unabhängig gewesen. Dann kamen die Eroberer vom Festland, um 700 die Assyrer, etwa ein Jahrhundert später die Ägypter und schließlich die Perser. Unter dieser Fremdherrschaft besassen die „Könige" der Insel eine gewisse Autonomie und unter dem bedeutenden König Euagoras erlangte sie sogar eine Zeitlang ihre Freiheit 1 . Nach 350 aber wurde sie Teil einer persischen Satrapie. Natürlich hat sie sich sobald es möglich war, in 333, an Alexander angeschloßen. Nach seinem Tode kam Kypros an Antigonos. Damit gab sich aber Ptolemaios Soter nicht zufrieden. Kypros war für sein ägyptisches Reich wichtig, nicht nur wegen der Handelsverbindungen mit Asien, sondern auch wegen der Wälder und Bergwerke der Insel, denn wie man weiß ist Ägypten ein holzarmes Land und auch sein Metallreichtum ist gering. Schon in 313, nachdem er den „König" Pygmalion von Kition geschlagen hatte, hat Ptolemaios die Insel besetzt. Eine Zeit lang, von 306 bis 295, war sie dann wieder in der Macht der Antigoniden; die Schlacht beim kyprischen Salamis hatte sie in die Hand des Demetrios Poliorketes gegeben, und auch als nach der Schlacht bei Ipsos Demetrios' Macht in Asien stark reduziert war, wußte seine tapfere Gemahlin Phila, die Tochter Antipaters, die Insel noch viele Jahre gegen den Lagiden zu halten. Erst in 295/4 wurde sie gezwungen Kypros den Ägyptern zu überlassen. Seitdem blieb es, wenn auch die Seleukiden mehrere Versuche gemacht haben es den Lagiden zu entreißen, im ptolemäischen Besitz bis zur Annexion durch die Römer in 582 • Kypros wurde nie eine richtige Provinz des ptolemäischen Reiches. Oft finden wir als Vizekönig einen Angehörigen des Königshauses, den Kronprinzen oder einen Bruder des Königs 3 • Diese Vizekönige verwalten die Insel mehrmals als selbständiges Reich. Kypros war auch mehr als einmal Zufluchtsort für aus Ägypten vertriebene Könige oder Königinnen, die von dort aus ihre Wiederkehr nach Ägypten zu organisieren versuchten. Manchmal bildete Kypros eine Personalunion mit Ägypten; der letzte König der Insel aber, ein Bruder des Ptolemaios Auletes, regierte als unabhängiger Fürst. 1 Euagoras regierte von 4II bis 374; er hatte enge Beziehungen zu Athen. Zwar konnte er seine Unabhängigkeit den Persern gegenüber nicht dauernd behaupten, aber da das Perserreich innerlich schwach war, verblieb dem „König" eine gewisse Selbständigkeit. 1 Solche Versuche oder Pläne werden dem Antigonos (3u), Antiochos III (196), Antiochos IV (168), Demetrios I (155) zugeschrieben. 8 z.B. Eupator, Soter II als Kronprinz, später sein Bruder Alexander, und schliesslich der Bruder des Auletes. Cf. W. Otto, Zur Geschichte der Zeit des 6. Ptolemäers ( 1934) S. 119 ff.
ÄGYPTEN VON KYROS BIS OKTAVIAN
II
Auletes hatte seinen Thron von den römischen Machthabern gekauft, und in Rom hatte man wenig Grund diesen ziemlich wertlosen König Ägyptens zu fürchten oder zu respektieren. Als dann die Römer auf den Gedanken kamen daß Kypros für sie ein wünschenswerter Besitz war, wußten sie nur zu gut daß sie von Auletes nichts zu befürchten hatten. In Rom suchte man den Überfall oberflächlich damit zu rechtfertigen daß man die Insel als Flottenbasis im Kampf gegen die Seeräuber brauchte, aber man gab sich kaum die Mühe die Rechtfertigung plausibel zu machen. Man wußte daß man den brutalen Überfall wagen konnte, und man täuschte sich nicht, denn Auletes in Alexandrien sah untätig zu wie die Römer seinen Bruder um Land und Würde brachten. Zwar versuchte Cato Minor, der von den Römern mit der Exekution beauftragt war, den kyprischen Ptolemaios zu entschädigen indem er ihm die Stelle einen Hohenpriesters der paphischen Aphrodite anbot, Ptolemaios von Kypros jedoch konnte den Verlust seines Reiches, und wohl auch den Verrat seines Bruders, nicht verschmerzen und nahm sich das Leben. Kypros, auf die Dauer mit Kilikien vereinigt, wurde eine römische Provinz. Nur zur Zeit Cäsars finden wir auf der Insel noch einmal einen ptolemäischen Strategen; man darf vermuten daß der römische Diktator seiner Geliebten, der Königin Kleopatra, auch dieses alte Ptolemäerland wieder geschenkt hatte. Nicht weniger wichtig für Ägypten war die Kyrenaika. Die Kyrenaika war dorisches Siedlungsgebiet, aber die Stadt Kyrene selbst hatte eine aus allen Teilen der Griechenwelt zusammengesetzte Bevölkerung und war in der Hinsicht mit Alexandrien zu vergleichen. Die Kyrenaika hatte eine kurze Zeit, unter Kambyses und Dareios, dem Perserreich angehört, aber um die Mitte des 5. Jahrhunderts war sie offenbar wieder frei; jedenfalls konnten sich die wenigen Überlebenden der athenischen Katastrophe auf der Prosopitisinsel dorthin retten ohne Furcht vor den Persern. 1 Alexander war an der Nordküste von Afrika nicht weiter gekommen als nötig war für seinen Besuch an das Ammonsorakel; das Bündnis das die Städte der Kyrenaika mit ihm schlossen, bedeutete wohl wenig, aber es gab dem Lagiden Anlaß zu gelegener Zeit einzugreifen. Die Gelegenheit bot sich bald, denn ganz wie im übrigen Griechenland waren im 4. Jahrhundert in der Kyrenaika Parteizwiste an der Tagesordnung. Schon in 322 führte der Streit der Parteien zum Eingreifen des ptolemäischen Machthabers 2 • Dem war der Anlaß sicher willkommen, denn die KyreThucydides I, a Diodor XVIII, 1
I 10.
19 ff.
12
ELIZABETH VISSER
naika war ihm wichtig, vielleicht noch mehr wegen ihrer schönen Pferde als wegen der großen Fruchtbarkeit des Landes. Als nach vielen Wirren Ptolemaios seinen Bruder Magas als Vizekönig eingesetzt hatte, behielt die Kyrenaika doch ein gewisses Maß von Selbständigkeit Ägypten gegenüber. Magas regierte auf die Dauer fast als souveräner König. Er hatte eine seleukidische Prinzessin Apame geheiratet, die bedeutend jünger war als er. Als er dann nach einer langjährigen Regierung starb, versuchte die Witwe einen näheren Anschluß an das Seleukidenreich zustande zu bringen. Wie der Versuch mißlang, ist allgemein bekannt 1 . Nachdem dann die Tochter der Apame, Berenike, ihren Vetter Ptolemaios Euergetes geheiratet hatte, wurde die Kyrenaika wieder eng an Ägypten angeschlossen, wenn sie auch nicht ganz zur „Provinz" des Ptolemäerreiches wurde. Ob in der Zeit des Euergetes das berühmte Statut noch galt, das der erste Ptolemäer gegeben hatte und demzufolge zwar Ptolemaios selbst Stratege der Kyrenaika war, aber fünf gewählte Strategen neben sich hatte 2 , ist fraglich. Später nennen sich die Ptolemäer in der Kyrenaika auf jeden Fall König. Offenbar haben die Kyrenäer ihre faktische Abhängigkeit von Ägypten nicht leicht verschmerzen können, denn wir hören mehrmals von Unruhen im Lande, vielleicht schon während des 3. syrischen Krieges, sicher in 162, als Euergetes II, Bruder des ägyptischen Königs Philometor, von den Römern als König von Kyrene eingesetzt wurde. Und eine Inschrift vom Ende des 2. oder Anfang des 1. J ahrhunderts 3, die gewisse „philanthropa" erwähnt, die von einem König Ptolemaios und seiner Schwester-Gemahlin Kleopatra verliehen worden sind, beweist daß auch damals das Land unruhig war oder gewesen war. Als Euergetes II König der Kyrenaika war, verfasste er in 155 ein Testament, in dem er die Römer als Erben seines Reiches einsetzte 4 ; sein Zweck dabei war wohl seinen verhaßten Bruder Philometor um die eventuelle Erbschaft zu bringen. Als aber Philometor in 145 gegen den syrischen Usurpator Alexander Balas gefallen war und Euergetes II auf den ägyptischen Thron zurückkehrte, hat er das Testament wohl widerrufen. Bei seinem Tode in n6 verfügte er wenigstens über die Kyrenaika wie über die anderen Reichsteile. Nach n6 finden wir seine beiden legitimen Söhne in Ägypten und auf Kypros; ein illegitimer Sohn wird einige Jahre später als König der Kyrenaika erwähnt. Den Römern wird es nicht unlieb gewesen sein daß, mit durch den Hader im Ptolemäerhause, die Macht Ägyptens geteilt und somit geschwächt wurde. Der obengenannte Kallimachos Pfeifler uo; Catull 66. Supplementum Epigraphicum Graecum IX, 3 S.E.G. IX, 5. ' S.E.G. IX, 7. 1
1
1.
ÄGYPTEN VON KYROS BIS OKTAVIAN
13
letzte König von Kyrene, Ptolemaios Apion, setzte wiederum die Römer als Erben ein 1 . Rom trat die Erbschaft nicht gleich an, sondern ließ den Bewohnern des Landes noch mehr als zwanzig Jahre Gelegenheit zu beweisen daß sie unfähig waren ihr Land selbst zu verwalten. Erst in 74 wurde die Kyrenaika, später mit Kreta verbunden, zur römischen Provinz. Daß sie von Antonius und Kleopatra ihrem Töchterchen als künftiges Königreich zugewiesen wurde, hat für die Geschichte des Landes keine Bedeutung. Erst viel später, in der Zeit des römischen Dominats, sollte die Kyrenaika wieder der Provinz Ägypten angegliedert werden. Da unser Thema die Geschichte Ägyptens ist, können wir darauf verzichten das Verhältnis der Ptolemäer zur Mittelmeerwelt in seiner Entwicklung in Einzelheiten zu verfolgen. Wie gesagt haben im allgemeinen die Ptolemäer eine aktive Politik in der ägäischen Welt nur in so fern geführt als das ohne jede Gefahr in Bezug auf das Land Ägypten möglich war. Wichtig waren ihnen an erster Stelle die Inseln und die Küsten Kleinasiens und Thrakiens wegen der Handelswege nach dem Orient. In Griechenland selbst haben sie, wenigstens im 4. Jahrhundert, versucht Macht und Prestige ihrer Gegner, der Antigoniden und Seleukiden, zu mindern. In 308 hat Ptolemaios Soter vorübergehend Besatzungen in Korinth, Megara und Sikyon gehabt, aber als sein Versuch den korinthischen Bund wiederzuerwecken am Widerstand der Griechen gescheitert war, zog er sich auf sein Stammland zurück. Von der Zeit an hat Ägypten den Griechen immer nur durch Geld, durch diplomatisches Einschreiten, und dadurch daß den in Griechenland Besiegten in Alexandrien immer ein sicherer Zufluchtsort offenstand, geholfen. Als in 296 Demetrios Poliorketes Athen belagerte, kam die befreundete ptolemäische Flotte nicht weiter als Ägina; als Athen sich einige Jahre später gegen Demetrios auflehnte, sandte Alexandrien Geld. Auch im chremonideischen Kriege zwischen einer Konfederation der Griechen und den Makedonen blieb die ägyptische Flotte, die das Meer beherrschte, untätig (266-261); nach der Niederlage aber konnte der Athener Chremonides mit seinem Bruder in Alexandrien Unterkunft finden, und ebenso ging es dem Spartanerkönig Kleomenes: im Kampf gegen Makedonien wurde er von den Ägyptern im Stich gelassen, aber nachher wurde er in Alexandrien aufgenommen (222). Als dann kurz nachher Rom anfing seine Aufmerksamkeit auf Grie1 Livius, Periocha Libri LXX: Ptolemaeus Cyrenarum rex, cui cognomen Apioni fuit, mortuus haeredem populum Romanum reliquit, et eius regni civitates senatus liberas esse iussit.
14
ELIZABETH VISSER
chenland zu richten, dachte Ägypten überhaupt nicht mehr daran einzuschreiten. Doch blieb das Verhältnis zwischen vielen Griechenstädten und Ägypten ein freundschaftliches, wie es die vielen Ehrungen der Ptolemäer noch im späteren Hellenismus beweisen 1 . Schon in 308 hatte Ptolemaios Soter angefangen gute Beziehungen zur Inselwelt anzuknüpfen. Andros und Delos hatte er „befreit"; in den nächsten Jahren war es aber Demetrios der das Meer beherrschte. Nach seinem Abgang aber kamen die Ptolemäer zurück. Das Kotvov-rwv Vl)crtw-rwv zu dem sich um 280 auch die wichtige Insel Samos gesellte, ehrte den ägyptischen König als Schützer, und vielleicht auch, zum ersten Male in der Geschichte, als Gott und Heiland 2 • Zwar blieb die ägyptische Hegemonie nicht unangefochten; Seeschlachten bei Kos und Andros gegen die makedonische, bei Ephesos gegen die rhodische Marine endeten wahrscheinlich alle mit der Niederlage der ägyptischen Flotte, und zwischen 260 und 247 mag das Protektorat der Inselgriechen den Makedonen zugefallen sein. Aber unter Euergetes und im Anfang der Regierung des Philopator finden wir viele Inseln wieder unter der Oberhoheit der Ptolemäer. Dann aber geht es schnell bergab. Als in 220 die Kykladen von illyrischen Seeräubern heimgesucht wurden, wandten sie sich in ihrer Not nicht mehr an Alexandrien sondern an die Rhodier 3 , die für die Sicherheit des Meeres mehr getan haben als jemand, nachdem Athen seine Großmachtstellung verloren hatte und bevor im r. vorchristlichen Jahrhundert der Römer Pompeius das ägäische Meer von den Piraten säuberte. Dasselbe gilt von Kreta wenn auch auf dieser Insel die Stadt Itanos, zu der Ägypten besondere Beziehungen hatte, noch lange zu den Ptolemäern hielt 4 • Die thrakische Küste und die Städte am Hellespont gingen um 200 verloren, Ephesos, Milet, Halikarnassos und andere Städte an der kleinasiatischen Küste sind im 3. Jahrhundert noch eng mit dem Ptolemäerreich verbunden, aber auch dort ist im 2. Jahrhundert vom ägyptischen Einfluß nichts mehr zu spüren. Bei dem Wenigen was wir wissen, können wir doch, in dieser wie in anderer Hinsicht, die Regierung des Philopator als den Wendepunkt betrachten. Vor allem wurde im Laufe des 3. und noch mehr des 2. Jahrhunderts das Verhältnis zu Rom immer wichtiger. Rom hatte schon früh Beziehungen zur westlichen Griechenwelt gehabt; es war den Griechen schon im 4. Pausanias, Graeciae Descriptio I, 9, 3. S.I.G. 390; cf Christian Habicht, Gottmenschentum S. III ff. 8 Polybios IV, 19, 8. ' Inscriptiones Creticae III, IV, 9. 1
1
und Griechische Städte (1956)
ÄGYPTEN VON KYROS BIS OKTAVIAN
Jahrhundert als „hellenische" Stadt bekannt 1 . Daß Alexander mit den Römern in irgendeiner Berührung gekommen ist, ist, trotz gelegentlicher Erwähnung in der Sekundartradition, nicht anzunehmen. Als aber Pyrrhos, einer der abenteuerlichsten von den Diadochen, jedoch ein Feldherr von Format, bei Benevent von den Römern zurückgewiesen wurde, horchte die griechische Welt auf. In Ägypten entschloß sich Ptolemaios Philadelphos zu einem Bündnis mit der heranwachsenden Großmacht 2 • Die ägyptisch- römische Freundschaft wurde dann zur Tradition. Bezeichnend ist daß in den Aitia, dem Hauptwerk des alexandrinischen Hofdichters des Philadelphos und Euergetes, schon eine römische Erzählung mit aufgenommen ist 3 • Der hannibalische Krieg machte natürlich die Regierung in Alexandrien etwas nachdenklich: die Chancen Karthagos schienen günstig zu sein und es wäre unvorsichtig gewesen sich all zu deutlich zu Rom zu bekennen. Aber immerhin war die wohlwollende Neutralität Ägyptens im Vergleich mit der feindlichen Haltung Makedoniens nicht ohne Bedeutung. Auf Annäherungsversuche des abfälligen Syrakus ging Alexandrien nicht ein, und wenn Polybios 4 erwähnt daß die Römer in höchster Knappheit der Nahrungsmittel die Hilfe des Philopator einriefen, darf man annehmen daß das Getreide ihnen nicht verweigert worden ist. Auch Livius 6 spricht von einer römischen Gesandtschaft an Ptolemaios und Kleopatra(sic); von Kornsendungen ist bei ihm nicht die Rede, aber man fragt sich doch ob diese Gesandtschaft wirklich nur „ad commemorandam renovandamque amicitiam" wie Livius es ausdrückt, ausgeschickt war. Man schrieb 210; in dem Jahre kann es um den Ackerbau in Italien und Sizilien doch nicht sehr gut bestellt gewesen sein. Der glückliche Ausgang des 2. punischen Krieges vergrößerte die Macht Roms in geradezu erschreckender Weise. Und als es nun seine Aufmerksamkeit nach dem Osten richtete, wurde das Verhältnis zur Tiberstadt der Schwerpunkt der ganzen Auslandspolitik der hellenistischen Staaten. Ägypten, sowohl von Makedonien als von Antiochos III von Syrien bedroht, konnte nur bei Rom Hilfe finden. Vorläufig konnten die Römer Antiochos nicht daran hindern sich fast aller auswärtigen Besitzungen des Ptolemäerreiches zu bemächtigen: wie wir sahen gingen Thrakien und die thrakische Chersonesos, die asiatischen Küstenstädte, die meisten Inseln, Koilesyrien für Ägypten verloren. In Alexandrien wurde man unsicher 1 Rom als „hellenische" Stadt: Plutarch, Camillus XXII (aus Herakleides Ile:pl qiuxii~). 2 Livius, Epitome Libri XIV. 3 Kallimachos Periegeseis V, 25 sqq (Frgm. ro6/7 Pfeiffer). ' Polybios IX, I Ia. a Livius XXVII, 4.
Pontikos'
16
ELIZABETH VISSER
und die Heirat zwischen dem jungen Ptolemaios Epiphanes und Kleopatra, einer Prinzessin aus dem Seleukidenhause (196), weist deutlich darauf hin daß man in Alexandrien, nolens volens, den Blick eher nach dem Orontes als nach dem Tiber richtete. Als dann der Krieg zwischen Syrien und Rom ausbrach und Antiochos Griechenland besetzte, änderten die Alexandriner den Kurs. J ezt aber wies Rom ein Angebot von ägyptischem Getreide ab; auch ging es nicht ein auf einen Vorschlag der alexandrinischen Regierung den Krieg gegen Antiochos gemeinschaftlich zu führen 1 • Rom wollte offenbar den Ägyptern zeigen daß es ohne sie auskommen konnte. Als dann beim Friedensschluß von 189 Antiochos den größten Teil seines westlichen Reiches räumen mußte, bekam Ägypten nichts von der Beute; der größte Teil des früheren Seleukidengebietes wurde dem mit Rom eng befreundeten Pergamon überwiesen. Von Pergamon hatte Rom nichts zu befürchten. Andererseits legte es aber auch Wert darauf daß Ägypten nicht ganz in den Machtbereich der Seleukiden kam. Als um 170 Antiochos IV Epiphanes sich aufmachte Ägypten zu annektieren - er war Vormund über die früh verwaisten Söhne von Ptolemaios Epiphanes und Kleopatra, die die Schwester des Antiochos Epiphanes gewesen war - griff Rom zugunsten Ägyptens ein, wenn auch damit die Unabhängigkeit des Landes besonders fraglich geworden war. In dieser Zeit wurde vielleicht der römische Senator M. Aemilius Lepidus vom römischen Senat mit der Vormundschaft über die beiden jungen Könige Ägyptens beauftragt 2 • Als später der Älteste von den Beiden, Philometor, von seinem jüngeren Bruder Euergetes II verjagt wurde, begab er sich nach Rom, und wiederum war es Rom das über die Zukunft Ägyptens entschied. Philometor bekam Ägypten mit Kypros, Euergetes II die Kyrenaika. Natürlich wurde durch diese Verteilung die Macht Ägyptens geschwächt. Rom unterstützte auch die Ansprüche des Euergetes II auf Kypros. Als aber Philometor sich energisch dagegen wehrte, bestand es nicht auf seinem Standpunkt. Später unternahm Euergetes dann selbst einen Versuch die Insel zu erobern, aber es zeigte sich bald daß er dazu nicht imstande war. Darauf ließ Rom ihn fallen. Im letzten vorchristlichen Jahrhundert vollzog sich das Schicksal Ägyptens. Rom konzentrierte seine Aufmerksamkeit immer mehr auf den Osten und sein Aufmarsch war nicht zu halten. Während des mithridatischen Krieges hatte Ägypten sich Rom gegenüber nicht einwandfrei benommen, und dazu kam daß die Römer beim Tode des Ptolemaios 1
2 122
Livius XXXVI, 4; XXXVIII, 3. S. auch C. Cichorius, Römische Studien ff.
(1921),
S.
21-24.
und W. Otto, o.c. S.
27
ff,
ÄGYPTEN VON KYROS BIS OKTAVIAN
17
Soter II in 80 den legitimen Thronerben, einen Sohn des Ptolemaios Alexander, in der Hand hatten. Der war, als Mithridates über die Provinz Asia herfiel, auf der Insel Kos in pontische Gefangenschaft geraten; der pontische König hatte ihn am eigenen Hof erzogen, aber als er älter wurde war er geflohen und hatte sich nach Rom begeben. Sulla schickte den jungen Mann in 80 als Thronfolger nach Alexandrien, wo er sich gleich verhaßt machte durch den Mord auf seine zwanzig Jahr ältere Kusine Berenike, mit der man ihn verheiratet hatte. Berenike hatte mehr als zwanzig Jahre als Mitregentin ihres Vaters und ihres Gatten über Ägypten regiert und war, wie gesagt wird, sehr beliebt bei den Alexandrinern. Und die Alexandriner rächten sich sofort: sie ermordeten den neuen König als er noch nicht drei Wochen in Alexandrien war. Natürlich beeilte Rom sich nicht den illegitimen Sohn des verstorbenen Soter II nun als König anzuerkennen, zumal da dieser als ein Schützling des Mithridates galt. Man hatte ein Dokument zur Hand, ein angebliches Testament des ermordeten Königs: er sollte Ägypten den Römern vermacht haben 1 • Ob das Testament echt war, ist mehr als fraglich, aber Rom behielt sich auf jeden Fall das Recht vor die Thronfolge in Ägypten nach eigener Einsicht zu regeln. Inzwischen scheint dann doch dieser illegitime Sohn des Soter II. den wir als Nothos, als Neos Dionysos, am besten aber als Auletes kennen, den Thron, wenn auch nicht offiziell, bestiegen zu haben. Als in 75 zwei seleukidische Prinzen, Söhne einer ägyptischen Prinzessin, nach Rom kamen um ihre Ansprüche zu befürworten, stand die Frage der Nachfolge offenbar noch immer offen. Aber ihre Reise blieb ohne Ergebnis; der römische Senat hatte wenig Interesse daran Ägypten mit dem wenn auch geschwächten Seleukidenreich zu vereinigen. Man erinnert sich daß diese Prinzen auf der Rückreise nach der vergeblichen Demarche in Rom vom Statthalter Verres eines kostbaren Kandelabers, den sie für den eben wieder aufgebauten Tempel des Iuppiter Capitolinus mitgebracht hatten, beraubt wurden. Verres glaubte sich diesen orientalischen Prinzen gegenüber alles erlauben zu können 2 • In dieser Zeit beginnt der Gedanke an eine Annektierung Ägyptens mehr und mehr die römischen Politiker zu beschäftigen, zumal die sogenannten Populares. Aber Ägypten war noch immer reich und so konnte sich Ptolemaios Auletes die Stellung eines „Socius atque amicus populi romani" kaufen; sechstausend Talente soll er dafür bezahlt haben 3 • Dafür hatte er sich aber auch den Schutz des zur Zeit mächtigsten Römers 1
Cicero, De Lege Agraria II, 16, 41.
a Cicero In Verrem II. 4, 28. 8
Suetonius, Divus Iulius 55, Plutarch Caesar 48.
Handbuch der Orientalistik, Abt. I, Band II, Abschn.4, Ug.lA
2
18
ELIZABETH VISSER
erkauft, des C. Iulius Caesar, unter dessen Konsulat der Kauf geschlossen wurde. Auletes sollte den römischen Schutz bald nötig haben. Es stellte sich nämlich heraus daß die Alexandriner, die ihn nach zwanzigjähriger Regierung in seiner ganzen Nichtswürdigkeit kennen gelernt hatten, ihm die geradezu verbrecherische Untätigkeit mit der er dem Untergang seines Bruders auf Kypros zugesehen hatte, nicht verziehen. Der Verlust von Kypros wurde Ursache, oder vielmehr Anlaß zu seiner Vertreibung aus Ägypten. Wie zu erwarten war begab er sich nach Rom, und die Römer täuschten seine Hoffnungen nicht; wenn auch erst nach drei Jahren, so setzten sie ihn doch wieder in sein Reich ein. Aulus Gabinius, der Statthalter Syriens, ein Anhänger des Pompeius, liess sich für schweres Geld dazu bewegen Auletes nach Alexandrien zurückzubringen. Offiziell war Ägypten noch immer ein befreundetes Nachbarland Roms, aber in Wirklichkeit war es um die Unabhängigkeit des Landes schon längst geschehen. Auletes mußte sogar einen römischen Finanzmann C. Rabirius Postumus als Dioiketen einsetzen; es versteht sich daß die römische haute finance ein Interesse daran hatte daß der ägyptische König imstande war seine finanziellen Versprechen Gabinius und anderen Römern gegenüber zu halten. Zwar vertrieben die Alexandriner Rabirius aus ihrer Stadt und ihrem Land, aber eine römische Besatzung, hauptsächlich gallische und germanische Auxilia, blieb im Lande. Auletes starb in 51. Kurz nachher brach in Rom der letzte Kampf um die Macht aus zwischen Caesar und Pompeius. Der alexandrinische Hof hatte zu Pompeius und seinen Söhnen immer ein gutes Verhältnis gehabt, und bei der Restauration des Auletes war Pompeius sicher mit beteiligt gewesen. Als es aber nach der Schlacht bei Pharsalos sonnenklar wurde daß Caesars Chancen auf endgültigen Erfolg bedeutend besser waren als die des Pompeius, scheute man sich in Alexandrien vor Verrat nicht. Pompeius, der mit guten Gründen hatte hoffen können in Ägypten einen sicheren Zufluchtsort zu finden, wurde bei seiner Ankunft in Alexandrien, noch ehe er ans Land gestiegen war, auf Antrieb der ägyptischen Regierung von einem römischen Soldaten ermordet. Wie dann bald nachher Caesar in Alexandrien eintraf, sich die Stütze der jungen Königin Kleopatra, Auletes' Tochter, verschaffte und mit ihr die Belagerung Alexandriens aushalten mußte, ist zur Genüge bekannt 1 . Kleopatra VII wie wir sie zu nennen pflegen, war ohne Zweifel eine hochbegabte und ehrgeizige Frau, einzigartig in mancher Hinsicht und wie es scheint auch darin daß sie, obwohl sie griechischer und makedonischer Abstammung war, ein wirkliches Verhältnis zum Land Ägypten, 1
S. dazu H. Volkmann, Kleopatra,
Politik und Propaganda
(1953).
ÄGYPTEN VON KYROS BIS OKTAVIAN
19
seiner Sprache und seinem Volkstum, hatte. Sie brachte dem römischen Diktator nicht nur die Reize ihrer Jugend und ihrer Intelligenz, und den Reichtum Ägyptens, sondern wohl auch das Verständnis für seine hochfliegenden Pläne. Niemand kann mehr wissen inwiefern sie Einfluß auf sein politisches Handeln und Denken gehabt hat, aber daß das Verhältnis zwischen diesen beiden bedeutenden Menschen mehr war als ein beliebiges erotisches Abenteuer oder eine rein politische Abmachung, ist doch wohl anzunehmen. Wäre Caesar am Leben geblieben, wäre dann vielleicht Alexandrien doch statt Rom die Hauptstadt der Welt geworden und hätte sich Ägypten noch einmal aus seinem Tiefstand aufgerichtet? Es ist wohl nutzlos solche Fragen zu stellen, auch wenn sie sich aufdrängen, aber Eines darf man mit Gewissheit sagen: das Verhältnis mit Kleopatra hat in Rom dazu beigetragen Caesar verdächtig und verhaßt zu machen. Die Römer, auch wenn ihre Senatsregierung völlig versagt hatte, wollten keine Monarchie und erst recht keine Monarchie vom hellenistischen Typus. Das Wort Rex galt ihnen soviel wie den Griechen Tyrannos, und wenn sich zum Rex noch eine Regina vom Ehrgeiz und von der Energie der Kleopatra gesellte, hielten die Römer, zumal die römischen Senatoren, ihre überaus geschätzte Libertas für unzulässig bedroht 1 . So kam es zu den Iden des März, und mit dem Tode ihres Beschützers brachen die Hoffnungen der Ptolemäerin zusammen. Ende April hat sie ihre Villa am rechten Tiberufer verlassen 2 um von Alexandrien aus in sicherer Entfernung den Verlauf der Ereignisse zu beobachten. Ihre Chance kam wieder als sie kurz nach der Schlacht bei Philippi in Verbindung trat mit dem Triumvir Marcus Antonius. Plutarch 3 hat uns eine hochromantische Schilderung von ihrer ersten Begegnung in Tarsos überliefert. Er betrachtet die Liebe für Kleopatra offenbar als ein vom Schicksal gegebenes Unglück und spricht Antonius dadurch gewissermaßen der verhängnisvollen Folgen ihres Verhältnisses frei. Aber so einfach verhält sich die Sache nicht - ebensowenig wie Kleopatra wurde 1 Der Name „Regina" hat in Ciceros Briefen einen ausgesprochen gehässigen Klang. Die Antipathie dieses römischen „Intellektuellen" tritt aus Ad Att. XV, 15, 2 besonders hervor. Übrigens zeigt dieser Passus auch daß Kleopatra in der römischen intellektuellen Gesellschaft verkehrt hat. Den Namen der Königin nennt Cicero nie; er spricht immer nur von der „Regina". 2 Cicero, Ad Att. XIV, 8, 1, geschrieben am 1. Mai 44; es ist das erste Mal daß die ägyptische Königin überhaupt in Ciceros Korrespondenz erwähnt wird. ,,Reginae fuga mihi non molesta est". Für die Villa der Kleopatra Ad Att. XV, 15, 2 „cum esset trans Tiberim in hortis". 3 Plutarch, Antonius XXVI ff.
20
ELIZABETH VISSER
Antonius nur durch Liebe und Leidenschaft getrieben, und es ist eher anzunehmen daß Antonius und Kleopatra beide einander betrachtet haben als zweckmäßiges Instrument zur Realisierung hochfliegender Pläne. Dabei ist sicher Kleopatra in ihrer Erwartung getäuscht worden, denn Antonius, wenn er sich auch als den wahren Erben Caesars betrachtete, war in keiner Hinsicht der Mann um an Caesars Stelle zu treten. Es fragt sich übrigens ob jemand dieser Situation gewachsen gewesen wäre. Denn wenn auch die Propaganda Oktavians uns von der wirklichen Stimmung in Rom gewiß manches verhüllt, und wenn auch der Orient vielleicht bereit gewesen wäre, Kleopatra zu unterstützen1, so ist doch nicht daran zu zweifeln daß man im allgemeinen im Westen einen Sieg der Kleopatra und des Antonius als eine Katastrophe betrachtet hätte. Und auf den Westen kam es an; gegen ein geeinigtes Rom konnte in dieser Zeit keine Macht der Welt aufkommen. Nach der entscheidenden Seeschlacht bei Actium (September 31 a.C.) zog Oktavian im Frühling des Jahres 30 in Ägypten ein. Die früher uneinnehmbare Grenzfestung Pelusium öffnete ihm seine Tore und darauf konnte die Belagerung Alexandriens nur zur Kapitulation führen. Antonius und Kleopatra nahmen sich das Leben und ihr ältester Sohn, der junge Ptolemaios „Kaisarion", der als Sohn des großen Caesar galt, wurde bald darauf auf Befehl Oktavians ermordet. So wurde im Jahre 30 Ägypten eine kaiserlich-römische Provinz. Ein römischer Gouverneur, nicht einmal senatorischen Adels, bezog den alten Ptolemäerpalast; römische Legionen und Auxilia, in die erst viel später die Landeskinder zugelassen wurden, ersetzten das griechisch-ägyptische Heer der makedonischen Könige. Die Rolle Ägyptens in der Weltpolitik war ausgespielt. 1
Davon zeugt manche Stelle in den sogenannten „Oracula Sybillina".
AGYPTEN UNTER RÖMISCHER HERRSCHAFT
1
VON
HANS VOLKMANN Lage, Natur und Geschichte gaben Ägypten in jedem Reiche, dem es angehörte, eine Sonderstellung 2 • Auch unter den Provinzen des römischen Reiches erhielt es eine Eigenständigkeit, die sich allmählich in gegenseitigem Ausgleich mit der übrigen Reichsverwaltung verlor. Diese Entwicklung3 gliedert die Geschichte des Nillandes unter der römischen Herrschaft in zwei große Abschnitte. Der erste reicht von der Eroberung des Landes 30 v. Chr. bis zu der Neuordnung unter Diokletian 297, die Ägypten völlig dem provinzialen Schema des römischen Reiches anpaßte, der zweite endet mit der Einnahme Alexandreias durch die Araber 646, die es endgültig unter muslimische Herrschaft brachte. l.
VON DER EROBERUNG NEUORDNUNG
ÄGYPTENS
30 V. CHR. BIS ZUR
DIOKLETIANS
297
4 r. Das Verwaltungsstatut Ägyptens
,,Ägypten habe ich dem Herrschaftsbereich des römischen Volkes hinzugeschlagen." Mit dieser Bemerkung buchte Augustus in seinem Leis1 Diese Epoche ist eingehend zuletzt von J. G. Milne, A history of Egypt under Roman rule (1924) dargestellt und in ihren Grundzügen von H. I. Bell, Egypt from Alexander the Great to the arab conquest (1948) 65-134 behandelt worden. Die Verwaltung der römischen Provinz Ägypten erläutert kurz F. De Martino, Storia della costituzione Romana 4, 2, 1965, 762 ff. Alle datierbaren demotischen Texte bringt P. W. Pestman, Chronologie egyptienne d'apres les textes demotiques 332 v. Chr. - 453 apr. Chr. 1967. Die seitdem aus dem anhaltenden Zustrom der Papyri von der Einzelforschung gewonnenen Ergebnisse sucht der folgende Überblick mit den wichtigsten Literaturhinweisen zusammenzufassen. Über den Zuwachs an Papyri unterrichten periodisch E. Seidl, Juristische Papyruskunde in den Studia et Documenta historiae et iuris, zuletzt 36, 1970 und J. Modrzejewski, Revue historique de droit francais et etranger, zuletzt 47, 1969, 130 ff. 551 ff. Eine „Rechtsgeschichte Ägyptens als römischer Provinz" von E. Seidl erscheint demnächst. Eine Prosopographie des römischen Ägyptens bearbeitet A. Tomsin, Atti dell' XI. Congr, internaz, di papirologia 1966. V. A. Tscherikover und A. Fuks, Corpus papyrorum Iudaicarum 2, 196o. 3, 1964 geben eine Prosopographie aller Juden und ein Verzeichnis der Orte, in denen sie in Ägypten wohnten. 8 J. Vogt, Ägypten als Reichsprovinz im Wandel der Jahrtausende. Klio 31 (1938) 301 ff. 8 E. Kornemann in „Einleitung in die Altertumswissenschaft" (hg. von A. Gercke und E. Norden) III 2a ( 1933) 97 ff. ' A. Piganiol, Le statut Augustien de l'Egypte et sa destruction. MH IO (1953) 193 ff.
22
HANS VOLKMANN
tungsbericht (res g.c. 27) die Eroberung Ägyptens, verschwieg aber die klugen Grundsätze, nach denen er, nicht der Senat das Verwaltungsstatut für die wertvolle Erwerbung entwarf. Tacitus zählt es mit Recht zu den ,,geheimen Künsten", mit denen Augustus die Kaiserherrschaft begründete. Während er in Rom seine Stellung als princeps vorsichtig ausbaute, zeigte er sich in Ägypten als Rechtsnachfolger der im Krieg unterlegenen Dynastie der Ptolemäer, als Autokratenherrscher, den die ägyptischen Priester mit der herkömmlichen Titulatur „König von Oberägypten und König von Unterägypten" nannten. Die feste Basis monarchischer Macht, die das Land mit seiner strategisch günstigen Lage, seinem Bodenreichtum und seinem eingespielten Verwaltungsapparat bot, durfte nicht in die Hände machthungriger Statthalter kommen. Daher wurden die Senatoren, die sonst an der Verwaltung der Provinzen beteiligt waren, in Ägypten von allen Ämtern ausgeschlossen und ihnen sowie dem einflußreicheren Teil der Ritter das Betreten des Landes ohne ausdrückliche Erlaubnis des Kaisers verboten. So wurde die Provinz die erste große Wirkungsstätte für das Beamtentum, das sich Augustus aus dem Ritterstand bildete. Ein Ritter, der praefectus Alexandreae et Aegypti1, residierte als Vertreter des Kaisers, als Vizekönig (loco regum, Tac. hist. I II,I. Strabo XVII 797) in Alexandreia. Wie früher die Pharaonen und Ptolemäer achtete er die alten Riten, warf jährlich gegen Ende Mai vor Beginn der Nilschwelle bei der Insel Philae goldene Geräte als Geschenk in die Fluten des göttlichen Nil und hütete sich, nach dem Einsetzen der Nilschwelle den Fluß zu befahren 2 • Obwohl nur Ritter, besaß er ein imperium, quod ad similitudinem proconsulis lege sub Augusto ei datum est 3 • Seine Edikte hatten Rechtskraft ac si magistratus Romani constituissent (Tac. ann. XII 60). Er führte den Oberbefehl über eine ansehnliche Heeresmacht. Zunächst standen drei Legionen im Lande, eine in Nikopolis bei Alexandreia, die zweite in Babylon gegenüber Memphis, die dritte in Oberägypten, drei Auxiliarkohorten waren bei Alexandreia, drei weitere in Syene stationiert, die restlichen drei dürften in der Heptanomia gelegen haben. Schließlich waren noch drei Alen über das Land verteilt 4 • Die Re1 A. Stein, Die Praefekten von Ägypten in der römischen Kaiserzeit (1950). F. Bureth, Documents papyrol. relatifs aux prefets d'Egypte. Bull. de Ja Fac. des Iettres (Strasbourg) 33 (1954) 135 ff. E. Seid!, Studia et Documenta historiae et iuris 24 (1958) 443 f. P. Bureth, Documents papyrol. relativs aux prefets d'Egypte, Revue histoire de droit francais et etranger 46, 1968, 242 ff. 0. W. Reinmuth, A working !ist of the prefects of Egypt 30 B.C. to 269 A.D., Bull. Amer. Soc. Pap. 4, 1967, 75 ff., Nachtrag dazu 5, 1968, 105 f. • Plin. n. h. V 10, 57. Sen. n. q. 4a, 2, 7. K. Hannestad, Sollemne sacrum praefecti Aegypti and its historical background. Classica et mediaevalia 6 (1944) 41 ff. 3 Ulpian Dig. I 17. H. Last, The praefectus Aegypti and his powcrs. JEA 40 (1954) 68 ff. ' J. Lesquier, L'armec romaine d'Egypte d'Auguste a Diocletien (1918). R. Marichal, L'occupation romaine de la hasse Egypte: le statut des auxilia (1945). S. Daris, Note per
ÄGYPTEN
UNTER RÖMISCHER
HERRSCHAFT
23
krutierung der Truppen wies in den „Lagerkindern" eine ägyptische Eigenheit auf, die allmählich in andere Reichsteile übertragen wurde. Söhne, die von den Soldaten während der Dienstzeit in illegitimer Verbindung mit peregrinen Frauen gezeugt wurden, traten in Ägypten, wo der Heeresdienst unter den Ptolemäern erblich gewesen war, nach dem väterlichen Beispiel in die Truppen ein. Auch das Offizierkorps hatte in dem Lande, das den Aufenthalt von Senatoren nicht duldete, eine besondere Note. Statt von senatorischen Legaten wurden hier die Legionen von ritterlichen Offizieren, jeweils dem praefectus legionis, befehligt. Ebenso war die in Alexandreia liegende Flotte, die classis Augusta Alexandrina, die zugleich den Verkehr auf dem Nil überwachte, einem praefectus unterstellt. Das zunächst große militärische Aufgebot erklärt sich aus den Sicherungsmaßnahmen für die von Einfällen bedrohte Südgrenze. Der erste Präfekt C. Cornelius Gallus mußte 30/29 einen Aufstand in der Thebais niederwerfen und rückte mit den Truppen bis zur Insel Philae vor, wo er Gesandte der angrenzenden Äthiopier empfing und einen Häuptling von Roms Gnaden einsetzte. Freilich stiegen dem Präfekten seine Erfolge so zu Kopf, daß er sie in dreisprachiger Inschrift rühmte und seinen Namen auf den Pyramiden einschreiben ließ. Mit solcher Anmaßung fiel er in Ungnade, wurde abgesetzt und entzog sich durch Selbstmord weiterer gerichtlicher Verfolgung von seiten des Senats 1 . Der dritte Präfekt C. Petronius drang nach einem erneuten Einfall der Äthiopier in zwei Feldzügen bis Napata, der alten Hauptstadt des äthiopischen Reiches vor und zerstörte sie2 • Augustus begnügte sich die Grenze bis Hiera Sykaminos (Maharraka) vorzuschieben. Das neu gewonnene Stück des Niltals, das „Zwölfmeilenland" (Dodekaschoinos) blieb unter römischer Hoheit, bis Diokletian 297 die Grenze nach Philae zurücknahm. Nach der Sicherung der Südgrenze wurde die Zahl der Legionen vermindert, seit 23 n. Chr. lagen in Ägypten nur die XXII. Deiotariana und die III. Cyrenaica im gemeinsamen Lager Nikopolis bei Alexandreia. Vom 2. Jhrdt. ab sorgte nur noch eine Legion, die II. Traiana, mit ansehnlichen Hilfstruppen für die Ruhe des Landes. Umfangreicher als die militärischen Aufgaben waren die zivilen, die der Präfekt als Chef der Verwaltung und Jurisdiktion zu bewältigen hatte. Daher waren ihm in der Zentralverwaltung in Alexandreia eine Reihe Ja storia dell' esercito Romano in Egitto. Aegyptus 36 (1956) 235 ff.; Documenti per Ja storia dell' esercito Romano in Egitto 1964. 1 Dessau 8995. H. VoJkmann, Zur Rechtsprechung im Principat des Augustus 2 (1969) n5 ff. J. P. Boucher, Caius Comelius Gallus 1966. H. VoJkmann, Gymnasium 74, 1967, 501 ff. 2 Cass. Dio LIV 5. Strabo XVII 820. Plin. n. h. VI 181. Augustus res g. c. 26.
24
HANS VOLKMANN
Beamter unterstellt, die ebenfalls dem Ritterstand entnommen wurden. 1 half in der Rechtsprechung, der Idioslogos 2 Der iuridicus (8LKIXLo86nic;) buchte die Einnahmen aus Strafen und Einziehungen aller Art, der procurator Neaspoleos et mausolei Alexandriae regelte die Erfassung und Ausfuhr des für Rom bestimmten Getreides und beaufsichtigte das 'A1..e:~ixv8pe:lixc; Kix1A!yu11:-rou 1toc(1'1jc; ordnete die Speicherviertel, der &.p:x_Le:pe:uc; Besetzung der Priesterstellen. Die Selbständigkeit der Tempel und ihrer Priester und die großen Priestersynoden hatten nun ein Ende. Ein erheblicher Teil der Tempelländereien wurde eingezogen und mitunter den Priestern in Pacht zur Entschädigung für gestrichene Gehälter überlassen. Der politische Einfluß der Priester wurde ausgeschaltet, dafür aber ihr Unterhalt garantiert. Die Einhaltung der kultischen Vorschriften wurde durch Geldstrafen erzwungen. ,,Den Priestern ist es weder erlaubt, sich einer anderen Tätigkeit als dem Kult der Götter zu widmen, noch in leinenen Kleidern aufzutreten, noch lange Haare zu tragen, noch sich gar von der göttlichen Prozession entfernt zu halten" (Gnomon 71). Das fiskalische Interesse der Römer an der Aufrechterhaltung des ägyptischen Kultes macht es begreiflich, daß seit Hadrian das Amt des „Erzpriesters" mit dem des Idioslogos vereinigt wurde. Schließlich leitete in die Urkundenarchive, in denen die für die Alexandreia der ocp)(.L8LKIX..e:~ixv8pe:!ixt;; KIXL Alyurrrou 1tix..11