Semantik / Semantics: Ein internationales Handbuch der zeitgenössischen Forschung. An International Handbook of Contemporary Research [Reprint 2010 ed.] 9783110203363, 9783110126969

During the past 20 years the investigation into meaning of natural languages has emerged into one of the most active dis

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German Pages 935 [940] Year 1991

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Table of contents :
Vorwort
Preface
I. Allgemeine Grundlagen General Foundations
1. John Lyons, Bedeutungstheorien (Theories of Meaning)
2. M. J. Cresswell, Basic Concepts of Semantics (Grundbegriffe der Seman¬tik)
3. Dieter Wunderlich, Bedeutung und Gebrauch (Meaning and Use)
4. Gisbert Fanselow/Peter Staudacher, Wortsemantik (Word Semantics)
II. Probleme der ontologischen Grundlegung: Welt versus Situation
Problems of Ontological Foundation: World Versus Situation
5. M. J. Cresswell, Die Weltsituation (The World Situation)
6. John Barwise, Situationen und kleine Welten (Situations and Small Worlds)
III. Theorie der Satzsemantik Theory of Sentence Semantics
7. Arnim von Stechow, Syntax und Semantik (Syntax and Semantics)
8. M. J. Cresswell, Syntax and Semantics of Categorial Languages (Syntax and Semantik kategorialer Sprachen)
IV. Kontexttheorie
Context Theory
9. Thomas Ede Zimmermann, Kontextabhängigkeit (Context Dependence)
10. Ulrike Haas-Spohn, Kontextveränderung (Context Change)
11. Manfred Pinkal, Vagheit und Ambiguität (Vagueness and Ambiguity)
V. Semantische Grundlagen der Sprechakte
Semantic Foundations of Speech Acts
12. Günther Grewendorf/Dietmar Zaefferer, Theorien der Satzmodi (Theo¬ries of Sentence Mood)
13. Pieter A. M. Seuren, Präsuppositionen (Presuppositions)
14. Andreas Kemmerling, Implikatur (Implicature)
15. Rainer Bäuerle/Thomas E. Zimmermann, Fragesätze (Interrogatives)
VI. Nominalsemantik
Nominal Semantics
16. Jean-Yves Lerner/Thomas E. Zimmermann, Eigennamen (Proper Nouns)
17. Greg N. Carlson, Natural Kinds and Common Nouns (Natürliche Arten und Allgemeinnamen)
18. Manfred Krifka, Massennomina (Mass Nouns)
19. Godehard Link, Plural (Plural)
20. Veronika Ehrich, Nominalisierungen (Nominalizations)
VII. Semantik der Funktionswörter
Semantics of Functional Words
21. Jan van Eijck, Quantification (Quantoren)
22. Irene Heim, Artikel und Definitheit (Articles and Definiteness)
23. Tanya Reinhard, Pronouns (Pronomina)
24. Peter E. Pause, Anaphern im Text (Textual Anaphors)
25. Joachim Jacobs, Negation (Negation)
26. Ewald Lang, Koordinierende Konjunktionen (Coordinative Conjunctions)
27. Kjell Johan Sæbø, Causal and Purposive Clauses (Kausale und finale Nebensätze)
28. Ekkehard König, Konzessive Konjunktionen (Concessive Conjunctions)
29. Angelika Kratzer, Modality (Modalität)
30. Angelika Kratzer, Conditionals (Konditionale)
VIII. Adjektivsemantik
Adjectival Semantics
31. Cornelia Hamann, Adjectives (Adjektive)
32. Ewan Klein, Comparatives (Komparativ)
IX. Verbalsemantik
Verbal Semantics
33. Cathrine Fabricius-Hansen, Verbklassifikation (Classification of Verbs)
34. Rainer Bäuerle, Verben der propositionalen Einstellung (Propositional Attitude Verbs)
35. Cathrine Fabricius-Hansen, Tempus (Tense)
36. M. J. Cresswell, Adverbial Modification in γ-Categorial Languages (Adverbiale Modifikation)
X. Residua: Präpositionen, Gradpartikeln, Fokus
Residua: Prepositions, Degree Particles, Focus
37. Dieter Wunderlich/Michael Herweg, Lokale und Direktionale (Spatial and Directional Prepositions)
38. Ekkehard König, Gradpartikeln (Degree Particles)
39. Arnim von Stechow, Current Issues in the Theory of Focus (Probleme der Fokustheorie)
40. Angelika Kratzer, The Representation of Focus (Fokus-Repräsentation)
XI. Service-Artikel
Service-Article
41. Godehard Link, Formale Methoden in der Semantik (Formal Methods in Semantics)
XII. Bibliographischer Anhang und Register
Bibliographie Appendix and Indices
42. Bibliographie/Bibliography
43. Personenregister/Name Index
44. Sachregister/Subject Index
Recommend Papers

Semantik / Semantics: Ein internationales Handbuch der zeitgenössischen Forschung. An International Handbook of Contemporary Research [Reprint 2010 ed.]
 9783110203363, 9783110126969

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Semantik Semantics HSK 6

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Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft Handbooks of Linguistics and Communication Science Manuels de linguistique et des sciences de communication Mitbegründet von Gerold Ungeheuer

Herausgegeben von / Edited by / Edites par Hugo Steger Herbert Ernst Wiegand

Band 6

Walter de Gruyter · Berlin · New York 1991

Semantik Semantics Ein internationales Handbuch der zeitgenössischen Forschung An International Handbook of Contemporary Research Herausgegeben von / Edited by Arnim von Stechow · Dieter Wunderlich

Walter de Gruyter · Berlin · New York 1991

© Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die U S - A N S I - N o r m über Haltbarkeit erfüllt.

Die Deutsche Bibliothek



CIP-Einheitsaufnahme

Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft / mitbegr. von Gerold Ungeheuer. Hrsg. von Hugo Steger ; Herbert Ernst Wiegand. — Berlin ; New York : de Gruyter. Teilw. mit Parallelt.: H a n d b o o k s of linguistics and communication science. — Früher hrsg. von Gerold Ungeheuer u. Herbert Ernst Wiegand NE: Ungeheuer, Gerold [Begr.]; Steger, Hugo [Hrsg.]; PT Bd. 6. Semantik. - 1991 Semantik : ein internationales Handbuch der zeitgenössischen Forschung = Semantics / hrsg. von Arnim von Stechow; Dieter Wunderlich. — Berlin ; New York : de Gruyter, 1991 (Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft ; Bd. 6) ISBN 3-11-012696-6 N E : Stechow, Arnim von [Hrsg.]; PT

© Copyright 1991 by Walter de Gruyter & Co., D-1000 Berlin 30. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Satz: Arthur Collignon G m b H , Berlin Druck: H. Heenemann G m b H & Co., Berlin Buchbinderische Verarbeitung: Lüderitz & Bauer, Berlin

Vorwort Mit dem Ende der sechziger Jahre erlebte die Forschung zur Semantik natürlicher Sprachen einen lebhaften Aufschwung. In der Linguistik selbst wurde er eingeleitet durch Arbeiten wie An Integrated Theory of Linguistic Descriptions von Katz & Postal (1964) und der sogenannten Generativen Semantik (zum Beispiel Lakoffs Linguistics and Natural Logic and McCawleys A Program for Logic, beide in Davidson & Harman 1972). Die aus der Linguistik kommenden Versuche wurden Anfang der siebziger Jahre rasch überholt durch drei klassische Aufsätze Richard Montagues (English as a Formal Language, Universal Grammar und The Proper Treatment of Quantification in Ordinary English, sämtlich in Montague 1974). Diese Arbeiten stellen den entscheidenden Durchbruch in der linguistischen Semantik dar. Die Entwicklung der theoretischen Semantik in der Linguistik stand zunächst noch entscheidend unter dem Einfluß von Sprachphilosophen und philosophischen Logikern (Frege, Russell, Carnap, Austin, Kripke, Montague, Lewis, Kaplan und viele andere), deren Positionen und Methoden weitgehend übernommen wurden. Inzwischen hat die Disziplin aber in der Semantik festen Fuß gefaßt, und die differenzierten, aus der Empirie der natürlichen Sprachen herkommenden Fragestellungen beeinflussen heute ihrerseits die philosophische Logik und die Kognitionswissenschaften. Unter den verschiedenen Konzeptionen der Semantik hat sich die Wahrheitsbedingungen-Semantik als besonders einflußreich erwiesen. Sie ist zum vorherrschenden Paradigma der formalen linguistischen Semantik geworden. Die wahrheitskonditionale Auffassung der Bedeutung von Sätzen liegt in irgendeiner Variante allen Beiträgen des Handbuchs zugrunde und erweist sich so als das einigende geistige Band. Fruchtbar geworden für die Linguistik ist vor allem eine spezielle Variante, nämlich die sogenannte Mögliche-Welten-Semantik. Sie erlaubt eine formale Rekonstruktion des für natürliche Sprachen zentralen Begriffs der Intension. Die in diesem Rahmen entwickelten Theorien gehen davon aus, daß die Bedeutung eines komplexen Ausdrucks „berechenbar" sein muß, und verwenden deshalb formale, insbesondere algebraische (modelltheoretische) Methoden, die die Konstruktion der Bedeutung kompositional aufgrund des Satzbaus erfassen. Das Handbuch soll den gegenwärtigen Stand der linguistischen Wahrheitsbedingungen-Semantik verläßlich dokumentieren. Wir sind zuversichtlich, daß die Darstellung in weiten Teilen klassisch genug ist, um nicht alsbald zu veralten. Die Teile I bis V des Handbuchs befassen sich mit allgemeineren Fragen der Semantik (Grundlegung der Disziplin, alternative Konzeptionen wie Situationssemantik, Kompositionalität, Stellung der Semantikkomponente innerhalb des Systems der Grammatik, Allrounderscheinungen der natürlichen Sprache wie: Kontextabhängigkeit und -Veränderung, Vagheit und Mehrdeutigkeit, Präsupposition und Implikaturen, das Verhältnis von Bedeutung und Gebrauch). Es geht also um die allgemeine semantische Theoriebildung und deren Zuschnitt auf die besonderen Probleme der natürlichen Sprache.

VI

Vorwort

Die Artikel in den Teilen V I bis X befassen sich mit speziellen Erscheinungen natürlicher Sprachen. Die Gliederung folgt weitgehend der Systematik der klassischen G r a m m a t i k (partes orationis wie N o m e n , Pronomen, Adjektiv, Verb usw. und grammatische Kategorien wie Tempus, M o d u s , Aspekt etc.), die allerdings so ergänzt wird, daß diejenigen semantischen Aspekte der Sprache abgehandelt werden, für die heute verläßliche Ergebnisse vorliegen. Es versteht sich von selbst, daß in einer Disziplin, die in ständiger Entwicklung begriffen ist, eine Vollständigkeit der Systematik nicht zu erreichen war. D e r in Teil X I enthaltene Service-Artikel „ F o r m a l e Methoden in der Semantik" erlaubt ein Nachschlagen von vielfach benutzten Definitionen. Einer der leitenden Gesichtspunkte bei der Konzeption des Handbuchs war, daß jeder Artikel nach Möglichkeit in sich geschlossen sein sollte. Ausgehend von einzelnen Sprachphänomenen sollten die vorgeschlagenen Theorien, die Probleme der semantischen Analyse und die offenen oder strittigen Fragen dargestellt werden. D a m i t waren gewisse Überschneidungen unvermeidbar. W i r haben solche Redundanzen bewußt in K a u f genommen, nicht zuletzt aus der Erwägung heraus, d a ß nur eine Geschlossenheit der einzelnen Artikel die G e w ä h r dafür bietet, daß sie als Arbeitsgrundlage für einschlägige akademische Lehrveranstaltungen benutzt werden können. Selbstverständlich enthält aber jeder Artikel Querverweise auf andere einschlägige Artikel. Ein weiterer Gesichtspunkt war die Eigenverantwortlichkeit der Autoren. Z w a r liegt mit der Wahrheitsbedingungen-Semantik eine gemeinsame Grundkonzeption vor, aber dennoch ist bei dem heutigen Stand der Forschung noch vieles kontrovers. Die Herausgeber haben deshalb nicht immer versucht, zwischen eventuellen Unverträglichkeiten verschiedener Positionen zu vermitteln. Ferner wurde darauf verzichtet, die Terminologie rigoros zu vereinheitlichen. A u c h hat jeder A u t o r gewisse Vorliegen, was die Wahl der logischen und grammatischen Notation betrifft. Dies sind Merkmale des persönlichen Stils, die wir erhalten wissen wollten. In einem Punkt sind wir von der Konzeption der Geschlossenheit der Einzelartikel abgegangen: In den Bibliographien g a b es zahlreiche Überschneidungen. Separate Literaturlisten hätten den U m f a n g des Handbuchs beträchtlich vergrößert. Deshalb enthalten die Einzelartikel die Literaturhinweise in K u r z f o r m , während sich in Teil X I I die ausführliche Gesamtbibliographie befindet. Ein abschließendes Namens- und Sachregister soll die Arbeit mit dem Handbuch erleichtern.

Wir möchten den Autoren für ihre große G e d u l d und M ü h e danken. Die Arbeit an dem Handbuch hat viel länger gedauert als beabsichtigt. Der erste Grund für die Verzögerung ist, d a ß die erforderlichen Beiträge nicht in der gewünschten Zeit zusammengebracht werden konnten. Ein weiterer G r u n d ist, d a ß der Verlag, der das Handbuch ursprünglich herausbringen wollte, kurz vor A b s c h l u ß der redaktionellen Arbeiten seine Tätigkeit einstellte. Die Herausgeber der Handbuchreihe des Walter de Gruyter Verlages haben dann dankenswerterweise das Unternehmen übernommen. Die Überführung in diese Reihe verlangte weitere Änderungen am Handbuch, was erneut zu Verzögerungen führte. M ö g e das Ergebnis die Beteiligten für ihre langjährigen Bemühungen entschädigen. Unser D a n k gilt auch den (bislang anonymen) Rezensenten der Beiträge, welche die für die Qualität des Handbuchs entscheidende Arbeit des kritischen Kommentierens unentgeltlich auf sich genommen haben. Es handelt sich um die folgenden Personen:

Vorwort

VII

R. Bäuerle, M. J. Cresswell, G. Carlson, J. Groenendijk, F. Hamm, I. Heim, J. Jacobs, A. Kemmerling, E. Klein, E. König, F. von Kutschera, M. Krifka, G. Link, S. Löbner, A. ter Meulen, M. Pinkal, R. van der Sandt, Ch. Schwarze, P. Staudacher, W. Sternefeld, M. Stokhof, D. Zaefferer und Ε. T. Zimmermann. Wir danken auch Ulrike Haas-Spohn, die die organisatorischen Kontakte mit den Autoren über Jahre unterstützt hat. Schließlich danken wir den Düsseldorfer Studentinnen und Studenten, die bei der Anfertigung der Bibliographie und der Register und beim Korrekturlesen geholfen haben: Esther Damschen, Carola Höhle, Gerhard Jäger, Birgit Gerlach, Steffi Klose und Ingrid Sonnenstuhl-Henning. Was die beiden Herausgeber betrifft, so schließen wir uns mit vollem Herzen den Worten jenes mittelalterlichen Schreiberleins an, das da gesagt hat: ώσπερ ξένοι χαίρουσιν ίδεΐν πατρίδα, και οί θαλαττεύοντες ίδεΐν λιμένα, και οί στρατευόμενοι τό νΐκος, καί οί πραγματεύοντες τό κέρδος, και οί νόσω λευόμενοι ίδεΐν ύγίαν, οϋτω καί οί γράφοντες ίδεΐν βιβλίου τέλος. Wie der Fremde sich freut beim Anblick der Heimat, der Seefahrer, gewahrt er des Hafens, der Kämpfende, wenn der Sieg da ist, der Händler, wenn Gewinn sich einstellt, der Kranke, wenn Gesundheit wiederkehrt, So freut sich der Autor beim Anblick des Endes des Buches. Juli 1991

Arnim von Stechow Dieter Wunderlich

Preface At the end of the sixties the investigation into the meaning of natural languages developed rapidly. It started with works such as An Integrated Theory of Linguistic Descriptions by Katz & Postal (1964) and the so-called Generative Semantics (e.g. Lakoff s Linguistics and Natural Logic and McCawley's A Program for Logic, both in Davidson & Harman 1972). Very soon these efforts were made obsolete by three classical essays by Richard Montague (English as a Formal Language, Universal Grammar and The Proper Treatment of Quantification in Ordinary English, all in Montague 1974). These works constituted the crucial breakthrough in semantic theory. In the beginning the development of theoretical semantics as a field of linguistics was largely influenced by language philosophers and philosophical logicians (Frege, Russell, Carnap, Austin, Kripke, Montague, Lewis, Kaplan, and many others), whose positions and methods survive to a great extent. In the meantime, theoretical semantics has gained a foothold in linguistics. From empirical research in particular languages finely differentiated questions arise and now influence philosophical logic and cognitive sciences. Among the different concepts of semantics, truth-conditional semantics has proven to be especially influential. It has become the predominant paradigm of theoretical semantics. This approach in one way or another forms the basis for all articles in this handbook and therefore constitutes its spiritual bond. A particularly productive variant is Possible World Semantics, which allows a formal reconstruction of the concept of intension which is crucial to natural languages. The theories developed in this framework assume that the meaning of a complex expression has to be "computable", and therefore they use formal, especially algebraic (model-theoretic) methods to construct the meaning compositionally in view of syntactic structure. The aim of the handbook is to document the present state of truth-conditional semantics in linguistics, which involves theories that can now be termed "classical" and we hope will therefore remain valid in the future. Parts I to V of this handbook deal with more general questions of semantic theory: the conceptual and ontological foundations of the discipline, the common principles of semantics, alternative approaches such as situation semantics, the role of compositionality, the place of semantics within the system of grammar, the relationship of meaning and use as shown by all-around properties such as context dependence, context change, vagueness, ambiguity, presupposition and implicatures. The articles in parts VI to X are concerned with particular phenomena of natural languages. They are arranged according to both parts of speech (nouns, pronouns, verbs and adjectives, etc.) and grammatical categories (tense, mood, aspect, number, etc.). This division is complemented by those semantic aspects of language which have been proven to be crucial and particularly fruitful for research. It goes without saying that in a rapidly changing discipline such as semantics, a completely systematic organization cannot be found.

Preface

IX

Finally, there is a service article in part XI which provides central definitions in semantics. One of the main aspects in the conception of this handbook was that every article should be as self-contained as possible. Focusing on individual linguistic phenomena, the articles attempt to outline the proposed theories and the specific problems of the semantic analysis as well as the disputed questions. Thus, to a certain extent overlap could not be avoided. We allowed for such redundancies in part because only a selfcontained article can be used as a basis in academic lectures. Cross-references are included in the text. Another feature is the responsibility of the individual authors. The truth-conditional semantics may form a common denominator but some of the more specific questions are still controversial. The editors did not try to intervene when certain incompatibilities between different authors arose. Each author has a particular preference with respect to terminology and the logical and grammatical notation. These are features of personal style which we wanted to maintain. Some articles are written in German, and some in English. However, because of numerous overlaps in the literature, all references are included in one comprehensive bibliography at the end of the book. This final part also includes an index of subjects and names. We thank all the authors for their great effort and patience. The work on this handbook took a lot longer than expected. One reason for this delay was that the required articles could not be collected within the planned schedule. Another reason was that the original publisher went out of business. Fortunately, the editors of the handbook series at Walter de Gruyter were able to step in. This take-over required various changes in the manuscript and therefore led to a further delay. We hope that the result compensates all participants for the lenghty wait. We also thank the referees (who have been anonymous up until now) who undertook the important task of critically commenting on the articles: R. Bäuerle, Μ. J. Cresswell, G. N. Carlson, J. Groenendijk, F. Hamm, I. Heim, J. Jacobs, A. Kemmerling, E. Klein, E. König, F. von Kutschera, Μ. Krifka, G. Link, S. Löbner, A. ter Meulen, M. Pinkal, R. van der Sandt, Ch. Schwarze, P. Staudacher, W. Sternefeld, Μ. Stokhof, D. Zaefferer and Ε. Τ. Zimmermann. Thanks also to Ulrike Haas-Spohn who, over the years, helped to organize the contact with the authors. Finally we thank the students from Düsseldorf who helped with compiling the bibliography and the indexes as well as the proof-reading: Esther Damschen, Carola Höhle, Gerhard Jäger, Birgit Gerlach, Steffi Klose and Ingrid Sonnenstuhl-Henning. As far as the two editors are concerned, we fully agree with the words of the medieval writer who said: ώσπερ ξένοι χαίρουσιν ίδεΐν πατρίδα, και οί θαλαττεύοντες ίδεΐν λιμένα, και οί στρατευόμενοι τό νΐκος, και οί πραγματεύοντες τό κέρδος, και οί νόσω λευόμενοι ίδεΐν ύγίαν, οϋτω και οί γράφοντες ίδεΐν βιβλίου τέλος.

χ In the and and and and in this

Preface

same way as strangers are pleased to see their country sailors to see the harbour warriors to see the victory traders to see profit invalids to see their recovery way writers enjoy seeing the end o f the book.

July, 1991

Arnim von Stechow Dieter Wunderlich

Inhalt/Contents Vorwort Preface

I. 1. 2. 3. 4.

II.

5. 6.

III. 7. 8.

V VIII

Allgemeine Grundlagen General Foundations John Lyons, Bedeutungstheorien (Theories of Meaning) Μ. J. Cresswell, Basic Concepts of Semantics (Grundbegriffe der Semantik) Dieter Wunderlich, Bedeutung und Gebrauch (Meaning and Use) . . . Gisbert Fanselow/Peter Staudacher, Wortsemantik (Word Semantics) .

1 24 32 53

Probleme der ontologischen Grundlegung: Welt versus Situation Problems of Ontological Foundation: World Versus Situation M. J. Cresswell, Die Weltsituation (The World Situation) John Barwise, Situationen und kleine Welten (Situations Worlds)

71 and

Small 80

Theorie der Satzsemantik Theory of Sentence Semantics Arnim von Stechow, Syntax und Semantik (Syntax and Semantics) . . Μ. J. Cresswell, Syntax and Semantics of Categorial Languages (Syntax and Semantik kategorialer Sprachen)

IV.

Kontexttheorie Context Theory

9. 10. 11.

Thomas Ede Zimmermann, Kontextabhängigkeit (Context Dependence) Ulrike Haas-Spohn, Kontextveränderung (Context Change) Manfred Pinkal, Vagheit und Ambiguität (Vagueness and Ambiguity) .

V.

Semantische Grundlagen der Sprechakte Semantic Foundations of Speech Acts

12.

Günther Grewendorf/Dietmar Zaefferer, Theorien der Satzmodi (Theories of Sentence Mood)

90 148

156 229 250

270

XII

Inhalt/Contents

13. 14. 15.

Pieter Α. Μ. Seuren, Präsuppositionen (Presuppositions) Andreas Kemmerling, Implikatur (Implicature) Rainer Bäuerle/Thomas E. Zimmermann, Fragesätze (Interrogatives)

VI.

Nominalsemantik Nominal Semantics

16. 17.

Jean-Yves Lerner/Thomas E. Zimmermann, Eigennamen (Proper Nouns) Greg N. Carlson, Natural Kinds and Common Nouns (Natürliche Arten und Allgemeinnamen) Manfred Krifka, Massennomina (Mass Nouns) Godehard Link, Plural (Plural) Veronika Ehrich, Nominalisierungen (Nominalizations)

18. 19. 20.

.

286 319 333

349 370 399 418 441

VII. Semantik der Funktionswörter Semantics of Functional Words 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30.

Jan van Eijck, Quantification (Quantoren) Irene Heim, Artikel und Definitheit (Articles and Definiteness) Tanya Reinhard, Pronouns (Pronomina) Peter E. Pause, Anaphern im Text (Textual Anaphors) Joachim Jacobs, Negation (Negation) Ewald Lang, Koordinierende Konjunktionen (Coordinative Conjunctions) Kjell Johan Saeb0, Causal and Purposive Clauses (Kausale und finale Nebensätze) Ekkehard König, Konzessive Konjunktionen (Concessive Conjunctions) Angelika Kratzer, Modality (Modalität) Angelika Kratzer, Conditionals (Konditionale)

459 487 535 548 560 597 623 631 639 651

VIII. Adjektivsemantik Adjectival Semantics 31. 32.

Cornelia Hamann, Adjectives (Adjektive) Ewan Klein, Comparatives (Komparativ)

IX.

Verbalsemantik Verbal Semantics

33. 34.

Cathrine Fabricius-Hansen, Verbklassifikation (Classification of Verbs) Rainer Bäuerle, Verben der propositionalen Einstellung (Propositional Attitude Verbs) Cathrine Fabricius-Hansen, Tempus (Tense) Μ. J. Cresswell, Adverbial Modification in λ-Categorial Languages (Adverbiale Modifikation)

35. 36.

657 673

692 709 722 748

Inhalt/Contents

XIII

X.

Residua: Präpositionen, Gradpartikeln, Fokus Residua: Prepositions, Degree Particles, Focus

37.

Dieter Wunderlich/Michael Herweg, Lokale und Direktionale (Spatial and Directional Prepositions) Ekkehard König, Gradpartikeln (Degree Particles) Arnim von Stechow, Current Issues in the Theory of Focus (Probleme der Fokustheorie) Angelika Kratzer, The Representation of Focus (Fokus-Repräsentation)

38. 39. 40.

XI.

Service-Artikel Service-Article

41.

Godehard Link, Formale Methoden in der Semantik (Formal in Semantics)

758 786 804 825

Methods 835

XII. Bibliographischer Anhang und Register Bibliographie Appendix and Indices 42. 43. 44.

Bibliographie/Bibliography Personenregister/Name Index Sachregister/Subject Index

861 908 915

I. Allgemeine Grundlagen General Foundations 1. Bedeutungstheorien 1. 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 2. 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7 2.8 3.

1.

Geschichte und Gegenstand der Semantik Der Terminus Semantik Geschichte der Semantik Linguistische Semantik Ebenen der Bedeutung und Kompositionalität Semantik und Pragmatik Einige Zugänge zur semantischen Theorie Bedeutungstheorien und semantische Theorie Die Referenztheorie Die Ideationstheorie Verhaltenstheorie der Bedeutung und behavioristische Semantik Strukturelle Semantik Kontextuelle Theorie der Bedeutung Bedeutung und Gebrauch Wahrheitsbedingungen-Theorien der Bedeutung Literatur (in Kurzform)

Geschichte und Gegenstand der Semantik

1.1 Der Terminus Semantik Das Nomen Semantik ist eine relativ neue Prägung. Zur Bezeichnung der Wissenschaft von der Bedeutung wurde es erstmals im späten 19. Jh. benutzt. Es leitet sich von dem griechischen Adjektiv semantikos her, das je nach Kontext als „bedeutsam" [significant] oder „sinnvoll" übersetzt werden kann. Es ist etymologisch mit mehreren anderen Termini verwandt, zu denen es bis in jüngste Zeit in Rivalität stand. Dazu gehören unter anderen „Semiasologie", „Semiotik" und „Semiologie". Alle diese Bezeichnungen gehen, ebenso wie „Semantik", letztlich auf eine Familie von griechischen Wörtern zurück, die etwas mit der Interpretation von Zeichen zu tun haben. Der etymologische Gesichtpunkt, der soeben ins Spiel gebracht wurde, ist von einiger Wichtigkeit. Unter den verschiedenen Theorien der Semantik, die in diesem Artikel und an anderen Stellen dieses Buches diskutiert werden, gibt es solche, die Bedeutung mit Bezeichnung [signification] identifizieren und

solche, die das nicht tun. In diesem Zusammenhang ist erwähnenswert, daß Breals berühmter Essai de semantique (1877), der den gerade erst geschaffenen Terminus popularisierte, in seinem Untertitel die Bezeichnung science des significations enthielt. Das Französische besitzt kein Wort der Alltagssprache, welches alles abdeckt, was durch das deutsche Wort Bedeutung (oder das englische Wort meaning) abgedeckt wird und das nicht nur von Bezeichung, sondern auch von Bedeutsamkeit [significance ] unterschieden werden kann, wenn immer dies notwendig ist. Breals Essai ist nicht ins Deutsche übersetzt worden, aber die englische Übersetzung, welche 1903 erschien, definierte den neu entdeckten Zweig der Linguistik implizit mittels eines ziemlich verschiedenen Untertitels: The Science of Meaning. Auf deutsch schreibende Forscher tendierten während der ersten Hälfte des 20. Jhs dazu, eher das Wort „Bedeutungslehre" als „Semantik" zu benutzen. Aus Gründen, die alsbald klar werden werden dürften, wird heute paradoxerweise der Terminus „Semantik" in einem sehr weiten Sinn benutzt, um die Wissenschaft von der Bedeutung als solche zu bezeichnen. „Bedeutungslehre" wird im allgemeinen eingeschränkt auf den Bereich der Semantik, um den es Breal (und den meisten Semantikern jener Zeit) ging: diachrone lexikalische Semantik (siehe dazu 1.4). 1.2 Geschichte der Semantik Obwohl die Semantik erst als ein eigenständiger Zweig der Linguistik anerkannt wurde, als der Terminus „Semantik" und damit verwandte Bezeichnungen im 19. Jh. für das Gebiet eingeführt wurden, ist das Interesse an Bedeutung doch so alt wie die Sprachforschung selbst. In Europa reicht es zurück bis zu den eigentlichen Anfangen der traditionellen Grammatik und Logik in den Spekulationen Pia tos und seiner Zeitgenossen im 5. und 4. Jh. vor Christus. In anderen Teilen der Welt

2 hat dieses Interesse eine ebensolange, wenn nicht längere Geschichte, besonders in Indien und China. Zuerst eregte das, was wir heute lexikalische Semantik nennen, die Aufmerksamkeit der Gelehrten, insbesondere die Etymologie: die Erforschung des Ursprungs und der Entwicklung von Wörtern unter besonderer Berücksichtigung ihrer Bedeutung. Aber auch in den meisten zentralen Bereichen der grammatischen Theorie waren semantische Gesichtspunkte von vitaler Wichtigkeit. Die Wortarten [partes orationis] (Nomen, Verb, Adjektiv, usw.) und grammatischen Kategorien (Tempus, Genus, Numerus, usw.) wurden vollständig oder zumindest teilweise semantisch definiert. Ein Gleiches gilt für die zentrale Einheit der syntaktischen Analyse, den Satz, als dieser sich im Laufe einer jahrhundertelangen Tradition als solcher etablierte, eine Tradition, die ihre Anfange bei Philosophen, Rhetoren und Literaturkritikern hat. Priscians klassische, aus dem 6. Jh. unserer Zeitrechnung stammende Definition des Satzes verwendet das lateinische Wort sententia, wo seine griechisch schreibenden Vorläufer dianoia benutzten (vgl. Matthews 1981: 27). Beide Wörter werden in diesem Zusammenhang gewöhnlich als „Gedanke" übersetzt, aber beide Wörter sind auch als Bedeutung, Intention oder Bedeutsamkeit interpretierbar. Tatsächlich kann man dafür argumentieren, daß Priscians klassische Definition des Satzes (ordinatio dictionum congrua sententiam perfectam demonstrans) am besten übersetzt wird als „eine wohlgeformte Folge von Wörtern, die eine vollständige Aussage (Proposition) ausdrückt". Diese Übersetzung ist natürlich — und zwar bewußt — anachronistisch, insofern sie logische Terminologie des 20. Jhs benutzt, nämlich „wohlgeformt" und „Aussage" anstelle der traditionellen Begriffe des Grammatikers: „kongruent" und „Gedanke". Nicht nur war Semantik nicht klar von Grammatik getrennt (insbesondere nicht von der Syntax), und zwar bis in das späte 19. oder frühe 20. Jh., nein, auch Grammatik und Logik waren nicht scharf voneinander abgegrenzt, auch nicht von Psychologie und Erkenntnistheorie. In diesem Zusammenhang sei im Vorübergehen bemerkt, daß der deutsche Logiker Frege — eine zentrale Gestalt in der Entwicklung der modernen formalen Semantik, wie wir sehen werden — den Terminus „Gedanke" verwendete, wo die meisten heutigen Logiker von „Aussage" (Proposition) sprechen würden. Allerdings hat bei

I. Allgemeine Grundlagen

Frege „Gedanke" eine vollständig abstrakte, nicht-psychologische Bedeutung. Erst in jüngster Zeit wurden darüber hinaus Sätze sowohl von Äußerungen (Priscians Terminus oratio wird vielleicht besser als „Äußerung" übersetzt) unterschieden als auch von Aussagen (Propositionen). Diese Unterscheidungen werden nun allgemein als wesentlich angesehen. Wie sie genau eingeführt und gegeneinander abgegrenzt werden, das ist allerdings von Theorie zu Theorie verschieden. Aus Platzgründen ist es ausgeschlossen, detailliert auf die Geschichte der Semantik einzugehen oder auch nur die Grundzüge der historischen Entwicklungen der verschiedenen Bedeutungstheorien nachzuzeichnen, die uns in diesem Artikel beschäftigen werden. Gewisse historische Verbindungen zwischen Theorien oder Gesichtspunkten werden in den folgenden Abschnitten dann aufgezeigt, wenn dies hilfreich oder angebracht zu sein scheint. Hier geht es uns vor allem darum, den Gesichtspunkt, der im Zusammenhang mit traditionellen Definitionen der Wortarten, der grammatischen Kategorien und des Satzes ins Spiel gebracht wurde, hervorzuheben und zu verallgemeinern: das bis in die neueste Zeit in der Linguistik anzutreffende Unvermögen, die Semantik von der Syntax und von anderen Teilen der Grammatik zu trennen. Dasselbe gilt für die linguistische Semantik, die sich kaum von anderen Zweigen der Semantik — der logischen, der psychologischen, der anthropologischen Semantik oder Semiotik — trennen ließ, obwohl sich diese Disziplinen sowohl untereinander wie auch von der linguistischen Semantik unterscheiden, was Betrachtungsweise und Zielsetzung betrifft. Wir werden im folgenden eine solche Trennung durchführen. Die wechselseitigen Beziehungen zwischen den verschiedenen Arten von Semantik sind, wie wir sehen werden, komplex und bis zu einem gewissen Grad kontrovers, sowohl in ihrer Geschichte als auch in der Gegenwart. In diesem Buch geht es in erster Linie um linguistische Semantik, aber die die meisten Autoren arbeiten in einem theoretischen Rahmen, welcher der logischen Semantik viel verdankt. Es ist deswegen wichtig, diese Art der Erforschung der Bedeutung in einem größeren Zusammenhang zu sehen, und es ist der Zweck dieses ersten Artikels, diesen breiteren Kontext zu liefern. 1.3 Linguistische Semantik Definiert man „Semantik" als „die Erforschung der Bedeutung" (die übliche Definition), dann läßt sich der Begriff linguistische

1. Bedeutungstheorien

Semantik wiederum ganz einfach als „die Erforschung der Bedeutung innerhalb der Linguistik" definieren. Man würde nun denken, daß eine so definierte linguistische Semantik notwendigerweise alle Aspekte der sprachlichen Bedeutung abdecken sollte. Dem ist aber nicht so. Es gibt zwei Gründe, weshalb die Linguistik sich nicht mit der Totalität von Bedeutung beschäftigt, die sprachlich ausgedrückt oder vermittelt wird (vgl. Lyons 1981a: Kap. 1). Der erste und wichtigste Grund ist, daß sich die Linguistik in erster Linie, wenn nicht gar ausschließlich, mit einer offensichtlich relativ kleinen Teilmenge aller Sprachen beschäftigt, nämlich mit Sprachen, welche die folgenden Eigenschaften haben: (i) Sie sind natürlich (im Gegensatz zu künstlich) in dem Sinne, daß sie nicht konstruiert sind (wie Esperanto auf der einen oder die formalen Sprachen der Logiker und Computerwissenschaftler auf der anderen Seite). Ferner sind diese Sprachen entweder natürlich erworben oder erwerbbar (d. h. der Erwerbsprozeß vollzieht sich ohne spezielle Anweisungen als Teil des Reife- und Sozialisationsprozesses unter normalen Umweltbedingungen). (ii) sind die Sprachen menschlich in dem Sinne, daß sie von Menschen erworben wurden oder erwerbbar sind, nicht aber von Tieren oder Maschinen. Diese Beschränkung der Linguistik auf die Erforschung von natürlichen, menschlichen Sprachen unterscheidet die linguistische Semantik von anderen Arten der Semantik, insbesondere von (i) reiner oder logischer Semantik und von (ii) verschiedenen anderen Zweigen der Semiotik und Semiologie. Der zweite Grund besteht darin, daß die Linguistik, ebenso wie die anderen Wissenschaften auch, notwendigerweise die Phänomene, die sie auswählt und als Daten ansieht, idealisieren muß. Sie beschäftigt sich mit sprachlichen Äußerungen unter ihrer methodisch und theoretisch ausgezeichneten Perspektive. Tatsächlich läßt sich die Linguistik als akademische Disziplin in mehrere überlappende Teildisziplinen unterteilen, und zwar sowohl hinsichtlich der zu untersuchenden Phänomene als auch hinsichtlich der methodologischen Abstraktionen, welche die Art ihrer wissenschaftlicher Behandlung bestimmen. Die allgemeine Sprachwissenschaft läßt sich von der deskriptiven Linguistik unterscheiden, die theoretische von der angewandten Linguistik, die synchrone von der dia-

3 chronen oder historischen Sprachwissenschaft, die Mikro- von der Makrolinguistik (vgl. Lyons 1983b: 38—40). Für jede dieser Teildisziplinen gibt es einen entsprechenden Zweig der linguistischen Semantik mit ihren eigenen charakteristischen Zielen und Perspektiven und, in vielen Fällen, mit ihren eigenen speziellen Bindungen zu nichtlinguistischen Disziplinen wie Philosophie, Logik, Psychologie, Soziologie, Anthropologie, Stilistik, Geschichte usw. Aber selbst, wenn man alle diese Zweige der linguistischen Semantik zu einem Gesamtensemble vereinigt, wird man doch nicht sagen können, daß diese vereinigten Disziplinen alles, was unter den Begriff sprachliche Bedeutung fallt, erschöpfend und unter jedem möglichen Blickwinkel behandeln. Wie wir sehen werden, machen heutzutage viele Wissenschaftler einen terminologischen Unterschied zwischen Semantik und Pragmatik (1.5). Für die Praxis, wenn auch nicht unbedingt prinzipiell, führt dies zu einer engeren Definition von „linguistischer Semantik" als derjenigen, die oben verwendet wurde. Diese Beschränkung des Gegenstandsbereichs der linguistischen Semantik ist das Ergebnis zweier ursprünglich voneinander unabhängiger historischer Entwicklungen. Eine von diesen ist die Ausarbeitung und Formalisierung der Wahrheitsbedingungen-Semantik als Theorie der Bedeutung, die auf einer engeren Definiton von „Bedeutung" beruht als derjenigen, für die Linguisten bis in die jüngste Zeit eingetreten sind: Wir kommen darauf später zurück (2.8). Die andere Entwicklung in der Linguistik ist die Aufgabe des Historismus des 19. Jhs zugunsten des Saussureschen oder nach-Bloomfieldschen Strukturalismus, später zugunsten eines Chomskyschen Generativismus, der dann zum Paradigma dessen, was Kuhn normal science nennt, wird. Weil der Terminus „Bedeutungslehre" (ebenso wie „Sprachwissenschaft") eng mit dem vor allem historischen Ansatz des 19. Jhs assoziiert worden ist, pflegt man heute das Wort „Semantik" zur Bezeichung dessen zu benutzen, was für die Ansätze des 20. Jhs charakteristisch ist. Ob man eine breitere oder engere Definition von „Linguistik" oder „Bedeutung" verwenden sollte, ist zur Zeit eine kontroverse Frage. Es sei an dieser Stelle allerdings betont, daß eine Position, die für eine breite Definition von Linguistik und eine enge Definition von Bedeutung eintritt, keineswegs inkonsistent ist, genau so wenig wie eine Position,

4 die eine enge Definition von Linguistik und eine breite Definition von Bedeutung vertritt. Es ist allerdings de facto so, daß diejenigen Linguisten, die mit einer Unterscheidung von Semantik und Pragmatik arbeiten, im allgemeinen eine enge Definition sowohl von Linguistik als auch Bedeutung voraussetzen. Wenn „linguistische Semantik" per definitionem „die Erforschung der Bedeutung in der Linguistik" bedeutet, dann bedeutet „nichtlinguistische Semantik" dasselbe wie „die Untersuchung der Bedeutung in nichtlinguistischen Disziplinen wie Philosophie, Logik, Psychologie, Semiotik usw." All diesen Disziplinen geht es ebenso wie der Linguistik um sprachliche Bedeutung. Aber sie interessieren sich unter Umständen auch für nichtsprachliche Bedeutung oder für Aspekte von sprachlicher Bedeutung, die den Linguisten nicht primär interessieren. Die meisten Bedeutungstheorien, die wir im folgenden betrachten, haben ihren Ursprung in von der Linguistik verschiedenen Disziplinen, und einige Theorien wurden dazu entworfen, sowohl linguistische als auch nichtlinguistische Bedeutung abzudecken. Die Linguistik hat aus diesen Theorien geschöpft und hat sie in gewissen Fällen verfeinert oder für die eigenen Zwecke reinterpretiert.

1.4 Ebenen der Bedeutung und Kompositionalität Eine Art, die linguistische Semantik in verschieden Zweige zu untergliedern, ist soeben erläutert worden. Eine andere geht von den verschiedenen Ebenen aus, in welche Sprachäußerungen analysiert werden können: die lexikalische, grammatische und phonologische Ebene. Wir haben bereits darauf hingewiesen, daß der Terminus „Semantik" (für gewöhnlich als „Bedeutungslehre" übersetzt) von denjenigen Linguisten, die ihn zuerst benutzten, stillschweigend auf die diachrone lexikalische Semantik eingeschränkt wurde, d. h. auf die Untersuchung der Bedeutung von Lexemen (solcher Wörter und Syntagmen, die man in einem Lexikon zu finden erwartet) aus einer historischen Perspektive heraus. In den frühen 30er Jahren unseres Jhs wurden die ersten Schritte unternommen, dem strukturalistischen Prinzip der methodologischen Priorität der Synchronic über die Diachronie auch in der Semantik Geltung zu verschaffen. Aber dieses Prinzip wurde in der Semantik nicht so bereitwillig akzeptiert, wie dies für die Pho-

I. Allgemeine Grundlagen

nologie und Grammatik der Fall war. Tatsächlich lag mit Ulimanns (1957) Principles of Semantics das erste mehr oder weniger umfassende Kompendium der zeitgenössischen Forschung in der linguistischen Semantik vor, welches dieses strukturalistische Prinzip annahm und Synchronic und Diachronie in einem einheitlichen theoretischen Rahmen zu versöhnen versuchte. Dabei beschränkte sich Ulimanns Behandlung der Semantik auf die lexikalische Semantik. Die gleiche Beschränkung des Gebietes findet man auch bei anderen Zeitgenossen Ullmanns, und auch noch während des folgenden Jahrzehnts. Die Feststellung, daß der Terminus „Semantik" von den Linguisten bis in die sechziger Jahre hinein auf die Untersuchung der Bedeutung von Lexemen — entweder explizit oder implizit — eingeschränkt wurde, bedeutet nicht, daß diese Linguisten nicht an grammatischer oder phonologischer Bedeutung interessiert gewesen wären. Als eine von der Phonetik verschiedene Wissenschaft existierte die Phonologie kaum vor der Mitte des 20. Jhs. Dagegen haben sich Gelehrte seit über zweitausend Jahren mit Grammatik (d. h. mit Syntax und Flexion) beschäftigt und beinahe während dieser ganzen Zeit als selbstverständlich vorausgesetzt, daß die Bedeutung eines Satzes das Produkt der ihn konstituierenden Wörter (genauer, seiner Lexeme) auf der einen und seiner grammatischen Struktur auf der anderen Seite sei. Wie wir bereits gesehen haben, war ja die grammatische Theorie von Anbeginn semantisch begründet, und sie blieb es — besonders in den Schriften der mittelalterlichen spekulativen Grammatiker (den sogenannten Modisten) und der Port Royal Grammatiker, ihren Nachfolgern im 17. Jh. — bis in das 20. Jh. hinein. Die generative Grammatik wurde in ihrer bekanntesten und einflußreichsten Form durch Chomsky (1957) initiiert und führte über die Arbeiten von Katz & Fodor (1963), Katz & Postal (1964) zu Chomskys Aspects of the Theory of Syntax (1965), also zu dem, was heute die Standardtheorie genannt wird. Die Standardtheorie enthält Regeln für die Interpretation von Sätzen und kann zurecht behaupten, die erste von Linguisten vorgeschlagene Theorie zu sein, die ernsthaft und explizit die Kompositionalität der Satzbedeutung angesprochen hat. Das Kompositionalitätsprinzip, das manchmal Fregeprinzip - eine etwas fragwürdige Bezeichnung — genannt wird, ist als solches weder aufregend neu noch revolutionär. Ich

1. Bedeutungstheorien

habe bereits darauf hingewiesen, daß es de facto seit Jahrhunderten von den traditionellen Grammatikern stillschweigend vorausgesetzt wurde. Ferner löst es die unmittelbare intuitive Zustimmung von beinahe jedem aus — sei er Laie oder Spezialist —, der jemals über diesen Gegenstand nachgedacht hat. Denn das Kompositionalitätsprinzip (auf die Satzbedeutung angewandt) besagt ganz einfach folgendes: die Bedeutung eines Satzes ist das Produkt der Bedeutung der Einheiten, aus denen er zusammengesetzt ist. Erst wenn wir den halbtechnischen Terminus „das Produkt von" durch den mathematisch präzisen Terminus „eine Funktion von" ersetzen, erhalten wir die typisch moderne Formulierung des Kompositionalitätsprinzips, das sowohl in diesem Buch als auch in der zeitgenössischen linguistischen und logischen Semantik eine so prominente Rolle spielt. D a ß die Bedeutung eines Satzes eine Funktion der Bedeutung der Wörter, Phrasen oder Teilsätze ist, aus denen er zusammengesetzt ist, heißt nichts anderes, als daß seine Bedeutung (i) eine bestimmte ist und (ii) Regeln gehorcht. Die sogenannten Projektionsregeln der Aspects-Theorie der generativen Grammatik waren entworfen worden, um jedem wohlgeformten Satz eine oder mehrere semantische Repräsentationen zuzuordnen, die seine eine oder mehrere Bedeutungen wiedergeben sollten. Und zwar sollten die Regeln dieses leisten, indem sie auf einer tiefenstrukturellen Ausbuchstabierung sowohl der lexikalischen Bedeutung als auch der grammatischen Struktur operierten. In diesem Artikel wird nichts über Details der Aspects oder der generativen Grammatik nach den Aspects gesagt. Wir müssen mit Nachdruck auf die Wichtigkeit der Unterscheidung zwischen generativer Grammatik (in irgendeiner ihrer zahlreichen Versionen) als formaler Theorie der Sprachstruktur und den philosophischen oder psychologischen Theorien der Bedeutung hinweisen, die mit ihr von ihren Vertretern assoziiert worden sind, Chomsky Inbegriffen. Dieser Gesichtspunkt wird später wieder aufgenommen, weil alle im folgenden zu diskutierenden Bedeutungstheorien im Prinzip mit dem Kompositionalitätsprinzip und seiner Formalisierung im theoretischen Rahmen der generativen Grammatik in Einklang gebracht werden können. Wie der Leser bemerkt haben wird, ist das Kompositionalitätsprinzip mit Bezug auf die Bedeutung von Sätzen, nicht aber mit Bezug auf die von Äußerungen erläutert worden.

5 Ebenso wie die traditionelle Grammatik sehen die meisten Versionen der generativen Grammatik den Satz als die größte Einheit der grammatischen Analyse an. Tatsächliche sprachliche Äußerungen werden nicht direkt betrachtet und α fortiori auch Texte nicht (seien sie gesprochen oder geschrieben), die aus einer oder mehreren Äußerungen bestehen. Dennoch bestand (und besteht noch) in den Köpfen vieler generativer Grammatiker eine nicht unbeträchtliche Verwirrung hinsichtlich der Relation zwischen Sätzen und Äußerungen. Diese kann man auf mindestens drei Faktoren zurückführen: (1) die Akt-Produkt-Mehrdeutigkeit des Wortes „Äußerung"; (2) die Bloomfieldschen und nachBloomfieldschen Vorläufer der Chomskyschen generativen Grammatik; (3) den Mißbrauch der „Mädchen für Alles"-Unterscheidung Kompetenz-Performanz. Aus Platzgründen können wir die komplexe Interaktion dieser drei Faktoren hier nicht abhandeln. Hier möge der Hinweis genügen, daß die Mehrdeutigkeit des Wortes „Äußerung" für eine grundlegende Inkonsistenz in Bloomfields (1926) Postulaten verantwortlich ist, die offensichtlich unbemerkt bis in die jüngste Gegenwart fortlebte und durch Chomskys (1965) Kompetenz-Performanz-Unterscheidung (und auch durch die Type-Token-Unterscheidung, die im Zusammenhang damit evoziert zu werden pflegt) nicht berührt wurde (vgl. Lyons 1980: 2 6 - 4 4 ; 1983a: 235 — 247). Äußerungen werden einerseits als Sprechhandlungen und andererseits als Formen definiert, d. h. als linguistisch analysierbare Produkte solcher Akte, die als Schall manifestiert sind (oder, sekundär, in einem anderen Medium). Faßt man Sätze im Sinne der Bloomfieldschen Tradition als größte Formen auf, dann sind sie eine Teilklasse aller Äußerungen unter dem Gesichtspunkt des Produkt-Aspektes. Obwohl bisher noch keine Einigkeit darüber besteht, wie die Unterscheidung zwischen Sätzen und Äußerungen genau zu treffen ist, so wird doch in zunehmendem Maße anerkannt, daß diese Unterscheidung — und möglicherweise mehr als eine solche Unterscheidung — getroffen werden muß, um die kontextunabhängigen Aspekte der phonologischen, grammatischen und lexikalischen Struktur innerhalb eines generativen Modells der Satzstruktur behandeln zu können. Erst dann wird es möglich, sich die Bedeutung einer Äußerung (als Akt oder Resultat verstanden) als teilweise durch die Bedeutung des

6 geäußerten Satzes bestimmt vorzustellen und teilweise durch den Kontext, in dem der Satz geäußert wurde. Ob die Äußerungsbedeutung ebenso wie die abstraktere, theoretisch eingegrenzte Satzbedeutung als vollständig bestimmt und kompositional angesehen werden kann, ist zur Zeit noch unklar. Gewisse Gründe sprechen dafür, daß die Äußerungsbedeutung nur partiell regelbestimmt ist. 1.5 Semantik und Pragmatik Die Unterscheidung zwischen Semantik und Pragmatik geht (ebenso wie die Unterscheidung zwischen Type und Token, die im Vorübergehen im letzten Abschnitt genannt wurde) letztlich auf das Werk des amerikanischen Logikers, Philosophen und Semiotikers C.S. Peirce (1839-1914) zurück. Sie wurde von Morris (1938) und Carnap (1938) aufgenommen und reinterpretiert und ist seitdem von einer großen Zahl von Logikern und einer vergleichsweise kleineren Zahl von Linguisten übernommen worden. Morris und Carnap haben — in dieser Hinsicht sind sie Peirce gefolgt — die Semantik und die Pragmatik als zwei der drei Zweige der Semiotik definiert, wobei der dritte Zweig die Syntax (oder Syntaktik) ist. Semiotik (in der Tradition, die uns im Augenblick beschäftigt) ist die Wissenschaft der Zeichensysteme, von denen die Sprachen — seien sie natürlich oder nicht-natürlich, menschlich oder nichtmenschlich — eine echte Unterklasse bilden. Sie kann in verschiedener Weise untergliedert werden, je nach der Natur der fraglichen Zeichensysteme und ihrer definierenden Eigenschaften. Zum Beispiel unterscheidet die moderne Semiotik die Zoosemiotik von der Anthroposemiotik aufgrund eines Kriteriums (ob nämlich die Zeichensysteme von nichtmenschlichen Lebewesen oder von menschlichen Wesen benutzt werden), sie unterscheidet die Untersuchung von Sprachsystemen von der Untersuchung anderer Zeichensysteme, das Studium der Vokalsysteme von dem Studium visueller, taktiler und anderer Systeme, usw. Eine Unterscheidung, der Morris und Carnap besondere Wichtigkeit beimaßen, ist in dem gegenwärtigen Kontext besonders wichtig, nämlich die Trennung von reiner und empirischer Semiotik. Die erstere behandelt frei konstruierte abstrakte Systeme, wobei es ihr primär um die Konstruktion einer eleganten allgemeinen Theorie der Bezeichnung geht; die letztere beschäftigt sich mit der Untersuchung von existierenden natürlichen Zei-

I. Allgemeine Grundlagen

chensystemen. Nach Morris und Carnap wird durch diese Untergliederung des Gegenstandsbereichs die Logik zu einem Zweig der reinen und die Linguistik zu einem Zweig der empirischen Semiotik. Die Trichotomie Pagmatik-Semantik-Syntax kann nun, jedenfalls für die reine Semiotik, folgendermaßen definiert werden: die Pragmatik untersucht die Art und Weise, wie Zeichen benutzt werden; die Semantik, indem sie vom Gebrauch und von den Benutzern abstrahiert, die Beziehung zwischen Zeichen und dem, was sie bezeichnen; die Syntax untersucht, indem sie auch noch von dem abstrahiert, was bezeichnet wird, die substitutionellen und kombinatorischen Beziehungen zwischen Zeichen. Man wird bemerkt haben, daß diese Formulierung, die dem Geiste, wenn auch nicht dem Buchstaben nach, eine Carnapsche ist, einerseits eine Unterscheidung zwischen Bedeutung und Gebrauch impliziert, andererseits aber Bedeutung mit Bezeichnung gleichsetzt. Wie wir später sehen werden, trennt die Formulierung auch nicht (obwohl Carnap das seinerzeit tat) zwischen Referenz und Denotation als zwei zu unterscheidende Aspekte der Bezeichung. In der Folge wurde bald deutlich, daß die Morris-Carnapsche Formulierung des Unterschieds von Semantik und Pragmatik (geschweige denn die Unterscheidung von Syntax und Semantik) zu hoffnungslos fehlkonzipiert war, als daß sie als Grundlage für die Analyse von natürlichen, menschlichen Sprachen hätte dienen können. Dennoch ist die terminologische Unterscheidung von Semantik und Pragmatik in den sechziger Jahren von Linguisten übernommen worden und hat seitdem zu einer verwirrenden Vielfalt von verschiedenen Definitionen geführt (vgl. Levinson 1983). Einige Definitionen basieren auf der Unterscheidung zwischen Bedeutung und Gebrauch; andere auf der Unterscheidung zwischen dem, was zu den Wahrheitsbedingungen oder der Proposition gehört und dem, was nicht dazu gehört; andere basieren auf der Kompetenz-Performanz-Unterscheidung; andere auf dem Unterschied zwischen Sätzen und Äußerungen; andere schließlich basieren auf dem Unterschied zwischen den kontextunabhängigen im Gegensatz zu den kontextabhängigen Schichten oder Komponenten der Bedeutung. Tatsächlich haben viele der Definitionen, mit denen Linguisten in den letzten Jahren gearbeitet haben, explizit oder implizit mehrere der genannten Unterscheidungen (wobei die Liste keineswegs voll-

1. Bedeutungstheorien

ständig ist) innerhalb einer Begrifflichkeit verwischt, die, wie man nun allmählich einsieht, eine gänzlich untaugliche Konzeption von sprachlicher Bedeutung darstellt. Die Situation in der logischen Semantik (gleichgültig, ob ihre Definition als Zweig der reinen Semiotik nützlich ist oder nicht) ist prinzipiell völlig verschieden, da sie mit vollständig formalisierten, nicht-natürlichen Sprachen arbeiten kann, die eine eindeutig bestimmte Struktur haben und frei von Vagheit, Mehrdeutigkeit und Inkonsistenz sind. Aber logische und linguistische Semantik sind nach einigen Jahrzehnten der Trennung und unabhängigen Entwicklung in den letzten Jahren wieder eng zusammengekommen, wie die meisten anderen Artikel dieses Buches deutlich zeigen. Aus dieser Perspektive heraus werden wir deshalb an mehreren Stellen bei der Diskussion von verschiedenen Bedeutungstheorien auf Fragen eingehen, die relevant für die Grenzziehung zwischen Semantik und Pragmatik sind.

2.

Einige Z u g ä n g e zur semantischen Theorie

2.1 Bedeutungstheorien und semantische Theorie In Anbetracht der Tatsache, daß wir „Semantik" definiert haben als „die Erforschung der Bedeutung", könnte man denken, daß Bedeutungstheorie und semantische Theorie synonym seien. Die meisten Linguisten und Philosophen sehen diese beiden Ausdrücke vermutlich als austauschbar und äquivalent an, wobei ganz spezielle Kontexte eine Ausnahme bilden mögen. Es ist aber bemerkenswert, daß in jüngster Zeit verschiedene Bücher und Artikel erschienen sind, in denen der Terminus semantische Theorie eine engere Bedeutung hat als der Terminus Bedeutungstheorie traditionell unter Linguisten, Philosophen, Psychologen und anderen hatte. Nicht nur wird er stillschweigend oder explizit auf linguistische Semantik eingeschränkt (die, wie wir gesehen haben, nicht unbedingt die Totalität der Bedeutung abdeckt, die sprachlich ausgedrückt oder übermittelt wird: 1.3). Der Terminus mißt darüber hinaus dem Wort Theorie Konnotationen oder Präsuppositionen bei, die damit nicht immer verbunden waren und die unter einer historischen Perspektive als fragwürdig und beinahe mit Sicherheit als kurzlebig angesehen werden müssen.

7 Semantische Theorie in diesem mehr eingeschränkten Sinn arbeitet mit der Annahme, daß nichts als Theorie gilt, was nicht präzis formuliert ist, vollständig artikuliert und — in gewissen Darstellungen — „wissenschaftlich ist in dem Sinne, daß es empirisch überprüfbare Vorhersagen macht" (Kempson 1977: 1). Gemessen an diesem Kriterium sind die meisten der Bedeutungstheorien, mit denen wir uns im zweiten Teil dieses Artikels beschäftigen werden, höchstens partiell Theorien — wenn nicht gar, wie ein Autor es formuliert hat, „reine Platzhalter für eine Theorie" (Katz 1972: 3). Wir wollen hier aus Gründen der Darstellung, aber ohne etwas bezüglich umfassenderer Ansätze in Linguistik und Wissenschaftstheorie im allgemeinen zu präjudizieren, den Terminus „Semantik" im engen Sinne verwenden. Gleichgültig, ob sie wissenschaftlich oder nicht sind: die Antworten, die die vorausgegangenen Generationen von Gelehrten auf die Frage „Was ist Bedeutung?" gegeben haben — Antworten, die gewöhnlich als Bedeutungstheorien bezeichnet werden — können nicht kurzerhand von denjenigen abgetan werden, deren Interesse auf dem Gebiet der semantischen Theoriebildung liegt (was für die meisten Autoren dieses Bandes zutrifft). Nach allgemeinem Konsensus ist die Frage „Was ist Bedeutung?" die zentrale Frage für die semantische Theorie, ebenso, wie die Frage, „Was ist Sprache?", die zentrale Frage für die allgemeine Sprachtheorie ist, von der die Semantik ein Teil ist. Aber „Bedeutung" ist ein vortheoretischer Begriff. Sobald er verfeinert oder für die Zwecke der semantischen Theorie umdefiniert wird und dabei in eine Reihe von konstitutiven Teilfragen aufgespalten wird, die mit Begriffen zu tun haben wie Synonymie, Ambiguitiät, Implikation (von verschiedener Art), Präsupposition, Widersprüchlichkeit, Analytizität und Sinnlosigkeit (verschiedener Art), haben wir es mit Begriffen zu tun, von denen wir nicht einmal ein vortheoretisches Verständnis haben. All dies sind Unterscheidungen, die über Jahrhunderte hinweg von Philosophen, Etymologen und Lexikographen geschaffen wurden und in jüngster Zeit durch die theoretischen Spekulationen und die empirische Forschung von Praktikern verschiedener Disziplinen verschärft worden sind. Jede der Theorien, die im folgenden — selektiv und allzu kurz, bedingt durch die Grenzen des verfügbaren Platzes — behandelt werden, hat ihren Beitrag zu einer oder meh-

8 reren Varianten der heute existierenden semantischen Theorien geleistet. In einigen Fällen ist der Betrag eher negativ als positiv gewesen, in dem Sinn, daß die betreffenden Theorien unser Verständnis von Bedeutung insofern weitergebracht haben, als sie letztlich an ihrem eigenen Beispiel gezeigt haben, was Bedeutung nicht ist. Dies gilt zum Beispiel für die Ideationstheorie, die Referenztheorie und vermutlich auch für die behavioristische Theorie. In allen Fällen war jedoch der Beitrag historisch bedeutsam, und genau dieser Punkt wird in unserer Darstellung der jeweiligen Theorie betont werden. Wir werden auch klarstellen, daß die Theorien keineswegs wechselseitig unverträglich sind und einige von ihnen als partielle und komplementäre Theorien von Erscheinungen angesehen werden können, die vielleicht nicht semantisch im engeren Sinne sind, die aber eng mit linguistischer Bedeutung verknüpft sind.

2.2 Die Referenztheorie Die meisten Bedeutungstheorien, die von Linguisten, Philosophen, Psychologen und anderen vertreten wurden, können unter eine der folgenden Überschriften gruppiert werden: Referenztheorie, Ideationstheorie oder behavioristische Theorie (vgl. Aiston 1964a). Wie wir gerade bemerkt haben, schließen sich diese Kategorien nicht wechselseitig aus; ferner enthält jede von ihnen verschiedene mehr oder weniger gut entwickelte Varianten. Die Referenztheorie hat eine lange Geschichte und wird, wie andere traditionelle Bedeutungstheorien oft als Teil einer allgemeineren Theorie der Bezeichnung angesehen (vgl. 1.1, 1.5). Man kann sie, ebenso wie die konkurrierende oder komplementäre Ideationstheorie, anschaulich einführen mittels dessen, was in der Literatur unterschiedlich mal semiotisches Dreieck, zuweilen Referenzdreieck — beides Bezeichnungen von Gelehrten, die es in neuerer Zeit popularisiert haben, nämlich Ogden & Richards (1923) — , bei Ullmann (1957) dagegen Basisdreieck genannt wird. Das semiotische Dreieck wird hier jedoch in einer allgemeineren Form wiedergegeben als bei Ogden und Richards oder bei dem ihnen hier folgenden Ullmann (siehe Abb. 1.1). Α ist ein sprachlicher Ausdruck — allgemeiner: ein Zeichen — der einerseits mit B, einer Idee, einem Gedanken oder Begriff und andererseits mit C, dem wofür Α steht oder was es bezeichnet, d. h. seinem Referenten,

I. Allgemeine Grundlagen

Β

^/ A

\* C

Abb. 1.1: Das semiotische Dreieck

verknüpft ist. Referenztheorien unterscheiden sich von Ideationstheorien darin, daß sie C als Bedeutung von Α annehmen, während letztere Β als Bedeutung von Α betrachten. Die traditionell formulierten Referenztheorien können nach ontologischen oder erkenntnistheoretischen Gesichtspunkten in verschiedene Teilklassen unterteilt werden. Eine derartige Unterteilung basiert auf der alten, immer noch philosophisch und psychologisch kontroversen Unterscheidung von Nominalismus und Realismus. In seiner einfachsten und traditionellsten Form ist der Nominalismus die Lehre, daß sprachliche Ausdrücke lediglich Namen für ihre Referenten sind, wobei in dieser Formulierung „lediglich" implizieren soll, daß die Referenten eines Ausdrucks nicht unbedingt mehr miteinander gemeinsam haben als den Namen, den sie tragen. Im Gegensatz zum Nominalismus verwirft der Realismus das „lediglich", aber nicht unbedingt die Gleichsetzung von Bedeutung und Benennung: der Realismus vertritt die Ansicht, daß den Referenten eines Namens etwas gemeinsam ist, das über ihr Verknüpftsein mit demselben Ausdruck hinausgeht. Als philosophische Lehre spaltet sich der Realismus in verschiedene rivalisierende Richtungen auf, wobei der platonische Idealismus das eine und der Materialismus des 19. Jhs das andere Extrem bildet. (Es ist wichtig, den philosophischen Gebrauch von Realismus und Idealismus nicht mit den populäreren untechnischen Bedeutungen zu verwechseln, die diese Wörter erhalten haben, oder mit den spezifischeren, oft tendenziösen Bedeutungen, die ihnen viele moderne philosophische Systeme zuschreiben.) Wir können hier nicht auf die verschiedenen Spielarten des Realismus eingehen. Wir wollen lediglich nicht unerwähnt lassen, daß zwischen den beiden Extremen, die wir genannt haben, eine Lehre angesiedelt ist, die für die Entwicklung der modernen semantischen Theorie von großer Wichtigkeit ge-

1. Bedeutungstheorien

wesen ist: der Konzeptualismus. Er wird gewöhnlich als eine Alternative sowohl zum Nominalismus als auch zum Realismus dargestellt, und für diese Charakterisierung gibt es in der Tat eine gewisse historische Rechtfertigung. Man tut aber wohl besser daran, den Konzeptualismus als verträglich mit bestimmten Versionen sowohl des Nominalismus als auch des Realismus (bezogen auf die hier formulierte Unterscheidung zwischen den beiden Theorien) zu betrachten. Denn der Konzeptualismus lehrt, daß alle Referenten desselben Ausdrucks unter denselben Begriff subsumiert werden (gleichgültig, ob sie als solche etwas gemeinsam haben) und daß Begriffe, sowohl in Gedanken wie in Sprache, zwischen sprachlichen Ausdrücken und dem, was sie bezeichnen, vermitteln. Ein vielzitierter — übrigens sowohl realistischer wie idealistischer — mittelalterlicher Slogan drückt dies folgendermaßen aus: Vox significat [res] mediant ibus conceptibus. In der hier verwendeten Terminologie kann dies so wiedergegeben werden: „Ein sprachlicher Ausdruck bezeichnet [seine Referenten] mithilfe von Begriffen." In der Terminologie von Abb. 1.1: Α bezeichnet C mittels B. Wir werden auf die Position Β des semiotischen Dreiecks erst im folgenden Abschnitt näher eingehen. Bisher haben wir zwei Dinge über die Referenztheorie der Bedeutung gesagt: (i) Sie unterscheidet sich von der Ideationstheorie nicht dadurch, daß sie Β als nichtexistent oder als für den Sprachgebrauch irrelevant verwerfen würde, sondern darin, daß sie C (oder, in manchen Versionen, die Beziehung zwischen Α und C) als Bedeutung von Α definiert; (ii) Sie ist neutral gegenüber Nominalismus und Realismus. Die Referenztheorie ist ebenfalls mit der ganz traditionellen Ansicht verträglich — wiewohl sie diese nicht unbedingt impliziert — , daß Ausdrücke ihre Referenten sowohl bezeichnen (sich auf sie beziehen) als auch benennen. Man wird bemerkt haben, daß ich das lateinische significare in dem oben zitierten mittelalterlischen Slogan als „bezeichnen" (oder „sich beziehen a u f ) übersetzt habe. In dem gegenwärtigen Kontext ist dies verteidigbar, aber es bedarf zusätzlicher Erläuterung im Lichte der modernen Referenztheorien. Was nun aber die Gleichsetzung von Referenz und Benennung betrifft (und folglich in einer Referenztheorie der Bedeutung auch die Gleichsetzung von Bedeutung und Benen-

9 nung), so ist heute allgemein anerkannt, daß diese auf einem Trugschluß beruht, trotz ihres Alters und der hervorragenden Bedeutung der vielen Philosophen, die sie verteidigt haben. Namen sind ihren Trägern, zumindest in vielen Sprachen, willkürlich zugeordnet, nicht aber vermittels dessen, was man sich normalerweise als ihre Bedeutung vorstellen würde, falls sie eine haben. Die Arbitrarität der Beziehung zwischen Namen wie ζ. B. Johann und seinem Träger oder seinen Trägern stellt natürlich kein Hindernis für die Gleichsetzung von Referenz (und Bedeutung) und Benennung dar, falls wir den nominalistischen Standpunkt akzeptieren. Aber Eigennamen wie Johann scheinen vortheoretisch sehr verschieden zu sein von dem, was traditionell Gattungsnamen genannt wird, wie zum Beispiel Junge. Sie verhalten sich verschieden bezüglich Ubersetzung und Paraphrase, und insofern sie überhaupt eine Bedeutung haben, die durch einen standardisierten Wörterbucheintrag definiert werden kann, so ist diese (zumindest in vielen Kulturen) irrelevant für ihre Verwendung als bezeichnende Ausdrücke. Zum Beispiel könnten wir Johann etymologisch glossieren als „Gott ist gnädig gewesen". Es ist schwierig zu sehen, welche andere als diese etymologische Antwort auf die Frage „Was ist die Bedeutung von Johann?" gegeben werden könnte. Dennoch hilft die Glosse „Gott ist gnädig gewesen" niemandem, wenn es darum geht, den Namen zu verwenden, ganz im Gegensatz zur Glosse „geschlechtsreifes Weibchen einer Rinderart" für Kuh. Tatsächlich ist es zweifelhaft, ob man von Eigennamen zurecht sagen kann, daß sie Bedeutung haben oder daß sie zum Vokabular einer Sprache in demselben Sinne gehören, wie dies für Gattungsnamen und andere Lexeme der Fall ist. Wir wollen deswegen die Bedeutung-als-Benennung-Version der Referenztheorie beiseite legen und lediglich feststellen, das sie historisch sehr einflußreich gewesen ist und ihre Spuren am terminologischen und begrifflichen Rüstzeug des Semantikers hinterlassen hat. Zum Beispiel haben Frege, Russell und Carnap zeitweise ihre Ansichten innerhalb des Rahmens der Bedeutung-als-Benennung-Version der Referenztheorie ausgedrückt. Es gibt verschiedene unabhängige Gründe, weshalb die Referenztheorie der Bedeutung (zumindest in der einfachen Form, in der die Bedeutung eines Ausdrucks Α als sein Referent C definiert wird) abgelehnt werden muß. Der erste und wichtigste Grund ist, daß sie

10 zu einer unorthodoxen und kontraintuitiven Charakterisierung von Bedeutungsgleichheit und Bedeutungsverschiedenheit führt, da (i) derselbe Ausdruck dazu benutzt werden kann, um sich auf verschiedene Entitäten zu beziehen (ohne daß es zu einer Veränderung der Bedeutung des Ausdruckes käme) und (ii) verschiedene (nicht-synonyme Ausdrücke) dazu benutzt werden können, um dieselbe Entität zu bezeichnen. Zum Beispiel kann (i) mein Vater oder sogar der Eigenname John Lyons beliebig viele Referenten haben, und (ii) könnten der Held von Verdun und der Chef der Vichy-Regierung beide dazu benutzt werden, um Marschall Petain zu bezeichnen. Wenn wir sagen daß (i) mein Vater seine Bedeutung nicht mit jedem Wechsel des Referenten ändert oder daß (ii) der Held von Verdun eine andere Bedeutung hat als der Chef der Vichy-Regierung, dann können wir uns hier auf unseren common sense verlassen oder auf mehr oder weniger theorieneutrale Tests wie Paraphrase oder Übersetzung. Wenn sich die Bedeutung von mein Vater mit dem Wechsel des jeweiligen Referenten ändern würde, dann könnten wir diesen Ausdruck nicht konsistent durch einen einzigen Ausdruck in andere Sprachen übersetzen, dessen Bedeutung in gleicher Weise variiert, ζ. B. in my father, mon pere usw. Und wenn der Chef der VichyRegierung synonym mit der Held von Verdun wäre, dann müßte jeder Ausdruck, der den einen angemessen übersetzt, auch den anderen angemessen übersetzen. Argumente dieser Art gegen die Referenztheorie kann man auf der Basis des gesunden Menschenverstandes entwickeln. Was die Philosophen aber beeindruckt hat, ist ein verwandtes, erkenntnistheoretisch aber viel weiterreichendes Argument. Es hat mit der Intersubstituierbarkeit von synonymen und nicht-synonymen Ausdrükken in sogenannten intensionalen oder opaken Kontexten zu tun. Beispielsweise stellt der Skopus von Verben der propositionalen Einstellung (wissen, glauben, usw.) einen derartigen Kontext dar (vgl. dazu den Artikel 34). Es wird allgemein angenommen — und diese Annahme wird im Kompositionalitätsprinzip (1.4) explizit gemacht —, daß die Substitution von synonymen Ausdrücken füreinander in größeren Ausdrücken, deren Konstituenten sie sind, keinen Einfluß auf die Bedeutung der größeren Ausdrücke haben sollte. Aber Satz (1) hat zweifellos eine andere Bedeutung — und zwar sowohl nach den Kriterien des gesunden Menschverstandes als auch nach dem

I. Allgemeine Grundlagen

Gesichtspunkt der Paraphrasierbarkeit — als Satz (2). (1) Johann weiß nicht, daß der Held von Verdun der Chef der Vichy-Regierung war. (2) Johann weiß nicht, daß der Held von Verdun der Held von Verdun war. Nimmt man ferner an, daß Synonymie durch Wahrheitsbedingungen-Äquivalenz erklärt wird (vgl. 2.8), dann kann leicht bewiesen werden, daß (1) und (2) nicht dieselbe Bedeutung haben können, denn sie haben nicht dieselben Wahrheitsbedingungen. Im Zuge dieses zweiten Argumentes kam Frege (1892) dazu, seine berühmte, aber terminologisch unglückliche Unterscheidung zwischen Sinn und Bedeutung zu treffen. Er wählte Bedeutung für die Relation, die heutzutage Referenz genannt wird, denn er vertrat eine Referenztheorie der Bedeutung. Anstatt die Theorie im Lichte von Beispielen wie (1) und (2) aufzugeben, verkomplizierte er sie, indem er eine Trennlinie zwischen direkter und indirekter (oder obliquer) Referenz zog. Andere, insbesondere Carnap (1947), haben eine im großen und ganzen vergleichbare begriffliche Trennung innerhalb der Referenztheorie der Bedeutung vollzogen, indem sie zwischen Extension und Intension unterschieden. Ein dritter Grund, der dafür spricht, wenigstens die geradlinigsten Versionen der Referenztheorie zu verwerfen, ist erst in jüngster Zeit von Philosophen ernst genommen worden, und er ist auch in traditionellen Darstellungen der lexikalischen Semantik nicht mit gebührendem Nachdruck herausgestellt worden. Es geht darum, daß Lexeme — d. h. Worteinheiten der Art, die (in ihrer Zitierform) in konventionellen Wörterbüchern aufgelistet sind — nicht als solche referierende Ausdrücke sind. Diese Tatsache ist in manchen Sprachen (ζ. B. Latein, Russisch oder Malaiisch) nicht so offensichtlich wie in anderen (ζ. B. Deutsch, Englisch oder Französisch), wo solche Nomina wie Kuh im Singular nicht ohne Determinator, Quantor oder Klassifikator benutzt werden können, sollen sie sich auf bestimmte Dinge beziehen. Ganz unabhängig von der grammatischen Struktur einer bestimmten Sprache müssen jedoch Lexeme auf jeden Fall von den referierenden Ausdrücken unterschieden werden, deren Komponenten sie sind oder sein können. Referierende Ausdrücke werden anläßlich bestimmter Äußerungsgelegenheiten nach den grammatischen Regeln einer Sprache gebildet. Sie sind prinzipiell nicht auflistbar, weil

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1. Bedeutungstheorien

sie in einigen — vielleicht sogar allen natürlichen Sprachen — von unendlicher Zahl sind und ihre Referenz typischerweise je nach den Umständen der Äußerung und dem Redeuniversum variiert. Lexeme gibt es dagegen nur endlich viele (und zwar relativ wenige), und die Relationen, in denen sie zu Entitäten in der Außenwelt stehen, variieren nicht mit den Umständen der Äußerung. Der gerade herausgearbeitete Punkt kann anhand der terminologischen Unterscheidung von Denotation und Referenz präzisiert werden. Wir wollen sagen, daß das Lexem Kuh die Klasse aller Kühe (die jetzt existieren, existiert haben und künftig existieren) denotiert, und daß seine Denotation ein Teil dessen ist, was mit Recht als seine Bedeutung angesehen wird. Ausdrücke wie diese Kuh, fünf Kühe, diese Kuhherde, Kühe usw. enthalten das Lexem Kuh (in der grammatisch und semantisch angemessenen Form). Kraft ihrer Denotation und der Bedeutung der anderen Komponenten, mit denen sie kombiniert sind, haben sie einen bestimmten Referenzbereich bzw. ein Referenzpotential. Worauf sie sich aber tatsächlich beziehen, wenn sie als referierende Ausdrücke verwendet werden, wird vom Kontext bestimmt. Es sei in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, daß Kuh zwar die Klasse der Kühe denotiert, aber dennoch nicht zur Referenz auf diese Klasse benutzt werden kann. Zu diesem Zweck müssen wir die Pluralform verwenden (die allerdings auch viele andere Verwendungen hat) oder zusammengesetzte Ausdrücke (wie etwa die Klasse der Kühe). Es ist ferner eine Feststellung wert, daß nicht einmal Eigennamen (in vielen natürlichen Sprachen und Kulturen, in denen sie fungieren) mit einem einzigen Referenten verknüpft sind, der durch alle möglichen Äußerungskontexte hindurch konstant ist. Damit sollte deutlich geworden sein, daß die sogenannte Referenztheorie der Bedeutung in ihrer einfachsten und traditionellsten Form von einer Konfusion dessen, was wir bei der Interpretation der AC-Relation in Abb. 1.1 als Denotation und Referenz unterschieden haben, profitiert. Dies impliziert nicht, daß es prinzipiell unmöglich ist, eine elaboriertere Version dieser Theorie zu entwickeln, in der denotationelle und referentielle Bedeutung korrekt unterschieden und dann systematisch aufeinander bezogen werden. Jede Theorie dieser Art würde wahrscheinlich Referenz eher zur Äußerungsbedeutung (die vielleicht nicht vollständig kom-

positioneil ist; vgl. 1.5) als zur Satzbedeutung rechnen. Jede solche Theorie hätte sich auch dem Problemkreis zuzuwenden, für den Frege seine Sinn-Bedeutung-Unterscheidung eingeführt hat. Sowohl Referenz als auch Denotation sind, so wie sie hier eingeführt wurden, von ihrer Natur her extensional und nicht intensional. Im Zusammenhang mit solchen Tatsachen wie die der Nicht-Synonymie von denotationell äquivalenten, zusammengesetzten, nicht-referierenden Ausdrücken (wie etwa ungefiederter Zweifüßler und vernunftbegabtes Lebewesen, um ein Standardbeispiel zu benutzen) kann man sich deshalb nicht auf die Unterscheidung von Referenz und Denotation berufen. Eine elaboriertere Version der sogenannten Referenztheorie der Bedeutung könnte prinzipiell mit diesen und ähnlichen Phänomenen fertig werden, indem sie das, was traditionell als die Intension eines Ausdrucks beschrieben wurde, als Variation der Extension in den verschiedenen möglichen Welten interpretiert. Dies haben Montague und seine Nachfolger getan (siehe 2.8 und Artikel 7). Montagues Bedeutungstheorie ist nur eine verfeinerte Version dessen, was traditionell etwas ungenau Referenztheorie der Bedeutung genannt wurde.

2.3 Die Ideationstheorie Der Ideationstheorie brauchen wir weniger Raum zu widmen. Dies nicht deshalb, weil sie weniger wichtig als die Referenztheorie ist oder gewesen ist, sondern einfach deswegen, weil sich vieles, was in 2.2 gesagt wurde, übertragen Iäßt. Ebenso wie die Referenztheorie tritt die Ideationstheorie in verschiedenen Gestalten auf. Sie unterscheidet sich von ihr darin, daß sie in Abb. 1.1 nicht C, sondern Β als Bedeutung von Α ansieht. Die Ideationstheorie der Bedeutung ist nachweislich die traditionellste aller Theorien, sowohl in der Linguistik als auch in der Philosophie. Zahllose Generationen von Schülern sind über die Jahrhunderte hinweg mit Satzdefinitionen aufgezogen worden, die sich auf die Kriterien der grammatischen Wohlgeformtheit und der semantischen Vollständigkeit beriefen und die den Begriff der semantischen Vollständigkeit - vollständig oder für sich sinnvoll zu sein — dadurch umschrieben, daß der Satz einen einzelnen selbständigen Gedanken, eine Idee, ausdrückt. In der westlichen Tradition können alle derartigen Definitionen auf die von Priscian und seiner

12 griechischen Vorläufer zurückgeführt werden (vgl. 1.2, 1.5). Obwohl diese Definitionen nicht notwendigerweise die Satzdeutung mit dem Gedanken oder der Idee, die der Satz ausdrückt, gleichsetzen müssen, so wird in der Tradition dennoch Satzbedeutung auf diese Weise erklärt. Was die lexikalische Bedeutung betrifft, so wird diese mit den einfacheren, unvollständigen Gedanken oder Ideen identifiziert, welche mit Wörtern oder Phrasen verknüpft sind. Diese Gedanken oder Ideen werden auch Begriffe genannt. Auf den ersten Blick ist die Ideationstheorie der Bedeutung sehr viel attraktiver als die Referenztheorie, denn sie ermöglicht es uns, einerseits zwischen Bedeutung und Referenz, anderererseits zwischen Intension und Extension zu unterscheiden. Wenn wir die konzeptualistische Betrachtungsweise der Bedeutung annehmen (die wir mit Nominalismus, Realismus oder einer dazwischen liegenden Mischung der beiden kombinieren können: vgl. 2.2), können wir die beiden Unterscheidungen in einer zusammenfallen lassen: Wir können sagen, daß die Bedeutung eines Ausdrucks die Intension der Klasse ist, die er bezeichnet und daß die Intension der Begriff, Gedanke oder Idee ist, die mit dem Ausdruck im Geist des Sprechers der fraglichen Sprache verknüpft ist. Diese Betrachtungsweise ist, wie wir gesehen haben, in die scholastische Analyse der Referenz als Bezeichnung integriert. Diese Sehweise hat außerdem sowohl die linguistische Semantik als auch die Sprachphilosophie der nachscholastischen Periode bis in das 20. Jh. hinein beherrscht. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß „die klassische Formulierung der Ideationstheorie" des im 17. Jhs lebenden Empiristen John Locke — The use, then, of words is to be sensible marks of ideas; and the ideas that they stand for are their proper and immediate signification [„Der Gebrauch der Worte besteht darin, wahrnehmbare Zeichen von Ideen zu sein; und die Ideen, wofür sie stehen, sind ihre eigentliche und unmittelbare Bedeutung"] — nicht wesentlich verschieden ist von Formulierungen der mittelalterlichen Scholastiker oder von Lockes rationalistischen Zeitgenossen (vgl. Aiston 1964a). Die Ideationstheorie der Bedeutung ist von Nominalisten und Realisten vertreten worden, und auch von Rationalisten und Empiristen. Der Umstand, daß sie so lange überlebt hat (und wahrscheinlich noch immer die populärste Bedeutungstheorie unter Nicht-Spezialisten ist), ist der praktischen — wissen-

I. Allgemeine Grundlagen schaftlich aber nicht wünschbaren — Vagheit solcher Wörter wie Idee, Gedanke und Begriff zu verdanken. Wenn man unter Idee in diesem Zusammenhang etwas wie „Bild" versteht, dann kann man wenigstens die Vorstellung nachvollziehen, daß die Bedeutung von Wörtern wie Baum, Tisch oder Berg das verallgemeinerte oder schematische Bild von Bäumen, Tischen und Bergen ist, das von den Personen geteilt wird, die die Bedeutung dieser Wörter kennen. Tatsächlich sind die Verhältnisse selbst inbezug auf die Dinge, von denen wir uns ein mentales Bild machen können, wenn wir wollen oder müssen, nicht so selbstverständlich, wie wir gerade suggeriert haben. Auch ist keineswegs klar, daß solche Bilder eine Rolle beim Erwerb, bei der Speicherung oder beim Gebrauch der fraglichen Wörter spielen. Wie dem auch sein mag, klar ist, daß die überwältigende Mehrzahl der Wörter in den Vokabularen von natürlichen Sprachen keine Klassen von mental visualisierbaren Entitäten wie Bäume, Tische und Berge darstellen. Wenn aber die Idee (oder der Begriff) kein mentales Bild ist, welche andere Art von mentaler Entität ist sie (bzw. er) dann? Es fehlt nicht an Theorien dessen, was gemeinhin Begriffsbildung genannt wird, und einige dieser Theorien sind von Psychologen entworfen worden und durch experimentelle Ergebnisse gestützt worden. Das Problem besteht jedoch darin, daß solche Theorien lediglich das Wort Begriff anstelle von Bedeutung verwenden, ohne es unabhängig zu charakterisieren. Wenn die Ideationstheorie irgendeinen Erklärungswert haben soll, dann müssen zwei Bedingungen erfüllt sein: (1) es muß möglich sein, festzustellen, ob eine bestimmte Idee, Gedanke oder Begriff im Kopf ist, wenn ein Wort in einem bestimmten Sinn benutzt wird, ohne einfach zu schließen, daß diese Idee, dieser Gedanke oder Begriff deswegen im Kopf ist, weil wir wissen, was das Wort bedeutet; (2) es muß gezeigt werden, daß es ein notwendiger Bestandteil der Kenntnis der Bedeutung eines Wortes ist, die betreffende Idee (Gedanke oder Begriff) zu haben. Es ist bemerkenswert, daß die von Linguisten, Philosophen, Psychologen und anderen bisher entwickelten Ideationstheorieen der Bedeutung diese beiden Bedingungen nie erfüllt haben. Aus dem gerade Gesagten folgt nicht, daß mentale Repräsentationen und mentale Prozesse der verschiedensten Art keine Rolle bei der Sprachverwendung spielen würden (ob-

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1. Bedeutungstheorien

wohl, wie wir sehen werden, die Behavioristen und andere Antimentalisten diesen Schluß gezogen haben: 2.4). Sie spielen im Gegenteil ganz offensichtlich eine Rolle. Was zur Frage steht ist, ob die Bedeutungen von Wörtern, Phrasen, Sätzen usw. mit mentalen Entitäten, seien sie mentale Bilder oder nicht, identifiziert werden können — im striktesten Sinne von „Identifikation" — , und, falls dies möglich ist, ob eine nichtzirkuläre Bestimmung der Rolle solcher mentalen Entitäten bei der Explikation von Denotation und Referenz einerseits und sprachinternen Erscheinungen wie Synonymie, Folgerung, Paraphrase usw. andererseits möglich ist. Nicht nur traditionelle Ideationstheorien der Bedeutung, sondern auch moderne generativistische Versionen, die auf der Zerlegung von Wörtern in ihre atomaren begrifflichen Komponenten ber u h e n — Theorien von der Art, wie sie von Katz & Fodor (1963) und Katz (1972) in die Linguistik eingeführt wurden — fallen den heute allgemein akzeptierten Standardeinwänden gegen die Ideationstheorie zum Opfer. Bis zu dem Zeitpunkt, wo die angeblich atomaren Begriffe explizit mithilfe der Begriffe Denotation und Referenz interpretiert worden sind — sofern dies möglich ist — bleiben diese Zerlegungen sogar geheimnisvoller als die Bedeutungen von Wörtern und Phrasen, die sie erklären sollen (vgl. Lewis 1970 und Artikel 2 und 4). Ein letzter Punkt sollte beleuchtet werden. Wir haben an früherer Stelle gesagt, daß die Ideationstheorie zunächst insofern attraktiv ist, als sie die Möglichkeit bietet, zwischen Bedeutung und Referenz (Freges Sinn und Bedeutung) zu unterscheiden und/oder zwischen Intension und Extension. Weiteres Nachdenken zeigt aber bald, daß die Theorie, so wie sie traditionell dargestellt wird, den obengenannten Unterschied zwischen der kontextunabhängigen referentiellen Bedeutung eines Lexems wie Kuh und der kontextabhängigen referentiellen Bedeutung von zusammengesetzten Ausdrücken wie die Kuh nicht zu behandeln vermag. Wenn es einen allgemeinen Begriff 'Kuh' gibt, der als Intension des Lexems Kuh dient und auch seine Extension (d. h. seine Denotation bestimmt), dann m u ß es auch einen besonderen Begriff 'diese Kuh' geben, der als Intension der Phrase die Kuh dient und deren Extension (d. h. ihre Referenz) festlegt. Traditionelle Darstellungen der Ideationstheorie der Bedeutung machen den Fehler, daß sie nicht dem Umstand Rechung tragen, daß die Un-

terscheidung zwischen dem Allgemeinen und dem Besonderen, dem Kontextunabhängigen und dem Kontextabhängigen, quer zu der Unterscheidung zwischen Bedeutung und Referenz auf der einen und der zwischen Intension und Extension auf der anderen Seite verläuft. 2.4 Verhaltenstheorie der Bedeutung und behavioristische Semantik Unter Verhaltenstheorie der Bedeutung verstehe ich jede Bedeutungstheorie, die auf der Auffassung beruht, daß Sprache nichts anderes als Verhalten ist, das öffentlich beobachtbar und seinem Wesen nach vollständig physikalisch ist, das ferner ausreichend beschrieben werden kann, sowohl was seine F o r m als auch was seine Bedeutung betrifft, ohne die Existenz solcher nicht-physikalischen oder mentalistischen Entitäten wie Ideen, Begriffe oder Intentionen zu postulieren. Unter behavioristischer Semantik verstehe ich die speziellere Variante einer Verhaltenstheorie der Bedeutung, die explizit auf der psychologischen Theorie der Bedeutung beruht, die von J. B. Watson (1924) und seinen Anhängern entwickelt wurde. Eine einflußreiche Verhaltenstheorie der Bedeutung, die allerdings nicht behavioristisch ist, war die von Ogden und Richards (1923), deren sogenanntes Basisdreieck in allgemeinerer Form in Abschnitt 2.2 wiedergegeben wurde. Wie die meisten Verhaltenstheorien der Bedeutung ist sie eine kausale Theorie der Bedeutung: dies bedeutet, daß sie behauptet, daß Wörter und Äußerungen kausal mit den Situationen verbunden sind, in denen sie vorkommen und daß ihre Bedeutung von dieser kausalen Verbindung abhängt. Was die Referenz betrifft (die für Ogden und Richards eine Art von Bedeutung ist), so behauptet die Theorie, daß der Referent (d. h. C in Abb. 1.1) Β verursacht (d. h. im Kopf des Sprecher/Hörers einer gegebenen Sprache den Begriff Β hervorruft) und daß Β Α verursacht (d. h. eine Äußerung der Form A, beziehungsweise den Ausdruck A, hervorbringt). Bemerkenswert an dieser Analyse der Bezeichnung oder Bedeutung ist, daß sie, obwohl sie hinreichend traditionell darin ist, daß sie die Beziehung zwischen Α und C als indirekt und konventionell ansetzt, die Kausalitätsrichtung hinsichtlich der vermittelnden Relation, die zwischen Β und C besteht, umkehrt. Traditionell wird die Sprache als Aus-

14 druck oder äußerliche Kundgabe des Denkens angesehen; und von Gedanken oder Begriffen glaubt man, daß sie im Geist entstehen, und zwar entweder unverursacht oder durch andere Gedanken verursacht, nicht aber durch äußere Gegenstände, Ereignisse oder Situationen. Alle Verhaltenstheorien der Bedeutung tendieren dazu, die Sichtweise von Ogden und Richards zu teilen, worin sich ihre Verpflichtung zum Physikalismus zeigt. Der Umstand, daß Ogden und Richards solche Termini wie Idee oder Begriff im Hinblick auf Β benutzen, bedeutet nicht, daß ihre Theorie eine Ausnahme zu der gerade aufgestellten Generalisierung darstellt. Wenn man sie gedrängt hätte, würden sie ohne Zweifel argumentiert haben, daß scheinbar mentalistische Termini wie Geist, Begriff oder Idee bloße Platzhalter (oder intervenierende Variablen, um einen Begriff der späteren Behavioristen zu benutzen) sind, die man mit dem Fortschritt der Wissenschaft zu gegebener Zeit durch offensichtlich eher nicht-mentalistische Termini ersetzen könne, die sich auf Gehirnabläufe und Nervenaktivität beziehen würden. (Tatsächlich diskutieren Ogden und Richards Referenz aus einer psychologischen Sicht, die heutzutage als überholt und simplistisch angesehen würde, nämlich auf der Basis der von ihnen so genannten Engramme: hypothetische physikalische Gedächtnispuren im Gehirn.) Die Ansicht, daß die Sprache einfach eine bestimmte Art von kommunikativem Verhalten ist, war unter Linguisten der ersten Hälfte des 20. Jhs weit verbreitet. Wenige von ihnen sind allerdings so weit wie Bloomfield gegangen, der nicht nur für eine Verhaltenstheorie der Bedeutung, sondern für eine im engeren Sinne behavioristische Semantik plädiert hat. Für ihn besteht die Bedeutung einer Äußerung in ihren Reiz-Reaktions-Merkmalen (1926: 155) oder, anders formuliert, in „der Situation, in welcher der Sprecher sie äußert und in der Reaktion, die sie bei dem Hörer hervorruft" (1933: 139). Die Schlüsseltermini sind „Reiz" [stimulus] und „Reaktion" [responseI, beide aus der behavioristischen Psychologie übernommen. Hier wird die Ansicht vertreten, daß Bedeutung in letzter Instanz durch bedingte Reaktionen auf Umweltreize erklärbar ist, die zwar komplexer als die bedingten Reflexe von Pawlows speichelproduzierendem Hund, in ihrer Art aber nicht verschieden davon sind. Jede behavioristische Lerntheorie beruht auf diesem Begriff von Konditionierung.

I. Allgemeine Grundlagen

Unter dem Einfluß Bloomfields und seiner Schüler wurde das Studium der linguistischen Semantik für etwa zwanzig Jahre entweder vollständig vernachlässigt oder, wie im Falle des Distributionalismus (eine bestimmte Spielart der kontextuellen Semantik: siehe 2.6), in unproduktive Forschungsrichtungen abgelenkt, nämlich in die Richtung der damals dominierenden Schule der amerkanischen Linguistik: die Schule des sogenannten Nach-Bloomfieldschen Strukturalismus. In dieser Schule lernte Chomsky seine erste Linguistik. Er war es natürlich, der in seiner berühmten Rezension von Skinner (1957; siehe Chomsky 1959) behavioristischen Modellen des Sprachgebrauchs und -erwerbs den Todesstoß gab. Es ist aber wichtig, sich klar zu machen, daß — wie dies oft in der Dialektik des wissenschaftlichen Fortschritts der Fall ist — das, was Chomsky unhinterfragt von seinen nach-Bloomfieldschen Vorläufern übernahm, genau so wichtig ist, wie das, was er verwarf. Er mag zwar die Kompetenz anstelle der Performanz betont haben, aber ebenso wie Bloomfield und einige der NachBloomfieldianer übernahm er ein letztlich psychologisches Modell der Sprachstruktur. Darüber hinaus vertritt Chomsky, obwohl er sich zugunsten des Mentalismus ausgesprochen und explizit den positivistischen Physikalismus der Behavioristen verworfen hat, einen sehr untraditionellen, antidualistischen Mentalismus (vgl. Lyons 1971: 134f.). Tatsächlich ist es sehr schwierig zu sehen, ob es letztlich einen Unterschied zwischen Quines (1960) Physikalismus und Chomskys Mentalismus gibt: alles erweist sich letzten Endes als angeboren und genetisch vermittelt, sowohl kognitive Strukturen wie auch Verarbeitungsprinzipien, die beide Gelehrte als wesentlich postulieren, seien sie nun für den Sprachgebrauch und -erwerb einschlägig oder nicht. Wenige Linguisten oder Psychologen würden heute die Prinzipien der Verhaltenstheorie der Bedeutung oder der behavioristischen Semantik in der Form, in der diese Theorien von Ogden und Richards, Morris (1946), Bloomfield oder Skinner dargestellt worden sind, verteidigen. Und wenige Wissenschaftstheoretiker würden versuchen, die Verpflichtung zu dem in der Tat kruden Physikalismus oder Positivismus des 19. Jhs zu rechtfertigen, auf dem der radikale Behaviorismus von Bloomfield und Skinner basiert. Es muß deshalb betont werden, daß der verhaltenstheoretische , wenn nicht sogar der behavioristische, Standpunkt in der moder-

1. Bedeutungstheorien

nen philosophischen Semantik noch stark vertreten ist. Das klassische Werk von Quine (1960) ist bereits genannt worden. Es sollte auch bemerkt werden, daß Grices (1957,1968, 1969) einflußreiche Analyse der Bedeutung auf der Basis des Begriffes der kommunikativen Intention stark behavioristisch beeinflußt ist — obwohl sie sich auf scheinbar mentalistische Begriffe wie Intention beruft. M a n kann dafür argumentieren, daß Austins (1962) ebenso einflußreiche Theorie der Spechhandlungen als verhaltenstheoretisch klassifiziert werden kann. Bennetts (1976) Behandlung der Bedeutung, die bislang noch nicht die ihr gebührende Aufmerksamkeit von Seiten der Linguisten erfahren hat, ist fraglos eine verhaltenstheoretische und wird auch als eine solche ausgegeben. Es wäre deshalb falsch, verhaltenstheoretische — und dies gilt vielleicht sogar für behavioristische — Semantiken als veraltet und verfehlt abzuschreiben.

2.5 Strukturelle Semantik Vielen Linguisten, die in der nach-Bloomfieldschen amerikanischen Tradition groß geworden sind, hat der Terminus „strukturelle Semantik" Kopfzerbrechen bereitet, ja er ist ihnen widersprüchlich vorgekommen. Aber dies ist einfach deswegen geschehen, weil die ursprünglich allgemeineren Termini Strukturalismus und strukturelle Semantik in theoretisch und methodisch einflußreichen Publikationen der nach-Bloomfieldschen Schule eine unberechtigte Bedeutungsverengung erfahren haben, besonders in Harris (1951). Es gibt mehrere Kennzeichen der nachBloomfieldschen Linguistik, die diese von einigen oder allen anderen Ansätzen zur Erforschung der Sprache unterscheiden, mit denen sie in den fünfziger und den frühen sechziger Jahren im internationalen Wettstreit stand. Dazu gehören die folgenden: (i) Sie war korpusbezogen und lehnte die Unterscheidung zwischen Sprachsystem (Saussures langue, Chomskys Kompetenz) und Sprachäußerungen (Saussures parole, Chomskys Performanz) ab; (ii) Sie war zugegebenermaßen taxonomisch oder klassifikatorisch, nicht aber erklärend, und folglich mehr mit der Methodologie der Beschreibung beschäftigt als mit einer erklärungsadäquaten Theorie der Sprachstruktur;

15 (iii) Auf der Grundlage von (i), beschränkt durch (ii) und die vorherrschende positivistische Einstellung, die für die Sozialwissenschaften dieser Epoche charakteristisch war (die Linguistik wird von den Nach-Bloomfieldianern normalerweise unter die Sozialwissenschaften eingereiht), versuchte sie, eine Reihe induktiver Entdeckungsverfahren für die Beschreibung von Sprachen zu formulieren; (iv) Sie schloß die Untersuchung der Bedeutung aus der eigentlichen Linguistik aus. In dem gegenwärtigen Kontext ist selbstverständlich (iv) von größtem Interesse; und im Hinblick auf die Bedeutung, welche semantische Erwägungen in der generativen Grammatik ab der Mitte der sechziger Jahre erlangt haben, ist dies der Ort, darauf hinzuweisen, daß Chomsky (1957) zwar die nachBloomfieldsche Linguistik zurecht für die von mir so bezeichneten Merkmale (i), (ii) und (iii) kritisierte, (iv) aber nicht in Frage gestellt hat. Dies ist ein weiteres Beispiel dafür, daß Chomskys Generativismus Haltungen und Prinzipien mehr oder weniger unhinterfragt übernahm, die derselben Tradition entstammten, gegen die er im allgemeinen heftig aufbegehrt hat (vgl. Lyons 1983b: 2 0 7 - 2 1 4 ) . Der Terminus strukturelle Semantik ist selbstverständlich nicht widersprüchlich, wenn man den allgemeineren Sinn von strukturell zugrunde legt. Er bezeichnet ganz einfach jeden Ansatz zur Erforschung der Bedeutung (in der Sprache), der auf dem Prinzip beruht, daß Sprachen (genauer, Sprachsysteme — Saussures langues) abstrakte Strukturen sind, deren Elemente ihre Identität (ihr Wesen und ihre Existenz) von den substitutionellen und kombinatorischen Beziehungen herleiten, die zwischen ihnen bestehen (d. h., um die Saussuresche Terminologie zu benutzen, von ihren paradigmatischen und syntagmatischen Beziehungen). Wir müssen hier keine ausführliche Darstellung des Strukturalismus in der Linguistik liefern (vgl. Lyons 1980: 2 4 2 - 2 6 1 ; 1983 b: 1 9 8 - 2 0 7 ) . Es möge hier die Feststellung genügen, daß der strukturelle Standpunkt in der Semantik erst später eingenommen wurde als in anderen Zweigen der theoretischen und deskriptiven Linguistik wie etwa der Phonologie, daß aber sein Einfluß in einem großen Teil der interessantesten Arbeiten zur Semantik der letzten fünfzig Jahre sichtbar ist. Was die zeitgenössische Forschung zur Semantik betrifft, so ist ein guter Teil davon de facto sowohl nach Methode als auch Geist

16 strukturalistisch, obwohl die betreffenden Forscher vielleicht manchmal erstaunt wären, so charakterisiert zu werden. Zum Beispiel hat die lexikalische Komposition, wie sie von Katz & Fodor (1963) und ihren Anhängern innerhalb des Rahmens der Chomskyschen Grammatik praktiziert wurde oder wie sie von Dowty (1979) auf der Grundlage der Montague-Grammatik betrieben wurde, in den USA ihre historischen Vorläufer in den Schriften von Gelehrten wie Goodenough (1956) oder Lounsbury (1956) und in Europa in den Schriften von Hjelmslev (1956) oder Jakobson (1936) - um nur einige der herausragendsten und einflußreichsten zu nennen. Es ist bedauerlich, daß die europäischen Arbeiten zur Komponentenanalyse — die theoretischen wie die deskriptiven — Katz & Fodor (1963) weitgehend unbekannt waren, als sie als letztes Ziel der generativen Grammatik die Konstruktion einer „integrierten Theorie der linguistischen Beschreibung" (vgl. Katz & Postal 1964) ansetzten. Zumindest hätte diese Literatur die generativistischen Proponenten der lexikalischen Dekomposition in der Form, in der sie ab Mitte der sechziger Jahre bis zur Mitte der siebziger Jahre oder sogar noch später vorgeschlagen wurde, von Anbeginn an — und nicht erst etwa ein Jahrzehnt später — auf mehrere offensichtliche Einwände gegen die zugrundeliegenden Annahmen, auf denen sie beruht, sowie auf ihre empirischen Inadäquatheiten aufmerksam gemacht (vgl. Lyons 1965: 1 2 3 - 5 ; 1971: 484-492). Heutzutage ist weitgehend anerkannt, daß die komponentielle Analyse der lexikalischen Bedeutung und erst recht der grammatischen Bedeutung zu unüberwindlichen Schwierigkeiten sowohl theoretischer wie deskriptiver Art führt, wenn sie mit einer oder mehreren der folgenden Annahmen verknüpft ist: (i) daß die letzten Komponenten der Bedeutung unversell sind (d. h. sowohl sprachwie kulturunabhängig); (ii) daß die Bedeutung eines jeden beliebigen Wortes irgendeiner Sprache ausschließlich und präzise als mengentheoretische Funktion seiner letzten Komponenten dargestellt werde kann; (iii) daß die komponentielle Analyse der Bedeutung eines Wortes eine intensionale Definition der Klasse der Entitäten liefert, die unter seine Extension fallen. Jede dieser Annahmen war seit langem verdächtig, und besonders (iii) ist in jüngster Zeit auf sehr originelle Weise von Philosophen wie

I. Allgemeine Grundlagen

Putnam (1975) auf der einen und Psychologen wie Rosch (1974, 1976) auf der anderen Seite angegriffen worden. Sie haben mit starken Argumenten überzeugend nachgewiesen, daß die Wörter für sogenannte natürliche Arten wie Tiger oder Zitrone eher über ihre prototypische Bedeutung als über eine Reihe von notwendigen und hinreichenden Bedingungen, die ihre Extension definieren, verstanden werden (vgl. Lyons 1981a: 6 9 - 7 1 ) . Ihre Argumente können für den Großteil des Vokabulars verallgemeinert werden. Nicht alle strukturellen Semantiker sind Vertreter der Komponentenanalyse gewesen. Insbesondere scheint keiner von den Entdekkern des Wortfeldbegriffes — Ipsen (1924), Jolles (1934), Porzig (1934), Trier (1934) die Möglichkeit ins Auge gefaßt zu haben, die Struktur solcher Felder komponentiell zu beschreiben. Es blieb ihren Nachfolgern vorbehalten, die Theorie in dieser Richtung zu entwickeln (vgl. Coseriu & Geckeier 1974; Lehrer 1974). Den Feldtheoretikern ging es mehr darum, den allgemeinen strukturalistischen Grundsatz zu betonen, daß die Bedeutung eines Wortes das Produkt seiner Beziehungen zu den Nachbarwörtern desselben Feldes ist: daß ζ. B. die Bedeutung von Stuhl das Produkt seiner Relationen zu solchen anderen Wörtern wie Sessel, Hocker, Möbel, Sofa, Couch, Bank usw. ist und nur mithilfe dieser Relationen analysiert oder beschrieben werden kann. In den klassischen Formulierungen der Wortfeldtheorie gibt es vieles, was zurecht kritisiert werden kann: ihr Vertrauen auf hochgradig räumliche Metaphern; ihr exzessiver Relativismus; ihre konzeptualistische Ontologie usw. (vgl. Lyons 1980: 261 - 271). Es kann jedoch kaum bestritten werden, daß die Feldtheorie eine wesentlich anspruchvollere Konzeption der semantischen Interdependenz von Wörtern in die Linguistik eingeführt hat — eine Konzeption von der Unmöglichkeit, die Bedeutung von Wörtern individuell und in Isolation von anderen Wörtern zu definieren — als sie früheren Perioden geläufig war. Sie hat uns auch eine Fülle von detaillierten Untersuchungen verschiedener Bereiche der Vokabulare einiger der größeren europäischen Sprachen gebracht, welche die Vielfalt und den Reichtum der lexikalischen Bedeutung sowie das chimärische Wesen der allgemein angenommenen Übersetzungsäquivalenz illustrieren.

1. Bedeutungstheorien

2.6 Kontextuelle Theorien der Bedeutung Es ist sinnvoll, die kontextuellen Theorien der Bedeutung in zwei Klassen (von denen jede aufgrund verschiedener Kriterien in mehrere Unterklassen zerfällt) zu gruppieren: (a) starke und (b) schwache Theorien. Eine starke kontextuelle Theorie der Bedeutung identifiziert die Bedeutung eines Ausdrucks mit der Menge von Kontexten, in denen er vorkommt; eine schwache kontextuelle Theorie der Bedeutung sagt dagegen, daß die Bedeutung eines Ausdrucks durch die Kontexte bestimmt wird (oder in diesen für die Beschreibung sichtbar wird), in denen er benutzt wird. Schwache kontextuelle Theorien werden selbstverständlich noch weiter abgeschwächt — und so für den Theoretiker sukkzessive uninteressanter —, wenn die Bestimmung der Bedeutung durch den Kontext nicht als total, sondern als partiell angesehen wird. Ein weiteres anzuwendendes klassifikatorisches Kriterium hat mit der Interpretation des Terminus Kontext zu tun. Soll er beschränkt werden auf das, was gewöhnlich, wenn auch tendenziös, „der linguistische Kontext" genannt wird, d. h. die gesprochenen oder geschriebenen Äußerungen, die der betrachten Äußerung unmittelbar vorangehen und folgen, d. h. auf ihren Ko-Text? Oder bezieht der Terminus den sogenannten situationeilen Kontext der Äußerung mit ein? Aus methodologischen Gründen ist für Linguisten der Versuch verführerisch, nur mit Ko-Text zu arbeiten, so wie sie auch versucht waren, bei der Untersuchung von solchen Phänomenen wie Anapher und Koreferenz nur mit Ko-Text zu arbeiten. Ich denke aber, daß fairerweise gesagt werden muß, daß intensive Forschungsarbeit während der letzten zwanzig Jahre gezeigt hat, daß der einzige in der Linguistik vertretbare Kontextbegriff einer ist, der die Äußerungssituation und das wechselseitige Wissen, welche die Teilnehmer voneinander haben, miteinbezieht (vgl. Smith 1982). Es gibt eine historisch wichtige starke kontextuelle Kontexttheorie, die sich auf Ko-text beschränkt hat und die es wert ist, hier erwähnt zu werden. Es handelt sich um die distributionelle Theorie, die sich (etwas paradox) aus dem Versuch der Nach-Bloomfieldianer entwickelt hat, den Bezug auf semantische Erwägungen bei der Beschreibung der phonologischen und grammatischen Struktur von Sprachen zu vermeiden (vgl. Harris 1951; 1954). Sie beruht auf dem Prinzip, daß zwei

17 Ausdrücke eine umso ähnlichere Verteilung über ein repräsentatives Korpus von Daten hinweg haben, je enger ihre Bedeutungen beieinander liegen. Dies hat intuitiv einiges für sich. Darüber hinaus ist das Prinzip bis zu einem gewissen Punkt nachweislich korrekt. Aber insofern es korrekt ist, läßt es sich weitgehend dadurch erklären, daß man sagt, daß die Bedeutungsnähe, sofern sie unabhängig definierbar ist, selbst der Grund für die Ähnlichkeit der Distribution ist. Ein weiteres Problem besteht darin, daß es viele verschiedene Arten von Bedeutungsnähe gibt: Synonymie, Hyponymie, Antonymie, Paronymie (verschiedener Art) usw. Es gibt aber kein rein distributionelles M a ß des semantisch wichtigen Unterschiedes zwischen diesen Arten: ζ. B. für die Relation, die zwischen gut und schlecht (Antonymie) und jene, die zwischen nasty und unpleasant (Paronymie oder Beinahe-Synonymie) besteht. Sobald wir damit beginnen, gewisse Kontexte als symptomatisch oder besonders normal auszuzeichnen, haben wir eine rein distributioneile Theorie der Bedeutung bereits verlassen (vgl. Hoenigswald 1960: 16). Der distributionellen Theorie jener NachBloomfieldianer — die sie auf die Semantik eher in einem programmatischen als in einem eigentlichen Sinn angewandt haben — ähnelt J.R. Firths (1957) Kollokationstheorie der lexikalischen Bedeutung (vgl. Lyons 1983a: 2 2 0 - 2 2 7 ; G o r d o n 1982: 1 0 6 - 1 2 0 ) . Firth selbst gab niemals eine präzise Definition von „Kollokabilität" oder ein detailliertes Beispiel ihres Nutzens für die Textanalyse an. Ihm ging es darum, zu betonen, in welchem M a ß die Kollokation eines Wortes — seine „habituelle Assoziierung ... mit anderen bestimmten Wörtern in Sätzen" (Robins 1971: 63) — einerseits unvorhersagbar sei aufgrund der situativen (oder referentiellen) Bedeutung und andererseits charakteristisch sei für den Stil gewisser sozialer Gruppen oder Individuen. Es blieb Firths Nachfolgern überlassen, ζ. B. Halliday (1966b) und Sinclair (1966), seine Ideen über Kollokabilität detaillierter auszuführen und in der Folge mithilfe des Begriffs der Wahrscheinlichkeit des Zusammen-Vorkommens zu präzisieren. Es gibt allerdings Gründe für die Ansicht, d a ß eine detailliertere Entwicklung dieser Ideen lediglich dazu führt, sie in den Wirkungsbereich der Kritik zu bringen, die ich gegen die distributionelle Bedeutungstheorie hervorgebracht habe. Es ist gesagt worden, daß Firths Begriff der kollokationellen Bedeutung „die Selek-

18 tionsbeschränkungen der transformationeilen generativen Grammatik und die Transfermerkmale von Weinreich vorwegnehmen" (Gordon 1982: 120). Aber diese Aussage offenbart meiner Ansicht nach ein grundlegendes Mißverständnis von Firths theoretischer Position. Firth interessierte sich für die Kollokationen eines Wortes nur deshalb, weil sie ausschließlich durch das Wort bestimmt, nicht aber aufgrund der unabhängig davon identifizierbaren Bedeutung des Wortes vorhersagbar sind. Ζ. B. würde die Tatsache, daß schwanger zusammen mit Mädchen oder Frau und nicht (oder seltener) zusammen mit Junge oder Mann vorkommt, Firth weniger interessieren als die Tatsache — um eines der Beispiele aus Quine (1953) zu benutzen — , daß addled [„faul"] in der Kollokationsbeziehung zu egg [„Ei"], aber nur zu wenigen anderen Nomina in dieser Beziehung steht [vgl. dazu im Deutschen die Kollokation von ranzig und Butter]. Wie Quine sagt, müssen wir uns bei der Beschreibung der Bedeutung solcher Wörter „oft mit einem hinkenden partiellen Synomym plus Regieanweisungen begnügen" (1953: 58). Wenn wir in den Arbeiten der Generativisten nach einem Äquivalent für Quines Regieanweisungen suchen, dann finden wir als nächste Parallele vielleicht die distinguishers von Katz & Fodor (1963). Aber Firths Auffassung von Bedeutung ist so verschieden von derjenigen der generativen Grammatiker (und der meisten Semantiker), daß es verfehlt wäre, eine zu enge Parallele zu ziehen. Das große Verdienst der Kollokationstheorie besteht darin, daß sie die syntagmatischen oder kombinatorischen Determinanten der lexikalischen Bedeutung hervorhebt. In dieser Hinsicht berührt sie sich eher mit Porzigs als mit Triers Version der Wortfeldtheorie (siehe 2.5). Der Umstand, daß Firth seine Aufmerksamkeit auf die eher idiosynkratischen Kollokationen eines Wortes konzentriert und die Kollokationstheorie als Teil einer umfassenden Kontextheorie formuliert hat, mag viele seiner Zeitgenossen befremdet haben. Er sollte uns aber nicht davon abhalten, uns seine Einsichten sowie die seiner Nachfolger — oder sogar der nach-Bloomfieldschen Distributionalisten -als Korrektiv zu der oft exzessiven Abstraktion und Allgemeinheit anderer Semantiker zu benutzen. Für mindestens einige Wörter scheint es so zu sein, daß ihre Bedeutung teilweise, wenn nicht gar vollständig, durch ihre Distribution definierbar ist.

I. Allgemeine Grundlagen

Was über die Kollokationstheorie der lexikalischen Bedeutung gesagt wurde, läßt sich für jede Art von kontextueller Bedeutungstheorie verallgemeinern. Starke kontextuelle Theorien können aus den folgenden Gründen als inadäquat verworfen werden: die Bedeutung vieler Ausdrücke ist weitgehend, wenn nicht vollständig ohne wesentlichen Rückgriff auf den Kontext definierbar; aber Gleichheit oder Verschiedenheit von Kontext können nicht immer sichergestellt werden, ohne auf eine unabhängig zu definierende Gleichheit oder Verschiedenheit von Bedeutung zurückzugreifen. Schwache kontextuelle Theorien sind sicher vertretbar, aber sie bedürfen der Ergänzung durch andere Bedeutungstheorien (Ideationstheorien, Referenztheorien, Verhaltenstheorien, strukturelle Theorien oder Wahrheitsbedingungen-Semantik). Umgekehrt sind diese anderen Theorien als umfassende Bedeutungstheorien inadäquat, wenn sie die Kontextabhängigkeit etlicher Ausdrücke in den natürlichen Sprachen nicht zu behandeln gestatten.

2.7 Bedeutung und Gebrauch Eine der einflußreichsten Gestalten in der Sprachphilosophie und philosophischen Logik der ersten Hälfte des 20. Jhs war Ludwig Wittgenstein. Interessanterweise war er jedoch zwei radikal verschiedenen Konzeptionen von Struktur und Funktion der Sprache verbunden. Sein Fühwerk, der Tractatus Logico-Philosophicus (1921), ist ein Meilenstein in der Entwickung der sogenannten Wahrheitsbedingungen-Semantik (siehe 2.8). Er beruhte auf der Auffassung, daß die einzige — oder zumindest primäre Funktion — der Sprache darin bestehe, „Sachverhalte" in der Welt zu beschreiben, abzubilden oder darzustellen; ferner beruhte er auf der Auffassung, daß jeder aktuale oder potentielle Sachverhalt darstellbar sei durch eine Menge von logisch unabhängigen und unanalysierbaren (atomaren) Aussagen, die zu ihm isomorph sind, oder — alternativ — durch eine zusammengesetzte Aussage, die sich in ihre atomaren Bestandteile mithilfe der wahrheitsfunktionalen Operationen der Negation, Konjunktion, Disjunktion usw. zerlegen läßt. In seinem späteren Werk, insbesondere in seinen Philosophischen Untersuchungen (1953), verwarf Wittgenstein beide gerade skizzierten Teile seiner Auffassung von Sprache, und vertrat stattdessen die Version eines

1. Bedeutungstheorien

Zugangs zur Semantik, die ich Bedeutungals-Gebrauch-Ansatz nennen möchte. Bedeutung-als-Gebrauch-Theorien ähneln kontextuellen Theorien und können in der Tat unter diese subsumiert werden. Sie können ebenfalls als stark oder schwach klassifiziert werden, je nachdem, ob sie Bedeutung mit Gebrauch identifizieren oder ob sie lediglich sagen, daß die Bedeutung eines Ausdrucks durch seinen Gebrauch bestimmt und enthüllt wird. (Wittgenstein selbst scheint oft zwischen der starken und schwachen Variante der Bedeutungals-Gebrauch-Theorie zu schwanken.) Wittgenstein betonte die Verschiedenheit der kommunikativen Funktionen, zu denen Sprache benutzt werden kann, und die Unmöglichkeit, eine einheitliche Bedeutungsdefinition für die vielen verschiedenen Klassen natürlichsprachlicher Ausdrücke zu geben. Eine Sprache benutzen, sagte er, sei wie das Ausführen von Spielen, deren Regeln dadurch gelernt und sichtbar werden, daß man das Spiel tatsächlich spielt. Der Muttersprachler erwerbe seine Sprachbeherrschung nicht durch das Erlernen eines einzelnen Regelsystems, welches die Struktur seiner Sprache und die Bedeutung ihrer Ausdrücke für alle Gelegenheiten des Gebrauchs festlegt, sondern dadurch, daß er sich in eine Vielfalt von „Sprachspielen" einläßt, deren jedes auf eine bestimmte Art von sozialem Kontext beschränkt und durch besondere soziale Konventionen geregelt ist. Die Welt zu beschreiben ist nur eine von unbestimmt vielen solcher Sprachspiele, die wir als Mitglieder der Gesellschaft, der wir angehören, lernen; und diesem Sprachspiel sollte kein bevorzugter Status bei der Konstruktion einer allgemeinen Theorie der Struktur und Funktion von natürlichen Sprachen eingeräumt werden. Jedes Sprachspiel habe seine eigene Logik (oder Grammatik) und müsse in gleicher Weise berücksichtigt werden. Diese Einstellungen und Annahmen — die von denen des Tractatus sehr verschieden sind — stecken den Rahmen ab, vor dessen Hintergrund Wittgenstein seinen berühmten und kontroversen Ausspruch „Don't look for the meaning of a word, look for its use!" machte. Wie man bemerken wird, identifiziert dieser Ausspruch nicht Bedeutung mit Gebrauch; er ist mit einer stärkeren oder schwächeren Bedeutung-als-GebrauchTheorie verträglich. Der Terminus Gebrauch, durch den Wittgenstein den Terminus Bedeutung ersetzt hat (ohne die beiden unbedingt zu identifizieren), erlangte einen technischen — oder halbtech-

19 nischen — Sinn in der Ordinary-LanguageBewegung in der Sprachphilosophie, die in den fünfziger Jahren unseres Jhs besonders an der Universität Oxford in Blüte stand. (Wittgenstein selbst wirkte in Cambridge.) Das einigende Band unter den Anhängern der Ordinary-Language Bewegung war — trotz beträchtlicher Divergenzen in Einstellungen und Überzeugungen in Bezug auf andere Aspekte — ihr Glaube, daß ein sorgfältiges Beachten der Nuancen und Feinheiten beim Gebrauch von Sprachäußerungen in den mannigfaltigen Situationen des täglichen Lebens produktiver sei als „Systembauerei", d. h. die Konstruktion von eleganten, aber empirisch inadäquaten und philosophisch verdächtigen, vorschnell formalisierten allgemeinen Theorien der Bedeutung. Die Ordinary-Language Bewegung ist fast vollständig von der philosophischen Szene verschwunden. Das Gleiche gilt für den logischen Positivismus (und logischen Atomismus), der das Zentrum eines großen Teils ihrer Kritik bildete. Beide Bewegungen haben jedoch ihre Spuren in der heutigen philosophischen und linguistischen Semantik (und Pragmatik) hinterlassen. Die erstgenannte Bewegung hat u. a. Austins (1962) höchst einflußreiche Konzeption der Sprechakte und Grices (1975) noch einflußreicherere — und letztlich vielleicht produktivere — Konzeption der konversationeilen Maximen und Implikaturen hinterlassen (siehe die Artikel 12 und 14). Austins Theorie der Sprechakte hatte ihren Ursprung in dem, was in der Literatur der „deskriptive Trugschluß" (Austin 1961: 71) genannt wird. Es handelt sich um die Auffassung, daß die wesentliche Funktion der Sprache darin bestehe, die Welt zu beschreiben. (Diese Betrachtungsweise wurde, wie wir bemerkt haben, in der Theorie des logischen Atomismus von Wittgensteins Tractatus formuliert und ausgearbeitet, und sie ist — wie wir sehen werden — grundlegend für Standardversionen der Wahrheitsbedingungen-Semantik.) Austin machte darauf aufmerksam, daß nicht nur Nicht-Aussagesätze wie Interrogative und Imperative, sondern auch viele Aussagesätze — insbesondere solche Sätze der l.Ps.,Sing., Präs. wie Ich verspreche dir, das Geld am Monatsende zurückzugehen oder Ich erkläre euch zu Mann und Frau — in der Regel nicht dazu benutzt werden, um auszudrücken, daß ein bestimmter Sachverhalt besteht oder nicht besteht, sondern dazu, um eine eine bestimmte konventionell etablierte

20 und sozial geregelte Tätigkeit zu verrichten: Ihr Gebrauch ist typischerweise performativ, nicht aber konstativ. Er behauptet ferner, daß alle Äußerungen, Behauptungen eingeschlossen, diese Eigenschaft der Performativität haben und daß wahre oder falsche Behauptungen über die Welt zu machen lediglich eine der vielen Handlungen ist, die mithilfe der Sprache verrichtet werden können und daß die Wahrheit oder Falschheit von Behauptungen lediglich eine von den vielen Eigenschaften ist, mit deren Hilfe sie als „geglückt" oder „mißglückt" bewertet werden können. Austin hat nicht lange genug gelebt, um die Details seiner Theorie auszuarbeiten, deren Grundzüge er in seinem posthum veröffentlichten Werk How To Do Things With Words (1962) entwickelte. Seine Ideen sind aber von seinen Anhängern, besonders von Searle (1969), zu dem,was man heute in der Literatur im allgemeinen als Sprechakttheorie bezeichnet, ausgearbeitet worden. Ob die Sprechaktheorie als Semantik oder — wie viele sagen würden — als Pragmatik zählt, hängt davon ab, wie man die Grenze zwischen Sätzen und Äußerungen auf der einen und zwischen verschiedenen Arten von Bedeutungen auf der anderen Seite zieht (alternative Interpretationen findet man ζ. B. in Bach & Harnish 1979; Katz 1977; siehe auch Artikel 3). Von bleibendem Wert ist Austins Generalisierung des Begriffs der illokutiven Kraft als ein Aspekt oder eine Komponente des Gebrauchs, der teilweise in der phonologischen, grammatischen und lexikalischen Struktur verschiedener Sprachen konventionalisiert ist (und, wie es nun einmal so ist, verschieden in verschiedenen Sprachen). Es lohnt sich, im Vorbeigehen darauf hinzuweisen, daß Austins Begriff der illokutiven Kraft reicher ist als Freges Begriff der Kraft, der in der Begriffsschrift, was Behauptungen angeht, durch einen speziellen zweiteiligen Operator „l·" symbolisiert wird, wobei der senkrechte Strich für den Urteilsakt steht und der waagrechte Strich für das, was spätere Forscher als Modus der Aussage bezeichnet haben. Wir werden zu diesem Punkt im Abschnitt über Wahrheitsbedingungen-Semantik zurückkehren (2.8).

Grices Beitrag zur modernen Semantik (oder Pragmatik) ist sehr verschieden von demjenigen Austins, und viele würden sagen, daß er tiefer ist. Wie Austin hat Grice erkannt, daß zur Bedeutung von natürlichsprachlichen Äußerungen mehr gehört als die Aussagen (Propositionen), welche sie ausdrücken. Wäh-

I. Allgemeine Grundlagen

rend aber Austin die Bedeutung von Äußerungen in ihren propositionalen Gehalt auf der einen und in ihre nicht-propositionale illokutive Kraft auf der anderen Seite zerlegte, setzte sich Grice für die Unterscheidung zwischen expliziter und impliziter Bedeutung ein: zwischen dem, was tatsächlich gesagt wird (in der einschlägigen Bedeutung von „sagen") und dem, was impliziert (oder, um Grices Terminologie zu benutzen) implikiert [implicated] wird. Zum Beispiel könnte ein Sprecher mit der Äußerung von Es ist dunkel hier drinnen implikieren, daß er es gerne hätte, wenn der Adressat das Licht anmachen würde; und vom Adressaten könnte man erwarten, diese spezielle Implikatur zu erschließen, indem er eine oder mehrere der von Grice (1975) so genannten Gesprächsmaximen [maxims of conversation] anwendet. Auf den ersten Blick könnte es so scheinen, als wäre das, was Grice über die Interpretation von Äußerungen sagt, kaum mehr als eine informelle CommensenseAnalyse ohne jede philosophische Tragweite. Seine Theorie ist aber von ihm und seinen Anhängern mit großem Scharfsinn weiterentwickelt worden und wird gegenwärtig auf einen beeindruckend breiten Bereich von Phänomenen angewendet (einschließlich der sogenannten indirekten Sprechakte durch Äußerungen wie „Kann ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?", die normalerweise nicht dazu verwendet werden, um zu fragen, ob der Sprecher physisch, moralisch oder sonstwie in der Lage ist, dem Adressaten einen Drink anzubieten, sondern um ihm einen anzubieten). Von besonderem Interesse ist in diesem Zusammenhang die Entwicklung einer Theorie der Kommunikation und Kognition durch Sperber & Wilson (1986), die auf einer Generalisierung von Grices Relevanzmaxime beruht.

2.8 Wahrheitsbedingungen-Theorien der Bedeutung Die Wahrheitsbedingungen-Semantik ist gegenwärtig das dominante Paradigma der semantischen Theorie (vgl. 2.1). Aus diesem Grund ist sie in diesem Band stark vertreten, und sie wird in den folgenden Artikeln detailliert abgehandelt. Der Zweck dieses kurzen Abschnittes ist es, sie mit den anderen oben erwähnten Ansätzen in Beziehung zu setzen und die Aufmerksamkeit auf ihre allgemeinen Vor- oder Nachteile für ihre Eignung als theoretischer Hintergrund für die

1. Bedeutungstheorien

Konstruktion einer Theorie der linguistischen Semantik (vgl. 1.3) zu richten. Die moderne Wahrheitsbedigungen-Semantik hat ihren Ursprung nicht in der Linguistik, sondern in der mathematischen Logik, ihre Gründerväter Tarski und Carnap waren skeptisch bezüglich der Möglichkeit, sie auf die Beschreibung natürlicher Sprachen anzuwenden. Sie vertraten die Ansicht, daß sich natürliche Sprachen, die mit Vagheit, Inkonsistenz, Mehrdeutigkeit und Unbestimmtheit durchsetzt sind, nicht für dieselbe Art von präziser und vollständiger Analyse eignen würden wie konstruierte Sprachen, wie ζ. B. die Aussagen- oder die Prädikatenlogik. Erst Ende der sechziger, Anfang der siebziger Jahre wurde diese Ansicht ernsthaft angegriffen, und zwar besonders von Richard Montague, der eine Reihe von einschlägigen Artikeln schrieb, von denen einer den programmatischen (und provokativen) Titel English as α formal language (1970a) trug. Montagues eigene Theorie der Semantik ist eine spezielle Version der Wahrheitsbedingungen-Semantik, die auf der modelltheoretischen Entwicklung des traditionellen Begriffs der möglichen Welt beruht, auf den wir hier nicht einzugehen brauchen (siehe Artikel 2). In diesem Zusammenhang geht es nur darum festzustellen, daß der Ansatz außerordentlich einflußreich gewesen ist, sowohl unmittelbar — insofern er eine beträchtliche Zahl von Anhängern unter Logikern und Linguisten gefunden hat — als auch mittelbar, insofern er andere Forscher inspiriert hat, ihre eigenen, etwas unterschiedlichen Varianten einer Mögliche-Welten-Semantik zu entwickeln (ζ. B. Cresswell 1973, 1985), oder sie zu Alternativen zur MöglicheWelten-Semantik, wie ζ. B. die Situationssemantik (vgl. Barwise & Perry 1983) angeregt hat. Die folgenden Bemerkungen sind für die Wahrheitsbedingungen-Semantik im allgemeinen relevant. Die beiden grundlegenden Begriffe der Wahrheitsbedingungen-Semantik sind bereits eingeführt worden, als im vorhergehenden Abschnitt auf Wittgensteins Tractatus eingegangen wurde. Der erste ist die Vorstellung, daß Bedeutung etwas wie Beschreibung, Abbildung oder Darstellung ist; der zweite ist das, was man heutzutage allgemein Kompositionalität nennt. Diese Begriffe werden nun in etwas anderer Form wieder eingeführt, wobei stillschweigend späterere theoretische und terminologische Verfeinerungen berücksichtigt sind. Wir werden jedoch zuerst — ebenso wie Wittgenstein einst und viele formale Se-

21 mantiker noch heute — eine Definition der Satzbedeutung benutzen, die nicht zwischen einem Satz und seinem propositionalen Gehalt unterscheidet. Die Bedeutung eines Satzes kann nach dem früheren Wittgenstein mit seinen Wahrheitsbedingungen identifiziert werden, d. h. mit den Bedingungen, die die Welt erfüllen muß, damit der fragliche Satz als wahre Darstellung des Sachverhaltes zählt, welchen abzubilden oder zu beschreiben er bezweckt. Daraus folgt, daß zwei Sätze genau dann synonym sind (d. h. daß sie dieselbe Bedeutung haben), wenn sie dieselben Wahrheitsbedingungen haben. Neben der Synomymie können andere traditionell anerkannte Begriffe der Semantik — etwa Widersprüchlichkeit, Tautologie, Analytizität und Folgerung — ebenfalls leicht auf der Grundlage von Wahrheitsbedingungen definiert werden, wie in späteren Artikeln erklärt werden wird. Die erste Grundvorstellung, auf der die Wahrheitsbedingungen-Semantik basiert, ist also, daß es einen engen Zusammenhang zwischen Bedeutung und Wahrheit gibt. Die zweite Grundvorstellung ist, wie gesagt, der Begriff der Kompositionalität. Die Behauptung, daß die Satzbedeutung kompositional ist, impliziert, daß die Bedeutung eines beliebigen Satzes — sei er einfach, zusammengesetzt oder komplex — vollständig durch die Bedeutung seiner Teilausdrücke und durch die Art ihrer Verknüpfung bestimmt ist. So formuliert, scheint die Kompositionalitätsthese nichts weiter als eine Binsenwahrheit zu sein, der jeder klar Denkende sofort zustimmen würde. Die Hauptstoßrichtung der Wahrheitsbedingungen-Semantik besteht aber darin, ein Verfahren zu entwikkeln, welches jedem der unendlich vielen Sätze einer Sprache eine Bedeutung zuweist, die sowohl empirisch plausibel als auch systematisch berechenbar ist, und zwar auf der Grundlage der lexikalischen Bedeutung der Bestandteile des Satzes sowie seiner grammatischen Struktur. Und diese Aufgabe ist keineswegs trivial. Tatsächlich ist bis heute unklar, ob sie überhaupt prinzipiell lösbar ist. So groß ist die Komplexität von natürlichen Sprachen, daß bisher niemand die grammatische Struktur von mehr als einem vergleichsweise kleinen Fragment von ihnen mit der Strenge und Präzision zu beschreiben vermochte, welche die formale Semantik erheischt. Was die lexikalische Struktur von natürlichen Sprachen betrifft, so ist diese sogar noch unvollkommener beschrieben. Es ist

22 deshalb bisher immer noch unkar, ob es — wie Montague und seine Anhänger gesagt haben — keinen wesentlichen Unterschied zwischen natürlichen und nicht-natürlichen Sprachen gibt, was ihre Formalisierbarkeit und Bestimmtheit [determinacy] betrifft. Was kann nun zusammenfassend über die Stärken und Schwächen der Wahrheitsbedingungen-Semantik gesagt werden? Ihre prinzipielle Stärke liegt zweifellos in der intuitiven Plausibilität der Vorstellung, daß Bedeutung (oder zumindest ein größerer Teil von Bedeutung) eine Sache der Korrespondenz mit Entitäten, Eigenschaften und Relationen in der Außenwelt ist, ferner in der Möglichkeit, diese einfache Vorstellung mithilfe der machtvollen und wohlverstandenden Techniken der modernen mathematischen Logik zu formalisieren und zu generalisieren. Sie hat dieselbe prima facie Attraktivität wie die Referenztheorie der Bedeutung, aber sie ist insofern allgemeiner, als sie der Unterscheidung zwischen Extension und Intension Rechnung tragen kann und unabhängig von den kontroversen ontologischen und erkenntnistheoretischen Annahmen formulierbar ist, die historisch mit der Referenztheorie der Bedeutung in Verbindung gebracht worden sind (vgl. 2.2). Ferner kann kein Zweifel darüber bestehen, daß — wie der zweite Teil dieses Bandes zeigen wird — unser Verständnis eines weiten Bereiches von Phänomenen beträchtlich durch die Versuche gewonnen hat, die in den letzten fünfzehn Jahren unternommen wurden und immer noch unternommen werden, diese Phänome erschöpfend und präzise im Rahmen der Wahrheitsbedingungen-Semantik zu beschreiben. Aber die Wahrheitsbedingungen-Semantik hat ihre inhärenten Grenzen. Nach meiner Meinung (die nicht notwendigerweise mit derjenigen der Herausgeber oder der anderen Autoren übereinstimmt) ist sie zum Scheitern verurteilt, wenn sie als eine vollständige Theorie der semantischen Struktur von natürlichen Sprachen ausgegeben wird. Der Grund ist ganz einfach der, daß ein großer Teil der Bedeutung, die lexikalisch, syntaktisch, morphologisch oder phonologisch in den Sätzen einiger, wenn nicht aller natürlichen Sprachen, kodiert ist, nicht-propositional ist. Wie im vorhergehenden Abschnitt bemerkt wurde, ist dies schon von Frege bemerkt worden und hat seinen terminologischen und begrifflichen Niederschlag in seinem Begriff der Kraft (die er von Sinn und Bedeutung unterschied) gefunden sowie in seinem zweigeteilten Behaup-

I. Allgemeine Grundlagen

tungsstrich der Begriffsschrift. Austins Begriff der illokutiven Kraft kann als eine Erweiterung und Generalisierung von Freges Einsicht im Hinblick auf die Äußerungsbedeutung insgesamt angesehen werden. Hier aber geht es uns um die Satzbedeutung, welche mit dem propositionalem Gehalt zu identifizieren die Wahrheitsbedingungen-Semantiker geneigt sind. Nun ist allgemein akzeptiert, daß nichtdeklarative und nicht-indikativische Sätze für die Wahrheitsbedingungen-Semantik problematisch sind. Auf der anderen Seite ist die Erkenntnis, daß sich die Termini deklarativ und indikativ (die oft durcheinander gebracht werden), traditionell, und zwar zurecht, auf voneinander unabhängige, variable Dimensionen der grammatischen Struktur beziehen, nicht so weit verbreitet, wie man sich es wünschen würde. Tatsächlich spricht nichts mehr dafür, die Bedeutung eines deklarativen indikativischen Satzes mit seinem propositionalen Gehalt zu identifizieren, als diese Identifikation im Falle von Nicht-Deklarativen (ζ. B. Interrogativen) oder Nicht-Indikativen (z. B.Imperativen) vorzunehmen. Wenn eine Sprache die Kategorie von Indikativsätzen besitzt, dann hat sie den waagrechten Teil von Freges Strich grammatikalisiert, der von dem propositionalen Gehalt des Satzes unterschieden werden muß und als sein (logischer) Modus beschrieben werden kann: Modus in diesem Sinne des Terminus drückt solche Eigenschaften wie Tatsächlichkeit im Gegensatz zu Hypothese, Wünschbarkeit usw. aus. In Sprachen, die einen Indikativ haben, ist der Indikativ der Modus, der morpho-syntaktisch Tatsächlichkeit im Gegensatz zu verschiedenen Arten von Nicht-Realität grammatikalisiert. Realität und Nicht-Tatsächlichkeit auf der einen und das Eingehen oder Nicht-Eingehen einer Verpflichtung des Sprechers auf der anderen Seite können nicht nur morphosyntaktisch, sondern auch lexikalisch oder phonologisch (oder auch überhaupt nicht) in den Sätzen einer bestimmten Sprache kodiert werden. Die Versuchung, deklarativ mit Indikativ zu verwechseln und die Bedeutung von deklarativ-indikativischen Sätzen mit ihrem propositionalen Gehalt zu identifizieren, wird dadurch vergrößert, wenn nicht gar geschaffen, daß in einigen natürlichen Sprachen — einschließlich der Sprachen, die zufällig die Muttersprachen der meisten Logiker und Semantiker sind — deklarativ-indikativische Sätze eingebettet werden können, ohne syntaktisch oder morphologisch als Konstituen-

23

1. Bedeutungstheorien

ten komplexerer Sätze gekennzeichnet zu werden. Dies ist aber keineswegs ein universaler oder auch nur ein besonders häufiger Zug quer durch die Sprachen der Welt hindurch. Die linguistische Semantik sollte aber, wenigstens prinzipiell, die Totalität der natürlichen Sprachen nachbilden. Die dreigeteilte Analyse der Satzbedeutung, die in dem vorhergehenden Paragraphen skizziert wurde, aber aus Platzgründen nicht weiter ausgeführt werden kann (vgl. Lyons 1983: 16.2), verdankt viel dem Werk von Hare (1960), einem ordinary-languagePhilosophen, der den Begriff Bedeutung-alsGebrauch etwas anders als Austin (vgl. 2.7) ausgewertet hat. In der Literatur zur Wahrheitsbedingungen-Semantik ist eine zweigeteilte Analyse geläufiger, welche zwischen den etwas unterschiedlichen Termini Sinn, propositionaler Gehalt, deskriptiver Gehalt oder Satzradikal auf der einen und Modus (in dem erweiterten Sinn des Wortes) oder Kraft auf der anderen Seite unterscheidet (vgl. Dummett 1973; Katz 1977; Searle 1969; Stenius 1960 usw.). Die dreigeteilte Analyse ist hier deshalb erwähnt worden, weil sie einmal Aspekte von Freges Einsicht erfaßt, die durch eine zweigeteilte Analyse nicht erfaßt werden, und weil sie vor allem getreuer und direkter den Unterschied zwischen Satztypmodus und morphosyntaktischem Modus wiedergibt, der sich in der grammatischen Struktur vieler, wenn nicht aller Sprachen zeigt. Es ist fraglich, ob eine befriedigende Wahrheitsbedingungen-Analyse einer dieser beiden Dimensionen der semantisch relevanten grammatischen Struktur von Sätzen gegeben werden kann, obwohl Versuche in dieser Richtung unternommen worden sind und weiterhin unternommen werden. Es steht sicher mehr im Einklang mit unseren unverbildeten philosophischen Intuitionen, wenn man sagt, daß sich entsprechende Deklarative und Nicht-Deklarative (ζ. B. es regnet und regnet es?) oder sich entsprechende Indikative und Nicht-Indikative (ζ. B. lateinisch pluit, Indikativ, „es regnet" und pluat, Konjunktiv, „es regne"), die sich nach allgemeiner Übereinstimmung in ihrer Bedeutung unterscheiden, denselben propositionalen Gehalt haben (und, wenn sie in dem angemessenen Kontext, der ihre Referenz festlegt, geäußert werden, dieselbe Proposition ausdrücken, sei sie wahr oder falsch), sich aber in anderer Hinsicht als in ihren Wahrheitsbedingungen unterscheiden, als darauf zu insistieren, daß sie verschiedene Wahrheitsbedingungen haben. Und

zweifellos zollt man ihrer offenen grammatischen Struktur mehr Achtung, wenn man diesen Standpunkt vertritt (siehe Artikel 12). Über die inhärenten Grenzen der Wahrheitsbedingungen-Semantik als Theorie der linguistischen Bedeutung könnte mehr gesagt werden, als hier möglich ist, insbesondere über ihr Versäumnis, die Subjektivität von Äußerungen und der Art ihrer Kodierung — nicht nur als pragmatische „Implikatur", sondern im Lexikon und der grammatischen Struktur vieler Sprachen — die gebührende Aufmerksamkeit zu schenken (vgl. Lyons 1982, 1984). Aber ich möchte mit einer konstruktiven und ökumenischen Bemerkung schließen. In diesem Kapitel haben wir verschiedene Bedeutungstheorien betrachtet, die für gewöhnlich als Rivalinnen angesehen werden, von denen nur eine recht haben kann. Meiner Ansicht nach ist es viel vernünftiger, sie als komplementär anzusehen. D a ß ein Teil der in natürlichen Sprachen kodierten Bedeutung die Welt (oder mögliche Welten einschließlich der wirklichen Welt) repräsentiert oder beschreibt, kann nicht ernsthaft in Zweifel gezogen werden. Es gibt auch Gründe für die Ansicht, daß dies die prototypischste Art von sprachlicher Bedeutung ist, da sie nicht anders als sprachlich ausgedrückt werden kann (vgl. Lyons, 1981: § 3.1). Aber dies ist sicher nicht die einzige Art von Bedeutung, die systematisch in natürlichen Sprachen kodiert wird; und es scheint wenig sinnvoll zu sein, die Unterscheidung zwischen Semantik und Pragmatik — so wie dies viele Vertreter der Wahrheitsbedingungen-Semantik tun — nach dem Kriterium zu treffen, ob etwas auf der Basis von Wahrheitsbedingungen definierbar ist oder nicht. Wenn man schon eine deskriptiv nützliche Unterscheidung zwischen Semantik und Pragmatik treffen möchte, dann sinnvollerweise eher auf der Grundlage der Unterscheidung von Satzbedeutung und Äußerungsbedeutung, wobei anerkannt werden sollte, daß beide Arten von Bedeutung Propositionales und Nicht-Propositionales beinhalten.

3.

L i t e r a t u r (in K u r z f o r m )

Aiston 1964a · Austin 1961 · Austin 1970 • Bach/ Harnish 1979 · Barwise/Perry 1983 • Bennett 1976 · Bloomfield 1926 · Bloomfield 1933 · Carnap 1937 · Carnap 1939 · Carnap 1947 · Chomsky 1957 · Chomsky 1959 • Coseriu/Geckler 1974 · Cresswell 1973 · Cresswell 1985 · Dowty 1979 • Dummett 1973 · Firth 1957 · Frege 1892 · Goodenough

24

I. Allgemeine Grundlagen

1956 • Gordon 1982 · Grice 1957 • Grice 1969 · Halliday 1966b · Harris 1951 · Harris 1954 · Hjelmslev 1959 · Hoenigswald 1960 · Ipsen 1924 · Jolles 1934 · Katz 1972 · Katz 1977 · Katz/Fodor 1963 · Katz/Postal 1964 · Kempson 1977 · Kripke 1972 · Kuhn 1962 · Lehrer 1974 · Levinson 1983 • Lewis 1970 · Lounsbury 1956 · Lyons 1965 • Lyons 1971 · Lyons 1977 (I: dt. 1980, II: dt. 1983a) · Lyons 1981a • Lyons 1981b (dt. 1983b) · Lyons 1984 · Lyons 1988 · Matthews 1981 · Montague 1970a · Morris 1938 · Morris 1938 · Morris 1946 ·

Ogden/Richards 1923 · Porzig 1934 · Putnam 1975 · Quine 1953 · Quine 1960 · Rosch 1974 · Rosch 1976 · Robins 1971 · Searle 1969 · Sinclair 1966 · Skinner 1957 · Smith (ed.) 1982 · Sperber/ Wilson 1986 · Stenius 1967 · Ulimann 1957 • Watson 1924 • Wittgenstein 1921 · Wittgenstein 1953

John Lyons, Cambridge (Great Britain) (Übersetzt aus dem Englischen von Arnim von Stechow)

2. Basic Concepts of Semantics 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11.

The Subject Matter of Semantic Theory Sentence Meaning Compositionality Interpretation Structural Ambiguity Wellformedness and Interpretability Semantics and Psychology Truth-Conditions and Use Possible World Semantics and Logic Bibliographical Appendix Short Bibliography

1.

The Subject Matter of Semantic Theory

I suppose that the most embarrassing difficulty in approaching the study of semantics is to try to focus on what is its subject matter. Or to put it in another way: what are we to take as the basic data which we expect a theory to describe? One way in which we might proceed is to ask what it is that a person who knows a language knows that one who doesn't know that language doesn't? In particular what sort of ability is it that demonstrates that the speaker knows the meanings of the expressions in a given language? Many linguists will say that it is the ability to make judgements about whether an expression is meaningful, whether two expressions mean the same, and so on. Indeed Jerrold Katz, probably the most influential semanticist within linguistics, has made the prediction of such judgements the defining goal of a semantic theory. Many philosophers, on the other hand, will say that the only proper subject matter for a theory of meaning is a description of the way in which a language is used. They will concentrate on analysing what are called speech acts — such things as activ-

ities like promising, asserting, questioning and so on. The desideratum would of course be to find an ability which is involved in, and underlies, both the judgements that Katz thinks basic to semantics, and the activities of language using which the speech act theorists are interested in. The most promising candidate for such an ability seems to be the ability to distinguish situations in which a sentence is true from those in which it is false. For consider how to distinguish someone who does from someone who does not know the meaning of the English sentence (1) The door is open Presumably one does not need to be an English speaker to know the difference between a situation in which a particular door is open and a situation in which it is not. But one does need to be an English speaker to know that (1) is a sentence which is true in situations of the former kind and false in situations of the latter kind. This ability is sometimes expressed by saying that the English speaker knows the following (2) "The door is open" is true iff the door is open. (2) is apt to bemuse those who first come across it, but if it is taken as no more than a statement of the conditions under which (1) is true, it can be seen that it is not simply a tautology, but an empirical fact which would not be so if English had been different. This view of semantics embodies the truthconditional theory of meaning and to many theorists it seems a good place to begin. Some truth-conditional semanticists, notably Donald Davidson and those the follow him, take the axiomatic generation of sentences like (2)

25

2. Basic Concepts of Semantics

as the goal of a semantic theory. Other theorists argue that situations should themselves be part of the framework of a semantical theory. Some situations are actual, others merely possible. A complete and total situation (whether actual or merely possible, there being of course only one actual total situation) is called a possible world. Semantical theories divide according as the situations they base themselves on are worlds or less than total situations. Theories of this latter kind are perhaps best represented, for linguistics at least, by the work of Jon Barwise and John Perry on what they call situation semantics. Situation semantics, in their sense, is, however, relatively recent and the rest of this article will be concerned with the more traditional possible-worlds semantics. Readers who want to know more of Barwise and Perry's work should consult chapter II in this handbook (articles 5 and 6) and the works listed in the bibliography.

3.

Compositionality

But it is not enough just to say that the meaning of a sentence is a set of possible worlds. For a sentence, unlike a word, is not something whose meaning must be learnt. A sentence is something whose meaning is determined from the meanings of the words in it in conjunction with its syntactical structure. So in order to articulate a theory of possibleworlds semantics, it is necessary to say something about how the meaning of a sentence is detemined from the meanings of the words in it. Article 7 of this handbook will be concerned with particular syntactical frameworks on which truth-conditional semantics may be based. At present some rather simple illustrations will have to suffice. Suppose that we have a language whose words contain names and one-place predicates. That is to say we are to consider sentences like (3) Lionel sleeps

2.

Sentence Meaning

In possible-worlds semantics the meaning of a sentence is a set of possible worlds. The meaning of (1) will be the set of worlds in which the door is open. That set of worlds is quite independent of English or of any other language. Possible-worlds semantics must be refined in a number of obvious ways. For instance, in the very same world the door may be open at one time and not at another. So perhaps we should think of pairs of a world and a time. Further the door will obviously refer to different doors in different contexts of use. So we should really think of the meaning of a sentence as a function from all the relevant contextual features to a set of possible worlds. (Context dependence is dealt with in article 9.) A set of possible worlds is sometimes called a proposition. This is because there has been a tradition in philosophy that a proposition is a language-independent entity which is what a sentence expresses. (There is dispute about whether propositions are tensed or not. If you think a proposition is tensed then you will take it to be a set of world-time pairs rather than just a set of worlds.) A proposition a is then said to be true in a world w iff tv· e a. (For tensed propositions a is true in w at time t iff iff \νεω(α). The extension of the

26

I. Allgemeine Grundlagen

property ω in a world w is simply the set of those b such that ννεω(6). The property itself is sometimes called an intension. An intension may be thought of as something which, in conjunction with a possible world, determines an extension. The language so far has had only one-place predicates. It could be extended by two, three or in general η-place predicates. Transitive verbs like kicks or loves might be examples of two-place predicates, and verbs like gives examples of three-place predicates. It is doubtful whether there are any single words in a natural language which are more than three-place predicates. An η-place predicate has as its meaning what may be called an η-place property. This will be a function ω such that for η-tuples such that Η··εω(αι, ...,a n ). The extension of an η-place predicate is, in other words, an nplace relation, in the sense in which a relation is just a set of n-tuples. The rules of combination can then be stated in a quite general fashion: If we have a sentence of the form aß in which a is a name and β is a predicate then, where the meaning of α is the thing a and the meaning of β is the function ω, then the meaning of αβ is ω (a), that is to say it is the value (i. e. the output) that the function ω takes when its argument (i.e. the input) is the thing a. 4.

Interpretation

The meanings of words are not worked out but simply given. And we must remember one important aspect of language, that is that it is conventional. That is to say, although a given word may happen to have the meaning it does, it need not have it. Suppose that the name α in fact names a thing a, as in fact Lionel names Lionel. It could well have been the case that α had named some quite different thing. In other words, there is no instrinsic connection between α and what it names, the connection has to be imposed. What effects the imposition is a value assignment to the words in the language. Such an assignment is itself a function which associates with each word in the language a meaning of the appropriate kind. We write V(a) = a to mean that assignment V gives to word α the meaning a. A different meaning for α would be

reflected by a different assignment. So where V and V' are two assignments it could be that V(a) = a while V'(a) = b where b is something different from a. Among the many different theoretically possible value assignments there will be one which corresponds to the meanings that the words have in the natural language being studied. Of course words in a natural language are often used without precise meanings or in a long-literal way. A semantic theory will have to come to terms with this in one way or another. Such matters are discussed elsewhere in this handbook. In the name-and-predicate language described above, a function V will assign to each name a thing and to each predicate a function from things to sets of world-time pairs. The rule for obtaining the meanings of sentences as described above then says that if V(oc) = a and V(ß) = ω, then V(aß) = ω(α). Alternatively one can simply say (5) V(aß) = V(ß) (V(a)) One reason why semantics should work this way is because there are too many sentences for their meanings to be learnt separately. The number of words in a language will be finite and in fact comparatively small. Small, that is, in comparison with the number of sentences — which in theory can be infinite, and even in practice will be far too large to learn piecemeal. The name-and-predicate language described so far does not have infinitely many sentences unless it has infinitely many words, but it is not difficult to describe a very small extension to it which does. Assume a nameand-predicate language with only a finite number of names and predicates. Now add one new word, not. The word not is such that when it is put immediately after a sentence it forms another sentence. Thus not only is (3) a sentence but so is (6) Lionel sleeps not (Putting the not at the end of the sentence gives something which is a little more like English. If we were to follow the practice followed in most of the languages of formal logic it would come at the beginning of the sentence. Nothing turns on this.) Extending the language in this way has the consequence that even with only one name α and only one predicate β the language has infinitely many sentences; to be precise the (infinite) sequence: (7) αβ, α β«οί, αnot not, ... etc.

27

2. Basic Concepts of Semantics The semantics of not is easy. Since not added to a sentence forms another sentence, its meaning would be a function which takes a proposition (set of world-time pairs) as argument and gives another proposition as value. In fact we can even say just what function it is. If V is the value assignment which gives not the meaning it has in English then V(not) will be the function ω such that where α is a set of world-time pairs so is ω(α), and further any pair is in ω(α) just in case it is not in a. (Put another way, ω(α) is the set-theoretical complement of a in the set of all world-time pairs.) Where γ is any sentence (which may itself of course include a number nots) then (8) V(ynot)

= co(V(Y))

which is to say that e Ν {ynot) iff χ is white) If the inference from (24) to (25) is made legitimate simply by the addition of (23) then (26) would seem to validate any inference from something's being snow to that thing's being white. But such an inference would not be logically valid since the whiteness of snow is merely contingent. George Lakoff, in his article on natural logic (1972), compared meaning postulates with lexical decomposition and suggested that the latter is explanatory in the way in which the former is ad hoc. By decomposing bachelor into male and unmarried we can replace (23) as a premiss for deriving (24) by (27) Sebastian is unmarried and Sebastian is male Now (24) does indeed follow from (27) in classical propositional logic, but decomposition will only work if we have criteria for distinguishing between cases where it represents a necessary truth and cases where it is merely contingent. If we were to decompose snow into predicates which included white and frozen, in an attempt to shew the validity of the inference from (28) to (29), (28) This is snow (29) This is white

I. Allgemeine Grundlagen

then the resulting inference would indeed be valid but the decomposition would not be an accurate conceptual representation of snow. For, since it is merely contingent that snow is white, it is not legitimate to assume that whiteness is part of its meaning. One might think that meaning postulates, or lexical decomposition, could be reinstated if we chose to work in an intensional logic, say one of the modal logics, or the kind of intensional logic that Richard Montague favoured. These logics can be given a possible worlds semantics and it is customary to define validity as truth in every possible world in every admissible interpretation. For inferences, we can say that the inference is valid, in the logic in question, iff the conclusion is true in every world in every interpretation in which the premisses are true. Meaning postulates are then required to be true in all worlds, and their role is to narrow down the class of admissible interpretations by imposing constraints on what various expressions can mean. For example, if (23) is adopted as a meaning postulate, it says that the set of worlds in which any given thing is a bachelor is a subset of the set of worlds in which that thing is male. The role of (23) is to tell us that the interpretation which best reflects English will be one in which (23) holds. In the absence of any more detailed description of the semantics of English it might perhaps be helpful to note that (23) at least is true. But it is not (23) which explains why bachelor entails male, bachelor entails male because of certain relations which hold between the sets of worlds which are assigned to various expressions in the interpretation which best reflects English. These same relations also make (23) true and therefore (23) accurately describes, in part, the meaning of bachelor, but does not explain why it has that meaning. The true explanation is that the word bachelor is so used in English that certain things in certain worlds count as bachelors and certain other things do not. It is sometimes said that logic is concerned with form rather than meaning. But, at least when validity is in question, this is nonsense. E.g. in the classical propositional calculus, and any logic based upon it, we must interpret Λ in certain ways, and not in other ways. Similarly with — — ι and ν . These words are frequently called logical constants and are distinguished from the variables whose interpretations are not so constrained. Now possibly there is a sense in which some words are more

31

2. Basic Concepts of Semantics

'logical' than others, but even if there is, it is surely not a sense which should be important for natural language semantics. In natural language every word is a constant, or at least is so within the limits tolerated by vagueness and indeterminacy. This has the consequence that the only kind of logical validity useful in semantics is that explained as truth in all worlds using a possible worlds semantical framework. This discussion has been addressing itself to those who accept a distinction between contingent and necessary truth. Those who agree with Quine's view that there is no such distinction, and that the truths of logic represent no more than the last truths we would be willing to give up, will not be bothered by the foregoing argument that logic gives no analysis of necessity. So much the better for logic, they will say, and so much the worse for necessity. It is, though, important to be clear how much must be rejected if we want to tread this path. N o t only must we give up the distinction between necessity and contingency, we must also give up such notions as synonymy and translation. Quine is willing to tread this path, and a significant number of philosophers have followed him. But it is a path which in the end leaves no room for any discipline of semantics. Perhaps the best reply to Quine is that no argument, however apparently persuasive, can be stronger than the fact that there is much a thing as meaning, that we can recognize synomymies and that we can and do translate from one language into another.

ing applications. A work not directly in the style of Montague G r a m m a r is Cresswell (1973) though much of that has been superseded. Discussion of the connection between truth-conditional semantics and our linguistic knowledge is found in various articles by Barbara Partee (1973 c, 1979b and 1982). Partee has also edited a collection of articles on Montague G r a m m a r (1976). An interesting discussion of the connection between a semantics for a language and the activity of speaking that language is found in Lewis (1975b). Linguists who advocated a base for semantics in formal logic include McCawley (1971b) and Lakoff (1972). Situation semantics is most fully set out in Barwise & Perry (1983). A great deal of their work is concerned with the analysis of context. Davidson's approach to truth-conditional semantics is advocated in Davidson (1967b) and supported in Wallace (1972). An introduction to this kind of semantics is given in Platts (1979). Katz' semantic views are set out in Katz (1972) and elsewhere. Theories of meaning in terms of language use have been discussed in Grice (1968), Schiffer (1972), Searle (1969) and by many other philosophers. Typically such discussions contain no formal semantic theories which could be applied to any fragment of a natural language. Fodor's views on the connection between meanings and representation are found in Fodor (1975, 1981). Quine's most celebrated rejection of the analytic/synthetic distinction (i. e. the distinction between truths of fact and truths of logic) is in Quine (1953a). His doubts about translation are set out in Quine (1960).

10. B i b l i o g r a p h i c a l A p p e n d i x One of the best introductions to truth-conditional semantics in its possible worlds version is probably still Lewis (1970). Some of the points made in the present article are made at greater length in Cresswell (1978 c, 1978 d and 1982). The most elaborate formal work in this tradition has been done by those influenced by Richard Montague. Montague's own work is collected in Montague (1974) and a book-length introduction is found in Dowty, Wall and Peters (1981) where fuller bibliographical details may be found. Dowty (1979) contains a number of interest-

11. S h o r t B i b l i o g r a p h y Barwise 1981 · Barwise/Perry 1980 · Barwise/Perry 1981a · Barwise/Perry 1981b • Barwise/Perry 1983 • Cresswell 1973 · Cresswell 1978c • Cresswell 1978d • Cresswell 1982 · Davidson 1967b • Dowty 1979 • Fodor 1975 · Fodor 1981 • Grice 1968 • Katz 1972 • Lakoff 1972 · Lewis 1970 • Lewis 1975b • McCawley 1971b • Montague 1974 · Partee 1973c • Partee (ed.) 1976 • Partee 1979b · Partee 1982 • Platts 1979 • Quine 1953a · Quine 1960 · Schiffer 1972 • Searle 1969 · Wall/Peters/Dowty 1981 • Wallace 1972

M. J. Cresswell, Wellington (New

Zealand)

32

I. Allgemeine Grundlagen

3. Bedeutung und Gebrauch 1.

2. 3. 4. 5. 6. 7.

1.

Satzbedeutung, Äußerungsbedeutung und kommunikativer Sinn; verschiedene Aspekte von Bedeutung und von Gebrauch Struktur-Repräsentation versus Prozeß Methodische Eingrenzung der Domäne der Semantik Zweistufige Semantik Modularität des Sprachgebrauchs: Bedeutung und Interaktionssystem Modularität der Bedeutung: Semantik und konzeptuelles System Literatur (in Kurzform)

Satzbedeutung, Äußerungsbedeutung und kommunikativer Sinn; verschiedene Aspekte von Bedeutung und von Gebrauch

F ü r jeglichen Bedeutungsbegriff ist es zentral, daß mit sprachlichen Äußerungen Information über nichtsprachliche Sachverhalte vermittelt wird. Bedeutungen sind in Gebrauchssituationen fundiert und werden in Gebrauchssituationen aktualisiert. Daher ist es unvermeidlich, daß der intuitive Bedeutungsbegriff immer auch Gebrauchsaspekte enthält (man denke nur an einen Begriff wie 'usuelle Bedeutung') und der gesunde Menschenverstand geradezu nach einer 'Gebrauchstheorie' der Bedeutung schreit (siehe Abschnitt 5). Aber auch in der logischen Semantik, die nach allgemeiner Auffassung den restriktivsten oder am weitesten abstrahierten Bedeutungsbegriff entwickelt hat, spielen Gebrauchsaspekte eine wesentliche Rolle, und zwar in der von ihr herangezogenen Referenztheorie. Die Frage ist also nicht so sehr, ob Bedeutung und Gebrauch etwas miteinander zu tun haben, sondern wie die Grenzen gezogen werden und ob sich daraus ein fruchtbares Verständnis grundlegender Probleme ergibt. In einer mehr mentalistischen Perspektive wird man 'Bedeutung' wahrscheinlich enger abgrenzen als ζ. B. in einer behavioristischen oder interaktionistischen Perspektive. Eine der weitestmöglichen 'Bedeutungsdefinitionen' ist von Bloomfield (1933) überliefert. Dazu betrachte man die in (1) wiedergegebene Geschichte, die aus den beiden praktischen Situationen Α und C sowie dem eingeschobenen Sprechereignis Β besteht (zur Differenz gegenüber der Originalversion vgl. Wunderlich 1979).

(1) (A) Jack und Jill kommen vor die verschlossene Haustür. (B) Jill sagt: „Der Schlüssel liegt unter der Matte." (C) Jack bückt sich, holt den Schlüssel hervor und schließt die Haustür auf. Es ist offensichtlich so, daß es Jill mit ihrer Äußerung gelingt, die Situation Α in die Situation C zu überführen: dadurch, d a ß die Äußerung in Β relativ zur Situation Α interpretiert wird, kann der Folgezustand C erreicht werden. Für einen Behavioristen (wie es Bloomfield in manchen seiner Analysen war) besteht die Bedeutung eines sprachlichen Ausdrucks aus einem Paar von praktischen Situationen: derjenigen, in der die Sprecherin einen Ausdruck äußert, und derjenigen, in der im Hörer eine Reaktion hervorgerufen wird (bzw. der Hörer eine Reaktion zeigt); kurz: in dem Paar von stimulus und response. Diese Abfolge der Situationen wäre bei normalem Verlauf der Ereignisse, also ohne die Äußerung nicht erfolgt; insofern ist es berechtigt, hier von einer nicht-natürlichen Bedeutung zu sprechen. (Interessanterweise ist auch der Intentionalist Grice zum Teil ein Behaviorist; vgl. dazu die Analyse in Grice (1957): Ein Sprecher S meint mit χ etwas in einer nichtnatürlichen Weise genau dann, wenn S mit der Äußerung von χ beabsichtigt, beim Hörer Η einen Effekt zu produzieren dadurch, daß Η die Absicht von S bemerkt.) Der eben genannte Bedeutungsbegriff bezieht sich auf den Gebrauch sprachlicher Ausdrücke in einer aktualen Situation. Er ist komplex, andererseits undifferenziert und allzusehr von spezifischen Parametern der Situation abhängig; ζ. B. hätte Jill noch vieles andere äußern können, um Jack zu derselben Reaktion zu bewegen; und Jack hätte bei derselben Äußerung noch vieles andere tun können; und bei einer anderen Gelegenheit als A hätte Jills Äußerung Β auch andere Effekte als die in C gehabt. Aufgabe des Linguisten ist es, den Bedeutungsbegriff differenzierter zu analysieren (die verschiedenen Anteile, die in Jacks Reaktion eingehen, systematisch voneinander abzugrenzen), zugleich aber auch allgemeiner: nämlich sich von der spezifischen Art der Reaktion zu lösen. Die Entwicklung der Semantiktheorie ist von dem Versuch geprägt, von den möglichen Effekten einer Äußerung immer weiter auf die sprachliche Grundlage dieser Effekte zurückzuschließen.

33

3. Bedeutung und Gebrauch

Zunächst kann man erkennen, daß Jills Äußerung für Jack eine Aufforderung war: dies ist der kommunikative Sinn, den Jack der Äußerung entnommen hat. In der gegebenen Situation Α hat Jills Äußerung zunächst aber nur bedeutet, daß der Schlüssel zu der Haustür, vor der sie stehen, unter der Matte liegt, die sich bei dieser Haustür befindet: dies ist die im Kontext der Situation Α vermittelte Information bzw. Äußerungsbedeutung. Und schließlich kann diese Information nur deswegen vermittelt werden, weil der geäußerte Satz eine bestimmte Bedeutung hat (die durch die Situation Α nur spezifiziert wurde). G r o b gesagt, kann man jeder Inskription (einem akustischen oder graphischen 'Vorkommen') der Ausdruckskette der Schlüssel liegt unter der Matte aufgrund des grammatischen Systems des Deutschen ein und dieselbe Satzbedeutung zugrundelegen. Sie erlaubt es, in jedem einschlägigen Kontext (ζ. B. so wie in A, wo Sprecherin und Hörer vor einer Haustür stehen) der Inskription eine Äußerungsbedeutung zuzuschreiben. Und diese erlaubt es, zu jeder dabei denkbaren Interaktionsgelegenheit (ζ. B. wo der Hörer Kavalier ist, der seine Freundin nach Hause begleitet) der Inskription einen kommunikativen Sinn zu geben. (Zu einer ausführlicheren Diskussion dieser Begriffe siehe Bierwisch 1980, ebenfalls Wunderlich 1976 mit etwas anderer Terminologie.) Die Satzbedeutung ergibt sich natürlich gemäß dem syntaktischen Aufbau des Satzes aus verschiedenen Wortbedeutungen. Die Äußerungsbedeutung wird manchmal auch als die wörtliche Bedeutung der Äußerung angesprochen (vgl. aber die etwas weitergehende Differenzierung in Bierwisch 1979, wonach es in der Äußerungsbedeutung wörtliche und nicht-wörtliche Aspekte gibt). Der hiermit angedeutete begriffliche Rahmen läßt sich ζ. B. durch das folgende Strukturschema aus Lang (1983) zusammenfassen (vgl. Abb. 3.1). Als erstes ist zu bemerken, daß man das, was man jeder Inskription einer Ausdruckskette zuschreiben kann, dieser Ausdruckskette selbst zuschreiben kann; man darf also von der Tatsache der Äußerung bzw. Inskription überhaupt abstrahieren. Die Satzbedeutung ist neutral in Bezug darauf, ob ein akustischer oder visueller Stimulus vorliegt, ob er produziert oder wahrgenommen wird, ob er in dieser oder jener Weise verarbeitet wird. Alles dies sind leicht abgrenzbare Gebrauchsaspekte, mit denen sich die Semantik sicher

Β Ο α

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Ο Ζ l H k» 3 D 3 Η Μ 3 3 Ui ω 55 55 αω CQ u Μ Β a Ν 0 Β JS CA t/3 & (pt, syn, sem), ' ^ '

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