Schulbücher im Trivium des Mittelalters und der Frühen Neuzeit: Die Verschriftlichung von Unterricht in der Text- und Überlieferungsgeschichte der "Fabulae" Avians und der deutschen "Disticha Catonis" 9783110217346, 9783110193510

The media-historical study addresses a fundamental, culture-historical event of the European pre-modern period: the adva

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German Pages 1150 [1153] Year 2009

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Frontmatter
Inhalt
I. Non lego, sed audio: Einleitendes zu Gegenstand, Erkenntnisinteresse, Quellenkorpus, Vorgehensweise
II. Grundlinien
1. Schule ohne Schulbuch: Avian-Überlieferung und Avian-Kommentierung vor dem 12. Jahrhundert
2. Erste Ausweitung der Auslegungsinstrumente: Fabel-Epimythien
3. Von der Kommentierung zum Kommentar
4. Die Konzeption des Schulbuchs im 13. Jahrhundert
5. Die Re-Oralisierung schriftlicher Textauslegung im 14. Jahrhundert: Der Umbau der Kommentare für die Verbreitung im Diktat
6. Freisetzung des Schreibens: Potentiale des Buchdrucks
III. Die Aufnahme der Volkssprache ins Schulbuch
1. Wechselnde Konstellationen von Latein und Volkssprache: Die älteren ›Cato‹-Übersetzungen des 13. und 14. Jahrhunderts
2. Von der gesprochenen zur geschriebenen Unterrichtssprache: Die Aufnahme des Deutschen in den Trivialunterricht seit der Mitte des 14. Jahrhunderts
3. Extensiver und intensiver Ausbau im 15. Jahrhundert
4. Das Schulbuch im ökonomischen Kalkül: Die ersten Jahrzehnte des Buchdrucks
5. Vom akkumulativen Nebeneinander von Latein und Deutsch zum systematischen Gegenüber zweier Sprachen: Die ›Cato‹-Übersetzung Sebastian Brants (1498)
6. Ausgrenzung und Vernetzung der Volkssprache
7. Libelli de institutis vitae communis: Die »Verschulung« der Laienlektüre
8. Ut pueri facile discant: Auf Umwegen zu neuen zweisprachigen Schulbüchern
9. Ausblicke ins 17. Jahrhundert
IV. Zusammenfassung
Frontmatter
Inhalt
V. Verzeichnisse zur Überlieferung
1. Avian: ›Fabulae‹
2. ›Disticha Catonis‹ deutsch
3. ›Facetus‹ deutsch
Backmatter
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Schulbücher im Trivium des Mittelalters und der Frühen Neuzeit: Die Verschriftlichung von Unterricht in der Text- und Überlieferungsgeschichte der "Fabulae" Avians und der deutschen "Disticha Catonis"
 9783110217346, 9783110193510

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Michael Baldzuhn Schulbücher im Trivium des Mittelalters und der Frühen Neuzeit Band 1

Quellen und Forschungen zur Literatur- und Kulturgeschichte Begründet als

Quellen und Forschungen zur Sprach- und Kulturgeschichte der germanischen Völker von

Bernhard Ten Brink und Wilhelm Scherer

Herausgegeben von

Ernst Osterkamp und Werner Röcke

44/1 ( 278/1 )

≥ Walter de Gruyter · Berlin · New York

Schulbücher im Trivium des Mittelalters und der Frühen Neuzeit Die Verschriftlichung von Unterricht in der Textund Überlieferungsgeschichte der „Fabulae“ Avians und der deutschen „Disticha Catonis“

von

Michael Baldzuhn

Band 1

≥ Walter de Gruyter · Berlin · New York

Gedruckt mit Hilfe der Geschwister Boehringer Ingelheim Stiftung für Geisteswissenschaften in Ingelheim am Rhein.

앝 Gedruckt auf säurefreiem Papier, 앪 das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt.

ISBN 978-3-11-019351-0 ISSN 0946-9419 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. 쑔 Copyright 2009 by Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, D-10785 Berlin Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Einbandgestaltung: Sigurd Wendland, Berlin

Eva, Thomas und Clemens gewidmet und dem Andenken an Günter

Vorwort Diesem Buch liegt meine im Herbst 2006 dem Fachbereich 9 - Philologie der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster vorgelegte Habilitationsschrift zugrunde. Sie wurde für den Druck durchgesehen und um einige jüngere Handschriftenfunde und Forschungsbeiträge ergänzt. Vielen ist zu danken. Ohne meine Mitarbeit an zwei Projekten der Deutschen Forschungsgemeinschaft wäre bereits die Materialbasis, auf die die Untersuchung sich stützt, mir in dieser Breite gar nicht zugänglich gewesen. Von 1991 bis 1993 haben es die Mittel des Münsteraner SFB 231 »Träger, Felder, Formen pragmatischer Schriftlichkeit«, in den Jahren 2000 bis 2002 die des Hamburger SFB 538 »Mehrsprachigkeit« ermöglicht, Handschriften und Drucke vor Ort einzusehen oder in Reproduktionen heranzuziehen. Den ehemaligen Projektleitern, Prof. Dr. Klaus Grubmüller und Prof. Dr. Nikolaus Henkel, bin ich aufrichtig dankbar für die Freiräume, die sie mir für die Ausarbeitung eines eigenen Ansatzes immer bereitwillig eingeräumt haben. Von den Kolleginnen, Kollegen und Hilfskräften dieser Jahre, auf deren Vorarbeiten ich zurückgreifen konnte, die anregend gewirkt oder tatkräftig zugearbeitet haben, möchte ich hier nur Dr. Thomas Ehlen und André Drewelowsky nennen. Zahlreiche Bibliotheken – größte wie München und Paris und kleinste wie die Historische Bibliothek St. Johannes in Warendorf-Milte – haben mir bei meinen Fragen und Wünschen geholfen. Und so mancher Kollege hat mich ungefragt unterstützt. Insbesondere Dr. Klaus Klein und Dr. Falk Eisermann haben mit hilfreichen Hinweisen nie gespart. Herr Prof. Dr. Heiko Hartmann hat sich für die Veröffentlichung der Studie durch den de Gruyter-Verlag frühzeitig interessiert und dann sehr engagiert. Dafür, mindestens ebenso aber für seine Geduld bei der Erstellung der Druckfassung möchte ich ihm auch an dieser Stelle aufrichtig danken. Für die Aufnahme der Arbeit in die Reihe der »Quellen und Forschungen zur Literatur- und Kulturgeschichte« danke ich den Herausgebern, Herrn Prof. Dr. Werner Röcke und Herrn Prof. Dr. Ernst Osterkamp, der Geschwister Boehringer Ingelheim Stiftung für Geisteswissenschaften für die Übernahme der Druckkosten. Wenn Bücher reden könnten, würde das vorliegende mehr als zwei Bände von allen den großen und vielen kleinen Lasten zu sprechen haben,

VIII

Vorwort

die seine Entstehung meiner Familie über Jahre aufgebürdet hat. Seine Widmung ist eine ganz unzureichende Antwort auf die Geduld, mit der sie diese Belastung immer ertragen hat. Schließlich wäre es ohne das unerschütterliche Vertrauen meiner Frau in mein Vorhaben und ohne ihre feste Zuversicht, dass es mit den mittelalterlichen Schulbüchern irgendwann denn doch einmal ein (dann hoffentlich gutes) Ende nehmen wird, so weit ganz gewiss nie gekommen. Hamburg, im Spätsommer 2009

Michael Baldzuhn

Inhalt Vorwort ........................................................................................................... VII I

non lego, sed audio: Einleitendes zu Gegenstand, Erkenntnisinteresse, Quellenkorpus, Vorgehensweise ............. 1

II

Grundlinien .......................................................................................... 22

1

Schule ohne Schulbuch: Avian-Überlieferung und AvianKommentierung vor dem 12. Jahrhundert ....................................... 22 Exkurs 1: Ein vermeintlicher Avian-Kommentar Alkuins ............. 45

2 3 3.1 3.2 4 4.1

Erste Ausweitung der Auslegungsinstrumente: Fabel-Epimythien .................................................................................. Von der Kommentierung zum Kommentar ..................................... Die Systematisierung der expositio ..................................................... Die Entstehung des Kommentars aus dem Accessus ..................... Die Konzeption des Schulbuchs im 13. Jahrhundert ...................... Zwischenlösung: Separate Avian-Kommentare ...............................

50 55 55 60 67 69

Exkurs 2: Der Separatkommentar als Handreichung für die Predigtvorbereitung in den sogenannten Prosa-Avianen des 14. und 15. Jahrhunderts ...................................................................... 79 4.2 4.3 5 6

Systematische Zusammenführung von Text und Kommentar: Der Aufstieg des Schülers zum Mit-Leser in Frankreich und England ................................................................................................... 84 Standardisierung des Textstudiums: Der französisch-englische ›Liber Catonianus‹ ................................................................................. 90 Die Re-Oralisierung des Schulbuchs im 14. Jahrhundert: Umbau der Kommentare für die Verbreitung im Diktat ............. 105 Freisetzung des Schreibens: Potentiale des Buchdrucks ............... 119

X

Inhalt

III

Die Aufnahme der Volkssprache ins Schulbuch .................... 135

1

Wechselnde Konstellationen von Latein und Volkssprache: Die älteren ›Cato‹-Übersetzungen des 13. und 14. Jahrhunderts 136 Ein deutscher ›Cato‹ für den Laien: Konzeption und Verbreitung der ›Rumpfübersetzung/-bearbeitung‹ ...................... 136 Der Zwettler ›Cato‹ (Übersetzungsfassung Z/Textgruppe I) als Experiment ..................................................................................... 158 Ein zweisprachiger ›Cato‹ als Unterrichtsersatz: Stephans von Dorpat lateinisch-mittelniederdeutscher ›Cato‹ .............................. 168 ›Cato‹ und ›Facetus Cum nihil utilius‹ im ›Hausbuch‹ Michaels de Leone (1347/50) ............................................................................ 177 Von der gesprochenen zur geschriebenen Unterrichtssprache: Die Aufnahme des Deutschen in den Trivialunterricht seit der Mitte des 14. Jahrhunderts ................................................................. 182 Ein mittelfränkisches Erstlesebuch: Der ›Niederrheinische Cato‹ .............................................................. 182 Ein ostmitteldeutsches Erstlesebuch: Der ›Schlesische Cato‹ ...... 192 Die Aufwertung der volksprachigen Glosse in der deutschen expositio ad litteram ........................................................................... 200 Eine Schulübersetzung als Grundlage des ›Zwielichten (rheinfränkischen) Cato‹ ..................................................................... 215

1.1 1.2 1.3 1.4 2 2.1 2.2 2.3 2.4

Exkurs 3: Gaweins Rat – Der ›Amorbacher Cato‹ ........................ 221 3 3.1 3.1.1 3.1.2 3.2 3.2.1 3.2.2

Extensiver und intensiver Ausbau im 15. Jahrhundert ................. 223 Dispersion und Auffächerung ........................................................... 225 Textidentität und Textvarianz im Umfeld der Textgruppe III .... 225 Zur Überlieferungsgeschichte der Textgruppe III ......................... 238 Der deutsche ›Cato‹ auf universitärem Studienniveau ................... 249 Der ›Michelstädter Cato‹ .................................................................... 249 Der ›Ulmer Cato‹ (Übersetzungsfassung A/Textgruppe II) ........ 253 Exkurs 4: Lateinische Kommentare zu den ›Disticha Catonis‹ ... 264

4 4.1 4.2

Das Schulbuch im ökonomischen Kalkül: Die ersten Jahrzehnte des Buchdrucks ............................................................... 287 Orientierung am Berechenbaren: Die Druckausgaben des ›Ulmer Cato‹ ......................................................................................... 288 Ausblendung des Unkalkulierbaren: Die Drucke des Rumpf-›Cato‹ ........................................................................................ 294

Inhalt

4.3 4.4 5 6 7 7.1 7.2 7.3 7.4

XI

Spielraum für neue Versuche: Ein deutscher kathon mit ainem Register als Losbuch (1492) ............................................................... 299 Volkssprachige Anteile an der Schulbuchproduktion zwischen 1470 und 1500 ..................................................................................... 305 Vom akkumulativen Nebeneinander von Latein und Deutsch zum systematischen Gegenüber zweier Sprachen: Die ›Cato‹-Übersetzung Sebastian Brants (1498) ........................... 310 Ausgrenzung und Vernetzung der Volkssprache .......................... 321 Libelli de institutis vitae communis: Die »Verschulung« der Laienlektüre ................................................ 327 Kontextwandel eines Erstlesebuchs: Die Druckausgaben des ›Niederrheinischen Cato‹ bis 1570 .................................................... 331 Ambivalente Produktion: Abraham Moters ›Cato‹ von 1535 ...... 335 Vereindeutigung: Ein niederdeutsches Moter-Florileg (›Hamburger Cato‹, um 1560)............................................................. 343 Der lateinisch-griechisch-deutsche ›Cato‹ als Stammbuch bei Johannes Baptista Caesarius (1585) .................................................. 347 Exkurs 5: Die griechischen Übersetzungen der ›Disticha Catonis‹ von Maximos Planudes, Johannes Mylius, Matthæus Zuber und Joseph Justus Scaliger ..................................................... 357

8 8.1 8.2 8.3 9 9.1 9.2

IV

Ut pueri facile discant: Auf Umwegen zu neuen zweisprachigen Schulbüchern ............... 361 Der lateinisch-französische ›Cato‹ Maturin Cordiers in anonymer Straßburger Übersetzung (1540) .................................... 362 Instrumentalisierung für den nationalen Sprachendiskurs (I): Die ›Cato‹-Ausgabe des Züricher Schulmeisters Johannes Fries (1551) ........................................................................................... 375 Die ›Cato‹-Ausgabe des Augsburger Ludimoderators Thomas Heis (1578) ........................................................................................... 386 Ausblicke ins 17. Jahrhundert ........................................................... 393 Nützlich, aber randständig oder wirkungslos: Die spracherschließenden Textausgaben des ›Klausenburger Prosa-Cato‹ (1620) und des ›Rintelner Cato‹ (1664) ...................... 394 Instrumentalisierung für den nationalen Sprachendiskurs (II): Martin Opitz’ lateinisch-deutscher ›Cato‹ von 1629 ...................... 407

Zusammenfassung ........................................................................... 419

XII

Inhalt

Band II V

Verzeichnisse zur Überlieferung .................................................. 431

1 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 2 2.1 2.1.1 2.1.2 2.2

Avian: ›Fabulae‹ ................................................................................... 431 Handschriften mit dem Verstext ...................................................... 434 Handschriften mit separatem Kommentar ..................................... 829 Mittelalterliche Bücherverzeichnisse ................................................ 878 Vermisstes ............................................................................................ 910 Siglenkonkordanz zur Ausgabe GUAGLIANONEs ......................... 921 ›Disticha Catonis‹ deutsch .................................................................. 922 ›Rumpfübersetzung/-bearbeitung‹ ................................................... 922 Handschriften ...................................................................................... 922 Drucke .................................................................................................. 934 Übersetzungsfassung Z (= Zwettler ›Cato‹ [= Gesamtübersetzung – Textgruppe I]) ........................................ 935 ›Niederrheinischer (mittelfränkischer) Cato‹ ................................... 936 Handschriften ...................................................................................... 936 Drucke .................................................................................................. 939 Stephan von Dorpat ........................................................................... 941 Fassung A ............................................................................................. 941 Fassung B ............................................................................................. 943 ›Zwielichter (rheinfränkischer) Cato‹ ............................................... 944 Übersetzungsfassung C (= Gesamtübersetzung Textgruppe III) .................................................................................... 946 ›Schlesischer (ostmitteldeutscher) Cato‹ .......................................... 957 ›Ulmer Cato‹ (= Übersetzungsfassung A [= Gesamtübersetzung – Textgruppe II]) ....................................... 965 Handschriften ...................................................................................... 965 Drucke .................................................................................................. 971 ›Michelstädter Cato‹ ............................................................................ 975 Handschriften ...................................................................................... 975 Drucke .................................................................................................. 976 ›Neusohler Cato‹ .................................................................................. 976 ›Amorbacher Cato‹ .............................................................................. 977 ›St. Galler Cato‹ .................................................................................... 977 ›Ulmer Losbuch-Cato‹ (1492) ............................................................ 978 Sebastian Brant (1498) ........................................................................ 979 Abraham Moter (1535) ....................................................................... 984 ›Straßburger Maturin Cordier-Übersetzung‹ (1540) ....................... 985 Johannes Fries (1551) ......................................................................... 987

2.3 2.3.1 2.3.2 2.4 2.4.1 2.4.2 2.5 2.6 2.7 2.8 2.8.1 2.8.2 2.9 2.9.1 2.9.2 2.10 2.11 2.12 2.13 2.14 2.15 2.16 2.17

Inhalt

XIII

2.18 2.19 2.20 2.21 2.22 2.23 2.24

Thomas Heis (1578) ........................................................................... 989 Johannes Baptista Caesarius (1585) .................................................. 989 ›Klausenburger Prosa-Cato‹ (1620) .................................................. 990 Wort-für-Wort-Übersetzungen ......................................................... 990 Mittelalterliche Bücherverzeichnisse ................................................ 992 Vermisstes ohne Textzuordnung ...................................................... 992 Siglenkonkordanz zu den Ausgaben von ZARNCKE und ZATOČIL ....................................................................................... 994 3 ›Facetus Cum nihil utilius‹ deutsch ................................................. 996 3.1 Handschriften ...................................................................................... 996 3.2 Drucke ................................................................................................ 1011 3.2.1 Drucke auf Grundlage von Text K ................................................ 1011 3.2.2 Drucke auf Grundlage von Text V ................................................ 1012 3.2.3 Drucke der Übersetzung von Sebastian Brant ............................. 1012 3.3 Siglenkonkordanz zur Ausgabe SCHRÖDERs ............................... 1015

Abbildungsnachweise ................................................................................ 1016 Literaturverzeichnis ................................................................................... 1018 1 2 3

Textausgaben, Faksimiles, Quellensammlungen .......................... 1018 Handschriftenkataloge, Lexika, Wörterbücher, Hilfsmittel ........ 1034 Untersuchungen ................................................................................ 1042

Register .......................................................................................................... 1071 1 2 3

Handschriften .................................................................................... 1071 Drucke ................................................................................................ 1082 Personen, Werke, Sachen, Termini ................................................ 1089

I. Non lego, sed audio: Einleitendes zu Gegenstand, Erkenntnisinteresse, Quellenkorpus, Vorgehensweise Sît man schuolbuoch in die hant Krumpte und durch die gürtel want, Sît wart unmêre schuolmeister lêre, Ir lôn, ir fürderunge und ir êre. [Hugo von Trimberg: ›Renner‹, V. 16477-80]

Man kann es dem Lehrer an der Stiftsschule von St. Gangolf in Bamberg, Hugo von Trimberg, schlecht vorwerfen, die historische Bedeutsamkeit des Vorgangs nicht erkannt zu haben, der ihm gegen Ende des 13. Jahrhunderts in Gestalt zunehmender Verbreitung von Schulbüchern in Schülerhand vor Augen trat. Dem schuolmeister-Ich in Hugos ›Renner‹, gewohnt, in schuoler henden nur tafel und griffel (V. 17392) zu sehen, erscheint das Vordringen von Schriftlichkeit in die verschiedensten Lebensbereiche der mittelalterlichen Gesellschaft, und unter anderem auch in seinen Schulunterricht, vor allem als materielle (lôn) und soziale (êre) Gefährdung seiner Existenz, deren Aufgabe doch gerade in der personalen Vermittlung von lêre gesehen wird. Überdies sei in schriftlicher Form verfügbare lêre, von solcher personalen Vermittlung durch den Lehrer qua Medium entkoppelt, auch den Schülern selbst abträglich, da sie ihnen äußerlich zu bleiben drohe: Von schuolern. Sô kumt aber einer und siht hin în, Der koufet schœniu büechelîn, Diu er mit im ze lande füere Und nimmer mêr si denne gerüere.

[›Renner‹, V. 16765-68]

Die im ›Renner‹ im Rahmen des Gegensatzes von nur äußerlicher und ›eigentlicher‹, innerer Aneignung formulierte Kritik an einem von der Vermittlung von Angesicht zu Angesicht im Unterricht abgekoppelten Umlauf schriftlichen Wissens sieht nur einseitig die Gefahren einer Veräußerlichung, übersieht hingegen die aus der medialen Distanzierung erwachsenden Potentiale. Damit steht der ›Renner‹ in einer Tradition, die bis zum Gründungsmythos von der Erfindung der Schrift durch den ägyptischen Gott Theut zurückreicht.1 Allerdings kann Einsicht bereits _____________ 1

Platon: ›Phaidros‹ 274e-275b (Platonis opera, recognovit brevique adnotatione critica instruxit IOANNES BURNET. 5 Bd.e. Oxford o. J. [1900-07], Bd. 2).

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Non lego, sed audio

unter den unmittelbar Betroffenen in die Leistungsfähigkeit einer neuen Kommunikationstechnologie – denn »technology, properly interiorized, does not degrade human life but on the contrary enhances it«2 – nur derjenige erwarten, dem selbst die Möglichkeit zu vergleichendem Rückblick auf zurückliegende technologische Entwicklungsschübe gegeben ist.3 Eine solche Erwartung setzt jedoch eine Verfügbarkeit historischen Wissens voraus, die eher die Moderne kennzeichnet, hingegen der literal-oralen Mischkultur des Mittelalters nicht selbstverständlich unterstellt werden darf.4 Deshalb nehmen hochmittelalterliche Kommentatoren zum Lemma glossa/glosa in ihren Interpretamenten, wenn sie die Bemerkung anbringen, der Kommentar lege den Text aus sicut lingua magistri, selbstverständlich an der ihnen vertrauten traditionellen Vermittlungssituation von Wissen, an der Präsenz des Lehrers im Unterricht unter Anwesenden Maß, statt die konzeptionell weiterreichende Leistungsfähigkeit schriftlicher Textauslegung gegenüber allein mündlicher in aller Detailliertheit herauszustellen. Und deshalb geht der Bamberger Schulmeister gar so weit, seiner an physisch-medialer Präsenz ausgerichteten Wahrnehmung noch die Schulbücher selbst zu unterwerfen. Indem sie im ›Renner‹ nur als »krumm gemachte« Buchkörper vor Augen gestellt werden – denn gemeint ist V. 16477f. wohl der Vorgang des Zusammenrollens der Pergamente, um sie hinter den Gürtel gesteckt transportieren zu können – wird aus der Perspektive einer das schlichte und das krumbe kontrastierenden Wertsemantik das Missliche eines derartigen Zustands bereits äußerlich anschaulich.5 _____________ 2 3

4

5

ONG 1982, S. 83. Unter dieser Voraussetzung hat sich MICHAEL GIESECKE dem Buchdruck der frühen Neuzeit zugewandt, um aus ihm Einsicht in potentielle Folgen des Medienwandels im ausgehenden 20. Jahrhundert gewinnen zu können. Vgl. GIESECKE 1991, S. 21f., sowie in dem der 1998 erschienenen Taschenbuchausgabe S. 945-947 beigegebenen Nachwort S. 946: »[...] Politiker, die Rat für medienpolitische Entscheidungen und für die Perspektiven einer globalen Kulturpolitik brauchen – für sie alle ist ›Der Buchdruck in der frühen Neuzeit‹ nicht bloß Beschäftigung mit Vergangenem, sondern eine aktuelle Orientierungshilfe.« Vgl. zum Verhältnis von geschichtlichem Denken und Schriftlichkeit die grundsätzlichen Bemerkungen von JACK GOODY und IAN WATT: Konsequenzen der Literalität. In: GOODY/WATT/GOUGH 1986, S. 63-122, hier S. 72f. und S. 88-95. Weitere Belege für die mittelalterliche Herausstellung der Physis von Schrift und ihrer materialen Träger etwa bei JAN DIRK MÜLLER: Der Körper des Buchs. Zum Medienwechsel zwischen Handschrift und Druck. In: Materialität der Kommunikation. Hg. von HANS ULRICH GUMBRECHT und K. LUDWIG PFEIFFER. Frankfurt/M. 1988 (Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft 750), S. 203-217. Zum Bedeutungsspektrum von krumb und schlicht im ›Renner‹ vgl. etwa noch V. 2229f., 3619f., 3818-3820, 6575f., 7859-7862, 8659f., 8922-8925, 12109-12112, 13837f., 23379f., 24197f. Faktisch dürfte dem Verfasser des ›Renner‹ eher der dünnere Einzeltextfaszikel im flexiblen Koperteinband – vgl. zur Sache SCHNEIDER 1999, S. 172f. mit weiterer Literatur – als das aufwändigere Beutel-

Einleitendes zu Gegenstand, Erkenntnisinteresse, Quellenkorpus, Vorgehensweise

3

Im Vergleich zum ›Renner‹ erscheint die moderne Sicht auf mittelalterlichen Schulunterricht und seine schriftlichen Medien – diese seien hier nur vorläufig in Anknüpfung an die deutschen Erstbelege für das Wort im ›Renner‹ als ›Schulbücher‹ bezeichnet6 – oft auf genau entgegengesetzte Weise einseitig. Untersuchungen, die Schulgeschichte im wesentlichen über die Beschreibung eines Kanons gelesener Texte und seines Wandels erfassen, stellen gerade die schriftlichen Quellen in ihren Mittelpunkt.7 Und Beschreibungen, die sich – nach dem Schema: die frühmittelalterlichen Kloster- und Domschulen, die hochmittelalterliche Universität, die Stifts- und Stadtschulen des Spätmittelalters – insbesondere an der Abfolge und Ausdifferenzierung von Schultypen orientieren, ohne systematisch auch den sehr verschiedenen Institutionalisierungsgrad der verschiedenen Typen zu bedenken, der wesentlich vom Verzicht auf oder von der Indienststellung von Schriftlichkeit für die Organisation des Unterrichts bestimmt wird, unterstellen schon im Ansatz eine enge Verbindung von Schule und Schriftgebrauch.8 Auch die Forderung, Schulgeschichte statt aus präskriptiven oder deskriptiven Quellen entschiedener aus den Handschriften selbst heraus zu schreiben, geht dort, wo Handschriften ungebrochen als schriftlicher Niederschlag des Unterrichtsgeschehens aufgefasst werden, implizit von einer individuellen Verfügbarkeit und situationsbezogenen Zuhandenheit des Mediums aus sowie von Funktionen – im Kern von jener, mündliche Abläufe abbildend gleichsam zu protokollieren –, die wohl eher neuzeitliche als mittelalterliche Verhältnisse kennzeichnen, auf jeden Fall aber statt vorausgesetzt zu werden erst

_____________

6

7 8

buch/Gürtelbuch – vgl. wiederum SCHNEIDER 1999, S. 173f. – vor Augen gestanden haben. Letzteres wurde eher für die persönliche Andacht anleitende Texte benutzt, die erste Einbandart hingegen im Spätmittelalter bezeichnenderweise auch als ligatura more studentium bezeichnet – vgl. BISCHOFF 1986, S. 51f. Vgl. LEXER, Bd. 2, Sp. 822, sowie im ›Renner‹ noch V. 8785-8788 (Judisten kunst hât nu verdrungen | Bî den alten und bî den jungen | Schuolbuch und aller künste muoter [sc. grammatica, M. B.] | Daz machet der gîtikeit fuoter.) und V. 16087-16094 (Schuolbuoch, der nu nieman gert, | Wârn hie vor liep unde wert | Bî mînen zîten in sehzic jâren, | Dô die liute einveltic wâren: | Sô gênt nu niuwe künste her vür, | Bî den ich wênic iht guotes spür | Denne hôchfart und gîtikeit | Und schône gemâlte glîchsenheit.) An diesen Stellen steht das Schulbuch jeweils als pars pro toto für Unterricht insgesamt. Für diesen Ansatz stehen etwa die Arbeiten von GLAUCHE 1970 und MUNK OLSEN 1991. Solche Beschreibungen sind vor allem in Überblicksdarstellungen anzutreffen. Vgl. etwa – um nur ein einziges, aber relativ breitenwirksames Beispiel zu nennen – die unter die Überschrift »Zum mittelalterlichen Bildungswesen: Mündliche volkssprachliche und schriftliche lateinische Klerikerkultur« gestellte und allein in die beiden Unterkapitel »Die Klosterschule« und »Die Universitäten« geteilte Übersicht zur »Klerikerkultur: zum mittelalterlichen Unterrichtswesen« bei HILKERT WEDDIGE: Einführung in die germanistische Mediävistik. 6., durchgesehene Auflage. München 2006, S. 45-57.

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Non lego, sed audio

einmal positiv ausgewiesen werden müssten.9 Die Begeisterung der Zuversicht, mithilfe einer Handschrift wirklich einmal, wie man gelegentlich lesen kann, dem Lehrer gleichsam über die Schulter schauen zu können,10 ist angesichts der Verbindung einer durchaus beeindruckenden Vielfalt und Komplexität der Formen, in denen in Schulhandschriften Texte bearbeitet werden,11 mit der oft kleinteiligen und oft flüchtig anmutenden Handschriftlichkeit des einzelnen Exemplars zwar durchaus verständlich, da sie auf den ersten Blick die individuelle Disponibilität der Erschließungselemente suggerieren muss. Der weitergehenden Unterstellung aber eines folglich präzise funktional oder gar auf sehr spezifische unterrichtsdidaktische Erfordernisse zugerechneten Medieneinsatzes muss dennoch mit großer Skepsis begegnet werden. Oft dürfte der Eindruck individueller Textbearbeitung‹ nämlich eher der Tatsache geschuldet sein, dass vielfach aufgesplitterte Textraditionen gerade im Bereich des lateinischen Schulschrifttums einfach noch nicht zureichend erschlossen sind, sodass auch Fälle schlichterer Reproduktion vorerst nur aufgrund des unzureichenden Forschungsstandes als solche unerkannt bleiben.12 Die Einseitigkeiten der mittelalterlichen wie der modernen Wahrnehmung von Schulunterricht lassen sich auf zwei Kernszenen der Aneignung von lêre reduzieren. Bei Hugo von Trimberg vollzieht sie sich letztlich nur mündlich in der Kommunikation unter Anwesenden, im Unterrichtsge_____________ 9

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Die Forderung nach stärkerer Ausrichtung an der handschriftlichen Überlieferung wurde schon 1905 von HEUBAUM aufgestellt. Etwas anders akzentuiert seine Kritik PUFF 1995, S. 43 (»überschätzt [...] die spontane Wandelbarkeit dieser Materialien«). Vgl. etwa HANS P. A. OSKAMP: »And so the schoolteacher’s hand in MS Plut. 78.19 in the Laurentian Library not only gives us an opportunity to look in during the lessons, but also shows us the frustrations of a twelfth-century teacher who has put so much unnecessary work into preparing his lessons« (A schoolteachers hand in a Florentine manuscript. In: Scriptorium 31 [1977], S. 191-197, hier S. 197). Ein beliebiges zweites Beispiel: »The manuscripts and the occasional remarks of the masters enable us to enter the carolingian schoolroom« – so etwa CONTRENI 1992/1984, S. 66. Solcher Emphase muss man freilich der Gerechtigkeit halber von Fall zu Fall ihren besonderen forschungshistorischen Kontext anrechnen, für den es bisweilen zunächst überhaupt einmal geboten schien, überlieferungsnähere Analysen einzufordern. Vgl., um beim zuletzt zitierten Beispiel zu bleiben, etwa CONTRENI 1992/1989b, S. 15f. Den anschaulichsten Überblick vermittelt gegenwärtig die großzügig bebilderte Monographie von WEIJERS 1996. Das Formenspektrum speziell volkssprachiger Texterschließung ist bei HENKEL 1988 systematisch erfasst. Entsprechend fallen dann die Ergebnisse systematisch angelegter Analysen aus: »Die Untersuchungen an den beispielhaft ausgewählten Werken haben die [...] Vorstellung ganz und gar widerlegt, es könnten im Schulschrifttum, das den Schülern ja nicht gedruckt vorgegeben wird, sondern im und für den Unterricht immer erst entsteht, Spuren der mündlichen Vermittlung oder auch des Gebrauchs der Volkssprache aufzufinden sein. Nicht nur die eigentlichen Unterrichtsbücher, sondern auch der Umgang mit ihnen, wie er sich in den texterschließenden Materialien (Glossen, Kommentare, Accessus) präsentiert, sind schriftlich fixierte Tradition« (GRUBMÜLLER 2000, S. 8).

Einleitendes zu Gegenstand, Erkenntnisinteresse, Quellenkorpus, Vorgehensweise

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spräch. Demgegenüber steht in der anderen Szene die isolierte Schreibtischexistenz und ihr ubiquitärer Zugriff auf frei verfügbares, immer schon schriftlich fixiertes Wissen im Mittelpunkt. Die vielen Holzschnitte, die zahlreichen gedruckten Schulbüchern des 15. und frühen 16. Jahrhunderts vorangestellt wurden, um potentiellen Käufern die unterrichtliche Anwendungssituation des Textes vor Augen zu führen (vgl. Abb. 1), entwerfen hingegen eine zwischen diesen zwei Extremen gerade vermittelnde Vorstellung.13 Einerseits zeigen sie Lehrer und Schüler in einer Situation mündlicher Kommunikation von Angesicht zu Angesicht, betonen also ganz wie Hugo von Trimberg die Bindung des Unterrichts an Mündlichkeit und die körperliche Präsenz aller Anwesenden. Andererseits aber verzichten sie nirgends darauf, Bücher als Elemente des Unterrichts abzubilden, sodass mündliche Rede regelmäßig von Schriftlichkeit begleitet wird. Bezeichnenderweise vermag eine kleine Szene in einem Gesprächsbüchlein des 15. Jahrhunderts den Gedanken, ein Schülerleben sei wesentlich von der Tätigkeit des Lesens bestimmt, einerseits nur als Missverständnis zu fassen, benennt aber andererseits in der Präzisierung der Korrektur, man lese nicht, sondern höre, dann gerade keine Lehrer und deren Vorträge, denen man zuhörend folge, sondern Werke, in Büchern schriftlich fixierte Texte also, »über« die man »hört«: ›Es tu scolaris?‹ ›Sum.‹ ›Quid legis?‹ ›Non lego, sed audio.‹ ›Quid audis?‹ ›Tabulam vel Donatum vel Alexandrum vel logicam vel musicam.‹14

Behält man konsequent die Unterrichtssituation als primären Verwendungszusammenhang von Schulbüchern und damit Unterricht als die pädagogische Kernszene von Schule überhaupt im Blick, dann besteht _____________ 13

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Zahlreiche weitere Bildbeispiele versammeln SCHREIBER/HEITZ 1908 und KIRK 1988. Im Sinne GENETTEs formen solche Illustrationen visuelle »Schwellen« zwischen Text und Rezipient aus: GÉRARD GENETTE: Paratexte. Das Buch vom Beiwerk des Buches. Mit einem Vorwort von HARALD WEINRICH. Aus dem Französischen von DIETER HORNIG. Frankfurt/M., New York, Paris 1989 [zuerst u. d. T. »Seuils«, Paris 1987]. Dass solche »Schwellen« nicht erst einen Effekt der mit der Verbreitung des Buchdrucks sich beschleunigenden Entkoppelung von Textproduktion und -rezeption darstellen, belegt mit reichem Material aus Handschriften CHRISTEL MEIER: Das Autorbild als Kommunikationsmittel zwischen Text und Leser. In: Comunicare e significare nell’alto medioevo. 15-20 aprile 2004. Spoleto 2005 (Settimane di studio della Fondazione Centro Italiano di Studi sull’Alto Medioevo 52), S. 499-534 [mit Diskussionsbericht S. 535-538]. Unter Ergänzung der Interpunktion zitiert nach dem bei Melchior Lotter und Konrad Kachelofen aufgelegten Leipziger Druck von 1496 (GW Nr. 9411, Bl. A3r). Vgl. zum Werk und seiner Überlieferung BAEBLER 1885, S. 189-195, HENKEL 1988, S. 242f., und BODEMANN/GRUBMÜLLER 1992 (Nachträge zur Überlieferung dort S. 192f.).

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also weder, im einseitigen Anschluss an die Sichtweise Hugos von Trimberg, Anlass zu der Einschätzung, Unterricht habe sich wesentlich mündlich abgespielt und wir könnten folglich über ihn nichts mehr in Erfahrung bringen, Anlass zu Agnostizismus also, noch besteht, im einseitigen Anschluss an ubiquitär entfalteten Schriftgebrauch implizierende Ansätze, Anlass zu einer Euphorie, der weitergehende Einsicht allenfalls wegen gegenwärtig noch mangelhafter Quellenerschließung verbaut erscheinen mag.

Abb. 1: Magister cum discipulis-Holzschnitt auf dem Titelblatt einer Ausgabe der ›Disticha Catonis‹ (Köln: Heinrich Quentell, 1496 [GW Nr. 6314, Bl. A1r])

Einleitendes zu Gegenstand, Erkenntnisinteresse, Quellenkorpus, Vorgehensweise

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Als sachgemäß erscheint vielmehr ein Ansatz, der vom Ineinander schriftlicher und mündlicher Kommunikation mittelalterlichen Schulunterrichts ausgeht und den verschiedenen Ausprägungen dieses Ineinanders nachgeht. Ein solches Vorhaben bräuchte sich, da dem gelehrten Unterricht regelmäßig bereits schriftlich fixierte Primärtexte zugrunde liegen, zum Beispiel die im Gesprächsbüchlein des ›Es tu scolaris‹ genannte ›Ars grammatica‹ des Donat, nicht einmal auf Zeitabschnitte besonders entfalteter Schriftlichkeit, auf das Spätmittelalter etwa, zu beschränken. An den dem Unterricht zugrundegelegten Schulbüchern entlang lässt sich das Ineinander von Mündlichkeit und Schriftlichkeit über mehrere Jahrhunderte hinweg auf immer schon schriftlicher Grundlage verfolgen. Trotz der intensiven Debatte der letzten Jahre über Mündlichkeit und Schriftlichkeit mittelalterlicher Kultur im allgemeinen und das Verhältnis von Aufführung und Schrift im besonderen15 blieb die Gelegenheit, sich hier den Schulunterricht als einen Vergleichshintergrund zu erschließen, bisher nahezu ungenutzt.16 Dabei lässt sich gerade der Schulunterricht als Kommunikations- und Mediengebrauchssituation unter Anwesenden aufgrund seiner institutionellen Fixierung methodisch in recht präzisen Grenzen ansteuern, gewährt er synchronisch Einsicht in ein möglicherweise avanciertes, auf jeden Fall relativ breitenwirksames Spektrum von Verschränkungen von Mündlichkeit und Schriftlichkeit und erlaubt er, diachronisch gesehen, Medienrelationen über längere Zeitstrecken hinweg in ihren Verschiebungen zu beschreiben. Speziell der Quellentyp des Schulbuchs lässt sich anhand konsistent aufgebauter Materialreihen untersuchen und bietet somit insbesondere die Chance, die Makroperspektive auf den Literalisierungsprozess als solchen immer wieder mikroperspektivisch vom einzelnen Dokument her zu fundieren und so, an Einzelfällen ansetzend, nach ganz konkreten Ansatzpunkten und Antrieben für ausgeweiteten Schriftgebrauch zu fragen. Wiederum makroperspektivisch betrachtet sollte sich in der Überschau schließlich erkennen lassen, mit welcher spezifischen Schrittweite eigentlich im schulisch situierten Texthandeln der Weg in die Schriftlichkeit begangen wird. Die Kernfrage der vorliegende Untersuchung lautet daher: Auf welche spezifische Weise partizipiert eigentlich die Schule in ihren Schulbüchern an der Literalisierung der mittelalterlichen Gesellschaft? Ihr liegt die These zugrunde, dass in der Schule nicht nur Voraussetzungen für die Literalisierung der mittelalterlichen Gesellschaft bereitgestellt werden, sondern die Institution selbst Anteil an diesem Prozess hat. Wie jede, sei es sprachwissenschaftlich, sei es literaturwissenschaftlich, auf historische Kommunika_____________ 15 16

Vgl. etwa die Beiträge in: Aufführung und Schrift 1996. Siehe jedoch weiter unten zu den Arbeiten des ehemaligen Teilprojekts C am Sonderforschungsbereich 231.

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tion ausgerichtete Untersuchung, die die mediale Verfasstheit ihres Gegenstands mitreflektiert, sieht auch die vorliegende sich damit in ein besonderes Verhältnis zu ihrer schriftlichen Quelle, zum überlieferten Text gestellt. Da schon im konzeptionellen Ansatz qua Medium prinzipiell relativiert, kann ihm nämlich nicht einfach von vornherein eine zentrale Stellung zugestanden werden. Seine Stellung muss für den jeweiligen kommunikativen Kontext, für den eben auch Mündlichkeit als das kommunikative Geschehen prägender Faktor zu bedenken ist, vielmehr immer erst noch beschrieben werden – und mit ihr dann auch der Grad, in dem er von diesem Kontext Zeugnis ablegt und der sich im Zuge der Literalisierung dieses Kontextes durchaus verändern kann.17 Welche Auswirkungen solche konzeptionelle Dezentrierung des schriftlichen Textes auf die praktische Arbeit hat, lässt sich ersehen, wenn man sich nur den beträchtlichen, aber weithin unerschlossenen Bestand an Werken vergegenwärtigt, die der sogenannten moraldidaktischen Schullektüre zugerechnet werden – hierunter fallen etwa alle die für den Unterricht herangezogenen Werke der lateinischen »Klassiker« wie Vergil, Ovid und Horaz, die durchaus auch in anderen Funktionen verwendet wurden – und dann die Aufgabe, aus den entsprechenden Textzeugen speziell jene zu ermitteln, die unterrichtlichen Gebrauchssituationen zugeordnet werden können, andere hingegen auszuschließen und auf diese Weise Unterricht in distinkten textuellen Erscheinungsformen eine Kontur zu verleihen, die ihn von anderen Verwendungen eines Textes unterscheidet. Hier ist nämlich zumindest im Ansatz die Möglichkeit zu berücksichtigen, dass sich ein entsprechender Gebrauchskontext im Zuge seiner Literalisierung als schriftlich distinkter überhaupt erst allmählich herausgebildet haben könnte. Ein funktional ausdifferenzierter Fundus an Möglichkeiten, auf die eine oder andere Art Texte in schriftlicher Form zu »verarbeiten«, der gerade den unterrichtlichen Gebrauchsraum kennzeichnen würde, hat vielleicht gar nicht immer und überall schon selbstverständlich bereitgestanden. Gewiss sind »Gestalten [...] multifunktional – Funktionen [...] polymorph«.18 Allerdings lässt sich auf einer Beobachtungsebene niedrigeren Abstraktionsgrades durchaus beobachten, wie zunächst gar nicht auf Unterricht allein ausgerichtete Typen der Textgestaltung im Zuge einer voranschreitenden Auffächerung seit dem Hochmittelalter zunehmend zum Gegenstand von Entscheidungen werden, einen Text eben so oder anders, für einen bestimmten Gebrauch sinnvoller, für andere Funktionen weniger zweckmäßig aufzubereiten. Die historische Ausdifferenzierung schriftsprachlicher Handlungsmöglichkeiten schafft erst die Vorausset_____________ 17 18

Diese hermeutische Konsequenz hat der methodologisch ausgerichtete Beitrag von OESTERREICHER 1998 nachdrücklich herausgearbeitet. KUHN 1980, S. 96.

Einleitendes zu Gegenstand, Erkenntnisinteresse, Quellenkorpus, Vorgehensweise

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zung in der Sache, die Frage nach der Zuordnung von Gestalten zu Funktionen stellen zu können – und dann, wie KUHN das mit gutem Grund getan hat, etwa darauf hinzuweisen, dass zu einsinnigen Zuordnungen selbst im 15. Jahrhundert oft noch kaum Anlass besteht.19 Die Dezentrierung des schriftlichen Textes schärft in der Einzelanalyse des jeweils überlieferten Textes und seines Trägers, der Handschrift, den Blick für die in der Beschaffenheit der Sache begründeten hermeneutischen Grenzen des Versuchs, schriftliche Quellen und Gebrauchskontexte und -funktionen überhaupt wechselseitig einander zuordnen zu können. Unterricht, so wird daher die Folgerung lauten, darf im methodischen Ansatz der vorliegenden Untersuchung nicht als in schriftlicher Form immer schon gegebenes reconstruendum vorausgesetzt werden, sondern hat lediglich den Status eines Regulativs einzunehmen: einer leitenden Vorstellung vom möglichen Gebrauchskontext eines Textes, auf den hin jede einzelne Quelle potentiell befragt werden kann.20 Man könnte diese methodischen Einschränkungen und Ausweitungen als hinderlich empfinden. Erst sie jedoch heben nachhaltig den besonderen Erkenntnisgewinn einer hermeneutisch Schriftlichkeit und Schule zunächst entkoppelnden und schriftliche Texte dezentrierenden Analyse von Schulbüchern – oder, wie jetzt besser und weiter gefasst zu formulieren wäre: von Unterrichtsschriftlichkeit – ins Bewusstsein. Den Analysen eröffnet sich damit die Perspektive, vom Unterricht und seinen insbesondere schriftlichen Medien ausgehend die Herausbildung und Ausdifferenzierung eines funktional spezifischen schriftsprachlichen textbezogenen Handelns zu erfassen und darin einen elementaren kulturprägenden Vorgang zu beschreiben: wie sich im Mittelalter Schule in ihren Medien als Institution konstituiert. Sowenig sich dieser Ertrag in der praktischen Arbeit ohne zuweilen mikroskopische Rücksicht auf die Philologie des einzelnen Textes, seine Geschichte und seine Überlieferung einfahren lässt, sowenig gelingt das ohne Rücksicht auf die methodisch grundlegende Unterscheidung von medialer und konzeptioneller Schriftlichkeit.21 Gerade die Tatsache, dass Schriftlichkeit medial im dem Unterricht zugrundegelegten Schulbuch immer wieder – siehe das oben abgebildete Beispiel – in die Mündlichkeit des Unterrichts zurück überführt wird, zwingt ja zu der Frage, wieweit das _____________ 19 20

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Ebd. Diese Einsicht übernehme ich von OESTERREICHER 1998, S. 23: »Es ist zu beachten, dass ein Begriff wie ›originäres kommunikatives Geschehen‹ dabei allein regulativ zu verstehen ist und keinesfalls substantialisiert werden darf.« Diese Unterscheidung wurde von KOCH/OESTERREICHER 1985 begründet. Vgl. zuvor schon CURSCHMANNs Differenzierung zwischen »Mündlichkeit der Kommunikation« und »Mündlichkeit der Konzeption« (1984, S. 235).

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Schulbuch eigentlich konzeptionell an diesen Rücktransfer in die LehrerSchüler-Kommunikation angepasst wurde, wieweit es ihn konzeptionell schriftlich vor- und durchgestaltet. Um die Frage nach dem Wandel des konzeptionellen Designs schriftlicher Unterrichtsmaterialien im oben skizzierten Horizont möglichst umfassend anzugehen, darf das Untersuchungskorpus nicht zu eng zugeschnitten werden. Zum ersten sollte die Frage nicht erst entlang von Quellen verfolgt werden, deren Entstehung sich bereits mit dem hochmittelalterlichen Verschriftlichungsschub von Schule verbindet, wie er prominent in der Entstehung der Universitäten zum Ausdruck kommt und sich etwa in überaus wirkmächtigen Werken – das bekannteste Beispiel ist sicherlich Alexanders de Villa Dei im ausgehenden 12. Jahrhundert entstandene ›Doctrinale‹ – niederschlägt. Nach Möglichkeit sollte bei der Auswahl eines entsprechenden Textkorpus noch hinter diese Zeitphase, im Idealfall bis in karolingische Zeit zurückgegriffen werden. Zum zweiten ist es von Vorteil, wenn die zu analysierenden Werke nicht allein für den Unterricht herangezogen wurden, sondern daneben in anderen Gebrauchskontexten begegnen. Speziell schulische Verarbeitungsformen von Texten lassen sich dann nämlich kontrastiv kennzeichnen und zudem Vorgänge der Herausbildung und Stabilisierung des Diskursraumes zusätzlich entlang seiner Grenzen erfassen. Hier bietet sich dann insbesondere an, unter den erwähnten moraldidaktischen auctores nach Geeignetem zu suchen. Drittens schließlich sollte das mit dem Korpus anvisierte Unterrichtsniveau eher niedriger statt hoch angesiedelt sein. Je näher sich dabei an der Grenze des Übergangs von der ephemeren Unterrichtschriftlichkeit auf Wachstafeln zu einem Mediengebrauch operieren lässt, der auch die Überlieferungschance hat, den Weg in dauerhafte Schriftlichkeit zu finden, desto besser.22 Denn so kann den Erkenntnissen am ehesten eine gewisse Repräsentativität in der Breite gesichert werden. Aber nicht nur deshalb muss insbesondere die Eingangsstufe des gelehrten Unterrichts die Aufmerksamkeit auf sich ziehen, sondern auch wegen der besonderen Lernvoraussetzungen der in die Welt der schriftkundigen und Schriftlichkeit verwendenden litterati gerade an dieser Stelle überhaupt erst einmal einzuführenden Schüler. Denn auf der Eingangsstufe des gelehrten Unterrichts stehen nicht nur Mündlichkeit und Schriftlichkeit strukturell in engstem Kontakt zueinander, sondern auch Latein und Volkssprache, unterliegen daher die Ausdrucksformen schriftlicher Kommunikation – so möchte man zumindest vermuten – dem größten Anpassungsdruck an die Erfordernisse des mündlichen Unterrichts. _____________ 22

Vgl. zum weiterreichenden Hintergrund die grundsätzlichen Überlegungen zu Überlieferungschance und Überlieferungszufall als Faktor der Textüberlieferung bei ESCH 1985.

Einleitendes zu Gegenstand, Erkenntnisinteresse, Quellenkorpus, Vorgehensweise

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Die Einsicht in diesen strukturellen Zusammenhang lag auch dem bis 1993 arbeitenden Teilprojekt C »Schriftlichkeit und Volkssprache im Bereich von Schule und Trivialunterricht« des Sonderforschungsbereichs 231 »Träger, Felder, Formen pragmatischer Schriftlichkeit im Mittelalter« zugrunde, an dessen Zuschnitt in diesem Punkt angeknüpft werden kann. In der Ausgangsthese allerdings, dass Schule nicht nur die Voraussetzungen für die Literalisierung der mittelalterlichen Gesellschaft bereitstellt, sondern die Institution als solche selbst Anteil an diesem Prozess hat, hebt die vorliegende Untersuchung sich von diesen Vorleistungen dezidiert ab.23 Die Folgen sind, wie oben dargelegt, ein anders ausgerichtetes Untersuchungsinteresse, eine von vornherein entschiedenere Ausrichtung auf die Textgebrauchssituation Unterricht sowie ein hermeneutisch notwendig weitergehend reflektierter Rückgriff auf das Instrumentarium der gebrauchsfunktionalen Text- und Überlieferungsanalyse. Aus den am Teilprojekt auf breiter Materialbasis gewonnenen Ergebnissen hebe ich als für die vorliegende Untersuchung grundlegend vor allem die Widerlegung der Erwartung hervor, einzelne mündliche Unterrichtsabläufe würden sich regelmäßig in der Schriftlichkeit der erhaltenen Textzeugen niederschlagen. Von hierher erfährt die Ausrichtung der Untersuchung auf die Ebene konzeptioneller Schriftlichkeit eine zusätzliche Berechtigung in der Sache. Zum weiteren ist dies Ergebnis wichtig, weil die Einsicht, dass sich gerade auf dem Eingangsniveau des gelehrten Unterrichts nicht nur Mündlichkeit und Schriftlichkeit, sondern auch das Lateinische als die Vatersprache der schriftkundigen litterati und die Volkssprache als die Muttersprache der schriftunkundigen illiterati gegenüberstehen, seinerzeit die Erwartung begründet hat, dass sich von den auf dieser Stufe verwendeten Unterrichtsmaterialien immer auch Einblicke in das Verhältnis von Latein und Volkssprache im Schulunterricht ergeben könnten. Diese Erwartung hat sich indes nicht bestätigt: eben weil die Mündlichkeit des Unterrichts nicht unmittelbar in die Schriftlichkeit der Unterrichtsmaterialien zurückfließt. Trotz dieses negativen Ergebnisses sollte aber der fruchtbare Grundgedanke nicht vorschnell aufgegeben werden. Das negative Ergebnis stellt nämlich lediglich eine Folge der vernachlässigten Unterscheidung von medialer und konzeptioneller Mündlichkeit/Schriftlichkeit dar. Es müsste nur das Untersuchungskorpus anders zugeschnitten werden – nämlich so, dass die Volkssprache bereits auf der konzeptionellen Ebene als relevanter Faktor ins Spiel kommt. Lateingrammatiken (Hugo und Konrad Spechtshart von Reutlingen: ›Speculum grammaticae‹, Ludolf de Luco: ›Flores grammaticae‹)24 und Werke, die keinerlei schulgebundene Bearbeitung in der Volkssprache erfahren haben (›Fabulae Aviani‹),25 erscheinen dann weniger geeignet. Eher schon bieten sich lateinische Schultexte an, die in den Handschriften nicht nur vereinzelt und partiell – etwa in den Interlinearglossen – Entspre-

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Vgl. die Projektvorstellung in: Träger, Felder, Formen pragmatischer Schriftlichkeit im Mittelalter. Der neue Sonderforschungsbereich 231 an der Westfälischen WilhelmsUniversität Münster. In: FMSt 22 (1988), S. 388-409, hier besonders S. 400. Die Ergebnisse der Projektarbeit sind zusammengeführt in: Schulliteratur im späten Mittelalter 2000. Vgl. dazu die Beiträge von KLEIN, BAUMGARTE, BODEMANN/KRETZSCHMAR, BODEMANN/BLEUMER und SCHEUER in: Schulliteratur im späten Mittelalter 2000. Vgl. dazu den entsprechenden Beitrag von SUERBAUM in: Schulliteratur im späten Mittelalter 2000, sowie zur Avian-Rezeption in der Volkssprache im Überblick BALDZUHN 2004, Sp. 200-203.

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chungen in der Volkssprache gefunden haben, sondern von denen bereits im Vorfeld der Untersuchung bekannt ist, dass ihre volkssprachige Erschließung dem Schulunterricht in größerer Breite zur Verfügung gestellt wurde. Das ist vor allem in den Reimpaarübersetzungen moraldidaktischer auctores der Fall – allerdings erst seit dem Spätmittelalter.26

Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen versucht die Untersuchung ihr Ziel auf der Grundlage zweier verschiedener, jedoch sich ergänzender Textkorpora zu erreichen. Entlang der mittelalterlichen Text- und Überlieferungsgeschichte der lateinischen Fabelsammlung des Avian, die von karolingischer Zeit bis in den Buchdruck des beginnenden 16. Jahrhunderts hinein für den Anfängerunterricht im Lateinischen herangezogen wurde,27 sollen in einem ersten Arbeitsschritt Grundzüge der Literalisierung des mittelalterlichen Trivialunterrichts erfasst werden. Von der Vermutung ausgehend, dass insbesondere der Kontakt zur Volkssprache auf die Ausdrucksformen schriftlicher Kommunikation im Schulbuch einen gewissen Anpassungsdruck ausgeübt haben muss, werden in einem zweiten Arbeitsschritt dann die Analysen enger auf die Aufnahme der Volkssprache in die schriftlichen Unterrichtsmaterialien eingestellt: entschiedener damit auf den Vorgang der Ausweitung des schriftlichen Textangebots in Rücksicht auf die besonderen Lernvoraussetzungen des Schülers. Dazu werden die – wiederum im Anfängerunterricht des Lateinunterrichts zu verortenden – lateinischen ›Disticha Catonis‹ im Ausschnitt ihrer Übersetzungen ins Deutsche herangezogen, die seit der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts und in wirkmächtiger Zahl bis ins 17. Jahrhundert hinein entstehen.28 Die Überlieferung ist hier wie dort einigermaßen überschaubar, garantiert aber zugleich in ihrer relativen Breite wie in ihrer zeitlichen und räumlichen Erstreckung und stratifikatorischen Verteilung durchaus Repräsentativität. Die Zahl der Textzeugen der ›Fabulae Aviani‹ beläuft sich auf circa 130 erhaltene Handschriften, die zwischen dem 8./9. Jahrhundert und dem 15./16. Jahrhundert geschrieben wurden und den gesamten Kern_____________ 26 27

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Einen Überblick über den einschlägigen Textbestand vermittelt HENKEL 1988. Vgl. für die erste Orientierung über Autor, Werk und mittelalterliche Rezeption OTTO CRUSIUS: Avian. In: RE, Bd. 2, Sp. 2373-2378; JOACHIM GRUBER: Avianus. In: LexMA, Bd. 1, Sp. 1298; BALDZUHN 2004. Zum Forschungsstand in Einzelfragen siehe weiter unten. Bei Nr. IX, X, XII, XXII, XXV, XXXII und XXXIX handelt es sich nicht im strengen Sinne um Fabeln, sondern um Beispielgeschichten. Vgl. zur näheren begrifflichen Bestimmung der Gattung zusammenfassend GRUBMÜLLER 1997. Da der Gattungsbestimmung im folgenden keine besondere Bedeutung zukommt, wird nachstehend der Einfachheit halber stets von Fabeln gesprochen. Die beste Einführung in Werk und Rezeption bietet der von einem Kölner Frühdruck der ›Disticha Catonis‹ ausgehende Artikel von OTTO BRUNKEN in BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 537-559. Für Einzelfragen siehe wiederum weiter unten.

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raum Europas abdecken. Einzelstudien haben bereits die Verwendung der ›Fabulae‹ sowohl außerhalb des Schulunterrichts nachweisen können als auch für das engere Umfeld der Schule ihre Verwendung auf durchaus verschiedenen Unterrichtsniveaus, die ein breiteres Spektrum vom einfachen Elementarunterricht bis hin zum Universitätsstudium abdecken. Zum Handschriftenbestand hinzu kommen zwei für den Schulgebrauch veranstaltete Druckausgaben noch spätmittelalterlichen Zuschnitts von 1494 und 1509. Die weitere Druckgeschichte der ›Fabulae‹ im 16. Jahrhundert wird dann indes von ihrer Vergesellschaftung mit benachbarten Fabelkorpora – bereits 1507 beispielsweise mit dem ›Anonymus Neveleti‹ – beziehungsweise von ihrer Aufnahme und Auflösung in umfassendere Kollektionen – dabei wirkt insbesondere die ›Esopus‹-Ausgabe Heinrich Steinhöwels weiter – bestimmt.29 Erst die erste auf die Herstellung eines bereinigten Textes gerichtete Ausgabe des niederländischen Philologen THÉODORE POELMAN (1512-81), die 1572 bei Christopher Plantin in Antwerpen erscheint, bietet wieder eine Einzelausgabe.30 Eine zureichende Erschließung der Druckgeschichte der ›Fabulae‹ über 1509 hinaus müsste daher jeweils auch auf die Nachbarsammlungen und ihre Traditionshintergründe ausführlicher eingehen. Dies sowie der ganz unter textkritisch-philologischen Vorzeichen stehende Neueinsatz mit der POEL_____________ 29

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Die Avian-Drucke des 16. Jahrhunderts sind nicht systematisch erschlossen. Die einzige Zusammenstellung stammt noch aus dem 19. Jahrhundert (HERVIEUX 1893/99, Bd. 3, S. 121-134) und ist überaus lückenhaft. Um eine – ganz beliebige – Ergänzung zu HERVIEUX zu bringen: Die S. 123 verzeichnete Gemeinschaftsausgabe mit dem ›Anonymus Neveleti‹ von 1507 erlebt 1514 noch eine weitere Auflage, von der die British Library in London unter der Signatur C.186.b.31 ein Exemplar verwahrt. Für den überaus wirkmächtigen Zweig der in Heinrich Steinhöwels ›Esopus‹-Ausgabe aufgenommenen Avian-Fabeln lässt sich jetzt auf das Überlieferungsverzeichnis von DICKE (1994, S. 369-449) verweisen. Regelrechte Schulausgaben oder wenigstens breitere Verwendung in Schulzusammenhängen sind für den ›Esopus‹ nicht sichtbar geworden. VOET 1980/83, Bd. 1, S. 225 Nr. 609; SORGELOSS 1990, S. 95f. Nr. 119; GUAGLIANONE 1958, S. LX (Sigle Pulm., dort jedoch erst für die zweite Auflage von 1585). Noch im 16. Jahrhundert erscheinen eine zweite und dritte Auflage (1585, 1596), denen im 17. Jahrhundert weitere folgen. POELMAN ist der erste Herausgeber, der die von ihm benutzten Handschriften systematisch benennt, für sie Siglen vergibt und die marginal neben dem Haupttext angeführten Lesarten dann durch Beigabe der Siglen auf den jeweiligen Textzeugen zurückführt. Von seinen insgesamt drei Textzeugen – »N. liber Canonicorum Nauiomagensium Collegij Catharinæ. A. eiusdem collegij alter. P. Theod. Pulmanni« (POELMANN 1572, S. 29) – hat die Forschung bisher zwei identifizieren können; vgl. HERRMANN 1939, S. 119, sowie GUAGLIANONE 1958, S. XVII (Sigle At = POELMAN Sigle N) und S. XXV (Sigle An = POELMAN Sigle A). Für den dritten trage ich die 1836 für das British Museum erworbene Handschrift London, British Library, MS Additional 10090, nach, die die ›Fabulae‹ Bl. 1ra8ra enthält. Auf freien Blatträndern sind hier von einer Hand des 16. oder 17. Jahrhunderts verschiedene Lesarten eingetragen, die vereinzelt unter Benutzung der Siglen POELMANs identifiziert werden. Dabei werden stets nur N und A zitiert, nie jedoch P – weil es eben bei der vorliegenden Handschrift um P sich handelt.

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MAN-Ausgabe legen es nahe, der Untersuchung mittelalterlicher Gebrauchstraditionen auf der Basis der ›Fabulae‹ nach den Drucken von 1494 und 1509 eine zeitliche Grenze zu ziehen. Die Berücksichtigung wenigstens dieser beiden Ausgaben erlaubt es immerhin, die ›Fabulae‹ auch im medialen Übertritt in den Buchdruck zu verfolgen, dem ja nicht zu Unrecht eine gewichtige und weitreichende Bedeutung für die Transformation der Lehrer-Schüler-Kommunikation am Beginn der Frühen Neuzeit zugesprochen wurde. Die These GIESECKEs freilich, erst der Buchdruck habe für eine allgemeine Verfügbarkeit von Schulbüchern im Unterricht gesorgt und weitreichende Folgen für die Lehrer-SchülerKommunikation gehabt, wird vor dem Hintergrund der mittelalterlichen Produktions-, Distributions- und Rezeptionstypik ganz erheblich zu modifizieren sein. Dass in GIESECKEs Untersuchung bereits im Manuskriptzeitalter erbrachte Vorleistungen generell vernachlässigt werden, ist bekannt31 – und sei hier speziell für den Schulunterricht vorerst nur schlaglichtartig mit der Darstellung der Buchausgabe an die sechs Stipendiaten der Diözese Nevers im Pariser Collège de Hubant ou de l’Ave Maria aus einer Handschrift des 14. Jahrhunderts illustriert (vgl. Abb. 2). Unterrichtstexte hielten die Schüler bereits Jahrhunderte vor dem Buchdruck in ihren Händen.

Abb. 2: Buchausgabe an die Stipendiaten des Pariser Collège de Hubant (Paris, Archives Natioonales, MM.406 (AE II 408), Bl. 10v [4. Viertel 14. Jh.])

Von den Vorleistungen der Forschung im Detail ist zunächst die kritische Textausgabe der ›Fabulae‹ durch GUAGLIANONE zu benennen, deren Einleitung auch die bisher umfangreichste Zusammenstellung der Handschriften bietet (1958, S. VII-XVIII). Ergänzungen zu ihr bringt vor allem der Fabelkatalog von DICKE/GRUBMÜLLER (1987, S. LXVIII-LXX). Vereinzelte weitere Handschriften sind bei SUERBAUM 2000 nachgetragen. Eine systematisch um ihrer selbst willen betriebene Quellenheuristik ist seit der ausholenden Sammlung HERVIEUXs (1893/99, Bd. 3, S. 49-120), die systematischen Ansprüchen freilich nicht genügt,

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Vgl. GIESECKE 1991, besonders S. 217-226. Für die Kritik aus mediävistischer Perspektive verweise ich vor allem auf MÜLLER 1993.

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auf Schritt und Tritt der Überprüfung bedarf und vielfach ergänzungsbedürftig ist, nicht mehr erfolgt. Selbst die Ausgabe GUAGLIANONEs wartet mit Doppelaufnahmen auf32 und übersieht sogar vergleichsweise frühe Textzeugen.33 Dass sie zudem auch Florilegien erfasst, ohne diesen Überlieferungstyp immer klar abzusetzen, schränkt ihre Benutzbarkeit weiter ein. Das der Studie WRIGHTs (2001, S. 291-293) angehängte Verzeichnis von 71 Handschriften kann schon dem Umfang nach nicht vollständig sein und soll wohl nur die benutzten Textzeugen ausweisen, ist aber selbst unter dieser Einschränkung unbrauchbar, da man aufgrund der spärlichen Angaben weder erkennen kann, ob eine Avian- oder eine ›Anonymus Neveleti‹-Handschrift gemeint ist, noch ob der entsprechende Textzeuge überhaupt den Verstext oder nicht vielleicht nur eine Prosaparaphrase enthält. Weiterreichende Auswertungen lassen sich aber ohne systematische Überprüfung der Grundlagen nicht zuverlässig durchführen. Das zeigt sich an MUNK OLSENs Darlegungen zur »Klassiker«-Überlieferung, die sich auf ganz unzuverlässige Zahlen stützen.34 Vor diesem Hintergrund schien eine Neuaufnahme geboten. Ein Verzeichnis zur Avian-Überlieferung im Anhang der vorliegenden Arbeit weist daher die Handschriften aus, auf der diese Untersuchung beruht, und erschließt sie in einheitlicher Tiefe unter einschlägigen Aspekten. Angesichts der besonders hohen Verluste, mit denen im Umfeld schulischer Textüberlieferung gerechnet werden muss, sind in diesen Anhang auch – wenngleich nur kursorisch – die in mittelalterlichen Bücherverzeichnissen nachzuweisenden Aviane wie nachmittelalterlich bezeugte Handschriften von unbekanntem Verbleib aufgenommen. Die mittelalterliche Textgeschichte des Werkes ist erst in Ansätzen erforscht. GUAGLIANONEs Ausführungen in seiner Ausgabe (1958, S. XXVIII-LIII) beschränken sich auf das für die Herstellung des Originals für wesentlich Erachtete.35 Die beliebige Anpassung und Umformung des Grundtextes im Rahmen von Textübungen stellte allerdings nicht den Normalfall der Textweitergabe dar, sondern schlichter seine Weitergabe in vollständiger und im Prinzip unveränderter Form (GRUBMÜLLER 1977, S. 60; BALDZUHN 1996, S. 189). Neben der Textgeschichte des Verstextes selbst sind noch eine Reihe von Pro- und Epimythien zu den einzelnen Fabeln zu beachten, die sich größtenteils erst im Verlaufe der Überlieferung an den Kerntext angelagert haben und also eine – als solche noch nicht beachtete – historische Anpassungs- und Aufbereitungsform des Grundtextes darstellen.36 GUAGLIANONEs Ausgabe dieser Verse begleitet eine umfangrei-

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Hinter den Siglen b2 und Ln (GUAGLIANONE 1958, S. XXf.) verbirgt sich jeweils London, British Library, MS Royal 15 A. XXXI, Bl. 28r-43r. Edinburgh, National Library of Scotland, Adv. MS 18.6.12, Bl. 14r-29v (11./12. Jh.). MUNK OLSEN 1991, S. 67, werden bei Avian für das 9., 10. und 11. Jahrhundert einer, zwei und fünf erhaltene Textzeugen angegeben. Nicht einmal GUAGLIANONEs Ausgabe scheint ausgewertet worden zu sein. Vgl. demgegenüber die Handliste bei BALDZUHN 2001, S. 508f. (22 Handschriften für diesen Zeitraum statt nur acht). Die Zahlen MUNK OLSENs zu Einträgen in mittelalterliche Bibliotheksverzeichnisse erfassen sogar weniger als ein Viertel des tatsächlich Vorfindlichen. Vgl. auch GUAGLIANONE 1957 sowie zusammenfassend (und kritisch u. a. zu den Angaben GUAGLIANONEs zu den einzelnen Handschriften) M. D. REEVE 1983. Zu beachten ist allerdings, dass einige Pro- und Epimythien bereits auf den Autor zurückgehen und andere bereits einer den ältesten erhaltenen Textzeugen zeitlich vorausgehenden

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che chronologisch angelegte Tabelle zu ihrer Überlieferung (1959, S. 8-13), die aber nur mit Einschränkung benutzt werden kann, da sie an zahlreichen Stellen ergänzungsbedürftig und zudem in der Unterscheidung bereits in den Verstext fest inserierter und mit diesem bereits abgeschriebener oder erst später marginal hinzugesetzter Verse nicht durchweg zuverlässig ist. Der Textgeschichte der mittelalterlichen Kommentare hat sich SUERBAUM (2000) zugewandt und einige grundlegende Bausteine der Textkommentierung (Glossen, Accessus, Prosaparaphrase und Moralisation) wie verschiedene »Typen« der Kommentierung herausgearbeitet (expositio ad litteram als älteste »Kommentarversion«, allegorice-Kommentar, ›De moribus et virtutibus‹Kommentar, ›Anonymi Avianicae Fabulae‹). Eine umfassende Textgeschichte liefert der materialreiche Beitrag indes nicht. So finden beispielsweise weder der von RISSE bereits 1964 (Erfurt, Universitäts- und Forschungsbibliothek Erfurt/Gotha, Dep. Erf. CA. 4° 21, Bl. 17ra-44r) noch der jetzt von WRIGHT (2001, S. 74-105) zum Abdruck gebrachte Avian-Kommentar (Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 185 Helmst., Bl. 95ra-110va) über schlichte Aufführung des Textzeugen in einem angehängten Verzeichnis der Kommentarhandschriften hinaus Beachtung. Zudem werden dort stillschweigend gar nicht mehr erhaltene Textzeugen aufgenommen (Zwickau, Ratsschulbibliothek, Ms. VII,11/12). Gleichwohl weist SUERBAUMs Unterscheidung von Kommentar»Typen« in eine wichtige Richtung, da sich diese insbesondere dem Grad nach, in dem sie jeweils textuelle Kohärenz ausbilden, voneinander unterscheiden.37 An diesen zentralen Befund muss allerdings methodisch konsistenter angeknüpft werden, als dies bei SUERBAUM der Fall ist, deren Ansätze noch auf einer Mischung verschiedener Kriterien beruhen.38 Bestärkt sehen darf sich die Untersuchung in diesem Punkt auch von den Ausführungen WRIGHTs zu den lateinischen Schulkommentaren zum Avian und zum ›Anonymus Neveleti‹. Leider ohne die Befunde konzeptionell ins Zentrum zu stellen, erkennt der Verfasser eine »plain chronological progression« (2001, S. 12) zwischen der graphischen Darbietung der Kommentare auf der handschriftlichen Seite des 13. bzw. frühen 14. Jahrhunderts und der des 15. Jahrhunderts, die auch eine Entwicklung der Kommentartexte selbst von parataktisch-akkumulativer Anlage (S. 22) zu »stereotyped textual structures, giving the prose commentaries a certain formal and nar-

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Überlieferungsstufe zuzurechnen sind. Grundlegend für die Bestandsdifferenzierung (die einseitig unter dem Gesichtspunkt der Echtheit geführt wird) sind die Ausführungen von ELLIS 1887, S. XXXI-XXXIV; vgl. darüber hinaus KÜPPERS 1977, S. 81f. Anm. 2 und S. 150 Anm. 1. So kann SUERBAUM bezeichnenderweise von »entwickelten Kommentarversionen« sprechen (2000, S. 431). Die dritte Gruppe etwa – der dem Kohärenz-, Aufbau- und Gebrauchstyp nach, dies nebenbei bemerkt, auch die erwähnten Erfurter und Wolfenbütteler Kommentare angehören – wird von SUERBAUM zuerst und wesentlich auf der Grundlage einer besonders engen textlichen Übereinstimmung der Zeugen untereinander angesetzt. Erst über diesen Umweg treten dann der Verfasserin auch Besonderheiten der Textstruktur in den Blick (vgl. SUERBAUM 2000, S. 425-429). Im Prinzip ähnlich wird bei den ›Anonymi Avianicae Fabulae‹ (S. 429-431) verfahren. Tendenziell verdeckt wird die uneinheitliche Fundierung der Typen noch durch eine ungeklärte Terminologie, die zwischen »Kommentierungstypen«, »Kommentarversionen« und »Texttraditionen« schwankt.

Einleitendes zu Gegenstand, Erkenntnisinteresse, Quellenkorpus, Vorgehensweise

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rative autonomy« (S. 23) anzeigt. Hier bleiben allerdings – im Unterschied zur WRIGHT nicht bekannten Studie SUERBAUMs – nun gerade die Vorleistungen des 9. bis 12. Jahrhunderts ausgeblendet, denn WRIGHT hat primär die Voraussetzungen im Blick, die die spätmittelalterliche lateinische Kommentartradition für die deutsche Fabelrezeption seit Boners ›Edelstein‹ erbringt.39 Eine Überlieferungsgeschichte der ›Fabulae‹ hat demnach nicht einfach bereits einzelne immer schon fest umrissene Textgruppen chronologisch, geographisch und stratifikatorisch an ihre Gebrauchsräume zurückzubinden, sondern zuerst einmal übergreifende Etappen der mittelalterlichen Textualisierung des Kommentars präziser herauszuarbeiten und diese zu kontextualisieren. Neben den genannten Arbeiten stellen dazu besonders reiches Material die Arbeit von GRUBMÜLLER (1977, S. 58-61 speziell zum Avian und S. 86-111 allgemeiner zu Schule und Predigt als den zwei Schwerpunkten der Fabelanwendung im lateinischen Mittelalter) und die Einleitung des Fabelkatalogs von DICKE/GRUBMÜLLER (1987, besonders S. XXVIII-XLIV und S. XLIX-LIV) bereit. Dass die ›Fabulae‹ eine breitere Skala von Unterrichtsniveaus zwischen besserer Lateinschule und Universitätsstudium abdecken, lässt sich BALDZUHN 1996a entnehmen, dass ihre Rezeption auch über die Schule hinausreicht, GRUBMÜLLER 1975. Auch wenn der suggestive Titel des Aufsatzes »Dichten als Schulfach« von PETER STOTZ gerade das Gegenteil zu fordern scheint:40 Unberücksichtigt bleiben sollen im folgenden die produktiven Verarbeitungen der ›Fabulae‹ in Voll- und Teilversifizierungen.41 Sie halten sich »im Rahmen wirkungsloser Konkurrenzversuche und privater Schulübungen« (GRUBMÜLLER 1977, S. 61) und sind von daher wenig repräsentativ. Wie oben bereits bemerkt, stellt den Normalfall der Textweitergabe nicht Anpassung und Umformung des Grundtextes im Rahmen individueller Textübungen, sondern die Tradierung in vollständiger und prinzipiell unveränderter Form dar.

Wie die ›Fabulae Aviani‹ sind die ›Disticha Catonis‹ seit karolingischer Zeit im elementaren Lateinunterricht verankert und damit an der Übergangsstelle von mündlicher und schriftlicher, illiterater und literater Kultur zu verorten.42 Entlang der Übersetzungen der ›Disticha Catonis‹ ins Deutsche das Vordringen der Volkssprache an dieser Systemstelle zu verfolgen, solchem Vorhaben präsentieren sich die Vorleistungen im Bereich der Quellenheuristik allerdings weniger günstig als beim Avian. Seit ZARN_____________ 39

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Vgl. dazu auch die in WRIGHT 1997 vertretene These, dass die volkssprachige Rezeption der antiken Fabel sich oft weitaus weniger auf die »originalen« Verstexte selbst als auf die bereits »delatinisierenden« Prosakommentare stützt. STOTZ 1981. In eine vergleichbare Richtung weisende Bemerkungen finden sich bereits in dem immer noch viel zitierten Aufsatz von VOIGT 1891. Vgl. etwa S. 45: »Gerade das erste Triviallesebuch [...] zeigt bei allem Festhalten an der ursprünglichen Autorentrias [sc. ›Disticha Catonis‹ und Avian, M. B.] nach Form wie Inhalt eine erstaunliche Fülle immer neuer und neuer Gestaltungen.« Zusammenstellung mit weiterer Literatur bei BALDZUHN 2004, Sp. 199f. Hinweise zur Stellung der ›Disticha Catonis‹ im mittelalterlichen »Curriculum« finden sich vor allem bei VOIGT 1891, GLAUCHE 1970, MUNK OLSEN 1991, HENKEL 1988 und bei BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 537-559.

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CKEs grundlegender Untersuchung von 1852 ist der Handschriftenbestand nicht mehr mit systematischem Anspruch erhoben worden, sodass seither zahlreiche Ergänzungen, teils an sehr entlegenen Stellen publiziert, zu verzeichnen sind43 – mit allen dann erwartbaren Inkonsistenzen wie uneinheitlicher Erschließungstiefe, Zweifachnennung, Besitzer- und Signaturenwechsel, inzwischen eingetretenen Verlusten usw. Als unumgänglich erwies es sich erneut, den Bestand zunächst systematisch zu erheben und wenigstens im ersten Umriss einheitlich zu erschließen. Ein zweites Überlieferungsverzeichnis im Anhang weist das Ergebnis erneut im Detail aus. Anhand von etwa 120 Handschriften, die einen Zeitraum vom ausgehenden 13. Jahrhundert bis ins ausgehende 15. Jahrhundert und räumlich den gesamten deutschen Sprachraum vom Hochalemannischen bis ins nördliche Niederdeutsche und vom Mittelfränkischen bis ins Schlesische abdecken, kann die Integration der Volkssprache in das lateinische Schulbuch auf breiterer Grundlage verfolgt werden als auf Basis des schmalen Ausschnitts der bisher erfassten deutschen Donate44 oder von als solchen schwer in ihrer Repräsentativität einzuschätzenden Einzelfunden45. Wenn die deutschen ›Cato‹-Pendants in den Handschriften zudem sowohl ohne als auch gemeinsam mit dem lateinischen Grundtext als auch mit lateinischen Kommentaren tradiert werden, eröffnet dieser Befund überdies die Chance, verschiedene Ausstattungsensembles verschiedenen Ausbildungsniveaus zuzuordnen. Wenn überhaupt, dann sollten sich zuallererst anhand des deutschen ›Cato‹ Einblicke in den quellenmäßig so schwer zugänglichen, dem universitären Artes-Studium und der gehobenen Lateinschule vorgeordneten Unterricht ergeben – oder sollten sich zumindest die Grenzen, in denen überhaupt Aussagen über ihn möglich sind, begründeter bestimmen lassen. Speziell die von ZARNCKE seinerzeit noch vollkommen ausgeblendete Tatsache der zweisprachigen lateinischdeutschen Textgemeinschaften erlaubt es zudem, den Vorgang der Verschriftlichung der Volkssprache im Horizont der an den ›Fabulae‹ bereits für die lateinische auctores-Lektüre nachgezeichneten Erscheinungs-

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Vgl. zuerst FEIFALIK 1855. Die umfangreichsten Nachträge bringen die verschiedenen Arbeiten ZATOČILs bei (vgl. v. a. ZATOČIL 1935, 1935a und 1952). Jüngste Nachträge: HENKEL 1988, S. 230, ROTH 1992, BALDZUHN 2002, S. 272. Vgl. ISING 1966 und besonders 1970 sowie die Revision der ISING’schen These, dem bekannten Beschluss der Wiener Artistenfakultät von 1428 und einem vermeintlichen »Frühhumanismus« komme wegweisende Bedeutung für die Aufnahme des Deutschen zu, bei GRUBMÜLLER 1983. SCHNELL (1987) hat diesen Diskussionsfaden unter Verweis auf die Überlieferungsgeographie wieder aufgenommen. Von der Wiener Universität seien sehr wohl wichtige Anstöße ausgegangen, allerdings nicht erst im Gefolge von 1428, sondern bereits im Zusammenhang mit den älteren Bemühungen der sogenannten »Wiener Übersetzungsschule«. Vgl. etwa KIEPE 1981.

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formen des Verschriftlichungsprozesses, in Beziehung also zu Deutsch wie Latein übergreifenden pragmatischen Voraussetzungen, in den Blick zu bringen. Zu beachten ist allerdings wiederum, dass zu pauschaler Reklamation eines ausschließlich schulischen Gebrauchskontextes wie beim Avian auch für den ›Cato‹ kein Anlass besteht, diese Zuordnung vielmehr der Überprüfung bedarf.46 Diese Forderung ist an jede einzelne »Übersetzungsfassung« zu stellen und also für die ganze Vielfalt der Textzweige – die ›Rumpfbearbeitung/-übersetzung‹, den Zwettler ›Cato‹, Stephans von Dorpat ›Cato‹, den ›Niederrheinischen Cato‹, den ›Schlesischen Cato‹ usw. – immer neu zu fragen, auf welchen Gebrauchsraum eigentlich konzeptionell gezielt war und wo und wie sich diese Konzeption dann in ihrer weiteren Tradierung durchgesetzt hat. Nur um den Preis willkürlicher Grenzziehung lässt sich hier die teilweise breite Überschneidung einzelner Textgruppen mit dem Buchdruck seit den siebziger Jahren des 15. Jahrhunderts ausblenden. Für die 1852 von ZARNCKE mit Sebastian Brants zweisprachiger ›Disticha Catonis‹Ausgabe von 1498 angesetzte Zäsur wurde seinerzeit keine weitere Begründung gegeben. Die Einbeziehung des ›Cato‹ Brants indes verschärft das Problem der Abgrenzung nur noch weiter, da diese Übersetzung bis in die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts gedruckt wurde, die Bestände der frühen Neuzeit aber insgesamt noch ganz unzureichend erschlossen sind. Hier bleibt nur der Weg, das Korpus bis vor die letzte wirkungsmächtige deutsche Übersetzung von Martin Opitz (1629) auszuweiten. Damit lässt sich nicht nur Brants ›Cato‹ ebenso vor dem Hintergrund seiner spätmittelalterlichen Voraussetzungen wie dann im Kontext späterer Entwicklungen Profil verleihen. Sondern es erschließt sich mit den zusätzlich herangezogenen Übersetzungen – Abraham Moters (1535), des anonymen deutschen Maturin Cordier-Adepten (1540), von Johannes Fries (1551), Thomas Heis (1578) und Johannes Baptista Caesarius (1585) sowie des anonymen ›Klausenburger Prosa-Cato‹ (1620) – auch der breitere Unterstrom der im ausgehenden 16., beginnenden 17. Jahrhundert dann entschiedener einsetzenden Diskussion um das Verhältnis von Latein und Deutsch im Schulunterricht. Die einzelnen Texttraditionen sind von der Forschung in sehr unterschiedlichem Maße erschlossen. Vieles ist gar nicht ediert (z. B. ›Zwielichter Cato‹), manches schon seit dem 19. Jahrhundert (z. B. ›Niederrheinischer Cato‹), manches noch

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So hat HENKEL (1988, S. 178) für die sogenannte ›Rumpfbearbeitung‹ festgestellt, dass sie stets ohne Beigabe des lateinischen Textes tradiert wird. Das widerspricht zunächst ZARNCKEs ohne weitere Begründung ausgesprochener Vermutung, ihr Übersetzer sei »wahrscheinlich wohl ein mit dem jugendunterrichte betrauter geistlicher« (1852, S. 10). Ob die ›Rumpfbearbeitung‹ damit in die einsprachige ›Deutsche Schule‹ führt, wird also zu prüfen sein.

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gar nicht als Gruppe erkannt (z. B. ›Michelstädter Cato‹), manches dagegen hat in jüngerer Zeit verstärkte Aufmerksamkeit gefunden (z. B. Sebastian Brants ›Cato‹).47 Die gedruckten Übersetzungen des 16. Jahrhunderts sind bei WORSTBROCK (1976, S. 31-46) in zu engen zeitlichen Grenzen, nämlich nur bis 1550, und zudem nur lückenhaft verzeichnet. Ich verzichte daher an dieser Stelle auf einen Überblick über den Forschungsstand im Detail und verweise auf die entsprechenden Untersuchungsabschnitte selbst.

Mit dem Aufbau des Korpus statt um grammatische Fachprosa um zwei im weiteren Sinne literarische Werke herum steht ein im Blick auf das Vordringen der Volkssprache breiterer und zeitlich tiefer gestaffelter Quellenhintergrund bereit. Der Weg des Deutschen in eine grammatische Fachsprache ist, wie die Studie von PUFF an gedruckten Lateingrammatiken aufgezeigt hat, aufgrund der anhaltend engen Bindung der zeitgenössischen Vorstellungen von Wissenschaftlichkeit an das Lateinische selbst im 16. Jahrhundert noch für lange Zeit ein eher steiniger.48 Demgegenüber umfasste das Studium der literarischen auctores, das schon zeitgenössisch regelmäßig unter der Doppelformel litterae et mores beschrieben wird, neben der Ausbildung von (lateinischer) Sprach- immer auch die Ausbildung sozialer Handlungskompetenz. Die Verwendung der Volkssprache im Lateinunterricht konnte in Hinsicht auf diese zweite Funktion zusätzlich sinnvoll erscheinen. An der Art der Aufbereitung verhaltensanleitender Texte für den Unterrichtsgebrauch lassen sich folglich nicht nur – in der Entfaltung der schriftlichen Texterschließungsinstrumente – mediale Voraussetzungen mittelalterlicher Texthermeneutik studieren, sondern immer auch Zivilisationsprozesse reflektieren. So verlockend es wäre, nun auch solchen Aspekten ebenfalls systematisch nachzugehen, oder gar weiteren wie dem Wandel der Übersetzungspraxis ins Deutsche, so wird nachstehend doch zunächst immer die pragmatische Beziehung der Unterrichtsmaterialien auf den Unterricht und seine Teilnehmer im Zentrum stehen: Wo, wie und warum werden in den nachstehend zu beschreibenden Verschiebungen zwischen mündlicher und (lateinischer) schriftlicher und (deutscher) schriftlicher Kommunikation die spezifischen Potenzen _____________ 47

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Vgl. HENKEL 1988, S. 203-206, und WILHELMI 1990, S. 93-100, sowie demnächst die Beiträge von BALDZUHN, BOK, DREWELOWSKY und REDZICH in dem Sammelband Historische Mehrsprachigkeit im europäischen Mittelalter (im Druck). Vgl. PUFF 1995 und schon GRUBMÜLLER 1983 sowie jetzt die umfassende Bibliographie deutscher Grammatiken von MOULIN-FANKHÄNEL 1994/97.

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von Schrift genutzt, werden unterrichtliche Textgebrauchssituationen (lehrerseitig) vorausschauend-planender, im Detail differenzierter und damit funktional aufgefächerter gestaltet und werden (schülerseitig) differenziertere Formen der Textaneignung unterstützt?

II. Grundlinien 1. Schule ohne Schulbuch: Avian-Überlieferung und Avian-Kommentierung vor dem 12. Jahrhundert Während in den vorkarolingischen Klöstern organisierte Formen von Unterricht weithin nicht mehr bestanden1, ändern sich mit der sogenannten Bildungsreform Karls des Großen seit den achtziger Jahren des 8. Jahrhunderts die Verhältnisse grundlegend. Die Herstellung und Sicherung der Einheit des Kultes in der Liturgie und die Ordnung der den Kult tragenden Einrichtung der Kirche waren zwar bereits den merowingischen Herrschern ein Anliegen,2 aber erst verschiedene karolingische Erlasse, vor allem die ›Epistola de litteris colendis‹ (780/89) und die ›Admonitio generalis‹ (789), zielen derart durchgreifend auf fundamentale Verbesserungen, dass auch ein organisierter Schulbetrieb in Klöstern und bei Klerikergemeinschaften entsteht. Ohne einen umfassenden Sinn für die Bedeutung und den Nutzen des Mediums Schrift für die Organisation politischer Herrschaft und ihre theologische Fundierung lassen sich die karolingischen Neuerungen hier wie andernorts schwerlich nachvollziehen.3 Gesteuert vom übergreifenden Ideal des errata corrigere, superflua abscindere und recta cohortare4 schlägt sich dieser Sinn auf der Verwaltungsebene in der breiteren Indienststellung von Schriftlichkeit für die herrscherliche Administration nieder,5 auf dem Gebiet des Kultes an so zentraler wie prominenter Stelle in dem Bemühen, dem in der Bibel über_____________ 1

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Vgl. den Überblick bei RICHÉ 1999, S. 11-46, sowie insbesondere ILLMER 1979, hier besonders S. 65f. Zum spätantiken Unterrichtswesen immer noch grundlegend: MARROU 1948. GILES BROWN: Introduction. The carolingian renaissance. In: Carolingian culture. Emulation and innovation. Ed. by ROSAMUND MCKITTERICK. Cambridge 1994, S. 1-51, hier S. 6-10. »The written word became a fundamental element of Carolingian culture, and Frankish society in the Carolingian period was transformed into one largely dependent on the written word for its religion, law, government and learning« (MCKITTERICK 1989, S. 2). JOSEF FLECKENSTEIN: Die Bildungsreform Karls des Großen als Verwirklichung der Norma Rectitudinis. Freiburg/Br. 1953. JANET NELSON: Literacy in carolingian government. In: The uses of literacy in early medieval Europe. Ed. by J. N. Cambridge 1990, S. 258-296.

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lieferten Wort Gottes die richtige Gestalt zu sichern6 – und mit Blick auf den Alltag der in einer weithin mündlichen Kultur lebenden Beherrschten und die herrscherliche Aufgabe, ihnen Heil zu sichern, darin, durch entsprechende Ausbildung der Geistlichen für die Verbreitung des Heilswissens in der für richtig erachteten Form Sorge zu tragen.7 Auf die Frage, wie sich das karolingische Reformvorhaben in der durchschnittlichen Unterrichtspraxis und den schriftlichen Unterrichtsmaterialien niederschlägt, geben präskriptive Quellen keine Antwort. Details des beginnenden Lateinunterrichts werden in ihnen nicht geregelt. In der Praxis regelmäßig herangezogene Werke wie Donats ›Ars grammatica‹, die ›Disticha Catonis‹ oder die ›Fabulae Aviani‹ werden an keiner Stelle auch nur benannt. Wer an praktischen Unterrichtsabläufen und karolingischen Veränderungen im Mediengebrauch interessiert ist, findet daher keinen Anlass, von detaillierten Regulativen und damit von der Annahme auszugehen, diese würden dann von einer zentralen Verwaltung reichsweit durchgreifend bis in den einzelnen Unterricht hineingetragen.8 Den Verhältnissen prinzipiell angemessener erscheint es demgegenüber, sich zunächst einmal zu vergegenwärtigen, dass sich die Bildungsreform in ihrem Vollzug als Unterricht wesentlich nur auf dem Fundament bereits vorfindlicher Institutionen durchführen ließ, für dessen praktische Durchführung wiederum zunächst nur auf eine bereits mehr oder minder ausgebildete Kompetenz einzelner ohnehin mit der Unterweisung der pueri vor Ort betrauter magistri gesetzt werden konnte.9 Unter solchen Voraussetzun_____________ 6

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ARNOLD ANGENENDT: Libelli bene correcti. Der »richtige Kult« als ein Motiv der karolingischen Reform. In: Das Buch als magisches und als Repräsentationsobjekt. Hg. von PETER GANZ. Wiesbaden 1992 (Wolfenbütteler Mittelalter-Studien 5), S. 117-135. Daraus resultiert ein beachtlicher Anstoß zur Produktion pastoraler Gebrauchsliteratur auch in der Volkssprache. Vgl. für das Althochdeutsche den Überblick bei HAUBRICHS 1995, S. 229-256. Vgl. etwa ROSAMUND MCKITTERICK: The frankish church and the carolingian reforms, 789-895. London 1977, S. 207: »Considerable diversity emerged in both the implementation of the ›reform programme‹ outlined in the early legislation of the Frankish rulers and clergy, particularly in the ›Admonitio generalis‹ of 789 and the ›Capitularia missorum generalia‹ of 802. Indeed, all the material presented here indicates rather than a concerted enterprise directly initiated and organized from above by the ruler and his circle of leading clergy, there was an individually interpreted, dispersed, and generally uncoordinated undertaking, in accordance with the indications and directives contained in royal, conciliar and episcopal decrees, and in direct response to the practical exigencies of the time.« In dieser Einschätzung treffe ich mich mit CONTRENI 1992/1980, S. 83: »We make a mistake when we think of a program, a renaissance. Although unity may have been a goal of Carolingian leaders, what resulted was something quite different. I would suggest that we must view the Carolingian renaissance in at least two ways. First, a set of ideals was articulated by the political and religious leaders of the Carolingian world. The immediate effect of their involvement in learning and culture was to stimulate activity on a broad front. Over distances of time and space, however, the original impetus was transformed through the prism of individual talent and local differences. A tension between the demands of of-

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Grundlinien

gen ist für eine Reform schon viel gewonnen, wenn überhaupt einer neuen Haltung als solcher Geltung verschafft wird. Aus der engeren Perspektive auf das unterrichtliche Handlungsfeld erscheint als neuartig an der karolingischen Bildungsreform hauptsächlich der zentrale Gestaltungszugriff als solcher auf die monastische Erudition.10 Details der Umsetzung hingegen müssen von Fall zu Fall von den magistri vor Ort und in Auseinandersetzung mit älteren »Gepflogenheiten« geregelt werden. Es entspricht präzise diesen allgemeinen Rahmenbedingungen, wenn der Einsatz der Handschriftenüberlieferung der ›Fabulae‹ im 8./9. Jahrhundert einerseits eine allgemein immerhin soweit angestiegene Verwendungshäufigkeit des Textes im Unterricht anzeigt, dass die Erhaltungschancen des einzelnen Überlieferungsträgers insgesamt zunehmen, andererseits aber die räumliche Streuung der Überlieferungszeugen im 9. Jahrhundert kein besonderes Zentrum erkennen lässt, von dem aus dieser Einsatz zentral gesteuert worden wäre.11 Der Einsatz der Überlieferung ruht vielmehr auf einer traditionellen, schon spätantiken Gebrauchsdisposition der Fabel auf,12 und der Transfer speziell der Fabelsammlung des _____________ 10

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ficial culture and its diverse manifestations was the leitmotiv of the Carolingian cultural program.« Etwas zurückhaltender ist hier CONTRENI 1992/1990, S. 381: »Perhaps the most remarkable aspect of the Carolingian education was the involvement of political leaders in the life of school. The issued proclamations exhorting abbots and bishops to have care for education. They patronized individual scholars and some even participated in literary culture.« Zu nennen sind Zue (8./9. Jh.), Par 8 (1. Viertel 9. Jh.), Kar 1 (2. Viertel 9. Jh.), Kar 2 (2. Viertel 9. Jh.), Lei4 (um 850), Par 10 (9./10. Jh.) und SGa (9./10. Jh.) mit den Provenienzen Süddeutschland/St. Gallen (Zue), Frankreich/in der Nähe von Paris (Par 8), Westdeutschland (?) (Kar 1), Nordostfrankreich (?) (Kar 2), Frankreich/Loire-Region (Lei4), Nordostfrankreich (Par 10) und Süddeutschland / St. Gallen (?) (SGa). Einzubeziehen sind weiterhin Einträge in mittelalterliche Bücherverzeichnisse aus St. Riquier in Frankreich (siehe im Verzeichnis im Anhang dieser Untersuchung K1), aus Friaul in Italien (K5) und aus Lorsch (K3, K6 [= K3?]), Murbach (K4) und von der Reichenau (K2). Unabhängig von erhaltenen und mittelbar bezeugten Handschriften zeigen die schulische Gebrauchssphäre der ›Fabulae‹ auch einige weitere Rezeptionsbelege des 9. Jahrhunderts an. Zu nennen sind etwa Micons von St. Riquier ›Opus prosodiacum‹ (Zitate aus XXIX,15 und XXXIV,15) und seine Schrift ›De primis syllabis‹ (V,5 und XXIX,17f.), die Berner ›Quaestiones grammaticae‹ (VII,8 sowie zweimal IX,19) und das Avian-Zitat von V,1f. in einem zwischen 862 und 875 verfassten Schreiben eines »A. quidam E. magistro de caritate sua erga eum«. Vgl. MAX MANITIUS: Micons von St. Riquier De primis syllabis. In: Münchener Museum für Philologie des Mittelalters und der Renaissance 1 (1912), S. 121177, hier S. 131; MGH Poetae Latini Medii Aevi. Bd. 3. Berlin 1896, S. 279-294, hier S. 282 und S. 286; Anecdota Helvetica, quae ad Grammaticam Latinam spectant. Ex bibliothecis Turicensi, Einsidlensi, Bernensi collecta. Hg. von HERMANN HAGEN. Leipzig 1870, S. 172-188, hier S. 174 Z. 14-17, S. 182 Z. 29-31 und S. 185 Z. 22-25, sowie zur Epistola MGH Epistolae Karolini aevi. Bd. 4. Berlin 1925, S. 183 Z. 11f., und CONTRENI 1992/1989a, S. 109f. Zahlreiche Belege dazu und weiterführende Literatur bei GRUBMÜLLER 1977, S. 87-89, und bei HOLZBERG 1993, S. 33-35.

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Avian, die zunächst ja als »Literatenliteratur« für einen sozial exklusiven Kreis von Literaturkennern und nicht schon für den Lateinunterricht geschaffen worden war,13 in die Schule war keine Leistung erst der karolingischen magister (und schon gar keine Einzelleistung), sondern hatte sich höchstwahrscheinlich bereits vorkarolingisch vollzogen. Vor diesem Hintergrund sind Antworten auf die Frage nach dem Niederschlag der karolingischen Bildungsreform im Unterricht am ehesten von den schriftlichen Unterrichtsmaterialien selbst zu erwarten. Hier bedarf es indes aus zwei Gründen ganz besonderer methodischer Umsicht. Erstens ist das ganze Mittelalter hindurch damit zu rechnen, dass schriftliche Unterrichtsmaterialien vielfach verbraucht wurden. Ihre Erhaltungschancen sind generell einschränkt. Dieser Verbrauch im Gebrauch ist für die Unterrichtsmaterialien aus der Zeit vor dem 12. Jahrhundert, wie weiter unten aufzuzeigen ist, geradezu konstitutiv. Bereits die exzeptionellen Faktoren seines überhaupt Erhalten-Seins schränken die Repräsentativität des Einzelzeugnisses hier in ganz besonderem Maße ein. Der Einzelfund lässt sich daher nur sehr bedingt generalisieren und ein Gesamtbild sich nicht durch einfache Aufsummierung des Vorfindlichen erreichen. Von den sieben Avian-Handschriften des 9. Jahrhunderts beispielsweise lässt sich für drei schon angesichts ihres Umfangs14 und für eine vierte angesichts ihrer tendenziell repräsentativen Ausstattung mit Illustrationen15 ausschließen, dass sie im Unterricht selbst verwendet wurden. Als umfangreiche Textsammlungen wesentlich für die Aufbewahrung in der Bibliothek bestimmt, haben solche Bände besondere Erhaltungschancen. Über Handschriften-, Text- und Mediengebrauch im Unterricht selbst indes ist aus ihnen wenig herauszubringen. Allenfalls lässt sich erwägen, dass solche Bände als Vorlage für Unterrichtsexemplare gedient haben könnten – ohne dass aber genau sich ersehen ließe, welche Umformungen den Übertrag aus der Vorlage dann begleiteten: ob etwa das Fabelkorpus vollständig oder nur in Ausschnitten reproduziert wurde oder etwa vorhandene Glossenapparate übernommen oder modifiziert wurden. Damit erweist sich zugleich auch die Notwendigkeit, systematischer zwischen Schulhandschriften einerseits – eben solchen Thesauri, für die sich wahrscheinlich machen lässt, dass sie Texte aus dem Umfeld des Schulunterrichts bereithalten sollten – und Unterrichtshandschriften – damit sollen nachstehend Handschriften bezeichnet sein, für die sich wahrscheinlich machen lässt, dass sie tatsächlich im Unterricht benutzt wurden – zu unterscheiden.16 _____________ 13 14 15 16

KÜPPERS 1977, S. 193-209, 228-230. Vgl. die Handschriftenbeschreibungen im Anhang zu Par 8, Kar 1 und Lei4. Vgl. die Abbildungen aus Par 10 bei GOLDSCHMIDT 1947. Für diese Unterscheidung habe ich bereits an anderer Stelle plädiert: BALDZUHN 1996.

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Zweitens: Mit der Unterscheidung von Schulhandschrift und Unterrichtshandschrift ist auf ein weiteres hermeneutisches Problem verwiesen. Als methodologisch nicht minder zentral muss nämlich auch eine fehlende begriffliche Differenzierung zwischen den verschiedenen sich in schriftlicher Form niederschlagenden Praktiken des Textstudiums angesehen werden. Sie werden in der Forschung allesamt unter dem Oberbegriff »Schule« erfasst, können im Einzelfall aber durchaus verschiedenen Motiven sich verdanken und verschiedene Funktionen erfüllen. Auf eine zu undifferenzierte Zuschreibung hat zwar schon vor einigen Jahren LAPIDGE hingewiesen,17 ohne dass dieser Anstoß jedoch dahingehend aufgenommen worden wäre, in gebrauchsfunktionalen Querschnitten durch die Überlieferung die Skala entsprechender Gebrauchskontexte einmal systematischer aufzufächern. Die Erarbeitung und Distribution texterschließender Apparate in Form von Glossen und Kommentaren kann – um nur einige Möglichkeiten zu nennen – in erster Linie auf die Bereitstellung von Hilfsmitteln gerichtet sein, die prospektiv für die zukünftige Nutzung durch die Klostergemeinschaft in der Bibliothek bereit gehalten werden sollen. Sie kann ebenso aber auch zuerst auf das Bemühen zurückgehen, sich einen Text zur eigenen, individuellen Vertiefung anzueignen. Die schriftliche Erschließung mag der individuellen Aneignung eines Textes lediglich zur Vorbereitung für den Unterricht dienen, ohne dass der gesamte Apparat dann im Unterricht selbst bereit gehalten und in schriftlicher Form benutzt worden wäre. Und sie kann schließlich gezielt Textexemplare für den Unterricht aufbereiten, die dort dann in dieser schriftlich erschlossenen Form verwendet werden sollten. Ob sich solche und andere Funktionen auch in unterscheidbaren Formen der Textaufbereitung niederschlagen, sei zunächst einmal nur als Frage (auf die zurückzukommen ist) formuliert. Die Notwendigkeit weitergehender Unterscheidung lässt sich jedenfalls am überaus stattlichen Umfang der Reihe jener Werke illustrieren, die »aus der schulischen und gelehrten Beschäftigung mit den lateinischen Texten« heraus althochdeutsch glossiert wurden – so die Wortwahl von HAUBRICHS in seiner Literaturgeschichte, der den Konsens der germanistischen Forschung zusammenfasst18 und die entsprechenden Glossenapparate unter der Überschrift »Texte zum Gebrauch der Schule«19 führt. Die Reihe der althochdeutsch glossierten Werke umfasst u. a. Bibel und Bibelkommentare, die ›Psychomachia‹ des Prudentius, Sedulius, Arator, Alcimus Avitus, Juvencus, Hymnen, Vergil und seine Kommentatoren, Horaz, Persius, Juvenal, Priscian, Eutyches, Donat, Phocas, Alkuins _____________ 17 18 19

LAPIDGE 1982. Vgl. zur weiteren Diskussion WIELAND 1985, MUNK OLSEN 1991, S. 10f., WIELAND 1998, LENDINARA 2002a, S. 26f. HAUBRICHS 1995, S. 189. HAUBRICHS 1995, S. 185-229.

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›De grammatica‹, Isidors ›Etymologien‹, Bedas ›De arte metrica‹, Gregors des Großen ›Cura pastoralis‹, ›Dialogi‹, ›Moralia in Hiob‹ und ›Homilia in evangelia‹ und die ›Consolatio Philosophiae‹ des Boethius.20 In ihrer althochdeutschen Glossierung schlage sich »kontinuierliche und gelehrte Schularbeit« nieder, die Glossaturen trügen »schulischen Gebrauchscharakter« und ließen sich »aus dem Geist der schulischen grammatica ars [...], des elementaren Unterrichts als Vorübung für das Bibelstudium verstehen, deren Inhalte freilich sorgsam ausgesucht und entfaltet wurden und sich allmählich zu einem Lektüre- und Studienkanon verdichteten.«21 Eine solche durch Aufaddierung des Vorhandenen entstandene Reihe lässt unterhalb des Oberbegriffs »Studium« für Abstufungen nach unterschiedlichen Niveaus der Textaneignung noch reichlich Raum, da man kaum alle genannten Gegenstände dem Trivialunterricht zurechnen wird. Vor allem aber muss dem von ihr vermittelten Eindruck entgegen getreten werden, Glossierung – und damit Anwendung von Schriftlichkeit zur Texterschließung – sei auf allen Unterrichtsniveaus eine regelmäßig anzutreffende Praxis. Welches systematische Gewicht dem Gedächtnis und mündlicher Kommunikation für das unterrichtliche Textstudium zukommt, brauchte dann ja gar nicht erst gefragt zu werden – und die gängige Begründung der Unterrichtsverwendung einer Handschrift mit ihrer extensiven schriftlichen Glossierung wäre völlig legitim.22 Als medienpragmatisch unbedacht erweisen sich solche Funktionszuschreibungen jedoch schon angesichts der aus ihnen ableitbaren Erwartung, Handschriften für den Trivialunterricht müssten dann, wenn nicht besonders dicht, so doch besonders regelmäßig glossiert sein. Denn gerade das ist nicht nur nicht der Fall, es trifft sogar eher das Gegenteil zu. Von den 21 AvianHandschriften des 9., 10. und 11. Jahrhunderts weist die Hälfte keine Glossen auf.23 In den übrigen schwankt ihre Verteilung so sehr, dass sie _____________ 20 21 22

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HAUBRICHS 1995, S. 189. HAUBRICHS 1995, S. 191. Als kennzeichnendes Beispiel zitiert HAUBRICHS 1995, S. 191 die Untersuchung KÖLLINGs zur Überlieferung der ›Kieler Prudentiusglossen‹: »Die schmucklose Anlage der Handschrift, die deutlich Spuren häufiger Benutzung zeigt, sowie die umfangreichen lateinischen und althochdeutschen Glossen sind charakteristisch für ein Gebrauchsexemplar im klösterlichen Schulunterricht« (BIRGIT KÖLLING: Kiel UB. Cod. MS. K.B. 145. Studien zu den althochdeutschen Glossen. Göttingen 1983 [Studien zum Althochdeutschen 1], S. 232). Zu den oben Anm. 11 bereits angeführten sieben Zeugen Zue, Par 8, Kar 1, Kar 2, Lei4, Par 10 und SGa kommen hinzu die Handschriften Rom11 (3. Viertel 10. Jh.; Frankreich/Raum Paris), Tri2 (4. Viertel 10. Jh.; Westdeutschland/Echternach), Par 1 (10./11. Jh.; Nordfrankreich), Rom6 (10./11. Jh.; Frankreich/Loire-Region?), Rom7 (10./11. oder 11. Jh.; Frankreich/Loire-Region), Par 4 (10. Jh.; Frankreich?), Rom12 (10. Jh.; Reims? St. Amand?), Lei5 (1023-25; Limoges), Oxf1 (2. Hälfte 11. Jh.; England/Sherborne Abbey?), Oxf4 (2. Hälfte 11. Jh.; England), Edi (11./12. Jh.; England), Lei6 (11./12. Jh.; Nordfrank-

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nur in dreien die Fabelsammlung durchgehend erfassen – und davon beschränkt sich wiederum ein Zeuge darauf, allein Syntaxpunkte systematisch anzubringen.24 In den übrigen sieben zeigt die Glossatur große Lücken und erfasst manchmal kaum den dreißigsten Vers.25 Volkssprachige Glossen gar, denen man eigentlich im Umfeld des Lateinunterrichts besonderen Erklärungswert und didaktischen Nutzen zurechnen möchte, bilden sowohl absolut der Zahl ihrer vier Textzeugen nach betrachtet wie relativ zum Anteil der stets deutlich überwiegenden lateinischen Interpretamente gesehen eine zu vernachlässigende Größe.26 Der Begriff des »Lektüre-« oder »Studienkanons«, dem gesamten Bestand gelehrter Beschäftigung mit Texten geltend, generiert also einen zu umfassenden Bestand von Schulhandschriften, aus dem die Unterrichtshandschriften erst noch herausgefiltert werden müssen. Auf systematische Vorarbeiten der Forschung kann sich eine solche Ausgrenzung nicht stützen – zumal deshalb nicht, weil Texterschließung in schriftlicher Form nicht als ein den Unterricht immer schon selbstverständlich begleitendes Element vorausgesetzt, sondern nach ihren Anteilen und ihrem Verhältnis zur mündlichen Unterrichtskommunikation hier nun überhaupt erst gefragt werden soll. Nachstehend sollen daher aus zwei AvianHandschriften zunächst einmal wesentliche Eckpunkte der Verwendung von Texthandschriften im Unterricht entwickelt und zu einem Unterrichtshandschriften-Gebrauchsmodell vereint werden, das nicht nur den karolingischen Lateinunterricht, sondern darüber hinaus die unterrichtliche Verwendung der ›Fabulae‹ auch im 10. und 11. Jahrhundert zu charakterisieren vermag. Die Berechtigung zu dieser zeitlichen Ausweitung liefert die Text- und Überlieferungsgeschichte der ›Fabulae‹ selbst: Es ist nämlich nicht mehr als der Überlieferungseinsatz selbst, der die karolingische Re_____________ 24 25

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reich), Ant2 (11. Jh.) und Flo3 (11. Jh. Frankreich/Fleury?). Davon überliefern Glossen zum Avian Par 10, SGa, Rom11, Tri2, Par 1, Rom7, Par 4, Oxf1, Oxf4 und Edi. Tri2, Oxf1, Oxf4 – in letzterem Zeugen ausschließlich Syntaxpunkte systematisch. Par 10 etwa umfasst 50 Interlinearglossen, darunter sechs althochdeutsche, wobei allein 16 Glossen auf die Widmungsepistel und im Haupttext dann auf die einzelne Fabel eine bis sieben Glossen entfallen. Die Textaufzeichnung in Rom7, Bl. 35r-56v, bietet Glossen nur im Ausschnitt der Blätter 35r-37v. Par 4 enthält gerade einmal 20 Glossen. In Edi lässt die Glossierung viele Fabeln ganz aus. Volkssprachig glossiert sind Par 10, Rom11, Tri2 und Oxf4. Die fünf französischen Glossen in Edi sind Nachtrag erst des 13. Jahrhunderts (vgl. HUNT 1991, Bd. 1, S. 64f.) und müssen für die vorliegende Argumentation außer Betracht bleiben. Der Bestand umfasst in Par 10 neben 44 lateinischen sechs auf französischem Boden abgeschriebene und, wie Abschreibefehler erweisen, nicht immer verstandene althochdeutsche Interpretamente (vgl. BERGMANN 1973, S. 91 Nr. 773, und VENDRYES 1922, S. 273-276), in Rom11 neben lateinischen eine althochdeutsche Glosse in bfk-Geheimschrift (vgl. BERGMANN 1973, S. 98 Nr. 832, und MAYER 1974, S. 117), in Tri2 neben lateinischen 101 althochdeutsche Glossen (vgl. BERGMANN 1973, S. 104 Nr. 881, und STEINMEYER/SIEVERS 1879/1922, Bd. 2, S. 42-44) und in Oxf4 neben lateinischen 33 altenglische Glossen (vgl. KER 1957, S. 427f. Nr. 350).

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form in ihrer historischen Spezifik kennzeichnet. Weder in Textgestalt noch in der Textdarbietung unterscheiden sich die Handschriften des 9. Jahrhunderts signifikant von den nachfolgenden des 10. und 11. Jahrhunderts. Auch quantitativ wird bereits im 9. Jahrhundert mit sieben Überlieferungszeugen ein Stand erreicht, von dem sich weder das 10. noch das 11. mit ebenfalls je sieben signifikant abheben. In den Niederungen des Trivialunterrichts herrscht auf dem karolingisch erreichten Niveau erst einmal Kontinuität. Das ist das Bild, das auch die Bibliothekskataloge vermitteln, in denen fünf oder sechs Einträge dem 9. (vgl. im Anhang die Nachweise für K1-6) und fünf dem 10. Jahrhundert (vgl. K7-10) zuzuordnen sind.27 Erst im 11. Jahrhundert steigt der Bestand mit 30 Nachweisen auf das Sechsfache an (vgl. K11-27), wobei es freilich fast ausschließlich deutsche und französische Bibliotheken bleiben, die den Avian vorhalten, allerdings ein katalonischer Beleg hinzutritt (K15 aus Ripoll). Dem entspricht im Erhaltenen eine zunehmende geographische Streuung seit der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts. Neben dem Norden und Osten Frankreichs und Süden und Westen des deutschen Sprachraums werden nun auch der französische Süden (Lei5) und England (Edi, Oxf 1, Oxf 4) als Rezeptionsräume sichtbar. Hier deuten sich Ausweitungen an, auf die zurückzukommen sein wird,28 die zunächst jedoch ohne Konsequenzen für die eigentliche Unterrichtspraxis bleiben. Aus den 21 erhaltenen Überlieferungszeugen des genannten Zeitraums heben sich zwei in je besonderer Weise hervor: Par 1, eine im 10./11. Jh. in Nordfrankreich angelegte Handschrift, vor allem durch äußere Gebrauchsspuren, die diese Handschrift so deutlich wie nirgends sonst auf der Frühstufe der Avian-Überlieferung als tatsächlich im Unterricht verwendete ausweisen, und die Handschrift Tri2, im letzten Viertel des 10. Jahrhunderts in Echternach angelegt, deren texterschließender Apparat schon dem Umfang nach von keinem anderen Zeugen der Frühstufe übertroffen wird und damit für die Frühstufe der ersten drei Jahrhunderte den Maximalstand markiert. Par 1 überliefert den Text auf Bl. 53v-63rb. Bl. 53r enthält ebenso wie Bl. 63v lediglich Federproben: Beide bildeten ehedem leere Umschlagseiten eines erst sekundär in den vorliegenden Buchzusammenhang eingefügten Faszikels. Dieser bildete ursprünglich ein selbstständiges Leseheft _____________ 27

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Dieser Befund geht mit der Einschätzung der Verhältnisse durch CONTRENI zusammen: »The tenth-century picture was not significantly different from that of the ninth« (CONTRENI 1992/1990, S. 382). Unter Verweis auf empirische Erhebungen PIERRE RICHÉs zur institutionellen Beschulungsdichte wird dort weiterhin festgestellt: »There certainly was no decline in the number of schools.« Vgl. ferner S. 387: »At least in the schools, the tenth century continued the work of the ninth.« Siehe unten Kap. II.2.

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schmaleren Umfangs und vertritt damit einen Handschriftentyp, der in der Regel kaum Überlieferungschancen hat – es sei denn, ein solches für den unmittelbaren Gebrauch bestimmtes Heft gerät ausnahmsweise in einen konservierenden größeren Überlieferungsverbund, der als solcher die Erhaltungschancen steigert. Eben das ist in Par 1 der Fall. Der gesamte Kodex setzt sich aus sechs verschiedenen, nicht ursprünglich zusammengehörigen Teilen zusammen, die noch im Mittelalter zusammengestellt wurden.29 Für den Avian-Faszikel wurde als Beschreibstoff, wie an zahlreichen Löchern (Bl. 53f., Bl. 60) und unregelmäßigem Beschnitt (Bl. 60, Bl. 63) ersichtlich, Pergament von minderwertiger Qualität benutzt. Überdies weisen die Blätter zahlreiche Abnutzungsspuren auf, die über das in den Textzeugen vergleichbaren oder höheren Alters anzutreffende Maß eindeutig hinausgehen. So ist der Text an vielen Stellen abgegriffen und in der Folge stellenweise unleserlich. Der Faszikel scheint so häufig wie keine andere Handschrift der Frühstufe benutzt worden zu sein. Sein Verwendungskontext lässt sich bereits mit den Gelegenheitseinträgen auf den Umschlagseiten näher als ein unterrichtlicher bestimmen. Unter den Federproben erscheint die Nennung eines bekannten Schulautors der Zeit (Bl. 53r: Sedulius Poeta), erscheinen die Initien katechetischer Basistexte des Unterrichts (Bl. 53r: Aue maria), teilweise neumierte Textinitien (Bl. 63v: Venite ad me omnes qui laboratis [Mt 11,28] und Suscipe laus angelorum), dazu ein Alphabet (Bl. 63v), in eine quadratische Tafel gebrachte Buchstabenreihen (Bl. 63v) und das Initium der ›Aeneis‹ mit übergesetzten Merkzeichen zur Metrik (Bl. 63v). Die Person, die den Avian-Faszikel später in seinen heutigen Verbund aufnahm, war sich dieses alten Gebrauchskontextes noch bewusst. In ihn weisen nämlich auch die Donat- und Priscian-Auszüge auf den unmittelbar vorangehenden Lagen des zweiten Teils der Handschrift30 wie das glossierte dritte Buch von Abbos von St.-Germain ›De bellis Parisiacae urbis‹.31 Ob die Umstellung der einzelnen Fabeln erst auf den späteren Buchbinder zurückgeht oder auf eine vorausliegende Verwendungsstufe, kann hier dahin gestellt bleiben, da sie sich schon durch die Verteilung als mechanisch eingetretene Störung ausweist: Auf die Widmungsepistel und Nr. I-XIX,6 auf Bl. 53v-58vb folgen Bl. 59ra-60vb Nr. XXII,12-XXXIV und die Ankündigung von Nr. XXXV, dann Bl. 61rab Nr. XIX,7XXII,11, Bl. 61v ein zu Beginn fragmentarisches Textstück geistlicher _____________ 29 30 31

Das ist daraus zu erschließen, dass dem ersten Faszikel keine modernen, sondern zwei alt vorlinierte Pergamentblätter vorangestellt wurden, die zudem noch mittelalterliche Einträge aufweisen. Vgl. HOLTZ 1981, S. 419, 454, 475 und 507. Vgl. zur Überlieferungscharakteristik dieses Werks und insbesondere des dritten Buches LENDINARA 1986.

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Prosa und erst Bl. 62ra-63ra Nr. XXXV-XLII sowie dann Bl. 63rb einige Nachtragsverse (WALTHER Nr. 16369a). Eine gewisse Sorglosigkeit der äußeren Textgestalt gegenüber erweist für die frühere Verwendungsstufe jedenfalls ein Wechsel in der Zeilendichte pro Seite von 15 auf 26 Zeilen zwischen Bl. 58v und Bl. 59r. Das Grundlayout jedoch wird beibehalten: Die ›Fabulae‹ erscheinen in zweispaltiger Aufzeichnung, die Verse sind jeweils abgesetzt, der erste Buchstabe eines Distichons erscheint jeweils als Majuskel und herausgerückt, Überschriften vor jeder Fabel benennen einen Titel und zählen die Stücke römisch durch. Unterrichtshandschriften müssen ihre Texte dem Auge nicht sonderlich gefällig, wohl aber einigermaßen übersichtlich darbieten. Wie wurden nun die Fabeltexte selbst bei ihrer Aufzeichnung für die Verwendung speziell im Unterricht angepasst? Geht man dieser Frage zunächst vom Layout her nach, hebt sich Par 1 von anderen Handschriften des 9. bis 11. Jahrhunderts in keinerlei bemerkenswerten Besonderheiten ab. Die handschriftliche Seite als potentielle Arbeitsfläche für schriftliche Ergänzungen betrachtet, hätte sogar eher einspaltige Textaufzeichnung mit breiten Rändern nahegelegen, doch griff man auf sie in Par 1 gerade nicht zurück. Auch die Ausstattung mit Zwischenüberschriften und die römische Durchzählung, die die Übersicht erleichtert, kennzeichnet nicht allein Par 1, sondern ist in anderen Textzeugen, die dem Unterricht nicht so nahe stehen wie der Pariser Zeuge, ebenso anzutreffen. Die Entscheidung für Absetzung der Verse und Markierung des Einsatzes des Distichons durch Herausrückung seiner Eingangsmajuskel erscheint ebensowenig spezifisch. Obschon für zukünftige Glossierung zwischen den Zeilen ein großzügigerer Abstand angemessen wäre, wird dieser ab Bl. 59r verengt und interlinearen Zusätzen der Raum genommen. Hier sollte offenbar vor allem Platz gespart, nicht aber Raum zusätzlich eröffnet werden. Wie im Layout, so folgt der Pariser Zeuge auch unter textgeschichtlichem Aspekt übergreifenden Konventionen. Die Veränderungen in Bestand und Reihenfolge der Stücke wurden oben bereits aus inneren Gründen als mechanisch eingetretene identifiziert. Das lässt sich von den übrigen Handschriften der Frühstufe her stützen: Sie alle überliefern die ›Fabulae‹ im Prinzip vollständig und in der Reihenfolge des Originals. Eine besondere Anpassung für den Unterricht findet nicht statt. Wie verhält es sich aber mit den Glossen? Hier stammt eine Grundschicht noch vom Schreiber des Verstextes selbst. Sie wurde anscheinend, wie das in den mittelalterlichen Avian-Handschriften überhaupt die Regel ist, gemeinsam mit dem Basistext aus der Vorlage übernommen.32 Hinzu _____________ 32

Vom Gegenteil als Normalfall geht dagegen RICHÉ 1999, S. 248, aus.

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kommen noch einige wenige Nachträge, die sich mindestens zwei späteren Schichten zuordnen lassen. Sie beschränken sich aber teilweise nur auf die Wiederherstellung von im frequenten Gebrauch abgeriebenem Text.33 Interlinearglossen ziehen sich zwar durch den ganzen Text, erfassen ihn aber sehr ungleichmäßig und grundsätzlich in eher geringer, nach dem ersten Textdrittel sogar in deutlich abnehmender Dichte. Sehr viele der 42 Stücke werden überhaupt gar nicht glossiert. Auch das Funktionsspektrum der Glossen erscheint eher schmal. Es ist nahezu vollständig auf lexikalische Erläuterungen, auf die Angabe von Wortentsprechungen eingeengt, die im Durchschnitt etwa einmal pro Vers angegeben werden und damit den in keineswegs unmittelbar eingängigem Latein verfassten Text seinem Verständnis nicht durchgreifend näher bringen. Wenige Marginalien, die an vier Stellen angebracht wurden, ergänzen das Gesamtbild entsprechend. Zur Veranschaulichung von Verteilung und Art der Glossen gebe ich nachstehend den Bestand zu den Stücken Nr. VII-XI:34 [Nr. VII] [1] innatum: id est inmissum. [3] horrens: horribilis. [4] nec patulis: id est apertis. primum: primitus. [6] concitus: velox. [7] probitas: id est bonitas. [8] nolam: copulam. [9] faucibis innexis: inligatis. crepitantia: sonantia. [10] motu: sonitu. [12] ovans: gaudens. [Nr. VIII] [4]35 ante rota: id est fortuna [sowie marginal zur selben Stelle] Fortuna uersat rotam uolubili uel instabili ordine, et gaudet mutare assidue infima summis, et summa in infimis. Et hec apud ueteribus dicebatur dea euentus. Ponit autem »et hic rotam« pro »ipsa fortuna«. [5] fertur: dicitur.36 [6] sollicitasse: conmouisse. [10] expositum: id est separatum. [11] postquam sperata negavit: id est, quia camelus sperabat ut sibi miseretur. [12] et magnae sustulit auris onus: hoc dicit, quia antea magnas habebat aures et modo ille paruas dedit. [13] Vive minor merito: deo dicit minor merito, quia pro inuidia sua minorate sunt illi aures. cui sors: uel natura. [14] perpetuum: perpetualiter. livide: id est inuide.

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Etwa Bl. 54rb zu II,12: Hier sind abgeriebenes -muit und licuisse des Verstextes über Ingemuit votis haec licuisse suis interlinear nachgetragen. Bei dieser Gelegenheit wurde neben licuisse gleich id est libuisse zur Stelle glossiert. Abkürzungen sind aufgelöst. Die Lemmata sind in der handschriftlich vorliegenden Form wiedergegeben, nicht nach der kritischen Ausgabe, auf die ich aber für den jeweils weiteren Kotext verweise. Eigene Zusätze stehen kursiv in eckigen Klammern, notwendige Ergänzungen kursiv in spitzen Klammern, Unleserliches erscheint als »«. Groß- und Kleinschreibung ist nur am Anfang und für Eigennamen geregelt. Die Orthographie der Vorlage ist beibehalten. Die von mir ergänzte moderne Interpunktion will lediglich das Verständnis erleichtern. Wo nicht anders angegeben, werden auch im folgenden Texte aus Handschriften immer in dieser Art und Weise abgedruckt. Voran geht zu VIII,2 über ausrasiertem nostra fabella eine Korrektur zu fabula nostra. Es folgt über undeutlichem pecus isse des Verstextes die verdeutlichende Wiederholung isse.

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[Nr. IX] [2] suscipiebat: id est tenebat. [14] collato: associato. [6] preceps: velox. [9] trahens: portans. [13] concreto: audacto. riguerunt: duruerunt. [14] non: vel nam. [16] lustris: siluis. [18] iusto: equitate. [19] sodes: amice. [Nr. X] [7] galero: id est galomauco, id est cufia. [12] aequeve: id est naturales. [Nr. XI] [2] agebat: id est ducebat. [13] nam me sive tibi: super te. seu te mihi: super me. conferat: simul portet [Par 1, Bl. 55v-56v]

Die besonderen situativen Faktoren, die ein solcherart dünnes Glossenangebot (vgl. Abb. 3) für den Unterricht, dem der Pariser Faszikel zu dienen hatte, erklären könnten, sind unbekannt – welchen speziellen Wissensvoraussetzungen, welchem Unterrichtsniveau genau es galt und welches mehr oder minder große Engagement lehrerseitig im Hintergrund stand. Spätmittelalterliche Avian-Glossaturen jedenfalls erfassen den Text bisweilen in jedem dritten Wort und mit in bis zu drei Zeilen übereinander gesetzten Interpretamenten: Der Grundtext vertrüge also sehr viel mehr Erläuterung, als Par 1 sie gibt. Es spielt aber dennoch in Par 1 nicht einfach nur der Zufall hinein, der die Repräsentativität der Befunde schmälert. Einmal bleibt das überlieferungsgeographische Faktum zu bedenken, dass der romanische Sprachraum im 10. Jahrhundert die Hauptverbreitung der ›Fabulae‹ trägt. Ihm sind sechs von sieben erhaltenen Handschriften zuzuweisen,37 Par 1 entstammt also durchaus keiner »Bildungsprovinz«. Weiterhin erweist sich an der Gegenüberstellung mit jener Handschrift, die ganz im Gegenteil zu Par 1 intensiv wie keine andere der Frühstufe ihre ›Fabulae‹ durch schriftliche Zusätze für den Gebrauch aufbereitet, dass eine bedeutend dichtere Form der Textaufbereitung für den Unterricht offenbar gar nicht selbstverständlich erwartet werden darf. Tri2 bewahrt die ›Fabulae‹ auf den Blättern 232r-240v. Der Grundtext wurde einspaltig aufgenommen, wobei die Seiten an allen vier Rändern reichlich Freiraum für Zusätze bieten. Da er kaum genutzt wurde, hat man Bl. 232-234 das Pergament der äußeren Ränder später sogar, um es für andere Zwecke zu nutzen, herausgeschnitten. Die Verse sind durchweg abgesetzt, wobei zwischen den Zeilen Platz für Glossen belassen ist. Der Grundtext ist vollständig, und die einzelnen Stücke sind in der Reihenfolge des Originals aufgenommen. (vgl. Abb. 4). Im Unterschied zu Par 1 sind in Tri2 Interlinearglossen sowie vereinzelte Marginalscholien über den gesamten Text hinweg angebracht. Sie erscheinen dort in sowohl gleichbleibender wie insgesamt höherer Dichte _____________ 37

Hierher stammen neben Par 1 auch Par 4, Par 10, Rom6, Rom7 und Rom12. Ergänzend lässt sich etwa auf die Avian-Kenntnis bei Remigius von Auxerre verweisen, der in seinem ›Disticha Catonis‹-Kommentar die zehnte Fabel anführt: vgl. MANITIUS 1913, S. 111. Diesen französischen Zeugnissen können für das 10. Jahrhundert im deutschen Sprachraum nur Tri2 und drei Belege aus Bücherverzeichnissen an die Seite gestellt werden: K7 (Passau) K9 (Regensburg, mit allerdings gleich zwei Katalogeinträgen) und K10 (St. Gallen).

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von im Durchschnitt zwei Interpretamenten pro Vers. Ein weiterer Unterschied zu Par 1 besteht in der weitergehenden Auffächerung des Glossenapparats hinsichtlich der verwendeten Sprachen. Neben den ganz überwiegenden lateinischen umfasst er nun auch 101 althochdeutsche Interpretamente. Diese erscheinen ebenso über den gesamten Verstext verteilt wie die lateinischen, ohne dass Schwerpunkte ihrer Verteilung erkennbar würden. Dennoch wird der Sprachwechsel nirgends markiert, werden deutsche Glossen nicht in besonderer Weise hervorgehoben: Sie heben sich auch bei näherer Betrachtung nicht vom Gesamtapparat ab. Teils bilden sie das einzige Interpretament, teils stehen sie gemeinsam mit lateinischen Interpretamenten. Der Rückgriff auf das Althochdeutsche erscheint von daher lediglich als eine hier und da sporadisch ergänzend genutzte Option der schriftlichen Textauslegung. Insgesamt gesehen machen die volkssprachigen Glossen ja nur einen Bruchteil des Gesamtbestands aus. Nicht zuletzt weisen die Trierer Glossen ein breiteres Funktionsspektrum als die Pariser auf. Sie erschließen häufig in einfachen Wortgleichungen lediglich die lexikalische Bedeutung der Lemmata und arbeiten so dem Textverständnis entgegen. Zudem wird verkürzte Rede entfaltet und dadurch vereindeutigt (s. u. ne quid: ali zu XI,9 oder zu VII,3 horrens: ex). Hinzu treten statt auf Einzelworte auf größere Einheiten bezogene Einträge wie zu XI,5 marginales non simul coniunctim diffluebant, das die Versaussage im paraphrasierenden Zusatz erschließt, oder zu VII,5 marginales Ipse pauidus et crudum deponens, qui uelut pro gaudio uerbera simulabat, das für einen anschaulichen Vergleich zum trügerisch-friedlichen Verhalten des Hundes, der seinen Herrn schließlich doch beißt, in die menschliche Lebenswelt ausgreift. Zu solchen ausholenden Glossen zählen weiterhin unsystematisch auftretende, die die gesamte Fabellehre durch zuspitzende Wiedergabe hervorheben, dazu an den Epimythien ansetzen und mit absolutio eingeleitet werden.38 Vereinzelt, etwa Bl. 237rv, erscheinen zudem Syntaxpunkte und Satzelemente bindende Syntaxzeichen wie Tilden, die das Verständnis des Satzbaus _____________ 38

Vgl. zu diesen SUERBAUM 2000, S. 413f., mit dem Beispiel aus Nr. XX von Fischer und Fisch (DICKE/GRUBMÜLLER 1987, Nr. K143): Absolutio. Quomodo linquere debuissem quod mihi fortuna nunc dedit (Bl. 235v). Für die absolutio-Glosse zu Nr. XXII vom Geizigen und Neidischen – Absolutio. Magis delectat quispiam inuidus suis malis ut tam aliis maiora eueniat (Bl. 236r) – hält SUERBAUM fest: »Auch hier dient die Marginalnotiz als Paraphrase dem Verständnis des letzten Fabeldistichons [sc. XXII,19f. Quae, dum proventis aliorum gaudet iniquis, | Laetior infelix et sua damna cupit, M. B.], lässt sich aber als moralische Erkenntnis auch als Lehre der Gesamtfabel begreifen, worauf das die Glosse einleitende Stichwort hinweisen dürfte. Mit diesen Glossen sind Ansätze zu einer moralischen Deutung der Fabeln erreicht; ihnen fehlt aber noch die Wendung in die präskriptive Verbindlichkeit, wie sie spätere Moralisationen aufweisen.«

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Abb. 3: Paris, Bibliothèque nationale, Ms. Lat. 5570, Bl. 54v – Avians ›Fabulae‹ in einer Unterrichtshandschrift des 10. Jahrhunderts

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Abb. 4: Trier, Stadtbibliothek, Cod. 1092/1335, Bl. 233v – Avians ›Fabulae‹ mit dem relativ dichtesten texterschließenden Apparat der Frühüberlieferung sowie mit neben dem Schlussvers von Nr. VI nachgetragenem Epimythion

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erleichtern. Diese Funktion können auch Bezüge klärende Glossen wie zu VII,13 und VII,17 (s. u.) erfüllen. Vergleichbares leisten Interpretamente, die grammatische Formen verdeutlichen – wie zu XI,4 (s. u.) die Markierung des Ablativs und Präzisierung seiner qualitativen Funktion durch Ergänzung des Pronomens ex. Mehrfach wird auf rhetorische Sachverhalte hingewiesen.39 Die wort- und phrasenbezogenen deutschen wie lateinischen Interpretamente werden regelmäßig in der flektierten Form des Grundtextes gegeben, können also unmittelbar, ohne weitere grammatische Operationen wie Anpassung von Genus, Kasus oder Numerus gegen das Lemma ausgetauscht werden. Zur Veranschaulichung nachstehend der Apparat zur siebten und elften Fabel: [VII,1] aut: non. innatum: natiue infertum. mentibus: hominum. [2] Muneribus: laude. supplicio: Infamia. ue: pro que [und marginal zum Vers:] honore pariter et ignominia. [3] horrens: ex. [5] [marginal:] Ipse pauidus et crudum deponens, qui uelut pro gaudio uerbera simulabat. [6] concitus: uelox. audaci: contra. [8] [marginal:] Tintinnabulum – Nolarium ponit primum fuisse legitur. [9] crepitantia: sonantia. [10] que: . motu: sonitu. [11] premia: konotens laudes. [13] [über gesperrtem] insultantem […] superbum [zwei verbindende Tilden und] forem. senior: ille dominus. [marginal:] Uerus bacanum – Nullam solum aliorum omnium. [15] [marginal neben:] sensum: geuizze [ahd.]. [16] munera: honores. [17] uirtutis: tue. [18] sed geris: wegist [ahd.]. [Tri2, Bl. 233v] [XI,1] ripiens: erlosende [ahd.]. [2] agebat: inpellebat [und marginal:] nidertreib [ahd.]. [3] duas: ollas. [4] aere: ex. luto: ex. [5] [marginal:] Non simul coniunctim diffluebant. [7] erea: olla. [marginal:] Ollam terream. [8] iurabat: iurando promisit. longius ire uiam: se. [9] illa: lutea olla. ne quid: ali. [10] breui: pauperi. cum meliore: potente diuite. [12] non timor: scilicet tamen. ex animo: meo. [13] nam: quia. [Tri2, Bl. 234v]

Die Trierer Handschrift bewahrt in quantitativer wie qualitativer Hinsicht den Maximalstand der Avian-Glossierung vor dem 12. Jahrhundert. Sie bewahrt zugleich aber auch den materiell kostbarsten und am aufwändigsten gestalteten Avian der Frühstufe, ja des ganzen Mittelalters überhaupt: Der bestglossierte Avian der Frühstufe ist zugleich der am anspruchsvollrepräsentativsten gestaltete. Die Fabelsammlung wird in einem von keinem mittelalterlichen Avian-Zeugen mehr übertroffenen GroßfolioFormat von 51 x 34,5 cm präsentiert, dazu in einem Kodex von bemerkenswertem Buchschmuck,40 der sogar die Aufmerksamkeit der Kunsthis-

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So etwa zu II,4 und II,11 (Antiptosis), zu XIII,3 (Antonomasia), zu XIII,8 (Parenthesis), zu XXIX,18 (Metonymia) und zu XXX,1 (Aphaeresis). Prachtvolle Zierinitialen finden sich Bl. 2r, 118r, 125r, 147r, 159r, 172r und 232r. Hinzu kommt eine (später ergänzte) farbig ausgestaltete Ostertafel (Bl. 114v-115r).

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toriker auf sich gezogen hat,41 und eingebunden in ein auch inhaltlich monumentales Kompendium von Schulschriftstellern, deren Reihe über den gesamten Prudentius, über Sedulius, die ›Consolatio Philosophiae‹ des Boethius und Arators Apostelgeschichte bis zu den ›Disticha Catonis‹ reicht und von denen viele – darin dem Avian vergleichbar – ebenso mit lateinischen wie mit althochdeutschen Glossen und überdies mit Kommentaren erschlossen sind.42 Dieser Prachtkodex ist im Umfeld der seit 973 betriebenen Reform des Echternacher Klosters in einer Gruppe von im Buchschmuck teils noch aufwändiger gestalteten Handschriften entstanden: im Zuge der Grundausstattung einer monastischen Bibliothek, die sich sogar unter kaiserlicher Förderung Ottos des I. (936-973) vollzog.43 Der Trierer Kodex wurde ganz gewiss nicht regelmäßig im Unterricht benutzt – dem steht schon sein Riesenformat entgegen. Er stellt vielmehr das genaue Gegenteil einer Unterrichtshandschrift dar: den umfangreichen, hier gar repräsentativ gestalteten Bibliotheksband, der als Wissensspeicher Texte prospektiv für verschiedenste zukünftige Nutzung bereithält. In den Unterricht ließ sich dieser Handschriftentyp allenfalls partiell übertragen: indem man sich aus ihm Abschriften für den spezielleren Zweck anfertigte. In größter Distanz zum Unterricht finden sich also nicht nur statt weniger Glossen mehr Glossen, sondern findet sich sogar der vor dem 12. Jahrhundert bestglossierte Avian überhaupt. Das ist kaum erneut Zufall. Die Pariser und Trierer Form des Glosseneinsatzes lassen sich über die Annahme zusammenbringen, dass man für die Textauslegung im Trivialunterricht vor dem 12. Jahrhundert nicht nur im Einzelfall, sondern grundsätzlich, also konzeptionell, auf eine ex tempore erst mündlich im Unterricht einzusetzende Vermittlungskompetenz, auf das Vorwissen des _____________ 41 42

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Hier zuerst durch CARL NORDENFALK: Abbas Leofsinas. Ein Beispiel englischen Einflusses in der ottonischen Kunst. In: Acta Archaeologica 4,1 (1933), S. 49-83. Vgl. speziell zu den volksprachigen Aratorglossen der Handschrift HENNING VON GADOW: Die althochdeutschen Aratorglossen der Handschrift Trier 1464. München 1974 (MMS 17), und ARMIN SCHLECHTER: Die althochdeutschen Aratorglossen der Handschrift Rom, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 1716 und verwandte Glossierungen. Göttingen 1993 (Studien zum Althochdeutschen 20), S. 337-359. Weitere Untersuchungen zur althochdeutschen Glossierung von Tri2 verzeichnet BERGMANN 1973, S. 104 Nr. 881. In der Datierung von Tri1 folge ich HARTMUT HOFFMANN: Buchkunst und Königtum im ottonischen und frühsalischen Reich. Stuttgart 1986 (Schriften der MGH 30), Bd. 1, S. 510. Die Zusammengehörigkeit der entsprechenden Handschriftengruppe wurde zuerst von Nordenfalk in dem oben zitierten Beitrag bemerkt. Zur ganzen Gruppe grundlegend: JEAN SCHROEDER: Bibliothek und Schule der Abtei Echternach um die Jahrtausendwende. Luxembourg 1977 (Publications de l’Institut Grand-Ducal de Luxembourg 91). Vgl. zuletzt MICHELE CAMILLO FERRARI: Schulfragmente. Text und Glosse im mittelalterlichen Echternach. In: Die Abtei Echternach 698-1998. Hg. von M. C. F., JEAN SCHROEDER und HENRI TRAUFFLER. Luxembourg 1999 (Publications du CLUDEM 6), S. 123-164.

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Lehrers gesetzt hat – wie der Pariser Faszikel das vorführt. Dagegen führt die Trierer Handschrift vor, dass die Notwendigkeit zu dauerhaftschriftlicher Fixierung der Textauslegung erst dort gesehen wurde, wo dieser regelmäßig vom Einzelnen okkasionell in den Unterricht einzubringenden Auslegungsleistung die übergreifende Voraussetzung zu schaffen war. Offenbar wurde der Aufwand einer schriftlichen Ausarbeitung noch regelmäßig als relativ hoch eingeschätzt. Er wird dementsprechend vor dem 12. Jahrhundert eher als Gemeinschaftsleistung erbracht denn schon jeweils vom Einzelnen übernommen. Das Ergebnis, die relativ dichte Texterschließung, versorgt daher auch nicht gezielt den einzelnen Lehrer oder den einzelnen Schüler als vielmehr – alle möglichen Nutzungen des Textes prospektiv abdeckend – die ganze Klostergemeinschaft. Mit einem nicht nur okkasionell, sondern konzeptionell geringen Nutzungsgrad des Mediums Schrift für den Trivialunterricht im 9., 10. und 11. Jahrhundert ist mithin die unterschiedliche Glossenverteilung in den Pariser und Trierer Handschriften zu erklären. Der Verzicht auf durchgreifende schriftliche Texterschließung für den Unterricht lässt sich weiterhin dem Textapparat insofern ablesen, als dieser trotz seiner relativen Dichte der Unterrichtsarbeit am Grundtext konzeptionell erhebliche Freiräume belässt. Viererlei ist für ihn – im Vorgriff auf die Usancen der späteren Kommentierungspraxis44 – hervorzuheben: 1. Die Textauslegung erscheint in Trier einzig in der Form der Interlinearoder Marginalglosse. Deswegen beschränkt sie sich aber nicht auch schon, das ist wichtig zu sehen, auf die expositio ad litteram, d. h. auf die am Einzelwort oder der einzelnen Phrase ansetzende und sich allein auf diese beziehende litterale Auslegung. Die oben bereits erwähnten Trierer Glossen, die mit dem Stichwort absolutio angekündigt werden, setzen nämlich an den lehrhaften Epimythien der Fabeltexte an, greifen deren Lehre diskursiv auf und spitzen sie zu. Die Darbietungsform der Glosse umfasst in diesen Fällen neben der expositio ad litteram durchaus noch die Auslegungsfunktion der expositio ad sententiam moralem. Es braucht freilich den kompetenten Benutzer, der über so viel Übersicht verfügt, dass er sich trotz äußerlich gleichförmiger Darstellung der durchweg nur in Glossenform gebotenen Erläuterungen in den unterschiedlichen Auslegungsfunktionen der Kommentierung sicher zu orientieren weiß. 2. Eben diesen kompetenten Benutzer braucht es auch zur Ergänzung der lehrhaften Ausdeutung. Denn den meisten Fabeln fehlt eine solche absolutio-Glosse. Für sie kann dann zwar oft ein lehrhaftes Epimythiendisti_____________ 44

Zu ihr und ihren einzelnen Schritten – expositio ad litteram (litterale Auslegung), expositio ad sensum (Prosaparaphrase), expositio ad sententiam moralem (Benennung des praktischhandlungsbezogenen Lehrsinns) und expositio ad sententiam allegoricam (geistliche Auslegung) – s. u. Kap. II.3.

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chon eintreten, über das bereits der Verstext an mehreren Stellen verfügt. Aber eben nicht jede Fabel hat ein solches, ein erstes Lehrangebot unterbreitendes Epimythion. Die absolutio-Glossen zeigen, dass man auf die diskursive Benennung eines lehrhaften Fabelsinns zwar Wert legt, ohne diesen deshalb aber schon systematisch schriftlich zu explizieren. Man vertraute vielmehr auf einen Textbenutzer, der das metrifizierte Lehrangebot der Fabelverse auch ad hoc prosaifizieren konnte oder gar ganz ohne schriftliche Unterstützung es zu formulieren fähig war. 3. Eine Prosaparaphrase – die expositio ad sensum, wie sie spätmittelalterliche Fabelkommentare ganz regelmäßig aufweisen – und eine allegorische Auslegung der Fabeln im engeren Sinne – die expositio ad sententiam allegoricam – fehlen ganz. Wenn die diskursive Rekapitulation der Erzählhandlung vor dem 12. Jahrhundert Bestandteil des Trivialunterrichts am Avian gewesen ist, dann muss sie nach dem Zeugnis des Trierer Maximalapparates wiederum vom kompetenten Benutzer und ganz aus der Situation heraus mündlich entwickelt worden sein. 4. Eine weitere Beobachtung, die das bis hierher Festgestellte genau ergänzt: Keine Avian-Handschrift vor 1100, auch die Trierer nicht, verfügt über einen Accessus. Dieser Kommentarbaustein avanciert erst etwa ein Jahrhundert später zum selbstverständlichen Bestandteil der Kommentierung.45 Andererseits verzichtet man eben seit dieser Zeit auf die Abschrift der Widmungsepistel, die dem Werk noch von seinem spätantiken Verfasser vorangestellt wurde und von den älteren Handschriften – auch der Trierer – ganz regelmäßig tradiert wird. Beide Bausteine erfüllen eine die Lektüre einleitende Funktion, die sich für die Widmungsepistel in den Handschriften der Frühstufe besonders an ihrer relativ dichteren Glossierung zu erkennen gibt, die auffallend gehäuft Aspekten des Werkes gelten, die auch in den späteren Accessus, dort dann freilich diskursiv entfaltet und in eine systematische Reihe gebracht, aufgegriffen werden. Der Befund entspricht damit genau der Relation von Epimythien und expositio moralis: Bis ins 12. Jahrhundert fehlt dem Trivialunterricht eine diskursiv ausformulierte, eigenständige schriftliche Einleitung. Die Nutzung der auffallend oft relativ dicht wie literaturtheoretisch einschlägig glossierten Widmungsepistel an der Funktionsstelle des späteren Accessus verweist damit ganz wie bei den Versepimythien wiederum auf das hohe Gewicht, das vor dem Hintergrund zunächst kaum ausdifferenzierter Unterrichtsschriftlichkeit den im Text fixierten Vorgaben des Autors _____________ 45

Über die mittelalterlichen Avian-Accessus orientiert grundlegend: SUERBAUM 2000, S. 393404. Siehe zum Ersatz der spätantiken Widmungsepistel durch den mittelalterlichen Accessus im 12. Jahrhundert unten Kap. II.3. Demgegenüber geht RICHÉ 1999, S. 249, von einer allgemeinen Verbreitung des Accessus im Umfeld der Schule aus. Hier muss jedoch sehr viel stärker nach Unterrichtsniveaus und für diese in chronologischer Hinsicht differenziert werden.

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selbst für die Auslegung seiner ›Fabulae‹ zukommt. Und es verweist damit zugleich natürlich auch auf die eminente Bedeutung des Memorierens, die gerade die Textkommentierung auf der Frühstufe voraussetzt. Wer systematisch auf schriftlich bereits abgesicherte Lehre zurückgreifen wollte, dem blieb innerhalb eines engen Spielraums schriftlicher Textaufbereitung regelmäßig gar nichts anderes übrig, als sich an den Autortext selbst zu halten und ihn auswendig zu lernen.46 Um zusammenzufassen: Die Maximalglossierung der Frühstufe impliziert einen Textbenutzer, der zur okkasionellen mündlichen Auffüllung der expositio fähig war, der über die verschiedenen Auslegungsdimensionen bereits orientiert war und sich nicht erst vor Ort mit Hilfe schriftlicher Materialien einschlägig orientieren musste, kurzum: der bereits über eine ausgebildete Auslegungskompetenz im Hintergrund verfügte. Wie nach der Seite ihrer handschriftlichen Darbietung, so lassen auch nach der Seite ihrer textuellen Konzeption betrachtet die Zeugnisse der Avian-expositio vor dem 12. Jahrhundert eine implizite Gebrauchsstruktur erkennen, in der dem Einsatz von Schriftlichkeit vorerst noch ein relativ marginaler Status für die unterrichtliche Textauslegung zukommt. Perspektiviert man die Textangebote entschieden auf die pragmatischen Grundgegebenheiten einer – natürlich nur modellhaft zu fassenden – unterrichtlichen Auslegungssituation, so zeigen sie sich konzeptionell auf eine Standardsituation zugeschnitten, in der allenfalls der Lehrer über Schriftlichkeit verfügte, deren unterrichtsstrukturierende Potenzen aber auch von dieser Position aus nicht entfernt genutzt werden. Was schriftlich dem Unterricht zur Verfügung gestanden haben mag, baut konzeptionell in hohem Maße auf die Lizenzen der mündlichen Kommunikationssituation, vor allem auf die Möglichkeit zu situationsgebundener Auffüllung des Angebots, zur Auswahl und Anordnung durch den schon vorinformierten Benutzer. Aus derart offen angelegten schriftlichen Hilfsmitteln nun den Schluss zu ziehen, der auf solcher Grundlage gehaltene Unterricht wäre gleichermaßen »offen« – lückenhaft etwa und unsystematisch – verlaufen, liegt zwar nahe, rückte aber doch die schriftliche Textauslegung dann wieder so weit ins Zentrum des Unterweisungsgeschehens, wie es ihr gar nicht zukommt. Ihre offene Konzeption muss vielmehr auch mit anderen, nicht schon schriftlichen kommunikativen Parametern monastischer Unterweisung zusammen gesehen werden, die diese Offenheit wieder einschränken _____________ 46

Die Praxis des Auswendiglernens von Texten spielt im mittelalterlichen Unterricht bekanntlich eine bedeutende Rolle. Vgl. im Überblick RICHÉ 1985. Die Veränderungen, denen sie im Verlaufe der Jahrhunderte unterliegt und die aus der zunehmenden Verschriftlichung des Schulunterricht folgen (und die folglich ohne Rücksicht auf diesen auch nicht zureichend erfasst werden können), sind als solche jedoch noch nicht systematisch untersucht.

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können. Erinnert sei nur an den potentiell dauerhafteren wie engeren Kontakt zwischen Lehrern und Schülern, in dem beide in ihrem besonderen Lebenszusammenhang der überschaubaren klösterlichen Gemeinschaft stehen. Dieser Gemeinschaft gliedert sich der Schüler nicht lediglich temporär ein wie in eine institutionell ausgegliederte Schule, sondern er ist sehr viel enger und dauerhafter an sie gebunden. Die Unterweisung durch mit der Novizenausbildung betraute Geistliche kann damit prinzipiell sehr viel gelegenheitsgebundener und weniger eingegrenzt allein auf ein im engeren Sinne unterrichtliches Handlungsfeld ansetzen.47 Für den in der Funktion des Lehrers hingegen Agierenden bringt der Einbezug des weitergehenden monastischen Lebenszusammenhangs, in dem Unterricht stattfindet, zudem auch eine besondere Form der Kontrolle der Lehrsituation durch die Gemeinschaft in den Blick. Diese läuft noch weniger über den ausgearbeiteten und somit überindividuell verbindlich gemachten schriftlichen Auslegungstext als über den permanent engen sozialen Kontakt mit den Mitgliedern der klösterlichen Lebensgemeinschaft. Auch wenn die Inhalte des Textstudiums nicht umfänglich schriftlich fixiert sind, fällt seine praktische Ausgestaltung deshalb also nicht zwangsläufig schon in das gänzlich ungesteuerte Belieben des Lehrers. Auch diese den offenen Kommentartext mit weiterreichenden Parametern seines historischen Gebrauchs vermittelnden Hinweise dürfen jedoch nicht derart aufgefasst werden, dass die lediglich schwach ausgebildete Kohärenz des schriftlichen Erschließungsapparates damit gleichsam wieder durch okkasionell mündlich beigebrachte Ergänzungen vollständig aufgefangen würde. Abgesehen von dem praktischen Problem, in mündlichen Gesprächssituationen ohne schriftlich verfügbaren Basistext allenfalls Verweise auf den verhaltensanleitenden Sinngehalt einzelner Fabeln anbringen zu können, kaum aber auch detaillierte und am präzisen Wortlaut ansetzende grammatische Instruktionen, würden damit die Unbestimmtheiten des schriftlichen Zugangs zum Text implizit als ein Defizit der frühen Kommentierungspraxis betrachtet, das irgendwie beseitigt werden müsste. Damit würde verdeckt, was das Textstudium auf der Frühstufe gerade grundlegend charakterisiert: die ausgeprägte Verbind_____________ 47

Da die Offenheit der unterrichtlichen Textgebrauchssituation in der vorliegenden Untersuchung nur von den schriftlichen Unterrichtsmaterialen her dargestellt werden soll, sei hier auf Anschlussmöglichkeiten nur verwiesen. An weiteren Basisparametern des unterrichtlichen Interaktionssystems, die sich vergleichbar unabgeschlossen darstellen (sodass von einem »System« nur unter Einschränkung gesprochen werden kann), lassen sich vor allem die Festlegung des Unterrichts auf einen eigenen, speziell für diese Funktion reservierten Raum und eine für ihn reservierte eigene Zeit angeben. Auch die Abgrenzung der Funktion, speziell als Lehrer zu agieren, gegen andere Aufgaben – wie etwa die, auch noch die Bibliothek zu betreuen, an ihrem Ausbau mitzuwirken, den tagesaktuellen Schriftverkehr der jeweiligen Klosterniederlassung zu besorgen – gehört natürlich ebenfalls hierher.

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lichkeit, die dem Grundtext selbst für die Aneignung der ›Fabulae‹ zukommt. Statt eines Accessus leitet er mit der Widmungsepistel des Autors Avian mit seinen eigenen Worten in seine Lektüre ein. Mit dem Ansatz der Glosse an der einzelnen Textstelle vermittelt allein die Sukzession des auszulegenden Textes der Kommentierung ein Gerüst. Wird der Text dem Unterricht bereitgestellt, wird der größte Anteil an materialen Ressourcen – Beschreibstoff und Tinte – bereits für die schlichte Reproduktion, die Abschrift der ›Fabulae‹ selbst verbraucht. Es ist von hier nur noch ein kleiner Schritt, sich dann auch die kognitive Aneignung des Unterrichstextes wesentlich zuerst als materiale Reproduktion des Autorwortes, als Aneignung der Verse in Form ihres medialen Übertritts ins Gedächtnis des Schülers vorzustellen: als primär physische Verinnerlichung durch Einverleibung.48 Für das immerhin ja doch vorhandene schriftliche Auslegungsangebot wiederum bleibt aber festzuhalten, dass die verschiedenen Erschließungsaspekte allesamt noch unter der Form der auf die Einzelstelle stellenbezogenen Glosse oder Marginalie versammelt werden. Eine nach verschiedenen Verwendungszwecken des Textes aufgefächerte Aufbereitung des Grundtextes ist der handschriftlichen Seite noch nicht abzulesen. Die Glosse ist einzige überhaupt zur Verfügung stehende Form schriftlich verdauerter Texterschließung: Deshalb ist für sie damit zu rechnen, dass sie nicht nur in im engeren Sinne unterrichtlichen, sondern überhaupt in allen Lektüresituationen herangezogen wurde, die auf schriftliche Erklärungshilfe in welcher Form auch immer Wert legten oder angewiesen waren. Überlegungen zur Funktion einzelner Glossen im Hinblick auf vorderhand didaktisch anmutende Phänomene wie etwa die Akkumulation von Interpretamenten haben daher zu bedenken, dass solche Phänomene nicht in erster Linie von einer pädagogischen Zielsetzung her, eine Sache multiperspektivisch zu beleuchten etwa, um sie so dem Verständnis näher zu bringen, sondern auch sehr viel weniger zielgerichtet motiviert sein können. Gerade Akkumulation kann auch Effekt des schlicht anhäufenden Angebots des wenigen in der Schrift Vorhandenen sein. Von hierher bezieht auch eine zweifellos dysfunktionale Übernahme einer unverstandenen althochdeutschen Glosse in die auf französischem Boden geschriebenen Handschriften Lei5 und Par 10 ihren Sinn: aus dem Bestreben, die begrenzten schriftlichen Ressourcen überhaupt zu versammeln, zu sichern, zu »überliefern«.49 Im Hinblick auf die Ausarbeitung komplexerer Glossenapparate wird deren spezifisch funktionaler Zu_____________ 48

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Die Bedeutung der körperlichen Einverleibung und Verarbeitung (ruminatio) von Texten im monastischen Studium hat zusammenfassend zuerst LECLERCQ (1963, S. 83-102) dargelegt. Vgl. weiterhin vor allem CARRUTHERS 1990, S. 156-188, und ILLICH 1991, besonders S. 57f. Vergleichbares beobachtet LENDINARA 2002. Vgl. auch LENDINARA 2002a, S. 26f.

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schnitt allein auf den Trivialunterricht hin, der doch auf extensive schriftliche Hilfsmittel offenbar kaum angewiesen war, überhaupt unwahrscheinlich. Für die Unterrichtsfunktion ist eher damit zu rechnen, dass sie nur eine unter mehreren möglichen Funktionen eines Textkonzepts ist, das weitaus polyfunktionaler angelegt war, sodass für die Glossaturen unbedingt auch nach Übergreifenderen, funktional unschärferen Motiven und Gestaltungsfaktoren zu fragen bleibt. Dabei müssen gerade für die Zeit vor 1100 auch die Systematisierungsleistung des Zusammenführens und Ordnens von Wissen und auch der Dienst an der monastischen Gemeinschaft als Anstöße stärker bedacht werden, als eine moderne, schriftzentrierte Betrachtungsweise handschriftlicher Glossen das heute nahe legt. Unabhängig von am Mediengebrauch ansetzenden Beobachtungen hat MICHAEL LAPIDGE eine Diskussion der weithin von der Forschung unterstellten, primären funktionalen Bindung der Texterschließung in Form von Glossen an den (vor allem frühmittelalterlichen) Schulunterricht angestoßen.50 Als ein erstes wichtiges Zwischenergebnis zeichnet sich dabei gegenwärtig die Unterscheidung zwischen »design« und »use« ab, zwischen der Konzeption einer Glossatur und ihrer intendierten Rezeption einerseits und ihrem faktischen Gebrauch andererseits: Beides muss sich durchaus nicht entsprechen. Im Anliegen, Funktionszuschreibungen zu differenzieren, treffen sich die Bestrebungen dieser Diskussion mit den hier aus der Überlieferung und Textgeschichte der ›Fabulae‹ gezogenen Schlüssen. Speziell aus medienpragmatischer Perspektive wird jedoch auch ein systematisches Defizit dieser Forschungsdiskussion deutlich. Dem übergreifenden historischen Prozess des konzeptionellen Ausbaus schriftlicher Texterschließung als solcher, dem Vorgang ihrer voranschreitenden funktionalen Ausdifferenzierung im Zuge des Vordringens von Schriftlichkeit in den Unterricht, der überhaupt erst die Bedingungen für funktional distinkte Verwendung schriftlicher Texterschließung schafft, kommt in ihr noch keine Bedeutung zu. Allerdings lässt sich das nur erkennen, wenn man den zeitlichen Bezugsrahmen entsprechend weiter spannt. Denn selbst noch gegen Ende ihrer Frühüberlieferung im 11. Jahrhundert zeichnen sich in den Handschriften der ›Fabulae‹ Avians erste Bemühungen um eine weitergehende schriftliche Erschließung allenfalls zaghaft ab.51 _____________ 50 51

Vgl. LAPIDGE 1992, und dazu vor allem – zugleich weitere Positionen der Forschung resümierend (PAGE, LERER, PORTER STORK, IRVINE) – WIELAND 1998. Während die Textgeschichte der lateinischen Avian-Glossen auf der Frühstufe noch darzustellen bleibt, stellt sich ein kleiner Seitenzweig bereits in klaren Konturen dar. In einigen englischen (Cam4, Edi, Oxf 1, Oxf 4) und französischen (Par 4, Rom7) Handschriften des 10. (Par 4, Rom7), 11. (Edi, Oxf 1, Oxf 2) und 12. (Cam4) Jahrhunderts werden dem Verstext nämlich die im Mittelalter u. a. auch unter dem Namen des Avienus, daneben auch unter Cato, vor allem aber unter Martial laufenden ›Versus de rustico‹ angelagert. Sie umfassen

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Exkurs 1: Ein vermeintlicher Avian-Kommentar Alkuins Die in der Forschung des öfteren anzutreffende Vermutung, es sei kein geringerer als Alkuin, die zentrale Figur des Gelehrtenkreises um Karl den Großen, als Verfasser eines Avian-Kommentars in Betracht zu ziehen, geht auf Kaspar von Barth (1587-1658) zurück, der in seinen erstmals 1624 in Frankfurt/M. erschienenen ›Adversariorum commentariorum libri sexaginta‹ – eine zweite Auflage folgte 1648 – von einer Handschrift aus eigenem Besitz mit einem Avian-Kommentar berichtet, die diesen an mehreren Stellen einem Albinus zuweise.52 Dieser Albinus könne durchaus jener Caroli Magni praeceptor Alkuin, latinisiert Albinus, gewesen sein, so Barths Vermutung, die aber dann durch keinerlei weitere einschlägige Information aus dem Text und seiner Handschrift mehr abgestützt wird. Bereits die Mitteilung, der Name werde an mehreren Stellen genannt,53 gibt Anlass zur Skepsis, denn eine mehrfache Selbstnennung des Verfassers innerhalb seines eigenen Kommentars zu einem schlichten Schultext wäre doch recht ungewöhnlich, und eine Verfasserzuweisung zu Beginn und/oder Ende des Textes in Titel oder Schlussschrift und/oder vielleicht gar in marginalen Bei- oder Überschriften (die wiederum ungewöhnlich wäre), könnte durchaus auch Zutat eines späteren Abschreibers sein. Gleichwohl hat Barths Vermutung Eingang in die Avian-Philologie gefunden, zuerst 1731 bei CANNEGIETER (S. *3-*5), zuletzt 1958 in _____________

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im von KÖLBLINGER hergestellten kritischen Text neun Verse, für die ihr Herausgeber 37 Handschriften nachweisen kann: GERALD KÖLBLINGER: »Versus panos« und »De rustico«. In: Mlat. Jb. 8 (1973), S. 7-27, hier S. 17-27. Von den Avian-Handschriften ist dort jedoch nur Par 4 berücksichtigt. In dieser Handschrift sind die ›Versus de rustico‹ der die Fabelsammlung eröffnenden Widmungsepistel vorangestellt. Nicht berücksichtigt hat KÖLBLINGER hingegen die schon GUAGLIANONE (vgl. 1957, S. 13; 1958, S. XIV [zu Rom7]) bekannten Zeugen Cam4, Oxf 1, Oxf 4 und Rom7, zu denen REEVE (1983, S. 31) überdies Edi nachgetragen hat. In allen diesen weiteren Zeugen fehlen den ›Versus de rustico‹ jeweils die letzten zwei Verse; dafür ist ein einleitender ergänzt (vgl. den Text bei GUAGLIANONE 1957, S. 13). Ferner geht der Text im Unterschied zu Par 4 der Widmungsepistel nicht voran, sondern folgt erst auf sie, erscheint also unmittelbar vor dem Fabelkorpus selbst. Diese Einmontierung hat KÖLBLINGER offensichtlich die Identifizierung verhindert. Sie zeigt eine Umfunktionalisierung der ›Versus‹ zu einem zweiten kleinen Prolog vor den eigentlichen Fabeln an, die als solche nähere Untersuchung verdiente. »Alcuin is said to have prepared a commentary on the fables for the use of his pupils«: so zuletzt WRIGHT 2001, S. 9 (unter Verweis auf MANITIUS 1911/31, Bd. 1, S. 512, und OLDFATHER 1911, S. 115f.). Zu Caspar von Barth s. WILHELM KÜHLMANN: Barth, Caspar von. In: LitLex, Bd. 1, S. 321f.; FRIEDRICH WILHELM WENTZLAFF-EGGEBERT: Barth, Caspar von. In: NDB, Bd. 1 (1953), S. 605, und Bd. 3 (1957), S. 745*. »Commentarius est antiquus quem possidemus satis grandis, et auctorem praefert Albinum, non semel expresso nomine [...]« (CASPAR VON BARTH: Adversarium commentariorum libri LX [...]. Frankfurt/M. 1624, Sp. 1766 [die Stelle auch bei OLDFATHER 1911, S. 116, angeführt]). Aus dem Verstext der Handschrift wird dann Sp. 2345-47 zitiert, aus dem Kommentar Sp. 1766-68 und Sp. 1780-82.

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GUAGLIANONEs Ausgabe (S. IX), ohne dass Barths Handschrift jedoch je einmal wieder hätte konsultiert werden können. Auf sie führt eine bisher übersehene Spur, die ihren Ausgang von KRISTELLERs Nachweis einer Avian-Handschrift mit der Signatur Ms. VII,11/12 in der Zwickauer Ratsbibliothek nimmt.54 Sie ist 2000 von SUERBAUM (S. 385 Anm. 10) zum Überlieferungsbestand nachgetragen worden, ohne dass dort schon eine Verbindung zu Barth hergestellt worden wäre. Dieser indes lässt sich als früherer Besitzer des Zwickauer Avian namhaft machen. Von Barths Hand hat sich nämlich eine auf den 23. 5. 1643 datierte Liste erhalten, in der er Christian Daum (1612-87) verschiedene seiner alten Manuskripte zum Kauf anbietet. Darunter wird als Nr. 10 aufgeführt: »In Ovidium sine titulo (Amores) Scholia, adiecta Albini Commentaria in fabulas Auiani. 4. gr. ligt ins Horatij Sermonibus.«55 Diese Nr. 10 wurde dann von Daum auch erworben und ging später mit seinen übrigen 1694 vom Zwickauer Rat erworbenen Büchern in den Bestand der Ratsschulbibliothek ein. Dort wird die Handschrift in einem 1736 von Johann Jeremias Crudelius (1711-43) angelegten Katalog unter der Signatur »VII,11 u. 12« erfasst und kurz beschrieben als »In Ovidii Nasonis amorum libros tres commentarii perpetui. Incipit: Diversi diversas assignant causas, quare liber iste Ovidii etc. Accedit Albini commentarius in fabulas Aviani, membrana 9 foliorum in 12mo.«56 Die Hoffnung allerdings, nunmehr Barths Zuweisung des AvianKommentars an Alkuin in Zwickau überprüfen zu können, trügt. OTTO CLEMEN hat die Bestände der Ratsschulbibliothek im Jahre 1921 auf Handschriften und Bücher aus Barths Besitz durchgesehen. Die neun Pergamentblätter des Ms. VII,11/12 im Duodezformat befanden sich damals nicht mehr in Zwickau.57 Auch KRISTELLER konnte sie nicht auffinden, und sie werden noch heute vermisst.58 Gleichwohl lassen sich mit der Identifizierung von Barths Albinus-Kommentar mit dem Zwickauer Ms. VII 12 nun doch einige Angaben von weitergehendem Aufschluss machen. So erlaubt es die Anführung der Kommentare zu Ovid (VII 11) und Avian (VII 12) in einem gemeinsamen Artikel und mit einer einzigen Angabe zu Umfang und Format im Katalog von Crudelius trotz der Zu_____________ 54 55

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Vgl. KRISTELLER 1967/97, Bd. 3, S. 440 und S. 441. CLEMEN 1921, S. 281. Bei der zusätzlichen Angabe »4. gr.« in Barths Liste handelt es sich um den Christian Daum vorgeschlagenen Verkaufspreis. Für den Zusatz Barths »ligt ins Horatij Sermonibus« weiß ich keine Erklärung. Könnte ein handschriftliches Konvolut innerhalb einer Druckausgabe des Horaz gemeint sein (Nikolaus Henkel mündlich)? Im Katalogartikel von Crudelius (s. u.) ist jedenfalls von Horaz keine Rede mehr. CLEMEN 1921, S. 284. CLEMEN 1921, S. 284: »Ebenso ist Hs. Nr 10 verschollen.« KRISTELLER 1967/97, Bd. 3, S. 441: »Not found« (und nach brieflicher Auskunft der Ratsschulbibliothek vom 3. 3. 1992 seither nicht wieder aufgetaucht).

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teilung verschiedener Signaturen anzunehmen, dass es sich bei der Handschrift um eine einzige kodikologische Einheit gehandelt hat. Diese war ihrem Umfang nach sehr wahrscheinlich ursprünglich einmal umfangreicher und dürfte bereits Barth nur noch als Fragment vorgelegen haben. Zum einen zitiert Barth zu den Fabeln Nr. XVIII,18-XXXIV,1 nichts, und auch nichts zur Widmungsepistel.59 Zum weiteren wird der Fragmentcharakter von der späteren Aufbewahrung der beiden Stücke her wahrscheinlich. In der Ratsschulbibliothek hat sich nämlich ein Pappdeckel aus dem 18. Jahrhundert erhalten, in dem einmal durchweg ungebundene Stücke, darunter überwiegend Fragmente versammelt waren, und unter ihnen auch die Blätter des Ms. VII,11/12. Der Beschriftung auf dem Rücken des Deckels zufolge umschloss der Deckel sieben Texte, die als Nr. 8-14 gezählt waren: - Nr. 8, das heutige Ms. VII,8 (I+84 Bl., 17 x 12,5 cm, Ende 14. Jh.: Dionysius Rickel: ›Expositio in Dionysii Aeropagitae Hierarchiam caelestem‹ [frgm.] und Ps.-Dionysius Areopagita: ›De caelesti hierarchia‹);60 - Nr. 9 und 10, zweimal Walters von Châtillon ›Alexandreis‹, von der die Ratsschulbibliothek heute zwei jeweils fragmentierte Handschriften aufbewahrt, das Ms. VII,9 (I+85 Bl., 17 x 12 cm, Anfang 14. Jh.)61 und das Ms. VII,10 (1 Bl., 30 x 22 cm, 14. Jh.)62; - Nr. 11, »Ovidii libros amorum commentarius« - Nr. 12, »Albini Commentarius in Aviani fabulas« - Nr. 13, »Lucani Pharsalia«, heute aufbewahrt in Ms. VII,13 (I+122+I Bl., 19 x 12,5 cm, 14. Jh.);63 - Nr. 14, »Eras. Flock, Aegloga Antonini«. Von den noch erhaltenen, heute getrennt aufbewahrten Manuskripten dieser alten Fragmentensammlung hat keines einen alten Einband. Zusammengestellt wurde die Sammlung vor 1736. Da die Kaiser Ferdinand I. (1503-64, im Amt seit 1556) gewidmete Ekloge des Nürnberger Arztes Erasmus Flock heute statt, wie zu erwarten, in Ms. VII,14 in Ms. VII,19 aufbewahrt und die Ekloge bereits in Crudelius’ Katalog unter ihrer neuen Nummer geführt wird, muss der Bestand des Pappbandes spätestens 1736 verändert, wenn nicht aufgelöst worden sein. Weiterhin ist für den Terminus ante quem non der Zusammenstellung festzuhalten, dass, obwohl die mittelalterlichen Handschriften der Sammlung allesamt aus dem Besitze Barths stammen, sie doch nicht bereits von diesem unter _____________ 59 60 61 62 63

Vgl. OLDFATHER 1911 S. 117 Anm. 2 (dort auch ein Hinweis auf Barth Sp. 2345: »ope casci libri vel fragmentis potius«). Beschreibung der Handschrift: SCHIPKE 1990, S. 30f. Beschreibung der Handschrift: SCHIPKE 1990, S. 31f. Beschreibung der Handschrift: SCHIPKE 1990, S. 32. Beschreibung der Handschrift: SCHIPKE 1990, S. 32f.

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dem vorliegenden Deckel vereint worden sein können, das sie alle über Daum in die Bibliothek gelangt sind, der sie jedoch nicht gleichzeitig, sondern erst nach und nach von Barth erworben hatte.64 Überlieferungsgeschichtlich kann somit zwar allein die Verbindung von Ovid- und Avian-Kommentar in einem Fragment ohne eigenen, festen Einband ausgewertet werden – dies aber immerhin im Blick auf den Verbleib dieses Fragments. SCHIPKE teilt in ihrer Einleitung des Zwickauer Katalogs nämlich mit, dass der Ovid des Ms. VII,11 bei einem Brand im Hause des Philologen Johannes Aloysius Martyni-Laguna (d. i. Karl Friedrich Martini [1755-1824]) im Jahre 1807 zerstört worden sei.65 Da Ovid- und AvianKommentar sehr wahrscheinlich eine Einheit bildeten, ist diese Auskunft auch auf den Fabelkommentar zu beziehen: Er wird ebenfalls 1807 verbrannt sein. Darüber hinaus lassen sich nun Zweifel an der Zuweisung des Kommentars an Alkuin weiter begründen. Zum einen: Eine Verbindung mit Werken Ovids gehen die ›Fabulae‹ Avians erst seit dem 12. Jahrhundert ein. Zum anderen: Die Beschränkung auf Kommentare – von den Grundtexten ist weder für Ms. VII,11 noch für Ms. VII,12 irgendwo die Rede – verweist auf den Überlieferungstyp der Kommentar-Sammelhandschrift, der sich im Umfeld der ›Fabulae‹ ebenfalls erst seit dem Hochmittelalter nachweisen lässt.66 Die Aufzeichnung selbst steht also in beträchtlicher zeitlicher Distanz zum reklamierten karolingischen Verfasser: Die bereits als solche aufgrund der fehlenden Angaben Barths zu ihrer Position in Text und Handschrift nicht richtig einzuschätzende Zuweisung an einen Albinus stammt demnach vielleicht erst aus dem Hochmittelalter. Das schränkt ihren Zeugniswert für die Alkuin-Zuweisung noch weiter ein. Zu dieser Spätdatierung passt nun aber auch auffällig gut das Fehlen jeder Mitteilung von Scholien zur Widmungsepistel, obwohl doch gerade sie zwischen dem 9. und 11. Jahrhundert als funktionales Äquivalent des Accessus die Aufmerksamkeit der Kommentatoren auf sich gezogen hat. Das ist vielleicht gar nicht der Fragmentarizität der Handschrift oder Barths Auswahl aus ihr geschuldet, sondern der Tatsache, dass die Wid_____________ 64

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Vier der Nummern bot Barth 1643 Daum zum Kauf an, und sie wechselten daraufhin ihren Besitzer: der Ovid / Avian, in Barths Liste Nr. 10, der Lucan des Ms. VII,13, bei Barth Nr. 5, und Dionysius Rickel / Ps.-Dionysius Aeropagita im Ms. VII,8, bei Barth Nr. 11 (vgl. auch SCHIPKE 1990, S. XIf. mit Anm. 16). Ein weiteres Manuskript erscheint nicht in Barths Liste und wurde bereits vor 1636 von Daum erworben (vgl. CLEMEN 1921, S. 269, sowie SCHIPKE 1990, S. XII, zum Ms. VII,9). Ein letztes schließlich (Ms. VII,10) muss zu einem wiederum anderen Zeitpunkt von Barth an Daum gelangt sein. SCHIPKE 1990, S. XII Anm. 18. Eine Quelle für diese Information wird leider nicht angegeben. Die Zwickauer Ratsschulbibliothek verfügt über kein Verzeichnis der 1807 untergegangenen Schriften. Siehe unten Kap. II.4.1.

Schule ohne Schulbuch

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mungsepistel den Verstext seit dem 12. Jahrhundert in den Handschriften ja auch gar nicht mehr begleitete67 und also von daher gar keine Gelegenheit mehr bestand, zu ihr Scholien anzubringen. Damit aber müsste dann auch der Kommentar selbst ins Hochmittelalter gesetzt werden. Zwingend beweisen lässt sich die Spätdatierung des Barth’schen Albinus-Kommentars zwar nicht. Auf der anderen Seite aber ist der von Alkuin verehrte Vergil kein so unbekannter Autor, dass die von OLDFATHER als ein zusätzliches Argument eingebrachten entsprechenden Reminiszenzen im Kommentar eine entsprechende Zuweisung zu tragen vermöchten.68 Das gilt ebenso für seinen Hinweis, der Angelsachse habe mit seiner eigenen Textproduktion den Grammatikunterricht ja durchaus im Blick gehabt.69 Solange eine gezielte Analyse aller einschlägigen Anführungen Barths aussteht, spricht bedeutend mehr gegen als für den Angelsachsen als Avian-Kommentator. Auf sehr unsicherer Grundlage steht auch die Kommentar-Verfasserschaft des Remigius von Auxerre. Die entsprechende Vermutung70 stützt sich im Kern auf eine Anführung der zehnten Avian-Fabel in seinem ›Disticha Catonis‹Kommentar in der Textgestalt der Handschrift aus Lucca. Aus der Anführung als solcher lässt sich streng genommen aber lediglich eine Kenntnis der ›Fabulae‹ ableiten, ohne dass Remigius seinen Avian schon zum Gegenstand eigener Kommentierung gemacht haben muss. Da zudem eine kritische Ausgabe des ›Disticha Catonis‹-Kommentars aussteht,71 lässt sich der Avian-Verweis für den von Remigius verantworteten »Original-Text«– sofern mit einer solchen Vorstellung methodisch überhaupt zureichend gearbeitet werden kann – einstweilen auch gar nicht zweifelsfrei sichern. Unter demselben Vorbehalt steht auch OLDFATHERs Hinweis auf einzelne Übereinstimmung der Glossierung in den Textzeugen des ›Disticha Catonis‹-Kommentars aus Lucca und Rouen mit derjenigen der Trierer Avian-Handschrift 1093/1694: Es könnte sich in allen Fällen stets auch um mehr oder minder umlaufendes Erklärungsgut handeln. Ohne systematische Einrechnung des zeitgenössischen Traditionshintergrunds steht auch dahin, wie zwin-

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70 71

Siehe unten Kap. II.3.2. OLDFATHER 1911, S. 116f. Von den heidnischen Dichtern wird Vergil so häufig wie kein anderer althochdeutsch glossiert: HAUBRICHS 1995, S. 189. OLDFATHER 1911, S. 117. Wenn weiterhin angeführt wird, es vermöge allein eine »active intervention of some influental scholar contemporary with Charlemagne« die rasche Verbreitung der ›Fabulae‹ »through the schools of Western Europe during the ninth and tenth century« zu erklären, dann liegt dieser Annahme die sehr moderne Vorstellung einer die Aufnahme des Textes in den Schulunterricht und seine Verbreitung zentral steuernden Instanz zugrunde, die den tatsächlichen historischen Voraussetzungen der Textüberlieferung – s. o. Kap. II.1 – nicht angemessen ist. Die Argumente sind bei OLDFATHER 1911, S. 115f., zusammengeführt. Vgl. JEUDY 1991, S. 389. Das Werkverzeichnis von JEUDY berücksichtigt im übrigen zwar auch ungesicherte Zuweisungen an Remigius, darunter aber keinen Avian-Kommentar (vgl. S. 387-393).

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gend »a certain knowledge of greek«72 die Trierer Scholien und speziell Remigius wirklich verbindet.

2. Erste Ausweitung der Auslegungsinstrumente: FabelEpimythien Auf die zunehmende räumliche Streuung der erhaltenen Handschriften seit der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts wurde oben hingewiesen, ebenso auf den parallelen sprunghaften Anstieg der in den Bibliothekskatalogen verzeichneten Aviane. An mehreren Orten als zuvor werden jetzt mehr Handschriften als zuvor für den Unterrichtsgebrauch vorgehalten.73 Anzeichen indes dafür, dass auch die Grundstrukturen der Verwendung von Text und Handschrift, Mündlichkeit und Schriftlichkeit im Unterricht modifiziert worden wären, gibt es keine. Wohl aber wird in das Textangebot für den Unterricht nun zu den Glossen ein weiteres Instrument aufgenommen: die Formulierung einer Fabellehre in Form von Epimythen.74 Der Überlieferungsbefund ist eindeutig: Während die Promythienverse (V,1-4, VII,1f., VIII,81-4, XXXIV,1-4) von allen erhaltenen Zeugen der Frühstufe tradiert werden und die Zeugen des 9.75 und 10. Jahrhunderts76 _____________ 72 73

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OLDFATHER 1911, S. 116. Das ist der Hintergrund, vor dem Otloh von St. Emmeram in seinem ›Libellus proverbiorum‹ feststellen kann, omnes paene magistri ließen auf die Lektüre des Psalters und der ›Disticha Catonis‹ den Avian folgen (vgl. Othloni Libellus proverbiorum. Recensuit, adnotationibusque criticis et illustrativis, indice nominum et rerum instruxit GUILELMUS CAROLUS KORFMACHER. Chicago/Ill. 1936, S. 2). Und es ist der Hintergrund der Berücksichtigung der ›Fabulae‹ in der Taxononomie dem Mittelalter überlieferter Werke nach ihrer auctoritas – die autentica, agiographa, communia oder apochripha sein kann – in der 1086 verfassten ›Ars lectoria‹ des Aimericus (vgl. HARRY F. REINDERS: Aimericus, Ars lectoria. In: Vivarium 9 [1971], S. 119-137, 10 [1972], S. 41-101, und S. 124-176, hier S. 168-170): Als weithin bekannt vorausgesetzt, können sie unter den Beispielen für eine auctoritas communia genannt werden. Überdies erfahren die ›Fabulae‹ durch den sogenannten Poeta Astensis nun auch erstmals eine versifizierende Neufassung. Ob diese bereits die ansteigende Verbreitung der Studien im 11. Jahrhundert zum Hintergrund hat oder erst spätere Entwicklungen, bleibt angesichts der immer noch unsicheren Datierung dieses ältesten ›Novus Avianus‹ freilich ungewiss (vgl. SPREITZHOFER 1995, S. 33-35 [zweite Hälfte 12. Jahrhundert] und ZURLI 1994, S. 14 [12. Jahrhundert, vielleicht Anfang]). Die kritische Ausgabe GUAGLIANONEs setzt den Text der mittelalterlichen Epimythien in eckige Klammern und lässt eine neue Verszählung beginnen. Ich weise sie der Deutlichkeit halber durch ein der Stücknummer hinzugesetztes »E« aus. In Kar 1 sind die Verse XI E,1f., XII E,1f., XIII E,1f., XVII E,1f. und XXVIII E,1f. Nachtrag erst des 13. Jahrhunderts. In Tri2 (s. o. Abb. 4, dort neben Z. 13 des Verstextes) und Rom6 sind die Verse VI E,1f. und ein von GUAGLIANONE nicht berücksichtigtes Distichon zu Nr. VIII (Sic sobolem quisquis genitor docet arte nequicquam; Vt temptet natus que sibi uira negant) wiederum erst Nachtrag.

Erste Ausweitung der Auslegungsinstrumente: Fabel-Epimythien

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Epimythien nur ganz vereinzelt als teilweise bedeutend späteren Nachtrag bieten, setzt im 11. Jahrhundert eine breitere Produktion dieser Verse ein, die nun für zwölf der 42 Fabeln bezeugt sind (X E,1f., XI E,1f., XII E,1f., XIII E,1f., XIV E,3f., XV E,1f. XIX E,1f., XXV E,1f., XXVI E,1f., XXIX E,1f., XXXI E,1f., XXXVIII E,1f.). Teils sind die Epimythien in den Verstext integriert,77 folgen dort auf den Schlussvers und sind wie dieser eingerichtet, ohne vom Schreiber eigens markiert zu sein. Teils sind sie marginal nachgetragen, wobei aber ein Verweiszeichen sie an den Verstext – und zwar an dessen Schluss – bindet.78 Als zumeist unmarkierter Bestandteil des Verstextes setzen sie wiederum die besondere Kompetenz des kundigen Textbenutzers voraus, der sie als ein besonderes Auslegungselement auf der handschriftlichen Seite identifizieren muss. Zumindest im 11. Jahrhundert hat freilich auch ein besonderer Sinn für diese Zusätze bestanden: In Ant2 nämlich wird der gesamte Epimythien-Apparat – er umfasst VI E,1f., X E,1f., XI E,1f., XIII E,1f., XV E,1f. XIX E,1f., XXV E,1f., XXVI E,1f., XXIX E,1f., und XXXVIII E,1f. – zu einem eigenen Textblock zusammengefasst und dem eigentlichen Verstext, der dann selbst keine weiteren Epimythien bietet, Bl. 59v-60r wie eine Art Prolog vorangestellt (vgl. Abb. 5).79 Diese Form der Darbietung, die Autortext und mittelalterliche Zusätze deutlich auseinander hält, bleibt freilich singulär – zweifellos wegen ihrer Nachteile für die Unterrichtsverwendung, da bei der Lektüre jeder Fabel wieder an den Anfang der gesamten Aufzeichnung zurückgesprungen hätte werden müssen. Entsprechend liegt in Ant2 keine Unterrichtshandschrift vor, sondern ein sehr sorgfältig angelegter Bibliotheksband, der Texte für den Unterricht allenfalls in seinem Hintergrund bereithält. Voraussetzung für die Aufnahme in den Verstext ist die formale Einpassung der Epimythien. Sie werden bis ins Spätmittelalter fast immer in distichischen Versen formuliert. Modellgebend wirkt der Autortext überdies in der Positionierung der Lehre an das Ende der Fabel. Den Schlusssentenzen hatte nämlich schon der spätantike Autor durch antithetische Zuspitzung besonderes Gewicht verliehen und sie lehrhaft-resumierend auf das Erzählte zurückblicken lassen.80 Bei Voranstellung hingegen _____________ 77 78 79 80

So in Oxf 1 (XV E,1f.), Oxf 4 (XII E,1f., XXXI E, 1f.) und Edi (XII E,1f., XIV E,3f., XXXI E,1f.). So in Flo3 (XXIX E,1f.) – vielleicht noch vom Textschreiber, sicher aber von zeitgenössischer Hand, am oberen Rand von Bl. 52r. Textabdruck: HERMANN 1939, S. 119f. Vgl. dazu KÜPPERS 1977, S. 81f. Markante Beispiele versammeln gleich die ersten Fabeln: vgl. I,15f. (Haec sibi dicta putet seque hac sciat arte notari, | Femineam quisquis credidit esse fidem), II,15f. und IV,15f.

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Abb. 5: Antwerpen, Museum Plantin-Moretus, M 374, Bl. 60r – Fortsetzung des EpimythienVorspanns zu den ›Fabulae‹ Avians und Beginn der Widmungsepistel

Erste Ausweitung der Auslegungsinstrumente: Fabel-Epimythien

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wäre der folgenden Fabel regelmäßig lediglich die Funktion des illustrierenden Beweises für die Gültigkeit eines allgemeinen Lehrsatzes zugekommen. Eine solche prinzipielle Nachordnung des spätantiken Textes hinter seine mittelalterliche Aneignung mag überhaupt als unangemessen erachtet worden sein. Schlichter betrachtet stellte die Ausrichtung am Modell des Autortextes aber einfach aus arbeitsökonomischen Gründen zunächst einmal das Naheliegende dar. Zudem fügt sich die Nachstellung der Lehre in ihrer Angewiesenheit auf die Sukzession der Texterfassung zwangloser in einen Habitus der Textaneignung ein, den die memorierende Einverleibung des Autorwortes charakterisiert, als in ein mit der Vorordnung der Epimythien aufgebautes, abstrakteres Verhältnis von Lehrsatz und Beweis. Erst nach dem prozessualen Durchgang durch alle Verse der jeweiligen Fabel liefern ihre letzten Verse schließlich in einer Art Steigerung die Summe und Frucht dieser Bemühung. Die Neuproduktion von Epimythien im 11. Jahrhundert folgt aus dem Verlangen nach Verbesserung der überkommenen Praxis, in der der Lehrgehalt, wo nicht die Verse Avians selbst dem Unterricht etwas anboten, allenfalls ad hoc mündlich formuliert werden konnte. Der von ELLIS angegebene Bestand der originalen avianischen Epimythien bei Nr. I, II, XVI, XXVII, XXX, XXXIII, XXXVI und XLI81 wird bezeichnenderweise von der Neuproduktion nicht erfasst. Dort erwiesen sich Zusätze als unnötig. In der Summe sind dann zwar 20 Stücke mit Epimythien ausgestattet, jedoch ist damit aber immer noch lediglich knapp die Hälfte des Gesamtbestands an Fabeln berücksichtigt. Solche Verteilung lässt allenfalls auf einen allgemeinen Trend zu erweiterter schriftlicher Fundierung des Unterrichts schließen, der an verschiedenen Orten von verschiedenen Personen getragen wurde, kaum indes auf einen geschlossensystematischen Zugriff. Gegen diesen spricht weiterhin das Verhältnis, in dem der Gesamtbestand der neuen Epimythien zu jenen Fabeln steht, in denen Positionen der Erzählung vom antiken Verfasser abschließend noch einmal antithetisch zugespitzt werden (Nr. V-VII, X, XII, XIV-XVI, XIXf., XXIIf., XXVI, XXXI, XXXIIIf., XXXVI-XL, XLII).82 Obschon damit lehrhafter Ausdeutung durchaus bereits ein Ansatz gegeben wäre, werden auch von diesen Fabeln mehrere (Nr. X, XII, XIVf., XIX, XXVI, XXXI, XXXVIII) mit neuen Epimythien belegt. Ungeachtet des mit den Epimythien zunächst nur schwach gesteigerten schriftlichen Anteils an der unterrichtlichen Textauslegung wird damit gleichwohl im 11. Jahrhundert erstmals ein zusätzliches Instrument der _____________ 81 82

Vgl. ELLIS 1887, S. XXX. Vgl. KÜPPERS 1977, S. 81f.

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Textauslegung bereitgestellt. Es wird in den folgenden Jahrhunderten kontinuierlich weitergenutzt und quantitativ ausgebaut.83 Als funktionales Äquivalent zur diskursiven Benennung des Lehrangebots der einzelnen Fabel im Prosakommentar werden die Epimythien dann im 15. Jahrhundert bisweilen auch ausdrücklich in diskursiver Form ausgewiesen, etwa durch marginale Beischriften in Kop2, die sie mit derselben Bezeichnung belegen, die in den spätmittelalterlichen Prosakommentaren auch die Fabellehre markieren kann: moralitas. Sehr häufig belegen v. a. Unterstreichungen oder Hinweiszeichen, wie sie dichter etwa in den spätmittelalterlichen Zeugen Bas2 und Ber 2 auftreten, eine entsprechende Aufmerksamkeit der Abschreiber und Textbenutzer. In der Sache vergleichsweise explizit werden, im Zusammenhang mit Darlegungen zur Etymologie des Autornamens, die zwei textgeschichtlich eng verwandten süddeutschen Accessus des 15. Jahrhunderts in Mue1, Bl. 235ra, und Slz, Bl. 192r. Vel dicitur »sine via«, quia non servat viam rectam, quandoque enim ponit vtilitatem in fine apollogi, sicut hic: »Rustica deflenti« [= Nr. I, vgl. dort die Verse I,15f.]. Quandoque autem in principio, vt hic: »Metiri se quemque decet« [= Nr. V, vgl. die Verse V,1-4]. Quandoque nec ibi nec ibi, id est neque in fine neque in principio: »Certamen longa« [= Nr. XXIV, in Mue1 ohne Epimythien]. Quandoque enim in fine ponit plures vtilitates, vt ibi: »Venator iaculis« [= Nr. XVII, in Mue1 mit den Epimythien Nr. XVII E,1-3]. Quare dicitur Avianus, quasi »sine via«, quia in suis carminibus viam aliorum non tenet. [Mue1, Bl. 235ra]84

Die Accessus-Partie markiert zugleich die äußerste Grenze der diskursiven Reflexion mittelalterlicher Avian-Kommentatoren auf die Epimythien als solche. Den vorliegenden Text überhaupt deskriptiv in Eigentümlichkeiten seines Aufbaus zu erfassen, muss demnach bereits als Leistung erscheinen. Dass eine vier Jahrhunderte zuvor breit einsetzende Neupro_____________ 83

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Einen eigenständigen, aber unvollständigen Überblick über den mittelalterlichen Epimythienbestand gibt GUAGLIANONE 1959. Auch seine kritische Ausgabe verzeichnet sie nur lückenhaft. Vgl. im einzelnen die Handschriftenbeschreibungen im Anhang dieser Untersuchung. Auch in der Kommentargruppe Aug2-Mue8-Ott-Par 7, der dann 1494 die QuentellInkunabel folgt (vgl. SUERBAUM 2000, S. 425-429, und BALDZUHN 1996a), wird auf die Epimythien verwiesen: Et est sciendum, quod post finem cuiuslibet fabule semper sequuntur duo versus totam fabulam, quo ad eius utilitatem vel fructum exprimentes, quapropter pre ceteris plus sunt memorie commendandi (GW Nr. 3110, Bl. A2v). So haben das auch Aug2, Ott und Par 7, während Mue8 Bl. 62v den Hinweis variiert: Jtem post finem vniuscuiuscumque fabule postea ponende semper secuntur duo versus totam fabulam, quo ad eius vtilitatem siue fructum exprimentes. Ex quo quelibet fabula postea ponenda habet duplicem sensum, vt pute tropologicum sive moralem et allegoricam [!] sive misticum. Notandum igitur, quod tropologia interpretatur moralis sermo de conuersione morum, allegoria interpretatur alieniloquium.

Von der Kommentierung zum Kommentar

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duktion von Epimythien dem Autor manches fremde Wort in den Mund gelegt hat, bleibt hingegen noch ganz unerheblich. Während die durchweg unbekannten Verfasser der neuen Epimythien sich im 11. Jahrhundert zunächst noch weitgehend in den Grenzen der traditionellen unterrichtlichen Texterschließungs- und Handschriftenverwendungspraxis bewegen, werden diese Praktiken dann im 12. Jahrhundert weitreichenden Modifikationen unterworfen.

3. Von der Kommentierung zum Kommentar 3.1 Die Systematisierung der expositio Die gewichtigen und nachhaltigen Veränderungen in der Bildungslandschaft des 12. Jahrhunderts werden summarisch gerne auf den Gegensatz von herkömmlich monastisch geprägter lectio und neuem scholastischen studium gebracht. Der Wandel ist Gegenstand einer Fülle kaum überschaubaren Zahl von Forschungsbeiträgen, die ihn aspektreich entfalten: unter dem soziologischen Gesichtspunkt der zahlreichen Neugründung von Schulen außerhalb des Klosters und der Auffächerung der europäischen Bildungslandschaft in Zentren und Provinzen etwa, unter dem biographischen des sich vom monastischen Lebenszusammenhang abkoppelnden Bildungsgangs der Bischöfe, zudem in Hinsicht auf das Hervortreten des Säkularklerus als Zielgruppe und Träger des gelehrten Studiums, nicht zuletzt in Hinsicht auf die Entstehung der Universität.85 Auf dem Gebiet der Textproduktion erlebt die Herstellung von Kommentaren im 12. Jahrhundert einen zuvor nie gesehenen Aufschwung.86 Überdies sind nun Bemühungen unübersehbar, deren Anlage zu systematisieren. Explanatio est ad literam, ubi dicitur quomodo nuda litera intelligenda sit, ad sensum, ubi dicitur ad quid referatur quod dicitur, ad allegoriam, ubi aliud intelligitur et aliud significatur, ad moralitatem, ubi quod dicitur ad mores bonos excitandos colendosque reflectitur, [ed. HUYGENS, S. 78 Z. 202-206]

expliziert Konrad von Hirsau in seinem ›Dialogus super auctores‹ in der ersten Jahrhunderthälfte: Die Auslegung zielt auf die littera dort, wo dargelegt wird, wie der nackte Buchstabe zu erfassen ist, auf den sensus dort, wo dargelegt wird, was in dem Gesagten berichtet wird, auf die allegoria _____________ 85 86

Einen guten Überblick vermittelt – mit Schwerpunkt auf den Verhältnissen freilich im deutschen Sprachraum – JOHANEK 1986. Vgl. die Skizze von NIKOLAUS MARTIN HÄRING: Commentary and hermeneutics. In: Renaissance and renewal in the twelfth century 1982, S. 173-200.

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dort, wo eines erkannt, aber etwas anderes bezeichnet wird, und auf die moralitas, wo das Gesagte auf die Einrichtung rechten Verhaltens gewendet wird. Ähnlich beschreibt Hugo von St. Viktor im ›Didascalicon‹ den Aufbau der expositio: expositio tria continet, litteram, sensum, sententiam. littera est congrua ordinatio dictionum, quod etiam constructionem vocamus. sensus est facilis quaedam et aperta significatio, quam littera prima fronte praefert. sententia est profundior intelligentia, quae nisi expositione vel interpretatione non invenitur. in his ordo est, ut prima littera, deinde sensus, deinde sententia inquiratur. quo facto perfecta est expositio. [cap. III,8]

Der erste, ebenfalls grundlegende Schritt der expositio, die litterale Auslegung, richtet sich auf die elementare Erschließung des Wortlautes, die vor allem über die Herstellung einer ordinatio congrua, einer passenden Reihenfolge erreicht werden soll, die auch als constructio bezeichnet wird. Damit ist die Herstellung der natürlichen Wortfolge gemeint, zu deren Zweck in den Handschriften schon in den Jahrhunderten zuvor etwa Syntaxalphabete, -punkte und -ziffern zwischen den Zeilen angebracht werden, die die Bezüge der Satzbauelemente klären und die Aufnahme einer lateinischen Textstelle in der Muttersprache erleichtern.87 Wo die expositio dem sensus gilt, erfasst sie die offen zutage liegende significatio des Textes: was ihm als auf seine Stirn Geschriebenes abgelesen werden kann. Als expositio ad sententiam richtet sie sich schließlich auf verborgene Aspekte des Textes, die überhaupt nur durch expositio und interpretatio ans Licht gebracht werden – auf seinen im weiteren Verstande allegorischen Sinn, aus dem Hugo nicht, wie Konrad, noch einen moralischen Sinn ausgliedert. allegoria und moralitas unterscheidet auch Bernhard von Utrecht im Vorspann zu seinem Kommentar zur ›Ecloga Theodoli‹, der daneben ebenfalls auf einen sensus des Textes zielt wie, dies indes ganz zuletzt, auf die natura dictionum, womit wiederum die Erhellung der konkreten sprachlichen Gestalt im Einzelfall gemeint ist: Quoniam autem quadriformem promisimus explanationem, ad sensum primum transcurramus, dehinc ad allegoriam et ad moralitatem, post haec etiam dictionum enucleabimus naturam. [ed. HUYGENS, S. 69 Z. 270-274]

Die Unterscheidung von expositio ad litteram, expositio ad sensum und expositio ad sententiam – entweder allegoriam im engeren Verstande als geistliche Auslegung, oder moralitatem – strukturiert noch den Aufbau _____________ 87

Siehe etwa oben Kap. II.1 Anm. 24 zur Darbietung der ›Fabulae‹ in Oxf 4. Das Bestreben, die natürliche Worfolge herzustellen, bestimmt dann auch die umordnende Darbietung der Lemma-Interpretament-Gleichungen gegen die Vorgabe des Grundtextes in der spätmittelalterlichen Kommentierungspraxis. Beispiele dafür etwa bei HENKEL 1988, S. 106-108, und unten Kap. II.5.

Von der Kommentierung zum Kommentar

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der im ausgehenden 15. Jahrhundert gedruckten ›Fabulae‹-Kommentare. Der Text der dreiunddreißigsten Fabel Avians von der Gans, die goldene Eier legt und von ihrem Besitzer aus Gier getötet wird,88 erscheint in einer Kölner Inkunabel von 1494 mit einer interlinearen expositio ad litteram, die an einzelnen Wörtern und Phrasen ansetzt. Ein an den Verstext anschließender Prosaabschnitt präsentiert dann dem Leser zunächst ausgiebig den sensus des Textes, in dem er in einer breiten Prosaparaphrase wiederholt (zumindest dem Selbstverständnis des Kommentars nach), was der Text prima fronte praefert. Es folgt ein mit dem Stichwort utilitas markierter Abschnitt, in dem aus dem Erzählten Folgerungen für die praktische Verhaltenslehre gezogen werden. Den Kommentar beschließt dann eine als allegoria angekündigte Partie, die das Erzählte auf einen verborgenen Sinn hin auslegt, der nisi expositione vel interpretatione non invenitur: De ansere et aureis ouis id est auca quedam extiterat olim prestanti fructu fecunda

Anser erat quondam preciosa germine feta id est oua deaurata suis

quottidie excubabat

Oua que in nidis aurea sepe dabat. constituerat scilicet ansero illam consuetudinem propria

Fixerat hanc volucri legem natura superbe, id est vt non deceat vno die id est duo oua excubare

Ne liceat pariter munera ferre duo. pro tamen auce timens

abscedere

id est oua que cupiuit

Sed dominus, cupidum metuens euanescere votum, pro quia passus fuit in lucro ouorum inuidas subtractiones

Nam tulit exosas in sua lucra moras, commoditatem estimatus est id est auce de interfectione

Grande ratus precium volucris de morte referre, aucam

quottidiano ouo

id est habundans extiterat

Que tam continuo munere diues erat. assidue minando transfixit ipsius auce euitellum

Postquam nuda minax egit per viscera ferrum, postquam carentem consueris fructibus aucam prospicet

Et vacuam solutis fetibus esse videt, id est fleuit

defraudatus vicio

id est tam magne deceptionis

Jngemuit tante deceptus crimine fraudis; quia damnum id est ex eo quod mactauit id est deportauit dominus auce

Nam penam pro meritis retulit ille suis. taliter

pro omnia superos

iniuste id est momento temporis petunt

Sic qui cuncta deos vno male tempore poscunt,

_____________ 88

DICKE/GRUBMÜLLER 1987, Nr. K229.

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Grundlinien magis iuste hominibus ipsi dy quottidianas petitiones spernant

Justius his etiam vota diurna negant. Expositio fabule talis est: Uir quidam olim habuit vnam aucam, que qualibet die solebat ei dare siue excubare vnum ouum aureum. Et talem legem natura ipi aute contulit, scilicet quod nulla die duo oua excubare potuit. Sed tandem dominus, qui quottidiano dono anseris diues factus extitit, et ipse nimis auarus existens et nimia auaricia et cupiditate seductus credidit dona quottidiana anseris simul et semel iuenire. Cogitauit ergo in mente sua, quod anserem mactare et occidere vellet et omnia oua, que anser in tribus annis producere deberet, quod omnia illa de ventre anseris vna die reciperet. Vnde et documentum: Anserem mactauit et occidit. Quo occiso dominus nullum ouum in ventre anseris reperit, sed tum intestina fore vacua comperit. Tunc dominus, cum sic esset deceptus, maxime fleuit, quia talia oua non inuenit. Et de tanto crimine multum compunctus et turbatus extitit et seipsum bene dignum de hoc periculo fore cogitauit, eo quod vnoquoque die vnum aureum ouum recipere non sufficiebat. Utilitas: Quicumque nimium et vltra mensuram cupit habere a deo et in quottidianis redditibus non vult esse contentus, huic deus merito quottidianos redditus et omnia bona, quem cupit habere, auffert et recipit merito. Enim amittit omnia, qui cuncta cupit habere. Et ergo magis amare debemus redditus quottidianos et sigillatim nobis prouenientes, quam vna die omnes recipere. Quilibet enim debet esse contentus in eo, quod deus et natura et tempus siue fortuna sibi contulerant. Et si aliquis secus fecerit et vltra illa alique petierit, priuabitur illis a deo, qui habet, et hoc ex merito ipsius. Versus: »Amittit totum, qui tendit ad omnia votum.« [= XXXIII E,1] Et ergo: Quilibet debet cupere, quod licitum et iustum est mensuram non transcendendo, ita quod quiuis homo non nimium cupiat, sed in suis, que deus et natura temporis et fortuna sibi contulerunt, sufficiat, ne deus id, quod habet, sibi illico aufferat et id, quod cupit, ei abneget. Allegoria: Per rusticum siue dominum aute quilibet heres intelligitur, qui parentibus suis viuentibus parce viuit, sed, vt liberalis viuat, mortem suorum parentum sepe adoptat. Quibus mortuis cito hereditatem suam dilapidat. Et sic de eo dici potest: Mortuus est iste anser, qui aureum contulit ouum etcetera. [GW Nr. 3110, Bl. D6rv]

Der Kölner Kommentar vertritt durchaus keinen Einzelfall, sondern ruht bereits auf einer älteren Texttradition des 15. Jahrhunderts auf, die sich in vier weiteren Zeugen erhalten hat, vertritt also durchaus Typisches. Den neuen Bemühungen des 12. Jahrhunderts um Systematik in den Kommentaren eignet mithin bereits in zeitlicher Hinsicht eine beträchtliche Reichweite. Versucht man hingegen dem Niederschlag der Bemühungen in die Unterrichtsmaterialien des 12. Jahrhunderts selbst nachzugehen, müssen Feststellungen zur Reichweite erheblich eingeschränkt werden. Dreierlei fällt hier auf. Zum einen haben sich aus diesem Jahrhundert lediglich vier Handschriften mit dem Verstext erhalten (Cam2, Flo2, Par 2, Pra5). Zum zweiten weist keine einzige von ihnen einen Kommentar auf, warten lediglich Flo2 und Par 2 mit einigen wenigen Interlinearglossen auf. Zum dritten bieten drei der vier Überlieferungszeugen die ›Fabulae‹ zweifelsfrei in rela-

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tiv großer Unterrichtsferne. Par 2, aus Italien oder Frankreich, präsentiert sie in engzeiliger Aufzeichnung auf drei Spalten verteilt. Dreispaltige Anlage lässt sich ansonsten in der gesamten Überlieferung der ›Fabulae‹ nur noch ein einziges weiteres Mal belegen – bezeichnenderweise in einem untypisch großformatigen auctores-Sammelband aus Frankreich, dem aufwändige Initialien in Deckfarbenmalerei zusätzlich den Charakter einer repräsentativen Kostbarkeit verleihen (Dij). Pra5 aus dem Süden des deutschen Sprachraums, setzt sich ebenfalls bereits äußerlich durch das Großformat in vergleichbarer Weise als Bibliotheksband ab. Es handelt sich nach dem bereits erwähnten Trierer Großfolio Tri2 (und unmittelbar vor der oben genannten auctores-Sammlung von Dij) um die dem Format nach zweitgrößte ›Fabulae‹-Handschrift des gesamten Korpus überhaupt. Cam4 schließlich, vermutlich in England entstanden, bietet die ›Fabulae‹ im originären Verbund mit einer über weite Strecken kommentierten Sammlung der Werke des Horaz, deren visuelle Anlage in einzigartigkünstlicher Sorgfalt ausgeführt wurde: Der engzeilig fortlaufend geschriebene Kommentartext wurde nämlich Bl. 21r-69r verschiedenen geometrischen Mustern sowie den Umrissen einzelner Buchstaben des lateinischen Alphabets einbeschrieben.89 Angesichts der noch für das vorausliegende Jahrhundert beobachteten räumlichen und quantitativen Expansion – der die aufgefächerte Herkunft von Cam2, Flo2, Par 2 und Pra5 aus Skriptorien Englands, Frankreichs oder Italiens und des deutschen Sprachraums ja durchaus entspricht – darf das wenige Erhaltene nicht als unmittelbares Abbild der allgemeinen Verhältnisse betrachtet werden. Die ins 12. Jahrhundert datierenden Katalogeinträge zeigen vielmehr eine Fortsetzung der älteren Tendenz, ja sogar eine weitere Steigerung an. Denn nirgends liegen die Zahlen des Erhaltenen und die des mittelbar Bezeugten so weit auseinander wie im 12. Jahrhundert. Übertraf dieses im elften mit 30 Katalogbelegen (vgl. K11-27) zu sieben Handschriften das Erhaltene um das Vierfache, beträgt das Verhältnis nun 29 Katalogbelege (vgl. K28-46) zu vier Handschriften, beläuft sich der Unterschied also auf mehr als ein Siebenfaches. Zusammenbringen lassen sich diese Befunde am Erhaltenen und mittelbar Bezeugten am einfachsten in der Annahme eines nach wie vor kontinuierlichen Festhaltens an der traditionellen Verwendungsform von Unterrichtshandschriften – und damit, entsprechend dem oben für die Frühstufe entwickelten Gebrauchsmodell, an ihrem Verbrauch im Gebrauch durch den Lehrer. Eine nochmalige Steigerung des Bedarfs an schriftlichen Unterrichtsmaterialien gegenüber dem 11. Jahrhundert hat im 12. Jahrhundert dann jedoch _____________ 89

Eine Abbildung von Bl. 67v (Horaz: ›Epistolae‹ mit Kommentar) bei COPELAND 1991, S. V.

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die Heranziehung und Aufzehrung selbst noch der zunächst eigentlich gar nicht unmittelbar für die Unterrichtsverwendung, sondern eher für die Aufbewahrung in der Bibliothek gedachten Handschriften zur Folge. Von diesem noch einmal gesteigerten Bedarf blieben allein besonders repräsentativ angelegte Handschriften verschont. So gedeutet entspricht das Bild, das indirekte und erhaltene Überlieferung gemeinsam von einem weithin anhaltend zunehmenden Verlangen nach elementarem Unterricht vermitteln, genau der gesteigerten Aufmerksamkeit, die im Verlangen des 12. Jahrhunderts nach Systematisierung auch dem Kommentar als Instrument der Texterschließung zuwächst. Stratifikatorisch betrachtet sollte indes nicht übersehen werden: Den einzelnen Schüler im durchschnittlichen Elementarunterricht erreichen diese neuen Bemühungen in der Regel nicht. Er begegnet seinem Unterrichtstext regelmäßig noch ganz in traditioneller Manier. Abgehalten wird solcher Unterricht nun freilich so häufig wie niemals zuvor. 3.2 Die Entstehung des Kommentars aus dem Accessus Innovationen wie der breite Ausbau der Kommentarliteratur im 12. Jahrhundert schlagen nicht sofort und allerorten bis in die allerletzten Niederungen des Trivialunterrichts durch. Dieser Befund wird niemanden überraschen. Er erfordert aber weitergehende Differenzierung. Das Verlangen, das Textstudium durch Kommentare auf eine breitere schriftliche Grundlage zu stellen, erfasst nämlich durchaus auch die ›Fabulae‹. Das Ergebnis verbindet sich allerdings noch nicht mit der Aufzeichnung des Verstextes selbst, sondern kursiert zunächst in selbstständiger Form, d. h. in eigenen Handschriften. Bereits diese Selbstständigkeit ihrer handschriftlichen Tradierung lässt eine wesentliche Leistung des neuen Kommentars erahnen: Die schriftliche Texterschließung ist nun offenbar nicht mehr, wie noch in den Interlinearglossen und Marginalien der Frühstufe, die von den Schreibern stets nur unter Bezug auf ein bestimmtes Wort oder eine bestimmte Phrase des Grundtextes auf der handschriftlichen Seite platziert werden konnten, an das sie material tragende und ihre Sukzession bestimmende Gerüst des Grundtextes gebunden. Der Kommentar löst sich als selbstständige Texteinheit von seinem Gegenstand ab. Die ältesten drei Handschriften, die diesen abgelösten AvianKommentar überliefern, entstammen dem süddeutschen Raum, wurden in der zweiten Jahrhunderthälfte geschrieben und sind der Forschung als jene Accessus-Sammlungen bekannt, deren Textbestand HUYGENS in seiner Ausgabe der ›Accessus ad auctores‹ bekannt gemacht hat (K-Mue3, K-Mue4, K-Rom). Diese Bezeichnung darf man freilich nicht wie ein

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Werktitel für einen aus einem Guss entstandenen Text auffassen. Insbesondere die beiden Münchner Zeugen bieten ihre Accessus-Bestände gar nicht so homogen, wie das die Ausgabe von HUYGENS suggeriert. Ihre Sammlungen sind von Unterbrechungen der Aufzeichnung und von Schreiberwechseln durchzogen, und mehrfach wurden weitere Accessus erst nachträglich auf neuen Lagen und Blättern angehängt. Ferner werden einzelne Werke gleich doppelt erfasst.90 Ob dabei eine ältere Kernsammlung, mit der sich ein besonderer Autorschaftsanspruch verband, im Hintergrund steht, oder ob die Übereinstimmungen zwischen den Sammlungen in der Anordnung der Accessus91 auf übergreifende externe Faktoren – wie etwa die Vorstellung eines »Kanons« oder das Bemühen, über einzelne Strecken möglichst systematisch einen bestimmten Autor zu erfassen92 – zurückgehen, ließe sich nur in einer minutiösen Aufarbeitung der Entstehungsgeschichte der Hauptsammlungen klären. Für den hier verfolgten Argumentationszusammenhang reicht es, den umfangreichen Accessus-Bestand der drei Handschriften in seiner Gesamtheit als Ergebnis zielstrebigen Sammelns zu erkennen, das durchaus von einem Kern ausgegangen sein kann, sein Endergebnis aber nicht durchweg in einem Zuge erreicht hat. Übergreifend indes richtete sich das Sammelbemühen auf Accessus zu Werken, die sich – wie die ›Fabulae‹ – gleichermaßen als Beispielsammlungen für lateinischen Sprachgebrauch verwenden ließen wie für die praktische Verhaltenslehre. Unter ihnen werden auch die ›Fabulae‹ erfasst. Zwei ebenso wesentliche wie folgenreiche Neuerungen sind für sie herauszustellen. Zum einen: Die drei ›Accessus ad auctores‹-Sammlungen K-Mue3, KMue4 und K-Rom des 12. Jahrhunderts liefern den Erstbeleg für einen eigenen Accessus Aviani: Iste liber intitulatur Avianus, et fuit romanus civis, quem rogavit quidam Theodosius nobilis romanus ut scriberet sibi aliquas fabulas, in quibus delectaretur. Cuius rogatui Avianus satisfaciens scripsit ei quasdam fabulas, in quibus non solum valuit delectari, verum etiam allegoricum sensum in singulis notare, quoniam habet unaquaeque fabula suam intentionem et suam moralitatem. Fabulae autem sunt libisticae aut hesopicae; sunt autem fabulae libisticae, cum hominum cum bestiis vel bestiarum cum hominibus fingitur esse vocis commercium, hesopicae vero sunt, cum animalia inter se sermocinari finguntur vel quae animata non sunt, ut arbores et similia.

_____________ 90 91 92

Vgl. die tabellarische Übersicht bei HUYGENS 1970, S. 5. Vgl. die tabellarische Übersicht bei HUYGENS 1970, S. 5. So stehen in allen drei Korpora beispielsweise die Accessus zu den ›Disticha Catonis‹ und zum Avian unmittelbar beieinander: Das kann durchaus unabhängig voneinander eingetretener Reflex der zeitgenössischen Lektürefolge sein. Weiterhin sind in allen drei Sammlungen Ovid-Accessus auffallend breit vertreten.

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Materia eius sunt ipsae fabulae et commune proficuum allegoriae, intentio

eius est delectare nos in fabulis et prodesse in correctione morum, utilitas eius est delectatio poematis et correctio morum. Ethicae subponitur, quia tractat de correctione morum. [›Accessus ad auctores‹ S. 22 Z. 2-15]93

Nicht nur fehlen ältere Belege für Avian-Accessus. Die Ausarbeitung des Accessus erst im 12. Jahrhundert fügt sich auch gut zu den allgemeinen Bestrebungen dieses Jahrhunderts um die Systematisierung der schriftlichen Texterschließung überhaupt. Das darf zwar nicht dahingehend verallgemeinert werden, dass dem Trivialunterricht überhaupt erst jetzt dieses zusätzliche Instrument zugänglich geworden wäre. Zuvor hatte bereits Remigius von Auxerre seinem ›Disticha Catonis‹-Kommentar einen Accessus beigegeben.94 Wohl aber standen Accessus dem Lateinunterricht nicht überall immer schon selbstverständlich zur Verfügung. Für die ›Fabulae‹ wurde dieses Defizit regelmäßig durch die Widmungsepistel Avians an Theodosius aufgefangen. Sie erscheint in den Handschriften der Frühstufe oft sehr viel dichter als der folgende Verstext glossiert. Das ist hier nicht einfach Folge jener über das gesamte mittelalterliche Textkorpus hinweg zu beobachtenden Verteilung von Glossen überhaupt, die häufig gerade zu Anfang der Textaufzeichnung dichter angebracht wurden, dann aber mit voranschreitender Niederschrift immer weiter vernachlässigt werden. Im Gegenteil hat den Schreibern an der Rezeption der in der Epistula gebotenen Informationen auf der Frühstufe ganz besonders gelegen. Die Verwendung der Epistula als Accessus-Äquivalent wird zusätzlich durch die weitere Textgeschichte der ›Fabulae‹ erwiesen. Mit der Möglichkeit des Rückgriffs auf einen eigenen Accessus entfiel nämlich die Notwendigkeit, für in das Studium des »eigentlichen« Textes einleitende Informationen auf die Epistula zurückzugreifen. Die Handschriften des 13., 14. und 15. Jahrhunderts lassen sie daher nahezu durchgängig fort95 – _____________ 93 94 95

Der Text wird hier gegen HUYGENS mit zwei zusätzlich eingefügten Absätzen wiedergegeben, um seinen inhaltlichen Aufbau deutlicher werden zu lassen. Vgl. die von MANITIUS 1913 mitgeteilten Auszüge. Eine Ausnahme stellen die Handschriften Lue und Aug1 aus dem 14. bzw. aus dem 15. Jahrhundert dar. Aug1 dürfte hier eine bedeutend ältere Vorlage vielleicht des 12. oder 13. Jahrhunderts zugrunde liegen. Bezeichnenderweise verbindet sich in ihr die Epistula unmittelbar mit einem Avian-Accessus und erscheinen beide gemeinsam in einer ausholenden Sammlung weiterer Accessus: ein deutlicher Beleg für die funktionale Verwandtschaft von Epistula und Accessus. In Lue scheint diese vermittelter durch: in der Niederschrift der Epistula inmitten des Kommentars, der dem eigentlichen Verstext en bloc nachgestellt wurde. Der Brief wurde demnach eher als Teil der expositio begriffen denn als Teil des Verstextes. Zu bedenken ist für Lue allerdings auch eine offensichtlich gestörte Textüberlieferung, denn die Aufzeichnung der Epistula setzt inmitten des Kommentars zu Nr. XXXIX ein. Erste Hinweise auf die humanistische Wiederentdeckung der Epistula

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und zwar unabhängig davon, ob im Einzelfall ein Accessus beigegeben ist oder nicht. Die Accessus-Innovation des 12. Jahrhunderts greift also tief in die Textgeschichte der ›Fabulae‹ ein. Nicht zufällig lehnt sich der neue Avian-Accessus im ersten seiner drei Teile an die Widmungsepistel an. Die Informationen der ersten zwei Sätze beruhen mehr oder minder explizit auf dem in der Widmung Mitgeteilten oder sind daraus abgeleitet: Avianus sei römischer Bürger gewesen, den ein gewisser Theodosius um seine Fabeln gebeten habe, um sich an ihnen zu vergnügen; dieser Forderung sei er nachgekommen, jedoch nicht nur um mit dem Erbetenen zu erfreuen, sondern auch um in den Fabeln mit einem verborgenen Sinn aufzuwarten, denn jede einzelne Fabel verfüge über eine eigene intentio und eine eigene moralitas.96 Erst ab dem dritten Satz, den Ausführungen zur Gattungstypologie eröffnen, entfernt sich der Accessus von den Vorgaben des spätantiken Werkes selbst: Die Unterscheidung von libistischen und äsopischen Fabeln ist Isidors ›Etymologiae‹ entnommen.97 Und erst der letzte Teil des Accessus wird schließlich nach Kategorien organisiert, die den mittelalterlichen Accessus-Schemata geläufig sind, indem die materia Avians (fabulae), seine intentio (delectare nos [...] et prodesse in correctione morum) und die utilitas (delectatio poematis et correctio morum) des Textes benannt werden sowie die Zuordnung zum entsprechenden Wissenschaftszweig – hier wie seither in allen späteren Accessus: der ethica – vorgenommen wird.98 _____________

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durch Jacopo Sannazaro (1458-1530), die ihren handschriftlichen Niederschlag zu Anfang des 16. Jahrhunderts dann in Wie3 gefunden hat, liefert bereits der der Avian-Inkunabel von 1494 vorangestellte Einleitungsbrief: s. u. Kap. II.6. Vgl. dazu insbesondere Z. 1-4 und Z. 17-22 der Epistula mit der Anrede des Theodosius bzw. mit Ausführungen zum Verwendungsspektrum des Werkes. Isidor von Sevilla: ›Libri etymologiarum‹ I,40. Es handelt sich um eine spezifisch mittelalterliche Unterscheidung, der in der modernen Gattungsdiskussion keine Bedeutung mehr zukommt: GRUBMÜLLER 1997, S. 556. Die Zuordnung zur ethica hat Hugos von St. Viktor Wissenschaftssystematik mit ihrer grundlegenden Unterteilung in theorica und practica zum Hintergrund, wobei die practica sich in solitariam, privatam und publicam gliedert vel aliter, in ethicam, oeconomicam et politicam; vel aliter in moralem et dispensativam et civilem. Denn: Una est solitaria, ethica et moralis; una rursum, privata, oeconomica et dispensativa. Eademque publica, politica atque civilis. Hugo führt weiter aus: Solitaria igitur »est quae sui curam gerens cunctis sese erigit, exornat augetque virtutibus, nihil in vita admittens quo non gaudeat, nihil faciens paenitendum«. Privata est »quae familiaris officium mediocri componens dispositione distribuit«. Publica est »quae rei publicae curam suscipiens, cunctorum saluti suae providentiae sollertia, et iustitiae libra, et fortitudinis stabilitate, et temperantiae patientiae medetur«. Sollitaria igitur convenit singularibus, privata patribus familias, politica rectoribus urbium. […] Moralis dicitur per quam mos vivendi honestus appetitur, et instituta ad virtutem tendentia praeparantur. Dispensative dicitur cum domesticarum rerum sapienter ordo disponitur. Civilis dicitur per quam totius civitatis utilitas administratur (›Didascalicon‹, cap. II,19). Ethik, Ökonomik und Politik unterscheiden sich also nicht zuerst den Gegenständen nach, sondern hinsichtlich der Reichweite ihrer cura.

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Zum zweiten: K-Mue3, K-Mue4 und K-Rom bieten neben dem ›Accessus Aviani‹ auch ein erstes Mal einen systematisch angelegten Prosakommentar zu den ›Fabulae‹. Dem eigentlichen Accessus folgt in ihnen nämlich noch ein weiterer, Misterium fabularum Aviani überschriebener Teil, in dem der Hinweis des Accessus aufgenommen ist, es verfüge jede einzelne Fabel über einen allegoricum sensum, es habe jede einzelne eine eigene intentio und moralitas. Die konsequente Anwendung des Accessus-Schemas erfordert es folglich, dies nun auch für jede einzelne Fabel darzulegen. Entsprechend wird, mit jeweils vorangestelltem Verweislemma auf das Incipit der entsprechenden Fabel, systematisch dargelegt, was die Fabeln allegorice besagen. Ihre verborgene Aussage wird dabei durch Satzeinleitungen wie hic hortatur nos und hoc monet als intentio des Autors reklamiert, mit der folglich, da Avian ja das prodesse in correctione morum im Sinn gehabt habe, durchgängig die utilitas der Erzählungen für die correctio morum erfasst wird: Misterium fabularum Aviani. [1] Rustica deflentem. Hic hortatur nos ne temere credamus omni promittenti, ne dampnum incurramus ut lupus seductus a femina. [2] Pennatis avibus. Hic monet ne quis suae naturae terminum excedat, sed vivat contentus propriis, ne cum sit indignus gloria magis acquirat sibi contumeliam,et hoc per testudinem. [3] Curva retro cedens. Hic suadet ne quis in alio notet quod in se viciosum reprehendi potest. [4] Inmitis. Corrigit superbos qui solis minis alienam virtutem volunt superare. [5] Metiri. Hic monet ne quis sibi alienam laudem attribuat, ne irrideatur et deponatur ut asinus. [6] Edita. Hic reprehendit eos qui simulant se habere artem et non habent et aliis prodesse cum sibi nequeant, et hoc per ranam, quae dicebat se percepisse artem medicinae cum esset pallida. [›Accessus ad auctores‹ S. 22 Z. 16-S. 23 Z. 30] [usw. für Fabel Nr. VII-XLII bei wohl nur versehentlicher Vertauschung von Nr. XXXf.]

Das Verlangen nach schriftlicher Explikation des Lehrgehalts war im 10. Jahrhundert schon den Trierer absolutio-Glossen, die an den bereits vom Autor lehrhaft akzentuierten Fabelschlüssen ansetzten, abzulesen und deutlicher dann der an der gleichen Stelle ansetzenden, ansteigenden Epimythien-Produktion im 11. Jahrhundert. Mit der Umsetzung des Lehrgehalts in Prosa löst man sich nun von der Vorgabe des Originals erstmals auch formal ab. Dafür erscheint die Verbindlichkeit des Autorwortes nun in diskursiver Explikation: Es ist stets der Autor Avian, dem die Lehre in den Mund gelegt wird. Auch in der vollständigen Erfassung des Fabelbe-

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stands in der Reihenfolge der Vorlage bleibt der Grundtext verpflichtend.99 Mit der schematischen Anwendung von Accessus-Kategorien wird dem kommentierenden Durchgang durch die ›Fabulae‹ erstmals eine Struktur eingezogen, die einen selbstständigen Text entstehen lässt, dessen Weitergabe nicht mehr unmittelbar an die Mitüberlieferung des Verstextes als Gerüst geknüpft ist. Diese Innovation hat weitreichende Folgen, die sich bereits im oben zitierten Textauszug andeuten. Die vereinzelt gesetzten Rückverweise auf die Fabelhandlung nämlich wie ut lupus seductus a femina oder auch nur ut asinus markieren im neuen Kommentar eine Systemstelle, die durchaus weiter aufgefüllt sein kann. Schon bei Nr. VI werden mit einer relativischen Erweiterung der schlichten Anführung der Fabelprotagonisten erste Schritte in die Richtung einer knappen Prosaparaphrase unternommen (et hoc per ranam, quae dicebat se percepisse artem medicinae cum esset pallida). An dieser Stelle könnte nicht nur, wie etwa im oben zitierten Kölner Beispiel von 1494, eine auch sehr viel ausgiebigere Prosaparaphrase ansetzen, sondern ebenso auch weitere diskursive Erschließung nach anderen Aspekten anschließen. Die selbsttragende Textstruktur, die der Avian-Kommentierung im 12. Jahrhundert, vom Accessus-Schema ausgehend, gewonnen wird, bildet das elementare Fun_____________ 99

Demgegenüber ordnet der im 11. oder 12. Jahrhundert verfasste ›Novus Avianus‹ des sogenannten Poeta Astensis, der die mittelalterliche Reihe der vollständigen Neuversifikation des avianischen Fabelbestands eröffnet, seine Fabeln um und drei thematischen Gruppen zu: Ne praesumatur, prima ratione vetatur, | quod nocet ut pestis, †mentita sit amphora testis.† | Te vitiis munda, perlecta parte secunda, | nec sint velle penes quae vitiosa tenes! | Ne quis fallatur, pars tertia tota legatur: | ne subito credat, tertia lecta vetat. (Prolog, V. 11-16) – »Sich etwas anzumaßen, dies wird im ersten Gedankenabschnitt [sc. mit den 17 Fabeln Nr. XLI, II, IV, XXIV, Vf., XIII, XIX, XXXIII, XXXIX, XXXVIII, XV, XXXVIf., XVI, XXXI und XL, M. B.] verboten; dass dies schadet wie die Pest, dafür sei die unechte Amphore Zeugin. Reinige dich von Fehlern durch die genaue Lektüre des zweiten Teils [sc. mit den 16 Fabeln Nr. XXIII, XXXII, XXXV, XXII, III, VIIf., XIV, X, XXVII, XXIX, XXXIV, XII, XXX, XXVIII und XXI, M. B.] und wünsche nicht das, was du als lasterhaft erkannt hast. Damit keiner getäuscht wird, soll der dritte Teil [sc. mit den neun Fabeln Nr. I, XI, IX, XXV, XVIII, XXVI, XX, XLII und XVII, M. B.] ganz gelesen werden. Dass man blindlings Vertrauen schenkt, das verbietet die Lektüre des dritten Teiles« (SPREITZHOFER 1995, S. 55). Bereits in der Umordung als solcher setzt sich die Versifikation vom eingespielten unterrichtlichen Verwendungszusammenhang ihrer Vorlage ab und tritt ihr implizit mit einem eigenen Autoranspruch gegenüber. In der explizierten Zielsetzung hingegen, durch warnende exempla dem Menschen ein angemessenes Verhalten nahezulegen und ihm die Möglichkeit zu geben, Schädliches zu meiden (exemplo quorum capias, homo, commoda morum | et sic devites quae nocitura vides [Prolog, V. 9f.]), fügt sich dieser älteste ›Novus Avianus‹ ganz in die zeitgenössische Zielbestimmung der Fabellektüre. Gleichwohl bleibt er mit lediglich drei Textzeugen wirkungslos. Auch die mittelalterlichen Rezeptionsbelege (zusammengestellt bei ZURLI 1994, S. 23-28) bleiben sehr überschaubar.

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dament der gesamten späteren Kommentierung bis in den Buchdruck hinein. Die eng an voranschreitende Perzeption des Grundtextes gebundene ältere Kommentierung verliert durch die Ablösung vom Verstext ihren prozessualen Charakter. Das Ergebnis ist ein zweifaches: der Kommentar als selbstständiger Text und ein damit zugleich als Gegenstand der Kommentierung objektivierter Verstext.100 Zudem verliert mit der diskursiven Ausformulierung der Fabellehre in Prosa statt in gebundener Rede, betrachtet man diesen Vorgang im Lichte des Regulativs »Unterricht«, die Text und Kommentar weithin unterschiedslos einverleibende körpergebundene Perzeption durch memorierende Einverleibung an Gewicht: Der diskursive Kommentar rechnet seiner eigenen Anlage nach eher damit, als gelesener aus einem Buch denn aus der Erinnerung wieder aufgerufen zu werden. Dem ist die Entscheidung zur systematischen Explikation der Lehre vergleichbar: Allein auf die Gelegenheit zu sporadischer mündlicher Entfaltung der Lehre an Stellen, an denen Epimythien und Glossen nichts bieten, vertraut man nicht länger. Beides gemeinsam, die systematische Explikation des Lehrgehalts ebenso wie seine Entfaltung in diskursiver Prosa, zeigt ein schwindendes Vertrauen in das herkömmliche monastische Kommentierungsverfahren an, das die mit den ›Fabulae‹ anvisierte Unterrichtsstufe noch das ganze 12. Jahrhundert hindurch dominiert. K-Mue3, K-Mue4 und K-Rom verweisen in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts aber punktuell auch auf eine neue, zeitgemäßere Form von Unterricht, auf einen neuen Typ von Schule, den es wesentlich kennzeichnet, nicht mehr in den umfassenden Sozialisationszusammenhang der monastischen Lebensform eingebettet zu sein. Denn mit diesem entfallen die regelmäßig wiederkehrenden Gelegenheiten der persönlichen Begegnung mit dem magister, die zur Wiederholung, Ergänzung und Vertiefung des Gelernten genutzt werden konnten, entfällt auch die vielleicht nicht stets zuhandene, aber doch stets vorhandene Klosterbibliothek im Hintergrund, die sich vielleicht im Bedarfsfall okkasionell zusätzlich konsultieren ließ. Die schriftlichen Unterrichtsmittel einer neuen Form von Schule und Unterricht nehmen hingegen nun Rücksicht darauf, dass man Schulen jetzt »besucht«, d. h. dass man nicht nur in sie eintritt, sondern sie eben auch wieder verlässt. Die Forderung, in terra aliena zu studieren, erscheint für das 12. Jahrhundert geradezu konstitutiv.101 Damit jedoch ist der selbstverständliche Kontakt zu Lehrer und Bibliothek aufgegeben und _____________ 100 Von einer »Aufkunft des Textes als Gegenstand« im 12. Jahrhundert spricht ILLICH 1991, S. 121-133. 101 JOHANEK 1986, S. 40.

Die Konzeption des Schulbuchs im 13. Jahrhundert

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ist man in neuem Maße darauf angewiesen, das Gelernte in einem zuverlässigeren Speicher als nur im eigenen Gedächtnis aufzubewahren.

4. Die Konzeption des Schulbuchs im 13. Jahrhundert Gegenüber dem 12. Jahrhundert steigt die Zahl der VerstextHandschriften im 13. um über das Achtfache102 – jedoch ohne dass dieser Bestand erneut, wie in den Jahrhunderten zuvor, in einem vergleichbaren Verhältnis zu einem Mehrfachen an lediglich mittelbar Bezeugtem stünde.103 Die Erklärung für den Anstieg im Erhaltenen, dem überdies noch drei Zeugen mit separaten Kommentaren104 zuzuzählen sind, kann demnach nicht mehr in einer noch weiter gestiegenen Beschulungsdichte bei unverändertem Festhalten an der monastischen Lektürepraxis und seiner spezifischen Verwendung schriftlicher Unterrichtsmittel liegen. Es kann sich jetzt nicht nur quantitativ, es muss sich auch qualitativ etwas geändert haben. Der Anstieg im Erhaltenen beruht zum einen auf der zusätzlichen Einbeziehung der ›Fabulae‹ in das universitäre Trivialstudium in Frankreich und England, das nun einer Lektüre im voruniversitären Unterricht zur Seite tritt (s. u. Kap. II.4.3). Zum zweiten werden die ›Fabulae‹ insbesondere auf diesem fortgeschrittenen Niveau dem Unterricht in veränderter Form bereitgestellt. Der Schüler wird in die lectio nämlich jetzt medial sehr viel stärker mit einbezogen, indem er zum Mit-Leser des Textes und seiner expositio avanciert. In Frankreich und England halten seit dem 13. Jahrhundert Schüler ihre Unterrichtungstexte auch regelmäßig in ihren eigenen Händen. Diese Einbeziehung setzt allerdings einen grundlegenden Aus- und Umbau der herkömmlichen Darbietungsformen von Text und Kommentar voraus. Beide, Text und Kommentar, müssen nun nämlich gemeinsam auf ein- und derselben handschriftlichen Seite vereint werden (s. u. Kap. II.4.2). Die schriftlichen Darbietungsformen, mit denen die ›Fabulae‹ unterschiedlichen Verwendungsinteressen bereitgestellt werden, differenzieren sich damit weiter aus. Da sie weiterhin auch in der älteren, schlichteren Faszikelform mit kaum vorhandenen schriftlicher Texterschließung dem Unterricht bereitgestellt werden, lassen sich nun im 13. Jahrhundert erstmals verschiedene Niveaus von Unterricht anhand je besonderer Darbie_____________ 102 Siehe im Überlieferungsanhang zu Ber 3, Ber 4, Bes, Cam2, Cam3, Dij, Erf 2, Lei1, Lei2, Lin, Lon2, Lon4, Lon5, Lon6, Mai, Mue3, NHa, Not, Oxf 2, Oxf 3, Par 3, Par 5, Reg, Rom1, Rom5, Rom8, Rom9, Rom11, Tri1, Wie1, Wie2, Wol1 und Wol3. 103 Siehe im Überlieferungsanhang zu K47-53. 104 Siehe im Überlieferungsanhang zu K-Kop1, K-Kop2 und K-Kop3.

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tungsformen von Text und Kommentar unterscheiden. Überdies werden die ›Fabulae‹ nach wie vor auch in umfangreichen, tendenziell repräsentativen, weniger unmittelbar für den Unterricht als eher für die Aufbewahrung in der Bibliothek bestimmten Handschriften tradiert. Im deutschen Sprachraum wird zudem der seit der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts erstmals belegte Typ der Handschrift mit separatem Kommentar weiter genutzt und sogar noch ausgebaut (s. u. Kap. II.4.1). Als Musterfall für die prospektiv nicht auf eine schon spezifische Nutzung festgelegte Bereitstellung des Textes lässt sich Dij anführen: ein im dritten Jahrhundertviertel in Frankreich angelegter, großformatiger (44,5 x 34 cm) und 267 Blätter starker, mit einer durchlaufenden zeitgenössischen Foliierung versehener Pergamentkodex, dessen planmäßige Anlage bereits an der durchgängig – für Unterrichtshandschriften vollkommen untypischen – dreispaltigen Einrichtung und an der Ausstattung mit – ebenfalls für einschlägige Gebrauchshandschriften untypischen – über 100 aufwändigen Deckfarbeninitialen erkennbar ist. Der umfangreiche Textbestand verdankt sich weniger Vorstellungen eines Unterrichtscursus als dem Bemühen, Werke moraldidaktischer auctores möglichst vollständig zu versammeln. Der Bestand setzt sich zusammen aus: Statius (›Thebais‹, ›Achilleis‹), Vergil (Eklogen, ›Georgica‹, ›Aeneis‹), Horaz (Oden, ›Ars poetica‹, ›Carmen saeculare‹, ›Epistolae‹ und Satiren), Lucan (›De bello civili‹), Persius und Juvenal mit ihren Satiren, Ovid (›Fasti‹, Metamorphosen, ›Amores‹, Tristien, ›Ex Ponto‹, ›Ibis‹, ›Remedia amoris‹, ›Ars amatoria‹, ›Heroides‹ und PseudoOvidiana), Avian, ›Disticha Catonis‹, ›Homerus latinus‹ (Pindar Thebanus: ›Ilias latina‹), Sedulius (›Carmen paschale‹), Prosper (Epigramme), Prudentius (›Psychomachia‹) und einigen verstreuten kleineren Stücken. Textnachträge fehlen nahezu völlig bzw. halten sich im Rahmen der intendierten Gebrauchsdisposition, die eher auf ein distanziertes Betrachten eines abgeschlossenen Ganzen ausgerichtet ist als auf eine sich der Sammlung selbst von Fall zu Fall immer wieder neu einschreibende Aneignung ihrer Inhalte. Glossen, Marginalien, Kommentare fehlen ganz. Lediglich auf Blatt 60 füllte ein Schreiber des 15. Jahrhunderts eine Textlücke auf. Das geschah aber durchaus nicht flüchtig, sondern mit großer Sorgfalt. Ferner wurde dem Kodex im ausgehenden 15. Jahrhundert ein nicht minder sorgfältig angelegtes Inhaltsverzeichnis vorangestellt. Diese Arbeiten wurden von verschiedenen Schreibern versehen, könnten jedoch beide im Zusammenhang mit der Erfassung der Bestände der Bibliothek von Cîteaux durch ihren Abt Jean de Cirey († 1503) in den Jahren 1480-82 stehen. Im entsprechenden Katalog wird Dij unter der Nummer 1170 geführt und knapp als Flores multorum poetarum beschrieben. Diese Angabe ist zwar spärlich, ihre Identifizierung mit Dij wird jedoch durch einen späteren Katalog des 18. Jahrhunderts gesichert. Die Herkunft aus Cîteaux erweist sich zudem an einem dem vorderen Einbanddeckel aufgeklebten Wappen des Klosters. Der Typ des schlichten Unterrichtsfaszikels vertritt unter den Handschriften des 13. Jahrhunderts am deutlichsten Tri1. Die 74 Blätter im Format von 15,5 x 11,5 cm umfassende Handschrift ist aus fünf verschiedenen Teilen zusammengesetzt, von denen Nr. I (Bl. 1-14) und Nr. II (Bl. 15-44) bereits in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts im deutschem Sprachraum geschrieben wurden und hauptsächlich Werke zur lateinischen Verslehre und Metrik enthalten. Die Teile

Die Konzeption des Schulbuchs im 13. Jahrhundert

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III (Bl. 54-54), IV (Bl. 55-66) und V (Bl. 68-73) mit den Elegien Maximians, dem Avian und den ›Disticha Catonis‹ wurden erst im 13. Jahrhundert auf deutschem Boden geschrieben. Die Handschrift gelangte 1803 im Zuge der Säkularisation aus St. Matthias in Trier in die dortige Stadtbibliothek. Alten Besitzeinträgen zufolge wurde sie in der vorliegenden Zusammenstellung bereits im 15. Jahrhundert in der Bibliothek von St. Matthias aufbewahrt. Wie aus der alten Signatur N. 91 zu schließen ist, der ein Eintrag in den Katalog des 16. Jahrhunderts entspricht,105 war der Band zusammen mit weiteren grammatischen Schriften aufgestellt.106 Seine ersten beiden Teile, die von zwei verschiedenen Schreibern ein- und desselben Skriptoriums angelegt wurden107, befanden sich sogar schon im 12. Jahrhundert in St. Matthias. Die Erweiterung der Handschrift um Nr. III-V geht mithin auf ihre Mönche zurück. Dabei wurde ein mit Teil I und II bereits realisierter Schwerpunkt aufgegriffen und fortgesetzt, indem Schriften zur Verslehre weiteres Beispielmaterial angehängt wurde. Die gesamte Textsammlung wurde dann nicht mehr unmittelbar für Unterrichtszwecke, sondern allenfalls als Nachschlagewerk benutzt, denn übergreifende Texteinträge des 15. Jahrhunderts fehlen. Von den Teilen III, IV und V wurden die letzten beiden vielleicht von derselben Hand geschrieben, jedenfalls von demselben Rubrikator mit Lombarden ausgestattet. Teil III gehört vielleicht nicht ursprünglich an dieses Paar, jedoch werden alle drei Partien von sporadischen Glosseneinträgen erfasst, darunter der Avian auch von Konstruktionshilfen in Form von Syntaxalphabeten. Das rückt Nr. III-V enger zusammen und zeigt eine gemeinsame ältere Verwendungsstufe an. Die Stücke sind der Klosterbibliothek also sehr wahrscheinlich bereits als Trias von außen zugegangen. Sie könnten alle gemeinsam von jenem Heinrich Wisse aus Limburg, der sich Bl. 57r und Bl. 64r in Federproben namentlich nennt, im Verbund einer kleinen Studienhandschrift benutzt worden sein.108

4.1 Zwischenlösung: Separate Avian-Kommentare Sowohl die drei Accessus-Handschriften, in denen in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts ein erstes Mal separate Avian-Kommentare zu greifen waren (K-Mue3, K-Mue4, K-Rom), als auch alle drei Handschriften des 13. Jahrhunderts mit separaten Avian-Kommentaren (K-Kop1, K-Kop2, KKop3) entstammen dem deutschen Sprachraum. Auf der anderen Seite entstehen zahlreiche Handschriften eines neuen Typs, den es auszeichnet, Verstext und systematischen Kommentar gemeinsam auf derselben hand_____________ 105 Sermo Mauri Honorati grammatici de natura ultimarum syllabarum; idem de pedibus metrorum; idem de instructione octo partium orationum; idem de scientia metrorum; item exempla primarum syllabarum secundum ordinem alphabeti cum versibus poetarum; item Maximianus poeta; item Amanus imperfectus; item Cato dans castigamina Mato. (MONTABAUR 1931, S. 116 Nr. 634). Hinter Amanus verbirgt sich natürlich der Avian. 106 Vgl. MONTABAUR 1931, S. 51-54. 107 MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 2, S. 869. 108 Bl. 57r: Jch heinrich wisse burger zů limp. Bl. 64r: Jch Heinrich wise bürger zů limburg důn kůnt w.

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schriftlichen Seite zu platzieren und so den Schüler neu als Mit-Leser stärker in den Unterricht einzubeziehen, fast ausschließlich auf französischem und englischem Boden (s. u. Kap. II.4.2f.). Seit dem 13. Jahrhundert fächert sich damit die europäische Bildungslandschaft in den Niederungen der Unterrichtsmaterialien im Trivium auf. Die drei Kopenhagener Kommentare des deutschen Sprachraums schließen in mehrfacher Hinsicht an ihre Vorläufer des 12. Jahrhunderts an. Wieder gilt das Hauptaugenmerk durchgängig platzsparender Aufzeichnung. In kleiner Glossenschrift werden so viele Zeilen wie möglich auf der Seite untergebracht, die Kommentarabschnitte sind fortlaufend niedergeschrieben, und zwischen den Abschnitten sind Absätze oder gar Leerzeilen mit eigener Überschrift zur Fabel nicht selbstverständlich. In K-Kop2 ist auf sie ganz verzichtet, markiert nur ein Caputzeichen den neuen Abschnitt (vgl. Abb. 6). In der Folge fällt dem Leser die Orientierung auf der Handschriftenseite schwer, gelingt sie allenfalls dem, der mit der Struktur des Kommentars bereits vertraut ist und weiß, dass der Text von Fabel zu Fabel voranschreitet. Zum weiteren behalten die jüngeren Kommentarhandschriften die Anordnung des Textes bei: Den Kommentar eröffnet zunächst ein Accessus, dem die einzelnen Abschnitte folgen, die die Fabeln im Prinzip vollständig und in der Reihenfolge des Originals erfassen. Zum dritten erscheinen die Avian-Kommentare in allen drei Zeugen wiederum innerhalb umfangreicher Sammlungen weiterer Kommentare und Accessus. Separatüberlieferung von Kommentaren stellt demnach keine Besonderheit der Avian-Lektüre, sondern zu dieser Zeit eine Eigenheit des auctores-Studium im deutschen Sprachraum überhaupt dar. Tendenziell bestätigen das auch die textlichen Abweichungen der drei jüngeren Avian-Kommentare voneinander. Sie gehen, anders als in KMue3, K-Mue4 und K-Rom ein Jahrhundert zuvor, nicht mehr lediglich auf eine einzige Hauptvorlage zurück, sondern verweisen auf eine weiter gestreute Kommentierungspraxis im Hintergrund. Die Texte selbst heben sich in zwei Neuerungen von K-Mue3, K-Mue4 und K-Rom ab. Beide nutzen sie den Vorteil der seit dem 12. Jahrhundert selbsttragenden Textstruktur, mit der auf Raumprobleme keine Rücksicht mehr genommen und diskursive Textanteile beliebig ausgebaut werden können. Zum einen begnügt man sich in den Prosaparaphrasen der expositio ad sensum nicht mehr mit einer Erinnerung an die Fabelhandlung durch stichwortartigen Aufruf der Protagonisten, sondern formuliert eigenständige und abgeschlossene Sätze aus. Der neue Spielraum kann aber auch für die Entfaltung des lehrhaften Ausdeutungsangebots der expositio ad sententiam genutzt werden. So mutet der Kommentar zur Fabel von der Gans, die goldene Eier legt (Nr. XXXV), in K-Kop2 an, als sei er addi-

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Abb. 6: Kopenhagen, Kongelige Bibliotek, Cod. GKS 1905 4°, Bl. 139r – ohne den Verstext fortlaufend engzeilig in kleiner Glossenschrift aufgezeichneter Kommentar zu Nr. X-XXIX

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Abb. 7: Kopenhagen, Kongelige Bibliotek, Cod. Fabricius 29 2°, Bl. 30vab – ohne den Verstext fortlaufend engzeilig in kleiner Glossenschrift aufgezeichneter Kommentar zu Nr. XXV-XXX mit integrierter expositio ad litteram und unterstrichenen Verweislemmata

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tiv lediglich aus zwei zunächst selbstständigen und mechanisch zusammengeführten Kommentaren entstanden: Anser: [1.] Hic docet auctor, quod merito amittit cuncta, qui omnia querit habere. Et hoc per quendam rusticum, qui habuit anserem aurea oua reddentem singulis diebus solum, quam interfecit, sperans simul habere, quod prius particulatim accepit. [2.] Fructus hic est: quod nemo debet nimium cupere, ne cupiendo maiora amittat propter minora. Et hoc ostendit per rusticum et anserem, qui aurea oua ponentem per cupiditatem interfecit, que singulis diebus unum aureum ouum dabat. Rusticus, credens eam plenam esse ouis et ea simul capere, eam occidit, sed non invenit nisi unum solum. [K-Kop2, Bl. 139v]

Die zweite Neuerung109 besteht in der Integration der expositio ad litteram in die Kommentarabschnitte. Das mag zunächst überraschen, ist diese auf die Einzelstelle bezogene Auslegung doch auf die Präsenz des Verstextes angewiesen, der den Separatkommentaren gerade fehlt. Jedoch wird das Problem, die einzelnen Erläuterungen auf den jeweils richtigen Verstextabschnitt zu beziehen, gelöst, indem auf den Verstext einfach in Form der entsprechenden Lemmata verweisen wird, die den Interpretamenten vorangestellt werden. Um sie von der Auslegung zu unterscheiden, sind sie dann regelmäßig unterstrichen (vgl. Abb. 7). Die Aufnahme der expositio ad litteram in K-Kop1 und K-Kop3 weist den Typ des separaten Kommentars als einen dem Anspruch nach vollständigen aus. Es ist von hierher auszuschließen, dass die separate Kommentarabschrift vielleicht nur Ausschnitte einer ansonsten nicht mehr bezeugten, vollständigeren Kommentierungspraxis liefert, die die eigentliche Kommentierung im Unterricht lediglich ergänzt hätte. Den unübersehbaren Vorteilen des Separatkommentars – platzsparende Distribution, beliebige Auffüllbarkeit und ökonomische Reproduzierbarkeit des fortlaufenden Textes – stehen freilich gewichtige Nachteile gegenüber, sobald man ihn in Verbindung mit dem vollständigen Verstext bringen will. Denn wie hat man sich diesen Brückenschlag konkret vorzustellen? Die drei erhaltenen Zeugen geben leider keinen hinreichenden Aufschluss. KKop1 stammt aus dem Besitz des Soester Dominikanerlektors Reiner von Cappel, der sich damit ein individuelles Kompendium zusammengestellt hat. K-Kop2 befand sich im Besitz der Bordesholmer AugustinerChorherren, die die Handschrift bereits zum Zeitpunkt der Verlegung von Neumünster nach Bordesholm um 1330 besaßen und sie im 15. Jahrhundert dann als Catenatus zur allgemeinen Benutzung als Nachschlagewerk für Kommentare in ihrer Bibliothek ausgelegt haben. Über die mittelalterliche Vorgeschichte von K-Kop3 ist nichts bekannt. Erfolgte der breite Rückgriff auf die Darbietungsform des fortlaufenden Separatkommen_____________ 109 Sie ist nur in K-Kop1 und K-Kop3 realisiert. Das oben zitierte Textstück aus K-Kop2 vertritt dagegen bereits den gesamten Kommentar dieser Handschrift zu Nr. XXXV.

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tars110 mit gezieltem Blick auf eine unmittelbare Verwendung entsprechender Handschriftenfaszikel durch den Lehrer im Unterricht – wobei dann der Schüler, ganz wie in den Jahrhunderten zuvor, wesentlich Zuhörer geblieben wäre? Diese Verwendung hätte den Nachteil, für den Unterricht immer gleich zwei Handschriften heranziehen zu müssen, eine mit dem Kommentar, die andere mit dem Verstext, und die Bezüge zwischen beiden ad hoc mündlich herstellen zu müssen. Zudem wären die Stellenreferenzen aus der gedrängten Aufzeichnung der Kommentare nur mühsam und tendenziell fehleranfällig herauszulesen. Eine zweite vorstellbare Anwendungsvariante, die systematische Verwendung des Typs als Vorlage für das kollektive Schülerdiktat, kann jedenfalls ausgeschlossen werden. Das Ergebnis solcher Diktate, die Verstext und systematischen Kommentar verbindende Handschrift, ist für den deutschen Sprachraum im 13. Jahrhundert nicht zu belegen. Zudem kommt das Schülerdiktat als Distributionspraxis mit einer Breitenwirkung, die konzeptionell bis in die Seitenlayouts zurückwirkt, erst im 14. Jahrhundert auf. Aber auch den gesamten Verstext als ergänzend nur im Gedächtnis sei es des Lehrers, sei es des Schülers gespeicherten sich vorzustellen, fällt angesichts seines Umfangs von über 650 Versen schwer.111 Als gesichert kann man eigentlich nur festhalten, dass der Separatkommentar eine effiziente Form der schriftlichen Speicherung eines systematischen Kommentars darstellt, jedoch keine effiziente Form seiner Überführung in einen Unterricht, der bereits regelmäßig auf wesentlich schriftlicher Grundlage hätte abgehalten werden sollen. In diesem Fall bliebe seine Überführung von mündlichen Übergangsstellen unterbrochen. Eine entsprechende Erwartung an den Unterricht scheint demnach in der Breite noch gar nicht bestanden zu haben. Doch auch wenn die Separatkommentare nur der individuellen Vorbereitung und dem Textstudium »am Schreibtisch« dienen sollten, bleibt ihnen auf jeden Fall ein beträchtliches Manko: die unökonomische schriftliche Verdoppelung des Verstextes durch Übernahme der Verweislemmata in den Kommentar (dem die Handschriftenschreiber aber teilweise entgegenzuwirken suchen, indem sie die Verweislemmata nicht ausschreiben, sondern regelmäßig in extrem abgekürzter Form aufnehmen). Die im 13. Jahrhundert im deutschen Sprachraum zu verortenden schriftlichen Hilfsmittel für den Trivialunterricht vermitteln einen insge_____________ 110 Die Darbietungsform des fortlaufenden Kommentars ohne Verstext beruht als solche auf spätantiken Vorbildern: vgl. HOLTZ 1977, S. 259f., und HOLTZ 1982, S. 150f., jeweils zum »commentaire à lemmes«. 111 Schon für den antiken Lemmakommentar formuliert HOLTZ (1982, S. 151 Anm. 34) einschränkend: »On peut bien sûr admettre que dans une perspective scolaire la mémoire pouvait suppléer, au moins partiellement, le livre de référence.« (Hervorhebung von mir, M. B.)

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samt zwiespältigen Eindruck. Einerseits wird ein gestiegener Anspruch an die systematische schriftliche Kommentierung der Unterrichtstexte durchaus wahrgenommen. Auf ihn wird mit dem Rückgriff auf den älteren Typ des Separatkommentar reagiert, der entsprechend ausgebaut wird. Andererseits bestand offenbar aber keine Notwendigkeit, auf diesen Anspruch in der Breite auch im Unterricht selbst zu reagieren. Eine durchgreifendere Verschriftlichung der expositio macht gleichsam vor dem eigentlichen Unterricht halt. Dieser Eindruck wird von einzelnen Handschriften, s. o. zu Tri1, genau bestätigt. Angesichts des auf der Frühstufe des 9.-11. Jahrhunderts bereits gemeinsam mit seiner Kommentierung auf der Handschriftenseite untergebrachten Verstextes möchte die Zurückhaltung bei der Integration des neuen, systematischen Kommentars zunächst verwundern. Man darf aber die Schwierigkeiten, die eine solche Verbindung nun im 13. Jahrhundert, d. h. nach dem systematischen Ausbau der Kommentare, mit sich bringen konnte, nicht übersehen. Sie setzt, sollte der diskursive Prosakommentar auch nur hier und da einmal etwas länger ausfallen, eine vollständig neue Austarierung des Seitenlayouts voraus. Schließlich sollen die expositioPartien (ad sensum oder ad sententiam) ja nicht irgendwo stehen, sondern über den gesamten Grundtext hinweg immer neben der passenden Fabel, und dies zudem nach Möglichkeit an markanter Stelle, also entweder zu Beginn des Verstextes oder an seinem Ende. Selbst die expositio ad litteram kann nur, wo sie schmaleren Umfangs bleibt, zwischen die Zeilen gebracht werden. Ist dies nicht der Fall, muss auch sie neben den Verstext zu stehen kommen. Und schließlich muss auch der Accessus, der doch in seinem Umfang bereits in den drei Zeugen des 12. Jahrhunderts die expositiones zu den einzelnen Fabeln deutlich übertrifft, irgendwo seinen Platz finden. Ein bezeichnendes Schlaglicht auf die mit der neuen Seitengestaltung verbundenen Probleme der Anordnung wirft das Arrangement von Verstext und Kommentar in Ber 3, einer in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts im deutschen Sprachraum geschriebenen Handschrift, die sich Anfang des 15. Jahrhunderts im Besitz des Amplonius Ratinck befand (vgl. K70) und ihren Avian gemeinsam mit der ›Ars poetica‹ des Horaz sowie mit den – später abgetrennten – ›Disticha Catonis‹, der ›Ecloga Theodoli‹ und dem ›Anonymus Neveleti‹ überliefert. Für die Niederschrift der ›Fabulae‹ wurden zwei Spalten gleicher Breite und die innere für die Aufnahme von 30 Textzeilen vorliniert, wobei der Verstext dann jeweils in die innere Spalte und der Kommentar in die äußere aufgenommen wurde (vgl. Abb. 8). Die fortlaufende Aufzeichnung des Kommentartextes ohne deutliche Untergliederung und die Beibehaltung der (unterstrichenen) Lemmata in der ad litteram-Auslegung lassen deutlich eine Vorlage vom Typ des

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separaten Kommentars durchscheinen, deren Textbestand einfach gleichsam »von oben« in die dafür vorgesehene Spalte »hineingegossen« wurde. Aus diesem relativ mechanischen Vorgehen resultieren, wie zu erwarten, Verschiebungen der expositio gegen den Grundtext. Bl. 1r wurde als Schutz des Faszikels zunächst leer belassen, dann aber im Laufe der Verwendung der Handschrift als Unterrichtsbuch nach und nach mit Federproben und Gelegenheitseinträgen gefüllt. Bl. 1vab nimmt den Accessus und den Kommentar zu Nr. I und den Beginn des Kommentars zu Nr. II auf. Erst Bl. 2ra bietet den Verstext von Nr. I und II (Anfang), in der Nachbarspalte aber bereits die Fortsetzung des Kommentars zu Nr. II, der die gesamte Spalte füllt. Und erst ab Bl. 2v laufen Verstext und Kommentar dann einigermaßen gleich. In der weiteren Aufzeichnung bleibt das stete Bemühen des Schreibers um parallele Anordnung an der bedarfsweisen Einbeziehung auch der oberen und unteren Blattränder für den Kommentartext erkennbar. Dessen blockhaft-fortlaufende Form wagt er erst im Zuge der voranschreitenden Niederschrift allmählich aufzulösen, in dem er zwischen die Kommentarabschnitte zu den einzelnen Fabeln Freiräume einfügt. Gleichwohl bringt auch das die vorgegebene Anlage der Vorlage nicht zum Verschwinden, da das Verfahren, die Lemmata des Verstextes im Kommentar zu wiederholen, nicht aufgegeben wird und damit trotz der im Ansatz ökonomischen Zusammenführung von Text und Kommentar in diesem Detail, der partiellen Verdoppelung des Verstextes, weiterhin unökonomisch verfahren wird. In einer zweiten Handschrift aus Ratincks Besitz (vgl. K69), die etwas später ebenfalls im deutschen Sprachraum aufgezeichnet wurde, führt das Verlangen, Text und expositio zusammenzuführen, zu einer noch anderen Lösung. In Lue wurde zunächst der Verstext einspaltig, und ohne dass für die expositio besonderer Platz reserviert worden wäre, aufgenommen. Der systematisch angelegte, engzeilig fortlaufend notierte Kommentar erscheint den ›Fabulae‹ dann unmittelbar nachgestellt (vgl. Abb. 9). Im Zuge der Niederschrift wurde die expositio ad litteram jedoch ausgegliedert und statt dessen in interlinearer und marginaler Form in und neben dem Verstext notiert. Typologisch betrachtet verweist Lue damit auf eine schlichtere Vorstufe zur in Ber 3 realisierten Lösung: auf die Vereinigung von Verstext und Kommentar statt im Nebeneinander der Spalten im Nacheinander der Seiten.

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Abb. 8: Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ms. germ. quart 536, Bl. 3rab – mechanische Zusammenführung von Verstext und Kommentar unter Verwendung eines Separatkommentars

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Abb. 9: Lübeck, Stadtbibliothek, Ms. philol. 8° 15, Bl. 38v-39r – Ende des Verstextes und Beginn des Separatkommentars ohne expositio ad litteram

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Exkurs 2: Der Separatkommentar als Handreichung für die Predigtvorbereitung in den Prosa-Avianen des 14. und 15. Jahrhunderts Während in Lue beide Bestandteile noch der Feder desselben Schreibers entstammen und zumindest die expositio ad litteram näher an den Verstext herangeführt wurde, scheint eine weitere deutsche Kommentarhandschrift, Pom2, auf den ersten Blick einen noch schlichteren Weg der TextKommentar-Bindung gegangen zu sein. Er könnte über die einfache Zusammenstellung ehedem jeweils eigenständiger Handschriften mit dem Verstext einerseits – in Pom2 auf Bl. 113r-124r innerhalb eines zunächst selbstständigen Faszikels, der auch noch Gottfrieds von Tienen ›Omne punctum‹ umfasst, enthalten – und dem Kommentar andererseits geführt haben – letzterer in Pom2 auf Bl. 129ra-132rb innerhalb eines separaten Faszikels mit weiteren Kommentaren zum ›Physiologus Theobaldi‹, zum ›Facetus Cum nihil utilius‹ und zu Romulus-Fabeln. Zu dieser Auffassung des Textensembles von Pom2 würde auch der Verzicht auf die litterale Auslegung im Kommentarteil von Pom2 passen, wogegen der Verstext eine solche in Form von Interlinearglossen aufweist. Hier ließe sich also ein Abgleich der Bestandteile untereinander ganz wie in Lue annehmen. Allerdings ist nun in diesem Fall nicht mit Gewissheit zu erweisen, dass der Verzicht auf die ad litteram-Erschließung einerseits und die Glossierung des Verstextes andererseits in einem gemeinsamen entstehungsgeschichtlichen Zusammenhang stehen, da sich Verstext und Kommentar in getrennt voneinander entstandenen Abschnitten der aus mehreren Teilen zusammengesetzten Handschrift befinden. Überdies überschneidet sich die Kommentierung des Verstextes in Pom2 mit dem Separatkommentar von Bl. 129ra-132rb in den Auslegungsangeboten. Marginal begleitet den Verstext nämlich auch noch eine expositio ad sententiam, deren Aufnahme sich angesichts des Separatkommentars doch eigentlich erübrigt haben müsste.112 Die Verdoppelung weist die Zusammenführung von Verstext und Kommentar in Pom2 also als Ergebnis lediglich einer Buchbindersynthese aus. Andernfalls würde der Befund, eine noch schlichtere Verbindung von Text und Kommentar als in Lue selbst im 14. Jahrhundert noch anzutreffen, in dem man auf derart einfache Lösungen eigentlich gar nicht mehr zurückgreifen musste, auch befremdlich erscheinen. Die Buchbindersynthese in Pom2 ist noch Ergebnis eines mittelalterlichen Zugriffs: Das wird durch einen Katalogeintrag in das Bücherver_____________ 112 Handschrift Pom2 wurde im 14. Jahrhundert niedergeschrieben. Zu diesem Zeitpunkt ist das »Problem« der systematischen Vermittlung von Text und Kommentar bereits gelöst: s. u. Kap. II.4.2f.

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zeichnis Ratincks erwiesen, der bereits den gesamten Bestand erfasst (vgl. K71). Die Zielsetzung der Synthese einmal zurückgestellt – es sollte jedenfalls gewiss keine Unterrichtshandschrift hergestellt werden, allenfalls ein Textkompendium, das sich okkasionell im Hintergrund von Unterricht zur Vor- oder Nachbereitung benutzen ließ –, stellt sich angesichts des in Pom2 aufgenommen Separatkommentars die Frage, welchem anderen Zweck wenn nicht dem Schulunterricht ein solcher denn eigentlich gedient haben sollte, wenn er spätestens bei seiner Niederschrift um seine expositio ad litteram verkürzt wurde – oder sogar vielleicht von Anfang an ohne eine solche ausgearbeitet wurde? Eine Antwort darauf ist nur bei Ausweitung des Blicks auf jene Reihe vergleichbarer Texte zu gewinnen, die in der Forschung verschiedentlich als Prosa-Aviane bezeichnet werden und mit Werktiteln wie ›Münchner Prosa-Avian‹, ›Wiener Prosa-Avian‹ oder auch ›Würzburger Anonymus Neveleti- und Avian-Paraphrasen‹ belegt wurden. Handschriftlich bezeugt sind diese Prosa-Aviane erst seit dem 14. Jahrhundert – und kaum zufällig nahezu ausschließlich aus dem deutschen Sprachraum.113 (Pom2, neben K-Mue1 zweiter Textzeuge für den ›Münchner Prosa-Avian‹, zählt also zu den ältesten Vertretern.) Sie dürfen daher mit den Schwierigkeiten des 12. und 13. Jahrhunderts, Text und Kommentar zusammenzubringen, nicht mehr in Verbindung gebracht werden – obschon sie natürlich mit ihrem Verzicht auf den Verstext genau den älteren (wohl insbesondere deutschen) Darbietungstyp des Separatkommentars von K-Mue3, K-Mue4 und K-Rom bzw. von K-Kop1, KKop2 und K-Kop3 fortführen, denn keine der entsprechenden Handschriften tradiert, vom oben besprochenen Fall Pom2 abgesehen, die ›Fabulae‹ selbst. Bereits der Anschluss an den älteren Darbietungstyp des Separatkommentars erlaubt es, in diesen Prosa-Avianen durch einen leichten Eingriff modifizierte, nämlich um ihre expositio ad litteram verkürzte Kommentare zu sehen, die dadurch in eine neue Gebrauchsform überführt wurden. Eine Stütze findet diese im Ansatz bereits von SEEMANN formulierte Annahme114 überdies in der prinzipiellen Verschiebbarkeit des expositio ad litteram-Bestandteils der Kommentare, mit der man seit der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts gerade im deutschen Sprachraum _____________ 113 Textaufzeichnung im 14. Jahrhundert: K-Fra, K-Mai, K-Mue1 (›Münchner Prosa-Avian‹), KMue2, K-Pom = Pom2 (›Münchner Prosa-Avian‹), K-SPa, K-SPe, K-Upp, K-Wie (›Wiener Prosa-Avian‹), K-Wue (›Würzburger Anonymus Neveleti- und Avian-Paraphrasen‹). Aufzeichnung im 15. Jahrhundert: K-Due, K-Han (›Würzburger Anonymus Neveleti- und Avian-Paraphrasen‹), K-Pad, K-Stu1 (›Donaueschinger Prosa-Avian‹), K-Stu2. 114 SEEMANN 1923, S. 57 Anm. (»von ihrem Urtext losgelöste Kommentare«). Vgl. weiterhin DICKE/GRUBMÜLLER 1987, S. XXXII und S. XXXVI mit Anm. 73; WRIGHT 1997, S. 17f.; BALDZUHN 2004, Sp. 198f. Leider nur in Form einer eineinhalbseitigen Zusammenfassung (BEDRICK 1940) war mir die Dissertation von THEODORE BEDRICK zugänglich: The prose adaptations of Avianus. Phil. Diss. Urbana/Illinois 1940.

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vertraut war.115 Am Vorgehen des Schreibers von K-Due, der bei der Herstellung seines Prosa-Avian bei Nr. VII irrtümlich vergaß, den mit Construe sic markierten Abschnitt seiner Vorlage mit der expositio ad litteram auszublenden, lässt sich die Praxis in einem Zeugen des 15. Jahrhunderts sogar in situ erkennen: HAUT FACILE. Hic dicit illos esse stultos, quibus datur aliquid pro nequicia cognoscenda et non pro virtute et ideo superbiunt, vel corripit illos, qui, quod est deditu, putant esse honorem. Et ostendit dicens: Erat quidam canis, qui solebat homines mordere latenter, propter quod dominus suus alligauit sibi nolam, ut per sonum eius hominibus cauendis signum daret. Canis vero credens sibi hec pro magno honore dedisse, venit inter alios socios et cepit illos spernere gaudens. Pronus canis senex videns superbire ipsum aggressus tali fauore sermonum, dicit: »O infelix! Que demencia capit tibi sensum? Credis tibi hoc dari pro meritis. Virtus tua ostenditur in hac nola, sed geris sonum, qui est nequicie tue testis.« Allegoria: Per canem predicatorem uel adulatorem intellige. Cuius vita despicitur, eius predicatio contempnitur. Vnde: »Si seruatur, quod predicatur, taceatur.« Construe sic: »Prauis michi«, id est »malis hominibus«. Et »innatum«, id est »a natura«. »Haut«, id est »nec«. »Facile«, id est »faciliter« uel »ex facili«. »Putant«, id est »credant« (se esse dignos). »Muneribus«, id est »aliqua remuneracione«. »ue« pro »sed«. […] [K-Due, Bl. 179v-180v]

Da die Prosa-Aviane ohne expositio ad litteram für eine Unterrichtsanwendung ausfallen, braucht man nicht zu spekulieren, wie sie denn dann eigentlich mit dem Verstext hätten vermittelt werden sollen, und kann das Vorfindliche positiv deuten: als Bereitstellung des in den ›Fabulae‹ Erzählten in leichter rezipierbarer Form als über den Umweg der gebundenen Rede des Originals in elegischen Distichen. Da sich mit den Paraphrasen zudem regelmäßig ja auch bereits eine diskursive Benennung der Fabellehre in der expositio ad sententiam verbindet, werden die KommentarAbbreviatoren eine Verwendung im Sinn gehabt haben, bei der die Fabel selbst ohnehin nicht im originalen Wortlaut angeführt werden konnte, aber ein konziser Aufruf der Fabelhandlung und ihr Einsatz in belehrender Absicht eine regelmäßig wiederkehrende Notwendigkeit darstellte.116 _____________ 115 Siehe unten Kap. II.5. 116 Die Kombination des stofflichen Interesses mit dem Desinteresse am originalen Wortlaut senkt nur folgerichtig die Schwelle der Abgrenzung gegen andere Fabel-Œuvres. Häufig werden daher die Umsetzungen avianischer Fabeln in Prosa mehr oder minder unmittelbar von Prosafassungen weiterer Fabeln – vorzugsweise denen des ›Anonymus Neveleti‹ – begleitet. Vgl. insbesondere K-Due (jedoch mit zwischengeschaltetem Kommentar zum ›Physiologus Theobaldi‹), K-Fra (mit Textlücke zwischen Ende des Prosa-Avian und Beginn des Prosa-›Anonymus Neveleti‹), K-Han (mit Bl. 150rb fließendem Übergang zwischen Prosa-Avian und Prosa-›Anonymus Neveleti‹), K-Mai (mit Bl. 105rb fließendem Übergang zwischen Prosa-›Anonymus Neveleti‹ und Prosa-Avian sowie Bl. 105vb-106va zwischen-

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Das war in der lateinischen Predigt der Fall.117 Auf sie verweist denn auch eine Mehrzahl der entsprechenden Textzeugen mehr oder minder deutlich: - K-Fra stammt vielleicht aus dem Besitz der Frankfurter Dominikaner. - K-Han stammt nachweislich aus der Bibliothek der Hannoveraner Franziskaner und wird von einem umfangreichen Predigtkorpus eröffnet. - Den Hauptbestand der sehr wahrscheinlich schon im Spätmittelalter den Würzburger Franziskanern gehörenden Handschrift K-Wue bilden lateinische Predigten Bertholds von Regensburg. - In K-Due folgt auf die Prosafabeln ein Notat zur Bedeutung des Triviums für die Predigt. Geschrieben wurde die Handschrift, die im wesentlichen eine Druckabschrift von Ulricus Ulmers ›Fraternitas cleri‹ bewahrt und die Bl. 232v ein Notat zu Fragen der Seelsorge beschließt, für die Bibliothek der Düsseldorfer Kreuzherren. - Die aus mehreren zeitgenössischen Teilen für die Bibliothek der Wiblinger Benediktiner zusammengestellte Handschrift K-Stu2 lässt in dem Abschnitt mit den Avian-Paraphrasen auf diese und einen anschließenden Kommentar zum ›Physiologus Theobaldi‹ allein noch Predigten folgen; - Der Prosa-Avian in K-Mue1 wird in die vermutlich noch spätmittelalterliche Buchbindersynthese der Oberaltaicher Benediktiner zwar im wesentlichen aus konservatorischen Gründen aufgenommen worden sein, doch geschah dies nicht gänzlich ohne Rücksicht auf eingespielte Gebrauchs_____________ geschaltetem Kommentar zum ›Physiologus Theobaldi‹), K-SPa (ein [fragmentarischer] Prosa-›Anonymus Neveleti‹ immerhin in der weiteren Umgebung der Mitüberlieferung), KSPe (mit Bl. 9v fließendem Übergang zwischen Prosa-Avian und Prosa-›Anonymus Neveleti‹), K-Wie (der Prosa-›Anonymus Neveleti‹ immerhin in der weiteren Umgebung der Mitüberlieferung), K-Wue (mit Bl. 328rb fließendem Übergang zwischen Prosa-Avian und Prosa-›Anonymus Neveleti‹). In K-Stu1 geht den sechs Fabeln des ›Donaueschinger ProsaAvian‹ ein reich kommentierter ›Anonymus Neveleti‹ unmittelbar voran. Insbesondere die Zusammenstellungen in K-Fra, K-Han, K-Mai, K-SPe und K-Wue präsentieren sich somit als regelrechte Fabelstoff-Thesauri. In der Möglichkeit geistlich-erbaulicher Auslegung von Erzählungen, die durch ihr tierisches Personal illustratives Potential besitzen, stellte sich den mittelalterlichen Benutzern der Prosa-Aviane zwanglos zudem eine Verbindung zu Dichtungen in der Physiologus-Tradition her. In den oben bereits aufgeführten Zeugen KDue und K-Mai wird sie jeweils durch einen Separatkommentar zum ›Physiologus Theobaldi‹ vertreten. Ein solcher schließt überdies in K-Mue1 und in K-Stu2 unmittelbar an die Prosa-Aviane an. In der sekundären Zusammenstellung von Pom2 bewahrt das Handschriftenbruchstück mit dem Prosa-Avian neben diesem und Kommentaren zum ›Facetus Cum nihil utilius‹ wie zu den Fabeln des Romulus ebenfalls auch noch einen Kommentar zum ›Physiologus Theobaldi‹. Die Separatkommentare des 12. und 13. Jahrhunderts gehen übrigens diese Verbindung mit dem Prosa-›Anonymus Neveleti‹ und/oder die mit ›Physiologus Theobaldi‹Kommentaren noch nicht ein. Dies setzt sie zusätzlich von den Prosa-Avianen des 14. und 15. Jahrhunderts ab. 117 Zur Verwendung der Fabeln in der Predigt grundlegend: GRUBMÜLLER 1977, S. 97-111.

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kontexte der einzelnen Stücke, denn den Prosafabeln geht unmittelbar eine fragmentarische Predigtsammlung voran. - Bei K-Wie schließlich handelt es sich um einen vermutlich für die Bibliothek des Domstifts in Freising systematisch angelegten Sammelband von Lehrwerken für den Unterricht, dessen Textzusammenstellung den geistlichen Gebrauchshintergrund u. a. in der Aufnahme der ›Laurea sanctorum‹ Hugos von Trimberg, des Johannes de Garlandia zugeschriebenen ›Poenitentiarius‹, eines Kommentars zum ›Pylatus‹ und zur ›Summa sacrificiorum‹, eines Computus und verschiedener theologischer Notate u. a. zu den Voraussetzungen der Hostienspende verrät. Mit Skepsis begegnet hingegen SUERBAUM der Annahme einer Verbindung der Kommentare mit den Prosa-Avianen. Sie hat allerdings ein untypisches Beispiel zur Grundlage, die ›Anonymi Avianicae Fabulae‹ (vgl. SUERBAUM 2000, S. 429431), deren besondere Anlage sich bereits der von den mittelalterlichen Autoren verschiedentlich genutzten Möglichkeit verdankt, die extrahierten Prosabestandteile des Kommentars für eigene Weiterentwicklungen zu nutzen.118 Die ›Anonymi Avianicae Fabulae‹ heben sich schon durch ihre breite Überlieferung – wiederum: des 14. und 15. Jahrhunderts – in 16 Handschriften – wiederum: ausschließlich des (insbesondere mittel- und nord-) deutschen Sprachraums – von allen übrigen Prosa-Umsetzungen ab, die allenfalls aus einem oder höchstens zwei Textzeugen bekannt sind. Weiterhin erweisen Lücken im Bestand der berücksichtigten Fabeln – Avian Nr. XXIIIf., XXVIIf. und XXXIV fehlen –, Ergänzungen um nicht dem Avian entnommene Stücke – vgl. in HERVIEUXs Text-

_____________ 118 Die Textgestalt der ›Anonymi Avianicae Fabulae‹ spräche »gegen eine solche Annahme, denn sie sind grundsätzlich ohne den Verstext überliefert und werden in den Handschriften auch nie durch Rubriken oder Überschriften wie Glossae Aviani als Kommentartexte ausgewiesen« (SUERBAUM 2000, S. 430). Beides verweise auf ein »gegenüber der Kommentarform geändertes Gattungsbewussstein, denn es löst die Prosaerzählung aus dem Deutungsrahmen, der durch einen Rückbezug auf den zu erklärenden Verstext gegeben war« (S. 430). In der Tat trifft es nicht zu, dass die Prosa-Aviane nichts anderes als »von ihrem Urtext losgelöste Kommentare« seien – dies aber nur, weil sie ein zusätzlicher Bearbeitungsschritt kennzeichnet, die Ausblendung der expositio ad litteram. Eben dies ließ sich aber geradezu mechanisch erledigen, indem man einfach den entsprechenden Kommentarabsatz fortließ – und so schlicht verfuhr man, s. o. zu K-Due, ja durchaus auch noch im 15. Jahrhundert. Die unmittelbare Ableitung seines Prosa-Avian aus einem Avian-Kommentar war dem Schreiber von K-Due gewiss durchsichtig. Er überführte ja nur die eine Gebrauchsform des Kommentars durch einen simpel kürzenden Eingriff in eine andere, leicht modifizierte. Von einem »veränderten Gattungsbewusstsein« lässt sich angesichts solchen Vorgehens kaum sprechen, auch wenn das Ergebnis der Modifikation in den Augen der Zeitgenossen die Bezeichnung Glossae im Sinne von Kommentar in der Regel nicht mehr verdiente, da sich das Ergebnis des Eingriffs ja nicht mehr im Schulunterricht benutzen ließ – freilich nur in der Regel, denn mit Explicit Glosa Auiani beendet der Schreiber von K-Wie Bl. 71r seine Aufzeichnung, und Jncipiunt glosule super esopum opusculum kündigt Bl. 101va K-Mai die Prosafabelkollektion an. Von einem opus Auiani kann man hingegen in K-SPa, Bl. 18rb und Bl. 22vb, lesen und von einer notula Auiani in K-Due, Bl. 196v. Die Prosa-Aviane erhalten – erwartungsgemäß – keine feststehende eigene Bezeichnung, und so ist jeder Schreiber erfinderisch: In K-Pad verstieg sich der Schreiber zu Hec memoralia cum fabulis ex Auiani libro exscripta sunt (Bl. 338v).

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ausgabe Nr. XVIIf., XX und XLI-XLIV – und die zahlreichen Umstellungen – die Reihenfolge ist: Avian Nr. I-VII, IXf., XII-XIV, XVI, XII, XXV, XXIX, XV, XI, XX, XIX, VIII, XVIIf., XXI, XXIII, XXVI, XXX-XXXIII, XXXV-XLII –, dass hier nicht einfach ein herkömmlicher Kommentar mechanisch ausgezogen, sondern mit eigenem Autoranspruch bearbeitet wurde.119 Auf der Grundlage von Kommentarextrakten beruhen ebenfalls der ›Liber Esopus et Avianus‹ (Budapest, Országos Széchényi Könyvtár, Cod. Nem. Muz. 123, Bl. 1ra-49va)120 und die ›Distinctiones longiores pro arte praedicandi‹ Jakobs von Soest in ihrem achten Abschnitt, der die voces ab F littera incipientes umfasst (Münster, Universitätsbibliothek, Ms. 381, Bl. 271va-287r)121. Beide Werke verdienten nähere Untersuchung.

4.2 Systematische Zusammenführung von Text und Kommentar: Der Aufstieg des Schülers zum Mit-Leser in Frankreich und England Die Layouts der Handschriften Ber 3 und Lue stellen Einzellösungen dar, mit denen man im deutschen Sprachraum den Unzulänglichkeiten getrennter Benutzung von Text und Kommentar zu begegnen suchte. Erst wo das Verlangen nach ökonomischer angelegten Unterrichtsmaterialien breiter auftrat, unterzog man sich der Mühe, systematisch effektivere Lösungen auszuarbeiten, d. h. zwei Handschriften zu einer zusammenzuführen und eine Text-Kommentar-Symbiose herzustellen, die jedes expositioElement präzise am Grundtext platziert. Dieser Schritt wird in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts in Frankreich und England unternommen. Welche Komplexität die neuen Textarrangements erreichen, veranschaulicht am besten Wol1, eine zu Beginn des letzten Jahrhundertviertels teilweise in Orléans, im Abschnitt mit dem Avian jedoch in Oisème bei Chartres oder in Oisement in der Picardie geschriebene Handschrift (vgl. Abb. 10): _____________ 119 Der Bestand der Paraphrasen schwankt allerdings in den einzelnen Handschriften, was aus HERVIEUXs lediglich auf der Grundlage von drei Zeugen hergestelltem Text nicht deutlich hervorgeht. Eine kritische Ausgabe der ›Anonymi Avianicae Fabulae‹ ist Desiderat. Zur Überlieferung vgl. HERVIEUX 1893/99, Bd. 3, S. 168-171 (sechs Textzeugen), DICKE/GRUBMÜLLER 1987, S. LXIX (neun Textzeugen), und SUERBAUM 2000, S. 385 Anm. 10 (ein Textzeuge). 120 Vgl. Codices manu scripti latini. Bd. 1. Codices latini medii aevi. Recensuit EMMA BARTONIEK. Budapest 1940 (A magyar nemzeti múzeum országos széchényi könyvtárának. Címjegyzéke 12), S. 110, sowie die Hinweise bei OLDFATHER 1911, S. 112 Anm. 2, und von DICKE/GRUBMÜLLER 1987, S. XXXVII. 121 Vgl. EEF OVERGAAUW: Die mittelalterlichen Handschriften der Universitäts- und Landesbibliothek Münster. Wiesbaden 1996, S. 114-116, sowie den Hinweis bei DICKE/GRUBMÜLLER 1987, S. XXXVIII.

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- Der Verstext ist genau in der Mitte platziert, um nicht alle Erläuterungen auf nur einem Seitenrand versammeln und bei dichterer expositio mit der Aufzeichnung nur nach unten ausweichen zu müssen, sondern sie freier je nach Bedarf rechts wie links vom Grundtext verteilen zu können. - Für den Verstext ist von Beginn an eine etwas kleinere, passende Schriftgröße gewählt, sodass an den seitlichen Rändern auch genügend Platz bleibt. Dennoch ist die Wahl so getroffen, dass der Grundtext in seiner größeren Schrift von der Auslegung unterscheidbar bleibt. Das wird zusätzlich durch größeren Zeilenabstand, herausgerückte Anfangsbuchstaben und Lombarden zu Beginn jeder Fabel gewährleistet. - Am Anfang durfte die Aufzeichnung wegen des zusätzlichen Kommentarvorspanns mit dem Accessus nicht zu weit oben beginnen, da sonst mit ihm auf den Rand hätte ausgewichen werden müssen und dies die Kommentare zu den Fabeln zu weit nach unten geschoben hätte. - Ebenso wird der Verstext nicht zu nahe an den unteren Seitenrand geführt, um auch bei längeren expositiones zum letzten Vers der Seite mit dem unteren Rand noch Ausweichraum zur Verfügung zu haben. - Die Bestandteile des Kommentars sind alle in kleinerem Schriftgrad ausgeführt. Da längere Passagen, zumal wenn man sie an den oberen oder unteren Rändern über die ganze Seitenbreite führt, dadurch schnell unübersichtlich werden, hat man die Kommentareinleitung und den Beginn des Kommentars zu Nr. I auf wie zwei liegende »L« ineinander verschränkte Absätze verteilt. - Die diskursiven Bestandteile des Kommentars mit Benennung der Fabellehre und Prosaparaphrase, die sich auf den Text als ganzes beziehen, werden regelmäßig en bloc und an exponierter Stelle, nämlich in Höhe des Beginns der entsprechenden Fabel aufgenommen. - Für die an der Einzelstelle hingegen ansetzende expositio ad litteram wird unterschiedlich verfahren. Wo sie sich auf eine einfache Wortgleichung beschränkt, kommt sie zwischen den Zeilen als Interlinearglosse zu stehen. Längere Partien dagegen werden, von unterstrichenem Verweislemma eingeleitet, marginal aufgenommen. Reicht der Raum hingegen nicht, wird sie zu fortlaufenden Textblöcken mit wiederum jeweils unterstrichenem Verweislemma zusammengefasst. Der Vorteil solcher Textdarbietung liegt in der medialen Verkürzung der Vermittlungsstrecke zwischen Verstext und Kommentar. Der in getrennten Handschriften nur mündlich herzustellende Bezug wird nun – tendenziell weniger fehleranfällig – vom Auge des Lesers hergestellt. Ein weiterer Vorteil liegt in der effizienteren Ausnutzung des Beschreibstoffs, mit der sich ein größerer Bedarf an Textexemplaren ökonomischer decken lässt. Statt zweier Handschriften bedarf es nur noch einer. Nicht

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Abb. 10: Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 13.10 Aug. 4°, Bl. 157v – TextKommentar-Layout mit dem Anfang der ›Fabulae‹ Avians

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übersehen werden darf dabei jedoch die gestiegene Anforderung an die Kompetenz bei der Herstellung solcher Handschriften. Denn Unterrichtsmanuskripte wie Wol1 erfordern professionelle Schreiber im Hintergrund des Unterrichts, die in der Lage sind, entsprechende Layouts mit Sachverstand auszuarbeiten und entsprechende Vorlagen mit der erforderlichen Sorgfalt zu reproduzieren. Der in Wol1 belegte Darbietungstyp setzt somit sowohl eine neue Art von Unterricht als auch einen strukturell gewandelten Kontext von Unterricht voraus. Zum einen müssen schriftliche Unterrichtsmedien der beschriebenen, seit der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts zu belegenden Form von professionellen Werkstätten produziert werden. Zum anderen kann der Schüler sie damit aber nun auch käuflich erwerben und in den Unterricht mitnehmen. In diesem tritt er nicht mehr länger nur als Zuhörer, sondern nun auch als Mit-Leser dessen auf, was der Lehrer coram publico über den Text zu Gehör bringt.122 Die werkstattmäßige Herstellung von Handschriften für den Unterricht im Hintergrund von Unterricht setzt ein Mindestmaß an Profitabilität voraus, mit der sich ein solches Unternehmen betreiben ließ. Die dem von Wol1 vertretenen, neuen Layouttyp einbeschriebene Gebrauchsstruktur der Unterrichtshandschrift erfordert einen gewissen Durchsatz an Schülern, eine berechenbar hohe Frequenz von Lehrveranstaltungen. Diese Voraussetzungen waren in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts sowie über weite Strecken noch des 14. Jahrhunderts hinweg, nämlich bis zu den Universitätsgründungen im deutschen Sprachraum, zunächst nur in Frankreich und England gegeben.123 Die Einrichtung des im Umfeld der französischen und englischen Universität arbeitenden, gewerblich Handschriften herstellenden stationarius und die manufakturielle Produktion von Büchern in der Produktions- und Verkaufseinheit der Petie sind der Forschung allgemein bekannt.124 Allerdings sind sie in ihren Auswirkungen auf den Trivialunterricht noch nicht näher untersucht. Hier werden zukünftig nur von vornherein größere Werkkorpora umfassende Überlieferungs- und Textgeschichten weiterführen. Die allein von den ›Fabulae‹ in den Blick gebrachten Zeugen _____________ 122 GIESECKE sieht diese Neuerung erst im Buchdruck realisiert. Siehe dazu ausführlicher unten Kap. II.6. 123 Die führende Stellung des französisch-englischen Bildungsraumes wird am Korpus bereits quantitativ ersichtlich. Verstext-Handschriften des 13. Jahrhunderts französischer Herkunft: Dij, Bes, Lei1, Lei2, Par 3, Rom1?, Rom5, Rom9, Rom11, Wie1, Wol1. VerstextHandschriften englischer Herkunft: Cam2, Cam3, Lin, Lon2, Lon4, Lon5, Lon6, NHa, Not, Oxf 2, Oxf 3. Deutscher Provenienz sind lediglich Ber 3, Mue3, Tri1, Wie2, Wol3. Ohne Zuordnung bleiben Erf 2, Mai, Par 5. Aus Italien mag Reg stammen, aus Flandern/Brabant Ber 4 und Rom8. 124 Vgl. die Überblicksartikel von TEEUWEN (2003, S. 187-189 [pecia], S. 203-206 [stationarius]), die auch die einschlägigen Forschungsbeiträge ausweisen.

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geben nämlich kaum je einmal Auskunft darüber, welcher Werkstatt und welcher Hand sie entstammen, ja nicht einmal, an welchem Ort sie für welchen Unterricht herangezogen wurden. Die Versorgung des Trivialunterrichts mit Schulbüchern stellte aus Sicht der Schreiber offensichtlich keine Leistung dar, an die man seinen Namen binden wollte.125 Selbst der Schreiber der in der Differenziertheit ihres Layouts aus dem gesamten Korpus herausragenden Handschrift Wol1 beschränkt sich in seinem Kolophon auf die Mitteilung von Ort und Datum – und das ist im Vergleich mit den übrigen Zeugen schon relativ viel: Explicit apud oysemontem anno domini M°.CC°.LXX°.VII°. sabbato ante festum beati marchi ewangeliste (Bl. 165v). Der Besitzeintrag in Rom11, Bl. 77v, eines Jehan de en la maison mestre Estienne de Vergi weist immerhin, obschon er erst aus dem 15. Jahrhundert stammt, auf einen der charakteristischen Verwendungskontexte der neuen Unterrichtshandschriften: auf Unterricht für einen um eine einzelne Lehrerpersönlichkeit in deren eigenem Haus versammelten Schülerkreis, wie er in den Universitätsstädten im 13. Jahrhundert gängige Praxis war. Die neuen Unterrichtshandschriften des 13. Jahrhunderts müssen aber durchaus nicht selbstverständlich Eigentum der Schüler selbst gewesen sein. Dann wären im Überlieferten wohl mehr Besitzeinträge anzutreffen als das der Fall ist. Daher ist auch mit einem gewissen Bestand an Leihexemplaren zu rechnen, wie sie etwa in Paris das Collège de Hubant bereithielt und – s. o. Abb. 2 – bei Bedarf an die Stipendiaten verteilte. So führt ein Katalogeintrag eben dieses Kollegs 1346 auch eine Avian-Handschrift auf (K56). Derartige Institutionen im Hintergrund des Unterrichtsbetriebs federten also, indem sie die Kosten für die Herstellung des im 13. Jahrhundert zur Ware avancierten Unterrichtsbuchs übernahmen, die neue ökonomische Belastung des Schülers ab.126 Im Ausschnitt der erhaltenen Avian-Handschriften wird diese neue Form der Buchversorgung lediglich mittelbar ersichtlich: in jenen Konstellationen nämlich, wo der Grundstock der Kommentierung regelmäßig noch vom Verstextschreiber angebracht wurde und den Hauptbestand der Texterschließung ausmacht (ein anderer Weg ließ sich angesichts des komplexen Layouts ja gar nicht beschreiten), dieser Grundstock aber auf Freiräumen gleich in mehreren Schichten und von verschiedenen Händen um Nachträge ergänzt wurde, wobei sich diese (regelmäßig in ihrer Dichte bedeutend hinter dem Grundstock zurückbleibenden) Nachtragsschichten _____________ 125 Auch die sehr einlässliche Studie zu den Pariser Buchwerkstätten von ROUSE/ROUSE 2000 vermag werkstattmäßig produzierte Handschriften für den Trivialunterricht nicht systematisch in den Blick zu bringen. 126 Vgl. etwa für Oxford MALCOLM B. PARKES: Buchversorgung und Buchgebrauch in den Ordenshäusern der Oxforder Universität. In: Der Codex im Gebrauch 1996, S. 109-126.

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dann bisweilen sogar dem halben Dutzend annähern und dann einen frequenten Gebrauch der Handschrift über einen längeren Zeitraum hinweg besonders deutlich anzeigen. Wenn dann die verschiedenen Hände sich nicht mit entsprechend gestreuten Besitzeinträgen verbinden, sondern namenlos bleiben, hat es prinzipiell weniger Wahrscheinlichkeit für sich, von entsprechend häufigen Besitzerwechseln auszugehen als von wiederholten Ausleihvorgängen.127 Neben dem eigentlichen universitären Trivialstudium wurden an den Kollegs vorgeordnete Lehrveranstaltungen abgehalten, deren Aufgabe es war, die unterschiedlichen Wissensstände der Schüler auf ein einheitlicheres Niveau zu bringen. Ob die ›Fabulae‹ insbesondere auch auf diesem Niveau studiert wurden, lässt sich dem Erhaltenen nicht direkt ablesen, ist aber angesichts der traditionellen Praxis, sie unmittelbar auf die ›Disticha Catonis‹ folgen zu lassen, nicht unwahrscheinlich, denn die Traktierung der ›Disticha‹ war im Rahmen des »preparatory teaching«, wie GABRIEL es nennt, nahezu obligat.128 Im deutschen Sprachraum weiß man von allen diesen institutionalisierteren Formen von Unterricht wenig. Wo die Einrichtung lag und welchen Niveaus sie war, an der Ber 3 benutzt werden sollte, wird aus der Handschrift selbst nicht ersichtlich. Mehr als dass sie wohl eher im Westen gelegen haben dürfte, lässt sich kaum sagen. So waren Handschriften der Rheinlande in Ratincks Bibliothek, der Ber 3 entstammt, besonders stark vertreten. Im Westen hat überdies die Kenntnis der benachbarten französischen Usancen auf dem Gebiet der Versorgung des Unterrichts mit Texten und Kommentaren eine größere Wahrscheinlichkeit. Zugleich greifen wir in diesem Raum aber auch eine wesentlich schlichtere Form von Unterricht, die sich ihrer schriftlichen Medien noch ganz nach dem monastischen Modell des Frühmittelalters bedient: s. o. zu Tri1. Genau diese Mischung von durchaus registrierten Innovationen, aber beschränkten eigenen Mitteln kennzeichnet das Gestaltungsexperiment von Ber 3. Die genaue Herkunft von Wie2 liegt ebenso im dunkeln – sofern diese süddeutsche Handschrift überhaupt für den Unterricht herangezogen wurde.129 Denn ihr kleines, dem Gebetbuch angenähertes Format und ihr über weite Strecken auf Sentenzenkorpora ausgerichteter Sammelschwerpunkt sowie die beigegebene Briefsammlung weisen das Bändchen zuerst als für den persönlichen Gebrauch angelegtes Handbüchlein und Hilfsmittel für die Gestaltung von Briefen aus. Als ebenfalls wohl eher für den individuellen Gebrauch erstelltes »Lese-Buch« präsentiert sich auch Handschrift Wol3, deren Schreiber durchgehend auf jede Form der expositio verzichtet. Im Horizont des allgemeinen west-östlichen Bildungsgefälles nimmt die gegen Ende des 13. Jahrhunderts geschriebene süddeutsche Handschrift Mue3 mit ihrer für deutsche Verhältnisse ausgesprochen dichten Marginal- und Interlinearkom-

_____________ 127 Am ehesten um Ausleihexemplare könnte es sich etwa bei den Handschriften Bes und Not gehandelt haben. 128 Vgl. GABRIEL 1951. 129 Hinsichtlich der Texterschließung wartet Wie2 lediglich mit Glossen auf, die von vielleicht nur einer einzigen späteren Hand insgesamt unsystematisch und innerhalb der einzelnen Fabeln nur vereinzelt angebracht wurden.

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mentierung eine Sonderstellung ein. Eine solche wächst ihr überdies durch die eng an den französisch-englischen ›Liber Catonianus‹ angelehnte Textzusammenstellung zu. Sie dürfte auf der singulären Verwertung einer importierten Vorlage beruhen, ohne dass das motivierende Gebrauchsinteresse sich genauer konkretisieren ließe. Eine den französischen Verhältnissen auch nur annähernd vergleichbare lokale Unterrichtstradition repräsentiert die Handschrift kaum.

4.3 Standardisierung des Textstudiums: Der französisch-englische ›Liber Catonianus‹ Es sind gerade französische und englische Unterrichtsbücher, die im 13. Jahrhundert gegenüber den im Gebrauch verbrauchten Handschriften nun häufiger die Schwelle des »Sichtbar-Werdens« überschreiten. Dieser Übertritt ist wesentlich Folge der Verwendung der ›Fabulae‹ nun auch in Kontexten gehobenerer – vermutlich universitärer – Trivialstudien, in denen man sich des Mediums der Schrift generell intensiver als auf vorgeordneten Unterrichtsniveaus bediente. Der Ausstattung der ›Fabulae‹ mit Kommentaren ist das ebenso unmittelbar abzulesen wie ihrer Einbindung in nunmehr stabilere Überlieferungsgemeinschaften. In den Handschriften des 8./9. bis 12. Jahrhunderts werden die ›Fabulae‹ lediglich mit den ›Disticha Catonis‹ regelmäßiger verbunden, die, von der ›Ars grammatica‹ Donats abgesehen, wie kein anderes Werk fest im beginnenden Lateinunterricht verankert sind.130 Darüber hinaus jedoch präsentiert sich das Spektrum des Mitüberlieferten bis zum 12. Jahrhundert als ein überaus umfassendes und recht verschiedenartiges. Lediglich die moraldidaktischen auctores treten aus der Menge des Disparaten als eine regelmäßig wiederkehrende Textgruppe heraus. Von übergreifenden Konventionen indes, die eine geregeltere Abfolge der Textlektüre im Unterricht gelenkt hätten, lassen die Handschriften – von der erwähnten, ausgeprägten Affinität des Avian zum ›Cato‹ abgesehen – nichts erkennen. Seit dem 13. Jahrhundert zeichnen sich in diesem Punkt Änderungen ab. Zum einen deutet sich bereits die Tendenz an, den spätantiken Avian mit einer weiteren Fabelsammlung, der des sogenannten ›Anonymus Neveleti‹ zu verbinden, der sich im 14. Jahrhundert dann mit Macht als zeitgenössischere Alternative des Fabelstudiums etablieren wird.131 Unterrichtsgeschichtlich sehr viel bedeutsamer erscheint dagegen die feste _____________ 130 Ich führe für die das gesamte Mittelalter anhaltende Vitalität dieser Bindung nur beispielhaft Ant1, Aug2, Bas2, Ber 1, Ber 3f., Bes, Cam1-4, Dan, Dar 1-3, Kam, Kop1, Lei4-6, Lon2 und Lon5 an und verweise für weitere Belege auf das Überlieferungsverzeichnis, das die ›Disticha Catonis‹-Avian-Liason auf Schritt und Tritt illustriert. 131 So etwa in den Handschriften Bes, Ber 3, Ber 4, vielleicht auch ursprünglich einmal in dem vollständigen alten Bestand von Lon2, der noch einen Esopus umfasste.

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Einbindung der ›Fabulae‹ in die relativ stabile Textreihe des ›Liber Catonianus‹. Denn die Stabilisierung der Mitüberlieferung von Schultexten, die Begleitung eines bestimmten Textes durch einen oder mehrere regelhaft wiederkehrende andere Texte in den Handschriften, darf ja nicht als selbstverständlich angesehen werden. Der Vorgang stellt, von der Okkasionalität mittelalterlichen Schulunterrichts her betrachtet, im Gegenteil ein unwahrscheinliches, voraussetzungsreiches Phänomen einer Kontextverfestigung dar, die als solche bereits eine konzeptionelle Verschriftlichung von Unterricht anzeigt. Dass mittelalterliche Texte in den Handschriften nicht allein, sondern oft in Überlieferungsgemeinschaft mit anderen Texten vorliegen, ist ein Befund, der die Aufmerksamkeit von Altgermanisten spätestens seit den sechziger Jahren des zurückliegenden Jahrhunderts auf sich zieht. Der Aspekt der Mitüberlieferung eines Textes ist insbesondere der überlieferungsgeschichtlich ausgerichteten Prosaforschung wichtig geworden.132 Sie hat die Analyse der Vergesellschaftung von Texten als ein wichtiges Instrument erkannt, um auf historische Gebrauchssituationen, auf den »Sitz im Leben« eines Textes zurückzuschließen. Angestoßen wurde dieses Interesse letztlich von der Einsicht, dass bei vielen breiter bezeugten Werken des Spätmittelalters weniger dem Ausgangstext selbst als seiner Rezeption literaturgeschichtlicher Aufschlusswert zukommt und eine Geschichte der Literatur des Spätmittelalters nicht allein von der Seite ihrer Produktion her, sondern wesentlich auch von ihrer Rezeption her geschrieben werden muss: vom »Gebrauch« her, dem die Werke gedient haben und über den unter anderem ihre handschriftlichen Überlieferungsgemeinschaften Auskunft geben können. Zwar ist dieser methodische Ansatz generell eher für auf unmittelbar praktischen Gebrauch gerichtete Werke fruchtbar zu machen als für die sogenannte »schöne Literatur«.133 Das entsprechende Frageraster zählt gleichwohl zum etablierten Instrumentarium mediävistischer Literaturwissenschaft. Aus dieser herkömmlichen überlieferungsgeschichtlichen Perspektive betrachtet zeigt freilich auch jener Sonderfall von Mitüberlieferung, der einen Basistext A nicht nur einmal, sondern regelmäßig mit einem Text B zusammenbringt, nicht mehr an als eng verwandte Gebrauchszusammenhänge des Basistextes. So ist dann schnell übersehen, dass dort, wo A und B nicht nur regelmäßig gemeinsam abgeschrieben wurden, sondern so_____________ 132 Vgl. vor allem die Beiträge in: Überlieferungsgeschichtliche Prosaforschung 1980, sowie die seit 1980 in der Reihe »Texte und Textgeschichte« erschienenen Arbeiten. 133 JAN-DIRK MÜLLER: Aporien und Perspektiven einer Sozialgeschichte mittelalterlicher Literatur. Zu einigen neueren Forschungsansätzen. In: Literarische Interessenbildung im Mittelalter. DFG-Symposion 1991. Hg. von JOACHIM HEINZLE. Stuttgart, Weimar 1993 (Germanistische Symposien. Berichtsbände 14), S. 56-66.

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wohl unmittelbar als auch in gleichbleibender Reihe aufeinander folgen, das Phänomen als solches bereits Beachtung verdient. Feste Textreihen, die jeden Text der Reihe an einen ganz bestimmten Nachbarn binden, indizieren einen prinzipiell stabilisierten Rezeptionskontext eines Textes, dessen Umgebung festgelegter erscheint. Zumal bei mündlichem Textvortrag vor anwesendem Publikum als verbreitetem Rezeptionsmodus134 verweist das auf einen Wandel zentraler Parameter literarischer Kommunikation: - In der medialen Mündlichkeit des Textvortrags können Textfolgen vom Vortragenden prinzipiell in unmittelbarer Reaktion auf das Verhalten des Publikums ad hoc neu auf die aktuelle Situation abgestimmt werden. Das Publikum tritt damit an der Übergangsstelle von einem ersten zum Folgetext gleichsam als Koproduzent der ganzen Textfolge auf: Es wirkt mit in die Reihenbildung hinein und bestimmt das Aussehen der Textreihe mit. Während in der Vortragsmündlichkeit Rezeption und Produktion eng aneinander gekoppelt sind, erscheinen sie hingegen stärker voneinander entkoppelt, wenn die Textfolge vom Autor (der dann zugleich mit größerem Recht als auctor dieser Reihe im Sinne ihres »Urhebers« bezeichnet werden darf) vorab bereits schriftlich entworfen und festgelegt ist. - Auf der Seite des Autors entfällt mit dem schriftlichen Vorentwurf einer festen Textreihe die Möglichkeit ihrer situationsgebundenen Gestaltung. Andererseits eröffnet ihm der schriftliche Vorgriff aber auch neue Gestaltungsmöglichkeiten. Denn intertextuelle Beziehungen zwischen den Texten der Reihe können ja nun im voraus konstituiert und damit zumindest potentiell komplexer gestaltet werden. So können Voraus- oder Rückverweise über den einzelnen Text hinaus nun tendenziell präziser eingesetzt werden, da mit den Textfolgen der Rezeptionsablauf vorhersehbarer geworden ist und der Autor die Bedingungen für das Erfassen intertextueller Verweise besser planen kann. Nicht zuletzt kann, hat sich erst einmal eine Erwartung einer bestimmten Reihenfolge publikumsseitig eingespielt, diese vom Autor selbstverständlich auch wieder produktiv unterlaufen werden. - Stabilisierung von Textreihen verweist schließlich für die Rezeptionsseite auf eine gestiegene Literarisierung des Publikums: nicht nur schlicht und einfach, weil Textvorträge länger und z. B. nicht hier und da von »nichtliterarischen« Unterhaltungsveranstaltungen unterbrochen werden, son_____________ 134 Damit ist keinesfalls in Abrede gestellt, dass mittelalterliche Werke nicht vielfach auch in Form stiller Lektüre rezipiert werden oder für diese schon konzipiert sein konnten. In welchem Umfang und für welche Textgruppen von diesem Fall auszugehen ist, wurde in der Forschung zu Recht breit diskutiert. Ich verweise für Differenzierungen nur auf die Beiträge von GREEN 1994 und SAENGER 1982. Für meine Argumentation kommt es lediglich darauf an, dass stille Lektüre nicht schon als Selbstverständlichkeit unterstellt werden darf.

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dern v. a., weil nunmehr statt beständigen Wechsels eine feste Folge von Texten erwartet wird. An einen Vortrag werden damit komplexere, in der Tendenz zunehmend spezifisch literarische Erwartungen herangetragen (die der Autor bei der Produktion solcher Reihen seinerseits erwarten kann). Diese Erwartungen tragen, als vom Publikum geteilte, weiter zur Homogenisierung des Publikums bei, das zunehmend als eines von Experten auftritt. Die konzeptionelle Verschriftlichung von Lektürefolgen ist demnach sowohl als Verlust, nämlich okkasioneller Gestaltungskompetenz eines Text-Arrangeurs in der Mündlichkeit der Vortragssituation unter Anwesenden, als auch als Gewinn einer in der Distanz zum Vortrag potentiell besser planbaren Gestaltung von Textfolgen jeweils nur einseitig beschrieben. In erster Linie präsentieren sich die Verhältnisse vielmehr vor allem komplexer, voraussetzungsreicher, unwahrscheinlicher. Wenn Texte – so eine These EHLICHs – aus dem Bedürfnis nach Überlieferung entstehen, dann handelt es sich bei den neuen Textreihen überdies nicht nur um ein komplexeres, aus zwei Texten zusammengesetztes Gebilde, sondern seinerseits um einen neuen »Text«, der nun einen praktischen Vollzug, der ehedem seinen Ort jenseits der Schriftlichkeit hatte, »überliefert«.135 Aus dieser Perspektive verdient ein umfassendes corpus auctorum sechs literarisch-moraldidaktischer Werke neue Aufmerksamkeit, auf das Marcus BOAS bereits 1914 hingewiesen und, in Anlehnung an das Eröffnungsstück der Reihe, die ›Disticha Catonis‹, mit dem Titel ›Liber Catonianus‹ belegt hat.136 Bereits in der Sechszahl der Werke hebt sich diese Serie markant von der sonst in der Mitüberlieferung vorherrschenden Varianz der Textfolgen ab. Vergleichbares wird im Bereich der literarischen auctores das gesamte Mittelalter hindurch nämlich nicht mehr erreicht.137 Im einzelnen versammelt der ›Liber‹: - die ›Disticha Catonis‹, eine spätantike Sammlung von etwa eineinhalb Hundert in eingängigem Latein verfassten Hexameterdistichen, denen ein halbes Hundert kurzer Prosasentenzen sowie ein knapper Prosavorspann vorangeht, in dem ein Vater seinen Sohn die nachstehenden Lehren zu beachten mahnt. Die lehrhaften Distichen sind ohne durchgreifende Ordnung auf vier Bücher verteilt und decken zahlreiche Bereiche der praktischen Lebensführung ab. Der Verfasser des im dritten nachchristlichen Jahrhundert entstandenen Werks ist unbekannt, doch wird es im Mittelalter öfter dem Vertreter altrömischer virtus schlechthin, Marcus Porcius _____________ 135 EHLICH 1983. 136 Vgl. BOAS 1914. 137 Erst gegen dessen Ende, im ausgehenden 15. Jahrhundert, wird der ›Liber‹ von der Achtzahl der ›Auctores octo‹ übertroffen, die aber bereits in die beginnende Buchdruckära fallen. Siehe dazu weiter unten.

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Cato zugewiesen. Für den Trivialunterricht werden die ›Disticha Catonis‹ spätestens seit karolingischer Zeit herangezogen und bereits von Remigius von Auxerre (ca. 841-ca. 908) kommentiert; sie sind seither einer der am häufigsten traktierten mittelalterlichen Schultexte überhaupt. - die ›Ecloga Theodoli‹, ein im 10. oder 11. Jahrhundert entstandenes, dreieinhalb Hundert leoninische Hexameter umfassendes und formal an Vergils dritter Ekloge angelehntes Streitgespräch zwischen dem heidnischen Hirten Pseustis (»Lüge«) und der Hirtin Alithia (»Wahrheit«), in dem im Wechsel jeweils ein Ereignis aus antiker Mythologie und aus dem Alten Testament vorgetragen wird und das schließlich von der Richterin Phronesis zugunsten Alithias entschieden wird. Die sehr komprimierte Darstellung macht den Text schwer verständlich und erfordert Kommentare: Einen ersten verfasst Bernhard von Utrecht. - die ›Fabulae‹ des Avian. - die sechs im 6. Jahrhundert verfassten Elegien des Maximian, deren etwa 350 elegische Distichen das Altern zum Thema haben. - die drei um 400 entstandenen Bücher der mythologischen Dichtung ›De raptu Proserpinae‹ des Claudius Claudianus, deren knapp 1200 an klassischer lateinischer Dichtung orientierten, sprachlich teils sehr elaborierten Hexameter den ›Liber‹ um das epische Genre erweitern. - schließlich als zweites mythologisches Epos des Statius (unvollendete) ›Achilleis‹ noch aus dem Ende des ersten nachchristlichen Jahrhunderts mit etwa 1100 Hexametern. Der ›Liber‹ wartet mit einem beachtlichen Umfang von circa 4000 Versen auf, dazu mit wechselnden Versformen (Hexameter, Hexameterdistichen, leoninische Hexameter, elegische Distichen), mit Werken sehr verschiedener stilistischer Formung und sprachlicher Zugänglichkeit, sodass manche durchaus ohne Kommentar (›Disticha Catonis‹), andere fast nur mit einem solchen verständlich sind (›Ecloga Theodoli‹). Er wartet auf mit Werken sehr verschiedener literarischer Genres (lehrhafte Dichtung, Streitgespräch, Fabeln, Elegien, Versepen) aus verschiedensten Epochen, die nahezu ein ganzes Jahrtausend umfassen, und schließlich mit Werken, die teils schon längst im Trivialunterricht installiert sind (›Disticha Catonis‹, Avian), teils aber auch erst im Zusammenhang mit dem ›Liber‹ eine bedeutendere Verbreitung erfahren (›De raptu Proserpinae‹)138. Besteht nun, angesichts dieser Vielfalt, die Einheit des Liber wirklich nur in einer überregional verbreiteten, anonymen und folglich auch nicht notwendig näher zu lokalisierenden, eben traditionellen Praxis der auctores-Lektüre, die für den Lateinunterricht Beispielwerke braucht? Das ist _____________ 138 Vgl. HALL 1969, S. 73: sieben Handschriften des 12. Jahrhunderts stehen 35 des folgenden gegenüber.

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jedenfalls die Vorstellung, die BOAS und die wenigen Beiträge suggerieren, die sich in BOAS’ Gefolge mit dem ›Liber‹ etwas ausführlicher befasst haben, indem sie vor allem die ihn vorbereitenden Textkombinationen in den Handschriften herausstellen – darunter besonders die altbezeugte Begleitung der ›Disticha Catonis‹ durch den Avian sowie die Ergänzung dieses Paares um die ›Ecloga Theodoli‹ und Maximians Elegien seit dem 12. Jahrhundert – und damit das historisch Besondere des ›Liber‹ eher einebnen statt es herauszuarbeiten.139 Dass wir keinen »Autor« des ›Liber‹ kennen und dem Buchwerk in den Handschriften eine feste Bezeichnung fehlt – BOAS’ Bezeichnung ist historisch nicht verbürgt140 –, scheint die Vorstellung gleichsam einer Selbstbewegung einer immer weiter aufschwellenden Lektüretradition auf den ›Liber Catonianus‹ hin ebenfalls nur zu bestätigen. Widerspruch sollte sich aber spätestens dann regen, wenn man diese Selbstbewegung in ihrem Ergebnis auf praktische Anwendungssituationen bezieht – etwa mit den Worten von BOAS: »Saeculo XIII° sex poetarum opuscula sc. liber Catonis, Theodoli Ecloga, Aviani Fabulae, Maximiani Elegiae, Claudianus minor (= de Raptu Proserpinae), Statius minor (= Achilleis), certam seriem [...] vel unum corpus auctorum efficiunt, in quibus vertendis, interpretandis, commentandis exercebantur vires iuveniles« [Hervorhebung von mir, M. B.].141

Man wird ja sich das Studium einer derart elaborierten Reihe nicht als derart weithin wirkende, mithin noch in jede mittelalterliche Stifts- oder Pfarr- oder Klosterschule hineinwirkende Tradition vorstellen dürfen, die jede weitere Differenzierung im Hinblick auf institutionale Grenzen überflüssig machte. Im Gegenteil lässt die Unterrichtsverwendung der Hexade des ›Liber Catonianus‹ – nach den oben ausgeführten Vorüberlegungen zum Phänomen der Reihenbildung als solchem – eher spezielle institutionelle und insbesondere weitergehend literalisierte Rahmenbedingungen _____________ 139 Vgl. BOAS 1914, passim, besonders aber S. 46; HALL 1969, S. 69f.; PAUL M. CLOGAN: Literary genres in a medieval textbook. In: Medievalia et humanistica 12 (1982), S. 199-209; HUNT 1991, Bd. 1, S. 67-79. Obgleich HUNTs Untersuchung handschriftennah ansetzt, beschränkt sie sich für den ›Liber‹ leider nur auf ein »brief outline of the evolution of the ›Liber Catonianus‹« (Bd. 1, S. 67). Kritisch steht dem Beitrag von BOAS allein AVESANI gegenüber, der BOAS eine mangelhafte Berücksichtigung relevanter kodikologischer Basisdaten nachweisen kann. So hat BOAS ungeprüft auch sekundär erst nachmittelalterlich von Buchbindern zusammengestellte Textfolgen als Belege für Lektürereihen herangezogen. BOAS’ Materialbasis bedarf mithin einer vollständigen Neuprüfung. Vgl. AVESANI 1965, besonders S. 475-480. 140 HALL 1969, S. 69f., vermag nur einige wenige, zudem wechselnde Bezeichnungen aus dem handschriftlichen Umfeld des ›Liber‹ zu nennen: Libri de moribus, Libri ethicorum, Libri ethici. Überdies bleibt an ihnen der Plural bemerkenswert. Registriert wird eine Vielzahl von Werken, aber nicht die neue Einheit ihrer Summe. 141 BOAS 1914, S. 17.

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erwarten. Die wegen der methodischen Mängel der BOAS’schen Studie142 notwendige Neudurchsicht der Überlieferung führt dabei zu folgenden Ergebnissen: 1. Ein genau die Sechserreihe bewahrender Kernbestand umfasst nur vier Handschriften, die heute alle in der Biblioteca Apostolica Vaticana aufbewahrt werden: Rom1, Rom5, Rom8 und Rom11.143 Keiner der vier Zeugen lässt sich präzise datieren oder lokalisieren. Alle aber weisen ins 13. Jahrhundert, und zwar eher in dessen zweite als in die erste Hälfte, sowie nach Frankreich, und hier eher in den Norden.144 Damit sind erste wichtige Anhaltspunkte für Entstehung und Herkunft des ›Liber‹ gewonnen, die sich weiter stützen lassen werden. Weiterhin ist über das Vorliegen der Textreihe als solcher hinaus, auf die allein sich die Forschung zum ›Liber‹ bisher konzentriert hat, wichtig festzuhalten: Die Handschriften stehen auch im Format nahe beieinander, das 19,5-23 x 15/16,5 cm beträgt, und in Ausstattungsdetails wie der Darbietung stets abgesetzter Verse und der farbigen Zierlombarden. Sie bilden überdies qua Aufbereitung der Texte mit Glossen, oft mit Accessus und fast immer mit Kommentaren, eine Familie. Dabei kann die Textverwandtschaft der Erschließungsapparate partiell so weit gehen, dass für Rom11 sogar Abschrift aus Rom8 zu erwägen ist (vgl. Abb. 11f.)145. Schließlich verbindet sie die für sie zu vermutende Produktionsform. Die Haupttexte wurden nämlich überall jeweils nur von einer Haupthand – oder wenn von mehreren Händen, dann von sehr eng abgestimmt zusammenarbeitenden – in einem Zuge niedergeschrieben, die jeweils auch bereits den reichhaltigen Grundbestand der Glossen und Kommentare146 schrieb. Man hat also eher an Werkstattprodukte zu denken als an je individuell für je besondere Unterrichtsgegebenheiten produzierte Bände. Eine frequentere Verwendung in Unterrichtszusammenhängen wird für alle vier Zeugen durch zahlreiche Nachträge und abgegriffenes Pergament erwiesen. Genauere Informationen über Besitzer und Benutzer fließen allerdings sehr spärlich. Immerhin impliziert ein (späterer) Eintrag in Rom11 – hier Bl. 77v: Jehan de en _____________ 142 Siehe oben Anm. 139. 143 Für Rom5 ist nur der zweite Teil (Bl. 53-115) zu berücksichtigen, der erst im 17. Jahrhundert mit Vegetius’ ›Epitoma rei militaris‹ zusammengebunden wurde. 144 Rom1 und Rom5: 13. Jahrhundert, Rom8 und Rom11: Ende 13. Jahrhundert bzw. Rom1 und Rom11 Frankreich?, Rom5 Frankreich (Haute-Marne?), Rom8 Flandern? 145 Vgl. PELLEGRIN 1975ff., Bd. 2,1, S. 272, und Bd. 3,1, S. 297 – dort jeweils unter Verweis auf Beobachtungen an den Glossen zum Maximian (vgl. SCHETTER 1970, S. 61). Aber auch die Avian-Kommentare gehören textgeschichtlich zusammen: SUERBAUM 2000, S. 420 Anm. 178. 146 Der Grundbestand ist nicht selten schichtenweise mehrfach ergänzt, wobei diese Ergänzungen aber selbst noch in ihrer Summe relativ schmaler als der Grundbestand ausfallen.

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Abb. 11: Rom, Biblioteca Apostolica Vaticana, Vat. lat. 1663, Bl. 13r – Beginn der ›Fabulae‹ Avians in der charakteristischen Darbietung des ›Liber Catonianus‹

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Abb. 12: Rom, Biblioteca Apostolica Vaticana, Reg. lat. 1556, Bl. 24v-25r – Ende der ›Fabulae‹ Avians und Beginn des Maximian in der typischen Darbietungsform des ›Liber Catonianus‹

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la maison mestre Estienne de Vergi – einen Unterrichtsort, an dem mehrere Lehrer tätig waren, die in ihrem eigenen Hause unterrichtet und mehrere Schüler um sich versammelt haben. 2. Eine Reihe weiterer Handschriften stützt den Ansatz (eher nord-) französischer Entstehung und primärer Verbreitung des ›Liber‹ im (eher fortgeschrittenen) 13. Jahrhundert, da in ihnen als zweites Hauptgebiet der Verbreitung England hervortritt. Dort allerdings wird der Kern-›Liber‹ bereits variiert: - Cam2 (England, 2. Hälfte 13. oder 1. Viertel 14. Jh.): ein noch zeitgenössisch um einen Anhang mit einer Expositio hymnorum und dem ›Poenitentiarius‹ des Johannes de Garlandia (?) erweiterter ›Liber‹, dem später, aber noch im Mittelalter, ein älterer Faszikel des 12. Jahrhundert mit einem Lektionar angehängt wurde. - Cam3 (England, 2. Hälfte 13. Jh.): ein noch zeitgenössisch um einen Vorspann mit Donats ›Ars grammatica‹, einer Expositio hymnorum und Alexanders de Villa Dei ›Doctrinale‹ erweiterter ›Liber‹. - Lon5 (England?, 2. Hälfte 13. Jh.): in die letzte, mit Claudians ›De raptu Proserpinae‹ nicht mehr gefüllte Lage wurde von anderer Hand noch der ›Poenitentiarius‹ des Johannes de Garlandia (?) eingetragen und wiederum von anderer Hand der im ausgehenden 13. Jahrhundert in England entstandene ›Romulus-LBG‹ immerhin begonnen und erst dann auf einer Ergänzungslage fortgesetzt. - Not (England, 13. Jh.): der Reihe des ›Liber‹ geht mit Eberhards von Béthune ›Graecismus‹, dem ›Poenitentiarius‹, dem ›Doctrinale‹ Alexanders de Villa Dei, Serlos von Wilton ›Versus de differentiis‹, Radulphus’ von Longchamp ›Distinctiones‹ und den ›Synonyma‹ wie ›Equivoca‹ des Johannes von Garlandia (?) ein umfangreicher Vorspann fast ausnahmslos grammatischer Werke voran. - Oxf 2 (England, 2. Hälfte 13. Jh.): dem in der Forschung auch unter dem Titel ›Cartula‹ laufenden ›Contemptus mundi‹ im Vorspann folgt die nach Ausweis eines Registers im 15. Jahrhundert noch vollständige, heute erst Bl. 6r mit Avian einsetzende Reihe des ›Liber‹, an den ab Bl. 82r Ovids ›Remedia amoris‹, ein Kommentar zum ›Theodolus‹, der ›Liber parabolarum‹ des Alanus ab Insulis, der ›Tobias‹ des Matthæus vom Vendôme und das ›Carmen de mysteriis ecclesiae‹ des Johannes de Garlandia anschließen. 3. Für die geschlossene oder variierte Textreihe des ›Liber‹ finden sich in italienischen Handschriften keine Belege. Hier bleibt er unbekannt. 4. Weithin unbekannt bleibt der ›Liber‹ auch dem Schulunterricht des deutschen Sprachraums. Eine einzige gegen Ende des 13. Jahrhunderts in Süddeutschland geschriebene Handschrift (Mue3), die in einer ihre Distanz bezeichnenden Weise die Reihe umstellt, denn auf die ›Ecloga Theodoli‹

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folgen zunächst die ›Achilleis‹ und ›De raptu Proserpinae‹ und erst danach Avian und Maximian, bestätigt nur diese Regel. Bis hierher ist nur der Kernbestand der Überlieferung mit der nahezu gleichbleibenden und von keiner Einschaltung unterbrochenen Textreihe erfasst. Die den Buchtyp des ›Liber Catonianus‹ kennzeichnenden Ausstattungsmerkmale müssen natürlich noch sehr viel genauer untersucht werden als im Rahmen dieses Beitrags möglich. Aber nur mit Hilfe ergänzender Typmerkmale lassen sich weitere, heute nur noch fragmentarisch erhaltene Exemplare des ›Liber‹ methodisch zuverlässig auch ohne ein zufällig erhaltenes mittelalterliches Inhaltsverzeichnis (s. o. zu Oxf 2) identifizieren. Beispielsweise weisen, statt auf einen sich noch unvollständig oder variantenreich herausbildenden »Lektürekanon«, schlicht auf einen unvollständigen ›Liber‹: - Lei2 (Frankreich?, 2. Hälfte 13. Jh.) mit ›Ecloga Theodoli‹ (frgm.), Avian, Maximian, Statius (frgm.): nach Ausweis einer alten Lagenzählung fehlt mindestens die Eingangslage. - NHa (England, um 1300) mit der ›Ecloga Theodoli‹, Avian und Maximian: alle Texte ohne Glossen und Kommentar, sodass hier vielleicht ein bereits unvollständig abgeschriebener ›Liber‹ vorliegt, der nach Ausweis seiner Gebrauchsspuren dann aber gleichwohl für Unterrichtszwecke benutzt wurde. - Rom9 (Frankreich, 13./14. Jh.) mit den ›Disticha Catonis‹, der ›Ecloga Theodoli‹, mit Avian und Maximian auf Bl. 66r-95v: dieser zusätzlich auch noch streckenweise in sich verbundene Ausschnitt des ›Liber‹ ist Teil eines umfangreichen und erst nachmittelalterlich zusammengestellten Fragmentenkonvoluts. - V-Wor (England, Anfang 14. Jh.) mit den ›Disticha Catonis‹ und der am Ende fragmentarischen ›Ecloga Theodoli‹, auf die höchstwahrscheinlich der Avian und die Elegien Maximians folgten, die heute fehlen, sowie – am Anfang fragmentarisch – Claudians ›De raptu Proserpinae‹ und die ›Achilleis‹ des Statius. Für englische Handschriften charakteristisch wurde dieser ›Liber‹-Grundstock dann noch um zahlreiche Texte vermehrt, darunter – wie für englische Handschriften zu erwarten – zunächst um grammatische Werke (›Doctrinale‹, ›Graecismus‹), dann aber auch um weitere moraldidaktische auctores (u. a. Alanus ab Insulis: ›Liber parabolarum‹, Walter von Châtillon: ›Alexandreis‹, Horaz, Juvenal, Persius). Das schon allein in Hinsicht auf den Grundbestand der versammelten Texte klare Profil des ›Liber‹ erlaubt es nun auch, zwei spezielle Überlieferungstypen über BOAS hinaus präziser abzusetzen: zum einen solche Handschriften, denen die Textreihe des ›Liber‹ zwar zugrundegelegen hat, dies aber kaum mehr in Form einer verbindlichen Vorlage, da die Reihe vielfach und durchaus nicht mehr nur an den Rändern erweitert ist; zum

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zweiten eine größere Gruppe von Zeugen, die weder auf Varianten des bereits etablierten noch auf einen verkürzten, sondern auf einen sozusagen »halben« ›Liber‹ führen. Als ein erstes Beispiel für den erstgenannten Typ firmiert etwa Lin mit dem ›Morale scolarium‹ und dem ›Dictionarius‹ des Johannes de Garlandia noch vor den ›Disticha Catonis‹ und den ›Ecloga Theodoli‹, denen dann zunächst Alexander Neckams ›De nominibus utensilium‹, Adams von Balsham ›De utensilibus‹, das ›Carmen de mysteriis ecclesiae‹ des Johannes von Garlandia, Ps.-Ovids ›De mirabilibus mundi‹, ›Accentuarium‹ und ›Dictionarius‹ des Johannes von Garlandia und die Satiren des Persius folgen, erst dann der Rest des ›Liber‹-Bestands. Ein weiteres Beispiel liefert Lon2 (England?, 13. Jh.). Hier umfasst der ursprüngliche, heute teilweise ausgefallene Bestand dem alten Register zufolge zunächst mit Prospers ›Epigrammata‹, Anselms von Canterbury ›De sacrificiis altaris‹, einer Passio dominica (fehlt), einem Bernhardus (fehlt), den ›Quinque claves sapientiae‹ (fehlt) und dem ›Liber morum‹ (nur noch fragmentarisch vorhanden) einen ausladenden Vorspann, auf den dann erst die ›Disticha Catonis‹ folgen. Deren Verbindung zur ›Ecloga Theodoli‹ und dem Avian ist wiederum durch den ›Novus Cato‹ unterbrochen, und an den Avian schloss zunächst weitere »Tierdichtung«, nämlich ein Esopus (fehlt) und ein Physiologus (fehlt) an sowie der ›Geta‹ des Vitalis von Blois. Erst danach wird die bekannte Reihe mit Maximian, Claudian und Statius fortgesetzt. Das Ende ist indes mit der ›Ilias latina‹ des Pindar Thebanus, einem Werk Ovids (fehlt) und dem ›Pauper Heinricus‹ beträchtlich erweitert. Für den zweiten Typ lässt sich auf mehrere Handschriften des 13. und 14. Jahrhunderts verweisen, die zwar eine Auffüllung der vor der Herausbildung des ›Liber‹ bereits gut bezeugten Verbindung von ›Disticha Catonis‹ und Avian um die ›Ecloga‹ zur Trias und deren Stabilisierung belegen. Aber ergänzt wird diese Trias statt regelmäßig mit Maximian, Claudian und Statius etwa mit Ovids ›Remedia amoris‹, der Fabelsammlung des ›Anonymus Neveleti‹ und dem ›Tobias‹ des Matthæus von Vendôme – dies freilich in wechselnden Zusammenstellungen, also ohne die Festigkeit des ›Liber‹ zu erreichen. Drei besonders signifikante Beispiele haben sich in Ber 4 (13. Jh., Holland oder Flandern?; der Trias folgt der ›Anonymus Neveleti‹), Par 3 (13./14. Jh., Frankreich; der heute auf zwei Handschriften verteilten und verbundenen Trias folgen Ovids ›Remedia amoris‹ und der ›Tobias‹) und Wol3 (13. Jh., Deutschland?; der Trias folgen der ›Anonymus Neveleti‹, eine ›Vita s. Marie Egyptiace‹ und der ›Tobias‹) erhalten.147 _____________ 147 Weitere Belege für den »halben« ›Liber‹ sind aus dem Material bei BOAS (1914, hier besonders S. 41-44), bei AVESANI (1965, hier besonders S. 478-480) und vor allem aus PELLEGRIN 1957 zu beziehen.

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Neben dem ›Liber‹ wurden im 13. Jahrhundert demnach auch andere Wege beschritten, die offener für wechselnde Anwendungskonstellationen blieben. Dass Überlieferung und Unterrichtspraxis vielgestalter waren, das Bild insgesamt bunter ist, als es der Beitrag von BOAS suggeriert, betont auch AVESANI. Zugleich muss jedoch wiederum gegen AVESANI betont werden: Es bleibt auch dann noch bunt, wenn man den ›Liber‹ über BOAS hinaus stärker profiliert statt seine Konturen unter Verweis auf die Vielfalt der Überlieferung und Unterrichtspraxis aufzulösen. Der ›Liber‹ tritt vor diesem beweglichen Hintergrund als historischer Sonderfall nur noch einmal deutlicher hervor. Die überlieferungsgeschichtliche Profilierung des ›Liber Catonianus‹ als hochmittelalterlichem Schulbuch wirft Anschlussfragen auf, darunter die nach der Textgeschichte seiner Werke und der ihrer Glossierung und Kommentierung. Erstreckt sich der Ordnungsversuch des ›Liber‹ auch gezielt auf ältere Glossen- und Kommentarapparate? Wurde im Zuge der Zusammenstellung in die Texte der Werke und Kommentare eingegriffen? Werden letztere so stabil wie die Textreihe selbst tradiert oder vielleicht unfester? Für den Avian kann immerhin festgehalten werden, dass dieser zwar bereits vor dem ›Liber‹ gemeinsam mit dichten Glossenapparaten tradiert und für die ›Fabulae‹ auch diskursiv ausformulierte Prosakommentare ausgearbeitet wurden, dass sich aber bis in die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts keine Handschriften finden, die ihren Lesern beides, sowohl Glossen als auch längere Prosakommentare, gemeinsam mit dem Verstext auf derselben handschriftlichen Seite darbieten. Aus der Sicht der ›Fabulae‹-Handschriften wird die Verbreitung dieses im Spätmittelalter so überaus geläufigen Darbietungstyps wesentlich vom ›Liber Catonianus‹ getragen. Dessen Leistung besteht also weniger in der neuen Ausarbeitung oder Bearbeitung von Texten als in der Zusammenführung (zuvor verstreut) vorliegenden Unterrichtsmaterials und in der Neuorganisation seiner Darbietung, die auf eine konzentriertere und damit effektivere Distribution zielt, d. h. breiteren Benutzerkreisen einheitlichere Textvorlagen leichter zugänglich macht. So musste man sich für seine Avian-Lektüre nicht länger zu der einen Handschrift mit dem Verstext eine zweite mit dem texterschließenden Apparat besorgen, sondern hatte beides in nur einer einzigen Handschrift gleichzeitig vor Augen. Auch darin wird im ›Liber‹ Schriftlichkeit für den Unterricht gezielter und auf eine technische, bereits auf die Bereitstellung schriftlicher Materialien für den Unterricht durch den Buchdruck vorausweisende Art genutzt. Den ›Liber‹ präziser zu verorten als nur ungefähr in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts im eher nördlichen Frankreich und ihn einzelnen Bildungseinrichtungen zuzuordnen, das wird zukünftig nur unter geziel-

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tem Ausgriff in die Text- und Überlieferungsgeschichten der Gesamtheit aller Grundtexte sowie Kommentare gelingen, die er versammelt. Die Richtung indes, in die vor allem gesucht werden müsste, kann bereits angegeben werden. Der Umfang der Textreihe und ihre weithin obligate Ausstattung mit umfangreichen Glossen und Kommentaren verweisen eher auf führende als auf diesen vorgeordnete Bildungseinrichtungen der Zeit, ebenso auch die Tatsache der Reihe als solcher und ihre Serienproduktion. Gemeinsam deuten sie auf einen Lehrbetrieb, der sowohl in festeren institutionellen Bahnen ablief als auch einen regelmäßig hohen Schülerdurchsatz zu erwarten erlaubte. Von hierher ist zuerst an universitären Lehrbetrieb zu denken, und hier zuerst an denjenigen in Paris, daneben vielleicht auch noch jenen in Orléans, das im 13. Jahrhundert für sein Studium der literarischen auctores berühmt war.148 Für die Verbreitung des ›Liber‹ in der bekannten Form der Petie, die von gewerbsmäßig arbeitenden Schreibern hergestellt wurde, finden sich in den oben angeführten Handschriften allerdings keine Belege. Über welchen Zeitraum hinweg mittelalterliche Handschriften für den Unterricht benutzt wurden, bis sie als unmodern außer Gebrauch kamen, ist nicht nur für den ›Liber Catonianus‹ noch nicht untersucht. In Yorkshire war der ›Liber‹ einigen pueri noch im 15. Jahrhundert zur Hand.149 Das ist aber wohl eher die Ausnahme gewesen, denn produziert wurden ›Libri Catoniani‹ nicht über das 14. Jahrhundert hinaus. Ihre Aufnahme in einige englische Bibliothekskataloge dieser Zeit weist in dieselbe Richtung: Der ›Liber‹ kommt im Laufe des 14. Jahrhunderts aus der Mode und wandert statt regelmäßig unter dem Arm des Schülers in die lectiones immer öfter nur noch durch die Hände des Bibliothekars in die Bücherregale.150 Dass die Verbreitung des Liber auf der Zeitachse nicht nur nach links, sondern auch nach rechts, zum Spätmittelalter hin, eine durchaus zu begrenzende ist, wird von dem grundlegenden Beitrag von BOAS wiederum eher verdeckt. Stattdessen wird der Eindruck erweckt, aus der Textreihe des ›Liber‹ entwickle sich bruchlos allmählich eine noch komplexere, nun gar acht Werke umfassende: die der ›Auctores octo‹ mit den ›Disticha Catonis‹, mit der ›Ecloga Theodoli‹ und dem sich

_____________ 148 Vgl. zur Bedeutung von Orléans für das auctores-Studium im Überblick ROUSE 1979 sowie: The battle of the seven arts. A french poem by Henry d’Andeli, trouvère of the thirteenth century, hg. von L. J. PAETOW. Berkeley 1914 (Memoirs of the University of California 4,1), S. 17-19. Die Nachrichten über die Produktion von Schulbüchern im Umfeld der Pariser Artistenfakultät, die im 13. Jahrhundert einen enormen Aufschwung erlebt und auf den die Universität seit der Mitte des Jahrhunderts mit Regulierungen reagiert, sind insgesamt eher spärlich: vgl. ROUSE/ROUSE 2000, Bd. 1, S. 73-98. Die Geschichte dieser Schulbücher wird aus den Handschriften selbst geschrieben werden müssen, deren Bestand freilich noch nicht erhoben ist. 149 Vgl. ORME 1973, S. 127 (zu Not). 150 Vgl. etwa die Einträge in K57 (London 1358) und K59 (York, Augustiner-Eremiten, 1372).

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selbst als Supplement zum ›Cato‹ ausgebenden ›Facetus Cum nihil utilius‹, dem ›Contemptus mundi‹/›Cartula‹, dem ›Tobias‹ des Matthæus von Vendôme, dem ›Liber parabolarum‹ des Alanus ab Insulis, dem ›Anonymus Neveleti‹ und schließlich mit dem ›Floretus‹.151 Nur Kontinuitäten statt Neuansätze sieht auch der jüngste Beitrag zu den ›Auctores octo‹, eine englische Übersetzung der acht Grundtexte, in deren Einleitung ihr Verfasser, PEPIN, konstatiert: »From the beginning of the fourteenth century to the mid-sixteenth, in numerous manuscripts and twenty-five printed editions, Auctores octo constituted a literary canon for schools in England and on the continent of Europe, although it seems to have been less popular south of the Alps.«152 Die handschriftlichen Vorstufen der ›Auctores octo‹, die eine Brücke zurück ins 14. Jahrhundert schlügen, gibt es aber gar nicht. Die Textreihe der ›Auctores octo‹ ist vor ihrem Erstdruck um 1485 handschriftlich nicht zu belegen. Sie ist ganz an das gedruckte Buch gebunden. Überdies sind PEPINs Angaben zur geographischen Verbreitung zu korrigieren. In England wird die Achterreihe bis 1500 nicht ein einziges Mal gedruckt. Auch seine Aussage zur quantitativen Verbreitung trifft nicht zu. Die Reihe wurde deutlich mehr als doppelt so oft gedruckt wie angegeben. Das geschah fast ausschließlich in Frankreich, etwas öfter daneben nur noch in Spanien, dort aber in der bereits modifizierten Form der ›Libros menores‹.153 Auch in den ›Auctores octo‹ manifestiert sich allerdings, wie im ›Liber Catonianus‹, statt eines nahezu ubiquitären »Lektürekanons« ein geographisch recht präzise zu verortender Versuch, die Lektüre moraldidaktisch-literarischer Werke im Umfeld des Trivialunterrichts in geregelte Bahnen zu bringen.154 Dazu nachstehend nur noch einige Hinweise. Der Erstdruck datiert um 1485. Bis 1500 erscheinen 37 Ausgaben. Davon sind 30 im Gesamtkatalog der Wiegendrucke unter Nr. 2776-2805 erfasst. Sie sind aus

_____________ 151 Vgl. insbesondere die den Beitrag von BOAS beschließende Tabelle, die die ganze in die ›Auctores octo‹ mündende »Entwicklung« zu visualisieren versucht (1914, S. 46). 152 PEPIN 1999, S. 1. Vgl. weiterhin zu den ›Auctores octo‹ AVESANI 1967, S. 21-25. Unergiebig ist Y.-F. RIOU: Quelques aspects de la tradition manucrite des Carmina d’Eugène de Tolède: du Liber catonianus aux Auctores octo morales. In: Revue d’histoire des textes 2 (1972), S. 19-44. 153 Vgl. zu den ›Libros menores‹ AVESANI 1967, S. 89-92. 154 Die Forschung ist Fragen nach der/den Autorschaft/en hinter den ›Auctores octo‹ noch nicht nachgegangen. Auszugehen wäre von der ältesten datierbaren, um 1485 bei Matthias Huss erschienenen Lyoner Ausgabe (GW Nr. 2775,10) und ihrer Praefatio aus der Feder des Johannes Vincentius Metulinus. Dieser ist als Jean-Vincent Quillet zu identifizieren, der als Professor für Grammatik an der Universität von Poitiers tätig war: G. THOUVENIN: La fondation de Poitiers selon les humanistes de la renaissance. A propos d’une ode de Scévole de Sainte-Marthe. In: Bulletin de la société des antiquaires de l’ouest, 3ème série 7 (1927), S. 734-763, hier S. 736. THOUVENIN zufolge hat Quillet auch einen Kommentar zum ›Graecismus‹ Eberhards von Béthune verfasst, der 1486 gedruckt worden sei (GW Nr. 9212?). Daher wird man in Quillet sowohl von seiner Profession her als auch, weil sich die praefatiuncula Quillets auf die gesamte nachfolgende Sammlung bezieht – in libris sequentibus heißt es in ihr –, wenn nicht den Initiator des Huss’schen Vorhabens, so doch zumindest seinen professionellen Begleiter zu sehen haben. Worin sich seine »Autorschaft« im Detail niederschlägt und wieweit sie sich erstreckt, ob etwa auch auf die in den nachfolgenden Ausgaben ergänzten Kommentare, bleibt zu prüfen.

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der Internetdatenbank des GW zu ergänzen um vier aus Lyon (beim Drucker von Guido Casus longi [GW Nr. 11712] o. J., bei Guillaume Le Roy um 1485, bei Engelhard Schultis um 1491 und bei demselben 1491/93), um zwei spanische Ausgaben (1496 durch Friedrich Biel, 1500 durch Heinrich Giesser) und eine weitere ohne Ort und Jahr. Hauptverbreitungsgebiet ist Frankreich, näherhin Lyon. Allein 29 Ausgaben entstammen französischen Druckerpressen, nur sechs spanischen (GW Nr. 28022805 und die zwei oben genannten Nachträge) und eine einer italienischen (GW Nr. 2801: Venedig 1491). Von den französischen Drucken erscheinen allein 23 in Lyon, vier weitere in Paris (GW Nr. 2788, 2792f., 2795) und zwei in Angoulême (GW Nr. 2777f.). Die älteste datierbare Ausgabe bietet ihre Texte noch ohne Kommentierung, doch setzt sich deren Beigabe in Frankreich schnell als Standard durch. Bis 1500 werden die ›Auctores octo‹ nämlich nur sechsmal in Lyon (um 1485, o. J., um 1490, um 1491, um 1491/93, 1500) und zweimal in Angoulême (1491 und um 1492) mit dem reinen Text gedruckt (GW Nr. 2776-2779), sonst in Frankreich aber immer mit begleitender Kommentierung. Umgekehrt verhält es sich außerhalb Frankreichs: Sowohl der italienische Druck wie alle sechs spanischen (textlich teilweise leicht erweiterten) ›Libros menores‹ verzichten auf texterschließende Beigaben. Zu den 37 Inkunabeln bis 1500 erscheinen noch einmal mindestens 23 weitere im 16. Jahrhundert. Die späten Ausgaben sind noch nicht systematisch erhoben.155 Soweit am bisher Sichtbaren zu erkennen, konzentriert sich die Verbreitung der ›Auctores octo‹ stärker als zuvor auf Frankreich und Lyon. Außer Lyon erscheinen nur zweimal Limoges und einmal Toulouse als Druckort. Überdies setzt sich noch deutlicher als im 15. Jahrhundert die Ausstattung der Texte mit Kommentar als Standard durch. Neben allen dreien außerhalb Lyons erscheinenden Ausgaben verzichten nur vier Lyoner Ausgaben auf ihn. Zugleich verlieren die ›Auctores octo‹ allmählich an Attraktivität. Aus dem Zeitraum zwischen 1501 und 1510 sind sieben, aus den Jahren 1511-20 fünf, aus 1521-30 nur noch drei Ausgaben bekannt. Für das folgende Jahrzehnt sind dann noch einmal fünf weitere nachzuweisen. Eine letzte wird 1544 aufgelegt: dies freilich schon außerhalb Lyons, in Toulouse, und ohne Kommentarausstattung.

5. Die Re-Oralisierung schriftlicher Textauslegung im 14. Jahrhundert: Der Umbau der Kommentare für die Verbreitung im Diktat Die mediale Einbeziehung des Schülers in die lectio durch seine regelmäßigere Ausstattung mit Büchern, die entweder als Ausleihexemplare be_____________ 155 Die vollständigste, aber immer noch ergänzungsbedürftige Übersicht bietet OSTERNACHER 1916, S. 347-352. Zu den dort unter Nr. 72-93 erfassten 22 Ausgaben des 16. Jahrhunderts (unter Nr. 94-96 drei weitere des 17. Jahrhunderts) ist etwa eine Paris 1528 erschienene zu ergänzen, vgl. IA Nr. 109.680.

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reitgehalten oder von ihm erworben werden und dann in die lectio mitgenommen werden können, setzt eine gewerbsmäßige Produktion von Handschriften im Hintergrund des Unterrichts voraus. Während man in Frankreich und England seit der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts über entsprechende Mittel und Wege zur Herstellung und Distribution von Schulbüchern verfügt, bleibt man im entsprechenden Zeitraum im deutschen Sprachgebiet auf das herkömmliche monastische Distributions- und Gebrauchsmodell von Schulbüchern angewiesen, in dem der Schüler regelmäßig nur als Zuhörer, nicht aber als Mit-Leser der lectio auftritt. Mit den Universitätsgründungen seit der Mitte des 14. Jahrhunderts – zuerst in Prag 1348 und in Wien 1356 – stellt sich jedoch nun auch weiter östlich in Europa die Aufgabe, den Unterrichtsteilnehmern die Texte, über die gelesen wird, mitsamt ihrer Auslegung anders als lediglich hör- und memorierbar bereitzustellen. Besondere unterrichtsdidaktische Überlegungen brauchen dabei gar nicht im Hintergrund gestanden zu haben. Allein der vergleichende Blick über die Grenzen nach Westen oder auch nur in den nordwestlichen deutsch-französischen Kontaktraum des heutigen Belgien und der Niederlande kann ausgereicht haben, ein Bewusstsein von minimalen medialen Standards zu entwickeln und weitergehende Ansprüche zu stellen an Mindestumfang und Mindestqualität einer systematischen und – zumindest medial – in gesteigertem Grade mit- und nachvollziehbaren lectio, deren Informationen, weil dem Schüler auch schriftlich zur Hand, aus dem Unterricht nicht nur qua Gedächtnis exportiert werden konnten. Über eine ausgebaute Infrastruktur professioneller Buchherstellung verfügt man weiter im Osten jedoch nicht. Die gewerbsmäßige Produktion von Handschriften in Petienform ist hier unbekannt. Mit dem professionellen Schreiber im Hintergrund von Unterricht entfällt aber auch ein zentraler Distributionskanal für Unterrichtshandschriften. Sein Ersatz wird in einer zwar weniger professionellen, dafür aber preiswerter arbeitenden Reproduktionsinstanz gefunden: im Schüler selbst. Er wird in eigens dafür reservierten Diktatveranstaltungen – die zeitgenössischen Fachtermini sind reportatio und pronuntiatio156 – herangezogen, sich seine eigenen Unterrichtsmaterialien selbst zu schreiben. Das Verfahren der Textreproduktion via Diktat ist als solches ebensowenig neu, wie der Trivialunterricht des 9. Jahrhunderts die Interlinearglosse oder der des 12. Jahrhunderts den systematischen Separatkommentar neu erfinden musste. Es wird aber im Umfeld der neuen Universitäten, die an erster Stelle auf eine effektive Versorgung mit Schulbüchern angewiesen waren, in neuer Breite und Systematik eingesetzt. Entsprechend _____________ 156 Vgl. den Überblicksartikel von TEEUWEN (2003, S. 333-335 [reportatio]) sowie zu pronuntiare/pronuntiatio/pronuntiative/pronuntiator ebd. die Verweise im Register.

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tief greifen die Umbauten, die ebenso an den Texten selbst wie an der Vermittlung von Grund- und Kommentartext auf der handschriftlichen Seite vorgenommen werden müssen. Denn die älteren, deren Beieinander auf den Rändern neben dem Verstext austarierenden Layouts sind für das Auge des Mit-Lesers und die Feder des Abschreibers ausgearbeitet. Sie lassen sich daher von letzterem zwar konzentriert »abmalen«, effektiv diktieren dagegen nicht. So müsste die marginale Positionierung eines Kommentarblocks und der Marginalscholien mit erweiterter expositio ad litteram dann von komplizierten Platzansagen begleitet werden, die die passende Positionierung der entsprechenden Elemente sicherstellte. Die relativ starre, bis ins Kleinste durchgestaltete »Architektur« der TextKommentar-Verbindung des 13. Jahrhunderts muss für das Diktat in Bewegung, in Fluss gebracht werden, um über den mündlichen Umweg unmissverständlich an die richtige Stelle auf die handschriftliche Seite gebracht werden zu können. Die passende Lösung wird in der alternierenden Darbietung von Verstext und Kommentar gefunden – freilich um den Preis einer »Aufsprengung« des Verstextes, der Unterbrechung seiner Sukzession. Die Fabeln müssen nämlich auseinander gerückt werden, um dem Kommentar Platz zu bieten. Die spätmittelalterliche Mündlichkeit der re-oralisierten Kommentarschriftlichkeit bricht das über Jahrhunderte verbindliche, feste Gefüge des spätantiken Originals auf und macht sich den Verstext in elementarer Form gefügiger, sich verfügbarer für die Notwendigkeiten des eigenen Zugriffs. Zu solchen Unterbrechungen haben zuvor zwar auch schon andere Schreiber in anderen Gebrauchszusammenhängen gefunden. So lässt sich fern der neuen Universitäten bisweilen das Verlangen beobachten, Verstext und Kommentar platzsparender zu vereinen, was dann zu zweispaltiger Darbietung führt. Da in dieser am Rand dann kein Platz mehr für die Kommentarelemente und Marginalscholien bleibt, werden diese zu geschlossenen Textblöcken zusammengefasst und zwischen die Verstexte gesetzt. Es ist indes bezeichnend, dass dabei nur jeweils individuelle Lösungen erreicht werden. Der um die Mitte des 14. Jahrhunderts Bl. 30rb38va in Ber 1 aufgenommene, teilweise auch französisch glossierte ›Anonymus Neveleti‹ stellt die entsprechenden Kommentarabschnitte den Versfabeln jeweils nach. Der Avian in Lon1, Bl. 1ra-8ra, ordnet den Kommentar dagegen seinen Fabeln jeweils vor. Und der Schreiber von Kam, der die ›Fabulae‹ 1339 wohl für die Zisterzienserinnen du Jardinet bei Namur abschrieb, verzichtete gar auf eine durchgehende Zusammenfassung des Kommentars und versprengte seine Elemente in die einzelnen Verse der Fabeln hinein. Eine passende Lösung ergab sich eben nicht von selbst. In der

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zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts hingegen entscheidet man sich für eine gleichsam streckenweise praktizierte Zweiteilung des Schriftspiegels, in dem in einer kleineren Seitenspalte der Kommentar mit dem Verstext beginnen, dann aber nach Abschluss der Fabel über die ganze Schriftspiegelbreite geführt werden kann. Diese Lösung dominiert als das neue Maximal-Layout, d. h. als die relativ komplexeste Form, die in den Handschriften des 14. und 15. Jahrhunderts angetroffen werden kann, den deutschen Sprachraum. Sie findet sich im 14. Jahrhundert erstmals in Erf 1 (vgl. Abb. 13). Im 15. Jahrhundert ist sie bis an Lateinschulen verbreitet, die Diktatveranstaltungen kennen, etwa Ulm.157 Sie wird weiter an die Universitäten des Ostens, etwa nach Krakau,158 exportiert, und wirkt schließlich noch bis in die ersten Jahrzehnte des Buchdrucks hinein.159 Wie ein solches Diktat praktisch durchgeführt wurde, lässt sich den Handschriften unmittelbar ablesen. Begonnen wurde mit der Ansage des Accessus, der regelmäßig Bestandteil von Aufzeichnungen im neuen Maximal-Layout des 14. und 15. Jahrhunderts und in der universitären AvianLektüre fest verankert ist. Er geht der ersten Versfabel stets voran. In den älteren französischen/englischen Handschriften lässt sich zwar ebenfalls die Tendenz beobachten, den Accessus an den Kopf der Sammlung zu setzen. Bisweilen finden sich aber weitere Textblöcke mit dem Accessus vergleichbaren Informationen, die der ganzen Fabelsammlung als solcher gelten, auch an anderen Stellen nachgetragen und insbesondere nachgestellt. Das Diktat dagegen sorgt in diesem Punkt schon als solches ganz zwangsläufig für mehr Ordnung. An den zuerst diktierten Accessus schloss dann nach Absatz der Text der ersten Versfabel an. Anschließend wurde der erste Abschnitt mit dem fortlaufenden Prosakommentar diktiert. Der Schreiber musste also wieder mit seiner Feder nach oben wandern, freilich an eine zweifelsfrei bestimmbare Stelle, nämlich neben den Eingangsvers der entsprechenden Fabel. Von dort aus konnte er dann den fortlaufenden Kommentartext den Blattrand herunter notieren und nach dem letzten Vers des Grundtextes über die gesamte Schriftspiegelbreite weiterschreiben, um mit dem Eingangsvers der nächsten Versfabel dann wiederum seine Arbeit entsprechend fortzusetzen. Die neue Text-Kommentar-Gemeinschaft lässt

_____________ 157 Vgl. Aug2 und die weiteren Handschriften dieser Kommentartextgruppe: Mue8, Ott, Par 7. 158 Vgl. Kra1 und Kra3. 159 Siehe dazu das folgende Kapitel zum Kölner Avian-Druck Heinrich Quentells von 1494.

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Abb. 13: Erfurt, Universitäts- und Forschungsbibliothek Erfurt/Gotha, Dep. Erf. CA. 4° 21, Bl. 18v-19r – Grundtext der ›Fabulae‹ Avians und Kommentar im Wechsel

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sich auf diese Weise leicht und frei von Missverständnissen realisieren. Zudem nutzt ein solches Vorgehen den Beschreibstoff sehr effektiv, da der Schriftspiegel ja bis an den Blattrand heran gelegt werden konnte – effektiver gar als die ältere Textsymbiose des 13. Jahrhunderts, die zwischen den Kommentarblöcken an den Rändern immer noch Platz belassen musste. Nur geringfügig unökonomischer präsentiert sich eine Variante dieses Layouts, in der die Kommentarabschnitte nicht schon neben dem Verstext auf dem schmaleren Rand beginnen, sondern erst nach dem letzten Fabelvers. Der Kommentar wird hier also gleich über die gesamte Breite des Schriftspiegels geführt. Man verzichtete darauf, die Hand des Schreiber noch einmal zurück zu führen, sondern beließ sie dort, wo sie sich nach Abschluss des Verstextes bereits befand: Das sparte Zeit, kostete aber etwas mehr Beschreibstoff. So oder so endet die Aufzeichnung der kommentierten ›Fabulae‹ aber stets mit dem Kommentar zur letzten Versfabel. Die oben skizzierte Rekonstruktion des üblichen Vorgehens bliebe allerdings unvollständig, klammerte sie die expositio ad litteram aus, die nicht wie der fortlaufende Prosakommentar die gesamte Versfabel erläutert, sondern auf einzelne Stellen im Vers, auf das einzelne Wort oder einzelne Phrasen bezogen werden muss. Daher musste man bei ihr anders vorgehen, um den eindeutigen Bezug auf die passende Stelle im Grundtext zu sichern. Wo hatten die Interlinearglossen im Diktat ihren Platz? In den Handschriften selbst erscheinen sie regelmäßig zwischen den Zeilen des Verstextes. Wie aber kamen sie auf zuverlässige, geordnete Weise dorthin? Eine Nachlässigkeit des Schreibers von Par 7 gibt willkommenen Aufschluss (vgl. Abb. 14f.). Er hatte nämlich zunächst das Vorgehen in diesem Punkt offenbar nicht begriffen oder entsprechende Erläuterungen vielleicht gar verschlafen. Daher blieb seine Niederschrift der ersten Fabel ohne Interlinearglossen, obwohl breiter Zeilenabstand der Verse mit ihnen rechnet. Gleichwohl fehlt die expositio ad litteram zu Nr. I nicht: Sie erscheint Bl. 127rv als ein fortlaufend geschriebener Anhang zum fortlaufenden Prosakommentar zur ersten Fabel, der durch das Stichwort expositio abgesetzt ist. In diesem expositio-Anhang sichert die Wiederholung des Lemmas, dem das Interpretament nachgestellt ist, den Bezug zum Vers: EXPOSICIO. »Rustica«, id est solana. »jurauerat«, id est promiserat. »olim«, id est quondam. »deflenti puero, quod foret« id est fieret. »esca«, id est cibus. »rabido lupo«, id est rapari lupo. »ni«, id est nisi taceat. »credulus lupus«, id est credens fieri puerum dare. »audit«, id est attendit. [...] [Par 7, Bl. 127r]

Ab der zweiten Versfabel erscheint die expositio ad litteram hingegen interlinear. Dafür fehlt ab hier dem Prosakommentar der expositioAnhang. Die expositio ad litteram konnte demnach geordnet und platzsparend effektiv gespeichert werden, in dem man sie einfach fortlaufend

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als Kommentaranhang notierte – freilich um den Preis einer partiellen Wiederholung des Verstextes, um über die Lemmata den Bezug zu sichern, und um den Preis einer relativen Unübersichtlichkeit des fortlaufenden Textes. Dieses Verfahren steht schon seit dem 12. Jahrhundert zur Verfügung160 – und es musste im rückständigeren Trivialunterricht im deutschen Sprachraum ja ohnehin sehr viel länger genutzt werden als in Frankreich und England. Im Diktat hingegen waren die Schreiber des 14. Jahrhunderts nun nach dem Zeugnis von Par 7 offensichtlich aufgefordert, den entsprechenden – und sicher sehr langsam verlesenen – Kommentarabschnitt eben nicht einfach nur fortlaufend mitzuschreiben, sondern in die Freiräume zwischen die Verse hinein zu übertragen.161 Das setzte einige Konzentration voraus, hatte aber den Vorzug, die expositio später dann als Leser gleich an Ort und Stelle vorzufinden, und für den Schreiber den Vorteil, die Lemmata nicht noch einmal wiederholen zu müssen. Die Übertragung der expositio ließ sich zudem zu einer vertiefenden ersten Aneignung des Grundtextes bereits im Fortgang seiner Reproduktion und Ausstattung mit dem Kommentar nutzen. Die Sukzession der Lemmata in Par 7 folgt nämlich nicht den Vorgaben des lateinischen Originals, sondern stellt die Bezugslemmata im Sinne einer leichter fassbaren Wortfolge bereits zusammen und um. Denn Rustica - jurauerat - olim - deflenti puero, quod foret - esca - rabido lupo - ni - taceat.

setzt die expositio Bl. 27r an. Dagegen lautet der Verstext Bl. 26v: vstica deflente paruo iurauerat olim | Ni taceat rabido quod foret esca lupo.

Man kann solches Vorgehen »Lernen durch Schreiben« nennen – darf dabei aber die enge Verschränkung des Verfahrens mit einer technisch recht avancierten Lösung eines Distributionsproblems nicht übersehen. Die Kleinteiligkeit solcher schriftlichen Reproduktion wie zugleich der ersten »Aneignung« von Lehrtexten hebt im übrigen eindringlich eine Gefahr ins Bewusstsein: die nämlich einer unscharfen Grenzziehung zwischen beiden. Das Diktieren von Vorlesungstexten bringt sie per se mit sich. Es könnte bereits die schlichte Reproduktion der Vorlage als zureichender Ersatz für die »eigentliche« Lehrveranstaltung aufgefasst werden. _____________ 160 Siehe oben Kap. II.3. 161 Das Umsetzungsverfahren ließ sich natürlich auch rein schriftlich vollziehen. Hanc exposicionem quidam frater de domo ista transtulit ad formam glose interlinearis, vermerkt Ende des 15. Jahrhundert der Katalog der Erfurter Kartause Salvatorberg: »Demzufolge hat ein namentlich unbekannter Erfurter Kartäuser einen in expositio-Form vorliegenden (d. h. fortlaufend durchformulierten) Kommentar zur glosa umgearbeitet, in welcher der Bibeltext en bloc erscheint und interlineare Erklärungen mit sich führt.« (KÜHNE 1999, S. 42)

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Abb. 14: Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. Lat. 10465, Bl. 26v-27r – Grundtext der ersten Fabel Avians ohne Interlinearglossen und Kommentar mit angehängter expositio ad litteram

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Abb. 15: Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. Lat. 10465, Bl. 27v– Grundtext der zweiten Fabel Avians mit Interlinearglossen

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JÜRGEN MIETHKE hat in seinem materialreichen und überaus erhellenden Beitrag zum Verhältnis von mittelalterlicher Universität und gesprochenem Wort diese Grauzone quasi von der systematisch gegenüberliegenden Seite her schlaglichtartig beleuchtet: von der Vorlesung, der lectio her nämlich, auf deren rein mündlichen Charakter die Universitäts- und Fakultätsstatuten »unermüdlich« insistierten – und zwar in Reaktion auf eine missbräuchliche Praxis, derart langsam vorzutragen, dass die eigentliche Lehrveranstaltung zur lectio ad pennam, zum reinen Gruppendiktat herabgewürdigt wird.162 MIETHKEs Belege stammen bezeichnenderweise aus dem Pariser Universitätsbetrieb des 14. Jahrhunderts und illustrieren für diesen eindringlich das breite Verlangen der Studierenden, sich schriftliche Unterrichtsmaterialien auch auf anderen Wegen als durch käuflichen Erwerb oder Ausleihe zu besorgen. Vor dem ganz anderen Hintergrund der später weiter im Osten regelmäßig installierten Diktatpraxis als Normalfall der Textversorgung muss die Wahrung der Grenze von lectio und reportatio jedoch von anderer Seite Dringlichkeit gewonnen haben: unterhalb des vergleichsweise ausgebauten universitären Lehrbetriebs nämlich, also auf der Ebene vorgeordneter Schulen, die nur einen weniger komplexen Unterrichtsbetrieb anbieten konnten. Für diesen besteht dann nämlich prinzipiell immer die Möglichkeit, bereits die Verbreitung des Textexemplars im Diktat als Unterricht, als sehr spezifische lectio durchgehen zu lassen und gerade auf die weitergehende, rein mündliche lectio zu verzichten. Da uns die unmittelbare Unterrichtsmündlichkeit einzelner Lehranstalten prinzipiell nur sehr eingeschränkt zugänglich ist, dürfte sich freilich der Nachweis derartiger Reduktionsformen von Unterricht im Einzelfall kaum sicher führen lassen. Ob und auf welche Weise in das geschilderte Reproduktions- und Aneignungsverfahren der expositio ad litteram auch die in spätmittelalterlichen Handschriften zahlreich anzutreffenden Syntaxglossen, d. h. die interlinear angebrachten Buchstaben oder – zumeist – Zahlen integriert wurden, geht aus den Avian-Handschriften nicht deutlich hervor. In dieser Frage kann nur eine systematische Ausweitung der Materialbasis auf weitere diktierte Verstexte und ihre Kommentare weiter führen.163 Dasselbe gilt für den Anteil der deutschen Glossen an der expositio ad litteram. Ich finde einstweilen keine Hinweise darauf, dass die Volkssprache zur Dignität ihrer systematischen Berücksichtigung in der auf die geschilderte Weise verbreiteten expositio ad litteram gefunden hätte. Es verdiente aber durchaus überprüft zu werden, ob deutsche Interpretamente nur außerhalb der solcherart geregelten Distribution, d. h. je individuell ange_____________ 162 MIETHKE 1990, S. 19. Vgl. auch MICHAEL 2006, S. 184f. 163 Ein Repertorium der Diktathandschriften des Mittelalters, wie es KÜHNE (1999, S. 12) vorgeschlagen hat, wäre daher auch von dieser Seite her zu begrüßen.

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bracht wurden. Die sogenannten Wort-für-Wort-Übersetzungen der ›Disticha Catonis‹ beschränken sich wohl darauf, allein die schriftliche Textform als solche sich nutzbar zu machen. Sie arbeiten zwar einen volkssprachigen Apparat systematisch aus und nutzen dafür die Textform der fortlaufenden Notierung der expositio, tun dies aber nicht, um dann auch Diktatveranstaltungen eine entsprechende Grundlage zu geben. Mehr als der Status einer effizienten schriftlichen Speicherungsform von wortbezogener Texterklärung kann ihnen daher nicht zugesprochen werden.164 Dasselbe gilt für die bisher nur vereinzelt belegte Nutzung der fortlaufenden expositio ad litteram im Buchdruck165 – wie überhaupt natürlich nicht jeder nach für Diktatdistribution ausgearbeiteten Layouts eingerichtete Überlieferungszeuge dann auch tatsächlich nach Diktat geschrieben sein muss. Entsprechende Vorlagen lassen sich immer auch ohne Diktatbindung rein schriftlich reproduzieren – wie etwa in Ott geschehen, wo irrtümlich ein Besitzvermerk der schriftlichen Vorlage in die letzte Zeile des Avian-Kommentars übernommen wurde und damit die SchreibtischReproduktion erweist.166 Wertvoll bleibt ein Zeugnis wie jenes der Übernahme der fortlaufenden expositio ad litteram sogar in den Buchdruck gleichwohl. Es belegt eine Kenntnis dieser speziellen Darbietungsform von »Interlinearglossen«, die eben nicht durch den Ausgriff zurück bis ins 12. Jahrhundert gewonnen wurde, sondern aus den zeitgenössischen Verfahren der Herstellung von Unterrichtsmaterialien. Gerade in ihrer Vereinzelung halten solche Belege dem modernen Betrachter bewusst, dass der Normalfall im Erhaltenen, die interlinear glossierte Diktat- und Unterrichtshandschrift des 14. und 15. Jahrhunderts, lediglich das erstarrte Endprodukt einer flexiblen Diktatmündlichkeit darstellt. Ebenso wie die in die Wortfolge eingreifende expositio ad litteram der kognitiven Texterfassung im Zuge seiner »Überlieferung« dient, so arbeitet auch die Aufsprengung der Sukzession der einzelnen Fabeln des lateinischen Grundtextes um der Einschaltung des Kommentars willen ihrer Tendenz nach einer differenzierteren Perzeption der ›Fabulae‹ entgegen – nicht allein, weil die Schüler Text und Kommentar bereits vor der lectio einmal vollständig zu Gehör bekommen und geschrieben haben, sondern vor allem, weil die Reproduktion von Verstext und Kommentar _____________ 164 Obschon natürlich bereits dies, die systematische expositio ad litteram in der Volkssprache in schriftlicher Form, alle Beachtung verdient. Siehe dazu unten Kap. III.2.3. 165 Vgl. für ein Beispiel aus einem ›Floretus‹-Druck HENKEL 1988, S. 252 Abb. 25. 166 Zweispaltige Anlage der Text-Kommentar-Alternation wie in Eis und Mue1 schließt DiktatReproduktion definitiv aus. Bezeichenderweise verzichtet Eis sogar auf die Absetzung der Verse, um Platz zu sparen, und nimmt der Umfang der Kommentarabschnitte in Mue1 mit voranschreitender Niederschrift beträchtlich ab. Auch der kommentierte Avian in Mue7 wurde sicher allein auf schriftlicher Grundlage geschrieben.

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kleinteiliger verschränkt wird. Soweit an den französischen und englischen Handschriften des 13. und 14. Jahrhunderts zu sehen, wurde, wo der Kommentar auf den Rändern zu stehen kommen sollte, immer zuerst der gesamte Verstext abgeschrieben und wurden erst in einem zweiten, erneut bei der Eingangsfabel ansetzenden Durchgang dann die Ränder und Zeilenzwischenräume mit den Kommentaren und Glossen aufgefüllt. Das ist etwa daraus zu schließen, dass die Kommentierung vielfach mit voranschreitendem Verstext abnimmt und schließlich sogar ganz abbrechen kann, der Verstext aber in solchen Fällen gleichwohl regelmäßig vollständig vorhanden ist. Die Text-Kommentar-Alternation hingegen führt beide Elemente schon während ihrer Abschrift zeitlich näher aneinander heran, da sich ein Gesamttext ja nur sukzessive über die Abschrift von Text wie Kommentar gleichermaßen voranschreitend erreichen lässt. Das bedeutet im übrigen umgekehrt, dass sich im Unterschied zum älteren Layout der Abschreibeprozess nicht mehr einfach nachträglich dahingehend modifizieren ließ, dass sich auf den Kommentar, war der Verstext erst einmal vollständig, nachträglich noch verzichten ließ: Abbruch der Kommentaraufzeichnung bedeutet nun vielmehr immer auch Abbruch der Aufzeichnung des Grundtextes. Es gibt keine einzige Avian-Handschrift, deren Schreiber mit alternierendem Text und Kommentar begonnen und im Verlaufe der Abschrift letzteren dann ab einer bestimmten Stelle systematisch fortgelassen hätte – etwa indem die Versfabeln auf Lücke gesetzt oder direkt aneinander gerückt werden.167 Das ist durchaus kein nebensächlicher Befund, sondern hochbedeutsam, weil Ausdruck einer weitergehenden Institutionalisierung von Schule. Kontexte werden nun nämlich in einem weitergehenden Maße als bei den Marginalkommentaren auf Dauer gestellt. Nur wenn sich die Rezipientenerwartung, dass zu dem Grundtext auch ein Kommentar gehört, mit einer stabil wiederkehrenden Wahrscheinlichkeit ihrerseits erwarten lässt, kann auch das Wagnis voraussetzungsreicherer Layouts eingegangen werden, denen eine engere Text-Kommentar-Bindung zugrunde liegt. Es kehren sich damit die Verhältnisse der Frühstufe des 9.-11. Jahrhunderts geradezu um. Dort bedurfte die expositio der tragenden Textstruktur der Versfabeln, um überhaupt geordnet tradiert werden zu können. Hier bedeutet Verzicht auf den Kommentar Verzicht auf den Verstext. _____________ 167 Ein solcher Fall ist mir bisher einzig einmal zum ›Anonymus Neveleti‹ bekannt. Bezeichnenderweise bereitet dort der Verzicht auf den zunächst noch im Wechsel mit dem Verstext gebotenen Kommentar in einem ersten Schritt (ein zweiter läuft dann über die Reduzierung der Grundtext-Kommentar-Einheit der anschließenden ›Fabulae‹ auf den Prosakommentar und die gleichzeitige Reduzierung des schulüblich-originalen Textumfangs von 42 Stücken auf eine Auswahl) den Übergang in eine volkssprachige Fortsetzung der Textsammlung vor – und damit den Sprung ganz heraus aus schulgelehrt-lateinischen Zusammenhängen (siehe im Überlieferungsanhang im Abschnitt V.1.2 zu K-Stu1).

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Die Reproduktion via Diktat bestimmt nicht einfach nur die »äußere« Darbietung des Kommentars, sondern hat beträchtliche Folgen auch für den Kommentartext selbst, die von ihren Verfassern bereits bei seiner Ausarbeitung bedacht sein wollten. So ist für längere Marginalscholien mit Erläuterungen zur Einzelstelle, die nicht auch in den der Interlinearglosse zur Verfügung stehenden Raum passen, kein Platz mehr. Daher konnten in der wohl für die Stiftsschule von St. Peter in Salzburg angelegten Handschrift Slz, deren Schreiber seinen Avian nach einer Vorlage mit DiktatLayout (vermutlich aus dem Lehrbetrieb der Wiener Artisten) schrieb, die weitergehenden Erläuterungen zu Grammatik, Morphologie und Etymologie nur am dafür breiter belassenen Blattrand ergänzt werden. Ferner klärt sich mit dem Text-Kommentarwechsel, der den Kommentar der Fabel nunmehr immer nach- statt voranstellt, der Übergang von Accessus zum allerersten Fabelkommentar. Zwischen sie tritt nämlich jetzt der Verstext von Nr. I. In den Handschriften des 13. und 14. Jahrhunderts gehen Accessus und Anfangskommentar bereits visuell bisweilen ineinander über, und sie tun dies des öfteren auch in ihrem Text: wenn nämlich für einzelne Informationen im Accessus beispielhaft auf die erste Fabel verwiesen wird und an diesen Verweis sich dann vorzeitig bereits Kommentarelemente zu Nr. I anlagern – oder wenn im Kommentar zur ersten Fabel noch einmal Accessus-Informationen wie etwa die zur Etymologie von apologus nachgeholt werden.168 Hier trägt die TextKommentar-Alternation zwangsläufig zu präziserer Distinktion der Erschließungselemente bei. Ferner wirkt die neue Reproduktionsform in die Kommentarproduktion augenfällig insofern zurück, als diese nun keinerlei Rücksicht mehr auf die Länge des Accessus und der einzelnen Kommentare nehmen muss, denen im älteren Layout durch den am Rand neben der entsprechenden Fabel zur Verfügung stehenden Platz Grenzen gesetzt waren. Ein längerer Prosakommentar drückt eben einfach die einzelnen Verstextabschnitte weiter auseinander. Ohne äußere Begrenzung lassen sich daher dem einzelnen Kommentarabschnitt Autoritätenverweise, die den Lehrgehalt der einzelnen Fabel von anderen Texten her unterstreichen, ihn mit diesen vernetzen und tendenziell vertiefen, jetzt nach Belieben anfügen. Ein Zusatz wie der Hinweis auf die unterschiedliche Ausführung der Epimythien in den einzelnen Fabeln etwa in Mue1 (s. o. Kap. II.2) kann durch den Verweis auf entsprechende Beispielfabeln problemlos tendenziell anschaulicher gestaltet und dadurch die Sache genauer belegt werden. _____________ 168 Vgl. zum Phänomen, mit Nachweisen, SUERBAUM 2000, S. 395. Ihre Belege für solche Verschränkungen stammen bezeichnenderweise mit einer Ausnahme, für die die Verfasserin Verwendung einer älteren Vorlage vermutet, nur aus Handschriften des 14. Jahrhunderts oder früher.

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Gerade die solcherart extensiver ausholenden Kommentare des 14. und 15. Jahrhunderts bedurften jedoch auch einer ausgeprägteren Zäsurierung und Markierung ihres inneren Aufbaus. So wird es nun ganz gängige Praxis, in die entsprechenden Prosaabschnitte – häufig in Auszeichnungsschrift ausgeführte – begriffliche Markierungen einzusetzen, die dem Zuhörer beim Diktat, aber auch dem Mit-Leser deutlicher signalisieren, welchen Schritt der expositio er im Nachstehenden zu erwarten hat. Vielfach geht der Benennung des Lehrgehalts in der expositio ad sententiam moralem nun das Stichwort utilitas voran, ebenso regelmäßig der – wenn sie denn vorhanden ist – geistlichen Auslegung der expositio ad sententiam allegoricam das Stichwort allegoria. Im eigentlichen Unterricht entlasten die neuen Verstext-KommentarSymbiosen des 14. Jahrhunderts das Auge des Rezipienten und disziplinieren es zugleich. Es braucht nicht mehr zwischen Verstext, interlinarer und rechts wie links marginal angebrachter expositio hin- und her zu springen, sondern hat einem kontinuierlicheren Textfluss zu folgen. In der Tendenz wird der Schüler seit dem 14. Jahrhundert intensiver zu einer ausdauernderen, konzentrierteren Perzeption des Textes und damit zu einer »genuineren« Lesehaltung erzogen. Paradoxerweise geschieht dies über den Umweg vermündlichter Schriftlichkeit im Diktat. Um zunächst die Sache und ihre Bedeutsamkeit für die Unterrichtsgeschichte und die Textüberlieferung und -geschichte klar konturieren zu können, habe ich bis hierher zahlreiche Differenzierungen vernachlässigt, die weitergehender Untersuchung bedürften. So wurden beispielsweise die Avian-Kommentare der in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts im Umfeld des Prager Trivialstudiums entstandenen Handschriften Pra3 und Pra4 noch nicht in der geschilderten Weise abgeschrieben, sondern folgen noch der herkömmlichen Form marginaler Darbietung. Gleichwohl präsentiert sich aber der Kommentartext als solcher in ihnen bereits in der neuen, kohärenteren und ausladenderen Form. In Pra3 verschiebt er sich daher auch sehr schnell gegen den Verstext und wandert zwangsläufig weiter nach unten. Infolgedessen wird der nächste Kommentarabschnitt bereits gekürzt und bricht die Kommentaraufzeichnung schließlich ganz ab. Pra4 hingegen bietet den Kommentar in einer interessanten Übergangsform: im Prinzip zwar marginal wie Pra3, aber an einzelnen Stellen auch schon am oberen und unteren Rand geschlossen L-förmig um die Versfabeln herumgeschoben. Nur der Schritt, diese rahmende Form nun auch noch zwischen die Versfabeln einzuziehen und ihren Zusammenhang aufzubrechen, ist noch nicht getan. Die Verhältnisse an der Prager Artistenfakultät scheinen demnach in der Frage der Textdistribution via reportatio in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts noch nicht geklärt. Sie sollten einmal auf breiterer Grundlage untersucht werden, als das hier im schmalen Ausschnitt der Avian-Handschriften möglich ist. Das ist ebenso für die Wiener Verhältnisse dieses Zeitraums zu fordern. In sie ergeben sich allein von den ›Fabulae‹ her nämlich keinerlei Einblicke. Grundsätzlich erhellen dürfte die jeweilige örtliche Situation die Korrelation der Handschriftenbefunde mit einschlägigen Ausführungen der Universitäts- und Fakultätsstatuten.

Freisetzung des Schreibens: Potentiale des Buchdrucks

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Solchen Anschlussuntersuchungen bietet sich besonders das Pendant zum Fabelkorpus des Avian, der ›Anonymus Neveleti‹ an, der die ›Fabulae‹ sehr häufig begleitet, im Prinzip in dasselbe Spektrum von Gebrauchskontexten führt wie sein spätantiker Vorläufer und dessen Text eine vergleichbare Grundstruktur aufweist. Seine Überlieferung ist bereits zu großen Teilen erfasst169 und erscheint mit insgesamt etwas über 200 Handschriften noch annähernd überschaubar.170 Da sie erst im 13. Jahrhundert einsetzt, dürften sich von ihr her sehr viel detailliertere Einblicke in die spätmittelalterlichen Schulverhältnisse ergeben.171

6. Freisetzung des Schreibens: Potentiale des Buchdrucks Die Forschung zu den kulturellen, gesellschaftlichen, kommunikativen und literarhistorischen Folgen, die die Umstellung von der handschriftlichen Verbreitung von Texten zu ihrer druckschriftlichen im ausgehenden Mittelalter und der Frühen Neuzeit in Europa mit sich gebracht hat, ist _____________ 169 Vgl. zuletzt DICKE/GRUBMÜLLER 1987, S. LXVI-LXVIII. Nachzutragen sind: Erf 1, Bl. 1r-15r; Florenz, Biblioteca Medicea Laurenziana, Acquisti e Doni 467, Bl. 1r-23v (vgl. GEHL 1989, S. 418f., und BLACK 2001, S. 391); a. a. O., Conventi soppressi 609 (vgl. BLACK 2001, S. 394); Florenz, Biblioteca Nazionale Centrale, Magliabechi VII,931, Bl. 5v16v (vgl. GEHL 1989, S. 421, und BLACK 2001, S. 410); a. a. O., Panciatichi 68, Bl. 49r-62v (vgl. GEHL 1989, S. 422f., und BLACK 2001, S. 413); Florenz, Biblioteca Riccardiana, Ms. 2795, Bl. 68r-69v (vgl. GEHL 1989, S. 430f., und BLACK 2001, S. 420); K-Stu1/a, Bl. 1r-58r; Kra1, Bl. 76v-115v; London, British Library, MS Add. 33780 (vgl. WHEATLEY 1991, S. 139, und WRIGHT 1991); Marburg, Universitätsbibliothek, Ms. 5; New Haven/Connecticut, Yale University – Beinecke Rare Book Library, MS 80, Bl. 3r-4r; a. a. O., Bl. 74r-87v; Oxford, Bodleian Library, Add. A. 170 (vgl. WHEATLEY 1991, S. 133, 400); a. a. O., Add. A. 171 (vgl. WHEATLEY 1991, S. 133, 139); a. a. O., Digby 100 (vgl. WHEATLEY 1991, S. 134, 139); Sal, Bl. 21va-40rb; Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibliothek, Cod. Q 93/1, Bl. 1r-18v. Kommentarhandschriften: K-Due, Bl. 203v-232r; K-Fra; K-Mai; Bl. 101va-105rb; K-Pad; Bl. 321r-330v; K-SPe, Bl. 9v-17r; Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 15071, Bl. 29r-37r. 170 Für die Überlieferungszeugen des ›Anonymus Neveleti‹, die auch einen Avian enthalten, verweise ich auf die Kurzbeschreibungen im Anhang dieser Untersuchung. Siehe dort etwa zu Ant1, Aug2, Bas2, Ber 1, Ber 3, Ber 4, Bes, Bre1, Dan, Erf 1, Erl, Kra1, Lon2, Mue1, Mue2, Mue4, Mue5, Mue6, Mue8, Mue9, Ott usw. Von zahlreichen weiteren Handschriften vermitteln die Angaben in der Überlieferungsübersicht von HERVIEUX 1893/99, Bd. 1, S. 503602, zumindest einen ersten Eindruck. Sie bedürfen allerdings in jedem einzelnen Fall weiterer Überprüfung. 171 Aus den Vorarbeiten sind FÖRSTERs Ausgabe mit dem Text (1882), die Ausgabe von Text und Kommentar nach der Wolfenbütteler Handschrift 185 Helmstadiensis durch WRIGHT (1997), SEEMANNs Untersuchung zu den Kommentaren (1923), die Monographie von DICKE (1994) zur Verarbeitung des ›Anonymus Neveleti‹ bei Heinrich Steinhöwel sowie die Überblicke bei HENKEL 1988, S. 225-227, GRUBMÜLLER 1977, S. 77-84 (vgl. hier wie dort auch das Register) und von DICKE im Verfasserlexikon (2004) hervorzuheben. Weiteren Gewinn wirft dazu die systematische Auswertung der Einleitung von DICKE/GRUBMÜLLER (1987, besonders S. XI-LIX) sowie der Arbeiten von GEHL (1989), WHEATLEY (1991), BLACK (2001) und WRIGHT (2001) ab.

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einem Einzelnen nicht mehr überschaubar. Sehr wohl hingegen sind es durchgreifender angelegte Beiträge zu den Konsequenzen, die aus der Indienststellung des Buchdrucks für das Schulbuch und den Ablauf des Unterrichts erwachsen. So dezidiert wie isoliert ist bisher allein Michael GIESECKE mit weiterreichenden Überlegungen hervorgetreten, der im Kontext seiner breit angelegten »Fallstudie zur Durchsetzung neuer Informations- und Kommunikationstechnologien« u. a. auch die Transformationen zu beleuchten versucht hat, die die Verwendung des gedruckten Buches im Schulunterricht angestoßen hat.172 Im Kern – das macht bereits eine entsprechende Kapitelüberschrift deutlich: »Neue Unterrichtsprogramme und Autoritäten« – sieht GIESECKE die wesentliche Leistung des Mediums Buchdruck in der Einspeisung einer zusätzlichen Informationsquelle zum herkömmlichen Lehrervortrag in den Unterricht, die eine neuartige Kontrolle und Relativierung des traditionell mündlich durch den Lehrer verbreiteten Lehrstoffs durch den Schüler ermöglicht habe. Die Kritik, die an GIESECKEs Fallstudie in vielerlei Punkten speziell von mediävistischer Seite vorgebracht wurde, dass nämlich bedeutende Leistungen einer seit Jahrhunderten zuvor evolutionierenden mittelalterlichen Schriftkultur übersehen wurden, lässt sich auch in diesem Fall anbringen: Dass Schüler über die lectio des Magisters begleitende, eigene schriftliche Lehrmittel verfügen, ist seit dem 13. Jahrhundert keine Neuerung mehr. GIESECKEs schematische Darstellung der mittelalterlichen Lehr- und Lernsituation (S. 221) liegt daher teilweise eine Vorstellung von Unterricht zugrunde, die allenfalls noch für das 12. Jahrhundert zutrifft – »allenfalls«, denn in diesem Schema wird zugleich mit regelmäßigen Unterrichtsmitschriften durch die Schüler gerechnet, die sich nun wiederum im Mittelalter überhaupt gar nicht regelmäßig finden, es sei denn man rechnete die Diktatveranstaltung hierher, die indes als Mitschrift von Unterricht nur in einem sehr speziellen Fall gelten darf.173 Überdies hat PUFF 1996 in einer ausdrücklich als Antwort auf GIESECKEs Beitrag angelegten kleinen Studie – und ohne den informationstheoretischen Ansatz als solchen vorweg abzulehnen – GIESECKEs die komplexere Wirklichkeit der Unterrichtslehrmittel unzulässig einengende Perspektive allein auf das Medium herausgearbeitet und im Gegenzug die Forderung aufgestellt, die Informationsangebote der gedruckten Texte im weiteren Rahmen einer je spezifischen historischen Unterrichtspraxis zu analysieren, aus der die obligatorischen Größen des Senders und des Empfängers nicht auf Kosten des Textes ausgeblendet bleiben dürften.174 _____________ 172 Vgl. GIESECKE 1991, S. 217-226. 173 Siehe das vorangehende Kapitel. 174 PUFF 1996. Vgl. besonders das Resümee S. 437-439.

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PUFF selbst schlägt aus dieser erweiterten Perspektive für sein eigenes Untersuchungsmaterial, gedruckte Lateingrammatiken der Frühen Neuzeit, insofern Kapital, als er zeigen kann, auf welche komplexe Weise die nun unmittelbar für den Buchdruck produzierten Werke, die sich ihrem eigenen Selbstverständnis nach als vom Unterricht unabhängig zu nutzende behaupten, mit eben diesem und der Kopräsenz von Lehrer und Schüler in einer Kommunikationssituation unter Anwesenden verklammert bleiben.175 Einerseits werden im von PUFF untersuchten Zeitraum Lateingrammatiken von einer solchen Komplexität produziert, dass sie von vornherein ihre Verteilung über den Buchdruck anvisieren (müssen), weil die Texte sich auf herkömmlichem handschriftlichen Weg gar nicht mehr zuverlässig an die Schüler und Lehrer bringen ließen. Andererseits werden neue Handlungsspielräume überschätzt: teils von den Autoren dieser Grammatiken, ebenso aber auch in der späteren Kritik des Lateinunterrichts im 17. Jahrhundert, die die älteren pragmatischen Verklammerungen von Mündlichkeit und Schriftlichkeit nicht mehr zur Kenntnis nimmt. So wertvoll PUFFs Beitrag insbesondere auch für die Frage nach der Integration der Volkssprache in den Lateinunterricht bleibt: die Potentiale des Buchdrucks treten mit der Fokussierung auf speziell für das neue Medium konzipierte Unterrichtsmaterialien wiederum nur ausschnitthaft in den Blick. So arbeitet PUFF – das wird freilich eher en passant deutlich – mit der impliziten Zielvorstellung eines »autonomen, in Schrift gespeicherten Lehrgangs«.176 Ein solcher aber bestimmt den Mediengebrauch in der Unterrichtswirklichkeit bis heute nicht. Sie besteht ja gerade nicht daraus, einsame Leser vor perfekt ausgearbeitete Lerntexte zu setzen, an denen sie sich ohne weitere Assistenz Sachinhalte erarbeiten können. Sie besteht im Gegenteil aus einem überaus komplexen kommunikativen Geschehen unter Anwesenden, - auf das sich der Lehrer mit eigenen gedruckten Büchern, die von anderer Machart sind als die der Schüler, langfristig vorbereitet hat, - in dem der Schüler Lehrmittel, eigene gedruckte Bücher benutzt, die zwar auf seine kognitiven Fähigkeiten zugeschnitten sind, in die er also konzeptionell schriftlich »eingeschrieben« ist, deren selektiver, den Unterricht vorbereitender, den Unterricht nachbereitender und den Unterricht unmittelbar begleitender Gebrauch aber vom Lehrer im Horizont eines speziellen didaktischen Vorwissens gesteuert wird, _____________ 175 Vgl. v. a. PUFF 1995. 176 PUFF 1996, S. 438. Bezeichnend ist auch das S. 438f. angeführte Zitat CHARTIERs: »La lecture n’est pas déjá inscrite dans le texte« (ROGER CHARTIER: L’ordre des livres. Lecteurs, auteurs, bibliothèques en Europe entre XIVe et XVIIIe siècle. Aix-en-Provence 1992, S. 13f.).

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- in dem der Schüler zudem über eigene handschriftliche Medien verfügt, über Arbeitshefte, in denen er Informationen eher individuell verarbeitet, - und dem nicht zuletzt Schreibmedien wie die Kreidetafel in der Front des Klassenraums oder Overheadprojektoren zur Verfügung stehen, die individuell beschrieben, aber kollektiv rezipiert werden (von neuen elektronischen Lehrmitteln wie Beamern und vernetzten Notebooks ganz zu schweigen). Die Unterteilung eines Lehrinhalts in von der Sache her vertretbare Lehr- und Lernabschnitte einerseits, die schülergemäße Aufbereitung derart aufgeteilter Lehrinhalte andererseits, der zusätzliche Einbau von Wiederholungs- und Vertiefungsschritten – alles dies wird mit Hilfe des neuzeitlichen Schulbuch mit einer gewissen Regelmäßigkeit erreicht (oder sollte es werden), ohne dass dieses den »autonomen Lehrgang« zum Ziel hätte. Es bleibt vielmehr in unter anderem auch medial hochdifferenzierte Unterrichtsabläufe eingespannt. Erst in einem weiter gespannten Rahmen lassen sich auch die Transformationspotentiale des Buchdrucks, die diesem gegenüber allein handschriftengestütztem Unterricht zukommen (den im übrigen weder GIESECKE noch PUFF systematisch einbeziehen), zureichend beschreiben. Das soll nachstehend wenigstens ansatzweise versucht werden– erneut entlang der ›Fabulae‹, deren Manuskripthintergrund hier vollständig berücksichtigt werden kann und deren Eingang in den Buchdruck zumindest dort, wo er sich in einer die Texteinheit des Originals wahrenden Form vollzieht,177 mit lediglich zwei Ausgaben gut zu überschauen ist. Zudem zielen beide Ausgaben auf den Schulunterricht. Sie tun das aber in verschiedener Weise. Bei Heinrich Quentell in Köln gehen die ›Fabulae‹ 1494 ein erstes Mal in den Druck (GW Nr. 3110; vgl. Abb. 16). Dass Quentell eng mit den Lehrenden der örtlichen Universität zusammen arbeitete, ist bekannt, und so ist auch sein Avian für deren Lehrbetrieb bestimmt.178 Ein vorangestellter Magister cum discipulis-Holzschnitt führt dem potentiellen Käufer den intendierten Gebrauchszweck des so schmalen wie kleinen Bändchens vor _____________ 177 Nach den beiden vollständigen Drucken von 1494 und 1509 wird erst wieder THÉODORE POELMAN 1572 die vollständigen ›‹Fabulae‹ separat herausbringen, dann jedoch bereits aus einem rein philologischen Interesse heraus. In der Zwischenzeit finden die avianischen Fabeln immerhin in Auswahl im wesentlichen durch Steinhöwels ›Esopus‹ und seine Fortsetzer Verbreitung. Die entsprechenden Ausgaben sind bei DICKE 1994 aufgeführt und gebrauchsfunktional erschlossen: Lateinunterricht spielt hier keine signifikante Rolle. Die weiteren Ausgaben des 16. Jahrhunderts sind nicht systematisch erhoben. Einstweilen ist die relativ umfassendste Bestandsaufnahme von HERVIEUX heranzuziehen (1893/99, Bd. 3, S. 121-154). Charakteristikum dieser Druckausgaben ist die schon bei Steinhöwel anzutreffende Präsentation der ›Fabulae‹ im Rahmen umfassenderer Fabelkollektionen. 178 Vgl. hier wie im folgenden für Nachweise im Detail BALDZUHN 1996a.

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Abb. 16: GW Nr. 3110, Bl. A2v – Quentells Kölner ›Apologus Aviani‹-Ausgabe von 1494 mit Grundtext (Nr. I Ende, Nr. II Beginn) einschließlich interlinearer expositio ad litteram und jeweils nachgestelltem Prosakommentar (zu Nr. I)

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Augen und federt die Imponderabilien der gegenüber der traditionellen Diktatveranstaltung anonymeren, weniger vorverständigten Texterwerbssituation ab. Es folgt dann nach einer Leerseite auf Bl. A2r eine in den Handschriften nicht bezeugte Einleitungsepistel, die ein tendenziell humanistisches Studieninteresse am Text anzeigt.179 Ansonsten aber halten sich die Abweichungen von der Manuskripttradition – was angesichts der verbreiteten Abhängigkeit des frühen Buchdrucks von den älteren Textund Layouttraditionen der Handschriften kaum überrascht – in Grenzen, erlahmen die umformenden Energien rasch. Auf die Epistula folgt konventionell die Eingangsfabel und dann ihr nachgestellt der ausführliche Prosakommentar; Grundtext und Kommentar alternieren dann auch im weiteren ganz regelmäßig; die Fabeln sind vollzählig vorhanden und reichhaltig mit Epimythien ausgestattet; in den größeren Zeilenzwischenraum sind systematisch Interlinearglossen eingefügt, die ebenso zum Erschließungsangebot zählen (deren Beigabe im übrigen noch einmal einen willkommenen Beleg dafür bietet, dass die interlineare expositio ad litteram auch in den Handschriften als Bestandteil des vorgefertigten Kommentars begriffen werden muss und nicht je individuell zwischen die Zeilen eingetragen wurde: ein Befund, der im übrigen bei einem Großteil der Handschriften auch von der Verteilung der Schreiberhände bestätigt wird). Der diskursive Prosakommentar schließlich beruht auf einem zuvor in vier weiteren Handschriften bereits seit der Mitte des Jahrhunderts nachzuweisenden Text, in den nicht wesentlich eingegriffen wird. Insgesamt gesehen bietet die Inkunabel damit gegenüber den Handschriften wenig Neues. In der anhaltenden Konsolidierungsphase der schwarzen Kunst empfehlen sich eben keine Experimente, sondern an Bekanntes anknüpfende Textausgaben, die einen ökonomisch kalkulierbaren Absatz sichern. Es mutet zwar paradox an, dass dadurch Texte in einem Layout unter die Druckerpresse geraten, das im 14. Jahrhundert für die mündliche Verteilung im Diktat ausgearbeitet worden war. Aber der disziplinierte, in den Fluss mündlicher Rede gebrachte Kommentar ließ sich drucktech_____________ 179 Abgedruckt ist sie bei HERVIEUX im Rahmen seiner Beschreibung des Kölner Drucks (1893/99, Bd. 3, S. 121-123, hier S. 122). Die Widmungsepistel ist von jener Avians an Theodosius inspiriert, von der man wörtlich Kenntnis hatte – etwa in der Aufzählung der durch den Autor zum Sprechen gebrachten Dinge in Z. 19-22, die in dem Hinweis In quo docet quid obseruare debeant homines, et vt vitam hominum offendat mores atque quibusdam oblectamentis reformet, aues, ollas, lapides, dumos bestiarum atque plurimos greges loquentes inducit pro cuiuslibet fabule morali vtilitate approbanda durchscheint. Neben der Wahl der Briefform als solcher und dem neuen Rückgang auf das spätantike Original der Epistula sind es die namentlich angeführten Autoren, mit denen sich der Kölner Text von den spätmittelalterlichen Accessus abhebt: Denen ist zwar Horaz kein unbekannter, aber eine Trias von (Ps.-)Pindar, Plautus und Terenz wird man in ihnen vergeblich suchen.

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nisch zweifellos mit viel geringerem Aufwand vervielfältigen als der ältere, auf der Handschriftenseite verstreute Marginalkommentar. Gleichwohl ist mit dem gedruckten Schulbuch in Köln viel gewonnen, nämlich: - zum einen die Entlastung der Schüler von der Reproduktion der Unterrichtsmaterialien für die lectio – auch wenn sicher nicht von heute auf morgen plötzlich alle Schüler mit gedruckten Büchern im Unterricht gesessen haben und sich den Text selbst nach einer Druckvorlage individuell abzuschreiben noch eine geraume Zeit eine preiswerte Alternative dargestellt haben wird;180 - zum anderen ein einheitlicher Text in den Händen zumindest derer, die sich gedruckte Bücher leisten konnten, und damit eine erhebliche Entlastung des Lehrers von dem Procedere der Sicherstellung eines halbwegs zuverlässigen Textes sowie ein störungsfreierer Unterrichtsablauf, der sich potentiell auf Wesentlicheres konzentrieren kann.181 Komplexer werden andererseits die Anforderungen an den Lehrer, der ja nun mit außerschulischen Instanzen zusammenarbeiten muss, um die Gestaltung seiner Materialien zu sichern. Das hat er zuvor zwar mit den das Diktat übernehmenden Hilfslehrern oder fortgeschrittenen Schülern wohl ebenso regeln müssen, doch muss er dafür jetzt den institutionellen Rahmen der Schule verlassen und sich zu den »Distributionsexperten« einer Offizin begeben – wobei für diese hier systematisch abgesetzten »Experten« historisch differenzierend wiederum zu betonen ist, dass sich die im Umkreis der Universitäten arbeiteten Buchdrucker häufig ebenfalls an der Universität immatrikulierten und sich somit partiell im selben institutionellen Zusammenhang wie der Lehrer bewegten. Die Ablösung der Selbstversorgung durch die Delegation der Buchherstellung stellt aber so oder so wiederum ein Phänomen der Institutionalisierung von Unterricht dar. Durch die Auslagerung der Textreproduktion vertraut er ausgeprägter auf seine anhaltende Dauer: dass er eben auch morgen noch in heute bereits erwarteten Formen stattfinden wird und sich entsprechende Büchermengen auch zukünftig noch absetzen lassen werden, obwohl man mit der Produktion (im Unterschied zum Diktat) über die aktuellen Unter_____________ 180 Mit uneinheitlicher Verteilung von Lehrmitteln in Schülerhand ist in Mittelalter und Früher Neuzeit prinzipiell zu rechnen. In der bekannten Miniatur des Trecento etwa mit der Abbildung des Unterrichts im Bologneser Kolleg des Enrico di Alemagna (CARDINI/FUMAGALLI BEONO-BROCCHIERI 2000, S. 44f.) wird nur ein Teil des Auditoriums mit vor sich liegenden Büchern dargestellt. Ein ebenso großer Teil muss sich auf das Zuhören beschränken. Weitere einschlägige Beispiele bringen CARDINI/FUMAGALLI BEONOBROCCHIERI 2000 etwa S. 57 (Pariser Lehrbetrieb, 14. Jh.) und S. 99 (Spanien, 15. Jh.). 181 Siehe unten Kap. III.8.1 zu den Problemen Maturin Cordiers noch in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts mit uneinheitlichem Unterrichtsmaterial, die ihn schließlich dazu bewogen haben, seine eigenen ›Disticha Catonis‹ in den Druck zu geben.

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richtsbesucherzahlen hinausgreift. So sollte auch der Kölner Avian-Druck Lehrveranstaltungen wohl über mehrere Semester versorgen.182 Zumindest teilweise, nämlich hinsichtlich der Entlastung der Schüler von der Textreproduktion und den Zwang zur Zusammenarbeit der Lehrenden mit schulexternen Einrichtungen, haben die genannten Phänomene bereits das manufakturiell von professionellen Schreibern hergestellte, das handgeschriebene Schulbuch begleitet – dies vor allem in Frankreich und zwei Jahrhunderte zuvor, und sicher selbst dort in einem quantitativ bescheideneren Rahmen. Qualitativ wirklich neuartige Auswirkungen des Buchdrucks auf die Unterrichtsmaterialien führt erst die zweite Separatausgabe der ›Fabulae‹ vor Augen, die bei Wolfgang Stöckel in Leipzig 1509 die Presse verlässt.183 Bereits in ihrer Titelangabe erweist sie sich als dem Quentell-Avian entlehnt, dessen Titel sie übernimmt und mit dem sie entsprechend etwa auch in Bestand und Verteilung der Epimythien zusammengeht. Allerdings verzichtet Stöckel auf eine Ausstattung mit Glossen und Kommentar, rückt folglich den Verstext der einzelnen Fabeln unmittelbar aneinander, hingegen ihre Verse nicht, deren breiter Zeilenabstand Raum für handschriftlich einzutragende Glossen belässt (vgl. Abb. 17). Ebenso sind handschriftliche Randeinträge in das Layout eingerechnet: Die Ränder neben dem Schriftspiegel fallen vergleichsweise großzügig aus. Im Münchner Exemplar des Stöckel-Drucks wurden Interlinearglossen und Kommentar denn auch nachgetragen.184 Derart eingerichtete Druckausgaben von Texten für Unterrichtszwecke sind schon vor 1500 häufiger nachzuweisen, etwa unter den Druckern der ›Disticha Catonis‹,185 und sind der Forschung, wenngleich im Einzelfall so gut wie gar nicht erforscht, so doch im Prinzip bekannt. Ihre unterrichtsgeschichtliche Bedeutung, die ihnen in systematischer Hinsicht vor dem Hintergrund der älteren Praktiken zukommt, ist hingegen noch nicht gesehen. Den auf handschriftliche Nachträge angelegten Buchausgaben von Unterrichtstexten liegt ja eine gänzlich neuartige Unterscheidung der Medienverteilung zugrunde: die zwischen dem Grundtext auf der einen Seite, dessen gedruckte Bereitstellung den Schüler von vornherein von Reproduktionsaufgaben entlastet, und auf der anderen Seite seiner Erschließung, die eigens als solche wieder an die Handschriftlichkeit gebunden wird. Erst nachdem auch der Schüler systematisch vom distributionstechnisch notwendigen Zwang zum Schreiben entlastet ist, wird Schreiben als solches _____________ 182 Von der Kölner Avian-Ausgabe ausgehende Berechnungen dazu bei BALDZUHN 1996a, S. 334f. 183 Vgl. VD 16 Nr. A 4474, und HERVIEUX 1993/99, Bd. 3, S. 123f. 184 München, Bayerische Staatsbibliothek, 4° Epist. 139/4. 185 Vgl. GW Nr. 6255, 6259 und 6270.

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Abb. 17: VD 16 Nr. A 4474, Bl. A2r – Wolfgang Stöckels Leipziger ›Apologus Aviani‹-Ausgabe von 1509 allein mit dem Grundtext, aber mit durchschossenen Versen und breitem Blattrand für die handschriftliche Ergänzung von expositio ad litteram und Prosakommentar

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für den Unterricht frei und kann selbst als zusätzliches didaktisches Instrument eingesetzt werden. In den auf handschriftliche Ergänzung angelegten Drucken erscheinen Textreproduktion und mediale Textrezeption erstmals systematisch entkoppelt.186 Die Versorgung mit gedruckten Basistexten ohne Kommentar bietet dem Unterricht noch einen weiteren beträchtlichen Vorteil. Da gegenüber dem Diktat die Reproduktion des Grundtextes jetzt nicht mehr zwangsläufig auch Reproduktion des Kommentars bedeutet, kann dieser im Unterricht selbst distinkter und ohne Zwang zur Vollständigkeit eingesetzt werden. Konkret bedeutet das für die Auslegung der ›Fabulae‹: Der Lehrer kann mit seiner Kommentierung viel leichter von Stück Nr. II zu Stück Nr. XL springen, wo es ihm denn – etwa didaktisch – sinnvoll erscheint, und von dort wieder zu einer beliebigen anderen Fabel. Der Grundtext wird seiner Erarbeitung in neuem Maße, nämlich in kleineren Einheiten, die in prinzipiell beliebigen Folgen behandelt werden können, verfügbar. Hier muss nun zwar angemerkt werden, dass die Praxis des marginal zum fortlaufenden Grundtext angebrachten Kommentars im 13. Jahrhunderts diese Möglichkeit zwar auch schon bot – es aber doch noch näherer Prüfung bedürfte, ob nicht dort Kommentarlücken eher lediglich auf sukzessive voranschreitender Ausdünnung beruhen,187 während in ggf. handschriftlich annotierten einzelnen Ausgabenexemplaren vielleicht eher zwischen verschiedenen Stücken hin- und hergesprungen wurde.188 Im Hintergrund dieser unterschiedlichen Praktiken stünde dann jedenfalls ein anderes Textverständnis: einmal ein älteres, das den Grundtext als sehr viel geschlossenere Entität auffasst, in die man sich durch sukzessives Voranschreiten einarbeitet, einmal ein moderneres, das den Text entschiedener als aus Untereinheiten zusammengesetzt begreift und sich nicht _____________ 186 Dies ist die Voraussetzung dafür, entsprechend ergänzte Drucke dann überhaupt als Quellentyp »Kollegheft« betrachten und als Niederschlag individueller Unterrichtspraxis auswerten zu können. Ein entsprechendes Vorhaben skizziert LEONHARDT 1999, vgl. hier besonders S. 100-115. Vgl. auch LEONHARDT 2004 (»Gedruckte humanistische Kolleghefte als Quelle für Buch- und Bildungsgeschichte«). In weiteren Detailstudien hat LEONHARDT begonnen, solche Kolleghefte für die humanistische Vorlesungspraxis und die Rezeption antiker Autoren in Deutschland auszuwerten: JÜRGEN LEONHARDT: Eine Leipziger Vorlesung über Ciceros De legibus aus dem Jahre 1514. In: Wolfenbütteler RenaissanceMitteilungen 26 (2001), S. 26-40; LEONHARDT 2002 (»Exegetische Vorlesungen in Erfurt 1500-1520«). 187 Ein eindeutiger Beleg für springendes, selektives Kommentieren im mündlichen Unterricht lässt sich aus den Avian-Handschriften mit Marginalkommentar nicht beibringen. Die Ausdünnung des Kommentarapparats im Zuge voranschreitender Niederschrift ist hingegen ein geläufiges Phänomen. 188 Die erhaltenen Exemplare der Avian-Ausgaben von 1494 und 1509 wurden für diese Untersuchung nicht mehr erhoben. Der Annotator des Münchner Exemplars des StöckelDrucks ging jedenfalls systematisch vor und brachte zu jeder Fabel Glossen und Kommentar an. Er brach seine Aufzeichnung aber nach etwa der Hälfte der Strecke ab.

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scheut, ihn zu zerlegen. Ein gewisses Indiz immerhin für dieses gewandelte Textverständnis im Kontext des Schulunterrichts sehe ich in den Überlieferungszeugen Cam1, Lon3 und Mue7. Sie alle drei verzichten kaum zufällig gegen Ende des 15. Jahrhunderts darauf, die ›Fabulae‹ vollständig zu reproduzieren. Sie bieten sie nur noch ausschnitthaft, ohne dass jedoch ganz eindeutig von mechanischer Fragmentierung auszugehen wäre. Die starren spätmittelalterlichen Texttraditionen beginnen sich aufzulösen, die Unterrichtstexte geraten unter den Händen des Schülers – Cam1 und Lon3 erscheinen dem Handschriftengebrauchstyp nach partienweise wie individuelle Hausarbeitshefte – in Bewegung. Bei vergleichender Betrachtung des Kölner und des Leipziger Avian tritt schließlich noch eine dritte Leistung des gedruckten Buches in den Blick. Während die Kölner Inkunabel nämlich Basistext und Kommentar für Lehrer- wie Schülerhand gleichermaßen anbietet, ohne die Benutzergruppen zu unterscheiden, visiert das Leipziger Heft zweifellos eine Unterrichtsverwendung speziell durch den Schüler an. Seine Gebrauchsstruktur impliziert damit für die Seite des Lehrers und dessen Ausstattung eine andere, und wohl auch eine vollständigere, Ausstattung mit Textmaterial. Es wird demnach mit gedruckten Unterrichtsmaterialien für Schülerhand zugleich eine neue Unterscheidung auf der Produktionsseite der Texte virulent: jene nämlich zwischen (Lehrer- und) Lehrmaterialien/-texten und zwischen (Schüler- und) Lernmaterialien/-texten. Textkonzeptionsund produktionsseitig zerfällt Schulunterricht damit deutlich in distinkte Handlungsfelder, die nach Textversorgung unterschiedlichen Niveaus verlangen. Eher dem Lehrer müssen nun Ausgaben dienen, die neben dem Grundtext tendenziell auch den gesamten erschließenden Apparat enthalten sowie dazu vielleicht weitere Basistexte, die sich im Unterricht mit dem aktuellen Textstoff sinnvoll verbinden lassen. Für den Schüler ist das hingegen nicht notwendig, da er eigentlich erst im Unterricht selbst durch die nun als Selektionsinstanz auftretenden Lehrer und im Idealfall nach didaktischen und auf die Gegebenheiten des je besonderen Unterrichts abgestimmten Maßgaben mit weiterer Texterschließung versorgt wird. Erstmals treten damit im Umfeld der Schule durch das gedruckte Buch zwei Typen von Wissensausstattung ganz deutlich auseinander: Hintergrund-Wissenschaft und Vordergrund-Lehre. Die Verbreitung der Lehr-/Lernmaterialien mit Grundtext und Kommentar qua Diktat bot den Handschriftenbenutzern ja stets beides gleichzeitig an: Die entsprechenden Kommentare markierten immer auch den Stand der »akademischen Wissenschaft« zum Avian, mit dem der Schüler im Unterricht konfrontiert wurde, und es wird unter ihnen auch sonst keine Texttradition sichtbar, die zunächst gleichsam ganz am Schreibtisch ohne Rücksicht auf Unterricht ausgearbeitet worden wäre und für die man dann noch eine

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zweite Bearbeitungsstufe anzunehmen hätte, durch die sie erst sekundär dann an den Unterricht herangeführt worden wäre. Mit dem Buchdruck wird das anders: Dass die ›Fabulae‹ im 16. Jahrhundert außerhalb der hier besprochenen zwei Separatdrucke in vollständiger Folge nur noch im Rahmen handbuchartiger Fabelkollektionen gedruckt wurden – die zwar nach Inhalt und Funktion noch näherer Untersuchung bedürfen, aber schon ihrem Umfang nach kaum je als Unterrichtsausgabe angelegt sein dürften –, verdankt sich gerade dieser neuen Unterscheidung.189 Mittelfristig dürften im Rahmen der durch den Buchdruck dem Unterricht neu eröffneten Möglichkeiten des prospektiv Handschriftlichkeit und Druckschriftlichkeit nach verschiedenen Verwendungszwecken verteilenden Medieneinsatzes aber nicht nur zwei neue Typen unterrichtsbezogener Schriftlichkeit entstanden sein – das vollständig auf gedruckte Verbreitung und den Typ des einsamen Lesers setzende, tendenziell eher wissenschaftliche Handbuch, dessen idealer Verwendungszeitpunkt vor dem Unterricht liegt, und das teilweise auf von der Reproduktion der Basistexte befreite Handschriftlichkeit setzende Kollegheft mit gedrucktem Basistext zum Gebrauch im Unterricht selbst –, sondern drei. Die Freisetzung des (Hand-)Schreibens für den Unterricht durch das gedruckte Buch schafft nicht zuletzt die Voraussetzung für die breite Einführung des individuellen Unterrichtshefts, des Hausarbeitshefts des einzelnen Schülers gänzlich ohne gedruckte Anteile. Die einschlägigen Quellenbestände des 16. Jahrhunderts, an denen sich Verbreitung und Aussehen dieses neuen Schriftlichkeits-Gebrauchstyps im Umfeld von Unterricht nachzeichnen ließen, sind freilich nicht entfernt erschlossen. Die Forschung ist hier über punktuelle Einzelbefunde fraglicher Repräsentativität noch nicht hinausgelangt.190 Dennoch sei auf diesen neuen Quellentyp _____________ 189 Für ein weiteres Beispiel dieses Auseinandertretens von Wissenschaft und Unterricht im Bereich der Schullektüre verweise ich auf TOEPFERs Studie zu den Basilius MagnusAusgaben (2004, vgl. besonders S. 278-283) und LEONHARDTs einschlägige Beobachtungen am Ausschnitt der Drucke antiker Autoren (2002, S. 27 und S. 30). Auf dem Gebiet der lateinischen Kommentare zu den ›Disticha Catonis‹ ist dem neuen Typ des wissenschaftlichen Lehrerhandbuchs die Lyon 1492 im Rahmen seiner ›Silvae morales‹ erschienene Ausgabe von Jodocus Badius Ascensius (1462-1535) zuzurechnen (GW Nr. 3154), die im Unterschied zu den meisten anderen gedruckten ›Cato‹-Kommentaren bezeichnenderweise nur eine einzige Auflage erlebt. Badius’ Publikum sind die Gelehrten Europas, nicht die Schüler Lyons. Siehe zur spätmittelalterlichen Kommentartradition der ›Disticha Catonis‹ ausführlicher unten Exkurs 4. 190 Erhaltungschancen haben solche Hefte am ehesten, wenn sie der Adelserziehung dienen sollten: vgl. etwa FINK 1991 zu drei Schularbeitsheften der lippischen Grafen Simon VI. (1554-1613) und VII. (1587-1627), HESS 2003 zu Unterrichtsmaterialien Herzog Augusts des Jüngeren zu Braunschweig-Lüneburg (1579-1666), oder REINHARD DÜCHTING über das lateinische Übungsheft Friedrichs V. (1596-1632) von 1608 (Rom, Biblioteca Apostolica Vaticana, Palat. lat. 1867) in: Bibliotheca Palatina. Katalog zur Ausstellung vom 8. Juli

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wenigstens hingewiesen, hebt er doch in der Rückschau auf die spätmittelalterliche Schulhandschrift eindringlich noch einmal ihren funktionalen Konglomeratstatus ins Bewusstsein. Möchte die Kleinteiligkeit ihrer Interlinearglossen und die Handschriftlichkeit als solche modernen Lesern anderes suggerieren: Sie ist gerade dies am wenigsten, individuelles Arbeits- und Unterrichtsheft, eher dagegen handgeschriebenes Schulbuch avant la lettre (imprimée) und Lehr- und Lernbuch in jeweils sehr spezifischem Sinn. Dieser bleibt zukünftig auch von den individuellen Unterrichtsheften der Frühen Neuzeit her noch weiter zu konturieren. Dabei könnten sich die auf Lücke für handschriftliche Nachträge gesetzten Unterrichtsausgaben des frühen Buchdrucks als Übergangsform einer weiterreichenden Entwicklung auf individuell verfügbare Unterrichtsschriftlichkeit hin erweisen, die noch deutlich vom traditionellen Anspruch des Basistextes auf vollständige Reproduktion geprägt wird. Nicht zuletzt sollte sich an ihnen zukünftig nachzeichnen lassen, unter welchen Bedingungen die bis hierher nur anhand der komplexeren Ausbauformen des Schulbuchs um 1500 erfassten Unterrichtspotentiale medientechnischer Innovationen tatsächlich für einen spezifischer je auf lokale Gegebenheiten abgestimmten Unterricht (den die medialen Innovationen wahrscheinlicher machen, aber nicht erzwingen) genutzt werden und in der Breite zur Wirksamkeit gelangen. Erneut sind Differenzierungen anzubringen – nun vor allem im Hinblick auf den Typus des ephemer-individuellen Schriftgebrauchs. So waren Wachstafeln191 als schon der Antike bekanntes Instrument über das gesamte Mittelalter hinweg in Gebrauch, wurden aber eher für die Aufzeichnung von Notizen oder kürzerer Texte herangezogen. Der dauerhaften Bewahrung größerer Textstrecken des im Unterricht verwendeten Grundtextes haben sie sicher nicht gedient. Dasselbe gilt für weitere ephemere Speichermedien wie etwa jene Papierblätter, die schon Amplonius Ratinck den Studierenden zur Mitnahme in die lectio anempfiehlt, auf denen sie sich das Wichtigste notieren und nach denen sie sich Unverstandenes später erklären lassen sollten.192 Die Ordnung der Nürnberger Lateinschulen um 1505 nennt sie in einem Atemzug mit Wachstafeln, deren Funktionen sie gleichermaßen übernehmen können: das ir jeder alle morgen vnnd auch nach mittag ein frische schrift seiner hannd von buchstaben oder von ettlichen wortten tewtsch vnnd lateinisch, in wachs oder auf papir, seinem locaten zaig vnnd weyse, die dann derselb locat

_____________ bis 2. November 1986. Heiliggeistkirche Heidelberg. Textband. Hg. von ELMAR MITTLER [u. a.]. Heidelberg 1986, S. 264 Nr. E 10.2. 191 Vgl. den knappen Überblick (mit Verweis auf weitere Grundlagenliteratur) bei SCHNEIDER 1999, S. 188. 192 BERNHARD 1976, S. 35.

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cancelliren oder vnderstreichen vnnd die knaben zu formierung gutter buchstaben vnnd schriften anlayten soll.193 Zu den Wachstafeln und Zetteln als traditionellen temporären Speicher- und Schreibmedien tritt in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts die Schiefertafel. Eines der ältesten Exemplare entstammt der Ambraser Sammlung in Wien und wurde von dem späteren Kaiser Ferdinand I. (1503-64) benutzt.194 Überdies weitet sich das Inventar der gelegenheitsgebunden unmittelbar innerhalb des Unterrichts selbst zu verwendenden Schreibmedien um die Kreidetafel. Von ihrer Verwendung im Unterricht spricht wiederum die Ordnung der Nürnberger Lateinschulen um 1505: Aber an sonntagen [...] sol ein epistel Enee Siluij [...] dinstlich mit kreyden an ein tafel geschriben den knaben [...] exponirt vnd verteutscht vnd sie irer furgegeben lection am werktag darnach [...] verhort werden.195 Dass damit statt der Tafel des einzelnen Schülers bereits eine coram publico zu beschreibende Schultafel an der Front des Klassenraums gemeint ist, geht aus einer vorangehenden Textstelle hervor: Zu der anderen vre nach tisch sollen sie zwen lateinisch verss, mit vier tewtschen irer ausslegung ex Cathone, Alano in exemplis oder dergleichen, an ein tafel geschriben, lernen, selbs abschreiben, alssdenn innwenndig aufsagen [...].196 Von solchen wiederbeschreibbaren Tafeln müssen die genauso bezeichneten Tafeln mit feststehenden Beschriftungen abgesetzt werden. Da ihr Inhalt nicht an die Zusammensetzung des Schülerauditoriums angepasst werden kann, nehmen sie eher Texttypen auf, deren Aneignung der Schülerschaft insgesamt und immer von Bedeutung sein muss, zum Beispiel Cisiojani oder geistliche Lieder. So bemerkt die Memminger Schulordnung um 1513: Darnach so bemelte zit also vertriben ist, so singend gemain schůler ain monat vss dem zision, an ainer tafel in der schůl hangend geschriben, vnd vff den zision ain aue Maria. Dan werden sy vssgelassen bis zů zwelfen.197 In derselben Schulordnung heißt es: Darnach singt der schůlmayster vnd sy all in gemain mit gemainen schůlern ain antiphin von vnser lieben froen, der siben an ain tafel in der schůl hangend geschriben send, jetlicher tag ain sondere. Darnach werden die schůler vss gelassen.198 Im Korpus der von MÜLLER edierten spätmittelalterlichen Schulordnungen treten die verschiedenen Anwendungsbereiche ephemeren Schreibens gerade im ausgehenden 15., beginnenden 16. Jahrhundert und kaum zufällig in einem Zeitraum deutlicher hervor, in dem der im Unterricht schreibende Schüler auch von

_____________ 193 194 195 196 197 198

Schulordnungen und Schulverträge, S. 147 Z. 14-19. ENGELBRECHT 1995, S. 136f. Schulordnungen und Schulverträge, S. 151 Z. 25-33. Schulordnungen und Schulverträge, S. 149 Z. 39-42. Schulordnungen und Schulverträge, S. 182 Z. 36-40. Schulordnungen und Schulverträge, S. 184 Z. 17-21.

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der Seite des gedruckten Buches her Kontur gewinnt. Die entsprechenden Zeugnisse verdienten eine eigene und weitergehende Auswertung. Als Anwendungsfelder hebe ich zunächst nur jene drei hervor, die in den Quellen am deutlichsten Profil gewinnen: - den Schreibunterricht als solchen, der freilich wesentlich auf das Eingangsniveau des Lateinunterricht beschränkt ist. Vgl. z. B. um 1513 die Memminger Ordnung: - Item vnder der selben stund von sechsen zů sibnen siczend die zwen locaten ainer jn die leczye da die knaben lesend, legentum genant, vnd ainer in die leczyen da die knaben bůchstaben, genant sillabirantum, vnd beherend die iungen yere leczyen mit samt dem latin vnd zaigung der geschrift.199 - Item vnder der selbigen zitt behert der schůlmeister in den zwayen klenen leczyen die jungen, von erst in der leczyen die lernen bůchstaben, sillabirantum genant, vnd dar nach der lesenden, legentum genant, vnd so er sy baid behertt hatt mit sampt zaigung der geschrift, och vffsagung des latins, list er das register vnd examiniert absentes.200 - Item die zitt so der schůlmayster die zwen locaten vbertrift, so siczend die locaten ainer jn die leczyen legentum genant vnd der ander in die leczyen sillabirantum genant vnd beherend die selbigen knaben yere leczyen latin vnd zaygung der geschrift.201 - die Indienststellung ephemeren Schreibens für den Unterricht im Rahmen von Aufgaben geringeren Textumfangs, die von einem Unterrichtstag auf den nächsten vergeben wurden. Der älteste bekannte Beleg für diese Praxis stammt möglicherweise aus der Bayreuther Lateinschule um 1464: Alle nacht sollen die kinder scripturas schreiben, iren latein den elttern anheim sagen, und an dem morgen die schriefft in der schule weysen vnd ire latein wider aufsagen.202 Später treffen hier insbesondere die Nürnberger um 1505 für ihre Lateinschulen sehr detaillierte Anweisungen: - das ir jeder alle morgen vnnd auch nach mittag ein frische schrift seiner hannd von buchstaben oder von ettlichen wortten tewtsch vnnd lateinisch, in wachs oder auf papir, seinem locaten zaig vnnd weyse, die dann derselb locat cancelliren oder vnderstreichen vnnd die knaben zu formierung gutter buchstaben vnnd schriften anlayten soll.203 - Zum anndern, so sollen die mitteln knaben, die den Donat, regel, Allexander etc. lesen lernen, zusamen in ainen zirckel gesatzt vnnd ine gein nächt, mit creyden an ein tafel, ain latein nemlich ein lateinischer vers [...] furgeschriben werden, dieselben latein sollen die knaben des abents lernen, selbs abschreiben, iren eltern anheyms aufsagen vnnd des andern morgens in der

_____________ 199 200 201 202 203

Schulordnungen und Schulverträge, S. 182 Z. 7-11 Schulordnungen und Schulverträge, S. 182 Z. 31-36. Schulordnungen und Schulverträge, S. 83 Z. 28-31. Schulordnungen und Schulverträge, S. 82 Z. 12-14. Schulordnungen und Schulverträge, S. 147 Z. 14-19.

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Grundlinien

schul von in widervmb erfragt vnd verhort werden, mit besichtigung irer hanndschrift derselben latein vnnd auch mit vnderrichtung, gütte buchstaben zu machen [...].204 - Zu der andern vre nach tisch sollen sie zwen lateinisch verss, mit vier tewtschen [...] an ein tafel geschriben, lernen, selbs abschreiben, alsdenn innwenndig aufsagen, vnnd exponiren [...] vnnd des alles des nachuolgenden tags [...] nach besichtigung vnnd rechtuertigung irer hanndschrift der vorgemelten verss [...] verhoret werden.205 - die die expositio, die Texterschließung im Unterricht selbst tragende und unmittelbar begleitende Schreibtätigkeit. Die Memminger Schulordnung spricht hier um 1513 von einem »in die Feder lesen« oder »in die Feder glossieren«: - Der schůlmeyster in der grossen leczyen lisd in die feder vss ainem bůch genant Nicolaus de Orbellis vnd zů zitten vss dem Bartholomeo Vsing.206 - Darnach hept er an zů resumieren von den zwelfen biss zů halb zwayen jn dem poeten Lucanus genant. jst beschriben die historie vnd stritt der rh=mer. In dem selbigen glosiert er allwegen in die feder, vff das wenigest drissig verss. Darnach exsponiert er in die selbigen zů tiutsch, vnd wan das selbig vss ist, so lat er im die schůler exsponieren vnd vertiutschen die verss, so er in den tag for glosieret vnd vertiutscht hat [...].207 - Item von zwelfen zů aim macht der locat in der leczyen prime partis genant ainen poeten genant Mantuanus in eglogis, glosiert inen der locat in die feder gewonlich sechzechen oder acht zechen verss vnd lisd in och declaracion vber die schweresten wort in den selbigen verssen begriffen [...].208

_____________ 204 205 206 207 208

Schulordnungen und Schulverträge, S. 148 Z. 11-24. Schulordnungen und Schulverträge, S. 149 Z. 39-S. 40 Z. 8. Schulordnungen und Schulverträge, S. 181 Z. 9-11. Schulordnungen und Schulverträge, S. 183 Z. 1-8. Schulordnungen und Schulverträge, S. 183 Z. 12-16.

III. Die Aufnahme der Volkssprache ins Schulbuch Die ›Fabulae‹ Avians werden über den gesamten Zeitraum ihrer mittelalterlichen Verwendung als Schullektüre hinweg dem Unterricht nirgends systematisch in der Volkssprache erschlossen. Allenfalls deutsche Interlinearglossen sind bisweilen in einzelnen Handschriften anzutreffen, und selbst dies überwiegend in eher unterrichtsfern verwendeten Überlieferungszeugen: in Textsammlungen, die vorzugsweise homiletischen oder seelsorgerischen Zwecken dienen sollten. Ganz anders stellen sich in diesem Punkt die Verhältnisse für einen Schultext dar, der die ›Fabulae‹ seit karolingischer Zeit so häufig wie kein anderer begleitet und der auf derselben Ausbildungsstufe wie die ›Fabulae‹ anzusiedeln ist: die ›Disticha Catonis‹. Scripsit autem Cato librum de moribus partim prosaico sermone et partim metrico, qui a pueris in scholis frequentatur, qui multas sententias notabiles et multum egregias continet, berichtet der Walter Burleigh (ca. 1275-1344) zugeschriebene ›Liber de vita et moribus philosophorum‹ über den spätantiken Verfasser, sein Werk und dessen dominierende Gebrauchsfunktion. Letztere erfasst er zweifelsohne richtig, und überdies im Prinzip auch die Struktur des Textes, wenngleich nicht die des originalen, sondern der mittelalterlichen Vulgatform.1 Die ›Disticha‹ eröffnet nämlich eine kurze Praefatio (nachstehend zit. »pr.«) in Prosa, die sich als Ansprache eines Vaters an seinen Sohn gibt, zu dessen Instruktion das Folgende verfasst sei: Cum animadverterem quam plurimos graviter in via morum errare, succurrendum opinioni eorum et consulendum famae existimavi, maxime ut gloriose viverent et honorem contingerent. Nunc te, fili carissime, docebo quo pacto morem animi tui componas. Igitur praecepta mea ita legito, ut intellegas. Legere enim et non intelligere neglegere est.2

Auf diese praefatio folgen zunächst etwas über 50 kurze Sentenzen ebenfalls in Prosa (Breves sententiae, nachstehend zit. »b.s.«). Erst an sie _____________ 1 2

Die Passage aus dem ›Liber‹ hier zitiert nach der Inkunabelausgabe GW Nr. 5792 (Antwerpen oder Löwen, um 1487), Bl. I3r. Der Text der ›Disticha Catonis‹ hier nach der kritischen Ausgabe von BOAS zitiert. Da diese auf die Rekonstruktion des spätantiken Originals zielt, ist es jedoch geboten, immer auch den Text des jeweiligen Überlieferungsträgers zu berücksichtigen. Welche Grundlage benutzt wurde, ist daher nachstehend in jedem Fall angegeben.

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Die Aufnahme der Volkssprache ins Schulbuch

schließt der zweite, metrische Teil mit etwas über eineinhalbhundert Hexameterdistichen an, die auf vier Bücher (I-IV) verteilt erscheinen, wobei dem zweiten bis vierten Buch jeweils noch eine eigene metrische praefatio (II pr., III pr., IV pr.) vorangeht. Die Übersetzungen der ›Disticha Catonis‹ ins Deutsche eröffnen die Reihe der Reimpaarübersetzungen lateinischer Schultexte und führen sie auch in der Zahl ihrer über 120 Textzeugen nach deutlich an. Beim gegenwärtigen Forschungstand jedoch lässt sich Einsicht in den Verschriftlichungsprozess des Schulunterrichts unter dem Aspekt der Integration der Volksprache vom deutschen ›Cato‹ her nicht zuverlässig gewinnen. Weder sind die Überlieferungszeugen vollständig erhoben, noch sind die einzelnen Textzweige zureichend voneinander abgesetzt, noch sind sie ihren konzeptionell intendierten und den in der späteren Verwendung realisierten Funktionen nach beschrieben.3 Daher zielen die nachstehenden Kapitel je für sich auf eine entsprechende Konturierung der einzelnen Übersetzung, sind aber jeweils zu Gruppen mit Bezug auf das übergeordnete Untersuchungsinteresse zusammengefasst.

1. Wechselnde Konstellationen von Latein und Volkssprache: Die älteren ›Cato‹-Übersetzungen des 13. und 14. Jahrhunderts 1.1 Ein deutscher ›Cato‹ für den Laien: Konzeption und Verbreitung der ›Rumpfübersetzung/-bearbeitung‹ Von den verschiedenen ›Cato‹-Übersetzungen ins Deutsche dürfte die der Altgermanistik bekannteste jene 1852 von FRIEDRICH ZARNCKE im Text kritisch hergestellte sein, die dieser mit der Bezeichnung »rumpfübersetzung« belegt hat – wobei das Präfix »rumpf-«, dies vorab zur Erläuterung, in Absetzung von »gesamt-« in die Werkbezeichnung geraten ist, weil der Verfasser dieser (nach nicht unumstrittener Ansicht ZARNCKEs: ältesten) Übersetzung auf Vollständigkeit nach Maßgabe des lateinischen Originals verzichtete. An diesem Präfix kann auch weiterhin festgehalten werden, da es einen zentralen konzeptionellen Grundzug präsent hält – sofern man sich nur bewusst macht, dass damit nicht zugleich eine dem lateinischen Prätext gegenüber defizitäre Qualität eines ihn gleichsam amputierenden deutschen Textes benannt sein kann. Hingegen der schwankenden Wortwahl der Forschung in der Frage, ob es sich beim fraglichen Text um eine _____________ 3

Siehe zum Forschungsstand zum deutschen ›Cato‹ auch Kap. I.

Wechselnde Konstellationen von Latein und Volkssprache

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Rumpf-»Bearbeitung« oder eine Rumpf-»Übersetzung« handelt, begründeter zu begegnen, setzt bereits eine detaillierte Kenntnis der Text- und Überlieferungsgegebenheiten nicht nur dieses einen ›Cato‹ voraus. Die erforderliche Diskussion sei daher hier noch etwas hinausgeschoben und das Werk vorerst, zugegeben hybrid, als ›Rumpfübersetzung/-bearbeitung‹ bezeichnet – oder schlichter als Rumpf-›Cato‹. Um dennoch auf etwas gefestigterem Boden beginnen zu können, setze ich zunächst am in den Handschriften Vorfindlichen an. Was die Überlieferung des Rumpf-›Cato‹ betrifft, darf die Untersuchung ZARNCKEs, dem manche andere Übersetzung noch gar nicht und von mancher nur ein Bruchteil der Textzeugen bekannt war, als extensiv erfolgreich bezeichnet werden. Mit 254 von 37 versammelt ZARNCKEs kritische Ausgabe dieser Fassung bereits gut zwei Drittel ihrer heute bekannten Textzeugen. In der Reihenfolge ihres Erscheinens bei ZARNCKE (1852, S. 12-17) sind das RMel (dort ferner eine Abschrift in Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ms. germ. fol. 27, aufgeführt – diese nachstehend nicht weiter berücksichtigt), R-Rom, R-Hei2, R-Gen (noch als in der Kaloczaer Metropolitanbibliothek befindlich aufgeführt), R-Mue1, R-Reg, R-Wol1, R-Wie1, R-Wol2, RMue3 (Dublette: Sigle h = Sigle k), R-Mue2, R-Wie2, R-Inn, R-StG, R-Kar 1 (noch als im Besitz Joseph von Laßbergs befindlich aufgeführt), R-Hei1, R-Nue2 (nach wie vor verschollen), R-Pra, R-Stu, R-Wie, R-Ber 2 (im Nachtrag S. 113 und noch als im Besitz Theodor Oswald Weigels befindlich aufgeführt),5 R-Lon1 (im Nachtrag S. 114f. und von ZARNCKE nur in einer Abschrift des 19. Jahrhunderts benutzt: Frankfurt, Stadt- und Universitätsbibliothek, Ms. germ. oct. 2 – diese Abschrift nachstehend nicht weiter berücksichtigt),6 R-Ber 1 (im Nachtrag S. 115117), R-Str (im Nachtrag S. 189; die Handschrift ist 1870 verbrannt), R-Lon3 (im Nachtrag S. 189f. und noch als im Besitz Theodor Oswald Weigels befindlich aufgeführt).

Mehr als vereinzelte Nachträge zu den deutschen ›Cato‹-Übersetzungen brachten nach ZARNCKE erst ein Jahrhundert später wieder die Arbeiten des tschechischen Germanisten ZATOČIL.7 Da sich ZATOČILs Interesse in der Hauptsache auf Gesamtübersetzungen richtete, steuerte er zum Rumpf-›Cato‹ nur R-Lon3 und, noch als Cheltenham MS 11049, R-Phi bei, wobei R-Lon3 von ZARNCKE aber bereits aufgeführt und überdies zuvor _____________ 4 5

6 7

Unter den 26 gelisteten Zeugen ist die mit Sigle h erfasste Handschrift R-Mue3 identisch mit der unter Sigle k geführten, also Dublette. Weigels Handschrift ging dann in den Besitz von Sir Thomas Phillipps über (MS 16376). Mit ZARNCKEs Sigle X identifiziert sie PRIEBSCH 1896/1901, Bd. 1, S. 118. Keinen Hinweis auf die alte Cheltenham-Signatur gibt DEGERING 1925/32, Bd. 2, S. 945. Die Vorlage R-Lon1 wurde von BÄCHTOLD identifiziert (1873, S. 147). Vgl. insbesondere ZATOČIL 1935 und 1952.

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Die Aufnahme der Volkssprache ins Schulbuch

schon von BÄCHTOLD als vermeintlicher Neufund notiert worden war.8 Erst mit R-Bam1 und R-Bam2 brachte HARMENING (1970) dann zwei echte Ergänzungen.9 Drei weitere Nachträge – R-Mue5, R-Nue1 und RWie3 – lassen sich aus HENKEL (1988) beziehen, wo sie indes noch keiner Übersetzungsgruppe zuordnet sind.10 Weiterhin sind R-Chu, R-Fra, RGoe, R-Kar 2, R-Lon2 und R-Mue4 nachzutragen. Somit tritt bereits der Anzahl der Überlieferungszeugen der Rumpf-›Cato‹ im Vergleich zu den anderen Übersetzungsgruppen als »der deutsche ›Cato‹« des Spätmittelalters schlechthin auf.11 In den Druck findet er gleichwohl nur noch in einer einzigen, zweimal aufgelegten Ausgabe.12 Allemal als »deutschen ›Cato‹« darf man die ›Rumpfübersetzung/bearbeitung‹ überdies hinsichtlich ihrer Darbietung in den Handschriften bezeichnen. Der Verzicht auf den lateinischen Text ist hier konstitutives Merkmal ihrer Überlieferung. Nicht eine Handschrift bietet den Rumpf›Cato‹ zusammen mit den lateinischen ›Disticha Catonis‹.13 Die Distanz des Rumpf-›Cato‹ zum Lateinischen ist eine prinzipielle. Entsprechend kommt sie auch in der Einrichtung des deutschen Textes selbst, in seinen Textnachbarschaften, in seiner Überlieferungsgeographie und, nicht zuletzt, in seiner Konzeption zum Ausdruck. Die Darbietung der Verse auf der handschriftlichen Seite bewegt sich in den unauffälligen Bahnen der für einsprachig-deutsche Reimpaardichtung längst eingespielten Präsentation. Die Verse sind prinzipiell abgesetzt und werden in überwiegend ein- oder zweispaltigem Schriftspiegel platziert. Letzterer ist nicht nur deshalb anzutreffen, weil sich mit ihm Platz sparen ließ, sondern weil mit dem lateinischen Text eben auch der Zwang _____________ 8

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Vgl. ZATOČIL 1952, S. 307 Anm. 5; ZARNCKE 1852, S. 189f.; BÄCHTOLD 1873, S. 72-146. Die noch bei HARMENING 1970, S. 349, unter ihrer alten Cheltenham-Signatur 11049 geführte Handschrift R-Phi wird bei HENKEL 1988, S. 230, als Philadelphia Ms. Ger. 14 identifiziert. An ihrem neuen Aufbewahrungsort hat man sie inzwischen auf Ms. Codex 872 umsigniert. HARMENING 1970. HENKEL 1988, S. 230. Die Textgeschichte des Rumpf-›Cato‹ muss hier weitgehend unberücksichtigt bleiben. Profiliert erscheinen in ihr, auf einer zeitlich späten Stufe, die beiden Bamberger Textzeugen (vgl. HARMENING 1970) und, zeitlich vorgeordnet, die Textzeugen der von ZARNCKE so benannten »Umordnung und Interpolation«, also R-Ber 1, R-Ber 2, R-Lon1, R-Pra, R-Stu, R-Wie sowie, wie schon bei ZARNCKE vermutet, die Basler Druckausgabe von Martin Flach (vgl. ZARNCKE 1852, S. 21f. und S. 113-140). Für einige Hinweise zur Textgeschichte des Prologs s. u. Siehe zu dieser unten Kap. III.4.2. Auf schmalerer Materialbasis bereits von HENKEL 1988, S. 178, festgestellt. R-Mue5/GMue7 ist davon nur bedingt auszunehmen, da hier lediglich die Verse 1-132 des Textes erscheinen. Sie gehen Bl. 114rv einer zweisprachig präsentierten, die lateinischen Distichen indes auf die Initien verkürzenden Gesamtübersetzung, die Bl. 115ra-120va folgt und der lateinische Praefatio und Breves sententiae fehlen, in der Funktion eines Prologs voran.

Wechselnde Konstellationen von Latein und Volkssprache

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entfiel, kompliziertere lateinisch-deutsche Textensembles zu arrangieren. In einem Fall erscheint der Rumpf-›Cato‹ sogar in tendenziell repräsentativer dreispaltiger Anlage.14 Bemerkenswerter hingegen ist ein Negativbefund: Versgruppen, die jeweils einem lateinischen Hexameterdistichon entsprechen, welchen Umfangs sie auch immer wären, werden, und sei es nur visuell durch Querstriche oder Alinea-Zeichen oder Lombarden, in den Handschriften nirgends markiert.15 Der deutsche Text führt auch darin ein vom lateinischen Vorbild ganz abgelöstes Eigenleben. Während der deutsche Textanteil aller anderen spätmittelalterlichen Übersetzungsfassungen – dies geschieht dann im Rahmen sekundärer Funktionalisierungen eines zunächst lateinisch-deutschen Textensembles – allenfalls punktuell in dominant oder ausschließlich volkssprachige Textgemeinschaften zurückübertragen wird, ist volkssprachige Mitüberlieferung bei der ›Rumpfübersetzung/-bearbeitung‹ die nahezu ausnahmslose Regel.16 Ihre Lokalisierung in einem genuin laikalen Rezeptionsmilieu illustriert bereits der vergleichende Blick auf die Verteilung jener Handschriften mit ›Cato‹-Übersetzungen hinlänglich, die neben dem ›Cato‹ auch Mären (Rumpf-›Cato‹: 16 Handschriften, alle andere Übersetzungsfassungen: 2),17 Minnereden (13:1),18 Strickeriana (10:1),19 Teichnerreden (8:0)20 oder Meisterlieder (6:0)21 bewahren.22 _____________ 14

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Zweispaltig: R-Ber 2, R-Fra, R-Gen, R-Hei1, R-Hei2, R-Kar 1, R-Kar 2, R-Mue1, R-Mue5/GMue7, R-Nue1, R-Phi, R-Stra, R-Stu, R-Wie2. Dreispaltig: R-Mue4. R-Wol2 bietet einspaltig jeweils zwei Verse pro Zeile. Fälle, in denen die Schreiber verschiedentlich – besonders in R-Bam1 und R-Bam2 – Schwierigkeiten mit der Versgliederung gehabt haben, sind hier nicht berücksichtigt, da die Unsicherheiten überall nur über kleinste Aufzeichnungsstrekken in eine ansonsten einheitliche Einrichtung durchschlagen. Das gilt ebenso für R-Wie1 mit paarig aus- und eingerückten Versen. Der Wechsel wird mechanisch ohne Rücksicht auf den Text durchgeführt, hat also nur ästhetische Funktion. Einschränkungen sind hier nur für R-Hei1 und R-Mue5/G-Mue7 (s. o. Anm. 13) zu machen. Im Gesamtverzeichnis der Märenhandschriften bei FISCHER 1983, S. 285-292, erscheinen R-Ber 1, R-Chu, R-Gen, R-Hei1, R-Hei2, R-Kar 1, R-Kar 2, R-Lon3, R-Mue1, R-Mue3, R-Mue4, R-Pra, R-Reg, R-Wei, R-Wie1, R-Wie2 sowie andererseits nur G-Mue2 und Z-Fra1. Bei BRANDIS 1968, S. 209-273, sind berücksichtigt R-Gen, R-Hei1, R-Hei2, R-Kar 1, RKar 2, R-Lon1, R-Lon2, R-Lon3, R-Mue1, R-Pra, R-Wei und R-Wie2, andererseits an Gesamtübersetzungen nur U-Wie2. Vgl. MOELLEKEN 1973/78, Bd. 1, S. XXI-XXXVII: R-Chu, R-Gen, R-Hei1, R-Hei2, RKar 1, R-Kar 2, R-Lon3, R-Mel, R-Rom, R-Wie1, R-Wie2 sowie andererseits nur G-Mue2. Es kann nur diese Überlieferungsnähe des ›Cato‹ zum Stricker gewesen sein, die VON DER HAGEN bewog, von »Strickers Cato« zu sprechen. Es verwundert etwas, dass ZARNCKE das vollkommen übersah – vgl. ZARNCKE 1852, S. 188: »worauf diese annahme beruht, weiss ich nicht. ich kenne keinen grund, der für dieselbe spräche.« Vgl. NIEWÖHNER 1953/56, Bd. 1, S. XIVf.: R-Hei1, R-Kar 1, R-Kar 2, R-Lon2, R-Lon3, RPra, R-Wei, R-Wie1. Vgl. RSM, Bd. 1, S. 61-318: R-Hei1, R-Kar 2, R-Mue2, R-Mue3, R-Pra, R-Str. Wenn BURSILL-HALLs Census mittelalterlicher Grammatik-Handschriften nicht so lükkenhaft wäre, ließe sich eine Gegenprobe zuverlässiger anstellen. Jedenfalls findet sich un-

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Die Aufnahme der Volkssprache ins Schulbuch

Alle Übersetzungsfassungen mit ausgeprägter Textidentität wurden in je eigenen, relativ deutlich voneinander abgrenzbaren Regionen benutzt.23 Es kennzeichnet demgegenüber den Rumpf-›Cato‹ eine gerade nicht auf eine bestimmte Region beschränkte Verbreitung, die sich zumindest mit dem ›Ulmer Cato‹, aber etwa auch mit den Textzeugen der Übersetzungsfassung C24 vielfach überschneidet. Der Verbreitungsschwerpunkt liegt zwar im Schwäbischen und im Bairisch-Österreichischen,25 ein Grenzsaum erstreckt sich jedoch im Norden auch bis ins Ostfränkische,26 im Westen bis ins Elsässische,27 im Nordwesten bis ins Rheinfränkische,28 im Nordosten bis ins Nordwestböhmische/Vogtländische29 und im Südwesten bis ins Westalemannische30. Die Erklärung für diese Überschneidung liegt in der anders gelagerten Textfunktion: Die ›Rumpfübersetzung/bearbeitung‹ tritt nicht in Konkurrenz mit im genannten Raum verbreiteten zweisprachigen ›Cato‹-Ensembles, weil sie ein anderes Publikum hat und andere Verwendungsbereiche anvisiert. Der Rumpf-›Cato‹ kann nur ungefähr in die zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts datiert und ins Bayerisch-Österreichische lokalisiert werden.31 Der Verfasser und sein weiteres literarisches und soziales Umfeld _____________

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ter den sechs bei BURSILL-HALL 1981 erfassten Handschriften mit ›Cato‹-Übersetzungen (Nr. 81.104, 106.14, 149.68, 176.242, 267.11, 299.87 = G-Erf, G-Gra, U-Mue2, U-Stu2, UWie2, O-Lon2) nicht eine mit dem Rumpf-›Cato‹. Vgl. für Stephans von Dorpat ›Cato‹ unten Kap. III.1.3, für den ›Schlesischen Cato‹ unten Kap. III.2.2, für den ›Niederrheinischen Cato‹ unten Kap. III.2.3, für den ›Zwielichten Cato‹ unten Kap. III.2.4, für den ›Ulmer Cato‹ unten Kap. III.3.2.2. Siehe unten Kap. III.3.1. Siehe im Anhang die Kurzbeschreibungen zu R-Ber 1, R-Ber 2, R-Goe, R-Hei1, R-Kar 2, RLon1, R-Lon2, R-Mel, R-Mue1, R-Mue2, R-Mue3, R-Nue2, R-Phi, R-Pra, R-Reg, R-Rom, RStu, R-Wei, R-Wie2 und R-Wol2. R-Bam1, R-Bam2, R-Lon3, R-Nue1. R-Str ? R-Fra, R-Wie1. R-Gen, R-Hei2. R-Chu, R-Kar 1, R-Mue4, R-StG. In der Datierungsfrage verlässt sich die Forschung bis heute allein auf ZARNCKEs 1852 eher beiläufig formulierte Bemerkungen, denen zufolge die ›Rumpfübersetzung/bearbeitung‹ »noch in die beste Zeit der mhd. poesie [fällt].« Argumente sind ihm »strenge richtigkeit der reime« und »strenge mhd. verskunst«; den terminus post quem liefert ihm – unter ausdrücklichem Ausschluss der anderen Entlehnungsrichtung – die ›Bescheidenheit‹ Freidanks, »denn es sind stellen aus diesem in sie übergegangen« (ZARNCKE 1852, S. 10). Nur noch zu Beginn seiner Anmerkungen expliziert ZARNCKE ein weiteres Mal: »allem anscheine nach nicht nach der mitte des 13. jh. entstanden« (S. 59). Zur zeitlichen Einordnung seiner Gesamtübersetzungen schweigt sich ZARNCKE vollständig aus. ZATOČIL sagt weder etwas zu diesen noch zur ›Rumpfübersetzung/-bearbeitung‹ – vgl. allenfalls ZATOČIL 1935, S. 48: »R [gemeint ist die Rumpfbearbeitung, M. B.] bewahrt im großen und ganzen den mhd. Lautstand«.

Wechselnde Konstellationen von Latein und Volkssprache

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sind unbekannt. ZARNCKEs Vermutung, er sei »wahrscheinlich wohl ein mit dem jugendunterrichte betrauter geistlicher«, ist durch nichts abzusichern.32 Zwar bleiben Übersetzungen von Schultexten oft anonym,33 aber in diesen lateinisch dominierten Gebrauchsraum zielt die ›Rumpfübersetzung/-bearbeitung‹ gerade nicht. Das erweist sich nicht zuletzt auf der konzeptionellen Ebene des Textes. Hier hebt er sich von allen anderen Übersetzungsfassungen markant insofern ab, als ihm Bestand und Abfolge der lateinischen Verse nicht prinzipiell verbindlich sind. Weder entspricht jedem Hexameterdistichon ein Vierverspaar noch finden alle Distichen ihre Entsprechung noch schließen die Entsprechungen in der Reihenfolge direkt an die Versfolge des lateinischen Vorbilds an. Im Gegenteil wird nach thematischen Gesichtspunkten gerafft,34 werden im Lateinischen weiter auseinanderliegende Distichen zusammengezogen und Verse aus anderen Quellen, namentlich aus Freidanks ›Bescheidenheit‹, ergänzt.35 Die Distanz des Rumpf-›Cato‹ zum lateinischen Pendant der ›Disticha Catonis‹ ist mithin kein nur rezeptionsseitiges Phänomen, sondern schon in der Textkonzeption angelegt. _____________

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Aus diesen Voraussetzungen lassen sich die Festlegungen in den Literaturgeschichten – »bald nach 1250« (älteste Gesamtübersetzung) und »noch im 13. Jahrhundert« (Rumpf›Cato‹) etwa bei HELMUT DE BOOR: Die deutsche Literatur im späten Mittelalter. Zerfall und Neubeginn. 1. Teil: 1250-1350. München 1962 (Geschichte der deutschen Literatur von den Anfängen bis zur Gegenwart 3,1), S. 388f.; »um die Mitte des 13. Jahrhunderts« (älteste Gesamtübersetzung) und »gegen Ende des 13. Jahrhunderts« (Rumpf-›Cato‹) etwa bei JOACHIM BUMKE: Geschichte der deutschen Literatur im hohen Mittelalter. München 1990, S. 335 – und im Verfasserlexikon – »gegen Mitte des 13. Jh.s« (älteste Gesamtübersetzung) bzw. »entstanden Ende des 13. Jh.s« (Rumpf-›Cato‹): KESTING 1978, Sp. 1193f. – nur in Hinsicht auf die relativen Verhältnisse und einen sehr groben Zeitrahmen ableiten. Mit einiger Sicherheit ist lediglich dies festzuhalten: terminus post quem non der ›Bescheidenheit‹ ist das Ende des ersten Jahrhundertdrittels – vgl. NEUMANN 1980, Sp. 897f. Für die älteste Gesamtübersetzung wie die ›Rumpfübersetzung/-bearbeitung‹ liegt er weiterhin nur in der Niederschrift der ältesten Textzeugen in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts (G-Zwe) bzw. gegen Ende des 13., Anfang des 14. Jahrhunderts (R-Mue4). Zur bairisch-österreichischen Lokalisierung der ältesten Gesamtübersetzung vgl. ZATOČIL 1935, S. 25, S. 48f. und 1952, S. 328, bzw. für die ›Rumpfübersetzung/-bearbeitung‹ ZATOČIL 1935, S. 25 und S. 48. ZARNCKE 1852, S. 10. HENKEL 1988, S. 195f. Zahlreiche Nachweise bringen MITZKA 1929 und ZATOČIL 1935. Die ›Rumpfübersetzung/-bearbeitung‹ »übersetzt nur etwa 2/3 des lateinischen originals, und auch dieses, namentlich gegen ende, nicht in der folge des lateins, sondern zuweilen so, dass selbst distichen der verschiedenen bücher durcheinander geworfen werden. meistentheils leitet hiebei ein verständiger grund, entweder, bereits gesagtes nicht nochmals zu sagen, oder zusammengehöriges näher zusammenzustellen. [...] einige dreissig verse, denen im original nichts entspricht, sind an verschiedenen stellen eingeschoben, theilweise aus Vrîdanc entlehnt«: ZARNCKE 1852, S. 10 (vgl. auch S. 120f.).

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Die Aufnahme der Volkssprache ins Schulbuch

Durch Verzicht auf das starre Korsett der lateinischen Textsukzession wird ein Gestaltungsspielraum beansprucht, den auch die weitere Textgeschichte noch zu nutzen weiß. Die von ZARNCKE »Umordnung und Interpolation« getaufte Handschriftengruppe II nutzt ihn, indem noch weitergehend umgeordnet und darüber hinaus aus anderen volkssprachigen Quellen, u. a. aus Thomasins ›Welschem Gast‹, wiederum aus Freidanks ›Bescheidenheit‹, dazu aus der ›Rossauer Tischzucht‹ punktuell wie blockweise neue Verse einformuliert werden.36 Vor allem aber wird die konzeptionelle Distanz der ›Rumpfübersetzung/-bearbeitung‹ zur lateinischen Unterrichtslektüre in der Voranstellung eines neuen, auffällig ausladenden Prologs (V. 1-34) und in der Zutat eines eigenen Epilogs (V. 572-578) sichtbar. Die ›Disticha Catonis‹ selbst beginnen mit der Rede einer Sprecherinstanz in der ersten Person Singular, die im Gewand des Vaters auftritt, der sich knappe Rechenschaft über sein Tun ablegt und sich dann seinem Sohn zuwendet (pr. 1-4). Der Prolog des Rumpf-›Cato‹ entwirft noch eine zusätzliche Redeinstanz, einen Rahmensprecher, dem die Lehrrede des Vaters sozusagen in den Mund gelegt wird. Entworfen ist diese Meta-Instanz als Vortragender vor anwesenden Zuhörern, der seinem Vortrag schrittweise Aufmerksamkeit und Interesse zu sichern und auf mehreren Ebenen Geltung zu verschaffen versucht. Dabei werden gleich eingangs kündigære, neunmalkluge Schwätzer, als anwesend gesetzt: Wæren die kündigære guoter rede niht gevære, swâ si die hôrten sagen, und wolden si dar zuo gedagen od aber tugentlîchen von den mæren slîchen, [...].

[ed. ZARNCKE 1852, V. 1-6]

Unter einem Teil der Anwesenden, so wird erwartet, besitzt die Rede des Ich nicht jene Akzeptanz, die von den Schulübersetzungen stillschweigend als selbstverständlich (oder als mit anderen als sprachlichen Mitteln, Bestrafungen durch den Lehrer etwa, durchsetzbar) vorausgesetzt wird. Der Vortrag muss sich daher zunächst auf einer elementaren medialen Ebene im Wortsinne Gehör verschaffen. Das geschieht durch die Aufforderung an die Schwätzer, still zu sein oder den Raum zu verlassen. Noch die Gruppe der Willigen unter den Zuhörern aber ist als eine inhomogene gedacht, die den Vortrag mit sehr verschiedenem Interesse aufnimmt. _____________ 36

Dazu ausführlich ZARNCKE 1852, S. 113-140 (mit Abdruck der eingeschobenen Stücke S. 128-140), und verallgemeinernd S. 120f. (dort die Umstellungen und Einschübe nur als »erneuerung dieses [in der ›Rumpfübersetzung/-bearbeitung‹ konzeptionell schon angelegten, M. B.] strebens« bezeichnet, dem »die umordnung der deutschen übersetzung ihren ursprung zu verdanken [hat], sie ist eine dem inhalte nach geordnete zusammenstellung der sprüche«).

Wechselnde Konstellationen von Latein und Volkssprache

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Daher muss das Kernpublikum expliziert werden, das wiederum nicht, wie eine Lerngruppe von Schülern bereits durch die Zugangsbedingungen in den Kommunikationsraum, als selbstverständlich angesprochenes vorausgesetzt werden kann; V. 7 wendet sich dabei speziell an jüngere Zuhörerschaft: sô wolde ich jungen liuten [...]. Ausdrücklich werden dann in V. 8 für dieses Kernpublikum die nicht selbstverständlichen medialen Vermittlungsmodi, vorlesen und auslegen, angesagt. Implizit werden die jungen liute damit verpflichtet, dem Vortrag schweigend zu folgen, ihn also nicht zu unterbrechen: gerne lesen unde bediuten [...]. Erst nach dieser dreischrittigen Absicherung elementarer pragmatischer Rahmenbedingungen kann in einem ersten allgemeinen Vorgriff in V. 9-12 vom Vortrag, der als von jedem »schulunterrichtlichen Curriculum« entbundener seinem Gegenstand nach dem Publikum ja noch ein völlig offener ist, angesagt werden, was überhaupt in inhaltlicher Hinsicht erwartet werden darf, nämlich: schœne lêre und guoten rât, die ein vil wîser heiden hât sinem sun vür geleit durch witze und durch bescheidenheit.

[ed. ZARNCKE 1852, V. 9-12]

Lehre und Rat werden dabei als grundsätzlich attraktiv unterstellt, sodass nur noch ihre Ernsthaftigkeit/Verbindlichkeit und Sinnhaftigkeit/Tauglichkeit gesichert werden müssen: jene durch Rückbindung an eine Unterweisung im besonderen Verwandtschaftsverhältnis von Vater zu Sohn, das falschen Ratgebern keinen Raum gibt und als historisch verbürgt vorgestellt wird, diese durch Qualifizierung des Ratgebers als wîse und mit witze und bescheidenheit ausgezeichnet.37 Damit ist die Bedeutsamkeit des Vortrags zwar in gewichtigen, aber dennoch nur in Stichworten benannt. Die weiteren Verse, der Zahl nach über die Hälfte des gesamten Prologs, nehmen daher für die zu erwartende Lehre Maß an den regulierten Bildungseinrichtungen (schuole) und ihren Lehrern (meister) und setzen die eigene Lehre von einer übergeordneten christlichen Warte aus über diese. Denn dort würde tiuschen, liegen, triegen und kriegen gelehrt und Recht verdreht. Der wîse Rômære hingegen, wiewohl Heide doch kristenlîcher als so mancher Zeitgenosse, kêrte daz reht ze rehte: er was ein Rômære; swie er ein heiden wære, er was witze rîcher und redete kristenlîcher beide spâte unde vruo

denn iezuo manic kristen tuo, der ein meister wænet wesen und ze schuole hât gelesen von getiusche und von kriege, wie er die werlt betriege

_____________ 37

Damit sind zugleich zwei der obersten Autoritätsinstanzen mittelhochdeutscher Lehrtexte überhaupt versammelt: der Vater und der Weise; vgl. KÄSTNER 1978, S. 231-235.

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Die Aufnahme der Volkssprache ins Schulbuch

unde an maneger sache reht zunrehte mache, des nû leider vil geschiht. des tet doch der heiden niht; weder liegen noch triegen noch ze unrehte kriegen er nieman enlêrte. daz reht ze rehte er kêrte;

des wart sîn lop verre erkant. er was her Katô genant. swer nâch sîner lêre vert, wie gar sich schaden der erwert. Sus vienc er an unde sprach: dô ich genuoge liute sach [...]. [ed. ZARNCKE 1852, V. 13-36]

Aufgenommen ist damit die im 13. Jahrhundert verbreitete, etwa auch beim Bamberger Schulmeister Hugo von Trimberg formulierte Kritik an der im Gefolge der wissenschaftlichen Aristotelesrezeption steigenden Bedeutung der Dialektik und am Vordringen in römischem und kanonischem Recht wissenschaftlich ausgebildeter Juristen.38 In der ›Rumpfübersetzung/-bearbeitung‹ dient sie der Behauptung eines auf Wahrheit, Frieden und Recht gerichteten, eigenen Lehranspruchs in der Volkssprache – wobei dann strategisch sowohl ausgeblendet bleiben muss, dass der Ruhm des römischen Meisters (des wart sîn lop verre erkant), der schließlich auch zur Bewahrung eines Namens geführt hat (er was her Katô genant), sein Fundament gerade in den gelehrt-lateinischen Bildungseinrichtungen hat, als auch ebenso, dass die Voraussetzungen des eigenen Vortrags in Form einer Gesamtübersetzung – siehe das nachfolgende Kapitel zum Zwettler und zum Ur-›Cato‹ – eben dort zu suchen wären. Wohl nur auf der Basis dieses weiterreichenden, nicht zuletzt auf das individuelle Heil im religiösen Sinne ausgerichteten Nutzens der Lehre, kann das Lehrziel dann schließlich noch einmal, nun mit Blick auf die näherliegende Zukunft jedes einzelnen, ganz utilitaristisch gefasst werden: swer nâch sîner lêre vert, wie gar sich schaden der erwert. Erst jetzt hebt der »eigentliche« Text, die »eigentliche« Lehrrede des ›Cato‹ an (V. 35f.: Sus vienc er an unde sprach: | dô ich genuoge liute sach [...]), gesprochen durch den Mund eines Vortragenden, der als Mittlerinstanz von nun an nirgends im Text mehr auftritt, dessen Stimme aber, das macht der gegen die Vorlage ebenfalls ergänzte Epilog deutlich, mit der Stimme des heiden Katô verschmilzt: Waz sol ich dir sagen mêre? tuostu daz, daz ist dîn sælikeit. Hie mite sî dir genuoc geseit; volge dirre lêre mir; ich mac niht langer sîn bî dir. Nim du zuo dir selbe war und wünsche daz ich wol gevar.

[ed. ZARNCKE 1852, V. 572-578]

_____________ 38

Vgl. JOHANNES FRIED: Die Bamberger Domschule und die Rezeption von Frühscholastik und Rechtswissenschaft in ihrem Umkreis bis zum Ende der Stauferzeit. In: Schulen und Studium 1986, S. 162-201, hier besonders S. 184-198.

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Übersetzungen für den Trivialunterricht können mit selegierenden Zugangsbedingungen zur Unterrichtssituation rechnen, über die sich das Publikum bereits textextern konstituiert und die Textakzeptanzen sichern, und sie können gewisse Erwartungen an Sinn und Zweck der Textvermittlung unterstellen. Der Verfasser des Rumpf-›Cato‹ hingegen muss auf einen offeneren Rezeptionskontext reagieren. Das tut er gerade nicht mit vageren, sondern mit präziseren schriftlichen Vorwegnahmen, und offenen Textakzeptanzen begegnet er mit dezidierter Ausformulierung eigener Geltungsansprüche. Nicht ganz beiläufig sei hier die Kürzung des Prologs in einigen Handschriften vermerkt, die, in Verbindung mit verschiedenen Titelgebungen des Werks, auf einen veränderten, nicht auf Rezitation vor Zuhörern festgelegten Rezeptionsmodus schließen lässt. In den Titeln werden bemerkenswerte Verschiebungen schon da deutlich, wo, wie in der – immerhin ältesten vollständigen – Melker Handschrift, noch bevor dem Vater im Prolog der Name Kato zugewiesen wird, das Werk selbst diesen erhält (Daz geticht ist Kato genant), das überdies als den gelerten wol bekannt vorgestellt wird: Hier lag dem Schreiber jeder Affekt gegen Schule und Studium fern.39 Dasselbe gilt für die in mehreren Handschriften und im Basler Druck Martin Flachs belegte Hauptvariante zum Vulgatprolog, die radikal auf fünf Verse kürzt: ES was ain mayster wol erkant Her katho was er genant Vor cristus geburt es was Seim sun er gůt ler uor laß Er sprach vil lieber sun myn [...] [R-Stu, Bl. 123vb] Andernorts geriet man zusätzlich zur Kürzung mit der Verteilung der Sprecherrollen durcheinander. In den beiden von HARMENING nachgetragenen, eng verwandten Bamberger Handschriften spricht zunächst das Werk selbst als katho,

_____________ 39

Die handschriftlichen Titulaturen sind über den Apparat ZARNCKEs nur unvollständig zugänglich. Obschon hier der Raum nicht ist, sie als Indikatoren einer historischen Textwahrnehmung und Rezeptionsregie weitergehend aufzuschließen, seien sie nachstehend wenigstens zusammengestellt: Teusch katho (R-Bam1, Bl. 201v); Von dem heidennischen meiste katho genantt (R-Bam2, Bl. 110v); Von dem maister katho (R-Ber 2, Bl. 278r); Das .ij. capitell (R-Fra, Bl. 21v); Ditz bvchel daz heizet katho | daz liset man in der schvle also (R-Gen, Bl. 35vb); Hie geit ain hayden seinem Sun ain ler (R-Goe, Bl. 61v); Hie folgt n!ch katho dez maisters r!tt etc. (R-Hei1, Bl. 66rb); Ditz bFchel heizet katho | vnde liset man ez in der schMle do (R-Hei2, Bl. 71va); Das ist der katho (R-Inn, Bl. 87v); Von dem weysen katho (R-Kar 2, Bl. 148v); Ain lere wie katho sein Sůn hiess leben (R-Lon2, Bl. 296v); Wie der haidnisch maister katho seinem sun rat vnd klêg ler gab (R-Lon3, Bl. 211v); Daz getichte ist kato genant. | vnd ist den gelerten wol bekant (R-Mel, p. 271); Catho jn vulgarj optima materia (R-Mue1, Bl. 106r); Der teutzsch kato (R-Mue3, Bl. 21v); Der tewsch katho (R-Nue1, Bl. 280r); Katho. | Katho der hadnisch meister (R-Nue2); Ain lere wie Katho sein Sun hiesz leben (R-Pra, Bl. 208v); Kato pin ich genant | Den weisen mannen pin ich wol erchant. etc. (R-Reg); katho ze tütsch (R-Str, Bl. 1va); hie hebt an der kato (R-Wie2, Bl. 56v); Gar ein Guter kostenlicher | Katho den ein weiser hayden gemachet hat (R-Wol1, Bl. 15v).

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dann eine unbekannte Rede-Instanz über den Werkautor katho, erst dann der Vater selbst: MAyster katho pin ich genant Dem tugent vnd weysayt ist wol pekant. Wer nach meiner lere wil varn Der mag auch sein sel bol pewarn Wie wol katho ein haiden ist genant So was er doch ein romer ausz dem lan MAyster katho sprach vil liber sun mein [...] [R-Bam1, Bl. 201v] Vollends gar auf die Seite der litterati schlägt sich der ›Cato‹ in R-Lon1 mit seinem in der gesamten Textgeschichte des Rumpf-›Cato‹ singulären Hinweis auf seinen lateinischen Hintergrund und der nicht minder beachtenswerten Bemerkung, maister katho habe seine Söhne vorlesend instruiert: HJe h=ppt sich an ain geticht Das ist auß latin gericht Vnnd spricht zů tütsch also Von ainem maister haiset katho Vor Crist geburt er was Seinen sFnnen ain gůt ler vorlas Er sprach vil lieber SFne mein [...] [R-Lon1, Bl. 179v]

Um die Befunde zu Überlieferung und Konzeption der ›Rumpfübersetzung/-bearbeitung‹ bis hierher auf den Punkt zu bringen: Den von ZARNCKE für sie vorausgesetzten und stellenweise sogar in textkritische Argumentationen einbezogenen lateinischen Unterrichtshintergrund gibt es nicht. Wie aber ist es um die weitere Überlieferungsgeschichte des Rumpf-›Cato‹ bestellt? Taucht er, wenn schon nicht in der lateinischen, so doch vielleicht in der »Deutschen Schule« auf? Zunächst einmal lässt der Ausfall der mehr oder minder institutionell etablierten lateinischen Schulgebrauchsumgebung den Erfolg der ›Rumpfübersetzung/-bearbeitung‹ noch bemerkenswerter erscheinen als er das quantitativ ohnehin schon ist, da er ja auf weniger vorgebahnten, offeneren Wegen erreicht wurde.40 Es ist daher vielleicht nicht nur Zufall, sondern Folge dieser Offenheit, wenn von der ältesten, zu Ende des 13., Anfang des 14. Jahrhunderts im Westalemannischen angelegten Handschrift R-Mue4 trotz ihrer dreispaltiger Anlage41 – immerhin der einzige ›Cato‹ in _____________ 40

41

Der Ausfall des Unterrichtshintergrunds hat unter anderem auch zur Folge, dass der sonst vergleichsweise hohe Anteil fragmentierter Überlieferung beträchtlich sinkt (die damit ihrerseits auch vom Gegenbild her als Kennzeichen eines auf niederem Unterrichtsniveau üblichen Verbrauchs der Unterrichtsmaterialien im Gebrauch erscheint): Einen Rumpf›Cato‹ in Bruchstücken von einem oder zwei Blättern Umfang bietet allein R-Mue4. Dreispaltige Handschriften sind im Deutschen selten: SCHNEIDER 1999, S. 130f. (R-Mue4 dort S. 131 genannt); KLAUS KLEIN: Französische Mode? Dreispaltige Handschriften des deutschen Mittelalters. In: Scrinium Berolinense. Tilo Brandis zum 65. Geburtstag, hg. von

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dieser tendenziell repräsentativen Aufbereitungsform überhaupt: eigentlich sollte er bessere Erhaltungschancen gehabt haben – im Unterschied zu G-Zwe, dem ältesten vollständig lateinisch-deutschen Textzeugen einer Gesamtübersetzung, nurmehr Bruchstücke vorliegen. Sicher kein Zufall ist es, wenn der Text das ganze 14. Jahrhundert hindurch fast nur im Anhang auf einen einzelnen Autor konzentrierter Sammlungen – in den Strickersammlungen R-Mel und R-Rom, beide aus ein- und demselben Werkstattzusammenhang42 – und im schützenden Verband umfangreicher Sammelhandschriften mit Reimpaardichtung (in R-Gen und R-Hei2, die ebenfalls miteinander in einem Werkstattzusammenhang stehen, ferner in R-Wie2) begegnet. In solchen umfassenderen Ensembles hatte er am ehesten Tradierungs- und Erhaltungschancen. Was darüber hinausgeht, erscheint quantitativ marginal und im Gebrauchshintergrund undeutlich oder punktuell. Über die 1809 verbrannte Regensburger Handschrift R-Reg (14. Jh., bairisch) lässt sich wenig mehr sagen, als dass eine Alexius-Legende und das Märe von ›Aristoteles und Phyllis‹ den ›Cato‹ begleiteten, der hier in einer lockeren thematische Verwandtschaft zum paradigmatischen Erzählstoff schlechthin für die Macht der Liebe über gelehrteste Männer steht. Diese Verbindung zeigt bereits das Fragment R-Mue4; sie könnte auf eine ältere Vorlagentradition zurückgehen.43 Der um 1348 vielleicht in Augsburg angelegte Sammelkodex R-Mue1 »[...] enthält eine Mischung geistlicher und weltlicher Texte – Traktate, Gebete, Predigten, Verslegenden, geistliche Lieder, Mären und Minnereden – und ist in einer stilisierten Kanzleischrift von einer einzigen Hand geschrieben, möglicherweise zum Privatgebrauch. Es ist eine Handschrift ohne jeden repräsentativen Anspruch, aus verschiedenen Papiersorten z. T. leicht unterschiedlichen Formats zusammengestellt, die Texte sind ohne jede Rubrizierung teils ein-, teils zweispaltig platzsparend aufgezeichnet.«44

_____________ 42

43 44

PETER JÖRG BECKER [u. a.]. Berlin 2000 (Beiträge aus der Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz 10), Bd. 1, S. 180-201. Die Aufzeichnung des ›Cato‹ setzt in R-Mel erst auf p. 271 der 296 Seiten starken Strickersammlung bzw. in R-Rom (128 Bl.) erst Bl. 116v ein: hier wie dort in der näheren Umgebung ganz sicher nicht mehr dem Stricker zuzuweisender Stücke (›Marienmirakel vom Bischof Bonus‹). WESTPHAL spricht zutreffend von einer »appendixlike position« (1993, S. 49). Ansonsten führt WESTPHALs von der Aufnahme des ›Cato‹ im Cgm 717 ausgehender Überblick über die ›Cato‹-Überlieferung in Sammelhandschriften mit Reimpaardichtung kaum weiter. Sie ist bei WESTPHAL 1993 nicht berücksichtigt. SCHNEIDER 1999, S. 109 (dort im Kontext der Verbreitung von Papierhandschriften, denn R-Mue1 ist im deutschen Sprachraum die älteste bisher bekannte datierte).

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Die Zusammenstellung der weltlichen wie geistlichen Stücke war »von einem gewisse[n] Interesse an der Eschatologie«45 geleitet, in dem die Verhaltenslehren des ›Cato‹ in weiterer Verbindung mit Passionsandachten als Remedia zur Heilsvorsorge gedacht waren. Sammlungen kleinerer Reimpaardichtung bleiben auch im 15. Jahrhundert mit etwa einem Drittel des Gesamtbestands ein gewichtiger Faktor der Tradierung.46 Hierher zu stellen sind die Überlieferungen in Laßbergs ›Liedersaal-Handschrift‹ R-Kar 1, in der Märensammlung des Cod. Karlsruhe 408 (R-Kar 2), im bunteren Anhang der letzten 29 Blätter des Hermann von Sachsenheim-Korpus R-Lon1, in R-Lon3, in der Sammlung von Reimpaargedichten und Liedern, die die Berufsschreiberin Clara Hätzlerin für den Augsburger Jörg Roggenburg schrieb (R-Pra: ›Prager Liederhandschrift‹), in R-Wei und schließlich wohl auch in R-Phi, dem Rest einer in großzügigem Format zweispaltig und recht sorgfältig angelegten Textsammlung, die einer alten Foliierung zufolge, die von clxxclxxiij reicht, von einigem Umfang war und mindestens noch Reimpaarfabeln und Reimpaargedichte enthielt. Der Rumpf-›Cato‹ firmiert in diesen Sammlungen nurmehr als ein Text unter vielen weiteren Reimpaargedichten. Über besondere Motive seiner Aufnahme ließe sich am ehesten sicherer befinden, wenn seine Einordnung in den jeweiligen Textzusammenhang erkennbaren autor-, gattungs-, themen- oder stilgebundenen Prinzipien folgte. Das aber ist nicht der Fall. Der Befund passt vielmehr genau zu dem, was man über die Anlageprinzipien der großen Sammlungen kleinerer Reimpaartexte im allgemeinen weiß:47 Obwohl für frühere Überlieferungsstufen teilweise mit thematisch geordneten Zusammenstellungen in »Büchern« gerechnet werden muss, scheinen diese in den erhaltenen Handschriften nur noch in mehr oder minder starken Brechungen durch. Es wäre eine eigene Untersuchung wert, wieweit in diese »Bücher« auch der ›Cato‹ einbezogen wer_____________ 45

46

47

Kodikologie, Textinhalt und Entstehungshintergrund des Cgm 717 sind in jüngerer Zeit mehrfach ausführlicher untersucht worden: WESTPHAL 1993, S. 20-59; GERHARDT/PALMER 2002, S. 27-58 (das Zitat dort S. 33). ZIEGELERs (1988, S. 481 Anm. 54) vorsichtig-einschränkende Bemerkung hinsichtlich des Anteils des ›Cato‹ an kleineren Textgruppen (»Nester«) innerhalb der Strickerüberlieferung (»nicht nach den möglicherweise verschiedenen Redaktionen von H 35 ›Cato‹ differenziert«) ist verständlich, aber unbegründet: Es handelt sich stets um den Rumpf-›Cato‹. MIHM 1967, S. 100: »Die Sammler sind bei der Anlage ihrer so verschiedenartigen Kollektionen selten völlig wahllos verfahren, doch ist auch, abgesehen von der Beschränkung auf kleine Reimpaargedichte, nirgends ein Auswahl- oder Ordnungsprinzip konsequent durchgeführt worden.« Ein differenzierteres Bild zeichnet ZIEGELER 1988, der von der Strickerhandschrift A (Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 2705) ausgehend mit Hilfe umfassender Bestandssynopsen »Nester« stabiler Textreihen aufdecken kann und diese auf Vorstufen thematisch zusammengestellter »Bücher« zurückführt.

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den muss und welchen Platz er dort einnahm.48 In den vorliegenden Textreihen lassen sich thematische Anstöße hinter den Zusammenstellungen aber höchstens punktuell erkennen (wobei die entsprechenden »Gruppen« als Zweierkombinationen, die in den Sammlungen mit Reimpaardichtungen ohnehin häufiger anzutreffen sind, diese Bezeichnung kaum verdienen).49 So wird in R-Wie2 ein Wissen von der Gebrauchsdisposition des lateinischen ›Cato‹ die unmittelbare Nachstellung des Märe vom ›Schüler zu Paris B‹ (Bl. 61vb) angestoßen haben. Aber das bleibt ebenso Ausnahme wie die von der gemeinsamen Fiktion einer väterlichen Unterweisungssituation und der hier wie dort anvisierten Verhaltenslehre angestoßene Verbindung von ›Cato‹ und ›Magezoge‹ in R-Gen (Bl. 38rb) und RHei2 (Bl. 75rb), wie die in R-Pra auf den ›Cato‹ folgende deutsche Tischzucht (Bl. 211v), in der die häufige Verbindung mit dem ›Facetus Cum nihil utilius‹ aufscheint, und wie das an den ›Cato‹ anschließende Reimpaargedicht Hans Kemnaters (Hans Krugs?) vom ›Liederlichen Tag‹ in RWei (Bl. 22r), das ZARNCKE als Parodie des ›Cato‹ verstanden wissen wollte und dessen Beiordnung, soviel man aus der engen produktionsästhetischen Sicht über den Bezug zum ›Cato‹ streiten mag,50 aus rezeptionsästhetischer Sicht ganz verständlich ist. Festhalten lässt sich, auch wenn es für keine der großen unter den Sammelhandschriften (R-Hei2, R-Wie2, R-Kar 1, R-Kar 2) »einen unmittelbar sprechenden Fingerzeig auf die ursprünglichen Auftraggeber und Besitzer«51 gibt, immerhin dies: Das Publikum der ›Rumpfübersetzung/bearbeitung‹ war seinem literarischen Standort wie seiner ständischen Schichtung nach dasselbe wie dasjenige der in diesen Sammlungen zahlreich enthaltenen Mären. Für R-Gen, R-Hei2, R-Wie2 (14. Jh.) bzw. RKar 1 und R-Hei1 (15. Jh.) sind Auftraggeber und/oder Besitzer aus den Reihen der Nobilität nachzuweisen, wahrscheinlich zu machen oder doch zumindest zu erwägen.52 Die gehobene Geistlichkeit ist, wenngleich spät, mit R-Lon1 aus dem Besitz des Bischofs von Worms (1482-1503), Jo_____________ 48 49

50 51 52

Vgl. ZIEGELER 1988, S. 481 mit Anm. 54. Dahingehend im Prinzip auch WESTPHALs auf der Basis eines knappen Drittels der Handschriften ermittelter Befund: »›Cato‹s’ solitary position [im Cgm 717, M. B.] anticipates its codicology in many fifteenth-century manuscripts, where it appears isolated in colorful and diverse couplet text environments« (1993, S. 44). Zur Paarbildung kleiner Reimpaartexte in den Sammelhandschriften liefert WESTPHAL zahlreiche Beispiele – vgl. dort im Register S. 240 s. v. »dyads«. Vgl. ZARNCKE 1852, S. 143-150, und KESTING 1983, Sp. 1113f., zur Ablehnung des ›Cato‹-Bezugs. FISCHER 1983, S. 232. Vgl. FISCHER 1983, S. 232f. bzw. für R-Hei1 S. 235. Hierher gehört, so es sich denn um einen ›Cato‹ und näherhin um eine ›Rumpfübersetzung/-bearbeitung‹ gehandelt haben sollte, auch das im Mobilieninventar des Grafen Philipp von Katzenelnbogen 1444 genannte dutsch buch von eyme vater vnde sime kinde – vgl. FISCHER 1983, S. 240.

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hanns von Dalberg, vertreten.53 Den seit dem späteren 14. Jahrhundert als Märenpublikum vordringenden Kreisen der »mittelständische[n] städtische[n] Literaturliebhaber, die sich zum Teil aus kulturell aufstrebenden Mitgliedern der Handwerkerschicht rekrutiert haben mögen«54, ist Jörg Roggenburg zuzurechnen, in dessen Auftrag R-Pra entstand.55 Hierher mag schließlich auch die im letzten Jahrhundertviertel vielleicht in Augsburg geschriebene Handschrift R-Wei zu setzen sein, deren kleine Sammlung von Briefsalutationen (Bl. 226r-229v) eher in das arrivierte Bürgertum, jedenfalls sicher nicht in die einfache Handwerkerschaft weist.56 Am allgemeinen Anstieg der Handschriftenproduktion vom 14. zum 15. Jahrhundert hat die ›Rumpfübersetzung/-bearbeitung‹ mit einer Vervierfachung des Erhaltenen Anteil. In der Folge treten neben den Großsammlungen nun spezifischer auf die ›Rumpfübersetzung/-bearbeitung‹ hin zu ordnende Verwendungszusammenhänge hervor, die zugleich nicht mehr so isoliert stehen wie im Jahrhundert zuvor R-Mue1, R-Mue4 und RReg. So verweist die Textzusammenstellung in R-Stu ebenso auf ein bis zum Ende des 15. Jahrhunderts kontinuierliches Interesse des Adels an der ›Rumpfübersetzung/-bearbeitung‹, wie mit der Umgebung einer Fürstenspiegelkompilation auf direkter handlungsanleitende Verwendungen. Denselben Benutzerkreisen sind möglicherweise auch die Handschriften R-Hei1 (vielleicht zeitweilig in der Bibliothek Margarethes von Savoyen) und R-Ber 1 (Bl. Ir Jtem daß bvoch ist madalen Cvpin)57 zuzurechnen. Mit dem Übergang des ›Cato‹ in die Hände adeliger Damen treten direktere Anwendungsbezüge in den Hinter- und offenere, im engeren Sinne literarische Anwendungskontexte in den Vordergrund. Die Aufnahme des ›Cato‹ in Handschriften ausgeprägter literarischen Zuschnitts wird im Anschluss an Thesen ZIEGELERs verständlich. ZIEGELER hat, ansetzend an der Stricker-Handschrift A, nachzuweisen versucht, dass die erhaltenen Reimpaar-Sammelhandschriften des Stricker-Umkreises, denen eine durchgreifende Ordnung weithin fehlt, auf in kleinere Bücher gegliederte Vorlagen zurückgehen, deren Textkorpora jeweils einzelne Probleme richtigen Verhaltens von verschiedenen Seiten beleuchteten und diskutierten.58 Die Verhaltenslehren des Rumpf›Cato‹ würden in einen solchen Kontext passen, wenn man sie als Bestandteil eines umfassenden Thesaurus begreift, auf den man von ganz verschiedenen Seiten

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58

Vgl. FISCHER 1983, S. 234f. FISCHER 1983, S. 245. Vgl. SHEILA EDMUNDS: Clara’s patron: The identity of Jörg Roggenburg. In: PBB 119 (1997), S. 361-367. Vgl. FISCHER 1983, S. 236 mit Anm. 62. »Demnach muss sich der Codex [...] im Besitz einer Dame befunden haben, die wahrscheinlich dem schwäbischen Adel angehörte. Eine Ffigura Cypin nennt sich unter anderen als Auftraggeberin des Cpg. 111, der Margarete von Savoyen gewidmet ist.« (MIHM 1967, S. 21 Anm. 21) Vgl. ZIEGLER 1988.

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ausgehend, d. h. sowohl von einzelnen Fabeln, einzelnen Bîspeln oder einzelnen Mären herkommend, immer wieder rekurrieren konnte. Inhaltlich decken die ›Cato‹-Sentenzen ja ein breites Spektrum von lêre ab, das vom richtigen Umgang mit der Verwandtschaft, der familia, mit Frauen und Kindern über den rechten Umgang mit Besitz und mit den eigenen Affekten bis hin zu Problemen »richtigen« Sprechens reicht.59 Von daher besitzt der ›Cato‹ ein Thesaurus-Potential für eine höfische Gesprächs- und Diskussionskultur, wie sie gegenwärtig von der Sentenzverwendung in höfischen Romanen her verstärkt in den Blick der Forschung gerät,60 das sich ebenso aber auch in der Privatlektüre oder im Vortrag nur einzelner Texte oder Textgruppen aus den Sammlungen mit Reimpaardichtung entfaltet haben könnte. Es wäre eine Aufgabe von eigenem Reiz, die Facettierungen einer einzelnen ›Cato‹-Sentenz wie Lâ dir nieman sô liep sîn | daz du iht vergezzest dîn (V. 149f.) einmal synchron durch alle Begleittexte einer ReimpaarSammelhandschrift zu verfolgen.61 Die Aufnahme des Rumpf-›Cato‹ lässt sich, von solchen Sentenzen ausgehend, quasi als Fortsetzung eines Gesprächs unter Anwesenden in literarischer Brechung verstehen.

Auf einer ständisch untergeordneten Ebene, gleichwohl auf der einer Führungsschicht, empfahlen sich die Lehren des ›Cato‹ der Anwendung, wenn im Umgang mit Konflikten innerhalb einer Gemeinschaft Handlungskompetenz gefordert war. So wurden sie der Konsultation bereitgehalten: - von der Verwaltungs- und Führungsschicht der Stadt. R-Fra integriert den ›Cato‹ in ein Feuerwerk- und Rüstbuch aus dem Besitz des Stadtrates, der sich qua Amt Wissen für die Verteidigung im Konfliktfall bereithalten musste. Der planvoll eingearbeitete, als ij capitell angekündigte Text, dessen selbstständiger Werkcharakter damit aufgegeben ist, erscheint in prophylaktischer Funktion. Hier ließ sich lernen, wie Konflikten vorbeugend begegnet werden konnte. Eine vorangestellte Miniatur mit dem Autor im Unterweisungsgestus vor zwei bewaffneten Landsknechten illustriert das zusätzlich (vgl. Abb. 18). _____________ 59

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Um nur einige Beispiele zu nennen: Verwandtschaft (mâge) - V. 55; vriunde - V. 54, 115f., 145-148, 181-184, 211-214; familia - V. 141-144, 223-226; (Ehe-)Frauen - V. 62, 85, 141144; Kinder - V. 88, 193-196; Besitz - V. 58, 71f., 75f., 79-82, 107, 163f., 185f., 231-234, 267-270; Affektsteuerung - V. 90f., 100, 103, 149f., 219-222, 227-230, 253-256, 261-266; »richtiges« Sprechen - V. 100, 123-136, 158, 187-190, 191f., 205f. usw. Vgl. MANFRED EIKELMANN, TOMAS TOMASEK: Sentenzverwendung in mittelhochdeutschen Artusromanen. Ein Zwischenbericht mit einem Beispiel aus dem späten Artusroman. In: Pragmatische Dimensionen mittelalterlicher Schriftkultur 2002, S. 135-160, hier besonders S. 138f. und S. 146 (weiterhin S. 151 und S. 153f. auch Beispiele für die Aufnahme der ›Disticha Catonis‹ und ihrer deutschen Übertragungen). Vgl. zum notwendigen Einbezug auch lateinischer Sentenzen in diese Gesprächskultur den Hinweis bei THOMAS ZOTZ: Urbanitas. Zur Bedeutung und Funktion einer antiken Wertvorstellung innerhalb der höfischen Kultur des hohen Mittelalters. In: Curialitas 1990, S. 392-451, hier S. 409 (weiterhin S. 411-413 Beispiele aus den ›Disticha Catonis‹ und ihrem Umfeld). Unmittelbar dazu ließen sich, um nur ein Handschriftenbeispiel zu nennen, etwa im Heidelberger Cod. pal. germ. 341 u. a. die Fabel von der Äffin und ihren Kindern (Bl. 190rab) und das Märe vom ›Begrabenen Ehemann‹ (Bl. 266va-268ra) des Strickers vergleichen.

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Die Aufnahme der Volkssprache ins Schulbuch

Abb. 18: Frankfurt/M., Stadt- und Universitätsbibliothek, Ms. germ. quart 14, Bl. 21vab – Beginn der ›Rumpfübersetzung/-bearbeitung‹ der ›Disticha Catonis‹ mit Darstellung des Autors im Unterweisungsgestus vor Landsknechten

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- von einzelnen Vertretern der städtischen Führungsschicht, in deren Händen der ›Cato‹ mit R-Wol2 im Hausbuch des Ulrich Schwarz d. Ä. (ca. 1422-78) erscheint. Der Augsburger Bürgermeister, Ratsherr und Zunftmeister war qua Amt an Fortifikatorik (Bl. 7r-33v: Feuerwerksbuch) und an Fragen der Rechtsordnung (Bl. 118v-137r: femerechtliche Aufzeichnungen) interessiert. Spezieller auf seine Zunftaufgaben verweisen eine Kellermeisterei (Bl. 34r-45r) und Notizen zu Hohlmaßen süddeutscher Städte. Zur Organisation der städtischen und zünftischen tritt, ohne dass die Bereiche immer deutlich voneinander abgegrenzt werden müssten, die der häuslichen Ordnung in einer Spanne, die sich von seiner geistlichen Ausrichtung (Bl. 105v-107v: Ritterschaft Christi durch alle Tage der Karwoche, Die zehn Gebote, Die sieben Hauptsünden) über alltagspraktisch Dienliches (Bl. 65r-83v und Bl. 108v-109r: Kochbuch) bis zu Fragen der Gesundheit von Mensch und Tier (Bl. 138v-142v: Rossarznei; Bl. 84r: Gynäkologie; weitere Stücke zu medizinischen Fragen sind über die ganze Handschrift verstreut) erstreckt. - von mit Fragen der Rechtsprechung betrauten Laien, die im Falle von RGoe freilich nur dem Namen nach bekannt sind: Hanns Rottaler, Jacob Eysmar und Mertten Hammerschmidt zu Helffenberg schrieben und/oder benutzen die ›Rumpfübersetzung/-bearbeitung‹ im Verbund mit dem ›Belial‹ als verbreitetem Handbuch des Laienrechts wie mit zentralen Referenzschriften, auf die man sich im Konfliktfall berufen konnte, mit der ›Goldenen Bulle‹ und dem ›Mainzer Landfrieden‹ Friedrichs II. mit den Bestätigungen Rudolfs I. und Albrechts I. Konfliktprophylaxe und -bewältigung kann auch auf kleinere Gemeinschaften als eine Stadt, kann auf die Ordnung lediglich im eigenen Hause zielen. Das deutet der Hausbuch-Kontext des ›Cato‹ bei Schwarz nur als Möglichkeit an, ohne dass es sich präziser belegen ließe. Eine weitere, durch die Gebete, Segen und katechetischen Stücke im SchwarzHausbuch ebenfalls nur angedeutete Textfunktion ist dagegen auch über diese Handschrift hinaus gut zu greifen. Denn insofern die Verrichtungen des täglichen Lebens sich immer auch an geistlichen Maßstäben ausrichten und nach diesen als richtig oder falsch bewertet werden konnten, erhalten die Lehren des ›Cato‹ über die Einrichtung des Alltags hinaus für die individuelle Heilsvorsorge Gewicht. Ein konfliktfreier Umgang mit den Mitmenschen, die Beachtung elementarer Gesundheitsregeln, der rechte Umgang mit Besitz, Leiderfahrung und Tod, mit den eigenen Affekten und das Streben nach irdischem Wissen wie wîsheit, alles das war nicht einfach nur nützlich, sondern arbeitete dem eigenen Heil im transzendenten Sinn entgegen. Bei Schwarz erscheint Heilsvorsorge nur als eine von mehreren Verwendungsfacetten, die von der bunten Textzusammenstellung eröffnet werden. In der Handschrift des Fritz Löffelholz (R-Nue1), die wie R-Wol2

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Die Aufnahme der Volkssprache ins Schulbuch

über folgende Generationen in Familienbesitz blieb, tritt dieser Anwendungsbezug deutlicher zutage: gleich in den Eingangsblättern mit ihren Fest- und Heiligenkalendern und zum Schluss noch einmal im besonderen Interesse an den heilsspendenden Nürnberger Heiltümern (Bl. 335va336rb Item daz ist dy sum der gnaden in dem tüm; Bl. 336v-337v Item daz ist daz wirdig heilgtum daz man weiset zu Sant Johanstag als hernach geschriben stet). Deutlichen Ausdruck findet die Bedeutsamkeit des ›Cato‹ im Kontext geistlicher Andacht und Ausrichtung des eigenen Lebens dann in der ebenso zeitaufwändigen wie kostspieligen Niederschrift des Hauptstücks der Handschrift, des ›Klosterneuburger Evangelienwerks‹ Bl. 1r-279r, und von Geschichten aus dem Alten Testament Bl. 284r318ra, die den unmittelbaren Rahmen für den Bl. 280r-284r aufgenommenen Rumpf-›Cato‹ abgeben.62 Die Nachbarschaft des Rumpf-›Cato‹ zu die geistlich-christliche Lebensführung des Laien anleitenden und begleitenden Werken wird über das Hausbuch des Fritz Löffelholz hinaus v. a. durch R-Inn – die Mitüberlieferung umfasst u. a. einen Traktat über das Messopfer und eine Auslegung des Vaterunser – und R-StG – Mitüberlieferung u. a. eine Dekalogauslegung, ein Marienleben und Gebete – dokumentiert. Wieweit hinter den zuletzt genannten Niederschriften ein individuelles Verlangen ihrer Schreiber nach Selbstunterweisung und Selbstvergewisserung stand, oder ob sie ihre Entstehung eher äußeren Anstößen, etwa von Geistlichen, verdanken, sei dahingestellt. Für den unmittelbaren Zusammenhang eines deutschen Schulunterrichts muss die damit angeschnittene Frage, ob der Laientext des Rumpf-›Cato‹ vielleicht regelmäßig in Konstellationen eingesetzt wurde, die ähnlich dem Lateinunterricht von einer LehrerSchüler-Hierachie gekennzeichnet waren, jedenfalls verneint werden. Darauf geben die Handschriften so gut wie keine Hinweise. Dieser Befund ist auch von R-Wol1 her nicht wesentlich zu relativieren. Hierbei handelt es sich nämlich um die einzige Handschrift, für die sich angesichts ihres schlechten Zustands – die Blätter sind ausgelöst und in der Reihenfolge durcheinander gebracht, die ehemalige Eingangsseite Bl. 15v ist stark abgerieben – und der Faszikelform eine den zweisprachigen ›Cato‹/›Facetus‹Fibeln vergleichbare Unterrichtsverwendung mit einigem Grund erwägen lässt. Dem Text ist, ähnlich wie in den Schuldrucken des ›Cato‹, auf eigenem Blatt sogar ein nahezu seitenfüllendes Autorenbildnis vorangestellt, das den meister Cato mit einem Buch in der Hand ähnlich einem Universitätsgelehrten repräsentiert (vgl. Abb. 19). Genaueres über die Verwen_____________ 62

Auf welche Weise Gegebenheiten des Alltags auf Heilszusammenhänge hin durchsichtig aufgefasst werden mochten, veranschaulichen einige Auszüge aus dem ›Schwabenspiegel‹, die Bl. 331vb-332vb von fleischlicher, geistlicher und ewiger Ehe (Von der newen E) handeln.

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dung von R-Wol1 weiß man freilich nicht – ein Informationsmangel, der freilich die »Deutsche Schule« im 15. Jahrhundert überhaupt kennzeichnet.63 Dichtere Ergebnisse liefert die Suche nach Schüler-LehrerVerhältnissen im Umfeld des einsprachigen ›Cato‹ hingegen für einen Bereich, den die Forschung bisher noch gar nicht mit dem deutschen ›Cato‹ in Verbindung gebracht hat: die cura monialium. Im Rahmen der Fürsorge für ihre weiblichen Ordensmitglieder nämlich haben die betreuenden männlichen Ordensbrüder, wenn sie die weiblichen Konvente mit Lektüre auszustatten hatten, mehrfach auf den ›Cato‹, dann aber nicht auf einen lateinisch-deutschen Text, also auf eine Gesamtübersetzung, sondern gezielt auf die ›Rumpfübersetzung/-bearbeitung‹ zurückgegriffen. R-Mue2 enthält mehrere Übersetzungen des Tegernseeer Mönchs Bernhard von Waging, die für Frauengemeinschaften in München und Salzburg erstellt wurden, deutsche mystische Texte und einen Sendbrief an Klosterfrauen. Die Handschrift war für ein Frauenkloster gedacht, verblieb aber aus unbekannten Gründen in Tegernsee. Beigebunden ist ein älterer (unvollständiger), schon um 1400 angelegter Faszikel mit zwei geistlichen (unvollständigen) Meisterliedern Albrechts Leschs und einem (am Anfang unvollständigen) Rumpf-›Cato‹. Die Beibindung könnte ebenso erst nach der Aufgabe des Plans erfolgt sein, den Band einem Frauenkloster zu senden, wie noch Teil des Plans sein.64 Für R-Bam1 ist Vorbesitz der Nürnberger Dominikanerinnen zu erwägen. Zudem weist die Reihe der versammelten Texte auf eine Gemeinschaft geistlicher Laien. Sie umfasst v. a. (Marien-)Gebete wie überhaupt auffallend viel Mariologisches (Bl. 1r-12r Die zehen freud unserer lieben frauen, Bl. 13v-58v und Bl. 92r-115v Dialog mit Maria über das Leiden Christi), dazu einen Abschnitt mit »Schulartigem« für den Laien (Sprüche von Kirchenvätern, ›Cato‹, Jesu Schuelgangk, ›Sprüche der zwölf Meister zu Paris‹), einen Beichtspiegel und schließlich Notizen über Haushaltung, Aderlässe und Feldarbeiten. Geschrieben wurde der anspruchslos angelegte Band von einem Michael Greff, der vielleicht den Benediktinern vom Bamberger Michelsberg angehörte. R-Bam2 ist in zeitlicher Nähe zu R-Bam1 (1477-79 bzw. um 1480) vermutlich ebenfalls in Bamberg entstanden. In Format, anspruchsloser Aufmachung und vor allem im Text ihres ›Cato‹ sind beide Handschriften sehr eng verwandt. Die Verwandtschaft reicht gar bis in das Layout der _____________ 63 64

Vgl. den Überblick bei BLEUMER 2000. Das kann nur eine Spezialstudie zur Handschrift klären. Die einschlägigen Forschungsbeiträge (HÖVER 1971, S. 35-40; KORNRUMPF 1977, S. 136f.; SCHNEIDER 1970/2005, Bd. 5, S. 310-317; BAUER 1996, S. 61, 147-154) erörtern diese Frage nicht.

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Die Aufnahme der Volkssprache ins Schulbuch

Abb. 19: Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 56.11 Aug. 8°, Bl. 15v – Beginn der ›Rumpfübersetzung/-bearbeitung‹ der ›Disticha Catonis‹ mit Darstellung des Autors als Schulgelehrter

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Seite, die Schwierigkeiten der Schreiber mit der Einrichtung der Verse des ›Cato‹ hinein, die sie hier wie dort zunächst nicht richtig abzusetzen verstanden. Dass von daher ein ähnliches Zielpublikum für den ›Cato‹ vermutet werden darf, wird von der Mitüberlieferung unterstrichen, die wiederum vorwiegend geistliche Andachtsstücke umfasst (u. a. über den Dekalog, Gebete, ›Gabriel und die Seele‹, Bl. 82r-103r ein gute lere von der messe, Bl. 103r-109v Eine lere von czwelf meistern die sagen von der messe). Über den Schreiber des Bandes weiß man in diesem Fall nichts. R-Ber 2 präsentiert sich in Kombination als moralisches Erbauungs(u. a. ›Gesta Romanorum‹ mit Einschüben aus den ›Sieben weisen Meistern‹, Jacobus de Cessolis: ›Schachzabelbuch‹, Freidank, ›Cato‹, ›Renner‹) und medizinisches Handbuch (u. a. ein deutsches Regimen sanitatis, ein Theriak-Traktat, ein Arzneibuch), dem Nachträge von Rezepten, Blutbesprechungen, Rossarzneien, Wasser-, Pferde- und Pfeilsegen wiederum den Charakter eines für sehr alltägliche Zwecke praktischen Nachschlagewerkes verleihen. Geschrieben wurde der großformatige, überwiegend zweispaltig angelegte Band 1428 von einem gewissen Jorius. Verfertigt wurde er möglicherweise für Nonnen. Besessen haben könnten ihn die Klarissen des Klosters St. Mariae in Paradiso bei Judenburg.65 Hierher zu stellen ist schließlich auch eine Handschrift, die die Heranziehung des Rumpf-›Cato‹ für die Laienunterweisung durch Geistliche allerdings in besonderer Eintönung dokumentiert: R-Str, die 1870 verbrannte Liedersammlung Heinrich Laufenbergs, der priester ertzpriester vnd dechan der dechanye ze friburg in brysgowe war, aber der da no noh do man zahlt M. C. C. C. C. X. L. V. jor gieng von der welt in sant Johans orden ze dem grFnen werde ze strossburg, wie im Vorderdeckel innen notiert wurde.66 Die verbreitete Bezeichnung der vermutlich vom Verfasser Laufenberg selbst niedergeschriebenen Handschrift als »Liedersammlung« lässt leicht eine Grundkonzeption übersehen, die neben der Zusammenführung von Liedern auf eine Unterweisung im LehrerSchüler-Rahmen zielt. Die Spitzenstellung der Verbindung von ›Rumpfübersetzung/-bearbeitung‹ (Bl. 1ra-5vb) und deutschem ›Facetus Cum nihil utilius‹ (Bl. 6r-10v), wobei letzterer nach Auskunft einer Überschrift _____________ 65

66

HAYER 1998, S. 273: »Im 19. Jh. befand sich die Hs. ebenso wie das mgo 483 im Besitz von J. A. G. Weigel. Ein Wappen in letzterer Hs. macht wahrscheinlich, dass sie aus Judenburg (Steiermark) stammt. Stimmt die Vermutung, dass beide Handschriften ursprünglich ein und derselben Bibliothek entstammten, so könnte sich diese im 1782 aufgehobenen Clarissenkloster St. Mariae in Paradiso bei Judenburg befunden haben, das 1824 mit allem Inventar verkauft wurde [...].« Dahingehend auch JÄGER 1978, S. 82: »womöglich für Nonnen verfertigt«. Zur Person zusammenfassend BURGHART WACHINGER: Laufenberg, Heinrich. In: VL, Bd. 5, Sp. 614-625. Die nachstehenden Angaben zu Aufbau und Inhalt der Handschrift stützen sich durchweg auf MÜLLER 1888.

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Die Aufnahme der Volkssprache ins Schulbuch

im Unterschied zum ›Cato‹ sogar von Laufenberg selbst verfasst wurde, hebt diese Ausrichtung für die gesamte Handschrift programmatisch hervor. Erst nach einem weiteren lehrhaften Reimstück aus Laufenbergs Feder (Bl. 10v-16r ›Der sele süzikeit‹: Unser büchli lieber sun | Enbüt dir heil vnd selde nun), in dessen Beginn aus einer Lehrerrolle heraus ein sun angeredet wird, und nach Anrufungen Christi in Reimversen beginnt Bl. 16v die eigentliche, sich in ihrem ersten Teil bis Bl. 160v erstreckende Liedersammlung, die dann Bl. 239r-261r fortgesetzt wird. Bl. 263rv beschließen geistliche Anweisungen für die sieben Wochentage und den Ostertag die Handschrift. Zwischen die Liedersammlung sind noch zwei große Blöcke mit geistlicher Prosa gesetzt, in denen ein Beichtvater sich seinem Beichtkind zuwendet, das im ersten Prosaabschnitt auch als Beichttochter angesprochen wird. Zudem veranschaulicht eine Federzeichnung vor dem ersten Prosablock einen fiktiven geistlichen Lehr- und Lernzusammenhang, an dem eine als »H.« bezeichnete Person, in der Heinrich Laufenberg selbst gesehen werden kann, als Lehrender beteiligt ist. Nur in dieser Schwellenzone der Unterweisung weiblicher Laien in geistlichen Frauengemeinschaften, deren Mitglieder eingeschränkteren Zugang zu den lateinischen litterae hatten,67 findet der Rumpf-›Cato‹ etwas regelmäßiger ein ansatzweise schulartig-gefestigteres Gebrauchsumfeld. 1.2 Der Zwettler ›Cato‹ (Übersetzungsfassung Z/Textgruppe I) als Experiment Der älteste Überlieferungszeuge für einen zweisprachigen ›Cato‹ (G-Zwe) entstammt der Stiftsbibliothek der Zisterzienser in Zwettl. Aber nicht seiner lateinisch-deutschen Textdarbietung wegen, auch nicht aufgrund seines Alters oder der zisterziensischen Herkunft nimmt der Cod. 357 in der ›Cato‹-Philologie eine zentrale Stellung ein, sondern weil NEUWIRTH angesichts des von ihm 1887 im Abdruck bekannt gemachten Textes Zweifel an ZARNCKEs noch ohne Kenntnis von G-Zwe formulierten Auffassung kamen, der Rumpf-›Cato‹ stelle die älteste »Übersetzung« ins Deutsche dar. Anlass zu Zweifeln gaben NEUWIRTH die zahlreichen Übereinstimmungen von G-Zwe mit dem Rumpf-›Cato‹, in denen jener nur _____________ 67

Vgl. zu den entsprechenden Bildungsverhältnissen differenzierend jetzt EVA SCHLEUTHEUBER: Klostereintritt und Bildung. Die Lebenswelt der Nonnen im späten Mittelalter. Mit einer Edition des ›Konventstagebuchs‹ einer Zisterzienserin von HeiligKreuz bei Braunschweig (1484-1507). Tübingen 2004 (Spätmittelalter und Reformation, N. R. 24).

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eines der zwei Hexameterdistichen übersetzt, G-Zwe aber beide erfasst, und dies jeweils unter bruchlosem Anschluss der fehlenden Hälfte, was eine erst nachträgliche Ergänzung vom Rumpf-›Cato‹ bereits gebotener Verse durch G-Zwe ausschließt. Da zudem G-Zwe im Prinzip alle lateinischen Distichenpaare berücksichtigt, und dies im Prinzip auch in der Reihenfolge der Vorlage, folgt als Konsequenz aus diesen Befunden der Ansatz einer dem Rumpf-›Cato‹ bereits vorausgehenden Gesamtübersetzung. Während NEUWIRTH und nach ihm BOAS diesen Schluss noch nicht entschieden zogen,68 hat ZATOČIL dann 1935 und 1952 eine »Urgesamtbearbeitung«69 angesetzt und zu Recht betont, wie unwahrscheinlich es sei, dass sich ein Bearbeiter die Verse für G-Zwe mühsam aus dem Rumpf›Cato‹ herausgesucht, jeweils auf die Vierergruppe ergänzt und dann auch noch in die Reihenfolge des Lateinischen gebracht hätte. Demgegenüber weist ZATOČIL detailliert auf, wie der Verfasser des Rumpf-›Cato‹ mit seiner Grundlage des Ur-›Cato‹ umging, deren Existenz durch diesen Aufweis zusätzlich an Wahrscheinlichkeit gewinnt, und dass er im Detail durchaus planvoll auswählte, ausließ und neu anordnete. Weiterhin wird für zahlreiche Distichen deren Nachwirken in spätere Übersetzungen hinein bemerkt. Dabei gehen die Parallelen zur neu von ZATOČIL beigebrachten Handschrift G-Kra sowie zu G-Wie1 – in letztgenanntem Zeugen sah schon ZARNCKE, freilich gemeinsam mit U-Stu2 (Sigle A) und UWie2 (Sigle a), einen Vertreter seiner Gruppe der »ältesten Gesamtbearbeitung« – soweit, dass ZATOČIL die Trias G-Kra, G-Wie1 und G-Zwe zur eigenen Textgruppe I zusammenfassen kann.70 Entstanden sei der Ur-›Cato‹ im bairisch-österreichischen Sprachraum.71 Zur genauen zeitlichen Einordnung schweigt ZATOČIL. Sichere termini post quem non liefern die Niederschrift der Zwettler Handschrift, die von ZIEGLER jetzt in die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts gesetzt wird, und der Überlieferungseinsatz der ›Rumpfübersetzung/-bearbeitung‹ mit R-Mue4 gegen Ende des 13., Anfang des 14. Jahrhunderts. Auf jeden Fall sei der Ur-›Cato‹ noch »in mittelhochdeutscher Sprache abgefasst worden«.72 HENKEL hat die ›Rumpfübersetzung/-bearbeitung‹ zuletzt ohne nähere Begründung erst gegen Ende des 13. Jahrhunderts und damit zwar später als im allgemeinen die Literaturgeschichten und KESTINGs ›Cato‹-

_____________ 68 69 70

71 72

Vgl. BOAS 1928 und ZATOČIL 1952, S. 309. ZATOČIL 1935, S. 25. Von allen drei Textzeugen hat ZATOČIL 1952 einen Abdruck vorgelegt: G-Zwe S. 29-51, G-Kra S. 51-73, G-Wie1 S. 73-94. Für G-Zwe bleibt aufgrund einiger Auslassungen ergänzend jedoch NEUWIRTHs Text hinzuzuziehen. Die Gruppe ist inzwischen um das von KARIN SCHNEIDER 2005 bekannt gemachte und entsprechend zugeordnete Bruchstück GMue3 zu ergänzen. ZATOČIL 1935, S. 25; vgl. dort auch S. 49f. und ZATOČIL 1952, S. 310 und S. 328. ZATOČIL 1952, S. 328.

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Die Aufnahme der Volkssprache ins Schulbuch

Artikel im Verfasserlexikon angesetzt, die von der Jahrhundertmitte ausgehen, aber näher am durch die Überlieferung zu sichernden.73

Mag die Textkritik zumindest des frühen deutschen ›Cato‹ damit auch auf sichererem Boden als noch bei ZARNCKE stehen: für die frühe Überlieferungs- und Textgeschichte kann man das nicht behaupten. NEUWIRTH arbeitet schlicht mit der Vorannahme, der Ur-›Cato‹ sei im Zuge seiner »Verwendung [...] beim Jugendunterrichte rasch in weitere Kreise gedrungen [...], ehe ein mit der Übertragung vollständig Vertrauter eine Bearbeitung lieferte, die sich vielfach dem Lateinischen anschloß, aber in der Freiheit dichterischer Bewegung nicht durch die Reihenfolge und den Umfang der einzelnen Distichen beschränkt wurde«.74 ZATOČIL gibt das ungeprüft weiter. Die Vorstellung allerdings, erst der Schul- und womöglich der gelehrte Lateinunterricht habe das Fundament geliefert, von dem aus der Rumpf›Cato‹ seinen Ausgang nehmen konnte, ist als solche wie unterrichtsgeschichtlich durchaus befragenswert. Darf man denn von einer solchen institutionell gegründeten Trägerschaft im deutschen Sprachraum schon im 13. Jahrhundert ausgehen? Nach dem, was an der Überlieferungsgeschichte des Avian für den deutschen Sprachraum im 13. Jahrhundert festzustellen war, kaum. Weiterhin müssen Zweifel von der ausgesprochen diskontinuierlichen Entfaltung der Textgruppe I her angemeldet werden. Denn einen frühen und stabilen Tradierungsrahmen lässt sie nicht erkennen. So entstammen G-Wie1 und G-Kra erst dem zweiten Viertel bzw. der Mitte des 15. Jahrhunderts, und während G-Zwe und G-Wie1 auch den lateinischen Text beigeben, erscheint in G-Kra nur der deutsche. Weiterhin erscheint der ›Cato‹ in G-Zwe in sonst durchweg lateinischer Textumgebung, in G-Kra hingegen in durchweg deutscher, und weist allein GWie1 eine dem eigenen ›Cato‹ entsprechende gemischtsprachige Mitüberlieferung auf. Allein G-Wie1 bietet die lateinisch-deutschen ›Disticha Catonis‹ insgesamt in einer Form, die den seit der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunders im deutschen Sprachraum etablierteren Unterrichtsbüchern mit lateinisch-deutschem ›Cato‹ und lateinisch-deutschem ›Facetus Cum nihil utilius‹ nahe kommt.75 _____________ 73

74 75

Vgl. HENKEL 1988, S. 86, KESTING 1978, Sp. 1194 (»gegen Mitte des 13. Jh.s«), und stellvertretend für die Literaturgeschichten zuletzt JOACHIM HEINZLE: Wandlungen und Neuansätze im 13. Jahrhundert (1220/30-1280/90). 2., durchgesehene Auflage Tübingen 1994 [= Geschichte der deutschen Literatur von den Anfängen bis zum Beginn der Neuzeit. Hg. von J. H. Bd. 2,2], S. 151. NEUWIRTH 1887, S. 80. Vgl. ZATOČIL 1952, S. 308. Siehe dazu unten Kap. III.2.1f. In G-Wie1 ist dem Textverbund überdies ein kürzerer grammatischer Elementartext vorangestellt. Geschrieben wurde die Handschrift im bairischen Sprachraum von einem sonst nicht bekannten Deutschordensherrn Vlric Pistricz(r. Eine neben dem kurzen grammatischen Vorspann weitere Besonderheit ist in

Wechselnde Konstellationen von Latein und Volkssprache

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Speziell im Blick auf den ältesten Textzeugen, die Zwettler Handschrift, ist noch auf weitere Besonderheiten zu verweisen. Nichts aus der Mitüberlieferung des ›Cato‹ weist dort in einen Schulzusammenhang. Auch ist von einem entsprechenden Zwettler Schulbetrieb nichts bekannt. Ebenso fehlen dem ›Cato‹ alle einschlägigen texterschließenden Elemente.76 Und der Text weist entgegen der in den späteren Schulübersetzungen geübten Praxis, auf eigene Prologe und Epiloge ohne Entsprechung im Lateinischen zu verzichten, sowohl einen Pro- als auch einen Epilog auf.77 Ferner wird im lateinischen Text mit der Aufnahme der Verspaare III,21a und b und der Verse 476-483 ein ganz untypischer, sonst in der lateinischdeutschen Überlieferung nirgends beschrittener Weg eingeschlagen.78 Das gilt ebenso für die sonst in der lateinisch-deutschen Überlieferung ebenfalls nirgends anzutreffenden, über die einfache Buchgliederung hinausgehenden (freilich erst nachträglich angebrachten) Zwischenüberschriften vor dem Prolog (DITZ IST DAS VORGEWIRBE KATHONIS) und vor den Büchern I (DITZ ERSTE THEIL IST VON DER GERECHTECHEIT), II (DITZ ANDER BUECH IST VON DER VORSICHTICHEIT), III (DITZ DRITE BUCH IST VON DER MEZECHEIT) und IV (DITZ VIRDE IST VON DER SICHERHEIT), die die im Lateinischen geläufigere Zuordnung der Bücher zu den einzelnen Tugenden iustitia, prudentia, temperantia und fortitudo in die Volkssprache transportieren. Nicht zuletzt verdient das exzeptionelle Layout der Zwettler Handschrift Beachtung. Grundtext und Übersetzung werden nämlich spaltenweise nebeneinander gesetzt.79 Es war offenbar im Umfeld der Zwettler _____________

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dem zumindest für ›Cato‹-Verhältnisse exzeptionell aufwändigen Buchschmuck zu sehen, den die Fibel aufweist – und der im übrigen erklärt, wieso sich das Exemplar unversehrt erhalten hat. Er weist G-Wie1 als ein vermutlich für einen jungen Adeligen oder Patrizier hergestelltes Unterrichts- und Studienbuch aus. Prominentester Vertreter dieses Produktionstyps im deutschen Sprachraum ist der vom sogenannten Lehrbüchermeister illustrierte ›Donat‹ des jungen Kaisers Maximilian I. (Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. ser. nov. 2617; vgl.: Ein Lehrbuch für Maximilian I. Der Codex Ser. n. 2617 der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien. 2 Bde. Hg. von OTTO MAZAL. Salzburg 1981); vgl. für ein italienisches Pendant die Faksimileausgabe: Libri per una educazione rinascimentale. Grammatica del Donato. Liber Iesus, a cura di GIULIA BOLOGNA. Mailand 1979 (Mailand, Biblioteca Trivulziana, Cod. Trivulziano 2163 und 2167). Nach freundlicher Auskunft von Herrn Dr. Andreas Fingernagel, Wien, steht der Buchschmuck von G-Wie1 in österreichisch-böhmischer Tradition und kann in das zweite Viertel des 15. Jahrhunderts datiert werden. Im für sozial meist höherstehende, vor allem aber vermögendere Schüler betriebenen, untypisch-exzeptionellen Aufwand erscheint G-Wie1 typologisch der ›Seligenstädter Lateinpädagogik‹ (Uppsala, Universitetsbibliotek, Ms. C 678) verwandt. HENKEL 1988, S. 86f. Der Epilog fehlt in ZATOČILs Abdruck, vgl. jedoch NEUWIRTH 1887, S. 92 (V. 694-705). Vgl. BOAS 1928. Vgl. die Abbildung bei HENKEL 1988, S. 87, sowie unten Abb. 20.

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Die Aufnahme der Volkssprache ins Schulbuch

Niederschrift noch keine geübte Praxis, den deutschen Text in den lateinischen einzuschalten und diesen dadurch zu unterbrechen. Selbst in der lateinischen Kommentierungspraxis wird das erst später Usus.80 Noch das ›Hausbuch‹ Michaels de Leone kann um die Mitte des 14. Jahrhunderts nicht auf diese Darbietungsform zurückgreifen.81 Die zweispaltig parallelisierende Anlage hingegen wusste man schon für den althochdeutschen ›Tatian‹ zu nutzen – ohne dass der Zwettler Schreiber natürlich speziell von diesem Kenntnis haben musste.82 Wie umständlich das in Zwettl geübte Verfahren ist, kann man daran erkennen, dass, da die deutschen Verse abgesetzt sind, ein lateinisches Hexameterdistichon, um zum deutschen Text zu passen, jeweils eigens umbrochen und auf zwei vorlinierte Zeilen verteilt werden musste. Besonders konzentriert musste man natürlich beim Textumbruch der lateinischen Praefatio in Prosa verfahren. Und da den deutschen Prolog- und Epilogversen ein lateinisches Gegenüber fehlt, war an dieser Stelle wiederum anders vorzugehen. Abweichend vom Haupttext sind hier jeweils zwei deutsche Verse in zwei nebeneinander liegende Spalten gesetzt (vgl. Abb. 20). Alle diese Befunde geben zu der Annahme, der Ur-›Cato‹ sei auf der Basis eines ausgebildeten Unterrichtsbetriebs »rasch in weitere Kreise« getragen worden, nicht nur keinerlei Anlass, sondern stehen ihr sogar entgegen. Man muss sich die Verhältnisse wohl doch etwas komplizierter vorstellen. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Zwettler Text durchaus keinen »unmittelbaren Abkömmling« des Ur-›Cato‹ darstellt, wie ZATOČIL meinte,83 sondern bereits eine Bearbeitung des Ur-›Cato‹. Diese aber kann – was bisher, weil man Prolog und Epilog ganz aus den textkritischen Analysen ausgeklammert hat, übersehen wurde – nicht ohne Kenntnis des Rumpf-›Cato‹ vor sich gegangen sein. Der Epilog steht als solcher bereits, weil ohne Entsprechung zum Ausgangstext, in einem auffälligen Gegensatz zur vermuteten konzeptionellen Ausrichtung des Ur›Cato‹ an der lateinischen Vorgabe: Ditz buch hot ein ende. Vnser here got der sende Gvtheit dem tichtere vnd benem im sine svere. Vnd di ditz buch gerne lesen, Di muzen immer selich wesin, vnd got muze vns allen geben

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83

Siehe oben Kap. II.5. Siehe unten Kap. III.1.4. Vgl. Die lateinisch-althochdeutsche Tatianbilingue des Cod. Sang. 56. Unter Mitarbeit von ELISABETH DE FELIP-JAUD hg. von ACHIM MASSER. Göttingen 1994 (Studien zum Althochdeutschen 25). ZATOČIL 1952, S. 310.

Wechselnde Konstellationen von Latein und Volkssprache

Noch disem leben daz ewig lebn, Vnd der heilig engel wise vnsere sele zv dem paradise Zu abrahames samen . amen. Nu sprechen alle . amen.

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[ed. NEUWIRTH 1887, V. 694-705]

Bemerkenswert ist an diesen Versen insbesondere der Gegensatz der abschließenden Wendung an ein Publikumskollektiv, die eher an die Rezeptionsituation der monastischen Tischlesung erinnert, zum vorangehenden Entwurf einer Rezeption in Form individueller Lektüre (di ditz buch gerne lesen). Im Prolog findet sich das ähnlich: eine Wendung ans Kollektiv ebenso wie der Entwurf einer Schreibsituation, der implizit einer individuellen Lesesituation entspricht, in der man sich wol die Zeit vertriben könnte: Weren di nidere Dem gethichte niht so gevere, So wold ich gerne scriben Damit man wol vertriben Mochte etsvenne div zit. Doch laz ich ez niht durh ir nit, Ich ensage doch mere, Wie ein wiser Romere Sinen liben svn lerte, Davon er im gemerte Beide witze vnd tugent. Hibi ir alle merken mvgent, Wi man sich sol zihen vnd laster stete vlihen vnd tvn tugentliche: So wirt man selden riche. Sus ving er an vnd sprah: [...]

[ed. ZATOČIL 1952, V.1-16]

Parallelen zum Prologaufbau des Rumpf-›Cato‹ sind nicht zu übersehen. Schon der verwandte Eingangsreim muss auffallen: 1 Wæren die kündigære 2 guoter rede niht gevære, [...] 7 sô wolde ich jungen liuten 8 gerne lesen und bediuten 9 schoene lêre und guoten rât [...] 33 swer nach sîner lêre vert, 34 wie gar sich schaden der erwert. 35 Sus vienc er an unde sprach: [...]

[ed. ZARNCKE 1852, V. 1-36]

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Die Aufnahme der Volkssprache ins Schulbuch

Abb. 20: Zwettl, Stiftsbibliothek, Cod. Zwetl. 357, Bl. 89rab – Beginn der lateinisch-deutschen ›Disticha Catonis‹

Wechselnde Konstellationen von Latein und Volkssprache

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Aus einem schwierigen Auftritt vor teils unwilligen Zuhörern, aus denen zu selegieren, deren Aufmerksamkeit zu gewinnen und zu sichern ist,84 wird in Zwettl eine beschauliche Schreibtischveranstaltung. Vollständig wird die Vorstellung eines kopräsenten Kollektivs von Zuhörern – Hibi ir alle merken mvgent – aber dennoch nicht ausgeblendet. Darin mag noch ein Einfluss der Vorlage zu greifen sein. Besonders deutlich wirkt diese in dann die Unvermitteltheit hinein, mit der der Behinderung durch die nidere der eigene Schreibentschluss entgegengesetzt wird (Doch laz ich e niht durh ir nit, | Ich ensage doch mere): Das verdankt sich weniger innerer Logik als der äußerlichen Anregung einer unzureichenden Anpassung von Vorgaben. Der in G-Zwe vorliegende Text benutzt also bereits den Rumpf›Cato‹. Da dieser aber einen vollständigen Ur-›Cato‹ voraussetzt, kann ein solcher als Vorstufe der Zwettler Bearbeitung nicht aufgegeben werden. In welchem soziologischen und literarischen Umfeld und zu welchem Zweck freilich dieser erste deutsche ›Cato‹ entstanden ist, das lässt sich nicht mehr direkt ersehen. Eine bereits breitere Tradierung des lateinischdeutschen Rumpf-›Cato‹ auf der institutionellen Basis des gelehrten Lateinunterrichts kann jedenfalls als Hintergrund ausgeschlossen werden. Mit solchen Einschränkungen im Blick auf G-Zwe treten andererseits aber immerhin einige Erfolgsbedingungen für deutsche Übersetzungen lateinischer Schultexte im 13. Jahrhundert deutlicher hervor. Erfolgsgarant für die Wirkung des Rumpf-›Cato‹ war offenbar die Bereitschaft, durch Auswahl und Umstellung in die Vorgaben des Lateinischen einzugreifen und dann konsequent auch auf die Begleitung durch die ›Disticha‹ zu verzichten. Wo man hingegen nicht bereit war, sich so weitgehend von der Vorgabe zu lösen, da hatte man sich offensichtlich nicht die Frage gestellt, was denn einem Laienpublikum überhaupt an der Nähe der Übersetzung zum Latein gelegen sein konnte – obwohl von einem breiten Rezeptionsinteresse an einem lateinnahen zweisprachigen ›Cato‹ im Umfeld des Lateinunterrichts doch noch gar nicht ausgegangen werden konnte. Daher bleibt die Zwettler Version des Ur-›Cato‹ ein erfolgloses Experiment. Neben der ersten Stufe des nicht mehr unmittelbar zu greifenden Ur›Cato‹ und der zweiten Stufe seiner Bearbeitung in der in G-Zwe vorliegenden Textgestalt sind mit seiner Überlieferung in G-Zwe noch weitere Schichten zu unterscheiden. Der Text wurde aus einer bairischen Vorlage von einem mitteldeutschen Schreiber85 auf einen Faszikel aus rauhem, anspruchslosem Pergament übertragen. Es müssen demnach auch die Vorlage mit dem bereits bearbeiteten Ur-›Cato‹ und die in G-Zwe vorlie_____________ 84 85

Siehe zum Prolog des Rumpf-›Cato‹ oben S. 142-146. ZATOČIL 1935, S. 49f. und 1952, S. 328f.

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Die Aufnahme der Volkssprache ins Schulbuch

gende Abschrift auseinandergehalten werden. Ferner wurde diese dann spätestens um 1400 mit zwei weiteren Faszikeln zum heutigen Verbund vereint. Dieser führt in monastische Zusammenhänge. Er sollte nämlich dem Prior der Zwettler Zisterzienser als kleines Manuale dienen: ad cameram prioris besagt eine Notiz auf dem Spiegelblatt des Vorderdeckels von der Hand des Zwettler Bibliothekars Nikolaus von Dobersberg, der alle drei zu diesem Zeitpunkt also schon zu einem einzigen Band vereinten Faszikel mit einem Inhaltsverzeichnis erschloss. Das keine 100 Blätter umfassende Quartbändchen mag dem geistlichen Oberhaupt der Klostergemeinschaft als praktische Handreichung für die gelegentlich zu wiederholende, immer wieder andächtig-vertiefende Verinnerlichung einer allgemein-monastischen Welt-, Geschichts- und Lebensauffassung zusammengestellt worden sein. Unvermitteltere Anwendungsbezüge deuten sich jedenfalls erst gegen Ende der Textreihe in der Aufnahme des ps.aristotelischen ›Secretum secretorum‹ und des ›Cato‹ mit seinen Verhaltensinstruktionen an. Immerhin verweisen einige hier und da aufgenommene Predigten (Bl. 27r-35r, 62ra-63ra, 65vb-66ra) auf ein zentrales Medium der Belehrung der Konventualen durch ihren Vorsteher. Sie wurden daher vielleicht nicht allein ihres erbaulichen Inhalts wegen oder als Musterfälle der Predigtpraxis des Ordensheiligen Bernhard von Clairvaux in den Faszikelverbund aufgenommen. Ob freilich der deutsche ›Cato‹ der Predigtvorbereitung gedient hat, als einziger volkssprachiger Text in sonst lateinischer Textumgebung vielleicht sogar gezielt im Blick auf die Laienbrüder aufgenommen, oder ob er gar für die Unterweisung ausgewählter Novizen durch den Prior persönlich herangezogen wurde, das alles geht aus der Handschrift nicht mehr hervor. Die österreichischen Zisterzienser führten grundsätzlich keine außerhalb des Kloster gelegene, auch Laien offen stehende externe Schule.86 Über die Nutzung des ›Cato‹-Faszikels in den seiner Einbindung vorangehenden Jahrzehnten ist nichts mehr in Erfahrung zu bringen. Vom mittelalterlichen Unterrichtsbetrieb der Zwettler Zisterze weiß man so gut wie nichts, und eine gezielte Produktion volkssprachiger Literatur für die Zwettler Konversen lässt sich nicht nachweisen.87 Mit diesen Klarstellungen zum Zwettler ›Cato‹ sind nun auch die Voraussetzungen zur Diskussion der alten Forschungsfrage gegeben, ob der Rumpf-›Cato‹ denn nun »Übersetzung oder Bearbeitung« sei. ZARNCKE ging, im Rahmen spätromantisch-evolutionistischer Vorstellungen von der Textgeschichte des deutschen ›Cato‹ insgesamt, von der zeitlichen Priorität seiner »Rumpfüberset-

_____________ 86 87

Vgl. ENGELBRECHT 1982, S. 42, 86, 88. OSKAR PAUSCH: Am Beispiel Zwettl. Beiträge zur deutschen geistlichen Literatur des Mittelalters im Stift Zwettl. In: Jahrbuch für Landeskunde von Niederösterreich, N. F. 46/47 (1981), S. 400-424.

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zung« vor den späteren »Gesamtübersetzungen« aus. Die Übersetzer hätten dann allmählich gleichsam zu immer mehr Treue gegenüber dem lateinischen Text gefunden, um schließlich, auf der dritten Stufe der »freiesten« Gesamtübersetzungen, von ihm sich dann wieder immer weiter zu befreien. Schaut man vom Zwettler ›Cato‹ als Umformung des Ur-›Cato‹ unter Einfluss des Rumpf-›Cato‹ auf ZATOČILs Vorschlag zurück, letzteren statt als »Übersetzung« nun als »Bearbeitung« zu bezeichnen, dann wird deutlich, wie grob diese terminologisch affizierten Werkbezeichnungen zufassen. ZATOČILs Unterscheidung von »Übersetzung« und »Bearbeitung« beruht ganz auf dem Kriterium eines je gegebenen oder nicht gegebenen unmittelbaren Kontakts zum lateinischen Prätext. Da der Ur›Cato‹ und sein vermeintlich direkter Abkömmling in der Zwettler Handschrift ihn gehabt hätten, jedoch der Rumpf-›Cato‹ nicht, könne dieser folglich allenfalls »Bearbeitung« sein (und zwar des Ur-›Cato‹). Nach diesen Maßgaben wäre freilich der Zwettler Text nun ebenfalls als »Bearbeitung« anzusprechen. Denn er verändert den Ur-›Cato‹ ja unter Hinzunahme des Rumpf-›Cato‹ bereits. Und seine zweispaltige Darbietung gemeinsam mit dem lateinischen Text in der Handschrift indiziert statt einer irgendwie gearteten »ursprünglicher« Nähe zum Prätext eher das Gegenteil: Distanz zum lateinischen Text und eine überaus mühsam konstruierte Brücke. Starre begriffliche Gegensätze führen hier generell weniger weit als Versuche, die je wechselnden Relationen von lateinischem Basistext und deutscher Entsprechung jeweils in ihren weitergehenden Kontexten zu erfassen – und dann für diese Kontexte wiederum die je besonderen Gebrauchsmaßstäbe zu beschreiben, die an lateinisch-deutsche Textbeziehungen angelegt wurden. Für den Rumpf-›Cato‹ verdient dabei zuerst die in den Umstellungen, Einschaltungen und Kürzungen praktisch vollzogene und im Prolog diskursiv ausgestellte Nachordnung des Bezugs zur gelehrt-lateinischen Textwelt (von einer solchen spricht einzig der oben erwähnte Londoner Textzeuge R-Lon1) hervorgehoben zu werden. Der Prätext der lateinischen ›Disticha Catonis‹ erscheint lediglich in personalisierter Form: als rede eines heidnischen meisters Cato. Hinter diese in der Volkssprache konzeptionell verschriftlichte rede fallen die späteren lateinisch-deutschen Gesamtübersetzungen für den Schulunterricht aus durchsichtigen Gründen zurück. Wenn ihnen gerade der eigene, von der lateinischen Vorlage unabhängige Prolog mit weitergehenden diskursiven Präzisierungen zur Sprecherposition fehlt, dann schlicht deshalb, weil solche Präzisierungen im unterrichtlichen Gebrauchszusammenhang überflüssig waren. Dass sich Lehrer und Schüler dem Studium eines den Teilnehmern (oder doch Teilen von ihnen) in schriftlicher Fixierung vorliegenden lateinischen Textes zuzuwenden hatten, verstand sich von selbst. Und die Aufgabe der ihn begleitenden deutschen Reimpaare war bereits von einem seit Jahrhunderten etablierten lateinischen Auslegungs-procedere festgelegt, das sie auf die expositio ad sensum, die Vermittlung des ohne weitere Auslegung zu erfassenden Sinns der lateinischen Verse festlegte. Was dem modernen Betrachter allein als Übersetzung erscheint, wäre also zunächst besser als »wiedererzählende« Paraphrase (freilich im Unterschied zum lateinischen Kommentar: in gebundener Rede!) zu bezeichnen – und bereits darin von einem frühneuzeitlichen Verständnis von »Übersetzen« absetzen.88

_____________ 88

Vgl. dazu im weiteren Zusammenhang WORSTBROCK 1999.

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Die Aufnahme der Volkssprache ins Schulbuch

1.3 Ein zweisprachiger ›Cato‹ als Unterrichtsersatz: Stephans von Dorpat lateinisch-mittelniederdeutscher ›Cato‹ Von den drei bei ZARNCKE als niederdeutscher Herkunft geführten Übersetzungen verdient allein der ›Cato‹ Stephans von Dorpat, ZARNCKEs »älteste rein niederdeutsche Übersetzung«89, diese Bezeichnung. ZARNCKE kannte lediglich das Göttinger, ehemals Hildesheimer Fragment, das MÜLLER bereits 1841 bekannt gemacht hatte, und aus VON DER HAGENs und BÜSCHINGs »Grundriss« von 1812 die Wolfenbütteler Handschrift, aus der er zu Vergleichszwecken mit dem Bruchstück erste Textproben mitgeteilt hat.90 Den älteren Hinweis LISCHs auf das ältere Rostocker Fragment übersah er.91 Die erste und nach wie vor einzige Ausgabe kritischen Anspruchs hat dann, auf zwei Zeitschriftenbeiträge von 1897 und 1899 verteilt, GRAFFUNDER erstellt,92 der zu der Wolfenbütteler Handschrift einen zweiten vollständigen Textzeugen aus Danzig und zum Hildesheimer, jetzt in Göttingen aufbewahrten Bruchstück93 das ältere Rostocker Fragment, das inzwischen in Krakau aufbewahrt wird, ergänzen konnte. MITZKA konnte 1929 noch ein Danziger Bruchstück,94 CLAUSSEN 1955/56 das jüngere Rostocker95 nachtragen. Ein fünftes, der Forschung bisher unbekannt gebliebenes Fragment wird in der Berliner Staatsbibliothek als Ms. germ. quart 643 aufbewahrt. Der ›Cato‹ Stephans war indes nicht ganz so verbreitet, wie es angesichts zweier vollständiger Handschriften und der fünf Fragmente zunächst erscheint. Sowohl das Göttinger und das Krakauer Bruchstück als auch die Berliner und die Danziger Fragmente entstammen jeweils ein-

_____________ 89 90 91

92

93 94 95

ZARNCKE 1852, S. 154. ZARNCKE 1852, S. 154-160. GEORG CHRISTIAN FRIEDRICH LISCH: Niederdeutsche Übersetzungen der Sprüche des Dionysius Cato. In: Jahrbücher des Vereins für meklenburgische Geschichte und Alterthumskunde 9 (1844), S. 473f. CLAUSSEN 1955/56, S. 218, hat den späteren Weg von SRos1 zumindest bis Berlin verfolgen können. KARL BARTSCH hatte sich das Manuskript in Rostock ausgeliehen und unrechtmäßig behalten, und es wurde dann aus seinem an der Universitätsbibliothek Heidelberg aufbewahrten Nachlass 1900 von der Preußischen Staatsbibliothek erworben. Dort war es nach dem II. Weltkrieg »durch Verlagerung verloren gegangen«. Vgl. GRAFFUNDER 1897 (bis V. 1657 und auf der Grundlage der Wolfenbütteler Handschrift) und 1899 (ab V. 1658 und auf Grundlage der zwischenzeitlich aufgefundenen Danziger Handschrift). Den neuen Aufbewahrungsort des Hildesheimer Fragments teilt BECKERS 1995, Sp. 292, mit. MITZKA 1929, S. 8. CLAUSSEN 1955/56.

Wechselnde Konstellationen von Latein und Volkssprache

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und derselben Handschrift.96 Von »verhältnismäßig breiter hs.licher Überlieferung«97 kann demnach allenfalls im Vergleich zum nur in einem einzigen Frühdruck erhaltenen ›Schachbuch‹ Stephans die Rede sein. Am vermutlich um die Mitte des 14. Jahrhunderts verfassten ›Cato‹98 Stephans muss zuerst die enge regionale Ausfaltung seiner Überlieferung auffallen. Alle Handschriften sind schreibsprachlich ins Niederdeutsche zu setzen, das Rostocker Fragment und der schon im 15. Jahrhundert im Besitz der Northeimer Benediktiner befindliche, dort vielleicht schon geschriebene Helmstädter Kodex S-Wol näherhin ins Ostfälische. Weitere Indizien weisen besonders in den niederdeutschen Nordosten. Die vollständige Danziger Handschrift entstammt der Bibliothek des Danziger Ratsherrn Valentin Schlieff (1680-1750). Die Handschrift der älteren Rostocker Bruchstücke wurden vielleicht im Umkreis der Kartause Marienehe bei Rostock zerschnitten. Der Trägerband der jüngeren Rostocker Blätter befand sich im Besitz von Herzog Johann Albrecht I. von Mecklenburg (1525-76). Aus dem niederdeutschen Verbreitungsraum, in den im übrigen keine andere Übersetzungsfassung hineinreicht, schält sich damit ein im Norden des östlichen Niederdeutschen gelegener Kernverbreitungsraum heraus, von dem ein etwas weiter zu fassender, jedenfalls mit S-Wol südlich bis Northeim hinunter reichender Ausstrahlungsraum abzusetzen ist. Ähnlich gliedert sich die zeitliche Streuung in einen Kernbereich und einen Ausstrahlungsbereich. Einerseits datieren drei der fünf Überlieferungszeugen ins Ende des 14. Jahrhunderts. Andererseits wurden die Wolfenbütteler Handschrift und die der Rostocker Fragmente erst um die Mitte des 15. Jahrhunderts geschrieben. Topographie und Chronologie der Überlieferungszeugen legen eine zunächst eher kleinräumige Textdistribution nahe. Zumal die in den Ostseeküstenraum weisenden Indizien stellen eine Nähe zur Person Stephans _____________ 96

97 98

Das haben für das erstgenannte Fragmentenpaar bereits GRAFFUNDER 1897, S. 2, und nach ihm CLAUSSEN 1955/56, S. 218, vermutet. Format, Schrift und Einrichtungsdetails lassen daran bei beiden Paaren keinen Zweifel. Zudem schließen S-Ber und S-Dan2 unmittelbar aneinander an. Das erste Berliner Doppelblatt bildete eine eigene Lage. An diese schloss ein Binio an, der vom Doppelblatt des Danziger Bruchstücks und dem darin eingelegten Bl. 3/4 von S-Ber gebildet wurde. Das dritte Berliner Doppelblatt bildete wiederum eine eigene Lage, die unmittelbar an den vorangehenden Binio anschloss. Dieser Zusammenhang und die Tatsache, dass die äußere Spalte des ersten Blattes wie im Danziger Doppelblatt auch im zweiten Berliner Doppelblatt (Bl. 3/4) jeweils längs auf die Hälfte beschnitten wurde, legt eine Zerschneidung der ursprünglichen Handschrift für ein- und denselben Trägerband nahe. Für S-Goe hat CLAUSSEN einen Umfang von 20 Blättern errechnet. Die zugehörigen Doppelblätter von S-Kra folgten ursprünglich innerhalb derselben Lage unmittelbar aufeinander, bildeten Bl. 2, 3, 6 und 7 eines Quaternio. BECKERS 1995, Sp. 292. BECKERS 1995, Sp. 290.

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Die Aufnahme der Volkssprache ins Schulbuch

von Dorpat her, der in dieser Region wirkte.99 Die weitergehende regionale Ausstrahlung (Northeim) bleibt sehr viel schmaler als etwa beim ›Niederrheinischen Cato‹, und auch in zeitlicher Hinsicht wurde Stephans ›Cato‹ höchstens noch über zwei, drei Generationen hinweg benutzt, um dann für Jahrhunderte in Vergessenheit zu geraten. Das ist bemerkenswert, lässt sich Stephan von Dorpat doch als Schulmeister an der Dorpater Domschule namhaft machen, der überdies seinen ›Cato‹ ausweislich des Prologs ausdrücklich für die Unterweisung der iungen verfasst haben will, vppe dat diese dat vorstan, | wen se erst to der lere gan, | dar de wisheyt krank is inne | vnde vorluchtet ere synne (V. 23-26). Wieso verbreitete sich dieser ›Cato‹ dennoch nicht ähnlich wie etwa später der ›Niederrheinische‹: von der Institution der Schule ausgehend über Generationen hinweg und zugleich breiter auch in die umliegende Region? Die Darbietungsformen des Textes in den Handschriften führen in dieser Frage einen wichtigen Schritt weiter. Unter ihnen lässt sich nämlich nur für eine einzige – das jüngere Rostocker Bruchstück, das einschlägige Kritzeleien und Abnutzungsspuren aufweist100 (der lateinische Text fehlt, doch ist für ihn systematisch Freiraum belassen) – annehmen, dass sie als Unterrichtshandschrift gedient hat. Angesichts ihrer Fragmentierung ließe sich eine entsprechende Nutzung – zumal in ihnen lateinischer und deutscher Text im systematischen Wechsel geboten werden – zunächt ebenfalls für die Bruchstücke S-Ber/S-Dan2 und S-Goe/S-Kra erwägen. Die hier wie dort zweispaltige Textaufzeichnung (vgl. Abb. 21) erlaubt das aber dann doch mit einiger Wahrscheinlichkeit auszuschließen. Für die Handschrift der Fragmente S-Ber/S-Dan2 tritt als weiteres Gegenargument der Verzicht auf Absetzung der Verse hinzu. In der Hauptsache war platzsparende Textdarbietung wichtig. Für den Helmstädter Band kann eine Unterrichtsnutzung mit Verweis auf das Großformat (29,5 x 21 cm), den Umfang von fast 200 Blättern, auf die wiederum zweispaltige Einrichtung und auf die, obwohl Stephans ›Cato‹ zweisprachig geboten wird, sonst rein deutsche Mitüberlieferung ausgeschlossen werden. Auch fehlen einschlägige Benutzungsspuren. Solche fehlen schließlich auch dem Ms. 2416, der ältesten vollständigen Handschrift. Bei ihr handelt es sich eher um ein sorgfältig angelegtes Studien- oder Lese-Buch, das indes trotz seiner Distanz zum Gebrauchstyp des Unterrichtshefts den lateinischen Text enthält, der sogar – das ist einzigartig in der ›Cato‹-Überlieferung – systematisch rubriziert erscheint. Da diesen lateinischen Text nun aber – um es zu wiederholen: trotz der Distanz zum Unterrichtsheft – auch nahezu alle anderen Handschriften (mit Ausnahme des Rostocker Fragments) bewah_____________ 99 Zusammenfassend BECKERS 1995, Sp. 290. 100 »Anscheinend ist die Handschrift einst als Schulbuch benutzt worden, da sich auf dem leeren Rand Schreibübungen finden.« (CLAUSSEN 1955/56, S. 225)

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ren, und da nicht einmal die sonst doch nur deutsche Texte enthaltene Wolfenbütteler Handschrift auf den Grundtext der ›Disticha Catonis‹ verzichtet, dürfte die im Danziger Ms. 2416 als »beste[m] Textzeugen«101 bewahrte Aufbereitungsform auf einer Frühstufe der Überlieferung nicht nur eine prominente, prägende Rolle gespielt haben, sondern die bereits konzeptionell intendierte gewesen sein. Der deutsche Text wurde deshalb von den Abschreibern nirgends lediglich als Ergänzung oder schlichtes Hilfsmittel für die Texterschließung im Lateinunterricht aufgefasst, das man, wo Distanz zu diesem eintrat, vom lateinischen Text erst hätte ablösen müssen, um es separat in dominant volkssprachigen Verwendungszusammenhängen für sich nutzen zu können, weil Stephans ›Cato‹ offenbar gar nicht i n n e r h a l b des Lateinunterrichts benutzt werden wollte, sondern a n s t e l l e eines solchen institutionalisierten Unterrichts.102 Das Festhalten am Grundtext der ›Disticha‹ signalisiert für den außerhalb des Lateinunterrichts verwendeten deutschen Text den Anspruch, gleichwohl Funktionen des herkömmlichen, lateinisch dominierten Unterrichts übernehmen zu können. Vom Gebiet der Volkssprache aus ins Lateinische auszugreifen, das ist ein neuartiger Anspruch einer ›Cato‹-Übersetzung. In den Text selbst wird er im Verzicht auf die Beschränkung umgesetzt, zu jedem Hexameterdistichon lediglich die entsprechende Sinnparaphrase in Reimen zu bilden. Die deutschen Pendants fallen im Gegenteil regelmäßig sehr viel umfangreicher aus. Sie können in der Edition GRAFFUNDERs bis zu 44 Verse umfassen. In der Summe der Verse präsentiert sich Stephans ›Cato‹ damit als umfangreichster deutscher ›Cato‹ überhaupt.103 Zwei beliebige Beispiele:104 Plus vigila semper nec [Hss.: ne] somno deditus esto; nam diuturna quies vitiis alimenta ministrat. Luttich slapen, vele waken Scaltu, kint, dorch desse sake; Wente de dagelikes rowe Is des lasters en snode vroude. Dit scaltu, sone, also vorstan: Dune scalt nicht vele ledich gan; Mit deme liue arbeide sere, Eder mit deme herten contemplere,

[I,2]

_____________ 101 BECKERS 1995, Sp. 291. 102 Das schließt selbstverständlich nicht aus, dass er nicht doch hier und da – siehe das jüngere Rostocker Fragment – ergänzend zum Unterricht hinzugezogen wurde. 103 GRAFFUNDERs Ausgabe hat 2345 Verse, wobei freilich die beträchtlichen Ausweitungen der seinerzeit unbekannten Fassung von S-Ber/S-Dan2 noch unberücksichtigt sind. Siehe zur Textgeschichte von Stephans ›Cato‹ weiter unten. 104 Hervorhebungen von mir, Ergänzungen des bei GRAFFUNDER fehlenden lateinischen Textes nach BOAS unter Abgleich mit den Handschriften des Stephan’schen ›Cato‹.

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Die Aufnahme der Volkssprache ins Schulbuch

Dat di de duuel nicht ledich envinde, He vnde al sin ingesinde. De gude sunte ieronimus In siner lere spreket aldus: Wor de vyent ent dot herte vint, Van gode ledich, dat maket he blint Vnde benympt em sinen sin Vnde dot dar quade dancken yn.

[ed. GRAFFUNDER 1897, V. 382-397]

Luxuriam fugito, simul et vitare memento crimen avaritiae; nam sunt contraria famae [Hs. S-Wol: vitae]. De vnkuscheit vle mit wiuen. Ok scaltu van di driuen De giricheit; wante desse twey, De don diner sele wey. Seneca, eyn meister gůt, De leret vns vnde maket vrot: Eyn bose bilde van vnkuscheit Vnde quad is de girheit Vnde bringet vele bosheit in Al den iennen, de darbi sin. Nu hore, wat eyn olt man sprak, Do he hadde al vngemak: Dobbelen, drinken, vnkuscheit De hebbet mi gebracht in arbeit. De vnkuscher vordrift sin lif Vnde ok sine sele vmme eyn wif. Nummer wert des girigen grunt Vul, er wan me eme den mund Wallet mit der erden to; De is de arme sele vnvro.

[II,19]

[ed. GRAFFUNDER 1897, V. 1239-1258]

Obschon die Anzahl der deutschen Verse schwankt, umfassen die Entsprechungen an keiner Stelle weniger als vier Verse. Das Formmodell für das deutsche Sinnäquivalent zum Hexameterdistichon, zwei gereimte Verspaare, hat entweder so nahe gelegen, dass Stephan es selbständig wählen konnte, oder es wurde ihm von einer entsprechenden Quelle vermittelt.105 Da Stephan die deutschen Reimpaarverse mit Zitaten aus Autoritäten, insbesondere aus Kirchenvätern anzureichert, verdient zudem Beachtung, dass solche Zitate nie vor dem fünften Vers eingesetzt werden. Die Vierversgruppe bildet immer den festen Kern und Ausgangspunkt der deutschen Ergänzungen. _____________ 105 Die Belege für GRAFFUNDERs Ansatz textlicher Verwandtschaft mit dem ›Niederrheinischen Cato‹ tragen freilich, wie MITZKA gezeigt hat, nicht. Das gilt ebenso für das im Rahmen erneuter Fürsprache für GRAFFUNDERs Position von ZATOČIL beigebrachte Zeugnis. Vgl. GRAFFUNDER 1897, S. 9f., GRAFFUNDER 1899, S. 5, MITZKA 1929, S. 8f., und ZATOČIL 1935, S. 68f., sowie unten Kap. III.2.1 Anm. 131.

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Abb. 21: Göttingen, Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek, Cod. Ms. W. Müller I,10, Bl. 1rab – Stephans von Dorpat lateinisch-deutscher ›Cato‹ in zweispaltiger Darbietung

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Die Aufnahme der Volkssprache ins Schulbuch

Die Ausweitungen nach dem vierten Vers nehmen eine Stelle ein, die im Blick auf die schriftlichen Darbietungsformen lateinischer Schultexte am ehesten der des Prosakommentars zu vergleichen ist, sobald dieser die expositio ad sensum hinter sich gelassen hat – bzw. die Stelle der mündlichen Erläuterungen des Lehrers, die über eine verständnissichernde erste Paraphrase der ›Disticha‹ hinausgehen. In GRAFFUNDERs Text werden an über 100 Stellen Autoritäten zitiert, am häufigsten Seneca und der Prediger Salomo mit jeweils über ein Dutzend Berufungen. Es folgen, mit abnehmender Häufigkeit der Psalmist David, Paulus, Augustinus, Aristoteles, Gregor d. Gr., Boethius, Hieronymus und Ovid, schließlich mit nur noch ein bis zwei Nennungen Averroës, Cicero, Galen, Hiob, Horaz, Jakobus, Jesaja, Lucan, Macer, Vergil, Platon. MITZKA fasst zusammen (1929, S. 18): »Zu den 4 Zitaten (der II. praefatio) der lateinischen Catovulgata fügt Stephan 42 Zitate aus der Bibel, 15mal Kirchenväter, 33mal Autoren aus der griechischrömischen Antike, dann 20mal Boethius, Isidor, Gregor, 2mal [...] Averrhoes.« Mit der Lokalisierung der Zusätze an der Systemstelle des Kommentars kann natürlich nicht behauptet sein, Stephans mündliche Erläuterungen in seiner Tätigkeit als Schulmeister hätten ebenso ausgesehen, wie sie hier in der Schriftlichkeit seines ›Cato‹ erscheinen. Dann wäre übersehen, dass Stephan, wie es sein Verweis auf das lateinische Buch als Vorlage im Prolog hinreichend deutlich macht, ein durch und durch schriftliches Werk schafft: dat ik will an dudeschen geuen | eyn bok, to latine gescreuen (V. 20f.). Überdies spielt die Vermittlung grammatischer Sachverhalte in Stephans ›Cato‹ nirgends eine Rolle. Es ist einzig auf unmittelbar handlungsanleitende Inhalte gezielt. Desto dringender stellt sich die Frage, auf welche schriftlichen Traditionen Stephan zurückgegriffen hat. Die Antwort setzt eine Sichtung der lateinischen Kommentartradition des 14. Jahrhunderts voraus, die hier nicht zu leisten ist. Die wirkungsmächtigeren der spätmittelalterlichen Kommentare (v. a. Robert von Euremodio, Philipp von Bergamo, ›Summi deus largitor praemii‹, ›Circa initium Ethice Catonis assumitur thema‹)106 können Stephan noch nicht zur Verfügung gestanden haben. Stichproben haben auch keine schlagenden Übereinstimmungen mit den bei HAZELTON 1956 abgedruckten Kommentaren aus dem 13./14. Jahrhundert erbracht.

Die Schreiber der Handschriften halten durchweg am lateinischen Text fest: im niederdeutschen Raum hat man die Werkkonzeption Stephans, ihren Anspruch auf zwar wesentlich deutschen, aber gleichwohl »vollständigen Unterricht«, wie ihn die Beigabe des lateinischen Grundtextes signalisiert, durchaus verstanden. Das zeigt ein im niederdeutschen Sprachraum offenbar verbreitetes, stärker als im Hochdeutschen ausgeprägtes Selbstbewusstsein in der Verwendung der Volkssprache an. Layouttechnisch findet es seinen beachtenswerten Ausdruck in der Aufsprengung des lateinischen Textgefüges auf der handschriftlichen Seite durch die Zwischenschaltung der deutschen Verse, die jeweils unmittelbar auf ihr Vorbild _____________ 106 Siehe unten Exkurs 4.

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folgen. Stephan ist hier auf dem Gebiete lateinisch-deutscher Schulschriftlichkeit einer der ersten, der diesen Schritt unternimmt. Indirekte Folge dieses Selbstbewussteins des niederdeutschen Autors und seiner Abschreiber ist eine relativ stabile Textgeschichte. Der stets mittransportierte lateinische Grundtext sichert nämlich die Abfolge und den Bestand der deutschen Verse. Stephans ›Cato‹ bleibt daher über alle Handschriften hinweg prinzipiell als ein im Kern identischer Text identifizierbar und einem einzigen Urheber zuschreibbar. Damit ist wiederum die Voraussetzung der Möglichkeit gegeben, jene besonderen Formen von Textvarianz relativ präzise von der Menge der Veränderungen des Textes, denen er in den Handschriften insgesamt unterliegt, abheben zu können, die als mehr oder minder durchgreifend umformende Bearbeitung eben eine solche relativ fixierte Grundlage voraussetzen. Eine »Fassung« ist ja immer eine »Fassung von etwas«.107 Für Stephans ›Cato‹ kann daher angesichts der Textgestalt in den Fragmenten S-Ber und S-Dan2 mit vollem Recht und auch im terminologischen Sinne von zwei verschiedenen Fassungen gesprochen werden. Bereits GÜNTHER hat nämlich in seinem Katalogartikel zum Danziger Bruchstück bemerkt, der Text sei »sehr oft viel ausführlicher«. MITZKA präzisiert, er sei durch »1-3 eingebaute Reimpaare breiter aus[geführt], ohne im erhaltenen Stück wesentlich neue Gedanken hinzuzufügen. Mehrmals ist die Erweiterung nur eine mahnende Anrede, die Lehre möge beherzigt werden.«108 Das sind Befunde, die sich am aus derselben Handschrift wie SDan2 stammenden Bruchstück S-Ber bestätigen. Das kennzeichnende Prinzip, in dem sich der S-Ber/S-Dan2-Text, der nachstehend als Fassung B angesprochen sei, von der Fassung A abhebt, ist freilich nicht das einmal hier, einmal dort ansetzende Anliegen, den Rezipientenbezug durch Ausbau der Apostrophen zu intensivieren. Diese sind nur Instrument eines sehr viel schlichteren Vorhabens. Dieses zielt darauf, die auf das Lateinische folgenden deutschen Abschnitte auf einen regelmäßigen Umfang von jeweils exakt 24 Versen zu bringen. Das lässt sich für alle von Ber/S-Dan2 vollständig erfassten Distichen und ihre Paraphrasen zeigen, _____________ 107 Vgl. etwa BODO PLACHTA: Fassung. In: RLW, Bd. 1, S. 567f., hier S. 567: »(Text-) Fassungen sind unterschiedliche Ausführungen eines insgesamt als identisch wahrgenommenen Werks.« Für die Fachdiskussion um einen auch der besonderen mittelalterlicher Textualität angemessenen Fassungsbegriff verweise ich nur auf die Vorschläge zur Begriffsklärung von JOACHIM BUMKE (1996, S. 30-60) und PETER STROHSCHNEIDERs Stellungnahme dazu in: ZfdA 127 (1998), S. 102-117. Siehe für den Vorschlag eines Modells, in dessen Rahmen sich die ausgeprägten Formen von Textvarianz in bestimmten Ausschnitten der ›Cato‹Überlieferung auch ohne die Vorstellung der Bearbeitung eines bereits stabilen Ausgangstextes (deren Ergebnis dann eine »Fassung« darstellte) erfassen lassen, demgegenüber unten Kap. III.3.1.1. 108 Vgl. GÜNTHER 1921, S. 287f., und MITZKA 1929, S. 8.

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die je nach Bedarf gelängt oder gekürzt wurden. Dass der Text dadurch an Dichte verliert, steht mit MITZKA außer Frage – ohne dass deshalb dem dichteren Text der Fassung A automatisch schon zeitliche Priorität zugesprochen werden müsste. Prinzipiell lässt sich zunächst ja durchaus nicht ausschließen, dass Stephan eine mit flüchtigerer Feder entworfene erste Fassung erstellt und diese erst später konzentrierter überarbeitet hat. Der nachträglich den Grundtext verschlechternde Bearbeiter ist nur eine von mehreren Möglichkeiten, die alle nähere Prüfung verdienten. Für die Frage nach dem Motiv der Homogenisierung sei hier lediglich vorgeschlagen, es in den materialen Voraussetzungen der Textdistribution zu suchen. Ein regelmäßiger Umfang von 2+24 Versen erlaubte es ja, den Text sehr viel einfacher in die handschriftliche Seite hinein zu berechnen als einen Text mit Abschnitten wechselnden Umfangs. Vielleicht sollte die Fassung B ursprünglich einmal sogar so auf die Seite platziert werden, dass sich der lateinische Text wie eine Seitenüberschrift oder ein lebender Kolumnentitel einsetzen ließ. Mit der Anpassung der Textproduktion bzw. -bearbeitung an mediale Distributionsbedingungen verführe Fassung B im übrigen ganz ähnlich wie seit dem 14. Jahrhundert die Verfasser der für das Diktat-Layout erarbeiteten Avian-Kommentare. Um einen wesentlichen Punkt noch einmal aufzunehmen: Der ›Cato‹ Stephans, obwohl aus der Feder eines Schulmeisters, war gleichwohl von Beginn an sehr viel weniger eng an die Distributionsinstanz des institutionalisierten Lateinunterrichts gebunden als etwa der ›Niederrheinische Cato‹ oder der ›Schlesische Cato‹. Entsprechend lag auch seine Überlieferung wohl eher in den Händen jener heren (V. 16) und eddelen lude[] (V. 31), an die sich Stephan im Prolog seines zweiten Werks neben dem ›Cato‹, in seinem ›Schachbuch‹ ausdrücklich wendet, das er dem aus Lübecker Patriziergeschlecht stammenden Dorpater Bischof Johann von Vifenhusen († 1375) gewidmet hat. Im Umfeld des ›Cato‹ treten uns diese »Angehörigen der ländlichen und der stadtbürgerlichen Oberschichten«,109 von denen Stephan offenbar auch eine gewisse Kenntnis des Lateinischen erwarteten konnte, unmittelbar mit ihren Namen freilich nur noch sehr spät sowie punktuell und bereits sehr vermittelt in den Blick – in der Person des Danziger Ratsherrn Schlieff etwa oder Herzog Johann Albrechts I. von Mecklenburg.

_____________ 109 BECKERS 1995, Sp. 292.

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1.4 ›Cato‹ und ›Facetus Cum nihil utilius‹ im ›Hausbuch‹ Michaels de Leone (1347/50) Dass auch unscheinbare Zeugnisse der Geschichte des Schulbuchs wichtige Bausteine liefern können, zeigt das Register des ›Hausbuchs‹ des Würzburger Protonotars Michaels de Leone († 1355), das dem erhaltenen zweiten Band (München, Universitätsbibliothek, 2° Cod. ms. 731) auf Bl. 1va2rb vorangestellt ist, aber ebenso über den Inhalt des zerstörten ersten Bandes informiert.110 Als Repertorium (Bl. 1v) wie Capitolorum Registrum (Bl. 2r) bezeichnet, weist es in den letzten vier Zeilen von Bl. 1vb als neuntes und zehntes Stück des ersten Bandes diese zwei Stücke aus: DEr katho zu latin . vnd zF tFtsche .| Der facetus . Cum nichil utilius . zu latin . | vnd in | tFtsch. Die Identifizierung der genannten Werke mit den ›Disticha Catonis‹ und dem ›Facetus Cum nihil utilius‹ steht außer Frage. Auf den ersten Blick scheint die ganze Textpartie daher höchstens insofern Beachtung zu verdienen, als mit dem ›Facetus‹ eines jener zwei Werke des ersten Bandes vorliegt, von denen sich immerhin noch Bruchstücke erhalten haben.111 Auf den zweiten Blick verdient das kleine Textensemble vor dem Hintergrund des bis hierher Ausgeführten dann aber doch genauere Beachtung, und zwar angesichts seiner relativ frühen Zusammenstellung bereits um die Mitte des 14. Jahrhunderts. Das Leone›Hausbuch‹ wirft nämlich ein wichtiges Schlaglicht auf die Herausbildung von Standards im Bereich des Layouts zweisprachig dargebotener Schultexte – und damit letztlich auf gewichtige Veränderungen im institutionalisierten Trivialunterricht des 14. Jahrhunderts. Was zunächst den ›Cato‹ betrifft, lässt sich allein mit den Angaben des Registers nicht bestimmen, welche Übersetzungsfassung genau den lateinischen Text begleitet hat. Wohl aber kann von der Überlieferungsgeschichte her einiges, wenn auch teils nur mit mehr oder minder großer Wahrscheinlichkeit, ausgeschlossen und anderes nahegelegt werden. Um 1350 kommen überhaupt nur zwei Übersetzungen als Begleitung in Frage: _____________ 110 Über Michael de Leone informiert zusammenfassend KORNRUMPF 1987, über sein ›Hausbuch‹ ausführlicher KEYSER 1966. Vgl. auch URSULA PETERS: Literatur in der Stadt. Studien zu den sozialen Voraussetzungen und kulturellen Organisationsformen städtischer Literatur im 13. und 14. Jahrhundert. Tübingen 1983 (Studien und Texte zur Sozialgeschichte der Literatur 7), S. 138-168. Die Schreibsprache der Handschrift hat jetzt NORBERT RICHARD WOLF präziser bestimmt: Zur Schreibsprache des Hausbuchs Michaels de Leone. In: Vom Mittelalter zur Neuzeit. Festschrift für Horst Brunner. Hg. von DOROTHEA KLEIN, ELISABETH LIENERT und JOHANNES RETTELBACH. Wiesbaden 2000, S. 359-368. 111 Vgl. für den ›Facetus‹ das Überlieferungsverzeichnis im Anhang zum Cgm 1951, Bl. 5rv. Beim zweiten Werk handelt es sich um Hugos von Trimberg ›Renner‹ – vgl. Cgm 1951, Bl. 1r-4v, und Nürnberg, GNM, Hs 9030. Farbabbildungen aller Bruchstücke sind jetzt leicht zugänglich in: Vom Großen Löwenhof zur Universität 2002, S. 23-35.

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der Zwettler ›Cato‹ und der Rumpf-›Cato‹, wobei letzteren vor der Mitte des 14. Jahrhunderts bereits die Benediktbeurer Bruchstücke, die einst Kaloczaer Handschrift und ihre Schwesterhandschrift des Heidelberger Cpg 341, die Melker Stricker-Sammlung und die des Reg. lat. 1423 sowie der Cgm 717 tradieren. Stephans von Dorpat ›Cato‹ fällt als Quelle schon seines niederdeutschen Sprachstands wegen und überdies deshalb aus, weil sich seine Verbreitung ganz auf den niederdeutschen Sprachraum beschränkt.112 Vergleichbares gilt für den ›Niederrheinischen Cato‹ mittelfränkischer Sprachprägung und seine vornehmlich westmitteldeutschen Handschriften.113 Natürlich kann eine selbstständige Übersetzung, die vielleicht nur vom ›Hausbuch‹ weitergegeben wurde, ebensowenig mit letzter Sicherheit ausgeschlossen werden wie mit der Möglichkeit zu rechnen ist, dass einige der ›Cato‹-Übersetzungen mit später einsetzender Überlieferung noch ins zeitliche Umfeld des ›Hausbuchs‹ gehören und damit als potentielle Ergänzung des lateinischen Textes in Frage kommen. Hält man sich indes an das Gegebene, müssen zuerst der Zwettler ›Cato‹ und mehr noch die ›Rumpfübersetzung/-bearbeitung‹ in Betracht gezogen werden – und zwar »mehr noch« letztere sowohl wegen ihrer bedeutend breiteren Bezeugung schon vor der Entstehung des ›Hausbuchs‹ als auch, weil der Zwettler ›Cato‹ eine Textradition vertritt, die über die älteste Zwettler Handschrift hinaus nur in drei weiteren Handschriften noch zu greifen ist, die ›Rumpfübersetzung/-bearbeitung‹ demgegenüber sehr viel verbreiteter war und schließlich sogar noch Eingang in den Buchdruck fand. Lediglich ein Befund muss dann aber zunächst noch irritieren. Im Unterschied zum Zwettler ›Cato‹, den in der Zwettler Handschrift sein lateinisches Pendant begleitet, wurde der Rumpf-›Cato‹ immer ohne den lateinischen Text abgeschrieben. Das passt nicht zum Eintrag des ›Hausbuch‹-Registers. Der dem ›Cato‹ bei Leone folgende ›Facetus‹ führt zunächst in ähnliche Widersprüche. Dort allerdings lassen sie sich leicht lösen – und zwar in dann auch für den ›Cato‹ weiterführender Weise. Das aus dem ersten Band erhaltene ›Facetus‹-Fragment aus München zeigt jene zweispaltige und 32-zeilige Seiteneinrichtung, die auch den zweiten Band des ›Hausbuchs‹ über weite Strecken prägt.114 Da das erhaltene Blatt jedoch der Länge nach halbiert wurde, ist nur noch eine Textspalte zu sehen. Es ist, wie aus dem Textanschluss hervorgeht, die äußere. Auf der äußeren Spalte der recto-Seite stehen V. 31-62 des Facetus der Übersetzungsfassung G, die in der äußeren Spalte der verso-Seite mit V. 63-94 _____________ 112 Siehe oben Kap. III.1.3. 113 Siehe unten Kap. III.2.1. 114 Vgl. die Abbildungen in Vom Großen Löwenhof zur Universität 2002, S. 35 – dort allerdings mit vertauschter Vorder- und Rückansicht, denn Bl. 5r ist rechts, Bl. 5v links abgebildet.

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ohne Lücke – das ist an den Parallelhandschriften zu überprüfen – fortgesetzt werden. Von dem im Register benannten lateinischen Text ist auf dem Bruchstück nichts zu erkennen. Dass er in der Innenspalte gestanden hätte, lässt sich angesichts der oberhalb des Schriftspiegels in der Blattrand noch in Resten erkennbaren, in eigener Farbe ausgeführten Überschrift och | gemeit ausschließen, die EHRISMANN überzeugend zu Das buoch gemeit zu ergänzen und als in Entsprechung zu Liber Facetus gebildete Textüberschrift zu lesen vorschlägt.115 Der lateinische Text kann nur vorangegangen oder, zumindest theoretisch, der Übersetzung gefolgt sein, wobei freilich eine Nachstellung des lateinischen Textes ganz ungewöhnlich wäre. Wahrscheinlicher ist, dass das Register ganz richtig, nämlich sehr präzise von einem facetus Cum nichil utilius [zuerst] zu latin vnd [dann anschließend] in tFtsch berichtet. Beachtenswert ist dabei nun, dass hier eine Übersetzung ins ›Hausbuch‹ übernommen wurde, der allein hier der lateinische Text mitgegeben ist, die hingegen andernorts – in den ›Facetus‹-Handschriften Got und Kar – nur in durchweg einsprachige Textgemeinschaften übernommen wurde. Überlieferungstypologisch stellt sich die ›Facetus‹-Übersetzung G damit genau zum Rumpf-›Cato‹: Hier wie dort handelt es sich um Übertragungen, die zuerst den einsprachigen Laien anvisieren, nicht aber den zweisprachigen Lateinschüler. Zufällig enthält die ›Facetus‹-Handschrift Kar neben dem deutschen ›Facetus‹ auch noch einen deutschen ›Cato‹. Keineswegs zufällig handelt es sich bei diesem eben um eine ›Rumpfübersetzung/-bearbeitung‹. Die oben angedeuteten Bedenken gegen eine Verbindung der ›Disticha Catonis‹ mit der ›Rumpfübersetzung/-bearbeitung‹ statt mit dem Zwettler ›Cato‹ sind also vom ›Facetus‹ her zu entkräften. Zu beachten ist dann freilich für den ›Cato‹ weiterhin, dass sich der lateinische und der deutsche Text des ›Cato‹ nicht in der Art der für den Lateinunterricht angefertigten Übertragungen eins zu eins entsprechen. Der Rumpf-›Cato‹ ordnet ja die Verse gegen die lateinische Vorlage, stellt von inhaltlichen Erwägungen geleitet Verse um, vernachlässigt Verse der Vorlage und ergänzt gegen sie. Für eine Parallelführung des lateinischen und deutschen Texten in zwei Spalten, oder gar für eine Einschaltung der deutschen Reimpaarverse in den fortlaufenden Verstext der lateinischen Vorlage, fehlen textseitig schlicht die Voraussetzungen. Wenn es die ›Rumpfübersetzung/-bearbeitung‹ war, die die ›Disticha Catonis‹ im ›Leone-Hausbuch‹ begleitete, ließ sich darbietungstechnisch einzig eine Nachstellung des deutschen Textes hinter den lateinischen realisieren – eine Nachstellung, wie sie oben bereits für das ›Facetus‹-Fragment als wahrscheinlich angenommen werden konnte. Auch für den ›Cato‹ des Leone-›Hausbuchs‹ _____________ 115 EHRISMANN 1885, S. 284f.

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kann demnach davon ausgegangen werden, dass das Register des zweiten Bandes die Verhältnisse im ersten Band sehr präzise benennt: [zuerst] DEr katho zu latin . vnd [anschließend] zF tFtsche. Die in ihrem Layout demnach höchstwahrscheinlich einheitlich gestaltete ›Cato‹/›Facetus‹-Partie, in der auf den vorangestellten lateinischen Text jeweils separat der deutsche folgte, ist Teil des zwischen 1345 und 1347 begonnenen Grundstocks des ›Hausbuchs‹. Sie steht in keiner engeren Verbindung zu den sie unmittelbar umgebenden Texten, die nicht mehr auf die lateinische Schulpraxis verweisen. Die lateinische Schulpraxis hat allenfalls die Anregung zur Zusammenstellung der beiden lateinischen Texte vermittelt, darf jedoch für ihre Übersetzungen ins Deutsche nicht mehr unmittelbar in Anspruch genommen werden. Ein Rumpf-›Cato‹ war Michael vermutlich ohne größere Suche zur Hand, der deutsche ›Facetus‹ in der vorliegenden Übersetzung vermutlich nur einer uns in ihren genauen Umrissen nicht mehr sichtbaren Würzburger Lokaltradition. Die Entscheidung für eine zweisprachige Darbietung zweier verbreiteter Unterrichtstexte schließlich stellt eine vom Ansinnen, ein »Lehr- und Lese-Buch für künftige Generationen«116 zusammenzustellen, angestoßene Eigenleistung des Michael de Leone dar. Denn damit betrat der Würzburger Protonotar Neuland. Die ersten Handschriften mit zweisprachiger Darbietung des ›Facetus‹ entstehen erst in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts (Jen, Fra).117 Was den deutschen ›Cato‹ anbelangt, so ließ sich die ›Rumpfübersetzung/-bearbeitung‹, weil immer nur einsprachig verbreitet, nicht als Vorbild nehmen. Der einzige vorangehende zweisprachige Zwettler ›Cato‹ hingegen führt in eine Handschrift, deren weiterer Inhalt der Schule durchaus fernsteht und keineswegs eingespielte Traditionen erkennen lässt, wie schriftliche Unterrichtsmaterialien ihren Lesern zweisprachig darzubieten gewesen wären. Im Gegenteil beschritt man im Zwettler ›Cato‹ sogar einen Weg, der sich später gerade nicht durchsetzte: Gesamtübersetzung und lateinischen Text in zwei parallelen Spalten nebeneinander her laufen zu lassen. Leones lateinisch-deutscher Textverbund führt also noch in eine Phase des Experimentierens mit verschiedenen Darbietungsformen des Lateinischen und Deutschen hinein. Er ist eben deshalb – sozusagen als »positiver« Beleg – überaus bedeutsam, weil gerade im Bereich der Überlieferung von Schultexten überall dort, wo zeitliche Vorgänge der Durchsetzung von Phänomen erfasst werden sollen, wegen der hohen Verlustquote von Handschriften prinzipiell schlecht _____________ 116 KORNRUMPF 1987, Sp. 499. Vgl. jetzt auch CHRISTA BERTELSMEIER-KIERST: Das Hausbuch des Michael de Leone. Zu Programm und Struktur der Sammlung. In: Würzburg, der Große Löwenhof und die deutsche Literatur des Spätmittelalters. Hg. von HORST BRUNNER. Wiesbaden 2004 (Imagines medii aevi 17), S. 199-210. 117 Siehe zum deutschen ›Facetus‹ den Überlieferungsüberblick im Anhang unter V.3.

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mit Nicht-Nachweisbarkeiten, die ja immer einfach auch auf Verlust beruhen können, argumentiert werden kann. Experimente glücken oder gehen schief. Den Protonotar wird es nicht gekümmert haben, dass sein Versuch zweisprachiger Textdarbietung elementarer Unterrichtstexte keine Nachfolge fand, denn er entstand im Rahmen auf das eigene Geschlecht gerichteter Hausüberlieferung,118 nicht für den institutionalisierten Lateinunterricht. Dieser geht schon deshalb einen anderen Weg, weil der Rumpf-›Cato‹ dort der vollständigen Erschließung der lateinischen Vorlage nicht dienen konnte. Überdies erscheint es für den Unterricht unpraktischer, den deutschen dem lateinischen Text in Gänze nachzuordnen, als die deutschen Reimpaare auf der handschriftlichen Seite jeweils dort zu platzieren, wo sie der Erschließung ihrer lateinischen Pendants unmittelbar dienen, also jeweils im unmittelbaren Anschluss an die lateinischen Verse. (Auch das Zwettler Modell erscheint in dieser Hinsicht, weil das Auge zwischen den Spalten hin- und herspringen muss, noch unausgereift.) Im Lateinunterricht wird sich vielmehr die alternierende Darbietung durchsetzen, in der lateinischer und deutscher Text sich jeweils über kurze Strecken abwechseln – dies aber erst nach der Anlage des ›Hausbuchs‹. Der Beleg aus dem Leone-›Hausbuch‹ hält noch einmal bewusst, dass die Verzahnung des deutschen mit dem lateinischen Text nicht weniger erforderte als den lateinischen Ausgangstext gleichsam aufzusprengen. Dafür brauchte es eines drängenden praktischen Anstoßes, eines breiter einsetzenden Verlangens nach systematisch und auch in schriftlicher Form zugänglichen Erschließungshilfen des Textstudiums in der Volkssprache. Die nur auf das eigene geslecht gerichteten Intentionen des Würzburger Protonotars Michael de Leone hingegen erscheinen gegenüber solchen Anstößen als ein zu schwacher Motor für Innovationen größerer Reichweite.

_____________ 118 Einschlägig ist eine dem Register vorangestellte Vorbemerkung, die den Doppelband iedem von sinem geslecht. der danne den selben hoff [sc. den Löwenhof, M. B.] innehat (Bl. 1va) überantwortet.

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2. Von der gesprochenen zur geschriebenen Unterrichtssprache: Die Aufnahme des Deutschen in den Trivialunterricht seit der Mitte des 14. Jahrhunderts 2.1 Ein mittelfränkisches Erstlesebuch: Der ›Niederrheinische Cato‹ Eines der beiden ersten zweisprachigen Erstlesebücher im deutschen Sprachraum entsteht im Mittelfränkischen, bleibt auch in seiner späteren Verbreitung an diesen Raum gebunden und setzt sich aus einem lateinisch-deutschen ›Cato‹ und einem lateinisch-deutschen ›Facetus Cum nihil utilius‹ zusammen. Den deutschen ›Cato‹-Anteil hat zuerst ZARNCKE als Übersetzung von eigener Qualität gekennzeichnet – freilich nur in einem Anhang, der drei Übersetzungen vermeintlich niederdeutscher Herkunft »beiläufig«119 sichtet. Von diesen verdient allein der ›Cato‹ Stephans von Dorpat, ZARNCKEs »älteste rein niederdeutsche Übersetzung«,120 mit Recht diese Bezeichnung. Bei der Übersetzung »in zwielichtem dialecte«121 war sich schon ZARNCKE selbst, wie bereits seine Benennung anzeigt, der Zuordnung nicht sicher. Seine »jüngere rein niederdeutsche übersetzung«122 schließlich hat sich später als niederrheinischer, genauer mittelfränkischer Herkunft erwiesen.123 Von den genannten drei Übersetzungen war die mittelfränkische die erfolgreichste. Wenn ZARNCKE ihr gleichwohl nur zwei Druckseiten gewidmet hat, so musste ihm dies zumal im Vergleich zum Erfolg der ›Rumpfübersetzung/-bearbeitung‹ gerechtfertigt erscheinen. Denn hier konnte der ›Niederrheinische Cato‹ mit dem einzigen seinerzeit bekannten Textzeugen N-Ber 2 nur als quantité negligéable aufgefasst werden. In welchem Umfang 1852 bereits knapp vermerkte Druckausgaben124 ihr zuzurechnen waren, wusste ZARNCKE nicht, und ebensowenig, dass mit einer von ihm dann noch aus dem Auktionskatalog des Frankfurter Büchersammlers Georg Kloss nachgetragenen Handschrift125 bereits ein zweiter Zeuge aufgeführt war. _____________ 119 120 121 122 123

ZARNCKE 1852, S. 154. ZARNCKE 1852, S. 154. ZARNCKE 1852, S. 152. ZARNCKE 1852, S. 160. Vgl. GRAFFUNDER 1897a, S. 13. Angesichts der gegenüber GRAFFUNDER verdoppelten Zahl der Textzeugen bedarf die über die plausible Verortung des Entstehungsraums ins Mittelfränkische hinausgehende Festlegung GRAFFUNDERs auf das Jülichgau (vgl. GRAFFUNDER 1897a, S. 11-15, hier besonders S. 14f.) neuer Prüfung. Das gilt ebenso für das Textstemma (vgl. GRAFFUNDER 1897a, S. 6-11). 124 Vgl. ZARNCKE 1852, S. 162. 125 Vgl. ZARNCKE 1852, S. 170 (N-Ber 1).

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Die einzige Edition kritischen Anspruchs hat 1897 GRAFFUNDER erstellt und zugleich den schmalen Bestand ZARNCKEs um die zwei Handschriften N-Ber 1 und N-Wol vermehrt. Ihrem Herausgeber entging dabei freilich die Identität des Berliner Ms. germ. fol. 1060 mit ZARNCKEs Kloss-Handschrift,126 und der bereits 1834 von WILHELM GRIMM notierte127 älteste vollständige Textzeuge N-Kas aus Kassel wurde erneut übersehen. Immerhin konnte nun aber mit N-Dr 1 und N-Dr 3 bis N-Dr 6 ein Großteil der Druckausgaben erfasst werden. Nimmt man nun weiterhin das von FRANCK bereits 1900 nachgetragene, seither aber weithin in Vergessenheit geratene Kölner Bruchstück128 N-Koe und das von HENKEL ergänzte, seiner Textgruppe lediglich noch nicht zugeordnete Frankfurter Fragment129 N-Fra hinzu sowie auf der Seite der Drucke die GRAFFUNDER noch unbekannte, auf der Grundlage des GW von WORSTBROCK 1976 ergänzte zweite Auflage des Guldenschaff-Drucks N-Dr 2 und schließlich den auf Grundlage des VD 16 von SCHMITZ 1990 ergänzten Nachzügler N-Dr 7 von 1570, dann erscheint der ›Niederrheinische Cato‹ mit sechs erhaltenen Handschriften130 und sieben Druckausgaben nicht mehr, wie bei ZARNCKE, als gänzlich isolierte Unternehmung, sondern im Gegenteil als ein durchaus erfolgreiches Unterfangen von vor allem zeitlich gesehen beträchtlicher Reichweite. Die Handschriften und Drucke des ›Niederrheinischen Cato‹ zeigen ein überaus eigentümliches, nämlich einerseits zeitlich ausgesprochen ausgreifendes, andererseits aber geographisch recht eingegrenztes Verbreitungsprofil. Mit einer gewissen Verzögerung gegenüber der Textentstehung – GRAFFUNDER datiert die Übersetzung aus sprachlichen Gründen auf um 1300, KESTING im Verfasserlexikon etwas zurückhaltender, aber in der Tendenz sicher zutreffender, »vor 1350«131 – setzt die erhaltene _____________ 126 GRAFFUNDER 1897a, S. 4 (N-Ber 1 als Handschrift A) und S. 6 (Kloss’ Handschrift). 127 Vridankes Bescheidenheit. Hg. von WILHELM GRIMM. Göttingen 1834, S. VIII. 128 FRANCK 1900, S. 119-123. Ein Jahr später ließ FRANCK (1901) eine knappe Auswertung für die Textkritik folgen. Weder HARMENINGs Nachträge (1970) noch der Artikel im Verfasserlexikon von KESTING (1978) noch GREBE (1982) erwähnen die Kölner Fragmente. Vgl. aber MITZKA 1929, S. 7. 129 HENKEL 1988, S. 230. 130 Für die nachträglichen Verbesserungen des lateinischen wie des deutschen Textes in NBer 2 nimmt GRAFFUNDER 1897a, S. 5, zudem die Benutzung einer zweiten Vorlage an, der er die Sigle b zuweist. 131 GRAFFUNDER 1897a, S. 15; KESTING 1978, Sp. 1194f. Der Datierungsansatz zur Jahrhundertmitte hin liegt näher am Einsatz der Überlieferung. Eingedenk der bei Michael de Leone noch um die Jahrhundertmitte ungelösten Layoutprobleme in der Verbindung von lateinischem und deutschem Text möchte man deren Klärung im Mittelfränkischen zeitlich nicht allzuweit voran gehen lassen, sondern eher in Nähe zu ebenso erfolgreichen Bestrebungen setzten, wie sie im letzten Viertel des 14. Jahrhunderst dann am ›Schlesischen Cato‹ – siehe dazu das nachfolgende Kapitel – sichtbar werden. Generell sollte an der Datierung

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Überlieferung mit N-Fra in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts ein. Handschriftlich tradiert wird der Text bis ins 16. Jahrhundert hinein (NBer 1 ) und dann sogar bis ins dritte Jahrhundertviertel hinein gedruckt (NDr 7 ). Die durchweg Kölner Herkunft der Drucke belegt aber eine demgegenüber in räumlicher Hinsicht eher begrenzte Verbreitung. Das gilt für die Handschriften ebenso. N-Ber 1 gehört ins Ripuarische, N-Ber 2 wurde nur wenig nordöstlicher, in Werden an der Ruhr, wenn nicht sogar geschrieben, dann nach Ausweis eines Besitzeintrags (liber sancti luytgheri in werden) doch zumindest aufbewahrt und wohl auch benutzt. Weiter nördlich ging in Wesel Peter van Zirn, Schreiber und Besitzer von NWol,132 seinem Amt als deutscher Schulmeister nach. In den ripuarischen/westniederdeutschen Raum wird auch die Kasseler Handschrift von der Forschung lokalisiert, ferner das Kölner Fragment an den Niederund das Frankfurter an den Mittelrhein. Das spezifische Überlieferungsprofil des ›Niederrheinischen Cato‹ erklärt sich aus dem vollständigen Ausfall konkurrierender Übersetzungstraditionen im fraglichen Raum. Der ›Niederrheinische Cato‹ war hier die _____________ auf ein Jahrzehnt früher oder später freilich weniger hängen als an der Markierung des die fraglichen Jahrzehnte übergreifend charakterisierenden Umgangs mit der Volksprache. So mag eine Layout-Innovation wohl zu einem bestimmten Zeitpunkt ein erstes Mal von einer Einzelperson angewandt worden sein. Die Voraussetzungen hingegen für entsprechende Innovationen und ihre Durchsetzung schaffen überindividuelle Rahmenbedingungen. Im Blick auf diese kommt es nicht primär darauf an, ob Stephan von Dorpat bereits auf den – damit also älteren – ›Niederrheinischen Cato‹ zurückgreifen konnte, wie GRAFFUNDER an Entlehnungen nachweisen möchte (1897, S. 9f.), oder ob solche Verbindungen – wie MITZKA demgegenüber betont (1929, S. 8f.) – abzulehnen sind, sodass der ›Niederrheinische Cato‹ also durchaus jünger als derjenige Stephans sein kann. Vermerkt sei jedoch, dass ZATOČILs erneute Parteinahme für GRAFFUNDER auf unsicherem Grund steht (1935, S. 68f.). Denn die angeführten Übereinstimmung im Reim (V. 455f. gelympe : beschympe bzw. V. 520f. limpe : beschimpe bei Stephan) findet sich nämlich auch zum ›Schlesischen Cato‹, den ZATOČIL selbst als Parallele anführt. Die entsprechende Wortwahl lag also überregional und damit vom Lateinischen her (III,7) nahe – mag es dabei auch nicht wörtlich wiedergegeben worden sein. GOEDEKE setzt – ohne Angabe von Gründen – beide Übersetzungen als unabhängig voneinander und diejenige Stephans als älter an: GOEDEKE 1884/86, Bd. 1, S. 166. 132 Die Niederschrift des ›Cato‹ wird freilich von der Forschung weiter im Süden angesiedelt. Es scheinen untypische Schreibungen durch, die GRAFFUNDER 1897a, S. 5, en passant ins Oberfränkische und Thüringische weist. FRANKE schließt ersteres entschieden aus, erwägt allerdings nach wie vor Niederschrift in Thüringen. Herleiten kann sie das aber allein aus der Mitüberlieferung von Briefmustern entsprechender Herkunft und einer generell südlicheren Schreibsprache Peters van Zirn. Beides zusammen lässt sie auf eine thüringische Lehrzeit des deutschen Schulmeisters schließen (FRANKE 1932, S. 20, 116-125). Der kodikologische Befund lässt sich mit FRANKEs biographischen Vermutungen allerdings nicht plan zur Deckung bringen: Die thüringische Briefmustergruppe erscheint in der Wolfenbütteler Handschrift nämlich nicht en bloc (und auch nicht am Anfang), sondern über mehrere Stellen verteilt. Der ganze Zusammenhang verdiente eine neue Untersuchung, die am ehesten von der Genese der Wolfenbütteler Handschrift auszugehen hätte.

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einzige überhaupt zur Verfügung stehende Übersetzung, sodass, wer sich keinen neuen Text erarbeiten wollte, nur auf diesen zurückgreifen konnte. Allenfalls für den Süden seines Verbreitungsgebiets könnte man partielle Überschneidungen mit dem ›Zwielichten (rheinfränkischen) Cato‹, der aber nur sehr punktuell bekannt gewesen zu sein scheint, und mit der ›Rumpfübersetzung/-bearbeitung‹, die aber prinzipiell andere Benutzerkreise anvisierte,133 in Betracht ziehen. Selbst der die literarische Landschaft dann zunehmend vernetzende Buchdruck ändert an diesen restringierten Verhältnissen wenig. Bis ins Ende des 16. Jahrhunderts hinein erscheint in Köln, einem Zentrum des Buchdrucks der ganzen Region, nur einmal eine andere als die mittelfränkische Übersetzung, nämlich um 1502 bei Hermann Bungart der ›Cato‹ Sebastian Brants in SB-Dr 6.134 Hier waren dem überregionalen Austausch von Texten wohl von den gemeinmittelalterlichen kommunikativen Infrastrukturen her Hürden,135 aber auch spezifisch sprachliche Barrieren aufgebaut, die den Transfer von Übersetzungen aus benachbarten Regionen in das Ripuarische unökonomisch erscheinen ließen. Es lag nun allerdings nicht in der Konsequenz dieser Rahmenbedingungen, dass die verschiedenen Gebrauchszwecke, die doch immer nur von ein- und demselben Text bedient werden mussten, zu entsprechend tiefgreifenden Umarbeitungen dieses Textes geführt hätten. Wohl aber war – der Textanpassung gleichsam vorgelagert – eine differenzierend aufgefächerte äußere Aufbereitung dieses schmalen Angebots die Folge. Daher warten die sechs Handschriften des ›Niederrheinischen Cato‹ mit einem, im Vergleich zum ›Cato‹ Stephans von Dorpat etwa oder zum ›Schlesischen Cato‹, relativ breiten Spektrum verschiedener Darbietungsformen auf. Wie vor dem eingespielten Gebrauchshintergrund der lateinischen ›Disticha Catonis‹ zu erwarten, wurde auch der ›Niederrheinische Cato‹ für den Lateinunterricht hinzugezogen. In diesen Fällen ist der lateinische Text stets beigegeben. Das Frankfurter Fragment weist sich, wenn nicht schon durch seine Fragmentierung als Folge des Verbrauchs im Gebrauchs, dann durch das minderwertige, löcherige Pergament und durch die Kritzeleien, Federproben und Schreibübungen als Überrest einer zweisprachigen Unterrichtshandschrift aus (vgl. Abb. 22). Zwar nicht schon unmittelbare Unterrichts-, aber immerhin doch relative _____________ 133 Siehe unten Kap. III.2.4 bzw. oben Kap. III.1.1. 134 Siehe unten Kap. III.5. 135 Vgl. KLAUS GRUBMÜLLER: Über die Bedingungen volkssprachlicher Traditionsbildung im lateinisch dominierten Mittelalter. In: Historische Mehrsprachigkeit im europäischen Mittelalter (im Druck).

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Abb. 22: Frankfurt/M., Stadt- und Universitätsbibliothek, Fragm. germ. III 4, Bl. 2v/1r – Bruchstück des ›Niederrheinischen Cato‹

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Schulnähe wird ferner durch die Begleitung des ›Niederrheinischen Cato‹ durch den ebenfalls lateinisch-deutschen ›Facetus Cum nihil utilius‹ erwiesen, der – wie der ›Cato‹ – im durchweg engen Zeilenabstand dargeboten wird und in dem – wie im ›Cato‹ – auf je zwei lateinische Verse regelmäßig vier deutsche Reimpaarverse folgen. Der Trägerband, aus dessen Buchdeckeln das Bruchstück herausgelöst wurde, befand sich im Besitz der Frankfurter Dominikaner. Ob die ganze Handschrift zuvor dem dominikanischen Hausstudium gedient hat, lässt sich nur vermuten.136 Nachweislich monastischem Verwendungzusammenhang entstammt hingegen N-Ber 2. Das schmale Heftchen von 24 Blättern Umfang befand sich nach Ausweis eines Besitzeintrages im 15. Jahrhundert bei den Werdener Benediktinern. Es bietet den ›Cato‹ in der gleichen Einrichtung wie das Frankfurter Bruchstück dar. Kommentierung und Glossen fehlen auch hier; nur auf den ersten Seiten wurden einige überwiegend auf die moralische Verhaltenslehre gerichtet Marginalien in lateinischer Sprache, vor allem aber Textverbesserungen angebracht. Auf Nutzung im Bereich geistlich-monastischer Unterweisung weisen über den Besitzeintrag hinaus der an den ›Cato‹ anschließende Marien-Rosenkranz und die für den Einband verwendeten Bruchstücke. Obschon sich über den Erhaltungszustand und die Texteinrichtung hinaus keine weiteren Indizien mehr dafür anbringen lassen, wird dem Frankfurter Bruchstück und dem Berliner Heftchen schließlich auch das wohl im wiederholten Gebrauch abgenutzte Kölner Fragment an die Seite zu stellen sein, dessen Texteinrichtung – strapazierfähiges schlichtes Pergament, Beigabe des lateinischen Grundtextes, der deutsche Text im regelmäßigen Wechsel nachgeordnet, engzeilige Aufzeichnung ohne Raum für weiteren texterläuternden Apparat – denselben Typ des schlichten Textheftes für den einfachen Lateinunterricht anzeigt, der damit gleich in zwei der drei Handschriften des 14. Jahrhunderts sichtbar wird.137 Den durchaus seltenen Fall des zwar sicher nicht regelmäßig unmittelbar im Unterricht benutzten – dafür fehlen die Gebrauchsspuren –, aber doch in den Händen eines deutschen Schulmeisters nachzuweisenden Textes bietet die Wolfenbütteler Handschrift aus dem Besitz Peters van Zirn. Die Textdarbietung hebt sich von den bisher genannten Beispielen charakteristisch in mehrfacher Hinsicht ab. Zum einen fehlt der lateini_____________ 136 Vgl. zum elementaren Grammatikunterricht der Dominikaner BURKHARD HASEBRINK: Latinität als Bildungsfundament. Spuren subsidiärer Grammatikunterweisung im Dominikanerorden. In: Schulliteratur im späten Mittelalter 2000, S. 49-76. 137 Eine Besonderheit des Kölner Bruchstücks liegt in der stellenweise fortlaufenden Aufzeichnung der deutschen Verse. Damit ließ sich kostbarer Schreibraum einsparen. Verzichtet wird dafür auf eine didaktisch ökonomischere Orientierung über die Bezüge zum lateinischen Haupttext. Ein entsprechendes Layout darf in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts offenbar nicht als Standard vorausgesetzt werden.

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sche Grundtext. Das entspricht der Konzentration der Zirn’schen Lehrtätigkeit auf den elementaren Schreib- Lese- und Rechenunterricht in der Volkssprache.138 Zum weiteren sind jeweils immer gleich zwei deutsche Verse in eine Textzeile aufgenommen. Das verweist auf ein größeres Interesse an ökonomischer Platzausnutzung denn an schneller Orientierung im Text vor Ort im Unterricht. Zirns Handschrift war als Textspeicher und für einen individuellen Leser, nicht für einen Vorleser gedacht. Drittens ist der ›Cato‹ statt in ein schmales Heft in eine voluminöse Materialsammlung aufgenommen. Diese steht zwar, wie die Mitüberlieferung erweist, in großer Nähe zum Unterricht. Aber es handelt sich bei ihr keinesfalls um eine hochfrequent genutzte Unterrichtshandschrift,139 sondern eher um ein Lehrerhandbuch.140 Wie die Frankfurter und Kölner Fragmente und das Berliner Heftchen verzichtet allerdings auch Zirn auf eine weitergehende Erschließung seines ›Cato‹ durch Glossen oder Kommentare. Auf diese und dazu auf den lateinischen Bezugstext verzichtete der Schreiber der Kasseler Handschrift, deren kleinformatige äußerliche Aufmachung wie ein Gebets- und Andachtsbuch ganz auf die erbaulichlehrhafte, allgemeine »Lebenshilfe«, auf die individuelle Lektüresituation des Laien zielt.141 Es ist bezeichnend, dass nicht einmal mehr die Verse abgesetzt wurden.142 Von Anfang an war eher auf eine sukzessive voranschreitende, stille Privatlektüre längerer Textabschnitte statt auf die schnelle Konsultation einzelner ausgewählter Lehrsätze gezielt. Entsprechend lässt die Mitüberlieferung – der ›Cato‹ wird vom deutschen ›Facetus Cum nihil utilius‹, einem deutschen ›Contemptus mundi‹, Freidanks ›Bescheidenheit‹ und dem deutschen ›Lucidarius‹ begleitet – keinen unmittelbaren Bezug zu einem mehr oder minder institutionalisierten Unterricht im engeren Sinne, zum Trivialunterricht oder zur »Deutschen Schule« erkennen. Der schulische Gebrauchsraum scheint lediglich noch vermittelt in der Kombination von ›(Niederrheinischem) Cato‹ und ›Facetus‹ durch, welche aus der benutzen Vorlage zu erklären ist und nicht als Indiz für Unterrichtsnähe genommen werden darf. Wie in der Kasseler Handschrift zeigt der Verzicht auf den lateinischen Text auch in der zweiten Berliner Handschrift, dem Ms. germ. fol. 1060, Distanz zu einem geregelteren Trivialunterricht an. Allerdings wird _____________ 138 Vgl. BLEUMER 2000, S. 87. 139 Vgl. die dahingehende – auf FRANKEs zu direkte Auswertungen der Wolfenbütteler Handschrift für die Unterrichtspraxis zielende – Einschränkung bei BLEUMER 2000, S. 83 Anm. 26. 140 Vgl. NIKOLAUS HENKEL: Peter van Zirn. In: VL, Bd. 7, Sp. 464-466. 141 Vgl. die zusammenfassende Kennzeichnung bei HENKEL 1988, S. 151-153. 142 Vgl. die Abbildung von Bl. 41v-42r bei HENKEL 1988, S. 153.

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der Bezug zum Grundtext visuell noch präsent gehalten. Die Vorlage dürfte, ähnlich wie in den Frankfurter und Kölner Fragmenten und im Berliner Ms. germ. quart 579, lateinische und deutsche Verse im Wechsel enthalten haben: Im Berliner Ms. germ. fol. 1060 sind die Verse durchweg abgesetzt, und die je einem lateinischen Hexameterpaar entsprechenden Textblöcke von jeweils vier Reimpaarversen sind durch Alineazeichen und Majuskeln markiert. Ferner sind an zwei Stellen drei lateinische Textstückchen stehen geblieben, die sogar in roter Auszeichnungsschrift hervorgehoben werden. Zur mit dieser Form der Textaufbereitung für den ›Niederrheinischen Cato‹ anvisierten Nutzung lässt sich über ihre relative Unterrichtsdistanz und die ganz unspezifische, allgemeine Qualifizierung als »erbaulich-lehrhafte Lektüre« hinaus nichts Sicheres mehr sagen. Mittelalterliche Vorbesitzer des Bandes sind keine bekannt, und auch vom ursprünglichen Überlieferungskontext seines ›Cato‹ – die Blätter waren sehr wahrscheinlich einmal Teil eines größeren Buchverbunds – weiß man nichts. In der unspezifischen Textdarbietung freilich trifft sich der erst gegen Ende des 15., Anfang des 16. Jahrhunderts niedergeschriebene ›Cato‹ mit den späteren Drucken. Denn während die beiden ältesten Ausgaben Guldenschaffs (N-Dr 1 und N-Dr 2) neben dem lateinischen ›Cato‹ noch einen lateinisch-deutschen ›Facetus Cum nihil utilius‹ bringen und mit ihren großzügigen Seitenrändern und den Leerzeilen zwischen den im Wechsel dargebotenen lateinischen und deutschen Partien ein auf handschriftliche Nachträge berechnetes Schulbüchlein bieten,143 ferner der Landen-Druck 1498 (N-Dr 3) den ›Niederrheinischen Cato‹ zwar ohne ›Facetus‹, aber immerhin noch zweisprachig an den Käufer zu bringen sucht,144 verzichten seit 1500 alle Kölner Drucker des ›Niederrheinischen Cato‹ auf die Beigabe der lateinischen ›Disticha‹. _____________ 143 Vgl. die Abbildung von Bl. 1r bei BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 538. 144 Vgl. die Faksimile-Ausgabe von GREBE 1982. GREBEs Vermutung, der Landen-Druck sei wahrscheinlich für ein »anspruchsloses Leserpublikum« (S. 16) bestimmt gewesen, wird mit unzutreffenden Vorstellungen von der Perfektibilität lateinischer Unterrichtstexte und von einem entsprechend genauen Zusammenspiel mit dem deutschen Pendant begründet. Beides erreiche Landens lücken- und fehlerhafter ›Cato‹ von 1498 nicht, sodass die Ausgabe deshalb »als Unterrichtswerk untauglich« und »nicht [...] als Unterrichtsfibel gedacht« gewesen sein könne (ebd.). Wenn zum Vergleich auf Quentells kommentierte Universitätsdrucke verwiesen wird, ist das für den Elementarunterricht jedoch der falsche Vergleichsmaßstab. Und dass die Breves sententiae in unregelmäßiger Folge geboten werden, ist schlicht Folge des Vergleichs mit der kritischen Ausgabe von BOAS: So bunt wie der Landen-Druck ordnen im Prinzip alle Handschriften und Drucke dieses ›Cato‹ ihre Sentenzen. Zudem ist zwischen dem Sentenzen- und dem Distichenteil zu unterscheiden, wobei letzterer ganz konventionell geordnet erscheint und damit den Nutzen des Hauptteils für den Unterrichtseinsatz sichert. Die Unregelmäßigkeiten im Sentenzenteil hingegen beruhen auf dem Versuch Landens, seine Ausgabe platzsparender zu gestalten, indem für einzelne deutsche Versgruppen auf die Voranstellung der lateinischen Sentenz verzichtet wurde und/oder statt Zweiversgruppen größere lateinische Versgruppen gebildet wurden. Die er-

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Der regelmäßige Verzicht auf den lateinischen Text in der jüngsten Handschrift und in den späteren Drucken sollte nicht annehmen lassen, hier komme eine Tendenz zur Ablösung des zielsprachlichen deutschen vom ausgangssprachlichen lateinischen Text, quasi die Tendenz zur autonomen Existenzform der Volkssprache, die der Stütze des Lateinischen nicht mehr bedürfe, an ihr Ziel. Eine solche genetische Sichtweise, das lehrt das Kasseler Beispiel, wäre einseitig. Die Separierung des volkssprachigen vom lateinischen Text ist eine schon sehr viel früher als im beginnenden 16. Jahrhundert gegebene Möglichkeit. Angemessener erscheint es demgegenüber, von einem schon von früh an breiteren Spektrum von Aufbereitungsformen des ›Cato‹ auszugehen, das als Möglichkeit immer auch die Ablösung vom Lateinischen beinhaltete. Erst unter dieser Prämisse lässt sich dann sinnvoll danach fragen, ob von bestimmten – z. B. auf das Lateinische verzichtenden – Formen auf lange Sicht zunehmend häufiger als von anderen Gebrauch gemacht wird. Nun ist eine solche Tendenz nachzuweisen die Datenbasis im Falle des ›Niederrheinischen Cato‹ viel zu schmal. Unabhängig von dieser methodischen Einschränkung hinsichtlich einer evolutionären Interpretation der Befunde bleibt aber die Frage nach besonderen Affinitäten des ›Niederrheinischen Cato‹ zu bestimmten Darbietungs- und Gebrauchsformen legitim, die am Anfang seiner Tradierung gestanden haben könnten oder doch zumindest früh und prägend gewirkt haben. Hier geben nun folgende Beobachtungen weiter Aufschluss: Zum einen erfasst der deutsche Text die lateinischen Verse in Bestand und Reihenfolge prinzipiell vollständig, d. h. er ist prinzipiell für den Lateinunterricht geeignet. Andererseits ist auf einen eigenen Epilog, wie ihn andere Übersetzungen – die ›Rumpfübersetzung/-bearbeitung‹, Stephans _____________ reichte Verteilung stellt sich wie folgt dar: b.s. 1f., 4f. + deutsche Verse zu 1-4, 17, 5, 16; b.s. 6, 9 + deutsche Verse zu 6, 9; b.s. 7f., 10 und Minori parce + deutsche Verse zu 7f., 12, 10, 47; b.s. 15, 18, 22, 20, 25 + deutsche Verse zu 15, 13, 18, 22, 20, 25; b.s. 21, 19, 32, 34 + deutsche Verse zu 19, 24, 32, 43; b.s. 36f., 27f., 29, 39 + deutsche Verse zu 36f., 27f., 29, 39; b.s. 42f., 49 + deutsche Verse zu 40f., 49; b.s. 31, 30, 50 > deutsche Verse zu 31, 54, 30; b.s. 55f. + deutsche Verse zu 50, 52, 55. Die Reihenfolge der deutschen Verse ist bis auf den Ausfall des Abschnitts zu b.s. 21, 23 und 11 (der mechanisch erfolgt sein kann, denn die lateinische Sentenz b.s. 21 berücksichtigt Landen in der Gruppe b.s. 21, 19, 32, 34 durchaus) genau die gleiche wie im Schuldruck N-Dr 1. Man muss Landen in der Hinzufügung eigener Zwischenüberschriften sogar ein besonderes Bemühen um etwas mehr Übersichtlichkeit zuschreiben. Vor I,1 fügt er hinzu Pura mente deum ama, vor I,22 Quod mors non sit formidanda, vor I,25 De verborum simplicitate, vor I,29 De rerum estimatione, vor I,30 Jlla caueto que alios cauenda docuisti, vor II,5 De sumptuum et expensarum honestate. Diese Tituli sind aus einem Druck der zweiten Fassung des ›Cato‹-Kommentars Roberts von Euremodio übernommen: s. u. Exkurs 4 zu den lateinischen ›Cato‹Kommentaren.

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von Dorpat ›Cato‹ und der ›Zwielichte Cato‹ – kennen, verzichtet.145 Nur der Prolog ist Zutat. Er beschränkt sich auf knappste sowie zumindest teilweise (V. 6-8, vgl. pr. 1-4) aus der Vorlage abgeleitete Informationen: Catho was eyn vromer man, Die sich der wysheit wail versan. Ind was zo Rome in eren grois; Mer do hie sach die werelt blois van duichden, seden ind van zuichten, Do begunde hie sere zo suichten Vmb eynen son, den hadde hie do; Den leirde hie ind sprach also:

[ed. GRAFFUNDER 1897a, V. 1-8]

Zum zweiten sollte neben dem deutschen offenbar immer auch der lateinische Text benutzt werden. Das wird von der Hälfte der erhaltenen Handschriften und den ältesten drei Drucken direkt bestätigt. Die Gegenbeispiele fallen nur sehr bedingt ins Gewicht. In der Kasseler Handschrift ist die Ausblendung der lateinischen Grundtexte überhaupt Prinzip.146 Für den deutschen Schulmeister Peter van Zirn lag der Verzicht auf den Grundtext von seiner Profession her nahe. Das Ms. germ. fol. 1060 steht bereits den späteren Drucken nahe, die diese Lizenz generell breiter nutzen, wobei allerdings die drei irrtümlich belassenen lateinischen Sentenzen und die Textgliederung in Vierversschritten noch auf die Vorlage mit der älteren Darbietungsform verweisen. Kurzum: Die Begleitung des ›Niederrheinischen Cato‹ durch die ›Disticha‹ war die für ihn von früh an angezielte Ausgangsform seiner Weitergabe. Drittens: Nichts weist darauf, dass je die Beigabe eines lateinischen Kommentars beabsichtigt war. Damit wäre ein ganz anderes Unterrichtsniveau anvisiert, als es der Verfasser des ›Niederrheinischen Cato‹ im Blick hatte. Noch ein weiteres Indiz verweist seine Übersetzung nämlich in den Bereich des beginnenden Trivialunterrichts, dem ein schlicht gestaltetes zweisprachiges Elementarlesebuch bereitgestellt werden sollte: die Kom_____________ 145 Die bei GRAFFUNDER 1897a, S. 34, abgedruckten fünf Schlussverse aus N-Ber 1 sind wohl späte Zutat. Das geht u. a. aus den stellenweise wörtlichen Parallelen zu den Schlussversen des Kruffter-Drucks N-Dr 5 hervor. Alle anderen vollständigen Handschriften enden mit der deutschen Entsprechung zum letzten lateinischen Distichon IV,49. Bei dem Reimpaar in der Wolfenbütteler Handschrift Peters van Zirn (Hie hat dys boich eyn ende | Got vns synen heilghen fryden sende Amen) handelt es sich demgegenüber sicher um ad hoc gebildete Schreiberverse. 146 Ebenso wie der ›Cato‹ sind der ihm nachfolgende ›Facetus‹ und der ›Contemptus mundi‹ Übersetzungen aus dem Lateinischen. Freidanks ›Bescheidenheit‹ zählt zu den wenigen ursprünglich deutschen Texten, die im Umfeld der Schule den Weg ins Lateinische gefunden haben und den man also ebenfalls zweisprachig hätte aufnehmen können. Der ›Lucidarius‹ mag schon dem Titel nach – von den im Text verarbeiteten Quellen ganz abgesehen – einen wesentlich lateinischen Wissenshorizont aufgerufen haben. Der Reputation dieses Horizonts bedient sich die Textzusammenstellung der Kasseler Handschrift für die Laienlektüre ganz offensichtlich planmäßig.

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bination des ›Cato‹ mit dem ›Facetus Cum nihil utilius‹. Sie ist zwar schon in der lateinischen Überlieferung der ›Disticha Catonis‹ häufig anzutreffen und kann daher von Handschrift zu Handschrift immer auch ad hoc neu hergestellt sein, ohne dass eine spezielle Buch-Tradition im Hintergrund gestanden haben müsste. Aber von den sechs Handschriften bieten sie immerhin zwei der drei ältesten (N-Fra, N-Kas) sowie dann die beiden ersten der sieben Drucke (N-Dr 1, N-Dr 2). Besonderes Gewicht kommt der bereits von SCHRÖDER bemerkten Tatsache zu, dass stets – und zwar auch im SCHRÖDER noch unbekannten Frankfurter Fragment – dieselbe Übersetzungsfassung K des ›Facetus‹ verwendet ist.147 (Für die fragmentarische Überlieferung im Kölner Bruchstück bleibt eine ursprüngliche Verbindung des ›Cato‹ mit diesem ›Facetus‹ immerhin zu erwägen.) Von der weithin seine Verwendung mehr oder minder prägenden, vermutlich ursprünglichen Aufbereitungsform des ›Niederrheinischen Cato‹ kann man sich danach ein recht präzises Bild machen. Es handelt es sich um eine Übersetzung, die sowohl mit den lateinischen ›Disticha Catonis‹ gemeinsam als auch im Verbund mit einem lateinisch-deutschen ›Facetus Cum nihil utilius‹ benutzt werden sollte. Ihre Reimpaarverse bot sie im regelmäßigen Wechsel mit den lateinischen Hexameterdistichen. Auf jede weitere Erschließung des lateinischen Textes wurde verzichtet. Mit dieser schlichten Aufbereitung war eher auf eine elementare denn auf eine fortgeschrittenere Form von Lateinunterricht gezielt. Ihre Schlichtheit hielt sie freilich zugleich nach zwei Seiten hin flexibel. Einmal bestand immer die Möglichkeit, durch größeren Zeilenabstand auf einfachem Wege Platz für interlineare Erläuterung zu schaffen – handschriftlich ist dies nicht, in Variation jedoch durch die Guldenschaff-Drucke von 1482/83 belegt, die auf solche manuellen Ergänzungen angelegt sind – oder durch breiten Rand Platz für Marginalien – wie im Ms. germ. quart 579 partiell belegt. Zum anderen ließ sich der deutsche Text ganz umstandslos aus seinem zweisprachigen Ensemble herauslösen und unterrichtsferneren Lektüreinteressen zuführen – belegt in Kassel, im Ms. germ. fol. 1060 und in den späten Drucken N-Dr 4 bis N-Dr 7.148 2.2 Ein ostmitteldeutsches Erstlesebuch: Der ›Schlesische Cato‹ Wiederum auf ein zweisprachiges Erstlesebuch, das sich wiederum aus einem lateinisch-deutschen ›Cato‹ und einem lateinisch-deutschen ›Facetus Cum nihil utilius‹ zusammensetzt, führt auch der nach seinem im Ost_____________ 147 Vgl. SCHRÖDER 1911, S. 171-199. 148 Siehe zur späten Drucküberlieferung des ›Niederrheinischen Cato‹ unten Kap. III.7.1.

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mitteldeutschen gelegenen Verbreitungsgebiet benannte ›Schlesische Cato‹. ZARNCKE war diese Übersetzung noch ganz unbekannt. Sie hat erst durch verschiedene Arbeiten ZATOČILs Kontur gewonnen, der sie mit zwölf Textzeugen erfasst und im Text von O-Lon2, der einzigen vollständigen Handschrift, zugänglich gemacht hat.149 Ein Nürnberger Bruchstück hat HENKEL 1980 ergänzt und auf der Grundlage der Katalogbeschreibung von KURRAS im Text zuordnen können (O-Nue); ferner hat HENKEL 1988 ein Breslauer Bruchstück ohne Zuordnung bekannt gemacht, das hierher gehört (O-Bre).150 Weiterhin sind ein bereits 1852 von MINZLOFF publiziertes St. Petersburger Bruchstück (O-StP), fünf Fragmente aus Berlin (O-Ber 5 bis O-Ber 9) und drei aus Prag (O-Pra1 bis O-Pra3) nachzutragen.151 Unter den Übersetzungen von ausgeprägter Textidentität ist der ›Schlesische Cato‹ mit 23 Textzeugen die nach der ›Rumpfübersetzung/-bearbeitung‹ erfolgreichste. Wie breit die Aufnahme des Deutschen in den Lateinunterricht in ihren Anfängen über das Erstlesebuch vonstatten ging, wird so richtig erst mit dem ›Schlesischen Cato‹ sichtbar, da von diesem her auch das sehr viel schmaler belegte Erstlesebuch mit dem ›Niederrheinischen Cato‹ Profil erhält. Der ›Schlesische Cato‹ tritt in den erhaltenen Handschriften insgesamt einheitlicher auf als sein Pendant im Westen, weil er sehr viel enger an seine primär intendierte, auf den Schulunterricht zielende Verwendung gebunden bleibt. Deswegen wurden seine materialen Träger auch in weitaus stärkerem Maße als beim ›Niederrheinischen Cato‹ im Gebrauch verbraucht. Von den 23 Textzeugen hat sich nur ein einziger mit einem vollständigen Text erhalten (O-Lon2) – bezeichnenderweise eine Handschrift, die, siehe dazu weiter unten, den Niederungen des beginnenden Lateinunterrichts ferner steht. Erschwerend kommt hinzu, dass von den einst in osteuropäischen Bibliotheken bewahrten Fragmenten heute sechs verschollen sind (O-Lem, O-Mae, O-Nei1, O-Nei2, O-Nei3, O-Sch). Obwohl in vielen Fällen nurmehr mittelbar Informationen vorliegen und fast nur Fragmente ausgewertet werden können, lässt sich gleichwohl ein einheitliches Bild gewinnen. Das gilt zunächst in geographischer Hinsicht. Nahezu alle Handschriften entstammen dem ostmitteldeutschen Raum – wiederum einzige Ausnahme vielleicht O-Lon2. Insbesondere nach Schlesien weisen weitere, im Einzelfall nicht immer genügend aussa_____________ 149 Vgl. ZATOČIL 1935, S. 66-69; ZATOČIL 1935a; ZATOČIL 1952, S. 183-229, 330-332. 150 HENKEL 1980, S. 156f.; HENKEL 1988, S. 230. 151 Für den Hinweis auf das St. Petersburger Fragment und die Fragmente im Archiv der Prager Burg danke ich Dr. Klaus Klein, Marburg, für den Hinweis auf die Berliner Bruchstücke und die Überlassung von Kurzbeschreibungen Dr. Renate Schipke, Berlin. Auf das Bruchstück in der Prager Nationalbibliothek hat mich freundlicherweise Vlastimil Brom, Brünn, aufmerksam gemacht.

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gekräftige, in der Summe aber eindeutige Indizien. Das vermisste Lemberger Bruchstück gehörte einer Sammlung von Fragmenten an, die der polnische Gelehrte Wojciech von Ketrzyński aus Handschriften polnischer Bibliotheken herausgelöst hatte. In Mährisch-Neustadt, dem heutigen Uničov im Osten Tschechiens, wurde das 1936 von ZATOČIL publizierte, inzwischen jedoch wieder vermisste Bruchstück aufbewahrt. Gleich drei – wiederum inzwischen vermisste – Fragmente entstammen der Bibliothek des Kreuzstifts in Neiße, dem heutigen Nysa im Süden Polens. Aus Schwiebus, dem heutigen Swiebodzin in Westpolen, stammen die von BORCHLING 1906 veröffentlichten Trümmer einer ›Cato‹-Handschrift. Vorbesitzer der Handschrift mit dem Fragment O-Pra1 war Magister Johannes Herttemberger de Cubito (d. i. Elbogen in Böhmen), 1480-98 königlicher Kaplan und Domherr in Prag und Archidiakon in Jungbunzlau. Vor diesem Hintergrund hat es dann einige Wahrscheinlichkeit für sich, dass auch August Heinrich Hoffmann von Fallersleben jene Bruchstücke seiner heute in Berlin aufbewahrten Fragmentensammlung, die O-Ber 1 bis O-Ber 4 bewahrt, während seiner Breslauer Jahre, in denen er unter anderem als Kustos der Zentralbibliothek tätig war, aus dort aufbewahrten Handschriften und/oder Inkunabeln herausgelöst hat.152 Ein geschlossenes Bild ergibt sich weiterhin in zeitlicher Hinsicht. Soweit genauere Angaben vorliegen – lediglich das Nürnberger und die Berliner Fragmente aus den Mss. lat. quart. 314 und 315 werden unspezifisch ins 15. Jahrhundert gesetzt –, wurden alle Handschriften zwischen dem letzten Viertel des 14. und der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts geschrieben. Nur der teilweise auf 1456 zu datierende Überlieferungszeuge O-Lon2 schert aus diesem Rahmen wieder aus. Weithin homogen schließlich erscheint auch die Aufbereitung des Textes für seine Verwendung. Die Niederschrift erfolgte in der Regel auf einfachem, teils sogar, wie im Nürnberger Fragment, löcherigem Pergament.153 Nur O-Lon2 ist auf Papier geschrieben. Das Format ist stets Quart: Die Eckwerte über alle Handschriften hinweg belaufen sich auf 19 bis 26.5 mal 13 bis 17 Zentimeter. Durchweg wurde ein einspaltiger _____________ 152 Dahingehend, jedoch ohne Nachweis, ZATOČIL 1936, S. 366 (»der sie in Schlesien gesammelt hat«). 153 Dass Pergament als Beschreibstoff – nach der Verbreitung des Papiers im deutschen Sprachraum – im 15. Jahrhundert vor allem noch für repräsentative Handschriften herangezogen wird, ist bekannt. Weiterhin bleibt Pergament ein für verschiedene Formen schlichterer, unmittelbar gebrauchsbezogener Schriftlichkeit genutzter Beschreibstoff – vgl. SCHNEIDER 1999, S. 106. Die entsprechende Übersicht SCHNEIDERs lässt sich noch um für hochfrequente Nutzung konzipierte, aber schlicht gestaltete Unterrichtshandschriften ergänzen. Dahingehend bleibt auch SCHNEIDERs Feststellung zu differenzieren, für den lateinischen Schul- und Studienbetrieb werde bevorzugt Papier verwendet (1999, S. 109). Für den Buchdruck wäre auf die auch auf Pergament gedruckten Donate hinzuweisen.

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Schriftspiegel gewählt und der lateinische Text mit aufgenommen. Mit Ausnahme wiederum der zweiten Londoner Handschrift werden die Verse stets abgesetzt – nur das fünfte Berliner Bruckstück verzichtet im deutschen Text systematisch auf Versumbruch154 – und werden zwei lateinische und vier deutsche Verse im Wechsel und im engen Zeilenabstand geboten. Dabei liegt die Zahl der Zeilen, soweit sichtbar, nie unter 30 pro Seite. Weder für interlineare Glossierung ist Platz vorgesehen, was nicht ausschließt, dass vereinzelt, wie im Londoner Fragment O-Lon1 geschehen, Glossen nachträglich eingetragen wurden, noch für die systematische Ergänzung von Marginalien oder Kommentaren. Dieser weithin stabile Gestaltungsrahmen wird kaum variiert. Auffallen könnte allenfalls noch, dass der überwiegende Teil der erhaltenen Handschriften den lateinischen dem deutschen Text durch Herausrückung auch visuell überordnet und damit zugleich die Orientierung im Text erleichtert, bisweilen aber deutscher und lateinischer Text auch einfach gleichauf linksbündig beginnen. Diese Aufbereitung, die durchgehende Beigabe des lateinischen Textes, nicht zuletzt die Fragmentierung fast aller Handschriften lassen keinen Zweifel, dass der ›Schlesische Cato‹ für den Lateinunterricht konzipiert war. Zur Gewissheit wird das im Blick auf die Reste, die von der Mitüberlieferung noch sichtbar sind. Im Lemberger Fragment gingen Bl. 1rv Hexameter voran, die aus einer mittellateinischen Verslehre stammen könnten, und es folgte der ›Facetus Cum nihil utilius‹. In O-Ber 4, im Nürnberger und im Schwiebuser Bruchstück schloss dieser gemeinsam mit der deutschen Übersetzung der Bearbeitung V an, und im Breslauer Bruchstück bietet ein zweites Blatt derselben Handschrift Reste eines Prosatextes zur Grammatik. Vereinzelte charakteristische Gelegenheitseinträge wie Federproben und lateinische Alphabete ergänzen das Bild. Die Verbindung mit dem zweisprachigen ›Facetus Cum nihil utilius‹ ist über die erhaltenen Belege hinaus auch für alle jene Bruchstücke zu erwägen, in denen der ›Cato‹ heute allein steht. Schon im ›Niederrheinischen Cato‹ kennzeichnete diese Textgemeinschaft den Gebrauchstyp der Unterrichtsfibel, und wie dort erscheint der ›Facetus‹ auch hier in stets nur einer einzigen Übersetzungsfassung – in diesem Falle handelt es sich um Schröders »älteste Teilübersetzung« bzw. ZATOČILs »Bearbeitung V«.155 Das schließt ein mehrmalig nur zufälliges Hinzutreten des deutschen ›Facetus‹ aus. Der Verbund der Texte ist bereits wesentlicher Bestandteil der Konzeption des Erstlesebuches. Im Unterschied zur den ›Niederrheinischen Cato‹ begleitenden Übersetzung K des ›Facetus‹ ist die Bearbeitung V zwar auch ohne den ›Schlesischen Cato‹ und auch jenseits seines _____________ 154 Das Schwiebuser, das Breslauer und das neunte Berliner Bruchstück setzen vereinzelt auch einmal zwei deutsche Verse in eine Zeile. 155 Vgl. SCHRÖDER 1911, S. 29-77, und ZATOČIL 1952, S. 336.

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Verbreitungsgebietes bezeugt. Bei näher Prüfung lässt sich aber auch für die Bearbeitung V das Ostmitteldeutsche als ihr Hauptverbreitungsgebiet kennzeichnen – nur hat sie im Unterschied zur Übersetzung, die den ›Niederrheinischen Cato‹ begleitet, eine kompliziertere, über diesen Raum auch hinausweisende eigene Vorgeschichte. Die Bearbeitung V wurde für die Symbiose mit dem ›Schlesischen Cato‹ nicht neu erarbeitet, sondern sekundär für sie funktionalisiert. Für den ›Schlesischen Cato‹ hingegen lässt sich eine solche überregionale Vorgeschichte nicht erweisen, sodass er für das den bereits vorliegenden ›Facetus‹ integrierende Elementarlesebuch neu geschaffen worden sein muss. Bestätigt wird das durch den Text selbst insofern, als – hier ist einmal der in vielem untypischen, aber einzigen vollständigen Londoner Arundel-Handschrift zu vertrauen – dieser sich in Bestand und Sukzession eng an den Basistext hält und auf einen eigenen Prolog etwa, wie ihn der ›Niederrheinische Cato‹ ja ohne Entsprechung im Basistext durchaus aufweist, verzichtet. Selbst wo sich die handschriftliche Darbietung des ostmitteldeutschen ›Cato‹ von seiner Standardkonzeption markant abhebt, scheint diese noch durch. Denn auch im MS Arundel 243 (O-Lon2) folgt dem ›Cato‹ Bl. 289r299v der gewohnte ›Facetus Cum nihil utilius‹, wenngleich statt mit einer vollständigen Reimpaarübersetzung nur mit deutschen Glossen ausgestattet. Andererseits aber überschreitet diese Handschrift mit fast 400 Blättern Umfang schon auf den ersten Blick die für eine Unterrichtshandschrift zu erwartende Blattzahl, mag diese sich angesichts der trümmerhaften Überlieferung auch nicht präzise festlegen lassen, zweifelsohne um ein Vielfaches. Überschritten wird ferner der enge Auschnitt der den erhaltenen Trümmern noch ablesbaren, den Typ kennzeichnenden Textgemeinschaft. Neben dem ›Facetus‹ wurde Alexanders de Villa Dei ›Doctrinale‹ (Bl. 1r156v), neben Donat und Priscian das Standardwerk zur lateinischen Grammatik schlechthin, im Ausschnitt des ersten, der Flexion gewidmeten Buches aufgenommen,156 ferner ein Kommentar zu den sich der lateinischen Syntax widmenden ›Flores grammaticae‹ Ludolfs de Luco (Bl. 158ra-204va),157 ein grammatischer Traktat de terminis defectivis (Bl. 331ra-342v) und des Johannes de Garlandia ›De nominibus defectivis‹ (Bl. 343r-346v), weiterhin sein ›Cornutus‹ (Bl. 347r-357r) und dazu Ottos von Lüneburg ›Novus Cornutus‹ (Bl. 357r-367v) – mit beiden Werken ist auf lexikalisches Wissen gezielt – sowie der ›Physiologus Theobaldi‹ (Bl. 392r-393v) und einige kleinere Stücke (Bl. 388r-391v) u. a. zum Ver_____________ 156 Zu Inhalt und Aufbau des ›Doctrinale‹: REICHLING 1893, S. LXXI-LXXXIII. 157 Vgl. BODEMANN/BLEUMER 2000 (zu Aufbau und Inhalt der ›Flores‹ knapp, aber ältere Ansichten korrigierend, S. 285f.). Den Text macht zugänglich: HANS-JÜRGEN SCHEUER: Ludolf de Luco, ›Flores grammaticae‹. Text und Übersetzung. In: Schulliteratur im Spätmittelalter 2000, S. 302-350.

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fahren allegorischer Schriftauslegung (angestoßen sicher von der geistlichen Tierallegorese des ›Physiologus‹), aber auch wieder zur Grammatik. Ein solcher Thesaurus zur lateinischen Grammatik kompendiösen Zuschnitts mag in Teilen sukzessive in unterrichtsbegleitenden Diktatveranstaltungen gesammelt worden sein, war aber in der Summe allenfalls als Ergänzung zum Unterricht, nicht für Verwendung in diesem selbst gedacht, sondern für die Bibliothek einer Institution oder die Handbibliothek einer Einzelperson. Entsprechend kann trotz weiterer neben den zweisprachigen ›Disticha Catonis‹ aufgenommener deutscher Texte (›Cornutus‹/›Distigium‹ bzw. ›Novus Cornutus‹)158 von einem zumindest quantitativ gleichgewichtigen Verhältnis, wie es das zweisprachige Unterrichtsheft kennzeichnet, keine Rede sein. In der Reihe der Texte dominiert Lateinisches, dessen Übergewicht durch eine ausgiebige Kommentierung fast aller Haupttexte noch verstärkt wird (›Doctrinale‹, ›Disticha Catonis‹, ›Facetus Cum nihil utilius‹, ›Cornutus‹/›Distigium‹, ›Novus Cornutus‹, ›Physiologus Theobaldi‹). Gezielt ist mit diesem Textbestand auf ein beträchtlich ausgebildeteres Wissensniveau, auf dem die Verwendung der Volkssprache nur noch eine sehr untergeordnete Rolle spielte. An der nun ganz anderen Darbietung des ›Cato‹ in O-Lon2 wird das unmittelbar augenfällig (vgl. Abb. 23): - Bl. 205r-206r eröffnet zunächst ein engzeilig fortlaufend geschriebener Accessus das Text-Kommentar-Ensemble. Lateinischer und deutscher Text beginnen damit nicht »auf gleicher Höhe«. - Bl. 206v-207v wechseln sich der auf zwei getrennte Abschnitte verteilte, durch größeren Schriftgrad abgehobene lateinische Text der Praefatio und die engzeilig fortlaufend geschriebenen Abschnitte des Prosakommentars ab bzw. dann Bl. 208r-222r jeweils eine Sentenz, für die stets eine neue Zeile begonnen wird, und deren Kommentierung. Der deutsche Text wird im kleineren Schriftgrad zunächst unter, für die Sentenzen neben den lateinischen Text gestellt; er ist im Rahmen der die Seite prägenden Prosakommentierung erst bei genauem Hinsehen zu erkennen. - Bl. 222r-288r folgen die im Vers abgesetzten, in größerer Schrift aufgenommenen Hexameterdistichen mit breitem Zeilenabstand und systematisch angebrachter lateinischer Interlinearglossierung sowie dann die jeweils nachgeordneten Kommentarabschnitte. Abgesetzt folgt der deutsche Text, dessen Verse bei den ersten beiden Distichen zunächst fortlaufend und zudem im Schriftgrad des Kommentars geschrieben sind. In diesen geht er ohne Absatz fließend über und ist damit optisch in ihn integriert: Er leitet ihn quasi ein – um den Preis freilich, dass seine eigene Textsuk_____________ 158 Vgl. WORSTBROCK 1983, Sp. 618f., und 1989, sowie HENKEL 1988, S. 267 und S. 280.

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zession unterbrochen wird.159 Erst ab dem dritten Distichon hat der Schreiber die eigene Struktur der deutschen Textbestandteile erkannt, die er nun regelmäßig absetzt und auf vier Zeilen vor dem Kommentar verteilt. Von der Aufnahme des deutschen Textes abgesehen ist die Grundstruktur der Londoner Textdarbietung – ausladender Accessus zu Beginn, dann regelmäßiger Wechsel von Text in Auszeichnungsschrift mit nachgestelltem längerem Prosakommentar in kleinerem Schriftgrad – spätestens seit dem letzten Viertel des 14. Jahrhunderts keine für die Darbietung moraldidaktischer Texte im Umfeld des gehobenen Trivialunterrichts ungewöhnliche mehr. Sie folgt genau dem Muster der Diktat-Kommentare.160 Desto bemerkenswerter erscheint die Integration des deutschen Textes. Im Unterschied zum ›Niederrheinischen Cato‹ zeigt die Distanzierung vom Ausgangskonzept der Unterrichtsfibel hier statt einer Distanzierung von der lateinischen Unterrichts- und Wissenswelt, wie sie dort mit dem deutschen Schulmeister Peter van Zirn oder im Kasseler »Gebetsund Andachtsbuch« auftritt, eine weitere Annäherung an diese an. Dass die lateinischen ›Disticha Catonis‹ neben dem voruniversitären durchaus auch für den universitären Trivialunterricht hinzugezogen werden konnten, ist bekannt.161 Diese Funktionsspanne vermochten die deutschen Reimpaare zumindest in ihrer ostmitteldeutschen Ausprägung offenbar ebenso abzudecken. Soweit daraus die Notwendigkeit zu einer Textanpassung erwuchs, zielte deren Umsetzung dann jedoch weniger auf die deutschen Verse selbst, die keiner durchgreifenden Umformung unterworfen wurden,162 sondern jenseits des »eigentlichen« Textes auf seine zusätzliche und systematische Ausstattung mit einem komplexen Apparat texterschließender Instrumente: Glosse und Kommentar. Im Grunde müssen die Gegebenheiten für den Londoner ›Cato‹ aber vom insgesamt dominierenden lateinischen Textensemble her beschrieben werden. Dieses wurde sicher nach schriftlicher Vorlage, nicht nach Diktat niedergeschrieben und dabei dann um die aus einer zusätzlichen Quelle – so sind die skizzierten "Startschwierigkeiten" des Schreibers am besten zu erklären – hinzugezogenen Reimpaare des ›Schlesischen Cato‹ bereichert. _____________ 159 Deutlich wird das vor allem am Übergang der Praefatio zu den Breves sententiae und von der ersten zur zweiten Sentenz. Also sey meyn irste geboth . du salt anbethen eynen got hebt die erste Kurzsentenz Bl. 208r unter konsekutiv eingefärbtem Rückbezug auf den Schluss der Praefatio an, der freilich schon 40 Zeilen vorher Bl. 207v zu stehen kam. Vnde habe lip deyne eldern . noch deynen vormogen salt du sy wirdin lautet die Folgesentenz. Auch hier erscheint der Satzbeginn nach 54 lateinischen Textzeilen Zwischenraum zunächst ohne Bezug. 160 Siehe oben Kap. II.5. 161 HENKEL 1988, S. 48f. 162 Vgl. die bei ZATOČIL 1952, S. 196-223, angegebenen Varianten zu O-Lon2.

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Abb. 23: London, British Library, MS Arundel 243, Bl. 222r – Distichon I,1 mit Glossen und den der Aufzeichnung des Prosakommentars angeglichenen Versen des ›Schlesischen Cato‹

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Welche Schulform mit dem schlesischen Erstlesebuch anvisiert war, darüber geben die Überlieferungszeugen in keinem einzigen Fall durch Nennung von Schreiber- oder Ortsnamen Auskunft. In der Textdarbietung erreicht das Büchlein jedenfalls keinen »höheren« Differenzierungsgrad. Konzeptionell bleibt es damit unter dem Niveau der gehobenen Lateinschule. Dem weißen Fleck, als der das Schlesische auf der Karte der Überlieferungsgeschichte mittelalterlicher Literatur bis heute erscheint,163 lässt sich daher vom ›Schlesischen Cato‹ her kaum Farbe geben. Weitere Einsichten werden hier künftig am ehesten auf der Basis von Überlieferungsanalysen zu Texten zu gewinnen sein, die in dem ›Cato‹ verwandten Gebrauchsräumen situiert waren. Dabei ist zuerst an die vielen spätmittelalterlichen Vokabularien zu denken, die in Schlesien ein Verbreitungszentrum hatten.164 Als Träger ihrer Überlieferung treten Klöster und Stifte überproportional hervor.165 Sehr viel besser erforscht als deren Unterricht und die Pfarr- und Stadtschullandschaft sind gegenwärtig jedoch – das zeigt die Übersicht von MORAW über »Kirche, Bildung und Kultur« in Schlesien des 14. Jahrhunderts – die Universitätsbesuche schlesischer Einwohner an den umliegenden Universitäten Prag, Leipzig und Krakau.166 Immerhin lässt sich den dortigen Immatrikulationszahlen eine beträchtliche Menge schlesischer Einschreibungen ablesen. Die Frage nach den in Schlesien selbst dafür erbrachten Vorleistungen stellt sich damit nur dringlicher. Der ›Schlesische Cato‹ wirft ein Schlaglicht auf sie. 2.3 Die Aufwertung der volksprachigen Glosse in der deutschen expositio ad litteram Die zunehmende Einbindung der geschriebenen Volkssprache in den Trivialunterricht seit der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts schlägt sich über die Einschaltung von Reimpaarübersetzungen in den lateinischen Grundtext hinaus in einer neuen Produktions- und Tradierungsform von deutschen Glossen nieder. Diese Neuerung als solche zu erkennen, erfordert freilich zweierlei: einen Überblick über das spätmittelalterliche Spekt_____________ 163 SCHNELL 1995, S. 127. 164 Vgl. SCHNELL 1995, S. 149 (mit weiterreichenden Vorschlägen zur methodischen Erschließung des schlesischen Literaturraums überhaupt). 165 Vgl. SCHNELL 1998, S. 134. 166 Vgl. PETER MORAW: Das Mittelalter (bis 1469). In: Deutsche Geschichte im Osten Europas: Schlesien. Hg. von NORBERT CONRADS. Für die Sonderausgabe durchgesehene und auf den neuesten Stand gebrachte Auflage. Berlin 1994, S. 37-176, hier S. 162-167.

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rum an Tradierungsformen von Glossen überhaupt, zum zweiten eine Neubewertung der sogenannten »Wort-für Wort-Übersetzung«. Zunächst zum Spektrum an Tradierungsformen von Glossen überhaupt. Das Interesse der Altgermanistik an der deutschen Glossierung lateinischer Texte verteilt sich hier sehr ungleich auf die Quellen. Althochdeutschen Glossen gilt seit dem 19. Jahrhundert kontinuierlich die Aufmerksamkeit, die sie als sprachgeschichtliche kostbares Quellenmaterial in ansonsten »dürftiger« Zeit auf sich ziehen sowie literarhistorisch als Quellentyp, an dem sich die Schritte der deutschen Sprache auf ihrem Weg in Schriftlichkeit und Literaturfähigkeit verfolgen lassen. Weithin unerschlossen präsentieren sich dagegen die spätmittelalterlichen Glossenbestände, und kaum ein Interesse des Faches zeichnet sich ab, an diesem Zustand etwas zu ändern. Der an Zeugnissen jenseits literarisch gesteigerter Sprachverwendung interessierte Sprachhistoriker findet sein Material in spätmittelalterlichen Vokabularien komprimierter und zugänglicher vor als in im Bestand unüberschauten und überdies mühsam zu entziffernden Unterrichtshandschriften, die unter einer Masse lateinischer Texte nur mit vereinzelten deutschen Interpretamenten aufwarten können. Und in literaturgeschichtlicher Hinsicht werden der Volkssprache neue Terrains längst an anderen Fronten »erobert«. In der Makroperspektive erscheint eine nähere Beschäftigung mit spätmittelalterlichen Glossen überdies ohne Reiz, weil die Grundlinien allemal festzustehen scheinen: Glossen erfüllen eine dienende, auf die propädeutische Erschließung des lateinischen Zieltextes gerichtete Funktion, funktionstypologisch erschließen sie überwiegend die lexikalische Bedeutung der lateinischen Lemmata, und ihren Hauptgebrauchsraum bilden wahrscheinlich weniger die avancierten Schulen der Zeit als jene den Universitäten vorgeordneten, weithin konturlos bleibenden Bildungseinrichtungen, an denen sich über Generationen hinweg zahl- und namenlose Magister mit zahl- und namenlosen illiterati abmühten. Fragen der Pragmatik spätmittelalterlicher Glossenbestände hat man sich von Seiten der Altgermanistik bisher überhaupt noch nicht zugewandt – obwohl doch gerade solche Fragen der Zeit selbst eminent wichtig gewesen sein müssen, da die Vervielfältigung und Bereitstellung von Textexemplaren für den Unterricht unter den Bedingungen einer Manuskriptkultur gerade im Bereich kleinteiligerer Textelemente auf Schritt und Tritt vor Probleme stellte, die nach möglichst effizienten Lösungen verlangten.167 Allgemein dürfte die Erwartung des Germanisten eher dahin _____________ 167 Einschlägige Überlegungen, die sich allerdings ganz auf lateinisches und juristisches Schrifttum beschränken, finde ich überhaupt nur bei den Rechtshistorikern: GERO DOLEZALEK: Repertorium manuscriptorum veterum Codicis Iustiniani, 1. Halbbd., Frank-

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gehen, dass sich die Volkssprache, nachdem sie sich im Althochdeutschen den Texttyp der Glosse einmal erobert hat, ihn seither in schöner Kontinuität und mit zunehmender Selbstverständlichkeit das ganze Mittelalter hindurch weiter nutzt.168 Unter Distributionsaspekten lassen sich demgegenüber durchaus Diskontinuitäten ausmachen. Gestützt auf das der vorliegenden Untersuchung zugrundeliegende Korpus können idealtypisch fünf Grundtypen der Tradierung von Glossen in Handschriften und Inkunabeln unterschieden werden: Erster Typ: der unsystematisch vorgehende handschriftliche Nachtrag. Er ist in Handschriften vielfach bezeugt, aber auch in Inkunabeln nicht selten anzutreffen. Der zu glossierende Text lag dem Glossenschreiber dann im entsprechenden Ausschnitt – im Umfeld des Trivialunterrichts meint das regelmäßig: vollständig – unmittelbar vor. Er kann auch bereits eine Grundschicht von Glossen enthalten. In einer isolierten »Schreibtischsituation«, etwa der gelehrten Durcharbeitung des Textes zur Voroder Nachbereitung, werden dann die Glossen interlinear in oder marginal neben den Text eingetragen, sei es aus dem Gedächtnis, was sich schlecht nachweisen lässt, sei es als Abschrift aus anderen Quellen. Auf solche Weise eingetragene Glossen erscheinen entweder sehr verstreut in sonst gar nicht glossierten Texten, oder sie bilden eine weitere Glossierungsschicht innerhalb eines oft bereits systematisch durchglossierten Exemplars. Auch im letzten Fall, als Ergänzungsschicht, der manchmal bis zu einem halben Dutzend weiterer Nachtragsschichten an die Seite treten können, bleiben sie jedoch in ihrer Dichte regelmäßig weit hinter der Grundschicht zurück. Mag dem modernen Betrachter die Handschriftlichkeit des Textes in Verbindung mit der Partikularität solchen glossierenden Zugriffs okkasionelle und individuelle Unterrichtsmitschrift suggerieren: generell sind solche Unterrichtsmitschriften unwahrscheinlich. Die texterschließenden Beigaben spätmittelalterlicher Schulliteratur sind in hohem Maße traditionsgebunden und von Vorlagen geprägt. Da die Ergänzungsschichten regelmäßig bedeutend dünner ausfallen als die Glossengrundschicht, die sowohl in einem Zuge niedergeschrieben als auch regelmäßig schon vom Schreiber des zu glossierenden Textes stammt, ist auch von dieser Seite eher an eine separate Niederschrift jenseits des kollektiven Textgebrauchs im Unterricht (mit dem man eher vollständige Grundschichten verbinden wird) zu denken. Obschon der erste Tradierungstyp häufig anzutreffen ist, stellt er nicht den Standardfall der Glos_____________ furt/M. 1985 (Ius commune – Sonderhefte, Texte und Monographien 23), S. 54-60 (»Beobachtungen zur Frage, auf welche Weise Glossen tradiert wurden«). 168 Vgl. etwa NIKOLAUS HENKEL: Glosse1. In: RLW, Bd. 1, S. 727f., hier S. 727: »Die Praxis der Glossierung erstreckt sich ohne erkennbare Brüche von der Antike bis in die Neuzeit [...].«

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sentradierung für den Unterricht dar – ein Verdacht, den man auch angesichts der ihn prägenden »Mediengebrauchssituation« schöpfen könnte. Die Figur des individuellen Textbenutzers mit freiem Zugriff auf ubiquitäre Schriftlichkeit ist eher eine moderne als eine dem Mittelalter selbstverständliche. Unhinterfragt vom ersten Tradierungstyp als unterrichtlichem Normalfall auszugehen, bedeutete, wie angedeutet, überdies, zwischen mündlichem Unterrichtsvortrag und Unterrichtsschriftlichkeit nach dem Modell protokollartiger Abbildlichkeit kurz zu schließen. Ob deutsche Glossen für den ersten Tradierungstyp anfälliger als lateinische sind, lässt sich beim gegenwärtigen Stand der Quellenerschließung nicht sagen. Zweiter Typ: der vollständige Glossenapparat im gedruckten Buch. Inkunabeldrucke bieten ihren Grundtext oft bereits mit vollständigen, interlinear in den gedruckten Text eingearbeiteten Glossenapparaten und diese damit als Teil des Vorstrukturats für den Unterricht an. Solche im Unterschied zum ersten Typ bereits im Vorfeld des Unterrichts zu verortenden Apparate mögen von einzelnen Lehrern speziell für ihren eigenen Unterricht am Ort ausgearbeitet sein oder eine überindividuelle Tradition besitzen, ohne dass das eine das andere ausschließt. Sprachmischende, also lateinisch-deutsch gedruckte Glossenapparate scheinen jedoch nicht vorzukommen. Der am 9. Oktober 1491 in Reutlingen bei Johann Otmar aufgelegte ›Cato‹ in GW Nr. 6345 etwa enthält einen vollständigen deutschen Glossenapparat, weist darauf aber in seinem Titel (Bl. A1r: Catho teutonice expositus) wie im Kolophon (Bl. D5v: cum teutonicis interlinearibus expositionibus) ausdrücklich als Besonderheit hin. Er präsentiert sich überdies als lokal gebundenes Einzelunterfangen: Zwei weitere einzig deutsch glossierte Cato-Ausgaben erscheinen ebenfalls nur in Reutlingen (GW Nr. 6346f.), nur eine einzige weitere – wiederum mit explizitem Hinweis auf eine expositio alemanica – noch in Straßburg (GW Nr. 6348). Ansonsten aber enthalten alle ›Cato‹-Inkunabeln, wenn überhaupt, dann lateinische Glossen (GW Nr. 6282-6297). Dritter Typ: der aus schriftlicher Vorlage übernommene, vollständige Glossenapparat in der Handschrift. Die Text- und Darbietungskonventionen im frühen Buchdruck sind bekanntlich vielfach von handschriftlichen Traditionen vorgeprägt. Die Tradierungsmodi von Glossen sind in diesen Befund prinzipiell einzubeziehen. Wie in Inkunabeln erscheinen Glossen auch in Handschriften oft als durch Abschrift nach schriftlicher Vorlage aufgenommenes Vorstrukturat des Unterrichts. Die Ausstattung der lateinischen Unterrichtstexte bereits durch den Hauptschreiber mit einem systematischen Apparat lateinischer Glossen ist kein ungewöhnliches, sondern ein ganz gängiges Phänomen.169 Wie für gedruckte Glossen, so _____________ 169 Insbesondere in den Handschriften des ›Liber Catonianus‹: s. o. Kap. II.4.3.

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muss man auch für handgeschriebene von Vorab-Produktion und sekundärer Überführung in das dann dominant mündliche Unterrichtsgeschehen rechnen. Sie sind damit wie der Verstext selbst und sein Prosakommentar auf Vorlagenabhängigkeit und Texttraditionen hin befragbar – mag auch der Aufweis ihrer Textgeschichte schwerer fallen als bei kohärenteren, okkasionellen Eingriffen weniger offenstehenden Textformen. Was den Anteil der unter diesen Bedingungen tradierten deutschen Glossen betrifft, setzen die Verhältnisse im Buchdruck teils ältere Gegebenheiten fort, teils heben sie sich von ihnen ab. Wenn handschriftlich glossiert wird, dann ist auch im 14. und 15. Jahrhundert die rein lateinische Glossierung die Regel. Das wird insbesondere an den ›Fabulae‹ deutlich, die keine Reimpaarübertragung begleitet und deren Aufbereitung für den Unterricht daher in geringerer Affinität zur Volkssprache steht. Andererseits sind nun aber – dies im Unterschied zu den Inkunabeln – nicht selten lateinisch-deutsche Mischapparate anzutreffen (in denen deutsche Glossen allenfalls einen Bruchteil des lateinischen Glossenapparates stellen). Der Buchdruck verfährt also in der Bereitstellung der Glossen systematischer als die Handschriften, indem er die verschiedenen Sprachen deutlicher auseinanderhält. Im praktischen Gebrauch können sich dann aber wieder gemischte Verhältnisse einstellen – wie zum Beispiel im 1493 für die Klosterschule von Mondsee angelegten lateinisch-deutschen ›Cato‹ der Handschrift U-Wie2. Der Schreiber Johannes de Goricia verzichtete wie der oben erwähnte Reutlinger Drucker nicht darauf, auf die Besonderheit seiner Abschrift hinzuweisen: Hic fine aspice Catonis viri moralissimi et in via morum sane grauissimi cum interlinearibus exposicionibus (Bl. 101v). Stichproben erweisen, dass er seine interlineare expositio aus einem Druck der oben erwähnten Reutlinger Gruppe abgeschrieben hat. Dabei hat er seine Unterrichtsmaterialien aber auch gleich dem konventionelleren Verhältnis von Schriftlichkeit, Unterricht und deutscher Glosse angenährt. Denn die deutschen Glossen werden statt systematisch nur auszugsweise von ihm übernommen, und überdies wird der ganze Apparat wieder mit lateinischer Glossierung angereichert. Vierter Typ: der im Diktat vermittelte, vollständige Glossenapparat in der Handschrift. Den in U-Wie2 vorliegenden Distributionstyp schriftlicher Texterschließung durch individuelle Abschrift einer Vorlage darf man besonders im Umfeld solcher Einrichtungen erwarten, deren Bedarf an Schultexten weniger vorhersehbar und kalkulierbar ist und daher von Fall zu Fall durch das Anfertigen von entsprechende Abschriften bei Bedarf gedeckt werden konnte.170 Demgegenüber erlaubte der institutionell gefes_____________ 170 Mit der Herstellung von Unterrichtsmaterialien konnten sich Lehrer und Hilfslehrer immer ein willkommenes Zubrot verdienen. Die Bautzener Schulordnung von 1418 geht sehr früh ins Detail: Item vor ein a.b.c. und pater noster und credo, benedicite, jegliches 1 gr.,

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tigtere Unterricht an Universitäten und besseren Lateinschulen es, den Bedarf vorab genauer einzuschätzen und die Bereitstellung der Unterrichtsmaterialien dann weitsichtiger anzugehen. Als zentrales Instrument stand dafür die Verbreitung der Texte via Diktat in eigens dafür eingerichteten Veranstaltungen zur Verfügung. Dass und wie auf diesem Wege auch Glossen weitergegeben werden konnten, wurde oben bereits dargelegt.171 Eine Verteilung nicht nur lateinischer, sondern auch deutscher Glossen auf diesem Wege hat sich bisher noch nicht nachweisen lassen. Fünfter Typ: die innerhalb des eigentlichen Unterrichts in die Feder diktierte Glosse. Um 1513 führt die Memminger Schulordnung aus: Von zwelfen zů fieren wirt die zit also vertriben. Item so bald es zwelfe schlecht, so singt der schůlmayster mit den schůlern dry verss vss dem hymnus veni creator spiritus. Darnach hept er an zů resumieren von den zwelffen biss zů halb zwayen jn dem poeten Lucanus genant. [...] In dem selbigen glosiert er allwegen in die feder, vff das wenigest drissig verss. Darnach exsponiert er in die selbigen zů tiutsch, vnd wan das selbig vss ist, so lat er im die schůler exsponieren vnd vertiutschen die verss, so er in den tag for glosieret vnd vertiutscht hat [...]. [Schulordnungen und Schulverträge, S. 182 Z. 41-S. 183 Z.8]

Selbstverständlich wird hier von etwas ausgegangen, was in den oben angesprochenen vier Fällen gar nicht selbstverständlich ist, dass Glossen nämlich unmittelbar im Unterricht selbst geschrieben werden. Gebunden ist die breite Durchsetzung dieses Distributionstyps der Glosse an die vom Buchdruck nachhaltig beförderte Freisetzung des (Hand-)Schreibens für den Unterricht.172 Ob die im Unterricht niedergeschriebene Glosse überwiegend in lateinischer Gestalt oder zunehmend in der Volkssprache auftritt, ist ungeklärt. Die Angaben in den von MÜLLER edierten Schulordnungen des 16. Jahrhunderts führen Latein und Deutsch jedenfalls in einem vielfältigen Ineinander vor, das für diese Frage bisher noch nicht systematisch ausgewertet wurde. _____________ vor einen guten Donat 10 gr., ein regel, moralem und Catonem 8 gr. oder 5 gr., vor einem ganzen text eine halbe mark. Vor primam partem 15 gr. Welch reich kind von seinem locatore nicht kauft ein buch, das gebe ihm 2 gr. ein ansehnlich, ein mittelmäßige 1 gr., der arme nichts (Schulordnungen und Schulverträge, S. 38 Z. 6-S. 39 Z. 4). In Nördlingen hat man 1521 das Durcheinander erkannt, das aus unkontrolliert in den Lehrbetrieb eingespeisten Texten erwächst, und versucht zu regeln: Dieweil dann des schulmaisters gesellen, so die vonn den hohen schullen komen seyen, ye zu zeitten jnen selbst zu nutz oder wollust den jungen bucher furgeben, vnnd die selben auss den zulernen vnndersteen, durch solliche bucher den jungen nit zum furtreglichesten oder nutzlichisten sein mochten, so hat sich dis fals ein ersamer rath beretenlichen entschlossen vnnd will, das nun hinfuran vber das ganntz jar jn vnnser schul alhie den schulern kain annder buch ordenlicher weis gelassen oder gepraucht werden solle, dann jnmassen die jn der austaillung der vier session der gannczen schull hernachuolgen (Schulordnungen und Schulverträge, S. 215 Z. 29-38). 171 Siehe Kap. II.5. 172 Siehe oben Kap. II.6.

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Ich komme zum zweiten Punkt, der Neubewertung der sogenannten »Wort-für Wort-Übersetzung«. Als spätmittelalterlichen Übersetzungstyp hat sie HENKEL bekannt gemacht und mehrere Beispiele benannt,173 darunter eine »Wort-für-Wort-Übersetzung« der ›Disticha Catonis‹ auf den Blättern 30r-38v des Clm 11782. Die folgenden Ausführungen nehmen speziell von dieser Handschrift ihren Ausgang, weil der Clm 11782 den Darbietungstyp in ein breiteres Spektrum von Texterschließungsformen einbindet, von denen aus sich ohne methodisch zusätzlich abzusichernde Umwege weiterführende Einsichten in die Pragmatik des Texttyps ergeben. Der Überlieferungskontext der »Wort-für-Wort-Übersetzung« zum ›Cato‹ im Clm 11782 weist diese zunächst als Hilfsmittel des lateinischen Textstudiums aus, mit dem ebenso auf unterrichtlichen Spracherwerb wie allgemeiner auf außerunterrichtlichen Sprachgebrauch gezielt sein kann. Die Handschrift, bisher nur zweimal knapp beschrieben,174 umfaßt 88 Blätter (Bl. 29a und 67a ungezählt) im Quartformat (21,5 x 14,5 cm) und lässt der »Wort-für-Wort-Übersetzung« Bl. 1r-11v die lateinischen ›Disticha Catonis‹, Bl. 12r-22r den lateinischen ›Facetus Cum nihil utilius‹ sowie Bl. 23r-29r einen deutschen ›Facetus Cum nihil utilius‹ (Hs. Mue3) vorangehen. Bl. 39ra-51ra schließt an die »Wort-für-Wort-Übersetzung« ein lateinischer Kommentar zum ›Facetus‹ an, Bl. 51va-58rb eine Anleitung zur Deklination schwieriger Wörter, Bl. 58v-79v die ›Summula de Summa Raymundi‹,175 Bl. 80r-85r der ›Liber de compositionibus‹ des Johannes de Garlandia176 und schließlich Ottos von Lüneburg ›Ars dictandi‹177 Bl. 85r-87v. Der Band ist aus drei unabhängig voneinander entstandenen Teilen zusammengesetzt, wobei sich nach Schriftbild, Einrichtung und Lagenverteilung als erste Hauptgruppe die beiden lateinischen Texte der ›Disticha Catonis‹ und des ›Facetus Cum nihil utilius‹ ausweisen, als zweite Gruppe die vom einzigen sich Bl. 38v namentlich nennenden Schreibers Johannes de Zadow vielleicht noch gegen Ende des 14. Jahrhunderts178 geschriebene »Wort-für-Wort-Übersetzung« und der folgende Kommentar zum ›Facetus Cum nihil utilius‹, als dritte Gruppe die Stücke ab Bl. 58v (›Summula‹, ›Liber de compositionibus‹, ›Ars dictandi‹). _____________ 173 Vgl. HENKEL 1979 und 1988, S. 109-122. 174 Catalogus codicum latinorum bibliothecae regiae Monacensis, Bd. 2,2, S. 38; HENKEL 1980, S. 159f. Der Textbestand ist hier wie dort unvollständig erfasst. 175 Vgl. FRANZ JOSEF WORSTBROCK: Magister Adam. In: VL, Bd. 1, Sp. 47-50. 176 Vgl. WORSTBROCK 1983, Sp. 617f. 177 Vgl. WORSTBROCK 1989, Sp. 226-228. Der Lage fehlt ihr altes Schlussblatt, sodass die Textaufzeichnung vorzeitig abbricht und nur 78 der 96 Hexameter umfasst. 178 Dies der Datierungsvorschlag bei HENKEL 1980, S. 159 (die weiteren Teile der Handschrift: erste Hälfte 15. Jahrhundert).

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Den Ausgangs- wie quantitativen Schwerpunkt der Zusammenstellung bildet das Doppel von ›Disticha Catonis‹ und ›Facetus‹, die hier in Spitzenstellung eingebunden sind und aus einer alten Separateinheit179 in ihren neuen Verbund aufgenommen wurden. Als eine erste Ergänzung – ob im Zusammenhang mit den folgenden Stücken oder noch im separaten Zustand des Faszikels vorgenommen, sei dahingestellt – ist ihnen Bl. 23r-29r eine Reimpaarübertragung des ›Facetus‹ angehängt, mit der die Zugänglichkeit der Kerntexte für auf die Volkssprache angewiesene Rezipienten systematisch ausgebaut wird. Der vorangehende Teil bietet für ›Cato‹ wie ›Facetus‹ nämlich lediglich – neben lateinischen – deutsche Interlinearglossen. In den Reimpaaren steht der ›Facetus‹ nun vollständig in der Volkssprache zur Verfügung, bleibt indes ganz auf den lateinischen Text bezogen: Auf den Rändern wurden zusätzlich jeweils die Anfänge der lateinischen Verse mit notiert. Derart rückbezogen erscheint auch der zweite Ergänzungsteil, einmal indem er die ›Cato‹/›Facetus‹-Folge reproduziert, vor allem aber darin, dass er der Texterschließung nun noch zwei weitere Zugänge eröffnet: mit Blick auf die Volkssprache durch die systematische »Wort-für-Wort-Übersetzung« zum ›Cato‹, mit Blick auf den ›Facetus‹ durch seinen lateinischen Kommentar (von dem sich ein Bl. 50va-51ra nachgestellter Accessus zum ›Facetus‹ in der Einrichtung ebenso abhebt wie der Traktat zur Deklination Bl. 51va-58rb; für beide Partien sei wiederum dahingestellt, ob sie noch von Zadow oder erst später eingetragen wurden). Erst mit dem Beginn des letzten, drittens Teils dann weitet sich die inhaltliche Ausrichtung der Sammlung über klassische Unterrichtstexte hinaus. Die übergreifende Zweckbestimmung des Bandes kann sehr gut im zweisprachigen Alltag des lateinisch gebildeten, aber in seiner seelsorgerischen Praxis – siehe die Beichtlehre der ›Summula‹ – immer auch volkssprachig agierenden (Welt-)Geistlichen gelegen haben. Auch unabhängig davon war ihm jede Hilfe willkommen, die ihm bei der Flexion theologischer Spezialwörter – der entsprechende Traktat setzt mit der Behandlung von Wörtern wie Amen, Kyrieleison, Cherubim, Seraphim und Sabaoth ein – zur Seite stand. ›Cato‹ und ›Facetus‹ wollte er vielleicht nicht nur im eigenen Unterricht am Orte, sondern das Regelwissen dieser Werke auch _____________ 179 Das geht aus einem Bl. 22r durchgestrichenen Schreiberkolophon und der leeren Seite von Bl. 22v hervor, auf die erst nachträglich verschiedene Sinnsprüche (z. B. Hab got lieb vor allen dingen, so kann dir nit misselingen und Memento: Wer well das ym geling, der sech selber zF seinem ding), Schreiberverse (Schreiber das sind gFt gesellen, sagen die pawren was sy wellen) und Orts- (z. B. Aglaw und Peischeldorff) und Personennamen (Ego conradus hofsteter) eingetragen wurden. Ferner wurde ein Blattverlust zu Beginn nachträglich korrigiert: Bl. 1 ist später vorgesetzt und von anderer Hand mit dem Textbeginn des ›Cato‹ beschrieben, wobei nur auf der recto-Seite zusätzlich noch lateinische und deutsche Glossen und Syntaxziffern eingetragen wurden.

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in seinen Predigten180 und in seinen Briefwechseln – siehe die ›Ars dictandi‹ – einsetzen. Die verschiedenen Teile des Clm 11782 wurden noch im Mittelalter unter einen gemeinsamen Einband gebracht: möglicherweise für einen Angehörigen der Augustiner-Chorherren in Polling, aus deren Bibliothek der Clm nach Ausweis eines Exlibris von 1744 stammt. Wie der Clm 11782 als Handbüchlein, so mag bereits der Faszikel Zadows, über dessen primären Gebrauch freilich noch weniger als für den Clm 11782 insgesamt in Erfahrung zu bringen ist, unter anderem auch dem beginnenden Lateinunterricht von Nutzen gewesen sein. Was dabei insbesondere die »Wort-für-Wort-Übersetzung« des ›Cato‹ für die Texterschließung leistet, ist bereits mehrfach von HENKEL beschrieben worden, sodass es hier genügt, an Grundsätzliches zu erinnern. Indem die lateinische Wortfolge des Originals aufgelöst und in eine dem deutschen Satzbau vertrautere Ordnung gebracht wird, werden Hilfen zur syntaktischen Erschließung des lateinischen Verses geboten. Ferner wird durch die Angabe volkssprachiger Entsprechungen zu den einzelnen Elementen vor allem ein inhaltliches Verständnis der Vorlage gefördert. Als Beispiel nachstehend der Abschnitt zu den Hexameterdistichen I,17 und 18 (Bl. 31v, Abkürzungen aufgelöst; vgl. Abb. 24): Ne cures conscius ipse construe ne cures du salt nych achten ader ruchen si quis ab imant loquatur reth tacito sermone myt eyner swygenden rede ipse conscius der sculdege putat wenit sibi omnia dici gesprochen werdyn omnia ale dync de se von ym Cum fueris felix Non eodem cum wanne fueris du wirst felix selik tacito du salt swygen que welche sunt seyn aduersa wyder czeme vltima dy lecten gelucke respondent enworten primis dy ersten non eodem cursu in dem selben lauffe

Der Text ist engzeilig fortlaufend geschrieben, wobei jede Seite 39 Zeilen aufnimmt und einzig der Wechsel von größerer Auszeichnungsschrift und kleineren Schriftgrößen dem Leser Orientierung bietet. Die Partien in Auszeichnungsschrift zitieren jeweils den ersten und zweiten Vers der Hexameterdistichen an. Es folgt dann in kleinerer Schrift im kleinräumigen Wechsel sowohl lateinischer als auch deutscher Text. Jener bietet nun den Vers des Ausgangstextes vollständig, freilich in Einzelwörter und Syntagmen aufgelöst und in einer dem Deutschen angeglichenen und somit verständlicheren Wortfolge, dieser eine Wort für Wort oder Phrase für Phrase voranschreitende Übersetzung. Das Beispiel lässt sich leserfreundlicher so präsentieren:

_____________ 180 Nachweise zur Verwendung von ›Cato‹-Distichen in Predigten bei HENKEL 1997, S. 275f. Eine entsprechende Verwendung von ›Facetus‹-Versen wird durch die 1457/60 von Palma Carbom angelegte dominikanische Predigtsammlung in der Handschrift Ber 8 belegt.

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Abb. 24: München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 11782, Bl. 31v – expositio ad litteram deutsch in fortlaufender Form

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Ne cures Conscius ipse [construe :] ne cures: du salt nych achten ader ruchen; si quis: ab imant; loquatur: reth; tacito sermone: myt eyner swygenden rede; ipse conscius: der sculdege; putat: wenit; sibi omnia dici: gesprochen werdyn; omnia: ale dync; de se: von ym. Cum fueris felix Non eodem [:] cum: wanne; fueris: du wirst; felix: selik; tacito: du salt swygen; que: welche; sunt: seyn; aduersa: wyder czeme; vltima: dy lecten gelucke; respondent: enworten; primis: dy ersten; non eodem cursu: in dem selben lauffe.

Rätselhaft erscheint indes, wie solche »Wort-für-Wort-Übersetzungen« eigentlich innerhalb des Unterrichts selbst an den Zieltext angeschlossen werden konnten. Die Distanz des Typs zum mündlichen Auslegungsvorgang im Unterricht kommt am Münchner Beispiel ja gleich mehrfach zum Ausdruck: - im Ausfall des Primärtextes. Im Unterricht selbst sollte dieser jedoch vollständiger präsent sein, und sei es nur versweise. Im vorliegenden Beispiel wird der Primärtext jedoch nur anzitiert, um allenfalls als memorierter den Hintergrund für die weitere Erläuterung abzugeben. Die Incipits fungieren eher wie eine Nummerierung und geben damit, einer modernen Verszählung vergleichbar, ein Modell des Primärtextes ab. - in kodikologischer Hinsicht: Mit der »Wort-für-Wort-Übersetzung« beginnt Bl. 30r ein eigener Faszikel in der Handschrift, und ein Schreiberkolophon in Auszeichnungsschrift am Textende (Bl. 38v Explicit exposicio katonis per manus iohannes de zadaw) markiert eine abgeschlossene Einheit schriftlicher Textreproduktion und zeigt geschlossene Aufzeichnung

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en bloc an. Das geschah, wie aus Abschreibefehlern hervorgeht, bereits nach schriftlicher Vorlage. In I,18 etwa steht statt des richtigen caueto versehentlich das aus dem vorangehenden Distichon übernommene tacito. Es ist auch ganz unwahrscheinlich, dass der Text mit seinem Umfang acht engzeilig beschriebener Blätter in einer einzigen Unterrichtssitzung durchgegangen worden sein sollte. - im Hinblick auf durchgängig und systematisch angewandte Generierungsregeln. Sie binden den Text eher an die Systematizität schriftlicher Ausarbeitung als an die Mündlichkeit unterrichtlichen Übersetzens: die regelmäßige Aufnahme von Anzitat und erläuterndem Textblock im Wechsel, das in letzterem angewandte Prinzip, dort dann den ganzen lateinischen Text zu geben, ihn jedoch umzuordnen, und schließlich das Prinzip, auf lateinischen Text regelmäßig eine deutsche Erläuterung folgen zu lassen. Dabei führt der schriftliche Text sein Eigenleben: Das Sprachenpaar non eodem cursu : in dem selben lauffe (I,18) unterschlägt die Negation. Das schriftliche Angebot müsste in der mündlichen Textauslegung im Unterricht noch entsprechend korrigiert werden. »Wort-für-Wort-Übersetzungen« werden mithin nicht im mündlichen Unterricht, als schriftliches Protokoll quasi, verfertigt, sondern als Hilfsmittel des Textstudiums systematisch schriftlich ausgearbeitet und als Texteinheit eigenen Rechts in schriftlicher Form weitergereicht. Zugleich zeigt ihre zwar höchst platzsparende Präsentationsform auf der handschriftlichen Seite an, dass sie der konzentrierten Lektüre des Einzellesers vorbehalten bleiben sollten. Mit der im Umfeld der Text-KommentarDistribution im deutschen Sprachraum im 14. Jahrhundert verstärkt in Gebrauch kommenden lateinischen expositio ad litteram in Lemmaform, die im Zuge des Diktats in die Zeilenzwischenräume aufgelöst wurde, klärt sich dann weiterhin auch die Frage, wieso dieses scheinbar umständliche Übersetzungsverfahren nicht so oft überliefert ist.181 Es stellt eine systematische Ausarbeitung eines deutschen Glossenapparats in schriftlicher Form dar, für die sich eben das lateinische Vorbild des Lemmakommentars als effizientes Speicherungs- und Aufzeichnungsverfahren empfahl. Die Brücke zu lateinischen Usancen lässt sich im Clm 11783 sogar vom unmittelbaren Nachbarn zum deutschen ›Cato‹ her schlagen. Der lateinische Kommentar zum anschließenden ›Facetus‹ folgt nämlich genau dieser Form des Lemmakommentars. Eine Umsetzung der deutschen ›Cato‹-Interpretamente der »Wort-für-Wort-Übersetzung« in die interlineare Form des die Handschrift eröffnenden Verstextes der ›Disticha Cato_____________ 181 Vgl. HENKEL 1988, S. 116: »Möglicherweise wegen seiner Umständlichkeit ist dieses Verfahren nicht sehr oft überliefert.«

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Die Aufnahme der Volkssprache ins Schulbuch

nis‹ gelingt erwartungsgemäß problemlos (die Syntaxbezifferung nachstehend gemäß der von der deutschen expositio ad litteram vorgegebenen Wortfolge eingetragen): du salt nych achten ader ruchen 1

ab imant 2

myt eyner swygenden rede 4

reth 3

Ne cures

si quis

tacito sermone

loquatur

der sculdege 1

von ym wenit 5 2

ale dync 4

gesprochen werdyn 3

Conscius ipse

sibi de se

wanne du wirst 1 2

selik 3

welche 5

putat omnia dici seyn 6

wyderczeme [du salt swygen] 7 4

Cum fueris

felix

que

sunt

aduersa

in dem selben lauffe 4

enworten 2

dy lecten gelucke 1

Non eodem cursu

respondent vltima

caueto dy ersten 3

primis

Der Grundtext des ›Cato‹ im Clm 11783 weist aber bereits Interlinearglossen auf, unter ihnen einen nicht unerheblichen Bestand deutscher (Bl. 2r): o fily du solt nicht achten

Ne cures

wer

mit verswigner red solher

red

fateatur

2

4

4

3

si quis

tacito

sermone

reus alicuius qui von yem

2 1 34

Conscius

ipse

credat w(nt 34

74

sibi

de se

putat omnia

o filij eris pro quando du seist 1 2

diues

3

5

Cum

felix

que sunt aduersa

nicht 2

fueris in dem selben lauf 4 4

Non eodem cursu

6

loquatur

alle dinck proferri gesagt werden 65 56

dici

nociteria so fleuch uel contraria 7 4

caueto

antwurtent

dij lesten

den ersten

2

1

3

respondent

vltima

primis

Die deutschen Interpretamente machen die dem Grundtext nachgestellte expositio ad litteram in fortlaufender Form partiell überflüssig. Zadows ›Cato‹/›Facetus‹-Faszikel wird also erst sekundär angefügt worden sein. Er mag dann freilich einer erneuten Durchsicht und partiellen Korrektur der interlinear bereits vorliegenden expositio angeregt haben. In I,17,2 etwa wurden die Syntaxziffern nachträglich verändert – freilich ohne dass ein den lateinischen Satzbau wirklich erhellendes Ergebnis erreicht worden wäre.

Von der gesprochenen zur geschriebenen Unterrichtssprache

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Der angehängte Faszikel erscheint von den neuen zweisprachigen ›Cato‹/›Facetus‹-Erstleseheften sowohl in seiner Beschränkung auf die ›Cato‹/›Facetus‹-Folge seiner Textzusammenstellung als auch in der Aufnahme eines gewissen Anspruchs an durchgreifendere volkssprachige Erschließung tangiert. Einen diesen Heften vergleichbaren Stand der Integration des Deutschen indes erreicht er nicht. Immerhin bietet er eine systematisch durchgeführte expositio ad litteram in der Volkssprache. Eine sich selbst tragende Form, die ihn vom lateinischen Text unabhängig machte, erreicht er auf diesem Wege jedoch nicht. Hinter Zadows ›Cato‹/›Facetus‹-Faszikel scheint vielmehr die insbesondere im deutschen Sprachraum ausgeprägte Tradition der Spezialsammlungen von Kommentaren zu Unterrichtstexten auf.182 Dass der Faszikel hingegen der hochmodernen Diktat-Distribution gedient haben sollte, dafür gibt es keinen Hinweis. Überhaupt wird eine weitere Unterrichtsverwendung des Faszikels im Rahmen seines späteren Textverbunds bereits durch die mit der Zusammenstellung eingetretene Verdoppelung der expositio ad litteram zum Verstext der ›Disticha Catonis‹ unwahrscheinlich. Als Hilfsmittel im zweisprachigen Alltag des lateinisch gebildeten, aber in seiner seelsorgerischen Praxis auch in der Volkssprache agierenden Geistlichen mag er gleichwohl nützlich geblieben sein. Für den Texttyp als solchen, die deutsche expositio ad litteram in fortlaufender Form, bleibt die damit angeschnittene Frage gleichwohl zentral. Man ist seiner Verbreitung bisher freilich noch nicht systematisch nachgegangen. Gedruckte Kommentare, die schon vom Medium her dem Diktat fern stehen, sich aber gleichwohl der fortlaufenden Form der Glossenaufzeichnung bedienen,183 belegen, dass der Typ als solches keineswegs an eine Benutzung des entsprechenden Textexemplars als Diktatvorlage gebunden ist, sondern schlicht eine effiziente Form der schriftlichen Glossenweitergabe darstellt. Für die deutschen expositiones bleibt auf breiterer Grundlage zu untersuchen, ob ihre Verwendung auf das individuelle Textstudium (des sich vorbereitenden Lehrers, des nachbereitenden Schülers) »am Schreibtisch« begrenzt bleibt, oder ob sie an die kollektive Weitergabe im Diktat heranführen. So oder so dokumentieren beide Nutzungsformen einen neuartigen, nämlich nun systematisch schriftlichen Zugriff auf Unterrichtstexte auch in der Volkssprache, der über die sporadische Ausstattung lateinischer Verstexte mit deutschen Interlinearglossen hinausreicht. Der Clm 11782 belegt ihn bereits für das 14. Jahrhundert.

_____________ 182 Siehe oben Kap. II.4.1 sowie den dort anschließenden Exkurs 2. 183 Etwa der bei HENKEL 1988, S. 252, abgebildete ›Floretus‹-Druck von um 1500.

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Die Aufnahme der Volkssprache ins Schulbuch

Fernzuhalten ist von diesem Zusammenhang das in der Forschung für den bisher ältesten bekannten Beleg für eine »Wort-für-Wort-Übersetzung« erachtete Würzburger Fragment einer Donat-Übersetzung.184 Der Text lässt trotz seiner Bruchstückhaftigkeit deutlich erkennen, dass die mit dem lateinischen Text abwechselnden deutschen Partien nicht einfach und systematisch in Interlinearglossen umgearbeitet werden können. Dafür sind sie regelmäßig schlicht zu lang. Ferner ist auch der lateinische Text nicht Wort für Wort in seine Bestandteile aufgelöst, sondern in größeren syntaktischen Einheiten belassen. Vorschub leistet einer Verwechslung des Würzburger Donat mit »Wort-fürWort-Übersetzungen« bereits SCHNELLs Veröffentlichung des Fragments. Die Feststellung, »dem lat. Text folgt eine zusammenhängende dt. Wort-für-WortÜbersetzung, mit anderen Worten, dem textus folgt der sin jn tütschem«,185 vermischt im Rückgriff auf die Terminologie der späteren Donat-Übersetzung Conrad Bücklins, was dieser in Anlehnung an de lateinische Kommentierungspraxis 1473 sehr klar auseinanderhält. Auf den lateinischen textus folgt bei Bücklin in eigenem Abschnitt als ußlegung die deutsche expositio ad litteram in fortlaufender Form, weiterhin in wiederum eigenem Abschnitt der sin jn tütschem.186 Letzterer führt faktisch zwar, wie SCHNELL zutreffend bemerkt, nur noch einmal »die dt. Teile der Expositio in ihrer Gesamtheit an« und bietet eigentlich »keine zusammenhängende Übersetzung des lat. Textes«.187 Er darf deshalb aber durchaus nicht mit der »Wort-für-Wort-Übersetzung« verwechselt werden. Bücklin verfährt, indem er auf seine expositio ad litteram die Wiedergabe des sensus in Form einer Paraphrase aufsetzt, genauso, wie das zahllose lateinische Kommentare zu Unterrichtstexten in Anlehung an Vorgaben bereits des 12. Jahrhunderts – etwa in Hugos von St. Viktor ›Didascalicon‹ (III,8) – tun.188 Wenn sich Bücklins sensus-Auslegung nur additiv aus der litteralen expositio aufbaut und entsprechend künstlich ausnimmt, dann belegt das nur die Schwierigkeit einer diskursiven Beschreibung grammatischer Sachverhalte solange die ausgebildete Fachsprache dafür fehlt. Eine zusammenhängende Deskription grammatischer Sachverhalte im Deutschen vermisst man in den Lateingrammatiken noch bis weit ins 16. Jahrhundert.189 Der Würzburger Donat stellt sich als eine Misch- und Vorform der Wortexpositio und sensus-Paraphrase dar, die Bücklin dann klar trennt. Sie reflektiert genau die historische Position des Textes. Hinter der seit dem ausgehenden 14. Jahrhundert zu belegenden deutschen expositio ad litteram zum Donat in fortlaufender Form190 stehen seit einigen Jahrzehnten im Lateinischen eingespielte

_____________ 184 Vgl. SCHNELL 1987 und HENKEL 1988, S. 238 (»Wort-für-Wort-Übersetzung: frühestes Zeugnis [...]«). 185 SCHNELL 1987, S. 210. 186 Vgl. den Text bei ISING 1966, S. 23-206. 187 SCHNELL 1987, S. 208. 188 Siehe oben Kap. II.3.1. 189 Vgl. PUFF 1995, S. 164-169, 204-206, 294-300. 190 Übersicht über die Textzeugen bei SCHNELL 1987, S. 210-218. Vgl. neben Nr. 6 (Conrad Bücklin) besonders Nr. 2 (deutsche expositio ad litteram in fortlaufender Darbietung in einer im entsprechenden Teil um 1400 geschriebenen Handschrift aus Kremsmünster) und

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Verfahren der kollektiven Textdistribution, entsprechend ausgerichtete Textlayouts und entsprechend zugeschnittene Textstrukturen der Kommentare. Alles dies fehlt aber im Hintergrund des singulären Übersetzungsversuchs um 1300 noch.

2.4 Eine Schulübersetzung als Grundlage des ›Zwielichten (rheinfränkischen) Cato‹ Der Produktionsschub neuer ›Cato‹-Übersetzungen seit der Mitte des 14. Jahrhunderts scheint auch im ›Zwielichten Cato‹ durch. Unter diesem Namen soll im folgenden jene Übersetzung geführt werden, die, weil sie in den Sprachformen zwischen hochdeutsch und niederdeutsch anzusiedeln sei, von ZARNCKE in seinem den niederdeutschen Texten gewidmeten Anhang unter die Überschrift »in zwielichtem dialecte« gesetzt wurde. Präziser wäre sie freilich als ›Rheinfränkischer Cato‹ bezeichnet. Beide bereits ZARNCKE bekannten Textzeugen Z-Fra1 und Z-Kra – letzterer bei ZARNCKE noch als im Besitz der Frankfurter Stadtbibliothek geführt – entstammen nämlich diesem Sprachraum. Zwar ist das Krakauer Bruchstück inzwischen um ein weiteres zu ergänzen (Z-Fra2). Aber das neue Fragment vermehrt den eigentlichen Handschriftenbestand nicht. Wie aus Format, Schriftcharakter und Texteinrichtung hervorgeht, handelt es sich nämlich zweimal um Reste derselben Handschrift. ZARNCKE hat den ›Zwielichten Cato‹ erstmals als eigenständige Übersetzung gekennzeichnet und, einen älteren, allerdings nahezu kommentarlosen Abdruck des Krakauer Fragments durch MASSMANN ergänzend, Textproben aus Z-Fra1 mitgeteilt. Seither hat sich niemand mehr mit dieser Übersetzung befasst. Der Datierung des ›Zwielichten Cato‹ liefert einstweilen nur der Einsatz seiner Überlieferung um 1370/80 einen terminus post quem non. Hinter diesen kann freilich, wie die weitere Betrachtung des Textes selbst zeigen wird, noch zwei oder drei Jahrzehnte zurück gegangen werden. Ein Übersetzer nennt sich nicht. An der Überlieferung des ›Zwielichten Cato‹ muss auffallen, dass beide Handschriften Z-Fra1 und Z-Fra2/Z-Kra in zeitlich (um 1370/80 bzw. Ende 14. Jh.) wie räumlich (Mittelrhein bzw. Nordhessen/nördlicher Mittelrhein) geringem Abstand zueinander entstanden sind. Überdies stehen sie sich in der Art der Textaufbereitung nahe. Hier verbindet sie insbesondere dieselbe Distanz zum Lateinunterricht, die in einer zweispaltigen, platzsparenden Texteinrichtung zum Ausdruck kommt (vgl. Abb. 25). In diesen Kontext gehört weiterhin die Beschränkung auf ausschließlich _____________ Nr. 7 (dasselbe in einer Wiener Handschrift von 1478). Nr. 3 und 5 bieten die expositio in interlinearer Form.

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Die Aufnahme der Volkssprache ins Schulbuch

volkssprachige Mitüberlieferung.191 Und schließlich ist auch »für die textesherstellung [...] der werth beider hss. ziemlich gleich«192, besteht auch aus textkritischer Sicht enge Verwandtschaft. Insgesamt weist dies alles in Richtung einer nur auf begrenzte Verbreitung berechneten Konzeption. Oder genauer, denn eine Übersetzung für einen lokalen Unterrichtszusammenhang wäre ja eine durchaus ebenso begrenzte, die allerdings mit einer kontinuierlicheren Textweitergabe über mehrere Schülergenerationen hinweg rechnet: Dieser ›Cato‹ war sicher nicht auf räumlich und zeitlich dauerhafter institutionalisierten Unterricht berechnet, sondern ist eher Ergebnis eines einmalig auf eine einzelne Person oder einen speziellen Personenkreis gerichteten Unterfangens. Es ließe sich einwenden, die Krakauer/Frankfurter Bruchstücke böten doch immerhin einen lateinisch-deutschen, eher »schultypischen« ›Cato‹. Mehrere Indizien weisen indes auf sekundäre Ergänzung des lateinischen Textes. So wird dessen Praefatio bei zweisprachiger Textdarbietung normalerweise auf mehrere Textblöcke verteilt. In Z-Fra2 bleibt sie aber als geschlossener Text in sieben Zeilen zusammen – vielleicht weil die Einleitung so bequemer zu integrieren war. Ferner ist in Z-Fra2 Bl. 2rb Zeile 22 frei belassen worden, sodass der Übersetzung von b.s. 27f. ihr lateinisches Pendant fehlt. Der lateinische Text könnte also aus einer anderen Vorlage neu hinzugezogen worden sein, die an dieser Stelle unvollständig war. Eine solche Lücke erscheint in Zeile 25 ein zweites Mal. In ihr ist, mit Freiraum nach links für eine Ergänzung, nur die zweite der normalerweise paarweise vorangehenden Sentenzen eingetragen. Unabhängig von der konzeptionellen Priorität ein- oder zweisprachiger Textdarbietung schließt zwar einsprachige Präsentation eine Verwendung innerhalb, zweisprachige nicht aber gleichermaßen die Verwendung außerhalb des Lateinunterrichts aus. Dass in das Zielpublikum des ›Zwielichten Cato‹ mehr oder minder lateinkundige, jedenfalls bereits ausgebildete, sozial hochstehende adelige oder geistliche Benutzer eingerechnet werden müssen, wird rezeptionsseitig zumindest im nachhinein durch die Herkunft der vollständigen Frankfurter Handschrift nahegelegt, die sich in der Bibliothek des Wormser Bischofs und Kanzlers der Universität Heidelberg, Johann von Dalberg, befand. Ferner weist ein Bl. 59v notierter, zeitgenössischer Nachtrag mit Ausgabennotizen über Lohn und Tuchwaren – Item seheen ich an yme, daz er daz kan und myr gehorsam ist und nicht mormelt wyeder mich, so schencken ich yme eyn kyddl – auf eine _____________ 191 JÄGER 1978, S. 239, vermutet im Ms. germ. quart 31 die Reste eine ehedem umfangreicheren Reimpaarsammelhandschrift. Auf der schmalen Textbasis des Erhaltenen ist das kaum zu sichern. 192 So ZARNCKE 1852, S. 164, anhand von Stichproben.

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Abb. 25: Frankfurt/M., Stadt- und Universitätsbibliothek, Ms. germ. qu. 31, Bl. 2rb und Bl. 2va - ›Zwielichter Cato‹, lateinisch-deutsch

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Die Aufnahme der Volkssprache ins Schulbuch

finanziell vermögende gesellschaftliche Oberschicht. Speziell mit deren Frankfurter Vertretern mag die Fragmente von Z-Fra2 ihre Herkunft aus dem örtlichen Stadtarchiv verbinden, wo sie sich bereits im 16. Jahrhundert befanden und als Aktenhüllen verwendet wurden. Weitere Aufschlüsse über die konzeptionellen Anliegen der Übersetzung liefert der Text selbst. Seine Basis bilden in Bestand wie Anordnung die Verse der lateinischen ›Disticha Catonis‹.193 Zu den Distichen werden die seit ›Niederrheinischem‹ und ›Schlesischem Cato‹ in Schulübersetzungen üblichen Vierversgruppen gebildet. Man war also vertraut mit den Konventionen und/oder arbeitete auf der Basis entsprechender Vorlagen. Abweichungen finden sich nur an den Übergangsstellen zum Haupttext bei I,1 (vgl. V. 81-86 in ZARNCKEs Textprobe)194 und zum Epilog bei IV,49 (V. 206-214) mit sechs bzw. acht Versen, ferner innerhalb des Haupttextes selbst ein einziges Mal in II,22 (vgl. ebd. S. 163 [Z-Fra1] und S. 164 [Z-Kra]). Zudem wird der weniger streng an Vierversgruppen gebundenen Übertragung der Praefatio (V. 1-28) und der Praefationes zu den einzelnen Büchern, hier besonders derjenigen zum zweiten Buch (V. 115-156), auffallend breiter Raum eingeräumt und schließlich sogar ein längerer Epilog nachgeschaltet (V. 214-245) – dies alles im Unterschied zu den Schulübersetzungen. Obschon prinzipiell ein 1:1-Verhältnis von Ausgangs- und Zieltext angestrebt ist, zeigen der Ausbau der Praefatio und der neue Epilog gleichzeitig für einen zweisprachig dargebotenen Unterrichtstext eher Untypisches. Nicht zuletzt hebt es den ›Zwielichten Cato‹ von den Schulübersetzungen (deren Handschriften dem Benutzer Latein und Deutsch regelmäßig gemeinsam und damit immer schon aufeinander bezogen vor Augen stellen) ab, dass der Vorgang des Übersetzen im Epilog (V. 219-226) ausdrücklich angesprochen wird. Der Bezug zum lateinischen Pendant war vielleicht zunächst nicht, wie in Schulhandschriften, unmittelbar gegeben und wurde daher eigens verbalisiert. Einen besonderen Zuschnitt des ›Rheinfränkischen Cato‹ bestätigt nicht zuletzt ein einzigartiger Umbau des vorgegebenen Sprechrahmens einer väterlichen Unterweisungsrede an den Sohn zu einer Rede des liebe[n] frůnt an den liebe[n] frůnt (V. 16),195 die zů helfe frůntliche komen _____________ 193 Z-Fra1 fehlen lediglich die Entsprechungen zu I,35, II,10 (jedoch in Z-Kra vorhanden), IV,9, IV,29 (ab V. 3) bis 33, 36 und 41-43. Zu beachten ist hier jedoch, dass eine Vorstufe von Z-Fra1 fehlerhaft war. So waren in ihr die Blätter mit dem Text von II,12-30 verbunden, der in Z-Fra1 zwischen IV,11 und IV,12 gerutscht ist. Damit mögen sich auch Textausfälle verbunden haben: vgl. ZARNCKE 1852, S. 163. 194 Wo nicht anders angegeben, wird im folgenden nach diesen Proben zitiert. 195 Der zentrale V. 16, herum ich lieber frůnt dir sage, bildet, gezielt doppeldeutig formuliert, eine besondere Nähe der textinternen Sprecher- und Hörerinstanz auch grammatisch ab. Der nominale Ausdruck lieber frůnt lässt sich sowohl als prädikatives Zustandsattribut auf

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(V. 9) möchte. Aus dem hierarchischen Verhältnis zwischen textinternem Sprecher in der Vater-Rolle und seinem Zuhörer in der Rolle des Sohnes wird eines gleicher Augenhöhe. Der ›Zwielichte Cato‹ wechselt damit aus der Sparte lehrhaften Unterweisung ins Fach der Ratgeberlektüre und nähert sich in dieser Hinsicht einem Fürstenspiegel an. Für die den Rat erteilende Seite wird diese Tendenz augenfällig von der einzigen Textstelle unterstrichen, an der der übliche Viererumfang der deutschen Verse zu den lateinischen Distichen innerhalb des Werkes selbst statt an seinen Rändern, d. h. am Anfang oder Ende, überschritten wird. Das geschieht in II,22. Dadurch wird die Handlungsempfehlung dieser Verse besonders herausgestellt. Sie zielt eben darauf, den rat des gesellen stets zu befolgen: Helingin rat salt dů befelin Eime gesellin der wol kunne helin Die sorge eyns mannes hertze neigit Der sinen rat alleine dreget Dinis libis artzit sij ein man Der druweliche raden kann Ein artzit der mit druwin fert Von suchede einen man irnert.

[nach ZARNCKE 1852, S. 164]

Im Hinblick auf die andere, die beratene Seite, geben die Schlussverse einen Hinweis auf deren eher profilierten sozialen Stand. Bei aller Formelhaftigkeit der Verse – des helf vns die zarte maget | daz sie gebar den werden crist | der vber allen herren ist (V. 243-245) – ist an solch exponierter Stelle von herren in der gesamten deutschen ›Cato‹-Überlieferung nur hier zu hören. In welche lebensweltlichen Zusammenhänge hinein hier gesprochen werden wollte, geht weiterhin aus dem Ausbau der Übersetzung gerade des Vorspanns zum zweiten Buches auf 42 Verse hervor.196 Insbesondere der minne (vgl. V. 129-136) und dem Tůrneyen vnd stechen striden | vnd Ritterlichen riden (vgl. V. 137-144), also überhaupt werder ritterschaft (V. 144) wird vergleichsweise breiter Raum gegeben. Einschlägigen Indizien aus der Textrezeption kommt angesichts der punktuellen Verbreitung des ›Zwielichten Cato‹ besonderes Gewicht zu. Verweisen lässt sich hier zum einen auf die Aufnahme von Versen in den Text von G-Ber 1, wo sie teils die Hauptübersetzung bilden, teils einer bereits bestehenden Versübersetzung hinzugefügt wurden.197 Die von _____________ das ich beziehen als auch als dativische Apostrophe des Gegenüber auf das nachstehende du. 196 Der Rumpf-›Cato‹ beschränkt sich an dieser Stelle auf 14 Verse, unter den Schulübersetzungen z. B. der ›Ulmer Cato‹ mit 20 Versen auf das Doppelte des lateinischen Textes, wobei den Verweisen auf Lucan (Si Romana cupis et Punica noscere bella, | Lucanum quaeres, qui Martis proelia dixit) und Ovid (Si quid amare libet vel discere amare legendo, | Nasonem petito [...]) je vier Verse zugestanden werden. 197 Vgl. die Nachweise bei ZARNCKE 1852, S. 190-194.

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Die Aufnahme der Volkssprache ins Schulbuch

ZARNCKE an den Anfang des 15. Jahrhunderts datierte Berliner Handschrift steht dem Lateinunterricht, wie allein schon am Verzicht auf den Grundtext ersichtlich wird, fern.198 Zu verweisen ist zweitens auf die enge textliche Verwandtschaft des ›Zwielichten Cato‹ mit dem ›Amorbacher Cato‹, der seine Lehren einem Protagonisten eines Artusromans, der höfischen Literaturgattung par excellence, in den Mund legt.199 Der Ansatz der textlichen Ausweitungen gerade an Randstellen wie Prolog und Epilog sowie an den Übergangsstellen der Buchvorreden ist zusammen zu sehen mit dem Verzicht auf eine durchgreifende systematische Umarbeitung. Was den Textkern der Hexameterdistichen betrifft, könnten die deutschen Verse nämlich genauso auch in jeder beliebigen Unterrichtshandschrift stehen. Insbesondere die zahlreichen belassenen Apostrophen an den sůn statt an den frůnt in Z-Fra1 etwa in den deutschen Versen zu I,24, II,12 und 18, III,21, IV,27 und 39 belegen, dass gar nicht von Grund auf neu übersetzt, sondern bereits eine in der Adressatenausrichtung konventionelle Vorlage herangezogen und eher flüchtig überarbeitet wurde. Dazu passen die Aussagen von V. 221-226 des Epilogs. In ihnen wird eine ältere Übersetzung erwähnt, die das Sprecher-Ich selbst schon einmal unternommen habe. Diese Vorleistung habe ihm Zuversicht auf ein Ergebnis gegeben, das sich von den Produkten der üblichen Toren abhebe: doch wizze daz min kranker sin daz ende vnd daz ane begin Nicht baz verrichten kůnde wan daz ich misse gůnde Zů meist dorch gotez ere daz dyse zarte lere was in latin verborgen hie von begond ich sorgen daz ich diz erbeit vnder stunt als ander tore gerne tůnt Alslein ich doch wil wiste daz ich vor langer friste diz bůch in tůtschen han gesaget

[nach ZARNCKE 1852, S. 169]

Man sollte sich von dieser Textpassage freilich nicht zugleich zu der romantischen Vorstellung von einer altgedienten Persönlichkeit in höfischem Lehr- und Beratungsdienst verleiten lassen, die sich hier in fortgeschrittenen Jahren noch einmal eines ihm ans Herz gewachsenen Zöglings _____________ 198 Vgl. ZARNCKE 1852, S. 190. Auf die Zweisprachigkeit der benutzten Vorlage weist jedoch die Ausstattungsbesonderheit, die einzelnen Vierversgruppen durch rote Striche voneinander abzusetzen, die wie einst die lateinischen Hexameterdistichen die Textsukzession unterbrechen. 199 Siehe den nachstehenden Exkurs 3.

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annähme. Im Fortgang der Verse erhält der Epilog nämlich einen merkwürdig ironisch-unernsten Unterton. Wenn dem Gegenüber das Anliegen des Sprecher-Ich nämlich missfallen haben sollte, so solle er sich eben um seine eigenen Sachen kümmern (V. 230: vnd schaffe dů din ding gar). Das Sprecher-Ich werde deswegen kaum zürnen (V. 231: hervm ich lůtzel zůrnen sol), habe es doch vor allem im Blick auf finanzielle Entlohnung gedichtet (V. 232-234: yedoch was also min můt | daz ich dorch gůder lůde gůt | diz zů samen han gesetzet). Im übrigen entschädige allemal die Aussicht auf Gottes süßen Lohn, die dieser den frůnden bereithalte (V. 235-239: des mich got balde hart ergetzet | wan er lieber herre wil | wan er hat sůzzez lonez vil | die sinen frůnden sint bereit | In eweclicher stedekeit). So schließt der ›Zwielichte Cato‹ in einer spielerischen Distanz zur Ernsthaftigkeit seiner Lehren, und es wird nicht recht deutlich, was mit dieser Abstandnahme, ja überhaupt mit der Modifikation der erwähnten älteren Übersetzung eigentlich bezweckt sein wollte. Diese wäre jedenfalls, nimmt man die biographisch eingefärbte Textaussage nicht als reine Fiktion und das die vorgängige Übersetzung datierende vor langer friste ernst, nicht erst im beginnenden vierten Viertel, sondern bereits im dritten Viertel des 14. Jahrhunderts entstanden. Exkurs 3: Gaweins Rat – Der ›Amorbacher Cato‹ Auf Berührungen des ›Zwielichten Cato‹ mit der Übersetzung in G-Ber 1 hat bereits ZARNCKE hinweisen können. Angesichts der schmalen Verbreitung des ›Zwielichten Cato‹ dürften die Übereinstimmungen statt auf unmittelbarer Kenntnis auf den gemeinsamen Hintergrund einer Übersetzung für den Schulunterricht zurückgehen. Eine solche gemeinsame Quelle wird auch vom ›Amorbacher Cato‹ nahegelegt, den HARMENING 1970 bekannt gemacht und im Text aus der einzigen erhaltenen Handschrift, einer vom fränkischen Historiker und Jesuiten Johannes Gamans († 1684) angefertigten Abschrift aus einer heute verlorenen Handschrift der Amorbacher Klosterbibliothek, abgedruckt hat.200 _____________ 200 Vgl. zur Amorbacher Klosterbibliothek PAUL LEHMANN: Die Bibliothek des Klosters Amorbach. In: Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens 48 (1939), S. 264-300, und ALFRED WENDEHORST: Der Bestand der Amorbacher Abteibibliothek. In: 700 Jahre Stadt Amorbach 1253-1953. Amorbach 1953, S. 101-119. Zu Gamans zusammenfassend OTTO MEYER: Johannes Gamans S. J., ein vergessener Chronist. In: Fränkische Blätter für Geschichtsforschung und Heimatpflege 3 (1951), S. 5-7. Die Handschrift mit den Amorbach betreffenden Aufzeichnungen Gamans (Würzburg, Universitätsbibliothek, M. qu. q. 85, Bl. 369r-599v [der ›Cato‹ Bl. 590ra-591vb]) beschreibt THURN 1994, vgl. dort besonders S. 95f.

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Die Aufnahme der Volkssprache ins Schulbuch

Nach Bestand und Reihenfolge der Entsprechungen zum lateinischen Text, die in HARMENINGs Abdruck detailliert ausgewiesen werden, geht der ›Amorbacher Cato‹ auf eine ursprünglich vollständige Übersetzung zurück. Sie wurde zwar nur selektiv ausgewertet, doch geschah dies prinzipiell in der Reihenfolge des lateinischen Originals. Jeweils zwei lateinischen Hexametern entsprechen vier deutsche Reimpaarverse.201 Dabei geht die Textstrecke der Verse 232-344 (von 354 Versen insgesamt), die III,18a-IV,45a der ›Disticha Catonis‹ abdeckt, nahezu lückenlos mit dem Text des ›Zwielichten Cato‹ zusammen. Neben der teilweise zweisprachigen Textdarbietung des ›Zwielichten Cato‹ und den Einrichtungsbesonderheiten des Berliner Textes202 wird auch von dieser Seite her für die gemeinsame Quelle des ›Zwielichten Cato‹, des ›Amorbacher Cato‹ und des Berliner Textzeugen G-Ber 1 eine ursprünglich zweisprachige Textdarbietung im für Schulübersetzungen des 14. Jahrhunderts üblich gewordenen formalen Rahmen wahrscheinlich. Von der Überlieferung her auf mittelalterliche Entstehungs- und Gebrauchszusammenhänge des ›Amorbacher Cato‹ oder auf dessen Vorlage zurückzuschließen, das lassen die spärlichen Angaben Gamans zur ehemaligen Handschrift des ›Amorbacher Cato‹ nicht zu.203 Ihre zweisprachige Konzeption und das 2:4-Prinzip verorten die Vorlage des ›Amorbacher Cato‹ im Umfeld der seit der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts entstehenden Übersetzungen für den Lateinunterricht. Im Hinblick auf die Konzeption des ›Amorbacher Cato‹ selbst hingegen bedarf die von HARMENING vertretene Auffassung der Korrektur, wonach »der Amorbacher Cato durch die sonst von keiner anderen Fassung bekannte Aufnahme eines ›Wigalois‹-Fragments eine besondere Stellung« einnehme und »unsere Kenntnis über den Kreis der häufiger mit dem deutschen Cato verbundene paränetisch-didaktischen Stücke aus anderen Gedichten« erweitere (1970, S. 350). Es besteht ja gerade keine Verbindung zum Rumpf-›Cato‹ und seinen Interpolationen, sondern zu einer Gesamtübersetzung. Und es sind auch die Verse aus dem ›Wigalois‹, deren Übernahme HARMENING nachweist, keineswegs in den ›Amorbacher Cato‹ eingefügt. Umgekehrt vielmehr wurden die ›Cato‹-Verse für die Ausweitung der Abschiedsrede Gaweins an seinen Sohn Wigalois am Ende des Romans herangezogen und in sie eingeschaltet, die dadurch von wenigen Versen im Ausgangstext zu einem umfänglichen didaktischen Monolog ausgeweitet wird – vergleichbar der Abschiedsrede Herzog Heinrichs von Schwaben, _____________ 201 Vgl. HARMENING 1970, S. 360-368. Bis V. 91 geht es nur deshalb unübersichtlich zu, weil hier die Entsprechungen zu den Breves sententiae ausgezogen wurden, deren Bestand und Anordnung in der Überlieferung allgemein stark schwankt. 202 Siehe oben Kap. II.2.4 Anm. 198. 203 Sie sind bei HARMENING 1970, S. 350, zusammengestellt.

Extensiver und intensiver Ausbau im 15. Jahrhundert

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die dieser im ›Friedrich von Schwaben‹ auf dem Sterbebett zu Beginn der Erzählung an seine beiden Söhne richtet (V. 29-57).204 Im ›Amorbacher Cato‹ ist allerdings der gesamte »Vorspann«, die eigentliche Romanhandlung fortgelassen, sodass der Text wie ein Exzerpt einer ausgeweiteten Mahnrede aus dem ›Wigalois‹ anmutet. Ob diese Ausweitung erst im Zuge der Exzerpierung fortgenommen wurde oder tatsächlich in einem Seitenzweig der ›Wigalois‹-Überlieferung kursierte, lässt sich nicht mehr feststellen. Ihr Reiz bestand für den Zeitgenossen und Kenner von Artusromanen aber sicher darin, hier nicht irgendeinen väterlichen Mahnredner, sondern den vorbildlichsten Ritter des traditionellen Artusromans überhaupt, Gawein, in der Rolle des Ratgebers zu erkennen, die er bereits in einem der ältesten Vertreter der Gattung, in Hartmanns von Aue ›Iwein‹, an prominenter Stelle, aber dann mit sehr zweifelhaftem Erfolg versehen hatte.205 So gesehen lassen sich dann vom ›Amorbacher Cato‹ zwar keine Verbindungen zum Rumpf-›Cato‹, wohl aber zu dessen laikal geprägtem Rezeptionsumfeld ziehen. Wie die Einbindung des Rumpf-›Cato‹ in die Reimpaarsammelhandschriften des 14. Jahrhunderts dessen didaktische Anweisungen von in den Mären etwa ausformulierten Anwendungssituationen her zu problematisieren erlaubte, so werden sie durch ihren literarischen Kontext auch im ›Amorbacher Cato‹ der Diskussion bereit gehalten.

3. Extensiver und intensiver Ausbau im 15. Jahrhundert Deutsch begleitet den Trivialunterricht seit der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts immer öfter auch in geschriebener Form. Ablesbar wird das – abseits des von Anfang an für den Laien bestimmten Rumpf-›Cato‹, der auf eigenen Wegen tradiert wird – an den neuen zweisprachigen Erstlesebüchern des ›Schlesischen‹ und des ›Niederrheinischer Cato‹. Sie setzen sich in Konzeption wie Verbreitung von den Produkten der Anfangsphase _____________ 204 Siehe dazu auch unten Kap. III.3.2.2 anlässlich der Überlieferung des ›Ulmer Cato‹ in UWie1. 205 Gaweins Funktion des idealtypischen Artusritters erscheint als fester Bestandteil der von den Autoren der Romane aufgenommenen und verarbeiteten Rezipientenerwartungen im ›Wigalois‹ sogar derart fest etabliert, dass sich diese Konstellation umkehrt: »nicht die Handlung definiert die Figur, sondern eine Figur erzeugt aus ihrem Charakter heraus eine adäquate Handlung« (CHRISTOPH CORMEAU: ›Wigalois‹ und ›Diu crône‹. Zwei Kapitel zur Gattungsgeschichte des nachklassischen Aventiureromans. München 1977 [MTU 57], S. 143). Vgl. speziell zum ›Wigalois‹ im Überblick VOLKER MERTENS: Der deutsche Artusroman. Stuttgart 1998 (Universal-Bibliothek 17609), S. 177-185, und ANDREAS DAIBER: Bekannte Helden in neuen Gewändern? Intertextuelles Erzählen im ›Biterolf und Dietleib‹ sowie am Beispiel Keies und Gaweins im ›Lanzelet‹, ›Wigalos‹ und der ›Crone‹. Frankfurt/M. [u. a.] 1997 (Mikrokosmos 53), S. 236-241.

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Die Aufnahme der Volkssprache ins Schulbuch

des Experimentierens mit der Volkssprache ab. Zwettler ›Cato‹, Stephans von Dorpat ›Cato‹ und die Komposition im ›Hausbuch‹ Michaels de Leone zeigen dagegen Latein und Volkssprache noch in jeweils wechselnden Relationen, und es kennzeichnet die drei Unterfangen überdies eine jeweils sehr verschiedene Reichweite ihres Anspruchs und Erfolgs. Die Entstehung der zweisprachigen Erstlesebücher ohne offenkundigen Kontakt zueinander und in weiter auseinanderliegenden Regionen schließt ein zufälliges Zusammentreten punktuell-oberflächlicher Anstöße aus. Ihr Aufkommen muss aus tiefenstrukturellen Rahmenbedingungen heraus erklärt werden. Die breitere Überschreitung der Schwelle zur Schriftwürdigkeit der Volkssprache gerade in den »Randlagen« des Ostmitteldeutschen und Mittelfränkischen wird daher nur in Rücksicht auf Faktoren wie den besonderen Status der Volkssprache in benachbarten Sprachräumen – im Mittelfränkischen wird der Westen des Rhein-MaasGebietes und Frankreich wichtig gewesen sein, im Schlesischen war vielleicht der Kontakt zu den autochthonen slavischen Sprachen von Bedeutung – oder die unterschiedliche Empfänglichkeit der vorhandenen Bildungseinrichtungen – die im östlichen Siedlungsraum eine noch sehr junge Geschichte haben und daher vielleicht Neuerungen offener gegenüber standen – erklärt werden können. In diese Rahmenbedingungen wirken die neuen Erstlesebücher durch eine Absenkung der Schwelle zur Schriftwürdigkeit der Volkssprache wiederum zurück – ohne dass mit ihnen jedoch schon eine Prestigeaufwertung der Volkssprache als solcher intendiert wäre. Zunächst einmal ging es um nicht mehr, aber auch um nicht weniger als anderen, tendenziell besseren Unterricht. Dazu ziehen die Erstlesebücher das Medium Schrift in neuem Umfang, der nun eben auch das Deutsche einschließt, heran. Der Status und Gebrauch des neuen Mediums im zeitgenössischen kommunikativen Haushalt insgesamt stellt also einen weiteren Faktor dar, den Erklärungen der im 14. Jahrhundert intensivierten Technisierung des Schulunterrichts berücksichtigen müssen. Bereits in Vorgängen des 14. Jahrhunderts finden die Phänomene der Extensivierung und der Intensivierung, wie sie – im Jahrhundert der »Literatur-Explosion« ganz der Erwartung gemäß – die anschließenden Jahrzehnte bis zum Buchdruck kennzeichnen, grundlegende Voraussetzungen. Oberflächlich-quantitativ betrachtet steigt die Zahl des Erhaltenen beträchtlich an. Ferner tritt bei den zweisprachigen Überlieferungszeugen nun das Oberdeutsche deutlich als Verbreitungsgebiet auf. Auch an im alemannischen, hier besonders im schwäbischen, vor allem aber an im bairisch-österreichischen Sprachgebiet gelegenen Lehranstalten begleiten nun deutsche Übersetzungen das Studium des lateinischen Originals häufiger als je zuvor. Intensiviert wird diese Verbindung seit der Mitte des 15. Jahrhunderts durch die Verwendung deutscher Reimpaare nun auch für

Extensiver und intensiver Ausbau im 15. Jahrhundert

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den Unterricht an gehobeneren Lehranstalten, an der besseren Lateinschule also und im Umfeld des universitären Artesstudiums. 3.1 Dispersion und Auffächerung 3.1.1 Textidentität und Textvarianz im Umfeld der Textgruppe III Im Unterschied zur überschaubaren Textlandschaft des 14. Jahrhunderts präsentiert sich die des 15. bedeutend unübersichtlicher. Insbesondere innerhalb von ZATOČILs Gruppe III, der nach der Zahl der Textzeugen umfangreichsten Textgruppe, kann man nicht mehr von relativ stabilen Ausgangstexten ausgehen, die ihre Identität im wesentlichen über die gesamte Strecke ihrer Weitergabe hinweg zumindest soweit bewahren, dass sich einzelne Textzeugen anhand ihres Versbestands eindeutig zuordnen ließen. Der Sachverhalt sei hier einmal an der Reimverteilung zu II,1-5 und III,1-3 veranschaulicht.206 Gruppe I II,1a gut:mut 1, 3f.

Gruppe II

Gruppe III

sin:min

= I 6, 18, 22 icht:nicht 1, 3, 5, 7, 9, 12-17, 19,

23f. II,1b man:kan 1, 3f.

glich:küncrich

II,2a taugenhait:vngesayt 3f.

II,2b werden:erdenn 3f.

dich:tödemlich

fromen:vernumen 8, 25 = I 21 = II 1, 3, 5-9, 13-15, 17, 25 tegelich:rich 12, 16, 24 gůt:tůt 18 sicherleich:kuningreich 19, 23 achten:betrachten= II 8, 25 tut:müt 1, 13 got:hot 3, 5, 7, 14-16, 24 zeyn:peyn 6, 17, 22 radt:hadt 9 ser:m(r 18 salikeit:haimlikeit 19, 23 list:bist 1, 3, 5, 7, 9, 13-17, 22, 24 byst:yst 6, 18, 19, 23 vrist:pist 8, 25

_____________ 206 Die Schreibung der Reimpaare folgt der jeweils erstgenannten Handschrift. Statt der Siglen stehen der Kürze halber Ziffern. Nr. 1-4 gilt in Gruppe I für G-Kra, G-Mue3, G-Wie1 und G-Zwe, Nr. 1-11 in Gruppe II für U-Aug, U-Mue1-3, U-Ott, U-StG, U-Stu1f., U-Wie1f. und U-Wue, Nr. 1-26 in Gruppe III für G-Ber 1-5, G-Dan, G-Erf, G-Goe, G-Gra, G-Lei, G-Lon1f., G-Mue1f., 4-8, G-Nue, G-Pra, G-StP, G-Stu, G-Wie2f., G-Zna.

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Die Aufnahme der Volkssprache ins Schulbuch

II,2ab achten:betrachten 1 II,3a lan:han 1, 3 = I/1+3 lan:getan 4

II,3b wil:vil 1, 3f.

=I

II,3ab II,4a zit:streit 1, 3f.

=I

II,4b můtt:tut 1, 4 man:enchan 3

= I/1+4

II,5a also:vro 1, 3f.

=I

II,5b leben:geben 1, 4 frist:ist 3

= I/1+4

III,1a ere:lere 1 lern:gern 3f.

= I/3f.

_____________ 207 G-Kra und G-Lon2 haben hier nur ein Verspaar. 208 G-Goe hat hier nur ein Verspaar.

= I 12207 = I/4 22 lan:man 1, 3, 5-7, 9, 12-16, 24 faren:toren 17, 25 verlan:an 18 tag:mag 19, 23 = I 3, 5-7, 9, 12-19, 22-24 hat:engat 1 tutt:mutt 24 trait:leit 8208 = I 5-9, 14-17, 19 bist:ist 1 krig:trig 3, 12 phlicht:nicht 13, 20 muot:guot 18 fryst:ist 23, 25 krigen:betrigen 24 = I/3 5-9, 14-17, 19, 23 verdrüket:enczuket 1 wirt:enpirt 3, 12, 24 bereyt:werheyt 13, 22 gemFt:tůt 18 verwent:erchentt 25 stund:kund 1 czuhant:genant 3 hant:gewant 5, 7-9, 12, 14-17 bereyt:czuseyt 6, 18 zerung:merung 13 thue:czue 19, 23 berait:betzaigt 22 genant:gewant 24 ring:ding 25 = I/1+4 3, 6, 7, 9, 14f., 23 krafft:czerhafft 1 leben:ausgeben 5, 16f. leben:aufgeben 8, 19 man:gewan 12 leben:außgethen 13 streben:leben 18 leben:yehen 22 crafft:behaft 24 vill:will 25 = I/1 18 = I/3f. 9, 17, 19 můtt:gůtt 1

Extensiver und intensiver Ausbau im 15. Jahrhundert

III,1b wilde:pilde 1, 3f. III,2a ort:wort 1 geschech:iech 3 missesche:jeh 4

III,2b doran:kan 1 mut:gvt 3f.

III,3a sein:sein 1 sin:din 3f. III,3b macht:nacht 1, 3f.

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lere:sere 3, 5-8, 12-16, 24 meren:leren 22 gir:zier 23 czir:dir 25 =I = I 3, 5-9, 12-19, 22, 24f. geleich:sicherleich 1 eben:leben 23 rain:klain nicht:spricht 1, 3, 5-7, 12-17, 19, 24 wiß:spricht 9 leben:reden 18 leben:geben 22 nit:ticht 23 cart:wart 25 sagen:vertragen = II 9 enstat:hat 1 kann:man 3, 5-7, 12-17, 24 ist:ist 18 gesein:dein 22 erfullen:willen 23 ist:frist 25 = I/3f. = I/3f. 3, 5-7, 9, 12, 14-18, 22, 24f. nijmet:czymmet 1 außerwelt:helt 13 gericht:icht 19, 23 =I = I 16-18 verhil:wil 1 moge:toge 3, 5-7, 9, 12, 14f. hat:rat 13 gesein:dein 19, 23 tag:magst 22 sweygen:vormogen 24 vertrag:tag 25

Für Gruppe III ist ohne neuen textgeschichtlichen Ansatz angesichts solchen »chaotischen Durcheinanders« nicht weiterzukommen. So jedenfalls charakterisiert ZATOČILs grundlegende Untersuchung zum ›Neusohler Cato‹, von der jeder Neuansatz auszugehen hat, 1935 die Verhältnisse. Überall, wo die »erste[] deutsche[] Uebersetzung« Z, die Grundlage der Textgruppe I, »eingeführt, gelernt und abgeschrieben« worden sei, sei sie zugleich »mit fremden Elementen durchsetzt worden, sodass sie letzten Endes fast vollkommen in dem chaotischen Durcheinander der verschiedenen Fassungen aufging.«209 An dieses »Durcheinander der verschiedenen Fassungen«, in dem sich ZATOČIL auf der »dritte[n] Entwicklungsstufe der Catobearbeitungen« Gruppe III präsentiert, hat sich die Forschung nach 1935, nach ZATOČILs vom ›Neusohler Cato‹ ausgehendem »kriti_____________ 209 ZATOČIL 1935, S. 65.

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Die Aufnahme der Volkssprache ins Schulbuch

sche[n] Beitrag zur Entwicklungsgeschichte der deutschen Catobearbeitungen« nie wieder gewagt. Dafür gibt es mehrere Gründe. Jeder für sich ist nachvollziehbar. Zum einen vermitteln ZATOČILs Untersuchungen kein vollständiges Bild der Gruppe III. Das hatte ihr Verfasser gar nicht zum Ziel. Sein Hauptanliegen bleibt in seinen Darlegungen zur Textgruppe III der Nachweis des Ausstrahlens der »ältesten Uebersetzung« bis in die »dritte Entwicklungsstufe« hinein, um mit der Wirkungsmacht des Zwettler ›Cato‹ gegen ZARNCKEs Priorisierung des Rumpf-›Cato‹ zu argumentieren. Nachweisungen zum Textbestand von Gruppe II, die über Berührungen zum Zwettler ›Cato‹ hinausgehen, erfolgen nur vereinzelt und exemplarisch. Ein umfassendes Bild der textlichen Filiation entsteht so nicht.210 Weiterhin steht jeder Versuch, Einsicht in Gruppe III zu gewinnen, vor dem Problem, nur mit dem Ausschnitt bereits von ZATOČIL veröffentlichter Texte vergleichen und nicht alle ZATOČIL bekannten Texte hinzuziehen zu können – von seither zur Gruppe ergänzten Zeugen zu schweigen. Dass jüngere Forschungsbeiträge, wenn sie Neufunde beibringen, dann auf eine Zuordnung ihres Textes verzichten, ist verständlich. Jedoch weisen sich bereits einige der bei ZATOČIL ohne Zuordnung aufgeführten Handschriften beim Vergleich mit späteren Neufunden als der Gruppe III zugehörig aus. Überdies erweist erst die systematische Kollation für zahlreiche vermeintlich selbstständige Distichen, dass diese lediglich in andere Seitenzweige des »chaotischen Durcheinanders« ausgreifen. In Abdrucken hat ZATOČIL G-Ber 3 (ZATOČIL 1952, S. 116-141; vgl. zur Zuordnung ZATOČIL 1935, S. 52-56), G-Dan (ZATOČIL 1952, S. 141-162; zur Zuordnung ZATOČIL 1935, S. 52-56) und G-Stu (ZATOČIL 1952, S. 162-182; zur Zuordnung ZATOČIL 1935, S. 52-56) zugänglich gemacht. Weiterhin zählt er 1935 zur Gruppe III noch G-Ber 1, G-Mue1, G-Mue2 und G-Wie2 (ZATOČIL 1935, S. 5256). Das an anderer Stelle von ZATOČIL nachgetragene Bruchstück G-Ber 2 wird dort ebenfalls der Gruppe III zugeschlagen, ohne dass man auf einen Textabdruck zugreifen könnte (ZATOČIL 1935a, S. 81 Anm. 1). Für die in einem eigenen Abschnitt vorgestellten Bruchstücke verzichtet ZATOČIL (1935, S. 59-66) durchgehend auf eine über den Aufweis der Berührungen zum Zwettler ›Cato‹ hinausgehende Einordnung. Von diesen Bruchstücken gehören jedoch in die Gruppe III: - G-Lei (Textabdruck durch SIEVERS 1889, S. 390-393; ZATOČIL 1935, S. 63f.: »von einer der Hs. A [= Textgruppe II, M. B.] nahestehenden Bearbeitung«, aber mit zusätzlichen Berührungen zum Zwettler ›Cato‹ wie zu G-Lon1 und, über OLon1, zum ›Schlesischen Cato‹);

_____________ 210 Vgl. ZATOČIL 1935, S. 52-56.

Extensiver und intensiver Ausbau im 15. Jahrhundert

229

- G-Lon1 (unediert; ZATOČIL 1935, S. 64f.: teils mit Gruppe I und teils mit G-Lei zusammengehend, teils isoliert); - G-Nue (Textabdruck durch BARTSCH 1885 und ZACHER 1883, S. 289-296; ZA3 TOČIL 1935, S. 62f.: eng mit G-Ber verwandt [ohne dass ZATOČIL die daraus folgende Zugehörigkeit zu Gruppe III benennt]); - G-Zna (Textabdruck durch FEIFALIK 1855; ZATOČIL 1935, S. 60-62: neben Übereinstimmungen mit Gruppe I und III auch »freie Umarbeitungen«). Übersehen hat ZATOČIL eine Ergänzung FEIFALIKs, der die ehemals Nikolsburger Handschrift G-Goe ZARNCKEs zweiter Stufe der »Gesammtübertragung« zuweist (S. 217f. Anm. 18). Deren drei Hauptzeugen (vgl. ZARNCKE 1852, S. 81) führen alle in ZATOČILs Textgruppe III. G-Goe gehört also ebenfalls hierher (unediert; bei HENKEL 1988, S. 230, wegen des neuen Aufbewahrungsortes in Göteborg nicht identifiziert und irrtümlich als Neufund aufgeführt). Unberücksichtigt bleibt 1935 ebenfalls G-Lon2, obschon ZARNCKE diesen Zeugen in einem Nachtrag immerhin erwähnt hatte (1852, S. 197) und sich bereits aus der Katalogbeschreibung von PRIEBSCH (1896/1901, Bd. 2, S. 115f.: »viele Eigentümlichkeiten der jüngern Gesammtbearbeitung [...], erscheint aber stellenweise ganz selbständig«) aus denselben Gründen wie für G-Goe Zugehörigkeit zu Gruppe III ergibt. Mit klarer Zuordnung zu Gruppe III wurde seit 1935 nur ein einziger Nachtrag gebracht: G-Mue8 (HENKEL 1980, S. 160-162; Text nicht ediert). Mit unscharfer Zuordnung seit 1935 beigebrachte Nachträge, die jedoch in die Gruppe III gesetzt werden können (allesamt unediert): - G-Mue5 (HENKEL 1978 [mit Abdruck von Auszügen]: Übereinstimmungen mit dem Text der Gruppen I, II und III sowie Eigengut); - G-Mue6 (HENKEL 1980, S. 157f.: Übereinstimmungen mit dem Text der Gruppen I, II und III sowie Eigengut; der Text sei in seinem »KonglomeratCharakter« G-Mue5 zu vergleichen); - G-Mue7 (HENKEL 1980, S. 158f.: Text ohne Berührungen zu ZATOČILs Textgruppen II und III, aber mit partieller Nähe zu Textgruppe I; »Im übrigen scheint die Fassung des Clm 7021 selbständig zu sein.«). Ohne Zuordnung des Textes seit 1935 beigebrachte Nachträge, die jedoch in die Gruppe III gesetzt werden können (allesamt unediert): - G-Erf (HENKEL 1988, S. 230); - G-Gra (ebd.); - G-StP (ebd.). Weitere Nachträge zur Gruppe III (allesamt unediert): - G-Ber 4 (Hinweis Dr. Renate Schipke, Berlin); - G-Ber 5 (Hinweis Gisela Kornrumpf, München); - G-Mue4; - G-Pra (Hinweis Dr. Klaus Klein, Marburg); - G-Wie3. Von diesen 26 Textzeugen war ZARNCKE 1852 mit G-Ber 1, G-Ber 3, G-Mue1, G-Mue2, G-Stu und G-Wie2 nur ein knappes Viertel bekannt. Teils hat er sie der dritten »freiesten« (G-Ber 1, G-Ber 3, G-Stu), teils der zweiten, »jüngeren Gesamtbearbeitung« (G-Mue1, G-Mue2, G-Wie2) zugerechnet. G-Lon2 wird überdies ohne Zuordnung in einem Nachtrag erwähnt (ZARNCKE 1852, S. 197), und G-Wie3 enthalte gar keinen ›Cato‹ (ebd.).

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Die Aufnahme der Volkssprache ins Schulbuch

Erschwerend kommt drittens die Skepsis hinzu, mit der man ZATOBezeichnung der einzelnen Texte als »Fassungen« begegnen wird. Wenn den Begriff der Fassung die von beschreibbaren Intentionen geleitete Überarbeitung eines bereits vorliegenden Textes konstituieren soll, dann stellt sich die Frage, ob eine solche gemeinsame Grundlage, die dann in verschiedenen Fassungen bearbeitet worden wäre, überhaupt auszumachen ist. Dazu hat sich bisher einzig ZATOČIL, und dies widersprüchlich, geäußert. Zwar sollen die Textzeugen der Gruppe III neben Distichen aus Gruppe I und Gruppe II »eine Menge selbständiger Uebertragungen« bringen. Aber: »Eine durchaus isoliert dastehende Gesamtübertragung als Quelle für diese neuen Vierzeiler anzunehmen« hält er »für verfehlt, solange nicht ein gütiger Zufall eine solche an den Tag bringt. Vielleicht aber hat es eine derartige Quelle gar nicht gegeben.« Trotz prinzipieller Skepsis fährt er jedoch fort: »Indes dürfen wir die Hss. C und F als Grundpfeiler für die anderen betrachten.« Demnach käme G-Wie2 (C) und G-Ber 3 (F) also durchaus der Status einer Grundlage für spätere Fassungen im engeren Verstande zu. Auf ein weiteres Problem führt schließlich die Frage, was denn überhaupt ZATOČIL bewog, eine eigene dritte Gruppe anzusetzen. Die Antwort führt schlicht auf keinen Katalog positiver Gruppenmerkmale. Vielmehr wurde stillschweigend mit einem Ausschlussverfahren operiert. Textgruppe I musste dem tschechischen Germanisten wohl schon deshalb hinreichend konturiert erschienen sein, weil sie weitgehend von G-Zwe bestimmt wird, G-Kra nur eine »im allgemeinen wenig veränderte Bearbeitung« des Zwettler ›Cato‹ darstellt und G-Wie1 über die Vertreter der Gruppe II hinaus mit G-Zwe zusammengeht.211 Die Zeugen der Textgruppe II zeichnet hingegen in willkommener Weise aus, dass unter ihnen nur »geringe Abweichungen« festzustellen sind – weshalb G-Wie1 mit seinen ausgeprägteren Abweichungen und zusätzlichen Verbindungen zu G-Zwe ja auch in Gruppe I gehört.212 Nun ist dieses Ausschlussverfahren zwar durchaus auch für andere Textgruppen praktikabel. So konnte sich ZATOČIL 1935 etwa vom ›Schlesischen Cato‹ noch kein rechtes Bild machen, da ihm die einzige vollständige Handschrift O-Lon2 nicht zur Verfügung stand. Für diese Übersetzung gilt jedoch ebenfalls – wie im übrigen für den ›Niederrheinischen Cato‹ und, von der Aufteilung in zwei klar voneinander abzusetzende Fassungen abgesehen, für Stephans von Dorpat ›Cato‹ auch –, dass ihre Texte sich nicht entfernt so häufig so deutlich voneinander entfernen wie die der Gruppe III.213 Letztlich firmiert die ČILs

_____________ 211 Vgl. ZATOČIL 1935, S. 50f. (das Zitat S. 50). 212 Vgl. ZATOČIL 1935, S. 50f. (das Zitat S. 50). 213 Das zeigt schon der oberflächliche Blick in die Apparate der entsprechenden Ausgaben ZATOČILs zum ›Schlesischen Cato‹ (1952) und GRAFFUNDERs (zum ›Niederrheinischen

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Textgruppe III bei ZATOČIL nur als eine Art Sammel- oder Restgruppe für nicht einfach bedeutend festeren Übersetzungsgruppen zuzuschlagende Texte, deren »manigfaltige Zusammensetzung«214 eine gemeinsame Grundlage nicht sofort erkennen lässt. Angesichts dieser Problemlage mag man geneigt sein, Gruppe III aus arbeitspraktischen Gründen auch weiterhin einfach als separate Restgruppe zu behandeln. Das ist jedoch mehr als problematisch. Ihre Separierung von den anderen Gruppen lässt sich nämlich methodisch nicht sauber durchhalten und rückte auch die anderen Textgruppen in ein schiefes Licht. So wäre zum Beispiel der handschriftlich überlieferte Text des ›Michelstädter Cato‹ ohne zufällige Kenntnis des späteren Drucks dann durchaus der Gruppe III zuzuschlagen gewesen. Erst die Identifizierung mit der späteren Druckausgabe verschafft ihm die relative Würde eines eigenen Namens (als Ausdruck relativ stabiler textueller Identität). Qualitativ jedoch hebt er sich von den namenlosen Textzeugen der dritten Gruppe gar nicht wesentlich ab – und das darf keinesfalls verdeckt bleiben. Für die gleich über eine ganze Gruppe von Zeugen hinweg stabile Textgruppe II hingegen könnte weiterhin leicht aus dem Blick geraten, dass hier vielleicht ebenfalls nur ein Text der Gruppe III in ausnahmsweise ihn in besonderer Weise stabilisierende Distributionsbedingungen geraten ist,215 die ihm sozusagen erst sekundär den Rang einer eigenen Textgruppe verschafft haben. Damit freilich wäre eine Frage wie die nach der konzeptionellen Anpassung des Gruppentextes II an seine spätere Gebrauchssituation nicht nur auf die falschen Gebrauchskontexte fokussiert, sondern möglicherweise schon im Ansatz, in der Vorannahme einer in alle Textdetails durchschlagenden konzeptionellen Textanpassung, falsch gestellt. Wer es bei ZATOČILs Behelfsgliederung nicht belassen will, steht vor der Aufgabe, prinzipielle Vorstellungen zur Textüberlieferung sich bilden zu müssen, die die wechselnden Verflechtungen in Gruppe III nicht einfach als Konglomerat nur negativ abzusetzen, sondern im Gegenteil positiv zu erfassen erlauben. Das kann etwa in Auseinandersetzung mit dem Modell geschehen, das HENKEL von G-Mue5 ausgehend vorgeschlagen hat – ausgehend von einem Textzeugen also, der mit allen drei Gruppen Übereinstimmungen und zudem eine ganze Reihe deutscher Verse aufweist, die HENKEL als eigenständig rubriziert: _____________ Cato‹ [1897a] bzw. zu Stephan [1897 und 1899]) sowie die Kollationierung weiterer Textzeugen aus Gruppe II über ZATOČIL hinaus. Im Grundsätzlichen ändern auch die seither jeweils ergänzten Textzeugen an diesem Befund nichts. 214 ZATOČIL 1935, S. 54. 215 Solche Beobachtungen lassen sich jedenfalls an der Überlieferung der Teichner-Reden machen: LÄMMERT 1970, S. 34.

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Die Aufnahme der Volkssprache ins Schulbuch

»Solch ein Befund kann nicht mehr mit Mitteln der Textkritik als Ergebnis fortlaufender Deszendenzen erklärt werden. Man wird vielmehr davon ausgehen dürfen, dass Schreiber mit lateinischer Sprachkompetenz in Auseinandersetzung mit dem (mitüberlieferten) lateinischen Grundtext in eine vorliegende deutsche Übersetzung eingreifen, sie umgestalten oder auch ersetzen. Das mag auch damit zusammenhängen, dass bei didaktisch ausgerichteten Texten wie den ›D. C.‹ die zu vermittelnde inhaltliche Aussage im Vordergrunde steht und nicht so sehr der einmal formulierte Wortlaut. Das trifft auf die deutsche Übersetzung gewiß zu, nicht jedoch auf den lateinischen Text, der nicht in dieser Weise zur Disposition steht.«216

Hier wird mit der Vorstellung einer besonders lebendigen Überlieferung gearbeitet, die statt rezeptiv getreue produktiv verändernde Textweitergabe als Normalfall kennzeichnet. Ungeklärt bleibt freilich, wieso sich nur in Gruppe III die Schreiber derart frei gegenüber ihren Vorlagen verhalten, wo doch vielleicht für Gruppe I ebenfalls, sicher aber für die bedeutend stabilere Gruppe II ebensolche gebildeten Schreiber vorausgesetzt werden können, die deutschen Reimpaarverse in Gruppe I und II nicht minder didaktisch ausgerichtet sind und sie auch nicht strenger sich am formulierten Wortlaut statt am Inhalt ausrichten. Nicht allein das Durcheinander speziell in Gruppe III verlangt also nach einer Erklärung, sondern ebenso die relative Festigkeit der anderen Gruppen. Immerhin ist die ausgeprägte Varianz in Gruppe III ja weder ein Phänomen der mittelalterlichen Manuskriptkultur allgemein – HENKEL selbst weist auf die Tatsache hin, dass die Verhältnisse im Lateinischen durchaus anders gelagert sind. Noch ist es eines, das nur das Jahrhundert der »Literaturexplosion« kennzeichnen würde – wie die relative Stabilität der Textgruppe II beweist, deren Textzeugen alle erst ins 15. Jahrhundert datieren. Es empfiehlt sich ein grundsätzlicher Perspektivenwechsel. Statt von im Kern weithin übereinstimmenden Textgruppen als Normalfall und von untereinander stärker variierenden Textgruppierungen als Sonderfall soll im folgenden umgekehrt von varianten Gruppierungen als Normalfall und stabilen als Sonderfall ausgegangen werden. In der Konsequenz dieses Perspektivenwechsels müssen für die stabileren Gruppen jeweils besondere Bedingungen ihrer Stabilisierung beschreibbar werden. Für die Übersetzungen, die - als Hilfsmittel für den Lateinunterricht entstehen, - deren Verfasser anonym bleiben, - die auf eigenständigere Prologe und Epiloge, die sie von der Vorlage absetzten, verzichten, - die auch sonst keine sie aus dem Durchschnitt heraushebenden Eigenheiten erkennen lassen - und die zweisprachig tradiert werden,

_____________ 216 HENKEL 1978, S. 300.

Extensiver und intensiver Ausbau im 15. Jahrhundert

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gelingt das in der Tat. Den ›Niederrheinischen‹ und den ›Schlesischen Cato‹ stabilisieren die Einbindung in ein Erstlesebuch, ihre Verbreitung in räumlichen Randlagen wie zu einem relativ frühen Zeitpunkt, d. h. ohne ausgeprägte Konkurrenz zu andernorts umlaufenden Übersetzungen. Für den ›Ulmer Cato‹ der Gruppe II kann (s. u. Kap. III.3.2.2) der institutionell gefestigtere Tradierungsrahmen der gehobenen Lateinschule in Anschlag gebracht werden. Auf der anderen Seite fehlen solche Sonderbedingungen in Gruppe III (s. u. Kap. III.3.1.2). Ihre Textzeugen dokumentieren lediglich ein im 15. Jahrhundert beträchtlich ausgeweitetes, allgemeines Rezeptionsverlangen, das seinen pragmatischen Rahmen sehr wahrscheinlich in der vergleichsweise ausgebauten süddeutschen Schullandschaft gefunden hat, in der an mehreren Orten unabhängig voneinander Übersetzungen jeweils für den lokalen Lehrbetrieb entstanden sind.

Aus einem zweiten Einwand gegen das von HENKEL vorgeschlagene Erklärungsmodell lässt sich eine weitere Arbeitshypothese ableiten. Die Aufzeichnungen in den Handschriften selbst lassen nämlich von der Arbeit produktiver Schreiber wenig erkennen. Bei den einzelnen Textzeugen handelt es sich regelmäßig nicht um flüchtige Konzeptniederschriften, sondern stets um relativ saubere Abschriften. Vor allem aber bringt der systematische Textvergleich in Gruppe III zwar zahlreiche voneinander abweichende Übersetzungen ans Licht; diese stehen aber in der Mehrzahl der Fälle nicht allein, sondern lassen sich oft an zumindest einen weiteren Textzeugen anbinden. Sie gehen also auf weniger deutlich greifbare Vorlagen zurück – auf Vorlagen aber gleichwohl. Beispielhaft sei das hier allein an jenen aus G-Mue5 von HENKEL abgedruckten Versen zu den Distichen des ersten Buches illustriert, für die HENKEL keine Vorlage ausmachen konnte. Ich beschränke mich darauf, auch wenn mehrere vorliegen sollten, immer nur eine einzige Parallelhandschrift anzugeben: I,1

G-Mue5 (HENKEL 1978, S. 303-311)

Entsprechung

Gewislich seist, das ist ein got, Als di geschrifft gesprochen hat. So soll wir in mit einem herczen rain Loben vnd eren all gemain.

-

I, 3a Das ist die hochste tüngt, Der do strafft sein zung.

-

I,7b

Sein siten der weiss man Wandeln an sunde kan.

-

I,9a

Straffestu gemant zu vil, Wen er sich nit selber straffen wil,

-

I,11a Hab lieb di nachsten dein Auch soltu dir der liebst sein

Habe lyeb den nehesten deyn, dyr selben zaltu frundlich zyn; [G-Dan ed. ZATOČIL]

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Die Aufnahme der Volkssprache ins Schulbuch

Fleuch vnd vermeyd newe mer, Das niemant dich haiss ein lugner. Red schadt dick vnd ist nit gutt, Oder sweigen kleynen schaden tütt.

Vormeid vnd fleüch dy nüwen mer Daz man dich icht heysse ein lügnner Wan reden schadet dick vnd ist nit güt Aber sweigen keinen schaden tüt [G-Ber 1, Bl. 3v]

Lobet dir yemant das leben dein, Des soltu selber ein richter sein. I,14b Glaub nit andern lewten mer dan dir Von deinem leben, das ratt ich dir.

Lobet yemant das wesen vnd leben din So solt du doch dein selbs richter sein Nicht gleub ander lut lob volge mir Von deinem leben wanne allein dir [G-Ber 1, Bl. 4r]

I,16

Wen du an dir betrachtest di wortt Vnd di werck, di du hast gewarcht, Schick, das dein kindliche tätt Dir an den andern kumen zu stät.

Wem dF alder betractes dy wart Vnnd dy werk dy da hast gehort So schycke daz dyn kyntliche tad Dyr an dem aldir kumme czu stad [G-Erf, Bl. 165r]

I,17

Nicht acht, ab yemant rede haimlich, Nycht achte ab ymant redde heymelych Das man nit verdencke dich, Daz men icht vor denke dich Wan wer vngeracht vnd schuldig ist, Wenne wer da vngerecht vnd schuldik ist Der maint, man red von im zu aller frist. Der wenet men redde von imme alle frist [G-Erf, Bl. 165rv]

I,12

I,18a Wen es dir get an dem gut wol, So hut dich vor schaden albeg wol, I,20

Gibt dir ein armer man ein klaine gab Zu frewntschafft vnd zu lob, Di soltu nemen gar gefallichleichen Vnd solt im dancken volkomlichen.

Wann es dir get von deinem güt wol So huett dich vor schaden all mal [G-Ber 5, Bl. 4r] Gibt dir ain armer frewnt ain gabe Czw frewntschaft vnd zw lobe Dye soltu nemmen wol geuollichleich Vnd solt dye loben willichleich [G-Ber 5, Bl. 4v]

I,21c Gedultiglichen saltu sie tragen Vnd nit zorniglichen klagen.

Gedultiklich soltu si tragen Vnd nit leichen clagen [G-Mue8, Bl. 117v]

I,22b Wan wer des tods forcht fleucht, Des leben freiden er verlewst.

Wenne wer deß dodeß forchte kuyst Dez lebens freude he gar vor luist [G-Lon2, Bl. 5r]

I,23b So beschuldig do mit got nit So beschuldig da mit got nicht Sunder straff dich selbs nach der geschrifft. Sunder straf dich selber in geschrift [G-Mue8, Bl. 117v] I,24

Gebrauch dein gut messiglich, Das du habest mangel icht Vnd des hast schone ere, Gedenchk recht, ab es nit enwäre.

Gebruch dins gudis messelich daz icht Dir gebreche vnnd gunste nicht Vnnd waz du hast dez schone sere Vnnd gedencke alß abe iß din nicht were [G-Lon2, Bl. 5r]

Extensiver und intensiver Ausbau im 15. Jahrhundert

I,25a Was du magst gehaben von dir, Das soltu nit loben zwir, I,27

Nicht glaub posen lewten zu vil, Das man der vntrew nit mit dir spil. Dj pfewf in suessen done lawttet, Wen der vogler den vogl betrewget.

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Was dw magst geben von dir Das soltu nymant geloben zwier [G-Gra, Bl. 205r] Nicht gelawb semfter red zw vil, das man dir icht vntrew mit spil, dy pfewffe mit sußen done leugt, wenn der fogeler den fogel betrewgt. [G-Ber 3 ed. ZATOČIL]

I,28b Di jn zu iren jaren tawgen, Die in czu irre narunge t=gen Das si sich vor armut beschirmen mügen. Vnnd sich vor armute beschuczen mogen [G-Lon2, Bl. 5v] I,30

Was du strafest in aller geschicht, Das soltu selber thun nicht, Wan dem lerer ist gar ein missetat, Tuett er das, das er verpoten hat.

Waß dw straffest jn allem gesicht Daß solt dw selberdt thuen nicht Der lerer ist ein missetatt thuet er daß daß er verpoten hatt [G-Gra, Bl. 205v]

I,31a Was muglich vnd erlich ist Das magstu piten zu aller frist,

Was mogelich vnd erlich ist Das magistu bitten zcu allir frist [G-Wie2, Bl. 30v]

I,34b Wan mit senfftighait Gar gutt frewndt werden beraitt.

Mit dinst vnd mit senftichait Gar gross frewnd werden werayt [G-Ber 5, Bl. 7v]

An einzelnen Stellen mag man über die Abhängigkeit streiten. So zeigt beispielsweise bei I,14b erst der weitere Kontext der Textstrecke die Nähe eindeutig an. An anderen Stellen muss in die weitere Textgeschichte einer Übersetzung ausgeholt werden, um den Wortlaut von G-Mue5 zurückzubinden. Bisweilen müssen gar alle anderen Übersetzungen eines Distichons vollständig mitgesehen werden, von denen sich nur zwei oder drei absetzen, die dann erst vor diesem vollständigen Überlieferungshintergrund als zusammengehörig erscheinen. Das kann hier nicht alles im Detail dargelegt werden. Wichtig ist, dass sich auch in den folgenden Büchern der Eigenanteil des vermeintlich produktiven kompetenten Schreibers in vergleichbar erheblichem Umfang reduzieren lässt. Die Anbindung von nahezu 80% des von HENKEL angesetzten Sonderguts an die Textgeschichte aber zwingt dazu, auch für die übrigen ungedeckten Stellen zuerst einmal prinzipiell davon auszugehen, dass sie lediglich Überlieferungslücken geschuldet sind.

Der Anteil des Schreibers an der »Varianz« wird von HENKEL deutlich über-, der Anteil der Vorlage deutlich unterschätzt. Was dem modernen Beobachter in seiner Überschau über die Textzeugen als individuelle Besonderheit erscheint, ist weithin nur Folge eines trümmerhaften Überlieferungsbestands. Dieser Befund legt einen weiteren Perspektivenwechsel nahe. Für die vielen disparaten Ausgangstexte – von denen jeder für eine einstmals sehr viel größere Gruppe von Abschriften steht, die aber in Ermangelung sta-

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bilisierender Rahmenbedingungen keine durchschlagende Verbreitung erreichen – verlangt nicht, dass sie in so vielen Versen voneinander abweichen, eine Erklärung, sondern dass sie sich so häufig überschneiden. Bereits produktionsseitig scheint man weithin auch in andere Übersetzungen ausgegriffen zu haben, war es offenbar legitim, mit Versatzstücken zu arbeiten. (Die Erklärung, die Übereinstimmungen seien nur Effekt des Zusammengehens der sie verbindenden lateinischen Quelle mit prinzipiell restringierten Möglichkeiten der Übersetzung in die Volkssprache, greift zu kurz, denn so begrenzt sind die Übersetzungsmöglichkeiten, wie die zahlreichen besonderen Lösungen zeigen, nicht gewesen.) In HENKELs Vorschlag ist demnach zwar die Vorstellung der traditionellen Textkritik vom inkompetenten Schreiber, der seine Vorlage substantiell zu verändern nicht willens oder in der Lage gewesen wäre, zugunsten des kompetenten Schreibers aufgegeben. Nicht aufgegeben ist aber die Vorstellung eines Ausgangstextes am Anfang des Überlieferungsprozesses, der in seiner Individualität fest umrissen wäre. Jedoch erst, wenn man auch auf diese verzichtet, wird der Blick für die Besonderheiten einer Textproduktion frei, hinter der kein das Ergebnis durchgehender individuell ausprägender Gestaltungswille steht – wie etwa bei Stephans von Dorpat ›Cato‹, im Rumpf-›Cato‹ oder im ›Zwielichten Cato‹, wo er sich u. a. etwa in Namensnennungen des Verfassers (Stephan) oder in eigenen Pro- und Epilogen (Rumpf-›Cato‹, ›Zwielichter Cato‹) zu erkennen gibt –, sondern deren Produkte lediglich aus dem schlichten Verlangen entstehen, dem Unterricht deutsche Verse zur Verfügung zu stellen. Statt den Schreibern Eigenschaften eines Autors zuzuschreiben, ist es angebrachter, den Autoren Eigenschaften der Schreiber zuzuschreiben. Produktion und Rezeption stehen nicht in einer festen Opposition zueinander, sondern sich lediglich an zwei Enden einer Skala gegenüber. Das erlaubte, streckenweise in die eigene Übersetzung auch bereits ausformulierte deutsche Verse zu übernehmen. Typologisch gehört auch der ›Neusohler Cato‹ in diese Gruppe III, für dessen Schreiber Caspar meissener eine Tätigkeit »als Schulmeister an der Neusohler Kirchenschule« »nicht ausgeschlossen« ist (ZATOČIL 1935, S. 81) und für dessen Text ZATOČIL 1935 den Konglomeratcharakter detailliert herausgearbeitet hat. Neben der besonderen Produktionsweise dürfte ein übriges die Heranziehung von Vorlagen aus anderen Textzweigen zur Korrektur verderbter Exemplare geleistet haben. Im Jahre 1533 beklagt sich der französische Humanist und Philologe Maturin Cordier, der seinen ›Cato‹ seinen Schüler in der frommen Hoffnung diktiert hatte, diese würden ihn dann untereinander durch Abschriften weitergeben und den Lehrer so schließlich vom Diktat entlasten, dass sein Text auf diesem Wege weithin entstellt wurde. Er nimmt das zum Anlass, seinen ›Cato‹

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schließlich bei Robert Estiénne in Paris den Text in den Druck zu geben.217 Mit der Verbreitung von Unterrichtstexten von Schüler zu Schüler, also abseits institutionell gesteuerter Distributionskanäle wie dem Diktat, ist nicht erst in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, sondern bereits im 15. Jahrhundert zu rechnen. Zumal angesichts der Wanderungen der Schüler, die im Spätmittelalter sehr viel weniger als heute ortsfest an eine feste Schule gebunden waren, muss man für defekte Texte, die an der Tagesordnung waren, einkalkulieren, dass zu deren Korrektur auch Übersetzungen benutzt wurden, die ursprünglich zunächst an ganz anderen Orten kursierten und ganz anderen Textzweigen angehörten.

Im Hintergrund des besonderen Produktionsverfahrens steht – das ist in HENKELs Vorschlag richtig gesehen – die nur lockere Bindung der Übersetzung in deutsche Reimpaare an die sprachliche Gestalt der lateinischen Vorlage: Wenn nur irgend das, was als Sinnkern des lateinischen Hexameterdistichons wahrgenommen wurde, in der Volkssprache seine Entsprechung fand, war die Funktionalität der Übersetzung für den Unterricht bereits gewährleistet. In der Begrifflichkeit des lateinischen Kommentars: wenn nur der sensus, also was der Text prima fronte praefert, seine Entsprechung im Deutschen fand – denn die eigentlich ganz am Wortlaut der Vorlage ausgerichtete Übertragung hatte ja ganz woanders ihren Platz, in der expositio ad litteram. Da im Rahmen dieser Spielräume aber etwaige grammatische, stilistische, rhetorische, metrische Besonderheiten eines bereits vorliegenden deutschen Verses regelmäßig keine die Übersetzung an den lateinischen Grundtext differenziert anbindende Funktion erfüllen, kann dieser auch prinzipiell ohne größere Hindernisse in eine neue Übersetzung übernommen werden. Der weiteren Erschließung der Textgruppe III sind damit sowohl klare Grenzen aufgezeigt als auch neue Aufgaben zugewiesen. So bleibt es legitim und wünschenswert, die Überschneidungen in der Gruppe III abzuheben – nur dass sich das Erkenntnisinteresse damit nicht mehr auf einen festen Ausgangstext, von dem dann »Fassungen« abzuheben wären, richtet, sondern auf Vorleistungen einerseits und einzelne Weiterverarbeitungen andererseits, deren Eigenanteile damit präzisere Konturen gewinnen. Angesichts der Trümmerhaftigkeit des Erhaltenen bleibt selbst für ZATOČILs Siglen C (G-Wie2) oder F (G-Ber 3) – diese sollten zunächst im Mittelpunkt stehen, weil sie in besonders viele Nachfolger ausstrahlen (ohne dass sie deshalb als »Originale« und die Nachfolger als »Fassungen« oder »Bearbeitungen« anzusprechen wären) – zu bezweifeln, dass diese Vorleistungen sich im Umfang eines lückenlos über alle Distichen erstreckenden Bestands herausschälen lassen. Vielfach wird das, der Arbeitsweise der Nachfolger entsprechend, nur von Distichon zu Distichon gelingen. Weitere Untersuchungen können überdies einen methodischen _____________ 217 Siehe unten Kap. III.8.1.

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Die Aufnahme der Volkssprache ins Schulbuch

Beitrag zur Genese der Unterscheidung von Autor und Schreiber erbringen. Statt mit einer festen Opposition von Autor und Schreiber zu operieren, erscheint eine Skalierung von Tradierungspraktiken angemessener, deren Minimalstufe die technische Reproduktion in der getreuen Abschrift und deren Maximalstufe die vollständige Neuübersetzung darstellt. Im Rahmen der Ziele dieser Untersuchung beschränke ich mich im folgenden jedoch darauf, die Gebrauchskontexte der überlieferten Texte im überlieferungsgeschichtlichen Zugriff darzustellen, denen – im Unterschied zu den Verhältnissen im 14. Jahrhundert – keine die Textdistribution wesentlich stabilisierenden Rahmenbedingungen mehr ablesbar sein sollten. 3.1.2 Zur Überlieferungsgeschichte der Textgruppe III Im Unterschied zur Einbindung des ›Niederrheinischen‹ und des ›Schlesischen Cato‹ in Erstlesebücher führen die Überlieferungszeugen der Textgruppe III auf keine stabileren, keine »ursprünglichen« Gebrauchstypen mehr. Andererseits liefert ihre Überlieferungsgeschichte aber auch keine Hinweise auf grundsätzliche Verschiebungen der Texte in andere, neue Rezeptionsbereiche. Zwar lässt sich von den einzelnen Handschriften nach wie vor kaum je direkt in die Kontexte der Textentstehung und des primären Textgebrauchs im Unterricht durchgreifen: Immer noch überwiegen die Zeugnisse des sekundären Gebrauchs, individuelle Handbücher etwa und Bibliotheksexemplare. In der Summe aber zeigen sie eine dann doch konstante Gebrauchssphäre an. Als deren zentrale Elemente lassen sich die Nähe zu lateinisch ausgebildeten Textbenutzern und die im wesentlichen unveränderte Übernahme der Texterschließung und darbietung aus den Unterrichtsmaterialien in die sekundären Verwendungzusammenhänge benennen. So bleibt der deutsche Text weithin an den lateinischen gebunden, dem er nach dem älteren Vorbild der für den Unterricht erarbeiteten Übersetzungen an die Seite gestellt ist: entlang der von den ›Disticha Catonis‹ vorgegebenen Textsukzession und im Verhältnis von zwei lateinischen Distichen zu vier deutschen Reimpaarversen. Neben dem quantitativen Anstieg des Erhaltenen – die Textgruppe III umfasst 26 Handschriften – und der Auflösung der stabilen Verbindung des in die Mitüberlieferung ausgreifenden Darbietungs- und Gebrauchstyps des Erstlesebuchs mit bestimmten Textgruppen verdient die nun weitergehende räumliche Ausbreitung der Übersetzungen Aufmerksamkeit. Geographisch decken die Handschriften nun sehr viel deutlicher auch das Oberdeutsche ab. Dabei erscheint das Schwäbische allerdings gegenüber dem Bairisch-Österreichischen relativ unterrepräsentiert. Das

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ist teils Folge der Dominanz des ›Ulmer Cato‹ seit der Mitte des 15. Jahrhunderts, teils drückt sich darin eine Tendenz aus, die sich weiter nach Westen verstärkt, denn der übrige alemannische Sprachraum wird nur noch in vereinzelten Ausläufern erreicht. Andererseits öffnet sich zum Nordosten hin mehr als nur ein breiter Grenzsaum. Unter eine gemeinsame Vorstellung lassen sich alle diese Befunde am einfachsten in der Annahme einer seit dem ausgehenden 14., beginnenden 15. Jahrhundert sich absenkenden Schwelle zur Aufnahme des geschriebenen Deutsch in den Unterricht vereinen. Sie wird zunehmend in der Breite überschritten, zunehmend von Einzelpersonen an vielen Schulorten unabhängig voneinander und ohne dass es dazu noch des Anstoßes und der Begleitung besonders ausgearbeiteter, wegbereitender Vorbilder bedürfte. Der Spielraum der Textdarbietung und (sekundären) Funktionalisierungen sei nachstehend in seiner Ausdehnung und in seinen inneren Proportionen nur beispielhaft gekennzeichnet. Mit zwei Handschriften im Kernbestand, dazu vielleicht drei oder vier weiteren Fragmenten, ist zunächst das einfache Unterrichtsheft mit engzeiliger lateinisch-deutscher Textalternation ohne jede weitere expositio deutlich vertreten. Die Pergamenthandschriften G-Goe und G-Mue1 gehören hierher, die beide auch den zweisprachigen ›Facetus Cum nihil utilius‹ enthalten.218 Nach Beschreibstoff, in Format und Texteinrichtung sind ihnen die Bruchstücke G-Ber 2 und G-Lon1 an die Seite zu stellen, vielleicht auch noch das Leipziger Papierfragment G-Lei. Von den übrigen Bruchstücken könnte es sich bei dem verschollenen Pergamentfragment aus Znaim (G-Zna), zu dem keine genaueren Angaben mehr gemacht werden können, ebenfalls um Reste eines Unterrichtsheftes handeln. Für welche Lehranstalten sie angelegt wurden, lässt sich nirgends sagen. Einen Anhaltspunkt zur Textsoziologie liefert einmal eine Notiz in G-Lon1 (Bl. 12v: petrus frawlop | mark gutstat constitui iij pro curatorem in vigilia apostolorum petri et pauli | anno Millesimo quadringentesimo octuagesimo Jtem eadem die etc. recepi autori|tatem pro persona mea per integrum annum – gemeint sein könnte Gutstadt in Ostpreußen im ehemaligen Regierungsbezirk Königsberg, heute das polnische Dobre Miasto).219 Sie wurde freilich erst ein Dreivierteljahrhundert nach der Niederschrift des Textes im 4. Viertel des 14. Jahrhunderts angebracht. Einen weiteren Anhaltspunkt könnte die Herkunft von G-Mue1 aus der Freisin_____________ 218 G-Mue1 mit der Einschränkung, dass wir hier kein hochfrequent im Lateinunterricht belastetes Unterrichtsheft vor uns haben, sondern ein ansehnlicher aufbereitetes Leseheft für eine sozial etabliertere Einzelperson. Die Vorbesitzer entstammten wohl adligen Kreisen: Auf dem inneren Spiegel waren zwei – inzwischen abgelöste und nicht mehr zu identifizierende – Wappen angebracht. 219 ZATOČIL 1935, S. 64.

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ger Dombibliothek liefern. Diese Provenienz ist aber nicht gesichert.220 GMue1 kann der Dombibliothek auch erst nachmittelalterlich zugegangen sein. Eine stattlichere Reihe von Zeugen bietet ihren zweisprachigen ›Cato‹ statt in gleichgewichtig zweisprachiger in dominant lateinischer Textumgebung, die überdies in der Regel sehr viel mehr als nur den Bestand einer Elementarfibel umfasst. Unmittelbare Unterrichtsverwendung ist für diese Handschriften nirgends zu belegen, wohl aber Verwendung als Hilfsmittel im Hintergrund von Unterricht oder gar nur im Hintergrund der Verwendung von Schriftlichkeit überhaupt – sei es im Kontext der Predigt, sei es im Kontext der Brieflehre. Für das Verhältnis von Verwendungskontext und Darbietung gilt in diesen Fällen: Sofern die Entscheidung der Abschreiber für oder gegen eine bestimmte Präsentationsform überhaupt funktional zu belasten ist, hängt sie von spezifischen institutionellen Erfordernissen und/oder individuellen Bildungsvoraussetzungen ab. Dafür aus den sieben Handschriften dieser Gruppe221 nur einige signifikante Beispiele: - G-Erf versammelt auf 183 Blättern im Oktavformat ein knappes Dutzend kürzerer Stücke zur elementaren Grammatik u. a. über die acht Redeteile und zur Deklination, daneben Anweisungen zur Metrik und Notate zur Musiklehre, ferner einen Commentarius vocabulorum Latinorum e lingua Graeca et Hebraica depromptorum, den 1419/20 ein Magister Zoythen in Duderstadt niederschrieb.222 Durchsetzt ist die Reihe der grammatischen Fachtexte neben dem ›Cato‹ vor allem mit lateinischen und lateinisch-deutschen Gedichten, darunter Schulgedichten (›Scolaris‹, Versus de laude studiorum). Hinter der Zusammenstellung darf das Inte_____________ 220 PETZET 1920, S. 116f. 221 G-Dan, G-Erf, G-Gra, G-Mue5, G-Mue6, R-Mue5/G-Mue7, G-Mue8. In diese Gruppe gehört weiterhin wohl G-Ber 5, ein 38 Blätter umfassendes, kleinformatiges (15 x 11 cm) Papierheftchen, in dem auf den systematisch lateinisch durchglossierten und mit Syntaxziffern ausgestatteten ›Cato‹ noch eine alphabetische Sammlung lateinischer Sprüche und Sentenzen folgt. Hier haben wir es mit einem für die spätere Vereinigung mit weiteren Heftchen gleicher Art bestimmten Faszikel zu tun, der sicher zu eigenem Gebrauch (Format!) erstellt wurde. Der Verwendungshintergrund einiger weiterer lateinisch-deutscher Textzeugen bleibt undeutlich. Hierzu zählen G-Lon2 (16 Papierblätter allein mit dem engzeilig und ohne weitere expositio aufgenommen lateinisch-deutschen ›Cato‹) und G-Nue (ein Blatt im großzügigen Format von 28 mal 21 Zentimetern mit einem zweisprachigen, jedoch engzeilig zweispaltig aufgenommenen ›Cato‹. 222 Eine Familie gleichen Namens stellte im 15. Jahrhundert mehrfach Duderstädter Bürgermeister: Bertram Zote 1401, 1404 und 1407, Hans Zote 1410 und 1416, Berthold Zote 1437 bis 1459, wiederum ein Hans Zote 1480 bis 1490. Vgl. CHRISTOPH LERCH: Duderstädter Chronik von der Vorzeit bis zum Jahre 1973. Duderstadt 1979, S. 225 (dort S. 15 im übigen der Erstbeleg für die Duderstädter Lateinschule bereits aus dem Jahre 1257).

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resse einer mit grundlegendem Lateinunterricht betrauten Person – vielleicht des genannten Magister Zoythen – an einem für schlichten Grammatikunterricht nützlichen Manuale vermutet werden. Auf eine entsprechende Benutzerkompetenz weist auch die Darbietung des ›Cato‹, der wie einige wenige weitere unter den kleineren Stücken (Bl. 47r-49v ›Scolaris‹, Bl. 66r-69v Versflorileg, Bl. 74r-87r Grammatik, Bl. 158r-159v Carmina, Bl. 182r-183v Hymnus) ebenfalls zweisprachig, allerdings engzeilig ohne jede weitere Texterschließung erscheint. - Zwischen 1486-88 schrieb u. a. ein Johannes Mauerschwanger de Müldorff an G-Gra, einem 283 Blätter starken Handbuch im Quartformat (21 x 16 cm) mit, das mit einer stattlichen Reihe von Briefmustern (Bl. 5v-10v, 22v-26r, 38v-40v, 135r-165v), ferner gleich zwei Artes dictandi und zwei Gesprächsbüchlein (die auf Verbesserung gesprochenen Lateins zielen, deren Beispiele und Phrasensammlungen ihre Zwecke aber auch für die Briefkunst entfalten konnten),223 den ›Elegantiolae‹ des Agostino Dati und einer Rhetorik vor allem auf Brieflehre ausgerichtet ist. Angereichert ist dieser Kern um mehrere moraldidaktische Texte. Neben dem ›Cato‹ sind die ›Jesuida‹ des Hieronymus de Vallibus und ein kommentierter ›Physiologus Theobaldi‹ aufgenommen, dazu ein Regimen sanitatis. Die Verse des ›Cato‹ bilden im gegebenen Kontext einen Thesaurus, aus dem potentielle Briefschreiber ihre loci communes und Autoritätenzitate beziehen konnten. Die Handschrift befand sich im Besitz des Benediktinerstiftes St. Lambrecht, für dessen Bibliothek sie vermutlich bereits angelegt wurde.224 Dort wurde sie später nachweislich im Kontext von Verwaltungstätigkeiten benutzt.225 Einem litteraten Verwendungshintergrund entspricht die Dominanz des Lateinischen im Textensemble der Sammlung, wogegen der Einsatz des Deutschen nur punktuell erfolgte und kein einheitliches Bild vermittelt. Systematisch zweisprachig erscheint neben dem ›Cato‹ nur noch das Regimen sanitatis, das bezeichnenderweise wie der ›Cato‹ von _____________ 223 Vgl. die entsprechende Kennzeichnung des Grazer ›Modus latinitatis‹ und des ›Grammatellus‹ bei BODEMANN/GRUBMÜLLER 1992, S. 177-193, hier besonders S. 185f. 224 Die bei BODEMANN/GRUBMÜLLER 1992, S. 189 (Nr. 5) ohne Beleg angegebene Verortung nach Ingolstadt kann ich nicht nachvollziehen. Liegt eine Verwechslung mit dem nur wenig südlich von St. Lambrecht gelegenen Ingolsthal vor? Auf Entstehung für die Stiftsbibliothek weist neben der Herkunft des Schreibers Johannes aus Mühldorf – von den vielen süddeutschen und österreichischen Orten dieses Namens liegt das St. Lambrecht am nächsten gelegene in der Steiermark nur etwa 35 Kilometer entfernt – vor allem die trotz der über mehrere Jahre sich hinstreckenden Niederschrift durchlaufende Ausstattung des Bandes mit relativ häufig eingesetzten textgliedernden roten Rubriken und mit in einem einheitlichen Rahmen variierten Texteingangsinitialen. Zudem fällt das Bl. 41r eingesetzte Rankendekor aus dem üblichen Rahmen der Gestaltung von Gebrauchsschriftlichkeit für einen Privatbenutzer. 225 Vgl. die Handschriftenbeschreibung KERNs zum Bl. 229v aufgenommenen lateinischen Nachtrag von 1536.

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Johannes Mauerschwanger geschrieben wurde, der sich nur bei diesen zwei Texten namentlich nennt. Die zweisprachige Darbietung kann daher in diesem Fall sehr gut von einer neu hinzugezogenen Vorlage punktuell angestoßen worden sein. Der Weg zur Volkssprache wird nicht gezielt gesucht, jedoch, wo vorgebahnt, als willkommene Hilfestellung auch nicht verbaut. Entsprechend sind in G-Gra auch deutsche Interlinearglossen anzutreffen, ohne doch irgend systematisch angebracht worden zu sein. Neben dem ›Cato‹ wurde auch der ›Grammatellus‹ lateinisch wie deutsch glossiert – und jener überdies noch mit Syntaxziffern versehen, die zweifellos das Textverständnis weiter erleichtern und der Erstellung des Handbuchs im Blick auf prospektive Nutzer sicher nützlich schienen. Deutsche Textanteile werden aber nirgends durchgreifend ergänzt. - Ein Geistlicher, frater Mathias hagnawer, nennt seinen Namen im vorderen Spiegel der 1473-79 in Erfurt, größtenteils in der dortigen Kartause von eben jenem Matthias angelegten Handschrift G-Mue6, deren Inhalt im stattlichen Umfang von fast 400 Blättern v. a. auf (lateinische) Predigt, Beichte, Buße und Tugendlehre zielt. Verbindungen zum lokalen ArtesStudium oder zu anderen Formen des auctores-, Latein- oder Schulunterrichts werden nicht sichtbar. Für die drei u. a. den ›Cato‹ bewahrenden Lagen der Blätter 211-246 ist die Niederschrift in der Erfurter Kartause nicht mit Sicherheit nachzuweisen, allerdings sehr wahrscheinlich,226 fügt sich doch die Einrichtung des Textes genau in diese Umgebung. Der im üblichen Wechsel lateinischer und deutscher Verse aufgenommene ›Cato‹ erscheint einspaltig, engzeilig und ohne jede expositio, d. h. der Text schien als solcher hinreichend zugänglich. Die Zusammenlegung zweier deutscher Verse jeweils in eine Zeile ist eine Besonderheit von G-Mue6, die das Interesse vor allem an komprimierter Bereitstellung des Inhalts dokumentiert, denn in dieser Form ließen sich aus dem ›Cato‹ Materialien für die Predigt, Beichtpraxis und die geistliche Unterweisung effizienter beziehen. - Johannes Kraus, plebanus in motzing (Ober-/Niedermotzing bei Straubing), bereitete sich 1473 mit G-Mue5 eine Abschrift des auch als ›Speculum regiminis‹ laufenden ›Cato‹-Kommentars des Philipp von Bergamo, dessen Abschrift 1470 ein Johannes Kölbl beendet (Bl. 387vb) hatte,227 zu einem 398 Blätter starken Handbuch in Folio auf. Er stellte dem ›Specu_____________ 226 Dass G-Mue6 im Handschriftenkatalog der Erfurter Kartause aus dem Ende des 15. Jahrhunderts fehlt, muss keinen erst späten Eingang in die Bibliothek bedeuten (vgl. HENKEL 1980, S. 157f.), da sie der Signaturengruppe P angehörte (Vorderdeckel P. 91. n. 9), die vom Katalog wegen Blattverlust nicht mehr erfasst wird. »Empfindlich ist der Verlust der Blätter 144ff., da auf ihnen die Beschreibungen der Bibliotheksabteilungen OO, P, Q mit Predigtliteratur, Brevieren und deutschen Texten gestanden haben« (MBK, Bd. 2, S. 235). 227 An der Aufzeichnung des ›Speculum regiminis‹ war eine zweite Hand beteiligt, die bis Bl. 136ra schrieb.

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lum‹ ein Register nach, das sich auf von ihm zuvor systematisch durch den vorangehenden Teil angebrachte Marginalien mit Angaben zum Inhalt bezog, und stellte einen zweisprachigen ›Cato‹ und dann noch einmal die lateinisch-deutschen, eigentlich im vorangehenden ›Cato‹ schon enthaltenen Breves sententiae nach.228 Der systematische Zugriff des Plebans wird an einer Zählung der Sentenzen und Distichen deutlich, an den die Textgliederung markierenden Marginalien (Bl. 392va prologus, Bl. 392vb prosa, ab Bl. 393r metricalis), an seinen Hinweisen zur Textabfolge (Bl. 398r vor dem zweiten Sentenzenabschnitt Prose Cathonis secundum lecturam presentem), ferner an der zweispaltigen und sehr platzsparenden 48zeiligen Anlage. Darin wie im Verzicht auf jede Form von expositio dokumentiert sich ein Interesse an einer kompendiösen ›Cato‹-Referenz, die auf die Inhalte, nicht auf die Sprachgestalt zielte. Der lateinisch-deutsche ›Cato‹ fungiert in diesem Rahmen zugleich als eine Art erweitertes Register zum vorangehenden ›Speculum regiminis‹. Die Breves sententiae wurden nämlich nur deshalb ein zweites Mal aufgenommen, weil ihre Reihenfolge in der ersten Fassung von derjenigen abweicht, die dem ›Speculum‹ zugrunde liegt. Die roten Verweiszahlen springen hier entsprechend hin und her. In der zweiten Fassung sind die Sentenzen nun wie im ›Speculum‹ angeordnet, sodass die Verweisziffern in der genauen numerischen Folge erscheinen. Dass die zweite Reihe der Breves sententiae einen anderen deutschen Text als die erste aufweist, war dann nebensächlich. Der in der Provinz auf seine eigenen Hilfsmittel angewiesene, mit dem lokalen Lateinunterricht betraute Magister; monastische Gebrauchsschriftlichkeit, die auf lateinische Briefkommunikation,229 Predigt,230 Beichtpraxis _____________ 228 Vgl. HENKEL 1978 und 1985. 229 Hierher gehört auch der ›Cato‹ in R-Mue5/G-Mue7. Die Handschrift ist aus verschiedenen, aber noch im 15. Jahrhundert unter einem Einband zusammengeführten und gemeinsam genutzten Teilen zusammengesetzt. Der ›Cato‹ erscheint zweispaltig engzeilig, auf jede expositio ist verzichtet, die lateinischen Verse werden nur anzitiert. Die Aufzeichnung sollte ganz offensichtlich Platz sparen. Darüber geriet sie etwas in Unordnung. In der Art eines eigenen Prologs geht dem lateinisch-deutschen Text der Gesamtübersetzung zunächst der Beginn der Rumpfbearbeitung (V. 1-132) voran, und im Haupttext stimmen die Versumbrüche zu Beginn oft nicht. Der ›Cato‹ steht in überwiegend lateinischer Textgemeinschaft mit den Schwerpunkten Ars dictandi (Bl. 2r-69v und 70r-93v, ferner Bl. 94v-103r Laurentius de Civitate [de Aquilea]: ›Summa dictaminis‹), Medizin und Geschichte/Chronistik (Bl. 197ra-224vb ›Flores temporum‹). Auf dem vorderen, jetzt als Bl. 1r abgelösten Spiegel findet sich die Notiz Pro vsu prioris Jn Furstenfeld. Der ganze Band stand also genauso wie G-Zwe in der Handbibliothek des Priors der Zisterze. 230 Gut belegt ist die Verwendung der deutschen Distichen in der Predigt durch die Sermones super Ethica Cathonis de tempore. Unter diesem Titel erfasst der im 1500 entstandene Katalog der Rebdorfer Augustiner-Chorherren einen vom Obereichstätter Leutpriester Bartolomæus Mulich erstellten Band mit lateinischen Predigten, die neben der Bibel auch Exzerpte aus den ›Disticha‹ auslegen, deren entsprechende deutsche Übertragung Mulich

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und Tugendlehre zielt; der Weltgeistliche, der sich das ihm vertraute Latein für seinen Berufsalltag wieder in die Volkssprache zurück übersetzen musste:231 Es eint diese verschiedenen Verwendungsbereiche des zweisprachigen ›Cato‹ jenseits der Elementarfibel vor allem ihr durchweg literater Verwendungshintergrund. Der lateinische Text wird stets bewahrt und lediglich verschieden dicht erschlossen. Dabei wird aber die Komplexität einer Text-Kommentar-Symbiose, wie sie seit der Jahrhundertmitte vor allem durch den ›Ulmer Cato‹ belegt wird, nirgends erreicht. In den oben geschilderten, dominant lateinischen Textumgebungen ist ein einsprachig-deutscher ›Cato‹ nirgends anzutreffen. Entfällt hingegen der lateinische ›Cato‹ an der Seite des deutschen, dann entfällt in der entsprechenden Handschrift auch die Dominanz lateinischer Mitüberlieferung. Das ist ein in fünf Handschriften232 deutlich belegter Zusammenhang. Er setzt die oberdeutschen Gesamtübersetzungen einmal vom schwäbischen ›Ulmer Cato‹ und dem ›Schlesischen Cato‹ ab, die nirgends um die lateinischen ›Disticha‹ verkürzt wurden, und stellt sie zum anderen dem ›Niederrheinischen Cato‹ an die Seite, dessen zwei ›Cato‹-Separata in der Kasseler Handschrift und in den Händen des deutschen Schulmeisters Peters van Zirn – für sich genommen Einzelfälle – damit zugleich in neuem Licht erscheinen. Auf der Basis einer breiter eingespielten zweisprachigen Darbietungstradition wurde die Möglichkeit, den deutschen Text zu separieren, hier (fünf Handschriften insgesamt, darunter zwei ›Cato‹Separata) wie dort (28 zu sechs Separata) in einem proportional in etwa vergleichbaren Umfang genutzt. Damit tritt deutlich ein besonderer, offenbar öfter beschrittener Weg der Rezeption von Schultexten hervor. Zugleich mit dem Verzicht auf die Möglichkeit, vom deutschen Zieltext den Rückweg zum lateinischen Ausgangstext zu gehen, wandelt sich, die Mitüberlieferung zeigt es unübersehbar an, der Anwendungshintergrund: - In G-StP komplettiert der einsprachige (einspaltig engzeilig und ohne expositio dargebotene) ›Cato‹ 1461 eine durchweg deutschsprachige, aus dem Bairischen stammende Fürstenspiegel-Handschrift, die Johannes Hartliebs ›Alexander‹ (Bl. 13r-161v) als Hauptstück und dazu eine militär_____________ eigenhändig an den Rändern seines Bandes notierte. Vgl. HENKEL 1980, S. 162-179 (mit weiteren einschlägigen Belegen). 231 Dieses Gebrauchsmodell übernehme ich von GRUBMÜLLER 1975. Es schließt neben der Pragmatik von G-Mue5 auch die der Handschriften G-Mue8 (aus dem Besitz des Pfarrers Ulrich Wülfing – vgl. HENKEL 1980, S. 160-162, und MBK, Bd. 4, S. 717-720) und G-Dan auf (vgl. die Ausführungen zu Dan im Überlieferungsanhang zu den ›Fabulae‹ Avians). 232 G-Ber 3, G-Mue4, G-StP, G-Stu. Mit Einschränkung ist hier auch G-Ber 1 (›Cato‹ ohne weitere Mitüberlieferung) einzubeziehen. Siehe auch weiter unten zu den den lateinischen Text nur anzitierenden Handschriften R-Mue5/G-Mue7, G-Nue und G-Wie2, dort besonders zu letzterer.

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technische Abhandlung (Bl. 163r-191v) bewahrt.233 Aus einigen Freundschafteintragungen, die einem begleitenden Bericht über die Aufstellung der Mannschaften beim Kriegszug in die Steiermark durch Graf Johannes von St. Georgen und Pösing inseriert sind, ist Herkunft des Benutzers aus dem steiermärkischen Adel zu erschließen.234 - In den Umkreis juristischer Laienpraktiker führt der zwischen 1446 und 1449 in G-Stu1 in Nachbarschaft zu Johannes’ von Saaz ›Ackermann aus Böhmen‹, zum deutschen ›Belial‹, zum deutschen ›Facetus Cum nihil utilius‹ und zu Boners ›Edelstein‹ (zweispaltig engzeilig und ohne expositio) aufgenommene ›Cato‹.235 - In den Umkreis des Deutschen Ordens, auf den eine zeitgenössisch angebrachte Randnotiz Bl. IIv ausdrücklich Bezug nimmt, führt die mitteldeutsche ›Cato‹- (und ›Facetus‹-) Handschrift G-Wie2 aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Ihr durchweg volkssprachiger Inhalt weist auf die praktischen Erfordernisse adeliger Haushaltsführung und adeligen Lebens. Vereint sind Gottfrieds von Franken ›Pelzbuch‹, ein 1418 dem Hochmeister Ulrich von Jungingen gewidmetes Pferdebuch, Meister Albrants ›Rossarzneibuch‹ in zwei verschiedenen Kompilationen (darunter die sogenannte preußische) und weitere Rezepte für Pferde, die ›Wiener Falkenheilkunde‹, ferner die ›Praktik‹ des Bartolomæus, an der besonders Salben für Wunden interessierten, und der (ältere) ›Deutsche Macer‹. Der ›Cato‹-Abschnitt wartet mit der Besonderheit auf, den lateinischen Text in eigenen Zeilen immerhin noch anzuzitieren. Doch ist das wohl nur noch Folge einer offenbar über eine gewisse Aufzeichnungsstrecke hinweg noch als verbindlich betrachteten zweisprachigen Vorlage und steht sicherlich in keinem direkten Bezug mehr zum Lateinunterricht. Auf den ›Cato‹ folgt nämlich ein lediglich noch einsprachiger ›Facetus Cum nihil utilius‹. Im Hintergrund stand also wohl eine lateinisch-deutsche Unterrichtsfibel, aus der der Schreiber dann aber, beim ›Facetus‹ angelangt, nur noch die deutschen Reimpaarverse übernahm. Im ›Cato‹ kommen zwar bereits die deutschen Entsprechungen zu den den eigentlichen Distichen vorangehenden Breves sententiae ganz ohne den lateinischen Text aus, _____________ 233 »Dass die Handschrift P auch in späterer Zeit noch dezidiert als Fürstenspiegel verstanden wurde, beweist der nach einer vermutlich im 17. Jahrhundert vorgenommenen Restaurierung aufgeprägte Buchtitel: VNTRICHT EINES FÜRSTEN.« (PAWIS 1991, S. 39 Anm. 1) Vgl. auch FÜRBETH 1992, S. 167: »Die St. Pöltener Handschrift stellt sich hauptsächlich als ›Kriegsbuch‹ dar [...].« Sie fügt sich damit sehr genau in die ursprüngliche Intention des ›Alexander‹. Siehe KLAUS GRUBMÜLLER: Hartlieb, Johannes, in: VL, Bd. 3, Sp. 480-496, hier Sp. 490f. (»in Auftrag gegeben durch Herzog Albrecht III. und seine Gemahlin, Anna von Braunschweig« bzw. »Der Intention nach ordnet H. seine Übersetzung der Verwendung des Alexanderstoffes als Fürstenspiegel zu.«) 234 FÜRBETH 1992, S. 167. 235 Vgl. OTT 1983, S. 39f., 328; KIENING 1998, S. 147f.

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dies aber wohl nur, weil diese Kurzverse anzuzitieren in den meisten Fällen auf ihre vollständige Wiedergabe hinausgelaufen wäre. Die Sentenzen sind nicht voneinander abgesetzt und syntaktisch miteinander verknüpft. Die Folge ist ihre formale Annäherung an einen selbstständigen Prosaprolog.236 Überdies geht ihnen ein weiterer, individueller Vorspann voran, der ganz allgemein auf czucht vnd ere und das Seelenheil des Rezipienten zielt: Hjrnoch uolget eyne lere bobisten vnd der geistlichkeit vnd keiszern, konigen vnd allen eren geleichen vnd undirtan reich vnd arm, wie die genant mogen seyn. Vnd lernet czucht vnd ere vnd vorwaret die zele vor dem czorne gotis vnd vor der hellin peyn. Des sulle wir alle geuollig seyn. Das buch ist genant Katho noch dem heidenisschen lerer vnnd meister, der is getichtet hoth. [G-Wie2, Bl. 26r]

Jenseits des Lateinunterrichts herrscht also in der Gestaltung des Texteingangs ein ganz offenkundig größerer Spielraum. - Hausbuch-Charakter trägt schließlich auch die Textzusammenstellung in G-Ber 3. Neben medizinischem und kräuterkundlichem Fachschrifttum steht solches zur Weinveredelung und zur Baumpflege. In diesen Zusammenhang fügen sich zwanglos metereologische Notate, Komputistisches und nicht zuletzt die deutsche Übersetzung von Ps.-Bernhards von Clairvaux ›Epistola ad Raimundum‹ (›De cura et modo rei familiaris‹/›De gubernatione familiae‹) ein, die man auch als »Bürgerspiegel« bezeichnet hat.237 Dass dem Thema »Zeit« mehr als nur eine unmittelbar auf den praktischen Lebensalltag bezogene Relevanz zukommt, machen dann mehrere Visionstexte deutlich:238 Immer ist auch auf Gestaltung zukünftigen, geistlichen Heils mitgedacht. In diesen weiter gespannten Zusammenhang gehören dann sowohl die Verhaltenslehren des ›Cato‹ als auch ein lateinischer Bericht über den Einfall der Hussiten in die Region zwischen Bamberg und Nürnberg im Jahre 1430, an dem mehr als nur die chronikalische Faktizität und mehr als die eventuell regionale Relevanz – G-Ber 3 ist in den nordbairisch-ostfränkisch-ostmitteldeutschen Raum zu lokalisieren – interessierte. Dem geschichtlichen Ereignis wurde sicher auch heilsgeschichtlicher Aufschluss- und Symptomwert beigemessen. Schreiber und Besitzer der Handschrift sind unbekannt und daher nur im Typ und in Grenzen näher zu charakterisieren. Das auffallend kleinformatige (15 x 11 cm), aber dennoch 214 Blätter umfassende Bändchen wurde von seinem Hauptschreiber sicher zu eigenem Gebrauch angelegt. Nur der deutsche ›Lucidarius‹ befand sich zunächst auf einem ursprünglich selbstständigen Faszikel und wurde dem Bändchen erst am Schluss ange_____________ 236 Vgl. dem Textabdruck bei ZARNCKE 1852, S. 102f. 237 OTT 1983, S. 176. 238 Siehe zu diesen KLAUS SPECKENBACH: Traumbücher. In: VL, Bd. 9, Sp. 1014-1028, hier Sp. 1020.

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fügt. Zahlreiche Schriftwechsel zeigen eine unterbrechungsreiche Niederschrift über einen längeren Zeitraum an. Verschiedene Datierungen weisen in die Jahre 1432-44. Das Büchlein begleitete also das Leben einer schreibkundigen Person, die als solche auch lateinkundig war, denn neben der Masse der deutschen Texte wurde nicht selten auch Lateinisches aufgenommen: Komputistik und Metereologie, ein compendium de regimine sanitatis Bl. 52r-72v, eine Diagnostik der Gesichtsfarben Bl. 72v-73r, Sentenzen antiker medizinischer Schriftsteller Bl. 73v-74r, eine Kräuterlehre Bl. 75r-87r mit deutschen Kräuterbezeichnungen, der Bericht über den Hussiteneinfall Bl. 151r-153v. - Ganz entschieden tritt das Thema der Heils-Zeit im Cgm 6351 (G-Mue4) in den Vordergrund. Es handelt sich hier um eine von einem in ärmlichen Verhältnissen in Zofingen im Allgäu lebenden Ulrich Lengger in fortgeschrittenem Lebensalter angelegte Textsammlung, über deren Entstehungshintergrund der Schreiber Bl. 63v allgemein (In der czit do ich das schreib wz im LVI° jar. Do wz ich czů Czofing in mins vatters s(ligen hus vnd was arm) und an anderen Stellen239 mit einem befremdlich extensiven Augenmerk auf chronikalischer Präzision informiert. Damit sollte zweifellos eine besondere Kompetenz des Schreibers, der wohl im Auftrag arbeitete, in Fragen der Zeitbestimmung angezeigt sein. Der Band ist nämlich weithin planmäßig angelegt, und über die Zielsetzung des Unterfangens informiert ein Vorspann: Von bette wegen eczlicher miner gn(digen herren vnd gůten früden vnd lieben gsellen, so hab ich willen etwas czů schriben von dem vnderscheid des czittes nach dem louff der sunnen vnd nach dem wir vnser cristenliche jar begangen vnd >ch eczliche hochczit jn dem jar, sunderlich des ersten von der sunnen tzircel, vnd von dem sunent(glichen bůchstaben vnd von dem schaltjar , das man es liechtlicher vnd mit minder arbeit begriffen mag als vor tzitten eczlichen besch(chen ist, so den =sterlichen tag begiengen vff den sunntag jn der andren fast wuchen, von denen dise verss geschriben sind: »Trevirensis asini cantauerunt resurrexi cum populus domini per agebat oculi mey hic auctor computi sacerdotalis«. Darum so sind diese vnderscheid einem jecchlichen priester nucz vnd notürfftig tzů wüssen vnd tzů bekennen, sunderlich denen so kuren vnd kilchen vff tzů richten hand vnd von den ander lüt vnder wiset s=llen werden, vmm das sy jn semliche prung nit fallen vnd sij daz von ander lüten bekennen mFssen, das sy doch billicher von jnen selber k=nnen s=llen etc. [G-Mue4, Bl. 1r-2r]

Das Sammelinteresse richtet sich entsprechend durchgehend auf Komputistisches, Festberechung, die Gliederung des Kirchenjahres, mit Aderlassund Monatsregeln verknüpftes astrologisches Wissen, wobei sich in dieses _____________ 239 Vgl. etwa Bl. 70r Das bůch genant der tütsch compett ist vss geschriben [...] vff sant Jermans tag do es trü schlůg im LVI jar, und Bl. 151r Geschriben [...] vff donstag frů vmb die s(chsten stund vnd wz sant J=rien aben Anno im LVI jar nach aller czal. Explicit Sibyllen wyssag vff donstag was sant J=rien aben im LVI jar.

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Spektrum zwanglos auch eine Sibyllenweissagung und wiederum Visionsliteratur einreiht. In diesem Kontext können eine deutsche Salve-ReginaAuslegung und einige gereimte deutsche Mariengebete (Heinrich Seuses ›Büchlein der ewigen Weisheit‹ ist erst Nachtrag um 1500) nur als Instrumente des geistlichen Lebens, als Remedia für das geistliche Heil des Laien begriffen werden. Eine Perspektive auf ein im weitesten Sinne richtiges, heilsgemäßes Leben, die entschiedener auch das eigene Verhalten im täglichen Umgang mit den Mitmenschen akzentuiert, wird in diesem Textverbund allein von den Lehren des deutschen ›Cato‹ eingebracht.240 Adelige Unterweisung, laikale Rechtspraxis, Haushaltsführung, Komputistik und die praktische Organisation des geistlichen Heils des Laien: In den von der Volkssprache dominierten Verwendungskontexten treten institutionell stabilisierte Gebrauchsräume nicht schlicht aus Quellenmangel nicht hervor. Ihr Fehlen muss, je weiter sich der ›Cato‹ vom lateinkundigen Nutzer entfernt, desto entschiedener als strukturelle Eigenart volkssprachig-laikaler Textfunktionalisierung begriffen werden. Dass diese nicht etwa selbstständig am lateinischen ›Cato‹ ansetzt, sondern den breiteren Erfolg zweisprachiger Übersetzungen für die Schule zum Hintergrund hat, darf man trotz der im einzelnen wie für die ganze Gruppe nicht zureichend geklärten Textgeschichte vermuten. Denn überall dort, wo in den prononciert volkssprachigen Textumgebungen beispielsweise der ›Cato‹ unmittelbar an einen ›Facetus‹ angebunden erscheint – in G-Stu Bl. 18rb-25vb, in G-Wie2 Bl. 26r-53r –, sind diese Voraussetzungen in Form der mehr oder minder vermittelt verarbeiteten Elementarfibel noch mit Händen zu greifen. Weitere Untersuchung erfordern einige in ihren besonderen Gewichtungen lateinischer und deutscher Textanteile in einem Zwischenbereich anzusiedelnde Überlieferungszeugen. In ihnen führen die Textnachbarschaften der Übersetzungen einerseits nicht mehr, wie in G-Erf und G-Gra, nur punktuell in die Volkssprache, sondern in der Breite. Andererseits wird gleichwohl aber an den lateinischen ›Disticha‹ festgehalten. Die Gesamtübersetzungen in G-Mue2 und GWie3 liefern dafür die Beispiele.241 Der ›Cato‹ erscheint hier wie dort einspaltig und engzeilig und in überwiegend volkssprachigen Textgemeinschaften. Auf eine expositio ist verzichtet. Quantitativ betrachtet handelt es sich dabei freilich um Randerscheinungen.

_____________ 240 Einem vergleichbaren Gebrauchszusammenhang zeigen für G-Kra u. a. Texte über die 15 Zeichen des Jüngsten Gerichts, zur Auslegung der Messe und ein Pilgerführer durch das Heilige Land an. 241 Da in G-Wie3 auf den zweisprachigen ›Cato‹ der zweisprachige ›Facetus Cum nihil utilius‹ folgt, darf in diesem Fall mit Vorlagenabhängigkeit von einer Elementarfibel gerechnet werden.

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Eine kleine eigene Gruppe bilden zudem Handschriften, in denen der lateinische Text lediglich anzitiert wird. In der Forschung ist gelegentlich die Vorstellung anzutreffen, er sei zwar dem deutschen Text nur auf das Initium verkürzt beigegeben, dem kompetenten Benutzer gleichwohl aber vollständig im Gedächtnis gewesen und so dann in den Unterricht eingebracht worden.242 Dem muss vom ›Cato‹ her widersprochen werden. Die Verkürzung auf lateinische Initien in G-Nue, R-Mue5/G-Mue7 und G-Wie2 geht Hand in Hand mit einer auch sonst – an der Mitüberlieferung vor allem, dazu etwa an der weiteren Texteinrichtung, an der Zweispaltigkeit in G-Nue etwa – ausgeprägten Distanz zum Lateinunterricht. Lateinische Textinitien sind eher als Restbestände zweisprachiger Vorlagen aufzufassen. Sie sind im Einzelfall gewiss auch als Prestige steigernder Rückverweis auf den gelehrten Gebrauchsraumes stehen geblieben.

3.2 Der deutsche ›Cato‹ auf universitärem Studienniveau Die in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts weiter ansteigende Verbreitung deutscher Reimpaare im Lateinunterricht schafft die Voraussetzung für die Anbindung des geschriebenen Deutsch seit der Mitte des Jahrhunderts auch an die Unterrichtsmaterialien der gehobenen Lateinschule und der universitären Artistenfakultät. Herausragendes Indiz dafür ist die neue Verbindung der Reimpaarübersetzung mit dem lateinischen Prosakommentar. Zu belegen ist sie bereits an einer späten Handschrift des ›Schlesischen Cato‹ (O-Lon2), ohne dass dort freilich der institutionelle Hintergrund mit dem Namen einer Lehranstalt sich verbinden ließe. Im ›Michelstädter Cato‹, der nach Wien und Freiburg weist, tritt der institutionelle Rahmen des Kommentar-Kontakts deutlicher hervor. Nicht zuletzt legen die Handschriften der Textgruppe II mit der »Übersetzungsfassung A«, nachstehend wegen ihrer Verbindung zur Ulmer Lateinschule als ›Ulmer Cato‹ bezeichnet, Zeugnis für die breitere Indienststellung der Volkssprache im Umfeld gehobener Unterrichtsniveaus ab.

3.2.1 Der ›Michelstädter Cato‹ Als ›Michelstädter Cato‹ soll hier nach dem Aufbewahrungsort des ältesten – und einzigen handschriftlichen – Textzeugen, einer heute in der Michelstadter Kirchenbibliothek aufbewahrten Handschrift des 15. Jahrhunderts (M-Mic), neu eine Übersetzung bezeichnet werden, die unter diesem _____________ 242 Vgl. etwa CROSSGROVE 1994, S. 84: »Der deutsche Text wird aber auch selbständig überliefert, was entweder auf ein Interesse dafür beim Laienpublikum deuten kann, oder darauf, dass gebildete Menschen den lateinischen Text so gut kannte[n], dass er nicht wiederholt werden musste.«

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Namen in der Forschung zwar nicht eingeführt, aber im GW bereits als von eigenem Zuschnitt gekennzeichnet ist. Dort erscheint sie im Artikel zu den ›Disticha Catonis‹ unter Nr. 6344 als eine jener zwei neu erfassten Übersetzungen, die ZARNCKE 1852 noch unbekannt waren. Handelt es sich bei der zweiten, jüngeren, um den ›Ulmer Losbuch-Cato‹ von 1492, verlässt demgegenüber der ›Michelstädter Cato‹ die Druckerpressen Johann Blaubirers in Augsburg bereits um 1481 (M-Dr 1). Blaubirer gibt den deutschen Text dem lateinischen bei. Mit dem ›Michelstädter Cato‹ erscheint die erste zweisprachige Druckausgabe der ›Disticha Catonis‹ im deutschen Sprachraum überhaupt. Der deutsche Textanteil wird von den Bearbeitern des GW als »ältere[] Überarbeitung der Disticha (in einer von den bei ZARNCKE S. 84 und 86 angeführten abweichenden Fassung; Anfang: Sintemal und je got ist in einem wesen)« beschrieben. Damit ist 1934 zwar noch auf die älteren textgeschichtlichen Befunde ZARNCKEs verwiesen, die ZATOČIL erst ein Jahr später, 1935, revidiert hat. Da aber die dort von ZARNCKE angeführten zwei Textzeugen beide in dieselbe Gruppe führen, die »jüngere Gesamtbearbeitung«,243 und beide später bei ZATOČIL in dieselbe Textgruppe III eingehen, behält der Befund, relativ gesehen, auf den ersten Blick seine Gültigkeit: Blaubirers Text nimmt danach gegenüber den Textgruppen I, II und III ZATOČILs eine Sonderstellung ein. Eine solche reklamieren für ihn ebenfalls BRÜGGEMANN/BRUNKEN, indem sie von der »einzige[n] Inkunabel der deutschen ›Cato‹-Ausgabe [...] mit älterer Überarbeitung der ›Disticha‹« sprechen.244 WORSTBROCK legt sich sogar noch weitergehend fest: Es handele sich hier um eine »Bearbeitung der Version A [= ZATOČIL Textgruppe III, M. B.]«.245 Begründet wird diese Präzisierung jedoch nirgends, und aus den einzigen detaillierteren textgeschichtlichen Bemerkungen, auf die überhaupt hätte verwiesen werden können, ist sie auch nicht abzuleiten.246 ZATOČIL hatte die Sonderstellung des Textes in seiner Untersuchung zum ›Neusohler Cato‹ bereits 1935 durch einen Vergleich mit seinem »reinsten Vertreter der dritten Gruppe« (G-Wie2) näher zu kennzeichnen versucht. Danach fuße der Text des Drucks hauptsächlich _____________ 243 S. 84: ZARNCKE Sigle C = Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 2977 (G-Wie2); S. 86: ZARNCKE Sigle D = München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 444 (G-Mue2). 244 BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 970. 245 WORSTBROCK 1976, S. 31 Nr. 49. 246 Ich kann mir WORSTBROCKs Festlegung nur als Folge des Versuchs erklären, die Befunde des GW dem Leser des eigenen Verzeichnisses zwar in der Sache unverändert, aber sprachlich variierend zu unterbreiten. Im GW erscheint der ›Michelstädter Cato‹ unter A.a.2.α als »Mit älterer Überarbeitung der Disticha«, von der die Reihe β »Mit der gewöhnlichen Fassung der Disticha« gleichsam als Normalfall abgesetzt wird. Da unter A.a.2.β nun aber ausschließlich Ausgaben der Textgruppe II = Übersetzungsfassung A erfasst sind, könnte sich die Formulierung »Bearbeitung der Fassung A« aus der des GW zu A.a.2.α ergeben haben.

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auf der Bearbeitung C, es blieben allerdings »noch viele Stellen übrig, denen ich nichts Aehnliches an die Seite stellen kann und die ich für freie Umarbeitungen halte.«247 Da eben diese Kombination der Abhängigkeit von C zum einen mit zahlreichen selbstständigen Umarbeitungen, zum andern aber die Textzeugen der Gruppe III überhaupt kennzeichnet, und da ZATOČIL weiterhin auch nicht deutlich macht, wo und in welchem Maße die Selbstständigkeit des Drucks von 1481 denn über das die Vertreter der Textgruppe III kennzeichnende Maß hinausginge, muss der ›Michelstädter Cato‹ streng genommen vorerst ebenfalls der Gruppe III zugeschlagen werden – nur eben dass er als einziger der Gruppe den Weg in den Buchdruck gefunden hat. Ist die Heranziehung eben dieses ›Cato‹ aus dem Pool der Textgruppe III für den Druck nun einfach als Zufall zu verbuchen, oder lässt sie sich vom Text her oder vom bildungssoziologischen Ort der Übersetzung her verstehen? Auf letzteren wirft die von HENKEL 1988 – freilich ohne den Text schon zuzuordnen oder gar auf den Druck von 1481 zu beziehen – zum Überlieferungsbestand des deutschen ›Cato‹ nachgetragene Michelstädter Handschrift M-Mic ein Schlaglicht. Sie bietet ihren ›Cato‹ nämlich im Rahmen eines Lehrer-Handbuchs, das im Umfeld des gehobenen Schulunterrichts, für das Artes-Studium an der Universität angelegt wurde. Sein Besitzer und Hauptschreiber war Nikolaus Matz (um 1443-1513), der im Zeitraum 1466-69 Vorlesungen und Predigten an der Wiener Universität hält, 1469-78 an der Freiburger Universität nachzuweisen ist und 14781504 im Dienste der Kanzlei des Speyerer Bischofs steht.248 Sein schon zu Wiener Zeiten begonnenes Handbuch hat ihn in diesen Jahren stets begleitet und hielt ihm speziell für seine aktuellen Ämter erforderliche oder nützliche Texte bereit, darüber hinaus aber auch Texte, die ihm als immer auch mit praktischer Seelsorge und Katechese befassten Geistlichen dienlich waren. Unter ihnen zielt der ›Michelstädter Cato‹ speziell auf den akademischen Unterrichtszusammenhang. Der lateinische Grundtext ist Bestandteil der Aufzeichnung und erscheint prinzipiell vollständig. Lateinische und deutsche Verse werden auf traditionelle Weise im Wechsel dargeboten, wobei je zwei Distichen durch vier Reimpaare wiedergegeben werden. Streckenweise ist interlinear lateinisch, ganz vereinzelt auch deutsch glossiert. Zusätzlich sind öfter Syntaxziffern und Randbemerkungen vor allem grammatischen Inhalts angebracht. Speziell den akademischen Verwendungszusammenhang des ›Cato‹ zeigt der auf den Blättern 31rb-66ra unmittelbar vorangestellte Prosakommentar an. In ihm ist auf _____________ 247 Vgl. ZATOČIL 1935, S. 57f. (das Zitat S. 58), wo auch die Nachweise des Zusammengehens mit C gegeben werden. 248 Vgl. zur Biographie von Matz die Einleitung des Michelstädter Handschriftenkatalogs (STAUB/STAUB 1999).

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die vollständige Wiedergabe des Grundtextes, der nur in den Initien anzitiert wird, verzichtet, da dieser ja folgt. Diese Nähe zum anspruchsvollen lateinischen Prosa-Kommentar verdient Beachtung, da hier eine deutsche Reimpaarübersetzung ein weiteres Mal im Kontext des universitären Artes-Studiums auftritt. Ein erster Beleg dafür lieferte, nicht zufällig in zeitlicher Nähe zu M-Mic, der späteste Textzeuge des ›Schlesischen Cato‹, O-Lon2. Allerdings ist diese Verbindung für den ›Michelstädter Cato‹ nun zweifellos ganz punktuell hergestellt worden. Aus der Voranstellung des Kommentars ist nämlich auf seine Herkunft aus eigenen Zusammenhängen zu schließen. Statt im Layout verklammert wie im ›Schlesischen Cato‹ in O-Lon2 und wie mehrfach in den Handschriften des ›Ulmer Cato‹, erscheinen Text und Kommentar hier lediglich addiert.249 Ein weiteres Indiz liefert die Aussparung von Praefatio und Breves sententiae aus der eigentlichen Kommentierung, obwohl diese von der nachfolgenden Übersetzung erfasst werden. Der eigentliche Kommentar endet Bl. 64rb nach dem zweiten Spaltendrittel, und Praefatio und Breves sententiae erscheinen dann erst Bl. 65ra nachgestellt. Auch sind sie mit bedeutend knapperer Kommentierung versehen als die vorangehenden Distichen. Es ist daher zu erwägen, ob nicht erst Matz diese Kommentarabschnitte im Blick auf den anschließenden, in diesem Punkt vollständigeren Verstext ausformuliert hat. Der Druck Blaubirers lässt keine spezielle Ausrichtung auf das universitäre Textstudium erkennen. Ihm fehlen alle bei Matz die lateinischen Verse über die deutschen Verse hinaus erschließenden Elemente: Glossen, Marginalien, Syntaxziffern, Kommentar. In Layout und Textausstattung steht der Druck den seit längerem umlaufenden, schlichten zweisprachigen Leseheften sehr viel näher. Daraus ist freilich nicht schon die Festlegung der Ausgabe auf voruniversitäres Niveau abzuleiten. Denn die späteren Drucke des ›Ulmer Cato‹ werden ebenfalls alle unkommentiert bleiben, und regelmäßig auch der ›Cato‹ Brants. Man wird also vorsichtiger festhalten: Der erste zweisprachig gedruckte ›Cato‹ erscheint in einer Form, mit der, schon qua zweisprachiger Präsentation, der institutionalisierte Lateinunterricht anvisiert war – vielleicht sogar gleich welchen Niveaus. Käuferseitig waren einschlägige Erwartungen jedenfalls soweit eingespielt, dass auf die explizite Benennung der Textfunktion in einem Titel oder in einer Vorrede und auf ihre Visualisierung in einem Holzschnitt verzichtet werden konnte. Die Verbreitung des ›Michelstädter Cato‹ muss größer gewesen sein als heute noch sichtbar. Eine gesonderte Ausarbeitung des deutschen _____________ 249 Wobei freilich, wie die Vorgeschichte des ›Schlesischen Cato‹ erweist, der Umkehrschluss aus der Verklammerung im Layout auf eine gemeinsame Konzeption von deutschem Text und lateinischem Kommentar, das mag zu betonen nicht überflüssig sein, nicht zulässig ist.

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Textes erst für den Druck kann mit der bisher übersehenen handschriftlichen Vorstufe ausgeschlossen werden. Für diese wird andererseits durch die Drucklegung unwahrscheinlich, dass Matz sich den Text selbst übersetzt hat. Die Handschrift befand sich nämlich bis 1499 in seinem eigenen Besitz und ging dann in die von ihm begründete Kirchenbibliothek über. Sie kann daher Blaubirer nicht als unmittelbare Vorlage gedient haben. Es ist folglich mindestens éin zweites Textexemplar anzusetzen. Damit aber erscheint auch die Annahme einer breiteren süddeutschen Tradition des ›Michelstädter Cato‹ wahrscheinlicher. Auf deren Grundlage konnte der Text sowohl punktuell ins Umfeld des universitären Artesstudium geraten (ohne dass die deutschen Verse speziell auf dieses zugeschnitten wären) als auch dann für eine Drucklegung herangezogen werden. Auf die Frage, wieso dem ersten zweisprachig ›Cato‹ im Druck gerade der ›Michelstädter‹ zugrundegelegt wurde, gibt seine besondere Darbietung in der einzigen vorliegenden Handschrift keine Antwort: Sie steht dafür in zu großer Distanz zum Druck. Der Abstand wird schon im Vergleich des Textbestands von Handschrift und Druck sichtbar. In den Breves sententiae laufen nämlich beide nur über die ersten 16 parallel. Im Fortgang berücksichtigt der Druck sehr viel mehr lateinische Sentenzen, die überdies in der Reihenfolge gegenüber M-Mic umgestellt sind. Ferner ist der Ausfall des Hexameterdistichons I,28 des handschriftlichen Textes im Druck beseitigt. Dafür fehlt diesem wiederum der Schlussvers der Praefatio zum zweiten Buch. Schließlich ist im Text von 1481 der lateinische Vers Qui non curaret plus quam natura rogaret | Diues sic esset quia res sibi nulla deesset ohne Übersetzung nach IV,2 ergänzt. 3.2.2 Der ›Ulmer Cato‹ (Übersetzungsfassung A/Textgruppe II) Die beiden um die Mitte und das dritte Viertel des 15. Jahrhunderts in die unmittelbare Umgebung eines universitären Lehrbetriebs führenden Zeugen O-Lon2 und M-Mic erschienen als Einzelfälle, träten ihnen nicht noch die Handschriften der ›Ulmer Cato‹ zur Seite. Erst durch sie wird eine breitere Akzeptanz sichtbar, die deutsche Reimpaarübersetzung seit der Jahrhundertmitte nun auch im Umfeld gehobener Bildungseinrichtungen gewinnt. Von den Handschriften des ›Ulmer Cato‹ – zur Begründung der Werkbezeichnung weiter unten – kannte ZARNCKE mit dem Stuttgarter Cod. poet. et phil. 4° 50 (dort Hs. A, hier U-Stu2) und dem Wiener Cod. 2984 (dort Hs. a, hier U-Wie1) 1852 nur zwei, trug jedoch 1865 noch eine dritte aus St. Gallen nach (U-StG). Textgeschichtlich konstituierten sie ihm gemeinsam mit dem Wiener Cod. 204 (G-Wie1), den ZATOČIL später

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ausgegliedert und der Textgruppe I zugeschlagen hat, eine »älteste gesammtbearbeitung«. In dieser erkannte er jedoch bereits jene Übersetzungsfassung, die vielen zweisprachigen Inkunabeln bis zu Brants ›Cato‹ die Grundlage liefert.250 1935 hat ZATOČIL den Cgm 762 ergänzen können (Hs. A1, hier U-Mue1). Vor allem aber hat er der ganzen bei ihm als Textgruppe II firmierenden Klasse den richtigen Platz in der Textgeschichte zugewiesen. ZARNCKEs vermeintlich »älteste gesammtbearbeitung« ist danach erst auf eine »zweite Stufe der Entwicklung« zu setzen.251 Drei weitere Nachträge HENKELs (U-Mue2, U-Mue3, U-Stu1) haben dann der nunmehr als »Übersetzungsfassung A«252 laufenden Gruppe 1980 so weit Kontur verliehen, dass sich erstmals ein erstes Überlieferungsprofil skizzieren ließ,253 das die Gruppe auch geographisch und chronologisch enger zusammenschloss. In dieses Bild hat zuletzt ROTH254 den von ihm nachgetragenen Augsburger Zeugen U-Aug eingefügt. Folgt man dem Hinweis MENHARDTs auf die enge Verwandtschaft der Übersetzung im Wiener Cod. 4786 (U-Wie2) mit den späteren, wie erwähnt vom ›Ulmer Cato‹ geprägten Druckausgaben, lässt sich auch diese von HENKEL 1988 noch ohne Zuordnung ergänzte Handschrift der Gruppe des ›Ulmer Cato‹ zuordnen.255 Weiterhin können zwei Handschriften aus der Stiftsbibliothek Ottobeuren (U-Ott) und aus der Bibliothek der Würzburger Franziskaner (U-Wue) ergänzt werden. Mit elf Textzeugen tritt der ›Ulmer Cato‹ aus dem Gesamtbestand des 15. Jahrhunderts als vergleichsweise profilierteste Binnengruppe hervor.256 Seine zeitliche und räumliche Verbreitung zeigt ebenso klare Konturen. Erstere wurde bisher auf »Schwaben ca. 1450 – ca. 1465« eingegrenzt. Dieser Rahmen ist mit dem ROTH’schen Neufund der schwäbischen, teils in Kempten geschriebenen Augsburger Handschrift nur unwesentlich in die siebziger Jahre auszuweiten. Die bisher unbeachtet gebliebenen Textzeugen aus St. Gallen (1450-70, westalemannisch), Wien (1491, Mondsee) und Würzburg (1496-98, Unterfranken) belegen überdies eine schmale Ausstrahlung in den benachbarten Südwesten, Südosten und Nordosten. _____________ 250 Vgl. ZARNCKE 1852, S. 73. 251 ZATOČIL 1935, S. 52. ZARNCKEs Nachtrag der St. Galler Handschrift wurde in diesem Zusammenhang übersehen. 252 So die Bezeichnung in Anlehnung an die Sigle A, die ZARNCKE und ZATOČIL dem Textzeugen des Stuttgarter Cod. poet. et philol. 4° 50 zugewiesen hatten. 253 HENKEL 1980, S. 153-156. Die St. Galler Handschrift ZARNCKEs ist dort übersehen. 254 ROTH 1992, wiederum ohne den St. Galler Zeugen. 255 HENKEL 1988, S. 230; MENHARDT 1960/61, S. 1069: »Nach der Einl. sehr nahe zu dem von Friedr. Zarncke [...] S. 109-112 besprochenen Drucke gehörig.« 256 Der Text des ›Ulmer Cato‹ ist nur bei ZATOČIL 1952, S. 94-116, zugänglich. ZATOČIL bietet einen bereinigten Abdruck aus dem Stuttgarter Cod. poet. et philol. 4° 50, den er um Praefatio und Breves sententiae aus dem Wiener Cod. 2984 ergänzt.

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Insbesondere die späten Wiener und Würzburger Belege sollte man dabei nicht als isolierte Nachzügler in geographischer Randlage verbuchen, als die sie auf den ersten Blick anmuten. Ihr zeitliches und räumliches Ausscheren lässt vielmehr punktuell die offenbar doch breitere Streuung des ›Ulmer Cato‹ erahnen, ohne die sein beispielloser Erfolg im Buchdruck, an den selbst der ›Cato‹ eines Sebastian Brant und eines Martin Opitz nicht heranreichen werden, merkwürdig voraussetzungslos erschiene. Zu den klaren Konturen des ›Ulmer Cato‹ trägt weiterhin die Vorschaltung eines Accessus und die Beigabe eines ausladenden Prosakommentars in mehr als der Hälfte der Handschriften bei (U-Aug, U-Mue2, UMue3, U-Ott, U-Stu1, U-Stu2). Damit erscheint eine Darbietungsform nahezu als Normalfall, die sonst nur als Ausnahme begegnet (O-Lon2). Ihre Modifikationen beschränken sich auf den Verzicht (U-Mue2, U-Stu1, UOtt) oder die Ergänzung (U-Aug, U-Mue3, U-Stu2) von Interlinearglossen, unter denen sich vereinzelt (U-Aug) auch deutsche finden. Fast schon erwartungsgemäß wird im Vergleich zum ›Schlesischen Cato‹ in O-Lon2 selbst noch an Details wie der optischen Integration der Reimpaarverse in das Text-Kommentar-Ensemble eine professionelle Ausarbeitung und Weitergabe dieser Standarddarbietung des ›Ulmer Cato‹ deutlich. Die deutschen Verse werden hier nämlich – durch rahmende Freizeilen und/oder andere Schriftgrößen – in allen Abschriften von Beginn an sehr deutlich als besonderer Textbestandteil markiert und vom lateinischen Verstext wie vom Kommentar abgehoben. Dagegen präsentiert sie der Schreiber des Londoner MS Arundel zunächst irrtümlich wie einen Bestandteil des lateinischen Prosakommentars, was er erst später zu korrigieren wusste. Textgeschichtlich eint die sechs Kommentarhandschriften, dass sie alle denselben lateinischen Kommentar heranziehen und, im Bereich der deutschen Verse, dass sie auf die Übersetzung der Praefatio und der Breves sententiae verzichten. Dagegen waren im ›Schlesischen Cato‹ des MS Arundel 243 die entsprechenden deutschen Verse trotz Accessus und Kommentar aus Gründen der Vorlagenabhängigkeit stehen geblieben. Sollte sich im ›Ulmer Cato‹ der Verzicht konzeptionellen Überlegungen verdanken, wäre das ein wichtiges Indiz für eine enge Verklammerung der deutschen Übersetzung mit dem lateinischen Kommentar. So ist zu erwägen, ob der Verzicht auf die Übertragung der Praefatio-Prosa und der Breves sententiae im Streben nach formaler Systematik seinen Grund findet. Den lateinischen Text rührte man in dieser Hinsicht zwar nicht an, wohl aber war Systematik durch den Verzicht auf die Zweiversgruppen für je eine Prosasentenz und den deutschen vom Vierverspaar abweichenden Versblock zur Praefatio zu erreichen. Speziell auf die deutsche Praefatio könnte verzichtet worden sein, weil mit dem ausladenden lateinischen

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Accessus bereits eine wissenschaftliche Einleitung par excellence vorlag. In Verbindung mit dem Prosakommentar verschiebt sie die Wahrnehmung der Vermittlungssituation des Vater-Sohn-Lehrgesprächs als Element des lateinischen Textes durch den Rezipienten in den Objektbereich des Besprochenen und lässt den Gesprächsrahmen nurmehr als historische Begebenheit erscheinen. Ein zusätzlicher Aufruf dieses Rahmens in der Volkssprache scheint in Konkurrenz zur lateinisch-wissenschaftlichen Einleitung wahrgenommen worden zu sein – vielleicht weil die mündliche Reproduktion des Inszenierungsrahmens in der Volkssprache seine Objektivierung wieder unterlaufen würde und der Textsprecher vom Plenum tendenziell eher in der Rolle des Vaters statt in der des Magisters wahrgenommen worden wäre, vielleicht aber auch einfach nur, weil dieser Rahmen für »unwissenschaftlich« erachtet wurde. Unabhängig davon stellt der regelmäßige Ausfall der deutschen Praefatio und Sentenzen eine Verbindung zu zweien der fünf unkommentierten Handschriften her. In U-Mue1 und U-StG wurde wahrscheinlich durch schlichtes Exzerpieren der Texte aus der kommentierenden Vorlage wieder die verbreitetere Abfolge von zwei lateinischen und vier deutschen Versen im unmittelbaren Wechsel ohne Unterbrechung durch Prosakommentare hergestellt, indes mit dem bezeichnenden Effekt, dass den Verspaaren des Hauptteils hier wie dort nun lateinische Praefatio und Breves sententiae ohne deutsche Entsprechung vorangehen, da sie ja der Vorlage fehlten.257 Anders verfahren nur U-Wie1, U-Wie2 und U-Wue, in denen zwar ebenfalls die konventionellere 2+4-Versfolge ohne Accessus und Kommentar hergestellt ist, nun aber auch der Praefatio und den Breves sententiae wieder deutsche Verse beigegeben sind.258 Eine lateinische Texterschließung über den Umfang dessen hinaus, was die fünf kommentierten Handschriften des ›Ulmer Cato‹ bieten, ist kaum denkbar. Von dieser Seite her kann für die mit dem ›Ulmer Cato‹ konzeptionell anvisierte Gebrauchssituation nur das Grammatikstudium an der Universität respektive an einer sehr leistungsfähigen Lateinschule in Betracht gezogen werden. Auf den letzteren Schultyp weisen nun U-Aug und U-Mue3. Die in der Augsburger Handschrift auf den ›Cato‹ folgende ›Summula de Summa Raymundi‹ Magister Adams schrieb, übrigens wieder mitsamt einem umfangreichen Kommentar, 1466 ein Petrus Fend an der _____________ 257 Lateinische Praefatio und Breves sententiae stehen in dieser Art sonst nur noch in G-Gra frei. Der Text dieser Übersetzung wurde noch nicht untersucht; er geht partiell zwar auffällig, aber nicht durchgängig mit der Übersetzungsfassung A zusammen. Eine Erklärung für diesen Befund habe ich einstweilen nicht. 258 In der Reihenfolge weichen die Breves sententia in diesen drei Handschriften erwartungsgemäß voneinander ab: Unabhängig voneinander wurde je individuell ergänzt. Eine vierte Ergänzungsvariante bringen die späteren Druckausgaben des ›Ulmer Cato‹. Siehe dazu unten Kap. III.3.4.1.

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Lateinschule in Kempten.259 U-Mue3 ist 1462/63 zu Teilen in der Universitätsstadt Wien, zu großen Teilen aber in Ulm entstanden, d. h. in unmittelbarer Nähe zur im fraglichen Zeitraum im schwäbischen Raum, dem Kerngebiet des ›Ulmer Cato‹, angesehensten Lateinschule überhaupt. Heinrich Huter, der Schreiber, lässt sich zwei Jahre später an der vielgerühmten Ulmer Lateinschule im Amt des dritten Lokaten nachweisen, d. h. in für die Verbreitung von Texten auf dem Wege des Diktats zuständiger Funktion.260 Ganz aus der Nähe, aus Finningen im Kreis Neu-Ulm, stammt auch Jakob Stromaier, der Schreiber von U-Stu2.261 Zwei weitere wichtige Indizien für die Entstehung des ›Ulmer Cato‹ im Kontext des Lehrbetriebs der Ulmer Lateinschule lassen sich von seinem lateinischen Kommentar her beibringen. Zum einen folgt seine Darbietung dem Typ der in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts im deutschen Sprachraum speziell für die Verbreitung von Unterrichtstexten per Diktat entwickelten Layout. Eine solche Praxis ist für Ulm gut bezeugt.262 Zum zweiten ist dieser Kommentar außerhalb der fünf Handschriften mit dem ›Ulmer Cato‹ nur in einer einzigen weiteren Handschrift nachzuweisen (Augsburg, Universitätsbibliothek, Cod. II.1.4° 27, Bl. 2r-77r: Inc. Circa initium Ethice Catonis assumitur thema), die nach Ausweis ihrer Schreiberkolophone in den Jahren 1450/51 von Mitgliedern der Ulmer Lateinschule geschrieben wurde.263 Bezeichnenderweise fehlt dort nicht nur der deutsche Vers-, sondern auch der lateinische Grundtext, der an den entsprechenden Stellen im Kommentar nurmehr kurz anzitiert wird. Die lateinischen und deutschen Verse des ›Ulmer Cato‹ scheinen also bereits um die Jahrhundertmitte so regelmäßig als Einheit tradiert und verstanden wor_____________ 259 »Es dürfte sich um den am 24.8.1493 verstorbenen Mönch und Priester Petrus Fend von St. Mang in Füssen handeln [...]. Ein pater Petrus de Fiesen findet sich in der Matrikel der Universität Köln für das Jahr 1470 [...]. In Betracht käme auch noch, jedoch mit weniger Wahrscheinlichkeit, jener Petrus Fend, der von 1501-1533 Abt von Irsee war [...]« (ROTH 1992, S. 437 Anm. 19). ROTH kann ferner (S. 440 Anm. 27) auf einen Peter Fend – vielleicht der Erstgenannte – verweisen, der in der älteren Literatur ohne Quellenangabe zuerst 1474 für St. Mang nachgewiesen ist. Sehr wahrscheinlich hat die Handschrift ihren Schreiber also von der Lateinschule an die Universität und dann ins Benediktinerkloster St. Mang begleitet. Wo der ›Cato‹ auf diesem Weg, oder ob er aus ganz anderen Quellen erst im Kloster ergänzt wurde, lässt sich nur auf der Basis einer präzise nachgezeichneten Handschriftengenese klären. 260 BODEMANN/DABROWSKI 2000, S. 31 (weiterhin zur zeitgenössischen Wertschätzung der Ulmer Lateinschule S. 11f.). Die Niederschrift von U-Mue3 wird von BODEMANN/DABROWSKI sicher irrtümlich, weil ohne Begründung, »vor allem in Wien« lokalisiert. Vgl. dagegen DANIEL/SCHOTT/ZAHN 1979, S. 131. 261 IRTENKAUF/KREKLER 1981, S. 120. 262 Vgl. BODEMANN/DABROWSKI 2000. 263 Vgl. im Überlieferungsverzeichnis der Avian-Handschriften die Angaben bei Aug2.

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den zu sein, dass die Entscheidung für die Re-Latinisierung dieses Unterrichtswerks sogar den Verzicht auf den lateinischen Basistext nahe legte. Soweit sich aus den Textnachbarschaften des ›Ulmer Cato‹ in den kommentierten Handschriften Verwendungszusammenhänge erschließen lassen, belegen diese freilich den Zusammenhang mit dem gehobenen Trivialunterricht nicht mehr unmittelbar. Denn nicht Textfolgen des Unterrichts, sondern Huters seit langem bekannte Verbindung zu den schwäbischen Frühhumanisten264 prägt die Zusammensetzung von UMue3, die er sich als umfangreiche, 280 Blätter starke Textsammlung zu privatem Gebrauch anlegte. Ähnlich erscheint U-Stu2 mit 229 Blättern vor allem als voluminöses Textkompendium für private Nutzung ausgelegt.265 Deutlicher zwar als in diesen beiden Handschriften, die den ›Ulmer Cato‹ jeweils in ein ausgesprochen umfangreiches Textensemble einbinden, in dem Schulgrammatik keine Rolle (U-Mue3 ) oder nur eine untergeordnete (U-Stu2, Bl. 207r-229r: Johannes de Garlandia: ›Cornutus‹/›Distigium‹, mit Kommentar) spielt, tritt die Nähe des ›Cato‹ zum Schulunterricht in UMue2 hervor. Hier erscheint er innerhalb eines sehr viel schmaleren und durchweg auf Schulunterricht bezogenen Ensembles, das sich aus des Ps.Boethius ›De disciplina scolarium‹ und wiederum dem ›Cornutus‹ zusammensetzt. Allerdings ist diese Handschrift 266 Blätter stark, also wiederum eher von kompendiöser Anlage. Um ein Unterrichtsheft handelt es sich bei ihr gewiss nicht. U-Stu1 schließlich bewahrt zwar einzig den ›Cato‹, käme also vom Textbestand her einem Unterrichtsheft durchaus nahe, bietet den Text aber im großzügigen Folioformat und überdies durch ein Bl. 94v aufgenommenes Register systematisch nach praktischen Anwendungsbereichen seiner moralischen Lehrinhalte quasi wissenschaftlich und als Nachschlagewerk erschlossen. Diese Befunde unterstreichen nur, was vom Umfang der lateinisch-deutschen Text-Kommentarsymbiose her ja nahe liegt und letztlich auch erklären kann, wieso der Zusammenhang mit dem gehobenen Trivialunterricht den erhaltenen Handschriften nicht mehr unmittelbar abzulesen ist: Lag der Text erst einmal, nach Diktat geschrieben oder aus Diktatabschriften oder Diktatvorlagen abgeschrieben, in schriftlicher Form vor, dann eignete er sich in weiter gespannten Sammlungszusammenhängen schon vom Umfang her eher für an konservierende Bewahrung für zukünftiges Nachschlagen gebundene Funktionen oder, sofern seine Niederschrift in Schulnähe verblieb, eher für eine prospektive Nutzung im Vorfeld oder im Hintergrund von Unterricht als noch für eine Verwendung in diesem selbst. _____________ 264 Vgl. JOACHIMSOHN 1896a, S. 63f. 265 Vgl. für U-Mue3 und U-Stu2 die knappe Kennzeichnung bei HENKEL 1980, S. 153f. und S. 155.

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Neben dem privaten (Huter, Stromair) muss man besonders mit dem Interesse benediktinischer Bibliotheken an solchen umfangreichen »Unterrichtstext-Speichern« mit integrierter, ausführlicher lateinischer Auslegung rechnen. U-Aug ging noch im 15. Jahrhundert in die Bibliothek von St. Mang in Füssen ein.266 U-Stu1 könnte seine Aufnahme in die Bibliothek der Wiblinger Benediktiner, auf die u. a. ein Besitzeintrag noch des 15. Jahrhunderts weist, dem Engagement des um deren Ausbau besonders bemühten Abtes Ulrichs III. (1432-73) verdanken.267 U-Stu2, die Handschrift Stromairs aus Finningen, gelangte schließlich vielleicht noch im Spätmittelalter in die Benediktinerbibliothek Zwiefalten.268 Und U-Mue2 entstammt möglicherweise der Bibliothek der Andechser Benediktiner.269 Nimmt man noch die beiden Zeugnisse der nicht kommentierten Handschriften U-Wie2, geschrieben im Benediktinerstift Mondsee, und U-Mue1 aus St. Ulrich und Afra in Augsburg hinzu, dann wird hier eine Indiziendichte erreicht, die über die für spätmittelalterliche Handschriften zu erwartende Überrepräsentanz monastischer Provenienzen durchaus hinausweist. In diesem monastischen Umfeld stand die lateinisch-deutsche Übersetzungsfassung allerdings auch für ganz für andere Zwecke als nur den mehrsprachigen Lateinunterricht bereit. U-Aug etwa bietet sie gemeinsam mit des Johannes de Garlandia ›Poenitentiarius‹, Ps.-Senecas ›De quattuor virtutibus cardinalibus‹, Senecas ›De remediis fortuitorum‹, Magister Adams ›Summula de Summa Raymundi‹ und Robertus Grossetestes ›Versus de decem mandatis‹, also im Rahmen eines regelrechten Tugendund Beichtkompendiums in durchweg lateinischer Sprache – ob die Textnachbarschaften erst durch sekundäre Gestaltung in St. Mang oder bereits vom Vorbesitzer der Handschrift hergestellt wurden, bliebe näher zu prüfen – und damit ganz in der Funktion eines Thesaurus für Belehrungen und Ratschläge, die ein literater, bereits geschulter Benutzer im Rahmen paränetisch-seelsorgerischer, aber auch auf elementare Katechese ausgerichteter Tätigkeit (›Versus de decem mandatis‹) sich auf diese Weise bereithalten konnte. Der ausführliche lateinische Kommentar stand einer nicht unmittelbar unterrichtlichen Nutzung des ›Ulmer Cato‹ jedenfalls nicht im Weg. Es ist im Gegenteil sogar anzunehmen, dass der Kommentar als zusätzliches Texterschließungsinstrument, das die Inhalte verdichteter Versrede in die gefälliger rezipierbare Prosaform brachte, in den Händen literater Benutzer einer polyfunktionalen Nutzung sogar entgegen kam. _____________ 266 267 268 269

Vgl. ROTH 1992. Vgl. HENKEL 1980, S. 156. Dort ist sie im 18. Jahrhundert nachweisbar: IRTENKAUF/KREKLER 1981, S. 120. Vgl. HAUKE 1975, S. 215.

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Ohne lateinischen Kommentar eröffnet sich dem Text ein noch breiteres Funktionsspektrum. Es erstreckt sich vom benediktinischen Trivialunterricht (U-Wie2) über erbaulich-belehrende Laienlektüre im monastischen Umfeld (U-Mue1) bis hin zur unterhaltend-belehrenden Lektüre des Adels (U-Wie1): - U-Wie2 hebt sich aus der Gruppe der kommentarlosen Handschriften markant durch einen für den lateinischen Text breit belassenen Zeilenabstand und systematisch angebrachte (überwiegend) lateinische und (teilweise) deutsche Interlinearglossen ab, auf die ein Schreiberkolophon Bl. 101v eigens hinweist: Hic fine aspice Catonis viri moralissimi et in via morum sane grauissimi cum interlinearibus exposicionibus. 1493 von Johannes de Goricia (Bl. 61r)270 im Benediktinerkloster Mondsee geschrieben, hatte man mit dieser Darbietung sicher den nach der seit 1435 in Mondsee durchgeführten Klosterreform florierenden lokalen Unterrichtsbetrieb im Visier – zwar nach Ausweis von Umfang (106 Bll.) und weiterem Inhalt (Bl. 1r-61r Alexander de Villa Dei: ›Doctrinale‹ III; Bl. 102r-105v Sulpicius Verulanus: ›De moribus puerorum‹; beide Texte sind zweisprachig glossiert) nicht mit einem Unterrichtsheft, sehr wohl aber mit einem Referenzband zum Grammatikunterricht für die unter Abt Benedikt Eck (1463-99) neu gebaute Bibliothek oder, wegen des kleineren Formats (15 x 10,5 cm) vielleicht noch eher, mit einem Lehrerhandbuch oder einem unterrichtsbegleitend genutzten Studienbuch für einen Schüler.271 Als Vorlage wurde, wie aus der nur leicht verändernd übernommenen Schlussschrift, aus der Übereinstimmung in der Abfolge der Breves sententiae und aus zahlreichen Parallelen im deutschen Glossenbestand hervorgeht, die in Reutlingen am 9. Oktober 1491 bei Johann Otmar er_____________ 270 Es kommen verschiedene Orte dieses Namens in Frage (Göritz/Allgäu, Göritz/Oberösterreich, Göritz/Kärnten, Göritz/Steiermark, Görz in Friaul/JulischVenetien), von denen der oberösterreichische dem Kloster Mondsee am nächsten liegt. In den Matrikeln der Wiener Universität, zu der Kloster Mondsee enge Beziehungen pflegte, lassen sich mehrere Personen aus Göritz mit Namen Johannes nachweisen, die sich aber alle erst deutlich später (1500, 1513, 1516) immatrikulierten. In Frage kommt allenfalls (Sommersemester 1500) Joannes Hofer de Guricia – vgl. Die Matrikel der Universität Wien. Bd. 2: 1451-1581/I, bearbeitet von WILLY SZAIVERT und FRANZ GALL. Graz, Wien, Köln 1967 (Publikation des Instituts für österreichische Geschichtsforschung. Reihe 6: Quellen zur Geschichte der Universität Wien. Abteilung 1: Die Matrikel der Universität Wien), S. 277. Ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Niederschrift des ›Ulmer Cato‹ in U-Wie2 und dem Universitätsstudium des Schreibers bestünde freilich auch dann nicht. 271 Einen Überblick über die Mondseer Kloster- und Bildungsgeschichte gibt HERBERT HERZMANN: Johannes Hauser. Ein Mondseer Klosterschreiber an der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert. Mit einer Zusammenstellung der Mondseer Handschriften. Phil. Diss. [masch.] Salzburg 1972, S. 9-18.

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schienene, zweisprachig glossierte Druckausgabe GW Nr. 6345 (U-Dr 13) zugrunde gelegt. - Alle anderen Handschriften ohne Kommentar wählen für ihren konventionell alternierend lateinisch-deutsch dargebotenen Text engeren Zeilenabstand. Weder ist Glossierung intendiert, noch weist sonst irgendetwas auf Verwendung im oder in Nähe zum regulierteren Lateinunterricht. Gezielt ist allein auf zweisprachige Lesetexte: in U-Mue1 etwa im zunächst selbstständigen Faszikel, den ein sonst unbekannter Jakob Fünsinger schrieb, der Bl. 152v auch einen Buchpreis Precium III gr. notierte und daher vielleicht als Berufsschreiber im Auftrag arbeitete. Für wen er schrieb, wissen wir nicht, doch ist aus einigen schriftlich vermerkten Holzlieferungen an verschiedene Personen, so die entsprechenden Notizen denn bereits vom Erstbesitzer und in den noch separaten Faszikel eingetragen wurden, auf eine wohl eher sozial etablierte Person der Kaufmannschaft zu schließen, die Lesen und Schreiben konnte und Handel trieb. Der Faszikel gelangte noch im 15. Jahrhundert nach St. Ulrich und Afra in Augsburg, wo er mit Thomas Peuntners ›Büchlein von der Liebhabung Gottes‹ und dem deutschen ›Lucidarius‹ vereint wurde. Auf zweiter Nutzungsstufe entstand so ein Band, der interessierten Laienbrüdern und Klostergeistlichen, die den Umweg über das Lateinische scheuten, erbauliche und über Gott und die Welt und darüber, wie man sich in seinem Leben zu verhalten hatte, belehrende Inhalte in der Volkssprache bereit hielt.272 - U-Wie1, von einem sonst nicht bekannten Johannes PrFstner (Bl. 273v) geschrieben, vereint den ›Friedrich von Schwaben‹, des Ps.-Aristoteles ›Secretum secretorum‹ und ›Die Minneburg (C)‹. Zweisprachig erscheint wiederum nur der ›Ulmer Cato‹, der die Textreihe dieser Hauptstücke abschließt. Ihr Sinn wird sich einem zeitgenössischen Leser schon zu Be_____________ 272 Zum Publikum des ›Büchleins‹ ausführlich SCHNELL 1984, S. 238-250, hier besonders S. 247f. Danach repräsentiert U-Mue1 gewissermaßen Durchschnitt: Über die Hälfte (36) der Textzeugen entstammt Klosterbibliotheken, unter denen benediktinische zahlenmäßig herausragen. Zur möglichen Verwendung deutscher Texte aus der Bibliothek von St. Ulrich und Afra hat SCHMIDT (1985, S. 79) Überlegungen angestellt: »Für wen wurde die deutsche Literatur aufgezeichnet? [...] Bis zur Einführung der Melker Reform war das Augsburger Kloster vor allem mit dem Seelhaus (Beginen) von St. Nikolaus vor der Stadtmauer verbunden, das von ihm mitgegründet worden war. Aber auch nach der Einführung der Reform kümmerte sich St. Ulrich und Afra in besonderem Maße um die umliegenden Benediktinerinnenklöster. Die Nonnenkonvente von Holzen (nördlich von Augsburg) und Kühlbach (bei Aichach) wurden von hier aus reformiert. Daneben nahmen die Augsburger Benediktiner auch andere seelsorgerische Aufgaben wahr. Solche waren nicht allein durch die inkorporierte Pfarrei vorgegeben, in der Konventualen [...] jedenfalls zuweilen predigten, sondern auch durch die Wallfahrt zu den Klosterheiligen und die sehr bedeutende Ulrichsbruderschaft. Laienbrüder, die kein Latein verstanden, gab es in der Abtei immer nur wenige.«

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ginn des die Handschrift eröffnenden ›Friedrich von Schwaben‹ angedeutet haben. Dort wird nämlich für die drei Söhne Heinrichs von Schwaben, von denen Friedrich, der jüngste, dann als Hauptprotagonist hervortreten wird, zuerst hervorgehoben, dass sie – für das Selbstverständnis des schwerttragenden Adels, der sein Analphabetentum lange als Ausweis seiner Besonderheit begriff, ist das auch im 15. Jahrhundert noch nicht selbstverständlich273 – sogar eine Schule besucht hätten (V. 19f.: Zů schůl waren sy gewesen, | Sy kunden schriben und lesen), wogegen die für das Prestige des Adels geläufigeren Kernkompetenzen erst an zweiter Stelle genannt werden: Darzů konnten sie turnieren unnd stechen | Und die sper ritterlich zerbrechen, | H=tzen, baissen unnd auch schiessen (V. 2123). Wenige Verse später knüpfen die letzten Ratschläge des sterbenden Heinrichs von Schwaben an diese schulische Ausbildung seiner Söhne an, denn sie sind in Anlehnung sowohl an den Sentenzenvorspann der lateinischen ›Disticha Catonis‹ als auch teils in wörtlicher Übernahme des Rumpf-›Cato‹ formuliert: Sein sterben er wol erkannt. 30 Nach seinen súnen er sant. Do sy deß wurden gewar, Vil bald kamen sy dar. Er sprach »vil lieben sún mein, Gef=lgig s=llent ir mir sein: 35 Habent lieb vor allen dingen got, Das ist mein ler unnd mein gebot. Ir s=lt úch erbarmen Allezit úber die armen, Allen wittwen unnd ouch waisen: 40 Nimmer s=llent ir unrechtlich naisen. Sprechent alleweg recht urtail. EWer zungen tragent nit vail, Das ir dem unrechten nit standent bey, Wie lieb úch der frúnd sey. 45 Wer das recht zů unrecht machet, Vor got ist er verswachet. B=ß leWt und das unrecht hassent.

[vgl. b.s. 1] [vgl. b.s. 47+52] [vgl. b.s. 55] [= Rumpf-›Cato‹, V. 113] [= ebd., V. 114] [= ebd., V. 115] [= ebd., V. 116] [vgl. Rumpf-›Cato‹, V. 24] [vgl. ebd. b.s. 6+55]

_____________ 273 Grundlegend nach wie vor GRUNDMANN 1958; vgl. weiterhin WENDEHORST 1986, hier besonders S. 25-27; JONES 1978, hier besonders S. 41-47; NEDDERMEYER 1998, Bd. 1, S. 242, sowie die Beiträge in: Erziehung und Bildung bei Hofe 2002. Eine in ihrer Reichweite der Arbeit von ORME 1984 vergleichbare Studie für den deutschen Sprachraum fehlt. Speziell mit der Erziehung und Ausbildung des Nachwuchses an fremden Höfen befassen sich LUTZ FENSKE: Der Knappe: Erziehung und Funktion. In: Curialitas 1990, S. 55-127, und – im engeren Rahmen – BERNHART JÄHNIG: Junge Edelleute am Hof des Hochmeisters in Marienburg um 1400. In: Erziehung und Bildung bei Hofe 2002, S. 21-42. Ein durchgreifender Wandel im Verhältnis der Nobilität zur Schul- und Universitätsbildung tritt im deutschen Sprachraum erst im 16. Jahrhundert ein; vgl. MÜLLER 1982, S. 43-47.

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Aller untugent s=llent ir úch massen. Mer ich eúch räten sol: 50 Mit ainannder s=llent ir leben wol. Damit sind got ergeben: Ich wil ennden mein leben.« Sy sprachen »vater unnd her’e, Geren w=llen wir volgen eWer lere.« 55 Darnach gar behennde Nam ir vater sein ennde, Unnd ward begraben nach fúrstlichen eren.274

Zwischen dieser prononcierten Werk- und Handschrifteneröffnung und dem Handschriftenschluss, den nicht zufällig die lateinisch-deutschen ›Disticha Catonis‹ bilden, ist also die weitere Erzählung von der fabelhaften Begründung und Herkunft der schwäbischen Herzogsdynastie eingespannt, an die mit dem ps.-aristotelischen ›Secretum secretorum‹ eine immerhin als an Alexander d. Gr. gerichtet fingierte, sehr verbreitete Fürstenlehre275 und mit der Minneallegorie der ›Minneburg‹ wiederum ein Werk anschließt, in deren Zentrum wie im ›Friedrich von Schwaben‹ die adelige Minne- und Ehegemeinschaft steht. Sehr wahrscheinlich wurde UWie1 damit gezielt für einen (jungen?) Vertreter der süddeutschen Nobilität als – freilich literarisierter, und zweifellos auch unterhaltsamer – Fürstenspiegel angelegt.276 Obwohl der ›Ulmer Cato‹ um den Kommentar verkürzt in sehr verschiedene Funktionszusammenhänge eintreten konnte, wird doch der lateinische Grundtext selbst in dominant deutschsprachiger Textumgebung noch bewahrt. Die lateinische Prägung seiner primären Gebrauchsform scheint damit allenthalben durch, und dies keineswegs als bloßes Relikt, sondern, wie in der Anlage der Wiener ›Friedrich von Schwaben‹Handschrift, durchaus produktiv verarbeitet. Zugleich zeigt das Entfallen des Kommentars, das verdient besondere Hervorhebung, seine nur lockere Verklammerung mit den deutschen Versen an. Es wird auch weder von lateinischer Seite – etwa im Accessus – noch in den deutschen Versen die _____________ 274 Der Text der Wiener Handschrift des ›Friedrich von Schwaben‹ weicht in keinem entscheidenden Punkt von dem oben abgedruckten Auszug aus der Ausgabe JELLINEKs ab. 275 Vgl. GUNDOLF KEIL: ›Secretum secretorum‹. In: VL, Bd. 8, Sp. 993-1013. 276 Als reiner Lese- und Nachschlagetext fungiert der lateinisch-deutsche ›Cato‹ auch in UStG, deren Schreiber jedem lateinischen Distichon noch die entsprechenden Verse des ›Novus Cato‹ auf den Blatträndern an die Seite stellte. Diese beschließen in den kommentierten Handschriften regelmäßig die entsprechenden Kommentarabschnitte. Eine solche dürfte hier also exzerpiert worden sein. Im Unterschied zu U-Mue1 und U-Wie1 erscheint die Mitüberlieferung freilich deutlich lateinisch geprägt: Walter Burleighs ›Liber de vita et moribus philosophorum‹, ein lateinisch-deutsches Regimen sanitatis, Adolphs von Wien ›Doligamus‹, der ›Liber parabolarum‹ des Alanus ab Insulis, des Hieronymus de Vallibus ›Jesuida‹, Antonio Barzizzas ›Cauteraria‹. Einziger deutscher Text von Umfang ist Heinrich Steinhöwels ›Büchlein der Ordnung der Pestilenz‹.

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Besonderheit einer zweisprachigen Kommentarkonzeption als solche thematisiert. Ferner hebt sich der deutsche Text trotz seiner Nähe zum lateinischen Kommentar weder formal – je zwei Reimpaarvierheber übersetzen einen Hexameterdistichon – noch durch auffällige Eigenheiten im übersetzerischen Zugriff – geboten wird allerorten eine gewöhnliche Sinnparaphrase in gebundener Rede – vom Gewohnten ab. Über den Fortfall der Praefatio und Breves sententiae geht die Einpassung des deutschen Textes damit nicht hinaus. Latein und Deutsch erscheinen lediglich additiv nebeneinander gesetzt.277 Das alles schließt eine ursprüngliche Integration der deutschen Reimpaarverse in die mündliche Distribution des Kommentars in Ulmer Diktatveranstaltungen, wie sie für den lateinischen Kommentartext durch die ihm zugrunde gelegte Textstruktur und sein Layout in den Handschriften nahegelegt werden, aus. Hier ist auch noch einmal an die umstandslose Ausklammerung der deutschen Reimpaare aus dem Ulmer ›Cato‹-Kommentar in der Avian-Handschrift Aug2 zu erinnern. Bemerkenswert bleibt gleichwohl die relative Stabilität der schriftlichen Beiordnung des deutschen Textes, die offenbar gleich über mehrere wirkmächtige Vorlagen verbreitet worden sein muss. Exkurs 4: Lateinische Kommentare zu den ›Disticha Catonis‹ Die Verschränkung des ›Ulmer Cato‹ mit einem ausladenden lateinischen Prosakommentar wirft neben der Frage nach der Herkunft dieses Kommentars die nach seiner Stellung innerhalb der lateinischen Kommentartradition auf. Da diese jedoch nicht ansatzweise gesichtet ist, ihre Erschließung indes eine gänzlich eigene Untersuchung erforderte, kann Antworten nachstehend allenfalls in ersten, vorläufigen Schritten entgegengearbeitet werden. Die ›Disticha Catonis‹ wurden im Mittelalter mehrfach zum Gegenstand systematischer Kommentierung. Der Forschung bzw. aus dem Kontext des deutschen ›Cato‹ sind bisher bekannt:278

_____________ 277 Ob Praefatio und Sentenzen in Rücksicht auf die intendierte Verbindung mit dem Kommentar erst gar nicht übersetzt wurden, oder ob sie lediglich aus einer bereits vorliegenden Übersetzungen entfernt wurden, verdiente nähere Prüfung. 278 Einen knappen Überblick über die mittelalterlichen ›Cato‹-Kommentare gibt HENKEL 1999, S. 272-275. Ein Artikel zu den ›Disticha Catonis‹ im ›Corpus commentariorum et translationum‹ KRISTELLERs steht aus.

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a) die ›Expositio super Catonem‹ des Remigius von Auxerre (nach 841908) Remigius ist der erste namentlich bekannte Kommentator der ›Disticha Catonis‹. Seine ›Expositio‹ ist Teil eines in Zusammensetzung und Eigenart nicht ohne Schwierigkeiten zu kennzeichnenden Gesamtwerks, das möglicherweise wesentlich nur von seiner Funktion, der eigenen Lehrtätigkeit zu dienen, zusammengehalten wird. Innerhalb dieses Œuvres firmieren die ›Disticha‹ nur als einer von mehreren Schultexten, zu denen sich der französische Mönch eine eigene schriftliche Auslegung systematisch erarbeitet hat.279 Der Text liegt bisher nur in Auszügen gedruckt vor.280 Eine knappe Charakteristik bietet die Literaturgeschichte von MANITIUS,281 ausführlich ins Detail geht RUHE282. JEUDY weist ein Dutzend Textzeugen nach und skizziert die Überlieferung in knappster Form sowohl geographisch – der Überlieferungsschwerpunkt liegt in Frankreich, jedoch sind auch England und der deutsche Sprachraum einbezogen – wie chronologisch – die Mehrzahl der Handschriften wurde im 10., 11. und 12. Jahrhundert geschrieben, jedoch entstammen späte Vertreter auch erst dem 15.283 RUHE zufolge haben die expositiones Remigii in nahezu alle altfranzösischen Übersetzungen der ›Disticha Catonis‹ ausgestrahlt und noch bis in gedruckte Kommentarausgaben des 16. Jahrhunderts nachgewirkt.284 Implizit setzt eine solche Feststellung allerdings die ›Expositio super Catonem‹ als eine kohärente Texteinheit voraus, die sich über alle Niederschriften hinweg als im Kern identische und in der Folge dann auch als eine in andere Texteinheiten mehr oder minder hineinwirkende Größe ausmachen ließe. Diese Voraussetzung ist hier freilich nicht gegeben. JEUDY verweist auf die Überlieferung der ›Expositio‹ sowohl in der Form des fortlaufenden Separatkommentars ohne das Gerüst des Verstext als auch in der in Interlinearglossen und Marginalscholien aufgelösten Form. In seinen zwei häufigsten Darbietungsformen steht der Text damit Ergän_____________ 279 Vgl. zur Person zusammenfassend COLETTE JEUDY im LexMA, Bd. 7, Sp. 707f. Eine Werkübersicht gibt JEUDY 1991a. 280 MANITIUS 1913, hier S. 109-113. Vgl. weiterhin MANCINI 1902; R. B. C. HUYGENS: Remigiana. In: Aevum 28 (1954), S. 330-344; M. DE MARCO: Una nuova redazione del commento di Remigio d’Auxerre ai »Disticha Catonis«. In: Aevum 26 (1952), S. 466f. Ferner druckt BOAS im Apparat seiner kritischen Ausgabe zu zahlreichen Stellen der ›Disticha‹ die Erläuterungen des Remigius ab, dies jedoch nicht immer fehlerfrei. Ich benutze den Text der Handschrift aus Lucca, Biblioteca Governale, Ms. 1433, Bl. 83r-98r. 281 MANITIUS 1911/31, Bd. 1, S. 511f. 282 RUHE 1968, S. 16-30. 283 Vgl. JEUDY 1991a, S. 488f., und JEUDY 1991, S. 389. 284 RUHE 1968, S. 16.

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zungen, Kürzungen und Umstellungen weitgehend offen. Überdies hat sein Verfasser – soweit das an den edierten Auszügen ersichtlich wird – auf einen Einsatz sprachlicher Mittel verzichtet, die glossen- oder scholienübergreifend Kohärenz stifteten und schließlich den Text der ›Expositio‹ insgesamt als Einheit zusammenhielten. Die Erläuterungen setzen vielmehr, an den lateinischen Versen sukzessive voranschreitend, immer wieder von neuem am Einzelwort oder an der einzelnen Phrase an. Damit sind sie nicht nur zeitlich, sondern auch typologisch der frühen AvianKommentierung des 9., 10. und 11. Jahrhunderts an die Seite zu stellen.285 Von RUHE beobachtete Phänomene wie die Voranstellung einer resümierenden Formel, die alle Einzelerläuterungen zu einem lateinischen Verspaar zu einem abgeschlossenen Binnentext zusammenfasst,286 wie die abschließende Anfügung der entsprechenden Verse aus dem ›Novus Cato‹,287 die diesen Binnentext gegenüber dem nachfolgenden Textblock abschließt, und wie die Aufnahme von Querverweisen auf thematisch verwandte, aber bereits behandelte Verse,288 die die Textelemente miteinander verweben, sind daher überaus bedeutsam für den weiteren Ausbau der ›Cato‹-Kommentare und keineswegs nur »auf die Form beschränkt[e]«289 Erscheinungen. Erst wenn neben der Textgeschichte der ›Expositio super Catonem‹ auch dieser mit ihr engstens verbundene, grundlegende Ausbauprozess der Texte zukünftig einmal klar vor Augen stehen wird, wird man die Ausstrahlung des Remigius-Kommentars, der bisher ja noch nicht einmal in einem zureichenden Handschriftenabdruck vorliegt,290 beschreiben können. Die Feststellung RUHEs, Remigius sei bis zum 14. Jahrhundert »die alleinige Autorität für die Auslegung der Disticha« gewesen, entbehrt von daher fundamentaler Grundlagen. Unzureichend begründet ist sie überdies, weil RUHE noch nicht einmal die Hälfte des Bestands der – nachstehend sicher nicht vollständig aufgeführten – mittelalterlichen ›Cato‹-Kommentare berücksichtigt. b) die hochmittelalterlichen Kommentare zu den ›Disticha Catonis‹ aus dem Umkreis des französischen und englischen Artesstudiums (13. Jh.) Aus zwei Handschriften englischer Herkunft des 13. (Oxford, Bodleian Library, Canon. Lat. Class. 72, Bl. 60r-82r) und 13./14. Jahrhunderts (Lincoln, Cathedral Library, MS 132, Bl. 20v-37r [Avian-Handschrift Lin]) _____________ 285 286 287 288 289 290

Siehe oben Kap. II.1. Vgl. RUHE 1968, S. 29f. Vgl. RUHE 1968, S. 30. Vgl. RUHE 1968, S. 30. RUHE 1968, S. 29. Eine Textausgabe durch Lucien Reynhout, Brüssel, ist angekündigt.

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druckt HAZELTON 1956 die Kommentare ab mit dem Ziel, den Kommentar als solchen als vermittelnde Instanz der ›Cato‹-Referenzen Chaucers, Langlands und Gowers sichtbar zu machen. Denn Textvergleichen allein den lateinischen Originaltext zugrunde zu legen, sei unzureichend, da dieser den mittelenglischen Autoren ja noch nicht »purified« wie in einer modernen, kritischen Textausgabe vorgelegen habe. Mag der Versuch, die Kommentare als Zwischengröße auszuweisen, im Detail nicht gelungen291 und mag es auch zu bedauern sein, dass HAZELTON der Textgeschichte viel zu wenig Aufmerksamkeit schenkt, obwohl doch die Auswahl gerade der Textzeugen aus Oxford und Lincoln nur von ihr her wirklich sachgerecht zu begründen gewesen wäre: Methodisch bleibt sein Verweis auf die zeitgenössischen Aufbereitungsformen der Grundtexte prinzipiell richtig und wichtig.292 Überdies ist HAZELTONs Arbeit immer noch die einzige, die mittelalterliche ›Cato‹-Kommentare überhaupt vollständig bereitstellt. Die abgedruckten Texte stimmen teilweise untereinander überein293 und gehen überdies mit der ›Expositio‹ des Remigius zusammen.294 Sichtbar werden im Vergleich zu Remigius überdies Ausbauphänomene, die mit Entwicklungen in den Avian-Kommentaren der Zeit parallel laufen und im Rahmen der Frage allein nach textlichen Abhängigkeiten nicht in den Blick geraten. So hebt sich der insgesamt vollständigere Oxforder Text295 von Remigius etwa bereits im Accessus durch eine sowohl weitergehend in die zeitgenössische Wissenschaftssystematik ausholende wie dann strenger durchgeführte Ordnung in der Anlage ab.296 Und die _____________ 291 Vgl. RUHE 1968, S. 32. 292 Diese Einsicht liegt beispielsweise auch WRIGHTs jüngster Monographie zur mittelalterlichen Fabelliteratur zugrunde (2001). 293 Vgl. HAZELTON 1956, S. XVIII (»family likeness«). 294 Vgl. HAZELTON 1956, S. XV (»late development of the original gloss compiled by Remigius«) und S. XVIII (»common ancestor of both«). 295 Vgl. HAZELTON 1956, S. XVIII. 296 Auf die Definition der philosophia folgt die Verortung der philosophia moralis als ihrer Teildisziplin (Z. 1,1-20). Anschließend wird das Schema der Accessus-Fragen als solches vorgestellt (Z. 1,21-24). Dann werden die Fragen abgearbeitet (Z. 1,25-2,16: quis actor; Z. 2,17-29: materia; Z. 3,1-4: intentio; Z. 3,5-9: utilitas; Z. 3,5-10: quae causa; Z. 3,16-29: cui parti philosophiae suppponatur). Erst dann folgt der lateinische Prosaprolog. Remigius bietet zuerst einen kurzen Acessus, der die Punkte persona, locus, tempus und causa scribendi abarbeitet, und geht anschließend zu den Breves sententiae und zum Prolog über. Davon nimmt dann aber noch einmal ein Accessus auf der Basis des rhetorischen Inventionshexameters seinen Ausgang (quis, quid, ubi, quibus auxiliis, cur, quomodo, quando). Von diesem den antecessores zugeschriebenen Schema wird dann gar noch ein zeitgenössisches, moderneres abgesetzt, das vita poetae, titulus operis und welchem Teil der philosophia der Text zugehöre, erschließt (vgl. RUHE 1968, S. 17f.). Das Fehlen von Standards in der Accessus-Organisation hat, wenn nicht Remigius im 9. Jahrhundert, so den Autor oder Schreiber des Textes in der Handschrift aus Lucca, auf die RUHEs Angaben sich stüt-

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Kommentarabschnitte zu den einzelnen Hexameterdistichen werden nun auch unabhängig von der Sukzession des lateinischen Verstextes als eigene, in sich abgeschlossene Einheiten ausformuliert und wahrnehmbar, indem sie zwar nicht regelmäßig, aber doch häufiger einem erkennbaren, eigenen Bauprinzip unterworfen werden. Demnach setzt ein Kommentarabschnitt mit einer Prosaparaphrase des Versinhalts ein, dem dann zunächst unterstützende Verweise auf andere Texte und Autoren folgen, bevor – bisweilen expressis verbis mit construe eingeleitet – die expositio ad litteram der Hexameter anschließt. c) der ›Disticha Catonis‹-Kommentar des Gisalbert von Bergamo (14. Jh.) Gisalbert war Franziskaner, lebte in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts und ist bisher als Autor nur mit einem nach eigenen Worten für den Schulgebrauch verfassten ›Cato‹-Kommentar hervorgetreten, den SALVI 1995 der Forschung bekannt gemacht hat.297 SALVI weiß fünf Textzeugen zu benennen und druckt neben einem dem Kommentar vorangestellten Widmungsbrief des Verfassers an den Juristen Alberich von Rosate den Kommentar zu IV,4 (Dilige denarium [...]) ab. Dieses Hexameterdistichon hat Gisalbert nämlich Anlass zu einer ausführlichen Erörterung der Armut Christi und der Apostel Anlass gegeben, die im Kontext des Armutsstreits der Franziskaner mit Papst Johannes XXII. (1316-34) steht. Im entsprechenden Ausschnitt ist auf jede expositio ad litteram verzichtet. Ob der Kommentar daher für den Grammatikunterricht herangezogen werden sollte, ist fraglich. Die fünf Handschriften entstammen überwiegend italienischen Bibliotheken. Auf Italien könnte der Wirkungsraum des Kommentars überhaupt begrenzt gewesen sein, doch stehen überlieferungs- wie textgeschichtliche Untersuchungen aus. d) das ›Speculum regiminis‹ des Philipp von Bergamo (2. Hälfte 14. Jh.) Der Kommentar läuft in der Forschung auch unter dem Namen ›Postilla Catonis‹,298 obwohl alle vier Inkunabeldrucke, seine deutschen Übersetzung und schon der Verfasser selbst ihn nur als ›Speculum regiminis‹ führen. Bei dem Autor handelt es sich um den um 1380 verstorbenen Prior _____________ zen, alles Verfügbare zusammentragen lassen. Der ebenfalls aus dem 11. Jahrhundert stammende Textzeuge aus Rouen (Bibliothèque Municipale, Ms. 1470, Bl. 73r-79r), den MANITIUS seinen Exzerpten zugrunde gelegt hat, bietet dagegen nur den kurzen, ersten Accessus (vgl. MANITIUS 1913, S. 109). 297 ANTONIO SALVI: Gisalberti Bergomensis quaedam de Distichis Catonis. In: Collectanea Franciscana 65 (1995), S. 207-219. Vgl. jedoch schon den Hinweis von BLOOMFIELD 1979 unter Nr. 2839. 298 HENKEL 1978, S. 298.

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von St. Maria in Vango zu Padua, Philipp von Bergamo, ein Angehöriger des Benediktinerordens.299 HENKEL, der das Werk knapp charakterisiert, hält zutreffend fest: »Für die Elementarausbildung im Lateinischen war diese philosophische Summe völlig ungeeignet; sie hatte ihren Wirkungsraum im Universitätsstudium und als Handbuch des Intellektuellen, vor allem auch des Geistlichen.«300 In der Tat hätte sich eine eigene ›Speculum‹-Handschrift zu verschaffen einen durchschnittlichen Lateinschüler vor große finanzielle Probleme gestellt. Bereits ohne weitere Begleitung vermag der Text durchaus eine großformatige Handschrift von Umfang zu füllen.301 Der Umfang der Druckausgaben übersteigt die 300 Folioblätter regelmäßig deutlich.302 Mehrere Handschriften zeigen in ihrem aufwändigem Buchschmuck eine vermögendere Leserschicht an.303 Diese, nicht jedoch der größere Buchbedarf des Lateinunterrichts, trägt die Re_____________ 299 Hingegen nicht um einen Augustinereremiten: Die Zuschreibung an einen solchen im Verfasserlexikon (BRINKHUS 1989) beruht auf der Verwechslung mit dem 1520 verstorbenen Giacomo Filippo Fòresti. Vgl. ZUMKELLER 1966, S. 211 Nr. 435, und ACHIM KRÜMMEL: Das ›Supplementum chronicarum‹ des Augustinermönches Jacobus Philippus Foresti von Bergamo: eine der ältesten Bilderchroniken und ihre Wirkungsgeschichte. Herzberg 1992 (Bibliothemata 6), S. 73. 300 Vgl. HENKEL 1997, S. 272f. (das Zitat S. 273). Vgl. weiterhin BOAS 1939, S. 282f.; BOAS 1940/42, S. 54 Anm. 2; ZUMKELLER 1966, S. 211 Nr. 435; BRINKHUS 1989. 301 So etwa in Augsburg, Staats- und Stadtbibliothek, 2° Cod 325 (vgl. WOLF GEHRT: Die Handschriften 2° Cod 251-400e. Wiesbaden 1989 [Handschriftenkataloge der Staats- und Stadtbibliothek Augsburg 4], S. 125f.), in Bad Windsheim, Ratsbibliothek, Hs. 99 (vgl. ERICH STAHLEDER: Die Handschriften der Augustiner-Eremiten und Weltgeistlichen in der ehemaligen Reichsstadt Windsheim. Würzburg 1963, S. 179f.), in Bamberg, Staatsbibliothek, Msc. Class. 16 und Msc. Class. 17 (vgl. FRIEDRICH LEITSCHUH: Katalog der Handschriften der königlichen Bibliothek zu Bamberg. Bd. 1,2. Bamberg 1906, S. 16-18), in Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ms. lat. fol. 59 und Ms. theol. lat. fol. 184 (vgl. ROSE 1893/1919, Bd. 2,3, S. 1158f. Nr. 944 bzw. S. 1159f. Nr. 945), in Eichstätt, Universitätsbibliothek, Cod. st 179 (vgl. HARDO HILG: Die mittelalterlichen Handschriften der Universitätsbibliothek Eichstätt. 1. Bd. Aus Cod. st 1-Cod. st 275. Wiesbaden 1994 [Kataloge der Universitätsbibliothek Eichstätt. I. Die mittelalterlichen Handschriften 1], S. 69), in Erlangen, Universitätsbibliothek, Ms. 645 (vgl. FISCHER 1936, S. 376f.), in Mainz, Stadtbibliothek, Hs I 53c (vgl. LIST/POWITZ 1990, S. 116), in G-Mue5, wo allein noch ein lateinisch-deutscher Reimpaar-›Cato‹ das ›Speculum‹ begleitet, in Nürnberg, Stadtbibliothek, Cent. IV,2 (vgl. INGEBORG NESKE: Die lateinischen mittelalterlichen Handschriften. Varia. 13.-15. und 16.-18. Jh. Wiesbaden 1997 [Die Handschriften der Stadtbibliothek Nürnberg 4], S. 40f.), oder in Rom, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 1712 (vgl. METZGER 2002, S. 59-61). 302 HENKEL 1997, S. 272. 303 Das Bamberger Msc. Class. 16 beispielsweise wartet mit teils vergoldeten Initialen auf, die Nürnberger Handschrift Cent. IV,2 mit mehrfarbiger Deckfarbenmalerei, die auch Blattgold verwendet, und der mit aufwändigem Buchschmuck ausgestattete Palat. lat. 1712 erscheint in Material und Ausführung »von vorzüglicher Qualität« (METZGER 2002, S. 59). Der beachtliche Buchschmuck der ›Speculum‹-Handschrift Angers, Bibliothèque Municipale, Ms. 420, ist über die französische Bilddatenbank »www.enluminures.culture.fr« einsehbar.

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zeption des ›Speculum‹ noch in der Buchdruckzeit: Französische Drucker bringen das ›Speculum‹ unter 44 kommentierten ›Cato‹-Ausgaben nur zweimal, deutsche Drucker zweimal unter 16.304 Da für den regulierteren Trivialunterricht, wo zusammenhängend ins Deutsche übersetzt wird, stets die Vers- und nie die Prosaform gewählt wird,305 fügt sich schließlich auch die Prosa der deutschen ›Cato‹-Kommentare in dieses Bild: Ihnen liegt nämlich durchweg das ›Speculum regiminis‹ zugrunde. Zusammenhängende ›Cato‹-Kommentare in deutscher Sprache sind aus drei Handschriften bekannt: Dresden, Sächsische Landesbibliothek, Cod. M 54 (nachstehend: D1) und Cod. M 58 (D2) sowie Fritzlar, Dombibliothek, Ms. 125,65 (F).306 D1 umfasst 377 gezählte und, da Bl. 351a in der modernen Foliierung übersprungen ist, insgesamt 378 Blätter, D2 367, wobei Bl. 356 in der modernen Foliierung irrtümlich wie Bl. 357 die »357« trägt. Beide Handschriften enthalten nur das deutsche ›Speculum‹. Bei F handelt es sich um zwei Reste von Blättern einer Pergamenthandschrift, die später als Einbandspiegel verwendet wurden. F erfasst die Distichen IV,26 und 28. D1 wurde 1475 in Schönewerda im Kyffhäuserkreis von einem Pleban N. G. geschrieben307 und entstammt der Bibliothek des wissenschaftlich umfassend interessierten Philipp von Werthern (1525-88).308 D2, ebenfalls aus der Bibliothek Wertherns, ist nach einer handschriftlichen Notiz des 19. Jahrhunderts auf einem modernen Vorsatzblatt in D1 »um einiges älter« (Bl. Iv) als D1, ohne dass man D1 und D2 aber allzu weit auseinander rücken müsste. Der Text ist nämlich im Wortlaut nahezu identisch und zeigt ebenfalls ostmitteldeutschen Lautstand. Auch in der – allerdings konventionell-schlichten – Texteinrichtung stehen D1 und D2 sich nahe. Die Niederschrift erfolgte engzeilig fortlaufend in zwischen 30 und 33 Zeilen pro Seite. Der lateinische Text ist in Auszeichnungsschrift zwischengeschaltet. Glossen sind nirgends ergänzt. Unterstreichung heben die zahlreich Zitate aus anderen Werken hervor. Kleinere Unterschiede bestehen darin, dass in D1 zusätzlich Gliederungswörter in der Funktion von Absatzmarkierungen unterstrichen sind, in D2 die Breves sententiae zusätzlich durchgezählt sind und D2 überdies mit einer – vielleicht erst nachträglich ergänzten – Eingangsinitiale aufwartet, die D1 fehlt. Damit war entweder D2 Vorlage für D1 oder beide Texte

_____________ 304 GW Nr. 6278 und 6280 bzw. GW Nr. 6277 und 6279. Siehe auch die Übersichtstabelle in Kap. III.4.4. 305 Vgl. HENKEL 1988, S. 131-136. 306 Vgl. FRANZ SCHNORR VON CAROLSFELD, LUDWIG SCHMIDT: Katalog der Handschriften der Sächsischen Landesbibliothek zu Dresden. Korrigierte und verbesserte, photomechanisch hergestellte Ausgabe. 4 Bd.e. Dresden 1979-83 [zuerst Leipzig 1882-1923], Bd. 2, S. 456f. und S. 460; GERHARD LIST: Die Handschriften der Dombibliothek Fritzlar. Wiesbaden 1984, S. 229; LUDWIG DENECKE: Handschriften-Ausstellung in der Dombibliothek zu Fritzlar. Katalog. Fritzlar 1976, S. 27 Nr. 93. D1 und D2 werden bereits bei BRINKHUS 1989 genannt, F dagegen ist Neufund. 307 Bl. 377v: Completum per me N. G. Jn Schonwerde plebanum Sub anno domini Mccclxxv. 308 Vgl. den Familienartikel »Werthern, von« von W. LIPPERT in ADB, Bd. 42, S. 116-122, hier S. 121.

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wurden nach einer gemeinsamen Vorlage geschrieben, von der sie keine oder nur sehr wenige Zwischenstufen trennen. Wie sich zur kleinräumigen Überlieferung des D1/D2-Textes F verhält, lässt sich aufgrund des schlechten Erhaltungszustands der Pergamentblätter von F nur durch Autopsie klären.309 LIST zufolge »berührt« der Text sich lediglich mit dem ›Speculum‹, während DENECKEs Katalog ihn unter die Überschrift »Philippus von Bergamo« stellt. Der Trägerband der Spiegelblätter entstammt jedenfalls der Bibliothek der Fritzlarer Franziskaner, und auch vom Layout her spricht die Zweispaltigkeit der Textaufzeichnung gegen eine Verwendung des Fritzlarer ›Speculum‹ im Lateinunterricht.

In den Druck geht das lateinische ›Speculum‹ in zwei verschiedenen Fassungen (I: GW Nr. 6277; II: GW Nr. 6278-6280), von denen die zweite den Text mit verschiedenen Widmungsbriefen (Philipp von Bergamo an Franziskus von Carraria; Robert von Euremodio an Petrus von Saluzzo) ausstattet, den Text des ›Speculum‹ kürzt und um den Kommentar Roberts von Euremodio erweitert.310 Die Briefe fehlen dem deutschen ›Speculum‹ in D1/D2 ebenso wie die Euremodio-Zusätze, sodass die erste Fassung zugrunde liegen dürfte. Dazu passt das nahezu vollständige Zusammengehen von D1/D2 mit der Reihenfolge der Breves sententiae im Text der theologischen Sammelhandschrift Gießen, Universitätsbibliothek, Hs. 704, Bl. 180ra-284rb, der Fassung I bietet.311 Das alles bedarf aber durchaus noch genauerer Prüfung. Denn die im GW und von ZUMKELLER auf der Grundlage der Inkunabelüberlieferung durchgeführte Unterscheidung zweier Textfassungen steht, da die handschriftlichen Textzeugen nirgends systematisch gesichtet sind, nicht auf gesichertem Fundament. So bringt BLOOMFIELD beispielsweise ›Speculum‹-Initien sowohl unter Nr. 3642 – zu Fassung I und ohne Nachweis von Handschriften – und Nr. 3615 – zu Fassung II und mit Nachweis von 18 Handschriften, wobei eine Vorbemerkung die Zuordnung als ungesichert deklariert – als auch unter Nr. 1042, Nr. 1050 und Nr. 4716.312 Von den oben aufgeführten siebzehn lateinischen und lateinisch-deutschen ›Speculum‹-Handschriften aber dann führt BLOOMFIELD nicht eine einzige – _____________ 309 Die mir dankenswerterweise von der Dombibliothek zur Verfügung gestellten Digitalaufnahmen gaben den Text nirgends so deutlich zu erkennen, dass er sicher hätte identifiziert werden können. 310 Vgl. ZARNCKE 1863, S. 26; BOAS 1939, S. 283. Zur Dedikationsepistel Roberts von Euremodio siehe weiter unten beim entsprechenden Kommentar. 311 In Gießen ist lediglich b.s. 53 an die Stelle von b.s. 31 gerückt und fehlt b.s. 45 zwischen b.s. 8 und b.s. 12. Vgl. WOLFGANG GEORG BAYERER: Die Handschriften des ehemaligen Fraterherrenstifts St. Markus zu Butzbach. Teil 1. Handschriften aus der Nummernfolge Hs 42-Hs 760. Wiesbaden 1980 (Handschriftenkataloge der Universitätsbibliothek Gießen 4,1), S. 101. 312 In Nr. 2968 ist indes nicht, wie angegeben, das ›Speculum‹ erfasst, sondern der ›Novus Cato‹ des Martinus.

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wobei sich leicht fast noch einmal so viel ergänzen lassen.313 Dagegen scheint das ›Speculum‹ nach 1500 nicht mehr gedruckt worden zu sein. Erasmus von Rotterdam schließlich wird es als die ›Disticha Catonis‹ verunreinigende Zutat verwerfen, deren Verfasser, ohne zur Erhellung des Textes selbst etwas beizutragen, ineptissime philosophatur.314 e) der ›Disticha Catonis‹-Kommentar des Robert von Euremodio (15. Jh.) Wie beim ›Speculum‹ ist auch hier allein der Inkunabelbestand systematisch erhoben. Er fällt umfangreicher als beim ›Speculum‹ aus, und geographisch betrachtet verteilt er sich differenzierter. Im deutschen Sprachraum baut er eine insgesamt inhomogene Kommentarlandschaft mit auf, die zudem achtmal den Kommentar ›Summi Deus largitor premii‹, einmal die ›Documenta moralia Catonis‹ und zweimal das ›Speculum‹ Philipps umfasst. In ihr nimmt der Kommentar Euremodios mit fünf von 16 kommentierten Ausgaben sich nicht so randständig wie das ›Speculum‹ aus. Im Französischen bietet dagegen nur eine von 44 kommentierten Ausgaben einen Euremodio. Wenn hingegen Drucker des heute niederländischen Sprachraums die ›Disticha Catonis‹ kommentiert bereitstellen, greifen sie ausnahmslos auf Euremodio zurück. Daneben wird er vor 1500 nur noch einmal in Italien gedruckt. Nach 1500 wird er noch einige Male in seinem Kernraum aufgelegt, schließlich aber 1514 von Erasmus mit der gleichen Verve wie das ›Speculum regiminis‹ Philipps von Bergamo abgetan – nur dass der Verfasser nicht ineptissime philosophatur, sondern insulsissime rhetoricatur.315 Auf der Grundlage der Wiegendrucke werden zwei Fassungen unterschieden, von denen die eine, ältere, in Süddeutschland um 1470 gedruckte, nur eine einzige Auflage (GW Nr. 6281), die jüngere, zuerst von Leeu in Antwerpen 1485 ans Licht gebrachte hingegen bis 1500 (GW Nr. 62826297) 15 weitere Auflagen erlebt. Mit zwischen 32 und 48 Blätter erscheinen die Ausgaben der zweiten Fassung durchweg von geringerem Umfang _____________ 313 Etwa Brüssel, Bibliothèque Royale, Ms. 799 (vgl. REYNHOUT 1986, S. 462-467); Krakau, Biblioteca Jagiellońska, Cod. 670; London, British Library, MS Additional 18924; Paris, Bibliothèque Nationale, Rés. D. 1412 (vgl. RUHE 1968, S. 28 Anm. 5). Vgl. auch ZUMKELLER 1966, S. 211 Nr. 435: »in München allein zehn« Handschriften. 314 Vgl. BOAS 1939, S. 282, sowie BOAS 1940/42, S. 67f. 315 Vgl. BOAS 1939, S. 282, sowie BOAS 1940/42, S. 49 Anm. 3 und S. 67f. Der Index Aureliensis identifiziert Euremodio-Ausgaben in Antwerpen 1504 (IA Nr. 134.058), Deventer 1505 (IA Nr. 134.062) und Antwerpen um 1506 (IA Nr. 134.068). Zu ergänzen ist Antwerpen 1513 (IA Nr. 134.096): vgl. BOAS 1939, S. 284 Anm. 1. Der verbreiteten Titelgebung des Typs »Cato moralissimus cum elegantissimo commento« nach werden schließlich auch die Ausgaben Köln 1506 (VD 16 Nr. C 1587; IA Nr. 134.069) und Köln 1510 (VD 16 Nr. C 1589) noch hierher gehören.

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und sind sicher preiswerter gewesen als die großzügiger kalkulierte älteste Ausgabe mit 58 Blättern. Weiterhin geben mehrere von ihnen mit einem vorangestellten Holzschnitt mit Schulszene eine einschlägige Verwendungsempfehlung. Vor allem aber statten sie den Grundtext durchweg mit ausführlicheren Zwischenüberschriften statt nur mit Stichworten vor jedem einzelnen Distichon aus, was die allgemeine Orientierung und Auffassung des Inhalts erleichtert. Überdies werden Interlinearglossen ergänzt und erscheint der Kommentartext zu jedem einzelnen Distichon systematisch um weitere Verse, meist aus dem ›Novus Cato‹,316 erweitert. Eine solche Beigabe einer lateinischen Formulierungsvariante – den ›Cato‹Kommentaren seit dem 13. Jahrhundert geläufig317 – erhöhte den Gebrauchswert der Fassung II für den Unterricht zusätzlich. Da für keine der Fassungen eine Bestandsangabe vorliegt, nachstehend eine Inhaltsübersicht. Für Fassung I (GW Nr. 6281) wurde das Exemplar Freiburg, Universitätsbibliothek, Ink. D 5637, herangezogen, für Fassung II die ein gutes Jahr nach der Erstauflage gedruckte Ausgabe GW Nr. 6283 im Exemplar Berlin, 318 Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Hdschr. 362. GW Nr. 6281 mit Textfassung I 1. Bl. 1r PRELOCVCIO REMIGII IN EXPOSICIONEM CATHONIS (Qvatuor requirenda sunt ...-... rationem bene viuendi) – einer der Accessus des Remigius von Auxerre, vgl. oben Anm. 296 sowie für den Text MANCINI 1902, S. 179, und MANITIUS 1913, S. 109. 2. Bl. 1v-2r Prefacio Cathonis Philosophi – umfassend den Prosaprolog pr. 1-4, die Breves sententiae b.s. 1-5, 16f., 6f., 18, 8, 19, 9, 20, 10, Minori parce, 21, 11, 22, 12, 23, 13, 24, 15, 26f., 38, 28, 39, 29, 40, 30, 41, 31, 42, 32, 43, 33, 44, 34f., 46, 36f, 47-56 und Bl. 2r Z. 9-23 weitere 32 Sentenzen, die nur in einem Fall (Nr. 28) auf den ›Cato‹ führen.319

_____________ 316 Vgl. ZARNCKE 1863, S. 25f. 317 RUHE 1968, S. 30 Anm. 2. 318 Das Berliner Exemplar ist handschriftlich überaus reich sowohl lateinisch wie deutsch annotiert. Dazu werden öfter auch Sprichwörtern und Sentenzen herangezogen. Das gesamte Textensemble verdiente nähere Untersuchung. 319 [1] Deum time. [2] Regem honora. [3] Patrem venerare. [4] Matrem nutri. [5] Amicos obserua. [6] Verba stringe. [7] Promissum serua. [8] Risum tempera. [9] Mentem rege. [10] Domum guberna. [11] Turpiloquium fuge. [12] Malos castiga. [13] Fidem salua. [14] Cum senibus sede. [15] Pacem custodi. [16] Vana ne loquaris. [17] Iram comprime. [18] Arma gesta. [19] Nemini comminaberis. [20] In malo rectum iudica. [21] Quod celatum velis esse seruis ne credas. [22] Dulcis sis in verbis, fortis in gestis. [23] Stulto cede. [24] Verbis ioca. [25] Pietatem exerce. [26] Sobrius esto. [27 = b.s. 25]. [28] Castus ambula. [29] Cum verboso ne contendas. [30] Neminem despicias. [31] Pacienciam habe. [32] Non loquaris priusquam audias. Zur Herkunft dieses Anhangs vermerkt auch BOAS 1939, S. 283, nichts: »een serie, die met den cato niets heeft uit te staan«.

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3. Bl. 2v-3r ETHICA SIVE DISTIGIVM CATHONIS – der Widmungsbrief Roberts von Euremodio an Petrus von Saluzzo.320 4.a Bl. 3r-17v das erste Buch mit I,1-7, 9-20, 22f., 21, 24f. und 27-40. Der Kommentar ist jeweils zwischen die Hexameterverse gesetzt und dem ersten Hexameter in Majuskeln jeweils eine Überschrift vorangestellt. Der Kommentar zu I,1 ist bei BOAS 1940/42, S. 57, abgedruckt. Zu den Überschriften siehe die Übersichtstabelle unten. 4.b Bl. 18r-27v das zweite Buch mit II pr. 1-10 und II,1-5, 7, 6, 8-11, 13, 12 und 25-31. Zu den Überschriften s. u. 4.c Bl. 27v-40v das dritte Buch mit III pr. 1f., III,1-4, II,14, IV,15, II,15-24 und III,5-24. Zu den Überschriften s. u. 4.d Bl. 40v-57v das vierte Buch mit IV pr. 1-4 und IV,1-26, 29-34, 36-49. Der Kommentar zu IV,15 ist bei BOAS 1940/42, S. 60, abgedruckt. Der Kommentar zu IV,26 ist am Ende unvollständig, und vor dem Hexameter IV,29a, mit dem eine neue Seite beginnt, fehlt die Überschrift. IV,27 und IV,28 sind also mechanisch ausgefallen, ohne dass freilich dem Freiburger Exemplar gegenüber den Angaben im GW Seiten fehlten. Sollte das Stück auch allen anderen Exemplaren fehlen – der GW nennt sechs weitere Aufbewahrungsorte –, wäre der Druck recht nachlässig hergestellt. Zu den Überschriften s. u. Bl. 58rv ist leer. GW Nr. 6283 mit Textfassung II 1. Bl. 1r Holzschnitt mit Titel CAtho Moralissimus cum | elegantissimo commento und Schulszene. 2. Bl. 1v Widmungsbrief des Robert von Euremodio an Petrus von Saluzzo. Nach Freizeilen steht der Hinweis Jn hoc Cathonis viri moralissimi prologo decem deca|logi precepta ponuntur. septem quoque virtutes contra morta|lia septem perpulchre interferuntur. 3. Bl. 2r-3r folgen ohne eigene Überschrift der fortlaufend gesetzte Prolog pr. 1-4 und, nicht eigens abgesetzt, b.s. 1-10, Minori parce, 11f., 14, 26f., 15, 29-31, 16f., 32, 18f., 21-24, 40, 25, 38, 44, 39, 41-43, 46, 50, 33-35, 45, 36f., 48, 47, 54, 20, 28, 49, 51, 55, 56. Die Reihenfolge der Sentenzen ist eine andere als in Fassung I, und die zusätzlichen 32 Sentenzen von I fehlen. Prolog und Sentenzen sind inter-

_____________ 320 Nachstehend im Abdruck mit geregelter Groß- und Kleinschreibung und Interpunktion sowie aufgelösten Kürzungen: Generose indolis adolescentulo Petro de Saluciis Rutpertus de Euremodio monachus Clarevallensis seipsum ad omne officium caritatis. Tua postulauit supplicacio, quam suscipio pro mandato, vt, quoniam me in rethoricis sciolum afferebas, tibi libellum cuderem, in quo possis dicte artis gustare primiciam et in familiari colloquio ruditatis gramatice fugere barbarismos. Ego sano opere precibus credidi tuis in hac parte non obaudire iussionibus, et moralem librum viri doctissimi Marchi Cathonis suscepi pro themate. Et super singulis eiusdem viri clarissimi documentis materiam prosaice dilataui, verbis quidem simplicibus licet non penitus a regulis eloquencie inexpertis. In quo primiciarum lacte gustato, vsum faceti sermonis animus iuuenilis paulatim induat, et hac nouitate concepta succedente tempore et ingenio dilatato alciora huius artis suscipias documenta.

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linear glossiert. Nach Freiraum steht Bl. 3r der Hinweis Que dicta sunt Cathone breuiter pro-|sayce / ampliore stilo prosequitur eleganter metrice. Wiederum nach Abstand folgt die Überschrift zu I,1 (Pura mente deum tuum ama). 4.a Auf Bl. 3v-14r folgen, jeweils interlinear glossiert, aus dem ersten Buch I,1-20, 22f., 21 und 24-40. Der Kommentar zu I,1 ist bei BOAS 1940/42, S. 57, abgedruckt. 4.b Auf Bl. 14r-23r folgen, in derselben Einrichtung, aus dem zweiten Buch II pr. 1-10 und II,1-5, 7, 6, 8-14, IV,15 und II,15-31. 4.c Bl. 23r-29r folgen III pr. 1f., III,1, III pr. 3f. und III,2-24. 4.d Bl. 29r-40v stehen IV pr. 1-4 und IV,1-34, 36-49. Der Kommentar zu IV,15 ist bei BOAS 1940/42, S. 60, abgedruckt. In beiden Fassungen ordnen Überschriften den Distichen Tugendbegriffe zu (Fassung I) bzw. erschließen sie dem praktischen Lehrgehalt nach (Fassung II). Da sie mehrfach in die deutsche Drucktradition einfließen, 1498 etwa in den ›Niederrheinischen Cato‹ (N-Dr 3, s. o. Kap. III.2.1 Anm. 144) oder 1502 in den ›Cato‹ Sebastian Brants (SB-Dr 6, s. u. Kap. III.2.5), nachstehend ein Textabdruck: I,1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28

religio Pura mente deum tuum ama vigilancia De vigilia tacitvrnitas Linguam compesce fortitvdo Notam contradictionis caueto iusticia Aliorum mores et vitam ne carpseris honestas Relinquenda sunt nociua licet cara sint hvmanitas Gaudete cum gaudentibus et flete cum flentibus Vxori querulanti non facile credas caritas De correctione fraterna tollerancia De multiloqua contentione dilectio Tibi proximus esto prvdencia Ne sis fame cupidus credvlitas Jn promissis non confidas hvmilitas Teipsum nosce beneficivm Alios laudato senectvs Juuentuti condescende innocencia Furtiloquia non cures felicitas Jn die honorum non immentor sis malorum spes Alterius mortem non exoptes gratitvdo Paruum munus gratum habeas paciencia De miseria humane conditionis magnanimitas Quod mors non sit formidanda lenitas Presens monitus acquiesce providencia De expendarum moderamine simplicitas De verborum simplicitate Fido sis fidus . hominique ficto cautus esto officiositas De adulatione sciencia De filiorum instructione

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29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40

temperantia innocencia ivsticia reverencia solicitvdo hvmilitas largitas amicicia tollerancia benignitas providencia largitas

De rerum estimatione Jlla caueto que alijs cauenda docuisti Possibiles sint petitiones tue Jn dubijs non cito diffinias De nostre mortalitatis incertitudine Non sis victorie cupidus Danti tibi hilariter redonato Cauete litem cum amicis [obseruanda De humana pietate circa famulorum defectus Quos vincere posses sustineas patienter De prudenti bonorum conseruatione De liberalitate in dapibus obseruanda

II pr. 1-10 II,1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31

doctrina De diuersis hominum studijs pietas Hominibus prodesse non desinas simplicitas Non alta sapere concupiscas fortitvdo Quod mors non sit timenda lenitas Jn ira de nullo contendas beneficencia De sumptuum et expensarum honestate temperancia Mediocribus contentus esto tacitvrnitas De sociorum offensione precauenda paciencia Ex iniquitatibus prosperari non confidas prvdencia De homontionibus [!] hvmilitas Maiori cede etiam pari et quandoque inferiori lenitas De omni contentione fugienda simplicitas De fuga inuidie caritas De sortilegijs et diuinationibus [obseruanda magnanimitas De animi fortitudine in aduersis et iniquis iudicijs pax Litem ne renoues modestia De laude et vituperio proprijs temperancia De moderata passionum dispensatione [uersum exhibeas morigerancia Secundum locorum ac temporum variationem te dicastitas De fuga luxurie et auaricie declinatione fides Omni spiritui ne credas sobrietas De immoderata vini sumptione [te perito medico prvdencia Secretum tuum fideli socio: egrotum corpus commitpacientia De constanti proposito in aduersis providencia De prouidentia spes De mentis constantia in casibus aduersis vtilitas De vtilium rerum custodia providencia Attende presentia: futura prouide temperancia De proprie carnis gubernatione sapiencia Plurimorum sententiam non inuideas solus paciencia De futura beatitudine consequenda sapiencia De somniorum fantasmatibus

III pr. 1f. III pr. 3f. III,1

doctrina

Documentum vite regularis De nobilitate scientie et eius profunditate

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2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24

innocencia Non te moueant malorum detractiones veritas Celato crimen amici sapiencia De adulationum blandimentis diligentia De corporis et anime virtuosis exercitijs reqvies De animi recreatione discrecio Alterius crimen non diiudices providencia Bona fortune ne dispendere cures largitas De auaricie declinatione insanibus consilivm De consilio vxoris filiorum aut famulorum moderancia De rerum et temporum aduersa permutatione matrimonivm De discreto coniugio committendo experiencia Aliorum exemplo viue providentia Posse tuum non transcendas correctio De maleficorum accusatione ivstitia De iudicis adiuuamine postulando pacientia De patientia in tormentis retinenda disciplina De studij continuatione modestia De modesta locutione circa mensam sapientia Jrata coniunx non te moueat temperantia De possessionum temperata dispensatione magnanimitas De discreta mortis expectatione tacitvrnitas De vxorum consilijs caritas De honore parentum

IV pr. 1-4 IV,1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24

divicie svfficiencia providencia divicie cvra correctio prvdentia liberalitas certitvdo continencia hvmilitas fortitvdo amicicia spes experientia liberalitas magnificencia reverencia sciencia eloqvencia perseverancia constancia doctrina temperancia

De regularis vite institutione De diuitiarum contemptu Proprijs nature donarijs contentus viuas Que tuis contingunt incurijs alijs non imputes De pecuniarum acquisitione Ne miser viuas cum sis diues De discipulorum longanimitate De vtilibus exercitijs peragendis De gratificantibus donationibus De dubietatis inquisitione De veneris et gule declinatione Deus hominem mirifice insigniuit Mires ad opus porrige Amicorum adiutorium requiras Alterius mortem nequamque cupias De fideli societate Possessiones ad vsum deducas De fama acquirenda De honore senectutis De vtilitate artis et scientie Audi vide tace De exercitiorum habituatione Jn vite delicijs nil confidas De scientie permutatione De temperantia circa potum

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perseverancia De cautela contrarietatis spes Tempore felici memento futuri aduersi et e contra De sapientie nobilitate Lauda parce vitupera parcius Neminem a quolibet discere pudeat abstinentia Fecundi calices quem non fecere disertum fides De simulatoribus fugiendis intelligencia Aliorum diffortunus te pacifica providencia Tutiora semper eligito ivsticia Contra virtuosos non insultes tollerancia De longanimitate in aduersis providencia De prolixitate vite tue non confidas religio De cultu diuino paciencia De longanimitate in infortunijs religio Teipsum corrige de peccatis caritas De antique amicicie conseruatione hvmilitas De humilitate in officijs custodienda magnanimitas De suspitione precauenda pietas De miseratione circa seruos habenda providencia Ad fortune dona cito manus extende hvmanitas De diuina correctione malorum credvlitas De coniuge non facile sumas mali suspicium disciplina Quod in studijs non est desistendum conclvsio Huius operis laudabilis conclusio

Wie sich die Handschriften zu den Druckfassungen verhalten, ist unbekannt: Sie sind nicht erhoben.321 BLOOMFIELD nennt fünf,322 aber das sind kaum alle, da sie allein französischen Bibliotheken entstammen, der gedruckte Euremodio-Kommentar später aber gerade in Frankreich kaum verbreitet war. So leicht zu vermehren wie beim ›Speculum‹ ist der Handschriftenbestand allerdings nicht. BOAS nennt ein einziges Manuskript.323 _____________ 321 GERHARDT POWITZ: Die Handschriften des Dominikanerklosters und des Leonhardstifts in Frankfurt am Main. Frankfurt/M. 1968 (Kataloge der Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt am Main. Bd. 2: Die Handschriften der Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt am Main 1), notiert S. 204 zu Frankfurt, Stadt- und Universitätsbibliothek, Ms. Praed. 88 Nr. 5, Bl. 13r-27v (um 1460, Rhein-Main-Gebiet): »Zahlreiche Textabweichungen gegenüber der Ausgabe GW 6285; der Hs. fehlen die Interlinearglossen, die glossierte Epistola ›Cum animadverterem‹ sowie die Hinweise auf den ›Novus Cato‹ am Ende der Kommentarabschnitte.« 322 BLOOMFIELD 1979, Nr. 2222 – dort Handschriften aus Bordeaux, Clermont-Ferrand, Grenoble, Nantes und Paris (vgl. zu Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. Lat. 8429A, auch BOAS 1940/42, passim). Vgl. ebd. auch Nr. 1045, 1047 und 5529. 323 BOAS 1940/42 (Paris, Bibliotheque Nationale, Ms. Lat. 8429A). Zu ergänzen wären etwa die oben Anm. 321f. genannten Handschriften und der Eintrag in das Bücherverzeichnis des 1433 verstorbenen Bernat d’Esplugues: J. ANTONI IGLESIAS I FONSECA: Els clàssics a la biblioteca de Bernat d’Esplugues († 1433), notari i escrivà del Consell de la Ciutat (I). In: Faventia 22 (2000), S. 85-119, hier S. 100.

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Über den Verfasser weiß man nur, was der Widmungsbrief berichtet. Demnach stammt er aus Envermeu im Norden des Departements SeineMaritime – beziehungsweise im äußersten Süden des niederländischen/flämischen Hauptverbreitungsgebiets – und war Konventuale in Cluny. Von den – noch kaum im Detail begründeten – Datierungsansätzen »um 1480« und »um 1400« kann der erste mit dem Nachweis des Kommentars in einem mittelalterlichen Bücherverzeichnis schon im ersten Drittel des 15. Jahrhunderts ausgeschlossen werden.324 Der zweite stammt von BOAS und erscheint einstweilen insbesondere aus formgeschichtlichen Gründen diskutabel. BOAS hat nämlich zeigen können, dass der Prosakommentar zu jedem Hexameterdistichon, der in den Drucken zwischen den ersten und den zweiten Hexameter eingefügt ist, in diesen Zwischenraum bereits vom Verfasser hineinformuliert worden sein muss. Das letzte Wort des Kommentarabschnitts reimt nämlich stets oder assoniert mit dem letzten des ersten oder zweiten Hexameters. Diese Verklammerung weist dem Text Roberts formgeschichtlich eine Zwischenstellung zu. Es steht zwischen den Kommentaren in Prosa einerseits, die sich vom Verstext formal stets deutlich absetzen, und dem Verfahren der spätmittelalterlichen Catones interpolati andererseits, die an den ›Disticha‹ direkt anknüpfen, indem sie aus dem Verspaar des Originals durch Zusätze Vierversgruppen bilden. Eine erste dieser interpolierten Neufassungen hat ZARNCKE 1865 publiziert und ins Ende des 14. oder ins beginnende 15. Jahrhundert datiert.325 Da der zweite interpolatus bisher nur aus einem Lyoner Druck von um 1495 und aus einer Handschrift des 15. Jahrhunderts bekannt ist,326 wird man die kommentarähnlichen Prosaeinschübe Roberts von Euremodio nicht ohne gute Gründe weiter ins 14. Jahrhundert zurücksetzen. Weitergehender Aufschluss über die mit Roberts Prosainterpolationen aufgenommene Formtradition dürfte am ehesten aus der Überlieferungsund Textgeschichte des ZARNCKE’schen ›Cato interpolatus‹ zu gewinnen sein. Dieser wurde nämlich öfter gemeinsam mit einem kleinen Prosakommentar abgeschrieben, der vielleicht aus der Feder des Verfasser der Versinterpolationen stammt.327 Sollte die Verbindung mit dem kommen_____________ 324 Die Datierung auf um 1480 finde sich etwa in ULYSSE CHEVALIER: Repertoire des sources historiques du moyen âge. Bd. 2. Paris 1907, Sp. 3992. Sie dürfte auf Fabricius zurückgehen, vgl. ZARNCKE 1863, S. 26. ZARNCKE und BOAS (1940/42, S. 51 Anm. 3) lehnen den Vorschlag als offensichtlich allein von den Inkunabeln abgeleitet ab. 325 ZARNCKE 1865, S. 55. 326 Vgl. GW Nr. 6276 und die weiteren Angaben des GW zu diesem Druck. 327 Vgl. ZARNCKE 1865, S. 55. ZARNCKE hat den Kommentar gemeinsam mit dem Verstext ediert. Der Abschnitt zu I,1 lautet Appetitus humani diuina bonitas solummodo vacuum replet antrum, deum ergo postpositis ceteris quisque colat et appetat eumque virtuosorum operum precio sollicite studeat adipisci. Zu dem einen Textzeugen ZARNCKEs (Wien, Ös-

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tierenden Prosaanhang Teil der Werkkonzeption und nicht einfach spätere Zutat sein, die sich nur zufällig relativ fest mit eben diesem ›Cato‹ verbunden hätte, dann schlüge dies eine Verbindung zu Euremodio, der die beiden Bauelemente des an der Versvorgabe des Originals orientierten Interpolats und der kommentierenden Prosaform zu einem spätmittelalterlichen ›Cato‹ besonderer Art zusammengeführt hätte.328 Texterschließung en detail ist kein Anliegen Euremodios, sondern lediglich die variierende, insbesondere rhetorisierende Wiederholung des bereits Gesagten. Daher vermochte auch die isolierte Bereitstellung seines Kernkommentars allein in der ersten Druckfassung keine unterrichtliche Lektüretradition zu begründen. Es genügte jedoch, wie die Drucke der Fassung II zeigen, schon die Ergänzung von Glossen, der Verse des ›Novus Cato‹ und ausführlicherer Inhaltsangaben zu den Versen zur Aufbereitung für einen unterrichtlichen Gebrauch. f) der Kommentar der ›Documenta moralia Catonis‹ (1. Hälfte 15. Jh.) Nur aus einer 1476 in Ulm bei Zainer aufgelegten, 382 Blatt starken Folioausgabe (GW Nr. 6318) war bisher ein Kommentar bekannt, der sich insbesondere geistlichen Benutzern als Handbuch zur Predigtvorbereitung empfahl.329 Die, so HENKEL, »ansprechende« Vermutung von AMELUNG, _____________ terreichische Nationalbibliothek, Cod. 12531 [bei ZARNCKE noch als »Suppl. No. 6«], Bl. 2r-23v; vgl. zur Handschrift MENHARDT 1960/61, S. 1248f., und Tabulae codicum 1864/99, Bd. 7, S. 109) lassen sich mindestens neun weitere ergänzen: vgl. HENKEL 1997, S. 268 Anm. 30. Davon enthalten den ›Appetitus‹-Kommentar neben dem Vindobonensis u. a. noch die Handschriften Mainz, Stadtbibliothek, Hs I 119, Bl. 21r-116v (LIST/POWITZ 1990, S. 208f.), München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 28397, Bl. 165r-195v (GLAUCHE 1984, S. 222-227) und Winchester, Cathedral Library, MS XV, Bl. 1r-13v (KER/PIPER 1969/2002, Bd. 4, S. 592-594). An der Mainzer und der Münchner Handschrift fallen zudem eng verwandte Textgemeinschaften auf: Beide lassen auf den ›Cato interpolatus (I)‹ mit dem ›Appetitus‹-Kommentar unmittelbar den ›Novus Cato‹ ebenfalls mit ein- und demselben Kommentar (Inc. Doctus rationis oraculo astrorum; vgl. BLOOMFIELD 1979, Nr. 2968) folgen. Der Versuch, hier Werk- und Überlieferungsverbünde voneinander abzusetzen und aus den entsprechenden Textkomplexen Formtraditionen herauszuarbeiten, wird also den ›Novus Cato‹ mit einzubeziehen haben. Vielleicht ist es mehr als eine zufällige Reminiszenz an Robert von Euremodio, dass sich zu diesem sowohl von spätmittelalterlichen Verfasserzuweisungen des (bedeutend älteren) ›Novus Cato‹ aus wie von Zuweisungen in der Überlieferung des ›Cato interpolatus (I)‹ her untereinander übereinstimmende Namensverbindungen ziehen lassen (vgl. HENKEL 1997, S. 268f. Anm. 30 und Anm. 33 zu einem Rupertus de Ragio/Rogeo). 328 BOAS 1940/42 spricht angesichts der formalen Besonderheit im Gegenzug zur Einordnung als ›Cato‹-Kommentar von einer »Bearbeitung«. Wenn nicht als unmittelbarer Anstoß, dann als eine die Wahl der besonderen Form erleichternde Bedingung sind auch Textseitenlayouts zu bedenken, die den Kommentar zwischen die Verse schalten. Für ein Beispiel in räumlicher Nähe zu Euremodio s. etwa den Avian in Kam. 329 HENKEL 1997, S. 272-275.

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der Kommentar sei von den Ulmer Dominikanern ausgearbeitet worden,330 bedarf angesichts bisher übersehener handschriftlicher Vorstufen jedoch neuer Überprüfung. LIST/POWITZ führen eine Mainzer Handschrift bereits aus dem zweiten Viertel des 15. Jahrhunderts auf.331 REYNHOUT nennt, ohne selbst den Kommentar zu identifizieren, ein Brüsseler Manuskript, das vermutlich in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts geschrieben wurde.332 Hinzu kommt das 1467 in Geseke im Kreis Lippstadt von einem Johannes aus Brilon geschriebene Berliner Ms. lat. fol. 58.333 Ferner beziehen sich die um die Mitte des 15. Jahrhunderts von dem Kölner Kreuzherrn Henricus de Buscoducis aufgezeichnete ›Expositiones mysticae‹ zum Alten Testament auf die unter dem Namen tractatus Cathonis Coloniensis geführten ›Documenta‹.334 Und in einer größtenteils ebenfalls von Kölner Kreuzherren geschriebenen Handschrift wurden zwischen 1450 und 1465 Exzerpte aus den ›Documenta‹ bezogen.335 g) der Kommentar ›Si te moribus et virtutibus rexeris‹ aus dem Umfeld des ›Schlesischen‹ und des ›Michelstädter Cato‹ (15. Jh.) Der Kommentar in O-Lon2 folgt in Aufbau und Darbietung dem für das Diktat ausgearbeiteten Kommentartyp, wie er im deutschen Sprachraum seit der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts anzutreffen ist. Vorangestellt ist ein ausladender Accessus, der mit einer propositio, die Senecas ›Epistulae ad Lucilium‹ zugewiesen wird (Sj te moribus et virtutibus rexeris et lactaueris diues eris), beginnt und auf den Blättern 205r-206r 129 eng in kleinerer Glossenschrift beschriebene Zeilen einnimmt. Im Wechsel von in breiterer Auszeichnungsschrift notiertem Haupttext und fortlaufend engzeilig in kleinerer Glossenschrift aufgenommenem Kommentar werden dann pr. 1-4, b.s. 1f., 4-6, 16f., 7f., 18, 20, 19, 9-12, 21, 14, 25, 22, 23, 13, 28, 44, 15, 26f., 31f., 45, 33, 43, 36f., 51f., 54, 56, I,1-40, II pr. 1-10, II,1-31, III pr. 1f., III,1, III pr. 3f., III,2-24, IV pr. 1-4 und IV,1-49 erschlossen. Die bis zu dreizeilig ausgeführte expositio ad litteram ist durchweg zwischen die Zeilen aufgelöst. Die deutschen Reimpaare leiten zunächst ohne Absatz den lateinischen Kommentarblock ein und sind erst _____________ 330 PETER AMELUNG: Der Frühdruck im deutschen Südwesten 1473-1500. Stuttgart 1979, S. 91-93. 331 LIST/POWITZ 1990, S. 134f.: Mainz, Stadtbibliothek, Hs I 69. 332 REYNHOUT 1986, S. 467-470: Brüssel, Bibliothèque Royale, Ms. 811. 333 Vgl. ROSE 1893/1919, Bd. 2, S. 1160f. Nr. 946. 334 Köln, Historisches Archiv, GB 4° 128, Bl. 73r-84v. Vgl. VENNEBUSCH 1976/89, Bd. 2, S. 142149. 335 Köln, Historisches Archiv, GB 8° 124, p. 190f. Vgl. VENNEBUSCH 1976/89, Bd. 3, S. 121125.

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ab I,3 in eigenen Absätzen in eigener Schriftgröße dem Grundtext nachgestellt. Der eigentliche Kommentar beginnt regelmäßig Hic auctor (oder magister) ponit aliud documentum de temperantia (oder prudentia usw.) dicens: O filii ... Regelmäßig folgt eine erste Wiederholung des Versinhalts und dann eine breitere Explikation der Lehre, in deren Rahmen öfter auf weitere Werke, darunter besonders häufig auf Seneca und den ›Novus Cato‹ des Martinus verwiesen wird. Den Kommentar beschließt regelmäßig ein oft Notandum circa litteram eingeleiteter Abschnitt mit grammatischen Erläuterungen, die den Wortarten, den Tempora im Vers, der Wortbildung oder der Etymologie gelten können. Der lateinische Grundtext erscheint damit durch und durch schulmäßig kommentiert. In der einzigen Handschrift des ›Michelstädter Cato‹ geht den deutschen Versen Bl. 31rb-66ra ein lateinischer Prosakommentar voran, der an zahlreichen stellen mit dem Londoner Text zusammen geht, von ihm allerdings, meist durch Kürzungen bedingt, oft auch abweicht. Wieweit hinter ihm ein Zugriff eigenen Anspruchs steht, oder ob beide Texte ein gemeinsamer Ausgangskommentar verbindet, bleibt zu prüfen. Der Michelstädter Text wird engzeilig zweispaltig und ohne den Verstext dargeboten, der in Zwischenüberschriften aber anzitiert ist. Nicht nur fehlen dementsprechend die Interlinearglossen, sondern auch auf eine expositio ad litteram im Kommentaranhang ist verzichtet. Überdies geht der Kommentar zu Prolog und Breves sententiae nicht voran, sondern erscheint Bl. 64va-66ra nachgestellt, und es fehlt der Accessus. Diese Besonderheiten sind aus dem Charakter der Handschrift, die als Lehrerhandbuch zu dienen hatte, zu erklären. Die Lehrtätigkeit ihres Besitzer, Nikolaus Matz, an der Wiener und Freiburger Artistenfakultät sichert diesem Kommentar ebenso wie dem in O-Lon2 den Unterrichtbezug.336 Zugleich markiert die enge Verwandtschaft der zwei Kommentare die deutschen Reimpaare deutlich als Variable. Dass sich sowohl der ›Schlesische Cato‹ wie der ›Michelstädter‹ mit dieser Kommentartradition verbinden ließen, schließt andererseits, wie für beide deutschen Textzweige ja bereits nachzuweisen bzw. zu vermuten war, eine Ausarbeitung für ein gezieltes Zusammenspiel mit dem lateinischen Kommentar aus. h) der Kommentar ›Summi deus largitor premii‹ aus dem Umfeld des französischen Artesstudiums (15. Jh.) RUHE bezeichnet den Kommentar im Anschluss an die Schlussnotiz fast aller Inkunabeln als ›Glossulae Catonis‹.337 An französischen Bildungsein_____________ 336 Siehe oben Kap. III.3.2.1. 337 Vgl. RUHE 1968, S. 29f., und schon ZARNCKE 1863, S. 26f. Bei BLOOMFIELD 1979 erscheint der Kommentar unter Nr. 5848 und Nr. 1043.

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richtungen des ausgehenden 15. Jahrhunderts firmieren diese ›Glossulae‹ als Standardkommentar schlechthin. Von 44 kommentierten Ausgaben französischer Drucker weisen 33 sie auf. Das ›Speculum‹ wird hier lediglich zweimal,338 Euremodio nur einmal339 und siebenmal ein einsprachigfranzösisch kommentierter ›Cato‹, der aber nicht mit dem Schulunterricht in Verbindung steht,340 ferner einmal der Kommentar des Jodocus Badius Ascensius341 aufgelegt. Mit den zahlreichen Ausgaben der ›Auctores octo‹ gehen die ›Glossulae‹ gar eine feste Verbindung ein. Wenn diese auf französischem Boden einen Kommentar erhalten – bis 1500 in 21 Drucken –, dann handelt es sich stets um die ›Glossulae‹, die zudem zwölfmal separat nur mit dem ›Cato‹ erscheinen.342 Während die ›Auctores octo‹ deutschen Druckern unbekannt bleiben, ziehen die ›Glossulae‹ später von den geographischen Rändern her, nämlich seit 1488 über Grüninger in Straßburg343 und seit 1490 über den Universitätsdrucker Quentell in Köln344 vermittelt, auch in deutsche Schulen ein. Auf Köln und Straßburg folgen 1494 eine Leipziger und 1497 eine Augsburger Ausgabe.345 Die Handschriften und die Ausgaben des 16. Jahrhunderts sind nicht erhoben.346 Die große Anzahl der Drucke wie die enge Bindung an die ›Auctores octo‹, deren Textreihe als solche ja vergleichsweise stabile Lektürekontexte voraussetzt,347 belegen bereits je für sich den regulierten Schulunterricht als Hauptträger der Überlieferung. Die Machart des Kommentars bestätigt das. Vorgeschaltet ist ein umfangreicher Accessus, der in der Lyoner Ausgabe von 1485 über neun eng bedruckte Seiten einnimmt (GW Nr. 6299, Bl. 2r-6v) und in dem nach einem langen Vorspann, das aristotelische Frageschema variierend, schulgemäß die quattuor causae abgearbeitet

_____________ 338 339 340 341 342 343 344 345 346

347

Jeweils Lyon: GW Nr. 6278 und GW Nr. 6280. GW Nr. 6292. Siehe zu diesem auch weiter unten Kap. III.4.4. Siehe zu diesem weiter unten. Vgl. GW Nr. 2780-2800 bzw. außerhalb der ›Auctores octo‹ GW Nr. 6298-6303, 6305, 6308, 6312f., 6316f. GW Nr. 6304. Um 1490: GW Nr. 6306 und GW Nr. 6307. 1492: GW Nr. 6309. 1494: GW Nr. 6310. 1496: GW Nr. 6314. Vgl. GW Nr. 6311 bzw. GW Nr. 6315. Einen Lyoner Druck von 1507 führt ZARNCKE 1863, S. 26f., an, eine Londoner Ausgabe von 1514 identifiziert IA Nr. 134.102. Im Index Aureliensis sind aber zweifellos noch zahlreiche weitere erfasst, deren Identifizierung aufgrund der spärlichen, auf nähere Angaben zum Kommentar verzichtenden Beschreibungen jedoch Autopsie erfordert (vgl. z. B. Caen 1510: Nr. 134.080). In Frage kommen aufgrund ihrer Titelangaben etwa Nr. 134.052f., 134.074, 134.082f., 134.091 und 134.118. Siehe oben Kap. II.4.3.

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werden.348 Die vier Sätze der Praefatio beanspruchen dann Bl. 6v-8r, die Breves sententiae Bl. 8v-14v. Als Probe für die Kommentierung der Breves sententiae nachstehend der Text zu b.s. 2 im Abdruck mit geregelter Groß- und Kleinschreibung und eigener Interpunktion. Abkürzungen sind aufgelöst, Unterstreichungen und Absätze der Übersichtlichkeit halber ergänzt: »Parentes ama«. Premonito filio suo ad amorem summi patris, qui totius pater est creature, in hoc loco monet ipsum ad amorem patris carnalis. Primum enim preceptum est deum diligere. Sunt vero decem precepta legis, que continentur in librum decalogi, que tradita fuerunt Moysi in veteri lege. Dicitur autem decalogus, id est liber continens decem precepta dominica. Sunt ergo ista, que continentur in his versibus: »Unum crede deum, nec vana iures per ipsum; sabata santifices; venerare parentes; non sis occisor; fur mechus testis iniquus; non desiderabis rem proximi, neque concupisces vxorem eius.« Dicit ergo »Parentes ama«. Et nota, quod parentes sunt superiores et inferiores et a latere descendentes, et omnes teneris amare, sed dispari ratione. Superiores sunt pater a mater, quos amare teneris cum maximo affectu et maxima reuerentia. Jnter omnes patrem, quia te generauit, quia tibi necessaria ministrauit, quia te docuit et doceri fecit. Matrem, quia te peperit et lactauit et pro te dolores protulit a miserias comportauit. Preterea, quia mandatum est in lege »Honora patrem et matrem«, etcetera, vt scriptum. Et in Thobiade dicitur: »Et patris et matris potiaris honore« etcetera. Preterea alibi dicitur: »Si quis patri vel matri maledixerit, morte morietur«. Inferiores sunt filij et filie, qui debent amare cum magno appetitu et magna reuerentia, et a patre et matre fideliter erudiri. Et fratres et sorores sunt a latere descendentes; et hi debent [Bl. 10r] amari scilicet pari affectu, et patris reuerentia, et mediocriter affectari. Sed nota, quod pater et mater parentes proprie nuncupantur. Pater, quia causa prolis est et efficiens. Mater, quia parit et est causa recipiens. Et ideo sic glosandum est: »Parentes ama«, id est patrem et matrem cum omni appetitu et reuerentia. Unde sanctus Blasius: »Parentes nostros vt propria viscera diligamus.« Et alibi honora patrem et matrem, vt veniat tibi beatitudo a domino etc. [GW Nr. 6299, Bl. 9v-10r]

Den Umfang der Abschnitte vermehren bereits ausführliche Rückbezüge auf vorangehende Distichen bzw., wie im zitierten Beispiel, vermehren die Sentenzen. Dieses Verfahren, das die formale Textkohärenz steigert und die einzelnen Lehren auch in Richtung auf ein stärker ineinandergreifendes Gefüge verbindet, ist typisch für die ›Glossulae‹.349 Einen vergleichba_____________ 348 Nach der Vorstellung des Schemas selbst (Bl. 3v) wird mit der causa materialis begonnen, die die vier Kardinaltugenden bildeten. Von diesen wird jede einzelne dargestellt (prudentia: Bl. 3v-4r, iustitia: Bl. 4rv, fortitudo: Bl. 4v, temperantia: Bl. 4v-5r). Dann wird die intentio auctoris dargelegt (Bl. 5r), die causa finalis (Bl. 5r), die causa efficiens (Bl. 5rv) und cui parti philosophie supponatur (Bl. 5v), wobei die tres partes philosophie vorgestellt werden. Schließlich benennt der Text den titulus (Bl. 5v) und geht noch einmal auf die causa finalis ein (Bl. 5v-6r). 349 Weitere Beispiele bei RUHE 1968, S. 30.

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ren Effekt haben die nicht den Sentenzen, wohl aber dann den Distichen regelmäßig vorangestellten Zusammenfassungen des Lehrgehalts, die den Anfang eines neuen, in sich abgeschlossenen Kommentarblocks markieren, der vom Layout her ja nur dem Auge unübersehbar ist, sehr wohl aber überhört werden könnte.350 Charakteristisch ist weiterhin die reichhaltige Anführung von Zitaten aus anderen Autoren, darunter besonders oft, wie im Blick auf andere Kommentare ja bereits zu erwarten, aus dem ›Novus Cato‹. Sacherläuterungen – im Beispiel der kleine Exkurs zum Dekalog – können den Umfang an den verschiedensten Stellen weiter vermehren. Der Hinweis Et ideo sic glosandum est schließlich gilt der expositio ad litteram. Das dort dann Ausgeführte könnte seinen Platz auch interlinear finden. Daher kennzeichnet die Ausgaben der ›Glossulae Catonis‹ der Verzicht zwar nicht auf den Verstext, der regelmäßig in größerer Schrift den Kommentarabschnitten vorangestellt ist, wohl aber auf seine interlineare Glossierung: Die expositio ad litteram erscheint in den Kommentarabschnitten selbst. Dort wird sie zwar nicht so systematisch wie teilweise etwa in der Avian-Überlieferung zu einem eigenen Abschnitt zusammengefasst;351 dennoch bedeutet die Diskursivierung der Interlinearglosse aus der Sicht des Setzers eine erhebliche Erleichterung, die die ›Glossulae Catonis‹ als Schuldruck erschwinglicher gemacht und wesentlich zu ihrer Verbreitung beigetragen hat.352 i) Jodocus Badius Ascensius (1492) Der ›Cato‹-Kommentar von Badius ist als Liber undecimus moralium silvarum in dessen 1492 in Lyon erschienene ›Silvae morales‹ integriert (GW Nr. 3154), in denen er Bl. CXLIXv-CCIIIr der zeitgenössischen Zählung einnimmt. Er firmiert hier lediglich als ein Stück unter anderen innerhalb eines umfänglichen Kompendiums zur moraldidaktischen auctores-Lektüre, erscheint also nicht mehr in der Gebrauchsform des Schuldrucks, sondern in Handbuchform, die für die Begleitung des Textstudiums nurmehr im Hintergrund von Unterricht gedacht ist. Folglich reicht er auch an die Auflagenerfolge der Gebrauchsdrucke nicht entfernt heran, denn bei der einen Lyoner Ausgabe bleibt es, und stellt eine voran_____________ 350 Beispiele wiederum bei RUHE 1968, S. 30. 351 Siehe oben Kap. II.5. 352 Die Aufgabe einer Textgeschichte der ›Glossulae‹ besteht folglich nicht nur darin, ein differenzierteres Bild des Einflusses des Remigius auf die expositio der ›Glossulae‹ zu zeichnen, als dies RUHE 1968 im Rahmen seiner auf ganz andere Ziele gerichteten Dissertation seinerzeit vermochte. Sondern sie hätte auch zu prüfen, ob und in welchem Maße Transformationen der expositio eben durch den Medienwechsel bedingt sind – ob also die in den ›Glossulae‹ vorliegende Form der expositio, und mit ihr der ganze Kommentar, gezielt erst für das gedruckte Schulbuch erstellt wurde.

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gestellte Widmung des Werks in Briefform an zwei Schüler von Badius (Bl. CXLIXv: Iohannes Badius Ascensius Humberto Fornerio et Francisco Pascheto studiosis adolescentibus discipuli salutem) eine musterhafte Modellsituation her, in der der sorgende Lehrer sich um seine Schüler kümmert. Eine ausführlichere inhaltliche Kennzeichnung hat DESMETGOETHALS (1975, S. 75-78) vorgelegt. Der Überblick über der Forschung bekannte und ergänzend im Kontext des zweisprachigen ›Cato‹ auftretende Kommentare bedarf auf Schritt und Tritt der Ergänzung.353 Ihrer Verbreitung nach kann man aber schon jetzt zwei Hauptgruppen unterscheiden: einmal Texte von ausgreifender, fast europäischer Ausstrahlung wie die ›Expositio‹ des Remigius oder das ›Speculum‹ Philipps von Bergamo, zum anderen kleinräumiger wirkende wie derjenige Gisalberts von Bergamo oder der Kommentar ›Si te moribus et virtutibus rexeris‹ aus dem Umfeld des ›Schlesischen‹ und des ›Michelstädter Cato‹. In diese zweite Gruppe gehört auch der Ulmer Kommentar ›Circa initium Ethice Catonis assumitur thema‹. Weiterhin lassen sich aus dem Vergleich gewisse Standards einer anspruchsvolleren Textkommentierung für das spätmittelalterliche Artesstudium ableiten. Während auf niedrigeren Ausbildungsniveaus, wie sie die neuen zweisprachigen Erstlesebücher des 14. Jahrhunderts vertreten, auf Glossierung regelmäßig verzichtet ist, kommt das anspruchsvollere Textstudium ohne eine expositio ad litteram nicht aus – eine Verteilung, die übrigens sicher nicht der Einsicht in sprachdidaktische Notwendigkeiten geschuldet ist, denn dann hätten eher Erstere ausführlicher elementar erschlossen werden müssen. Weiterhin wird auf der gehobenen Stufe des ›Cato‹-Studiums regelmäßig ein umfangreicher Accessus vorgeschaltet, der streckenweise dem quat_____________ 353 Nachzutragen ist etwa der noch nicht näher untersuchte Kommentar Scientia moralis est de expulsione vitiorum et adoptione virtutum. Wenn die paläographische Datierung des Clm 4603 durch GLAUCHE zutrifft, gehört der Text noch in die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts. Bereits ohne systematische Suche lassen sich sieben Textzeugen nachweisen: Basel, Universitätsbibliothek, Cod. B XI 1, Bl. 1v-20v (14. Jh.): vgl. MEYER/BURCKHARDT 1960/75, Bd. 2, S. 827-843; - Erfurt, Universitäts- und Forschungsbibliothek Erfurt/Gotha, Dep. Erf. CA. 4° 388: vgl. MEYER/BURCKHARDT 1960/75, Bd. 2, S. 829, und SCHUM 1887, S. 615f.; - München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 4603, Bl. 142va-143vb (1. Hälfte 13. Jh.): vgl. GLAUCHE 1994, S. 173-179; - Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. Lat. 8023, Bl. 1ff.: vgl. BLOOMFIELD 1979, Nr. 5330; - a. a. O., Ms. Lat. 15108, Bl. 264ff.: vgl. BLOOMFIELD 1979, Nr. 5330; - Rom, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 1236, Bl. 14v-16r (13. und 14. Jh., Deutschland): vgl. SCHUBA 1981, S. 256f.; - a. a. O., Reg. lat. 816, Bl. 20r: vgl. GLAUCHE 1994, S. 177, und PELLEGRIN 1975, Bd. 2,1, S. 116. BLOOMFIELD 1979 weist mindestens noch vier weitere hier nicht berücksichtigte Kommentare aus: vgl. Nr. 1046, 1059, 2657 (Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. Lat. 8259: In publicis Ethicorum sententiis legitur duos fuisse Catones) und 2949 (a. a. O., Ms. Lat. 1862: Liber iste cuius lectioni insistimus dicitur apocryphus; zu ergänzen ist Hamburg, Staats- und Universitätsbibliothek, Petri 30b, Bl. 220r-238v).

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tuor causae-Schema folgt. Die von Remigius bezogene Kurzform hat im 15. Jahrhundert bezeichnenderweise nicht ausgereicht, den deutschen Erstdruck des Euremodio-Kommentars dem Schulunterricht zu öffnen. Zugleich zeigen die niederländischen Drucke hier aber auch, dass diese Standards nicht absolut gelten, da sie Euremodio dem Unterricht auch ohne diesen Accessus nahe bringen. Zur regelmäßig geübten Praxis im anspruchsvolleren Schulkommentar gehören weiterhin die zahlreichen Querverbindungen der eigenen Ausführungen zu anderen Texten, die durch Zitate gestiftet werden – wobei übrigens die häufigen Verweise gerade auf den ›Novus Cato‹ vermuten lassen, dass die Verweise nicht allein der rückversichernden Anbindung an andere Autoritäten dienen, sondern schlicht dem Streben nach akkumulierender Wiederholung des Ausgeführten zu verdanken sind, das die Einprägsamkeit der Lehren des ›Cato‹ nur nebenbei steigert. Und schließlich ist diesen relativen Standards auch die alternierende Darbietung von Text und Kommentar zuzurechnen und die Darbietung des letzteren in zusammenhängender, fortlaufender Form. Allen diesen relativen Standards eines nach den Begriffen der Zeit wissenschaftlichen Maximalkommentars genügt auch der Ulmer ›Disticha Catonis‹-Kommentar, den die Reimpaare des ›Ulmer Cato‹ begleiten.

4. Das Schulbuch im ökonomischen Kalkül: Die ersten Jahrzehnte des Buchdrucks Aus der Bereitstellung des gedruckten Buches folgende, unmittelbare Veränderungen der Textarbeit im Unterricht sind oben in Kap. II.6 bereits dargestellt worden. Für eine weitergehende Kennzeichnung der Auswirkungen des Buchdrucks auf den Schulunterricht ist die Unterscheidung von Reichweiten sinnvoll, über die sich diese Auswirkungen erstrecken. Hier sind von den erwähnten Transformationen, die mit jedem einzelnen gedruckten Buch in Schülerhand unmittelbar in den Unterricht durchschlagen, dann solche mittlerer Reichweite und schließlich auch erst langfristig eintretende abzusetzen. Zu den auffälligsten vom neuen Medium angestoßenen Veränderungen mittlerer Reichweite zählt dabei die Filterung des Traditionsbestands deutscher ›Cato‹-Übersetzungen nach ökonomischen Prinzipien. Dem kapitalintensiven und risikobehafteten Druckgewerbe war die Versorgung der regionalen Unterrichtsanstalten mit Schulbüchern besonders willkommen, da sich hier im Unterschied zu dem erst in Ausbildung befindlichen überregionalen Buchmarkt bereits relativ zuverlässig – in Rücksicht auf den örtlichen Lehrplan – mit Käuferinteressen und – in Rücksicht auf die örtlichen Schülerzahlen – mit Aufla-

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genhöhen kalkulieren ließ.354 Texte, deren Gebrauchstraditionen bereits während der handschriftlichen Verbreitung entsprechend fixiert waren, werden daher von den Buchdruckern eher aufgegriffen als Texte, die in schlechter überschaubaren Verwendungszusammenhängen standen. Jenes Glück wurde dem ›Ulmer Cato‹ zuteil, der in den Augen der Drucker im letzten Viertel des 15. Jahrhunderts wie kein zweiter deutscher ›Cato‹ in die Schule führte, dieses Schicksal hingegen ereilte die handschriftlich in sehr viel disparateren Kontexten gelesene ›Rumpfübersetzung/bearbeitung‹. 4.1 Orientierung am Berechenbaren: Die Druckausgaben des ›Ulmer Cato‹ Aus der Übersicht über die ›Cato‹-Inkunabeln mit deutschen Textanteilen im »Gesamtkatalog« wird nicht ersichtlich, welche der bis hierher von den Handschriften ausgehend gekennzeichneten Übersetzungen welcher Gruppe von Drucken zugeschlagen werden kann. Schon der Unterscheidung von »A. Hochdeutsch« (GW Nr. 6319-6353) und »B. Niederdeutsch« (GW Nr. 6354-6357) folgt man nur zögernd, da sie zwar zutreffend die vier Ausgaben des ›Niederrheinischen Cato‹ abhebt, dieser allerdings mittelfränkischer Herkunft ist. Wenn des weiteren für den hochdeutschen Bestand eine »ältere deutsche Übersetzung« (Gruppe A.a: GW Nr. 63196350) von einer »jüngeren anonymen Übersetzung« (Gruppe A.b: GW Nr. 6351) und der Übersetzung Sebastian Brants (Gruppe A.c: GW Nr. 6352f.) unterschieden wird, dann sind damit zwar zutreffend die jeweils zuerst und ohne handschriftliche Vorstufen im Buchdruck bezeugten Übersetzungen des ›Losbuch-Cato‹ (A.b) und Sebastian Brants (A.c) abgesetzt. Aber die dreifache Untergliederung der »älteren Übersetzungen« aus Gruppe A.a in »1) Mit der älteren Bearbeitung der ‘Epistula’ und der ‘Breves sententiae’« (= GW Nr. 6319-6343), »2) Mit der jüngeren Bearbeitung der ‘Epistula’ und der ‘Breves sententiae’« (= GW Nr. 6344-6349) und »3) Interpolierte Fassung« (= GW Nr. 6350)

_____________ 354 »The printers of Nürnberg, Basel, and Leipzig deserve credit for their production in other spheres, but when it came to translations they were rather unimaginative; schoolbooks were their main contribution.« – Diese Beschreibung der Verhältnisse durch HIRSCH 1987, S. 303, trifft kaum den Kern. Die Konzentration auf die schlichtere Schulausgabe im deutschen Sprachraum muss ihren Grund in besonderen bildungsorganisatorischen Gegebenheiten und in besonderen wirtschaftlichen Zwängen finden. Letztere könnten u. a. in einer gerade im Alten Reich ausgeprägten ökonomischen Konkurrenz liegen.

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deckt sich nur teilweise mit der hier erfassten Dreizahl von ›Michelstädter‹, ›Ulmer‹ und Rumpf-›Cato‹. Nur letzterer ist mit der im Anschluss an ZARNCKE so bezeichneten »interpolierte[n] Fassung« gemeint und zutreffend abgesetzt. Der ›Ulmer Cato‹ allerdings wird sowohl über A.a.1 als auch über A.a.2 verteilt erfasst, und der ›Michelstädter Cato‹ gemeinsam mit jenem in A.a.2, wo er erst durch eine weitere Unterteilung der zweiten, »jüngeren Bearbeitung« abgehoben wird: »α) Mit älterer Überarbeitung der Disticha« (GW Nr. 6344), »β) Mit der gewöhnlichen Fassung der Disticha« (GW Nr. 6345-6349).

Die Anordnung der Drucke bei WORSTBROCK bringt die gewünschte Klarheit ebenfalls nicht.355 Der Grund dafür liegt hier wie dort in der gegen Warnungen bereits ZARNCKEs übernommenen Ausrichtung der Anordnung an den Epistulae und den Breves sententiae. Deren Bestand und Folge ist in den Handschriften und Drucken jedoch sehr viel stärker der Veränderung unterworfen als die eigentlichen Distichen. Geht man von den Distichen aus und verwendet die Kennzeichnungen einzelner Texte als »älter« und »jünger« lediglich deskriptiv für das Datum der Drucklegung, dann ergibt sich für die hochdeutschen Drucke eine Dreigliederung, die nur im letzten Drittel noch einmal aufgeteilt werden muss: 1. Rumpf-›Cato‹ (R-Dr 1f. = GW Nr. 6349,20 und Nr. 6350) 2. ›Michelstädter Cato‹ (M-Dr 1 = GW Nr. 6344) 3. ›Ulmer Cato‹

_____________ 355 WORSTBROCK 1976, S. 31-46. Als Nr. 5 werden zunächst zutreffend der ›Losbuch-Cato‹, als Nr. 6 Sebastian Brants ›Cato‹, als Nr. 7 Abraham Moters ›Cato‹, als Nr. 8 der Straßburger ›Cato‹ auf der Grundlage Maturin Cordiers und als Nr. 10 der ›Niederrheinische Cato‹ abgesetzt, wobei lediglich übersehen ist, dass die lateinisch-polnisch-deutschen Ausgaben von Nr. 9 erneut den ›Cato‹ Brants heranziehen. Nicht erkannt worden zu sein scheint die Selbstständigkeit des Rumpf-›Cato‹. Seine beiden Inkunabeln sind als »umgeordnete und interpolierte Auswahl nach Version A (s. Ziff. 3)« geführt, wozu auf ZARNCKE 1852, S. 131-143, verwiesen wird, wo die Interpolationen zum Rumpf-›Cato‹ nachgetragen sind. Mit »Version A«, unter der WORSTBROCK bei Nr. 3 zutreffend die Übersetzungsfassung A versteht, die bei ZATOČIL 1952, S. 96-116 abgedruckt ist, hat diese Interpolation aber gar nichts zu tun. Ebensowenig trifft die Qualifizierung des ›Michelstädter Cato‹ zu, der unter Nr. 2 als eine »Bearbeitung der Version A (s. Ziff. 3)« erfasst wird. Der »Gesamtkatalog« besagt doch zu den Abschnitten A.a.2.α und β sogar das Gegenteil: Der ›Michelstädter Cato‹ zeige die »ältere Überarbeitung« der ›Disticha‹, der ›Ulmer Cato‹ die »gewöhnliche Fassung«. WORSTBROCKs Nr. 3 dann erfasst zutreffend die »Version A«, d. h. die Übersetzungsfassung A = ›Ulmer Cato‹. Indem als Nr. 4 wiederum die »Version A« geführt wird, nun aber mit der Epistola und den Breves sententiae wie bei ZARNCKE (1852, S. 109-112) angeführt (statt wie bei Nr. 3: Epistola und Breves sententiae wie bei ZARNCKE 1852, S. 29-34, V. 35ff., dafür aber übereinstimmend mit dem ›Michelstädter Cato‹ von Nr. 2), erscheint auch bei WORSTBROCK der ›Ulmer Cato‹ wieder auf zwei Abschnitte verteilt.

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a) »Mit der älteren Bearbeitung der ‘Epistula’ und der ‘Breves sententiae’« (UDr 1-12, 14f., 18-33, 35 = GW Nr. 6319-6343) b) »Mit der jüngeren Bearbeitung der ‘Epistula’ und der ‘Breves sententiae’« (UDr 13, 16f., 34, 36 = GW Nr. 6345-6349)

Die Untergruppe 3.a konstituiert die Ergänzung des Vorspanns als Entsprechung zur Epistula und den Breves sententiae nach dem Text eines Rumpf-›Cato‹. Denn dem ›Ulmer Cato‹ fehlt dieser deutsche Vorspann ja wegen seiner Verbindung mit dem lateinischen Kommentar ursprünglich, sodass ihn schon die Handschriftenschreiber gelegentlich individuell nachtrugen. Der neue Vorspann lässt die Anfangsverse des Rumpf-›Cato‹ entfallen und verändert im Fortgang dann ihre Anordnung.356 Der Speyerer Erstdruck des ›Ulmer Cato‹ (U-Dr 1 ) bietet:357 pr. 1 + Rumpf-›Cato‹ V. 35-42* pr. 2 + V. 43*-46* pr. 3f. + V. 49-52 b.s. 4f., 20, 6 + V. 55-58 (eigentlich b.s. 3, 5, 6 und 4 entsprechend, doch erscheint statt mâge im Druck gemahel, sodass aus dem Bezug zu b.s. 3 einer zu b.s. 20 wird) b.s. 7 + V. 59f. b.s. 8f. + V. 61f. (b.s. 8f. und 20 entsprechend, sodass letztere Sentenz im Druck also zweifach erscheint) b.s. 10, 10a358 + V. 63f. b.s. 11f. + V. 65f. b.s. 13f., 54 + V. 67f. (eigentlich nur b.s. 13 und 54 entsprechend, doch nimmt die Umarbeitung im Druck zu hab fleyß laß das fremd faren ergänzend b.s. 14 auf) b.s. 15-17 + V. 69-72 b.s. 19, 21 + V. 83f. b.s. 9, 18 + V. 73f. b.s. 25-28 + V. 85-88 b.s. 32, 34 + V. 93f. b.s. 52, 33 + V. 91f. (als Du solt verspotten keynen armen man | zu gericht solt du geren stan) b.s. 40, 46 + Du solt raten sicherleich | vber wind deinen freunt gedultiglich b.s. 50, 43 + V. 109f. + V. 113f.

_____________ 356 So schon im GW vor Nr. 6319 bemerkt. 357 Verglichen wurde zudem mit U-Dr 24 (GW Nr. 6335) und U-Dr 30 (GW Nr. 6341). Letztere Ausgabe untergliedert lediglich anders, in dem manchmal mehr lateinische Sentenzen und deutsche Verse als in Nr. 6319 zu einem Textblock zusammengeführt werden, lässt aber die Abfolge der Verse als solche unverändert. 358 Als b.s. 10a zähle ich hier und im folgenden die nicht in den kritischen Text von BOAS aufgenommene Sentenz Minori parce.

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b.s. 54, 30 b.s. 36f. b.s. 47f. b.s. 55f.

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+ V. 103 (als Deinen zorn du senfft mach) + vnnd zorn nit on vrsach + Erbern schimff ich dir verleyhe | des wurffels spill du dich verzeihe + V. 105f. + Thu das recht sey gethan | Liebe die solt du geren han

Trotz offensichtlicher Unzulänglichkeiten wie der Wiederholung von b.s. 20 im deutschen Text störte die Herkunft der Anordnung und der Übersetzung der Verse aus einem ursprünglich gar nicht für die Beigabe des Lateinischen gedachten Laien-›Cato‹ des 13. Jahrhunderts offenbar kaum. Mit seinem alten/neuen Vorspann bringt es der ›Ulmer Cato‹ auf über 30 weithin für den Schulunterricht gedachte Ausgaben. Über sie vermittelt wirkt der alte Rumpf-›Cato‹ noch bis in Sebastian Brants Übersetzung hinein. Das wirft ein sehr bezeichnendes Licht auf die durchschnittlich ausgesprochen geringen Ansprüche an deutsche Unterrichtsmaterialien im ausgehenden 15. Jahrhundert. Sie durften auch schon einmal 200 Jahre alt sein, wenn nur irgend die Versaussage in ihrem für wesentlich erachteten Kern erfasst war. Eine spätere Überarbeitung konstituiert die Untergruppe 3.b. Sie umfasst die Reutlinger Ausgaben U-Dr 13+16f.(GW Nr. 6345-6347) von 1491, 1494 und 1495 sowie die von ihnen abhängigen Straßburger und Nürnberger von 1499 und 1500 (U-Dr 34+36 [GW Nr. 6348f.]). Ihr Kennzeichen ist die Revision der älteren Einleitung des ›Ulmer Cato‹. Dass der Bearbeiter das Augenmerk des Benutzers gerade auf den neuen Vorspann gerichtet haben wollte, macht ein zusätzlicher Absatz vor dem Textbeginn deutlich, der dessen Bedeutung hervorhebt: Jncipit doctrina viri moralissimi Mar|ci Cathonis. Jn cuius prologo decem decalogi | precepta ponuntur. septem quoque virtutes con/|tra mortalia septem vicia perpulcre interserun/|tur.359 Gleichwohl ließ er es sich mit seinem gewichtig verkauften Vorspann nicht allzu schwer werden. Er griff für ihn einfach auf den älteren Druck des ›Michelstädter Cato‹ zurück.360 _____________ 359 Zitiert nach U-Dr 13 im Exemplar der Aargauischen Kantonsbibliothek. Vgl. INGE DAHM: Aargauer Inkunabelkatalog. Unter Mitarbeit von Kurt Meyer. Aarau, Frankfurt/M., Salzburg 1985 (Aus der Aargauischen Kantonsbibliothek 2), S. 89. Verglichen werden konnte U-Dr 34 im Exemplar der Freiburger Universitätsbibliothek, Jnk D 5637. 360 Den direkten Rückgriff auf die Handschriftentradition, wie sie freilich einzig in M-Mic noch zu fassen ist, erlaubt bereits der einfache Bestandsvergleich mit hoher Wahrscheinlichkeit auszuschließen. M-Mic hat die Reihenfolge pr. 1-4, b.s. 1-10a, 11-30, 32-37, 39-44, 46, 49, 54, 51, 50, 47, 52, 48, 56 und 55, M-Dr 1 dagegen die Folge pr. 1-4, b.s. 1-10a, 11-15, 20, 26, 28-32, 17-19, 21-24, 40, 25, 44, 39, 41-43, 34, 45, 35-37, 47f., 52, 49, 54, 51, 46, 50, 53a: Neminem judica, 53, 55, 33, 56. Damit geht der erste Reutlinger Druck zusammen, der lediglich b.s. 28-32 noch b.s. 27 vorangehen lässt, b.s. 17-19 auch noch b.s. 16, ferner zwischen b.s. 25 und b.s. 44 zusätzlich b.s. 38 bietet und schließlich in die Doppelung von

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Die Aufnahme der Volkssprache ins Schulbuch

Wesentlich in der Heranziehung und dann neu geordnet dargebotenen Integration, weniger in der Formulierung der Texte selbst liegt die Leistung auch bei der zweiten vom Reutlinger Bearbeiter eingeführten Neuerung, jedem Hexameterdistichon eine lateinische Marginalie mit einer Abbreviatur der Lehre an die Seite zu stellen. Die Quelle dafür wurde freilich von etwas weiter her bezogen: Die Reutlinger Marginalscholien gehen auf die sechs Jahre zuvor erstmals in Antwerpen gedruckte Fassung II des Euremodio-Kommentars zurück, die hier nahezu unverändert übernommen wird.361 Am ehesten noch ohne Vorbild dürfte man bei der systematischen Ausstattung mit deutschen362 Interlinearglossen gearbeitet haben, die für U-Dr 13 bereits der Titel vermerkt, cum expositione teutonice, die ähnlich alle hier abhängigen Drucke hervorheben363 und auf die schließlich auch noch einmal vor dem Druckerkolophon – Finem aspice Cathonis | in via morum viri gra/|uissimi cum teutonicis interlinearibus expositioni|bus – verwiesen wird. Die Wiegendrucke des ›Ulmer Cato‹ zielen mit dem einen wie dem anderen Vorspann in erster Linie auf den Lateinschüler als Käufer. Ausnahmslos bieten sie ihren Text zweisprachig und im konventionellen Wechsel von lateinischem Hexameterdistichon und deutschen Reimpaarvierhebern. Bis auf eine Ausgabe im Oktav- (U-Dr 2) weisen sie das handliche Quartformat auf und beschränken sich im Umfang auf 12 bis 26, am häufigsten auf 18 Blätter. In zwei Drittel der Ausgaben visualisieren Holzschnitte mit Schulszenen die intendierte Gebrauchssituation. Die Gruppe der vorwiegend Leipziger Drucke U-Dr 5, 8, 10, 26, 28, 33, 40-42 weist sich überdies durch die dem ›Cato‹ angehängten ›Medii versus pro iuvenibus confecti‹ einschlägig aus,364 die noch kleinere Gruppe der drei Nürnberger Drucke U-Dr 36-38 aus dem Zweig 3.b) durch den ausdrücklichen Hinweis auf einen _____________ 361

362 363 364

b.s. 53a und b.s. 53 eingreift, indem er sich auf Neminem iudica (auch mit der entsprechenden Übersetzung von M-Dr 1 ) beschränkt. Bestand und im wesentlichen auch der Wortlaut stimmen mit dem oben S. 275-278 verzeichneten Text überein. Abweichungen: I,1 fehlt; I,16 ist zusätzlich biß globig oder mitlydig ergänzt; I,17 ist zusätzlich verstolen heymlich reden ergänzt; I,26 lautet abweichend De talione; die Hexameter II,29a und II,30b sind irrtümlich zu einem Paar zusammengezogen, sodass die Beischrift zu II,30 fehlt; für III pr. 3f., in der Vorlage ohne Eintrag, ist De vitilitate scientie ergänzt; für IV,15 ist die zweite der beiden Scholien der Vorlage eingetragen; IV,36 der Vorlage steht irrtümlich bei IV,35, wofür dann IV,36 die Lücke gelassen ist, die die Vorlage schon bei IV,35 hat. Nur ganz vereinzelt stehen auch lateinische Glossen, allerdings nicht schon so isoliert, dass sie wie irrtümlich aus einer Vorlage stehen geblieben anmuteten. U-Dr 16f.: Catho teutonice expositus, U-Dr 34: cum expositione alemanica. Der Nürnberger Druck U-Dr 36 hingegen verzichtet auf die Glossen. Ein Thomas Medius ist Verfasser der in Venedig 1483 erschienenen Komödie ›Epirota‹. Vgl. Thomae Medii fabella Epirota. Hg., übersetzt und eingeleitet von LUDWIG BRAUN. München 1974 (Humanistische Bibliothek. Reihe 2, 8).

Das Schulbuch im ökonomischen Kalkül

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verbesserten lateinischen Text, der per Anthonium Mancinellum correctum sei365. Dem anvisierten Gebrauch entsprechend sind die Druckorte, elf an der Zahl, breit gestreut. Oft erscheint der Unterrichtstext dort gleich mehrfach, sodass es der ›Ulmer Cato‹ in der Summe auf 42 Ausgaben bringt.366 Erst mit Brants ›Cato‹ als Konkurrent verringert sich ihre Zahl ab 1498 langsam. Zwischen 1500 und 1514 sind es dann nur noch sieben. An der weithin homogenen Textdarbietung und Aufbereitung in den Drucken verdient der durchgehende Verzicht auf den lateinischen Kommentar, mit dem der ›Ulmer Cato‹ ursprünglich einmal eng verbunden war, hervorgehoben zu werden. Breitere Käufer- und Schülerkreise erreichte man nur unterhalb des mit ihm markierten Ausbildungsniveaus, also eher im Blick auf die durchschnittliche städtische Lateinschule statt auf das anspruchsvolle Artesstudium. Bemerkenswert ist weiterhin der durchgehende Verzicht auf breiteren Zeilendurchschuss für den handschriftlichen Eintrag der expositio ad litteram. Die prinzipielle Entlastung des Schülers von der Herstellung der eigenen Unterrichtsbücher und die Freisetzung des Schreibens als nun potentiell didaktisch einzusetzende Medienverwendung durch den Buchdruck führt nicht – das war freilich auch nicht zu erwarten – unmittelbar zu einer Umstellung des Unterrichts derart, dass nun in ihm tatsächlich regelmäßiger geschrieben würde.367 Drittens schließlich verdient der verschwindend geringe Anteil glossierter Ausgaben Aufmerksamkeit. Glossen wurden ja überhaupt nur im Kontext der umfassenderen Reutlinger Textrevision aufgenommen – wobei der späteste Wiegendruck der entsprechenden Gruppe U-Dr 13, 16f., 34, 36 auf sie dann schon wieder verzichtet. Der zweisprachige ›Cato‹ wird dem Unterricht in den letzten Jahrzehnten des 15. Jahrhunderts damit immer noch genauso angeboten wie in den Erstlesebüchern, die eineinhalb Jahrhunderte zuvor aufgekommen waren. Wenn überhaupt irgendwann in der unterrichtlichen Textarbeit auch auf Einzelheiten der sprachlichen Gestaltung einzugehen war, konnte das allein in mündlicher Form geschehen, ohne dass hier ein gemeinsamer schriftlicher Rückhalt in den Unterrichtsmaterialien bestanden hätte. _____________ 365 Die Neuausgabe der ›Disticha Catonis‹ durch Antonio Mancinelli aus Velletri, dessen erster Druck in den achtziger Jahren erschien – laut GW bei Nr. 6349 in Pavia 1481, laut DESMET-GOETHALS 1975, S. 75, in Rom 1487 – beschränkte sich jedoch auf die Verbesserung einiger Druckfehler älterer Ausgaben. Vgl. MARCUS BOAS: Duitsche glossen in een druk der Grammatica Antonii Mancinelli (Basel 1501). In: Neophilologus 22 (1937), S. 48-55, hier S. 49. Neben diesem Beitrag informiert über Person und Werk Mancinellis auch REMIGIO SABBADINI: Antonio Mancinelli, saggio storico letterario. In: Cronaca del R. Ginnasio di Velletri 1876-1877 (1878), S. 1-40 (dieser Aufsatz war mir leider nicht zugänglich). 366 Leipzig (9x), Augsburg (8x), Basel und Reutlingen (je 5x), Nürnberg (4x), Speyer (3x), Heidelberg, Ulm und Straßburg (je 2x), Bamberg und Wien (je 1x). 367 Siehe oben Kap. II.6.

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Die Aufnahme der Volkssprache ins Schulbuch

Aus diesem Grund hat man bei der atypischen Ausstattung des ›Cato‹ mit deutschen Interlinearglossen in Reutlingen nicht nur an den Schüler als Käufer zu denken, der Glossen in der Regel nicht erwarten durfte, sondern ebenso den interessierten Laien zu berücksichtigen. Auf eine benutzersoziologisch offenere Anlage weisen sowohl der oben zitierte, unspezifisch auf allgemein-christliche Verhaltensunterweisung zielende Vorspann mit Erwähnung des Dekalogs und der Tugenden- und Lasterseptenare als ebenso unspezifische Schlussverse: Der weyß Catho ein end hat Der durch sein leer vnd wysen rat Leret den menschen in der iugent Uil guten sitten vnd auch tugent Dar durch er kumpt zu eer vnd gut Vnd vor vil laster wirt behut

[U-Dr 13, Bl. 25v]

Ferner muss an der Bildausstattung die Eröffnung des Buchs mit einem Holzschnitt auffallen, der Verwendungsräume weniger direkt als für Schuldrucke üblich aufruft. Er zeigt, in Anspielung auf den Namen des Druckers, Johann Otmar, auf Bl. 1r zunächst den heiligen Otmar von St. Gallen, den Gründer des Klosters St. Gallen, mit Abtstab in der Rechten und einem Weinfässchen, auf dem ein Hahn (lat. gallus) steht, in der Linken. Erst auf Bl. 1v folgt dann die Schulszene. Die spätere Straßburger Ausgabe U-Dr 34 bringt sogar lediglich auf Bl. 1r eine Maria im Rosenhag und Bl. 1v die Steinigung des heiligen Stephanus und verzichtet damit ganz auf die Zuordnung zur Schule. 4.2 Ausblendung des Unkalkulierbaren: Die Drucke des Rumpf-›Cato‹ Aus der Offizin Martin Flachs in Basel geht um 1475 der erste in einer Volkssprache gedruckte ›Cato‹ überhaupt hervor (R-Dr 1). Dafür griff Flach statt auf einen etablierten Schul-›Cato‹ auf die ›Rumpfübersetzung/bearbeitung‹ zurück.368 Im Unterschied etwa zum ›Ulmer Cato‹ ließen sich Umfang und Zusammensetzung einer am Text des Rumpf-›Cato‹ interessierten Leserschaft jedoch sehr viel schlechter kalkulieren. Allenfalls in der Unterweisung weiblicher Laien in geistlichen Frauengemeinschaften hatte der einsprachige ›Cato‹ im 15. Jahrhundert ansatzweise einen eigenen »institutionellen« Hintergrund. Seine Hoffnung auf lukrativen Absatz vermochte Flach allein darauf zu gründen, dass die disparaten potentiellen Käufergruppen – örtliche Nobilität, gehobene Geistlichkeit, literarisch _____________ 368 Herangezogen wird, wie schon ZARNCKE 1852, S. 18, vermutete, eine Vorlage mit einem Text der Gruppe II. Er war im Verlaufe des 15. Jahrhunderts in die Handschriften eingezogen.

Das Schulbuch im ökonomischen Kalkül

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interessierter oberer Mittelstand, städtische Verwaltungs- und Führungsschicht, an geistlicher Erbauung Interessierte, vielleicht auch der eine oder andere »Deutsche Schulmeister« – dann vielleicht wenigstens in ihrer Summe seinen Umsatz sicherten. Den solcherart offenen Gebrauchsraum des Rumpf-›Cato‹ imaginiert als im Wortsinne »offenen« auch ein dem Text auf der ersten Seite unmittelbar vorangehender Holzschnitt, der signifikant von jenen Schulszenen abweicht, die später die zweisprachigen Ausgaben bringen werden. Nicht der Trivialunterricht wird dem potentiellen Käufer als Gebrauchsraum avisiert, etwa durch eine personifizierte Grammatica mit der Rute oder

Abb. 26: GW Nr. 6350, Bl. 1r – Flachs Ausgabe des Rumpf-›Cato‹-Ausgabe um 1475 mit vorangestellter Unterweisungsszene

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Die Aufnahme der Volkssprache ins Schulbuch

einen Lehrenden mit Buch vor Schülern, sondern eine Unterweisungssituation, die statt im umbauten, geschlossenen Raum in der freien Natur angesiedelt ist. Ihr Medium ist nicht das Buch in den Händen des Lehrers und seiner Schüler, sondern allein die von Gesten begleitete mündliche Rede des Lehrers. Das Auditorium besteht statt aus einem Schülerkollektiv aus einer einzigen Person. Und bei dieser handelt es sich, wie aus ihrem zur Linken gegürteten Schwert hervorgeht, um einen Angehörigen der waffentragenden Nobilität (vgl. Abb. 26). Flachs Wagnis eines einsprachig-deutschen ›Cato‹ kam immerhin entgegen, dass ›Cato‹-Übersetzungen gleich welcher Art handschriftlich im westlichen Oberdeutschen, besonders im Westalemannischen nach Auskunft des Erhaltenen im 15. Jahrhundert weniger verbreitet waren als im schwäbischen und bairischösterreichischen Sprachraum, und dass Basel als Verbreitungszentrum eines gedruckten deutschen ›Cato‹ erst mit Michael Furters seit etwa 1495 aufgelegten Schuldrucken hervortritt. Genützt hat ihm aber auch das wenig – wie bereits an einer zeitnah ersten erstellten zweiten Auflage (R-Dr 2) ersichtlich ist, die sich vor allem durch die sorgfältigere Berücksichtigung des Zeilenumbruchs an den Endreimen vom Vorgänger unterscheidet.369 Man sah offenbar Verbesserungsbedarf, der statt Reaktion auf reißenden Absatz – denn dann wäre es lukrativer gewesen, den Druck unverändert zu lassen – nur Folge eher schleppenden Absatzes gewesen sein kann, dem man durch äußere Eingriffe nachzuhelfen versuchte. Doch die Verbesserungen der zweiten Ausgabe verhelfen dem Rumpf-›Cato‹ zu keinem weiterreichenden Erfolg. Martin Flach bleibt sein einziger Drucker. Unmittelbar angestoßen haben mag die Idee zur Drucklegung ein wenig zuvor aufgelegter Einblattdruck Flachs, der in 108 auf zwei Spalten verteilten Versen eine wohlkomponierte Klugheitslehre bietet.370 An die Inszenierung eines Gesprächsrahmens von Vater zu Sohn (V. 1-4) schließt eine laudatio temporis acti an, die zuerst weltliche Habgier im Visier hat und von der ausgehend dann ausgeführt wird, wie gefährdet weltlicher Besitz und wie rechter Gebrauch von ihm zu machen sei (V. 5-22). Daraus wird weiter der Gedanke nur auf Besitz sich stützender Selbsteinschätzung aufgegriffen und zum Thema der Selbstüberschätzung überhaupt generalisiert (V. 23-34). Im Zentrum des Textes (V. 35-82) stehen konkrete Ratschläge, wie man sich in einem feindlichen sozialen Umfeld ohne Schaden bewegen und wie man sich den Mitmenschen hilfreich und angenehm

_____________ 369 MANFRED VON ARNIM: Katalog der Bibliothek Otto Schäfer Schweinfurt. Bd. 1,1. Stuttgart 1984, S. 242f. zu Nr. 95: »Der Druck [sc. R-Dr 2, M. B.] ist hinsichtlich der Ausstattung (Type und Holzschnitt), Zeilenzahl und Kollation identisch mit Flachs Erstausgabe der Disticha in einer Volkssprache: GW 6350 mit der Datierung ‘um 1475’. Neben ‘orthographischen’ Abweichungen zeigt unser Druck aber grundsätzlich Zeilentrennung mit Berücksichtigung der Endreime, ist also eine Verbesserung. Flachs Type 1 hat die Merkmale des Übergangszustandes aus der Zeit vor dem 28.11.1475.« 370 Vgl. die Abbildung bei BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 1258-1261 Nr. 469.

Das Schulbuch im ökonomischen Kalkül

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machen kann, um dem eigenen Leben das gelücke (V. 77) zu mehren. Den Schluss bilden drei priamelartigen Mahnreihen (V. 83-92, 93-99, 100-108). Der Vater-Sohn-Rahmen ist zweifellos aus dem ›Cato‹ übernommen, der speziell in der Ausprägung der ›Rumpfübersetzung/-bearbeitung‹ mehrere Verse wörtlich beisteuert.371 Hinzu treten an zahlreichen Stellen Übereinstimmung im Lehrgehalt ohne Formulierungsparallele. Im folgenden Abdruck erscheinen eigene Zusätze in eckigen Klammern kursiv und unleserliche Stellen in spitzen Klammern kursiv. Die Verszählung ist ergänzt, die Interpunktion und Groß-/Kleinschreibung die des Drucks. Beigestellt sind Verweise auf die wörtlichen Übernahmen aus dem Rumpf-›Cato‹ (»=«) sowie auf inhaltliche Übereinstimmungen zum Lehrgehalt des lateinischen Textes (»~«).

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10

15

20

25

30

O Du vil lieber sun min Wiltu wissen was die welt si So sicz her tzu mir Vnd vernim min rede schier Es ist yecz in der welt worden nüw Lůtte rede an alle trüwe Lach mich an vnd gib mich hin Das ist nun der welt sin Wer hatt gůtt der hatt ere Niemant fraget fürbasz mere Wann wer nitt hatt vnd haben můsz Dem würt sorgenn selten bůsz Vil schier hatt verloren ein man Das er in langer zitten ye gewan Vil man nach eren strebenn So můsz man vnderwilen vszgeben Nach grossem bruch sol man sparen Vnd vor boszheit sich wol bewaren Ma sol gern gelten Vnd haben würtschafft selten Man sol ouch schallen zF masse Das ein sin gůtt nitt lasse Bedecht menger wer er wer Siner hoffart er wol ember Menger went er sy ein her So ist er von adel einem bůben nit fer Wer da wenet das er der beste sig Dem wonet fast die narheit by Wer sich mitt hoffart übertreitt Würt er zů spott wem ist das leitt Wer sich berümpt grosser kunst Der hatt doch wenig vernunfft Wise wort vnd dumme werck Tribent die von gouchsperg

_____________ 371 Das ist bei EISERMANN im VE 15 zu Nr. S-185 nicht vermerkt.

~ pr. 1-4 ~ pr. 1-4 ~ pr. 1-4 ~ pr. 1-4

= V. 269 (II,17b) = V. 270 (II,17b) = V. 271 (II,5) = V. 272 (II,5) = V. 267 (II,17a) = V. 268 (II,17a) = V. 73 (b.s. 16) = V. 74 (b.s. 18) = V. 75 = V. 76

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Die Aufnahme der Volkssprache ins Schulbuch

35 Wenig sag Nit verantwürt alle frag Nitt nim vff borg zů vil Die wolff essent kein zil Sich recht wem du borgest Das du dar nach nit sorgest 40 Bysz stil vnd verschwigen Das din nitt ist das lasz ligen Der hatt eines wissen mannes můtt Der vmb kein gůt übel důtt Bysz allen lütten früntlich 45 Vnd nitt allen heimlich Halt dich das dir sig yeder man holt Vnd lůg das du niemandem bed=rffen soltt Sich vm dich Trüwe ist fast misselich Menger lachet den anderen an 50 Der im doch nitt vil gůttes gan Widerrede nitt alleine . Die gemein Bysz getrüw züchtig vnd bescheiden So mach du dich niemancz geleiden Der treit nitt recht stillikeit 55 Der alles das claffet das man seit Sich eben byspil an mich Bin ich b=sz so hüett du dich Hab vergůtt yederman Du weist nitt was der ander kan 60 Sag niemant wer er ist So seit dir nieman wer du bist Wer da w=lle wissen wer er sy Der erzürne siner nachgeburen dry Du solt des rechten helffen gern 65 Do man sin nitt wil embern Das recht hatt den sitten Es wil das man es bitte Du solt dich erbarmen Am gericht über den armen 70 Vrteil glich . Arm vnd rich Bisz nit zů behend Sich vor an das end Schirem wittewen vnd weissen Bysz wisz vnd fürsichtig in den reissen Fürcht gott . Vnd halt sin gebott 75 Wandel frumlichen schlecht Vnd sprich glich recht Din gelücke du merest Wa du hin kerest Nitt lüg Bysz gerechter züg 80 Bysz war vnd fest . Das ist das allerbest Gerechtckeit Jst di warheit Falscheit bring Das sig dir geseit

~ b.s. 51 und I,3 = V. 71 (b.s. 17) = V. 72 (b.s. 17) ~ b.s. 51 und I,3 ~ b.s. 54 ~ b.s. 9

~ II,29

~ b.s. 6

= V. 401 (III,16a) = V. 402 (III,16a) = V. 403 (III,16b) = V. 404 (III,16b) = V. 111 = V. 112 ~ b.s. 43 ~ I,18 ~ b.s. 1, I,1 ~ b.s. 43 ~ b.s. 44

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Wer in zweinczig iaren nit würt lang Vnd in drissig iaren nit würt starck . Vnd in vierczig iaren nit würt wysz . Der mag sich wol verwegen Das im des nit vil werde geben Zweinczih iar an lere Drissig iar an ere . vierczig iar an gůt Wer sin leben also verdůt Desz gelück ist wit vnd breit Jst esz das man im den spittal nit verseitt Alter an wiszheit . Wiszheit an werck Hoffart an richdům . Adel an gu;ott . Richdům an ere . Herschafft an land . Stet an gericht . Gewalt angnad . Juget an forcht Frowen an scham Geistlicher orden in freiden spil . Die stuck bringen vngemachesz vil . Zehen iar ein kind Zweinczig iar ein iungling Drissig iar ein man Vierczig iar stil stan Fünfzig iar wol getan Sechzig iar ab gan Sibenzig iar din sel bewar Achzig iar der welt nar Nünczig iar der kind spott Hundert iar nun gnad dir gott

4.3 Spielraum für neue Versuche: Ein deutscher kathon mit ainem Register als Losbuch (1492) Für nahezu alle Inkunabelausgaben des deutschen ›Cato‹ wird auf zuvor bereits handschriftlich verbreitete Texte zurückgegriffen. Erst seit der Veröffentlichung des ›Cato‹ Sebastian Brants 1498, also mit gut zwanzig Jahren Verspätung gegenüber dem Eingang des deutschen ›Cato‹ in den Buchdruck, erscheinen unmittelbar für die gedruckte Verbreitung erstellte Übersetzungen, sodass hier die Möglichkeiten des Mediums für die Unterrichtsgestaltung – zumindest potentiell – bereits auf der Produktionsseite genutzt werden. Diese Feststellung ist auch vom Ulmer ›Losbuch-Cato‹ her nur bedingt einzuschränken. Ein handschriftlicher Traditionshintergrund der 1498 in Ulm von Konrad Dinckmut aufgelegten Ausgabe ist zwar nicht bekannt. Jedoch lässt sich aus ihr selbst heraus eine ältere Vorstufe wahrscheinlich machen, für die dann freilich offen bleiben muss, ob sie zunächst handschriftlich verbreitet war oder bereits für den Druck erstellt wurde. Unabhängig von dieser Frage dokumentiert der Ulmer

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Die Aufnahme der Volkssprache ins Schulbuch

›Losbuch-Cato‹ ein wie beim Rumpf-›Cato‹ abseits des Schulunterrichts liegendes, anhaltendes Interesse des Laien an lebenspraktischer Verhaltenslehre. Diese wird freilich nun in einer neuartigen, spielerischunterhaltenden Form bereitgestellt. Die Benennung als ›Losbuch-Cato‹ ist in Anlehnung an den in der Ausgabe selbst vorgeschlagenen Verwendungszweck gewählt. ZARNCKE noch unbekannt, wurde der Text zuerst von den Bearbeitern des ersten Bandes des GW unter Nr. 6351 als eigenständige Übersetzung erfasst. Näher charakterisiert wurde er, von knappen Ausführungen bei ZATOČIL und bei BRÜGGEMANN/BRUNKEN abgesehen, bisher nicht.372 Sein Druck umfasst 20 auf zwei Quaternionen und einen abschließenden Binio verteilte Blätter im Quartformat, die nur teilweise, von Blatt 2 bis 16, und dazu lücken- wie fehlerhaft römisch foliiert sind.373 Den Hauptteil umschließen ein Eingangsblatt, das auf der Vorderseite (Bl. 1r) den Titel Ein deutscher kathon mit ainem Register und darunter einen Holzschnitt mit der Darstellung des Psalmisten David im Tempel Salomos sowie auf der Rückseite (Bl. 1v) eine mehrfigurige Kreuzigungsdarstellung bringt, und ein Schlussblatt mit wiederum zwei Holzschnitten: einmal (Bl. 20r) eine Innenraumszene mit einem schwerttragenden jungen Mann mit abgelegter Kopfbedeckung, der vor einem männlichen Heiligen knieend aus dessen Hand einen Rosenkranz empfängt, dann (Bl. 20v) eine Auferstehung Christi aus dem Grabe. Der weitere Buchschmuck im Textteil selbst ist spärlich. Den Textbeginn selbst ziert eine schlichte O-Initiale mit dem Christusknaben, der den Buchstaben Tau in Händen hält (Bl. 2r). Der Beginn der Praefatio-Übersetzung (Bl. 2r) sowie die Einsätze der vier Bücher sind Bl. 3v, 7r, 10v und 13r mit einfachen dreizeiligen Lombarden markiert. Die Druckseite nimmt 26 Textzeilen auf. Die Verse sind stets abgesetzt. Der eigentliche Text hebt mit einem eigenständigen Prolog an (Bl. 2r: V. 1-12): Elicher mensch nun welle gar eben hie im zit bekennen alles sein leben Jn zFchten vnd auch in weishait der lese dis bůch vnd merk gar eben was es seit 5 Chatho nach sinem meister ist es genant Sin weisheit bekennen sollen alle lant Wann es dich zum ersten leren tůt wie du got eren solt mit reinem můt Vnd wie du dich selb solt vnderweisen 10 das man din lob mit warheit wol m=ge breisen Da mit es dich auch die wisheit leren ist

_____________ 372 Vgl. ZATOČIL 1935, S. 56, und BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 972f. Nr. 101. 373 Bl. 2r=i, Bl. 3r=ii, Bl. 4r und 5r jeweils iv, Bl. 6r-11r=v-x, Bl. 15r=x, Bl. 16r=ix.

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Das Schulbuch im ökonomischen Kalkül

Mit lob vnd ere leben ze aller frist Nu vachet des weisen meisters gedichte an also [pr. 1ff.] als ich han gedacht in minem gemFtt do 15 Daz in dem wege der gůtten sitten so gar vil luten Jrre giengen [...]

Es folgen die Übersetzung der Praefatio (Bl. 2rv: V. 13-28), der Breves sententiae (Bl. 2v-3v: V. 29-92) und der Hexameterdistichen von Buch I (Bl. 3v-7r, ohne I,14-18), II (Bl. 7r-10r), III (Bl. 10v-13r) und IV (Bl. 13r17r, ohne IV,30-34). Ganz konventionell decken jeweils vier paargereimte Verse zwei Lateinische ab, wobei das lateinische Initium des ersten Verses vorangestellt ist. Bl. 17r unten werden mit Nu merck hie die nuzbarkeit dis bůches dann 18 weitere Verse angekündigt, die Bl. 17v beginnen: Menschlicher sin nu setz ich das zů dir Sit du so in gar mengerlay leben hast din begir Rat was dir das beste m=ge wesen Wilt du so magst es in in disem bůchlin lessen 5 da leret es dich bi dem aneuang in gůtte für alle ding so hab got lieb mit einem reinen gemütte das ander bis vil me fürsichtig in dinen sinnen Mit dem du gůt vnd er wol magst gewinnen das drit so bis behůt mit diner rede gar eben 10 da durch dir in der welt frid vnd sun wirt gegeben dis sint des lebens durch stükli gar g=t mit denen du wesen mast in ewiger vnd zitlicher hůt auch vil gůtter dingen leret dich dis bůchlin mer dar vmb beken es hab es lieb lis es vil vnd ser 15 wand kein ding recht lieb gehept mag werden man kenne es den bi siner getat oder geberden dar vmb versmache dis bůchlin nit rat ich eben So es dich leret was dir aller ebnist si mag zů allen dine le.

Bl. 17v-19r folgt das im Titel angekündigte Register zweispaltig. Es bietet freilich nur eine Liste der Anfangsbuchstaben der lateinischen Hexameterdistichen (deren Beginn nachstehend unverändert, d. h. mit allen Fehlern, aus dem Druck wiedergegeben wird): [Bl. 17va] [zu Bl. 4r Sperne repungnando (I,4)] [zu Bl. 4r Si vtam (I,5)] [zu Bl. 4r que nociturna (I,5)] [zu Bl. 4r Constans et lenis (I,6)] [zu Bl. 4r Nill temere (I,7)] [Bl. 17vb] [zu Bl. 4v Cumque monet (I,8)] [zu Bl. 4v Contra verbosos (I,9)] [zu Bl. 4v Dilige sic alios (I,10)] [zu Bl. 4v Rumores fuge (I,11)] [zu Bl. 4v Rem tibi promissam (I,12)] [Bl. 18ra] [zu Bl. 5r Cum dubib (I,19)]

das erst das ander das erst das erst das erst das ander das drit das erst das erst das ander Das erst

S S [Textlücke] C N C C D sůch R im R ander blat [sc. 4rv] C

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Die Aufnahme der Volkssprache ins Schulbuch

[zu Bl. 5r Exignum mumus (I,20)] [zu Bl. 5r Jnfantem nudum (I,21)] [zu Bl. 5r Ne timeas (I,22)] [zu Bl. 5r Si tibi per meritis (I,23)] [zu Bl. 5rv Ne tibi quod desit (I,24)] [zu Bl. 5v quot prestare potes (I,25)] [zu Bl. 5v qui simul verbis (I,26)] [zu Bl. 5v Noli homines (I,27)] [zu Bl. 5v Sit tigisint nati (I,28)] [zu Bl. 5v quot sile (I,29)] [...]

das erst das erst das erst das erst Das ander das erst das ander das dritt das ander das drit

C [recte E] J N S N sůch q ma q driten N blat [sc. 5rv!] S q

Ein auf den ersten Blick etwas obskur anmutendes Register, zu dem Bl. 19r dann aber die Gebrauchsanweisung folgt. Nach dem Zufallsprinzip möge man sich Buchstaben mit Verweisen aus der Tabelle heraussuchen und dann den entsprechenden Abschnitt im Haupttext aufsuchen. So könne man sich kurtzwil [...] vertriben als in einem losbůch: Jtem So sol man wůssen das disi tafel mit den bůchstaben ist dar vmb gemach [!] ob du wellest din kurtzwil da mit vertriben als in einem losbůch So mast [!] du nemen einem [!] blate du den selben bůchstaben findist an dem erstten fers in der latin da lis denn so leret es dich in einer bilichhait wie du dich halten solt Oder wit gern ein s=liches versůchen mit den wurfel in schimpflichkeit So wyrf in die tafel oder aller nechist in ere zal des wurfels kumpt den selben bůchstaben sůch aber am blat der zal vnd lis es so findest aber ein schenne lere .M.CCCC.xcii

Bl. 19v ist leer, Bl. 20rv trägt die oben genannten Holzschnitte. In der geschilderten Aufmachung richtet sich der Druck offensichtlich nicht an den Lateinschüler, sondern an den Laien. Der für Schulverwendung obligate lateinische Text ist nur rudimentär in Form von Initien vorhanden, die allein Verweisfunktion für das Register erfüllen. So stört denn auch ihre mehrfach erhebliche Entstellung nicht – s. o. etwa die Belege zu I,19 oder I,28. Auch fehlen I,14-18 und IV,34-38. Die Distanz zum Lateinischen kommt überdies in der Voranstellung eines eigenen Prologs wie in der Anfügung der 18 Schlussverse zur nuzbarkeit des bůches jeweils ohne Entsprechung in den ›Disticha‹ zum Ausdruck. Die Schlussverse machen zugleich deutlich: Es versteht sich nicht bereits vom anvisierten Gebrauchskontext her, worin der Nutzen des bůches liegen könnte. Dazu fügen sich die Aussagen des Prologs. Der dort angesprochene Rezipient wird als vereinzelter Leser entworfen, der ein bůch lesen, also nicht etwa sich vorlesen oder erläutern lassen soll,374 und es ist eben das bůch selbst, das in der Rolle des Lehrers den Leser belehrt und ihm sogar vermittelt, sich schließlich allein weiter zu unterweisen (wie du dich selb solt vnderweisen), und zwar, schenkt man der Gebrauchanweisung zum Register Glauben, auf eine durchaus kurzweilige Weise. Die Not_____________ 374 Vgl. ebenso V. 4 zur nuzbarkeit, denn: so magst es [...] lessen.

Das Schulbuch im ökonomischen Kalkül

303

wendigkeit einer neuen Zwecksetzung bestimmt auch die Bildbeigaben, die mit der Erinnerung an die Kreuzigung (Bl. 1v) und Auferstehung Jesu (Bl. 20v) ganz allgemein an die Verpflichtung und Möglichkeit des christlichen Laien zu heilsgemäßem Leben erinnern.375 Mit den Worten des Epilogs (V. 12): Aus dem vorliegenden bůchlin lässt sich lernen, wie man in ewiger vnd zitlicher hůt wesen kann. Wenn dabei der gegenwärtigen wie zukünftigen Heilssorge nach dem ersten Instrument, dieses durch aufrichtige Hinwendung zu Gott (V. 6) zu sichern, gleich als zweites fürsichtig zu sein (V. 7) nahegelegt wird,376 schlägt das eine durchaus originelle Brücke zur mantischen Praxis der Losbücher.377 Zwar werden dem Benutzer mit dem Verfahren, sich einen beliebigen Buchstaben auszudenken und zu diesem über das Register die entsprechende Instruktion aufzusuchen, keinerlei konkret-vorausschauenden, fürsichtigen Zukunftsprognosen angeboten. Dennoch wird er, wenn er sich nur konsequent der Lehren des ›Cato‹ annimmt, letztlich mit fürsicht ausgestattet: mit fürsicht nämlich im Sinne von providentia, von reflexionsgesteuerter Handlungskompetenz, die sich durch umsichtiges und vorausschauendes Agieren auszeichnet und Vorhersehbarkeiten zumindest für die Folgen des eigenen Handelns steigert. Dabei besteht ein gewisser Reiz der solcherart ausgewürfelten Vermittlung von fürsicht darin, sich nicht wie der Schüler im Lateinunterricht einem kompendiös auftretenden Korpus von Verhaltensinstruktionen gegenüber zu sehen, das man durchzuarbeiten hätte, sondern sich einzelne Lehrsentenzen nach Belieben herausziehen zu können – vielleicht sogar wie Motti, unter die man dann seine Tage stellten konnte. Die skizzierte Konzeption wurde von Dinckmut sicher bereits in einer Vorlage vorgefunden. Eine entstehungsgeschichtliche Einheit von eigentlicher Übersetzung und ihrer Rahmung durch Prolog und Epilog erweist sich besonders an der formal durchgehend unbekümmerten Gestaltung. _____________ 375 Auch die Eingangsinitiale mit dem Christusknaben, der das eschatologische, auf die Erlösung vorausweisende Tau-Zeichen in den Händen hält (Bl. 2r), gehört in diesen Sinnzusammenhang. Im Lateinischen ist er schon den frühchristlichen Exegeten präsent, in der Volkssprache seit Wolframs ›Willehalm‹ verfügbar. Vgl. DIETER KARTSCHOKE: Signum Tau. (Zu Wolframs Willehalm 406,17ff.). In: Euphorion 61 (1967), S. 245-266, sowie die zahlreichen Belege bei BETTINA SPOERRI: Der Tod als Text und Signum. Der literarische Todesdiskurs in geistlich-didaktischen Texten des Mittelalters. Bern [u. a.] 1999 (Deutsche Literatur von den Anfängen bis 1700 27), S. 211-278. 376 Als drittes Instrument tritt nicht zufällig die Beherrschung des eigenen sprachlichen Auftritts hinzu (V. 9: bis behůt mit diner rede). Aus der Perspektive des Drucks von 1498 findet Kommunikation im Normalfall nicht durch Schrift vermittelt, sondern unter Anwesenden statt. 377 Vgl. zur Textgattung zusammenfassend KLAUS SPECKENBACH: Losbuch. In: RLW, Bd. 2, S. 493-495. In der Übersicht BOLTEs »Zur geschichte der losbücher« in: Georg Wickrams Werke, hg. von JOHANNES BOLTE. 8 Bd.e. Tübingen 1901-06 (StLV 222f., 229f., 232, 236f., 241), Bd. 4, S. 276-347, ist der ›Cato‹ Dinckmuts nicht berücksichtigt.

304

Die Aufnahme der Volkssprache ins Schulbuch

Sie hat ihren Grund wesentlich in einer Unbeholfenheit des Ausdrucks bei gleichzeitigem Streben des Verfassers, den Rezipienten möglichst oft und möglichst direkt anzusprechen, ferner Aussagen generell nicht zu stark zu verknappen. Es muss, mag der Reimpaarvierheber dafür eigentlich kaum Raum bieten, möglichst alles ausdrücklich gesagt werden. Das aber sprengt das Versmaß und erzwingt eine lockere Reimpraxis. Einige wenige Beispiele (Ausbau des Rezipientenbezugs jeweils unterstrichen): Jn zFchten vnd auch in weishait der lese dis bůch vnd merk gar eben was es seit

[Prolog, V. 3f.]

wann sunderbar mit s=lichen dingen die freuntschafft gemeret wirt des wirst du innen

[zu I,35, V. 3f.]

wann wenn du verschmachen wilt vil lüten So geuallist auch niemant nutz wil ich dir betüten

[zu II,29, V. 3f.]

dis sint des lebens durch stükli gar g=t mit denen du wesen mast in ewiger vnd zitlicher hůt

[Epilog, V. 11f.]

In den Reimen wird man ausgeprägte Rücksicht auf Vokalqualitäten und -quantitäten ohnehin nicht erwarten. Der ›Losbuch-Cato‹ begnügt sich hingegen oft schon mit Assonanzen: schon:wol (Bl. 2v Z. 9f.), wichen:tugentlich (Z. 15f.), fürchten:züchten (Z. 17f.), behuten:gütern (Z. 19f.), haben:tagen (Z. 23f.), ist:schrifft (Bl. 3v Z. 16f.), bist:nicht (Bl. 4r Z. 7f.), beginnest:besinnen (Bl. 4v Z. 4f.), sagen:gehaben (Z. 19f.). Vereinzelt ist auf Reim ganz verzichtet (rein:luten Bl. 2v Z. 13f.) oder steht Kreuzreim (also:vil:aldo:wil Bl. 5v Z. 13-16) sogar über das lateinische Versinitium hinweg. Der breitere sprachliche Einbezug des Rezipienten erscheint unter Verwendung naheliegendster Formulierungen und klappt oft nach: Zům aller ersten sol din sorge sein | Vf das heil ist hie die lere min (Bl. 10r Z. 18f.); Jch heiss dich merk vnder wilen das | Du dine sorge undermische mit fr=den solt (Bl. 11r Z. 11f.); diner hussfrauwen rede sag ich dir | Jst die nutze so lüde si das glaube mir (Bl. 12v Z. 19f.). Zwanglos ins Gesamtbild fügt sich unbekümmert-drastische Wortwahl (beschissenheit Bl. 11r Z. 4).

Zumindest eine der materialen Vorstufen des Drucks war von minderer Qualität. Das Fehlen einiger Distichen in Blöcken gleichen Umfangs (I,1418 und IV,30-34) dürfte auf mechanisch eingetretenen Blattausfall der Vorlage zurückgehen. Zu einer aufwändigeren Aufbereitung für die Druckausgabe sah man gleichwohl keinen Anlass. Sie fällt sorglos aus. Textausfälle wurden, obwohl augenfällig, nicht korrigiert,378 ebensowenig offensichtlich entstellte lateinischen Initien.379 Der Schlussvers eines voll_____________ 378 Die unmittelbar der Lücke vorangehenden Vierverspaare werden jeweils am unteren Blattrand noch mit ihren ersten drei Versen begonnen, wobei der Schlussvers auf der Folgeseite aber dann fehlt (Bl. 4v/5r zu I,13; Bl. 15v/16r zu IV,29). 379 Siehe oben die Belege zu I,19 oder I,28.

Das Schulbuch im ökonomischen Kalkül

305

ständigen Vierverspaares kann auf der Folgeseite irrtümlich noch einmal wiederholt sein.380 Die Lücken und Fehler der römischen Foliierung wurden oben erwähnt. Druckfehler sind insgesamt nicht selten, ebensowenig Verwendung falscher Typen. Verzicht auf durchgreifende Korrektur lässt sich auch an der oberflächlichen Angleichung der Reime ablesen. Denn dem Übersetzer, der vielleicht im westlichen Alemannischen beheimatet war, standen die neuen Diphthonge für mhd. /î/ nicht zur Verfügung.381 Die am Druckort 1492 geläufigeren382 neuen Diphthonge wurden nur unsystematisch eingesetzt.383 Teils sind beide alten Formen behalten,384 manchmal ist auch nur einer der Reime ausgetauscht.385 4.4 Volkssprachige Anteile an der Schulbuchproduktion zwischen 1470 und 1500 Ob der Buchdruck, und hier insbesondere der breite Eingang des ›Ulmer Cato‹ in den Druck, den Anteil des Deutschen am Schulbuch den quantitativen Proportionen nach verändert hat, lässt sich einstweilen nicht ermitteln. Hier müsste das Verhältnis bekannt sein, in dem die lateinischdeutschen Handschriften des entsprechenden Gebrauchsraums zu den – noch nirgends systematisch erhobenen – lateinischen Handschriften der ›Disticha Catonis‹ stehen. Immerhin sind dank dem »Gesamtkatalog der Wiegendrucke« die Proportionen aber für die gedruckten Ausgaben bis 1500 beschreibbar. Der Inkunabelbestand der ›Cato‹-Drucke vermittelt ein insgesamt recht klares Bild. Danach werden – dies zum einen – Textausgaben, die ein Kommentar begleitet, durchweg in lateinischer Sprache aufgelegt. Das ist, wie der Vergleich mit niederländischen, italienischen, französischen, englischen und spanischen Drucken zeigt, in ganz Europa so. Der französische Prosakommentar des ›Grant Cathon‹, der allein zwischen 1480 und 1493 sieben Auflagen erlebt und den William Caxton 1483 in englischer Sprache druckt, bestätigt als Ausnahme lediglich die Regel: Sein Text wendet sich bereits einleitend gezielt an den Laien, und er folgt im weite_____________ 380 So Bl. 13r/v zu IV,3. 381 Es reimen daher etwa zeit:bitt (Bl. 3r Z. 23f.), rich:dich (Bl. 7r Z. 5f.), rich:ich (Bl. 7v Z. 5f.), sin [anV.]:hin (Bl. 8r Z. 22f.), sein [anV]:hin (Bl. 9v/10r Z. 26/1), nit [Neg.part.]:zyt/zite (Bl. 9v Z. 19f., Bl. 11v Z. 17f.), Zit:mit (Bl. 12v/13r Z. 26/1), zinse:riche (Bl. 11v Z. 10f.), zyt:git [stV.] (Bl. 13v Z. 13f.), sein [anV]:bin (Bl. 13v Z. 17f.), min:hin (Bl. 14v/15r Z. 26/1). 382 MOSER 1929, S. 157. 383 Etwa dein:sein (Bl. 6r Z. 11f.), sein:dein (Bl. 7r Z. 3f.). 384 Etwa sy:by (Bl. 2r, Z. 25f.), strite:wite (Bl. 7r Z. 13f.). 385 Etwa fein:min (Bl. 2r Z. 21f.), bi:sei (Bl. 3r Z. 11f.).

306

Die Aufnahme der Volkssprache ins Schulbuch

ren Aufbau keineswegs den Konventionen der Schulkommentare. Das wird schließlich auch daran ersichtlich, dass ihn die endgültige Abschaffung der spätmittelalterlichen Kommentare aus dem Schulunterricht in den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts durch die Humanisten nicht tangiert: 1519 wie 1535 bringt Claes de Grave den ›Grant Cathon‹ in Antwerpen noch zweimal in niederländischer Übersetzung heraus.386 Mochte man die Ausblendung der Volksprache aus den kommentierten, »wissenschaftlicheren« Ausgaben noch erwarten, überraschen demgegenüber die Textausgaben ohne Kommentar. Deren Zahl im deutschen Sprachraum übersteigt die der Ausgaben mit Kommentar um etwa das Dreifache. Sie werden zudem nicht nur in einem beachtlichen Umfang, sondern auch fast ausschließlich lateinisch-deutsch aufgelegt. Nimmt man von den 53 unkommentierten Textausgaben die drei Ausgaben mit dem lateinischen ›Cato‹ im Rahmen des ›Liber Donati‹ aus, die einer aus Italien importierten, besonderen Bedingungen unterliegenden Sondertradition zuzurechnen sind, sowie weiterhin die drei Ausgaben allein mit dem deutschen Text und den lateinisch-deutschen ›Losbuch-Cato‹, die allesamt nicht in den engeren Schulzusammenhang gehören,387 dann bleiben 46 Separatausgaben, von denen ganze drei sich auf den lateinischen Text beschränken. Im letzten Viertel des 15. Jahrhunderts übersteigt auf niederen Unterrichtsniveaus, die ohne Kommentare auskommen, die Summe der lateinisch-deutschen Schulbücher die der einsprachig-lateinischen insgesamt um das Fünfzehnfache. Der Vergleich mit den Verhältnissen im übrigen Europa erweist, dass mit diesen Proportionen spezifisch deutsche Verhältnisse getroffen sind, die folglich nicht einfach dem Einzug des Buchdrucks in das Umfeld der Schule zuzurechnen sind. Denn dann wäre andernorts ähnliches zu erwarten. Aus niederländischen Druckereien gehen Separatausgaben der ›Disticha Catonis‹ ganz im Unterschied zum deutschen Sprachraum eher allein lateinisch als zweisprachig hervor. Überdies treten hier die kommentierten _____________ 386 Vgl. IA Nr. 134.129 und Nr. 134.189 sowie BEETS 1885, S. 92 zur Ausgabe von 1535, S. 97f. zur französischen Vorlage und S. 102 zu Caxtons Übersetzung (vgl. zu letzterer auch MAX OTTO GOLDBERG: Die Catonischen Distichen während des Mittelalters in der englischen und französischen Literatur. Theil 1: Der englische Cato. Leipzig 1889); W. L. DE VREESE: Nieuwe middelnederlandsche fragmenten. XI. Fragment eener vertaling der Disticha Catonis gedrukt door Jan Brito. In: Tijdschrift voor nederlandse taal- en letterkunde 19 (1901), S. 275-288, hier S. 284f. (Nachtrag der Ausgabe von 1519 und Erwähnung einer vielleicht zweiten Auflage desselben Jahres). 387 Siehe für GW Nr. 6350 = R-Dr 1 und GW Nr. 6349,20 = R-Dr 2 oben Kap. III.1.1 zur ›Rumpfbearbeitung‹, für GW Nr. 6357 = N-Dr 4 unten Kap. III.7.1 zum ›Niederrheinischen Cato‹ und für GW Nr. 6351 = UL-Dr 1 oben Kap. III.4.3 zum Ulmer ›LosbuchCato‹.

Das Schulbuch im ökonomischen Kalkül

307

Ausgaben sowohl quantitativ stärker hervor als auch qualitativ homogener als im deutschen Sprachraum. Man greift ausschließlich auf den Kommentar des Robertus de Euremodio zurück, bildet darin eine ausgeprägte Eigentradition aus, wogegen die deutschen Drucker neben dem EuremodioText noch drei weitere Kommentare auflegen, die sie zumindest im Falle des ›Summi Deus largitor premii‹-Kommentars von auswärts übernehmen – in diesem Falle aus dem französischen Sprachraum, wobei Quentell in Köln eine wichtige Vermittlungsrolle innehat.388 In Italien dominieren wiederum die Separatausgaben und stärker noch der dort ausgearbeitete ›Liber Donati‹ das Bild, neben denen nur eine einzige kommentierte Textausgabe (mit dem Euremodio-Text) nachzuweisen ist. Einen dem deutschen Sprachraum vergleichbar hohen Anteil zweisprachiger ›Cato‹Darbietung hat das gleichwohl nicht entfernt zur Folge. Frankreich schließlich zeigt sich einerseits überaus anspruchsvoll »latinisiert«. Es dominieren die Ausgaben der ›Auctores octo‹, deren Kommentar ausschließlich der ›Summi deus largitor premii‹-Text bildet. Und die sehr viel seltener aufgelegten Separatausgaben erscheinen nahezu immer einsprachig lateinisch. Andererseits entstammen aber auch die einzigen volkssprachlichen Prosakommentare gerade französischen Druckereien, d. h. trotz der weithin fehlenden zweisprachigen Separatausgaben für den Lateinunterricht wird gleichwohl im Gebrauchsumfeld der ›Disticha Catonis‹ bereits in einer differenzierten Weise, die in Europa ihresgleichen so zunächst nicht findet, auf die Volkssprache zurückgegriffen. Die englischen und spanischen Verhältnisse lassen sich aufgrund ihrer schmalen Bestände und jeweiligen Eigenarten kaum sinnvoll vergleichen.389 Die ›Cato‹-Befunde müssten durch Analysen ähnlich repräsentativer Korpora abgesichert werden, etwa an den Donat-Ausgaben. Sollten sich in weiteren Querschnitten regionale Differenzen in den Erschließungsniveaus der Texte und in den Gewichtungen der Volksprache weiterhin so deutlich abzeichnen, wäre damit einiges an Einsicht wenigstens in Grundgegebenheiten des ansonsten so schwer zugänglichen voruniversitären Unterrichts im Spätmittelalter gewonnen. _____________ 388 Von den acht Ausgaben zwischen »um 1488« und 1497 erscheint bezeichnenderweise die erste (um 1488) im Übergangsraum zum Französischen in Straßburg und sind dann allein fünf nach Köln zu setzen, dazu weiterhin je eine nach Augsburg und Leipzig. 389 Einen zusammenfassenden Überblick über die mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Handschriften und Drucke der lateinischen und volkssprachigen ›Disticha Catonis‹ in Spanien gibt VÍCTOR INFANTES: El Catón hispánico: versiones, ediciones y transmisiones. In: Actas del VI congreso internacional de la Asociación Hispánica de Literatura Medieval. Edición a cargo de José Manuel Lucía Megías. Alcalá de Henares 1997, Bd. 2, S. 839-846. Vgl. auch TAYLOR 1999, hier besonders S. 77-80, und TAYLOR 2004, S. XX-XXIX. Die Druckausgaben bis 1500 sind allerdings durchweg unvollständig erfasst.

308

Die Aufnahme der Volkssprache ins Schulbuch

Übersicht über die Inkunabelausgaben In der folgenden Tabelle steht T steht für Grundtext, K für Kommentar.390 Lateinische Ausgaben erscheinen recte, lateinisch-volkssprachliche gefettet, ausschließlich volkssprachliche gefettet und kursiv. Weiterhin werden unterschieden: 1T 2T 3T 4T

KA KB KD KE KG KS KX

›Disticha Catonis‹ in den ›Auctores octo‹391 oder den ›Libros menores‹392 ›Disticha Catonis‹ im ›Liber Donati‹ oder den ›Rudimenta grammatices‹393 ›Disticha Catonis‹ und ›Contemptus mundi‹/›Cartula‹394 ›Disticha Catonis‹ und ›Facetus Cum nihil utilius‹395 Jodocus Badius Ascensius: ›Silvae morales‹396 Kommentar des Philipp von Bergamo397 ›Documenta moralia Catonis‹398 Kommentar des Robert von Euremodio399 ›Le grant Cathon‹400 Kommentar ›Summi Deus largitor premii‹401 ›Le grant Cathon‹ in englischer Übersetzung402

_____________ 390 Lateinisch: vgl. GW Nr. 6250-6252, 6252,10, 6253f., 6254,10, 6255-6259, 6259,10, 62606272, 6272,10, 6273, 6273,10, 6274f., 6275,10 und 6276. Lateinisch-deutsch: vgl. GW Nr. 6319-6322, 6322,10, 6323-6325, 6325,10, 6326, 6326,10, 6327-6332, 6332,10, 63336338, 6338,10, 6338,20, 6339-6349, 6351-6353 und 6356 sowie SB-Dr 2. Deutsch: vgl. GW Nr. 6349,20, 6350 und 6357. Lateinisch-niederländisch: vgl. GW Nr. 6382. Niederländisch: vgl. GW Nr. 6381. Lateinisch-italienisch: vgl. GW Nr. 6371-6373 und 6375-6380. Italienisch: vgl. GW Nr. 6374. Lateinisch-französisch: vgl. GW Nr. 6362f. Lateinisch-englisch: vgl. GW Nr. 6358-6360. Lateinisch-spanisch: vgl. GW Nr. 6383f. 391 Vgl. GW Nr. 2776, 2776,10, 2776,20 und 2777-2800. 392 Vgl. GW Nr. 2801, 2801,10, 2802-2805 und 2805,05. 393 Vgl. GW Nr. 8987,10, 8988, 8991, 8992, 8995-9000, 9002-9004, 9006-9016, 9018-9028, 9028,10 und 9029. 394 Vgl. GW Nr. 6259,10, 6264, 6269f. und 6275. 395 Vgl. GW Nr. 6354f. 396 Vgl. GW Nr. 3154. 397 Vgl. GW Nr. 6277-6280. 398 Vgl. GW Nr. 6318. 399 Vgl. GW Nr. 6281-6297,10. 400 Vgl. GW Nr. 6364-6370. 401 Vgl. GW Nr. 6298-6317 und, innerhalb der ›Auctores octo‹, Nr. 2780-2800. 402 Vgl. GW Nr. 6361.

309

Das Schulbuch im ökonomischen Kalkül

dt. 1470-74

ndl.

ital.

T: 3

2T

frz.

engl.

span.

TKE 1475-79

T: 2 T: 2 T

T: 3 2T: 3 T: 2 T: 4

T: 2

T 2T: 3

T

TKB TKD 1480-84

2T: 4T:

2 T: 3 2

TKS TKG: 2 1485-89

1490-94

T 2T T: 2 T: 3

T 2T: 3 T: 2

TKB TKE: 4 TKS

TKE: 3

TKE

T: 13

T

1T 2T:

TKS: 5

TKE: 2

TKx 3T

TKB: 2 TKS: 7 1TKS: 2 TKG: 2

8 T: 2 1T: 5 T: 2 2T T 2T

1T

3T

T

TKE TKA 19 TKG: 3

1TKS:

1495-00

T: 24 T

T: 6 T

2T: 2T:

TKS: 2

TKE: 5

10 T 4

T: 5 1T

1T: 3T:

6 2T 3 T

TKS: 4

Textbestand und Sprachenverteilung in den Inkunabelausgaben der ›Disticha Catonis‹

310

Die Aufnahme der Volkssprache ins Schulbuch

5. Vom akkumulativen Nebeneinander von Latein und Deutsch zum systematischen Gegenüber zweier Sprachen: Die ›Cato‹-Übersetzung Sebastian Brants (1498) Der 1498 erstmals gedruckten ›Cato‹-Übersetzung Sebastian Brants hat ZARNCKE schon im Titel seiner Arbeit eine zentrale Stellung zugewiesen.403 Brants ›Cato‹ »verdränge« alle mittelalterlichen Vorgänger; mit ihm beginne ein neuer Abschnitt in der Geschichte der deutschen Übersetzungen. Damit war ZARNCKE in der Sache die Entscheidung begründet, den deutschen ›Cato‹ »des Mittelalters« nur bis Brant zu bearbeiten – wobei er die Begründung im Detail freilich seinen Lesern vorenthält, da er die Neuerungen Brants überhaupt nicht, und auch nicht wenigstens nur so weit beschreibt, dass der Einschnitt in der Sache einsichtig würde. Als implizite Argumente für Brants Sonderstellung lassen sich lediglich die Bindung seines deutschen ›Cato‹ an den Namen eines Übersetzers404 rekonstruieren und ZARNCKEs Sichtweise auf Brant als einen Dichter, in dessen Werk generell der das Mittelalter ablösende, neue Humanismus sich ankündigte.405 _____________ 403 Eine zureichende Ausgabe liegt nicht vor. Der Text ist allein in einem um das lateinische Widmungsgedicht und die vier lateinischen Schlussverse Brants ergänzten Abdruck der deutschen Verse aus SB-Dr 3 zugänglich, den ZARNCKE seiner ›Narrenschiff‹-Ausgabe beigegeben hat (1854, S. 131-137). 404 Stephan von Dorpat war ZARNCKE dem Namen nach noch nicht bekannt. Unabhängig davon gerät Stephans ›Cato‹ noch im 15. Jahrhundert in Vergessenheit, während Brants Name und seine Übersetzung sehr viel länger und weiter ausstrahlen. 405 Vgl. etwa das Brant-Bild in der nur zwei Jahre später erschienenen ›Narrenschiff‹-Ausgabe von ZARNCKE (1854, S. IX-XXVI: »Brants stellung zu den bestrebungen seiner zeit«). Im übrigen verzichtet ZARNCKE auch im Rahmen seiner Ausführungen zur literarischen Tätigkeit Brants im zeitlichen Umfeld des ›Narrenschiffs‹ auf nähere Angaben, worin der ›Cato‹ von seinen spätmittelalterlichen Vorgängern genauer abzusetzen wäre (S. XXXIV): »Brants didactische gedichte in lateinischer sprache sind der zahl und dem umfange nach nur sehr geringe. es lag in der natur der sache, dass er bei diesem thema auf die muttersprache hingewiesen ward. Er hat sich im eigentlichsten sinne des wortes zu dieser erst aus der fremden sprache zurückgewandt, durch seine übersetzungen lateinischer gedichte hat er sich nach und nach die gewandtheit zur handhabung seiner muttersprache erworben. dies wird uns schlagend deutlich, wenn wir die übersetzung des Ave praeclara, des Cato, Facetus, Moretus und der Thesmophagia, die in dieser Reihenfolge zwischn der mitte der 80er jahre und dem jahre 1492 entstanden, mit einander vergleichen. am schwerfälligsten, am ängstlichsten sich ans original klammernd, und daher fast gänzlich unverständlich, ist das Ave praeclara, nicht viel besser der Cato, freier schon werden sprichwörter und kleine zusätze eingeschaltet im Facetus [...] und Moretus [...], ganz leicht aber bewegt sich der übersetzer in der Thesmophagia [...].« Der Text aus SB-Dr 3 wird 1854 ohne weiteren Kommentar abgedruckt. Zur Kritik der Vorstellung einer linear sich entwickelnden Sprachkompetenz, aus der ZARNCKE eine Frühdatierung des ›Cato‹ noch vor dem ›Narrenschiff‹ von 1494 ableitet

Die ›Cato‹-Übersetzung Sebastian Brants

311

ZARNCKE selbst hat Brant freilich durchaus nicht einseitig lediglich als humanistischen Neuerer wahrgenommen. In der Einleitung zur ›Narrenschiff‹-Ausgabe zeichnet der Leipziger Germanist 1854 ein durchaus differenzierendes Bild.406 Es zeigt Brant als »konservativen« Humanisten, dessen literarisches Schaffen zwischen spätmittelalterlichen Traditionen einerseits und humanistischen Neuerungen andererseits steht. In seinen Grundzügen hat dieses Bild auch heute noch Bestand – etwa wenn WILHELMI in seiner biographischen Skizze die Schwellenstellung Brants und seinen »äußerlichen Humanismus« herausstellt, dessen Werk inhaltlich von einer konservativen, im Grunde mittelalterlichen Grundhaltung geprägt sei und Anschluss an weiterreichende humanistische Neuerungen vor allem in der äußeren Gestaltung finde.407 Diese Zwischenstellung zeichnet sich auch in den wenigen Beiträgen ab, die sich seit ZARNCKE mit Brants ›Cato‹ befasst haben. Die 1852 zurückhaltend angedeutete Verarbeitung der frühen ›Cato‹Drucke bei Brant – also des ›Ulmer Cato‹ – hat ZATOČIL 1948 im Detail nachgewiesen408 und damit ZARNCKEs Unterstellung widerlegt, Brant habe Vorgänger, wenn überhaupt, dann nur unwillentlich zur Kenntnis genommen, weil er sie doch mit seiner eigenen Übersetzung eigentlich habe ablösen wollen.409 Eifrig im Gegenteil habe er sie »zu Rate gezogen«, wobei sich die Abhängigkeit »mitunter bis ins einzelste verfolgen lässt«.410 Weiterhin formuliert ZATOČIL angesichts des »ohne Zweifel« auch nach Brant noch gedruckten ›Ulmer Cato‹ skeptisch, von einer »Verdrängung« desselben könne nur »äusserst vorsichtig« die Rede sein, ohne diese Zweifel jedoch an der Überlieferung – die diese Skepsis, siehe weiter unten, nur bedingt stützt – belegen zu können.411 _____________ 406 407 408 409

410 411

(übernommen bei LEMMER 1978, Sp. 997) HENKEL 1988, S. 204 mit Anm. 11 (die Frühdatierung »nicht begründbar«). Vgl. ZARNCKE 1854, S. IX-XXVI. Vgl. WILHELMI 2002, S. 22f. ZATOČIL 1948. ZARNCKE schreibt (1852, S. 98): »Es war gleichsam eine art genugthuung für die so arg mishandelte ursprüngliche übersetzung, dass nach erfindung der buchdruckerkunst die erste gesammtbearbeitung es war, die den druckern in die hände fiel, durch deren bemühungen sie nun schnell überall hin verbreitet und vollständig legitimiert wurde. – so schlich sie sich dergestalt in die ohren und die gewöhnung der menschen ein, dass selbst Sebastian Brant sich dem nicht entziehen konnte, einige anklänge an sie in seine übersezung des Cato aufzunehmen, die doch bestimmt war, die alte bis dahin geltende unnöthig zu machen, und die dieses ziel auch in sehr kurzer zeit vollständig erreichte.« (Zur Erläuterung: Für die »erste gesammtbearbeitung« führt ZARNCKE zwei Handschriften des ›Ulmer Cato‹, dazu GWie1 aus Textgruppe I [= Zwettler ›Cato‹] sowie verschiedene Inkunabeln an.) ZATOČIL 1952, S. 330. ZATOČIL 1952, S. 330.

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Die Aufnahme der Volkssprache ins Schulbuch

Auf in der späteren Rezeption realisierte, aber auch auf konzeptionell intendierte Gebrauchsfunktionen des Brant’schen ›Cato‹ ist HENKEL 1988 genauer eingegangen. Indem er sein Augenmerk statt auf ZARNCKEs den deutschen Text von SB-Dr 3 isolierenden Abdruck von 1852 auf die gesamte Ausgabe von 1498 richtet, gerät ihm auch der begleitende lateinische Text wie die schultypische Alternation mit deutschen Reimpaarversen in den Blick. Unter Verweis auf diese traditionelle Anlage »gleich der übrigen Überlieferung dieser Art« kann HENKEL die Übersetzung im Schulbetrieb der Zeit verorten. Damit verlässt sie den imaginären Raum einer einzig mit abstrakten Texttraditionen sich auseinandersetzenden Schreibstubenexistenz. Sie kann zudem nicht mehr als Beleg für vermeintliche »volkspädagogische Neigungen« Brants genommen werden.412 Wichtig ist weiterhin HENKELs Hinweis auf das Hervortreten des neuen Übersetzertyps der »weltlichen Intelligenz«. Brant übersetzt demnach nicht mehr unmittelbar, wie man das für die meisten älteren Übersetzungen annehmen darf, für den eigenen Unterrichtsbetrieb des Lateinlehrers, sondern aus einer gewissen Distanz heraus. Das eröffnete ihm tendenziell einen größeren Reflexions- und Gestaltungsraum, in den prinzipiell nun auch verschiedene unterrichtsferne Faktoren neu hineinspielen können. Für diese ist zunächst zu bedenken, dass Brant bis ins Wintersemester 1495/96 hinein »und vielleicht noch etwas länger« in Stellvertretung der Basler Poetikdozentur Vorlesungen in Poesie hielt,413 sodass zumindest zwei Erstdrucke seiner weiteren lateinisch-deutschen Schultexte – der ›Thesmophagia‹ des Reinerus Alemannicus (1490) und des ›Facetus Cum nihil utilius‹ (1496) – direkt in diese Zeit fallen, ferner die Editio princeps des ›Cato‹ (1498) und des ›Facetus Moribus et vita‹ (1499) ihr zeitlich nahe liegen. Allerdings waren zumal ›Facetus Cum nihil utilius‹ und ›Cato‹ wohl eher auf dem Niveau des propädeutischen Lateinunterrichts angesiedelt, mit dem sich Brant als seit 1498 promovierter doctor utriusque iuris und im Rahmen der poetrye-Lektur kaum mehr abzugeben hatte. Die ›Cato‹-Ausgabe ist eher im Schnittpunkt gleich mehrerer Arbeitsschwerpunkte und Interessen Brants anzusiedeln, ihre Faktur entsprechend differenziert zu sehen. So erkannte Brant frühzeitig die Möglichkeiten des neuen Buchdrucks und trieb sie als Korrektor und Herausgeber in Zusammenarbeit mit den wichtigsten der Basler Inkunabeldrucker, allem voran mit dem Studienfreund Johann Bergmann von Olpe, bei dem auch der ›Cato‹ erscheint, schon seit den achtziger Jahren intensiv voran. Mit einer entsprechenden Ausgabe ließ sich also schlicht _____________ 412 Vgl. HENKEL 1988, S. 206, sowie zu den »volkspädagogischen Neigungen« LEMMER 1978, Sp. 997. Der Unterrichtsgebrauch kann von HENKEL ebd. zudem mit der Nördlinger Schulordnung von 1521 nachgewiesen werden. 413 Vgl. WILHELMI 2002, S. 15, und KNAPE 1992/93, S. 296.

Die ›Cato‹-Übersetzung Sebastian Brants

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und einfach Geld verdienen. Weiterhin stellte der Bereich alltagspraktischer Verhaltensnormen im vorjuristischen Bereich zwar nicht das Kerngeschäft des ausgebildeten Juristen dar, wurde von ihm aber in seiner Bedeutung für das gesellschaftliche Zusammenleben sicher gesehen – zumal im Horizont der im Umkreis des Basler Theologen Johannes Heynlins von Stein (de Lapide) verbreiteten Vorstellung von einem christlichen Humanismus, der das Verlangen nach praktisch-ethischer Erneuerung eines religiös ausgerichteten Lebens speiste.414 Auch mit einem schlichten ›Cato‹ ließ sich diesem Anliegen entgegenarbeiten. Und im Rahmen seiner Tätigkeit als poeta universitatis konnte eine Ausgabe des ›Cato‹, dessen lateinischen Text Brant eigener Emendation unterzog,415 zu seinem Ansehen als Philologe beitragen. Indem HENKEL erstmals auch das vorangestellte lateinische Widmungsgedicht berücksichtigt, kann er die Intentionen, die Brant selbst mit seiner Ausgabe verfolgt hat, in die Betrachtungen einbeziehen: Ad Cathonis lectorem | Sebastianus Brant. Aspice diuinum praeclari dogma Cathonis: Quo pueros mores cum grauitate docet. Instruit infantes materno in lacte decorem Haurire / & mores: indolem & inde bonam. 5 Hunc lege: non propter vim carminis / amplaque verba Sed decus vnde tibi prodeat / atque salus. Vt postquam instructus sis moribus: inde poetas Virgilium / atque alios: historicosque legas. Ecce Cathonis enim / vernarum / carmina lingua 10 Vertimus: hos rhythmos edidimusque nouos Ac verbum verbo curaui reddere: quantum Id rhythmus tulit: & praecipitantis opus. Nam bene dum pueris statui facere / atque iuuentae

_____________ 414 Vgl. WILHELMI 2002, S. 12, und KNAPE 1992/93, S. 294. 415 WORSTBROCK 1976, S. 38; HENKEL 1988, S. 204. Auf Emendationen weisen zwei der Ausgabe nachgestellte Distichen Brants hin: Iam Catho finis adest tuus ingeniose magister Qui pueros mores cum gravitate doces. Te mutilum prius et mancum: sanauimus isto Codice: apollineam contulimus vel opem. [SB-Dr 1, Bl. C6v] REDZICH (im Druck) bezieht den Hinweis auf die Korrektur von Lücken und Verderbnissen allein auf den deutschen Text. In den lateinischen Text sei, wie der Vergleich mit den den zweisprachigen Drucken des ›Ulmer Cato‹ zeige, nämlich nur vereinzelt eingegriffen worden. Dieses Argument trägt jedoch nicht, da auch bereits wenige Eingriffe, wie das Vorgehen des ›Cato‹-Editors Mancinelli beweist (s. o. Kap. III.4.1 Anm. 12), durchaus herausgestellt wurden. Ferner bleibt die Frage, ob zu solcher Einengung überhaupt Anlass besteht. Denn der Metaphorik der Verse zufolge wurde ohne nach Sprachverteilung zu unterscheiden die Einheit eines gesamten codex geheilt (sanavimus). Dass dabei für das Deutsche anders als für das Lateinische verfahren wurde, bleibt von diesem Einwand unberührt.

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Apposui leuibus versibus ecce manum. 15 Atque aliquem in tenui contriui messe laborem: Qui tibi si placeat: dic mihi Thaeda / Vale. [SB-Dr 1, Bl. A1v] [Sebastian Brant an den Leser des ›Cato‹. Betrachte die göttliche Lehre des berühmten Cato, mit der er die Knaben würdevoll gute Sitten lehrt. Er unterweist die Kinder, zierliches Benehmen und Sitten mit der Muttermilch aufzusaugen und darauf ihre natürlichen guten Anlagen zu entwickeln. Den lies: nicht wegen der Ausdruckskraft des Gedichtes und der erhabenen Worte, sondern damit dir Ansehen und Heil daraus erwachsen. Sodass du, nachdem du in den Sitten unterwiesen worden bist, auf dieser Grundlage Vergil und die anderen Dichter und die historischen Schriftsteller lesen kannst. Siehe, wir haben Catos Verse in die Volkssprache übertragen und diese neuen Reimverse gedichtet. Dabei war ich bemüht, jeweils ein Wort durch ein Wort wiederzugeben: soweit es der Reim erlaubte und soweit die Eile es zuließ. Denn da ich beschlossen habe, den Knaben und Jugendlichen eine Wohltat zu erweisen, habe ich mich hier um die Herstellung eingängiger Verse bemüht. Aber ich habe doch einige Mühe aufgewendet. Auch wenn die Ernte bescheiden ist, sage mir, meine Liebe, ob du mit dieser Arbeit zufrieden bist, und lebe wohl.]416

Die Lehren des ›Cato‹ verinnerlichen bedeute, sein Verhalten ebenso zum Vorteile gesellschaftlichen Ansehens auszubilden (decus) wie zum Heil schlechthin (salus) – eine Zielvorstellung, in der sich herkömmliche Schulverwendung und christlicher Humanismus zwanglos treffen – und zugleich – hier spielt nun der Humanist und Poetiklehrer hinein – den Grund für weitere Lektüren antiker Schriftsteller zu legen. HENKEL selbst stellt vor allem die Darlegung der Übersetzungsprinzipien heraus, in denen die Schwellenstellung Brants besonders deutlich hervortritt. Einerseits stellt Brant »die Verantwortung des Übersetzers gegenüber dem lateinischen Original heraus«, denn er wolle verbum verbo [...] reddere, also möglicht wortgetreu verfahren. »Damit stellt sich Brant in eine Tradition, die in den Prosa-Übersetzungen des 14. und 15. Jahrhunderts mehrfach aufgegriffen wird. Denn Schultext-Übersetzungen in Reimpaaren hingegen [...] ist sie fremd.«417 Andererseits soll dies aber nur quantum id rhythmus tulit geschehen, also soweit es das Versmaß zulasse. Formgeschichtlich bleibt Brant mit der Entscheidung für den Reimpaarvers also der Tradition der Schultext-Übersetzungen gleichwohl verhaftet, die eben dieser Verantwortung wieder enge Fesseln anlegt. Der jüngste Beitrag von REDZICH (im Druck) zieht den Rahmen wiederum weiter aus, indem nun auch das Layout und weitere Ausstattungsmerkmale des Erstdrucks berücksichtigt werden, geht aber auch der alten Frage nach dem Verhältnis Brants zu seinen Vorgängern noch einmal nach. Die Verfasserin kommt hier wie dort zu wichtigen Ergebnissen. So _____________ 416 Die Übersetzung hier in Anlehnung an REDZICH (im Druck). 417 HENKEL 1988, S. 205.

Die ›Cato‹-Übersetzung Sebastian Brants

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schließt die Erstausgabe wie in der alternierend lateinisch-deutschen Textdarbietung, so auch in Umfang und Format und Umfang an herkömmliche Schulausgaben an. Neu allerdings ist die Verwendung unterschiedlicher Schrifttypen für den lateinischen bzw. deutschen Text. Die verschiedenen Sprachen werden für das Auge deutlicher auseinandergehalten. Ferner ist auf die Voranstellung der verbreiteten Magister cum discipulus-Szene verzichtet und statt dessen unter der Überschrift Catho in latin durch Sebastianum Brant getützschet ein Holzschnitt mit einem Autorportrait Brants im Typus eines Stifterbildes eingesetzt, das im selben Jahre auch in der Ausgabe der ›Varia Carmina‹ Brants von 1498 Verwendung findet.418 REDZICH hebt zu Recht hervor, dass dadurch die »traditionelle Anonymität der älteren deutschen Übersetzung, die den Blick ganz auf die Autorität des (zumeist im Holzschnitt visuell präsenten) weisen Meisters und Lehrers Cato lenkt, [...] aufgehoben« wird und nun ein Autor als Vermittler auftritt und für sein Produkt namentlich Verantwortung übernimmt. Die deutsche Übersetzung als solche wird damit als besondere Leistung von eigenem Wert wahrnehmbar. In ihrer systematischen Analyse der Übersetzung selbst kann REDZICH ferner zeigen, wo und nach welchen Maßgaben Brant den Text des älteren ›Ulmer Cato‹ teils unverändert aufnimmt, teils partiell verändert und teils vollständig ersetzt. In der Summe entspricht das Vorgehen Brants genau dem im Widmungsgedicht, das von REDZICH einer detaillierten Analyse unterzogen wird, formulierten Anspruch. In den Grenzen des traditionellen Reimpaarverses, der allerdings vielfach metrische Glättung erfährt, wirkt ein durchgängiges Bemühen »um die Herstellung formal-struktureller wie inhaltlichsemantischer Äquivalenz zur lateinischen Vorlage«, das über die Vorgaben des ›Ulmer Cato‹ deutlich hinausgeht. Im Rahmen der schlichten Opposition von (mittelalterlicher) Fortsetzung oder (humanistischer) Verdrängung lässt sich Brants ›Cato‹ demnach nicht zureichend verorten. Aber selbst die detailliertest aufgehellten textlichen Dependenzen der deutschen Übersetzung können nicht ohne Rücksicht auf den Kontext der gesamten Druckausgabe verstanden werden. Deren besondere Anlage wiederum erscheint von einer Vielzahl verschiedener und sich im Effekt teilweise überschneidender Faktoren geprägt. Die zeitgenössisch etablierten Konventionen der Darbietung von Schultexten gaben Brant Format und Umfang der Ausgabe, ihre Zweisprachigkeit, den Wechsel von Latein und Deutsch und die Entscheidung für Reimpaarverse statt für Prosa vor. Brants intensive Nutzung des neuen Mediums Buchdruck hat die Entscheidung für die Mitarbeit an einer – in _____________ 418 Vgl. die Abbildung der entsprechenden Seite aus der Ausgabe der ›Varia Carmina‹ bei WILHELMI 2002, S. 25.

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Grenzen vielleicht durchaus einträglichen – Druckausgabe des in Basel ja bereits wohletablierten ›Cato‹ geebnet419 wie sie Erfahrungen im Hinblick auf leserfreundliche Seitengestaltung mit sich brachte. Von dorther dürfte die Unterscheidung der Sprachenanteile durch entsprechende Drucktypen veranlasst sein, für die sich seit den achtziger Jahren zudem in Lateingrammatiken Vorbilder finden ließen.420 Brants Augenmerk auf Verhaltensnormen im vorjuristischen Raum aus einem dezidiert christlichen Interesse an der rechten Einrichtung des Lebens heraus überformt schließlich die schlichte ökonomische Entscheidung für einen ›Cato‹Druck ebenso wie die Gelegenheit, sich nebenbei als Inhaber der Poetiklektur der Universität an einem lateinischen Werk zu profilieren, und das Selbstverständnis des weltlichen Intellektuellen, das sich auf die Pflege und Restitution von »Ordnung« im weitesten Sinne richtete und ebenso auf die Verbesserung der mores wie die »Heilung« von Texten gehen konnte.421 Obschon der Buchdruck als Medium die Entkoppelung von Produktion und Rezeption vorantreibt, haben sich die Herausgeber der älteren ›Cato‹-Drucke nirgends zu einer Explizierung von Produktions- und Rezeptionsparametern veranlasst gesehen, die wesentlich über den eine Gebrauchssituation imaginierenden Holzschnitt mit einer Schulszene hinausgegangen wäre – wohl weil sie nur für die eigene Schulregion und einen überschaubaren Käuferkreis produziert haben. Das dürfte bei Brant in Basel auch nicht anders gewesen sein. Dennoch erscheint sein ›Cato‹ mit einem kommunikationspragmatisch betrachtet sehr viel moderneren Anstrich: durch die Herausstellung der eigenen Person, die Bindung des deutschen Textes, der damit als Leistung eigener Art wahrnehmbar wird, an einen Namen, durch die Explizierung von Lektürezielen, die sich im kleinräumigen Baseler Umfeld zumal angesichts ihrer Konventionalität im Kern eigentlich noch von selbst verstanden haben, und vor allem durch die Darlegung des besonderen Übersetzungsverfahrens. Im Ergebnis werden zentrale eine Schultextübersetzung tragende Faktoren so deutlich wie nie zuvor herausgestellt: ihr Produzent als in Titel und Autorenporträt selbstbewusst auftretender Übersetzer, der Vorgang der Äquivalenzbildung als im Titel mit getützscht angesprochenes und im Widmungsgedicht _____________ 419 Vor Erscheinen des ›Cato‹ Brants stehen den Baslern bereits aus örtlichen Druckereien zur Verfügung: an lateinischen Drucken eine Ausgabe allein des Verstextes (GW Nr. 6253), drei Ausgaben mit dem Euremodio- und eine Ausgabe mit dem Philipp von BergamoKommentar (GW Nr. 6284f. und 6288 bzw. GW Nr. 6279, alles jeweils in zweiter Fassung), an lateinisch-deutschen Drucken zwei des ›Ulmer Cato‹ (GW Nr. 6332f.) und an deutschen zwei des Rumpf-›Cato‹ (GW Nr. 6350 und 6350,10). 420 Vgl. PUFF 1995, S. 283-287. 421 Vgl. JAN-DIRK MÜLLER: Poet, Prophet, Politiker. Sebastian Brant als Publizist und die Rolle der laikalen Intelligenz um 1500. In: Lili 37 (1980), S. 102-127.

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dem Verfahren nach beschriebenes Übersetzen, der Status des deutschen Textes als Übersetzung und die Tatsache der dem Übersetzungsvorgang zugrundeliegenden Differenz zweier Sprachen, die ja auch optisch eigens markiert sind. Damit wird für die deutschen Textanteile so deutlich wie in der ›Cato‹-Tradition nie zuvor markiert, dass sie in einer Sprache eigenen Rechts formuliert sind. Obschon auch ältere Drucke Zweisprachigkeit vereinzelt explizit herausgestellt haben, geschah dies dort immer nur punktuell in den Titelangaben.422 Bei Brant demgegenüber zeichnen sich nun auch die Konsequenzen der Sprachendifferenz in aller Deutlichkeit ab: dass »übersetzt« werden muss, dass dazu ein »Übersetzer« erforderlich ist und dass das Ergebnis eine »Übersetzung« darstellt. Diese Neuerungen verdanken sich aber keiner grundlegend neuen Sichtweise auf die Volkssprache, sondern nur der ganz besonderen Konstellation, in der Brant in Basel arbeitete – und zu der nicht zuletzt zählt, dass Brant seine Ausgabe überhaupt als erster unmittelbar für eine Veröffentlichung im Buchdruck produziert. Die Aufgabe der Volkssprache im Unterricht sieht Brant indes ganz traditionell darin, eine intensivere Vermittlung des Lehrgehalts der lateinischen Verse zu gewährleisten.423 Die entscheidende Konsequenz des Vorgangs, dass das Deutsche im Konzert der Sprachen nun als eigenes Instrument vernehmbar wird, liegt noch außerhalb des Brant’schen Horizonts. Die Verdoppelung des Sprachenbestands innerhalb der Unterrichtsmaterialien löst ja tendenziell die weithin selbstverständliche Bindung des Sprach- und Grammatikunterrichts an das Lateinische auf, die nun als eine selektive ins Bewusstsein der Zeitgenossen treten kann: Wieso sollte der Unterricht eigentlich nicht in deutscher Sprache stattfinden oder gar die deutsche Sprache zum Gegenstand haben? Im unmittelbaren diskursiven Zusammenhang des gelehrten Un_____________ 422 Der deutsche Rumpf-›Cato‹ erscheint beide Male ohne Titel, der deutsch-lateinische ›Michelstädter‹ ebenso, und der ›Losbuch-Cato‹ unter der seine lateinischen Anteile übergehenden Überschrift Ein deutscher kathon mit ainem register. Die drei Inkunabeln des lateinisch-deutschen ›Niederrheinischen Cato‹ propagieren einen Catho tzo [oder: in] latyne vnde tzo duytsche (GW Nr. 6354-6356) bzw. der deutsche ›Niederrheinische Cato‹ einen Catho tzo duytschem (GW Nr. 6357). Die Titulaturen in den Inkunabeln des ›Ulmer Cato‹ ordnen sich, von einem Sonderfall abgesehen (Katho. Marci cathonis libri morales cum expositione alemanica in GW Nr. 6348), in vier Gruppen: Hie lert [der weyß] Catho seinen sun (GW Nr. 6319-6324, 6328), Cato moralissimus (GW Nr. 6322,10, 6325f., 6337f., 6342f.), Catho in latin vnd [zu oder in] teutsch (GW Nr. 6327, 6331-6335, 6338,10, 6341), Catho teutonice expositus (GW Nr. 6345-6347). Sehr viele der zweisprachigen InkunabelAusgaben verschweigen also entweder vom Lateinischen her die Gegebenheit eines deutschen Textes (Typ Cato moralissimus) oder vom Deutschen her die eines lateinischen (Typ Hie lert der weyß Catho seinen sun), oder sie verweisen auf den deutschen Anteil nur im Ausschnitt seiner expositio ad litteram (Typ Catho teutonice expositus). Deutlich zur Geltung kommt das Sprachenineinander nur im Typ Catho in latin vnd zu teutsch, der zwar mitteldeutsch schon seit 1482/83, oberdeutsch aber erst seit 1491 öfter zu belegen ist. 423 Vgl. HENKEL 1988, S. 203.

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terrichts selbst scheint nun die Möglichkeit auf, dass Sprach- und Grammatikunterricht nicht nur selbstverständlich Latein-, sondern eben auch Deutschunterricht sein könnte, sodass die Ausrichtung am Lateinischen von nun an eigentlich der Begründung bedürfte. Diesen Begründungsbedarf erkennt Brant jedoch nicht. Auch der Erfolg des ›Cato‹ Brants beruht nicht auf einer neuen Würde der Volkssprache, der hier Vorschub geleistet würde und für die die Zeitgenossen empfänglich gewesen wären, sondern wesentlich auf der Reputation des Autors. An die Stelle des Ansehens einer Institution, der Ulmer Lateinschule, das die Verbreitung des ›Ulmer Cato‹ trug, tritt nun lediglich das Ansehen einer einzelnen Person und ihres Werks. Auf die Ausgabe von 1498 folgen bis circa 1520 noch 29 weitere (SB-Dr 2-30), und ein letzter Nachzügler erscheint noch 1538 (SB-Dr 34). Ferner liegt, was von der Forschung bisher übersehen wurde, Brants Übersetzung einem halben Dutzend seit 1535 gedruckter lateinisch-polnisch-deutscher Ausgaben der ›Disticha Catonis‹ zugrunde (SB-Dr 31-33, 35-37).424 Die von Druckereien auf deutschem Boden ausgehenden Ausgaben bieten allesamt den deutschen Text im Wechsel mit dem lateinischen, die sie beide in überschaubarem Umfang und Format anbieten. Sie setzen darin Brants Orientierung auf den Schulunterricht fort. Die allerwenigsten Drucke verzichten auf die Namensnennung des prominenten Übersetzers gleich im Titel: SB-Dr 10 und SB-Dr 16 – wobei diese zwei Ausgaben immerhin noch auf ihrer Titelseite das Widmungsgedicht Ad cathonis lectorem Sebastianus Brant und so den Übersetzer namentlich ins Spiel bringen – sowie SB-Dr 22 – von dieser Ausgabe hat sich freilich kein Exemplar erhalten, sodass keine zuverlässigen Angaben möglich sind – und der Wormser Nachzügler von 1538, SB-Dr 34. Mit letzterem ist erst 18 Jahre nach dem Ende der kontinuierlichen Druckgeschichte der Übersetzer den Druckern definitiv keinerlei Erwähnung mehr wert.425 Wenn ihn die dreisprachigen Ausgaben SB-Dr 28 (Nürnberg 1518: lateinisch-tschechisch-deutsch) und SB-Dr 31-33, 35-37 (lateinisch-polnisch-deutsch) hingegen bereits zuvor verschweigen, hat das natürlich eigene Gründe. Mag der süddeutsche Autor des ›Narrenschiffs‹ der lateinischen Gelehrtenwelt auch noch so bekannt geblieben sein: Mit Blick auf den Käuferkreis vernakulär-mehrsprachiger ›Cato‹-Ausgaben ließ sich sein Name nicht wesentlich verkaufsfördernd einsetzen. In den zwanziger Jahren des 16. Jahrhunderts schlägt die humanistische Kritik am mittelalterlichen Schulunterricht in ganzer Breite in die Praxis durch. Allerorten in Europa werden die alten Schulbücher verabschiedet. Die lateinischen ›Disticha Catonis‹ finden hingegen in Erasmus _____________ 424 Vgl. zu diesen DREWELOWSKY (im Druck). 425 Siehe zu dieser Wormser Ausgabe auch unten Kap. III.7.

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einen Fürsprecher und bleiben in der Folge von dieser Zäsur unberührt. Die Textausgabe Brants, humanistisch zwar an-, aber beileibe nicht durchgefärbt, übersteht jedoch diese Neuordnung nicht. Die Graphik in Abb. 27 zeigt die Verbreitung der spätmittelalterlichen Übersetzungen im Buchdruck und veranschaulicht insbesondere den Einschnitt der zwanziger Jahre. Denn die späten ab 1535 aufgelegten Brant-Ausgaben erscheinen mit Ausnahme von SB-Dr 34 (Worms 1538) alle im polnischen Sprachraum. Für die andere Seite, den Zeitraum vor Brant, lässt sich deutlich die ausgeprägte Dominanz des ›Ulmer Cato‹ erkennen. Er erlebt bis einschließlich 1498 etwas über 30 Ausgaben. Es folgen 1499 drei Ausgaben sowie 1500, 1501, 1503, 1504, 1507 und 1514 je noch eine. Zeitlich überschneiden sich demnach neun der 41 Ausgaben des ›Ulmer Cato‹ mit der Verbreitung von Brants Übersetzung (UDr 33-41). Zwar brechen die Brant-Ausgaben letztlich diese Dominanz des ›Ulmer Cato‹. Dennoch stellt sich angesichts der Überschneidungen das Verhältnis beider zueinander zunächst einmal weniger als Bruch denn als Verzahnung dar – bei allerdings deutlicher Verschiebung der quantitativen Proportionen. Als bedeutende Neuerung erscheint jedoch Brants »internationale« Ausstrahlung über den süddeutschen Kernraum hinaus. Auch diese ist aber nicht der Qualität seiner Ausgabe, sondern eher der breiten Durchsetzung des neuen Mediums Buchdruck geschuldet, der einzelne Texte nun sehr viel weiter zu tragen imstande ist.

Es ist bezeichnend für die Übergangsstellung des Brant’schen ›Cato‹, wie wenig Scheu wenig später, um 1502, der anonyme Kölner Redaktor eines Bungart-Drucks vor einer umfassenden Revision hatte, die sich weder scheute, die oberdeutschen Verse Brants ins Mittelfränkische zu übertragen, noch sie mit Erweiterungen aus dem ›Niederrheinischen Cato‹ zu garnieren, noch schließlich dann den gesamten deutschen Text an spätmittelalterliche Kommentare anzubinden. In SB-Dr 6 wechseln der lateinische Verstext, die nachgestellte deutsche Übersetzung und der lateinische Prosakommentar einander ganz konventionell ab. Für letzteren wurde der ›Summi deus largitor premii‹-Kommentar, also jene expositio französischer Herkunft herangezogen, die im ausgehenden 15. Jahrhundert insbesondere in Köln von Quentell an deutsche Bildungseinrichtungen vermittelt wurde, freilich stark gekürzt, zugleich aber auch um knappe Inhaltsangaben in Prosa zu den einzelnen Distichen erweitert. Diese bezog man aus einer Ausgabe der zweiten Fassung des Kommentars von Robert von Euremodio426 – aus einem jener zwei Kommentare mithin, die der Erz_____________ 426 Aus dem ›Niederrheinischen Cato‹ etwa wird der Versvorspann ohne Entsprechung im Lateinischen übernommen: Catho was eyn vromer man [...]. Bemerkenswert ist zudem die Umordnung der dem ›Summi deus largitor premii‹-Kommentar entnommenen Prosaabschnitte zu den Breves sententiae nach Maßgabe der Anordnung Brants. Eine lateinischdeutsche Texttradition stößt hier einen Umbau der lateinischen Vorlage an! Der BungartDruck verdiente eine nähere Untersuchung. In der Übersicht von SCHMITZ (1990, S. 210f.) über die Kölner Drucke der ›Disticha Catonis‹ in deutscher Sprache fehlt er.

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Die Aufnahme der Volkssprache ins Schulbuch

Abb. 27: Verbreitung der mittelalterlichen deutschen Übersetzungen im Buchdruck

Abb. 28: Verbreitung der mittelalterlichen deutschen Übersetzungen im Vergleich zu den nachmittelalterlichen Übersetzungen

im

Buchdruck

Ausgrenzung und Vernetzung der Volkssprache

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humanist Erasmus im Widmungsbrief seines eigenen ›Cato‹ ein Dezennium später ausdrücklich abtun wird.427

6. Ausgrenzung und Vernetzung der Volkssprache Mag der ›Ulmer Cato‹ um die Mitte des 15. Jahrhunderts durch die Heranführung der gereimten Inhaltsparaphrase in der Volkssprache an den lateinischen Kommentar diese auch erstmals breitenwirksamer auf einem neuen Unterrichtsniveau legitimiert haben, und mag Sebastian Brant die deutsche Übersetzung zum Ende des Jahrhunderts so deutlich wie nie zuvor als Sprachwerk von eigenem Recht markiert haben: tiefgreifende Veränderungen erfahren lateinisch-deutsche Unterrichtsmaterialien weder in der Umgebung eines vermeintlichen »schwäbischen Frühhumanismus« noch aus der Feder des Basler »Proto-Humanisten«. Ein grundlegender Wandel tritt jedoch in den zwanziger Jahren des 16. Jahrhunderts ein. Vergleicht man das Gesamt der gedruckten Übersetzungen des Spätmittelalters, Brant eingeschlossen, mit den dann bis 1600 aufgelegen Ausgaben, treten schon den Zahlen nach deutliche Verschiebungen hervor: Sie gehen nämlich deutlich zurück (vgl. Abb. 28). Die Spitzenwerte, die für zweisprachig gedruckte deutsche Übersetzungen zwischen 1490 und 1520 zu verzeichnen sind, werden das ganze 16. Jahrhundert hindurch nicht mehr erreicht. Selbst der das 17. Jahrhundert weithin dominierende ›Cato‹ von Opitz kann sie mit 37 Ausgaben zwischen 1629 und 1746 allenfalls knapp in der Summe, aber nicht entfernt mehr in der Erscheinungsdichte der Ausgaben einstellen. Ganz offensichtlich wird die Volkssprache aus den gedruckten Unterrichtsmaterialien ausgegliedert. Der Verweis auf die humanistische Kritik an den spätmittelalterlichen Unterrichtsmaterialien reicht als Erklärung für den Verzicht auf deutsche Erschließungshilfen im Schuldruck seit den zwanziger Jahren nicht hin, und ebensowenig der auf den allgemeinen Rückgang der Schülerzahlen und die Krise des traditionellen gelehrten Unterrichts im Gefolge der Reformation, die den Markt für Schulausgaben einbrechen ließ.428 Zum einen waren die älteren zweisprachigen Drucke bis auf die erwähnte Brant-Ausgabe Bungarts um 1502 nie kommentiert, sodass die humanistische Verachtung der spätmittelalterlichen Kommentare hier gar keine _____________ 427 Siehe oben Exkurs 4. 428 Zahlen (Rückgang der Studentenzahlen an deutschen Universitäten auf ein Drittel) nennt ARNO SEIFERT: Der Humanismus an den Artistenfakultäten des katholischen Deutschland. In: Humanismus und Bildungswesen des 15. und 16. Jahrhunderts. Hg. von WOLFGANG REINHARD. Weinheim 1984 (Mitteilungen der Kommision für Humanismusforschung 12), S. 135-154, hier S. 145.

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Die Aufnahme der Volkssprache ins Schulbuch

Angriffsfläche fand, sich Kritik allenfalls auf den Verstext selbst richten konnte. Der ist, zum anderen, von dem zahlenmäßigen Einbruch nun aber bei weitem nicht in gleichem Maße betroffen. Die ›Disticha Catonis‹ finden im Gegenteil in Erasmus von Rotterdam einen denkbar wirkmächtigen Fürsprecher. Er wirft sich brieflich an Guillaume Budé (1468-1540) und 1514 in einem Widmungsschreiben an den Leidener Rektor Johannes Nevius für den spätantiken Text in die Bresche. Das Schreiben ist – dem Wort folgt auf dem Fuß die Tat – einer eigenen Neuausgabe des ›Cato‹ vorangestellt ist,429 die sogleich zum lateinischen Standard-›Cato‹ des 16. Jahrhunderts aufsteigt. Nach der bisher umfassendsten Zusammenstellung der Drucküberlieferung VAN DER HAEGHENs erscheinen von ihm bereits in den sechs Jahren zwischen 1514 und 1520 21 Ausgaben, deren Zahl sich bis 1600 dann auf 93 erhöht.430 Der Vergleich mit den lateinischdeutschen Drucken dieses Zeitraum ist noch einmal sehr erhellend: Selbst in der Summe erreichen sie jetzt nicht die Hälfte, während nur wenige Jahrzehnte zuvor für die Inkunabeldrucke das Verhältnis von deutschlateinischen Ausgaben zu lateinischen Ausgaben ohne Kommentar noch circa 1:15 zugunsten der zweisprachigen Ausgabe betrug. Während die vor allem im Bereich der vielfach wechselnden weiteren Textbeigaben überaus disparate Textgeschichte der zahlreichen Ausgaben des erasmianischen ›Cato‹ nicht untersucht ist, unterrichten über die von Erasmus selbst geschaffenen Voraussetzungen für den Erfolg seines ›Cato‹ die Beiträge von LE COULTRE (1929, S. 79-81), BOAS (1939), DESMET-GOETHALS (1975, S. 78-82) und PERRAUD (1998). So stellt Erasmus einen nach seinen Begriffen von Entstellungen bereinigten lateinischen Text her. Hier zieht er nun auch den griechischen Text des byzantinischen Mönchs Maximos Planudes hinzu (s. u. Exkurs 5). Im Prinzip arbeitet er als Textkritiker aber noch in der freien Manier, wie sie zuvor bereits Antonio Mancinelli an den ›Disticha Catonis‹ praktiziert hatte. Eine nach modernen Begriffen kritische Ausgabe, die die Lesarten der einzelnen Handschriften in einem Apparat ausweist, wird, wie schon bei den ›Fabulae‹ Avians, erst der niederländische Philologe Théodore Poelman 1568 erstellen.431 Indem Erasmus seinen ›Cato‹ im Verbund mit weiteren Erziehungsschriften und Sentenzensammlungen drucken lässt – Publilius Syrus, die ›Dicta septem sapientum‹,

_____________ 429 Vgl. zur Korrespondenz mit Budé PERRAUD 1999. Den ›Cato‹ des Erasmus konnte ich u. a. in den Ausgaben Straßburg 1515 (Ex. München, Bayerische Staatsbibliothek, 4 A.lat.a. 25), Löwen 1517 (Ex. Paris, Bibliothèque Nationale, Rés. Z-932) und Antwerpen 1524 (Emden, Johannes a Lasco-Bibliothek, Philos. 8° 0009H [lat.-gr.]) benutzen. 430 F. VANDER HAEGHEN: Bibliotheca Erasmiana. Répertoire des oeuvres d’Érasme. 3 Bd.e. Gent 1893. Unv. Nachdr. Nieuwkoop 1961, Bd. 2, S. 14-18. Die auf dieser Basis angegebenen Zahlen sind nur in der Tendenz, nicht absolut zu belasten, da VAN DER HAEGHENs Liste nicht vollständig ist. Vgl. zu einzelnen Ausgaben auch BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 967f. Nr. 93 (Köln: Quentell 1519) sowie: Kinder- und Jugendliteratur 1498-1950. Kommentierter Katalog der Sammlung THEODOR BRÜGGEMANN. Wenne, Osnabrück 1986-96, Bd. 2, S. 54f. Nr. 136 (Basel: Froben 1520). 431 Vgl. BOAS 1929.

Ausgrenzung und Vernetzung der Volkssprache

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Erasmus’ eigene ›Institutio hominis christiani‹, die ›Paraenesis ad Demonicum‹ des Isokrates –, konstituiert er mit einer Art Handbuch zugleich einen, so die Wortwahl bei DESMET-GOETHALS, »neuen Lektürekanon« (1975, S. 79).432 Das zeitgenössische Interesse an Sentenzen und Sprichworthaftem schlägt zuvor freilich schon in die Erläuterungen des ›Cato‹ selbst durch, in die der Rotterdamer, wie DESMET-GOETHALS zeigen konnte, Passsagen seiner eigenen ›Adagia‹ einfließen ließ. Der Kommentar selbst unterscheidet sich deutlich von seinen spätmittelalterlichen Vorgängern, von denen Erasmus den des Robert von Euremodio und den des Philipp von Bergamo kennt, die er beide, ohne freilich Namen zur Hand zu haben, böse verspottet. Vielfach beschränkt er sich nämlich darauf, zu jedem Distichon eine kurze Paraphrase in klarem und wohlgesetzten Latein anzubieten, die deren Bedeutung noch einmal in diskursiver Rede darlegt. So heißt es etwa zu I,2 (Plus vigila semper ...): Sensus est: cum vita vigilia sit iuxta Plinium, cauendum est ne maximam vitae partem somno perdamus, presertim cum e somnolentia vitia multa nascantur et corporis et animi. Dabei werden offenkundig selbst innerhalb solcher unauffälligeren Erläuterungen viele kleine Sinnverschiebungen und Sinnpräzisierungen vorgenommen. So ist im Verstext weder von Plinius die Rede, noch werden dort die vitia in solche des corpus und des animus aufgeteilt. Eine detaillierte Analyse des Erläuterungsapparates steht jedoch aus. So oder so wird man ihn aber kaum mehr »Kommentar« im aus dem Spätmittelalter geläufigen Sinn nennen wollen. DESMET-GOETHALS schwankt folglich in seiner Bezeichnung dieses in seiner Faktur neuartigen textbegleitenden Apparats (»dieser Kommentar oder die Glossen des Erasmus«: 1975, S. 78).

Nun muss zwischen den Verhältnissen auf der Seite der lateinischen und denen bei den lateinisch-deutschen Ausgaben allerdings klar unterschieden werden. Deshalb lassen sich die Erklärungsversuche LEONHARDTs, der im fraglichen Zeitraum einen vergleichbar markanten Rückgang von einsprachig-lateinischen Drucken antiker Autoren in der Form des Kollegheftes festgestellt hat, nicht ohne weitergehende Differenzierung auf die Verhältnisse des zweisprachigen Schuldrucks übertragen.433 Sowenig von _____________ 432 Neben der Textgeschichte des ›Cato‹ von Erasmus verdienten daher auch die Gebrauchstypen der späteren Drucke eine Untersuchung, und zwar insbesondere entlang der Frage, wieweit das Sentenzenhandbuch als solches stabil bleibt oder von den Druckern in unterrichtsnähere Einzelbestandteile zerlegt wird. 433 Vgl. LEONHARDT 2001, hier besonders S. 120: »Diese Entwicklung deutet auf mehr als auf einen Wechsel der didaktischen Mode; hier hat offensichtlich ein tiefgreifender Wandel kultureller Repräsentationsformen stattgefunden, der auch den Umgang mit antiken Werken in zentraler Weise betrifft.« Eine zureichende Erklärung wird nicht ohne Rücksicht auf die Formen auskommen, in denen im Unterricht selbst gelesen und geschrieben wurde, und auf ihren weiteren Wandel in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Die Erklärung LEONHARDTs, nach der eine »frische[], fast naive[] Antikenbegeisterung« (S. 123) von der Einsicht abgelöst worden sei, »dass die antiken Texte doch nicht so ganz unmittelbar zu uns sprechen« (S. 123) und aus diesem Grunde die massenhafte und gleichsam unvermitteltere Textbereitstellung im Kollegheft gegenüber der selteneren Gesamtausgabe an Attraktivität verloren habe, blendet grundlegende pragmatische Faktoren weitgehend aus. Zureichende Vorstellungsmodelle erfordern zum mindesten eine Textauswahl, die statt auf einem nicht näher explizierten Antikebegriff befragenswerter Angemessenheit auf dem Be-

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der Verbreitung der zweisprachig lateinisch-deutschen auf die der einsprachig lateinischen Ausgaben zurückgeschlossen werden darf, sowenig aber auch von der Sprachenverteilung in der Schriftlichkeit des gedruckten Schulbuchs auf die entsprechenden Verhältnisse im Unterrichtsgeschehen selbst. Es sei denn, man wollte in denselben Fehler zurückverfallen wie die späteren Kritiker des humanistischen Lateinunterrichts, die im 17. Jahrhundert dessen Scheitern nur deshalb konstatieren konnten, weil sie ihrer kritischen Wahrnehmung des älteren Zustands lediglich den Ausschnitt der gedruckten Quellen zugrundegelegt haben. Dagegen ist zu Recht betont worden, dass die Volkssprache im 16. Jahrhundert durchaus ihren Platz im Lateinunterricht besaß: Nur war dieser eben jetzt weithin auf die Mündlichkeit des Unterrichtsgeschehens beschränkt.434 Die Latinisierung des Lateinunterrichts im 16. Jahrhundert erstreckt sich hingegen vorwiegend auf die schriftlichen Unterrichtsmaterialien. Das vermag – um nur ein ganz beliebiges Beispiel aus der Vielzahl der Belege in den Schulordnungen des 16. Jahrhunderts zu nennen, die Deutsch und Latein in enger mündlicher und handschriftlicher Verschränkung zeigen – unter direktem Bezug gerade auf den einsprachig-lateinischen ›Cato‹ des Erasmus nachdrücklich etwa die Nördlinger Schulordnung von 1521 bewusst zu halten: Die dritten stund soll man jnen zwen vers jm Cathon der sitten verteutschen vnnd sy der auslegung herren Erasmen von Roterdams daruber ordenlich berichten. vnnd jnen solliche vers vnnd auslegung nit ain mal, sonnder zway der drey mal vorsagen, das sy die dester eher begreiffen mugen. [Schulordnungen und Schulverträge, S. 220 Z. 16-20]

Auf einer erweitert als gestaltbar wahrgenommenen Medienskala der Sprachverwendung erscheint die markante Verschiebung der Sprachenrelationen im gedruckten Schulbuch weniger als vollständiger Rückzug der Volkssprache denn als Effekt lediglich weitergehend durchgreifender Regulierung der Sprachenverteilung, die eben jetzt bis in die Verteilung der Sprachen auf die medialen Zugänge hinunterreicht. Lediglich konsequenter werden jetzt die verschiedenen Sprachen voneinander abgesetzt. In der Folge bedarf es seit den zwanziger Jahren des 16. Jahrhunderts einer eigenen und ausdrücklichen Rechtfertigung für das, was sich bei Brant 1498 noch von selbst verstand: Verwendung des Deutschen in gedruckter Form. Diese Rechtfertigung findet die Volkssprache allerdings _____________ stand der im Unterricht selbst gelesenen Texte gründet. So bleiben die spätantiken, von LEONHARDT wohl daher nicht erwähnten ›Disticha Catonis‹ trotz des auch an ihnen zu beobachtenden Rückgangs gedruckter Kolleghefte im Unterricht höchst lebendig, wobei ihre Verbreitung gerade von einem umfangreichen Sentenzenhandbuch, der Ausgabe nämlich des Erasmus, gefördert wird. 434 Vgl. PUFF 1995, besonders S. 318-320.

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nicht sofort, und auch später nur in beschränktem Maße, sodass die neue Konsequenz in der medialen Absetzung der Volkssprache unmittelbar deren Ausgrenzung aus den gedruckten Unterrichtsmaterialien und mittelfristig eine quantitative Marginalisierung zur Folge hat. Diese ist Effekt genuin humanistischen Bemühens um den Rückgewinn und die Reinhaltung der lateinischen Sprache in ihrer ursprünglich-klassischen, von mittelalterlichen Veränderungen unberührten Gestalt. Dabei lag das Zentrum der Anstrengungen weniger auf der Systemgrammatik, der Erarbeitung eines grammatischen Systems des klassischen Lateins, als vielmehr auf einem verstärkten Augenmerk auf den praktischen Sprachengebrauch an vorbildlichen Beispielen. Entsprechend zahlreich sind die Belege für eine geforderte Entmischung von der Volkssprache im Gebrauch.435 Das gedruckte Buch ist nur dessen besonders sichtbare Spielart, sodass seit den zwanziger Jahren lateinisch-deutsche Mischtexte auch im Bereich der gedruckten Lateingrammatik seltener werden.436 Für die Seite der im Lateinunterricht gesprochenen Sprache wird mit einer Forderung der einflussreichen437 ›Braunschweiger Kirchenordnung‹ Johannes Bugenhagens (1485-1558) von 1528 deutlich, dass die Entmischung zugleich didaktische Effekte impliziert: Id schadet ock nicht, dat me se vp etlike tidt examinere vnde höre wo se düdesch reden, dat se nicht dat eynne int andere werpen vnde vnuorstendich reden etc. [Evangelische Schulordnungen, Bd. 1, S. 15]

Mit dem Verlangen nach schärferer Grenzziehung tritt nicht weniger als die zentrale Funktion des Lateinunterrichts deutlicher hervor, Lateinsprachkenntnisse zu vermitteln – Lateinunterricht eben zu sein und nicht etwa Deutschunterricht. Daher betont Philipp Melanchthon (1497-1560) 1528 in seiner einflussreichen ›Kursächsischen Schulordnung‹: Erstlich, sollen die schulmeister vleis ankeren, das sie die kinder allein lateinisch leren, nicht deudsch oder grekisch, oder ebreisch, wie etliche bisher getan, die armen kinder mit solcher manchfeltickeit beschweren, die nicht allein vnfruchtbar, sondern auch schedlich ist. [Evangelische Schulordnungen, Bd. 1, S. 5]438

Von solchen Bestrebungen zur Sprach-Entmischung fällt noch einmal ein erhellendes Licht zurück auf die Sprachenverhältnisse in den älteren Un_____________ 435 436 437 438

Vgl. etwa PUFF 1995, S. 212-226, 298, 324. PUFF 1995, S. 285. Vgl. HETTWER 1965, S. 36-51. Vgl. zur Stelle auch KRISTIAN JENSEN: Die lateinische Grammatik Melanchthons: Hintergrund und Nachleben. In: Melanchthon und das Lehrbuch des 16. Jahrhunderts. Begleitband zur Ausstellung im Kulturhistorischen Museum Rostock 25. April bis 13. Juli 1997. Hg. von JÜRGEN LEONHARDT. Rostock 1977 (Rostocker Studien zur Kulturwissenschaft 1), S. 59-99, hier S. 61.

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terrichtsmaterialien, auf die allgemeine Sprachengebrauchssituation, der sie entwachsen sind und die generell eine »Selbstverständlichkeit [der] Koexistenz«439 von Latein und Deutsch kennzeichnete. Wo unter solchen Bedingungen die Volkssprache an den lateinischen Unterrichtstext herangezogen wird, kann das dann ja gerade nicht in einer funktional schon derart distinkten Art geschehen sein, nach der die Texte in der einen »Sprache« (Latein) durch die in einer anderen »Sprache« (Deutsch) weitergehend erhellt hätten werden sollen.440 Im Zusammenspiel mit einer sich allenthalben wandelnden Sprachensituation charakterisiert es die Verhältnisse im 16. Jahrhundert übergreifend aber nicht nur, dass das Deutsche über weite Strecken aus dem gedruckten Schulbuch ausgegrenzt wird, sondern gleichsam kompensatorisch ebenso seine nun über ganz neue Reichweiten sich erstreckende Vernetzung mit benachbarten Volkssprachen. Dieser Vorgang lässt sich auch auf anderen Gebieten, etwa dem der Lexikographie beobachten.441 Er hat, darin der Abgrenzung der Volkssprache vom Lateinischen vergleichbar, ebenfalls die bereits im 15. Jahrhundert zunehmende Deutlichkeit zur Voraussetzung, Sprachendifferenzen zu markieren. Mit der Durchsetzung des Buchdrucks steigt nun für die Zeitgenossen des 16. Jahrhunderts die Wahrnehmbarkeit ihrer eigenen Volkssprache als Sprache eigenen Rechts nicht allein mehr nur quasi »vertikal«, durch Absetzung von der Bildungs- und Gelehrtensprache des Lateinischen, sondern nun auch »horizontal«, nämlich durch Ausbau der Vergleichsmöglichkeiten mit den Volkssprachen der europäischen Nachbarn. Die ›Disticha Catonis‹-Drucke des deutschen Sprachraums haben an diesem Vorgang seit dem zweiten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts Anteil. Seither werden neben zweisprachigen Ausgaben auch dreisprachige aufgelegt. Ihre Reihe eröffnet ein lateinisch-tschechisch-deutscher Druck, in dem die deutschen Anteile nach der Übersetzung Brants bereitgestellt werden und der 1518 in der auf die Versorgung des böhmischen Raumes mit Büchern spezialisierten Nürnberger Offizin Hieronymus Hölzels erscheint (SB-Dr 28).442 Ebenfalls Brants Übersetzung liegt auch den in einem halben Dutzend seit 1535 zuerst in Krakau erscheinenden lateinischpolnisch-deutschen Ausgaben zugrunde, von denen eine letzte für 1575 _____________ 439 GRUBMÜLLER 1986, S. 45. 440 Vgl. dazu auch die abschließenden Überlegungen in der Zusammenfassung dieser Untersuchung. 441 Vgl. PETER O. MÜLLER: Deutsche Lexikographie des 16. Jahrhunderts. Konzeptionen und Funktionen frühneuzeitlicher Wörterbücher. Tübingen 2001 (Texte und Textgeschichte 49), hier etwa S. 552, 554, 560. 442 Vgl. zu dieser Ausgabe ausführlich BOK (im Druck).

Libelli de institutis vitae communis

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nachzuweisen ist (SB-Dr 31-33, 35-37).443 Weiterhin gehören – bereits an den Rändern des dieser Arbeit gesteckten Untersuchungszeitraums – die lateinisch-ungarisch-deutsche Erstausgabe des ›Klausenburger Prosa-Cato‹ aus Siebenbürgen von 1620, deren deutscher Text eigens neu erstellt wurde (KC-Dr 1: s. u. Kap. III.9.1), und schließlich noch JF-Dr 12 hierher, ein zwischen 1619 und 1645/46 in der württembergischen Exklave Mömpelgard erschienener lateinisch-französisch-deutscher Druck der ›Disticha Catonis‹, der die Fries’sche Übersetzung von 1551 verarbeitet. Diese dreisprachigen Drucke zielen jeweils dezidiert in Sprachregionen und auf Käuferkreise, in denen mehrere Volkssprachen rezent genutzt werden. Sie sind daher von den lateinisch-griechisch-deutschen zu unterscheiden, die allein die Bildungssprachen des gelehrten Unterrichts ansteuern.444 Durch ihre Verbreitung im Druck werden benachbarte Volkssprachen als eigene sprachliche Größen dem Einzelnen über seinen unmittelbaren Erfahrungsraum hinaus in neuer Breite wahrnehmbar. In der Wahrnehmung der Zeitgenossen konnte durch die Einbeziehung der Nachbarsprachen in die Druckschriftlichkeit tendenziell jede eigene Volkssprache für sich gegenüber dem Lateinischen an zusätzlichem Gewicht gewinnen.445

7. Libelli de institutis vitae communis: Die »Verschulung« der Laienlektüre Nach der Ausgliederung der deutschen Reimpaarübersetzung aus dem gedruckten Schulbuch findet der ›Cato‹ Brants im deutschen Sprachraum nur noch ein einziges Mal seinen Weg in den Druck. Nach einer Pause von 18 Jahren erscheint ein Brant-›Cato‹ noch einmal bei Sebastian Wagner in Worms 1538 (SB-Dr 34), nun allerdings in einem Büchlein, das statt auf den gelehrten Lateinunterricht auf den gelehrten Laien ausgerichtet ist. Unterrichtsverwendung im engeren Sinne wird weder in Bildbeigaben anvisiert oder qua Titelgebung, noch ist das die Rezeption entsprechend ausrichtende lateinische Widmungsgedicht Brants beigegeben. Als einziges Ausstattungsmerkmal des anspruchslos gestalteten Oktavbändchens von _____________ 443 Vgl. zu diesen ausführlich DREWELOWSKY (im Druck). 444 Siehe zu deren Aufkommen und Verbreitung unten Exkurs 5. 445 Befremdlich-hypertrophe Formen nimmt die Mehrsprachigkeit in einer hexaglotten ›Cato‹Ausgabe von 1759 an, die dem lateinischen Text den griechischen von Scaliger sowie einen englischen, den deutschen von Martin Opitz, einen niederländischen und einen französischen zur Seite stellt und auf Christian Gottlieb König (1711-81) zurückgeht: vgl. BOAS 1935.

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etwas über 20 Blättern Umfang lässt allein seine Zweisprachigkeit noch an den Lateinunterricht denken. Der Titel stellt sie so heraus: CATO | Des aller wei=|sesten Catons vnder=|weisung vnd ler / von zier=| lichen vnnd tugent=|reichen sitten: | Mit h==|chstem fleiß / zu Latein vnd | Deutsch / inn diß Büch=|lin zusamen bra=|cht etc. [SB-Dr 34, Bl. A1r]446

Der Präpositionalausdruck mit h=chstem fleiß zielt dabei nicht auf die Übersetzungsleistung, sondern durchaus schlichter nur auf die Vereinigung der beiden Sprachen als solche in einem einzigen Buch: zu Latein vnd Deutsch inn diß Büchlin zusamen bracht. Wie mit dem Widmungsgedicht Brants auf die Darlegung von Übersetzungsprinzipien verzichtet ist, so mit dem Verzicht auf die namentliche Anführung des Übersetzers Brant – allein der antike Autor, der aller weiseste Caton, wird von Wagner bekannt gemacht – auf eine Rückbindung der Übersetzungsleistung an eine diese verantwortende Autorität. Entscheidender als Fragen der sprachlichen Ausgestaltung im Detail erscheint demgegenüber die Anbindung des nützlichen Inhalts, der vnderweisung vnd ler von zierlichen vnnd tugentreichen sitten, überhaupt an das Prestige des Lateinischen. Die Verbindung der Sprachen wird nicht vom Lateinunterricht her und aus der Perspektive der lateinischen Bildungswelt wahrgenommen, sondern aus der Distanz der volkssprachlich geprägten Welt des Laien heraus, in der das Deutsche im Vordergrund steht. Genauso bringt es auch eine typographische Besonderheit des Drucks zum Ausdruck. In Anlehnung an ältere Schulausgaben erscheinen lateinische und deutsche Verse zwar im üblichen Wechsel und sind die Sprachen überdies durch unterschiedliche Schrifttypen geschieden. Aber die deutschen Textanteile unterlaufen die Vorordnung des Originals insofern, als sie in einem deutlich größeren Schrifttyp gesetzt sind als die lateinischen Verse, die somit in den Hintergrund treten. Dieser Befund von 1538 lässt sich verallgemeinern. Die konsequent zweisprachige Textdarbietung, aus der für den deutschen Text die Ausrichtung an Bestand und Folge des lateinischen Vorbilds folgt, erscheint _____________ 446 Das bei WILHELMI ausgewiesene Exemplar der Bayerischen Staatsbibliothek München mit der Signatur A.lat.a. 51 ist nach schriftlicher Mitteilung der Bibliothek vom 3.2.2005 unauffindbar. Benutzt wird nachstehend das bei WILHELMI 1990, S. 100 Nr. 296, im VD 16 unter Nr. C 1709 und bei WORSTBROCK 1976, S. 43f. unter Nr. 112 nachzutragende Exemplar der Stadtbibliothek Worms mit der Signatur -Mag- W:Dr 15. Ihm fehlen die Blätter C13, deren Text jedoch im 19. Jahrhundert handschriftlich nachgetragen wurde. Überdies ist Bl. C6 nur in Form einer Kopie eingelegt. Als Umfang gibt das VD 16 zum einzig dort aufgeführten, jetzt verschollenen Exemplar aus München 22 Blätter an, WILHELMI hingegen, der noch ein weiteres Exemplar der University Library in Urbana/llinois kennt, 24 Blätter. Das Wormser Exemplar weist 18 originale Blätter auf, die teilweise lückenhaft und nicht fehlerfrei als A1-8, B1-8 und C4f. durchgezählt sind, und die vier ergänzten C1-3 und C6. Daraus ergibt sich ein Umfang von nur 22 Blättern.

Die »Verschulung« der Laienlektüre

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seit den dreißiger Jahren des 16. Jahrhunderts nicht mehr als ein allein an den institutionalisierten Lateinunterricht und die Bildungswelt des Gelehrten gebundenes Aufbereitungsmerkmal, sondern ist nun öfter auch im Rezeptionsbereich des gebildeten Laien anzutreffen. Die Funktionalisierung des Prestiges der lateinischen Sprache als solche ist – man erinnere sich nur an den zweisprachigen ›Losbuch-Cato‹ von 1498 und seine entstellten lateinischen Textinitien – beileibe keine Novität.447 Ihre konkrete Ausgestaltung 1538 aber indiziert eine inzwischen angestiegene Durchlässigkeit der Bildungs- und Kulturbereiche. Man erinnere sich vergleichsweise nur noch einmal an die Entstellungen des lateinischen Textes in den Initien des ›Losbuch-Cato‹, die den sprachlich-praktischen Gebrauchswert ganz hinter den Signalwert zurücktreten lassen. Der Wagner’sche Brant hingegen wagt die Wiedergabe des lateinischen Textes in vollständiger Form, rechnet also durchaus mit einer gewissen Verwendbarkeit auch des Originaltextes durch entsprechend kompetente Laien. Der breitere Auftritt des gebildeten, lateinkundigen Laien, dessen Vertreter im gehobenen Bürgertum, im Umkreis der Ratsfamilien, der akademisch ausgebildeten Stadtverwaltung und Geistlichkeit zu suchen sind, zeigt sich in den ›Cato‹-Ausgaben des 16. Jahrhunderts in mehreren Facetten. In der Form des Rückgriffs auf spätmittelalterliche Textbestände und der Transformation ehedem wissenschaftlich-gelehrter Darbietungsformen für die Laienlektüre448 schlägt er sich an anderer Stelle, in den späten Ausgaben des ›Niederrheinischen Cato‹, einerseits sehr viel deutlicher als in Worms 1538 nieder. Andererseits werden dort nun aber die lateinischen Textanteile gerade gezielt ausgeblendet (s. u. Kap. III.7.1). Neben der Verschiebung spätmittelalterlicher Textzweige in neue Rezeptionsbereiche steht die tendenziell ambivalent angelegte Neuproduktion der zweisprachigen Ausgabe, die sich einerseits zwar dem gebildeten Laien anempfiehlt, andererseits aber in einem gewissen Maße auch mit einer gelegentlichen Verwendung im Lateinunterricht gerechnet zu haben scheint, ohne dies jedoch eindeutig zu propagieren. Für diese Form der Annäherung laikaler an gelehrte Gebrauchsräume steht die ›Cato‹-Ausgabe Abraham Moters von 1535 (s. u. Kap. III.7.2). Sie ist für Vereindeutungen in beide Richtungen hin offen. Und beide Wege werden für sie auch eingeschlagen: _____________ 447 Im Kontext der deutschen Rezeption lateinischer Fabeln lässt sich ergänzend auf die lateinischen Initien im ›Nürnberger Prosa-Äsop‹ verweisen: Nürnberger Prosa-Äsop. Hg. von KLAUS GRUBMÜLLER. Tübingen 1994 (ATB 107), S. XIX. 448 Vergleichen lässt sich dem der Vorgang der Popularisierung spätmittelalterlichen medizinischen Fachwissens im 16. Jahrhundert: ORTRUN RIHA: Vom mittelalterlichen »Hausbuch« zur frühneuzeitlichen »Hausväterliteratur«: Medizinische Texte in Handschrift und Buchdruck. In: Die Gleichzeitigkeit von Handschrift und Buchdruck. Hg. von GERD DICKE und KLAUS GRUBMÜLLER. Wiesbaden 2003 (Wolfenbütteler Mittelalter-Studien 16), S. 203-227, hier besonders S. 224-227.

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1560 in Hamburg (AM-Dr 6) mit einem niederdeutschen Moter-Florileg und 1617 in Leipzig (AM-Dr 12) mit einer lateinisch-griechisch-deutschen Schulausgabe. Die Sprachenkompetenz des Laien kann den Durchschnitt des gelehrten Unterrichts und seiner Schulausgaben vereinzelt, in sozial hochstehenden Umgebungen, schließlich sogar beträchtlich übersteigen. Eindrucksvoll belegt dies der an die patrizische Oberschicht Augsburgs gerichtete deutsche ›Cato‹ eines Johannes Baptista Caesarius. Lateinischgriechisch-deutsche Textausgaben für Unterrichtszwecke werden, unter Heranziehung dann bereits der Übersetzung von Martin Opitz, erst im 17. Jahrhundert erarbeitet. Caesarius bietet dem gelehrten Laien diese Sprachentrias bereits 1585 (s. u. Kap. III.7.3). Nach der Zäsur in den zwanziger Jahren erscheinen neben der späten Wormser Brant-Ausgabe von 1538 weitere Ausgaben für den Laien bereits um 1525 (N-Dr 5) und 1530 (N-Dr 6) – hier jeweils der ›Niederrheinische Cato‹ – und werden die ersten Moter-Drucke 1535, 1537, 1541 und 1543 aufgelegt. Schulausgaben werden dagegen erst seit Mitte der vierziger Jahre wieder erstellt. Es scheint sich somit im 16. Jahrhundert eine bereits aus dem beginnenden Spätmittelalter bekannte Konstellation zu wiederholen: Übersetzungen ins Deutsche werden zuerst für den außerschulischen Gebrauchsraum geschaffen, während sie der institutionalisierte Unterricht mit Verzögerung berücksichtigt – vielleicht überhaupt erst deshalb, weil erst die vorgängige Verbreitung außerhalb des konservativeren, auf die lateinische Sprache fixierten schulischen Gebrauchsraums die Bereitschaft zur Integration der Volkssprache gesteigert und Zugangsschwellen abgesenkt hat. Allerdings vollzieht sich dieser Vorlauf in der Frühen Neuzeit unter gegenüber dem Spätmittelalter sehr gewandelten Vorzeichen. So kann beispielsweise nun auf ein vorhandenes Korpus von älteren Texten zurückgegriffen werden, die nach ihrer Aussonderung aus dem Lateinunterricht verfügbar geworden sind (›Niederrheinischer Cato‹, Sebastian Brant). Dem 13. Jahrhundert standen solche Vorleistungen noch nicht zur Verfügung. Und während der Verfasser des Rumpf-›Cato‹ im 13. Jahrhundert mit seinem Prolog noch eine Vermittlungssituation entwirft, in der die Lehren des ›Cato‹ von einem Sprecher einem Kollektiv von Anwesenden zu Gehör gebracht werden, sind diese Lehren dem Interessierten im 16. Jahrhundert im gedruckten Buch materialiter sehr viel leichter und sehr viel preiswerter zugänglich: Sie stehen einer Aneignung durch den einsamen Leser offen, der sich dem Text allein nach lust und gemFt zuwenden darf, ohne dass sein Sinnverständnis noch unmittelbar an ein simultan anwesendes Rezeptionskollektiv gekoppelt wäre.

Die »Verschulung« der Laienlektüre

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7.1 Kontextwandel eines Erstlesebuchs: Die Druckausgaben des ›Niederrheinischen Cato‹ zwischen 1500 und 1570 Der Ausfall konkurrierender Übersetzungen in Kombination mit der ausgeprägten regionalen Bindung hat für den ›Niederrheinischen Cato‹ schon frühzeitig die Adaptation des Erstlesebuchs für die Laienlektüre angestoßen. Ihr augenfälligstes Merkmal war die Ausblendung der schultypischen Beigabe des lateinischen Grundtextes. Wirklich durchgreifende systematische Textanpassungen hingegen blieben aus, der Versbestand beispielsweise allenthalben im Prinzip unverändert. Dabei muss der ›Niederrheinische Cato‹ den Weg in die Hände des einsprachigen Lesers noch häufiger gefunden haben, als das am Bestand erhaltener Handschriften sichtbar wird. Seine Verbreitung wird nämlich seit der bei Zell um 1500 aufgelegten Ausgabe N-Dr 4 überhaupt nur noch vom Laienleser getragen. Keine der vier Ausgaben ab 1500 erscheint noch zweisprachig. In ihren Bildbeigaben versucht nicht eine, sich ihren Käufern für den Lateinunterricht anzuempfehlen.449 N-Dr 4, die erste der einsprachigen Ausgaben, schließt mit einem Holzschnitt, der Christus am Kreuz zwischen je sechs knienden Männern links und Frauen rechts zeigt. N-Dr 5 zeigt auf der Eingangsseite Bl. 1r Christus bei Johannes dem Täufer und auf der Schlussseite Bl. 12v Christus im Grabgewölbe des Lazarus, aus dem der Sarg zu ihm herangetragen wird, während die Frauen im Hintergrunde stehen. N-Dr 6 wartet auf der Titelseite mit einer Darstellung von Jesus Sirach auf, der seine rechte Hand im Lehrgestus erhebt, während die Linke ein Schriftband hält. N-Dr 7 zeigt Christus auf einem Lehrstuhl, mit seiner Rechten in ein auf den Knien liegendes, großformatiges und voluminöses offenes Buch weisend, die Linke im belehrenden Gestus erhoben haltend, um sich herum sieben Zuhörer sehr unterschiedlichen und teils sehr hohen Alters versammelnd, von denen nun freilich nicht einer ein Buch in den Händen hält. Mit solchen Bildaustattungen wird statt dem buchgestützten Unterricht das sehr viel vagere Interesse des Laien an der Sicherung des eigenen Heils, an welche Aufgabe ihn Tod und Auferstehung erinnern können, angesprochen und der ›Cato‹ dieser Sicherung als Hilfsmittel anempfoh-

_____________ 449 Der Vergleich mit den drei zweisprachigen Ausgaben N-Dr 1 bis N-Dr 3 lässt sich zwar nicht direkt ziehen. N-Dr 1 und N-Dr 2 verfügen noch über keine Titelblätter und haben als Illustration nur eine Salvator mundi-Darstellung als Stützsatz inmitten des Buchblocks aufzuweisen, die den ›Cato‹ vom anschließenden ›Facetus‹ trennt. N-Dr 3 verfügt nur über einen Label-Titel. Aufschlussreich ist aber der Vergleich mit den Schulausgaben Quentells, die den entsprechenden Gebrauchsraum konventionell in vorangestellten Holzschnitten imaginieren. Vgl. die Hinweise bei SCHMITZ 1990, S. 210.

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len.450 Auf programmatisch ausgearbeitete Gebrauchsentwürfe brauchen die Bilder dabei gar nicht zu führen. Es könnte nicht überraschen, wenn für sie hier und da alte Druckstöcke, die gerade als passend empfunden wurden, eingesetzt worden sein sollten. Entscheidend ist, dass die Unterweisung in eine christliche Lebensführung im Verständnis der Zeit sehr viel mehr umfasst als die Vermittlung im engeren Sinne christlichen, etwa katechetischen Grundwissens. Daher ist dem Kaiser-Druck von 1570 auf seinem Titelblatt beides zugleich gestattet, einerseits visuell Christus als Lehrer auftreten lassen, andererseits verbal allein dem historischen Cato die Lehrerrolle zuweisen, ohne dass das ein Bruch wäre: Catho Teutsch | Von gemeinem Leben dieser zeit. | Sch=ne gebot vnd Lehr / Welche | der Weise Mann Catho seinen | Son gelehrnet hat, ist die Lehrszene überschrieben. Die untergesetzten Verse Wer lust zu guten sitten hat / Vnd wem sein gemFt nach Tugent stat Der liß diß bFchlein mit verstant / Es gibt jm des ein bericht zuhant.

benennen charakteristische Merkmale der Laienlektüre. Frei von unmittelbaren äußerlichen Zwängen mag, wem nur eben der Sinn nach Tugendunterweisung steht, sich des ›Cato‹ bedienen, wobei als typische Rezeptionsform an individuelle Einzellektüre gedacht ist. Ein ehedem zwar nur auf den elementaren Lateinunterricht zielender, aber doch dem Anspruch und der grundsätzlichen Eignung nach durchaus »wissenschaftlicher« Text des Spätmittelalters erscheint, ohne in der Substanz entsprechend signifikante Umformungen erfahren zu haben, im 16. Jahrhundert ganz in außerschulische Gebrauchszusammenhänge verschoben.451 Diese Verschiebung muss auch im Kontext von Vorgängen gesehen werden, die den Kölner Lateinunterricht als solchen in den Dezennien um 1500 verändern. Sie treten in den Kölner ›Disticha Catonis‹Drucken ohne volkssprachige Anteile einmal als Re-Latinisierung, zum zweiten als Internationalisierung hervor. Zur Re-Latinisierung: Inkunabeln nur mit dem lateinischen Text erscheinen zweimal um 1490 sowie 1492, 1494 und 1496, und zwar durchweg in der auf die Versorgung der Universität mit Studientexten speziali_____________ 450 SCHMITZ 1990, S. 210, bezeichnet die Illustrationen von N-Dr 4 und N-Dr 5 hingegen als »wenig passend«, und GRAFFUNDER 1897a, S. 5, erkennt in N-Dr 5, Bl. 1r, nur »ein Bild, das mit dem Inhalte nichts zu thun hat«. 451 Die Zuordnung des ›Cato‹ der Lupuspresse (N-Dr 6) zur Textsorte »Grammatik« bei HOFFMANN ist von daher verfehlt: WALTER HOFFMANN: Entregionalisierung im Kölner Buchdruck in den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts? In: Die deutsche Schriftsprache und die Regionen. Entstehungsgeschichtliche Fragen in neuer Sicht. Hg. von RAPHAEL BERTHELE [u. a.]. Berlin, New York 2003 (Studia Linguistica Germanica 65), S. 231251, hier S 235 Nr. 47.

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sierten Offizin Heinrich Quentells und stets in Verbindung mit dem wissenschaftlichen Schulkommentar ›Summi Deus largitor premii‹ (›Glossule Catonis‹).452 Die Ausstattung mit Kommentar weist in gehobenere Unterrichtsniveaus. Entsprechend kann für die drei lateinisch-deutschen Drucke Guldenschaffs (N-Dr 1, N-Dr 2) und Landens (N-Dr 3) ein vorgeordnetes Unterrichtsniveau reklamiert werden – zumal vor dem Hintergrund der vor 1500 im gesamten ober- und mitteldeutschen Raum zahlreichen lateinisch-deutschen ›Disticha Catonis‹-Ausgaben, die den drei ältesten des ›Niederrheinischen Cato‹ im Verzicht auf Glosse und Kommentar dem Typ nach an die Seite zu stellen sind. Ab der Jahrhundertwende allerdings kann von einer solchen Auffächerung nach Unterrichtsniveaus innerhalb eines den deutschen wie den lateinischen Text umfassenden Gebrauchsfeldes »institutionalisierter (Latein-) Unterricht« keine Rede mehr sein. Auf der einen Seite setzen die Kölner Drucker der ›Disticha Catonis‹ zunächst die Tradition der Quentell’schen Universitätsausgaben fort, d. h. sie bieten nur den lateinischen Text, und diesen stets mit einem umfangreichen Kommentar spätmittelalterlichen Zuschnitts.453 Jedoch ist diese Darbietungsform nur noch bis ins zweite Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts anzutreffen, ab dem nicht nur in Köln, sondern überhaupt im deutschen Sprachraum mittelalterliche Unterrichtswerke/-kommentare weithin von moderneren, humanistisch ausgerichteten abgelöst werden. Auf der anderen Seite lassen sich die ›Cato‹-Ausgaben ab dem zweiten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts, von denen das VD 16 derzeit bis 1575 fünfzehn ausweist,454 zwar nicht mehr so einfach wie die vorangehenden verschiedenen _____________ 452 Vgl. GW Nr. 6306f., 6309f. und 6314. Zum Quentell’schen Verlagsprogramm vgl. SEVERIN CORSTEN: Universität und Buchdruck in Köln. Versuch eines Überblicks für das 15. Jahrhundert. In: S. C.: Studien zum Kölner Frühdruck. Gesammelte Beiträge 1955-1985. Köln 1985 (Kölner Arbeiten zum Bibliotheks- und Dokumentationswesen 7), S. 123-137. 453 Vgl. Heinrich Quentell (Erben), 1501 (VD 16 Nr. C 1582): Chato cum glosa et moralisatione (= ›Glossule Catonis‹, M. B.); Heinrich Quentell, 1505 (VD 16 Nr. C 1586): Cato cum glosa et moralisatione (vermutlich ›Glossule Catonis‹); Martin von Werden, 1506 (VD 16 Nr. C 1587): Cato moralisatus cum elegantissimo commento (dito); Martin von Werden, um 1510 (VD 16 Nr. C 1589): Cato moralissimus cum elegantissimo commento (dito); Martin von Werden, 1511 (VD 16 Nr. C 1590): Cato moralissimus cum elegantissimo commento (dito). Eine weitere Quentell-Ausgabe von 1502 nennen BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 967 (bei Nr. 92). Auch der Kölner Druck des ›Cato‹ Brants erscheint entsprechend ausgestattet. 454 Vgl. VD 16 Nr. ZV 3151 (Martin von Werden, 1514), ZV 3152 (Heinrich Quentell [Erben], 1515), ZV 3154 (Heinrich Quentell [Erben], 1517); C 1604 (Heinrich Quentell [Erben], 1519); C 1673 (Johann Soter, 1521); C 1611 (Hero Alopecius [Fuchs], 1523); C 1612 (Johann Soter/Gottfried Hittorp, 1523); C 1614 (Johann Soter/Gottfried Hittorp, 1524); C 1615 (Peter Quentell, 1527); C 1616 (Eucharius Cervicernius, 1528); ZV 3160 (Johann I. Gymnich [Witwe], 1541); ZV 3164 (Martin Gymnich [Witwe], 1552); ZV 3141 (Walther Fabritius, 1558); C 1678 (Arnold Brinckmann d. Ä., 1571); C 1679 (Arnold Brinckmann d. Ä., 1575).

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Unterrichtsniveaus zuordnen, sind sie aber sicher nicht ausschließlich für den Universitätsbetrieb, sondern zu einem großen Teil auch für die Versorgung der Gymnasien gedacht gewesen, die aus den der Artistenfakultät angegliederten Bursen hervorgegangen sind.455 In ihrem durchgehenden Verzicht auf die Aufnahme der Volkssprache in gedruckter Form zeigen diese Ausgaben eine generelle, auch voruniversitäre Einrichtungen erfassende Re-Latinisierung des Lateinunterrichts an. Zur Internationalisierung: Den seit dem zweiten Jahrzehnt in Köln erscheinenden Ausgaben liegt regelmäßig jener von Erasmus von Rotterdam zuerst 1514 in Löwen in den Druck gebrachte ›Cato‹ in der Erweiterung zu jenem »neue[n] Handbuch für den Schulunterricht«456 zugrunde, das in ganz Europa erfolgreich war. Die Re-Latinisierung des Lateinunterrichts wird also seit den zwanziger Jahren von seiner Internationalisierung begleitet, indem man sich nun statt nur auf Universitätsniveau (Heranziehung des ›Summi Deus largitor premii‹-Kommentars französischer Herkunft) überhaupt an überregionalen Vorgaben der Textauswahl und aufbereitung orientiert. Für die aus dem Spätmittelalter überkommene, regional gebundene Insellösung des ›Niederrheinischen Cato‹ ist auch von daher im Schulunterricht kein Platz mehr. In der Aich’schen Ausgabe von 1530 ist, wie bei ihren Vorgängern, auf eine Umarbeitung des ripuarischen in einen hochdeutschen Text verzichtet, obwohl andere Textsorten in Köln solcher »Verhochdeutschung« bereits vorher durchaus unterzogen wurden und Kölner Drucke in hochdeutscher Sprachform gerade in den dreißiger Jahren dann die in ripuarischer zu überwiegen beginnen.457 Zudem erscheint der ›Niederrheinische Cato‹ bei Arnd von Aich in einer Offizin, die überhaupt auf volkssprachige Produkte spezialisiert war: Auch von dieser Seite erscheinen die späten, einsprachigen Ausgaben des ›Niederrheinischen Cato‹ als nurmehr speziell _____________ 455 Vgl. ERICH MEUTHEN: Die alte Universität. Köln 1988 (Kölner Universitätsgeschichte 1), S. 91-100, und besonders GÖTZ-RÜDIGER TEWES: Die Bursen der Kölner ArtistenFakultät bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts. Köln, Weimar, Wien 1993 (Studien zur Geschichte der Universität zu Köln 13). Belege für die kontinuierliche Verankerung der ›Disticha Catonis‹ im Kölner Studienprogramm bringt MEUTHEN S. 230 (um 1509), 232 (1523/25) und 309 (1574/77). 456 DESMET-GOETHALS 1975, S. 79. 457 Vgl. zum Übergang von der schreibsprachlichen Autozentrierung der Kölner Hand- und Druckschriftlichkeit zur Heterozentrierung im 15. und 16. Jahrhundert neben dem einschlägigen HSK-Artikel von WALTER HOFFMANN und KLAUS J. MATTHEIER (Die Stadt in der neueren deutschen Sprachgeschichte III: Köln. In: Sprachgeschichte 1998/2003, Bd. 3, S. 2321-2340) zuletzt den Aufsatz von WALTER HOFFMANN, der die aktuelle Forschungslage konzise skizziert: Entregionalisierung im Kölner Buchdruck in den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts? In: Die deutsche Schriftsprache und die Regionen. Entstehungsgeschichtliche Fragen in neuer Sicht. Hg. von RAPHAEL BERTHELE [u. a.]. Berlin, New York 2003 (Studia Linguistica Germanica 65), S. 231-251.

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auf die stadtkölnische Käuferschicht des gebildeten Laien, der an lehrhaftunterweisender Literatur als Lebenshilfe interessiert war, berechnet.458 Angesichts dieser ohnehin schon schmaleren Käuferschicht schien in der Folgezeit eine Anpassung des Textes an die zunehmend hochdeutschen Lektüregewohnheiten kaum mehr lohnend. Es ist von daher bezeichnend, dass seither nur noch ein vereinzelter Nachzügler des ›Niederrheinischen Cato‹ um 1570 bei Arnoldt Keiser aufgelegt wurde, und dies unter sehr besonderen Bedingungen: Auch Keisers Offizin war nämlich wie jene Aichs auf deutsche Literatur spezialisiert. Überdies stand hinter der Auswahl der Druckwerke, wie schon bei Aich, nicht ein allein ökonomisches Interesse, sondern auch das reformerische Anliegen eines Anhängers des reformatorischen Glaubens, mit den eigenen Produktionen speziell den evangelischen Laien mit geeigneter Literatur zu versorgen. Die Verbindungen der Offizin Keisers zu Aich reichen bis zur Neuauflage dezidiert protestantischer Werke aus dem Programm des Vorgängers.459 Vor diesem Hintergrund ist auch die letzte Kölner Ausgabe des ›Niederrheinischen Cato‹ zu sehen – ohne dass man sie freilich deshalb, denn dazu gibt seine im wesentlichen unverändert übernommene Textgestalt keinen Anlass,460 als dezidiert reformatorische kennzeichnen müsste. 7.2 Ambivalente Produktion: Abraham Moters ›Cato‹ von 1535 Mit nur einem Eintrag erfasst WORSTBROCKs »Verzeichnis der deutschen Übersetzungen antiker Autoren« eine der beiden zwischen Sebastian Brant (1498) und Martin Opitz (1629) erfolgreichsten ›Cato‹-Übersetzungen des 16. Jahrhunderts, die Übersetzung Abraham Moters. Verdeckt wird ihr Erfolg von der Begrenzung des vom »Verzeichnis« abgedeckten Berichtszeitraum bis 1550. Zieht man die Linien weiter bis zur Erstausgabe der Opitz’schen Übersetzung 1629 aus, stellen sich der bei WORSTBROCK einzig aufgeführten, 1537 in Frankfurt/M. aufgelegten Ausgabe AM-Dr 2 sieben weitere an die Seite, die 1558 in Erfurt (AM-Dr 5), um 1565 in Breslau (AM-Dr 7), um 1568 und 1584 und 1590 in Frankfurt/O. (AM-Dr 8-10), 1610 in Brieg (AM-Dr 11) und 1617 in Leipzig (AM-Dr 12) erscheinen. Ferner sind drei noch in WORSTBROCKs Berichtszeitraum liegende Leipziger Drucke von 1535 (AM-Dr 1) – dies die Editio princeps –, 1541 (AM-Dr 3) und 1543 (AM-Dr 4) zu ergänzen. Überdies liefert Moter einer um 1560 in Hamburg gedruckten, bearbeitenden Übertragung ins Niederdeutsche die _____________ 458 Vgl. SCHMITZ 1990, S. 364-366. 459 Vgl. SCHMITZ 1990, S. 197-206 zum protestantischen Schrifttum in Köln und S. 399-401 zum Verlagsprogramm der Keiserschen Offizin. 460 Die auffälligsten Textänderungen beschränken sich auf die Neugestaltung der Titelseite.

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Vorlage.461 An diese Zahl von elf bzw. zwölf Ausgaben zwischen 1535 und 1617 reicht im entsprechenden Zeitraum allein noch die Übersetzung von Johannes Fries heran, die aber bis 1610 überwiegend aus Züricher Pressen hervorgeht, während sich die nördlicheren Druckorte Moters mit Leipzig, Frankfurt/M., Erfurt, Breslau, Frankfurt/O. und Brieg stärker streuen. Damit werden bereits im 16. Jahrhundert die Voraussetzungen für eine Verbreitung sogar bis in die deutschen Siedlungsgebiete Ungarns hinein geschaffen. So geht Moters ›Cato‹ noch 1693 in Leutschau – ungarisch Löcse, heute Levoča in der Slowakei – in den Druck.462 AM-Dr 1 wurde im Exemplar Zwickau, Ratsschulbibliothek, 5.7.22.(1) benutzt, AM-Dr 2 im Exemplar München, Universitätsbibliothek, A.lat. 133, AM-Dr 4 im Exemplar München, Bayerische Staatsbibliothek, A.lat.a. 2610f. Die Zuweisung vom AM-Dr 7 und AM-Dr 8 stützt sich auf die Titelangaben des Index Aureliensis, die von AM-Dr 3 und AM-Dr 9 auf das VD 16. Von AM-Dr 4 und AM-Dr 10 hat sich bisher kein Exemplar nachweisen lassen. Für AM-Dr 4 beruhen Ansatz und Zuordnung auf ARNTZEN 1754, S. LX Nr. XIII: »Abraham Moterius a Weissenburg ad Lectorem Editionis suae Lipsiensis Anno 1543.« Der Ansatz von AM-Dr 10 folgt dem Hinweis in JÖCHERs »Gelehrtenlexikon« – vgl. Bd. 3, Sp. 691: »MORTERIUS (Abraham), von Weissenburg im Nordgau, hat Catonis praecepta moralia in deutsche Verse gebracht, und 1590 zu Franckfurt an der Oder in 8 ediret.« – bzw. in ROTERMUNDs Fortsetzung dazu – vgl. Bd. 4, Sp. 2147: »Der Titel des in Verse gebrachten Buches ist, Catonis disticha moralia, sive de moribus ad filium. Francf. ad Oder. 1590. 8.« Die Zuweisungen von AM-Dr 11 und AM-Dr 12 beruhen auf den Angaben im VD 17, die an den deutschen Versen zu pr. 1-4 überprüft werden konnten.

Literarisch tritt Moter einzig mit seinem deutschen ›Cato‹ in Erscheinung. Bereits im 17. Jahrhundert ließ sich dessen Übersetzer nicht immer identifizieren: Die Leipziger Ausgabe von 1617 schreibt den deutschen Text auf ihrem Titelblatt nurmehr einem Anonymus zu. Bezeichnenderweise fehlt _____________ 461 AM-Dr 6. Siehe dazu das folgende Kapitel. 462 Vgl. RMK Bd. 2, Nr. 1734 sowie unten Kap. III.9.1 die Zusammenstellung lateinischungarisch-deutscher Drucke mit dem Hinweis auf mögliche weitere Moter-Ausgaben. In der Zuweisung von Nr. 1734 an Moter stütze ich mich auf die Angaben des RMK. Zum einen bietet der zitierte Titel die für die Moter-Ausgaben üblichen Angaben (»Catonis Præcepta Moralia, Libellus Elegantissimus, de institutis vitæ communis, juxta D. Erasmi Roterodami interpretationem atque castigationem, Rythmis Germanicis recens redditus«). Zum zweiten folgt auf den Titel ein Widmungsgedicht des »ABRAHAMUS Morterius à Wissenburg«, wie es allein die Moter-Ausgaben kennen. Die Heranziehung gerade Moters wird neben seiner relativen Publizität im 16. Jahrhundert ihren Grund in einem gerade von diesem Widmungsgedicht ausgehenden Missverständnis gefunden haben. Die Siebenbürger Drucker und Verleger konnten in Weissenburg ihren gleichnamigen Bischofssitz (auch: Karlsburg, ungarisch Gyulafehérvár/Károlyfehérvár, heute Alba Iulia in Rumänien), das kirchliche Zentrum der Siebenbürger erkennen, das infolge des Siegs der Türken über die Ungarn in der Schlacht bei Mohács 1526 zur Hauptstadt des unter türkischer, dann im Zuge der Rückereroberung seit 1683 unter österreichischer Oberhoheit stehenden autonomen Fürstentums Siebenbürgen aufgestiegen war.

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eben diesem Titelblatt jenes vierzeilige lateinische Widmungsgedicht, das die Erstausgabe – und in ihrem Gefolge u. a. auch die Ausgaben von 1537, 1558 und 1610 – ebendort bereits bietet und in dessen Überschrift sich ein Abraham Moter aus Weissenburg an den Leser wendet: ABRAHAMVS MOTERIVS á Vueissenburg, Lectori. Carmina prudentis accipe dia Catonis, Non tamen à senibus reijicenda viris. Nam quicunque senex mores non curat honestos. Quam puer est infans, est puer ille magis.

[AM-Dr 1, Bl. 1r]

Auf weitere Widmungsadressen ist verzichtet; Überlegungen zur Person des Verfassers können einzig an dieser Stelle ansetzen. Die Identifizierung des ABRAHAMVS MOTERIVS des Widmungsgedichts mit dem Verfasser der Übersetzung hat dabei vor allem wegen der exponierten Stellung des Vierzeilers große Wahrscheinlichkeit für sich, die sich über die Aufnahme bereits auf das Titelblatt hinaus in der Vorordnung dieses Widmungsgedichts vor zwei weitere zeigt, die zum einen David Zöpfel aus Bietingen zugewiesen werden, zum anderen Helwig Volck aus Zwingenberg (so AM-Dr2 u. ö., AM-Dr1 hat Zingenberg). Diese Verse sind in der Erstausgabe überdies erst auf die Rückseite des Titelblatts gesetzt: DAVID ZOEPFFEL A Bietingen, Lectori. Qui domi vigil alterius bene prospicit, aut qui Sollicite mentem percolit alterius, Nec videt ipse sibi, nec cura tangitur vlla, Vt maculas animi diluat ipse sui. Desipit hic, tu fac sapias per dicta Catonis, Moribus vt tua mens sit redinita bonis. HELVIG VOLCK A ZIN= genberg, Lectori. Heus puer huc propera, cui sollicitudo probatis Moribus est vitam composuisse suam. Nec tantum relegens transmitte, sed exprime vita Morata, insignis que docet Ethographus.

[AM-Dr 1, Bl. 1v]

Gleichwohl firmiert Moter nicht ausdrücklich als Übersetzer. Wohl deshalb ist der entsprechende Ansatz in WORSTBROCKs »Verzeichnis« mit einem Fragezeichen versehen. Die Zweifel relativieren sich jedoch bei breiterer Kenntnis der Überlieferung. Nirgends wird ein anderer Name ins Spiel gebracht. Die Drucke verfahren auffallend konstant. Welche Quellen allerdings JÖCHER darüber hinaus die Gewissheit gaben, Moter im bayerischen, am Rande der Fränkischen Alb gelegene Weißenburg im Nordgau zu verorten, ohne etwa das elsässische Wissembourg oder andere Orte in Betracht zu ziehen, wird nicht mehr ersichtlich. Im Ansatz der Namens-

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form »Morterius« statt »Moterius« folgt JÖCHER dagegen wohl lediglich den ihm vorliegenden Titelangaben. Denn r-Infix weisen etwa auch das Brieger Titelblatt von 1610 auf sowie, nach den Angaben des Index Aureliensis, die Ausgabe von 1568 und, nach den Angaben des bibliographischen Handbuchs der »Alten ungarischen Bibliothek« (ungarisch »Régi magyar könyvtár«, zitiert »RMK«), der Lötschauer Druck von 1693. Die bis in den Namensansatz reichenden Unsicherheiten unterstreichen nur noch einmal den Charakter des Moter-›Cato‹ als einer Gelegenheitsübersetzung eines weithin unbekannten, literarisch kaum ambitionierten Verfassers. Als Motive wird man sich von daher auch keine vom Erwartbaren in besonderer Weise abweichende vorstellen dürfen, sondern zuerst an das die jüngeren Ausgaben des ›Niederrheinischen Cato‹ tragende Interesse des Laien an Verhaltenslehre denken und daneben an den – freilich seit Erasmus latinisierten – Hauptgebrauchsraum des lateinischen ›Cato‹, den lateinischen Schulunterricht. Es spricht damit einiges dafür, mit Moter jenen späteren Pfarrherrn von Arheiligen, heute DarmstadtArheilgen, namens Abraham Moter zu identifizieren, auf den der lutherische Theologe, Darmstädter Superintendent und Förderer der Darmstädter Lateinschule, Johannes Angelus (1542-1608), eine 1584 in Frankfurt bei Christoph Rab gedruckte Leichenpredigt hielt.463 Als besondere Leistung des am 29./30. Januar 1584 Verstorbenen würdigt Angelus, dieser habe aber viertzig gantzer jar lang Schulen vnd Kirchen Gottes in diser obern Graffschafft / mit h=chstem fleiß vnnd eifer / in omnibus ministerij partibus gedienet (Bl. 9v). Ins Darmstädter Ambiente fügen sich zwanglos überdies die beiden Herkunftsangaben, die für die Verfasser des zweiten und dritten Widmungsgedichts gemacht werden. Bei Helwig Volcks Heimatstadt Zwingenberg kann es sich sowohl um den an der Hessischen Bergstraße keine 20 Kilometer südlich von Darmstadt als auch um den 100 Kilometer südwestlich bereits im Württembergischen am Neckar gelegenen Ort handeln, und in David Zöpfel wird der 1563 verstorbene Buchdrucker aus Frankfurt am Main zu sehen sein.464 Bedenken mögen sich lediglich angesichts des Geburtsdatums Moters zwischen dem 31.1.1519 und dem 31.1.1520 regen, das sich aus der Angabe der Leichenpredigt, Moter sei 64jährig verstorben (Bl. 7r), errechnen lässt. Demnach wäre der 1535 erschienene ›Cato‹ die Arbeit eines Fünfzehnjährigen. _____________ 463 Vgl. zur Person des Johannes Angelus den Artikel von HENRICH STEITZ in der NDB, Bd. 1, S. 291. Die Predigt ist unter dem Titel »Ein Leichpredig | Auß dem sieben unnd | zwentzigsten Capitel der SprFchen So=|lomonis [...] | Gehalten vber dem [...] Todt [...] Abrahami Moteri, | Pfarrherrns zu Arheiligen [...]« erschienen (benutzt im Exemplar Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, A: 182.8 Theol. [19]). 464 Vgl. BENZING 1982, S. 122f. Nr. 6; RESKE 2007, 228f.

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Die Editio princeps bringt die ›Disticha Catonis‹ 1535 wie die Schulausgaben dreißig Jahre zuvor.465 Sie sind im Prinzip vollständig übersetzt,466 und der lateinische Text geht den nachgestellten und eingezogenen deutschen Versen jeweils voran, wobei dem Benutzer die Textgliederung durch Kolumnentitel – Catonis links und rechts Praecepta über den Breves sententiae bzw. Liber primus, secundus, tertius und quartus – und Zwischenüberschriften in Großbuchstaben jeweils vor dem Beginn der vier Bücher sichtbar gemacht ist. Auf die auf drei Absätze verteilte Praefatio folgen die Breves sententiae und dann die Distichen der einzelnen Bücher. Im weitgehenden Verzicht auf Buchschmuck – nur der Texteingang weist eine historisierte C-Initiale auf467 –, im geringen Seitenumfang von unter 30 Blättern und der Wahl des Oktavformats präsentiert sich Moters ›Cato‹ als ein schmales und preiswertes Taschenheftchen, das kaum Raum für eigene Zusätze bot. Die späteren Ausgaben behalten diese frühen Darbietungsvorgaben weitgehend bei, weisen alle ebenfalls Oktavformat und einen geringen Seitenumfang auf.468 Lediglich der späte Versuch der Leipziger Offizin Jakob Apels (AM-Dr12), dieses kleine Heftchen mit dem griechischen Text der Planudea und den Erläuterungen Johannes Sturms (1507-89) zu einem dreisprachigen Schulbuch mit größerer Texterschließungstiefe auszubauen, lässt den Druck auf über 120 Seiten anschwellen. Ein weiterreichender Anspruch ist bereits dem Titel von AM-Dr 12 abzulesen: DIONYSII CATONIS | DISTICHA | DE MORIBUS, | AD FILIUM. | Vnà cum Lemmatibus JO-|HANNIS STURMI, versione | Maximi Planudis Graecá, & anony-|mi Germanicà. | Conjunctim in Scholarum usum sic | congesta & edita operâ | Cujusdam [...] | LIPSIAE, | Impensis Jacobi Apelii, Anno 1617.

_____________ 465 Den nachstehenden Ausführungen liegt neben AM-Dr 1 auch AM-Dr 2 zugrunde, da aus dem mir zur Verfügung stehenden Exemplar der ersten Ausgabe aus der Zwickauer Ratsschulbibliothek zwischen Buch III und IV einige Seiten herausgerissen wurden. Die Ausgaben decken sich in Text und Darbietung aber weitestgehend. Abweichungen werden gegebenenfalls natürlich benannt. 466 Allerdings fehlen die Distichen IV, 6, 12, 34 und 36-38, obwohl sich die Editio princeps im Titel auf den hier durchaus vollständigen, von Erasmus hergestellten Text zu stützen behauptet. Von diesem unterscheidet sie sich überdies in der Anordnung der Breves sententiae. 467 Die Ausgabe von 1535 stellt ihr eine Deesis ein, die 1537 eine häusliche Genreszene ablöst (Mutter mit zwei Kindern vor einem Fenster, das den Blick in eine Landschaft mit einer Stadtkulisse im Hintergrund öffnet). 468 1541: 23 Bl., 1558: 23 Bl., 1565: keine Angabe, 1568: 48 Bl., 1584: 23 Bl., 1590: keine Angabe, 1610: 24 Bl. Die Übernahmen reichen bis in kleinste Einrichtungsdetails. Der Druck von 1558 bietet die, nun freilich nur noch mit floralem Dekor gefüllte, Initiale des Texteingangs in nahezu unveränderten Proportionen.

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Zur Verbreitung der hier benannten griechischen Planudea s. u. Exkurs 5. Die in AM-Dr12 ebenfalls ergänzten lateinischen ›Lemmata‹ Johannes Sturms waren bereits 1565 bei Josias Rihel in Straßburg in den Druck gegangen.469 Sie begleiten dort in einem schmalen Bändchen von 16 Blättern die Hexameterdistichen, denen sie jeweils vorangestellt sind, und beschränken sich ganz auf eine Prosaabbreviatur des Lehrgehalts. Erfasst werden I,1-40, dann en bloc die Verse II pr. 1-10 (nämlich in Ex alijs alia, ex Catone uirtutem discito), weiter II,1-31, wieder en bloc III pr. 1f., III,1 und III pr. 3f. (in dem »Lemma« Disce, docendus adhuc), III,2-24, en bloc IV pr. 1-4 (wiederum in Disce, docendus adhuc) und IV,1-49. Als Probe nachstehend die Lemmata zum ersten Buch (Bl. 3r-6r; Abkürzungen aufgelöst): [I,1, Bl. 3r] Deum non uictima, sed mente colito. [2] Vt uitia fugias uigila. [3] Prudenter loquendum: prudenter tacendum est. [4] Dictorum, factorumque constantiam praesta. [I,5, Bl. 3v] Vitijs nemo sine nascitur. [6] Commoda, commoda non sunt, si sint noxia. [7] Vt tempus postulat seuerus sis, aut humanus. [8] Ne uxori quidem in odio familiae fidendum est. [9] Non te pigeat monere, dum amicum non pudet peccare. [10] Stulto loquax nil interest. [I,11, Bl. 4r] Prudenter ama. [12] Neque author neque affirmator sis rumoris. [13] Quod promittitur accipito, non dato. [14] Quisque sua nouit uitia et uirtutes. [15] Accepti beneficij sis memor, non dati. [16] Senem non solum aliorum, sed etiam sua dicta et facta meminisse decet. [I,17, Bl. 4v] Aliorum secreta collocutio ad te pertinere non existima. [18] Rebus secundis metue, aduersis spera. [19] Mortem alterius neque expectes, neque expetes. [20] Grata sint exigua pauperis amici dona. [21] Paupertas ferenda fortiter est. [22] Mortem neque metuas, neque optes. [I,23, Bl. 5r] Aequanimitas praestanda est, etiamsi omnes ingrata amici. [24] Magnam uectigal parsimonia. [25] Aut non promitte, aut simulac promiseris, promissum appareat. [26] Cretiza cum Cretensi. [27] Suspiciosares est suauis oratio. [28] Ars optimum uitae uiaticum est. [I,29, Bl. 5v] Vulgi uidicium et cupiditatem contemnito. [30] Vita quae uituperas. [31] Vel iusta sit, uel honesta petitio. [32] Nota ignotis certiora. [33] Omnem crede diem tibi diluxisse supremum. [34] Non semper uincas, etiam si possis. [I,35, Bl. 6r] Da ut accipias. [36] Litem odit amicitia. [37] Irae resiste non obtempera, in castiganda familia. [38] Saepe cum uincere queas te uinci sinas. [39] Commoda facilius custodiuntur quam recuperantur. [40] In liberalitate primum tui rationem habe: deinde cognatorum: tum amicorum et notorum. Die unzeitgemäße Heranziehung des alten griechischen Textes von Planudes statt des modernen von Scaliger470 verhinderte Folgeauflagen dieser Ausgabe freilich ebenso wie die keine zehn Jahre später eintretende Konkurrenz zum ›Cato‹ Martin Opitz’, der rasch zur Standardübersetzung des 17. Jahrhunderts aufsteigt.

_____________ 469 »DISTICHA CATO-|nis ethica. | VNA CVM LEMMATIBVS ET | præfatione Ioannis Sturmij. Scholis Argentinensibus. | [Druckermarke] | Cum gratia & Priuilegio Caesareo. | ARGENTORATI EXCVDEBAT | Iosias Rihelius.« Zu den im Index Aureliensis bei Nr. 134.278 angeführten Exemplaren finden sich weitere u. a. in der Bodleian Library Oxford und der Universitätsbibliothek Tübingen. Nachstehend wurde das Exemplar München, Bayerische Staatsbibliothek, Res/L.lat. 766#Beibd. 2, benutzt. 470 Siehe dazu unten Exkurs 5.

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Mehr Aufmerksamkeit als der Leipziger Nachzügler in scholarum usum verdient die Frage, wie die erste deutsche Übersetzung nach Brants Versuch einer textnäheren Übertragung auf die seither mit der Latinisierung des Lateinunterrichts gewandelte Situation reagiert. Programmatische Absichten hat Moter mit seiner Arbeit nicht verfolgt, da er sonst kaum auf explizit einschlägige Aussagen verzichtet hätte. Die prinzipielle Orientierung am herkömmlichen Formschema, in zwei paargereimten vierhebigen Versen eine Sentenz und in vieren ein Hexameterdistichon erfassen, zeigt im Gegenteil einen durchaus traditionellen Ansatz an, dem vielleicht nicht einmal ein Bewusstsein der gewandelten Verhältnisse zugrunde liegt. Kennzeichnend ist allerdings der Verzicht darauf, die deutschen Entsprechungen nurmehr im schematischen Formrahmen zu bilden. Denn neben Vierhebern werden nun bisweilen auch zweihebig paargereimte Verse angeboten, die sich zwar auch als binnengereimte Vierheber lesen lassen, durch das Druckbild aber als Einzelverse gekennzeichnet sind.471 Daneben erscheinen auch dreihebige Verspaare. Weiterhin werden die Sentenzen öfter von mehr als nur zwei Versen, die Distichen öfter von mehr als nur vieren abgedeckt. Solche formalen Auflockerungen häufen sich zu Textbeginn und nehmen zum Ende hin deutlich ab, zeigen dennoch aber die Auflösung des spätmittelalterlichen Formschemas an.472 Nachlassende Verbindlichkeiten, die noch keine Neubegründung erfordern, einer prinzipiell traditionsverpflichteten Praxis lediglich hier und da mehr Freiheiten eröffnen: auf diese Formel lässt sich auch die Übersetzung als solche bringen, die von Brants ausgeprägterer Orientierung an der sprachlichen Form der lateinischen Verse nichts weiß. Vielmehr nehmen die deutschen Verse den lateinischen Text primär in seiner zentralen Lehraussage wahr, wobei sich die Volkssprache die Freiheit nehmen darf, den Aussagekern ausgreifend auszugestalten. Besonders deutlich wird das an der Wiedergabe der aufeinander folgenden Sentenzen b.s. 20 und 28: Coniugem ama. Dein ehelich weib / Halt lieb vnd h=hr / Sie bey dich stelt / Jnn aller not /

Wie deinen leib / Dann gut vnd ehr / Auch redlich helt / Bis inn den Todt.

[AM-Dr 1, Bl. 5r]

_____________ 471 Die Kurzverse sind zwar paarweise in eine Zeile gesetzt, aber durch Zwischenraum und Beginn mit Majuskeln als Einzelvers markiert. Die Ausgabe des ›Hamburger Cato‹ nimmt diese Trennung übrigens wieder zurück und bestätigt damit die alternative Lesart als binnengereimter Vierheber. 472 Paargereimte Zweiheber: b.s. 14, 20, 28, 50. Dreiheber: b.s. 23, 26f., 42. Zwei- wie Vierheber: b.s. 30, I,3. Sentenzen mit vier Versen: b.s. 7, 14, 22, 23, 42, 50. Acht Verse: b.s. 20, 30. Zwanzig Verse: b.s. 28. Distichen mit sechs Versen: I,4, 16, II,2, 28, III,4,12, IV,33, 40. Acht Verse: I,5. Zehn Verse: I,3. Zwanzig Verse: I,1.

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Die Aufnahme der Volkssprache ins Schulbuch

Die von Erasmus so gerühmte Kürze der Lehren des ›Cato‹ bleibt somit ganz Vorzug des Lateinischen. Den deutschen Versen ist mehr an veranschaulichender Intensivierung gelegen (die im Beispiel oben durch den Vergleich mit der Liebe zu sich selbst erreicht wird: V. 1), und an einer weiter begründenden Entfaltung, die die Anführung des Nutzens leistet, den die Ehefrau mit großer Verlässlichkeit (V. 4) erbringt (V. 2f.). Liberos erudi. Dein kinder neer / Gut kunst vnd zucht Wie der straus ist / Das er inn sand / Sein ayer leg / Also nicht thu / So kinder hat / So wil er sein / Wirstu nicht h=rn / Vnd wird da sein /

Auch fleissig leer / Sey nicht verrucht / Von dem man list / Auff freyem land / Vnd nit mehr pfleg / Hab sorg darzu / Dir geben Gott / Der vater dein / So wird er z=rn / Ein ewig pein.

[AM-Dr 1, Bl. 5r]

Die recht abstrakte Aufgabe des erudire wird durch Benennung einzelner Inhalte der Erudition veranschaulicht. Sie wird verstärkt durch die Forderung, dass dies auch mit Fleiß zu geschehen habe. Die Einfügung der geläufigen Allegorese des Verhaltens des Vogels Strauß unterstreicht dann die Forderung von der Gegenseite eines Negativbeispiels her und evoziert zudem einen geistlichen Deutungsrahmen für alles weltliche Geschehen, der in der Folge dann auch auf die schlichte Handlungsaufforderung angewandt wird, indem sie in einen denkbar weiten Sinnzusammenhang christlichen Lebens gestellt wird: So wie Gott als Vater sich um dich kümmert, so kümmere du dich, willst du Gottes Zorn vermeiden, um deine Kinder. Statt entschieden von einem positiv beschreibbaren Konzept her gewinnt Moters ›Cato‹ von 1535 in gebrauchsfunktionaler Hinsicht eher ex negativo vom Kontext her Kontur: vom Verlust der Selbstverständlichkeit, deutsch-lateinische Ausgaben im zweiten Viertel des 16. Jahrhunderts bereits wieder so selbstverständlich dem Schulunterricht zuordnen zu können, dass das keinerlei weiteren Bemerkung bedürfte. Ein Detail wie die Wendung der Widmungsverse nicht nur an den puer (mit dem Rezeption im regulären Schulunterricht evoziert ist), sondern gleichermaßen an den senex (mit dem Rezeption außerhalb regulierten Unterrichts evoziert ist), erhält dann durchaus einschlägige Signifikanz. Es ist auch ganz bezeichnend, dass ein Vierteljahrhundert nach der Erstausgabe Moters ein niederdeutsches Anstandsbuch erscheint, das in seinen ›Cato‹-Exzerpten gerade der Moter-Übersetzung sich bedient, aber auf lateinische Textanteile nun vollständig verzichtet.

Die »Verschulung« der Laienlektüre

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7.3 Vereindeutigung: Ein niederdeutsches Moter-Florileg (›Hamburger Cato‹, um 1560) Die »Niederdeutsche Bibliographie« führt unter Nr. 1783 eine der Offizin von Joachim Löw in Hamburg zugewiesene, auf um 1560 datierte niederdeutsche Übersetzung der ›Disticha Catonis‹ auf.473 Das einzige bekannte Exemplar wird in der jüngeren Forschung als verschollen geführt, liegt aber nach wie vor, wie bei BORCHLING/CLAUSSEN richtig angegeben, in der Universitätsbibliothek Rostock.474 Es handelt sich um Bruchstücke, die wohl einmal einen Einband verstärkt haben. Da BORCHLING/CLAUSSEN ihre Beschreibung mit vielen Fragezeichen versehen, ist nachstehend eine Aufnahme des Vorfindlichen notwendig. Die einzelnen Stücke sind nach der rekonstruierten ursprünglichen Abfolge der Blattreste römisch nummeriert:475 I, II: zweimal das untere Drittel einer Seite mit neun Textzeilen einer niederdeutschen Kinderzucht/Tischzucht in Prosa, einmal recto Aij foliiert und verso den Blattweiser an= tragend, einmal Aiij foliiert mit Blattweiser hen (bei BORCHLING/CLAUSSEN als Bl. 2a und 3a beschrieben); III: die untere Hälfte einer Doppelseite ohne Foliierung mit zwölf bis dreizehn Textzeilen desselben Werkes und den Blattweisern nicht (1r), jemant (1v), lick (2r) und Na (2v) (bei BORCHLING/CLAUSSEN nicht beschrieben); IV: eine unversehrte Doppelseite (bei BORCHLING/CLAUSSEN als Bl. 5a [= 1r], 8a [= 2r] und 8b [= 2b] beschrieben) im Oktavformat mit 1r: dem Rest eines Kapitels desselben Werkes und Beginn des Anschlusskapitels Wo sick ein knabe tho dissche schicken sal, foliiert B, Blattweiser vp; 1v: der Fortsetzung des Bl. 1r begonnenen Kapitels und dem Beginn des Anschlusskapitels Wen ein knabe tho dissche denet, Blattweiser De; 2r: dem Schluss desselben Werkes ohne Anschluss zu Bl. 1v, einem Bildmedaillon mit Seitenansicht einer älteren männlichen Figur (BORCHLING/CLAUSSEN: »Bildnis eines Geistlichen im Rund«), die den Autor des nachfolgenden Werkes darstellen soll, sowie mit der Ankündigung De lehren des olden Catonis Van rechtem vnd gemacksamen leuende; Blattweiser Erstlick; 2v: dem Textbeginn des ›Cato‹ im Anschluss an Bl. 2r; Blattweiser Also;

_____________ 473 BORCHLING/CLAUSSEN 1976, Nr. 1783. Vgl. zur Offizin BENZING 1982, S. 181 Nr. 7; RESKE 2007, S. 334. 474 Rostock, Universitätsbibliothek, Fa-1119(69)3. Vgl. demgegenüber KAYSER/DEHN 1968, S. 103 Nr. 198 (»nicht aufgefunden«); VOIGT 1995, S. 342, Nr. 191 (»jetzt verschollen«). 475 Nur die Position von Bl. III ist ungesichert. Es kann auch vor I/II oder in der Lücke zwischen IV,1v und IV,2r gestanden haben. Ebenfalls nicht sicher zu bestimmen ist, was ehedem Vorder- und was Rückseite war. Die Reihenfolge der Blattweiser nicht (Bl. 1r), jemant (Bl. 1v) bzw. lick (Bl. 2r) und Na (Bl. 2v) könnte also auch umgekehrt gewesen sein: lick und Na zuerst, und dann, vielleicht nach Textlücke, nicht und jemant.

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Die Aufnahme der Volkssprache ins Schulbuch

V:

ein Doppelblatt, dessen linke Seite der Länge nach um die Hälfte und oben um sechs Druckzeilen beschnitten ist (bei BORCHLING/CLAUSSEN als Bl. 11a [= 2r] und 11b [= 2v] beschrieben), mit 1r: einem Ausschnitt des ›Cato‹ mit Übertragung von Hexameterdistichen jeweils in vier vierhebigen und voneinander abgesetzten Reimpaarversen; Blattweiser Mydt; 1v: der Fortsetzung von Bl. 1r; 2r: den Schlussversen des ›Cato‹ (Rest einer am oberen und rechten Rand beschnittenen Zeile, drei weitere am rechten Rand beschnittene Zeilen) sowie der Schlussschrift Ende der leren Cato und, nach Leerzeile, dem Beginn eines in kleinerem Schriftgrad gesetzten Prosastücks, das Van der kleid überschrieben ist; 2v: dem Schluss des Prosastücks Van der kleid, der Ankündigung eines SVS MVNDI mit dem Untertitel erlt loep. Vnd| ydt so ?uel in der wertl | ha vnd thoga sowie dem Textbeginn im Umfang von sechs paargereimten Versen;476 Blattweiser Jder.

Die Verse der Reimtexte sind abgesetzt. Im ›Cato‹ beginnen sie mit Majuskeln. Die Breves sententiae sind linksbündig gesetzt, die Eingangsverse der die Hexameterdistichen wiedergebenden Vierversgruppen teilweise auch eingerückt. Der lateinische Text fehlt. Der deutsche Text setzt ohne Prolog und Übersetzung der Praefatio unmittelbar mit den Sentenzen ein: Erstlick deen recht dem waren Godt Vnd Roep en an in aller nodt. Darna leeff ock de olden dyn / De na God recht de ersten syn. 5 Mit deenst vnd steder frFndlicheit / Dyn frFnde handel alle tydt. Dyn meister frFcht / vnd holdt en werdt / De tucht vnd gude kFnst dy lehrt. De d affborgen will / dem leen / 10 Do merck gar euen / wol de syn. Sch horerye / so minschen modt / Du holden wilt / sampt ehr vnd gudt. Den framen help mit dynen gudt / Vorlarn ys / wat men Boten dhot. 15 Leeff vnd bescherm den nejesten dyn / Nicht scheld noch smeh da leuent syn. So dy ein man / Hefft gud gedhan /

_____________ 476 Eine Identifizierung des bisher nirgends mitgeteilten Textes steht aus: er werlte brueck vnd lop / eten / so merck darup ike nemandt tracht / wert auerall voracht. 5 rst nimpt jemandt an / o geneeth hebben daruan. Jder

[b.s. 1] [b.s. 2] [b.s. 3] [b.s. 11] [b.s. 16] [b.s. 17] [b.s. 25] [b.s. 39] [b.s. 41] [b.s. 50]

Die »Verschulung« der Laienlektüre

Des nicht vorges / Vnd danck em des. Dyn eelick wyff / Als dyn lyff / 20 Holdt leeff vnd heer / Denn gudt vnd ehr. Se by dy stellt / Ock redlick holdt / Jn aller nodt / Beth in den dodt. Dyn kinder nehr / Ock flytich lehr / Gud kunst vnd tucht / Wes nicht vorrucht / 25 Als de Struß yst / Van dem men list / Dat he im sand / Vp fryen land / Syn Eyer legt / Vnd nicht mehr plegt.

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[b.s. 20]

[b.s. 28]

[AM-Dr 6, Bl. IV,2v]

Die Verse übertragen den hochdeutschen Moter-›Cato‹ ins Niederdeutsche. Ihre Abfolge ist gemäß der Vorlage beibehalten, doch werden mehrfach Sentenzen übersprungen. Die weiteren Textreste vom ›Cato‹ zeigen, dass andernorts ebenfalls ausgewählt und dazu umgestellt sowie aus einzelnen Vier- oder Sechsversgruppen exzerpiert wurde.477 Nach welchem Prinzip gekürzt und umgestellt wurde, deutet sich im größten zusammenhängenden Textblock der Sentenzen an. Er erscheint mit Blick zuerst auf Gott und dann den Kreis von Personen des unmittelbaren Lebenszusammenhangs – Eltern, Freunde, Lehrer, Kinder – thematisch geordnet. Damit schließt die Anlage des Hamburger Moter-Florilegs sinnvoll an die Ausrichtung der übrigen Stücke an, die auf das praktische Leben in dieser Ordnung zielen: an die dem ›Cato‹ unmittelbar vorangehende Kinder- und Tischzucht, an das ihm folgende kurze Prosastückchen ›Van der kleidung‹ sowie an ›Der werlt loep (Cursus mundi)‹, in dem vom ?uel in der werlt und wie es in ihr thoga unterrichtet wird. Ergebnis der Zusammenstellung ist ein Manuale in Oktav, auf das auch in seiner Gänze noch der Untertitel des ›Cato‹, Van rechtem vnd gemacksamen leuende, passt. Aus ihm konnte der interessierte Laie sich über die Führung eines rechten, d. h. auch im transzendenten Sinne »richtigen«, nämlich gottgefälligen Lebens informieren, das ihm zugleich als ein angenehmes angepriesen wird. Ob das Handbüchlein in seiner Gesamtanlage einem Vorbild folgt, wird sich klären lassen, sobald die Vorlage des niederdeutschen ›Cursus mundi‹ ermittelt ist. Die Verbindung von ›Cato‹ und Kinderzucht/Tischzucht indes ist vorgeprägt. Letztere ist mit keiner der bekann-

_____________ 477 Bl. V,1r setzt oben in der ersten Zeile mit dem zweiten Vers des Sechserblocks zu III,12 ein, dem dann aber Übersetzungen zu I,17f., III,14, III,23 und IV,1 sowie der Blattweiser Mydt auf den deutschen Eingangsvers Moters zu IV,10 folgen. Bl. V,1v hat die letzten zwei Verse zu IV,16 und die Entsprechungen zu IV,17-20, dann zu IV,22 aber nur die letzten zwei Verse Moters und zu IV,24 ebenso nur den dritten Vers mit Blattweiser auf den vierten. Bl. V,2r bringt vor der Schlussschrift vier Zeilen mit Resten zu IV,39, aber nicht zu IV,49.

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Die Aufnahme der Volkssprache ins Schulbuch

ten niederdeutschen Tischzuchten in Prosa verwandt,478 weist aber mehrere Übereinstimmungen mit besonderen Instruktionen aus der Kinderzucht/Tischzucht von Otto Brunfels (um 1477-1534) auf. Sie übernimmt, soweit an den Bruchstücken zu erkennen, von dort auch die Orientierung der Anlage am Tagesablauf und der Unterteilung der Instruktionen durch Kapitelüberschriften.479 Dass Brunfels’ ›Institutio puerorum‹ im Hintergrund des Hamburger Drucks steht, erscheint schon von ihrer älteren Verbindung mit den ›Disticha Catonis‹ her sehr wahrscheinlich, da sie – in gekürzter Form – in Straßburg bereits 1540 den ersten aus dem Lateinischen und Französischen ins Lateinische und Deutsche übertragenden ›Cato‹ Maturin Cordiers begleitet.480 Diese Verbindung behalten auch die späteren Ausgaben dieses ›Cato‹ bei, von denen immerhin noch zwei weitere (MC-Dr 2: Straßburg 1546; MC-Dr 3: o. O. 1548) dem ›Hamburger Cato‹ zeitlich vorangehen. Eine zweite Auflage erlebt das Handbüchlein nicht. Dem stand bereits das Vordringen des Hochdeutschen ins Niederdeutsche und seit den sechziger Jahren des 16. Jahrhunderts speziell in den Hamburger Raum entgegen.481 Beachtung verdient der ›Hamburger Cato‹ gleichwohl, weil er das Spektrum der potentiellen Verwendungszusammenhänge der unentschieden angelegten Moter-Übersetzung nachweislich zur Seite des Laien hin öffnet, und darüber hinaus natürlich als einziger niederdeutscher nach Stephan von Dorpat. Als solcher wirft er ein Schlaglicht auf die zwischenzeitlich veränderten kommunikativen Voraussetzungen in einer inzwi_____________ 478 Vgl. Grobianische Tischzuchten. Nach den Vorarbeiten ARNO SCHIROKAUERs hg. von THOMAS PERRY THORNTON. Berlin 1957 (TspMA 5), S. 19-22 und S. 62-65, sowie VOIGT 1995, S. 40-58. 479 JOHANNA GLORIA NEUER: The historical development of »Tischzuchtliteratur« in Germany. Phil. Diss. [masch.] Los Angeles 1970, hebt etwa S. 194 hervor, beim Abdecken des Tisches solle exakt die umgekehrte Reihenfolge des Eindeckens eingehalten werden. Dazu stimmt Bl. IV,1rv Decke den disch. Legge [Bl. IV,1v] vp / Messer / Tafelrinck / Tellör / Brodt / Soltfat / Lepel etc. Mit sFlker wyse / so men gegeten hefft / Nim wedder vp: Erstlick de teller / darna das soltfat / rinck / kese / tafellaken. etc. Auch die Besonderheit, sich den Mund vor dem Trinken mit zwei Fingern abzuwischen, ist, freilich im Sinne konkurrierender Tischzuchten modifiziert, übernommen. Vgl. NEUER S. 195 (»Further rules stated by Brunfels are: wipe your upper lip with your two little fingers before you drink [this stands in violation to other texts of etiquette where the diner is told to use his napkin]«) und Bl. III,1r (vnd wen du drinckest sFwer dyne lippen mit twen vingern / edder mit dem nesedoke). Auf die Neuerung der »individual chapter headings« weist NEUBER S. 192 hin. 480 Vgl. LE COULTRE 1926, S. 87f. (S. 87: »abrégé«), und zu Cordiers ›Cato‹ unten Kap. III.8.1. 481 Vgl. ARTUR GABRIELSON: Die Verdrängung des Mittelniederdeutschen durch die neuhochdeutsche Schriftsprache. In: Handbuch zur niederdeutschen Sprach- und Literaturwissenschaft. Hg. von GERHARD CORDES und DIETER MÖHN. Berlin 1983, S. 119-153; DIETER MÖHN: Die Stadt in der Sprachgeschichte III: Hamburg. In: Sprachgeschichte 1998-2003, Bd. 3, S. 2297-2312.

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schen sehr viel weitgehender vernetzten literarischen Landschaft. Während Stephans deutsche Verse ohne überregionalen Anschluss bleiben, kann der Hamburger ›Cato‹-Bearbeiter gleich in zwei Richtungen ausgreifen: einmal, für den Moter-Text des ›Cato‹, ins Mitteldeutsche, dann, für die Verbindung des ›Cato‹ mit Brunfels, in den oberdeutschen Verbreitungsraum der Cordier-Ausgaben. Bei allen Unterschieden aber verbindet die zwei niederdeutschen Werke ein auffallendes VolkssprachenSelbstbewusstein. Stephan von Dorpat erlaubte es das Wagnis, seinen mittelniederdeutschen Text mit Anspruch auf Ersetzung des herkömmlichen Unterrichts anzubieten. Und dem ›Hamburger Cato‹ erlaubte es, noch einmal wie im 13. Jahrhundert schon einmal der Rumpf-›Cato‹ vorzugehen: das Lateinische auszustreichen und umzustellen. Der ›Hamburger Cato‹ setzt sich damit deutlich von jenem Trend im 16. Jahrhundert ab, der den ›Cato‹ als Lektüregegenstand des Laien doch gerade zunehmend an Formen gelehrteren ›Cato‹-Studiums annäherte. 7.4 Der lateinisch-griechisch-deutsche ›Cato‹ als Stammbuch bei Johannes Baptista Caesarius (1585) Wie weit konzeptionell-produktionsseitig die Anbindung außerschulischer ›Cato‹-Verarbeitung an die »wissenschaftlicher« ausgerichtete Schullektüre der ›Disticha Catonis‹ gehen konnte, zeigt die späteste der fünf Neuübersetzungen des 16. Jahrhundert, die gleichsam das äußerste Ende der Skala markiert. 1585 geht sie bei Wechel in Frankfurt/M. in den Druck:482 CATO: SIVE, SPECVLVM MORALE, PRIVATVM VITÆ GENUS concernens: quod in locos suos redactum, & tam Planudis Graeca, quàm rhythmorum vernacula versione expolitum, instar ALBI AMICORVM se habet. Sittenspiegel Catoni@: Da@ Menschliche priuat Leben betreffend/ in ein richtige ordnung gebracht/ vnd so wol in Schulen/ al@ an statt eine@ Stammbuch@ zuge= brauchen.

_____________ 482 Vgl. zur Offizin, aus der nur in den Jahren 1581-93 (Witwe: bis 1594) Drucke hervorgegangen sind, BENZING 1982, S. 127f. Nr. 27; RESKE 2007, S. 241. Zu den im Index Aureliensis (Nr. 134.337) und im VD 16 (Nr. C 1680) ausgewiesenen Weimarer und Münchner Exemplaren ist noch das seinerzeit von BOAS (1914a, S. 225) benutzte der Bonner Universitätsbibliothek nachzutragen (Signatur Db 400).

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Die Aufnahme der Volkssprache ins Schulbuch

Schenkt man ihrem Titel (S. 1; S. 2 bleibt leer) Glauben, sei der ›Cato‹ nicht nur wie ein Stammbuch, sondern sogar in Schulen [...] zugebrauchen. Die Machart der Ausgabe selbst erweist dies freilich als reine Reklame, die Verkaufschancen zu steigern hatte. Dem Haupttext geht ein Widmungsschreiben eines Johannes Baptista Caesar. D. voran, der sich als Übersetzer zu erkennen gibt. Von seiner Person wusste schon BOAS, der sich bisher als einziger mit dem ›Cato‹ von 1585 beschäftigt hat, nichts zu berichten.483 Um den für seinen Griechischunterricht schon von den Zeitgenossen gerühmten Kölner Universitätslehrer Johannes Caesarius kann es sich jedenfalls nicht handeln, da dieser bereits 1550 verstarb.484 Im Personenartikel der ADB wird aber zusätzlich vermerkt, ein »zweiter Johannes Caesarius, der in Köln seit 1550 studirt hat, [sei] 1552 Lehrer an dem Gymnasium in Düsseldorf geworden.«485 Ob es sich bei diesem um den Gesuchten handelt oder vielleicht um jenen (mit dem zweiten Caesarius identischen?) Johannes Keiser, den KREKLER als Initiator eines 1602 einsetzenden Stammbuch ausweist, muss hier dahingestellt bleiben.486 Einer Widmung (S. 3) an Wolfgang Herwarth und Markus Thenn und deren weiterem Text ist jedenfalls zu entnehmen, dass ihr Verfasser in engerer Verbindung mit dem Augsburger Patriziat stand. Die Herwarths, eine alte, seit dem 13. Jahrhundert am Ort nachweisbare Augsburger Patrizierfamilie, zählen schon seit dem 14. Jahrhundert zum Spitzenkreis der örtlichen Ratsfamilien,487 und ein Markus Thenn ist als Halter eines Stammbuchs aus der Sammlung des Johann Benedict von Paris (1781-1838)488 ausgewiesen, dessen Laufzeit sich auf die Jahre 1577-85 erstreckt.489 Der Text ist in eine sehr besondere Anlage gebracht. Die lateinischen Verse erscheinen statt in der Textsukzession des Werkes nämlich in thematischer Anordnung, wobei eine lateinische Überschrift jeweils das entsprechende Thema der nachstehenden Verse benennt. Auf diese Zuwei_____________ 483 BOAS 1914a, S. 225 (»over wien ik niets naders kan mededeelen«). Vgl. ferner MARCUS BOAS: Addendum. In: Het Boek 4 (1914), S. 31, und BOAS 1932/33, S. 315f. 484 Vgl. den Personenartikel von HEINRICH GRIMM in der NDB, Bd. 3, S. 90f. 485 So FRIEDRICH AUGUST ECKSTEIN in der ADB, Bd. 3, S. 689-691, hier S. 691. 486 Vgl. INGEBORG KREKLER: Die Autographensammlung des Stuttgarten Konsistorialdirektors Friedrich Wilhelm Frommann (1707-1787) (Die Handschriften der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart. Sonderreihe 2). Wiesbaden 1992, S. 708 Nr. 85. 487 Vgl. den Familienartikel von FRIEDRICH BLENDINGER in der NDB, Bd. 8 (1969), S. 720f. 488 Vgl. zu Person und Sammlung KLOYER-HESS 1998, S. 394f. Anm. 6. 489 Es wird heute unter der Signatur 8° Cod. Aug. 96 in der Augsburger Staats- und Stadtbibliothek aufbewahrt. Vgl. WOLFGANG KLOSE: Corpus Alborum Amicorum – CAAC. Beschreibendes Verzeichnis der Stammbücher des 16. Jahrhunderts. Stuttgart 1988 (Hiersemanns bibliographische Handbücher 8), S. 94, und KLOYER-HESS 1998, S. 394.

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sung folgen dann: eine Kurzsentenz in einer Zeile490 oder das Hexameterdistichon in zweien, ein Stellennachweis in eigener Zeile, zwei Zeilen mit dem griechischen Pendant und schließlich in zwei oder vier voneinander abgesetzten und paargereimten Versen die deutsche Entsprechung (vgl. Abb. 29). Lediglich die Widmungsepistel und die Vorreden der Bücher II, III und IV werden nicht auf diese Weise aufgelöst, sondern der Sentenzensammlung auf S. 6f. (pr. 1-4), 8f. (II pr. 1-10), 10f. (III pr. 1f., III,1, III pr. 3f.) und 12f. (IV pr. 1-4) mit dem lateinischen und griechischen Text jeweils auf der linken Seite und den deutschen Versen auf der rechten vorangestellt.491 Indem die originale Textsukzession aufgegeben, die Verse in eine richtige ordnung gebracht und nach Inhalt rubriziert werden, entsteht eine in zahlreiche Bereiche der vita privata ausholende Sentenzensammlung. Nach Ausweis der Überschriften werden von ihr abgedeckt: Seite 14f. 16-20 21 22-27 28-31 32 33f. 35 36-38 39f. 41-55

Zuordnung Deus/Gott Superstitio/Aberglaub Patria/Vatterland Coniuges/Eheleut Parentes/Eltern magister/Lehrmeister liberi/Kinder cognati/Befreundte servi/Knecht senes/Alte leut amici/Freunde

56-59 60 61f. 63-69 70-76 77-86

vita/Leben homo/Mensch animus/Gemüt mores/Sitten vitium/Laster sermo/Rede

87-97

doctrina/Lehr

98f. 100-102

iustum/Gerecht aequum/Billich

BOAS b.s. 1, I,1 II,2, 12, IV,14, 38, II,31 b.s. 28 b.s. 20, I,8, III,12, 20, 23, IV,47 b.s. 2, 46, III,24, IV,6 b.s. 11 b.s. 28, I,28 b.s. 3 I,37, III,10, IV,44 I,16, IV,18 b.s. 56, I,9, 11, 20, 26, 34, 36, 40, II,1, 22, IV,13, 15, 28, 36, 41 I,5, 33, II,24, III,13 IV,11 I,4, III,6 b.s. 6, 8, 9, 10a, 12, 29, 35 b.s. 36f., I,30, II,7, 8, III,15, 17, IV,40 b.s. 24, 44, I,3, 10, 12, 27, II,20, III,4, IV,20, 31 pr. 4, b.s. 26f., 38, III,1, 18, IV,19, 21, 23, 27, 29, 48 b.s. 55, I,31 b.s. 43, 49, III,16

_____________ 490 Nur S. 70, 88 und 180 werden b.s. 36f., 26f. und 16f. paarweise in die Zeile gesetzt. Die deutsche Entsprechung umfasst dort jeweils vier statt der üblichen zwei Verse. 491 S. 6f. PRAEFATIO AVTORIS - GRAECA INTERPRETATIO Maximi Planudae Vorrede vber den Catonem; S. 8f. Praefatio secundi libri - [der griechische Text von hier an immer ohne Überschrift] - Vorrede vber das ander Buch; S. 10f. Praefatio tertij libri [s. o.] - Vorrede vber das dritte Buch; S. 12f.: Praefatio quarti libri - [s. o.] - Vorrede vber das vierdte Buch.

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103 104-108 109-111 112-116 117 118f. 120 121-123 124-127 128 129-132 133f. 135f. 137f. 139-143 144-146 147f. 149 150-153 154f. 156f. 158-160 161f. 163f. 165-168 169-171 172-174 175 176f. 178f. 180-186 187-189 190-195 196f. 198-200 201f. 203-209 [210

iniquum/Vnbillich iudicium/Gericht fides/Trew vnd Glauben prudentia/FFrsichtigkeit curiositas/FFrwitz constantia/Bestendigkeit fortitudo/Dapfferkeit audacia/KFnheit patientia/Gedult spes/Hoffnung ira/Zorn contentio/Zanck invidia/Neid suspicio/Argwohn contemptus/Verachtung corpus/Leib vigilantia/Wackerheit pigritia/Faulkeit voluptas/Wollust luxuria/Vberfluß ebrietas/Trunckenheit convivium/Gasterey fama/Gutter Name laus/Lob fortuna/GlFck occasio/Gelegenheit divitiae/Reichtumb paupertas/Armut frugalitas/M(ßigkeit continentia/VergnFgt liberalitas/Freygebigkeit gratitudo/Danckbarkeit parsimonia/Sparsamkeit avaritia/Geiz diligentia/Fleiß utilitas/Nutzbarkeit mors/Todt conclusio/Beschluß

II,14 b.s. 32, 33, 34, 21, III,3 b.s. 4, I,13, 25 b.s. 40, I,32, II,18, 27, IV,9 b.s. 7 I,7, IV,25 IV,12 b.s. 48, III,14, IV,33 b.s. 10, I,38, II,10, IV,39 II,25 b.s. 30, 45, II,4, 15 II,11, IV,34 II,23, III,2 I,17, IV,43 b.s. 31, 41, 47, II,29, III,7 II,9, 28, 30 b.s. 19, I,2 III,5 b.s. 25, IV,10, 24, 30 II,13, 19 b.s. 22, II,21 b.s. 18, 51, III,19 b.s. 42, IV,17 I,14, II,16 I,18, IV,3, 26, 32 b.s. 5, II,26, IV,45 IV,4, 5, 35 I,21 I,29, II,6 III,11, IV,2 b.s. 16f., 39, I,15, 35, II,5, III,9, IV,8 b.s. 50, I,23, IV,42 I,24, 39, II,17, III,8, 21, IV,16 b.s. 54, IV,1 b.s. 13, 14, 15 I,6, IV,7 I,19, 22, II,3, III,22, IV,22, 37, 46 IV,49]

Der lateinische Text der Vorlage wurde dabei für jedes Thema von vorne bis hinten exzerpiert, denn wo ein Stichwort mehrere Belegverse umfasst, stehen diese regelmäßig in der originalen Reihenfolge.492 _____________ 492 Von den Breves sententiae ist nur b.s. 52f. nicht erfasst, ferner Minori parce (b.s. 10a) zusätzlich aufgenommen. Die Reihenfolge der Sentenzen in der benutzten lateinischen Textausgabe war b.s. 1-3 als Nr. 1-3, b.s. 11 als Nr. 4, b.s. 4-10 als Nr. 5-11, Minori parce als Nr. 12, b.s. 13 als Nr. 13 und dann weiter b.s. 12, 14+29 (diese Kurzsentenzen werden beide an verschiedenen Stellen als Lib. 1. vers. 15 ausgewiesen), 26f., 15, (ein Nachweis für Lib. 1. vers. 19 fehlt), 30f., 16f. (beide als Lib. 1. vers. 22), 18+32 (beide als Lib. 1. vers.

Die »Verschulung« der Laienlektüre

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Nach den systematischen Tugendkatalogisierungen und Rubrizierungen des 15. Jahrhunderts in den Druckfassungen des EuremodioKommentars wird hier nun ein zweites Mal eine systematische Erfassung aller Sentenzen nach inhaltlichen Gesichtspunkten vorgelegt.493 Bezeichnenderweise geschieht dies außerhalb des Schulunterrichts, dessen allgemeine Ziele und Inhalte zwar in den Schulordnungen des 16. Jahrhunderts, wie bereits im Mittelalter häufig, in der Doppelformel litterae et mores beschrieben werden, deren Unterrichtsmaterialien aber, zumindest was den Ausschnitt des deutschen ›Cato‹ betrifft, keinerlei systematisierende Anstrengungen unternehmen, den Anteil der Verhaltensunterweisung geordneter zu fassen, als der Text selbst sie anbietet. Der Frankfurter Stammbuch-›Cato‹ dagegen ordnet ihretwegen gar die Versfolge der Vorlage um. Und er sprengt die Vorlage auf: Für jeden lateinisch-griechischdeutschen Textblock ist eine ganze Seite benutzt, deren untere Hälfte jeweils leer bleibt. Hier konnten, wie das etwa im Exemplar der Bonner Universitätsbibliothek dann geschehen ist,494 handschriftlich weitere Sentenzen anderer Autoren zum Thema nachgetragen werden. Der Caesarius-›Cato‹ ist an die Stammbuch-Praxis gebunden, die sich schon vor der Mitte des 16. Jahrhunderts innerhalb protestantischer Gelehrtenkreise um Philipp Melanchthon in Wittenberg herausgebildet

_____________ 23), 19, (kein Nachweis für Lib. 1. vers. 25), 21-24, 40, 25, 38, 44, 39+42 (beide als Lib. 1. vers. 34), 41, (kein Nachweis für Lib. 1. vers. 36), 43+46 (beide als Lib. 1. vers. 37), (kein Nachweis für Lib. 1. vers. 38), 33+50 (beide als Lib. 1. vers. 39), 34f., 45, 36f. (auf S. 70 gemeinsam als Lib. 1. vers. 43 geführt), 48, 47, 54, 20, 28, 49, 51, 55f. Die Distichen sind vollständig erfasst. Zusätzlich ist pr. 4 (Legere enim et non intelligere neglegere est), obwohl mit den Buchvorreden S. 6f. bereits erfasst, S. 87 noch einmal mit einer zweiten Übersetzung eingereiht. Ebenso erscheint III,1, obwohl als Teil der Vorrede zu Buch III bereits S. 10 berücksichtigt, noch einmal S. 90 mit leicht variierender Übertragung, wird dort aber als Lib. 3. proem. dist. 2 ausgewiesen. In der Folge ist III,2 als Lib. 3.dist. 1 gezählt, III,3 als Lib. 3. dist. 2 usw. Schließlich erscheinen die Distichen I,32 als 1,31, I,36 als 1,42, I,38 als 1,27 und I,39, aber dies ganz sicher irrtümlich, als 1,91. 493 Handschriftlich finden sich solche systematischen Rubrizierungen in der Umgebung des deutschen ›Cato‹ nur einmal in einer dem ›Cato‹ separat nachgestellten Liste in U-Stu1 bezeugt. Ihren Ausgang nehmen sie dort freilich nicht vom Text, aus dem die Begriffe abgeleitetet wären, sondern umgekehrt von einem Katalog von Tugendbegriffen dar, dem dann alle passenden Verse des ›Cato‹ zugeordnet werden. So gehen an die contumentia die beiden Distichen IV,2 und 10 und an die fortitudo die Distichen I,4, 7, 22f., 25, II,3, 13f., 25, III,20, IV,1, 11, 12, 22, 35, 43 und 47. Die Breves sententiae werden, wie für den ›Ulmer Cato‹ zu erwarten, nicht ausgewertet. Die Tugendbegriffe sind dem Text/Kommentar in U-Stu1 zusätzlich auf den Seitenrändern beigegeben. In dieser Form finden sie sich überdies in U-Aug. Einen ebenfalls unsystematischen, aber individuellen Weg geht der einzige Textzeuge des ›Neusohler Cato‹. Dort sind Bl. 273v-275v nachträglich Beischriften eingetragen, die aus den Versen exzerpiert wurden (s. u. die Kurzbeschreibung zu X-Bru). 494 Vgl. BOAS 1914a, S. 234-237.

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Die Aufnahme der Volkssprache ins Schulbuch

Abb. 29: VD 16 Nr. C 1680, S. 76f. – Johannes Baptista Caesarius, ›Cato sive Speculum morale‹

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hat,495 und hier insbesondere an die Praxis, gedruckte Rahmenwerke zur Verfügung zu stellen, wie sie der ›Thesaurus amicorum‹ 1558 begründet hatte.496 Jedes Exemplar der vorliegenden ›Cato‹-Ausgabe konnte ebenso als Reservoir benutzt werden, aus dem für andere Stammbücher sich geeignete Einträge beziehen ließen, wie es sich selbst als Stammbuch in Gebrauch nehmen ließ, indem die unteren Leerfelder jeder Seite den Einträgern offen standen. Der Caesarius-›Cato‹ war dann so tatsächlich einem Album amicorum gleich zu erachten (S. 1: instar ALBI AMICORVM se habet). Die deutschen Verse des in libellum überschriebenen vorletzten Stücks formulieren daher die Aufforderung, das einzelne Exemplar in einen im Sinne des Stammbuchhalters angemessenen Gebrauch zu überführen: Wer hieher schreibt mit eigner Hand/ Der gibt mir vnser freundschafft pfand: Darbey ich seiner ingedenck/ Vnd jm mein gunst hinwider schenck. Auch wie es zeigt den willen an Eines getrewen Biderman: Also sudelt niemand hierein/ Was schand vnd (rgerlich mag sein: Sondern hat befFgten anlaß/ Zu schreiben nach deß Autors maß. Die Red zeigt an deß Menschen gmFt: Ein freund sich vor dergleichen hFt/ Vnd thu was den Ehrn ist bequem: Wil er anders sein angenem.

[JC-Dr 1, S. 211f.]

In dieser Aufbereitung und Verwendung bauen die lateinischen ›Disticha Catonis‹ ein amicitia-Dokument auf und mutieren zum Medium frühneu_____________ 495 Vgl. KLOYER-HESS 1998, S. 391; FELIX HEINZER: Das Album amicorum (1545-1569) des Claude de Senarclens. In: Stammbücher des 16. Jahrhunderts, hg. von WOLFGANG KLOSE. Wiesbaden 1989 (Wolfenbütteler Forschungen 42), S. 95-124; WOLFGANG KLOSE: Corpus Alborum Amicorum. Ein Bericht über die Sammlung und Beschreibung von Stammbüchern in der frühen Neuzeit. In: IASL 10 (1985), S. 154-169, hier S. 163f. Einen Überblick über die Funktionen von Stammbüchern als frühneuzeitliche Amicitia- und MemoriaDokumente gibt KLOYER-HESS 1998, S. 392f. (Zeugnissammlung von Kontakten/Beziehungen, Ausdruck singulärer Bezugsverhältnisse, Vermittlung und Kommentierung von Bildungsgut, v. a. literarischer Traditionen und Motive/Topoi, intellektuelle Profilierung durch Anspielungen, Strukturierung von Gemeinschaften, gegenseitige Versicherung der Mitglieder in übereinstimmenden Positionen usw.). Zum Spektrum der korrespondierenden textuellen Formen vgl. GILBERT HESS: Formen personaler Integration auf textueller Ebene. Die Einträge der Rostocker Theologieprofessoren im Gelehrtenstammbuch Herzog August d. J. von Braunschweig-Lüneburg (1579-1666). In: Die Repräsentation der Gruppen 1998, S. 409-428. 496 Vgl. KLOYER-HESS 1998, S. 391.

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Die Aufnahme der Volkssprache ins Schulbuch

zeitlicher Gemeinschaftskonstitution. Die amici bringt schließlich auch die letzte Sentenz des ganzen Bandes noch einmal in den Blick: Gute Freund vnd die edel Kunst Behalten ewig Lob vnd gunst.

[JC-Dr 1, S 213]

Das Druckerkolophon beschließt S. 214 eine auf einen derart stattlichen Umfang angewachsene Ausgabe, dass sich ihre Verwendung im Lateinunterricht kaum mehr empfohlen haben dürfte. Das Versprechen des Titels führt schon von daher in die Irre. Es muss als Versuch des Verlegers gelesen werden, durch Verweis auf einen etablierten Verwendungsraum des Textes den Absatz zu steigern. Eine zweite Auflage, die eine in der Tat breitere schulgebundene Nachfrage anzeigen könnte, erscheint nicht mehr. Die Gründe dafür sind einsichtig: - Mit der Aufsplitterung des Grundtextes und Umordnung der Versfolgen steht die Ausgabe zwar nicht gänzlich allein, aber doch innerhalb der frühneuzeitlichen Darbietungstraditionen des Werks relativ isoliert497 – zumal im Vergleich mit Schulausgaben des Werks. - Der lateinische Text berücksichtigt eklektisch sowohl Verbesserungen Maturin Cordiers wie des Erasmus von Rotterdam. Auf eine durchgreifende Anpassung an die dagegen auf der Grundlage eines mittelalterlichen Vulgattextes erstellte griechische Übersetzung des Maximos Planudes ist verzichtet. Ausgangstext und Zieltexte laufen nicht immer gleich, und diese erschweren damit teilweise das richtige Verständnis des Lateinischen statt es zu erleichtern.498 - Dreisprachige ›Cato‹-Ausgaben wie die vorliegende stellen zwar kein Novum mehr dar, bleiben aber bis ins 17. Jahrhundert hinein für spezielle Absatzräume mit zweisprachigen (tschechisch-deutschen, polnischdeutschen, ungarisch-deutschen, französisch-deutschen) Käuferschichten bestimmt. Die Vermehrung des lateinisch-deutschen hingegen um einen griechischen ›Cato‹ inauguriert einen neuen Typ von Dreisprachigkeit. Er reagiert statt auf komplexe rezente Sprachenkonstellationen auf den Aufstieg des Griechischen zur Bildungssprache und seine Aufnahme in den humanistischen Sprachenunterricht. In diesem Punkt erscheint die Aufnahme des Planudes-Textes bei Caesarius freilich zwiespältig. Einerseits reagiert sie auf einen Zug der Zeit, das humanistische Interesse am Griechischen und seine Aufnahme in den Sprachenunterricht, andererseits wird die schon von Erasmus monierte Unzulänglichkeit der Planudea ignoriert. Die Behauptung der Eignung als schulisches Lehr- und Lernmittel erscheint auch von daher als Lippenbekenntnis.499 _____________ 497 Vgl. BOAS 1932/33, S. 315f. 498 Vgl. BOAS 1914a, S. 227-232. 499 Siehe auch unten Exkurs 5.

Die »Verschulung« der Laienlektüre

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- Was Übersetzungen für die Texterschließung zu leisten imstande sind, könnten dem Caesarius-›Cato‹ seit 1550/51 bereits mehrere Cordier- und Fries-Ausgaben vor Augen geführt haben. Die Caesarius-Übertragung fällt hinter diesen Stand aber zurück. Einmal wählt sie, mit Blick auf ihre Stammbuch-Verwendung, die den eingängigen Vers fordert, den vierhebigen, überwiegend auftaktigen, nach Möglichkeit alternierenden Reimpaarvers im strengen, acht bis neun Silben umfassenden Knittelvers als Formmodell.500 Zum weiteren finden ihre Verse vielfach keine unmittelbare Entsprechung im Grundtext, da sie dessen Grundaussagen an zahlreichen Stellen durch Zusätze frei entfalten. Besonders ausgeprägt erscheint die Distanz in der Entsprechung zu den vier Prosasätzen des Prolog, die 20 Verse beansprucht. Latein und Deutsch laufen nur annähernd parallel: Cum animadverterem quam plures homines

Als ich den b=sen Sitt vermerckt / Darinn die Jugendt wirt gesterckt / Welche die Tugent jetzt verlacht / Die SFnd vnd laster h=her acht: graviter errare in via Vnd jrret sehr von rechtem weg / morum, Wil nit treffen der Sitten steg: succurrendum Dass ich diesem m=cht kommen fFr / et consulendum eorum opinioni fore existimaui, Vnd anweisen zu der gebFr / maxime vt gloriose viuerent, Wie jederman wol leb mit ruhm / et honorem contingerent. Vermittelst deß zu ehrn auch kum: Nunc te, So schreib ich dir von zucht vnd ehr / fili carissime, docebo, Mein lieber Sohn / folgende Lehr / quo pacto Darauß erlernest rechte weiß Der H=ffligkeit / mit gantzem fleiß. mores animi tui componas. Auch dein GmFt den Sitten nachrichten / Vnd allen vbelstand vernichten. Igitur praecepta mea ita legas, Doch also nem diß an die hand / vt intellegas. Dass du es lesest mit verstand: Legere enim, et non intelligere, Dann lesen / aber nicht verstehn / negligere est. Heißt obenhin vnd mFßig gehn. [JC-Dr 1, S. 6f.]

Auf den Versuch, den syntaktischen Bau des Ausgangstextes zu erhellen, ist, wie gleich am lateinischen Eingangssatz sichtbar wird, verzichtet, aber auch auf die schlichte Bildung lexikalischer Entsprechungen (homines: Jugendt statt Menschen). Ein auffälliges Verfahren, das den Ziel- vom Grundtext weiterhin entfernt, liegt insbesondere in der Aufschwellung einzelner sprachlicher Einheiten durch variierende Entfaltung weiterge_____________ 500 Zur Heusler’schen Unterscheidung von freiem und strengen Knittelvers vgl. OTTO PAUL und INGEBORG GLIER: Deutsche Metrik. 9. Aufl. Ismaning 1974, §97. Vereinzelt erscheinen aber auch sechssilbige Verse, so S. 41 zu b.s. 56 Wer dich liebet vnd ehrt / | Ob schon dieser nicht wehrt / | Dem widertragest gunst / | So lieb jhn doch vmbsunst und weiter etwa S. 100 (b.s. 43), 101 (I,49) und 109 (b.s. 4).

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hender inhaltlicher Aspekte. So wird aus der via morum sowohl der rechte[] weg wie der Sitten steg. In der Übertragung von b.s. 23 Pugna pro patria als Streit fFr dein Vatterland / | Wo nicht / hast ewig schand (S. 21) liegt diese Auffüllung im – vom Lateinischen ungedeckten – Verweis auf negative Folgen des falschen Handelns (Wo nicht / hast ewig schand). Sie kann aber ebenso in der inhaltlichen Differenzierung der Handlungsanweisung liegen: Liberos erudi (b.s. 28, S. 33) wird zu Die Kinder vnderweiß / | Straff vnd lehr sie mit fleiß, weil Underweisung als mit Sorgfalt versehene Bestrafung wie Belehrung gedacht wird. In den Kurzsentenzen ist solche Erweiterung gebotenes Mittel, um trotz knapper Textvorgabe dennoch zwei Verse füllen zu können. In den Hexameterdistichen zielt sie aber auch auf den Gewinn einprägsamer Reime, etwa wenn zu I,5 (Si vitam inspicias hominum si denique mores: | cum culpent alios, nemo sine crimine viuit, S. 56) dann Seh an der menschen leben / handel / | Jre gebr(uch / sitten vnd wandel: | Ob man gleich dem sein that verhebt / | Jedoch niemand ohn mangel lebt gebildet und die Lexeme vita und mors leben und handel, sitten und wandel aufrufen. So wenig einerseits das Versprechen des im Titel nahegelegten Unterrichtsgebrauchs praktisch eingelöst wird, so wenig sinnvoll erscheint es andererseits, von Laienlektüre in einem Sinn zu sprechen, der sie gegenüber unterrichtlicher Verwendung herabsetzte. Der Verzicht auf jede sprachdidaktische Heranführung an die ›Disticha Catonis‹ beruht 1585 nicht mehr auf mangelnder Einsicht in seine Notwendigkeit und auf dem Fehlen volkssprachlicher Vorleistungen, die dann eigene Anstrengung erfordert hätten, sondern im Gegenteil auf hinsichtlich der speziellen Verwendung der vorliegenden Textausgabe getroffener freier Entscheidung. Die stellvertretend für das Publikum explizit anvisierten Vertreter des Augsburger Patriziats wussten sich – zumindest schriftlich im Medium des Freundschaftsbuchs – gleich in zwei klassischen Bildungssprachen untereinander zu verständigen. Beginnende Lateinschüler sollte das eher überfordert haben. Auf die elementare Aneignung des Lateinischen im Deutschen kam es Caesarius gar nicht mehr an, weil die patrizischen Eliten, seine implizierten Leser, sie längst hinter sich gebracht hatten und die lateinische Sprache bereits als ihre elitäre Identität auch sprachlich konstituierendes Instrument literarischer Kommunikation nutzten.501 Für diesen Kreis erbringt – wenn auch nur en passant, ohne sie eigens herauszustellen oder gar in ihrer methodischen Anlage eigens noch zu reflektieren – Caesarius gar eine einzigartige Leistung: die systematische, alle Kurzsen_____________ 501 Vgl. zum literarischen Leben Augsburgs in Spätmittelalter und Früher Neuzeit HANS-JÖRG KÜNAST: »Getruckt zu Augspurg«. Buchdruck und Buchhandel in Augsburg zwischen 1468 und 1555. Tübingen 1997 (Studia Augustana 8), und speziell für das 15. Jahrhundert die Beiträge in JANOTA/WILLIAMS-KRAPP 1995.

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tenzen und Hexameterdistichen erfassende Rubrizierung der lateinischen Verse unter eigenständige Oberbegriffe, die seinen Thesaurus nach Bereichen des zentralen praktischen Lebens organisieren, zu denen man dann nach Vorgabe der ›Disticha Catonis‹ sinnvoll weitere Sentenzen beisteuern konnten. Einblicke in den Schulunterricht hingegen eröffnet Caesarius nur ex negativo. Denn für diesen Stammbuch-›Cato‹ überhaupt Unterrichtstauglichkeit – wie zutreffend dann oder auch eben nicht – reklamieren zu können, erweist immerhin noch dies: wie wenig der Zuschnitt schriftlicher Unterrichtsmaterialien im 17. Jahrhundert in einem expliziten und breit verankerten Konsens gründet. Exkurs 5: Die griechischen Übersetzungen der ›Disticha Catonis‹ von Maximos Planudes, Johannes Mylius, Matthæus Zuber und Joseph Justus Scaliger In der Ausstattung des Stammbuch-›Cato‹ mit der griechischen Übersetzung des byzantinischen Mönchs Maximos Planudes (ca. 1260 - ca. 1305)502 haben Caesarius und sein Verleger ein zusätzliches Argument für die behauptete Unterrichtseignung sehen können. Griechischstudien waren in Italien bereits seit Coluccio Salutati (1331-1406) und durch den von diesem als Lehrer nach Florenz berufenen Gesandten Manuel Chrysoloras († 1415) aus Konstantinopel befördert worden.503 In Deutschland wurden sie seit Johannes Reuchlin (1455-1522) prominent betrieben und an den Universitäten seit den zwanziger Jahren flächendeckend akademisiert. Um die Mitte des 16. Jahrhunderts sind sie an mehreren Schulen, freilich nur größeren, auch voruniversitär nachzuweisen.504 Für die ›Disticha Catonis‹ hat freilich die Voraussetzung einer zureichenden, auf philologisch gesicherterer Grundlage gewonnenen griechischen Übersetzung, nachdem er bereits zuvor deutliche Kritik an der Übersetzung des byzantinischen Mönchs geübt hatte, erst Joseph Justus Scaliger (1560-1609) 1605 geschaffen.505 Scaligers griechischer Text ver_____________ 502 Textausgabe: ORTOLEVA 1992. Die gedruckte Überlieferung, die ORTOLEVA 1992, S. XXIV-XXVI, in Auswahl verzeichnet, ist nicht systematisch erfasst. Vgl. für das 16. Jahrhundert IA, Bd. 1,7, S. 164-196. 503 GUISEPPE CAMMELLI: I dotti bizantini e le origine dell’Umanesimo. 2 Bd.e. Florenz 1941, Bd. 1: Manuele Crisolora. 504 Vgl. PAULSEN 1919/21, Bd. 1, S. 71-73, 372-382 sowie im besonderen S. 96 (Universität Erfurt), 105-107 (Universität Leipzig), 117-119 (Universität Wittenberg), 124-128 (Universität Köln). 505 Vgl. BOAS 1931, S. 243f. Kritik hatten zuvor schon andere geübt, etwa Michael Neander, Rektor des Gymnasiums von Ilfeld bei Nordhausen in Thüringen, der 1556 in Basel bei Johannes Oporin ein Anthologicum Graecolatinum, eine Sammlung erbaulicher Stellen aus

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drängt in der Folge den der Planudea rasch. Während sich unter den lateinisch-griechisch-deutschen Ausgaben eine Vielzahl mit der ScaligerÜbersetzung benennen lassen (Hannover 1637,506 Goslar 1643,507 Hannover 1644508 und 1655509, Hildesheim 1687,510 Frankfurt/M. 1701,511 Marburg 1701,512 Uppsala 1703,513 Frankfurt/M. 1705514 und 1719515 – der deutsche Text dabei stets nach der Übersetzung von Martin Opitz)516, war zuvor der Planudea, als einziger überhaupt zuhandener griechischer Text, kein vergleichbarer Erfolg beschieden. Neben der Caesarius-Übersetzung begleitet sie nur noch ein einziges weiteres Mal, in einer bei Jakob Apel in Leipzig 1617 erschienenen Ausgabe,517 einen lateinischen und deutschen Text zugleich, diesmal die Übertragung Abraham Moters.518 _____________

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antiken griechischen Werken für Schule und Hausgebrauch herausgebracht hatte und sich in seinem Urteil bereits auf Erasmus beruft: »Über die Disticha Catonis, die er mehrheitlich griechisch-lateinisch eingestreut habe, sollten andere urteilen. Dass ihr Übersetzer, sei es nun Planudes oder ein anderer, oft den Sinn nicht getroffen habe, darauf habe schon Erasmus hingewiesen. Wie grausig griechisch sie seien, merke jeder; die unter dem Namen Catos in den Schulen angepriesenen seien höchst elegant« (Griechischer Geist aus Basler Pressen. Basel 1992 [Publikationen der Universitätsbibliothek Basel 15], S. 461). Erasmus schreibt in der Widmung seiner ›Cato‹-Ausgabe von 1514 an den Löwener Rektor Johannes Nevius: »Disticha moralia, vulgo Catonis inscripta titulo, [...] primum diligenter a mendis expurgavimus, collata Planudis interpretatione, tametsi Graeculus ille Romani carminis sententiam saepenumero non consequitur« (hier zit. nach BOAS 1931, S. 255). DÜNNHAUPT Nr. 107.3. DÜNNHAUPT Nr. 107.4. Nicht bei DÜNNHAUPT, vgl. jedoch BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 2, Sp. 1158. Nicht bei DÜNNHAUPT, vgl. jedoch VD 17 Nr. 1:066600L. Nicht bei DÜNNHAUPT, vgl. jedoch BOAS 1931, S. 244 Anm. 1, sowie VD 17 Nr. 14:627496H. Nicht bei DÜNNHAUPT. Ein Exemplar wird in der Universitätsbibliothek Greifswald unter der Signatur 520/Dg 464 aufbewahrt. Nicht bei DÜNNHAUPT. Exemplare werden in Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, unter der Signatur Wi 8645 und in der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena unter der Signatur 8 Gl.IV,226(2) aufbewahrt. Nicht bei DÜNNHAUPT, vgl. jedoch BOAS 1933. DÜNNHAUPT Nr. 107.17. DÜNNHAUPT Nr. 107.20. Zu vier weiteren Ausgaben in Verbindung mit einer deutschen Übersetzung s. u. Siehe oben Kap. III.7.2 zu AM-Dr 12. Zur Verbreitung des ›Cato‹ von Planudes im Buchdruck vgl. BOAS 1931, S. 247f. Die Editio princeps erscheint 1495 bei Aldus Manutius in Venedig. Für den deutschen Sprachraum führt das VD 16 lediglich eine einzige selbstständige Ausgabe auf (Basel 1553: VD 16 Nr. C 1724). Über ein halbes dutzend Mal tritt dem griechischen der lateinische Text an die Seite (Köln 1521, 1571 und 1575: VD 16 Nr. C 1673, C 1678, C 1679; Basel 1524, 1533 und 1535: VD 16 Nr. C 1674, C 1675, C 1676; Köln 1523: München, Bayerische Staatsbibliothek, Res/L.eleg.m. 1349 m#Beibd.1 [nicht im VD 16]; Basel 1526: München, Bayerische Staatsbibliothek, A.a.lat. 47 [nicht im VD 16]; Basel 1534: München, Bayerische Staatsbibliothek, A.gr.c. 161#Beibd.3 [nicht im VD 16]). Hinzu kommen ein Straßburger

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Wohl auf dieses bekannte Ungenügen der Planudea reagiert im deutschen Sprachraum die Übertragung von Johannes Mylius, die derjenigen Scaligers noch vorausgeht. Denn der Cato Graecolatinus des evangelischen Theologen, Pfarrers und (spätestens) seit 1558 Ellricher Schulmeisters Johannes Mylius aus Liebenrode († 1584) – dessen Begabung für das Griechische schon seinem Lehrer, dem Philologen und Rektor der Klosterschule Ilfeld bei Nordhausen, Michael Neander (1525-95), aufgefallen war und von ihm frühzeitig gefördert wurde – erscheint bereits 1566 in Augsburg.519 Hingegen geht die griechische Übersetzung des Sulzbacher Lehrers und späteren Präceptors an der Bürgerschule zur Nürnberg, Matthæus Zuber (1570-1623), erst 1618 in Amberg bzw. 1619 in Hanau – beide Male gemeinsam mit dem ›Distichorum liber‹ des Michele Verino (1469-87) – in den Druck.520 Beide Übersetzungen fanden später Aufnahme in einen besonderen Typ dreisprachiger ›Cato‹-Ausgaben, jenen der barocken Übersetzungssumme, und wesentlich über ihn etwas größere Verbreitung. Kennzeichen dieser Summen ist die Zusammenführung aller seinerzeit bekannten griechischen Übersetzungen. Inauguriert und herausgegeben wurden sie von Christian Daum (1612-87), der bereits 1656 in der Zwikkauer Offizin Melchior Göpners einen eigenen lateinischen ›Cato‹ herausgegeben hatte,521 1662 zum Rektor der Zwickauer Lateinschule ernannt wurde und dieses Amt bis zu seinem Tode versah.522 Im Jahr seiner Er_____________

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Druck von 1515, in dem der ›Cato‹ Hesiods ›Werke und Tage‹ begleitet (VD 16 Nr. C 1672), und ein Augsburger von 1565 mit den ›Formulae colloquiorum puerilium‹ von Sebaldus Heyden (VD 16 Nr. C 1677). Vgl. IA Nr. 134.270: »Catonis disticha moralia, graece reddita in gratiam studiosae iuventutis, interprete Ioanne Mylio«. Eine weitere Ausgabe erscheint zwei Jahre später in Leipzig: VD 16 Nr. ZV 3168. (Der entsprechende Eintrag im Index Aureliensis unter Nr. 134.232 für »1548« beruht auf einem Druckfehler.) Zur Person des Johannes Mylius vgl. NDB, Bd. 18, S. 667*. Amberg 1618: München, Bayerische Staatsbibliothek, P.o.lat. 1224#Beibd.3 [Verlust]. Hanau 1619 (»MATTHAEI | ZUBERI, | Poetae Caesarei, & Professoris | Palatini, | CATO GRAECVS, | Ad illustr. V. Iosephi Scaligeri Notas iteratâ hâc | editione accommodatus & e-|mendatus. | Adcesserunt | Michaelis Verini Minoricensis Hispani Poetae | Sententiae CCCXXIIX«): VD 17 Nr. 1:043599N. Dass auch die Amberger Ausgabe den Verino hatte, vermerkt das knappe Werkverzeichnis unter dem Eintrag zur Person Zubers in Zedlers Universal-Lexikon (Bd. 63, Sp. 772-774, hier Sp. 774). Vgl. zum ›Distichorum liber‹ Verinos BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 1218 Nr. 424, und speziell zur Rezeption Verinos und der ›Disticha Catonis‹ in Spanien TAYLOR 1999. Vgl. BOAS 1952, S. LV. Vgl. zur Person HEINRICH KÄMMEL in der ADB, Bd. 4, S. 770f.; LUTZ MAHNKE, MANFRED MELTZER und MICHAEL LÖFFLER: Christian Daum (1612-1687). Ein Zwickauer Rektor. Zwickau o. J. [1997]; RICHARD BECK: Christian Daum. Ein Lebensbild aus dem 17. Jahrhundert. In: Mitteilungen des Altertumsvereins für Zwickau und Umgegend 3 (1891), S. 1-31. Speziell zur Zwickauer Schulgeschichte vgl. EMIL HERZOG: Geschichte

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nennung zum Rektor ließ er wiederum bei Göpner einen ›Cato‹ erscheinen, in dem nun auf den lateinischen Text die griechischen Übersetzungen von Planudes, Scaliger, Zuber und Mylius und schließlich noch die deutschen Verse von Martin Opitz folgen.523 Vermutlich wollte er auf diesem Wege auch die Griechischstudien der angesehenen Lateinschule voranbringen, wenngleich sein Widmungsbrief an den Bürgermeister in Rothenburg ob der Tauber, Johann Georg Styrzel (1591-1668), der seit 1660 mit Daum im Briefwechsel stand,524 dazu nichts besagt. Eine zweite Auflage erscheint zehn Jahre später ebenfalls in Zwickau, nun bei Johann Leonhard Stümpfeld. Sie bietet dieselbe Reihe von Übersetzungen, vermehrt jetzt den ›Cato‹ aber um die Erläuterungen des humanistischen Reformators des Straßburger Schulwesens, Johannes Sturm (15071589).525 Der Widmung an Styrzel hat Daum zudem eine weitere an den Altdorffer Professor für Poesie und griechische Sprache, Georg Matthias König (1616-1699),526 vorgeschaltet. Offensichtlich an das Zwickauer Vorbild lehnt sich schließlich ein letzter Druck wieder aller vier griechischen Übersetzungen im Verbund mit dem lateinischen Text und dem deutschen von Opitz an, der 1697 in Danzig bei Simon Beckenstein erscheint.527 Zu den Erweiterung der zweiten Ausgabe um die Erläuterun_____________ 523

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des Zwickauer Gymnasiums. Eine Gedenkschrift zur Einweihungsfeier des neuen Gymnasialgebäudes. Zwickau 1869. »DIONYSII CATONIS | DISTICHA | DE MORI-|BUS AD FILIUM, | Graecè à MAX. PLANUDE, JOS. | SCALIGERO, MATTH. ZUBERO, & JOH. | MYLIO: Germanicè ex mente JOS. SCALI-|GERI potissimum & CASP. BARTHII | à | MARTINO OPITIO, | expressa. | Cum Excerptis ac Notis ex altera Ejusdem Recen|sione brevioribus; hac Editione passim | denuo interpolatus | à | CHRISTIANO DAUMIO. | Qui & addidit | INCERTI Veteris Poetae Monosticha; Ano-|nymi SALUTARIS Titulo inscripti Disticha Selectio-|ra : Ut & S. COLUMBANI Carmina | cum Notis brevibus.« Vgl. für den Nachweis DÜNNHAUPT Nr. 107.8. Vgl. MAHNKE 2003, S. 88. Das Widmungsschreiben ist auch bei ARNTZEN 1754, S. XXXVIIIf., abgedruckt. »DIONYSII CATONIS | DISTICHA | De | MORIBUS | AD FILIUM, | Graecè à MAX. PLANUDE, JOS. SCA-|LIGERO, MATTH. ZUBERO, & JOH. MYLIO : Germa-| nicè ex mente JOS. SCALIGERI potissimum | & CASP. BARTHII | à | MARTINO OPITIO, | expressa. | Cum Excerptis ac Notis ex altera Ejusdem Recensione bre-|vioribus ; hac Editione passim denuo interpolatus & | noviter auctis, additu insuper Johanis | Sturmii Lemmatibus, | à | CHRISTIANO DAUMIO. | Qui & addidit | INCERTI Veteris Poetae Monosticha; Anonymi | SALUTARIS Titulo inscripti Disticha Selectiora : | Ut & S. COLUMBANI eiqve tributa Carmina | cum Notis brevibus.« Vgl. für den Nachweis DÜNNHAUPT Nr. 107.12. Zu Sturms Scholien s. o. Kap. III.7.2 zu AMDr 12. Im Briefkontakt mit König stand Daum bereits seit 1667: MAHNKE 2003, S. 54. »DIONYSII CATONIS | DISTICHA | de | MORIBUS | AD FILIUM, | Graecè à MAX. PLANUDE, JOS. | SCALIGERO, MATTH. ZUBERO, & JOH. | MYLIO: Germanicè ex mente JOS. SCALIGERI po-|tissimum & CASP. BARTHII | à | MARTINO OPITIO, | expressa. | Cum Excerptis ac Notis ex altera Ejusdem Recen-

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gen Sturms treten nun noch die des Nassenhuber Pastors Gilbert Wachius (Waugh; † 1720), der als Herausgeber firmiert, das Werk Kurfürst Friedrich III. von Brandenburg (1657-1713) widmet528 und damit seiner späteren Bestellung zum Prorektor der Danziger Petrischule entgegengearbeitet haben mag. Nur im Rahmen der Leipziger Aufarbeitung der Moter-Übersetzung zum Schulbuch in AM-Dr 12 von 1617, und dann vor allem über den Umweg der drei Übersetzungssummen von 1662, 1672 und 1697, hält die griechische Version der ›Disticha Catonis‹ von Maximos Planudes im 17. Jahrhundert noch die Verbindung zu deutschen Übersetzungen.

8. Ut pueri facile discant: Auf Umwegen zu neuen zweisprachigen Schulbüchern Die Einbeziehung des gedruckten Deutsch in die lateinische Unterrichtslektüre musste nach der Latinisierung des Lateinunterrichts seit dem zweiten Jahrzehnt neu ansetzen. Die äußeren Bedingungen dafür mögen durch eine allgemeine Verbesserung der institutionellen Grundlagen begünstigt worden sein, wie sie in erster Linie für die Universitäten sichtbar wird.529 Möglicherweise haben auch die ›Cato‹-Ausgaben für den gelehrten Laien zur Absenkung von Schwellen beigetragen und die Bereitschaft zur Wiederaufnahme des Deutschen in das gedruckte Schulbuch erhöht. Es bleibt dennoch eine sehr spezielle Konstellation, die dem Deutschen diesen Weg eröffnete. Dieser Weg ist nämlich ein Umweg. Als solcher führt er zu_____________ |sione brevioribus; passim interpolatis & noviter au-|ctis, additis insuper Johannis Sturmii | Lemmatibus, | à | CHRISTIANO DAUMIO. | Qvae denuo recensuit, & Notas suas passim adjecit | GILBERTUS WACHIUS. | Qvibus qvoqve ea accedunt, qvae CL. DAUMIUS in ul-|tima editione addidit, nempe; | INCERTI Veteris Poetae Monosticha; Anonymi | SALUTARIS Titulo inscripti Disticha Selectiora: | Ut & S. COLUMBANI eiqve tributa Carmina | cum Notis brevibus.« Vgl. ESTREICHER 1896, S. 100, wo im übrigen für 1697 noch eine zweite Danziger Ausgabe ausgewiesen wird: »Disticha de moribus graece, latine et germanice cum variorum notis ex editione Gilberti Wachii. Dantisci. 1697. w 8ce.« Diese dürfte mit der genannten identisch sein. ESTREICHER kann für sie lediglich auf JOCHER Nr. 356 verweisen: ADAM JOCHER: Obraz bibliograficzno-historyczny literatury i nauki w Polsce, od wprowadzenia do niej druku po rok 1830 włącznie, z pism Janockiego, Bentkowskiego, Ludwika Sobolewskiego, Osslińskiego, Juszyńskiego, Jana Winc. i Jerz. Sam. Bandtków i t. d. Bd. 1. Wilno 1840, S. 43. Dort werden keine genauen Angaben zum Druck selbst gemacht, sondern nur auf den »Catal. Jansonii 1699« verwiesen. Dieser Verlagskatalog der Danziger Offizin Janssons war mir leider nicht zugänglich. 528 Abgedruckt bei ARNTZEN 1754, S. XXXIX-XLI. 529 Vgl. LEONHARDT 2001, S. 121 (»nach 1530 oder 1540, als die schlimmsten Folgen der deutschen Universitätskrise überwunden waren und sich die Studentenzahlen wieder dem alten Niveau näherten«), und vor allem PAULSEN 1919/21, S. 179-202 und S. 216-255.

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nächst über Vorleistungen, die Maturin Cordier im Französischen erbringt. Diese werden in Straßburg 1540 dann aufgegriffen und wirken, freilich erst ein gutes Jahrzehnt später, in das Züricher Projekt des Johannes Fries hinein. 8.1 Der lateinisch-französische ›Cato‹ Maturin Cordiers in anonymer Straßburger Übersetzung (1540) Die Neuaufnahme der Volkssprache ins deutsche Schulbuch verläuft über befremdliche Umwege. Erste Station ist eine lateinisch-französische Schulausgabe, die der französische Humanist, Pädagoge und Lehrer Calvins, Maturin Cordier (1479-1564)530 auf der Grundlage für seinen eigenen Unterricht in Nevers531 erstellter Materialien herausgegeben hatte. Cordier ließ diesen Schul-›Cato‹ zuerst bei dem königlichen Drucker Robert Estiénne/Robertus Stephanus (1503-59), mit dem er freundschaftlich verbunden war, in Paris 1533 in den Druck gehen532 und sicherte ihm dadurch von Anfang an eine größere Reichweite. Das lässt auf einen gewissen Anspruch zurückschließen. Ein vorangestellter Widmungsbrief an Estienne deklariert freilich zunächst allein ein persönlich-praktisches Interesse als Anstoß. Danach hatte Maturin zunächst beabsichtigt, seinem Unterricht auf Dauer die ›Disticha Catonis‹ in einer zuverlässigen Form zugrunde legen zu können, indem er seine einmal ausgearbeiteten Materialien in der Hoffnung per Diktat an die Schüler weitergab, dass ihm diese Art der Bereitstellung zukünftig erspart bleibe, weil sich sein Text unter den Schülern schon bald durch Abschriften von selbst verbreiten werde. Der _____________ 530 Grundlegend zu Autor und Werk LE COULTRE 1926. Vgl. ferner CHARLES ÉMILE DELORMEAU: Un maître de Calvin: Mathurin Cordier, l’un des créateurs de l’enseignement secondaire moderne, 1479-1564. Neuchâtel 1976. Nicht zur Verfügung stand mir GILBERT GERALD BLEAU: Mathurin Cordier: Son programme, sa méthode d’après les Colloques (1564). Phil. Diss. Austin/Texas 1972. Die pädagogischen Grundsätze Cordiers fasst BÜHRER 2002, S. 186 Anm. 126 im Anschluss an DELORMEAU so zusammen: »1. Empfehlung, körperliche Züchtigung nur zurückhaltend einzusetzen; besser sei zu ermutigen, etwa durch kleine Belohnungen; 2. Grosses Gewicht sei auf die Grammatik zu legen mit Erklärungen auf Latein und anschließend Übersetzung in dieMuttersprache; 3. Übungen und Variationen über einen gegebenen lateinischen Text; 4. Um das Gedächtnis zu trainieren, soll man Übungen aufgeben und die Schüler untereinander repetieren lassen, bevor sie die Klasse betreten; 5. Charakterformung durch Moral und Religion.« 531 Zur Geschichte des Anfang des 15. Jahrhunderts gegründeten Collège zusammenfassend LE COULTRE 1926, S. 73-75. 532 Nachstehend benutzt im Exemplar Warendorf-Milte, Historische Bibliothek der Katholischen Kirchengemeinde St. Johannes, PHIL 25. Diesem Exemplar fehlt das Titelblatt. Als Titel gibt LE COULTRE 1926, S. 441, an: »Disticha de moribus, nomine Catonis inscripta cum latina et gallica interpretatione, M. C. Epitome in singula fere disticha. Dicta sapientum cum duplici interpretatiuncula.«

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fromme Wunsch scheiterte an den Fährnissen des Alltags. Die Schüler hätten derart fehlerhafte Abschriften in Umlauf gebracht, dass die Sicherung der gemeinsamen Textgrundlage durch Bereinigung der Fehler regelmäßig mehr Zeit des Unterrichts in Anspruch genommen habe als erneutes Diktieren.533 Neben dem praktischen Anstoß zur Drucklegung hat ein weiteres Motiv gewiss in der Gelegenheit zu gelehrter Profilierung gelegen. So verschweigt Cordier in seinen weiteren Darlegungen zur Anlage im Detail dem Leser nicht, durchaus vom Text des Erasmus abgewichen zu sein, wenn er denn der Überzeugung war, eine lectio antiqua verteidigen zu müssen. Er setzt sich damit nicht nur von seinem eigenen Lehrer, sondern vor allem von einem Text ab, der bereits seit zwanzig Jahren auf fulminantem Siegeszug durch ganz Europa war.534 Auch steht die pädagogische _____________ 533 [...] Dictaui anno superiore nostris in re literaria tyrunculis quasdam pueriles nugas: hoc est Latinam et Gallicam interpretationem in disticha illa de moribus, quae nomine Catonis inscribuntur. Quam rem eacidem nunquam fecissem: nisi moribus pridem receptum esse viderem, vt libellus ille pueris ad literarum tyrocinium accedentibus vbique statim ab initio tradatur. Et certe hunc morem egomet quoque non omnino damnandum censeo: praesertim cum id opusculum iudicio doctissimorum semper probatum sit. Fore autem sperabam vt semel dictauisse, duntaxat in nostro gymnasio, satis esset: pueríque ipsi gradatim ascendentes, alii ex aliis quasi per manus acciperent. Verum eo rediisse rem video, vt crebra descriptione iam poene omnia deprauata sint, dum pueri partim nescientes scribere, partim id facientes oscitanter, vix vnum verbum integre scriptum relinquunt: ita vt, cum ad praelectionem ventum fuerit, haud multo minus operae sumendum sit in emendando, quam in dictando poneretur [...] (Paris 1533, S. 3). Vgl. auch S. 118 als Schlussschrift der ›Dicta sapientum‹: Dictabat paruulis suis Maturinus Corderius Nouidoni: quae est Niuernensium Metropolis ad flumen Ligerim. 534 [...] In ea autem ipsa interpretatiuncula ita secutus sum doctissimi Erasmi scholia, vt ab eorum sensu non nisi rarissime discesserim. Antiquam certe lectionem, quoad fieri potuit, defendendam putaui: quam ille multis in locis immutauerat. Praeposui singulis fere distichis quasdam velut epitomas: non illas quidem vt carmini, quo nihil breuius adderem compendium: sed vt carminis ipsius sensum pueri statim complecterentur facilius. Ideo autem non vbique apposui: quod eas sententias, aut parum Christiane pias, aut minus exquisitas, aut pro ingeniolorum captu difficiliores esse iudicaui. Adieci ad finem operis aliquot dicta sapientum breuissima: propterea quod nec minus digna scitu videbantur: et res omnino est eiusdem argumenti [...] (Paris 1533, S. 3f.). Zusätzlich zu den auf ihre vorerasmianische Form gebrachten Textstellen emendierte Cordier aus pädagogischen Erwägungen: vgl. DESMET-GOETHALS 1976, S. 82. Cordier zeichnet überhaupt ein recht selbstbewusstes Urteilen und Vorgehen auf. 1556 kündigt er in einem Brief an Robert Estienne an, die ›Disticha Catonis‹ auf Dauer durch eine eigene Auswahl aus den Cicero-Briefen ersetzen zu wollen: vgl. DESMET-GOETHALS 1976, S. 83. Schon im Widmungsschreiben von 1533 hatte er bekannt, den ›Cato‹ in Nevers überhaupt nur aus Gründen der Tradition für den Unterricht benutzt zu haben. Auch dies steht im Gegensatz zu Erasmus’ dezidiertem Votum für das spätantike Werk. Distanz zu Erasmus kommt ferner in den Scholien zu einzelnen Disticha zum Ausdruck, die sich nicht ganz mit christlichen Moralvorstellungen decken, von Erasmus gleichwohl unbedenklich kommentiert werden, während Cordier durch entsprechende Anmerkungen zur Stelle solche Defizite zu korrigieren sucht: vgl. DESMETGOETHALS 1976, S. 82f.

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Sorge um Unterrichtseffizienz in einem merkwürdigen Gegensatz dazu, dass von den beträchtlichen französischen Textanteilen der Ausgabe außer im Titel nirgends die Rede ist. Das Widmungsschreiben benennt zwar die Epitome – nahezu einem jeden Distichon sei eine solche vorangestellt – und ihren Zweck, den Schülern die Auffassung des Sinns der Verse zu erleichtern. Aber dass diese Epitomae zweisprachig gegeben werden, erwähnt es nicht mehr. Und dass jedem Distichon eine detaillierte, vereinzelt ordo et declaratio überschriebene, komplex aufgebaute Erschließung folgt, verschweigt das Schreiben ganz. Bei in Einzelfällen variierender Anlage535 wird in dieser ordo et declaratio der Text in seine einzelnen Bestandteile, in Wörter oder syntaktische Gruppen zerlegt wiederholt, wobei jeder Vers einen eigenen Absatz erhält, sein Wortmaterial in eine natürliche Wortfolge gebracht (ordo) erscheint und gegebenenfalls ausgelassene syntaktische Elemente in Kapitälchen ergänzt sind. Zu den derart herausgestellten lateinischen Bestandteilen werden gleichermaßen lateinische wie französische Interpretamente gebracht. Am Anschluss an diese auf die Einzelstellen bezogenen expositiones wendet sich die Auslegung dann oft noch einmal dem Distichon und seiner Lehre insgesamt in einer lateinisch-französischen admonitio zu, die den sensus benennen, aber auch Bemerkungen zur Grammatik und Metrik und Zitate aus anderen Autoren oder Zurechtstellungen moralischer Art im christlichen Sinn enthalten kann. Die nach Sprachen differenzierende Verteilung der Schriftschnitte – recte steht Lateinisches, kursiv Französisches – und nach Grundtext und Kommentar differenzierende der Schriftgrößen – in der größten Größe steht der Grundtext, in einer etwas kleineren die Wiederholung des Grundtextes im Kommentar, in der kleinsten der Kommentar mit Epitome und expositio selbst – zeigt einen allein schon in typographischer Hinsicht beträchtlichen Aufwand an, der für die Differenzierung betrieben wurde. Als Beispiel nachstehend der Text zu I,20 – wobei allerdings einen vollständigen Eindruck vom typographisch komplexen Layout nur die Bildwiedergabe liefern kann (vgl. _____________ 535 Zu den Varianten zählt vor allem der Verzicht auf eine abschließende admonitio und der Ausfall der vorangestellten lateinisch-französischen Epitomae. Statt der Epitome kann beispielsweise eine dann auf die Rekapitulation des sensus zentrierte admonitio eingesetzt sein, die dann aber eher zwischen den Grundtext und die expositio ad litteram eingesetzt erscheint. Bei den Breves sententiae wird ohnehin anders verfahren: Hier folgt auf den lateinischen Text regelmäßig eine kurze Inhaltswiedergabe in französischer Prosa und dann die auf die Einzelstelle bezogene expositio. Die Stelle zu b.s. 15 lautet (Paris 1533, S. 9): Familiam cura Pense de ton mesnage. TV cura familiam: substitue (tuam) pense de ta famille: Cest a dire, de bien gouuerner ton train, ta maison, ton mesnage.

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Abb. 30; gestufte Schriftgrade hier und im folgenden einfach und doppelt unterstrichen): Non precio munus, sed donantis ánimo aestimandum. Pas ne fault estimer ung don selon sa ualeur: mais selon l’affection de celuy qui le donne. Exíguum munus cum dat tibi pauper amîcus: Accípito plácide: et plene laudare memento. Cum, quando, quant. amicus: substitue (tuus) ton amy. pauper, qui est poure. dat tibi, donat tibi, te donne. munus: substitue (aliquod) aucun don. exiguum, parui précii, de petite ualeur. TV accipito, accipe: substitue (illud munus) recoy iceluy don. placide, vultu sereno, et hilariter, de bon het, bonne chere, et ioyeusement. et memento, et te souuienne. laudare: substitue (illud) le louer. plene, copiose, amplement. Accipito placide.) Ostendendo scilicet illud tibi gratum esse. En monstrant que tu l’as agreable. [Paris 1533, S. 27]

Cordier profiliert im Eröffnungsbrief sich weder mit dem Aufwand elementarer Texterschließung noch mit dem Gebrauch der Volkssprache. An den Niederungen der praktischen Textarbeit geht der gelehrte Diskurs vorbei. Zugleich war der Einbezug der Volkssprache in eine derart textnahe Erläuterung in Frankreich aber auch von größerer Selbstverständlichkeit, als man sie für Deutschland erwarten kann. Auch deshalb übergeht Cordier ihre Verwendung mit Schweigen. Im Hintergrund des Ausgriffs Cordiers in die Volkssprache steht ein in der Romania die schriftliche Kommunikation in der Volkssprache in vielen Bereichen weitergehend als im Reich begünstigendes Verhältnis zum Lateinischen. Ein fördernder Faktor im Hintergrund war der königliche Zentralismus.536 Diese besonderen Verhältnisse im Westen präziser zu erfassen, ist im Rahmen dieser Untersuchung leider kein Raum. Denn dafür wäre nicht weniger als eine Übersicht über die Verbreitung des französischen ›Cato‹ bereits in den Handschriften vom Hochmittelalter an erforderlich.537 Wenigstens schlaglichtartig lässt sich die selbstverständlichere Indienststellung des Französischen aber vom ›Grant Cathon‹ her beleuchten. Dieser französische ›Cato‹-Kommentar hält eine ausführliche Aufbereitung für einsprachige Benutzer bereit, an die er sich einleitend expressis verbis wendet. Gebrauchstypologisch ist er den deutschen ›Cato‹Kommentaren aus Dresden und Fritzlar an die Seite zu stellen, mit denen ihn auch die Verarbeitung des ›Speculum regiminis‹ verbindet.538 Im Unterschied

_____________ 536 Vgl. CHRISTIAN SCHMITT: Der Anschub der französischen Volkssprache durch das Latein im Zeitalter von Humanismus und Renaissance. In: Latein und Nationalsprachen 1998, S. 117-130, besonders S. 117-121. Zur Bedeutung des französischen Königshofes bereits für die Übersetzungstätigkeit im 14. Jahrhundert: LUSIGNAN 1986. 537 Die umfassendste Übersicht über die französischen Übersetzungen stammt von RUHE (1968), der seine Untersuchungen jedoch wesentlich produktionsästhetisch ausrichtet. Zudem reicht RUHEs Untersuchungszeitraum nur bis ins 14. Jahrhundert. 538 Vgl. BEETS 1885, S. 96.

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Abb. 30: Maturin Cordier, ›Disticha de moribus‹ (Paris 1533, lat.-frz.), S. 27

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zu diesen erreicht er freilich den Buchdruck, dies bereits im 15. Jahrhundert und gleich mehrfach, und strahlt er bis weit bis ins 16. Jahrhundert und bis in benachbarte Sprachregionen aus. Allein zwischen 1480 und 1493 erlebt er sieben Auflagen (GW Nr. 6364-6370). 1483 druckt ihn Caxton in englischer Sprache (GW Nr. 6361). Seine Distanz zu den herkömmlichen spätmittelalterlichen Schulkommentaren kommt überlieferungsgeschichtlich darin zum Ausdruck, dass deren Abschaffung in den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts ihn nicht berührt. 1519 wie 1535 bringt Claes de Grave in Antwerpen ihn noch mindestens zweimal in niederländischer Übersetzung heraus.539 Aus französischen Druckereien gehen im 16. Jahrhundert volkssprachige Ausgaben bis 1533 in großer Zahl hervor, die teilweise bereits im Titel die Verbindung zum ›Grant Cathon‹ erkennen lassen: vgl. IA Nr. 134.059 (Lyon 1504: »Le cathon en francoys«), Nr. 134.089 (Troyes, um 1510: »Cathon en francois, ou sont contenuz des bons enseignementz et exemples quil donnoit a son filz. Utile et proffiable pour endoctriner en bien tous enfans et aultres«), Nr. 134.095 (Paris, um 1512: »Cy commence le grant Cathon en francoys«), Nr. 134.145 (Lyon 1521: »Le Cathon en francoys nouuellement imprime«), Nr. 134.163 (Lyon 1527: »Le Cathon en françoys nouuellement imprime. Auecques plusiers beauix exemples tres vtilles et proufittables a toutes personnes desirant le salut de son ame«), Nr. 134.175 (Paris, um 1530: »Les motz dorez du grant et saige Cathon en françoys et latin avec plusieurs bons et tres utilles enseignements, proverbes, adaiges, authoritez, et ditz des saiges, [...] nouvellement reveuz (par Pierre Grosnet)«), Nr. 134.178 (Paris 1531: »Les motz dorez de Cathon, en françoys et en latin, avecques bons et tres utiles enseignements, proverbes, adages, auctoritez et ditz morauix des saiges, prouffitables à ung chascun, ensemble plusieurs questions énigmatiques, (par Pierre Grosnet)«), Nr. 134.187 (Paris 1533: »Le second volvme des motz dorez dv grand et saige Cathon lesquelz sont en latin et en francoys, auecques aucuns bons et tresutilles adaiges, authoritez et dictz moraulx des saiges, proffitables a vng chascun, [...]«).

Was demgegenüber das Verfahren der Auflösung des lateinischen Originaltextes in nach verständlicherem ordo umgestellte Lemmata betrifft, so wendet Cordier eine ganz traditionelle Methode der Texterschließung an, die im deutschen Sprachraum bereits im 14. Jahrhundert auch in der Volkssprache anzutreffen ist. Allerdings wird sie nicht in den Druck übernommen: Eine deutsche expositio ad litteram wird, wenn sie überhaupt _____________ 539 Vgl. IA Nr. 134.129 (hier benutzt im Exemplar London, British Library, 11385.k.21) und Nr. 134.189 sowie BEETS 1885, S. 92 zur Ausgabe von 1535 und S. 97f. zu deren französischer Vorlage sowie S. 102 zu Caxtons Übersetzung. Vgl. zu letzterer auch MAX OTTO GOLDBERG: Die Catonischen Distichen während des Mittelalters in der englischen und französischen Literatur. Theil 1: Der englische Cato. Leipzig 1889. Die Ausgabe von 1519 hat zuerst nachgetragen W. L. DE VREESE: Nieuwe middelnederlandsche fragmenten. XI. Fragment eener vertaling der Disticha Catonis gedrukt door Jan Brito. In: Tijdschrift voor nederlandse taal- en letterkunde 19 (1901), S. 275-288, hier S. 284f., der noch eine zweite Auflage desselben Jahres in Betracht zieht. BEETS bringt die französische Vorlage unter Bezug auf GOLDBERG mit dem am Hofe Karls VI. tätigen Laurent de Premierfait in Verbindung. Vgl. zu diesem zuletzt die Beiträge in: Un traducteur et humaniste de l’époque de Charles VI: Laurent de Premierfait, sous la direction de CARLA BOZZOLO. Paris 2004.

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gedruckt wird, immer interlinear gesetzt. Selbst Belege für den Druck einer lateinischen expositio ad litteram in fortlaufender Form sind eher selten. Eine bezeichnende Ausnahme bilden allerdings die ›Glossulae Catonis‹, indem sie ihre Worterläuterungen in den fortlaufenden Kommentartext integrieren. Bezeichnenderweise sind die ›Glossulae‹ gerade in Frankreich verbreitet, wo sie im Buchdruck über die Inkunabelgrenze hinaus den Schulkommentar zum ›Cato‹ schlechthin vertreten, und geraten allenfalls als Import auf deutschen Boden. Von daher war Cordier dieses Verfahren nicht nur ein aus der Unterrichtspraxis, sondern auch aus dem gedruckten Buch sicher geläufiges. Die besonderen französischen Voraussetzungen begründen eine der nach Erasmus erfolgreichsten Textausgaben der ›Disticha Catonis‹ im 16. Jahrhundert von internationaler Ausstrahlung. LE COULTRE weist in seiner nicht einmal vollständigen Übersicht bereits 38 Ausgaben aus,540 darunter überwiegend lateinisch-französische, doch ebenso eine lateinischenglische, 1584 bei Mansell in London publizierte, deren Titel »Cato construed« eben zuerst die »to the comforte of all young schollers« sichtbar gemachte Konstruktion der Verse als Qualität herausstellt. Und durch Anpassung allein der französischen Textanteile Cordiers stellt bereits 1543 ein in Lyon herausgegebener ›Cato‹ dem spanischen Lateinunterricht ein Hilfsmittel auf der Höhe der Zeit bereit. Zu I,31 heißt es dort (größerer Schriftgrad hier und im folgenden wiederum unterstrichen):541 ¶ Nil iniustum petito. No demandes cosa iniusta. Quod iustum est, pétito: uel quod uideâtur honéstum. Nam stultum est pétere id, quod poßit iure negári. Locura es demandar vna cosa, que iustamente se denegara. Tv petito ) póstula, demanda. Id quod est iustum ) lo que es iusto y razonable. Vel quod ) siue id quod. Videatur ) substitue esse ) o lo que parece ser. Honestum ) honesto. Nam stultum est ) hoc enim est stultitia: substitue ( quempiam ) porque es locura. Petere ) postulare illud, de demandar aquello. Quod poßit ) que pueda. Negari ) denegari: substitue ei ) le ser rehusado. Iure ) merito, iustamente. [Lyon 1546, S. 40]

_____________ 540 LE COULTRE 1926, S. 441-445. Nachzutragen ist u. a. die nachstehend genannte Lyoner Ausgabe von 1543 und sind vier Übersetzungen ins Deutsche (MC-Dr 2-4, 6). 541 Herangezogen wurde das Exemplar London, British Library, 1067.e.31. Eine Abbildung der entsprechenden Seite findet sich in TAYLOR 1999, S. 72. Dort ist allerdings in der Bildbeischrift die lateinische Textgrundlage (»Erasmus«) falsch identifiziert und Cordier als Vorlage der weiteren Textanteile nicht erkannt. LE COULTRE erfasst die Ausgabe nicht.

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Die Passage lautet demgegenüber bei Cordier: Nihi iniustum pétito. Ne demande rien qui ne soit iuste et raissonnable. Quod iustum est pétito: vel quod uideâtur honéstum. Nam stultum est pétere id, quod possit iure negari. Cest folie de demander ce qui peult estre refusé a bonne cause. TV petito, póstula, demande. Id quod est iustum, ce qui est iuste, et raisonnable. vel quod, siue id quod. videatur: substitue (esse) ou ce qui semble estre. honestum, honneste. Nam stultum est, Hoc enim est stultitia: substitue (quempiam) car est folie a une personne, petere, postulare, de demander. id, illud, cela. quod possit, qui puisse. negari, denegari: substitue (ei) luy estre refusé. iure, merito, iustement et a bonne cause. [Paris 1533, S. 32f.]

Die Reihe solcher partiellen Cordier-Anpassungen, die in der Formulierung der Epitome, in der Gestaltung des Basistextes, im Bestand und Arrangement der lateinischen Lemmata und der lateinischen Interpretamente wie der admonitiones ganz dem Vorbild folgen und nur die französischen Anteile – in den Epitomae, in den Interpretamenten, in den admonitiones – in die eigene Volkssprache bringen, eröffnet jedoch eine anonyme lateinisch-deutsche Ausgabe, die drei Jahre zuvor, 1540, in Straßburg bei Johann Knobloch in den Druck geht (MC-Dr 1) und dort 1546 in nur leicht veränderter Form gleich noch einmal aufgelegt wird (MC-Dr 2).542 Die _____________ 542 Ein vollständiges Exemplar von MC-Dr 1 hat sich bisher nur in Berlin nachweisen lassen. Dort ist es aber nach Angabe von WORSTBROCK (1976, S. 44 Nr. 114) »verloren[]«. Nach Auskunft der Staatsbibliothek vom 15. Juli 2004 ist die Ausgabe den Kriegsverlusten zuzurechnen. Ein zweites Exemplar befindet sich in der Londoner British Library, 827.d.36. (6.). Es handelt sich nur um ein Bruchstück, dessen Seiten bis zum Ende der Breves sententiae reichen. Für den Text ab I,1 muss daher mit der zweiten Auflage von 1546 verglichen werden. Sie wird nachstehend benutzt im Exemplar Chapel Hill/North Carolina, University Library, PA 6272. A 2 1546. Der Vergleich von MC-Dr 1 und MC-Dr 2 im Bereich der Breves sententiae erweist letztere Ausgabe als nur leicht veränderte zweite Auflage. Vor allem wurde das Layout vereinfacht, in dem nun lateinisches Lemma und lateinische Interpretamente gleichermaßen kursiv gesetzt werden, während der Grundtext 1540 noch durchweg recte erscheint. Im Zuge dieser äußeren Überarbeitung wurden zahlreiche kleinere Umformulierungen der deutschen Interpretamente vorgenommen. Für den Prolog ist zu verzeichnen: zu pr. 1 existimavi statt 1540 hat mich beduncket / für gůt angesehn 1546 hab ich geachtet / für gůt angesehn; zu pr. 1 opinioni statt 1540 dem fehle oder jrthum 1546 dem fehle / der jrthum; zu pr. 1 maxime entfällt gegenüber 1540 fürnemlich aber hat mich dis zůthun sein / für gůt angesehen 1546 der Infinitiv sein; zu pr. 2 docebo te ist gegenüber 1540 so wil ich dich vnderweisen 1546 noch / lehren / angehängt, zu pr. 2 componas ist gegenüber 1540 du m=gest anschicken vnd ordnen / oder fürnemen 1546 das Hilfsverb nachgestellt (d. a. v. o. m=gest / oder fürnemen); in der admonitio zu pr. 2 animi tui ist gegenüber 1540 Das ist gesagt / Jch wil dir anzeigen / wie du ein rectschaffen leben m=gest fFren 1546 die Einleitungsformel zu Das ist so viel gesagt, Jch [...] verändert; zu pr. 4 negligere est ist gegenüber 1540 ist so fil als sein nit achten 1546 noch die Alternative / lassen sein angehängt.

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prinzipiell übereinstimmende Verfahrensweise kann ein Vergleich bei I,20 und I,31 veranschaulichen (vgl. auch Abb. 31): ¶ Non precio munus, sed donantis animo aestimandum, Ein schencke solle man nit schertzen nach jrer kostlicheit / sonder nach dem hertzen vnd willen des / der sie schencket. Exiguum munus cum dat tibi pauper amicus Accipito placide: et plene laudare memento. Cum ] quando, So. Amicus ] substitue tuus ) dein freund Pauper ] arm an gůt Dat tibi ] donat tibi, dir schencket / gibt Munus ] substitue aliquod ) ein schencke / Exiguum ] parui precij. die nit vil wert ist / Tv accipito ] accipe: substitue illud munus ) so nimme sie an Placide ] uultu sereno, et hilariter, gFtig / vnd fr=lich Et memento laudare ] substitue illud ) vnd rhFme sie Plene ] copiose, seer / fast. Admonitio. Accipito placide ] Ostendendo scilict illud tibi gratum esse, das du damit anzeigung gebest / die schencke seie dir angenem. [MC-Dr 2, Bl. C8v] ¶ Nihil iniustum petito. Du solt nichts vnredlichs begeren. Quod iustum est petito: uel quod uideatur honestum. Nam stultum est petere id, quod possit iure negari. ¶ Es ist dorecht / begeren das man dir billicher weis abschlagen mage. TV petito ] postula, Begere/bitte Id quod est iustum ] das recht vnd billich ist / Vel quod ] siue id quod, Videatur ] substitute esse, oder das man achtet es seie Honestum ] ehrlich. Nam stultum est ] hoc enim est stultitia: substitue quempiam, dan das ist ein thorlich ding an einem Petere ] postulare illud ) begeren/forderen dasjenige Quod poßit ] das da magc Negari ] denegari: substitue ei ) jhm abgeschlagen werden Iure ] merito, billich / vnd mit gůten ehren. [MC-Dr 2, Bl. D4v-5r]

Gegenüber der Ausgabe von 1533 sind einige Layoutdetails zugunsten besserer Lesbarkeit und ökonomischen Drucksatzes verändert. Die Zahl der verschiedenen Schriftgrößen ist von drei auf zwei reduziert, und die Lemmata und Interpretamente sind nicht mehr in einem Absatz je Vers zusammengefasst, sondern je Lemma in eine neue Zeile gesetzt. In diesen und weiteren Details trifft sich das Straßburger Layout jedoch mit dem Spanischen von 1546, sodass hier von einer entsprechenden Prägung be-

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reits durch eine der mindestens fünf lateinisch-französischen CordierAusgaben auszugehen ist, die MC-Dr 1 bis 1540 vorangehen.543 Die Wahl einer eigenen Schriftart für die volkssprachigen Anteile ist allerdings Neuerung erst des deutschen Druckers. Die französische Prosa der admonitiones wird ohne wesentliche Veränderungen ins Deutsche übertragen. Zu b.s. 39 heißt es bei Cordier: Bonis benefacito. ) Imo omnibus. Nam propter deum non modo bonis, et gratis, et amicis: sed etiam malis et ingratis et inimicis benefaciendum est: vt simus filii patris illius nostri cælestis: qui solem suum oriri facit super bonos et malos, et pluit super iustos et iniustos. Car pour l’amour de dieu fault bien faire, non seulement aux gens de bien, et a ceulx qui recognoissent le bien faict, et a noz amys: mais aussi aux mauluais, et aux ingraiz, et a noz ennemys: a fin que nous soyons urays enfants de nostre bon pere celeste, qui fait leuer son soleil sur les bons, et sur les mauuais, et pleut sur les iustes, et sur les iniustes. [Paris 1533, S. 11f.]

Dem entspricht in Straßburg 1540: [...] Dan vmb Gottes willen / solle man gůts thůn nit nur den frommen / vnd danckbaren / vnd freunden / sonder auch den vnfrommen vnd vndanckbaren vnd feinden / das wir kinder seien des himlischen vaters / der sein Sonne laßt scheinen Fber fromme vnd vnfromme / vnd laßt regnen Fber gerechte vnd vngerechte. [MC-Dr 1, Bl. B3v]

Ebenso wird der französische Text der Prosa-Epitome übernommen. Eine Neuübersetzung aus dem Lateinischen wäre bei den Breves sententiae auch gar nicht möglich gewesen, da diese auf eine lateinische Epitome durchweg verzichten; höchstens die Bildung einer eigenen, deutschen Epitome wäre möglich. Eine solche lassen die nachstehenden Beispiele jedoch nicht erkennen, die sich weitgehend an ihr französisches Vorbild halten: Paris 1533, S. 6-9

MC-Dr 1, Bl. A4r-6v

1.: b.s. 1

-

Halte dich für allem zů Got.

2.: b.s. 2

Aime de grand affection ton Hab deine vatter vnd mutter hertpere et ta mere. zelich lieb.

3.: b.s. 3

Fay que tu uiues en amour Lebe mit deinen verwandten in auec tes parentes. hulden.

4.: b.s. 11

Crains ton regent en reue- Hab deinen leremeister in ehren. rence.

_____________ 543 LE COULTRE 1926, S. 441, nennt Ausgaben aus Paris 1534, 1536, 1538 und Basel 1537. Letztere hat aber nur den lateinischen Text. Zu ergänzen ist eine Lyoner Ausgabe in Oktav mit 136 Seiten (Justus 1536): Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, H: P 995b.8º Helmst. (3).

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Die Aufnahme der Volkssprache ins Schulbuch

5.: b.s. 4

Garde bien ce qu’on t’a baille Bewar wol das dir vertrawet ist. en charge.

6.: b.s. 5

Ne ua point plaider les causes, Rüste dich zů vor / ee du vor gesans estre bien pourueu de ce richt handlest. que tu dois dire.

7.: b.s. 6

Hante auec les gens de biens.

8.: b.s. 7

Ne t’ingere point d’aller au Schlahe dich nit in fr=mbden raht / secret d’aultruy, si tu n’y es bis man dich dazů forderet. appele.

9.: b.s. 8

Tien toy nettement: Cest a Halte dich fein sauber. dire, ne sois point soullart.

Halte dich zun frommen.

[...] 14.: b.s. 12 Garde ton honneur et chaste- Halt dich züchtig vnd schamhaftig. té. [...] 19.: b.s. 30 Ne te courrouce point de le- HFt dich vor vnbillichem zorn / gier: Cest a dire, sans bonne das ist / würd nicht liederlich zorcause. nig. Grundsätzlich werden, wenn im Französischen längere Äquivalente stehen, auch im Deutschen längere gebildet, und stehen bei kürzeren auch im Deutschen kürzere. Parallelen stellen sich schon deshalb ein, weil die Satzstruktur der Vorlage im Deutschen möglichst nachgebildet wird, auch wenn die einzelnen Satzbestandteile sich dann nicht decken und Anschlüsse anders hergestellt sind – siehe etwa an achter Stelle b.s. 7: si tu n’y es appele ([gehe nicht,] [konditionaler Anschluss] wenn du nicht dorthin bestellt wurdest) vs. bis man dich dazů forderet ([gehe nicht eher,] [temporaler Anschluss] als bis man dich dazu auffordert). Die Orientierung an gemeinsamen Baumustern lässt sich an Doppelformen beobachten, die aus der Vorlage übernommen, aber mit anderen Wortentsprechungen füllt werden (s. o. zu b.s. 12). Weitere Einzelheiten unterstreichen die ausgeprägte Ausrichtung an der Vorlage. In b.s. 2 folgt das Deutsche dem Französischen etwa in der in die Elternteile aufteilenden Spezifikation der parentes wie im Verzicht auf Wiedergabe des Imperativs ama durch einfaches aime bzw. hab lieb: Der Einsatz des Adverbs hertzelich ist offensichtlich von de grand affection angestoßen. In b.s. 19 treffen sich die Texte im Rahmen der Forderung, nur den nötigen Schlaf sich zu gewähren, in der Qualifizierung des satis durch Verweis auf von der Natur Gefordertes (Pren ton repos selon que nature le requiert – Schlaff was die natur erfordert). Die Übernahme zeigt sich schließlich an b.s. 8 auf eine besondere Weise. Auf den Zusatz Cest a dire, ne sois point soullart ist zwar in der deutschen Epitome verzichtet, aber er wird in den Interpretamenten nachgeholt: halte dich r(htlich vnd sauber / Das ist / Bis nit ein vnflat steht hier 1540 gegen 1533 lediglich garde netteté et honnesteté.

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Abb. 31: Maturin Cordier, ›Disticha de moribus‹ (Straßburg 1546, lat.-dt.), Bl. C8v

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Die Orientierung am Französischen der Vorlage war schon deshalb geboten, weil die Interpretamente im Lemmateil oft Bestandteile der Epitome wiederholen.544 Beide Bestandteile sind so miteinander verknüpft, dass der Wiederholung mnemotechnische Funktion zuwächst. Wäre der Übersetzer eigene Wege gegangen, hätte er die Interpretamente umbauen müssen und dann die Anpassung beträchtlichen Mehraufwand gefordert. Die an den ›Cato‹ von Cordier angefügten ›Dicta sapientum‹ werden in vergleichbarer Weise mitsamt ihrem Apparat vom Straßburger Anonymus übernommen. Seine eigene Zutat ist lediglich die daran zusätzlich noch angehängte Kinderzucht/Tischzucht des Otto Brunfels, die auch das Titelblatt als Zusatz benennt: Adiecimus ad finem libellum utilißimum de disciplina et institutione puerorum. Die vorangehende Feststellung demgegenüber, die lateinisch-deutsche interpretatio – gemeint ist damit die zweisprachige expositio ad litteram inklusive der admonitiones; die epitomae werden demgegenüber eigens als solche angesprochen – seien Germanis hactenus non visa, trifft nur eingeschränkt zu. Von einem namentlich ungenannten Bearbeiter um alle französischen Textanteile gekürzt war Cordiers ›Cato‹ drei Jahre zuvor in Basel publiziert worden. Zumindest die lateinische interpretatio mitsamt der Auflösung der ›Disticha‹ in Lemma-Interpretament-Gleichungen war so neu wie behauptet nicht (wobei das Baseler Titelblatt in einer auffälligen Formulierungsparallele für seine interpretatio latina ebenfalls hervorhebt, sie sei hactenus Germanis non visa).545 Das schmälert aber nicht die Leistung des Straßburger Anonymus, erstmals überhaupt eine lateinisch-deutsche ›Cato‹expositio in diskursiver Prosa im Druck bereitgestellt zu haben. Auch darf im Hinblick auf die Unterrichtspraxis nicht der Vorzug übersehen werden, der aus der Ablösung interlinearer expositio durch das fortlaufende Arrangement der Interpretamente folgt. Zwischen den Zeilen ist Platz begrenzt, bei Satz in eigene Zeilen hinein kann ganz nach Bedarf ausgeholt werden. Zudem kann man sich dann von der Wortfolge des Originals lösen und zu einsichtigeren Folgen umarrangieren. Ein anderer Weg zu diesem Leis_____________ 544 Etwa in b.s. 19 (Schlaff was die natur erfordert): »Dormi ] schlaff/růge. Quod satis est ] quantum naturae sufficit, so fil der natur von n=ten ist.« 545 Vgl. LE COULTRE 1926, S. 87 und S. 441. Als Bearbeiter vermutet LE COULTRE Johannes Fries. Dafür kann er auf die Betreung der deutschen Ausgabe von Cordiers ›De corrupti sermonis emendatione‹ durch Fries verweisen, die 1537 bei Bartholomäus Westheimer in Basel erscheint (vgl. für Nachweise BÜHRER 2002, S. 186 Anm. 124). In den Lebenslauf von Fries, hier in das Baseler Zwischenjahr 1536/37 (vgl. BÜHRER 2002, S. 161-179), fügte sich ein Baseler ›Cato‹ aus seiner Feder umstandlos ein. Der Bearbeitungs- und Zeitaufwand hat sich ja ohnedies, da lediglich die französischen Interpretamente herausgestrichen sind, in Grenzen gehalten. Ferner ist auf Parallelen zu verweisen, die zwischen dem Fries’schen ›Cato‹ von 1551 und der Ausgabe Cordiers bestehen (s. u.). Sie machen Fries als Herausgeber ebenfalls wahrscheinlich.

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tungsmerkmal hätte theoretisch auch über die in den mittelalterlichen Handschriften gelegentlich anzutreffenden Syntaxziffern führen können. Solche Ziffern werden aber, ganz sicher wegen des hohen satztechnischen Aufwands, in ›Cato‹-Drucke prinzipiell nicht übernommen. Nach der Latinisierung des Lateinunterrichts im Ausschnitt seiner gedruckten Lehrmittel im ersten Jahrhundertviertel besteht auch im zweiten nur sehr begrenzt Bereitschaft, das Deutsche über mündliche Realisierungsformen hinaus zu berücksichtigen. Die Übernahme des Cordier›Cato‹ in Basel 1537 unter einfacher Entfernung aller französischen Textanteile zunächst noch ohne deutsche Äquivalente ist ebenso bezeichnend wie die 1540 erst über das französische Vorbild laufende Vermittlung des Deutschen an den Lateinunterricht. Der Import findet nicht zufällig in Straßburg statt, im Umfeld eines Sprachenkontaktraums, in dem die Nähe zweier Volkssprachen zueinander besondere Auswirkungen auf die prinzipielle Wahrnehmung vernakulärer Sprachen und die Ausbildung ihres Prestiges gehabt haben wird. Bleibt deswegen die Verbreitung des deutschen Cordier zunächst auf Straßburg begrenzt?546 Als lokales Projekt präsentiert sich die Neuerung des in der Anonymität verbleibenden Straßburger Übersetzers nicht zuletzt im Verzicht auf jede programmatische Ausführung. Programmatisch wird, gut ein Jahrzehnt später, erst der Züricher Schulmeister Johannes Fries ausholen. 8.2 Instrumentalisierung für den nationalen Sprachendiskurs (I): Die ›Cato‹-Ausgabe des Züricher Schulmeisters Johannes Fries (1551) Die Straßburger Darbietung und Erschließung der ›Disticha Catonis‹ im Gefolge Cordiers hat einen großen Nachteil: Sie beansprucht sehr viel Platz auf der gedruckten Seite.547 Die Verbreitung derartiger Schulausgaben setzt ein insgesamt effizient arbeitendes Druckereiwesen voraus, das _____________ 546 Bis in die sechziger Jahre erscheint der lateinisch-deutsche Cordier-›Cato‹ in Straßburg noch mindestens zwei weitere Male (MC-Dr 2 1546, MC-Dr 4 1561). Für eine Ausgabe ohne Ort von 1548 (MC-Dr 3) ist wegen der anfänglich lokalen Verbreitung zuerst eine Straßburger Offizin in Betracht zu ziehen. Überdies übernimmt MC-Dr 3 Knoblochs Änderungen der zweiten Auflage (s. o.). Erst mit 30 Jahren Verzögerung strahlt der deutsche Cordier dann weiter aus: 1570 nach Eisleben (MC-Dr 5) und 1581 nach Leipzig (MC-Dr 6). Über den mitteldeutschen Raum vermittelt finden sich Spuren seiner Verwendung dann sogar 1620 im ›Klausenburger Prosa-Cato‹ (s. u. Kap. III.9.1). 547 So umfassen die Erstausgaben des ›Ulmer‹, des ›Niederrheinischen‹ und von Sebastian Brants ›Cato‹ unter 20 Seiten. Die Erstauflage Moters bleibt unter 30 Seiten. Demgegenüber bietet der Straßburger ›Cato‹ von 1546 fast 100 und der ihm in der Anlage verwandte von Fries fast 140.

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auch voluminöse Schulbücher zu noch akzeptablen Preisen anzubieten in der Lage ist. In diesem Punkt sind Medienentwicklung und didaktische Innovation gekoppelt. Erstere schafft den erforderlichen technischökonomischen Freiraum für neue Versuche. So war es nicht allein die Hochschätzung Cordiers durch den Rektor der Lateinschule am Züricher Großmünster, Johannes Fries (1505-65),548 die letzteren den Plan einer neuen, an Cordier ausgerichteten ›Cato‹-Ausgabe fassen ließ. Es muss zudem Aussicht bestanden haben, eine entsprechende Ausgabe sowohl drucktechnisch wie vor allem ökonomisch in einem vertretbaren Rahmen realisieren zu können. Was Fries möglicherweise Erfahrungen mit der auf das Lateinische gekürzten Baseler Cordier-Ausgabe von 1537 gelehrt haben, ist nicht eindeutig ersichtlich.549 1551 in Zürich jedenfalls sind die notwendigen Voraussetzung für das Vorhaben gegeben. Seine eigene Reputation als langjähriger Leiter einer Lateinschule – seit 1537 an der Fraumünster-, seit 1547 an der Großmünster-Schule – und eine seit längerem geübte Zusammenarbeit mit der leistungsfähigen Offizin Froschauers werden ihren Teil zur Hoffnung auf Erfolg beigetragen haben. Wie berechtigt diese dann waren, zeigt der schnelle Aufstieg des Fries’schen ›Cato‹ zur zweisprachigen Standardausgabe dieses Autors in der Region Zürich für Dezennien. An die Editio princeps von 1551 (JF-Dr 1) schließen 1553, 1561, 1570, 1575, 1580, 1584 und 1596 sieben weitere Züricher Ausgaben an (JF-Dr 2-7, JF-Dr 10). 1589 erscheint der Fries’sche ›Cato‹ in stark gekürzter Form550 im nahegelegenen Basel (JF-Dr 8). Weitere Druckorte, 1591 Frankfurt/M. (JF-Dr 9) und 1617 Oppenheim (JF-Dr 11), verteilen sich dann rheinabwärts. Zwischen 1619 und 1645/46 wird er gar für die einzige lateinisch-französisch-deutsche Ausgabe der ›Disticha Catonis‹ überhaupt herangezogen, mit der Jacob Foillet die zweisprachige Schülerschaft in Montbéliard/Mömpelgard, der französischen Exklave der Württemberger Grafen, versorgt hat (JF-Dr 12).551 _____________ 548 Ausführlich zu Person und Werk des Johannes Fries: BÜHRER 2002. 549 Siehe oben Anm. 545. 550 »CATONIS | DISTICHA | MORALIA: | Quibus | Theses sunt praefixae, vnà cum | Germanicis Rhythmis, | IN | vsum puerorum | BASILIENSIS | Gymnasij. | BASILEÆ, | PER SEBASTIANVM | Henricpetri. | M. D. LXXXIX.« Die Ausgabe wird nachstehend benutzt im Exemplar Oberlin/Ohio, Oberlin College Library – Special collections, mini PA 6272.A2 1589. Sie übernimmt von Fries lediglich die lateinische Prosa- und die deutsche Vers-Epitome, die den lateinischen Hexameterdistichen jeweils vorangehen, letztere jeweils auch Epitome überschrieben, während das Titelblatt von theses spricht, sowie die lateinischen Marginalienscholien. 551 »DISTICHA | MORALIA NOMINE | CATONIS INSCRIPTA: CVM | Gallica & Germanica interpretatio-|ne, &, vbi opus fuit, decla-|ratione Latina. | Dicta sapientum septem Graeciae ad findem adiecta, | cum sua quoque interpreta-|tiuncula. | MONTISBELIGARDI, | Apud IACOBVM FOILLET.« LE COULTRE 1926, S. 88, stellt

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Neu an Fries ist der programmatische sprachenpolitische Anspruch seiner Ausgabe. Er richtet sich auf die Aufwertung auch des Deutschen zu einem legitimen Unterrichtsgegenstand. Denn die Distichen, verkündet der Titel, seien germanica ita reddita, ut pueri facile et latinam et germanicam linguam una eademque opera condiscant. Eine an Johannes Stampfer gerichtete Widmung (Bl. 2r-3r)552 verweist für dieses Anliegen auf das Vorbild Cordiers: Is enim singula Catonis disticha Gallica phrasi pueris suae curae et fidei commissis, ita exposuit, ut statim utranque linguam uel citra laborem assequi possint. Ihm folge Fries: Huius ordinem et expositionem aliqua ex parte imitatus, nostro Germanico sermone explicare constitui [...]. So soll der Gebrauch (usus) des Lateinischen wie des Deutschen gleichermaßen anhand der vorliegenden Ausgabe in einem einzigen Arbeitsgang vermittelt werden, [...] partim quidem ut et nostrae scholae pueri et Latinae et germanicae linguae usum uno eodemque labore exactius perdiscerent ([...] teils nämlich, damit die Schüler auch unserer Schule den Gebrauch sowohl der lateinischen als auch der deutschen Sprache in ein- und demselben Arbeitsgang gründlicher erlernen), partim uero ut singularum uocum propria expositione subiecta et explicata, facilius ad maiora addiscenda perducerentur (teils aber, damit sie, indem eine eigene Auslegung der einzelnen Wörter nachgestellt und ausgeführt wurde, leichter zum Verständnis größerer Sinneinheiten geführt werden). Nam cuiusque dictionis proprietatem, quam fieri potuit, exactissime sum interpretatus: denn er habe die Besonderheit jedes einzelnen Teils so gut er konnte möglichst genau übersetzt. Die Ausgabe von 1551 rückt damit an Bestrebungen auf einem zweiten Arbeitsfeld des Schulmeisters heran, auf dem er der Volkssprache ihren Weg in die Lehrmittel und Hilfsmittel des Unterrichts ebenso zu bahnen versuchte. In seinen beiden berühmten Wörterbüchern von 1556, dem »Großen Fries« (›Dictionarium Latino-Germanicum et Dictionarium Germanico-Latinum‹) und dem »Kleinen Fries« (›Novum dictionariolum puerorum Latinogermanicum et e diverso Germanicolatinum‹) verfolgt er auch als Wörterbuchmacher dieses Ziel. Im »Großen Fries«, der im gemeinsam mit Petrus Cholinus bereits 1541 bei Froschauer veröffentlichten ›Dictionarium latino-germanicum‹ einen Vorbereiter hat, formuliert er den Eigenwert des Deutschen expressis verbis.553 Der Seitenblick auf die Paral_____________ lediglich fest, der französische Text sei nicht der Cordiers und der deutsche nicht der der Straßburger Übersetzung von 1540. 552 Stampfer gehörte als Sohn des Zürcher Goldschmieds, Stempelschneiders und Medailleurs Hans Jakob Stampfer der örtlichen Oberschicht an und war Schüler von Fries; vgl. KETTLER 2002, S. 299. 553 Vgl. zur von Fries in seiner Vorrede des ›Dictionarium Latino-Germanicum et Dictionarium Germanico-Latinum‹ programmatisch bekundeten Auffassung vom Wert der deutschen Sprache KETTLER 2002, S. 297f., und GRUBMÜLLER 1986, S. 158f.

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Die Aufnahme der Volkssprache ins Schulbuch

lelunterfangen der Wörterbücher ist insofern aufschlussreich, als für diese festgestellt wurde, dass ihr Anspruch der tatsächlichen lexikographischen Umsetzung vorauseilt: Sie bleiben nämlich noch weitaus stärker der lateinischen Tradition verhaftet als sich wirklich auf die Immanenz der Volkssprache als eigenes Sprachsystem einzulassen.554 Der »Große Fries« macht nichts anderes, als das lateinisch-französische Wörterbuch von Robert Estienne (›Dictionarium latinogallicum‹, zuerst 1538), das seinerseits nur eine Kurzfassung von Estiennes großem, in den lateinischen Teilen reduzierten und in den französischen erweiterten ›Dictionarium seu Linguae Latinae Thesaurus‹ von 1531 darstellt, in seinen französischen Interpretamenten ins Deutsche zu übersetzen.555 Auch für den Fries’schen ›Cato‹ lässt sich bezweifeln, ob das behauptete Anliegen, neben dem Lateinischen den Schülern ebenso die Volkssprache zu lehren, auf dem beschrittenen Weg wirklich sinnvoll durchzusetzen war. Fries übernimmt zwar nicht einfach die französischen Interpretamente von Cordier ins Deutsche, oder gar lediglich die seines Straßburger Vorgängers, sondern übersetzt neu. Aber er bleibt prinzipiell in jenem Darbietungsrahmen, den bereits der anonyme Straßburger Cordier-Übersetzer 1540 noch ganz ohne programmatischen Gestus genutzt hatte. Das Hexameterdistichon I,20 etwa erscheint wie nachstehend (vgl. für die sprachengebundenen Schriftartenwechsel auch Abb. 32):

Animus in dono aestimandus.

EPITOME. Non pretio munus, sed donantis animo æstimandum. Vff die gaab solt du s(hen nit / Sunder vffs gmFt des der sy git. Exiguum munus cum dat tibi pauper amicus, Accipito placide: et plene laudare memento. Cum pauper amicus ] So ein armer fründ. Tibi dat ] Dir gibt. Exiguum munus ] Ein kleine / oder vnachtbare schencke / oder gaab. Accipito ] So nim sy. Placide ] Früntlich / odr gFtigklich. Et memento ] Vnd gedenck. Laudare ] Zeloben / oder das du sy lobist vnd rFmist. Plene ] V=lligklich / überuß. [JF-Dr 1, Bl. 18v]

In der Entscheidung, die vorangestellte lateinische und deutsche Epitome systematisch und auch immer unter der gleichen Überschrift zu bringen _____________ 554 Vgl. dazu, mit grundsätzlicher Ausrichtung auf den weiteren Rahmen der Sprachenverhältnisse in der deutschen Lexikographie des 16. Jahrhunderts, GRUBMÜLLER 1986. 555 GRUBMÜLLER 1986, S. 154.

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Abb. 32: Johannes Fries, ›Catonis disticha moralia‹ (Zürich 1551, lat.-dt.), Bl. 18v

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(bei Cordier fehlte beides bisweilen), ist das Bemühen um einen einheitlichen und leicht überschaubaren Aufbau zu erkennen. Die lateinische Prosa wird dabei meistenteils übernommen, die deutsche Epitome dagegen stammt nirgends vom Straßburger Anonymus, sondern ist neu ausformuliert, und dies nun in Versen. Dem wie bei Cordier folgenden Distichon ist ergänzend eine knappe lateinische Merksentenz an die Seite gestellt, die ebenfalls aus der Feder von Fries stammt. Die anschließenden Lemmata sind gemäß dem Vorbild zu besserem Verständnis umgeordnet, wobei allerdings anders eingeteilt wird. Zudem ist auf die das Verständnis unterstützende Ergänzung fehlender syntaktischer Elemente weithin556 und auf die lateinischen Interpretamente vollständig verzichtet. Die deutschen Interpretamente wurden von Fries wiederum neu übersetzt. Wie Cordier fügt Fries bisweilen admonitiones an, die ebenfalls neu – allerdings öfter unter deutlicher Anlehnung an Cordier – formuliert werden,557 und wie dieser schließt er an das letzte Interpretament öfter noch einmal das gesamte Distichon behandelnde Zusätze an, die den Lehrgehalt – freilich oft nur in Form von Dichterzitaten558 – unterstreichen. Diese Umgestaltungen vermögen das deklarierte Anliegen, im Unterschied zu Cordier und seinem Straßburger Übersetzer nun wie das Lateinische auch das Deutsche vermitteln zu wollen, nicht zu begründen. Als Gewinn ist lediglich die größere Übersichtlichkeit des Layouts und die Wiederholung – und so Sicherung – der Textaussage in der lateinischen _____________ 556 Sie bleiben lediglich vereinzelt und daher wohl nur noch irrtümlich aus der Vorlage stehen. Auf typographische Markierung ist regelmäßig verzichtet. Auch sie bleibt nur versehentlich stehen (etwa bei I,32b im Lemma NAM cognita). 557 Admonitiones erscheinen zu I,6, 11, 29, 35, II,24, 26, III,8, 10, IV,8, 17, 23, 26, 30, 42 und 44-47. Gegenstand der admonitiones des vierten Buches können lexikalischmorphologische Fragen sein (IV,42: Officiperdam eum uocant, in quem collocatum officium perditur. Nihil enim tam perit, atque id quod confertur in ingratum. est autem (officiperda) nomen ita factum, ut (frugiperda) apud Plinium lib. 16. cap. 26), Sacherläuterungen (IV,44: Mercatus fuit ] Hoc dicit ex more ueterum, qui seruos et uendere et emere solebant), stilistische Aspekte (IV,17: Quae sunt mala gaudia uitae ] Mala gaudia pro uoluptatibus posuit: ut apud Vergilium, Et mala mentis gaudia; IV,45: Vt rei celeritatem ostenderet, rapienda (quasi raptim capienda) significantius dixit, quam aut capienda, aut accipienda. Sic Vergilius: Corripit extemplo), das elementare Textverständnis (IV,47: Vitandum ducas ] Modus est loquendi pro eo quod est uita: id est, fuge: aut fac ut uites, fac fugias), die Aussage unterstützende Verweise (IV,8: Quod donare potes ] In eandem sententiam est illud Salomonis: Ne dicas amico tuo, uade, et reuertere, et cras dabo tibi: cum statim possis dare; IV,23: Indoctos ipse doceto ] In hanc sententiam Quintilianus ait: Optimum proficiendi genus est, docere quae didiceris), vor allem aber die Lehre als solche betreffende Aspekte (IV,26: In secundis rebus timenda sunt aduersa, ne sis supinus. In aduersis speranda sunt letiora, ne deficias animo; IV,30: Venus pro creandis liberis, uinum sui et refectioni animi inseruiat: Quidquid non eo animi proposito fit, uitium est; IV,46: Stultus est, qui morte aliorum gaudet, quantumuis mali fuerint: cum ignoret ipse findem suum). Ein systematischer Gesichtspunkt auf den Text als ganzes fehlt. 558 Für Beispiele siehe die vorangehende Anmerkung.

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Marginalie zu verbuchen. Auf der Verlustseite hingegen müssen die Angabe lateinischer Interpretamente, mit denen eine Handreichung zu lexikalisch ausgerichteter Textarbeit am Lateinischen entfällt, die Ergänzung syntaktischer Lücken, was die Texterschließung praktisch erschwert, und nicht zuletzt die Prosa der deutschen Epitome verbucht werden. Die Entscheidung, hier nun gereimte Verse zu bringen, scheint auf den ersten Blick einer besseren Memorierfähigkeit der Lehren geschuldet zu sein. Jedoch fällt Fries mit ihr auf eine befremdliche Weise wieder hinter die erweiterten Möglichkeiten einer freieren Prosawiedergabe zurück. Nimmt man von der skizzierten Anlage her noch einmal die Deklarationen des Vorspanns beim Wort, dann bleibt die Feststellung, Cordier habe durch französische Wiedergabe (Gallica phrasi) jedes einzelne Distichon derart ausgelegt und erschlossen (ita exposuit), dass die Schüler sofort beide Sprachen ohne Mühe verstehen konnten, ganz unspezifisch. Andererseits ist mit der Erläuterung der Entscheidung, unter teilweiser Übernahme des ordo und der expositio von Cordier den lateinischen Text in deutscher Sprache auszulegen (nostro Germanico sermone explicare constitui), sehr präzise auf die – eben öfter andere Untergruppen als Cordier bildende – Lemmatisierung (expositio), die Umordnung der Lemmata (ordo) und deren deutsche Interpretamente gezielt. Weiter dann kann aber im Grunde lediglich aus der Tatsache allein, dass überhaupt sich die Interpretamente auf das Deutsche beschränken, von Fries auf die dann benannte Leistung dieser Form der Texterschließung geschlossen sein, den Gebrauch sowohl der lateinischen als auch der deutschen Sprache in einund demselben Arbeitsgang gründlicher erlernen zu können: ut et nostrae scholae pueri et Latinae et germanicae linguae usum uno eodemque labore exactius perdiscerent. Lediglich die zweite, unmittelbar anschließende Zielsetzung, dass die Schüler facilius ad maiora addiscenda perducerentur, dass sie leichter zum Verständnis größerer Sinneinheiten geführt würden, leuchtet unmittelbar ein – dies aber nur dann, wenn man sie allein auf die Erarbeitung des lateinischen Verspaares bezieht. Sieht man nun allerdings die zentrale Bedeutung, die Fries hier offensichtlich den Lemma-Interpretament-Gleichungen zuweist, in Verbindung mit den von ihm angedeuteten, von Cordier abweichenden Ansätzen der Lemmata, wird der Anspruch des Schulmeisters etwas verständlicher. Die Abfolge der Interpretamente ist nämlich so eingerichtet, dass sich für jedes Distichon zwar papieren anmutende und so sicher nicht in Zürich gesprochene, aber doch diskursiver Prosa weit angenäherte Sätze ergeben:

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[I,11] Hab lieb - anderlüt - also, - das du dir selbs sygist - der aller liebst fründ, vnd biß ouch - also - gütig - den gůten, - vff das nit etwan - b=se sch(den - dir nachuolgind.559 [I,12] Flüch - gassengeschrey, - vff das du nit anhebist - geachtet werden - ein nüwer m(retreger; - dann es niemandt schadt - geschwigen han, - es schadt aber geredt han. [I,13] Du solt nit - gwüß verheissen - etwas, das verheissen ist - dir, - dann trüw jst seltzam, - darumb das - vil menschen - redend vil. [I,14] Wenn ettwan einer - dich lobt, - so biß yngedenck - syn - din selbs richter; du solt nit - mer glouben - anderlüten - von dir, - dann du dir selbs. [I,15] Biß yngedenck - zů sagen - vilen lüten - ein gůtthat - eins anderen, - aber wenn du gůts thon hast - anderlüten, - so schwyg selbs darzů.

Das Bestreben, den lateinischen Text von einem geschlossenen deutschen Satz her zu erschließen, wirkt dann an zahlreichen Stellen in die Formulierung der Interpretamente hinein. Sie werden nämlich untereinander verklammert. Gleich zwei Beispiele liefert etwa I,32 Ignotum tibi, tu noli preponere notis. Cognita iudicio constant, ingognita casu. Bei Ignotum tibi ] Den der dir vnbekannt ist sind das Pronomen im Akkusativ und das Relativpronomen in Rücksicht auf die vorangehenden Interpretamente Tu noli > Du solt nit und Praeponere > H=her achten / oder schetzen eingesetzt. In Incognita ] Was wir aber nit kennend resultiert der adversative Anschluss aus dem Gegensatz zum vorhergehenden NAM cognita ] Dann was wir kennend und Constant iudicio ] Von denen k=nnend wir vrteilen. Das Augenmerk auf dem deutschen Prosasatz hat eine nun weiter als bei Cordier reichende Erschließung auch des lateinischen Satzes zur Folge. Die Ansätze der Lemmatisierung bei Cordier und Fries decken sich zwar oft. Wenn aber Fries eigene Wege geht, dann doch immer im Hinblick auf einen durchsichtiger zu machenden lateinischen Satzbau. Dazu wird teils genauer als bei Cordier aufgelöst, teils werden syntaktisch zusammen gehörende Elemente gegen Cordier zusammengestellt, teils werden Lemmata sogar allein im Hinblick auf den deutschen Satzbau umarrangiert, ohne dass das für die Erschließung des lateinischen Satzes notwendig gewesen wäre. In I,11a wird z. B. (Paris 1533) ut + sis charus amicus tibi (Interpretamente in MC-Dr 2: das doch + du dir der liebst vnd nehist freund seiest) bei Fries zu vt sis tibi + charus amicus mit Das du dir selbs sygist + Der aller liebst fründ als Interpretament. So wird das Nominativobjekt deutlicher als eigener Bestandteil herausgestellt. Im Unterricht lässt sich dann z. B. den Schülern die auf die Erhellung der Satzstruktur zielende Frage »Wer oder was sollst du dir selbst sein?« stellen und dann _____________ 559 Nachstehend ist, wenn in den Interpretamenten Varianten angegeben werden, stets nur die erste übernommen. Die lateinischen Lemmata sind fortgelassen, Groß- und Kleinschreibung und Interpunktion angepasst. Der Bindestrich zeigt ein neues Interpretament an.

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unter Verweis auf die separierte Lemma/Interpretament-Gruppe beantworten. In I,11b wird (Paris 1533) ne damna + mala + sequantur te (Interpretamente in MC-Dr 2 auf der Grundlage des zu sic, ne mala damna sequantur te zusammengezogenen Lemmas: also das du dir selb doch nit grossen schaden zůfFgest / oder dein seld daneben vergessist) zu ne + mala damna + sequantur te mit Vff das nit etwan + B=se schaden + Dir nachuolgind / dir begegnind / oder dir daruß erwachsind als Interpretament. Wiederum wird das Nominativobjekt durch die neue Aufteilung als eigenes Satzbauglied kenntlicher gemacht und lässt sich im Unterricht durch präzises Fragen nach diesem die Syntax besser erschließen. In I,12b hat Cordier Nam tacuisse nocet nulli (Interpretament in MC-Dr 2: dan schweigen schadet niemand), was Fries in Nam nulli nocet + Tacuisse zerlegt (Interpretament: Dann es niemandt schadt + Geschwigen han). Dadurch tritt der Infinitiv im Perfekt als notwendige Ergänzung hervor, nach der man im Unterricht vom Verb ausgehend sowohl im Hinblick auf das Lateinische wie das Deutsche wiederum gezielt fragen kann. In I,14b wird noli plus credere de te aliis (Interpretament in MC-Dr 2: vnd glaube ander leuten von dir nit mehr) in Noli + Plus credere + Alijs + De te mit derselben Zielsetzung weiter aufgeteilt. Besondere Aufmerksamkeit verdienen Stellen mit Zusammenziehungen und Umstellungen wie I,20a Cum + Amicus + Pauper mit dem Interpretament So + dein freund + arm an gůt in MC-Dr 2 (Cordier hat hier einen Relativsatz qui est pure). Fries bildet um zu Cum pauper amicus mit dem Interpretament So ein armer fründ. Hier ist allein in Rücksicht auf die Erfordernisse des Deutschen das Adjektiv vor das Substantiv gerückt. Wie mit Hilfe einer sprachdidaktisch angelegten, deskriptiv auf den Regelbestand ausgerichteten Grammatik, lässt sich am vorliegenden Text indes Latein oder Deutsch nicht lernen. Fries muss daher in seiner Absicht, den Latinae et germanicae linguae usum zu vermitteln, d. h. dem Benutzer den Gebrauch der Sprachen nahezubringen, beim Wort genommen werden. Es ist ihm nicht um Systemgrammatik zu tun, deren Vermittlung im Unterricht sein ›Cato‹ für das Lateinische bereits voraussetzt, sondern ganz im Sinne einer allgemeinen humanistischen Auffassung von der zentrale Aufgaben des Sprachunterrichts, um Beispiele für eine praktische Anwendung mehr als nur grammatisch richtigen, nämlich eleganten Lateins, mehr also um Idiomatik als um Grammatik.560 Dafür reichte es Fries hinsichtlich des Lateinischen, mit den von Erasmus gerühmten Hexameterdistichen Musterbeispiele überhaupt bereitgestellt und mit deutschen Einzelerklärungen dem Schüler zugänglicher gemacht zu _____________ 560 Einen instruktiven Überblick über die zeitgenössische Position vermittelt jetzt WELS 2000, S. 29-90 (vgl. speziell zur elegantia S. 56-64).

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haben. Jedenfalls hat er sich nicht vorgenommen, an dieser Stelle einen philologisch-didaktisch kommentierenden Explikationsgrad zu erreichen, den etwa das Musterwerk für eine derart ausgerichtete Vermittlung des Lateinischen, die ›Elegantiarum linguae latinae libri sex‹ Lorenzo Vallas (1407-1457) aufweisen:561 Auch diese Aufgabe bleibt an den mündlichen Unterricht verwiesen. Das parallele Vorhaben, gleichzeitig den germanicae linguae usum zu vermitteln, kann in der Konsequenz dann nur darauf zielen, dem Schüler Anwendungsbeispiele der Volkssprache in usu bereitzustellen. Eben dies leisten die vom deutschen Satz, nicht von den syntaktisch-grammatischen Zugehörigkeiten des Lateinischen gedachten Interpretament-Ketten in einer von der Fries’schen Ausgabe angeleiteten Unterrichtspraxis. In dieses Anliegen der Illustration des usus ist sicher auch, freilich ohne dass Fries dazu etwas bemerken würde, die deutsche Epitome des Distichons einzubeziehen. Die Wiedereinführung der gebundenen Rede gegenüber der Prosa-Epitome Cordiers und seines Straßburger Übersetzers kann ihren Grund jedenfalls nicht in dem Bemühen haben, zu den Interpretamenten eine Übersetzungsalternative zu bieten. Dann hätte Fries ihnen kaum die Fessel des Verses angelegt und sie kaum derart frei von den Vorgaben des Distichons formuliert. Mit ihnen soll nicht die sprachliche Gestalt übersetzend erfasst, sondern das, was als lehrhafter Kern der Aussage betrachtet wird, in einem ersten Zugriff den Schülern in der Muttersprache und in verdichteter Form nahegebracht werden.562 Drei beliebige Beispiele: - I,1: Si deus est animus, nobis ut carmina dicunt: | Hic tibi præcipue sit pura mente colendus. In der deutschen Epitome Man sol deer gen dem trüwen Gott | Von hertzen halten sin gebott entfällt ebenso die Begründung der Handlungsanweisung wie die Anbindung der Wesensaussage über Gott an die carmina. In der Folge kann die eingeforderte, bedeutungsschwer gefasste, weil dem Wesen Gottes entsprechende Verehrung pura mente auf der Seite des Gott verehrenden »Du« zu einer Handlung mutieren, die lediglich von hertzen kommen muss. Dass Gott trüw sei, steht nicht in der Vorlage. Die sich damit immerhin anbietende Gelegenheit, das konditionale Verhältnis nun etwa an diese Qualität anzubinden – weil Gott trüw ist, sollst auch du es ihm gegenüber sein – wird allerdings auch nicht genutzt. Seine Gebote solle man halten und soll ihm Verehrung angedeihen lassen: Schlicht diese Essenz zieht die Epitome aus dem Eingangsdistichon.

_____________ 561 Beispiele aus Valla etwa bei WELS 2000, S. 57f. 562 Eine »gewisse semantische Differenz zwischen dem Original und Fries’ Übersetzung« beobachtet auch KETTLER 2002, S. 310. Trotz dieses zutreffenden Einzelbefundes bleiben KETTLERs Einsichten in das Fries’sche Vorgehen insgesamt oberflächlich (vgl. die Zusammenfassung S. 327f.). Die Gründe dafür liegen in der vollkommenen Ausblendung des Traditionszusammenhangs, d. h. der Vorleistungen Cordiers und des Straßburger Anonymus wie der bereits im Spätmittelalter ausgebildeten Erschließungsverfahren (z. B. die umordnende Lemmatisierung, vgl. speziell dazu S. 327).

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- I,7: Constans et lenis, ut res expostulat, esto. | Temporibus mores sapiens sine crimine mutat. Die Epitome Der schimpff vnd ernst fast alweg hat | Sin ort / sin zyt / vnd ouch sin statt formuliert im Kern nicht mehr als die alttestamentliche Weisheit, dass alles seine Zeit hat, die sie lediglich konkreter auf schimpff vnd ernst bezieht. Der imperativische Bezug zum »Du« ist ebenso aufgegeben wie die implizite Begründung der Forderung, sein Verhalten den jeweiligen Gegebenheiten anzupassen, im Verweis auf die personale Instanz des Weisen. - I,10: Contra uerbosos noli contendere uerbis. | Sermo datur cunctis, animi sapientia paucis. Wiederum verzichtet die Epitome Vil w=rtlen ist der narren wyß / | Recht reden das bringt lob vnd pryß darauf, eine direkte Handlungsanweisung zu formulieren, zieht es stattdessen vor, einen Sachverhalt von allgemeiner Gültigkeit – Narren reden viel, aber nur recht Reden verschafft Ansehen – zu beschreiben.

Insbesondere Verse wie jene bei I,7 und I,10, in denen die imperativischen Direktiven des Originals entfallen und allgemeinere Sachverhalte als regelhaft wiederkehrend konstatiert werden, erscheinen wie gezielt für das Auswendiglernen formulierte Sentenzen, die auch jenseits der ›Cato‹Distichen herbeizitiert werden wollen.563 Zu ihrer Prägnanz trägt die Verwendung des einfachen Verspaares anstelle der traditionell paargereimten Vierversgruppe ganz wesentlich bei. Obgleich deren Verbindlichkeit bereits bei Moter nachließ, muss ihr Verschwinden bei Fries nun in einem weitergespannten Horizont gesehen werden: dem der frühneuzeitlichen Begründung des Eigenwertes der Volkssprache und ihrer Kultur aus dem Sprichwort. Prominent vollzieht sich diese Begründung etwa in Heinrich Bebels (1472/73-1518) ›Proverbia Germanica‹ (1508), mit denen Bebel das deutsche Sprichwort als in seiner Leistung lateinischen Beispielen vergleichbar auszuweisen versuchen, bereits vier Dezennien vor Fries.564 Fries geht jetzt den umgekehrten Weg: Er übersetzt nicht deutsche Sprichwörter in das Lateinische, sondern bildet, vom Lateinischen ange_____________ 563 Entsprechend u. a. auch I,3 Offt schwygen ist ein fine kunst | Dick reden das bringt vil vngunst; I,38 Kein grossen sig man bald nit findt | Dann w(r mit gdult gantz überwindt; II,8 Kein faden wirt so klein nit gspunn | Der mit der zyt nit k=m an dunn (im Druck: djunn) II,15 W(r das fhür rodet in der (sch | Der heißt in Tütsch ein klapper t(sch; II,18 Zů siner zyt ists nit vnrecht | Wenn einer trybt den narren schlecht usw. 564 Vgl. dazu im Überblick MANFRED EIKELMANN: Sprichwort. In: RLW, Bd. 3, S. 486-489, hier besonders S. 488 (mit weiterer Literatur), sowie speziell zu Bebels ›Proverbia‹ SILVIA REUVEKAMP: Heinrich Bebels ›Proverbia Germanica‹ (1508). Zum Verhältnis von Latinität und nationalem Selbstbewusstsein im deutschen Humanismus. In: Humanismus in der deutschen Literatur des Mittelalters und der Frühen Neuzeit. XVIII. Anglo-German Colloquium Hofgeismar 2003. Hg. von NICOLA MCLELLAND, HANS-JOCHEN SCHIEWER und STEFANIE SCHMITT. Tübingen 2008, S. 333-345. Cordier begründet in seinem zweiten Widmungsbrief an Estienne 1556 entsprechend: [...] quia nostra Lingua multas habet insignes sententias, et proverbia non contemnanda, Gallicis expressa versibus, ego ad eorum imitationem unicuique Latino Disticho Gallicum quoque subjeci: ut et res ipsa majorem haberet gratiam, et memoriae puerorum sententia tenacius inhaereret. (zit. nach ARTZNEN 1754, S. XLIII).

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stoßen, prägnante Sentenzen in der Volkssprache. So wird das Deutsche in durchaus vergleichbarer Weise als eine Sprache vorgeführt, die zu Leistungen fähig ist, die dem Lateinischen an die Seite gestellt werden können. 8.3 Die ›Cato‹-Ausgabe des Augsburger Ludimoderators Thomas Heis (1578) Der Titel des 1578 in Augsburg bei Philipp Ulhard565 aufgelegten Sentenzensammlung weist einen Thomas Heis als Urheber der germanici rhythmi namentlich aus, in die hier die ›Cato‹-Distichen gemeinsam mit den ›Dicta septem sapientum‹ und der Spruchsammlung des Mimus Publianus gebracht wurden, und benennt zudem seine Profession als moderator, weist also jedem potentiellen Käufer den Autor als Experten und sein Produkt – die drei vorliegenden Übersetzungen566 scheinen nämlich die einzige literarische Betätigung jenes Thomas Heis gewesen zu sein – als eines von wohl solider Machart aus: CATONIS | DISTICHA DICTA | MORALIA VNA CVM | dictis Sapientium, & Mimis | Publianis in Germanicos | Rhythmos conuersa. | AVTORE | THOMA HEIS Augustano, | scholae Annaeae mo=|deratore. | AVGUSTAE VINDE=|licorum Philippus Vlhardus | excudebat. | ANNO M. D. LXXVIII. | Cum Gratia & Priuiliegio. [TH-Dr 1, Bl. A1r (Bl. A1v leer)]

Thomas Heis ist 1574 als Lehrer an St. Anna nachzuweisen.567 Da »[Ludi]moderator« seit der Mitte des 16. Jahrhunderts den Leiter einer Lateinschule bezeichnet, dann aber seit dem ersten Viertel des 17. Jahrhunderts nur noch dem Lehrer einer Elementarschule beigelegt wird,568 wird er an St. Anna eher für den Unterricht auf den Eingangsstufen zuständig gewesen sein. Das bestätigt auch die Zuordnung der ›Cato‹-Lektüre im Lehrplan des Gymnasiums, der unter dem Rektorat von Hieronymus Wolf (1516-80)569 reformiert wurde, zur fünften, d. h. zur Eingangsklasse. _____________ 565 Vgl. zur Offizin BENZING 1982, S. 19ff. Nr. 27, und S. 274 Nr. 5; RESKE 2007, S. 36 sowie besonders S. 41f. 566 In der Widmungsepistel (s. u.) ist die Urheberschaft von Thomas Heis für alle drei Texte ein weiteres Mal benannt. 567 Vgl. das Verzeichnis des Lehrpersonals bei PHILIPP JAKOB CROPHIUS: Geschichte des Gymnasii zu St. Anna in Augsburg. Neuausgabe, hg. von MONIKA PRAMS-RAUNER mit digitalen Bildern der Original-Ausgabe und einem Textprogramm auf CD-R von ERWIN RAUNER. Augsburg 1999 [zuerst Augsburg 1740 u. d. T. »Kurtze und grFndliche Historische Erzehlung von dem Ursprung / Einrichtung und Schicksaalen deß Gymnasii zu St. Anna in [...] Augsburg [...].«], S. 100. 568 Vgl. NYHOLM 1915, S. 66f. 569 Vgl. zu Person und lehrplangeschichtlichen Leistungen Wolffs im Überblick G. MEZGER in der ADB, Bd. 43, S. 755-757.

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Obschon neben dem professionellen Entstehungshintergrund der Verbund von ›Cato‹/›Dicta‹/Syrus, der dem Modell des ›Cato‹-Ausgabe des Erasmus folgt, und die zweisprachige Anlage eine Übersetzung für Lateinschüler erwarten lassen, hat Heis diese angeblich gar nicht anvisiert, sondern, wie die Widmung an Marcus Zæhius behauptet, sich den Text zunächst ut mihi ipsi seruarem, et amico uni atque alteri communicarem erarbeitet und ihn erst auf Drängen anderer in den Druck gegeben: Optimae spei adolescenti Marco Zæhio, Thomas Heis S. P. D. Cvm disticha Catonis moralia et dicta Sapientum, Graeciae, una cum Mimis Publianis referta fuit pulcherrimis et sapientißimis gnomis, et saluberrimis uitae praeceptionibus, pulchritudine sententiarum et utilitate praeceptorum et multiplicium doctrinarum quasi impulsus, horum libellorum uersus latinos, in germanicos rhythmos conuertere in animum induxi: non ut typographis eos excudendos darem, et hac ratione gloriolam nescio quam captarem, sed ut mihi ipsi seruarem, et amico uni atque alteri communicarem, meque una cum illis hoc modo oblectarem. Absoluto autem et ad finem feliciter perducto hoc opusculo, cum quibusdam bonis uiris, ijsdemque non indoctis transmisissem, et rogassem ut perlegerent, et si qua errata depraehenderent, mihi indicarent, aut in charta seorsim annotarent: intra paucos dies mihi restituerunt, nihil se in eo inuenire dicentes quod sit magnopere repraehensione dignum, sed maxime id sibi probari, et cum dignum iudicarent editione, a me petierunt ut sub incudem darem. Quod etsi primum multis de causis facere me posse negaui: tamen postea cum uehementius instarent, petitioni illorum satisfacere malui, quam pertinaciter resistere. Quoniam autem ueteribus olim libellum edituris usitatum fuit eligere patronum quendam cui dedicarent: ego quoque morem illum mihi imitandum esse putaui. Itaque cum diu multumque animo mecum uolutarem, cui potißimum hoc quicquid est laboris dedicarem, forte fortuna mihi de te dictum est, quod uidelicet uersibus latinis, et eiusmodi rhythmis magnopere delecteris. Quare mi Marce facere non potui, quin te his honestatis libellis decorarem. Nam cum uulgus hominum anxie obseruare soleat, ut talia mittat munera, qualis is est cui mittuntur, multo magis me decere putaui, ut honestatis amanti libellos de honestis moribus nuncupare. Etsi uero me non latet quam sit hoc plus quam leuidense munusculum: tamen in spem uenio fore, ut hunc meum laborem quantumuis pusillum boni aequique facias, cum ipsum ipsa etiam utilitas sit commendatura. Bene uale. Augustae Vindelicorum. Anno post Christi in carnem aduentum. M. D. LXXVIII. Calend. Nouemb. [TH-Dr 1, Bl. A2rv]

Aber das ist alles eher vorgeschobene Bescheidenheitstopik denn Wirklichkeitsaussage. Denn herausgebracht wurde schließlich ein Band, dem man die behaupteten Umwege gar nicht ansieht. Den eigentlichen Textbestand der 78 Seiten570 eröffnen die ›Disticha Catonis‹ (Bl. A3r-C3r), gefolgt

_____________ 570 Foliiert als A1-8, B1-8, C1-8, D1-8 und E1-7.

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Abb. 33: Thomas Heis, ›Catonis disticha dicta moralia‹ (Augsburg 1578, lat.-dt.), Bl. A3v-4r

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von den ›Dicta sapientium graeciae‹ (Bl. C3v-7r) und schließlich den Publilius-Sentenzen (Bl. C7r-E7r). Lateinischer und deutscher Text, konventionell durch Antiqua- und Frakturschrift und Aus- und Einrückungen unterschieden, alternieren, wobei der lateinische stets vorangeht (vgl. Abb. 33). Der ›Cato‹ erscheint im Prinzip vollständig und in der Anordnung des Originals, wobei die Buchgliederung durch Zwischenüberschriften angezeigt ist.571 Auf den Prolog freilich und die Breves sententiae ist verzichtet, ohne dass die Widmung Gründe mitteilte. Solche kleineren Abweichungen vom Erwartbaren kennzeichnen die Ausgabe auch andernorts, modifizieren aber die Darbietung und Erschließung nicht derart weitreichend, dass an der Zuordnung zum Unterricht Zweifel bestehen könnte. So geben prinzipiell vier Reimpaarverse aus zumeist auftaktigen vierhebigen Acht- oder Neunsilblern ein Hexameterdistichon wieder, doch wird zu I,7, I,32, IV,12, IV,14 und IV,20 jeweils eine durch Zwischenüberschrift Oder abgesetzte Übersetzungsalternative angeboten.572 Beim Vierzeiler zu I,7 erstreckt sie sich nur auf den zweiten Hexameter: Du solt dapffer vnd gütig sein / Nach glegenhait der sachen dein / On tadel yeder weiser Man / Nach der zeyt sitten endern kan. Oder Nach der zeit ain fürsichtig man / On tadel sein sitt endren kan.

[TH-Dr 1, Bl. A3v]

Erstreckt sich das Variantenangebot statt auf den Schluss- auf den Eingangshexameter, wird unmittelbar weiter übersetzt, d. h. für I,32 stehen zwar zunächst nur zwei Verse, für die aber nicht alternativ sechs angeboten werden, sondern wiederum nur zwei, denn die Übersetzung wird dann mit vier Versen, die I,32b entsprechen, ohne Absatz fortgesetzt: Du solt gar nit den vnbekandten / Fürziehen thůn deine verwandten / Oder Du solt gar nit bekandte ding / Nachsetzen den bekandten kring / Dann was dir gar wol ist bekandt / Daruon kanst reden mit verstandt / Was dir aber nit ist bekandt / Daruon redest on gfar mit groß schand.

[TH-Dr 1, Bl. A6v]

_____________ 571 Buch I steht Bl. A3r-7r, Buch II Bl. A7v-B3r, Buch III Bl. B3r-5v, Buch IV Bl. B5v-C3r. 572 Solche Variantenangebote macht Heis auch in seinen Versen zu den ›Dicta septem sapientum‹ und in den Publilius-Sentenzen.

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Bei IV,12, 14 und 20 wird ebenso verfahren, wobei dem zweiten Hexameter wieder regulär ein Verspaar entspricht: Wann dich der lieb barmhertzig Gott / Mit leybes krefft versehen hat / Oder. Wann dir der lieb vnd gFtig Gott / Groß leybes krefft verlihen hat / Das du weiß seyest kehr fleyß an / So kanst du sein ain dapffer Mann.

[TH-Dr 1, Bl. A7r]

Wann selbs gibst vrsach zum verderben / Warvmb muß ain Thier für dich sterben. Oder Wann du die sünd selbs hast verbracht / Warumb wirt ain Thier für dich gschlacht / Es ist fürwar ain groß thorhait / Vom Vich hoffen die seligkait.

[TH-Dr 1, Bl. A7v]

Du solt heimblich bey dir erwegen / Was jedlicher zur sach thů reden / Oder Du solt heimblich besehen eben / Was jedlicher zur sach thů reden / Der menschen red die sitten gůt / Verbergen vnd anzeigen thůt.

[TH-Dr 1, Bl. A8r]

Bei I,7b liegt die Alternative näher an der Wortstellung der Vorlage (Temporibus mores sapiens sine crimine mutat). Bei I,32a (Ignotum tibi nolito praeponere notis) nimmt sie die unnötige semantische Einengung von ignotum/notis auf die Personenbezeichnung (der Unbekannte/die [bekannten] Verwandten) zurück573 und spricht verallgemeinernder, doch vom Lateinischen ebenso gedeckt, von unbekannten Dingen, die den bekannten als geringer nachzustellen seien. IV,12a (Cum tibi praeualidae fuerint in corpore vires) und IV,20a (Prospicito tecum tacitus quid quisque loquatur) werden dagegen allenfalls stilistisch variiert, wobei bei IV,12a die physische Ausstattung des Menschen in beiden deutschen Pendants gleichermaßen ungedeckt, denn in der sprachlichen Fassung der Vorlage ist sie schlicht als gegeben gesetzt, auf den Schöpfergott zurückgeführt wird. In IV,14a (Cum sis ipse nocens, moritur cur victima pro te?) ist eben diese Engführung auf christliche Vorstellungsgehalte Anliegen der Variante, indem statt der moralisch neutralen Entsprechung »schaden / vrsach zum verderben geben« für nocere in der Alternative die sünd den Schaden vertritt. _____________ 573 »deine Verwandten« ist wohl nur Druckfehler für den eigentlich erforderlichen Akkusativ des Possessivpronomens.

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Kein durchgreifendes Prinzip generiert die Alternativen, die aber doch bereits zwei die Übersetzung wesentlich bestimmende Faktoren erkennen lassen. Zum einen kann sich moralisierende Unterweisung gegen den Wortlaut durchsetzen, sodass auf vorlagennahe Äquivalenzen verzichtet wird.574 Zum anderen ist Heis jedoch bisweilen durchaus bestrebt, die Wortstellung genauer abzubilden. Das zeigt sich auch an einer kleinen Besonderheit des Layouts. Die lateinischen Verse der Praefationes zu Buch II, III und IV werden nämlich statt in Zweiergruppen, die mit vier deutschen Versen zu wechseln hätten, einzeln mit nur einem deutschen Verspaar gegeben. So stehen sich Ausgangs- und Zieltext näher und können besser miteinander verglichen werden. Die Tendenz zur Annäherung zeigt sich an II pr. überdies in der flexiblen Handhabung des Reimschemas. II pr. 5 erhält einen Dreireim und II pr. 7 ebenfalls drei Verse, wobei aber auf das Reimpaar nun ein Kornreim folgt, der erst im ersten des Verspaares zu II pr. 8 aufgenommen wird; dessen zweiter Vers weist wiederum einen Kornreim auf, den der erste der drei Verse von II pr. 9 aufnimmt: [lateinischer Text von II pr. 5] Vnd Carthago mit grossem můt / So nimm für dich Lucanum gůt / Welcher der Schlachten meldung thůt. [II pr. 6] So dir aber Bůlschafft gefellt / Oder das bůlen lernen willt. [II pr. 7] So sůch du den Ouidium / Derselbig thůt dir leer hieuon. Wann dir aber ist angelegen / [II pr. 8] Wie du m=chtest gar weißlich leben, So h=r vnd bey dir wol betracht / [II pr. 9]

_____________ 574 Weitere Beispiele solcher Engführung: Durch forcht des todts sich selbs beraben / | Zeitlich freüd / vnd Gottes gaben in II,3b [...] amittere gaudia vitae; Dann der weit vbertrifft mit rhat / | Dem Gott die sterck versaget hat in II,9b [...] cui vim natura negauit; Sonder hab dein hoffnung auff Gott / | Die den menschen nit laßt im todt in II,25b Spem retine, spes vna hominem, nec morte relinquit; Wann dir Gott gibt ain gut verm=gen / [...] in IV,5a Cum fueris locuples [...]; Wann dir Gott weißhait geben hat / [...] in IV,18a Cum sapias animo [...]; Wann dir Gott gibt vil Ehr vnd glück / [...] in IV,26a Tranquillis rebus [...].

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Wie das leben werd zů gebracht / Ehrlich vnd wol vnd one sünd / Also das niemandt tadlen künd.

[TH-Dr 1, Bl. B7v-8r]

Der Heis’sche ›Cato‹ begründet keine Augsburger Lokaltradition einer speziellen Schulausgabe, wie das etwa dem Straßburger Anonymus oder Fries in Zürich gelungen ist. Er erlebt nicht einmal eine zweite Auflage. Das hat mehrere Gründe. Die Funktionalisierung der Volkssprache für die Textarbeit nicht nur in der Unterrichtsmündlichkeit oder in ephemerer Schriftlichkeit (Gedächtnis bzw. Tafel/individuelle Unterrichtshefte), sondern auch im Schulbuch bleibt das ganze 16. Jahrhundert hindurch an das exzeptionelle Engagement des einzelnen Lehrers gebunden und damit überaus selten: Allein drei von ihnen tun sich in diesem Jahrhundert mit einem deutschen ›Cato‹ für die Schüler hervor. Noch einmal unwahrscheinlicher erscheint dann, dass das Produkt dieses Engagements seinen Produzenten überleben sollte. Fries und der hinter dem Straßburger ›Cato‹ stehende Cordier hatten immerhin auf anderen Gebieten einen Namen, der ihre Übersetzungen etwas weiter tragen mochte. Aber wer kannte außerhalb Augsburgs einen Thomas Heis? Vor allem aber empfahlen sich den Straßburger und Züricher Schülern ihre neuen ›Cato‹-Ausgaben schlicht durch einen praktischen Mehrwert für den elementaren Textzugang. In diesem zentralen Punkt hält der Heis-›Cato‹ dem Vergleich nicht stand: weil er am einengenden Vers festhält und die Orientierung am Wortlaut ihm auch sonst nicht vordringlich scheint, nämlich zugunsten offenbar als notwendiger empfundener inhaltlicher Anpassung zurücktritt. Auf diese Weise ließ sich der Mehraufwand, auch deutsche Textanteile in das Schulbuch einzubringen, im dritten Viertel des 16. Jahrhunderts offenbar nicht auf Dauer rechtfertigen. Literatur- und unterrichtsgeschichtlich zeigt sich am Heis’schen ›Cato‹ damit vor allem dies: dass der Straßburger Anonymus und Fries nicht entfernt für eine Umstellung des Lateinunterrichts in der Breite in Anspruch genommen werden können, sondern in ihrer begrenzten regionalen Wirkung beachtet werden müssen. Der Straßburger ›Cato‹ verlässt überhaupt erst acht Jahre vor Heis den Ort seiner Erstauflage, der von Fries wird erst nach 1578 auswärts aufgelegt. Dem Deutschen auch im Schulbuch die Würde der dauerhaften Schriftlichkeit des Gedruckten angedeihen zu lassen, bleibt im letzten Viertel des 16. Jahrhunderts Ausnahme – und noch mehr, die Volkssprache konsequent zunächst in den Dienst des dem Lateinunterricht nächstliegenden, nämlich in den Dienst der elementaren sprachlichen Erschließung der Vorlage zu stellen.

Ausblicke ins 17. Jahrhundert

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9. Ausblicke ins 17. Jahrhundert Im Zeitraum zwischen 1578 (Heis) bzw. 1585 (Caesarius) und 1629, dem Erscheinungsjahr des Opitz’schen ›Cato‹, werden im Bereich der zweisprachigen Ausgaben in erster Linie alte Bekannte, teilweise in Bearbeitung, aufgelegt: viermal Moter (AM-Dr 9 1584, AM-Dr 10 1590, AM-Dr 11 1610 und AM-Dr 12 1617), einmal noch der Cordier-Anonymus (MC-Dr 6 1581) und siebenmal Fries (JF-Dr 6 1580, JF-Dr 7 1584, JF-Dr 8 1589, JF-Dr 9 1591, JF-Dr 10 1596, JF-Dr 11 1617, JF-Dr 12 zwischen 1619 und 1645/46). Die Opitz-Übersetzung steigt 1629 dann sofort zum Standardtext auf, neben dem sich keine älteren Übersetzungen halten noch in nennenswertem Umfang neue produziert werden. Die einzige noch vorher, zwischen 1578/85 und 1629 neu unternommene Übersetzung stammt aus Siebenbürgen. Diese Herkunft wie ihre trotz Opitz vermutlich fortdauernde Wirkung zumindest in ihrem besonderen Entstehungsraum ist Anlass genug, vor dem abschließenden Blick auf den prominenten ›Cato‹ von Opitz sich ausführlicher zunächst der Erstausgabe des ›Klausenburger Prosa-Cato‹ von 1620, wie er hier nach seinem ersten Druckort und seinem hervorstechenden Formmerkmal benannt sein soll, zuzuwenden. Ausgeklammert bleiben müssen freilich für ihn wie für Opitz alle über das weitere 17. Jahrhundert aufgelegten Folgeausgaben. Immerhin ist mit den zwei genannten Übersetzungen – und mit einer nachstehend im Zusammenhang mit der Klausenburger Ausgabe noch berücksichtigten Rintelner von 1664 – der Bestand des 17. Jahrhunderts zumindest produktionsseitig nahezu vollständig erfasst.575

_____________ 575 Denn unberücksichtigt bleibt aus dieser engeren Perspektive lediglich eine Heidelberger Ausgabe von 1674: »DIONYSII CATONIS | DISTICHA | DE | MORIBUS | AD FILIUM, | Cum Grammatica constructione, | & vernacula interpretatione, ac, ubi | opus fuit, declaratione. | Quibus | Centuria carminum selectorum | è Poetis praestantissimis in euum finem, ut di|scipuli de quantitate syllabarum, quae in Catone | producuntur aut corripiuntur authoritate, | respondere poßint: | Deinde | Aliquot Adagia Erasmi Germanicâ variorum interpre|tatione expressa: | Postremò | Elegantia ex P. Terentii Afri sex Comoediis decerpta | Adijciuntur. | Cum Privilegio ELECT. PALAT. | HEIDELBERGAE | Impensis ABRAHAMI LÜLTZ, Bibliop. | Typis VVILHELMI VVALTERI, Acad. Typogr. | M DC LXXIV.« (vgl. VD 17 Nr. 12:623227S). Nicht einsehen konnte ich den von ESTREICHER 1896, S. 100, aufgeführten lateinisch-polnisch-deutschen Krakauer Druck von 1695.

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9.1 Nützlich, aber randständig oder wirkungslos: Die spracherschließenden Textausgaben des ›Klausenburger Prosa-Cato‹ (1620) und des ›Rintelner Cato‹ (1664) Gemeinsam mit einer Übersetzung ins Ungarische geht im zweisprachigen Klausenburg (ungarisch Kolozsvár, heute Cluj-Napoca in Rumänien) in Siebenbürgen, 1620 bei Johannes R. Makaí erstmals eine Übersetzung der ›Disticha Catonis‹ in Prosa in den Druck (KC-Dr 1).576 Eine derartige formale Neuerung am äußersten Rand des deutschen Sprachgebiets anzutreffen, überrascht zunächst, erscheint aber bei näherem Hinsehen plausibel. Der Druckort des ersten Prosa-›Cato‹ liegt zwar räumlich abgelegen, jedoch hatte die Druckerkunst in Siebenbürgen schon im zweiten Viertel des 16. Jahrhunderts Einzug gehalten. In ungarischer Sprache, der Sprache der autochthonen Volksgruppe, erscheinen Drucke in Siebenbürgen, mit Zentrum in Klausenburg, bereits seit der Mitte des 16. Jahrhunderts. Kaspar Helth (Heltai Gáspár, um 1520-74) hatte die erste Druckerei der Stadt eingerichtet, in der auch deutsche Werke nachgedruckt, vor allem aber die ersten ungarischen Drucke von ungarischem Boden aus verbreitet wurden. Helth hatte sich insbesondere den sozial niederen, ungarisch sprechenden Bevölkerungsschichten zugewandt, deren Versorgung mit Büchern besonders lukrativ war, da deutsche Bücher ja aus dem Reich importiert werden konnten.577 Das trug mit zur Dynamik bei, die Klausenburgs Entwicklung in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts kennzeichnet. Zudem war die Stadt Zentrum des Antitrinitarismus. Diese reformatorische Bewegung, der auch Helth anhing, war – ein in Europa _____________ 576 Das Folgende v. a. nach: Kurze Geschichte Siebenbürgens. Hg. von BÉLA KÖEPECZI. Unter Mitarbeit von GÁBOR BARTA [u. a.]. Redaktion der deutschen Ausgabe ZOLTÁN SZÁSZ. Budapest 1990 [dreibändige Erstausgabe in ungarischer Sprache unter dem Titel »Erdély rövid története« erschienen Budapest 1989]. Für die Geschichte des Buchdrucks in der Region ist auf zahlreiche Beiträge von GEDEON BORSA zu verweisen. Vgl. v. a.: Die Gattungen der Druckwerke von Ungarn bis Mitte des 17. Jahrhunderts. In: Acta litteraria Academiae Scientiarum Hungaricae 26 (1984), S. 33-45; Die volkssprachigen Drucke im 15. und 16. Jahrhundert in Ungarn. In: Gutenberg-Jahrbuch 62 (1987), S. 104-108; Auf der Suche nach alten Drucken in Siebenbürgen. In: Zeitschrift für Siebenbürgische Landeskunde 22 (1999), S. 122-124. Generell nützlich für die erste Orientierung über den Literaturraum: Die deutsche Literatur Siebenbürgens. Von den Anfängen bis 1848. I. Halbbd.: Mittelalter, Humanismus und Barock. Hg. von JOACHIM WITTSTOCK und STEFAN SIENERTH. München 1997 (Veröffentlichungen des Südostdeutschen Kulturwerks. Reihe B: Wissenschaftliche Arbeiten 81). Über den siebenbürgischen Buchdruck bis 1600 verschafft jetzt ein auf der aktuellen ungarischen Revision des RMK beruhendes Verzeichnis den Überblick: Alte siebenbürgische Drucke. Hg. von GEDEON BORSA. Köln, Weimar, Wien 1996 (Schriften zur Landeskunde Siebenbürgens 21). 577 ISTVÁN MONOK: Nationalsprachige Lesestoffe in Ungarn im 16. und 17. Jahrhundert. In: Latein und Nationalsprachen 1998, S. 137-149, hier S. 141.

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einmaliger Vorgang – seit 1568 durch das königliche Edikt Johanns II. Zápolya (1540-71) von Ungarn unter Religionsfreiheit gestellt worden. Ende des 16. Jahrhunderts hatte Klausenburg circa 8-10.000 Einwohner und in dieser Hinsicht mit der größten Stadt Siebenbürgens, Kronstadt, gleichgezogen. Nicht nur die Entwicklung des Klausenburger, sondern des Siebenbürgener Buchdrucks überhaupt muss zudem im Licht der anhaltenden Konflikte mit den Türken gesehen werden. 1526 war Ungarn gegen die Türken in der Schlacht bei Mohàcs unterlegen und Siebenbürgen unter osmanische Oberhoheit geraten, die bis 1688/89 währte. Die Versorgung der einheimischen Bevölkerung mit ungarischen und deutschen Drucken auf dem Wege des Imports – vor allem aus Krakau und Wien – wurde damit schwierig, andererseits die Versorgung durch eigene Druckereien notwendig und einträglicher. So verließen schon seit 1539 zahlreiche Schuldrucke lateinischer Schriftsteller die vom Humanisten und Reformator Johannes Honter (1498-1549) gegründete Druckerei in Kronstadt.578 Lateinisch-ungarische ›Cato‹-Drucke lassen sich bereits 1591 und 1597 in Debreczen nachweisen.579 Für den ungarischen Textanteil des ›Klausenburger Prosa-Cato‹ sind mithin ältere Vorleistungen in Erwägung zu ziehen.580 Die deutsche Prosa hingegen scheint für die vorliegende Ausgabe neu erstellt. Gleichwohl _____________ 578 Vgl. zur Offizin Honters besonders HERMANN TONTSCH: Die Honteruspresse in 400 Jahren. Festschrift der Buchdruckerei Johann Götts Sohn. Kronstadt/Braşov 1933, und GEDEON BORSA: Johannes Honterus als Buchillustrator. In: Gutenberg-Jahrbuch 61 (1986), S. 35-56. Vgl. zur Person Honters zusammenfassend OSKAR WITTSTOCK: Johannes Honterus, der Siebenbürger Humanist und Reformator. Der Mann, das Werk, die Zeit. Göttingen 1970 (Kirche im Osten 10), sowie zu den von Honter für seine eigene Presse edierten Schriften v. a. KARL KURT KLEIN: Der Humanist und Reformator Johannes Honter. Untersuchungen zur siebenbürgischen Geistes- und Reformationsgeschichte. Hermannstadt, München 1935. 579 Vgl. RMK, Bd. 1, Nr. 239, und Bd. 2, Nr. 216 (Debreczen 1591) bzw. Bd. 1, Nr. 289 und Bd. 2, Nr. 269 (Debreczen 1597). 580 Eine Analyse des ungarischen Textes ist mir mangels Sprachkenntnis nicht möglich. Ob es über die beiden Nachweise im RMK hinaus (Bd. 1, Nr. 505 und Bd. 2, Nr. 401) einen ungarischsprachigen Forschungsstand zum ›Klausenburger Prosa-Cato‹ gibt, entzieht sich meiner Kenntnis. Allerdings verweist FEIFALIK 1861, S. 212, in der Fortsetzung seiner Anm. 1 auf eine Anthologie ungarischer Literatur des 16. und 17. Jahrhunderts, die einen ungarischen Prosa-›Cato‹ des 17. Jahrhunderts enthalte. Das von dem Finnougristen FERENCZ TOLDY (d. i. Pseudonym für FERENCZ/FRANZ SCHEDEL [1805-75]) herausgegebene, unter dem Titel »Magyar prozáir ók a 16 és 17 szádból« in Pest 1858 erschienene Buch war mir nicht zugänglich. Der deutschsprachigen Forschung scheint der ›Klausenburger Cato‹, soweit ich sehen kann, unbekannt geblieben zu sein. Die Verzeichnisse TEISTLERs führen ihn nicht auf: Deutsche Schulbücher aus Siebenbürgen und anderen Regionen des heutigen Rumänien – erschienen bis 1945. Bibliographie von Lese-, Realien-, Geographie-, Geschichts- und Staatsbürgerkundebüchern. Mit einem Beitrag von WALTER KÖNIG: Das Schulwesen der Siebenbürger Sachsen. Hg. von GISELA TEISTLER. Frankfurt/M. 1996 (Studien zur internationalen Schulbuchforschung 86); TEISTLER 2003.

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verzichtet ihr Verfasser auf eine Namensnennung. Er arbeitete ohne literarischen Anspruch und sah seine eigene Umsetzung in Prosa nicht als Innovation. Statt auf überregionales Ansehen war er auf eine dem lokalen Unterricht dienliche Textausgabe aus.581 Seine Person wird im Umkreis der örtlichen Schulen zu suchen sein.582 Auf der Rückseite des Titelblatts richtet sich eine schlichte Widmung direkt an die Klausenburger Schüler: Ad pueros Scholares Vos dociles pueri (spes et decus omne parentum) Quos Schola Claudiaci continet ampla soli. Accipite hoc vestri, semperque tenete, Catonis Ad mores sanctos instituendis, opus. Quod modo non solum Latio sermone legendum, Sed simul Vngarico, Teutonicoque damus.

[KC-Dr 1, Bl. A1v]

Als preiswertes Schulbuch gibt sich die Ausgabe mit dem relativ schmalen Umfang von 72 Seiten im Oktavformat bereits äußerlich zu erkennen.583 Wie für Unterrichtsverwendung unabdingbar, bietet sie den lateinischen Text vollständig.584 Konventionell erscheint sie auch in der Verteilung der Sprachen. Wie üblich geht den Übersetzungen der lateinische Text voran. Und wie ältere dreisprachige Ausgaben (lateinisch-tschechisch-deutsch 1518, lateinisch-polnisch-deutsch seit 1535) erwarten lassen, folgt erst auf die Übersetzung in die autochthone Volkssprache – das Ungarische als _____________ 581 Regionaler Gebrauch statt überregionale Ausstrahlung kennzeichnet die zeitgenössischen Erzeugnisse des Buchdrucks in Siebenbürgen überhaupt; vgl. GEDEON BORSA: Deutsche Buchdrucker des 17. Jahrhunderts in Ungarn. In: Bücher und Bibliotheken des 17. Jahrhunderts in Deutschland. Hg. von PAUL RAABE. Hamburg 1980 (Wolfenbütteler Schriften zur Geschichte des Buchwesens 6), S. 67-87. 582 Eine systematische Darstellung des institutionalisierten Klausenburger Schulwesens fehlt. Grundlegend für das siebenbürgische Schulwesen insgesamt, das durch seine in Europa einzigartig frühe Einführung der Schulpflicht 1722 Berühmtheit erlangt hat: Die siebenbürgisch-sächsischen Schulordnungen. Mit Einleitung, Anmerkungen und Register hg. von FRIEDRICH TEUTSCH. 2 Bd.e. Berlin 1888-92 (Monumenta Germaniae Paedagocica 6 und 13). Vgl. für den fraglichen Zeitraum jetzt v. a. die Beiträge von BERTHOLD KÖBER, SÁNDOR TONK, PAUL PHILIPPI, GERNOT NUSSBÄCHER, EDIT SZEGEDI und KATALIN PÉTER in: Beiträge zur siebenbürgischen Schulgeschichte 1996. Die Gründung des ersten siebenbürgischen Gymnasiums erfolgte durch Johannes Honter in Kronstadt schon 1543 und damit bereits ein Dreivierteljahrhundert vor der Drucklegung des ›Klausenburger Prosa-Cato‹. Klausenburg beherbergte in den zwanziger Jahren des 17. Jahrhunderts indes nicht nur ein Gymnasium, sondern auch ein von Stephan Bathory (1533-86, seit 1571 Fürst von Siebenbürgen) gegründetes Jesuitenkolleg, aus dem später eine Universität hervorging. Ferner unterhielten die Unitarier ein eigenes Kolleg. 583 Die Seiten sind lückenhaft in römisch-arabisch-gemischter Zählung als A1-8, B1-8, C1-8, D1-8 und E1-4 foliiert. 584 Auf Titelblatt (Bl. A1r) und Widmungsgedicht (Bl. A1v) folgt Bl. A2rv der CATONIS PRAECEPTA MORALIA überschriebene lateinische Prolog mit ungarischer und deutscher Übersetzung. Bl. A3r-6r schließen die Breves sententiae an. Buch I umfasst Bl. A6vB6r, Buch II Bl. B6r-C5r, Buch III Bl. C5r-D2r und Buch IV Bl. D2v-E4v.

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Amtssprache Siebenbürgens – der deutsche Text. Im Verzicht auf jeden Buchschmuck, mit auf ein Minimum beschränktem Einsatz textgliedernder Überschriften und mit dem Verzicht auf jede über die Übersetzung hinausgehende Erschließung – etwa in Form einer Lemmatisierung oder von Praecepta-Abbreviaturen à la Sturm – erscheinen die ›Disticha‹ in unaufwändigst-sparsamer Darbietung. Ökonomisch bedacht erscheint selbst Details wie die unübliche Zusammenfassung des Prologs und der Praefationes zu den Büchern II-IV in geschlossene Textblöcke: Stets gehen erst alle lateinischen Verse den Übersetzungen en bloc voran. Auffällig ist die Verteilung der Schrifttypen, -schnitte und -größen. Sie setzt die einzelnen Bestandteile nach Sprachzugehörigkeit voneinander ab, rückt aber statt der Vorlage die Übersetzungen optisch in den Vordergrund. Der Basistext steht kursiv in kleinerem Schriftgrad, wogegen der ungarische und deutsche Text in größerem Schriftgrad – einmal in einer Antiqua, einmal in Fraktur – recte geboten werden (vgl. Abb. 34). Eine programmatische Markierung der neuen Prosaform wird man in diesem Layout-Detail kaum sehen dürfen – obschon der visuellen Herausstellung der deutschen Übersetzung durchaus ihr größeres Gewicht entspricht, das sie mit dem Verzicht auf eine Lemmatisierung als zusammenhängende, nach den Regeln der deutschen Syntax geformte Prosa gewinnt. Die Eigenheiten der Übersetzungspraxis des ›Klausenburger Cato‹ liefern der Frage nach dem Motiv des Wechsels in die Prosa wichtige Anhaltspunkte. Mit der Entscheidung für die Prosa ist der Übersetzung zunächst einmal prinzipiell die Möglichkeit gegeben, den Grundtext in seinem sprachlichen Aufbau genauer als in Versform zu erschließen. Die Hexameterdistichen I,1f. werden übersetzt: SI DEVS est animus nobis ut carmina dicunt, Hic tibi praecipue sit pura mente colendus. [...] DJeweil Gott ein Geist ist / als vns die versen anzeigen / Soltu ihn fFrnemlich mit reinem gemFt ehren. Plus vigila semper, nec somno deditus esto: Nam diuturna quies vitijs alimenta ministrat. [...] Allzeit wache mehr / vnd sey nicht ergeben dem schlaff: Denn der lange schlaff gibt anreizung zu den vntugenden.

[KC-Dr 1, Bl. A6v]

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Abb. 34: ›Klausenburger Cato‹ (Klausenburg 1620, lat.-ungar.-dt.), Bl. D2v-3r

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Die Orientierung an der Wortfolge der lateinischen Grundlage ist ausgeprägt: In I,1a soll DJeweil das lateinische SI wiedergeben, Gott dann DEVS, ein Geist entspricht est animus, als uns dem nobis ut, die versen weiter die carmina, anzeigen schließlich dicunt. Schon an I,2 wird aber auch deutlich, wo diese Nähe ihre Grenze findet. Sie baut sich nämlich nicht strikt von der Abfolge der Einzelworte im Lateinischen her auf. Denn dann wäre statt Allzeit wache mehr für Plus vigila semper doch »Mehr wache allzeit« ohne weiteres möglich gewesen, und für nec somno deditus esto durchaus auch »und nicht dem schlaf ergeben sei«. Der Übersetzer hat vielmehr wortübergreifende semantisch-syntaktische Einheiten (plus vigila semper, nec somno deditus esto) im Blick. Im Rahmen solcher einzelnen Einheiten hingegen wird gegen das Lateinische durchaus umgestellt, und dies sowohl nach den grammatischen Erfordernissen der Volkssprache, als auch im Hinblick auf einen dem Sprachempfinden flüssiger erscheinenden deutschen Text. Das Anliegen, das Gefüge der wortübergreifenden Einheiten im Basistext durchsichtig zu machen, schlägt bis in den Ansatz der Versumbrüche durch (I,28): Si tibi sunt nati, nec opes, tunc artibus illos Instrue, quò poßint inopem defendere vitam. [...] So du S=hn hast / vnnd keine gFter / freye künste sie Lehre / damit sie ihr armes leben beschFtzen m=gen.

[KC-Dr 1, Bl. B3v]

Der Imperativ Lehre ist in Rücksicht auf den Instrue-Einsatz von I,28b an den Zeilenanfang gesetzt. Die deutsche Druckzeile gilt also nicht der übergreifenden Einheit des Satzes oder Gruppen untergeordneter Aussageeinheiten, sondern allein der formalen Einheit des Hexameters. Im Rahmen dieses Verfahrens ist es prinzipiell nicht möglich, die flexiblere lateinische Syntax genau so präzise abzubilden, wie das die Lemmatisierung vermöchte, also etwa im letzten Beispiel die Einheit von gesperrt erscheinendem Adjektiv und Substantiv in inopem (defendere) vitam, die als armes leben (beschFtzen) erscheinen muss, durchsichtig zu machen. Immerhin ist aber die Suche nach dem zugehörigen Adjektiv bzw. Substantiv durch das gewählte Verfahren auf die kleinere Gruppe jener Elemente eingegrenzt, die der entsprechenden Übersetzungseinheit zugehören. Gleichwohl bleibt die weitergehende Texterschließung auf weitere ergänzende Erläuterung im mündlichen Unterricht angewiesen – wie im übrigen ja auch an zahlreichen weiteren Details deutlich wird, etwa am Verzicht auf die Wiedergabe der Konjunktion tunc / dann (eben) in I,28a, an der Übersetzung des ablativischen Relativpronomens quo als damit statt durch die in I,28b oder an der unterschiedslosen Wiedergabe von somno wie quies durch schlaff in I,2.

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Zum skizzierten Anliegen des Übersetzers fügt sich seine Heranziehung speziell solcher älteren Ausgaben, die ihm mit ihren Lemmatisierungen des Grundtextes das grammatische Gefüge des Basistextes weitergehend durchsichtig gemacht haben und ihm darin ein willkommenes Hilfsmittel gewesen sein mussten. Zurückgegriffen wird insbesondere auf in der Tradition des anonymen Straßburger Cordier-Übersetzers stehende Ausgaben, wie sich am Vergleich des Prologs mit dem Leipziger CordierDruck von 1581 erweist: DJEweil ich sahe viel menschen hefftig fehlen vnd irren an rechtschaffenem leben / hab ichs fFr gut angesehen / das mann helffe vnd rhate jhrem fehl vnd irthumb: fFrnemlich aber / das sie ein zFchtiges vnnd l=bliches leben fFhren / vnd ehr erlangen. Wolan / du mein lieber Sohn / so will ich dich vnterweisen / auff was gestalt du anschicken vnnd ordnen m=gest rechtschaffene sitten deines gemFts. Derowegen liese meine gebot also / das du sie verstehen m=gest. Denn etwas lesen / vnd das nicht verstehen / ist so viel als sein nicht achten / oder sich selbst verseumen. [KC-Dr 1, Bl. A7v zu pr. 1-4]585 [pr. 1] [L] Dieweil ich sahe [L] Viel menschen fehlen vnd irren [L] treffenlich sehr [L] an rechtschaffenem leben [L] hab ich fFr gůt angesehen [L] das man helffe vnd rathe [L] irem fehle, vnd irrthumb [L] fFrnemlich aber hat mich dis zu thun sein, fFr gut angesehen [Bl. A4r] [L] Das sie ein ehrsams vnd l=blichs leben fFreten [L] vnnd zu ehren kemen, oder ehr erlangeten [pr. 2] [L] Wolan [L] du mein liber Son, liebs Kind [L] so wil ich dich vnterweisen, leren [L] wie, auff was mas [L] du anschicken vnd ordnen m=gest [L] rechtschaffen sitten, ein tugentreich leben [L] deiner sele586 [pr. 3f.] [L] Derhalben lise [L] mein veterweisung [!], mein bericht [Bl. A4v] [L] Das du sie verstehen m=gest [L] Denn etwas lesen [L] vnd es nicht verstehen, nicht vernemen [L] ist so viel, als sein nicht achten, lassen so sein [MC-Dr 6, Bl. A3v-4v zu pr. 1-4]587

In den Distichen dann ist die Abhängigkeit von den Interpretamenten des Straßburger Cordier-›Cato‹ nicht mehr so deutlich wie im Prolog. Sie scheinen aber vereinzelt über das von der Zielsprache ohnehin Nahegelegte hinaus immer noch durch – besonders deutlich im Falle der Einfügung einer zusätzlichen und eingeklammerten Erläuterung ohne Entsprechung im Grundtext, wohl aber im Cordier-›Cato‹ von 1581: _____________ 585 Varianten der lateinischen Vorlage zum kritischen Text von BOAS: 1 plurimos ] p. homines; in via morum errare ] e. i. v. m.; succurrendum opinioni eorum et consulendum ] s. et c. e. o.; famae ] fore; 2 morem ] mores; 3 legito ] legas; 4 neglegere est ] est negligere. 586 Auf das deutsche Interpretament folgt noch ein ausführlicheres lateinisch-deutsches Scholion: Hoc est, docebo te bene viuendi rationem. Das ist so viel gesagt, Ich wil dir anzeigen, wie du ein rechtschaffen leben m=gest fFren. 587 Die Wiedergabe erfolgt hier und im folgenden ohne den Zeilenumbruch und die lateinischen Lemmata der Vorlage, für die nachstehend »[L]« eingesetzt ist. Ferner sind die Übereinstimmungen zum Klausenburger Text unterstrichen. An Varianten zu BOAS sind für die lateinische Vorlage zu verzeichnen: 1 plurimos ] p. homines; graviter in via morum errare ] e. g. i. v. m.; succurrendum opinioni eorum et consulendum ] s. et c. o. e.; famae ] fehlt; 2 morem ] mores; 4 neglegere ] negligere.

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Mit den klapffern lege dich nicht ein mit worten: Die rede wirt (von Natur) jedem geben / aber verstand des gemFtes / wenigen. [KC-Dr 1, Bl. A8r zu I,10] [L] lege dich nicht ein [L] mit worten wider schwetzige leute, die voller wort stecken [L] die rede wirt von Natur allen gegeben [L] Aber vernunfft vnd weisheit [L] wird gegeben [L] sehr wenigen menschen588 [MC-Dr 6, Bl. B6v zu I,10]

Dass die benutzte(n) Ausgabe(n) nicht einfach abgeschrieben, sondern nur unterstützend hinzugezogen wurde(n), geht im zitierten Beispiel aus dem Ersatz der schwetzigen leute durch die klapffer hervor – und im übrigen auch aus dem Bestand der lateinischen Breves sententiae. So fehlt 1620 die 1581 b.s. 5 Foro pare vorangehende Variante Foro te para, erscheint b.s. 29 als Blandus esto statt, wie 1581, als Affabilis esto, wird b.s. 52 (Miserum ne irriseris – bei BOAS miserum noli inridere) im Gegensatz zur Ausgabe von 1581 nicht fortgelassen, erscheint Tuto consule zwischen b.s. 40 und b.s. 25 ergänzt, obwohl diese Sentenz 1581 fehlt, und ist auch b.s. 33 (Ad praetorium stato), ebenfalls 1581 fehlend, vorhanden. In mehreren Fällen trifft sich der Klausenburger Text hier zwar wieder mit der Editio princeps von 1540 – nicht aber in der Aufnahme von b.s. 52 und von Tuto consule. Grundsätzlich sollte mit dieser Übersetzung also eine der praktischen Erschließung des Textes im Unterricht dienliche Ausgabe auf den Weg gebracht werden. Die Berücksichtigung des Ungarischen war dabei schon seit längerem kein Novum mehr, ja seit den Bemühungen Helths gerade in Klausenburg sogar geboten. Das galt ebenso für die Rücksicht auf die deutschsprachigen Schülerkreise, für die Texte in ihrer eigenen Muttersprache schon seit längerer Zeit nicht einfach importiert werden konnten. Dreisprachige Textpräsentation war seit dem lateinisch-tschechischdeutschen ›Cato‹ von 1518 und den seit 1535 aufgelegten lateinischpolnisch-deutschen Ausgaben keine Neuigkeit. Speziell dem Deutschen hatten die zahlreichen Cordier’schen und Fries’schen Schulausgaben seit 1540 zumindest in der bis 1620 erreichten Summe den Weg in den Lateinunterricht erleichtert. Dabei wurde dem Übersetzer mit dem ergänzend hinzugezogenen Cordier-›Cato‹ unmittelbar vor Augen geführt, wie weit die aufschließende Leistung der volkssprachigen Anteile bereits in die lateinische Vorlage hineinreichen konnte. Aber ebenso musste er gerade an den Lemmatisierungen auch erkennen, dass sich solche Elemente in der eigenen Ausgabe nur mit größerem Aufwand, mit einem hohen Maß an Konzentration beim Setzen der Lemmata und unter Inkaufnahme eines _____________ 588 Auf das deutsche Interpretament folgt noch ein ausführlicheres lateinisch-deutsches Scholion: Hoc est loquuntur quidem omnes, sed pauci sapiunt, Das ist, ieder man redet, aber wenig sind weis.

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seitenintensiveren und damit teureren Produkts realisieren ließen. Dies galt zumal im vorliegenden Fall: Denn schließlich hätten ja die Interpretamente nicht nur ein-, sondern zweisprachig erstellt und auf der Seite arrangiert werden müssen. Damit wäre überdies in layouttechnischer Hinsicht vollkommenes Neuland betreten worden, denn für eine dreisprachige lemmatisierende Ausgabe fehlten die Vorbilder.589 Angesichts der an der Erstausgabe des ›Klausenburger Prosa-Cato‹ allenthalben ablesbaren besonderen Sensibilität für ökonomische Aspekte einerseits, andererseits aber auch der kaum übersehenen Chance zur Absatzsteigerung durch eine Ausgabe, die ebenso von ungarischsprachigen wie von deutschsprachigen Schülern erworben werden konnte, musste dem Verleger und Drucker wie dem Herausgeber und Übersetzer eine an eine Lemmaerschließung weitgehend angelehnte, möglichst textnah gestaltete Prosaübersetzung als ökonomisch wie unterrichtspragmatisch akzeptabler Kompromiss erscheinen. Der erste deutsche Prosa-›Cato‹ ist also unter den speziellen Bedingungen historischer Mehrsprachigkeit und aus einem ganz praktisch ausgerichteten, ökonomischen Realismus heraus entstanden. Von der Seite der ungarischen Übersetzung her müsste sich diese These weiter abstützen lassen – oder differenzieren, sofern für das Ungarische lediglich die erwähnten älteren Übersetzungen von 1591/97 übernommen sein sollten. Ebenfalls zu prüfen bleibt, wieweit mit der Ausgabe des ›Klausenburger Prosa-Cato‹ für den Siebenbürger Raum ein Erfolgsmodell gefunden war. Das RMK weist nämlich nicht weniger als zehn weitere lateinisch-ungarisch-deutsche ›Cato‹Drucke aus: - Klausenburg (ungarisch Kolozsvár, heute Cluj-Napoca in Rumänien) 1639: vgl. RMK Bd. 1, Nr. 693, und Bd. 2, Nr. 539; - a. a. O. 1659: vgl. RMK Bd. 2, Nr. 928; - Hermannstadt (ungarisch Nagyszeben, heute Sibiu in Rumänien) 1659: vgl. RMK Bd. 1, Nr. 950, und Bd. 2, Nr. 940; - a. a. O. 1666: vgl. RMK Bd. 2, Nr. 1089; - a. a. O. 1668: vgl. RMK Bd. 2, Nr. 1157; - Leutschau (ungarisch Löcse, heute Levoča in der Slowakei) 1672: vgl. RMK Bd. 2, Nr. 1297;590 - Hermannstadt 1674: vgl. RMK Bd. 2, Nr. 1350; - Kronstadt (ungarisch Brasso, heute Braşov in Rumänien) 1688: vgl. RMK Bd. 2, Nr. 1631; - Leutschau 1693: vgl. RMK Bd. 2, Nr. 1733;

_____________ 589 Aus den genannten Gründen kam auch die fortlaufende Lemmatisierung in der Layout-Art einer spätmittelalterlichen expositio ad litteram, die nach jedem Hexameterdistichon einen neuen Absatz beginnt, den Text aber dann en bloc setzt, nicht in Frage. Überdies wäre dann der Preis einer unnötigen Verdoppelung des lateinischen Textes in seinen Lemmata oder alternativ der Verzicht auf ihn zu zahlen gewesen. Für ein späteres Beispiel dieser Art s. u. 590 Nicht schon aus der Titelangabe des RMK, sondern erst aus dem Register der Bibliographie geht hervor, dass diese Ausgabe einen lateinisch-ungarisch-deutschen Text bietet.

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- a. a. O. 1693: vgl. RMK Bd. 2, Nr. 1734. Von diesen Drucken lässt sich anhand der Angaben im RMK nur für den letztgenannten die Übersetzung Moters als Vorlage ermitteln. Für die zwei weiteren Leutschauer Ausgaben von 1693 und 1672 ist eine Moter-Vorlage aufgrund ihrer räumlichen und zeitlichen Nähe zueinander einstweilen nur zu vermuten – wie ebenso die Ausrichtung am Vorbild des ›Klausenburger Prosa-Cato‹ für alle anderen, nunmehr dem Siebenbürger Kernland entstammenden Ausgaben.

Beachtung verdient die Klausenburger Umsetzung in Prosa weniger als regionaler Sonderfall, sondern weil sie die grundsätzliche Frage aufwirft, wie groß oder klein in den ersten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts eigentlich der Schritt zur selbstständigen Indienststellung der Volkssprache für die Texterschließung in den gedruckten Unterrichtsmaterialien noch ist. Im fernen Siebenbürgen mag es noch des Anstoßes eines ursprünglich französischen Vorbilds, einer Cordier-Übersetzung in später Ausgabe bedurft haben, aber keiner programmatischen Rechtfertigung mehr wie bei Fries. Eine beachtliche Modifikation hingegen, die Ausarbeitung einer diskursiven Prosa, reicht über diesen Anstoß deutlich hinaus und erfolgte ganz aus lokalspezifischen praktischen und ökonomischen Erwägungen heraus. Diese Modifikation wird ohne Rücksicht auf Besonderheiten des siebenbürgischen Schulwesens nicht zureichend verstanden werden können: nicht ohne Rücksicht also auf die als Folge des genossenschaftlich organisierten Kirchenwesen in exzeptioneller Breite und quasi kollektiv gleichermaßen von der Gemeinde wie der Kirche getragenen vielen Dorfschulen Siebenbürgens, mit denen sich die deutschen Siedler weithin – selbst in kleinsten Ansiedlungen wird institutionalisierter Dorfunterricht betrieben – ihre eigene Beschulung sicherten.591 Der ausgeprägt selbstgestaltende Zugriff der deutschsprachigen Bevölkerung auf die regulierte Unterrichtung ihrer Kinder scheint auf Dauer nicht ohne Einfluss auf die Stellung des Deutschen im Unterricht geblieben zu sein, das man im ›Klausenburger Prosa-Cato‹ auch in gedruckter Form sehr pragmatischnüchtern in den Dienst zu stellen bereit war. Mehr Sicherheit in der oben angeschnittenen Frage können nur komparatistisch angelegte, systematische Analysen der regionalen Unterrichtsmaterialien bringen, etwa im lateinisch-deutschen, lateinischungarischen und lateinisch-rumänischen Buchdruck Siebenbürgens im 16. und im 17. Jahrhundert. Für eine das erste Viertel des 17. Jahrhunderts generell prägende Sprachensituation, die der Ausarbeitung gedruckter Unterrichtsmaterialien die Möglichkeit einer von allen (etwa moralisieren_____________ 591 Vgl. die Überblicksdarstellungen von BERTHOLD KÖBER: Kirche und Schule bei den Siebenbürger Sachsen. In: Beiträge zur siebenbürgischen Schulgeschichte 1996, S. 73-89, und von PAUL PHILIPPI: Das sächsische Schulwesen Siebenbürgens bis zum 17. Jahrhundert. In: Beiträge zur siebenbürgischen Schulgeschichte 1996, S. 128-139.

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den) Zusätzen unbelasteten Konzentration auf effektivste Erschließung des Basistextes in seiner sprachlichen Beschaffenheit bereits regelmäßig durch volkssprachliche Mittel eröffnet, kann man daher auch nur bedingt jenen ›Cato‹ in die Pflicht nehmen, den 1664 eben eine solche Konzentration auffällig kennzeichnet. Er wurde im niedersächsischen Rinteln, das seit 1621 eine Universität beherbergte,592 zum Druck gebracht, mithin zu einem Zeitpunkt, zu dem das zusammenhängende deutsche Sprachgebiet bereits 15 verschiedene Ausgaben der Opitz-Übersetzung gesehen hat: DIONYSII | CATONIS DISTICHA | DE MORIBUS | Ad filium. | Ad utilitatem studiosorum puerorum addita est | singularum vocum Latinarum Germanica in-|terpretatio, quò faciliores in literis progressus | habentes, hunc libellum domi citra ullius Do-|ctoris operam, quotiescunque lubet, à principio | ad finem percurrant, brevi tempore sibi | quàm familiarissimum red-|dendo. | RINTELII, | Typis Viduae Lucianae, 1664.593

Dieser ›Rintelner Cato‹, dessen Verfasser im Anschluss an ein erstes von zwei Widmungsgedichten als J. V. G. zeichnet,594 beschränkt sich, trotz seiner Rückkehr zur Lemma-Interpretament-Anlage, auf eben nichts anderes mehr als die Erschließung der sprachlichen Basis der catonischen Lehren. Dabei ist auf den lateinischen Text verzichtet, der allein noch über die – allerdings in eine andere Wortfolge gebrachten – Lemmata zugänglich ist, im praktischen Gebrauch aber wohl in einer zweiten, schlanken Textausgabe zur Hand gewesen sein dürfte.595 (Lebende Ko_____________ 592 Die »Academia Ernestina«, aus Stadthagen 1621 von Fürst Ernst zu Holstein-Schaumburg 1621 nach Rinteln verlegt, bestand bis 1810. Vgl. zu ihrer Geschichte GERHARD SCHORMANN: Academia Ernestina. Die schaumburgische Universität zu Rinteln an der Weser (1610/21-1810). Marburg 1982 (Academia Marburgensis 4). 593 Vgl. VD 17 Nr. 1:043639D (nachstehend benutzt im Exemplar Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Wi 8616). 594 Das Büchlein ist 46 Seiten stark und arabisch paginiert. Das Titelblatt ist als Seite 1 gezählt, die Rückseite mit dem ersten Widmungsgedicht Ad pubem Juniorem und dem Verfasserkürzel J. V. G. als Seite 2. Auf Seite 3 und 4 folgt ein längeres Widmungsgedicht Lectori salutem. Auf Seite 5 beginnen, DISTICHORVM DE MORIBVS überschrieben, die LemmaInterpretament-Absätze. Buch I ist Lib. I. überschrieben, nimmt die Seiten 5-14 ein und umfasst I,1-40 (Praefatio und Breves sententiae sind also ausgelassen). Buch II ist Liber Secundus überschrieben, erstreckt sich über die Seiten 15-25 und bietet II pr. 1-10 sowie II,131. Buch III (Liber Tertius) steht mit III pr. 1-4 und III,1, 1a, 2-24 auf den Seiten 25-32, Buch IV (Liber Quartus) mit IV pr. 1-4 und IV,1-49 auf den Seiten 33-46. 595 Für eben diesen Gebrauch scheint der hier sich abzeichnende, aber noch nicht näher untersuchte Typ der Doppelausgabe geschaffen, in dem der Grundtext und seine Erläuterungen auf zwei Buchausgaben verteilt sind. Ein niederländisches Beispiel für eine solche Doppelausgabe aus dem 18. Jahrhundert: D. Catonis Disticha de moribus. In usum scholarum. Editio prioribus omnibus castigatior. Groningen 1753; D. Catonis Disticha de moribus. Singulis Distichis subjecta sunt Constructio Grammatica, et interpretatio in linguam vernaculam; in usum scholarum. Omnia emendatiora. Groningen 1753. Die etwa zur gleichen Zeit erschienene einbändige Leidener Ausgabe von Jacobus Henricus Dreux (vgl. MARCUS BOAS: Een seldzame nederlandsche Cato-uitgave, Dreuxii editio. In: Het boek 23

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lumnentitel mit den Buchnummern I bis IV und die arabische Durchzählung der Absätze, die der Zählung der lateinischen Hexameterdistichen entspricht, sichern effektiv die Querbezüge.) Die ersten vier Hexameterdistichen werden dem Leser wie nachstehend präsentiert (vgl. auch Abb. 35 für den nachstehend durch Unterstreichung markierten Schriftartenwechsel): SI i.e. quonìam, dieweil / Deus Gott / est ist / animus i.e. Spiritus, ein Geist / ut wie / carmina die Gedichte / dicunt, sagen / nobis uns: hic pro, ille sit colendus tibi, so solt du ihn ehren / praecipuè fFrnemlich / purâ mente, mit reinem Hertzen. 2. Vigila wache / semper allezeit, plus mehr / nec esto, vnd sey nicht / deditus ergeben somno dem Schlaffe. Nam denn diuturna quíes, die langwirige Ruhe / ministrat i.e. praebet, giebet / alimenta Auffenthaltung vitiis den Lastern. 3. Puta halte es dafFr, compescere im Zaum halten / linguam, die Zunge / virtutem primam esse, dass es die fFrnembste Tugend sey: ille sc. homo, der Mensche proximus est, ist der Nechste Deo Gott / qui scit, der da weiß tacere zu schweigen / ratione mit Vernunfft. 4. Sperne tu esse verachte zu seyn / contrarius zuwider / tibi dir / repugnando mit Widerstreben: conveniet nulli i.e. cum nullo der wird mit niemand Fbereinkommen / qui ipse dissidet secum, der mit sich selbst uneins ist. [Rinteln 1664, S. 5f.]

Trotz ihres unübersehbaren Wertes für die primäre Texterschließung im Unterricht bleiben derart auf den sprachlichen Aufbau des Grundtextes fokussierte Ausgaben im deutschen Sprachraum eine ganz vereinzelte Erscheinung. Wer den Verzicht auf derart durchsichtig den Grundtext anbietende Hilfsmittel erklären will, wird – zumindest im Blick auf das 17. Jahrhundert – die Konkurrenz nicht übersehen dürfen, die solcher Aufbereitung 1629 in der sehr viel anspruchsvoller auftretenden und dann auch sehr viel erfolgreicheren Übersetzung der ›Disticha Catonis‹ durch Martin Opitz erwachsen war. Im deutschen Sprachraum fühlte man sich nämlich weithin genötigt, statt auf nüchtern und namenlos verbreitete Hilfsmittel des Lateinunterrichts auf bedeutend prestigeträchtigere Übersetzungsunterfangen zurückzugreifen.596

_____________ [1935/36], S. 243-250) trennt den Grundtext durch separate Paginierung ab: Dionysii Catonis Disticha de moribus ad filium. Ad mss. codices et emendatiores editiones castigata, una cum interpretatione belgica nec non L. Annaei Senecae et Syri Mimi sententiae similiter castigatius editae usui scholarum. Leiden o. J. 596 Der komparatistische Blick auf die Verhältnisse in benachbarten Ländern, etwa auf die ›Cato‹-Drucke des niederländischen Sprachraums, ist daher von Aufschluss auch für die Verhältnisse im deutschen Sprachraum. Ohne vergleichbar dominante Konkurrenz sollte der auf sprachliche Erschließung zentrierte Aufbereitungstyp dort relativ häufiger anzutreffen sein.

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Abb. 35: ›Rintelner Cato‹ (Rinteln 1664, lat.-dt.), S. 30f.

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9.2 Instrumentalisierung für den nationalen Sprachendiskurs (II): Martin Opitz’ lateinisch-deutscher ›Cato‹ von 1629 »In unseren Tagen ist die Opitzische Distichenübersetzung nur wenig beachtet worden.«597 Entsprechend überschaubar stellt sich der Forschungsstand zu der 1629 von Martin Opitz in Breslau in den Druck gegebenen Ausgabe seiner ›Disticha Catonis‹ dar. SCHULZ-BEHREND, vermag ihn in seiner Einleitung zur kritischen Textausgabe in einem einzigen Absatz zusammenzufassen. Dort muss lediglich ein älteres Urteil (GEIGER) referiert werden, der deutsche Text »lese sich ziemlich gut«, sei jedoch »nicht frei von Fehlern« und bisweilen »ohne Danebenhaltung der lateinischen Fassung gar nicht verständlich«.598 Solche Urteile allerdings, wie zutreffend sie in einzelnen Details sein mögen, haben wesentlich die Wahrnehmung des Schlesiers als Erneuerer deutscher Dichtung zum Hintergrund und beruhen daher auf Einengungen, die bereits die grundlegende Konstitution des Gegenstands berühren. So bleibt angesichts der Editio princeps Verschiedenes von beträchtlichem Gewicht ausgeblendet, darunter zuvorderst der lateinische Text. Denn er, nicht der deutsche, nimmt 1629 den Hauptanteil des Opitz’schen ›Cato‹ ein. Mit letzterem ist aber dann etwa die Frage aufgeworfen, ob Opitz sich seinen Zeitgenossen nicht vielleicht zuerst als Philologe von Rang präsentieren wollte, und in der Folge die Frage nach der Relation, in der der deutsche Textanteil dazu zu sehen wäre. Betrachtet man die einzelne Doppelseite der Ausgabe, deren Gestaltung Überlegungen zur intendierten Verwendung des deutschen Textes zugrunde liegen dürften und die 1629 immer zuerst das lateinische Original bietet, werden Qualitätsurteile insinuierende Befunde wie der, »ohne Danebenhaltung der lateinischen Fassung« sei der deutsche nicht verständlich, mehr als nur fragwürdig: Sie gehen an der elementaren Konzeption des Opitz’schen ›Cato‹ vorbei. Erst in Rücksicht auf diese aber dürfte sich der fulminante buchhändlerische Erfolg des Büchleins erklären lassen. Sicher hat, wie SCHULZ-BEHREND ganz allgemein zu bedenken gibt, die seit Jahrhunderten währende Bekanntheit des Grundtextes ihn mitbestimmt – aber dies doch für den lateinischen Text sicher in anderem Maße als für den deutschen, und in Hinsicht auf letzteren allemal in einem ande_____________ 597 So SCHULZ-BEHREND in seiner Einleitung zur kritischen Ausgabe der ›Disticha Catonis‹ von Opitz (1990, S. 337). Diese Einleitung ist nach wie vor grundlegend. Die jüngste Bibliographie zu Opitz verzeichnet zu seinem ›Cato‹ nicht einen einzigen Titel: JULIAN PAULUS, ROBERT SEIDEL: Opitz Bibliographie. 1800-2002. Heidelberg 2003. 598 SCHULZ-BEHREND 1990, S. 337.

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ren und daher besonders erklärungsbedürftigen Maße als für die Opitz vorangehenden Übersetzer des 16. Jahrhunderts. Am ehesten von der Forschung gesicherten Boden betritt man im Blick auf die quantitative Erfassung des Opitz’schen Erfolgs. Insbesondere das umfassende Verzeichnis der Druckausgaben in DÜNNHAUPTs Barock-Bibliographie verdient hier hervorgehoben zu werden. Gleichwohl lassen sich selbst ohne systematische Suche auch dazu leicht noch zahlreiche Ergänzungen beibringen. DÜNNHAUPT 1981, Nr. 107.1-25 weist 25 Ausgaben nach. Bei Nr. 107.1 handelt es sich freilich um zwei Drucke: vgl. SCHULZ-BEHREND 1990, S. 332, Einzeldruck X599 und Einzeldruck Y, sowie VD 17 Nr. 3:312863F (= Einzeldruck X) und Nr. 23:294512G (= Einzeldruck Y). In chronologischer Folge sind nachzutragen: - Hannover 1644: »Cato et Mimi triglottoi, seu latino-graeco-germanici«; vgl. BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 2, Sp. 1158, und VD 17 Nr. 1:043580N; - Frankfurt/M. 1644 (in der Sammlung der ›Weltlichen Poemata‹): vgl. SCHULZBEHREND 1990, S. 333 (=Abdruck F), VD 17 Nr. 23:248417R, sowie Martin Opitz: Weltliche Poemata 1644. Teil 1. Unter Mitwirkung von CHRISTINE EISLER hg. von ERICH TRUNZ. 2., überarb. Aufl. Tübingen 1975 (Deutsche Neudrucke, Reihe Barock 2); - Amsterdam 1646 (in der Sammlung der ›Opera poetica‹): vgl. VD 17 Nr. 39:120094E; - Zwickau 1652: vgl. WEGEHAUPT 1979, S. 55 Nr. 401, und VD 17 Nr. 1:043629X; - Hannover 1655: »Cato et Mimi triglottoi, seu latino-graeco-germanici«; vgl. VD 17 Nr. 1:066600L; - Hildesheim 1687: »Cato et Mimi triglottoi, seu latino-graeco-germanici«; vgl. VD 17 Nr. 14:627496H, und BOAS 1931, S. 244 Anm. 1; - Danzig 1697: vgl. ESTREICHER 1897, S. 100, und VD 17 Nr. 1:043643Q; - Frankfurt/M. 1701: »Cato et Mimi triglottoi, seu latino-graeco-germanici«, erschienen bei Johann Maximilian von Sand, Exemplar: Greifswald, Universitätsbibliothek, 520/Dg 464; - Marburg 1701: »Cato et Mimi triglottoi, seu latino-graeco-germanici«, erschienen bei Kursner und Boncke; Exemplare: Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Wi 8645, und Jena, Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek, 8 Gl.IV,226(2); - Uppsala 1703: vgl. BOAS 1933; - Hamburg 1746: erschienen bei Martin; Exemplar: München, Universitätsbibliothek, 8 A.lat. 1918. Nach diesem Stand sind für das 17. Jahrhundert 23 Ausgaben und für das nachfolgende bis 1746 weitere 14 zu verzeichnen.

_____________ 599 Dort angeblich verschollen, jedoch weist das VD 17 für Halle, Universitäts- und Landesbibliothek, und München, Bayerische Staatsbibliothek, je ein Exemplar nach. Vgl. auch BRÜGGEMANN/BRUNCKEN 1987ff., Bd. 2, Sp. 1159 Nr. 149.

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Der deutsche ›Cato‹ von Opitz steht in der Reihe der extensiv erfolgreichen spätmittelalterlichen Übersetzungen des ›Ulmer Cato‹ (41 Ausgaben) und Sebastian Brants (37 Ausgaben). Die zeitlich näherstehenden Vorgänger des 16. Jahrhunderts, zuvorderst Fries, der Straßburger Anonymus und Moter, reichen an diese Trias nicht entfernt heran. Der Opitz›Cato‹ dominiert folglich seine Zeit. Seit 1629 haben auf dem Gebiete des Reiches Konkurrenzunternehmungen das ganze 17. Jahrhundert hindurch keine Chance.600 Im Unterschied zu den spätmittelalterlichen zweisprachigen Drucken bieten jedoch die des Schlesiers – dies zeigen Stichproben, doch bedürfte der Sachverhalt systematischer Untersuchung – ihren deutschen Text einem bedeutend breiteren Spektrum von Lektürekontexten an, die sich keineswegs auf den Schulunterricht beschränken, ja ihm sogar denkbar fern liegen können. So nimmt beispielsweise nun ein Übersetzer erstmals sein Produkt in eine autoritative Teilausgabe der eigenen Werke auf (1644: ›Weltliche Poemata‹; 1646: ›Opera poetica‹). In diesem Kontext aber will der lateinisch-deutsche Text mehr als nur Lateinschülern genügen, antwortet er auf ganz anders gelagerte Leserinteressen, die sich etwa auf die literarischen Leistungen als solche dieses einen – damit zugleich als »Dichter« auftretenden – Übersetzers richten. Ein weiteres, wenngleich spätes Zeugnis für eine solche Funktionalisierung legt die Aufnahme in die von Christian Gottlieb König (1711-81) veranstaltete sechssprachige Amsterdamer Ausgabe von 1759 ab, die auf das lateinische Original die griechische Entsprechung von Scaliger, eine englische eines ungenannten Verfassers, die deutsche von Opitz sowie je eine neue niederländische und französische folgen lässt. In einem solchen multilingualen Kontext vertritt Opitz, der als einziger neben Scaliger namentlich genannt wird, gleichsam das Deutsche insgesamt.601 Eine wiederum andere Gruppe von Ausgaben bilden die drei bereits erwähnten, von Christian Daum initiierten barocken Übersetzungssummen.602 Eine weitere, wirkungsmächtigere Gruppe vertreten die unter dem Titel ›Cato et Mimi triglottoi‹ laufenden (mindestens neun)603 dreisprachigen, lateinisch-griechisch-deutschen Ausgaben, die seit 1637 erscheinen. Sie verbinden das lateinische Original mit dem griechischen Text Scaligers, dem deutschen von Opitz, hängen an die ›Disticha _____________ 600 Anzuführen sind – abgesehen von den noch nicht näher untersuchten Siebenbürger Ausgaben (s. o. zum ›Klausenburger Cato‹) wie vom Fries-Intermezzo in der Enklave Mömpelgard (s. o. zum Fries-›Cato‹) – lediglich der ›Rintelner Cato‹ (s. o.) und eine Heidelberger Ausgabe von 1674 (s. o. Anm. 575) sowie ein Krakauer Druck von 1695 (s. o. Anm. 575). 601 DÜNNHAUPT Nr. 107.24. Vgl. zu dieser Ausgabe BOAS 1935. Die namentliche Erwähnung von Scaliger und Opitz findet sich S. 10 in der zweiten Anmerkung. 602 Siehe oben Exkurs 5. 603 Vgl. DÜNNHAUPT Nr. 107.3f., 17 und 20 sowie oben die Nachträge zu 1644, 1655, 1687 und (zweimal) 1701.

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Catonis‹ aber auch noch eine Reihe weiterer Distichen und Sentenzen u. a. von Publilius Syrius und Seneca an. Soweit an den Angaben der Titelblätter zu erkennen, beschränkt sich hingegen die geläufige Ausgabe des 17. Jahrhunderts im wesentlichen auf den lateinischen und deutschen Text der ›Disticha Catonis‹ allein, dem allenfalls noch die excerpta und notae beigegeben sind. In dieser Form erscheinen bereits die ersten drei Breslauer Ausgaben von 1629. Der den engeren Kontext des Lateinunterrichts überschreitende Erfolg des Opitz’schen ›Cato‹ nimmt seinen Ausgang von einer Darbietungskonzeption, die bereits auf den Autor selbst zurückgeht. Für den Nachweis, dass bereits Eigenarten der ersten Konzeption den Erfolg entscheidend begründen, braucht das vorerst vage Zeugnis noch nicht systematisch bibliographisch beschriebener späterer Ausgaben dabei gar nicht bemüht zu werden. Schlichtere Beobachtungen bereits führen in dieselbe Richtung. Dazu zählt jene, dass die Zueignung der Erstausgabe sich zwar an die beiden Schüler Maximilian Ernst und Otto Abraham richtet, die Opitz von seinem Kostherrn Karl Hannibal Burggraf von Dohna (15881633)604 anvertraut waren, bei dem er seit 1626 als Sekretär in Diensten stand, die excerpta und notae aber, die Opitz seinem Text in einem Anhang beigibt,605 gar nicht in Rücksicht auf seine Schüler und auf Erfordernisse des praktischen Lateinunterrichts verfasst sind, sondern sich primär an den zeitgenössischen Gelehrten wenden.606 Die Fundierung der excerpta und notae in den Vorleistungen prominenter Zeitgenossen und Philologen hebt schon das Titelblatt hervor: DIONYSII CATONIS | DISTICHA | DE MORIBVS | AD FILIUM. | Ex mente Ios. Scaligeri potissimum | & Casp. Barthii Germanicè | expressa | à | MARTINO OPITIO; | Cum ejusdem excerptis ac | notis breviori-|bus. | VRATISLAVIAE, | Typis Baumannianis, Impensis | Davidis Mulleri. [1629]

Die Verweise beziehen sich einmal auf den berühmtesten klassischen Philologen seiner Zeit, Joseph Justus Scaliger (1540-1609),607 der die _____________ 604 Vgl. über ihn ARNO DUCH: Dohna, Karl Hannibal Burggraf von. In: NDB, Bd. 4, S. 51. 605 Vgl. die detaillierte Beschreibung der Ausgabe bei SCHULZ-BEHREND 1990, S. 332-335. Ergänzend zur kritischen Ausgabe konnte nachstehend das Exemplar des ersten Einzeldrucks X aus der Bayerischen Staatsbibliothek München, A.lat.a. 67, benutzt werden. 606 Dahingehend bereits SCHULZ-BEHREND 1990, S. 336. Diese Ausrichtung lässt sich bisweilen sehr konkret verfolgen: Dem Freund und Literaturtheoretiker August Buchner (15911661) hatte Opitz 1629 ein Exemplar übersandt (SCHULZ-BEHREND 1990, S. 337). Auf dessen Adnotationes zu des Venantius Fortunatus ›De resurrectione‹ verweist er in den notae bei I,3. 607 Grundlegend zu Person und Werk JACOB BERNAYS: Joseph Justus Scaliger. Berlin 1855. Nachdr. Osnabrück 1965. Vgl. zusammenfassend PFEIFFER 1982, S. 143-151, sowie speziell zu den ›Cato‹-Ausgaben Scaligers zuletzt VINCENZO ORTOLEVA: A proposito di alcuni autografi scaligerani: Guiseppe Scaligero editore e traduttore dei Disticha Catonis. In: Siculorum Gymnasium, N. S. 43 (1990), S. 277-285.

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›Disticha Catonis‹ ein erstes Mal 1598 bei Plantin in Leiden gemeinsam mit dem griechischen Planudes-›Cato‹ und um einen Anhang mit Notae vermehrt in den Druck hatte gehen lassen,608 und ein zweites Mal, nun mit einer eigenen Übersetzung, weil er die des Maximos Planudes für unzureichend erachtete, Paris 1605.609 Zum zweiten beziehen sie sich auf die Frankfurter Erstausgabe der ›Adversarien‹ Kaspar von Barths von 1624.610 Auf jenen berufen sich die Anmerkungen von Opitz dann über vierzigmal, auf diesen, Barth, etwa halb so oft.611 Mit Scaliger und Barth ist indes nur die Spitze des Eisbergs benannt: Die Reihe einschlägiger Namen, die weiterhin von Opitz im Apparat aufgeführt werden, ist durchaus lang.612 Das Anliegen des Apparates ist denn auch kein unterrichtspropädeutisches, sondern primär ein gelehrt-philologisches. Das bedeutete in erster Linie, den lateinischen Text in seiner vorliegenden Gestalt zu begründen. Dem dient ein erster quantitativ hervorstechender Anmerkungstyp unmittelbar. Er umfasst Verweis auf textkritische Vorschläge älterer Herausgeber, die übernommen, abgelehnt, genauer diskutiert oder um eigene bereichert sein können.613 Mittelbar erfährt der Text Begründung aber auch in einem zweiten, quantitativ ebenso markanten Anmerkungstyp. Ihn konstituiert die Zitierungen von Parallelstellen aus anderen antiken, dabei nicht nur lateinischen sondern auch – entsprechend in der Originalsprache zitierten – griechischen Dichtern,614 die Eingriffe in einen vermeintlich verderbten Text überflüssig werden lassen können, indem sie eine undurchsichtige Aussage in den ›Distichen‹ punktuell erhellen und/oder sie an die antike Vorstellungswelt anbinden. Ebenso deckt dieser Typ freilich auch ein zweites, ebenso durchgängig verfolgtes Anliegen des Herausgebers ab: _____________ 608 Vgl. BOAS 1952, S. LIIIf., und ORTOLEVA 1992, S. XXVI. Die Namenszuweisung Dionysius [Cato] findet sich hier übrigens zum ersten Mal an prominenter Stelle, von der aus sie sich allgemein verbreitete. Scaliger übernahm sie von dem französischen Juristen Siméon Du Bois (1563-81), der sie aus durchsichtigen Gründen fingiert hatte. Vgl. MARCUS BOAS: Woher stammt der Name Dionysius Cato? In: Philologische Wochenschrift 50 (1930), Sp. 649-656, und BOAS 1929, S. 159-162. 609 Vgl. BOAS 1952, S. LIV, und ORTOLEVA 1992, S. XXVI. Die Notae in Catonis Disticha Moralia finden sich S. 39-83. 610 Siehe zu Barths ›Adversarien‹ auch oben Exkurs 1. Einige die ›Disticha Catonis‹ betreffende Auszüge aus ihnen bietet die Ausgabe von FERDINAND HAUTHAL: Catonis philosophii liber. Post Ios. Scaligervm vvlgo dictvs Dionysii Catonis disticha de moribvs ad filivm. Ad fidem vetustissimorvm librorvm manvscriptorvm atqve inpressorvm recensvit F. H. Berlin 1869, S. XXVIII-XXX. 611 Diese Zahlenangaben nach SCHULZ-BEHREND 1990, S. 336. 612 Vgl. im einzelnen die Nachweise in den Anmerkungen von SCHULZ-BEHREND zu den notae (S. 375-391). 613 Vgl. etwa die notae zu I,5 (Darlegung), I,16 (Übernahme), I,13 (Ablehnung). 614 Vgl. im einzelnen wiederum die Nachweise in den Anmerkungen von George SCHULZBEHREND zu den notae (S. 375-391).

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den Sinngehalt des Originals nicht im Ungefähren zu lassen, sondern in allen Zweifelsfällen zu verdeutlichen, was der spätantike Verfasser im Sinn gehabt haben könnte.615 Wo aber im Gegenteil der Sinn des Originals offen zutage liegt, bedarf es keiner Wiederholung der Versaussage mehr. Den Schülern die Lehren des ›Cato‹ alle noch einmal dezidiert in prosaischer Form einzuprägen, ist, ganz im Unterschied zu den systematisch angebrachten Prosascholien eines Maturin Cordier, Johannes Fries oder Johannes Sturm, das Anliegen der Anmerkungen nicht. Ebensowenig ist es die Begründung der deutschen Übersetzung im Detail: Das ist im gelehrt-lateinischen Kommentar nicht am Platz.616 Opitz tritt mit seinem lateinisch-deutschen ›Cato‹ demnach nicht als Didaktiker, sondern dezidiert als Philologe, als gelehrtes Mitglied der europäischen Respublica litteraria auf den Plan. Diesen Anspruch unterstreicht dann auch sein Festhalten am lateinischen Text wie an den notae in der 1644 eigenhändig veranstalteten Ausgabe der ›Weltlichen Poemata‹, wobei die notae gegenüber der Editio princeps sogar noch vermehrt sind.617 Obschon die Anmerkungen im Lichte der Vorleistungen eines Planudes, Erasmus, Cordier, Pithou, Scaliger und Barth618 eine detailliertere Analyse verdienten, als sie hier geboten werden kann, weist der Schlesier sich bereits in der Heranziehung zahlreicher Gewährsmänner – darunter aller wichtigen der frühneuzeitlichen ›Cato‹-Philologie – als wissenschaftlich auf der Höhe der Zeit stehend aus und in der Heranziehung antiker Dichtung als profunder Kenner klassischer Literatur. Ein dem eigentlichen Text vorangestellter Testimonienapparat gehört als einschlägiges Signal ebenso in diesen Kontext.619 In einem derart anspruchsvollen Zusammenhang eine deutsche Übersetzung zu bringen, diese derart nah an die gelehrt-lateinische Philologie heranzurücken, ist neu. Und wie bereits der lateinische Kontext der Übersetzung bedeutende Verschiebungen in den Gewichtungen von Latein und Volkssprache anzeigt, so auch das Arrangement der gedruckten Seite. _____________ 615 Die Autorintention ist selbstverständliche Bezugsgröße. Erfasst wird sie hauptsächlich über den Begriff der mens (vgl. u. a. zu I,22, III,17, III,24, IV,10, IV,27, IV,35 [mens Gnomologi]) oder der sententia eines Verses (vgl. u. a. zu I,39, IV,35), aber auch in Umschreibungen wie auctor dicere voluit (zu I,1) oder gnomologus praecipit (zu b.s. 56). 616 Die Übersetzung findet einzig in einer Bemerkung zum Prolog des zweiten Buches einmal Erwähnung. 617 Vgl. den Hinweis bei SCHULZ-BEHREND 1990, S. 375, in dem den Fußnoten vorangestellten Notabene. 618 Die ›Cato‹-Exegeten Planudes, Erasmus, Cordier und Pierre Pithou (1539-96; vgl. zur entsprechenden Ausgabe BOAS 1952, S. LIII) werden u. a. in der Anmerkung zum Prolog des zweiten Buches angeführt. Dass sie Opitz wesentlich erst über Scaliger zugeführt wurden (SCHULZ-BEHREND 1990, S. 336), ist nur Vermutung. 619 Einen solchen finde ich in den Drucken einer deutschen Übersetzung zuvor lediglich zeitnah zu Opitz in der Leipziger Schulausgabe Moters (AM-Dr 12).

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Auf ihr begegnet der deutsche Text dem lateinischen nämlich jetzt auf gleicher Augenhöhe. Jeweils die linke Druckseite füllen die Distichen, jeweils die rechte die entsprechenden Übersetzungen – auch dies eine Novität, die dem deutschen Text, der dem lateinischen nun nicht mehr traditionell nach- und untergeordnet erscheint, ein bedeutsames Eigengewicht verleiht (vgl. Abb. 36). Das alles geschieht freilich nicht, um der Verwendung der deutschen Sprache als Hilfsmittel des Lateinunterrichts mehr Bedeutung zu verschaffen, sondern aus dem Bestreben, überhaupt der Volkssprache zu mehr Ansehen zu verhelfen – ein Projekt, das Opitz ja schon 1617 mit seinem ›Aristarchus sive de contemptu linguae germanicae‹ verfolgt und zu dem er 1624 mit seinem ›Buch von der Deutschen Poetery‹ sich, wie weithin wahrgenommen wurde, die fahne auffgesteckt hatte:620 mit seinen eigenen Arbeiten andere anzuregen, vnserer Muttersprache die hand [zu] bietten / vnd ihrer Poesie den glantz / welchen sie lengest hette kriegen sollen, [zu] geben.621 Obschon 1624 ausdrücklich empfohlen wird, es sei eine guete art der vbung [...] / das wir vns zueweilen auß den Griechischen vnd Lateinischen Poeten etwas zue vbersetzen vornemen,622 wäre es angesichts des ins Grundsätzliche ausgreifenden Anliegens verfehlt, daraus unvermittelt auf unterrichtliche Verwendungszwecke der ›Cato‹-Übersetzung zu schließen. Opitz selbst, 1627 geadelt und 1629 zum Poeta laureatus ernannt, hatte solche Übungen kaum nötig. Und seinen beiden gräflichen Zöglingen lag ja nun mit der Opitz’schen eine Übersetzung bereits vor. Der Schlesier nutzt vielmehr seine Stellung als Präzeptor, um sein Anliegen nun auf einem weiteren Feld voranzutreiben: »Ihm ging es darum, auch dieses bekannte und beliebte Werk durch exemplarische Übertragungen seines Zeitgenossen vor Augen zu führen und daran zu zeigen, dass die Straffheit der lateinischen Aussage und die gefällige Einkleidung der [...] Weisheiten auch in deutscher Sprache erreichbar seien.«623 Im Zentrum steht Ästhetik, nicht Didaktik. So sehr die gelehrten notae an den Schülern vorbei geschrieben sind, so wenig führt die an sie gerichtete, »pompöse[]«624 Zueignung sie an den Text in einer für Schulausgaben zu erwartenden Weise heran. Die Grafensöhne werden in ihr weniger als Modell-Benutzer in _____________ 620 [...] ich bin der tr=stlichen hoffnung / es werde nicht alleine die Lateinische Poesie [...] bey ihrem werth erhalten werden; sondern auch die Deutsche / zue welcher ich nach meinem armen verm=gen allbereit die fahne auffgesteckt / von stattlichen gemFtern also außgevbet werden / das vnser Vaterland Franckreich vnd Italien wenig wird bevor d=rffen geben (›Buch von der Deutschen Poeterey‹, S. 14). 621 ›Buch von der Deutschen Poeterey‹, S. 53. 622 ›Buch von der Deutschen Poeterey‹, S. 54. 623 SCHULZ-BEHREND 1990, S. 336. 624 SCHULZ-BEHREND 1990, S. 338.

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Abb. 36: Martin Opitz, ›Disticha Catonis‹ (Breslau 1629, lat.-dt.), Bl. C1v-2r

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einer Modell-Situation wahrgenommen, an die gewandt exemplarisch sich Leistungen, Grenzen und praktische Verwendungsweisen der vorliegenden Ausgabe darlegen lassen, denn vielmehr als adelige Benutzer, deren sozialer Stand zu weiterer Wertsteigerung der Ausgabe beiträgt. Selbst reichere Erfahrung im Präzeptorenamt, über die Opitz ja verfügte,625 muss also nicht zum Pädagogen qualifizieren.626 Es ist bezeichnend, dass Opitz, während er an anderen Stellen zu begründeterer Auszeichnung der deutschen »Hauptsprache« durchaus in die Altertümer ausholt,627 die deutschen Voraussetzungen seines ›Cato‹ aus den Federn der Schulmänner des 16. Jahrhunderts keiner Rede wert sind. SCHULZ-BEHREND vermag diese nur sehr pauschal zu benennen: »Zwischen 1490 und 1570 konnten mindestens acht Versionen festgestellt werden, wovon einige sogar in mehreren Auflagen erschienen waren« (1990, S. 335). Solche Breite ihrer Anführung erweckt einen falschen Eindruck von Zuhandenheit. Fasst man den Zeitrahmen genauer, tritt in den drei Dezennien vor Opitz allein der lateinisch-ungarisch-deutsche ›Klausenburger Cato‹ 1620 neu auf den Plan (KCDr 1). Dies geschieht zwar weitab vom zusammenhängenden deutschen Sprachgebiet, doch könnte Opitz im Rahmen seiner Professur am Gymnasium im siebenbürgischen Weißenburg, die er 1622 kurzfristig auf Einladung des siebenbürgischen Fürsten Gábor Bethlen (um 1580-1629) innehatte, von diesem Druck Kenntnis erlangt haben.628 Fraglich hingegen ist das für die an Johannes Fries anknüpfende lateinisch-französisch-deutsche ›Cato‹-Ausgabe, die zudem nur ungefähr zwischen 1619 und 1645/46 zu datieren ist (JF-Dr 12), aus der württembergi-

_____________ 625 Hauslehrer war Opitz seit frühen Jahren und immer nebenher, schon 1614 noch während seiner Gymnasialzeiten (in Breslau, bei der Familie Bucletius), dann auch 1618 (in Frankfurt/O., bei der Familie des Tobias Scultetus [1563/65-1620]), 1619 (in Heidelberg, beim kurpfälzischen Geheimrat Georg Michael Lingelsheim [1556-1663]) und 1620 (in den Niederlanden). 626 Zu den pädagogischen Defiziten der Einrichtung »Hauslehrer« als solcher, mit dem Schwerpunkt freilich auf dem folgenden Jahrhundert, LUDWIG FERTIG: Die Hofmeister. Ein Beitrag zur Geschichte des Lehrerstandes und der bürgerlichen Intelligenz. Stuttgart 1979. Die wichtige Besprechung von VOLKER KAPP (Romanistische Zeitschrift für Literaturgeschichte 7 [1983], S. 512-523) erweitert FERTIGs Befunde durch Einbeziehung der französischen Verhältnisse. 627 Vgl. etwa im ›Buch von der deutschen Poetery‹, S. 15f., die (auf Goldast beruhenden) Erwähnungen Des von Wengen, des Winsbecken, Reinmars von Zweter, des Marners, Meister Sigehers und Walthers von der Vogelweide, sowie die von dieser Stelle ausgehenden grundsätzlicheren Ausführungen bei HORST BRUNNER: Die alten Meister. Studien zur Überlieferung und Rezeption der mittelhochdeutschen Sangspruchdichter im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit. München 1975 (MTU 54), S. 59-65. In methodisch instruktiver Weise profiliert ERNST HELLGARDT Opitz als Herausgeber des ›Annoliedes‹: Die Rezeption des Annoliedes bei Martin Opitz. In: Mittelalter-Rezeption. Ein Symposion. Stuttgart 1986 (Germanistische Symposien. Berichtsbände 6), S. 60-79. 628 Vgl. dazu ACHIM AURNHAMMER: Tristia ex Transilvania. Martin Opitz’ Ovid-Imitatio und poetische Selbstfindung in Siebenbürgen. In: Deutschland und Ungarn in ihren Bildungsund Wissenschaftsbeziehungen während der Renaissance. Hg. von WILHELM KÜHLMANN und ANTON SCHINDLING. Stuttgart 2004 (Contubernium 62), S. 253-272.

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schen Enklave Mömpelgard. Eher schon im Horizont des Barockdichters hat die Übersetzung von Fries mit der Oppenheimer Ausgabe von 1617 (JF-Dr 11) gelegen. Dasselbe gilt für den Moter-Text mit seinen späten Drucken aus dem schlesischen Brieg (AM-Dr 11) – zumal Opitz 1624 zum Rat ohne feste Anstellung an den Hof zu Breslau seines Gönners, des Piastenherzogs Georg Rudolf von Liegnitz und Brieg, berufen worden war – und Leipzig (AM-Dr 12) jeweils von 1617. Weder zu diesen näherliegenden, noch überhaupt zu deutschen Vorläufern lässt Opitz, wie oben bemerkt, etwas verlauten: auch nicht in der wenigen seinen ›Cato‹ begleitenden Korrespondenz.629 Wieweit darüber hinaus eine Übersetzung Johann Fischarts berücksichtigt werden muss, lässt sich gegenwärtig nicht feststellen: Sie ist bibliographisch nicht nachweisbar.630 Die beiden knappen Bemerkungen ZATOČILs zur Sache sind befremdlich widersprüchlich.631

Weder die Entscheidung für Vers statt Prosa noch die formale Neuerung des Alexandriners bedarf Opitz daher einer näherer Erläuterung, da beide aus übergeordneten ästhetischen Gründen folgen, nicht sprach- oder moraldidaktisch motiviert sind. Wie die notae darauf verzichten, die Handlungsanleitungen noch einmal diskursiv zu wiederholen – es sei denn, die Aussage des Verses bedarf prinzipiell der Erläuterung –, so verzichten daher auch die Alexandriner darauf, den Lehrsinn der sprachlich-formal vorlagennahen Übersetzung vorzuordnen. Neue Distanzen, freilich nunmehr ästhetisch motivierte, produziert hingegen jetzt das Bestreben, sowohl regelgerecht alternierende, zäsurierte und gereimte Alexandrinerpaare als auch in ihnen prägnante Aussagen bilden zu müssen. Die Beschränkung auf das Verspaar, statt auf die traditionelle Vierversgruppe, und der antithetische Bau des Alexandriners kommen dabei dem Hexameterpaar der Vorlage als solchem und der häufigen inhaltlichen Zweiteiligkeit des einzelnen Hexameters vielfach entgegen. Daher können die deutschen Verse den Aufbau der Vorgabe oft relativ präzise nachbilden. Als Beispiele nachstehend I,9, II,6, III,9 (in Opitz’ Zählung III,10) und IV,7 (Hervorhebungen hier und im folgenden von mir, M. B.): Cumque mones aliquem, nec se velit ille moneri: Si tibi sit carus, noli desistere coeptis.

_____________ 629 Die ›Cato‹-Ausgabe findet in den Briefen kaum Widerhall: SCHULZ-BEHREND 1990, S. 337. 630 SCHULZ-BEHREND 1990, S. 336. 631 ZATOČIL 1935, S. 20 Anm. 1: »Ich möchte nur bemerken, dass ich in dieser in Alexandrinern bearbeiteten Übertragung mit Ausnahme einiger gleichlautenden Reimwörter sonst keinerlei Übereinstimmungen mit den übrigen Bearbeitungen gefunden habe.« ZATOČIL 1952, S. 330: »Ich habe sogar in der Verdeutschung von Martin Opitz [...] deutliche Spuren der Urgesamtbearbeitung [gemeint ist die Textgruppe I, M. B.] und der von ihr abhängigen späteren Fassungen gefunden.«

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Verleyhst du Warnung dem der nicht gewarnt wil sein/ Vnd du jhm günstig bist/ so red’ jhm dennoch ein. Quod nimium, fugito: parvo gaudere memento: Tuta mage est puppis, modico quae flumene fertur. Was gar zu vil ist fleuch: Laß wenig dir gefallen: Mehr sicher kan ein schiff auff kleinem Wasser wallen. Cum tibi divitiae superant in fine senectae, Munificus facito vivas, non parcus amicus. Kompt dir vil Gelt vnd Gut in hohem Alter ein/ So solt du Freunden frey vnd gar nicht geitzig sein. Res age, quae prosunt: rursus vitare memento, In quibus error inest nec spes est certa laboris. Was nützlich ist das thue/ vnd meide solche sachen Die voll von jrrthumb sind/ vnd falsche Hoffnung machen.

Die damit erreichte Vorlagennähe ist jedoch nicht Ziel an sich, sondern stellt sich als willkommener Beleg für eine dem Lateinischen parallel laufende, eben auch im Deutschen zu erreichende Prägnanz der Aussage ein. Andernorts kann nämlich auf diesen Gleichlauf zugunsten eines Reimes verzichtet sein. Dies ist etwa bei IV,8 oder IV,12 der Fall: Quod donare potes gratis, ne vende roganti: Nam recte fecisse bonis in parte lucrorum est. Was du verehren kanst das gieb ersucht dahin Ohn Geldt: Dann gutes thun den guten ist Gewin. Cum tibi praevalidae fuerit in corpore vires, Fac sapias: sic tu poteris vir fortis haberi. Bist du von Leibe starck so sey auch klug von Sinnen/ So wirst du recht ein Mann geheissen werden können.

Auf Wörtlichkeit ist Opitz nicht verpflichtet. Belege dafür finden sich auf Schritt und Tritt. Besonders deutlich wird das etwa im Eintreten der ersten Person Plural für die zweite Person Singular in I,5 oder der ersten Person Singular für den namenlosen Freund in IV,13: Si vitam inspicias hominum, si denique mores: Cum culpes alios, nemo sine crimine vivit. Beschawe was der Mensch im Leben denckt vnd thut; Wir tadeln frembde schuldt/ vnd ist doch keiner gut. Auxilium a notis petito, si forte laboras, Nec quisquam melior medicus quam fidus amicus. Wann dir was ist vnd fehlt so suche Rath bey mir: Es ist kein besser Artzt/ kein trewer freundt als hier.

Im ersten Beispiel stellt der Plural des Personalpronomens die beiden Vershälften deutlicher in die Antithese (wir [alle] : niemand) und damit die alles umfassende Gültigkeit der Aussage, es lebe niemand ohne Fehl, stär-

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ker heraus als die Vorlage. Der Ersatz des relativ blasseren Verweis des angesprochenen »Du« auf einen Freund durch den auf ein konkretes »Ich« im zweiten Beispiel leistet eine vergleichbare Intensivierung der Aussage. Die Mittel, mit denen Opitz seinen deutschen Text zu einem ästhetisch-formal gleichwertigen Gegenstück der ›Disticha Catonis‹ auszubauen versucht, verdienten weitere Untersuchung. Unter ihnen nimmt die Einpassung in den zweigliedrigen Alexandriner aber sicher eine herausragende Stelle ein. Er gibt den deutschen Versen überhaupt mehr Raum für die Ausformulierung inhaltlich annähernd entsprechender Äquivalente, als er der Fries’schen Epitome, die sich in der Formulierung bedeutend weiter vom Original entfernt hatte, zur Verfügung stand. Das bedeutet weiterhin, dass hier teilweise die Funktion der Fries’schen Interpretamente (die dafür sozusagen in die diskursive Prosa ausweichen mussten), Äquivalente vorlagennah zu bilden, bereits von der gebundenen Rede übernommen werden kann. Und nicht zuletzt erlaubt der zweigliedrige Bau des Alexandriners, sich nun auch den besonderen formalen Strukturen der Vorlage angleichen zu können. Funktionstypologisch fallen in den Alexandrinern von 1629 die Fries’sche Vers-Epitome und die Prosa-Lemmata zwar nicht zusammen, nähern sie sich aber weiter an als je zuvor. Der Gewinn der Instrumentalisierung der ›Cato‹-Übersetzung für den Sprachendiskurs durch Opitz liegt also auch darin, den formalen Rahmen der gebundenen Übersetzung erheblich erweitert und damit implizit auch zur Diskussion gestellt zu haben. Seine Entscheidung indes für den Vers als solchen statt für eine dem Unterricht dienlichere Prosa zeigt eine anhaltende Distanz unterrichtsdidaktischer Erfordernisse zur tatsächlichen Versorgung mit schriftlichen Unterrichtsmaterialien im deutschen Sprachraum an. Diese Distanz verweist auf nicht weniger zurück als auf den Opitz vorausliegenden, über Jahrhunderte sich erstreckenden, mühsamen Vorgang insgesamt der Literalisierung des unterrichtlichen Textstudiums.

IV. Zusammenfassung Schritte und Wege der Technologisierung des gelehrten mittelalterlichen Schulunterrichts durch Verwendung von Schrift aufzuzeigen, hatte sich die Untersuchung zum Ziel gesetzt. Verfolgt wurde dies Anliegen auf der Basis zweier sich ergänzender Quellenkorpora, die anhand von zwei schulnah situierten, aber nicht prinzipiell an Schulunterricht gebundenen Texten aufgebaut wurden: auf der Grundlage der vom 8./9. bis ins 16. Jahrhundert reichenden lateinischen Handschriften- und frühen Drucküberlieferung der spätantiken Fabelsammlung des Avian und auf der Grundlage der lateinisch-deutschen und deutschen Handschriften- und Drucküberlieferung der ›Disticha Catonis‹ vom 13. Jahrhundert bis zu Martin Opitz. Die Detailergebnisse, die sich im Zuge der systematischen Erschließung dieser Korpora eingestellt haben, sollen hier nicht noch einmal ausgebreitet werden. Nach Zusammenführung verlangen jedoch die Einsichten in den Prozess der Verschriftlichung gelehrter Unterrichtskommunikation und unterrichtlichen Texthandelns, die sich speziell aus dem Teilbestand der Schulbücher für die grundlegende Lehr- und Lernstufe des beginnenden Triviums ergeben haben. Ich fächere sie nach den verschiedenen Aspekten auf, unter denen sie für die Sache jeweils relevant sind. Die grundlegende Ausgangsannahme hat sich bestätigt. Lateinischer Schulunterricht findet zwar immer auf schriftlicher Grundlage statt, doch gibt das keinen Anlass, ihn vom mittelalterlichen Verschriftlichungsprozess auszunehmen. Auch in die Kommunikation zwischen Schüler und Lehrer dringt Schriftgebrauch ein, und dies kontinuierlich. In fast jedem Jahrhundert des Untersuchungszeitraums lassen sich Verschriftlichungsschübe beobachten. Im 9. Jahrhundert wird Unterricht in einer neuen Breite installiert, sodass die für ihn herangezogenen Texte überhaupt erstmals in schriftlicher Form in Sicht kommen. Im 11. Jahrhundert findet der ansteigende Bedarf an Unterrichtsmaterialien eine erste produktive Antwort in einer eigenen lateinischen Versproduktion.1 Im 12. Jahrhun_____________ 1

Systematisch anzuschließen ist hier die neu einsetzende Produktion von Verstexten, die mehr oder minder eingespielte unterrichtliche Lektüretraditionen aufgreift. Aus dem Umfeld der wohletablierten ›Disticha Catonis‹ lässt sich der später dann relativ erfolgreiche ›Novus Cato‹ des Martinus nennen, der im 11. Jahrhundert entsteht. Aus dem Umfeld der Fabeldichtung mag der in Hexameter gebrachte ›Romulus Nilantinus‹ hierher gehören –

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dert antworten erstmals kohärent ausformulierte, in sich abgeschlossene diskursive Kommentare auf einen gestiegenen Bedarf an systematisch in schriftlicher Form ausformulierter Textauslegung. Im 13. Jahrhundert reagiert man zunächst mit der Zusammenführung von Text und Kommentar auf die Anforderungen, die die geregelte Versorgung berechenbar größerer Schülerzahlen mit Unterrichtsmaterialien mit sich brachte. Im 14. Jahrhundert beschreitet man, unter veränderten Voraussetzungen, den alternativen, preiswerteren Weg der Re-Oralisierung des Ensembles von Grundtext und Auslegung. Im 15. Jahrhundert schafft schließlich der Buchdruck die Voraussetzung zur Freisetzung des Schreibens im Unterricht selbst.2 Das zentrale Problem, auf das diese Verschriftlichungsschübe antworten, ist effizienterer Unterricht. Dessen Effizienz freilich bemisst sich nicht wesentlich nach einer unter Zuhilfenahme schriftlicher Textauslegung dem einzelnen Schüler potentiell differenzierteren, nachhaltigeren und insgesamt effektiveren Vermittlung des Lernstoffs. Sie bemisst sich, sehr viel elementarer, nach der Möglichkeit, überhaupt größere Gruppen von Schülern zuverlässiger mit der erforderlichen Menge an Texten zu versorgen. Nicht effektive Textrezeption, sondern effektive Textdistribution ist das Kernproblem des unter den besonderen Bedingungen einer Manuskriptkultur zu organisierenden Schulunterrichts im Mittelalter. Ent_____________

2

wobei dieser freilich wirkungsloses Experiment bleibt, das allein die Avian-Handschrift Oxf 4 (England, 11. Jh.) überliefert. Sehr viel wirkungsmächtiger hingegen tritt wiederum etwa der ›Physiologus Theobaldi‹ auf. Das Anliegen, Grundlinien auszuziehen, hat in den entsprechenden Kapiteln dazu gezwungen, das Augenmerk zunächst jeweils auf das Neuartige, die neu ausgearbeiteten und relativ komplexesten Darbietungs- und Erschließungsformen ihrer Zeit zu lenken, die das Spektrum der Möglichkeiten signifikant erweitern. Es sei ausdrücklich betont, dass das Gesamtbild natürlich erst dann vollständig würde, wenn parallel dazu die anhaltende Nutzung älterer Präsentationsformen von Unterrichtstexten berücksichtigt wird. Allein in solchem weiter gespannten Horizont wird ja das Gefälle deutlich, das auf dem Gebiet der schriftlichen Unterrichtsmaterialien zwischen Frankreich und Deutschland im 13. Jahrhundert herrscht (s. o. Kap. II.4). Für das 14. und 15. Jahrhundert sind die entsprechenden Materialien in den Überlieferungsverzeichnissen im Anhang immerhin bereitgestellt, auf das hier ausdrücklich verwiesen sei. Was hingegen handschriftliche Unterrichtsmaterialien des 16. Jahrhunderts betrifft, kann nur ihr desolater Erschließungsstand beklagt werden. Am ehesten in einem vernünftigen Verhältnis dürften Aufwand und Ertrag demjenigen stehen, der sich die auf handschriftliche Ergänzung angelegten Druckexemplare von Schultexten mit breitem Zeilendurchschuss zu untersuchen vornimmt. Diese Interlineardrucke stehen (unterrichts-)medientypologisch auf halber Strecke zwischen der spätmittelalterlichen Schulhandschrift (die handschriftlich potentiell beliebig erweiterbar erscheint, aber im Normalfall, einmal niedergeschrieben, eben nicht mehr systematisch erweitert wird) und dem individuellen (beliebig erweiterbaren) Unterrichtsheft. Sie müssten daher mit zunehmender Etablierung des Buchdrucks im 16. Jahrhundert und zunehmend üblicher werdender Verwendung eigener Unterrichtshefte zurücktreten. Am engeren Ausschnitt der Drucke antiker Autoren lässt sich das tatsächlich beobachten: vgl. LEONHARDT 2004, S. 24.

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sprechend geht der Anstoß zu ausgeweiteter Indienststellung von Schriftlichkeit für den Unterricht nicht aus diesem selbst hervor, sondern wird wesentlich von außen, vor allem wohl durch steigenden Beschulungsbedarf und damit steigende Schülerzahlen, an ihn herangetragen. Die beschrittenen Lösungswege – die mündliche Distribution der Textauslegung, die Verbreitung durch professionellere Schreiber im 13. Jahrhundert, die Indienststellung der verfügbareren und preiswerteren Reproduktionsressource des Schülers im Diktat im 14. Jahrhundert und schließlich der Rückgriff auf den Buchdruck – sind stets eng gekoppelt an übergreifende ökonomische Rahmenbedingungen. Die Beziehungen des Unterrichts zu diesen Rahmenbedingungen gestalten sich von Jahrhundert zu Jahrhundert komplexer, voraussetzungsreicher oder, systemtheoretisch gesprochen, unwahrscheinlicher und riskanter. Das ist sozusagen der Preis für die Möglichkeit, die aus der Entlastung des Unterrichts durch zunehmende Auslagerung der Textversorgung an unterrichtsexterne Instanzen und aus seiner zunehmenden Vernetzung mit der externen Einrichtung des Buchhandels und der Buchversorgung zumindest potentiell sich ergibt, sich nämlich in einem somit wachsenden Freiraum auf weitergehende Formen der Textvermittlung an die Schüler konzentrieren zu können: Der Unterrichtsbetrieb muss sich immer stärker auf funktionierende äußere Voraussetzungen verlassen können. Seiner Anlage im 9. Jahrhundert reicht der Verstext in den Händen des Lehrers und dessen Vorwissen hin. Das zuverlässige Funktionieren des Unterrichts an einer besseren Lateinschule des 15. Jahrhunderts, die sich auf die Buchversorgung via Diktat verlässt, impliziert demgegenüber einen sehr viel komplexeren Apparat.3 Ohne systematische Rücksicht auf die je zeitgenössischen Möglichkeiten und Grenzen der Handschriften- und Buchherstellung und des Hand_____________ 3

Wiederum ist nachdrücklich zu betonen, dass für die einzelnen Schultypen weitergehend differenziert werden muss. In Ulm mögen Texte dem Unterricht in der Regel per Diktat zugeflossen sein. Daneben ist jedoch auch mit über Austausch/Erwerb unter Schülern verbreiteten, ursprünglich nach Diktat erstellten Handschriften zu rechnen. Einzelne Schüler mögen die Diktatveranstaltung von vornherein im Auftrag für andere, vermögendere Schüler besucht haben. Die Lehrer können sich durch die separate Herstellung und den Verkauf von Handschriften ein Zubrot verdient haben. Manche Texte können von den Schülern aus anderen Schulen mitgebracht worden sein. Und es ist sicher verfehlt, für die lectio des Unterrichts selbstverständlich davon auszugehen, dass sie jeder einzelne Teilnehmer bereits mit einem Buch in den Händen besucht hat. Maturin Cordier hat in Nevers noch im zweiten Viertel des 16. Jahrhunderts große Probleme, seinen Schülern standardisierte Unterrichtstexte bereitzustellen. Das dürfte vielen anderen Lehrern nicht anders gegangen sein. Immerhin steht ihnen aber im 16. Jahrhundert doch nun wenigstens die Möglichkeit zur Verfügung, den Text in Druck gehen zu lassen, was Cordier denn auch nutzt. Die Möglichkeit als solche ist Folge eines inzwischen breit aufgefächerten Spektrums von Textdistributionswegen. Und dieses als solches steigert die Wahrscheinlichkeit für einen »anderen« Unterricht systematisch.

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schriften- und Buchhandels lassen sich die Zeugnisse mittelalterlicher Unterrichtsschriftlichkeit in ihrer Eigenart daher auch nicht erfassen. Statt nach außen hin nunmehr nach innen hin betrachtet: Es bleibt die effektivere, weil ökonomischere und rationellere Versorgung des Unterrichts mit schriftlichen Materialien auch den Texten selbst nicht äußerlich, sondern schlägt sich im Gegenteil vielfach in besonderen Gestaltungen nieder, die ihrerseits nur in weiterreichenden textpragmatischen Horizonten zureichend verstanden werden können, da immer wieder neue, zu den neuen Distributionskanälen passende Textformen gefunden werden müssen. Wesentliche Etappen liegen hier in der systematischen schriftlichen Durchformung des erstmals für seine Verbreitung nicht mehr auf das tragende Gerüst des Grundtextes angewiesenen Kommentars im 12. Jahrhundert, in der Zusammenführung von Text und Kommentar durch Aufsprengung des Kommentars im 13., in der neuerlichen Durchformung des Kommentars für seine Verbreitung im Diktat im 14. Jahrhundert. Die einzelnen Bestandteile des Kommentars werden dabei zunehmend in für die Textbenutzer (die ebenso als Leser wie als Hörer berücksichtigt werden) nach Funktionen besser unterscheidbare Ordnungen gebracht. Der Accessus etwa wird im 14. Jahrhundert fest an den Anfang der Textauslegung montiert, die expositio ad litteram wird auf das effektiv zu diktierende Durchschnittsmaß der Interlinearglosse zurechtgestutzt, die weiteren Kommentarelemente der expositio ad sensum und ad sententiam in allgemein erwartbare Grundgerüste eingefügt. Selbst der Grundtext, obwohl das ganze Mittelalter hindurch prinzipiell unverändert und vollständig dem Unterricht zugrunde gelegt, bleibt von Modifikationen nicht unberührt: Vom avianischen Spezifikum des Fortfalls der Widmungsepistel seit dem 12. Jahrhundert abgesehen, an deren Stelle der neue Accessus rückt, erscheint hier insbesondere die systematische Auflösung der vorgegebenen Textsukzession durch Zwischenschaltung der Kommentare bedeutsam. Die Grundtexte des Unterrichts erscheinen damit erstmals in einer gewissen Hinsicht verfügbarer. Sie verlieren, wie zuvor im 13. Jahrhundert bereits der Kommentar, ihren autoritativ-monolithischen, blockhaften Charakter. Ein typologisch gesehen nächster Schritt, das freie Schalten mit der Vorgabe des Grundtextes, deutet sich in einzelnen Avian-Handschriften dann erst wieder gegen Ende des 15. Jahrhunderts an. Anhand der beiden gedruckten Aviane ließ sich beschreiben, auf welche Weise der Buchdruck die Voraussetzungen für ein nunmehr beliebig aus den originalen Vorgaben selegierendes Arbeiten mit dem Basistext schafft. Im Rahmen der Unterscheidung von Mündlichkeit/Schriftlichkeit des Mediums und Mündlichkeit/Schriftlichkeit der Konzeption erscheint die Einbeziehung des Schülers in das Schulbuch als eine sehr spezielle Form seiner konzeptionell-schriftlichen Integration. Diese nimmt den Schüler

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wesentlich nur als Faktor auf der medial-schriftlichen Seite wahr. Der unterrichtliche Textbenutzer geht regelmäßig nicht als individuell angesprochener oder generalisiert vorentworfener Leser in die Unterrichtsmaterialien ein, sondern lediglich als zunehmend relevanter Faktor auf der medialen Seite von Mündlichkeit/Schriftlichkeit. Der Schüler avanciert zwar schrittweise vom Zuhörer (9.-11. Jahrhundert) des Unterrichts zum Käufer von Schulbüchern und Mit-Leser des Unterrichts (13. Jahrhundert), dann zum Schreiber von Schulbüchern und Mit-Leser des Unterrichts (14. Jahrhundert) und schließlich zum Käufer von gedruckten Schulbüchern und Mit-Leser wie Mit-Schreiber im Unterricht (16. Jahrhundert). Doch damit avanciert er über weite Strecken lediglich zu einem weiteren »Medium« der Textüberlieferung. Schriftlichkeit tangiert den mittelalterlichen Schüler weithin nur äußerlich-medial. In Hinsicht auf den didaktischen Aspekt der Anlage mittelalterlichen Textstudiums ist das kein unwichtiger Befund. Er lässt sich von anderer Seite her abstützen und weiter entfalten. Sehr viel sichtbarer nämlich als der Schüler und besondere Bedingungen des Unterrichts tritt als einzelne Phänomene ausgeweiteter Schriftverwendung steuernde Instanz der schriftliche Text selbst hervor. Es ist der spätantike Autortext selbst, der den Epimythien als Protoformen der expositio ad sententiam im 11. Jahrhundert das Muster liefert. Es ist das Frageschema des AvianAccessus, das im 12. Jahrhundert die systematische Ausarbeitung des diskursiven Kommentars zur Grundlage hat. Einmal erarbeitete Texte werden nicht irgendwann als überholt aufgegeben, sondern grundsätzlich eher bewahrt und dann eben zusätzlich angelagert. Die Epimythien als expositio-Instrument des 11. Jahrhunderts werden von den späteren diskursiven Kommentaren nicht abgelöst, sondern ergänzt. Zu vielen Fabeln häufen sich im Laufe der Jahrhunderte die Epimythien-Angebote sogar noch weiter an.4 Das aristotelische Frageschema der quattuor causae, das im 14. Jahrhundert in die Avian-Accessus Einzug hält, verdrängt die älteren Frageschemata nicht, sondern tritt ihnen meistenteils lediglich mehr oder minder bestimmend zur Seite: Die entsprechenden Accessus des 15. Jahrhunderts erscheinen daher nicht schlanker, weil auf eine einheitliche Form gebracht, sondern legen an Umfang, die neuen Freiräume der DiktatForm des Kommentars nutzend, beträchtlich zu. Bewahrende Textakkumulation scheint als leitendes Prinzip hinter allen diesen Phänomen auf. Eben deshalb erfüllt der Textgebrauchsraum Schule für sein weiteres Umfeld dann auch die Funktion eines zentralen _____________ 4

Siehe für Einzelnachweise die im Überlieferungsverzeichnis zum Avian jeweils für jede Handschrift ausgewiesenen Epimythienbestände.

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Schriftlichkeits- und Textreservoirs.5 Und eben deshalb zeichnen sich Übernahmen der für den Unterricht ausgearbeiteten Text-KommentarEnsembles in schulexterne Verwendungsbereiche gerade nicht durch immer wieder differenziert in die Textvorlagen eingreifende Anpassungen an neue Rezipientenschichten aus, sondern regelmäßig sehr viel schlichter durch ökonomische Herauskürzung der eher unterrichtsgebundenen Bestandteile: durch den Verzicht auf systematische Glossierung etwa oder gar auf den Verstext selbst in den zu homiletischen Zwecken herangezogenen Prosa-Avianen. Ich möchte diese Befunde noch einmal auf den funktionaldidaktischen Aspekt mittelalterlicher Schulbücher hin pointieren. Es wird dem modernen Betrachter zweifellos nahe liegen, eine gleich mehrfache Benennung der utilitas fabulae statt für redundant eher funktional zu erklären. Der Verstext selbst kann in einem entsprechenden Schlussvers des Autors Avian mit einer Bestimmung des Fabelnutzens aufwarten. Innerhalb des entsprechenden Kommentarabschnitts kann dies seine Einleitung tun, die benennt, was der Autor lehren wollte, wobei oft noch Variantenangebote gemacht sein können. Dazu kann ein eigener Kommentarabschnitt der utilutas fabulae gewidmet sein, der seinerseits wiederum mit Varianten aufwarten kann. Schließlich leistet das an den Verstext angehängte Epimythion Vergleichbares, wobei es bei einem einzigen Epimythion zur jeweiligen Fabel oft nicht bleibt. Die Repetitionen wollen dem modernen Betrachter wie gezielt auf die Einübung der Frage nach der sententia moralis eines Textabschnitts oder eines ganzen Textes ausgerichtet erscheinen. Damit wird jedoch eine sehr viel elementarere Funktion einer solchen akkumulativen Form schriftlicher Textauslegung und mittelalterlicher Schulschriftlichkeit überhaupt ausgeblendet: die Bewahrung des Textes selbst, seine »Überlieferung« in einem weiter gefassten Verständnis seiner Sicherung im Vollzug seiner Weitergabe. Diese Funktion liefert einen sehr viel angemesseneren Ausgangspunkt für eine weitergehende Rekonstruktion der didaktischen Grundstruktur mittelalterlichen Schulunterrichts als die bereits die Neuerungen des Buchdrucks und hier insbesondere den Typus des produktionsseitig generalisierten Lesers voraussetzende Annahme, die schriftliche Kommentierung sei von ihren Verfassern im Hinblick auf einen späteren Benutzer der Handschrift und Leser ihrer Texte ausgearbeitet. Die ruminatio stellt systematisch betrachtet die elementare und historisch betrachtet die die Gestalt der Unterrichtsmaterialien des beginnenden Triviums bis ins 11. Jahrhundert durchweg prägende Technik derart _____________ 5

Sehr konkret beschreibbar etwa in Hartmann Schedels Avian-Handschrift Mue2 mit ihren reduzierten Kommentaren.

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verstandener Text-»Überlieferung« dar. In ihr wird der Körper des Schülers selbst zum Träger des Textes und bemisst sich die Effizienz seiner Textaneignung nach der Fähigkeit, das auswendig Gelernte wiedergeben zu können. Schrittweise wird er dann, in den beschriebenen Etappen über Jahrhunderte hinweg, weitergehend in die Text-»Überlieferung« mit einbezogen. Was immer aber in der mündlichen lectio selbst dann auf der Grundlage des schriftlichen Textangebots auch noch passiert sein mag: Ich sehe jedenfalls keinen Anlass, für die eigentliche Lehrveranstaltung davon auszugehen, dass sie im Regelfall grundstürzend anderen didaktischen Prinzipien gefolgt wäre als denen, die sich aus den erhaltenen schriftlichen Vorstrukturaten des Unterrichts herauslesen lassen.6 Unter diesen allgemeinen Rahmenbedingungen vollzieht sich seit dem 14. Jahrhundert die Aufnahme der Volkssprache in die Schulbücher. Sie hat zunächst einen längeren Vorlauf, der im wesentlichen außerhalb des gelehrten Schulunterrichts anzusiedeln ist. Denn Adressat des noch im 13. Jahrhundert entstandenen Rumpf-›Cato‹ ist zunächst einmal der einsprachige Laie, in dessen Sphäre diese Übersetzung des 13. Jahrhunderts dann auch für zweieinhalb Jahrhunderte verbleibt ohne je in schulmäßige Verfestigungen zu geraten. Noch die ganze erste Hälfte des 14. Jahrhunderts wird von je für sich unternommenen Experimenten gekennzeichnet, die, wie der Zwettler ›Cato‹ und die Zusammenstellung im Leone-›Hausbuch‹, mehr oder minder wirkungslos oder, wie der ›Cato‹ Stephans von Dorpat, zwar im Anspruch, mit dem deutschen Text ein vollgültiges funktionales Äquivalent zum lateinischen Schulunterricht bieten zu können, bemerkenswerte, aber doch begrenzte Versuche bleiben. Der gelehrt-lateinische Schulunterricht verhält sich diesen ersten von der Seite der Volkssprache ausgehenden Grenzüberschreitungen gegenüber konservativ. Es bedurfte des Zusammentreffens mehrerer Faktoren, seine Aufnahmebereitschaft für das Deutsche seit der Mitte des 14. Jahrhunderts sichtbar zu erhöhen: - Es bedurfte eines auf laikaler Seite ausgeprägten Verlangens nach deutschen Texten, wie es sich dem Erfolg des Rumpf-›Cato‹ und den Experimenten der ersten Jahrhunderthälfte an den Rändern des gelehrten Unterrichts ablesen lässt. - Es bedurfte eines allgemeinen Ausbaus von Einrichtungen, an denen reguliert Unterricht betrieben wurde: voruniversitär ist dieser Ausbau nur punktuell zu fassen, aber schon für die Zeitgenossen dürften die neu gegründeten Universitäten wahrnehmbar an der Spitze gestanden haben. - Es bedurfte des damit verbundenen Zurücktretens der für den Schüler durchweg wesentlich auf Mündlichkeit oder auf allenfalls ephemere _____________ 6

Siehe auch oben Kap. II.5 zu bisweilen zur lectio ad pennam herabgewürdigten Vorlesungen.

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Schriftlichkeit setzenden Textvermittlung und -aneignung, die im deutschen Sprachraum nicht länger als der allgemein verbreitete Normalfall angenommen werden konnte. - Vor allem aber bedurfte es des regelmäßigeren Kontakts nun auch des Schülers (der später teilweise ja selbst einmal als Lehrer auftreten wird) zu den autoritativen lateinischen Unterrichtstexten, die von ihm bisher regelmäßig überwiegend mitgehört und mitgelesen wurden, in einer neuartigen Form, die ihm das Unterrichtsvorstrukturat als eine nun auch schriftlich verfügbare Größe vertraut machen konnte: die Herstellung der Unterrichtstexte per Diktat senkt auf der Seite des gelehrten Unterrichts selbst die Schwelle zwischen Geschriebenem und Gesprochenem beträchtlich. Selbst unter diesen begünstigenden Voraussetzungen werden lateinisch-deutsche Schulbücher, die diesen Namen hier nun erstmals im vollen Sinne verdienen, zunächst nur in Randlagen produziert, in denen weitere, noch einmal den Vorgang begünstigende Bedingungen bestanden haben müssen: in Schlesien (›Schlesischer Cato‹), wo der gelehrte Schulunterricht nicht bereits in einer weit zurückreichenden Tradition verankert war und man für Neuerungen deshalb empfänglicher gewesen sein mag, und im Mittelfränkischen (›Niederheinischer Cato‹), wo der Kontakt zur benachbarten Volkssprache oder vielleicht auch eine besonders wahrnehmbare Distanz zum Oberdeutschen dem eigenen, autochthonen Deutsch möglicherweise mehr Prestige und Gewicht gegenüber dem Lateinischen verlieh. Das bedarf aber hier wie dort noch weiterer Untersuchung. Der institutionelle Ort der neuen zweisprachigen Schulbücher lässt sich in keinem einzigen Fall präzise fassen, liegt niveaumäßig aber zweifellos im voruniversitären Bereich des auf den Elementarunterricht folgenden, beginnenden Lateinunterrichts. Funktional angebunden wird das Deutsche dort jedoch nicht an die auf die detaillierte Erschließung des lateinischen Wortlauts und lateinischer Syntax gerichtete expositio ad literam, sondern an die expositio ad sensum. Sie wiederholt vielmehr lediglich den allgemein als offen zutage liegend betrachteten Lehrgehalt des lateinischen Textes, dies allerdings in der besonderen Form einer gebundenen Rede in Reimpaarversen.7 Das Formmodell selbst wird aus der laikalen Literatur importiert, wo es wohletabliert war und etwa vom Rumpf-›Cato‹, _____________ 7

Die Wiedergabe des lateinischen Textsinns in der Volkssprache, das zeigen Stichproben auf Schritt und Tritt, nutzt einen erheblichen Freiraum, der nähere Analyse verdient. Von hier aus lassen sich nämlich zentrale Einsichten in spezifisch mittelalterliche, näherhin volkssprachliche Bedingungen der Sinnbildung zu Texten gewinnen. Diese liefern einer pragmatisch fundierten literaturwissenschaftlichen Kommunikationssoziologie grundlegende Bausteine (vgl. GUMBRECHT 1975).

Zusammenfassung

427

also bereits in relativer Nähe zur lateinischen Vorlage, den Übersetzern vermittelt werden konnte. Die Entscheidung zur Einschaltung der deutschen Verse in den lateinischen Text hingegen – zuvor wurde noch mit anderen Integrationsformen experimentiert (Michael de Leone: Nachordnung, Zwettler ›Cato‹: Beiordnung) – hat jenes freiere Schalten mit den lateinischen Grundtexten des Unterrichts zur Voraussetzung, das auf dem Gebiete ihrer Kommentierung seit dem 14. Jahrhundert die blockhaften Vorlagen auflöst. Die expositio ad litteram, und mit ihr die Interlinearglosse, präsentiert sich dagegen kaum als Einfallstor der Volkssprache von Bedeutung. Die vereinzelten systematischen Ausarbeitung in den sogenannten »Wort-für-Wort-Übersetzungen« des ›Cato‹ scheinen eher gelegenheitsgebundene individuelle Unterfangen zu bleiben. Bezeichnenderweise fehlen den frühen deutschen Schulbüchern deutsche Glossen und ist für die sehr selten deutsch glossierten ›Cato‹-Inkunabeln gerade mit einer zweifachen Ausrichtung zu rechnen, die auch den gelehrten Laien im Visier hatte. In den Avian-Handschriften des 14. und 15. Jahrhunderts finden sich deutsche Glossen stets nur sporadisch, und dies auffallend häufiger in allgemein-(welt-)geistlichen als in dezidiert schulischen Gebrauchszusammenhängen. Die Erklärung für diesen Befund liegt im relativen Prestige der Volkssprache, die von den Gelehrten weithin als kaum tauglich erachtet wurde, sprachliche Diffizilitäten des Lateinischen überhaupt äquivalent-angemessen erfassen zu können.8 Hier muss zunächst ein entsprechender Prestigewandel auf dem Gebiet des regulierten Lateinunterrichts die Voraussetzung dafür schaffen, die Volkssprache in eine sprachliche Gegebenheiten der Vorlage differenzierenderen Form an den lateinischen Grundtext heranzubringen. Das geschieht folglich erst seit den vierziger/fünfziger Jahren in den ›Cato‹-Ausgaben nach Maturin Cordier und von Johannes Fries.

Diese neuen Schulbücher tragen ihrerseits zu einer Senkung der Zugangsschwelle bei: Seit dem 14./15. Jh. tritt auch der oberdeutsche Raum breiter mit zweisprachigen Unterrichtsmaterialien hervor. Sie formen sich nun allerdings nicht mehr in wenigen überschaubaren und relativ festen Schulbuchtypen aus, sondern können nunmehr auch aus je individuellem Verlangen hervorgehen, den Lehrgehalt des lateinischen Textes durch das deutsche Pendant in der Textperzeption weitergehend zu verankern. Auf dieser Basis erreichen die deutschen Reimpaare um die Mitte des 15. Jahrhunderts gar den trivialen Studienbetrieb der Universität und vergleichbar niveauvoller Anstalten (›Michelstädter Cato‹, ›Ulmer Cato‹). Sie rücken dort zwar nicht zur Würde des Diktattextes auf, werden aber – es steht das didaktische Prinzip des anhäufenden Akkumulierens im Hintergrund, das potentiell Perzeptionswahrscheinlichkeiten steigert – anspruchsvollen lateinischen Text-Kommentar-Ensembles eingefügt. _____________ 8

Vgl. für entsprechende Positionen von gelehrter Seite die Zusammenstellung von LU1986, S. 15-90.

SIGNAN

428

Zusammenfassung

Ohne dass das nun der Erklärung mit einer besonders angepassten Machart des entsprechenden Textes bedarf (die er auch gar nicht liefern kann)9, ist es die bereits zuvor verbreitetste unter den in der Gebrauchssphäre avancierten Übersetzungen (›Ulmer Cato‹), die dann nicht einfach lediglich, wie andere Übersetzungen auch,10 den Weg in den Buchdruck findet, sondern der dort auch ein beispielloser Erfolg zuteil wird, den keine einzige der späteren Übersetzungen mehr einholen wird. Der Buchdruck filtert aus der Menge des spätmittelalterlichen Textangebots zuverlässig das Erfolg Versprechende heraus. Auf den lateinischen Kommentar zu verzichten, war dabei freilich unerlässlich. Eine breite Masse lateinischdeutscher Schuldrucke ließ sich nur für die voruniversitäre Lehre an den Schüler bringen. Von dieser spätmittelalterlichen Tradition hebt sich auch ein Sebastian Brant, obgleich der erste, der eine Übersetzung unmittelbar für das neue Medium Buchdruck erstellt, nicht durchgreifend ab. Zwar markiert seine zweisprachige ›Disticha Catonis‹-Ausgabe erstmals gleich auf mehreren Ebenen vergleichsweise deutlich, dass sich in ihr zwei verschiedene Sprachen gegenüber stehen, dass Latein und Deutsch folglich im Verhältnis von Vorlage und Übersetzung betrachtet werden wollen und hinter letzterer ein Übersetzer und eine qualifizierbare nach weitergehender Begründung verlangende Übersetzungsleistung steht. Die Kennzeichnung der deutschen Textanteile als einem Idiom entstammend, dem wie dem Lateinischen der Status einer eigenen Sprache zugesprochen werden müsste, erwächst jedoch aus einem Bündel disparater Voraussetzungen und Motive und lässt zudem jede Programmatik vermissen, die erst ihr weitergehende Wirkung hätte sichern können. So bleibt, und zumal, wie späte Druckausgaben zeigen, rezeptionsseitig betrachtet, auch der Brant’sche Cato im Kern doch noch der spätmittelalterlichen Sprachengebrauchssituation verhaftet, die Latein und Deutsch nach wie vor akkumulierend aneinander zu bringen erlaubt. Effekt dieser ungetrübten Symbiose immerhin ist ein in der Summe höchst beachtenswerter Anteil der Volkssprache an der gedruckten Schulbuchproduktion in den letzten Jahrzehnten des 15. und im beginnenden 16. Jahrhundert: Im untersuchten Ausschnitt überwiegt er den der einsprachig-lateinischen Drucke gleich um ein Vielfaches. _____________ 9 10

Selektionskriterium ist hier nicht die Angepasstheit des deutschen Textes an neue Distributionsformen, sondern allein sein eingespielter Gebrauch. Erfolglos bleibt, weil einsprachiger Laienlektüre verhaftet, der alte Rumpf-›Cato‹, und singulär die Druckausgabe des ›Michelstädter Cato‹. Mehrfach zwar, aber allein in Köln, wird der ›Niederrheinische Cato‹ aufgelegt. Neu auf den Plan tritt, wohl auf der Grundlage verlorener handschriftlicher Vorstufen, der ›Losbuch-Cato‹. Zum ersten unmittelbar für den Buchdruck ausgearbeiteten ›Cato‹ Sebastian Brants siehe das Folgende.

Zusammenfassung

429

Von einer ersten Phase des Experimentierens mit zweisprachigen Textensembles, einer zweiten erster deutlicher Schwellenüberschreitungen im Kernbereich des Lateinunterrichts selbst und einer dritten einer zunächst dispers-breit belegbaren, dann im Kontext des Buchdrucks in überschaubare Bahnen gelenkten, zugleich aber noch einmal quantitativ mächtig gesteigerten Überlieferung zweisprachiger Unterrichtsmaterialien kann weiterhin eine vierte abgesetzt werden, die die radikale Aussonderung deutscher Textanteile aus den gedruckten Materialien für den Lateinunterricht kennzeichnet. Sie wird aus dem genuin humanistischen und nicht nur am Schulbuch zu beobachtenden Interesse an bereinigten Sprachenverhältnissen heraus betrieben – und sie ließe sich gleichsam als der Preis betrachten, der für die zunehmend sich durchsetzende Anerkennung auch des Deutschen als Sprache eigenen Rechts bezahlt werden musste. Allein wäre dann übersehen, dass dem gedruckten Schulbuch, um ein vollständiges Bild zu gewinnen, noch die entsprechenden handschriftlichen Unterrichtsmaterialien an die Seite gestellt und zudem die Sprachenverteilungen im mündlichen Unterrichtsgeschehen systematisch mit einbezogen werden müssten. Entsprechende Quellenanalysen wurden für die vorliegende Untersuchung nicht mehr betrieben. Sehr wohl allerdings lässt sich die aus der Aussonderung des gedruckten Deutsch folgende Konsequenz, dass nämlich eine erneute Annäherung der Lehr- und Lernmaterialien an die Volkssprache und damit immer zugleich an elementare Lernvoraussetzungen des Schülers nun im Unterschied zur spätmittelalterlichen Sprachengebrauchssituation eigens der Begründung bedarf, dem Ausschnitt der gedruckten Unterrichtsmaterialien ablesen. Während dem Problem zunächst entweder mit ambivalenten Konzeptionen aus dem Wege gegangen wird (so Abraham Moter 1535) oder es sich nur deshalb nicht dringlich stellt, weil unter Sonderbedingungen gearbeitet werden kann (so 1540 der an der deutsch-französischen Sprachgrenze zu lokalisierende anonyme Maturin-Cordier-Übersetzer), muss Johannes Fries in Zürich 1551 diese Begründung liefern. Sie wird in der Behauptung gefunden, es könne der Schüler den Gebrauch des Deutschen wie des Lateinischen nun gleich in ein- und demselben Arbeitsgang erlernen. Hier erfährt die Volkssprache, indem sie als gleichberechtigter Unterrichtsgegenstand propagiert wird, eine beachtliche Aufwertung. Eben weil sie aber noch dieser Herausstellung bedarf, können die Fries’schen Bezugnahmen auf die eigentliche Unterrichtspraxis nicht in dem Sinne verstanden werden, dass in ihr die Volkssprache selbstverständlich, und das bedeutet eben: ohne dass überhaupt noch irgendwie an ihrem Eigenwert zu zweifeln wäre, als ein funktional entsprechend differenziert eingesetztes Instrument für die Vermittlung der Sprachgestalt der lateinischen Vorlage und ihrer Grammatik in den Dienst hätte gestellt

430

Zusammenfassung

werden sollen. Latein und Deutsch werden dem Schüler um die Mitte des 16. Jahrhunderts nicht als zwei Sprachen mit je eigener Grammatik vermittelt, die ihre Grammatikalität verbindet, grammatische Details aber unterscheiden, sondern als zwei Sprachen praktisch vorgeführt, die sich beide für eine Verwendung zur Vermittlung handlungsanleitender Lehrinhalte eignen: Ihr Gebrauch verbindet sie, und von Grammatik ist keine Rede. Diese Spannung, in der die sprachdidaktisch-differenzierte Anlage unter Zuhilfenahme der Volkssprache zum Deklarationszwang ihrer Werthaftigkeit steht, hält bis ins 17. Jahrhundert hinein an. Sie prägt noch Martin Opitz’ – ihrerseits das ganze 17. Jahrhundert prägende – lateinischdeutsche Ausgabe der ›Disticha Catonis‹ von 1629, die sich nur vordergründig an Modellschüler richtet, ihre deutschen Textanteile aber statt nur in unterrichtlichen nun sogar in literarischen Rang zu erheben versucht und ihren lateinischen Text mit seinem philologischen lateinischen Apparat eher der europäischen Respublica litteraria zur gelehrten Auseinandersetzung als Schülern zur praktischen Verwendung empfiehlt. Verstehen lässt sich diese Spannung nur aus der Jahrhunderte zurückreichenden Geschichte des wechselnden Verhältnisses heraus, in dem Schriftlichkeit und Latein zu Mündlichkeit und Volkssprache jeweils zueinander gestanden und Gestalt und Funktion der schriftlichen Grundlagen des mündlichen Unterrichts geprägt haben.

Michael Baldzuhn Schulbücher im Trivium des Mittelalters und der Frühen Neuzeit Band 2

Quellen und Forschungen zur Literatur- und Kulturgeschichte Begründet als

Quellen und Forschungen zur Sprach- und Kulturgeschichte der germanischen Völker von

Bernhard Ten Brink und Wilhelm Scherer

Herausgegeben von

Ernst Osterkamp und Werner Röcke

44/2 ( 278/2 )

≥ Walter de Gruyter · Berlin · New York

Schulbücher im Trivium des Mittelalters und der Frühen Neuzeit Die Verschriftlichung von Unterricht in der Textund Überlieferungsgeschichte der „Fabulae“ Avians und der deutschen „Disticha Catonis“

von

Michael Baldzuhn

Band 2

≥ Walter de Gruyter · Berlin · New York

Gedruckt mit Hilfe der Geschwister Boehringer Ingelheim Stiftung für Geisteswissenschaften in Ingelheim am Rhein.

앝 Gedruckt auf säurefreiem Papier, 앪 das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt.

ISBN 978-3-11-019351-0 ISSN 0946-9419 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. 쑔 Copyright 2009 by Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, D-10785 Berlin Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Einbandgestaltung: Sigurd Wendland, Berlin

Inhalt V

Verzeichnisse zur Überlieferung .................................................. 431

1 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 2 2.1 2.1.1 2.1.2 2.2

Avian: ›Fabulae‹ ................................................................................... 431 Handschriften mit dem Verstext ...................................................... 434 Handschriften mit separatem Kommentar ..................................... 829 Mittelalterliche Bücherverzeichnisse ................................................ 878 Vermisstes ............................................................................................ 910 Siglenkonkordanz zur Ausgabe GUAGLIANONEs ......................... 921 ›Disticha Catonis‹ deutsch .................................................................. 922 ›Rumpfübersetzung/-bearbeitung‹ ................................................... 922 Handschriften ...................................................................................... 922 Drucke .................................................................................................. 934 Übersetzungsfassung Z (= Zwettler ›Cato‹ [= Gesamtübersetzung – Textgruppe I]) ........................................ 935 ›Niederrheinischer (mittelfränkischer) Cato‹ ................................... 936 Handschriften ...................................................................................... 936 Drucke .................................................................................................. 939 Stephan von Dorpat ........................................................................... 941 Fassung A ............................................................................................. 941 Fassung B ............................................................................................. 943 ›Zwielichter (rheinfränkischer) Cato‹ ............................................... 944 Übersetzungsfassung C (= Gesamtübersetzung Textgruppe III) .................................................................................... 946 ›Schlesischer (ostmitteldeutscher) Cato‹ .......................................... 957 ›Ulmer Cato‹ (= Übersetzungsfassung A [= Gesamtübersetzung – Textgruppe II]) ....................................... 965 Handschriften ...................................................................................... 965 Drucke .................................................................................................. 971 ›Michelstädter Cato‹ ............................................................................ 975 Handschriften ...................................................................................... 975 Drucke .................................................................................................. 976 ›Neusohler Cato‹ .................................................................................. 976 ›Amorbacher Cato‹ .............................................................................. 977 ›St. Galler Cato‹ .................................................................................... 977

2.3 2.3.1 2.3.2 2.4 2.4.1 2.4.2 2.5 2.6 2.7 2.8 2.8.1 2.8.2 2.9 2.9.1 2.9.2 2.10 2.11 2.12

VI

Inhalt

2.13 2.14 2.15 2.16 2.17 2.18 2.19 2.20 2.21 2.22 2.23 2.24

›Ulmer Losbuch-Cato‹ (1492) ............................................................ 978 Sebastian Brant (1498) ........................................................................ 979 Abraham Moter (1535) ....................................................................... 984 ›Straßburger Maturin Cordier-Übersetzung‹ (1540) ....................... 985 Johannes Fries (1551) ......................................................................... 987 Thomas Heis (1578) ........................................................................... 989 Johannes Baptista Caesarius (1585) .................................................. 989 ›Klausenburger Prosa-Cato‹ (1620) .................................................. 990 Wort-für-Wort-Übersetzungen ......................................................... 990 Mittelalterliche Bücherverzeichnisse ................................................ 992 Vermisstes ohne Textzuordnung ...................................................... 992 Siglenkonkordanz zu den Ausgaben von ZARNCKE und ZATOČIL ....................................................................................... 994 3 ›Facetus Cum nihil utilius‹ deutsch ................................................. 996 3.1 Handschriften ...................................................................................... 996 3.2 Drucke ................................................................................................ 1011 3.2.1 Drucke auf Grundlage von Text K ................................................ 1011 3.2.2 Drucke auf Grundlage von Text V ................................................ 1012 3.2.3 Drucke der Übersetzung von Sebastian Brant ............................. 1012 3.3 Siglenkonkordanz zur Ausgabe SCHRÖDERs ............................... 1015

Abbildungsnachweise ................................................................................ 1016 Literaturverzeichnis ................................................................................... 1018 1 2 3

Textausgaben, Faksimiles, Quellensammlungen .......................... 1018 Handschriftenkataloge, Lexika, Wörterbücher, Hilfsmittel ........ 1034 Untersuchungen ................................................................................ 1042

Register .......................................................................................................... 1071 1 2 3

Handschriften .................................................................................... 1071 Drucke ................................................................................................ 1082 Personen, Werke, Sachen, Termini ................................................ 1089

Inhalt

VII

Band I Vorwort ........................................................................................................... VII

I

non lego, sed audio: Einleitendes zu Gegenstand, Erkenntnisinteresse, Quellenkorpus, Vorgehensweise ............. 1

II

Grundlinien .......................................................................................... 22

1

Schule ohne Schulbuch: Avian-Überlieferung und AvianKommentierung vor dem 12. Jahrhundert ....................................... 22 Exkurs 1: Ein vermeintlicher Avian-Kommentar Alkuins ............. 45

2 3 3.1 3.2 4 4.1

Erste Ausweitung der Auslegungsinstrumente: Fabel-Epimythien .................................................................................. Von der Kommentierung zum Kommentar ..................................... Die Systematisierung der expositio ..................................................... Die Entstehung des Kommentars aus dem Accessus ..................... Die Konzeption des Schulbuchs im 13. Jahrhundert ...................... Zwischenlösung: Separate Avian-Kommentare ...............................

50 55 55 60 66 69

Exkurs 2: Der Separatkommentar als Handreichung für die Predigtvorbereitung in den sogenannten Prosa-Avianen des 14. und 15. Jahrhunderts ...................................................................... 79 4.2

6

Systematische Zusammenführung von Text und Kommentar: Der Aufstieg des Schülers zum Mit-Leser in Frankreich und England ................................................................................................... 84 Standardisierung des Textstudiums: Der französisch-englische ›Liber Catonianus‹ ................................................................................. 90 Die Re-Oralisierung des Schulbuchs im 14. Jahrhundert: Umbau der Kommentare für die Verbreitung im Diktat ............. 105 Freisetzung des Schreibens: Potentiale des Buchdrucks ............... 119

III

Die Aufnahme der Volkssprache ins Schulbuch .................... 135

1

Wechselnde Konstellationen von Latein und Volkssprache: Die älteren ›Cato‹-Übersetzungen des 13. und 14. Jahrhunderts 136

4.3 5

VIII

1.1 1.2 1.3 1.4 2 2.1 2.2 2.3 2.4

Inhalt

Ein deutscher ›Cato‹ für den Laien: Konzeption und Verbreitung der ›Rumpfübersetzung/-bearbeitung‹ ...................... 136 Der Zwettler ›Cato‹ (Übersetzungsfassung Z/Textgruppe I) als Experiment ..................................................................................... 158 Ein zweisprachiger ›Cato‹ als Unterrichtsersatz: Stephans von Dorpat lateinisch-mittelniederdeutscher ›Cato‹ .............................. 168 ›Cato‹ und ›Facetus Cum nihil utilius‹ im ›Hausbuch‹ Michaels de Leone (1347/50) ............................................................................ 177 Von der gesprochenen zur geschriebenen Unterrichtssprache: Die Aufnahme des Deutschen in den Trivialunterricht seit der Mitte des 14. Jahrhunderts ................................................................. 182 Ein mittelfränkisches Erstlesebuch: Der ›Niederrheinische Cato‹ .............................................................. 182 Ein ostmitteldeutsches Erstlesebuch: Der ›Schlesische Cato‹ ...... 192 Die Aufwertung der volksprachigen Glosse in der deutschen expositio ad litteram ........................................................................... 200 Eine Schulübersetzung als Grundlage des ›Zwielichten (rheinfränkischen) Cato‹ ..................................................................... 215 Exkurs 3: Gaweins Rat – Der ›Amorbacher Cato‹ ........................ 221

3 3.1 3.1.1 3.1.2 3.2 3.2.1 3.2.2

Extensiver und intensiver Ausbau im 15. Jahrhundert ................. 223 Dispersion und Auffächerung ........................................................... 225 Textidentität und Textvarianz im Umfeld der Textgruppe III .... 225 Zur Überlieferungsgeschichte der Textgruppe III ......................... 238 Der deutsche ›Cato‹ auf universitärem Studienniveau ................... 249 Der ›Michelstädter Cato‹ .................................................................... 249 Der ›Ulmer Cato‹ (Übersetzungsfassung A/Textgruppe II) ........ 253 Exkurs 4: Lateinische Kommentare zu den ›Disticha Catonis‹ ... 264

4 4.1 4.2 4.3 4.4

Das Schulbuch im ökonomischen Kalkül: Die ersten Jahrzehnte des Buchdrucks ............................................................... 287 Orientierung am Berechenbaren: Die Druckausgaben des ›Ulmer Cato‹ ......................................................................................... 288 Ausblendung des Unkalkulierbaren: Die Drucke des Rumpf-›Cato‹ ........................................................................................ 294 Spielraum für neue Versuche: Ein deutscher kathon mit ainem Register als Losbuch (1492) ............................................................... 299 Volkssprachige Anteile an der Schulbuchproduktion zwischen 1470 und 1500 ..................................................................................... 305

Inhalt

5 6 7 7.1 7.2 7.3 7.4

IX

Vom akkumulativen Nebeneinander von Latein und Deutsch zum systematischen Gegenüber zweier Sprachen: Die ›Cato‹-Übersetzung Sebastian Brants (1498) ........................... 310 Ausgrenzung und Vernetzung der Volkssprache .......................... 321 Libelli de institutis vitae communis: Die »Verschulung« der Laienlektüre ................................................ 327 Kontextwandel eines Erstlesebuchs: Die Druckausgaben des ›Niederrheinischen Cato‹ bis 1570 .................................................... 331 Ambivalente Produktion: Abraham Moters ›Cato‹ von 1535 ...... 335 Vereindeutigung: Ein niederdeutsches Moter-Florileg (›Hamburger Cato‹, um 1560)............................................................. 343 Der lateinisch-griechisch-deutsche ›Cato‹ als Stammbuch bei Johannes Baptista Caesarius (1585) .................................................. 347 Exkurs 5: Die griechischen Übersetzungen der ›Disticha Catonis‹ von Maximos Planudes, Johannes Mylius, Matthæus Zuber und Joseph Justus Scaliger ..................................................... 357

8 8.1 8.2 8.3 9 9.1 9.2

IV

Ut pueri facile discant: Auf Umwegen zu neuen zweisprachigen Schulbüchern ............... 361 Der lateinisch-französische ›Cato‹ Maturin Cordiers in anonymer Straßburger Übersetzung (1540) .................................... 362 Instrumentalisierung für den nationalen Sprachendiskurs (I): Die ›Cato‹-Ausgabe des Züricher Schulmeisters Johannes Fries (1551) ........................................................................................... 375 Die ›Cato‹-Ausgabe des Augsburger Ludimoderators Thomas Heis (1578) ........................................................................................... 385 Ausblicke ins 17. Jahrhundert ........................................................... 392 Nützlich, aber randständig oder wirkungslos: Die spracherschließenden Textausgaben des ›Klausenburger Prosa-Cato‹ (1620) und des ›Rintelner Cato‹ (1664) ...................... 393 Instrumentalisierung für den nationalen Sprachendiskurs (II): Martin Opitz’ lateinisch-deutscher ›Cato‹ von 1629 ...................... 407

Zusammenfassung ........................................................................... 419

V. Verzeichnisse zur Überlieferung 1. Avian: ›Fabulae‹ Das Überlieferungsverzeichnis verwendet eigene Siglen statt derjenigen GUAGLIANONEs. Die Entscheidung zur Neusiglierung folgt aus dem Perspektivenwechsel vom Text- zum Überlieferungszeugen, der Zusätzliches systematisch einzubeziehen erforderte: vor allem die verstreuten Bestandteile der Codices discissi, vermisste oder erst in jüngerer Zeit zerstörte Handschriften, nicht zuletzt die Kommentarhandschriften ohne den Verstext. Demgegenüber sind Florilegien und SentenzenSammlungen im Unterschied zu GUAGLIANONE nicht berücksichtigt.1 Ebenso sind Zitierungen einzelner Avian-Verse übergangen, etwa die bei Micon von St. Riquier, bei GUAGLIANONE unter der Sigle Ro. Ausgeklammert bleiben schließlich auch auswählende Übernahmen vollständiger Versfabeln in neue Werkzusammenhänge, beispielsweise im lateinischfranzösischen ›Ysopet-Avionnet‹ des 14. Jahrhunderts, den GUAGLIANONE unter den Siglen Bs, Ld und Pn erfasst2, in den ›Epitomae fabularum

_____________ 1

2

Vgl. GUAGLIANONEs Siglen Bb, Bc, Be, Bm, Bt, Bo, Gt, Kh, Lt, M, Mr, Pt und Tn. Selbst ohne systematische Suche lässt sich leicht das Doppelte ergänzen: Bonn, Universitätsbibliothek, Cod. S 220, Bl. 213rv (BECKER 1972, S. 96; ANTON KLETTE, JOSEPH STAENDER: Chirographorum in bibliotheca academica Bonnensi servatorum catalogus. Bd. 2. Bonn 1858-76, S. 53f.); Breslau (Wrocław), Biblioteka Uniwersytecka, Cod. I. Q. 128 (BECKER 1972, S. 96); Charleville-Mézières, Bibliothèque Municipale, 106, Bl. 111r (SUERBAUM 2000, S. 385 Anm. 10; JEUDY/RIOU 1989ff., S. 401-411); Heidelberg, Universitätsbibliothek, Cod. Salem. IX. 62, Bl. 123va (BECKER 1972, S. 99f.); Leiden, Bibliotheek der Rijksuniversiteit, Vulc. 48, Bl. 33ra (BECKER 1972, S. 100f.; Codices Vulcaniani. Leiden 1910 [Codices manuscripti Bibliotheca Universitatis Leidensis 1], S. 18-21); München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 7977, zwischen Bl. 161r-172v (BECKER 1972, S. 103f.; KLEMM 1998, S. 161); Padua, Biblioteca Universitaria, Ms. 781, zwischen Bl. 1r-28v (BECKER 1972, S. 107); Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. Lat. 1860, zwischen Bl. 153v-216r (ROUSE 1979, S. 157; Bibliothèque Nationale. Catalogue générale des manuscrits latins. Paris 1939ff., Bd. 2, S. 200f.); Rom, Biblioteca Apostolica Vaticana, Reg. lat. 1562, Bl. 56rv (PELLEGRIN 1975ff., Bd. 2,1, S. 281-284, hier besonders S. 284); Schlägl, Stiftsbibliothek, Cod. 24. Cpl. [823]. 226, Bl. 200v-203v (VIELHABER 1918, S. 26f., hier besonders S. 27); Wittingau (Trěboň), Statní Archiv, A 7, Bl. 175v (Catalogus codicum manu scriptorum Trzebonae Crumloviique asservatorum. Prag 1958 [Soupis rukopisů 2], S. 63-94, hier besonders S. 83). Der zwischen 1339 und 1348 entstandene ›Ysopet-Avionnet‹ verbindet einen lateinischfranzösischen ›Anonymus Neveleti‹ mit einem ebensolchen Avian, aus dem er in der Reihenfolge der lateinischen Vorlage 18 Stücke auswählt (Nr. I, IIIf., IXf., XII, XIV-XVI,

Verzeichnisse zur Überlieferung

432

Aesopi, Aviani et Phaedri‹ Niccolò Perottis (1429-80), bei GUAGLIANONE unter den Siglen N und U,3 oder in den Handschriften- und Drucküberlie-

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3

XVIII-XX, XXII, XXV, XXVII, XXXVf. und XL) und an den er ein Exempel von einem Spielmann und einem Priester anhängt. Den neuen Werkanspruch zeigen neben der Auswahl eigene Pro- und Epiloge an. Die drei erhaltenen Handschriften – Brüssel, Bibliothèque Royale, Ms. 11193; London, British Library, MS Additional 33781 (ehem. Grenville Library, MS XIII); Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. Fr. 1594 – sind zeitnah zur Übersetzung entstanden, bieten den Text jeweils aufwändig illustriert und in einem »vrai livre de luxe«: so HERVIEUX 1893/99, Bd. 1, S. 516, angesichts des Pariser Zeugen. Sie kursierten teilweise sehr bald in hochadeligen Kreisen Burgunds und in königlichen Bibliotheken. Schon das Werk selbst war Johanna von Burgund, der Gemahlin König Philipps VI. von Frankreich (1293-1350), gewidmet (MCKENZIE/OLDFATHER 1919; GOLDSCHMIDT 1947, S. 54-60). Vgl. zu den einzelnen Handschriften CAMILLE GASPAR, FREDERIC LYNA: Les principaux manuscrits a peinture de la Bibliothèque Royale de Belgique. Bd. 1. Paris 1937, S. 307-310 Nr. 124; WARD 1893/1910, Bd. 2, S. 335-342; Bibliothèque Impériale. Département des manuscrits. Catalogue des manuscrits français. Bd. 1. Paris 1868, S. 268-270. Zu ihren Nachweisen in französischen Bibliothekskatalogen: GEORGE C. KEIDEL: The history of french fable manuscripts. In: PMLA 24 (1909), S. 207-219. Keiner der drei Handschriften lassen sich übrigens deutliche Hinweise darauf entnehmen, dass ihr zweisprachiges Fabelkorpus zur Unterweisung des adeligen Nachwuchses herangezogen worden wäre. Die schmale Überlieferung der ›Epitomae‹ Perottis lässt sich um den bisher unbekannt gebliebenen Zeugen Rom, Biblioteca Apostolica Vaticana, Vat. lat. 5190, ergänzen. Es handelt sich um eine italienische Papierhandschrift des 15. Jahrhunderts, die im 16. oder 17. Jahrhundert aus fünf ursprünglich selbstständigen Fazikeln zusammengestellt wurde. Eine jüngste, gestempelte arabische Foliierung der Handschrift läuft von 1-125 lückenlos durch. Die erste, älteste handschriftliche arabische Foliierung setzt noch in jedem Faszikel neu an, lässt aber in Faszikel III Bl. 83-86 und in Faszikel IV Bl. 103-110 ungezählt. Auf ihr ruht eine zweite, jüngere Foliierung auf, die nur bis 113 durchläuft und in Faszikel III – Bl. 83-86 wiederum ungezählt – und Faszikel IV – Bl. 103-110 ungezählt – die Lücken der älteren Zählung wiederholt. Der folgenden Inhaltsübersicht liegt die gestempelte Foliierung zugrunde: - Teil I: 1r-48v (48v auf 1467 datiert und in Padua geschrieben; Inhalt: Censorinus: ›De die natali‹), - Teil II: 49r-74v (49r, 67v und 74r auf 1462 datiert; Inhalt: ein Compendium salutatis und Regulae peccatorum), - Teil III: 75r-86r (Inhalt: Hieronymus: ›De liberorum officiis epistola‹, und ein Libellus de presidentia Alexandri, Hannibalis et Scipionis), - Teil IV: 87v-110v (98r auf 1446 datiert; Inhalt: Marbod von Rennes: ›De lapidibus‹), - Teil V: 111r-125r (Inhalt: s. u.). Von den verschiedenen Schreibern nennen sich in Teil I ein Thomas de Curte Mediolanensis (Bl. 48v; vgl. Colophons de manuscrits 1965/82, Bd. 5, Nr. 17880-17884 [dort weitere Belege zwischen 1472 und 1487]) und in Teil II ein Petrus de Albano (Bl. 74r) mit Namen. Der Schlussfaszikel überliefert Bl. 111r-125r auszugsweise die ›Epitome‹ Perottis in folgenden Stücken (Avian-Fabeln nachstehend römisch gezählt, Phädrus-Fabeln arabisch gezählt): V,5-18, 5.1, 3.18, VI, Appendix Perrottina 4, XVI,1-18, XXII, XXIX, Appendix Perrottina 3, XXX,1-16, 4.25, IX, 5.5, XXXIII, Appendix Perrottina 13, XXV, 3.17, 3.14, XXXIX, Appendix Perrottina 12, 4.22, 3.1, XXXIV, XXXVII, Appendix Perrottina 11, 4.23 + (ohne Absatz) 4.24, XL, XLII, Appendix Perrottina 22, 3.4 + (ohne Absatz) V. 1-4 aus dem Epilog zum zweiten Buch, XXXII, XXVII, Appendix Perrottina 31, Appendix Perrottina 32 + (ohne Absatz) Appendix Perrottina 8, XIV, 3.9 (als Nachtrag), 3.10 (als Nachtrag und mit Textabbruch am unteren Rand von Bl. 125r).

Avian: ›Fabulae‹

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ferungen von Heinrich Steinhöwels ›Esopus‹ und seinen Fortsetzern4. Ferner bleiben das opus mixtum der ›Apologi Aviani‹5 und eine Abschrift des 17. Jahrhunderts unberücksichtigt.6

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Wenngleich für die Avian-Philologie ohne Wert, verdient der Textzeuge im Rahmen der spärlichen Bezeugung der Phädrus-Fabeln (vgl. GUAGLIANONE 1969, S. VII-XXV, und P. K. MARSHALL: Phaedrus. In: Texts and transmission 1983, S. 300-302) nähere Untersuchung. SANDRO BOLDRINI (Fedro e Perotti. Ricerche di storia della tradizione. Urbino 1988 [Pubblicazioni dell’Università di Urbino, scienze umane, serie di linguistica, letteratura, arte 11]) kennt ihn ebensowenig wie seine Rezensenten. NIKOLAUS SALLMAN hat in seiner Ausgabe von ›De die natali‹ (Censorini de die natali liber ad Q. Caerellium accedit anonymi cuiusdam epitome disciplinarum ed. N. S. Leipzig 1983, S. XIII) die Fabeln lediglich als »epigrammata varia« zu identifizieren vermocht. Dazu grundlegend DICKE 1994, hier besonders S. 369-449. Eine noch handschriftliche Überlieferung der lateinischen Versfabeln des Avian wird dort etwa für die Druckabschriften Br (Brüssel, Bibliothèque Royale, Ms. IV 128 [a. a. O. S. 441f.]) und W (Waddesdon Manor, Aylesbury/Buckinghamshire, James A. de Rothschild Collection, MS 15 [a. a. O. S. 447]) verzeichnet. Nennenswerte Zeugnisse für den Schulgebrauch einzelner Texte der von Steinhöwel ausgehenden Traditionslinie lassen sich nicht beibringen. Einzelne Ausnahmen (vgl. z. B. DICKE 1994, S. 452) bestätigen nur die Regel. Vgl. GRUBMÜLLER 1977, S. 60 (mit Anführung weiterer Literatur). Die ›Apologi‹ folgen in Bestand und Reihenfolge prinzipiell dem Vorbild der ›Fabulae‹. Allein Nr. XL und XLI sind, wohl irrtümlich, gegeneinander vertauscht. Die einzelnen Stücke sind regelmäßig zweiteilig gebaut. Auf eine Prosaparaphrase der entsprechenden Fabel, die öfter nur ein bis zwei Sätze umfasst, meist aber länger ausfällt, folgt ein zweiter Teil mit zumeist zwei bis sechs, vereinzelt acht und einmal zehn Versen, die dem Schluss der entsprechenden Fabel entnommen sind. Zu Nr. XIX, XXV und XXXVIII beschränken sich die ›Apologi‹ allerdings auf die Mitteilung des vollständigen Verstextes, andererseits bei Nr. XXVIII auf die Prosaparaphrase. Bei Nr. V, VII, VIII und XXXIV folgen auf die Schlussverse der Fabel jeweils auch noch ihre Eingangsverse. Bei Nr. X (E,3f.), XI (E,1f.), XIII (E,1f.), XIV (E,3f.), XV (E,1f.), XVII (E,1f.), XIX (E,3f.), XX (E,7f.), XXIX (E,1f.) folgt den Schlussversen auch noch ein Epimythion, bei Nr. XII sind es gar zwei (E,1-4), und bei Nr. VI besteht der Versteil überhaupt nur aus einem Epimythion (E,1f.). Prosa- und Versteil werden nach Möglichkeit syntaktisch miteinander verklammert, indem jener diesen häufig als aus dem Munde der Protagonisten zitierte Rede einleitet, etwa mit »respondit« oder »sic ait«. Gleichwohl kann man sich die Entstehung der ›Apologi‹ am leichtesten aus der bearbeitenden Exzerpierung einer Kommentarhandschrift vorstellen. Denn aus den Lücken einer solchen im Kommentar lässt es sich am einfachsten erklären, dass an drei Stellen der vollständige Verstext für die Paraphrase einspringt. Bearbeitend eingegriffen werden musste bei der syntaktischen Anschließung des Versteils an den Prosaabschnitt, die in den Verstext und Kommentar verbindenden Handschriften des 13. und 14. Jahrhunderts kein Vorbild hat. Auch wenn sich die eher schlichte Vorgehensweise des Redaktors/Bearbeiters/Abschreibers der ›Apologi‹ kaum mit einem relevanten Autoranspruch verbindet, nimmt der Text in seiner Machart doch eine eigentümliche Zwischenstellung ein zwischen den Handschriften mit Verstext nd denen mit separatem Kommentar. Ihn nachstehend auszuklammern, lässt sich im übrigen auch mit seiner handschriftlichen Überlieferung begründen. Denn diese bleibt mit zwei Zeugen, von denen der eine überdies Abschrift des anderen ist, überaus schmal (Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. 347 B; a. a. O., Ms. 347 C [Vorlage]). Auch hebt die Überlieferungsgemeinschaft der ›Apologi‹ hier wie dort mit dem ›Liber de proprietatibus rerum‹ des Bartolomæus Anglicus sie von allen Verstext- wie von allen Kommentarhandschriften ab. Schließlich entfernt sie drittens der hoch-

Verzeichnisse zur Überlieferung

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Das Verzeichnis weist die Materialbasis aus, auf die die Argumentationen im Untersuchungsteil sich stützen, und will sie weitergehenden Spezialuntersuchungen erschließen. Systematische Katalogbeschreibungen hingegen kann es nicht und will es nicht ersetzen. Auf Sigle und Aufbewahrungsort folgen zunächst Angaben zu Beschreibstoff, Umfang, Format, Datierung und Schreibheimat. Ein hochgestelltes Sternchen beim Aufbewahrungsort kennzeichnet autoptisch oder im Mikrofilm oder in Kopien ganz oder teilweise eingesehene Zeugen. Die Angaben zum Inhalt erschließen die Mitüberlieferung. Kleinteilige Zusammenstellungen werden gelegentlich nur kursorisch erfasst. Wo nicht anders angegeben, handelt es sich um lateinische Texte. Ausführlichere Angaben gelten nur den ›Fabulae‹. Hier werden der Bestand des Verstextes und der Bestand der Texterschließung sowie ihre Einrichtung detaillierter ausgewiesen. Hinweise auf Schreiber und Vorbesitzer beschließen den tabellarischen Teil. Ein zweiter, weniger formalisierter Darstellungsteil versucht die jeweilige Handschrift näherungsweise unter gebrauchsfunktionalem Aspekt zu charakterisieren. Das Hauptaugenmerk gilt hier stets dem Schulunterricht. Die abschließenden Literaturangaben sind dreigeteilt. Unter L1 wird zunächst die Berücksichtigung der Handschrift in der Avian-Philologie ausgewiesen, unter L2 werden die herangezogenen Katalogbeschreibungen aufgeführt, unter L3 schließlich weitere benutzte Forschungsliteratur. (Unter L2 und L3 aufgeführte Beiträge, die nicht im allgemeinen Literaturverzeichnis erscheinen, werden gleichwohl in der Beschreibung selbst nur mit Kurztitel angeführt.) 1.1 Handschriften mit dem Verstext Ant1

*Antwerpen (Anvers), Museum Plantin-Moretus, M 117 (DENUCÉ 1927, Nr. 140) Perg., 101 Bl., 19.5 x 13.5 cm, 2. Hälfte 14. Jh., Holland oder Flandern? 1r Abschrift einer Urkunde vom 20.5.1396, betreffend den Provisor des Armenhospitals St. Catharina in Nimwegen, Ludolphus die Mey 1v Inhaltsverzeichnis (15. Jh.) 2r-8r ›Disticha Catonis‹ (gloss., komm. [teilw. ausrasiert]) 8v-12v ›Facetus Cum nihil utilius‹ (gloss.) 13r-16v ›Contemptus mundi‹/›Cartula‹

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adelige Vorbesitzer des Ms. 347 C, Charles de Valois, Herzog von Orléans (1394-1465), weit von der Textüberlieferung im Umfeld institutionalisiert-gelehrten Unterrichts. GUAGLIANONE 1958, S. XXVI (Sigle Vv).

Avian: ›Fabulae‹

17r-27r 27v-33r 33r-44r

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Alanus ab Insulis: ›Liber parabolarum‹ (gloss.) ›Ecloga Theodoli‹ (gloss.) Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XLII. 2.a) Epimythien im Verstext: Nr. VI E,1f., X E,1f., XI E,1f., XII E,1-4, XIII E,1f., XIV E,3f., XV E,1f., XVII E,3f., XXIX E,1f. 2.b) Epimythien außerhalb des Verstextes: zu Nr. II (nicht bei GUAGLIANONE), XIV E,1f. Erschließung: 1. Einige Interlinearglossen von späterer Hand bei Nr. IIf. Einrichtung: einspaltig, 30 Zeilen pro Seite ohne Zwischenraum für Interlinearglossen. Die Textspalte ist an den inneren Blattrand gerückt, sodass außen ein breiterer Rand für die Aufzeichnung des Kommentars bleibt. Die einzelnen Fabeln beginnen jeweils in neuer Zeile mit vorangestellter rubrizierter Lombarde. Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit herausgerückter rubrizierter Majuskel. Schlussschrift Explicit Auianus poeta | Explicit expliceat | ludere scriptor erat.

44v-65v

Adam (Magister): ›Summula de Summa Raymundi‹ (gloss., komm.) 66r-69v Johannes de Garlandia (?): ›Poenitentiarius‹ (gloss.) 69v-75v Maximian: ›Elegiae‹ (komm. [ausrasiert]) (Schluss frgm.) 76r-79r Iupiter (Monoculus, Francigena): ›Ars dictaminum‹ (gloss., komm.) 79v-80r Johannes de Garlandia: ›Cornutus‹/›Distigium‹ (komm. [ausrasiert]) 80v-96v ›Anonymus Neveleti‹ (gloss., komm. [teilw. ausrasiert]) 96v-101v ›Vita Jesu Christi‹ (WALTHER Nr. 20674) 101v Inhaltsverzeichnis (15. Jh.) Vorbesitzer Nimwegen, Augustiner-Chorherren St. Catharina; Théodore Poelman (um 1510-um 1607) Ant1 teilt mit einem der drei Textzeugen, die THÉODORE POELMAN für seine 1572 erstmals aufgelegte Antwerpener Avian-Ausgabe heranzog, eine besondere Lesart, die die Handschrift eindeutig zu identifizieren erlaubt (GUAGLIANONE 1958, S. XXV und S. LVIII; HERRMANN 1939, S. 119). POELMAN, produktiver Herausgeber antiker Klassiker, der über viele Jahre eng mit dem »most important printing and publishing house that Belgium has ever had« (VOET 1969/72, Bd. 1, S. V), mit der Antwerpener Officina Plantiniana zusammengearbeitet hat, führt den Textzeugen unter der Sigle A und teilt seine Herkunft aus dem Nimwegener Katharinenkloster mit. Er hat ihn indes nicht vor Ort für seine Ausgabe konsultiert, denn die Handschrift ging in seinen Besitz über und dann mit weiteren Handschriften nach seinem Tod in die Bibliothek des Hauses

Verzeichnisse zur Überlieferung

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Plantins ein.7 Ant1 lässt sich gleich in dem ältesten erhaltenen Katalog der Plantin-Bibliothek nachweisen, der unter Jean (I.) Moret (1543-1610) von Balthasar (I.) Moret (1574-1641) 1592 erstellt wurde.8 Die Nimwegener Bibliotheksheimat von Ant1 wird überdies durch eine dem Buchblock vorgeschaltete Urkundenabschrift gesichert. Sie bezieht sich auf Ludolphus die Mey, den Begründer und, wie aus dem Text hervorgeht, ersten Provisor des 1339 von ihm gemeinsam mit seiner Frau Hadewiga gestifteten Nimwegener Armenhauses. 1402 änderte der Stifter seine Vorgaben, um einen Konvent für Regularkanoniker nach der Regel des Hlg. Augustinus einrichten zu lassen. Der Konvent schloss sich dann 1430 dem Windesheimer Kapitel an. Am Ort selbst wird man noch am ehesten Urkundenabschriften besessen haben, die die eigene Sache betrafen, sodass Ant1 das entsprechende Schriftstück wohl in St. Catharina selbst vorgeschaltet wurde. Aus der Geschichte des Hauses ergibt sich somit ein Hinweis auf den Zeitpunkt der Vorschaltung: Da der Urkundentext sich noch allein auf eine Funktion des Hauses als Armenhospital bezieht, noch nicht auf den 1402 daraus hervorgegangenen Kanonikerkonvent, wird er erst nach 1402 der Handschrift vorangestellt worden sein. Ant1 wurde der Konventsbibliothek sicher von außen zugeführt. Das ist ebenso äußerer wie innerer, ebenso konvents- wie bibliotheksgeschichtlicher und kodikologischer Gründe wegen anzunehmen. Zum einen liegen keine Nachrichten über im Konvent regelmäßig abgehaltenen Unterrichtsbetrieb vor. Zum weiteren sind Aufbau und Bestand der Konventsbibliothek zwar nur ungenügend erforscht, aber soweit ein Altbestand sichtbar wird, lässt er auf eine insbesondere in der Gründerzeit allenfalls spärliche Buchherstellung schließen. VAN SCHAIK stellt einen geregelten Schreibbetrieb sogar überhaupt infrage: »Of we mogen spreken van een scriptorium blijft vooralsnog een vraag« (1976, S. 113). Seine bibliotheksgeschichtliche Skizze (Monasticon Windeshemense, Bd. 3, S. 340f.) führt nur vier erhaltene Handschriften auf (Brüssel, Bibliothèque Royale, Ms. IV 110; a. a. O., Ms.

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Vgl. zum Vorgang VOET 1969/72, Bd. 1, S. 350f. (unter den S. 350 Anm. 6 aufgeführten Handschriften Ant1 fehlend). Der Katalog von 1592 nennt unter den »Manuscripti poetae« im Quartformat eine Nr. 49 »Catonis distiche cum aliis nonnullis; in pergameno« und unter denen im Oktavformat eine Nr. 53 »Disticha Catonis cum nonnullis aliis; in pergameno« (STEIN 1886, S. 216). Davon dürfte die Quarthandschrift Ant1 meinen. Balthasar (II.) Moret (1615-74) erstellte 1650/75 einen zweiten Katalog. In ihm entspricht Ant1 sehr wahrscheinlich Nr. 135: »Catonis disticha cum quibusdam aliis; 4°, characteris paulo recentioris« (STEIN 1886, S. 135). Der Eintrag Catonis disticha cum aliis von einer Hand des 16./17. Jahrhunderts in Ant1 Bl. 1r ist den Katalogeinträgen ganz ähnlich formuliert und stammt DENUCÉ zufolge von Balthasar Moret. Ob vom älteren oder jüngeren Balthasar, wird nicht mitgeteilt.

Avian: ›Fabulae‹

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22084; Oxford, Bodleian Library, Liturg. 253; Haaren, Groot-Seminarie, Ms. 25) und erwähnt eine weitere indirekt bezeugte. Diese Angaben bedürfen zwar der Ergänzung.9 Aber keine der neben Ant1 erhaltenen Handschriften ist noch vor dem zweiten Viertel des 15. Jahrhunderts entstanden: Die älteste von ihnen wurde 1427 angelegt.10 Drittens: Der relativ umfangreiche Kodex ist im Kern aus einem Guss. Die Texte sind alle vergleichbar eingerichtet und wurden von einer einzigen Hand aufgenommen. Auch die Glossen und Kommentare stammen ganz überwiegend von einer einzigen Hand, bei der es sich noch um die des Schreibers der Grundtexte handeln könnte. Zwar finden sich daneben mehrere Nachtragshände, doch bleiben deren Einträge kleinräumig, beschränken sich auf Textkorrekturen, kleinere Ergänzungen, Hinweise zur Buchorganisation und dergleichen mehr. Für geschlossene Anlage ist auch das zweite Inhaltsverzeichnis Bl. 101v anzuführen, das vermutlich noch vom Textschreiber angelegt wurde und die Texte römisch durchzählt. Auf diese Zählung wird jeweils zu Beginn der einzelnen Textstücke im Kopf der entsprechenden Blätter Bezug genommen. Weiter sind hier die Ausstattung der Lagen mit Reklamanten (Bl. 9v, 25v, 35v, 50v, 58v, 66v, 81v, 87v, 93v) und die einheitliche Beschaffenheit des Pergaments zu beachten: durchweg sehr minderwertiger, grober, bisweilen löcheriger und sogar genähter Beschreibstoff, der nicht einmal mehr gleichmäßig beschnitten werden konnte. Die Anlage der Kommentare erfolgte teils recht flüchtig; im Vergleich zu den Verstexten erscheinen sie bedeutend ungeordneter. Soweit sichtbar, wurden Konventshandschriften bedeutend sorgfältiger hergestellt als Ant1.11 Das muss zumindest irritieren. Dass die Handschrift keineswegs gezielt für konventsinterne Zwecke konzipiert wurde, wird schließlich auch von der auffallendsten sekundären »Gebrauchsspur« nahegelegt, die in der Beseitigung mehrere Kommentartexte durch Rasur besteht – und damit in einer tiefgreifenden Modifikation der ursprünglichen Anlage. Die ältere Geschichte der Handschrift liegt im Dunkeln. Allenfalls aus dem Profil der Textzusammenstellung und der Verteilung der Kommentare und Glossen sind einige Hinweise zu gewinnen. So scheint etwa der französische und auch in England verbreitete ›Liber Catonianus‹ des 13.

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Neben Ant1 ist Ant2 nachzutragen (s. u.). Ferner lässt sich Zwickau, Ratsschulbibliothek, Ms. XVI, ergänzen (vgl. SCHIPKE 1990, S. 8f.). Ant2 (s. die vorangehende Anmerkung) datiert bereits ins 11. Jahrhundert, ist demnach zweifelssohne »Import« und kann für die Frage der lokalen Buchproduktion unberücksichtigt bleiben. Vgl. Brüssel, Bibliothèque Royale, Ms. 22084 (1427 am Ort geschrieben): Manuscrits datés conservés en Belgique. Bd. 2: 1401-1440. Manuscrits conservés à la Bibliothèque Royale Albert Ier Bruxelles. Brüssel, Gent 1972, Abb. 306 zu Nr. 160. Sehr sorgfältig bis anspruchsvoll fallen auch die Textergänzungen aus, die in Ant2 angebracht wurden (s. u.).

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Verzeichnisse zur Überlieferung

und 14. Jahrhunderts in die Textzusammenstellung hineingewirkt zu haben. Vier seiner sechs Werke sind aufgenommen, und dies zudem in der verbreiteten Reihenfolge (›Disticha Catonis‹, dann nach Unterbrechung die ›Ecloga Theodoli‹ und der Avian, nach erneuter Unterbrechung die Elegien Maximians). Die Textzusammenstellung wird man demnach am ehesten am Rande des Verbreitungsgebietes des ›Liber Catonianus‹ zu verorten haben. Hier sind angesichts der späteren Bibliotheksheimat zuerst Flandern und Holland in Betracht zu ziehen. Die Mehrzahl der übrigen Werke ist in der Umgebung der ›Fabulae‹ ebenfalls gut bezeugt, so der ›Facetus Cum nihil utilius‹, der ›Contemptus mundi‹, der ›Liber parabolarum‹, der ›Poenitentiarius‹, der ›Cornutus‹, der ›Anonymus Neveleti‹, schließlich auch der im Inhaltsverzeichnis noch erfasste, heute aber fehlende ›Pamphilus‹. Deutlich seltener erscheinen in Avian-Umgebung die ›Vita Jesu Christi‹ (nur noch Wol2 ), die ›Summula de Summa Raymundi‹ (nur noch Bes und Hoh) und die ›Ars dictaminum‹ (einzig Ant1 ). Mit den letztgenannten Werken erfährt die Zusammenstellung von ohnehin Verbreitetem eine besondere Akzentuierung. Erkennen lässt sie ein gesteigertes Interesse an Bibeldichtung (Christusvita), an Hilfsmitteln für einen auch produktiven Umgang mit Texten (Ars dictaminis) und an Handreichungen für die Beicht- und Bußpraxis. Glossen und Kommentare sind sehr ungleich verteilt. Insbesondere der völlige Verzicht auf Texterklärung der Fabeln fällt auf. Die primäre Anlage der Handschrift zielte daher wohl kaum auf ein Kompendium einschlägiger Lehrtexte im Kontext eines geregelten Unterrichtsbetriebs etwa einer gehobenen Lateinschule oder der Universität. Dann wäre eine sehr viel systematischere Erschließung zu erwarten. Für die Annahme einer planmäßigen Anlage als Hilfsmittel eines Unterrichts auf niedrigerem Niveau hingegen, einer Pfarr- oder Stiftsschule etwa, fehlen die eindeutigen Indizien (siehe zum Vergleich etwa Dar 1 ). Demnach dürfte die Handschrift am ehesten auf die Bedürfnisse einer Einzelperson zugeschnitten gewesen sein und wird man für diese zuerst vom bereits lateinkundigen Geistlichen auszugehen haben, der sich mit Ant1 ein umfassenderes Handbuch für verschiedene Erfordernisse seines Berufsalltags erstellte oder erstellen ließ. Die Handschrift stammt jedenfalls sicher nicht noch aus seiner Ausbildungszeit und wurde von dort in die spätere Berufspraxis übernommen: Dafür sieht sie zu wenig »mitgenommen« aus. Aus der hier vorgeschlagenen Vorstellung ließe sich zwanglos das Interesse an Bibeldichtung erklären, auch jenes an Hilfsmitteln für das Verfassen eigener Texte und für die Beicht- und Bußpraxis ebenso. Die zahlreichen auch im Schulunterricht verbreiteten moraldidaktischen Werke könnten Materialien für die Predigt- und Seelsorgepraxis geliefert wie überhaupt als Thesaurus allgemeinen Orientierungswissens für den Le-

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bensalltag gedient haben. Anzeichen dafür, dass sie noch der Aneignung und Ausweitung lateinischer Sprachkompetenz gedient hätten, fehlen. Allenfalls für den ›Cornutus‹, dessen Anliegen auch in der Vermittlung lexikalischen Wissens liegt,12 mag das einzuschränken sein. Doch könnte auch seine Aufnahme gezielt im Blick auf die Produktion eigener Texte (›Ars dictaminum‹)13 erfolgt sein. L1 POELMAN 1572, S. 29 (Sigle A); CANNEGIETER 1731, Bl. *6v, **2r (Sigle A); GUAGLIANONE 1958, S. XXV (Sigle An); HERRMANN 1968, S. 26 (Sigle An). L2 DENUCÉ 1927, S. 110f. Nr. 140; KRISTELLER 1967/97, Bd. 3, S. 77. L3 Monasticon Windeshemense, Bd. 3, S. 334-349; REMI VAN SCHAIK: Het Nijmeegse regulierenklooster op nieuw onder de loep. In: Numaga 23 (1976), S. 109-121.

Ant2

*Antwerpen (Anvers), Museum Plantin-Moretus, M 374 (DENUCÉ 1927, Nr. 84) Perg., 73 Bl., 18 x 11 cm, 11. Jh. VD innen Inhaltsverzeichnis (15. Jh.) 1r leer 1v Inhaltsverzeichnis (15. Jh.) 2r-5v Sedulius: ›Epistola ad Macedonium‹ (Nachtrag 15. Jh.) 6r-36v Sedulius: ›Carmen paschale‹ und Hymnen 36v-37r Accessus zu Sedulius 37r-59v Prosper: ›Epigrammata‹ 59v-69v Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Epimythien im eigenen Textvorspann: Nr. VI E,1f., X E,1f., XI E,1f., XIII E,1f., XV E,1f., XIX E,1f., XXV E,1f., XXVI E,1f., XXIX E,1f., XXXVIII E,1f. 2. Widmungsepistel. 3. Fabeln Nr. IXXXVIII,1 (Textabbruch 69v unten). Erschließung: keine. Einige Interlineareinträge sind lediglich Textkorrekturen, die vielleicht noch vom Hauptschreiber des Textes stammen. Einrichtung: einspaltig, 33 Zeilen pro Seite ohne Zwischenraum für Glossen. Überschrift: Jncipit liber auiani poete. Die Verse des Epimythienvorspanns sind abgesetzt. Die Jncipit prologus aviani poete überschriebene Widmungsepistel dann ist fortlaufend geschrieben. Die Verse der Fabeln sind wiederum jeweils abgesetzt und beginnen mit Majuskel. Die einzelnen Fabeln werden durch rubrizierte Titel (in eigener Zeile) voneinander abgesetzt und beginnen jeweils mit rubrizierter Lombarde.

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Vgl. WORSTBROCK 1983, Sp. 618f. Die vor allem in Süddeutschland und in Österreich verbreitete ›Ars‹ hatte bei den Wiener Artisten »seit 1396 einige Jahrzehnte im Rhetorikuntericht einen festen Platz«: FRANZ JOSEF WORSTBROCK: Iupiter (Monoculus, Francigena). In: VL, Bd. 4, Sp. 429f., hier Sp. 429 (Ant1 dort nicht berücksichtigt).

Verzeichnisse zur Überlieferung

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70r-72v

grammatischer Traktat u. a. über Konjunktionen und die Variation (commutatio) von Verbal- und Nominalphrasen (Anfang und Ende frgm.) 73r-73v leer Vorbesitzer Nimwegen, Augustiner-Chorherren St. Catharina; Théodore Poelman (um 1510-um 1607) 2 Ant stammt wie Ant1 aus dem Besitz des Avian-Herausgebers THÉODORE POELMAN, der auch kleinere Einträge in die Handschrift vornahm (z. B. Bl. 69v). Die Bibliothek POELMANs gingen nach seinem Tod 1581 in den Besitz der Officina Plantiniana über.14 Ant2 fand sowohl in den unter Jean (I.) Moret von Balthasar (I.) Moret erstellten Katalog der Bibliothek von 1592 Aufnahme als auch in den von Balthasar (II.) Moret erstellten Katalog von 1650/75.15 GUAGLIANONE zufolge zog POELMAN Ant2 unter der Sigle N als Textzeugen für seine erstmals 1572 aufgelegte Avian-Ausgabe heran (1958, S. XVII, LV). Gesichert wird die von GUAGLIANONE nicht näher begründete Identifizierung mit POELMANs »N. liber Canonicorum Naui-

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Vgl. VOET 1969/72, Bd. 1, S. 350, Anm. 6 (dort auch Ant2 aufgeführt). Der Katalog von 1592 (STEIN 1886, S. 214-218) listet unter den »Manuscripti poetae« im Quartformat unter Nr. 39 einen »Sedulius; in pergameno« und ebenso unter Nr. 47 einen »Sedulius in pergameno« auf, ferner unter den »Manuscripti poetae« im Oktavformat unter Nr. 57 einen »Sedulius; in pergameno«. Einer dieser Einträge muss Ant2 meinen. Insgesamt bewahrt das Museum Plantin-Moretus heute noch vier Sedulius-Handschriften, nämlich neben Ant2 noch: - M 17.4 (DENUCÉ 1927, Nr. 176): Sedulius und Prosper (9. Jh.), - M 212 (DENUCÉ 1927, Nr. 126): Sedulius (20.6 x 14.5 cm, 14. Jh.), und - M 312 (DENUCÉ 1927, Nr. 62): Sedulius und Juvencus (26.5 x 20 cm, 9. Jh.). Der Plantin-Katalog von 1650/75 (STEIN 1886, S. 218-230) listet ebenfalls viermal einen Sedulius: - Nr. 116 (»Sedulii episcopi opera; item Prosperi epigrammata; item Aviana [!] poetae liber; 8° charactere satis antiquo«), - Nr. 117 (»Sedulii opera, iterum; 4°, charactere mediocre antiquitatis«), - Nr. 118 (»Sedulii idem, iterum; 4°, recentioris ch.«), und - Nr. 119 (»Sedulius, Prosper et allii [!]; 4°, vetusto ch.«). Davon kann allein Nr. 116 Ant2 meinen. Dem widerspricht zwar STEINs Anmerkung zur Stelle, nach der es sich hier um einen illuminierten Sedulius handele, doch muss STEIN da ein Irrtum unterlaufen sein. Einen Sedulius mit Miniaturen bewahrt das Museum PlantinMoretus nämlich einzig in M 17.4. Die Geschichte dieser Handschrift, die auch Prospers ›Epigrammata‹ enthält, ist relativ gut erforscht (vgl. v. a. PAULY 1968, S. 41-56). U. a. weiß man, dass diesem illustrierten Sedulius-Kodex im 19. Jahrhundert noch andere Texte beigebunden waren (Statius, Lucan), die nicht in den ältesten Überlieferungszusammenhang gehören. So kommt für ihn am ehesten Nr. 119 des Katalogs von 1650/75 infrage. Denn »et allii« wird auf die sekundär angebundenen und später wieder abgelösten Texte zielen. Nr. 117 dürfte dann M 312 (DENUCÉ 1927, Nr. 62) und Nr. 118 M 212 (DENUCÉ 1927, Nr. 126) entsprechen.

Avian: ›Fabulae‹

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omagensium Collegij Catharinae« (POELMAN 1572, S. 29) durch die Tatsache, dass Ant2 im 15. Jahrhundert von derselben Hand mit Inhaltsverzeichnissen ausgestattet wurde wie Ant1. Beide Handschriften müssen sich zu diesem Zeitpunkt in derselben Bibliothek befunden haben. Da für Ant1 Nimwegener Bibliotheksheimat unzweifelhaft ist, kann für Ant2 von derselben Herkunft ausgegangen werden. Ant2 fand wie Ant1 lediglich als Import Eingang in die Konventsbibliothek. Wann genau jedoch und auf welchem Weg Ant2 nach St. Catharina gelangte, ist unbekannt. Die beiden Inhaltsverzeichnisse im Vorderdeckel und Bl. 1v und die Ergänzung des ›Carmen paschale‹ um die Eingangsepistel jedenfalls stehen zeitlich nahe beieinander und wurden wohl im Zuge einer umfassenderen Revision des ganzen Bandes gemeinsam angebracht. Da das erste Inhaltsregister in den vorderen Innendeckel eingeklebt ist, könnte der Kodex bei Gelegenheit seiner inhaltlichen Erschließung und Ergänzung zudem gebunden16 und könnten in diesem Zusammenhang die beiden selbstständigen Blätter 1 und 73 hinzugefügt worden sein. Die ältere Besitzgeschichte der Handschrift ist unbekannt. Der alte Buchblock besteht aus acht regelmäßigen Quaternionen (Bl. 6-13, 14-21, 22-29, 30-37, 38-45, 46-53, 54-61, 62-69), die 64 Blätter umfassen. Sedulius, Prosper und Avian bilden eine geschlossene alte Einheit, die im 15. Jahrhundert in Anfang und Schluss unvollständig vorlag. Die Texte sind durchweg sehr ähnlich eingerichtet, auf Glossen und Kommentare ist durchweg verzichtet, und Bl. 6r-69v wurde entweder nur von einer einzigen Hand oder zwar von mehreren, aber doch eng aufeinander abgestimmt arbeitenden Händen beschrieben. Diesem Kernkomplex ist dann noch ein grammatischer Text angehängt. Dessen erste Blätter fehlen, wogegen die Aufzeichnung am Schluss bereits vom Schreiber abgebrochen wurde. Der Anhang könnte trotz Schreiberwechsel aber noch zum Grundbestand gehören: Mit dem Vorangehenden verbindet ihn die Niederschrift ebenfalls im 11. Jahrhundert und dazu die vergleichbare Texteinrichtung. Die Verbindung von Sedulius mit den Epigrammen Prospers und grammatischem Schrifttum wäre für die Zeit ja auch gar nicht ungewöhnlich (vgl. GLAUCHE 1970, S. 24). Ebensowenig ist freilich auszuschließen, dass dem schon verkürzten Kern, denn dem Avian fehlen ja einige Fabeln, erst nachträglich ein weiteres verkürztes Stück beigegeben wurde. Das müsste freilich zu einem Zeitpunkt geschehen sein, zu dem man die Trias der Schulautoren Sedulius, Prosper und Avian noch selbst-

_____________ 16

DENUCÉs Katalog macht hier leider nur sehr ungenaue Angaben: Ant2 weise einen alten Einband mit Holzdeckeln auf, die mit braunem gestempelten Leder überzogen seien und Reste metallener Schließen zeigten.

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Verzeichnisse zur Überlieferung

verständlich mit der Unterweisung in grammatische Sachverhalte verband, also eher noch im 11. oder 12. Jahrhundert als später. Die insgesamt eher sorgfältige Anlage und die fehlenden Spuren unterrichtstypisch-intensiver Nutzung der Handschrift verraten keinen bestimmten Gebrauchszweck. Der ganze Band sollte wohl zuerst als Textkompendium dienen, ohne auf eine bestimmte Nutzung schon spezifisch zugeschnitten zu sein. Er dürfte seinen ersten Platz in den Regalen einer Kloster- oder Dombibliothek gefunden und zu ihrer Grundausstattung beigetragen haben. Wenn die sekundäre Bearbeitung von Ant2 in Form der etwas aufwändigeren Textergänzung, der Ausstattung mit Inhaltsregistern und dazu vielleicht noch der Neubindung mit dem ja ganz ähnlichen Bemühen der Nimwegener Chorherren um das Aussehen von Ant1 (Inhaltsverzeichnis, zahlreiche Ausrasierungen möglicherweise als »Reinigung«, dazu wiederum vielleicht die Einbindung) zusammengesehen werden darf, dann liegen damit eine Reihe von Indizien für eine systematische Durchsicht und Aufarbeitung der Buchbestände des Konvents im 15. Jahrhundert vor. Was speziell Ant2 betrifft, war man freilich nurmehr um die Kodifizierung und Konservierung einer inzwischen sicher schon eher als Kostbarkeit betrachteten alten Pergamenthandschrift bemüht, die gar die Mühe einer Vervollständigung lohnte, aber kaum mehr interessiert an der Aufbereitung eines alten Schultext-Korpus für den – ohnehin anderwärts und auch mit Ant1 nicht zu belegenden – lokalen Schulunterricht. L1 POELMAN 1572, S. 29 (Sigle N); CANNEGIETER 1731, Bl. *6v, **2v (Sigle N); GUAGLIANONE 1958, S. XVII (Sigle At); HERRMANN 1968, S. 26 (Sigle At); GAIDE 1980, S. 72 (Sigle At). L2 DENUCÉ 1927, S. 74f. Nr. 84. L3 Siehe oben Ant1.

Aug1 *Augsburg, Staats- und Stadtbibliothek, 4° Cod 21 Pap., XII + 254 Bl., 21 x 16 cm, 2. Hälfte 15. Jh. (1473), Süddeutschland (Augsburg?). Ir Inhaltsverzeichnis Iv leer IIr-XIIv Jacobus Publicius: ›Ars memorativa‹ (Fortsetzung s. u. 70r) 1r-37v Accessus-Sammlung (inklusive eines Accessus in Avianum mit der Widmungsepistel 15rv) Grundtext: Widmungsepistel. Erschließung: keine – denn unmittelbar auf die Widmungsepistel folgt bereits, ohne abgesetzt zu sein, ein kurzer Accessus. Die Widmungsepistel wurde demnach als Bestandteil des Accessus verstanden. Für diesen ist andererseits festzuhalten, dass er deshalb die Widmungsepistel auch nicht »zu seinem Gegenstand« hat.

Avian: ›Fabulae‹

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Einrichtung: Überschrift Accessus in Avianum, Textbeginn mit rubrizierter Lombarde, Textaufzeichnung einspaltig, engzeilig fortlaufend in 32 Zeilen pro Seite.

37v 38r 38v 39r-61r 61v-62v 63r-64v 65r-69v 70r-73r 73v 74rv 75r-229v

Entwurf eines Lektüreplans (gestrichen) Lektüreplan Multiplikationstafel Traktat zur Arithmetik (dat. 1473) De procreatione pyramidum secundum Boethium Algorismus de minutiis vulgaribus et fractionibus Gotfrid Wolack: ›Regula de tri‹17 Jacobus Publicius: ›Ars memorativa‹ (Fortsetzung von XIIv) Notate zu Versmaßen leer Kommentar zu Alexander de Villa Dei: ›Doctrinale‹ III und IV 230r-242v Regulae grammaticales XXVI 243r-253v leer Schreiber fr. Petrus Vorbesitzer Augsburg, Benediktiner St. Ulrich und Afra Der Folioband ist aus St. Ulrich und Afra in die Staatsbibliothek gelangt. Er wurde in Augsburg wenn nicht bereits geschrieben, so auf jeden Fall systematisch erschlossen. Gebunden wurde Aug1 zwischen 1472 und 1532.18 Unterhalb des zeitgenössisch angelegten Inhaltsverzeichnisses nennt sich Bl. 1r ein frater petrus namentlich. Der Redaktor, vielleicht der erwähnte petrus, fungierte dabei kaum allein als Bibliothekar, in dessen Aufgabenbereich lediglich die inhaltliche Erschließung des Bandes bei Zugang in die Klosterbibliothek fiel. Das Inhaltsverzeichnis ist nämlich auffallend systematisch erstellt, schlüsselt es doch den Bestand der Accessus-Sammlung sehr detailliert auf, indem es die verschiedenen Accessus nicht einfach nach der Reihenfolge ihres Erscheinens ausweist, sondern nach den Verfassern der einzelnen Werke geordnet. Zudem könnte der genannte petrus an der Niederschrift selbst beteiligt gewesen sein. Bl. 1r schließt die Jahreszahl 1473 an seinen Namen an, und dieselbe Datierung auf 1473 taucht Bl. 61r in der Schlussschrift des arithmetischen Traktats noch einmal auf. Da die Texte im großen und ganzen geschlossen niedergeschrieben wurden, könnte gar die gesamte Konzeption des Bandes auf jenen frater petrus zurückgehen. Allein der Memoriertraktat, der im Inhaltsverzeichnis noch fehlt, fand wohl erst später Aufnahme. Er fehlt im

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Eine entsprechende Vorlesung hielt Wolack 1468 in Leipzig: KAUNZNER 1983, S. 37. ERNST KYRISS: Verzierte gotische Einbände im alten deutschen Sprachgebiet. Stuttgart 1951-58, Bd. 1, S. 9.

Verzeichnisse zur Überlieferung

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Register, und die entsprechenden Blätter sind auch nicht wie alle übrigen Texte von zeitgenössischer Hand mit arabischen, sondern erst von bedeutend jüngerer Hand mit römischen Ziffern foliiert worden. Der Hauptbestand war demnach vor dem Neuzugang bereits aufgenommen, der Band foliiert und bereits mit einem Register ausgestattet, auf das zunächst jedoch mehrere ungenutzte Blätter folgten. Diese scheinen dann für den Nachtrag genutzt worden zu sein, aber als dieser Platz auch nicht ausreichte, musste die Niederschrift an späterer Stelle auf weiteren Leerblättern fortgesetzt werden. Die Schriftzüge des Nachtragsschreibers heben sich nicht übermäßig von der schon vorhandenen Aufzeichnung ab; es könnte sich sogar um ein- und dieselbe Hand handeln. In diesem Zusammenhang mag der Verzicht auf die nachträgliche Korrektur der Foliierung und die Ergänzung des Registers von Bedeutung sein. Vermutlich war der Schreiber mit der Zusammensetzung des vorliegenden Bandes so sehr vertraut, dass sich ihm solcher Aufwand erübrigte. Für einen im Kern an eine einzige Person gebundenen, relativ homogenen Verwendungszusammenhang spricht weiterhin, dass sich der Nachtrag eines Memoriertraktats zwanglos ins Textprogramm von Aug1 fügt. Zwischen Mathematik, Grammatik und Lektüre der auctores morales ist es ohnehin breiter aufgespannt und wird mit dem Publicius um einen weiteren Aspekt des Trivialstudiums bereichert. Zum weiteren sind die Texte eher einer der elementaren Unterweisung in die Anfangsgründe des Lateinischen nachfolgenden, fortgeschritteneren Ausbildungsstufe zuzuordnen. Das wird etwa an der Aufnahme des ›Doctrinale‹ ersichtlich, aber auch an dem Bl. 38r aufgenommenen Entwurf eines Lektüreplans, der eine ideale Studienfolge der auctores morales entwirft und dazu eine beträchtliche Reihe der in der Accessus-Sammlung berücksichtigten Werke einbezieht. Anlage und Zusammenstellung von Aug1 scheinen demnach unmittelbar auf ein mit dem Schulschrifttum und dem Schulwesen des Klosters betrautes Mitglied des Augsburger Konvents zurückzugehen.19 Zweifellos im Hintergrund steht die nach mehreren Ansätzen seit 1458 unter Melchior von Stammheim mit Erfolg betriebene Reform des Klosters und seiner Studien.20

_____________ 19

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Für den fraglichen Zeitraum lässt sich ein Petrus (Berckenmair), der freilich im Unterschied zu seinem gleichnamigen Sohn und späteren Konventsmitglied Petrus d. J. Laie gewesen sein soll, als Lehrer an St. Ulrich und Afra namhaft machen: SCHMIDT 1985, S. 49. Zur Bibliotheksgeschichte des Klosters SCHMID 1985 (zur Reform im 15. Jahrhundert besonders S. 48f.), HÖRBERG 1983, S. 23-49, GIER 1995, S. 90-94, GRAF 1995, S. 110-146. Zur Augsburger Schulgeschichte HANS 1875, JOACHIMSOHN 1896 (der jedoch den spätmittelalterlichen Schul- und Unterrichtsbetrieb nur noch in seinen Ausläufern berücksichtigt) und KINTZINGER 1995.

Avian: ›Fabulae‹

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Im Unterricht selbst wurde die Handschrift nicht benutzt. Spuren hochfrequenter Nutzung fehlen ihr. Sie wurde eher als Handbuch für eine Verwendung im Hintergrund des Unterrichts angelegt. Dazu wurde teilweise auf beträchtlich ältere Vorlagen zurückgegriffen. So wurde die Widmungsepistel der ›Fabulae‹ schon im 12. Jahrhundert aus dem eigentlichen Textbestand ausgeschieden und taucht sie vor ihrer Wiederentdeckung im 16. Jahrhundert nur hier in Aug1 einmal auf. Auch der AvianAccessus stellt sich in seinen überaus knappen Angaben deutlich zu den Accessus des 12. Jahrhunderts. Den ausladenden Kommentareinleitungen, wie sie schon seit der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts im deutschen Sprachraum anzutreffen sind, steht er ganz fern. Der an die AccessusSammlung anschließende Lektüreplan ist in engster Anlehnung an Konrads von Hirsau ›Dialogus super auctores‹ entworfen und stimmt in seiner Autorenreihe über weite Strecken – ›Cato‹, Aesop, Avian, Sedulius, Juvencus, Prosper, Theodol, Arator, Prudentius, Tullius, Sallust, Boethius, Lucan, Horaz, Statius und Vergil – mit dem ›Dialogus‹ überein. L1 DICKE/GRUBMÜLLER 1987, S. LXIX. L2 KRISTELLER 1967/97, Bd. 3, S. 455; WOLF GEHRT: Die Handschriften der Staats- und Stadtbibliothek Augsburg 4° Cod 1150. Wiesbaden 1999 (Handschriftenkataloge der Staats- und Stadtbibliothek Augsburg 6), S. 34-39. L3 NORBERT HÖRBERG: Libri sanctae Afrae. St. Ulrich und Afra zu Augsburg im 11. und 12. Jahrhundert nach Zeugnissen der Klosterbibliothek. Göttingen 1983 (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 74; Studien zur Germania Sacra 15); WOLFGANG KAUZNER: Über die mittelalterlichen mathematischen Handschriften der Staats- und Stadtbibliothek Augsburg. Ein Beitrag zur Geschichte der Rechenkunst im ausgehenden Mittelalter. München 1983, S. 13, 49-53; ROLF SCHMIDT: Reichenau und St. Gallen. Ihre literarische Überlieferung zur Zeit des Klosterhumanismus in St. Ulrich und Afra zu Augsburg um 1500. Sigmaringen 1985 (Vorträge und Forschungen. Sonderband 33); MARTIN KINTZINGER: ich was auch ein schueler. Die Schulen im spätmittelalterlichen Augsburg. In: Literarisches Leben in Augsburg 1995, S. 58-81.

Aug2

*Augsburg, Universitätsbibliothek, Cod. II. 1. 4° 27 (ehem. Maihingen, Fürstlich Oettingen-Wallerstein’sche Bibliothek, Cod. 635) Pap., 256 Bl., 21 x 15 cm, 1450/51, Lateinschule Ulm. VD innen Erwerbsvermerk der Oettingen-Wallerstein’schen Bibliothek von 1814 1rv leer 2r-77r ›Disticha Catonis‹ (komm.) (dat. 1.10.1451) 77v leer 78r-81v Registrum dubiorum principalium zu Johannes de Garlandia (?): ›Poenitentiarius‹ (dat. 1451)

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82r-109v 110r-111v 112r-131v 132r-168v

Verzeichnisse zur Überlieferung

Johannes de Garlandia (?): ›Poenitentiarius‹ (komm.) (dat. 1451) leer ›Physiologus Theobaldi‹ (lat./dt. gloss., komm.) (dat. 11.12.1450) Avian: ›Fabulae‹ (dat. 1451) Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XLII. 2. Epimythien im Verstext: Nr. IV E,1f., VI E,1f. (vorangestellt), X E,1f., XI E,1f., XII E,1-4, XIII E,1f., XIV E,1-4, bei XIV (nicht bei GUAGLIANONE) Si iudex fias ne grauiora feras | Criminis illati vindictam dum cupit ille, XV E,1f., XVII E,1-4, XIX E,1f. (bei XVIII), XIX E,1-4, XX E,1f., XXI E,5f., XXIV E,7f., XXV E,1f. (bei VIII und XXV), XXVI E,1f., XXVIII E,3f.+1f., XXIX E,1f., XXXI E,1f., XXXVIII E,1f., XXXIX E,3f. Erschließung: 1. Accessus: engzeilig fortlaufend, vom Verstextschreiber, der ersten Fabel vorangestellt. 2. Kommentar (der Gruppe AMOP, vgl. SUERBAUM 2000, S. 425-429, sowie unten Mue8, Ott, Par 7 ): engzeilig, fortlaufend, vom Verstextschreiber. Seine regelmäßig wiederkehrenden Elemente: a) ausführliche Prosaparaphrase; b) ein regelmäßig als utilitas angekündigter Abschnitt mit der Benennung der Fabellehre; c) ein allegoria angekündigter Abschnitt mit einer geistlichen Ausdeutung, zu der mehrfach eine Alternative geboten wird (vel aliter). 3. Syntaxziffern: systematisch, von der Hand des Verstextschreibers. 4. Interlinearglossen: systematisch, von der Hand des Verstextschreibers, vereinzelt deutsch, in bis zu drei Zeilen. Einrichtung: einspaltig, in vorgezeichnetem Schriftspiegel, wechselnde Zeilenzahl pro Seite, da Text und Kommentar alternieren. Einsatz der Aufzeichnung mit engzeilig fortlaufend in kleinerer Glossenschrift aufgezeichnetem Accessus. Der Verstext erscheint in größerer Schrift, ist an den inneren Blattrand herangerückt, die Verse sind abgesetzt und weisen reichlich Zwischenraum für die Aufnahme der interlinearen expositio ad litteram auf. Der fortlaufend in kleinerer Glossenschrift aufgezeichnete Kommentar setzt zunächst am Rand in Höhe der entsprechenden Fabel ein, wird aber nach Ende des Verstextes über den gesamten Schriftspiegel geführt. Explicit: Et est finis anno domini 1451 etc.

169r-228r 228v-231r 231v-232v 233r-252v 253r-256v RD innen Schreiber

›Anonymus Neveleti‹ (lat./dt. gloss., komm.) (dat. 6.2.1451) ›Disticha Catonis‹ (bis III,17) leer Bernhard von Eisenach: ›De rarissimis vocabulis‹ (lat./dt. gloss., lat./dt. komm.) leer Besitzeintrag oder Federprobe Jtem Jtem Jch her Jacob van Land [Laud?] Jodocus Hoffmann (teilw.), Conradus Lamlin (teilw.), Ulricus Negellin (teilw.)

Avian: ›Fabulae‹

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Vorbesitzer Maihingen, Fürstlich Oettingen-Wallerstein’sche Bibliothek Die Handschrift wurde 1814 durch Fürst Ludwig für die Bibliothek der Grafen von Oettingen-Wallerstein erworben und kam mit dem Ankauf der gräflichen Bibliothek 1980 in die Augsburger Universitätsbibliothek. Weitere Vorbesitzer sind nicht bekannt. Dagegen informieren über Zeitpunkt und Ort ihrer Niederschrift gleich mehrere Schreiberkolophone. Finitus est libellus praesens in die remigi circa horam quartam post meridiem per me judoco hoffman Anno domini 1451 wird die Aufzeichnung der ›Disticha Catonis‹ beendet (1.10.1451). Explicit registrum huius libri 1451 (darunter zwei Wörter, wohl der Vor- und Nachname eines Schreibers, durch Übermalung jedoch unkenntlich gemacht) schließt das Register zum ›Poenitentiarius‹. Scriptum est tractatus iste sub anno domini 1451 secunda feria ante dominicam Esto mihi hora septima diei per me conradus lamlin Et finitus est endet der ›Poenitentiarius‹-Kommentar. Sic est finis proxima feria sexta post festum nicolai anno 1450 Et in eodem anno regnavit mors maxime ule Explicit schließt der ›Physiologus Theobaldi‹ (11.12.1450). Et est finis anno domini 1451 etc. endet der Avian. Explicit autor sub anno 1451 Explicit esopus per manus vlrici negellin tunc temporis praevisor lectionis cantoris proximo sabato post festum purificacionis marie ante cenam sub anno domini millesimo quadringentesimo quinquagesimo primo. Et anno praeterito fuerat mors schließt der ›Anonymus Neveleti‹ (6.2.1451; Explicit esopus per manus vlrici negellin ist durch Übermalung unkenntlich gemacht). Explicit ijsnacensis autor per discretum judocum hoffman deo gracias endet Bernhards von Eisenach ›De rarissimis vocabulis‹. Von der Hand Negellins stammen neben dem ›Anonymus Neveleti‹ sehr wahrscheinlich auch der ›Physiologus Theobaldi‹, dessen Schreiberkolophon wie beim ›Anonymus Neveleti‹ ein regnum mortis im Jahre 1450 notiert, und der von diesen zwei Stücken umschlossene Avian. Vom fragmentarisch nachgetragenen ›Cato‹ abgesehen waren an der Niederschrift damit in der Hauptsache drei Schreiber beteiligt – sofern man davon ausgeht, dass das Registrum zum ›Poenitentiarius‹ sehr wahrscheinlich ebenfalls von Lamlin geschrieben wurde, dessen Name aber unleserlich gemacht wurde. Die Schreibarbeiten erstreckten sich über etwa neuneinhalb Monate und war in den einzelnen Abschnitten aufeinander abgestimmt. Die aufgenommenen Texte lassen sich durchweg zwanglos in die Bandbreite einer Lektüre einordnen, wie sie für das universitäre Artesstudium oder eine besser ausgestattete städtische Lateinschule, Zwickau etwa oder Ulm, erwartet werden darf. Auf Kommentierung und Glossierung wird durchweg großer Wert gelegt. In der Einrichtung sind die Texte, im jeweils gegebenen Rahmen, untereinander angeglichen. Nicht zuletzt hatte man neben der lateinischen durchweg eine volkssprachige Texterklärung

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im Blick. Die einheitliche Konzeption einer über einen längeren Zeitraum betriebenen Gemeinschaftsarbeit setzt einen durchorganisierten institutionellen Entstehungshintergrund voraus, der sich im Amt des provisor lectionis cantoris, das Ulrich Negellin an dieser Institution 1451 innehatte, sogar in einem Funktionsträger greifen lässt. Es spricht damit einiges dafür, das ule im Kolophon des ›Physiologus‹ zu ulme aufzulösen (statt, auf Grundlage zu o verlesenener e-Abbreviatur, ultimo: so HILG S. 262) und Aug2 an einer der avanciertesten städtischen Lateinschulen des 15. Jahrhunderts zu verorten.21 Dann lässt sich das im Explicit des ›Physiologus Theobaldi‹ erwähnte regnum mortis auf die lokale Pest von 1450 beziehen.22 Und der Text des Avian-Kommentars geht dann auch kaum mehr nur zufällig mit Par 7 zusammen: Dieser Zeuge belegt nämlich die erneute Ulmer Verwendung des Avian-Kommentar für den Anfang der siebziger Jahre. Die Pariser Handschrift stammt überdies teilweise aus der Feder ebenfalls eines Negellin, nun freilich eines Johannes (Bl. 208r: per me Johannem negelin de lipheim). Dieser war vermutlich ein Verwandter des in Ulm bereits als Provisor etablierten Ulrich. Für wen Aug2 angelegt wurde, geht aus der Handschrift nicht hervor: Die kollektive Niederschrift des Bandes mag als Auftragsarbeit für einen vermögenderen Schüler erfolgt sein, mit dem sich fortgeschrittene Schüler und Hilfslehrer ein Zubrot verdienten. Die Namensnennung eines Jacob van Land oder Laud im Innenteil des Rückendeckels bleibt in ihrer Funktion undeutlich. Die Handschrift ist insgesamt sehr gut erhalten und zeigt keine Spuren intensiven Gebrauchs. Wenn es sich bei Aug2 um ein Auftragswerk gehandelt haben sollte, dann hat das Ergebnis sein Ziel wohl verfehlt. Diese Ulmer Schulhandschrift wurde nach ihrer Niederschrift kaum mehr benutzt. L1 OLDFATHER 1911, S. 110; GUAGLIANONE 1958, S. XXV (Sigle Mi). L2 KRISTEL1967/97, Bd. 3, S. 570f.; HILG 2007, S. 260-264.

LER

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Vgl. zuletzt, mit einer Zusammenstellung der Handschriften der Ulmer Lateinschule, jedoch ohne Aug2, BODEMANN/DABROWSKI 2000. Die Aufgaben der Ulmer Hilfslehrer, die als provisor und cantor bezeichnet werden, umreisst um 1500 ein »Lektionsplan« (Schulordnungen und Schulverträge, S. 125-128). Zu Amt und Bezeichnung auch NYSTRÖM 1915, S. 93-97 und 99-103. EUGEN NÜBLING: Die Reichsstadt Ulm am Ausgange des Mittelalters. (1378-1556). Ein Beitrag zur deutschen Städte- und Wirtschaftsgeschichte. Ulm 1904-07, Bd. 1, S. 205f.

Avian: ›Fabulae‹

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Bas1 Basel, Öffentliche Bibliothek der Universität, Cod. A X 6 Pap., 259 Bl., 14 x 20 cm; Teil VII (199-259): 2. Hälfte 15. Jh., Süddeutschland. VD innen Inhaltsverzeichnis von der Hand des Johannes de Frankfordia 1ra-49vb Jacobus de Benevento (?): ›Viridarium consolationis‹ 50r-108r Nikolaus von Lyra: ›Postilla in evangelia‹ 109r-130v Gebete und Hymnen 131r-140v Stundengebete, Notat De decem signis morientis, Ps.Augustinus: Psalterium quod matri suae composuit 141r-173v Augustinus: ›De opere monachorum‹ 174v-174r Heinrich von Langenstein: ›Tractatus bipartitus de contractibus‹ 174v Besitzvermerk Iohannis pastoris 175r-198v Laurentius de Civitate (de Aquileia): ›Summa dictaminis‹ (mit kleineren Anhängen wie einer Tabula dictaminis und einem kürzeren Traktat über die Rhetorik) 199r lat. Lemmata mit dt. Interpretamenten, gr. Alphabet mit lat. Auflösung, Federproben 199v leer 200r-223v Vergil: Eklogen (lat./dt. gloss.) 224r-239v Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XI, XIVf., XIII, XII, XVI-XXX,7, XXXII, XXXIV. 2. Epimythien im Verstext: Nr. VI E,1f., X E,5f.+1f., XI E,1f., XIV E,3f, 1f. und (nicht bei GUAGLIANONE) Si iudex fias ne grauiora feras | Criminis illati vindictam dum cupit ille, XV E,1f., XIII E,1f., XII E,1-4, XVII E,3f., XIX E,1-4, XX E,1f., XXI E,5f., XXIV E,7f., XXV E,1f., XXVI E,1f., XXVIII E,1f., XXIX E,1f., bei XXXII als Epimythion XXXIII,13f. (das im Verstext von XXXIII fehlt), XXXIII E,2f. Erschließung: 1. Interlinearglossen: systematisch, jedoch unter Auslassung einiger weniger Fabeln, teilweise dt. 2. Syntaxziffern: vereinzelt. 3. Marginalscholien: vereinzelt, aber insbesondere zum Anfang des Textes, lat. und teilweise dt. Einrichtung: einspaltig, 16-18 Zeilen, die Verse abgesetzt und mit Majuskeln beginnend sowie mit größerem Zeilenabstand für die Aufnahme von Interlinearglossen; die Fabeln abgesetzt und mit Freiraum für nicht ausgeführte Lombarden. Der Verstext ist an den jeweils inneren Rand gerückt und ein großzügiger äußerer Rand für die Aufnahme von Marginalien belassen. 237v unten bis 238v oben leer (Textlücke: XXX,8-XXXI).

240r-251r ›Ecloga Theodoli‹ (lat./dt. gloss., komm.) 252r-259v Guarino da Verona: ›Carmina differentialia‹ (lat./dt. gloss.) Vorbesitzer (nur 141-174) Johannes (Pastor); Basel, Augustiner-Chorherren St. Leonhard

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In einem Einband des 15. Jahrhunderts versammelt Bas1 sieben ursprünglich selbstständige Teile von verschiedenem Format und wechselnder Einrichtung.23 Der Band trägt im Vorderdeckel innen einen Papierzettel mit einem Inhaltsverzeichnis, das ihn vollständig erfasst. Angelegt hat es der »erste[] eigentliche[] Bibliothekar« des Leonhardsstifts, Johannes von Frankfurt, der in dieser Funktion in den siebziger Jahren des 15. Jahrhunderts, nachweislich 1477, zu greifen ist und in ihr vielleicht bis gegen 1480/85 wirkte.24 Die sieben Faszikel wurden wohl erst im Stift vereint. Da ist aus der Geschichte der leonhardinischen Bibliothek zu erschließen.25 Einen entscheidenden Wendepunkt markiert in ihr das Jahr 1464. Die Jahre zuvor waren von wiederholten Reformversuchen des im steten Niedergang begriffenen Stifts gekennzeichnet, das zuletzt nahezu nur noch dem Namen nach bestand. Als nichts mehr fruchtete, entschloss sich der Basler Bischof Johann von Venningen, das Stift in die Observanz des Windesheimer Kapitels zu geben. 1464 trägt das Generalkapitel den Visitatoren in Truttenhausen auf, St. Leonhard zu übernehmen. Erst von diesem Datum an beginnt das geistige Leben im Kloster sich allmählich wieder zu regen. Was jedoch die Bibliothek betraf, musste man nahezu von vorn beginnen. Die älteren Bücherbestände waren verloren: »Vermutlich wurde die kaum sehr grosse Bibliothek der Jahre 1356-1462 während des Niedergangs des Stifts und bei dessen Auflösung um 1450/60 verschleudert.«26 Bei den vor 1464 entstandenen Handschriften aus dem Besitz der Chorherren handelt es sich durchweg um spätere Neuerwerbungen aus den Jahren nach 1464. Gekauft wurde insbesondere Gebrauchsliteratur, die man sich nicht im Stift zusammenschreiben wollte und die dann meistenteils im Stift gebunden wurde. Unter diese Neuerwerbungen fallen wohl auch die ersten sechs Teile des Cod. A X 6, wurden sie doch alle noch in der ersten Jahrhunderthälfte geschrieben. Allenfalls für den letzten, erst in der zweiten Jahrhunderthälfte angefertigten siebten Faszikel mit den ›Fabulae‹ könnte man noch annehmen, er sei im stiftseigenen Skriptorium geschrieben worden, das gerade in den Jahren zwischen 1465 und 1480/1500 überaus produktiv war. Aber dieser Faszikel mit seinen Schultexten fügt sich über-

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24

25 26

Teil I: Bl. 1-49 (1. Hälfte 15. Jh.), II: 50-108 (1. Hälfte 15. Jh.), III: 109-130 (1. Hälfte 15. Jh.), IV: 131-140 (Anfang 15. Jh.), V: 141-174 (Anfang 15. Jh.), VI: 175-198 (1. Hälfte 15. Jh.), VII: 199-259 (2. Hälfte 15. Jh. [um 1470?]). SCARPATETTI 1974, S. 320. In SCARPATETTIs Liste mit Handschriften aus St. Leonhard (S. 361) fehlt Bas1; vgl. jedoch schon MARTIN STEINMANN: Die Handschriften der Universitätsbibliothek Basel. Register zu den Abteilungen A I - A XI und O. Basel 1982, S. 386 (zu »Basel, St. Leonhardsstift«) und S. 454 (zu »Johannes de Frankfordia, CanR s. Leonardi Basiliensis«). Vgl. zum folgenden SCARPATETTI 1974, hier zur Bibliothek besonders S. 294-323. SCARPATETTI 1974, S. 298f.

Avian: ›Fabulae‹

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haupt nicht in das Spektrum der Werke, die man ansonsten für wert erachtete, von eigener Hand dem Stift bereitgestellt zu werden. Hier dominieren im Gegenteil die Schriften der Kirchenväter und der Devotio moderna, weiter finden sich dann inbesondere Werke der Viktoriner, Predigtbände und Juristisches. Texte für das Trivialstudium hingegen sucht man in St. Leonhard vergeblich. Es liegt demnach nahe, den letzten Faszikel von Bas1, der erst in der zweiten Jahrhunderthälfte geschrieben wurde, ebenfalls als Import anzusehen. Dass man Zugang zu Quellen hatte, die grammatische und rhetorische Lektüren und Werke von Schulautoren bereit hielten, geht ja aus dem vorangehenden sechsten Faszikel hervor, der bereits in der ersten Jahrhunderthälfte und demnach sicher nicht in St. Leonhard niedergeschrieben wurde. Der siebte Faszikel ist im wesentlichen aus einem Guss. Seine Texte sind alle ähnlich eingerichtet und in vergleichbarer Dichte und Art erschlossen.27 Die Federproben am Anfang zeigen eine ursprünglich selbstständige Überlieferungseinheit an. Neben ihrem späteren Aufbewahrungsort setzt diese auch die fehlende Diphthongierung (z. B. Bl. 199v: hut für Haut) ins westliche Süddeutschland. Genauer als auf den Zeitraum zwischen der Mitte des 15. Jahrhunderts und 1485 – s. o. zu Johannes von Frankfurt – lässt die Niederschrift sich nicht eingrenzen. Wenn für den siebten Faszikel ursprünglich einmal eine Unterrichtsverwendung intendiert gewesen sein sollte, dann verweisen die mehr als nur vereinzelte Berücksichtigung deutscher Interpretamente in den Interlinearglossen und in den Marginalien sowie der Schwerpunkt in den marginal angebrachten Informationen auf lexikalischer und einfacher grammatischer Erläuterung insbesondere zur Deklination und zur Morphologie eher auf eine der Universität oder der gehobenen Lateinschule vorgelagerte Einrichtung. Dazu passend ergänzen die lückenhafte Aufzeichnung der ›Fabulae‹ und der Textabbruch in der Blattmitte von Bl. 239v, die Lücken im Glossenapparat und die unsystematisch angebrachten Marginalscholien den Eindruck eines eher weniger systematisch betriebenen Unterrichts. Zu welchen Zwecken die Fabelsammlung für St. Leonhard erworben wurde, wird nicht recht ersichtlich. Einen eigenen Lateinunterricht betrieb man im Stift nicht. Benutzerspuren, die eine intensivere Verwendung anzeigten, fehlen. Möglicherweise ist der Faszikel nur im Zuge der Ausweitungs- und Ausbaupolitik der Bibliothek in den Anschaffungssog geraten, ohne dass man für ihn eine spezielle Verwendung im Sinn gehabt hat. 1590 wurden die Handschriften des Leonhardsstiftes in die Bibliothek der Universität übernommen (SCARPATETTI 1974, S. 294f.). Auf diesem Wege wird auch Bas1 an seinen heutigen Aufbewahrungsort gelangt sein.

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Zu Bl. 200r-259v heißt es im Typoskript der Kurzbeschreibung: »Alles mit ungleich dichten Interlinear- und Randglossen, auch deutschen Interpretamenten.«

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L3 Monasticon Windeshemense, Bd. 2, S. 24-34; BEAT MATTHIAS VON SCARPATETTI: Die Kirche und das Augustiner-Chorherrenstift St. Leonhard in Basel (11./12. Jh.1525). Ein Beitrag zur Geschichte der Stadt Basel und der späten Devotio Moderna. Basel, Stuttgart 1974 (Basler Beiträge zur Geschichtswissenschaft 131).28

Bas2 *Basel, Öffentliche Bibliothek der Universität, Cod. A N II 42 Pap., 112 Bl., 29 x 21.5 cm, 3. Viertel 15. Jh., Südwestdeutschland. 1rv leer 2r Besitzeintrag Achilles Leisler (18./19. Jh.) 2v leer 3r-24v ›Anonymus Neveleti‹ (lat./dt. gloss.) 25r-37v leer 38r-52v Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XLII. 2. Epimythien im Verstext: Nr. VI E,1f., X E,7f.+1f., XI E,1f., XII E,1-4, XIII E,1f., XIV E,1-4, XV E,1f., XVII E,3f.+1f., XIX E,1-4, XX E,1f., XXV E,1 (an XXIV), XXV E,1f. (an VIII und XXV), XXVI E,1f., XXVIII E,1f., XXIX E,1f., XXXI E,1f., XXXVIII E,1f. Erschließung: keine. Einrichtung: einspaltig, 23 Zeilen pro Spalte. Die Textspalte ist an den inneren Blattrand gerückt, am äußeren Rand ist damit Platz für kommentierende Aufzeichnungen belassen. Die Aufzeichnung setzt in der ersten Zeile von 38r ohne Überschrift mit dem ersten Vers ein und endet 52v mit in eigene Zeile gesetzter Schlussschrift Et sic finitur auianus. Die Verse sind abgesetzt und beginnen jeweils mit einer Majuskel. Es ist großzügiger Zeilenzwischenraum für die Aufnahme von Interlinearglossen belassen. Vor jeder neuen Fabel steht eine Leerzeile, die wohl für die Aufnahme von Titeln gedacht war, die aber nicht mehr eingetragen sind.

53r-59v 60r-62r 62v-72v 72v-76v 77r-89v 90r-96v 97r-104v 105r-107v 107v 108r-112v

›Physiologus Theobaldi‹ (gloss., komm.) Johannes de Garlandia (?): ›Poenitentiarius‹ Hieronymus de Vallibus Paduanus: ›Jesuida‹ (lat./dt. gloss.) Johannes Serbacensis: ›De vita monachorum‹ Alanus ab Insulis: ›Liber parabolarum‹ ›Disticha Catonis‹ leer Jakob Wimpfeling: ›Carmen de Petro Hagenbach sub forma dialogi‹ (Nachtrag) Peter Luder: Verse auf Anna von Randeck (dat. 1474) (Nachtrag) leer

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Die Universitätsbibliothek Basel bewahrt ein Typoskript mit einer ausführlichen Handschriftenbeschreibung auf, das mir freundlicherweise zur Verfügung gestellt wurde.

Avian: ›Fabulae‹

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RD innen Besitzeintrag Johannis Fr=benij ex hammelburgk (16. Jh.) Vorbesitzer Johann Froben (1491-1527); Johann Philipp Achilles Leisler (1771-1813) Erster bekannter Besitzer der Handschrift war Anfang des 16. Jahrhunderts der berühmte Basler Drucker Johann Froben. Ihre ältere Besitzgeschichte ist unbekannt. Die Handschrift wurde planmäßig angelegt. Die Texte des Grundstocks sind weitgehend homogen eingerichtet und stammen alle von einer Hand. Nur die Nachträge des dritten Jahrhundertviertels, die auch für die Zeit vor Froben bereits an den Oberrhein weisen,29 wurden wenig später von einer zweiten Hand angebracht. Deren Hauptanteil liegt jedoch in der über mehrere Werke verteilten Ergänzung um Interlinearglossen und Scholien auf den Blatträndern. Letztere umfassen insbesondere Vokabelgleichungen, in denen lateinische Lemmata aus dem Verstext in die Marginalien übernommen und mit einem deutschen Interpretament versehen sind. Ferner ergänzte diese zweite Hand in den so bearbeiteten Stücken des öfteren Zwischentitel wie Lombarden auf dem dafür von der ersten Hand freibelassenen Platz. Schließlich stammen von ihr wohl auch die in mehreren Stücken anzutreffenden Unterstreichungen einzelner Verse, in den Fabeln v. a. der Pro- und Epimythien. Die Ergänzungen der zweiten Hand sind sowohl über die gesamte Textreihe der Handschrift insgesamt wie im Einzelfall ganz ungleichmäßig verteilt. Am meisten Aufmerksamkeit wandte man noch dem ›Anonymus Neveleti‹ zu. Doch selbst dieser ist zwischen Bl. 3r und 7v weder glossiert noch mit Marginalien versehen. Allenfalls vereinzelt sind Überschriften und Lombarden ergänzt und finden sich Unterstreichungen einzelner Verse. Glossiert wurde dann erst ab Bl. 8r, doch zeigen die Einträge im folgenden vielfach – der Schreiber nahm sich immer nur einzelne Fabeln heraus – große Lücken, um dann ab Bl. 17r schon wieder auszusetzen, und dies nun bis zum Schluss Bl. 24v. Insgesamt werden überhaupt nur elf Fabeln von der Bearbeitung erfasst. Solche nur sporadische nachträgliche Bearbeitung der Grundtexte vermag eine durchgehende Ausstattung mit Glossen und Kommentaren, wie sie in der gleichbleibenden Einrichtung, im durchweg größeren Zeilenabstand und im ebenfalls durchweg breiteren Rand durch die Texteinrichtung der ersten Hand eigentlich vorbereitet war, nicht zu ersetzen. Im inhaltlichen und formalen Erscheinungsbild der Texterschließung stellt sich Bas2 damit dem Avian-Abschnitt in Bas1 zur Seite. Entsprechend

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Vgl. die entsprechenden Bemerkungen vor Bl. 105r (brisacensis hominibus vniversis notum esse cupiunt) und vor Bl. 107v (petrus ludrer [!] pro sorore anna de randeck Jntravit Claustrum basilee ordinis minorum gnadental).

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dürfte auch diese Handschrift, wenn sie einmal für Unterrichtsverwendung angelegt worden sein sollte, eher an einer der Universität oder gehobenen Lateinschule vorgelagerten Einrichtung ihren Platz haben. Spuren eines intensiveren Gebrauchs weist sie freilich keine auf. Die Textzusammenstellung weist am ehesten in einen geistlichen Gebrauchs- oder Ausbildungszusammenhang. Die Kombination von ›Anonymus Neveleti‹ plus Avian plus ›Physiologus Theobaldi‹ erinnert deutlich an die Aufbereitung der »Prosa-Aviane« zu Handbüchern für die Predigtvorbereitung (s. o. Exkurs 2). Der ›Poenitentiarius‹ als kleine Handreichung für die Praxis des Seelsorgers, die ›Jesuida‹ und die ›Vita monachorum‹ ergänzen dieses Bild zwanglos. Mit den ›Disticha Catonis‹ und dem ›Liber parabolarum‹ rundet schließlich die Textzusammenstellung in gewisser Weise ein kleines Kompendium lehrhafter Sentenzen ab, das neben dem Verfasser von Predigten auch dem Schreiber von Briefen wie überhaupt jedem, von dem Unterweisungskompetenz in rechter Lebensführung erwartet wurde, nützlich sein konnte. L1 HERVIEUX 1893/99, Bd. 1, S. 601f., Bd. 3, S. 116-119; GUAGLIANONE 1958, S. XXIII (Sigle Bn). L2 KRISTELLER 1967/97, Bd. 5, S. 57; BEAT MATTHIAS VON SCARPATETTI: Die Handschriften der Bibliotheken von Aarau, Appenzell und Basel. Dietikon, Zürich 1977 (Katalog der datierten Handschriften in der Schweiz in lateinischer Schrift vom Anfang des Mittelalters bis 1550 1), Textbd., S. 227.

Ber 1

*Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ms. Diez. B Sant. 4 Pap., 187 Bl., 26.5 x 20 cm, 1343/44, Italien. 1ra-3rb ›Asinarius‹ 3va-6ra Vitalis von Blois: ›Geta‹ 6va-10vb ›Pamphilus de amore‹ (gloss.) 11r-19rb ›Disticha Catonis‹ (gloss., komm.) 19rb-30ra ›Ecloga Theodoli‹ (komm.) 30ra Accessus zum ›Facetus Cum nihil utilius‹ 30rb-38va ›Anonymus Neveleti‹ (lat./frz. gloss., komm.) 38va-42va Alexander Neckam: ›Novus Esopus‹ (gloss.) 42va-46va Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XLII. 2.a) Epimythien im Verstext: Nr. VI E,1f., X E,1f., XI E,1f., XII E,1-4, XIII E,1f., XIV E,1-4, XV E,1f., XIX E,1f., XXV E,1f., XXVI E,1f., XXXI E,1f. 2.b) Epimythien außerhalb des Verstextes: Nr. XVII E,1f. Erschließung: 42ra-vb ist ein Gesamtverzeichnis der Fabeln vorangestellt. Einrichtung: zweispaltig, 50 Zeilen pro Spalte. Den einzelnen Fabeln, die mit zweizeiliger Lombarde beginnen, ist in eigener Zeile zusätzlich jeweils

Avian: ›Fabulae‹

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eine eigene Überschrift vorangestellt. Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit Majuskeln.

46va-48vb ›Contemptus mundi‹/›Cartula‹ 48vb-50ra ›Facetus Cum nihil utilius‹ (gloss.) 50ra-61va Matthæus von Vendôme: ›Tobias‹ 62ra-64ra ›Quinque claves sapientiae‹ 64ra-68vb Ovid: ›Remedia amoris‹ 69ra-86rb Ovid: ›Heroides‹ 86va-105ra Ovid: Tristien 105ra-119vb Ovid: ›Ars amatoria‹ (gloss.) 120ra-140va Ovid: ›Ex Ponto‹ 140va-141vb Ps.-Ovid: ›De nuce‹ 141vb-142rb Ps.-Ovid: ›De somno‹ 142rb-va Ps.-Ovid: ›De cuculo‹ 142vab Ps.-Ovid: ›De pulice‹ 142vb-143ra Ovid: ›De anulo‹ 143ra Ps.-Ovid: ›De medicamine aureum‹ 143ra-va Ps.-Ovid: ›De quattuor elementis sive de quattuor humoribus hominum‹ 143vab Ps.-Ovid: ›De philomela‹ 143vb-144va Ps.-Ovid: ›De lupo‹ 144va-145rb Ps.-Ovid: ›De mirabilibus mundi‹ 145rb-149ra Ovid: ›Ibis‹ 149ra-va Ovid: ›De medicamine faciei‹ 149va-153rb Maximian: ›Elegiae‹ 153va-168vb Ps.-Ovid: ›De vetula‹ (gloss.) (dat. 1343/44) 169r-184v Pindar Thebanus: ›Ilias latina‹/›Homerus latinus‹ (gloss., komm.) 185r-187v Notate zu Pindar Thebanus: ›Ilias latina‹/›Homerus latinus‹ Vorbesitzer A. Beleviegne; Pietro Antonio Crevenna (†1792); Laurens van Santen (1746-98); Heinrich Friedrich von Diez (1751-1817) Die Besitzgeschichte des Kodex lässt sich nur bis ins ausgehende 18. Jahrhundert zurückverfolgen. Von den älteren Vorbesitzer ist jener A. Beleviegne, der sich in drei Einträgen des 14. oder 15. Jahrhunderts nennt (Bl. 119v, 153v, 184v), nur dem Namen nach bekannt. Die Handschrift hat ihre vorliegende Gestalt in zwei Hauptarbeitsschritten gewonnen. Eine erste Hand beschrieb Bl. 1ra-168vb mit den Grundtexten wie mit den Glossen und Kommentaren. Diesen Teil halten besondere Einrichtungsmerkmale zusammen. Der Schriftspiegel umfasst durchweg zwei Spalten. Allen drei Fabelkorpora (›Anonymus Neveleti‹, ›Novus Esopus‹, Avian) ist noch von Schreiberhand ein Register vorangestellt. Sie werden von der Texthand meist auf die gleiche Weise abge-

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schlossen: Erst auf mehrere Leerzeilen folgt eine Zeile mit dem Explicit, nach weiterem Freiraum dann die Ankündigung des Folgetextes. Nicht zuletzt setzt der ganze erste Teil sich regelmäßig aus Quinionen zusammen und werden Lagenreklamanten geführt. Schließlich weist er ein eigenes Kolophon auf. Danach wurde die Niederschrift am 4.7.1343 aufgenommen und am 5.5.1344 beendet.30 Eine zweite, spätere, aber noch zeitgenössische Hand fügte dann später die ›Ilias latina‹ und die Anmerkungen dazu an. Auf Teil 1 und 2 setzen mindestens drei spätere Benutzungsschichten auf: 1. In von Grundtext und Glossen deutlich zu unterscheidender, flüchtigerer Schrift nahm man Korrekturen an den Verstexten vor, z. B. am unteren Blattrand von Bl. 6vb und 38rb und, dort auch interlinear, beim Avian. 2. Zusammen zu sehen sind weiterhin die Einträge eines um effektive Erschließung und durchschaubare Organisation der Handschrift bemühten Benutzers. Ihr zuzurechnen sind eine über beide Teile der Handschrift laufende römische Foliierung und die zusätzliche Benennung der aufgezeichneten Stücke mit Kurztitel jeweils im Kopf der entsprechenden Blätter, die Ergänzungen der Register vor den Fabelstücken um Verweise auf die Foliierung, die Korrektur der Register, wo diese fehlende Fabeln ausweisen, die Identifizierung der Sprecherrollen im ›Geta‹ (z. B. Bl. 4v) durch Randhinweise, die Sicherung des Bezuges zwischen dem FacetusAccessus (Bl. 30ra) und dem erst später aufgenommenen Bezugstext (Bl. 49ra-50ra) durch zusätzliche Querverweise. Diese organisierende Hand ist nur »etwas jünger[]« (WINTER 1986, S. 19) als die erste Hand der Grundtexte. 3. Teil 1 und 2 werden schließlich noch von drei Besitzeinträgen des 14. oder 15. Jahrhunderts erfasst und zusammengehalten, die A. Beleviegne Bl. 119v, 153v und 184v anbrachte. Der erste Teil der Handschrift wurde in Italien geschrieben. Das ist sowohl an orthographischen Auffälligkeiten zu erkennen wie aus dem für den ganzen Kodex durchweg benutzten Papier italienischer Herkunft zu erschließen. Da ferner die Hand, die für die Erschließung des Kodex sorgte und die Teil 1 und 2 umfassende Foliierung anbrachte, nur wenig jünger als die der Grundtexte im ersten Teil ist, wird auch der zweite Teil in Italien aufgenommen worden sein. Darauf deutet neben dem dafür benutzten Papier die Tatsache, dass in den Anmerkungen zum Pindar Thebanus Bl. 185r-187v eine lateinische Übersetzung der griechischen ›Ilias‹ heran-

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B. 168vb: Jnceptum fuit hoc volumen IIIIa die mensis Julii. anno xliij. et finitum. va die mensis maij. anno Reuoluto.

Avian: ›Fabulae‹

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gezogen wurde, die auf den süditalienischen Philologen Leonzio Pilato (†1365) zurückgeht. Da Pilatos 1358-60 entstandene translatio der homerischen ›Ilias‹ keine übermäßig weite Verbreitung fand, wird man ihre Verwendung am ehesten in Italien erwarten.31 Einer gewissen Besonderheit seiner Vorlage war sich der Schreiber ohnehin bewusst, denn in ihr war, wie er eigens mitteilt, der lateinische Text interlinear über den des homerischen »Originals« gesetzt (Bl. 185r): Sequuntur quedam a libro habito paruorum librorum meorum extratta ad declarationem aliqualem historie troiane ab homero descripte. Sic jncipit translatio facta libri homeri de verbo ad verbum latinum positum supra quodlibet vocabulum grecum.

Die vereinzelten französischen Interlinearglossen zum ›Anonymus Neveleti‹ (z. B. Bl. 33va, 33vb, 34ra, 34vb, 35rb, 35va, 36rb) scheinen der italienischen Herkunft auf den ersten Blick zu widersprechen. Sie stammen jedoch noch von der Hand des Haupttextes, die sie aus der Vorlage übernommen haben könnte. Eine Verwendung einer französischen Vorlage lässt sich noch von anderer Seite stützen. Im ersten Teil lässt sich nämlich eine kleine Untergruppe von Texten abheben. So weisen der ›Cato‹ und der Theodolus besondere Schlussformulierungen auf (immer Laus tibi sit christe quoniam labor explicit iste), die zudem in besonderer Position stehen, nämlich nicht, wie sonst im ersten Teil, nach Leerzeilen. Diese zwei Explicits könnten aus einer besonderen Vorlage stammen. Ferner wurden nur diese beiden Texte und der folgende ›Anonymus Neveleti‹ mit einem Kommentar ausgestattet, der jeweils alternierend mit dem Verstext aufgenommen wurde. Innerhalb dieser Trias kommentierter Werke kann wieder zwischen dem ›Cato‹/Theodolus einerseits und dem ›Anonymus Neveleti‹ andererseits unterschieden werden. Während hier auf eine interlineare Glossierung weitgehend verzichtet ist – der ›Cato‹ hat sie nur zu Beginn – und die expositio ad litteram in die Kommentarabschnitte integriert erscheint, wurde die expositio im ›Anonymus Neveleti‹ in die Interlinearglosse überführt. (Die beiden folgenden Fabelsammlungen Neckams und des Avian weisen dann, wie die überwiegende Mehrzahl der Texte im ersten Handschriftenteil, weder Glossen noch Kommentare auf.) Alle diese Besonderheiten könnten mit der partiellen Übernahme eines modifizierten französischen ›Liber Catonianus‹ zusammenhängen, an den ja bereits die Abfolge ›Cato‹/Theodolus erinnert, mit der der ›Liber‹ einsetzt. Zu den festen Ausstattungsmerkmalen des ›Liber‹ gehört ferner die extensive und auf die Einrichtung des Grundtextes abgestimmte Texterschlie-

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Vgl. AGOSTINO PERTUSI: Leonzio Pilato fra Petrarca e Boccacio. Le sue versioni negli autografi di Venezia e la cultura greca del primo Umanesimo. Venedig, Rom 1964 (Civiltà Veneziana. Studi 16), S. 200f.

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ßung, wie sie auch die Eingangsstücke in Ber 1 zeigen. Weiterhin verweist auf den ›Liber‹, modifizierend indes auch schon über ihn hinaus, die Besetzung der dritten Position der Textreihe dann mit Fabeln – hier jedoch zunächst mit dem ›Anonymus Neveleti‹, dann mit dem ›Esopus‹ und erst zuletzt mit dem zu erwartenden Avian. Statt der einen Fabelsammlung ihrer also gleich drei, die aber in gewisser Weise als Einheit begriffen wurden. Denn alle drei sind sie, was sie von ihrer Umgebung abhebt, mit Registern ausgestattet. Im Incipit des zweiten Stücks wird zudem auf das erste (Bl. 38va: Jncipit alter Esopus), im Incipit des dritten auf die beiden vorangehenden Werke (Bl. 42va: Jncipit liber similis) verwiesen. Die Modifikation der Textreihe des französischen ›Liber Catonianus‹ und der Verzicht auf den Kommentar des ›Liber‹ zu den ›Fabulae‹ setzt seine italienische Übernahme in eine gewisse Distanz zu jenen schulischen Gebrauchsräumen, in denen der ›Liber‹ normalerweise kursierte. Diese Distanz gibt sich auch im opulenten Anteil der Ovidiana am Bestand von Ber 1 zu erkennen, die deutlich über die Hälfte des Handschriftenumfangs einnehmen und die Textsammlung insgesamt prägen. Hier war man an einem tendenziell vollständigen Autorkorpus interessiert, weniger an einer Verfügbarkeit einzelner Werke Ovids für den Schulunterricht. Nicht zuletzt halten die Anmerkungen zum ›Homerus latinus‹, die auf die philologischen »Spitzenleistungen« der Zeit in der Aneignung des Werks verweisen, Ber 1 von den Niederungen des Schulalltags fern. L1 SUERBAUM 2000, S. 385 Anm. 10. L2 URSULA WINTER: Die europäischen Handschriften der Bibliothek Dietz: Teil 1. Die Manuscripta Dieziana B Santeniana; Teil 2. Die Libri impressi cum notis manuscriptis der Bibliotheca Dieziana. Leipzig 1986 (Die Handschriftenverzeichnisse der Deutschen Staatsbibliothek zu Berlin N. F. 1,1f.), S. 18-22.

Ber 2

*Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ms. lat. quart 177 Pap., 15 Bl., 22 x 15 cm, Ende 14./Anfang 15. Jh., Böhmen (Leitomischl [Litomyšl]?). 1r-14v Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XXV,1, XXVI,10-XXVIII,10, XXV,2XXVI,9, XXVIII,11-XLII. 2. Epimythien im Verstext: Nr. VI E,1f. (an V), X E,1f.+5, XI E,1f., XII E,1-4, XIII E,1f., XIV E,1f., XV E,1f., XVII E,3f., XIX E,1f., XX E,1f., XXI E,1f., XXV E,1f., XXVI E,1f., XXIX E,1f., XXXVIII E,1f., bei XXXIX (nicht bei GUAGLIANONE) Noli suadere cum non vel ipse nocere | Dampnum milicie perluum patet hoc. Erschließung: 1. Interlinearglossen, die in mindestens zwei umfangreicheren Schichten eingetragen wurden, deren erste noch vom Schreiber des Grundtextes stammt. Diese Schicht dünnt mit fortschreitendem Verstext

Avian: ›Fabulae‹

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aus. Eine zweite Schicht wurde in dunklerer Tinte eingetragen und stammt von einer anderen Hand. Sie erstreckt sich in gleichbleibend hoher Dichte über die ganze Sammlung und trägt 14v ein eigenes Explicit: Explicit per manus petri de litomisnensis. 2. Kommentar: Er wurde auf dem dafür vorgesehenen Freiraum durchgehend vom Schreiber des Verstextes aufgenommen, systematisch zu jeder Fabel angebracht und formt jeweils eigene Textblöcke aus. Deren Platzierung auf dem Blatt bereitete jedoch große Schwierigkeiten. Die Textblöcke beginnen zunächst nämlich regelmäßig in der ersten Zeile der Seite, sodass sich der Kommentar allmählich gegen den Text verschiebt, bis dann der Kommentar zu Nr. XII etwa bereits 3v erscheint, der Grundtext jedoch erst 4v beginnt. Mit voranschreitender Aufzeichnung wird versucht, eine genauere Anpassung zu erreichen. Der Kommentar ist gleichbleibend aufgebaut: Auf das einleitende Verweislemma in etwas größerer Schrift folgt die Zusammenfassung der Fabellehre, eine zur Paraphrase überleitende, öfter zusätzlich rot gestrichelte Wendung (z. B. Et hoc probat sic), dann die Paraphrase. In den ersten Fabeln schließt noch eine allegorice-Auslegung an, auf die jedoch ab Nr. VI verzichtet wird. (Sie fehlt schon in Nr. IV). Hier steht regelmäßig nur noch die Einleitung dieses Abschnitts Dicit ergo für Dicit ergo allegorice (wie z. B. in Nr. II), jedoch bricht der Kommentar an dieser Stelle dann stets ab. Zu Beginn der Sammlung weisen einige Fabeln zusätzlich einen eigens markierten Abschnitt auf, in dem noch einmal eine Lehre benannt wird und der oft Fructus talis est quod [...] einsetzt. Auch dieser Teil wird später ausgelassen. 3. Weiteres: Von der Hand der zweiten Glossenschicht stammt ein in den reichlich verbliebenen Freiraum zwischen den Kommentarblöcken nahezu regelmäßig gesetztes Glossar, das in alphabetischer Reihenfolge lateinische Vokabeln und zusätzlich interlinear deutsche Glossen ausweist (2r: Vokabeln zu Buchstabe A, 3v: Buchstabe B, 4v: Buchstabe C usw.). Ferner stammen von dieser Hand einzelne Markierungen von Epimythien, mehrere senkrecht am Rand aufgenommene Merkverse, vielleicht auch zwei Alphabete (7v) und 12r das Incipit des ›Dictionarius versificatus‹ des Johannes de Garlandia. Einrichtung: einspaltig, 50 Zeilen pro Spalte. Eine Vorlinierung läuft über den ganzen Schriftspiegel, jedoch nutzt der Verstext nur einen Teil der Vorlinierung, sodass am Rand stets Freiraum für Erschließung bleibt. Die Fabeln beginnen jeweils nach einer Leerzeile (die dann die Glossen zum Eingangsvers aufnimmt) in neuer Zeile mit rubrizierter Lombarde. Die Verse sind abgesetzt und im Eingang mit rot gestrichelten Majuskeln markiert. Zwischen den Versen ist eine Zeile für die Aufnahme der Glossen frei belassen. Schlussschrift: Explicit auianus cum opere.

14v-15v ›Contemptus mundi‹/›Cartula‹ (gloss.) 15v Federproben Schreiber u. a. Petrus von Leitomischl 2 Bei Ber handelte sich um ein schmales Unterrichtsheft mit den ›Fabulae‹ und dem diese oft begleitenden ›Contemptus mundi‹. Die Herstellung für

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Unterrichtszwecke geht zusätzlich zum schmalen Umfang aus der späteren Verwendung der Handschrift hervor. Ber 2 zeigt deutliche Spuren intensiven Gebrauchs. Die Blätter sind durchgehend fleckig, weisen teils Wasserschäden auf, die Ränder sind oft abgegriffen und ausgefranst, teils ausgebessert. Die späteren Benutzer begriffen das ihnen Vorliegende nicht als ein Produkt von besonderem Anspruch. So finden sich an späteren Einträgen Bl. 4v verschmierte Federproben, Bl. 4r die Federzeichnung eines Hundes, Bl. 15v zahlreiche Kritzeleien und Federproben von verschiedenen Händen, die die Seite stellenweise unleserlich machen. Die für die ›Fabulae‹ herangezogene Vorlage verfügte über einen umfangreicheren und systematisch angelegten Kommentar, der mit voranschreitender Abschrift jedoch immer weiter verkürzt wurde. Auf der anderen Seite ist das auf die Vermittlung lexikalischen Wissen ausgerichtete Glossar individuelle Zutat. Mit ihm steht Ber 2 in der AvianÜberlieferung allein. Die Reduzierung des Kommentars zugunsten der Konzentration auf eine ökonomische Erfassung des Fabelgeschehens in den Paraphrasen und das Glossar zeigen die Verwendung auf einem Unterrichtsniveau unterhalb der Universität und besseren Lateinschule, jedoch oberhalb einer Praxis an, die auf schriftliche zugunsten okkasionell mündlicher Erläuterung – wie die zweisprachigen schlesischen Lesebücher mit ›Disticha Catonis‹ und ›Facetus Cum nihil utilius‹ seit der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts – ganz verzichtet. Zu Zeitpunkt und Ort der Niederschrift liegen nur ungefähre (KRISTELLER: 15. Jh.) bzw. gar keine Angaben vor. Das durchweg noch anzutreffende doppelstöckige »a« lässt jedoch eher noch das 14., allenfalls das frühe 15. Jahrhundert annehmen. Für die Lokalisierung können die deutschen Glossen herangezogen werden. Zahlreiche

-Graphien für anlautendes /b/ und -Schreibungen für anlautendes /k/ setzten die Handschrift in den östlichen Raum des süddeutschen Sprachgebietes und seine Ausstrahlungsgebiete.32 Dazu passt die Herkunft des Schreibers Petrus aus Leitomischl in Ostböhmen wie sein vermutlicher Aktionsraum. Ein Petrus aus Litomyšl schrieb nämlich 1415 in Böhmen den ›Liber rationalis divinorum officiorum‹ des Guilelmus Durandus.33 Nach Ausweis des Kolophons, das ihn als scolasticus bezeichnet (Comparatus autem per dominum petrum Scolasticum Luthomislensem sub anno domini Millesimo CCCC° Quinto decimo etc), leitete er eine kirchliche Lehranstalt.34

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34

Vgl. MOSER 1951, S. 103-115 (§ 137,1) und S. 256-268 (§ 149,1). Budapest, Országos Széchényi Könyvtár, Cod. Nem. Muz. 209, Bl. 411v. Vgl. Colophons de manuscrits 1965/82, Bd. 5, S. 107. Das Kolophon zitiert nach: Codices manu scripti latini. Bd. 1. Codices latini medii aevi. Recensuit EMMA BARTONIEK. Budapest 1940 (A magyar nemzeti múzeum országos széchényi könyvtárának. Címjegyzéke 12), S. 169. Vgl. NYSTRÖM 1915, S. 57 mit Anm. 3 (»[...]

Avian: ›Fabulae‹

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1378 ist ein »Pet. Luhtmischl« an der Prager Artistenfakultät bezeugt.35 Als geistliche Institution, deren Schule er vorstand, kommt hier zuerst das örtliche Prämonstratenserstift in Frage.36 Vielleicht wurde Ber 2 also für den Unterricht an der Stiftsschule der Leitomischler Prämonstratenser benutzt. L1 DICKE/GRUBMÜLLER 1987, S. LXVIII. L2 KRISTELLER 1967/97, Bd. 3, S. 486.

Ber 3/a *Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ms. lat. quart 536 Perg., 21 Bl., 16 x 13 cm, 2. Hälfte 13. Jh., Westdeutschland? 1r Notate, Federproben und Merkverse von verschiedenen Händen und ein altes Inhaltsverzeichnis 1va-13r Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XLII. 2.a) Epimythien im Verstext: Nr. X E,1f., XII E,1-4, XIII E,1f., XIV E,3f.+1f., XV E,1f., XVII E,1f., XIX E,1f., XXXVIII E,1f. 2b) Epiymthien außerhalb des Verstextes: Nr. IV E,1f., V E,1f., X E,5f., XIX E,3f., XXV E,1f., XXVI E,1f., XXIX E,1f. Erschließung: 1. Accessus (mit fließendem Übergang zum Kommentar der ersten Fabel). 2. expositio ad litteram von mindestens vier Händen sowohl in Form von Interlinearglossen als auch in vereinzelt stehenden Marginalscholien wie schließlich innerhalb der fortlaufenden Textblöcke am Rand mit dem Prosakommentar. Die Glossenverteilung hängt von der Gestalt des Kommentars ab. Enthält dieser regelmäßig expositiones, fehlen die Glossen der Grundschicht und erscheinen ganz überwiegend nur die Nachtragshände (bis Nr. XI) mit wenigen Einträgen. Bietet der Kommentar keine expositio (ab Nr. XII), dann wurden Glossen von der Hand des Verstextes und des Kommentars interlinear aufgenommen. Die Glossen erscheinen bis Nr. XXXIII in etwa gleichbleibender, relativ hoher Dichte. Ab Nr. XXXIII dünnen die Einträge aus. Manche Fabeln sind dann trotz fehlender Kommentar-expositio gar nicht glossiert (Nr. XXXVI), manche nur in ihren ersten Versen (Nr. XXXIII, XXXVII), manche nur von der Hand des Verstextes (Nr. XXXV). 3. Prosakommentar. Seine Elemente: - Benennung der Fabellehre (Muster Jn hoc appollogo ostendit quod nullus sociare se debet [...]); - Verweis auf die Fabelhandlung in der Variationsbreite einer einfachen Nennung der Fabelakteure (Muster et hoc probat [docet, facit, ostendit] per [...]), eines kurzen Rückverweises auf die Fabelhandlung (Muster et hoc ostendit per duos pisces, quorum alter perseverebat se alterum) oder einer ausführli-

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seit dem Ende des 13. Jh. ist scholasticus die feststehende Bezeichnung für den der Stiftsschule vorstehenden Kanoniker«) und S. 188. Liber decanorum facultatis philosophicae universitatis Pragensis, Bd. 1, S. 180. Über die Niederlassung informiert zusammenfassend NORBERT BACKMUND: Monasticon Praemonstratense, id est historia circariarum atque canoniarum candidi et canonici ordinis Praemonstratensis. Tomi primi editio secunda. Berlin, New York 1983, S. 359-361.

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Verzeichnisse zur Überlieferung

cheren Paraphrase; - expositio ad litteram, in ihr die Verweislemmata jeweils unterstrichen. Ab Nr. XII beginnt sich die expositio aus dem Kommentar zu lösen und wird auf Marginalien in Höhe der entsprechenden Verstextpartie verteilt, die auch interlinear in den Verstext gezogen sein können, überwiegend aber auf die ab Nr. XI breit einsetzende Interlinearglossierung. Einrichtung: einspaltig, 30 Zeilen pro Seite; der Verstext jeweils an den inneren Blattrand gerückt, sodass die Hälfte des äußeren Blattes für die Aufnahme des Kommentars frei bleibt. Der Verstext setzt nach dem eröffnenden, engzeilig fortlaufend geschriebenen Accessus in der ersten Zeile von 2r ein. Die erste Fabel trägt eine mit ausladenden Zierlinien versehene, zwei Zeilen hohe und rubrizierte Lombarde. Die Fabeln beginnen jeweils nach Absatz (ohne Leerzeile) in neuer Zeile mit zweizeiliger rubrizierter Lombarde. Die Verse sind abgesetzt, ihr Eingangsbuchstabe ist als Majuskel ausgeführt und herausgerückt; die Majuskeln sind auf jeder Seite durch einen durchgehenden senkrechten Strich rot hervorgehoben. Für Titel ist kein Platz belassen; sie wurden erst zusammen mit dem Kommentar eingetragen. Im Kopf von 2r Jncipit avianus; Textschluss: Explicit auianus cum apollogis. Der Kommentar wurde von einer einzigen Hand geschrieben und erfasst allen Fabeln der Sammlung, jedoch mit abnehmender Ausführlichkeit. Die Aufzeichnung setzt im fließenden Übergang aus dem Accessus heraus (1va-vb) und noch vor dem Verstext engzeilig und in kleinerer Schrift ein. Der Kommentar wird nach Beginn des Verstextes (2r) jeweils am äußeren Rand in der kleineren Schrift mitgeführt, wobei die Erläuterungen zu den einzelnen Fabeln auch jeweils ungefähr in Höhe des entsprechenden Verstextes beginnen. Bis etwa zur zehnten Fabel erscheint er als fortlaufend aufgezeichneter, selbstständiger Text. Ab Nr. X beginnt er sich in kleinere Blöcke aufzulösen und werden die äußeren Abstände zwischen diesen zunehmend größer. Die Kommentare nehmen dann sehr bald in der Regel nur noch zwischen fünf und zehn Zeilen ein.

13r-21r Horaz: ›Ars poetica‹ (gloss.) 21va-vb lat.-dt. Merkverse Weiteres s. u. Ber 3/b. Ber 3/b *Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ms. lat. oct. 87 Perg., 50 Bl., 16 x 13 cm, 2. Hälfte 13. Jh., Westdeutschland? 1ra-14vb ›Disticha Catonis‹ (gloss., komm.) 15ra-33rb ›Ecloga Theodoli‹ (gloss., komm.) 33v-50rb ›Anonymus Neveleti‹ (gloss., komm.) 50v Namenseintrag Johannis Thome de deydeouen, Vermerk zum Kaufpreis (Auianus et vetus poetria glosatus catho glosatus et opus cathonis Theodolus glosatus et opus Theodoli glosatus Esopus et opus super esopum pro iij solidis mit Zu-

Avian: ›Fabulae‹

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satz bonorum dinariorum), Federproben und Merkverse von verschiedenen Händen Vorbesitzer Johannes Thomas de Deideoven?; Amplonius Ratinck de Bergka (1363/64-1435); Erfurt, Collegium Amplonianum; Erfurt, Benediktiner St. Peter und Paul; J. J. Bellermann 3 Ber /a wurde 1899 von der Berliner Bibliothek erworben (im Vorderdeckel innen Akzessionsvermerk »acc. 1899,54«). Zur Herkunft bemerkt eine Hand des 19./20. Jahrhunderts auf dem ersten der beiden modernen Vorsatzblätter »Codex hic antiquissimus in Bibliotheca Patrum Benedictinorum repertus est«. Die Klosterbibliothek der Benediktiner vom Erfurter Petersberg löste sich nach der am 23. März 1803 von Preußen verfügten Säkularisation auf ungeordnete Weise auf und wurde in alle Richtungen zerstreut. Einige Handschriften, darunter Ber 3, wurden vom Erfurter Bibliothekar J. J. Bellermann gesichert und gelangten über ihn in die Preußische Bibliothek nach Berlin. Manche dieser Handschriften stattete Bellermann überhaupt das erste Mal mit Einbänden aus, und in der Regel versah er seine Manuskripte auf Vorschaltblättern mit Inhaltsverzeichnissen und dazu mit philologischen Anmerkungen zu einzelnen Stücken (THEELE 1920, S. 38). Auch Ber 3/a trägt einen Bellermann-Einband (a. a. O. S. 87 Nr. 39), und auf dem zweiten der Papier-Vorsatzblätter befindet sich ein modernes Inhaltsverzeichnis. Von derselben modernen Hand stammen sowohl das Inhaltsverzeichnis auf ergänzten PapierVorsatzblättern in Ber 3/b als auch die literarhistorischen Anmerkungen zu den ›Ecloga Theodoli‹. Auch dieser Kodex ging durch Bellermanns Hände und stammt ebenfalls aus dem Erfurter Peterskloster (a. a. O. S. 96 Nr. 69).37 Der typische Bellermann-Einband fällt dafür als Indiz freilich aus, da Ber 3/b noch über einen alten Einband aus lederüberzogenen Holzdeckeln verfügt, der noch aus dem 15. Jahrhundert stammen mag. Dass die Handschriften Bellermann getrennt vorlagen und getrennt in Berlin eingingen, geht zudem aus dem Fehlen jeglichen Hinweises von Bellermann auf ihre Verwandtschaft wie aus dem individuellen Akzessionsvermerk in Ber 3/b hervor.38 Die ursprüngliche Zusammengehörigkeit der beiden Teile wird durch die vergleichbare Einrichtung, die Identität des Haupttextschreibers, durch in beiden Teilen nachzuweisende Nachtragshände, in der Haupt-

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In der Petersberger Bücherliste von 1783 ist weder Ber 3/a noch Ber 3/b nachzuweisen, doch sind die Angaben in diesem Katalog bisweilen sehr knapp, und vollständig ist sie auch nicht. Vgl. den Abdruck der Bücherliste bei THEELE 1920, S. 59-74, dazu die Liste der zu identifizierenden Handschriften bei WIRTGEN 1936, S. 135-138. Vgl. im Vorderdeckel innen den Erwerbsvermerk »Acc. 23/4« (oder »Acc. 2314«). Getrennter Eingang wird ferner durch die den Umfang betreffende jüngere Notiz »50 Bll.« im Rückendeckel von Ber 3/b erwiesen, die sich allein auf diesen Kodex bezieht.

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Verzeichnisse zur Überlieferung

sache aber durch die Vermerke am Anfang und Ende der ganzen Sammlung erwiesen, die von einer einzigen Hand stammen, in beiden Fällen jeden einzelnen Text des Kodex in derselben Reihenfolge erfassen (Avian, Horaz, ›Cato‹, Theodolus, ›Anonymus Neveleti‹) und im zweiten Teil sogar ihre Ausstattung mit Kommentar (alle Texte des zweiten Teils) und Glosse (alle Texte des ersten und zweiten Teils) berücksichtigen. Diese Vermerke weisen den Kodex in seiner Gänze als ein en bloc angefertigtes, professionelles Werkstattprodukt des 13. Jahrhunderts aus. Als solches war es zunächst nicht gebunden. Das ist an den frei belassenen ersten und letzten Seiten zu erkennen, die die Textaufzeichnung schützen, aber etwa auch an den vom Gebrauch nachgedunkelten Rändern dieser Seiten, an denen die Umrisse eines alten Umschlagblattes hervortreten, das nicht ganz das Format der Blätter des Buchblocks erreichte. Gebunden wurde Ber 3, wenn der spätmittelalterliche Einband um den zweiten Teil zugleich der erste gewesen sein sollte, erst bedeutende Zeit später, und dabei zugleich in zwei Teile zerlegt. Am wahrscheinlichsten ist, dass dies bei Übernahme der Handschrift in die Klosterbibliothek von Sankt Peter geschah. Dort geschrieben wurde sie ja sehr wahrscheinlich nicht: Sonst hätte man sie wohl gleich in passenden Einheiten angefertigt, die man nicht gleich wieder hätte trennen müssen. Entsprechend wird Ber 3 in der Untersuchung WIRTGENs zur Schreibtätigkeit am Peterskloster bis zum 13. Jahrhundert nicht berücksichtigt. Die Auftrennung erfolgte zwischen den kommentierten und den unkommentierten Werken, wobei man den Avian, ganz dem Herstellungsvermerk des Textschreibers entsprechend, als ein unkommentiertes Werk begriff; zumindest im Blick auf die im letzten Viertel der Fabelsammlung stärker ausdünnenden Kommentarabschnitte ließ sich das in gewisser Weise auch rechtfertigen. Beim Binden wurde der Buchblock besonders am unteren Rand stärker beschnitten, sodass einige der Textnachträge unleserlich wurden: An einer Nutzung der Sammlung, wie sie indirekt in eben diesen Nachträgen bis zum Zeitpunkt der Bindung zu Buche schlug, war man nun offenbar nicht mehr interessiert. Auftrennung, Beschneidung und Bindung zusammen gesehen deuten darauf, dass die Handschrift von außen in die Klosterbibliothek eingebracht wurde und an ihrem neuen Aufbewahrungsort nicht mehr weiter für Unterrichtszwecke im engeren Sinne benutzt werden sollte, vielmehr schlicht ins Regal wanderte. Benutzungsspuren, die sich eindeutig auf den Zeitpunkt nach der Bindung festlegen ließen, finden sich jedenfalls nicht. Zuvor wurde Ber 3 im Collegium Amplonianum der Erfurter Universität aufbewahrt. Das von Amplonius Ratinck de Bergka zwischen 1410 und 1412 angelegte Verzeichnis seines Buchbesitzes, der dann in das von Ra-

Avian: ›Fabulae‹

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tinck gestiftete Collegium Amplonianum der Erfurter Universität einging, führt in der Poetria-Abteilung als Nr. 14 (MBK, Bd. 2, S. 13, Z. 10-12) Item liber Stacii Achilleidos, bene glosatus; liber apologorum Aviani; liber poetrie Oracii; distigium Cathonis cum glosa; Theodolus cum glosa; Esopus cum glosa.

Ohne schon vom zweiten Teil Ber 3/b zu wissen, einzig angesichts der Kombination des Avian mit der ›Ars poetica‹, erwog bereits LEHMANN, ob sich hinter diesem Eintrag nicht das Ms. lat. qu. 536 verbergen könne (MBK, Bd. 2, S. 6). Tatsächlich ist die Kombination dieser beiden Werke selten, stehen nur noch einmal in K-Kop3 die ›Ars poetica‹ und der Avian, dort in Form zweier Kommentare zu diesen Werken, unmittelbar beisammen. Ber 3/b setzt den Katalogeintrag Ratincks nach der ›Ars poetica‹ genau fort, und dies sogar – wenn man nur die entsprechenden begrifflichen Unterschiede berücksichtigt – bis in die Ausstattungsmerkmale der erfassten Werke hinein. Während die ersten beiden Stücke, Avian und Horaz, im Schreibervermerk als lediglich glossiert aufgeführt werden (glosatus) und im Katalogeintrag, der auf Glossen überhaupt nicht hinweist, entsprechend ohne weitere Textbeigaben genannt werden, verfügen die folgenden drei Stücke dem Katalog zufolge über einen Kommentar (cum glosa), den der Schreibervermerk indes anders, nämlich (wie z. B. auch in Ber 2 Bl. 14v) als opus zum jeweiligen Referenztext fasst. Lediglich der Statius – wahrscheinlich seine ›Achilleis‹ – fehlt heute, doch dürfte dieses Werk, wie aus den Leerseiten Bl. 1r und 50v zu schließen, aus den Spuren eines alten Umschlags um den ganzen Buchblock herum und nicht zuletzt aus den rahmenden Inhaltsverzeichnissen, die es nicht nennen, sekundär vorgebunden gewesen sein.39 Ratincks Büchersammlung, mit über 600 Bänden die größte Privatbibliothek des Spätmittelalters, speist sich aus den unterschiedlichsten Quellen: »die Herkunft der Codices Amploniani [ist] sehr verschiedenartig. Handschriften der Rheinlande sind besonders stark vertreten, aber nicht wenige auch aus Frankreich, Italien, England, Skandinavien, ja aus Palästina vorhanden.«40 Auf welchem seiner vielen Wege Ratinck, der die Schulen von Osnabrück und Soest besuchte und an den Universitäten in Erfurt, Köln, Prag und Wien studierte wie lehrte, die Avian-Handschrift Ber 3 in die Hände gelangte, dazu macht sein Katalog keine Angaben. Auszuschließen ist wegen ihres höheren Alters lediglich, dass Ratinck sich die

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Zu von Ratinck aus Gründen der Bibliothekssystematik vereinten Bänden vgl. SCHUM 1887, S. XVIII. So PAUL LEHMANN in MBK, Bd. 2, S. 1. Vgl. zur Entstehung der Sammlung und ihren Quellen auch KADENBACH 1995, S. 17-26.

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Handschrift in seinen Schul- und Universitätsjahren selbst geschrieben hat oder später für seine Bibliothek hat schreiben lassen.41 L1 GUAGLIANONE 1958, S. XX (Sigle Bl). L2 KRÄMER 1989/90, Bd. 1,1, S. 212, 226.

Ber 4

*Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ms. lat. oct. 266 (ehem. Cheltenham, Sir Thomas Phillipps Library, MS 215) Perg., 38 Bl., 19 x 12 cm, 13. Jh., Holland oder Flandern? 1r-6r ›Disticha Catonis‹ (gloss.) 6r-11v ›Ecloga Theodoli‹ (gloss.) 12r-23r Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XLII. 2. Epimythien im Verstext: Nr. VI E,1f., XI E,1f., XIV E,3f., XV E,1f., XVII E,1f., XXV E,1f., XXIX E,1f., XXXVIII E,1f., XXXIX E,3f. Erschließung: keine. Einrichtung: einspaltig, 31 Zeilen pro Spalte; der Verstext in die Blattmitte gerückt. Textende: Explicit iste Liber Amen. Die erste Fabel trägt eine zwei Zeilen hohe rubrizierte Lombarde. Die folgenden Fabeln beginnen jeweils in neuer Zeile mit rubrizierter Eingangsinitiale. Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit herausgerückten und gestrichelten Majuskeln.

23r-38v ›Anonymus Neveleti‹ 38v Namenseintrag j brasch Vorbesitzer J. Brasch?; Thomas Phillipps (1792-1872) Die Handschrift gelangte durch Ankauf am 21.7.1914 aus dem Antiquariat Jacques Rosenthal in München nach Berlin.42 Ihre ältere Besitzgeschichte lässt sich im Umweg über GUAGLIANONEs kritische Ausgabe erschließen, in der ein Manuskript aus der Sammlung des Sir Thomas Phillipps in Cheltenham aufgeführt ist, bei dem es sich um Ber 4 handelt.43 Vom neuen Berliner Aufbewahrungsort seines Textzeugen, den er in Fotographien benutzt hat, wusste GUAGLIANONE offenbar nichts.44 OLDFATHER zufolge befand sich das Manuskript aus Cheltenham schon 1911 nicht mehr

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Zu Auftragsarbeiten Ratincks vgl. SCHUM 1887, S. XI-XIII. Mitteilung der Bibliothek vom 16. Februar 1993. Die recto-Seite des modernen Vorsatzblattes trägt den Akzessionsvermerk »acc. ms. 1914.61«. Vgl. GUAGLIANONE 1958, S. XIX: »Che = Cheltenham. (Phillipp’s Lib.) 215, membr., saec. XIII, ff. 12r-23r, Aviani fabulas continet. Photographice expressum contuli«, und dazu: The Phillipps manuscripts. Catalogus librorum manuscriptorum in bibliotheca D. Thomae Phillipps, Bt. Ipressum typis Medio-Montanis 1837-1871. With an introduction by ALAN NOEL LATIMER MUNBY. London 1968, S. 3 Nr. 215: »Æsopi Fabulæ. 12mo: Vel. S: xiii.« Aufgrund der veralteten Angabe wird Ber 4 bei DICKE/GRUBMÜLLER 1987 irrtümlich unter den von GUAGLIANONE noch nicht berücksichtigten Textzeugen aufgeführt.

Avian: ›Fabulae‹

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im Besitze von Thomas Phillipps. Es war 1908 versteigert worden, hatte mehrfach den Besitzer gewechselt und landete schließlich 1911 bei Rosenthal in München: »In the second edition of the first volume on Phaedrus, pp. 577 f., HERVIEUX gave a brief and only partly satisfactory description of Ms. 215, membr., s. XIII, in the library of Sir Thomas Phillips, Bart., Thirlstane House, Cheltenham, England, which contained among other things the Fables of Avianus, f. 12a-23a. Inquiries at Thirlstane House elicited the information that the Ms. had been sold at auction at Sotheby’s as lot no. 714 to Maggs Bros. in London in 1908. These latter had sold it to Breslauer, and he to Rosenthal in Munich, where the Ms. was when last I heard of it a few months ago.«45

Von dort erwarb man Ber 4 1914 für Berlin. Folglich passt auch die von OLDFATHER erwähnte Beschreibung HERVIEUXs genau auf die Berliner Handschrift – von Irrtümern wie den dort übersehenen ›Ecloga Theodoli‹ abgesehen. Schließlich wird die Identität durch zwei von OLDFATHER (S. 121) mitgeteilte alte Signaturen des Cheltenham-Kodex zur Gewissheit. OLDFATHER liest sie als »V L« und »N. 18«. Ber 4 trägt auf der recto-Seite des ersten Pergamentblatts die Einträge »N. 18« (von einer nachmittelalterlichen Hand) und »Y i« oder »Y l« (von einer vielleicht noch mittelalterlichen Hand).46 Wann Phillipps Ber 4 für seine berühmte Büchersammlung erwarb, wusste schon OLDFATHER 1911 nicht mehr in Erfahrung zu bringen. Einen ersten terminus ante gibt der bei OLDFATHER zitierte, 1837 publizierte Katalog der Phillipps-Library, der Ber 4 als »215 Aesopi Fabulae. 12mo.: Vel. s. XIII.« ausweist. Phillipps muss seine Handschrift jedoch schon Jahre zuvor erstanden haben, da bereits HÄNEL sie 1830 unter den Cheltenham-Handschriften aufführt.47 Die weitere Vorgeschichte der Handschrift ist unbekannt. Die Beschreibung im Versteigerungskatalog von Sotheby’s liefert aber einen wichtigen Hinweis auf ihren mittelalterlichen Aufbewahrungs- und vielleicht auch Entstehungsort. Danach wurde für den alten Einband eine Urkunde von 1381, die sich auf Antwerpen und Tournay bezieht, verwendet: »THEODULUS. Catonis (Dionysii) Carmen de Moribus – Theoduli Ecloga – Flavii Aviani Fabulae – Aesopi Fabulae, manuscript of the 13th century, on vellum. sm. 8vo. XIII Century. This very important and early manuscript containing the above rare works is evidently of Belgian origin, as inside the cover is a charter dated 1381 relating to Antwerp and Tournay. Probably it belonged to the Abbey

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OLDFATHER 1911, S. 119f. Das »Y« wurde von OLDFATHER offensichtlich in »V« verlesen. Für den Hinweis auf die Signaturen danke ich Dr. Bernd Michael (Staatsbibliothek Berlin). Vgl. HÄNEL 1830, Sp. 807: »215. Aesopi fabulae; membr.«

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of Tournay, as according to Sanderus there was at one time in that library a manuscript containing Cato, Theodulus, Avianus, etc.«48

Die Urkunde befand sich bereits 1911 nicht mehr an ihrem Platz. Rosenthal hatte das Manuskript, das heute heute einen modernen Einband aus Buntpapier aufweist, neu gebunden. Wenn den Bearbeitern des Versteigerungskatalogs zu trauen ist – die indes recht marktschreierisch zu Werke gehen, denn um ein »very important and early manuscript«, das »rare works« enthielte, handelt es sich beileibe nicht -, dann könnte sich die Handschrift im ausgehenden 14. oder im 15. Jahrhundert auf belgischem Boden befunden haben. Diese Herkunft passte sowohl zu ihrem späteren Erwerb durch Phillipps, dessen Reisen als Büchersammler ihn nicht zuletzt durch belgische Bibliotheken führten,49 als auch zu Bestand und Abfolge der versammelten Werke. Mit der Trias von ›Cato‹, Theodolus und Avian erscheint Ber 4 wie ein halbierter ›Liber Catonianus‹, dessen Fabelanteil, direkt an den Avian anknüpfend, um den ›Anonymus Neveleti‹ erweitert wurde. Die Textreihe als solche führt an den Rand des französischen Entstehungsraums oder des französisch-englischen Verbreitungsraums des ›Liber Catonianus‹. Dass Ber 4 unmittelbar für den Schulunterricht angelegt wurde, lässt sich weder erweisen noch ausschließen. Die Seiten wurden in einem Arbeitsgang beschrieben. Alle Texte sind auf die gleiche Weise eingerichtet und stammen von einer einzigen Texthand. Diese oder eine spätere Hand brachte auch Lagenreklamanten an (Bl. 8v, 14v, 20v, 26v). Alle auf den ›Cato‹ folgenden Texte tragen (vielleicht noch alte) Blattweiser. Glossen und Kommentare waren zunächst nicht vorgesehen. Glossen stammen erst von späterer Hand, wurden aber nur sehr unregelmäßig angebracht. Sie bestehen aus unregelmäßig angebrachten Syntaxalphabeten (Bl. 1r-1v, 4r-5v, 6v-9v) und wenigen interlinearen Interpretamenten (Bl. 5v-6r, 27v, 30r). Den Avian erfassen sie nicht. Trotz planmäßiger Anlage und nahezu fehlender Texterschließung ist in Ber 4 kein eben anspruchsvolles Produkt entstanden, das etwa als Textsammlung für eine Bibliothek bestimmt gewesen wäre. Denn es wurde eher grobes Pergament als Beschreibstoff benutzt, das teilweise löcherig blieb, teils genäht wurde und öfter unregelmäßig beschnitten ist. Auch sind an den teils ein- und abgerissenen Blättern, die nicht selten fleckig sind, Spuren intensiveren Gebrauchs zu erkennen. Vielleicht trug Ber 4 ursprünglich nicht einmal einen festen Ein-

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OLDFATHER 1911, S. 120. OLDFATHER erwägt Herkunft aus Tournay und erwägt Identität mit der dort im 18. Jahrhundert aufbewahrten, inzwischen verlorenen Avian-Handschrift V-Tou (s. u.). Das ist jedoch, wie schon OLDFATHER zu bedenken gibt, bereits vom Textbestand her auszuschließen. Seine weitere Vermutung, Ber 4 sei dann vielleicht Abschrift aus V-Tou, bleibt Spekulation.

Avian: ›Fabulae‹

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band. Auf der recto-Seite des ersten und der verso-Seite des letzten Blattes sparen, vom inneren Rand ausgehend, die Flecken und mechanischen Benutzungsspuren ein Rechteck von etwa 13 x 7 Zentimetern aus. Um den Faszikel könnte einmal für längere Zeit lediglich ein einfaches Schutzblatt herumgelegt gewesen sein – vielleicht die alte Urkunde, die dann in den verlorenen Einband aufgenommen wurde. Ber 4 mag durchaus einmal als »Erstlesebuch« für den beginnenden Lateinunterricht gedacht gewesen sein, vergleichbar etwa den zweisprachigen schlesischen und rheinfränkischen ›Cato‹/›Facetus‹-Handschriften, die auf eine systematische Texterschließung ja ebenfalls nahezu ganz verzichten. L1 HERVIEUX 1893/99, Bd. 1, S. 577f., Bd. 3, S. 102; OLDFATHER 1911, S. 119-121; GUAGLIANONE 1958, S. XIX (Sigle Ch); DICKE/GRUBMÜLLER 1987, S. LXVIII.

Bes *Besançon, Bibliothèque Municipale, Ms. 534 Perg., 178 Bl., 19 x 13.5 cm, 2. Hälfte 13. Jh., Frankreich. VD innen Inhaltsverzeichnis (15. Jh.), Exlibris Jean Baptiste Boisot (17. Jh.) 1r-12rb ›Disticha Catonis‹ (gloss., komm.) 12v Notate, Verse (WALTHER Nr. 3031), Erläuterungen zu den ›Ecloga Theodoli‹ 13ra-34r ›Ecloga Theodoli‹ (gloss., komm.) 34r-34v De peccatis et de confessione (frgm.) 35ra-50v Alexander Neckam: ›De nominibus utensilium‹ (gloss., komm.) 51r-52r Register zu Adam (Magister): ›Summula de Summa Raymundi‹ 52v Computus-Tafel 53r-55r Johannes de Pulchro Rivo: ›Compilatio elucidans computum manualem‹ 55v Verse (WALTHER Nr. 14783) 55v-57r Odo de Soliaco: ›Constitutiones synodicae‹ 57r Auszüge aus Synodalstatuten 57v Cisiojanus (WALTHER Nr. 2808) (gloss.) 58r-58v Verse (WALTHER Nr. 1752, 4055, 8879, 9062, 16790, 18017) und Notate 59ra-71rb Kommentar zu Raymundus de Pennaforte: ›Summa de poenitentia‹ 71v Federzeichnungen, Notate 72r-103v Adam (Magister): ›Summula de Summa Raymundi‹ (gloss., komm.) 104r-108r ›Facetus Cum nihil utilius‹ (gloss., komm.) 108v-115r ›Contemptus mundi‹/›Cartula‹ (gloss.)

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115v-133v 134r-146v

Verzeichnisse zur Überlieferung

›Anonymus Neveleti‹ (gloss., komm.) Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XLII. 2.a) Epimythien im Verstext: Nr. VI E,1f., X E,1f., XI E,1f., XIII E,1f., XIV E,1-4, XV E,1f., XXIX E,1f., XXXI E,1f., XXXVIII E,1f. 2.b) Epimythien außerhalb des Verstextes: Nr. XII E,1, XVII E,1f., XIX E,1f., XXV E,1f., XXVI E,1f. Erschließung: 1. Accessus: am oberen Blattrand in kleinerer Kommentarschrift beginnend, über die ganze Blattbreite laufend und fließend in den am äußeren Blattrand aufgenommenen Kommentar zur ersten Fabel übergehend. 2. Interlinearglossen: durchgängig in annähernd gleichbleibender Dichte von der Kommentarhand angebracht, dazu wenige Nachträge von späteren Händen. 3. Kommentar: in der kleineren Schrift von Glossen und Accessus in der Regel auf dem etwas breiteren äußeren Blattrand angebracht. Bis Nr. IV enthalten die Kommentare noch ausführliche expositiones ad litteram, für die alle Ränder genutzt werden, sodass der Verstext von ihnen umrahmt wird. Ab Nr. IV entfallen diese Erläuterungen, die dann nur noch gelegentlich zumeist am schmaleren inneren Rand auftauchen. Damit klären sich auch die bei den ersten drei Fabeln noch undeutlichen Textbezüge. Die Kommentare erscheinen jetzt in Form weniger umfangreicher Textblöcke an den äußeren Rändern etwa in Höhe ihrer Fabel oder am oberen Rand des Schriftspiegels der Seite, auf der ihre Fabel beginnt. Obligate Elemente sind das Verweislemma und die einleitende Benennung der Fabellehre (regelmäßig nach dem Muster documentum est tale quod nemo [...]), auf die dann ein Kurzverweis auf die Fabelhandlung folgt. Fakultative Elemente sind die über den Kurzverweis auf die Handlung ausgehende Paraphrase (sehr häufig), die allegorische Auslegung (nicht eigens markiert, sehr bald schon fehlend) und die zusätzliche Benennung des fructus (selten). Die Kommentare der Grundschicht dünnen in der Ausführlichkeit mit voranschreitender Aufzeichnung zunehmend aus. Eine zweite Textschicht hebt sich von der ersten in dunklerer Tinte ab. Sie setzt ab Nr. XXIX ein und reicht bis Nr. XXXVI. In ihr werden die Kommentare um weitere Erläuterungen, jedoch nie um expositiones ad litteram, regelmäßiger hingegen um die geistliche Auslegung, aufgefüllt. Die Kommentare zu Nr. VIII-XI gehören keiner der beiden ersten Stufen an und wurden erst später angebracht. Einrichtung: einspaltig, 24 Zeilen pro Spalte. Der Verstext ist in die Mitte des Blattes gesetzt; die Ränder sind für den Kommentar etwas breiter belassen; zudem ist etwas Zeilenzwischenraum belassen. Der Textanfang ist nicht markiert; Textende: Dicit fessa manus quod et explicit hic Auianus nach Leerzeile sowie in neuer Zeile in kleinerer Schrift Explicit hic liber, sit scriptor crimine liber. (Das bezieht sich wohl auf die in der kleineren Kommentarschrift angebrachten Erläuterungen.) Die einzelnen Fabeln sind jeweils in eine neue Zeile gesetzt und beginnen mit zweizeiliger rubrizierter Lombarde. Die Verse sind abgesetzt, der erste Buchstabe ist als herausgerückte und gestrichelte Majuskel ausgeführt. Titel und Zählung fehlen. Die Epimythien außerhalb des Verstextes sind von mindestens drei späteren Händen nachgetragen. Die Textaufzeichnung wurde mit

Avian: ›Fabulae‹

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Sorgfalt begonnen, fällt jedoch mit voranschreitender Arbeit flüchtiger aus.

147r-178v Galfrid von Vinsauf: ›Poetria nova‹ (gloss., komm.) Vorbesitzer Jean Baptiste Boisot (1638-1694); Besançon, Benediktiner St. Vincent Erster bekannter Vorbesitzer war laut Exlibris Jean Baptiste Boisot, Abt von St. Vincent in Besançon. Der Buchbesitz des Abtes ging 1694 in die Bibliothek der Benediktiner von St. Vincent ein und von dort in die Stadtbibliothek über. Die Handschrift ist aus drei verschiedenen Teilen zusammengesetzt (I: Bl. 1-71, II: Bl. 72-146, III: Bl. 147-178). Sie bildeten bereits im 15. Jahrhundert einen Verbund, denn sie werden alle vom alten Inhaltsverzeichnis erfasst. Mit ihrer Einbindung ging ein Funktionsverlust einher. Auf die Verwendung der Kommentare war man nun nicht mehr angewiesen. Deren Text wurde bei der Beschneidung der Blätter an den Rändern öfter verstümmelt. Die drei Teile wurden vor ihrer Einbindung über eine längere Zeit hinweg gemeinsam benutzt. Da in allen drei Teilen zahlreiche fleckige, verschmutzte und abgegriffenen Blätter begegnen, wird die intensive Frequentierung aller drei Teile ihrer Beschneidung durch den Buchbinder zeitlich eher vorausliegen als auf sie gefolgt sein. So dürften auch die in Teil 1 (Bl. 71v: zwei bewaffnete Männer) wie Teil 2 (Bl. 127v: Mann in Rüstung) angebrachten Federzeichnungen schon auf dieser älteren Stufe angebracht worden sein. Querverbindungen reichen zeitlich bis in die Niederschrift der Texte zurück. Das Register zu (Magister) Adams ›Summula de Summa Raymundi‹ etwa wurde in den ersten Teil, die ›Summula‹ selbst aber erst in den folgenden zweiten Teil aufgenommen. Die umfangreicheren Texte der drei Teile wurden wohl in geringem zeitlichen Abstand voneinander aufgezeichnet und waren vermutlich von vornherein für eine gemeinsame Benutzung vorgesehen. So wurde für die gesamte Handschrift durchgehend grobes, unregelmäßig beschnittenes, teils löcheriges und genähtes Pergament verwendet. Durchweg wurde wenig Wert auf eine gleichmäßige Bildung der Lagen gelegt (vgl. JEUDY/RIOU 1989ff., S. 257f.). Vielleicht musste man sich mit den Konvoluten begnügen, die eben zur Hand waren. Ebenso wie die Werke in Teil 2 wurde die ›Poetria nova‹ in Teil 3 im wesentlichen bereits von der Grundhand mit Glossen und Kommentaren ausgestattet. Hier ist sogar zu erwägen, ob es sich nicht um denselben Schreiber handeln könnte wie in der vorangehenden Partie. Zumindest sind die beiden Teile in ihrer Einrichtung durch die Textaufzeichnung in der Blattmitte mit Rand für den Kommentar und mit herausgerückten und rubrizierten Majuskeln deutlich aufeinander abgestimmt. Der erste Teil erscheint demgegenüber auf den

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Verzeichnisse zur Überlieferung

ersten Blick bedeutend disparater, doch können hier mehrere Partien voneinander unterschieden werden: zuerst die Hauptstücke, der ›Cato‹, die ›Ecloga‹ und der Text Neckams, die in ihrer Darbietung und im Schriftcharakter untereinander ebenso wie zu den folgenden Teilen in Verbindung stehen. Wiederum wurden hier texterklärende Apparate überwiegend bei der Aufzeichnung angebracht. Davon abzusetzen ist der Kommentar zur ›Summa de poenitentia‹, der sicher von einer anderen Hand als die Gruppe von Grundstücken stammt. Schließlich bilden drittens die kurzen Stücke auf Bl. 51r-58v eine eigene Gruppe von Texten, an deren Aufzeichnung zahlreiche weitere Schreiber beteiligt waren. Der Textbestand von Bes gliedert sich demnach in verschiedene Schichten: - in eine Grundschicht größerer Stücke, die den ›Cato‹, die ›Ecloga‹ und Neckams ›De nominibus utensilium‹ in Teil 1, die ›Summula de Summa Raymundi‹, den ›Facetus‹, den ›Contemptus mundi‹, den ›Anonymus Neveleti‹ und den Avian in Teil 2 und Galfrid in Teil 3 umfasst; die Grundschicht könnte, vielleicht unter Beteiligung von mehr als nur einem Schreiber, in einem Zuge aufgezeichnet worden sein; - in eine erste Ergänzungsschicht, auf der von einem weiteren Schreiber und in der Einrichtung vom Vorgefundenen abweichend ein Kommentar zu Raymundus’ de Pennaforte ›Summa de poenitentia‹ aufgenommen wurde; - in eine weitere, in sich weiter zu differenzierende Schicht von Ergänzungen, die eine Vielzahl von verschiedenen Schreibern aufgenommene kleinere Stücke umfasst. Die Zusammensetzung der Sammlung insgesamt lässt damit Stufungen erkennen, die sich im Avian-Kommentar ganz ähnlich wiederfinden, in dem sich ebenfalls eine Grundschicht von einer zweiten größeren Ergänzungsschicht und einer weniger umfangreicheren weiteren Nachtragsschicht abheben lässt. Bes präsentiert sich damit im Ganzen wie im Detail als eine umfangreiche Grundsammlung von Texten, die in mehreren, teils umfassenderen, teils kleinräumigeren Schritten erweitert und ergänzt wurde. Bes wurde offenbar über eine längere Zeit auf dem Stand gehalten. Dem anhaltenden Interesse an ihrem Textkorpus entsprechen die zahlreichen Spuren ihrer mechanischen Abnutzung, die eine über einen längeren Zeitraum reichende Verwendung bekunden. Wo und wann genau und von wem der Band benutzt wurde, dafür fehlen sichere Indizien. Typologisch betrachtet muss für Bes Herstellung und Verwendung als Ausleihexemplar für Studium und Unterricht in Betracht gezogen werden, das über einen längeren Zeitraum aktualisiert und ergänzt wurde und durch mehrere verschiedene Hände ging, von denen

Avian: ›Fabulae‹

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sich aber keine namentlich als Besitzer eintrug.50 Die nähere Verortung dieses Unterrichts hat zum einen die noch recht ungeordnet und unbeholfen anmutende Vereinigung von Text und Kommentar im Layout zu bedenken. Sie bleibt hinter den in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts in Frankreich aufkommenden, souveräneren Lösungen, die den Stand des an führenden Bildungseinrichtungen bereits Realisierbaren markieren, zurück. Bes erinnert hier eher an eine Behelfslösung wie die in Ber 3 praktizierte. An diesen Befund lässt sich zum anderen das Fehlen sichtbarer Einflüsse der Textreihe des ›Liber Catonianus‹ anschließen. Wenn Bes als Mitlese-Exemplar in den Unterricht mitgenommen wurde, dann geschah dies entweder räumlich fern von führenden Zentren wie Paris und/oder an einer Schule von vergleichsweise niedrigerem als universitärem Niveau. Die Vereinigung von Handreichungen zur Buß- und Beichtpraxis mit Computistica und das Interesse an Synodalschrifttum lassen schließlich eine dezidiert der Ausbildung des Klerus gewidmete Einrichtung vermuten. L1 HERVIEUX 1893/99, Bd. 1, S. 541f., Bd. 3, S. 78; GUAGLIANONE 1958, S. XIX (Sigle Ve). L2 Catalogue général des manuscrits des bibliothèques publiques de France. Departements. Bd. 32. Paris 1897, S. 304-306; JEUDY/RIOU 1989ff, S. 257261.

Bre1 *Breslau (Wrocław), Biblioteka Universytecka, Cod. IV. Q. 88 Pap., 224 Bl., 21 x 15 cm, 2. Hälfte 15. Jh. (1457), Böhmen. 1r-163r Texte zur Ars dictandi (teilw. dat. 1457, teilw. lat./tschech. gloss, teilw. komm.)51 163v-164v leer 165r-197v ›Anonymus Neveleti‹ (gloss., komm.) 198r-200v leer 201r Notate 201v leer 202r-221v Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XLII. 2. Epimythien im Verstext: Nr. III E,3f., X E,1f., XII E,1-4, XIII E,1f., XIV E,3f.+1f., XV E,1f., XVII E,14, XIX E,1-4, XX E,1f., XXI E, 3f.+1f., XXII E,1f., XXIV E,3f., XXV E,1f., XXVI E,1f., XXVIII E,1f., XXIX E,1f., XXXI E,1f., XXXIII E,3f., XXXVIII E,1f., XXXIX E,1f. Erschließung: 1. Systematisch wurden über nahezu alle Fabeln Interlinearglossen in bis zu drei Zeilen in kleinerer Glossenschrift, zudem nicht

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Siehe etwa auch unten zu Handschrift Lin. Für Hilfe bei der Identifizierung der tschechischen Textanteile danke ich André Drewelowsky, Hamburg.

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Verzeichnisse zur Überlieferung

selten Syntaxziffern, aber nur ganz vereinzelt Marginalscholien angebracht. Einrichtung: einspaltig, 18-20 Zeilen, mit in die Mitte des Schriftspiegels gesetztem Verstext und nur wenig Rand für die marginale Ergänzung eines Kommentars. Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit Majuskeln, die einzelnen Fabeln beginnen jeweils in neuer Zeile mit (nicht ausgeführten) Lombarden. Explicit: Et sic est finis huius ewijani.

222r leer 222v-224v Notate Über die Herkunft der Handschrift ist nichts bekannt. Die tschechische Glossierung gibt nur einen ungefähren Hinweis auf den Entstehungsraum, eine in der Ars dictandi auf 1458 datierte Schlussschrift, die aber auch aus den Beispieltexten übernommen sein kann, nur einen ungefähren auf die Entstehungszeit. Der inhaltliche Schwerpunkt liegt auf der Ars dictandi, die mehr als zwei Drittel der Sammlung einnimmt. Mit ihr verbindet sich ein kleines Fabelkorpus, das aus der – im Spätmittelalter überhaupt häufig zu belegenden – Verbindung von ›Anonymus Neveleti‹ und Avian hergestellt wurde. Der ›Anonymus Neveleti‹ wartet im Unterschied zum Avian mit einem ausgiebigen Prosakommentar auf, wie er dem Typ nach auch in Handschriften universitärer Provenienz anzutreffen ist. Der Avian hingegen sollte von vornherein nicht ausgiebiger kommentiert werden, denn während im ›Anonymus Neveleti‹ Verstext und Kommentar einander abwechseln, wurden die Verstexte der ›Fabulae‹ fortlaufend hintereinander und lediglich mit etwas größerem Zeilenabstand für die Aufnahme von Glossen niedergeschrieben. Die Texte sind im wesentlichen von nur einer einzigen Hand geschrieben, die sich hier ein vielleicht für den persönliches Gebrauch bestimmtes Hilfsmittel für das Abfassen von Briefen angelegt hat, das mit den Fabeln aber zugleich einen umfangreichen Sentenzenthesaurus bereit hielt. Hinweise auf Unterrichtsverwendung fehlen. L1 DICKE/GRUBMÜLLER 1987, S. LXVIII. L2 KRISTELLER 1967/97, Bd. 4, S. 426.

Bre2 *Breslau (Wrocław), Biblioteka Universytecka, Cod. IV. Q. 126 Pap., 359 Bl., 21 x 15.5 cm, 2. Hälfte 15. Jh. (1459, 1475), Polen (Krakau). VD innen Inhaltsverzeichnis 1rv ›Versus de septem musis‹ (WALTHER Nr. 2983) (gloss.) 1v 2 Epigramme Martials 1v-12v ›Historia super devastatione civitatis Constantinopolitane‹ (gloss., komm.) 12v Francesco Barbaro: ›De fide et oboedientia mulierum‹ (frgm.)

Avian: ›Fabulae‹

13r-18r 18r-28r 29r-107v 108r-120v 121r-136v

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Ps.-Ovid: ›De lupo‹ (dat. 1475) (gloss.) ›Asinarius‹ (dat. 1475) (gloss.) Cyrillus: ›Speculum sapientie‹ (dat. 1459) (gloss., komm.) Vitalis von Blois: ›Geta‹ (dat. 1459) Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XLII. 2. Epimythien im Verstext: Nr. VI E,1f., X E,1f.+5f., XI E,1f., XII E,1-4, XIII E,1f., XIV E,3f.+1f., XV E,1f., XVII E,3f.+1f., XIX E,1-4, XX E,1f., XXI E,1-4, XXIV E,3f., XXV E,1f., XXVI E,1f., XXVIII E,1f., XXIX E,1f., XXXI E,1f., XXXIII,13f. als Epimythion an XXXII, XXXIII E,2f. (zwischen V.12 und 13), XXXVIII E,1f., XXXIX E,1f. Erschließung: 1. Accessus. 2. Interlinearglossen, die systematisch in bis zu zwei Zeilen von der Hand des Grundtextes angebracht wurden, einzelne Fabeln jedoch auslassen. 3. Prosakommentar, der im Prinzip die gesamte Sammlung erfasst, einzelne Fabeln jedoch auslässt. Der Kommentar baut sich regelmäßig aus der einleitenden Benennung der Fabellehre (Muster: In hoc apologo docet autor/magister nos [...]), einer knappen Prosaparaphrase (Muster: Et hoc docet per [...]) und einer sehr ausführlichen geistlichen Auslegung auf, die allegorice, mystice oder moraliter angekündigt sein kann, auf. Einrichtung: einspaltig, 23-24 Zeilen; der Verstext im Schriftspiegel an den inneren Blattrand gerückt, sodass am äußeren Rand reichlich Raum für Kommentierung bleibt. Die einzelnen Fabeln beginnen jeweils in neuer Zeile mit gestrichelter Majuskel und Alinea-Zeichen am Beginn. Die Verse sind abgesetzt und heben mit Majuskeln an. Für die in kleinerer Glossenschrift aufgenommenen Glossen ist zwischen den Versen Platz belassen. Der Prosakommentar erscheint auf den Blatträndern in kleinerer Glossenschrift und beginnt jeweils in Höhe der entsprechenden Fabel. Durch die Beschränkung auf die Benennung der Lehre und die Paraphrase bleibt zwischen den einzelnen Kommentarblöcken stets reichlich Freiraum.

136v-152r 153rv 154r-183r 183v 184r-195v 196r-214v 215r-275v 275v-277r 277r-279r

Adolf von Wien: ›Doligamus‹ (gloss., komm.) Johannes de Garlandia: ›Cornutus‹/›Distigium‹ (gloss.) Nigellus: ›Speculum stultorum‹ (gloss.) (frgm.) leer ›Brunellus‹ (gloss.) Alanus ab Insulis: ›Liber parabolarum‹ (lat./poln. gloss., komm.) Johannes de Garlandia: ›Carmen de mysteriis ecclesiae‹ (lat./poln. gloss., komm.) Simon de Cassia: ›Summa veritatis‹ (lat./poln. gloss.) ›Praecepta studentium‹ (WALTHER Nr. 3904) (lat./poln. gloss.)

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279r-283r

Verzeichnisse zur Überlieferung

›De disciplina clericorum‹ (WALTHER Nr. 4700) (lat./poln. gloss.) 283r-285v ›Scolaris‹/›De regimine scolarium‹ (WALTHER Nr. 4884) (lat./poln. gloss.) 285v-289r Regulae de statutis clericorum (lat./poln. gloss.) 289r-294r Regimen sanitatis (WALTHER Nr. 1039) (lat./poln. gloss.) 294r-307v ›Contemptus mundi‹/›Cartula‹ (gloss.) 307v-310r Regulae derivationum et dictionum 310v-312r De dictionibus numeralibus 312v Notat mit Hinweisen zur Bedienung des Clavicords 313r-358r Odo von Cheriton: ›Liber parabolarum‹ 358v-359v Introductio pro sermone faciendo in carnisprivio Schreiber per Georgium Schleyffir de brega [oder berga] (teilw.) Vorbesitzer Breslau, Fronleichnamskirche Der umfangreiche Sammelband wurde von mehreren Händen der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts in Polen, teilweise in Krakau von einem Georgius Schleyffir geschrieben. Dem alten Inhaltsverzeichnis nach schloss er ursprünglich mit einem Traumbuch (›Somnium Danielis‹), das heute fehlt. Wenn auch die »Schulgedichte« (Bl. 277r-285v) und Vereinzeltes zur Grammatik (Bl. 153rv, 307v-312r) auf Schulunterricht deuten, wurde die Handschrift gewiss nicht einsinnig für diesen angelegt bzw. zusammengestellt. Zum einen fehlen einschlägige Benutzerspuren, die eine frequentere Nutzung etwa als Ausleihexemplar (vgl. Bes und Not) anzeigten. Für einen einfacheren Unterrichtsfaszikel ist Bre2 ohnehin viel zu umfangreich. Zum anderen stand bei der Zusammenstellung etwa auch die Predigt (Bl. 358v359v) im Blick, dürfte sich der ganze Band speziell einem klerikalen Benutzer mit seinem reichen Bestand an »Tierdichtung« (Bl. 13r-28r, 184r195v) und speziell Fabeln (Bl. 29r-107v, 121r-136v, 313r-358r) sowie seinem Sentenzenvorrat (Bl. 196r-214v) wesentlich auch zum Gebrauch als homiletische Materialsammlung empfohlen haben. Zur entsprechenden Benutzergruppe fügt sich Einzelnes im weiteren Textbestand (v. a. ›De mysteriis ecclesie‹, Regulae de statutis clericorum), fügen sich aber auch Details wie das regelmäßige Angebot zu geistlicher Fabelauslegung in den Avian-Kommentaren oder das Notat zur praktischen Musikausübung (Bl. 312v). Ein den gesamten Band umfassender namentlicher Besitzeintrag fehlt. Auch von dieser Seite her wird man sich statt Anlage für den Privatgebrauch eines Einzelnen im Hintergrund der Entstehung von Bre2 eher eine geistliche Institution vorzustellen haben, die über eine Bibliothek verfügte, in der für verschiedene Aufgaben des Alltags ihrer Benutzer (zu predigen, zu musizieren, zu unterrichten) einschlägige oder nützliche Werke bereit gehalten wurden. Deshalb muss das Textangebot von Bre2 auf unmittelbar praktische Anwendungsinteressen

Avian: ›Fabulae‹

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nicht reduziert werden, da es sicher ebenso auch allgemeiner moraldidaktischer Erbauungs- und Bildungslektüre und als unterhaltsamer Leitfaden zur besseren Lebensführung dienen konnte.52 L1 HERVIEUX 1893/99, Bd. 4, S. 52-54; DICKE/GRUBMÜLLER 1987, S. LXVIII. L3 ERNST VOIGT: Kleinere lateinische Denkmäler der Thiersage aus dem zwölften bis 14. Jahrhundert. Straßburg, London 1878 (QuF 25), S. 7f.; BODEMANN 1988, S. 90-99.

Brüssel, Bibliothèque Royale Albert Ier, Ms. 11193 (›Ysopet-Avionnet‹):53 s. o. die Vorbemerkung mit Anm. 2. Cam1 *Cambridge, Corpus Christi College, MS 233 Pap., 182 Bl., 21.5 x 14.5 cm, 4. Viertel 15. Jh. (1475-79/86), England (Eton, Cambridge?). 1r-9v Traktat zur Syntax 10r lat.-engl. Notate und Verse 10r-16v ›Facetus Cum nihil utilius‹ (engl. gloss.) 17r-20r Johannes de Garlandia (?): ›Poenitentiarius‹ (engl. gloss.) 20v-34v Traktat zur Rektion 35r-53r lat.-engl. Traktat über Präterita und Supina 53v-55v Konjugationsbeispiele 56r lat.-engl. Wortgleichungen 56v-65v Auszug aus Alexander de Villa Dei: ›Doctrinale‹ (komm.) 66r-70v lat.-engl. Traktat über Nomina heteroclitica 71r-85r Alanus ab Insulis: ›Liber parabolarum‹ 85r lat. Phrasen mit engl. Übersetzung, Notate 85v Federzeichnung eines Mannes mit Dudelsack 85v-93r ›Ecloga Theodoli‹ (lat./engl. gloss.) 93v lat.-engl. Bezeichnungen für Bäume und Früchte 94r lat.-engl. Glossar, Federproben 94v-95r Beginn eines Traktats über Orthographie (frgm.) 95r Notat zur Grammatik (über den Vokal »a« in verschiedenen lautlichen Umgebungen) 95v Beginn eines Traktats über Orthographie (frgm.) 95v engl. Verse

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Vgl. dazu, von der Handschriftenüberlieferung der Cyrillus-Fabeln ausgehend, etwa die Bemerkungen bei BODEMANN 1988, S. 93, die zu Recht fordert, dass die Grenzen zwischen den verschiedenen Funktionalisierungen für jede Handschrift einzeln gezogen werden müssen. Das darf aber natürlich nicht daran hindern, ein offeneres Gebrauchsangebot, wie es in Bre2 vorliegt, eben als solches zu beschreiben. Vgl. HERVIEUX 1893/99, Bd. 1, S. 582f., Bd. 3, S. 103f.; GUAGLIANONE 1958, S. XXII (Sigle Bs); HERRMANN 1968, S. 26 (Sigle Bs).

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96r-106r 106r 106v-113r 113v 114r-117v 118r-120v 121r-150r 150v 151r 151v-160v 161r 161v 162r-163r 163v 163v 164r-169v 170r 170v 171rv

Verzeichnisse zur Überlieferung

Auszug aus einem grammatischen Traktat über Orthographie (lat./engl. gloss.) Notate zur Grammatik (über den Konsonanten »l«, über den Unterschied zwischen agredula und acredula; über das Wort agucio) Traktat über den Modus verbi Notate zur Grammatik, lat.-engl. Glossar Traktat über das Verb Traktat über die Rektion und über Redefiguren Johannes de Garlandia: ›Synonyma‹ (lat./engl. gloss.) Auszug aus einem grammatischen Traktat über Vokalquantitäten (engl. gloss.) leer Auszug aus einem grammatischen Traktat über die Prosodie Notate zur Grammatik und lat.-engl. Glossar Verse zur Grammatik leer Notate zur Grammatik (über den Unterschied zwischen censio, censo und sencio) Auszug aus einem Verstraktat zur Grammatik (De differentiis verborum) engl. Traktat über lat. Syntax und Wortbildung katechetische Notate zu Dekalog, Todsünden, Sakramenten usw. Auszüge aus den ›Disticha Catonis‹ Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: Fabeln Nr. I-IV,3. Erschließung: keine. Einrichtung: einspaltig, 27 Zeilen pro Spalte; die einzelnen Fabeln jeweils in eine neue Zeile gesetzt und mit rubrizierter Lombarde beginnend; die Verse abgesetzt, mit Majuskeln; Textabbruch 171v in der letzten Zeile des Schriftspiegels.

172r-173v Traktat über das Nomen 174r-177v Traktat über die Deklination des Nomen 178r-181v Traktat über das Pronomen 181v-182v Traktat über das Verb Schreiber William Hampshire Vorbesitzer William Hampshire Die Handschrift wurde bis auf einen einzigen Nachtrag Bl. 95v von William Hampshire angelegt, der sich in zahlreichen Kolophonen als ihr Schreiber und in vielen Einträgen an den oberen Blatträndern als ihr Be-

Avian: ›Fabulae‹

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sitzer zu erkennen gibt. William wurde anfang der sechziger Jahre in Marlow/Buckinghamshire geboren, vierzehnjährig in das Eton College aufgenommen, wo er in den Jahren 1475-79 nachzuweisen ist, und wechselte dann 1479 an das King’s College in Cambridge, dessen Mitglied er 1482 wurde und das er 1486 wieder verließ.54 Da er in seiner Handschrift mehrfach Mitschüler nennt, die mit ihm in Eton waren, wird sich William seine Handschrift bereits dort angelegt haben.55 Zahlreiche kleinere Nachträge in anderem Schriftduktus und viele erst nach der Textaufzeichnung angebrachte Glossen und Marginalien weisen auf anhaltende Benutzung. Nahezu alle Blätter sind am Rand stark abgegriffen und ausgefranst. Ob der Avian infolge der späteren Nutzung mechanisch verkürzt wurde oder ob bereits seine Aufzeichnung – aus nicht mehr ersichtlichen Gründen – abgebrochen wurde, lässt sich nicht erkennen. Eher für mechanische Fragmentierung spricht vielleicht der besonders schmale Umfang der entsprechenden Lage von nur vier Blättern. An seinem heutigen Aufbewahrungsort führt Cam1 das erste Mal ein von einer Hand des 16./17. Jahrhunderts angelegtes Verzeichnis von Libri ab aliis donati in Interiori Bibliotheca auf.56 Der Weg der Handschrift in das College bleibt allerdings dunkel. THOMSON vermutet, einer der von William erwähnten Etoner Mitschüler, Richard Lichefeld of Wells, ein späteres Mitglied des Corpus Christi College, habe sie eingebracht. Demnach wäre Cam1 nach Williams Weggang in Eton verblieben. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass Williams Manuskript ihn auch nach Cambridge begleitete, wo es ihm noch am King’s College zur Hand sein

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EMDEN 1963, S. 284. THOMSON 1979, S. 139f. Die Explicits nennen die Namen der Mitschüler stets in Zeugenfunktion: - Bl. 9v Explicit Quot Hampshyre teste Howtyng et trew; - Bl. 53r Expliciunt preterita et supina quod Hampshire. teste phylpott; - Bl. 65v Explicit genera Quod Hampshyre teste Brudenell; - Bl. 70v Explicit Ethoclita quod hampshyre Teste Bowes Et Brudenell et Howtyng et Trew Bothe lychefelde sowie von zweiter Hand Gvndys Gvndys und von dritter Hand Beudell Lychfylde Lychefylde Humnall Humnall; Bl. 93r Explicit liber Theodoli quod hampshyre teste Brudenell. Von den zehn Genannten (Beudell, Bothe, Bowes, Brudenell, Gundys, Howtyng, Humnall, Lychefelde, Phylpott, Trew) kann THOMSON fünf in den Aufnahmelisten von Eton nachweisen. Sie gehörten alle in etwa der Altersklasse von William an: William Bowes (1475), John Gundys (1475), John Humnale (etwa 1473), Richard Lychefeld (1475), Roger Phylpott (1475). Zu Brudenell bemerkt THOMSON, dass dieser kaum mit dem erst 1496 aufgenommenen und damit eine Generation zu jungen George Brudenell identifiziert werden könne (EMDEN 1963, S. 100), und schlägt stattdessen vor »(Sir) Robert Brudenell, born c. 1461, who was at the Inner Temple from c. 1478 [...], and may have been at Cambridge in Hampshyre’s time [...]« (1979, S. 140). Die Namen von Beudell, Bothe, Howtyng, Trew treten in den heute noch in Eton aufbewahrten Handschriften nicht in Erscheinung. Vgl. MONTAGUE RHODES JAMES: A descriptive catalogue of the manuscripts in the library of Eton College. Cambridge 1895. Vgl. JAMES 1909/12, Bd. 1, S. XXVI.

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Verzeichnisse zur Überlieferung

konnte. Vom King’s College könnte es dann irgendwie ins Nachbarhaus gelangt sein. Die Textumgebung in Cam1 führt die ›Fabulae‹ in wünschenswerter Deutlichkeit in enger Verbindung zum Grammatikstudium aus. Hervorhebung verdient dabei der extensive Einsatz volkssprachiger Glossierung. Sie verdankt sich kaum entsprechender zweisprachiger Texttraditionen, die institutionell verankert und verbreitet wurden, sondern dürften eher der Feder Williams selbst entstammen. Ingesamt vermittelt Cam1 nämlich eher den Eindruck eines individuellen Unterrichtsbuches, das verstärkt für eigene Aufzeichnungen verwendet wurde, als den eines Lesebuchs mit einem standardisierten Textangebot. So treten etwa die von William genannten Namen in den Explicits stets in Zeugenfunktion auf, z. B. Bl. 9v Explicit Quot Hampshyre teste Howtyng et trew oder Bl. 53r Expliciunt preterita et supina quod Hampshire. teste phylpott. Dabei könnte es sich um Notierungen von Gegenkontrollen der eigenen Aufzeichnungen – die dann ja als Schulaufgaben/Hausaufgaben anzusprechen wären – durch Mitschüler handeln, die dem Lehrer gegenüber erbracht werden mussten. Gebrauchstypologisch betrachtet verträte Cam1 dann eine Übergangsform zwischen Lehrbuch und Unterrichtsheft. L1 DICKE/GRUBMÜLLER 1987, S. LXVIII. L2 MONTAGUE RHODES JAMES: A descriptive catalogue of the manuscripts in the library of Corpus Christi College, Cambridge. Cambridge 1909-12, Bd. 1, S. 534f.; THOMSON 1979, S. 132-140.

Cam2 *Cambridge, Peterhouse College, MS 207 (2.I.0) Perg., 94 Bl., 30 x 20 cm, 4. Viertel 13./1. Viertel 14. Jh., England. 1r-6r ›Disticha Catonis‹ (lat./frz. gloss., komm.) 6v-12v ›Ecloga Theodoli‹ (lat./frz. gloss., komm.) (frgm.) 13r-19r [diese Blätter herausgeschnitten] 20r-26r Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. XXI,13-XLII. 2. Epimythien im Verstext: Nr. XXVI E,1f., XXIX E,1f., XXXVIII E,1f. Erschließung: 1. Interlinearglossen: in kleinerer Glossenschrift; durchgängig in gleichbleibender Verteilung von der Hand des Kommentars, im wesentlichen wohl in einem Arbeitsschritt angebracht; vereinzelt französische und englische Interpretamente, vereinzelt Syntaxpunkte. 2. Marginalien: In kleinerer Glossenschrift werden hier etwas umfangreichere Erläuterungen aufgenommen. Die Marginalien können eigene kleine Textblöcke bilden, die mehrere (meist rot unterstrichene) Verweislemmata und die Interpretamente versammeln, wobei dem ersten Lemma öfter ein rubriziertes Alinea-Zeichen vorangestellt ist. Die Marginaleinträge können sich aber auch auf den Eintrag eines einzigen Lemmas in Höhe der Referenzstelle ohne weitere graphische Distinktion beschränken. 3. Kommentar: Er stammt von der Hand der Glossen und Marginalien, er-

Avian: ›Fabulae‹

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scheint in kleinerer Glossenschrift und wurde zu jeder Fabel in einem eigenen Textblock auf dem dafür frei belassenen Rand etwa in Höhe der Bezugsfabel angebracht. Regelmäßig geht ein rubriziertes Alinea-Zeichen voran, das von rot zu blau wechselt. Der Kommentar ist regelmäßig aus einleitender Benennung einer Fabellehre (nach den Mustern Fructus huius apologi est quod [...] oder In hoc fabula docet auctor quod [...]) und anschließendem Verweis auf die Fabelhandlung aufgebaut, die breiter paraphrasiert sein kann. Einrichtung: einspaltig, 26 Zeilen pro Spalte, der Schriftspiegel für den Verstext in die Seitenmitte gerückt, sodass rechts und links Raum für Einträge bleibt. Die Fabeln beginnen jeweils in neuer Zeile mit alternierend rot und blau rubrizierter Fleuronnée-Initiale (Buchstabenkörper gefüllt und gerahmt mit floralem Dekor in dünnen Federstrichlinien, die über mehrere Zeilen hinweg nach oben und unten auslaufen). Die Verse sind abgesetzt, auf breiteren Zeilenabstand für die Aufnahme von Interlinearglossen gesetzt und beginnen mit Majuskeln. Der Textanfang fehlt. Der Textschluss ist nicht markiert: Nach fünf Leerzeilen (gefüllt vom Kommentar zum folgenden Stück) schließt bereits der Maximian an.

26r-36v Maximian: ›Elegiae‹ (gloss., komm.) 37r-55v Statius: ›Achilleis‹ (gloss.) 55v-73v Claudian: ›De raptu Proserpinae‹ (frgm.) 74r-90r Expositio hymnorum (lat./frz. gloss.) 90v-91v Johannes de Garlandia (?): ›Poenitentiarius‹ (komm.) (frgm.) 92r Inhaltsverzeichnis (15. Jh.) 92v leer 93ra-94vb Lektionarfragment (12. Jh.) RD innen Fortsetzung des Lektionars Vorbesitzer Roger Marshall? Die Handschrift ist an ihrem heutigen Aufbewahrungsort erstmals 1600 nachzuweisen. In diesem Jahr erscheinen die »Ecloga OxonioCantabrigiensis« von THOMAS JAMES mit einem Verzeichnis der Bücher des Colleges, das Cam2 als Nr. 4 erfasst.57 Da sie ein 1418 in Peterhouse erstelltes Bücherverzeichnis noch nicht berücksichtigt,58 muss sie zwischen 1419 und 1600 in die Bibliothek gelangt sein. Unter den in den Katalog von 1418 nachgetragenen, späteren Buchlegaten erscheint nur noch einmal 1481 ein Avian, der dem College von John Warkworth überlassen wurde und mit Cam3 zu identifizieren ist. Unter dem Legat Roger Marshalls von 1472 wird allerdings auch noch ein Band Cato cum aliis

_____________ 57 58

Vgl. JAMES 1899, S. IX, und die Konkordanz a. a. O. S. XI. Vgl. JAMES 1899, S. 1-23 (mit Verweisen auf erhaltene Bücher).

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(Nr. XI) geführt,59 bei dem es sich um Cam2 handeln dürfte. JAMES identifiziert den Eintrag mit keiner Handschrift. Jedoch bewahrt die Bibliothek des Colleges heute nur noch in den MS 207 und 215 Handschriften mit den ›Disticha Catonis‹. Cam2 dürfte demnach über Marshall ins College gelangt sein. Marshall hatte sein Legat aufgeteilt einerseits in Bände, die sich die Fellows einmal im Jahr für den persönlichen Gebrauch ausleihen konnten, zum anderen in einen Bestand für die frei zugängliche Bibliothek, in der Bücher an Ketten zur Benutzung ausgelegt waren.60 Der ›Cato‹ des Verzeichnisses war für letztere Verwendung bestimmt. Der Einband von Cam2, so ist aus dem aufgeklebten Lektionarblatt zu folgen, stammt noch aus der Zeit der Anlage des Inhaltsverzeichnisses, also aus dem 15. Jahrhundert. Er müsste, den Anweisungen des Donators folgend, Spuren einer Kette erkennen lassen. JAMES macht dazu in seiner Beschreibung leider keine Angaben, sodass die Identifizierung von Cam2 mit Marshalls Handschrift Nr. XI unsicher bleibt. Vielleicht wurde aber Marshalls Weisungen lediglich nicht Folge geleistet wurde. Das alte Inhaltsverzeichnis wurde nämlich sowohl auf dem Kopf stehend als auch erst am Ende des Bandes eingetragen. Den Zweck, den Kodex für potentielle Benutzer zu erschließen, kann man so mit ihm kaum verfolgt haben. Möglicherweise sah man dieses bereits zwei Jahrhunderte alte Schulbuch als veraltet an. Zum Funktionsverlust im 15. Jahrhundert würde passen, dass Nachträge zu jenem Grundbestand an Glossen und Kommentaren, der bereits zeitnah zu den Bezugstexten aufgezeichnet wurde, nur in einem zu vernachlässigenden Umfang vorgenommen wurden und sie in ihren Schriftzügen meist eher ins 14. als ins ausgehende 15. Jahrhundert weisen. Cam2 besteht im wesentlichen aus zwei Teilen: aus einem von der Textreihe des ›Liber Catonianus‹ zusammengehaltenen Hauptteil und aus einem Anhang, der sich vom ›Liber‹ mit der Auslegung der Hymnen und dem ›Poenitentiarius‹ sowie mit einem vom alten Inhaltsverzeichnis noch ausgewiesenen, heute aber fehlenden kalendarium inhaltlich, dazu durch eine Lagengrenze und augenfällig schließlich mit einer größeren Initiale absetzt. Wann genau der ›Liber Catonianus‹ um seinen zweiten Teil ergänzt wurde, ist nicht erkennbar. Immerhin erfasst eine stärkere Abnutzung der Blätter v. a. an ihren Rändern den gesamten Band.61

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JAMES 1899, S. 23. Zur Person Marshalls: EMDEN 1963, S. 392f. (Mitglied des PeterhouseColleges [1437/38-60], Promotion zum Dr. med. [1453/54], Hofarzt König Edwards IV. [1468], als Arzt in London tätig [1470-72], gest. 1477). Zu Aufbau und Verwaltung der Collegebibliothek JAMES 1899, S. XVII-XXXII. Marshalls Buchbesitz war nahezu ausschließlich naturwissenschaftlich ausgerichtet (vgl. EMDEN 1963, S. 392f.), sodass er selbst Cam2 bereits als Antiquität betrachtet haben mag.

Avian: ›Fabulae‹

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Der ›Liber‹ selbst macht einen sehr geschlossenen Eindruck. Durchweg wurde Pergament desselben Formats und eher minderer, robuster Qualität benutzt, das unregelmäßig beschnitten, manchmal löcherig, manchmal genäht ist. Alle Eingangsstücke weisen aufwändiger gestaltete Eingangsinitialen auf, die neben floralem Dekor mit verschiedenen den Buchstabenkörpern einbeschriebenen Fabelwesen auch figürlichen Schmuck verwenden. Alle Texte folgen demselben Layoutmuster mit mittig platziertem Verstext, der beidseitig Platz für Kommentar und zwischen den Zeilen Raum für Glossen lässt. Die Verstexte wurden von einer einzigen Hand geschrieben, die auch die Grundschicht der Glossen und Kommentare besorgte. Insgesamt dürfte es sich um ein professionelles Werkstattprodukt handeln.62 Besondere Hervorhebung verdienen die verstreuten volkssprachigen, überwiegend französischen, vereinzelt jedoch auch englischen Interpretamente in der expositio ad litteram.63 Wann, wo, von wem und für wen der ›Liber‹ erstellt wurde, liegt im Dunkeln. Hinter seiner späteren Vereinigung mit dem zweiten Teil stand aber wohl – darauf deutet dessen inhaltliche Ausrichtung – ein klerikaler Benutzer. Ihm dürfte mit einer Hymnenauslegung, mit Hilfsmitteln für die Beichtpraxis und Handreichnungen zur Berechnung von Festtagen noch am ehesten gedient gewesen sein. L1 ELLIS 1887, S. XXXX NONE 1958, S. XX (Sigle

(Sigle Pet1); HERVIEUX 1893/99, Bd. 3, S. 102; GUAGLIAPet1); DUFF/DUFF 1961, S. 677 (Sigle Pet1). L2 Catalogi Angliae 1697, Bd. 1,3, S. 147 Nr. 1666; MONTFAUCON 1739, Bd. 1, S. 671 (Nr. 1666); JAMES 1899, S. 247-249. L3 HUNT 1991, Bd. 1, S. 39-41, 72, Bd. 2, S. 9.

Cam3 *Cambridge, Peterhouse College, MS 215 (2.I.8) Perg., I + 87 Bl., 28.5 x 20.5 cm, 2. Hälfte 13. Jh., England. Iv Herkunftsvermerk Buchlegat des John Warkworth, Besitzvermerk Peterhouse College, Inhaltsverzeichnis (15. Jh.) 1ra-10vb Donat: ›Ars minor‹ (komm.) (frgm.) 11ra-29vb Expositio hymnorum (lat./frz./engl. gloss., komm.) (frgm.) 30r Notate zur Grammatik 30v Accessus zu Alexander de Villa Dei: ›Doctrinale‹ 31r-59r Alexander de Villa Dei: ›Doctrinale‹ (lat./frz./engl. gloss., komm.)

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Das erklärte auch den Ausfall signifikanter später Nachträge in den Kodex. Dass Marshall ihn aus eigener Schulzeit aufbewahrte, dafür fehlen alle Anzeichen. Dafür sind wohl auch die in den ersten vier Lagen zu erkennenden Reklamanten noch anzuführen. Die volkssprachigen Glossen sind ist jetzt leicht über die Abdrucke bei HUNT 1991 zugänglich.

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59v-63r 63r-65rb 65rb-69ra

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›Disticha Catonis‹ (lat./frz. gloss., komm.) ›Ecloga Theodoli‹ (lat./frz. gloss., komm.) Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XLII. 2. Epimythien im Verstext: Nr. X E,1f., XI E,1f., XII E,1-4, XIII E,1f., XIV E,1f., XV E,1f., XXIX E,1f. Erschließung: 1. Accessus in kleinerer Glossenschrift von der Hand des Kommentars und der Glossen am Rand in Höhe der ersten Versfabel und auf dem unteren Blattrand. 2. Interlinearglossen durchgehend in gleichbleibender Dichte in kleinerer Glossenschrift weitgehend von einer Hand aus einem Guss; überwiegend lateinische, vereinzelt französische Interpretamente. 3. Kommentar: auf beiden Blatträndern jeweils am Rand in der Höhe der erläuterten Fabel in kleinerer Glossenschrift von der Hand des Glossators und durchgehend in gleichbleibender Dichte. Regelmäßig wiederkehrende Elemente sind: a) rubriziertes Alinea-Zeichen; b) Zusammenfassung der Lehre (Muster: Hic docet auctor [...], Hic ostendit auctor [...], Hic reprehendit [...], Fructus huius apologi est quod [...]); c) Rekapitulation der Fabelhandlung im knappen Kurzverweis (et hoc docet per), der zur längeren Paraphrase ausgeweitet sein kann. Einrichtung: zweispaltig, in vorgezeichnetem und vorliniertem Schriftspiegel, 46 Zeilen pro Spalte. Der äußere Rand ist geringfügig breiter belassen (für die Aufnahme des Kommentars?). Textbeginn: nach zwei Leerzeilen ohne eigene Überschrift mit der ersten Versfabel, die eine besonders große Eingangsinitiale trägt (fünf Zeilen hoch, rubriziert, der Buchstabenkörper mit floralem Dekor gefüllt, von ihm ausgehend über zwölf Zeilen ausladende feine Zierlinien). Textende: Explicit liber (teilweise rot rubriziert) mit Zusatz Auiani in eigener Zeile gefolgt von weiteren Leerzeilen. Die einzelnen Fabeln beginnen jeweils in neuer Zeile mit vorangestelltem Alinea-Zeichen, das alternierend rot oder blau ausgeführt ist. Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit herausgerückten und rubrizierten Majuskeln. An den Versschluss ist in der Fluchtlinie des Spaltenspiegels jeweils ein Punkt gesetzt.

69ra-72vb 72vb-78rb 78rb-84va 84va

Maximian: ›Elegiae‹ Claudian: ›De raptu Proserpinae‹ (lat./frz. gloss., komm.) Statius: ›Achilleis‹ (lat./frz. gloss., komm.) Federzeichnungen eines Teufels und Schriftband mit Inschrift Amen dico 84vb leer 85r Federzeichnungen eines Fabelwesens und eines Hundes 85ra-87vb Donat: ›Ars minor‹ 87vb Notate, Federproben Vorbesitzer John Warkworth

Avian: ›Fabulae‹

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Cam3 kam 1481 mit dem Buchlegat des John Warkworth ins PeterhouseCollege.64 Warkworth, Magister artium seit 1449, Doktor der Theologie seit 1462/63 und master in Peterhouse seit 1473,65 vermachte sie dem College zusammen mit über einem halben Hundert weiterer Bände. Auf welchem Weg Cam3 in die Hände von Warkworth gelangt ist, lässt sich nicht mehr ermitteln. Schon er selbst scheint seine Handschrift nicht mehr benutzt zu haben. Zumindest finden sich keine Textnachträge, die erst in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts vorgenommen wurden – abgesehen vom Provenienzvermerk des Peterhouser Bibliothekars und dem Inhaltsverzeichnis Bl. Iv, das mit dem Nachtrag des Legats von 1481 in den alten Katalog von 1418 in Formulierungen übereinstimmt (vgl. K77). Cam3 bewahrt im Kern einen vollständigen ›Liber Catonianus‹ (Bl. 59v-84v), dem eine Auslegung der Hymnen und ein längerer Vorspann zur Grammatik vorangehen (Bl. 1r-10v, 30r-59r) sowie ein kleinerer grammatischer Nachspann folgt (Bl. 85r-87v). Dem alten Inhaltsverzeichnis zufolge war der grammatische Vorspann ursprünglich sogar noch umfangreicher. Mit dem Schluss der ersten ›Ars minor‹ fehlen heute Alexander Neckams ›De nominibus utensilium‹, von Adam of Balsham ›De utensilibus‹ und ein Dictionarius (des Johannes de Garlandia?). Der ›Liber Catonianus‹ macht einen geschlossenen Eindruck. Wie schon in Cam2 weisen alle Eingangsstücke aufwändiger gestaltete Eingangsinitialen auf. Alle Texte folgen demselben Layoutmuster mit zweispaltigem Verstext, der beidseitig noch etwas Platz für Kommentar und zwischen den Zeilen Raum für Glossen lässt. Die Verstexte wurden entweder von der Hand geschrieben, die auch die Grundschicht der Glossen und Kommentare besorgte, oder von einem sehr zeitnah arbeitenden Schreiber.66 Es dürfte es sich demnach um ein professionelles Werkstattprodukt handeln – das freilich seinen ›Liber‹ ausnahmsweise zweispaltig und damit vor allem kostengünstiger als in Cam2 bietet. Vergleichbar bleiben Cam2 und Cam3 indes in ihren für insulare Schulhandschriften charakteristischen Erweiterungen des ›Liber‹. Besondere Hervorhebung verdienen wiederum, wie bei Cam2, die volkssprachigen, überwiegend französischen, vereinzelt jedoch auch englischen Interpretamente in der expositio ad litteram, die nun sogar fast durchlaufend angebracht wurden.67

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Im Bücherverzeichnis von 1418 fehlt Cam3 und erscheint erst unter dem Nachtrag der 1481 eingegangenen Bücher von Warkworth: vgl. JAMES 1899, S. 23-26, hier besonders S. 25. Vgl. EMDEN 1963, S. 618f. THOMSON datiert die Glossen auf um 1275. HUNT (Bd. 1, S. 72 Anm. 85) folgt ihm darin. Der Großteil der volkssprachigen Glossen ist jetzt leicht über die Abdrucke bei HUNT 1991 zugänglich.

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Wann genau, wo, von wem und für wen Cam3 geschrieben wurde, ist unbekannt. L1 ELLIS 1887, S. XXXX NONE 1958, S. XX (Sigle

(Sigle Pet2); HERVIEUX 1893/99, Bd. 3, S. 102; GUAGLIAPet2); DUFF/DUFF 1961, S. 677 (Sigle Pet2); GAIDE 1980, S. 72 (Sigle Pet). L2 Catalogi Angliae 1697, Bd. 1,3, S. 148 Nr. 1687; MONTFAUCON 1739, Bd. 1, S. 671 Nr. 1687; JAMES 1899, S. 257-261. L3 HUNT 1991, Bd. 1, S. 39-41, 72, 88f., Bd. 2, S. 5-9, 23-26.

Cam4 *Cambridge, Trinity College, MS 1229 (O.3.57) Perg., 92 Bl., 22 x 13.5 cm, 2. Hälfte 12. Jh., England? 1r Exlibris Trinity-College (18. Jh.), verschiedene Signaturen und ein Autoren-/Textverzeichnis (15. Jh.: Oracius persius stacius achileydos juuenalis salustius terencius virgilius eneydos ouidius auianus teodolus fulgellncius) 1v Vita Horatii 2r-16v Horaz: Oden 16v-20v Horaz: Epoden 20v Horaz: ›Carmen saeculare‹ 21r-26v Horaz: ›Ars poetica‹ (komm.) 27r-52r Horaz: Satiren (komm.) 52r-69r Horaz: ›Epistolae‹ (komm.) 69v-77r Persius: Satiren (gloss., komm.) 77r-81r ›Ecloga Theodoli‹ 81r-84v ›Disticha Catonis‹ 84v-92r Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Widmungsepistel. 2. ›Versus de rustico‹. 3. Fabeln Nr. I-V, XXXVIIf., VI-XXXVI, XXXIX-XLII. Erschließung: keine. Einrichtung: einspaltig, 44 Zeilen; die Textspalte jeweils an den inneren Blattrand gerückt, um am äußeren Rand Platz für den (nicht aufgenommenen) Kommentar zu gewinnen. Neue Fabeln setzen jeweils in neuer Zeile ein und weisen eine drei Zeilen hohe Lombarde auf. Deren Farbgebung wechselt regelmäßig zwischen rot und grün. Die Verse beginnen mit herausgerückten und rot gestrichelten Majuskeln. Textanfang: nach dem Abschluss der ›Disticha Catonis‹ in neuer Zeile mit rotem Titel Epistola Auiani ad theodosium. In neuer Zeile folgt eine drei Zeilen hohe Lombarde und die im Schriftspiegel des Verstextes bis 85r fortlaufend aufgezeichnete Widmungsepistel. Sie schließt Explicit epistola. Nach der Ankündigung Incipit Proemium in eigener Zeile setzt die Versvorrede ein, die wie der Verstext dargeboten wird. Auf diese folgt in eigener Zeile mit vorangestellter Lombarde der Eingangsvers der ersten Fabel. Textschluss: Finit Liber Aviani.

92v

Notat (15. Jh.)

Avian: ›Fabulae‹

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Vorbesitzer G. Guggyn?;68 Thomas Gale (1636-1702); Robert Gale (16721744) 4 Cam ging 1738 mit dem Buchlegat Robert Gales in die Bestände des Trinity-Colleges ein. Robert, ältester Sohn von Thomas Gale und wie dieser leidenschaftlicher Büchersammler,69 hatte die Handschrift bereits mit der Bibliothek des Vaters übernommen. Die ältere Vorgeschichte der Handschrift dagegen liegt vollkommen im Dunkeln. Ob es sich bei dem Namenseintrag eines G. Guggyn (Bl. 2r) um einen älteren Besitzeintrag handelt, ist nicht sicher.70 Die Handschrift ist nahezu aus einem Guss. Benutzt wurde für sie teils löcheriges und ausgebessertes, öfter ungleich beschnittenes Pergament gleichbleibend mittlerer Qualität. Die Blätter hat man dann meistenteils zu Quaternionen und Quinionen zusammengestellt. Die Grundtexte wurden, wenn nicht alle von ein- und derselben Hand, dann von zeitgenössischen Händen des gleichen Erscheinungsbildes geschrieben und vergleichbar eingerichtet.71 Für die Kommentare beließ man schon bei Aufnahme der Grundtexte Platz. Sie stammen von der Texthand oder einem eng mit dieser zusammenarbeitenden Schreiber. Die Glossen und Kommentare zu den Satiren des Persius wurden zwar von einem anderen Schreiber aufgenommen, doch richtete dieser sich an den Vorgaben des schon Aufgezeichneten aus. So versuchte er Bl. 75rv und 76v den Variationsreichtum in der Darbietung des Horaz-Kommentars zu übernehmen und ordnete seinen Randtext zu geometrischen Mustern an. Die auffälligste Besonderheit der Handschrift liegt in der visuellen Darbietung der Kommentar von der ›Ars poetica‹ an bis zum Schluss des Horaz-Korpus (Bl. 21r-69r). Die in kleinerer Glossenschrift auf den breiten Rändern geschriebenen Erläuterungen formen sich nämlich zu den

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Der Namenseintrag nach JAMES (1909/04, S. 245) auf Bl. 2r. Er ist dort aber ausrasiert. Ich habe ihn am Original nicht mehr erkennen können. Fraglich bleibt, ob es sich überhaupt um einen Besitzeintrag handelt, den man doch eher auf dem ersten Blatt erwarten würde. Zu Thomas und Robert Gale jeweils zusammenfassend: JOHN VENN, J. A. VENN: Alumni Cantabrigiensis. A biographical list of all known students, graduates and holders of office at the University of Cambridge from the earliest times to 1900. Part 1. From the earliest times to 1751. Cambridge 1922-27, Bd. 2, S. 188. Zur Zusammensetzung der Sammlung Gales bemerkt JAMES (1900/04, Bd. 1, S. X): »The Gale collection is of a most pleasingly miscellaneous character. Hardly a departement of ancient or medieval literature is unrepresented in it [...].« Seine Angaben zu den Quellen der Sammlung (a. a. O. S. X-XII) sind für Cam4 ohne unmittelbaren Aufschluss. Vielleicht führen die auf jüngeren Nachsatzblättern aufgenommenen kritischen Anmerkungen zu einigen Texten von Cam4 hinter Thomas Gale zurück. JAMES datiert sie ins 17./18. Jahrhundert. Sie müssten dann aber noch in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts eingetragen worden sein. MUNK OLSEN unterscheidet Bl. 1-20 und Bl. 21-92 als zwei zeitgenössische Teile gleicher Herkunft.

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unterschiedlichsten geometrischen Gebilden aus. Auf den Rändern von Bl. 67v-69r bilden sie sogar ein Alphabet.72 Am besonderen Kommentarlayout wird nur noch einmal ersichtlich, was bereits der quantitativen Verteilung der aufgenommenen Werke abgelesen werden kann: Das Hauptaugenmerk bei der Herstellung galt den etwa drei Viertel des Gesamtumfangs der Handschrift beanspruchenden Werken von Horaz. Hier hatte man ein tendenziell repräsentatives Buchprodukt vor Augen, auf das man exzeptionelle Mühe in der Kommentardarbietung verwandte und das man zudem mit einem eigenen System von Farbwechseln im Buchschmuck (regelmäßig und auch im Avian zwischen rot und grün) überzog. Das Endprodukt wurde indes nicht ganz fertiggestellt. In den Horaz-Kommentaren sind die Rahmungen der geometrisierten Textelemente nicht immer zu Ende geführt, im Persius-Kommentar beginnt ein zweiter, zeitgenössischer Schreiber schon anspruchsloser zu arbeiten, und nach den Persius-Satiren wurden gar überhaupt keine Kommentare mehr angebracht. Das Fertiggestellte reichte gleichwohl aus, dem Kodex für die Zukunft eine besondere Aufmerksamkeit zu sichern. So ist das Pergament an den Rändern – wohl vom häufigen Durchblättern eines »sehenswerten« Manuskripts – vielfach nachgedunkelt. Die artifizielle Kommentardarbietung wird es auch gewesen sein, die in den folgenden Jahrhunderten die extensive Aktualisierung des Textbestands durch Aufnahme weiterer Erläuterungen verhindert hat.73 Nicht zuletzt in ihr dürfte schließlich auch das Interesse von Thomas Gale an Cam4 begründet gewesen sein. Das besondere Kommentarlayout, die Konzentration auf eine »Werkausgabe« des Horaz und das Fehlen einschlägiger Gebrauchsspuren schließen mehr oder minder institutionalisierten Trvialunterricht als Gebrauchshintergrund für Cam4 aus. L1 BÄHRENS 1883, S. 32 (Sigle G); ELLIS 1887, S. XXXX (Sigle G); HERVIEUX 1893/99, Bd. 3, S. 101; GUAGLIANONE 1958, S. XVIII (Sigle G); DUFF/DUFF 1961, S. 677 (Sigle G); HERRMANN 1968, S. 26 (Sigle G); GAIDE 1980, S. 73 (Sigle G). L2 Catalogi Angliae 1697, Bd. 2,1, S. 191 Nr. 6120-6124; MONTFAUCON 1739, Bd. 1, S. 683 Nr. 6120-6124; MONTAGUE RHODES JAMES: The western manuscripts in the library of Trinity College, Cambridge. A descriptive catalogue. Cambridge 1900-04, Bd. 3, S. 244-247. L3 MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 1, S. 67, 443, Bd. 2, S. 192.

Cheltenham, Sir Thomas Phillipps Library, MS 215: s. o. Ber 4.

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Vgl. die Abbildung bei COPELAND 1991, S. V. Vor Beginn der Horaz-Kommentare zum Beispiel finden sich nur ganz vereinzelt (Bl. 15v, 19v und 20r) nachgetragene Marginalien von späteren Händen.

Avian: ›Fabulae‹

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Dan

ehem. Danzig (Gdańsk), Stadtbibliothek, Ms. Mar. Q. 24 [im II. Weltkrieg zerstört]74 Pap., 215 Bl., 21.5 x 14.5 cm, vor 1460/65, Nordwestschlesien. 1r-1v leer 2r-48r ›Palaestra de victoria Christi‹ (lat./dt. gloss.) 48v-49v leer 50r-70v ›Anonymus Neveleti‹ (gloss.) 71r-73v leer 74r-103v Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: Fabeln Nr. I-XLII. Weitere Angaben liegen nicht vor. Erschließung: Kommentar. Weitere Angaben liegen nicht vor. Einrichtung: Es liegen keine Angaben vor.

104r-110r 110v-143v 144r-149v 150r 150v 151r-157r 157r-165r 165v-177r 177r-181v 182v-187v 187v-192r 192v-195r 195v-200v 201r-206r 206v-212r 212v-215v Schreiber

leer ›Disticha Catonis‹, lat./dt. (lat./dt. komm.) leer Johannes Zager: Predigtskizze leer ›Dialogus institoris et monachi‹ (WALTHER Nr. 9413) Vitalis von Blois: ›Geta‹ Adolf von Wien: ›Doligamus‹ ›Alexius‹ (WALTHER Nr. 20422) ›Contemptus mundi‹/›Cartula‹ ›Quinque claves sapientiae‹ ›De rota Fortunae‹ (WALTHER Nr. 6814) ›Pylatus‹ (WALTHER Nr. 18058) ›Vita s. Cholomanni‹ (WALTHER Nr. 10735) ›Militarius‹ (WALTHER Nr. 10178) leer Johannes Zager (nur 150r?); Heinrich Calow (von ihm aber nur einige bibliothekarische Einträge) Vorbesitzer Johannes Zager?; Danzig, Kirchenbibliothek St. Marien Die Handschrift wurde im letzten Weltkrieg zerstört.75 Alle Angaben müsse sich daher auf die alte Beschreibung des Danziger Handschriftenkatalogs von GÜNTHER stützen. Dan könnte aus dem Besitz jenes Johannes Zager stammen, der Bl. 150r den Predigtentwurf festhielt. Zager ist aus Danzig gebürtig, im Jahre 1400 als Baccalaureus an der Prager Artistenfakultät nachzuweisen

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Siehe auch unten im Abschnitt V.2.6 zu G-Dan und im Abschnitt 2.21 zur Danziger Handschrift. Briefliche Mitteilung der Bibliothek vom 16.3.1989.

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und war im ersten Viertel des 15. Jahrhunderts Prediger an St. Marien in Danzig.76 Da die Handschrift in den beiden ältesten erhaltenen Bibliothekskatalogen der Marienkirche (der ältere von beiden »nicht vor 1430« [GÜNTHER 1921, S. 602]) fehlt, wohl aber in den Ende der fünfziger, Anfang der sechziger Jahre des 15. Jahrhunderts erstellten dritten Bibliothekskatalog aufgenommen wurde, lässt sich – wie für weitere Handschriften aus St. Marien mit Einträgen Zagers – annehmen, dass sie »ursprünglich Zagers eigener Besitz [waren] und [...] dann einmal mehr oder weniger geschlossen in die Marienbibliothek übergegangen [sind] – wann freilich ist nicht zu sagen, da wir von Zagers letzter Lebenszeit nichts wissen« (a. a. O.). Die Herkunft der deutschen Bestandteile der ›Disticha Catonis‹, die in Nordwestschlesien geschrieben wurden,77 stützt zumindest die Annahme des Zugangs von außen. Zager könnte sich einzelne Teile seines Bandes auf Stationen seines Weges von Prag nach Danzig besorgt haben. GÜNTHER bemerkt, es seien mehrere Hände an der Niederschrift von Dan beteiligt gewesen. Nach ihrem Eingang in die Marienbibliothek wurde die Handschrift in die umfangreichen Bestandserschließungen des in den frühen sechziger Jahren für die Betreuung der Bibliothek verantwortlichen Geistlichen Heinrich Calow einbezogen. Sie erhält auf einem Vorsatzblatt ein Inhaltsverzeichnis, erhält einen Einband, der ihre Verwendung als Catenatus vorsieht,78 ein Titelschild (Palestra poeta cum ceteris), die Signatur G 4 und unter dieser Signatur schließlich ihren Eintrag in den dritten – und ersten großen – Bücherkatalog von St. Marien: Palaestra poeta in papiro.79 Der Eintrag der Predigtskizze Zagers Bl. 150r macht eine Verwendung von Dan als homiletische Materialsammlung wahrscheinlich. Wie schon etwa für Bre2 bleibt jedoch zu betonen, dass die Textzusammenstellung auf diesen unmittelbaren Anwendungszweck nicht reduziert werden darf. Die Verbindung der ›Fabulae‹ mit den ›Disticha Catonis‹ indes darf

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Zur Person Zagers ausführlicher GÜNTHER 1917, S. 153-159. Für den Aufenthalt Zagers in Prag, der von GÜNTHER nur unter Verweis auf »Perlbach, Prussia scholastica, S. 17« nachgewiesen wird, vgl. Liber decanorum facultatis philosophicae universitatis Pragensis, Bd. 1, S. 350 und S. 353 (»Joannes Zagre« bzw. »Item 10. die mensis ejusdem Joannes Zagre de Gdanczk det[erminavit] sub mag[istro] Nicolau Stoer« [beide Namensnennungen jeweils unter dem Dekanat Marquard Krynemanns im Jahre 1400]). ZATOČIL 1952, S. 329f. Die Marienbibliothek war bis Ende der fünfziger Jahre im Pfarrhaus untergebracht (GÜNTHER 1911, S. 3). Sie wurde erst im Zuge einer Stiftung »1457 oder kurz zuvor« (a. a. O. S. 8) in die Allerheiligenkapelle der Marienkirche verlegt: Wenn überhaupt, dann müsste der Catenatus hier ausgelegt worden sein. Zu Calow und seiner Tätigkeit als Bibliothekar an St. Marien ausführlich GÜNTHER 1911, S. 16-34. Vgl. zur entsprechenden Ausstattung von Ms. Mar. Q 24 in der Handschriftenbeschreibung GÜNTHERs besonders S. 501f. Der Katalog aus St. Marien ist bei GÜNTHER 1911, S. 611-623 abgedruckt. Ms. Mar. Q 24 wird dort S. 615 aufgeführt.

Avian: ›Fabulae‹

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nicht als Indiz für Unterrichtsverwendung genommen werden, da dann eher die umgekehrte Reihenfolge zu erwarten wäre. Und die Ausweitung gerade des Fabelbestand durch die Aufnahme auch des ›Anonymus Neveleti‹ weist erneut auf das Anliegen, geeignete Predigtmaterialien vorzuhalten.80 Entsprechend verdankt sich die systematische Berücksichtigung der Volkssprache in der deutschen expositio ad litteram zu den ›Disticha Catonis‹ kaum einem engeren Kontakt zu institutionalisiertem Trivialunterricht. Sie muss eher als Produkt eines ganz individuellen Bemühens um einen systematisch erleichterten Zugang zum lateinischen Text gelesen werden. Die Bereitschaft als solche aber, diesen Zugang nicht durch sporadische Interlinearglossen in deutscher Sprache, sondern durch eine fortlaufende deutsche expositio systematisch zu erleichtern, fügt sich sehr gut zum schlesischen Sprachstand der begleitenden Reimpaarübersetzung des ›Cato‹: Im Bereich lateinischer Unterrichtsmaterialien war die Schwelle zur Volkssprache ja gerade in Schlesien durch zweisprachige Erstlesebücher schon seit längerer Zeit gesenkt.81 L1 DICKE/GRUBMÜLLER 1987, S. LXVIII. L2 GÜNTHER 1921, S. 501-505. L3 OTTO GÜNTHER: Andreas Slommow und Johannes Zager in den Handschriften der Danziger Marienbibliothek. In: Zs. des Westpreußischen Geschichtsvereins 57 (1917), S. 141-159.

Dar 1

*Darmstadt, Hessische Landes- und Hochschulbibliothek, Ms. 23 Pap., I + 193 Bl., 23 x 16 cm, 1475, Lateinschule Wimpfen. Ir Federproben Iv leer 1r-106v Eberhard von Béthune: ›Graecismus‹ (lat./dt. gloss., komm.) 107r Begriffsschematismus: Unterrichtsziele und Pflichten des Schülers 107v leer 108ra-128vb lat.-dt. Glossar zum ›Graecismus‹ (dat. 1475) 129r-131v leer 132r-132v Federzeichnungen, Federproben, Notate 133r-144v ›Contemptus mundi‹/›Cartula‹ (lat./dt. gloss., komm.) 145r-155r ›Disticha Catonis‹ (lat./dt. gloss., komm.) 155v Federproben, Notate 156r-182v Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-II,10, XXV,10-XXVII,3, II,11-XXV,9, XXVII,4-XXXVII, XL, XXXVIIIf., XLIf. (XXV,10-XXVII,3 auf ver-

_____________ 80 81

Siehe oben in Kap. II den Exkurs 2. Siehe oben Kap. III.2.2.

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Verzeichnisse zur Überlieferung

bundenem Blatt 157). 2.a) Epimythien im Verstext: Nr. IV E,1f., VI E,1f., XXV E,1f. (an VIII), X E,1f., XI E,1f., XII E,1-4, zu XII (nicht bei GUAGLIANONE) Si fortuna volet fiet de paupere diues | Si volet hec eadem fiet de diuite pauper, XIII E,1f., XIV E,1-4, XV E,1f., XVII E,3f.+1f., XIX E,1-4, XXI E,5f., XXV E,1f., XXVI E,1f., XXVIII E,1f., XXIX E,1f., XXXI E,1f., XXXVIII E,1f. 2.b) Epimythien außerhalb des Verstextes: Nr. XXXIX E,3f. noch vom Verstext-Schreiber in derselben Einrichtung wie der Verstext am oberen Blattrand nachgetragen. Erschließung: 1. Interlinearglossen in bis zu drei Zeilen in kleinerer Glossenschrift,vereinzelt mit deutschen Interpretamenten, systematisch von der Hand des Grundtextes. 2. Marginalscholien mit grammatischen Anmerkungen an den Blatträndern in kleinerer Glossenschrift von der Hand des Grundtextes. Einrichtung: einspaltig, dreizehn Zeilen pro Seite; der Verstext in der Mitte der Seite, sodass rechts und links jeweils großzügig Rand für die Aufnahme von Marginalien bleibt. Die einzelnen Fabeln beginnen jeweils in neuer Zeile mit ein-bis zweizeiliger rubrizierter Lombarde (oft nicht ausgeführt). Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit öfter rot gestrichelten Majuskeln. Für Interlinearglossen ist Platz belassen. Textanfang: apollogi auiani, dann Beginn des Verstextes in der ersten Zeile mit dreizeiliger rubrizierter Eingangslombarde. Das Textende ist nicht markiert, lediglich der Rest der Seite freigelassen.

182v-183v 184r-188v

Federproben, Notate ›Scolaris‹/›De regimine scolarium‹ (WALTHER Nr. 4884) (gloss.) 189r-190v Anstandslehre (WALTHER Nr. 15881) 191r-193r Alanus ab Insulis: ›Liber parabolarum‹ (frgm.) 193v leer Vorbesitzer Wimpfen, Dominikaner Dar 1 ist mit den Buchbeständen der Wimpfener Dominikaner, die den Einband angebracht haben, nach Darmstadt gelangt. Geschrieben wurde sie aber wohl außerhalb des Konvents. Dafür spricht zuerst die Gestalt der Handschrift selbst. Bis auf einen einzigen Textnachtrag – die Bl. 189r190v aufgenommene Anstandslehre – und einige wenige Interlinearglossen im ›Scolaris‹ fehlen ihr Nachträge völlig. Alles übrige wurde von einer einzigen Hand in einem einzigen Arbeitsgang zu Papier gebracht. Nichts weist auf eine Benutzung von Dar 1 in konventsinternem Unterricht – obwohl doch die Textzusammenstellung als solche mit ihrem Hauptakzent auf der Lateingrammatik und der Beigabe von moraldidaktischen »Klassikern« für den beginnenden Lateinunterricht (›Cato‹, Avian, dazu der ›Contemptus mundi‹) sowie »Schulgedichten« sie in wünschenswerter Deutlichkeit im Trivialstudium verortet. Schon von hierher erscheint es demnach wahrscheinlicher, dass Dar 1 »nur« als Import in die Konventsbibliothek gelangt ist und sie aus dem Buchbesitz eines neuen Konventua-

Avian: ›Fabulae‹

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len in Konventsbesitz überging – wie etwa die Darmstädter Handschrift 2642, die von Jacobus Carnifex 1461 als Schüler des Wimpfener Rektors Petrus von Gengen angefertigt und bei seinem Eintritt ins Kloster mitgebracht wurde, jedoch an der örtlichen Lateinschule entstanden ist.82 Belegt wird ein solcher Vorgang für Dar 1 durch ein Bl. 128vb auf den 10.8.1475 datierendes Schreiberkolophon: Deo gracias Finita sunt vocabula grecismi Jn die Laurentij milesimo quadringentesimo septuagesimo quinto sub venerabili magistro petro witman. Bei dem genannten magister wird es sich nicht um jenen Petrus Widman aus Freising in Oberbayern handeln, der sich zum Wintersemester 1447 als pauper an der Wiener Artistenfakultät einschrieb,83 sondern – räumlich wie zeitlich näherliegend – um Petrus Wydemann de Gingen, der sich am 10.9.1454 bei den Heidelberger Artisten immatrikulierte und am 9.11.1456 zum Baccalaureus promoviert wurde.84 Der Eintrag der Heidelberger Matrikel, der Nachname und Herkunftsangabe kombiniert, erweist nämlich die Identität des im Kolophon des Ms. 2643 genannten Wimpfener Rektors Petrus von Gengen mit dem in Dar 1 genannten Petrus Witman. Demnach stammt Petrus Widemann aus der freien Reichsstadt Giengen an der Brenz, immatrikulierte sich 1454 in Heidelberg, legte dort 1456 das Baccalaureatsexamen ab und hatte spätestens 1461 das Rektorat an der Lateinschule in Wimpfen inne. Dort kann er sehr gut auch 1476 noch tätig gewesen sein.85 Da sich der Schreiber von Dar 1 selbst nicht namentlich nennt, wird er den Band zur Verwendung an der Lateinschule oder als Auftragsarbeit gegen Vergütung für einen betuchteren Schüler hergestellt haben. So oder so bleibt die Ausgestaltung der Avian-Kommentierung bemerkenswert

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84

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Darmstadt, Hessische Landes- und Hochschulbibliothek, Ms. 2642, Bl. 244v: Scriptum per me Jacobum carnificem in anno LXI° tunc temporis discipulus magistri petri de gengen rectoris wimpine. Vgl. grundsätzlich zum Vorgang und seiner Bedeutung für die Organisation dominikanischer Hausstudien HASEBRINK 2000 sowie speziell zur Handschrift STAUB 1980, S. 22 und S. 117f. Zur örtlichen Schullandschaft im Spätmittelalter zusammenfassend HAFER 1993, S. 430-433. Sichere Nachrichten über eine Wimpfener Lateinschule gibt es erst im 17. Jahrhundert (a. a. O. S. 430 Anm. 187). Vgl. Die Matrikel der Universität Wien. Bd. 1: 1377-1450. Graz, Köln 1956. (Publikationen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung. 6. Reihe. Quellen zur Geschichte der Universität Wien. 1. Abteilung), S. 258 Z. 130. Die Matrikel der Universität Heidelberg von 1386 bis 1662. Bearbeitet und hg. von GUSTAV TOEPKE. Heidelberg 1884-93. Unv. Nachdr. Nendeln/Liechtenstein 1976, Bd. 1, S. 278. HAFER (1993, S. 430 Anm. 187) führt die wenigen namentlich bekannten Wimpfener Lehrer des Spätmittelalters auf. Ein Petrus Widmann befindet sich nicht darunter. Für das 15. Jahrhundert wird lediglich ein ungenannter Schulmeister, der 1422 urkundet, genannt, und am 19.8.1463 ein »Johannes Wynsack der alt Schulmeister zu Wimpfen«. Demnach muss es 1463 einen neuen Schulmeister gegeben haben, der jedoch noch nicht so lange tätig war, dass sein Vorgänger darüber vergessen worden oder schon verstorben gewesen wäre.

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Verzeichnisse zur Überlieferung

eindimensional. Man konzentrierte sich wesentlich auf die grammatischlexikalische Erschließung, auf die Einübung des Wortschatzes und auf Morphologie. Auf einen Accessus wird ebenso verzichtet wie auf noch einmal diskursiv ausformulierte Verhaltensanleitung und Prosaifizierungen. L1 DICKE/GRUBMÜLLER 1987, S. LXVIII. L2 ROTH 1891, S. 18; KRÄMER 1989/90, Bd. 1,2, S. 838. L3 BURKHARD HASEBRINK: Latinität als Bildungsfundament. Spuren subsidiärer Grammatikunterweisung im Dominikanerorden. In: Schulliteratur im späten Mittelalter 2000, S. 49-76, hier besonders S. 49f.; KURT HANS STAUB: Geschichte der Dominikanerbibliothek in Wimpfen am Neckar (ca. 1460-1803). Untersuchungen an Hand der in der Hessischen Landes- und Hochschulbibliothek Darmstadt erhaltenen Bestände. Graz 1980 (Studien zur Bibliotheksgeschichte 3), S. 23, 85; ANDREAS HAFER: Wimpfen. Stadt-Raum-Beziehungen im späten Mittelalter. Stuttgart 1993 (Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg. Reihe B: Forschungen 130).

Dar 2

*Darmstadt, Hessische Landes- und Hochschulbibliothek, Ms. 2640 Perg., I + 253 Bll., 18 x 12 cm; Avian-Faszikel: 14. Jh., Nordfrankreich (Lothringen?) Ir leer Iv Signatur St. Jaques I 68, eingeklebter Zettel mit der HüpschNr. 54 1r Signaturen St. Jacques (I 68, L X 6) und Besitzeintrag und Inhaltsangabe (Liber sancti jacobi in leodio. Cato et theodolus) 1r-18ra ›Disticha Catonis‹ (gloss., komm.) 18ra-36v ›Ecloga Theodoli‹ (gloss., komm.) 36v Notate, Federproben 37r-41v ›Disticha Catonis‹, lat.-frz. (gloss., komm.) 41v Konjugationsübungen zu velle 42r-57v Matthæus von Vendôme: ›Tobias‹ (gloss., komm.) (frgm.) 57v Besitzeintrag St. Jacques 58r-73v Alanus ab Insulis: ›Liber parabolarum‹ (gloss., komm.) 74r-83r Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XLII. 2.a) Epimythien im Verstext: Nr. VI E,1f., X E,1f., XI E,1f., XII E,1-4, XIII E,1f., XIV E,1-4, XV E,1f., XXV E,1f., XXVI E,1f., XXVIII E,1f., XXIX E,1f., XXXI E,1f. 2.b) Epimythien außerhalb des Verstextes: Nr. XIX E,1f. Erschließung: 1. Interlinearglossen in kleinerer Glossenschrift durchgehend in gleichbleibender Dichte von einer Haupthand (des Verstextes?) und mehreren Nachtragshänden. 2. Marginalien nicht sehr dicht von verschiedenen Händen in verschiedenen Schriftgrößen vorwiegend an den

Avian: ›Fabulae‹

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Blatträndern. Sie setzen mit auf die Einzelstelle bezogenen Erläuterungen in erster Linie die Interlinearglossierung fort. Ferner sind oft Fabeltituli ergänzt, werden neben grammatischen Sacherläuterungen gegeben und Merkverse angebracht. Der Nachtrag eines Epimythions (s. o.) steht vereinzelt. Inhaltliche Systematik wird nicht erreicht. Einrichtung: einspaltig, 36 Zeilen pro Spalte. Dass mit dem Schriftspiegel für die Aufnahme von Kommentaren gezielt Rand belassen worden wäre, ist nicht zu erkennen. Die Fabeln stehen jeweils in neuer Zeile und beginnen mit einer zweizeiligen rubrizierten Lombarde. Die einzelnen Verse sind abgesetzt, ihr erster Buchstabe ist als Majuskel ausgeführt und herausgerückt, der Zeilenabstand lässt Raum für Interlinearglossen. Auf der ersten Seite sind diese Majuskeln rot gestrichelt. Weder Textanfang noch Textende tragen eine eigene Beischrift.

83v

grammat. Notate, Federproben, zwei getilgte Besitzeinträge eines iohannis de h 84r-92v Statius: ›Achilleis‹ (gloss., komm.) (frgm.) 93r-101v Claudian: ›De raptu Proserpinae‹ (gloss., komm.) (frgm.) 102ra-108vb Alexander de Villa Dei: ›De algorismo‹ (gloss., komm.) 109r leer 109va-125vb Alexander de Villa Dei: ›Massa computi‹ (gloss., komm.) 126rab Traktat zur Grammatik (frgm.) 126v leer 127r-130v Johannes de Pulchro Rivo: ›Compilatio elucidans computum manualem‹ 131r-138v Tafeln zur Kalenderberechnung 139r-144v Kalender 145r-156r Alexander de Villa Dei: ›Massa computi‹ 156va-168vb Johannes de Sacro Bosco: ›Tractatus de sphaera‹ 169ra-179vb Kommentar zu Alexander de Villa dei: ›Massa computi‹ 180ra-186ra Isaac Israelita: ›Liber definitionum medicinae‹ 186ra-202ra Isaac Israelita: ›Liber elementorum‹ 202ra-203vb Notate zu arithmetischen Problemen, Buchstabentafel, Federproben 204r Besitzeintrag St. Jacques 204r-209r Alexander de Villa Dei: ›De algorismo‹ 209v-211r Tafeln zur Kalenderberechnung 211v leer 212r Besitzeintrag St. Jacques 212r-242v Boethius: ›Institutio arithmetica‹ 242v-243r Notat zur Arithmetik 243ra-vb Traktat zur Rhetorik 244r-252v Copho: ›Modus medendi‹

Verzeichnisse zur Überlieferung

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Vorbesitzer (nur für den Avian-Faszikel?) Johannes de Her (83v); Lüttich (Liége), Benediktiner St. Jacques; Baron von Hüpsch (17301805) Die Handschrift stammt aus dem Jakobsklosters in Lüttich. Auf der Bücherversteigerung 1788 erwarb sie der Kölner Büchersammler und Gelehrte Baron von Hüpsch.86 Von Hüpsch hatte den Landgrafen Ludewig X. von Hessen-Darmstadt zum Erben seiner umfangreichen Büchersammlung bestimmt: Auf diesem Wege gelangte auch Dar2 1805 in die Darmstädter Hofbibliothek.87 In Lüttich wurde Dar 2 vielleicht bereits im 14. Jahrhundert aufbewahrt. Von den zwei alten Signaturen entstammt die jüngere (L X 6) der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts, in der eine umfangreiche Neuordnung der Bibliothek vorgenommen und viele Bände umsigniert wurden, die ältere (I 68) der Zeit vor dieser Revision.88 Wohl im Zuge der Revision sah man den Band genauer durch, identifizierte nicht gekennzeichnete Texte, wies sie Autoren zu,89 vermerkte Textlücken90 und brachte Querverweise auf andere Bücher des Konvents an. Dar 2 war zu diesem Zeitpunkt bereits gebunden: Bereits das dem Buchblock sicher im Zusammenhang mit der Einbindung vorgeschaltete Papierblatt weist nämlich die ältere Signatur auf. Zudem wurden die Blätter bei der Einbindung vor allem an ihrem oberen Rand teils stärker beschnitten und einige Texte beschädigt, nie werden davon jedoch die erwähnten Anmerkungen des Bibliothekars erfasst, die demnach jünger sein müssen. Nicht zuletzt erfasst der Beschnitt auch eine der beiden – mit Unterbrechungen – durch den ganzen Band laufenden arabischen Foliierungen. Der ganze Band wurde danach also möglicherweise noch im 14. Jahrhundert zusammengestellt und foliiert, später dann gebunden und dabei stark beschnitten und wiederum später – wohl wegen der inzwischen beschädigten ersten Foliierung und sehr wahrscheinlich im Zusammenhang mit der Bibliotheksrevision der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts – noch einmal durchgezählt. Dar 2 ist aus mehreren teilweise ehemals selbstständigen Faszikeln und teilweise aus Bruchstücken ehedem größerer Überlieferungseinheiten zusammengesetzt. Die Außenblätter der ersten Teils (Bl. 1r-36v) mit den von einer Hand geschlossen jeweils inklusive Kommentar aufgezeichneten ›Disticha Catonis‹ und dem Theodolus sind auf ihrer Vorder- bzw. Rück-

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87 88 89

90

Vgl. Catalogue des livres 1788, S. 164 Nr. 511, und VOLK 1925, S. 208. Zu Hüpsch zusammenfassend HERMANN KNAUS in: NDB, Bd. 9, S. 743f. VOLK 1925, S. 216. Vgl. hier und zum folgenden VOLK 1923, S. 336f. So etwa im Kopf von Bl. 169r (glosa super massam compoti. vel sic. Speculum compoti) oder Bl. 156v (tractatus de spera. Composuit. Johannes de sacro busco). So mehrfach Bl. 87v (hec desunt duo folia videlicet Clccc versus), 92v, 98v, 101r, 101v.

Avian: ›Fabulae‹

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seite beide stark abgegriffen: Diese beiden Texte könnten ursprünglich eine eigene Überlieferungseinheit gebildet haben. Das lässt sich ebenso für den zweiten, von einer zweiten Hand geschriebenen Teil annehmen (Bl. 37r-41v), die lateinisch-altfranzösische Fassung der ›Disticha Catonis‹, denen eine dritte Hand Konjugationsübungen nachstellte, und für den dritten Teil mit dem ›Tobias‹ (Bl. 42r-57v), der fragmentarisch schließt. Dagegen scheint die folgende Partie aus einem größeren Zusammenhang herausgelöst worden zu sein, denn hier ist auf den Blättern Bl. 61r-65r jeweils am unteren Blattrand noch eine römische Foliierung zu erkennen. Der fünfte Abschnitt mit dem Avian stellt eine ursprünglich vielleicht abgeschlossene Einheit dar. Das Eingangsblatt ist überaus stark abgegriffen ist, und das letzte trägt zwei ausrasierte alte Besitzvermerke des 13. oder 14. Jahrhunderts. Den »poetischen« Teil des Sammelbandes beschließen die geschlossen von einer einzigen Hand aufgezeichneten Schlussstücke des ›Liber Catonianus‹: Statius’ ›Achilleis‹ und Claudians ›De raptu Proserpinae‹. Von diesem ersten Konvolut kann ein zweites, vollkommen anders ausgerichtetes abgesetzt werden, das nahezu ausschließlich arithmetisches, komputistisches und medizinisches Schrifttum versammelt. Es erscheint auf dieselbe Weise wie der erste Abschnitt aus nicht ursprünglich Zusammengehörigem gebildet. Die Verbindung der verschiedenen Teile erfolgte aus bibliothekarischkonservatorischen, nicht aus unterrichtspraktischen Erwägungen. So wurde im ersten Teil der ›Cato‹ gleich zweimal und wurden im zweiten Teil Alexanders de Villa Dei ›De algorismo‹ und die ›Massa computi‹ als Dubletten aufgenommen. Neben den Dubletten indiziert die spätere Beschneidung des Bandes, die vor allem im ersten Teil oft zu Textverlusten führte, den Funktionsverlust der versammelten Faszikel. Entsprechend fehlen, von den vorzugsweise bibliothekarisch ausgerichteten Texteinträgen abgesehen, signifikante Textnachtragsschichten, die mehrere Faszikel gleichzeitig erfassen. Leitende Gesichtspunkte bei der Zusammenstellung waren, wie angedeutet, die Zusammenführung vornehmlich von Schultexten/-faszikeln im ersten und von hauptsächlich mathematischmedizinischen Werken im zweiten Teil. Dass Mathematik und Medizin in Dar 2 als eine gemeinsame Sachgruppe aufzufassen sind, erhellt auch aus der für die Aufstellung der Bücher vor der Revision des 15. Jahrhunderts gültigen Systematik, die nach Materialien anordnete und dabei diese beiden Bereiche unter eine gemeinsame Signatur zusammenfasste.91 Welche Signatur der ganze Band erhalten sollte, wurde hingegen im Blick auf seinen ersten Teil festgelegt, den man der Sachgruppe Geschichte zuordnete. In der älteren Bibliothekssystematik folgen beide Sachgruppen aufeinan-

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VOLK 1923, S. 336.

Verzeichnisse zur Überlieferung

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der. Die äußere Grenze zwischen den Bücherabteilungen verläuft hier also mitten durch den vorliegenden Band. Die Benediktiner von St. Jacques betrieben keine eigene Klosterschule.92 Der Avian wird, wie auch die zwei ausrasierten Besitzeinträge Bl. 83v annehmen lassen, von außerhalb in die Bibliothek gelangt sein. Im Faszikel mit dem zweiten ›Cato‹ sind die Glossen in wallonischem Dialekt verfasst, »and there are some indications that they originated in the region round Namur«.93 Dieser Teil der Handschrift hatte demnach keine weite Wanderung hinter sich. Die Tafeln im achten Faszikel werden von MUNARI sogar unmittelbar nach Lüttich und in den Anfang des 14. Jahrhunderts gesetzt; für den Kalender im unmittelbar anschließenden neunten Teil dagegen schließt er Entstehung und Verwendung in Lüttich aus, da ein Lokalheiliger unberücksichtigt sei.94 Für den Avian-Faszikel ist damit immerhin Entstehung im nordfranzösisch-lothringischen Raum anzunehmen, ohne dass sich jedoch weitere Eingrenzungen vornehmen ließen. Die Verwendung groben und ungleich beschnittenen Pergaments weist auf seine Anlage als Unterrichtsfaszikel. Die zahlreichen Ergänzungsschichten in den Glossen und Marginalien belegen die Überführung in den intendierten Gebrauch. L1 DICKE/GRUBMÜLLER 1987, S. LXVIII. L2 Catalogue des livres de la bibliotheque de la célebre ex-abbaye de St.-Jacques a Liege, dont la vente se fera publiquement au plus offrant, sur les cloîtres de laditte Ex-Abbaye, le 3 Mars 1788 et jours suivans, à deux heures précises de relevée. o. O. o. J. [Lüttich 1788]; ROTH 1891, S. 261; KRISTELLER 1967/97, Bd. 3, S. 516. L3 SYLV. BALAU: La bibliothèque de l’abbaye de Saint-Jacques, à Liège. In: Bulletin de la commission royale d’histoire 71 (1902), S. 161; PAULUS VOLK: Aus der mittelalterlichen Klosterbibliothek von St. Jakob in Lüttich. In: Benediktinische Monatsschrift 5 (1923), S. 328-337; PAULUS VOLK: Baron Hüpsch und der Verkauf der Lütticher St. Jakobsbibliothek. In: ZfB 42 (1925), S. 201217; TONY HUNT: The old french Cato in MS Darmstadt 2640. In: Vox Romanica 39 (1980), S. 44-63; MUNARI 1977/88, Bd. 1, S. 42-44 Nr. 28.

Dar 3

*Darmstadt, Hessische Landes- und Hochschulbibliothek, Ms. 2780 Pap., 312 Bl., 20 x 14 cm, 1380, Südwestdeutschland. Bd. 1 VD Besitzeintrag (17. Jh.) Bartholomaeus Ir Inhaltsverzeichnis (15. Jh.) Iv leer 1r-16v ›Disticha Catonis‹ und Martinus: ›Novus Cato‹ (lat./dt. gloss.)

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Dahingehend zwei knappe Hinweise bei VOLK 1923, S. 330 und S. 334f. HUNT 1980, S. 47. MUNARI 1977/88, Bd. 1, S. 43.

Avian: ›Fabulae‹

16v-22r 22r-29r 29r-35v 35ar-35bv 36r-44r 44r-59r 59v-80v 81r-84v 85r-87v 88r-103r

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›Facetus Cum nihil utilius‹ (lat./dt. gloss.) ›Pylatus‹ (WALTHER Nr. 18058) (lat./dt. gloss.) ›Militarius‹ (WALTHER Nr. 10178) (lat./dt. gloss.) Bonvicinus de Ripa: ›Vita scolastica‹ (frgm.) ›Quinque claves sapientiae‹ (lat./dt. gloss.) ›Passio beate Katharine virginis‹ (WALTHER Nr. 13588) (lat./dt. gloss.) ›Anonymus Neveleti‹ (lat./dt. gloss.) Prudentius: ›Tituli historiarum‹/›Dittochaeon‹ (lat./dt. gloss.) (frgm.) (fehlen) Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. III,11-XLII. 2. Epimythien im Verstext: Nr. VI E,1f., X E,5f., XI E,1f., XII E,1-4, XIII E,1f., XIV E,1f., XV E,1f., XVII E,5f., XIX E,1f., XX E,1f., zu XXIV (nicht bei GUAGLIANONE) Quisque sui iudex laudabilis atque potens est | Esse nec inferior iudice se quis amat, XXV E,1f. (an VIII wie XXV), XXVI E,1f., XXVIII E,1f., XXIX E,1f., XXXI E,1f., XXXVIII E,1f. 3. Tituli. Erschließung: 1. Interlinearglossen in kleinerer Glossenschrift von der Hand Hänchels. Eingetragen wurden fast ausschließlich Syntaxziffern, die die einzelnen Fabeln vollständig, aber nicht alle Stücke – neun sind ausgelassen – erfassen. Gegen die dichte Syntaxbezifferung stehen lateinische und deutsche Interpretamente eher vereinzelt. 2. Der Kommentar wurde in kleinerer Glossenschrift von der Hand des Glossators jeweils am äußeren Blattrand angebracht und erfasst bis auf zwei (Nr. XXXVIIIf.) alle Stücke. Seine regelmäßig wiederkehrenden Aufbauelemente: der fructus der Fabel (regelmäßig, doch nicht so häufig wie die geistliche Auslegung, den Kommentar manchmal einleitend, manchmal beschließend), die geistliche Auslegung (immer vorhanden, stets den breitesten Raum einnehmend, manchmal auf die Lehre folgend, aber auch ihr vorangehend, oft eigens mit allegoria markiert und, wenn die Lehre fehlt, alleiniger Bestandteil des Kommentars). Vereinzelt werden zudem Autoritäten zitiert, so in Nr. XXVIII Cato und in Nr. XLI Salomon. Einrichtung: einspaltig, 21 Zeilen pro Spalte, wobei der Schriftspiegel für den Kommentar außen breiten Rand belässt. Die einzelnen Fabeln setzen jeweils in neuer Zeile mit zweizeiliger rubrizierter Lombarde ein. Am Rand sind ihnen jeweils Tituli beigegeben. Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit herausgerückten und gestrichelten Majuskeln. Für Interlinearglossen ist Freiraum belassen. Der Textanfang fehlt wegen Blattverlust. Textende: Explicit antiquus auianus in Auszeichnungsschrift nach Leerzeile in eigener Zeile.

103v-108v 108v 109r-111r 111v

›Visio Philiberti‹ Besitzeintrag (17. Jh.) Bartholomaeus Sarburg Johannes de Garlandia (?): ›Poenitentiarius‹ (gloss., komm.) leer

Verzeichnisse zur Überlieferung

500

112rv 113r-132v 133r-140v 141r-150r 150v-155v RD innen Bd. 2 VD innen Ir Iv 156r-185r 185r-199v 200r-220r

(fehlt) Hugo: ›Darmstädter Novus Avianus‹ (lat./dt. gloss.)95 ›Contemptus mundi‹/›Cartula‹ (lat./dt. gloss.) Reinerus Alemannicus: ›Thesmophagia‹/›Phagifacetus‹ (lat./dt. gloss.) ›Vita Jude‹ (WALTHER Nr. 1685) (lat./dt. gloss.) eingeklebter Zettel mit Hüpsch-Nr. 152

eingeklebter Zettel mit der Hüpsch-Nr. 148 Inhaltsverzeichnis (15. Jh.) leer ›Novus Physiologus‹ (lat./dt. gloss.) Adolf von Wien: ›Doligamus‹ (lat./dt. gloss.) Heinrich von Settimello: ›Elegia de diversitate fortunae et philosophiae consolatione‹/›Pauper Henricus‹ (lat./dt. gloss.) 220v-229r Frowin von Krakau: ›Antigameratus‹ (lat./dt. gloss.) 229v-238v ›Vita s. Gregorii metrica‹ 239r-245r ›Physiologus Theobaldi‹ 245r-264v Bonvicinus de Ripa: ›Vita scolastica‹ (lat./dt. gloss.) 265r-283r ›Historia Troiae‹/›Dares versificatus‹ (lat./dt. gloss.) 283r-290v ›Facetus Moribus et vita‹ (gloss.) 290v-297r ›Ecloga Theodoli‹ (lat./dt. gloss.) 297v-303r ›Vita s. Alexii metrica‹ 303r-311r Hugo von Trimberg: ›Laurea sanctorum‹ 311v-312v Inhaltsverzeichnis 312v Anno domini M° ccc° LXXX° finitus est iste | Liber in vigilia Assumptionis marie per manus | Conr(di dicti h(nchel [14.8.1380] Schreiber Konrad Hänchel Vorbesitzer Bartholomaeus Sarburg Die beiden Bände gehören, wie aus der durchlaufenden alten römischen Foliierung hervorgeht, zusammen. Ihre Texte wurden in einem geschlossenen Arbeitsgang aufgenommen: Grundtexte und Glossen stammen durchweg aus der Feder des sich Bl. 312v nennenden Konrad Hänchel, der auch das abschließende Inhaltsverzeichnis (Bl. 311v-312r) erstellte. Von Hänchels Hand stammt ferner die erste Foliierung, die er in seinem Inhaltsverzeichnis bereits benutzt. Weitere Indizien für einen gezielt erstellten Sammelband liefern etwa die systematische Handhabung der La-

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Textausgabe: SEEMANN 1923, S. 267-300. Vgl. zum Werk als solchem a. a. O. S. 259-266 und jetzt auch die Ausgabe von VERNETTI.

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gen,96 liefert die einheitliche Einrichtung der Texte, liefern die über den ganzen Band verteilten deutschen Glossen Hänchels, liefert der weitgehende Verzicht des Schreibers auf Beigabe von Kommentaren, liefert schließlich die Besonderheit, dass sich die weitere Glossierung der Texte auf vergleichsweise dicht angebrachte (dennoch aber in den einzelnen Stücken nicht immer durchlaufende) Syntaxziffern beschränkt. Der Kodex war spätestens im 15. Jahrhundert bereits auf zwei Bände verteilt. Aus dieser Zeit stammen die Vorsatzblätter vor den beiden Teilen mit den jeweils vorangestellten Teilregistern und die Einbände.97 Durch diese Aufteilung dürfte er beträchtlich handlicher geworden sein. Sein kompendiöser Zuschnitt hat aber nach wie vor sicher, obschon die auffallend dicht angebrachten Syntaxglossen das auf den ersten Blick annehmen lassen könnten, seinen Einsatz unmittelbar im Unterricht selbst ausgeschlossen. Es ist ganz bezeichnend, dass der Textbestand nach Fertigstellung der Handschrift nicht mehr aktualisiert wurde, die Aufteilung des Bandes durch einen Benutzer des 15. Jahrhunderts – so die Sammlung nicht ohnehin von Beginn an auf zwei Bände verteilt werden sollte98 – das einzige spätere Gebrauchssindiz darstellt. Für Unterrichtshandschriften charakteristische Spuren intensiver Abnutzung fehlen ganz.99 Für die Frage nach dem mit einer solchen umfangreichen Textzusammenstellung anvisierten Gebrauchszusammenhang hilft die Besitzgeschichte nicht weiter. Die Handschrift stammt wie Dar 2 aus der Sammlung des Barons Hüpsch, aus der sie 1805 nach Darmstadt gelangte. Im Unterschied zu Dar 2 ist jedoch nicht bekannt, woher Hüpsch dies

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Jeweils auf dem Eingangsblatt der zweiten bis siebten Lage (Bl. 17r, 33r, 43r, 53r, 63r, 75r) findet sich eine Lagenzählung, zudem Bl. 126v eine Reklamante. Die Lagenbildung tendiert besonders im zweiten Teil deutlich zum Sexternio. Lagenformeln nach KOHUSHÖLTER 2006, S. 60: 2VIII32 + VI44 + 2V64 + VI76 + (VI-1)87 + (VII-2)99 + (VI-1)110 + VII124 + 2VI148 + (III-1)153 bzw. (V-2)8 + 12VI152 + (IV-1)159. KOHUSHÖLTER 2006, S. 63: »Die Handschrift ist in zwei gleichartige, schmucklose Einbände des 15. Jahrhunderts aus weichem, rotgefärbtem Leder, das über Holz gezogen wurde und stark abgeschabt und wurmstichig ist, mit drei Bünden eingebunden. Der Schnitt war ursprünglich gelb gefärbt. Auf dem Buchrücken des zweiten Bandes sieht man den Abdruck eines alten Signaturenschildes. Die Riemen der Mittelschließen jedes Bandes sind jetzt abgerissen. Im ersten Band sind vorne zwei ca. 100 mm breite Pergamentstreifen einer deutschsprachigen Handschrift in Kursive und einer lateinischsprachigen Handschrift des 14. Jahrhunderts in Textura als Makulatur eingebunden. Ein weiteres Fragment der lateinischen Handschrift ist hinten im zweiten Band eingebunden.« Dahingehend KOHUSHÖLTER 2006, S. 52, unter Verweis auf die Lagenformel. Diese gibt freilich für die Frage der Einheit wenig her, da sich eine sekundäre Trennung an vorhandenen Lagengrenzen ausrichten kann. Das ist bei HENKEL (1988, S. 20-22) nicht beachtet. Noch entschiedener gleichwohl STOHLMANN 1968, S. 224: »Die Handschrift scheint in der Schulstube als Übungsexemplar benutzt worden zu sein.« In der »Schulstube« benutzte Handschriften zeigen Abnutzungsspuren in ganz anderem Grad als das nahezu unberührte Darmstädter Kompendium.

Verzeichnisse zur Überlieferung

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Manuskript hatte. Der Schreiber Konrad Hänchel lässt sich andernorts nicht nachweisen.100 Ebensowenig hilft einstweilen der Namenseintrag des Bartolomæus Sarburg aus dem 17. Jahrhundert weiter. Einen zukünftig vielleicht weiter führenden Weg hatte hingegen bereits SEEMANN eingeschlagen, der die Sprachformen der deutschen Glossen untersucht hat und festhält: »durch sie werden wir auf alemannisches Gebiet gewiesen und zwar in einen mehr nordöstlich liegenden schwäbischen Teil [...]«.101 Ferner hat STOHLMANN 1968 auf zwei weitere Handschriften verwandten Zuschnitts verweisen und die ganze Gruppe dann auf der Grundlage u. a. kodikologischer und paläographischer Kriterien ebenfalls in den südwestdeutschen Raum setzen können.102 Nach welchem Typ von Bibliothek man in dieser Region zu suchen hätte, erhellt aus dem Textbestand von Dar 3, dessen Schwerpunkt HENKEL so umreißt: »Reich sind hingegen die geistlichen Inhalte vertreten [...]«103 – unter die er über fünfzehn Stücke subsumiert. Mag man über die Zuordnung des einzelnen Textes streiten, die ›Passio beate Katharine virginis‹, die ›Vita Jude‹, die ›Vita s. Gregorii metrica‹, die ›Vita s. Alexii metrica‹ und die ›Laurea sanctorum‹ gehören sicher hierher. Bestätigt findet sich diese inhaltliche Ausrichtung im Avian-Kommentar, in dem einzig die geistliche allegorice-Auslegung dasjenige Bauelement darstellt, auf

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103

Vgl. schon HENKEL 1988, S. 20, und HEGER 1958, S. 96 (unter Verweis auf Recherchen des Darmstädter Bibliothekars Hermann Knaus). SEEMANN 1923, S. 258. STOHLMANN 1968, S. 224f. Es handelt sich um die Handschriften München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 4413, und Basel, Universitätsbibliothek, Cod. A X 136. Die Handschriftengruppe verdiente ohnehin eine ausführliche Untersuchung, die die besonderen Literatur-Interessen der hinter ihnen stehenden Kreise aufzuhellen hätte. So muss auffallen, dass die Münchener und die Darmstädter Manuskripte die einzigen Textzeugen einer hexametrischen Gregorius-Legende sind. Vgl. VOLKER MERTENS: ›Gregorius‹. In: VL, Bd. 3, Sp. 244-248, hier Sp. 245 (ohne Berücksichtigung von Dar 3 ). Weiterhin ist Dar 3 zugleich der einzige Textzeuge des ›Darmstädter Novus Avianus‹ wie des ›Novus Physiologus‹. Vor diesem Hintergrund erscheint dann auch die Aufnahme des ›Novus Cato‹ des Martinus in Dar 3 nicht mehr nur als Zufall, obschon dieses Werk eine etwas weitere Verbreitung gefunden hat (vgl. zur Überlieferung des ›Novus Cato‹ zusammenfassend HENKEL 1988, S. 274-276). Eine entsprechende Untersuchung wird dabei STOHLMANNs Angaben nur mit Vorsicht heranziehen dürfen. So wird für die Basler Handschrift Entstehung in der örtlichen Kartause angenommen, wo sie aber aus Gründen der Chronologie unmöglich geschrieben worden sein kann (vgl. WINTER 1972, S. 104 Anm. 7). Dass die Münchener Handschrift in Regensburg, wo man sie im ausgehenden Mittelalter aufbewahrte, auch geschrieben wurde, wird mehr behauptet als bewiesen. Unbemerkt blieb STOHLMANN ferner der Widerspruch zwischen der angegebenen Herkunft der beiden Handschriften und seiner Folgerung, »dass die drei Kodizes in demselben Zeitraum und in derselben Gegend entstanden sind. Man darf also die Abfassung der Handschrift Darmstadt 2780 in Südwestdeutschland im Gebiet des Oberrheins ansetzen« (STOHLMANN 1968, S. 225). HENKEL 1988, S. 21.

Avian: ›Fabulae‹

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das der Kommentator – von den zwei unkommentierten Stücken Nr. XXXVIIIf. abgesehen – nirgends verzichtete, das, da breit ausgestaltet, die einzelnen Kommentarabschnitte deutlich prägt (wogegen sich die Benennung der Lehre oft auf nur eine oder zwei knappe Zeilen beschränkt), auf das die Kommentare gar reduziert sein können und das, in der Kommentartradition ganz unüblich, oft sogar die Kommentare eröffnet. So dürfte Dar 3 – vielleicht als Auftragsarbeit – am ehesten für die Bibliothek eines vermögenden Klerikers oder einer geistlichen Einrichtung in Schwaben geschrieben worden sein. Dort hatte man für Dar 3 sowenig wie eine Verwendung als Unterrichtshandschrift eine als »Schulhandschrift« im Hintergrund von Unterricht im Sinn. Die auffallend dichte systematische Syntaxglossierung und die deutschen Glossen erleichtern nämlich auch dem lediglich allgemein an Erbauung und belehrender Unterweisung in »richtige« Lebensführung interessierten Rezipienten die Textlektüre. Aufschlussreich ist auch der Vergleich mit der Textzusammenstellung in Bre2, wo zwar für verschiedene Aufgaben des Klerikers (zu predigen, zu musizieren, zu unterrichten) nützliche Werke bereit gehalten wurden, sich das Textangebot insgesamt aber nicht auf unmittelbare Praxis reduziert lässt und ebenso allgemeiner moraldidaktischer Erbauungs- und Bildungslektüre und als Leitfaden zur Lebensführung dienen konnte. Der bereits in Bre2 schmalere Anteil unmittelbar anwendungsbezogener Texte fehlt in Dar 3 sogar ganz. Die Handschrift versammelt zwar zahlreiche Verstexte, die unter anderem im Umfeld des Trivialunterrichts begegnen, aber gerade keinen einzigen, der sich einsinnig diesem Kontext zuweisen ließe. Im Gegenteil haben möglicherweise sogar spezifisch literarische Experteninteressen in die Zusammenstellung hineingewirkt. Mehrere Texte wirken regelrecht »gesucht«.104 Und für die besondere Aufmerksamkeit, mit der älteren Vorlagen nach Möglichkeit auch Neufassungen an die Seite gestellt wurden – so im ›Cato‹ vetus/novus, im alten/erneuerten Avian und im ›Physiologus‹ vetus/novus – findet sich in der gesamten Avian-Überlieferung kein zweites Beispiel. L1 OLDFATHER 1911, S. 110; GUAGLIANONE 1958, S. XXVI (Sigle Dm). L2 ROTH 1891, S. 29f. L3 SEEMANN 1923, S. 256-259; JÜRGEN STOHLMANN: Anonymi Historia Troyana Daretis Frigii. Untersuchungen und kritische Ausgabe. Wuppertal, Ratingen, Düsseldorf 1968 (Beihefte zum Mlat. Jb. 1), S. 220-227; SYLVIA KOHUSHÖLTER: Die lateinische und deutsche Rezeption von Hartmanns von Aue ›Gregorius‹ im Mittelalter. Untersuchungen und Editionen. Tübingen 2006 (Hermaea N. F. 111), S. 52-63.

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Siehe oben Anm. 102.

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DHa

*Den Haag (s’-Gravenhage), Rijksmuseum MeermannoWestreenianum, Ms. 10 B 34 Pap., 174 Bl., 29.5 x 21 cm, Mitte 15. Jh. (1450), Kreuzherren Köln. 1ra-49rb ›Speculum humanae salvationis‹ (ill.) 49va-50ra Inhaltsverzeichnis zum ›Speculum humanae salvationis‹ 50rb-51r leer 51v Korrekturnotiz und Inhaltsverzeichnis zu Hermann von Werden: ›Hortus deliciarum‹ 52ra-109vb ›Parabolae Salomonis filii David regis‹ 110ra-111va Hermann von Werden: ›Hortus deliciarum‹ (komm.) 111va Korrekturnotiz und Kolophon 111vb leer 112ra-132r ›Liber Ecclesiastes‹ (komm.) 132v leer 133r-153r ›Super Cantica canticorum‹ (komm.) 153v leer 154ra-161ra Prudentius: ›Psychomachia‹ 162ra-164va Gottfried von Tienen: ›Omne punctum‹ 165ra-168vb Reinerus Alemannicus: ›Thesmophagia‹/›Phagifacetus‹ 169ra-174vb Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XLII.105 2. Epimythien im Verstext: Nr. VI E,1f., X E,1f., XII E,3f., XIII E,1f., XIV E,3f.+1f., XV E,1f., XVII E,1f., XIX E,1f., XXV E,1f., XXVI E,1f., XXIX E,1f., XXXI E,1f., XXXVIII E,1f. Erschließung: keine. Einrichtung: zweispaltig, 29 Zeilen pro Spalte. Die Fabeln setzen jeweils in neuer Zeile mit zweizeiliger rubrizierter Lombarde ein. Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit Majuskeln. Der Textanfang bleibt ohne Beischrift. Als Schlussschrift erscheint Explicit auianus.

Schreiber u. a. Nicolaus Vorbesitzer Köln, Kreuzherren Nach Einrichtung und Ausstattung sind zwei Teile zu unterscheiden: Die Bl. 154ra begonnenen letzten vier Stücke wurden von nur einem Schreiber in einem einzigen Arbeitsschritt aufgenommen, in der Einrichtung aneinander angeglichen, keines wurde kommentiert oder glossiert, und der Buchschmuck beschränkt sich auf rote Rubriken und farbige Lombarden. Bis Bl. 153 hingegen arbeiteten mehrere Schreiber (Hand 1: Bl. 1ra-50ra, Hand 2: Bl. 51v-109vb und 111va, Hand 3: Bl. 110ra-111va, Hand 4: Bl. 112ra-132r, Hand 5: Bl. 133r-153r), unterscheiden sich die einzelnen

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Von Nr. XII aber wegen eines Textsprungs Bl. 170r/v nur das Epimythion.

Avian: ›Fabulae‹

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Stücke in der Einrichtung bisweilen erheblich voneinander, wurden den Texten hier und da Kommentare beigegeben und sind ihre Eingänge mit bedeutend aufwändigeren Initialen gestaltet. Aber auch die zwei Großabschnitte Verbindendes ist nicht zu übersehen. Zum Beispiel war über die gesamte Handschrift hinweg nur ein einziger Rubrikator tätig, dessen farbige, zumeist zweizeiligen Lombarden durchweg einen auffallend in die Breite gehenden, gedrungenen Buchstabenkörper bilden, der jedoch stets in feinen Spitzen ausläuft. Ferner wurden die Lagen systematisch verwaltet, wurde jede Lage durch einen Buchstaben auf der jeweils letzten Seite identifiziert und die erste Hälfte der so gekennzeichneten Lagen jeweils mit einer Kombination von Lagenbuchstabe und Ziffer durchgezählt. Der ganze zweite Teil kann demnach nicht sekundär angefügt worden sein: Dha ist vielmehr aus einem Guss, wurde aber von mehreren Schreibern angelegt, von denen jeder nur einen einzigen Text schrieb – mit Ausnahme des letzten, der die vier Schlussstücke aufnahm. Bereits in seiner Spitzenstellung gibt sich das ›Speculum humanae salvationis‹ als der gewichtigste Text der ganzen Handschrift zu erkennen, der Altes wie Neues Testament gleichermaßen umfasst und aufeinander bezieht. Es ist zugleich der am aufwändigsten ausgestattete Text. Zweispaltig aufgezeichnet beginnt jede Spalte mit einer, manchmal sogar mit zwei Miniaturen. An das ›Speculum‹ schließt Bibeldichtung an, die sich nunmehr auf das Alte Testament beschränkt. Dieses lieferte dann der weiteren Anordnung der Texte das Modell. Hier wie dort folgen nämlich die ›Proverbia Salomonis‹, der ›Liber Ecclesiastes‹ und das Hohelied unmittelbar aufeinander. Der Anschluss der ›Psychomachia‹ dann geschah mit Bedacht. Als Dichtung vom Kampf der Laster gegen die Tugenden schlägt sie eine erste Brücke von der umfassenden Vermittlung der biblischen Vorgaben, an denen sich ein christliches Leben grundsätzlich zu orientieren hat, zu den Schwierigkeiten der Übernahme dieser Vorgaben in den täglichen Lebensvollzug. Unter diesem Vorzeichen lassen sich die drei folgenden Stücke dann als praktische Verhaltensanweisung begreifen, das irdische Leben gegen Widerstände in einem christlichen Sinn einzurichten. Die Schlussstellung der Fabeln ist in diesem Rahmen Reflex einer Rezeption, die sie ganz auf die Vermittlung praktischer Lebenslehre beschränkt. Ebenso wohlorganisiert wie die Zusammenstellung der Texte präsentiert sich die handwerkliche Umsetzung des Handschriftenprogramms. Die auf die Buchherstellung spezialisierte Professionalität einer wohlbedacht planenden Instanz, die in der Lage war, das skizzierte Programm in die Koordination eines halben Dutzends von Schreibern umzusetzen, lässt

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sich u. a. zwei redaktionellen Hinweisen ablesen, die eine irrtümliche Unordnung zu korrigieren versuchen: [51v:] Jn praesenti volumine post speculum humane saluacionis [s. o. 1ra-50ra] ponetur ortus deliciarum salomonis. [s. u. 110ra-111va] cuius praefatio sic incipit Hic liber est vnus etc. [so 110ra] Sed per incuriam scriptoris intermissus est hic. et habetur post librum prouerbiorum. Jncipit ortus deliciarum salomonis. Auster adesto calens etc. [so 110rb] Sequitur de alijs rubricis secundum ordinem. De cedro. De balsamo. De vino [...] De ysopo. Jn fine. vbi dicitur. Vt mensam regis etc. [so 111va] sequitur. Parabole salomonis filij dauid regis israelis etc. [s. u. 52ra109vb] [111va:] Sequuntur consequenter in primo exemplari Parabole salomonis filij davidi. regis israelis. etc ut supra. [s. o. 52ra-109vb] prosayce et metrice cum glosa aliquali. cuius transposicionis causa superius narratur [s. o. 51v] Scriptum per fratrem nycolaum conuentualem huius domus Coloniensis circa annum domini 1450m.

Als Schreiber beider Einträge hat VENNEBUSCH Konrad von Grunenberg (†1465/66) identifizieren können, den maßgeblichen Gestalter der Bibliothek des Kölner Kreuzherrenkonvents und kundigen Leiter seines Skriptoriums. Die Hand des von Grunenberg Bl. 111va als Schreiber von DHa genannten Nikolaus kann VENNEBUSCH in noch fünf weiteren Handschriften nachweisen: »Dieser Kreuzbruder war ein sehr produktives Mitglied des Kölner Skriptoriums.«106

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Vgl. VENNEBUSCH 1993, S. XXf. (das Zitat ebd. S. XIII). Der Handschriftenbeschreibung im Haager Katalog ist der Sachverhalt noch unbekannt. Dort wird nur »Ontstaan in Keulen omtrent 1450« vermerkt (BOEREN 1979, S. 67). Nach Auskunft der Korrekturnotizen hatte Konrad eine Vorlage vor Augen, die zumindest das ›Speculum‹, den ›Hortus deliciarum‹ und die ›Parabolae salomonis filii David regis‹ in dieser Reihenfolge bereits enthielt. Es liegt nahe, nach ihr zu suchen. Bei CARDON werden 26 Handschriften des ›Speculum humane salvationis‹ beschrieben, von denen jedoch keine als Vorlage in Frage kommt: BERT CARDON: Manuscripts of the Speculum humanae salvationis in the southern Netherlands (c. 1410-c. 1470). A contribution to the study of the 15.th century book illumination and the function and meaning of historical symbolism. Leuven 1996 (Corpus of illuminated manuscripts 9. Low Countries. Series 6), S. 368-428. Dasselbe gilt, soweit sich das auf der Grundlage der knappen Beschreibungen feststellen lässt, für die über 200 Handschriften, die bei LUTZ/PERDRIZET berücksichtigt sind: J. LUTZ, P. PERDRIZET: Speculum humanae salvationis. Texte critique. Traduction inédite de Jean Mielot (1448). Les sources et l’influence iconographique principalement sur l’art alsacien du XIVe siècle. Avec la reproduction, en 140 planches, du manuscrit de Sèlestat, de la série complète des vitraux de Mulhouse, de vitraux de Colmar, de Wissembourg etc. Mulhouse 1907-09. Bei dem von SCHMIDT genannten zweiten Textzeugen des ›Hortus deliciarum‹ Hermanns von Werden – vgl. PAUL GERHARD SCHMIDT: Der verschollene Hortus deliciarum des Hermann von Werden. In: Tradition und Wertung. Festschrift für Franz Brunhölzl zum 65. Geburtstag. Hg. von GÜNTER BERNT, FIDEL RÄDLE, GABRIEL SILAGI. Sigmaringen 1989, S. 261-266, hier S. 262f. – handelt es sich um Brüssel, Bibliothèque Royale, Ms. 11525. Diese Handschrift stammt aus der Prämonstratenserabtei Parc bei Löwen und enthält kein ›Speculum humanae salvationis‹: vgl. J. VAN DEN GHEYN: Catalogue des manuscrits de la Bibliothèque Royale de Belgique. Bd. 1. Brüssel 1901, S. 35f.

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Unter den Augen des Leiters Konrad von Grunenberg und teilweise von der Hand des fleißigen Bruders Nikolaus entstand mit DHa im Skriptorium der Kölner Kreuzherren ein erbauliches Handbuch für einen sicher bereits lateinkundigen Leser, der das vorliegende Lektüreprogramm verständig aufzunehmen und in die eigene Lebensgestaltung umzusetzen vermochte. Die wirtschaftlichen Voraussetzungen für eine derartige Versorgung des Konvents mit geistlicher Erbauungslektüre waren durch den mächtigen ökonomischen Aufschwung gegeben, den die Kölner Niederlassung seit den zwanziger Jahren erlebte107 und den eine ausgedehnte Buchproduktion begleitete.108 Nachrichten von der Einrichtung eines regelmäßigen Unterrichtsbetriebes liegen für diesen Zeitraum hingegen keine vor, und nur wenige Kreuzherren scheinen die örtliche Universität besucht zu haben.109 Zu allen diesen Befunden passt der Verzicht auf jede Form der weitergehenden Erschließung der ›Fabulae‹ sehr gut. Auf welchem Wege DHa nach Den Haag gelangt ist, liegt im Dunkeln. Der Konvent wurde 1802 aufgelöst, ein Teil der Handschriften verließ die Bibliothek aber schon 1794 und kam über Paris nach Brüssel.110 Von anderer Seite resumiert BOEREN im Katalog knapp: »Herkomst unbekend«.111 Nur vermuten lässt sich daher, dass DHa von Willem Hendrik Jacob Baron van Westreenen van Tiellandt (1783-1848) erworben wurde, dem Begründer des Museums, der seine Sammlung 1848 testamentarisch den Niederlanden unter der Auflage vermachte, für sie ein eigenes Museum »Meermanno-Westreenianum« zu betreiben. Westreenen war verwandt mit der Familie der Meermans, die in Gerard Meerman (1722-72) und dessen Sohn Johan (1753-1815) zwei umtriebige Bibliophile hervorgebracht hatte. Die Bibliothek der Meermans wurde 1824 in Den Haag versteigert. Bei dieser Gelegenheit erwarb auch Westreenen, der zeitlebens einige Mühe darauf verwandte, die verstreuten Bücher der Verwandten wieder im eigenen Haus zusammenzubringen, manche seiner Handschriften – nicht jedoch DHa. Aus der Versteigerung der Bücher Pieters van Damme (1727-1806) hatte er das Manuskript ebenfalls nicht, denn diese Erwerbungen des Jahres 1808 lassen sich im Umfang genau bestimmen. In den von Weestrenen geführten Erwerbsaufzeichnungen ist DHa, wie auch sonst mancher Band des Hauses, übergangen.

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Vgl. HAAYSS 1932, S. 74. Vgl. HAASS 1932, S. 79. Vgl. HAASS 1932, S. 80. Vgl. HAASS 1932, S. 91. BOEREN 1979, S. 67. Über die Geschicke und die Zusammensetzung der Bibliothek des Museums Meermanno-Westreenianum informiert die Einleitung im Katalog BOERENs. Hilfreiche erste Orientierung bietet DE JONG 1925.

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L1 DICKE/GRUBMÜLLER 1987, S. LXVIII. L2 P. J. H. VERMEEREN, A. F. DEKKER: Koninklijke Bibliotheek. Inventaris van de handschriften van het Museum Meermanno-Westreenianum. ’s-Gravenhage 1960, S. 37f.; P. C. BOEREN: Catalogus van de handschriften van het Rijksmuseum Meermanno-Westreenianum. ’s-Gravenhage 1979, S. 66f. L3 CASPAR DE JONG: Die Bücherei des Museums MeermannoWestreenianum. In: Zs. für Bücherfreunde N. F. 17 (1925), S. 53-65; JOSEPH THEELE: Aus der Bibliothek des Kölner Kreuzbrüder Klosters. In: Mittelalterliche Handschriften. Paläographische, kunsthistorische, literarische und bibliotheksgeschichtliche Untersuchungen. Festgabe zum 60. Geburtstag von Hermann Degering. Leipzig 1936, S. 253-263; ROBERT HAASS: Die Kreuzherren in den Reinlanden. Bonn 1932 (Rheinisches Archiv 23); VENNEBUSCH 1993, S. XIIf.

Dij *Dijon, Bibliothèque Municipale, Ms. 497 Perg., 267 Bl., 44.5 x 34 cm, 3. Viertel 13. Jh., Frankreich. 1r leer 1v Inhaltsverzeichnis (15. Jh.) 2ra-32vb Statius: ›Thebais‹ 32vc leer 33ra-36va Statius: ›Achilleis‹ 36vb-39rb Vergil: Eklogen 39rc-45vc Vergil: ›Georgica‹ 45vc Asmenius: ›Versiculi super XII libros Eneydarum‹ 45vc-78va Vergil: ›Aeneis‹ 78va Ps.-Ovid: ›Argumenta Aeneidos‹ 78vab Octavianus: ›Carmen de Virgilio‹ 78vb-88rc Horaz: Oden 88rc-89vc Horaz: ›Ars poetica‹ 89vc-91vc Horaz: Epoden 91vc-92ra Horaz: ›Carmen saeculare‹ 92ra-97ra Horaz: ›Epistolae‹ 97ra-103vc Horaz: Satiren 104ra-129vc Lucan: ›De bello civili‹ (›Pharsalia‹) 129vc Epitaphium Lucani 129vc-132ra Persius: Satiren 132ra-144rc Juvenal: Satiren 144rc-159rc Ovid: ›Fasti‹ 159rc ›De diebus aegyptiacis‹ 159rc Hildebert von Le Mans (?): ›De plagis Aegypti‹ 159rc-159va Auszüge aus Marcus Tullius Cicero: ›Aratea‹ 159va Ps.-Priscian: ›De sideribus‹ 159va-160ra Kalender 160ra-195rb Ovid: Metamorphosen 195rc-203vb Ovid: ›Amores‹

Avian: ›Fabulae‹

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203rb-213vb Ovid: Tristien 213vb-223rb Ovid: ›Ex Ponto‹ 223rb-225ra Ovid: ›Ibis‹ 225ra-227va Ovid: ›Remedia amoris‹ 227va-234rc Ovid: ›Ars amatoria‹ 234rc-244rc Ovid: ›Heroides‹ 244rc-245ra Ps.-Ovid: ›De nuce‹ 245ra-245rc Ps.-Ovid: ›De lupo‹ 245rc Ps.-Ovid: ›De pulice‹ 245va-247va Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Widmungsepistel. 2. Fabeln Nr. I-XLII. Erschließung: keine. Einrichtung: dreispaltig, 57 Zeilen pro Spalte. Den einzelnen Fabeln geht jeweils in eigener Zeile eine Überschrift voran, und sie beginnen mit einer zwei- bis dreizeiligen Fleuronnée-Initiale, deren Zierlinierung sich bis zu zwölf Zeilen nach oben und unten erstreckt. Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit herausgerückten Majuskeln. Die Textaufzeichnung erfolgte sehr sorgfältig, der Text wurde nachträglich noch einmal durchkorrigiert. Textbeginn mit der fortlaufend geschriebenen Widmungsepistel, die eine fünf Zeilen hohe Deckfarbeninitiale eröffnet, deren Buchstabenkörper eine en-face-Ansicht eines männlichen Gesichts füllt. Textschluss der Epistel: Jncipit liber AUIANI. In neuer Zeile setzt der Text der ersten Fabel mit sechszeiliger Deckfarbeninitiale ein, deren Buchstabenkörper ein Fabelwesen (Drache oder Greif) einbeschrieben ist. Textschluss: Explicit liber auiani.

247va-248va ›Disticha Catonis‹ 248va-251vb Pindar Thebanus: ›Ilias latina‹/›Homerus latinus‹ 251vb-256vc Sedulius: ›Carmen paschale‹ 256vc-257rb Sedulius: Hymnus I 257rb-261rc Prosper: ›Epigrammata‹ 261rc-263vc Prudentius: ›Psychomachia‹ (frgm.) 264ra-265rb Donat: ›Ars minor‹ (frgm.) 265rb-267ra Konjugationsanhang zum Donat Schreiber Johannes Guidonis (nur 60rv) Vorbesitzer Cîteaux, Zisterzienser Das einheitliche Großfolio-Format (Schriftspiegel ca. 36 x 25.5 cm), die gleichbleibende Einrichtung (dreispaltig, über 50 Zeilen pro Spalte), die anspruchsvolle Ausstattung des Kodex u. a. mit zahlreichen aufwändigen Deckfarbeninitialen anthropomorpher, figürlicher und floraler Ornamentierung, die zeitgenössische römische Foliierung und der gleichbleibend sorgfältige Duktus der an der Aufzeichnung beteiligten Schreiber weisen Dij als ein geschlossen verfertigtes, repräsentatives Produkt eines leis-

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tungsfähigen Skriptoriums aus. Der anspruchsvollen äußeren Aufmachung entspricht inhaltlich das Streben nach vollständiger Versammlung literarischer auctores. Textnachträge fehlen nahezu völlig bzw. halten sich im Rahmen der intendierten Gebrauchsdisposition, die eher auf ein distanziertes Aufnehmen eines abgeschlossenen Ganzen ausgerichtet ist denn auf eine der Sammlung selbst sich immer wieder neu einschreibenden Aneignung ihrer Inhalte. Denn Glossen, Marginalien und Kommentare fehlen ganz. Nur Bl. 60 füllte ein Schreiber des 15. Jahrhunderts, Johannes Guidonis, mit großer Sorgfalt eine Textlücke auf. Ferner wurde dem Kodex im ausgehenden 15. Jahrhundert ein sehr sorgfältig angelegtes Inhaltsverzeichnis vorangestellt. Diese Arbeiten wurden von verschiedenen Schreibern versehen, könnten jedoch beide im Zusammenhang mit der Erfassung der Bestände der Bibliothek von Cîteaux durch ihren Abt Jean de Cirey (†1503) in den Jahren 1480-82 stehen. In diesem Katalog wird Dij unter Nr. 1170 geführt und knapp als Flores multorum poetarum beschrieben.112 Diese Angabe ist zwar spärlich; die Identifizierung mit Dij wird jedoch noch durch einen späteren Katalog des 18. Jahrhunderts gesichert.113 Die Herkunft aus Cîteaux erweist zudem ein dem vorderen Einbanddeckel aufgeklebtes Wappen des Klosters. Dij kam im Zuge der 1790 betriebenen Aufhebung des Klosters in die Bibliothèque Municipale von Dijon, an deren »ancien fonds« die Bibliothek der Zisterzienser heute einen bedeutenden Anteil hat.114 1480/82 befand sich die Handschrift nicht im Kloster selbst, sondern in der Bibliothek von Gilly, einer Besitzung der Abtei an der Côte-d’Or, deren Bestand mit 111 Einträgen im Katalog Cireys berücksichtigt ist.115 Geschrieben wurde sie aber weder hier noch dort: »son origine toutefois reste encore mystérieuse, dans la mesure où le texte ne nous invite pas à l’attribuer à Cîteaux«.116 Weniger mysteriös hingegen stellen sich die Beziehungen der Handschrift zum Schulunterricht dar: Als Unterrichtshandschrift hat sie ganz gewiss nicht gedient. Das erlauben schon ihr exzeptionelles Format – nach Tri2 handelt es sich um die größte AvianHandschrift des Mittelalters überhaupt – und ihre kostbare Ausstattung auszuschließen. Allenfalls an eine Herstellung für die entsprechende Ab-

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Vgl. Catalogue général 1889, S. 339-452, hier S. 449. JEUDY/RIOU 1989ff., S. 509. In diesem Katalog wird das übergroße Format des Bandes vermerkt, das seine passende Aufstellung behindere. Vgl. YOLANTA ZALUSKA: L’enluminure et le scriptorium de Cîteaux au XIIe siècle. Cîteaux 1989 (Cîteaux, Commentarii cistercienses. Studia et Documenta 4), S. 21 mit Anm. 23. Catalogue général 1889, S. II. Dij wird unter den Libri existentes in studioso nostro Gillei aufgeführt: Catalogue général 1889, S. 442. ZAŁUSKA 1991, S. 9.

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teilung einer größeren Bibliothek, aus der man sich potentiell auch für den Unterrichtsbetrieb verwendbare Werke abschreiben konnte, mag man – zumal im Blick auf den angehängten Donat – noch denken. Selbst für diesen besonderen Anwendungsfall eignete sich Dij aber nur bedingt: So ist selbst auf ein Mindestmaß an Texterschließung durchgehend verzichtet. L1 HERVIEUX 1893/99, Bd. 3, S. 78-80; GUAGLIANONE 1958, S. XIX (Sigle Dv). L2 Catalogue général des manuscrits des bibliothèques publiques de France. Departements. Bd. 5. Paris 1889, S. 117-123; JEUDY/RIOU 1989ff., S. 503-510; YOLANTA ZALUSKA: Manuscrits enluminés de Dijon. Paris 1991, S. 9, 215f.

Edi *Edinburgh, National Library of Scotland, Adv. MS 18.6.12 Perg., 37 Bl., 19.5 x 12.5 cm, Ende 11./Anfang 12. Jh., England (auf in der 2. Hälfte des 8. Jh.s in England beschriebenem Palimpsest). 1r Besitzeinträge Thorney (13./14. Jh.) und Henry Savile (17. Jh.); Herkunftsvermerk des Henry Savile of Banke ex dono patris (17. Jh.) 1r-14r Persius: Satiren (frgm.) 14r-29v Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Widmungsepistel. 2. ›Versus de rustico‹. 3. Fabeln Nr. IXLII. 4. Epimythien im Verstext: Nr. XII E,1f., XIV E,3f., XXXI E,1f. Erschließung: Lateinische Interlinearglossen stammen teils noch von der Texthand, und französische Interpretamente wurden von einer Hand des 13. Jahrhunderts nachgetragen. Dazu lassen sich mindestens zwei weitere Schreiber unterscheiden. Die Glossen wurden in sehr unterschiedlicher Verteilung angebracht, besonders dicht stehen sie in der Widmungsepistel. Von den folgenden Fabeln sind viele gar nicht glossiert, der übrige Bestand schwankt zwischen zwei und einem Dutzend Interpretamenten. Vereinzelt stehen einige zusätzliche Erklärungen, die auf den Rändern angebracht wurden (16v, 22r, 23r, 23v). Einrichtung: einspaltig, 24 Zeilen pro Spalte. Textanfang 14r JNCIPIT PREFATIO IN LIBRO AUIANI in eigener Zeile. Nach Freiraum Beginn der Epistel mit einer über sechs Zeilen reichenden Deckfarbeninitiale mit floralem Dekor. Die Epistel ist fortlaufend im Schriftspiegel des Verstextes aufgezeichnet und wird von der Rubrik INCIPIT LIBER abgeschlossen. In neuer Zeile folgen, von rubrizierter zweizeiliger Lombarde eingeleitet, die Verse AL Nr. 26, vor die der einleitende Vers Lector non fabulas spectes sed tende magis quid nachträglich von einer zeitgenössischen Hand zwischen die Zeilen geschaltet wurde. Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit rubrizierten Majuskeln. Anschließend steht in eigener Zeile der rubrizierte Titel zur ersten Versfabel und wiederum in neuer Zeile, mit zweizeiliger rubrizierter Eingangslombarde versehen, der Text des ersten Stücks. Textende: Finit liber auiani. Die einzelnen Fabeln beginnen jeweils mit dem rubrizierten Titel in eigener Zeile; es folgt

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eine zweizeilige rubrizierte Lombarde und dann der Verstext. Eine arabische Zählung wurde den einzelnen Fabeln erst von späterer, aber noch mittelalterlicher Hand am Rand beigegeben. Die Verse sind abgesetzt und setzen mit rubrizierten Majuskeln ein, die beim Hexameter jeweils geringfügig größer ausfällt und beim Pentameter etwas eingezogen wurde.

29v-31v 32r 32r-33r 33r-34r 34r 34v-35r 35r 35r 35v 35v 35v 35v 36ra-vb

Martinus: ›Novus Cato‹ sapphische Verse ›Gesta Ludovici imperatoris‹ Auszüge aus Horaz: ›Epistolae‹ Guilelmus Pictaviensis: ›Versus in Guilbertum antipapam‹ ›Versus maligni angeli‹ Marbod von Rennes: ›Vas fractum‹ Versus differentiales Epitaphium Bernhardi Epigramm drei Rätsel Federprobe (13. Jh.) R abbas torneye W salutem Abbo von St. Germain: ›De bellis Parisiacae urbis‹, Buch III (gloss.) 36vb-37vb Symphosius: ›Aenigmata‹ (frgm.) Vorbesitzer Thorney, Benediktiner; Henry Savile of Banke (1568-1617); James Balfour (um 1600-um 1658) Edi wird seit 1925 in der National Library of Scotland aufbewahrt. In diesem Jahr übergaben die Edinburgher Juristen fast alle Handschriften ihrer im 17. Jahrhundert gegründeten Advocates Library öffentlichem Besitz.117 Dort befand sich die Handschrift seit dem Jahr ihres Erwerbs aus dem Buchbesitz James Balfours.118 Balfour seinerseits hatte sie nach Ausweis seines Exlibris, das er auf dem letzten von drei vorgeschalteten Papierblättern anbrachte, 1654 erworben. Als weiterer Besitzer lässt sich dann erst wieder der 1622 verstorbene Henry Savile of Banke namhaft machen, der Bl. 1r seinen Namen eintrug.119 Dem dort beigegebenen Zusatz ex dono patris zufolge hatte Savile das Manuskript von seinem Vater erhalten. Damit ist man zeitlich bereits sehr nahe am Aufhebungsdatum der Benediktinerabtei Thorney im Dezember 1539, in deren Bibliothek sich Edi einem Provenienzvermerk des 13./14. Jahrhunderts zufolge (Bl. 1r) im Spätmittelalter, aber wohl auch noch zum Zeitpunkt der Auflösung des Konvents befand. Die Familie Savile besaß nämlich weitere Ma-

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In der Advocates’ Library trug die Handschrift die Signatur A. 6. 4, die auch auf einem der jüngeren Vorschaltblätter erscheint (Bl. IIIr). »It was no. 185-7 in the sale of Balfour’s books in 1698« (CUNNINGHAM 1973, S. 85). In Saviles Bücherkatalog aus dem Anfang des 17. Jahrhunderts trägt Edi die Nr. 7, vgl. VERNET 1907/08, S. 38 (mit Abdruck des Katalogeintrags).

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nuskripte aus Thorney. Laut Saviles Bücherverzeichnis war Edi Anfang des 17. Jahrhunderts mit zwei Handschriften zusammengebunden, mit dem Adv. Ms. 18.7.8, einer Cicero-Sammlung des ausgehenden 11., beginnenden 12. Jahrhunderts, die ebenfalls einen Besitzvermerk des 13./14. Jahrhunderts aus Thorney aufweist,120 und mit dem Adv. Ms. 18.7.7, einem Sedulius-Band des ausgehenden 10. Jahrhunderts, für den Provenienz aus Thorney zumindest in Erwägung zu ziehen ist121. Die Bände wurden sicher erst nach dem 14. Jahrhundert vereint, denn Adv. Ms. 18.7.8 hat ein eigenes Inhaltsverzeichnis aus dieser Zeit.122 Dies geschah sehr wahrscheinlich gar nicht mehr durch die Mönche von Thorney, sondern erst durch die frühneuzeitlichen Büchersammler, die die drei Teile als inhaltlich, zeitlich und von ihrer Herkunft her zusammengehörig betrachtet haben werden. Aufgetrennt wurde die Trias zwischen ihrer Verzeichnung in Saviles Katalog und dem Jahr 1637: Balfour, seit 1654 Besitzer von Edi, hatte das Adv. Ms. 18.7.8 getrennt von Edi bereits eineinhalb Jahrzehnte zuvor erstanden und in diese Schwesterhandschrift sein Exlibris mit der Jahreszahl 1637 angebracht.123 Der heutige Einband von Edi stammt aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts.124 Sollte die Federprobe von Bl. 35v aus dem 13. Jahrhundert von einem in Thorney tätigen Schreiber angebracht worden sein, wurde Edi schon Ende des 12. oder in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts dort aufbewahrt. Bei dem erwähnten R könnte es sich dann um Abt Raoul (11981216), Robert III. (1216-36) oder Richard (1236-37) handeln.125 Herkunft aus einem englischen Skriptorium jedenfalls wird durch die englische Herkunft der karolingischen Handschrift gesichert, die für Edi abgeschabt und erneut beschrieben wurde.126 Den Hauptbestand der Sammlung bilden zu Ende des 11., Anfang des 12. Jahrhunderts auf den Blättern 1r-31v geschriebenen Grundtexte. Eine zweite Textschicht umfasst Nachträge mehrerer kleinerer Stücke von verschiedenen zeitgenössischen Händen auf den Blättern 32r-35v. Davon schließlich sind zwei nachgeschaltete Blätter aus einer Handschrift des 13.

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Vgl. die Beschreibung bei VERNET 1907/08, S. 48-50. KER 1957/90, S. 150, datiert die Besitzvermerke in 18.6.12 und 18.7.8 ins 13. Jahrhundert. Vgl. VERNET 1907/08, S. 50f., und CUNNINGHAM 1973, S. 85 (»probably from Thorney«). Abdruck bei VERNET 1907/08. S. 48f. Demzufolge schloss sich an den Cicero-Teil ursprünglich noch eine größere Gruppe von Ovidiana an. Vgl. VERNET 1907/08, S. 48. Vgl. CUNNINGHAM 1973, S. 85 (»Scottish binding of green crushed morocco, tooled in gilt, with red label, ca. 1825«), und Vernet 1907/08, S. 37 (»La reliure, en maroquin vert, à fleurons et filets d’or sur les plats, dos à nerfs et titre rapporté, est moderne.«) VERNET 1907/08, S. 37 Anm. 1. Dabei könnte es sich um dieselbe Handschrift handeln, die auch dem Adv. Ms. 18.7.8 als Unterlage gedient hat, vgl. CUNNINGHAM 1973, S. 84.

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Jahrhunderts abzusetzen, die sich mit ihren Rätseln und dem letzten, den jungen Klerikern gewidmeten Buch der ›Bella Parisiacae Urbis‹, »giving them precepts to follow, sharpening their acumen, and providing them with a store of learned vocabulary«127, bruchlos an die SchultextDreiergruppe aus Persius, Avian und ›Novus Cato‹ anschließen. Glossen finden sich nahezu ausschließlich zum Avian,128 wobei die Interpretamente von einer noch zeitnah zum Schreiber der Grundtexte arbeitenden Hand stammen. Eine Nachtragshand des 13. Jahrhunderts ergänzte dann fünf volksprachige Glossen.129 Die Glossen zum Werk Abbos hingegen stammen wiederum bereits vom Schreiber des Grundtextes. Die Handschrift wurde insgesamt sorgfältig angelegt und ist mit ihren Deckfarbeninitialen und den zahlreichen farbigen Rubriken (grün, rot, silber auf rot) keineswegs anspruchslos ausgestattet.130 L2 National Library of Scotland. Summary catalogue of the Advocates’ manuscripts. Edinburgh 1971, S. 84 Nr. 1025. L3 A. VERNET: Notice et extraits d’un manuscrit d’Édimbourg (Adv. Mss. 18.6.12, 18.7.7). In: Bibliothèque de l’école des chartes 107 (1947/48), S. 33-51; KER 1964, S. 189; I. C. CUNNINGHAM: Latin classical manuscripts in the National Library of Scotland. In: Scriptorium 27 (1973), S. 64-90, hier S. 84f.; MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 2, S. 193, Bd. 3,1, S. 253f.

Eis *Eisleben, Turmbibliothek der St. Andreaskirche,131 M 969 Pap., I + 290 + I Bl., 30 x 21 cm (1-252, 261-290) und 22.5 x 15 cm (253260), 2. und 3. Viertel 15. Jh. (1431, 1452), Ostmitteldeutschland. VD innen Fragment von Rechnungsblättern einer kirchlichen Landwirtschaft (15. Jh.) Irv Fragment eines Missale (13. Jh.) 1rv Urkundenabschriften, Chronikexzerpte, Notate und Übereignungsvermerk (St. Maria in Gotha bekommt am 21.10.1345 das Patronatsrechts über die Kirchen in Molschleben und Ballstädt verliehen; über Eroberungen Markgraf Friedrichs I. von Meißen, Landgraf von Thüringen (1310-23); über die Unterwerfung der Greci recepti ad obedienciam Romane ecclesie per Johannem papam xxij (1316-

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LENDINARA 1986, S. 75. Die Satiren des Persius sind entgegen der Angabe bei HUNT (1991, Bd. 1, S. 64) so gut wie nicht glossiert. Datierung und Abdruck bei HUNT 1991, Bd. 1, S. 65. Vgl. auch HUNT 1991, Bd. 1, S. 64: »beautiful copy of Persius and Avianus«. Die Handschriften der St. Andreas-Bibliothek befinden sich als Depositum in der Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt in Eisleben.

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1334)132; über Ereignisse des Jahres 1383 in Erfurt (Cesar obsedit Erff. post hoc regnavit pestilencia)133; Übereignung der Handschrift durch Bergrat Plümicke an die St. AndreasBibliothek;134 über ein Urteil des Nikolaus Dithmarus, Pleban in Ranis, von St. Maria in Erfurt aus mit der Rechtsentscheidung beauftragt, vom 21.1.1452 in der Eheangelegenheit eines Johannes Otten; über einen vom Basler Konzil (1431-49) gewährten Ablass pro reduccione Grecorum135 2r Besitzeintrag Erfurt, Benediktiner St. Peter und Paul 2ra-183rb Bartolomæus Pisanus: ›Summa casuum‹ 183rb Notat De clero 183va-187rb Processus iudicarius (komm.) 187rb Merkverse und Notate über den Inhalt des kanonischen Rechts 187va-190va Johannes de Deo: ›Decretum abbreviatum‹ 190va-192vb Bonaguida Aretino: ›De dispensationibus et privilegiis‹ 193ra-200vb Nikolaus Puchnik: ›Processus iudicarius‹ 201r-204v Zusammenstellung kirchlicher Priviliegien (Copia privilegiorum et libertatum clericorum), erstellt im Auftrag der Meißner Kurie für die Erzpriester der Diözese zur Verbreitung an ihre Pfarrer, datiert Stolpen136 11.7.1434137 205r-206r Abschrift eines Vertrags in der Streitsache zwischen der Kollegiatskirche St. Peter in Bautzen und den Bautzener Franziskanern 206r-208v Notat über die Beicht- und Predigtbefugnisse der Dominikaner und Franziskaner 208v-210v juristische Formeln 211ra-219ra ›Physiologus Theobaldi‹ (komm.) 219ra-232va Avian: ›Fabulae‹

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Zitiert nach WATTENBACH 1883, S. 290. Zitiert nach WATTENBACH 1883, S. 290. Plümicke übermachte der Turmbibliothek 1865 neben Eis noch die Handschriften Nr. 2, 3, 4, 210, 960, 961, 986, 987 und A 39. Von ihnen stammen Nr. 3, 960, 961 und A 30 sicher aus der Bibliothek der Erfurter Kartäuser und Nr. 4 und 987 sicher und Nr. 2 vielleicht aus St. Peter. Vgl. SCHIPKE/HEYDECK 2000, S. 70-79. Zitiert nach WATTENBACH 1883, S. 290. Bei THEELE 1920 wohl irrtümlich »Stalpen«. Gemeint sein dürfte jedoch der etwa 20 km östlich von Dresden gelegene Ort. LÜLFING o. J., S. 6, liest »1484«. Diese Datierung rückte die Aufzeichnung jedoch zu weit von der Tätigkeit des Nikolaus Dithmarus ab, dem der Band im zweiten und dritten Jahrhundertviertel als kanonistisches Handbuch gedient hat.

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Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XL, XLII.138 2. Epimythien im Verstext: Nr. VI E,1f., X E,1f., XI E,1f., XII E,1-4, XIII E,1f., XIV E,3f.+1f., XV E,1f., XVII E,1-4, XIX E,1-4, XX E,1f., zu XXI (nicht bei GUAGLIANONE) Non ut possideas aliorum tua mala , XXV E,1f., XXVI E,1f., XXVIII E,1f., XXIX E,1f., XXXVIII E,1f., zu XLII (nicht bei GUAGLIANONE) Si tibi forte duo convenerunt turpia ventus | dilige turpe unius e lege auct docet. Erschließung: 1. Accessus. 2. Kommentar mit regelmäßig diesen Bestandteilen: - einleitende Zusammenfassung der Lehre; - Prosaparaphrase; - allegorische Auslegung (regelmäßig als allegoria bezeichnet, teils werden Auslegungsalternativen angegeben); - moralische Auslegung (regelmäßig als sensus moralis bezeichnet. Ferner wird reichhaltig aus anderen Texten zitiert (u. a ›Disticha Catonis‹ [Nr. II, IV, VI, IXf., XII, XVIIf., XXIV, XXXI, XXXVI]), Ps.-Boethius: ›De disciplina scolarium‹ [Nr. III], Freidank [Nr. XI], Paulus [Nr. XXVII, XXXIX], Alexander [Nr. XXIX]). Einrichtung: zweispaltig, ca. 47 Zeilen pro Spalte Die Spalten sind durchgehend engzeilig beschrieben. Der innere Rand ist nur sehr schmal, der obere, untere und äußere etwas breiter belassen, doch ebenfalls nicht zur Aufnahme eines Kommentars vorgesehen. Der Text einer jeden Versfabel beginnt jeweils in neuer Zeile, ebenso der an sie anschließende Kommentar. Die Verse sind fortlaufend ohne Absatz geschrieben, zur Unterscheidung vom folgenden Kommentar jedoch unterstrichen. Majuskeln markieren den Versbeginn. Textanfang: Finis est Phisologi Et deinde sequitur et incipit auianus philosophia sermocinalis et moralis (219ra). Nach einer Leerzeile dann Beginn des engzeilig fortlaufend geschriebenen Avian-Accessus mit vierzeiliger roter Initiale (219ra). Ende des Accessus 219rb, gefolgt noch in der Schlusszeile von den beiden Ankündigungen sequitur textus und Sequitur textus in roter Tinte, in neuer Zeile dann mit zweizeiliger roter Lombarde einsetzend der Text der Eingangsfabel. Textende: Dem letzten Kommentarabschnitt folgt eine Leerzeile, danach Explicit philosophia sermocinalis siue moralis vom Hauptschreiber, dies in neuer Zeile einsetzend von derselben Hand noch einmal wiederholt; dann nach mehreren Leerzeilen Ankündigung des Folgenden in eigener Zeile: Sermo de ascensione domini.

232va-234ra Predigt De ascensione domini 234ra-vb Auszüge aus Provinzialstatuten 235ra-240va Vorschriften über Beichte und Buße 240va-245vb Johannes Stephani de Calvis: ›Ordo confessionis‹ 245vb Proverbien 246ra-vb Notate über Interdikt und Absolution sowie Verse (WALTHER Nr. 1410) 247r-252v Ordo iudicarius (Fortsetzung unten 261r) 253r-259r Ordo iudicarius (Fortsetzung unten 260v)

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GUAGLIANONEs Angabe, wonach Eis »omnes Aviani fabulas continet« (1958, S. XXIII) trifft nicht zu.

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259v-260r 260v 261r-266v 267rv

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leer Ordo iudicarius (Fortsetzung von 259r) Ordo iudicarius (Fortsetzung von 252v) Abschrift einer Papstbulle vom 13.11.1389: Bonifaz IX. befiehlt dem Dekan der Erfurter Marienkirche, er solle Theodericus de Gebese nach dessen bestandener Prüfung ein Kanonikat am Magdeburger Dom zuweisen 268r-271r Abschrift eines Ausführungsmandats vom 26.7.1393 mit Beglaubigungsvermerk des Notars Conradus Herfordia de Eschenwege: Erlass des mit der Prüfung des Theodericus de Gebese zufriedenen Erfurter Dekans Hermann von Bissingen an Erzbischof, Probst, Dekan und Magdeburger Kapitel 271v Abschrift einer Papstbulle vom 9.11.1401: Bonifaz IX. bezieht Stellung gegen die öffentliche Schaustellung des Sakraments durch die Franziskaner 272ra-275vb Apollonius: ›Ars notaria‹ 276r-279r Abschrift eines Ausführungsmandats mit Beglaubigungsvermerk des Notars Conradus Herfordia de Eschenwege: Erlass des mit der Prüfung des Theodericus de Gebese zufriedenen Erfurter Dekans Hermann von Bissingen an Erzbischof, Probst, Dekan und Magdeburger Kapitel 279v leer 280r-289v Abschrift von Prozessakten der Jahre 1361-70: Konrad Paulser aus Regenburg klagt gegen Elisabeth, Äbtissin der Benediktinerinnen von St. Paul in Regensburg, wegen seiner Entlassung aus dem Hofmeisteramt IIrv Fragment eines Missale (13. Jh.) RD innen Fragment von Rechnungsblättern einer kirchlichen Landwirtschaft (15. Jh.) Schreiber Nicolaus Dithmarus (teilw.) Vorbesitzer Nicolaus Dithmarus; Erfurt, Benediktiner St. Peter und Paul; Friedrich Gottlieb Julius von Bülow (1760-1835); Eisleben, Bergrat Plümicke Einem Vermerk auf Blatt 1r zufolge bekam die Kirchenbibliothek die Handschrift am 3. Juli 1856 von dem Eislebener Bergrat Plümicke geschenkt. Dieser hatte sie 1836 auf der Versteigerung der Bücher des Stiftsregierungsrates von Bülow in Eisleben erstanden. Der Bibliophile Friedrich Gottlieb Julius von Bülow hatte auf seinem Schloß Beyernaumburg bei Sangerhausen eine unter seinen Zeitgenossen berühmte Sammlung von mehreren zehntausend Büchern zusammengebracht, sich dabei finanziell jedoch übernommen, sodass die Bibliothek, darunter manche Handschrift, nach seinem Tode zum Verkauf angeboten werden musste.

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Nicht wenige der Handschriften Bülows stammen aus der seinerzeit ungeordnet aufgelösten Bibliothek der Benediktiner auf dem Erfurter Petersberg. Eis weist noch heute einen entsprechenden Besitzeintrag auf (Bl. 2r: Liber beatorum petri et pauli apostolorum in Erffordia). Zudem ist Eis als Nr. 80 des Erfurter Katalogs von 1783 zu identifizieren.139 Sehr wahrscheinlich befand sie sich bereits im ausgehenden Mittelalter auf dem Petersberg, denn aus dieser Zeit stammt ihr Einband,140 der wohl in Erfurt angebracht wurde. Als Vor- und Nachsatz wurden nämlich zwei Pergamentblätter eines zu Anfang des 13. Jahrhunderts im Petersberger Skriptorium angefertigten Missale verwendet.141 Ferner bewahren die Spiegel der Einbanddeckel zwei Rechnungsblätter einer kirchlichen Landwirtschaft, die sich auf den Konventsbetrieb beziehen lassen.142 Niedergeschrieben wurde Eis jedoch zum überwiegenden Teil, wenn nicht sogar vollständig, außerhalb des Petersklosters. Das Hauptstück, die ›Summa casuum‹, die allein auf dem spätmittelalterlichen Einband als Inhalt angeführt ist, brachte dem Schreiberkolophon zufolge Nikolaus Dithmarus, Priester von Knau, im Jahre 1431 zu Papier.143 Über diesen Hauptteil hinweg lässt sich eine Lagenzählung verfolgen, die bis Blatt 181 läuft. Zudem bilden in ihm zwischen Blatt 13 und 192 die Lagen auffallend regelmäßig Sexternionen. Hier handelt es sich offenbar um das systematisch angelegte Kernstück des Bandes. Es wurde jedoch vielfach

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Dort wird sie geführt als »Dithmari Nic.: Summa Barthol. Pisani. 1441« (THEELE 1920, S. 62). THEELE vermutet hingegen das Berliner Ms. lat. fol. 847 hinter dem Eintrag. Obschon die Berliner Handschrift ebenfalls aus Erfurt stammt (THEELE 1920, S. 81f.), ist das sicher ein Irrtum, denn Schreiber und Inhalt passen nur auf M 969 (WIRTGEN 1936, S. 100). Die falsche Jahreszahl 1441 für 1431 wird mit der Übernahme der bereits fehlerhaften Angabe auf dem spätmittelalterlichen Einband erklärt. Siehe dazu die folgende Anmerkung. Die Beschreibung im Typoskript von LÜLFING lautet: »Einband: lederbezogene Holzdeckel, Kanten abgeschrägt, einfache Verzierung durch Rahmen aus 3-fachen Streicheisenlinien mit diagonal verlaufenden doppelten Streicheisenlinien. Vorder- und Rückendeckel identisch. Vorderdeckel abgebrochen. Spuren von je 5 Buckeln, Reste von 2 Schließen erhalten, auf dem Vorderdeckel Aufschrift: Summa pisani pro monErf.(?) Rücken: 3 Doppelbünde. Titelschild: ... Bartholomaei de S. Concordio ord. Fratr. praedica. dicti Pisani Summa Scripta Per Nicol. Dithmar. 1441 (Jahreszahl durchstrichen). Signaturen: N 71 [daruntergesetzt:] 74.« WIRTGEN 1936, S. 100. THEELE 1920, S. 122. Explicit Summa utilis et bona pyi per transiens jura et leges cum concordanciis sacre theologye per dominum nycolaum dytthmari presbyterum in kneuwe intercedite pro peccatis ipsius et orate cum deuocione finitus Anno domino [!] MCCCCXXXI (zit. nach LÜLFING o. J., S. 9). Eine Ortschaft namens Kneuwe vermag ich nicht nachzuweisen, wohl aber zwei kleinere Gemeinden Knau, die eine im ehemaligen Kreis Schleiz im Bezirk Gera in Thüringen (nach kommunaler Neuordnung jetzt Saale-Orla-Kreis), die andere im Kreis Altenburg im Bezirk Leipzig/Sachsen (jetzt zu Altenburg im gleichnamigen Kreis gehörend).

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sowohl um Nachträge wie um sekundär beigebundene Faszikel erweitert. Dazu zählen: 1. der Einschub zweier Sexternionen (Bl. 211-234) in den Hauptblock, die zwei gemeinsam aufgezeichnete Texte, den ›Physiologus Theobaldi‹ und die ›Fabulae Aviani‹, enthalten, sowie eine daran etwas später, aber vielleicht noch von derselben Hand angehängte Predigt und die, vielleicht wiederum später angehängten, Auszüge aus Provinzialstatuten; 2. der Einschub eines Quaternio kleineren Formats ebenfalls in den Hauptblock (Bl. 253-260), der den Zusammenhang eines möglicherweise zuvor bereits aufgenommenen ›Ordo iudicarius‹ (Bl. 247r-252v und 261r266v) unterbricht, den Text jedoch mit der Aufnahme weiterer Ausführungen zur Prozessordnung thematisch passend ergänzt; 3. der Anhang der Blätter 267-271 und 276-279 an den inzwischen vielleicht bereits erweiterten Hauptblock, wobei Bl. 276r-279r bereits 268r271r Aufgezeichnetes ohne ersichtlichen Grund mit nur geringen Abweichungen wiederholt wird; 4. zwischen Bl. 267-271 und 276-279 gelegt der Anhang der Blätter 272275, die WATTENBACH zufolge aus einer älteren Handschrift stammen, deren Anfang fehle;144 5. der Anhang der Blätter 280-289. Ob etwas von diesen Ergänzungen erst beim Binden im Erfurter Peterskloster der ›Summa casuum‹ hinzugefügt wurde, wird sich nur am Original klären lassen. Einstweilen zwingt nichts zur Annahme solcher späten Ergänzungen, lassen sie sich im Gegenteil alle zwanglos aus der Anlage und Nutzung der Handschrift durch einen Weltgeistlichen erklären, der über einen längeren Zeitraum hinweg speziell mit Rechtsfragen der Geistlichkeit in der Thüringer Region befasst war. Die zeitlichen Grenzen steckt hier zur einen Seite hin die Niederschrift der ›Summa casuum‹ in Knau durch Dithmarus 1431, zur anderen das Notat über die Entscheidung dieses Dithmarus als Pleban von Ranis – der Ort liegt 30 km südlich von Jena in der Nähe jener Gemeinde Knau, in der vermutlich die ›Summa casuum‹ niedergeschrieben wurde – aus dem Jahre 1452 in der Eheangelegenheit des Johannes Otten Bl. 1v. Zu diesem Zeitpunkt dürfte sich der Band ebenfalls noch in Dithmarus’ Besitz befunden haben. Zur angedeuteten Gebrauchsfunktion fügen sich weiter die zahlreichen kleineren an die ›Summa casuum‹ angelagerten juristischen Stücke im Hauptteil (vgl. Bl. 183va-187rb, 187rb, 187va-190va, 190va-192vb, 193ra-200vb, 201r-204v, 208v-210v, 247r-252v und 261r-266v [dieser Teil möglicherweise noch von Dithmarus um Bl. 253r-260v ergänzt]), fügt sich das Interesse an Ablassfragen (Bl. 1v), an Beicht- und Bußpraxis (Bl. 235ra-240va,

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WATTENBACH 1883, S. 292.

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246ra-246vb), an Fragen der Zugehörigkeit einzelner Gemeinden der Region (Bl. 1r), hier der Kirchen in Molschleben und Ballstädt, die etwa 10 Kilometer nördlich bzw. nordöstlich von Gotha liegen, fügt sich gewiss auch das kritische Augenmerk auf der seelsorgerischen Tätigkeit der Mendikanten, die potentiell in Konkurrenz zu den Pfarrpriestern stand und immer wieder für Konfliktstoff sorgte (Bl. 205r-208v; vgl. auch Bl. 271v). Nicht ganz umstandslos lässt sich der ›Ordo confessionis‹ des Johannes Stephani de Calvis hingegen in diesen Verwendungszusammenhang des Hauptteils einordnen. Der Grund ist weniger ein inhaltlicher, denn ein Interesse an Beicht- und Bußfragen bestand ja zweifellos, als ein chronologischer. Der Text scheint laut Kolophon nämlich Mitschrift einer an der Erfurter Universität 1413 gehaltenen Vorlesung zu sein: Et est finis libri de ordine confessionis datum et pronunciatum per venerabilem doctorem magistrum Johannem de caluis theologie professorem Anno domini MCCCXIII° (Bl. 245v).145 Das kleine Stück kann aber unmöglich zwanzig Jahre vor der ›Summa casuum‹ in den für diese angelegten Band aufgenommen worden, kann keine Vorlesungsmitschrift, muss Nachtrag sein. So wird man Übernahme der Schlussschrift aus der Vorlage annehmen müssen. Das schließt nicht aus, dass Dithmarus diese Vorlesung nicht selber in seiner Studienzeit besucht hat, wenngleich er in der Erfurter Matrikel nicht nachzuweisen ist. Die einfachste Erklärung für eine solche Übernahme könnte im Ansehen liegen, das der Verfasser, vielleicht auch als einer der Gründungsmagister der Erfurter Universität,146 an der Stätte seines Wirkens genoss, sodass seine Vorlesung vielleicht noch einige Zeit in Mitschriften kursierte. Dann fungierte die Schlussschrift möglicherweise als besonders Authentizitätssignal. Eis selbst bietet einen willkommenen Beleg für ein regional gebundenes besonderes Interesse am Verfasser des Werks: fuit Canonicus beate V. M. Erff.147 hebt nämlich ein Randvermerk zur Schlussschrift des Beichtspiegels hervor. Dithmarus nun wirkte in

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Zitiert nach LÜLFING o. J., S. 7. Zur Person vgl. ERICH KLEINADAM: Universitas Studii Erfordensis. Überblick über die Geschichte der Universität Erfurt im Mittelalter 1392-1521. Teil 1-2. Leipzig 1964-1969 (Erfurter theologische Studien 14+22), Bd. 1, S. 271. Johannes Stephani studierte in Prag (nachweislich 1382 und 1388), zählte 1392 zu den Gründungsmagistern der Erfurter Universität, war 1388 Dekan der Philosophischen Fakultät beim ersten Magisterexamen, wurde am 1. Mai 1403 zum Rektor der Universität gewählt und zeugt 1407 das letzte Mal als Dekan der philosophischen Fakultät. Spätestens 1413 hatte man ihn zum sacre theologie doctor promoviert. 1418 oder 1419 ist er gestorben. Zit. nach THEELE 1920, S. 123. Dort verweist THEELE zudem auf einen weiteren Eintrag: set defectus principii est quasi unum volium. Er bezieht sich auf den am Anfang unvollständigen Text des Beichtspiegels. Ob er von der Hand des Dithmarus stammt, sagt THEELE nicht, lediglich dass der Anfang später ergänzt sei. LÜLFING gibt für den Hauptteil der Handschrift lediglich Dithmarus als Schreiber an, doch sei der Textanfang des ›Ordo confessionis‹ von anderer Hand nachgetragen (LÜLFING o. J., S. 7 Anm. 14).

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enger Verbindung zu Erfurt, wurde eben von der Marienkirche aus beauftragt, in einer Eheangelegenheit zu richten (vgl. Bl. 1v). Ferner wurden Abschriften päpstlicher Anweisungen an die Erfurter Marienkirche in die Handschrift aufgenommen (vgl. Bl. 267r-267v und dazu Bl. 268r271r/276r-279r), gelten chronikalische Notizen Erfurter Ereignissen (vgl. Bl. 1r). Die Nähe zu Erfurt vermag darüber hinaus den weiteren Weg der Handschrift am einfachsten zu erklären: Der – immerhin recht stattliche – Folioband könnte nach dem Tod des Dithmarus direkt in den Besitz einer dort ansässigen geistlichen Einrichtung übergegangen sein. Im skizzierten Gebrauchskontext wird der eingeschaltete Faszikel mit ›Physiologus‹ und Avian, wie es auch die an die ›Fabulae‹ anschließende Predigt unmittelbar nahelegt, den Besitzer der Handschrift bei seinen pastoralen Aufgaben, insbesondere aber bei der Ausarbeitung von Predigten und vielleicht sogar hier und da in der juristischen Argumentation unterstützt haben. Dabei scheint der bereits im ›Ordo confessionis‹ greifbare Kontakt zum akademischen Schrifttum auch in der Kommentierung der ›Fabulae‹ noch einmal durch – und dies nicht nur in der alternierenden Darbietung von Verstext und Prosakommentar. Vorangestellt ist den ›Fabulae‹ ferner ein ausladender wissenschaftlicher Accessus, dessen Bauelemente das Textstudium der gehobene Lateinschule und der Universität kennzeichen: die einleitende Darlegung, welche Fragen überhaupt in einem Accessus zu behanden sind, die Voranstellung der breiteren Auslegung einer Autoritäten-propositio, die systematische Abhandlung der Accessus-Fragen, unter denen auch die aristotelischen quattuor causae berücksichtigt werden. Der umfangreiche Prosakommentar ist systematisch angelegt, gibt der Prosaparaphrase breiten Raum und schließt an sie regelmäßig allegorice-Auslegungen an, wobei auch Auslegungsalternativen angegeben werden. Nicht zuletzt werden zahlreiche intertextuelle Verweise integriert. Gleichwohl wurde die verwendete Vorlage nicht auf direktem Wege dem universitären Lehrbetrieb entnommen, also etwa in der Form des Erwerb einer Studienabschrift oder ihrer unveränderten Reproduktion. Die Entscheidung für die ganz ungewöhnliche Aufzeichnung des Verstextes in fortlaufender Form und ohne die Verse abzusetzen muss im unmittelbaren Zusammenhang mit der Anlage der vorliegenden Handschrift gesehen werden. Hier stehen schlicht raumökonomische Gründe im Hintergrund, die mit der zweispaltigen Anlage wie überhaupt mit dem Charakter von Eis als individuellem Handbuch einer Einzelperson korrespondieren. Der in der Folge notwendige Verzicht auf elementare Erschließungselemente wie Syntaxziffern und Interlinearglossen, die andernorts im Kontext homiletischer Funktionalisierung der ›Fabulae‹ durchaus bereitgehalten werden, verweist dann nur noch einmal auf die souveräne Lateinkompetenz des Nikolaus Dithmarus, die gut zu den ge-

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hobenen juristischen Aufgaben passt, die er in seinem Wirkungskreis zu erfüllen hatte. L1 GUAGLIANONE 1958, S. XXIII (Sigle Ei). L2 DANIELA LÜLFING: [Kurzbeschreibung der Handschrift Eisleben M 969, Typoskript]. o. O., o. J.;148 RENATE SCHIPKE, KURT HEYDECK: Handschriftencensus der kleineren Sammlungen in den östlichen Bundesländern Deutschlands: Bestandsaufnahme der ehemaligen Arbeitsstelle »Zentralinventar mittelalterlicher Handschriften bis 1500 in den Sammlungen der DDR« (ZIH). Wiesbaden 2000, S. 76f. L3 WILHELM WATTENBACH: Nachricht von drei Handschriften in Eisleben. In: Neues Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde 8 (1883), S. 287-298; THEELE 1920, S. 122-124.

Erf 1

*Erfurt, Universitäts- und Forschungsbibliothek Erfurt/Gotha, Dep. Erf. CA. 4° 21 Pap., I + 152 Bl., 21.5 x 14 cm; 14./15. Jh. (1-66) und Mitte/3. Viertel 14. Jh. (67-152), Ostmitteldeutschland (Erfurt?). Ir drei eingeklebte Zettel mit einem nachmittelalterlichen Inhaltsverzeichnis, einem Signaturschildchen Nr. 46 und einem Inhaltsverzeichnis (15. Jh.) Iv leer 1r-15r ›Anonymus Neveleti‹ (gloss., komm.) 15v-16v leer 17ra-44r Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XLII. 2. Epimythien im Verstext: Nr. VI E,1f., X E,1f., XI E,1f., XII E,1-4, XIII E,1f., XIV E,3f.+1f., XV E,1f., XVII E,1-4, XIX E,1-4, XX E,1f., XXV E,1f., XXVI E,2, XXIX E,1f., XXXI E,1f., XXXVIII E,1f. Erschließung: 1. Interlinearglossen: von einer einzigen zeitgenössischen Hand nur bei II-VI in größerer Dichte angebracht, dazu bei XVIII sechs und bei XIX zwei Glossen. 2. Accessus: vorangestellt und fließend in den Kommentar zur ersten Fabel übergehend. 3. Kommentar:149 regelmäßig wiederkehrende Elemente sind: - Benennung der Fabellehre; - Prosaparaphrase (immer vorhanden); - Benennung der fructus fabulae; - allegoriceAuslegung; - scholastice-Auslegung (nicht immer vorhanden); - zahlreiche Autoritätenverweise u. a. auf Alanus, die Bibel (hier u. a. die Apostel, Christus, Paulus, Proverbien, Salomon, Ecclesiastes), auf Aristoteles: ›Libri ethicorum‹, ›Rhetorica‹, ›Politica‹, auf Boethius (u. a. ›De consolatione philosophiae‹), auf Cicero: ›De amicitia‹, ›Disticha Catonis‹, Esopus, Gregor den Großen, Isidor von Sevilla, den ›Metrista‹, Ovid: ›Ars amatoria‹, Metamorphosen, ›Remedia amoris‹, Tristien, auf Seneca (u. a. ›Epistolae ad Lucilium‹ und ›De beneficiis‹), Walther von Châtillon: ›Alexandreis‹. 4. Der Text ist an mehreren Stellen in anderer Feder und Tinte nachträg-

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Für die Überlassung einer Kopie danke ich der Berliner Staatsbibliothek. Vgl. die Textausgabe durch RISSE 1964.

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lich korrigiert. In diesem Arbeitsgang wurden zu einzelnen Fabeln am Rand auch Titel nachgetragen. Einrichtung: zu Anfang zweispaltig (17ra-vb), dann einspaltig; die Zeilenzahl pro Spalte, da Text und Kommentar alternieren, schwankend (2433). Die erste Fabel trägt eine dreizeilige Initiale; in allen folgenden Fabeln ist auf die besondere Kennzeichnung ihres Beginns verzichtet. Sie setzen nach dem vorangehenden Kommentarabschnitt nach Absatz in neuer Zeile ein. Die einzelnen Verse sind voneinander abgesetzt, ihr erster Buchstabe ist als Majuskel ausgeführt. Glossen und Kommentar sind in kleinerer Schrift als der Verstext ausgeführt. Die expositio ad litteram erscheint in Form von Interlinearglossen zwischen den dafür etwas auseinandergerückten Zeilen des Verstextes. Zwischen den einzelnen Fabeln sowie am Rand ist Raum für die Aufnahme des Kommentars belassen. Textanfang: mit dem Accessus in der obersten Zeile der Seite, den eine zwölf Zeilen hohe Initiale (nicht ausgeführt) eröffnen sollte. Textschluss: durch den auf das letzte Stück folgenden Kommentarabschnitt markiert, der in der untersten Zeile der Seite [...] secula seculorum amen deo laus et gloria christo etc. etc. endet.

44v 45ra-66r 66v 67r-81v 82r-99r 99v-100v 101r-115r 115v-116r 116v 117r-127r 127v-131r 131v-135v 136r-139v 140r-147r 147v-151v

›De decem praeceptis‹ (WALTHER Nr. 19669) Johannes de Garlandia: ›Carmen de mysteriis ecclesiae‹ (gloss., komm.) Federprobe Heinrich von Würzburg: ›Liber de statu curie Romane‹ Altradanus: ›De astrologia‹ (THORNDIKE/KIBRE Sp. 324 und 1281)150 leer Bernhard von der Geist: ›Palpanista‹ ›De praecognoscendo hiemis habitu‹ (THORNDIKE/KIBRE Sp. 630 und 1136) leer Johannes Hispanensis: ›Chiromantia‹ (THORNDIKE/KIBRE Sp. 225) Chiromantie, dt. Von den Sternzeichen, Planeten und Komplexionen, dt. ›Commentarius alphabeticus somniorum Danielis‹ (THORNDIKE/KIBRE Sp. 168) Jacobus: ›Apologus de uxore cerdonis‹ Nicolaus Bolardus: ›De cultura arborum et plantarum‹ (THORNDIKE/KIBRE Sp. 1695)

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Vgl. jedoch auch CHARLES BURNETT: What is the Experimentarius of Bernardus Silvestris? A preliminary survey of the material. In: Archives d’histoire doctrinale et littéraire du moyen âge 44 (1977), S. 79-125 [wieder abgedruckt in ders.: Magic and divination in the Middle Ages. Texts and echniques in the islamic and christian worlds. Aldershot 1996 (Variorum collected studies series 557), S. XVII,79-125], S. 101.

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151v

›Septem gaudia beatae Mariae Magdalenae‹ (WALTHER Nr. 7050) 152r-152v Mariengebet (WALTHER Nr. 20560) 152v Federproben, darunter Ludewig / Ludewig de dg Vorbesitzer Ludewig de Dg?; Erfurt, Collegium Amplonianum Die Handschrift stammt aus der Bibliothek des Erfurter Collegium Amplonianum, wo sie, wie Bl. Ir in einem Inhaltsverzeichnis noch des 15. Jahrhunderts mitgeteilt wird, die Signatur 46 poetrie trug. Im zwischen 1410 und 1412 von Amplonius Ratinck angelegten Katalog fehlt diese Signatur. Die Abteilung Poetria endet dort mit Nr. 37.151 Der Zeitpunkt des Eingangs von Erf 1 in die Bibliothek des Kollegiums lässt sich weiter eingrenzen, da die Bibliothekare des Kollegs die Ratinckschen Signaturengruppen zunächst beibehielten und lediglich die Nummern auffüllten. Erst nach 1430 wurde mit dem Zusatz in novis in der Zählung wieder von vorn begonnen.152 Danach müsste, wenn der Zusatz, wie das gelegentlich geschah, nicht versehentlich ausgelassen wurde, Erf 1 vor 1430 aufgenommen worden sein.153 Die vorliegenden Texte wurde demnach über den größten Teil des 15. Jahrhunderts hinweg für den Lehrbetrieb der Erfurter Artisten bereitgehalten. Erf 1 trägt einen Einband des 15. Jahrhunderts aus abgeschrägten Holzdeckeln, wobei der hintere Teil der Deckel und der Rücken mit Leder überzogen und am Vorderdeckel Reste einer Schließe zu erkennen sind. Vermutlich wurde Erf 1 bei Übernahme in das Universitätskolleg mit einem neuen und möglicherweise überhaupt mit ihrem ersten Einband ausgestattet. Es war dabei dem Buchbinder noch ein älteres Manuskript mit den ›Fabulae‹ zur Hand, das er für die Einbindung zerschnitt (s. u. Erf 2 ). Er hatte also Zugriff auf eine größere Bibliothek, aus der ältere Handschriften aussortiert werden konnten. Hinter Ludewig de Dg, der sich Bl. 152v unter Federproben nennt und dessen Namenseintrag um 1400 datiert,154 könnte sich ein älterer Vorbesitzer des ganzen Bandes oder auch nur seines zweiten Teils verbergen. Die Handschrift ist nämlich aus zwei verschiedenen Teilen

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Vgl. MBK, Bd. 2, S. 11-16. KADENBACH 1995, S. 29. Selbst wenn Erf 1 bereits zu den libri novi zu zählen wäre, muss der Band nicht erst gegen Ende des 15., Anfang des 16. Jahrhunderts angeschafft worden sein. Die von Ratinck initiierte Bibliothek wurde in den folgenden Jahrzehnten nämlich nicht sich selbst überlassen, sondern beträchtlich aufgestockt. 1512 bewahrte sie über ein halbes Tausend Bücher mehr als ein Jahrhundert zuvor. Vgl. zu den Erwerbungen nach 1410/12 KADENBACH 1995, S. 28-30, sowie weiterhin PAUL LEHMANNs Ausführungen in MBK, Bd. 2, S. 2 und S. 9699 (mit Abdruck nach 1410/12 entstandener Bücherverzeichnisse). NIEWÖHNER 1928, S. 69.

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zusammengesetzt, die jedoch spätestens bei Anlage des Inhaltsverzeichnisses vereint waren. Der zweite, von Bl. 67-152 reichende Abschnitt wurde NIEWÖHNER zufolge auf Papier italienischen Ursprungs geschrieben, das auf 1336-53 und 1326-50 datiert. Dagegen sind »die bll. 1-66 [...] durch rippung (10 cm = 54 rippen) und wasserzeichen des papiers sowie durch die schrift dem anfang des 15 jh.s zugewiesen«.155 Entlang dieser Grenze verteilen sich auch die Schreiberhände. Im ersten Teil mit dem ›Anonymus Neveleti‹, dem Avian und Garlandias ›De mysteriis ecclesiae‹ arbeiten drei zeitgenössische Hände des ausgehenden 14., beginnenden 15. Jahrhunderts156 sehr eng an den Grundtexten zusammen: Die erste beschrieb Bl. 1r-7v, die zweite löst sie mitten im Text ab und brachte, nunmehr unter Verzicht auf Interlinearglossen, auf Bl. 7v-15r den ›Anonymus Neveleti‹ zu Ende, schrieb dann fast den ganzen Avian und das letzte Stück des ersten Teils, und eine dritte Hand löst die zweite auf den Blättern 36rv wieder mitten im Text kurzfristig ab. Den zweiten Teil schrieb eine andere Hand der Mitte oder des dritten Viertels des 14. Jahrhunderts157 in einem Zuge. Lediglich Bl. 151v wurde, vielleicht von anderen Händen, ein erster und Bl. 152r-152v ein zweiter Nachtrag angebracht. Im ersten Teil sind die Verse auf Bl. 44v ebenfalls Nachtrag. Dazu wurden beim Avian wie im zweiten Teil u. a. in der Verskomödie ›De uxore cerdonis‹ verschiedene Korrekturen158 und Randeinträge vorgenommen. Beide Teile sind also jeweils im wesentlichen aus einem Guss. In ihrer Textzusammenstellung unterscheiden sie sich hingegen deutlich. Durch die Verbindung von ›Anonymus Neveleti‹ und Avian nehmen in Teil 1 Versfabeln zwei Drittel des Umfangs ein. Teil 2 zeichnet demgegenüber ein ausgeprägtes Interesse an Mantik und Astrologie aus. Doch auch wenn beide Partien zuvor selbstständig benutzt und erst für die Amploniana vereint wurden, müssen sie räumlich nicht weit voneinander entfernt entstanden sein. Die deutschen Texte des zweiten Teils (Bl. 127v-135v) weisen nämlich »ausgesprochen md. [mundart]«159 auf. Für den ersten Teil

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A. a. O. NIEWÖHNER 1928, S. 69: Anfang 15. Jahrhundert; GRAUERT 1912, S. 10: Ende 14. Jahrhundert. NIEWÖHNER 1928, S. 68: Mitte 14. Jahrhundert; GRAUERT 1912, S. 10: Mitte oder drittes Viertel 14. Jahrhundert. Vgl. dazu NIEWÖHNER 1928, S. 69. NIEWÖHNER 1911, S. 68. Weder die Chiromantie noch die Komplexionslehre haben bisher die Aufmerksamkeit der Forschung gefunden. Deutsche Handlesekünste sind ihr daher erst aus dem 15. Jahrhundert (Johannes Hartlieb) bekannt; vgl. PETER ASSION in: Die deutsche Literatur im späten Mittelalter. 1250-1370. Reimpaargedichte, Drama, Prosa. Hg. von INGEBORG GLIER. München 1987 [= Geschichte der deutschen Literatur von

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hingegen ist Entstehung in Erfurt selbst nicht auszuschließen. So wird, obschon Teil 1 unter Beteiligung mehrerer Schreiber entstanden ist, dennoch eine im Prinzip vergleichbare Einrichtung und Ausstattung beibehalten. Hier ist ein geregelter Schreibbetrieb mit eingespielten Konventionen der schriftlichen Reproduktion von Texten im Hintergrund anzunehmen.160 Das liegt überdies von der speziellen Entscheidung für eine alternierende Anlage von Verstext und Kommentar her nahe. Erf 1 liefert das früheste Beispiel für dieses innovative Avian-Layout überhaupt, das besonders für die gemeinsame Verbreitung von Grundtext und Kommentar via Diktat besonders geeignet war.161 Was letzteren betrifft, wartet dieser mit einem ausgebauten Accessus auf, der in Breite und Differenziertheit den Höchststand des im 14. Jahrhundert im deutschen Sprachraum für die ›Fabulae‹ überhaupt Erreichbaren markiert.162 Der nähere Blick auf die Kommentierung der einzelnen Fabeln schließlich beseitigt jeden Zweifel, dass diese nicht für das akademische Trivialstudium angelegt worden sein könnte – und dort dann wohl auch primär verbreitet wurde: nicht nur wegen ihres Umfangs und der erreichten Systematik, sondern insbesondere angesichts der singulären Erweiterung des Kommentars um scholasticeAuslegungen, die speziell auf die Lebenswelt des Schülers Bezug nehmen.163 Ein entsprechendes institutionelles Umfeld, an der ein solches

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den Anfängen bis zur Gegenwart. Hg. von HELMUT DE BOOR und RICHARD NEWALD. Bd. 3,2], S. 394f. Siehe etwa oben zum Gemeinschaftsprojekt Aug2 aus der Ulmer Lateinschule. Siehe dazu ausführlicher oben Kap. II.5. Der ›Anonymus Neveleti‹ wurde demgegenüber noch nach der älteren französischen Art mit fortlaufendem Verstext und auf dem Blattrand notiertem Kommentar eingerichtet. Im Vergleich der beiden Fabelsammlungen wird die Übergangssituation ersichtlich, in der dieser Teil von Erf 1 entstanden ist. Vgl. den Textabdruck bei RISSE 1964, S. 97-103. Ich weise nur hin auf den Eingang mit einer propositio aus der Rhetorik des Aristoteles (nämlich quod res mirabiles et inconswete sunt delectabiles) und auf die systematische und detailliert argumentierende Erörterung dieser propositio (RISSE S. 97-99), auf die weiteren Autoritätenberufungen (Ovid de arte, Aristoteles primo ethicorum, Horaz, Cicero, Anecsageras), auf die Erläuterung zunächst der notwendigen Accessus-Fragen selbst (S. 99), auf die Ausrichtung der Fragen u. a. an den aristotelischen quattuor causae (S. 99 [vgl. dazu SUERBAUM 2000, S. 401, wonach das aristotelische Schema in den Avian-Kommentaren vollständig erst im 15. Jahrhundert begegne]), auf Details wie etwa Angaben, die eine Kenntnis der schon lange nicht mehr mitüberlieferten Widmungsepistel verraten (S. 99 Z. 58-S. 100 Z. 66), auf Details wie die Unterscheidung jeweils einer zweifachen causa efficiens (S. 99f.), causa formalis (S. 100) und causa finalis (S. 100) oder auch auf den eingefügten quattuor sunt-Exkurs (S. 101; vgl. zu diesem SUERBAUM 2000, S. 403f. [ohne Kenntnis von Erf 1]). Vgl. bei RISSE 1964 etwa S. 112 Z. 53-62 (Item, scholastice, exponitur sic quod per aquilam intelligatur status magistrorum et scholarum scientificarum siue magistri honore magistratus digniori. Per testudinem intelligantur alii magistri qui ad gubernationem magistri non sufficient. Illi autem volentes ad statum verorum magistrorum ascendere, ad modum testudinis statim cadunt. Dat ergo documentum ne ante debitum tempus ad cathedram magistratus ascendamu, donec perspicuitatem scientie et moris habeamus ne ut

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relativ anspruchsvolles Textstudium im ausgehenden 14. Jahrhundert betrieben werden konnte, liegt mit dem Studium generale Erfordense unmittelbar nahe.164 L1 OLDFATHER 1911, S. 110; GUAGLIANONE 1958, S. XXI (Sigle E). L2 SCHUM 1888, S. 302f.; KRÄMER 1989/90, Bd. 1,1, S. 212. L3 HERMANN GRAUERT: Magister Heinrich der Poet in Würzburg und die römische Kurie. München 1912 (Abhandlungen der Königlichen Bayerischen Akadamie der Wissenschaften. Philos.-philol.-hist. Kl. 27,1-2), besonders S. 9f.; HEINRICH NIEWÖHNER: De uxore cerdonis. In: ZfdA 53 (1928), S. 65-92, besonders S. 68f.; RISSE 1964; MICHAEL BALDZUHN: Chiromantie (Handlesekunst). Erfurt, Universitätsbibliothek, Dep. Erf. CA. 4° 21, f. 127v-131r. In: ‘bescheidenheit’. Deutsche Literatur des Mittelalters in Eisenach und Erfurt. Hg. von CHRISTOPH FASBENDER. Gotha 2006, S. 48f.

Erf 2

Erfurt, Universitäts- und Forschungsbibliothek Erfurt/Gotha, Dep. Erf. CA. 4° 21 – Falze SCHUM verweist in seiner Handschriftenbeschreibung des Cod. Q 21 eigens auf die Falze des Bandes: »In die Mitte der Hefte sind Bruchst. einer Hds. poetischen Inhaltes des ausgehenden 13. Jh. eingezogen, auf dem einen Stück erkennbar: Explicit Avianus« (1887, S. 303). Von einer Ausstattung des Fabeltextes mit Glossen oder einem Kommentar berichtet SCHUM nichts. Zumindest letzteren im ausgehenden 13. Jahrhundert im deutschen Sprachraum anzutreffen, wäre auch ungewöhnlich.165 Der Trägerband Erf 1 (s. o.) könnte in Erfurt gebunden, der Avian mithin ebenfalls an diesem Ort aufbewahrt worden sein. Für die spätmittelalterlichen Bibliotheken Erfurts lässt sich ja noch heute nahezu ein Dutzend Avian-Handschriften nachweisen.166 L1 OLDFATHER 1911, S. 110 Anm. 5; SUERBAUM 2000, S. 432. L2 SCHUM 1887, S. 303. L3 Siehe auch oben zu Hs. Erf 1.

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testudo iterum grauius ad terram ruamus, et cetera zu Nr. II), S. 115 Z. 38-41 (Item, scholastice, per matrem cancri intelligimus omnes scholares nondum bene habituati qui alios nituntur reprehendere cum tamen ipsimet sunt reprehendi zu Nr. III), S. 121 Z. 54-71 (zu Nr. IV), S. 126 Z. 46-51 (zu Nr. V), S. 135 Z. 61-66 (zu Nr. VII). Vgl. aber auch Partien wie S. 105 Z. 7-12 (Pro quo notandum quod cum in urbe romana vigeret studium philosophie, multi scholares, cupientes tendere ad facultatem scientiarum liberalium, pre amore mulieris multipliciter decipiebantur quos ipse Auianus per hunc apologum cupit castigare, et talem premittit fabulam vel apologum zu Nr. I ohne scholastice-Markierung). Vgl. im Überblick LORENZ 1989, S. 1-58. Gewissheit mag zukünftig einmal eine sprachliche Untersuchung der deutschen Glossen zum ›Anonymus Neveleti‹ bringen. Siehe oben Kap. II.4. Vgl. Ber 3 = K70, Eis, Erf 1, Erf 3, Lue = K69, Pom1= K72, Pom2 = K71 sowie K67, 80, 84 und 88.

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Erf 3

*Erfurt, Universitäts- und Forschungsbibliothek Erfurt/Gotha, Dep. Erf. CA. 8° 94 Pap., 97 Bl., 16 x 12.5 cm, 1. Hälfte 14. Jh. (59v-71r: 1336?), Frankreich (59v71r: Nordfrankreich?). VD innen Inhaltsverzeichnis (15. Jh.) 1rv leer 2r-29v ›Musica Fulgentii‹ 30r-35v Odo: ›Musica‹ (THORNIDKE/KIBRE Sp. 1241) 35v-36r Nachträge zu Odo: ›Musica‹ 36v leer 37r-38v Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: Fabeln Nr. I-VIII,1. Erschließung: keine. Einrichtung: einspaltig, 31 Zeilen pro Spalte. Die erste Fabel in der ersten Zeile des Schriftspiegels sollte eine dreizeilige Initiale tragen, die nicht ausgeführt ist. Die folgenden Fabeln beginnen jeweils in neuer Zeile, der Eingangsbuchstabe sollte als zweizeilige Initiale ausgeführt werden. Nr. IV und V setzen jeweils erst mit dem Pentameter ein; voran geht eine Leerzeile. Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit Majuskeln, die herausgerückt sind. Den ausgestellten Majuskeln im Versbeginn entspricht die Wiederholung des letzten Buchstabens in einer eigenen Spalte jeweils rechts neben dem Verstext, die ebenso wie die linke bereits in der Vorlinierung bedacht ist. Diese Vorlinierung ist bis 46v durchgeführt. Textende: Textabbruch mit Contentum propriis inmitten des Verses in der Blattmitte.

38v 39r-51v

Notenbeispiele Guido von Arezzo: ›Micrologus‹ (THORNDIKE/KIBRE Sp. 592) (frgm.) 52r-55v ›De musica‹ (THORNDIKE/KIBRE Sp. 765) 56r-59r leer 59v-68r Petrus dictus Palma Otiosa: ›Compendium de discantu mensurabili‹ (THORNDIKE/KIBRE Sp. 896) 68v-70r ›Ars motetorum‹ (THORNDIKE/KIBRE Sp. 1109) 70v-71r ›Ars discantandi‹ (WALTHER Nr. 1513) 71v-74v leer 75r-86r ›Ars musica‹ (THORNDIKE/KIBRE Sp. 1531) 86v leer 87r-97v ›Musica de perfecto cantu‹ (THORNDIKE/KIBRE Sp. 339) 98r-98v leer RD innen Verse (WALTHER Nr. 4017) Vorbesitzer Amplonius Ratinck de Bergka (1363/64-1435); Erfurt, Collegium Amplonianum

Avian: ›Fabulae‹

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Die Handschrift wird in dem Katalog des Amplonius Ratinck de Bergka unter den mathematice-Bänden als Nr. 70 geführt, wobei Katalogeintrag und das Inhaltsverzeichnis des Bandes weitgehend übereinstimmen. Sie wurde noch im 15. Jahrhundert gebunden und weist einen Erf 1 vergleichbaren Einband auf.167 Obschon Erf 3 den Erfurter Studierenden die meiste Zeit des 15. Jahrhunderts zur Verfügung stand, haben sie den Band kaum intensiv konsultiert. An Texteinträgen aus dem 15. Jahrhundert sind lediglich einige lateinische Verse auf dem inneren Rückendeckel anzuführen, alle anderen Nachträge, ohnehin wenig,168 wurden bedeutend früher eingetragen und sind zeitlich eher in die Nähe der Arbeit der verschiedenen Textschreiber zu setzen. An auffälligen Abnutzungsspuren ist in der Hauptsache der starke Verfall zahlreicher Blätter am Rand durch Moder zu vermerken. Die Handschrift wurde aus mehreren getrennt voneinander entstandenen, jedoch weitgehend zeitgenössischen Teilen zusammengefügt, und zwar spätestens 1410/12, möglicherweise aber auch schon im 14. Jahrhundert in Frankreich. Dorthin weist das allein in Erf 3 Bl. 59v-68r erhaltene ›Compendium de discantu mensurabili‹, dorthin weisen, folgt man SCHUMs Katalogbeschreibung, zeitlich wie räumlich auch die Schriftzüge des in diesem Teil (Bl. 59v-71r) tätigen Schreibers, der mit dem Verfasser des musikalischen Kompendiums identisch sein könnte.169 Als erste von insgesamt vier Partien ist das Bl. 1-59 Aufgezeichnete zu betrachten. Die Stücke bis Bl. 36r stammen aus einer Feder, der Avian vielleicht von einer weiteren, jedoch nahezu zeitgleich arbeitenden Hand. Diese Texte stehen zudem in ihrer reichlichen Ausstattung mit farbigen Rubriken und Lombarden beieinander; sie war für den Avian ebenso vorgesehen, wurde aber nicht mehr angebracht, da die Aufzeichnung hier inmitten des Blattes aufgegeben wurde. Die Vorlinierung für den Verstext hingegen wurde noch bis Bl. 46v ausgeführt: Eine weitere Hand nutzte sie

_____________ 167

168

169

Abgeschrägte Holzdeckel, nur die hinteren Teile und der Rücken mit Leder überzogen, am Rückendeckel Reste einer Schließe. Bl. 38v im Anschluss an den Avian wurden einige Notenbeispiele eingetragen. Etwas häufiger finden sich insbesondere Bl. 51r-54v einige Randeinträge, die den Inhalt sachlich erschließen. Der Verfasser des Kompendiums stammt nach eigener Aussage aus Villevenard im Département Marne und schrieb es 1336 als Konventuale der Zisterze Cercamp (Département Pas-de-Calais) in der Diözese Amiens, vgl. Bl. 68r: Explicit compendium de discantu mensurabili compilatum a fratre petro dicto palmo ociosa oriundo de bernardi villa in pontino Monacho ecclesie sancte Marie caricampi Cysterciensis ordinis Ambianensis Dyocesis Anno ab Jncarnacione domini nostri Jhesu Christi 13°36°. Petrus scheint nur dieses eine Werk verfasst zu haben: vgl. Dictionnaire des auteurs cisterciens. Sous la direction de ÉMILE BROUETTE, ANSELME DIMIER et EUGENE MANNING. Bd. 1ff. Rocherfort 1975ff. (La documentation cistercienne 16,1ff.), Bd. 2, S. 565.

Verzeichnisse zur Überlieferung

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ab Bl. 39r für die Aufzeichnung des ›Micrologus‹ und – bei zunehmend flüchtiger Ausführung – einen weiteren Musiktraktats. Die folgenden drei Teile des Bandes sind von diesem ersten sowohl in den Schriftzügen170 wie der Einrichtung geschieden. Zusammen gehören das ›Compendium de discantu mensurabili‹ und die beiden folgenden Musiktraktate (›Ars motetorum‹, ›Ars discantandi‹). Jeweils für sich stehen schließlich die ›Ars musica‹ Bl. 75r-86r und die ›Musica de perfecto cantu‹ Bl. 87r-97v. Inhaltlich gesehen vermittelt der Band als Kompendium zur Musiklehre ein ausgesprochen einheitliches Gesamtbild. Aus dieser Ausrichtung fällt einzig die Fabelsammlung heraus, für deren Aufnahme in die Umgebung musikalischen Fachschrifttums schon in der Grundkonzeption des ersten Teils freilich ebensowenig eine einfache Erklärung zur Hand ist wie dann für den unvermittelten Abbruch ihrer Aufzeichnung. Die auf den somit ungenutzen Blättern nachgetragenen Stücke geben dann, selbst wenn der zweite, dritte und vierte Teil des Bandes erst bedeutend später angefügt worden sein sollte, diesen bereits ihre Richtung auf ein kleines Handbuch zur Musiklehre vor. L1 OLDFATHER 1911, S. 110; GUAGLIANONE 1958, S. XXII (Sigle Er). L2 SCHUM 1888, S. 752f.; KRÄMER 1989/90, Bd. 1,1, S. 212.

Erl *Erlangen, Universitätsbibliothek, Ms. 624 Pap., 179 Bl., 30.5 x 21 cm, 2. Hälfte 15. Jh. (65r-178v: 1450-1470), Süddeutschland. 1r-35v Marcus Tullius Cicero: ›Epistolae ad familiares‹ (frgm.) 36r-62r Ovid: ›Ars amatoria‹ (gloss.) (frgm.) 62v-64v leer 65r-75v Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XLII. 2.a) Epimythien im Verstext: Nr. VI E,1f., X E,1f., XI E,1f., XII E,1-4, XIII E,1f., XIV E,3f.+1f., XV E,1f., XVII ,1-4, XIX E,1f., XX E,1f., XXIV E,5f., XXV E,1f., XXVI E,1f., XXIX E,1f., XXI E,1f., zu XXXII (nicht bei GUAGLIANONE) Perficiter tribuit deus et labor omnia nobis | Nullius in orbe labor proficit absque deo, XXXVIII E,1f., XXXIX E,3f. 2.b) Epimythien außerhalb des Verstextes: Nr. X E,5f., XIX E,3f., zu Nr. XIX (nicht bei GUAGLIANONE) O formosa puer modo nec crede colori / alba . Erschließung: 1. Interlinearglossen: in kleinerer Glossenschrift in durchgehend gleichbleibender Dichte möglicherweise noch von der Hand des Grundtextes. 2. Marginalien: von Glossenhand in derselben Schrift, jedoch unsystematisch; darunter vereinzelt (z. B. 76v, 68r) deutsche Inter-

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Vgl. dazu die Angaben bei SCHUM 1888, S. 753.

Avian: ›Fabulae‹

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pretamente. Geboten werden überwiegend Angaben zur Flexion, Bedeutung und Etymologie einzelner Wörter, dazu Sacherklärungen. Einrichtung: einspaltig, 33 Zeilen pro Spalte. Der Schriftspiegel für den Verstext ist in die Blattmitte gerückt, sodass der äußere Rand großzügiger ausfällt. Alle Fabeln beginnen jeweils in neuer Zeile und sollten eine zweizeilige Initiale oder Lombarde tragen (nirgends ausgeführt). Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit Majuskeln. Der Versabstand ist großzügiger bemessen. Der Textanfang ist nicht markiert. Textende: Explicit Auianus poeta.

76r-80r 80v-86r 86v-89v 89v-105v 106r-119v 120r-136v

›Physiologus Theobaldi‹ (lat./dt. gloss.) ›Ecloga Theodoli‹ (gloss.) Ps.-Ovid: ›De lupo‹ (lat./dt. gloss.) ›Anonymus Neveleti‹ (gloss.) ›Pamphilus de amore‹ (gloss.) Heinrich von Settimello: ›Elegia de diversitate fortunae et philosophiae consolatione‹ (gloss.) 137r-138v leer 139r-146r ›Asinarius‹ (gloss.) 146v-154v ›Brunellus‹ 155r-155v Ovid: ›De anulo‹ 155v-161r ›Ovidius puellarum‹ 161v leer 162r-170r ›Brunellus de diversis ordinibus‹ 170v-172r ›Speculum mundi‹ 172v-176r ›Salutaris‹ 176v-178v ›Contemptus mundi‹/›Cartula‹ 179ra-179vb Fragment eines kanonistischen Textes Vorbesitzer Heilsbronn, Zisterzienser Die Handschrift ist im Zuge der Auflösung der Heilsbronner Zisterze 1748 an ihren heutigen Aufbewahrungsort gelangt. Ob sie schon zum Bestand der mittelalterlichen Klosterbibliothek gehörte, lässt sich nicht mehr mit Sicherheit feststellen. KRÄMER geht zwar von mittelalterlicher Provenienz aus, doch bleibt festzuhalten, dass Heilsbronner Besitzeinträge fehlen, der alte Einband die für die Klosterbuchbinderei des 15. Jahrhunderts typischen Merkmale vermissen lässt,171 der Band in den alten Heilsbronner Katalogen nicht nachzuweisen ist – von denen der umfassendste freilich vor der für Erl fraglichen Zeit entstand und alle weiteren

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Vgl. zu den typischen Heilsbronner Einbänden und Provenienzvermerken FISCHER 1936, S. 561f. Zum Einband von Erl macht er S. 334 nur knappe Angaben: »Holzdeckel, nur zur Hälfte mit braunem Leder überzogen. Die Schließe abgerissen. Auf dem Schnitt unten von alter Hand: Varia mp(manuscripta?)de.«

Verzeichnisse zur Überlieferung

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Verzeichnisse nur kleine Ausschnitte erfassen172 – und man über die nachmittelalterliche Geschichte der Konventsbibliothek wenig weiß und gar nicht, in welchem Umfang noch im 16. und 17. Jahrhundert alte Handschriften fremder Herkunft eingingen. Der Band besteht aus drei unabhängig voneinander entstandenen Teilen. Einen ersten bilden der Abschnitt mit den Briefen Ciceros und der ›Ars amatoria‹ Ovids, die beide von derselben Hand geschrieben wurden, beide fragmentarisch blieben und auf die mehrere Leerseiten folgen. Den zweiten bildet der nach Ausweis der Wasserzeichen173 im dritten Jahrhundertviertel zu Papier gebrachte Abschnitt von Bl. 65r-178v, in dem mindestens zwei (1: Bl. 65r-138v, 2: Bl. 139r-178v), vielleicht drei Hände (3: Bl. 176v, 178rv) sehr eng zusammenarbeiteten und ein umfangreiches Verstext-Korpus durchgehend gleichbleibender Einrichtung erstellten. Der dritte Teil wird von dem Bl. 179rv angehängten Fragment aus der Feder eines weiteren zeitgenössischen Schreibers gebildet. Der zweite Teil des Bandes wird, darauf weist die Beteiligung von zwei, vielleicht drei Schreibern, im Umfeld eines eher größeren Schreibbetriebs entstanden sein. Er wurde dort freilich nicht fertiggestellt. Die vorgesehene Gliederung der Grundtexte durch Initialen ist nicht ausgeführt, und Texterläuterungen sind zwar immer wieder anzutreffen, wurden jedoch in der Regel nicht mehr systematisch angebracht. Die durchgehende Glossierung im Avian stammt zwar wohl noch vom Textschreiber; in zahlreichen anderen Stücken erfassen die Erklärungen hingegen nurmehr einen Bruchteil der Verse, ja fehlen sie über die weiteste Strecke,174 und bereits im ›Pamphilus‹ könnten sie von anderer, späterer Hand stammen.175 Gleichwohl ist dieser Teil dann nicht sofort zwischen die Buchdeckel und ungenutzt ins Regel gewandert. Eine zeitlang hat man ihn noch selbstständig belassen. Der eröffnende Avian zeigt auf dem Eingangsblatt nämlich deutliche Flecken, die mit separater Aufbewahrung erklärt werden können. Dass diese am Schluss des zweiten Teils keine Entsprechung finden, lässt dort dann Fragmentierung vermuten. Erst später, nach Ausweis des alten Einbandes noch im ausgehenden 15., beginnenden 16. Jahrhundert, wurden die beiden Hauptteile von Erl dann miteinander vereint. Dabei handelte es sich – wie auch am Fehlen beide Teile übergreifender Benutzerspuren ersichtlich – möglicherweise um

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Alle Verzeichnisse abgedruckt bei FISCHER 1936, S. 563-574. BECKER 1972, S. 32. Glossen in Ovids ›Ars amatoria‹ stehen nur Bl. 60r, im ›Asinarius‹ nur bis Bl. 144r, in Heinrichs von Settimello ›Elegia‹ nur Bl. 120rv und 121v (dort nicht mehr von Texthand), im ›Pamphilus de amore‹ nur bis Bl. 114v und zwischen Bl. 86v und 114v überhaupt stellenweise nur sehr dünn. Vgl. BECKER 1972, S. 32.

Avian: ›Fabulae‹

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wenig mehr als eine konservatorisch motivierte Aktion des Bibliothekars. Man führte fragmentierte Bruchstücke zusammen, die für eine anderweitige Verwendung zu umfangreich waren. Denn wenn der zweite Teil nicht fertiggestellt und sein Ende vielleicht ebenfalls als Bruchstück betrachtet wurde (s. o.), könnte auch die Fragmentierung der beiden Stücke im ersten Teil noch alt sein. Das würde jedenfalls die Zusammenführung der beiden Teile erklären – bedeutete aber auch, dass Erl, sollte ein Heilsbronner Bibliothekar die Vereinigung besorgt haben, für die Frage einer spezifisch zisterziensischen Nutzung der ›Fabulae‹ wenig abwirft. Zu erwägen bleibt aber, ob der zweite Teil nicht vielleicht in Heilsbronn selbst geschrieben wurde. Schließlich sollen die Heilsbronner Zisterzienser im 15. Jahrhundert eine innere Klosterschule betrieben haben.176 Spuren intensiver Nutzung im Unterricht zeigen die Blätter freilich keine. Und wo die Erschließung des Avian über die schlichte expositio ad litteram hinausgeht, bleibt sie bemerkenswert unsystematisch. Die Textzusammenstellung als solche mit ihrem Schwerpunkt auf Tierdichtung im weitesten Sinne (Avian, ›Physiologus Theobaldi‹, ›De lupo‹, ›Anonymus Neveleti‹, ›Asinarius‹, ›Brunellus‹) in der Kombination mit unterhaltend-belehrender Versdichtung (›Pamphilus‹) bei gleichzeitigem Augenmerk auf der Alters- und Vergänglichkeitsthematik (Heinrich von Settimello, ›Contemptus mundi‹) erlaubte es wohl, den Band als potentiellen Vorrat für Unterrichtstexte zu benutzen. Ebenso ließ er sich aber auch individuell zu erbaulich-belehrender Lektüre heranziehen. L1 OLDFATHER 1911, S. 111; GUAGLIANONE 1958, S. XXIII (Sigle El). L2 FISCHER 1936, S. 232-234; KRÄMER 1989/90, Bd. 1,1, S. 339.

Flo1 Florenz, Biblioteca Medicea Laurenziana, Acquisti e doni 28 [Die Handschrift konnte für die vorliegende Untersuchung nicht mehr herangezogen werden. Nach den Angaben bei BLACK 2001, S. 220 und S. 391, wurde sie in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts in Zentralitalien geschrieben und überliefert neben den ›Fabulae‹ noch PseudoOvidiana. Die Texte sind »lightly glossed by various XIVc. hands with interlinear lexical paraphrases and marginal explications and figures« (S. 220). BLACK nimmt diese Erschließung – in diesem Fall sicher zutreffend – als Indiz für »school use«.]

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Hinweise dazu bei KARLHEINZ KÖNIG: Das Schulwesen von ca. 1200 bis zur Reformation. Regionalgeschichtliche Ergänzungen. Franken. In: Handbuch der Geschichte des bayerischen Bildungswesens 1991, S. 195-232, hier S. 197f.

Verzeichnisse zur Überlieferung

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Flo2 *Florenz, Biblioteca Medicea Laurenziana, Ashburnham 1813 Perg., 16 Bl., 14 x 11 cm, 12. Jh., Italien. 1r-16v Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: Fabeln Nr. I-XXXVIII. Erschließung: 1. Interlinearglossen: insgesamt kein Dutzend (»a few typically simple roughly contemporaneous lexical equivalents« [BLACK 2001, S. 186]). Einrichtung: einspaltig, 20 Zeilen pro Spalte. Den einzelnen Fabeln geht jeweils eine Leerzeile voran, die vielleicht Tituli aufnehmen sollte. Der erste Vers beginnt jeweils mit einer mehrere Zeilen hohen rubrizierten Lombarde. Die folgenden Verse sind abgesetzt und beginnen mit einer herausgerückten Majuskel, deren Buchstabenkörper sorgfältig rubriziert ist. Der Textanfang ist nicht markiert. Der Titel Liber Auianj im Kopf von 1r stammt erst von spätmittelalterlicher Hand. Der Text bricht 16r inmitten von Nr. XXXVII,20 nach Beschneidung des unteren Blattviertels ab, wurde jedoch 16v von einer deutlich späteren Hand um die restlichen Verse und Nr. XXXVIII ergänzt.

Vorbesitzer Guglielmo Libri (1803-69); Bertram Ashburnham (1797-1878) Vorbesitzer lassen sich nur bis ins frühe 19. Jahrhundert zurück nachweisen. In die Medicea gelangte Flo2 1884 mit dem Erwerb der Sammlung Lord Bertram Ashburnhams. In dessen Bibliothek wurde die Handschrift in der Abteilung Libri aufbewahrt. Sie gehörte also zu den Manuskripten, die der Lord 1843 von dem aus Frankreich geflüchteten Bibliomanen Guglielmo Libri erworben hatte. Woher Libri seinen Avian hatte, ist unbekannt. Seine Beutezüge vor allem in französischen Bibliotheken in der Funktion des »Inspecteur des Bibliothèques publiques« sind berüchtigt, hinterließen eine Spur der Verwüstung und zwangen ihn schließlich zur Flucht nach England.177 Das kleine Heft – so es denn als solches angelegt und nicht nachträglich irgendwo herausgelöst wurde -, wurde nicht ohne Sorgfalt hergestellt, aber früh schon für weniger wertvoll erachtet, denn auf den Rändern von Bl. 6v-7r nahm man im 13. Jahrhundert vertikal einige sachfremde, urkundenähnliche Notizen auf.178 Später war Flo2 sekundär mit zwei griechischen Handschriften des 14. und 16. Jahrhunderts zusammengebunden, wobei es sich aber um keine mittelalterliche Einheit mehr gehandelt hat.179

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178 179

Vgl. über ihn W. STAUDACHER: Guglielmo Libri. Die Geschichte eines Bibliotheksdiebes. In: Libri. International Library Review 2 (1952), S. 55-87; H. DE LA FONTAINE VERWEY: De boekendief en de detective: Guglielmo Libri en Leopold DELISLE. In: Bibliotheekleven 38 (1953), 169-181; GUISEPPE FUMAGALLI: Guglielmo Libri. Florenz 1963. Vgl. DELISLE 1886, S. 81. Vgl. VITELLI 1894, S. 531.

Avian: ›Fabulae‹

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Dass das Heft im 12. Jahrhundert tatsächlich einmal als Unterrichtsfaszikel in Schulzusammenhängen benutzt wurde, lässt sich weder ausschließen noch positiv nachweisen. Allerdings hätte man mit ihm für jede Form weiterer Texterschließung, die über die reine Repetition des Verstextes hinausging, dann ganz auf mündliche ad hoc-Erklärungen gesetzt. L1 BÄHRENS 1883, S. 32 (Sigle B); ELLIS 1887, S. XLI; HERVIEUX 1893/99, Bd. 3, S. 112f.; DUFF/DUFF 1961, S. 678 (Sigle Ashb.); GUAGLIANONE 1958, S. XVf. (Sigle Ba); HERRMANN 1968, S. 26 (Sigle Ba); GAIDE 1980, S. 72 (Sigle Ba). L3 LEOPOLD DELISLE: Notice sur des manuscrits du fonds Libri conservés à la Laurentienne. In: Notices et extraits des manuscrits de la Bibliothèque Nationale et autres bibliothèques 32 (1886), S. 1-120, hier S. 81; GIROLAMO VITELLI: Indice de’codice greci Riccardiani, Magliabechiani e Marucelliani. In: Studi italiani di filologia classica 2 (1894), S. 471570, hier S. 531; BLACK 2001, S. 186, 392.

Flo3 *Florenz, Biblioteca Medicea Laurenziana, Plut. 68. 24 Perg., I + 121 + I Bl., 24 x 13 cm, 11. Jh., Frankreich (Fleury?). Irv leer 1r Mariengebet 1v leer 2r-43r Arator: ›De actibus apostolorum‹ 43r-55v Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Widmungsepistel. 2. Fabeln Nr. I-XLII. 3. Das Epimythion Nr. XIXE,1f. wurde vielleicht noch vom Textschreiber, sicher aber von einer zeitgenössischen Hand am oberen Rand von 52r nachgetragen und über Verweiszeichen in den Verstext eingebunden. 4. Tituli. Erschließung: keine. Einrichtung: einspaltig, 29 Zeilen pro Spalte. Den Fabeln ist jeweils ihr Titel in eigener Zeile vorangestellt und bis Nr. IX (46r) am Rand eine römische Zählung beigegeben, bei der es sich freilich erst um Nachtrag handeln könnte. Sie setzten jeweils mit einer zweizeiligen Lombarde ein. Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit Majuskeln in eigener Vorlinierung. Sie werden jeweils von herausgerückten und in eine senkrechte Flucht gebrachten Satzzeichen (Punkt, Semikolon, gedrehtes Semikolon) beschlossen. Textanfang: in eigenen Zeilen ARATORIS SVBDIACONI SANCTA AECCLESIAE ROMA|NE. EXPLICIT LIBER SECVNDVS HISTORIAE APOSTOLICE INCIPIT PROLOGVS JN LIBRVM AVIANI AD TEODOSIVM und in zeitgenössischem Nachtrag IMPERATOREM. Nach Absatz folgt, von zweizeiliger Initiale mit spärlichem Dekor eröffnet und im Schriftspiegel des Verstextes, die fortlaufend aufgezeichnete Widmungsepistel. Ohne Absatz schließt eine Überschrift zu Nr. I (DE MVLIERE | ET LVPO) und nach Absatz mit zweizeiliger Lombarde der Text der ersten Versfabel an. Textende: in eigenen Zeilen FINIT AVIANI TRACTATVS | FABVLARVM | INCIPIT LIBER HOMERI.

Verzeichnisse zur Überlieferung

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55v-74v 74v-86r 86r-109v 109v-119r 119r

Pindar Thebanus: ›Ilias latina‹/›Homerus latinus‹ Persius: Satiren (gloss., komm.) Beda Venerabilis: ›De arte metrica‹ Beda Venerabilis: ›De schematibus et tropis‹ geschwärzter Eintrag mit Devise und Besitzvermerk Francesco Sassettis 119v-120v leer 121r Devise und Besitzvermerk Francesco Sassettis 121v leer IIrv leer Vorbesitzer Francesco Sassetti (1421-90) GUAGLIANONE vermutet Entstehung in Fleury, doch wird Flo3 in MOSTERTs Verzeichnis der entsprechenden Handschriften nicht genannt. Aufgrund der späteren Besitzgeschichte lässt sich immerhin Frankreich als Entstehungsraum wahrscheinlich machen. Bl. 121r wird der Florentiner Francesco Sassetti als ihr Besitzer ausgewiesen, Direktor der Medici-Bank seit 1463 und Geschäftsreisender unter anderem in Frankreich, wo er zugleich einige alte Handschriften für seine Büchersammlung aquirierte. Flo3 muss er dort spätestens 1462 erstanden haben, denn ein Bücherverzeichnis dieses Jahres weist den Band bereits als 1 Arator in versi con molte cose aus.180 In Sassettis Gepäck also gelangte Flo3 nach Italien,181 ging dann nach Sassettis Tod 1491 zunächst mit 66 weiteren Bänden der Bibliothek in den Besitz der Medici über,182 kam 1497/98 jedoch wieder in die Hände Erben Sassettis,183 um – ohne dass genau zu sehen wäre, auf welchem Wege – letztendlich wieder, vielleicht noch im ersten Viertel des 16. Jahrhunderts,184 in der Medicea zu landen, wo die Handschrift seither aufbewahrt wird.185 Für die italienische Zeit der Handschrift kann Schulverwendung ausgeschlossen werden.186

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Vgl. neben dem kurzen Hinweis bei SABBADINI 1967, Bd. 1, S. 139 und S. 165 (mit Erwähnung von Flo2) v. a. DE LA MARE 1976 (das Zitat aus dem Verzeichnis von 1462 dort S. 173 [Nr. 25]). GLAUCHE (1970, S. 98 mit Anm. 86) sieht in Flo2 einen Beleg für den »Anschluss« Italiens und Englands »an den mitteleuropäischen Kulturraum« im 11. Jahrhundert. Das beruht auf methodisch unzulässigem Rückschluss vom heutigen Aufbewahrungsort auf die Schriftheimat von Flo2. Vgl. DE LA MARE 1967, S. 170 und Nr. 436 im Verzeichnis der Bücher der nach der Flucht Piero de Medicis aus Florenz 1494 nach San Marco überführten Bibliothek der Medici. Vgl. DE LA MARE 1967, S. 170. Vgl. DE LA MARE 1967, S. 171. Weitere Stationen aus der Geschichte von Flo2: 1731 könnte der Avian-Herausgeber CANNEGIETER sie benutzt haben. Vgl. GUAGLIANONE 1958, S. XV: »Contulit CANNEGIETER forsitan: incertum est enim num eius codex littera M insignitus idem atque iste Mediceus sit: ipse cuius esse nesciebat; clarissimus tamen Burmann eum esse Mediceum suspicaba-

Avian: ›Fabulae‹

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Hinter 1462 zurück lässt sich die Besitzgeschichte des Bandes nicht mehr verfolgen. Flo3 scheint aber in den Jahrhunderten zuvor keine sehr bewegte Besitzgeschichte erlebt zu haben – was zumindest tendenziell eher für kontinuierliche Aufbewahrung in klösterlichem Umfeld als für Durchgang durch private Hände spricht. Von einigen Anmerkungen des von Sassetti beschäftigten Bibliothekars und Privat-Philologen Bartolomeo Fonzio zu den Werken Bedas abgesehen,187 finden sich nur im ›Homerus latinus‹ noch nach der Niederschrift des Grundbestands vorgenommene Einträge. Die Troja-Dichtung wurde VOLLMER zufolge noch von einer Hand des 12. Jahrhunderts durchkorrigiert.188 Der Kodex ist aus einem Guss. Alle Blätter wurden auf ein für AvianHandschriften unübliches Oblonge-Format zugeschnitten und in eine systematische und durchgezählte Lagenordnung gebracht.189 Der Schriftspiegel umfasst durchgehend 29 Zeilen. Die Seiten sind besonders an den unteren rechten Ecken vom Umblättern stark nachgedunkelt. Eine Unterrichtsverwendung belegt das noch nicht. Der Band steht allenfalls als potentielle Vorlage für Abschriften in Beziehung zum Schulunterricht. L1 BÄHRENS 1883, S. 31 (Sigle L); HERVIEUX 1893/99, Bd. 3, S. 111; DUFF/DUFF 1961, S. 678 (Sigle L); GUAGLIANONE 1958, S. XIVf. (Sigle L); HERRMANN 1968, S. 26 (Sigle L); GAIDE 1980, S. 72 (Sigle L). L2 BANDINI 1774/78, Bd. 2, Sp. 850f.; MONTFAUCON 1739, Bd. 1, S. 373. L3 FRIEDRICH VOLLMER: Zum Homerus latinus. Kritischer Apparat mit Commentar und Überlieferungsgeschichte. München 1913 (SB der Königlichen Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Philos.-hist. Kl. Jg. 1913, 3), S. 8; REMIGIO SABBADINI: Le scoperte dei codici latini e greci ne’ secoli XIV e XV. Edizione anastatica con muove aggiunte e correzione dell’autore a cura di Eugenio Garin. Florenz 1967, Bd. 1, S. 139, 165; ALBINIA DE LA MARE: The library of Francesco Sassetti (1421-1491). In: Cultural aspects of the Italian Renaissance. Essays in honour of Paul Oskar Kristeller. Edited by C. H. CLOUGH. Manchester, New York 1976, S. 160-201; MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 1, S. 415f.; BLACK 2001, S. 235 Anm. 309 und S. 423; BERGMANN/STRICKER 2005, Nr. 151b.

Flo4 *Florenz, Biblioteca Medicea Laurenziana, Plut. 91 sup. 4 Pap., 120 Bl., 19.5 x 13.5 cm, 14./15. Jh., Italien (Florenz?). 1r-14r Pindar Thebanus: ›Ilias latina‹/›Homerus latinus‹ (gloss.) (frgm.) 14r-17v Coluccio Salutati: ›Conquestio Phyllidis‹

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tur.« 1739 nahm MONTFAUCON (Bd. 1, S. 373) Flo2 als Nr. V unter seine Handschriften der Medicea auf. 1775 veröffentlichte dann BANDINI eine erste Katalogbeschreibung. Vgl. BLACK 2001, S. 423 (unter »manuscripts examined and excluded«). DE LA MARE 1976, S. 183. VOLLMER 1913, S. 8. Auf ein altes vorgeschaltetes Einzelblatt folgen fünfzehn Quaternionen, die noch eine alte Lagenzählung aufweisen.

Verzeichnisse zur Überlieferung

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18r-22v 23r-27v 28r-33r 33v-34v 35r-36v 37r-40v 41r-49r 49r-65r 65r-65v 66r-77r 77r-88v

Pindar Thebanus: ›Ilias latina‹/›Homerus latinus‹ (frgm.) ›Physiologus Theobaldi‹ (gloss.) ›Ecloga Theodoli‹ Coluccio Salutati: ›Fabula de cancro et vulpe‹ Ps.-Bernhard von Clairvaux: ›Epistola ad Raimundum‹ (›De cura et modo rei familiaris‹/›De gubernatione familiae‹) Prudentius: ›Tituli historiarum‹/›Dittochaeon‹ (gloss.) ›Facetus Moribus et vita‹ Prudentius: ›Psychomachia‹ Argumenta zu Statius: ›Achilleis‹ Giovanni Bonandrea: ›Ars dictandi‹ Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XLII. 2. Epimythien im Verstext: Nr. VI E,1f., X E,5f., XI E,1f., XIII E,1f., XIV E,3f.+1f., XV E,1f., XXVI E,1f., XXIX E,1f. Erschließung: keine. Einrichtung: einspaltig, 31 Zeilen pro Spalte. Die Fabeln beginnen jeweils nach einer – für Tituli? – frei belassenen Zeile mit Raum für eine zweizeilige Lombarde (nicht ausgeführt). Die Verse sind jeweils abgesetzt und beginnen mit Majuskeln. Textanfang: durch vorangehendes Explicit in eigener Zeile und Raum für eine über sechs Zeilen reichende Eingangsinitiale (nicht ausgeführt, von späterer Hand in schlichter Manier ergänzt) markiert. Textende: Deo gratias.

89rv

zwei Federproben von anderer Hand mit dem Textanfang von Ps.-Boethius: ›De disciplina scolarium‹ und von ›Contemptus mundi‹/›Cartula‹ (Nachtrag) 90r-92v leer 93r-117v Claudian: ›De raptu Proserpinae‹ (gloss., komm.) 118r-120r leer 120v Paolo di Morello: Besitzeintrag und Inhaltsverzeichnis Vorbesitzer Paolo di Morello (1393-1432); Biblioteca Gaddiana Flo4 kann erst nach dem 11.6.1571 in die Medicea aufgenommen worden sein, da die bis zu diesem Tag, an dem die Bibliothek der Medici der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde, vergebenen Signaturen nur die Codices plutei 1-87 umfassen.190 Zuvor befand sich Flo4 in der Biblioteca Gaddiana,191 in deren Kernbestand freilich, den ein Bücherverzeichnis des

_____________ 190

191

Vgl. FRYDE 1983, S. 162. Dass Flo4 nicht bereits im 15. Jahrhundert von den Medici erworben wurde, wird weiter durch das Fehlen eines Exlibris wahrscheinlich, vgl. FRYDE 1983, S. 161, sowie zu den Besitzeinträgen der Medici S. 165 und S. 173-175. Auch in der Übersicht über die Neuzugänge des 16. Jahrhunderts bis zur Öffnung 1571 wird Flo4 nicht erwähnt – vgl. La Biblioteca Medicea-Laurenziana 1971. HALL 1969, S. 9.

Avian: ›Fabulae‹

539

Florentiners Francesco d’Agnolo Gaddi aus dem Jahre 1496 dokumentiert, der Band nicht zu identifizieren ist. Obschon das auch nur an der gelegentlich summarischen Auflistung einiger Titel liegen kann,192 bleibt einstweilen unklar, wann Flo4 in die Sammlung der Gaddis gelangte. Erster namhaft zu machender Vorbesitzer ist Paulo di Morello, ein Mitglied der in Florenz ansässigen Familie der Morelli, eine jener gutbezeugten »bureaucratic families«193, die den Stadtstaat über mehrere Generationen mit Verwaltungsbeamten versorgten ohne selbst in die entscheidenden Führungs- und Machtpositionen vorzudringen. Zur durchgängig florentiner Besitzgeschichte fügt sich auch die Aufnahme zweier Texte Salutatis, der als Politiker über mehr als 30 Jahre hinweg aktiv in die Geschicke des Stadtstaates eingegriff. Vielleicht wurde Flo4 sogar in Florenz selbst geschrieben. Die Handschrift ist aus zwei verschiedenen, ursprünglich wohl einmal selbstständigen Teilen zusammengesetzt, deren einer den Hauptbestand und deren zweiter nur den Claudian umfasst. In den Händen Paolo di Morellos lagen die Teile bereits vereint, da sein Inhaltsverzeichnis den gesamten Band berücksichtigt. Er brachte dieses vermutlich noch zu seinen eigenen Schulzeiten – so jedenfalls BLACK unter Verweis auf »poor Latin spelling, macaronic language and immature handwriting« – und also zu Beginn des 15. Jahrhunderts an.194 Woher Paolo die Handschrift(en) hatte, ist unbekannt. Die ›Fabulae‹ erscheinen innerhalb einer weitgehend planvoll erstellten Sammlung, deren gezielte Konzeption und Herstellung ihren äußeren Ausdruck bereits in einer gleichbleibenden Seitengestaltung195 und der durchweg sorgfältigen Aufzeichnung der Texte findet. Regelmäßige Lagenbildung – ausschließlich Quinionen und Sexternionen – und zahlreiche Lagenreklamanten zeigen geschlossene und zügige Anfertigung des Bandes an. Die Texte von Bl. 1-88 wurden von einer einzigen Hand zu Papier gebracht. In den Grundtexten taucht nur eine einzige Nachtragshand auf, die Bl. 89r fünf Zeilen aus der ›Disciplina scolarium‹ und, den gesamten Schriftspiegel von Bl. 89v füllend, den Beginn des ›Contemptus mundi‹ ergänzte. Ihre auffallend ungelenken Schriftzüge verraten die Schreib-

_____________ 192 193

194 195

Vgl. den Abdruck bei BEC 1983, S. 319-323. LAURA MARTINES: The social world of the florentine humanists. 1390-1460. Princeton/New Jersey 1963, S. 198. Dort heißt es weiter: »They stood out among those who staffed the Republic’s administration cadre, but they were neither strong enough nor distinguished enough to hold places of importance within the factions, let alone do captain the factional strife.« Vgl. BLACK 2001, S. 402 Anm. 64. Der Schriftspiegel umfasst regelmäßig 30-32 Zeilen. Textschlüsse und -anfänge sind einheitlich gekennzeichnet. Am Schluss steht regelmäßig Deo gratias oder Deo gratias amen in eigener Zeile, am Anfang in neuer Zeile ic.xc.

Verzeichnisse zur Überlieferung

540

übung, die an der vollständigen Aufnahme der nur begonnenen Texte nicht interessiert war. In den drei Lagen des letzten Teils schrieb eine zweiten Hand in abweichendem, nur noch 25 Textzeilen umfassenden Schriftspiegel. Die Claudian-Partie weicht zudem in der Formulierung des Explicits von der im Hauptteil üblichen Praxis ab. Die bereits vom Textschreiber des Claudian angebrachte Glossierung und der Kommentar heben den Schlussteil zusätzlich heraus. Der Hauptteil wies demgegenüber nämlich zunächst keinerlei Glossierung auf. Diese wurde erst später in einer feinen Feder angebracht. BLACK charakterisiert sie in aller Kürze so: »lacks significant marginalia, although there is ample school-level simple lexical paraphrase, including vernacular.«196 Der Nachtragsschreiber ging dabei freilich unsystematisch vor. In der ›Ilias‹ arbeitete er nur auf Bl. 1r-9v und Bl. 12r, im ›Physiologus‹ nur bis Bl. 24r, von da an stehen bis Bl. 26r jeweils nur zwei bis drei Glossen pro Seite und ab Bl. 26v gar keine mehr; darüber hinaus finden sich nur noch Bl. 37r-40v Glossen. Aus derselben feinen Feder stammen ferner Ergänzungen der Explicits im Hauptteil an mehreren Stellen um den Zusatz in nomine domini amen und möglicherweise auch die Auffüllung des für Texteingangsinitialen vorgesehenen Freiraums – die Handschrift wurde demnach im ersten Arbeitsgang vom Grundtextschreiber nicht ganz fertiggestellt – durch mehr oder minder geschickt ausgeführte Federzeichnungen an mehreren Stellen (Bl. 14r, 35r, 37r, 41r, 49r, 65r, 66r, 77r [eine weitere Federzeichnung ferner Bl. 12v]). Dieser Nachtragshand ist möglicherweise auch die in ebenso feiner Feder ausgeführte älteste Foliierung des Bandes zuzuschreiben, die sich bis in den Schlussteil mit dem Claudian erstreckt.197

_____________ 196 197

BLACK 2001, S. 229. Der Band weist mehrere Foliierungen auf. Eine nachmittelalterliche Zählung in schwarzer Tinte läuft unten rechts von »1-77«, oben rechts von »78-90«, überspringt die Leerblätter 91r und 92r und setzt Bl. 93r oben rechts wieder mit »90« ein. (Die »90« wird wiederholt, weil Blatt 90, ein Leerblatt, nur versehentlich mitgezählt wurde, denn Leerblätter sollten, wie an Bl. 91r und 92r ersichtlich, eigentlich übersprungen werden.) Den folgenden Blättern fehlt dann zwar der Eintrag, sie sind aber berücksichtigt, denn als nächste Ziffer erscheint im Prinzip auf Blatt 117r oben rechts die »114«. Bl. 118r irrte der Foliator wiederum und zählte das Leerblatt gegen seine Absicht mit, strich die eingetragene »115« jedoch wieder aus, ließ Bl. 118r und 119r ungezählt und trug Bl. 120r, weil die verso-Seite dieses Blattes beschrieben war, eine »115« ein. Diese Tintenfoliierung wird von einer modernen Bleistiftfoliierung vorausgesetzt. Sie setzt erst dort ein, wo die Tintenzählung Blätter zu überspringen beginnt, also auf Blatt 91, und zählt von hier an bis zum Ende auch die Freiseiten konsequent mit, sodass sie auf insgesamt 120 kommt. Die Bleistiftziffern wurden von Bl. 91r-120r alle jeweils unten rechts eingetragen und bilden in Kombination mit der alten Tintenfoliierung von Bl. 1r-90r die heute maßgebliche Foliierung. Dazu bietet Flo4 einige Merkwürdigkeiten wie zum einen die Wiederholung der maßgeblichen Foliierung im älteren Teil jeweils oben rechts auf den Blättern 12, 13, 14, 18, 23, 28, 34, 35, 37, 41, 49, 65, 66 und 77 und zum anderen auf Bl. 35r Einträge von gleich drei Ziffern am lin-

Avian: ›Fabulae‹

541

Der Eintrag Paolos Bl. 120v ist in anderer Feder, Tinte und Schrift ausgeführt.198 Das schließt jedoch nicht aus, dass die ergänzten Glossen nicht ebenfalls von ihm stammen könnten und damit vielleicht in engerer Beziehung zu seiner Schulzeit stehen. Die Überschneidungen der Glossatur mit den anderen Arbeitsschritten systematischer Erschließung (Erweiterung der Explicits, Auffüllung der Eingangsinitialen, Foliierung) legen das sogar nahe.199 Auf frequentere Verwendung der Handschrift innerhalb eines geregelten Unterrichtsbetriebs weist jedoch nichts. Vermutlich wurde der Band eher im Hintergrund und »neben« dem Unterricht benutzt, zu dessen Vertiefung – und über den hinaus (Ars dictandi) – er potentiell geeignete Texte bereithielt. L1 OLDFATHER 1911, S. 111; GUAGLIANONE 1958, S. XXIV (Sigle La). L2 BANDINI 1774-78, Bd. 3, Sp. 745-748. L3 La Biblioteca Medicea-Laurenziana nel secolo della sua apertura al pubblico (11 Giugno 1571). Florenz 1971; CHRISTIAN BEC: Les livres des Florentins (1413-1608). Florenz 1983 (Biblioteca di »Lettere Italiane«. Studi e testi 29); E. B. FRYDE: Humanism and renaissance historiography. London 1983 (History series 21), S. 159-227 (»The library of Lorenzo de’ Medici«); BLACK 2001, S. 229, 402.

Flo5 Florenz, Biblioteca Medicea Laurenziana, Redi 117 [Die Handschrift konnte für die vorliegende Untersuchung nicht mehr herangezogen werden. Nach den Angaben bei BLACK 2001, S. 229 und 404, in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, teilweise 1476, in Norditalien niedergeschrieben, setzt sie sich aus zwei Teilen mit den ›Fabulae‹ und den ›Tituli historiarum‹ von Prudentius einerseits und der ›Ilias latina‹ andererseits zusammen; beide Teile stünden aber wahrscheinlich in einem engerem Entstehungszusammenhang. Der Avian sei zeitnah zur Niederschrift des Grundtextes lateinisch wie italienisch glossiert worden, »providing simple lexical equivalents« (S. 229), sowie mit Syntaxglossen versehen worden. BLACK nimmt diese Erschließung als Indiz für »school use«.]

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198

199

ken Rand, und zwar oben eine »4«, im oberen Drittel eine »8« und unten eine »6«. Zu beachten ist weiterhin eine älteste noch mittelalterliche Foliierung, die in derselben dünnen Tinte vorgenommen wurde wie die ergänzten Formeln zu den Explicits und die Interlinearglossen. Sie beginnt Bl. 38r mit »34« und endet 94r mit »90«. Undeutlich bleibt, wie in diesen Zusammenhang die Bl. 35r, 36r und 37r ebenfalls in feiner Feder eingetragenen Ziffern »61«, »62« und »63« eingeordnet werden können. Die ›Ecloga Theodoli‹ sind übersprungen, die Fabel Salutatis, die Argumenta zur ›Achilleis‹ und die beiden Nachträge im ersten Teil wurden übergangen. Diese Ungenauigkeiten beruhen wohl überwiegend auf Nachlässigkeit gegenüber Texten geringeren Umfangs, im Falle der ›Ecloga‹ hingegen vielleicht auf einem Versehen. Die Anordnung der Blätter wurde durcheinander gebracht. Eine Lagenreklamante Bl. 12v weist auf Bl. 18r, eine Kustode Bl. 17v auf Bl. 35r, eine Reklamante Bl. 34v auf Bl. 1r; die mit der Fabel Salutatis schließende Lage der Blätter 23-34 mit dem ›Physiologus‹ und der ›Ecloga‹ wäre der ›Ilias latina‹ demnach ursprünglich vorangegangen. Zu welchem Zeitpunkt diese Umordnungen vorgenommen wurden, lässt sich nicht mehr feststellen.

542

Verzeichnisse zur Überlieferung

Flo6 *Florenz, Biblioteca Riccardiana, Ms. 574 (ehem. M II 13) Pap. und Perg (I, 105), I + 105 Bl., 21.5 x 14.5 cm, 1. Hälfte 15. Jh., Italien. 1r-22v Marcus Tullius Cicero: ›De amicitia‹ 23r-29r Marcus Tullius Cicero: ›Pro M. Marcello oratio‹ 29v-30v leer 31r-45v Marcus Tullius Cicero: ›Epistolae ad familiares‹ 46r-50v leer 51r-53v Marsilio Ficino: ›De divino furore iuxta Platonis sententiam‹ 54r Marsilio Ficino: ›De voluptate‹ 54v-58v leer 59r-65r Thimotheo Maffeo: ›Exhortatio ad principes ut de Turca ulciscantur (1453)‹ 65v-66v leer 67r-81r Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XLII. 2. Epimythien im Verstext: Nr. X E,5f., XI E,1f., XII E,1f., XIII E,1f., XIV E,1f., XV E,1f., XVII E,1f., XIX E,1f., XXVI E,1f. Erschließung: keine Einrichtung: einspaltig, 25 Zeilen pro Spalte, Schriftspiegel mit großzügigem Rand. Die Fabeln jeweils nach einer Leerzeile (für die Aufnahme von Tituli?) in neuer Zeile mit zweizeiliger Lombarde (nicht ausgeführt) einsetzend, die Verse abgesetzt und mit herausgerückten Majuskeln in eigener Vorlinierung. Textanfang nicht markiert; Textbeginn in der ersten Zeile des Schriftspiegels mit Freiraum für eine dreizeilige Initiale (nicht ausgeführt). Textende: Explicit Liber auiani Deo gratias. Amen Amen.

81v-82v 83r-86v 87r-90v 91r-100v 101r-104v

leer Prudentius: ›Tituli historiarum‹/›Dittochaeon‹ leer Vitalis von Blois: ›Geta‹ Donato Acciaiolo: ›Oratio coram Sixto IV. de sua creatione Romae‹ (3.10.1471) 105r leer 105v vier Verse Flo6 lässt sich seit 1756 in der von dem Florentiner Riccardo Romolo Riccardi (1558-1612) gegründeten Riccardiana nachweisen. Die ältere Besitzgeschichte ist unbekannt. Die Handschrift ist aus mehreren Teilen nachträglich zusammengestellt. Nach Händen wie Einrichtung sind zu unterscheiden: 1. eine bis Bl. 45v reichende Cicero-Sammlung; Schriftspiegel 24-25 Zeilen; zwei Hände, Bl. 1r-22v und 23r-45v; Reklamanten Bl. 8v, 16v und

Avian: ›Fabulae‹

543

40v;200 vielleicht ehemals selbstständig, denn Bl. 17r-22r sind unten rechts alt »3« bis »8« gezählt; 2. eine kleine Ficino-Sammlung, von dritter Hand in 38 Zeilen umfassendem Schriftspiegel; 3. eine Fürstenmahnung, von vierter Hand in 48 Zeilen umfassendem Schriftspiegel; 4. der Avian, von fünfter Hand in 25 Zeilen umfassendem Schriftspiegel; 5. der Prudentius, von sechster Hand in 29 Zeilen umfassendem Schriftspiegel; 6. der ›Geta‹, von siebter Hand in 26 Zeilen umfassendem Schriftspiegel; 7. die Gratulationsrede Acciaiolos, von achter Hand in 32 Zeilen umfassendem Schriftspiegel. Die Partien wurden möglicherweise noch im ausgehenden 15., beginnenden 16. Jahrhundert in einem Pergamentumschlag (Bl. I, 115) vereint und lagenweise durchgezählt. Reste dieser Zählung sind Bl. 23r (»4«), 67r (»9«) und 75r (»10«) erkennbar. Wo und von wem die Teile vereint wurden, ist unbekannt. Der Zweck indes war ein wesentlich nur noch konservatorischer. Spätere Gebrauchsspuren nämlich, die den gesamten Band umfassen, fehlen. Avian und Prudentius wurden wohl deshalb in ihn aufgenommen, weil hier wie dort sorgfältig mit der Textaufzeichnung begonnen, diese dann aber nicht ganz abgeschlossen wurde, sodass die Blätter dann nicht in den Unterricht überführt wurden, wo sie unansehnlich geworden wären. So bieten die Blätter immerhin sorgfältig angelegte, ansehnliche und weiterhin benutzbare Lektüre. Gedacht war das anders: In beiden Fällen beließ man, obschon die Texte von verschiedenen Händen geschrieben wurden, auf den Blatträndern reichlich Raum für marginale Einträge und zwischen den Zeilen Platz für Interlinearglossen. Aber dieser Apparat wurde dann nicht eingetragen. »prepared as schoolbook« bemerkt BLACK daher im Prinzip zutreffend (2001, S. 232). Die entsprechend großzügige Texteinrichtung unterscheidet Teil 4 und 5 wie vom Vorangehenden, so vom Folgenden. Für den ›Geta‹ war keine Kommentierung vorgesehen. BLACK bezieht ihn daher zu unrecht in die kleine Gruppe mit ein (2001, S. 232). In der direkten Verbindung des Avian zu den ›Tituli historiarum‹ zeichnet sich eine Konvention der Textzusammenstellung ab, die – siehe auch oben zu Flo4 und Flo5 sowie unten zu Rom2 – speziell italienische Unterrichtshefte des Spätmittelalters kennzeichnet. Nicht dass die ›Tituli‹ im deutschen Sprachraum überhaupt nicht in Nähe der ›Fabulae‹ auf-

_____________ 200

Reklamanten und Lagenzählung weisen somit für 8/9, 16/17, 22/23, 40/41, 66/67 und 74/75 Lagengrenzen aus.

Verzeichnisse zur Überlieferung

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tauchten, aber im Spätmittelalter201 geschieht das bezeichnenderweise doch eher in Sammlungen wie Dar 3 mit einer atypisch ausladenden und überdies in Sondertraditionen ausgreifenden Textreihe.202 Es ist bezeichnend, dass vergleichbare Unterrichtshefte des deutschen Sprachraums, die für das Niveau des beginnenden Trivialunterrichts eine gewisse Stabilisierung der Lektürefolgen anzeigen (lat.-dt. ›Disticha Catonis‹- plus ›Facetus Cum nihil utilius‹-Hefte), zwar in den Reimpaarübersetzungen systematisch auf die Volkssprache zurückgreifen. Aber mit einer expositio ad litteram oder gar mit einer weitergehenden Kommentierung, für die der Avian und der Prudentius hier in Flo6 zumindest vorbereitet sind, kann man nördlich der Alpen im Unterschied zu Italien nicht aufwarten. L1 HERVIEUX 1893/99, Bd. 3, S. 113-115; GUAGLIANONE 1958, S. XXII (Sigle Rc). L2 Catalogus codicum manuscriptorum qui in bibliotheca Riccardiana Florentiae adservantur [...] exhibentur Jo. Lamio [...] auctore. Liburni 1756, S. 125 [Cicero], 184 [Avian], 188 [Ficino], 191 [Acciaiolo], 209 [Vitalis von Blois], 273 [Maffeo]; KRISTELLER 1967/97, Bd. 1, S. 193. L3 BLACK 2001, S. 232, 416, 422 Anm. 164.

Gdańsk s. Danzig. Hoh Hohenfurt (Vyšší Brod), Klásterní knihovna, Cod. CXX Perg., 92 Bl., Quartformat, 14. Jh., Böhmen (Zisterzienser Hohenfurt?). 1r-21v Bernhard von Clairvaux: ›Libri V considerationum‹ 22r-34r Wilhelm von St. Thierry: ›Epistola ad fratres de Monte Dei‹ 34v-41v Bernhard von Clairvaux: ›Epistola ad dominum Wilhelmum abbatem s. Theodorici de gratia et libero arbitrio‹ 42r-54v Maximus Confessor: ›Liber de caritate‹ 55r-57r ›Planctus b. Mariae‹ (frgm.) 57v leer 58r Predigt Ad beatam Virginem, Marienhymnus, ›Visio quaedam facta monacho s. Galgani‹, Auszug aus Augustinus: ›De securitate penitentie‹ 58v leer 59r-70r Augustinus: ›De spiritu et anima‹ 70v leer

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202

Von diesen spätmittelalterlichen Verteilungsverhältnissen sind selbstverständlich die älteren, höchstens bis ins 12. Jahrhundert reichenden zu trennen. Doch selbst für das 14. und 15. Jahrhundert trifft es nicht pauschal zu, dass die ›Tituli‹ »notorischer Schultext« (PENSEL 1997, S. 85) gewesen wären. Siehe zudem auch unten zu der im Typ in gewisser Hinsicht vergleichbaren Zusammenstellung in Kop2.

Avian: ›Fabulae‹

71r-75r 75v 76r-84r 84v 85r-87v 88r-92r

545

Ars praedicandi leer Adam (Magister): ›Summula de Summa Raymundi‹ leer Johannes de Garlandia: ›Synonyma‹ Avian: ›Fabulae‹ Bestand: Fabeln Nr. I-XLII. Weitere Angaben liegen nicht vor. Erschließung: Es liegen keine Angaben vor. Einrichtung: Es liegen keine Angaben vor.

92v leer Diese vielleicht in der Hohenfurter Zisterze selbst203 angelegte Quarthandschrift ist dem Katalogbearbeiter zufolge »der kleinen, netten Schrift, des feinen Pg’s. und namentlich der vielen prachtvoll in Farben gezeichneten Initialen wegen beachtenswerth.«204 Die Wahl des Beschreibstoffs, die Ausführung der Niederschrift, die Ausstattung mit Buchschmuck, der vollständige Verzicht auf Glossen oder Kommentare schließen – trotz der auf den ersten Blick einschlägig anmutenden Mitüberlieferung der ›Synonyma‹ Garlandias – Anlage als Unterrichtshandschrift für den Untericht und späteren Gebrauch in einem engeren Schulzusammenhang mit hoher Wahrscheinlichkeit aus. Die ›Fabulae‹ wurden nach Ausweis des Mitüberlieferten eher zu homiletischen (Bl. 58r Predigt, Bl. 71r-75r Ars praedicandi) Zwecken herangezogen – und vielleicht darüber hinaus im Rahmen persönlicher Seelsorge rezipiert. L1 SUERBAUM 2000, S. 385 Anm. 10. L2 Die Handschriften-Verzeichnisse der Cistercienser-Stifte Reun in Steiermark, Heiligenkreuz-Neukloster, Zwettl, Lilienfeld in Nieder-Wilhering und Schlierbach in Ober-Österreich, Ossegg und Hohenfurt in Boehmen, Stams in Tirol. Bd. 2. Wien 1891 (Xenia Bernardina. Pars secunda. Handschriften-Verzeichnisse 2), S. 208. L3 VOLKER HONEMANN: Die ›Epistola ad fratres de Monte Dei‹ des Wilhelm von Saint-Thierry. Lateinische Überlieferung und mittelalterliche Übersetzungen. München 1978 (MTU 61), S. 33, 175, 176, 211.

Kam *Kampen, Archief der Gemeente, Hs. 206 (ehem. 2843) Perg., 53 Bl., 21 x 13.5 cm, 1339, Walcourt (Zisterzienserinnen du Jardinet?). 1ra Archivmarke Kampen (Nr. 2843) und Fundvermerk (18. Jh.) 1ra-16vb ›Disticha Catonis‹ (gloss., komm.) 17ra-30ra ›Ecloga Theodoli‹ (lat./frz. gloss., komm.) 30ra-30v Federproben, Federzeichnungen, Kritzeleien

_____________ 203

204

Vgl. HONEMANN 1978, S. 33 (»wohl aus Hohenfurt S. O. Cist. selbst«) und S. 211 (mittelalterliche Provenienz Böhmen), ferner S. 175 (unter den im 14. Jahrhundert im Zisterzienserorden [Hohenfurt] verbreiteten Handschriften) und S. 176. Die Handschriften-Verzeichnisse der Cistercienser-Stifte 1891, S. 208.

546

31ra-41ra

Verzeichnisse zur Überlieferung

Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XLII. 2.a) Epimythien im Verstext: Nr. VI E,1f., XE,1f.+5f., XI E,1f., XII E,1-4, XIII E,1f., XIV E,3f.+1f., XV E,1f., XVII E,3f., XIX E,1f., XXV E,1f., XXVI E,1f., XXVIII E,1f., XXIX E,1f., XXXI E,1f., zu Nr. XXXVII (nicht bei GUAGLIANONE) Nolo seruire volo libenter quolibet ire | Nam genus est pene sua subdere colla cathene, XXXVIII E,1f. 2.b) Epimythien außerhalb des Verstextes: Nr. XVII E,1f. am Rand ergänzt, jedoch von der Interlinearglossierung noch erfasst. Erschließung: 1. Accessus: engzeilig, fortlaufend, von der Hand des Verstextschreibers, in kleinerer Glossenschrift der Sammlung 31rab vorangehend, durch mehrere rote Alinea-Zeichen untergliedert. Auf das Lemma zur ersten Versfabel folgt der Accessus, den der anzitierte Eingangsvers beschließt. Auf diesen folgt zunächst die Zusammenfassung der Lehre von Nr. I und eine spirituelle Auslegung, dann wird der Accessus jedoch wieder aufgenommen um erst in einem zweiten Anlauf mit accedamus ad litteram zu enden. Daran schließt wiederum ein Kommentar zu Nr. I an. 2. Interlinearglossen: noch von Texthand, in kleinerer Glossenschrift, systematisch in über eine weite Strecke gleichbleibender Dichte angebracht. In den letzten Fabeln nimmt die Dichte ab (Nr. XLI nur noch zu einem Vers, Nr. XLII ohne Glossen). 3. Kommentar: engzeilig fortlaufend, in kleinerer Glossenschrift, von der Hand des Verstextschreibers. Er wird der entsprechenden Fabel systematisch (einzig fehlend: Nr. XLII) vorangestellt und dort von einem in etwas größer Schrift ausgeführten Lemma eingeleitet und/oder mit farbigem Alinea-Zeichen markiert, sowie weiter dann, soweit es sich um Stellenerklärungen handelt, auch zwischen die Distichen oder ganze Gruppen von Distichen gesetzt. Der Zusammenhang des Verstextes wird damit aufgelöst. Zum Schluss der Fabelsammlung hin besteht die Tendenz, diese einzelnen Partien an den allerersten Kommentarblock anzuhängen. Seine Elemente (regelmäßig in der genannten Reihenfolge): - Alinea-Zeichen (kann fehlen); - Lemma (kann fehlen); - Benennung der Lehre (immer vorhanden); - Rekapitulation des Inhalts, in variierender Länge; - geistliche Auslegung (regelmäßig vorhanden; der Beginn durch Mistice sic: Per [...], Misticus intellegere est per [...], durch Alinea-Zeichen oder gar nicht markiert); - Stellenkommentar (regelmäßig, zum Schluss jedoch ausdünnend; generell zwischen die Distichen gesetzt, jedoch mit der Tendenz, gleich dem ersten der jeweiligen Fabel vorangestellten Kommentarblock angehängt zu werden; gegliedert durch die regelmäßige Abfolge von unterstrichenem Verweislemma, id est und Interpretament); - öfter in einem der letzten StellenkommentarBlöcke noch einmal Benennung der fructus. 4. Zitiert wird u. a. Ovid (40va). Einrichtung: zweispaltig in vorgezeichnetem und vorliniertem Schriftspiegel. Zeilenzahl (26-50) pro Spalte schwankend, da Text und Kommentar alternieren. Die Fabeln setzen jeweils nach einem Kommentarabschnitt in neuer Zeile mit zweizeiliger rubrizierter Lombarde ein. Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit rot gestrichelten

Avian: ›Fabulae‹

547

Majuskeln, die in eine eigene Vorlinierung herausgerückt sind. Die Distichen folgen nicht in gleichmäßigem Abstand aufeinander, sondern bilden oft Paare oder kleinere Gruppen, die von zwischengeschalteten kleinen Kommentarblöcken unterbrochen werden. Innerhalb der so zusammengerückten Verse ist Platz für Interlinearglossen belassen. Textanfang: Apologi aniani itali poetae im Kopf von 31r von anderer Hand des 15. oder 16. Jahrhunderts nachgetragen. Es folgt in der ersten Zeile der Seite das Lemma aus der ersten Versfabel und der Accessus, nach dem Accessus der erste Kommentarabschnitt und schließlich, von einer rubrizierten zweizeiligen Lombarde eingeleitet, der erste Fabelvers. Textende: Expliciunt documenta auiani poete.

41rb-52va Ovid: ›Remedia amoris‹ (gloss., komm.) 52va-53rb Walter Map: ›De non ducenda uxore‹ 53v Federproben Vorbesitzer Walcourt, Zisterzienserinnen du Jardinet? Im Vorderdeckel des Bandes befindet sich ein »Nod. 1785« signiertes Inhaltsverzeichnis aus der Feder des Kampener Lehrers Johannes Adrianus Nodell. Nodells nach dem Kampener Textzeugen veranstaltete AvianAusgabe ging zwei Jahre später in den Druck. Die Handschrift war damals noch nicht sehr lange im Besitz des Archivs; Nodell nahm ihre Entdeckung zum Anstoß seiner Ausgabe. Erst zwei Jahre zuvor nämlich hatte eine Hand am unteren Rand ihrer Eingangsseite den Hinweis angebracht, Dit boek sei anno 1783 (korrigiert aus 1638) onder de papieren behorende tot de secretarie der stad Campen gevonden worden und dies durch Unterschrift (F. L. Rambonnet, secretaris) und Archivstempel beglaubigt. Das Manuskript hatte demnach die Jahre zuvor, vorsichtig formuliert, eher weniger Aufmerksamkeit auf sich ziehen können, und das sieht man dem stark in Mitleidenschaft gezogenen Band auch heute noch an. Seine Blätter sind durchgehend fleckig und vielfach zerknittert Aus den Blättern 8 und 9 zum Beispiel sind unten rechts große Stücke herausgerissen, die Blätter 18 und 29 sind eingerissen. Solche Verstümmelungen sind aber sicher nicht alle erst als Folge nachmittelalterlicher Geringschätzung eingetreten. Sie gehen teils bereits auf den mittelalterlichen Einsatz von Kam im Unterricht zurück. Denn für diesen Zweck war Kam angelegt, und im anvisierten Gebrauchsraum wurde der Band auch intensiv genutzt.205 Alle Texte des Grundstock inklusive Kommentar und Glossen wurden von einer Hand in einem Zug niedergeschrieben. Dabei wurde auf einen sehr dichten Grundbestand an texterschließender und -erklärender Ausstattung Wert gelegt, der allein schon räumlich keinen Platz mehr für

_____________ 205

Dahingehend schon UITTERDIJK 1896, S. 5: »De geheele codex draagt de kenteekenen, door de aantekeningen, de kinderkrassen en teekeningen, dat hij als schoolboek is gebezigd geworden bij het onderwijs.«

Verzeichnisse zur Überlieferung

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Ergänzungen bedeutenden Umfangs vorsah. Kam ist, mit einiger Sorgfalt und einigem Aufwand, durchgehend zweispaltig angelegt und durchgehend mit Kommentaren und Glossen ausgestattet. Diese sind großzügig mit ordnenden Alinea-Zeichen versehen und alle in eine nicht unkomplizierte, weil in der Positionierung der einzelnen Elemente schon im vorhinein genau zu durchdenkende Seitengestaltung hinein arrangiert, die Text und Erklärung sehr kleinräumig alternierend aufzunehmen zwang. Als Beschreibstoff wurde äußerst robustes, eher minderwertiges Pergament benutzt. Es ist insgesamt sehr grob, teilweise roh genäht (so Bl. 21), manchmal ungleich beschnitten (z. B. Bl. 30). Bl. 53v war ursprünglich leer und hatte wohl die Funktion eines Rückendeckels zu erfüllen. Da keine Anzeichen für sekundäre Herauslösung der Textgruppe aus einem einstmals umfassenderen Überlieferungszusammenhang vorliegen, sollte Kam offenbar von Anfang an als ungebundener Faszikel verwendet werden. (Der heute vorhandene Einband ist modern.) Dem entspricht die überaus starke Abnutzung des Eingangsblattes: Auf der recto-Seite ist nämlich von dem Text der ›Disticha‹ nahezu nichts mehr zu erkennen. Über die gesamte Handschrift verteilt finden sich, von mindestens einem halben Dutzend weiterer Hände angebracht, immer wieder vereinzelte Nachträge an den Rändern und zwischen den Zeilen, die regelmäßig eher punktuell statt systematisch ansetzen und kleinräumig arbeiten. Darunter erscheinen zu der ›Ecloga Theodoli‹ auch französische Interlinearglossen. Weitere augenfällige Indizien für unterrichtsnahen Einsatz sind die zahlreichen auf Freiraum insbesondere der unteren Blattränder aufgenommenen, durchweg von ungeübten Händen ausgeführten Federzeichnungen206 und die über die ganze Handschrift verteilten Federproben.207 Das gezielt angelegte Unterrichtsbändchen lässt sich dank eines Bl. 52va notierten Kolophons lokalisieren: Explicit ouidio de remedio Amoris scriptu anno domini m° ccc° xxx° nono feria ascentionem domini. in. vallecuria (3.5.1339). Zu dieser geographischen Verortung in Randlage Frankreichs passen sowohl die relative Nähe zum französischen ›Liber Catonianus‹, der hier in seiner halben Form (›Cato‹, Theodolus, Avian) mit einer Erweiterung um Ovid gegeben wird, wie die Verfügbarkeit eines ausgiebigen Kommentars: Denn weiter im Norden oder Osten lässt sich eine derart extensive Kommentierung der ›Fabulae‹ in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts noch nicht nachweisen.

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Im einzelnen: Bl. 10v drei Fabelwesen, Bl. 11r ausrasierte Federzeichnung, Bl. 12v Fisch, Bl. 13v Pferd oder Hund, Bl. 14v Fisch, Bl. 22v einfacher Zierknoten, Bl. 30v zwei Zierknoten, Mann hinter Pflug und Pferd, Ritter mit Standarte auf Pferd, kleiner Mann auf kleinem Pferd, männliche Figur, die einem Strichmännchen ähnelt. Im einzelnen: Bl. 14r unterer Blattrand Alphabet, Bl 30rb über und über mit Federproben bedeckt, Bl. 30v, 39r und 53v Federproben.

Avian: ›Fabulae‹

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Die bedeutendste mit der Verfertigung von Handschriften vertraute Institution in Walcourt bei Namur dürfte in der Niederlassung der Zisterzienserinnen zu sehen sein, die dort die Abbaye du Jardinet betrieben.208 Kam war sehr wahrscheinlich für den klosterinternen Unterricht der Zisterzienserinnen in dieser Abtei vorgesehen. Darauf weisen einige Besonderheiten der Textzusammenstellung und ihrer Kommentierung: einmal die systematische Ausstattung der Fabelkommentare mit geistlichen Auslegungen (mistice), dann der spezielle Verweis im Rahmen der Erläuterung von fabula innerhalb des Accessus auf zwei fabule Ovids, in denen Frauengestalten eine besondere Rolle spielen (Semele und Jupiter und die Geburt des Bacchus, Diana und Acteon), und schließlich die an den Ovid angehängte und an die Geistlichen gerichtete Warnung vor Heirat. Alles das macht in einem Frauenkloster besten Sinn. Zudem warten die erwähnten Warnverse mit einem speziellen Ortsbezug auf. Dem Sprecher-Ich, dem von drei Mahnern Henricus, Fauco und Laurentius die Schlechtigkeit der Frauen vor Augen gehalten, hat es nämlich insbesondere eine uxor aus vallecuria angetan.209 Der Schreiber oder die Schreiberin hat diesen Bezug durch den Zusatz L vor de vallecuria sogar noch einmal hervorgehoben.210 Auf welchem Weg Kam an seinen heutigen Aufbewahrungsort gelangte, ist unbekannt. UITTERDIJKs Überlegungen – »Waarschijnlijk maakte het HS. vroeger en deel uit van de bibliotheek van eene der Kamper scholen, niet onwaarschijnlijk van het Soete naem Jhesus huys in de Boven-Nieuwstraat, en is het, bij de secularisatie der geestelijke goederen, op de stadssecretarie verzeild geraakt« (1896, S. 6) – bleiben spekulativ. Im französischen Sprachraum befand sich das Manuskript aber sehr wahrscheinlich schon im ausgehenden Mittelalter nicht mehr. Bl. 41ra trug sich neben dem Ovid-Explicit eine Hand des 15. oder 16. Jahrhunderts als daelhoff, dalhem ein.211 Und unter den nachgetragenen Randbemerkungen wird Bl. 32ra (von derselben Hand [?]) Boreas als norden wint erläutert. L1 Flavii Aviani Fabulae ad ms. cd. collatae. Accedunt variae lectiones in Ovidii Remedium amoris, Theoduli Eclogam et Catonis Disticha, curante JO. AD. NODELL, qui notas criticas in scriptores aliquot veteres adjecit. Amstelodami, apud Petrum den Hengst 1787; FRÖHNER 1862, S. VIII (Sigle »Campensis«); GUAGLIANONE 1958, S. XXI (Sigle Cm). L2 KRISTELLER 1967/97, Bd. 4, S. 349; J. P. GUMBRECHT: Manu-

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Vgl. Monasticon Belge 1890, Bd. 1, S. 77-81. Vgl. UITTERDIJK 1896, S. 12. Vgl. dazu den Hinweis in Manuscrits datés 1988, Bd. 2,1, S. 246: »Sur la même page, le texte du ›De contemptu pravi conjugii clericorum‹ a été adapté pour préciser que Laurentius, l’un des personnages du poème, s’appelle L. (cette lettre retouchée) de vallecuria.« UITTERDIJK 1896, S. 5, erwägt Identifizierung mit »Dahlem of Graevendael in de provincie Luik aan de Berwine« oder »Dalheim, een kloster der reguliere kanunniken, gelegen bij Stadtberg in ’t stift Paderborn«.

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scrits datés conservés dans les Pays-Bas. Catalogue paléographique des manuscrits en écriture latine portant des indications de date. Bd. 2. Leiden u. a. 1988, S. 246 Nr. 918 und Tafel 962a. L3 Monasticon Belge. Bd. 1. Brügge 1890, S. 77-81; J. NANNINGA UITTERDIJK: De contemptu pravi coniugii clericorum. 1339. In: Bijdragen tot de geschiedenis van Overijssel 11 (2e serie, 1e deel) 1896, S. 3-15; JAN DON: De archieven der gemeente Kampen. Deel III. Het nieuw-archief. Kampen 1971, S. 249.

Kar 1 *Karlsruhe, Badische Landesbibliothek, Cod. Aug. Perg. LXXIII Perg., 111 Bl., 31.5 x 21 cm, 1. Drittel 9. Jh., Südwestdeutschland (Reichenau, Benediktiner?).212 1r-108v Martianus Capella: ›De nuptiis Mercurii et Philologiae‹ 109r-111v Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Widmungsepistel. 2. Fabeln Nr. I-XXIX,18. 3. Epimythien außerhalb des Verstextes (Nachtrag [13. Jh.?]): Nr. XI E,1f., XII E,1f., XIII E,1f., XVII E,1f., XXVIII E,1f. Erschließung: keine. Einrichtung: einspaltig, 40 Zeilen pro Spalte; an den seitlichen Rändern wenig Platz belassen. Die einzelnen Fabeln beginnen jeweils in neuer Zeile mit zweizeiliger rubrizierter Lombarde. Die Verse sind jeweils zu Distichen zusammengefasst. Es steht jeweils ein Distichon pro Zeile mit herausgerückter Majuskel, und der Beginn des Pentameters ist innerhalb der Zeile und der Versschluss am Ende der Zeile mit einem Punkt markiert. Textanfang: Überschrift in eigener Zeile AUIANUS THEODOSIO, die Widmungsepistel selbst dann in neuer Zeile einsetzend und fortlaufend aufgezeichnet. Auf die Epistel folgt, mit zweizeiliger rubrizierter Lombarde einsetzend, die erste Versfabel. Textende: Textabbruch am unteren Blattrand. Die restlichen Blätter der Lage fehlen.

Vorbesitzer Reichenau, Benediktiner Die Handschrift gehört zu den aus dem Kloster Reichenau im Zuge der Säkularisation 1804 in die Karlsruhe Bibliothek überführten Beständen und befand sich, folgt man den Angaben bei KRÄMER, bereits im Mittelalter auf der Reichenau. In den alten Bücherverzeichnissen des Klosters, soweit sie sich erhalten haben, lässt sie sich jedoch nicht identifizieren.213 Bei dem im Reichenauer Katalog von 835/42 aufgeführte Avian-Band K2 kann es sich wegen der abweichenden Textzusammenstellung nicht um Kar 1 handeln. Immerhin belegt dieser Eintrag aber, dass man in der Reichenau frühzeitig Zugriff auf die Fabelsammlung hatte.

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Die hier von HOLDER und GUAGLIANONE abweichende Frühdatierung und die Lokalisierung nach BISCHOFF 1976, S. 21. Vgl. auch PRÉAUX 1978, S. 78, und OLDFATHER 1926, S. 22 (unter Berufung auf BEESON: 9. Jh.). Vgl. zu den (nicht publizierten) nachmittelalterlichen Bibliothekskatalogen, an denen die von KRÄMER mitgeteilte alte Reichenauer Herkunft zu erhärten wäre, zusammenfassend PAUL LEHMANN in MBK, Bd. 1, S. 222-231.

Avian: ›Fabulae‹

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Die Blätter sind durchgehend an den Rändern durch Moder stark beschädigt, und die letzten von ihnen sogar, was zur Zerstückelung des Avian führte, abhanden gekommen. Kar 1 trägt einen alten Einband, den die Handschrift – bei entsprechender mittelalterliche Provenienz – für die Reichenauer Bibliothek erhalten haben muss. Sollten Blattausfall und Vermoderung schon vor der alten Bindung eingetreten sein, dann ist als Zeitpunkt dafür zuerst die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts in Betracht zu ziehen.214 Zwei Jahrhunderte zuvor hingegen brachte man den seinerzeit noch intakten alten Kodex – die Nachträge wurden nämlich ebenfalls vom Moder in Mitleidenschaft gezogen – auf den aktuellen Stand und ergänzte dabei zum Avian einige Epimythien. In solchem anhaltenden – denn auch den Martianus Capella hatte man, freilich bedeutende Zeit zuvor schon, durchkorrigiert215 – Bemühen um einen korrekten Text setzen sich vermutlich Funktionen der Sammlung fort, die bereits ihre Anlage mitbestimmt haben könnten. Denn Kar 1 wurde sicher eher für die Bibliothek als solche denn für den unmittelbaren Einsatz im Unterricht angelegt, zu dem Verbindungen allenfalls derart bestanden haben können, dass man sich aus diesem Band Kopien für Unterrichtshefte besorgte. Eben zu dieser Referenzfunktion und dem begleitenden, tendenziell repräsentativen Erscheinungsbild der ganzen Handschrift – sie wurde in einem Guss und durchgehend sorgfältig in einem großzügigen Format ohne Platz für Glossen oder Kommentar angelegt – passen auch die späteren Textergänzungen. L1 OLDFATHER 1911, S. 111; GUAGLIANONE 1958, S. XII (Sigle Ka); HERRMANN 1968, S. 26 (Sigle Ka). L2 Die Handschriften der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe. 5: Die Reichenauer Handschriften. 1. Bd.: Die Pergamenthandschriften. Beschrieben und erläutert von ALFRED HOLDER. Neudruck mit bibliographischen Nachträgen. Wiesbaden 1970, S. 214; KRÄMER 1989/90, Bd. 1,2, S. 684. L3 OLD-

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»In der Mitte und der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts wurde der Büchersammlung zum letzten Male größere Sorgfalt gewidmet. Abt Friedrich II. (1427-1453) bemühte sich um gute Verwahrung und Vermehrung der Bücher. Er was genůgsamlicher kunst und besonder ain liebhaber der bücher, kunst und der gelerten. Dann als er in das closter kam, vand er ettliche bücher in aim gwelb, ettliche versetzt, verlihen und zerströwt; zů hand buwt er ain gemach oder liebery zů schonem behalt der bücher und kofft umb VIc gulden bücher von marggraff Friderichen von Röttlen, die sines brůders marggraff Otten, wiland bischoff zů Costentz gewesen waren; was aber die bücher gewesen syen, vindt man noch ain register in der lieberey, berichtet Gall Öhem« (MBK, Bd. 1, S. 227). »Unter Abt Johann von Hünwil wurden die Bücher der Klosterbibliothek teilweise neu gebunden, teils ausgebessert: Anno domini 1457 fratres Johannes Pfuser et Hainricus Plantt huius monasterii Augie maioris professi de licencia abbatis Johannis de Hénwil fecerunt renovari et reformari libros eiusdem monasterii ligeendo ac cooperiendo, prout eorundem necessitas postulabat« (MBK, Bd. 1, S. 228). Vgl. PREAUX 1978, S. 122.

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1926; BERNHARD BISCHOFF: Die Hofbibliothek unter Ludwig dem Frommen. In: Medieval literature and learning. Essays presented to Richard William Hunt. Edited by J. J. G. ALEXANDER and M. T. GIBSON. Oxford 1976, S. 3-22; JEAN PREAUX: Les manuscrits principaux de de nuptiis Philologiae et Mercurii de Martianus Capella. In: Lettres latines du moyen âge et de la Renaissance, recueil édité par GUY CAMBIER, CARL DEROUX, JEAN PREAUX. Brüssel 1978 (Collection Latomus 158), S. 76-128. FATHER

Kar 2

*Karlsruhe, Badische Landesbibliothek, Cod. Karlsruhe 339 (ehem. Nr. 85) – Bl. 1r-2v (= Teil III) Perg., 2 Bl., 21 x 14 cm, 2. Viertel 10. Jh., Frankreich.216 1r-2v Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: Fabeln Nr. XXXIV,8-XL,9. Erschließung: keine. Einrichtung: einspaltig, 29 Verse pro Spalte. Die einzelnen Fabeln sind jeweils durch Freiraum im Umfang von zwei Zeilen voneinander abgesetzt, die vielleicht für (nicht ausgeführte) Zwischenüberschriften gedacht waren. Sie beginnen dann mit einer auf zwei Zeilen vergrößerten Capitalis. Eine römische Zählung am Rand stammt erst von nachmittelalterlicher Hand. Die Verse sind voneinander abgesetzt. Der Hexameter trägt jeweils eine herausgerückte Majuskel. Der Pentameter ist eingezogen. Textanfang und -ende sind fragmentarisch.

Unter der Signatur »Karlsruhe 339« wird eine Sammlung voneinander unabhängiger Bruchstücke aufbewahrt, die als drittes Fragment ein Pergament-Doppelblatt mit den ›Fabulae Aviani‹ enthält. Wann und durch wen die Fragmentenmappe angelegt wurde, ist unbekannt, und den alten Zusammenhang, aus dem das Avian-Fragment herausgelöst wurde, kennt man ebenfalls nicht.217 Die erste Erwähnung der Mappe, noch unter ihrer älteren Signatur Nr. 85, findet sich 1858 bei FRÖHNER. Die Zugehörigkeit zur »Karlsruhe«-Signaturengruppe besagt nur, »dass diese Handschriften erst zu Karlsruhe an die öffentliche Hofbibliothek gelangten, ohne den älteren Bibliotheken des Markgräflichen Hauses angehört zu haben.«218 Das Doppelblatt mit den Fabeln war ursprünglich Mittelstück einer Lage. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass deren Blätter nicht Teil eines ursprünglich vollständigen Textes der ›Fabulae Aviani‹ gewesen sein sollten. Es ist eher vom Gegenteil auszugehen. Bei der Einrichtung der erhaltenen Blätter – 29 Zeilen, keine Epimythien, zwei Leerzeilen zwi-

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217 218

Datierung und Lokalisierung nach BERNHARD BISCHOFF, vgl. REEVE 1983, S. 31 Anm. 17. Briefliche Mitteilung der Badischen Landesbibliothek vom 26.5.1997. Die Handschriften der badischen Landesbibliothek in Karlsruhe 1970, Bd. 4,1, S. VIII. Mit der Errichtung der öffentlichen Markgräflich Badischen Hofbibliothek wurde 1764 begonnen (a. a. O. S. VII).

Avian: ›Fabulae‹

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schen jeder Fabel, die Widmungsepistel, wie in den Handschriften der ersten Jahrhunderte üblich, sehr wahrscheinlich vorangestellt, gefolgt vielleicht von zwei Leerzeilen – lässt sich für den gesamten Avian219 ein Umfang von knapp über dreizehn Blättern errechnen. Schon auf der versoSeite des auf den Textabbruch mit XL,9 einst folgenden Blattes muss die Aufzeichnung der Fabelsammlung geendet haben. Die Lagenmitte fällt mithin sehr spät in den Verstext. Nun hat es sich aber bei der alten Handschrift offensichtlich nicht, was zunächst die späte Lagenmitte erklären könnte, um einen anspruchslos verfertigten Faszikel gehandelt, der nur aus kleinen Ausschusslagen und Einzelblättern zusammengestückelt worden wäre. Die ausgesprochen sorgfältige Aufzeichnung des Textes, bei der man sogar Hexameter und Pentameter zu unterscheiden sich die Mühe machte, erlaubt dies auszuschließen. Zudem fehlt jede Spur eines intensiven, den Beschreibstoff entsprechend abnutzenden Gebrauchs, den man bei einer zusammengestoppelten Anlage erwarten dürfte. So bleibt aus der Position der Lagenmitte auf einen ehedem umfangreicheren Überlieferungsverbund zurückzuschließen, der bedeutend mehr als nur die Fabeln enthielt. L1 FRÖHNER 1862, S. VII (Sigle K); BÄHRENS 1883, S. 32 (Sigle K); ELLIS 1887, S. XLI (Sigle K); HERVIEUX 1893/99, Bd. 3, S. 93; DUFF/DUFF 1961, S. 678 (Sigle K); GUAGLIANONE 1958, S. X (Sigle K); HERRMANN 1968, S. 26 (Sigle K); GAIDE 1980, S. 72 (Sigle K). L2 Die Handschriften der badischen Landesbibliothek in Karlsruhe. 4: Die Karlsruher Handschriften. 1. Bd.: Nr. 1-1299. Mit einem Vorwort von WILHELM BRAMBACH. Neudruck mit bibliographischen Nachträgen. Wiesbaden 1970, S. 36. L3 WILHELM FRÖHNER: Fragment einer alten kosmographie. In: Philologus 13 (1858), S. 602-605; WILHELM FRÖHNER: Handschriftliches zum Avianus. In: Philologus 14 (1859), S. 387; REEVE 1983, S. 31 Anm. 17.

Koe1 *Köln, Historisches Archiv, Handschriftenfragment A 10 Perg., 1 Bl., 18.5 x 11.5 cm, 14. Jh., Westdeutschland? 1rv Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. XV-XVIII,17. 2. Epimythien im Verstext: Nr. XIV E,1f., V E,1f., XVII E,3f. Erschließung: Eine spätere Hand trug einige wenige Interlinearglossen nach. Vielleicht diese Hand ergänzte auch 1v unterhalb des Schriftspiegels die drei Zeilen von XVIII,15-17. Einrichtung: einspaltig, 36 Zeilen pro Spalte. Die Fabeln beginnen jeweils in neuer Zeile. Vorangestellt sind rubrizierte, zwei Zeilen hohe Lombarden. Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit in eine eigene Vorlinie-

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Der Verstext umfasst ohne Epimythien 652 Verse, denen hier 82 Leerzeilen hinzuzuzählen sind und vielleicht etwa 20 Zeilen für die Widmungsepistel plus zwei Leerzeilen vor der Eingangsfabel.

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rung herausgerückten Majuskeln. Platz für Interlinearglossen oder einen Kommentar ist nicht vorgesehen. Textanfang und -ende fragmentarisch.

Weiteres s. u. Koe2. Koe2 *Köln, Historisches Archiv, Handschriftenfragment A 11 Perg., 1 Bl., 19 x 13.5 cm, 14. Jh., Westdeutschland? 1rv Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: Fabeln Nr. I,9-VI,2. Erschließung: s. o. Koe1. Einrichtung: s. o. Koe1.

Das Einzelblatt stimmt in Einrichtung und Ausstattung mit dem Einzelblatt von Koe2 überein und entstammt wahrscheinlich derselben Handschrift. Beide Blätter wurden an derselben Stelle in ihrem oberen Drittel durchlöchert, in beiden wurde jeweils an einem äußeren Rand in der Mitte halbkreisförmig Pergament ausgeschnitten, beide weisen sie an übereinstimmenden Stellen weitere kleinere Beschädigungen auf. Sie wurden für denselben Trägerband zugerichtet, in dem sie im vorderen oder hinteren Deckel direkt übereinander gelegen haben müssen. Der Trägerband ist unbekannt. Die Aussparung am seitlichen Rand könnte jedoch für eine am Deckel angebrachte Schließe gedacht gewesen sein, das Loch am oberen schmaleren Rand auf die Befestigung des Bandes an einer Kette zurückgehen. Die Blätter wurden vor 1847 herausgelöst. Das Historische Archiv hat sie bereits aus den Beständen der 1885 aufgelösten Kölner Gymnasialbibliothek übernommen (alte Signatur: »GB Kasten A 10« bzw. »A 11«), deren von HEINRICH DÜNTZER 1847 erstellter handschriftlicher Katalog sie bereits als Einzelstücke ausweist.220 Da es sich bei dem Trägerband um einen Catenatus gehandelt haben könnte, ist seine Herkunft aus der Bibliothek der Kölner Artisten in Betracht zu ziehen, deren Bücher im Zuge der Auflösung 1577/78 auf die drei Kölner Gymnasien verteilt wurden und schließlich in die Gymnasialbibliothek eingingen. Die Avian-Handschrift könnte also in einer für die örtliche Universität arbeitenden Werkstatt zerschnitten worden sein. Sollte sie einmal als Unterrichtsheft gedient haben, das, unansehnlich geworden, dann »weiter verarbeitet« wurde, verdient das Fehlen jeglicher Texterschließung Beachtung.

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Vgl. zur Geschichte der Bestände der Gymnasialbibliothek insgesamt, die allein weiteren Aufschluss über die Herkunft von Koe1 und Koe2 liefern kann, VENNEBUSCH 1976/89, Bd. 1, S. XI-XV, speziell zu den Fragmenten dort S. XVIIf. sowie Bd. 5, S. IX-XII.

Avian: ›Fabulae‹

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Kop1/a *Kopenhagen, Kongelige Bibliotek, Fabricius 85 8° Perg., 29 Bl., 17 x 11 cm, vor 1384, Dominikaner Soest. 1r-7v ›Ecloga Theodoli‹ (gloss.) 7v-22v Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XXXI, XXXIII, XXXII, XXXIV-XLII. 2.a) Epimythien im Verstext: Nr. VI E,1f., X E,1f., XI E,1f., XII E,1-4, XIII E,1f., XIV E,3f.+1f., XV E,1f., XVI E,1f., XIX E,1-4, XX E,1f., XXV E,1f., XXVI E,1f., XXVIII E,1f., XXIX E,1f., XXXI E,1f., XXXIV E,1f., XXXVIII E,1f. 2.b) Epimythien außerhalb des Verstextes: Nr. XVII E,3f. (noch vom Verstextschreiber am unteren Blattrand ergänzt). Erschließung: 1. Noch vom Schreiber des Grundtextes, wurden – sehr sorgfältig und in kleinerer Glossenschrift – einige wenige Interlinearglossen (etwa drei bis vier pro Fabel im Durchschnitt) ergänzt. 2. Ebenso sorgfältig und wiederum in Glossenschrift wurde von dieser Hand am Rand der Kommentar zur ersten Fabel ergänzt: Jn hoc primo apologo monemur ne mulierum verbis fidem adhibeamus qui deceptiora sunt. et hoc probat per rusticam promittentem lupo famelico puerum flentem ad deuormandum. sed decepit eum. (7v) Einrichtung: einspaltig, 24 Zeilen pro Spalte innerhalb eines Schriftspiegels ohne auffallend großen Rand, der etwa auf geplante Aufnahme eines Kommentars wiese. Den einzelnen Fabeln ist jeweils in eigener Zeile ein Titel vorangestellt. Die Fabeln beginnen nach Absatz mit zweizeiliger rubrizierter Lombarde. Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit in eigene Vorlinierung herausgerückten und rot gestrichelten Majuskeln. Textanfang: nach Leerzeile Explicit theodolus. Jncipit auianus, gefolgt von einer Leerzeile, dem Titel zur ersten Fabel und, nach Absatz, dem Text der ersten Fabel mit zweizeiliger Initiale, deren Zierlinien sich jedoch über weitere zehn Zeilen erstrecken. Textende: Explicit auianus.

23r-29r 29v Schreiber Vorbesitzer

›Physiologus Theobaldi‹ (gloss.) Reklamante wlneror (= ›Pamphilus de amore‹) Reiner von Cappel (teilw.) Reiner von Cappel; Soest, Dominikaner; Bernhard Rottendorff (1594-1671); Marquard Gude (1635-89); Johann Albert Fabricius (1668-1736); Kopenhagen, Universitätsbibliothek Weiteres s. u. Kop1/d.

Kop1/b Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 307 Gud. lat. 8° Perg., I + 24 Bl., 16.5 x 11 cm, vor 1384, Dominikaner Soest. Ir Protokollfragment eines um 1370 abgehaltenen Provinzialkapitels der Dominikaner Iv-1r leer

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1v 2r-8v 9r-16v 17r-24v 24v RD innen

Inhaltsverzeichnis und Besitzeintrag Reiners von Cappel ›Facetus Cum nihil utilius‹ Reinerus Alemannicus: ›Thesmophagia‹/›Phagifacetus‹ ›Contemptus mundi‹/›Cartula‹ Reklamante Rure sub urbano (= ›Palpanista‹) Protokollfragment des in Halle 1358 abgehaltenen Provinzialkapitels der Dominikaner Schreiber Reiner von Cappel (teilw.) Vorbesitzer Reiner von Cappel; Soest, Dominikaner; Bernhard Rottendorff (1594-1671); Marquard Gude (1635-89) Weiteres s. u. Kop1/d. Kop1/c Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 308 Gud. lat. 4° [!] Perg., 24 Bl., 16.5 x 11 cm, vor 1384, Dominikaner Soest. 1r-24v ›Disticha Catonis‹ (komm.) Schreiber Reiner von Cappel (teilw.) Vorbesitzer Reiner von Cappel; Soest, Dominikaner; Bernhard Rottendorff (1594-1671); Marquard Gude (1635-89) Weiteres s. u. Kop1/d.

Kop1/d Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 313 Gud. lat. 8° Perg., 32 Bl., 16.5 x 11 cm, vor 1384, Dominikaner Soest. 1r-32v Ovid: ›Ars amatoria‹ (gloss., komm.) Schreiber Reiner von Cappel (teilw.) Vorbesitzer Reiner von Cappel; Soest, Dominikaner; Bernhard Rottendorff (1594-1671); Marquard Gude (1635-89) Die systematische Anlage der Handschrift Kop1/a gibt sich in der einheitlichen Einrichtung und Ausstattung aller drei Texte zu erkennen, in Lagenreklamanten und in der Verwendung von Pergament gleichbleibenden Formats und gleichbleibend mittlerer Qualität. Ferner erscheint die Niederschrift durchweg sorgfältig ausgeführt. Ablesbar wird der Zusammenhalt dazu an der Verteilung der beiden beteiligten Hände, die sich Bl. 9r im oberen Blattdrittel inmitten des Textes ablösen. Die zwei Schreiber arbeiteten offenbar eng zusammen. Einer von ihnen hatte dabei auch eine leitende Funktion inne. Die bis Bl. 9r schreibende erste Hand, die über den ganzen Kodex die Glossen eintrug (doch stets nur wenige, denn im Prinzip sind die Texte so gut wie nicht glossiert), zeichnet auch für die

Avian: ›Fabulae‹

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Reklamanten verantwortlich; sie könnte also die Schreibarbeiten organisiert haben. Der Kodex war einstmals umfangreicher. Aus der Bl. 29v angebrachten Reklamante geht hervor, dass mindestens noch der ›Pamphilus de amore‹ anschloss. Der alte Einband fehlt; die Handschrift ist in einen nachmittelalterlichen, mit Buntpapier bezogenen Buchdeckel eingebunden. Ein oben auf den Vorderdeckel aufgeklebte Signaturen-Schild derselben Machart wie ein kleineres oben auf den Buchrücken aufgeklebtes und ein in den inneren Vorderdeckel oben eingeklebtes Schildchen trägt die Abkürzung »B. U. H.«: Der Einband stammt also aus der Universitätsbibliothek Kopenhagen, von wo aus Kop1/a 1938 in die Königliche Bibliothek übernommen wurde. Die Signatur weist die Handschrift als Erwerbung des Jahres 1770 aus, in dem die Universitätsbibliothek zahlreiche Handschriften der Sammlung des Philologen Johann Albert Fabricius erwarb. Dessen 1738/39 posthum erstelltes Verzeichnis seines Buchbesitzes führt den Band unter den Oktav- und kleinformatigeren Handschriften als Nr. 249: »249 Theodoli tetrastichium. 2) Avianus. 3) Theobaldi Episcopi Physiologus, in membrana.«221 Auf die ältere Vorgeschichte führt ein umfangreiches mittelalterliches, dem Wolfenbütteler Gudianus 307 (= Kop1/b) vorangestelltes Inhaltsverzeichnis, auf das, von ganz anderen Interessen ausgehend, STURLESE hingewiesen hat. Es bezieht sich auf einen ehedem bedeutend umfangreicheren Band, der sich im Gudianus 307 nur in einem kleinen Ausschnitt und, wie STURLESE bemerkt hat, in Kop1/a in einem weiteren Bruchstück erhalten hat.222 Dass an der Zusammengehörigkeit beider Handschriften kein Zweifel sein kann, bestätigt bereits der erste Blick. Kop1/a geht in allen Details der Aufmachung mit dem Wolfenbütteler Gegenstück zusammen. Dieses ist dem Kopenhagener Pendant ebenso in der Entstehungsweise verwandt. Wiederum sind nämlich mehrere Schreiber beteiligt. Eine erste Hand beschrieb Bl. 1r-8v und Bl. 17r-24v, eine zweite Bl. 9r, eine dritte Bl. 9v-16v. Zudem lässt sich der zweite Schreiber von Kop1/b mit dem ersten von Kop1/a identifizieren und gibt er sich wiederum als Redaktor zu erkennen. Bl. 9r schrieb er, wie um den ihn dann ablösenden dritten Schreiber anzuleiten, nur den Anfang des ›Phagifacetus‹, und er brachte Reklamanten an. Nicht zuletzt stammt das Inhaltsverzeichnis aus seiner Feder: Jn isto volumine continentur libri qui sequuntur.

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Bibliothecae Beati Jo. Alb. Fabricii, 1738/39, Bd. 1, S. 208. STURLESE 1983, S. 186-188. Der Abdruck des Inhaltsverzeichnisses ist dort leider fehlerhaft, denn es fehlt der ›Pamphilus de amore‹. Weiterhin zu vergleichen ist daher der ältere Abdruck bei LEHMANN 1936, S. 122f.

Verzeichnisse zur Überlieferung

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[1.] . catho cum glosa . [2.] . mie . [bereits im späten Mittelalter unkenntlich gemacht] [3.] . facetus . [4.] . fayfacetus . [5.] . Contemptus mundi . [6.] . palpanista bernardi . [7.] . Omne punctum . [8.] . Auianus nouus . [9.] . Esopus . [10.] . theodolus . [11.] . Auianus . [12.] . phisiologus . [13.] . panphilus . [14.] . gameratitus . [15.] . glose cathonis . [16.] [bereits im späten Mittelalter unkenntlich gemacht] [17.] . glose auiani . [18.] . glose theodoli . [19.] . ouidius de arte amandi . [gestrichen!] liber jste est fratris reyneri de capella orate pro eo.

In Kop1/a hat sich folglich Nr. 10-12 erhalten, in Kop1/b Nr. 3-5. Gesichert wird der Bezug zudem durch die Blattweiser, denn Kop1/a Bl. 29v wlneror meint den ›Pamphilus de amore‹ (Nr. 14), und Kop1/b Bl. 24v Rure sub urbano Bernhards von der Geist ›Palpanista‹ (Nr. 6). Der weitere Inhalt ist meistenteils leicht zu identifizieren: Nr. 1 = ›Disticha Catonis‹ mit Kommentar, Nr. 7 = Gottfried von Tienen: ›Omne punctum‹, Nr. 13 = Frowin von Krakau: ›Antigameratus‹, Nr. 15 = Kommentar zu den ›Disticha Catonis‹, Nr. 17 = Kommentar zu Avian: ›Fabulae‹, Nr. 18 = Kommentar zu den ›Ecloga Theodoli‹, Nr. 19 = Ovid: ›Ars amatoria‹. Mit Nr. 9 und Nr. 16 werden der ›Anonymus Neveleti‹ und sein Kommentar gemeint sein. Was sich hinter Nr. 2 mit den Miracula Mariae verbirgt, muss offen bleiben. Zudem wüsste man gerne, ob der Avianus novus in Nr. 8 lediglich eine der bekannten Neudichtungen meint223 oder ob sich hinter dem Eintrag ein unbekanntes Konkurrenzunternehmen zu den ›Fabulae‹ verbirgt. STURLESEs Suche nach weiteren Bruchstücken des Bandes hat ihn auf die einzige wie Kop1/b aus der Sammlung Marquard Gudes in die Wolfenbüttler Bibliothek gelangte Handschrift von Ovids ›De arte amandi‹ geführt, den Gudianus 313 (= Nr. 19), sowie auf eine Handschrift mit den ›Disticha Catonis‹, den Gudianus 308 (=Nr. 1).224 Für Zugehörigkeit auch

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224

Vgl. die Übersicht bei GRUBMÜLLER 1977, S. 61 (zu ergänzen um den ›Venediger Novus Avianus‹, vgl. DICKE/GRUBMÜLLER 1987, S. XXXII). Die Zuordnung des Gudianus 308 wird bereits im Wolfenbütteler Katalog (S. 239) vermutet und dann bei LEHMANN 1936, S. 123, konstatiert. LEHMANN erwägt zudem die Zu-

Avian: ›Fabulae‹

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dieser beiden Bände Kop1/c und Kop1/d spricht neben der späteren Zugehörigkeit zur gleichen Handschriftensammlung und ihrer Bindung wie Kop1/b im 17. Jahrhundert ihre Niederschrift ins 14. Jahrhundert und ihr übereinstimmendes Format, nicht zuletzt aber die Beteiligung desselben Redaktors an ihrer Anlage, der in Kop1/c Bl. 12v eine Reklamante und Bl. 9v, 14r und 17v textgliedernde knappe Marginalien und in Kop1/d im Kopf von Bl. 1r die Überschrift Jncipit liber ouidij de arte amandi anbrachte. Allerdings unterscheiden sich Kop1/c und d in der Einrichtung der Texte deutlich von Kop1/b und a, wobei die Wahl eines anderen Seitenlayouts freilich Folge der Entscheidung für eine nunmehr systematische Ausstattung der ›Disticha Catonis‹ und des Ovid mit Glosse und Kommentar sein kann. Die Niederschrift des Bandes wurde offensichtlich von Reiner von Cappel beaufsichtigt, der zunächst als Lektor und dann bis zu seinem Tode 1384 Prior im Hause der Soester Dominikaner war. Cappel ist der Forschung seit einem Aufsatz LEHMANNs als »sehr eifrige[r] Büchersammler« bekannt.225 Er hat, darin der Order der Konstitutionen des Ordensgenerals Humbertus de Romanis genaue Folge leistend,226 zahlreiche Handschriften seines Soester Konvents mit Inhaltsverzeichnissen ausgestattet. Noch im 18. Jahrhundert weiß man, dass er sich überhaupt intensiv um Auf- und Ausbau und Ordnung der Konventsbibliothek gekümmert hat.227 Entsprechend ist Reiner nicht nur in Kop1/b in eigener Person als Buchbesitzer zu greifen.228 Nicht zuletzt – und aus diesem Grunde zieht der Büchersammler im Beitrag von STURLESE die Aufmerksamkeit auf sich – pflegte er die Angewohnheit, für die Einbindung Akten der Ordensorganisation zu verwerten, sodass Cappels Buchbesitz auf diesem Umweg zusätzlich zu einer interessanten Quelle der Erforschung dominikanischer Ordensgeschichte avanciert.

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225 226 227

228

ordnung des im Clm 4421 der Bayerischen Staatsbibliothek erhaltenen ›Palpanista‹ zur Nr. 6 des Inhaltsverzeichnisses, hat dies aber später revidiert: vgl. LEHMANN 1961, S. 126, und STURLESE 1983, S. 187 Anm. 2. Vgl. LEHMANN 1936, S. 116-124 (das Zitat S. 123). Dazu EICKERMANN 1974, S. 27. Vgl. die bei EICKERMANN 1974, S. 32, aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts zitierte Charakterisierung: »Fr. Reinerus de Capella illustri familia natus, doctrina et vitae sanctitate illustrior fuit; hic post lectionem in hoc Conventu summa cum laude et studentium profectu per aliquot annos habitam Prior electus est; hic Conventum structuris et Bibliothecam codicibus sanctorum Patrum exornavit. obiit anno 1384.« Zusammenstellung der entsprechenden Handschriften: LEHMANN 1936, S. 116-123. In KRÄMERs Übersicht über Handschriften Soester Provenienz (KRÄMER 1989/90, Bd. 1,2, S. 729f.) ist Reinmar als Vorbesitzer nahezu omnipräsent. Der Bestandrekonstruktion zugrunde zu legen sind jedoch die Beiträge von MICHAEL (1990a und 1990b, mit zahlreichen Korrekturen an KRÄMER).

Verzeichnisse zur Überlieferung

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Reiners Bücher ging nach seinem Tod in Konventsbesitz über und teilten die Schicksale der Klosterbibliothek. Manche Handschrift gelangte in die Hände des Münsteraner Stadtmedicus Bernhard Rottendorff, der in Kop1/d Bl. 1r seinen Besitzeintrag anbrachte,229 und von dort dann in die Sammlung Gudes, die 1710 zum größten Teil durch Leibniz’ Vermittlung in die Herzog August Bibliothek kam,230 zu einem kleineren hingegen von dem Philologen Johann Albert Fabricius erworben wurde, dessen Nachlass dann 1770 nach Kopenhagen wanderte. Die Auftrennung des Bandes weist STURLESE angesichts einer von LEHMANN publizierten Bücherliste Rottendorffs, die die Texte des alten Soester Bandes noch in weitgehend richtiger Zusammensetzung bringt, dem Münsteraner Arzt zu.231 Der ganze Band unterlag aber zuvor bereits einer mittelalterlichen Redaktion: Der im alten Inhaltsverzeichnis von Kop1/b gestrichene Ovid wurde wohl bereits vor Erwerb durch Rottendorff aus dem Zusammenhang gelöst. Deshalb verewigte sich Rottendorff auch erst vor dem letzten Stück der alten Einheit Kop1/a-d, nämlich Bl. 1r vor dem Ovid in Kop1/d, mit einem Besitzeintrag, und lässt seine Bücherliste Ovids ›Ars amatoria‹ für den in Nr. 69-83 erfassten Kern des alten Bandes aus: Der Ovid geht vielmehr der ganzen Reihe schon in Nr. 66, getrennt von einem nicht hierher gehörenden Text, voran. In welchem Verhältnis genau die Eigenanteile Reiners in der Gestaltung seiner Sammlung zum von den Vorlagen Vorgegebenen stehen, ver-

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Über Rottendorf und seine Bücher s. LEHMANN 1938 und MICHAEL 1990a, S. 42f. Kop1/a wird im 1706 veröffentlichten Verzeichnis der Sammlung Gudes als Nr. 357 geführt. Vgl. Bibliotheca Exquisitissimis Libris [...] Imprimis [...] et MSS. Codicum Arabicae Graecae Latinae [...] à viro illustri domino Marquardo Gudio. Hamburg 1706, S. 575: »Theodotus [!] & Avianus.« In Nr. 358 und Nr. 356 des Katalogs folgt bzw. geht dem alten Band Fremdes voran. In Nr. 355 hingegen ist Kop1/b erfasst: »Facetus. Fay Facetus. Contemtus mundi. In Membrana.« Vgl. STURLESE 1983, S. 188, LEHMANN 1961, S. 118, und MICHAEL 1990a, S. 42f. Anm. 19 (STURLESEs Vorschlag folgend). STURLESEs Vorschlag verdient angesichts einiger Ungereimtheiten allerdings noch einmal genauer Überprüfung. Denn Rottendorffs Liste reiht Autorennamen und Werkbezeichnungen. Als solche besagt sie etwas über den kodikologischen Zusammenhalt des Aufgeführten allenfalls mittelbar. Zwar fasst Rottendorff zusätzlich zur bloßen Aufzählung einige Texte seines Katalogs mit einer Klammer zusammen und verleiht somit ihrer Einheit Ausdruck, doch welche Vorstellung von Einheit dieser Klammer zugrundeliegt, lässt sich den Eintragungen nicht sicher entnehmen und beruht folglich auch auf Interpretation. Die Ansätze können sich etwa auf eine alte oder neue Aufstellung oder auf die gemeinsame Herkunft der Bände oder die Ausstattung beziehen. Im vorliegenden Fall muss Rottendorffs Umklammerung definitiv Anderes als die kodikologische Einheit meinen, denn sie umfasst zwar in Nr. 69-83 den Kern des alten Soester Bandes, lässt aber am Anfang den Cato aus, der in der Liste des Arztes gleichwohl unmittelbar vorangeht (Nr. 68). Zudem umgreift sie am Schluss zusätzlich noch einen ›Maximianus‹ (Nr. 84: die Elegien?) und eine ›Poetria nova‹ (Nr. 85: Galfrid?). Dafür lässt sie Ovids ›Ars amatoria‹ aus. Dieser Text geht in Nr. 66 allerding der ganzen Reihe voran.

Avian: ›Fabulae‹

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dient ebenso noch nähere Untersuchung wie die Frage, wie die Anlage einer Handschrift für den eigenen Besitz mit dem Befund zu vermitteln ist, dass Reiner allein schon im Ausschnitt von Kop1/a auf mindestens drei Schreiber zurückgreifen konnte – was ja doch Entstehung bereits in einem größerem Skriptorium, d. h. wohl im Hause der Soester Dominikaner selbst, nahelegt.232 So oder so fügt sich das Endprodukt der Bemühungen des Soester Lektors aber in den weiteren Kontext. Denn »untersucht man die bis zum Ende des 14. Jahrhunderts in die Soester Dominikanerbibliothek gelangten Handschriften [...] nach ihrem Inhalt, dann sind zwei Dinge unübersehbar. Angestrebt wurde zum einen eine Bibliothek, in der die für die wissenschaftlichen Diskussionen der eigenen Zeit wichtigen Werke aller Fakultäten von den Artisten bis zu den Theologen vertreten waren. Die für die Schullektüre notwendigen Klassiker durften ebensowenig fehlen wie AristotelesKommentare und Astronomisch-Astrologisches [...], Medizinisches [...] ebensowenig wie Kanonistisches und – vor allem und am meisten – Theologisches [...]. Nicht das Ausgefallene, sondern das für die Studien Wichtige wurde gesucht [...].«233

Für »Studien« freilich in der konkreten Form von »Unterricht« wurde Kop1 nicht herangezogen. Der Band hat gewiss eher als Handbuch und dann Konsultations- und Vorbereitungszwecken von Unterricht gedient als dass er in diesem selbst regelmäßig herangezogen worden wäre. Hervorgehoben zu werden verdient dabei das getrennte Angebot von Grundtexten und Kommentaren. Jene bringt systematisch erst der entsprechende »Anhang« der Nummern 15-18 ein. Bei aller Ausrichtung des wissenschaftlichen Interesses der Soester nach Westen und insbesondere nach Frankreich:234 In der Vermittlung von Text und Kommentar greift man gleichwohl noch auf die schlichtere Synthese zurück, die beides hintereinanderstellt.235 Die neuen Arrangements, die im deutschen Sprachraum zu

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MICHAEL 1990a, S. 34, rechnet freilich mit sehr starken Schriftschwankungen und möchte die Möglichkeit, dass alle Texte aus der Hand Cappels stammen, nicht ausschließen. MICHAEL 1990a, S. 35f. »Zum anderen ist bis zum Ende des 14. Jahrhunderts der nach Westen, nach Frankreich, d. h. nach Paris sich richtende Blick des wissenschaftlichen Interesses unübersehbar, wie die Herkunft der in jener Zeit nach Soest gelangten Handschriften unzweideutig beweist: Die älteren Codices der Soester Dominikanerbibliothek sind überwiegend im Westen, in Frankreich entstanden« (MICHAEL 1990a, S. 26-44). Der Blick nach Westen zeichnet sich im Textbestand von Kop1 ansatzweise in der Berücksichtigung von Gottfrieds von Tienen ›Omne punctum‹ (vgl. STOHLMANN 1981, hier Sp. 170 zu den Provenienzen der Handschriften: Rhein-Maas-Gebiet mit Zentren in Lüttich und Löwen) und des ›Phagifacetus‹ (vgl. STOHLMANN 1989, Sp. 1162f. zu den Provenienzen der Handschriften: »vom 13. Jh. an Raum Köln-Flandern […]«) ab. Siehe etwa unten zu Lue sowie Kap. II.4.1.

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Zeiten Reiners gerade einmal aufkommen, hatten die Dominikaner in Westfalen noch nicht zur Hand.236 L1 SUERBAUM 2000, S. 385 Anm. 10. L2 Bibliothecae Beati Jo. Alb. Fabricii. Hamburg 1738/39, Bd. 1, S. 208; KÖHLER/MILCHSACK 1913, S. 239, 241; KRÄMER 1989/90, Bd. 1,2, S. 730. L3 NORBERT EICKERMANN: Miscellanea Susatensia II. Zur Geschichte der Soester Dominikaner-Bibliothek. In: Soester Zs. 86 (1974), S. 27-34.

Kop2 *Kopenhagen, Kongelige Bibliotek, Gl. kgl. Samling 1634 4° Pap., I + 321 Bl., 21 x 14 cm, 3. Viertel 15. Jh. (1468, 1470), Nordwestdeutschland (Itzehoe?). VD innen Fragment einer lat. Perg.-Hs. des 14. Jh.s Ir Federproben, lat./dt. Iv Inhaltsverzeichnis 1r-3r ›Physiologus Theobaldi‹ (gloss., komm.) (frgm.) 3v-5v leer 6r-11r ›Physiologus Theobaldi‹ (gloss., komm.) (frgm.) 11v-12v leer 13rab Sentenzen und Definitionen 13v leer 14r-20r ›Asinarius‹ (lat./dt. gloss.) 20r-28r Vitalis von Blois: ›Geta‹ (gloss.) 28r-32v ›Vita s. Alexii metrica‹ (gloss.) 32v-37v ›Militarius‹ (WALTHER Nr. 10178) (gloss.) 37v-42r Borchardus: ›Vita Jude‹ (WALTHER Nr. 2056) (gloss.) 42r-43r ›Simplicius‹ (WALTHER Nr. 14613) (gloss.) 43v-50r ›Rapularius‹ (gloss.) 50va Prudentius: ›Tituli historiarum‹/›Dittochaeon‹ (komm.) (frgm.) 50vb leer 51r-84v ›Ecloga Theodoli‹ (gloss., komm.) 85r-133r Nigellus de Longchamps: ›Speculum stultorum‹ 133v-134v leer 135r-139r Francesco Petrarca: ›Griseldis‹ 139v-140r drei Epitaphe (WALTHER Nr. 10535, 9496) 140v leer 141r-156v Ovid: ›Remedia amoris‹ 157r-161r ›Probra mulierum‹ (WALTHER Nr. 19185) (gloss.) 161v-162v leer 163r Ps.-Ovid: ›Remedia amoris‹ (frgm.) 163v-165v Ps.-Ovid: ›De lupo‹

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Siehe etwa oben zu Erf 1 sowie Kap. II.5.

Avian: ›Fabulae‹

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166r-175v 176r-176v 177r-185r 185v-187v 188rv 189r-193r

›Pamphilus de amore‹ (lat./dt. gloss.) leer Maximian: ›Elegiae‹ (gloss.) ›Pyramus et Thisbe‹ (WALTHER Nr. 15069) (gloss.) leer Heinrich von Settimello: ›Elegia de diversitate fortunae et philosophiae consolatio‹ (gloss., komm.) (frgm.) 193r redaktioneller Zusatz hic nullus est defectus 193v-194r leer 194v-201v Heinrich von Settimello: ›Elegia de diversitate fortunae et philosophiae consolatio‹ (gloss., komm.) (frgm.) 201v redaktioneller Zusatz Hoc testatur johannes nese 202r-213v Bernhard von der Geist: ›Palpanista‹ 214r-227r Vergil: ›Bucolica‹ 227v-229v leer 230ra-241ra Anleitung zur Beichte (Modus confitendi) 241rb-v leer 242r-250v ›Quinque claves sapientiae‹ 250v-271v Bonvicinus de Ripa: ›Vita scolastica‹ (lat./dt. gloss.) 271v-277v ›Vita Jude‹ (WALTHER Nr. 1685) (gloss.) 277v-285r ›Pylatus‹ (WALTHER Nr. 18058) (gloss.) 285r-290v ›Facetus Moribus et vita‹ 290v-298v ›Contemptus mundi‹/›Cartula‹ 298v-314r ›Passio beate Katharine virginis‹ (WALTHER Nr. 13588) (lat./dt. gloss.) 314v-321r Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XIX. 2. Epimythien im Verstext: Nr. X E,1f., XI E,1f., XII E,1-4, XIII E,1f., XIV E,3f.+1f., XV E,1f., XVII E,3f.+1f., XIX E,1f. Erschließung: 1. Interlinearglossen: lateinisch und vereinzelt deutsch, unregelmäßig über die Fabeln verteilt (ohne Glossen z. B. Nr. I, IIIf., XVI, XIX; nur bis zu drei Glossen: Nr. II, VIII, X, XIII, XV). 2. Unsystematisch steht an den Fabelschlüssen ein rubriziertes Alinea-Zeichen und die Beischrift Moralitas am Rand. 3. Vereinzelt auf den Rändern: etwas ausführlichere Bemerkungen, u. a. lateinische Wortgleichungen und Flexionsformen, lateinisch-deutsche Wortgleichungen, grammatische Erläuterungen. Einrichtung: einspaltig, 21-26 Zeilen pro Seite, Schriftspiegel mit großzügigem Rand für die Aufnahme eines Kommentars. Die einzelnen Fabeln beginnen jeweils in neuer Zeile mit zweizeiliger Lombarde (nicht ausgeführt, vereinzelt in schlichterer Form ergänzt), die Verse sind abgesetzt und beginnen mit Majuskeln. Der Versabstand nimmt auf Interlinearglossierung Rücksicht. Textanfang: vor der ersten Fabel vom Verstextschrei-

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ber in eigener Zeile Auianus in apologis. Textende: Die Aufzeichnung bricht Bl. 321r am unteren Blattrand ab.

321v RD innen Schreiber

leer Fragment einer lat. Perg.-Hs. des 14. Jh.s Heinrich (teilw.); Dietrich scolaris diotzesis verdensis (teilw.); Johannes Nese (teilw.) Vorbesitzer Bordesholm, Augustiner-Chorherren; Gottorf, Herzogliche Bibliothek Die Handschrift stammt aus dem Besitz der Bordesholmer AugustinerChorherren, in deren Katalog von 1488 sie unter der Signatur »G. XXVII« erscheint, die auch auf dem alten Einband angebracht wurde. Der Bordesholmer Konvent wurde 1566 aufgelöst, die Bibliothek blieb jedoch noch lange Zeit am Ort, sodass für den Aufbau der 1606 durch Herzog Johann Adolph (1590-1616) gestifteten Gottorfer Bibliothek zahlreiche Bücher aus Bordesholm herangezogen werden konnten. Darunter befand sich auch Kop2: Ein 1707 entstandener Gottorfer Katalog Johann Pechlins weist die Handschrift als Nr. 129 aus.237 Mit der Okkupation des Herzogtums Schleswig 1713 ging die Gottorfer Bibliothek in den Besitz der Dänen über, die die Manuskripte 1749 in die Königliche Sammlung überführten und in deren ältere Bestände aufnahmen. Den Bordesholmer Katalog von 1488 hat MERZDORF 1850 abgedruckt. Kop2 wird dort folgendermaßen erfasst: Phisologus Asinarius. Geta. Alexius. Militarius. Judas. Simplicius. Rapularius. Theodolus. Brunellus asinus. Francisci petrarche epistola de grisilde. Epitaphium cujusdam anglice metricis. Epitaphium cathonis. Ouidius de remedio amoris. Ouidius de pulice. Rixe mulieris. De arte amandi. Ouidius de lupo. Pamphilus. Maximinianus de senectute. Piramus. Pauper hinricus alias florentinus. Palpanista bernardi. Bucolica virgilii. Modus confitendi. Liber quinque clauium. Judas. 238 Pylatus facetus.

Das Bücherverzeichnis schreibt weitgehend das dem Band vorangestellte Inhaltsverzeichnis aus, das also schon 1488 vorgelegen haben muss. Es berücksichtigt alle Texte außer die kleineren Stücke von Bl. 13rab und 50va. Nur der Ouidius de pulice fehlt zwischen Bl. 156v und 157r. Er muss mit einem dort herausgeschnittenen Blatt schon früh verloren gegangen sein, denn der entsprechende Eintrag wurde im Inhaltsverzeichnis ausrasiert. Ferner fehlen die Gesta metrica ludolphi octauj episcopi raceburgensis. Dieser Titel ist im Register gestrichen und fehlt auch im Standortverzeichnis. Er findet sich hingegen noch im dem Standortverzeichnis

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Vgl. STEFFENHAGEN 1883/84, S. 24. MERZDORF 1850, S. 40.

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vorangehenden alphabetischen Verzeichnis als Metra de venerabili Ludolpho 8° episcopo ratzeburgensi.239 Das Inhaltsregister wurde zusammen mit einer ersten Foliierung angebracht, auf die es sich bis einschließlich Bl. 230 bezieht und die auch in der Handschrift nicht weiter fortgesetzt ist.240 Die Hand des Inhaltsverzeichnisses brachte zudem mehrfach Titel zu den einzelnen Stücken an. Der Band könnte um 1488 überhaupt das erstemal systematisch erschlossen worden sein. Für eine ausgreifendere bibliothekarische Revision lassen sich noch weitere Indizien anführen. So dürfte es sich bei seiner Bindung um die erste überhaupt handeln. Die Deckelverzierungen weisen den Einband nämlich zweifellos den Bordesholmern zu.241 Laut Katalog handelt es sich um einen Catenatus.242 Kop2 sollte also zur Benutzung durch den Konvent ausgelegt werden. Ein aufgeklebtes Schild verkürzt die Katalogangaben weiter auf als wesentlich Begriffenes: Phisologus. Pauper hinricus. Brunellus asinus etc. epistola de grisilde.243 Ferner sind aus der Handschrift zahlreiche Seiten herausgerissen, ohne dass die alte Foliierung unterbrochen wird. Das Herausgerissene enthielt, wie an Resten z. B. zwischen Bl. 196 und 197 zu erkennen, bisweilen Federproben und Federzeichungen, die man als störend betrachtet haben mag und bei Gelegenheit der Foliierung entfernte. Settimellos Elegie wurde von einem Redaktor durchgesehen, der an einer Stelle bemerkte, es fehle trotz Leerseite nichts, und der am Textschluss notierte, der Text sei nun wirklich zu Ende. Bei Gelegenheit dieser zweiten Anmerkung gibt er sich als Johannes Nese zu erkennen. Nese war ein äußerst fleißiger Bordesholmer Konventuale, der, folgt man KRÄMERs Übersicht über erhaltene Bordesholmer Handschriften, seit den späten siebziger Jahren an über 30 Bänden des Konvents als Schreiber beteiligt war.244 Erklärlich wird die ganze Mühe, die man sich offensichtlich mit dem Band machte, wenn man bedenkt, dass in Bordesholm gerade in den

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Zitiert nach MERZDORF 1850, S. 40 Anm. 2. Die alte und eine moderne (nicht auf jedem Blatt eingetragene) Bleistiftfoliierung laufen bis Bl. 86 parallel, das alt doppelt gezählt ist, sodass die neue Zählung von hier an ein Blatt voraus ist. Nach 156 ist ein bereits alt erfasstes Blatt herausgeschnitten, sodass alte und neue Zählung mit 157 wieder gleichlaufen. Ab 231 ist nur noch die neue Foliierung anzutreffen. Vgl. WETZEL 1884, S. 97. Vgl. JØRGENSEN 1926, S. 347. WETZEL 1884, S. 97. KRÄMER 1989/90, Bd. 1,1, S. 97-101. HANS HARALD HENNINGS nennt Nese den »wichtigste[n] Kopist[en]« des Konvents überhaupt (Monasticon Windeshemense 1976/80, Bd. 2, S. 82).

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achtziger Jahren starke Bestrebungen zur Reform im Gange waren, die auch an der eigenen Büchersammlung nicht vorübergingen.245 Schlechter zu fassen ist die Geschichte des Bandes vor 1488. So ist bereits nicht mehr festzustellen, wann und wie Kop2 nach Bordesholm gelangte. Angelegt wurde die Handschrift, wie aus den in Kolophonen erwähnten Orten Itzehoe und Verden (Diözese) hervorgeht, unweit ihres späteren Aufbewahrungsortes. Doch kann im ersten Kolophon der Ortsname auch nur die Herkunft des Schreibers bezeichnen statt der Schreibheimat (Bl. 156v: Et sic est finis per me hinricum Izzeo anno domini 1470 feria IIIa in vigilia sancti johannis decolati [28.8.1470]). Für deren nähere Eingrenzung gibt ein zweites Kolophon noch weniger her (Bl. 175v: Et sic est finis panphili per me didericum scolarem diotzesis verdensis). Die Kombination der zwei vorliegenden Datierungen 1470 und 1468 (Bl. 84v: in secula seculorum Amen 1468 / Et sic est finis et cetera) erlaubt immerhin eine noch relativ geschlossene Niederschrift der einzelnen Partien anzunehmen. Obschon eine ganze Reihe von Schreibern an der Entstehung beteiligt war246 und die Texte in ihrer Einrichtung oft voneinander abweichen, wurde gleichwohl das Papier in 21 von 28 Lagen, also annähernd regelmäßig, zum Sexternio zusammengestellt,247 wurde die gleiche Papierqualität in übereinstimmendem Format gewählt, sollten in zwei Gruppen Lagenreklamanten (Bl. 96v, 108v und 120v bzw. 253v, 265v, 277v, 295v und 311v) die Abfolge sichern, wurde zusätzlich eine Blattzählung der ersten Lagenhälfte eingesetzt (254, 266, 279 296, 312), und wurde schließlich die überwiegende Mehrzahl der Texte von nur drei Händen geschrieben (Bl. 14r-50r sieben Stücke bzw. 242r-321r acht Stücke bzw. 157r-227r neun Stücke). In welcher Beziehung die Handschrift zum Unterrichtsbetrieb steht, ob sie aus ihm hervorgegangen ist, im Umfeld einer Schule entstanden ist, ob sie für den Unterricht bestimmt war oder in ihm benutzt wurde, das lässt sich nicht sicher sagen. Die erwähnten Reste von Federproben und Federzeichnungen sprechen tendenziell für Schulnähe. Die großzügige Ausstattung allein des ›Physiologus‹ und der ›Ecloga Theodoli‹ mit einschlägigen Erklärungen spricht bereits wieder dagegen. Zu den übrigen

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Dazu Hinweise von HANS HARALD HENNINGS in: Monasticon Windeshemense 1976/80, Bd. 2, 88f. Das spiegelt sich in der disparaten Qualität der einzelnen Texte. »Der Text wurde gänzlich von Didericus abgeschrieben, der die Komödie durch eine Unzahl von Eigenfehlern entstellt. Von dem späteren Korrektor wurden viele dieser Fehler gebessert, die fehlenden Verse nachgetragen, jedoch auch überflüssige hinzugefügt und die Personen vermerkt« – so BECKER 1972, S. 42, zum ›Pamphilus de amore‹. »Der Schreiber hat seine Vorlage recht genau und sorgfältig kopiert. In der Orthographie begegnet nur das in mittelalterlichen Handschriften übliche« – so WERNER 1972, S. 115, zum ›Pylatus‹. Vgl. zu den Lagen WERNER 1972, S. 114 Anm. 2.

Avian: ›Fabulae‹

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Texte wurden zwar immer einmal wieder hier und da Glossen angebracht, doch sind diese insgesamt doch eher dünn verteilt. Im ganzen letzten, von Blatt 241 bis 321 reichenden Textteil wurde der Avian (zu dessen sparsamer Erschließung s. o.) noch am großzügigsten mit Glossen bedacht. In der Kombination von unsystematischer, dabei aber teilweise volkssprachiger Erschließung und einem Spektrum von insbesondere geistlichen Verstexten (etwa ›Vita s. Alexii metrica‹, Borchardus: ›Vita Jude‹, ›Vita scolastica‹, ›Vita Jude‹, ›Pylatus‹, ›Passio beate Katharine virginis‹), die als solche immer auch der erbaulichen Lektüre dienen oder pastoraler oder seelsorgerischer Tätigkeit (Modus confitendi) ebenso wie der illustrativeren Ausgestaltung der Predigt (»Tierdichtung«: ›Physiologus‹, ›Asinarius‹, ›De lupo‹, Avian) nützlich sein konnten, stellt sich Kop2 vor allem Handschriften wie Ant1, Bas1, Bas2, Bre2, Dan, Dar 3 oder Erl an die Seite. Kop2 könnte ähnlich wie Aug2 als Auftragsarbeit von einem Schüler- oder Hilfslehrerkollektiv angelegt worden sein – im Unterschied zu Aug2 indes nicht an einer »akademischeren« Lateinschule von universitärem Niveau, sondern an einer bedeutend weniger profilierten, geistlichen Bildungseinrichtung. Es ist bezeichnend, dass dem Schreiber Didericus Bl. 175v bei seiner Selbstverortung eben die geistliche Verwaltungseinheit der Diözese in den Sinn kam. L1 GUAGLIANONE 1958, S. XXV (Sigle Aa). L2 JØRGENSEN 1926, S. 347-351; KRÄ1989/90, Bd. 1,1, S. 100; KRISTELLER 1967/97, Bd. 3, S. 175.

MER

Kra1 *Krakau (Kraków), Biblioteka Jagiellońska, Cod. 2195 Pap., I + 258 + I Bl., 21.5 x 15.5 cm, um 1466, Universität Krakau? Ir-Iv Fragment einer theologischen Pergamenthandschrift 1r Notat De doctoribus 1v leer 2r grammatische Notate (u. a. Versus differentiales mit Hinweisen auf Johannes Balbus de Janua: ›Catholicon‹, Papias: ›Elementarium doctrinae erudimentum‹ und das MarkusEvangelium) 2v-34r Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. II-XXVIII, XXXVII-XL, XLII, XXIXXXXVI. 2. Epimythien im Verstext: Nr. VI E,1f., X E,1f.+5f., XI E,1f., XII E,1-4, XIII E,1f., XIV E,3f.+1f., XV E,1f., XVII E,1-4, XIX E,1-4, XXI E,3f., XXIV E,3f., XXV E,1f., XXVI E,1f., XXVIII E,1f., XXIX E,1f., XXXI E,1f., XXXVIII E,1f., XXXIX E,1f. Erschließung: 1. Interlinearglossen: nur zu Nr. II in kleiner Glosssenschrift und gleichbleibend hoher Dichte noch von der Haupthand. 2. Prosakommentar: sowohl am Rand des Verstextes wie dann über die gesamte Breite des Schriftspiegels laufend zwischen den Fabeln in kleinerer

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Verzeichnisse zur Überlieferung

Glossenschrift von der Hand des Verstextes ((in Nr. VII setzt der breite Kommentar einmal zu früh ein und unterbricht den Fabeltext). Elemente: - Benennung der Lehre; - Prosaparaphrase; - allegorische Auslegung (stets in Auszeichnungsschrift allegoria angekündigt); - Worterklärungen (stets in Auszeichnungsschrift vocabula angekündigt); - zahlreiche Autoritätenverweise, darunter auf die Bibel (Evangelium, Salomon, Proverbien), auf Seneca (u. a. ›Epistolae ad Lucilium‹ und ›De remediis fortuitorum‹, ›De beneficiis‹, De moralibus), auf die ›Disticha Catonis‹, Gregor d. Gr. (›Moralia in Hiob‹, ›Super Ezecheliem‹), Horaz: ›Ars poetica‹, ›Pamphilus de amore‹, Cicero (›De officiis‹ und ›De amicitia‹), Alanus ab Insulis: ›De planctu naturae‹, Johannes Buridanus (u. a. in quadripartito und in sua Jconomica), auf Boethius: ›De consolatione philosophiae‹, auf Varro in suis sententiis und Fulgentius. 3. Am Blattrand in Höhe des vocabula-Abschnitts ist zusätzlich ein Wortregister aufgenommen. Einrichtung: einspaltig, Zeilenzahl pro Spalte zwischen 23 und 51 schwankend, da Verstext und Kommentar alternieren. Entsprechend dieser Anlage ist kein sehr breiter Rand gelassen. Die einzelnen Fabeln beginnen jeweils in neuer Zeile mit zweizeiliger rubrizierter Lombarde nach Abschluss eines Kommentarblocks. Am Rand brachte die Haupthand eine römische Durchzählung der Fabeln an. Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit rot gestrichelten Majuskeln; sie stehen in großzügigem Abstand für die Aufnahme von Glossen. Textanfang: 2v in der ersten Zeile des Schriftspiegels ohne Überschrift mit dem Kommentar zu Nr. I (der Verstext von Nr. I und Kommentarbeginn sollten wohl 1r-2r vorangehen), auf den dann der Verstext der zweiten Fabel folgt. Textende: Der Verstext endet vor einem Kommentarabschnitt ohne eigene Schlussschrift, der Kommentar am unteren Blattrand ohne eigene Schlussschrift.

34v-35r 35r 35v-36v 37r 37v-76r 76v-115v 115v-142r 142r-181r 181v 182r-209v 210rv 211r-254v 255r-257r 257v-258r 258v IIrv

Wortverzeichnis zum Avian grammatische Notate (u. a. Erklärung von memoria) und Federzeichnung eines Wappens (?) Wortverzeichnis zum ›Novus Cato‹ leer Martinus: ›Novus Cato‹ (gloss., komm.) ›Anonymus Neveleti‹ (gloss., komm.) Werner von Basel: ›Paraclitus‹ (gloss., komm.) (dat. 1466) ›Palaestra de victoria Christi‹ (gloss., komm.) Sentenzen Vergil: Eklogen (gloss., komm.) leer Hymnar (gloss., komm.) leer Nachträge zum Hymnar leer Fragment einer theologischen Pergamenthandschrift

Avian: ›Fabulae‹

569

Martinus de Lancicia per consequens magistrum Johannem Walka (142r) Seit wann sich die Handschrift an ihrem heutigen Aufbewahrungsort befindet, lässt sich nicht genau feststellen. Sie muss jedoch schon seit längerer Zeit in Krakau liegen. Das geht aus den Signaturen des Bandes hervor, der neben der Inventarnummer 2195 auch schon einmal unter »BB. V. 6« (VD innen) erfasst wurde und zuvor unter »XXVII. I.«248 Ihre ganze Gestalt deutet auf eine Entstehung an der Krakauer Universität und damit auf Herkunft vielleicht noch aus der mittelalterlichen Universitätsbibliothek am Collegium maius, aus dem zahlreiche Handschriften der Krakauer Lehrenden in die Biblioteka Jagiellońska gelangt sind. Die Niederschrift wurde in der Hauptsache nur von einer einzigen Hand besorgt. Alle Hauptstücke sind in der Einrichtung einander angeglichen, sind ausführlich kommentiert und glossiert. Regelmäßig ist ein auffallend ausladender Accessus vorangestellt. Ebenso regelmäßig wird für die Kommentare auf den komplexeren Einrichtungstyp der TextKommentar-Alternation zurückgegriffen. Die relativ geschlossene Aufzeichnung der Textreihe wird an ›Anonymus Neveleti‹ und ›Paraclitus‹ wie ›Paraclitus‹ und ›Palaestra‹ besonders augenfällig, da diese Texte sich jeweils auf derselben Seite ablösen und dadurch eng verklammert erscheinen. Avian und ›Novus Cato‹ bindet zudem das beigegebene Wortverzeichnis zusammen. Durch den ganzen Band lässt sich die Eigenart des Schreibers beobachten, die Erläuterungen immer wieder über den Schriftspiegel hinauszuführen: Er sah sich offenbar Problemen der Platzkalkulation gegenüber, die zudem Bl. 74v an einem kleineren Einschaltblatt ablesbar werden, das weiteren Kommentar zum ›Novus Cato‹ aufzunehmen hatte. Durch den ganzen Band begegnen aber auch immer wieder kleinere Lücken in Kommentierung und Glossierung, denen der Ausfall des Kommentarbeginns und der ersten Fabel im Avian zur Seite zu stellen ist. Nimmt man die Notiz auf Bl. 1r hinzu, die die Notwendigkeit der Verehrung des Gelehrten darlegt, und die Niederschrift des ›Paraclitus‹ mit Erläuterungen nach Vortrag eines Magisters Johannes (de?) Walka, lassen sich die Befunde am einfachsten in der Annahme einer Entstehung der Handschrift im universitären Vorlesungsbetrieb zusammenführen. So fände auch die ungewöhnliche Verkürzung des Avian um Kommentarbeginn und erste Fabel ihre Erklärung: Der Hörer bzw. Schreiber, der sich durch entsprechende Vorlinierung schon Platz auf seinem Papier für die ersten Stücke reserviert hatte, war in der entsprechenden Sitzung offenbar nicht anwesend. Dass Krakau der Schauplatz dieses Versäumnisses war, Schreiber

_____________ 248

Bl. 1r: »BB. V. 6. (olim XXVII. I.)«.

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wird vom heutigen Aufbewahrungsort der Handschrift ebenso wie von der Herkunft ihres Schreibers Martinus her wahrscheinlich, der aus dem polnischen Leczyca, einem Ort nordwestlich von Lódz stammt.249 So mag in den Angaben des Schreiberkolophons Bl. 142r (explicit paraclitus per manus cuiusdam martinus de lancicia per consequens magistrum johannem Walka anno domini millesimo 466 amen dicamus) für den Magister Johannes Walka ein Walka zu ergänzen sein und dieser dann aus Walk südwestlich von Tartu in Estland stammen. L1 OLDFATHER 1911, S. 109; GUAGLIANONE 1958, S. XXVI (Sigle Cb).

Kra2 *Krakau (Kraków), Biblioteka Jagiellońska, Cod. 2233 Pap., 438 S., 1491, Polen? 1 Inhaltsverzeichnis, Merkverse, Namensnennung jacob solmis 2 leer 3-32 Alanus ab Insulis: ›Liber parabolarum‹ (gloss.) 33-73 Ovid: ›Remedia amoris‹ (gloss.) 74-75 Ovid: ›De anulo‹ 75-77 Ps.-Ovid: ›De pulice‹ 77-86 Ps.-Ovid: ›Ars amatoria‹ 87-90 ›De electione mulierum‹ (WALTHER Nr. 15489) 90-104 ›Ovidius puellarum‹ 105-106 leer 107-117 Sappho: ›Epistola ad Phaonem‹ (WALTHER Nr. 12418b) (gloss., komm.) 118-119 ›Commendatio in Sapphon Marti Siculi poetae‹ (WALTHER Nr. 10261) (gloss.) 120 Accessus zu Heinrich von Settimello: ›Elegia de diversitate fortunae et philosophiae consolatio‹ 121-171 Heinrich von Settimello: ›Elegia de diversitate fortunae et philosophiae consolatio‹ (gloss., komm.) 171 Sentenzen 172 leer 173-208 Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XX, XXII, XXI, XXXIII-XLII. 2. Epimythien im Verstext: Nr. VI E,1f., X E,1f.+5f., XI E,1f., XII E,1-4, XIII E,1f., XIV E,3f.+1f., XV E,1f., XVII E,1-4, XIX E,1f., XX E,1f., XXI E,1f.+3f., zu Nr. XXI (nicht bei GUAGLIANONE) De se stultus homo subuersus turbine le | Corruit et fortes ista pro cella rapit, XXV E,1f., XXVI E,1f., XXVIII E,1f., XXIX E,1f., XXXI E,1f., XXXVIII ,1f.

_____________ 249

Vgl. Colophons de manuscrits 1965/82, Bd. 4, Nr. 13234 (nur diese Handschrift).

Avian: ›Fabulae‹

571

Erschließung: Interlinearglossen, die aber nur bei den ersten zehn Versen erscheinen. Einrichtung: einspaltig, 21 Zeilen pro Spalte, Schriftspiegel mit großzügigem Rand. Die einzelnen Fabeln jeweils in neuer Zeile mit zweizeiligen rubrizierten Lombarden; Tituli am Rand von der Hand des Glossators ergänzt; Verse abgesetzt, mit farbig gestrichelten Majuskeln. Textanfang: Accessus in Auianum über der ersten Zeile des Schriftspiegels. Textende: Explicit liber auiania Jncipit liber adolphi.

209-243 Adolf von Wien: ›Doligamus‹ 244-259 Theodricus: ›De Pyramo et Thisbe‹ (WALTHER Nr. 2449) 260-269 Ps.-Ovid: ›De lupo‹ (gloss.) 270-289 ›Asinarius‹ 290 leer 291-422 Alanus ab Insulis: ›De planctu naturae‹ 423-433 ›Carmen de bello Troiani‹ (WALTHER Nr. 13985) 433-438 ›Summa Vergilii‹ (WALTHER Nr. 6461) 438 Entwurf oder Abschrift eines Briefes Die Handschrift ist aus einem Guss. Ihre Texte wurden von einer einzigen Hand in einem Arbeitsgang niedergeschrieben und sind in der Einrichtung aneinander angeglichen. Auf p. 46, 70, 94, 190, 214, 310 und 334 sind noch Reklamanten erkennbar, die ursprünglich wohl systematisch durch den ganzen Band hinweg die Lagenfolge verwalteten. Die Verteilung der Glossen im Avian darf als typisch für den ganzen Bestand betrachtet werden. Glossen wurden nur im ›Liber parabolarum‹ und in Settimellos ›Elegia‹ dicht angebracht und stehen sonst in der Regel vereinzelt. Sie sind aber alle noch von der Hand des Textschreibers eingetragen. Die Schreibheimat von Kra2 ist unbekannt. Auf p. 1 wurde unter Nachträgen in unauffällig kleiner Schrift der Name jacob solmis aufgeschrieben, der in seiner Beziehung zur Geschichte der Handschrift indes undeutlich bleibt. Auf p. 171 erscheint im kleineren Schriftgrad der Glossen Deo gratias finit feliciter jn studio p: der Rest ist leider unleserlich. Auf p. 438 ließ der Schreiber seinen Text mit den Versen Anno milleno quadringenteno nonaginto jmo enden, nennt sich in der Zeile davor selbst jedoch nur mit seinem Vornamen Konrad. Für eine Unterrichtshandschrift ist Kra2 viel zu umfangreich. Die Kombination von fehlender Texterschließung bei gleichzeitig ausgeprägtem Sammelschwerpunkt auf ebenso unterhaltenden wie zur individuellen Lebensführung anleitenden Verstexten, die teilweise zwar in dezidiert schulischen Gebrauchszusammenhängen nachzuweisen sind – in Kra2 sind das in erster Linie die ›Fabulae‹ –, darauf aber nicht reduziert werden können, stellt Kra2 in erster Linie zu Handschriften wie Ant1, Bas1, Bas2, Bre2, Dan, Erl, Dar 3 oder Kop2 die meistenteils weder aus dezidiert mo-

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nastischen Zusammenhängen stammen noch dezidiert im Schulbetrieb zu verankern sind. L1 OLDFATHER 1911, S. 109; GUAGLIANONE 1958, S. XXIV (Sigle Cr).

Kra3 *Krakau (Kraków), Biblioteka Jagiellońska, Cod. 2460 Pap., II + 196 Bl., 21.5 x 15 cm, Mitte 15. Jh. (1446), Universität Krakau? Iv-IIv Accessus zu Thomas von Erfurt: ›Novi modi significandi‹ 1r-83v Thomas von Erfurt: ›Novi modi significandi‹ (gloss., komm.) (dat. 1448) 84r-86v leer 87r-173v ›Nova synonyma‹ (gloss., komm.) 174r leer 174v Notate 175r-185v ›Massa gramatice‹ (gloss., komm.) 186r-196v Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XIX. 2. Epimythien im Verstext: Nr. VI E,1f., X E,1f.+5f., XI E,1f., XII E,1-4, XIII E,1f., XIV E,3f.+1f., XV E,1f., XVII E,1-4, XIX E,1f. Erschließung: 1. Accessus: von der Hand des Grundtextes systematisch in kleinerer Glossenschrift dem ersten Stück vorangestellt, mit einer propositio aus Aristoteles einsetzend und u. a. nach dem Schema der quattuor causae angelegt. 2. Interlinearglossen: von der Hand des Grundtextes systematisch in kleinerer Glossenschrift in bis zu drei Zeilen, teilweise polnisch. 3. Kommentar: von der Hand des Grundtextes systematisch in kleinerer Glossenschrift. Wiederkehrende Elemente: - einleitende Benennung der Fabellehre, - ausführliche Prosaparaphrase, - nicht systematisch angegeben und nicht systematisch markiert: eine weitere Benennung der fructus oder utilitas fabule, - ausführlichste geistliche Auslegung, die regelmäßig allegorice angekündigt ist. Einrichtung: einspaltig, Zeilenzahl im Schriftspiegel wechselnd, da Text und Kommentar alternieren. Der Schriftspiegel nimmt nahezu die ganze Blattbreite ein. Der Verstext der einzelnen Fabeln ist an den inneren Blattrand gerückt, und seitlich sowie oben und/oder unten ist Raum für den Kommentar belassen. Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit Majuskeln. Für Interlinearglossen ist reichlich Raum belassen. Der engzeilig fortlaufend geschriebene Kommentar beginnt zunächst am Rand neben dem Verstext und wird nach dem Schlussvers über die gesamte Spiegelbreite geführt. Der Textanfang wird vom Accessus (Beginn mit größerer Lombarde und in Auszeichnungsschrift) markiert; am Textende Blattausfall.

Schreiber

per wenceslaum (1r-83v); pronunciata per Baccalarium Paulum De Raczusz (87r-173v)

Avian: ›Fabulae‹

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Textbestand – in Kra3 begleiten die ›Fabulae‹ das wissenschaftliche Grammatikstudium – und Textdarbietung – sie erscheinen mit »akademischem« Accessus, der mit einer propositio einsetzt und sich dann u. a. an den aristotelischen quattuor causae orientiert, sowie mit einem ausladenden und systematisch angelegten Prosa-Kommentar – sprechen für sich. Ein Teil der Handschrift ist nachweislich nach Diktat angelegt, d. h. es stand ein geregelter Unterrichtsbetrieb im Hintergrund. Ihrer Anlage nach müssen in diesen auch die ›Fabulae‹ einbezogen werden. Aufbewahrungsort und polnische Glossen lassen zuerst an die Krakauer Artisten denken. L1 OLDFATHER 1911, S. 109; GUAGLIANONE 1958, S. XXVI (Sigle Ca). L3 MARINA PASSALACQUA: I codici di Prisciano. Roma 1978 (Sussidi eruditi 29), S. 117 (Nr. 267).

Kraków s. Krakau. *Leiden, Bibliotheek der Rijksuniversiteit, B.P.L. 161 Lei1 Perg., 63 Bl., 20 x 13.5 cm, 2. Hälfte 13. Jh., Nordfrankreich oder Belgien. 1r zwei nachmittelalterliche Signaturen 32 und 45 1r-5v Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. XXIX,5-XXX, XXVI, XXXI-XLII. 2. Epimythien im Verstext: Nr. XXVI E,1f., XXIX E,1f., XXXI E,1f., XXXVIII E,1f. Erschließung: 1. Interlinearglossen: in kleinerer Glossenschrift durchgehend in gleichbleibend hoher Dichte von der Hand des Verstextes, darüber hinaus nur noch ganz vereinzelt spätere Ergänzungen. 2. Kommentar und Marginalglossen in vorgezeichnetem und vorliniertem Schriftspiegel an beiden Rändern. Die Marginalglossen, wo Bezüge nicht durch die Positionierung deutlich sind, mit unterstrichenem vorangehenden Lemma; Inhalte u. a. Erläuterungen zur fructus und utilitas am Ende der Fabel, dort auch Beigabe von Versen. Kommentarelemente: Einleitungsformel Hic ostendit [auctor], quod [...] und Benennung der Lehre, zum Beweis Benennung der Protagonisten, fakultativ knappe Rekapitulation der Fabelhandlung. Einrichtung: einspaltig, 25 Zeilen Verstext pro Spalte in mit 52 Zeilen vorliniertem und in die Blattmitte gesetzten Schriftspiegel mit breiten seitlichen Rändern. Die einzelnen Fabeln setzen jeweils in neuer Zeile ein und beginnen mit zweizeiliger rubrizierter Lombarde. Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit in eine eigene Vorlinierung herausgerückten rubrizierten Majuskeln. Großzügiger Zeilenabstand für die Aufnahme von Glossen durch die Nutzung nur jeder zweiten Zeilenlinie für den Verstext. Textanfang: fragmentarisch. Textende: nach Leerzeile und Ausführungen zur Etymologie von apologus in kleinerer Glossenschrift in eigener Zeile in derselben kleinen Schrift Explicit.

6r-24r 24v-63r

Ovid: ›Remedia amoris‹ (gloss., komm.) Matthæus von Vendôme: ›Tobias‹ (gloss.)

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63r 63v

Federproben lat. und frz. Federproben, Neumen, Kritzeleien, Entwürfe für Initialen Vorbesitzer Franciscus Nansius (†1595)? Der in einen neuzeitlichen Einband des 18. oder 19. Jahrhunderts eingebundenen Handschrift gehen zwei Vorsatzblätter voran, von denen das erste leer ist und auf die recto-Seite des zweiten die Signatur, eine Angabe des Handschriftenumfangs und Verweise auf Forschungsliteratur eingetragen sowie zwei aus gedruckten Leidener Handschriftenkatalogen herausgeschnittene Zettel mit Beschreibungen von Lei1 eingeklebt wurden. Der untere entstammt dem Katalog von 1912, der obere und ältere, der der Aufnahme von Lei1 in die Leidener Bibliothek einen ersten sicheren Terminus ante quem liefert, der Seite 332 des 1716 erschienenen »Catalogus«. In den älteren gedruckten Leidener Katalogen des 16. und 17. Jahrhunderts lässt sich Lei1 ebensowenig nachweisen250 wie in dem 1607 von dem Leidener Bibliothekar Paulus Merulla handgeschriebenen »Catalogus Rariorum«.251 Jedoch kommt der Handschrift der nachstehende Eintrag, wenn er auch mehr als den heute vorliegenden Textbestand erfasst, in dem 1640 erschienen »Catalogus Bibliothecae Publicae« sehr nahe: »Ovidii diversi libri, Tristium de Ponto, Heroidum Epistolae, De remedio Amoris. 2. Exemplaria. Item Avieni Fabulae. Historia Tobiae Christiani Poetae, & alia. 8. Membr.« (S. 188)

Im Leidener Exemplar des Katalogs252 ist die Nummer »45« handschriftlich ergänzt, die sich in Lei1 Bl. 1r von derselben Hand des 17. Jahrhunderts eingetragen findet, sodass an einer Übereinstimmung nicht zu zweifeln ist. HULSHOFF POL hat diese Spur weiter verfolgt und zeigen können, dass der Katalog an dieser Stelle einen Sammelartikel bietet, der neben Lei1 noch die Handschriften B.P.L. 153, B.P.L. 177 und B.P.L. 179 erfasst, von denen B.P.L. 177 ebenfalls die Nummer »45« aufweist.253 Keine dieser Handschriften vervollständigt den fehlenden Anfang von Lei1 (s. u.), und keine weist sich in Ausstattung, Einrichtung und Schrift

_____________ 250

251 252 253

[Petrus Bertius:] Nomenclator Autorum omnium, quorum libri vel manuscripti, vel typis expressi exstant in Bibliotheca Academiae Lugduno-Batavae cum Epistola de Ordine eius atque usu ad Nobiles et Magnificos Academiae Curatores et Consules. Leiden 1595; Catalogus Principum, Civitatum, et Singulariorum, qui donatione vel inter vivos vel mortis caussa bibliothecam publicam in Academia Lugduno-Batava institutam, liberaliter ditarunt. Leiden 1597; Daniel Heinsius: Catalogus librorum bibliothecae Lugdunensis. Leiden o. J. [1612]. Aufbewahrt in Leiden unter der Signatur »Bibliotheeks-Archieef C. N 3«. Aufbewahrt in Leiden unter der Signatur »Bibliotheeks-Archieef C. N 4«. HULSHOFF POL 1976, S. 97. Die folgenden Ausführungen zur Provenienz stützen sich im wesentlichen auf diesen Beitrag.

Avian: ›Fabulae‹

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als alter Vorspann oder ehemalige Fortsetzung von Lei1 aus. Sie liefern aber einen Hinweis auf die Herkunft von Lei1, denn sie lassen sich einem Eintrag Merullas in den erwähnten »Catalogus Rariorum« von 1607 zuordnen, in dem Ovids ›Remedia amoris‹ (jetzt B.P.L. 179), ›Ex Ponto‹ und Tristien (beide jetzt B.P.L. 177) gemeinsam mit nicht näher bestimmten »Poemata vetera« als aus dem Besitze des Franciscus Nansius stammend ausgewiesen werden. Franciscus Nansius war Handschriftensammler, Philologe, Griechisch-Professor und Bürgermeister von Brügge. Hinter den »Poemata vetera« könnte sich folglich Lei1 verbergen. Die Handschrift wäre dann zusammen mit den übrigen Handschriften wohl nach dem Tode von Nansius, vielleicht 1596, angekauft worden.254 Diese Herkunft würde sehr gut zu der mit den volkssprachigen Einträgen in Lei1, Bl. 63v, ohnehin zu vermutenden Provenienz aus französischsprachigem Raum passen, denn Nansius’ Bände stammen fast immer aus dem jetzigen Belgien oder aus Nordfrankreich. Dort wurden seinerzeit Kirchen und Klöster ausgiebig geplündert und gelangten zahlreiche Handschriften auf den Markt – ein Vorteil, den Nansius zu nutzen wusste.255 Weitere Vorbesitzer der Handschrift sind nicht bekannt. Lei1 wurde geschlossen und als selbstständiger Faszikel angelegt. Die frei gebliebene letzte Seite sollte als Schmutzblatt dienen. Die Eingangsseite scheint ursprünglich ebenfalls leer gewesen zu sein.256 Ein von Anfang an fehlender fester Einband würde den Ausfall der ersten Blätter mit dem Beginn des Avian verständlich machen. Der einheitliche Charakter des Faszikels lässt sich der geschlossenen Aufnahme aller drei Texte in einem einzigen Arbeitsgang von einem Hauptschreiber ebenso ablesen wie der Ausstattung der ersten beiden mit Erläuterungen noch von der Hand der Grundtexte. Er gibt sich darüber hinaus an der Auswahl des Pergaments gleichbleibender mediokrer Beschaffenheit257 zu erkennen, an den Bl. 10v und 20v noch sichtbaren und damit zumindest Avian und Ovid erfassenden Lagenreklamanten von der Haupthand und an der relativ homogenen Lagenbildung.

_____________ 254 255 256

257

Dahingehend die Vermutung von HULSHOFF POL 1976, S. 82f. HULSHOFF POL 1976, S. 86. Die Lagenformel lautet: 2V20, IV28, V38, IV46, IV+155, IV63. Da der Fabelsammlung im Anfang, die Epimythien nicht mitgerechnet, 434 Verse fehlen, die bei 25 Versen pro Seite neun Blätter (mit 16 noch freien Zeilen, die indes entfallen dürften, wenn die Epimythien der Stücke Nr. I-XXVIII mitgerechnet werden) beanspruchten, fehlt Lei1 zu Beginn sehr wahrscheinlich eine ganze Lage, und zwar ein Quinio, da ein Quaternio nicht ausreicht. Nach der Hochrechnung des Versausfalls müsste die erste recto-Seite des Quinio dann leer gewesen sein. Ungleich beschnitten: Bl. 3, 46 u. ö.; löcherig: Bl. 34, 42, 48, 62 u. ö.; genäht: Bl. 43, 45, 48, 50, 62 u. ö.; stark porig: Bl. 9, 36, 59 u. ö.

Verzeichnisse zur Überlieferung

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Bereits an der Vorlinierung von Avian und Ovid ist zu ersehen, dass Interlinearglossen und Marginalerläuterungen von Anfang an einkalkuliert waren. Der Verstext nutzt von den 52 Zeilen jeweils nur jede zweite, um so Platz für Interlinearglossen zu belassen. Zudem wird die Vorlinierung seitlich des Verstextes fortgesetzt und dann außen wie innen durch eine senkrechte Linie begrenzt, sodass hier Marginalerklärungen im engen Zeilenabstand in der Glossenschrift eingetragen werden konnten. Entsprechend kann das dem Verstext nachgestellte Explicit, obwohl in kleiner Glossenschrift ausgeführt, auf die Abschrift des Verstextes gemeinsam mit den Erklärungen bezogen werden. Die Wahl der kleineren Schrift bestätigt, was anzunehmen ohnedies naheliegt: Erst wurde der Verstext in die Vorlinierung eingetragen, und in einem zweiten Arbeitsgang wurden dann Glossen und Kommentar aufgenommen. Für den ›Tobias‹ wurde zunächst die Vorlinierung mit hoher Zeilendichte gewählt, die auch den vorangehenden Stücken zugrundeliegt. Ab Bl. 29r verzichtete man jedoch auf diese Vorlinierung: Der ›Tobias‹ sollte also ohne Glossen oder Kommentar aufgenommen werden. Die dennoch eingetragenen Interlinearglossen stammen entsprechend erst von späterer Hand. Sie bleiben in ihrer Verteilung sehr dünn und hier hinter den Avian- und Ovid-Glossen weit zurück. Lei1 wurde sehr wahrscheinlich für eine Verwendung als Unterrichtsbuch angelegt. Das ist aus der Anlage als selbstständiger Faszikel zu schließen, aus der systematischen Ausstattung der ersten beiden Texte mit Glossen und Kommentaren und in Verbindung damit dann auch aus dem Spektrum der versammelten Grundtexte.258 Dass der anvisierte Gebrauchsraum erreicht wurde, machen eine ganze Reihe Anzeichen wahrscheinlich, so die Federprobe im Anschluss an den ›Tobias‹, die den Anfang von Alexanders de Villa-Dei ›Doctrinale‹ zitiert (Scribere clericulis paro doctrinale novellis), die Kritzeleien auf der letzten verso-Seite, weitere Kritzeleien (Bl. 2v; 52v: Jo herchies) sowie im späteren Gebrauch eingerissene Blätter (Bl. 59). L1 GUAGLIANONE 1958, S. XXII (Sigle Lr). L2 Catalogus Bibliothecae Publicae Lugduno-Batavae. Leiden 1640, S. 188; Catalogus Bibliothecae Publicae Universitatis Lugduno-Batavae 1716, S. 332; Bibliotheca Universitatis Leidensis. Codices manuscripti 3: Codices Bibliothecae Publicae Latini. Leiden 1912, S. 84. L3 ELFRIEDE HULSHOFF POL: Franciscus Nansius und seine Handschriften. In: Litterae textuales. A series on manuscripts and their texts. Edited by J. P. GUMBERT and J. M. DE HAAN. Bd. 4: Miniatures, scripts, collections. Amsterdam 1976, S. 79-102.

_____________ 258

Vgl. PELLEGRIN 1957/88 (Lei1 dort S. 414 genannt).

Avian: ›Fabulae‹

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Lei2 *Leiden, Bibliotheek der Rijksuniversiteit, Lips. 36 Perg., 32 Bl., 22.5 x 16 cm, 4. Viertel 13./1. Viertel 14. Jh., Nordfrankreich?259 1ra Accessus zu Avian 1rb verschiedene nachmittelalterliche Notierungen: Pag.4.38. und 2 G 2 [oder: 292?] und N3° [oder N8°?] und durchgestrichene Signatur 42, alles in derselben Zeile, doch vielleicht von vier verschiedenen Händen nebeneinander gesetzt; weiter unten Signaturen 36 und Ms. Lips. 36 1v Schlussverse der ›Ecloga Theodoli‹ (auf Rasur) 1v-10r Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XLII. 2.a) Epimythien im Verstext: Nr. XIV E,1f., XVE,1f., XXVE,1f. 2.b) Epimythien neben dem Verstext: Nr. VI E,1f., X E,1f.+5f., XI E,1f., XII E,1-4, XIII E,1f., XIV E,3f., XVII E,1f., XIX E,1-4, XX E,1f., XXVI E,1f., XXVIII E,1f., XXIX E,1f., XXXI E,1f., XXXIII E,2f., XXXVIII E,1f. Erschließung: 1. 1ra ist auf Rasur ein Accessus vorangestellt, dessen Text jedoch stark abgegriffen und unleserlich ist. 2. Noch von der Hand des Verstextes stammen durchgehend in gleichbleibend hoher Dichte eingetragene Interlinearglossen. 3. Ebenfalls noch von der Hand des Verstextes stammen die in kleinerer Glossenschrift über die ganze Sammlung hinweg eingetragenen Marginalglossen. Wo ihre Position nicht bereits den Bezug zum Verstext klärt, ist ein unterstrichenes Verweislemma vorangestellt. 4. Kommentar: durchgehend und nur wenige Fabeln auslassend, in der Hauptsache von einer einzigen Hand in hoher Grunddichte angebracht. Seine regelmäßig wiederkehrenden Bestandteile: - Verweislemma (teils unterstrichen), - Benennung der Fabellehre (oft Fructus est quod [...]), kurzer Verweis auf die Fabelhandlung in Beweisfunktion. 5. Zum dichten Grundbestand der Texterschließung treten zahlreiche kleinere Ergänzungen von mindestens drei weiteren Händen, darunter 2r französischsprachige Einträge. Einrichtung: einspaltig, 36-40 Zeilen pro Spalte in vorgezeichnetem und vorliniertem Schriftspiegel mit großzügigem Zeilenabstand für Interlinearglossen und breiten Rändern; der seitliche Rand innen etwa halb so breit wie außen und für die Aufnahme von Marginaltext gedacht. Den einzelnen Fabeln geht jeweils eine Leerzeile voran. Der Text setzt mit einer zwei bis sechs Zeilen hohen Zierinitiale ein (rubrizierter Buchstabenkörper, Innenraum mit Federstrichverzierungen, außen über mehrere Zeilen laufende Zierlinien). In die Leerzeilen wurden von verschiedenen Händen, teils aber noch vom Verstextschreiber und Hauptglossator, sowohl Überschriften nachgetragen wie Epimythien eingesetzt. Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit in eigene Vorlinierung herausgerückten

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Die Datierung in der Katalogbeschreibung GEELs ins 14. Jahrhundert ist im Exemplar der Leidener Handschriftenabteilung handschriftlich ins 13. Jahrhundert korrigiert.

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und auf den ersten Seiten mit einem senkrecht durchgehenden farbigen Strich markierten Majuskeln. Textanfang: 1v nach einer Leerzeile, der die Schlussverse der ›Ecloga Theodoli‹ auf Rasur vorangehen, eine sechs Zeilen hohe Eingangsinitiale (rubrizierter Buchstabenkörper, Innenraum mit Federstrichverzierungen, außen über mehrere Zeilen nach oben und unten auslaufende Federstrich-Verzierungen), darauf der Beginn des Verstextes. Textende: nach Leerzeile folgt in eigener Zeile eine Schlussschrift, die jedoch geschwärzt und unleserlich ist. Nach einer weiteren Leerzeile setzen die Elegien Maximians ein. Die Epimythien-Nachträge sind oft in die seitlichen Marginalien gesetzt und per Verweiszeichen auf den Verstext bezogen.

10r-18v Maximian: ›Elegiae‹ (gloss., komm.) 19r-32v Statius: ›Achilleis‹ (gloss., komm.) (Ende frgm.) Vorbesitzer Justus Lipsius (1547-1606); Louvain, Jesuiten Erster bekannter Vorbesitzer der Handschrift ist Justus Lipsius. Nach Lipsius’ Tod gelangte Lei2 mit den übrigen Manuskripten des niederländischen Philologen in die Bibliothek der Jesuiten in Louvain. Seit der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts wird der Band in der Leidener Universitätsbibliothek aufbewahrt.260 Der Kodex war ursprünglich umfangreicher. Eine römische Lagenzählung im Kopf von Bl. 1r, 9r, 17r, 25r läuft von II-V. Demnach fehlt die Eingangslage. Bei ihr dürfte es sich wie bei den erhalten Lagen – die Lagenformel ist 4IV32 – um einen Quaternio gehandelt haben. Ferner bricht der Text der ›Achilleis‹ Bl. 32v am unteren Blattrand ab. Auch hier müssen noch Blätter gefolgt sein. Lei2 hätte demnach ursprünglich einmal mindestens 48 Blätter umfasst. Die Abfolge Avian/Maximian/Statius geht mit dem Kern des ›Liber Catonianus‹ zusammen, dem am Anfang die ›Disticha Catonis‹ wie die ›Ecloga Theodoli‹ und am Schluss Claudians ›De raptu Proserpinae‹ fehlen. Immerhin noch die Schlussverse der ›Ecloga‹ finden sich aber tatsächlich noch in Lei2, wenngleich auf Rasur und an einer merkwürdigen Position zwischen dem Avian-Accessus Bl. 1r und dem Beginn des Verstextes Bl. 1v. Da der Text der ›Ecloga‹ einen vorangehenden Quaternio nicht vollständig gefüllt haben kann, könnten ihm sehr gut noch die ›Disticha Catonis‹ vorangegangen sein. Auch die Fortsetzung des Statius kann keinen Quaternio gefüllt haben, sodass vermutlich noch der Claudian folgte.261

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Erster Nachweis in den gedruckten Leidener Katalogen: Supplementum catalogi librorum 1741, S. 531. Unter den bei HALL (1969, S. 3-33) aufgeführten Handschriften von ›De raptu Proserpinae‹ ist keine zu erkennen, die als Fortsetzung von Lei2 in Frage käme.

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Zur Annahme einer geschlossener Konzeption der Handschrift als Unterrichtsbuch in der Tradition des ›Liber Catonianus‹ fügen sich weiter: - die geordnete Bereitstellung des Beschreibstoffs (s. o. zur römischen Lagenzählung und Lagenbildung), - die Verwendung von Pergament gleichbleibenden Formats und gleichbleibend mittlerer Qualität (z. B. sind manche Blätter ungleich beschnitten), - die homogene Niederschrift entweder von nur einer Hand oder sehr eng aufeinander abgestimmt arbeitenden Schreibern, - die durchgehende Ausstattung mit interlinearen und marginalen Texterklärungen in relativ hoher Dichte bereits in der ersten Textschicht: Mit der expositio wurde schon bei der Blattaufteilung gerechnet (ungefähr in die Mitte gesetzte Textspalte, breiter Zeilenabstand, breite Ränder), - die verklammernden Textübergänge, die nirgends mit einer Blatt- oder Lagengrenze zusammenfallen, - schließlich die gleichmäßige Markierung der Textgrenzen und Binnengliederung der Texte durch gleichartigen Buchschmuck (Textanfänge: mehrzeilige aufwändigere Zierinitialen; Binnengliederung: mehrzeilige Zierinitialen, weniger aufwändig, jedoch mit charakteristischer Verzierung durch ausladende Federstrichlinien). Den bei der Herstellung für Lei2 anvisierten Zwecken hat die Handschrift dann auch gedient. Die Blätter sind vom vielen Umblättern durchweg stark und besonders an den Rändern in Mitleidenschaft gezogen. Trotz der hohen Grunddichte der Textbeigaben wurden an zahllosen Stellen von vielen verschiedenen Schreibern – allein Bl. 1v-2r beschrieben mindestens sechs verschiedene Nachtragshände – (überwiegend) marginal wie (seltener) interlinear Textnachträge angebracht. Eine generelle »Geringschätzung« des Bandes kommt in der Beschneidung des Eingangsblattes am unteren Rand zum Ausdruck, in der Auslösung von Pergamentstreifen aus den wenig beschriebenen Blatträndern im Maximian (Bl. 15, 18) und in dem Eintrag eines Alphabets als Übung für Zierbuchstaben (Bl. 18v). In welcher Region und auf welcher Ausbildungsstufe die Handschrift benutzt wurde, ist unbekannt. Einstweilen lässt sich der Gebrauchsraum mit Bl. 2r von ungelenker Hand nachgetragenen volkssprachigen Marginalien lediglich ungefähr auf (Nord-?)Frankreich eingrenzen. L1 OLDFATHER 1911, S. 111; GUAGLIANONE 1958, S. XXII (Sigle Le). L2 Supplementum catalogi librorum tam impressorum quam manuscriptorum Bibliothecae Universitatis Lugduno-Bataviae ab anno 1716 usque ad annum 1741. Leiden 1741, S. 531; GEEL 1852, S. 112 Nr. 391; KRISTELLER 1967/97, Bd. 4, S. 362.

Lei3 *Leiden, Bibliotheek der Rijksuniversiteit, Lips. 51 Perg. und Pap. (100-108, 192-197), 198 Bl., 22.5 x 19 cm, Mitte 14. (1r-29v) bis Mitte 15. Jh. (100r-108v: 1465), Nordfrankreich/Flandern. 1r-11v Vitalis von Blois: ›Geta‹ (gloss.)

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12r-29v 29v 30r-44r 44v-63v 63v-75v 75v-89r 89v-91r 91v 92r-99v 100r-108v 109r-113v 113ar 113av 114r-117r 118r-119v 120r-126v 126v 127r 127v-132r 132r-141v

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›Pamphilus de amore‹ (gloss.) Notat Ovid: ›Remedia amoris‹ (gloss., komm.) Ricardus Venusinus: ›De Paulino et Polla‹ (gloss., komm.) Johannes de Garlandia: ›Carmen de mysteriis ecclesiae‹ (gloss., komm.) ›Passio beate Katharine virginis‹ (WALTHER Nr. 13588) (gloss., komm.) Petrus Riga: ›Passio s. Agnetis‹ (WALTHER Nr. 696) (gloss., komm.) (frgm.) Verse zu ›Paulinus et Polla‹ und Federproben Bernhard von der Geist: ›Palpanista‹ (gloss., komm.) (Ende frgm.) Bernhard von der Geist: ›Palpanista‹ (Anfang frgm.) (dat. 1465) Gottfried von Tienen: ›Omne punctum‹ (gloss., komm.) Vitalis von Blois: ›Geta‹ (Anfang frgm.) Federprobe, ausrasierte Besitzeinträge? ›Pylatus‹ Petrus Riga: ›Passio s. Agnetis‹ (WALTHER Nr. 696) (Ende frgm.) ›Contemptus mundi‹/›Cartula‹ Begriffsschema zu fructus und sensus, Notat zu Vokalen leer (ausrasiert: Federproben, Federzeichnungen, Schreibübungen) ›Ecloga Theodoli‹ (gloss.) Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-X, XIIIf., XIf., XV-XLI. 2.a) Epimythien im Verstext: Nr. VI E,1f., XI E,1f., XII E,1f., XIII E,1f. (bei Nr. XII), XIV E,3f.+1f., XV E,1f., XXV E,1f., XXVI E,1f., XXIX E,1f., XXXI E,1f., XXXVIII E,1f. 2.b) Epimythien außerhalb des Verstextes: Nr. XII E,3f., XIII E,1f., XVII E,1f., XIX 19E,1f. (von verschiedenen Schreibern ergänzt). Erschließung: 1. Interlinearglossen: teils von Verstexthand, teils später in anderer Tinte (wie die durchweg nachgetragenen Glossen zu den ›Ecloga Theodoli‹) etwas später ergänzt, durchgehend, doch in abnehmender Dichte. 2. Marginalscholien: durchgehend, jedoch nicht sehr dicht, teils von Verstexthand, teils später ergänzt. 3. Prosakommentar: in kleinerer Glossenschrift in eigenen Textblöcken auf den Rändern noch von Verstexthand mit Ergänzungen einer zweiten späteren Hand. Wiederkehrende Elemente: - Benennung der Fabellehre (bisweilen mit Alternativen, die auch als fructus benannt werden), - Prosaparaphrase, - allegorische Auslegung (zumeist allegorice sic exponitur markiert). Ab Bl. 25 fehlt der Kommentar der Grundschicht. Er wird dort noch eine Strecke von spä-

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terer Hand ergänzt, fällt dann aber ganz aus. 4. Gelegenheitseinträge: vereinzelt und von verschiedenen späteren Händen. Einrichtung: einspaltig, 33 Zeilen pro Spalte in vorgezeichnetem und vorliniertem Schriftspiegel mit breiten Rändern, der innere etwas schmaler als der äußere. Die Fabeln beginnen jeweils in neuer Zeile mit vorangestellter zweizeiliger farbiger, aber schlicht ausgeführter Initiale. Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit gestrichelten Majuskeln. Textanfang: Jncipit catonis in roter Tinte und bei I,1 dreizeilige rubrizierte schlichte Initiale. Textende: Abbruch 141v am unteren Blattrand.

142r 142v-198v 198v Schreiber Vorbesitzer

leer Ovid: Tristien Besitzvermerk V. Giselini (16. Jh.) Rolandus Tserraerts (teilw.) Rolandus Tserraerts?; Victor Giselin (1543-91); Justus Lipsius (1547-1606); Constantijn Huygens (1596-1687) 3 Lei befand sich im 16. Jahrhundert im Besitz des niederländischen Humanisten und Mediziners Victor Giselin, der Bl. 198v seinen Namen eintrug.262 Einer von Leidener Bibliothekaren erstellten Notiz auf einem der Vorsatzblätter nach gehörte Lei3 später dem niederländischen Philologen Justus Lipsius, der mit Victor Giselin befreundet war, und dann dem Renaissancedichter Constantijn Huygens. Woher Giselin seine Handschrift hatte, ist unbekannt. Die Namensform des Schreibers Rolandus Tserraerts, der 1465 den Text des ›Palpanista‹ ergänzte, lässt zumindest für Teile des Bandes Niederschrift im Raum der heutigen Niederlande annehmen. Vielleicht handelt es sich bei Tserraerts um eine Person aus dem Umkreis jenes in Brüssel und Antwerpen ansässigen brabantischen Adelsgeschlechts, das im 16. Jahrhundert mit Jérôme Tserraerts (1540-73) hervortritt.263 Die Handschrift wurde noch im 15. Jahrhundert aus mehreren Teilen, die zuvor in anderen Zusammenhängen kursierten, zusammengefügt. Den spätesten Zeitpunkt der Zusammenstellung liefert die Ergänzung von Tserraerts 1465. Er brachte eine den ganzen Band erfassende Lagenzählung an, die sich von Bl. 38r (ij) bis Bl. 190r (xvj) erstreckt. Sie schließt an eine ältere des ersten Abschnitts von Bl. 8r b bis Bl. 30r e an, die aufgegriffen und durch den Zusatz Bl. 30r e vel j weitergeführt wird. Dazu brachte Tserraerts Marginalien und Korrekturen zum ›Pylatus‹ an und ergänzte

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Über den Vorbesitzer informiert zusammenfassend L. ROERSCH in: Bibliographie nationale. Publiée par l’Academie Royale des Sciences, des Lettres et des Beaux-Artes de Belgique. Bd. 7. Brüssel 1830-33, Sp. 787-792. Vgl. R. APERS: Jérôme Tseeraerts. In: Bibliographie nationale. Publiée par l’Academie Royale des Sciences, des Lettres et des Beaux-Artes de Belgique. Bd. 25. Brüssel 1930-32, Sp. 708-712.

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hier wie in vielen weiteren Stücken ein Titelincipit. Er wollte den Band offenbar systematischer erschlossen sehen und wenigstens tendenziell vollständig und mit korrekten Texten ausgestattet. Die Mühen, die er auf sich nahm, werden am ehesten verständlich, wenn sich die Handschrift in seinem Privatbesitz befunden hat. Es sind mindestens sieben Teile zu unterscheiden: 1. Die Eingangspartie erstreckt sich über drei Lagen – (IV-1)7+2IV23+III29 – bis Bl. 29. Ihre Texte wurden in der Mitte des 14. Jahrhunderts264 von nur einem Schreiber in einen 22-zeiligen Schriftspiegel aufgenommen, der wenig Rand für Marginalien lässt. Das zweite Stück wurde nur vereinzelt glossiert, das erste noch von der Hand des Verstextes wie von einer weiteren265 etwas dichter. Später ist der Eingangslage ein Blatt ausgefallen, sodass heute Text fehlt. Die Eingangs- und Schlussseiten des ganzen Abschnitts haben gelitten und sind stärker abgenutzt, fleckig und nachgedunkelt. Die untere Hälfte der nicht vollständig beschriebenen letzten Seite ist leer belassen. 2. Die in 30-zeiligen Schriftspiegel dargebotenen Hauptstücke im zweiten, von Bl. 30-91 reichenden Teil wurden wiederum von nur einem einzigen Schreiber aufgenommen, der seinen in gleichbleibender Einrichtung dargebotenen Texten einen reichen Grundbestand an Glossen und Kommentaren beigab und jeweils ausladende Accessus voranstellte (Bl. 44v, 63v, 75v, 89v). Die Aufzeichnung des letzten Werks wurde abgebrochen; der Rest von Bl. 91r und 91v blieb leer. (Die Schlussseite nahm dann später einige Verse zu einem vorangehenden Stück, eine Federzeichnung und eine Schreibprobe auf.) Der ohnehin minderwertige Beschreibstoff hat unter intensivem Gebrauch noch zusätzlich gelitten. Die Blätter weisen zahlreichen Flecken auf und sind durchweg abgegriffen. Nach Bl. 44 ist ein Blatt herausgerissen. Der ganze Abschnitt hat vor seiner Vereinigung in Lei3 offenbar als eigenständiges Lektüreheft gedient. Die systematische Ausstattung mit sehr ausführlichen, dennoch gleichartig aufgebauten Accessus, die sich bereits am System der aristotelischen quattuor causae orientieren, weisen auf ein gehobenes Unterrichtsniveau. 3. Mit Bl. 92 beginnt ein neuer Abschnitt in etwas kleinerem Format, der in 21-zeiligem Schriftspiegel den ›Palpanista‹ bietet. Bl. 94, 95 und 97 sind zerknittert und von roher Hand beschmiert. Von Bl. 96 wurde der Rand abgeschnitten. Noch im 14. oder 15. Jahrhundert kamen die Schlussblätter abhanden. Tserraerts hängte einige Papierblätter an und vervollständigte den Text am 1.3.1465 (108v: per Me Rolandus Tserraerts Anno domini Mille quadragintesimo sexagesimo quinto prima Martij deo gracias).

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PAESKE 1976, S. 32. PAESKE 1976, S. 33.

Avian: ›Fabulae‹

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4. Die Blätter 109-113 sind dann in 31-zeiligem Schriftspiegel beschrieben. Bl. 109r notiertes 6 d meint vielleicht einen alten Verkaufspreis. Auf Gottfrieds von Tienen ›Omne punctum‹ folgte dort ein zweites Mal der ›Geta‹. Dessen Blätter sind hier aber herausgerissen; nur noch ein Einschaltzettel mit den Schlussversen ist übrig geblieben. 5. Ein weiterer Abschnitt umfasst den ›Pylatus‹ und das Gedicht auf die Hlg. Agnes. Er setzt sich durch bedeutend höhere Zeilendichte und Verzicht auf Glossen und Kommentar in der Grundschicht, durch schmaleren Schriftspiegel des Textes, in der farbigen Markierung der Majuskeln mit einfach senkrecht durchgezogenem Strich, schließlich im stärker nachgedunkelten Eingangsblatt vom Vorangehenden ab.266 Dieser Teil wurde in der Mitte des 15. Jahrhunderts geschrieben.267 6. Der nächste Abschnitt umfasst ›Contemptus mundi‹, die ›Ecloga Theodoli‹, den Avian sowie vielleicht noch Ovids Tristien. Ein interner Zusammenhang wird durch die gleichbleibende Textdarbietung, speziell für die ›Ecloga‹ und den Avian durch Textwechsel auf derselben Seite Bl. 132r und für ›Contemptus mundi‹ und die ›Ecloga‹ durch Textwechsel auf derselben Lage gesichert. Allenfalls die Tristien, die auf neuer Lage mit leerer Eingangsseite einsetzen, mögen abzutrennen sein. Die Blätter weisen hier nämlich Wasserschäden auf, die dem Abschnitt bis zum Avian fehlen. Die Schlussseite ist stark nachgedunkelt und beschloss sicher einmal eine separate Überlieferungseinheit. Auf der anderen Seite wird die Zäsur zum vorangehenden Avian durch den Blattausfall am Ende der heute unvollständigen Fabelsammlung wahrscheinlich. Der Eingangsseite des Avian hingegen fehlen entsprechend deutliche Abnutzungsspuren. Obschon Tserraerts teilweise auf Unterrichtshandschriften zurückgriff, ging sein eigenes Interesse kaum mehr auf einen Sammelband für unmittelbare Unterrichtszwecke. Entsprechend spät zu datierende Gebrauchsspuren fehlen Lei3 jedenfalls. Ob speziell die Partie mit dem ›Contemptus mundi‹, den ›Ecloga Theodoli‹ und den ›Fabulae‹ ursprünglich in einen größeren Buchzusammenhang gehört, oder ob man sie ursprünglich als selbstständiges Unterrichtsheft angelegt hat, lässt sich nicht mehr feststellen. L1 OLDFATHER 1911, S. 111; GUAGLIANONE 1958, S. XXIII (Sigle Ls). L2 GEEL 1852, S. 100f. Nr. 360; G. I. LIEFTINCK: Manuscrits datés conservés dans les PaysBas. Catalogue paléographique des manuscrits en écriture latine portant des indications de date. Bd. 2. Amsterdam 1964, S. 89f. Nr. 207. L3 Colophons de manuscrits 1965/82, Bd. 5, Nr. 16827.

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Anders WINTER 1972, S. 118, die den Schreiber des ›Pylatus‹ auf den Blättern 109r-113v wiedererkennen möchte. WINTER 1972, S. 119.

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Lei4/a *Leiden, Bibliotheek der Rijksuniversiteit, Voss. lat. Q 86 Perg., 150 Bl., 23 x 18.5 cm, um 850, Frankreich / Loire-Region (Fleury?, Tours?, Auxerre?). 1r-63v Arator: ›De actibus apostolorum‹ (gloss., komm.) 63v Notate zur Person Arators 63v-79r Prosper: ›Epigrammata‹ 79r-81v Sedulius: Hymnen I + II (gloss.) 81v-83ra Ps.-Tertullian: ›De sodoma‹ 83ra-84ra Ps.-Tertullian: ›De Iona‹ 84ra-86rb ›Disticha Catonis‹ 86va-91vb Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Widmungsepistel. 2. Fabeln Nr. I-XLII. Erschließung: keine. Erst eine Hand des 11. Jahrhunderts brachte zahlreiche Textkorrekturen sowie am Rand eine römische Durchzählung der Fabeln an. Einrichtung: zweispaltig, 32 Zeilen pro Spalte; breiter unterer und äußerer, sehr viel schmalerer innerer und (wohl aufgrund von Beschnitt) oberer Rand. Die Fabeln beginnen jeweils in neuer Zeile mit vorangestellter zwei- bis dreizeiliger Lombarde. Die Verse sind abgesetzt und beginnen jeweils mit einer Majuskel. Raum für Interlinearglossen ist nicht belassen. Der Text setzt in der ersten Zeile des Schriftspiegels ohne Überschrift, jedoch mit wenige Buchstaben nach links herausgerückter Zeile und zwei- bis dreizeiliger rubrizierter Lombarde ein, die auch alle Fabelabschnitte aufweisen. Die Widmungsepistel ist engzeilig fortlaufend bis 86vb niedergeschrieben. Es folgt in neuem Absatz und mit vorangestellter zwei- bis dreizeiliger rubrizierter Lombarde die erste Fabel. Das Textende trägt keine Schlussschrift; nach Zeilenwechsel folgt gleich das nächste Stück, dem eine zwei- bis dreizeilige Lombarde voransteht, deren Buchstabenkörper jedoch wie bei Nr. XLII und im Unterschied zu allen übrigen Lombarden nicht ausgemalt ist und nur in den Umrissen gegeben wird.

91vb-116ra Verse (u. a. Martial) 116rb-144vb Alcimus Ecdicius Avitus: Carmina 145r-150v Isidor von Sevilla: ›De grammatica‹ (aus Isidor von Sevilla: ›Libri etymologiarum‹; Ende frgm.) Vorbesitzer Paul Petau (1568-1614); Alexander Petau (†1672); Königin Christina von Schweden (1626-89); Isaak Voss (1618-89) Weiteres s. u. Lei4/b.

Avian: ›Fabulae‹

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Lei4/b

Rom (Città del Vaticano), Biblioteca Apostolica Vaticana, Reg. lat. 333 Perg., 163 Bl., 23.5 x 18.5 cm, um 850, Frankreich / Loire-Region (Fleury?, Tours?, Auxerre?). 1r-102v Juvencus: ›Evangelicae historiae libri IV‹ (gloss.) 102v-162v Sedulius: ›Carmen paschale‹ (gloss.) 162v Ankündigung von Arator: ›De actibus apostolorum‹, Vorverweis auf Sedulius: Hymnus I 163r Notate und Verse über die Person des Sedulius Vorbesitzer Paul Petau (1568-1614); Alexander Petau (†1672); Königin Christina von Schweden (1626-89) Lei4/a und b bildeten das ganze Mittelalter hindurch einen einzigen, von dem heute vatikanischen Teil eröffneten Band. Eine von Paul Petau, dem ersten namentlich bekannten Besitzer, Bl. 1r eingetragene Signatur A.37 galt noch dem gesamten Kodex. Sein Sohn und Erbe Alexander übernahm mit der väterlichen Bibliothek auch diesen Band zunächst unversehrt und versah ihn mit der Signatur Nr. 903, trennte ihn jedoch später auf und wies dem Reginensis die Signatur Nr. 1129, dem Leidensis die Signatur Nr. 1157 zu. Vermittelt durch Isaak Voss, Bibliothekar Christinas von Schweden in den Jahren 1650-52 und 1653-55, verkaufte Alexander der Königin 1645 die Bibliothek seines Vaters, darunter das heute vatikanische Manuskript, das so, nach der Konversion Christinas und ihrer Übersiedlung nach Rom, in die heilige Stadt gelangte. Der zweite Teil blieb in Voss’ Händen, vielleicht unrechtmäßig, vielleicht als zugebilligter Ersatz für ausstehende Entlohnung, und ging nach Isaaks Tod mit der Bibliothek an seine Erben, die sie über Gerhard Voss 1690 an die Leidener Akademie verkauften. In den gedruckten Leidener Katalogen ist Lei4/a dann erstmals 1716 nachzuweisen. Woher Paul Petau, dessen Sammlung sich aus verschiedensten Quellen speiste, die Handschrift hatte, lässt sich, wie für manches andere seiner Manuskripte auch, nicht mehr sicher feststellen. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass sie aus dem Bestand einer im Zuge der seit 1562 in Frankreich tobenden Hugenottenkriege verwüsteten Klosterbibliothek stammt. Möglicherweise wurde sie noch im 16. Jahrhundert in der Abtei Cluny aufbewahrt.268 Ein unter Abt Hugo I. zwischen 1049 und 1109 angelegtes Bücherverzeichnis weist unter Nr. 526 ein Volumen aus,

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Dahingehend die Vermutung von DE MEYIER 1947, S. 87: »De geheele middeleeuwen door schijnt het handschrift in Cluni gebleven te zijn. In de 16de eeuw trof ook Cluni het ongeluk, als zoovele kloosters, van door de Calvinisten geplunderd te worden, waarbij natuurlijk tal van oude handschriften verloren gingen. Ons handschrift werd echter gered; wij

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in quo continentur Juvencus, Sedulius, Arator, Prosper, quoddam metrum Tertuliani, Cato, Avianus, quedam diverse collectiones versuum diversorum actorum, libri Archini episcopi, ars Isidori de grammatica et de disciplinis aliarum artium.

Bei diesem Band könnte es sich um Lei4 handeln.269 Da das Kloster Cluny erst 910 gegründet wurde, kann Lei4 an diesem Ort aber keinesfalls entstanden, sondern muss Import sein. Dem paläographischen Befund zufolge wurden die Texte in einem Skriptorium der Loire-Region niedergeschrieben, wobei die Forschung zuvorderst Fleury, daneben noch Tours und Auxerre in Betracht zieht.270 Die Hauptfunktion des Bandes bestand wohl darin, als umfangreicher Referenzkodex der Bibliothek spezieller interessierten Benutzern die entsprechenden Texte bereitzuhalten. Diese Annahme findet in der Art seiner Entstehung ihre Bestätigung. Der Grundstock wurde nämlich in einem geschlossenen Arbeitsgang von insgesamt vielleicht drei Schreibern angelegt, ist also nicht aus individuellen Bedürfnissen heraus nach und nach entstanden, sondern stellt das professionelle Produkt eines Skriptoriums dar, das am Ausbau einer Bibliothek arbeitete. In diesem Kontext ist auch das Bestreben zu sehen, Platz zu sparen, wie es im Umfeld des Avian an der Bl. 82-144 gewählten 32-zeiligen zweispaltigen Darbietung ersichtlich wird und zuvor schon Bl. 42-63 am Wechsel von 16-zeiliger Aufzeichnung mit großzügigem Zeilenabstand zu 32 Zeilen mit halbiertem Zeilenabstand. Man wollte die Texte zunächst einmal »besitzen« und musste dazu nicht schon in allen Details für ihre weitere Vermittlung mit schriftlichen Erklärungen vorsorgen. Dass gerade dem Avian Glossen fehlen, der, als potentielle Schullektüre betrachtet, doch vor allen anderen Werken erklärungsbedürftig wäre, ist daher über den Einzeltext hinaus aufschlussreich: Der stattliche Kodex nicht ganz anspruchslosen Formats und beträchtlichen Umfangs steht den Niederungen der Unterrichtspraxis insgesamt durchaus fern. Nach dem 12. Jahrhundert scheint man den Band nicht mehr allzu häufig in den Händen gehabt zu haben. Zumindest finden sich weder deutliche Abnutzungsspuren, die auf intensiv frequentierende Lektüre des Bandes wiesen, noch Textnachträge spätmittelalterlicher Schreiber. Nachträge von Glossen und marginale Kommentierung lassen sich im Leidener

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vinden het terug in het bezit van Paul Petau. Hoe die daaraan kwam, staat niet vast; het is mogelijk dat hij het via Pierre Daniel kreeg.« In der Forschung wird sowohl Identität mit Lei4 erwogen als auch die Möglichkeit, dass der Katalog eine nach Lei4 angelegte Kopie oder Schwesterhandschrift erfasst (so etwa GLAUCHE 1970, S. 35). Übersicht über die einzelnen Positionen bei MOSTERT 1989, S. 100 Nr. 344, S. 264 Nr. 1387.

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Teil der Handschrift alle in das 10. und 11. Jahrhunderts datieren.271 Zeitlich passt die Tätigkeit der Nachtragshände sehr gut zur neuen Blüte der Abtei Fleury, ihres Skriptoriums und ihrer Bibliothek insbesondere unter dem Abbatiat Abbos von Fleury (988-1004).272 Wo sich diese Tätigkeit auf Textkorrekturen beschränkt, wird zudem genau eine der Aufgaben des armarius erfüllt, die Thierry von Amorbach im 10. Jahrhundert in seinen neuen Consuetudines von Fleury detailliert umreißt.273 Zu dem anhaltenden Bemühen um richtige und vollständige Texte stellt sich weiterhin das Bestreben, ihre Erschließung zu erleichtern. Neben den Verbesserungen am Text der ›Fabulae Aviani‹ etwa brachte der vierte Nachtragsschreiber noch eine Zählung an, die dem Leser bei der Orientierung zweifellos hilft. Vor diesem Hintergrund müssen die Interlinearglossen gesehen werden, mit denen die beiden ersten Stücke des ganzen Bandes sorgfältig, systematisch und in gleichbleibender Dichte ausgestattet wurden. Sie wurden im wesentlichen bereits im Zusammenhang der Niederschrift der Grundtexte aufgenommen, die entsprechend etwas größeren Zeilenabstand aufweisen. Auf diese Weise wurden die beiden Bibeldichtungen ihren zukünftigen Rezipienten vorausschauend erschlossen. Ob dabei die Entscheidung, das Textverständnis durch Glossen zu erleichtern und zu vertiefen, sich mit einer bereits glossierten Vorlage ohnehin anbot, die unverändert zu übernehmen vielleicht einfacher war als sie zu modifizieren, oder ob die Entscheidung zur Hilfestellung entschiedener getroffen, die Glossen erst aus anderen Quellen besorgt und in ein verändertes Layout eigens eingeschaltet werden mussten, kann hier nicht geklärt werden. Hinzu treten beim Sedulius dann jedenfalls noch weitere, nicht minder sorgfältig aufs Pergament gebrachte Glossen und Marginalien, die von WILMART mehreren Schreibern des ausgehenden 9. Jahrhunderts zugewiesen werden. Sie erläutern das Werk u. a. in grammatischer und rhetorischer Hinsicht.274 Doch müssen selbst derartige Einträge nicht aus einer Umfunktionalisierung und Reduzierung der Referenztexte auf Illustrationsmaterial für unterrichtliche Sprachübungen resultieren. Einer Zuordnung zum Unterrichtsgeschehen bietet das gesamte Erscheinungsbild des Kodex keine Handhabe. Es liegt vielmehr näher, auch solche sprachbezogene Glossierung genereller aus einem vorausschauenden Verlangen nach weitestgehender Steigerung der Zugänglichkeit der einzelnen Texte zu begreifen. Der etwas dichter und in mehreren Schichten glossierte Eingangsteil der Handschrift widerspricht ihrer Anlage und Nutzung als

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272 273 274

Vgl. die Angaben zur Verteilung und Datierung der Hände in der Katalogbeschreibung DE MEYIERS. Vgl. MOSTERT 1989, S. 19-28. Die entsprechende Stelle in englischer Übersetzung zitiert bei MOSTERT 1989, S. 25. Beispiele werden zitiert in WILMART 1937/45, Bd. 2, S. 244f.

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Verzeichnisse zur Überlieferung

»Textvorrat« nicht, mit dem man weniger einzelne Schüler als vielmehr zuerst und in der Hauptsache die Bibliothek des Klosters »bereichern« wollte. L1 CANNEGIETER 1731, Bl. *3rv, **2v (Sigle Voss.1); BÄHRENS 1883, S. 31 (Sigle V); ELLIS 1887, S. XLI; HERVIEUX 1893/99, Bd. 3, S. 104; GUAGLIANONE 1958, S. Xf. (Sigle V); DUFF/DUFF 1961, S. 677 (Sigle V); HERRMANN 1968, S. 26 (Sigle V); GAIDE 1980, S. 72 (Sigle V). L2 Catalogi Angliae 1697, Bd. 2,1, S. 66 Nr. 2468.143; Catalogus Bibliothecae Publicae Universitatis Lugduno-Batavae 1716, S. 383 Nr. 86; MONTFAUCON 1739, Bd. 1, S. 45 Nr. 1393; ANDREAS WILMART: Codices Reginenses Latini. Rom 1937-45, Bd. 2, S. 244-246; DE MEYIER 1973/84, Bd. 2, S. 197-204. L3 E. K. RAND: A Vade mecum of liberal culture in a manuscript of Fleury. In: Philological Quarterly 1 (1922), S. 258-277; GRACE FRANK: Vossianus Q 86 and Reginensis 333. In: American journal of philology 44 (1923), S. 67-70; E. K. RAND: Note on the Vossianus Q 86 and the Reginenses 333 and 1616. In: American journal of philology 44 (1923), S. 171f.; OLDFATHER 1926; F. F. BLOK: Contributions to the history of Isaac Vossius’s library. Amsterdam, London 1974 (Verhandelingen der Koninklijke Nederlandse Akademie van Wetenschappen, afd. letterkunde, nieuwe reeks 83); GLAUCHE 1970, S. 33-35; DENIS-BERNARD GRÉMONT, JACQUES HOURLIER: La plus ancienne bibliothèque de Fleury. In: Studia monastica 21 (1979), S. 253-264; MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 1, S. 80f., Bd. 3,1, S. 79, 109; MOSTERT 1989, S. 100, 264.

Lei5 *Leiden, Bibliotheek der Rijksuniversiteit, Voss. lat. O 15 Perg., 212 Bl., 15-25 x 10.5-15 cm, 1023-25, Frankreich (Limoges, Angoulême). 1r-1v Notate zur Geschichte von St. Martial, von Bernard Itier (dat. 1221-23) 1v Verzeichnis verstorbener Mönche aus St. Martial, von Bernard Itier (dat. 1221-23) 2r Notat 2r-4r Ademar von Chabannes: 13 Federzeichnungen von Szenen aus dem Leben Jesu 4v-5v Sammlung von Exzerpten (u. a. Romuli epistola de Aesopo ad Tiberinum, Paulus Diaconus: ›Historia Langobardum‹, ›Dicta septem sapientum‹, Symphosius) 5v-8r Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Widmungsepistel. 2. Fabeln Nr. I-XLII. Erschließung: keine. Einrichtung: einspaltig, ca. 55 Zeilen pro Spalte ohne Vorlinierung, engzeilig über nahezu die gesamte Blattbreite laufend. Die Fabeln schließen jeweils nahezu unmittelbar aneinander an; ein Neueinsatz ist lediglich durch die Abbreviatur eines Alinea-Zeichnes und einige Millimeter Freiraum kenntlich gemacht. Die Verse beginnen mit Majuskeln, sind aber fortlaufend aufgezeichnet und folgen ohne weitere Markierung der Versgrenze aufeinander. Textanfang: Incipit prologus fabularum teodosii oh-

Avian: ›Fabulae‹

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ne Absatz unmittelbar an die vorangehenden Exzerpte anschließend und erst von nachträglicher Hand durch Unterstreichung hervorgehoben; ebenfalls unmittelbar anschließend die Widmungsepistel, auf die wiederum ohne Absatz die Eingangsfabel folgt. Textende: nicht markiert; das Folgende schließt in derselben Zeile an, ist lediglich durch einen kleinen Freiraum und die Abbreviatur eines Alinea-Zeichens als Neueinsatz kenntlich gemacht.

8r 8r-10r 10r-10v 10v-11v 12r-12v 12v-13r 12r-13v 14r-15r 15v-19v 20r 20v-21r 21v 21v 22r-29v 30r 30r 30r 30v 30v-31v 32rv 33r-35r 35v 36r 36v 37r-43v 44r 44rv 45r-60v 61r-62r

Ausonius: ›De laboribus Herculis‹ G. Marius Victorinus (?): ›Carmen de ss. Macabeis‹ Remmius Favinus: ›De ponderibus et mensuris‹ Priscian: ›Periegesis‹ Accessus zu Donat: ›Ars minor‹ Auszug aus Donat: ›Ars minor‹ Erklärungen griechischer Wörter und Erläuterungen zum Alten Testament (marginal, 15v-19v fortgesetzt) Erläuterungen zu Persius Erläuterungen zum Alten Testament (13v fortsetzend, 22r fortgesetzt) eine Predigt von Odo von Cluny Ps.-Beda Venerabilis: ›Martyrologium poeticum‹ Ps.-Ovid: ›De cuculo‹ ›Epithaphia Vergilii‹ (30r fortgesetzt) Erläuterungen zum Alten Testament, zu Persius, Juvenal, Prudentius (19v fortsetzend) ›Epithaphia Vergilii‹ (21v fortsetzend) Proverbien Auszug aus Cassiodor: ›De artibus ac disciplinis liberalium litterarum‹ zu den Nomina tonorum Ausonius: ›De est et non‹ Notate zur Astronomie, Astrologie, Prognostik (32r fortgesetzt) Notate zur Astronomie eine Predigt von Augustinus leer Federprobe? (13. Jh.) leer Ademar von Chabannes: Federzeichnungen zu Prudentius: ›Psychomachia‹ ›Carmen in Christi honorem‹ Kommentar zu Optatianus Porphyrius: Carmina (u a. zu Nr. 25) Prudentius: ›Psychomachia‹ (gloss.) ›De sphera caeli‹

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62r 62v 63r-79v 79v-82v 83r-104r 104r-106r 106v 107r 107v-112v 112v-114v 115r-148r

139r-144r 148r-153v 153v-154r 154v 155r-188r 188r-190r 190r 190r 190v 191r-192r 192r-193r 193v 193v-194r 194v 195r-203v 203v-205v 206r 206v-210r 210v 210v-211v 212r

Verzeichnisse zur Überlieferung

›De signis caelestibus‹ Praefatio der ›Disticha Catonis‹ Beda Venerabilis: Apokalypse-Kommentar Hohelied-Kommentar Prosper: ›Epigrammata‹ Ps.-Prosper: ›Carmen ad uxorem‹ leer gr.-lat. Glossar Priscian: ›Praeexercitamina‹ Priscian: ›De figuris numerorum‹ Nomenclator universalis (Lektürevorschläge, Mathematisches, Geographisches, Genealogisches, Historiographisches aus Isidors von Sevilla ›Libri etymologiarum‹, Erläuterungen zur Bibel, Nomina animalium, plantarum, lapidum, aedium, mensurarum, vestimentorum, Aufzeichnungen zur Metrik, zur Grammatik, zur Rhetorik, Auszüge aus Gauzbertus: ›De scholis artium in Gallia‹ u. a. m.); Besitzvermerk St. Martial (12. Jh.) Notate zur Geschichte des Kloster St. Cybard in Angoulême (marginal) Aldhelm: ›Aenigmata‹ Aldhelm: ›De metrica arte‹ leer Hyginus: ›Astronomica‹ (ill.) Auszug aus Plinius: ›Naturalis historia‹ Auszug aus Arator: ›Astrologia‹ Verzeichnis von Kirchen und Ortschaften in der Umgebung St. Martials leer Kalender Sentenzen Verzeichnis der Bischöfe von Limoges und ihrer Amtszeit Kalender Verzeichnis der Bischöfe von Tours und ihrer Amtszeit Prosafabeln nach Phädrus (ill.) Alkuin: ›Propositiones ad acuendo iuvenes‹ (206v fortgesetzt) Eheformel Alkuin: ›Propositiones ad acuendo iuevenes‹ (205v fortsetzend) Eheformel Ornamentleisten, Rankenwerk, geometrische Muster und figürliche Szenen (Übungsstücke?) Notate

Avian: ›Fabulae‹

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Federproben und Bibliotheksvermerk Raymundus de Begonac me furatus fuit (13. Jh.) Schreiber Ademar von Chabannes (teilw.); Bernard Itier (teilw.) Vorbesitzer Ademar von Chabannes (um 988-1034); Raymundus de Begonac; Limoges, Benediktiner St. Martial; Paul Petau (1568-1614); Alexander Petau (†1672); Königin Christina von Schweden (1626-89); Isaak Voss (1618-89) Die Handschrift ist auf demselben Weg wie Lei4/a an ihren heutigen Aufbewahrungsort gelangt: über Paul Petau, seinen Sohn und Erben Alexander, Königin Christina von Schweden, Isaak Voss und Gerhard Voss. Der erste gedruckte Leidener Katalog, der Lei5 aufführt, erscheint 1716.275 Angelegt hatte sich die Handschrift im ersten Viertel des 11. Jahrhundert Ademar von Chabannes, dessen Buchbesitz, nachdem Ademar von einer Reise ins Heilige Land nicht zurückgekehrt war, an die Abtei St. Martial in Limoges ging, wo er ausgebildet worden war und der er auch als Mönch von St. Cybard d’Angoulême verbunden blieb.276 In Limoges brachte Bernard Itier (1163-1225), Kustos der Bibliothek von St. Martial, im 1. Viertel des 13. Jahrhunderts einige Einträge in sie an (Bl. 1rv). Später wurde sie entwendet, kehrte aber wieder zu ihren Besitzern zurück.277 Lei5 setzt sich aus über einem Dutzend in Format und Einrichtung zu unterscheidenden und von verschiedenen Schreibern angelegten Teilen zusammen. Zahlreiche Stücke wurden von Ademar selbst geschrieben, dem der Band als privates »Liber manualis«278 diente. So vielfältig seine Interessen und Fertigkeiten waren – »Ademar was the unusual combination of scribe and creative author and composer, both the schoolmaster of St. Cybard, and the highly active and accomplished master of its scriptorium«279 –, so vielfältig präsentiert sich auch der Inhalt seiner Sammlung. 212v

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Catalogus Bibliothecae Publicae Universitatis Lugduno-Batavae 1716, S. 386 Nr. 15. Vgl. den Provenienzvermerk des 12. Jahrhunderts auf Bl. 141v: hic est liber sanctissimi domini nostri Marcialis Lemouicensis ex libris bone memorie ademari Grammatici;Nam postquam idem multos annos peregit in domini seruicio ac simul in monachico ordine in eiusdem patris coenobio profecturus hierusalem ad sepulchrum domini nec inde reuersurus multos libros in quibus sudauerat eidem suo pastori ac nutrito ri reliquid ex quibus hic est unus. Zu Person und Werk Ademars zusammenfassend K. F. WERNER: Ademar von Chabannes. In: LexMA, Bd. 1, Sp. 148f. Vgl. jetzt auch BERTINI/GATTI 1988 in ihrer Ausgabe der Fabeln Ademars S. 13-29. Vgl. den Eintrag Bl. 212v. THIELE 1905, S. 39 Anm. 1, bezieht den genannten Ort auf »Begôna, ein Städtchen der Provence bei Bilbao«. DE MEYIER 1973/84, Bd. 3, S. 31. RICHARD LANDES: A libellus from St. Martial of Limoges written in the time of Ademar of Chabannes (989-1034). In: Scriptorium 37 (1983), S. 178-204, hier S. 191. Die Forschung zu den Autographen Ademars ist bei BERTINI/GATTI 1988, S. 15 Anm. 9, zusammengestellt. Vgl. zu den Ademar zugeschriebenen Werken ebd. S. 17-29 und zu seiner Tätigkeit als Illuminator ebd. S. 29.

Verzeichnisse zur Überlieferung

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Als Bibliothekar hatte er Zugriff auf kleinere Faszikel, die von ihm zusammengeführt wurden, Zugriff auf illustrierte Vorlagen und ein Interesse an Buchillustrationen: Entsprechende Anweisungen sind ebenso aufgenommen wie eigene Musterstücke und Übungen. Gesammelt wird ebenso Historiographisches wie Geographisches – beides teilweise mit biographischem Hintergrund –, werden Texte und Informationen zur Mathematik, zur Metrik, Rhetorik und Grammatik, zur Komputistik, Bibelkommentare, Informationen über antike Autoren, werden die Lebensführung anleitende, erbauliche Werke und eben auch Fabeln. Die Handschrift wartet mit einer komplizierten Entstehungsgeschichte auf, die hier nicht im einzelnen nachgezeichnet werden kann. Die Aufnahme der ›Fabulae‹ – das wird bereits aus der inhaltlichen Zusammensetzung des Gesamtbestands ersichtlich – erscheint jedenfalls von mindestens zwei Seiten her motiviert. Zum einen musste Ademar den Avian als etablierte Lektüre des Lateinunterrichts wahrnehmen,280 in den eine ganze Reihe weiterer Stücke seines Handbuchs weisen. Zum zweiten lassen sie sich an Ademars spezielles literarisches und literarhistorisches Interesse an der Gattung als solcher anbinden, das sich in der Aufnahme der illustrierten Phädrus-Fabeln, in der Aufnahme der Epistola de Aesopo ad Tiberinum – und nicht zuletzt in Ademars eigener Fabelproduktion niederschlägt. Das eine Interesse schließt dabei das andere grundsätzlich zwar nicht aus. Was aber den praktischen Gebrauch der vorliegenden Blätter mit den ›Fabulae‹ betrifft, schließen bereits der stattliche Umfang des Bandes und seine Charakteristik als »sehr« individuelles Lehrerhandbuch aus, dass die Handschrift geregelteren Formen von Unterricht regelmäßiger unmittelbar zugrundegelegt worden wäre. Dafür war die Niederschrift, wie nicht zuletzt an der Darbietung des Textes der ›Fabulae‹ selbst ersichtlich wird, keinesfalls gedacht. Die ›Fabulae‹ präsentieren sich ihrem Leser nämlich recht unübersichtlich: weder vom Vorangehenden noch vom Folgenden deutlich abgesetzt und zudem in Hexameter und Pentameter hintereinander setzenden »Langzeilen«, zudem unter Verzicht auf eine die Orientierung erleichternde Zählung, Tituli oder auch nur etwas deutlicher gliedernde Absätze und jegliche weitergehende Erschließung in Form von Glossen. Entsprechend sind auch die an anderer Stelle in den Band geratenen althochdeutschen Glossen281 kaum dem Bedürfnis zu verdanken, den discipuli in St. Cybard in Angoulême althochdeutsch beizubringen. Sie sind vielmehr als dysfunktionale Begleiterscheinung eines ausgreifenderen Sammelverlangens zu werten.

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Und dies zumal im 11. Jahrhundert: s. o. Kap. II.2. Vgl. STEINMEYER/SIEVERS 1879/98, Bd. 4, S. 479f. Nr. 254.

Avian: ›Fabulae‹

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L1 CANNEGIETER 1731, Bl. *3v, **2v (Sigle Voss.2); BÄHRENS 1883, S. 31 (Sigle W); ELLIS 1887, S. XLI; HERVIEUX 1893/99, Bd. 1, S. 246-263, Bd. 3, S. 105; DUFF/DUFF 1961, S. 678 (Sigle W); GUAGLIANONE 1958, S. XV (Sigle W); HERRMANN 1968, S. 26 (Sigle W); GAIDE 1980, S. 72 (Sigle W). L2 Catalogi Angliae 1697, Bd. 2,1, S. 68 Nr. 2619.294; Catalogus Bibliothecae Publicae Universitatis LugdunoBatavae 1716, S. 386; DE MEYIER 1973/84, Bd. 3, S. 31-42. L3 GEORG THIELE: Der illustrierte lateinische Aesop in der Handschrift des Ademar. Codex Vossianus Lat. Oct. 15, Fol. 195-205. Leiden 1905 (Codices Graeci et Latini photographice depicti. Supplementum 3); STEINMEYER/SIEVERS 1879/98, Bd. 4, S. 479f. Nr. 254; BERGMANN 1973, S. 48 Nr. 373; MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 1, S. 69f., 528, Bd. 2, S. 728, Bd. 3,1, S. 138f.; Ademaro di Chabannes: Favole, a cura di FERRUCCIO BERTINI e di PAOLO GATTI. Genua 1988 (Favolisti latini medievali 3; Pubblicazioni del D.AR.FI.CL.ET. N. S. 118); BERGMANN/STRICKER 2005, Nr. 373.

Lei6 *Leiden, Bibliotheek der Rijksuniversiteit, Voss. lat. O 89 Perg., 59 Bl., 15 x 10 cm, 11. Jh./12. Jh., Nordfrankreich.282 1r Priscian: ›Institutio de nomine et pronomine et verbo‹ (Anfang frgm.) 1rv Auszug aus Remigius’ von Auxerre Kommentar zu den ›Disticha Catonis‹ 1v-10r ›Disticha Catonis‹ 10r-28r Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XLII. 2. Widmungsepistel. Erschließung: keine. Eine Hand des 12. Jahrhunderts283 brachte einige Textkorrekturen an. Einrichtung: einspaltig, 20 Zeilen pro Spalte in vorgezeichnetem und vorliniertem Schriftspiegel mit schmalem inneren und breiteren äußeren Rändern. Den einzelnen Fabeln geht jeweils in eigener Zeile ihr Titel in Auszeichnungsschrift und eine schlichte zweizeilige farbige Eingangsinitiale voran. Die Verse sind abgesetzt, der erste Buchstabe ist als farbige Majuskel ausgeführt und herausgerückt. Textanfang: Incipit liber Auiani in eigener Zeile, und in neuer Zeile farbige schlichte dreizeilige R-Initiale und Anfang von Nr. I. Textende: EXPLICIT LIBER AUIANI in eigener Zeile. In neuer Zeile steht dann eine farbige, schlichte und zweizeilige DInitiale und der fortlaufende Text der Widmungsepistel, der durch Absätze gegliedert ist.

28r 28v

biographische Bemerkungen zu Rufius Festus Avienus (16. Jh.) frz. Notate (15. Jh.)

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Jedoch mit Sicherheit nicht aus Fleury: MOSTERT 1989, S. 104. DE MEYIER 1973/84, Bd. 3, S. 166 (anders GUAGLIANONE 1958, S. XVI: »Duabus manibus, quae vix inter se discriminantur, quarum altera haud dubie saeculo XIV ascribi posse videtur, emendatus«).

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29r-56r Pindar Thebanus: ›Ilias latina‹/›Homerus latinus‹ 56r-59v ›Ecloga Theodoli‹ (gloss.) (frgm.) Vorbesitzer Pierre Daniel (1530-1603); Paul Petau (1568-1614); Alexander Petau (†1672); Königin Christina von Schweden (1626-89); Isaak Voss (1618-89) Erster namentlich bekannter Besitzer ist der französische Gelehrte und Büchersammler Pierre Daniel.284 Später erwarb Paul Petau das Manuskript, dessen weitere Besitzgeschichte wie bei Lei4 und Lei5 über seinen Sohn Alexander, Christina von Schweden und Isaak und Gerhard Voss verläuft. Der erste gedruckte Leidener Katalog, der die Handschrift aufführt, erscheint 1716 und führt sie als Nr. 89.285 Im französischsprachigen Raum wurde Lei6 bereits im ausgehenden Mittelalter aufbewahrt. Das ist aus im 15. Jahrhundert auf Bl. 28v eingetragenen Zeilen zu schließen (Cest diuine uertu et grant puissance de vous en grant beaute continance en grant delices astinance en grant durte pacience et cetera quj laura si le gart toux vous en gart, noch dreimal ganz und teilweise wiederholt). Ältere Benutzerspuren, die eine genauere Lokalisierung erlaubten, fehlen. Die Annahme der nordfranzösischen Schriftheimat beruht in der Hauptsache auf dem paläographischen Befund. Die Handschrift wurde von drei eng zusammen und aufeinander abgestimmt arbeitenden Schreibern im wesentlichen in einem einzigen Arbeitsgang geschrieben. Hand 1 schrieb nur Bl. 1r bis Zeile 13, Hand 2 Bl. 1r ab Zeile 14 bis 56r Zeile 6 und damit den Löwenanteil, Hand 3 den Schluss Bl. 56r ab Zeile 7 bis 59v. Für die Aufzeichnung wurden bis auf zwei Ausnahmen Lagen gleichen Umfangs herangezogen.286 Die geschlossene Entstehung gibt sich zudem im gleichbleibenden Blattformat zu erkennen, im Pergament durchweg minderer Qualität (ungleichmäßig beschnitten, manchmal roh genäht), in der gleichbleibenden Darbietung der Texte (einspaltig, 20 vorlinierte Textzeilen, Incipits und Explicits in roter Tinte, durchgehend farbige Majuskeln an den Versanfängen, vereinzelt einfache Zierinitialen), dazu an den Übergängen zwischen den Haupttexten, die in zwei von drei Fällen (›Cato‹/Avian, Pindar Thebanus/Theodolus) auf derselben Seite zu stehen kommen – und nicht zuletzt inhaltlich in der Auswahl durchweg von Verstexten. Spätere Benutzer hinterließen einige Texteinträge. Eine vierte Hand des 12. Jahrhunderts brachte an den ›Disticha Catonis‹ und am Avian

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285 286

Ein nahezu ausgelöschter Besitzeintrag steht Bl. 1r: Ex libb. Petri Danielis Aurelii. DE MEYIER 1973/84, Bd. 3, S. 166, vermerkt zudem für Bl. 27r-28r und 45r eigenhändige Einträge Daniels. Catalogus Bibliothecae Publicae Universitatis Lugduno-Batavae 1716, S. 390. Vgl. die Lagenformel bei DE MEYIER 1973/84, Bd. 3, S. 165.

Avian: ›Fabulae‹

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einige Korrekturen an. Eine fünfte, aber ebenfalls zeitlich noch relativ nahestehende Hand trug Bl. 56r-59v vereinzelte Glossen ein und nahm wiederum einige Textkorrekturen vor. Vor allem aber wurde von den späteren Händen das Pergament vielfach gewendet: Es ist durch die ganze Handschrift hinweg an den Rändern abgegriffen, viele Blätter sind zerknittert, vom vielen Umblättern ist der Beschreibstoff sehr weich geworden. Solche Spuren intensiver Lektüre lassen sich naturgemäß schlecht datieren, ebenso der Blattausfall in Eingang und Schluss des Bandes. (Er könnte aber noch in einen mittelalterlichen Verwendungszusammenhang datieren, denn das Schlussblatt ist stark nachgedunkelt, die folgende Lage kann also nicht erst sehr spät entfallen sein.) Die sorgfältige, auf Schmuck nicht vollkommen verzichtende, jedoch im wesentlichen ohne allzu großen Aufwand betriebene Niederschrift, die durchgehend übersichtliche Anlage und schließlich das handliche Format mit diesen Spuren des frequenten Gebrauchs in Beziehung gesetzt, dürfte Lei6 – unter Nutzung der einem geistlichen Skriptorium selbstverständlich zu Gebote stehenden Kapazitäten (drei Schreiber) – als ein für häufigen Gebrauch bestimmtes Texthandbuch angelegt worden sein. In ihm wurde dann viel geblättert, doch verzichteten die Benutzer darauf, die Texte noch einmal – in eher privat-gelehrten Studien – selbst in schriftlicher Form durchzuarbeiten und Glossen oder Kommentare einzutragen. Schlagende Hinweise auf frequente Unterrichtsverwendung fehlen. L1 CANNEGIETER 1731, Bl. *3v, **2v (Sigle Voss.3); HERVIEUX 1893/99, Bd. 3, S. 105; GUAGLIANONE 1958, S. XVI (Sigle Vo); HERRMANN 1968, S. 26 (Sigle Vo); GAIDE 1980, S. 72 (Sigle Vo). L2 Catalogi Angliae 1697, Bd. 2,1, S. 68 (Nr. 2582.257); Catalogus Bibliothecae Publicae Universitatis Lugduno-Batavae 1716, S. 390; DE MEYIER 1973/84, Bd. 3, S. 165-167. L3 MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 1, S. 70; MOSTERT 1989, S. 104.

Lin *Lincoln, Cathedral Chapter Library, MS 132 (C.5.8.) Perg., 162 Bl., 21.5 x 15.5 cm, 2. Hälfte 13. Jh., England. 1r-9r Johannes de Garlandia: ›Morale scolarium‹ (30v fortsetzend) (lat./frz. gloss.) 9vab lat./frz./engl. Notate und Verse (u. a. WALTHER Nr. 7279, 17280, 17311) 10ra-vb Johannes de Garlandia: ›Dictionarius versificatus‹ (108vb fortsetzend) (lat./frz./engl. gloss., lat./frz./engl. komm.) 11ra-19vb ›Ecloga Theodoli‹ (31ra fortgesetzt) (lat./frz. gloss., komm.) 20ra-28vb ›Disticha Catonis‹ (lat./frz. gloss., komm.) 29r-30v Johannes de Garlandia: ›Morale scolarium‹ (1r fortgesetzt) (lat./frz. gloss.)

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Verzeichnisse zur Überlieferung

31ra-36va

›Ecloga Theodoli‹ (19vb fortsetzend) (lat./frz./engl. gloss., komm.) 36va Notate zur Grammatik, gr./lat./engl. (Nachtrag 14. Jh.) 36vb-51ra Alexander Neckam: ›De nominibus utensilium‹ (lat./frz./engl. gloss., lat./frz./engl. komm.) 51rab Notate zur Grammatik und Verse (u. a. WALTHER Nr. 5780, 6399, 19639, 20698) 51v-52v Notate zur Grammatik (Nachtrag 14. Jh.) 53ra-64rb Adam of Balsham (Parvipontanus): ›De utensilibus‹/›Phaletolum‹ (lat./frz./engl. gloss., lat./frz./engl. komm.) 64vab Notate und Verse (u. a. WALTHER Nr. 4901, 8958), lat./engl. (teils Nachtrag 14. Jh.) 65r Weltkarte in T-Form, Notate, Verse (u. a. WALTHER Nr. 4527) 65v Notate, Ergänzungen zu Adam of Balsham (Parvipontanus): ›De utensilibus‹/›Phaletolum‹ 66r-76v Johannes de Garlandia: ›Carmen de mysteriis ecclesiae‹ (lat./frz. gloss., komm.) 77r Übersicht über das griechische Alphabet 77v Serlo von Wilton: ›Versus de differentiis‹ (frgm.) 78r-80r Ps.-Ovid: ›De mirabilibus mundi‹ (lat./frz. gloss., komm.) 80v Notate u. a. zur Grammatik (Nachträge des 14. und 15. Jh.s) 81r-99v Johannes de Garlandia: ›Accentuarium‹ (lat./frz./engl. gloss.) (frgm.) 100rv engl./lat. Verse, Federproben (Nachträge des 14. und 15. Jh.s) 101ra-108vb Johannes de Garlandia: ›Dictionarius versificatus‹ (10r fortgesetzt) (lat./frz./engl. gloss., lat./frz./engl. komm.) 109r-114v Persius: Satiren (lat./frz./engl. gloss., komm.) (Schluss frgm.) 115r-123v Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. IX,6-XVI, XVIII, XVII, XIX-XLII. 2. Epimythien im Verstext: Nr. X E,1f., XI E,1f., XII E,1-4, XIII E,1f., XIV E,3f.+1f., XV E,1f., XVII E,3f., XIX E,1-4, XX E,1f., XXV E,1f., XXVI E,1f., XXIX E,1f. Erschließung: 1. Interlinearglossen lat./frz./engl. nahezu ausschließlich und in gleichbleibend hoher Dichte von der Hand des Verstextes. 2. Marginalscholien in kleinerer Glossenschrift von der Hand der Interlinearglossen auf dem schmaleren inneren und breiteren äußeren Rand durchgehend in gleichbleibender Dichte; bei unklarem Textbezug mit vorangehendem unterstrichenem Lemma. 3. Kommentar jeweils in Höhe des Fabelbeginns in kleinerer Glossenschrift von der Hand der Interlinearglossen; Elemente und Aufbau: - Alineazeichen oder unterstrichenes

Avian: ›Fabulae‹

597

Lemma (teils auch keine Markierung), - Benennung der Fabellehre (zumeist fructus huius apollogi [est quod ... o. ä.], - Kurzverweis auf den Text in Beweisfunktion (et hoc ostendit per [...]), - fakultativ eine etwas breitere Rekapitulation des Inhalts durch Prosaparaphrase. Einrichtung: einspaltig, 32 Zeilen pro Spalte bei in die Mitte gesetztem Schriftspiegel mit breiten Rändern. Die Fabeln abgesetzt, mit vorangehender Leerzeile (für Titel?) und Freiraum für zweizeilige Eingangslombarde; die Verse abgesetzt und mit einer in eine eigene Vorlinierung herausgerückten Majuskel beginnend. Textanfang: fehlt wegen Blattverlust. Textende: Explicit.

124r-133v 133v 134r-150v 151r-162v

Maximian: ›Elegiae‹ (gloss., komm.) Notat zu Maximian: ›Elegiae‹ (Nachtrag 14. Jh.) Statius: ›Achilleis‹ (lat./frz./engl. gloss., komm.) Claudian: ›De raptu Proserpinae‹ (lat./frz./engl. gloss., komm.) (Anfang frgm.) In Lincoln ist die Handschrift seit dem 17. Jahrhundert nachzuweisen.287 Weitere Vorbesitzer sind nicht bekannt. Entstehungsgeschichte, Textzusammenstellung sowie zahlreiche Nachträge machen eine Anlage entweder als Handbuch eines Lehrers oder als Haus- und Referenzkodex einer der Universität vorgeordneten Ausbildungseinrichtung, der möglicherweise auch zur Ausleihe durch Schüler bestimmt war, und einen entsprechenden Gebrauch über einen längeren Zeitraum hinweg wahrscheinlich. Die Blattfolge der Handschrift ist heute gestört. In der richtigen Reihenfolge müssten die Blätter 20-30, 1-9, 101-108, 10-19, 31-100 und 109162 aufeinander folgen. Die Hauptstücke verteilen sich ursprünglich dann so: Nr. 1 ›Disticha Catonis‹ Nr. 2 Johannes de Garlandia: ›Morale scolarium‹ Nr. 3 Johannes de Garlandia: ›Dictionarius versificatus‹ Nr. 4 ›Ecloga Theodoli‹ Nr. 5 Alexander Neckam: ›De nominibus utensilium‹ Nr. 6 Adam of Balsham (Parvipontanus): ›De utensilibus‹/›Phaletolum‹ Nr. 7 Johannes de Garlandia: ›De mysteriis ecclesiae‹ Nr. 8 Ps.-Ovid: ›De mirabilibus mundi‹ Nr. 9 Johannes de Garlandia: ›Accentuarium‹ Nr. 10 Persius: Satiren Nr. 11 Avian: ›Fabulae‹ Nr. 12 Maximian: ›Elegiae‹

_____________ 287

Vgl. die Hinweise bei THOMSON 1989, S. 102, auf die Bestandsverzeichnisse. Ein alter Einband, der weiteren Aufschluss geben könnte, hat sich nicht erhalten. Die Neubindung 1989 ersetzte bereits einen Lincolner Einband des 19. Jahrhunderts (a. a. O. S. 100).

Verzeichnisse zur Überlieferung

598 Nr. 13 Nr. 14

Statius: ›Achilleis‹ Claudian: ›De raptu Proserpinae‹

Die Grundtexte sind von einer einzigen Hand geschrieben. Diesem Hauptschreiber war die Textfolge des ›Liber Catonianus‹ wohlvertraut (vgl. Nr. 1, 4 und 11-14). Er erweiterte sie jedoch durch zwei Gruppen von Einschaltungen (vgl. Nr. 2f. und Nr. 5-10), wobei sich die Zusätze in für englische Handschriften charakteristischer Manier besonders auf Werke zur Grammatik im engeren Sinne erstrecken (vgl. Nr. 3, 5f. und 9). Für die ganze Zusammenstellung, auch die des ›Liber‹-Kerns selbst, wurden wohl mehrere Vorlagen benutzt. Dem ›Liber Catonianus‹Komplex fehlen nämlich in Nr. 4-6 die charakteristischen Textübergänge jeweils auf derselben Seite. Diese fallen vielmehr zwischen die Blätter, so von Avian zu Maximian, oder gar zwischen die Lagen, so von Maximian zu Statius und dann von diesem zu Claudian. Die Stücke des ›Liber‹ könnten demnach durchaus einzeln eingeflossen sein. Überdies heben sich der ›Cato‹ und die ›Ecloga‹ aus der Kerngruppe durch zweispaltige Darbietung von ihrer einspaltigen Fortsetzung im Avian ab. Und auch in den übrigen Partien wechselt die Einrichtung häufiger (Nr. 1 zweispaltig, Nr. 2f. einspaltig, Nr. 4-6 zweispaltig, Nr. 7-14 einspaltig). Geschlossene Niederschrift nach nur wenigen und von Beginn an vollständig überschauten Quellen wird weiter vom wechselnden Umfang der Lagen ausgeschlossen.288 Der Schreiber hatte bei Aufnahme der Arbeiten wohl noch gar keine Vorstellung vom letzten Umfang seiner Handschrift. Zu beachten sind auch Zusätze und ausgefallenen Blätter: - Lage 1: es fehlt das Eingangsblatt mit dem Anfang des ›Cato‹; - Lage 2: es fehlt das Schlussblatt, das aber wohl schon bei Niederschrift entfernt wurde, da kein Textausfall zu verzeichnen ist und schon Bl. 9v nur noch Gelegenheitseinträge aufgenommen wurden; - Lage 8: Bl. 65, auf dem dann Gelegenheitseinträge zu stehen kamen, ist dem Eingangsblatt der Lage vorgeschaltet; - Lage 9: Bl. 80 ist dem Schlussblatt nachgeschaltet – offenbar um den Ps.Ovid zum Abschluss bringen zu können; - Lage 11: es fehlen – nach Abschluss des ›Accentuarium‹ Bl. 99v – das dritt- und das zweitletzte Blatt; da auch hier das letzte Blatt nur noch Gelegenheitseinträge bietet, könnten die beiden fehlenden Blätter bereits bei Anlage des Bandes herausgelöst worden sein;

_____________ 288

Nach THOMSON 1989, S. 101: (VI-1)30 + (V-1)9 + IV108 + V19 + 2IV46 + III52 + VI64 + (1+IV)73 + (III+1)80 + VI92 + (V-2)100 + (IV-2)114 + (IV-3)119 + IV127 + III133 + IV141 + (IV-1+2)150 + (VI-1+1)162.

Avian: ›Fabulae‹

599

- Lage 12: es fehlen in der Mitte ein Blatt (der Katalog gibt für den Persius jedoch keinen Textausfall an) und das Schlussblatt mit den Schlusszeilen der Satiren; - Lage 13: es fehlen die ersten drei Blätter mit dem Anfang des Avian; - Lage 17: es fehlt das Schlussblatt, dafür wurde nach dem vorletzten ein Bifolium eingeschaltet; da der Text des Statius vollständig ist, muss das Blatt noch bei Niederschrift eingesetzt worden sein – man war offenbar bestrebt, mit dem Statius noch innerhalb der vorliegenden Lage zum Ende zu kommen; - Lage 18: es fehlt das Eingangsblatt (Textlücke), und in der zweiten Lagenhälfte wurde noch während des Herstellungsprozesses ein weiteres Blatt eingeschaltet. Die Blattverluste mit Textausfall können hier unberücksichtigt bleiben. Zu beachten sind aber die Zuschaltungen noch während des Herstellungsprozesses. Sie zeigen schrittweises Anwachsen an, eine allmähliche Akkumulation der Texte in größeren (Teil 2 des ›Liber Catonianus‹?) oder kleineren (Ps.-Ovid) Abteilungen. Die Indizien für eine wohlgeordnete, planvolle Entstehung der Handschrift – Niederschrift der Hauptstücke durch nur einen einzigen Schreiber, gleichbleibendes Blattformat der Blätter, gleichbleibend minderwertige Qualität des Beschreibstoffs, 289 Einsatz von Reklamanten – stehen dieser Annahme nur scheinbar entgegen. Die verschiedene Ausführung der einzelnen Partien kann werkstattbedingt sein und mit einer sukzessiven Produktion durch eine weniger leistungsfähige Schreibstube, mit bescheideneren institutionellen Rahmenbedingungen erklärt werden. Der Hauptschreiber musste sich sehr wahrscheinlich mehrere Vorlagen erst einmal nach und nach zusammensuchen. Das homogene Interesse hinter der Anlage zeigt sich deutlich in der Grundausstattung aller Hauptstücke mit Glossen, mit einer Ausnahme (Maximian) aller Stücke mit volkssprachigen Erklärungen und mit zwei Ausnahmen (›Morale scolarium‹, ›Accentuarium‹) aller Texte mit Kommentaren.290 Über den Grundbestand an Glossen hinaus wurden nicht mehr viele Ergänzungen nachgetragen. Eine eigene Untersuchung verdiente jene Gruppe von kleineren Texten, von Notaten zu verschiedenen Sachverhalten (darunter vieles zu grammatischen Fragen) und von Versen (darunter nicht selten Versus

_____________ 289 290

Ungleich beschnitten sind z. B. Bl. 8, 41, 61, löcherig z. B. Bl. 33, 54, 104. Abdruck aller volkssprachigen Glossen und der volkssprachigen Interpretamente in den Kommentaren bei HUNT 1991, Bd. 1, S. 37 (66r-76v), S. 43 (78r-80r), S. 146f. (81r-99v), S. 150f. (29r-30v, 1r-9r), Bd. 2, S. 3 (11ra-19vb, 31ra-36va), ebd. (20ra-28vb), ebd. (115r123v), ebd. (109r-114v), S. 3f. (134r-150v), S. 4f. (151r-162v), S. 37-52 und S. 55-57 (53ra64rb), S. 65-81 und S. 84f. (36vb-51ra), S. 125-145 und S. 149-153 (101ra-108vb, 10ra-vb). Die englischen Einträge von Bl. 100rv sind abgedruckt bei WOOLLEY 1927, S. 93f.

Verzeichnisse zur Überlieferung

600

differentiales). Diese Textsplitter liefern noch am ehesten Hinweise auf besondere Interessen des Grundschreibers und der Nachtragsschreiber und ihnen selbstverständliche Arbeits- und Erfahrungshintergründe. Daselbe gilt für die Bl. 52v unter den Notaten anzutreffenden Bezüge auf Stretphordia und einen Magister Iohannes de Herfordia.291 Die Nachträge überwiegend des 14. (s. o. Bl. 36va, 51v-52v, 64vab, 80v, 100rv, 133v) und vereinzelt noch des 15. (s. o. Bl. 80v, 100rv) Jahrhunderts belegen eine Benutzung des Bandes über mindestens ein Jahrhundert hinweg. Spuren anhaltenden Gebrauchs sind auch andernorts nicht zu übersehen: Die Ränder sind durchgehend stark abgegriffen; auf den ersten Blättern sind zudem die unteren Ränder zur Bindung hin durch einen Wasser- oder Brandschaden beschädigt; das Eingangsblatt des ›Cato‹ ist stark knitterig. L1 OLDFATHER 1911, S. 110; GUAGLIANONE 1958, S. XX (Sigle Lc). L2 REGINALD MAXWELL WOOLLEY: Catalogue of the manuscripts of Lincoln Cathedral Chapter Library. London 1927, S. 92-94; RODNEY M. THOMSON: Catalogue of the manuscripts of Lincoln Cathedral Chapter Library. Cambridge 1989, S. 100-102. L3 HUNT 1991, Bd. 1, S. 71f. u. ö. (vgl. Register).

Lon1 *London, British Library, MS Additional 10090 Perg., 22 Bll., 36 x 23 cm, 14. Jh. 1ra-8ra Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XXVI, XXVIII-XXX, XXVII, XXXI-XLII. 2. Epimythien im Verstext: Nr. VI E1f., X E,1f., XI E,1f., XII E,1-4, XIII E,1f., XIV E,1-4, XV E,1f., XVII E,1f., XIX E,1f., XX E,1f., XXV E,1f., XXVI E,1f., XXXVIII E,1f. (im Text leicht variierend zweimal unmittelbar hintereinander). Erschließung: 1. Accessus: engzeilig fortlaufend in kleinerer Glossenschrift dem ersten Kommentarabschnitt von der Hand des Verstextes vorangestellt. 2. Interlinearglossen: durchgehend mit großer Sorgfalt vom Verstextschreiber eingetragen, einige wenige Stücke jedoch nicht berücksichtigt. 3. Marginalglossen: von der Vorlinierung nicht vorgesehen, nur sehr vereinzelt. 4. Kommentar: engzeilig, fortlaufend, vom Verstextschreiber, der entsprechenden Fabel jeweils vorangestellt, von AlineaZeichen untergegliedert. Sein Aufbau: - Benennung der Lehre (mit alternativen Angaben zur fructus), - Prosaparaphrase, - fortlaufende expositio ad litteram, - allegorische Auslegung (nicht systematisch, öfter statt als allegoria auch als moralitas angekündigt). Einrichtung: zweispaltig in vorgezeichnetem und vorliniertem Schriftspiegel mit schmalen Rändern; 82 Zeilen; doppelte Vorlinierung für Verstext und Interlinearglossen. Text und Kommentar alternieren, wobei der engzeilig geschriebene Kommentar dem Verstext jeweils vorangeht. Die

_____________ 291

Hinweis bei THOMSON 1989, S. 101.

Avian: ›Fabulae‹

601

einzelnen Fabeln beginnen in neuer Zeile mit vorangestellter Zierinitiale (farbiger Buchstabenkörper, gefüllt mit Federstrichverzierung, die auch von dem Buchstaben über mehrere Zeilen ausläuft [Fleuronnée]). Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit in eigene (zwei Linien) Vorlinierung herausgerückten Majuskeln. Textanfang: fünfzeilige Zierinitiale, fortlaufend engzeiliger Accessus mit unmittelbar anschließendem Kommentar zu Nr. I, nach Absatz und Leerzeile erneut fünfzeilige Zierinitiale und Beginn des Verstextes. Die Überschrift über dem Schriftspiegel aus dem 16. Jh. stammt wahrscheinlich von Théodore Poelman. Textende: in eigener Zeile mit vorangestelltem farbigen Alinea-Zeichen in etwas größerer Schrift EXPLICIT AUIANUS + INCIPIT STACIUS.

8rb-22vb Statius: ›Achilleis‹ (gloss., komm.) Vorbesitzer Théodore Poelman (um 1510-um 1607) Herkunft und mittelalterliche Vorbesitzer sind unbekannt. Im ausgehenden 16. Jahrhundert befand sich die Handschrift im Besitz des Philologen Théodore Poelman (1512-81), dessen 1572 bei Plantin in Antwerpen erschienene Avian-Ausgabe sie unter der Sigle P als »Theod. Pulmanni« aufführt.292 Sie könnte nach Poelmans Tod wie seine übrigen Handschriften und Bücher in den Besitz des Hauses Plantin übergegangen sein (s. o. zu Ant1 und Ant2). Sie ist aber in den Handschriftenverzeichnissen der Offizin weder 1592 noch 1650/75 nachzuweisen. Mit dem dort 1592 aufgeführten, heute verschollenen Antwerpener Avian V-Ant (s. u. Kap. V.1.4) ist sie nicht zu identifizieren. Die Spuren verlieren sich damit gleich für mehrere Jahrhunderte. Erst 1838 taucht Lon1 wieder auf. In diesem Jahr wird die Handschrift auf einer Auktion für die British Library erworben.293 Die Handschrift wurde sehr sorgfältig und planmäßig von einem einzigen Schreiber angelegt, der neben den beiden Verstexten auch die bereits in der Vorlinierung berücksichtigten Glossen und Kommentare eintrug und einigen Mühe auf die Ausstattung mit Zierinitialen verwandte. Sie ist sehr gut erhalten. Nachträge wie überhaupt Indizien dafür, dass Lon1 regelmäßiger dem Schulunterricht (als »Mitlese-Handschrift«) gedient hätte, fehlen. Die zweispaltige Seitenanlage im Avian stellt zu diesem eine zusätzliche Distanz her. Dem sehr ausführlichen Kommentar mit der fortlaufenden expositio ad litteram hat jedoch sicher eine aus Schulzusammenhängen stammende Vorlage zugrunde gelegen.

_____________ 292

293

Vgl. GUAGLIANONE 1958, S. LVII: »b3 = Lond., Mus. Brit. Add. 10090 (P in Pulm. et Cann.).« Einige Marginalien des 16. Jahrhunderts (etwa Bl. 4ra, 6ra) verweisen auf Lesarten der Handschriften A und N der Antwerpener Ausgabe und dürften ebenso von Poelmans Hand stammen wie die Durchzählung der Fabeln. Vgl. Bl. Ir: Purchased Feb. 1838 / Stebeis Sale. Lot 308.

Verzeichnisse zur Überlieferung

602

Dass dem Avian noch ›Cato‹ und Theodolus aus der Textreihe des ›Liber Catonianus‹ vorausgingen und auf Statius noch Claudians ›De raptu Proserpinae‹ folgten, ist unwahrscheinlich, da bei Ausrichtung des Heftes am ›Liber‹ auf den Avian zunächst Maximian folgen müsste. Weiter wäre dann am Schluss des Statius ein Explicit der Art, wie es nach dem Avian angebracht wurde, zu erwarten, das dort den anschließenden Text ankündigt. Jedoch steht Bl. 22vb lediglich Explicit statius achilleidos ohne Verweis auf einen Anschluss. L1 POELMAN 1572, S. 29 (Sigle P); CANNEGIETER 1731, Bl. *6v, **2v (Sigle P); ELLIS 1887, S. XLI (Sigle b3); HERVIEUX 1893/99, Bd. 3, S. 93-95; GUAGLIANONE 1958, S. XXI (Sigle b3); DUFF/DUFF 1961, S. 677 (Sigle b3). L2 List of additions to the manuscripts in the British Museum in the years 1836-1840. London 1843. Unv. Nachdr. London 1964, S. 10; WARD 1893/1910, Bd. 2, S. 278f.; KRISTELLER 1967/97, Bd. 4, S. 87.

Lon2 *London, British Library, MS Additional 21213 Perg., 35 Bl., 22.5 x 16 cm, 13. Jh., England?294 IVv Inhaltsverzeichnis des 15. Jahrhunderts auf eingeklebtem altem Vorsatzblatt aus Papier, noch im 15. Jahrhundert getilgt um Ouid | Pauper heinricus; darüber von nachmittelalterlicher Hand Omnia hic recensita in hoc MS. continentur; neben dem Register senkrecht einige Notenlinien mit flüchtig eingetragenen Noten sowie Federproben (u. a. Capitulum ecclesie Quinque ecclesie dit) 1ra-8ra Prosper: ›Epigrammata‹ 8ra-9vb Anselm von Canterbury: ›De sacrificiis altaris‹ (Ende frgm.) 10ra-va ›Liber morum‹ (Anfang frgm.) 10va-12ra ›Disticha Catonis‹ (gloss., komm.) 12rb-13va Martinus: ›Novus Cato‹ 13va-15ra ›Ecloga Theodoli‹ 15ra-17vb Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-III, V, IV, VI-XL,3. 2. Epimythien im Verstext: Nr. III E,3f., IV E,1f., VI E,1f. (an Nr. V wie VI), X E,1f., XI E,1f., XII E,1-4, XIII E,1f., XIV,3f.+1f., XV E,1f., XVII E,1f., XIX E,1f., XXV E,1f., XXVI E,1f., XXIX E,1f., XXXI E,1f., XXXVIII E,1f. Erschließung: keine. Einrichtung: zweispaltig, 54-56 Zeilen pro Spalte in vorgezeichnetem und vorliniertem Schriftspiegel. Die einzelnen Fabeln beginnen jeweils in neuer Zeile mit vorangestellter rubrizierter Lombarde. Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit in eigene Vorlinierung herausgerückten und gestrichelten Majuskeln. Textanfang: in zwei Leerzeilen Explicit Egloga

_____________ 294

LOWE 1934/71, Bd. 2, S. 15.

Avian: ›Fabulae‹

603

Theodoli | Jncipiunt fabule auiani. Textende: Textabbruch 17vb am unteren Blattrand.

18rab 18rb-21va 21va-27ra 27rb-32rb 32rb-35vb

Vitalis von Blois: ›Geta‹ (Anfang frgm.) Maximian: ›Elegiae‹ Claudian: ›De raptu Proserpinae‹ Statius: ›Achilleis‹ Pindar Thebanus: ›Ilias latina‹/›Homerus latinus‹ (Ende frgm.) Vorbesitzer Edwin Tross Die British Library erwarb die Handschrift am 12. Juni 1856 von Edwin Tross in Paris.295 Weitere Vorbesitzer sind nicht bekannt. Vorangestellt war dem Band im Mittelalter ein heute auf der Rückseite des letzten (vierten) neuzeitlichen Vorsatzblattes aufgeklebtes Vorsatzblatt aus Papier mit einem im 15. Jahrhundert angelegten Inhaltsverzeichnis. Danach war der Band einmal umfangreicher, schlossen am Ende ehedem noch ein Werk Ovids und der ›Pauper Heinricus‹ an. Die Texte wurden jedoch noch im Mittelalter entfernt und die beiden letzten Einträge gestrichen. Eine nachmittelalterliche Notiz über dem Register hebt hervor, dass der Band das Verzeichnete alles enthalte. Zahlreiche weitere Textverluste sind demnach erst nach dem 15. Jahrhundert eingetreten. Heute fehlen nämlich nach Bl. 9 die Passio dominica, der Bernhardus, der Liber quinque clauium (= ›Quinque claves sapientiae‹) und der Anfang des ›Liber moralis‹ sowie nach Bl. 17 der Schluss des Avian, ein Esopus (sehr wahrscheinlich der ›Anonymus Neveleti‹), ein Physiologus (sehr wahrscheinlich der ›Physiologus Theobaldi‹) und der Anfang der ›Geta‹.296 Ferner bricht der Text des ›Homerus latinus‹ Bl. 35vb am unteren Blattrand unvollständig ab. Indes könnte dieser Verlust bereits Resultat der zeitlich vorangehenden Entfernung der beiden Schlussstücke sein. Die ursprüngliche Textreihe zeigt sich demnach zwar vom ›Liber Catonianus‹ beeinflusst, erweitert diesen aber beträchtlich (und verzichtet zudem ganz auf die den ›Liber‹ charakterisierende systematische Glossierung und Kommentierung): Nr. 1 Prosper Nr. 2 Anselm von Canterbury: ›De sacrificiis altaris‹

_____________ 295 296

Eintrag Bl. IIIr: Purchased of Edwin Tross / of Paris, 12 June. 1856. Weder HUNT (1991, Bd. 1, S. 78, dort im Kontext zahlreicher weiterer mehr oder minder aussagekräftiger Beispiele für den ›Liber‹) noch CLOGAN (1968, S. 13f.) berücksichtigen das alte Inhaltsverzeichnis, obwohl schon BOAS es 1914 herangezogen (BOAS 1914, S. 20f.) und für die Ausfälle sogar den Umfang berechnet hatte (zwei Quaternionen). Indem HUNT und CLOGAN den Textbestand von Lon2 im fraglichen Ausschnitt als nahezu unverfälschten – der zwischengeschaltete ›Geta‹ ist von beiden übersehen – ›Liber Catonianus‹ darstellen, fallen beide hinter die hier ausnahmsweise differenzierte Sichtweise von BOAS zurück.

Verzeichnisse zur Überlieferung

604

Nr. 3 Passio dominica Nr. 4 Bernhardus Nr. 5 ›Quinque claves sapientiae‹ Nr. 6 ›Liber morum‹ Nr. 7 ›Disticha Catonis‹ Nr. 8 Martinus: ›Novus Cato‹ (passend zum ›Cato‹!) Nr. 9 Theodol Nr. 10 Avian Nr. 11 ›Anonymus Neveleti‹? (passend zum Avian) Nr. 12 Physiologus (passend zum Komplex ‘Tierdichtung’) Nr. 13 ›Geta‹ Nr. 14 Maximian Nr. 15 Claudian Nr. 16 Statius Nr. 17 Pindar Thebanus: ›Ilias latina‹/›Homerus latinus‹ Nr. 18 Ovid Nr. 19 ›Pauper Heinricus‹

Für die Niederschrift wurde eine palimpsestierte Handschrift des Neuen Testaments in angelsächsischer Majuskel des ausgehenden achten Jahrhunderts herangezogen.297 Alle Texte wurden in einem Arbeitsgang von einem einzigen Schreiber aufgenommen und platzsparend in einen zweispaltigen Schriftspiegel mit recht hoher Zeilendichte von 54-56 Zeilen gesetzt. Ebenso wurde an den Textübergängen mit Beschreibstoff gespart: Sie fallen überwiegend auf ein- und dieselbe Seite (Bl. 8ra, 10va, 13va, 15ra, 18rb, 21va, 32rb). Unaufwändig ausgeführt – zumeist ist von zwei Zeilen die erste mit dem Explicit in roter und die zweite mit dem roten Incipit gefüllt –, ist hier wie für die gesamte Textaufzeichnung überhaupt auf Schmuck verzichtet. Die planmäßige und geschlossene Anlage ließ für Glossen und Kommentare von vornherein keinen Raum. Mit der Konzeption war zuerst einmal ein umfassendes Reservoir von Lektüretexten anvisiert, das nicht schon durch zusätzliche Texterklärungen auf eine bestimmte Nutzung festgelegt war. LOWE bezieht die Federprobe auf dem alten Papiervorsatz auf Fünfkirchen in Ungarn.298 Die Kenntnis der Textreihe des ›Liber Catonianus‹ soweit im Südosten mutet allerdings, wenngleich sie sich natürlich einer importierten Vorlage verdanken kann, befremdlich an. Durch Ausweitungen variiert wurde die ›Liber‹-Reihe im 13. und v. a. im 14. Jahrhundert vornehmlich in England – dort allerdings eher in Form der Aufnahme zusätzlicher Lehrwerke zur Grammatik, die hier ganz fehlen. Stattdessen erinnert der in Lon2 ausgebildete Schwerpunkt auf moraldidaktischen

_____________ 297 298

Detaillierte Beschreibung bei LOWE 1934/71, Bd. 2, S. 15 unter Nr. 169. Ebd.

Avian: ›Fabulae‹

605

Verstexten eher an Zusammenstellungen, die in Handschriften des deutschsprachigen Raums aus nicht-monastischem klerikalen Kontext anzutreffen sind (siehe etwa die Verweise auf weiteres oben bei Kop2 ). Auf einen solchen weisen auch ›De sacrificiis altaris‹, die ehedem mitüberlieferte Predigt und dann auch Details wie die Trias von Avian, ›Anonymus Neveleti‹ und ›Physiologus‹ als potentiell homiletische Materialsammlung. Im 14. Jahrhundert allerdings scheint Lon2 dann doch noch zu Unterrichtszwecken herangezogen worden zu sein. Einige ältere Nachträge bleiben vereinzelt, so Bl. 15ra von zwei verschiedenen Händen am oberen und rechten Blattrand zwei Verse, Bl. 15va eine Federprobe, Bl. 17rb das Konjugationsparadigma von dicere. In einer englischen Kursive wurde dann aber der Anfang der ›Disticha Catonis‹ mit Accessus, Marginalscholien und Interlinearglossen versehen (Bl. 10v-12r). Ebenfalls aus dem 14. Jahrhundert stammen – vielleicht von derselben Hand – Notate am inneren Rand von Bl. 33v (Sanctus unde dicitur [...], Christus unde dicitur [...], Bemerkungen zu propositio, Konjugationsbeispiele, Definition der Ars grammatica) und 34v (alleluia quod significaciones habet quatuor [...]). L1 ELLIS 1887, S. XLI (Sigle b); HERVIEUX 1893/99, Bd. 3, S. 95; GUAGLIANONE 1958, S. XX (Sigle b); DUFF/DUFF 1961, S. 677 (Sigle b). L2 Catalogue of additions to the manuscripts in the British Museum in the years 1854-1860. London 1875. Unv. Nachdr. London 1965, S. 340f.; WARD 1883/1910, Bd 2, S. 277; Codices latini antiquiores. A palaeographical guide to latin manuscripts prior to the ninth century. Edited by ELIAS AVERY LOWE. Oxford 1934-71, Bd. 2, S. 15 Nr. 169.

London, British Library, Additional 33781 (ehem. London, Grenville Library, Ms. XIII) (›Ysopet-Avionnet‹):299 s. o. die Vorbemerkung mit Anm. 2. Lon3 *London, British Library, MS Harley 1002 Pap. (Perg.: 1a, 56, 57), III + 209 +III Bl., 20.5-22.5 x 14-15 cm, Mitte 15.Anfang 16. Jh., England (Hampshire?). 1arv astrologische Notate 1r-12r Regeln zur lat. Grammatik mit lat./engl. Erläuterungen 12v-12ar Notat zur Übersetzung bestimmter Satztypen vom Englischen ins Lateinische, Verse, Kritzeleien 12av leer 13r-29v Über Wortarten 30rv Notate zur Grammatik, lat./engl., sowie Federzeichnungen und Federproben

_____________ 299

Vgl. HERVIEUX 1893/99, Bd. 1, S. 571-574, Bd. 3, S. 98f.; GUAGLIANONE 1958, S. XXIIf. (Sigle Ld).

Verzeichnisse zur Überlieferung

606

31r-48v 49r-56v

Über Orthographie Über Grammatik, in Anlehnung an Alexander de Villa Dei: ›Doctrinale‹ 57rv Versus differentiales (engl. gloss.) 58r-64v Notate, kleinere Prosastücke und Verse zur Grammatik, lat./engl. 65r-81r Über Orthographie 82v-82r Verse über St. Katharina zur Illustration rhetorischer Figuren 83r-93v John Leylond: ›De declinationibus‹ 94v-95v Prosatraktat über Medizin, zugeschrieben Robertus Grosseteste 96rv Notate und Verse zur Grammatik, lat./engl. 97r-110v Über Betonung und Redefiguren 111r-112r Umarbeitung der Praefatio und Breves sententiae der ›Disticha Catonis‹ in leoninische Hexameter300 112r-113r Robertus Grosseteste: ›De civilitate morum‹ 113rv Johannes de Garlandia: ›Cornutus‹/›Distigium‹ (Ende frgm.) 114r-116r ›Bursa latini‹/›Equus caballus‹ (engl. gloss.) 116v ›Os facies mentum‹ 117r-137r Über die Konjugation, lat.-engl. 137v-138v lat. Synonyme und ihre engl. Entsprechungen 139r-154r Über das Nomen 154v-161v Über Heteroclitica 161ar-163v Regeln und Notate zur lat. Grammatik, lat./engl. 164r-165v Über das Adverb 166r-175v alphabetisches Verzeichnis lat. Synonyme und ihrer engl. Entsprechungen 176r-181v Johannes de Garlandia: ›Dictionarius versificatus‹ 182r-183v Ps.-Boethius: ›De disciplina scolarium‹ (frgm.) 184r-185v Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. II,9-VII,18. 2. Epimythien im Verstext: Nr. VI E,1f. Erschließung: keine.

_____________ 300

Cvm nuper conspicerem homines errare | plurimos in moribus cepi cogitare ...-... D super omnia vere diligendo | Caritatis opera proximo prebendo | EXPLICT LIBER PERUI [!] CATONIS IN RITHMICO. Der Text geht mit keiner der gedruckten mittelalterlichen Versbearbeitungen der ›Disticha Catonis‹ zusammen (Zusammenstellung bei HENKEL 1988, S. 274 Anm. 63). Zu prüfen bleibt die Übereinstimmung mit der bei HENKEL a. a. O. genannten Bearbeitung der Breves sententiae in leoninischen Hexametern in München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 19668, Bl. 140v-143v. Versbau und Textumfang sind vergleichbar, und verbindend tritt überdies ein besonderes Ausstattungsmerkmal hinzu: Hier wie dort ist auf den Blatträndern jeweils die originale Prosa beigegeben.

Avian: ›Fabulae‹

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Einrichtung: einspaltig, 25 Zeilen, Schriftspiegel ohne auffallend großzügigen Rand. Die Fabeln beginnen jeweils in neuer Zeile mit Freiraum für nicht ausgeführte zweizeilige Lombarden. Die Verse beginnen mit rubrizierten Majuskeln. Von Nr. VII,6 in der letzten Zeile von 185r zu Nr. VII,7 in der ersten Zeile von 185v begegnet Wechsel zu deutlich flüchtigerer Aufzeichnung. Textanfang und -ende: fragmentarisch.

186r-187v

Notate, Gebete, Namenseinträge, Verse (darunter Avian Nr. XXX,1 und XXXI E,12), lat./engl. 188r-195v Prosatraktat über Grammatik, in Anlehnung an Eberhard von Béthune: ›Graecismus‹ 196r-198v Prosatraktat über Rhetorik 199r-200v Verstraktat über einsilbige Nomina (komm.) 201r-202v Alexander de Villa Dei: ›Doctrinale‹, V.499-539 (komm.) 202v-203v Notate und Gelegenheitseinträge sowie verschiedene Namensnennungen und (Proben für?) Besitzvermerke, lat./engl. Schreiber R. Spencer (teilw.); Johannes Bradford? (teilw.); Henry Themehrerlen? (teilw.); Domina Alicia Semorfylde? (teilw.); John Smyth (teilw.); John W. (teilw.); John Skeltan (teilw.); Rychard Wodloke (teilw.); Thomas (teilw.); Scherad (teilw.) Vorbesitzer Edward Stillingfleet (1635-99); Robert Harley (1661-1724) Erster namentlich bekannter Besitzer der Handschrift ist Edward Stillingfleet, Bf. von Worcester. 1707 erwarb sie Robert Harley, mit dessen Büchersammlung sie dann in die British Library einging. Trotz der zahlreichen mittelalterlichen Namenseinträge lässt sich das schulische Umfeld von Lon3 nicht mehr angeben. Die Handschrift führt jedoch wie Cam1 die ›Fabulae‹ in wünschenswerter Deutlichkeit in engster Verbindung zum lateinischen Grammatikuntericht vor, und wie dort verdient auch hier der extensive Einsatz volkssprachiger Glossierung Hervorhebung, die sich erneut weniger bereits ausgebildeten zweisprachigen Texttraditionen im Hintergrund verdankt als dem freien Ausgriff ihrer individuellen Benutzer sowohl in das Lateinische wie das Englische. Strekkenweise vermittelt auch Lon3 bereits den Eindruck eines individueller angelegten Begleitbuches für den Unterricht, das verstärkt für eigene Aufzeichnungen verwendet wurde, und weniger den eines Lesebuchs mit einem standardisierten Textangebot, das dem indidividuell sich »einschreibenden« Zugriff noch stärker entzogen war. Wie in Cam1 werden die ›Fabulae‹ nur ausschnittweise geboten, ohne dass sich das eindeutig auf sekundäre spätere Fragmentierung zurückführen ließe: An den englischen Colleges – an einem solchen dürfte Lon3 entstanden sein – lösen sich im ausgehenden 15. Jahrhundert die verbindlichen spätmittelalterlichen

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Textttraditionen auf, kann auf den originalen Text auch nurmehr selektiv zugegriffen werden. L2 THOMSON 1979, S. 239-253. L3 HUNT 1991, Bd. 1, S. 93, 326.

Lon4 *London, British Library, MS Harley 4967 Perg., 193 Bl., 24.5 x 15.5 cm, 1. (1-76) und 4. (77-185, 192f.) Viertel 13. Jh. und 14. Jh.? (186-191), England. 1r-2r Notate 2v leer 3rv Notate 4v Inhaltsverzeichnis zum ›Liber institutionum‹ 5r-75r ›Liber institutionum‹ (gloss.) 75r Federproben 75v Notate 76rv Federproben (u. a. radulphus de w) 77rv Textfragment (altes Schmutzblatt) 78r-91v ›Liber hymnorum‹ (lat./frz. gloss., komm.) (Anfang frgm.) 92r-102v Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. If., IV, III, V-XLII. 2. Epimythien im Verstext: Nr. VI E,1f., X E,1f., XI E,1f., XII E,1-4, XIII E,1f., XIV E,3f.+1f., XV E,1f., XVII E,3f., XIX E,1-4, XXV E,1f., XXVI E,1f., XXIX E,1f. Erschließung: 1. Accessus: dem Verstext engzeilig fortlaufend in kleinerer Glossenschrift vom Glossator nachgestellt. 2. Interlinearglossen: in lateinischer, französischer und englischer Sprache von der Hand des Verstextes in kleinerer Glossenschrift in gleichbleibender Dichte durch den ganzen Text. 3. Marginalscholien: in kleinerer Glossenschrift von der Hand der Interlinearglossen an beiden Rändern sowie (selten) oberhalb und unterhalb des Verstextes. Die breiteste der drei Kommentarspalten nimmt neben den Kommentaren in der Regel umfangreichere Scholien auf; auf den schmaleren Rändern erscheinen die Scholien eher in Interlinearglossen-Umfang. 4. Kommentar: in kleinerer Glossenschrift von der Hand der Interlinearglossen jeweils en bloc in Höhe des Fabelbeginns. Regelmäßig wiederkehrende Elemente: - einleitende Benennung der Fructus [huius apologi est quod ...], - Kurzverweis auf die Fabelhandlung mit bisweilen längerer Rekapitulation. 5. 92v am unteren Blattrand Begriffsschemata. Einrichtung: einspaltig, 28 Zeilen pro Spalte mit großzügigem Zeilenabstand in vorgezeichnetem und vorliniertem Schriftspiegel. Der Verstext erscheint etwa in der Blattmitte zwischen ungleich breiten seitlichen Rändern, von denen der stets etwas breitere äußere Rand noch einmal in eine schmalere, dem Verstext zugewandte Spalte (für Scholien) und eine etwa doppelt so breite dem Rand zugewandte Spalte (für den diskursiven Prosakommentar und einzelne längere Scholien) unterteilt ist. Die Fabeln beginnen jeweils in neuer Zeile mit vorangestellter zweizeiliger rubrizierter

Avian: ›Fabulae‹

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Lombarde bzw. zweifarbiger und bis zu neunzeiliger Zierinitiale, die dazu meist noch mit ausladenden, über mehrere Zeilen nach oben und unten laufenden Federstrichlinien versehen ist. Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit in eigene Vorlinierung herausgerückten Majuskeln. Textanfang: in der ersten Zeile mit Nr. I ohne weitere Kennzeichnung. Oberhalb des Schriftspiegels eine Marginalscholie mit der Etymologie von apollogus. Textende: Explicit liber auiani in eigener Zeile; der Rest des Blattes ist mit zwei Accessus von zwei verschiedenen Händen gefüllt (s. u.).

102v 103ra-vb 104r-113r

zwei Accessus zu Statius: ›Achilleis‹ Johannes de Garlandia (?): ›Poenitentiarius‹ (frgm.) (gloss.) Nicholas of Breckendale: ›Deponentiale‹ (lat./frz. gloss., komm.) 113r-114ra ›Contemptus mundi‹/›Cartula‹ (gloss.) 114rb-v Verse, Notate, Federproben, Kritzeleien 115r-125v Johannes de Garlandia: ›Carmen de mysteriis ecclesiae‹ (gloss., komm.) 125v-126r Accessus zu Johannes de Garlandia: ›Carmen de mysteriis ecclesiae‹ 126rab Verse 126v-138v Vergil: Eklogen (lat./frz./engl. gloss., komm.) 139r-149r Persius: Satiren (lat./frz./engl. gloss., komm.) 149v-150v Auszüge aus Nicholas of Breckendale: ›Deponentiale‹ (lat./frz. gloss.) 151r-160v Alanus ab Insulis: ›Liber parabolarum‹ (lat./frz./engl. gloss., komm.) 161ra-164rb Johannes de Garlandia: ›Cornutus‹/›Distigium‹ (lat./frz./engl. gloss., komm.) 164va-168vb Alexander von Hales: ›Exoticon‹/›Cornutus novus‹ (lat./frz./engl. gloss., komm.) 169r-174r Proba: ›Cento‹ 174v-185v Johannes de Garlandia: ›Equivoca‹ (komm.) 186ra-191vb Johannes de Garlandia: ›Synonyma‹ 192r-193v Verstext zur Grammatik (Anfang frgm.) Vorbesitzer frater wilhelmus?; Worcester, Cathedral library?; Edward Harley (1689-1741) Die Handschrift kam 1754/55 mit der Bibliothek Lord Edward Harleys in die British Library. In den Händen des Lords oder seines Vaters Robert (1661-1724) muss sie sich spätestens 1736 befunden haben, denn um diese

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Zeit wurde sie von David Casley katalogisiert.301 Wie sie jedoch in die Harleiana gelangte, ist unbekannt. Ein Jahrhundert zuvor befand sich der erste Teil (Bl. 1-76) von Lon4 in Worcester. Dort führt ihn der 1622-23 von Patrick Young angelegte Katalog als Nr. 167 auf: »Institutiones cum glossa ab initio vocatur liber, Prometheus in Caucasi montis cacumine religatus et caet. 4to«.302 Noch nicht in Youngs Katalog, sondern erst in einem Verzeichnis von Quarthandschriften der Kathedralbibliothek von 1697 lässt sich dann auch der Hauptteil von Lon4 nachweisen. Dort steht Teil 1 unter der Signatur Q.38. Die Teile 2-4 (Bl. 77-185, Bl. 186-191, Bl. 192f.) stehen unter Q.80.303 Die Blätter 1-76 mit kanonistischer Literatur wurden also erst im 18. Jahrhundert vorgebunden. Dagegen ist die Zusammenstellung der Teile 2-4 offenbar älter. Mit KER ist für den ersten Teil,304 darüber hinaus auch für die Teile 2-4 Worcester als bereits mittelalterliche Bibliotheksheimat zu erwägen, ohne dass jedoch in dieser Frage Sicherheit zu erreichen wäre. Der noch mittelalterliche Eintrag Jste liber constat frater willelmus auf Bl. 169v lässt jedenfalls auf ein geistliches Gebrauchsumfeld schließen. Wann die Teile 2-4 vereint wurden, ist ungewiss. Festzuhalten ist jedoch, dass Teil 4 von derselben Hand wie Teil 2 geschrieben sein könnte – Teil 3 dagegen wurde von anderer, deutlich späterer Hand vielleicht erst des 14. Jahrhunderts aufgenommen – und dazu in der Einrichtung des Textes mit Teil 2 zusammengeht. Teil 3 setzt sich auch hier deutlich ab, dürfte demnach sekundär eingeschaltet sein und unterbricht wahrscheinlich einen noch älteren Zusammenhang. Zudem tragen in Teil 2 und 4 zahlreiche Blätter Spuren einer frequenteren Verwendung im Unterricht. Diese ist zwar für Teil 3 nicht sicher auszuschließen, einschlägige Texteinträge aber fehlen. Teil 3 wurde also wohl erst beigebunden, nachdem die Handschrift – vielleicht weil sie inzwischen als veraltet angesehen wurde – bereits ihrem »unmittelbaren« Gebrauch entzogen war. Mag sich daher Teil 3 mit den ›Synonyma‹ Garlandias inhaltlich ganz zwanglos zu den umgebenden grammatischen Schriften stellen: Als Einheit hat sich der ganze Komplex vermutlich erst dem Blick eines Bibliothekars dargeboten, der seine Aufgabe vornehmlich in der Konservierung der drei Partien sah.

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Vgl. Catalogus librorum manuscriptorum bibliothecae Wigorniensis 1944, S. 21. Catalogus librorum manuscriptorum bibliothecae Wigorniensis 1944, S. 45 (Identifizierung a. a. O.). Vgl. auch WRIGHT 1972, S. 360 (s. v. Worcester) und S. 451. Vgl. Catalogus librorum manuscriptorum bibliothecae Wigorniensis 1944, S. 21, S. 71 (zu Q.38), sowie Catalogi Angliae 1697, Bd. 2,1, S. 21 (»882.38 Prometheus de contrarietate Canonum. Institutiones Justiniani.«) und S. 22 (»924.80 Hymni Ecclesiastici. Tractatus Grammaticus versu Hexametro. Chartula Moralis. Joannis de Garlandia de mysteriis Ecclesiae ad Fulconem Episcopum Londinensem. Virgilii Eclogae. Persius. Parvum Doctrinale, cum aliis ejusmodi«). KER 1964, S. 207.

Avian: ›Fabulae‹

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Teil 2/4 geht in Blatt 77 ein Textfragment voran, das ehedem als altes Schmutzblatt gedient hat und inzwischen nahezu unleserlich ist. Bl. 78r wurde am unteren Blattrand in breiten Schriftzügen und dunkler Tinte h 2 oder h 2us als Federprobe, Lagenzählung oder alte Signatur eingetragen. Die ersten und letzten Blätter (192-193) weisen zahlreiche Löcher auf. Alle sind sie an den Rändern abgegriffen und vom vielen Umblättern weich und geschmeidig geworden. Alle Hauptstücke – ›Liber hymnorum‹, Avian, ›Deponentiale‹, ›De mysteriis ecclesiae‹, Vergil, Persius, Alanus, ›Cornutus‹, ›Exoticon‹, Proba und ›Equivoca‹ – wurden von nur einer einzigen Hand oder wenigen eng aufeinander abgestimmt arbeitenden Schreibern aufgenommen,305 und zwar mitsamt ihren in gleichbleibend hoher Dichte angebrachten, vielfach volkssprachigen306 Glossen und den Kommentaren. Diese fallen lediglich in den ›Equivoca‹ schmal aus und fallen allein Bl. 138rb und 150v und im ›Cento‹ der Proba ganz aus. Geschlossene Texte größeren Umfang wurden dann so gut wie gar nicht mehr nachgetragen. Hierher gehören der Statius-Accessus auf Bl. 102v noch von einem zeitgenössischen Schreiber und dann insbesondere der ›Poenitentiarius‹ und der ›Contemptus mundi‹, beide von deutlich späterer Hand vielleicht erst des 14. Jahrhunderts. Im 14. Jahrhundert wurden zudem einige Interlinearglossen zum ›Cornutus‹ ergänzt.307 Bis in diese Zeit reichen auch die Verse, Notate, Federproben und Kritzeleien auf den Blättern 114 und 126 und die vielen Gelegenheitseinträge – etwa Bl. 168vb (Quid est sonus [...]), 169v Jste liber constat frater willelmus (nur Federprobe?), 170v oben, 172r, 180v (Versus differentiales), 192r (Wörter auf -mo) – und ebenso die Kritzeleien und unbeholfenen Federzeichnungen von Bl. 138r (fünf Köpfe, darunter zweimal Gottvater oder Christus und einmal ein gekröntes Haupt), 157r (Brustbild einer männlichen Figur), 171r (Vögel, Ornamente, hundeähnliches Wesen, Kopf einer männlichen Figur) und 172v (vierfüßiges Wesen mit Menschenkopf). Der Band war offenbar in Schülerhand geraten.308 L1 ELLIS 1887, S. XXXXf. (Sigle B); HERVIEUX 1893/99, Bd. 3, S. 98; GUAGLIANONE 1958, S. XXI (Sigle B); DUFF/DUFF 1961, S. 677 (Sigle B); HERRMANN 1968, S. 26 (Sigle B); GAIDE 1980, S. 73 (Sigle B). L2 Catalogi Angliae 1697, Bd. 2,1, S. 21f.; A catalogue of the Harleian manuscripts in the British Museum. London 1808-12. Unv. Nachdr. Hildesheim, New York 1973, Bd. 3, S. 233f.; Catalogus librorum manu-

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307 308

Aber auf Bl. 181r-185v könnte die Hand einmal wechseln: HUNT 1991, Bd. 1, S. 140. Die volkssprachigen Glossen aus Bl. 78r-91v sind abgedruckt bei HUNT 1991, Bd. 1, S. 40f., aus 92r-102v Bd. 2, S. 9f., aus 104r-113r und 149v-150v Bd. 1, S. 155, aus 126v138v Bd. 2, S. 10, aus 139r-149r Bd. 2, S. 10, aus 151r-160v Bd. 2, S. 10, aus 164va-168vb Bd. 1, S. 321f., aus 161ra-164rb Bd. 1, S. 328-348. HUNT 1991, Bd. 1, S. 326. Mit seiner späteren Geringschätzung mag in Zusammenhang stehen, dass aus Bl. 111 und 173 Randstreifen herausgeschnitten wurden.

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scriptorum bibliothecae Wigorniensis 1944, S. 45; KER 1964, S. 207; WARD 1883/1910, Bd. 2, S. 276. L3 CYRIL ERNEST WRIGHT: Fontes Harleiani. A study of the sources of the Harleian collection of manuscripts preserved in the departement of manuscripts in the British Museum. London 1972, S. 360, 451; HUNT 1991, Bd. 1, S. 39 u. ö. (vgl. Reg.).

Lon5 *London, British Library, MS Royal 15 A. VII Perg., 84 Bl., 19 x 13 cm, 13./14. Jh. 1r leer 1vab Accessus zu den ›Disticha Catonis‹ 1vb Accessus-Formel 2r-7v ›Disticha Catonis‹ (gloss., komm.) 8r-13v ›Ecloga Theodoli‹ (gloss., komm.) 13v-14r Accessus zu Avian 14r-25r Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XLII. 2. Epimythien im Verstext: Nr. VI E,1f., X E,1f., XI E,1f., XII E,3f., XIII E,1f., XIV E,3f.+1f., XV E,1f., XVII E,1f., XIX E,1f., XX E,4, XXV E,1f., XXXVI E,1f. Erschließung: 1. Interlinearglossen: nur vereinzelt bei Nr. I und II. 2. Accessus: am oberen Blattrand vor Nr. I engzeilig in Glossenschrift fortlaufend von Kommentarhand und dann in die schmalere innere Spalte fortgesetzt. 3. Prosakommentar: jeweils etwa in Höhe der Fabel in der Regel auf dem breiteren Rand beginnend, wo länger ausfallend aber auch die Schmalseite und obere und untere Ränder zusätzlich nutzend, sodass sich für ihn häufig eine L-Form um den Text herum ergibt. Seine Elemente: - Einleitungsssatz mit Benennung der Fabellehre, - Verweis auf die Fabelhandlung und kürzere oder längere Rekapitulation in der Prosaparaphrase, - allegorische Auslegung (nur bis Nr. XXVII und in Nr. XLII), - fortlaufende expositio ad litteram. Verwiesen wird u. a. auf Juvenal, Ovid, die ›Disticha Catonis‹ und den Apostel Paulus. Einrichtung: einspaltig, 30 Zeilen pro Spalte in vorgezeichnetem und vorliniertem Schriftspiegel mit breiten Rändern, außen etwa doppelt so breit wie innen, auch oben und unten großzügig, die Ränder jedoch nicht vorliniert. Die einzelnen Fabeln beginnen jeweils in neuer Zeile mit dreizeiligen Initialen in rot und blau. Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit in eigene Vorlinierung herausgerückten Majuskeln. Textanfang: im Kopf von 14r AUIANUS vielleicht von späterer Hand; die erste Initiale dann etwas größer als die folgenden. Textende: Explicit tertius liber de moribus scilicet auianus als letzte Zeile des Verstextes.

25r-36v 37r 37r-56r 56v-76ra 76rb-vb

Maximian: ›Elegiae‹ leer Statius: ›Achilleis‹ (gloss.) Claudian: ›De raptu Proserpinae‹ Johannes de Garlandia (?): ›Poenitentiarius‹ (Nachtrag)

Avian: ›Fabulae‹

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77ra-83va ›Romulus-LBG‹ (Nachtrag) 83vb katechetisches Notat (Nachtrag) 84r-vb Psalterfragment (13. Jh.) Die Handschrift ist zwischen 1666 und 1697 in die Royal Library gelangt. Weitere Vorbesitzer sind nicht bekannt.309 ›Poenitentiarius‹ und ›Romulus-LBG‹ wurden von zwei späteren Händen geschrieben und setzen sich zudem in ihrer zweispaltigen Anlage von den vorangehenden Texten ab.310 Für die beiden Nachträge wurde eine letzte freigebliebene Lage genutzt, die mit dem Claudian nur begonnen war.311 Diesem Anhang voran geht die planvoll angelegte, einheitlich eingerichtete und sorgfältig und geschlossen unter Beteiligung von zwei Schreibern312 niedergeschriebene Textreihe des ›Liber Catonianus‹. Dieser wurde bereits von den Schreibern selbst als Einheit begriffen. Das zeigen die einheitlichen Explicits: Explicit primus liber de moribus scilicet catho (Bl. 7v), Explicit secundus liber de moribus scilicet theodolus (Bl. 13v), Explicit tertius liber de moribus scilicet auianus (Bl. 25r), Explicit iiijus liber ethicorum scilicet maximianus (Bl. 36v), Explicit statius achileydos quintus liber (Bl. 56r). Lediglich Bl. 76ra nach dem Claudian fehlt ein solcher Schluss, den erst eine Nachtragshand ergänzte (Explicit claudianus). Dass der Band nicht ganz fertiggestellt wurde, ist auch an der Verteilung der Glossen und Kommentare zu erkennen. Für Maximian und

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Vgl. WARNER/GILSON 1921, S. 143 (Lon5 noch nicht im Katalog von 1666 [zu diesem Katalog: The Lumley library. The catalogue of 1609 edited by SEARS JAYNE & FRANCIS R. JOHNSON. London 1956, S. 293 mit Anm. 7]) und Catalogi Angliae 1697, Bd. 2,1, S. 247 (unter den in St. James Palace aufbewahrten Manuskripten Nr. 8614.892 – »Catonis disticha. Theoduli Eclogae. Avieni Fabulae« – und Nr. 8615.893 – »Statii Achilleis. Claudianus de raptu Proserpinae« [ohne Maximian!]). Zur getrennten Aufführung in den Catalogi Angliae s. WARNER/GILSON 1921, S. XXXIV. CASLEY führt 1734 (S. 236) den Bestand geschlossen auf, MONTFAUCON 1739 hingegen nur den älteren Katalog, und dies zudem unvollständig (Bd. 1, S. 686 Nr. 8614f.). Dass die Catalogi Angliae 1697 sie nicht nennen, darf nicht als Indiz für späte Zusammenstellung genommen werden, denn die Inhaltsangaben sind dort nicht selten unzuverlässig. Lagenformel: 3V30 + (VI-1)41 + V51 + 2VI75 + IV83. Die Lagenformel bei WARNER/GILSON 1921, S. 143, ist fehlerhaft: 4V40 + (V+1) oder (VI-1)51 + V61 + I63 + VI75 + IV83. Im entscheidenden Punkt, dem Übergang von der vorletzten zur letzten Lage, stimmt sie jedoch mit den Gegebenheiten überein. Der Text des Claudian reicht hier wie dort bis auf das Eingangsblatt der Abschlusslage. Unverständlich bleibt daher, wieso WARNER/GILSON 1921, S. 143, dennoch von einer neuen Lage für den ›Romulus-LBG‹ sprechen. Das ist, ohne den Widerspruch zur Lagenformel zu sehen, bei HUNT 1991, Bd. 1, S. 75, übernommen: »After the confessional poem Peniteas cito (ff. 76rb-77vb [recte 76vb, M. B.]) there begins a new quire, in a new hand, purveying 56 Aesopic fables [...] (ff. 77ra83ra).« Händewechsel sind z. B. Bl. 15v und 16v in den Kommentarteilen zu erkennen.

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Claudian fallen sie vollständig aus, und die ›Achilleis‹ wurde lediglich glossiert. Da mit voranschreitendem Text die Dichte der Texterschließung in mittelalterlichen Schulhandschriften oft abnimmt, wird man zumindest für die Eingangstrias reichere Textbeigaben erwarten – zu Recht auch für Lon5. Die Verteilung des Erschließungsapparats erscheint dort dann aber doch überraschend. Von den ersten drei Stücken wurde nämlich nicht das erste, der ›Cato‹, sondern das dritte, der Avian, am reichsten mit Glossen und Kommentaren ausgestattet, und über ›Cato‹ und Theodolus zur Fabelsammlung hin nimmt deren Dichte eher allmählich zu statt ab. Der Avian erscheint in dieser Hinsicht also in relativ herausgehobener Stellung. Diese Akzentuierung des Avian steht vielleicht mit der Beigabe des ›Romulus-LBG‹ im Zusammenhang. Der ›Romulus‹ muss nämlich nicht viel später als der ›Liber Catonianus‹ geschrieben sein.313 Ferner wurde der Kommentar zum Avian etwas weniger sorgfältig als der Verstext niedergeschrieben: Hier könnte eine zweite Vorlage mit dem Kommentar erst etwas später in die Handschrift mit dem Verstext eingearbeitet worden sein. Dass sich das Sonderinteresse an der Fabel hier eines ›Liber Catonianus‹ bedient, ist insofern bemerkenswert, als der ›Liber‹ eigentlich für schulische Gebrauchszusammenhänge konzipiert wurde. Das vorliegende Exemplar indes wurde in diese nicht überführt, weil es nicht fertiggestellt wurde. Zwar weisen das Freiblatt vorn und die Freilage am Schluss auf die Anlage als Schulheft, doch fehlen Glossen und Kommentare im zweiten Teil des ›Liber‹, fehlen nicht zuletzt einschlägigen Gebrauch anzeigende Einzelheiten wie Feder- und Schülerzeichnungen, Kritzeleien, Tintenproben, Federproben, Alphabete und Gelegenheitseinträge. L1 HERVIEUX 1893/99, Bd. 1, S. 793, Bd. 3, S. 96; GUAGLIANONE 1958, S. XXI (Sigle Lo). L2 Catalogi Angliae 1697, Bd. 2,1, S. 247 Nr. 8614.892 und Nr. 8615.893; DAVID CASLEY: A catalogue of the manuscripts of the King’s library: An appendix to the catalogue of the Cottonian library [...]. London 1734, S. 236; MONTFAUCON 1739, Bd. 1, S. 686 Nr. 8614f.; WARD 1883/1910, Bd. 2, S. 272-275, 286-291; WARNER/GILSON 1921, Bd. 1, S. 143.

Lon6 *London, British Library, MS Royal 15 A. XXXI Perg., 144 Bl., 21.5-22.5 x 13.5-16.5 cm, 13. Jh., England. 1rv Urkundenfragment von 1351 (8r fortgesetzt) 2r leer 2v Inhaltsverzeichnis (17. Jh.) 3r-7v ›Ecloga Theodoli‹

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WARD 1893 datiert den Nachtrag nur ungefähr ins 14. Jahrhundert. Diese Angabe wäre zu überprüfen und näher einzugrenzen.

Avian: ›Fabulae‹

7v 8rv 8arv 9ra-12rb 12v 13r-20v 20v-28r 28r-43r

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lat.-engl. Glossar Urkundenfragment von 1351 (1v fortsetzend) Fragment einer Handschrift mit lateinischen Cantiones Alanus ab Insulis: ›Liber parabolarum‹ (lat./frz./engl. gloss.) Ps.-Boethius: ›Disciplina scolarium‹ (gloss., komm.) (Ende frgm.) ›Disticha Catonis‹ (lat./frz./engl. gloss., komm.) ›Ecloga Theodoli‹ (lat./frz. gloss., komm.) Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XVI, XXII-XLII. 2.a) Epimythien im Verstext: Nr. X E,1f., XV E,1f., XXIX E,1f., XXXI E,1f. 2.b) Epimythien außerhalb des Verstextes: Nr. XI E,1f., XII E,3f., XIII E,1f., XIV E,3f., zu Nr. XV (nicht bei GUAGLIANONE) Sic grues atque pauo de pulcritudine certant. Queque suaui sociaui se superasse putat, jeweils von zwei verschiedenen Händen (zu XI bzw. zu XII-XV) am Rand nachgetragen. Erschließung: 1. Accessus: 28r engzeilig fortlaufend in kleinerer Glossenschrift von der Hand des Glossators, am inneren Blattrand einsetzend und den ganzen unteren Blattrand füllend. 2. Interlinearglossen: überwiegend lateinisch, wenige französische Interlinearglossen, in durchgehend relativ dichter Grundschicht, dazu ganz vereinzelt im 15. Jh. ergänzt englische Interpretamente. Zur Grundschicht gehören ferner nicht selten Syntaxpunkte. 3. Kommentar: in kleinerer Glossenschrift von der Hand der Glossengrundschicht durch die ganze Sammlung jeweils in eigenen Textblöcken in der Regel an den etwas breiteren äußeren Rändern. Elemente: - Benennung der Lehre, - Rekapitulation des Inhalts in mehr oder minder ausführlicher Prosaparaphrase. 4. Marginalscholien: nur wenige Einträge in kleinerer Glossenschrift, überwiegend von der Hand der Glossengrundschicht. Inhalt: Definition von appollogus vor Nr. I, Angabe zum Umfang der Sammlung neben Nr. I (38 Stücke!), allegorische Auslegung (nur zu Nr. I) und Bruchstücke einer fortlaufenden exposito ad litteram (nur zu Nr. I, hier u. a. mit einer Definition von pleonasmus). Einrichtung: einspaltig, 15-24 Zeilen in vorgezeichnetem und (auf den ersten Seiten: doppelt) vorliniertem, in die Blattmitte gesetzten Schriftspiegel mit breiten Rändern (diese auf den ersten Seiten ebenfalls doppelt vorliniert). Die einzelnen Fabeln setzen jeweils in neuer Zeile mit in der Regel zweizeiliger Capitalis ein. Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit in eigene Vorlinierung herausgerückter Majuskel. Textanfang: nach Leerzeilen Texteinsatz ohne Überschrift mit dreizeiliger Initiale. Textende: nach Leerzeile Liber finitur a discretis bene scitur | Et laudes Christi recipiat sedulus isti.

43v 43v 44r-73r

Notate zu Johannes de Garlandia: ›Accentuarium‹ Exzerpte aus Isidor von Sevilla: ›Libri etymologiarum‹ (Nachtrag Ende 13. Jh.) Johannes de Garlandia: ›Accentuarium‹ (lat./frz./engl. gloss., komm.)

Verzeichnisse zur Überlieferung

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73v 74r-117v

Federproben Statutensammlung, lat./frz. (u. a. für Marlborough [1267], Merton [1236], Westminster [1275, 1285], Gloucester [1278], Winchester [1285])314 118r-120r Bulle Papst Innozenz’ VII. (1404-06) an die Äbte von St. Albans, Evesham und Waltham bezüglich der Freiheiten von Westminster Abbey (Nachtrag, 15. Jh.) 120v-120av leer 121r-140ra Tabula Bibliae secundum locos communes dispositae 140rb-140v leer 141ra-144ra Hildebert von Lavardin: ›Epistolae‹ 144rb-v leer Vorbesitzer John Lumley (ca. 1534-1609) Ein neuzeitlicher Einband vereint hier mehrere einstmals selbstständige oder anderen Zusammenhängen entnommene Teile. Einen ersten Abschnitt bildet die ›Ecloga Theodoli‹, die einem ehedem separaten Faszikel mit eigenem Schutzumschlag entstammt. Teil 2 umfasst Bl. 9-73, Teil 3 Bl. 74-120. Teil 4 ist als einziger Abschnitt dreispaltig angelegt und erstreckt sich über Bl. 121-140, Teil 5 über Bl. 141-144. In den Katalogen der Royal Library wird Lon6 erstmals 1666 erfasst, und zwar in der vorliegenden Zusammensetzung unter den in St. James Palace aufbewahrten Büchern.315 Ein halbes Jahrhundert zuvor lassen sich allerdings nur noch Ausschnitte nachweisen. 1609 werden im Bücherverzeichnis Lord John Lumleys, dessen reichbestückte Bibliothek nach seinem Tod 1609 in die Bestände der Royal Library einging, unter Nr. 2245 aufgeführt: Theoduli liber metrico carmine. M: Catonis disticha moralia. Tractatus grammaticus metricus, carmine incerti. Chronologia brevis, a creatione mundi ad annum 1137 usque ad tempus Stephani regis Angliae. Tabula Bibliae secundum locos communes dispositae. Omnia manuscript.316

Der Eintrag wird von den Herausgebern des Lumley-Katalogs ebenso wie von WARNER/GILSON mit den Teilen 2 (dort der Theodolus und der ›Cato‹ und als »Tractatus grammaticus« Garlandias ›Accentuarium‹) und 4

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316

Einzelnachweise bei WARNER/GILSON 1921, S. 150f. WARNER/GILSON 1921, S. 152. Vgl. zu diesem Katalog: The Lumley library 1956, S. 293 mit Anm. 7. Die Catalogi Angliae verzeichnen die Handschrift 1697 in Bd. 2,1 S. 245f. unter Nr. 8432.710 (»Statuta Marleberg. Mert. Gloucest. &c.«), 8468.746 (»Catonis disticha moralia«) und 8532.810 (»Theoduli Eclogae«). Zur getrennten Aufführung der Titel vgl. WARNER/GILSON 1921, S. XXXIV. The Lumley library 1956, S. 253.

Avian: ›Fabulae‹

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(»Tabula Bibliae«) identifiziert. Er hat ein Gegenstück in dem Bl. 2v im 17. Jahrhundert in die Handschrift eingetragenen Inhaltsverzeichnis, das wie der Katalog von 1609 fünf Titel erfasst und bis in einzelne Formulierungen hinein mit ihm zusammengeht (einzelnes ist unleserlich): 1 Liber Theoduli 2 M. Catonis distica moralis 3 Tractatus grammaticus metricus 4 Statutum de Marlab | Gallicae 5 Tabula Bibliae secundum locos | communes disposita

Die Herausgeber des Lumley-Katalogs und WARNER/GILSON haben den Inhalt der Handschrift jedoch nur mit dem Katalogeintrag von 1609 verglichen und das Inhaltsverzeichnis der Handschrift selbst nicht beachtet. Sie ziehen den Schluss, dass Teil 1, 3 und 5 erst später, d. h. spätestens 1666 ergänzt wurden, hingegen die »Chronologia brevis, a creatione mundi ad annum 1137 usque ad tempus Stephani regis Angliae« des LumleyKatalogs vor 1666 entfernt worden sein muss.317 Dabei ist übersehen, dass der Theodolus im Katalog von 1609 wie Bl. 2v dem ›Cato‹ vorausgeht und nicht, wie der zweite Theodolus der Handschrift, ihm folgt. Es ist mithin dieser und nicht der erste Theodolus übergangen. Daraus aber ist zu schließen, dass Teil 1 keine späte Ergänzung sein kann, sondern sich schon 1609 an seinem heutigen Platz befand. Nicht zuletzt die Positionierung des Inhaltsverzeichnisses eben in diesem ersten Teil auf Bl. 2v bestätigt das. Ferner weichen Inhaltsverzeichnis und Katalog in einem wichtigen Punkt voneinander ab: Von einer »Chronologia brevis« ist Bl. 2v keine Rede, sondern im Gegenteil genau von jenen Statuten, die Lon6 in Teil 4 bewahrt. Es ist also gar keine »Chronologia« entfernt worden, ebensowenig wie Statuten später ergänzt wurden. Vielmehr ist der Katalogeintrag von 1609 in Nr. 2245 offensichtlich fehlerhaft, ist die »Chronologia« aus anderen Zusammenhängen in ihn hineingeraten. Das im Zusammenhang der Katalogisierung von 1609 eingetragene Inhaltsverzeichnis und der Inhalt von Lon6 decken sich in der Berücksichtigung des Teils 1, des – hier freilich sehr kursorisch aufgenommen – Teils 2 und von Teil 3 und 4. Da bereits Teil 2 nur rudimentär erfasst ist, wird es nicht verwundern, den Inhalt der vier letzten Blätter übergangen zu sehen. Damit kann man vollständig darauf verzichten, noch für die Jahre nach 1609 Erweiterungen in der Textzusammenstellung von Lon6 anzusetzen.

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The Lumley library 1956, S. 253; WARNER/GILSON 1921, S. 152.

Verzeichnisse zur Überlieferung

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Die Geschichte der Handschrift vor Lumley liegt im Dunkeln.318 Sollte es sich bei Lon6 um eine noch mittelalterliche Bucheinheit handeln, lieferte sie wohl eher Aufschluss über mittelalterliche Bibliotheks- und Sammlungsgeschichte als dass sie noch in Schulzusammenhänge führte. Vor allem die Verdoppelung des Theodolus und die Aufnahme eines nur noch unvollständigen Ps.-Boethius zeigen ein primär konservatorisches Interesse an. Ein Übriges leistet dann das nach inhaltlichen Gesichtspunkten durch die Aufnahme der Statuten gestörte Gesamtbild. Für Schulzusammenhänge lässt sich demnach nur der Kern des ganzen Bandes, der Inhalt der Blätter 13-73, noch mit einiger Sicherheit auswerten. Er ist bereits durch die weithin systematische Ausstattung des Grundstocks mit texterschließenden Beigaben, die in hoher Dichte bereits zusammen mit den Verstexten angebracht wurden und unter denen sich nicht selten Volkssprachiges findet,319 einschlägig ausgezeichnet. Hinzu kommt die Verwandtschaft mit dem ›Liber Catonianus‹, dessen erste Hälfte in der Trias von ›Cato‹, Theodolus und Avian aufscheint, die auch durch auf jeweils dieselbe Seite fallende Textübergänge zusammengehalten wird. Ergänzt ist der ›Liber‹-Auszug um das ›Accentuarium‹, dessen Text im Unterschied zum Vorangehenden nicht auf derselben Seite anschließt. Die Blätter dieses Abschnitts sind vom vielen Wenden durchgehend abgegriffen und fleckig, manches ist eingerissen und musste genäht werden. Besonders stark in Mitleidenschaft gezogen wurde die Eingangsseite des ›Cato‹. Ihr entspricht am Ende des Abschnitts das leer belassene Bl. 73v. Offensichtlich liegt ein ehedem selbstständiges Schulheft vor. Die ›Cato‹-Initiale ist daher auch am aufwändigsten von allen Eingangsinitialen dieses Teils gestaltet, da sie die Lektüre zu eröffnen hatte. Für die Anlage des Heftes wurde minderwertiges Pergament benutzt. Die Blätter 57-62 etwa weisen Löcher auf, und Bl. 63, 67, 69, 70, 72 und weitere sind ungleich beschnitten. Neben der Textzusammenstellung, der Einrichtung – zu beachten ist die durchgehend doppelte Vorlinierung auch auf den Rändern zur Aufnahme von Interlinearglossen und Marginalkommentar – und den Spuren des frequenten Gebrauchs halten den Abschnitt Details wie die in allen Stücken anzutreffenden Syntaxpunkte der Grundschicht zusammen oder die Neigung des Rubrikators, die Randzeichen zur Texthervorhebung nicht nur als Zeigehände (Bl. 17v, 18r, 21v), sondern auch als Gesicht mit ausgeprägten Nasenprofilen (Bl. 18v, 21r, 23v) oder mit Kopfbedeckungen (Bl. 16r) zu gestalten. Von ihm stammen zudem einfa-

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Zusammenfassend zu den Quellen der Sammlung Lumleys: The Lumley library 1956, S. 213. Die volkssprachigen Glossen aus Bl. 9ra-12rb, 13r-20v und 20v-28r sind abgedruckt bei HUNT 1991, Bd. 1, S. 74, aus Bl. 28r-43r S. 74f.

Avian: ›Fabulae‹

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che kleine Tierzeichnungen, die Bl. 18r, 23r (Hase) und 46v (Hund und zwei Hasen) angebracht wurden. L1 ELLIS 1887, S. XLI (Sigle b2); HERVIEUX 1893/99, Bd. 3, S. 96f.; GUAGLIANONE 198, S. XX (Sigle b2), XXI (Sigle Ln); DUFF/DUFF 1961, S. 677 (Sigle b2); HERRMANN 1968, S. 26 (Sigle b2). L2 DAVID CASLEY: A catalogue of the manuscripts of the King’s library: An appendix to the catalogue of the Cottonian library [...]. London 1734, S. 238f.; MONTFAUCON 1739, Bd. 1, S. 631; WARD 1883/1910, Bd. 2, S. 278; WARNER/GILSON 1921, Bd. 1, S. 150-152; The Lumley library. The catalogue of 1609. Edited by SEARS JAYNE, FRANCIS R. JOHNSON. London 1956, S. 253 Nr. 2245. L3 HUNT 1991, Bd. 1, S. 74f., 147f.

Lue *Lübeck, Bibliothek der Hansestadt, Ms. philol. 8° 14 Perg., 104 Bl., 14 x 10 cm, 1335 und 2. Hälfte 14. Jh.-Anfang 15. Jh., Westdeutschland. 1r-28r Opus mythologicum 28v Besitzeintrag domini henrici de Warendorp 29r-38v Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XI, XIIIf., XII, XV-XXVII, XXIX, XXVIII, XXX-XLII. 2.a) Epimythien im Verstext: Nr. VI E,1f., X E,1f., XI E,1f., XIV E,3f., XV E,1f., XVII E,1f., XIX E,1-4, XXI E,3f, XXV E,1f., (bei XXVI), XXIX E,1f., XXXVIII E,1f., XXXIX E,3f. 2.b) Epimythien außerhalb des Verstextes: Nr. XII E,3f., XX E,1f., XXV E,1f., XXVI E,1f. [3. Der 38v-42r nachgestellte Kommentar enthält 42r auch die Widmungsepistel.] Erschließung: 1. Interlinearglossen: in gleichbleibender Dichte durch den gesamten Bestand zwischen den Zeilen, ohne dass im Versabstand deutlich eigens Raum für sie belassen worden wäre, und auf den etwas großzügiger belassenen Rändern neben dem Schriftspiegel; im wesentlichen in einem Zuge niedergeschrieben, teilweise aber auch (von derselben [?] Hand, die bereits den Verstext schrieb [?]) ergänzt. 2. Unter den Glossen/Scholien wurden von derselben Hand Tituli zu den Fabeln und Epimythien ergänzt. Einrichtung: einspaltig, 33 Zeilen; der Schriftspiegel belässt etwas großzügigeren Rand. Vor den einzelnen Fabeln findet sich Freiraum für nicht ausgeführte Lombarden. Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit herausgerückten Majuskeln. Textanfang: nicht eigens markiert. Textende: Explicit Auianus.

38v-42r 42v 43r-60v 60v 61r-67r

Kommentar zu Avian: ›Fabulae‹ (mit integrierter Widmungsepistel) Federzeichnung, Federproben Pindar Thebanus: ›Ilias latina‹/›Homerus latinus‹ Accessus zu Pindar Thebanus: ›Ilias latina‹/›Homerus latinus‹ (Nachtrag) Gottfried von Tienen: ›Omne punctum‹

Verzeichnisse zur Überlieferung

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67v 68r-77r

Federproben, Verse Reinerus Alemannicus: ›Thesmophagia‹/›Phagifacetus‹ (gloss.) 77r Accessus zu Reinerus Alemannicus: ›Thesmophagia‹/›Phagifacetus‹ 77v leer 78r-85v ›Speculum puerorum‹ (WALTHER Nr. 3690) (gloss.) (dat. 1335) 86r-94r Kommentar zu Ovid: ›Remedia amoris‹ 95r-104v Kommentar zu Lucan: ›De bello civili‹ (›Pharsalia‹) Vorbesitzer dominus Henricus de warendorf; Amplonius Ratinck de Bergka (1363/64-1435); Erfurt, Collegium Amplonianum Die Handschrift ist aus sieben unabhängig voneinander entstandenen Teilen zusammengesetzt. Schreiber und Texteinrichtung wechseln.320 Die Zusammenstellung erfolgte spätestens zu Anfang des 15. Jahrhunderts. Das Bücherverzeichnis Ratincks erfasst den Band 1410/12 bereits vollständig (vgl. K69). Die Blätter 1-28 befanden sich im ausgehenden 14. Jahrhundert im Besitz eines dominus Henricus aus dem westfälischen Warendorf, dessen Besitzeintrag Bl. 28v sicher nicht auf den gesamten Band bezogen werden darf. Ein Johannes Warendorp ist 1410 in Erfurt immatrikuliert.321 Ein Hinrich Warendorp lässt sich 1458 in Lübeck als Bergenfahrer nachweisen.322 Ob die Handschrift irgendwie über die letzten beiden nach Lübeck gelangt ist, verdiente geprüft zu werden – obschon ein Teil von ihr aus dem Besitz des Henricus doch zunächst in den Besitz Ratincks über- und dann ins Collegium Amplonianum einging. Wie die Handschrift nach Lübeck gelangte, ist unbekannt.323 Über die Schreibheimat und Provenienz der Teile 2-7 ist ebenfalls nichts bekannt. Ratinck selbst hat in Osnabrück und Soest die Schule

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321 322

323

Teil 1: Bl. 1-28 (fortlaufend, 26 Zeilen pro Seite), 2: Bl. 29-42 (s. o. zum Avian), 3: Bl. 4360 (30 Zeilen), 4: Bl. 61-67 (26 Zeilen), 5: Bl. 68-77 (23 Zeilen, systematisch glossiert), 6: Bl. 78-85 (27 Zeilen, systematisch glossiert), 7: Bl. 86-104 (engzeilig fortlaufend, 41 Zeilen). DELHAES 1941, S. 108 Nr. 196. Für den Hinweis auf die Arbeit von DAELHAES und Hinrich Warendorp danke ich Dr. Ulrich Simon vom Archiv der Hansestadt Lübeck. JAKOB nennt 1838 als alte Signatur »[Cod. ms.] 64]«. Auf welchen Handschriftenkatalog diese Signatur sich bezieht, weiß man auch in Lübeck nicht (Dr. Robert Schweitzer von der Bibliothek der Hansestadt brieflich am 23.6.1998). Nach dem Krieg befand sie sich mit weiteren Lübecker Beständen in der Sowjetunion und ist von dort erst vor einigen Jahren zurückgekehrt. Vgl. DICKE/GRUBMÜLLER 1987, S. LXVII: »verschollen, nicht in SB und SB Preuß. Kulturbesitz Berlin«. Im Verzeichnis zurückgekehrter Handschriften von 1991 (Zurückgekehrte Schätze 1991, S. 25f.) ist sie nicht aufgeführt und wohl S. 26 unter »Ms. philol.« zu ergänzen.

Avian: ›Fabulae‹

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besucht, und unter seinen Handschriften sind die der Rheinlande besonders stark vertreten.324 Das westfälische Warendorf fügt sich da ebenso gut ins Bild wie die westliche Verbreitung des ›Phagifacetus‹ und von Gottfrieds von Tienen ›Omne punctum‹.325 Weiterhin lässt sich, da in den französischen Unterrichtsmaterialien des 14. Jahrhunderts Avian-Text und Avian-Kommentar schon längst regelmäßig zusammengeführt werden, für den Lübecker Avian zudem eine Westgrenze angeben, hinter der er sicher nicht geschrieben wurde.326 Lue bietet nämlich eine schlichtere Form, in der die Kommentierung aufgeteilt erscheint: Die expositio ad litteram wurde interlinear und marginal eingetragen. Die etwas mehr Platz beanspruchende, weitergehende expositio in diskursiver Prosa hingegen – Ratinck bezeichnet sie als glosule – ist den ›Fabulae‹ erst nachgestellt. Diese Form der Text-Kommentar-Darbietung ist im Erfurter Lehrbetrieb zu Anfang des 15. Jahrhunderts bereits eine veraltete (s. o. zu Erf 1). Glossen und Kommentar des Avian-Teils, den die Kritzeleien auf seinem Schlussblatt 42v als ehedem selbstständigen Faszikel ausweisen, werden daher kaum erst in Erfurt eingetragen worden sein, sondern schon vom Vorbesitzer. Diesem war – ganz wie etwa auch den Dominikanern in Soest (s. o. zu Kop1) – die Ausstattung der ›Fabulae‹ mit einer die einzelnen Fabeln unmittelbar am Blattrand begleitenden expositio ad sensum und ad sententiam noch nicht selbstverständlich. Indizien einer systematischen Verwendung des Bandes unmittelbar im Erfurter Lehrbetrieb fehlen. Allenfalls für den – bezeichnenderweise punktuell – nachgetragenen Accessus zu Pindar Thebanus Bl. 60v und den (ebenfalls nachgetragenen?) Accessus zur Thesmophagia Bl. 77r könnte man Erfurter Niederschrift in Betracht ziehen. L1 DICKE/GRUBMÜLLER 1987, S. LXVIII. L2 KRISTELLER 1967/97, Bd. 3, S. 599. L3 JACOB 1838, S. 5-10; WOLFGANG DELHAES: Lübecker Studenten auf mittelalterlichen Universitäten. Phil. Diss. Berlin 1941, S. 108 Nr. 196; Bibliothek der Hansestadt Lübeck. Zurückgekehrte Schätze. Dokumentation anlässlich des Festaktes zur Rückkehr in Zweiten Weltkrieg ausgelagerter Handschriftenbestände am 22. April 1991. Lübeck 1991, S. 25f.

Maihingen, Fürstlich Oettingen-Wallerstein’sche Bibliothek, Cod. 635: s. o. Aug2. Mai/a Mainz, Stadtbibliothek, Hs. I 114 – Falze S. u. Mai/e.

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PAUL LEHMANN in MBK, Bd. 2, S. 1. Siehe oben Anm. 234. Siehe oben Kap. II.4.2.

Verzeichnisse zur Überlieferung

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Mai/b Mainz, Stadtbibliothek, Hs. I 156 – Falze S. u. Mai/e. Mai/c Mainz, Stadtbibliothek, Hs. I 167 – Falze S. u. Mai/e. Mai/d Mainz, Stadtbibliothek, Hs. I 172 – Falze S. u. Mai/e. Mai/e Mainz, Stadtbibliothek, Hs. I 214 – Falze Die erste der fünf hier aufgeführten Mainzer Handschriften, Hs. I 114, wurde in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts angelegt und gelangte 1781 mit der Bibliothek Mainzer Kartause in die Stadtbibliothek. Da sie weder Signaturen aus der Zeit vor dem 18. Jahrhundert aufweist noch in älteren Katalogen der Kartause nachzuweisen ist, bleibt von dieser Seite her zunächst ungesichert, ob sie bereits im Mittelalter in der Kartause aufbewahrt,327 vielleicht dort auch gebunden328 – die Handschrift hat heute einen neuzeitlichen Einband – oder sogar geschrieben329 wurde. Vom Trägerband I 114 sind also keine sicheren Schlüsse auf die Herkunft jener Handschriften des 13. Jahrhunderts möglich, die für seine Falze zerschnitten wurden. Von diesen enthielt eine einen zweispaltig aufgezeichneten, glossierten und kommentierten Avian. Identifiziert werden können Bruchstücke der Fabeln Nr. IV-VII, IX-XI, XIII-XV, XXf., XXIVf., XXIX-XXXII und XXXIV-XXXVI. Die entsprechende Handschrift bot, wie alle zweispaltigen Textzeugen des 13. und 14. Jahrhunderts, die Fabelsammlung ganz sicher ursprünglich vollständig. Dem Bruchstück in I 114 sind Fragmente in vier weiteren Handschriften der Mainzer Stadtbibliothek engstens verwandt. Sie fanden alle ebenfalls als Falze Verwendung. Sie datieren dem Mainzer Handschriftenkatalog zufolge alle ebenfalls ins 13. Jahrhundert. Sie bieten alle wie die Falze in Hs. I 114 sowohl den Verstext als auch Interlinearglossen – mit Ausnahme lediglich von Mai/e, wo die Interlinearglossen fehlen, was indes schlicht Folge der Fragmentierung sein mag – als auch einen Kommentar, und dies alles in zweispaltiger Anlage. Im Bestand umfasst Mai/b Partien aus Nr. XII, XV, XXII-XXVII, XXIX und XXXVf., Mai/c Stücke aus Nr. VII, XI, XXII, XXIX und XXXIIIf.,

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Vgl. jedoch KRÄMER 1989/90, Bd. 1,2, S. 536, die die Handschrift schon der mittelalterlichen Bibliothek zuweist. Die Kartause betrieb eine eigene Buchbinderei: SCHREIBER 1927, S. 75f. Die Buchbestände der Kartause wurden schon im Mittelalter durch zahlreiche Zugänge von außen bereichert: SCHREIBER 1927, S. 72-75.

Avian: ›Fabulae‹

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Mai/d aus Nr.VI und XXXIII-XXXV und Mai/e aus Nr. XIV-XVI, XVIIIf. und XXIV. Bei den Trägerbänden handelt es sich durchweg um theologische (Sammel-)Handschriften. Sie wurden in den Partien mit den Avian-Falzen alle grosso modo in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts niedergeschrieben. Sie stehen durchweg in mehr oder minder weitgehend zu sichernder Verbindung zur mittelalterlichen Bibliothek der Mainzer Kartause, in die sie entweder im 15. Jahrhundert von außen eingebracht und teilweise sogar geschrieben wurden oder in deren Besitz sie sich schon im 15. Jahrhundert nachweislich befanden. Es liegt damit die Vermutung nahe, dass die gesamte Fragmentengruppe auf ein- und dieselbe Avian-Handschrift des 13. Jahrhunderts zurückgeht, die etwa um die Mitte des 15. Jahrhunderts in der Buchbinderei der Kartause zerschnitten wurde. L1 SUERBAUM 2000, S. 433. L2 LIST/POWITZ 1990, S. 196; LIST 1998, S. 46-49, 9395, 108-111, 227f. L3 HEINRICH SCHREIBER: Die Bibliothek der ehemaligen Mainzer Kartause. Die Handschriften und ihre Geschichte. Leipzig 1927 (60. Beiheft zum ZfB).

Met

Metz, Bibliothèque Municipale, Ms. 169 [im II. Weltkrieg zerstört] Die Handschrift wurde 1944 zerstört.330 Dem Katalog der Metzer Stadtbibliothek zufolge enthielt sie auf Pergament im Kleinquart-Format die nachstehenden Texte:331 Bulla Pauli papae data anno M.CCCC.LXVII quarto nonas februarii, de pace inter principes Christianos ineunda 2. Petrus de Isolella: ›Summa grammaticae‹ (Umfang 86 Seiten)332 3. Tractatulus grammaticae (Inc. Nota quod verbum est pars oracionis declinabilis) (= Rolandus de Placentia: ›Regulae grammaticales‹?)333 4. Alanus ab Insulis: ›Liber parabolarum‹ 5. Avian: ›Fabulae‹ 6. Johannes de Garlandia (?): ›Poentitentiarius‹ (Umfang 6 Blätter) 7. Ovid: ›Remedia amoris‹ 8. Matthæus von Vendôme: ›Tobias‹ 9. Johannes de Garlandia: ›Dictionarius versificatus‹ (Umfang 11 Blätter) 10. Modus vacandi et acceptandi beneficia 11. ›Liber omnium rerum‹ (Incipiunt quedam capitula de libro omnium rerum. Et primo tractat de carne.) 1.

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MUNARI 1977/88, Bd. 1, S. 66. Vgl. Catalogue général 1879, Bd. 5, S. 75f. FIERVILLE 1886, S. VIII. Die Zuweisung an Petrus de Isolella nach BURSILL-HALL 1981, S. 356 (dort ohne die Metzer Handschrift). Vgl. BURSILL-HALL 1981, Nr. 290.38.8, zur Überlieferung in Venedig, Biblioteca Nazionale Marciana, Cod. 4308 (XIII.13), Bl. 119r-168v (der einzige BURSILL-HALL bekannte Textzeuge).

Verzeichnisse zur Überlieferung

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Das Ms. 169 stammt, wie ein 1765 von dem Benediktiner Maugérard angelegtes Bücherverzeichnis erweist (»Catalogus bibliothecae Sancti Stephani Metensis«), aus der Metzer Dombibliothek. Deren Handschriften wurden im Zuge der Französischen Revolution in öffentlichen Besitz überführt und machen heute einen beachtlichen Anteil der im Katalog von 1879 verzeichneten Bestände der Metzer Bibliothèque Municipale aus.334 Ob Met in Metz bereits im Mittelalter seine Bibliotheks- oder gar seine Schreibheimat hatte, ist den Angaben im Katalog Maugérards leider nicht zu entnehmen.335 Die Handschrift wurde jedenfalls im romanischen Sprachraum angelegt. Das geht aus französischen Kontextglossen im dritten336 und im neunten337 Stück hervor. Der Metzer Katalog von 1879 datiert die Handschrift, an deren Entstehung mehrere Schreiber beteiligt waren, ins 15. Jahrhundert. FIERVILLE dagegen setzt in seiner Ausgabe der ›Summa grammaticae‹ die Niederschrift dieses Stücks in Met noch ins 14. Jahrhundert.338 Es ist demnach zu erwägen, ob die 1467 datierte Papstbulle vielleicht erst nachträglich als Eingangsstück einer bereits deutlich älteren Handschrift vorangestellt wurde. Da die Handschrift damit nicht zweifelsfrei aus einem Guss ist, lässt sich nicht mehr bestimmen, welche der in Überlieferungsnachbarschaft mit der Fabelsammlung vorliegenden Werke von Anfang an gemeinsam mit den Fabeln aufgezeichnet oder doch wenigstens noch im Mittelater mit ihnen gemeinsam benutzt wurden. Als Besonderheit lässt sich jedoch die ungewöhnliche Fehlzuweisung der ›Fabulae Aviani‹ festhalten, die dem Katalog zufolge in der Handschrift als »Carmen dictum Vetula, [...] adscriptum Ovidio« geführt wer-

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Über Zusammensetzung und Geschichte der Handschriftensammlung der Bibliothèque Municipale informiert die »Notice sur la collection des manuscrits de la Bibliothèque de Metz« im Catalogue général 1879, Bd. 5, S. III-CXCII. Vgl. dort zu den Handschriften aus der Dombibliothek besonders S. XL-LVI. Das Ms. 169 wird S. XLVIf. in Anm. 2 und S. XLIX in Anm. 1 genannt. MONTFAUCON hat die Handschriften 1739 der Kathedralbibliothek nur auszugsweise in seine »Bibliotheca bibliothecarum« aufgenommen. Das Ms. 169 fehlt. Vgl. MONTFAUCON 1739, Bd. 2, S. 1376-1384. Der Katalog gibt als Beispiel »Emo, is, i, emptum, pour achater; vendo, is, vendidi, venditum, pour vendre, etc.« Der Katalog gibt als Beispiel »Olla, patella, tripes, coclear, lanx, fuscina, cratris. Nominativo hec olla, olle, gallice buire. Hec patella, le, gall. paelle. Hic et hec et hoc tripes est omne illud quod habet tres pedes. Hoc coclear, aris, gall. cuillier. Hec lanx, lancis, est quedam magna scutella, unde: Cui lanx longinca sunt illi dampna propinqua. Hec fussina, hec croclescina vel lignipedium, gall. cramaille de bos, vel smocitrostorium. Hec cratris vel craticula, gall. greis; allatorium gallice rotier.« Die volkssprachige Glossierung ist nicht über den ganzen Text hinweg durchgeführt. FIERVILLE 1886, S. VII.

Avian: ›Fabulae‹

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den. Ging, von den Katalogbearbeitern lediglich übersehen, vielleicht noch das ps.-ovidianische Gedicht ›De vetula‹ voran? Oder wurden diese Verse aus der Handschrift nachträglich herausgetrennt und blieb nur die Ankündigung erhalten? L1 SUERBAUM 2000, S. 385 Anm. 10. L2 MONTFAUCON 1739, Bd. 2, S. 1376-1384; Catalogue général des manuscrits des bibliothèques publiques des départements. Bd. 5. Paris 1879, S. 75f. L3 CHARLES FIERVILLE: Une grammaire latine inédite du XIIIe siècle, extraite des manuscrits N° 465 de Laon et N° 15462 (fonds latin) de la Bibliotheque Nationale, Paris 1886, S. VIIf.; MUNARI 1977/88, Bd. 1, S. 66 Nr. 33.

Mue1 *München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 3974 Pap., 323 Bl., 29.5 x 20.5 cm, 2.-3. Viertel 15. Jh., Süddeutschland. 1ra-51rb ›Speculum humanae salvationis‹, mit 188 Illustrationen und lateinischen wie einigen deutschen Beischriften und Nachträgen 51v Miniatur (typologische Darstellung der unbefleckten Geburt Christi) mit dt. Beischriften 52ra-53rb theologische Notate 53v Miniatur (Darstellung der Welt in einem von vier Löwen gezogenen Wagen) mit lat. Beischriften 53v-59v Kompilation von Vergänglichkeitsdichtungen, dt., mit lat. Überschriften, dt. Beischriften und lat. Zusätzen sowie zahlreichen Illustrationen 60ra-65va ›Visio Philiberti‹, jeweils in der linken Textspalte, mit Illustrationen 60rb-65rb ›Speculum artis bene moriendi‹, jeweils in der rechten Textspalte (teils schon 58vb-59rb einsetzend) 65va Adhortatio 65vb-66rb lat. Verse und Exzerpte 66ra-69va Bernhardinus von Siena (?): ›Speculum peccatorum‹ 69vab Regula aurea 69v Exzerpt aus Fulgentius Metaforalis: ›De imagine veritatis‹ 70ra-84vb Etymachietraktat, mit halbseitigen Illustrationen und lat. Beischriften Zusätzen 84vb-85r theologische Notate, lat./dt. 85r-88r Die 12 Umstände des Leidens Christi, mit Illustrationen 88va-91vb geistliche Schiffsauslegungen, mit Raum für nicht ausgeführte Illustrationen 91vb-92r theologische Notate 92r-113v Franz von Retz: ›Defensorium inviolatae virginitatis Mariae‹, lat./dt. (ill.)

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Verzeichnisse zur Überlieferung

114ra-121vb ›Vita beate virginis Marie et Salvatoris rhythmica‹, mit Zusätzen 122ra-va Speculum perfectionis 123ra-124r Exzerpte aus Robert Holcot: ›Moralitates‹ 124r-213ra Ulrich Boner: ›Edelstein‹, mit Illustrationen und zahlreichen lat. und dt. Randeinträgen (darunter Verweise auf ›Anonymus Neveleti‹ und Avian) 209vb-212vb ›Dialogus Salomonis et Marcolfi‹ (Fassung Pp), dt. 213va-215vb ›Dialogus Salomonis et Marcolfi‹ (Fassung Pp), mit einem Einleitungsbild 216ra-234vb ›Anonymus Neveleti‹ (gloss, komm.) (dat. 1450) 235ra-248vb Avian: ›Fabulae‹ (gloss., komm.) Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XXVI, XXVIIIf., XXVII, XXXI, XXX. 2. Epimythien im Verstext: Nr. VI E,1f., X E,5f.+1f., XI E,1f., XII E,1-4, XIII E,1f., XIV E,3f.+1f., XV E,1f., XVII E,1-3, XIX E,1-4, XX E,1f., XXI E,3f., XXV E,1f., XXVI E,1f., XXIX E,1f., XXXI E,1f., bei XXXVIII (nicht bei GUAGLIANONE) Actibus aut verbis homo tu quicumque superbis | Hoc retine verbum frangit deus omne superbum + XXXVIII E,2, bei XXXIX (nicht bei GUAGLIANONE) Non decet indignis quod velit esse prior. Erschließung: 1. Accessus: engzeilig fortlaufend, von der Hand des Verstextes, der ersten Fabel vorangestellt. 2. Interlinearglossen: durchgehend in bis zu drei, überwiegend jedoch in zwei Zeilen in kleinerer Glossenschrift von der Hand des Verstextes; anfangs werden auch Syntaxziffern systematisch eingetragen, auf die dann aber ab 238v grundsätzlich verzichtet wird. 3. Kommentar: systematisch von der Hand des Verstextes engzeilig fortlaufend im Anschluss an die entsprechende Fabel angebracht. Bestandteile in der Maximalform: - Benennung der Lehre, - ausführliche Prosaparaphrase, - geistliche Auslegung, regelmäßig als allegoria markiert, - erneute Ausführungen zur fructus mit weiterer expositio ad sententiam moralem, - zahlreiche Autoritätenverweise und Verszitate, darunter ganz vereinzelt deutsche (242rab: Da der siech genas da ward er poser weder ye was). Die Abfolge der Bestandteile erscheint zunächst wie angeführt, wechselt aber mit voranschreitender Niederschrift häufiger, wobei insbesondere die Position der zweiten fructus zwischen dritter und fünfter Stelle schwankt. Ab Bl. 244 (zu Nr. XXII) dünnt der Kommentar stark aus und umfasst regelmäßig nur noch die einleitend benannte Lehre und die Paraphrase. Einrichtung: zweispaltiger und, da Verstext und Kommentar alternieren, in wechselnder Zeilenzahl beschriebener Schriftspiegel, der weitgehend die ganze Seitenbreite einnimmt. Der Anfang der Fabeln ist durch das Ende des vorangehenden Kommentars zum vorigen Stück, durch zweizeilige Lombarde sowie am Rand beigebene Fabelzählung und dort notierten Titulus markiert. Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit gestrichelten Majuskeln. Für Interlinearglossen ist systematisch und großzügig Raum belassen.

Avian: ›Fabulae‹

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249vab De defectu huius mundi 250ra-270vb ›Biblia pauperum‹, lat./dt. (dat. 1446) 271ra-273va Alanus ab Insulis (?): ›De sex alis cherubim‹ 273vab theologische Notate, darunter Auszüge aus Robertus Holcot: ›Moralitates‹ 274ra-289va Prudentius: ›Tituli historiarum‹/›Dittochaeon‹ (komm.) (dat. 1454) 289vb-290r De oratione dominica 290ra-317ra ›Ecloga Theodoli‹ (komm.) (dat. 1454) 317rb-321vb ›Physiologus Theobaldi‹ (komm.) (frgm.) Vorbesitzer Georgius Eysen?; Regensburg, Benediktiner St. Emmeram Die Handschrift wurde über einen Zeitraum von zwanzig Jahren hinweg, von etwa 1440 bis Mitte der sechziger Jahre des 15. Jahrhunderts, von einer einzigen Hand, vermutlich der ihres ersten Besitzers, niedergeschrieben.339 Zu ihren frühen Stücken gehört etwa die ›Biblia pauperum‹ (1446). Circa fünf Jahre später wurden u. a. der ›Anonymus Neveleti‹ und der Avian aufgenommen (1450), die übereinstimmend eingerichtet sind, wiederum circa fünf Jahre später die ›Tituli historiarum‹/›Dittochaeon‹, die ›Ecloga Theodoli‹ und der ›Physiologus Theobaldi‹ (1454), vermutlich erst in den Sechzigern dann u. a. die Marienvita. Neben selbst geschriebenen, umfangreicheren Hauptstücken erweiterte die Haupthand ihre Sammlung um zwei fremde, aber zeitgenössische Handschriftenteile, die sie in Mue1 einarbeitete. Diese erstrecken sich über Bl. 92-113 (Franz von Retz) und Bl. 124-167, wobei der mit der zweiten Partie lediglich begonnene ›Edelstein‹ Boners dann wiederum von der Haupthand fortgesetzt und zu einem Ende gebracht wurde. Darüber hinaus nahm diese Hand immer wieder sowohl in lateinischer wie deutscher Sprache zahlreiche kleinere Ergänzungen in die Handschrift vor (die sie wahrscheinlich zunächst ungebunden ließ) und sorgte auch für ihre Ausstattung mit Illustrationen, für die sie auf mehrere, teils überaus geschulte Illustratoren zurückgreifen konnte. Eine zweite Hand, vielleicht eines zweiten Besitzers, brachte dann, wohl eher gegen Ende des 15. Jahrhunderts, weitere kleinere Stücke in die bereits umfangreiche Sammlung ein. Ins frühe 16. Jahrhundert, jedoch nicht vor 1516, datieren schließlich vereinzelte weitere Einträge, darunter möglicherweise ein Besitzeintrag eines Georgius Eisen 1533. Bei diesem könnte es sich um jenen Georgius

_____________ 339

Vgl. zum Folgenden neben der ausführlichen Katalogbeschreibung SCHNEIDERs (1970/96, Bd. 6, S. 504-519) insbesondere GRUBMÜLLER 1975.

Verzeichnisse zur Überlieferung

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Eysen de Haugstorff handeln, der sich im Wintersemester 1522 an der Universität Wien immatrikulierte.340 Format, Umfang, Textbestand und Ausstattung schließen eine Anlage der Handschrift für Zwecke eines regulären Unterrichtsbetriebs definitiv aus. Entsprechende Gebrauchsspuren fehlen ganz. Zudem sind Avian und ›Anonymus Neveleti‹ platzsparend zweispaltig angelegt. Zwar sind beide mit Syntaxglossen und Interlinearglossen ausgestattet, doch ist deren Einsatz im Spätmittelalter keineswegs an Unterrichtsschriftlichkeit gebunden. Er begegnet vielerorts auch in Textsammlungen für mehr oder minder gebildete Kleriker, die in ihren u. a. für katechetische und homiletische Zwecke oder auch für die weniger spezifische erbauliche Lektüre angelegten Handschriften auf solche Hilfsmittel nicht verzichten mochten. Beispielhaft lässt sich dafür etwa auf die systematischen Syntaxglossierung in Dar 3 verweisen. Auch der ausführliche Prosakommentar zum Avian wurde kaum für einen örtlichen Unterrichtsbetrieb neu ausgearbeitet. In Systematik und Ausführlichkeit nimmt er mit voranschreitender Niederschrift ab, wogegen enger mit einem lokalen Unterrichtsbetrieb zu verbindende Kommentarniederschriften wie in Aug2 (Ulm) oder Erf 1 (Erfurt) Umfang und systematischen Aufbau eher durchhalten. Gleichwohl steht eine übergreifendere Schulkommentartradition hinter ihm. So geht etwa der Accessus von Mue1 im Text eng mit dem Text von Slz zusammen.341 Der Kommentar selbst ist im Prinzip konventionell-wissenschaftlich gestaltet und stünde zumindest in seinen noch nicht verkürzten Teilen jeder besseren Lateinschule oder auch dem universitären Trivialstudium gut an. Die Vertrautheit des Hauptschreibers mit entsprechenden Auslegungsverfahren und Textraditionen steht außer Frage. Sie gibt sich ja auch in seinen lateinischen Beischriften zu den deutschen Boner-Fabeln hinreichend deutlich zu erkennen.342 Sie ist Voraussetzung für die Modifikationen, denen er das Angebot seiner Vorlage unterwarf. Die punktuelle Aufnahme deutscher Verse in den Prosakommentar gehört hierher, die sich nahtlos in das souveräne zweisprachige Agieren des Hauptschreibers

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342

So SCHNEIDER 1970/96, Bd. 6, S. 507. Slz wie Mue1 setzen mit dem quattuor sunt-Exkurs ein, benennen dann die causa efficiens unter Rückgriff auf Informationen der Widmungsepistel Avians, lassen auf sie die causa materialis folgen, die auch die Etymologie von apologia aufnimmt, verhandeln dann die intentio auctoris mit angeschlossenem Horaz-Zitat, vollziehen anschließend die Zuordnung zur ethica, benennen weiter den titulus operis und verbinden ihn mit der Etymologie des Verfassernamens Avianus. Es folgt dann der aus Servius’ Vergil-Kommentar abgeleitete Hinweis, dass dieser Autor nec proponit nec invocat sed narrat. Beide Accessus schließen mit Darlegungen zur speziellen Verteilung der Epimythien in einzelnen Fabeln (s. dazu auch oben Kap. II.2). Vgl. GRUBMÜLLER 1975, S. 146-152.

Avian: ›Fabulae‹

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fügt, indes in der Schultradition der Avian-Kommentierung keinerlei Entsprechung hat. Ebenfalls hierher gehört sicher auch die Erweiterung des Accessus um Bemerkungen zum Umfang des Verstextes, die den um Organisation und Ordnung bemühten Angaben zum Versbestand am Ende des ›Anonymus Neveleti‹-Kommentars Bl. 234vb korrespondieren. Es gehört ebenso aber auch hierher die Kürzung der Avian-Kommentare mit voranschreitender Niederschrift. Sowenig eine unmittelbare Verbindung zum Schulbetrieb besteht, sowenig eine unmittelbare zu einer alltäglich auszuübenden seelsorgerischkatechetischen oder zur Predigtpraxis. Entsprechende direkt praxisbezogene Handreichungen – Anleitungen zur Beichtpraxis, Musterpredigten, Artes dictandi – fehlen. Es ist durchaus bezeichnend, dass den Kommentarkürzungen im Avian eben auch die geistlichen Auslegungen der allegoria-Abschnitte unterworfen wurden, die man andernorts (Dar 3 ) durchaus separat stehen gelassen hat. Obschon sich, von der Avian-Überlieferung und ihren auch homiletisch ausgerichteten Handschriften aus betrachtet, keine vergleichbar deutlichen Hinweise darauf finden, dass Mue1 unter anderem auch im Hinblick auf potentiell homiletische Verwendung angelegt worden sein könnte, scheinen Verbindungen zur Predigtpraxis dennoch durch: vor allem im Ternar der Texte von ›Anonymus Neveleti‹, Avian und ›Physiologus Theobaldi‹, der sich im 14. und 15. Jahrhundert im deutschen Sprachraum gerade der homiletischen Präparation vielfach empfahl.343 Auch können gerade die in Mue1 extensiv eingetragenen deutschen Textpartien kleineren und kleinsten Umfangs ohne die generelle Absenkung der Schwelle zur Verwendung der Volkssprache nicht verstanden werden, die sich im deutschen Sprachraum seit der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts gerade in klerikalen Verwendungskontexten der Fabel vollzieht und die in der Überlieferung der ›Fabulae‹ in erster Linie an ihrer (regelmäßig verstreuten, nicht schulmäßig-systematischen) deutschen Interlinearglossierung sichtbar wird (aber etwa in Dan auch an der Aufnahme eines deutschen ›Cato‹ und einer fortlaufenden zweisprachigen expositio ad litteram). GRUBMÜLLER hat – von der Zweisprachigkeit in Mue1 ausgehend – eine überzeugende Erklärung für diesen Vorgang geliefert: Sie liegt in der Notwendigkeit, im dominant lateinischen Schulunterricht aufgebaute Hürden sprachlicher Vermittlung durch entsprechende Rückpräparationen der eigenen Texte in die Volkssprache und damit an die Erfordernisse der alltäglicheren Kommunikationspraxis wieder abzubauen. Über einen entprechenden Erfahrungshintergrund wird auch der Hauptschreiber von Mue1 und/oder sein näheres Umfeld verfügt haben.

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Siehe dazu Kap. II Exkurs 2.

Verzeichnisse zur Überlieferung

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Die Suche nach Mue1 vergleichbaren Avian-Handschriften führt am ehesten auf das – ebenfalls illustrierte – »Erbauungsbuch« von DHa, das allerdings sehr viel geschlossener und systematischer angelegt erscheint. Dagegen präsentiert sich Mue1 als vielfach kleinteiligere Sammlung, die zudem entschieden in die Volkssprache ausholt. Gleichwohl lässt sich auch von DHa her die Vorstellung allzu unmittelbar-praktischer Anwendungszwecke hinter der Anlage von Mue1 relativieren.344 Es bleibt diese Handschrift eigentlich nur als das zu nehmen, als was sie sich unmittelbar präsentiert: als gleichsam erstarrtes Produkt eines über die Jahre hinweg schriftlich gepflegten und vertieften Vollzugs individueller Erbauung und der eigenen Anleitung zu einer ebenso christlichen wie klugen345 Lebenspraxis. L1 OLDFATHER 1911, S. 111; GUAGLIANONE 1958, S. XXIV (Sigle Ma). L2 SCHNEI1970/2005, Bd. 6, S. 504-519; Katalog der deutschsprachigen illustrierten Handschriften 1991ff., Bd. 1, S. 287-289, Bd. 2, S. 295f. L3 GRUBMÜLLER 1975. DER

Mue2 *München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 237 Pap., II + 381 Bl., 30.5 x 19 cm, 1460-62, Leipzig. Ir leer Iv Inhaltsverzeichnis (Hartmann Schedel) IIr Verse, u. a. aus Homer, Vergil, Horaz IIv leer 1r-14v Agostino Dati: ›Elegantiolae‹ (lat./dt. gloss.) (dat. 1460) 15r-60r Galfrid von Vinsauf: ›Poetria nova‹ (gloss.) (dat. 1462) 60v Notat zur Rhetorik 60arv leer 61r-65v ›Salutaris‹ (dat. 1462) 66r-67r Alanus ab Insulis: ›Anticlaudianus‹ V,9 (= ›De laude BMV‹) 67v-87r ›Carmen de Juda Iscariote‹ 87r-94r ›Pylatus‹ 94r-102r ›De adventu papae‹ (WALTHER Nr. 10369) 102r-108v Petrus Riga: ›Passio s. Agnetis‹ (WALTHER Nr. 696) 109r-115r ›Rapularius‹ 115r-120v ›Probra mulierum‹ (WALTHER Nr. 19185) (gloss.) 120arv leer 121r-128v ›Pyramus et Thisbe‹ (WALTHER Nr. 15069) 128v-130v ›De rota fortunae‹ (WALTHER Nr. 6814)

_____________ 344

345

Anders GRUBMÜLLER 1975 (der etwa S. 145 einen Regensburger Schulmeister [Hermann Poetzlinger, belegt 1469] als potentiellen Nutzer der Handschrift ins Spiel bringt) und, diesem folgend, HENKEL 1988, S. 189f. Vgl. GRUBMÜLLER 1975, S. 158.

Avian: ›Fabulae‹

130v-132v

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Octavus: ›De processione terrae sanctae a Francis‹ (WALNr. 1164) Prudentius: ›Tituli historiarum‹/›Dittochaeon‹ (dat. 1462) Petrus Riga: ›De beata Maria‹ (WALTHER Nr. 11711) Avian: ›Fabulae‹

THER

132r-135v 135v-141v 141v-153r

Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XLII. 2.a) Epimythien im Verstext: Nr. VI E,1f., X E,1f., XI E,1f., XIII E,1-4, XIII E,1f., XIV E,1f., XV E,1f., XVII E,1f., XIX E,1f., XX E,1f., XXI E,3f., XXIV E,3-6, XXV E,1f., XXVI E,1f., XXVIII E,1f., XXIX E,1f., XXI E,1f., XXXIII,13f. bei XXXII, XXXIII E,2f., XXXVIII E,1f., XXXIX E,3f. 2.b) Epimythien außerhalb des Verstextes: Nr. X E,5f. Erschließung: 1. Accessus: in wenigen, aber über die gesamte Blattbreite laufenden Zeilen in kleinerer Glossenschrift der ersten Fabel vorangestellt. 2. Kommentar: systematisch auf den Blatträndern neben dem Verstext nach Möglichkeit jeweils in Höhe des Beginns der entsprechenden Fabel in kleinerer Glossenschrift in drei bis dreizehn Zeilen. Seine Elemente: - Benennung der Fabellehre, - Prosaparaphrase. 3. Marginalscholien: überaus vereinzelt, von der Hand des Kommentars, u. a. mit Verweisen auf Parallelstellen (z. B. Ovid, ›Ecloga Theodoli) und Sacherläuterungen (u. a. zu Satyr). Einrichtung: einspaltig, 30 Zeilen, breiter Rand; die Fabeln jeweils in neuer Zeile mit zweizeiliger rubrizierter Lombarde einsetzend, die Verse abgesetzt und mit herausgerückten Majuskeln. Textanfang: die Eingangsfabel trägt statt einer zwei- eine dreizeilige Lombarde. Textende: Explicit auianus | per hartmannum schedel | Continet auianus quadraginta duos appollogos.

153v-169v 170r-171v 171v-177r

›Anonymus Neveleti‹ (gloss., komm.) (dat. 1462) ›Responsio Moravii‹ (WALTHER Nr. 3411) Carolo Aretino: ›Batrachomyomachia‹ (WALTHER Nr. 16409) (gloss.) 177v Epistola recommendatoria für einen Studenten 178ra-183rb Bernhard von der Geist: ›Palpanista‹ 183va-189ra Heinrich von Settimello: ›Elegia de diversitate fortunae et philosophiae consolatione‹/›Pauper Henricus‹ (gloss.) 189rb-189vb Verse (u. a. Qui ducit uxorem litem trahit atque dolorem, Anfang eines Regimen sanitatis [WALTHER Nr. 1039], ›De conflictu virtutum et vitiorum‹ [WALTHER Nr. 20826], ›De quattuor virtutibus cardinalibus‹ [WALTHER Nr. 17908], Marbod von Rennes [WALTHER Nr. 1696]) 189ar-212va Johannes de Altavilla: ›Architrenius‹ (dat. 1461) 212vb-212av leer 212brv bis auf ein Notat zu Maximians ›Elegiae‹ leer 212crv Quaestio Utrum luxuria sit peccatum morale 213ra-217rb Maximian: ›Elegiae‹ (gloss.) (dat. 1460)

Verzeichnisse zur Überlieferung

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217v leer 218ra-220vb Auszug aus Nigellus: ›Speculum stultorum‹ 221r leer 221va ›Commendatio scolaris‹ (WALTHER Nr. 11723) 221vb leer 222ra Ps.-Ovid: ›De pulice‹ 222rb Ovid: ›De anulo‹ 222v leer 223ra-233vb Freidank: ›Bescheidenheit‹, lat.-dt. 234r-239r Reinerus Alemannicus: ›Thesmophagia‹/›Phagifacetus‹ (gloss.) 239rab Verse (u. a. aus dem ›Pylatus‹) 239v leer 240r-243v Marbod von Rennes: ›De ornamentis verborum‹ 243va-244ra De coloribus sententiarum (aus Konrad von Mure: ›Summa de arte prosandi‹) 244rb leer 244va-245ra De variis speciebus metrorum 245rb-vb leer 246ra-254rb Beda: ›De metrica arte‹ 253va-256va Beda: ›De schematibus et tropis‹ 256vb-256ar leer 256av Notat (De generibus dictandi) 256br leer 257r-304v Alanus ab Insulis: ›De planctu naturae‹ 305r-373r Alanus ab Insulis: ›Anticlaudianus‹ 373v leer Schreiber Hartmann Schedel Vorbesitzer Hartmann Schedel (1440-1514); Johann Jakob Fugger (151675); Herzog Albrecht V. von Bayern (1528-79) Die Handschrift wurde von Hartmann Schedel346 zwischen 1460 und 1462347 während seiner Studienzeit in Leipzig348 angelegt und ging in seine berühmte Büchersammlung ein, die später dann von Melchior Schedel aus Familienbesitz an Jakob Fugger veräußert wurde. Die Bibliothek der Fugger wurde 1571 für die von Herzog Albrecht V. von Bayern gegründete Hofbibliothek erworben, aus der die heutige Staatsbibliothek hervorgegangen ist.

_____________ 346

Er nennt sich in Kolophonen Bl. 135v, 153v, 169v. Vgl. zur Person HER1992. So die Kolophone Bl. 14v, 60r, 65v, 135v, 169v, 212va, 217rb. in vniuersitate lipczensi Bl. 135v, in studio lipczensi Bl. 169v, in lipczk Bl. 217rb.

NAD/WORSTBROCK 347 348

Avian: ›Fabulae‹

633

Die Aufzeichnungen Schedels dürfen nicht unmittelbar mit dem Leipziger Lehrbetrieb in Verbindung gebracht werden.349 Keiner der aufgenommenen Texte etwa ist durchgreifend systematisch glossiert und kommentiert. Die Verhältnisse im Avian-Abschnitt (dessen unmittelbarer Nachbar, der ›Anonymus Neveleti‹, auf genau dieselbe Weise eingerichtet und erschlossen ist) sind bezeichnend. Für die ›Fabulae‹ beschränkt sich Schedel auf die Mitteilung der Fabellehre und eine zumeist eher knappe Prosaparaphrase. Im Extremfall, den gleich Nr. I vor Augen führt, verdient sie indes kaum diesen Namen. Die Anführung der Fabelprotagonisten genügt: Docet apologus ne fidem adhibemus querelis mulierum. Et hoc per lupum deceptum et feminam (Bl. 141v). Der mitgeteilte Lehrgehalt ist hier wie an anderen Stellen der traditionelle. Hartmann dürfte seinen Beischriften demnach einen entsprechenden Kommentar, vermutlich aus dem Lehrbetrieb der Artisten, in dem die ›Fabulae‹ zeitgenössisch nachgewiesen werden können,350 zugrunde gelegt haben. Von anderer Seite wird diese Vorgehensweise mit der Konventionalität der für die ›Fabulae‹ angeführten Accessus-Elemente wahrscheinlich, wobei die Summe des Ausgezogenen wiederum hinter dem für einen universitären Lehrbetrieb Erwartbaren weit zurückbleibt.351 Eine Aufnahme von Interlinearglossen schließlich war von vornherein nicht vorgesehen. Der im Avian entsprechend knapp gewählte Zeilenabstand wurde so auch noch für zahlreiche andere Texte der Handschrift gewählt. Sein Magisterexamen hatte Schedel, als er mit den ersten Partien der Niederschrift begann, bereits hinter sich. Textaufzeichnungen aus dieser Ausbildungsphase übernahm er jedoch keine in Mue2. Hier begann er vielmehr – sicher zunächst in Form ungebundener Lagen, da sonst die Datierungen in chronologischer Folge erscheinen müssten – eine schon deutlich von seinem Interesse an den neuen studia humanitatis inspirierte Textsammlung, das er seit 1459 zunehmend verfolgte und das sein Vetter Hermann352 beförderte. Die ›Elegantiolae‹ von Dato setzen hier ebenso deutliche Akzente wie die ›Batrachomyomachia‹ von Aretino. Aber auch die frühmittelalterlichen Texte Bedas gehören hierher, der von den Frühhumanisten neu entdeckt wurde.353 In ihrer Summe werfen die in Mue2

_____________ 349 350

351

352 353

Anders HENKEL 1988, S. 26. Siehe unten zu Stu2. Über den Esopus (= ›Anonymus Neveleti‹?) wurde in Leipzig extraordinarie gelesen: BALDZUHN 1996a, S. 344f. Der Accessus beschränkt sich auf eine Definition von apologus, die Ausführung des Unterschieds zwischen fabula, historia und argumentum und die Etymologie von apologus. Vgl. den Abdruck bei BALDZUHN 1996a, S. 348. Vgl. über ihn BERNHARD SCHNELL: Schedel, Hermann. In: VL, Bd. 8, Sp. 621-625. HENKEL 1988, S. 29. Zur Aufnahme und Verarbeitung Bedas bei Wimpfeling und Celtis vgl. FRANZ JOSEF WORSTBROCK: Die ›Ars versificandi et carminum‹ des Konrad Celtis.

Verzeichnisse zur Überlieferung

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versammelten Texte weniger ein Licht auf das Lehrprogramm der Leipziger Artisten als auf das Spektrum der Möglichkeiten, das sich einem einschlägig an poetischen auctores Interessierten in der Umgebung einer mitteldeutschen Artistenfakultät in den sechziger Jahren für die Erstellung einer privaten Textsammlung eröffnete. L1 HERVIEUX 1893/99, Bd. 1, S. 560, Bd. 3, S. 91; GUAGLIANONE 1958, S. XXIV (Sigle Mb). L2 Catalogus codicum latinorum bibliothecae regiae Monacensis, Bd. 1,1, S. 59-61. L3 BALDZUHN 1996a, S. 346f., 375f.

Mue3 *München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 391 Perg., I + 99 Bl., 23 x 16.5 cm, Ende 13. Jh., Süddeutschland. 1r-9r ›Disticha Catonis‹ (gloss., komm.) 9r-18r ›Ecloga Theodoli‹ (gloss., komm.) 19r-42v Statius: ›Achilleis‹ (gloss., komm.) 43r-69v Claudian: ›De raptu Proserpinae‹ (gloss., komm.) 69v-85r Avian: ›Fabulae‹ (gloss., komm.) Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XXII, XXXIX, XXIII-XXXVII, XLf., XXXVIII, XLII. 2. Epimythien im Verstext: Nr. VI E,1f., X E,1f.+5f., XI E,1f., XII E,1-4, XIII E,1f., XIV E,3f.+1f., XV E,1f., XVII E,3f.+1f., XVIII E,1f., XIX E,1f., XX E,1f. (auch an XXI), XXV E,1f., XXVI E,1f., XXIX E,1f., XXXI E,1f. Erschließung: 1. Accessus: in kleinerer Glossenschrift von der Hand der Glossen und des Kommentars. 2. Interlinearglossen: von der Hand des Accessus und des Kommentars, systematisch über alle Stücke hinweg, vereinzelt zweizeilig. 3. Kommentar: vom Accessus- und Glossenschreiber systematisch auf beiden dafür vorgesehenen Blatträndern, in kleinerer Glossenschrift, engzeilig und fortlaufend, nicht immer in Höhe der Fabeln einsetzend, sondern auch schon einmal früher oder später. Bestandteile: - Benennung des Lehrgehalts, - Prosaparaphrase. 4. Marginalscholien: von derselben Kommentarhand in derselben Einrichtung auf beiden Blatträndern nehmen sie die etwas längere expositio ad litteram auf, vereinzelt auch ergänzende Benennungen der fructus fabule. 5. Eine etwas spätere Hand brachte zu mehreren Fabeln weitere Angaben zum Lehrgehalt an, die wie der ältere Kommentar auf den Blatträndern notiert wurden. Einrichtung: einspaltig, 23 Zeilen, Schriftspiegel mit breitem Blattrand für die Aufnahme des Marginalkommentars. Die einzelnen Fabeln beginnen mit zweizeiliger rubrizierter Lombarde; die Verse sind mit großem Zeilenabstand für die Aufnahme der Interlinearglossen abgesetzt und beginnen mit in eigener Vorlinierung herausgerückten gestrichelten Majuskeln. Textanfang: ohne Leerzeile im Anschluss an das vorangehende Stück, je-

_____________ Ein Lehrbuch eines deutschen Humanisten. In: Studien zum städtischen Bildungwesen 1983, S. 462-498, hier S. 471, 481f. und 485.

Avian: ›Fabulae‹

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doch mit vierzeiliger Zierinitiale. Textende: nicht markiert, doch ist der Rest der Seite frei belassen.

85r-98r Maximian: ›Elegiae‹ (gloss., komm.) 99rv Notate, lat.-dt. (darunter ich michael scherdinger von ) Vorbesitzer Hartmann Schedel (1440-1514); Johann Jakob Fugger (151675); Herzog Albrecht V. von Bayern (1528-79) Die Handschrift stammt wie Mue2 aus dem Besitz Hartmann Schedels und ist auf demselben Wege wie Mue2 in die Staatsbibliothek gelangt. Woher Schedel die Handschrift hatte, ist unbekannt. Da sie in seinem Bücherverzeichnis von 1498 ebenso fehlt wie in der Überarbeitung des Katalogs von 1507, wird es sich um eine späte Erwerbung handeln, die in die Jahre vor seinem Tod fiel. Der Nachtrag auf Bl. 99r, in dem sich unter kalendarischen Merkversen ein Michel Scherdinger nennt, macht immerhin wahrscheinlich, dass sich der Band zum Zeitpunkt seines Erwerbs durch Schedel auf deutschem Boden befand. Mue3 wurde planmäßig angelegt. Die Lagen bestehen fast ausschließlich aus Quaternionen.354 Die Schriftspiegel für alle Texte sind einheitlich eingerichtet. Der Haupttext steht stets in der Mitte, und rechts und links ist reichlich Rand für den Marginalkommentar belassen. Die Verse sind abgesetzt und lassen stets Raum für Interlinearglossen. Allen Texten sind Kommentare und Glossen beigegeben, die allerdings zum Ende der Aufzeichnung sowie zum Ende der Handschrift hin etwas ausdünnen. Alle Texte tragen denselben Buchschmuck, wobei jeweils der Eingangsvers aufwändiger gestaltet ist. Stellenweise lösen sich die Haupttexte auf einund derselben Seite ab, so etwa beim Übergang von Claudian zum Avian. Neben der äußeren Gestalt und der systematischen Ausstattung mit Glossen und Kommentaren verrät die Zusammensetzung der Mitüberlieferung den traditionellen ›Liber Catonianus‹. Auffallen muss allerdings die Voranziehung von Statius und Claudian. Sie kann nicht sekundär mechanisch eingetreten sein, da sich Claudian und Avian auf derselben Seite ablösen. Für ein in allen anderen Merkmalen derart traditionell gestalteten ›Liber‹ ist Variation der herkömmlichen Textreihe an dieser frühen Stelle zwischen der ›Ecloga‹ und dem Avian singulär. Häufiger hingegen begegnet allenfalls ein Stellungswechsel von Claudian und Statius am Ende der Reihe. Das mag mit einer defekten Vorlage zusammenhängen oder mit einem Abschreiber, der möglicherweise mit der ›Liber‹-Tradition nicht soweit vertraut war, dass er hier korrigierend eingriff, oder mit einem Schreiber, der in so großer Distanz zu einem den ›Liber‹ voraussetzenden Unterrichtsbetrieb arbeitete, dass von dieser Seite keine Notwendigkeit zur Korrektur bestand. Diese Frage verdiente auch deshalb Klärung, weil

_____________ 354

Vgl. KLEMM 1998, S. 193.

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Verzeichnisse zur Überlieferung

der vorliegende ›Liber‹ von seinem Buchschmuck her in Süddeutschland zu verorten ist. Er schert aus der französisch-englischen Überlieferungsgeographie des ›Liber Catonianus‹ deutlich aus. Es ist ganz unwahrscheinlich, dass das vorliegende Manuskript im süddeutschen Sprachraum innerhalb eines derart weitgehend regulierten Unterrichts benutzt wurde, wie ihn der ›Liber‹ als Unterrichtsbuch eigentlich voraussetzt. Es ist kein Zufall, dass sich im Avian nur eine einzige spätere Nachtragshand findet, die noch einige weitere Marginalien anbrachte. In den Unterricht wurde Mue3 nicht überführt: Die Handschrift ist reine »Schreibtisch-Kopie«. L1 HERVIEUX 1893/99, Bd. 3, S. 91f.; GUAGLIANONE 1958, S. XXII (Sigle Mo). L2 Catalogus codicum latinorum bibliothecae regiae Monacensis, Bd. 1,1, S. 103f.; KLEMM 1998, S. 193f.

Mue4 *München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 609 Pap., 108 Bl., 20 x 14 cm, 2. Hälfte 15. Jh., Südwestdeutschland. VD innen Exlibris der Herzoglichen Hofbibliothek 1r-64v ›Anonymus Neveleti‹ (gloss., komm.) 65r-108r Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XLII. 2. Epimythien im Verstext: Nr. VI E,1f., X E,1f., XI E,1f., XII E,1-4, XIII E,1f., XIV E,1-4, XV E,1f., XVII E,1-4, XIX E,1f., XXV E,1f., XXVI E,1f., XXIX E,1f., XXXI E,1f., XXXVIII E,1f. Erschließung: 1. Interlinearglossen: durchgehend, aber in wechselnder Dichte, vom Hauptschreiber in kleinerer Glossenschrift im dafür großzügig vorgesehenen Zeilenzwischenraum. 2. Syntaxziffern: unsystematisch, vom Hauptschreiber. 3. Kommentar: in unsystematischer Verteilung, vom Hauptschreiber engzeilig fortlaufend in kleinerer Glossenschrift auf den Blatträndern aufgenommen. Regelmäßig wiederkehrende Elemente sind: - (häufiger im Anschluss an das vorangestellte Stichwort sententia) die Prosaparaphrase, - (häufiger mit Stichwort utilitas oder fructus) die Benennung des Lehrgehalts; - nur sehr vereinzelt steht eine geistliche Auslegung (allegoria). 4. Marginalscholien: vom Hauptschreiber engzeilig fortlaufend in kleinerer Glossenschrift auf den Blatträndern aufgenommen und optisch insbesondere dann nur schlecht von den Kommentarabschnitten zu unterscheiden, wenn die Erläuterungen umfangreicher ausfallen, denn die Positionierung von Kommentar und Scholie folgt keiner festen Regel. Inhalte können sein: Etymologien (z. B. zu allegoria und boreas), Sacherläuterungen zu einzelnen Stellen, lexikalische Erläuterungen zu einzelnen Wörtern, allegorische Auslegungen (sehr vereinzelt), Autoritätenverweise (u. a. auf den Theodolus und den ›Pauper Heinricus‹). Einrichtung: einspaltig, 9 Zeilen pro Seite. Der Schriftspiegel für den Verstext belässt oben, unten und am äußeren Rand reichlich Raum für

Avian: ›Fabulae‹

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die Aufnahme von Marginalien. Die Fabeln beginnen jeweils mit rubrizierter Majuskel, die Verse sind abgesetzt, belassen reichlich Raum für Interlinearglossen und beginnen mit Majuskeln. Textanfang: durch schlichte Zierinitiale markiert. Textende: nicht markiert, jedoch Explicit und EXPLICIT S ANNO jeweils als ungelenker Nachtrag in eigenen Zeilen.

Vorbesitzer Herzog Albrecht V. von Bayern (1528-79) Die Handschrift befand sich schon im 16. Jahrhundert in der Hofbibliothek Herzog Albrechts V. Weitere Vorbesitzer sind nicht bekannt. Das kleine Bändchen überschaubaren Umfangs wurde sorgfältig und planmäßig von einem einzigen Schreiber angelegt. Eine teilweise noch erkennbare alte Lagenzählung erfasst die Blätter 37-84 und damit gleich beide Fabelkorpora, deren Vergemeinschaftung im Spätmittelalter überhaupt nichts ungewöhnliches ist. Ihre Texte sind identisch eingerichtet, das Layout ist hier wie dort auf die Ausstattung mit Glossen und Kommentar berechnet, die hier wie dort noch vom Verstextschreiber angebracht wurden. Dem Umfang, dem Format, dem Textbestand, der Texterschließung und der Textdarbietung nach mutet Mue4 wie ein individuell für die Unterstützung des Schulunterrichts konzipiertes Bändchen an. Es fehlen ihm aber alle Anzeichen eines häufigeren Gebrauchs etwa durch einen Lehrer oder gar einer frequenteren Verwendung durch Schülerhand. Sollte der Schreiber – und wahrscheinlich erste Besitzer – der Handschrift in der Tat den Trivialunterricht im Sinn gehabt haben, dann muss es sich um eine Einrichtung von bereits höherem Niveau gehandelt haben. Denn mit Ausnahme des Accessus sind in der Texterschließung alle Elemente eines vergleichsweise organisierteren, regulierteren Unterrichts vorhanden: neben der obligaten Benennung der Fabellehre und der durchaus nicht immer kurzen Prosaparaphrase – für ein Gegenbeispiel vgl. etwa Mue2 – teils auch die geistlich-allegorische Auslegung, jeweils entsprechende begriffliche Markierungen der einzelnen Kommentarabschnitte (sententia, utilitas/fructus, allegoria), in den Scholien intertextuelle Querverweise. Aber das tritt nahezu alles unsystematisch auf. Bezeichnenderweise kann die noch am ehesten systematisch angebrachte Kombination von Benennung der Fabellehre und Prosaparaphrase ihre Reihenfolge wechseln. Sie hat keinen festen Ort auf der handschriftlichen Seite und ist damit schlecht auffindbar. Auch ist der grammatische Anteil an den Scholien geringer als in der Lateinschule etwa in Wimpfen (s. o. Dar 1 ) oder in der Unterrichtshandschrift Ber 2 aus Böhmen. Es handelt sich demnach bei Mue4 wohl eher um ein für individuelle Zwecke angelegtes Studienbuch. L1 HERVIEUX 1893/99, Bd. 1, S. 561, Bd. 3, S. 92; GUAGLIANONE 1958, S. XXIV (Sigle Ms). L2 Catalogus codicum latinorum bibliothecae regiae Monacensis, Bd. 1,1, S. 161.

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Mue5 *München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 4146 Pap., 116 Bl., 30 x 20 cm, 1436-37, Augsburg. 1r Inhaltsverzeichnis und Prologus ad librum istum355 (dat. 1437) von Burkhard Zink 1v Notate 2r Besitzeintrag und Wappen des Johann Gossolt 2r-6r ›Disticha Catonis‹ 6r-9v ›Facetus Cum nihil utilius‹ 9v-14v ›Contemptus mundi‹/›Cartula‹ 14v-18v ›Physiologus Theobaldi‹ 18v-19r Johannes de Garlandia: ›Cornutus‹/›Distigium‹356 19r-20v Johannes de Garlandia: ›Dictionarius versificatus‹ 20v-22r ›De nominibus vocum animalium‹ (WALTHER Nr. 19766) 22r-57r Volpertus de Ahusa: ›Carmen de miraculis BMV‹ (dat. 1436) 57rv Notat De interdicto 57v-62r Martinus: ›Novus Cato‹ 62r-65v Prudentius: ›Tituli historiarum‹/›Dittochaeon‹ 65v-70v ›Ecloga Theodoli‹ 70v-75v ›Quinque claves sapientiae‹ (dat. 1436) 76r-91v ›Anonymus Neveleti‹ 91v-101v Avian: ›Fabulae‹ (dat. 7.1.1437) Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XLII. 2. Epimythien im Verstext: Nr. X E,1f., XI E,1f., XII E,1-4, XIII E,1f., XIV E,1-4, XV E,1f., XVII E,5f., XVIII E,3f., XIX E,1f., XXV E,1f., XXVI E,1f., XXIX E,1f., XXXI E,1f. Erschließung: keine. Einrichtung: einspaltig, 35 Zeilen; in der Seitenmitte platzierter Schriftspiegel; die einzelnen Fabeln jeweils in neuer Zeile mit rubrizierter Lombarde und in eigener Zeile vorangestelltem Titulus (teilweise in anderer Tinte noch einmal in derselben Zeile wiederholt); die Verse abgesetzt mit gestrichelter Majuskel. Textanfang: Jncipiunt fabule auiani in eigener Zeile. Textende: Explicit auianus magistri apologi in feria secunda | post Epifaniam domini 1437 | et illa die fuerunt | recepti Magistri ciuium Conradus v=gelin petrus egen.

101v-109r 109r-115v 116r 116v

›Facetus Moribus et vita‹ Frowin von Krakau: ›Antigameratus‹ (dat. 1437) leer Mariengebet, dt. (Nachtrag)

_____________ 355 356

Abgedruckt in: Die Chroniken deutscher Städte 1866, S. 337. Nach Textschluss folgen die ersten beiden Verse des ›Novus Cornutus‹ Ottos von Lüneburg. HABEL berücksichtigt den Clm 4146 entsprechend, führt ihn jedoch irrtümlich als vollständigen Textzeugen auf (1909, S. 4).

Avian: ›Fabulae‹

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Schreiber Burkhard Zink Vorbesitzer Burkhard Zink (1396-1474/75); Johann Gossolt; Augsburg, Augustiner-Chorherren Heilig Kreuz Die Handschrift wurde geschlossen von einem Hauptschreiber angelegt, aus dessen Feder auch Bl. 1r das Inhaltsverzeichnis stammt. In einem zeitnah zur Fertigstellung erstellten Eintrag im Anschluss an das Inhaltsverzeichnis gibt sich dieser Schreiber als Burkhard Zink zu erkennen.357 Der bekannte Augsburger Chronist teilt in seinem Eintrag mit, er habe das vorliegende Buch aus einer verderbten Vorlage abgeschrieben und sie nach Kräften zu verbessern gesucht. Ob er für sich selbst abschrieb, ist durchaus fraglich. Vermutlich war das Ergebnis eher für den Verkauf bestimmt, denn Zink bemerkt: supplico diligenter omnes intuentes ac legentes hos auctores seu omnes vel pro parte, ut si aliquos versus, dictiones, silabas sive literas inveniunt indebite scriptas aut incongrue et imperfecte productas, ut velint emendare, corrigere et in debitum et perfectum modum redigere aut producere.358

Auch fehlen Benutzerspuren, die eine Verwendung des Bandes durch Zink selbst anzeigen. Und durch eine Tätigkeit als Lohnschreiber hatte Zink sich, wie aus seiner Lebensbeschreibung hervorgeht, bereits Anfang der zwanziger Jahre seine finanzielle Lage zu verbessern gesucht.359 In den Jahren 1419-31 war er dann als Handelsdiener bei Josef Kramer in Augsburg tätig, und 1431-38 stand er als Wagmeister bei Peter Egen in Augsburg in Diensten.360 Bis zu seiner Festanstellung in städtischen Diensten Mitte des 15. Jahrhunderts versah er dabei gelegentlich auch Aufträge für die Stadt. Zum Erwerb eines eigenen Hauses reicht sein Einkommen erstmals 1440. Ob Zink den Band von Beginn an im Auftrag hergestellt hat oder nicht, ob er ihn im letzteren Fall sofort oder erst später verkaufen konnte, das alles ist unsicher. Später jedenfalls erwarb der Augsburger Generalvikar Johann Gossolt (1421-1506) die Handschrift für seine stattliche Bibliothek und brachte in diesem Zusammenhang Bl. 2r sein Wappen und

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Vgl. über ihn jetzt zusammenfassend SCHNITH, KARL: Zink, Burkhard. In: VL, Bd. 10, Sp. 1556-1558. SCHNITHs Angabe, er habe »religiöse und moralische Traktate, Fabeln und Gedichte – u. a. die Disticha Catonis« gesammelt (Sp. 1556), kann sich allein auf den wohl gewerbsmäßig produzierten Clm 4146 stützen. Zitiert nach dem vollständigen Abdruck in: Die Chroniken der deutschen Städte 1866, S. 337. Vgl. Die Chroniken der deutschen Städte 1866, S. 1-330, dort speziell zur Lebensgeschichte Zinks S. 333-338. Diese alte Verbindung zu Egen ist auch der Grund, wieso Zink im Avian-Explicit die Ernennung von Konrad Vögelin und Peter Egen (Peter von Argon) zu Augsburger Bürgermeistern im Jahre 1437 erwähnt.

Verzeichnisse zur Überlieferung

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seinen charakteristischen Besitzvermerk an.361 Wenn nicht einem unbekannten älteren Vorbesitzer, so mögen Gossolt, dem Angehörigem der akademisch gebildeten geistlichen Oberschicht Augsburg, die im gesamten Band anzutreffenden, immer aber nur verstreut angebrachten lateinischen Beischriften mit kurzen Inhaltsstichworten zuzuschreiben sein, die von Fall zu Fall die rasche Orientierung über den Inhalt einzelner Verstexte erleichtern. Aus der Bibliothek Gossolts, der gleich mehrere örtliche und umliegende Stifte und Klöster mit Buchlegaten bedachte, wanderte die Handschrift dann an das Augustiner-Chorherrenstift Heilig Kreuz. Das geschah vielleicht 1482 im Rahmen einer Jahrtagstiftung Gossolts. Gossolt selbst war ja 1475 an der Visitation des Stifts beteiligt und hatte die Mängel am Stift auflisten lassen und die Annahme der Indersdorfer Statuten empfohlen.362 Hier konnte er die Aufrüstung der Bibliothek mit eigenen Mitteln befördern. Deren Bestände waren dann im ausgehenden 15. Jahrhundert nicht ganz unbedeutend.363 1803 wurde das Stift aufgehoben. Die Staatsbibliothek München bewahrt heute ein gutes halbes Hundert seiner Handschriften.364 Die erwähnten Beischriften sind, neben einigen unsystematisch angebrachten Glossen zum ›Novus Cato‹ und dem Nachtrag eines deutschen Mariengebets in paargereimten Vierhebern, dessen Aufzeichnung freilich abgebrochen wurde, noch die deutlichsten Anzeichen einer späteren Verwendung der Handschrift. Auf unmittelbare Heranziehung für den Schulunterricht weist nichts.365 Dafür war Mue5 schon dem Format nach auch gar nicht angelegt. Zudem hatte Zink auch die übrigen Verstexte alle im

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Vgl. zur Person Gossolts, seinen Ämtern in Augsburg (Dekan bei St. Moritz, Domkanonikus, Propst von St. Peter) und seinen Handschriften v. a. EDUARD GEBELE: Augsburger Bibliophilen. In: Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben und Neuburg 52 (1936), S. 9-59, hier S. 19; MBK, Bd. 3,1, S. 32 Z. 11-13 und S. 48; GIER 1995, S. 88f. Schenkungen sind von ihm bekannt an St. Moritz (Augsburg, Staats- und Stadtbibliothek, 2° Cod 59, 85 und 419), an Heilig Kreuz, an St. Ulrich und Afra (Augsburg, Staats- und Stadtbibliothek, 2° Cod 526a-d; Augsburg, Bischöfliche Ordinariatsbibliothek, Nr. 80; München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 402 und Clm 4320), an das Karmeliterkloster St. Anna in Augsburg und die Benediktinerklöster Ottobeuren (Ms. O. 56-60 und 68) und Andechs. GRAF 1995, S. 107. GIER 1995, S. 88f. Vgl. zur Geschichte des Stifts und seiner Bibliothek NORBERT BACKMUND: Die Chorherrenorden und ihre Stifte in Bayern. Augustinerchorherren, Prämonstratenser, Chorherren v. Hl. Geist, Antoniter, von N. B.. Chorherren des Klosters Windberg mit einem Beitrag von A. MISCHLEWSKI. Passau 1966, S. 59-52, sowie MBK, Bd. 1,1, S. 31, und KRÄMER 1989/90, Bd. 1,1, S. 30f. Eine noch vor der Reformation an Heilig Kreuz betriebene Schule scheint relativ unbedeutend gewesen zu sein: HANS 1875, S. 100 (ohne weitere Nachweise). Siehe zur Augsburger Schullandschaft des 15. Jahrhunderts auch die oben bei Aug1 angegebene Literatur.

Avian: ›Fabulae‹

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Prinzip wie den Avian eingerichtet. Auch für sie schließt schon die relativ hohe Zeilendichte pro Seite aus, dass hier noch einmal eine expositio ad litteram eingetragen hätte werden sollen.366 L1 HERVIEUX 1893/99, Bd. 1, S. 561f., Bd. 3, S. 92; GUAGLIANONE 1958, S. XXIV (Sigle Mc). L2 Catalogus codicum latinorum bibliothecae regiae Monacensis, Bd. 1,2, S. 167f. L3 Die Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrhundert. Hg. durch die Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. 5. Bd. Die Chroniken der schwäbischen Städte. Augsburg. 2. Bd. Leipzig 1866.

Mue6 *München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 14703 Pap., I + 163 Bl., 21 x 14.5 cm, 3. Viertel 15. Jh. (1467), Süddeutschland. VD innen Besitzeintrag St. Emmeram (15./16. Jh.) Ir Inhaltsverzeichnis (15. Jh.) Iv leer 1r-16r ›Wiener/Münchner Novus Avianus‹ (gloss., komm.)367 16r-34v Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XLII. 2. Epimythien im Verstext: Nr. VI E,1f., XXV E,1f. (bei VII), X E,5f.+1f., XI E,1f., XII E,1-4, XIII E.1f., XIV E,3f.+1f., XV E,1f., XVI E,3f.+1f., XIX E,1-4+7f., XX E,1f., XXI E,1-4, XXIV E,3f, XXV E,1f., XXVI E,1f., XXVIII E,1f., XXIX E,1f., XXXI E,1f., XXXIII,13f. (an XXXII), XXXIII E,3-6, XXXVIII E,1f., XXXIX E,1f. Erschließung: 1. Accessus: auf dem Blattrand neben Nr. I in kleinerer Glossenschrift von der Hand des Verstextes.368 2. Interlinearglossen: in kleinerer Glossenschrift von der Hand des Verstextes im systematisch dafür frei belassenen Raum, jedoch in wechselnder Verteilung. 3. Syntaxziffern: in kleinerer Glossenschrift von der Hand des Verstextes im systematisch dafür frei belassenen Raum, jedoch in wechselnder Vertei-

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Von daher entbehrt die Feststellung von HEGER (1958, S. 101f.), u. a. durch das Zeugnis des Clm 4146 lasse sich die Verwendung des ›Antigameratus‹ auch in Augsburger Schulen nachweisen, der Begründung. In Genua ist eine Neuausgabe in Vorbereitung, die innerhalb der Reihe der »Favolisti latini medievali« erscheinen und jene von HERVIEUX (nach dem einzigen weiteren Zeugen Wie1) ersetzen soll. Jncipit libellus Auiani in quo tractat de appologo, ostendens veritatem sub tegmine fabularum. Causa efficiens mouens fuit quidam nobilis romanus nomine Theodosius, qui mouit Auianum ad componendum libellum de fabulis propter delectationem. Sed causa efficiens mota fuit ipse Auianus poeta, qui hunc libellum extraxit de fabulis Esopy. Causa materialis sunt apologi a brutis animalibus sumpti, ordinati ad vite humane mores. Item ‘apologus’ dicitur sermo secundum quem finguntur animalia bruta loqui. Dicitur ab ‘a’, quod est sine, et ‘pes’, quod est ‘fundamentum’, et ‘logos’ ‘sermo’: quasi ‘sermo sine fundamento veritatis’. Et in hoc libello continetur talis bonum, qualis est ipsa fabula bonum honestum. Et sunt boni mores introducti per fabulas et bonum vtile. Et est ipsa latinitas et dictamen metrarum in hoc libello contentum (Bl. 16r, mit ergänzter Interpunktion und geregelter Groß-/Kleinschreibung).

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Verzeichnisse zur Überlieferung

lung. 4. Sehr vereinzelt Marginalscholien mit weiterere expositio ad litteram von der Hand des Verstextes. 5. Streckenweise sind vom Verstextschreiber am Rand in Höhe des Fabelbeginns in größerer Schrift Tituli eingetragen. 6. Kommentar: in kleinerer Glossenschrift von der Hand des Verstextes auf den Blatträndern in Höhe des Fabelbeginns eingetragen, überwiegend nur 2-4 Zeilen umfassend, regelmäßig hic poeta docet/ostendit per fabulam eingeleitet. Inhalt: nur die Benennung der Fabellehre. Einrichtung: einspaltig, 19 Zeilen, Schriftspiegel mit breiterem äußerem Rand für die Aufnahme von Marginalien. Die einzelnen Fabeln beginnen jeweils in neuer Zeile mit zweizeiliger rubrizierter Lombarde. Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit gestrichelter Majusjkel. Für Interlinearglossen ist Abstand belassen. Textanfang: Et sic est finis huius Auianj noujj | Vetus Auianus Jncipit feliciter. Textende: Et sic est finis huius Auianus antiquus | quarto ydus jvnij anno 1467.

35r-52r Hildebertus Cenomanensis: ›De mysterio missae‹ 52v-65v ›Contemptus mundi‹/›Cartula‹ 66r-67v leer 68r-121v ›Anonymus Neveleti‹ (gloss., komm.) 122r-123r leer 123v Notat 124r-139r Expositio hymnorum 139v-143v leer 144r-161v Expositio evangeliarum 162r-163r leer 163v lat.-dt. Federprobe einer Briefanrede Schreiber Erasmus Münzer Vorbesitzer Regensburg, Benediktiner St. Emmeram Die Handschrift aus der Signaturengruppe der Clm 14000-15028 ist mit dieser im Zuge der Säkularisation aus St. Emmeram nach München gelangt. In Regensburg wurde sie nachweislich bereits im ausgehenden 15. Jahrhundert aufbewahrt. Mue6 ist von einem einzigen Schreiber geschrieben, der planmäßig arbeitete. So erscheinen alle Verstexte bis Bl. 65v in derselben Einrichtung (s. o. die Angaben zum Avian), die inbesondere die Aufnahme der Kommentare an den Blattränden charakterisiert. Ab Bl. 68r erscheinen dagegen alle Texte im akademischeren Layout der Grundtext-KommentarAlternation. Entsprechend umfangreicher und systematischer erscheinen die Kommentare dort. Dagegen zählt der Avian zu den am wenigsten ausgiebig erfassten Texten der Sammlung. Das hat hier freilich seinen besonderen Grund in dem vorangestellten ›Wiener Novus Avianus‹, der bereits systematisch mit einem ausgiebigen Marginalkommentar versehen wurde. Einen solchen noch einmal für den Avianus antiquus anzubringen

Avian: ›Fabulae‹

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war damit überflüssig. Die Prosakommentare konnten ganz auf eine reine Benennung der Fabellehre reduziert werden.369 Dennoch scheinen anspruchsvollere Kommentierungstraditionen auch beim Avian durch: in seinem Accessus nämlich, der zwar ob der Kürze den Namen kaum verdient, aber immerhin doch zwei der vier aristotelischen causae bemüht und zudem bei der causa efficiens zwischen movens (nämlich Theodosius) und mota (nämlich Avianus) unterscheidet. Spuren der Unterrichtsverwendung zeigt Mue6 keine. Im Gegenteil scheint die Handschrift sehr gut erhalten. Mit ihr stellte der ansonsten unbekannte Schreiber einen umfangreichen Sammelband verschiedener erbaulicher und theologischer wie potentiell der Predigt nützlicher Werke bereit, der – nach Inhalt und Ausstattung von Mue6 insgesamt zu urteilen – am ehesten für eine größere geistliche Bibliothek mit tendenziell gelehrtem Hintergrund bestimmt gewesen sein dürfte. Kaum zufällig führen die ausgiebigen Kommentare zum ›Novus Avianus‹ und ›Anonymus Neveleti‹ systematisch auch eine expositio ad sententiam allegoricam aus.370 Die damit anvisierte Bibliothek wird man zuerst in St. Emmeram selbst vermuten. Mue6 wäre dann, folgt man der Datierung in Teil 1, unter Abt Michael Deyer (1465-71) entstanden.371 KRÄMERs Datenbank der »Scriptores codicum« weist als Schreiber von Teil 2 Erasmus Münzer aus, der 1493-1517 Abt von St. Regensburg war.372 Zu der Abtrennung des zweiten Teils vom ersten besteht indes allenfalls in Hinsicht auf die von hier nach dort wechselnde Anlage der Kommentare Anlass. Der Wechsel kann sich schlicht und einfach einer veränderten Vorlagensituation verdanken. Wenn Teil 1 und 2 aber zusammen gehören, hätte sich Münzer

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Einige beliebige Beispiele: Hic docet poeta, quod homo non debet se intermittere in dignitatem alterius. Et hoc docet per fabulam (Bl. 18v zu Nr. V vom Esel in der Löwenhaut); Hic poeta docet per fabulam, quod homo non debet se intermittere de illis, que perficere non possit (Bl. 19r zu Nr. VI vom Frosch als Arzt); Hic poeta ostendit per fabulam, quod plus laudandus est decor anime quam decor corporis (Bl. 33v zu Nr. XL von Panther und Fuchs). Vgl. zu den Kommentaren zum ›Anonymus Neveleti‹ ausführlicher SEEMANN 1923 (vgl. Reg.) sowie den Hinweis auf deutsche Sprichwort- und Sentenzenanteile bei HENKEL 1988, S. 289. Vgl. ELISABETH WUNDERLICH: Katalog der Handschriften der Bayerischen Staatsbibliothek München. Die Handschriften aus St. Emmeram in Regensburg. Bd. 1. Clm 1400014130. Wiesbaden 1995 (Catalogus codicum manu scriptorum bibliothecae Monacensis. Tomus IV. S. N. 2,1), S. VII-XXVII, sowie MBK, Bd. 4,1, S. 99-388, hier zur Geschichte der Bibliothek besonders S. 99-142 und für den für Mue6 fraglichen Zeitraum speziell S. 121-124. Vgl. MBK, Bd. 4,1, S. 124.

Verzeichnisse zur Überlieferung

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schon Jahre vor seinem Abbatiat in St. Emmeram durch fleißige Abschreibetätigkeit für zukünftig weitergehende Aufgaben empfohlen.373 L1 HERVIEUX 1893/99, Bd. 1, S. 564, Bd. 3, S. 92, S. 221; GUAGLIANONE 1958, S. XXIV (Sigle Mn). L2 Catalogus codicum latinorum bibliothecae regiae Monacensis, Bd. 2,2, S. 220.

Mue7 *München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 18910 Pap., I + 303 Bl., 32 x 22 cm, Ende 15. Jh. (1494-98), Süddeutschland. VD innen Inhaltsverzeichnis (15./16. Jh.) Irv leer 1rv Notat zur Rhetorik, Besitzvermerke Tegernsee (dat. 1498), darunter Hunc librum obtulit deo et sancto Quirino pro salute anime sue fr Matthias. 2r-7v Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XII und XIVf.374 2. Epimythien im Verstext: Nr. IV E,1f., VI E,1f. (an V und VI), XXV E,1f. (an VIII), X E,1f., XI E,1f., XII E,1-4, XIV E,1-4, XV E,1f. Erschließung: 1. Interlinearglossen: von der Hand des Verstextes in bis zu drei Zeilen in kleinerer Glossenschrift im dafür zwischen den Zeilen vorgesehenen Freiraum und, wenn – vereinzelt – umfangreicher, auch auf den Blatträndern; vereinzelt dt. Interpretamente. 2. Kommentar: von der Hand des Verstextes in kleinerer Glossenschrift engzeilig fortlaufend über fast die gesamte Blattbreite im dafür zwischen den Fabeln vorgesehenen Freiraum dem entsprechenden Stück jeweils nachgestellt; die nachstehenden Elemente immer in dieser Reihenfolge: - Benennung des Lehrgehalts der Fabel (vereinzelt als utilitas bezeichnet), - Prosaparaphrase (vereinzelt als sermo bezeichnet), - allegorische Auslegung (regelmäßig allegoria, allegoriam oder allegoria istius fabule angekündigt). Einrichtung: einspaltig, wechselnde Zeilenzahl, da Verstext und Kommentar alternieren; die Blattränder großzügiger für die Aufnahme von Marginalien belassen. Neue Fabeln beginnen in neuer Zeile mit nur bei Nr. If. ausgeführter zweizeiliger rubrizierter Lombarde. Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit Majuskel. Der Pentameter ist jeweils eingezogen. Breiter Zeilenabstand belässt Raum für Glossen. Textanfang: nicht markiert, jedoch von der Hand des Inhaltsverzeichnisses später vorangestellt die Überschrift Carmen fabularum per allegorias. Textende: Abbruch der Aufzeichnung mit dem Ende des Kommentars zu Nr. XV am unteren Blattrand von 7v.

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Ganz ähnlich erscheint die spätere Karriere des Schreiber der Handschrift K-Due (s. u.) bei den Düsseldorfer Kreuzherren durch eine frühzeitige fleißige Mitarbeit im örtlichen Skriptorium vorbereitet. Für Nr. XIII ist Freiraum belassen.

Avian: ›Fabulae‹

8r-16v 17r-25v 26r-32r 32r-37v

38r-52v 52v 53r-54v 54v-55v 55v 56r-57r 57r-58v 58v 59r 59v-60r 60r-61v 61v-63r 63v-65r 65v 66r-70r 70v-72r 72v-77v 78r-79v 79v-87r 87-100v 100r-101v 102rv

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leer Aristoteles: ›De generatione et corruptione‹ Petrus Popon: ›Colloquia de scholis Herbipolensis‹ Carmina und Verse (u. a. WALTHER Nr. 518, 5376, 6810, 10361, 10378, 10873, 11706, 12943 [Petrus Popon: ›Carmen ad BMV‹], 13929, 15571 [›De novem sartoribus, qui uno ovo satiantur‹], 18488) (gloss.) Leonardo Bruni Aretino: ›Polyxena‹ (lat./dt. gloss.) Notat (De libris legendis secundum Basilium) ›Metra de vero modo studendi‹ (WALTHER Nr. 17337) (gloss., komm.) Ps.-Ovid: ›De cuculo‹ (gloss., komm.) ›Commendatio artis rhethoricae‹ (WALTHER Nr. 1881) ›Comoedia de lepore et de suevis‹ (WALTHER Nr. 20182) (gloss., komm.) Johannes Fabri: ›Carmen de moribus studentium et beanorum‹ (gloss., komm.) ›Carmen ancillarum queremonias comprehendens‹ (WALTHER Nr. 13472) (gloss., komm.) ›Versus de amatae pulchritudine‹ (WALTHER Nr. 2669) Traktat de modo studendi Epistola de modo adipiscendi studium (gloss., komm.) (dat. 1494) Johannes Anselmus: ›Ars metrica‹ (WALTHER Nr. 18631) (gloss., komm.) ›Margarita passionis Christi‹ (WALTHER Nr. 3723) (gloss., komm.) leer Samuel Karoch von Lichtenberg: ›Epistola de amore cuiusdam studentis erga mulierem civitatem‹ (WORSTBROCK 1978, Nr. 5) (gloss., komm.) Recommendatio rethoricalis scientiae (gloss., komm.) Seneca: ›De remediis utriusque fortuitorum‹ (gloss., komm.) Ars punctandi in Dialogform Ars dictandi (gloss., komm.) Commendatio artis rethoricae secundam formam Antonii Haneron sowie Musterbriefsammlung Ps.-Ovid: ›Carmen facetiarum comedentium‹ (WALTHER Nr. 10925) (gloss., komm.) ›Carmen facetiarum comedentium‹ (WALTHER Nr. 6100) (gloss., komm.)

646

103r-105v 106r-110r 110v-112r 112r 112v 113r

113v-132r 132v-134v 135rv 136r 136r 136r 136v-155v 156r 156v-178v 178v-189v 190r-192v 193r-194v 195r-197v 201r-212r 212v-213r 213v-218v 219r-222v 223r 223v 224rv 225r 225v

Verzeichnisse zur Überlieferung

Johannes de Werdea (?): ›Carmen de musicis‹ (WALTHER Nr. 9951/11936) (gloss., komm.) Ps.-Ovid: ›De arte amandi‹ (WALTHER Nr. 17888) (gloss., komm.) Ps.-Ovid: ›De remedia amoris‹ (WALTHER Nr. 12295) (gloss., komm.) Samuel Karoch von Lichtenberg: ›Exempla amatoria‹ (WORSTBROCK 1983, Nr. 32) Federproben und Vergil: ›Bucolica‹, V.1-11 Notate zu Ovid (De vita autoris, De qualitate carminis usw.), Epitaphium Ovidii (WALTHER Nr. 16190) (gloss.). Übersichtsschema über verschiedene Dichtungsgattungen nach Horaz mit Beispielautoren Vergil: ›Bucolica‹ (gloss., komm.) ›Carmen de calliditate malarum mulierum‹ (WALTHER Nr. 18782) (gloss., komm.) Johannes Jentz: ›Historia Buridani et Johannae reginae Navarrae‹ Carmina (WALTHER Nr. 18719, 2669) Priamel, dt. Samuel Karoch von Lichtenberg: ›Epistola ad virginem‹ (WORSTBROCK 1983, Nr. 27) Terenz: ›Andria‹ (gloss., komm.) Notat über die Komödien des Terenz Terenz: ›Eunuchus‹ (gloss., komm.) Horaz: ›Ars poetica‹ (gloss., komm.) Johannes Fabri: ›Carmen de philosophia‹ (komm.) Carmina (WALTHER Nr. 8420, 17345, 4172, ›De laboribus Herculis‹, 14646) (gloss., komm.) Pesttraktat Vitalis von Blois: ›Geta‹ (gloss., komm.) leer Ovid: ›Sappho ad Phaonem‹ (= ›Epistolae Heroidum‹ XV) (gloss., komm.) Ps.-Vergil: ›Carmina‹ (WALTHER Nr. 1850, 20221, 14957, 19266) (gloss., komm.) leer ›Carmen de conditione indoctorum‹ (WALTHER Nr. 15464) (gloss., komm.) leer Federproben leer

Avian: ›Fabulae‹

647

226r-276v

Albertus Magnus (Albertus de Orlamunde?): ›Summa naturalium‹ (gloss., komm.) (dat. 1494) 277r-285r Aristoteles: ›De somno et vigilia‹ 285v leer 286r-296v Aristoteles: ›De sensu et sensato‹ 297r-301r Aristoteles: ›De memoria et reminiscentia‹ (dat. 1495) 301v Kommentar zu Aristoteles: ›De anima‹ (frgm.) 302r-303r leer 303v Besitzeintrag Tegernsee, Benediktiner (dat. 1498) Vorbesitzer fr Matthias; Tegernsee, Benediktiner Die Handschrift ist im Zuge der Säkularisation aus Tegernsee an ihren heutigen Aufbewahrungsort gelangt. Bereits in Tegernsee wurde sie systematisch durch ein Inhaltsverzeichnis erschlossen. Zudem hat man über den gesamten Band hinweg vor den entsprechenden Texten dem Inhaltsverzeichnis korrespondierende Überschriften angebracht. Weitere Einträge wurden auf dieser späteren Verwendungsstufe dann im Prinzip nicht mehr vorgenommen. Dem Tegernseeer Bibliothekar lag die Handschrift bereits in ihrer vorliegenden Form vor. Überlassen hat sie dem Kloster ein Bruder Matthias: Hunc librum obtulit deo et sancto Quirino pro salute anime sue fr Matthias (Bl. 1r).375 Sie wurde demnach nicht im Kloster selbst geschrieben, sondern ist Import – vielleicht angesichts eines Neueintritts in den Konvent. Denn zum einen liegen die letzten datierten Einträge in die Handschrift von 1495 und das auf 1498 datierte Inhaltsverzeichnis zeitlich nicht weit auseinander. Und zum weiteren erscheint Mue7 in der Summe der vereinten Inhalte wie eine für den individuellen Gebrauch angelegte Textsammlung, die ihrem Benutzer während seines Studiums als persönliche »Handbibliothek« dienen sollte. Über mehrere Etappen einer längeren Ausbildungsbiographie hinweg ist die Handschrift nicht entstanden – allenfalls an deren Ende im Umfeld eines fortgeschrittenen universitären Lehrbetriebs, auf den insbesondere die zahlreichen aristotelischen Schriften verweisen. Mue7 wurde in nur wenigen, vielleicht nur zwei großen Schüben von einem einzigen oder von zwei Hauptschreibern geschrieben. Bis Bl. 225 dominiert Versdichtung die Zusammenstellung, die sehr systematisch mit Interlinearglossen erschlossen und von zahllosen Marginaleinträgen begleitet wird. Für diese bleibt jeweils im Einzelfall zu prüfen,

_____________ 375

Mehrere Handschriften aus Tegernsee stammen aus dem Besitz eines Matthias Reuchlin/Johannes de Wemding (Clm 18477, 19657, 19868), der in Ingolstadt studiert hat. Vgl. MBK, Bd. 4,2, S. 745, und VIRGIL REDLICH: Tegernsee und die deutsche Geistesgeschichte im 15. Jahrhundert. München 1931 (Schriftenreihe zur bayerischen Landesgeschichte 9). Unv. Nachdr. Aalen 1974, S. 128f. und S. 152.

Verzeichnisse zur Überlieferung

648

ob es sich um eine ausgeweitete expositio ad litteram, um verkürzte Kommentare oder nur um ordnende Inhaltsbeischriften handelt. Ab Bl. 226r tritt dann mit der ›Summa naturalium‹ und der Aristoteles-Partie die bis dahin die Sammlung dominierende Versdichtung gegenüber der Prosa zurück. Interlinearglossen stehen nur noch Bl. 226r-227r, Marginaleinträge nur noch bis Bl. 247v. Diese Überschneidung, ferner die Aufnahme von ›De generatione et corruptione‹ bereits im ersten Teil Bl. 17r25v, nicht zuletzt auch die übereinstimmenden Datierungen im ersten und zweiten Teil (Bl. 71v wie Bl. 276v: 1494) halten die Textzusammenstellung entstehungsgeschichtlich enger zusammen. Sie wird im Umfeld einer Artistenfakultät angelegt worden sein, deren Lehrende sich auch den neuen studia humanitatis widmeten: Leonardo Brunis ›Polyxena‹ ist hier ebenso einschlägig wie die verstreuten Stücke Samuel Karochs von Lichtenberg oder ganz punktell das Notat De libris legendis, das auf Basilius Magnus’ Predigt ›Ad adolescentes‹ zurückgeht. Leonardi Bruni hatte sie, die »geradezu als ein Bestseller des Humanismus« gelten kann,376 aus dem Griechischen ins Lateinische übersetzt. Eine besondere Aufmerksamkeit brachte der Schreiber dem metapädagogischen Genre des Schulgedichts entgegen. Hierher gehören etwa auch die ›Colloquia de scholis Herbipolensis‹ Petrus Popons,377 die ›Metra de vero modo studendi‹, Fabris ›Carmen de moribus studentium et beanorum‹, die Epistola de modo adipiscendi studium, das ›Carmen de conditione indoctorum‹. In der Summe verweisen diese Stükke auf eine neue Bewusstheit, die dem Lateinstudium als studium entgegengebracht wurde. Die ›Fabulae‹ wurden nicht vollständig aufgenommen. Ihre Verkürzung scheint indes nicht lediglich auf mechanische Fragmentierung zurückzugehen. Man kann sich also gegen Ende des 15. Jahrhunderts auch im deutschen Sprachraum – siehe für England oben zu Cam1 und Lon3 – von der traditionellen Praxis lösen, den originalen Verstext per se zunächst einmal vollständig schriftlich zu reproduzieren (wie immer man dann ihn auch im Unterricht behandelt haben mag). Das geschieht in Mue7 freilich in einem dezidiert humanistischen Kontext, den die englischen Zeugen so nicht erkennen lassen. Auch wenn es sich schon nach Format und Umfang bei Mue7 um kein Kollegheft handeln kann, sondern eher um eine kleine »Handbibliothek« in Buchform, zeichnet sich doch auch in dieser Handschrift für den traditionellen Unterrichtstext der ›Fabulae‹ eine kleinteiligere, individuellere Verfügbarkeit ab. L1 OLDFATHER 1911, S. 111; GUAGLIANONE 1958, S. XXV (Sigle Ml). L2 Catalogus codicum latinorum bibliothecae regiae Monacensis, Bd. 2,3, S. 217-219.

_____________ 376 377

TOEPFER 2004, S. 270. Vgl. zum Verfasser Franz Josef WORSTBROCK: Petrus Popon. In: VL, Bd. 7, Sp. 782-785.

Avian: ›Fabulae‹

649

Mue8 *München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 22404 Pap., 237 Bl., 21 x 15 cm, 2. Hälfte 15. Jh, Universität Wien. 1r-60v ›Anonymus Neveleti‹ (lat./dt. gloss., lat./dt. komm.) 61r-102r Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XXXV, XXXVII-XLII.378 2. Epimythien im Verstext: Nr. IV E,1f., V E,1f., VI E,1f., X E,1f.+5f., XI E,1-3, XII E,14, XIII E,1f., XIV E,3+1+2+4, XV E,1f., XVII E,4+1-3, XIX E,1-4, XX E,1f., XXI E,5f., XXIV E,7f., XXV E,1f. (bei VIII und XXV), XXVI E,1f., XXVIII E,3f.+1f., XXIX E,1f., XXXI E,1f., XXXVIII E,1f., XXXIX E,3f. Erschließung: 1. Accessus: engzeilig fortlaufend, vom Verstextschreiber, der ersten Fabel vorangestellt. 2. Interlinearglossen: engzeilig fortlaufend, vom Verstextschreiber, systematisch angebracht, bis zu dreizeilig. 3. Kommentar (der Gruppe AMOP, vgl. SUERBAUM 2000, S. 425-429, sowie zu Aug2, Ott und Par 7 ): engzeilig fortlaufend, vom Verstextschreiber. Elemente: - ausführliche Prosaparaphrase, - Benennung des Lehrgehalts (mehrfach als utilitas tropologica angekündigt), - geistliche Auslegung (mehrfach utilitas allegorica angekündigt). Einrichtung: einspaltig, Zeilenzahl wechselnd, da Verstext und Kommentar alternieren. Der Schriftspiegel nimmt nahezu die gesamte Seitenbreite ein. Die einzelnen Fabeln beginnen nach Leerzeile mit rubrizierter Lombarde. Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit Majuskeln. Für Interlinearglossen ist systematisch Abstand belassen. Der engzeilig aufgenommene Kommentar ist der entsprechenden Fabel jeweils nachgestellt.

102v 103r-138v 138ar 138av 139r-148r 148v 149r 149v-160v 161r 161v 162r-170r 170v-172r 172v 173r-174v

leer Anthonius Haneron: ›De epistolis brevibus edendis‹ leer Salvationsformel (Nachtrag) dt.-lat. Synonymglossar Kund thun notificare leer Notate über Adjektive und Adverben Ars dictandi leer zwei Musterbriefe, davon einer 1486 datiert (Nachtrag) ›Tractatulus de eloquentia‹ (BODEMANN/GRUBMÜLLER 1992, Nr. 8) lat.-dt. Sprichwortsammlung Formulae salutationis Sentenzensammlung

_____________ 378

Nach Bl. 95 ist ein Blatt mit der Fortsetzung zu Nr. XXXV inklusive Kommentar und mit Nr. XXXVI und dem Beginn des Kommentars dazu ausgerissen.

Verzeichnisse zur Überlieferung

650

175r 175r 175v 176rv 177r-182r 182v-186r

Gebet, dt. ›Epistola ficta diaboli‹ Dekrete der Universität Wien Liste von Personennamen (Nachtrag) Heinrich von Langenstein: ›De proprietatibus religiosorum‹ Septem impedimenta contra horarum devotam persolutionem 186v-188v theologische Notate 189r-208r Regimen sanitatis 208v leer 209ra-223r Auctoritates Aristotelis 223v leer 224r-236r Iupiter (Monoculus, Francigena): ›Ars dictaminum‹ (gloss., komm.) 236v Notate, Federproben, geschwärzter Besitzeintrag Vorbesitzer Windberg, Prämonstratenser Die Handschrift ist im Umfeld der Wiener Artistenfakultät entstanden. Anthonius Hanerons ›De epistolis brevibus edendis‹ ist um die Jahrhundertmitte im örtlichen Lehrbetrieb ebenso verankert379 wie die ›Ars dictaminum‹ des Iupiter (Monoculus)380. Die Parallelüberlieferung der Sammlung von Synonyma Bl. 139r-148r weist ebenfalls nach Österreich.381 Das Gesprächsbüchlein des ›Tractatulus de eloquentia‹ lässt in seiner Anlage Verwandtschaft zu dem 1471 vielleicht in Wien entstandenen ›Modus latinitatis‹ des Ulrich Eberhardi erkennen.382 Die unter dem Rektorat Johannes Hubers im Wintersemester 1452 verabschiedeten, Bl. 175v aufgenommenen Dekrete der Wiener Universität sprechen für sich.383 Die Musterbriefe in Anthonius Hanerons ›De epistolis brevibus edendis‹ reichen bis 1461. Mue8 muss also später geschrieben sein. Einen Anhaltspunkt für einen terminus post quem non liefert der Eintrag der beiden Briefmuster Bl. 161v, von denen eines auf 1486 datiert ist, bereits als Nachtrag. Die Verfasser und Adressaten in den Hanerons ›De epistolis brevibus edendis‹ nachgestellten Musterbriefen sitzen u. a. in Wien, Regensburg, Augsburg und bei den Prämonstratensern in Windberg. Was hier im ein-

_____________ 379 380

381

382 383

HENKEL 1988, S. 258. ALPHONS LHOTSKY: Die Wiener Artistenfakultät 1365-1497. Wien 1965 (Österreichische Akademie der Wissenschaften. Philos.-hist. Kl. SB Bd. 247, 2. Abhandlung), S. 78. Vgl. Graz, Universitätsbibliothek, Cod. 961, Bl. 128r-148v (geschrieben per me Chunradum Warnarum existens tunc temporis scolarem in Grecz [Graz?]). BODEMANN/GRUBMÜLLER 1992, S. 186. Vgl. für Einzelnachweise BALDZUHN 1996a, S. 351 Anm. 90.

Avian: ›Fabulae‹

651

zelnen der Vorlage geschuldet ist und was sich individueller Gestaltung im unmittelbaren Umfeld von Mue8 verdankt, bliebe näher zu bestimmen. Hervorhebung verdienen schon jetzt die Beziehungen zu den Prämonstratensern in Windberg. Abt Albert von Windberg (1435-61) und der spätere Abt Ulrich von Windberg (1467-96) werden gleich mehrfach genannt.384 Ulrich von Windberg, der selbst in Wien studiert hatte,385 wusste sich später u. a. durch zahlreiche Buchanschaffungen um die Bibliothek der Windberger Prämonstratenser verdient zu machen (MBK, Bd. 4,1, S. 575). Vielleicht ist Mue8 in mehr oder minder direkter Verbindung mit seiner Person von Wien nach Windberg gelangt. Von dort wurde Mue8 im Zuge der Säkularisation dann nach München überführt. Sicher ist jedenfalls, dass die Handschrift in Windberg nicht mehr für Formen regulierteren Unterrichts hinzugezogen wurde. Die nachgetragene Namenliste (Bl. 176rv) lässt sich hier nicht als Indiz heranziehen – wie überhaupt spätere Einträge nahezu fehlen. Der Band ist weitgehend aus einem Guss. Thematisch liegt sein Schwerpunkt auf der Epistolographie. Dem Anliegen seines Hauptschreibers, ein nützliches Handbuch zur Ars dictandi auf die Wege zu bringen, lassen sich neben den Sentenzen- und Sprichwortsammlungen (Bl. 170v172r, 173r-174v, 209ra-223r) zwanglos auch die beiden vorangestellten Fabelsammlungen zuordnen, deren vom Prosakommentar in leicht zugänglicher Form dargebotener Lehrgehalt und deren die Lehren verdichtenden Sentenzen auch dem Verfasser eines Briefes von Nutzen sein konnten. ›Anonymus Neveleti‹ und Avian werden in übereinstimmender Ausstattung und Einrichtung geboten. In beiden wechseln sich Verstext und Kommentar ab, d. h. hier wie dort liegt ein für die Textdistribution via Diktat ausgearbeitetes Layout zugrunde. Deshalb müssen die Texte in Mue8 nicht unmittelbar dem Lehrbetrieb der Artisten entstammen, sondern können auch einfach Abschrift einer entsprechenden Vorlage sein, die im Umfeld des Studienbetriebs greifbar war. Das gehobene Auslegungsniveau der Universität bleibt an der Texterschließung selbst in der Übernahme eines zuerst an der anspruchsvolllen Ulmer Lateinschule ausgearbeiteten Kommentartextes sichtbar (s. o. Aug2 ). Dabei liegen punktu-

_____________ 384

385

Zum Beispiel Bl. 122v, 124v, 124v-125r (Albert) bzw. Bl. 122v-123v, 123v-124r (Ulrich), ferner 125rv ex Windberg. Über die Windberger Niederlassung informiert im Überblick NORBERT BACKMUND: Monasticon Praemonstratense, id est historia circariarum atque canoniarum candidi et canonici ordinis Praemonstratensis. Tomi primi editio secunda. Berlin, New York 1983, S. 36-41. Immatrikulation am 14.4.1456, vgl. HANS-CHRISTIAN KLUPAK: Personalbibliographien des Lehrkörpers der Wiener Artistenfakultät der Zeit von 1450-1545 mit bibliographischen Angaben. Phil. Diss. Erlangen-Nürnberg 1974, S. 31.

Verzeichnisse zur Überlieferung

652

elle Modifikationen bezeichnenderweise statt in der Kürzung – so verfährt etwa Schedel im Umfeld der Leipziger Artisten (s. o. Mue2 ) – in der Erweiterung um auf die Auslegungspraxis selbst abstrahierende Erläuterungen. So wird am Ende des Kommentars zu Nr. I im Anschluss an den den Ulmer Kommentar ohnehin kennzeichnenden Hinweis auf das Vorhandensein von Epimythien zusätzlich festgehalten: Ex quo quemlibet fabula postea ponenda habet duplicem sensum, vt pute tropologicum sive moralem et allegoricam [!] sive misticum. ] Notandum igitur quod tropologia interpretatur moralis sermo de conuersione morum, allegoriam interpretatur alieniloquium (Bl. 62v-63r).

Und statt es bei der Kennzeichnung der entsprechenden Kommentarabschnitte durch die Signalworte utilitas und allegoria zu belassen, bemühte man mehrfach das explikativere utilitas tropologica und utilitas allegorica. L1 HERVIEUX 1893/99, Bd. 1, S. 564f., Bd. 3, S. 92; GUAGLIANONE 1958, S. XXV (Sigle Mh). L2 Catalogus codicum latinorum bibliothecae regiae Monacensis, Bd. 2,4, S. 48. L3 BODEMANN/GRUBMÜLLER 1992, S. 192; BALDZUHN 1996a, S. 350f., 378f.

Mue9

*München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 29906/1,2 (ehem. Clm 29108) Pap., 2 Bl., 25 x 15 cm, 15. Jh., Süddeutschland. 1r-2v Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. VIII,6-XIII,6. 2. Epimythien im Verstext: Nr. X E,1f.+5f., XI E,1f., XII E,1-4. Erschließung: 1. Interlinearglossen: systematisch von der Hand des Verstextschreibers in kleinerer Glossenschrift auf frei belassenem Raum zwischen den Zeilen eingetragen, überwiegend lateinisch, häufiger aber auch deutsch. 2. Kommentar: systematisch von der Hand des Verstextschreibers in kleinerer Glossenschrift fortlaufend engzeilig auf frei belassenem Raum an den Blatträndern in jeweils zwei Textblöcken eingetragen, von denen einer die Benennung der Fabellehre aufnimmt, der andere die Prosaparaphrase. Einrichtung: einspaltig, 22 Zeilen pro Seite; der Schriftspiegel für den Verstext belässt etwas breiteren Rand für die Aufnahme von Marginaleinträgen. Die Fabeln beginnen jeweils in neuer Zeile, und für eine zweizeilige Eingangslombarde ist Freiraum belassen. Die einzelnen Verse sind abgesetzt und beginnen mit in eigene Vorlinierung herausgerückten Majuskeln. Für Interlinearglossen ist breiter Zeilenabstand belassen. Textanfang und -ende: fragmentarisch.

Vorbesitzer Indersdorf, Augustiner-Chorherren? Die erst im 19. Jahrhundert zusammengestellte Fragmentensammlung enthält in einem ersten Abschnitt (Clm 29906/1) vier unterschiedlich beschnittene Doppelblätter aus Pergament, die nach Auskunft beigegebe-

Avian: ›Fabulae‹

653

ner bibliothekarischer Vermerke aus dem Clm 19694 und aus der Inkunabel 8° Inc. c.a.143 herausgelöst wurden. Sie überliefern die Fabeln des ›Anonymus Neveleti‹ mit einem ausgiebigen Kommentar. Der zweite Abschnitt (Clm 29906/2) bewahrt zwölf Einzelblätter mit aus einer Indersdorfer Handschrift herausgelösten Bruchstücken zweier Texte, darunter auf dem achten und neunten Blatt den Avian. Sie dürften einer anderen Handschrift entstammen wie die übrigen Blätter des Clm 29906/2, von denen sie sich in der Einrichtung und der Erschließung unterscheiden. Ob neben dem unbekannten Trägerband auch die Handschrift mit den ›Fabulae‹ sich, bevor sie zerschnitten wurde, bereits im Besitz der Indersdorfer Augustiner-Chorherren befand, ist unbekannt. Die etwa 20 deutschen Interlinearglossen stehen in einzelnen bairischen Schreibungen (Bl. 2/8r: quodcuicumque malum: welhez vngelFchch; ebd. ursa: ein per; Bl. 2/8v: ursa: per) dieser Annahme jedenfalls nicht im Wege. Der gelegentliche Einsatz volkssprachiger Interpretamente zur Erschließung der ›Fabulae‹ lässt sich zudem in mehreren weiteren Handschriften aus dem Umfeld von Augustiner-Chorherren belegen (s. etwa Bas1, Kop2, Tri3). Neapel, Biblioteca Nazionale, Cod. IV F 58 (Avian-Epitomae von Perotti):386 s.o. die Vorbemerkung mit Anm. 3. NHa

New Haven/Connecticut, Yale University – Beinecke Rare Book Library, MS 513 Perg., 31 Bl., 23.5 x 15cm., um 1300, England. 1r-10v ›Ecloga Theodoli‹ (komm.) 11r-21v Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XLII (in dieser Reihenfolge?). 2. Epimythien: (es liegen keine Angaben vor). Erschließung: keine. Einrichtung: einspaltig, 31 Zeilen (wie in den ›Ecloga‹ und im Maximian; weitere Angaben liegen nicht vor).

21v-31r Maximian: ›Elegiae‹ (frgm.) Vorbesitzer Thomas Phillipps (1792-1872); A. G. Thomas Die Handschrift wurde für Yale 1971 über Sotheby’s von A. G. Thomas erworben und stammt nach Ausweis eines Eintrags im inneren Buchdeckel aus der Cheltenham Library. Dort soll sie die Signatur MS 31379 getragen haben. Deren Katalog führt diese Nummer allerdings nicht auf. Zu vergleichen ist allerdings Handschrift Nr. 32 bei OSTERNACHER 1916,

_____________ 386

Vgl. HERVIEUX 1893/99, Bd. 1, S. 132-139, Bd. 3, S. 105-107; GUAGLIANONE 1958, S. XXVI (Hs. N).

Verzeichnisse zur Überlieferung

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S. 360: »Cheltenhamensis (bibliotheca Thirlestaine House) s. XIII. Cod. membr., f. 1-10: Liber Theodoli.« Datierung, Umfang und Positionierung der Eklogen in der von OSTERNACHER nach Angaben von T. FITZROY FENWICK aufgenommenen Handschrift (OSTERNACHER 1916, S. 360 Anm. 7) passen genau zu NHa. Die ältere Besitzgeschichte ist unbekannt. Die Handschrift wird von LUTZ, vermutlich auf der Grundlage paläographischer Kriterien, um 1300 datiert und nach England verortet. Ihr Ansatz trifft sich sehr gut mit der Art der Textzusammenstellung. Es handelt sich bei NHa nämlich um einen veränderten ›Liber Catonianus‹, der sowohl – sofern hier nicht mechanische Fragmentierung im Spiel ist387 – um die ›Disticha Catonis‹ und Statius und Claudian als auch – sofern die Aufzeichnung nicht abgebrochen wurde – um die den ›Liber‹ charakterisierende systematische Glossierung und Kommentierung verkürzt wurde. Modifikationen des französischen ›Liber‹ sind gerade für englische Handschriften kennzeichnend. Eingriffe hingegen, die statt ihn auszuweiten ihn kürzen, sind sonst nicht belegt. Im vorliegenden Fall wird der ›Liber‹ dadurch zu einem »kind of first reader«.388 Eine entsprechende Verwendung geht aus äußeren Benutzerspuren hervor. Die (neu gebundene) Handschrift ist nämlich »worn from hard usage and darkened from much thumbing, particularly the early folios«.389 L2 KRISTELLER 1967/97, Bd. 5, S. 282.390 L3 CORA E. LUTZ: A medieval textbook. In: C. E. L.: Essays on manuscripts and rare books. Hamden/Connecticut 1975, S. 41-45 und 151.

Not

*Nottingham, University Library, Mi Lm 2 (ehem. Wollaton Hall, Library of Lord Middleton, ohne Signatur) Perg., II + 166 + I Bl., 21.5 x 15 cm, 2. Hälfte 13. Jh., England.391 Ir leer Iv-IIv Federproben, Federzeichnungen und Notate

_____________ 387

388 389 390

391

Auf zwei Quaternionen (1-8 und 9-16) folgen ein Sexternio (17-28) und drei Blätter in der Schlusslage. Deren alter Umfang geht aus den Angaben der Handschriftenbeschreibung SHAILORs nicht hervor (»I-II8, III12, IV3«). LUTZ 1975, S. 42. LUTZ 1975, S. 42. Ergänzend konnte eine Vorabpublikation der Handschriftenbeschreibung im Katalog von SHAILER/BABCOCK – vgl. BARBARA ANN SHAILOR, ROBERT G. BABCOCK: Catalogue of medieval and renaissance manuscripts in the Beinecke Rare Book and Manuscript Library Yale University. Bd. 1ff. New Haven 1984ff. (bisher nur bis MS 500) – hinzugezogen werden, die über die Handschriftendatenbank der Beinecke Library zu erreichen war (http://www.library.yale.ed/beinecke [Stand 1.9.2005]). Der Zeitansatz im Katalog (STEVENSON 1911, S. 212: »early 13th century hands«) liegt sicher zu früh.

Avian: ›Fabulae‹

1r-28v 29r-31r 32r-75r 75r 75v-78v 78v-80v 81r-90r 90v-91r 91v-103v 103v-104r 105r-110v 110v-116v 116v-128r

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Eberhard von Béthune: ›Graecismus‹ (gloss., komm.) (Anfang frgm.) Johannes de Garlandia (?): ›Poenitentiarius‹ (komm.) Alexander de Villa Dei: ›Doctrinale‹ (gloss., komm.) Federproben Serlo de Wilton: ›Versus de differentiis‹ mit marginal begleitendem lat.-frz. Glossar Radulphus von Longchamp: ›Distinctiones‹ (WALTHER Nr. 19829) Johannes de Garlandia: ›Synonyma‹ Notate zur Grammatik, Federproben Johannes de Garlandia: ›Equivoca‹ (gloss.) Notate zur Grammatik, Federproben (mehrfach Radulfus Sauage), Kritzeleien ›Disticha Catonis‹ (gloss.) ›Ecloga Theodoli‹ (gloss.) Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XXXVII, XXXIX-XLI, XXXVIII, XLI. 2.a) Epimythien im Verstext: Nr. XIXE,1f. 2.b) Epimythien außerhalb des Verstextes: Nr. VI E,1f., X E,1f., XI E,1f., XII E,3f., XIII E,1f., XIV E,1f., XV E,1f., XXV E,1f., XVI E,1f., XXIX E,1f., XXXVIII E,1-2, zu Nr. XLII (nicht bei GUAGLIANONE) Si duo contingant et utrum sciant fore durum | Ex illis faciant nimius et leuius nocium – alles von einer einzigen späteren Hand am Rand nachgetragen. Erschließung: 1. Interlinearglossen: immer wieder vereinzelt durch die ganze Sammlung von der Hand, die auch die Epimythien nachtrug und ebenso sorgfältig wie die Glossen einige Marginalzusätze anbrachte (darunter 21r ein Begriffsschema); darüber hinaus schrieb nur noch ganz vereinzelt (118r, 121r, 122v, 123r, 125r, 126v) eine zweite, bedeutend spätere Hand sehr flüchtige Marginalieneinträge. 2. Syntaxpunkte. Einrichtung: einspaltig, 29 Zeilen pro Spalte in vorgezeichnetem und vorliniertem Schriftspiegel mit breiten Rändern. Die einzelnen Fabeln beginnen jeweils in neuer Zeile mit vorangestellter zweizeiliger Capitalis. Die einzelnen Verse sind abgesetzt und beginnen mit in eigene Vorlinierung herausgerückten Majuskeln. Textanfang: nach Explicit in eigener Zeile als Beschluss des vorangehenden Stücks Texteinsatz mit vierzeiliger Initiale. Textende: Explicit in eigener Zeile.

128r-139v 140r-159r 159r-165v 165v 166rv IIIr

Maximian: ›Elegiae‹ (lat./frz. gloss.) Statius: ›Achilleis‹ Claudian: ›De raptu Proserpinae‹ (Ende frgm.) Notate, Federproben Textfragment, Federproben, Kritzeleien Besitzeinträge, Federproben (u. a. Jste liber constat Sauage bonus puer, Jste liber constat Radulfo Saua, Jste liber

Verzeichnisse zur Überlieferung

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constat Johanni Cole de Wodyl), Notate, Federzeichnungen (Gesichter männlicher Figuren mit Hut) IIIv leer Vorbesitzer Johannes Cole de Wodyl?; Johannes Wapplode?; Radulfus Savage? Die Handschrift kam mit der Bibliothek Lord Middletons – dort verzeichnet sie GUAGLIANONE noch 1958 – in die Universitätsbibliothek Nottingham. Weitere Vorbesitzer sind unbekannt. Da der einstmals offenbar stark beanspruchte Kodex in seiner alten, noch mittelalterlichen, aber schon nicht mehr ersten Einbindung gänzlich auseinanderzufallen drohte, wurde er 1991 neu gebunden. In der Reihe der aufgenommen Texte folgt Not dem ›Liber Catonianus‹, der hier – wie das für insulare Unterrichtsbücher des 13. und 14. Jahrhunderts typisch ist – um grammatische Werke erweitert wurde. Der Beschreibstoff ist bisweilen von deutlich minderwertiger Beschaffenheit. Die Blätter 7 und 105 etwa zeigen sehr poriges Pergament, ungleich beschnittenes die Blätter 4 und 10. Die Blätter sind von gleichbleibendem Format und wurden zu Lagen vielfach wechselnden Umfangs zusammengestellt.392 Die Texte sind in einen einheitlichen Schriftspiegel aufgenommen, der sie fast in die Blattmitte rückt und großzügig mit freien Ränder umgibt. Die Zeilenzahl in diesem Rahmen aber schwankt zwischen 29 und 36 Zeilen. Die im wesentlichen geschlossene Niederschrift der Grundtexte wurde von einem einzigen oder doch wenigen eng aufeinander abgestimmten Schreiber besorgt. In sie einbezogen ist ein Grundbestand texterschließender Beigaben, wobei sich Glossen und Kommentare der Grundschicht sehr ungleichmäßig bis spärlich sowohl über die Handschrift wie über die einzelnen Texte verteilen. Der Maximian zum Beispiel wurde nur am Anfang von Texthand dichter glossiert und dann nur noch sehr sporadisch (dazu kommen dann unsystematisch, doch über kürzere Strecken auch dicht, Ergänzungen von mindestens zwei Nachtragshänden). Immerhin wurden vor allem die ersten Stücke durchgehend erschlossen, doch auch sie nicht in gleichbleibender Dichte. Von einem systematisch gehaltenen Niveau der Erschließung kann keine Rede sein; die durchgehend breiten Ränder für die Textaufzeichnung blieben ganz überwiegend frei.

_____________ 392

Bl. I/II + III6 + 2IV22 + (VII-3)33 + 3V63 + (VII-1)77 + (IX-1)94 + 2V114 + IV122 + V132 + VI144 + 2IV160 + (VI-8)166 + Bl. III. Die Handschrift wurde später als Materiallieferant missbraucht. U. a. Bl. 60, 62, 66, 97, 142, 147 und 150 ist Pergament am Rand weggeschnitten. Roh genäht wurden die später eingerissenen Blätter 8 und 106. Dem ersten Blatt fehlen die unteren zwei Drittel.

Avian: ›Fabulae‹

657

Weitere Eintragungen wurden in verschiedenen Schichten vorgenommen. Zeitlich gesehen lassen sich ungefähr, typologisch dagegen sehr deutlich zwei Gruppen unterscheiden. Auf einer früheren Gebrauchsstufe, die im wesentlichen noch im 13. oder frühen 14. Jahrhundert liegen dürfte, wurden Kommentare und Glossen noch recht sorgfältig ergänzt, beispielsweise im ›Poenitentiarius‹ und im ›Doctrinale‹ (dort Bl. 56r, 70v-72r unter Beteiligung zweier Schreiber, sodass wiederum zwei Zeitstufen anzusetzen sind). Solche Ergänzungen wurden aber zumeist nur punktuell vorgenommen. Die spätere Gruppe von Schichten hingegen setzt kaum mehr zwischen den Texten oder am Kommentar an, sondern besteht aus einer Fülle von marginalen Gelegenheitseinträgen, darunter Verse, Alphabete, Schriftproben, Federproben, Tintenproben. Sie sind durch die ganze Handschrift hindurch, besonders dicht auf den alten Leerblättern und sonst auf ungenutzten Rändern anzutreffen. Eine Vielzahl von Händen ist an ihnen beteiligt. Allein die Einträge Bl. IIIr stammen von mehr als einem halben Dutzend Schreibern. Bl. 128r-166v findet sich auf nahezu jeder Seite mindestens ein Eintrag. Im Avian wurde der Rand u. a. Bl. 116v, 117r, 118r, 119r, 120r, 121r-122v, 123r, 125r und 126v genutzt. Einen ungefähren zeitlichen Anhaltspunkt für diese flüchtigeren Einträge liefert eine kurze Marginalnotiz, vermutlich eine Schriftprobe, auf Bl. 77v, geschrieben in der flüchtigen, für die späte Schicht charakteristischen Art, die einen König Edward von England und Herzog von Aquitanien erwähnt. Damit ist wahrscheinlich Edward IV. (*1312-1377, Kg. seit 1327) gemeint.393 Diese Gruppe von Schichten kleinerer Randeinträge liegt demnach zeitlich nach der sorgfältigen Ausstattung und einer noch relativ sorgfältigen späteren Ergänzung und setzt dieser zugleich eine obere Grenze. Es ist aber nicht sicher auszuschließen, dass die Handschrift sogar noch bis ins 15. Jahrhundert benutzt wurde und Einträge in sie vorgenommen wurden. Sie ist durch zahlreiche Hände gegangen, die sich öfter auch namentlich verewigen. Am häufigsten nennt sich ein Radulfus Savage (Jste liber constat Sauage bonus puer und Jste liber constat Radulfo Saua Bl. IIIr, Weiteres steht Bl. 91v und 92r). Hinzu kommen: R Warner Bl. 104v, Jste liber constat johanni wapplode Bl. 138v, Willelmus Cayso est parvus puer Bl. 152r, Johannes Keme Bl. 152r, Willelmus Keme Bl. 152r, Bythan Bl. 156v, Will Hasilwode Bl. 159r, Jste liber constat Johanni Cole de Wodyl Bl. IIIr und ein Winnington Bl. IIIr.

_____________ 393

Hatte der Schreiber Edwards Erbstreitigkeiten mit Philipp VI. von Frankreich im Kopf, die auch die vierte Nachtragshand in Pom2 (Bl. 128v) zu einem Hinweis veranlassten? (Vgl. Ysengrimus. Hg. und erklärt von ERNST VOIGT. Halle/S. 1884, S. VII.)

Verzeichnisse zur Überlieferung

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Von diesen Namen lässt sich keiner eindeutig mit einer bestimmten historischen Person verbinden.394 Auf welchen der drei sich als Besitzer nennenden Personen der Buchpreiseintrag Bl. IIIr precium hujus voluminis xij d zu beziehen ist, bleibt ebenfalls undeutlich. Immerhin weist die Sprachform einiger englischer Gelegenheitseinträge in eine nördliche Region: STEVENSON (1911, S. 213) vermutet Yorkshire. Dass der Band trotz seiner relativ intensiven Verwendung für den Schulunterricht sich erhalten hat, ist einigermaßen verwunderlich. Kaum dürfte er über zwei Jahrhunderte hinweg kontinuierlich von Semester zu Semester weitergereicht worden sein. Er wurde wohl eher nur sporadisch benutzt, dies dann aber wiederholt und über einen langen Zeitraum hinweg. Das robuste Textkompendium könnte von daher eher als ein Band für die wiederholte Ausleihe an Studierende angelegt worden sein denn von vornherein als individuelle Studienhandschrift für einen einzelnen Schüler. L1 GUAGLIANONE 1958, S. XIX (Sigle Wn). L2 WILLIAM HENRY STEVENSON: Report on the manuscripts of Lord Middleton, preserved at Wollaton Hall, Nottinghamshire. London 1911 (Historical manuscript commission 69), S. 212-220.

Ott *Ottobeuren, Stiftsbibliothek, Ms. O. 82 Pap., II + 249 + II Bl., 31 x 21 cm, 1464, Süddeutschland. VD innen Besitzeintrag Michael Boser (16. Jh.) Ir Besitzeintrag Michael Boser (16. Jh.) Iv-IIv leer 1r-13v Aenea Silvio Piccolomini: ›Euryalus et Lucretia‹, mit lat./dt. Marginalien 14ra-16vb Regimen sanitatis, lat.-dt.395 17ra-19vb ›Scolaris‹/›Regimen scolarium‹, lat.-dt. 20r-85v ›Disticha Catonis‹, lat.-dt. (›Ulmer Cato‹)396

_____________ 394

395

Vgl. zu R Warner z. B. EMDEN 1963, S. 620 (15. Jh.). Vgl. zu Johannes Cole de Wodyl EMDEN 1957/59, Bd. 1, S. 460f. (vier Personen namens John Cole im 15. Jh.) sowie Bd. 1, S. 339 (John Cale, 15. Jh.) und EMDEN 1963, S. 645. Zu einem John de Wodehylle als Besitzer von Büchern (»Mag. Joh. de Wodehylle ... ciste de Lufnam ... 1365«) in einem Eintrag in Cambridge, Gonville and Caius College, Ms. 2, vgl. MONTAGUE RHODES JAMES: A descriptive catalogue of the manuscripts in the library of Gonville and Caius College. Bd. 1. Cambridge 1907, S. 2. Ein Waplode findet sich zwar unter den Oxforder Studenten, aber nur ein Richard Whapelode (auch Waplod, Waplode, Wappelod, Wappelode), der 1454 verstarb (EMDEN 1957/59, Bd. 3, S. 2030). Der Name Savage ist in Oxford im 14. und 15. Jahrhundert häufig anzutreffen, doch kein Radulfus. Vgl. EMDEN 1957/59, Bd. 3, S. 1646f., und Bd. 2, S. 1196, sowie die beiden unter »le Sauvage« aufgeführten. Auch unter den Cambridger Studierenden ist er häufig: s. EMDEN 1963, S. 508. Entgegen den Angaben bei HAUKE nicht von Heinrich Laufenberg. Vgl. vielmehr HENKEL 1988, S. 292-296 (ohne Ott).

Avian: ›Fabulae‹

85v-93r 93r-101v 101v-102r 102r-121v 122rv 123r 123v 123v-125r 125v-126v 127r-155r 155r-161r

161v-166r 166rv 167r-194v 195r-198v 198v-199v 200r 200v-201r 201v-202v 203r-223v

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Johannes de Garlandia: ›Cornutus‹/›Distigium‹ (lat./dt. gloss., komm.) Otto von Lüneburg: ›Novus Cornutus‹ (komm.) (dat. 1464) Federzeichnung des Martyriums des Hlg. Sebastian Ps.-Seneca (Martin von Braga): ›De quattuor virtutibus cardinalibus‹ (lat./dt. gloss., komm.) Seneca: ›De remediis fortuitorum‹ Notate Epistola brevis ad bonum socium ut litteras scribat exhortaria Aenea Silvio Piccolomini: ›Carmen de passione Christi‹ leer Ovid: ›Remedia amoris‹ (lat./dt. gloss., komm.) Ps.-Ovid: ›Carmen facetiarum comedentium‹ (155r-156v, gloss.) und Ps.-Ovid: ›De pulice‹ (156v-161r, jedoch 159v160r leer) mit begleitendem Kommentar zum ›Facetus Cum nihil utilius‹ (155r-159r) ›Facetus Cum nihil utilius‹ (gloss.) zwei Carmina (u. a. ›De dare‹, vgl. WALTHER Nr. 4052) Adolf von Wien: ›Doligamus‹ (lat./dt. gloss., komm.) Aenea Silvio Piccolomini: ›De somnio‹ (an Prokop von Rabstein, 1444) Aenea Silvio Piccolomini: ›Contra turpem amorem‹ (an Hyppolit von Mailand, 1446) Aenea Silvio Piccolomini: ›Epistola ad Fridericum comitem palatinum‹ (1462), mit lat./dt. Marginalien Aenea Silvio Piccolomini: ›Euryalus et Lucretia‹ Briefsammlung Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XLII. 2. Epimythien im Verstext: Nr. IV E,1f, VI E,1f. (vorangestellt), X E,1f., XI E,1f., XII E,1-4, XIII E,1f., XIV E,14, bei XIV (nicht bei GUAGLIANONE) Si iudex fias ne grauiora feras | Criminis illati vindictam dum cupit ille, XV E,1f., XVII E,1-4, XIX E,1f. (bei XVIII), XIX E,1-4, XX E,1f., XXI E,5f., XXIV E,7f., XXV E,1f. (bei VIII und XXV), XXVI E,1f., XXVIII E,3f.+1f., XXIX E,1f., XXXI E,1f., XXXVIII E,1f., XXXIX E,3f. Erschließung: 1. Accessus: fortlaufend, engzeilig, in kleinerer Glossenschrift, vom Hauptschreiber der ersten Fabel vorangestellt. 2. Kommentar (der Gruppe AMOP, vgl. SUERBAUM 2000, S. 425-429, sowie Aug2, Mue8 und Par 7 ): engzeilig, fortlaufend, in kleinerer Glossenschrift, vom Hauptschreiber. Der Kommentar setzt jeweils am Blattrand in Höhe der

_____________ 396

Siehe auch unten zur Handschrift U-Ott.

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Verzeichnisse zur Überlieferung

entsprechenden Fabel ein und wird jeweils nach dem Schlussvers über die gesamte Blattbreite geführt. Seine Elemente: - ausführliche Prosaparaphrase, - ein regelmäßig als utilitas angekündigter Abschnitt mit der Benennung der Fabellehre, - ein allegoria angekündigter Abschnitt mit einer geistlichen Ausdeutung, zu der mehrfach eine Alternative geboten wird (vel aliter). Einrichtung: einspaltig, Zeilenzahl schwankend, da Text und Kommentar alternieren. Die einzelnen Fabeln beginnen jeweils in neuer Zeile. Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit gestrichelter Majuskel. Für Interlinearglossen ist zwischen ihnen breiter Abstand belassen. Der engzeilig fortlaufend aufgenommene Kommentar beginnt zumeist in Höhe der entsprechenden Fabel, wird dann am Rand engzeilig fortlaufend und nach dem Schlussvers der Fabel dann über die gesamte Breite des Schriftspiegels mitgeführt. Textanfang: mit dem Accessus 203r, dessen erste drei Zeilen in Auszeichnungsschrift ausgeführt sind und auf den erst 203v die erste Fabel folgt. Textende: mit dem letzten Kommentar, ohne Explicit.

224r-249r ›Anonymus Neveleti‹ (komm.) 249v leer IIIrv Pergamentfragment mit neumierten Versen IVrv leer Vorbesitzer Michael Boser Wann und wie die Handschrift nach Ottobeuern gelangte, ist unbekannt. Den vermutlich als Vorbesitzer sich nennenden Michael Boser kann ich nicht nachweisen. Der Kommentar zum Avian endet hattenberg posessor fuit kalbegg, doch scheint das lediglich ein Besitzeintrag der AvianVorlage zu sein, der dem Abschreiber mit in den Kommentartext geraten ist. Angelegt wurde die Handschrift um 1464 (Bl. 101v) von mehreren planmäßig und eng zusammenarbeitenden Schreibern, wobei die meisten Stücke aber von nur einer Haupthand stammen, die mit zwei weiteren Schreibern zusammenarbeitete. Von ihnen beschrieb der eine Bl. 215r233r, löst also die Haupthand inmitten des Avian ab, und der zweite, wiederum die Arbeit von der Haupthand inmitten eines bereits begonnenen Textes übernehmend, Bl. 240r-249r. Die Glossen und Kommentare stammen stets von den Schreibern der Grundtexte. Allenfalls für die Briefsammlung Bl. 201v-202v ist etwas spätere Aufnahme zu erwägen. Zeitlich nachzustellen sind vielleicht auch die Marginalien insbesondere von Bl. 1r-13v, die von Korrekturen am Grundtext begleitet werden. Die Einträge erfolgten hier dann sogar in mehreren Schichten. Die Verteilung der Schreiberhände legt nahe, die erste, die den Hauptanteil der Arbeit übernahm, als die des Initiators der Niederschrift und vielleicht auch des ersten Besitzer von Ott anzusehen. Der in den Briefen Bl. 201v-202v aufscheinende Personenkreis setzt diesen Schreiber in eine

Avian: ›Fabulae‹

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Nähe zur Ulmer Lateinschule. So ist ein Mattheus Waller de Růpprecht im Begriff, Ulm zu verlassen und verhandelt mit einem Laurenz Kaspar über Buchrückgaben, und schreibt ein Johannes Bloß, der als Lokat in Ulm tätig ist, an einen Ulrich Vit. Die Avian- und ›Disticha Catonis‹-Kommentare wurden nachweislich an der Ulmer Lateinschule verbreitetet (s. o. Aug2). Die die ›Disticha Catonis‹ begleitenden deutschen Reimpaarverse (›Ulmer Cato‹) haben ihren geographischen Verbreitungsschwerpunkt im Schwäbischen. Wie den ›Cato‹ und den Avian, so begleiten auch den ›Anonymus Neveleti‹, die beiden ›Cornuti‹ und den ›Facetus Cum nihil utilius‹ ausladende Prosakommentare tendenziell universitären Niveaus.397 Indizien für unmittelbare Niederschrift nach Diktat fehlen. Im Gegenteil dürften Ott schriftliche Vorlagen aus dem Umkreis des Ulmer Lehrbetriebs zugrunde liegen, die man sich individuell zusammenstellte. So stammen der ›Facetus‹ und der Kommentar dazu auf Bl. 155r-159r möglicherweise aus zwei verschiedenen Quellen, denn dieser geht jenem zu früh voraus. Zudem bricht die Kommentaraufzeichnung ab. Im ›Disticha Catonis‹-Kommentar bleibt die expositio ad litteram Bestandteil des fortlaufenden Prosakommentars (dort regelmäßig mit construe eingeleitet) und wurde nicht zwischen die Zeilen aufgelöst. Einen weiteren Fingerzeig auf schriftliche Vorlagen gibt die irrtümliche Übernahme des alten Besitzeintrags beim Avian (s. o.). L1 DICKE/GRUBMÜLLER 1987, S. LXVIII. L2 KRISTELLER 1967/97, Bd. 3, S. 684; HAUKE 1974, S. 79-81; KRÄMER 1989/90, Bd. 1,2, S. 645.

Oxf 1 *Oxford, Bodleian Library, Auct. F. 2. 14 Perg., III + 130 Bl., 25 x 16 cm, 2. Hälfte 11. Jh., England (Sherborne/Dorset?). Irv Bruchstück eines Antiphonars (13. Jh.) IIrv leer IIIr Buchsignaturen? (Th / W 3 11 und Met / 59), sonst leer IIIv Inhaltsverzeichnis (16. Jh.) 1r-50r Wulfstan: ›Vita s. Swithuni‹ (mit 11r-19v marginal aufgenommenem lat.-engl. Glossar) 50v leer 51r-53v Prudentius: ›Tituli historiarum‹/›Dittochaeon‹ (gloss.) 53v-58r ›Ecloga Theodoli‹ (lat./frz.-engl. gloss.) 58v-68r Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Widmungsepistel. 2. ›Versus de rustico‹. 3. Fabeln Nr. I-X, XIII-XXXVII, XXXIX-XLI, XIf., XXXVIII, XLII. 4.a) Epimythien im

_____________ 397

Zu weiteren Verbindungen zum Lehrbetrieb der Ulmer Lateinschule vgl. BODE2000, S. 32.

MANN/DABROWSKI

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Verzeichnisse zur Überlieferung

Verstext: Nr. XV E,1f. 4.b) Epimythien außerhalb des Verstextes: Nr. VI E,1f., X E,1f., XI E,1f., XII E,1f., XIII E,1f., XIV E,1-4, XVII E,1f., XIX E,1f., XXV E,1f., XXVI E,1f., XXVIII E,1f., XXIX E,1f., XXXI E,1f. von einer späteren Hand, die auch Korrekturen am Verstext anbrachte, jeweils an den Rändern nachgetragen. Erschließung: 1. Eine zweite Hand brachte Korrekturen an und fügte Epimythien ein. 2. Systematisch wurden durch die ganze Sammlung hindurch relativ dicht Syntaxpunkte angebracht, die auch die jeweils an den Rändern nachgetragenen Epimythien erfassen. Sowohl interlinear wie an den Rändern wurden Textglossen angebracht. Dies geschah jedoch im Unterschied zu den Syntaxpunkten ganz punktuell. Einrichtung: einspaltig, 36 Zeilen pro Spalte in vorgezeichnetem und vorliniertem Schriftspiegel mit schmalem inneren und breiteren äußeren Rändern. Die Fabeln beginnen jeweils in neuer Zeile mit zweizeiliger, abwechselnd roter und schwarzer Capitalis und erster Zeile in Majuskelschrift. Am Rand steht ab Nr. II jeweils eine römische Zählung und stehen rote Tituli in Majuskelschrift. Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit herausgerückter Majuskel, die im regelmäßigen Wechsel mit roter und schwarzer Tinte ausgeführt ist. Textanfang: über dem Schriftspiegel in roten Majuskeln INCIPIT EPISTOLA AVIANI FESTI AD THEODOSIVM; in neuer Zeile dann fünfzeilige farbige D-Lombarde; der Text der Widmungsepistel erscheint fortlaufend und die erste Zeile ist besonders hervorgehoben (schwarze Majuskelschrift); in neuer Zeile dreizeilige farbige L-Lombarde und Text der Versvorrede; der erste Vers hier wieder in schwarzer Majuskelschrift; die Verse der Vorrede abgesetzt mit herausgerückten farbigen Majuskeln; in neuer Zeile zweizeilige Lombarde und dann die erste Verszeile der Eingangsfabel in schwarzer Majuskelschrift. Textende: EXPLICIT LIBER AVIANI in roter Majuskelschrift am Rand neben dem Schlussvers. In der Folgezeile beginnend mit zweizeiliger roter O-Lombarde im Schriftspiegel und von der Hand des Verstextes: Omnes fabule aut hesopice sunt aut libistice. Hesopice sunt, que de sensibilibus animalibus feruntur, libistice, que de inuisibilibus dicuntur; anschließend nach Leerzeile Ankündigung des folgenden Stücks.

68r-77r 77r 77v-89r 89v 90r-104v 104v-107r 107r-107v 107v-110r 110r 110v 111r-126v 126v-128v

Persius: Satiren Notat zu Phocas: ›De nomine et verbo‹ Phocas: ›De nomine et verbo‹ (lat.-engl. gloss.) Ankündigung der ›Ilias latina‹, sonst leer Pindar Thebanus: ›Ilias latina‹/›Homerus latinus‹ (gloss.) Ps.-Ovid: ›De nuce‹ (gloss.) Auszüge aus Ovid: ›Ex Ponto‹ Serlo von Bayeux: ›Contra monachus‹ (WALTHER Nr. 15005) ›De symonia‹ (WALTHER Nr. 14029) ›De ludo scacorum‹ (WALTHER Nr. 2123) Statius: ›Achilleis‹ Lactantius: ›De ave Phoenice‹

Avian: ›Fabulae‹

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129rv Bruchstück eines Hymnars oder Antiphonars (14. Jh.) 130rv Bruchstück eines Missale mit Noten (13. Jh.) Vorbesitzer Sherborne/Dorset, Benediktiner? John Leland (1506-52) fand die Handschrift auf seinen Reisen durch England zwischen 1536 und 1540 unter den Beständen der Benediktinerabtei Sherborne vor, nahm Einträge in sie vor und veröffentlichte Auszüge aus der ›Vita s. Swithuni‹ im Druck.398 Zwischen 1618 und 1620 kam sie in die Bodleiana, wo sie seither aufbewahrt wird.399 Weitere Nachrichten zur älteren Besitzgeschichte liegen nicht vor, sodass der Ansatz der älteren Bibliotheksheimat »Sherborne« auf wirklich sichere Indizien verzichten muss, da sich kein mittelalterlicher Katalog der Benediktiner aus Sherborne erhalten hat. Der mittelalterliche Einband und die beim Binden drei verschiedenen Handschriften entnommenen Schutzblätter könnten Spezialstudien jedoch weitere Wege weisen. Die Handschrift setzt sich aus drei zeitgenössisch entstandenen Teilen zusammen, die bereits im 12. Jahrhundert vereint waren.400 In allen drei Abschnitten wurden die Texte sorgfältig niedergeschrieben und in einen einspaltigen Schriftspiegel mit 36 Zeilen gesetzt. Die Versanfänge mit herausgerückten Majuskeln sind durch die ganze Handschrift im regelmäßigen Wechsel rot und schwarz ausgeführt. Regelmäßig sind den Texten ihre Titel beigegeben. Mehrere der Hauptstücke (Prudentius und die ›Ecloga Theodoli‹; Avian und Persius; der ›Homerus latinus‹ und der OvidKomplex plus Serlo von Bayeux) werden durch die jeweils auf ein- und dieselbe Seite gesetzten Übergänge zusammengehalten. Nicht zuletzt bleiben Format und Pergamentqualität gleich. Die drei Teile wurden demnach vielleicht nur im Rahmen der sukzessiven Produktion des gesamten Bandes zunächst getrennt angelegt, waren jedoch vermutlich von Anfang an füreinander bestimmt. Die Texte dicht und gleichmäßig zu glossieren, war nicht beabsichtigt. Dafür ließ der engzeilige Zeilenabstand der Vorlinierung kaum Platz. Allenfalls der Außenrand der Blätter wurde großzügig breiter belassen, ohne dass er deshalb jedoch für die Aufnahme von marginalen Texteinträgen vorgesehen gewesen sein muss. Die sorgfältige Anlage des Bandes und das Format weisen zunächst auf Anlage zur weiteren Ausstattung und Auffüllung einer Klosterbibliothek, der er Texte bereitzuhalten hatte. Dass dies gezielt mit Blick auf einen Unterrichtsbetrieb geschah, lässt sich im Blick

_____________ 398 399

400

Vgl. CBMLC, Bd. 4, S. 591; KER 1957/90, S. 354. Vgl. A summary catalogue of western manuscripts in the Bodleian Library 1895/1953, Bd. 1, S. 103 Nr. 927, und Bd. 2,1, S. 476. MONTFAUCON 1739, Bd. 1, S. 657, führt Oxf 1 unter der Nummer des Summary catalogues 2657. MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 1, S. 417.

Verzeichnisse zur Überlieferung

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auf Ausschnitte der Textauswahl (Avian plus Grammatik) vermuten. Mit Sicherheit kann wegen des großzügigen Formats (Oxf 1 übertrifft hier alle Avian-Handschriften des 11. Jahrhunderts) aber, wegen der besonderen Anlage und weil entsprechende Gebrauchsspuren (Federproben, Alphabete, Besitzeinträge) fehlen, eine spätere Nutzung der Handschrift unmittelbar im Unterricht ausgeschlossen werden. Die zahlreichen späteren Glosseneinträge in die Handschrift zeigen allerdings Aktualisierungen einer potentiellen Vorlage für Unterrichtsmanuskripte an. Unterscheiden lassen sich mindestens: - eine älteste erste Schicht. In ihr wurden die alphabetisch angeordneten lateinischen Lemmata, die größtenteils Aldhelms ›De laude virginitatis‹ entstammen, noch von einer der Niederschrift der Grundtexte zeitlich nahestehenden Hand und, wenig später, von einer zweiten Ergänzungshand eingetragen. Zu dieser Schicht gehören weiter vier altenglische Glossen des 11. Jahrhunderts (Bl. 39r-40v). Im ganzen blieb dort die ›Vita Swithuni‹ jedoch unglossiert. - eine etwas später anzusetzende zweite Schicht. Sie umfasst lateinische und vier altenglische Glossen zum Phocas. Dieser ist jedoch nur Bl. 77v78v etwas dichter und sonst nur ganz vereinzelt glossiert. - eine erst mit zeitlichem Abstand einsetzende dritte Schicht. Im 13. Jahrhundert wurden in den ›Ecloga Theodoli‹ Glossen und Akzentzeichen ergänzt. Das geschah jedoch ungleichmäßig, nämlich Bl. 53v-54r relativ dicht und teils unter Anbringung von Syntaxpunkten (Bl. 54r), aber Bl. 54v-55r nur dünn, und ab Bl. 55v wurde so gut wie gar nicht mehr glossiert. - HUNT zufolge wurden im frühen 14. Jahrhundert, nach KORHAMMER aber noch im 13. Jahrhundert (wie die Theodol-Glossen), die AvianGlossen eingetragen. Systematisch erstrecken diese sich jedoch nur auf Syntaxpunkte, die auch die nachgetragenen Epimythien erfassen. Von der Verteilungsdichte der übrigen Glossen gibt das bei HUNT Abgedruckte401 einen zutreffenden Eindruck, denn selbst, wenn man die lateinischen Glossen einbezieht, bleiben die Einträge ganz punktuell. Man braucht die Datierung der einzelnen Ergänzungsschichten nicht zu strapazieren, um zu erkennen, dass die Ergänzungen in zwei deutlich voneinander abgesetzten Zeiträumen vorgenommen wurden, von denen der erste noch der Entstehung der Handschrift nahe liegt und dann bis zum zweiten mindestens ein Jahrhundert verstreicht. Dass Oxf 1 über diese zeitliche Lücke hinweg wenn nicht weiter beschrieben, dann doch wenigstens kontinuierlich gelesen worden wäre, kann ausgeschlossen werden: Dann sähen die Blätter bedeutend beanspruchter aus als sie heute vorlie-

_____________ 401

HUNT 1991, Bd. 1, S. 78.

Avian: ›Fabulae‹

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gen. Auch ist zu beachten, dass die Glossen außer beim Avian, der systematisch mit Syntaxpunkten versehen ist, stets nur punktuell und unsystematisch angebracht sind und nirgends eine gleichbleibende Dichte erreichen. Als man den Band schließlich dem spätmittelalterlichen Buchbinder in die Hände gab, war man wohl nur noch an der sicheren Aufbewahrung der Texte, kaum mehr an ihrer eindringenden Lektüre interessiert. Daher wurde etwa der Text des lateinisch-altenglischen Glossars beim Binden am Rand beschnitten. L1 ELLIS 1887, S. XXXX (Sigle O); HERVIEUX 1893/99, Bd. 3, S. 99f.; GUAGLIANO1958, S. XVII (Sigle O); DUFF/DUFF 1961, S. 677 (Sigle O); HERRMANN 1968, S. 26 (Sigle O); GAIDE 1980, S. 72 (Sigle O). L2 MONTFAUCON 1739, Bd. 1, S. 657 Nr. 2657; A summary catalogue of western manuscripts in the Bodleian Library 1895/1953, Bd. 2,1, S. 475f. Nr. 2657. L3 Old english glosses, chiefly unpublished. Edited by ARTHUR S. NAPIER. Oxford 1900 (Anecdota Oxoniensia 4. Mediaeval and modern series 11), Nr. 18B; KER 1957/90, S. 353f. Nr. 295; KER 1964, S. 179, 375; OTTO PÄCHT, J. J. G. ALEXANDER: Illuminated manuscripts in the Bodleian Library Oxford. Oxford 1966-73, Bd. 3, S. 8 Nr. 60; COLETTE JEUDY: L’›Ars de nomine et verbo‹ de Phocas: Manuscrits et commentaires médiévaux. In: Viator 5 (1974), S. 61156, hier S. 123f.; KORHAMMER 1980, S. 39f. und S. 57; BURSILL-HALL 1981, Nr. 188.6; GNEUSS 1981, S. 35 Nr. 535; MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 1, S. 417f., Bd. 2, S. 153, 204f., 547, Bd. 3,1, S. 246; HUNT 1991, Bd. 1, S. 77f.; CMBLC, Bd. 4, S. 591. NE

Oxf 2 *Oxford, Bodleian Library, Auct. F. 5. 6 Perg., IV + 158 + III Bl., 24 x 19.5 cm, Ende 13. Jh., England. Ir Inhaltsverzeichnis (15. Jh.), Federproben und Besitzeintrag (16. Jh.): magister m. Sayndors Iv-5v ›Contemptus mundi‹/›Cartula‹ 5v Notate, Federproben 6r-17r Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. X,9-XLII. 2.a) Epimythien im Verstext: Nr. XII E,1f., XIV E,3f.+1f., XIX E,1f. 2.b) Epimythien außerhalb des Verstextes: Nr. X E,1f., XI E,1f., XV E,1f., XXV E,1f., XXI E,1f., XXXVIII E,1f. (bei Nr. XX) von verschiedenen Händen am Rand nachgetragen. Erschließung: 1. Interlinearglossen, darunter vereinzelt französische Interpretamente, in kleinerer Schrift durchgehend in gleichbleibender Dichte in der Hauptsache von der Hand des Kommentars, die vielleicht ein wenig später als der Schreiber des Verstextes arbeitete, dazu ganz vereinzelt spätere Ergänzungen. 2. Kommentar in kleinerer Schrift engzeilig durchgehend in gleichbleibender Dichte in der Hauptsache von einer Hand in Blöcken in Höhe des Fabelbeginns auf den Rändern. Seine Elemente: - Benennung des Lehrgehalts, - Prosaparaphrase. 3. Marginalscholien: regelmäßig durch die ganze Sammlung, wie der Kommentar in kleinerer Schrift und in Blöcken auf den Blatträndern notiert. Ihre Ele-

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mente: Fabeltitel, nochmalige Benennung der Fabellehre ( fructus), allegorische Auslegungen, selten grammatische Erläuterungen. Im wesentlichen scheinen also, ähnlich wie in Oxf 3, zusätzliche Kommentarbestandteile noch einmal versprengt auf die Randabschnitte verteilt. Einrichtung: einspaltig, 22 Zeilen pro Spalte in vorgezeichnetem und vorliniertem Schriftspiegel mit schmalem Innen- und breitem Außenrand, der zusätzlich beidseitig durch Vorlinierung begrenzt wird. Die einzelnen Fabeln beginnen jeweils in neuer Zeile mit zweizeiliger rubrizierter Lombarde. Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit in eigene Vorlinierung herausgerückter und gestrichelter Majuskel. Textanfang: fragmentarisch. Textende: Explicit liber auiani in eigener Zeile.

17v-32v 33r-58r 58v-81v 82r-94v 95r-97r 97va-104va 104vb 105r-115v 115v-149v 150r-158v

Maximian: ›Elegiae‹ (lat./frz. gloss.) Statius: ›Achilleis‹ (gloss.) Claudian: ›De raptu Proserpinae‹ (lat./frz. gloss.) Ovid: ›Remedia amoris‹ (gloss.) Johannes de Garlandia (?): ›Poenitentiarius‹ (komm.) Kommentar zu den ›Ecloga Theodoli‹ leer Alanus ab Insulis: ›Liber parabolarum‹ Matthæus von Vendôme: ›Tobias‹ (gloss., komm.) Johannes de Garlandia: ›Carmen de mysteriis ecclesiae‹ (gloss., komm.) (Ende frgm.) Vorbesitzer magister m. Sayndors Im ältesten Bestand der 1602 der Öffentlichkeit zugänglich gemachten Bibliothek Thomas Bodleys lässt sich die Handschrift noch nicht nachweisen. In den Oxforder Katalogen erscheint sie erstmals 1620. Die Handschrift ist demnach zwischen 1613 und 1620 in die Bodleian Library eingegangen. Aus dem 17. Jahrhundert stammt auch ihr Einband. Im 16. Jahrhundert befand sie sich im Besitz eines nicht weiter nachzuweisenden Magisters M. Saynders oder Saunders.402 Weitere Vorbesitzer sind nicht zu ermitteln. Im 15. Jahrhundert wurde der damals schon zwei Jahrhunderte alte Band mit einem Inhaltsverzeichnis versehen. Zu diesem Zeitpunkt gingen dem Avian noch die ›Disticha Catonis‹ und die ›Ecloga Theodoli‹ voran, die beide heute fehlen.403 Da bei der Niederschrift der Texte im 13. Jahrhundert Reklamanten und, zeitgleich oder wenig später, eine römische

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Personen namens Saynders oder Saunders mit Vornamen M. finden sich weder in der Umgebung der Universität Oxford noch von Cambridge. EMDEN 1957/59, Bd. 3, S. 1643, führt jedoch für Oxford drei Personen dieses Namens mit unbekanntem Vornamen auf, die im letzten Viertel des 15. Jahrhunderts gelebt haben. Der im alten Inhaltsverzeichnis übergangene ›Poenitentiarius‹ (Bl. 95r-97r) wurde sicher nur übersehen, denn er zählt zum Grundstock der Handschrift.

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Lagenzählung angebracht wurde, die zuerst Bl. 13v bereits mit IV erscheint, lässt sich der Blattverlust auf mindestens zwei vollständige Lagen und vielleicht noch eine halbe weitere berechnen. Weiter sind am Schluss einige Blätter mit der Fortsetzung des ›Carmen de mysteriis ecclesiae‹ verloren gegangen. Während dem ›Carmen‹ noch weitere Stücken gefolgt sein können, wird der ›Contemptus mundi‹ den Band eröffnet haben. Die Eingangsseite Bl. Ir blieb nämlich leer; sie war vermutlich als Schmutzfängergedacht. Lagenzählung und Reklamanten weisen den Band als geschlossen und planvoll angelegt aus. Hinzu kommen gleichbleibendes Blattformat, durchgehende Verwendung eher minderwertigen Beschreibstoffs, Niederschrift des Grundstocks durch einen oder nur wenige eng aufeinander abgestimmt arbeitende Schreiber, formale Geschlossenheit durch Aufnahme fast nur von Verstexten, inhaltlich-funktionale Geschlossenheit durch Aufnahme in England im 13. Jahrhundert verbreiteter Schultexte, schließlich standardisierte Formulierungen der Explicits zur Mehrzahl der Texte und in den Grundlinien stets gleichbleibende Darbietung der Verstexte (trotz zwischen 20 [›Poenitentiarius‹] und 35 [›Cartula‹] Zeilen schwankender Zeilendichte pro Seite). Mit den verlorenen ›Disticha Catonis‹ und dem Theodolus bilden Avian, Maximian, Claudian und Statius das Textsextett des ›Liber Catonianus‹. Es wurde in der Fortsetzung um einen separaten Kommentar zu einem Ausschnitt des ›Liber‹ sowie – mit ›Remedia amoris‹ und ›Tobias‹ – um zwei große Verstexte, mit dem ›Liber parabolarum‹ und dem ›Poenitentiarius‹ um zwei kleinere Stücke und schließlich um das ›Carmen de mysteriis ecclesiae‹ erweitert. Einem verbreiteten Typ von Schulbuch wurden also weitere Texte einfach angelagert. Die Glossen und Kommentare wurden vielleicht etwas später, aber noch meistenteils zeitnah zum Grundstock angebracht. So stammen der Kommentar zum ›Poenitentiarius‹, dessen Niederschrift, weil in der Lagenzählung berücksichtigt, noch nahe an der Entstehung des Bandes liegt, und der Kommentar zum Theodolus im Kernbestand noch von der selben Hand. Darüber hinaus sind manche Glossen aber auch erst deutlich späteren Schichten zuzuordnen. Insgesamt erscheinen Glossen und Kommentare recht ungleich verteilt. Maximians Elegien sind durchgehend von im wesentlichen einer einzigen Hand glossiert, die aber vielleicht etwas später arbeitete als der Verstextschreiber. Die ›Achilleis‹ ist nur bis Bl. 34r glossiert, und dies schon auf dieser kurzen Strecke nur ungleichmäßig; zudem stammen Glossen und Kommentare hier von mindestens zwei verschiedenen Händen und wurden von weiteren Nachtragshänden aufgefüllt. Die ClaudianGlossen versammeln sich Bl. 59r-61v, stammen von verschiedenen Hän-

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den, die sie nur sporadisch eintrugen und darüber hinaus nur noch vereinzelte Glossen über kürzere Strecken wie etwa Bl. 67rv, 68v-69r, 72v und 76r schrieben. Der Ovid ist nur vereinzelt, aber von mehreren Händen glossiert. Der ›Poenitentiarius‹ wurde systematisch von derselben Hand kommentiert, die auch den Theodol-Kommentar schrieb. Der ›Liber parabolarum‹ wurde so gut wie gar nicht und der ›Tobias‹ von einer oder zwei Händen zunächst dichter glossiert, doch dünnen die Einträge bald aus, halten sich noch bis Bl. 141v und fehlen aber dann bis zum Schluss nahezu völlig. Zu Garlandias ›Carmen de mysteriis ecclesiae‹ wurden Glossen dicht und in zwei verschiedenen Schichten eingetragen, wobei der erste Grundbestand an Glossen nicht mehr vom Verstextschreiber, sondern erst von einer späteren Hand zu stammen scheint. Von einer Vielzahl späterer Schreiber stammt eine Fülle kleinerer Gelegenheitseinträge, darunter Federzeichnungen, Federproben und Zeigehände. Vielleicht wurde die Handschrift bis ins 15. Jahrhundert hinein für Studienzwecke herangezogen. Dass sie viel benutzt wurde, ist schon ihrem Äußeren allenthalben anzusehen. Zahlreiche Blätter sind an den Rändern deutlich abgegriffen, mehrere eingerissen, manche wurden roh geflickt. Darunter litt das Ansehen des Bandes insgesamt, sodass schließlich die Blätter 108 und 109 nur noch der Materialbeschaffung dienten. Hier wurden nämlich die unteren Ecken herausgeschnitten, um preiswert Beschreibstoff zu gewinnen. L1 ELLIS 1887, S. XXXX (Sigle X); HERVIEUX 1893/99, Bd. 3, S. 100; GUAGLIANO1958, S. XX (Sigle X); DUFF/DUFF 1961, S. 677 (Sigle X); HERRMANN 1968, S. 26 (Sigle X). L2 MONTFAUCON 1739, Bd. 1, S. 656 Nr. 2195; A summary catalogue of western manuscripts in the Bodleian Library 1895/1953, Bd. 2,1, S. 253f. Nr. 2195. L3 HALL 1969, S. 18; HUNT 1991, Bd. 1, S. 73f., Bd. 2, S. 11f.; MUNARI 1977/88, Bd. 1, S. 75f. Nr. 63. NE

Oxf 3

*Oxford, Bodleian Library, Lat. Class. d. 7 – Bl. 3r-4v (= Teil III) Perg., 2 Bl., 27 x 18 cm, 13. Jh., England. 3r-4v Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. XIII,5-XXI,2. 2.a) Epimythien im Verstext: Nr. XIII E,1f., XIV E,1f., XV E,1f. 2.b) Epimythien außerhalb des Verstextes: Nr. XIX E,1f. am Rand noch von Texthand nachgetragen. Erschließung: 1. Interlinearglossen: in kleinerer Schrift durchgehend von einer einzigen Hand zeitnah zum Verstext in gleichbleibend relativ hoher Dichte sorgfältig eingetragen; überwiegend lateinische Interpretamente, vereinzelt einige französische. 2. Kommentar: von derselben Hand wie die Glossen, in kleinerer Glossenschrift, systematisch und sorgfältig, auf den inneren und äußeren Rändern blockweise eingetragen. Soweit am Textausschnitt zu erkennen, wurde eine regelmäßige Verteilung ange-

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strebt: in Höhe des Eingangsverses links neben dem Verstext erscheinen jeweils die Benennung der Fabellehre und die Prosaparaphrase, in Höhe des Eingangsverses rechts neben dem Text der Titel der Fabel und in neuer Zeile eine zusätzliche Benennung der fructus fabulae. (Vergleichbar gingen die Schreiber von Oxf 2 vor.) 3. Marginalien: nicht sehr häufig, in der Einrichtung und von der Hand des Kommentarschreibers, mit weiteren grammatischen und inhaltlichen Erläuterungen. Einrichtung: einspaltig, 31-34 Zeilen pro Spalte in vorgezeichnetem und vorliniertem Schriftspiegel mit breiten Rändern. Die einzelnen Fabeln beginnen jeweils in neuer Zeile mit roter Majuskel. Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit in eigene Vorlinierung herausgerückter Majuskeln. Textanfang und -ende sind fragmentarisch.

Vorbesitzer Bernard Quaritsch (1819-99); William Horatio Crawford († vor 1891) Das Doppelblatt mit dem Avian bildet den dritten Teil einer nachmittelalterlichen Fragmentensammlung, die ihrerseits aus einem Konvolut von über zwanzig weiteren Bruchstücken herausgelöst wurde. Die Bodleiana erwarb dieses Konvolut am 14.3.1893 von dem Antiquar Quaritsch, der es am selben Tag beim Verkauf der Lakelands Library Crawfords erstanden hatte. In die Bibliothek Crawfords war der ganze Fragmentenband zuvor durch Ankauf von demselben Antiquar Quaritch gelangt. Das Avian-Fragment bildete ursprünglich einmal das Innenblatt einer Lage. Die erste Seite ist allerdings stark abgegriffen und an den Rändern geschwärzt, und beide Blätter sind löcherig. Sie könnten daher einmal als Einbandmaterial gedient haben. Es ist weder bekannt wann, noch aus welchem Zusammenhang sie herausgelöst wurden. Textbestand, Texteinrichtung und das spätere Schicksal der Blätter machen jedoch einen unterrichtlichen Gebrauchszusammenhang sehr wahrscheinlich. L1 DICKE/GRUBMÜLLER 1987, S. LXVIII Anm. 134; SUERBAUM 2000, S. 385 Anm. 10. L2 A summary catalogue of western manuscripts in the Bodleian Library 1895/1953, Bd. 6, S. 36-38 und S. 44 Nr. 31376. L3 HUNT 1991, Bd. 1, S. 74 Anm 96.

Oxf 4/a *Oxford, Bodleian Library, Rawl. G 111 Perg., 51 Bl., 19.5 x 12 cm, 2. Hälfte 11. Jh., England. 1r-16r Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Widmungsepistel. 2. ›Versus de rustico‹. 3. Fabeln Nr. IXLII. 4.a) Epimythien im Verstext: Nr. XII E,1f., XXXI E,1f. 4.b) Epimythien außerhalb des Verstextes: Nr. X E,1f., XI E,1f., XIV E,1-4, XV E,1f., XVII E,1f., XX E,1f., XX E,1f., XXV E,1f., XXVI E,1f. in verschiedenen Schichten404 ergänzt.

_____________ 404

Die Epimythien sind von mindestens vier verschiedenen Händen nachgetragen. Die Epimythien zu Nr. X und XV bilden eine älteste, noch innerhalb des Schriftspiegels eingetra-

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Erschließung: 1. durchgehend in annähernd gleichbleibender Dichte lateinische und englische Interlinearglossen von mindestens drei verschiedenen Händen noch im 11. Jahrhundert nachgetragen. 2. Bl. 1r, 2r, 7v, 10r und 15v-16r weitere marginale Einträge. Einrichtung: einspaltig, 24 Zeilen pro Spalte in vorgezeichnetem und vorliniertem Schriftspiegel mit sehr schmalem inneren und breiteren, jedoch nicht für die Aufnahme von Kommentaren vorgesehenen äußeren Rändern. Die einzelnen Fabeln beginnen jeweils mit in eigener Zeile farbig vorangestelltem Titel und zweizeiliger farbiger, vergrößerter Capitalis. Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit herausgerückten rubrizierten Majuskeln. Textanfang: über dem Schriftspiegel rot Ankündigung der Epistola; in der ersten Zeile des Schriftspiegels zweizeilige farbige D-Capitalis und Text der Widmungsepistel bis 1r; 1v oben über dem Schriftspiegel farbig prefacio sequentis opusculi; in der ersten Zeile zweizeilige farbige LCapitalis und die Versvorrede (Verse abgesetzt mit herausgerückten farbigen Majuskeln); in zwei eigenen Zeilen farbiger Titel Fabula auieni poete. De rustica et lupo fraudato; in neuer Zeile dreizeilige R-Capitalis und Beginn des Verstextes. Textende: rubriziert in eigener Zeile Expliciunt fabule auieni poete egregi.

16r-51v

Hexameter-Übertragung des ›Romulus Nilantinus‹ (Ende frgm.) Weiteres s. u. Oxf 4/b.

Oxf 4/b *Oxford, Bodleian Library, Rawl. G 57 Perg., 33 Bl., 19.5 x 12 cm, 2. Hälfte 11. Jh., England. 1r-5v ›Disticha Catonis‹ (lat./engl. gloss.) (Anfang frgm.) 5v Verse zur ›Ilias‹ (WALTHER Nr. 9341) 6r Verse zur ›Ilias‹ (WALTHER Nr. 14116) 6r-27r Pindar Thebanus: ›Ilias latina‹/›Homerus latinus‹ (lat./engl. gloss., komm.) 27r Verse zur ›Ilias‹ 27v Verse zum ›Novus Cato‹ (WALTHER Nr. 5305) 27v-33v Martinus: ›Novus Cato‹ Vorbesitzer Johannes de Fenton?; Thomas Rawlinson (1681-1725); Richard Rawlinson (1690-1755) Oxf4/a und b bildeten ursprünglich einen einzigen Band:

_____________ gene Schicht, denn mit dem Epimythion zu Nr. X wurde noch der Schlussvers der Fabel eingesetzt, und das Epimythion zu Nr. XV ist in eine Lücke des Verstextes eingesetzt. Zusammen gehören vermutlich auch die, vielleicht ganz zuletzt und möglicherweise erst im 13. oder 14. Jahrhundert, in vergleichbarer hellbrauner Tinte eingetragenen Epimythien zu Nr. XIV, XIX und XXVf. Von zwei oder drei weiteren Händen stammen die Epimythien zu Nr. XI, XVII und XX.

Avian: ›Fabulae‹

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»The manuscript was divided and bound in two volumes by Thomas Rawlinson, in whose sale, 4 March 1733/4, it was lots 5 and 12. Both lots were bought by Richard Rawlinson and were acquired by the Bodleian with his manuscripts in 1756.«405

Allerdings verwundert, dass das Schlussblatt des ersten Teils sehr stark nachgedunkelt ist, und auch der Textausfall gerade an dieser Übergangsstelle befremdet. Aus dem getrennten Verkauf durch Thomas Rawlinson geht zwar eindeutig der ältere gemeinsame Besitz bereits getrennter Teile hervor, doch nicht schon, dass die Handschrift erst durch Thomas Rawlinson zerlegt worden wäre. Der älteren Vorgeschichte der Handschrift, die von ihrer Entstehung im 11. Jahrhundert bis ins 17. Jahrhundert hinein im Dunkeln liegt, bleibt in diesem Punkt noch genauer nachzugehen. Einzubeziehen ist dabei auch jener Johannes de Fenton, dessen Name Bl. 29r, d. h an einer für einen Besitzeintrag ungewöhnlichen Stelle, genannt wird.406 Die Handschrift, frühester Textzeuge für den ›Novus Cato‹ und einziger für die Hexameter-Bearbeitung des ›Romulus Nilantinus‹407, ist aus einem Guss. Ihre Texte wurden von einem oder wenigen aufeinander abgestimmt arbeitenden Schreibern in einem mehr oder minder geschlossenen Arbeitsgang niedergeschrieben und werden in einander angeglichener Einrichtung dargeboten. Man arbeitete nicht ohne Sorgfalt, Oxf 4/a Bl. 16r und Oxf 4/b Bl. 27v wurden sogar Zierinitialen angebracht, und in den beiden letzten Stücken wechselt die Farbe der Majuskeln von Vers zu Vers. Interlinearglossen enthielten die Abschriften, soweit zu sehen, zunächst noch so gut wie gar nicht. Drei der fünf Hauptstücke (Avian, Hexameter-Fabeln, ›Cato‹, ›Ilias latina‹, ›Novus Cato‹) wurden dann später glossiert (Avian, ›Cato‹, ›Ilias latina‹). Die sowohl lateinischen wie zahlreichen englischen Glossen stammen von mindestens drei Händen. Diese Ergänzungen reichen jedoch über das 11./12. Jahrhundert nicht hinaus, und sie wurden in sehr unterschiedlicher Dichte angebracht. Im Hexameter-Romulus beschränken sie sich auf einige wenige Interpretamente: In der Hauptsache wurden die einzelnen Fabeln systematisch mit Titeln versehen. Nach den ›Disticha Catonis‹ dünnt die Glossierung deutlich aus. Für die ›Ilias‹ wird das im Vergleich zum vorangehenden ›Cato‹ deutlich, der noch 133 altenglische Glossen bietet, die ›Ilias‹ dagegen nur noch acht. Allerdings wurden ihr wiederum wie

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406

407

KER 1957/90, S. 428. Vgl. zu den Brüdern Thomas und Richard Rawlinson und ihren Büchern: A summary catalogue of western manuscripts in the Bodleian Library 1895/1953, Bd. 3, S. 177f. Vier Personen dieses Namens belegt, aus der Zeit zwischen der ersten Hälfte des 14. und der ersten Hälfte 15. Jahrhunderts, EMDEN 1957/59, Bd. 2, S. 677. Vgl. GRUBMÜLLER 1977, S. 71f. Anm. 142.

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keinem Text sonst im Band Marginalscholien beigegeben. Der ›Novus Cato‹ schließlich wurde gar nicht mehr glossiert. Erst aus dem 13. oder gar 14. Jahrhundert stammt die letzte Schicht der Epimythien-Nachträge und stammen zudem einige sehr unbeholfene Federzeichnungen möglicherweise aus Schülerhand. Bl. 28r findet sich ein liegendes Strichmännchen, Bl. 35v der Kopf einer männlichen Figur, Bl. 45r wieder ein Kopf im Stil wie Bl. 28r und zweimal eine Schreibübung. Das belegt die Verwendung als Lektüreheft. Unter den Folgen hatte besonders der Eingang des Bandes zu leiden. Die Blätter in der ersten Hälfte des Avian sind fleckig und knitterig, teils eingerissen und roh genäht, teils unten ausgerissen. Dazu sind Bl. 19r-23r mit Tinte verschmiert. Bl. 51r ist der untere Blattrand weggeschnitten, Bl. 51v ist stark nachgedunkelt, ebenso im zweiten Teil Bl. 1r. Im zweiten Teil weisen besonders die ersten vier Blätter sehr viele Flecken auf. Zu trennen, wenngleich im Detail nicht scharf voneinander abzuheben, sind demnach mindestens drei Eintrags- und Gebrauchsschichten: - Anlage der Handschrift und ihre erste Ausstattung mit texterschließenden Instrumenten, mit Glossen (und eventuell auch Marginalscholien: ›Ilias latina‹). Hier versammelte man Verstexte zu einem keineswegs sorglos, aber doch auch nicht allzu aufwändig gestalteten Handbuch. Es war kaum von vornherein für unmittelbare Unterrichtszwecke bestimmt (Zierinitialen!). Allerdings wird die Textauswahl vom für die Frühzeit der Avian-Überlieferung noch am ehesten für Unterrichtszusammenhänge carakteristischen Duo ›Cato‹/Avian bestimmt. (Diese beiden Texte werden später auch am dichtesten glossiert.) Die Hexameter-Fabeln werden als Lektürealternative zum Avian (Bl. 20r oben z. B. wurde sogar der Anfang eines Epimythions aus dem vorangehenden Avian nachgetragen), der ›Novus Cato‹ als Alternative zu den ›Disticha Catonis‹ vorgehalten. Wenn Oxf 4 für Unterrichtszwecke bestimmt gewesen sein sollte, dann eher als Handbuch für den Lehrer denn für Schülerhand. - Einsatz als Handbuch mit Schultexten für den Unterricht. Dieser wird durch zahlreiche Textnachträge in mehreren Schichten belegt, die noch in zeitliche Nähe zur Anlage liegen. Offenbar waren die späteren Benutzer daran interessiert, den Band auf einem benutzbaren Stand zu bringen und zu halten. Was dem einen reichte, genügte dem anderen schon nicht mehr. Die Vielzahl der Textschichten spricht gegen Privatbesitz und Nutzung für individuelle Studien, hingegen eher für Gebrauch über einen längeren Zeitraum hinweg vor gleichbleibendem und institutionell gesichertem Hintergrund. Auf dem Stand gehalten wurde die Handschrift von Benutzern, die schreiben konnten und sich ihr Hilfsmittel anzupassen und zu verbessern strebten.

Avian: ›Fabulae‹

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- Vermutlich erst bedeutende Zeit scheint die Handschrift dann erneut in den Unterricht überführt worden zu sein, allerdings nun in Schülerbesitz und als Lektüreheft. Schriftliche Einträge lassen sich dieser Schicht nicht zweifelsfrei zuordnen. Vielleicht wurden die spätesten EpimythienNachträge im Blick auf den Einsatz als Lektüreheft vorgenommen. Diese Nutzungsstufe kennzeichnet generell weniger der Nachtrag von Texten als ihre Gefährdung durch Abrieb, Ausriss, zunehmende Beeinträchtigung der Lesbarkeit etwa durch Tintenflecken. Relative Kontinuität jedoch auch hier: Nach dem Avian ist es v. a. der ›Cato‹, dessen Blätter in Mitleidenschaft gezogen wurden. Der erwähnte Namenseintrag Johannes de Fenton mag dieser Verwendungsstufe zuzuweisen sein. L1 ELLIS 1887, S. XXXX (Sigle R); HERVIEUX 1893/99, Bd. 1, S. 808, Bd. 3, S. 100f.; GUAGLIANONE 1958, S. XVII (Sigle R); DUFF/DUFF 1961, S. 677 (Sigle Rawl.); HERRMANN 1968, S. 26 (Sigle R); GAIDE 1980, S. 72 (Sigle R). L2 A summary catalogue of western manuscripts in the Bodleian Library 1895/1953, Bd. 3, S. 353 Nr. 14788 und S. 362 Nr. 14836. L3 Old english glosses, chiefly unpublished. Edited by ARTHUR S. NAPIER. Oxford 1900 (Anecdota Oxoniensia 4. Mediaeval and modern series 11), Nr. 28; MAX FÖRSTER, ARTHUR NAPIER: Englische Cato- und IliasGlossen des 12. Jahrhunderts. In: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen 117 (1906), S. 17-28; KER 1957/90, S. 427f. Nr. 350; GNEUSS 1981, S. 42 Nr. 664; LAPIDGE 1982, S. 104f. und S. 130-132; PAGE 1982, S. 146 und S. 149f.; MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 1, S. 73 und S. 418.

Par 1 *Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. Lat. 5570 Perg., 74 Bl., wechselnde Formate (Teil IV [53-63]: 18 x 14.5 cm), Datierungen (Teil IV: 10./11. Jh.) und Provenienzen (Teil IV: Nordfrankreich). 1r-2v neuzeitliche Signaturen (Codex Colb. 5254; Regius 4427 / 3.3 und 5570); mittelalterliche Federproben; Ansatz zu einer Federzeichnung (Skizze eines Rades?) 3r-27r Hilduin von St. Denis: ›Vita s. Dionysii‹ 27v-30r Predigt zum Fest der Geburt Mariens (Ende frgm.) 30v Federprobe 31ra-36vb Auszüge aus Hildebert von Lavardin: ›Epistolae‹ (Anfang und Ende frgm.) 37r-49r Donat: ›Ars Maior‹, Buch II 49r-52v Declinationes nominum (Ende frgm.) 53r Federproben (Sedulius Poeta, POENA, Aue maria) 53v-61rb Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Widmungsepistel. 2. Fabeln Nr. I-XIX,6 (54ra-58vb), XXII,12-XXXIV (59ra-60vb), IX,7-XXII,11 (61rab) (zu Nr. XXXVXLII s. u. 62ra-63ra). Erschließung: 1. Interlinearglossen durch die ganze Sammlung, jedoch sehr ungleichmäßig, grundsätzlich in eher geringer und ab Nr. XVI zu-

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dem deutlich abnehmender Dichte.408 Viele Fabeln werden gar nicht erfasst, relativ dicht hingegen die Widmungsepistel. Die Einträge stammen teils bereits vom Verstextschreiber, teils von mindestens zwei späteren Händen, die zudem unlesbar oder durch Löcher im Pergament ausgefallenen Text nachzogen oder ergänzten. 2. 53v, 54rb, 55vb und 56r wurden marginale Zusätze angebracht, darunter 53v eine Erklärung zu Z. 16 der Epistel elegis (Elegi aduer|bialiter dic|tum est de elegi|aco carmine | et si elegis le|geris similiter | id est elegiacis | carminibus), 55vb zum Rad der Fortuna (Fortuna uersat rotam uolubiliter instabili ordine | et gaudet mutare assidue infima summis | et summa in infimis et hec aput ueteribus | dicebatur dea euentus; Ponit autem | et hic rotam pro ipsa fortuna) und 56r ein Hexameter mit Markierung seiner Längen und Kürzen und dazu übergeschriebenen Buchstaben (s: Spondeus; d: Daktylus). Einrichtung: einspaltig (53v) und zweispaltig (54r-61r, 62r-63r) in vorgezeichnetem und vorliniertem Schriftspiegel mit knappem inneren Rand und etwa zwei Zentimeter breiten äußeren Rändern, 15 (53v-58v) und 26 (59r-61r, 62r-63r) Zeilen pro Spalte. Textanfang mit in eigener Zeile vorangestelltem rubrizierten Titel INCIPIVNT FABVLAE AVIANI POETAE EPISTOLAE EIVSDEM AD THEODOSIUM (EPISTOLAE nachgezogen und salutem glossiert). Die Widmungsepistel mit roter zweizeiliger Initiale in neuer Zeile einsetzend und in derselben Zeile wie das letzte Textstück in farbiger Tinte EXPLICIT PRAEFATIO abgeschlossen. In neuer Zeile in farbiger Tinte der Titel zu Nr. I DE NUTRICE ET INFANTE, 54ra zweizeilige rote Initiale und dann der Text von Nr. I. Textende: 61rb nach der letzten Textzeile rubrizierte Schlussschrift in eigener Zeile EXPLICIT LIBER AVIANI POETAE. Den einzelnen Fabeln ist in einer eigenen Zeile eine römische Zählung und der Titel, beide in farbiger Tinte ausgeführt, vorangestellt. Der erste Vers beginnt stets mit zweizeiliger farbiger Initiale, die im engzeiliger niedergeschriebenen Text sogar zumeist zweifarbig ausgeführt ist. Die Verse sind abgesetzt, der Hexameter erscheint stets mit herausgerückter rubrizierter Lombarde, der Pentameter nur mit (nicht immer) farbig gestrichelter Majuskel.

61v 62ra-63ra

Prosaerzählung von der Himmelfahrt und Höllenfahrt Christi (Anfang frgm.); Notat zur Etymologie von prosa Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: Fabeln Nr. XXXV-XLII. Erschließung: s. o. Einrichtung: s. o.

63rb 63v

Anfang eines Totenrotulus (WALTHER Nr. 16369a) Federproben (mea pater, zweimal picaldus, ducis amator u. a. m.), Alphabet, Buchstabentafel, neumierte Verse (Venite ad me omnes qui laborant, Suscipe laus angelo-

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Einiges ist abgedruckt bei FRÖHNER 1862, S. VI.

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rum), Verse mit Akzentzeichen (Beginn der ›Aeneis‹: Arma virumque cano Troye qui primus ab oris; Dixit pater familias ope / ac illi responde [stark abgerieben, wohl Mt 20,6f.] u. a. m.) 64r-66v Abbo von St. Germain: ›De bellis Parisiacae urbis‹, Buch III (gloss.) 67r-67v leer 68ra-74vb Kommentar zur ›Regula Benedicti‹ (gloss.) (Ende frgm.) Vorbesitzer Jean-Baptiste Colbert (1619-83) Par 1 stammt aus der Bibliothek Jean-Baptiste Colberts409 und ist an den heutigen Aufbewahrungsort durch Eingang in die Pariser Bibliothèque Royale410 gelangt, deren gedruckter Katalog sie im vierten Band 1744 bereits unter der neuen Signatur erfasst. Woher Colbert sie hatte, ist unbekannt, doch könnte eine Station ihrer nachmittelalterlichen Besitzgeschichte über Köln geführt haben, wo sie vielleicht Nicolaus Heinsius (1620-81) einsah.411 Die Handschrift ist aus sechs einst selbstständigen Teilen zusammengestellt. Die vorangehenden Pergamentblätter 1 und 2 sind vorliniert. Bl. 1v und 2r weisen zudem noch mittelalterliche Einträge auf: Demnach wurden die Faszikel noch im Mittelalter vereint. Als vierter Faszikel wurde ein Unterrichtsheft mit den Avian-Fabeln aufgenommen, das zunächst für separaten Gebrauch angelegt war. Bl. 53r und 63v blieben als Schutzblätter leer, wurden jedoch nach und nach mit Federproben, neumierten Versen, Versen mit Akzentzeichen und Ähnli-

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Sie hatte die Colbert-Signatur »5254«, vgl. Bl. 1r. Dort trug sie die Signatur »4427.3.3«, vgl. Bl. 1r. Von den Avian-Herausgebern hat sie 1731 zuerst CANNEGIETER benutzt, jedoch in Abschriften Arnold Drakenborchs: »Primo Excerpta librorum MSS. quatuor nobiscum communicavit Vir Clarissimus Arnoldus Drakenborch. Ex his tres extant in Bibliotheca Colbertina, in qua his numeris designantur 1512. 5254. 6260. Nos illos littera C notatos his numeris eodem ordine distinximus 1. 2. 3.« (CANNEGIETER 1731, Bl. *3r). Es wird die besondere Verwandtschaft des Colbertinus 5254 zu einer von Nicolaus Heinsius in Köln genommenen Abschrift betont: »Deinde ex schedis Heinsianis sex antiquorum Codicum Lectiones Vir Celeberrimus Petrus Burmannus depromsit, easque in usum nostrum describendas tradidit Fratris sui Filio Francisco, qui in familae Musarumque decus crescit. Tres inter hos Colonienses esse adnotarat Nicolaus Heinsius: Unum Langermanni, unum etiam Vossii. Sextus cujus esset, non constabat; Clarissimus tamen Burmannus suspicabatur eum esse Mediceum. Et ne in illis erres, his litteris eos distinxi, Col. id est Coloniensis 1. 2. 3. L. Codicem Langermanni indicat; At vero Vossianum hunc primum dixi, Mediceum autem litera M signat. Colonienses hi tres in paucis discrepant a Colbertinis eodem numero recensitis; et si nonnulla in his aut oculorum, aut manuum festinationi dederis, iidem videri possunt, atque ex Coloniensi urbe in Bibliothecam Colbertinam migrasse. Ut autem post fabulam XXVII. Colbertinus tertius, ita et Coloniensis tertius desinit« (CANNEGIETER 1731, Bl. *3rv).

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chem beschrieben. Das Pergament ist hier zudem vom häufigen Einsatz des Heftes stark in Mitleidenschaft gezogen, die Ränder sind abgegriffen, ausgefranst, eingerissen, aufgewellt, zudem löchrig. Die Blätter im Innenteil des Unterrichtsfaszikels haben sich zwar besser erhalten, aber die häufige Benutzung hat auch an ihnen tiefe Spuren hinterlassen. Mit ihr könnten auch die Auffälligkeiten der Textaufzeichnung im Zusammenhang stehen. Zum einen ist diese durcheinander geraten, läuft bis Bl. 58v, springt dann aber nach Bl. 61r, von da nach Bl. 59r-60v und dann – Bl. 61r und die Bl. 61v zwischengeschaltete Prosa übergehend – wieder zu Bl. 62r. Zum zweiten ist Bl. 61v ein Prosastückchen, das von der Passion Jesu berichtet, zwischengeschaltet. Und zum dritten wechseln Schreiber und Zeilendichte von Bl. 58v zu 59r. Eine Erklärung wird hier letztlich nur die Lagenuntersuchung am Original bringen können. Dabei wäre vor allem die Möglichkeit zu prüfen, ob nicht ein im zweiten Teil stark abgenutzer Faszikel durch die Neuaufnahme des zweiten Teils unter Verwendung bereits beschriebener Blätter (Bl. 61v) von etwas späterer, aber zeitgenössischer Hand noch einmal benutzbar gemacht werden sollte. Das würde zumindest den Wechsel von Schreiber und Einrichtung erklären und zudem berücksichtigen, dass die Einrichtung des ersten Teils in wichtigen Punkten übernommen wurde (Titel, Zählung, größere Initiale am Anfang jeder Fabel, Unterscheidung von Hexameter und Pentameter). Vor dem Hintergrund der im 10. Jahrhundert noch äußerst begrenzten Möglichkeiten einer spezifisch auf die Bedürfnisse des Unterrichts zugeschnittenen Textdarbietung darf das besondere Augenmerk der beiden Schreiber auf einen übersichtlichen Text nämlich keinesfalls übersehen werden. Die Kloster- oder Domschule, an dem der Avian von Par 1 zur Lektüre herangezogen wurde, wird man zuerst in Fleury oder in Tours oder in der weiteren nordfranzösischen Umgebung dieser Klöster zu suchen haben, in der die mit viereinhalb Versen Bl. 63rb begonnene Aufzeichnung eines Totenrotulus, der beide Klöster erwähnt, sinnvoll erscheint.412 Nach Nordfrankreich, und hier wegen des Kommentars zur Benediktsregel eher in eine Kloster- als eine Domschule, weist überwiegend auch die Mitüberlieferung des Avian. Die Verbreitung von Abbos Werk geht im 9./10. Jh.

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Auf diesen Weg hat zuerst OLDFATHER 1926, S. 26f., hingewiesen. Allerdings sind die Verse nicht nur, wie noch OLDFATHER meinte, unikal, sondern durchaus anderweitig überliefert (Nachweise bei WALTHER Nr. 16369a). Tour oder Fleury müssen nicht derart zwingend, wie OLDFATHER wollte, erwogen werden, mag auch der von ihm S. 26 Anm. 16 zitierte paläographische Befund von CAREY sich mit Fleury durchaus vertragen. MOSTERT 1989 führt Par 1 nirgends an und scheint die Handschrift nicht zu kennen, denn sein Katalog bringt ja auch jene Handschriften, für die Herkunft aus Fleury, obwohl von der Forschung erwogen, definitiv auszuschließen ist.

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von St. Germain-des-Prés in Paris aus, wobei der Text von Nordfrankreich sehr bald nach England wandert und dort größere Verbreitung erlangt.413 Hildebert war Leiter der Domschule von Le Mans, wurde 1085 dort Bischof und 1125 Erzbischof von Tours.414 Hilduin war in der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts Abt von St. Denis, aber u. a. auch von St. Germain-des-Prés und von St. Médard in Soissons.415 In der mit Fleury südöstlichen Region, weiter mit Tours, Le Mans, St. Germain in Paris, St. Denis und Soissons im Nordosten umrissenen Region hat ein Interesse an der Zusammenstellung der vorliegenden Werke die größte Wahrscheinlichkeit. Dort bleibt wegen der Aufnahme der ›Vita s. Dionysii‹ in Spitzenstellung nach einem der Verehrung des Hlg. Dionysius von Paris besonders verpflichteten Kloster (St. Denis selbst?)416 zu suchen. Die ›Vita‹ beginnt mit nicht ganz unaufwändiger Eingangsinitiale und ist kaum zufällig das am relativ aufwändigsten ausgestattete Stück des Bandes von sonst durchgehend anspruchsloser Ausstattung. Den Faszikel mit dem Avian kennzeichnet Unterrichtsnähe, seine Überlieferungsumgebung immerhin noch Schulnähe. Von den zusammengestellten Werken machte das erste mit einem besonders verehrten Heiligen, vielleicht dem örtlichen Patron bekannt, und führt das letzte an die Benediktsregel heran. Die Kenntnis von Patrozinium und Benediktsregel aber muss in jedem Kloster eine von Anfang an unverzichtbare Grundlage der monastischen Lebensform gebildet haben. Solcherart umrahmt, bietet der Band weiterhin mit dem zweiten Buch der ›Ars maior‹ über die acht Wortarten und der ebenfalls in Gesprächsform dargebotenen Einführung in die Flexion grammatisches Elementarwissen, bietet er mit dem dritten Buch Abbos reichlich Gelegenheit zur Erweiterung des Wortschatzes um eine Vielzahl seltener Ausdrücke417 und konnte man schließlich die Briefe Hildeberts als stilistische Exempla studieren. Hand in Hand mit der sprachlichen geht die geistig-kulturelle Sozialisation. Aus der Briefsammlung ließen sich Leitlinien geistlicher Lebensführung gewinnen, aus dem Werk Abbos und dem Avian konkrete Verhaltensregeln.418

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LENDINARA 1986. Vgl. PETER VON MOOS: Hildebert von Lavardin. In: LexMA, Bd. 5, Sp. 11f. Vgl. J. PRELOG: Hilduin von Saint-Denis. In: LexMA, Bd. 5, Sp. 20. DONATELLA NEBBIAI-DALLA GUARDA (La bibliothèque de l’abbaye de Saint-Denis en France du IXe au XVIIIe siècle. Paris 1985) hat den Bestand der Bibliothek zu rekonstruieren versucht. Par 1 taucht dort nicht auf. Vgl. LENDINARA 1986, S. 75-77. »The third book of the Bella Parisiacae Urbis is dedicated to young clerics and aims at improving their behaviour, giving them precepts to follow, sharpening their acumen, and providing them with a store of learned vocabulary« (LENDINARA 1986, S. 75).

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Auf den ersten Blick scheint Par 1 ein Idealcurriculum abzubilden. Auffallen muss dann aber die geringere Abnutzung der den AvianAbschnitt umgebenden Partien, von denen keine mit derselben Sicherheit wie Teil IV an Unterrichtsgeschehen herangerückt werden kann. Sekundäre Nachträge finden sich nahezu nirgends.419 Die wenigen und ungleich verteilten Glossen im Werk Abbos stammen schon aus der Vorlage. Die interlinearen Ergänzungen zum Regelkommentar stammen, wenn nicht ebenfalls schon aus der Vorlage, dann vielleicht schon von einer vor der Gesamtzusammenstellung von Par 1 schreibenden Hand. Damit fehlen den ganzen Band übergreifende Benutzerspuren, die die Überführung des »Idealcurriculums« in den Unterricht belegen könnten. Es bleibt zu erwägen, ob in einer Buchbindersynthese lediglich noch Texte aufbewahrt wurden, die vor dem vollständigen Verlust gerettet werden sollten. Immerhin fehlt der Predigt in Teil I der Schluss, Hildeberts Briefen in Teil II Anfang und Ende, der Grammatik in Teil III und der Benediktsregel im letzten Abschnitt der Schluss. Auf der anderen Seite spricht das für den Grammatikteil ebenso wie für Abbo und die ›Regula‹ benutzte minderwertige, teils löcherige Pergament, das nicht selten noch die Poren erkennen lässt, wieder für eine gezielte Zusammenstellung als »Schulmappe«. Aber wie geht dann zusammen, dass einiges, wie die an Anfang und Ende unvollständigen Briefe Hildeberts, aus größeren Zusammenhängen herausgelöst, anderes jedoch, wie das Werk Abbos, dem eine halbe Leerseite vorangeht und eine halbe folgt, gezielt für den Zusammenhang in Par 1 auf Pergamentreste zusammengeschrieben sein könnte, der AvianFaszikel hingegen ursprünglich selbstständig benutzt und darüber unansehnlich bis unlesbar wurde? Die widersprüchlichen Befunde lassen sich am ehesten unter der Vorstellung eines »Musterbandes« zusammenbringen, für den sowohl aus anderen Überlieferungszusammenhängen entnommene Reste als auch eigens angefertigte Abschriften wie schließlich nicht mehr benutzte Unterrichtshefte herangezogen wurden. Dieser »Musterband« mag, nachdem einige Textreste angefallen waren, nur okkasionell und mit leichter Hand zusammengestellt worden sein. Er kann dennoch aber, zumindest was den Grundbestand der zu behandelnden Werke betrifft, eine Idealvorstellung vom Unterricht in der Klosterschule vermitteln. Eben daher wurde er wohl nicht selbst im Unterricht benutzt, weil er lediglich ein (in den Details unvollständiges) Vorbild bewahren sollte. Den frühestmöglichen Zeitpunkt der Zusammenstellung von Par 1 liefern die Entstehung der Briefsammlung (vor 1112, dem Todesdatum Hildeberts), die Hilduin-Abschrift, die ins 12. Jahrhundert zu setzen ist, und

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V. a. Bl. 33r unten und Bl. 34r unten zwei Marginalien von späterer Hand und Bl. 36v eine weitere von zweiter Nachtragshand.

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der von HOLTZ in den Anfang des 12. Jahrhunderts gesetzte Donat. Wenn der Avian also im ausgehenden 10., beginnenden 11. Jahrhundert niedergeschrieben und dann vielleicht ein gutes Jahrhundert be- und abgenutzt wurde, käme man ebenfalls wieder in die erste Hälfte des 12. Jahrhunderts hinein. Für die zeitliche Grenze zur anderen Seite hin gibt es kaum Anhaltspunkte. An der ›Vita‹ konnte am Ort ihrer Aufnahme, an der ›Regula‹ und am Donat ohnehin das ganze Mittelalter hindurch Interesse bestehen. Die Erschließung des Avian kann bei Annahme eines lediglich in seinen Grundzügen, nicht in allen Details der Texerschließung vorbildlichen Modellbandes durchaus hinter den Möglichkeiten der Zeit zurückstehen, die sich im 12. Jahrhundert mit den neuen Kommentaren ja beträchtlich wandeln. Dieser »Rückstand« konnte zumal im vielleicht konservativeren (?) monastischen Umfeld akzeptabel erscheinen, sodass man die Fabeln in der in Par 1 vorliegenden, rudimentären Form ihrer Erschließung noch deutlich über das 12. Jahrhundert hinaus anbieten konnte. Ein einigermaßen abgesichertes Indiz liefert nur die Verbreitung von Abbos Werk, die nicht über das 13. Jahrhundert hinausreicht.420 Dann klingt das Interesse an Abbo ab, und spätestens in diesem Jahrhundert wird man also den Schulband komponiert haben. L1 CANNEGIETER 1731, Bl. *3rv, **2r (Hss. C.2 und Col.2); FRÖHNER 1862, S. Vf. (Sigle C); BÄHRENS 1883, S. 31 (Sigle C); ELLIS 1887, S. XXXX (Sigle C); HERVIEUX 1893/99, Bd. 3, S. 49-51; GUAGLIANONE 1958, S. XIIIf. (Sigle C); DUFF/DUFF 1961, S. 677 (Sigle C); HERRMANN 1968, S. 26 (Sigle C); GAIDE 1980, S. 72 (Sigle C). L2 Catalogus codicum manuscriptorum bibliothecae regiae 1739/44, Bd. 4, S. 133; Catalogus codicum hagiographicorum latinorum antiquiorum saeculo XVI qui asservantur in bibliotheca nationali Parisiensi. Ediderunt hagiographi Bollandiani. Brüssel, Paris 1889-93, Bd. 2, S. 478 Nr. 375. L3 BURSILL-HALL 1981, S. 190 Nr. 208.30; Holtz 1981 S. 419.

Par 2 *Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. Lat. 7993 Perg., 101 Bl., 31 x 25.5 cm, 2. Hälfte 12. Jh., Italien oder Frankreich. 1r mittelalterlicher Standorthinweis secretario und verschiedene nachmittelalterliche Signaturen und Einträge (1267 [gestrichen]; 555/5080; 1561) 1ra-8vc Ovid: ›Heroides‹ 9ra-14rc Ovid: ›Ars amatoria‹ 14rc-16rb Ovid: ›Remedia amoris‹ 16rb-21ra Ovid: ›Amores‹ 21rb-57vc Ovid: Metamorphosen (gloss.)

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Handschriften nennen WALTHER Nr. 2906 und PAUL VON WINTERFELD in der Textausgabe der MGH. Poetae latini medii aevi. Bd. 4,1. Berlin 1899, S. 72-122, hier S. 72-76.

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58ra-74rc 74va-vc 75ra-83vc 83vc-87vc 88ra-vb 88vb-vc 89ra-91vc 91ra 91ra-92ra 92ra-vc

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Ovid: ›Fasti‹ (gloss.) Kalender Ovid: Tristien (Bl. 75-82: bis IV,2,28; Bl. 83: ab V,8,17) Ovid: ›Ex Ponto‹ (Bl. 83f.: bis I,4,37; Bl. 85: IV,5,12-10,12; Bl. 86: III,6,5-IV,5,12; Bl. 87: III,2,23-6,4) Ovid: ›Ibis‹ (ab V.365) Ps.-Ovid: ›De nuce‹ (Ende frgm.) Ovid: Tristien (IV,2,29-V,2,38) ›Disticha Catonis‹ (ab IV,46b) (gloss.) ›Ecloga Theodoli‹ Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. (92) Fabeln Nr. I-X, XIIIXXI,6. (95) Fabeln Nr. XXI,7-14, VII, XIf., XXXII, XXII-XXXI, XXXIII-XXXVI,3. 2.a) Epimythien im Verstext: (92) Nr. XV E,1f., (95) Nr. XXIX E,1f. 2.b) Epimythien außerhalb des Verstextes: (92) Nr. X E,1f., ferner zu Nr. X (nicht bei GUAGLIANONE) Ne magnum munus oc | stude von späterer Hand am Rand nachgetragen. Erschließung: 1. Von späterer Hand (und anderer als der des Epimythiennachtrags) wurden zu den Fabeln der jeweils äußeren Spalte einige Titel ergänzt. 2. Vereinzelt einige wenige Interlinearglossen, darunter Textkorrekturen ebenso wie erläuternde Interpretamente, von späterer Hand nachgetragen. 3. Neben Nr. XVI marginal Vt docet hoc verbum f deus omne superbum. Einrichtung: dreispaltig, 55 Zeilen pro Spalte in vorgezeichnetem und vorliniertem Schriftspiegel. Textanfang: nach Leerzeilen Textbeginn mit vierzeiliger rubrizierter Lombarde. Textende: Textabbruch 92vc unten und 95vc unten. Die einzelnen Fabeln beginnen jeweils in neuer Zeile mit vorangestellter zwei- bis fünfzeiliger rubrizierter Lombarde. Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit in eigene Vorlinierung herausgerückten Majuskeln.

93ra-vc 94ra-vc 95ra-95vc

Ovid: Tristien (V,2,39-8,16) Ovid: ›Ex Ponto‹ (I,4,38-9,26) Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: s. o. Erschließung: s. o. Einrichtung: s. o.

96ra-97vc 98ra-vc 99ra-100vc: 101ra-vc Vorbesitzer

Ovid: ›Ex Ponto‹ (I,9,27-II,8,63) ›Disticha Catonis‹ (bis IV,46a) (gloss.) Ovid: ›Ex Ponto‹ (99: II,8,64-III,2,22; 100: ab IV,10,13) Ovid: ›Ibis‹ (bis V.364) Antonello Petrucci (†1487) (Bl. 1r); König Ferdinand I. von Neapel (†1494)

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Das Bl. 1r unten von einer Hand des späten 15. Jahrhunderts eingetragene secretario weist die Handschrift als ehemaligen Besitz Antonello Petruccis aus, des Sekretärs und Ersten Ministers König Ferdinands I. von Neapel.421 Petrucci wurde wegen Majestätsverbrechen verdammt und starb 1487 im Elend.422 Seine Handschriften gingen in die Bibliothek der Könige von Neapel ein. Par 2 wird sich demnach zunächst im Besitz Ferdinands I. von Neapel, dann von Alphonse II. von Neapel (Kg. 1494-95), dann Ferdinands II. von Neapel (Kg. 1495-96) befunden haben. Sie ist dann wahrscheinlich über einen der zwei Hauptwege, auf denen die Bibliothek der Neapolitaner Eingang in die Bibliothèque Royale fand – der eine führte über Karl VIII. (Kg. 1483-98), der zweite über Kardinal Georges I. d’Amboise (†1509) – nach Paris gelangt.423 Über die einzelnen Zwischenstationen dürften die auf der Eingangsseite der Handschrift eingetragenen Signaturen noch weiteren Aufschluss geben. Im Katalog Nicolas Rigaults von 1622 lässt sich Par 2 noch nicht nachweisen. Im von den Brüdern Pierre (†1651) und Jacques Dupuy (†1656) 1645 erstellten Katalog führt Par 2 die Nr. 555.424 Im 1682 von Nicolas Clément angelegten Katalog erscheint Par 2 als Nr. 5080.425 Die Schlusspartie der Blätter 83-101 ist durcheinander geraten. Auf Ovids Tristien (Bl. 75-82, 89-91, 93, 83) und die Briefe aus Ponto (Bl. 83f., 94, 96f., 99, 87, 86, 85, 100) folgen ›Ibis‹ (Bl. 101, 88) und ›De nuce‹, wobei dieser Text zum Ende abbricht. Das Fortsetzungsblatt dürfte neben den fehlenden Versen weitere kürzere und das Autoren-Kompendium beschließende Ovidiana geboten haben (siehe etwa die Ovid-Sammlungen Ber 1 und Dij). Der Ovid-Sammlung angehängt ist mit ›Cato‹ (Bl. 98 und 91), Theodolus (Bl. 91f.) und Avian (Bl. 92 und 95) die erste Hälfte des ›Liber Catonianus‹. Da die Überlieferung in der letzten Spalte von Bl. 95 wiederum abbricht, könnten weitere Texte gefolgt sein, vielleicht sogar der ganze Rest des ›Liber Catonianus‹. Der überlegten, zweiteiligen Konzeption – Ovid-Kompendium plus ›Liber Catonianus‹-Ausschnitt – entspricht eine klare und geordnete Textdarbietung in durchgehend dreispaltigem und mit 46-54 Zeilen pro Spalte dicht besetztem Schriftspiegel. Die dreispaltige Anlage folgt aus dem Bedürfnis, Platz zu sparen. Repräsentativen Anspruch erhebt sie nicht. Ent-

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Vgl. zu Petruccis Handschriften und Besitzeinträgen DELISLE 1868/81, Bd. 2, S. 229 (Par 2 dort genannt). DELISLE 1868/81, Bd. 2, S. 229. Vgl. zur Bibliothek der Könige von Neapel und ihrer Zerstreuung DELISLE 1868/81, Bd. 2, S. 217-260 (Par 2 wird als Manuskript neapolitanischer Herkunft S. 243 genannt). OMONT 1908/21, Bd. 2, S. 62 Anm. 1. OMONT 1908/21, Bd. 3, S. 435.

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sprechender Buchschmuck etwa fehlt, und der Beschreibstoff ist durchaus minderwertig.426 Niedergeschrieben wurden die Texte von einem einzigen oder wenigen eng zusammenarbeitenden Schreibern. Die Handschrift in ihrer Grundschicht ist aus einem Guss. Glossierung und Kommentierung der Werke waren dabei von der Einrichtung her nicht vorgesehen. Die Interlinearglossen stammen alle erst von späteren Händen und verteilen sich zudem sehr ungleichmäßig. Avian und ›Cato‹ wurden nur ganz punktuell glossiert, dichter hingegen der Festkalender Ovids und (punktuell) die Metamorphosen. Die vielen abgegriffenen Blätter (von Bl. 10 ist zudem das obere Viertel herausgerissen), die abgegriffene Schrift auf der Eingangsseite des Avian und des Cato, Tinten- und Federproben (Bl. 10v, 47v), Alphabete (Bl. 62vb, 85r, 87r, 87v), Schreibübungen (Zierbuchstaben, »ABC« Bl. 55r) und Zeichnungen (Bl. 45v ein Männlein; Bl. 57vc Blume; in den Metamorphosen Bl. 38r – nicht ungeschickt ausgeführt – Daedalus und Ikarus, Bl. 40r zwei Figuren und Bl. 46r ein Schiff, alles von derselben Hand und jeweils mit Bezug vom Text) belegen eine frequentere Verwendung von Par 2 zu Studienzwecken. L1 SUERBAUM 2000, S. 385 Anm. 10. L2 Catalogus codicum manuscriptorum bibliothecae regiae 1739/44, Bd. 4, S. 418. L3 FRANCO MUNARI: Catalogue of the manuscripts of Ovid’s Metamorphoses. London 1957 (University of London. Institute of Classical Studies. Bulletin Supplement 4), S. 49 Nr. 238.

Par 3/a *Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. Lat. 8048 – Bl. 16-33 (= Teil II) und Bl. 34-47 (= Teil III) Perg., 123 Bl., Teil II+III: 23 x 17.5 cm, 13./14. Jh., Frankreich. 16r-32v Ovid: ›Remedia amoris‹ (gloss., komm.) 33r-33v leer 34r-46v Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XLII. 2.a) Epimythien im Verstext: Nr. VI E,1f., X E,1f., XI E,1f., XII E,1f. und 3f., XIII E,1f., XIV E,3f. und 1f., XV E,1f., XVII E,1f., XIX E,1f., XXV E,1f., XXVI E,1f., XXIX E,1f., XXXI E,1f., XXXVIII E,1f. 2.b) Epimythien außerhalb des Verstextes: Nr. XVII E,3f. unter den Marginalscholien und noch vom Schreiber des Grundtextes. Erschließung: 1. Accessus: dem Verstext vorangestellt und durch zahlreiche Alinea-Zeichen binnengegliedert. 2. Interlinearglossen: durchgehend in gleichbleibend hoher Dichte. 3. Marginalscholien: durchgehend in gleichbleibend hoher Dichte auf beiden Rändern; vorangestellt stets ein

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Bl. 93-95 etwa sind ungleich beschnitten. Manches Blatt weist Löcher auf. Bl. 56v-57r konnten, weil zu schmal, sogar nur zweispaltig beschrieben werden.

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Alinea-Zeichen und das unterstrichene Bezugslemma. Sie enthalten u. a. Epimythien. 4. Minimalform des Prosakommentars: a) Alinea-Zeichen und unterstrichenes Verweislemma; b) Einleitungssatz (oft: fructus apologi est quod [...]) und Benennung der Lehre; c) »Beweisverweis« auf die Fabel selbst (im Minimalfall nur die Benennung des oder der Protagonisten, in breiterer Form zur Prosaparaphrase übergehend); d) in einem eigenen Absatz (Alinea-Zeichen) allegorische Auslegung; e) Autoritätenverweise: Juvenal (bei Nr. I), Cato (bei Nr. III, XV, XXXI). Einrichtung: einspaltig, 28 Zeilen pro Spalte mit breitem Zeilenabstand für die Aufnahme von Interlinearglossen in vorgezeichnetem und vorliniertem Schriftspiegel mit breiten Rändern für Kommentare und Marginalscholien. Textanfang: mit zweizeiliger rubrizierter Initiale vor dem Accessus in der ersten Zeile von 34r und zweizeiliger Lombarde zu Nr. I,1. Die ersten neunzehn Textzeilen von 34r nimmt der Accessus ein, nach Leerzeile folgt der Verstext. Textende: nach Leerzeilen gerahmt Qui scripsit scripta manus sit benedicta. Die Fabeln beginnen jeweils in neuer Zeile mit vorangehender zweizeiliger rubrizierter Lombarde. Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit in eigene Vorlinierung herausgerückten Majuskeln. Accessus, Interlinearglossen, Kommentar und Marginalscholien zählen zum planvoll durchgehend in hoher Dichte angebrachten Grundbestand und wurden bereits von der Hand des Verstextes in kleinerer Glossenschrift aufgenommen. Die Blätter sind entsprechend vorliniert: Verstext und Interlinearglossen nutzen alternierend die doppelte Zeilenlinierung, die bis auf die freien und links wie rechts beidseitig begrenzten Ränder fortgesetzt ist.

47rv leer Weiteres s. u. Par 3/b. Par 3/b Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. Lat. 1862 – Bl. 83-154 (= Teil II) Perg., 154 + I Bl., Teil II: 24 x 17.5 cm, 13./14. Jh., Frankreich. 83ra-98rb ›Disticha Catonis‹ (gloss., komm.) 98v leer 99ra-114rb ›Ecloga Theodoli‹ (gloss., komm.) 114v leer 115r-151v Matthæus von Vendôme: ›Tobias‹ (gloss., komm.) 152r-153r Notate und Begriffschema zu den sieben Todsünden 153v Briefsammlung 154ra Prognostik 154rb Anfang von Psalm 1 154vab Aufruf Edwards I. von England an seine Barone zur Verteidigung der Gascogne; Brief des Abtes von St. Basle, Étienne II., an den Erzbischof von Reims, Pierre I., mit Antwortschreiben

Verzeichnisse zur Überlieferung

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Federprobe (litterarum alie sunt vocales alie sunt consonantes) Irv leer Vorbesitzer Claude Dupuy (1545-94) Par 3/a ist aus zehn, Par 3/b aus zwei427 ursprünglich nicht zusammengehörigen, erst nachmittelalterlich vereinten Teilen zusammengesetzt. Im Verzeichnis der 1657 unter Louis XIV. in die Bibliothèque Royale eingegangenen Handschriftensammlung der Gebrüder Pierre und Jacques Dupuy werden Teil a wie b bereits in der vorliegenden Zusammenstellung geführt.428 Auf der anderen Seite wird der letzte Faszikel des Ms. lat. 8048 mit der ›Rhetorica ad Herennium‹ im Katalog der Pariser AugustinerChorherren von St. Victor 1514 noch in ganz anderen Zusammenhängen aufgeführt.429 Der Zeitpunkt der Vereinigung der Faszikel wird durch eine Inhaltsangabe im Kopf von Bl. 83r des Ms. lat. 1862 weiter eingegrenzt: Cato | Theodolus | AEsopus | Ouid. de remedio amoris | Thobias metrificatus schrieb dort dieselbe Hand, die sich Bl. 83r unten als Besitzer Cl. Puteani nennt. Der zweite Teil dieser Handschrift befand sich demnach in anderer als heute vorliegender Zusammensetzung im Besitz von Claude Dupuy. Dass nun mit AEsopus der Avian im Teil III des Ms. lat. 8048 gemeint ist und folglich dieser wie der dort vorangehende Ovid aus Teil II – freilich gegeneinander vertauscht – in den von Dupuy erfassten Band gehören, geht unzweifelhaft aus einer alten Lagenzählung hervor, die in Par 3/b-Teil II zunächst von a bis d läuft, dann mit dem ›Tobias‹ auf i bis n springt, in Par 3/a-Teil II+III jedoch mit den Blättern 34-41 (e), 42-47 ( f ), 16-23 und 24-33 (h) ergänzt werden kann.430 Ob noch Claude Dupuy oder erst seine Söhne und Erben Pierre und Jacques für die Auflösung der Handschrift und seine Verteilung auf zwei Bände verantwortlich sind, 154vb

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Teil I von Par3/b umfasst Bl. 1-82 und stammt aus Micy-St.-Mesmin. Dort wurde er unter Abt Petrus (840-859) angelegt. Vgl. den Besitzeintrag Bl. 82v HIC EST LIBER SANCTI MAXIMINI MONASTERII QUEM PETRUS ABBA SCRIBERE IUSSIT sowie dazu die Vermerke an den Rändern von Bl. 8v-9r, 24v-25r und 40v-41r, hier HIC EST LIBER SANCTI MAXIMINI MICIACENSIS MONASTERII. Entgegen dieser Zuweisung, der u. a. DELISLE 1868/81, Bd. 2, S. 408, MUNARI 1977/88, Bd. 1, S. 85, und SAMARAN/MARICHAL 1959/74, Bd. 2, S. 91, folgen, verortet KRÄMER 1989/90, Bd. 1,2, S. 776, die ganze Handschrift irrtümlich in die Bibliothek von St. Maximin in Trier. OMONT 1908/21, Bd. 4, S. 192 Nr. 54 (= Regius 5618 = Par3/a) und S. 202 Nr. 167 (= Regius 3997 = Par3/b). Vgl. PELLEGRIN 1957/88, S. 413 Anm. 2, und Le catalogue de la bibliothèque de l’abbaye de Saint-Victor 1983, S. 373f. (mit Identifizierung von Par3/b). PELLEGRIN 1957/88, S. 413 mit Anm. 5. Für die alte Handschrift ergibt sich aus der Zählung die Lagenverteilung 5IV + III + IV + 2V + 3IV + III. Im Kopf von Ms. lat. 8048, Bl. 34r, wies eine Claude Dupuy nicht unähnliche Hand des 16. oder 17. Jahrhunderts den Avian übrigens ebenfalls AEsopus zu, was jedoch später gestrichen und durch übergeschriebens Aviani Fab ersetzt wurde.

Avian: ›Fabulae‹

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lässt sich nicht mehr feststellen, und auch nicht, woher Claude Depuy seinen Avian bezog. Neben der systematischen Lagenzählung sind es die homogene (Verstexte) und schultypische Textauswahl (erste Hälfte des ›Liber Catonianus‹ plus Erweiterung), die geschlossene und sehr sorgfältige Niederschrift, die einheitliche Einrichtung und die bereits in der Vorlinierung (in allen Texten im Prinzip wie beim Avian) berücksichtigte Ausstattung aller Texte mit Glossen und Kommentaren, die die Handschrift als ein planmäßig verfertigtes Produkt vielleicht sogar einer professionell mit der Herstellung von Schulbüchern betrauten französischen, vielleicht Pariser431 Werkstatt ausweisen. Die späteren Benutzer des Bandes haben relativ wenig Spuren hinterlassen, darunter Bl. 27r oben eine Federprobe willelmj van und ein weiterer (derselbe?) Name, Bl. 32r eine Federprobe domine, Bl. 34r eine Tintenprobe. Nicht zuletzt sind die viele Blätter an den Rändern abgegriffen. Demgegenüber fällt auf, dass die Leerblätter der Handschrift (Bl. 33 und 47 bzw. Bl. 98 und 114) nicht mit weiteren Gelegenheitseinträgen, Federproben, Tintenproben, Versen usw. gefüllt wurden, sondern leer blieben. Selbst die bunter durcheinandergehenden Schlussstücke der Blätter 152r-154v wurden allesamt noch überaus sorgfältig und vielleicht noch von der Hand der Grundschicht eingetragen. Allzu lange kann man die Handschrift im Schulumfeld demnach nicht benutzt haben. L1 FRÖHNER 1862, S. VIIf. (Sigle »Puteaneus«); HERVIEUX 1893/99, Bd. 3, S. 51-54; GUAGLIANONE 1958, S. XIX (Sigle Ps). L2 Catalogus codicum manuscriptorum Bibliothecae Regiae 1739/44, Bd. 4, S. 422; Catalogus codicum hagiographicorum latinorum antiquiorum saeculo XVI qui asservantur in bibliotheca nationali Parisiensi. Ediderunt hagiographi Bollandiani. Brüssel, Paris 1889-93, Bd. 2, S. 555 Nr. 465 (zu Teil VI). L3 PELLEGRIN 1957/88, S. 413; ERNEST WICKERSHEIMER: Les manuscrits latins de médicine du haut moyen âge dans les bibliothèques de France. Paris 1966 (Documents, études et répertoires publiés par l’Institut de Recherche et d’Histoire des Textes 11), S. 88 Nr. 68 (zu Teil V); MUNARI 1977/88, Bd. 1, S. 84f. Nr. 73; MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 1, S. 271 (zu Teil X), Bd. 2, S. 206 (zu Teil I) und S. 480f. (zu Teil V), Bd. 3,1, S. 147 (zu Teil I) und S. 236 (zu Teil X); Le catalogue de la bibliothèque de l’abbaye de Saint-Victor 1983, S. 373f.

Par 4

*Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. Lat. 8093 – Bl. 52-59 (= Teil IV) und Bl. 94-95 (= Teil VIII) Perg., 150 Bl., Teil IV+VIII: 23.5 x 21 cm, 10. Jh., Frankreich? 52ra-58va Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Widmungsepistel (ab Z. 14). 2. Fabeln Nr. I-XLII.

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Dahingehend eine Vermutung von PELLEGRIN 1957/88, S. 413.

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Verzeichnisse zur Überlieferung

Erschließung: 1. Interlinearglossen: ganz (circa 20) von mindestens zwei späteren Händen. (Der streckenweise sehr stark abgegriffene Text wurde zudem von einer ebenfalls späteren Hand vereinzelt ausgebessert.) Einrichtung: zweispaltig, 27 Zeilen pro Spalte in vorgezeichnetem und vorliniertem Schriftspiegel mit schmalen seitlichen und unbedeutend breiteren oberen und unteren Rändern. Textanfang in der ersten Zeile von 94vb mit zweifarbig rubrizierter Überschrift in Majuskelschrift AVIENI VERO AD AMICOS DE AGRO in eigener Zeile, dann zweizeilige, zweifarbig rubrizierte Initiale und jeweils abgesetzt mit herausgerückter rubrizierter Majuskel die ersten sieben ›Versus de rustico‹. In eigener Zeile die zweifarbig rubrizierte Überschrift in Majuskelschrift PROLOGUS AVIENI INCIPIT, dann in neuer Zeile zweizeilige zweifarbig rubrizierte Initiale und der Text der fortlaufend aufgezeichneten Widmungsepistel (94vb, 52ra). Nach zwei Leerzeilen Einsatz der ersten Fabel wiederum mit zweizeiliger zweifarbiger Initiale. Textende 58va in Zeile 23 ohne Schlussschrift; der Rest der Spalte und 57vb leer. 52r oberhalb des Schriftspiegels von nachmittelalterlicher Hand (Pierre Pithous?) Fabulae auieni. Den einzelnen Fabeln geht jeweils in eigener Zeile eine römische Zählung und ein Titel in rubrizierter Majuskelschrift voran (fehlt vor Nr. I und ist vor Nr. II und III ohne Zählung von späterer Hand ergänzt); Fabelbeginn jeweils mit zweizeiliger Initiale oder Lombarde (vor Nr. I-IV zweifarbig, vielleicht später ergänzt). Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit herausgerückten rubrizierten Majuskeln.

58vb 59rv 94rab 94rb-va 94vb

leer De declinatione nominum ›Disticha Catonis‹ (Anfang frgm.) Eugenius von Toledo: Carmina VI, II und VII Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. ›Versus de rustico‹. 2. Widmungsepistel (bis Z. 14). Erschließung: s. o. Einrichtung: s. o.

95ra-va 95va 95vab 95vb 95vb Vorbesitzer

›De signis caelestibus‹ ›Dodecasticha de Hercule‹ ›De Achille‹ ›De Hectore‹ ›De littera Y‹ (Ende frgm.) Pierre Pithou (1539-96); Jacques-Auguste de Thou (15531617); Jean-Baptiste Colbert (1619-83) Die Handschrift ist aus mehreren unabhängig voneinander entstandenen Teilen zusammengesetzt. Sie werden, ihrer Abfolge entsprechend, in der Forschung von I bis IX durchgezählt. Teil IV und Teil VIII gehören alt zusammen.

Avian: ›Fabulae‹

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Teil I wurde in der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts im Skriptorium der Kathedrale von Lyon niedergeschrieben und befand sich noch 1558 in der Nähe von Lyon, nämlich in der Bibliothek der Benediktiner von St. Martin auf der Île-Barbe, wo ihn 1501/02 Jacopo Sannazaro eingesehen und Auszüge angefertigt hat.432 Er umfasste ursprünglich die Pariser Blätter 1-32 plus Leiden, Bibliotheek der Rijksuniversiteit, Voss. lat. F 111 plus die Pariser Blätter 33-38 und überliefert u. a. die ›Disticha Catonis‹.433 Teil II bewahrt eine Versifizierung des Psalters und umfasst die Blätter 39-47, Teil III Bl. 48-51,434 Teil V Bl. 60-68,435 Teil VI Bl. 69-83,436 Teil VII, der allein die ›Disticha Catonis‹ bietet, Bl. 84-93437. Teil IX, der jüngste Abschnitt der Handschrift auf den Blättern 96150, enthält in der Hauptsache das ›Metrum de pulsibus‹ und das ›Metrum de urinis‹ des Aegidius Corbolensis mit einem umfangreichen Kommentar, dazu nachgetragen Beschwörungsformeln, medizinische Notate, Verse ›De urinis‹ (WALTHER Nr. 14940) und Federproben. Der ganze Band stammt aus der Bibliothek Jean-Baptiste Colberts.438 Er ist an den heutigen Aufbewahrungsort durch Eingang dieser Sammlung in die Pariser Bibliothèque Royale gelangt,439 deren gedruckter Katalog sie im 1744 erschienenen vierten Band unter der neuen, heutigen Signatur und mit dem vorliegenden Inhalt beschreibt.440 Colbert, der auf dem Eingangsblatt seine Bibliothekssignatur anbringen ließ, besaß Par 4 bereits vollständig. Wie BOAS 1912 hat zeigen können, geht die Zusammenstellung von Par 4 schon auf Jacques-Auguste de Thou zurück, dessen Bibliothek Colbert erwarb.441 In de Thous Besitz gelangten sowohl die

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Erhalten in einer Abschrift in der Avian-Handschrift Wie3 (s. u.). Vgl. MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 1, S. 74f., Bd. 3,1, S. 127, S. 149; DE MEYIER 1973/84, Bd. 1, S. 235-240. Eine Inhaltsübersicht über den ganzen alten Band gibt TAFEL 1914, S. 635-637. Vgl. Catalogus codicum hagiographicorum latinorum antiquiorum saeculo XVI qui asservantur in bibliotheca nationali Parisiensi. Ediderunt hagiographi Bollandiani. Brüssel, Paris 1889-93, Bd. 2, S. 555f. Nr. 466. Vgl. MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 2, S. 761f. Vgl. MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 2, S. 762. Vgl. MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 1, S. 75. Vgl. den Signatureintrag Bl. 1r: Cod. Colb. 1512. Vgl. den Signatureintrag Bl. 1r: Regius 4018 / 3.3. Vgl. fünf Jahre zuvor schon MONTFAUCON 1739, Bd. 2, S. 950 Nr. 1512: »Poemata Sedulii, Isidori Minoris, Eugenii Toletani, &c.« Im von BOAS 1912 nicht berücksichtigten Verzeichnis der Handschriften de Thous geht der nachstehende Eintrag mit Par 4 zusammen: »Sedulius. Eugenii versus. Catonis disticha. Versus Martini Pruniens. Episcopi, & P. Damasi. Epigram. singulor. libror. utriusque Testamenti. Vita Virgilii à Foca Grammat. versib. scripta. Agresti Episcopi versus. Psalmi Davidis carmine. Hilarii versus in Natal. Machab. Avieni Fabula. Moretum. Culex. Dirae Copa. Virgilii Fragmenta. Catonis disticha. Aegidius de urinis, cum Commentar. fol.« (Cata-

Verzeichnisse zur Überlieferung

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Handschriften von Nicolas Lefèvre (1544-1612), des Lehrers König Ludwigs XIII., der sich in Teil III auf Blatt 51v namentlich eintrug, als auch die Handschriften Pierre Pithous (1539-96), der für seine anonym zum Druck gebrachte Pariser Cato-Ausgabe von 1577 den Text der ›Disticha‹ aus Teil VII ebenso wie den Text aus Teil IV/VIII heranziehen konnte, noch nicht jedoch den der ›Disticha‹ aus Teil I, Bl. 20rb-23ra, der ihm noch unbekannt war.442 Zuvor hatte jedoch Pithou bereits Teil IV/VIII und Teil VII vereint, nämlich die ursprüngliche Reihenfolge der Blätter 94, 52-59, 95 im Avian-Quinio zerstört, um die letzten Verse des dem Avian Bl. 94r vorangehenden ›Cato‹ zur Vervollständigung des heute im siebten Teil von Par 4 aufbewahrten, Bl. 93v unvollständig schließenden ›Cato‹ zu benutzen.443 Der Avian-Faszikel gibt keine explizite Auskunft über seine ältere Herkunft. Der Weg ins Mittelalter zurück führt für ihn allein über eine genauere Kenntnis Pithous als Handschriftensammler. Zu erwägen ist in diesem Zusammenhang zuerst, ob Pithou seinen Avian nicht vielleicht von Pierre Daniel (1530-1604) hatte, der seinen Zeitgenossen manches Manuskript zur philologischen Auswertung überließ und Pithou sogar Handschriften schenkte.444 Denn Daniel hatte seinerzeit direkten Zugriff auf die Schätze der Klosterbibliothek von Fleury, die er für sich zu nutzen wusste.445 Fleury aber ist ohnehin als Schriftheimat des Avian in Betracht zu ziehen.446

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443 444 445 446

logus Bibliothecae Thuanae a clarissimis viris Petro et Iacobo Puteanis, ordine alphabetico primum distributus. Tum secundum scientias et artes a clarissimo viro Ismaele Bullialdo digestus. Nunc vero editus a Iosepho Quesnel, Parisiano et bibliothecario. Cum indice alphabetico authorum. Paris 1679, Bd. 2, S. 459). Zu zwei weiteren Avian-Handschriften de Thous s. u. V-Tho1 und V-Tho2. Der Nachweis im einzelnen geführt bei BOAS 1912. Da Pithou 1590 zudem als AvianHerausgeber auftritt (Epigrammata et poematia varia. Paris 1590, S. 311-334 [diese Ausgabe war mir leider nicht greifbar]), darf die Verwendung von Par 4 auch für diese Edition erwartet werden – eine Annahme, die durch FRÖHNER 1862, S. V, bestätigt wird: »Titulus autem [vor dem Avian in Par 8, M. B.] a saeculi septimi decimi librario quodam inepte adiectus: ‘Festi Lavieni Fabulae, editae in collect. vet. epigr.’ Petri Pithoei recensionem spectat, qui anno 1590 Auiani fabellas Veteribus suius Epigrammatis sinserturus et hoc libro et Colbertino 1512 usus fuerat.« 1731 dann benutzt CANNEGIETER Par 4, jedoch nurmehr in Abschriften Arnold Drakenborchs: »Primo Excerpta librorum MSS. quatuor nobiscum communicavit Vir Clarissimus Arnoldus Drakenborch. Ex his tres extant in Bibliotheca Colbertina, in qua his numeris designantur 1512. 5254. 6260. Nos illos littera C notatos his numeris eodem ordine distinximus 1. 2. 3.« (CANNEGIETER 1731, Bl. *3r) Vgl. BOAS 1912, S. 80f. DE MEYIER 1947, S. 60. Vgl. DE MEYIER 1947, S. 58f. GUAGLIANONE 1958, S. IXf. MOSTERT 1989 führt Par 4 – Teil IV/VIII freilich nirgends an (jedoch S. 224 Par 4 – Teil I), scheint ihn also gar nicht zu kennen, denn sein Katalog

Avian: ›Fabulae‹

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Dem erhaltenen Avian-Quinio ging mindestens eine Lage mit dem Anfang der ›Disticha Catonis‹ voran, und ihm muss mindestens eine weitere gefolgt sein, auf der das Ende des Gedichts ›De littera Y‹ zu stehen kam, sehr wahrscheinlich aber noch, wie etwa in Par 8 (ab Bl. 84rb) oder Lei4 (ab Bl. 91vb), weitere Stücke folgten. Zu diesen beiden französischen Handschriften stellt sich Par 4 zudem in der durchgehend platzsparend zweispaltig-engzeiligen Aufzeichnung. (Zweispaltigkeit erscheint in Par 1 und Par 10, beide Handschriften ebenfalls aus dem 9. Jahrhundert, dagegen nur partienweise). Die Kombination von Titel und Zählung verbindet Par 4 besonders mit dem nordfranzösischen Unterrichtsfaszikel Par 1. Sie wird jedoch hier weniger aus einer möglichst übersichtlichen Darbietung als vielmehr aus dem Bedürfnis nach quellengetreuer Vollständigkeit resultieren. Die platzsparend zweispaltige Niederschrift lässt als Anliegen hinter der Aufzeichnung zuvorderst das effektive »Speichern« von Texten annehmen. Dass der Schreiber auf Vollständigkeit besonders achtete, geht etwa aus der angegebenen Anzahl der Verse des Werks hervor, die auf die als fünftes Buch an die vier der ›Disticha Catonis‹ angehängten447 Gedichte des Eugenius von Toledo folgt: EXPLICIT LIBER CATO/NIS HABENS .CCC. VERSVS (Bl. 54ra). Die starke Abnutzung des an vielen Stellen durch Abgreifen unleserlich gewordenen und teils schon im Mittelalter ausgebesserten Textes muss dieser Annahme nicht widersprechen. Die Fabeln könnten sekundär herausgelöst und zum Lektüreheft umfunktioniert worden sein. Die Glossierung darf mit diesem Vorgang jedoch nicht in Verbindung gebracht werden, denn sie bleibt äußerst dünn und ist Ausfluss eines nur ganz punktuellen Bemühens um den Text. L1 CANNEGIETER 1731, Bl. *3rv, **2r (Hss. C.1 und Col.1); FRÖHNER 1862, S. IIIf. (Sigle A); BÄHRENS 1883, S. 31 (Sigle A); ELLIS 1887, S. XXXX (Sigle A); HERVIEUX 1893/99, Bd. 3, S. 54-57; GUAGLIANONE 1958, S. IXf. (Sigle A); DUFF/DUFF 1961, S. 677 (Sigle A); HERRMANN 1968, S. 26 (Sigle A); GAIDE 1980, S. 72 (Sigle A). L2 MONTFAUCON 1739, Bd. 2, S. 950 Nr. 1512; Catalogus codicum manuscriptorum bibliothecae regiae 1739/44, Bd. 4, S. 427f. L3 MARCUS BOAS: Der Codex Bosii der Dicta Catonis. In: Rheinisches Museum für Philologie N. F. 67 (1912), S. 67-93; S. TAFEL: Die vordere, bisher verloren geglaubte Hälfte des Vossianischen AusoniusKodex. In: Rheinisches Museum für Philologie N. F. 69 (1914), S. 630-641; BURSILLHALL 1981, S. 195 Nr. 208.133; MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 1, S. 74f.; MOSTERT 1989, S. 224.

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bringt ja auch jene Handschriften, für die Herkunft aus Fleury, obwohl von der Forschung erwogen, definitiv auszuschließen ist. BOAS 1912, S. 90f.

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Verzeichnisse zur Überlieferung

Par 5 *Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. Lat. 8302 Perg., 72 Bl. ; Teil I (1-8): 20 x 12.5 cm, 13. Jh.; Teil II (9-35): 20 x 13 cm; Teil III (36-47): 20.5 x 13 cm, 12./13. Jh., Frankreich; Teil IV (48-58): 20 x 13 cm, 12./13. Jh., Frankreich; Teil V (59-66): 20 x 12.5 cm, 12./13. Jh., Deutschland?; Teil VI (67-72): 19.5 x 13 cm, 12./13. Jh. oder 1. Hälfte 13. Jh. 1r Signaturen (Colbert / 6260; Reg. Ms. / 6456 / 5.5) und Reste des Wappens von St. Victor in Paris 1r-8v Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XXVII. 2.a) Epimythien im Verstext: Nr. X E,1f., XI E,1f., XII E,1f., XIII E,1f., XIV E,1f., XV E,1f., XVII E,3f., XIX E,1f., XXIV E,1f., XXVI E,1f. 2.b) Epimythien außerhalb des Verstextes: Nr. VI E,1f., X E,5f., XII E,3f., XVII E,1f. von zwei verschiedenen Nachtragshänden am Blattrand ergänzt. Erschließung: 1. Interlinearglossen, darunter zu sieben Versen auch Syntaxpunkte, nur bis in die ersten Verse von Nr. IV systematisch von mindestens zwei verschiedenen Nachtragshänden angebracht, von Nr. IV an nur noch vereinzelt von weiteren Händen. 2. Marginalglossen sehr vereinzelt von verschiedenen Händen, streckenweise auch so gut wie gar nicht vorhanden. 3. Prosakommentar: nur bis Nr. V. Seine Elemente: a) Einleitungssatz; b) Lehre; c) Prosaparaphrase (alles jeweils sehr knapp). 4. Weiteres: - Alphabete 4r, 6v, 7r, 7v; - Federproben 5r, 7r, 7v; der Anfang des Vaterunser 7r; - Notenlinien und Noten 7v; ein Vers 6v. Von 1v an läuft auf dem unteren Blattrand ein von anderer Hand aufgenommener Prosatext mit, der stark abgerieben am Mikrofilm kaum mehr zu entziffern ist. Um einen Kommentar jedenfalls zum Avian handelt es sich nicht, eher schon um Katechetisches oder um einen Predigtentwurf. Einrichtung: einspaltig, 27 Zeilen pro Spalte in vorgezeichnetem und vorliniertem Schriftspiegel mit breiten Rändern. Textanfang: in der ersten Zeile des Schriftspiegels mit Initiale (abgerieben und unleserlich). Textende: Textabbruch in der letzten Zeile des Schriftspiegels. Die einzelnen Fabeln beginnen jeweils in neuer Zeile mit zweizeiliger rubrizierter vergrößter Capitalis. Die einzelnen Verse sind abgesetzt und beginnen mit herausgerückten Majuskeln.

9r-35v 36ra-46va 46vb-47r 47v 48ra 48ra-50vb 50vb-53rb 53va-58rb

Odo von Meung (Macer Floridus): ›De viribus herbarum‹ (gloss.) (Ende frgm.) Kommentar zu Terenz: Komödien leer leer bis auf wenige, teilweise französische Federproben Besitzeintrag des 15. Jh.s, teilweise ausrasiert und überschrieben Petri Danielis Kommentar zu Marcus Tullius Cicero: ›De amicitia‹ Kommentar zu Marcus Tullius Cicero: ›De amicitia‹ Kommentar zu Marcus Tullius Cicero: ›Cato maior de senectute‹

Avian: ›Fabulae‹

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58rb

Besitzeintrag des 15. Jh.s, teilweise ausrasiert und überschrieben Petri Danielis Aurelij 1565 58v leer 59ra-66vb Kommentar zu Lucan: ›De bello civili‹ (›Pharsalia‹) (Ende frgm.) 67ra-69va Kommentar zu Ovid: ›Remedia amoris‹ (Anfang frgm.) 69vb-72vb Kommentar zu Ovid: ›Ars amatoria‹ (Ende frgm.) Vorbesitzer Paris, Augustiner-Chorherren St. Victor; Jean-Baptiste Colbert (1619-83) Die Handschrift ist aus mehreren einst selbstständigen oder anderen Zusammenhängen entnommenen Teilen zusammengesetzt. Den ersten Abschnitt bildet ein ursprünglich vielleicht als eigenes Leseheft tradierter Avian-Faszikel, der nur in seinem ersten Quaternio erhalten ist. Viele Blätter, insbesondere eingangs, sind fleckig, ihre Ränder oft knitterig, und Bl. 5r, 6v, 7r, 7v sind, vielleicht als Schreibprobe, Alphabete eingetragen, dazu Bl. 7v Notenlinien und einige Noten. Da die Schlussseite des Faszikels ebenfalls deutlich stärker gelitten hat als ihre unmittelbare Umgebung, wird die Folgelage noch vor der Aufnahme des Avian in einen umfassenderen Überlieferungsverbund abhanden gekommen sein. Zwischen zwei schützenden Buchdeckeln befanden sich die Blätter spätestens seit 1514. Der in diesem Jahr von Claude de Grandrue, dem »dernier bibliothécaire médiéval« von St. Victor fertiggestellte Katalog führt den – bereits defekten – Avian an der Spitze der umfangreichen Sammelhandschrift KKK 26: 1 9 31

Liber quorundam poetarum scilicet YSOPUS metrificatus non completus. Pars cuiusdam libri poetici metrificatti. Glosule male littere et dilacerate super partem Lucani et Ovidii de arte amandi et de quibusdam aliis. 54 LUCANUS poeta metrificatus cuius sunt libri partiales decem: primus (54); quintus (94);decimus (154). 163 Item pars cuiusdam libri poetici cuius inicium: ›Hanc tua Penelope›. 179 Liber quidam poeticus metrificatus incipiens: ›Mittit›. 192 STATIUS in Achillem. 208 CLAUDIANUS de raptu Proserpine. 225 AUGUSTINUS de duodecim abusivis. 237 BASILIUS EPISCOPUS CAPADOCIE ad filios spirituales. 253 YSIDORI sinonimorum seu soliloquiorum libri duo: primus (253); secundus (367). 285 Liber de ecclesiasticis dogmatibus. 296 Confessio BERENGARII. 297 Quidam sermo AUGUSTINI de penitentia incipiens: ›Penitentes penitentes›.

Verzeichnisse zur Überlieferung

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299 Epistola PETRI DAMIANI HOSTIENSIS EPISCOPI ad papam Alexandrum secundum contra eos qui dicunt innocenter agere qui ecclesie facultates emunt si tantummodo manus impositionem gratis accipiant. 303 Sermo sancti AUGUSTINI de sacramento altaris. 305 Pars cuiusdam libri astrologie quem edidit quidam dictus HERMANNUS.

Die Signatur ordnet KKK 26 der 29 Bände umfassenden Gruppe poetischer Werke der Bibliothek zu.448 Von KKK 26 haben sich nur noch Bruchstücke erhalten. Die Einträge auf den Blättern 1-8 entsprechen dem ersten und noch mittelalterlich 1-8 foliierten Teil von Par 5. Die Einträge der Blätter 31-38 entsprechen dem fünften Teil von Par 5, Bl. 59-66. Diese Blätter weisen ebenfalls eine noch mittelalterliche Foliierung auf, die jedoch von anderer Hand stammt als die in Teil I, aber passend von 31 bis 38 läuft. Die Texte der Blätter 39-44 in KKK 26 liegen im sechsten Teil von Par 5 vor, wo die Blätter 67-72 von derselben alten Hand wie der fünfte Teil Bl. 39-44 foliiert sind. Der heute unvollständige zweite OvidKommentar wurde also erst nach Fertigstellung des Katalogs 1514 verkürzt, und zwar um neun Blätter (Bl. 45-53). Ferner entsprechen die Blätter 54-191 und 233-304 aus KKK 26 der Handschrift Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. Lat. 15146, schließlich die Blätter 305-313 Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. Lat. 11248, Bl. 33r-41v. KKK 26 bereits vereinte unabhängig voneinander entstandene Einheiten. Der fünfte und sechste Abschnitt von Par 5 wurden bedeutend früher und offenbar in anderen Zusammenhängen als der erste mit dem Avian angelegt. Der sechste Abschnitt war, wie aus der alten Zählung hervorgeht, bereits bei Aufnahme in KKK 26 am Anfang unvollständig. Der ebenfalls unvollständige, abgenutzte, untauglich gewordene AvianFaszikel wurde möglicherweise nur deshalb vor der Vernichtung bewahrt, weil er sich wie Schutzblätter vor den ganzen umfangreichen Buchblock stellen ließ. Wann der Avian außer Gebrauch gekommen ist, lässt sich nicht näher angeben. Allerdings ist die ältere Signatur »R 21« zu beachten, die der Katalog von 1514 für KKK 26 noch ausweist.449 Man wird also für die Aufnahme des Avian sicher noch einige Jahre vor die Erarbeitung des neuen Katalogs, d. h. wohl mindestens in die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts zurückgehen müssen.450 Wie Teil I, V und VI, so stammen auch die Teile III und IV aus der Bibliothek von St. Victor. Der noch von mittelalterlicher Hand Bl. 122-

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449 450

Vgl. den Überblick über die Signaturenklassen und ihre inhaltliche Zuordnung bei OUY 1983, S. XXI-XXIV. Vgl. Le catalogue de la bibliothèque de l’abbaye de Saint-Victor 1983, S. 425 und S. 441. Vgl. zu den vor 1512 gebräuchlichen Signaturen der Bibliothek OUY 1983, S. XXf.

Avian: ›Fabulae‹

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132 foliierte Teil III entspricht einem Ausschnitt einer Kommentarsammlung, die der Katalog von Grandrue mit der Signatur KKK 14 erfasst (also derselben Signaturenklasse zugehörig wie KKK 26, s. o.) und von der sich in Paris, Bibliothèque de l’Arsenal, Ms. 910, weitere Blätter erhalten haben. In Teil IV, alt foliiert 169-179, liegt schließlich ein Ausschnitt des Grandrue-Bandes KKK 18 (wiederum dieselbe Gruppe wie KKK 26, s. o.) vor, von dem die Handschrift Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. Lat. 15015, weitere Stücke bewahrt. Teil IV aus KKK 18 kam nach Ausweis zweier jeweils vorhandene Besitzvermerke aus St. Victor überschreibender Einträge Bl. 48ra und 58rb, deren zweiter datiert ist, im Jahre 1565 in die Bibliothek von Pierre Daniel (1530-1603). Wie Daniel sich in den Besitz dieser Handschrift brachte, ist ungeklärt: möglicherweise jedoch nicht ganz rechtmäßig.451 Im übrigen liegt es nahe, den Eingang der übrigen Handschriften aus der Bibliothek der Augustiner-Chorherren in die Bibliothek Daniels zeitlich mit dem des vierten Teils von Par 5 zu verbinden.452 Auf jeden Fall liefert Teil IV den frühesten Zeitpunkt für die Zusammenstellung der Partien zur Gestalt der heute vorliegenden Handschrift. Sie ging später in den Besitz Jean-Baptiste Colberts über (dort Nr. 6260, s. Bl. 1r) und mit den übrigen Handschriften Colberts nach seinem Tod in die Bibliothek des Königs ein (dort Nr. 6456.5.5, s. Bl. 1r), wo sie 1744 erstmals ein gedruckter Katalog erfasst.453 L1 CANNEGIETER 1731, Bl. *3rv, **2r (Hss. C.3 und Col.3); FRÖHNER 1862, S. VIII (Sigle D); HERVIEUX 1893/99, Bd. 3, S. 57f.; GUAGLIANONE 1958, S. XXII (Sigle D); HERRMANN 1968, S. 26 (Sigle D); GAIDE 1980, S. 73 (Sigle D). L2 MONTFAUCON 1739, Bd. 2, S. 1014 Nr. 6260; Catalogus codicum manuscriptorum bibliothecae regiae 1739/44, Bd. 4, S. 446. L3 ELISABETH PELLEGRIN: Manuscrits de l’abbaye de SaintVictor et d’anciens collèges de Paris à la Bibliothèque Municipale de Berne, à la Bibliothèque Vaticane et à Paris. In: Bibliothèque de l’École des Chartes 103 (1942), S. 69-98, wieder abgedruckt in: E. P.: Bibliothèques retrouvées. Manuscrits, bibliothèques et bibliophiles du moyen âge et de la renaissance. Recueil d’études publiées de 1938 à 1985. Paris 1988, S. 301-330; MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 1, S. 327 (zu Teil IV), Bd. 2, S. 82 (zu Teil V), S. 180 (zu Teil VI), S. 652 (zu Teil III), Bd. 3,1, S. 236 (zur Provenienz); Le catalogue de la bibliothèque de l’abbaye de Saint-Victor 1983,

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453

DE MEYIER 1947, S. 69 Anm. 79. Daniel besaß eine ganze Reihe von Handschriften aus Saint-Victor, von denen wiederum viele das Eingangsdatum 1565 tragen: OUY 1983, S. XVII. MONTFAUCON erfasst 1739 nur die ersten beiden Stücke: »Cod. 6260. S. Avieni fabulae. Macer de viribus herbarum.« Von den Avian-Herausgebern hat die Handschrift 1731 das erste Mal CANNEGIETER benutzt, jedoch lediglich in Abschriften Arnold Drakenborchs: »Primo Excerpta librorum MSS. quatuor nobiscum communicavit Vir Clarissimus Arnoldus Drakenborch. Ex his tres extant in Bibliotheca Colbertina, in qua his numeris designantur 1512. 5254. 6260. Nos illos littera C notatos his numeris eodem ordine distinximus 1. 2. 3« (CANNEGIETER 1731, Bl. *3r).

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Verzeichnisse zur Überlieferung

S. 370, 372, 375f.; GILBERT OUY: Historique de la bibliothèque de St. Victor. In: Le catalogue de la bibliothèque de l’abbaye de Saint-Victor 1983, S. I-XLV.

Par 6 *Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. Lat. 9636 Pap., I + 170 Bl., 29.5 x 21 cm, 1. Viertel 15. Jh. (1415), Norddeutschland. Irv zwei Fragmente eines juristischen Schriftstücks (Citacio in causa Nicolai Blůmil); Federproben (homo quidam; Beginn eines Cisiojanus) 1r-3v neuzeitliche Vorsatzblätter mit Pariser Bibliothekssignaturen und Angaben zu Geschichte und Inhalt der Handschrift 4r leer bis auf neuzeitliche Bibliothekssignaturen 4v Dedikationsvermerk des 15. Jh.s: Liber sancti Bartholomei apostoli quem dedit / Dominus Nicolaus Grawerock prepositus in Lune 5ra-51rb Introductio ad processum iudicarium (dat. 1415) 51va-52vb leer 53r-96r juristische Definitionen in alphabetischer Folge (glossarium iuridicum) 96v-99r kürzere Abhandlungen und Notate zu verschiedenen juristischen Fragen insbesondere des kanonischen Rechts (u. a. de personis excommunicandis) 99v-100v leer 101r-124r Johannes Calderinus: ›De ecclesiastico interdicto‹ 124v leer 125r-145r kürzere Abhandlungen und Notate zu verschiedenen juristischen Fragen, insbesondere des kanonischen Rechts (u. a. de restitutione spolii) 145v-146v leer 147ra-150vb Bonicrentus: ›De excommunicatione et interdicto‹ 151ra-158vb leer 158r-169r Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XLII. 2. Epimythien im Verstext: Nr. VI E,1f., X E,1f., XI E,1f., XII E,1-4, XIII E,1f., XIV E,1f., XV E,1f., XVII E,1-4 (3f. noch vom Verstextschreiber nachgetragen), XIX E,1f., XX E,1f., XXIV E,9f., XXV E,1f., XXVI E,1f., XXIX E,1f., XXXVIII E,1f. Erschließung: keine. Einrichtung: einspaltig, 36-38 Zeilen in vorgezeichnetem Schriftspiegel. Textanfang: in der ersten Zeile des Schriftspiegels der Titel zu Nr. I, dann I,1 mit mehrere Zeilen hoher, schlichter Eingangsinitiale. Textende: Explicit liber auianj und in neuer Zeile nach Feder- und/oder Tintenwechsel Explicit Auianus Renaldi ingenholt (d. h. R. I. schrieb zunächst den Verstext und trug erst in einem zweiten Arbeitsgang die Fabeltitel und dann sein Kolophon ein). Den einzelnen Fabeln geht jeweils in eige-

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ner Zeile ihr Titel voran (Abdruck bei HERVIEUX 1884/88, Bd. 3, S. 60). Die Fabeln beginnen mit dreizeiliger farbiger Lombarde. Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit farbig gestrichelten Majuskeln.

169v 170r 170v

Kalender leer Sentenzen und Sprichwörter als Federproben (u. a. Vox audita perit sed scripta manebit [!]) Schreiber 5ra-51rb: Henricus Geysmar (51rb); 159r-169r: Renaldus Ingenholt (169r) Vorbesitzer Nikolaus Graurock (†1493); Lüne, Benediktinerinnen Erster Besitzer der Handschrift war Nikolaus Graurock, Chorherr in Bardowick, Archidiakon in Bevensen, von 1452 bis 1457 als Vertrauter des Lüneburger Stadtrates tätig und später bis zu seinem Tod 1493 u. a. Probst im Benediktinerinnenkloster Lüne. Diesem hat er nach Auskunft eines Dedikationsvermerks die vorliegende Handschrift vermacht. In Lüne selbst wurde der Band im wesentlichen nur noch aufbewahrt. Allenfalls der Eintrag eines Kalenders auf ursprünglich leeren Blättern mag erst den örtlichen Benediktinerinnen zuzuschreiben sein. Für regulären Unterricht wurden die Fabeln nicht hinzugezogen. Die großformatige Handschrift versammelt hauptsächlich juristische Werke insbesondere zum kanonischen Recht und, wie in einer Art Anhang, als Schlussstück die Fabeln Avians. Ihr Einband entstammt noch dem 15. Jahrhundert. Für die Bindung wurden ein juristisches Schriftstück verwendt, das innerhalb der Deckel den gesamten Buchblock umfasst. Es ist von zeitgenössischer Hand als Vorladung in einer einen Nikolaus Blümel betreffenden Rechtssache bezeichnet und nennt einen Balthasar aus Luckau und einen Ludolphus aus Halberstadt namentlich. Par 6 wurde demnach im norddeutschen Raum gebunden. Das geschah wohl in jenem juristischen Gebrauchsumfeld, in dem bereits der wesentliche Teil des Textbestands versammelt wurde. Graurock hat den Benediktinerinnen gewiss eine schon gebundene Handschrift überlassen. Ob er selbst sie aber gebunden erwarb oder selbst erst hat binden lassen (und zuvor vielleicht gar einzelne Stücke ergänzte), lässt sich nicht sicher sagen. Die Niederschrift der ganzen Sammlung dürfte im zweiten Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts im wesentlichen beendet gewesen sein. Das Eingangsstück datiert auf 1415. Sukzessive wurden dann von mehreren Händen zu verschiedenen Zeiten weitere Stücke ergänzt. Nichts weist auf eine von Beginn an geplante systematische Anlage. Durchlaufende Reklamanten etwa fehlen. Die Blätter mit den ›Fabulae‹ könnten zunächst als eigener Faszikel separat umgelaufen und erst zum Schluss angehängt worden sein, da das Eingangsblatt hier stärker verschmutzt ist.

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L1 FRIEDRICH HÜLSEMANN: De codice fabularum Aviani Lunensi, nunc primum collato. Obiter quaedam disputantur de fide fabularum Phaedri et Aviani. Göttingen 1807; FRÖHNER 1862, S. VIII (Sigle »Lunensis«); HERVIEUX 1893/99, Bd. 3, S. 58-62; GUAGLIANONE 1958, S. XXIV (Sigle Pc); GAIDE 1980, S. 73 (Sigle Pc). L2 LEOPOLD DELISLE: Inventaire des manuscrits latins conservés à la Bibliothèque Nationale sous les numeros 8823-11503 du fonds latins. Paris 1863, S. 41; KRÄMER 1989/90, Bd. 1,2, S. 507; SAMARAN/MARICHAL 1959/74, Bd. 3, S. 133, 729. L3 ULRICH FAUST: Die Frauenklöster in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Bremen. St. Ottilien 1984 (Germania Benedictina 11; Veröffentlichungen des Internationalen Forschungszentrums für Grundfragen der Wissenschaften, Salzburg, N. F. 16), S. 377-402 [UTA REINHARDT].

Par 7 *Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. Lat. 10465 Pap., 211 Bl., 20 x 14 cm, 2. Hälfte 15. Jh. (1471, 1474), Lateinschule Ulm (20v) und Straßburg (196r) 1r-20v ›Cantica canticorum‹ (komm.) 21r-25v leer 26r-62r Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XLII. 2. Epimyhien im Verstext: Nr. IV E,1f., VI E,1f. (an V und VI), X E,1f., XI E,1f., XII E,1-4, XIII E,1f., XIV E,4+1-3, XV E,1f., XVII E,1-4, XIX E,1f. (an XVIII), XIX E,1-4, XX E,1f., XXI E,5f., XXIV E,7f., XXV E,1f. (an VIII und XXV), XXVI E,1f., XXVIII E,3f.+1f., XXIX E,1f., XXXI E,1f., XXXVIII E,1f., XXXIX E,3f. Erschließung: 1. Accessus: engzeilig fortlaufend in kleinerer Glossenschrift 26r der ersten Fabel vorangestellt von der Hand des Verstextschreibers/Glossators (am Rand Autoritätenzitate durch Nennung des Autornamens [Cicero, Seneca, Horaz] noch vom Textschreiber hervorgehoben). 2. Interlinearglossen: außer bei Nr. I, die unglossiert blieb, durchgehend systematisch in hoher Dichte und in bis zu drei Zeilen von der Hand des Verstextschreibers/Kommentars. 3. Prosakommentar: systematisch jeder Fabel nachgestellt, in kleinerer Glossenschrift engzeilig fortlaufend von der Hand des Verstextschreibers/Glossators. Seine Elemente: a) Prosaparaphrase (i. d. R. ohne weitere Einleitung); b) Benennung der Fabellehre (i. d. R. mit dem Stichwort utilitas markiert); c) geistliche Auslegung (i. d. R. mit dem Stichwort allegoria markiert); d) im Prosakommentar zur (nicht interlinear glossierten) Fabel Nr. I folgt auf die geistliche Auslegung noch eine expositio ad litteram. Der Prosakommentar gehört der von SUERBAUM 2000 herausgearbeiteten Textgruppe AMOP (s. o. Aug2, Mue8, Ott) an. Allen Fabeln sind anspruchslose Federzeichnungen beigegeben. Einrichtung: einspaltig in vorgezeichnetem Schriftspiegel; Zeilenzahl pro Seite schwankend, da Verstext und Kommentar alternieren. Der Verstext mit breitem Zeilenabstand für die Aufnahme von Glossen, die Verse abgesetzt und mit Majuskeln; der Kommentar engzeilig fortlaufend in kleinerer Glossenschrift, aber mit Markierungsworten (utilitas, allegoria) in

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der größeren Schrift des Verstextes. Textanfang: 26r mit dem engzeilig fortlaufend in kleinerer Glossenschrift aufgenommenen Accessus, auf den 26v der Verstext von Nr. I folgt. Textende: mit dem Kommentar zu Nr. XLII, der Sic est finis magistri auiani schließt.

62v 63r-94r

leer ›Problemata de partibus corporis humane ab Aristotele et aliis‹ (dat. 1474) 94v-98v leer 99r Kommentareinleitung zu Johannes de Sacro Bosco: ›Algorismus‹ 99v leer 100r-111v ›Disticha Catonis‹ (gloss.) 112r-180v Stephanus Fliscus: ›De sententiarum variatione‹ (›Synonyma sententiarum‹) (lat./dt.) 181rv leer 182r-192v Agostino Dati: ›De arte dictandi‹ 193rv leer 194r-196r ›Ein kunst von höfflicher red‹ (lat./dt.) (dat. 1471) 196v leer 197r-208r Ars dictandi 208v-209r Notate zur Ars dictandi 209v-211r leer 211v Notizen, teilweise sich auf einen regulierten Lehrbetrieb beziehend Schreiber 1r-20v, 197r-208r: Johannes Negellin de Lipheim (20v, 208r) Vorbesitzer Johannes Negellin de Lipheim?; Rebdorf, AugustinerChorherren Die Handschrift ist im Zuge der Plünderungen der Bibliothek der Augustiner-Chorherren von Rebdorf in Eichstätt durch General Joba im Jahre 1800 an ihren heutigen Aufbewahrungsort gelangt. Seit wann sie zuvor in Rebdorf aufbewahrt wurde, ist unbekannt. Vielleicht wurde sie schon von Johannes Negellin, wenn dieser denn ihr Vorbesitzer war, im ausgehenden 15., beginnenden 16. Jahrhundert den Augustiner-Chorherren vermacht, die sie dann bereits seit dem Spätmittelalter besessen hätten. Denn geschrieben wurde Par 7 zu Teilen von Johannes Negellin aus Leipheim bei Günzburg, der nach Auskunft des Kolophons Bl. 20v zu seiner Zeit als Besucher einer Schule im von Leipheim ja nicht allzu weit entfernten Ulm – gemeint ist sicher die angesehene Lateinschule, zu deren hohem Ausbildungsniveau sich der anspruchsvoll-wissenschaftliche Avian-Kommentar sehr gut fügt – das Hohelied mit Kommentar zu Papier brachte. Weiterhin nennt sich Negellin selbst als Schreiber der Ars dictandi Bl. 197r-208r. KRÄMER weist seiner Hand zudem den ›Cato‹ der Blätter 100r-111v zu

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sowie die deutsche Rhetorik Bl. 194r-196r, die nach Ausweis des Explicits aber in Straßburg geschrieben wurde. Dann hätte Par 7 Negellin über einige Stationen seines Ausbildungsweges begleitet und wäre in Negellin auch der Besitzer der Handschrift zu vermuten. So würde sich auch die gegen die chronologische Folge von 1471 – in dieses Jahr datiert die deutsche Rhetorik – und 1474 – zu diesem Zeitpunkt wurden die Problamata Bl. 63r-94r geschrieben – stehende Abfolge der Texte in der Handschrift erklären: Negellin hätte seine Texte zunächst geschrieben und/oder gesammelt und mehr oder minder lose mit sich geführt und erst später in die vorliegende Ordnung gebracht. In seiner inhaltlichen Ausrichtung ordnet sich der Band insbesondere mit den Schriften zur Ars dictandi und Rhetorik im zweiten Teil zwanglos dem beruflichen Werdegang Johannes Negellins zu, der später als kaiserlicher und geschworener Notar der Konstanzer Kurie tätig war.454 L1 DICKE/GRUBMÜLLER 1987, S. LXVIII. L2 SAMARAN/MARICHAL 1959/74, Bd. 3, S. 175; KRÄMER 1989/90, Bd. 1,2, S. 672. L3 BALDZUHN 1996, S. 196; BODEMANN/DABROWSKI 2000, S. 28f.; SUERBAUM 2000, S. 425-429.

Par 8 *Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. Lat. 13026 Perg., 182 Bl., 26.5 x 18 cm, 1. Viertel 9. Jh., Frankreich (»in der Nähe von Paris«455). 1r-10r Eutyches: ›Ars de verbo‹ (gloss.) (Anfang frgm.) 10v leer 11r-40r Virgilius Maro grammaticus: ›Epitomae‹ 40v lat.-lat. Glossar ango : stringo 41ra-56vb Cruindmelus: ›De metrica ratione‹ (Ende frgm.) 57ra-73rb Prudentius: ›Contra Symmachum‹ (Anfang frgm.) 73rb-75ra Prudentius: ›Tituli historiarum‹/›Dittochaeon‹ 75ra-75rb Prudentius: ›De opusculis suis‹ 75rb-76ra Carmina aus der ›Anthologia latina‹ 76ra-78ra Hymnus Nr. XI und VIII aus Prudentius: ›Peristephanon‹ 78rb-84rb Avian: ›Fabulae‹

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PETER JOHANNES SCHULER: Die Notare Südwestdeutschlands. Ein prosopographisches Verzeichnis für die Zeit von 1300 bis ca. 1530. Stuttgart 1987, Bd. 1, S. 70. Den Hinweis entnehme ich der Scriptores-Datenbank KRÄMERs, die allerdings noch einen zweiten Johannes Negellin nennt: »Von Ehingen. Städtischer Notar und Schulmeister am Stift Bischofszell (a. 1478). Kaiserlicher geschworener Notar. Urkundet am 13. 1. 1481.« Wiederum wird auf SCHULER 1987, Bd. 1, S. 70 verwiesen, dazu nun aber auch auf SCHULERs Geschichte des südwestdeutschen Notariats. Von seinen Anfängen bis zur Reichsnotariatsordnung von 1512. Bühl 1976 (Veröffentlichungen des Alemannischen Instituts Freiburg im Breisgau 3), S. 179. LÖFSTEDT 1965, S. 30 (unter Berufung auf BERNHARD BISCHOFF).

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Grundtext: 1. Widmungsepistel. 2. Fabeln Nr. I-XLII. Erschließung: keine. Einrichtung: zweispaltig, 30 Zeilen pro Spalte in vorgezeichnetem und vorliniertem Schriftspiegel bei schmalem inneren und nur geringfügig breiteren übrigen Rändern. Textanfang nach Leerzeilen mit zweizeiliger Lombarde, sonst nicht markiert. Auf die engzeilig fortlaufend aufgezeichnete Widmungsepistel folgt 78va der Text der ersten Fabel in neuer Zeile und mit vorangestellter etwas größerer Majuskel. Autorzuweisung und Titelgebung vor der Widmungsepistel stammen erst von nachmittelalterlicher Hand. Das Textende ist nicht markiert: Das folgende Stück beginnt lediglich in neuer Zeile mit zweizeiliger Lombarde. Die einzelnen Fabeln beginnen jeweils in neuer Zeile mit zweizeiliger Lombarde. Eine römische Zählung steht nur vor Nr. IIf. Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit Majuskeln.

84rb-vb Carmina aus der ›Anthologia latina‹ 84vb-92va Carmina aus Boethius: ›De consolatione philosophiae‹ 92va-100vb Carmina aus Martianus Capella: ›De nuptiis Mercurii et Philologiae‹ 100vb-120vb Paulinus von Nola: ›Natalicia‹ (Ende frgm.) 121r-160v ›Donatus Orthigraphus‹ 161r-181v Malsachanus: ›Ars grammatica‹ 182ra-vb Textfragment mit lat. Prosa Vorbesitzer Paris, Benediktiner St. Germain-des-Prés Die Handschrift wurde 1795/96 mit der Bibliothek von St. Germain-desPrés in die Bibliothèque Nationale überführt.456 Aus St. Germain-des-Prés stammt sie jedoch nicht, sondern aus der Benediktinerabtei Corbie, deren kostbarste Handschriften man 1638 nach St. Germain-des-Prés überführt hatte.457 Obschon Par 8 mit keinem Eintrag in die erhaltenen alten Katalo-

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DELISLE 1868/81, Bd. 2, S. 139. DELISLE 1868/81, Bd. 2, S. 137-139. Das Vorsatzblatt IIr bietet ein Inhaltsverzeichnis des 17./18. Jahrhunderts, das im Zusammenhang mit der Überführung in die Bibliothèque Nationale erstellt worden sein könnte und sowohl die alte Signatur »540« als auch die neue »1188« aufweist. Bl. 1r oben findet sich ein nachmittelalterlicher Besitzvermerk aus Corbie (16. Jh.) und von anderer Hand ein weiterer aus St. Germain-des-Prés (17./18. Jh.), verbunden mit einem am Rand aufgenommenen Inhaltsverzeichnis, das im Zusammenhang mit der Überführung nach St. Germain-des-Prés stehen könnte. In den Vorderdeckel ist innen ein Schildchen mit der Signatur »540« eingeklebt, das im 16. Jahrhundert beschriftet wurde. Zudem wurde die »540« noch einmal Bl. 1r unten eingetragen. MONTFAUCON führt den Band 1739 zwar unter den Beständen von St. Germain-des-Prés, doch unter der alten Nummer 540 aus Corbie (Bd. 2, S. 1132). Von den Avian-Herausgebern haben 1590 Pierre Pithou und 1731 CANNEGIETER die Handschrift herangezogen. Der Eintrag Festi Lavieni Fabulae, editae in collect. Vet. epigr. in Par 8 Bl. 78rb bezieht sich auf Pithous 1590 in Paris erschienene »Epigrammata et poematia varia«, für deren Avian S. 311-334 Par 8 herangezogen wurde (FRÖHNER 1862, S. V). CANNEGIETER dagegen hat die Handschrift nicht im

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ge Corbies sicher identifiziert werden kann, wurde die Handschrift gleichwohl bereits im Mittelalter dort aufbewahrt.458 Einige der aus Corbie übernommenen Grammatikhandschriften waren in St. Germain-des-Prés nämlich wieder beieinander aufgestellt worden und wurden später in immer noch unmittelbar aufeinanderfolgenden Signaturen an die Bibliothèque Nationale weitergegeben. So lassen sich zwei Bände in einem alten Katalog aus Corbie mit den Pariser Manuskripten Lat. 13024 und 13029 identifizieren,459 und das der Avian-Handschrift in der Aufstellung direkt vorangehende Ms. lat. 13025 ist sogar – etwa in derselben Zeit wie Par 8 – in Corbie auch niedergeschrieben worden.460 Das ist wegen der im ausgehenden 8., beginnenden 9. Jahrhundert für Corbie nicht ungewöhnlichen irischen Einflüsse461 auf die Zusammenstellung und Gestalt der Texte nun auch für Par 8 zu erwägen. Zum einen fällt nämlich die Aufnahme grammatischer Werke von Iren (Malsachanus, Cruindmelus, ›Donatus Orthigraphus‹)462 oder von bei Iren beliebten Grammatiken (Eutyches, Virgilius Maro grammaticus)463 auf. Zum zweiten sind mehrere Texte durch zahlreiche Abschreibefehler auffällig entstellt, die von entsprechend unvertrauten, möglicherweise insularen Vorlagen herrühren. Solche Fehler sind gleichermaßen von GUAGLIANONE am Avian wie von LÖFSTEDT an der ›Ars‹ des Malsachanus wie von HÜMER am Virgilius Maro grammaticus bemerkt worden.464 Irischer Einfluss lässt sich weiter konkretisieren. Denn nicht allzuweit südlich von Corbie, in Paris in St. Denis, lehrte der aus dem Umkreis Alkuins bekannte Ire Dungal, bevor er – vielleicht schon im zweiten Jahrzehnt des 9. Jahrhunderts, spätestens jedoch 825 – zum Magister der

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Original eingesehen, sondern nur in einer Abschrift benutzt, die ihm Arnold Drakenborch besorgt hatte (1731, Bl. *3r). Dahingehend auch WEBBER JONES 1947, S. 390. DELISLE 1868/81, Bd. 2, S. 440 Nr. 306 und Nr. 308. VEZIN 1982, S. 126. Hinweise dazu bei WEBBER JONES 1947, S. 200 Anm. 48, und bei DELISLE 1868/81, B. 2, S. 122f. (Par 8 wird S. 123 Anm. 2 ausdrücklich genannt). Vgl. zu Malsachanus LÖFSTEDT 1965, S. 25f., für Cruindmelus MANITIUS 1911/31, Bd. 1, S. 523-525, und für den ›Donatus Orthigraphus‹ die Zusammenfassung der Positionen von COLETTE JEUDY: Donatus Ortigraphus. In: LexMA, Bd. 3, Sp. 1241: »Nach L. HOLTZ ir. Herkunft und in der 2. Hälfte des 8. Jh. entstanden, nach I. CHITTENDEN ca. 815 und in Frankreich kompiliert.« CHITTENDEN hält gleichwohl ebenfalls einen Iren als Verfasser für wahrscheinlich: »[...] DO was an Irishman writing on the Continent« (Donatus Ortigraphus: Ars grammatica. Edidit JOHN CHITTENDEN. Turnhoult 1982 [Corpus Christianorum. Continuatio Mediaevalis. 40 D], S. XXIII). JEUDY: Manuscrits, S. 421. MANITIUS: Literaturgeschichte, Bd. 1, S. 127. Vgl. GUAGLIANONE 1958, S. XIf., LÖFSTEDT 1965, S. 32f., und: Virgilii Maronis Grammatici opera edidit JOHANNES HUEMER. Leipzig 1886, S. IV-VI.

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Schule in Pavia aufstieg.465 Zu St. Denis aber hatte man in Corbie nachweislich Beziehungen. So wurde das Ms. lat. 13025 in Corbie von einem Schreiber angefertigt, der seine Ausbildung in St. Denis erhalten hatte.466 Auffallen muss spätestens in diesem Zusammenhang, dass sich unter Dungals Buchgeschenken an das Kloster Bobbio, in das er sich schließlich zurückzog, auch eine Handschrift mit den ›Natalicia‹ des von Dungal geschätzten Paulinus von Nola befand, deren Text eng mit dem von Par 8 zusammengeht.467 Par 8 könnte demnach in Corbie nach aus St. Denis übernommenen Vorlagen kopiert worden sein, die (oder deren Vorlagen) von einem irischen Lehrer auf den Kontinent mitgebracht wurden. Zu dieser Annahme würde nicht zuletzt der Handbuchcharakter des vorliegenden Bandes passen, der ja nicht auf eine erst in Corbie entwickelte Textfolge zurückgehen muss. Die Handschrift setzt sich aus vier zeitgenössischen Teilen zusammen, die von verschiedenen Schreibern, die offenbar aufeinander eingestellt und professionell eng zusammen arbeiteten, im wesentlichen geschlossen niedergeschrieben wurden. Sie vermittelt im gleichbleibenden Blattformat einen äußerlich einheitlichen Eindruck, dem ein klarer innerer Aufbau entspricht. In der Hauptsache sind grammatische Schriften versammelt, denen ein umfangreicher poetischer Teil mit Versdichtungen zwischengeschaltet ist. Die zwei Sammelschwerpunkte des Bandes sind durch die einbzw. zweispaltige Aufzeichnung deutlich voneinander unterschieden. Bis auf den Cruindmelus erscheinen die grammatischen Werke einspaltig, durchgehend zweispaltig hingegen die poetischen. Andererseits fällt Verbindendes wie die Positionierung der Schrift über die Metrik des Cruindmelus auf, die als Überleitung zur Versdichtung gedacht gewesen sein könnte. Dieser ist sie auch in der zweispaltigen Darbietung angeglichen, sodass sich die Hauptabschnitte an ihrem ersten Berührungspunkt wie Theorie und Praxis zueinander stellen. In diesem Zusammenhang legt die Beobachtung, dass Wechsel der Texte im grammatischen Teil stets mit einem Blatt oder Lagenwechsel einhergeht, während im poetischen die Stücke sich durchweg jeweils inmitten des Blattes ablösen, für die Verstexte Verwendung tendenziell eher weniger Vorlagen nahe – oder vielleicht

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Zusammenfassend zu Autor und Werk: C. LEONARDI: Dungal. In: LexMA, Bd. 3, Sp. 1456-1458. Über Dungal in St. Denis: NEBBIAI-DALLA GUARDA 1985, S. 62f. VEZIN 1981, S. 278; VEZIN 1982, S. 126. NEBBIAI-DALLA GUARDA 1985, S. 305, rechnet das Ms. lat. 13025 zu den »wahrscheinlich« in St.-Denis entstandenen Handschriften, ohne jedoch die Arbeiten VEZINs anzuführen. Vgl. das Stemma von HARTEL in: Sancti Ponti Meropii Paulini Nolani carmina. Recensuit et commentario critico instruxit GUILELMUS DE HARTEL. Prag, Wien, Leipzig 1894 (Corpus scriptorum ecclesiasticorum latinorum 30,2), S. XXXIV. Siehe zu Berührungen zwischen dem Paulinus aus Bobbio (jetzt Mailand, Biblioteca Ambrosiana, Cod. Ambros. C 74 sup.) und Par 8 auch VEZIN 1982, S. 138 und S. 144.

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gar nur einer einzigen, wenn es sich bei der Kombination von Cruindmelus plus poetischem Teil um einen älteren Kern handeln sollte, der erst später um die Grammatiken erweitert wurde. Wichtig zu beachten, weil von hier aus auf eine Zielsetzung der gesamten Aufzeichnung zurückgeschlossen werden kann, ist ferner, dass an keiner Stelle der Sammlung für Glossen oder Marginalien Freiraum belassen ist (von denen dann gleichwohl einige von einer zeitgenössischen, aber etwas später schreibenden Hand in das erste Stück eingetragen wurden), und dass alle ihre Texte engzeilig geschrieben sind. Mit freiem Blattrand wird zwar nicht gespart. Aber er sollte sicher nicht der Aufnahme von Marginalien dienen, sondern erfüllt eher ästhetische Funktion. Die weithin platzsparend fixierten Texte wollte man, so scheint es, in erster Linie zügig und effizient in Besitz genommen und gespeichert sehen, ohne dabei einen speziellen Zweck, der über die schlichte Bereitstellung eines kompendiösen Handbuchs zur ars grammatica hinaus ginge, im Blick zu haben. Wenn man mit der Glossierung des Eutyches von Anfang an gerechnet hätte, wäre sicher ein größerer Zeilenabstand gewählt worden. Die Anstöße zur Anlage des Bandes könnten dazu gerade im ersten Viertel des neunten Jahrhundert noch schlicht vom Mangel an einschlägigen Werken ausgegangen sein. Er mochte bereits die schlichte Akkumulation von Texten zur Grammatik in der Bibliothek und die Sicherung ihrer zukünftigen Verfügbarkeit sinnvoll erscheinen lassen. Spätere Benutzer haben einige Spuren hinterlassen: 1. Bereits früh wurden zum ersten Stück Interlinearglossen eingetragen: Zeugnis vielleicht eines individuellen Aneignungsversuches. 2. Im 11. Jahrhundert wurde auf Freiraum Bl. 40v der Anfang eines lateinischen Glossars nachgetragen.468 3. Spätestens im 12. Jahrhundert trug Bl. 161r oben eine Hand die Identifizierung ars malsachani nach. 4. Bl. 181vb trug vielleicht dieselbe Hand etwas über die Etymologie von alea ein. 5. Ab etwa Bl. 170 sind die Ränder der Blätter sehr stark abgegriffen. Der zweite Grammatikteil von Par 8 wurde offenbar über einen längeren Zeitraum häufig benutzt. Weniger die poetischen Texte als die beiden letzten Grammatiken scheint man demnach konsultiert zu haben. Ob die Handschrift bereits zu diesem Zeitpunkt oder erst später fragmentiert wurde, lässt sich nicht mehr mit Sicherheit feststellen. Nach Ausweis der insgesamt drei römischen Lagenzählungen fehlen Par 8 nämlich mindestens sechs Lagen, zwei am Anfang sehr wahrscheinlich mit

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Datierung nach COLETTE JEUDY: Les manuscrits de l’›Ars de uerbo‹ d’Eutychès et le commentaire de Rémi d’Auxerre. In: Études de civilisation médiévale (IXe-XIIe siècles). Mélanges offerts à Edmond-René Labande à l’occasion de son départ à la retraite et du XXe anniversaire de C.É.S.C.M. par ses amis, ses collègues, ses élèves. Poitiers o. J. [1974], S. 421-436, hier S. 432.

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dem Beginn der ›Ars de verbo‹, die erst mit weit fortgeschrittenem Text einsetzt, eine zwischen Bl. 56v und 57r mindestens mit dem Ende des Cruindmelus und dem Anfang von ›Contra Symmachum‹, und drei Lagen mindestens mit dem Schluss der Gedichte des Paulins von Nola. Ferner ist die Schlusslage, ohne dass jedoch Text fehlte, unvollständig. L1 CANNEGIETER 1731, Bl. *3rv (Sigle B); FRÖHNER 1862, S. IVf. (Sigle P); BÄHRENS 1883, S. 31 (Sigle P); ELLIS 1887, S. XXXX (Sigle P); HERVIEUX 1893/99, Bd. 3, S. 62f.; GUAGLIANONE 1958, S. XIf. (Sigle P); DUFF/DUFF 1961, S. 677 (Sigle P); HERRMANN 1968, S. 26 (Sigle P); GAIDE 1980, S. 72 (Sigle P). L2 LEOPOLD DELISLE: Inventaire des manuscrits de Saint-Germain-des-Prés conservés à la Bibliothèque Impériale sous les numéros 11504-14231 du Fonds Latin. Paris 1868, S. 85; Catalogus codicum hagiographicorum latinorum antiquiorum saeculo XVI qui asservantur in bibliotheca nationali Parisiensi. Ediderunt hagiographi Bollandiani. Brüssel, Paris 1889-93, Bd. 3, S. 175 Nr. 588. L3 LESLIE WEBBER JONES: The scriptorium at Corbie: I. The library. In: Speculum 22 (1947), S. 191-204; LESLIE WEBBER JONES: The scriptorium at Corbie: II. The script and the problems. In: Speculum 22 (1947), S. 375-394; BENGT LÖFSTEDT: Der hibernolateinische Grammatiker Malsachanus. Uppsala 1965 (Acta Universitatis Upsaliensis. Studia Latina Upsaliensia 3); JEAN VEZIN: Les manuscrits copiés a Saint-Denis en France pendant l’époque carolingienne. In: Paris et Îlede-France. Mémoires publiés par la Fédération des Sociétés Historiques et Archéologiques de Paris et de l’Île-de-France 32 (1981), S. 273-287; JEAN VEZIN: Observations sur l’origine des manuscrits légués par Dungal à Bobbio. In: Paläographie 1981. Colloquium des Comité International de Paléographie. München, 15.-18. September 1981. Referate hg. von GABRIEL SILAGI. München 1982 (Münchener Beiträge zur Mediävistik und Renaissance-Forschung 32), S. 125-144; DONATELLA NEBBIAIDALLA GUARDA: La bibliothèque de l’abbaye de Saint-Denis en France du IXe au XVIIIe siècle. Paris 1985.

Par 9 *Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. Lat. 15160 Pap., 138 Bl., 22 x 15 cm, 1. Hälfte 15. Jh., Frankreich. 1r leer bis auf neuzeitliche Signatur S. Vict. 444 1v leer 2r-28v Franciscus de Sarzana: ›Florifrondium‹ 29r-37v versifizierte Auszüge aus der Bibel 38r Inhaltsverzeichnis (15. Jh.) 38v-41v leer 42r-82r Versglossar (WALTHER Nr. 9509) 82v Verse (WALTHER Nr. 9474) 83r-99v ›Liber Floretus‹ 100r-102v Notate (u. a. Katechetisches, über die Sakramente usw.) 103r-111v ›Contemptus mundi‹/›Cartula‹ (gloss., komm.) 112r-114v leer 115r-130r Avian: ›Fabulae‹

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Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XLII. 2a) Epimythien im Verstext: Nr. XI E,1f., XII E,1-4, XIII E,1f., XIV E,3f.+1f., XVII E,1-4, XIX E,1f., XXV E,1f., XXVI E,1f., XXIX E,1f., XXXI E,1f., XXXI E,1f., XXXVIII E,1f. 2.b) Epimythien außerhalb des Verstextes: Nr. III E,11f., X E,1f., XIV E,7, XXIV E,1f. Erschließung: 1. Interlinearglossen: durchgehend systematisch in hoher Dichte von der Hand des Verstextes, darunter zahlreiche Syntaxglossen (Syntaxalphabet). 2. Marginalien: unsystematisch, aber teils noch vom Verstextschreiber, öfter indes auch nachgetragen, u. a. mit einer Durchzählung der Fabeln, mit ergänzten Epimythien, mit auf Verse mit besonderem Lehrgehalt hinweisenden Stichworten, Verweisen auf grammatische Standardwerke (mehrfach Hugutio) u. a. m. 3. Prosakommentar: ebenfalls auf den Blatträndern und ebenfalls unsystematisch angebracht, wie die Marginalien teils noch vom Verstextschreiber, teils Nachtrag, v. a. mit Benennungen des Lehrgehalts und Prosaparaphrasen, aber auch geistlichen Auslegungen. Einrichtung: einspaltig in vorliniertem Schriftspiegel, 20 Zeilen pro Seite mit breitem Zeilenabstand und Rand für die Aufnahme von Glossen und Marginaleinträgen. Textanfang: nicht ausgeführte Lombarde/Initiale bei Nr. I. Textende: in zwei eigenen Zeilen Explicit auianus etc | amen. Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit Majuskeln, die Fabeln setzen mit zweizeiliger schlicht bis roh (nachträglich?) ausgeführter Initiale (nicht immer ausgeführt) ein.

130v 131r-135r 135v

leer ›Facetus Cum nihil utilius‹ Notate (u. a. über die unterschiedliche Vortragsweise von Episteln und Evangelien in der Messe) 136r-137v leer 138rv Federproben (u. a. Orator sit discipulus rethor docet illum; Scribere clericulis; Scribere clericulis paro doctrinale nouellis [= Alexander de Villa Dei: ›Doctrinale‹, V.1]; homo dicitur ab hoc nomine humus ; Homo natus de muliere breui viuens tempore replet ) 138arv leer Schreiber 2r-37v: Jaquelin (28v, 37v) Vorbesitzer Paris, Augustiner-Chorherren St. Victor Die Handschrift wird im Katalog der Pariser Augustiner-Chorherren von St. Victor von 1514 unter der Signatur »KKK 3« erfasst (s. u. K91). Entsprechende Herkunft sichert zudem der – indes (früh-)neuzeitliche – Eintrag Bl. 1r S. Vict. 444. Die ältere Vorgeschichte der Handschrift ist unbekannt. Anlage von Par 9 erst für die Verwendung durch die Augustiner-Chorherren ist kaum anzunehmen. Die zweimalige Nennung des Schreibers Jaquelin (Bl. 28v

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und 37v) macht nämlich eher auswärtige Entstehung und dann sekundären Zugang in die Bibliothek von St. Victor wahrscheinlich. Die Federproben von Bl. 138rv stellen eine Verbindung zum Lateinunterricht her. Diesem stellt die Avian-Kommentierung in ihrer unsystematischen, flüchtigen Anlage allerdings kein gutes Zeugnis aus. Wenn dieser Teil der Handschrift tatsächlich einmal Unterrichtszwecken gedient haben sollte, dann zweifellos auf einer voruniversitären, vergleichsweise unregulierteren Ausbildungsstufe. Speziell die Notate von Bl. 100r-102v und Bl. 135v rücken den gesamten Textbestand nahe an eine Verwendung durch einen Geistlichen heran, der pastorale und seelsorgerische Aufgaben zu versehen hatte. L1 HERVIEUX 1893/99, Bd. 3, S. 69-71; GUAGLIANONE 1958, S. XXIV (Sigle Pb). L2 LEOPOLD DELISLE: Inventaire des manuscrits de l’abbaye de Saint-Victor conservés à la Bibliothèque Imperiale, sous les numéros 14232-15174 du fonds latin. Paris 1869, S. 77; SAMARAN/MARICHAL 1959/74, Bd. 3, S. 740.

Par 10 *Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. Nouv. acq. lat. 1132 Perg., 40 Bl., 28.5 x 21 cm, 9./10. Jh., Nordostfrankreich. 1r-35r Johannes-Apokalypse (gloss., ill.) 35v-40v Avian: ›Fabulae‹469 Grundtext: 1. Widmungsepistel. 2. Fabeln Nr. I-X. Erschließung: 1. Noch von der Hand des Verstextes stammen insgesamt 50, darunter sechs althochdeutsche Interlinearglossen. Allein sechzehn stehen in der Widmungsepistel, in den Fabeln begegnen nur noch vereinzelt bis zu sieben (Nr. VII) Glossen. Nr. VI hat gar nur eine. Mit Ausnahme einer noch zeitgenössisch und wohl schon von der Haupthand beim Korrigieren nachgetragenen Glosse wurde für die interlinearen Einträge noch dieselbe Tinte wie für den Verstext verwendet. Einrichtung: Die Textaufzeichnung wechselt sich ab mit insgesamt elf jeweils über die ganze Blattbreite laufenden Illustrationen (Federstrichzeichnungen) von wechselnder Höhe. Die Höhe reicht von einem Viertel (Bildstreifen 37v) bis zu drei Vierteln (Dedikationsbildnis 35v) des Blattes, umfasst in der Regel jedoch etwa ein Drittel. Einspaltige (bis 38 oben) und zweispaltige (ab 38r unten) Textdarbietung in vier (35v) bis sechzehn (36r) Zeilen. Textbeginn: ohne Titulatur mit einem vorangestellten, zwei Drittel des Blattes einnehmenden Dedikationsbildnis, auf das 35v-36r die einspaltig fortlaufend aufgenommene, mit schlichter Initiale beginnende Widmungsepistel folgt. 37r schließt in der oberen Blatthälfte die Miniatur zu Avian Nr. I an. Der mit wiederum schlichter Initiale einsetzende erste Fabeltext folgt in der unteren Blatthälfte. Illustrationen und Verstext wechseln dann bis 40v. Dort bricht der Text in der letzten Zeile mit X,12

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Eine Reproduktion aller Blätter des Avian-Abschnitts bietet der Tafelteil von GOLDSCHMIDT 1947.

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ab. Nr. II-IV, VI, VIII und X beginnen mit schlichten Initialen wie Nr. I und die Epistel, Nr. V, VII und IX mit herausgerückter Majuskel. Die Einrichtung der Fabeln wechselt: Nr. I erscheint einspaltig, die Verse sind abgesetzt, der Verseingang zeigt Majuskeln; Nr. II bis Nr. III,6 (37v unten) erscheint wie Nr. I, jedoch mit eingezogenen Pentametern (im 9. Jh. sonst nur noch in Kar 2 und Zue); die Verse III,7-12 (38r oben) zeigen sich einspaltig, Hexameter und Pentameter stehen gemeinsam in einer Zeile, der Pentameter ist durch Punkt abgetrennt (so erst wieder im 10. Jh. in Kar 1 belegt); Nr. IV,1-14 (38r unten) ist zweispaltig geschrieben, die Verse sind abgesetzt und zeigen Majuskeln am Anfang, der Pentameter ist eingezogen; Nr. IV,15f. (38v oben) erscheint wieder einspaltig und sonst wie Nr. IV,1-14; ab Nr. V wurde wie Nr. V,1-15 geschrieben, jedoch in der rechten Spalte ab 39r auf den Einzug des Pentameters verzichtet.

Vorbesitzer Vienne, Benediktiner St. Pierre (1560); Nicolas Chorier (1650); Fr. Marcelier (17. oder 18. Jh.); Frederic Juven (18./19. Jh.); Algiers, Antiquariat Michel del Papa Durch den Korvettenkapitän im Ruhestand Stanislas Millot, der 1921 in der Zeitschrift »L’Afrique du Nord illustré« einige Abbildungen aus Par 10 veröffentlichte, auf die Handschrift aufmerksam geworden, wurde sie 1922 aus dem Antiquariat Michel del Papa in Algiers für die Bibliothèque Nationale erworben.470 Ende des 18. oder Anfang des 19. Jahrhunderts befand sie sich im Besitz eines frederic juvin.471 Aus dem 17. oder 18. Jahrhundert stammt ein Ex Libris Fr. Marcelier.472 1650 hatte sie in Vienne der Regionalhistoriker der Dauphiné, Nicolas Chorier,473 in den Händen, ein knappes Jahrhundert zuvor, 1560, der Abt der Benediktinerabtei St. Pierre in Vienne, Jean II. Blanc474. Die mittelalterlichen Vorbesitzer sind nicht bekannt. Vielleicht führt hier einmal der vielleicht noch im Spätmittelalter angebrachte Eintrag A MONSIEVR – so in Großbuchstaben und über die ganze Blattbreite laufender Zeile – im oberen Viertel von Bl. 18v weiter. Zu suchen wäre, da Niederschrift und ältere Aufbewahrung des Bandes an diesem Ort durchaus im Bereich des Möglichen lägen, zuerst in der Umgebung von Vienne.

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OMONT (Manuscrits illustré de l’Apocalypse) 1922, S. 63 Anm. 10. Ein entsprechender Besitzeintrag steht Bl. 8r; Datierung nach OMONT (Manuscrit illustré des fables d’Avianus) 1922, S. 6. Vgl. Bl. 1r; Datierung nach OMONT (Manuscrit illustré des fables d’Avianus) 1922, S. 6. Bl. 1r: Ex lib. Nic. Chorerjj Vienn. Jc. | 1650. Zu Nicolaus Chorier weitere Hinweise bei OMONT (Manuscrits illustré de l'Apocalypse) 1922, S. 65 Anm. 2 (dort u. a.: »Chorier était lié d'amitié avec L.-H. Faye d'Espeisses, chanoine de Paris et abbé commendataire de SaintPierre de Vienne [...].«) Bl 1r: 1560 | Blanc Abbé de St. Pierre | de Viennes. Vgl. Gallia christiana. Bd. 16. Paris 1865, Sp. 160.

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Par 10 setzt sich aus fünf Quaternionen zusammen; mindestens eine Lage mit der Avian-Fortsetzung fehlt zum Schluss. OMONT setzt den Lagenausfall vor dem 17. oder 18. Jahrhundert an, in das der – inzwischen ersetzte – einfache Pergamenteinband datiere, der jedoch eine starke Verschmutzung des Schlussblatts Bl. 40v schon nicht mehr habe verhindern können.475 In den regelmäßigen Lagen jedenfalls gibt sich das systematisch und geschlossen hergestellte Werkstattprodukt zu erkennen, eine Annahme, die von der Verteilung der Schreiber und Illuminatoren bestätigt wird. Par 10 ist das Produkt von insgesamt drei gemeinsam in einem einzigen Skriptorium arbeitenden Illuminatoren476 und von zwei zeitlich eng aufeinanderfolgend arbeitenden Textschreibern des ausgehenden 9., beginnenden 10. Jahrhunderts477. Dem paläographischen Befund zufolge hat dieses relativ leistungsfähige Skriptorium in Nordostfrankreich oder den angrenzenden Gebieten gelegen.478 Während die Apokalypse erst nachträglich glossiert wurde, übernahm der Schreiber des Avian auch einige lateinische und ein halbes Dutzend althochdeutscher Interlinearglossen aus seiner Vorlage.479 Diese verstand er jedoch nicht immer und entstellte sie daher bisweilen.480 Solche Abschrift dysfunktionaler Bestandteile der Vorlage findet in der Verpflichtung zur Quellentreue eine Erklärung. Die Sprachform der deutschen Glossen lässt auf eine oberdeutsche, vielleicht alemannische Vorstufe von Par 10 schließen.481 Wenn die zwischen den Fabeln belassenen Lücken in der St. Galler Avian-Handschrift 1396, wie OLDFATHER vermutet, tatsächlich aus unvollständiger Über-

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OMONT (Manuscrit illustré d'Avianus) 1922, S. 6 (Mitte 17. Jh.); OMONT (Un nouveau manuscrit) 1922, S. 275 (17. oder 18. Jh.). GOLDSCHMIDT 1947, S. 22. Dies ist die Datierung des Avian-Schreibers bei GOLDSCHMIDT 1947, S. 29 (unter Berufung auf ALBERT BRUCKNER). Die Apokalypse wurde von zeitgenössischer Hand allenfalls unbedeutend früher aufgezeichnet, vgl. OMONT (Un nouveau manuscrit) 1922, S. 275f. GOLDSCHMIDT 1947, S. 29 (unter Berufung auf ALBERT BRUCKNER). Die lateinischen und volkssprachigen Glossen sind abgedruckt bei OMONT (Manuscrit illustré des fables d’Avianus) 1922, S. 8. Die Übernahme mit dem Text gibt sich bereits optisch zu erkennen (einheitlicher Schriftduktus, dieselbe Tinte), kann aber auch anderweitig gestützt werden (vgl. OLDFATHER 1926, S. 22 Anm. 11). Die volkssprachigen Glossen sind ausführlich besprochen bei VENDRYÈS 1922. Vgl. zu den Entstellungen auch OLDFATHER 1926, S. 22 Anm. 11. Lokalisierung nach VENDRYÈS 1922, S. 275f., BERGMANN 1973, S. 91 Nr. 773 (unter Berufung auf VENDRYÈS »oberdeutsch«) und OLDFATHER 1926, S. 22 Anm. 11 (ebenfalls unter Berufung auf VENDRYÈS »of the extreme Alemannic dialect [...], an opinion confirmed by my colleague, Mr. C. A. Williams«).

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nahme eines illustrierten Avian zu erklären sind,482 dann könnte diese Vorlage aus St. Gallen stammen. Die Betrachtung der Illustrationen von kunsthistorischer Seite, für die hier GOLDSCHMIDT mit seiner eindringenden Analyse steht, führt auf noch ältere Überlieferungsstufen zurück. Den Avian-Illustrationen liegen zum einen Modelle zugrunde, die bereits im 6. Jahrhundert im provinzialrömischen, vielleicht südgallischen Raum ausgebildet wurden, in dem dann für den Avian auch der Bild-Archetyp vermutet werden darf. Zum weiteren muss dieser später einen Weg gegangen sein, der ihn insularen Einflüssen ausgesetzt hat.483 Der illustrierte Avian aus Vienne wäre demnach aus dem Süden in den Norden und von dort dann wieder, und zwar über den westoberdeutschen Sprachraum, nach Süden gewandert.484 Auf

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Die von GOLDSCHMIDT 1947, S. 29f. angeführten Argumente gegen St. Gallen beziehen sich, das darf nicht übersehen werden, auf die Abschrift Par 10, nicht auf die Vorlage. Sie sind nur dort zu bedenken, wo Abschrift und Vorlage zusammengehen. Das trifft jedoch nur auf GOLDSCHMIDTs den Glossen geltenden Einwand zu. Deren niedriges Erklärungsniveau wird moniert; es vertrage sich nicht mit St. Gallen als Ort klassischer Bildung (S. 30: »Evidence of such a limited clasical education makes St. Gall seem unlikely as place of origin«). Dem ist entgegenzuhalten, dass wir die Entstehungszeit der oberdeutschen Vorlage nicht kennen und folglich auch nicht wissen, vor welchem vielleicht noch ganz rudimentären Bildungshintergrund der Avian in St. Gallen glossiert wurde. Zudem repräsentiert nicht jeder einzelne Mönch das ganze Wissen seines Klosters: Niveauunterschiede können pragmatisch-funktional begründet sein, etwa aus Unterrichtsbezug zu erklären sein. Vgl. GOLDSCHMIDT 1947, S. 5-35. GOLDSCHMIDT 1947, S. 33-35, hat, von Nachrichten in Bedas ›Historia ecclesiastica‹ und in der ›Vita Abbatum in Wiremutha et Gyruum‹ ausgehend, den weitergehenden Versuch unternommen, diese Wanderung zu konkretisieren. Benedikt Biscop, Abt von Wearmouth, habe Apokalypse und Avian auf der Rückreise von Rom bei den Ordensbrüdern von St. Pierre in Vienne erstanden, die im 7. Jahrhundert im Besitz einer römisch-gallischen Kopie gewesen seien, und um das Jahr 672 in das von ihm gegründete northumbrische Kloster mitgenommen. Die Mönche von St. Pierre hätten dann im Zusammenhang mit dem Wiederaufbau ihrer im 8. Jahrhundert von den Sarazenen zerstörten Abtei im 9. oder beginnenden 10. Jahrhundert sich dieser Handschrift erinnert und versucht, eine von insularen Einflüssen möglichst wenig beeinflusste Abschrift des im angelsächsischen und nordfranzösischen Raum inzwischen verbreiteten Textes zu erlangen. Ein solcher Entwurf eines Itinerars rechnet mit sehr vielen Unbekannten. So sind bereits Bedas Angaben zu den Reisen Benedikt Biscops und den Anschaffungen kostbarer Bücher durchaus nicht so präzise, dass sie eines der pauschal erwähnten Bücher mit einer Par 10 vergleichbaren Textsammlung zu identifizieren erlaubten. Doch selbst wenn man gewillt ist anzunehmen, die Apokalypse des Johannes, mit denen der Abt seine Klosterkirche verziert haben soll, seien nach einer Par 10 entsprechenden Vorlage gearbeitet gewesen, besagt das noch nichts über den Weg des Avian, der nicht ebenfalls aus Vienne nach Northumbrien gewandert sein muss. Auf welcher Etappe des Überlieferungsweges die Fabelsammlung sich mit der Apokalypse verband, liegt nämlich ganz im Dunkeln. Auch wird die oberdeutsche Zwischenstation bei GOLDSCHMIDT – der davon ausgeht, dass die Mönche die Vorlage für Par 10 in Nordfrankreich suchten und fanden – gar nicht mehr mitbedacht. Nicht zuletzt verdient die Annahme Misstrauen, man habe zwei Jahrhunderte nach Abgabe der Handschrift sich noch ihrer entsinnt, habe sogar eine Vorstellung von den Eigentümlichkeiten des gallisch-römischen

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welcher Etappe dieses langen Weges die Verbindung mit der JohannesApokalypse hergestellt wurde, lässt sich nur vermuten.485 Die Vorstufen der Illustrationen der Apokalypse weisen jedenfalls wieder ins provinzialrömische Gallien des 6. Jahrhunderts. Das spricht zunächst gegen eine Zusammenstellung erst im nordostfranzösischen Skriptorium des 9./10. Jahrhunderts oder erst im oberdeutschen des 8./9. Dann aber führte die Verbindung von Apokalypse und Avian bereits auf ein vorkarolingisches Gebrauchsinteresse – und nicht auf ein zeitgenössisch-karolingisches. Und ob dieses Kontinuität bis in karolingische Zeit besass, steht durchaus infrage. Die Abschrift von Par 10 gibt durch wenig mehr als das Faktum der Abschrift selbst Hinweise auf rezente Motive. Sie können schlicht in einem allgemeinen Bedürfnis nach Texten zur Aufstockung der Bibliothek zu suchen sein oder, ebenso schlicht, in der Faszination durch ein seltenes illustriertes Manuskript. Vielleicht interessierte überhaupt nur einer der beiden Texte und wurde der andere einfach aus Treue zur Vorlage mit übernommen. Allenfalls indirekte Schlüsse führen vielleicht etwas weiter: - Das halbe Hundert Glossen im Avian führt zeitlich näher an ein karolingisches Gebrauchsinteresse heran. Die ihnen von GOLDSCHMIDT abgelesene »limited classical education« (1947, S. 30) mag sich einfach dem Zweck verdanken, der Speicherung und Vermittlung schlichter Sachverhalte dienen zu wollen. Sicher spricht das Fehlen jeden Systems in der Verteilung der Glossen gegen eine gezielte Aufbereitung des Avian für Unterrichtszwecke. Ein Rezeptionsniveau markieren die Glossen gleichwohl, in welchem praktischen Verhältnis auch immer ihre Informationen zur Textaneignung stehen mögen, und das kann nur als ein elementares bezeichnet werden, auf dem man noch erfahren musste, dass atticos graecos sind, der Name Aesopus (ebenso Sokrates, Babrios, Phädrus, Flaccus) eine (vermeintlich) historische Person bezeichnet und der Wortart nach ein nomen ist, Boreas hingegen ein ventus, für ridicula auch joca stehen kann, für testudo vermis, für ostentatur auch monstratur usw. - Innerhalb der Apokalypse findet sich Bl. 28v ein unbeholfener Ansatz zu einer Federzeichnung eines Pferde- oder Hundekopfes. Solche Zeichnungen sind für schulnah angefertigte und benutzte französische und engli-

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Exemplars gehabt und sich dann in Nordfrankreich gezielt nach einer Abschrift umschauen können, die möglichst wenige angelsächsische Umformungen gezeigt habe. Skeptisch steht dem Brückenschlag GOLDSCHMIDTs vom ersten Zeugnis für Vienne im 16. Jahrhundert bis ins 7. Jahrhundert zurück auch REEVE gegenüber: »connecting it with the treasures of seventh-century Vienne is a very long shot« (1983, S. 31). GOLDSCHMIDT stellt zwar die stilistischen Gemeinsamkeiten beider Korpora heraus und nimmt zeitliche und räumlich beieinanderliegende Entstehung an, bleibt jedoch in Hinsicht auf die kodikologische Einheit, die Zusammenstellung zu éinem Buch, vorsichtig. Hinter diese Differenzierung fällt KÜPPERS 1977, S. 53 Anm. 2, zurück, der eine gemeinsame spätantike Vorlage ansetzt.

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sche Avian-Handschriften des 13. und 14. Jahrhunderts typisch, und auch das Bildchen Bl. 28v dürfte in diese Zeit datieren. Es zeigt möglicherweise eine spätere unterrichtliche Nutzung der Handschrift an. Setzte diese eine ältere Gebrauchsdisposition um? - Die Blätter der Handschrift weisen an den teils bereits ausgebesserten Rändern durchgehend starke Abnutzungsspuren auf. Solche Abnutzung ist für Unterrichtshandschriften typisch. Sie dürfen indes auch bei einem über mehr als tausend Jahre hinweg der Neugier seiner Betrachter ausgesetzten illuminierten Manuskript nicht verwundern. - Die Apokalypse wurde im 14. Jahrhundert »par une main méridionale« in einem Arbeitsgang systematisch und in gleichbleibend hoher Dichte mit Interlinearglossen und nicht selten mit längeren Randbemerkungen versehen.486 Die Glossen und Marginalien erläutern den Text nahezu ausschließlich auf der Inhaltsebene und wollen zu seiner planen Verständlichkeit beitragen. Dieser Zweck wurde durch das neue Zusammenspiel von Glossen und immerhin 40 Miniaturen und erklärenden Beischriften487 sicherlich erreicht. Unter den Interlinearglossen fällt zudem an einigen Stellen über ganz verschiedenen Lemmata immer das gleiche Interpretament ad litteram auf, so Bl. 1v Z. 15 über Ego sum, Bl. 3r Z. 5 über et paupertatem, Bl. 9r Z. 1 über Ecce terre motus, Bl. 11v Z. 1 über cecidit, Bl. 15r Z. 1 über faciet, Bl. 32v Z. 10 über sole. Die ad litteramGlosse könnte als Merkzeichen gedacht gewesen sein, mit denen sich die glossierende Lehrperson in Erinnerung rufen wollte, an der entsprechenden Stelle statt auf Inhalte nunmehr auch auf sprachliche Sachverhalte einzugehen, auf die Konjugation von sum etwa, auf die Deklination von paupertas, auf die Infinitive cadere und caedere hinter cecidit. - Über das Bild mit dem kahlen Ritter zu Avian Nr. X wurde Bl. 40v nachträglich der Hexameter Quid tibi mors faciat que nulli parcere nosci geschrieben, auf den, etwas tiefer gesetzt, die zwei initialenartig ausgeführten Buchstaben B A folgen. Die Handschrift gab, wenn auch in bescheidenen Umfang, Gelegenheitseinträgen Raum, war nicht allein Objekt staunenden Betrachtens. Die spätere Ausarbeitung von Par 10 zum Unterrichtsheft und die Spuren, die seine tatsächliche Nutzung im Schulunterricht anzeigen, lassen keine Zweifel, dass sie spätestens im 14. Jahrhundert der Unterweisung in die christliche Eschatologie an deren elementarem Lehrstück schlechthin gedient hat. Am Avian hingegen war man offenbar nicht mehr interessiert. Solches Desinteresse fügt sich zum Ausfall der Zeugnisse für Avian-

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Datierung und Lokalisierung nach OMONT (Manuscrits illustré de l‘Apocalypse) 1922, S. 64. Zusammen mit ausführlichen Beschreibungen aller Miniaturen abgedruckt bei OMONT (Manuscrits illustré de l’Apocalypse) 1922, S. 65-73.

Avian: ›Fabulae‹

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Lektüre im benediktinischen Umfeld des 14. Jahrhunderts überhaupt und ist somit vielleicht ein Indiz für ältere Verwendung der Handschrift im Umfeld der Klosterschule von Vienne. Für dieses erst im Spätmittelalter sichtbar hervortretende Interesse an der Vermittlung elementaren eschatologischen Wissens mithilfe eines biblischen Grundtextes wird man im geistlich-monastischen Umfeld ohne weiteres Kontinuität unterstellen und es bis ins 9. Jahrhundert zurück verlängern dürfen. Nicht jedoch darf auch das spätere Desinteresse an der Fabel zurückprojiziert werden. Zumindest das elementare Niveau der lateinischen Glossen im Avian stellt ja eine gewisse, wenn auch nicht genau zu konkretisierende Verbindung zum Niveau der Unterweisung in Glaubensinhalte her. So könnte die Kombination von Apokalypse plus Avian im monastischen Umfeld benutzt geworden sein für die Unterweisung sowohl in den letzten Glaubensdingen als auch in ganz praktischen Alltagsdingen einer bedachten Lebensführung: »Vertraue keiner Frau!« (Nr. I), »Überhebe dich nicht über andere!« (Nr. II), »Verlange nicht von anderen, was du selbst nicht kannst!« (Nr. III) usw. Dabei könnte der neutestamentliche Text auch als Warnung – respice finem – begriffen worden sein, dass jedes irdische Verhalten zuletzt einen himmlischen Richter findet. Zu bedenken bleibt bei solchen Überlegungen aber immer: Wann die Vereinigung von Avian und Apokalypse datiert, ob ins 6. Jahrhundert, in die Vorlage von Par 10 oder erst ins 9./10. Jahrhundert, wissen wir nicht. Daher muss die vorliegende Zusammenstellung nicht von Anfang an die elementare Unterweisung in der Klosterschule im Blick gehabt haben und muss sich die Anschaulichkeit des Bandes im Wortsinne durchaus nicht schon pädagogischen Überlegungen verdanken. Der Band hat zeitweise zweifellos auch einen erheblichen Repräsentations- und Faszinationswert besessen. L1 GUAGLIANONE 1958, S. XII (Sigle Pa); HERRMANN 1968, S. 26 (Sigle Pa). L3 HENRI OMONT: Manuscrit illustré des fables d’Avianus. Notice du Ms. latin N. a. 1132, du Xe siècle, récemment entré à la Bibliothèque Nationale. In: Bibliothèque de l’École des Chartes 83 (1922), S. 5-10; HENRI OMONT: Un nouveau manuscrit illustré de l’Apocalypse au IXe siècle. Notice du Ms. latin Nouv. acq. 1132 de la Bibliothèque Nationale. In: Bibliothèque de l’École des Chartes 83 (1922), S. 273-296; HENRI OMONT: Manuscrits illustré de l’Apocalypse aux IXe et Xe siècles. In: Bulletin de la Sociéte française de reproductions de manuscrits à peintures 6 (1922), S. 62-95; JEAN VENDRYES: Gloses en vieux Haut-Allemand dans un manuscrit d’Avianus. In: Memoirs de la Société de Linguistique de Paris 22 (1922), S. 273-276; BERGMANN 1972, S. 91 Nr. 773; KÜPPERS 1977, S. 52-57; BERGMANN/STRICKER 2005, Nr. 773.

Verzeichnisse zur Überlieferung

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Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. Fr. 1594 (›Ysopet-Avionnet‹):488 s. o. die Vorbemerkung mit Anm. 2. Pom1

Pommersfelden, Graf von Schönborn’sche Schlossbibliothek, Cod. 12 (2671) Perg., 238 Bl., 21 x 14.5 cm; Teil I (1-52): 12. Jh., Westdeutschland; Teil II (53-187): 1. Hälfte 14. Jh., westdeutsch-niederländisch-nordfranzösischer Übergangsraum?; Teil III (188-238): 2. Hälfte 14. Jh., Westdeutschland oder westdeutsch-niederländisch-nordfranzösischer Übergangsraum. 1r Cisiojanus (Nachtrag, frühestens 13. Jh.) 1v-52v Sedulius: ›Carmen paschale‹ (lat./dt. gloss.) 53r-180v ›Ysengrimus‹ (gloss.) 181r leer 181v Verse (Nachtrag) 182r-186v lat.-mnl.-afrz. Glossar zum ›Ysengrimus‹ 187r-187v Inhaltsangaben zum ›Ysengrimus‹ und Notate 188r-193v ›Disticha Catonis‹ (gloss.) 193v-199v ›Ecloga Theodoli‹ (gloss.) 199v-216v ›Anonymus Neveleti‹ (gloss.) 216v-228v Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XLII. 2. Epimythien Nr. X E,1f., XI E,1f., XII E,3f., XIV E,1f., XV E,1f., XVII E,1f., XIX E,1f., XXV E,1f., XXVI E,1f., XXXVIII E,1f.489 Erschließung: Interlinearglossen. Weitere Angaben liegen nicht vor. Einrichtung: Es liegen keine Angaben vor.

228v-238v

Pindar Thebanus: ›Ilias latina‹/›Homerus latinus‹ (Ende frgm.) 238v Besitzeintrag Iste liber est iohannes gallice Vorbesitzer (nur des Teils III?): iohannes gallice (238v); Amplonius Ratinck de Bergka (1363/64-1435); Erfurt, Collegium Amplonianum Da die Handschrift wegen des schlechten Erhaltungszustands nicht verfilmt und auch nicht im Original eingesehen werden konnte,490 stützen sich alle nachstehenden Angaben lediglich auf die Informationen der Forschungsliteratur. Pom1 setzt sich aus drei unabhängig voneinander entstandenen Teilen zusammen. Schon Amplonius Ratinck aber besaß sie vereint. Sein

_____________ 488

489 490

Vgl. HERVIEUX 1893/99, Bd.1, S. 516-528, Bd. 3, S. 71-78; GUAGLIANONE 1958, S. XXIII (Sigle Pn). Diese Angaben nach GUAGLIANONE 1959. Briefliche Mitteilung der Bibliothek vom 9.5.1989.

Avian: ›Fabulae‹

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1410/12 angelegtes Handschriftenverzeichnis führt den Band unter der Rubrik Poetria als Nr. 26: Item duo libri Sedulii de carmine paschali autentici eciam in canone; Ysengrinus de statu principum et sequencium curias eorum cum tabula; distigium Cathonis; Thodolus eglogarum; Esopus de apologis rerum; Avianus de apologis rerum; Homerus de bello seu excidio Troye. [MBK, Bd. 2, S. 14 Z. 1-4]

Von Ratincks Eintrag an lässt sich die Besitzgeschichte der Handschrift lückenlos verfolgen. Ratinck vermachte Pom1 mit seiner Privatbibliothek dem neu gegründeten Collegium Amplonianum der Universität Erfurt, wo die Handschrift von 1412 bis in den Anfang des 18. Jahrhunderts hinein aufbewahrt wurde. Dann gelang es Lothar Franz von Schönborn (16551729), sie aus der Amploniana zu erwerben und seiner eigenen Sammlung einzuverleiben. Diese wuchs gerade in den zwanziger Jahren des 18. Jahrhunderts mit alten Handschriften stattlich heran. Seither befindet sich das Manuskript im Besitz des Hauses der Fürsten von Schönborn. Zur älteren Besitzgeschichte vor 1410/12 hat die detailliertesten Überlegungen PAULY angestellt. Danach verdiente von Ratincks Biographie wie von der Geschichte und Zusammensetzung seiner Sammlung her als Herkunftsraum zuallererst die Kölner Region in Betracht gezogen zu werden. Dazu passte der Sprachstand der volkssprachigen Sedulius-Glossen, die fränkische, näherhin mittelfränkische Sprachformen zeigen und also in den westmitteldeutschen Raum weisen. Weiter verweist PAULY auf iohannes gallice, der sich Bl. 238v in einem Besitzeintrag nennt, und bringt ihn mit jenem in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts tätigen »Johannes, dictus Eigh, naccione Gallicus« in Verbindung, der sich in der Erfurter Handschrift Cod. 4° 144 auf Bl. 1v als Schreiber nennt. Da Ratinck diese um die Mitte des 14. Jahrhunderts entstandene Handschrift nun nachweislich am 5.8.1399 in Köln von einem Buchhändler namens Wilhelm erworben habe, könne aufgrund »dieser Ergebnisse [...] angenommen werden, dass Amplonius den Codex Pommersfelden 2671 um die Wende des 14. zum 15. Jahrhundert in Köln bei einem Buchhändler namens Wilhelm erworben« habe (PAULY 1968, S. 40). Sollte es sich bei den beiden Johannes um dieselbe Person handeln, liegt dann nahe, wegen ihrer Bindung an eine »Nation« in ihr einen Studenten zu vermuten und diesen zuerst an der Kölner Universität zu suchen. Dort findet sich jedoch weder ein Johannes Eigh, noch war die Kölner Universität überhaupt nach Nationen gegliedert.491 Weiterhin könnte sich der Besitzeintrag des Johannes auch allein auf den Schlussteil

_____________ 491

RÜEGG 1993/2005, Bd. 1, S. 115: »In Krakau gab es keine Nationen, ebensowenig in Erfurt und Köln.«

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der Handschrift beziehen. Das hat PAULY bei seinen Überlegungen ebensowenig bedacht wie überhaupt zu erörtern vergessen, wann denn die drei Teile der Handschrift zusammengestellt worden sein könnten. Solange aber weder der Johannes identifiziert noch der Zeitpunkt der Zusammenstellung des Bandes geklärt ist, liefert der Besitzeintrag von Bl. 238v für die Herkunftsfrage von Pom1 keinen sicheren Aufschluss. Einstweilen kann man sich in diesem Punkt allein auf die Textzusammenstellung und ihre Besonderheiten stützen. Teil I der Handschrift mit dem Sedulius weist in den Glossen in den westmitteldeutschen Sprachraum. Die Aufnahme eines lateinischmittelniederländisch-altfranzösischen Glossars zum ›Ysengrimus‹ in Teil II führt in den westdeutsch-niederländisch-nordfranzösischen Übergangsraum. Teil III zeigt in der Kombination von ›Cato‹, Theodolus und Avian¸ die einen halben, freilich als solchen durch die Einschaltung des ›Anonymus Neveleti‹ vor den Avian auch schon modifizierten ›Liber Catonianus‹ bietet, prinzipiell französischen Einfluss und kann wegen der Veränderungen des ›Liber‹ in einer nördlichsten Kontakt- oder Randzone zu diesem verorten werden. Am ehesten kommt der westdeutsch-niederländischnordfranzösische Übergangsraum infrage, dem auch Teil II entstammt und mit dem inhaltlich zudem die Ausrichtung auf Tierdichtung verbindet. Von der Textzusammenstellung aller drei Teile her lässt sich Erwerb der Handschrift durch Ratinck im Kölner Raum also ohne weiteres stützen. Ob freilich Ratinck den Band selbst erst in der vorliegenden Form zusammengestellt hat oder ob er ihn bereits komponiert erwarb, muss einstweilen offen bleiben. L1 OLDFATHER 1911, S. 111 (mit separater Blattangabe zum Avian »29v-41v«); GUAGLIANONE 1958, S. XXI (Sigle Po; mit OLDFATHERs separater Blattangabe). L2 KRISTELLER 1967/97, Bd. 3, S. 686; KRÄMER 1989/90, Bd. 1,1, S. 213 (Signatur irrtümlich »14« statt »12«). L3 STEINMEYER/SIEVERS 1879/98, Bd. 4, S. 602 Nr. 523; Ysengrimus. Hg. und erklärt von ERNST VOIGT. Halle/S. 1884. Unv. Nachdr. Hildesheim, New York 1974, S. VI-VIII; ANTONIO VISCARDI: Lettura degli ‘auctores’ moderni nelle scuole medievali di grammatica. In: Studi in onore di Angelo Monteverdi. Modena 1959, Bd. 2, S. 867-873, hier S. 867f.; PETER PAULY: Die althochdeutschen Glossen der Handschriften Pommersfelden 2671 und Antwerpen 17.4. Untersuchungen zu ihrem Lautstand. Bonn 1968 (Rheinisches Archiv 67), S. 80-113; BERGMANN 1973, S. 92f. Nr. 781; EDUARD ISPHORING: Die Schönborn-Bibliothek in Pommersfelden. In: Die Grafen von Schönborn. Kirchenfürsten, Sammler, Mäzene. Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg, 18. Februar bis 23. April 1989. Nürnberg 1989, S. 166-168; BERGMANN/STRICKER 2005, Nr. 781.

Avian: ›Fabulae‹

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Pom2

*Pommersfelden, Graf von Schönborn’sche Schlossbibliothek, Cod. 255 (2917) Perg., 140 Bl. ; Teil I (2-39): 18 x 12.5 cm, 12./13. Jh., Frankreich?; Teil II (40-56): 18 x 12.5 cm, 14. Jh., Deutschland?; Teil III (57-73): 18 x 12.5 cm, 13. Jh.; Teil IV (74-106): 18 x 12.5 cm, 1331 (106v); Teil V (107-124): 18 x 12.5 cm, 14. Jh.; Teil VI (125-132): 18 x 12.5 cm; Teil VII (133-140): 18 x 12.5 cm. 1r Wappenzeichnung (fünfstufiger Mauersockel, darauf Ständer mit Haken und Dreiblatt) mit Inschrift S lodew reitsch; Verse (u. a. Cum pare pugnare dubium cum principe stultum | Cum puoro pudor est sed pax super omnia prodest und Vellem peiore mundi nasci gemitore | optimus atque fore quam pessimus de meliore) 1v Wappenzeichnung wie oben; nachmittelalterliche Beischrift Cornelius Berckensis 2r-39v Terenz: Komödien (gloss.) (Ende frgm.) 40r-56r Heinrich von Settimello: ›Elegia de diversitate fortunae et philosophiae consolatione‹ (gloss., komm.) 56rv Verse, Federzeichnungen von Häusern, dt. Federproben oder Schreibübungen 57r-73r Godefrid von Winchester: ›Libellus proverbiorum‹ (WALTHER Nr. 19646) (gloss.) 73r-73v ›Versus de litteris‹ (WALTHER Nr. 14298) 74r-106v Kommentar zum ›Anonymus Neveleti‹ (dat. 1331) 107r-112v Gottfried von Tienen: ›Omne punctum‹ (gloss., komm.) 113r-124r Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XLI. 2.a) Epimythien im Verstext: Nr. VI E,1f., X E,1f., XI E,1f., XII E,1-4, XIII E,1f., XIV E,3f.+1f., XV E,1f. (bei Nr. XIV wie XV), XVII E,1-4, XIX E,1-4, zu Nr. XXI (nicht bei GUAGLIANONE: Contentus proprijs ne possideas aliena | Jnstruit atque monet iusticie racio | Sicut res proprias quod nullis sibi sit alienas | Curat et hoc plane nostra fabella monet), XXV E,1f., XXVI E,1f., XXVIII E,1f., XXIX E,1f., XXXI E,1f. 2.b) Epimythien außerhalb des Verstextes: Nr. X E,5f. von der Kommentarhand am Rand ergänzt. Erschließung: 1. Accessus am oberen Blattrand im 15. Jh. nachgetragen: Jste liber intitulatur auianus et fuit auianus quidam ciuis romanus quem ro|gabat quidam nobilis romanorum | nomine theodoricus vt scriberet | alijs fabulas in quibus delectaretur Cuius peticioni acquiescens etc (d. i. Abschrift von Bl. 129ra). 2. Interlinearglossen bis Nr. XXXI systematisch in kleinerer Glossenschrift noch von der Hand des Verstextes oder einer wenig später schreibenden. 3. unsystematisch Marginalien mit grammatischen Erläuterungen öfters zur Etymologie, Deklination und zu Wortbedeutungen. 4. Prosakommentar engzeilig fortlaufend in kleinerer

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Glossenschrift auf den seitlichen und oberen Blatträndern, vorzugsweise in Höhe der entsprechenden Fabel einsetzend, von der Hand des Glossators, jedoch ohne Nr. IIIf. und nur bis Nr. XVIII. Seine regelmäßig wiederkehrenden Elemente: a) Einleitungssatz mit dem Hinweis, dass hier eine neue Fabel beginne; b) Benennung des Lehrgehalts (mehrfach als fructus bezeichnet); c) ausladende Prosaparaphrase (mehrfach als documentum bezeichnet). Einrichtung: einspaltig, 30 Zeilen pro Spalte in vorgezeichnetem und vorliniertem Schriftspiegel. Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit farbig gestrichelten Majusken. Die einzelnen Fabeln beginnen jeweils in neuer Zeile mit zweizeiliger farbiger Lombarde – so auch schon Nr. I. Interlinearglossen, Marginalglossen und Kommentare stammen in der Hauptsache von einer einzigen Hand. Die Marginalien und Kommentare wurden engzeilig in die breiten rechten und linken Ränder aufgenommen. Die Aufzeichnung bricht nach Nr. XLI noch deutlich vor dem unteren Blattrand ohne Schlussschrift ab.

124v leer 125ra-126vb Kommentar zum ›Physiologus Theobaldi‹ 126vb-129ra Kommentar zum ›Facetus Cum nihil utilius‹ 129ra-132rb Kommentar zu Avian: ›Fabulae‹ (Accessus + Nr. I-XVI, XXIII-XXXII, XVII-XXII, XXXIII-XXXVIII, XLIf., XXXIX, XL) 132rb-vb Kommentar zum ›Romulus‹ 133r-140v ›Liber Geneseos metrice‹ (WALTHER Nr. 14696) Schreiber 74r-106v: Gerhardus Porin (106v) Vorbesitzer Amplonius Ratinck de Bergka; Erfurt, Collegium Amplonianum Pom2 setzt sich aus sieben ehemals selbstständigen oder anderen Zusammenhängen entnommenen Teilen zusammen. Die Zusammenstellung ist bereits eine mittelalterliche. Der Katalog von Amplonius Ratinck de Bergka verzeichnet Pom2 1410/12 als Nr. 16 der Abteilung Poetrie: 16. Item comedie Terencii; pauper Henricus de miseriis; liber proverbiorum Oracii; glosule super Esopum; omnipunctus seu omnepunctum; liber Aviani per totum; glosule super phisiologum; glosule super facetum; glosule super Avianum; Petri Helie metra de libro genesis. [MBK, Bd. 2, S. 13, Z. 17-20]

Die weitere Besitzgeschichte der Handschrift verlief wie die von Pom1 (s. o.). Wie bei Pom1 lässt sich wiederum Herkunft aus dem westmitteldeutsch-niederländischen Übergangsraum vermuten, aus dem Ratinck ja überhaupt viele seiner Handschrift bezog. So hat Gottfrieds von Tienen

Avian: ›Fabulae‹

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›Omne punctum‹ dort seinen Verbreitungsschwerpunkt.492 Der 1331 sich auf Bl. 106v als Schreiber des ›Anonymus Neveleti‹-Kommentars nennende Gerhardus Porin ist derzeit nicht weiter nachweisbar. Die Identifizierung seiner Person dürfte weiteren Aufschluss über die Herkunft der Handschrift liefern. Ob die Vereinigung der Teile erst auf Ratinck zurückgeht oder älter ist, verdient nähere Prüfung. Leitend war so oder so das Bestreben, »Tierdichtung« im weitesten Sinne zusammenzuführen. Denn hierher lassen sich gleich fünf Stücke setzen: der Kommentar zum ›Anonymus Neveleti‹ und der Avian, die Avian- und Romulus-Kommentare und der ›Physiologus Theobaldi‹. Das dezidierte Interesse an prosaifizierten Fabeln, das Augenmerk auf Tierallegorese im ›Physiologus‹ und die an den Schluss angehängte Bibelversifikation weisen in der Kombination am ehesten auf ein entschieden geistliches Gebrauchsinteresse an der Fabel: Sie könnte hier dezidiert im Blick auf die Ausarbeitung von Predigten versammelt worden sein. Weder die Verdoppelung der Avian-Erschließung (Kommentare sind ja auch dem Verstext schon beigegeben), noch die ausgiebige kleinteilig-interlineare Erschließung des Verstextes durch die expositio ad litteram, die zumal in den grammatischen Marginalien eher dem Anfängerniveau des Lateinschülers als dem ausgebildeten Geistlichen entspricht, wurden als unnötig oder störend empfunden. Beides ließ sich wohl schlicht als willkommenes Mehrangebot betrachten. Überdies sind die dem Verstext beigegebenen Kommentare ja auch nicht vollständig und bricht die Interlinearglossierung vor Nr. XXXII ab. L1 DICKE/GRUBMÜLLER 1987, S. XXXIVf. Anm. 69 und S. LXIX. L2 KRISTELLER 1967/97, Bd. 3, S. 687f.; KRÄMER 1989/90, Bd. 1,1, S. 214. L3 Der ›Liber proverbiorum‹ des Godefrid von Winchester, mit einer Einleitung hg. von HARTWIG GERHARD. Würzburg 1974, S. 26.

Pra1

*Prag, Archiv Pražského hradu (Archiv der Prager Burg / Bibliothek des Metropolitankapitels), Cod. 1391 (M. XXXVII) Pap., 453 Bl., 21.5 x 15.5 cm, 1480-85, Pilsen (102v), Universität Krakau (453v). 1r Besitzeintrag Alexii Baccalarii 1r-29v Quaestiones (super parvis logicalibus) 30r leer 30v-38r Thomas Maulevelt: ›Quaestiones super libro suppositionum‹ 38v-42v Quaestiones (in librum confusionum) 42r-46v Quaestiones (in librum consequentiarum)

_____________ 492

Siehe oben Anm. 234.

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47rv 48r-52v 53r-79r 79v-81v 82r-102v 102v 103r-106v 106v-110v 111r-112r 112r-115v 115v 116r-161v 162r-163v 164r-183v 184r-216r 216v-239r 239v-257v 258r-276v 276v-278v 279r-281v 282r-283r 283v-290v

291r-331r 331r-363v

Verzeichnisse zur Überlieferung

Quaestiones (super libro scientiae Richardi Billingham) leer Super tractatu magistri Petri Hispani de syllologismo dialectico leer Super tractatu Petri Hispani de syllologismo sophistico (dat. 1480) Federzeichnung einer Stadtansicht Super tractatu suppositionum Petri Hispani Super tractatu de relationibus Petri Hispani Super tractatu de appellationibus Super tractatu de restrictione Petri Hispani tschechische Randnotizen Super tractatibus Petri Hispani de parvis logicalibus leer Super tractatu parvorum logicalium Super tractatu de suppositionibus Quaestiones (super libro confusionum) Quaestiones (super libro consequentiarum) Quaestiones (super libro scientiae Richardi Billingham) Notate verschiedenen Inhalts Aenea Silvio Piccolomini: ›Epistolae‹ Hilarius de Lithomericz: ›Oratio ad studiosos‹ Briefe und Briefmuster (u. a. an Aenea Silvio Piccolomini [1476], von Agostino Dati, von Bohuslaw von Lobkowitz an den Prager Dekan Johannes von Krumlow, an den Litomeritzer Dekan Johannes von Tabor, von Leonardo Bruni Aretino, aus Krumlow, von Aenea Silvio Piccolomini [›De remedia amoris‹]) ›Anonymus Neveleti‹ (gloss., komm. und mit einfachen Federzeichnungen illustriert) (dat. 1484) Avian: ›Fabulae‹ (dat. 1485) Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XXXVII, XXXIX, XXXVIII, XLI,1-13. 2. Epimythien im Verstext: Nr. VI E,1f., X E,1f.+5f., X E,1f., XII E,1-4, XIII E,1f., XIV E,3f.+1f., XV E,1f., XVII E,3+1f.+4, XIX E,1f.+3f.+7f., XX E,1f., XXI E,1-4, XXIV E,3f., XXV E,1f. (bei Nr. VIII und XXV), XXVI E,1f., XXVIII E,1f., XXIX E,1f., XXXI E,1f., XXX,13f. (als Epimythion bei Nr. XXXII), XXXI E,2f., XXXVIII E,1f., XXXIX E,1f. Erschließung: 1. umfangreicher Accessus, der das gesamte Bl. 331v einnimmt; seine Elemente u. a.: causa efficiens, intentio fabulae, Einordnung in die Wissenschaftssystematik, utilitas, quattuor sunt-Einschub, Unterscheidung aesopischer und libistischer Fabeln; Etymologie von apologus.

Avian: ›Fabulae‹

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2. Glossen von der Hand des Verstextes in kleinerer Glossenschrift systematisch und in hoher Dichte bis Nr. IX. 3. Prosakommentar von der Hand der Interlinearglossen bis Nr. XI systematisch. Seine Elemente: a) in Auszeichnungsschrift die Anzitierung der Fabel; b) Prosaparaphrase (oft Fabula talis est [...] einsetzend); c) allegorische Auslegung (mehrfach mit dem Stichwort Allegoria in Auszeichnungsschrift markiert); d) Benennung der Fabellehre: sie kann an verschiedenen Stellen im Kommentar erscheinen, ihn auch eröffnen (Hic auctor docet [...]) oder mit Moraliter oder mit Fructus fabule in Auszeichnungsschrift angekündigt sein. Einrichtung: einspaltig, elf Zeilen in vorgezeichnetem und vorliniertem Schriftspiegel, der bereits für die Aufnahme von Interlinearglossen und Randkommentar eingerichtet ist (breiter Rand, breiter Zeilenabstand). Die Verse abgesetzt und mit Majuskeln beginnend, die einzelnen Fabeln jeweils in neuer Zeile mit Lombarde einsetzend, jedoch bis Nr. IV auch mit farbiger Zwischenüberschrift in eigener Zeile. Texteingang: sechszeilige schlichte Initiale; Textschluss: Textabbruch. Der Kommentar engzeilig fortlaufend auf den oberen, unteren und v. a. seitlichen Blatträndern in kleinerer Glossenschrift angebracht und jeweils in Höhe der entsprechenden Fabel oder genau über dieser, wenn die Fabel die Seite eröffnet, einsetzend. Der Accessus engzeilig fortlaufend in kleinerer Glossenschrift dem Haupttext auf eigener Seite vorangestellt

364r-395r 395v-418r 418v 419r-421v

Aenea Silvio Piccolomini: ›De curialium miseria‹ Aenea Silvio Piccolomini: ›Euryalus et Lucretia‹ Aenea Silvio Piccolomini: ›Epistola ad nepotem Antonium‹ Briefe und Briefmuster (u. a. von Aenea Silvio Piccolomini und Agostoni Dati) 422r-453v Agostino Dati: ›Praecepta artis oratoriae‹ (gloss., komm.) Schreiber 82r-102v: Johannes de Plana; 291r-331r: per me A I v Ak. Vorbesitzer Alexius von Třebon (*1467, †1496?) Die Handschrift entstammt einem Eintrag Bl. 1r zufolge aus dem Besitz des Alexius von Třebon. 1467 in Böhmen geboren, immatrikulierte sich Alexius 1488 an der Krakauer Universität, kehrte dann nach Prag zurück, wo er sich als Kanoniker am Veitsdom nachweisen lässt, studierte später in Bologna an der juristischen Fakultät und erwarb dort dann den akademischen Grad des Doktors im Kirchenrecht. Er kehrte dann nach Prag zurück, wo er früh, wahrscheinlich 1496, verstarb. Alexius hatte schon in jungen Jahren selbst sich Bücher abgeschrieben und sich über die Jahre hinweg auch durch zahlreiche Ankäufe von Handschriften und Drucken eine stattliche Bibliothek aufgebaut. Über deren Bestand gibt ein nach seinem Tod angelegtes Bücherverzeichnis Auskunft, das über 160 Nummern umfasst. Davon führen indes mehrere in ein- und dieselbe Handschrift. In diesem Bücherkatalog ist auch Pra1 erfasst, jedoch nur im Ausschnitt einige Werke (Nr. 37-41) und allein in der zweiten

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Verzeichnisse zur Überlieferung

Abteilung, in der die [libri] in studio humanitatis [] erfasst sind. Zwei weitere Abteilungen bilden die [libri] in artibus [] et in concernentibus und die libri in iure utroque. Die Zuordung von Pra1 zu den studia humanitatis erfasst das in der Handschrift Versammelte nur selektiv. Zugrunde liegt dieser Zuordnung allein ihr zweiter Teil mit den beiden Fabelsammlungen (Nr. 37f. im Katalog), den Texten des Aenea Silvio (Nr. 39f.) und den ›Praecepta‹ des Agostino Dati (Nr. 41). Der erste Teil bis Bl. 278v, dessen Schwergewicht ganz auf der Logik liegt, ist nicht aufgeführt. Diese selektive Sicht auf Pra1 geht bereits auf Präferenzen und inhaltliche Einteilungen des Alexius selbst zurück, die sich zudem nicht erst während seines Italienaufenthalts ausgebildet haben. Sie mögen dort allenfalls verstärkt worden sein. Denn Pra1 muss Alexius schon während seiner Krakauer Studienzeit in die Hände gelangt sein, da sein Besitzeintrag ihn noch als Bakkalar, nicht aber als Doktor nennt. Den Datierungen in den verschiedenen Schreiberkolophonen zufolge, die im Logik-Teil in die beginnenden 80er Jahre fallen und im zweiten, humanistischen Teil in die Mitte der 80er Jahre, wird Alexius, der 1488 zu studieren begann, seine Handschrift in Krakau bereits im wesentlichen im vorliegenden Zustand erworben haben. Teils wurde Pra1 indes andernorts geschrieben, in Pilsen nämlich, freilich mindestens im Ausschnitt der ›Praecepta‹ aber auch bereits in Krakau selbst. Ob ein Erwerb in zwei Teilen (bis ca. Bl. 276, ab ca. Bl. 277) und eine Zusammenfügung erst durch Alexius stattfand, bleibt zu prüfen. Der Avian und der gemeinsam mit ihm aufgenommene ›Anonymus Neveleti‹ fügen sich in ihrer anspruchsvollen, nach den Standards der Zeit zweifelsohne »wissenschaftlichen« Erschließung durch Kommentare und Glossen (die bei den ›Fabulae‹ allerdings unvollendet blieben) sowohl umstandslos in die Umgebung des Artes-Studiums in Krakau ein als auch in die offenbar anspruchsvolle wissenschaftliche Ausbildung jener Unterrichtsanstalt, in deren Umfeld der Logik-Teil angelegt wurde. L1 DICKE/GRUBMÜLLER 1987, S. LXIX. L2 ANTONÍN PODLAHA: Catalogus codicum manu scriptorum qui in archivio capituli metropolitani Pragensi asservantur. Prag 1923 (Editiones archivii et bibliothecae s. f. metropolit. capit. Pragensis 17). L3 IVAN HLAVACEK: Alexius Třebońský a katalog jeho knihovny z konce 15. stol. In: Sborník historický 6 (1959), S. 223-252.

Avian: ›Fabulae‹

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Pra2

*Prag, Národní knihovna České republiky (Nationalbibliothek der Tschechischen Republik), Cod. XXIII.F.106 (ehem. Lobkowitz 455) Pap., 159 Bl., 21.5 x 15.5 cm, 3. Viertel 15. Jh. (1464, 1472), Südwestdeutschland. 1r kürzere Einträge von verschiedenen Händen: Expensis Viti Schellang ss. b: sowie einige lat. Verse mit dt. Interlineareinträgen 1v leer 2r-40r ›Anonymus Neveleti‹ (gloss.) 40v leer bis auf die Ankündigung hic incipit alanus 41r-67v Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I,1-12, III,7-XLII. 2. Epimythien Nr. VI E,1f., X E,7f.+1f., XI E,1f., XII E,1-4, XIII E,1f., XIV E,3f.+1f., XV E,1f., XVII E,3f.+1f., XIX E,1-4, XX E,1f., XXI E,1f., XXIV E,3f., XXV E,1f., XXVI E,1f., XXVIII E,1f., XXIX E,1f., XXXI E,1f., XXXVIII E,1f., XXXIX E,1f. Erschließung: Auf Bl. 41r bei Nr. I noch von der Hand des Verstextes und wohl zugleich mit dem Haupttext aufgenommen in kleinerer Glossenschrift und teilweise zweizeilig einige wenige lateinische Interlinearglossen. Einrichtung: einspaltig in vorgezeichnetem Schriftspiegel mit großzügigerem äußeren Rand 13 Zeilen mit größerem Abstand für die Aufnahme von Glossen. Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit (zunächst zusätzlich rot gestrichelten) Majuskeln, die Fabeln beginnen jeweils in neuer Zeile mit (nicht immer ausgeführter) schlichter Lombarde. Der Textbeginn mit dreizeiliger Lombarde, der Textschluss aber nicht eigens markiert.

68r 68v-92v 93r 93v-95r 95v-100v 101r-105v 106r-110v 110v-114r 114r 114v-127r 127v-135v 136r-143v

leer Alanus ab Insulis: ›Liber parabolarum‹ (lat./dt. gloss.) Liebesgruß in Reimen, dt. leer Beispielsammlung von Mahn- und Bittbriefen (vereinzelt lat. und dt. gloss.) leer Carmina (WALTHER Nr. 20390, 10361, 10534, 16941, 16956, 518) (gloss.) (dat. 1464) (gloss.) Auszüge aus Matthæus von Vendôme: ›Tobias‹ (WALTHER Nr. 11589, 19452) (gloss.) Carmen O divus Juppiter celo natus ex alto Hieronymus de Vallibus Paduanus: ›Jesuida‹ (gloss.) leer Manuale clericorum

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144rv 145r 145v

Verzeichnisse zur Überlieferung

Computus mit Merkversen (THORNDIKE/KIBRE Sp. 1031) leer Anleitung des Priesters zum Vollzug des Ehesakraments, lat.-dt. 146r Sündenbekenntnis, dt. (Jch armer sundiger mensch ich gim mich schuldig vnserm heren mir frTen sant marien vnd allen gottes hailgen das ich laider vil gesundet han) 146v-156r leer 156v-157r Predigtentwurf (?): Beati qui habitant in domo tua domine 157v leer RD innen Notat zur Kalenderrechnung (1472) Vorbesitzer Weißenau bei Ravensburg, Prämonstratenser (?); Graf Franz von Sternberg-Manderscheid (†1830) (?); Prag, Fürstlich Lobkowitzsche Bibliothek Die mittelalterliche Bibliothek der schwäbischen Prämonstrateneser aus Weißenau bei Ravensburg ging im Zuge der Säkularisation anfang des 19. Jahrhunderts in den Besitz des Grafen Franz von Sternberg-Manderscheid über. Dessen Büchersammlung wurde nach dem Tod des Grafen von Fürst Johann von Lobkowitz erworben. Mit der Prager LobkowitzBibliothek gelangten die Weißenauer Handschriften dann im 20. Jahrhundert in die tschechische Nationalbibliothek. Die ältere Besitzgeschichte der Handschrift Pra2 lässt sich nur bis in den Lobkowitz-Palais zurückverfolgen. Allerdings hatte PAUL LEHMANN seinerzeit – auf der Grundlage einer raschen Durchsicht der deutschen Bestände der ehemaligen Lobkowitz-Bibliothek in Prag in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts – Herkunft aus Weißenau als »möglich« erwogen. KRÄMER und WENZEL ordnen Pra2 inzwischen der Weißenauer Bibliothek mit Gewissheit zu, geben aber keine weiteren Gründe an. Die Handschrift wurde im Kern planmäßig und von nur einem Schreiber angelegt, der die Haupttexte in einem Zuge eintrug und dabei auch gleich Glossen anbrachte: überwiegend in lateinischer, vereinzelt aber auch in deutscher Sprache, und nicht immer systematisch. So beschränkt sich etwa die Glossierung des Avian auf die Eingangsfabel, wogegen der ›Liber parabolarum‹ vollständig durchgearbeitet ist. Auf eine ausgebaute wissenschaftliche Erschließung der Texte ist verzichtet. Den Grundstock bilden Verstexte: die zwei eröffnenden Fabelsammlungen, Alanus’ ›Liber ‹ und die ›Jesuida‹. Weiteres wurde später sukzessive ergänzt und weicht entsprechend von der einheitlichen Einrichtung der Verstexte ab: so der gereimte deutsche Liebesgruß, die Musterbriefe und die Handreichungen für den mit seelsorgerischen Aufgaben betrauten Geistlichen ab Bl. 145v. Das Manuale clericorum Bl. 136r-143v wartet u. a. mit Ausführungen über die Zwölf Apostel, die Sieben Gaben des Heiligen

Avian: ›Fabulae‹

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Geistes, die Sünden, insbesondere die Todsünden, und ihre Gegenmittel auf. Auch der Computus fügt sich umstandslos in einen geistlichen Gebrauchszusammenhang. Die kürzeren Stücke neben dem Hauptbestand der Verstexte sowie die späteren Ergänzungen weisen auf die Verwendung der Handschrift durch einen einzelnen Weltgeistlichen oder eine entsprechende Gemeinschaft. Deren Interessen könnte sich sehr gut auch schon die Zusammenstellung des ursprünglichen Hauptbestands der Handschrift verdanken. Mit Pra2 wollte man sich offenbar für praktische Aufgaben der Laienbetreuung rüsten. Vom Textbestand und der Art der zwar vorhandenen, aber nur begrenzt wirklich durchdringenden und zudem partiell zweisprachigen Erschließung der Verstexte her lässt sich LEHMANNs Vermutung Weißenauer Herkunft der Handschrift also weiter stützen.493 L1 DICKE/GRUBMÜLLER 1987, S. LXIX. L2 KRÄMER 1989/90, Bd. 1,2, S. 821. L3 PAUL LEHMANN: Handschriften aus Kloster Weißenau in Prag und Berlin. In: DERS.: Erforschung des Mittelalters. Ausgewählte Abhandlungen und Aufsätze. Bd. 4. Stuttgart 1961, S. 40-82, hier besonders S. 76f.; ELKE WENZEL: Die mittelalterliche Bibliothek der Abtei Weißenau. Frankfurt/M. [u. a.] 1998 (Europäische Hochschulschriften. Reihe 15, 73), hier S. 126.

Pra3

*Prag, Národní knihovna České republiky (Nationalbibliothek der Tschechischen Republik), Cod. III.G.20 (545) Pap., 40 Bl., 22.5 x 15.5 cm, 4. Viertel 14. Jh., Böhmen. 1r-27v Sedulius: ›Carmen paschale‹ 27v-29v Sedulius: Hymnus I (gloss.) 29v-35r Hugo von Trimberg: ›Laurea sanctorum‹ 35v-39r Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XV,2 (Abbruch der Aufzeichnung). 2. Epimythien im Verstext: Nr. VI E,1f., X E,1-4, XI E,1f., XII E,1-4, XIII E,1f., XIV E,3f.+1f. Erschließung: 1. Glossen wurden noch von der Hand des Verstextschreibers in einem eigenen Durchgang oder wenig später von dieser oder einer anderen zeitgenössischen Hand systematisch interlinear angebracht. Sie erstrecken sich bis Nr. XIV und erfassen den Text systematisch, jedoch nur in den Ausschnitten der Fabeln Nr. I-IV, VII, IX und XIV. 2. Ein Prosakommentar wurde fortlaufend am äußeren Rand noch von der Hand des Verstextschreibers in einem eigenen Durchgang oder wenig später von dieser oder einer anderen zeitgenössischen Hand systematisch angebracht. Er erfasst nur Nr. I-IV, dünnt aber bereits über diese kurze

_____________ 493

Die Schreibsprache der deutschen Textanteile wurde nur stichprobenartig geprüft. Sie widerspricht dem Ansatz südwestdeutscher Herkunft nicht prinzipiell. Häufig (aber nicht ausnahmslos) begegnet -Schreibung für altes mhd. . Diphthonge begegnen nur vereinzelt. Vereinzelt taucht für unbetontes im Wortauslaut auf.

Verzeichnisse zur Überlieferung

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Strecke sichtlich aus. Während 35v noch die gesamte Seitenspalte in Anspruch genommen wird, erscheint der Kommentar zu Nr. IIIf. am Rand von 36r bereits auf zwei deutlich voneinander abgesetzte, separate und kürzere Textblöcke verteilt. Seine Elemente: a) knappe Einleitung zum Kommentar mit Bemerkungen zur Etymologie von apologus und ihrem Nutzen (bei Nr. I); b) ausgiebige Prosaparaphrase; c) allegorische Auslegung. Einrichtung: wie alle vorangehenden Verstexte einspaltig, 32 Zeilen in vorgezeichnetem und vorliniertem Schriftspiegel. Die einzelnen Fabeln beginnen jeweils in neuer Zeile mit (nicht ausgeführter) Lombarde. Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit in eine eigens dafür vorlinierte Spalte gesetzten Majuskeln. Den Textbeginn markiert eine zweizeilige Lombarde. Großzügigerer Zeilenabstand für die Aufnahme von Glossen, breiterer äußerer Seitenrand für die Aufnahme des Prosakommentars, der am Rand mitgeführt wird (und dessen Einsatz sich bei Nr. I/II gegen den Beginn der zweiten Fabel nach unten verschiebt).

Federprobe in Auszeichnungsschrift Wenceslaus dei gracia romanorum boemie rex 40r leer 40v Federproben Vorbesitzer libraria nacionis Die Handschrift ist planmäßig von nur einem Schreiber angelegt. Alle Texte – ausnahmslos Verstexte – hat er übereinstimmend eingerichtet. Die Niederschrift brach er jedoch inmitten des Avian ab. Für diesen waren aber, wie wohl für die anderen Stücke auch, Glossen und Kommentare vorgesehen. Diese wurden jedoch nur zu Beginn (Kommentare) bzw. mit Unterbrechungen bei einigen Fabeln (Glossen) angebracht. Gründe für den Abbruch der Aufzeichnung sind nicht ersichtlich. Die Federprobe Bl. 39v, die einen böhmischen König Wenzel nennt – gemeint sein kann nur König Wenzel IV. (1378-1419) – legt eine Entstehung der Handschrift im vierten Viertel des 14. Jahrhunderts in Böhmen nahe. Der schlichte Pergamentumschlag, in den Pra3 eingebunden ist, trägt die Aufschrift de libraria nacionis. Demnach wurde der Band in der Bibliothek der böhmischen Nation an der Prager Universität aufbewahrt. Deren vor 1460 erstellter Katalog weist die Handschrift vielleicht unter K 58 aus.494 Für eine spätere Verwendung im Rahmen des Prager ArtesStudiums finden sich jedoch keine Anzeichen mehr. Immerhin könnte er aber – das legt zumindest die Ausführlichkeit des (nur begonnenen) Avian-Kommentars nahe – für diesen Zweck einmal angelegt worden sein. 39v

_____________ 494

Vgl. JOSEF BEČKA, EMMA URBÁNKOVÁ: Katalogy knihoven kolejí Karlovy University. Prag 1948, S. 89: »K 58. Jtem laurea sanctorum. K 60. Jtem sedulius.«

Avian: ›Fabulae‹

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L1 OLDFATHER 1911, S. 109; GUAGLIANONE 1958, S. XXIII (Sigle Pm). L2 JOSEPH TRUHLÁŘ: Catalogus codicum manu scriptorum latinorum, qui in C. R. bibliotheca publica atque universitatis Pragensis asservantur. Bd. 1. Prag 1905, S. 223. L3 BALDZUHN 1996a, S. 340f., 374.

Pra4

*Prag, Národní knihovna České republiky (Nationalbibliothek der Tschechischen Republik), Cod. III.G.21 (546) Pap., 76 Bl., 22 x 15 cm, 14./15. Jh., Böhmen. 1r-10r ›Quinque claves sapientiae‹ (gloss., komm.) 10v leer 11r-28r Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XXX, XXXIV-XXXVII, XL, XXXVIII, XXXI-XXXIII, XXXIX, XLIf. 2. Epimythien im Verstext: Nr. VI E,1f., X E,1-4, XI E,1-3, XII E,1-4, XIII E,1f., XIV E,3f.+1f., XV E,1f., XVII E,3f.+1f., XIX E,1-4, XX E,1f. XXV E,1f., XXVI E,1f., XXIX E,1f., XXXI E,1f. Erschließung: 1. 11r ist ein ausführlicher Accessus vorangestellt. Seine Elemente: a) Konglomerat von Explikationen zu den Bausteinen eines Accessus (- sex sunt inquirenda ...; - quattuor causae; - intentio/utilitas/cui parti philosophiae supponitur/quis titulus); b) die causa efficiens Avian und die Etymologie des Namens; c) materia libri mit Etymologie von apologus; d) Exurs zur Unterscheidung von fabula (esopicae, libisticae) und historia; e) Theodosius als causa movens et non mota; f) intentio autoris; g) utilitas; h) Zuordnung zur ethica; i) quattuor suntExkurs. 2. Glossen wurden noch von der Hand des Verstextschreibers in einem eigenen Durchgang oder wenig später von dieser oder einer anderen zeitgenössischen Hand systematisch interlinear angebracht. Sie erstrecken sich jedoch nur bis Nr. IV,4. 3. Ein Prosakommentar wurde engzeilig fortlaufend am äußeren sowie vereinzelt L-förmig am oberen und unteren Blattrand noch von der Hand des Verstextschreibers in einem eigenen Durchgang oder wenig später von dieser oder einer anderen zeitgenössischen Hand systematisch angebracht. Er erstreckt sich jedoch nur bis Nr. XXXVI. Seine regelmäßig wiederkehrenden Elemente: a) Anzitat des Verstextes; b) Benennung des Lehrgehalts (hic docet auctor); c) Prosaparaphrase (et hoc probat per [...]); d) Benennung der fructus fabulae; e) allegorische Auslegung. Einrichtung: wie alle vorangehenden Verstexte einspaltig, 20 Zeilen in vorgezeichnetem und vorliniertem Schriftspiegel. Die einzelnen Fabeln beginnen jeweils in neuer Zeile mit (nicht ausgeführter) Lombarde. Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit gestrichelten Majuskeln. Den Textbeginn markiert ebenfalls eine (nicht ausgeführte) Lombarde. Großzügigerer Zeilenabstand für die Aufnahme von Glossen, breiterer äußerer Seitenrand für die Aufnahme des Prosakommentars, der am seitlichen und oberen und unteren Rand mitgeführt wird und also L-förmig um den Schriftspiegel des Verstextes herumgeführt erscheint.

Verzeichnisse zur Überlieferung

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28v-38v 39r 39v-63v

Hugo von Trimberg: ›Laurea sanctorum‹ (gloss., komm.) leer Heinrich von Settimello: ›Elegia de diversitate fortunae et philosophiae consolatione‹ (gloss.) 64r-67r ›Liber moralis‹/›Consilium patris ad filium‹ 67v-70r ›Physiologus Theobaldi‹ (komm.) (frgm.) 70v-71r Auszüge aus Alexander de Villa Dei: ›Doctrinale‹ (II) (gloss., komm.) 71rv De verbo 71v-72v Notate zur Metrik 73r-75r De nomine 75v Inhaltsübersicht über Ps.-Petrus Helias: ›Priscianus metricus‹ 76r leer 76v fünf Musterbriefe (u. a. die Stadt Eger erwähnend und teils von Schülern handelnd) Die Handschrift wurde in ihren wesentlichen Teilen planmäßig von einem einzigen Schreiber angelegt. Die Texte sind bis Bl. 72v sorgfältig niedergeschrieben. Erst mit Bl. 73r beginnen etwas flüchtigere Nachträge, die aber nicht viel später Eingang gefunden haben müssen. Dasselbe gilt für die marginalen und interlinearen Beigaben, die schon ab Bl. 71v als Nachtrag erscheinen. Systematische Kommentare und Interlinearglossen wurden von der Haupthand noch in demselben Arbeitsgang oder allenfalls nur wenig später aufgenommen. Auch wo Glossen und Kommentare fehlen, berücksichtigt die Texteinrichtung diese dennoch von Anfang an. Die inhaltliche Ausrichtung des Textbestands – hinzuweisen ist v. a. auf die Stücke zur Grammatik und Metrik sowie die Musterbriefe – und die ausgiebige Erschließung der Hauptstücke durch Kommentare weisen auf Entstehung der Handschrift im Umfeld eines geregelten Unterrichtsbetriebs an einer gehobenen, wohl geistlichen495 Ausbildungsstätte.496 L1 OLDFATHER 1911, S. 109; GUAGLIANONE 1958, S. XXIII (Sigle Pu). L2 JOSEPH TRUHLÁŘ: Catalogus codicum manu scriptorum latinorum, qui in C. R. bibliotheca publica atque universitatis Pragensis asservantur. Bd. 1. Prag 1905, S. 223. L3 BURSILL-HALL 1981, Nr. 225.9; BALDZUHN 1996a, S. 341f., 374f.

_____________ 495

496

Dorthin weisen nicht je für sich, aber doch im Verbund v. a. die allegoriceKommentierung des Avian, die Kombination von Avian und ›Physiologus Theobaldi‹, der zudem besonders ausgiebig kommentiert wurde, und die Aufnahme des Heiligenkalenders Hugos von Trimberg. Dahingehend auch VIDMANOVÁ-SCHMIDTOVÁ 1969, S. IX (»ad usum scholarum exaratus«), der ich überdies im Ansatz böhmischer Herkunft von Pra4 folge.

Avian: ›Fabulae‹

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Pra5

*Prag, Národní knihovna České republiky (Nationalbibliothek der Tschechischen Republik), Cod. VIII.H.7 (1625) Perg., I + 56 Bl., 31 x 21 cm, 2. Hälfte 12. Jh., Süddeutschland. 1r-2rb ›Disticha Catonis‹ (frgm.) 2vab Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Widmungsepistel. 2. Fabeln Nr. I-III. Erschließung: keine. Einrichtung: ein- (Epistel) und zweispaltig (Verstext) in vorgezeichnetem und vorliniertem Schriftspiegel, 32 Verse pro Spalte. Die Widmungsepistel ist fortlaufend geschrieben und farbig Jncipit Prologus Aviani Poete überschrieben. Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit herausgerückten rubrizierten Majuskeln, die in den Farben alternieren. Neue Fabeln beginnen in neuer Zeile mit etwas größerer farbiger Majuskel und mit in eigener Zeile vorangestellten rubrizierten Tituli. Insgesamt sehr sorgfältige Aufzeichnung. Noch von zeitgenössischer Hand wurde eine Textkorrektur durchgeführt.

3ra-va 4ra-8rb

›Disticha Catonis‹ (frgm.) Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. IV-XLII. 2. Epimythien im Verstext: Nr. X E,5f., XI E,1f., XIII E,1f., XV E,1f., XIX E,1f., XXV E,1f., XXVI E,1f., XXIX E,1f., XXXVIII E,1f. Erschließung: s. o. Einrichtung: s. o.

8rb-10rb ›Physiologus Theobaldi‹ 10rb-12vb ›Ecloga Theodoli‹ (gloss.) 12vb-14vb Pindar Thebanus: ›Ilias latina‹/›Homerus latinus‹ (gloss.) (frgm.) 15ra-va Verzeichnis römischer Kaiser von Octavian bis Liberius mit Zuordnung bedeutender Ereignisse der Kirchengeschichte 15vb-17rb Verzeichnis römischer Päpste bis Anastasius (1159) und Alexander III. (1159-81) 17va-56rb Collectio canonum 56rb ›Versus de litteris‹ (WALTHER Nr. 14298) 56vab Auszug aus Sigismund von Volkersdorf: ›De Salzburga‹ mit einem Verzeichnis der Salzburger Bischöfe bis zu Gebhard (†1088) Wann und wie die Handschrift nach Prag gelangt ist, ist unbekannt. WATTENBACH, der Herausgeber des Bischofsverzeichnisses, vermutete Her-

Verzeichnisse zur Überlieferung

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kunft aus St. Lambrecht in der Obersteiermark,497 doch findet sich in den mittelalterlichen Bücherverzeichnissen dieses Klosters498 von Pra5 keine Spur. Zu suchen bleibt weiter nach einem geistlichen Skriptorium – siehe die Collectio canonum und die Verzeichnisse der Bischöfe und Päpste – mit mehreren Schreibern – an Pra5 waren im wesentlichen zwei Schreiber beteiligt, die Bl. 1-14 bzw. Bl. 15-56 (ohne den Nachtrag Bl. 56rb) arbeiteten – und nicht geringer finanzieller Ausstattung: Denn nach Tri2 überragt Pra5 gemeinsam mit Kar 1 alle übrigen bis um 1200 geschriebenen AvianHandschriften im Format um Längen. Dieses Skriptorium dürfte, das ist im Hinblick auf die Bischofsliste anzunehmen, am ehesten in der Diözese Salzburg gelegen haben. Der Kodex wurde planmäßig und mit großer Sorgfalt in zwei Teilen angelegt (1-14, 15-56), die jeweils von einer Haupthand geschrieben wurden, sich inhaltlich deutlich unterscheiden – hier Schultexte, dort Rechtsschrifttum – und nach verschiedenen Vorlagen angefertigt worden sein dürften. Die Arbeiten waren jedoch aufeinander angestimmt; das Format der Blätter bleibt gleich, ebenso die Einrichtung der Texte. Avian und ›Physiologus‹ wurden noch von zeitgenössischer Hand durchgesehen und korrigiert. Die Glossen zum Theodolus und zur ›Ilias latina‹ (dort relativ dicht, hier lediglich vereinzelt und v. a. Bl. 12vb-13ra und 13vb) könnten noch vom Schreiber des Grundtextes stammen und aus der Vorlage mit übernommen sein. Sie wurden jedenfalls überaus sorgfältig eingetragen. Der für einen derart großformatigen Band betriebene Herstellungsaufwand schließt Anlage für unmittelbaren Unterrichtseinsatz aus. Auch als Handbuch für einen Lehrer erscheint Pra5 viel zu aufwändig gestaltet. Zudem fehlen deutliche Spuren frequenteren Gebrauchs und wurden Textnachträge, von den ›Versus de litteris‹ Bl. 56rb abgesehen, nicht mehr vorgenommen. Der Kodex wurde demnach mit höchster Wahrscheinlichkeit für die Regale einer Bibliothek angelegt. Dort hielt er dann in der Hauptsache eine Sammlung kanonistischer Artikel bereit. Daneben konnte man ihn als Speicher für Schultexte nutzen und sich aus ihm Abschriften anlegen. Ob das tatsächlich geschehen ist, lässt sich nicht mehr sicher ersehen. Das Bl. 25r am oberen Blattrand vielleicht als Federprobe aufgenommene Initium des ›Facetus Cum nihil utilius‹ liefert dafür nur ein ganz schwaches Indiz. Zudem ist zu bedenken, dass die Blätter mit dem ›Cato‹ verbunden sind und der ›Ilias latina‹ ihr Schluss fehlt. Sollten diese Defekte bereits mittelalterlich eingetreten sein, kann man an einer verläss-

_____________ 497

498

MGH SS, Bd. 11 (Hannover 1854), S. 18: »Eum ex monasterio sancti Lamberti in Styria Pragam devenisse suspicor.« Vgl. MBKÖ, Bd. 3, S. 77-86, und MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 3,1, S. 231f.

Avian: ›Fabulae‹

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lichen Sammlung von für den Unterricht geeigneten Verstexten eigentlich nicht übermäßig interessiert gewesen sein. L1 OLDFATHER 1911, S. 109; GUAGLIANONE 1958, S. XVIII (Sigle Pr). L2 JOSEPH TRUHLÁR: Catalogus codicum manuscriptorum latinorum, qui in C. R. bibliotheca publica atque universitatis Pragensis asservatur. Bd. 1. Prag 1905, S. 603f. L3 MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 1, S. 77, 418.

Reg *Reggio Emilia, Biblioteca Municipale, Vari D 15 Perg., 42 + I Bl., 25 x 19 cm, 13./14. Jh., Italien. 1r-18r Heinrich von Settimello: ›Elegia de diversitate fortunae et philosophiae consolatione‹ (gloss., komm.) 18v-23v Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XXI,8. 2.a) Epimythien im Verstext: Nr. XI E,1f. 2.b) Epimythien außerhalb des Verstextes: Nr. IIIE,1f., XV E,1f. Erschließung: 1. Interlinearglossen wurden von einer möglicherweise etwas später schreibenden Hand (= des Verstextes?) und einer weiteren Hand in gleichbleibender Dichte in einem Zuge angebracht. Einrichtung: einspaltig, 29 Zeilen pro Spalte in vorgezeichnetem und vorliniertem Schriftspiegel mit schmalem inneren und großzügigerem äußeren Rand. Textanfang: im Kopf von 18v Jncipit liber auiani von derselben Hand, die nachträglich auch die Tituli zu den einzelnen Fabeln am Rand anbrachte. Textende: nach Leerzeile in mehreren Zeilen mit vorangehenden Alinea-Zeichen und Leerzeilen Explicit. Liber. Auiani. Deo. Gratias. Amen. | Libro. Finito. Agamus. Gratias. Yhesu. Christo. | Qui. Scripsit. Hunc. Librum. Semper. Mane.|at. Jn Paradixum. Die einzelnen Fabeln beginnen jeweils in neuer Zeile mit vorangestellter zweizeiliger rubrizierter Lombarde. Bei Nr. II eine eigene Zeile mit rotem Titel vorangehend, sonst die Titel alle am Rand in farbiger Tinte vom Rubrikator ergänzt. Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit gestrichelten Majuskeln. Vor zahlreichen Versen, vorwiegend den Epimythien, jedoch auch inmitten der Fabeln (so bei XI,11) Alinea-Zeichen zur Hervorhebung.

24r 18v-23v

Heinrich von Settimello: ›Elegia de diversitate fortunae et philosophiae consolatione‹ IV,172-200 (gloss., komm.) Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. XXI,9-XLII. 2. Epimythien: Nr. XXIX E,1f. Erschließung: s. o. Einrichtung: s. o.

30vab 31r-36v 37r-42v

Accessus zu den ›Ecloga Theodoli‹ ›Ecloga Theodoli‹ (gloss.) ›Johannis abbatis de septem vitiis et virtutibus‹ (WALTHER Nr. 1456)

Verzeichnisse zur Überlieferung

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Die Vorbesitzer der Handschrift sind unbekannt. In der Stadtbibliothek von Reggio Emilia trug sie vor ihrer heutigen bereits zwei ältere Signaturen, »CVIII. C. 10« – unter dieser wird sie 1897 von LEVI zitiert (GUAGLIANONE hat 1958 die neue Signatur) – und »XI. D. 7« (LEVI 1897, S. VII). Auf einigen Papier-Vorsatzblättern erläutert Gaetano Fantuzzi, ehemals Bibliothekar der Stadtbibliothek, den Inhalt des Manuskripts (LEVI 1897, S. VIII). Die Handschrift wurde planvoll angelegt und in den Grundtexten von nur einem einzigen Schreiber niedergeschrieben. Der Beschreibstoff ist von gleichbleibend mittlerer Qualität.499 Die Blätter wurden zu regelmäßigen Lagen zusammengestellt (Lagenformel: 4IV + V42). Reklamanten sichern Bl. 8v, 16v, 24v und 32v die Anschlüsse. Die Verstexte folgen einem gleichbleibenden Einrichtungsschema.500 Der Wechsel von ›Pauper Heinricus‹ zu den ›Fabulae‹ auf derselben Seite verklammert die beiden Texte und damit mehr als zwei Drittel der Handschrift. Schließlich verbinden ähnlich formulierte Schreiberkolophone Avian, Theodolus und den ›Liber virtutum‹. Der ›Pauper Heinricus‹, Avian und Theodolus wurden alle von einer etwas späteren, vielleicht noch mit dem Verstextschreiber identischen Hand glossiert, dazu vielleicht noch von einer weiteren. Die durchgehende Glossierung ist nicht immer dicht, manchmal eher dünner, aber doch auf jeder Seite vorhanden. Darüber hinaus wurden keine Texteinträge in die Handschrift mehr vorgenommen. Ihre Eingangs- und Schlussblätter sind jedoch deutlich stärker in Mitleidenschaft gezogen als ihre Umgebung. Die Handschrift mag folglich einmal als individuelles Lektüre- und Studienheft gedient haben. L1 ADOLFO LEVI: Le favole di Aviano trascritte secondo il codice della Biblioteca municipale di Reggio-Emilia. Reggio-Emilia 1897; OLDFATHER 1911, S. 111f.; GUAGLIANONE 1958, S. XIX (Sigle Rn).

Rom1

*Rom (Città del Vaticano), Biblioteca Apostolica Vaticana, Barb. lat. 41 (VIII. 41) Perg., I + 64 Bl., 19.5 x 15 cm, 13. Jh., Frankreich? Irv Statius: ›Achilleis‹ (Anfang frgm.) (gloss.) Iv Auszüge aus Matthæus von Vendôme: ›Tobias‹ 1r-5r ›Disticha Catonis‹ (Anfang frgm.) (gloss., komm.) 5r-11v ›Ecloga Theodoli‹ (Ende frgm.) (gloss., komm.) 12r-22r Avian: ›Fabulae‹

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Porige Blätter etwa 19, 23, 36, ungleich beschnittene etwa 19, 40. Siehe oben zur Einrichtung des Avian.

Avian: ›Fabulae‹

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Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XXV, XXVIII, XXVI, XXIX, XXX, XXVII, XXXI-XLII. 2.a) Epimythien im Verstext: Nr. XI E,1f., XII E,1f., XIV E,1f., XV E,1f., XXVI E,1f., XXXI E,1f. 2.b) Epimythien außerhalb des Verstextes: Nr. VI E,1f. Erschließung: 1. Accessus-Elemente unter den ersten Randscholien: Etymologie von apologus und Hinweis auf mögliche allegorische Auslegung der ersten Fabel (Quidam allegorice exponunt ...). 2. Glossen: interlinear glossiert wurde nur bis Nr. XXXVII einschließlich (mit Lücken: Nr. XXVIf. und XXXf.) von in der Hauptsache einer Hand und mit Ergänzungen von mindestens zwei weiteren Händen, jedoch stets eher dünn als dicht. 3. Kommentar: kommentiert wurden nur die Fabeln Nr. I-XIX, XXIf., XXV, XXXIVf. Kommentarelemente: a) Einleitungssatz; b) Lehre; c) Paraphrase; d) allegorische Auslegung (nur bei Nr. I). Vereinzelt (Nr. I) wird auch noch einmal die fructus fabulae in einer eigenen Randscholie benannt. 4. Marginalien wurden nur bis Nr. X und bei Nr. XXI angebracht. Einrichtung: einspaltig, 32 Zeilen pro Spalte in vorgezeichnetem und vorliniertem Schriftspiegel mit breiten (rechts und links annähernd gleich breiten) Rändern. Textanfang: in der ersten Zeile des Schriftspiegels. Textende: auf den Textschluss folgen lediglich Leerzeilen. Die einzelnen Fabeln beginnen jeweils in neuer Zeile mit vorangestellter zwei- bis vierzeiliger Initiale (rubrizierter Buchstabenkörper, Federstrichverzierung). Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit in eigene Vorlinierung herausgerückten (Freiraum zwischen Majuskel und Vers) und gestrichelten Majuskeln.

22r-32r Maximian: ›Elegiae‹ (gloss.) 31v-50v Claudian: ›De raptu Proserpinae‹ (gloss., komm.) 50v-64v Statius: ›Achilleis‹ (Ende fragm.) (gloss., komm.) Vorbesitzer Kardinal Francesco Barberini (1597-1679) Die Handschrift stammt aus der 1902 unter Papst Leo XIII. für die Vaticana erworbenen Bibliothek Kardinal Francesco Barberinis. Dort befand sie sich nach Ausweis ihrer alten Katalognummer (2590) bereits im 17. Jahrhundert.501 Ältere Vorbesitzer sind unbekannt. Rom1 ist seiner Grundanlage nach aus einem Guss. Das wird schon an dem durchlaufenden Buchschmuck gleichbleibender Machart ersichtlich (rote, blaue und grüne Initialen mit Federstrichverzierungen). Inhaltlich konstituiert die Textreihe des ›Liber Catonianus‹, dessen Einzelstücke prinzipiell glossiert und kommentiert geboten werden, die Einheit. Allerdings finden sich gerade in der Texterschließung auch zahlreiche Lücken. So fehlt der Apparat – oder dünnt er doch sehr stark aus – auf Bl. 20v-31r und auf Bl. 39r-50r. Der Maximian ist so gut wie gar nicht

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Vgl. die Vorbemerkung zum Fonds Barberini der Vaticana in PELLEGRIN 1975ff., Bd. 1, S. 59, und zur alten Katalognummer ebd. S. 92.

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glossiert. Dagegen wurden im Claudian bis Bl. 34r gleich von mindestens vier (teils Nachtrags-) Händen Glossen angebracht. Einige Beschädigungen des Bandes sind wohl unmittelbare Folge seiner Unterrichtsverwendung. Bl. Irv gehörte ursprünglich vielleicht an den Schluss des Statius. Dort sind noch weitere Blätter ausgefallen. Der Anfang des ›Cato‹ und das Ende der ›Ecloga‹ fehlen. BOAS berechnet hier einen Ausfall von drei Blättern (1914, S. 19). Die Ränder zahlreicher Blätter sind stark ausgefranst und beschädigt. L1 GUAGLIANONE 1958, S. XVIII (Sigle Br). L2 PELLEGRIN 1975ff., Bd. 1, S. 91f.

Rom2

*Rom (Città del Vaticano), Biblioteca Apostolica Vaticana, Ottob. lat. 1297 Perg., 23 gez. Bll. (7a ungezählt), 32.5 x 22.5 cm, 2. Hälfte 14. Jh., Norditalien. 1r-7r Prudentius: ›Tituli historiarum‹/›Dittochaeon‹ (gloss., komm.) 7v-7av leer 8r-22v Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XXIV, XXVI, XXV, XXVII-XLII. 2.a) Epimythien im Verstext: Nr. XI E,1f., XIV E,1f., XV E,1f., XXVI E,1f. 2.b) Epimythien außerhalb des Verstextes: Nr. VI E,1f., X E,5f., XII E,1-4, XIII E,1f., XVII E,1f., XIX E,1f., XXV E,1f., XXIX E,1f., XXXVIII E,1f. Erschließung: 1. Der Accessus wurde noch von der Hand des Verstextschreibers in kleinerer Glossenschrift dem Kommentar vorangestellt. Er beginnt in der oberen linken Ecke der ersten Seite, die Zeilen reichen am oberen Rand dann jeweils bis zur Blattmitte, der weitere Text wird dann in die innere, schmalere Spalte neben dem Verstext heruntergeführt. 2. Noch von der Hand des Verstextschreibers wurden durch die gesamte Sammlung hindurch Interlinearglossen aufgenommen, die jedoch nirgends sehr dicht stehen (Durchschnitt: etwa 10-20 Glossen pro Fabel). 3. Wie Accessus und Glossen stammt auch der Kommentar vom Verstextschreiber. Er beginnt auf den recto-Seiten jeweils in der oberen linken Ecke, füllt – wie der Accessus – vom freien oberen Rand nur die Hälfte und wird in die schmale innere Spalte heruntergeführt. Unterhalb des Schriftspiegels für den Verstext nimmt er dann wieder die gesamte linke Hälfte des unteren Blattrandes ein. Auf den verso-Seiten beginnt die Textaufzeichnung links oben in der rechten Hälfte des oberen Blattrandes und es wird spiegelverkehrt verfahren. Die Aufbauelemente des Kommentars: a) zwei Worte Verweislemma; b) Einleitungssatz (ganz überwiegend apologus talis est, zum Ende hin häufiger fehlend); c) ausführliche Paraphrase (der Großteil des Kommentars); d) Überleitungsformel (ganz überwiegend Hic docet auctor quod [...]) und Benennung

Avian: ›Fabulae‹

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der Lehre; e) allegorische Auslegung (nicht selten fehlend). Im Kommentar zu Nr. XXXVII wird der ›Pamphilus‹ zitiert. Einrichtung: einspaltig, 24 Zeilen pro Spalte in vorgezeichnetem und vorliniertem Schriftspiegel mit breitem Zeilenabstand für die Interlinearglossen und breiten Rändern (der innere stets etwas schmaler als der äußere) für die Aufnahme des Kommentars. Textanfang: im Kopf von 8r in kleiner Glossenschrift Jncipit liber auiani. Et primo de muliere que promiserat lupo genitum eius plorantem. Die ersten Worte des Eingangsverses in verdoppelter Schriftgröße und mit verzierten Freiräumen zwischen den Buchstaben auf die folgenden sechs Zeilen verteilt, vorangestellt eine sechs Zeilen hohe Deckfarbeninitiale. Textende: nach Leerzeile Explicit auianus fabularum nectare dulcis, davon wiederum abgesetzt Laus tibi sit Christe qui liber explicit | iste aman (= a manu mit ausrasierter Fortsetzung?). Die einzelnen Fabeln beginnen jeweils mit einem in eigener Zeile vorangestellten und eingerückten Titel, auf den in zwei weiteren eingezogenen Zeilen der Anfang des Verstextes folgt. Die dreizeiligen Initialen, die in den durch den Einzug entstandenen Freiraum gesetzt werden sollten, sind nirgends ausgeführt. Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit in eigene Vorlinierung herausgerückter Majuskel. Auf die Herausrückung ist jedoch regelmäßig für die zwei Schlussverse verzichtet (Ausnahmen: Nr. VIII, XVI, XXXII-XXXIV, XXXIX-XLI). Neben einigen Versen in Nr. XVI (dort u. a. neben den nicht herausgerückten Schlussversen, s. o.) und XVII stehen sorgfältig angebrachte AlineaZeichen. Der Verstext ist überaus sorgfältig niedergeschrieben.

23r

›De Hermaphrodita‹ (Anfang 15. Jh.); zwei Proverbien (Anfang 15. Jh.); Auszüge aus Cicero: ›De officiis‹, und aus Lucan: ›De bello civili‹ (›Pharsalia‹) (Anfang 15. Jh.); Besitzeintrag Ex codicibus Joannis Angeli Ducis ab Altaemps (17. Jh.) 23v Federzeichnung (männliche Figur in einer Rüstung), Notate (stark abgerieben, teilw. ital.?) Vorbesitzer Kardinal Marcello Cervini (1501-55); Papst Gregor XIII. (1572-85); Kardinal Guglielmo Sirleto (1514-85); Kardinal Ascanio Colonna (†1608); Herzog Giovanni Angelo von Altemps (†1620); Herzog Pietro von Altemps (†1691); Kardinal Pietro Ottoboni (1610-91) Mit Namen lassen sich die Besitzer der Handschrift erst seit dem 16. Jahrhundert fassen. In der ersten Hälfte des Jahrhunderts wurde sie in der Bibliothek von Kardinal Marcello Cervini aufbewahrt. In einem wahrscheinlich 1574 von einem Neffen Marcellos, Erennio Cervini (†1598) kursorisch erstellten Katalog wird Rom2 unter den Libri in folio als Nr. 25 geführt: Prudentii Columba novi et veteris testamenta in versi. |

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Item Anmiani [!] fabulae in versi (in membranis in tavola).502 Das Verzeichnis wurde im Zusammenhang mit dem Erwerb der Bibliothek Cervinis durch Papst Gregor XIII. im Jahre 1574 angelegt. Indes der Papst wie der mit dem Geschäft Beauftragte Kardinal Guglielmo Sirleto, der es mit der Eingliederung der Neuerwerbungen in die Vaticana nicht sehr eilig hatte, verstarben über der vollständigen Abwicklung des Erwerbs. Daher gerieten den Nachkommen Sirletos die Cervini-Bände mit der Bibliothek Sirletos zusammen (Sirleto-Signatur von Rom2: in der Abteilung Theologie die Nr. 17).503 1588 erwarb dann Kardinal Ascanio Colonna die Bibliothek Sirletos und mit ihr Rom2. Colonnas Schätze bereicherten wiederum 1611 die durch den Herzog von Altemps, Giovanni Angelo, zielstrebig auf- und ausgebaute Handschriftensammlung.504 Sie wurde noch im selben Jahrhundert von Pietro Altemps, der mit ihr nurmehr wenig anzufangen wusste, dem späteren Papst Alexander VIII. (1689-91), Kardinal Pietro Ottoboni, 1690 zum Geschenk gemacht.505 Die Sammlung Ottobonis schließlich wurde 1748 durch Papst Benedikt XIV. (1740-58) für die vatikanische Bibliothek erworben.506 Da jeder Hinweis auf eine Verkürzung einer einstmals umfassenderen Bucheinheit fehlt, wurde Rom2 offenbar von vornherein als das heute vorliegende, auffallend schmale Lektüreheft konzipiert. Mit diesem ließen sich zum einen in Grundzügen Inhalte des Alten und Neuen Testaments, zum weiteren anhand der Fabeln elementare Verhaltenslehren vermitteln, ut sciamus euitare multa pericula et deceptiones et bonis moribus informemur, wofür der Fabeldichter Avian, ipse peritus in moribus, wie im Accessus versichert wird, mit seinem eigenen Lebenswandel einstünde (Bl. 8r). Nach Buchschmuck und Schriftcharakter in der Gegend um Bologna angelegt,507 wurde die Handschrift von nur einem Schreiber niedergeschrieben, der beide Hauptstücke mitsamt ihren Glossen und ihren Kommentaren ohne größere Unterbrechungen aufnahm. Zu dem einheit-

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FOSSIER 1979, S. 394; vgl. zur Person Cervinis ebd. S. 383f. und zur Entstehung und Zusammensetzung der Bibliothek S. 385f. FOSSIER 1979, S. 441 Nr. 423. Detailliert zum Erwerb der Cervini-Bibliothek: MERCATI 1935. Auf die herzogliche Bibliothek bezieht sich in Rom2 der Provenienzvermerk Bl. 23r. »Sur le passage de la bibliothèque Altemps à la bibliothèque Ottoboni, on ne sait pas grand’chose. D’après le mémoire de Francesco Bianchini [...] les manuscrits auraient été donnés et non achetés.« (BIGNAMI ODIER 1966, S. 11f. Anm. 7). In Geschichte und Zusammensetzung des Fonds Ottoboni führt BIGNAMI ODIER 1966 ein. Hilfreich ist auch die knappe Skizze, die dem Katalog der Handschriften von PELLEGRIN 1975ff., Bd. 1, S. 437-439, vorangestellt ist. Vgl. PELLEGRIN 1975ff., Bd. 1, S. 514, zum Buchschmuck (»décoration de style bolonais«) und zur Schrift (»écriture gothique dite ‘boniensis’ pour le texte«).

Avian: ›Fabulae‹

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lichen Gesamteindruck tragen weiter bei die gleichbleibende Darbietung der Verstexte, die besondere Anordnung der stets in L-Form um die Bezugstexte herumgeführten Kommentare, die beiden Werken vorangestellten, aufwändiger ausgeführten Eingangsinitialen in Deckfarbenmalerei – eine weitere Zierinitiale unterscheidet alt- und neutestamentlichen Teil des ›Dittochaeon‹ – und die in den Epigrammen des Prudentius wie im Avian nach der Eingangsinitiale noch einmal zusätzlich durch geometrische Muster verzierten Textanfänge. Neben der insgesamt feinen Machart des Heftes, wie sie sich in ungewöhnlicher Sorgfalt der Herstellung und dem auffallenden Mehraufwand an Verzierung zu erkennen gibt, ist die großzügige Formatwahl zu beachten. An Kosten für Beschreibstoff mussten die Auftraggeber nicht sparen. Sie waren zweifellos vermögend. Accessus und Kommentar erscheinen gezielt überarbeitet. So wird etwa durch ein in den Accessus hineinformuliertes »Ich« in der Rolle des Unterweisenden und ein Addressaten-«Du« für den gesamten Vorspann die Fiktion aufgebaut, der Text sei direkte Rede einer Lehrperson. Die Worte Hec tibi dico beschließen diese Rede. Für den Kommentar ist festzuhalten, dass zwar nicht für alle Fabeln alle Stellen, die prinzipiell besetzt werden können, auch immer besetzt wurden. (Der Verfasser des Kommentars kennt und bietet: Verweislemmata, eigene Einleitungsformeln für die Prosaparaphrase, die Prosaparaphrase, eigene Einleitungsformeln für die Lehre, die Benennung der Lehre, die allegorische Auslegung der Fabel.) Vor allem zum Ende hin fehlt bisweilen die Einleitungsformel der Prosaparaphrase; vor allem anfangs fehlt die allegorische Auslegung. Aber an einem festen Grundgerüst wird gleichwohl immer festgehalten. Wichtiger noch: in diesem gerüst– das ist durchaus nicht selbstverständlich – die Elemente stets in einer festgelegten Reihenfolge aufeinander. Stets gehen Lemma und Paraphrase voran, der die Lehre angehängt ist, und wo eine allegorische Auslegung vorhanden ist, steht sie immer am Schluss. Der Kommentartext wird dadurch seinem Leser genau vorausberechenbar. Jede unnötige Ablenkung durch eine abweichende Besetzung der Struktur ist vermieden. Darin darf ein didaktisches Prinzip gesehen werden, das auch im Detail angewandt wurde. In der Reduktion der die Paraphrase und die Lehre einleitenden Formulierungen auf nahezu ausschließlich zwei Grundtypen (»Apologus talis est ...« bzw. »Hic docet auctor quod ...«) ist nämlich weniger Einfallslosigkeit als vielmehr das gezielte Bemühen zu erkennen, jede Ablenkung durch Variation zu vermeiden. Als weitere Besonderheit des Kommentars ist schließlich die Positionierung der – stets sehr ausführlichen – Prosaparaphrase zu benennen, die nicht, wie es im 13. und 14. Jahrhundert weithin die Regel ist, auf die Benennung der Lehre folgt, sondern ihr vorangeht.

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Das an vielen Stellen deutlich strapazierte Pergament lässt an der Überführung des Leseheftes in die von der Konzeption anvisierte Praxis keinen Zweifel. Aber obschon die Handschrift durch Schülerhände gegangen ist, wofür sich neben dem recht beanspruchten Beschreibstoff und der Textzusammenstellung noch die Federzeichnung Bl. 23v anführen lässt, ist sie vergleichsweise gut erhalten. Textnachträge etwa wurden von späteren Schreibern in nur noch zwei oder drei weiteren Arbeitsphasen vorgenommen. Hierzu gehören die den Grundbestand vereinzelt, aber über den ganzen Band verstreut ergänzenden Interlinearglossen, ferner die Avian-Epimythien und die Nachträge auf dem Schlussblatt. Das alles geschah jedoch nicht auffallend flüchtig – die Einträge auf Bl. 23r sind sogar sehr sorgfältig aufgenommen. Sie stammen, wenn PELLEGRINs Datierung stimmt, noch aus dem Anfang des 15. Jahrhunderts. Diese Frühdatierung würde zu den wenigen Ergänzungsschichten wie zum vergleichweise guten Erhaltungszustand von Rom2 passen: Alles wiese nämlich dann auf eine Verwendung der Handschrift für Lektürezwecke nur für einen relativ kurzen Zeitraum hin. Das Bändchen unterlag nie der Gefahr, über mehrere Schülergenerationen hinweg gebraucht, darüber unansehnlich und zuletzt missachtet und zerstört zu werden. Die Benutzer von Rom2 konnten auf einen Verkauf, die Weitergabe ausgedienter Unterrichtsmaterialien an andere Schüler ohne Umstände verzichten. Überhaupt wird mit der in den Accessus hineinformulierten Lehrerrolle die Vermittlung des Textes in institutionalisierter Unterrichtskommunikation mit einer fest installierten, dauerhaft besetzten Lehrerrolle eher unwahrscheinlich. Denn dass ein Lehrer den Text des Accessus mündlich vor seinen Schülern verbreitet und dazu noch einmal betont haben sollte, dass er das tut, was er gerade tut (Hec tibi dico), darf wohl ausgeschlossen werden. Der Text erfüllt seine Funktion eher in Distanz zu »konventionellen« Unterrichtsformen mit festen Verteilungen von Lehrerund Schüler-Rollen. Eher schon wird man also mit Anlage der Handschrift für den Privatunterricht zu rechnen haben, der in einem freieren Modus von einer Lehrperson begleitet wurde. Dazu würde wiederum der auffallende Singular in der Anrede des Schüler-«Du« im Accessus passen. Wenn die nachgetragenen Sentenzen und Auszügen vor diesem Hintergrund von Konzeption und Nutzung dann vom Vorzug des Tugendadels vor dem Geburtsadel handeln508 und von moralischen Gefährdungen in Gelddingen509, dann darf in solchen Vermahnungen durchaus

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Nobilitas morum plus ualet quam genitorum | Virtutemque genus precedere sepe uidemus (vgl. WALTHER 1963/67, Nr. 17023). Male enim res se habet cum id quod uirtute effici debet id temptatur pecunia (Cicero: ›De officiis‹ II,6,22).

Avian: ›Fabulae‹

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ein Reflex besonderer Interessen und Erfahrungen des Personenkreises der Auftraggeber und Nutzer von Rom2 gesehen werden.510 Rom2 ist eine der aufwändigen Gestaltung und dem guten Erhaltungszustand nach untypische Handschrift. In dieser Hinsicht ist sie durchaus dem, freilich auf einem bedeutend anspruchsvolleren Niveau anzusiedelnden, Lehrbuch für den jungen Kaiser Maximilian im Cod. ser. nov. 2617 der Österreichischen Nationalbibliothek zu vergleichen.511 L1 HERVIEUX 1893/99, Bd. 3, S. 108; GUAGLIANONE 1958, S. XVIII (Sigle Ot). L2 KRISTELLER 1967/97, Bd. 6, S. 375; PELLEGRIN 1975ff., Bd. 1, S. 513f. L3 FRANÇOIS FOSSIER: Premières recherches sur les manuscrits latins du Cardinal Marcello Cervini (1501-1555). In: Mélanges de l’École française de Rome. Moyen âge – temps modernes 91 (1979), S. 381-456; GIOVANNI MERCATI: Sulla venuta dei codici del Cervini nella Vaticana e la numerazione loro. In: G. M.: Per la storia dei manoscritti greci di Genova, di Varie, Badie, Basiliane d’Italia e di Patmo. Città del Vaticano 1935 (Studi e testi 68), S. 181-202.

Rom3

*Rom (Città del Vaticano), Biblioteca Apostolica Vaticana, Ottob. lat. 1961 Pap., I + V + 95 gez. Bll. (+ 2a und 2b ungez.), 20.5 x 13.5 cm, 15. Jh., Norditalien. I*rv jüngeres Vorsatzblatt, leer bis auf neuzeitliche Signaturen und Besitzeintrag Herzog Giovanni Angelos von Altemps Ir-Vr Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: Fabeln Nr. I-XI,13. Erschließung: Interlinearglossen: unsystematisch, in nicht allzu hoher Dichte, im wesentlichen von einer Hand sowie punktuell von mindestens zwei weiteren Händen. Einrichtung: 19 Zeilen pro Seite in vorgezeichnetem Schriftspiegel, der kaum deutlich Rand für Marginalien belässt. Textanfang: Jncipiunt apologi auiani oberhalb des Schriftspiegels und Beginn von Nr. I mit dreizeiliger schlichter rubrizierter Initiale. Textende: Abbruch der Aufzeichnung in der letzten Zeile des Schriftspiegels. Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit Majuskeln, der Zeilenabstand ist für die Aufnahme von Glossen etwas breiter belassen. Die Fabeln beginnen mit zweizeiligen Lombarden.

Vv 1rv

leer leer bis auf Besitzeintrag Evangelista de Urbe

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Weiter wird Bl. 23r zitiert: Malus enim custos est diuturnitas metus (Cicero: ›De officiis‹ II,7,23); Fit enim nescio quomodo ut magis in aliis cernamus quam in nobismet ipsis | si quid delinquintur (Cicero: ›De officiis‹ I,41,146); Audendo magnus tegitur timor. Lucanus ait (Lucan: ›De bello civili‹ IV,702). Ein Lehrbuch für Maximilian I. Der Codex Ser. n. 2617 der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien. Salzburg 1981.

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2r 2v-3v 4r-18r

Notizen zur Grammatik und Verse leer Jacobus de Benevento: ›Praeceptorum moralium liber‹ (gloss.) 18v-19v leer 20r-30r ›Ecloga Theodoli‹ (gloss.) 30v-31r leer 31v Notiz zur ›Poetria nova‹ (Etymologie von acephalum) 32r-78v Galfredus de Vinosalvo: ›Poetria nova‹ (gloss., komm.) 79rv leer 80r-95r Vitalis von Blois: ›Geta‹ (gloss.) 95v Liste mit Aufstellung von Zahlungsverpflichtungen, einzelne Einträge gestrichen Schreiber Evangelista de Urbe (30r, 78v, 95r) Vorbesitzer Evangelista de Urbe (1r, 78v, 95r); Herzog Giovanni Angelo von Altemps (†1620); Herzog Pietro von Altemps (†1691); Kardinal Pietro Ottoboni (1610-91) Der Hauptschreiber und Besitzer von Rom3 nennt sich in drei Kolophonen: Jste liber est mei fratris Euangeliste de Vrbe discipuli fratris Stefani de Vrbe ueteri ordinis heremitarum sancti Augustini (Bl. 1r). Er war demnach Augustiner-Eremit, stammte vermutlich aus Oberitalien – de Urbe dürfte die Orba meinen, den Nebenfluss der Tanaro – und war Schüler des Augustiner-Eremiten Stephanus von Orvieto. Mit Rom3 hat sich der Schüler des Stephanus eine kleine Sammlung von moraldidaktisch-erbaulichen Werken und Schriften zur Poetik angelegt. In sie nahm er den Avian allerdings erst nachträglich und als Randstück auf. Die Aufzeichnung des Textes ist nämlich unvollständig. Sie bricht in der letzten Zeile von Bl. Vr inmitten der elften Fabel ab, und Bl. Vv blieb leer. Ferner erscheint der erste Besitzeintrag erst nach den ›Fabulae‹. Deren Blätter dürften demnach zunächst separat kursiert sein, bevor sie dann der kleinen Sammlung sekundär vorangestellt wurden. Inhaltlich wurde die Verbindung der Stücke sicherlich durch die lehrhafte Ausrichtung des ›Praeceptorum moralium liber‹ erleichtert, und sie wird u. a. wegen dieses passenden Anschlusses wohl auch noch dem Hauptschreiber und ersten Besitzer des Bandes zuzuschreiben sein. L1 GUAGLIANONE 1958, S. XXV (Sigle On). L2 PELLEGRIN 1975ff., Bd. 1, S. 711.

Avian: ›Fabulae‹

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Rom4/a *Rom (Città del Vaticano), Biblioteca Apostolica Vaticana, Ottob. lat. 3025 – Bl. 7-36 (= Teil II) Perg. (37, 46-80) und Pap. (1-36, 38-45), 80 Bl. ; Teil II (7-36): 21 x 15 cm, um 1400, Frankreich. 7r-9r Ps.-Ks. Friedrich I.: ›Epistola ad Hillinum Trevierensem archiepiscopum‹ 9rv Ps.-Hillin von Trier: ›Epistola ad Adrianum IV. papam‹ 10r-12v Ps.-Papst Hadrian IV.: ›Epistola ad Hillinum Trevirensem, Arnoldum Maguntium et Fridericum Coloniensem‹ 13r-21r Auszüge aus Geoffrey von Monmouth: ›Historia regum Britanniae‹ 21v leer 22r-35v Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XLII. 2. Epimythien im Verstext: Nr. X E,1f., XI E,1f., XII E,1-4, XIV E,3f.+1f., XV E,1f., XIX E,1f., XXVI E,1f., XXVIII E,1f., XXIX E,1f., XXXI E,1f. (teils vom Glossator durch Randzusatz fructus hervorgehoben). Erschließung: 1. Interlinearglossen: nur zu Nr. I-VI und XIV (dort eine einzige Glosse), aber noch vom Verstextschreiber. 2. Zu Nr. I-V wurde noch vom Verstextschreiber am Rand fructus appollogi in Marginalie hervorgehoben. Einrichtung: einspaltig, 25 Zeilen pro Spalte in vorgezeichnetem und vorliniertem Schriftspiegel mit breiten Rändern. Textanfang: in der ersten Zeile des Schriftspiegels mit nicht ausgeführter zweizeiliger Eingangsinitiale. Textende: nach Leerzeile in eigener Zeile von Verstexthand Explicit Auianus. Die einzelnen Fabeln beginnen jeweils in neuer Zeile, für eine zweizeilige Eingangsinitiale oder Lombarde ist Freiraum belassen. Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit in eigene Vorlinierung herausgerückten Majuskeln.

36rv leer Vorbesitzer Paris, Augustiner-Chorherren St. Victor; Paul Petau (15681614); Alexander Petau (†1672); Königin Christina von Schweden (1626-89); Kardinal Pietro Ottoboni (1610-91); Philipp Baron von Stosch (1691-1757) Weiteres s. u. Rom4/b. Rom4/b Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. Lat. 14909 Perg., Pap., 15. Jh., Frankreich. 1r-60v Nicolaus de Clamengis: ›De filio prodigo‹ und ›Epistolae‹ (solche auch von Jacobus de Noviano, Johannes Gerson, Petrus de Alliaco) 61r-82v Pindar Thebanus: ›Ilias latina‹/›Homerus latinus‹

Verzeichnisse zur Überlieferung

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Declaratio terminorum primi libri sententiarum Petri Lombardi 89r-101v De communicatione idiomatum 102v-106v Wilhelm von Ockham: ›De praedestinatione‹ 107r-124v Robertus de Euremodio: Kommentar zu den ›Disticha Catonis‹ 125r-138v Ars sermocinandi Vorbesitzer Paris, Augustiner-Chorherren St. Victor Der Ottoboniensis 3025 vereint verschiedene Handschriften des 12. bis 15. Jahrhunderts. Sein zweiter Abschnitt umfasst die Blätter 7-36 und wurde um 1400 in Nordfrankreich geschrieben: Die Wasserzeichen weisen nach Autun, Troyes und Paris und in die Jahre 1397, 1398 und 1399. Neben Einrichtung und Schriftcharakter hebt eine noch mittelalterliche, inzwischen jedoch unkenntliche Foliierung den zweiten von den umgebenden Abschnitten ab. Die alte Foliierung wurde später, wo dies möglich war, zu 1-30 umgeschrieben, sonst gestrichen. Ein dritter Foliator arbeitete dann die schon einmal veränderte Bezifferung auf die gleiche Weise für den letzten Zustand zu 7-36 um. Die vorliegende Zusammenstellung des Ottoboniensis lässt sich bis zu Paul Petau (1568-1614) zurückverfolgen, der dem ganzen Band die Signatur C 54 voranstellte (Bl. 1r) und auf den Blättern 7r, 10r, 13v, 14r, 20v in Teil II und Bl. 37r in Teil III Eintragungen vornahm. Rom4/a ging dann mit der Bibliothek des Vaters an den Sohn Alexander (†1672), dessen Bibliothekar Bl. IIIr ein Inhaltsverzeichnis anlegte. Alexander verkaufte die Bibliothek seines Vaters 1650 der Königin Christina von Schweden. Zusammen mit weiteren Reginenses und auf im einzelnen nicht geklärte Weise512 wanderte Rom4/a dann in die Sammlung des Barons von Stosch, der auf dem Vorsatzblatt IIr sein Exlibris anbringen ließ. Die Handschriften des Barons wurden schließlich von Papst Benedikt XIV. erworben und in den Fond Ottoboni aufgenommen. Der Avian-Abschnitt des Bandes ist einer Handschrift entnommen, die im von Claude de Grandrue 1514 angelegten Katalog der Augustinerchorherren von St. Victor in Paris unter der Signatur MMM 10 erfasst wird (s. u. K91). Die dort für Bl. 139-152ff. ausgewiesene Partie entspricht in Textbestand und -folge exakt dem zweiten Teil des Ottoboniensis. Die Briefe von Bl. 7r-12v werden im Grandrue-Katalog jedoch als éine Einheit erfasst. Und von den Auszügen aus Monmouth’ ›Historia‹, die in fünf Abschnitte unterteilt sind, führt Grandrue die ersten beiden unter éiner 83r-88v

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Vgl. BIGNAMI ODIER 1962, S. 177, und BIGNAMI ODIER 1966, S. 20 (Anm. 25 im Zusammenhang mit den Reginenses der Sammlung Stosch die Signaturgruppe der Ottob. lat. 2565-3100 genannt, der Rom4/a zugehört).

Avian: ›Fabulae‹

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Blattangabe, nennt sie aber separat, und die letzten drei unter einer zweiten Blattangabe mit der Überschrift des dritten Auszugs. Als weiterer Beleg für die Übereinstimmung von Handschrift und Katalogeintrag sei angeführt, dass die Bibliothekare von St. Victor schon 1604 im Katalog Textverluste im Bereich der Blätter 139-185 ihres Bandes vermerkten.513 Dass sich die Blattverteilung im Ottoboniensis und die entsprechenden Angaben im Katalog nicht vollständig decken, ist dann wohl auf ein Versehen des Foliators oder einen Irrtum Grandrues zurückzuführen. Die ›Vaticinia Merlini‹ nehmen nämlich in der Handschrift zwei Blätter mehr ein als im Katalog angegeben. Der Avian beginnt in der Handschrift auf Bl. 154 der dem Katalogeintrag zugrundeliegenden Foliierung statt Bl. 152. Diese Verschiebung verträgt sich aber immer noch mit dem Beginn des folgenden Stücks. Zu einer Überschneidung kommt es nicht, da der Avian im Ottoboniensis nur 14 Blätter umfasst, also nach alter Foliierung bis Bl. 168 reicht (154+14), der Grandrue-Katalog den Anschluss aber erst mit 170 angibt. Die Blätter mit dem Avian wurden also zwischen 1514 und 1604 aus MMM 10 entfernt. Sie wurden nicht sogleich in die vorliegende Zusammenstellung aufgenommen, sondern kursierten zunächst ohne Vorspann, vermutlich auch ohne eine (andere, heute verlorene) Fortsetzung. Das ist wegen der ersten Separatzählung des Abschnitts von 1-30 anzunehmen. Wenn nicht beide korrigierenden Foliierungen von Paul Petau stammen, der sich erst später entschloss, den Faszikel einem größeren Zusammenhang einzufügen, muss dann mit noch weiteren Vorbesitzern des Faszikels gerechnet werden. Zu denken ist hier in erster Linie an Pierre Daniel, der sich wie Paul Petau Handschriften aus St. Victor auf nicht ganz rechtmäßige Weise beschaffte und von dessen Manuskripten später viele in den Besitz Paul Petaus übergingen.514 Die spätestens seit 1604 unvollständige Handschrift verblieb in St. Victor, erhielt dort später noch eine Vielzahl anderer Signaturen und wurde schließlich 1796 im Zuge der Säkularisation mit der gesamten Bibliothek des Klosters an ihren heutigen Aufbewahrungsort überführt, wo man sie zunächst unter der Nr. 442 aufbewahrte.515

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Vgl. Le catalogue de la bibliothèque de l’abbaye de Saint-Victor 1983, S. 389: »Coetera desunt« zu den Blättern 139-185 (in der Edition unter Hinweis auf eine 1604 von Jean Picard durchgeführte Bestandsdurchsicht, vgl. zu dieser in der Einleitung der Edition des Katalogs S. XXXf.). Avian-Handschriften Daniels und später Petaus: Lei6 und Rom6. Allgemein zu Handschriften Petaus aus Daniels Besitz: DE MEYIER 1947, S. 58-69. Zu Daniel, Petau und Handschriftendiebstählen aus St. Victor: Le catalogue de la bibliothèque de l’abbaye de SaintVictor 1983, S. XVII. Eine Zusammenstellung der verschiedenen Signaturen in: Le catalogue de la bibliothèque de l’abbaye de Saint-Victor 1983, S. 388.

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Verzeichnisse zur Überlieferung

Die Handschrift wird im Grandrue-Katalog einer Signaturengruppe zugewiesen, die Schriften zur Philosophie und Logik, Werke des Aristoteles und Aristoteles-Kommentare umfasst. L1 HERVIEUX 1893/99, Bd. 3, S. 108f.; GUAGLIANONE 1958, S. XXIII (Sigle Ob). L2 MONTFAUCON 1739, Bd. 1, S. 40 Nr. 1248; LEOPOLD DELISLE: Inventaire des manuscrits de l’abbaye de Saint-Victor conservés a la Bibliothèque Impériale, sous les numéros 14232-15175 du fonds latin. Paris 1869, S. 58; PELLEGRIN 1975ff., Bd. 1, S. 827f.

Rom5

*Rom (Città del Vaticano), Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 1573 – Bl. 53r-115v (= Teil III) Perg., 115 Bl. ; Teil II (53-115): 19.5 x 15.5 cm, 13. Jh., Frankreich (HauteMarne?). 53r Allacci-Signatur C. 100/1797; Inhaltsverzeichnis (Jan Gruters?); Signatur? (Jan Gruters?) 1945; Besitzeintrag Monser Bongars 53v-54r frz. Urkunde (dat. 24.8.1395) 54v leer 55r Besitzeintrag Gruteri est. 55r-59r ›Disticha Catonis‹ (gloss.) 59r-64r ›Ecloga Theodoli‹ (gloss.) 64r-72v Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: Fabeln Nr. I-XXII, XXXIX, XXIII-XXXVIII, XL-XLII. 2.a) Epimythien im Verstext: Nr. XIX E,1f., XXVI E,1f., XXXIE,1f. 2.b) Epimythien außerhalb des Verstextes: Nr. XI E,1f. von späterer Hand nachgetragen. Erschließung: 1. Accessus in kleinerer Glossenschrift engzeilig im Kopf von 64r der Fabelsammlung vorangehend. 2. Glossen in der Hauptsache von einer zeitgenössischen Hand, jedoch mit Lücken (Nr. XXXVIII und XL-XLII sind so gut wie gar nicht glossiert) und auch sonst nicht sehr dicht (schon zu Nr. II nicht in jedem Vers eine Glosse und oft pro Vers manchmal nur eine). 3. Prosakommentar: a) Alinea-Zeichen und unterstrichenes Verweislemma; b) Einleitungssatz und Benennung der Lehre (teilweise als fructus benannt, teils moralitas); c) Verweis auf die Fabel selbst mit Paraphrase; d) allegorische Auslegung (nur bei Nr. I). 4. Marginalien: das unterstrichene Lemma vorangestellt, dem das Interpretament folgt; nur bis Nr. III einschließlich. Einrichtung: einspaltig, 33 Zeilen pro Spalte in vorgezeichnetem und vorliniertem Schriftspiegel mit breiten Rändern. Textanfang: in der ersten Zeile mit größerer Zierinitiale (AVIENUS erst von Jan Gruter im Kopf eingetragen). Textende: Leerzeile. Die einzelnen Fabeln beginnen jeweils in neuer Zeile mit zweizeiliger rubrizierter Lombarde oder bis zu siebenzeiliger Initiale (Buchstabenkörper rubriziert, gefüllt mit Federstrichverzierungen, diese auch von ihm ausgehend). Die Verse sind abgesetzt und

Avian: ›Fabulae‹

743

beginnen mit in eigene Vorlinierungen herausgerückten Majuskeln. Der etwas breitere äußere Rand ist in der Vorlinierung in zwei Spalten aufgeteilt, von denen die äußere L-förmig um die innere, die für die nicht ausgeführten Marginalscholien bestimmt ist, herumgeführt ist.

72v-82v 83r-99r 99r-114r 114v 115rv

Maximian: ›Elegiae‹ (gloss.) Statius: ›Achilleis‹ (gloss.) Claudian: ›De raptu Proserpinae‹ (gloss.) Federproben und (nur als solche?) Namenseinträge Einbandfragment mit Bruchstück eines moraltheologischen Textes Vorbesitzer Jacques Bongars (1554-1612); Jan Gruter (1560-1627) Die mittelalterlichen Vorbesitzer der Handschrift sind unbekannt. An nachmittelalterlichen lassen sich Jacques Bongars und sein Freund Jan Gruter, seit 1602 bis zu ihrer Überführung nach Rom Leiter der Heidelberger Bibliotheca Palatina, benennen. Der mit dem Transport der Palatina betraute päpstliche Gesandte Leone Allacci (1586-1669) brachte zu den Büchern der Palatina 1623 auch Gruters Bibliothek in die Vaticana. Dort wurde der ›Liber Catonianus‹ von Rom5 aus Gruters Besitz mit einer ebenfalls Heidelberger Handschrift von Vegetius’ ›Epitoma rei militaris‹ aus der Kartause Beatusberg (Allacci-Signatur C. 90/358) zusammengebunden, die dem ›Liber Catonianus‹ heute vorangeht. Die in Rom5 Bl. 53v-54r vorangestellte französische Urkunde von 1395 grenzt wenn nicht den Entstehungsraum, dann doch die Gebrauchsregion der Handschrift näher ein. Sie wurde nämlich nicht erst von den späteren Besitzern, sondern zeitnah zur Nutzung vorgeschaltet. Sie bezieht sich auf Thibaut de la Fontaine, Siegelbewahrer der Vogtei von Wassy in der Haute-Marne.516 An zahlreichen Stellen finden sich marginal französische Namen und Gelegenheitseinträge – etwa Soulange, Jo de horicis Bl. 77v, Simons de mons Bl. 91v, pierres de danpierres Bl. 95v,517 Jehan apertin Bl. 114v, P Desclaron Bl. 114v – und Gelegenheitseinträge, etwa Bl. 78v (a son chres chie und a son cr), Bl. 88v und Bl. 91v. Erneut speziell in die Haute-Marne verweist Bl. 114v die Nennung von Eclaron, eines 13 Kilometer von Wassy gelegenen Ortes.518 Die Vorschaltung der Urkunde dürfte in der Region Haute-Marne und frühestens Ende des 14. Jahrhunderts, wenn nicht erst im 15. Jahrhundert erfolgt sein. Die im 13. Jahrhundert entstandene Handschrift wurde demnach vielleicht noch bis ins beginnende 15. Jahrhundert hinein benutzt.

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517 518

Vgl. Dictionnaire topographique du Departément de la Haute-Marne, comprenant des noms de lieu anciens et modernes. Paris 1903, S. 178. Dieser Eintrag wird von AVESANI 1965, S. 478 Anm. 159, ins 15. Jahrhundert datiert. PELLEGRIN 1975ff., Bd. 2,2, S. 232 Anm. 2.

Verzeichnisse zur Überlieferung

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Ob die Vorschaltung der Urkunde zeitlich mit der Einbindung einherging, ist unbekannt. Mit der Bindung ging dann aber wohl ein Funktionswandel oder -verlust einher. Die Blätter scheinen bei dieser Gelegenheit beschnitten worden zu sein, und dabei kam es in der Glossierung auf Bl. 64 zu Textverlusten. Vermutlich hatte Rom5 nach der Einbindung als Hilfsmittel für den Schulunterricht ausgedient. Wo in Frankreich die Handschrift entstanden ist, ist unbekannt. Sie wurde in einem Guss angelegt: Die Texte wechseln mehrfach inmitten auf der Seite; sind einheitlich eingerichtet (jedoch erhöht sich die Zeilenzahl ab Bl. 95v), mit einheitlichem Buchschmuck ausgestattet und bilden die Reihe des ›Liber Catonianus‹. Die Verstexte wurden von nur einem Schreiber aufgenommen. Auch Glossen und Kommentare stammen zumindest in der Grundschicht von diesem Schreiber und sind »en écriture très fine« geschrieben.519 Als Beschreibstoff wurde durchweg minderwertiges Pergament benutzt: ungleich beschnitten ist es Bl. 88f., porig Bl. 89f., löcherig Bl. 75, 80 und 112. Man hatte demach ein praktisches Manuskript ohne besonderen Anspruch im Visier. Später wurden einige Partien aus dem Pergament herausgeschnitten, der Band also als Materiallieferant benutzt (Bl. 105 am unteren Rand, Bl. 106, Bl. 114 gar mit Text). Auch ist Bl. 55r das Eingangsblatt stark abgegriffen (der ›Cato‹ stand offenbar schon immer am Anfang der Sammlung). Durch den ganzen Band ist das Pergament vielfach fleckig, zerknittert, am Rand durchgehend abgegriffen, Bl. 58 auch eingerissen. Rom5 wurde ganz offensichtlich hochfrequent benutzt. Kleinere Einträge wie Bl. 63r die Übung eines Zierbuchstabens, Bl. 79r die Federzeichnung eines Kopfes mit Mütze, Bl. 101v ein Alphabet, Bl. 102r zweimal der Anfang des Paternosters und weitere kleine Gelegenheitseinträge von späterer Hand Bl. 70v und Bl. 103v runden das Gesamtbild ab. Sie lassen an der Verwendung von Rom5 im Unterrichtszusammenhang keinen Zweifel. L1 HERVIEUX 1893/99, Bd. 3, S. 109; GUAGLIANONE 1958, S. XVIII (Sigle Pl). L2 PELLEGRIN 1975ff., Bd. 2,2, S. 230-233.

Rom6

*Rom (Città del Vaticano), Biblioteca Apostolica Vaticana, Reg. lat. 208 Perg., 61 Bl., 19.5 x 12 cm, 10./11. Jh., Frankreich (Loire-Region?). 1r Besitzeintrag Petri Danielis (16. Jh.), Anweisungen zur Beichte (12. Jh.), Federproben (11. und 12. Jh.), Inhaltsverzeichnis Jn hoc uolumine continetur boetius de trinitate. | Seruius de pluribus metris. et liber Auieni [von späterer

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PELLEGRIN 1975ff., Bd. 2,2, S. 231.

Avian: ›Fabulae‹

1v-24r 24v 25r-29r 29r-40v

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Hand korr. zu Auiani] de fabulis. | Fulgentius de fabulis. et moralis expositio. in dictis Vergilij. liber Marcialis. (12. oder 13. Jh.) Boethius: ›Opuscula sacra‹ ›Electuarium ad omnia vitia stomachi quo utebatur Karolus rex‹ Servius: ›De centum metris‹ Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Widmungsepistel. 2. Fabeln Nr. I-XLII. 3. Epimythien außerhalb des Verstextes: zu Nr. VIII (nicht bei GUAGLIANONE: Sic sobolem quisquis genitor docet arte nequicquam; Vt temptet natus que sibi uira negant) von späterer Hand marginal nachgetragen und mit Verweiszeichen auf den Verstext bezogen. Erschließung: keine. Von verschiedenen Händen wurden jedoch einige Korrekturen am Text angebracht, die wohl im Zusammenhang mit dem Epimythion 31v stehen. Einrichtung: einspaltig, 30 Zeilen pro Spalte in vorgezeichnetem und vorliniertem Schriftspiegel. Knapper innerer Rand und etwas breitere, doch nicht für die Aufnahme von Marginalien vorgesehene äußere Ränder. Textanfang: 29r nach Leerzeile in letzten drei Zeilen der Seite Titel in zeilenweise wechselnder roter und schwarzer Majuskelschrift INCIPIT PRAEFATIO AVIENI | AD THEODOSIVM IMPERATOREM | SVPER FABVLAS .XL. & .II. 29v fünfzeilige Initiale, die erste Textzeile in Majuskelschrift mit rot gefüllten Buchstaben, der Text engzeilig fortlaufend, in der letzten Textzeile in roter Majuskelschrift EXPLICIT PROLOGVS, in eigener Zeile in derselben Schrift INCIPIT LIBER FABVLARVM AVIENI, neun Zeilen hohe aufwändigere Zierinitiale (schwarz, rot, Flechtbandverzierung), gefolgt vom Eingangsvers der Sammlung. Textende: in eigener Zeile EXPLICIVNT FABVLAE AVIENI in roter Majuskelschrift, gefolgt von Leerzeile.

40v 41r-47v 48r-57r

›Versus Traiani imperatoris‹ Fulgentius: ›Mythologiae‹ Fulgentius: ›Expositio Vergilianae continentiae secundum philosophos moralis‹ 57v-61v Alkuin: ›Propositiones ad acuendo iuvenes‹ 61v Besitzeintrag Micy St. Mesmin, Benediktiner (11. Jh., teilw. ausrasiert) Vorbesitzer Micy St. Mesmin, Benediktiner; Pierre Daniel (1530-1604); Paul Petau (1568-1614); Alexander Petau (†1672); Königin Christina von Schweden (1626-89)

Verzeichnisse zur Überlieferung

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Rom6 stammt aus dem Besitz Pierre Daniels,520 wanderte dann in die Bibliothek Paul Petaus,521 der sie seinem Sohn Alexander vermachte,522 gelangte mit dieser Sammlung dann in die Hände Christinas von Schweden523 und schließlich, nach der Konversion Christinas und ihrer Übersiedlung nach Rom, mitsamt ihrer Bibliothek in die heilige Stadt524. Pierre Daniel, in Orléans geboren, hatte es verstanden, sich in den Besitz einer stattlichen Zahl mittelalterlicher Handschriften zu bringen, darunter viele aus Fleury und Micy.525 Wenn WILMART den teilweise ausrasierten Besitzeintrag Bl. 61v richtig entziffert hat, befand sich Rom6 vermutlich noch im ausgehenden Mittelalter in Micy. Jedoch selbst für den Fall, dass die Rasur am alten Besitzeintrag des 11. noch vor dem 16. Jahrhundert vorgenommen sein sollte und einen bereits mittelalterlichen Besitzwechsel anzeigt, könnte Rom6 im Spätmittelalter gleichwohl in der für Daniels Handschriftenerwerb zentralen Region der Loire-Klöster aufbewahrt worden sein. Der frühe Besitzeintrag aus Micy erlaubt zudem bereits Niederschrift in dieser Gegend anzunehmen.526 Die Handschrift setzt sich ganz regelmäßig aus Quaternionen zusammen527 und wurde, wenn nicht allein von einem, dann höchstens von zwei eng zusammenarbeitenden Schreibern528 geschrieben. Mehrere ihrer Texte sind mit aufwändiger gestalteten Eingangsinitialen verziert (Bl. 1v, 25r,

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Vgl. den Besitzeintrag Bl. 1r. Bl. 51r-57r brachte Daniel einige Marginalien an (PELLEGRIN 1975ff., Bd. 2,1, S. 45). Dort trug sie die Signatur »K.20« (WILMART 1937/45, Bd. 1, S. 494; PELLEGRIN 1975ff., Bd. 2,1, S. 45). Petau ließ die Handschrift binden und nahm einige Einträge vor, s. WILMART a. a. O. Dort trug sie die Signatur »1553« (WILMART 1937/45, Bd. 1, S. 494; PELLEGRIN 1975ff., Bd. 2,1, S. 45). Dort trug sie die Signatur »1595« (WILMART 1937/45, Bd. 1, S. 494; PELLEGRIN 1975ff., Bd. 2,1, S. 45). Unter dieser Nummer erscheint die Handschrift dann 1739 bei MONTFAUCON (Bd. 1, S. 50). Über die Geschichte der Bibliothek Christinas informiert ODIER 1962. Rom6 trug in Rom zunächst die Signatur »250« (WILMART 1937/45, Bd. 1, S. 494). Vgl. DE MEYIER 1947, S. 59. GUAGLIANONE 1958, S. XI, denkt an Micy oder Fleury. MOSTERT 1989 scheint die Handschrift nicht zu kennen, da er sie weder unter den aus Fleury stammenden ausweist noch unter denen, für die diese Herkunft zumindest diskutiert oder sicher ausgeschlossen werden kann. FREDERICK MASON CAREY (The Vatican fragment of Phedrus. In: Transactions and proceedings of the American Philological Association 57 [1926], S. 96-106), hat versucht, die Zusammengehörigkeit von Rom6 mit dem in Fleury geschriebenen PhädrusDoppelblatt des Reginensis 1616 (Bl. 17f.) zu erweisen. Die Forschung ist ihm darin jedoch nicht gefolgt. Vgl. etwa MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 3,1, S. 109 (zum Reginensis 1616 – Teil II + Bern, Burgerbibliothek, Cod. AA 90.1 – Teil I), und MOSTERT 1989, S. 285 Nr. 1516. Lagenformel 7IV56 + IV-361, vgl. WILMART 1937/45, Bd. 1, S. 494. Vgl. WILMART 1937/45, Bd. 1, S. 493. Die zweite Hand könnte für die Aufzeichnungen der Blätter 9v-11r und 13v-24r angesetzt werden.

Avian: ›Fabulae‹

747

29r). Avian und Servius sind durch Textwechsel auf derselben Seite Bl. 29r verklammert; die ersten drei Texte verbindet dazu die Sorgfalt ihrer Titulatur, die in Majuskelschrift über mehrere Zeilen läuft und die Tintenfarbe je Zeile wechselt. Überhaupt ist der Wechsel der Tinten ganz charakteristisch, der u. a. im Avian noch einmal zur Unterscheidung der Bausteine des Hexameters dient. In Rom6 liegt ein sehr sorgfältig, mit einigem Aufwand gestalteter und aus einem Guss angefertigter Kodex vor. Bedenkt man zudem, dass in den Mythologien mindestens fünf Quaternionen ausgefallen sind, dann war die Handschrift früher auch im Umfang einigermaßen stattlich anzusehen.529 Im späten 10. oder frühen 11. Jahrhundert angelegt,530 wurden in Rom6 über zwei Jahrhunderte hinweg Einträge vorgenommen. Bl. 40v wurden einige Verse wenige Zeit nach ihrer Niederschrift neumiert. In den ›Opuscula sacra‹ brachte eine spätere Hand einige Marginalien und Interlinearglossen an. Das zunächst leere Eingangsblatt 1r nahm nach und nach Anweisungen zur Beichte (12. Jh.), Federproben (11. und 12. Jh.) und schließlich ein Inhaltsverzeichnis (12. oder 13. Jh.) auf. Nachtrag des 10./11. oder 12. Jahrhunderts auf altem Freiblatt ist auch das Rezept Bl. 24v. Im Avian wurde, vermutlich ebenfalls noch vor dem 13. Jahrhundert, ein Epimythion nachgetragen. Aus späterer Zeit fehlen solche Spuren für die Aktualisierung von Texten. Es wird kein Zufall sein, dass mit dem Inhaltsregister zugleich der jüngste Texteintrag vorliegt. Die Handschrift wurde über zwei Jahrhundert hinweg immer wieder konsultiert und benutzt – und sei es als »Textspeicher« für kleinere Stücke wie das Rezept Bl. 24v. Sie scheint aber dann

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Vgl. WILMART 1937/45, Bd. 1, S. 493. Ferner fehlen der letzten Lage drei Blätter (s. o. die Lagenformel). Ob noch weitere Texte folgten, kann nur Gegenstand von Spekulationen sein, denn das alte Inhaltsverzeichnis führt in diesem Punkt nicht weiter. Als es im 12. oder 13. Jahrhundert angelegt wurde, war der Kodex am Ende nämlich bereits fragmentiert. Das geht aus dem Eintrag des Besitzvermerks im 11. Jahrhundert hervor (Bl. 61v). Zudem scheint ein Unkundiger am Werk gewesen zu sein, denn der im Register verzeichnete Martial fehlt der Handschrift, wogegen der Alkuin der Handschrift wiederum nicht im Register auftaucht. Der Grund kann nur in einer fehlerhaften Identifizierung liegen, die prinzipiell anzunehmen schon deshalb keine Umstände bereitet, weil die spätere Zeit solche Unkenntnis tatsächlich bezeugt. Eine Hand des 16. Jahrhunderts trug, sicher dem Register folgend, über dem Beginn des Alkuin bedenkenlos die Identifizierung als Martial nach (vgl. PELLEGRIN 1975ff., Bd. 2,1, S. 44 Anm. 1). Es darf an dem spätmittelalterlichen oder frühneuzeitlichen Aufbewahrungsort von Rom6 also mit einiger Unkenntnis in philologischen Fragen gerechnet werden, die man dem ersten nachweisbaren nachmittelalterlichen Besitzer, Pierre Daniel, nicht zutrauen möchte. Wieso sollte man nicht schon im 13. Jahrhundert Schwierigkeiten mit der Textidentifizierung gehabt haben? WILMART, der sich von Datierungen ins 10. Jahrhundert absetzt, ist sich der Niederschrift erst im 11. Jahrhundert sicher (1937/45, Bd. 1, S. 493). GUAGLIANONE geht dagegen sogar ins 9. Jahrhundert zurück (1958, S. XI), ohne jedoch Gründe dafür anzugeben. Ich folge dem jüngsten Zeitansatz PELLEGRINs.

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Verzeichnisse zur Überlieferung

spätestens im 13. Jahrhundert endgültig als veraltet angesehen worden zu sein. Nun kann zwar die Registrierung ihrer Texte ganz verschiedene Gründe haben. Sie kann ganz allgemein etwa folgen aus der Faszination und Praktikabilität neuer Techniken der Wissensorganisation im 12. und 13. Jahrhundert, die nun angewandt werden wollten – oder auch ganz punktuell aus einer Revision der Konventsbibliothek. Aber selbst wenn das Verzeichnis einfach Folge einer inzwischen dem Bibliothekar nicht mehr einfach überschaubaren Anhäufung von Büchern und Texten ist, bleibt es doch immer Ausdruck einer Gefahr des Verlusts von Wissen um den Inhalt von Rom6. Der muss den im Umfeld der Bücher agierenden Mönche (zuerst natürlich denen, die sie schrieben) in den Jahrhunderten zuvor tendenziell »gegenwärtiger« gewesen sein. Der Zeitpunkt, an dem solche »Präsenz«, solches Wissen seine Selbstverständlichkeit verliert, fällt aber nun genau mit dem Zeitpunkt zusammen, von dem an keine Textnachträge in Rom6 mehr vorgenommen wurden. Das Register ist demnach weniger Ausdruck des Bedürfnisses nach schneller Erschließung eines vielgenutzten Bandes als Ausdruck der Archivierung – und zwar einer Handschrift, von der man nun keinen regen Gebrauch mehr zu machen gedachte. L1 GUAGLIANONE 1958, S. XI (Sigle Rt); HERRMANN 1968, S. 26 (Sigle Rt); GAIDE 1980, S. 72 (Sigle Rt). L2 MONTFAUCON 1739, Bd. 1, S. 50 Nr. 1595; ANDREAS WILMART: Codices Reginenses Latini. Vatikan 1937-45, Bd. 1, S. 492-494; PELLEGRIN 1975ff., Bd. 2,1, S. 44f.

Rom7

*Rom (Città del Vaticano), Biblioteca Apostolica Vaticana, Reg. lat. 1424 Perg., 98 Bl., ca. 15 x 12 cm; Teil I (1-90): 10./11. Jh. oder 11. Jh., Frankreich / Loire-Region (Fleury?); Teil II (91-98): 10. Jh., Frankreich (Loire-Region?). 1r Hieronymus Presbyter: ›Vita Senecae‹ (am oberen Blattrand Signatur Paul Petau O.28) 1rv Ps.-Seneca: ›Epistolae ad Paulum‹ (frgm.) 2rv Carmen Cantabrigiensium 21, Auszüge aus den ›Disticha Catonis‹ und ein grammat. Notat zur Deklination 3r ›Hymnus de s. Benedicto‹ 3v-4r Auszüge aus Ps.-Seneca: ›Monita‹ 4v-5r ›Disticha Catonis‹, Anfang (gloss.) 5rv Auszüge aus Ps.-Seneca: ›Monita‹ 5v-19v ›Disticha Catonis‹, Fortsetzung (gloss., komm.) 19v Auszüge aus Marcus Tullius Cicero: ›Cato maior de senectute‹ 20r-34v Audradus Modicus: ›Liber de fonte vitae‹, Buch V (gloss.) 35r-56v Avian: ›Fabulae‹

Avian: ›Fabulae‹

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Grundtext: 1. Widmungsepistel. 2. ›Versus de rustico‹. 3. Fabeln Nr. IXL,4. Erschließung: 1. Glossen und Marginalien 35r-37v, meistenteils vom Schreiber des Verstextes oder einer zeitgenössischen Hand stammend (38r zwei nachmittelalterliche Glossen, darunter eine griechische). Einrichtung: einspaltig, 15 Zeilen pro Spalte, ab Bl. 54r (Nr. XXXIII,8ff.) 20 Zeilen, in vorgezeichnetem und vorliniertem Schriftspiegel mit sehr schmalem inneren und deutlich breiteren äußeren Rändern. Textanfang in der ersten Zeile des Schriftspiegels in Majuskelschrift FABVLAE AVIANI AD IMPERATOREM | THEODOSIVM QVARVM PREFATIO | PRIMO HABETVR LOCO mit farbig ausgemalten Buchstabenkörpern. In neuer Zeile fünfzeilige figürliche D-Initiale (Fabelwesen) und Beginn der fortlaufend mit großem Zeilenabstand aufgenommenen Widmungsepistel, die ersten eineinhalb Zeilen in Majuskelschrift mit farbig gefüllten Buchstabenkörpern. 36r folgt eine Leerzeile, eine zweizeilige rote und schwarze Lombarde, dann die Versvorrede, in ihr die Verse abgesetzt und mit Majuskeln beginnend, deren Buchstabenkörper rot ausgefüllt ist. Schließlich in eigener Zeile Überschrift zu Nr. I in zweifarbiger Majuskelschrift, zweizeilige R-Lombarde und der Text der ersten Versfabel. Textabbruch 56v unten. Vor den einzelnen Fabeln eine eigene Zeile (Leerzeile ausgelassen vor Nr. XI) für die Titel. Es waren mindestens zwei Rubrikatoren am Werk, von denen der eine den Fabeln eine zweizeilige farbige Lombarde voranstellte und den Titel in roter Majuskelschrift ausführte. Der zweite brachte zwar statt Lombarden etwas aufwändigere Zierinitialen an, führte aber häufig die Titel nicht aus, die an vielen Stellen dann (auch im Bereich des ersten Rubrikators) von späterer, aber noch zeitgenössischer Hand ergänzt wurden (sie fehlen nach wie vor bei Nr. VIIf. und XII-XVIII). Vor Nr. II und XL eine römische Fabelzählung. Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit herausgerückten farbigen Majuskeln (im Bereich des zweiten Rubrikators der fetteren Lombarde angenähert und manchmal [44v] die Farbe wechselnd, dies jedoch ohne Rücksicht auf formale Vorgaben des Verses). Die Zäsur im Pentameter regelmäßig durch Freiraum (bis 37v, dann auch durch – nicht immer angebrachte – Punkte) angegeben, die Versschlüsse oft durch Punkte, Doppelpunkte und Semikola (ab 37v kaum mehr regelmäßig) markiert. Für die Aufzeichnung wurde durchgehend rohes Pergament benutzt. Die Blätter zeigen durchgehend deutliche Spuren mechanischer Abnutzung, sind an den Rändern stark abgegriffen und teils wasserfleckig.

57r-59v 60r-80r 80r-81v 82r-90r 90v 91r-94v 94v-95r

Maximian: ›Elegiae‹ (Ende frgm.) Persius: Satiren (gloss.) Probus: ›Vita Persii‹ Carmina aus Boethius: ›De consolatione philosophiae‹ leer Remmius Favinus: ›De ponderibus et mensuris‹ Atticus: ›Regula formatarum‹

Verzeichnisse zur Überlieferung

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95r-98v Kommentar zu Boethius: ›Institutio arithmetica‹ Vorbesitzer Paul Petau (1568-1614); Alexander Petau (†1672); Königin Christina von Schweden (1626-89) Die Handschrift besteht aus zwei Teilen, die erst nachmittelalterlich vereint wurden. Teil I befand sich im Besitz von Pierre Daniel (1530-1604).531 Teil II stammt hingegen vielleicht aus der Bibliothek von Claude Fauchet (1530-1602),532 dessen umfangreiche Handschriftensammlung nach seinem Tod zu einem großen Teil von Paul Petau erworben werden konnte533. Spätestens Petau muss die Bände zusammengeführt haben, da sowohl Bl. 1r seine Signatur O.28 erscheint als auch Bl. 91r seine griechische Devise. Über seinen Sohn und Erben Alexander534 gelangten die nunmehr vereinten Teile 1645 in die Bibliothek Königin Christinas von Schweden und nach der Konversion Christinas und ihrer Übersiedlung nach Rom mitsamt ihrer Bibliothek an ihren heutigen Ort.535 Der erste Teil umfasst im Kern sechs Hauptstücke, die ›Disticha Catonis‹, den ›Liber de fonte vitae‹, die Fabeln, Maximian, Persius und die Gedichte aus der ›Consolatio‹. Sie wurden von mehreren Schreiber (allein am Avian waren drei536 und dazu zwei Rubrikatoren beteiligt) niedergeschrieben, die im selben Skriptorium arbeiteten. Sie legten den Kodex weitgehend geschlossen an. Das zeigt sich am gleichbleibenden Format des Pergaments, an seiner gleichbleibend minderwertigen Qualität, an Ausstattungsdetails wie der für mehrere Texte gewählten Titelgebung in einer zweifarbig gestalteten Masjuskelschrift, an der Einrichtung der dem Avian vorangehenden Stücke mit demselben großzügigen Zeilenabstand und an der Ausstattung gleich mehrerer Texte mit Glossen. So erklärt sich auch am einfachsten, dass an dem inmitten der Fabelsammlung verkleinerten Zeilenabstand dann noch über diesen Text hinaus festgehalten wird. Andererseits macht das Ergebnis der Zusammenarbeit dann doch keinen durchgreifend einheitlichen Eindruck. Zu dieser Einschränkung trägt – unabhängig von der Störung der Textfolge am Anfang und den kleineren Ergänzungen537 – etwa eine unregelmäßige Lagenbildung bei,538 der

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Vgl. Ce liure appartient a Monsieur Daniel (Bl. 90v). Anmerkungen Bl. 59v und 81v »paraissent de sa main ou de celle de Pierre Pithou« (PELLEGRIN 1975ff., Bd. 2,1, S. 203). Zu einem entstellten Exlibris Fauchets Bl. 91r PELLEGRIN 1975ff., Bd. 2,1, S. 203. DE MEYIER 1947, S. 70. Signatur bei Alexander Petau: Nr. 1603 (PELLEGRIN 1975ff., Bd. 2,1, S. 203). Ältere Christina-Signatur: Nr. 1722. Unter dieser Nummer erscheint Rom7 1739 bei MONTFAUCON (Bd. 1, S. 53). GUAGLIANONE zufolge schrieb Hand 1 Bl. 35r-41r, Hand 2 Bl. 41v-47r, Hand 1 Bl. 47v48r, Hand 2 Bl. 48v-56v; Hand 3 schließlich korrigierte. Die Nachträge reichen, ähnlich wie in der etwa gleichaltrigen Avian-Handschrift Rom6, nicht über das 12. Jahrhundert hinaus (Bl. 2r: Auszüge aus den ›Disticha Catonis‹, noch

Avian: ›Fabulae‹

751

erwähnte Wechsel der Zeilendichte im Avian, der Verzicht auf einen Titel vor dem Maximian, die Unsicherheit in der Zeilenfüllung,539 ferner insbesondere im Avian etwa die uneinheitliche Titelgebung und der Verdacht, der zweite Rubrikator könnte sich die Fabeln zum allerersten Übungsplatz seiner Fertigkeiten im Rubrizieren ausgesucht haben, schließlich im Blick auf den ganzen Band die zumeist nur angefangene, nirgends systematisch durchgeführte Glossierung. Rom7 entstand nicht ohne Plan, auch nicht ganz ohne Sorgfalt und durchaus mit einiger Mühe, aber das Endprodukt erscheint insgesamt, trotz eines Umfangs von 90 Blättern, eher anspruchslos. Dazu ist dann noch das kleine, ebenso handlich mitzuführende wie kostbaren Beschreibstoff sparende Format zu bedenken: Rom7 ist die kleinformatigste Handschrift des 9. und 10. Jahrhunderts überhaupt. Das alles legt die Vermutung nahe, der Band könnte für einen eher speziellen persönlichen statt für den Gebrauch durch eine Gemeinschaft angelegt worden sein. Er scheint dann ja auch tatsächlich nicht als »Textspeicher« in die Regale der Bibliothek gewandert und nur noch gelegentlich benutzt worden zu sein, sondern wurde im Gegenteil überaus häufig konsultiert. Seine Blätter sind am Rand vielfach abgegriffen, oft stark zerknittert und vielfach fleckig. Darüber ist der Text an nicht wenigen Stellen stark verblasst. Rom7 wurde zwar nicht als Unterrichtsfaszikel angelegt wie Par 1, denn dafür ist die Handschrift zu umfangreich wie zu kleinformatig, aber vielleicht als ein Kompendium potentieller Unterrichtslektüre einer mit solchen Dingen betrauten Person. Als solches wurde die Handschrift dann immer und immer wieder – ohne dass freilich noch sehr viele weitere Texte oder gar in extenso Glossen nachgetragen würden – benutzt. L1 BÄHRENS 1883, S. 32 (Sigle R); HERVIEUX 1893/99, Bd. 3, S. 109f.; GUAGLIANO1958, S. XIV (Sigle Re); DUFF/DUFF S. 678 (Sigle Reg.); HERRMANN 1968, S. 26 (Sigle Re); GAIDE 1980, S. 72 (Sigle Re). L2 KRISTELLER 1967/97, Bd. 6, S. 370; PELLEGRIN 1975ff., Bd. 2,1, S. 269-272.

NE

Rom8

*Rom (Città del Vaticano), Biblioteca Apostolica Vaticana, Reg. lat. 1556 Perg., I + 75 Bl., 23 x 16.5 cm, Ende 13. Jh., Nordfrankreich/Flandern?

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zeitgenössisch; Bl. 3r, 11. Jahrhundert; Bl. 19v, Auszüge aus Ciceros ›De senectute‹, 11./12. Jahrhundert). Lagenformel: 4IV32 + III-137 + 2IV53 + III59 + V69 + 2IV85 + IV-390. Nicht selten reichte der Platz nicht für den ganzen Vers, der dann über- oder untergesetzt wurde und somit das Seitenbild verunklärt.

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Ir Iv 1r-6v 7r-12v 13r-24v

Verzeichnisse zur Überlieferung

gestrichene alte Reginensis-Signatur 1733; Signatur Arm. 8.V.4; Besitzeintrag Ger. Joann. Vossius; Signatur 1556; Inhaltsverzeichnis (15./16. Jh.) Restaurationsvermerk Abbas gherardus poelgheest uenerandus in egmont | Jstum cum multis libris reparauit honeste. | Anno domini M°.CCCC°.LXV°. ›Disticha Catonis‹ (gloss., komm.) ›Ecloga Theodoli‹ (gloss., komm.) Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XLII. 2.a) Epimythien im Verstext: Nr. XI E,1f., XII E,1-4, XIII E,1f., XIV E,3f.+1f., XV E,1f., XIX E,1f., XXV E,1f., XXIX E,1f., XXXI E,1f. 2.b) Epimythien außerhalb des Verstextes: Nr. VI E,1f., X E,1f., XVII E,3f. und XXVI E,1f. von einer ersten Nachtragshand, Nr. XVII E,1f. von einer zweiten. Erschließung: 1. Accessus: wohl weil zuwenig Platz im Kopf belassen wurde, erst 36v in kleinerer Glossenschrift engzeilig fortlaufend nachgestellt. 2. Interlinearglossen: durchgehend von einer Hand, mit sehr wenigen weiteren Ergänzungen. 3. Marginalglossen: in kleinerer Glossenschrift von der Hand der Interlinearglossen und durchgehend; überwiegend auf dem etwas schmaleren inneren Blattrand, aber auch zwischen den Kommentarblöcken auf dem äußeren; regelmäßig mit vorangestelltem Alinea-Zeichen und unterstrichenem Lemma; manchmal noch in großen Blöcken belassen, z. B. 20v mit mehreren Lemmata. 4. Prosakommentar: er steht jeweils in Höhe des Fabelbeginns in engzeiligen fortlaufenden Blöcken und wurde in Glossenschrift von der Hand des Glossators geschrieben. Seine Elemente: a) Alinea-Zeichen und unterstrichenes Lemma; b) Einleitungssatz und Lehre; c) Prosaparaphrase; d) bei Nr. I auch eine allegorische Auslegung. 5. Weiteres: a) Nota-Zeichen vor den Epimythien; b) eine Versfassung der ›Fabulae‹ (bis Nr. XXXVI einschließlich) an den Rändern vielleicht von anderer, etwas späterer Hand. Einrichtung: einspaltig, 30 Zeilen pro Spalte in vorgezeichnetem und vorliniertem Schriftspiegel mit breiten Rändern. Textanfang: neunzeilige Zierinitiale und Verstext etwas unterhalb der ersten Schriftspiegelzeile einsetzend, die Zeilen oberhalb des Verstextes mit Scholien in kleinerer Glossenschrift gefüllt. Textende: EXLICIT LIBER AUIANJ in eigener Zeile im Schriftspiegel des Verstextes. Die einzelnen Fabeln setzten jeweils nach einer Leerzeile (fehlt vor Nr. XLII) mit bis zu 17-zeiliger Zierinitiale (Fleuronnée) ein. Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit in eigene Vorlinierung herausgerückten Majuskeln. Die Versschlüsse werden regelmäßig durch Interpunktionszeichen markiert (überwiegend ein Semikolon).

25r-36v 36v 37r-55v 56r-74v

Maximian: ›Elegiae‹ (gloss., komm.) Accessus zu Avian und zu Maximian: ›Elegiae‹ Claudian: ›De raptu Proserpinae‹ (gloss., komm.) Statius: ›Achilleis‹ (gloss., komm.)

Avian: ›Fabulae‹

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74v-75rb

Accessus (zweimal Statius: ›Achilleis‹, ›Disticha Catonis‹, wiederum Statius: ›Achilleis‹) 75r Besitzeintrag ^ nd @fr de Harlem 75v Tugend- und Lasterkatalog, Federprobe: Initium der ›Disticha Catonis‹, Definition von doctrina (Nachtrag) Vorbesitzer ^ nd @fr de Harlem; Egmond, Benediktiner St. Adelbert; Gerhard Voss (1577-1649); Isaak Voss (1618-89); Königin Christina von Schweden (1626-1689) Die Handschrift befand sich – vielleicht noch im 13. Jahrhundert, sicher aber im 14. – in Besitz eines Haarlemer Bürgers.540 Sie ging später in die Bibliothek der Benediktiner von St. Adelbert ein, wo sie 1465 auf Veranlassung des Abtes Gerhard Poelgheest instandgesetzt wurde.541 Rom8 ist jedoch mit keiner der beiden im spätmittelalterlichen Katalog von St. Adelbert aufgeführten Avian-Handschriften zu identifizieren.542 LAMPENs Nr. 81 passt vom Inhalt nicht: Item donatum utrumque, Catonem avianum in uno volumine. Zudem wurde dieser Band bereits unter dem Abbatiat Stephans, der 1105 verstarb,543 von einem Magister Baldewinus in die Bibliothek eingebracht.544 Bei der zweiten Avian-Handschrift (Nr. 197) handelt es sich dagegen um eine reine Kommentarsammlung: Item libellum in quo continentur glose super cathonem, super avianum, super stathium achylleidos, super ovidium, super virgilium in georgica et bucolica. Erster nachweisbarer nachmittelalterlicher Besitzer ist Gerhard Johannes Voss. Wahrscheinlich gelangte Rom8 dann über den Sohn Isaak, den Bibliothekar Christinas von Schweden, in die Bibliothek der Königin.545 Im Zuge des Übertritts Christinas zum Katholizismus gelangte Rom8 nach Rom, wo sie zunächst – wie der Reg. lat. 816 auch, jedoch ohne dass weitere Verbindungen zu diesem Band bestünden546 – unter der

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Vgl. den Eintrag Bl. 75r und zu seiner Datierung PELLEGRIN 1975ff., Bd. 2,1, S. 272. Vgl. den Eintrag Bl. Iv. Der Verweis des Vermerks auf weitere Handschriften wird bestätigt etwa durch Leiden, Bibliotheek der Rijksuniversiteit, B.P.L. 92, Bl. 2v – Abbas Gherardus venerandus Istum cum multis reparavit honeste. 1465 – oder durch Leiden, Bibliotheek der Rijksuniversiteit, B.P.L. 87, Bl. 1v – Dominus Egbertus archiepiscopus Treverensis obtulit hunc librum quem venerabilis dominus Gherardus de Poelgeest abbas eiusdem loci religari fecit anno domini 1465 (beide Stellen zitiert nach LAMPEN 1942, S. 43, der S. 43f. weitere Handschriften mit Erwähnungen des Abtes Poelgheest als Förderer der Bibliothek nennt; vgl. zu diesen auch BOAS 1913, S. 96). Anders LAMPEN 1942, S. 44 zu Nr. 81, auf den PELLEGRIN 1975ff., Bd. 2,1, S. 269, unkritisch verweist. LAMPEN 1942, S. 50, Anm. So eine Notiz vor Nr. 71 des Katalogs (LAMPEN 1942, S. 57). Dahingehend BOAS 1913, S. 97. Vgl. die Beschreibung in PELLEGRIN 1975ff., Bd. 2,1, S. 216.

Verzeichnisse zur Überlieferung

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Nummer 1733 aufbewahrt wurde,547 später aber dann die gegenwärtige Signatur erhielt. Die Handschrift ist aus einem Guss. Verstexte und ein dichter Grundbestand an Glossen und Kommentaren wurden von einem einzigen oder wenigen mehreren, jedoch eng aufeinander abgestimmt arbeitenden Schreibern niedergeschrieben und dann mit durchgehend gleichartigem, nicht unaufwändigem Buchschmuck548 versehen. Inhaltlich wird sie von der im 13. Jahrhundert verbreiteten Textreihe des ›Liber Catonianus‹ zusammengehalten. SCHETTER zufolge hat Rom8 dem ›Liber Catonianus‹ in Rom11 für Text und Glossen des Maximian unmittelbar als Vorlage gedient.549 Auch im Avian besteht engste Verwandtschaft. Von den Handschriften des 13. Jahrhunderts stimmen im Bestand ihrer bereits in den Verstext aufgenommenen Epimythien allein Rom8 und Rom11 vollständig überein. Zudem gehören, wie SUERBAUM festgestellt hat,550 Glossierung und Kommentierung der Fabeln in ein- und dieselbe Textgruppe. Ergänzt und ausgeweitet wird dieser Befund durch das engste Zusammengehen der Interlinearglossierung in den ersten Zeilen des ›Cato‹ und des Theodolus. Offenbar entstammen die beiden ›Libri Catoniani‹ demselben Lehrbetrieb, dessen lectiones weitgehend dieselben Kommentarschriften zugrundegelegt wurden, die man in gleichbleibender Abfolge und Einrichtungsform schriftlich zur Verfügung gestellt und in tendenziell derselben Vollständigund Ausführlichkeit mündlich ausgeführt bekam.551 Dass Rom8 dem Unterricht in der Tat über längere Zeit gedient hat, erweisen die vielfach fleckigen Blätter mit durchgehend abgegriffenen Rändern, Kritzeleien (etwa Bl. 68v und 69r) und nicht zuletzt die über die ganze Handschrift verteilten zahlreichen Nachträge kleineren Umfangs von verschiedenen Händen (etwa Bl. 27r, 30v, 33r, 33v, 60v, 74v).

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Unter dieser Nummer führt sie 1739 MONTFAUCON, Bd. 1, S. 53: »Catonis disticha. Theoduli Carmina. Avieni Maximiani, seu Cornelii Callii Carmina. Claudianus de raptu Proserpinae. Statii Achilleis, omnia cum commentariis.« Im Avian etwa laufen die Federstrichverzierungen der Zierinitialen, Drolerien nicht unähnlich, bisweilen in figürliche Darstellungen wie Masken und Tierköpfe aus. Vgl. SCHETTER 1970, S. 6 und S. 61-63. SUERBAUM 2000, S. 420 Anm. 178. Dass Rom8 und Rom11 »auch in Blatt- und Zeilenaufteilung [...] völlig übereinstimmen« (a. a. O.) trifft jedoch so nicht zu, gilt vielmehr lediglich nur bis Avian Nr. VIIf. Vor diesem Hintergrund müssen die Abweichungen des überlieferten Textbestands zum Inhaltsverzeichnis Bl. Ir irritieren. Es wurde im 15./16. Jahrhundert flüchtig niedergeschrieben. Könnten die Lücken des Verzeichnisses – sie betreffen Theodolus und Avian – auf mangelnde Sorgfalt zurückzuführen sein? Aber wie sind die Ergänzungen zu verstehen, mit denen es aufwartet (zwei theologische Traktate und Vergils Eklogen)? Hatte man die vorliegende Einheit temporär erweitert, und wurde diese Auffüllung später wieder rückgängig gemacht? Oder bezieht sich das Verzeichnis auf eine ganz andere Bucheinheit?

Avian: ›Fabulae‹

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L1 HERVIEUX 1893/99, Bd. 3, S. 110; GUAGLIANONE 1958, S. XVIII (Sigle Rs); HERRMANN 1968, S. 26 (Sigle Rs). L2 PELLEGRIN 1975ff., Bd. 2,1, S. 269-272. L3 WILLIBRORD LAMPEN: Catalogus librorum abbatiae Sancti Adelberti Egmondanae. In: Antonianum 17 (1942), S. 39-72; MARCUS BOAS: Het Egmondsche Cato-handschrift. In: Het boek 2 (1913), S. 92-104.

Rom9

*Rom (Città del Vaticano), Biblioteca Apostolica Vaticana, Reg. lat. 2080 – Bl. 96r-95v (= Teil III) Pap. (2-5, 8-11), Perg., 288 Bl. (195b ungezählt); Teil III (66-95): 22 x 15.5 cm, 13./14. Jh., Frankreich. 66r-68v ›Disticha Catonis‹ (bis 2,16,1) (gloss., komm.) 69r-71v ›Ecloga Theodoli‹ (V.27-120) (gloss., komm.) 72r-75r ›Disticha Catonis‹ (ab 2,16,2) (gloss., komm.) 75v ›Ecloga Theodoli‹ (bis V.26) (gloss., komm.) 76r-81v ›Ecloga Theodoli‹ (ab V.153) (gloss., komm.) 82r-89r Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. XIV,2-XXXVII, XLf., XXXVIIIf., XLII. 2.a) Epimythien im Verstext: Nr. XIV E,1f., XV E,1f., XXV E,1f. 2.b) Epimythien außerhalb des Verstextes: Nr. XIV E,3f. (zu Nr. XIV wie XV), XIX E,1-4, XX E,1f., XXVI E,1f., XXVIII E,1f., XXIX E,1f., XXXVIII E,1f. Erschließung: 1. Interlinearglossen: in kleinerer Glossenschrift durchgehend dicht von der Hand noch des Verstextschreibers. 2. Marginalien: auf beiden Rändern, durchgehend, in kleinerer Glossenschrift, in der Hauptsache von der Hand der Interlinearglossen; jeweils mit vorangestelltem Alinea-Zeichen in wechselnder Farbe (rot, blau) und vorangestelltem unterstrichenen Lemma, darunter unaufgelöste expositio-Blöcke; vereinzelt sorgfältig ausgeführte spätere Ergänzungen. 3. Prosakommentar: jeweils meist auf den etwas breiteren äußeren Rändern, in kleinerer Glossenschrift, von der Hand des Glossenschreibers, dazu Ergänzungen von mindestens einer späteren Hand (etwa ALLEGORICE zu Nr. XXf., XIII und XXV). Seine regelmäßig wiederkehrenden Elemente: a) AlineaZeichen und Einleitungssatz (Hic ostendit [...], Fructus est [...]); b) Benennung der Lehre; c) Paraphrase; d) erneute Benennung der fructus und öfter mit vel aliter eingeleitete weitere Auslegungsangebote. Einrichtung: einspaltig, 31 Zeilen pro Spalte in vorgezeichnetem und vorliniertem Schriftspiegel mit breiten Rändern, die nach außen durch die Vorlinierung zusätzlich begrenzt sind. Textanfang: fragmentiert. Textende: EXPLICIT AUIANUS auf dem äußeren Rand und daher vielleicht auf Text wie Kommentierung gleichermaßen zu beziehen. Die einzelnen Fabeln beginnen jeweils in einer neuen Zeile mit bis zu vierzeiligen Zierinitialen (rubrizierter Buchstabenkörper, Innenraum mit floralem Dekor gefüllt, ausladende Federstrichverzierung). Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit in eigene Vorlinierung herausgerückten und gestrichelten Majuskeln.

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89r-95v Maximian: ›Elegiae‹ (frgm.) (gloss., komm.) 9 Rom ist nachmittelalterliche Zusammenstellung von sechzehn selbstständigen oder aus anderen Zusammenhängen herausgelösten Teilen. Die Vorbesitzer sind durchweg unbekannt. Den frühesten zeitlichen Anhaltspunkt für die Vereinigung der Bruchstücke liefert der unter dem Pontifikat von Pius VI. (†1799) hergestellte Einband.552 An dritter Stelle wurde ein arg beanspruchter ›Liber Catonianus‹ in das Konvolut aufgenommen. Es fehlen dem ›Liber‹ heute der Beginn des ›Cato‹, Verse aus der Mitte des Theodol, der Anfang des Avian, Verse aus der Mitte des Maximian und dessen Schluss553 – und mit diesem sehr wahrscheinlich auch die Fortsetzung des ›Liber‹ mit Statius’ ›Achilleis‹ und Claudians ›De raptu Proserpinae‹. Zudem ist die Reihenfolge der Blätter in Unordnung geraten.554 Die zumindest noch ansatzweise sichtbare Textreihe des ›Liber Catonianus‹, die weitgehend gleichbleibende Texteinrichtung,555 der gleichbleibende Buchschmuck,556 die durchgehend dichte Ausstattung mit Glossen und Kommentar in der Grundschicht, die Niederschrift durch einen einzelnen oder wenige aufeinander abgestimmt arbeitende Schreiber, dazu etwa auch die Lagenzählung557: alles dies weist den Band als planmäßig niedergeschriebenes Unterrichtsbuch aus. Frequente Verwendung im Unterrichtszusammenhang wird durch die oben erwähnten Blattverluste, die vielfach fleckigen Blätter mit abgegriffenen Rändern und zahlreiche kleinere Textergänzungen von vielen verschiedenen Händen, die das Textbuch eine zeitlang auf dem aktuellen Stand hielten, bewiesen. L1 HERVIEUX 1893/99, Bd. 3, S. 110f.; GUAGLIANONE 1958, S. XX (Sigle Rl). L2 KRISTELLER 1967/97, Bd. 6, S. 371; PELLEGRIN 1975ff., Bd. 2,1, S. 505-510. L3 MUNARI 1977/88, Bd. 1, S. 112f. Nr. 108.

Rom (Città del Vaticano), Biblioteca Apostolica Vaticana, Urb. lat. 368 (Avian-Epitomae Perotti):558 s. o. die Vorbemerkung mit Anm. 3.

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Vgl. PELLEGRIN 1975ff., Bd. 2,1, S. 510. Vgl. MUNARI 1977/88, Bd. 1, S. 112: »mancano i vv. 1,218-2,51 e 5,16 [10]-6,12«. Richtig wäre: Bl. 66-68 + Bl. 72-75 + Bl. 69-71 + Bl. 76-95. ›Cato‹ und Theodolus allerdings weisen im Unterschied zum Avian eine doppelte Vorlinierung auf. Sie war sowohl für den Verstext wie für die Interlinearglossen gedacht, die damit von Anfang an in die Seitengestaltung eingerechnet sind. Der ›Liber‹-Teil ist durchgehend reich mit in der Farbe wechselnden Zierinitialen ausgestattet. Hinzu kommen zahlreiche, ebenfalls farblich variierende, Alinea-Zeichen. Es sind nur noch Reste erkennbar: Ius, IIIIus, Vus. Vgl. HERVIEUX 1893/99, Bd. 1, S. 139-142, Bd. 3, S. 111; GUAGLIANONE 1958, S. XXVI (Hs. U).

Avian: ›Fabulae‹

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Rom10

*Rom (Città del Vaticano), Biblioteca Apostolica Vaticana, Urb. lat. 674 Perg., 23 Bl., 18.5 x 13 cm, 3. Viertel 10. Jh., Frankreich (»region de Paris«). 1r-2r Priscian: ›Periegesis‹, V.85-147 2v-4r ›De duodecim signis Zodiaci‹ (THORNDIKE/KIBRE Sp. 604) 4v-22v Priscian: ›Periegesis‹ 22v-23r Priscian: ›Epitome Phenomenon Arati‹ 23r Avienus: ›Lemmata in Arati Phenomena‹ 23rv Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: Widmungsepistel (bis Z. 19). Erschließung: 1. zahlreiche Glossen (pro Zeile 2-3), darunter eine althochdeutsche Interlinearglosse in bfk-Geheimschrift.559 2. ein knappes Dutzend Marginalien, in der Hauptsache geschrieben von einer einzigen, nur wenig späteren Hand, dazu mindestens einer weiteren. Einrichtung: einspaltig, 21 Zeilen pro Spalte in vorgezeichnetem und vorliniertem Schriftspiegel mit schmalen inneren und breiteren äußeren Rändern. 23r unten der Titel AVIENVS THEODOSIVS SVO in roter Majuskelschrift, 23v oben schlichte dreizeilige rote D-Initiale, die erste Zeile in roter Majuskelschrift, die folgenden fortlaufend mit großzügigem Zeilenabstand. Textabbruch in der letzten Zeile.

Vorbesitzer Federico da Montefeltro (1422-82) Ein am unteren Rand von Bl. 5r aufgemaltes Wappen weist einen der bekanntesten der Signori von Urbino, Federico da Montefeltro, als ehemaligen Besitzer von Rom10 aus. Federico, seit 1444 Graf, seit 1474 Herzog von Urbino, hatte 1468 den Grundstein für eine der ansehnlichsten Bibliotheken der Renaissance gelegt und es verstanden, seine Gründung in knapp eineinhalb Jahrzehnten mit weit über 1000 Handschriften auszustatten.560 In diese Zeit des Aufbaus fiel wohl auch der Erwerb von Rom10. Die Handschrift mag im in den achtziger Jahren des 15. Jahrhunderts angelegten Katalog der Sammlung vielleicht mit Nr. 71 zu identifizieren sein.561 Weitere mittelalterliche Vorbesitzer der Handschrift sind nicht bekannt. Die Bibliothek der Herren von Urbino, und mit ihr Rom10,

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Textabdruck: MAYER 1974, S. 117. Vgl. zur Bibliothek Federicos die Skizze von Y. F. RIOU in PELLEGRIN 1975ff., Bd. 2,2, S. 518-521. PELLEGRIN 1975ff., Bd. 2,2, S. 641. Der Eintrag im »Indice vecchio« erfolgte unter der Überschrift »Infrascripti ablati sunt a Palleschis rebellibus Domino F. Maria exule a statu« und lautet »Dionysius de situ orbis opus vetustum. In rubro« (COSIMO STORNAJOLO: Codices Urbinates Graeci Bibliothecae Vaticanae. Rom 1895, S. CL). Als Hauptstück betrachtete man Priscians ›Periegesis‹, die Umarbeitung des geographischen Lehrgedichts des Dionysios. Den Avian, das neben Priscian, wenn denn vollständig, umfangreichste Stück, erwähnte man nicht. Demnach könnte den Fabeln ihr Schluss schon im 15. Jahrhundert gefehlt haben.

Verzeichnisse zur Überlieferung

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wurde 1658 auf Anordnung Papst Alexanders VII. in den Vatikan überführt. Geschrieben wurde Rom10 nicht auf italienischem, sondern auf französischem Boden, und zwar in der Gegend von Paris. Die Aufzeichnung des ersten Hauptstücks, der Zwischenstücke (Bl. 22v-23r und 23r) und dann der Fabelsammlung erfolgte, bei im wesentlichen gleichbleibender Einrichtung, in einem Zuge und von vielleicht nur einem Schreiber. Bei den beiden vorangehenden, kürzeren Texten könnte es sich um etwas spätere Ergänzung auf vielleicht eigens vorgeschalteten Blätter handeln.562 Der kodikologischen Einheitlichkeit entspricht jedenfalls eine inhaltliche. Priscians ›Periegesis‹, die lateinischen Bearbeitung des griechischen, 124 nach Christus entstandenen geographischen Lehrgedichts des Dionysios Periegetes, bietet spätantike Erdkunde. Auf sie folgt mit den Versen über die Tierkreis-Sternbilder die Himmelskunde. Daran knüpft wiederum mit der Priscian zugeschriebenen Epitomae der ›Phainomena‹ des Arat die Kurzfassung eines griechischen Lehrgedichts über die Himmelserscheinungen aus dem 3. Jahrhundert vor Christus an. Zu ihr stellen sich weiter die ›Lemmata in Arati Phenomena‹ des Rufius Festus Avienus aus der 2. Hälfte des 4. Jahrhunderts. Damit steht wiederum die Fabelsammlung in lockerer Verbindung. Sie macht im Anschluss an die Himmels- und Erdkunde nun auch mit den »Bewohnern der Erde« bekannt. Allerdings muss auch erwogen werden, ob die Fabeln nicht auch nur aufgenommen wurden, weil man sie als ein weiteres Werk des Avienus ansah,563 dessen Eingang zudem willkommene Informationen über den Autor liefern konnte. Dies Vorgehen wäre dem in Lei4 vergleichbar, wo Nachrichten über die Autoren den Werken des Sedulius und des Arator ebenfalls den Texten nachgestellt wurden. Das Interesse an den Werken des Avienus war aber kaum alleiniger Anstoß zur Aufnahme, denn dann hätte man anstelle von Priscians Bearbeitung des Dionysios doch die des Avienus, seine ›Descriptio orbis‹ aufnehmen können. Zudem hätte man sich dann auf das Exzerpt der Epistel beschränken können. Deren Text bricht aber am unteren Blattrand ab, und es liegen keine Indizien dafür vor, dass die fehlenden Blätter lediglich den Abschluss der Epistel geboten haben sollten. So bleibt Rom10 am schlüssigsten als Handbuch der Himmels- und Erdkunde anzusprechen. L1 SUERBAUM 2000, S. 385 Anm. 10. L2 COSIMO STORNAJOLO: Codices Urbinates Latini. Rom 1902-21, Bd. 2, S. 179f.; PELLEGRIN 1975ff., Bd. 2,2, S. 640f. L3 BERG-

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Leider ist in beiden Katalogbeschreibungen auf Angaben zur Lagenverteilung verzichtet. Vgl. in diesem Zusammenhang auch den Hinweis Avianus Bl. 1v über dem Schriftspiegel (von späterer Hand). Die Verwechslung war auch im 16. Jahrhundert noch ohne weiteres möglich, s. o. die der Fabelsammlung in Lei6 auf Bl. 28r von der Hand Pierre Daniels nachgestellten Bemerkungen.

Avian: ›Fabulae‹

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1973, S. 98 Nr. 832; HARTWIG MAYER: Althochdeutsche Glossen: Nachträge. Old High German Glosses: A supplement. Toronto 1974, S. 117; BERGMANN/STRIKKER 2005, Nr. 832. MANN

Rom11

*Rom (Città del Vaticano), Biblioteca Apostolica Vaticana, Vat. lat. 1663 Perg., 77 Bl., 23.5 x 16.5 cm, Ende 13. Jh., Frankreich? 1r-6v ›Disticha Catonis‹ (gloss., komm.) 6v Accessus zu den ›Disticha Catonis‹ 7r-12v ›Ecloga Theodoli‹ (gloss., komm.) 12v Accessus zu den ›Ecloga Theodoli‹ 13r-25r Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XLII. 2. Epimythien im Verstext: Nr. XI E,1f., XII E,1-4, XIII E,1f., XIV E,3f.+1f., XV E,1f., XIX E,1f., XXV E,1f., XXIX E,1f., XXXI E,1f. 2.b) Epimythien außerhalb des Verstextes: Nr. VI E,1f., X E,1f., XVII E,3f.+1f., XXVI E,1f., XXVIII E,1f., XXXVIII E,1f. – alle teils unter den Scholien noch von Verstexthand, teils von mindestens drei weiteren Händen ergänzt. Erschließung: 1. Accessus: 22v-23r am unteren und oberen Rand von späterer Hand in flüchtiger Schrift nachgetragen, stark verblasst und unleserlich. 2. Interlinearglossen: durchgehend dicht in kleinerer Glossenschrift von der Hand des Verstextes (in derselben Schriftart z. B. 24r eine Ergänzung). 3. Marginalscholien: durchgehend, doch in abnehmender Dichte in kleinerer Glossenschrift von der Hand des Glossenschreibers/Verstextschreibers auf beiden Rändern, ein vorangehendes Lemma oft unterstrichen. 4. Prosakommentar: von derselben Hand der Interlinearglossen und Marginalscholien und fortlaufend engzeilig auf den entsprechend vorlinierten rechten und linken Rändern aufgezeichnet. Einrichtung: einspaltig, 29-30 Zeilen pro Spalte in vorgezeichnetem und vorliniertem Schriftspiegel mit breiten Rändern. Textanfang: Zierinitiale. Textende: EXLICIT LIBER AUIANI in eigener Zeile. Die Fabeln setzen jeweils nach Leerzeile mit Zierinitiale (rubrizierter Buchstabenkörper, Innenraum mit floralem Dekor, Federstrichverzierung) ein. Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit in eigene Vorlinierung herausgerückten Majuskeln. Versschlüsse sind wie in Rom8 regelmäßig durch Interpunktionszeichen markiert (überwiegend ein Semikolon).

25r 25r-36v 36v 37r 37r 37v-56v 65v

Accessus zu Avian Maximian: ›Elegiae‹ (gloss., komm.) Accessus zu Avian Accessus zu Maximian: ›Elegiae‹ Maximian: ›Elegiae‹ (Appendix: Carmen I) Statius: ›Achilleis‹ (gloss., komm.) Accessus zu Statius: ›Achilleis‹ und zu den ›Disticha Catonis‹ (Auszüge)

Verzeichnisse zur Überlieferung

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57r-77v 77v

Claudian: ›De raptu Proserpinae‹ (gloss., komm.) Accessus zu Claudian: ›De raptu Proserpinae‹, Hymnus, Besitzeintrag Jehan de en la maison mestre Estienne de Vergi (15. Jh.) Vorbesitzer Jehan de en la maison mestre Estienne de Vergi Rom11 wurde unter dem Pontifikat Sixtus VI. (†1484) für die Vaticana erworben und ist seit 1481 in den Katalogen der päpstlichen Bibliothek nachzuweisen.564 Als Vorbesitzer des 15. Jahrhunderts ist nur jener Jehan bekannt, der sich Bl. 77v nennt. Es handelt sich bei Rom11 um einen geschlossen angelegten ›Liber Catonianus‹. So sind z. B. vielfach noch Lagenreklamanten zu erkennen. Die Handschrift ist eng mit Rom8 verwandt, stimmt z. B. in ihrem in den Verstext des Avian übernommenen Epimythienbestand mit ihrer Schwesterhandschrift auffallend überein. In der Kommentierung des Avian sind allerdings auch Unterschiede anzutreffen. So ist Rom8 an vielen Stellen ausführlich als Rom11. Ferner weicht – wenn auch nur selten – Rom11 von Rom8 in Details, so z. B. in der ersten Scholie zu Nr. II, auch weitergehend ab. Der textliche Zusammenhang der zwei Handschriften müsste einmal eingehend analysiert werden. Das dürfte einigen Aufschluss liefern über jene gemeinsame Lehrtradition, die bei beiden Zeugen im Hintergrund steht. Der Besitzeintrag des Jehan erlaubt diese zumindest typologisch zu verorten. Es dürfte sich bei dem Besitzer um einen Schüler gehandelt haben, der im Hause seines Lehrers wohnte. Zu suchen wäre demnach nach einer Einrichtung, in der Unterricht nicht sporadisch, sondern hochfrequent und damit für Lehrer in derart hohem Maße berechenbar stattfand, dass sich das Lehrpersonal mit der Pflege eines Schülerstammes ein zuverlässiges eigenes Einkommen sichern konnte. Die Handschrift wurde über einen längeren Zeitraum hinweg im Schulunterricht benutzt. Bl. 1v oben finden sich Gelegenheitseinträge, ebenso Bl. 4v oben, und Bl. 72v steht eine Federprobe. Alle Blätter, besonders aber die Eingangsseiten, sind an den Rändern abgegriffen und fleckig. Ergänzungen zum Kommentar wurden u. a. Bl. 5r oben vorgenommen. Man versuchte die Handschrift demnach zumindest stellenweise auf dem Stand zu halten. L1 HERVIEUX 1893/99, Bd. 3, S. 107f.; GUAGLIANONE 1958, S. XVIII (Sigle Vt). L2 PELLEGRIN 1975ff., Bd. 3,1, S. 294-297.

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PELLEGRIN 1975ff., Bd. 3,1, S. 297.

Avian: ›Fabulae‹

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Rom12

*Rom (Città del Vaticano), Biblioteca Apostolica Vaticana, Vat. lat. 3799 Perg., I + 106 Bl., 30 x 19.5 cm, 10. Jh., Nordfrankreich (Reims?, St. Amand?). Ir leer Iv Titelseite zum ›Alphabetum Tironianum‹ 1r-105r ›Alphabetum Tironianum‹ 100r Federprobe quam dulces sunt littere quam dulces sunt littere 100v-101r Versus, quem scolarii comeatu explicatum ante diem Pasche feria IIII in scola canunt (Audite pueres quam sunt dulces littere [...]) 101v-105r Nachtrag zum ›Alphabetum Tironianum‹ 105r Verse (Dedikationsvermerk?) 105v Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Widmungsepistel. 2. Fabel Nr. I,1-9 (ohne V.5). Erschließung: keine. Einrichtung: einspaltig, 24 Zeilen. Textanfang: INCIPIT LIBER AVIENI in Majuskelschrift über dem Schriftspiegel; vor der ersten Zeile des Textes eine herausgerückte D-Lombarde (recte: O), gefolgt vom Text der fortlaufend engzeilig aufgenommenen Widmungsepistel; eine neue Zeile beginnt dann mit herausgerückter R-Lombarde, die den ersten Vers der Eingangsfabel eröffnet. Textende: Textabbruch mit Nr. I,9. Die einzelnen Verse stehen jeweils in neuer Zeile und beginnen mit einer Majuskel.

106rv Kapitular-Fragment Vorbesitzer St. Amand, Benediktiner? Eine Schriftzierseite mit zehnzeiliger Titulatur in Capitalis quadrata, deren Buchstaben zeilenweise die Farbe wechseln (Bl. Iv) und eine aufwändig gestaltete Initialseite (Bl. 1r) eröffnen diesen großformatigen Kodex, der für ein umfangreiches Verzeichnis tironischer Noten dreispaltig angelegt und an zahlreichen weiteren Stellen mit Buchschmuck verziert wurde (Deckfarben-Initialen u. a. Bl. 41v, 52r, 81r, 88v, mehrfarbige Überschriften nahezu auf jeder Seite). Die Bl. 100v-101r mit ebenso großer Sorgfalt wie das ›Alphabetum‹ geschriebenen und wiederum mit einer Zierinitiale begonnenen ›Versus‹ gehören noch zum Grundbestand des Kodex, wogegen die Fortführung des ›Alphabetum Tironianum‹ Bl. 101v-105r bereits Nachtrag ist. Nurmehr als Füllsel und vielleicht als Schreibübung wurde der Beginn des Avian auf der zunächst leeren Schlussseite eingetragen: in unregelmäßigen Zeilenabständen, in wechselnder Schriftgröße, mit zwei verschiedenen Federn und von vielleicht zwei verschiedenen Schrei-

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bern.565 Die stark fleckige Schlussseite wird dem nachgeschalteten Schmutzblatt Bl. 106 von Anfang an unmittelbar vorangegangen sein. Eine Fortsetzung der Fabelsammlung war vermutlich nie geplant. Während der Hauptteil der Handschrift von kunsthistorischer Seite (KÖHLER) dem Reimser Skriptorium zugeordnet werden kann,566 verweist MERCATO 1937 auf eine auffällige Großschreibung der Notenauflösung »Amand« im Nachtragsteil des ›Alphabetum Tironianum‹. Er wertet sie als Indiz für Entstehung wie Verwendung der Handschrift in St. Amand.567 Beide Ansätze brauchen sich nicht auszuschließen, wenn der Hauptteil in Reims angelegt, aber in St. Amand an lokale Erfordernisse angepasst und erweitert wurde. Die Mönche von St. Amand verfügten in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts über fast ein halbes Dutzend tironischer Lexika. Davon mag sich eines in Rom12 erhalten haben.568 Bl. 105r sind dem Nachtrag zum Lexikon noch einige Verse nachgestellt: Hoc tibi, Christe, tuus, venerande, volumen Alumnus Optulit ex animo Bernarius placido Quem pie tu lesu proprio, precor, exue nexu, Idque repende sibi In patris aede tui sicut mater consolatur filios.569

Bei dem genannten Bernarius könnte es sich um jenen Wohltäter handeln, der den ›Annales Elnonensis minores‹ zufolge am Wiederaufbau der Abtei

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Die mangelnde Sorgfalt bei der Aufnahme eines Gelegenheitseintrags gibt sich zudem am vielfach entstellten Text zu erkennen, vgl. dazu die Bemerkungen bei GUAGLIANONE 1958, S. XIII. »Im Nachlaß W. Koehlers [...] sind eine ganze Reihe von Handschriften aus der Frühzeit des Reimser Skriptoriums verzeichnet. Bemerkenswerten Initialschmuck besitzt vor allem eine Gruppe von Handschriften mit tironischen Noten (u. a. Rom, BiBl. Vat. Lat. 3799; London, Brit. Libr. Add. 9046; Paris, BiBl. Nat. Lat. 8779)«: KATHARINA BIERBRAUER, VOLKER BIERBRAUER: Reims vor Ebo. Zu einer Handschrift in London, British Library Harley 1772. In: Studien zur mittelalterlichen Kunst 800-1250. Festschrift für Florentine Mütherich zum 70. Geburtstag. Hg. von K. B., PETER K. KLEIN und WILLIBALD SAUERLÄNDER. München 1985, S. 29-48, hier S. 48 Anm. 5. Die von GUAGLIANONE (1958, S. XIII) ohne Begründung ausgesprochene Vermutung iberischer Herkunft hingegen ist abwegig. Vgl. MERCATI 1937, S. 515, der auf den zwischen der Mitte und der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts angelegten Bibliothekskatalog hinweist. Dort werden »Libelli quinque veteres qui ipsas notas indicant« angeführt (DELISLE 1868/81, Bd. 2, S. 449 Nr. 7). Eine Verbindung des Eintrags mit erhaltenen tironischen Lexika aus St. Amand hatte zuvor bereits ÉMILE CHATELAIN hergestellt: Introduction à la lecture des notes tironiennes. Paris 1900. Unv. Nachdr. New York o. J. (Burt Franclin research and source works series 62), S. 138. Vgl. zur Datierung des Katalogs zuletzt MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 3,1, S. 217. Hier zitiert nach: Commentarii Notarvm Tironianorvm cum prolegomenis adnotationibvs criticis et exegeticis notarvmque indice alphabetico edidit GVILELMUS SCHMITZ. Leipzig 1893, S. 8.

Avian: ›Fabulae‹

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nach ihrer Verwüstung durch die Normannen beteiligt war.570 Vielleicht war die Handschrift Geschenk aus seiner Hand. Das würde die Annahme ihres Imports ebenso weitergehend abstützen wie die nur noch bedingte Leistungsfähigkeit des Skriptoriums von St. Amand im 10. Jahrhundert. Während die Äbte nämlich im 9. Jahrhundert enge Beziehungen zu den karolingischen Königen pflegten und ihre Bibliothek reich auszustatten sich imstande sahen, ging mit dem Machtverfall der Karolinger auch ein Bedeutungsverlust der Abtei einher, der auch am Rückgang der Handschriftenproduktion abzulesen ist: Sie sinkt im 10. Jahrhundert auf ein Sechstel des vorangehenden Jahrhunderts ab.571 Die Verse quem scolarii comeatu explicatum ante diem Pasche feria IIII in scola canunt zählen zum Grundbestand der Textsammlung und sind daher nur unter Vorbehalt auf die Klosterschule in St. Amand selbst zu beziehen. Allerdings ist der Eingang des ersten Gedichts, Audite pueres quam sunt dulces littere [...], in einer Federprobe Bl. 100r (quam dulces sunt littere quam dulces sunt littere) aufgegriffen. Dies zusammen genommen mit der Möglichkeit, dass der Avian als Schreibübung Aufnahme fand, wird man zumindest mit einem der Klosterschule nahen Einsatz der Handschrift rechnen dürfen – indes gewiss nicht in Form ihres stetig wiederholten Studium im Elementarunterricht, eher schon im Zusammenhang mit einer besonderen Aus- oder gar Weiterbildung einzelner Konventualen zu »Schreibspezialisten«. In den mittelalterlichen Inventaren der vatikanischen Bibliothek lässt sich Rom12 nicht nachweisen.572 Die Handschrift scheint erst in jüngerer Zeit nach Rom gelangt zu sein.573

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MERCATI 1937, S. 515, unter Hinweis auf den Eintrag der Chronik zum Jahr 952: »Leudricus ordinatur abbas Kal. Iunii. Quem Arnulus comes post decessum Normannorum et devastationem abbatiae sancti Amandi ad restaurandam ipsam abbatiam, convocatis episcopis Fulberto Cameracensi, Rudolfo Noviomensi, et abbatibus Gerardo, Hildebrando, Bernero, ordinari fecit, et omnes possessiones ipsius abbatiae ipsi restituit, et insuper de suo multo contulit« (MGH SS, Bd. 5, S. 19). GARBORINI 1978, S. 158 Anm. 38, nennt für das 9. Jahrhundert die Zahl von 62 erhaltenen Handschriften, für das 10. und 11. zusammen nur 23. Eine Übersicht über die älteren Inventare von 1443-1558 gibt FOHLEN in einer Skizze der Geschichte des Fonds der Vaticani Latini in PELLEGRIN 1975ff., Bd. 3,1, S. 7-22 (vgl. hier S. 21). Von den dort aufgeführten Verzeichnissen konnten durchgesehen werden: - das von 1443 (MÜTZ/FABRE 1887/1970, S. 9-32); - das unter Papst Nikolaus V. angelegte von 1455 (ANTONIO MANFREDI: I codici latini di Niccolò V. Edizione degli inventari e identificazione dei manoscritti. Città del Vaticano 1994 [Studi e testi 359]); - das 1475 erstellte (MÜTZ/FABRE 1887/1970, S. 159-251); - das Register der Neuzugänge aus den Jahren 1548-49 (GIOVANNI MERCATI: Il soggiorno del Virgilio Mediceo a Roma nei secoli XV-XVI. In: G. M.: Opere minori. Raccolte in occasione del settantesimo natalizio sotto gli auspicii di s. s. Pio XI. Bd. 4. Città del Vaticano 1937 [Studi e testi 79], S. 525-545, hier S. 542-544).

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L1 GUAGLIANONE 1958, S. XIII (Sigle Vl); HERRMANN 1968, S. 26 (Sigle Vl). L3 EUGENE MÜTZ, PAUL FABRE: La Bibliothèque du Vatican au XVe siècle. Paris 1887 (Bibliothèques des Écoles Française d’Athènes et de Rome 48), Unv. Nachdr. Amsterdam 1970; GIOVANNI MERCATI: Un lessico tironiano di Saint-Amand. In: G. M.: Opere minori. Raccolte in occasione del settantesimo natalizio sotto gli auspicii di s. s. Pio XI. Bd. 2. Città del Vaticano 1937 (Studi e testi 77), S. 514f.; NORBERT GARBORINI: Der Miniator Sawalo und seine Stellung innerhalb der Buchmalerei des Klosters Saint-Amand. Köln 1978.

Sli *Salins, Bibliothèque Municipale, Ms. 43 Pap., 56 Bl., 29 x 21.5 cm, 14. Jh., Frankreich. 1ra-9rb ›Facetus Cum nihil utilius‹ (gloss., komm.) 9va-21rb Alanus ab Insulis: ›Liber parabolarum‹ (gloss., komm.) 21va-40rb ›Anonymus Neveleti‹ (gloss., komm.) 40va-56rb Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XLII. 2. Epimythien im Verstext: Nr. VI E,1f., X E,1f., XI E,1f., XII E,1-4, XIII E,1f., XIV E,1-4, XV E,1f., XVII E,1f., XIX E,1-4, XX E,1f., XXV E,1f., XXVI E,1f., XXIX E,1f., XXXI E,1f., XXXVII E,1f. Erschließung: 1. ausführlicher Accessus (40va-41ra, in den Kommentar zu Nr. I übergehend). 2. ausführlicher Prosakommentar, noch vom Verstextschreiber in kleinerer Glossenschrift jeweils den entsprechenden Fabeln vorangestellt. Seine Elemente: a) Anzitat der Fabel in Auszeichnungsschrift; b) Benennung der Fabellehre; c) Prosaparaphrase; d) fortlaufende expositio ad litteram, regelmäßig mit construe sic in Auszeichnungsschrift angekündigt; e) regelmäßig ein weiterer Anhang mit

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Zu überprüfen bleibt das bei JEANNE BIGNAMI ODIER: La Bibliothèque Vaticane de Sixte IV à Pie XI. Recherches sur l’histoire des collections de manuscrits avec la collaboration de JOSE RUYSSCHAERT. Città del Vaticano 1973 (Studi e testi 272), S. 133 Anm. 129, erwähnte Verzeichnis, das Felice Contelori, erster Kustos der Bibliothek seit 1626, unter Papst Urban VIII. (1623-44) für die Handschriften Vat. lat. 3000-4000 angelegt hat (Rom, Biblioteca Apostolica Vaticana, Vat. lat. 7762, Bl. 70r-250r). Von den beiden nachmittelalterlichen Katalogen St. Amands aus dem 17. Jahrhundert – bei GENEVOIS/GENEST/CHALANDON 1987, S. 207 als Nr. 1678f. – ist nur der ältere von 1635 im Druck zugänglich (Bibliotheca Belgica manuscripta, sive, elenchus universalis codicum manuscriptorum in celebrioribus Belgii coenobiis, ecclesiis, urbium ac privatorum hominum bibliothecis adhuc latentium. Collegit illum et edidit ANTONIUS SANDERUS. Lille 1641. Unv. Nachdr. Farnborough/Hampshire 1969, S. 31-57). Er enthält jedoch keinen mit Rom12 zu identifizierenden Eintrag. Die meisten Handschriften aus St. Amand kamen mit der Säkularisation der Klöster in der Französischen Revolution in die Bibliothèque Municipale von Valenciennes (GARBORINI 1978, S. 6, gibt eine Zahl von 311 an). Zu einem geringeren Teil verließen sie bereits im 17. Jahrhundert die Abtei, gelangten in die Hände des Erzbischofs von Trier und Büchersammlers Charles Maurice le Tellier und dann als Geschenk in die Pariser Bibliothèque du Roi (GARBORINI 1978, S. 6: 42 Handschriften). Weitere Manuskripte wurden auf mehrere Bibliotheken zerstreut.

Avian: ›Fabulae‹

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grammatischen Bestimmungen der Verben und ihrer Konjugationsklassen. Einrichtung: zweispaltig, Zeilenzahl pro Spalte wechselnd, da Text und Kommentar alternieren. Textbeginn mit dem Anzitat von Nr. I,1 in Auszeichnungsschrift, dem der fortlaufend geschriebene Accessus in kleinerer Schrift folgt und der wiederum ohne Kennzeichnung in den Kommentar zu Nr. I übergeht. Im folgenden alternieren dann Verstext und Kommentar (jeweils der Fabel vorangehend). In jenem sind die Verse abgesetzt und beginnen mit Majuskel, dieser ist fortlaufend engzeilig in kleinerer Glossenschrift noch von der Hand des Verstextes geschrieben.

56v leer Die Handschrift ist planmäßig, sorgfältig und einheitlich angelegt und wurde von nur einem einzigen Schreiber niedergeschrieben. Alle ihre Verstexte sind im Prinzip wie der Avian eingerichtet, d. h. die Aufnahme ausführlicher Kommentare, die sukzessive mit dem Verstext gemeinsam zu Papier gebracht wurden, war von Anfang an geplant. Die Avian-Kommentierung zielt mit ihren ausgiebigen grammatischen Bestandteilen zweifellos auf den Lateinunterricht. Ihm sind zweifelsohne auch alle weiteren Verstexte, da ebenso eingerichtet, zuzuschlagen. Stichproben zum Kommentar des ›Anonymus Neveleti‹ bestätigen das. Auf die Prosaparaphrasen folgt auch dort regelmäßig ein weiterer Anhang mit grammatischen Bestimmungen zum Wortmaterial der entsprechenden Fabel. Die construe sic-Abschnitte fehlen dem Prosakommentar dort zwar – aber nur deshalb, weil sie vom Schreiber bereits während des Abschreibevorgangs in die Interlinearglosse aufgelöst wurden. Einschlägige Gebrauchsspuren freilich, die eine spätere Verwendung im Unterricht selbst sichtbar werden ließen, fehlen. Mehrere Randeinträge, die einzelne Fabeln identifizieren, stammen wie die Bl. 56v nachgestellten Notizen mit einem Verzeichnis der Fabeln und Hinweisen auf einschlägige Publikationen (P. Leyser) erst von einer Hand des 17. oder 18. Jahrhunderts. Im Umfeld welcher Ausbildungsstätte die Handschrift angelegt wurde, ist unbekannt. Dass sie in Frankreich (und zuerst in der Franche-Comté, vielleicht in Salins-les-Bains selbst) zu suchen ist, liegt ebenso vom Aufbewahrungsort der Handschrift her nahe wie von der besonderen Einrichtung des Avian her. Mit der Entscheidung, Text und Kommentar alternieren zu lassen, steht das Layout gewissermaßen auf der Höhe der Zeit. Auferlegt war damit aber zugleich die Entscheidung, ob der Kommentar seiner Fabel nach- oder ihr vorangestellt werden sollte. Der Schreiber folgte hier dem alle vergleichbaren Handschriften des französischen (und englischen) Sprachraums im 14. Jahrhundert kennzeichnenden Usus, den Kommentar voranzustellen – wogegen die seit der zweiten Hälfte im Umfeld der neuen mitteldeutschen Universitäten entstehenden

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Avian-Kommentare den Kommentar aus Gründen der Übersichtlichkeit und Zweckmäßigkeit nachordnen. L2 Catalogue général des manuscrits des bibliothèques publiques de France. Departements. Bd. 9. Paris 1888, S. 13f.

Slz *Salzburg, Stiftsbibliothek St. Peter, Cod. b IX 1 Pap., 286 Bl., 29 x 22 cm, 2. Hälfte 15. Jh., Südostdeutschland (Salzburg?). 1*ra-vb Inhaltsverzeichnis (15. Jh.) 2*rv leer 1ra-67rb Johannes Wallensis: ›Compendiloquium‹ 67v leer 68ra-85va Johannes Wallensis: ›Breviloquium de virtutibus antiquorum principum‹ (86-94 fehlen) 95ra-113va ›Lumen animae‹ (Fassung B-2) 113vb leer (114-119 fehlen) 120ra-157va ›Lumen animae‹ (Fassung C) 157vb leer 158ra Notat De superbia 158rb-167vb leer 168ra-191ra Ps.-Albertus Magnus: ›De secretis mulierum‹ 191va-233v Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XLII. 2. Epimythien im Verstext: Nr. VI E,1f., X E,5f.+1f., XI E,1f., XII E,1-4, XIII E,1f., XIV E,3f.+1f., XV E,1f., XVII E,1f., XIX E,1-4, XX E,1f., XXI E,3f., XXV E,1f., XXVI E,1f., XXVIII E,1f., XXIX E,1f., XXXI E,1f., XXXVIII E,1f. Erschließung: 1. Tabula contentorum in Aviano: Register der AvianMoralitäten mit Seitenverweis, in der Anordnung der Sukzession der Versfabeln folgend (z. B. zu Nr. I: Quod non semper debeamus credere verbis mulierum 192). 2. Ausführlicher Accessus, 192r engzeilig fortlaufend in kleinerer Glossenschrift vorangestellt, umfassend: a) einleitend Quattuor sunt-Exkurs; b) Avianus als causa efficiens; c) die im Accessus zu stellenden Fragen (materia, intentio, titulus, utilitas, Einordung ins Wissenschaftssystem); d) apologus als materia und Etymologie von apologus; e) intentio; f) titulus und Etymologie von Avianus mit Bemerkungen zum Aufbau des Werks; g) ethice supponitur. 3. Marginalscholien: durchgehend systematisch, noch von der Hand des Verstextes, engzeilig fortlaufend in kleinerer Glossenschrift, jeweils neben der entsprechenden Textstelle angebracht, enthaltend grammatische Erläuterungen (u. a. zu Synonymen, Homonymen, zur Flexion, Etymologie, Vokalquantitäten, rhetorischen Aspekten). 4. Prosakommentar: wie Accessus und Marginalscholien engzeilig fortlaufend in kleinerer Glossenschrift noch von der Hand des Verstextes, jeweils den entsprechenden Fabeln vorangestellt.

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Seine Elemente: a) Benennung der Fabellehre; b) Prosaparaphrase; c) allegorische Auslegung (regelmäßig mit dem Stichwort allegorice markiert); d) Benennung der fructus; e) Anhang mit Autoritätenzitaten; die Reihe der angeführten Werke ist beachtlich und umfasst u. a. Alanus ab Insulis: ›Anticlaudianus‹, alexander (de Villa Dei?), Aristoteles (›De anima‹, in primo elenchorum, in ethicorum, ›Perihermeneias‹, in primo topicorum), Augustinus, die Bibel, eine glosa super cantica canticorum, Boethius: ›De consolatione philosophiae‹, Ps.-Boethius: ›De disciplina scolarium‹, ›Disticha Catonis‹, ›Ecloga Theodoli‹, Esopus, Gregor d. Gr. in omelia, Horaz in epistulis, Juvenal, ›Metrista‹, Galfrid von Vinsauf: ›Poetria nova‹, Ovid in poetria sua, ›Pamphilus de amore‹, einen paraphibus, eine summa pauperum, Matthæus von Vendôme: ›Tobias‹. Einrichtung: einspaltig in vorgezeichnetem Schriftspiegel mit wechselnder Zeilenzahl, da Text und Kommentar alternieren. Die Verse abgesetzt, mit breiterem Zeilenabstand für die Aufnahme von Interlinearglossen, und mit Majuskeln beginnend. Der Neueinsatz einer Fabel ist jeweils durch den vorangestellten Prosakommentar markiert. Dieser ist engzeilig fortlaufend in kleinerer Glossenschrift geschrieben und von Unterstreichungen, Orientierung gebenden Stichwörtern und Caputzeichen durchsetzt. Die Blattränder wurden für die Aufnahme von Marginalscholien breit belassen.

(234-237 fehlen) 238r-239v leer 240ra-241va Johannes Jacobus: ›De pestilentia‹ 241va-247rb Pesttraktat 247rb-264vb Ps.-Aristoteles: ›Secretum secretorum‹ (komm.) 264vb-265rb Verse zur Botanik/Kräuterkunde (De speciebus aromaticis) 265vab Gebete 265vb astrologische Notizen 266ra-269rb Alexander (Magister A.): ›De complexionibus‹ (THORNDIKE/KIBRE Sp. 296) 269v-284r Rezeptsammlung mit Harnschau und Lassstellen, lat. und dt. (285-287 fehlen) 288r leer 288v Spruch mit Auslegung (WALTHER Nr. 31205) 289r-300r Rechenaufgaben 300v-303v 78 Versrätsel (ludus cum calculis) 303v Geheimschrift Herzog Rudolfs IV. von Habsburg 304rv Rechenproben für verschiedene Rechenarten von der Addition bis zum Quadratwurzelziehen, mit mathematischer Tafel 305rv Über den Stellenwert 306r Über das Wurzelziehen

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306v (307-314 315rv 316r-321r

Verzeichnisse zur Überlieferung

leer fehlen) leer Zahlenrätsel und andere mathematische Aufgaben (alia enigmata) 321r Versrätsel mit Prosaauflösung 321v leer VD innen alte Bibliothekssignatur St. Peter (R / 122) RD innen Über Reue und Beichte, dt. (Nachtrag 16. Jh.) Schreiber 168r-191r, 240r-284v: Udalricus Luczenchircher (284v) Die Handschrift ist planmäßig angelegtes Gemeinschaftsprodukt. An ihrer Niederschrift waren mindestens vier verschiedene Hände beteiligt. Haupthand 1 schrieb bis Bl. 157vb und Bl. 191vab sowie das Inhaltsverzeichnis, das eine zeitgenössische arabische Zählung benutzt, die den gesamten Band erfasst. Hand 2 nennt sich Bl. 284v als Udalricus Luczenchircher (rector in Schellnperg scolaris: das heutige Marktschellenberg in Oberbayern) und beschrieb Bl. 168r-191r und Bl. 240r-284v. Hand 3 tritt nur Bl. 192r-273v in Erscheinung, Hand 4 schrieb Bl. 289r-321r. Weiterhin begegnen ganz vereinzelt (158ra, 288v, 321r) Nachträge in einer humanistischen Kursive des ausgehenden 15. oder 16. Jahrhunderts. Der spätgotische Einband stammt noch aus St. Peter in Salzburg (HAYER 1982, S. 337). Die Schreibsprache der deutschen Einträge ist bairischösterreichisch (ebd.). Dass Slz an der Schule in Schellenberg geschrieben oder für den dortigen Unterricht angelegt wurde, ist ganz unwahrscheinlich. Dann wäre der Schulleiter Lutzenkircher selbst als Aufsicht führender Hauptschreiber zu erwarten und würde nicht als ein selbst unter redaktioneller Aufsicht arbeitender Schreiber auftreten. Bei der von ihm geleiteten Schule – sie ist sonst nicht weiter nachweisbar – kann es sich überdies höchstens um eine Pfarrschule gehandelt haben. Eine solche aber dürfte kaum vier versierte Schreiber hervorgebracht haben. Nicht zuletzt hat man für die AvianKommentierung einen ganz exzeptionellen Aufwand betrieben, der für eine Pfarrschule ganz untypisch wäre. Das Ergebnis kann in seiner Ausführlichkeit und Systematizität mühelos neben Hervorbringungen einer überregional angesehenen Lateinschule wie derjenigen Ulms oder auch neben Handschriften aus dem Universitätsbetrieb bestehen, ja übertrifft diese sogar in der Dichte der Zitierungen anderer Werke und der Marginalien, die sich speziell grammatischen Fragen widmen. Hervorhebung verdient zudem das vorangestellte Moralitätenregister zum Avian. Ihm ist nur noch Heinrich Steinhöwels Fabelregister zum ›Esopus‹ an die Seite zu stellen (vgl. DICKE 1994, S. 109-116) – an dessen konzeptionelle Diffe-

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renzierung es freilich schon wegen seines Verzichts auf Veränderung der vom Basistext selbst vorgegebenen Reihe nicht heranreicht. Sehr viel mehr Wahrscheinlichkeit hat die Besetzung der Rektorenstelle in Schellenberg von einer geistlichen Einrichtung aus für sich, zu der der Schulleiter dann weiter Verbindung hielt, indem er etwa noch im Skriptorium tätig blieb. Hier spricht einiges für St. Peter. Verbindungen von dort nach Schellenberg bestanden gerade im 15. Jahrhundert ohnehin ja immer – schon wegen der andauernden Streitigkeiten der anliegenden Regionen um die Schellenberger Saline, in die das Benediktinerstift involviert war. Zudem fügt sich Slz dem anspruchsvollen Inhalt nach gut in die rege Tätigkeit des Skriptoriums seit der Jahrhundertmitte (vgl. HAYER 1982, S. XI). Und die kompendiöse Ausstattung der Handschrift mit mathematischen Übungen wie die Ausführlichkeit der AvianKommentierung zeigen eine gesteigerte Aufmerksamkeit für Ausbildungsbelange an, die das Stift zu dieser Zeit ohnehin prägte (vgl. HAYER 1982, S. IXf.). Der Handschrift fehlt jede Spur einer frequenten Verwendung im Unterricht. In St. Peter sehr wahrscheinlich angelegt, wurde sie unmittelbar in der Klosterschule gleichwohl nicht mehr benutzt. Das ist kaum Zufall, schließen doch Umfang und handbuchartige Gesamtausrichtung – gleich zwei Werke des Johannes Wallensis, gleich zweimal ein ›Lumen animae‹, ferner eine umfängliche Sammlung medizinischer Kleintexte – die unmittelbare Unterrichtsverwendung ohnehin eher aus. Die Handschrift wird sogleich für die Aufstellung in der Bibliothek angelegt worden sein, um dort Wissen für ein potentiell breiteres Spktrum von Interessen bereitzuhalten. L1 GUAGLIANONE 1958, S. XXIII (Sigle Sa). L2 GEROLD HAYER: Die deutschen Handschriften des Mittelalters der Erzabtei St. Peter zu Salzburg. Wien 1982 (Österreichische Akademie der Wissenschaften. Philos.-hist. Kl., Denkschriften 154; Veröffentlichungen der Kommission für Schrift- und Buchwesen des Mittelalters. Reihe 3. Verzeichnisse der deutschen Handschriften österreichischer Bibliotheken 1), S. 337339. L3 KARL FRIEDRICH HERRMANN: Wissenschaft und Bildung. In: Geschichte Salzburgs. Stadt und Land. Hg. von HEINZ DOPSCH und HANS SPATZENEGGER. Salzburg 1981-84, Bd. 1,2, S. 1071-1085.

SDa San Daniele del Friuli, Biblioteca Civica Guarneriana, Ms. 97 Pap., 192 Bl., [Folio], 15. Jh., Italien.574 [Nr. 1] Marcus Tullius Cicero: ›Pro pro M. Fonteio oratio‹ [Nr. 2] Georgios Trapezuntios: Schriften zur Grammatik

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Ein Mikrofilm lag mir leider nicht vor. Die nachstehenden Angaben stützen sich daher allein auf die weiter unten angegebene Forschungsliteratur.

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[Nr. 3] [Nr. 4] [Nr. 5] [Nr. 6] [Nr. 7] [Nr. 8] 183r-192r

Traktat zur Rhetorik, ital. Auslegung des Johannes-Evangeliums Homilie Brief Basilius’ d. Gr. Hugo von St. Viktor: ›De mystica arca Noe‹ Predigt Contra Manichaeos Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: Fabeln Nr. I-XLII. Erschließung: Es liegen keine Angaben vor. Einrichtung: Es liegen keine Angaben vor.

192v leer Vorbesitzer Guarnerio d’Artegna Der Grundstock der Handschriftensammlung der ehemaligen Biblioteca comunale, heute Biblioteca Civica Guarneriana, geht auf eine Schenkung des 1466 verstorbenen Guarnerio d’Artegna, Doktor der Rechte, apostolischer Protonotar, Kanoniker in Aquilea und Udine zurück, der seine Bibliothek testamentarisch der Kirche S. Michele Arcangelo in San Daniele vermachte. In dem 1461 von Guarnerio angelegten Bücherverzeichnis lässt sich die Handschrift nicht eindeutig identifizieren; jedoch wird in der Abteilung »Poete, Comici et Satiri et alii« die »Rethorica Georgia Trabesundei; in papiro« verzeichnet.575 Mit diesem Eintrag könnte Stücknummer 2 des Ms. 97 gemeint sein. Davon unabhängig fügt sich das Ms. 97 mit seiner besonderen Textzusammenstellung, insbesondere mit dem eröffnenden Cicero, gut in die auch den studia humanitatis dienende Büchersammlung Guarnerios, die sich in der vorliegenden Handschrift mit Handreichungen für die Predigtpraxis des Weltgeistlichen verbinden. L1 OLDFATHER 1911, S. 111; GUAGLIANONE 1958, S. XXV (Sigle Da). L2 G. MAZZATINTI: Inventari dei manoscriti delle biblioteche d’Italia. Bd. 3. Forlì 1893. Unv. Nachdr. Florenz 1963, S. 125.

SGa *St. Gallen, Stiftsbibliothek, Cod. 1396 – p. 1-4 (= Teil I,1) Perg., Teil I,1 (p. 1-4): 16.5 x 11 cm, 9./10. Jh., St. Gallen? 1-3 Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: Fabeln Nr. XX,10-XXI,13, XXII, XLI,13-XLII. Erschließung: Trotz sparsamen Zeilenabstands wurden von einer einzigen zeitgenössischen Hand, wahrscheinlich der des Verstextschreibers, einige Interlinearglossen angebracht, dazu einige wenige marginale Zusätze, doch erscheint dies alles unsystematisch und dünn.

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Abgedruckt ist das Verzeichnis bei MAZZATINTI 1893/1963, S. 101-107; vgl. dort besonders S. 106.

Avian: ›Fabulae‹

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Einrichtung: einspaltig, 28 Zeilen pro Spalte in vorgezeichnetem und vorliniertem Schriftspiegel mit schmalem inneren und bedeutend breiterem äußeren Rand. Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit schlichter Majuskel. Der Text beginnt in der ersten Zeile des Schriftspiegels und am oberen Rand des fragmentierten Blattes mit XX,10 und endet in der letzten Zeile des Schriftspiegels und am unteren Rand des fragmentierten Blattes mit XLII,16. Den einzelnen Fabeln geht vorlinierter Freiraum von jeweils sechs bis acht Zeilen voran, der vielleicht einmal (trotz der Vorlinierung?) Illustrationen aufnehmen sollte. Ebenfalls nicht ausgeführt sind manchmal herausgerückte, manchmal in die Zeile gezogene zweizeilige Lombarden oder Initialen, die die einzelnen Fabeln eröffnen sollten.

4 Inhaltsverzeichnis zum St. Galler Cod. 92 Das beschnittene Doppelblatt eröffnet den ersten Teil eines mehrbändigen, 1822 von Ildefons von Arx angelegten Fragmentenkonvoluts.576 Wie sich aus dem älteren Handschriftenkatalog von Pius Kolb ermitteln lässt, war das Doppelblatt zuvor zwischen Vorderdeckel und Eingangsblatt des Cod. Sang 92 eingebunden, einer im 9. Jahrhundert in St. Gallen geschriebenen Handschrift mit Werken Ephräms des Syrers. Die dritte Seite des Doppelblatts trägt den Abteistempel Diethelm Blarers von Wartensee (1530-64) und eine vermutlich um 1700 geschriebene Signatur »S.n. 291« (d. h. Sinistrum latus Nr. 291). Da sich der Abteistempel Blarers auf den Quartband Ephräms bezieht, muss die alte Avian-Handschrift spätestens 1564 aufgelöst worden sein. Das Doppelblatt wurde für seine Zweitverwendung nur geringfügig beschnitten. An beiden seitlichen Rändern blieb der Verstext unbeschädigt. Jedoch ist knapp die Hälfte der Marginalien auf dem äußeren Rand verloren gegangen. Aus der Lücke zwischen XXI,13 und XX,1 ist weiter zu schließen, dass nur die unterste Zeile des Schriftspiegel und dazu der untere und obere freie Rand entfernt wurden. Die Handschrift mag demnach ursprünglich etwa 19 x 12-13 cm gemessen haben. Bei einem Schriftspiegel von 28 Zeilen plus zwischen sechs und acht ursprünglich vielleicht für Illustrationen bestimmten Leerzeilen vor jeder Fabel müssen die fehlenden 288 Text- plus 114-152 Leerzeilen acht Blätter beansprucht haben. Das erhaltene Doppelblatt könnte demnach das äußere eines Quinio gewesen sein. Da nun der vor Nr. XX fehlende Text auf einem zweiten Quinio allein nicht genügend Platz gehabt hätte, war die Nr. XX vorangehende Lage entweder von anderem Umfang als die in Bruchstücken erhaltene, oder es ging ihr noch eine weitere Lage voran, die ihren Avian dann freilich erst in der zweiten Hälfte enthielt. Nach diesen

_____________ 576

Die folgenden Angaben nach brieflicher Mitteilung (6.3.1993) von Prof. Peter Ochsenbein, St. Gallen, dem ich für freundlich gewährte Auskunft danke.

Verzeichnisse zur Überlieferung

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Berechnungen wird den Fabeln noch mindestens ein weiteres Werk vorausgangen sein. L1 ELLIS 1887, S. XLI (Sigle S); HERVIEUX 1893/99, Bd. 3, S. 119f.; OLDFATHER 1911, S. 22 Anm. 11; GUAGLIANONE 1958, S. XVII (Sigle S); DUFF/DUFF 1961, S. 678 (Sigle S); HERRMANN 1968, S. 26 (Sigle S). L2 GUSTAV SCHERRER: Verzeichniss der Handschriften der Stiftsbibliothek von St. Gallen. Hg. auf Veranstaltung und mit Unterstützung des kath. Administrationsrathes des Kantons St. Gallen. Halle/S. 1875. Unv. Nachdr. Hildesheim, New York 1975, S. 36f., 464-467. L3 MUNARI 1977/88, Bd. 1, S. 102f. Nr. 93; Die Handschriften der Stiftsbibliothek St. Gallen. Beschreibendes Verzeichnis. Codices 1726-1984 (14.-19. Jahrhundert). Bearbeitet von BEAT MATTHIAS VON SCARPATETTI. Mit einer Einleitung zur Geschichte der Katalogisierung von JOHANNES DUFT. St. Gallen 1983, S. 55*-65*.

SPe

St. Petersburg, Akademija nauk – Muzei Paleografii, ohne Signatur [Verbleib unbekannt] Perg., 4 Bl., 15.5 x 10 cm, 14. Jh.577 1r-4v Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. III,9-V,7 und V,8-VII,1 (1rv), XIX,3-XX,13 und XX,14-XXII,6 (2rv), XXXIV,17-XXXVI,7 und XXXVI,8XXXVII,15 (3rv), XXXVII,16-20 und XL-XLI,9 (4r), XLI,10-18, XXXVIII, XXXIX,1-3 (4v). 2. Epimythien im Verstext: Nr. VI E,1f., XIX E,1f., XX E,1f., XXI E,1f., XXXVIII E,1f. Erschließung: keine. Einrichtung: einspaltig, 26-27 Zeilen pro Spalte. Weitere Angaben liegen nicht vor.

Der Verbleib der Handschrift ist unbekannt. L1 GUAGLIANONE 1958, S. XXII (Sigle Pe). L2 A. MALEIN: Les fragments des manuscrits de poètes romains de Musée de Paléographie. In: Comptes-Rendus de l’Académie des Sciences de l’URSS 1926, S. 85-88.

Sch *Schlägl, Stiftsbibliothek, Cod. 164. Cpl. [816. a]. 176 Pap., 319 Bl., 4. Viertel 15. Jh. (1485), Zwickau, Lateinschule (62r) und Nürnberg, Lateinschule St. Sebald (244v, 319r). 1r-61v Agostino Dati: ›Elegantiolae‹ (gloss., komm.) (dat. 1485) (62rv fehlt)578

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578

Ein Mikrofilm lag nicht vor. Die nachstehenden Angaben stützen sich daher allein auf die für diese Handschrift angegebene Forschungsliteratur. Das Blatt war bei der Beschreibung der Handschrift für den Katalog VIELHABERs noch vorhanden. Es enthielt das Explicit der ›Elegantiolae‹, die demnach 1485 in Zwickau von Paulus Resch aus Passau geschrieben wurden, und auf der verso-Seite kalendarische Notizen.

Avian: ›Fabulae‹

63r-185v 186r-218v 219v 220r-244v 245r-286v 287r-294r 294v-319r

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alphabetisches Verzeichnis von lat. Verben der vierten Konjugation (dat. 1485) Traktat zur Musik Federzeichnung (Nachtrag) Alanus ab Insulis: ›Liber parabolarum‹ (gloss., komm.) Ps.-Boethius: ›De disciplina scolarium‹ (gloss., komm.) Ps.-Seneca (Martin von Braga): ›De quattuor virtutibus cardinalibus‹ (gloss., komm.) Avian: ›Fabulae‹ (dat. 1485) Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-III, V-IX, XI-XIII, X, XIV-XXXI, XXXIIIXXXV, XXXVII-XXXIX, XLI, XL, XLII. 2. Epimythien im Verstext: Nr. VI E,1f. (vorangestellt), X E,1f., XI E,1f., XII E,1-4, XIII E,1f., XIV E,3f.+1f., XV E,1f., XVII E,1f., XVIII E,1f., XIX E,3f., XX E,1f., XXI E,3f., XXIV E,3f., XXV E,1f. (bei Nr. VIII und XXV), XXVI E,1f., XXVIII E,3f.+1f., XXIX E,1f., XXXVIII E,1f. Erschließung: 1. zu Beginn Marginalien mit Accessus-Stichworten und entsprechenden (kurzen) Ausführungen. 2. Glossen interlinear, bis zu zweizeilig, in kleinerer Glossenschrift, von der Hand des Verstextschreibers (vereinzelt Fabeln auslassend). 3. systematisch von der Hand des Verstextschreibers in kleinerer Glossenschrift auf dem äußeren Blattrand Marginalien mit Erläuterungen u. a. zu Sachen und zur Grammatik. Einrichtung: einspaltig, in vorgezeichnetem Schriftspiegel, mit breitem Zeilenabstand (für die Glossen) und Rand (für die Marginalien), 14 Zeilen pro Seite. Die Verse abgesetzt, mit Majuskeln. Den einzelnen Fabeln ist in eigener Zeile eine Zwischenüberschrift vorangestellt, zudem ihr erster Vers eingerückt. Die Marginalscholien sind jeweils neben die entsprechende Textstelle gesetzt, sodass sie jeweils kurze eigene Textblöcke bilden; sie beginnen regelmäßig mit dem Stichwort Nota und/oder Caputzeichen.

319v

Federzeichnung eines Gebäudes (einer Kirche?) und Stichworte zu Vokalquantitäten im Lateinischen Schreiber Paul Resch (62r, 185v, 244v, 319r) Vorbesitzer Paul Resch Die Handschrift wurde in wesentlichen Teilen von einem Paul Resch aus Passau geschrieben, der sie sich während seiner kurzen Zeit als Schüler der Lateinschulen in Zwickau und Nürnberg, St. Sebald, angelegt hat.579

_____________ 579

Vgl. zur Zwickauer Lateinschule im Überblick EMIL HERZOG: Geschichte des Zwickauer Gymnasiums. Eine Gedenkschrift zur Einweihung des neuen Gymnasialgebäudes. Zwikkau 1869, S. 1-25. Zu den Nürnberger Lateinschulen: KLAUS KLEIN: Et habuit pueros et scolares sub regimine suo. Die Lateinschulen im spätmittelalterlichen Nürnberg. In: Porta Ottoniana. Beiträge zur fränkischen und bayerischen Landesgeschichte. Otto Mayer zum 80. Geburtstag gewidmet. Hg. von HARALD PARIGGER. Bayreuth 1986, S. 1-31; RUDOLF

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Bereits zum Wintersemester 1485 immatrikulierte er sich an der Ingolstädter Artistenfakultät.580 Seiner Handschrift selbst sind jedoch keine weiteren Hinweise auf eine weitergehende Verwendung während des Universitätsstudiums zu entnehmen. Für die Verwendung im ArtesStudium wäre zumindest der Avian seinem Erschließungsgrad nach auch kaum geeignet, fehlt ihr doch der universitätstypische systematische Prosakommentar des 15. Jahrhunderts mit zumindest einer – wenigstens kurzen – Benennung der Fabellehre und einer Prosaparaphrase. In den Jahren 1488-90 ist ein Paulus als Mitglied der den Prämonstratensern von Schlägl unterstellten Frauenzeche Aigen bezeugt. Bei diesem könnte es sich um Paulus Resch aus Passau handeln: Das würde den Weg der Handschrift an ihren heutigen Aufbewahrungsort am einfachsten erklären.581 L1 SUERBAUM 2000, S. 385 Anm. 10. L2 GOTTFRIED VIELHABER: Catalogus codicum Plagensium (Cpl.) manuscriptorum. Linz 1918, S. 272-274. L3 BALDZUHN 1996a, S. 355f., 379f.

Seg Segovia, Archivo Capitular de la Catedral, ms. B-286 Perg., Pap., 14. und 15. Jh., 76 Bl., 24 x 17 cm, Spanien?582 1r-6r ›Disticha Catonis‹ 7r-12v ›Ecloga Theodoli‹ 13rv leer 14r-27v Ovid: ›Remedia amoris‹ 28v [!] leer 29r-40v Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: Es liegen keine weiteren Angaben vor. Erschließung: Weder KRISTELLER noch der Katalog von RUBIO FERNÁNDEZ berichten von Glossen oder Kommentaren. Einrichtung: Es liegen keine weiteren Angaben vor.

41r-70r Alanus ab Insulis: ›De planctu naturae‹ Herkunft und mittelalterliche Besitzgeschichte der Handschrift sind unbekannt. Der Reihe der versammelten Werke nach präsentiert sich Seg als

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581

582

ENDRES: Das Schulwesen in Franken im ausgehenden Mittelalter. In: Studien zum städtischen Bildungswesen 1983, S. 173-214, hier besonders S. 179-186. Paulus Resch de Patavia, 8.10.1485: Die Matrikel der Ludwig-Maximilians-Universität Ingolstadt-Landshut-München. Hg. von GÖTZ FREIHERRN VON PÖLNITZ. Bd. 1,1. München 1937, S. 151, A 6. Vgl. ISFRIED H. PICHLER: Professbuch des Stiftes Schlägl. Schlägl 1992, Nr. 116 (»Sonst ist über sein Leben nichts überliefert.«). Den Hinweis auf das Professbuch verdanke ich Pater Isfried H. Pichler, Schlägl. Ein Mikrofilm lag nicht vor. Die Angaben stützen sich daher allein auf die unten angegebene Forschungsliteratur.

Avian: ›Fabulae‹

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erweiterter halber ›Liber Catonianus‹: ›Cato‹ + Theodolus + [Ovid +] Avian [+ Alanus]. Zur Erschließung durch Kommentare und Glossen und zum Layout liegen leider keine Informationen vor. Umformungen des ›Liber‹ sind eine im nördlich (Flandern, RheinMaas-Region) und westlich (England) angrenzenden Kontaktraum zum französischen ›Liber Catonianus‹ eine gut belegte Erscheinung. Mit ihnen ist, wenn die vorliegende Handschrift in Spanien entstanden sein sollte, auch im Süden rechnen. Dem Typ nach könnte sie, wie viele ihrer nördlichen Pendants, als Leseheft für einen »besseren« Lateinunterricht angelegt worden sein. L1 SUERBAUM 2000, S. 385 Anm. 10 (unter der bei KRISTELLER angegebenen Signatur). L2 KRISTELLER 1967/97, Bd. 4, S. 609 (unter der Signatur »Vit. 30, Codices microfilmados 26«); LISARDO RUBIO FERNÁNDEZ: Catálogo de los manuscritos clásicos latinos existentes en España. Madrid 1984, S. 470f. Nr. 558.

Stu1

*Stuttgart, Württembergische Landesbibliothek, Cod. HB VIII 19 Pap., I + 199 Bl., um 1468-70, Heidelberg? (112v) Irv Bruchstück eines Kaufvertrags aus Ravensburg, dt. (15. Jh.) 1r Notate, Federproben 1v leer 2r Besitzeintrag Weingarten (dat. 1628) 2r-77r Gasparino Barzizza: ›Epistolae‹ (dat. 1470) 77v-78v leer (nach 78 ein Blatt herausgerissen) 79r-97v Johannes Serra: ›Ars nova‹ 98r-99r ›Bila Aristarncus‹ 99v Notate zum folgenden Werk und zu Begriffen/Gattungsbezeichnungen wie comedia, tragedia, satira, fabula 100r-112v Leonardi Bruni Aretino: ›Poliscena‹ (gloss.) 113r-115v leer 116r-126v Notate und Autoritätenzitate (u. a. de poetria, de arismetrica, de musica, de virtutibus appetendis, de mulieribus, und von Valerius Maximus, Cicero, Horaz, Seneca, Platon, Sallust, Ovid, Vergil, Augustinus, Ambrosius, Lactanz, Hieronymus, Boethius usw.) 127rv Bruchstück einer Rede über die Vorzüge der Beredsamkeit 128r-133v leer 134r-141v Kommentar zu den ›Ecloga Theodoli‹ 142r-150v ›Ecloga Theodoli‹ (gloss.) 151r-159r ›Theobaldi Physiologus‹ 159v leer 160r-178r Avian: ›Fabulae‹

Verzeichnisse zur Überlieferung

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Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XXXVII, XL, XXXVIIIf., XLIf. 2. Epimythien im Verstext: Nr. VI E,1f., X E,1f., XI E,1f., XII E,1-4, XIII E,1f., XV E,1-4, XVII E,3f.+1f., XIX E,1-4, XXV E,1f., XXVI E,1f., XXIX E,1f., XXXI E,1f., XXXVIII E,1f. Erschließung: 1. ein kurzer Accessus bei Nr. I mit Angaben zum Autor (Avianus), zur Etymologie von Avianus, zum Gegenstand (materia: apologus), zur Etymologie von apologus, zur intentio auctoris, utilitas des Werks und zum titulus operis. 2. Prosakommentar: Er beschränkt sich auf die knappe Benennung der Fabellehre und einen anschließenden Kurzverweis auf die Fabel selbst. 3. Vereinzelte Marginalscholien. Einrichtung: einspaltig, 19 Zeilen pro Spalte. Die Verse abgesetzt und mit Majuskeln beginnend, die Fabeln mit Freiraum für nicht ausgeführte Lombarde beginnend. Der etwas größere Zeilenabstand wurde nicht für Interlinearglossen genutzt. Textbeginn: mit der Überschrift über dem Schriftspiegel Appologus Auiani und vierzeiliger farbiger Lombarde; ferner engzeilig fortlaufender Accessus am oberen und seitlichen Blattrand. Der Rand ist ebenfalls breiter gelassen. In Höhe jedes neuen Fabeleinsatzes ist in durchschnittlich vier bis sechs Zeilen in kleinerer Glossenschrift fortlaufend engzeilig noch von der Hand des Verstextschreibers ein Prosakommentar eingetragen.

178r-181v Verse über antike Gottheiten (WALTHER Nr. 9955) 182r-196v Antonio Barzizza: ›Cauteraria‹ 197r-199v leer Vorbesitzer Weingarten, Benediktiner; Stuttgart, Königliche Hofbibliothek Die Handschrift ist in den späten 60er, frühen 70er Jahren des 15. Jahrhunderts unter Beteiligung mehrerer Schreiber im Umkreis der Heidelberger Universität entstanden. Wie die dem Umfeld der Leipziger Artisten entstammende Schedel’sche Avian-Handschrift Mue2 bietet sie die ›Fabulae‹ in der Umgebung mehrerer humanistischer Werke (aber auch »klassisch-hochmittelalterlicher« Unterrichtstexte: ›Physiologus Theobald‹, ›Ecloga Theodoli‹), und wie die Schedel’sche Handschrift entstammt auch Stu1 nicht unmittelbar dem regulierten Lehrbetrieb der Artistenfakultät, sondern nur seinem weiteren Umkreis. Das zeigt sich hier wie dort bereits an der Erschließung der ›Fabulae‹: im Verzicht auf Interlinearglossen, in der Reduktion des Accessus auf ein Minimum an Informationen,583 in der

_____________ 583

Ich gebe den Text nachstehend in der Graphie der Handschrift. Nur für Eigennamen und Satzanfänge ist eine Großschreibung eingeführt und zudem eine moderne Interpunktion als Lesehilfe ergänzt: Auianus poeta opusculi autor fuit. Et dicitur Auianus ab ‘auis’, id est ‘vetulis’. Vetule enim huius modis moribus vtebantur, videlicet appolo[]gis. Vnde materia huius est dicitur ‘appologis’. Appologo autem est sermo fictus de brutis animalibus aut de in[]animatis ad instruccionem humane vite formatus. Et dicitur ab ‘axis’, quod est ‘longum’, et ‘logos’,‘sermo’ – quasi sermo longus a rei veritate. Vel ab ‘a’, quod est ‘sine’, et ‘pos’, quod est ‘pes’, et ‘logos’,‘sermo’ – quasi sermo sine pede, id est sine fundamento. Intellige sermonem litteralem sensum. Sensus enim occultus veus, et in[]venti sunt

Avian: ›Fabulae‹

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Verkürzung des Prosakommentars auf die Benennung des Lehrgehalts und einen knappsten Verweis auf den Inhalt, schließlich in der nur unsystematisch-punktuellen Beigabe von Marginalscholien. L1 DICKE/GRUBMÜLLER 1987, S. LXIX. L2 BUHL 1972, S. 33-35; KRÄMER 1989/90, Bd. 1,2 S. 815; KRISTELLER 1967/97, Bd. 3, S. 710.

Stu2 *Stuttgart, Württembergische Landesbibliothek, Cod. HB XII 4 Pap., 426 Bl., 22 x 16 cm, 1460-70 (1461, 1468), Süddeutschland. 1r-3v Ps.-Vergil: ›Moretum‹ 3v-6r Battista Guarino: ›Elegia Alde‹ 6v-15r Aenea Silvio Piccolomini: ›De curialium miseria‹ 15v-36v leer 37r-105r Odo von Meung (Macer Floridus): ›De viribus herbarum‹ (gloss.) (dat. 1461) 94v leer 95r-105r Ars epistolandi (gloss., komm.) 105r-106v Peter Luder an Johannes Wenck, dat. 1456 107r-130v Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XLI,12 (Textabbruch am unteren Blattrand). 2.a) Epimythien im Verstext: Nr. VI E,1f., X E,1f., XI E,1f., XII E,1-4, XIII E,1f., XIV E,3f.+1f., XV E,1f., XVII E,1f., XIX E,3f., XXV E,1f. (bei Nr. VIII [und XXV, s. u.]), XXVI E,2, XXVIII E,1, XXIX E,1f. 2.a) Epimythien außerhalb des Verstextes: Nr. XVII E,3f., XIX E,1f., XXV E,1f., XXXIII,13f. bei XXXII, XXXVIII E,1f., XXXIX E,3f. Erschließung: 1. Accessus: 107r auf den Blatträndern engzeilig fortlaufend noch von der Hand des Verstextes vorangestellt und sich mit dem Kommentar zu Nr. I vermischend. 2. Interlinearglossen: systematisch in relativ hoher Dichte, bis zu zweizeilig, durch die gesamte Sammlung, noch von der Hand des Verstextes, vereinzelt deutsch. 3. Prosakommentar: engzeilig fortlaufend in kleinerer Glossenschrift noch von der Hand des Verstextes auf den oberen, unteren und seitlichen Blatträndern, jedoch nach Möglichkeit auf die Höhe der entsprechenden Fabel gesetzt; systematisch alle Fabeln erfassend. Seine Elemente: a) (unterstrichene) Anzitierung der Fabel; b) Benennung des Lehrgehalts; c) zum Beweis Verweis auf die Fabel selbst, die mehr oder minder ausführlich paraphrasiert wird. 4. Marginalscholien: wie der Prosakommentar eingerichtet und ebenfalls auf den Blatträndern, optisch von diesem nicht immer sofort zu

_____________ appologi vel fabule propter dulcedinem et ad tollendum fastidium et finaliter prophane vite erudicione in bonis moribus. Jntencio autem autoris est sub fabularum vel appologorum breuitate veritatis sinceritatem in[]voluere et pene a fabulas humane vite instruccionem apponere. Vtilitas autum eius est, ut perlectis et intellectis fabulis, que rectam sunt operemur nobis ab aduersiam precauenter. Titulus autem huius libri est ‘Liber Auiani de appologis incipit’, et sub[]ardinatur edice, quia de moribus. Vgl. für Mue2 den Abdruck bei BALDZUHN 1996a, S. 348.

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Verzeichnisse zur Überlieferung

unterscheiden und wechselnden Inhalts (Sacherläuterungen, auf die Einzelstelle bezogene grammatische Erläuterungen, Sprichwörter [z. B. Plus valet in manibus passer quam sub dubio grus 118r zu Nr. XX], nachgetragene Epimythien, Überschriften zu den Fabeln usw.) Einrichtung: einspaltig, 15 Zeilen in vorgezeichnetem Schriftspiegel mit breitem Zeilenabstand und breitem Rand; die Verse abgesetzt, mit Majuskeln beginnend, die Fabeln mit zweizeiliger farbiger Lombarde beginnend (nicht immer ausgeführt); Interlinearglossen in bis zu zwei Zeilen in kleinerer Glossenschrift; Prosakommentar und Marginalscholien engzeilig fortlaufend auf allen vier Blattränden. Textanfang: vierzeilige farbige Lombarde. Textende: Textabbruch.

131r-135v 135v-136r 136r-145r 145v-166r 166v 167r-185v 186r-194r 194rv 194v-200v 201r-206v 206v 206v-209v 209v 209v-212v 213r-230v 231r-236v 237r-238r 238v-239r 239rv 240r-242v 242v-257r 257rv 257v 258rv 258v-265v 265v-268v 268v-269r 269r 269v

Hieronymus: ›Vita Malchi‹ (gloss.) Seneca: ›Epistola ad Lucilium‹ I,1 (gloss.) Marcus Tullius Cicero: ›Paradoxa‹ (gloss.) Marcus Tullius Cicero: ›De amicitia‹ (gloss.) leer Jacobus Publicius: ›Oratoriae artis epitomae‹ Jacobus Publicius: ›Ars scribendi epistolas‹ ›De temporis notatione‹ (THORNDIKE/KIBRE Sp. 1440) Marius Ruffus: ›De compositione‹ Walter Map: ›De non ducenda uxore‹ 6 Verse Alkuins Ps.-Methodius: ›De initio et fine mundi‹ (Kurzfassung) 4 Verse (WALTHER Nr. 9540) Ps.-Aristoteles: ›Physiognomia‹ Marcus Tullius Cicero: ›Cato maior de senectute‹ (gloss.) leer Rede des böhmischen Königs Georg Podiebrad, 1462 Ankündigungen von Lehrveranstaltungen an der Universität Leipzig, dat. 1467/68 Glossar lateinischer Synonyme Guarino da Verona: Rede an Markgraf Nikolaus III. d’Este Aenea Silvio Piccolomini: ›Epistola ad Johannem Carvaialem‹, dat. 21.8.1451 Rede König Ladislaus’ (des V. von Ungarn und Böhmen?) Kardinal Julianus Cesarini: ›Epistola ad Aeneam Silvium‹ Aenea Silvio Piccolomini: ›Epistola ad nepotem Antonium‹ Francesco Petrarca: ›De oboedientia ac fide uxoria mythologia‹ Guarino da Verona: Rede Michael von Pfullendorf: Brief an seine Brüder Sammlung von Zitaten aus antiken Autoren Verse

Avian: ›Fabulae‹

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269v 269v-270v 271r 271r

Ermahnung in Briefform Glossar und Synonyma Brief Ankündigung einer Vorlesung (Peter Luders?) in Leipzig über die ›Ars poetica‹ von Horaz 271v-282v Seneca: ›De verborum copia‹, ›De iustitia‹, ›De paupertate‹, ›De moribus‹, ›De beneficiis‹ und ›De remediis fortuitorum‹ 285r-287v Francesco Petrarca an Thomas Messanensis (aus den ›Epistolae familiares‹) 287v-293v Marcus Tullius Cicero: ›Somnium Scipionis‹ 294r-297v Hieronymus: ›Vita Malchi‹ (gloss) 299r-336v ›Anonymus Neveleti‹ (gloss., komm.) (Ende frgm.) 337r-355v Maximian: ›Elegiae‹ (gloss.) (dat. 1468) 356r-379r Frowin von Krakau: ›Antigameratus‹, lat.-dt. (gloss.) (dat. 1468) 379v-408v Statius: ›Achilleis‹ (gloss.) 413r-415v ›Anonymus Neveleti‹ (gloss., komm.) (Fortsetzung von 336v) 416rv leer 417r-425v Stephanus de Novara: Rede an die Teilnehmer des Basler Konzils 426r Inhaltsverzeichnis 426v leer Schreiber 1r-6r: Rudolfus Brun (Brunhen, Brewlen) de Gottandingen (Gottmadingen) alias de Biberaco (6r) Vorbesitzer Weingarten, Benediktiner; Stuttgart, Königliche Hofbibliothek Die Handschrift ist in den 60er Jahren des 15. Jahrhunderts unter Beteiligung mehrerer Schreiber im Umkreis der Leipziger Universität entstanden. Einer der beteiligten Schreiber, Rudolf Brun, lässt sich in den Leipziger Matrikeln nachweisen (vgl. BUHL/KURRAS 1969, S. 55). Die Vorlesungsankündigungen Bl. 238v/239r beziehen sich auf den Leipziger Lehrbetrieb. Wie Stu1 aus dem Umfeld der Heidelberger Universität und die Schedel’sche Avian-Handschrift Mue2, ebenfalls aus Leipzig, bietet auch Stu2 die ›Fabulae‹ in der Umgebung mehrerer humanistischer Werke – aber wiederum ebenso auch »klassisch-hochmittelalterlicher« Unterrichtstexte (Maximian, ›Anonymus Neveleti‹, Statius). Im Unterschied zu Mue2 und Stu1 führt Stu2 nun aber zumindest im Ausschnitt des Avian näher an einen regulären Unterrichtsbetrieb (der Leipziger Artistenfakultät?) heran. Die ›Fabulae‹ werden nämlich mehr oder minder systematisch auf mehreren Ebenen erschlossen (expositio ad literam, expositio ad sensum, expositio ad sententiam). L1 DICKE/GRUBMÜLLER 1987, S. LXIX. L2 BUHL/KURRAS 1969, S. 54-59; HERRAD SPILLING: Die datierten Handschriften der ehemaligen Hofbibliothek Stuttgart. Stutt-

780

Verzeichnisse zur Überlieferung

gart 1991 (Datierte Handschriften in Bibliotheken der Bundesrepublik Deutschland. Bd. 3: Die datierten Handschriften der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart, 1), S. 63.

Stu3

*Stuttgart, Württembergische Landesbibliothek, Cod. poet. et phil. 4° 34 Perg., 121 Bl., 24.5 x 17.5 cm; Teil I (1-60): 1. Hälfte 13. Jh., Frankreich; Teil II (61-119): 1. Hälfte 14. Jh., Frankreich. 1r Besitzeintrag Ex Bibliotheca Chombergica 1ra-60va Arnulf von Orléans: ›Glosulae super Lucanum‹ 60va Definitionen nautischer Begriffe 60vb leer 61ra-76va ›Ecloga Theodoli‹ (gloss., komm.) 76va-85vb Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: Fabeln Nr. I-XXVI, XXVIII-XXX, XXVII, XXI-XLII. 2.a) Epimythien im Verstext: Nr. VI E,1f., X E,1f., XI E,1f., XII E,1-4, XIII E,1f., XIV E,3, 1, 2+4, XV E,1f., XVII E,1f., XIX E,1f., XX E,1f., XXV E,1f., XXVI E,1f. und ein nicht bei GUAGLIANONE ediertes Epimythion (Laudo ex se credat capra leoni | hosti resociare ), XXXVIII E,1f. 2.b) Epimythien außerhalb des Verstextes: zu Nr. XXV (nicht bei GUAGLIANONE: Ne aedas aliquem debet hec parabola | exemplo vano velle tibi), XXIX E,1f., XXXI E,1f. Erschließung: 1. sehr ausführlicher Accessus, in kleinerer Glossenschrift noch von der Hand des Verstextschreibers 76vab der ersten Fabel vorangestellt und sich mit dem Kommentar zu Nr. I verbindend. 2. Interlinearglossen: systematisch und durchgehend in kleinerer Glossenschrift von der Hand des Verstextschreibers, dazu einige wenige spätere Ergänzungen. 3. Prosakommentar: systematisch und durchgehend in kleinerer Glossenschrift von der Hand des Verstextschreibers, den einzelnen Fabeln jeweils vorangestellt. Seine Elemente: a) unterstrichenes Verweislemma; b) Benennung der Fabellehre unter Verweis auf den autor; c) Verweis auf die Fabelhandlung/Prosaparaphrase; d) (unsystematisch) alternative Fabellehren (teils als fructus angeführt); e) (unsystematisch) allegorische Auslegung (Bezeichnung als moralitas und allegoria); f) (ebenfalls nicht in allen Kommentarabschnitten) ausführlichere expositiones ad litteram. 4. vereinzelt nachträgliche Randeinträge von späterer Hand, insbesondere Epimythien ergänzend. Einrichtung: zweispaltig in vorgezeichnetem und vorliniertem Schriftspiegel, Zeilenzahl pro Spalte schwankend (ca. 31-62), da Verstext und Kommentar alternieren. Die Fabeln beginnen jeweils in neuer Zeile mit zweizeiligen farbigen Lombarden, die Verse sind abgesetzt und beginnen mit Majuskeln. Interlinearglossen und Kommentar stammen von der Hand des Verstextes. Der Kommentar ist – bei Text-KommentarAlternation für französische und englische Handschriften des 13. und 14. Jahrhunderts typisch – den einzelnen Fabeln jeweils vorangestellt.

Avian: ›Fabulae‹

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86ra-101vb Ovid: ›Remedia amoris‹ (gloss., komm.) 101vb-119vb Statius: ›Achilleis‹ (gloss., komm.) Vorbesitzer Oswald von Eck (†1573); Erasmus Neustätter (1523-94); Comburg, Benediktiner Entstanden ist Stu3 im 13. (Teil I) und in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts (Teil II) in Frankreich. Beide Teile erscheinen je für sich sorgfältig und planmäßig angelegt. So präsentiert sich etwa der gesamte zweite Abschnitt zweispaltig, sind seine Texte einheitlich dicht und systematisch durch Glossen und Kommentare erschlossen und umfasst er mit Theodolus, Avian, den ›Remedia amoris‹ und der ›Achilleis‹ (die sich stellenweise auf ein- und derselben Blattseite ablösen) durchweg »klassische« Werke insbesondere gehobener französischer Unterrichtslektüre des 14. Jahrhunderts. Dabei erinnert insbesondere die Kombination von Theodolus und Avian noch an den französischen ›Liber Catonianus‹ des 13. Jahrhunderts. Auf welchem Weg der Band im 15. oder 16. Jahrhundert nach Deutschland gelangte, ist unbekannt. Er könnte sich aber um 1400 in den Händen jenes Frater Vincentius de Vassen Valonihensis befunden haben, der sich in der mit Stu3 eng verwandten Stuttgarter Handschrift Cod. poet. et phil. 4° 35 – denn diese teilt zumindest ihre jüngere Besitzgeschichte mit Stu3 – namentlich nennt (vgl. IRTENKAUF/KREKLER 1981, S. 99). Die platzsparende zweispaltige Anlage und die überaus sorgfältige Niederschrift der Texte fügte sich gut zu dem monastischen Hintergrund, der sich mit dem Namen dieses Vincentius verbindet. Denn ein zweiter Eintrag seiner Hand im Cod. 4° 35 erweist für diesen Band Herkunft aus einem Franziskanerkonvent. Vielleicht wurde Stu3 ebenfalls für eine Konventsbibliothek angelegt und sollte dort für Predigtzwecke bereit gehalten werden. Eindeutige Hinweise auf eine frequentere Verwendung der Handschrift in regulären Unterrichtszusammenhängen finden sich jedenfalls nicht. L1 HERVIEUX 1893/99, Bd. 3, S. 93; GUAGLIANONE 1958, S. XXII (Sigle St). L2 KRISTELLER 1967/97, Bd. 3, S. 703; IRTENKAUF/KREKLER 1981, S. 99-101; KRÄMER 1989/90, Bd. 1,2, S. 459. L3 KARL LÖFFLER: Die »Bibliotheca Eckiana«. In: ZfB 36 (1919), S. 195-210, hier besonders S. 202.

Tri1 *Trier, Stadtbibliothek, Cod. 1092/1335 Perg., 74 Bl., 15.5 x 11.5 cm; Teil I (1-14) und Teil II (15-44): 2. Hälfte 12. Jh., Deutschland; Teil III (45-54), Teil IV (55-66) und Teil V (67-74): 13. Jh., Westdeutschland? 1r Epitaph auf Erzbischof Friedrich von Lüttich; Besitzvermerk St. Matthias (12. Jh.) und Stadtbibliothek Trier (1803)

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1v-5r 5v-7r 7r-9r 9r-13v 13v-14r 14v 15r-44v 44v 45r-54v 55r-66v

Verzeichnisse zur Überlieferung

Servius: ›De natura ultimarum sillabarum‹ Servius: ›De pedibus‹ Servius: ›De declinationibus‹ Servius: ›De scientia metrorum‹ ›Declinationes Donati‹ Zauberformel gegen Krankheiten (Nachtrag) prosodisches Florileg Nachträge zum Florileg Maximian: ›Elegiae‹ (gloss.) Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XIV, XVII-XLI, XVf., XLII. 2. Epimythien im Verstext: Nr. VI E,1f., X E,5f.+1f., XI E,1f., XII E,1-4, zu Nr. XII (nicht bei GUAGLIANONE: Arguitur stultus grates qui reddere nescit | Ex improuiso qui bona contulerit), XIII E,1f., XIV E,1f., XV E,1f., XIX E,1f. (an Nr. XVIII wie XIX), XX E,1f., XXV E,1f., XXVI E,1f., XXVIII E,1f., XXIX 9E,1f., XXXVIIIE,1f. Erschließung: einzelne Fabeln sind von späterer Hand ganz vereinzelt glossiert, darunter 57r zu Nr. IX Konstruktionshilfen in Form eines Syntaxalphabets. Einrichtung: einspaltig, 29 Zeilen pro Spalte in vorgezeichnetem und vorliniertem Schriftspiegel mit schmalen Rändern. Textanfang: Im Kopf von 55r Auianus von einer Hand des 15. Jahrhunderts. Textende: nicht markiert. Die einzelnen Fabeln jeweils in neuer Zeile mit vorangestellter zweizeiliger rubrizierter Lombarde. Die Verse jeweils voneinander abgesetzt und mit gestrichelten Majuskeln in eigener Vorlinierung. 66r folgt auf den Schlussvers von Nr. XLI der gestrichene Eingangsvers von Nr. XLI, dann in fortlaufender Aufzeichnung der Text von Nr. XV und der Beginn von Nr. XVI bis 66r unten; ab 66v oben dann Nr. XVI mit abgesetzten Versen aufgenommen, anschließend Nr. XLII.

67r-67v 68r-73v 74rv RD innen Vorbesitzer

leer ›Disticha Catonis‹ (gloss.) leer neumiertes Antiphonar (12. Jh.) Heinrich Wisse aus Limburg? (nur Teil IV?); Trier, Benediktiner St. Matthias Die Handschrift kam 1803 im Zuge der Säkularisation aus St. Matthias in Trier in die Stadtbibliothek. Den alten Besitzeinträgen zufolge (VD innen, Bl. 1r) wurde sie in der vorliegenden Zusammenstellung bereits im 15. Jahrhundert in der Bibliothek von St. Matthias aufbewahrt. Wie aus der alten Signatur »N.91« zu schließen ist, der ein Eintrag in den Katalog des

Avian: ›Fabulae‹

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16. Jahrhunderts entspricht,584 war der Band zusammen mit weiteren grammatischen Schriften aufgestellt.585 Ihre ersten beiden Teile, die von zwei verschiedenen Schreibern ein- und desselben deutschen Skriptoriums angelegt wurden,586 befanden sich sogar schon im 12. Jahrhundert dort. Die Erweiterung der Handschrift um die Teile III-V aus dem 13. Jahrhundert geht mithin auf die Mönche von St. Matthias zurück.587 Dabei wurde ein mit Teil I und II bereits realisiertes Programm aufgegriffen und fortgesetzt: Schriften zur Verslehre wurde weiteres Beispielmaterial angehängt. Da der ganzen Textsammlung übergreifende Texteinträge des 15. Jahrhunderts fehlen, dürfte man das Gesamtergebnis aber kaum noch zu Lektüre- und Studienzwecken benutzt haben. Von den Teilen III-V wurden die letzten beiden von vielleicht derselben Hand geschrieben, jedenfalls von demselben Rubrikator mit Lombarden ausgestattet. Vielleicht wurden sie dabei auch umgestellt, denn um den letzten Teil ist ein Leerblatt herumgelegt. Ferner gehört Teil III vielleicht nicht ursprünglich an die Teile IV und V, obgleich er eine vergleichbare Glossenverteilung aufweist: Die vereinzelten Glossen zum Maximian, zum Avian und zum Cato, darunter zum Avian auch Konstruktionshilfen, rücken alle diese drei Abschnitte enger zusammen. Sie sind wohl alle drei von außen in die Klosterbibliothek eingegangen. Vielleicht wurden sie von Heinrich Wisse, der sich Bl. 57r und Bl. 64r in Federproben namentlich nennt,588 in Limburg als Studienhandschriften benutzt. In diesen Raum strahlte der französische ›Liber Catonianus‹ noch schwach aus: Zumindest dem Grundtextbestand nach ist er mit Cato, Maximian und Avian in Tri1 immerhin zur Hälfte noch vertreten. L1 GUAGLIANONE 1958, S. XIX (Sigle Tr). L2 MAX KEUFFER: Beschreibendes Verzeichnis der Handschriften der Stadtbibliothek zu Trier. 10. Heft. Die philologischen Handschriften. Bearbeitet von GOTTFRIED KENTENICH. Trier 1931, S. 20-22; KRÄMER 1989/90, Bd. 1,2, S. 768. L3 PAUL LEHMANN: Bemerkungen zu einer bibliotheksgeschichtlichen Arbeit. In: Historische Vierteljahresschrift 26 (1931), S. 605-610; JOSEF MONTEBAUR: Studien zur Geschichte der Bibliothek der Abtei St. Eucharius-

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»Sermo Mauri Honorati grammatici de natura ultimarum syllabarum; idem de pedibus metrorum; idem de instructione octo partium orationum; idem de scientia metrorum; item exempla primarum syllabarum secundum ordinem alphabeti cum versibus poetarum; item Maximianus poeta; item Amanus imperfectus; item Cato dans castigamina Mato.«: MONTEBAUR 1931, S. 116 Nr. 634. Hinter dem irrtümlichen »Amanus« verbirgt sich natürlich der Avian (diese Korrektur schon bei LEHMANN 1931, S. 608). Vgl. MONTABAUR 1931, S. 41-45. MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 2, S. 869. Die Lagenformel für diese drei Teile lautet: V54 + IV62 + II66 + 68-70/71-73 als Ternio mit nachträglich herumgelegtem Doppelblatt 67/74. An den Eingangsseiten von Theodol, Avian und Cato ließ der Trierer Bibliothekar Blattweiser anbringen. Bl. 57r Jch heinrich wisse burger zů limp, Bl. 64r Jch Heinrich wise bürger zů limburg důn kůnt w.

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Matthias zu Trier. Freiburg/Br. 1931 (Römische Quartalsschrift für christliche Altertumskunde und für Kirchengeschichte. 26. Supplementheft); BURSILL-HALL 1981, Nr. 277.5; MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 1, S. 496, 588, Bd. 2, S. 66, 166, 210, 557, 775, 869f., Bd. 3,1, S. 260; BERGMANN/STRICKER 2005, Nr. 883a.

Tri2 *Trier, Stadtbibliothek, Cod. 1093/1694 (ehem. 1464) Perg., I + 246 gez. Bll. (recte 258)589, 51 x 34.5 cm, 4. Viertel 10. Jh., Echternach. Irv Bruchstück einer Pergamenthandschrift des 11. Jahrhunderts, recto stark abgerieben und bis auf wenige Worte unleserlich, verso ein Rezept (Nachtrag), biographische Bemerkungen zu Prudentius (gloss.), und ein Epitaphium cuiusdam domine (Nachtrag) 1r Signatur und Inhaltsverzeichnis des 16. Jh.s, Schenkungsvermerk des 19. Jh.s 1r-114v Prudentius: Opera (1r-16r ›Cathemerinon‹, 16r-45v ›Peristephanon‹, 46r-60r ›Apotheosis‹, 61r-71v ›Hamartigenia‹, 72r-85r ›Psychomachia‹, 86r-111r ›Contra Symmachum‹ I + II, 111v-114v ›Tituli historiarum‹/›Dittochaeon‹)590 (lat./dt. gloss., komm.) 114v-115r Übersicht zur Berechnung des Osterfestes 115v-168r Boethius: ›De consolatione philosophiae‹591 (lat./dt. gloss., komm.) 168v Rätsel 169r-195v Sedulius: ›Carmen paschale‹592 (gloss.) 195v-196v Sedulius: Hymnus I, V.1-100 197r Tafel für Berechnungen (nicht ausgefüllt) 197v-198r Notat zur Arithmetik, Notat über Gewichte, ›Horologium viatorum‹ mit Zeichnung eines Kalenders 198v-232r Arator: ›De actibus apostolorum‹ (lat./dt. gloss., komm.)593 232r-240v Avian: ›Fabulae‹

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Bl. 36, 37, 40, 43, 61, 172 sind doppelt, Bl. 64 ist dreifach, Bl. 42 fünffach gezählt. Vgl. zu einzelnen kleineren Beigaben KENTENICH 1931, S. 23f. Die vielfältigen kleineren Beigaben im Vorspann Bl. 115v-117v sind aufgeführt und identifiziert bei KENTENICH 1931, S. 24. Bl. 169r-170v ›Epistola ad Macedonium‹, Bl. 170v-171r Verse des Asterius (›Turcii Rufi Asterii Carmen‹), Bl. 171rv Prosavorspann, Bl. 172r-195r der eigentliche Text, Bl. 195rv ›Versus Bellesarii scolastici‹ über Sedulius. Bl. 198v Arator: ›Epistola ad Florianum‹, Bl. 198v-199r Arator: ›Epistola ad Vigilium‹, Bl. 199rv Inhaltsverzeichnis zu Arator: ›De actibus apostolorum‹, Bl. 200r-231r der eigentliche Text, Bl. 231r Lobgedicht auf Arator, Bl. 231v-232r ›De Aratore et Vigilio papa‹.

Avian: ›Fabulae‹

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Grundtext: 1. Widmungsepistel. 2. Fabeln Nr. I-XLII. 3. Epimythien außerhalb des Verstextes: Nr. VI E,1f. am Blattrand von späterer Hand ergänzt. Erschließung: 1. noch vom Verstextschreiber, der sie aus seiner Vorlage übernahm, stammen lateinische und etwa 100 althochdeutsche594 Interlinearglossen sowie vereinzelte Marginalscholien, die über den gesamten Text hinweg in gleichbleibender Dichte von im Durchschnitt vielleicht zwei Interpretamenten pro Vers erscheinen. Die Glossierung dient vorwiegend der inhaltlichen Erfassung des Textes, weist aber nicht selten auch auf rhetorische Sachverhalte hin (u. a. zu II,4 und II,11 Antiptosis, zu XIII,3 Antonomasia, zu XIII,8 Parenthesis, zu XXIX,18 Metonymia, zu XXX,1 Aphaeresis) und bietet sehr vereinzelt, etwa 237rv, auch Syntaxpunkte. Einrichtung: einspaltig, 38 Zeilen in vorgezeichnetem und vorliniertem Schriftspiegel, dieser etwa in der Blattmitte und mit nach allen Seiten hin großzügigem Rand. Textanfang: nach mehreren Leerzeilen mit sechzeiliger Zierinitiale (vegetabiler Schmuck), mit erster Zeile des Widmungsbriefs in roter Majuskelschrift und dann bis zur letzten Zeile des Schriftspiegels fortlaufend aufgezeichneter Epistel. 232v oben in der ersten Zeile Freiraum für eine sechszeilige Zierinitiale (nicht ausgeführt), gefolgt von I,1 in Majuskelschrift. Textende im unteren Viertel von 240v; es folgen Leerzeilen, in die nachträglich neumierte Verse eingetragen wurden. Jede Fabeln beginnt in neuer Zeile; durchgehend ist Freiraum für Zierinitialen oder größere Lombarden belassen (nicht ausgeführt). Die Verse sind abgesetzt, der Hexameter erscheint jeweils mit herausgerückter, der Pentameter mit eingezogener Majuskel.

neumierte Verse (Noster cetus psallat letus [...], Surgam et circuibo ciuitatem in foro [...], Arbor amara nimis de sede pia paradisi [...]) 241r-245r ›Disticha Catonis‹ (gloss., komm.) 245v Bruchstück einer Bücherliste,595 Accessus-Formel (Nachtrag 12. Jh.),596 Federprobe, Namenliste der 24 Alten 246r-246v Bruchstück einer Bibelhandschrift (Deuteron. 11,18-14,4 und 32,2-34,12) des 10. Jh.s Vorbesitzer Echternach, Benediktiner; Johann Peter Jakob Hermes (17651833) 240v

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Ausgabe: STEINMEYER/SIEVERS 1879/98, Bd. 2, S. 42-44. Timevm platonis. Musicam maiorem. Secundam editionem perihermen | Ysagogas prophyrii et cathegorias. Minus comentum perhermenias. apulei. | Librum diuisionis. Topice differentie. Libri de sillogismis. Iginus. | Astrolabivm. Topicam et Rethoricam ad Erenium et Ciceronis. | Grilius super rethoricam. Liber de uariis rebus. Due minores musice. | liber diffinitionis. Musica hupaldi. Zur Auswertung s. SCHROEDER 1977, S. 355f. Datierung nach SCHROEDER 1977, S. 298 (mit Abdruck des Textes).

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Tri2 gelangte 1827 als Geschenk des Trierer Sammlers Hermes in die Stadtbibliothek.597 Ihr letzter Vorbesitzer hatte sie, direkt oder über Zwischenstationen, aus dem 1794 von den Mönchen verlassenen, zwei Jahre später säkularisierten Kloster der Echternacher Benediktiner. Deren im 18. Jahrhundert, spätestens 1761 angelegter Katalog verzeichnet eine Handschrift genau des Inhalts von Tri2.598 Da das Inhaltsverzeichnis von einer ins 15./16. Jahrhundert schreibenden Hand in Tri2 eingetragen wurde und die beigegebene Signatur in die Systematik der Echternacher Bibliothek passt, die im Zuge ihrer Neuordnung in den zwanziger oder dreißiger Jahren des 16. Jahrhunderts entwickelt wurde, muss sich der Band bereits im ausgehenden Mittelalter in Echternach befunden haben.599 Der paläographische Befund erlaubt darüber hinaus bereits Entstehung im Echternacher Skriptorium anzunehmen und den Zeitpunkt der Niederschrift auf das letzte Viertel des 10. Jahrhunderts einzugrenzen.600 Paläographisch, in der Wahl großzügiger Handschriftenformate und in ihrem auf antike Autoren ausgerichteten Textbestand stellen sich

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Vgl. den Herkunftsvermerk Bl. 1r. Zu Hermes s. D. S. in: Neuer Nekrolog der Deutschen 11 (1833), Teil 1, S. 142-146 Nr. 70. STEFFEN 1928, S. 458. Im Zusammenhang mit der Identifizierung des Katalogeintrags wird im Anschluss an STEFFEN S. 458 von der Forschung seine Fehlerhaftigkeit notiert (etwa bei VON GADOW 1974, S. 22, und SCHROEDER 1977, S. 242). So sei ein »Paschalis« ganz irrtümlich zum vermeintlichen Autor erhoben worden; ferner sei der Titel des Boethius unvollständig; schließlich habe man den Avian vergessen. Was den ersten Hinweis betrifft, ist in Erinnerung zu rufen, dass der Katalogeintrag des 18. Jahrhunderts nur eine Abschrift des bedeutend älteren Registereintrags in der Handschrift Bl. 1r darstellt. Dort aber ist am äußeren Rand mit dem Pergament der Text beschädigt. Nach Et pascha ist der Rest der Zeile heute nicht mehr lesbar, mit de utriusque testamenti geht es erst in der nächsten Zeile weiter. Der Text im Schluss der vorangegangenen Zeile könnte vom Platz her gesehen ohne weiteres Et pascha gelautet haben. Er fehlte vermutlich schon im 18. Jahrhundert, und erst der späte Bibliothekar ergänzte ihn falsch. Es werden also im 18. Jahrhundert keine »alten« Fehler übernommen (die die Identität des Handschriftenregister und des Katalogeintrags weiter zu stützen vermöchten), sondern im 18. Jahrhundert Fehler überhaupt erst produziert. Weiterhin ist für den Avian zu beachten, dass er durchaus nicht übergangen, sondern in beiden Einträgen als pars librorum Catonis mitbezeichnet ist. Dem im Einflussbereich des französischen Hauptverbreitungraums des hochmittelalterlichen ›Liber Catonianus‹ tätigen Bibliothekar war dieser Überlieferungstyp offenbar noch im beginnenden 16. Jahrhunderts ein Begriff. SCHROEDER 1977, S. 229. Der Bibliothekar wies Tri2 damals den Bänden der L-Gruppe mit »Legendae et passiones« zu (STEFFEN 1928, S. 418f.; SCHROEDER 1977, S. 229 Anm. 13). Der Hauptschreiber von Tri2 lässt sich zudem in einer ganzen Reihe weiterer Handschriften nachweisen. Vgl. NORDENFALK 1933, S. 76f.; STEFFEN 1928, S. 458; SCHROEDER 1977, S. 239-243, 263-266; zuletzt ausführlich und mit Korrekturen der älteren Forschung: HOFFMANN 1986, S. 509-511. Zur in der Forschung gelegentlich anzutreffenden Datierung in die Mitte des 11. Jahrhunderts s. u. zu den Nachträgen in Tri2.

Avian: ›Fabulae‹

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Tri2 noch eine ganze Reihe weiterer Kodizes zur Seite,601 deren Zusammengehörigkeit erstmals von CARL NORDENFALK 1933 bemerkt wurde. Diese Handschriften sind alle innerhalb eines verhältnismäßig kurzen Zeitraums entstanden.602 Mit ihnen wurde die Echternacher Bibliothek auf ein Niveau gehoben, das den Vergleich mit den führenden Dombibliotheken der Zeit, etwa mit Reims, nicht zu scheuen brauchte.603 Als unmittelbaren Anstoß für den solcherart gesteigerten Ausstoß des Skriptoriums kommt nur die von 973 an betriebene Reformation des Klosters in Frage: Die altansässigen Kanoniker wurden vertrieben, vierzig Mönche zogen ein, das Amt des Abtes wurde mit einem Geistlichen aus St. Maximin besetzt.604 Das gehobene Niveau der neuen Grundausrüstung des Klosters mit antiken Texten wird in einem Zusammenhang mit der politischen Bedeutung des Personenkreises, der die Reform angestoßen hatte, Kaiser Otto d. Gr. (936-973) und Graf Siegfried von Luxemburg, in einem Zusammenhang stehen, der freilich noch genauer auszumachen wäre. Im Hinblick auf die durchweg großzügig gewählten Formate der erwähnten Handschriftengruppe erscheint es insbesondere fragwürdig, ob sich ein solcherart kostspieliges Unterfangen605 überhaupt ohne ökonomische Potenz (und entsprechende politische Interessen) höchststehender Kreise hätte realisieren lassen.606 Vor diesem Hintergrund muss Tri2 gesehen werden, die mit über einem halben Meter Höhe im Wortsinne herausragendste Handschrift sowohl der Echternacher Handschriftengruppe als auch der gesamten siebenhundertjährigen Avian-Überlieferung überhaupt. Trotz solchem Riesenformat entschied man sich für einspaltige Anlage mit in die Blattmitte gesetztem Schriftspiegel und überaus großzügig belassenen Rändern. Mit Beschreibstoff ging man bis in die Glossierung hinein großzügig um:

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602 603 604 605 606

Zusammenstellung bei SCHROEDER 1977, S. 239-262, speziell zum Inhalt der Handschriften S. 267f. Korrekturen an SCHROEDERs Handschriftenkatalog bei HOFFMANN 1986, S. 509, dort S. 511-516 weitere Handschriften des fraglichen Zeitraums aus dem Echternacher Skriptorium aufgeführt. Auf die ganze Gruppe der »Echternacher Klassikerhandschriften« hat zuerst NORDENFALK 1933, S. 77f., aufmerksam gemacht. Vgl. SCHROEDER 1977, S. 263f. Vgl. SCHROEDER 1977, S. 268-275. Ausführlich zur Echternacher Reform SCHROEDER 1977, S. 336-343. Eine beachtenswerte Berechnung dazu bei SCHROEDER 1977, S. 330 Anm. 5. Wichtige Hinweise dazu etwa auf das politische Interesse der deutschen Könige an der Stärkung der lothringischen Klöster bei SCHROEDER 1977, S. 334-336. Hingegen darf bezweifelt werden, ob die Entstehung der ganzen Handschriftengruppe auf unmittelbaren Anstoß des aus Mettlach verstoßenen Abtes Leofsin zurückgeht, der 993 Zuflucht bei den Echternacher Mönchen suchte (so SCHROEDER S. 280). Die Niederschrift der Kodizes allein mit paläographischen Mitteln sicher auf die Jahre nach 993/997 einzugrenzen, erscheint gewagt (vgl. hier auch HOFFMANN 1986, S. 510, der sich etwa für den Trierer Band nicht genauer als auf ein Vierteljahrhundert festlegt).

Verzeichnisse zur Überlieferung

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Die Schrifthöhe der Interpretamente erreicht im Avian annähernd einen Zentimeter. Diesen überaus verschwenderischen Einsatz des Beschreibstoffs kann man sich im Vergleich mit der im Format Tri2 nächststehenden Handschrift Dij vor Augen führen, die auf 44.5 x 34 Zentimetern statt nur einer drei Textspalten Raum gibt, sodass man für die Fabelsammlung lediglich zwei Blätter benötigte – in Tri2 dagegen mit neun Blättern mehr als das Vierfache. Die Entscheidung für einspaltige Niederschrift und breite Ränder hat sicher nicht nur praktische Gründe gehabt (Aufnahme von Ergänzungen), sondern verbindet sich mit einem repräsentativen, ja ästhetischen Anspruch. Daraus resultierten spätere Verstümmelungen des Bandes. Konnte man doch aus wenigen solcher Streifen schon wieder ein neuen kleinformatigen Kodex herstellen. So wurde das Pergament der Ränder an mehreren Stellen – wie es scheint aber im wesentlichen nur dort, wo kein Marginaltext erschien – herausgeschnitten. Dem Avian etwa fehlen alle Ränder außer auf den Blättern 236f. und 240; weitere Ausschnitte finden sich etwa Bl. 23f., 25 oben, 37 unten, 37b, 372, 40b usw. Ebenfalls nicht übersehen darf der Buchschmuck, der einige prachtvolle Zierinitialen (Bl. 2r, 118r, 125r, 147r, 159r, 172r, 232r), dazu eine später ergänzte, farbig ausgestaltete Ostertafel umfasst.607 Aber auch mit der Entscheidung, allen Hauptstücke des Bandes, den Werken des Prudentius, der ›Consolatio‹, Arator, Sedulius, Avian und dem ›Cato‹ durchgehend Glossen beizugeben, kalkulierte man von Anfang an einen beträchtlichen zusätzlichen Herstellungsaufwand mit ein, der sich durch die Aufnahme von Kommentaren zum Prudentius, Boethius, Arator und ›Cato‹ noch einmal erhöhte. Tri2 ist offensichtlich Ergebnis eines möglichst weit ausgreifenden, auf weitestgehende Vollständigkeit gerichteten Bemühens um Grundlagentexte. Dabei machte man nicht vor der Grenze zur Volkssprache halt, sondern überschritt sie in beachtlichem Umfang durch Aufnahme zahlreicher volkssprachiger Glossen: beim Prudentius etwa 270, im Boethius dreizehn, im Arator etwa 375 und beim Avian 100. Sie wurden alle noch vom Grundschreiber der Texte angebracht. Für den Avian liefert Tri2 den ersten Beleg einer systematisch in gleichbleibend hoher Dichte durchgeführten Glossierung überhaupt. Man kann diese umfangreichen Beigaben in Tri2 nicht auf für den zukünftigen, unkundigen Benutzer des Bandes gedachte Funktion als Hilfsmittel zur Texterschließung reduzieren: Sie bauen in ihrem tendenziell weiten Ausgriff, der zumindest für den Avian bis an die Grenzen der zeitgenössischen Mög-

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Vgl. zum Buchschmuck der ganzen Handschriftengruppe SCHROEDER 1977, S. 234f. (mit Verweisen auf einschlägige Forschungsbeiträge) und v. a. NORDENFALK 1933, S. 76-83.

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lichkeiten zur Textaufbereitung überhaupt geht, den repräsentativen Anspruch der Handschrift unmittelbar mit auf. SCHROEDER zufolge soll dieser unter Beteiligung sechs verschiedener Schreiber systematisch angelegte Prachtkodex im Unterricht, genauer in der Übergangsphase von Elementarunterricht zur Lektüre klassischer Autoren benutzt worden sein. Argumente sind ihm die reiche Ausstattung mit althochdeutschen Glossen, die Beigabe mehrerer Accessus und die abgegriffenen Blätter. Dem ist entgegenzuhalten, dass im Unterricht benutzte Handschriften – nicht nur im 10. Jahrhundert – anders, vor allem bedeutend anspruchsloser aussehen (siehe etwa oben zu Par 1). Weiter muss man sich das Riesenformat von Tri2 vor Augen halten, das einen regelmäßigen Gebrauch des Prachtbandes als Unterrichtshandschrift mit Sicherheit auszuschließen erlaubt. Allenfalls mag sich der Unterricht, wenn man so sagen darf, an diesen Riesenkodex heranbegeben, akzidentiell sich um ihn versammelt haben und mag man den Band dann als skriptographisches Prachtprodukt wohl eher bestaunt als studiert haben. Entsprechend dürften die Gebrauchsspuren abgegriffener Pergamentblätter, auf die SCHROEDER verweist, eher aus einer über Jahrhunderte anhaltenden Faszination an der Gesamtheit der Texte und ihrer Darbietung resultieren als aus dem unterrichtlichen Studium einzelner Ausschnitte. Wo aber sich die unterrichtliche Unterweisung von Novizen nicht auf den Kodex selbst zubewegte, kann dieser allenfalls über Zwischenstufen in den Unterricht hineingewirkt haben, indem man sich aus ihm Kopien potentieller Lektüretexte in handlichere Manuskripte anfertigte. Für Tri2 ist – dies entschieden gegen SCHROEDER – vielmehr von einem Gebrauchsmodell auszugehen, dass die Hürden berücksichtigt, die Format und Ausstattung des Kodex seinem Transfer in Situationen unmittelbarer Nutzung für die Lektüre aufbauen. Damit wäre auch den oben vermuteten, mit der Reform der Abtei zusammenhängenden Entstehungsbedingungen des Kodex Rechnung getragen: Bei seiner Anlage wird man nicht bereits besondere Bedürfnisse etwas der Schüler im Unterricht oder des Lehrers nach »Handbüchern« im Blick gehabt haben, sondern zunächst einmal die gesamte Institution des örtlichen Klosters, der man ein auf viele verschiedene zukünftige Gebrauchssituationen vorausschauendes, entsprechend breiter angelegtes (Glossen, Kommentare) und dann entsprechend ansehnliches (Format, Raum für marginale Nachträge) Fundament und Grundbuch bereit stellen wollte. Da aber potentielle Nutzungsreichweite und Repräsentationswert in Tri2 korrelierten, bedurfte der Übertrag des Textangebots von Tri2 in eine weniger zeit- und situationenthobene »Nutzung«, etwa im Unterricht, ganz sicher vermittelnder Zwischenstufen.

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Wie verhalten sich zu diesem Modell die Tri2 tatsächlich ablesbaren Gebrauchsspuren? Die Anfertigung von Kopien lässt sich allenfalls aus dem allgemeinen Schulbetrieb am Ort wahrscheinlich machen, der indes eher spärlich ausgesehen haben muss. Nachrichten über eine kontinuierliche Lehrtätigkeit fehlen weithin; namhafte Lehrer scheint es nicht gegeben zu haben; Spitzenleistungen des Klosters werden vor allem auf dem Gebiet der Buchmalerei erbracht, nicht auf dem des Studiums.608 Erst um die Mitte des 11. Jahrhundert lässt sich eine umfassende Überarbeitung der Echternacher Gruppe von Klassikerhandschriften feststellen, für die jedoch wahrscheinlich gemacht werden kann, dass sie eher auf einem vereinzelten privaten Studieninteresse beruhte denn aus einem institutionalisierten Lehrbetrieb hervorging.609 In Tri2 hat die Hand des entsprechenden Schreibers ihre Spuren lediglich in einzelnen Textkorrekturen vorwiegend am Arator und im Nachtrag einer Ostertafel inklusive Gebrauchsanweisung hinterlassen.610 Vereinzeltes wie die nachgetragenen Verse Gerberts von Reims auf Boethius oder die Eintragungen auf der Eingangsseite Bl. 1v und der Schlussseite des Kodex fallen dagegen kaum ins Gewicht. Zeugnisse eines umfassenderen Studiums von Tri2, das sich auch schriftlich niederschlug, stammen erst wieder aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts Der Erfurter Magister und spätere Doktor beider Rechte Ludolf von Entscheringen (†1505), von 1475-77 Rektor der 1473 gegründeten Trierer Universität, an der er seit 1474 römisches Recht lehrte, schrieb Bl. 1r-2v den über die Jahrhunderte verblassten PrudentiusTexte nach, brachte einige Notate zu Versmaßen an und stellenweise Notenlinien mit Noten.611 Im Gegensatz zu einigen anderen Echternacher Handschriften, für die sich Verwendung in Ludolfs eigenen, bereits von humanistischen Interessen getragenen Lehrveranstaltungen in Erwägung ziehen lässt, gründen die Einträge in Tri2 wiederum nur auf einem – nun indes bereits humanistisch inspirierten – »Privatinteresse«, das sich den

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611

Vgl. SCHROEDER 1977, S. 330f.; HOFFMANN 1986, S. 516. Vgl. SCHROEDER 1977, S. 299-332. Vgl. die Angaben bei SCHROEDER 1977, S. 240. Die Datierung des Nachtrags kann sich auf eine Jahresangabe zur Ostertafel stützen, die in der älteren Forschung irrtümlich zum Anhaltspunkt für die Datierung des gesamten Bandes genommen wurde (etwa bei VON GADOW 1974, S. 20f.). Vgl. SCHROEDER 1977, S. 240 und S. 347 speziell zu den Einträgen in Tri2 sowie zu Ludolfs Person und seiner Nutzung der Echternacher Bibliothek S. 345-348. Zu Ludolf weiterhin: EMIL ZENZ: Die Trierer Universität 1473-1798. Ein Beitrag zur abendländischen Universitätsgeschichte. Trier 1949 (Trierer geistesgeschichtliche Studien 1), S. 21f.; DIETER WEBER: Studien zur Abtei Echternach in ihren Beziehungen zum Adel des rheinischluxemburgischen Raumes im 14. und 15. Jahrhundert. Luxembourg 1974 (Publications de la Section Historique de l’Institut Grand-Ducal de Luxembourg 88), S. 132-135.

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Erhalt einer so ansehnlichen wie kostbaren alten Prachthandschrift angelegen sein ließ. L1 BÄHRENS 1883, S. 31 (Sigle T); ELLIS S. XLI (Sigle T); HERVIEUX 1893/99, Bd. 3, S. 89-91; GUAGLIANONE 1958, S. XVII (Sigle T); DUFF/DUFF S. 677 (Sigle T); HERRMANN 1968, S. 26 (Sigle T); GAIDE 1980, S. 72 (Sigle T). L2 MAX KEUFFER: Beschreibendes Verzeichnis der Handschriften der Stadtbibliothek zu Trier. 10. Heft. Die philologischen Handschriften. Bearbeitet von GOTTFRIED KENTENICH. Trier 1931, S. 22-26; KRÄMER 1989/90, Bd. 1,1, S. 192; KRISTELLER 1967/97, Bd. 3, S. 718; BETTY C. BUSHEY. Die deutschen und niederländischen Handschriften der Stadtbibbliothek Tübingen bis 1600. Wiesbaden 1996 (Beschreibendes Verzeichnis der Handschriften der Stadtbibliothek zu Trier. N. S. 1), S. 312. L3 STEINMEYER/SIEVERS 1879/98, Bd. 4, S. 622-625 Nr. 569; ALBERT STEFFEN: Glossenhandschriften und ahd. Glossen aus Echternach. Luxembourg 1928 (Publications de la section historique de l’Institut Grand-Ducal de Luxembourg 62); CARL NORDENFALK: Abbas Leofsinas. Ein Beispiel englischen Einflusses in der ottonischen Kunst. In: Acta Archaelogogica 4,1 (1933), S. 49-83; BERGMANN 1973, S. 104 Nr. 881; HENNING VON GADOW: Die ahd. Aratorglossen der Handschrift Trier 1464. München 1974 (MMS 17); JEAN SCHROEDER: Bibliothek und Schule der Abtei Echternach um die Jahrtausendwende. Luxembourg 1977 (Publications de la Section Historique de l’Institut Grand-Ducal de Luxembourg 91); MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 1, S. 79, Bd. 3,1, S. 98f., Bd. 3,2, S. 165; HARTMUT HOFFMANN: Buchkunst und Königtum im ottonischen und frühsalischen Reich. Stuttgart 1986 (Schriften der MGH 30,I-II), Bd. 1, S. 509-516; ARMIN SCHLECHTER: Die ahd. Aratorglossen der Handschrift Rom, Biblioteca Apostolica Vaticana Pal. Lat. 1716 und verwandte Glossierungen. Göttingen 1993 (Studien zum Ahd. 20), S. 343-361; BERGMANN/STRICKER 2005, Nr. 881.

Tri3 *Trier, Stadtbibliothek, Cod. 1105/1334 Perg. und Pap. (225-232), 316 Bl., 15.5 x 11.5 cm, 13. Jh., 1. Hälfte 14. (205r210v: 1335 [210v]) und 15. Jh. 1r Besitzeintrag Johannes Pilter, Besitzeintrag Eberhardsklausen 1r-126v ›Commune sanctorum‹ (aus mehreren Bruchstücken zusammengesetzt: 1. 1r-23v, 2. 24r-33v, 3. 34r-37v, 38r-43v, 44r47v, 4. 48r-62v, 5. 63r-76v, 6. 77ra-91vb, 7. 92va-103vb, 8. 104r-113v, 9. 114ra-120va, 10. 121r-126v) 126v Besitzeintrag Johannes Pilter, Besitzeintrag Eberhardsklausen 127ra-164r ›Glossae hymnorum‹ (mit Nachträgen) 164v Federproben 165r-192v Exempel 192v medizinisch-astrologische Verse (WALTHER Nr. 11780) (Nachtrag) 193r-195r Predigt De ministerio sacerdotis

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195r-196v

Notate zur Astrologie (Sternbilder-Charakterisierung; Nachtrag) 197r-198r Predigt De caritate monachica 198r-199r ›De sacerdotibus‹ 199v-204v Predigten 205r-210v ›Ecloga Theodoli‹ (gloss.) (dat. 1335) 211ra-216vb Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XIV, XXXIV, XV-XXV, XXIX-XXXIII, XXVI-XXVIII, XXXV-XXXVII, XXXIX-XLI, XXXVIII, XLII. 2. Epimythien im Verstext: Nr. IV E,5, X E,1f, XI E,1f., XII E,1-4, XIII E,1f., XIV E,3f.+1f., XV E,1f., XVII E,1f., XIX E,1-4, XXI E,1f., XXV E,1f., XXIX E,1., XXXI E,1f., XXXIII,13f. (bei Nr. XXXII, das Distichon fehlt dann in der folgenden Fabel), XXXVIII,1f. Erschließung: 1. Glossen: lateinisch und, ganz vereinzelt, deutsch, interlinear und marginal, häufig syntaktische Bezüge herausstellend, von mindestens zwei zeitgenössischen Nachtragshänden des 14. Jahrhunderts systematisch durch die gesamte Sammlung.612 Einrichtung: zweispaltig, 29 Zeilen pro Spalte in vorgezeichnetem und vorliniertem Schriftspiegel; die einzelnen Fabeln jeweils in neuer Zeile mit Lombarde (nicht überall ausgeführt), die Verse abgesetzt, mit herausgerückten Majuskeln beginnend.

217r-248v Arnold von Sachsen: ›Auctoritates scripturae‹ 249r-268v Exempel 269ra-307vb ›Collecta de vitiis et virtutibus pro sermonibus faciendis‹ 308ra-316vb Exempel Schreiber 205r-210v: Johannes Funificis (Seiler) (210v); 217r-248v: Hermannus de Zost (248v) Vorbesitzer Johannes Pilter; Eberhardsklausen, Augustiner-Chorherren Theodolus und Avian bilden in Tri3 einen alten, ursprünglichen Verbund, der zusammen mit aus ehedem anderen Zusammenhängen stammenden Teilen in einen disparaten, Aufzeichnungen des 13., 14. und 15. Jahrhunderts umfassenden Sammelband aufgenommen wurde. Die Zusammenstellung insgesamt ist aber wohl noch eine mittelalterliche. Der Besitzeintrag des Johannes Pilter Bl. 1r wäre dann auf den gesamten Band zu beziehen. Der Eintrag von Bl. 1r weist die Handschrift als eine von insgesamt 15 aus, die der im westfälischen Büren tätige niedere Weltgeistliche Johannes Pilter – biographisch ist er 1456-93 nachweisbar – in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts sukzessive dem Konvent der Eberhardsklausener

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Dass Avian (und Theodol), wie bei EISERMANN 2003, S. 389 und S. 390 zu lesen, auch ein Kommentar beigegeben sei, trifft nicht zu.

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Augustiner-Chorherren vermachte. EISERMANN hat diesen Bestand 2003 zusammengestellt und in seinen Grundzügen charakterisiert. Tri3 fügt sich in ihn sowohl als Handschriftentyp »Sammelband« als auch der funktionalen Ausrichtung nach umstandslos ein. So zielen die versammelten Texte wesentlich auf die Durchführung des Gottesdienstes und pastorale Aufgaben, hier insbesondere auf die Predigt, sowie die Anleitung des Geistlichen zu richtiger Lebensführung. Speziell für Avian und Theodolus allerdings ist EISERMANNs Feststellung zu modifizieren, nach der auch diese beiden Texte »in den Verwendungszusammenhang Predigt« (EISERMANN 2003, S. 393) zu setzen wären. Auf Schule als den ursprünglichen Gebrauchsraum beider Texte wird zwar verwiesen, doch insbesondere die hier angeblich vorliegenden Kommentare schlügen die Brücke zur homiletischen Funktionalisierung. Über Prosakommentare verfügen nun in Tri3 aber weder Theodolus noch Avian – vielmehr nur über systematisch angebrachte Interlinear- und einige Marginalglossen. Fabelhandschriften dagegen, die im 14. Jahrhundert bereits konzeptionell für den Predigtgebrauch angelegt werden, warten regelmäßig mit Prosakommentaren, öfter auch mit geistlich-allegorischen Auslegungen auf. Man muss für Avian und Theodolus also unterscheiden: Pilter mag die Predigt bei ihrer Aufnahme in seinen Band als potentiellen Zweck im Sinn gehabt haben; er hat dazu aber auf Textmaterial zurückgreifen müssen, das dazu weniger geeignet war, das seiner ausführlichen expositio ad litteram nach eher dem elementaren Lateinunterricht entstammt. Die elementare expositio erleichtert das Textverständnis der einzelnen Versfabel natürlich ebenfalls und arbeitet ihrer Verwendung in der Predigt prinzipiell entgegen. Es ist aber nicht zu übersehen, dass der niedere Weltgeistliche im abgelegenen westfälischen Büren, was die Erschließung des Textes für seine speziellen Verwendungszwecke anbelangt, schlicht hinter den Möglichkeiten der Zeit zurücksteht. (Für eine sekundäre Verwendung der Fabeln im Schulunterricht durch Pilter oder in Eberhardsklausen finden sich übrigens keine Hinweise.) Wenn Johannes Pilter sich seine Handschriften selbst schrieb, bezog er die Vorlagen dafür öfter aus den umliegenden Bibliotheken: aus dem Chorherrenstift Böddeken unweit von Büren, aus dem benachbarten Zisterzienserinnenkloster Holthausen, aus der Franziskanerbibliothek in Paderborn oder aus der Paderborner Dombibliothek (vgl. EISERMANN 2003, S. 406-408). Avian und Theodolus allerdings muss er – schon aus chronologischen Gründen – käuflich erworben haben. Woher, das ist unbekannt, doch wird man eingedenk der für die Predigt tendenziell dysfunktionalen Erschließung der ›Fabulae‹ – es fand sich sozusagen »nichts Besseres« – am ehesten ebenfalls im umliegenden westfälischen Raum zu suchen haben.

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L1 GUAGLIANONE 1958, S. XXI (Sigle Tv). L2 MAX KEUFFER: Beschreibendes Verzeichnis der Handschriften der Stadtbibliothek zu Trier. 10. Heft. Die philologischen Handschriften. Bearbeitet von GOTTFRIED KENTENICH. Trier 1931, S. 35-37; KRISTELLER 1967/97, Bd. 3, S. 718; KRÄMER 1989/90, Bd. 1,1, S. 182. L3 FALK EISERMANN: Schreiben, Stiften, Sterben. Die Bücher des Johannes Pilter in der Bibliothek von Eberhardsklausen. In: 500 Jahre Wallfahrtskirche Klausen. Hg. von MARTIN PERSCH, MICHAEL EMBACH und PETER DOHMS. Mainz 2003 (Quellen und Abhandlungen zur mittelrheinischen Kirchengeschichte 104), S. 383-418.

Urb

Urbana/Illinois, The Library and Museums of the University of Illinois, MS x 872 / C 686 / 1400 Perg., 233 Bl., 26 x 20 cm, Mitte 14. bis Anfang 15. Jh., England. 1r-6v ›Disticha Catonis‹ (frgm.) (komm.) 6v-13r ›Ecloga Theodoli‹ (frgm.) (komm.) 13r-20v Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XLII. 2. Epimythien Nr. X E,1f., XI E,1f., XII E,1f., XIII E,1f., XVII E,1f., XIX E,1f., XX E,1f., XXV E,1f., XXIX E,1f., XXXVIII E,1f.613 Erschließung: keine. Einrichtung: Es liegen keine Angaben vor.

20v-28v 29rv 30r-39r 39r-40v 41r-50v 51r-61r 62r-78v 79r-104v 105r-164v 165r 165v-169r 170r-189v 190rv 191r-198v 199r-208r 208v 209r-211v 212rv

Maximian: ›Elegiae‹ kosmographische Notate (lat./engl.) Alanus ab Insulis: ›Liber parabolarum‹ Godardus von Malmesbury: ›De correctionibus humanae vitae‹ Johannes von Garlandia: ›Synonyma‹ Johannes von Garlandia: ›Equivoca‹ Johannes von Garlandia: ›Accentuarium‹ Johannes von Garlandia: ›Doctrinale‹-Bearbeitung Eberhard von Béthune: ›Graecismus‹ Auszüge aus Johannes de Garlandia: ›Equivoca‹ ›Appendix Vergiliana‹ (›Copa‹, ›Est et non‹, ›Vir bonus‹, ›De rosis nascentibus‹, ›Moretum‹) Horaz: Satiren »unidentified material in Latin and French« Horaz: ›Ars poetica‹ Persius: Satiren Notat Kommentar zu Horaz: ›Ars poetica‹ Verse (O quam delictant nemorosa palacia fessos)

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Angaben nach GUAGLIANONE 1959, S. 8-13.

Avian: ›Fabulae‹

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213r-233v Horaz: ›Epistolae‹ Vorbesitzer Cox Macro; John Patteson; M. P. aus Norwich; Richard Beatniffe, Buchhändler aus Norwich (1819); Maggs Brothers aus London (1936); E. von Schirling aus Leiden (bis 1937) Die namentlich bekannten Vorbesitzer der Handschrift sind durchweg erst neuzeitliche: »Cox Macro; John Patteson, M. P. for Norwich; Richard Beatniffe, bookdealer in Norwich (1819); Maggs Brothers, London (1936). Obtained in 1937 from E. von Schirling, Leyden« (BOND 1962, S. 168). John Patteson war 1802 und 1806 Member of parliament für Norwich. Die mittelalterliche Schreib- und Bibliotheksheimat von Urb lässt sich nur ungefähr eingrenzen. Einige der nicht näher identifizierbaren Einträge von Bl. 190 weisen nach Frankreich oder England, und speziell nach England führt die Textzusammenstellung. Sie zeigt sich deutlich vom Eingang des ›Liber Catonianus‹ beeinflusst (Cato, Theodol, Avian, Maximian), der hier, etwa ein Jahrhundert nach seinem Aufkommen in Frankreich, modifiziert, nämlich um seinen Abschluss mit Statius und Claudian verkürzt erscheint, dafür aber (Bl. 41r-104v) um einen Block mit grammatischen Werken des Johannes von Garlandia und (Bl. 105r-164v) Eberhards von Béthune erweitert. An diesen sind dann Werke von Horaz (Bl. 170r-198v, 213r-233v), teils mit Kommentar (Bl. 209r-211v zur ›Ars poetica‹), und die Satiren des Persius (Bl. 199r-208r) angehängt. Die Erweiterung des ›Liber Catonianus‹ um grammatische Werke ist für englische Handschriften des 13. und 14. Jahrhunderts ganz charakteristisch. Die im Format schon etwas großzügigere Anlage sowie der stattliche Textbestand und seine Zusammensetzung – sowohl hochmittelalterlich-«klassische« Verstexte für die fortgeschrittene moraldidaktische Lateinlektüre (die ›Liber‹-Reihe), als auch speziell auf das Studium der lateinischen Grammatik Ausgerichtetes – lassen eher eine größere Einrichtung, an der man bereits eher reguliertere Studien betrieb, denn lediglich Privatinteresse hinter der Anlage der Handschrift vermuten. L1 GUAGLIANONE 1958, S. XXI (Sigle I). L2 W. H. BOND: Supplement to the census of medieval and renaissance manuscripts in the United States and Canada. Originated by C. U. FAYE. New York 1962, S. 168; KRISTELLER 1967/97, Bd. 5, S. 405.

Vatikanstadt s. Rom (Città del Vaticano). Vyšší Brod s. Hohenfurt. Wie1 *Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 303 Perg., 165 Bl., 19 x 10.5 cm, 3. Viertel 13. Jh., Nordfrankreich? (Langres?). 1r Inhaltsverzeichnis (15. Jh.)

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1v-6rb 6v 7r-10r 10r-12v 12v-22v 22v-29r

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Kommentar zu den ›Disticha Catonis‹ Inhaltsverzeichnis (13./14. Jh.) ›Disticha Catonis‹ (komm.) Martinus: ›Novus Cato‹ ›Anonymus Neveleti‹ (komm.) Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: Fabeln Nr. I-IX, XI, X, XII-XLII. 2.a) Epimythien im Verstext: Nr. XXVI E,1f., XXIX E,1f., XXXVIII E,1f. 2.b) Epimythien außerhalb des Verstextes: Nr. X E,5f., XE,1f., XII E,1-4+7f., XIII E,1f., XIV E,1f., XV E,1f., XVII E,1f., XIX E,1f., XXV E,1f., XXXI E,1f., XXXIII,13f. an Nr. XXXII in der Hauptsache von nur einer etwas späteren Hand systematisch ergänzt (dazu eine zweite Hand 25r). Erschließung: 1. Accessus: engzeilig in kleinerer Glossenschrift vom Verstextschreiber vorangestellt; erwähnt werden im Accessus: Esopus (wohl der ›Anonymus Neveleti‹), Ovid: ›Heroides‹ und ›Ex Ponto‹, Vergil: Eklogen und ›Georgica‹, Boethius: ›De consolatione philosophiae‹). 2. Prosakommentar: in kleinerer Glossenschrift auf den äußeren Blattränder noch von Texthand (und 24r von einer zweiten Hand) jeweils in Höhe des Fabelbeginns; geboten wird ein Kurzkommentar, der lediglich die Lehre benennt und allenfalls im knappen Verweis die Protagonisten der Fabel anführt. 3. Marginalglossen: ganz vereinzelt von einer weiteren Hand , darunter 24v neben XXVI,5 der deutsche Eintrag sehynthy. Einrichtung: einspaltig, 53 Zeilen pro Spalte in vorgezeichnetem und vorliniertem Schriftspiegel mit breiterem Außenrand. Textanfang: nach mehreren Leerzeilen, die den engzeilig aufgezeichneten Accessus aufgenommen haben, Leerzeile, Überschrift in eigener Zeile Jncipit Avianus. De Rustica et puero, Leerzeile, dann Beginn der Fabelsammlung mit sechszeiliger Lombarde. (Der folgende Text beginnt in derselben Art wie der Avian). Textende: nicht eigens markiert. Vor den einzelnen Fabeln steht jeweils in eigener Zeile ein Titel. Die Fabeln sind abgesetzt und beginnen mit drei- bis vierzeiligen Zierinitialen. Neben den ersten neun Fabeln steht von späterer, aber noch mittelalterlicher Hand eine lateinische Fabelzählung. Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit herausgerückten und gestrichelten Majuskeln.

29r-40r 40r-48r 48v-51v 52r-64r 64r 64r-71v 72r-77r 77v 78r-86v 86v-92r

Heinrich von Settimello: ›Elegia de diversitate fortunae et philosophiae consolatione‹ (gloss., komm.) ›Passio beate Katharine virginis‹ (WALTHER Nr. 13588) ›Facetus Cum nihil utilius‹ Embrico von Mainz: ›Vita Mahumeti‹ Hymnus (WALTHER Nr. 13383) Wernher von Basel: ›Paraclitus‹ Johannes de Garlandia: ›Synonyma‹ leer ›Pamphilus de amore‹ (gloss.) ›Facetus Moribus et vita‹

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92v-102r 102r-108r 108r-112v 112v-115v 116r-120v 121r-124v 124r 124v-130v 132r-137v 138r 138v-144r 144r-151r 151v-155r 155r-158r 158r-164r 164r-164v

Baldo: ›Novus Esopus‹ ›Wiener/Münchner Novus Avianus‹ ›Quinque claves sapientiae‹ ›Ovidius puellarum‹ ›Contemptus mundi‹ (›Cartula‹) ›Pylatus‹ Accessus zum ›Physiologus Theobaldi‹ ›Physiologus Theobaldi‹ (komm.) Romulus-Fabeln Kommentar zum ›Physiologus Theobaldi‹ (130v fortsetzend) Vitalis von Blois: ›Geta‹ Maximian: ›Elegiae‹ ›Miles gloriosus‹ Matthæus von Vendôme: ›Milo‹ Wilhelm von Blois: ›Alda‹ Versrätsel und Carmina (u. a. ›Volturnus‹ [WALTHER Nr. 5825], ›Ad lugentes consolandos‹ [WALTHER Nr. 5703], WALTHER Nr. 3925 und 7319, Marbod von Rennes: ›De ordinibus‹ [WALTHER Nr. 13475], ein Vagantenlied [WALTHER Nr. 8460], WALTHER Nr. 15542 und 20357) 165r Notat zur Anwendung des aristotelischen Accessus-Schemas (Nachtrag 15. Jh.) 165v-166r Fabel von Fuchs, Wolf und Löwe (DICKE/GRUBMÜLLER 1987, K 224) (Nachtrag 14. Jh.) 166rv Auszug aus Otto von Lüneburg: ›Ars dictandi ‹ (Nachtrag 14. Jh.) Vorbesitzer Melk, Benediktiner?; Stephan Endlicher In seinen 1834 erschienenen »Exempla poesis latinae medii aevi« berichtet MORIZ HAUPT, der Vindobonensis 303 sei einige Jahre zuvor als Geschenk Stephan Endlichers in die Wiener Bibliothek gelangt, der ihn in Bratislava (Pressburg) entdeckt habe.614 In diesem Zusammenhang hat MUNARI auf eine vermisste Melker Handschrift aufmerksam gemacht, die, soweit aus einem 1747 gedruckten Katalog Martin Kropffs und dem handschriftlichen von Bernard Pez (†1735) zu ersehen sei, im Bestand mit Wie1 so eng zusammengehe, dass »una sola conclusione sembra possibile: i codice trovato da Endlicher a Bratislava è il ‘perduto’ codice 8 R. 15 di

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Auf S. 10 der »Exempla«, die mir leider nicht zugänglich waren. Den Hinweis auf die Stelle entnehme ich MUNARI 1977/88, Bd. 1, S. 65f.

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Melk.«615 Die Übereinstimmung gerade in den weniger verbreiteten Werken erlaubt in der Tat an der Identität keinen Zweifel. Wann genau und auf welchem Weg Wie1 aus Melk nach Bratislava kam, ist unbekannt, und ebenso, seit wann Wie1 in Melk aufbewahrt wurde. In den erhaltenen mittelalterlichen Bücherverzeichnissen des Klosters ist Wie1 nicht nachzuweisen.616 Immerhin macht die Bl. 24v marginal notierte Avian-Glosse sehynthy wahrscheinlich, dass Wie1 bereits im Spätmittelalter wenn nicht in Melk, so doch im deutschsprachigen Raum sich befand. MENHARDT nimmt an, das Inhaltsverzeichnis Bl. 1r sei auf österreichischem Boden, näherhin in Wien angefertigt worden, verzichtet aber auf eine Begründung seiner Annahme.617 Angelegt wurde die Handschrift jedoch im nordfranzösischen Raum. MENHARDT meint einen getilgten mittelalterlichen Besitzeintrag auf der Eingangsseite als [Lin]goniensis dec[anus] (Bl. Ir) entziffern zu können.618 Das wiese nach Nordfrankreich, vielleicht unmittelbar auf den Bischofssitz Langres selbst. Mit nordostfranzösischer Entstehung ließe sich zudem der Initialstil vereinen.619 Die süddeutsche Bibliothek, in der Wie1 noch im Mittelalter aufbewahrt wurde, hätte den Band also importiert. Das würde zu den bescheidenen Melker Verhältnissen zumindest der ersten beiden Jahrzehnte des 15. Jahrhunderts vor der Reform ebenso sich fügen (nur »Mitbringsel«) wie zu der dann aufstrebenden Bibliothek (Ausweitung der Bücherbeschaffung).620 Die Handschrift wurde von einem einzigen Schreiber geschrieben, der sie planmäßig anlegte. Er schnitt sich seinen Beschreibstoff gleichmäßig auf ein in der Avian-Überlieferung ungewöhnliches Oblong-Format zu, teilte die Blätter in regelmäßige Sexternionen ab (7-164: 13VI164), zählte die Lagen 2 (7-18) bis 14 (153-164) mit römischen Ziffern I-XIII durch und schrieb seine Texte in einem einheitlichen Schriftspiegel und durch-

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616 617 618 619 620

MUNARI 1977/88, Bd. 1, S. 66 (unter Anführung eines mir ebenfalls nicht greifbaren Artikels: »Per maggiori particolari v. la mia notarella Mellicensis 8 R. 15 e Vindobonensis 303 che uscirà prossimamente nella Miscellanea Augusto Campana, Padova, Editr. Antenore.«) MBKÖ, Bd. 1, S. 137-261. MENHARDT 1956, S. 18. MENHARDT 1956, S. 18f. MENHARDT 1956, S. 19 (mit weiteren Hinweisen). »In der ersten Zeit des 15. Jahrh. dürfte die Büchersammlung keinen bedeutenden Umfang gehabt haben. [...] Enormen Aufschwung nahm das Stift und weithin reichende Geltung erlangte es als Zentrum der Klosterreform in den ersten Jahrzehnten des 15. Jahrh. unter Abt Nikolaus Seyringer (1418-1425)«: so THEODOR GOTTLIEB in MBKÖ, Bd. 1, S. 137f.

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weg sorgfältig nieder. Für den ›Anonymus Neveleti‹ hat er vielleicht eine aus dem deutschen Sprachraum stammende Vorlage benutzt.621 Wenn MENHARDT den Schreiber als »sehr gelehrten«622 bezeichnet, dürfte er dabei dessen offenkundiges Interesse an Kommentarschrifttum im Blick gehabt haben. Dem ›Physiologus‹ ist ein umfangreicher Kommentar beigegeben, für dessen vollständige Abschrift eigens das Zusatzblatt 128 eingeschaltet wurde. Der Cato-Kommentar wurde dem fertiggestellten Buch noch nachträglich vorangestellt. Der Elegie Heinrichs von Settimello, dem Avian und dem ›Anonymus Neveleti‹ ist eingangs jeweils ein Accessus beigestellt. Auf der anderen Seite zeigt sich die Avian-Kommentierung aber durchweg auf den einfachen Lehrsatz reduziert, war dem Schreiber an Aufnahme weiterführender und detaillierter Erläuterungen, die etwa auf die grammatisch-sprachliche Erschließung des Textes hätten zielen können, für seine Zwecke nicht mehr gelegen. Der Versuch, diese näher zu bestimmen, wird auf der einen Seite die Aufnahme einer Reihe von Texten bedenken, die auch in Zeugnissen schulnaher Avian-Lektüre vielfach zu belegen sind.623 Auf der anderen Seite ist der beachtliche Umfang der Handschrift nicht zu übersehen, der ihre Verwendung als Lektüreheft im Unterricht ausschließt. Auch ist für die Avian-Überlieferung in Schulnähe das Format untypisch. Zu bedenken ist eine beträchtliche Anzahl in der Avian-Überlieferung nur hier oder allenfalls noch ein weiteres Mal bezeugter Werke624 und nicht zuletzt das Fehlen einschlägiger Abnutzungsspuren, die den für Unterrichtshandschriften typischen hochfrequenten Gebrauch anzeigen. Alle diese Beobachtungen gehen am zwanglosesten in der Annahme einer Anlage nicht unmittelbar für den Unterricht, aber doch für schulnäheren Einsatz zusammen, dem Wie1 als eine Art Handbuch, als Textkompendium dienen konnte. Aus einem solchen Handbuch ließen sich Kopien für Unterrichtshefte anfertigen oder die Werke oder ihre Accessus lediglich noch einmal in Erinnerung rufen. Diese allenfalls denkbare, aber nicht nachzuweisende erste Ausrichtung der Anlage auf einen unmittelbaren unterrichtlichen Gebrauchszweck ist aber für die in Avian-Umgebung

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FÖRSTER 1882, S. X (Übernahme einer deutschen Glosse in den Text des ›Anonymus Neveleti‹). MENHARDT 1956, S. 18. Vor allem ›Cato‹ und ›Novus Cato‹, ›Anonymus Neveleti‹, Settimello, ›Facetus Cum nihil utilius‹, Johannes de Garlandia: ›Synonyma‹, ›Pamphilus de amore‹, ›Quinque claves sapientiae‹, ›Contemptus mundi‹/›Cartula‹, ›Pylatus‹, ›Physiologus Theobaldi‹, Vitalis von Blois: ›Geta‹, Maximian: ›Elegiae‹. Nur hier: Embrico von Mainz: ›Vita Mahumeti‹, Baldo: ›Novus Esopus‹, ›Miles gloriosus‹, ›Milo‹. Nur noch ein einziges weiteres Mal: ›Paraclitus‹ (Kra1 ), ›Alda‹ (Wol2 ), ›Wiener/Münchner Novus Avianus‹ (Mue6 ).

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exzeptionellen Stücke unwahrscheinlich: Mit ihrer Aufnahme tritt die den pragmatischen unterrichtlichen Erfordernissen eigenwertig gegenüberstehende Grundfunktion der Textaufbewahrung hervor. Hinsichtlich der Textauswahl spricht aus der Sicht der Textgemeinschaften, die der Avian im 13. Jahrhundert eingehen kann, nichts gegen die Annahme, ein Geistlicher am Bischofssitz in Langres, der (in welcher Weise auch immer) mit der Betreuung der Domschule beauftragt war, habe sich dieses Buch zusammengestellt. Die Handschrift war dann über einen Zeitraum von über einem Jahrhundert in Verwendung. Folgt man MENHARDT, so datieren in das 13./14. Jahrhundert Randbemerkungen (Bl. 29r-40r, 49r u. ö.) sowie das erste Inhaltsverzeichnis (Bl. 6v), in das 14. Jahrhundert der Nachtrag Bl. 166rv und in das 15. Randbemerkungen (Bl. 52r-59r, 116r und 165r), der Einband, das Inhaltsverzeichnis Bl. 1r, eine arabische Foliierung und dazu das Accessus-Notat Bl. 165r. Diese Ergänzungen wurden alle recht sorgfältig eingetragen. Speziell im Avian zählen zu ihnen der Eintrag einer Fabelzählung, der Nachtrag eines Kommentarabschnitts, die Aufnahme weiterer Epimythien, einzelne Marginalglossen: dies alles von mindestens fünf verschiedenen Händen, die nirgends ungelenk wirken. Die Verhältnisse im Avian sind zudem insofern typisch, als bei der Zählung, die ja bald abbricht, ebenso wie bei den Glossen, die nur ganz punktuell stehen, auf systematischen Zugriff verzichtet ist. Auch die Nachträge sind kein Ergebnis vorgegebenen Zwangs zur systematischer Durcharbeitung, sondern eher Begleiterscheinung individuellen Studierens – und dies wohl eher vor bereits ausgebildetem Hintergrund. Im Nachtrag aus dem 15. Jahrhundert, in dem Hinweise zum Einsatz des aristotelischen Frage-Schemas gegeben werden, setzt sich das schon am Grundbestand beobachtete besondere Interesse an der geregelten Eröffnung eines Zugangs zu den versammelten Texten fort: Auch die spätere Nutzung von Wie1 liegt eher in kompetenten Händen, eher unterrichtsfern, aber gleichwohl »schulnah«. L1 HERVIEUX 1893/99, Bd. 1, S. 579f., S. 688-690, Bd. 3, S. 102f.; GUAGLIANONE 1958, S. XXI (Sigle Vb). L2 STEPHAN ENDLICHER: Catalogus codicum philologicorum latinorum bibliothecae palatinae Vindobonensis. Wien 1836 (Catalogus codicum manuscriptorum bibliothecae palatinae Vindobonensis 1), S. 158-163 Nr. 277; Tabulae codicum 1864/99, Bd. 1, S. 41f. L3 MORIZ HAUPT: Zu Jacob Grimms Reinhart Fuchs. In: Altdeutsche Blätter 1 (1836), S. 1-10, hier S. 9; HERMANN MENHARDT: Der Millstätter Physiologus und seine Verwandten. Klagenfurt 1956 (Klagenfurter Museumsschriften 14), S. 18f.; MUNARI 1977/88, Bd. 1, S. 65f., S. 115-118 Nr. 111; BURSILL-HALL 1981, Nr. 299.16.

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Wie2 *Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 901 Perg., 140 Bl., 12.5 x 8 cm, 2. Hälfte 13. Jh., Südostdeutschland/Österreich. VD innen Fragment eines theol. Textes 1r-4r Sentenzen in Reimversen (WALTHER Nr. 196) 4r-6v Sentenzen in Distichen (WALTHER Nr. 3293) 6v-23v Romulus-Fabeln 23v-30v lat.-dt. Glossar (Aer et ether loft ...) 31r-33r Sentenzen in Distichen (WALTHER Nr. 12034) 33r-42r Publilius Syrius: Sentenzen 42r-43r Sentenzen in Prosa 43r-44v Sentenzen in Prosa 44v-45v ›Proverbia Catonis‹ 45v-46r Sentenzen in Prosa 46r-47r Auszüge aus Wipo: ›Proverbia‹ 47r-49v Sentenzen in leoninischen Hexametern (WALTHER Nr. 12382) 49v-56v ›Versus proverbiales‹ (WALTHER Nr. 20154) 57r-62v Sentenzen und Rätsel 62v-64v ›Dissuasio cupiditatis mundanae‹ (WALTHER Nr. 20820) 64v-66v ›De contemptu mundi Rudigeri‹ (WALTHER Nr. 6558) 66v-67v Notate zur Grammatik 67v-71v Versus differentiales 71v-72r Versgrammatik: ›De formatione temporum, perfectorum atque supinorum‹ (Que retinent sensum presentique preterique ...) 72v-86v Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XXXVI. 2.a) Epimythien im Verstext: Nr. VI E,1f., X E,1f., XI E,1f., XIV E,1f. 2.b) Epimythien außerhalb des Verstextes: Nr. XII E,1f., XIII E,1f., XIV E,3f., XV E,1f., XIX E,1f., XXV E,1f. von mindestens zwei verschiedenen Händen am Rand nachgetragen. Erschließung: Interlinearglossen, die von vielleicht nur einer einzigen späteren Hand unsystematisch (Nr. I-VII, XIV-XVII, XIX-XXVIII) und innerhalb der einzelnen Fabeln nur vereinzelt angebracht wurden. Einrichtung: einspaltig, 21 Zeilen pro Spalte in vorgezeichnetem und vorliniertem Schriftspiegel. Textanfang: Jncipit auianus über dem Schriftspiegel in farbiger Schrift. Vor X,1 eine vierzeilige schmucklose Initiale. Textende: der Text endet Bl. 86v in der letzten Zeile des Schriftspiegels mit der letzten Zeile von Nr. XXXVI; es könnten also auch Blätter mit der Fortsetzung ausgefallen sein. Die einzelnen Fabeln jeweils in neuer Zeile mit vorangehender zweizeiliger rubrizierter vergrößerter Capitalis (oft nicht ausgeführt). Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit Majuskeln.

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Traktat zur Arithmetik (Quia de quantitate que numerus est acturi sumus ...) (darin als Nachtrag 105rv Winricus: ›Conflictus ovis et lini‹, V.1-39) 113r-114r leer 114v-135v Briefsammlung des Radolfus von Wehing 135v Rezept zur Verarbeitung von Rosenöl 136r-140v Martinus: ›Novus Cato‹ (Ende frgm.) Vorbesitzer Mondsee, Benediktiner Die Handschrift ging mit der Bibliothek des Benediktinerklosters Mondsee 1795 in die Wiener Bestände ein.625 In Mondsee führt ihre Spur noch bis 1749 zurück. In diesem Jahr kam der einzige vollständig erhaltene Mondseer Bibliothekskatalog zum Druck, den der Bibliothekar und spätere Abt Bernhard Lidl zur Milleniumsfeier ausgearbeitet hatte. Er führt ein Manuskript auf, das PFAFF zufolge verloren ist, jedoch anhand der Paraphrase des Lidl’schen Katalogeintrags bei PFAFF mit Wie2 identifiziert werden kann: 87r-112v

»Verloren ist ein nur von Lidl beschriebener [...] Band mit einem Florilegium des versifizierten Aesop wohl des Gualterius Anglicus, einer Auswahl von Gedichten des seines Sentenzenreichtums halber besonders geschätzten Ovid, einem Alphabetum proverbiorum, also einer Sammlung alphabetisch geordneter Merkverse. Derselbe Codex enthielt ein Florilegium von Sprichwörtern über Tugenden und Laster und einen novus Cato in melius distinctus, wohl die Bearbeitung der Weisheitslehren in Distichen und Monostichen des der Kaiserzeit angehörigen Spruchdichters Cato.«626

Dazu ist anzumerken, dass unter den distichischen Sentenzen Bl. 31r-33r manches aus Ovid gezogen ist,627 die Sentenzen des Publilius Syrius Bl. 33r-42r alphabetisch dargeboten werden, die ›Versus proverbiales‹ Bl. 49v-56v nach Sündenkategorien angeordnet sind,628 der »novus Cato« Lidls auf die ›Proverbia Catonis‹ Bl. 44v-45v wie den ›Novus Cato‹ Bl. 136r-140v bezogen werden kann und schließlich Lidls Rede von einem Florilegium aus Aesop, so sie nicht auf in den Sentenzensammlungen verwertetes Gut zielt, wohl aus der bekannten Unzuverlässigkeit des Katalogbearbeiters629 folgt. Verwirrt haben könnte Lidl die Positionierung des

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Die alte Lunaelacensis-Signatur L. O. 200 erscheint im Vorderdeckel. PFAFF 1967, S. 82. Der Katalog selbst war mir nicht zugänglich: BERNHARD LIDL: Mantissa Chronici Lunaelacensis bipartita. Monachi et pedeponti 1749 (der entsprechende Eintrag PFAFF zufolge auf S. 415). Vgl. STEINMEYER/SIEVERS 1879/98, Bd. 4, S. 638. Vgl. STEINMEYER/SIEVERS 1879/98, Bd. 4, S. 638. Vgl. PFAFF 1967, S. 72f.

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Romulus im Anschluss an die Sentenzensammlungen. Oder er meinte schlicht den unvollständigen Avian.630 In den spärlichen Überresten mittelalterlicher Kataloge des Klosters ist Wie2 nicht nachzuweisen.631 Niederschrift und Verwendung von Wie2 im bairisch-österreichischen Raum Sprachraum, vielleicht sogar in Mondsee selbst, wird durch die volkssprachigen Interpretamente in dem Glossar von Bl. 23v-30v wahrscheinlich – diese zeigen oberdeutsche, näherhin bairische Sprachformen632 – und dazu durch die Briefsammlung des Radolfus von Wehing Bl. 114v-135v. Er selbst bezeichnet sich als capitaneus des nordösterreichischen Städtchens Laa. In den Schreiben und Antwortbriefen erscheinen u. a. ein S. provisor puerorum in arte litterali in Laa, ein H. de paumgartin, ein W. viceplebano in holebrunne (Hollabrunn im österreichischen Weinviertel?), ein G. in Nuzdorf, ein D. in Zlatem, ein Alberus de Celking oder de Telking, Ul. de Wolfkenstorf (Wolkersdorf im österreichischen Weinviertel?), R. de Lichtenau, W. de Ruspach (nordöstlich von Wien?), Ch. de Prazelavs, G. in Seveld, ein P. de Swarzenau sowie Adelige und Herrscher dieses Raumes bis hin zu König Ottokar II. von Böhmen. Nirgends wurde dem Verstext der Fabeln Avians zwischen den Jahren 800 und 1500 weniger Platz eingeräumt als in Wie2. (Am nächsten kommt Wie2 mit einem Blattformat von 12.5 x 8.5 cm die Kommentarhandschrift K-Rom aus dem 12. Jahrhundert.) Das durchgehend ungewöhnlich kleine Blattformat legt einheitliche Anlage der Handschrift nahe. Es verlangt dann allerdings das Anwachsen des Bandes in mehreren Schritten nach einer Erklärung. Ein Grundstock erstreckt sich nämlich nur bis Bl. 113. Er wurde von nur einem einzigen oder wenigen sehr eng aufeinander abgestimmt arbeitenden Schreiber im Prinzip ohne Unterbrechung aufgezeichnet. Abzusetzen als eigener Faszikel sind dann die Blätter 114-135 mit der in anderem Duktus und vielleicht von anderem Schreiber aufgenommenen Briefsammlung. Diese wurde zunächst wohl außerhalb des Buchverbandes benutzt, denn die Eingangsseite ist als Schutzblatt frei gelassen und entsprechend stärker als ihre Umgebung in Mitleidenschaft gezogen. Die ursprünglich leere, ebenfalls stärker verschmutzte wie verblasste und zudem um ihr unteres Drittel verkürzte Schlussseite diente der Aufnahme von Nachträgen. (Die Briefsammlung wurde zwischen 1253 und 1265 erstellt und kann vorher nicht in den Band gekommen sein:

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PFAFF berücksichtigt Wie2 auch sonst an keiner Stelle seiner Untersuchung: Er muss die Handschrift vollkommen übersehen haben. MBKÖ, Bd. 5, S. 66-82. Vgl. MÜLLER/FRINGS 1968, S. 87 (oberdeutsch) und REUTERCRONA 1920, S. 20 (bairisch).

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STEINMEYER/SIEVERS 1879/98, Bd. 4, S. 640.) Auf ebenfalls zunächst selbstständigem, wiederum eingangs stärker beanspruchtem und dazu am Schluss verkürzten Faszikel folgt zuletzt der ›Novus Cato‹, der wiederum in vom zuvor Aufgenommenen abweichenden Duktus geschrieben ist. Er hebt sich als Verstext zudem in der Einrichtung von seiner engeren Umgebung ab, dazu deutlich von dem einzig ihm vergleichbaren zweiten Verstext der Sammlung, dem Avian im ersten Abschnitt, durch die Wahl höherer Zeilendichte (27) und Herausrückung der Majuskeln in eine eigene Vorlinierung. Für die nicht erst aus sekundärem Beschnitt folgende Übereinstimmung der drei Abschnitte im Blattformat gibt es mehrere Erklärungen. Die zwei zunächst selbstständig eingesetzten Abschnitte können bereits bei ihrer Anfertigung auf den Grundstock hin zugeschnitten worden. Sie können aber auch vor dem Hintergrund einer an eine bestimmte Person gebundenen »Format-Tradition« entstanden sein. Diese Person hätte sich dann Textfaszikel für tendenziell schulnahe Gebrauchszwecke (›Novus Cato‹, Briefmuster) nach und nach selbst angefertigt oder von verschiedenen Schreibern anfertigen lassen, d. h. sie hätte dann Zugriff auf eine professionelle Schreibwerkstatt gehabt. Die Format-Tradition kann aber auch von einer Einzelperson unabhängig innerhalb eines einzelnen Skriptoriums Geltung besessen haben für Handbuchartiges für schulnahe Gebrauchszwecke und entsprechende Faszikel. L1 OLDFATHER 1911, S. 109; GUAGLIANONE 1958 S. XX (Sigle Vd). L2 AUGUST HEINRICH HOFFMANN VON FALLERSLEBEN: Verzeichniss der altdeutschen Handschriften der k. k. Hofbibliothek zu Wien, Leipzig 1841, S. 370 Nr. 393; Tabulae codicum 1864/99, Bd. 1, S. 154. L3 STEINMEYER/SIEVERS 1879/98, Bd. 4, S. 638640 Nr. 601; HANS REUTERCRONA: Svarabhakti und Erleichterungsvokal im Altdeutschen bis ca. 1250. Heidelberg 1920, S. 20; HERMANN MENHARDT: Entstehung und Entwicklung der Handschriftensammlung. In: H. M.: Verzeichnis der altdeutschen literarischen Handschriften der Österreichischen Nationalbibliothek. Berlin 1960-61 (Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Veröffentlichungen des Instituts für deutsche Sprache und Literatur 13), Bd. 1, S. 3-24; CARL PFAFF: Scriptorium und Bibliothek des Klosters Mondsee im hohen Mittelalter. Wien 1967 (Österreichische Akademie der Wissenschaften. Veröffentlichungen der Kommission für Geschichte Österreichs 2); GERTRAUD MÜLLER, THEODOR FRINGS: Germania Romana II. Dreißig Jahre Forschung. Romanische Wörter. Halle/S. 1968 (Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig. Historische Kommission. Mitteldeutsche Studien 19/2), S. 87; BERGMANN 1973, S. 109 Nr. 927; BERGMANN/STRICKER 2005, Nr. 927.

Wie3 *Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 3261 Pap., I + 74 Bl., Anfang 16. Jh. Ir Inhaltsverzeichnis; Hinweis zum Schreiber: Actij sinceri manu scripta; Signaturen 3261, gerahmt 335, in der oberen

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Iv 1r 1v-2v 3r-20v 20v-22r 22r-23r 23r-25v 25v-26r

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rechten Ecke O oder O/I, in der Blattmitte 9i 5; in der unteren Zeile Martirani et doctorum Amicorum leer Abschrift eines Briefes des Giovani Pontano an Jacopo Sannazaro, dat. Februar 1503 leer Ausonios: ›Carmina‹ Inhaltsübersicht zu einer Lyoner Ausonius-Handschrift Lesarten zu den Ausonius-Carmina einer Lyoner AusoniusHandschrift Auszüge aus einer Lyoner Ausonius-Handschrift (u. a. ›De litteris monosyllabis grecis et latinis‹, ›Epitaphium Archeli‹) Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: Widmungsepistel. Erschließung: keine. Einrichtung: einspaltig, 19 Zeilen. Der Epistel ist in eigener Zeile AVIENVS THEODOSIO vorangestellt.

26r-27r Auszüge aus einer weiteren Lyoner Handschrift 27v-42v leer 43r-46v Ps.-Ovid (Oppian): ›Halieutica‹ 47r-47v leer 48r-56v Nemesianus: ›Cynegetica‹ 57r leer 57v Ps.Ovid: ›Testimonium de Grattio‹ 58r-72v Grattius: ›Cynegetica‹ 73r-74v leer Schreiber Jacopo Sannazaro (1458-1530) Vorbesitzer Jacopo Sannazaro Wie3 bewahrt auf den ersten Seiten eine von Jacopo Sannazaro selbst oder in seiner unmittelbaren Nähe angelegte Abschrift von Auszügen, die er während eines Frankreichaufenthalts im Gefolge des verbannten Königs von Neapel 1501/02 aus einer bei den Benediktinern von St. Martin auf der Île-Barbe bei Lyon aufbewahrten Ausonius-Handschrift angefertigt hatte. Darüber hinaus hat Sannazaro eine zweite Lyoner Handschrift ausgewertet, deren Auszüge Wie3 Bl. 26r-27r bietet. Der meiste Platz wurde jedoch einigen seltenen Lehrgedichten über die Jagd zugebilligt, denen das Hauptinteresse des gelehrten Entdeckers galt. Von späterer Hand wurden vorangestellt einmal ein knappes Inhaltsverzeichnis, das von Sannazaro als Urheber der Textsammlung benennt, und die Abschrift eines an Sannazaro gerichteten Briefes seines Landsmannes, Gründers der Akademie von Neapel und Gefährten daselbst, Giovani Pontano (1426-1503).

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Die Aufnahme der Widmungsepistel des Avian an Theodosius gründet allein noch in philologischem Interesse. Die Abschreiber der Fabelsammlung haben seit dem 12. Jahrhundert auf die Übernahme der Epistel regelmäßig verzichtet. Sie war im 15. Jahrhundert daher nahezu unbekannt und musste entsprechend die Neugier der Humanisten wecken. Die Positionierung der Abschrift zwischen zwei Auszüge aus Lyoner Handschriften lässt ihre Vorlage ebenfalls im Lyoner Raum, wenn nicht gar auf der Île-Barbe vermuten. Da die Vorlage die Epistel enthielt, auf die in der Avian-Überlieferung seit dem 12. Jahrhundert regelmäßig verzichtet wird, kann die Vorlage nicht nach dem 11. Jahrhundert entstanden sein. Die Avian-Handschrift Par 4 bewahrt zwar in ihrem ersten Abschnitt einen Rest der von Sannazaro in Lyon benutzten Ausonius-Handschrift, jedoch wurde dort der Avian erst im 16./17. Jh. beigebunden. Bei Par 4 kann es sich daher, wie zudem der Textvergleich bestätigt, nicht um die Vorlage von Sannazaro gehandelt haben. Von den übrigen Textzeugen der Epistel geht keiner mit Wie3 zusammen. Die Vorlage muss demnach als verschollen gelten. Wann genau aber und wo Wie3 geschrieben wurde, und wann und wie die Handschrift nach Wien gelangte, darüber liegen keine Nachrichten vor. Im von Hugo Blotius 1576 angefertigten ältesten Handschriftenverzeichnis der Hofbibliothek fehlt sie noch.633 L1 OLDFATHER 1911, S. 109f.; GUAGLIANONE 1958, S. XXVI (Sigle Vc). L2 STEENDLICHER: Catalogus codicum philologicorum latinorum bibliothecae palatinae Vindobonensis. Wien 1836 (Catalogus codicum manuscriptorum bibliothecae palatinae Vindobonensis 1), S. 204f. Nr. 306; Tabulae codicum 1864/99, Bd. 2, S. 246. L3 HEINRICH SCHENKL: Zur Kritik und Überlieferungsgeschichte des Grattius und anderer lateinischer Dichter. In: Jahrbücher für classische Philologie. Supplementband 24 (1898), S. 387-480; Das älteste Handschriftenverzeichnis der Wiener Hofbibliothek von Hugo Blotius 1576. Kritische Ausgabe der Handschrift Series nova 4451 vom PHAN

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MENHARDT 1957. Die bei ENDLICHER mitgeteilte alte Signatur »Philol. 335« bezieht sich auf die Reihe der Codices Philologici, eine vom Hofbibliothekar Joh. Ben. Gentilotti von Engelsbrunn, der die Bibliothek 1705-23 leitete, eingerichtete Signaturengruppe. Vgl. dazu MENHARDT 1957, S. 17. Siehe dort auch zu noch unausgeschöpften Möglichkeiten, den Zeitpunkt des Erwerbs von Handschriften mit Gentilotti-Signaturen festzustellen. GUAGLIANONE hat auf eine Heranziehung des Sannazaro-Avians für seine Ausgabe verzichtet. Dadurch ist ihm ein für den Text der Epistel wichtiger Zeuge entgangen. Bereits in ihrer Überschrift (AVIENVS THEODOSIO) stellt sich die Abschrift zu Kar 1 (AUIANUS THEODOSIO), einer der drei wertvollsten Handschriften für die Textherstellung überhaupt. Nähere Prüfung verdienen in diesem Zusammenhang die Berührungen der Überlieferungsgeschichten von Ausonius und Avian. Ist es ausgeschlossen, dass der Sannazaro-Avian etwa ebenfalls aus der Lyoner Ausonius-Handschrift stammen sollte, der heute nur einige Blätter fehlen? Wenn man diese Möglichkeit in Betracht zieht, rückte die Textgemeinschaft die verlorene Vorlage nahe an die Avian- bzw. Ausonius-Handschrift Lei4 heran, den zweiten der drei wichtigsten Avian-Textzeugen GUAGLIANONEs, der wie das Lyoner Ausonius-Manuskript noch im 9. Jahrhundert entstand.

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Jahre 1597. Hg. von HERMANN MENHARDT. Wien 1957 (Österreichische Akademie der Wissenschaften. Philos.-hist. Kl. Denkschriften 76).

Win *Winchester, Cathedral Library, MS XV (ehem. III, A) Pap., I + 229 Bl., 34.5 x 25 cm, 2. Viertel 15. Jh., Winchester. Ir leer Iv Besitzeintrag T. Sylksted 1r-13v ›Disticha Catonis‹ (komm.) 14r-36r Johannes de Garlandia: ›Synonyma‹ (komm.) 36v-65r Johannes de Garlandia: ›Equivoca‹ (komm.) 65v-66r leer 66v-78v Alanus ab Insulis: ›Liber parabolarum‹ (komm.) 79r-100r ›Ecloga Theodoli‹ (komm.) 100r-113r Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XXXIX, XLI, XL, XLII. 2. Epimythien im Verstext: Nr. VI E,1f., X E,1f., XI E,1f., XII E,1f., XIII E,1f., XIV E,1-4, XV E,1f., XIX E,1f., XXV E,1f., XXVI E,1f., XXVIII E,1f., XXIX E,1f., XXXI E,1f. Erschließung: 1. Der ersten Fabel ist ein engzeilig fortlaufend noch von der Hand des Verstextes geschriebener Accessus vorangestellt. 2. Der ebenfalls noch von der Hand des Verstextes engzeilig fortlaufend geschriebene und über die gesamte Breite des Schriftspiegels laufende, systematisch für alle Fabeln notierte Prosakommentar schließt jeweils nach Absatz an die vorangehende Versfabel an. Seine Elemente: a) Benennung der Fabellehre (systematisch); b) Prosaparaphrase (systematisch); c) allegorische Auslegungen; d) bisweilen Reste einer expositio ad litteram. 3. Marginalscholien: systematisch, meist ein- bis zweizeilig, in kleinerer Glossenschrift engzeilig fortlaufend von der Hand des Verstextes/Kommentars, mit rhetorischen, grammatischen und sachlichen Erläuterungen. Einrichtung: einspaltig in vorgezeichnetem Schriftspiegel mit breiten Rändern. Zeilenzahl pro Seite wechselnd, da Verstext und Kommentar alternieren. Verse abgesetzt, mit breitem Zeilenabstand und mit Majuskeln beginnend. Der Anfang einer neuen Fabel ist durch den vorangehenden Kommentar markiert; zusätzlich ist am Rand eine Überschrift beigegeben. Freiräume für Initialen oder Lombarden (nicht ausgeführt). Textanfang: 100r mit Accessus in der ersten Zeile des Schriftspiegels. Textende: Explicit Liber Auiani Quod M. W. Grene.

113v leer 114ra-227vb ›Promptuarium parvulorum‹ 228r leer 228v Besitzeinträge T. Sylksted und Dombibliothek Winchester 229r Besitzeintrag Dombibliothek Winchester und Datierung 1445

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229v leer Schreiber 1r-113r: M. W. Grene (13v, 100r) Vorbesitzer M. W. Grene?; Thomas Sylksted (†1524) Win ist eine planmäßig angelegte Handschrift. Ihre Blätter sind von gleichbleibendem Format und durchweg sorgfältig beschrieben. Das Ergebnis ist ein ebenso starker (6.5 cm, mit den noch mittelalterlichen Buchdeckeln gar 9.5 cm) wie großformatiger Buchblock, der noch im 15. Jahrhundert solide eingebunden wurde.634 An der Niederschrift waren zwei Schreiber beteiligt, von denen der erste die Verstexte im ersten Teil bis Bl. 113 schrieb und der sich an mehreren Stellen als M. (für Magister?) W. (für William?) Grene nennt, der zweite den zweiten Teil mit dem wenige Dezennien vor der Niederschrift um 1440 entstandenen ›Promptus parvulorum‹. Beide Teile sind inhaltlich miteinander verklammert. Das englisch-lateinische Vokabular, das allein die zweite Hälfte von Win einnimmt, kennzeichnet den Band wesentlich als ein lexikalisches Handbuch. Im ersten Teil dominieren zwar Verstexte, doch lässt sich die Aufnahme der ›Synonyma‹ und der ›Equivoca‹ (die wiederum etwa die Hälfte des ersten Teils einnehmen) umstandslos demselben Verwendungsinteresse zuordnen. Cato, Alanus, Theodolus und Avian beanspruchen nur etwa ein Viertel des Bandes; sie fungieren im Gesamtrahmen wie Kollektionen von Anwendungsbeispielen für den lateinischen Sprachgebrauch. Trotz der Konzeption als Handbuch/Nachschlagewerk blieb Win in nahezu unberührtem Zustand. Benutzungsspuren aus relativ frequenter Verwendung unmittelbar im Unterricht finden sich nicht. Win wird als grammatisches Kompendium allenfalls im Hintergrund eines professionelleren Lehrbetriebs gestanden haben, der selbst bereits über eine eher gut ausgebaute Bibliothek verfügte, die mit dieser Handschrift weiter bereichert wurde.635 Zu solchen Vermutungen passt, was sich über die Vorgeschichte der Handschrift in Erfahrung bringen lässt. Ihr erster nachweislicher Besitzer war Thomas Sylksted (†1524), Konventuale des Benediktinerpriorats von Winchester, der dort 1468 zum Subdiakon ordiniert, zwischen 1484 und 1492 zum Subprior erhoben und 1498 zum Prior gewählt wurde. Bl. Iv stammt ein auf einen alten Kaufvermerk gesetzter Besitzvermerk von ihm: Liber (T Sylkstede auf Rasur) precio xiij s iiij d9 (= 13 shilling 4 pence), und Bl. 228v ein Besitzvermerk, der Sylksted erst in einer nachgetragenen Ergänzung als Subprior bezeichnet (Constat Thome Sylksted [Nachtrag: suppriori]). Demnach hat Sylksted die Handschrift bereits vor seiner Er-

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Zum Einband einige Angaben bei KER/PIPER 1969/2002, Bd. 4, S. 594. Vgl. WAY in seiner Ausgabe des ›Promptuarium parvulorum‹ S. XXXIX (»fine relict of the ancient conventual library«) und Anm. a (»This fine volume is in perfect preservation«).

Avian: ›Fabulae‹

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hebung zum Subprior, also vor 1484/92 besessen. 1485 hingegen gehört Win bereits der Bibliothek der Kathedrale: Anno domini Millesimo CCCC iiijxx vto | Jste liber est de domo Sancti Swythuni Wyntoniensis ex prouidenc Will Qui eum alienaverit anathema sit steht Bl. 229r, und Bl. 228v wurde zu Sylksteds Eintrag ergänzt Jste liber est de domo Sancti Swythini Wyntoniensis. Da allerdings der Eintrag Bl. 229r noch aus Sylksteds eigener Feder stammen könnte, waren vielleicht die Grenzen zwischen dem persönlichen Buchbesitz Sylksteds und dem der Dombibliothek nicht ganz klar gezogen, gab es Grauzonen. Der Eintrag von 1485 holt in die Vorgeschichte der Handschrift aus, aus der er einen weiteren Namen nennt, nämlich den eines Will. Damit dürfte jener William Grene genannt sein, der sich im ersten Teil der Handschrift mehrfach als Schreiber nennt. Ihn hat man vielleicht nicht allein nur aus seinen namentlichen Einträgen in die Handschrift gekannt, sondern möglicherweise noch eine persönliche Erinnerung an ihn gehabt. Denn für das benachbarte College von St. Mary ist ein William (auch John) Grene in den dreißiger Jahren des 15. Jahrhunderts nachzuweisen.636 An diesem College war man bereits in den dreißiger Jahren mit Büchern für den Grammatikunterricht sehr gut ausgestattet.637 Win ist in den erhaltenen Buchkatalogen indes nicht nachzuweisen, die allerdings auch nur aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts vorliegen, aus der zweiten Jahrhunderthälfte nicht mehr.638 Zu bedenken bleibt in diesem Zusammenhang zudem der Eintrag eines Kaufpreises auf Bl. Iv. Es scheint ja nicht so gewesen zu sein, dass Grene unmittelbar für die CollegeBibliothek schrieb. Wie hätte die Handschrift denn dann noch auf den Buchmarkt gelangen können? Was die frühen Besitzverhältnisse anbelangt, wartet Win also noch mit einigen offenen Fragen auf, deren zukünftige Klärung auch die traditionell engen Verbindungen zwischen College-Bibliothek und Dombibliothek zu bedenken hat.639 Frühneuzeitliche Verzeichnisse jedenfalls führen Win seit dem 17. Jahrhundert kontinuierlich in Winchester.640 L1 OLDFATHER 1911, S. 110; GUAGLIANONE 1958, S. XXV (Sigle Wi); SUERBAUM 2000, S. 385 Anm. 10. L2 KER/PIPER 1969/2002, Bd. 4, S. 592-594. L3 W. H. GUN-

_____________ 636 637 638 639

640

EMDEN 1957/59, Bd. 2, S. 820 (scholar 1430-33). Vgl. ORME 1973, S. 97 Anm. 1 und S. 125 sowie v. a. GUNNER 1858, S. 62. Vgl. OAKESHOTT 1954, S. 2. Vgl. OAKESHOTT 1954, S. 12. Weiterhin einzubeziehen ist die Schullandschaft in Winchester im 15. Jahrhundert überhaupt. Vgl. zu dieser im Überblick nach wie vor v. a. ARTHUR FRANCIS LEACH: The schools of medieval England. London 1915. Unv. Nachdr. New York, London 1969, S. 261-366, sowie speziell zum College DERS.: A history of Winchester College. London 1899. Vgl. KER/PIPER 1969/2002, Bd. 4, S. 594.

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Verzeichnisse zur Überlieferung

NER:

Catalogue of books belonging to the college library of St. Mary, Winchester. In: The archaeological journal 15 (1858), S. 59-74; The Promptuarium Parvulorum. The first english-latin dictionary. C. 1440 A. D. Edited from the manuscript in the chapter library at Winchester, with introduction, notes, and glossaries, by A. L. MAYHEW. London 1908 (Early english text society. Extra series 102); WALTER OAKESHOTT: Winchester college library before 1750. In: The library 9 (1954), S. 1-16; KER 1964, S. 199-201 (zur Dombibliothek) und S. 202 (zur Bibliothek des Kollegs); CBMLC, Bd. 4, S.648-650 (zur Dombibliothek).

Wol1

*Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 13.10 Aug. 4° Perg., 207 Bl., 22.5 x 15.5 cm, 4. Viertel 13. Jh. (1276, 1277), Frankreich (Orléans, Oisement). VD innen Notate, lat. (causa formalis est duplex [...]) und frz.; mehrfach teilweise mit Text unterlegte Noten; Federzeichnungen (männliche oder kindliche stehende Figur; Hundekopf?; gekrönte/r Heilige/r mit Blume in der linken und vielleicht einem Szepter in der rechten Hand) 1r Notate, Federproben, Notenlinien, Federzeichnungen (Köpfe, zwei waffentragende Figuren) 1v Kommentar zu Ovid: Metamorphosen 2r-141vb Ovid: Metamorphosen (gloss., komm.) 142r-157r Statius: ›Achilleis‹ (gloss., komm.) 157v-165v Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XLII. 2.a) Epimythien im Verstext: Nr. X E,1f., XI E,1f., XII E,1f., XIV E,1f., XV E,1f., XVII E,1f., XIX E,1f., XXV E,1f., XXVI E,1f., XXIX E,1f., XXXI E,1f., XXXIV E,1f. 2.b) Epimythien außerhalb des Verstextes: Nr. VI E,1f., XII E,3f., XIII E,1f., XIV E,3f., XVII E,3f., XIX E,3f., XX E,3f., XXVII E,1f., XXXVIII E,1f., XXXIX E,3f. Erschließung: 1. Accessus: 157v vor der ersten Fabel am dazu im Schriftspiegel ausgeweiteten oberen Blattrand, in kleinerer Glossenschrift, fortlaufend engzeilig von der Hand des Verstextschreibers. 2. Interlinearglossen: durchgehend dicht und in der Hauptsache noch von der Hand des Verstextschreibers. 3. Marginalscholien: durchgehend dicht in der Hauptsache noch von der Haupthand der Interlinearglossen, darunter nicht selten unaufgelöste Blöcke mit expositio ad litteram; zahlreiche Ergänzungen, nicht ohne Sorgfalt, von weiteren Händen. 4. Prosakommentar: durchgehend, in kleinerer Glossenschrift, noch von der Verstexthand, jeweils in Hohe des Fabelbeginns auf den Blatträndern. Seine Elemente: a) unterstrichenes Lemma; b) Einleitungssatz (oft fructus est quod [...]); c) Fabellehre; d) Prosaparaphrase; e) teilweise wiederholte Fabellehre (wenn der Einleitungssatz dem Typ Hic auctor docet [...] folgt, dann oft als fructus est [...] eingeleitet); f) teilweise allegorische Auslegungen.

Avian: ›Fabulae‹

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Einrichtung: einspaltig, 42 Zeilen pro Spalte in vorgezeichnetem und vorliniertem Schriftspiegel mit breiten Rändern (seitlich der innere etwas schmaler als der äußere). Textanfang: die ersten Zeilen der Vorlinierung werden von dem in zwei ineinander übergehenden Spalten engzeilig aufgezeichneten Accessus eingenommen, der dem heruntergezogenen Beginn des Verstextes vorangestellt ist; Beginn des Verstextes wie alle folgenden Fabeln mit zweizeiliger rubrizierter vergrößerter Capitalis. Textende: Explicit apud oysemontem anno domini | M°.CC°.LXX°.VII°. sabbato ante festum beati mar|chi ewangelista in eigenen Zeilen. Die einzelnen Fabeln beginnen jeweils in neuer Zeile mit zweizeiliger rubrizierter vergrößerter Capitalis. Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit in eigene Vorlinierung herausgerückten Majuskeln.

166r-173v Prudentius: ›Psychomachia‹ (gloss., komm.) (Ende frgm.) 174ra-189ra Johannes de Garlandia: ›Dictionarius versificatus‹ (gloss., komm.) 189ra-197vb Magister Heinricus (von Avranches?): ›Tractatus grammaticae‹ (gloss., komm.) (WALTHER Nr. 8995) 198ra-205vb Adam of Balsham (Parvipontanus): ›De utensilibus‹/›Phaletolum‹ (gloss., komm.) (Ende frgm.) 206r-207v Fragment eines kanonistischen Textes (14. Jh.) Vorbesitzer August d. Jg., Herzog von Braunschweig-Lüneburg-Wolfenbüttel (1579-1666) Die Handschrift stammt aus dem Besitz Herzog Augusts des Jüngeren von Braunschweig-Lüneburg-Wolfenbüttel. Wann genau und wo sie Herzog August erwarb, ist nicht bekannt. Seine Handschriftensammlung speiste sich aus Quellen in ganz Europa.641 Schreiberkolophonen zufolge wurden zwei der sieben Texte in Nordfrankreich aufgezeichnet, der Statius in Orléans (Bl. 157r), der Avian in Oisement im Département Somme (Bl. 165r). Die Niederschrift der Metamorphosen wurde auf französischem Boden beendet (Bl. 141vb: fin). Inhalt wie Einrichtung und Erschließung der übrigen Texte geben keinen Grund, an nordfranzösischer Schreibheimat auch des restlichen Bestands zu zweifeln. Die durchgehende Ausstattung mit Glossen und Kommentaren, Federproben, Schreibübungen und Federzeichnungen sowie das durchweg beanspruchte, vom vielen Umblättern weich und geschmeidig gewordene Pergament rücken die Handschrift bereits auf den ersten Blick in die Nähe des Schulunterrichts. Zu unterscheiden sind drei Hauptteile, die sich in der Texteinrichtung deutlich voneinander abheben. Der erste Abschnitt reicht bis Bl. 165. In

_____________ 641

Quellen und Geschichte der augusteischen Sammlung skizziert MILDE 1972, S. XX XXVII.

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Verzeichnisse zur Überlieferung

ihm steht der Verstext jeweils in der Mitte der Seite, umgeben von breiten Rändern, der innere stets etwas schmaler als der äußere. Mit Bl. 166r wechseln Schreiber, Schriftzüge und Tinte. Von den nach wie vor breiten Randspalten für den Kommentar ist die äußere Bl. 166r nun noch einmal unterteilt in eine breitere und eine schmalere, dem Text zugewandte Zusatzspalte für die Aufnahme von Marginalglossen. Auf den folgenden Seiten läuft der Kommentar regelmäßig auch über den oberen und unteren Blattrand. Diesem zweiten Teil fehlen zudem am Ende einige Blätter. Die dritte Partie (Bl. 174-205) wurde von wiederum anderer Hand geschrieben und bricht ebenfalls unvollständig ab. In ihr wechseln sich Text und Kommentar ab. Die Zäsuren Bl. 165/166 und Bl. 173/174 fallen jeweils zwischen zwei Lagen. In Teil I ist das Eingangsblatt Vorschaltblatt, es folgen überwiegend Quaternionen: 2IV17 + (IV-3)24 + 14IV136 + (III1)141 + VI153 + 2III165. Die ›Psychomachie‹ steht auf einem separaten Quaternio (IV173). Weitere vier Quaternionen bilden den 174 einsetzenden Schlussteil (4IV205). Alle drei Stücke wurden noch im 15. Jahrhundert vereint. Der Einband, ein Holzdeckel »mit schmutziggelbem Leder überzogen« (HEINEMANN 1890/1903, Bd. 4, S. 175), stammt noch aus dem Mittelalter. Er lässt Reste dreier Schließen erkennen. Reste einer kanonistischen Handschrift des 14. Jahrhunderts dienten als Einbandmaterial. Zahlreiche noch spätmittelalterliche Einträge auf dem vorderen Innendeckel, darunter eine Notiz zur Bestimmung der causa formalis im Zusammenhang der Accessus, mit Text unterlegte Noten, Volkssprachiges und vor allem verschiedene unbeholfene Federzeichnungen schließen eine einfache Buchbindersynthese zur Sicherung und Aufbewahrung zerfallenden Gutes aus. Der Band ist im Gegenteil noch durch manche französische Schülerhand gegangen. Möglicherweise wurden aber vorwiegend nurmehr seine ersten drei Viertel mit den Metamorphosen Ovids studiert. Nur auf diesen Blättern finden sich weitere Federzeichnungen, die in ihrer Machart denen des vorderen Innendeckels verglichen werden können (Bl. 138r, 140r), und mit Text unterlegte Noten wie im vorderen Innendeckel (Bl. 140r: Benedicamus). Weitere Belege für unterrichtsnahe Verwendung des ersten Teils, die allerdings nicht erst nach der Vereinigung mit Teil II und III datieren müssen, liefern etwa Bl. 100r eine Buchstabenreihe vielleicht als Schreibübung, Bl. 112r ein weitere Schreibübung eines Zierbuchstabens und Bl. 130v der Anfang des Vaterunser (Pater noster qui est). Nach der Vereinigung der Teile wurde nur eine bereits vorangehende Nutzung der einzelnen Partien fortgesetzt. Dem lexikalischen Übungen gewidmeten Schlussteil mögen bereits in älteren Gebrauchszusammenhängen die letzten Blätter verloren gegangen sein; es ist nicht auszuschließen, dass er zunächst als selbstständiger Grammatik-Faszikel kursierte.

Avian: ›Fabulae‹

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Das untere Viertel des Schlussblattes 205 ist herausgeschnitten und könnte sehr gut einen älteren Besitzeintrag enthalten haben, der dann – spätestens beim Binden – entfernt wurde. Auf den Avian am Ende des ersten Teils folgt wahrscheinlich ebenfalls ein älterer Besitzeintrag, der später unleserlich gemacht wurde. Der Eintrag Bl. 205v kann allerdings auch erst beim Binden auf den ganzen Band bezogen notiert und erst bei einem anschließenden Besitzerwechsel später entfernt worden sein. Die Möglichkeit des Umlaufs als eigenes Heft ist für den am Ende wiederum fragmentierten Prudentius ebenso in Betracht zu ziehen. Etwas kompliziert liegen die Dinge im ersten Teil der Handschrift. Einmal fällt zwischen die Metamorphosen und den Statius eine Lagengrenze und wechselt dazu die Stärke der Lagen. Zum zweiten wurden Statius und Avian dem Kolophon zufolge an unterschiedlichen Orten niedergeschrieben, zuerst in Orléans etwa 80 Kilometer südöstlich von Paris, dann in Oisement etwa 80 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt. Die später datierende Aufzeichnung der Fabeln setzt jedoch noch in der zweiten Lagenhälfte des letzten noch vom Statius genutzten Ternio ein, und Statius und Avian stammen von einer einzigen Hand. Dafür gibt es verschiedene Erklärungen: - Der Schreiber kann eine Vorlage, die Statius wie Avian enthielt, aus Orléans mitgenommen und in Oisement seine Abschrift fortgesetzt und abgeschlossen haben. - Oder der Schreiber hat an verschiedenen Orten verschiedene Vorlagen benutzt. - Oder ihm wurde der erste Text im Lehrbetrieb von Orléans in die Feder diktiert und in Oisement der zweite. Beachtet werden muss in diesem Zusammenhang das beachtliche Erschließungsniveau des Statius und des Avian (durchgehende und dichte Ausstattung mit Interlinearglosse, Marginalglosse und Kommentar). Wol1 vertritt hier eine Spitzenleistung des 13. Jahrhunderts. Damit verbindet sich eine eigenartig-elaborierte Anordnung von Accessus und Kommentarbeginn. So beginnen beide Verstexte erst weiter unten auf ihrer Eingangsseite, und Accessus und Kommentarbeginn sind ihnen engzeilig vorangestellt. Die Aufzeichnung von Accessus und Kommentar erfolgte dann zweispaltig und unter Einbezug der beiden äußeren Ränder, jedoch so, dass die Spalten ineinander verschränkt wurden: Den Statius eröffnet ein vom inneren Rand innen bis zur äußeren Begrenzung des VerstextSchriftspiegels laufender Textblock, der die obere Hälfte des über dem Verstext belassenen Freiraums einnimmt; in gleicher Höhe wie dieser Textblock, jedoch zunächst nur auf dem rechten Rand, setzt der engzeilige Kommentar ein, dessen Zeilen dann in der zweiten Hälfte des belassenen

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Verzeichnisse zur Überlieferung

Freiraums über den gesamten Schriftspiegel laufen. Auf ähnliche Weise werden die zwei Spalten auch im Avian verschränkt. Die dritte der oben genannten Möglichkeiten, dass dem Schreiber der erste Text im Lehrbetrieb von Orléans, der zweite in Oisement diktiert worden sei, wird durch die Besonderheiten der Textausstattung und einrichtung mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen. In der Provinz, an welcher Schulform in dem Dörfchen Oisement auch immer, müssten dann dieselben Standards geherrscht haben wie in der Universitätsstadt Orléans. Das darf bezweifelt werden. Aus denselben Gründen erscheint auch die zweite Möglichkeit eher unwahrscheinlich, wenngleich sie nicht mit Sicherheit auszuschließen ist: Es wird jedenfalls sicher nicht die Regel gewesen sein, dass in der Provinz Vorlagen greifbar waren, die sich im Niveau den in den Universitätsstädten kursierenden vergleichen ließen. Am meisten Wahrscheinlichkeit hat einstweilen also die erste Annahme für sich, dass der Schreiber seine Aufzeichnung nach einer einzigen Vorlage in Orléans begann, seine Vorlage mit nach Oisement nahm und dort seine Arbeit beendete. Nicht auszuschließen, dass es sich um einen Besucher der Universität Orléans gehandelt hat, der nach Abbruch oder Abschluss seines Studiums an einen ersten Wirkungsort seines Lehrerdaseins zog und sich dafür ein Handbuch fertigstellte, das dann noch über sein Wirken hinaus als Schulbuch benutzt wurde. Da dem Ovid ein Kolophon fehlt, lässt sich die Abschrift des Hauptstücks räumlich nicht näher eingrenzen. Am einfachsten ist es jedoch, ebenfalls von Niederschrift in Orléans auszugehen, wo entsprechende Vorlagen sicher relativ leicht zu beschaffen waren. Die Interlinear- und Randglossen zu Ovid, Statius und Avian wurden in verschiedenen Schichten von verschiedenen Händen, die in der Regel sorgfältig schrieben, weiter aufgefüllt. In den Metamorphosen begegnen solche Nachträge besonders oft. Der Ovid freilich könnte eine längere Vorgeschichte als der Statius und der Avian haben, wurde vielleicht bereits fertig von unserem Schreiber nur erworben und dann lediglich partiell noch aktualisiert. L1 HERVIEUX 1893/99, Bd. 3, S. 81f.; GUAGLIANONE 1958, S. XIX (Sigle Wo); HERRMANN 1968, S. 26 (Sigle Wo). L2 HEINEMANN 1890/1903, Bd. 4, S. 175. L3 MILDE 1972, S. XX-XXVII; FRANCO MUNARI: Catalogue of the manuscripts of Ovid’s Metamorphoses. London 1957 (University of London. Institute of Classical Studies. Bulletin Supplement 4), S. 25 Nr. 107.

Avian: ›Fabulae‹

Wol2

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*Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 37.34 Aug. 2° Pap., II + 199 gez. Bll., 31 x 21 cm, 4. Viertel 15. Jh. (1480, 1481, 1484, 1487), Erfurt (35v, 199r). Irv leer IIrv neuzeitliches Inhaltsverzeichnis von der Hand Johannes Joachim Maders 1r-35v Galfrid von Vinsauf: ›Poetria nova‹ (gloss., komm.) (dat. 1480) 35v-37v Battista Guarino: ›Elegia Alde‹ 37ar leer 37av Verse zum folgenden ›Tobias‹ 38r-39v leer 40r-55rb Matthæus von Vendôme: ›Tobias‹ (gloss.) 55v leer 56r-63v ›Contemptus mundi‹/›Cartula‹ (gloss.) 64r Bartoldus Moller: ›Positio in librum tertium Sententiarum Petri Lombardi‹ (eingeklebter Druck mit 10 Vierversgruppen) 64v leer 65r Verse des Jacobus Questenberg an Dr. med. Theodericus Block 65v Verse des Petrus Antonius Blanchus an Johannes de Malavoltis in Bologna 66ra-67vb Varia (Epitaphe auf Petrus Comestor, Bernhard von Clairvaux und einen Magister Georgius, Epistola poetica des Andreas Hunderten aus Breslau an Henricus Herboldus Hoxer [Erfurt 1487], 14 Distichen einer ›Admonitio scolarium‹ [WALTHER Nr. 19175a], Ex quatuor novissimis [WALTHER Nr. 14402], Prosabericht von einem Sakramentswunder in Quedlinburg 1308, Johannes Fabri de Werdea: Carmen ›De moribus beanorum atque studentium‹ [WALTHER Nr. 382], Invocatio Sedulii, Merkverse und Notate, Schema zur Wissenschaftseinteilung usw.) 68r-70v ›Salutaris‹ (gloss.) 70v-74r ›Vita Jesu Christi‹ (WALTHER Nr. 20674) 74r ›Regulae pro servientibus‹ (WALTHER Nr. 18098) 74v-79v Reinerus Alemannicus: ›Thesmophagia‹/›Phagifacetus‹ (lat./dt. gloss.) (dat. 1484) 79v-88r Johannes de Novo Foro: ›De sanitate tuenda‹ (WALTHER Nr. 181001) (gloss.) 88r-97r Avian: ›Fabulae‹

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Verzeichnisse zur Überlieferung

Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XIX,5, (gestrichen Nr. XXIV,14-16 mit E,3f. am Rand und Nr. XXV,1-5; dann nach Schreiber- oder Federwechsel weiter:), XIX,6-XXXIV,14, (gestrichen XXXVII,5-XXXVIII,7), XXXIV,15-XL,4 (93v leer ohne Textlücke [93r daher unten der Hinweis Hic non est defectus]). 2.a) Epimythien im Verstext: Nr. VI E,1f., X E,1f.+5f., XII E,1f., XIII E,1f., XIV E,3f.+1f., XV E,1f., XIX E,1-4, XX E,1f., XXI E,3f.+1f., XXII E,1f., XXIV E,3f., XXVI E,1f., XXIX E,1f., XXX E,1, XXXIX E,1f. 2.b) Epimythien außerhalb des Verstextes: Nr. I E,1f., XI E,1f., XII E,3f. (teilweise seitlich bzw. oberhalb des Schriftspiegels in der Einrichtung des Verstextes von zwei verschiedenen spätereren Hand nachgetragen), XXIV E,3f. (s. o.), XXV E,1f. Erschließung: 1. An den Rändern in der Schrift des Verstextes Fabelüberschriften. 2. Interlinearglossen: in kleinerer Glossenschrift in wechselnder, teils hoher Dichte, aber nur bis Nr. XVI. 3. Marginalscholien: in kleinerer Glossenschrift engzeilig fortlaufend, überwiegend von der Hand des Verstextschreibers/Glossators; sie enthalten Autoritätenzitate (u. a. ›Disticha Catonis‹ I,30), ergänzte Epimythien, einzelne sachliche und grammatische Erläuterungen und sind unsystematisch angebracht. 4. Prosakommentar: ebenfalls engzeilig fortlaufend in kleinerer Glossenschrift und noch von der Hand des Verstextschreibers/Glossators, jedoch nur bis zu Nr. XV angebracht und von stark wechselndem Umfang. Er enthält regelmäßig: a) die Benennung der Fabellehre; b) die Prosaparaphrase; c) allegorische Auslegungen. Einrichtung: einspaltig, in vorgezeichnetem Schriftspiegel 42 Zeilen mit wenig Zeilenabstand, aber breiten Rändern. Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit Majuskeln, ab 96v ist zusätzlich der Pentameter eingezogen. Neueinsatz einer Fabel ist mit Alinea-Zeichen am Rand markiert; zudem weisen die Fabelüberschriften am Rand darauf hin. Textanfang: Freiraum für nicht ausgeführte Initiale und Überschrift in eigener Zeile Jncipit Auianus metricus. Textende: Abbruch der Aufzeichnung im unteren Blattdrittel.

97v-98v 99r-110v 110v-113r 113r-117r 117rv 118r 118r-147v 147v 148r-199r 199rv

leer ›Anonymus Neveleti‹ Theodericus Heynsen: ›De amoribus‹ ›Pylatus‹ Verse des Rostocker Magisters Henricus Koter aus Braunschweig an Dr. med. Theodericus Block Notiz von der Hand des Matthias Flacius Illyricus zum Autor des folgenden Stücks Nicolaus von Bibera: ›Occulti Erfordensis carmen satiricum‹ (gloss.) (dat. 1481) Verse über eine Inschrift von 1392 an der Erfurter Akademie Petrus Matheolus: ›De execratione bigamiae‹ (dat. 1481) Beginn des ›Pamphilus de amore‹

Avian: ›Fabulae‹

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1r-35v: Johannes Vogt aus Berka, Artium et philosophie magist[er] Erffordani (35v); 118r-147v: Konrad Hoppelsen aus Einbeck (147v); 148r-199r: Theodericus Block aus Hildesheim (199r) Vorbesitzer Theodericus Block (†1524); Matthias Flacius Illyricus (152075); Joachim Johann Mader (1628-80); Herzog August d. Jg. von Braunschweig-Lüneburg-Wolfenbüttel (1579-1666) 2 Wol wurde im wesentlichen in den frühen achtziger Jahren im Umkreis der Universität Erfurt gesammelt und zusammengestellt. Wie Mue2, die Leipziger Studienhandschrift Schedels, und wie Stu1 aus dem Umkreis der Universität Heidelberg vertritt sie den Typ der universitätsnah entstandenen, von bereits humanistischen Interessen getragenen und unter Beteiligung verschiedener Schreibern angelegten Textsammlung, in die gleichwohl noch spätmittelalterliche Texte Eingang finden – in Wol2 sind dafür der ›Tobias‹, der ›Contemptus mundi‹, der ›Salutaris‹ und der ›Anonymus Neveleti‹ anzuführen – und die in ihrem Avian trotz der Universitätsnähe den regulären Lehrbetrieb der örtlichen Artistenfakultät allenfalls in Brechung dokumentiert – was in Wol2 v. a. an der nur unsystematisch durchgeführten Texterschließung ersichtlich wird. Die Handschrift ist nicht nur »muthmaßlich« – so HEINEMANN in seiner Katalogbeschreibung unter Verweis auf den Schreiber von Bl. 148199 und den Adressaten des Gedichtes von Jacobus Questenberg Bl. 65r – von Theodericus Block aus Hildesheim (Bl. 199r) zusammengestellt worden, sondern befand sich zweifellos früh in dessen Besitz und hat den Humanisten dann einige Jahre seines Lebens begleitet. Block nämlich immatrikulierte sich im Sommersemester 1478 in Erfurt und erwarb dort 1482 seinen Magistergrad – also zeitnah zur Entstehung seiner Handschrift. KRAUSE (1882, S. 134f.) führt zu seiner Person aus: Schreiber

»Block war aus Hildesheim gebürtig, hatte in Erfurt studirt und war dort Doctor geworden, wurde dann als Mitglied der Artisten=Facultät in Rostock immatriculirt am 24. Mai 1502 und war Docent der Medizin. Aus Bogers Aeußerungen scheint hervorzugehen, dass er auch dichtete. Da ein Theod. Block aus Hildesheim einen Fasciculus poematum herausgegeben und darin einige Gedichte des Jacob Questenberg aufgenommen haben soll, der Letztere aber als Erfurter und Wernigeroder Freund Bogers [sc. Heinrich Boger/Hinricus Flexor, M. B.] in diesen Kreis gehörte, so ist dieser Verfasser oder Herausgeber des Fasciculus unfraglich der oben genannte. Bogers Freundschaft verschaffte ihm wohl eins der fünf Collegiaten=Canonicate zu St. Jacobi in Rostock; zugleich war er Rector einer Pfarrkirche in Wismar und Besitzer je einer Vikarie zu Hildesheim und Halberstadt. 1507 schon war er in Wittenberg als Arzt und Professor immatriculirt, wurde Augustiner=Prior und zum Mitrector cooptirt, dann 1508 Rector der Universität.«

Verzeichnisse zur Überlieferung

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In der »Scriptores«-Datenbank KRÄMERs wird als Todesjahr 1524 aufgeführt und werden neben Wol2 weitere vier Manuskripte aus seiner Hand benannt: Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 58.6 Aug. 2° (Bl. 108v); Rom, Biblioteca Apostolica Vaticana, Vat. lat. 10046 (Bl. 12v – dort als Dr. art. et med. genannt); Halberstadt, Stiftsbibliothek Unserer Lieben Frauen, Pap. lat. 4° 43 (dat. 1456 Halberstadt) und a. a. O. Pap. lat. 4° 44. Es bliebe freilich zu prüfen, ob insbesondere die im Hinblick auf den Studienantritt 1478 vergleichsweise früh auf 1456 datierte Halberstädter Handschrift nicht vielmehr schon einem der zwei zusätzlich bezeugten, älteren Halberstadter Theoderiche mit Nachnamen Block zugerechnet werden muss, die KRAUSE ebenfalls noch zu nennen weiß (1882, S. 135). Für Wol2 jedenfalls bleibt hervorzuheben, dass Block Bl. 65r und Bl. 117rv nicht mehr als Bakkalar oder Magister, sondern bereits als Doktor med. apostrophiert wird, die Handschrift ihn also über seine ersten Semester an der Artistenfakultät hinaus begleitet haben muss, ferner dass sich Reflexe des Kontaktes Blocks zu Jacob Questenberg, der sich zeitnah zu Block in Erfurt immatrikulierte, auch in Wol2 finden (Bl. 65r),642 und dass auch der spätere Rostocker Studien- und Wirkungsort Blocks noch in Wol2 aufscheint, nämlich sowohl in dem Gedicht des Rostocker Magisters Henricus Koter als auch in der Aufnahme der Verse des Rostocker Dekans Bartoldus Moller über das dritte Buch der Sentenzen des Petrus Lombardus.643 L1 CANNEGIETER 1731, Bl. *3v-*4r, **2r (Sigle Cort.3); HERVIEUX 1893/99, Bd. 1, S. 555f., Bd. 3, S. 82-85; GUAGLIANONE 1958, S. XXV (Sigle Wc); HERRMANN 1968, S. 26 (Sigle Wc). L2 HEINEMANN 1890/1903, Bd. 3, S. 155-158. L3 Nicolai de Bibera occulti Erfordensis carmen satiricum. Eine Quelle des XIII. Jahrhunderts, neu hg. und erläutert von THEOBALDUS FISCHER. Halle/S. 1870 (Geschichtsquellen der Provinz Sachsen und angrenzender Gebiete 1), S. 26f.; KARL ERNST HERMANN KRAUSE: Dr. theol. Hinrich Boger oder Hinricus Flexor, der Begleiter Herzogs Erich nach Italien 1502-1504. In: Jahrbücher des Vereins für Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde 47 (1882), S. 111-140; MUNARI 1977/88, Bd. 1, S. 122f. Nr. 117.

Wol3

*Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 87.5 Aug. 2° Perg., 39 Bl., 26 x 19.5 cm, 13. Jh., Westdeutschland? 1ra-3rb ›Disticha Catonis‹ 3va-6ra ›Ecloga Theodoli‹ 6ra-11ra Avian: ›Fabulae‹

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Vgl. zu Questenberg die Hinweise bei KRAUSE 1882, S. 134 mit Anm. 1 (dort u. a. der Nachweis in der Erfurter Matrikel 1482). Vgl. zu Moller die Hinweise bei KRAUSE 1882, S. 120 Anm. 5 und S. 125.

Avian: ›Fabulae‹

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Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XXVII, XXXV-XLII, XXVIII-XXXIV. 2. Epimythien im Verstext: Nr. XXVI E,1f., XXIX E,1f. Erschließung: keine. Einrichtung: zweispaltig, 34 Zeilen pro Spalte in vorgezeichnetem und vorliniertem Schriftspiegel mit schmalen Rändern. Textanfang: im Kopf von 6r Jncipit Avianus. De rustica et lupo; es folgen zunächst noch zwei Verse und dazu ergänzt weitere zwei am oberen Blattrand von 6rb mit dem Schluss der ›Ecloga Theodoli‹. Textende: Rest der Spalte leer; darauf von späterer Hand flüchtig Vade miser vade dixit formica cicade. Den einzelnen Fabeln ist in eigener Zeile und in roter Tinte ihr Titel vorangestellt. Eine nachmittelalterliche Hand ergänzte eine römische Zählung. Die Fabeln beginnen mit einer rubrizierten Capitalis von zwei bis drei Zeilen Höhe. Auf die fehlerhafte Positionierung der Fabeln XXXV-XLII wird 9rb vor Nr. XXXV noch vom Textschreiber oder noch von zeitgenössischer Hand hingewiesen: Fabula de boue que dicitur vincula dedig/nanti etc. cum sequentibus debent precedere | istas fabulas scilicet in isto loco + (»+« ist Verweiszeichen). Die Verse sind voneinander abgesetzt und beginnen mit rot gestrichelten Majuskeln.

11rb-19va 19vb 20ra-25va 25vb-39vb Vorbesitzer

›Anonymus Neveleti‹ leer Hildebertus: ›Vita s. Marie Egyptiace‹ (WALTHER Nr. 18159) Matthæus von Vendôme: ›Tobias‹ (bis V.2007) Herzog August d. Jg. von Braunschweig-Lüneburg-Wolfenbüttel (1579-1666) Wol3 wurde von nur einem Schreiber mit großer Sorgfalt planmäßig und ohne größere Unterbrechungen angelegt. Der durchweg zweispaltige Schriftspiegel und der enge Zeilenabstand ließen für Glossen und Kommentare von Anfang an keinen Platz. Schultypische Gebrauchsspuren fehlen, doch wurde als Beschreibstoff recht steifes und dickes Pergament gewählt: Man könnte mit einer stärkeren Beanspruchung etwa als Leseheft gerechnet haben. Dazu passt die für besondere Übersicht sorgende Ausstattung des Avian mit rubrizierten Titeln, die in den Handschriften des 13. Jahrhunderts selten sind. Dass in dem Band dann in der Tat oft geblättert wurde, lässt sich vielerorts abgegriffenen und speckig gewordenen Blatträndern ablesen. Der Ausfall der letzten Blätter mit der Fortsetzung des ›Tobias‹ mag Folge solcher Beanspruchung eines Leseheftes sein. FÖRSTER zufolge, der sich dabei aber allenfalls auf von ihm nicht explizierte paläographische Befunde stützen kann, wurden die Texte im deutschsprachigen Raum niedergeschrieben. Der genaue Schreibort ist unbekannt. Er dürfte aber am ehesten im äußersten Westen des deutschen Sprachraums liegen. Wol3 bietet nämlich mit ›Cato‹, Theodolus und Avian einen halbierten und dann erweiterten – der ›Anonymus Neveleti‹ als Ausweitung der Fabelpartie plus Hildebert plus ›Tobias‹ – ›Liber Catonia-

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nus‹. Ebenso liegt die mittelalterliche Provenienz im Dunkeln. Erster bekannter Besitzer ist Herzog August der Jüngere von BraunschweigLüneburg-Wolfenbüttel. Zwischen 1690-99 wird Wol3 in den sogenannten »Augusteer-« oder »Leibniz-Katalog« aufgenommen, der, von Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716) angelegt, die Handschriften und Bücher Herzog Augusts erfasst. Wann aber und wo der Herzog, dessen Handschriftensammlung sich aus Quellen in ganz Europa speist, Wol3 erwarb, ist nicht bekannt. Dem Avian-Herausgeber CANNEGIETER wurden die Lesarten der Handschrift durch den Leipziger Professor und Philologen Gottlieb Korte/Cortius (1698-1731) bekannt gemacht.644 L1 CANNEGIETER 1731, Bl. *3v-*4r, **2r (Sigle Cort.2); HERVIEUX 1893/99, Bd. 1, S. 556f., Bd. 3, S. 85f.; GUAGLIANONE 1958, S. XIX (Sigle Wl); HERRMANN 1968, S. 26 (Sigle Wl). L2 HEINEMANN 1890/1903, Bd. 4, S. 109f. L3 FÖRSTER 1882, S. IXf.; MUNARI 1977/88, Bd. 1, S. 123 Nr. 118.

Wol4

*Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 288 Gud. lat. 4° Perg., 12 Bl., 18.5 x 13 cm, 14. Jh. 1r-12r Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XXVIII, XXXIII, XXX-XXXII, XXXIVXLII. 2.a) Epimythien im Verstext: Nr. XII E,1-4, XIV E,1f., XV E,1f., XVII E,1f., XIX E,1f., XXV E,1f., XXVI E,1f., XXIX E,1f. 2.b) Epimythien außerhalb des Verstextes: Nr. VI E,1f., X E,1f., XI E,1f., XIII E,1f., XIV E,3f., XXIV E,1f., XXVIII E,1f., XXXI E,1f., XXXVIII E,1f. von mehreren Händen nachgetragen. Erschließung: 1. Accessus: oberhalb des Schriftspiegels in kleinerer Glossenschrift fortlaufend engzeilig, dem Verstext vorangestellt, stark abgegriffen und nahezu unleserlich. 2. Interlinearglossen: von mindestens vier verschiedenen Händen über die gesamte Strecke hinweg. 3. Marginalscholien: unsystematisch, öfter Nachtrag, teilweise mit grammatischen Erläuterungen. 4. Prosakommentar: engzeilig, fortlaufend, in kleinerer Glossenschrift, zu Blöcken zusammengefasst auf den Blatträndern, von mindestens zwei verschiedenen Händen. Seine Elemente: a) (wenn zwei Kommentarblöcke unmittelbar aufeinander folgen zu ihrer besseren Unterscheidung:) unterstrichenes Anzitat der Fabel in Auszeichnungsschrift; b) Benennung der Fabellehre; c) Prosaparaphrase; d) (unsystematisch) erneute Benennung der Fabellehre (fructus). Einrichtung: einspaltig, 31 Zeilen pro Spalte in vorgezeichnetem und vorliniertem Schriftspiegel mit breiten Rändern und etwas breiterem Zeilenabstand für Interlinearglossen. Textanfang: in der ersten Zeile des

_____________ 644

CANNEGIETER 1731, Bl. *3v-*4r: »Reliqui sunt tres Codices, quos consuluit Gotlieb Cortius Vir Clarissimus, Professor Lipsiensis, et quae in his variabant, nobis impertiit.« Vgl. zur Person Kortes’ JÖCHER 1750/51, Bd. 1, Sp. 2118.

Avian: ›Fabulae‹

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Schriftspiegels mit dreizeiliger farbiger Initiale. Textende: Explicit liber auiani | hic de iure bibit vinum qui tamen bene scribit. Die einzelnen Fabeln beginnen jeweils in neuer Zeile mit drei- bis fünfzeiligen farbigen, aber einfachen Initialen. Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit eigens herausgerückten Majuskeln.

12v Accessus zu Matthæus von Vendôme: ›Tobias‹ Vorbesitzer Marquard Gude (1635-89); Herzog Anton Ulrich von Braunschweig-Lüneburg-Wolfenbüttel (1633-1714) 4 Wol ist mit der Bibliothek des Philologen, Juristen, Bibliothekars und dänischen Etatsrates Marquard Gude, die nach langem Hin und Her unter Herzog Anton Ulrich von Braunschweig durch Leibniz 1710 für Wolfenbüttel erworben wurde, an den jetzigen Aufbewahrungsort gelangt.645 Gude bezog seine mittelalterlichen Handschriften aus zahllosen, über ganz Europa verteilten Quellen, aus gezieltem Ankauf ebenso wie aus Geschenken und Erbschaft. Wie die Sammlung aber im Detail anwuchs, darüber weiß man wenig. So sind auch für Wol4 weder Zeitpunkt noch Ort des Erwerbs bekannt. Einen kleinen Schritt zurück in die – damit wenngleich nach wie vor nur nachmittelalterliche – Besitzgeschichte könnte indes der rote Schafsledereinband aus dem 17. Jahrhundert führen, wenn, wie KÖHLER und MILCHSACK erwägen (1913, S. XI Anm. 16), die Gude-Einbände dieser Machart auf den Holländer Samuel Schass zurückgehen, der seine Handschriften dem Freund Gude vererbt hatte. Die Blätter mit den Fabeln sind einer bedeutend umfangreicheren Handschrift entnommen, die im 15. Jahrhundert arabisch durchfoliiert wurde und aus der sich mit Wol4 die Blätter 92-103 erhalten haben. Die Anfertigung des Einbands im 17. Jahrhundert gibt den spätestmöglichen Zeitpunkt an, zu dem Wol4 aus der älteren Umgebung herausgelöst wurde. Die ersten Seiten des Faszikels sind stärker abgegriffen. Das Heft wird also entweder bereits bedeutende Zeit vor der Einbindung im 17. Jahrhundert aus dem Zusammenhang herausgelöst und dann eine gewisse Zeit separat benutzt worden sein – wenn man es denn eher für unwahrscheinlich erachtet, dass die Eingangsseite des Faszikels noch innerhalb des größeren Buchblocks so stark beansprucht und abgerieben worden sein könnte. Oder der Faszikel wurde innerhalb des ganzen Buchblocks so stark abgenutzt. Dann müsste es sich allerdings bei dem ganzen Band um ein über eine sehr lange Zeit genutztes, umfangreiches Schulbuch gehandelt haben, dass durch eine ganze Anzahl von Händen gegangen ist (etwa

_____________ 645

Über Gude und seine Handschriften informieren die Einleitung des entsprechenden Katalogbandes (KÖHLER/MILCHSACK 1913, S. VII-XXII), ferner MILDE 1972, S. XXXIIIXXXVI, und MILDE 1977.

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wie Lin oder Not). Bei der ebenfalls stark beanspruchten verso-Seite des letzten Blattes könnte es sich hingegen sehr gut immer schon um die letzte des ganzen Bandes gehandelt haben. Höchstwahrscheinlich enthielt der ganze Band ursprünglich einmal auch den ›Tobias‹, zu dem Bl. 12v einen Accessus bietet. Die Verbindung von Avian und ›Tobias‹ ist ohnehin häufig – s. etwa bei Ber 1, Dar 2, Lei1, Met, Oxf 2, Par 3, Pra2, Rom1, Slz usw. Dabei muss der ›Tobias‹ nicht unbedingt auf den Avian erst gefolgt, sondern könnte er ihm durchaus auch vorangestellt gewesen sein, da in den Handschriften des 13. und 14. Jahrhunderts die Accessus ja noch nicht prinzipiell derart fest in die Struktur der Kommentierung eingebaut sind, dass sie einzig und allein zu Beginn des Textes stehen könnten. Unter den von MUNARI berücksichtigten Textzeugen findet sich kein ›Tobias‹ mit passend anschließender alter Foliierung, wohl aber einer mit alter Foliierung, die mit »91« aussetzt. Der Avian von Wol4 schlösse da genau an.646 Weiterhin ebenso nachzugehen bleibt den Beziehungen, in denen Wol4 zu zwei weiteren Gudiani steht, die dem Katalog zufolge von demselben Schreiber stammen sollen: - Cod. Guelf. 262 Gud. lat. 4° (KÖHLER/MILCHSACK S. 222): Perg., 23 Bl., 20 x 13.5 cm (der Beschreibstoff ist also identisch, das Format vergleichbar mit Wol4), 14. Jh. Die Handschrift enthält Bl. 1r-13v Ovids ›Remedia amoris‹, Bl. 14r-19v Horaz’ ›Ars poetica‹ und Bl. 20r-23r Johannes’ de Garlandia ›Composita verborum (II)‹. - Cod. Guelf. 267 Gud. lat. 4° (KÖHLER/MILCHSACK S. 223): Perg., 46 Bl., 19.5 x 14 cm (der Beschreibstoff wiederum identisch, das Format erneut vergleichbar mit Wol4), 15. Jh. (wohl irrtümlich statt 14. Jh.). Die Handschrift enthält Bl. 1r-13v Johannes’ de Garlandia ›Synonyma‹, Bl. 14r-24v Johannes’ de Garlandia ›Equivoca‹, Bl. 25r-36r Johannes’ de Garlandia ›De mysteriis ecclesie‹ und Bl. 37r-36r Johannes’ de Garlandia ›De orthographia‹. Keiner der Bände hat die alte, zu Wol4 passende Foliierung, kann also den zerlegten Band ergänzen. Indes: relative Ortsbeständigkeit des Schreibers unterstellt, lässt sich mit ihnen zukünftig vielleicht einmal die Schreibheimat auch von Wol4 etwas näher eingrenzen. L1 CANNEGIETER 1731, Bl. *3v-*4r, **2r (Sigle Cort.1); HERVIEUX 1893/99, Bd. 3, S. 86f.; GUAGLIANONE 1958, S. XXI (Sigle Wt); HERRMANN 1968, S. 26 (Sigle Wt); GAIDE 1980, S. 73 (Sigle Wt). L2 KÖHLER/MILCHSACK 1913, S. 230f. L3 WOLF-

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MUNARI 1977/88, Bd. 1, S. 100 Nr. 91: Reims, Bibliothèque municipale, Ms. 1260 (J. 736). Die Handschrift bewahrt Bl. 1r-14v Ovids ›Remedia amoris‹ und Bl. 15r-51v den ›Tobias‹. Eine Trias von Avian, ›Remedia amoris‹ und ›Tobias‹ hat sich in Lei1 sogar in eigener Handschrift erhalten. Allerdings gibt MUNARI für die Reimser Handschrift 26 Zeilen pro Seite statt 31 wie beim Avian an und datiert seine Handschrift ins 13. statt ins 14. Jahrhundert

Avian: ›Fabulae‹

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MILDE: Handschriften und ihre Sammler: Zum Beispiel Marquard Gude. In: Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. Frankfurter Ausgabe 69 (1977), S. A 293297.

GANG

Wol5

*Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 185 Helmst. Pap., 244 Bl., 31.5 x 22 cm, 3. Viertel 15. Jh. (1471), Norddeutschland. VD innen Bruchstück einer medizinischen Pergamenthandschrift des 13. Jh.s; Besitzvermerk Liber Academiae Juliae Helmestadii 1r Inhaltsverzeichnis (15./16. Jh.) und Herkunftsvermerk der Goslarer Augustiner-Chorherren 1v vier Gedichte historischen Inhalts (WALTHER Nr. 16225, 10325, 3890, 16521) 2r-32r Alanus ab Insulis: ›De planctu naturae‹ 32rv Merkverse und Namensverzeichnis berühmter Mitglieder des Franziskanerordens 33r-59r Alanus ab Insulis: ›Liber parabolarum‹ (gloss., komm.) 60r-71vb Heinrich von Settimello: ›Elegia de diversitate fortunae et philosophiae consolatione‹/›Pauper Henricus‹ (gloss.) 72ra-80ra Bernhard von der Geist: ›Palpanista‹ (gloss.) 80rb-vb ›Contemptus mundi‹/›Cartula‹ (frgm.) 80vb-82r ›Salutaris‹ 82v leer 83ra-85ra ›Contemptus mundi‹/›Cartula‹ 85rb-vb Verse über das Jüngste Gericht 85vb-92ra Goswin Kempgyn de Nussia: ›Trivita studentium‹ 92ra-vb ›Scolaris‹/›Regimen scolarium‹ 92va-93vb ›Liber moralis‹/›Consilium patris ad filium‹ 93vb-94vb ›Luparius‹ 94vb ›Lupus cucullatus‹ (WALTHER Nr. 15842) 95ra-110va Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: 1. Fabeln Nr. I-XXXIX, XLI, XL, XLII. 2. Epimythien im Verstext: Nr. VI E,1f., X E,1f., XI E,1f., XII E,1-4, XIII E,1f., XIV E,3f.+1f., XV E,1f.+5f., XVII E,3f., XIX E,1-4, XX E,1f., XXI E,1f., XXV E,1f., XXVI E,1f., XXVIII E,1f., XXIX E,1f., XXXI E,1f., XXXIII,13f. bei Nr. XXXII, XXXVIIIE,1f. Erschließung: 1. Accessus: engzeilig fortlaufend in kleinerer Glossenschrift von der Hand des Verstextschreibers 95ra der ersten Fabel vorangestellt, u. a. mit Quattuor sunt-Exkurs und Einordnung ins Wissenschaftssystem, Benennung der utilitas, des titulus und Bemerkungen zum Namen des Autors. 2. Interlinearglossen: in bis zu zwei Zeilen in kleinerer Glossenschrift von der Hand des Verstextschreibers systematisch in hoher Dichte durch die gesamte Sammlung. 3. Prosakommentar:

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systematisch der entsprechenden Fabel jeweils nachgestellt; regelmäßig wiederkehrende Elemente: a) Benennung der Fabellehre; b) Prosaparaphrase; c) allegorische Auslegung (Markierung durch das Stichwort Allegoria); d) Autoritätenzitate in Versform. Einrichtung: zweispaltig, in vorgezeichnetem Schriftspiegel. Die Ränder sind schmaler gehalten, da der Kommentar nicht dorthin, sondern in die Textspalten gesetzt werden sollte. Die Zeilenzahl schwankt, da Text und Kommentar alternieren. Die Verse sind abgesetzt, beginnen mit Majuskeln und wurden mit größerem Zeilenabstand für die Aufnahme von Interlinearglossen eingetragen. Nur die erste Fabel trägt eine zweizeilige farbige Lombarde, ansonsten ist der Neubeginn einzelner Fabeln hinreichend durch das Ende des vorangehenden Kommentars zur vorangehenden Fabel markiert. Textanfang: Accessus 95ra, gefolgt von Nr. I. Textende: mit dem Kommentar zu Nr. XLII ohne eigene Schlussschrift. Der engzeilig fortlaufend in kleinerer Glossenschrift noch vom Verstextschreiber aufgenommene Kommentar folgt jeweils auf die entsprechende Fabel.

110vb-133r ›Anonymus Neveleti‹ (gloss., komm.) (dat. 1471) 133r-198r ›Ecloga Theodoli‹ (gloss., komm.) 198v-199v geistliche Epigramme und Merktexte (über die sieben Todsünden, die Anzeichen des Jüngsten Gerichts, die Höllenstrafen usw.) 200ra Jacobus de Benedictis: ›De contemptu mundi‹ 200ra-va Bicinus: ›De statu monachorum non mendicantium‹ 200vab geistliche erbauliche Verse und Merkverse 201r-204v Prosatraktat über Bekenntnis und Beichte 204v-206v geistliche erbauliche Verse und Merkverse 207r-212v drei kürzere Prosatraktate u. a. über eine Stelle im ›Doctrinale‹ und die Bedeutung der poetria für die Bibelauslegung 213ra-215va ›Peregrinus‹ (WALTHER Nr. 13176) 215vb-217ra ›Vita Jude‹ (WALTHER Nr. 3902) 217rb-219rb ›Pylatus‹ (WALTHER Nr. 18058) 219v leer 220r-228v Valerius Maximus: ›Ad Rufinum epistola de mulieribus‹ (komm.) 228v chronikalisches Notat (Einfall der Türken in Ungarn) 229rv Ps.-Bernhard von Clairvaux: ›Epistola ad Raimundum‹ (›De cura et modo rei familiaris‹/›De gubernatione familiae‹) 230r-236v ›Testamentum duodecim patriarcharum‹ 236v-243v Alanus de Rupe: ›Compendium psalterii‹ 243v-244r De puncte der bruderschup des salters unde der iuncfrowen Marien

Avian: ›Fabulae‹

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Vorbesitzer Hermann Ürden aus Goslar; Goslar, Augustiner-Chorherren Georgenberg; Herzog Julius von Braunschweig-LüneburgWolfenbüttel (1528-89); Universität Helmstedt Die großformatige Handschrift wurde planmäßig und systematisch im wesentlichen von nur einem einzigen Schreiber, einer Hand der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, angelegt. Die Datierung des ›Anonymus Neveleti‹ in der Schlussschrift auf 1471 darf, von wenigen kleineren Nachträgen abgesehen, daher auf den gesamten Band bezogen werden. Die Handschrift wurde 1504 von dem Goslarer Bürger Hermann Ürden den Augustiner-Chorherren Georgenberg vermacht (Bl. 1r: [...] quem contulit eidem monasterio providus vir Hermannus Ürden [...]). Selbst geschrieben scheint er sie für diesen Zweck nicht und auch nicht für eine Überlassung in Auftrag gegeben zu haben, da über zwanzig Jahre zwischen Niederschrift und Legat liegen. Vielleicht hat man Wol5 ursprünglich einmal für einen Benutzer oder eine Bibliothek aus dem Umkreis des Franziskanerordens angelegt. In diese Richtung weisen jedenfalls die Einträge Bl. 65rv. Dazu würde auch sehr gut die Entscheidung passen, sowohl die Avian als auch die ›Anonymus Neveleti‹-Kommentare systematisch mit geistlichen Auslegungen auszustatten. Eine Konzeption als Unterrichtshandschrift ist schon von Format und Umfang des Bandes wie auch von der zweispaltigen Anlage der ganzen Fabel-Partie mit Text-Kommentar-Wechsel her auszuschließen. Die ausladenden Prosakommentare verdanken sich daher eher dem Interesse an leichterem Zugang zu den Erzählstoffen über diesen Umweg als über den Verstext direkt. Wohl hauptsächlich deshalb – um jede Möglichkeit einer leichteren Auffassung des Verstextes zu nutzen – wurde auch auf die Übernahme der Interlinearglossen aus der Vorlage nicht verzichtet.647 So lässt sich am einfachsten auch die Diskrepanz erklären, die zwischen der Texterschließung im Detail und dem vorangestellten Accessus besteht. Jene nämlich kann durchaus mit Unterrichtsmaterialien des 15. Jahrhunderts aus dem universitären Zusammenhang mithalten. Dieser hingegen ist auffallend unsystematisch gebaut und wäre auch in dieser Kürze an deutschen Artistenfakultäten ungewöhnlich. Der Accessus könnte daher – im Unterschied zu den Glossen und Prosakommentaren – noch am ehesten speziell für eine eher auf Predigt und geistliche Erbauung vorliegende Sammlung ausgearbeitet worden sein.648

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648

Ihr Funktionsspektrum skizziert für den ›Anonymus Neveleti‹ WRIGHT 1997, S. 7f. WRIGHTs Befunde besitzen auch für den Avian Gültigkeit. WRIGHT (1997, S. 9 Anm. 32) weist auf enge textliche Übereinstimmungen zum Accessus in K-Stu2 hin. Dort stehen die Avian-Kommentare bezeichnenderweise in engster Nachbarschaft zu Predigten (s. u.).

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L1 HERVIEUX 1893/99, Bd. 1, S. 557, Bd. 3, S. 87-89; GUAGLIANONE 1958, S. XXIV (Sigle Wb). L2 HEINEMANN 1884/1913, Bd. 1, S. 167-170; KRÄMER 1989/90, Bd. 1,1, S. 300. L3 BERNHARD 1976, S. 13-16; WRIGHT 1997, S. 5-12.

Wollaton Hall, Library of Lord Middleton, ohne Signatur: s. o. Not. Wrocław s. Breslau. Zue *Zürich, Zentralbibliothek, Ms. C 68 Perg., I+127 Bll., 25 x 16 cm, Anfang 9. Jh., St. Gallen. Irv Federproben 1rv Sedulius: Hymnus I, V.39-110 1v Cyprianus: ›Carmen de resurrectione‹, V.1-16 2rv Ps.-Alkuin: ›De decem numeris canonum‹ 2v Alkuin: ›In X canones Eusebii seu concordantium quattuor evangelistarum‹ 2v Praefatio zu Juvencus: ›Evangelicae historiae libri IV‹ 3r-71r Juvencus: ›Evangelicae historiae libri IV‹ 71r-79r Sedulius: ›Carmen paschale‹, Buch I 79r Nomina feriarum 79r Ausonius: ›In quo mense quod signum sit ad cursum solis‹ 79v Hrabanus Maurus: ›Epitaphium Alcuini‹ 80r Sedulius: Praefatio zum ›Carmen paschale‹ 80r-110v Sedulius: ›Carmen paschale‹, Buch II-V 110v-124v Proba: ›Cento‹ 124v-125r Akrostichon Johannes Celse rimans misteria celi 125va-126rb Sedulius: ›Carmen paschale‹ (Buch V, V.104-176, V.196-201) 126v-127r Avian: ›Fabulae‹ Grundtext: Fabeln Nr. V und IX. Erschließung: keine. 126v ist am Rand von späterer Hand als Federprobe (?) IV,4 wiederholt. Einrichtung: einspaltig, 28 Zeilen in vorgezeichnetem und vorliniertem Schriftspiegel mit schmalem inneren und nur wenig breiteren äußeren Rändern. Textbeginn: in der ersten Zeile mit dem Titel zu Nr. V. Textende: nach Nr. IX, der Rest der Seite (zehn Zeilen) zwar vorliniert, doch bis auf eine Federprobe (Uisus auditus gustus odoratus et tactus) leer. Die beiden Fabeln sind durch eine Leerzeile voneinander getrennt, doch geht nur der ersten in eigener Zeile ein Titel (Majuskeln, farbige Tinte) voran. Vor Nr. IX steht lediglich in der Tinte des Titels vor Nr. X eine Federprobe in der Art einer Zwischenüberschrift (VRSA und Montibus). Der Einsatz der Fabeln ist, von der Leerzeile/Titelzeile abgesehen, nicht weiter gekennzeichnet. Die Verse sind abgesetzt und beginnen mit herausgerückten und rubrizierten Majuskeln. Platz für Interlinearglossen war nicht

Avian: ›Fabulae‹

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vorgesehen. Deutlich erkennbar ist die Tendenz, den auf die Majuskel folgenden Verstext alternierend etwas einzuziehen, wobei bis V,14 jedoch der Hexameter eingezogen und der Pentameter herausgerückt ist, erst dann (wegen des übersprungenen Verses V,13) die Folge wechselt. In Nr. IX gehen in diesem Punkt die ersten sechs Verse durcheinander, ab V.7 lässt sich dann wieder die Tendenz erkennen, den Hexameter etwas weiter links zu beginnen.

127v Federproben Vorbesitzer St. Gallen, Benediktiner Zue stammt aus dem Bestand der Handschriften, die im Zuge der Neugründung der Züricher Zentralbibliothek 1916 aus der Stadtbibliothek übernommen wurden. Sie zählte dort zu dem wertvollen Grundstock der im Toggenburger Krieg um 1712 aus St. Gallen entführten Bände. Bl. 125v trägt sie den Abteistempel (17. Jh.) und Bl. 1r ein Abteiwappen (15.-16. Jh.) des Klosters. 1461 wurde sie in St. Gallen katalogisiert und für diese Bibliothek wohl auch gebunden.649 Der paläographischen Untersuchung BRUCKNERs nach könnte sie an diesem Ort schon entstanden sein.650 Die Handschrift wäre damit zur Zeit des Abtes Gozbert, unter dem das Skriptorium eine reiche Tätigkeit entfaltete, geschrieben worden. Zue ist im Kern aus einem Guss.651 Die Handschrift setzt sich aus 16 Quaternionen plus zwei Vorschaltblättern (Bl. I und 1) zusammen, weist eine alte alphabetische Lagenzählung von A (Bl. 9v) bis Q (Bl. 120v) auf, und die beiden Hauptstücke, die Evangeliendichtung des Juvencus (zusammen mit dem von Bl. 2r an vorangehenden kleineren Stücken) und das ›Carmen paschale‹ des Sedulius (zusammen mit den Bl. 110v-125r anschließenden Stücken) wurden von einer oder allenfalls von zwei, jedoch zeitgenössischen Händen desselben Skriptoriums im ausgehenden 8., frühen 9. Jahrhundert in alemannisch-st. gallischer Minuskel aufgenommen.652 Hinzu kommen jedoch einmal kleinere Textergänzungen. Sie umfassen um 800 das von anderer Hand Bl. 1rv auf dem Vorschaltblatt Niedergeschriebene, ebenfalls um diese Zeit und vielleicht von derselben Hand das Bl. 125v-126r ergänzte Textstück, Bl. 126v-127r von einer Hand des frühen 9. Jahrhunderts den Avian, und Bl. 79r-79v die um die Mitte des 9.

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652

Vgl. im Katalog MOHLBERGs S. 39 den Hinweis auf den Katalogeintrag M. Sedulius metrice aliique auctores (MBK, Bd. 1, S. 118) und die Beschreibung des Einbands, dessen Etikette auf den Katalog Bezug nimmt: »Holzdeckel mit weissem Leder überzogen. Vorne Etikette: Liber metricus Sedulii aliorumque auctorum«. BRUCKNER 1935/78, Bd. 3, S. 125. BRUCKNER führt sie (1935/78, Bd. 3, S. 23 Anm. 84) unter den von éinem Schreiber verfertigten Codices auf. Zu den unter Gozbert entstandenen Handschriften vgl. a. a. O. Bd. 2, S. 27 und S. 30 sowie Bd. 3, S. 22 Anm. 77. Alle Angaben nach BRUCKNER 1935/78, Bd. 3, S. 125.

Verzeichnisse zur Überlieferung

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Jahrhunderts in den Sedulius vermutlich auf altem Freiraum eingeschalteten Carmina. Hinzu kommen weiter einige Einträge von Glossen, darunter drei deutsche im frühen 9. Jahrhundert, Ergänzungen dazu um 820, ein Griffeleintrag im Juvencus Bl. 58r und dort ebenfalls einige Neumen. Generell wurden die Texte jedoch so gut wie nicht glossiert. Schließlich sind Federproben des 9. und 10. Jahrhunderts653 und als späteste Einträge die Marginalien Bl. 105r im ›Carmen paschale‹ aus dem 10. Jahrhundert zu nennen sowie einige ebenfalls in diesem Jahrhundert nachgezogene, zuvor verblasste Textpartien. Der Avian ist, wie der Einsatz erst mit Nr. V ohne vorangehenden Blattausfall und der Sprung von Nr. V nach IX sowie der nach Nr. IX verbliebene Freiraum erkennen lassen, Exzerpt auf ursprünglichem Freiraum. Es wurde sicher einer vollständigeren Vorlage entnommen. Diese muss partiell der von Kar 2 geglichen haben. Sie bot nämlich Fabeltitel, für die Kar 2 Freiraum lässt, und unterschied wie Kar 2 Hexameter und Pentameter. Diese Differenzierung findet sich im 9. Jahrhundert sonst nur noch – dort freilich nur streckenweise angedeutet – in der nach oberdeutscher Vorlage geschriebenen Handschrift Par 10. Von Par 10 aus lassen sich aber ebenfalls – nämlich über das in St. Gallen aufbewahrte AvianFragment SGa, das wegen der großen Freiräume zwischen den einzelnen Fabeln wie Par 10 nach einer illustrierten Vorlage gearbeitet sein könnte – Verbindungen zur St. Galler Bibliothek ziehen. Die Auswahl von Nr. V und IX erscheint von zeitgenössischen Rezeptionsvorlieben bestimmt. Von dem circa ein Dutzend Avian-Zitaten, die sich bis etwa ins Jahr 1000 in neuen Werkzusammenhängen ausfindig machen lassen, entfallen allein vier auf die fünfte und zwei weitere auf die neunte Fabel. Zu welchem Zweck der Auszug angelegt wurde, lässt sich nicht erkennen. Der ganze Band bewahrt in der Hauptsache Bibelepik für die Bibliothek auf und steht in seiner buchmäßigen Aufmachung dem Einsatz im Elementarunterricht fern. Daran ändern auch die Federproben nichts, denn »bei solchen Versuchen floß oft selbst erwachsenen Schreibern [!] in der Schule zum Übermaß Wiederholtes in die Feder.«654 L1 OLDFATHER 1911, S. 111; GUAGLIANONE 1958, S. XVII (Sigle Tu). L2 LEO CUNIBERT MOHLBERG: Katalog der Handschriften der Zentralbibliothek Zürich. Bd. 1. Mittelalterliche Handschriften. Zürich 1951, S. 39 Nr. 98 und S. 357. L3 STEINMEYER/SIEVERS 1879/98, Bd. 5, S. 669 Nr. 649; BERGMANN 1973, S. 120 Nr. 1003; Scriptoria Medii Aevi Helvetica. Denkmäler schweizerischer Schreibkunst des Mittelalters. Hg. und bearbeitet von ALBERT BRUCKNER. Genf 1935-78, Bd. 3, S. 125; BERGMANN/STRICKER 2005, Nr. 1003.

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Vgl. BRUCKNER 1935/78, Bd. 3, S. 125 (zu Bl. I) und BISCHOFF 1966, S. 78 (zu Bl. I). BISCHOFF 1966, S. 77.

Avian: ›Fabulae‹

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*** Nicht mehr weitergehend berücksichtigt werden konnte die Handschrift K12:011 im Archiv der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Den Angaben der Handschriftendatenbank von "www.manuscriptamediaevalia.de" nach handelt es sich um Reste einer Pergamenthandschrift des 14. Jahrhunderts: acht horizontal und vertikal beschnittene Blätter im Format von 13 x 9 cm mit dem Verstext in einspaltiger Einrichtung ohne Glosse oder Kommentar. 1.2 Handschriften mit separatem Kommentar Nachstehend nicht berücksichtigt sind die Überlieferungszeugen der ›Anonymi Avianicae Fabulae‹655 sowie das opus mixtum der ›Apologi Aviani‹656. Um jedoch die notwendige weitere Erhellung der Verbindungen und Abhängigkeiten, die zwischen den lateinischen Schulkommentaren und den Prosa-Avianen bestehen, materialseitig nicht schon im Vorgriff einzuengen, werden im folgenden gleichwohl auch Überlieferungszeugen aufgenommen, die wie die ›Anonymi Avianicae Fabulae‹ aus den Schulkommentaren auswählen (s. u. zu K-Mai, K-Stu1, K-Upp) und ansatzweise sogar eigene Texttraditionen in spezifischen Gebrauchskontexten ausbilden (s. u. zu K-Han und K-Wue). K-Due *Düsseldorf, Universitäts- und Landesbibliothek, Ms. B 141 Pap., 232 Bl., 20.5 x 14.5 cm, 1488, Kreuzherren Düsseldorf.657 1r leer 1v Inhaltsverzeichnis (15. Jh.) 2rv Register zu Ulricus Ulmer: ›Fraternitas cleri‹ 2v-173v Ulricus Ulmer: ›Fraternitas cleri‹ 174r-174v leer 175r-196v Kommentar zu Avian: ›Fabulae‹ (Accessus + Nr. I-XXXVII, XXXIX, XLI, XXXVIII, XLII) 196v-197r Notat zur Bedeutung des Triviums für die Predigt 197r-203v Kommentar zum ›Physiologus Theobaldi‹ 203v-232r Kommentar zum ›Anonymus Neveleti‹ 232v Notat zu Fragen der Seelsorge

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Siehe zur Begründung Kap. II Exkurs 2. Siehe zur Begründung die Vorbemerkungen vor Abschnitt V.1.1. Frau Agate Mazurek, Bearbeiterin des Düsseldorfer Handschriftenkatalogs, danke ich sehr für die Überlassung ihres Typoskripts einer ausführlichen Handschriftenbeschreibung.

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Schreiber 2r-173v: Wilhelm Oerdinghen (173v) Vorbesitzer Düsseldorf, Kreuzherren Den ersten Teil der Handschrift schrieb ein Diakon Wilhelm Oerdinghen 1488 (Bl. 173v: Explicit fraternitas cleri per venerabilem doctorem Vlricum edita. qui vulgo vlmer vocatur finit feliciter, und dann in feinerer Schrift per me wilhelmum oerdinghen dyaconum anno 1488 pro festo trinitatis). 1495 oder 1497 verfertigte dieser Wilhelm eine weitere Handschrift, die aus dem Konvent der Düsseldorfer Kreuzherren stammt.658 In ihr firmiert er als »Wilhelmus Oerdingensis«, als Wilhelm aus Oerdingen, womit das linksrheinisch bei Krefeld gelegene, etwa 15 Kilometer von Düsseldorf entfernte Uerdingen gemeint sein könnte. Nimmt man diese mögliche Herkunft des Schreibers, seine Anwesenheit über mehrere Jahre hinweg am selben Ort, sein geistliches Amt als Diakon und die theologische Ausrichtung seiner Schreibtätigkeiten – Wilhelms zweite Handschrift, das Ms. B 2 der Düsseldorfer Universitätsbibliothek, enthält vorwiegend Albertus Magnus zugeschriebene Predigten – zusammen, dann wird sehr wahrscheinlich, dass es sich bei dem Schreiber um ein Mitglied des Düsseldorfer Kreuzherren-Konvents handelt, das seine Texte in eben diesem Konvent niederschrieb. Es dürfte sich daher bei ihm um denselben Wilhelmus de Urdingen/Oerdingen handeln, der in den Akten des Generalkapitels der Kreuzherren seit 1528 als Prior des Düsseldorfer Konvents firmiert und den sie 1539 unter den verstorbenen Ordensbrüdern aufführen.659 Düsseldorfer Schreibheimat ist über den ersten Teil von K-Due hinaus auch für den zweiten zu reklamieren. Der Fabelteil hebt sich zwar äußerlich zunächst vom Vorangehenden ab. So wurde anderes, weniger feines, weniger helles Papier benutzt und wurde dieser Teil von anderer Hand in anderer Tinte aufgezeichnet. Aber die Schreibarbeiten wurden doch nicht weniger gewissenhaft ausgeführt als zuvor. Auch liegen der Aufzeichnung ganz wie im ersten Teil regelmäßige Sexternionen zugrunde. Zudem werden beide Abschnitte von dem alten Inhaltsverzeichnis Bl. 1v erfasst. Nicht zuletzt hält beide Teile ein alter Einband zusammen, der noch aus dem 15. Jahrhundert stammt und dessen besondere Verzierungen eben-

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Düsseldorf, Universitäts- und Landesbibliothek, Ms. B 2. Vgl. Handschriftencensus Rheinland, S. 302 Nr. 461, und KRÄMER 1989/90, Bd. 1,1, S. 171. Im Census wird das Manuskript auf 1497 datiert, bei KRÄMER auf 1495. Vgl. VAN DE PASCH 1969, S. 289, 295, 300, 306, 315 (stets »Wilhelmus Dusseldorpiensis«, Prior) und S. 323 (auf den Düsseldorfer Prior bezogen »Wilhelmus de Urdingen« und in einem zweiten Textzeugen »de Oerdingen«).

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falls ins Kreuzherrenkonvent weisen.660 Der Fabelteil wurde also bereits im Kreuzherrenkloster mit dem ersten Teil zusammengebunden. Allenfalls die Wasserzeichen des zweiten Teils, die das Papier in die Jahre 1409-16 datieren,661 sprechen dagegen, für diesen zeitnahe Niederschrift zum ersten Teil anzunehmen (die Verwendung erneut von Sexternionen spräche hingegen wieder eher dafür) und den Wechsel in der äußeren Erscheinungsform des zweiten Teils mit dem Wechsel der Vorlage zu erklären. Zweifellos galt aber dem ersten Teil das Hauptaugenmerk. Das wird bereits an seinem Umfang ersichtlich, ferner etwa an einem alten Titelschild, das auf den Vorderdeckel geklebt ist und lediglich Ulrich Ulmers Werk ausweist, sowie auch an dem Inhaltsverzeichnis Bl. 1v. Es macht sich keine Mühe, die drei Texte des zweiten Teils auseinanderzuhalten, begreift sie vielmehr unterschiedslos als »Tierdichtung«. Für die kann dann einfach der Name Äsops einstehen: Jn isto volumine continentur primo Ulricus de fraternitate cleri. Ysopus (Bl. 1v). Die Funktion des zweiten Teils erhellt aus dem auf den AvianKommentar folgenden Notat: Er wird Material für die Ausarbeitung von Predigten geliefert haben. Darauf deuten auch die paränetischen Marginalien im Avian-Teil. Am Rand einzelner Kommentarabschnitte wurden von zwei verschiedenen Händen, davon die eine vielleicht noch mittelalterlich, kurze Hinweise angebracht, die moralische Verfehlungen benennen. Ob Oerdinghen den Avian-Teil nun selbst geschrieben oder ihn nur beigebunden hat (oder beibinden hat lassen): Er hatte dabei zweifelsohne die Bibliothek des Kreuzherren-Konvents im Blick. Diese wurde nämlich gerade in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts auf- und ausgebaut. Die noch sehr junge, erst 1438 gegründete Düsseldorfer Niederlassung konnte zunächst kaum auf bedeutende ältere Bücherbestände zurückgreifen. Vieles musste man sich selbst abschreiben. Auch wenn im Einzelfall vielleicht nicht zu belasten, weil die Angaben KRÄMERs immer genau überprüft werden müssen, so vermittelt doch die Verteilung der Datierungen insgesamt der KRÄMER zufolge aus dem Konvent erhaltenen Handschriften ein in der Tendenz aufschlussreiches Bild, das nicht grundfalsch sein kann. Von diesen Handschriften sind nämlich auffallend viele erst in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts entstanden. Wie ökonomisch man diesen Aufbau betreiben konnte, führt K-Due schlaglichtartig vor Augen. Das Werk Ulmers ist schlicht Druckab-

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Diese Angabe nach einem in der Handschriftenabteilung aufbewahrten Zettelkatalog der Düsseldorfer Universitätsbibliothek, der Kreuzherrenhandschriften zusammenstellt. Darin ist zum Ms. B 141 vermerkt »+ (?) nach Stempeln +«. Vgl. für Einzelnachweise zur Datierung der Wasserzeichen demnächst den von Frau Mazurek vorbereiteten Düsseldorfer Handschriftenkatalog.

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schrift.662 Der Prosa-Avian hat entweder bereits mit dem ganzen Teil II geschlossen vorgelegen und musste nur beigebunden werden. Oder, wenn man ihn selbst – auf älterem Papier – niedergeschrieben haben sollte, man hat ihn aus einer umfangreicheren kommentierten Handschrift kopiert, deren Verstext man in diesem Fall freilich fortließ – denn für Predigtzwecke reichte die Prosa. Genauso, nämlich kürzend, ist man in diesem Fall dann sogar bis in den Kommentar hinein verfahren. Denn auch auf die den einzelnen Kommentarabschnitten in der Vorlage angehängte expositio ad litteram verzichtete man. Sie wurde nur im Kommentar zu Nr. VII einmal aus Versehen noch in den neuen Band übernommen. L2 KRÄMER 1989/90, Bd. 1,1, S. 172; Handschriftencensus Rheinland, hg. von GÜNGATTERMANN, bearbeitet von HEINZ FINGER [u. a.]. Wiesbaden 1993 (Schriften der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf. 18), S. 371 Nr. 597. L3 ROBERT HAASS: Die Kreuzherren in den Rheinlanden, Bonn 1932 (Rheinisches Archiv 23), S. 116-131; ANTOINE VAN DE PASCH: Bibliotheca manuscripta fratrum Ordinis Sanctae Crucis. o. O., o. J. (Cruciferana. Collectanae historica fratrum Ordinis Sae. Crucis. N. S. 13-14), Bd. 1, S. 3, 40; ANTOINE VAN DE PASCH: Definities der Generale Kapittel van de Orde van het H. Kruis. 1410-1786. Brüssel 1969; PFANNENSCHMID: Die Königliche Landesbibliothek zu Düsseldorf seit der Zeit ihrer Stiftung bis auf die Gegenwart. In: Archiv für die Geschichte des Niederrheins 7 (1869), S. 373-431. TER

K-Fra

*Frankfurt/M., Stadt- und Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg, Fragm. lat. VII 5 Perg., 16 Bl., 14.5 x 10.5 cm, Mitte 14. Jh. VD oben auf dem Kopf stehend eingeklebt das Doppelblatt Nr. 1; Bl. 1r und Bl. 2v aufgeklebt und nicht einsehbar; Bl. 1v über dem Schriftspiegel Rest eines roten Titulus nice (vgl. Avian Nr. XXVII), Kommentar zu Nr. XXVII (Anfang frgm.) und XXVIII (Schluss frgm.); Bl. 2r über dem Schriftspiegel zwei rote Tituli De rustico et serpente (vgl. ›Anonymus Neveleti‹ Nr. 10) und De asino et apro (vgl. ›Anonymus Neveleti‹ Nr. 11), Kommentar zu ›Anonymus Neveleti‹ Nr. 9 (Anfang frgm.), 10, 11 und 12 (Schluss frgm.), unter dem Schriftspiegel roter Titulus De mure (vgl. ›Anonymus Neveleti‹ Nr. 12) VD unten auf dem Kopf stehend eingeklebt das Doppelblatt Nr. 2; Bl. 1r und Bl. 2v aufgeklebt und nicht einsehbar; Bl. 1v über

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Zahlreiche Blätter jeweils der ersten Lagenhälfte weisen unten rechts eine Foliierung aus einer Kombination von Kleinbuchstaben und arabischen Ziffern auf. Sie reicht von Lage 1 (hier a3 und a4 noch erkennbar, ursprünglich wohl von a1 bis a6 laufend) bis Lage 15 (Buchstabe p), endet mit dem Abschluß des Ulmerschen Werks und wird aus dem Druck übernommen sein. Für Druckausgaben s. HAIN 1826/38, Nr. 16084f., und COPINGER 1895/1902, Bd. 1,1, S. 484.

Avian: ›Fabulae‹

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dem Schriftspiegel Rest eines roten Titulus mure (vgl. Avian Nr. XXXI), Kommentar zu Nr. XXXI (Anfang frgm. und durchgehend am äußeren Blattrand beschnitten) und XXXII (Schluss frgm. und durchgehend am äußeren Blattrand beschnitten), unter dem Schriftspiegel Rest eines roten Titulus ustico et carru (vgl. Nr. XXXII); Bl. 2r Kommentar zu ›Anonymus Neveleti‹ Nr. 4 (Anfang frgm.), 5 und 6 (Schluss frgm.) RD oben eingeklebt das Doppelblatt Nr. 3; Bl. 1r und 2v aufgeklebt und nicht einsehbar; Bl. 1v Kommentar zu Avian Nr. VIII (Anfang frgm.) und IX (Schluss frgm.), unter dem Schriftspiegel Rest eines roten Titulus e duobus sociis (vgl. Nr. IX); Bl. 2r Kommentar zu Nr. XVIII (Anfang frgm.), XIX, XX (Schluss frgm.), unter dem Schriftspiegel roter Titulus De piscatore (vgl. Nr. XX) RD unten eingeklebt das Doppelblatt Nr. 4, Bl. 1r und 2v aufgeklebt und nicht einsehbar; Bl. 1v über dem Schriftspiegel Rest eines roten Titulus et pauone (vgl. Avian Nr. XV), Kommentar zu Nr. XIX (Anfang frgm. und durchgehend am äußeren Blattrand beschnitten) und XV (Schluss frgm. und durchgehend am äußeren Blattrand beschnitten); Bl. 2r über dem Schriftspiegel roter Titulus De querco et canna (vgl. Nr. XVI), Kommentar zu Nr. XV (Anfang frgm.), XVI und XVII (Schluss frgm.), unter dem Schriftspiegel roter Titulus De venatore et tygri (vgl. Nr. XVII) Vorbesitzer Frankfurt, Dominikaner? Die zerschnittene Handschrift enthielt sicher einen vollständigen AvianKommentar, auf den ein sicher ebenfalls vollständiger Kommentar zum ›Anonymus Neveleti‹ folgte. Eine vom Erhaltenen ausgehende Rekonstruktion jedenfalls zwingt nicht dazu, Lücken anzusetzen. Bei dem Trägerband (OHLY/SACK 1967, Nr. 1339) handelt es sich um einen Druck von Guilelmus Alvernus’ ›De fide et legibus‹, der 1475/76 in Augsburg bei Günther Zainer im Folioformat erschienen ist. Die Handschrift wurde demnach wahrscheinlich im letzten Viertel des 15. Jahrhunderts zerschnitten. Die Inkunabel stammt aus dem Frankfurter Dominikanerkloster. Ob sie dort auch gebunden wurde, dazu machen OHLY und SACK keine Angaben. Jedenfalls wurde der Druck so gebunden, dass er in einer gemeinschaftlich von mehreren Personen genutzten Bibliothek ausgelegt werden konnte. Darauf weisen nämlich zwei Löcher am oberen Rand des Rükkendeckels, die wohl einmal eine Kette gehalten haben. Dass der Buch-

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binder seine Makulatur aus der Klosterbibliothek der Dominikaner bezog, wird dadurch zwar nicht bewiesen, aber doch etwas wahrscheinlicher. L2 POWITZ 1994, S. 90.

K-Han *Hannover, Stadtbibliothek, Ms. Mag. 15 Pap., I + 222 + I Bl., 28.5 x 14 cm, um 1427 (205vb), Norddeutschland (Franziskaner Hannover?). 1ra-72vb Predigten super evangelias 73ra-106rb Predigten super evangelias 107va-108ra Predigt de corpore Christi 108rb-108v leer 109ra-146rb ›Gesta romanorum‹ (cum applicationibus mysticis) 146va-159rb Kommentar zu Avian: ›Fabulae‹ (Accessus + Nr. I-III, Vf., VIII-X, XVII, XIf., XIVf., XVIII, XXIf., XXV, XXIX, XXXIV) und zum ›Anonymus Neveleti‹ (Nr. 1-4, 6-9, 5, 1215, 17, 22, 23, 20, 26, 29, 32, 33, 37-39, 41-44, 46, 48, 52f., 57, 54, 56) sowie geistliche Exempel (= ›Würzburger Anonymus Neveleti- und Avian-Paraphrasen‹) 159rb-172ra geistliche Exempel 172vb-173v leer 174ra-202rb Heinrich von Friemar: ›De decem praeceptis‹ 202va-205vb Inhaltsverzeichnis zu Heinrich von Friemar: ›De decem praeceptis‹ 206ra-208rb Verzeichnis von Heiligenprivilegien im Jahreskreis von An dreas bis Katharina (›Compendium de sanctis‹) 208va-209v leer 210ra-217va Guilelmus de Montibus (?): ›Tractatus de septem sacramentis‹ 217va-220rb geistlicher Traktat (Gehenne mortis et eterna glorie quadriga intytulatur) 220rb-221va geistlicher Traktat (Anima insignita dei ymagine decorata [...]) 221va-221vb Exemplum 222r-222v leer Vorbesitzer Hannover, Franziskaner KÜHNE vermutet, unter Verweis auf die Machart des alten Einbands, Herkunft aus der Bibliothek der Hannoveraner Franziskaner: »Aus der Bibliothek des 1533 aufgehobenen Franziskanerklosters in Hannover gelangten die Kodizes Mss. Mag. 2, 5 und 140 in die Stadtbibliothek. Aufgrund übereinstimmender Einbandstempel lassen sich die Einbände von Ms. Mag. 2, 5, 15, 16, 32 und 48 einer gemeinsamen Werkstatt Braunschweig SCHWAN III zu-

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ordnen, sodass für die zuletzt genannten Bände eine damalige Zugehörigkeit zur Franziskanerbibliothek, die für Mss. Mag. 2 und 5 durch entsprechende Einträge außer Frage steht, vermutet werden darf.«663

Diese Vermutung findet weitere Stützen in der inhaltlichen Geschlossenheit des Bandes, der sich auf Predigten und Hilfsmittel für die Predigt konzentriert, und in seinem formal geschlossenen Erscheinungsbild, das geübte Buchproduktion erkennen lässt. K-Han wurde, von vereinzelten kleinen Nachträgen abgesehen, in der Hauptsache von einem einzigen Schreiber angefertigt. Dieser zog Papier durchweg desselben Zuschnitts und derselben Qualität heran, teilte es gleichmäßig in Sexternionen auf, brachte seine Texte in einem Arbeitsgang durchgehend sorgfältig zu Papier, verwaltete seine Lagen systematisch mit Reklamanten und behielt die anfangs von ihm gewählte zweispaltige Texteinrichtung ebenso wie die ungefähre Zeilendichte die ganze Niederschrift hindurch bei. Obwohl er ein Kolophon anbrachte (Bl. 205vb: Anno domini M° cccc° xxvij sequente die gertrudis etc [18.3.1427]), verzichtete er gleichwohl auf die Nennung seines Namens – weil er wohl nicht für sich selbst, sondern für seine geistliche Gemeinschaft arbeitete. Eine spätere Verwendung des Bandes im norddeutschen Raum wird durch einige Marginalien niederdeutscher Sprachform bewiesen, etwa Bl. 83rb in Scheutlikheyt oder Bl. 84rb als Erläuterung zu superat in der Glosse overwinnen. Als gewichtiges Indiz für bereits franziskanische Entstehung der Handschrift bleibt noch die Entscheidung für eine Kommentartradition anzuführen, die sich bisher nur in einem einzigen weiteren Textzeugen belegen lässt. Dieser aber ist ebenfalls sehr wahrscheinlich franziskanischer Herkunft (s. u. zu K-Wue). L1 DICKE/GRUBMÜLLER 1987, S. XXXV Anm. 70. L2 UDO KÜHNE: Handschriften in Hannover: Stadtbibliothek, Stadtarchiv, Niedersächsisches Hauptstaatsarchiv, Landeskirchliches Archiv. Wiesbaden 1991 (Mittelalterliche Handschriften in Niedersachsen: Kurzkatalog 1), S. 43f.; KRISTELLER 1967/97, Bd. 3, S. 568.

K-Kop1 *Kopenhagen, Kongelige Bibliotek, Fabricius 29 2° Perg., 59 Bll, 22-24.5 x 13.5-18 cm, 4. Viertel 13. Jh., Norddeutschland? 1r Protokollfragment des Rostock 1362 abgehaltenen Provinzialkapitels der Dominikaner 1v Inhaltsverzeichnis und Besitzeinträge von Reiner von Cappel, Bernhard Rottendorff und Johann Albert Fabricius 2ra-5vb Kommentar zu Ovid: Metamorphosen

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KÜHNE 1991, S. 14. Vgl. Die Schwenke-Sammlung gotischer Stempel- und Einbanddurchreibungen nach Motiven geordnet und nach Werkstätten bestimmt und beschrieben von ILSE SCHUNKE, fortgeführt von KONRAD VON RABENAU. Bd. 1: Einbandstempel. Bd. 2: Werkstätten. Berlin 1979-96 (Beiträge zur Inkunabelkunde. 3. Folge 7+10), Bd. 1, S. 38 Nr. 130.

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5vb 5vb-6ra 6ra 6ra 6ra 6rab 6rb 6rb 6rb 6va-11ra 11ra-19rb 19rb-24va 24va-28va 28vb-31rb 31va-45rb 45v 46ra-55va 55va-59vb Schreiber Vorbesitzer

Accessus zu Ovid: ›Heroides‹ Accessus zu Ovid: ›Ars amatoria‹ Accessus zu Ovid: ›Amores‹ Accessus zu Ovid: ›Remedia amoris‹ Accessus zu Ovid: ›Fasti‹ Accessus zu Ovid: Tristien Accessus zu Ovid: ›Ex Ponto‹ Accessus zu Statius: ›Thebais‹ Accessus zu Ovid: ›Ibis‹ Kommentar zu Ovid: Tristien Kommentar zu Ovid: ›Heroides‹ Kommentar zu Statius: ›Achilleis‹ Kommentar zu Claudian: ›De raptu Proserpinae‹ Kommentar zu Avian: ›Fabulae‹ (Accessus + Nr. I-XLII) Kommentar zu Ovid: ›Fasti‹ leer Kommentar zu Ovid: ›Ex Ponto‹ Kommentar zu Ovid: ›Amores‹ Marginalien u. a. 5vb, 6ra, 6rb: Reiner von Cappel Reiner von Cappel; Soest, Dominikaner; Bernhard Rottendorf (1594-1671); Johann Albert Fabricius (1668-1736) Die Handschrift stammt aus dem Besitz der Soester Dominikaner,664 die sie von ihrem Lektor und späterem Prior Reiner von Cappel übernahmen.665 Im 16. Jahrhundert befand sie sich im Besitz des Münsteraner Stadtarztes Bernhard Rottendorf,666 später im Besitz von Johann Albert Fabricius,667 mit dessen Nachlass sie 1770 dann nach Kopenhagen gelangte. Irgendwann im Laufe ihrer nachmittelalterlichen Geschichte wurde sie in ihrer jetzigen Einband gebunden. Im 14. Jahrhundert hatte ihr Reiner von Cappel nur ein Aktenfragment zum Schutze vorgebunden. Zuvor war der Faszikel überhaupt nicht geschützt: Das Eingangsblatt 1r ist überaus stark abgegriffen und vielfach nicht mehr lesbar.

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MICHAEL 1990, S. 20; MICHAEL 1990a, S. 42f. Anm. 119. Vgl. den Besitzeintrag Bl. 1v und LEHMANN 1935, S. 116, sowie zu Cappel STURLESE 1983. Siehe auch oben die Ausführungen zur Handschrift Kop1, die sich ebenfalls in Cappels Händen befand und den Soester Dominikanern gehörte. Vgl. den Besitzeintrag Bl. 1v und LEHMANN 1938, S. 117 Nr. 46-54. Vgl. den Besitzeintrag Bl. 1v und Bibliothecae Beati Jo. Alb. Fabricii. Hamburg 1738-39, Bd. 1, S. 196 unter den Folio-Handschriften Nr. 145: »145 Glossae in Ovidii Metamorphoses, & diversos libros ejusdem, in Statii Thebaida, in Ovidium de tristibus, in epistolas Ovidii, in Statii Achilleida, in Claudianum, in Avianum, in Ovidii Fastos, ubi Calendarium ejus annexum, in Ovid. de Ponto. Glossae in Ovidii amorum libros. Scriptae sunt in membrana, binis columnis, minuto charactere, frequentibus literarum compendiis, ante annos trecentos.«

Avian: ›Fabulae‹

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Reiner von Cappel trug auf Bl. 1v, verbunden mit seinem Besitzeintrag, ein Inhaltsverzeichnis der Handschrift ein,668 und im Zuge dieser Arbeit identifizierte und benannte er an mehreren Stellen durch Einträge an den Rändern die entsprechenden Texte, etwa Bl. 2r unten glose super metamorphoseos ouidij oder Bl. 5vb am seitlichen Rand Sine titulo. Eine spätere Hand trug noch weitere Identifizierungen nach, um das sehr dicht und wenig übersichtlich Aufgezeichnete der Benutzung detaillierter zu erschließen. Angesichts der von Anfang des Faszikels bis zum Ende überaus gleichförmigen, auf deutliche visuelle Hervorhebung von Textgrenzen verzichtenden, überaus platzsparenden zweispaltiger Textaufzeichnung mit oft an die 80 Zeilen pro Spalte in kleiner und mit Abkürzungen nicht sparender Schrift, leuchtet der praktische Nutzen solcher gliedernden Marginalbemerkungen unmittelbar ein. Mit K-Kop1 hatte Reiner von Cappel eine Handschrift erworben, die ein Jahrhundert zuvor entstanden war, die ganz auf die Kommentierung von auctores durch glosule ausgerichtet war und die ein einziger Schreiber nahezu ohne Unterbrechung niedergeschrieben hatte. Eigentümlichkeiten der Textdarbietung erlauben es, in diesem Schreiber zugleich den ersten Besitzer des Faszikels zu sehen. Auf eine Präsentation der Textsammlung in einer Form, die sie anderen Benutzern als demjenigen zugänglich und handhabbar machen könnte und wollte, der sich bei der Niederschrift der Kommentare automatisch mit dem Inhalt des Faszikels vertraut gemacht hatte, ist nämlich ganz verzichtet (s. o.). Auf Anlage für eher persönlichen Gebrauch weist auch der äußerst sparsame Umgang mit dem Beschreibstoff. Es wurde Pergament sehr verschiedenen Formats herangezogen, sodass sich manches Blatt kaum noch als vollständige Seite ansehen lässt. Zudem sind die Blätter manchmal sehr roh genäht; bisweilen machte man sich nicht einmal mehr diese Mühe. Der vorhandene Raum wurde platzsparendst durchgehend zweispaltig und durchweg mit sehr hoher Zeilendichte beschrieben. Auf Anlage als Arbeitsmittel weist neben dem Verzicht auf jeden Schmuck der Verzicht auf den Einband, die Entscheidung mithin für eine handliche und preiswerte Fazsikelform. Schließlich finden sich eindeutige Spuren für intensivsten Einsatz des solchermaßen zugeschnittenen Instruments: Zahlreiche Blätter wurden derart häufig konsultiert, dass sie jeweils am äußeren Rand in Höhe der Stelle, an denen die Finger zum Umblättern ansetzen, ausgefranst sind (2, 3, 4, 5, 6, 7 10, 18, 19, 35 und 53-55, teilweise ausgebessert). Die glosule wurden hundertfach nachgeschlagen, und zwar, da der Umschlag Cappels unversehrt blieb, noch vor ihrer Aufbewahrung in Soest.

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Abgebildet bei LEHMANN 1935, S. 116.

Verzeichnisse zur Überlieferung

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Der Erwerb der Handschrift durch Cappel und die Soester Dominikaner fügt sich in die Bucherwerbspolitik des Hauses im ausgehenden 14. Jahrhundert, wie sie MICHAEL skizziert hat. Das »für die Studien Wichtige wurde gesucht«.669 Damit ist dann zu erwägen, ob der Faszikel nicht, wie manches andere in Soest Angeschaffte auch, aus Frankreich besorgt wurde.670 Die Handschrift selbst liefert da keinen Hinweis, wohl aber die Überlieferungs- und Textgeschichte des Avian. Separatüberlieferung des Fabelkommentars ohne Mitüberlieferung des Bezugstextes: das ist eine für französische Verhältnisse im 14. Jahrhunderts bereits archaische Präsentationsform (vgl. Kap. II.4). Man wird sich K-Kop1 also wohl nicht direkt aus Frankreich beschafft haben, wohl aber aus westlicher Richtung aus einem Kontaktraum zur französischen Studienlandschaft, in dem man die aktuellen Standardansprüche an die Ausführlichkeit und Systematik des auctores-Studiums registrierte, ohne sie selbst in der Breite in die entsprechenden Unterrichtsmaterialien umsetzen zu können. L1 DICKE/GRUBMÜLLER 1987, S. LXIX. L2 KRÄMER 1989/90, S. 729; KRISTELLER 1967/97, Bd. 3, S. 187.

K-Kop2 *Kopenhagen, Kongelige Bibliotek, Gl. kgl. Samling 1905 4° Perg., 157 Bl., ca. 19.5 x 12.5 cm, 12. Jh (Teil 1), Ende 12. Jh. (Teil 2), 2. Hälfte 13. Jh. (Teil 3), 13. Jh. (Teil 4). Teil 2: Deutschland? VD innen Fragment einer lat. Pergamenthandschrift (14. Jh.) 1r Inhaltsverzeichnis (15. Jh.) 1v Besitzeintrag (12. Jh.) und Inhaltsangabe: Liber sancte virginia jn nouamonasterio qui dicitur boetius de consolatione philosophie 2ra-60r Boethius: ›De consolatione philosophiae‹ (gloss.) 60v-61v Adelmannus: ›Versiculi iuxta ordinem alphabeti digesti de viris illustribus sui temporibus‹ (neumiert) 62r-63r leer 63v-122r Marcus Tullius Cicero: ›De officiis‹ (gloss.) 122v leer 123rv Bernhard von Bologna: ›De dictionum scientia grata rudibus‹ 124r Besitzeintrag Liber sancte marie in nouomonasterio 124v-138r Claudian: ›De raptu Proserpinae‹ (gloss., komm.)

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MICHAEL 1990a, S. 36. »Zum anderen ist bis zum Ende des 14. Jahrhunderts der nach Westen, nach Frankreich, d. h. nach Paris sich richtende Blick des wissenschaftlichen Interesses unübersehbar, wie die Herkunft der in jener Zeit nach Soest gelangten Handschriften unzweideutig beweist: Die älteren Codices der Soester Dominikanerbibliothek sind überwiegend im Westen, in Frankreich entstanden.« (MICHAEL 1990a, S. 36)

Avian: ›Fabulae‹

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138r 138v 138v-139v 139v 139v-140r 140r 140r 140r-141r 141r 141r 141v 142r-147r 147r-157v 157v RD innen

Accessus zu Claudian: ›De raptu Proserpinae‹ Accessus zu Claudian: ›De raptu Proserpinae‹ Kommentar zu Avian: ›Fabulae‹ (Accessus + Nr. I-XLII). Accessus zu Ovid: ›Heroides‹ Accessus zu Ovid: ›Ars amatoria‹ Accessus zu Ovid: ›Remedia amoris‹ Accessus zu Ovid: ›Ex Ponto‹ Accessus zu Walther von Châtillon: ›Alexandreis‹ Accessus zu den ›Disticha Catonis‹ Federproben Besitzeintrag Liber sancte Marie in Petrus Riga: ›Passio s. Agnetis‹ (WALTHER Nr. 696) ›De s. Katherina‹ (WALTHER Nr. 10938) Federproben Fragment einer lat. Pergamenthandschrift (unvollendete Textaufzeichnung auf Notenlinien mit Noten) Vorbesitzer Neumünster und Bordesholm, Augustiner-Chorherren K-Kop2 wird im Standortkatalog der Bordesholmer AugustinerChorherren 1488 mit der Signatur »F XVI« erfasst.671 Gesichert wird die Bordesholmer Provenienz weiter durch einen Bordesholmer Einband672 und durch das spätere Schicksal der Handschrift. Wie Kop2 wurde sie nach der Auflösung des Konvents 1566 noch einige Zeit am Ort aufbewahrt, diente dann zum Aufbau der 1606 gegründeten Bibliothek in Gottorf673 und gelangte von dort im Gefolge der dänischen Besetzung nach Kopenhagen. Der Katalog von 1488 beschreibt die Handschrift gleichlautend mit dem ihr vorangestellten Inhaltsverzeichnis, das sicher im Zuge der Erarbeitung des Katalogs eingetragen wurde. So erklärt sich die Übereinstimmung der Schreiberhand mit dem Inhaltsverzeichnis in Kop2. Wie Kop2 wurde K-Kop2 bei Gelegenheit dieser Erfassung durchgesehen. In einem Eintrag Bl. 124r z. B. identifizierte der Schreiber des Registers den folgenden Text als Claudianus. Im alten Einband von K-Kop2 hat sich ein Catenatus erhalten. Der Band war demnach zur allgemeinen Benutzung ausgelegt. Es ist zu vermuten, dass die Entscheidung und Ausstattung zur Auslage des Bandes, seine

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MERZDORF 1850, S. 37. Vgl. JØRGENSEN 1926, S. 334. Im 1707 angelegten Katalog von Pechlin trägt sie die Nr. 146: »Boetius de Consolatione. Cicero de officiis. Claudianus de raptu Proserpinae« (STEFFENHAGEN 1883/84, S. 25). Zu Erwähnungen in zwei weiteren Gottorfer Katalogen (der jüngere von ihnen 1735 angelegt) vgl. JØRGENSEN 1926, S. 334.

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inhaltliche Erschließung und bibliothekarische Erfassung von einer Neubindung begleitet wurden. Dass man sich mit einer alten Handschrift, die der Konvent schon zu Zeiten seiner Verlegung von Neumünster nach Bordesholm um 1330 besaß, noch einmal soviel Mühe machte, geschah freilich kaum aus sehr besonderen, auf den Einzelfall bezogenen praktischen Erwägungen heraus: etwa um genau diesen Band gezielt einem konventsinternen Unterricht bereitzustellen. Trotz ihrer Auslage als Catenatus nämlich weist die Handschrift, von den benannten Eingriffen des Bibliothekars abgesehen, keine eindeutigen Spuren auf, die intensivere Benutzung etwa unterrichtlicher Art anzeigten. Der Widerspruch zur Entscheidung für eine Catenierung lässt sich im Verweis auf die in eben den achtziger Jahren ausgreifenden Bemühungen um Reform des Konvents, und offenbar auch seiner Bibliothek, auflösen.674 Nur in deren Sog hat man sich noch einmal um K-Kop2 gekümmert. Alten Besitzeinträgen nach (Bl. 1v, 124r, 141v, ferner 2v: Liber sancte Marie in Nouomonasterio) hat die Handschrift zumindest in Teilen schon den Auszug des Konvents aus Neumünster um 1330 mitgemacht. Denn K-Kop2 setzt sich aus vier unabhängig voneinander entstandenen Teilen zusammen. Ein erster Abschnitt erstreckt sich über Bl. 1r-61v und wurde im 12. Jahrhundert geschrieben. Er weist einen Neumünsterer Besitzeintrag des 12. Jahrhunderts aus und damit in Verbindung einen Inhaltsvermerk, der nur den Boethius als Hauptstück benennt. Die ersten 61 Blättern wurden demnach in Neumünster zunächst selbstständig aufbewahrt. Dazu passt auch die eigenständige Lagenzählung dieses Teils. Der zweite Abschnitt bietet Ciceros ›De officiis‹, umfasst Bl. 62-122 und wurde im ausgehenden 12. Jahrhundert vielleicht in Deutschland geschrieben.675 Er weist wie der erste eine eigenständige Lagenzählung auf. Dass auch der dritte Abschnitt mit dem Claudian und der Accessusund Kommentarsammlung ursprünglich selbstständig in Neumünster aufbewahrt wurde, wird durch die umschließenden Besitzeinträge auf dem ehemals zweiten (124r) und ehemals letzten Blatt (141v) bewiesen. Der Claudian wurde von derselben Hand der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts mit Glossen und Kommentaren versehen, die auch den Verstext schrieb. Sie trug zudem Bl. 138r unten einen ersten Accessus zum Claudian nach und dann den zweiten Bl. 138v, mit dem zugleich die kleine bis Bl. 141r reichende Kommentarsammlung beginnt. Bis Bl. 139v wurden

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Hinweise dazu bei HANS HARALD HENNINGS in: Monasticon Windeshemense, Bd. 2, S. 88f. Vgl. MUNK OLSEN 1882/89, Bd. 1,1, S. 190.

Avian: ›Fabulae‹

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ihre Stücke mit Sicherheit geschlossen aufgenommen. Zwischen Avian und erstem Ovid-Accessus wechselt dann einmal die Schrift etwas im Duktus, ohne dass man jedoch gezwungen wäre, deshalb einen zweiten Schreiber annehmen zu müssen. Die zwischen Bl. 139v und 141r kleinteilig aufgebaute Partie muss ja nicht aus einer einzigen Vorlage stammen, sondern kann von ein- und demselben Schreiber nach und nach aufgebaut worden sein. Ein vierter Hauptschreiber brachte die beiden letzten Stücke aufs Pergament, die den vierten und letzten Teil der Handschrift bilden. Ob die vier Teile erst 1488 vereinigt wurden, lässt sich wegen fehlender übergreifender älterer Benutzungsspuren nicht erkennen. Eben dies lässt weitere Schlüsse zu. Denn sollten die Teile schon bedeutend vor 1488 vereint gewesen sein, was die beieinanderliegenden Datierungen aller vier Partien wie die Herkunft zweier von ihnen nachweislich aus Neumünster ja nahe legen, dann ginge dieser ältere Zugriff auf alle vier Faszikel in seinem Effekt mit demjenigen von 1488 zusammen: Der librarius stellte zusammen, sicherte und stellte zur Verfügung, ohne dass sein Angebot jedoch genutzt worden wäre. Ganz anders als etwa in den beiden in ihrer Struktur der Kommentardarbietung mit K-Kop2 eng verwandten Kommentarhandschriften K-Kop1 und K-Kop3 hat man im Claudian/Avian-Teil nicht einmal versucht, die platzsparende, aber vollkommen unübersichtliche Kommentaraufzeichnung durch nachträgliche Beischriften späteren Lesern wenigstens annähernd zugänglich zu machen. L1 DICKE/GRUBMÜLLER 1987, S. LXIX. L2 JØRGENSEN 1926, S. 334f.; KRÄMER 1989/90, Bd. 1,1, S. 100; KRISTELLER 1967/97, Bd. 176.

K-Kop3 *Kopenhagen, Kongelige Bibliotek, Ny kgl. Samling 213b 4° Perg., 40 Bl., ca. 20.5 x 14.5 cm, 13. Jh., Deutschland. 1r drei Textzeilen mit Noten, Inhaltsverzeichnis 1v Accessus zu Sedulius: ›Carmen paschale‹, zum ›Physiologus Theobaldi‹, zu Pindar Thebanus: ›Ilias latina‹/›Homerus latinus‹, zu Prudentius, zu Avian: ›Fabulae‹ (frgm.) 2r-4v Kommentar zu den ›Disticha Catonis‹ 4v-7v Kommentar zu Avian: ›Fabulae‹ (Accessus + Nr. I-VI, IXf., VIIf., XI-XIV, XVI, XV, XVII-XLII) 7v-13r Kommentar zu Horaz: ›Ars poetica‹ 13rv Accessus zu Maximian: ›Elegiae‹ 13v Accessus zu Ovid: ›Amores‹ 13v Accessus zu Ovid: ›Fasti‹ 14r-24r Kommentar zu Horaz: ›Epistolae‹ 24v leer 25r-29v Kommentar zu Prudentius: ›Psychomachia‹

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29v-34v Kommentar zu Ovid: ›Ex Ponto‹ (frgm.) 35r-40r Kommentar zu Prosper: ›Epigrammata‹ (frgm.) 40v leer Vorbesitzer Georg Kloss (1787-1854) Die Geschichte der Handschrift ist weitgehend unbekannt. Nach Kopenhagen gelangte sie aus der teilweise 1835 in London versteigerten Sammlung des Frankfurter Mediziners und Bibliophilen Georg Kloss, dessen Exlibris sie, in den inneren Vorderdeckel eingeklebt, trägt. Woher Kloss sie hatte, weiß man nicht. Vorangestellt ist K-Kop3 ein altes, stark abgeriebenes Inhaltsverzeichnis, das vielleicht noch von mittelalterlicher Hand ausgebessert wurde, indem einzelne Buchstaben nachgezogen wurden. Niedergeschrieben wurde das Register auf einem sehr unregelmäßig beschnittenen, groben Pergamentblatt, dem am unteren Rand rechts und links Stücke herausgeschnitten sind. Es diente offenbar vor der Einbindung – die Handschrift trägt heute einen modernen Einband – als Schutz- und Deckblatt. Da die letzte Seite ebenso leer belassen ist, wurde K-Kop3 wohl als eigenständiger Gebrauchsfaszikel ohne festen Einband angelegt. Zwischen Bl. 34v und 35r ist mindestens ein Blatt mit dem Schluss des Ovid- und dem Anfang des Prosper-Kommentars ausgefallen. Die Handschrift ist aus einem Guss. Im Unterschied zum Eingangsblatt wurde für alles folgende kein auffallend rohes, grobes Pergament gewählt und wurde es sehr gleichmäßig beschnitten. Nur das siebte Blatt musste genäht werden, was freilich sehr sorgfältig geschah, und Bl. 22 hat ein kleines Loch. Die einmal gewählte engzeilige, nahezu die gesamte Blattbreite einnehmende Einrichtung ist durchweg beibehalten. Über die ganze Handschrift hinweg wurden rubrizierte Lombarden zur Textgliederung eingesetzt. Ein Rubrikator brachte zudem Zwischentitel vor und nach den Stücken zwar in derselben kleinen, aber bisweilen etwas kräftigerern Schrift an. Im ›Cato‹-Teil sind zusätzlich sogar die verschiedenen Bücher benannt: Man war offensichtlich durchgehend um Übersichtlichkeit einer gleichwohl im Ansatz unübersichtlichen Anlage bemüht. Es schrieb vornehmlich allein eine Hand. Mit dem Kommentar zu den Horaz-Episteln könnte jedoch, wenn nicht lediglich der erste Tinte und Feder wechselte, ein zweiter Schreiber die Arbeit übernommen haben. Er hielt sich aber an die Vorgaben, versah seinen Text in derselben Art und Weise mit gliedernden Lombarden wie das Vorangehende. Wo darüber hinaus mit Nachtrag zu rechnen ist (sicher Bl. 1v, vielleicht auch im letzten Accessus Bl. 13v), stammen diese von zeitgenössischen Händen, die den Accessus- und Kommentarfaszikel auf dem Stand hielten. Von mehreren noch mittelalterlichen Händen wurden weitere ordnende Rubriken ergänzt, so Bl. 1r oben Super Catonem et Auianum et a |

Avian: ›Fabulae‹

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as Oracij et prudentium vielleicht von der Hand des Inhaltsverzeichnisses (15. Jh.?) und Bl. 1r von derselben Hand am Rand Aliqua | de deo | de fal|sis ami|cis | Et in | Sedu|lium. Von bedeutend älterer Hand stammt Bl. 1r am unteren Rand der Eintrag Glosa cathonis | et plurimorum poetarum. Vielleicht noch in zeitlicher Nähe zur Textaufzeichnung wurden Rubriken zur ›Psychomachia‹ und zur ›Ars poetica‹ angebracht. Bl. 29v ist ouidij de | ponto von einer nur hier begegnenden Hand nachgetragen. Noch von zeitgenössischen Händen stammen Marginalien und – ganz vereinzelt, aber über die gesamte Handschrift hinweg verteilt – Interlinearglossen. Die Randeinträge fallen durch eine Neigung zu Querverweisen auf, etwa Bl. 5r im Avian auf den ›Anonymus Neveleti‹ (Nr. 35), Bl. 3r auf Ovids Metamorphosen, Bl. 8r auf Martial, Bl. 8v auf Macrobius, Bl. 19v auf Catull, Bl. 27r auf einen bernhardus. Daneben wurde beispielsweise Bl. 13r ein Begriffsschema zu den sechs Lebensaltern, Bl. 27r ein Begriffsschema der Tugenden und Laster und eine Bemerkung zur superbia eingetragen. Diese Eintragungen wurden auf deutschem Boden vorgenommen: Bl. 29v steht am Rand die Glosse id est winkelmez (vgl. auch Bl. 5r über testudo den Eintrag gewelb). L1 DICKE/GRUBMÜLLER 1987, S. LXIX. L2 Jørgensen 1926, S. 335; KRISTELLER 1967/97, Bd. 3, S. 178.

K-Lue

*Lübeck, Bibliothek der Hansestadt, Ms. philol. 8° 14: s. o. Lue.

K-Mai *Mainz, Stadtbibliothek, Hs. I 80 Pap., 117 Bl. + 1 Einschaltbl. (3a), 29.5 x 17.5 cm, Mitte 14. Jh. (117vb: 1348), Deutschland. VD innen Psalterfragment (13. Jh.) 1ra-23rb Expositio hymnorum 1ra-14va Freidank: ›Bescheidenheit‹, lat.-dt. (jeweils am unteren Blattrand) 23va-24rb Kommentar zu Thomas von Erfurt: ›Fundamentum puerorum‹ (frgm.) 24va-38rb Fortsetzung der Expositio hymnorum 38rb-40rb Nachträge zur Expositio hymnorum 40v leer 41ra-41vb theologische Notate 42ra-101ra Expositio sequentiarum 101va-105va Kommentar zum ›Anonymus Neveleti‹ (Nr. 1-15, 24-31, 33, 32, 34-44, 46-49, 53-57) und zu Avian: ›Fabulae‹ (Nr. VIII, XV, IXf., XXVII) 105vb-106va Kommentar zum ›Physiologus Theobaldi‹

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106va Kommentar zu Avian: ›Fabulae‹ (Nr. I) (frgm.) 106vb-109rb leer 109va Index zur Expositio hymnorum und zur Expositio sententiarum 109vb Besitzvermerk Kartause Mainz 110ra-117vb Kommentar zu Johannes de Garlandia: ›Cornutus‹/›Distigium‹ RD innen Psalterfragment (13. Jh.) Vorbesitzer Mainz, Kartäuser Die Handschrift stammt aus der Bibliothek der 1781 aufgelösten Mainzer Kartause. Ihre Signatur P XX S bezieht sich auf den von den Kartäusern zwischen 1466 und 1470 angelegten Katalog und weist den Band in der Bibliothekssystematik einen Platz unter den Libri artium zu.676 Eine zweite Signatur lautete M xxi und reicht in den ältesten nachweisbaren Katalog von 1436 zurück, dessen Systematik zufolge K-Mai ebenfalls einen Platz unter den Libri artium zugedacht war.677 Von den Nachträgen zur Expositio hymnorum Bl. 38rb-40rb abgesehen, die ins 15. Jahrhundert gehören, wurde K-Mai im 14. Jahrhundert geschrieben. Der ›Cornutus‹-Kommentar wurde nach Diktat aufgenommen und 1348 abgeschlossen (Bl. 117vb: Expliciunt Reportata super cornutum | Anno domini M° ccc° Quadragesimo | octauo post festum epiphanie domini), also außerhalb der Kartause im Rahmen eines organisierten schulischen Lehrbetriebs zu Papier gebracht. Da die Texte in einen alten »flexible[n] Pergamenteinband der Zeit more studentium« (LIST/POWITZ 1990, S. 147) eingebunden sind, wurden die Hauptstücke, also vor allem die zweifellos von derselben Hand geschriebene Expositio hymnorum und die Expositio sequentiarum, dazu die Fabel- und ›Physiologus‹-Kommentare, vermutlich ebenfalls im Umfeld dieses Lehrbetriebs aufgenommen. Ihre stets zweispaltige Anlage zeigt eine relativ geschlossene Entstehung an. Ein weiteres Indiz für Zusammenhalt kann man in der auffälligen Eigenheit sehen, dass gleich an zwei Stellen, nämlich Bl. 23va24rb und Bl. 106va, einmal mehr am Anfang, einmal mehr am Ende, zu Aufzeichnungen angesetzt wird, ohne sie doch zu Ende zu bringen. Freilich müssten hier die Gründe für den Abbruch nachvollziehbar sein. Wurden im ›Fundamentum puerorum‹ nur versehentlich ungenutzte Leerseiten genutzt, um einen musterhaften Kommentarbeginn aufnehmen zu können? Die Aufnahme eines Schultext-Kommentar stützt jedenfalls wiederum die Verortung der Handschrift in Schulnähe.

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SCHREIBER 1927, S. 23. SCHREIBER 1927, S. 33.

Avian: ›Fabulae‹

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Auf eine schulnah arbeitende Bindewerkstatt weisen der Einband more studentium und die Verwendung gleich dreier verschiedener Handschriften für die Falze, darunter zwei mit Schultexten: ein AristotelesKommentar des 13./14. Jahrhunderts, ein neumierter liturgischer Text des 11./12. Jahrhunderts und ein Kommentar zu Alexanders de Villa Dei ›Doctrinale‹ aus dem 13./14. Jahrhundert.678 In K-Mai hat sich das Lehr- und Lernbuch eines Schülers oder – eher noch679 – eines Studenten erhalten, genauer: eines wohl etwas vermögenderen Studenten, der sich imstande sah, seinen Band noch zu Studienzeiten binden zu lassen und nicht lediglich auf ungebundene Faszikel zurückzugreifen brauchte. Dieser Vermutung ist an die Seite zu stellen, was man über die Frühgeschichte der Mainzer Kartäuserbibliothek weiß: »Der Grundstock der Bibliothek bildete sich während des 14. Jahrhunderts. Er wurde durch Schenkungen und Vermächtnisse, nicht zuletzt durch die eigene Schreibtätigkeit der Religiosen bis zum Ende des 15. Jahrhunderts stark erweitert.«680

Sieht man dies zusammen mit der für den Kartäuserorden bezeichnenden Konzentration auf eher wohlhabende Brüder, dann dürfte K-Mai in den Händen eines neu aufzunehmenden Mitglieds in die Mainzer Kartause gelangt sein. Beweisen lässt sich das nicht, ebenso wie der Band überhaupt nicht zwingend schon im 14. Jahrhundert den Weg in die Kartause gefunden haben muss. Einen sicheren spätesten Zeitpunkt gibt ja erst der Katalog von 1436. Gegen abwechslungsreiche und nutzungsintensive Geschicke der Handschrift spricht aber ihr relativ guter Erhaltungszustand. Handschriften, die über lange Jahre im unmittelbaren Schulumfeld verwendet wurden, sehen bedeutend beanspruchter aus. Den auf dem Signaturenschild hervorgehobenen Titeln nach hatte man im 15. Jahrhundert vor allem die beiden ›Expositiones‹ im Blick. Bezeichnenderweise beschränken sich die Texteinträge dieser Zeit auf Nachträge zur Expositio hymnorum. Dazu passt die Positionierung des

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Die Aufnahme des lateinisch-deutschen Freidank erfolgte nachträglich und kann daher nicht unmittelbar als Indiz für Schulnähe genommen werden, die die Textkonzeption als solche zunächst nahelegt. Vgl. NEUMANN 1980, Sp. 899: »Etwa ein Viertel der erhaltenen Verse ist im 14. Jh. (vor 1384/85) für den Schulgebrauch einem lat.-dt. ›Freidank‹ eingeordnet, dessen Latein gereimte Hexameter erstrebt«; HENKEL 1988, S. 253-255; JÄGER 1978, besonders S. 54-57 (ohne K-Mai). Ein eher gehobenes, universitäres Unterrichtsniveau wird durch die Ausstattung der Expositio hymnorum, des Kommentarfragments zu Thomas von Erfurt, des Fabelkommentars, des ›Physiologus‹ und des Garlandia-Kommentars mit einem Accessus angezeigt. Überdies kennen die Accessus zur Expositio hymnorum, zu Thomas von Erfurt und zu Garlandia das aristotelische Schema der quattuor causae und setzt der Garlandia-Accessus mit einer umfangreichen propositio ein. LIST/POWITZ 1990, S. 11. Vgl. über solche Zuwächse von außen zusammenfassend auch SCHREIBER 1927, S. 72.

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Besitzeintrags der Kartäuser, den man eben nicht ganz am Schluss des Bandes, sondern im Anschluss an das noch vom Haupttextschreiber angelegte Register zu den Erklärungen der Hymnen- und Sequenzen anbrachte. L2 LIST/POWITZ 1990, S. 147-149; KRÄMER 1989/90, Bd. 1,2, S. 536; KRISTELLER 1967/97, Bd. 3, S. 604.

K-Mue1 *München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 50 Perg., I + 127 Bl., 23.5 x 16.5 cm, 13. (111r-123v), 14. (1ra-29va, 31va-102rb, 103r-107r, 107va-110rb, 124ra-127vb) und 15. (31rab, 102rb-vb) Jh. Ir Urkunde von 1394, dt. Iv Besitzeintrag Oberaltaich und Inhaltsverzeichnis 1ra-28va Episteln und Evangelien, dt.681 28va-29va Auszug aus Rainerius Sacconi Placentinus: ›Summa de Catharis et Leonistis seu Pauperibus de Lugduno‹ 29vb-30vb leer 31ra-31rb Quaestio (Utrum mala uoluntas et malum opus subsecutum sint duo peccata vel unum) 31va-102rb Petrus Lombardus: ›Libri sententiarum‹ 102rb Notat (De lapide Caloze) 102vab Notat (De s. Magdalena) 103r-107ra ›Vita beati Erhardi episcopi‹ 107rb leer 107va-108rb ›De s. Mauro‹ 108rb-110rb ›Passio s. Mercurii‹ 110v Notat 111r-123v Predigten (frgm.) 124r-126ra Kommentar zu Avian: ›Fabulae‹ (Accessus + Nr. I-XLII) 126ra-127rb Kommentar zum ›Physiologus Theobaldi‹ 127va-127vb Kommentar zum ›Pylatus‹ (frgm.) Schreiber 31va-102rb: Johannes de Mortara (102rb) Vorbesitzer Oberaltaich, Benediktiner Die Handschrift ist aus der im Zuge der Säkularisation 1803 aufgelösten Bibliothek der Oberaltaicher Benediktiner nach München gelangt. Dort könnte sie schon im ausgehenden Mittelalter aufbewahrt worden sein. Das vorgeschaltete Urkundenmaterial entstammt nämlich ursprünglich einem monastischen Verwendungszusammenhang. Wir Chunrad von gottes

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Vgl. HEIMO REINITZER, OLAF SCHWENCKE: ›Plenarien‹. In: VL, Bd. 7, Sp. 737-763 (der Cgm 50 Sp. 742 genannt und im Abschnitt von Bl. 1ra-28va auf 1368 datiert).

Avian: ›Fabulae‹

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genaden Abbt dez Gotzhawss setzt die erste Zeile ein,682 deren Fortsetzung leider unleserlich ist. Dem Sprachstand nach ist es oberdeutscher Herkunft. Dazu passt die bairische Schreibsprache683 der deutschen Evangelien und Episteln. Der Einband von K-Mue1 umschließt mehrere entweder ursprünglich selbstständige oder beschädigte Faszikel, die aus überwiegend bibliothekarisch-konservatorischen Gründen, freilich mit Rücksichtnahme auf ihre Inhalte, zusammengebracht wurden. Die einzelnen Partien bieten am Anfang oder am Ende beschädigte Texte (Teil 4: Bl. 123v; Teil 5: Bl. 127vb), weisen sich durch vorangehende oder abschließende Leerblätter (Teil 1: Bl. 29vb-30vb), durch Nutzung der ersten oder letzten freien Blätter für Addenda (Teil 1: Bl. 28va-29va; Teil 2: Bl. 31rab und 102rb-vb; Teil 3: Bl. 110v), durch eigene Lagenzählung (Teil 2: Bl. 38v, 46v, 54v, 62v, 70v, 81v, 88v, 96v von 1-8 laufend), vor allem aber durch starke Verschmutzung und Nachdunkeln der Eingangs- und Schlussblätter (Teil 2: Bl. 31; Teil 3: Bl. 103; Teil 4: Bl. 11 und 123) als ehedem selbstständig oder anderen Zusammenhängen entstammend aus. Damit deckt sich die Verteilung der Schreiber. Hand 1 schrieb Bl. 1ra-29va, Hand 2 Bl. 31va102rb. Hand 3 und 4 schrieben Bl. 103r-107r und 107va-110rb. Hand 5 beschrieb schon im 13. Jahrhundert Bl. 111r-123v, Hand 6 schrieb Bl. 124ra-127vb, und Hand 7 und 8 trugen im zweiten Teil im 15. Jahrhundert die Texte auf Bl. 31rab bzw. 102rb-vb nach. Da die im 15. Jahrhundert vorgenommenen Notate in der Umgebung der Sentenzen des Lombardus die Grenzen dieses Abschnitts nicht überschreiten, darf vermutet werden, dass die ganze Zusammenstellung später als diese Nachträge erfolgte. Den spätesten Zeitpunkt geben andererseits Einband und Inhaltsverzeichnis vor, die aus dem 16. Jahrhundert stammen. Die einzelnen Bestandteile übergreifende Texteinträge fehlen. Der am Ende unvollständige, einstmals umfangreichere Kommentarfaszikel wurde vermutlich an den Schluss des theologischen Sammelbandes gestellt, weil er sich am wenigsten in die inhaltliche Gesamtausrichtung einfügte. Die Eignung seiner Texte für die Verwendung als Predigtmaterial erklärt die unmittelbare Nachbarschaft zur vorangehenden Predigtsammlung zwanglos. Für den späteren Gebrauch des Faszikels in seiner neuen Umgebung ist es, so nicht der Zufall mitspielt, aber bezeichnend, dass man bei der

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Äbte namens Konrad in bayerischen Benediktinerklöstern finden sich 1394 in Irsee (Konrad III. Cufan), Prüll (Konrad V.), Reichenbach (Konrad IV. Ratzenberger), Vornbach (Konrad II. Peisser) und Weissenohe (Konrad III. Strobel); vgl. JOSEF HEMMERLE: Die Benediktinerklöster in Bayern. Augsburg 1970 (Germania Benedictina 2), S. 122, 236, 259, 320, 329. MEDEROW 1909, S. 41f.

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Zusammensetzung des Bandes an den Hauptstücken Blattweiser anbrachte, die Kommentare am Schluss jedoch überging. Welchen Zwecken die Kommentarpartie ursprünglich einmal dienen sollte, für diese Frage gibt der heute vorliegende Überlieferungszusammenhang kaum etwas her. Weiteren Aufschluss wird hier am ehesten die Untersuchung ihrer Textgeschichte liefern. Die Ausstattung des ›Pylatus‹Kommentars mit einem längeren Accessus und in diesem die – zumindest im Vergleich zur Avian-Tradition – relativ frühe Anwendung des aristotelischen Schemas der quattuor causae auf einen moraldidaktischen Verstext verweisen einstweilen auf gehobenen gelehrten Unterricht. L1 OLDFATHER 1911, S. 114f.; DICKE/GRUBMÜLLER 1987, S. XXXVI Anm. 73. L2 PETZET 1920, S. 81-84; KRÄMER 1989/90, Bd. 1,2, S. 633. L3 PAUL MEDEROW: Das mittelhochdeutsche Perikopenbuch in der Münchener Handschrift cgm 50. Phil. Diss. Greifswald 1909.

K-Mue2 *München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 631 Perg., I + 148 + II Bl., 16 x 11.5 cm, 12. (82r-132v), 13. (3r-15v), 13./14. (17r-34v), 14. (15v-16v, 34ara-81vb, 133r-148v) und 15. Jh. (Iv, 1r-2r, Marginalien und Foliierung 34ara-81vb). Ir Fragment eines theologischen Textes Iv Inhaltsverzeichnis und alte Signatur 87 1r-2r ›Visio Abdiae‹ 2v leer 3r-15v Hugo von St. Viktor: ›Expositio moralis in Abdiam‹ 15v-16v theologische Exzerpte 17r-34v Claudian: ›De raptu Proserpinae‹ (gloss., komm.) 34ara-56ra Sammlung von Exzerpten (u. a. aus Johannes von Salesbury: ›Polycratus‹, Vitruv: ›De architectura‹, Apuleius: ›De deo Socratis‹) 59vb-60va Exhortatio ad poenitentiam 60va-60vb ›Testamentum porci‹ 60vb-71va Quintilian: ›De legalibus statibus‹ 71va-72ra Valerius Maximus: ›Ad Rufinum epistola de mulieribus‹ 72ra-73ra Walter Map: ›De non ducenda uxore‹ 73ra-81vb Sammlung von Exzerpten (u. a. aus Paulus Diaconus: ›Historia Romana‹, Macrobius: ›Saturnalia‹, Aulus Gellius: ›Noctes Atticae‹) 82r-132v Fulgentius: ›Mythologiae‹ 133r-145r Narrationes fabularum Ovidianarum 145v Accessus zu den ›Disticha Catonis‹ 145v Accessus zu Statius: ›Achilleis‹ 145v-147v Kommentar zu Avian: ›Fabulae‹ (Accessus + Nr. I-XLII)

Avian: ›Fabulae‹

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147v-148v 147v-148v 148v 147v-148v IIrv IIIr IIIv Schreiber

Accessus zu Ovid: ›Ars amatoria‹ Accessus zu Ovid: Tristien Accessus zu Ovid: ›Heroides‹ Accessus zu Ovid: ›Amores‹ leer Besitzeintrag Hartmann Schedel leer die Folierung, einige Marginalien, Tituli und Lombarden teilweise von Hermann und/oder Hartmann Schedel Vorbesitzer Hermann Schedel?; Hartmann Schedel (1440-1514); Johann Jakob Fugger (1516-75); Herzog Albrecht V. von Bayern (1528-79) Das 1498 angelegte, 1507 abgeschlossene Bücherverzeichnis des Nürnberger Arztes und Humanisten Hartmann Schedel684 beschreibt K-Mue2 statt unter den Libri grammaticales, wie man angesichts des Avian und des Claudian hätte erwarten können, unter den Handschriften der Gruppe Poete et oratores, einer Unterklasse der Libri in arte humanitatis: Excerpte auctoritates ex poetis cum dictis memorie dignis. Libri mitologiarum Fabii Fulgencii. Fabule Ovidii et plura excerpta in arte humanitatis; in pergameno. Claudianus de raptu Proserpine; in pergameno.685

Nach Hartmanns Tod verblieb die Handschrift in Familienbesitz, bis die Schedelsche Bibliothek dann von Melchior Schedel 1552 an Johann Jakob Fugger verkauft wurde. Mit dessen Sammlung gelangte sie 1571 an die von Herzog Albrecht V. 1558 gegründete Münchener Hofbibliothek, aus der schließlich die Bayerische Staatsbibliothek hervorging. Auf welchem Weg K-Mue2 in Hartmanns Hände gelangte, dazu machen weder der alte Katalog noch Einträge in die Handschrift Angaben. In STAUBERs grundlegender Untersuchung zur Bibliothek Hartmanns wird die Handschrift ohne nähere Begründung den »mit mehr oder weniger Wahrscheinlichkeit« aus der Bibliothek des Vetters Hermann Schedel (1410-85) übernommenen Bänden zugezählt.686 K-Mue2 präsentiert sich in einer für Hartmann typischen Weise erschlossen (wenngleich vor allem im Bereich der Marginaleinträge ohne gründliche Spezialuntersuchung nicht auszuschließen ist, dass noch andere Hände des 15. Jahrhunderts, darunter vielleicht Hermanns, an den kleineren Niederschriften beteiligt waren): »Seinen Büchern hat Schedel eine liebevolle Pflege angedeihen lassen. Die meisten sind schon äußerlich kenntlich an den kräftigen, größtenteils in Nürnberg

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Siehe auch oben Abschnitt V.1.1 zu Mue2 und Mue3. MBK, Bd. 3,3, S. 816, Z. 1-4. STAUBER 1908, S. 35.

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hergestellten Einbänden, die vorne gewöhnlich mit einer Inhaltsangabe von seiner Hand auf einem Pergamentzettel versehen sind. Ausführlichere Inhaltsangaben hat er auf die ersten Blätter eingetragen und den ganzen Band durchfoliiert; sein Namenseintrag, sein Wappen oder Monogramm sowie ein frommer oder froher Spruch fehlen fast nie; die vielen Randbemerkungen zeugen von seiner aufmerksamen Lektüre.«687

Das gilt ebenso für K-Mue2. Die Handschrift weist einen spätgotischen Einband aus lederbezogenen Holzdeckeln mit einfachem Schmuck auf. Dem Vorderdeckel ist ein Pergamentzettel mit der Angabe Libri mitologiarum fulgentij (dazu vix: alte Signatur?) aufgeklebt. Bl. Iv steht auf vorgeschaltetem Blatt eine ausführlichere Inhaltsangabe, die den ganzen Band, besonders ausführlich aber die Exzerptsammlung der Blätter 34a-81 erfasst. Dieser Teil ist eigens, mit 1 einsetzend und bis 52 fortlaufend, foliiert, und hier sind zudem von jüngerer Hand, die der des Inhaltsverzeichnisses ähnelt, Randbemerkungen so zahlreich wie nirgends sonst im Band angebracht. Von derselben Hand könnten dazu die Werktitel stammen, die Bl. 82r und 133r jeweils über dem Schriftspiegel nachgetragen sind. Bl. IIIr schließlich findet sich Hartmann Schedels Namenseintrag. Ob erst Hartmann selbst, bereits Hermann oder ob weitere, unbekannte Vorbesitzer für die Zusammenstellung des Bandes verantwortlich sind, lässt sich nicht feststellen. K-Mue2 vereint nämlich sehr unterschiedliche Teile: - Abschnitt 1 umfasst die von einer Hand des späteren 15. Jahrhunderts zum folgenden Kommentar Hugos von St. Viktor ergänzte ›Visio Abdiae‹: Diese erste Hand schrieb nicht nur, sondern hatte die Zusammenstellung des Bandes, hatte Nahtstellen im Blick. - Abschnitt 2 umfasst Hugos Kommentar und dazu auf Leerraum einen alten Nachtrag (Hand 2 und 3). - Abschnitt 3 umfasst den glossierten und kommentierten Claudian und weist auf dem letzten Blatt unten auf dem Kopf stehend den unkenntlich gemachten Besitzvermerk Claud de | magistro p de Deliam auf. Es könnte sich um eine ehedem selbstständige Überlieferungseinheit handeln (Hand 4). - Abschnitt 4 bietet eine Sammlung von Auszügen aus verschiedensten Werken. Ihr hat, wie an zahlreichen Randeinträgen zu ersehen, Hartmanns besonderes Interesse gegolten (Hand 5 und zahlreiche Marginalien Hartmanns). Der ganze Abschnitt endet mit einem gestrichenen Besitzeintrag und auf mehrere Zeilen verteilten, am Mikrofilm leider unleserlichen Angaben, die sich auf den Handschriftenumfang beziehen, Zahlen nennen und Herstellung und Verkauf als Petie verraten (20 pecie pm ji dilige).

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PAUL RUF in MBK, Bd. 3,3, S. 803.

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- Abschnitt 5 tradiert das älteste und umfangreichste Stücke des ganzen Bandes, das als einziges auf dem Vorderdeckel genannt wird, die Mythologien des Fulgentius (Hand 6). - Abschnitt 6 schließlich bietet, planmäßig von einer einzigen Hand des 14. Jahrhunderts in einer textualis libraria sorgfältig aufgezeichnet, auf zwei Quaternionen ovidianische Erzählungen, die mit einem eigenen Register ausgestattet sind, und eine Accessussammlung, in der der AvianKommentar den meisten Raum beansprucht. (Er wird daher als einziges der kleineren Stücke von Hartmann in das Inhaltsverzeichnis aufgenommen.) Der ganze Abschnitt ist sicher sekundär aus umfassenderem Verbund herausgelöst. Die Mühe systematischer Erschließung des Eingangsstücks mit einem zweispaltigen Register hätte man sich für einen Unterrichtsfaszikel sicher nicht gemacht. Die Eingangs- und Schlussblätter sind nirgends übermäßig verschmutzt. Die Aufzeichnung erfolgte durchweg sehr sorgfältig, keineswegs flüchtig. Die verschiedenen Abschnitte des Sammelbandes können aus den verschiedensten Regionen stammen. Anlage und Erwerb des vierten Abschnitts als Petie weisen zumindest für die Blätter 34a-81 eher nach Westen oder Süden, nach Frankreich oder Italien, wo Schedel in den Jahren 1463-66 studierte, zum Doktor der Medizin promoviert wurde und zahlreiche Bücher sowohl erwarb als auch selber sich abschrieb.688 Eine Niederschrift des Avian im deutschen Raum wird mit der fremden Herkunft des vierten Teils unwahrscheinlicher. Zweifellos schwerer wiegt hier aber, dass die Darbietung des Avian-Kommentars keiner der anderen im 13. und 14. Jahrhundert auf deutschem Boden geschriebenen oder benutzten Kommentarsammlungen sich so recht vergleichen lässt. In der Kombination von einspaltiger Anlage und hoher Zeilenzahl (53) stellt sich K-Mue2 zwar am ehesten K-Kop2 (63) und K-Kop3 (57-59) zur Seite. Andererseits hebt sich K-Mue2 durch eine bedeutend sorgfältigere Ausführung, die Entscheidung für eine größere, übersichtlich-lesbare Schrift, durch den Verzicht auf allzuviele Abkürzungen, im reichlichen Gebrauch von gliedernden Absätzen, schließlich nicht zuletzt im vollkommenen Verzicht auf den Stellenkommentar der expositio ad litteram deutlich von den Kopenhagener Zeugen ab. L1 OLDFATHER 1911, S. 114; DICKE/GRUBMÜLLER 1987, S. LXIX. L2 Catalogus codicum latinorum bibliothecae regiae Monacensis, Bd. 1,1, S. 164f.

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Vgl. STAUBER 1908, S. 44-52.

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K-Mue3 *München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 19474 Perg., 78 p., 15 x 10.5 cm, 12. Jh. (Ende 12. Jh.: p. 59-74, 75-78), Deutschland (Süddeutschland: p. 59-74, 75-78). 1-3 Sallust: ›Invectiva in Ciceronem‹ (gloss.) 3-8 Marcus Tullius Cicero: ›In Sallustium‹ (gloss.) 8-16 Marcus Tullius Cicero: ›Pro M. Marcello oratio‹ 17-18 Marcus Tullius Cicero: ›Pro Q. Ligario oratio‹ (frgm.) 19-34 Marcus Tullius Cicero: ›In Catilinam‹ (frgm.) 35-57 Kommentar zu Persius: Satiren 57-58 De graecis et barbaris nominibus 59-74 ›Accessus ad auctores‹, darin p. 60-65 ›Accessus Aviani‹ mit Kommentar zu Avian: ›Fabulae‹ (Accessus + Nr. I-XLII) 75a-76b Accessus zu Ovid: ›Heroides‹ 76b-77b Accessus zu Prudentius: ›Psychomachia‹ 77b-78a Accessus zu Maximian: ›Elegiae‹ 78a-78b Accessus zum ›Physiologus Theobaldi‹ Vorbesitzer Tegernsee, Benediktiner Die Handschrift wurde schon im ausgehenden Mittelalter in Tegernsee aufbewahrt. Ihr spätmittelalterlicher Einband – zwei teilweise lederbezogene Holzdeckel, die in der Mitte Reste einer Schließe erkennen lassen – trägt auf dem Rücken ein nachmittelalterliches Signaturenschildchen mit der Tegernseer Nummer 1474, dazu auf dem Vorderdeckel unten aufgeklebt ein Schild mit der mittelalterlichen Tegernsee-Signatur X. 20.4.°, oben aufgeklebt ein Titelschild Jnuectiua | Sa|lustij in Tul|lium . Acces|sus in poetas, und die senkrecht geschriebene Wiederholung auf dem inneren Rand des äußeren Vorderdeckels Jnuectiua Salusty in Tullium.689 Der ganze Band ist aus vier zeitnah entstandenen Teilen zusammengesetzt. Teil 1 umfasst p. 1-34, ist aus zwei Quaternionen gebildet (1-18 und 19-34), von denen der erste um das Einzelblatt 15/16 erweitert ist, und wurde im 12. Jahrhundert in Deutschland geschrieben (Hand 1). Teil 2 umfasst p. 35-58, setzt sich aus zwei Ternionen (35-46 und 47-58) zusammen und wurde ebenfalls im 12. Jahrhundert in Deutschland geschrieben (Hand 2). Teil 3 umfasst p. 59-74 und bildet eine nur aus Einzelblättern bestehende Lage, die Ende des 12. Jahrhunderts in Süddeutschland beschrieben wurde (Hand 3). Mit Teil 4 schließlich wurde der wohl bereits bestehenden Sammlung im ausgehenden 12. Jahrhundert in

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Im 1483 von dem Bibliothekar Ambrosius Schwarzenbeck angelegten und nach Verfassern geordneten Katalog (MBK, Bd. 4,2, S. 751-849) sind weder Titel noch alte Signatur nachzuweisen.

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Süddeutschland noch ein Binio (p. 75-78) nachgeschaltet und von einer vierten Hand beschrieben. Texteinträge späterer Hände, die den ganzen Band umfassten, fehlen. Das ist zusammenzusehen mit dem Textausfall am Ende des ersten Teils und erlaubt dann die Vermutung, die Anfügung des Eingangsteils könnte sich bereits wesentlich reduzierten, nämlich rein bibliothekarischkonservierenden Überlegungen verdanken, die sich auf stärker gefährdete, schmalere und teils bereits fragmentierte Überlieferungseinheiten richteten. Demgegenüber gehören die dann folgenden Teile enger zusammen, vor allem aber Teil 3 und 4, denn dieser ist offenbar Nachtrag zu jenem. Der dritte Teil weist sich weder über einen umfassenden Titel – ein solcher findet erst bedeutend später auf dem Buchdeckel Platz – noch auf kodikologischer Grundlage als eine geschlossene Werkeinheit des 12. Jahrhunderts aus. Teil 4 führt als Ergänzung noch des ausgehenden 12. Jahrhunderts vor Augen, wie zuvor schon im dritten Teil einzelne oder Gruppen von Accessus zusammengefunden und sich an einen ersten Sammelkern angelagert haben können. L1 OLDFATHER 1911, S. 114. L2 Catalogus codicum latinorum bibliothecae regiae Monacensis, Bd. 2,3, S. 248f.; KRÄMER 1989/90, Bd. 1,2, S. 754; BERGMANN/ STRICKER 2005, Nr. 671.

K-Mue4 *München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 19475 Perg., 45 Bl., 17.5 x 12.5-13.5 cm, 2. Hälfte 12. Jh., Deutschland. VD innen Fragment eines theologischen Textes, Inhaltsverzeichnis und Notat über die drei genera stilorum exagematicus (Beispiel Lucan, Apokalypse), dramaticus (Terenz, Hoheslied) und mixtus (Boethius et in dialogo) 1ra-16rb ›Accessus ad auctores‹, darin 2vb-4ra ›Accessus Aviani‹ mit Kommentar zu Avian: ›Fabulae‹ (Accessus + Nr. I-XLII) 16rb-31vb Kommentar zu Ovid: ›Heroides‹ (gloss.) 31vb Accessus zum ›Pamphilus de amore‹ 31vb Accessus zu den ›Ecloga Theodoli‹ 32ra-41r Phocas: ›De nomine et verbo‹ (gloss.) 41v Notat zu Phocas: ›De nomine et verbo‹ (gloss.) 42ra-43ra Formelsammlung (salutationes epistolarum) 43va-44va Hugo von St. Viktor: ›De triplici silentio‹ (= ›De verbo incarnatio‹, collatio I) 44va-45vb ›De tribus silentiis‹ Vorbesitzer Tegernsee, Benediktiner

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K-Mue3 stammt wie K-Mue3 aus dem Benediktinerkloster Tegernsee.690 Die Handschrift lag ihrem alten Inhaltsverzeichnis nach bereits im 15. Jahrhundert in der vorliegenden Zusammenstellung vor. Sie ist aus zwei zeitgenössischen Teilen zusammengesetzt, von denen der zweite mit der ›Ars grammatica‹ trotz des kleinen Anhangs ab Bl. 42r im Grunde geschlossen angelegt wurde. Er setzt sich aus einem Quaternio und einen Ternio zusammen (32-39, 40-45). Das Eingangsblatt ist auffallend nachgedunkelt, was eine zuvor selbstständige Überlieferungseinheit und erst spätere Beibindung annehmen lässt. Der erste Teil mit den Accessus macht einen bedeutend uneinheitlicheren Eindruck, und dies insbesondere zu seinem Ende hin. So wurden kleinere Blätter eingeschaltet (19, 20, 23), sind andererseits manchmal Freiräume belassen (Bl. 24v ist die untere Blatthälfte leer, von Bl. 19 die ganze Rückseite), ist ab Bl. 16v auf das zuvor regelmäßiger angebrachte Ausstattungselement der roten Strichelung der Majuskeln verzichtet und häufen sich zum Ende der Sammlung die noch von einer zeitgenössischen Hand durchgeführten Korrekturen, die im Ovid-Kommentar sogar zu längeren Textnachträgen auf den Blatträndern ausgeweitet sind. Zudem wechseln einmal vor dem Horaz-Accessus und noch einmal nach dem Kommentar zu den ›Heroides‹ für die letzten beiden Accessus die Schriftzüge und damit möglicherweise die Schreiber. Nicht zuletzt endet der letzte Accessus unterhalb des üblichen Schriftspiegels, dessen Aufnahme unzureichend kalkuliert wurde, so dass man mit dem Platz sparen musste. K-Mue4 ist K-Mue3 in einzelnen Einrichtungsdetails des AvianKommentars verwandt, besonders im kombinierten Einsatz von AlineaZeichen und farbiger Strichelung der Majuskeln zur Markierung des Beginns der Kommentarabschnitte. Der Eindruck engerer Verwandtschaft stellt sich v. a. wegen der vergleichbaren Entstehungsgeschichte der Sammlungen ein, die sich hier wie dort aus mehreren Schichten aufbauen. In K-Mue3 wurde die Hauptsammlung auf eine Ansammlung von Einzelblättern geschrieben und durch die Nachschaltung eines Binios erweitert. In K-Mue4 könnte man zwar zunächst eine bereits weitreichendere erste Vorstellung vom Umfang der folgenden Sammlung gehabt haben. Doch wurde auch diese letztendlich überschritten, nicht zuletzt durch die vielleicht erst während der Niederschriften getroffene Entscheidung zur Erweiterung des Korpus um den Ovid-Kommentar. Nachdem dieser im Prinzip schon aufgenommen war, wurden weitere zwei Accessus greifbar, die man anhängen musste.

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Im 1483 von dem Bibliothekar Ambrosius Schwarzenbeck angelegten und nach Verfassern geordneten Katalog (MBK, Bd. 4,2, S. 751-849) ist der Band nicht nachzuweisen.

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Die hier nur angedeutete schichtenweise Entstehung der beiden Münchner Accessus-Sammlungen bleibt genauer auszuarbeiten und mit den Überlegungen von HUYGENS zur Textgeschichte des ›Accessus ad auctores‹ zu vermitteln. Sie erklärt hingegen jetzt schon, wieso beiden Korpora ein eigener Titel fehlt: Sie sind, zumindest was das Jahrhundert ihrer Niederschrift betrifft, eher als work in progress denn als abgeschlossene Werkeinheit zu begreifen. Ihren übergreifenden Titel eines ›Accessus ad auctores‹ erhalten beide Sammlungen erst viel später. L1 OLDFATHER 1911, S. 114. L2 Catalogus codicum latinorum bibliothecae regiae Monacensis, Bd. 2,3, S. 249; KRÄMER 1989/90, Bd. 1,2, S. 754.

K-Pad *Padua, Biblioteca del Seminario, Ms. 142 Pap., 399 Bl., 21 x 15 cm, 3. Viertel 15. Jh. (396r: 1456, 338v: 1464), Italien. VD innen Fragment eines moralphilosophischen Traktats 1r-39r Guarino da Verona: Kommentar zu Valerius Maximus: ›Facta et Dicta memorabilia‹ 39v-42v leer 43r-70v Kommentar zu Sallust: ›Bellum Jugurthinum‹ 71r-74v leer 75r-105v Omnibonus Leonicenus: Kommentar zu Sallust: ›Invectiva in Ciceronem‹ 105v-106r Verse 106v-110v leer 111r-158r Kommentar zu Terenz 158v-159v Notate, lat./ital. 160r-161v Francesco Petrarca: ›Vita Terentii‹ 162r-200v Kommentar zu Terenz 201r-202r leer 202v Exzerpte aus einem Herbar, ital. 203r-204v leer 205r-233v Kommentar zu Terenz 234r-238v leer 239ra-284ra Kommentar zu Vergil: ›Georgica‹ 284va-285va lat.-ital. Notate (u. a. Rezepte) 285vb-286r leer 286v-287v lat.-ital. Notate (u. a. Rezepte) 288r leer 288v lat.-ital. Notate 289r-298v Kommentar zu Marcus Tullius Cicero: ›Epistolae ad familiares‹ 299r-321r Kommentar zu Marcus Tullius Cicero: Reden 321r-330v Kommentar zum ›Anonymus Neveleti‹

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331r-338v 338v 339r-350v

Kommentar zu Avian: ›Fabulae‹ (Accessus + Nr. I-XLII) Übersicht über die Werke Ciceros Guarino da Verona: Kommentar zu Marcus Tullius Cicero: ›Laelius de amicitia‹ (frgm.) 351r-351v leer 352r-396r Kommentar zu Ovid: Metamorphosen 396v-398v leer 399r Notat (Quanto amore quantaque beniuolentia) 399v leer RD innen Fragment eines moralphilosophischen Traktats Wo und von wem und für wen die Handschrift geschrieben wurde und wie sie an ihren heutigen Aufbewahrungsort gelangte, ist unbekannt. Der Band ist aus zehn zeitgenössischen Teilen zusammengestellt, von denen der neunte 1464 datiert, der zehnte 1456. Einzelne Teile wurden, wie aus rahmenden Leerblättern und deren Auffüllung mit Notaten hervorgeht, zunächst eine zeitlang ungebunden als selbstständige Faszikel benutzt. Nachstehend eine Übersicht über die Verteilung der Lagen und die Seiteneinrichtung der einzelnen Abschnitte: 1. einspaltig, 32 Z., Reklamanten 12v, 24v, 36v 2. einspaltig, 26 Z., Reklamanten 54v, 66v 3. einspaltig, 26 Z., Reklamanten 86v, 98v 4. einspaltig, 52 Z., Reklamanten 120v, 130v, 140v 5. einspaltig, 27 Z., Reklamanten 171v, 183v, 195v 6. einspaltig, 27 Z., Reklamanten keine 7. zweispaltig, 36 Z., Reklamanten 246v, 266v, 276v 8. einspaltig, 47 Z., Reklamanten keine 9. einspaltig, 27 Z., Reklamanten 308v, 318v, 328v 10. einspaltig, 30 Z., Reklamanten 364v, 376v, 388v

Lagen: 3VI36+III42 Lagen: 2VI66+IV74 Lagen: 3VI110 Lagen: 4V150+V-1159 Lagen691: 3VI195+IV204 Lagen: VII218+VI230+IV238 Lagen: IV246+3V276+VI288 Lagen: V298 Lagen: 4V338+VI350 Lagen: VII364+3VI399

Die Verwendung überwiegend von Sexternionen (Teil 1-3, 5 und 10), der regelmäßige Einsatz von Reklamanten (Teil 1-5, 7, 9 und 10), die mit einer Ausnahme (Teil 7) einspaltige Anlage, die fast übereinstimmende Zeilendichte in den Teilen 2, 3, 5, 6 und 9 (26 bzw. 27 Zeilen), das einheitliche Papierformat und die durchgehend fortlaufend engzeilige Aufzeichnung verleiht der Zusammenstellung trotz der Vielzahl ihrer Faszikel gleichwohl ein einheitliches Erscheinungsbild. Die meisten der Abschnitte könnten sogar überwiegend von nur einem einzigen Schreiber angefertigt worden sein. Der gelegentliche Wechsel des Schriftduktus (am stärksten heben sich der siebte und der zehnte Abschnitt, dieser insbesondere durch die besondere Sorgfalt seiner Niederschrift, von ihrer Umgebung ab) kann dann mit zeitlichen Unterbrechungen der Niederschrift erklärt werden.

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»198« ist in der Foliierung nicht vergeben.

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Vor diesem kodikologischen Hintergrund ist die homogene inhaltliche Ausrichtung der ganzen Sammlung zu sehen. Es wurden gezielt Kommentare zusammengestellt, und zwar überwiegend zu antiken und spätantiken Autoren (Valerius Maximus, Sallust, Terenz, Vergil, Cicero, Avian, Ovid). Einzig der ›Anonymus Neveleti‹ macht als bereits mittelalterliche Dichtung eine Ausnahme, die aber durch die Nachbarschaft zur spätantiken Fabelsammlung des Avian eingebunden ist. Ferner sind einzelne Teile durch Wiederholungen verklammert: Teil 2 und 3 durch die SallustKommentare, Teil 4, 5 und 6 durch die Terenzkommentare, Teil 8 und 9 schließlich durch die Cicero-Kommentare. Möglicherweise handelt es sich bei dem Hauptschreiber der Sammlung und ihrem Kompilator (der sich, so einzelne Faszikel doch von anderen Händen stammen sollten, immerhin gezielt um passende Ergänzungen bemühte) um ein- und dieselbe Person. Der Verzicht auf Namensnennung in den Kolophonen lässt hier an eher individuell-persönliche Motive für die Anlage denken als an einen institutionellen Hintergrund. L1 SUERBAUM 2000, S. 385 Anm. 10. L2 KRISTELLER 1967/97, Bd. 2, S. 9.

K-Pom *Pommersfelden, Graf von Schönborn’sche Schlossbibliothek, Cod. 255 (2917): s. o. Pom2. K-Rom *Rom (Città del Vaticano), Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 242 Perg., 128., 12.5 x 8.5 cm, Ende 10. (1-64), 11. (113-128), 2. Hälfte 12. (6572, 73, 74-80, 89-112) und Anfang 13. Jh. (81-88), Deutschland (Reichenau: 1-64; Frankenthal?: 65-72, 73, 74-80, 89-112). 1r Besitzeinträge Frankenthal 1v-8r Walafrid Strabo: ›Homilia in initium Evangelii s. Matthaei‹ 8v leer 9r-37v Sedulius Scotus: ›Explanationes in praefationes s. Hieronymi ad evangelia‹ (lat./dt. gloss.) 38r-40v Sedulius Scotus: ›Explanatiuncula de breviariorum et capitulorum differentia‹ 41r-62v Sedulius Scotus: ›Expositionunculae in argumenta secundum Matthæum, Marcum et Lucam‹ 63r-64v leer 65r-70v Garcia von Toldeo: ›Tractatus de Albino et Rufino‹ 70v-72v Ivo Carnotensis: ›Epistolae‹ 73r Notat über heidnische Tieropfer 73r Notat De poenitentiae Salomonis 73rv theologische Notate

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74r 74v-80v

zwei neumierte Hymnen ›Accessus ad auctores‹, darin 67v-76v ›Accessus Aviani‹ mit Kommentar zu Avian: ›Fabulae‹ (Accessus + Nr. I-XLII) 81r-88v Maximian: ›Elegiae‹ (gloss.) 89r kolorierte Federzeichnung: Zosimas und Maria aegyptiaca 89v-112r Hildebertus: ›Vita s. Marie Egyptiace‹ 112v Besitzeintrag Frankenthal und Inhaltsverzeichnis (15.Jh.) 113r-128v Prudentius: ›Psychomachia‹ (gloss.) Vorbesitzer Frankenthal, Augustiner-Chorherren Der Band vereint sieben ursprünglich nicht zusammengehörige Teile wechselnden Formats und unterschiedlicher Einrichtung. Der erste Teil wurde im ausgehenden 10. Jahrhundert vielleicht auf der Reichenau geschrieben (1-64), der sechste in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts vielleicht in Frankenthal (89-112). Beide befanden sich Besitzeinträgen (Bl. 1r, 112v) zufolge im 15. Jahrhundert in der Bibliothek der Frankenthaler Augustiner-Chorherren. Da für den zweiten (65-72), dritten (73) und vierten Teil (74-80) mit COHEN-MUSHLIN aus paläographischen Gründen Entstehung im dortigen Skriptorium in Erwägung zu ziehen ist, könnten diese zwei Partien derselben spätmittelalterlichen Bibliothek entstammen. Das wird ferner durch ihr gemeinsames Schicksal nahegelegt, das über Heidelberg führt. 1562 wurde der Konvent nämlich aufgelöst und übernahm man seine Handschriften in die Heidelberger Bibliotheca Palatina. Nach der Eroberung der Stadt durch Tilly machte Kurfürst Maximilian von Bayern dem Papst die Palatina zum Geschenk. Auf diesem Weg könnten 1623 mit dem ersten und sechsten auch die anderen Teile des Bandes an ihren heutigen Aufbewahrungsort nach Rom gelangt sein.692 Der Zeitpunkt der Zusammenstellung von K-Rom lässt sich zunächst durch die Bl. 1r aufgenommene alte Signatur näher bestimmen. Sie bezieht sich auf einen 1486 angelegten Katalog, dessen Schreiber und seine

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Bereits einige Jahre vor der Überführung der Frankenthaler Bibliothek nach Heidelberg unter Pfalzgraf Ottheinrich wurde 1555/56 ein Katalog der Schlossbibliothek angelegt, der bereits einen Sedulius Scotus verzeichnet. Vgl. zu diesem Katalog KARL CHRIST: Die altfranzösischen Handschriften der Palatina. Ein Beitrag zur Geschichte der Heidelberger Büchersammlungen und zur Kenntnis der älteren französischen Literatur. Leipzig 1916 (46. Beiheft zum ZfB), S. 7-9. COHEN-MUSHLIN identifiziert den Eintrag mit dem Pal. lat. 242 (1990, S. 147). Dabei berücksichtigt sie weder den zeitlichen Abstand zur Auflösung der Frankenthaler Bibliothek, der, wenn K-Rom gemeint sein sollte, nach einer Erklärung verlangt, noch problematisiert sie, dass sich der Eintrag nicht auf den gesamten heutigen Bestand von K-Rom beziehen muss (ihr Belegzitat aus dem Katalog jedenfalls muss annehmen lassen, es werde dort lediglich der Sedulius Scotus genannt). Der ganze Ablauf der Überführung von K-Rom oder Teile der Handschrift nach Heidelberg bedarf noch einmal der Überprüfung.

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Gehilfen auch die Besitzvermerke und Inhaltsangaben auf den Blättern 1r und 112v eintrugen.693 Ihm kann K-Rom noch nicht geschlossen vorgelegen haben, denn seine Inhaltsangaben Bl. 1r erfassen, als offenbar ehedem selbstständige Einheit,694 nur den ersten Teil. Ferner berücksichtigen die Angaben im zweiten Register Bl. 112v nur den sechsten Teil und führen zudem noch andere Titel auf, die K-Rom heute nicht mehr enthält. Dieser Abschnitt muss also aus anderem Kontext in den vorliegenden Zusammenhang gelangt sein.695 Die durchgehend stark fleckigen und abgegriffenen Blättern des Maximian-Teils weisen diese Partie als ehedem selbstständige Faszikel-Einheit aus. Von den übrigen Abschnitten zeigen der zweite, vierte und siebte ebenso deutliche Spuren intensiver Benutzung, die eine überwiegende Nutzung in bereits geschlossenen, größeren Buchzusammenhängen auszuschließen erlauben. Für die AccessusSammlung ist bereits die Anlage für solche größeren Zusammenhänge (und dann erst sekundäre Auslösung) unwahrscheinlich: Dagegen spricht ihr geringer Umfang von sieben Blättern, spricht die Stückelung der entsprechenden Lage,696 spricht der Nachtrag der beiden Hymnen von ande-

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COHEN-MUSHLIN 1990, S. 180, zum Provenienzvermerk Bl. 1r und 112v: »by the Catalogue Hand«. Die anschließenden Inhaltsangaben wurden von einer zweiten zeitgenössischen Hand angebracht. Vgl. zur Frankenthaler Bibliotheksgeschichte des 15. Jahrhunderts a. a. O. S. 142-149 und speziell zum Katalog von 1486 und dem Bibliothekar dieser Zeit S. 146. Der erste Teil wurde auf löcherigem und teils ungleich beschnittenem Pergament geschrieben, das heute durchweg fleckig ist. Seine Texte sind gleichwohl sorgfältig aufgezeichnet und werden in einer einheitlichen Seitengestaltung dargeboten, die in den folgenden Teilen nicht mehr begegnet. Zu beachten sind in diesem Zusammenhang auch die Leerblätter 63r-64v sowie die nur hier angebrachten althochdeutschen Glossen. Vgl. zu deren Bestand und (oberdeutscher oder fränkischer) Herkunft STEINMEYER/SIEVERS 1879/98, Bd. 5, S. 607, und BERGMANN 1973, S. 94 Nr. 795. In der unteren Hälfte von Bl. 112v wurde ein längliches Rechteck herausgeschnitten, das einen alten Besitzeintrag getragen haben könnte. An den Rändern des Ausschnitts sind Reste einer unbeholfenen Federzeichnung erkennbar. COHEN-MUSHLIN 1990, S. 182, verweist für die im Inhaltsverzeichnis Bl. 112v aufgeführte ›Vita s. Nicolai‹ auf den Vat. lat. 6444 mit der alten Frankenthal-Signatur Kv. Hier könnte es sich um ein weiteres Bruchstück derselben alten Einheit handeln. COHENMUSHLINs Erklärungen des Sachverhalts stehen zu ihrem Verweis jedoch im Widerspruch und überzeugen nicht: »This could mean that in the fifteenth century Parts I and VI, among other now lost works, constituted one volume, shelfmarked hg« (a. a. O.). Zu dieser Interpretation dürfte sie ihre Identifizierung des Bl. 112v genannten Sedulius mit Sedulius Scotus aus dem Eingangsteil geführt haben. Im Kontext der ›Ecloga Theodoli‹ und eines Sallust-Kommentars muss das unspezifische Sedulius zunächst jedoch statt an den karolingischen Verfasser – der im Verzeichnis Bl. 1r bezeichnenderweise seinen Beinamen trägt – an den spätantiken Autor und dessen ›Carmen paschale‹ denken lassen. Zudem ist die Aufzeichnung der Werke des Sedulius Scotus in Teil 1 gegen die Angaben von Bl. 112v (sed non est finis) abgeschlossen. Die Lagenmitte sitzt zwischen Blatt 77 und 78. Blatt 74, vielleicht auch Blatt 75, wurde vorgeschaltet.

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rer Hand auf der zunächst wohl freibelassenen ersten recto-Seite und spricht die Fragmentierung (Textabbruch in Z. 24 im ›Accessus Ovidii Epistolarum [III]‹ in der Ausgabe von HUYGENS) am Schluss. Dass die Frankenthaler Chorherren in ihre neue Systematisierung und Katalogisierung des Buchbestands im 15. Jahrhundert dann noch einmal derart weitgehend eingegriffen hätten, dass sie einen zunächst selbstständigen Band mit eigener Signatur hg mit anderen vereint hätten, einen zweiten selbstständigen Band, der sich in Teil 6 teilweise erhalten hat, aufgelöst hätten, dazu weitere Faszikel aus anderen Zusammenhängen versammelt und schließlich aus den genannten Stücken einen neuen Band gebildet hätten, das kann zwar alles nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, erscheint aber doch eher unwahrscheinlich. Zudem wäre dann eine Korrektur der veralteten Inhaltsangabe zu erwarten, und dies zumal bei Niederschrift der beiden Besitzeinträge im 16. Jahrhundert auf derselben Seite der doch eigentlich überholten Inhaltsangabe von Bl. 1r. K-Rom präsentiert sich also, um zusammenzufassen, demnach sehr wahrscheinlich als eine erst nachmittelalterlich gebildete Einheit.697 Hinter der Zusammenstellung standen höchstens noch bibliothekarisch-konservatorische Motive – wenn sie nicht sogar schlicht lediglich Überführung von Einzelfaszikeln in die Heidelberger Bibliothek erleichtern sollte. Der äußere Rand der Accessus-Sammlung wurde (vielleicht erst bei der Vereinigung) roh bis in den Text hinein beschnitten. Obwohl Bücher des 12. Jahrhunderts durchaus noch im 15. Jahrhundert von Frankenthaler Schreibern bearbeitet wurden,698 fehlt dafür bei K-Rom jedes Indiz. Dem äußeren Anschein nach war die Konventsbibliothek der AccessusSammlung im Spätmittelalter nurmehr Aufbewahrungs-, indes kaum mehr Studienort. Die Niederschrift der Accessus-Partie hingegen in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts, so in Frankenthal zu verorten, fiel in die Blütezeit des Skriptoriums. Die vorliegende Sammlung stellt in ihrem schlichten Äußeren allerdings ein ausgesprochen anspruchloses Produkt der im 12. Jahrhundert äußerst leistungsfähigen Frankenthaler Schreibwerkstatt dar. Darin freilich passt sie genau in das Bemühen ihrer Betreiber, den Konvent systematisch mit Studientexten für den internen Gebrauch auszustatten: »Das Skriptorium Frankenthal lässt sich als ein Forschungszentrum auffassen, in dem die Texte für den internen Gebrauch abgeschrieben wurden, denn keine seiner Handschriften erscheint in einem der ihm eng

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Anders, doch ohne Angabe von Gründen, PELLEGRIN 197ff., Bd. 2,2, S. 31: »probablement réunies au XIVe s.« Hinweise bei COHIN-MUSHLIN 1990, S. 140.

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verbundenen Klöster wie Springiersbach, Höningen und Lorsch.«699 Allerdings scheint, so ist zumindest aus den der Frankenthaler Bibliothek im 12. Jahrhundert zuzuweisenden Handschriften zu schließen, das Studium der auctores in diesem »Forschungszentrum« denkbar schmal geblieben zu sein. Zu einem konventsintern betriebenen regelmäßigen Schulunterricht liegen keine Nachrichten vor. COHEN-MUSHLINs Katalog (1990, S. 151229) der Frankenthaler Handschriften weist an Einschlägigem für das 12. Jahrhundert nur die (vielleicht lediglich aus Frankreich importierte) ›Thebais‹ des Statius aus (heute Rom, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 1689, Bl. 2r-41v: vgl. COHEN-MUSHLIN 1990, S. 210) sowie einen (vielleicht lediglich aus Italien importierten) Priscian (heute Rom, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 1749, Bl. 2r-161v: vgl. COHEN-MUSHLIN 1990, S. 212f.). Dass dann die vorliegende Accessus-Sammlung also in Frankenthal selbst erstellt worden sein sollte, müsste daher eigens noch einmal sichergestellt werden. Es ist überdies bezeichnend, dass mit den ›Accessus ad auctores‹ von K-Rom das schmalste der drei von HUYGENS edierten Accessus-Korpora vorliegt. Die Sammlung wurde im Unterschied zu K-Mue3 und K-Mue4 nicht einmal über eine gewisse Zeit hinweg durch Nachträge und Einschaltungen vermehrt, sondern bereits in einem Zuge niedergeschrieben. So erscheint schließlich nicht einmal mehr ausgeschlossen, dass die meisten auctores-Accessus überhaupt nur im Sog des primären Interesses an den in der Sammlung vertretenen christlichen Schriftstellern wie Sedulius und Arator mit aufgenommen worden. L1 HERVIEUX 1893/99, Bd. 3, S. 109; OLDFATHER 1911, S. 114. L2 Codices Palatini Latini Bibliothecae Vaticanae. Recensuit et digessit HENRICUS STEVENSO IUNIOR. Recognovit I. B. DE ROSSI. Bd. 1. Rom 1886, S. 59f.; PELLEGRIN 1975ff., Bd. 2,2, S. 29-31; KRÄMER 1989/90, Bd. 1,1, S. 243; KRISTELLER 1967/97, Bd. 6, S. 354. L3 Monasticon Windeshemense 1976/80, Bd. 2, S. 122-139 [HERMANN ISSLE]; MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 2, S. 181, Bd. 3,1, S. 111; ALIZA COHEN-MUSHLIN: A medieval scriptorium. Sancta Maria Magdalena de Frankendal. Wiesbaden 1990 (Wolfenbütteler Mittelalter-Studien 3), besonders Bd. 1, S. 180-183.

K-SPa *St. Paul im Lavanttal, Stiftsbibliothek, Cod. 255/4 Pap., 60 Bl., 21 x 15 cm, 14. Jh., Süddeutschland. VD innen ›Disticha Catonis‹ (lat./dt. gloss.) (frgm.); Inhaltsverzeichnis700 1r nachmal. Besitzvermerk Collegij Hospitalensis 1ra-va Kommentar zum ›Anonymus Neveleti‹ (frgm.)

_____________ 699 700

COHIN-MUSHLIN 1990, S. 232. Super Cathonem . quinque clauibus sapientie | super auiano et theodole Sequitur q | super librum historiarum et misteriorum | super esopo et prudentium et super sacramenta | et miss | pro ij g enptus.

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1va-15va 15va-18rb 18rb-22vb

Kommentar zu den ›Disticha Catonis‹ Kommentar zu den ›Quinque claves sapientiae‹ Kommentar zu Avian: ›Fabulae‹ (Accessus + Nr. I-XXXIII, XXXV, XIV, XXXVIf., XXXIX-XLI, XXXVIII, XLII) 23ra-42rb Kommentar zu den ›Ecloga Theodoli‹ 42rb-44ra Bernhard von Utrecht: Kommentar zu den ›Ecloga Theodoli‹ 44rb-50rb Kommentar zu Johannes de Garlandia: ›Carmen de mysteriis ecclesiae‹ 50rb-57rb Kommentar zu Prudentius: ›Tituli historiarum‹/›Dittochaeon‹ 57rb-57vb Kommentar zum Vaterunser 57vb-60vb ›Compendium de septem sacramentis per modum interrogationis‹ (frgm.) RD innen ›Disticha Catonis‹ (lat./dt. gloss.) (frgm.) Vorbesitzer Spital am Pyhrn, Hospital/Kollegiatsstift Die Handschrift stammt aus dem 1418 in ein Kollegiatsstift umgewandelten Hospital in Spital am Pyhrn, wo sie bis 1809 aufbewahrt wurde.701 In diesem Jahr zogen die Benediktiner aus St. Paul in Blasien, deren Konvent 1786 aufgelöst, denen aber von den Spitalern 1807-09 Zuflucht gewährt wurde, mitsamt der Spitaler Bibliothek in ihre neue Heimat St. Paul im Lavanttal. Die Handschrift ist aus einem Guss. Die überall platzsparend engzeilig und zweispaltig dargebotenen Texte wurden ohne größere Unterbrechung von einer einzigen Hand geschrieben, die sich ihr Papier bis auf die letzte Lage regelmäßig in Quaternionen zurechtlegte.702 Von ihr stammen auch die auf den schmalen Rändern unten und oben angebrachten Federproben mit lateinischen und manchmal deutschen Textstückchen.703 Die Kommentarsammlung wurde vermutlich für Schulzwecke angelegt und könnte noch im entsprechenden Umfeld auch gebunden worden sein. Das wird von der Verwendung der deutsch-lateinischen Bruchstücke der ›Disticha Catonis‹ als Einbandmakulatur her nahegelegt, die man in

_____________ 701

702 703

Der Provenienzvermerk Bl. 1r ist nachmittelalterlich, könnte aber noch zumindest aus dem 16. Jahrhundert stammen. Möglicherweise handelt es sich daher bei der älteren der beiden Signaturen im Vorderdeckel (26.4.23, jedoch bei KRISTELLER 1976/97, Bd. 3, S. 48, irrtümlich »26.4.25«) und bei einer zusätzlich bei KRISTELLER angegeben (»XXXII C 255«) um Spitaler. Die Lagenformel lautet IV48+VI60. Bl. 41r oben ist noch eine Lagenzählung vj sichtbar. Zum Beispiel Bl. 15va, 17va, oder 45v unten Jncipit summa hystoriarum per manus tonasius habent sua m episcopus facit loco sua. Deutschsprachiges findet sich z. B. Bl. 24va Jch hard ein czarte dierlein clagen / s swol mich d da daz gFt und Bl. 45va so ich hie paz pleiw daz ich.

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einer schulnah arbeitenden Werkstatt eher als anderorts zur Hand gehabt haben wird. Der mittelalterliche Einband trägt außen die Aufschrift Super Cathonem. Super V claves sapientie. Super Avianum. Super Theodolum. Super librum hystoriarum. Summa Misteriorum,704 im vorderen Innendeckel dagegen ein davon etwas abweichendes Inhaltsverzeichnis. Darüber hinaus weichen beide Verzeichnisse vom Bestand selbst ab: - das als erstes aufgenommene Kommentarfragment zum ›Anonymus Neveleti‹ erscheint im außen angebrachten Verzeichnis gar nicht, im inneren an anderer Stelle; - das innere Verzeichnis kündigt an fünfter Stelle ohne Entsprechung im äußeren zusätzlich etwas als Sequitur q an, was jedoch ausrasiert wurde; - gegen die Handschrift ist in beiden Verzeichnissen die Reihenfolge der ›Tituli historiarum‹ und des ›Carmen de mysteriis ecclesiae‹ vertauscht; - das innere Verzeichnis erfasst zusätzlich (aber an falscher Stelle) den Esopus-Kommentar und erwähnt (jedoch vielleicht nur wiederholend) noch einen Prudentius-Kommentar, berücksichtigt zudem mit super sacramenta das ›Compendium de septem sacramentis‹ und vielleicht in einem folgenden, schwer lesbaren Eintrag den Kommentar zum Vaterunser. Abgesehen von der wohl nur irrtümlichen Vertauschung von ›Tituli historiarum‹ und ›Carmen de mysteriis ecclesiae‹ sind für diese Abweichungen keine einfachen Erklärungen zur Hand. Zusammen mit dem inneren Inhaltsverzeichnis wurde ein Kaufvermerk angebracht. Folglich dürfte K-StP nicht nach der Niederschrift in der Schulzeit ihres ersten Besitzers in dessen Händen geblieben und dann bei Eintritt ins Spital/Stift in den Besitz der Bibliothek gelangt sein. Gegen Erwerb erst durch das Spital/Stift hingegen, das dann ein besonderes Interesse an dem Band gehabt haben müsste, spricht das Fehlen jeglicher Indizien für eine Umsetzung solchen Interesses: Es finden sich keinerlei einschlägige Spuren wie etwa Abnutzung als Folge häufiger Lektüre oder Textnachträge, die in den Unterricht wiesen. Am wahrscheinlichsten erscheint daher der Erwerb des Bandes zunächst durch eine Privatperson, die sie später dann dem Spital/Stift überließ. Wenn das pro ij g enptus zwei Gulden meint, könnte K-StP auf ganz ähnliche Weise in den Konvent gelangt sein wie die Handschrift 2/3, die Andreas Sackauer, 1496-1513 Probst des Stifts, für zwei ungarische Gulden in Wien erwarb und später mit zahlreichen weiteren Büchern, davon die wenigsten identi-

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Hier zitiert nach KRISTELLER 1967/97, Bd. 3, S. 48.

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fiziert, dem Konvent vermachte.705 Wiener Herkunft, der die oberdeutschen Sprachformen der Randeinträge nicht widersprechen, wäre von der einschlägigen Zusammensetzung der erhaltenen Spitaler Bestände her ohnehin in Betracht zu ziehen: In Spital wurden die »Verbindungen zur Wiener Universität [...] immer aufrechterhalten«706, und 1484 bat man die Wiener Universität sogar um Unterstützung bei der Neuordnung der Bibliothek.707 L1 DICKE/GRUBMÜLLER 1987, S. XXXVI Anm. 72. L2 KRISTELLER 1967/97, Bd. 3, S. 48. L3 FRANZ XAVER PRITZ: Geschichte des einstigen Collegiatsstiftes weltlicher Chorherren zu Spital am Pyrn im Lande ob der Enns. In: Archiv für Kunde der Österreichischen Geschichtsquellen 10 (1853), S. 241-328; KURT HOLTER: Oberösterreichische Bibliophilen des 15. Jahrhunderts. In: Das Antiquariat 7 (1951), Heft Nr. 21/24, S. 20f.; ADOLF TRENDE: Die Stiftsbibliothek in St. Paul. In: Carinthia I. Geschichtliche und volkskundliche Beiträge zur Heimatkunde Kärntens 142 (1952), S. 609-668.

K-SPe

*St. Petersburg, Publičnaja biblioteka im. M. E. SaltykovaŠčedrina, Cl. lat. O. v. 6 Perg., 30 Bl., 15.5 x 10 cm, 2. Hälfte 14. Jh.708 1r-17r Kommentar zu Avian: ›Fabulae‹ (Nr. I-XX, XXII-XLII) und zum ›Anonymus Neveleti‹ (Nr. 1-4, 6-8, 10, 5, 12, 15-18, 21a, 22-25, ?, 20, ?, 27, 29, 32, 40-43, 47, 56) 17r Notat (Nachtrag) 17v leer 18r-20v Auslegungen von Bibelsentenzen 21r-26r theologische Quaestio, Auslegungen von Bibelsentenzen 26v-29r alphabetisch angelegte Sentenzensammlung 29v Notat 30rv leer Schreiber Hainricus den scripsit (17r) Vorbesitzer Peter Petrovich Dubrovsky (1754-1816)

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706 707 708

Vgl. MBKÖ, Bd. 5, S. 104. Siehe auch die Hinweise bei PRITZ 1853, S. 277, HOLTER 1951, S. 20, und TRENDE 1952, S. 612. MBKÖ, Bd. 5, S. 102. Vgl. MBKÖ, Bd. 5, S. 105. K-SPe liegt mit der Entstehung im 14. Jahrhundert außerhalb des von STAERKs Katalog abgedeckten Zeitraums (ANTONIO STAERK: Les manuscrits latins du Ve au XIIIe siècle conservés à la Bibliothèque Impériale de Saint Petersbourg. St. Peterburg 1910. Unv. Nachdr. Hildesheim, New York 1976), der sie folglich nicht erfasst. Auch sonst sind mir keine Beschreibungen bekannt geworden. Seitens der Fabelforschung hat sie zuerst BEDRICK (1940) herangezogen.

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Dubrovsky, russischer Diplomat in Paris, agierte bis 1792 als Buchagent für die Zarin Katharina II. Er konnte im Gefolge der Französischen Revolution zahlreiche Handschriften auch für seine eigene Sammlung erwerben. Diese übergab er 1805 an die Kaiserliche öffentliche Bibliothek, deren Handschriftenfundus mit dieser Schenkung einen bedeutenden Grundstock erhielt. Aus der Kaiserlichen Bibliothek ist dann die heutige Russische Nationalbibliothek Publičnaja biblioteka im. M. E. SaltykovaŠčedrina hervorgegangen. Die überwiegende Zahl der Erwerbungen Dubrovskys umfasst französische Handschriften, wogegen deutsche nur zu einem kleinen Teil vertreten sind. Woher er K-Spe sich besorgt hatte, ist unbekannt. Aus der Handschrift selbst sind keine Auskünfte über ihre mittelalterlichen Vorbesitzer zu beziehen. Der Nachnahme des sich Bl. 17r im Schreiberkolophon nennenden Hainricus (den?) mag zukünftig einmal am Original besser zu entziffern sein und dann weiterführen. Die Mitüberlieferung verweist für das Interesse an den Kommentarparaphrasen zu den Fabeln zuerst auf geistliche Gebrauchszusammenhänge. Für diese dürfte sich die Kombination vergleichsweise einfacher als über den Verstext selbst zugänglicher, unterhaltsam-belehrender Erzählstoffe mit prägnant-einprägsamen Sentenzen vor allem für homiletische und katechetische Zwecke, aber auch für den Briefverkehr besonders empfohlen haben. L3 PATRICIA Z. THOMPSON: Biography of a library: the western european manuscript collection of Peter P. Dubrovsky in Leningrad. In: The journal of library history 19 (1984), S. 477-503.

K-Stu1/a *Stuttgart, Württembergische Landesbibliothek, Cod. Donaueschingen 27 (ehem. Donaueschingen, Fürstlich Fürstenbergische Hofbibliothek, Cod. 27) Pap., I + 60 Bl., 14,5 x 11 cm, 1448, Nordbayern/Ostfranken. Ir Sprichwörter, lat. und lat./dt. (noch zeitgenössischer Nachtrag) Iv leer 1r-58r ›Anonymus Neveleti‹ (gloss., komm.) (dat. 1448) 58v-59v Kommentar zu Avian: ›Fabulae‹ (Nr. III, VI, V, XXXI, XXVII, XXXIII = ›Donaueschinger Prosa-Avian‹) 60rv leer Weiteres s. u. K-Stu1/b.

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K-Stu1/b Karlsruhe, Badische Landesbibliothek, Cod. Donaueschingen 93 (ehem. Donaueschingen, Fürstlich Fürstenbergische Hofbibliothek, Cod. 93) Pap., I + 35 + I Bl., 15 x 11 cm, 1448, Nordbayern/Ostfranken. 1r-32v Reimpaardichtungen, dt. (Reimpaarreden, Bîspel [v. a. Fabeln] und Mären)709 und Auszüge aus Freidanks ›Bescheidenheit‹ 33r Auszüge aus Sebastian Francks »Sprichw=rter, sch=ne, weise, herrliche Clůgreden und Hoffsprüch«, dt. (16. Jh.) 33v-35v leer Die deutschen Textanteile erlauben eine schreibsprachliche Verortung von K-Stu1/b ins Nordbairische/Ostfränkische. Die Datierung auf 1448 wird durch das den ›Anonymus Neveleti‹ beschließende Schreiberkolophon in K-Stu1/a gesichert. Die Zusammengehörigkeit der heute getrennt aufbewahrten Blätter haben ACHNITZ/HOLZNAGEL 2004 aufgewiesen. Einschlägige Indizien liefern u. a. der alte Einband von KStu1/a, dem die Entfernung der drei Lagen von K-Stu1/b noch anzusehen ist, das Papier und das Format. Die Textaufzeichnung versah im wesentlichen, von den Nachträgen abgesehen, ein einziger Schreiber.710 Die zentrale thematische Ausrichtung der konzeptionell-geschlossenen Textsammlung auf »gutt peispild, die der werlt lauff vnd ir posait, das valsch leben, demonstrieren«, zeichnen ACHNITZ/HOLZNAGEL vor allem anhand der deutschen Textanteile detailliert nach und verorten sie in einem gelehrt-lateinischen klerikalen Umfeld. Die lateinischen Fabelanteile der Sammlung werden von ACHNITZ/HOLZNAGEL übergreifend als Kennzeichen lateinischer Gelehrsamkeit in Anspruch genommen. Doch lässt sich gerade von ihnen her eine Distanz präziser bestimmen, in der die Handschriftenanlage, wie es in der Aufnahme volkssprachiger Reimpaardichtung als solcher ja bereits hinlänglich zum Ausdruck kommt,711 zum institutionalisierten Schulunterricht steht. So wurde der ›Anonymus Neveleti‹ zwar bereits vom Verstextschreiber systematisch mit einem breiten Prosakommentar und lateinischen Glossen versehen. Aber gegen Ende der Niederschrift ist für

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711

Vgl. die Inhaltsübersicht bei ACHNITZ/HOLZNAGEL 2004, S. 297f. Das Kolophon Bl. 58r ist teilweise unkenntlich gemacht und könnte eine Namensnennung beinhaltet haben Vgl. ACHNITZ/HOLZNAGEL 2004, S. 295 Anm. 29 und S. 309 Abb.1. In der von ACHNITZ/HOLZNAGEL zitierten Partie […] jn die sanctorum Kyliani et sociorum eius apt deo gracias etc. ist freilich das apt nicht, wie vorgeschlagen, als apt (Abt) zu lesen, sondern natürlich zu lateinisch aput (lat. apud mit nachfolgender Ortsbestimmung, die heute fehlt) aufzulösen. Gegen die hohen schulen wenden sich die deutschen Texte sogar expressis verbis; vgl. ACHNITZ/HOLZNAGEL 2004, S. 301.

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die letzten Fabeln auf die Beigabe der Prosakommentare verzichtet. Das ist ungewöhnlich, da Verstext und Kommentar sich bis dorthin auf der Seite abwechselten. Jedoch wurden die Kommentare vom Schreiber bereits vor ihrer Ausblendung als separater, fungibler Bestandteil markiert, indem er sie durch horizontale Querstriche vom Verstext abgrenzte und sie auch nicht bereits auf dem Blattrand in Höhe des Verstextes beginnen ließ (sodass sie diesen dann L-förmig umgriffen hätten und mit dem Grundtext noch stärker verklammert gewesen wären). Mit dem Verzicht des Kommentars rücken dann die einzelnen Versfabeln unmittelbar aneinander. Fabeln und Kommentare wurden demnach nach einer schriftlichen Vorlage (und nicht nach mündlichem Diktat) reproduziert. Aus dieser übernahm der Abschreiber auch die lateinischen Glossen, auf deren Abschrift er jedoch dann zum Schluss der Aufzeichnung hin ebenfalls verzichtete. Die Niederschrift des ›Donaueschinger Prosa-Avian‹ markiert dann lediglich eine noch einen Schritt weitergehende Distanzierung von der schulisch-gelehrten Aufbereitungsform von Fabeln: indem nämlich das Verstext+Kommentar-Ensemble nun sowohl zur anderen Seite hin um den Verstext zugunsten der Prosaparaphrase verkürzt wird als auch aus dem »Original«-Bestand der 42 Versfabeln selegiert wird. Dem Übergang zur Volkssprache, den dann die anschließenden Stücke vollziehen, ist also von der lateinisch-gelehrten Seite bereits weit entgegen gearbeitet. L1 OLDFATHER 1911, S. 118; DICKE/GRUBMÜLLER 1987, S. XXXII Anm. 63. L2 BARACK 1865, S. 17, 82-85. L3 WOLFGANG ACHNITZ, FRANZ-JOSEF HOLZNAGEL: Der werlt lauff vnd ir posait: Die Sammlung ›Die Welt‹ und ihre Rezeption. In: Würzburg, der Große Löwenhof und die deutsche Literatur des Spätmittelalters. Hg. von HORST BRUNNER. Wiesbaden 2004 (Imagines medii aevi 17), S. 283-312.

K-Stu2 *Stuttgart, Württembergische Landesbibliothek, Cod. HB VI 128 Pap., 195 Bl., 29 x 20 cm, 2. Viertel 15. Jh. (111v, 114v, 117v: 1446), Deutschland. 1r leer 1v nachmal. Inhaltsverzeichnis 2r nachmal. Besitzvermerk Wiblingen 2r-44r Baldus de Ubaldis Perusinus: ›Repertorium super Innocenti‹ 44v-51v leer 52r-55v Laurus de Palazolis: ›Repetitio c. Quamvis De pact. li. VI‹ 56r-61v leer 62r-65v Johannes Zeller: Gutachten zum Streit zwischen Kloster Zwiefalten und K. Friedrich III. um den Besitz von Kohlberg 65v-68v Jacobus Grimm: ›Informationes iuris‹ 69r-71v leer

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Collatio de beata Maria Magdalena Lasterkatalog mit Bibelverweisen Vocabula novi testamenti Predigt leer Marcus Tullius Cicero: ›Epistolae ad familiares‹ (frgm.) leer Vergil: Eklogen (gloss., komm.) (frgm.) leer Kommentar zu Avian: ›Fabulae‹ (Accessus + Nr. I-XXVI, XXXII, XXVII-XXXI, XXXIII-XXXVI, XLf., XXXVIII, XXXVII, XXXIX, XLII) 112r-114v Kommentar zum ›Physiologus Theobaldi‹ 115r-135ra Predigten 135rb-141v leer 142r-153v Predigten (frgm.) 154ra-165vb Thomas Ebendorfer von Haselbach: Predigten (frgm.) 166ra-189vb ›Vita Jesu Christi‹ (frgm.) 190ra-195vb Thomas Ebendorfer von Haselbach: Predigten Vorbesitzer Wiblingen, Benediktiner Die Handschrift besteht aus mehreren zeitgenössischen Teilen. Unterscheiden lassen sich: 72r-76r 76v-77r 77v-80v 81r 81v 82r-88r 88v-95v 96r-99v 100r-105v 106r-111v

1. 1-71 2. 72-81 3. 82-95 4. 96-105 5. 106-141 6. 142-153 7 154-165 8. 166-189 9. 190-195

Hand 1 Hand 2 Hand 3 Hand 4 Hände 2+5 Hand 6 Hand 7 Hand 8 Hand 9

39-41 Zeilen 38-58 Zeilen 32 Zeilen 26 Zeilen 41-50 Zeilen 46 Zeilen 41 Zeilen 46 Zeilen 35 Zeilen

Quinionen, Reklamanten 21v, 31v, 41v Quinio Septernio Quinio Sexternionen, Reklamante 129v Sexternio Sexternio Sexternio Ternio

Die Abschnitte wurden bereits im 15. Jahrhundert in Wiblingen vereint.712 Sie dürften zuvor am Ort selbst geschrieben worden sein. Einmal ist eine einheitliche Schreiberwerkstatt wegen des gleichbleibenden Papierformats und gleichbleibender Papierqualität anzunehmen. Zum zweiten war der Betrieb des Skriptoriums im zeitlichen Umfeld der Niederschrift von KStu überaus rege.713 Zu den in Wiblingen in großer Zahl nachweisbaren

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Vgl. die Angaben zum Einband bei AUTENRIETH 1963, S. 129, und zu den Wiblinger Einbänden insgesamt S. XIVf. Vgl. MBK, Bd. 1, S. 420-423 (mit Nennung zahlreicher Schreiber) und QUARTHAL 1975, S. 660: »Den größten Zuwachs verdankt die Wiblinger Bibliothek der Reformtätigkeit Abt Ulrich Hablüzels (1432-1473). Ihm wird nachgerühmt, daß er bereits um 1450 die klösterli-

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Schreibern passt die Vielzahl der an K-Stu beteiligten Hände sehr gut. Mag von den Händen 6-9 auch die eine oder andere mit einer in den vorangehenden Abschnitten tätigen übereinstimmen: Bei einem halben Dutzend Schreiber bleibt es so oder so. Und in Teil 5 arbeiteten zumindest einmal zwei Schreiber nachweislich auch innerhalb eines Abschnitts eng zusammen. Eine tendenziell vorhandene Abstimmung der Arbeitsabschnitte aufeinander lässt sich an der Arbeit der zweiten Hand erkennen, die gleich in zwei Teilen (2 und 5) schrieb. Dass man nicht einfach mit sukzessiver Addition in der Reihenfolge etwas des Entstehens der Teile rechnen darf, zeigt sich am Vorhandensein einer Gesamtkomposition. In ihr bildet die Rechtsliteratur in Spitzenstellung eine eigene Gruppe, gefolgt von im weiteren Sinne Biblischem und einem Duo unabhängig voneinander aufgenommner, jedoch offensichtlich einander zugeordneter klassischer Texte (Cicero und Vergil).714 An schließt die ebenso erbauliche wie potentiell selbst wiederum für die Ausarbeitung von Predigten nützliche Trias von Avian, ›Physiologus Theobaldi‹ und Predigttexten, der drei weitere Abschnitte mit Predigten und die ›Vita Jesu Christ‹ folgen. Den Zugriff auf einzelne Abschnitte sichern zahlreiche alte Blattweiser, die Bl. 61, 71, 81, 95, 105, 117 und 165 angebracht wurden. Trotz solcher Abstimmung wurden die Abschnitte nicht von vornherein geschlossen für die Aufnahme in den vorliegenden Band angefertigt. Der Vergil etwa fällt in seiner Ausstattung mit Glosse und Kommentar deutlich aus dem Gesamtbild des Bandes heraus. Und auf den Blättern 76v und 77r wurde, was bei entsprechend geplanter Anlage wohl kaum vorgekommen wäre, der Text beim Binden sogar beschnitten. Ferner ist nicht mit Sicherheit auszuschließen, dass einzelne der aufgenommenen Teile bereits vor ihrer Einbindung unvollständig waren. Wie die solchermaßen differenzierten Verhältnis der Abschnitte letztlich zusammen gesehen werden können, kann hier nicht geklärt werden: Sollte man im Wiblinger Skriptorium einzelne Texte, abhängig vielleicht von der temporären Verfügbarkeit der Vorlagen, zunächst auf Vorrat abgeschrieben und sie dann zunächst solange aufbewahrte haben, bis man wieder eine passende Gruppe zusammenstellen konnte? Unmittelbare

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che Handschriftensammlung auf etwa 200 Bände gebracht habe. In den 42 Jahren seiner Regierung zählte das Wiblinger Skriptorium über 30 Mönche.« Deren Abschrift und/oder Aufnahme mag sich bereits spezifisch humanistischen Interessen verdanken, vgl. QUARTHAL 1975, S. 654: »Das spätmittelalterliche Wiblingen glänzte nicht allein nur durch hervorragende Äbte, sondern auch durch eine Reihe humanistisch interessierter Mönche und Schreiber, die Beziehungen zu ulmischen und oberdeutschen Humanisten pflegten.«

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Verbindungen zum örtlichen Klosterschulbetrieb sind jedenfalls nicht sichtbar.715 L1 DICKE/GRUBMÜLLER 1987, S. LXIX. L2 JOHANNE AUTENRIETH: Die Handschriften der ehemaligen Hofbibliothek Stuttgart. Bd. 3: Codices iuridici et politici (HB VI 1-139). Patres (HB VII 1-71). Wiesbaden 1963 (Die Handschriften der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart 2: Die Handschriften der ehemaligen königlichen Hofbibliothek 3), S. 129-132. L3 Die Benediktinerklöster in BadenWürttemberg. Bearbeitet von FRANZ QUARTHAL. Augsburg 1975 (Germania Benedictina. 5), S. 652-666.

K-Upp *Uppsala, Universitetsbibliotek, Ms. C 55 Perg., 129 Bl., 23 x 18 cm, 14. Jh. (1r-18v: vor 1327; 22r-43r: Ende 14.Jh. [?]), Schweden (22r-43r: Prag?). 1r Besitzeintrag Liber Sigmundi 1v Vadstena-Signatur H 3° 5tus 2r-18r Guilelmus Bernardi Galliacensis: ›Tractatus de obiectionibus Graecorum contra processionem Spiritus Sancti a Filio‹ (cap. 1-5) 18v Besitzeintrag Liber vlphonis holmgersson canonici arosiensis quem vlphonem deus custodiat et viuere faciat sanum et incolumem per tempora longiora Amen 19r-21r ›Officium rhythmicum s. Henrici‹ 21v leer 22r-43r Traktat de musica mensurata et musica falsa 43v-45v leer 46r-79v Conspectus contentorum et excerpta operum Aristotelis et Senecae 80r-97r Aristoteles: ›Libri ethicorum‹ in Übersetzung Hermanns des Deutschen 97r-105r Propositiones 105v-111va Kommentar zu Johannes de Sacro Bosco: ›Algorismus‹ 111va-113vb ›Disticha Catonis‹ (frgm.) (komm.) 114ra-120rb ›Disticha Catonis‹ (komm.) 120rb Kommentar zu Avian: ›Fabulae‹ (Accessus + Nr. I) 120va-121v Averroes: Kommentar zu Aristoteles: ›De sensu et sensato‹ in Übersetzung des Gerardus von Cremona 122r-129v Computus Vorbesitzer Sigmundus (1r-18v: spätestens 1327); Ulf Holmgersson (1r18v: frühestens 1327, spätestens 1335); Vadstena, Birgittenkloster

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Sie ist 1353 das erstemal nachweisbar: QUARTHAL 1975, S. 653.

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Der Band ist aus fünf Teilen (1-18, 19-45, 46-79, 80-113, 114-129) unterschiedlicher Herkunft zusammengestellt. Sie waren spätestens 1410 in Vadstena vereinigt, denn ein Titelzettel auf dem hinteren Holzdeckel stammt bereits von der Hand des Andreas Lydekini, der zwischen 1387 und 1410 Mönch in Vadstena war.716 Der erste Besitzer des ersten Teils, Sigismundus, war Pfarrer in Ösmo auf Södertörn bis 1327, später Kanonikus und seit 1345 Bischof in Strängnäs, der zweite, Ulf Holmgersson, war Kanonikus in Uppsala und Västerås bis zu seinem Tod 1335.717 Aus welchen Quellen die beiden letzten – wegen der Wiederholung des ›Cato‹ wohl unabhängig voneinander entstandenen und einstmals möglicherweise selbstständigen – Faszikel mit den Schultexten ins Kloster gelangten, lässt sich nicht mehr ermitteln. Der Avian-Kommentar wurde noch von einer zeitgenössischen Hand, vielleicht vom Schreiber des Vorangehenden, lediglich als Fülltext an den ›Cato‹-Kommentar angehängt. Er nutzt Bl. 46 in der verso-Spalte leer gebliebene Zeilen der Vorlinierung. Dass er nicht über die vorliegende Spalte hinausgeführt werden sollte, geht aus der letzten Textzeile hervor, die den Schriftspiegel unterschreitet. Bei geplanter Fortsetzung wäre auf den folgenden Blättern Platz genug gewesen. Die verso-Seite war aber bereits entweder bereits beschrieben oder zumindest fest vorgesehen für die Aufnahme des Aristoteles-Kommentars. L2 MARGARETE ANDERSSON-SCHMITT, HÅKAM HALLBERG, MONICA HEDLUND: Mittelalterliche Handschriften der Universitätsbibliothek Uppsala. Katalog über die CSammlung. Uppsala 1988-95 (Acta Bibliothecae R. Universitatis Upsaliensis 26,1-8), Bd. 2,1, S. 15-18.

Vatikanstadt s. Rom (Città del Vaticano). K-Wie *Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 15071 Pap., 123 Bl., 21 x 15 cm, 1r-121v: 1346 (19v, 53v, 57r, 64v, 78r, 84v, 101v, 121v), 1r-123v: Freising (64v, 121v). 1r-19v Kommentar zu den ›Disticha Catonis‹ 19v Kommentar zum ›Facetus Cum nihil utilius‹ (frgm.) 20v Kommentar zum ›Facetus Cum nihil utilius‹ (frgm.) 21r-24v Kommentar zum ›Facetus Cum nihil utilius‹ 24v Accessus zum ›Facetus Cum nihil utilius‹ 25r-28v Hugo von Trimberg: ›Laurea sanctorum‹ (41r fortgesetzt) (gloss., komm.) 29r-37r Kommentar zum ›Anonymus Neveleti‹

_____________ 716 717

ANDERSSON-SCHMITT/HALLBERG/HEDLUND 1988/95, Bd. 2,1, S. 15. A. a. O.

Verzeichnisse zur Überlieferung

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37v 38r-39v 40r 40v 41r-53v

leer Kommentar zu den ›Quinque claves sapientiae‹ (frgm.) leer Accessus zu den ›Quinque claves sapientiae‹ Hugo von Trimberg: ›Laurea sanctorum‹ (28v fortsetzend) (gloss., komm.) 54r-57r Kommentar zum ›Physiologus Theobaldi‹ 57r-57v Kommentar zum ›Physiologus Theobaldi‹ (frgm.) 58r-64v Johannes de Garlandia (?): ›Poenitentiarius‹ (gloss., komm.) 64v Abschrift oder Entwurf einer Urkunde 65r-71r Kommentar zu Avian: ›Fabulae‹ (Accessus + Nr. I-XLII) 71r-78r Kommentar zu Reinerus Alemannicus: ›Thesmophagia‹/›Phagifacetus‹ 78v-82r Kommentar zu Vitalis von Blois: ›Geta‹ 82v leer 83r-84v Kommentar zum ›Pylatus‹ 85r-101v Kommentar zu den ›Ecloga Theodoli‹ 101v Besitzeintrag? (hic fuit manhardus ) 102r-121v Kommentar zur ›Summa sacrificiorum‹ (WALTHER Nr. 17385) 121v-122v theologische Notate, u. a. über Voraussetzungen zur Hostienspende 123r Computus 123v theologische Notate 123v Cisiojanus (gloss.) Schreiber 1r-121v: Mainhard (64v, 101v, 121v) K-Wie wurde zwischen 1830 und 1880 in die Wiener Bestände aufgenommen. Die Vorbesitzer sind nicht bekannt.718 Abgesehen von einigen Nachträgen Bl. 121v-123v, wurde K-Wie zwischen Ende Juli und Anfang November 1346 von einem einzigen Schreiber niedergeschrieben, der sich in mehreren Kolophonen als Mainhard (Bl. 64v, 101v, 121v), scolaris frysinge studens (so Bl. 64v, dazu Bl. 121v M(nhardi scolaris) zu erkennen gibt. Die planmäßige Anlage des Buches führte zu einer regelmäßigen Abteilung der Lagen (Lagenformel: 2IV16 + 2VI40 + 7IV96 + IV-3101 + 2IV117 + III123). Da Mainhardt verschiedene Papiersorten heranzog,719 hat er sich wohl nach und nach mit Material ausgerüstet und wird er das letzte Aussehen seiner Kommentarsammlung

_____________ 718

719

Die Handschrift trägt die alte Signatur »Suppl. 1893«. Vgl. dazu MENHARDT 1960/61, S. 24: »Von 1830-1880 wurden die Zuwächse als Supplementa bezeichnet, dann aber an den seit 1832 bestehenden Numerus currens angeschlossen.« Vgl. MENHARDT 1960/61, S. 1382.

873

Avian: ›Fabulae‹

nicht schon von Anfang an vor Augen gehabt haben. Aber die Art der Einrichtung stand fest: Die Texte wurden alle in einen einspaltigen Schriftspiegel gesetzt, den Mainhardt dann platzsparend aufgefüllte. Das Ergebnis wurde noch im 14. Jahrhundert und vermutlich in räumlicher Nähe zum Ort seiner Entstehung gebunden: Für den alten Einband wurden nämlich Blätter mit einer Grammatik des 14. Jahrhunderts verwendet.720 Beim Binden ist die vierte Lage (29-40), die heute den Text der ›Laurea sanctorum‹ des Bamberger Schulmeisters Hugo von Trimbergs unterbricht, verrutscht. Die nächstmögliche Position, an der die vierte Lage, ohne einen Text zu unterbrechen, zwischen zwei Lagen eingeschoben werden könnte, ist 64/65 nach dem ›Poenitentiarius‹ und dann wieder 101/102 nach dem ›Ecloga‹-Kommentar. Die Texte wurden in einer anderen als der heute vorliegenden Reihenfolge niedergeschrieben, die erst Ergebnis einer gegen Ende der Arbeiten vorgenommenen Umstellung ist. Das geht aus den Kolophonen hervor. Es wurde nämlich abgeschlossen der Text der Blätter

auf den Lagenhälften

am

25r-28v, 41r-53v 54r-57r 83r-84v 58r-64v 85r-101v 71r-78r 1r-19v 102r-121v

32+51+2+61+2 62+71 101 71+2 102+111+2+121+2 82+91+2 11+2+21+2+31 131+2+141+2+151+2

20. Juli, 28. Juli, 29. Juli, 8. August, 18. August, 27. August, 12. September, 7. November.

Die Aufzeichnung begann also mit den ›Laurea‹ in der zweiten Hälfte der dritten Lage (32), deren erste Hälfte (31: 17-22) zumindest in 17-19 auf jeden Fall zunächst leer gewesen sein muss, denn hier kommt später der Cato-Kommentar zu stehen. An den Schluss der ›Laurea‹ in 62 wurde dann in derselben Lagenhälfte der erste ›Physiologus‹ angeschlossen (6271). Die zweite Hälfte der siebten Lage wurde zunächst frei gelassen, vielmehr einen Tag später eine neue, die heutige zehnte Lage begonnen und in der ersten Hälfte mit dem ›Pylatus‹-Kommentar beschrieben (101). Erst anschließend griff Mainhard auf seine bereits begonnene siebte Lage zurück und füllte sie mit dem ›Poenitentiarius‹ (71+2) weiter auf. Dann ging es wieder in der bereits angefangenen zehnten Lage weiter. In der zweiten Hälfte wurde der ›Ecloga‹-Kommentar begonnen, der in zwei weiteren Lagen (111+2, 121+2) fortgesetzt wird. Auf zwei neu hinzugezogenen Lagen kommt der ›Phagifacetus‹-Kommentar zu stehen. Da er jedoch inmitten

_____________ 720

Vgl. MENHARDT 1960/61, S. 1382.

Verzeichnisse zur Überlieferung

874

der zweiten Hälfte der achten Lage auf demselben Blatt einsetzt, auf dem der Avian-Kommentar endet, der zudem genau mit der ersten Seite der achten Lage einsetzt, werden die zwei neuen Lagen für Avian- und ›Phagifacetus‹-Kommentar gemeinsam hinzugezogen und beide Stücke unmittelbar nacheinander aufgenommen worden sein. Weitere zwei Lagen nehmen dann den ›Disticha‹-Kommentar auf. Sie werden der dritten Lage vorgeschaltet, und in der noch freien ersten Hälfte der dritten Lage wird die Aufzeichnung der ›Disticha‹ abgeschlossen. Zuletzt wurden drei Lagen mit dem Kommentar zur ›Summa sacrificiorum‹ beschrieben und dem Ganzen angehängt. Vielleicht noch später, möglicherweise aber auch irgendwann zwischen dem 20.7. und dem 7.11. wurde eine vierte Lage beschrieben, die als Hauptstück den Kommentar zum ›Anonymus Neveleti‹ aufzunehmen hatte (41+2). Die restlichen kleineren Stücke wurden entweder unmittelbar im Anschluss an die vorangehenden längeren Texte eingetragen oder wenig später nachgetragen: Kommentar zum ›Facetus Cum nihil utilius‹: 31 Kommentar zum ›Facetus Cum nihil utilius‹: 31 Kommentar zum ›Facetus Cum nihil utilius‹: 31+2 Accessus zum ›Facetus Cum nihil utilius‹: 32 Kommentar zu den ›Quinque claves sapientiae‹: 42, frühestens nach Aufnahme des ›Anonymus Neveleti‹-Kommentars; 40v Accessus zu den ›Quinque claves sapientiae‹: 42, frühestens nach Aufnahme des Kommentars zu den ›Quinque claves sapientiae‹; 57r-57v Kommentar zum ›Physiologus Theobaldi‹: 71, frühestens nach dem 28.7. (Abschluss des vorangehenden Stücks), vielleicht vor dem 28.8. (Abschluss des anschließenden Stücks); 78v-82r Kommentar zu Vitalis von Blois: ›Geta‹: 92-101, frühestens nach dem 27.8. (Abschluss des vorangehenden Stücks). 19v 20v 21r-24v 24v 38r-39v

Zudem könnten einige der unvollständigen Kommentare bereits während der laufenden Arbeiten nachgetragen worden sein. Zum Beispiel mag die Entscheidung für die Aufnahme des Bruchstücks des ›Quinque claves‹Kommentars erst angesichts des verbliebenen reichlichen Freiraums nach dem Fabelkommentar (Bl. 37v-40v) gefallen sein. Wo in Freising K-Wie angelegt wurde, lässt sich nicht mit letzter Gewissheit feststellen. Der Urkundenentwurf Bl. 64v bezieht sich auf den Apostolischen Stuhl und ein (wie das Freisinger Domstift auch) der Jungfrau Maria geweihtes Benediktinerkloster in der Diözese Regensburg, nicht jedoch der Diözese von Freising. Die Nachträge Bl. 121v-123v stammen noch von einer Hand des 14. Jahrhunderts und führen in geistliche, seelsorgerisch-katechetische Verwendungskontexte. Im Blick auf die im 15. Jahrhundert nachgetragene Marginalie von Bl. 104v zur diuisio eukaristie darf man diesen vielleicht Kontinuität zuschreiben. Auf eine

Avian: ›Fabulae‹

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entschiedener der Ausbildung von Geistlichen gewidmeten Institution weist die Aufnahme in der Avian-Umgebung sehr selten anzutreffender Werke. Hier sind der Kommentar zur ›Summa sacrificiorum‹ oder zu den ›Laurea sanctorum‹ des Bamberger Schulmeisters Hugo von Trimberg zu nennen. Zudem kann die vorliege Vielzahl der Kommentare nur im Umfeld einer anspruchsvollen Lehranstalt zur Verfügung gestanden haben. Ihre regelmäßige Eröffnung durch Accessus und die komplexe Form der Einleitungen, die mehrfach erst aus der Diskussion vorangestellter propositiones entwickelt werden, weist in dieselbe Richtung. Man wird daher M(nhard und seine Handschrift zuerst am Freisinger Domstift vermuten dürfen. L1 OLDFATHER 1911, S. 114; DICKE/GRUBMÜLLER 1987, S. XXXVI Anm. 73. L2 Tabulae codicum 1864/99, Bd. 8, S. 122; MENHARDT 1960/61, S. 1382; FRANZ UNTERKIRCHER: Die datierten Handschriften der Österreichischen Nationalbibliothek bis zum Jahre 1400. Wien 1969 (Katalog der datierten Handschriften in lateinischer Schrift in Österreich 1), Bd. 1, S. 87, Bd. 2, S. 130f. Abb. 122f.

K-Wue *Würzburg, Bibliothek der Franziskaner-Minoriten, Cod. I 42 Pap., 336 Bl., 28.5 x 21 cm, 15. Jh., Süddeutschland. 1ra-183ra Berthold von Regensburg: Predigten (›Rusticanus de sanctis‹) 183rb-184v leer 185ra-259ra Berthold von Regensburg: Predigten (›De communi sanctorum‹) 259rb leer 259va-263rb Register zum ›Rusticanus de sanctis‹ (s. o.) 263va-265rb Register zu ›De communi sanctorum‹ (s. o.) 265v-268v leer 269ra-309ra Markus Schönbrunner: ›Quadragesimale de peregrino ducto per angelum‹ 309rb-312v leer 313r-317v ›De virtute orationis‹ 318r-323v leer 324ra-336ra Kommentar zu Avian: ›Fabulae‹ (Accessus + Nr. I-III, Vf., VIII-X, XVII, XIf., XIVf., XVIII, XXIf., XXV, XXIX, XXXIV) und zum ›Anonymus Neveleti‹ (Nr. 1-4, 6-9, 5, 1215, 17, 22, 23, 20, 26, 29, 32, 33, 37-39, 41-44, 46, 48, 52f., 57, 54, 56) sowie geistliche Exempel (=›Würzburger Anonymus Neveleti- und Avian-Paraphrasen‹) 336rb-v leer Über die Herkunft der Handschrift ist nichts bekannt: Sie weist keinerlei entsprechende Einträge, alte Signaturen und dergleichen auf. Die Bibliothek der Würzburger Franziskaner wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört,

Verzeichnisse zur Überlieferung

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nur etwa ein halbes Hundert Handschriften konnte gerettet werden, darunter jedoch keine Bibliothekskataloge, an denen die ältere Besitzgeschichte des Kodex zurückzuverfolgen wäre. Da ältere Besitzeinträge ebenso wie ältere Signaturen fehlen, kann lediglich mit einiger Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass K-Wue eine eher wechselvolle Besitzgeschichte hinter sich hat. Die Handschrift wurde wohl für eine geistliche Bibliothek und insbesondere für Predigtzwecke geschaffen; sie könnte sich ihrem Zuschnitt nach sehr gut schon im 15. Jahrhundert in den Händen der Würzburger Franziskaner befunden haben. Das äußere Erscheinungsbild zeigt eine professionelle Werkstattarbeit in einem institutionell abgesicherten Rahmen an, der beträchtliche Umfang und das Folioformat ein tendenziell kostenträchtiges Unterfangen. An ihm waren gleich mehrere Schreiber beteiligt. Dennoch wirkt die Handschrift, trotz erkennbarer Zäsuren,721 nicht uneinheitlich; im Gegenteil sind fast alle Texte ähnlich eingerichtet und durchweg mit Sorgfalt geschrieben. Begreift man die Fabelkommentare als Material für Predigtzwecke, fügt sich die Sammlung auch inhaltlich zu einem Ganzen: Einem quantitativ bestimmenden ersten Teil mit Predigten, der für die Benutzung mit eigenen Registern erschlossen ist, folgt, überleitend zum Folgenden, ein kleiner Traktat mit Anweisungen zur Ausarbeitung von Predigten und schließlich in den Fabelkommentaren einschlägiges Anschauungsmaterial. Insbesondere auf franziskanische Predigtpraxis deutet die Auswahl der Korpora im ersten Teil, der mit Berthold von Regensburg und Marcus Schönbrunner zwei Prediger eben dieses Ordens heranzieht. Zum Gesamtbild fügt sich nicht zuletzt, dass der Band als Catenatus zum gemeinschaftlichen Gebrauch in einer Bibliothek ausgelegt war. Der alte Einband noch des 15. Jahrhunderts trägt ei-

_____________ 721

Die Fabelkommentare sind von einer nur hier anzutreffenden Hand geschrieben und stehen in einer eigenen Lage (Bl. 323-336 [Bl. 336v ist auf den inneren Rückendeckel geklebt]), die, wie am Wechsel des Wasserzeichens ersichtlich wird (Krone mit Dreiblatt), aus anderem Papier als das Vorangehende zusammengestellt wurde. Zudem trägt die Lage einen eigenen äußeren Falz aus kräftigem Pergament, sodass sie aus dem im übrigen geschlossenen Buchblock sich etwas herauslöst. Die Blätter weisen allerdings genau dasselbe Format auf wie der übrige Buchblock, die Texte stehen in übereinstimmendem Schriftspiegel, das Papier wechselt zwar das Wasserzeichen, nicht aber seine Qualität. Die Kommentare wurden offensichtlich in einem eigenen Arbeitsschritt aufgenommen; das kann einfach aus der besonderen Vorlage erklärt werden, die für sie heranzuziehen war. Der den Kommentaren vorangehende Traktat ›De virtute orationis‹, ebenfalls von nur hier anzutreffender Hand aufgenommen, hebt sich in seiner einspaltigen Anlage und in den stärker kursiven Schriftzügen vom ihn Umgebendem ab. Vielleicht handelt es sich bei ihm um einen – wenig später, vielleicht noch vor dem Binden vorgenommenen – Nachtrag. Jedenfalls steht er noch im Kontext der intendierten Verwendung der Sammlung, denn er stellt eine inhaltliche Verbindung zwischen den vorangehenden Predigten und den folgenden Predigtmaterialien her (s. u.).

Avian: ›Fabulae‹

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nen Metallbügel, an dem sich wohl einmal eine Kette befand. Auf den intendierten Gemeinschaftsgebrauch deutet ex negativo der Verzicht auf jegliche Namensnennung der beteiligten Schreibern in eigenen Kolophonen. Die Texttradition der Fabelkommentare verbindet K-Wue mit der ebenfalls auf franziskanische Predigtpraxis weisenden Handschrift K-Han. L1 DICKE/GRUBMÜLLER 1987, S. XXXV Anm. 70.

*** Nicht mehr weitergehend berücksichtigt werden konnte die Handschrift 327 (M II 220; 3 IV 3; III d 3) der Wissenschaftlichen Staatsbibliothek Olmütz. Der Katalogbeschreibung nach (MIROSLAV BOHÁČEK, FRANTIŠEK ČÁDA: Beschreibung der mittelalterlichen Handschriften der Wissenschaftlichen Staatsbibliothek von Olmütz. Köln [u. a.] 1994 [Bausteine zur slavischen Philologie und Kulturgeschichte, Reihe C, N. F. 1 (3)], S. 566-574) handelt es sich um eine 335 Blätter umfassenden Papierhandschrift der ersten Hälfte (335v: 1441) des 15. Jahrhunderts im Folioformat (29 x 21 cm) aus dem Besitz des Klosters St. Jakob in Olmütz. Geschrieben wurde sie ganz oder zu Teilen, auf jeden Fall aber im Ausschnitt des Prosa-Avian (115r-119r) von einem Nikolaus Arnolt (119r: scripte per Nicolaum Arnolt), der diese Niederschrift in Pauerbach (119r: finite in Pauerbach = Peuerbach in Oberösterreich im Hausruckviertel?) beendete. Die Prosaifizierungen werden vom Schreiber als vollgültiger Ersatz für die originalen Versfabeln annonciert: Hic sequuntur fabule Aviani (115r). Zu dienen hatten sie nach Ausweis der sie umgebenden Stücke der geistlichen Unterweisung insbesondere in der Predigt: Predigten eröffnen den Band (1r-96r) und durchziehen ihn; zur Seite treten ihnen kleinere katechetische Stücke (Auslegungen des Vaterunser, des Ave Maria, des Glaubensbekenntnisses), Anleitungen zur Beichte und Betrachtungen zur Buße wie zur Gebetspraxis und zur allgemeinen Verhaltenslehre. Bezeichnenderweise werden die den Prosafabeln unmittelbar vorangehenden themata diversa super sermones (109r-126r) von einem ›Physiologus‹-Beispiel – der seine Kinder mit eigenem Blut nährende Pelikan – eröffnet: Fabelprosa und ›Physiologus‹ gehen im Umfeld der Predigt überhaupt häufig eine Verbindung ein (s. o. Exkurs 2).

Verzeichnisse zur Überlieferung

878

1.3 Mittelalterliche Bücherverzeichnisse Systematisch ausgewertet wurden die bei DELISLE, in den MBK und MBKÖ, im »Corpus catalogorum Belgii« und im »Corpus of British medieval library catalogues« abgedruckten Verzeichnisse sowie BECKER 1885, GOTTLIEB 1890 und MANITIUS 1935. Die Übersicht will mittelalterliche Überlieferungsformen und -gemeinschaften der ›Fabulae‹ über das Erhaltene hinaus sichtbar machen, erhebt aber keinen Anspruch auf Vollständigkeit.722 Im Unterschied zur bislang umfangreichsten Übersicht von MANITIUS beschränken sich die nachstehenden Angaben nicht auf den einfachen Nachweis, sondern beziehen die weitere Umgebung des Fabeleintrags nach Möglichkeit mit ein. Aus praktischen Gründen muss auf eine Diskussion des Verhältnisses von Katalogeintrag und kodikologischer Einheit verzichtet werden. Die Wiedergabe der Texte erfolgt in der Gestalt der jeweils herangezogenen Ausgabe. K1 St. Riquier, 831 180. Tullius Cicero rhetoricorum libri II omnia in IV vol. - 181. Prosper, Aratus Sedulius, Iuvencus - 182. epigrammata Prosperi, versus Probae et medietas Fortunati I. vol. - 183. Quintus Serenus de medicamentis - 184. fabulae Avieni. - 185. Virgilius. - 186. eclogae eiusdem glossatae - 187. Althelmus. metrum cuiusdam de veteri et novo testamento cum vita Cosmae et Damiani metrica in I vol. qui sunt libri XXVI. Ausg.: BECKER 1885, S. 24-29 Nr. 11, hier S. 28. Lit.: GOTTLIEB 1890, S. 145 Nr. 402; MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 3,1, S. 234f.

K2 Reichenau, 835-42 In II. libro continentur computationes regum Romanorum, caesarum consulemque; deinde libri grammaticae artis Donati et de metrica arte libri Bedae presbyteri et libellus de centum metris et liber de aenigmatibus Symphosii et liber fabularum Aviani poetae et libri duo Boetii de arithmetica arte et libri quinque Boetii de musica arte et liber astrologiae Arati et libri Boetii geometricorum et libri duo Alcvini de rhethorica et dialectica arte et liber Julii Caesaris de mensione universi orbis et liber Aethici Hieronymi de cosmographia et libri duo de architectura Faventini et liber unus herbarius Apulei. Ausg.: MBK, Bd. 1, S. 257-262 Nr. 5, hier S. 258 Z. 20-28.

_____________ 722

Gegenüber der älteren Zusammenstellung von MANITIUS (1935, S. 234-237), die für Avian etwa 100 Nennungen, darunter freilich nicht nur Katalogeinträge bietet, haben sich die Belege bereits ohne systematisch betriebene Suche um etwa dreißig weitere Nachweise vermehren lassen.

Avian: ›Fabulae‹

Lit.:

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GOTTLIEB 1890, S. 384 Nr. 894; KRÄMER 1989/90, Bd. 1,2, S. 683-685; MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 3,1, S. 201-204.

K3 Lorsch, um 830/40 98. de metris fabularum terenti et aliorum comicorum et cet. 99. metrum Auieni 100. metrum tertulliane de resurrectione. lib. V. aduersus marcionem. Ausg.: BECKER 1885, S. 120-125 Nr. 38, hier S. 124. Lit.: GOTTLIEB 1890, S. 48 Nr. 108; KRÄMER 1989/90, Bd. 1,2, S. 498-501; MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 3,1, S. 144-147; BISCHOFF 1974, S. 8-18 (besonders S. 11f. zu Katalog Nr. II).

K4 Murbach, Mitte 9. Jh. De poetis gentilium [...] Metrum fabularum Auiani poete. [...] Ausg.: WOLFGANG MILDE: Der Bibliothekskatalog des Klosters Murbach aus dem 9. Jahrhundert. Ausgabe und Untersuchung von Beziehungen zu Cassiodors ›Institutiones‹. Heidelberg 1968 (Beihefte zum Euphorion 4), S. 48. Lit.: GOTTLIEB 1890, S. 53 Nr. 123; KRÄMER 1989/90, Bd. 1,2, S. 592-594; MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 3,1, S. 167-169.

K5

Friaul, Testament des Markgrafen Eberhard von Friaul und seiner Frau Gisela, 867 25. librum S. Augustini de verbis Domini & 26. super Ezechielem prophetam & 27. lectionarium de epistolis & evangeliis cum auro scriptum & 28. vitam S. Martini & 29. librum Auiani & 30. volumen septem librorum Magni Orozii Pauli [...]. Ausg.: BECKER 1885, S. 29f. Nr. 12, hier S. 29. Lit.: GOTTLIEB 1890, S. 372 Nr. 798; MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 3,1, S. 299.

K6 Lorsch, um 850/60723 450. de metris fabularum Terentii et aliorum comicorum. - 451. et metrum Avieni. - 452. metrum Paulini episcopi Petricordiae de vita sancti Martini libri VI. Ausg.: BECKER 1885, S. 82-120 Nr. 37, hier S. 111. Lit.: GOTTLIEB 1890, S. 49 Nr. 109; KRÄMER 1989/90, Bd. 1,2, S. 498-501; MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 3,1, S. 144-147; BISCHOFF 1974, S. 8-18 (besonders S. 13-15 zu Katalog Nr. III).

_____________ 723

Der Eintrag meint vielleicht dieselbe Textüberlieferung wie K3.

880

Verzeichnisse zur Überlieferung

K7

Passau, Dom (Chorbischof Madalwin übergibt Bischof Burchard als Vertreter der Domkirche von Passau Bücher aus seiner Privatbibliothek), 903 De arte gramatica. Donatum minorem et maiorem et opus Albini in Donatum, gramatica Augustini scilicet vel Ieronimi, quod fecit Deodato filio Augustini, opus Bede presbyteri de metrica ratione, opus Malii Teodori de ipsa arte, opus Orosii de ratione anime, opus Cassiodori oratoris de disputatione anime, opus Boecii de consolatione Philosophie bene glosatum, et opus ipsius de dividuitate, id est apoteosis, libros Martiani Minei Felicis Capelle pleniter in VII liberales artes, carmen paschale Sedulii in vetus et novum testamentum cum prosa ipsius, carmen Aratoris subdiaconi in actus apostolorum, et libri Catonis IIII, et fabule Aviani, et Plauti aularia, et formatas epistolas, et martyrlogium metro compositum, et opus Wan dyaconi in ministerium celebrationis misse, et explanatio in genesis in uno corpore, epigrammata Prosperi, et psichomachia Prudentii, enigmata Simphosii et Althelmi et Ioseppi, et libros bestiarum Ysidori in uno corpore, decem ecloge, et georicon Virgilii, liber Servii plenissimus in totum Virgilium, liber officiorum et martirlogium versibus compositum, et expositio in genesis [...]. Ausg.: MBK, Bd. 4, S. 24-26 Nr. 5, hier S. 26 Z. 54-72. Lit.: GOTTLIEB 1890, S. 60f. Nr. 149; KRÄMER 1989/90, Bd. 1,2, S. 650; MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 3,1, S. 181f.

K8 Cremona, Dombibliothek, 984 65. Beati Gregorii et Prosperi de remedio penitenciae volumen unum. 66. Aviani volumen unum. 67. Marciani Felicis Capellae volumen unum. 68. Aratoris et Prosperis (sic), Prudentii qui et Sicomachie et Sedulii volumen unum. Ausg.: VITO TIRELLI: Gli inventari della biblioteca della cattedrale di Cremona (sec. X-XIII) e un frammento di glossario latino del secolo X. In: Italia medioevale e umanistica 7 (1964), S. 61-76, hier S. 66. Lit.: GOTTLIEB 1890, S. 188 Nr. 543; MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 3,1, S. 91.

K9a+b Regensburg, vor 993 Eutichii V. Bedae de metrica arte II. Ortographia Ciceronia. Erchanperti III. Aratores III. Psichimachie VIIII. Prudentii IIII. Musica Augustini. Musica Boetii. Prisciani minores III. Donati IIII. Priscianus de XII versibus. C... Catones IIII. De natura bestiarum et volucrum. Uualahfridi II. Prosperi II. Auiani II. Iuvenci IIII. Liber Consentii I. Liber Senece de IIII virtutibus. De scematibus liber. Disputatio philosophiae. Ars metrica de nativitate sancte Marie. Grammatica Isidori. Liber Ethici. Grammatica Albini. De voce et littera et aliis questionibus multis. Hieronimi de sce-

Avian: ›Fabulae‹

881

matibus et tropis. Commentum Remigii super Sedulium. Glose super Virgilium. Aesopus I. Ausg.: MBK, Bd. 4,1, S. 143-146 Nr. 25, hier S. 146 Z. 73-81. Lit.: GOTTLIEB 1890, S. 67 Nr. 169; KRÄMER 1989/90, Bd. 1,2, S. 676-678; MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 3,1, S. 196-199, und Bd. 3,2, S. 175.

K10 Sankt Gallen, Ende 10. Jh. Prophetiae liber unus. Epistolae Pauli I. Geneseos liber I. Actus apostolorum libri II. Libri regum II. Job, Judith, Hester, Tobias in uno volumine. Machabeorum. Quadraginta omeliae. Sermones sanctorum III. Omeliae. Lectiones. Item sermones de adventu Domini III. Liber psalmorum. Antiphonarius. Liber dialogorum. Virgilius, libri II. Persii. Terentii II. Priscianus. Glossae. Sedulius. Boetius. Statius. Juvenalis. Periermeniae Apuleii. Commentum in cathegorias. Aratus. Isagogae II. Commentum Persii. Vita sancti Vvillehadi. Avianus. Boetius de sancta trinitate. Disputatio Albini cum Karolo. Althelmi II. Commentum Virgilii. Passiones sanctorum. Vita sancti Silvestri. Donatus. Ausg.: MBK, Bd. 1, S. 99-101 Nr. 22, hier S. 101 Z. 7-18. Lit.: GOTTLIEB 1890, S. 85 Nr. 228; MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 3,1, S. 293, und Bd. 3,2, S. 177f.

K11 St. Claude, Anfang 11. Jh. LXXXVIIII. Item codex ubi sunt Claudiani poete in Rufinum libri II. Item Nemesiani Cynegeticon. Item versus cujusdam de Tarquinio et Lucretia. Item libelli Catonis. Item versus septem sapientium et versus de novem musis. Item versus duodecim sapientium de quattuor temporibus anni. Item conflictus veris et iemis. Item epigrammata Nasonis de libris Virgilii. Item exastica Sulpitii de eisdem libris. Item thetrastica in eisdem libris. Vita Virgilii cum epitafiis ejus. Versus Octaviani Cesaris de Virgilio. Item epigrammata diversa, inter quae versus Endelici de mortibus boum. Item Avigenii liber fabularum. Item enigmata Symphosii. Ausg.: DELISLE 1868/81, Bd. 3, S. 385-387, hier S. 386. Lit.: GOTTLIEB 1890, S. 144 Nr. 399; MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 3,1, S. 222f.

K12 unbekannte Bibliothek,724 Anfang 11. Jh. Incipiunt nomina librorum gramatice artis domni F. 1. Tres Donati minores. 2. Unus Donatus major. 3. Due conjugaciones. 4. Precianellus minor. 5. Catho. 6. Sedulius. 7. Arator. 8. Avienus. 9. Prudencius. 10. Boecius. 11. Aritmetica. 12. Oracius. 13. Juvenalis. 14. Persius. 15. Beda.

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Überlieferung in Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. lat. 8069.

Verzeichnisse zur Überlieferung

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16. Omerus. 17. Maxencius. 18. AEtimologia. 19. Virgilius. 20. Dialectica. 21. Comentum Donati. 22. Foca. Ausg.: DELISLE 1868/81, Bd. 2, S. 448. Lit.: GOTTLIEB 1890, S. 152 Nr. 423; MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 3,1, S. 300.

K13a-d Ostfrankreich oder Belgien, unbekannte Bibliothek,725 Anfang 11. Jh. Auctores huius monasterii. 1. Virgilius 2. boetius. 3. sichemachia. 4. Terentius. 5. Sedulius. 6. Alcimus. 7. Arator. 8. Terentius. 9.-12. tres auiani. 13. Catonem. 14. Prosperum. 15. Auianum. 16. Waltarium. 17. Esopum. 18. Albinum [...]. Ausg.: BECKER 1885, S. 62f. Nr. 29, hier S. 62. Lit.: GOTTLIEB 1890, S. 106f. Nr. 295; MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 3,1, S. 283.

K14

Frankreich (Kreis der Loireklöster), unbekannte Bibliothek (vielleicht Fleury),726 1. Hälfte 11. Jh. Item prudentius minor cum aratore. Item prudentius minor. Item arator. Sedulii. II. Auianus .I. Catones. II. Donatus minor cum barbarismo. Donatus minor cum maiore et barbarismo et coniugationibus. Beda de metrica arte. Seruiolus cum esopo. Tres libelli declinationum. Euticius. Ausg.: ALEXANDRE VIDIER: L’historiographie à Saint-Benoît-sur-Loire et les miracles de Saint Benoît. Ouvrage posthume revu et annoté par les soins des moins de l’abbaye de Saint-Benoît de Fleury (Saint-Benoît-sur-Loire). Paris 1965, S. 216. Lit.: GOTTLIEB 1890, S. 107 Nr. 296; MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 3,1, S. 283, und Bd. 3,2, S. 183.

K15 Ripoll, 1. Hälfte 11. Jh. Libri artium. (173-176) Donatos IIII. (177-178) Priscianos II. (179-180) Priscianellos II. (181-182) Virgil. II. (183-185) Sedul. III. (186-187) Constructiones II una cum Aratore. (188-189) Ysagoges II. (190) Cathegorias. (191) Peri ermenias. (192) Macrobius. (193) Boetius. (194) Commentum Virgilii. (195-

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Überlieferung in Bern, Burgerbibliothek, Cod. 4, Bl. 55v. Zur Schreibheimat des Kodex vgl. GLAUCHE 1970, S. 68 Anm. 22 (unter Berufung auf BERNHARD BISCHOFF): »vielleicht [...] Straßburg«. Zur Herkunft auch MOSTERT 1989, S. 48 – »The catalogue on f. 55v (an addition dated s. IX [...], s. X [...] or s. X/XI [...]) may refer to Weissenburg or to a Flemish library, but not to the library of Fleury [...]« – und MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 3,1, S. 283: »Est de la France ou Belgique« (dort auch die Datierung an den Anfang des 11. Jahrhunderts). Überlieferung in Bern, Burgerbibliothek, Cod. 433, Bl. 79v. Die Handschrift wurde bereits im 9. Jahrhundert angelegt, der Katalog ist Nachtrag. Die Beiträge zur Diskussion der Bibliotheksheimat des Kodex sind bei MOSTERT 1989, S. 77, zusammengestellt.

Avian: ›Fabulae‹

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196) Breuiarios lectionum II. (197) Legem romanum. (198) Quaterniones de boetii et alius de iuuenal. (199) Quaterniones albof. (200) Alter de XII signis. (201) Alius de Athanasio. (202-206) Missales toletanos V. (207) Liber de horis. (208-209) Quaterniones de computo II. (210) Terentius. (211) Arithmetica. (212) Musica. (213) Liber ciceronis de Amicitia. A........ (214) Auianum. (215) Quiratui. (216) Liber dialectice. (217)Commentum partium. Ausg.: RUDOLF BEER: Die Handschriften des Klosters Santa Maria de Ripoll. Bd. 1. Wien 1907 (SB der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. Philos.-hist. Kl., 155. Bd., 3. Abhandlung), S. 101-109, hier S. 106-108. Lit.: GOTTLIEB 1890, S. 270 Nr. 745; MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 3,1, S. 209f., und Bd. 3,2, S. 176. Hs.: Nach einer Fußnote BEERs zur Stelle (S. 107) »verloren«.

K16a-d Gorze, Mitte 11. Jh. LIBRI DE ARTE. hi. Declinaciones. IIIes. perfectae de nomine et uerbo. unae ceptae. Donati perfecti. III. V. imperfecti. unus cum interrogacionibus nominum. pronominum. uerborum et reliquarum partium. Liber Focae ceptus. Liber Aratoris bis. Sedulii duo. Item Sedulius. Prosper. Sicomachia Prudentii. Centon Virgilii simul. Alchimus. Arator. Mithologiarum liber Fulgentii. Sedulius. et Iuuencus in unum. Item Iuuencus. Liber Prudentii Clementis perfectus. et inperfectus. Virgilii libri. III. quartus inperfectus. Seruii commentum super inperfectum. Auianus ter. Item Enigmata Adelmi. et isdem Auianus simul. Item eiusdem Enigmata et alius eius Liber de uirginitate sanctorum. Priscianus maior perfectus unus . inperfecti. IIIIor. Commentum Sedulii Scoti super Priscianum. Glossae de Prisciniano et Boetio et Virgilio simul. Prisciani de XII. uersibus Virgilii. IIIIor. et unus inperfectus [...]. Ausg.: GERMAIN MORIN: Le catalogue des manuscrits de l’abbaye de Gorze au XIe siècle. In: Revue Bénédictine 22 (1905), S. 1-14, hier S. 10 Z. 197-210. Lit.: MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 3,1, S. 120f., und Bd. 3,2, S. 168.

K17 Kremsmünster, Mitte 11. Jh. Gesta et certamina apostolorum, Vitas patrum, Vitas s. Seuerini, Nikolai, Martini, Gregorii, Galli, Exameron, Dyalogum, Curam pastoralem, Donatum et expositionem eius, Terencium, Avianum, Catonem, Aratorem in I° volumine, II versarios. I sequencionarium et I benedictionalem. Ausg.: MBKÖ, Bd. 5, S. 33f. Nr. 6, hier S. 34 Z. 26-30. Lit.: GOTTLIEB 1890, S. 47 Nr. 103; MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 3,1, S. 129f.

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Verzeichnisse zur Überlieferung

K18 Egmond, zwischen 1057 und 1105 Sub eodem stephano abbate magister baldewinus contulit monasterio egmondensi hos libros: [...] Item donatum utrumque, Catonem avianum in uno volumine. Ausg.: WILLIBRORD LAMPEN: Catalogus librorum abbatiae Sancti Adelberti Egmondanae. In: Antonianum 17 (1942), S. 39-72, hier S. 57. Lit.: GOTTLIEB 1890, S. 261f. Nr. 723; MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 3,1, S. 99-101.

K19 Blaubeuren, zwischen 1085 und 1101 Iste quippe sund codices sequentes quos sancto Joanni Baptistae diversi largitores tunc contulerunt: Dialectica. Duo apostoli glossati et continue glossae eiusdem. Sententiae divinae geminae. Decretorum duo libri. Matheus et continue eius glossae. Joannes. Hieremias propheta. Canonicae epistolae. Boetii consolationum liber. Salustius glossatus. Prudentii hymni. Eiusdem psichomachia. Tullius de amicitia, idem de senectute. Prosperi duo libri. Sedulius. Cato. Avianus. Albericus. Glossae apocalipsis. Troiana historia. Maior Donatus. Prisciani excerpta. Introductiones dialecticae, excerpta. Breviarium Joannis de S. Paulo. Cantica canticorum glossata. Psalterii glossae. Pars glossarum Vergilii. Macer de herbis. Pars psichomachiae Prudentii. Statii Achilleidos. Glossarius alphabetarius. Arator. Regulae declinationum et versuum. Macrobius. Ovis in lino. Ausg.: MBK, Bd. 1, S. 19 Nr. 4 Z. 13-27. Lit.: GOTTLIEB 1890, S. 370 Nr. 785; KRÄMER 1989/90, Bd. 1,1, S. 89f.; MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 3,1, S. 51f.

K20 Minden, Dombibliothek, 2. Hälfte 11. Jh. 24. Rhetorica de inventione, 25. Priscianus de constructione, 26. De litteris et syllabis, figuris et tropis et metris et 27. Maximianus in uno volumine. 28. Regule Prisciani. 29. Ovidius Metamorphoseon. 30. Ovidius Tristium. 31. Ovidius in amatoria. 32. Virgilius. 33. Lucanus. 34. Terentius. 35-36. Duo Sallustii. 37. 1 Arator. 38. 1 Avianus. 39. Donatus. 40. Martianus de nuptiis philologie. 41. Orosius. 42. Cassiodorus. 43-45. Duo Helperici cum regulis Bede. 46-47. Juvenalis et descriptio astrolabii in uno volumine. Ausg.: FRANZ PELSTER: Ein Schulbücherverzeichnis aus der Mindener Dombibliothek in der Mitte des 11. Jahrhunderts. (Cod. Vat. Pal. lat. 828). In: Scholastik. Vierteljahresschrift für Theologie und Philosophie 16 (1941), S. 534-553, hier S. 537f. Lit.: GOTTLIEB 1890, S. 370 Nr. 784; KRÄMER 1989/90, Bd. 1,2, S. 579f.; MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 3,1, S. 160.

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K21a-c Toul, 2. Hälfte 11. Jh. Libri gentilium poetarum. Virgilius Ainardi volumen I. [...] Juvenalis volumen I. Lucanus volumen I. Anianus cum Esopo et Hincmaro et Vualtario volumen I. Quatuor quaterniones Ovidii de amore volumen I. Item Vualtarius per se volumen I. Item cujusdam de astronomica cum paryesi Prisciani et Girberto de astrolapsu volumen I. Liber differentiarum Ciceronis cum epistolis Gunzonis et Hincmaro de fonte vitae cum Aniano et Prisciano de nomine et uerbo volumen I. Priscianus major cum libris de constructione volumen I. [...] Isidorus de Grammatica volumen I. Item Donatus cum declinationibus et Aniano volumen I. Item declinationes cujusdam volumen I. Ausg.: ROBERT FAWTIER: La bibliothèque et le trésor de l’abbaye de Saint-Èvre-LésToul à la fin du XIe siècle d’aprés le manuscrit latin 10929 de Munich. In: Mémoires de la Société d’Archéologie Lorraine et du Musée Historique Lorrain 4e sér. 61 (1911), S. 132-156, hier S. 145-148. Lit.: GOTTLIEB 1890, S. 147 Nr. 406; MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 3,1, S. 254f.

K22 Füssen, Ende 11. Jh. Virgilii pars. Tres Boetii. Pars de Prisciano. Donati IIII. Salustius unus. Sedulii III. Arator unus. Prosper unus. Duo Catones. Avianus unus. Ausg.: MBK, Bd. 3,1, S. 117f. Nr. 31, hier S. 118 Z. 12-15. Lit.: KRÄMER 1989/90, Bd. 1,1, S. 273-280; MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 3,1, S. 115f., und Bd. 3,2, S. 168.

K23 Blaubeuren, 11. Jh. Hii vero sequentes sunt libri quos frater Hugo divo Baptistae Joanni contulit, cum et se ibidum monachum induit: Priscianus in constructionibus. Boetii consolationum liber. Salustius cum suis glossis. Statii Thebaidos in duabus partibus. Eiusdem Achilleidos et glossae in eundem. Tullius de senectute idemque de amicitia. Ovidius fastorum et notulae eiusdem. Atque idem in epistolis, idem de Ponto, idemque de sine titulo. Pariter de amore atque de amoris remediis. Psichomachiae Prudentii et glossae eiusdem. Sedulius cum glossis. Homerus. Avianus. Cato. Aesopus. Dares. Theodolus. Prisciani excerpta. Regulae eiusdem. Sententiae philosophiae maiores et minores. Sententiae divinae geminae. Derivationes. Donatus. Exemplare super versus auctorum initia. Regulae declinationum. Regulae computi. Regulae abaci. Epistolarium. Medicinae libellus. Introductiones dialecticae. Proverbia sapientum. Glossae apocalypseos. Bucolica. Glossa Theodoriti. Pars glossarum magni. Ausg.: MBK, Bd. 1, S. 19f. Nr. 5, hier S. 19 Z. 29-S. 20 Z. 9. Lit.: GOTTLIEB 1890, S. 370 Nr. 785; KRÄMER 1989/90, Bd. 1,1, S. 89f.; MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 3,1, S. 51f.

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Verzeichnisse zur Überlieferung

K24 Chartres, 11. Jh. 50. 51. duo volumina Prisciani de XIIem versibus. 52-54. Franco et Saxo in tribus voluminibus. 55. de partibus orationis tractatus Scottisca littera. 56. arithmetica et Boetius de consolatione et Prosperus et Avienus in uno volumine. 57. Boetius alter de consolatione. Ausg.: BECKER 1885, S. 144f. Nr. 59, hier S. 144. Lit.: GOTTLIEB 1890, S. 99f. Nr. 271; MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 3,1, S. 69f., und Bd. 3,2, S. 162f.

K25 Nevers, Dombibliothek, 11. Jh. Hi sunt libri dmni abbatis Rostagni [...] Homerus. Remigius super Donatum. Expositio cantica canticorum cum Beda de orthographia. Numerus abbaci. Dialectica. Prosperi duo. Avianus. Pabula abbaci. Astrolabium. Salustius. Prudentius hymnorum [...]. Ausg.: L’Abbé BOUTILLIER: Le trésor de la cathédrale de Nevers. Anciens inventaires de ses livres, de ses joyaux et de ses ornaments. In: Bulletin de la Société Nivernaise des Lettres, sciences et arts. Troisième série 3 (1890), S. 213-281, hier S. 226. Lit.: GOTTLIEB 1890, S. 140 Nr. 388; MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 3,1, S. 172f.

K26a+b Le Puy, Dombibliothek, 11. Jh. Grammaticae libri. [...] Primus liber est Donati, in quo continetur liber Catonis, Aviani atque Prisciani liber minor. IIII. [...] Est et liber Catonis cum Prisciani de formatione et grammatici Focce et Persii Prudentiique de sichomachia atque Aviani libro. VI. Ausg.: DELISLE 1868/81, Bd. 2, S. 443-445, hier S. 443f. Lit.: GOTTLIEB 1890, S. 137 Nr. 379; MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 3,1, S. 193-195.

K27a-e Cluny, Bücherverzeichnis der Klosterbibliothek, erstellt wahrscheinlich unter Abt Hugo I von Semur (1049-1109), zwischen 1049 und 1109 [Nr. 288] Volumen in quo continetur orthographia Bede cum glossulis, liber fabularum Aviani, quiddam de musica, epistole plurime pulchre Warmacensis, quedam descriptiones metrice, et itidem ex grecis et latinis canonibus ac synodis Romanis. [...] [Nr. 526] Volumen in quo continentur Juvencus, Sedulius, Arator, Prosper, quoddam metrum Tertuliani, Cato, Avianus, quedam diverse collectiones versuum diversorum actorum, libri Archini episcopi, ars Isidori de grammatica et de disciplinis aliarum artium. [...] [Nr. 534] Volumen in quo continetur Juvencus, Avianus, Ovidius de exilio, Albinus et de grammatica. [...]

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[Nr. 545] Volumen in quo continetur Ovidius de arte amatoria et remedio amoris, et ille de exilio, habens in fine Avianum. [...] [Nr. 562] Volumen in quo continentur Avianus, Cato, et libri fabularum Esopi greci, et quiddam de Johanne evangelista. Ausg.: DELISLE 1868/81, Bd. 2, S. 458-481, hier S. 469 Nr. 288, S. 479 Nr. 526 und Nr. 534, und S. 480 Nr. 545 und Nr. 562. Lit.: GOTTLIEB 1890, S. 102f. Nr. 280; MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 3,1, S. 76-79, und Bd. 3,2, S. 164; VERONIKA VON BÜREN: Le catalogue de la bibliothèque de Cluny du XIe siècle reconstitué. In: Scriptorium 46 (1992), S. 256-267. Hs.: In Nr. 526 ist vielleicht eine Abschrift von Lei4 erfasst.

K28a-d Oberaltaich, Anfang 12. Jh. Edictio Donati. Liber I Donatus. Liber Prisciani. Liber Terentii. Liber de ortografia Prisciani. Sedulius et Donatus et Cato in uno volumine. Duo Salustii. Liber Cato et Avianus in uno volumine. II iterum Aviani. Liber Virgilii. Excerptio in dialecticam. Oracii liber. Avianus et Maximianus in uno volumine. Liber Ovidii. II. Porfirii cum commento. III Prosperi. Duo libri psikimachie. Invectiva in Catilinam. Dialectica Boetii. Liber ysagogarum Porfirii. Liber Lidu. Ausg.: MBK, Bd. 4,1, 83f. Nr. 17, hier S. 84 Z. 34-40. Lit.: GOTTLIEB 1890, S. 56f. Nr. 134; KRÄMER 1989/90, Bd. 1,2 S. 633; MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 3,1, S. 176.

K29a+b Engelberg, Schulbücherverzeichnis von Abt Frowin, zwischen 1142 und 1178 Liber de natura bestiarum. Regule maiores de declinationibus. Avianus bis. Sophismata. Dialectice derivationes. Glosse super Porfirium et predicamenta. Descriptio mundi superoiris. Statius Achilleidos. Omerus bis. Avianus novus. Sedulius bis. Augustinus super epistolam Jacobi. Retorica Tulli ad Erennium. Fabule poetarum. Regule de dictionibus. Novus Cato. Expositiones argumentorum vel lucidarius. Prosper. Tatius Tebaidos. Sermones evangeliorum. Lucanus. Glosse super Juvenalem. Expositio fabularum. Cato. Glosse super Ovidium magnum. Introductiones. Tullius de amicitia. Regule de declinatione [...]. Ausg.: MBK, Bd. 1, S. 30-33, hier S. 33 Z. 7-15. Lit.: GOTTLIEB 1890, S. 31f. Nr. 56; MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 3,1, S. 102f.

K30

Pfävers, Verzeichnis des Schatzes unter Abt Heinrich (11511183), 1155 Hic continetur thesaurus Fabariensis aecclesiae, qui inventus est sub abbate Henrico anno MCLV: [...] Libri auctorum: Virgilius; Iuvenalis et Persius in uno volumine. Stacius Thebaidos et quatuor quaterniones eiusdem

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Verzeichnisse zur Überlieferung

operis. Liber Terentii. Expositio Servii super bucolica. Lucanus. Oratius. Salustius. Saedulius et Ovidius de remediis simul ligati. Duo libri Aratoris. Ovidius epistolarum et Maximianus in uno volumine. Item Ovidius epistolarum et Statius Achilleidos in uno volumine. Servius cum exemplis primae sillabae in uno volumine. Cato. Item Cato et Avianus in uno volumine. Waltarius. Omerus. Fulgentius et Troiana historia in uno volumine. Editio Donati. Bucolica Theocriti. Beda de metrica arte [...]. Ausg.: MBK, Bd. 1, S. 485f. Nr. 96, hier S. 485 Z. 15f. und S. 486 Z. 1-11. Lit.: GOTTLIEB 1890, S. 62f. Nr. 154; MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 3,1, S. 184f., und Bd. 3,2, S. 174.

K31a+b Durham, 3. Viertel 12. Jh. [...] 340. Maximianus. 341. alius Maximus cum Omero. 342-45. Lucani quatuor. - 346. Iuvenalis. 347. Sedulius. 348. Prudentius. 349.50. Aratores duo. 351.52. Claudii duo. 353.54. Aviani duo. 355.56. Oratii integri duo. 357. odae Oratii. 358. Donatus. 359. glosae super Lucanum. 360. glosae super poetriam. 361. regulae de grammatica. 362. Persius. 363. liber de vastatione Troiae 364. Prosper cum Aratore. 365. Cato cum Theod. & Persio. 366. Ovidius de nuce. 367. Prosper. Ausg.: BECKER 1885, S. 239-245 Nr. 117, hier S. 242. Lit.: GOTTLIEB 1890, S. 161f. Nr. 460; MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 3,1, S. 94-97, und Bd. 3,2, S. 165.

K32 Whitby, 12. Jh. Isti sunt libri grammatici: Prudencius in ii locis. Sedulius in ii locis. Prosper. Theodolus. Vita sancte Marie Egiptiace in uersibus. Liber Aratoris. Liber Bernardi super Theodolum. Priscianus. Item de accentibus. Boecius de trinitate. Item de consolatione. Liber Platonis. Item Iuuenalis. Stacius Achileides. Tullius de amicicia et alius de senectute. De paradoxis. Bucolice. Oratius. Auianus. Maximianus. Donacus. Cato. Remigius super Donatum. Homerus. Persius. Deriuationes. Natura bestiarum. Proemium arithmetice et musice proemium in uno uolumine. Ausg.: CBMLC, Bd. 4, S. 640-642 (Avian: S. 641 Nr. 77). Lit.: CBMLC, Bd. 4, S. 633f.; GOTTLIEB 1890, S. 175f. Nr. 510; MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 3,1, S. 273.

K33a+b Bamberg, Benediktiner: Ruotgers Bücherverzeichnis der Bibliothek des Klosters, 1172-1201 (?) Hi sunt libri, quos Rutgerus in librario invenit, sub Wolframo abbate: Donati I. Euticii I. Catonis II. Aviani II. Prosperi II. Sedulii I. Aratoris II. Terentii III. Salustii II. Euagrii commentum super Terentium. Virgilii

Avian: ›Fabulae‹

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III. Servii commentum super Virgil III. Boetii IIII. Oratii II. Statii III. Persii II. Juvenalis II. Martiani III. Prisciani IIII. Isidori IIII. [...]. Ausg.: MBK, Bd. 3,2, S. 365-368 Nr. 91, hier S. 366 Z. 38-S. 367 Z. 2. Lit.: GOTTLIEB 1890, S. 22 Nr. 18; KRÄMER 1989/90, Bd. 1,1, S. 52-55; MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 3,1, S. 39-41.

K34a+b Wessobrunn, Bücherverzeichnis der Klosterbibliothek, um 1180 Priscianus maior et minor. Donati III. Donatus maior er minor cum commento Remigii, I volumen. Commentum Remigii. Isagogae Porphirii cum commentario Boetii maiore et minore. Cathegoriae Aristotilis. Persii II. Oratius. Statius. Terentii II. Juvenalis. Alcimus. Maximianus. Homeri II. Virgilii II in IIII divisi. Macrobius. Juvencus. Commentum super Statium. Aratores II. Prosperi III. Sedulii II. Salustii II. Catilinarius, I volumen. Psichimachiae libri II. Aviani II. Cato. Boetii II. Servius super Virgilium. Tonarius. Declinationes, volumen. Tullius. Martianus. Albuinus. Ausg.: MBK, Bd. 3,1, S. 184f. Nr. 62, hier S. 185 Z. 4-13. Lit.: GOTTLIEB 1890, S. 81 Nr. 215; KRÄMER 1989/90, Bd. 1,2, S. 831; MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 3,1, S. 217-273.

K35 Arnstein, Prämonstratenser, vor 1196 Isti sunt libri scolarum, quos contulit Richolfus abbas ecclesie nostre cum seculo renuntiaret. Introductiones dialetice artis. Porphirium cum glosis suis. Predicamenta aristotelis cum ceteris libris suis. et glosas eorum. Rethoricam tullij Duos boecios consolationum cum glosis suis. Priscianum magnum cum g. s. Priscianum constructionum cum g. s. Priscianum super XII. versus uirgilij. Tullium de amjcitia cum g. s. Tullium de senectute. Libros de musica. cum g. s. Remigium super donatum. Libros de arte numerandi. Librum deriuationum. Librum de arte dictandi. Librum de compoto. Serujum super artem verificandi. Regulas versuum. Regulas partium. Glose super Glosas psalterij. Salustium cum g. s. Duos aratores. Juuencum unum. Tres sedulios cum g. s. Tres prudentios sichomachie. Prudentium historiarum. Duos prosperos. Duos zozimas. fisiologum unum. fulgentium super fabulas. Lapidarium. fabularium. focam super grammaticam. Terentium cum g. s. Libros uirgilij. Eneidem. Georica. Bucolica cum suis g. Libros oratij. Odas cum g. s. Poetriam cum g. s. Epistolas cum g. s. Sermones cum g. s. Libros ouidij. Ouidium fastorum. Ouidium de ponto preterea alios auianum. Catonem. Omerum. Preterea librum ualde utilem ad docendum. et per latinum et per teutonicum. Ausg.: GOTTLIEB 1890, S. 294. Lit.: BRUNO KRINGS: Das Prämonstratenserstift Arnstein a. d. Lahn im Mittelalter (1139-1527). Wiesbaden 1990 (Veröffentlichungen der Historischen Kommis-

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Verzeichnisse zur Überlieferung

sion für Nassau 48), S. 213-224 (zur Bibliothek), S. 241-243 (zu den Bücherverzeichnissen), S. 322-326 (zur Klosterschule).

K36 Canterbury, 2. Hälfte 12. Jh. Cato glosatus. Theodolus cum multis aliis in asseribus. Avianus cum multis aliis in asseribus. Glose super Theodolum. Ouidius Epistolarum. Samsonis. Ouidius Tristium non totus. Liber in euidenciam auctorum [...]. Ausg.: MONTAGUE RHODES JAMES: The ancient libraries of Canterbury and Dover. The catalogues of the libraries of Christ Church Priory and St Augustine’s Abbey at Canterbury and of St Martin’s Priory at Dover. Cambridge 1903, S. 11. Lit.: GOTTLIEB 1890, S. 158f. (Nr. 450); MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 3,1, S. 63-65.

K37

St. Lambrecht, Bücherverzeichnis der Klosterbibliothek, 2. Hälfte 12. Jh. Cronica Karoli. Expositio super missam. Abicus. Donatus maior. Remigius super Donatum. Liber Catonis I. Avianus. Libri Sedulii III. Theodolus. Et Phisiologus. Et Cato. Libri Boecii duo in uno volumine. Liber Tullius de amicicia. Ovidius. Hystoria Romanorum. Cronica Ottonis. Gesta Anglorum. Ausg.: MBKÖ, Bd. 3, S. 82 Z. 28-33. Lit.: MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 3,1, S. 231f.

K38 Piacenza, Augustiner-Chorherren, 2. Hälfte 12. Jh. Glose Rethorice. Glose Boetii. Glose Platonis. Glose de musica. Glose de Macrobio. Comentum super tonos cum regolis de Musica. Glose de Astrologia. Abbacus. Rationes abbaci. Glose Prisciani duplices. Glose Prisciani de uerbo et participio et pronomine. Regule declinandi multiplices. Deriuationes. Priscianus minor. Rationes dictandi in multiplices. Enigmata Simphosii cum cen ... metro. Seruii Marii et cum Prisciano de accentu. Virgilius. Ouidius maior. Boecius. Oracius. Persius cum the ... et Pertius amicitia. Inuectiue Tullii. Tullius de senectute. Prius de descriptione orbis terrarum et maris. Catilinarius. Homerus. Theodorus Phisiologus. Seruius super Eneida Virgilii. Glose Iuvenalis II. Glose Oratii II. Glose Terentii III. Glose Ovidii maioris. Glose Homeri et Auiani, et Ouidii de arte amandi. Rethorica Albini cum septem miraculis mundi et cum Rabano de computo. Istoria de excidio Troie. Liber qui sic incipit: »Probabile satis est«, in quo multa continentur. Apuleius de Deo Socratis. Ausg.: ARTURO CARLO QUINTAVALLE: Miniature a Piacenza. I codici dell’archivio capitolare con una nota sulla liturgia piacentina e la paleografia di Domenico Ponzini. Venedig 1963 (Raccolta Pisani di saggi e studi 10), S. 37-38, hier S. 38.

Avian: ›Fabulae‹

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K39a+b Anchin, 12. Jh. 78. Cato cum Avieno I. 79. cum Aratore. 80. item cum Remigio in se et glosario. 81. unus cum fabul. 82. unus per se. 83. Avienus I cum Catone. 84. unus cum exceptinib. de metrica arte et dialogo Albini et Karoli. Simphosius null. per se. cum aliis libris III. Ausg.: BECKER 1885, S. 249 Nr. 121. Lit.: GOTTLIEB 1890, S. 89 Nr. 241; MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 3,1, S. 26, und Bd. 3,2, S. 160.

K40 Lothringen (vielleicht Lüttich), unbekannte Bibliothek, 12. Jh. [60] Pompeius super Donatum [61] Rhetorica Tullii. [62] Item rethorice Tullii cum periermeniis Apuleii. [63] Servius de metrica arte. [64] Esopus. [65] Donatus. [66] Avianus. [67] Itel Arithmetica Boetii. Beda de metris et sillabis. [68] Secunda editio Boetii in periermenias Aristotelis. Musica Guidonis cum dyalogo suo. Ausg.: ANNE-CATHERINE FRAEYS DE VEUBEKE: Un catalogue de bibliothèque scolaire inédit du XIIe siècle. In: Scriptorium 35 (1981), S. 23-38, hier S. 37f.

K41 Muri, Bücherverzeichnis der Klosterbibliothek, 12. Jh. Glose super Priscianum. Priscianus. Duo libri Prudencii et in uno ex his psichomachia. Sedulius in uno volumine. Tres libri aratoris, Prosper, constructiones Prisciani. Higinus, Cato et Avianus in uno libello. Esopus. Duo libri de Walthario. Duo libri Homeri. Maximianus. Conpotus Helpricus. Donatus. Marcianus. Ovidius epistolarum. Salustius [...]. Ausg.: MBK, Bd. 1, S. 210-212, hier S. 212 Z. 22-27. Lit.: GOTTLIEB 1890, S. 53f. Nr. 124; MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 3,1, S. 169f.

K42a+b Salzburg, Bücherverzeichnis der Stiftsbibliothek, 12. Jh. Hic est numerus librorum qui continentur in bibliothaeca Salzpurgensis ecclesie ad s. Petrum: [...] Hii sunt scolares libri istius ecclesie. [...] Tullius de amicitia et de senectute et invectivarum in uno volumine. Expositio super artem Euclidis. Servius. Ysidorus ethimologiarum. Homerus. Duo Aviani. Plato. Metaphisica et topica Aristotilis. Fabularius. Donati VI. Erchenbertus magister super Donatum. Dialectica Augustini. Tragedia. Gramatica Euticetis. Plato. Scansiones metrorum. Alchorismus. Dialogus super Priscianum. Libellus de dialectica, qui sic incipit ‘Primo considerandum est in hac arte’. Ausg.: MBKÖ, Bd. 4, S. 66-72 Nr. 13, hier S. 67 Z. 36f., und S. 71 Z. 37-S. 72 Z. 21. Lit.: GOTTLIEB 1890, S. 70 Nr. 178; MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 3,1, S. 240f.

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K43

Vorau, Augustiner-Chorherren, Bücher des Vorauer Kanonikers und »meister[s]« Goppoldus, 12. Jh. Donatus. Donatus. Donatus. Theodolus. Prosper. Poetria Oracii et epistule eiusdem in uno volumine. Regule Parcium. Statius: Achilleidos. Invective Tullii. Tullius de amicicia et de senectute in uno volumine. Partes Ovidii magni VII. Glose eiusdem. Persius. Prudentius psicomachie. Pars Lucani. Salustius catilinarius. Exigentie. Regule preteritorum. Divine sententie. Bucolica Virgilii. Libros hoc contulit maister Goppoldus c. s. Marie. Sunt item alii libri. Ovidius sine titulo. Bucolica Virgilii. Cato. Avianus. Statius: Achilleidos. Exigentie. Item sermonarius libri dictaminum. Ausg.: MBKÖ, Bd. 3, S. 97 Nr. 16 Z. 35-44. Lit.: MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 3,1, S. 267-269.

K44a+b Italien, unbekannte Bibliothek,727 12. Jh. Hi sunt libri: 1. Boetii duo. 2. Aratores duo. 3. Prosper I. 4. Sedulii II. 5. Agroetii II. 6. Liber de dialectica I. 7. Virgilius I. 8. Statius I. 9. Persii II. 10. Avieni II. 11. Priscianulus I. 12. Beda I. 13. Donatus major I. 14. Donatus minor I. 15. Cato I. 16. Conjugationes I. 17. Liber de rethorica I. Ausg.: DELISLE 1868/81, Bd. 2, S. 509. Lit.: GOTTLIEB 1890, S. 152 Nr. 425; MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 3,1, S. 291.

K45 Beinwil, um 1200 Oratius integer. Lucanus. Virgilius. Salustius. / Homerus. Stacius Achilleidos. / Avianus. / Persius. / Maximianus. Esopus. Fabularius. Glose Luca/ni. Glose Salustii. Glose terencii et Stacii Thebaidos. / Item glose Terencii. Pars lapidarii. Romanum. Ausg.: PAUL LEHMANN: Die Bibliothek des Klosters Beinwil um 1200. In: P. L.: Erforschung des Mittelalters. Ausgewählte Abhandlungen und Aufsätze. Bd. 2. Stuttgart 1959, S. 157-170, hier S. 160.

K46

Klosterneuburg, Augustiner-Chorherren, Verzeichnis der Schulbibliothek (?), um 1200 Introductiones, apostolus et cantica canticorum glosata in uno volumine. Sententie Anshelmi. Boetius cum glosis suis. Liber categoricorum sillogismorum. Glose super Porfirium. Porphirius parsque glosarum eius. Arator. Ode Oratii. Pars Aratoris. Pars Boetii. Bini Sedulii. Iuvencus.

_____________ 727

Überlieferung in Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. lat. 7748, Bl. 1ra. Die Schreibheimat des Kodex MUNK OLSEN zufolge Italien; vgl. auch DELISLE (»a appertenu à François Pétrarque«).

Avian: ›Fabulae‹

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Invectiva Sal contra Catilinam. Maiores introductiones. Gemini Prudentii cum glosis. Cato, Avianus. Maior Donatus. Priscianus constructionum. Prosper. Gemine regule. Theodolus, Maximianus, item Cato. Lucanus parsque glosarum eius. Ovidius magnus. Ovidius epistolarum, Ovidius de remediis, Ovidius sin titulo et Oratius totus, in uno volumine. Ausg.: MBKÖ, Bd. 1, S. 99f. Nr. 14, hier S. 100 Z. 18-28. Lit.: GOTTLIEB 1890, S. 43 Nr. 93; MUNK OLSEN 1982/89, Bd. 3,1, S. 128f.

K47 Wessobrunn, um 1240 Libri scolastici Bucolica et Georica Virgilii. Ovidius in Ibin in uno volumine. Duo Eneida. Duo Ovidii epistolarum. Glose in Ovidium magnum et librum fastorum. Prosper. Ovidius de arte amandi. Avianus. Phisiologus. Aurora. Novvus Fabularius. Ausg.: MBK, Bd. 3, S. 189 Z. 35-38.

K48 Egmond, St. Adalbert, 1240-63 Sub abbate lubberto secundo nicolaus presbiter de saynden monachus factus contulit ecclesie egmondensi hos libros, scilicet: [...] 197. Item libellum in quo continentur glose super cathonem, super avianum, super stathium achylleidos, super ovidium, super virgilium in georgica et bucolica. Ausg.: WILLIBRORD LAMPEN: Catalogus librorum abbatiae Sancti Adelberti Egmondanae. In: Antonianum 17 (1942), S. 39-72, hier S. 68.

K49 Glastonbury, Bücherbestand der Konventsbibliothek, 1247/48 Logica Liber Platonis scilicet Thimeus. bonus. [...] Priscianus Prisciani magni ii°. unus bonus, unus uetustus. [...] Donatus Liber Donati et Ysidori hispalensis de gramatica et Priscianus de nomine et pronomine et uerbo. uetus set legibilis. [...] Gramatica Duo libri Smaragdi de gramatica, unus bonus, alius inutilis. K Remigius Commentum Remigii super uiii partes oracionis et super Priscianum minorem. [...] Exposicio Seruii super libros Virgilii. bona. Liber Persii. bonus. Anticlaudianus. bonus.

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Claudianus maior. bonus. Liber Auiani et uita Sancti Wilfridi metrice. bonus. Liber Catonis cum bestiario. bonus. Cornutus super Focam. Item Cornutus super Focam et Priscianus de xii uersibus Virgilii et Fulgencius super fabulas philosophice expositas et quedam alia. Liber Osopis Atheniensis de fabulis. [...] Amissi Beda de arte rethorica [...] Ausg.: CBMLC, Bd. 4, S. 202-211 (Avian S. 209 Nr. 334a). Lit.: CBMLC, Bd. 4, S. 157-160 und S. 167-169.

K50 Canterbury, Christ Church, nach 1285 [LXXV] In hoc volumine continentur: Epistola Regis Alexandri ad Dindimum Regem Bragmannorum. Probus [?] versifice de novo et veteri testamento. Anianus de fabulus. Tractatus de simillitudinibus verborum versifice. Epistole te tempore Baldewini majores. - de tempore Baldewini minores. - Cassiodori, lib. ix. Ethicus de Cosmographia. Ausg.: EDWARD EDWARDS: Memoirs of libraries: Including a handbook of library economy. Bd. 1. London 1859, S. 137.

K51

Zürich, Großmünster/Chorherrenstift, Mitte oder 2. Hälfte 13. Jh. Macer. Porphirius cum introductionibus. Derivationes cum sermonibus et regulis physice. Introductiones cum duabus fallaciis. Leontius de vita Johannis. Persius cum summa dictaminum. De VII miraculis mundi. Sententie de creatione. Abecedarius. Prudentius psycomachia. ato. Avianus. Josue. Lapidarius. Versus de trinitate. De natura rerum. De monachis. De missa. [...]. Ausg.: MBK, Bd. 1, S. 462 Z. 36-S. 463 Z. 3.

K52 Hamersleben, Augustiner-Chorherren, 13. Jh. 37-39. Boethium de consolatione in 3 voluminibus. 40.41. glossas duplices super eodem. 42-44. duos vel tres Prosperos. 45-48. quatuor Sedulios. 49. Lucanum cum glossis. 50-53. tres vel quatuor Prudentios sichom achrie. 54-56. tres Homeros. 57. Avinium. 58. Aesopum. 59. passionem S. Agnetis. 60. Prudentium historiarum. 61. Prudentius contra Marcionitas. 62.63. duos Statios Achilleidos cum glossis. 64. librum, qui sic inc.: Parve nev invideo. 65. Poetam veterem cum glossa. 66.67. duos, qui sic inc.: Titure tu patulae. 68. Alexium vitam Theophili. martyrium S. Pancratii

Avian: ›Fabulae‹

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in uno volumine. Ausg.: BECKER 1885, S. 141, Nr. 56.

K53 Frankreich, unbekannte Bibliothek, Ende 13./Anfang 14. Jh. Zu einer französischen Bücherliste vom Ende des 13. oder aus dem beginnenden 14. Jahrhundert in einer Touroner Handschrift schreibt RAND: »The elementary books are what we should expect in a list of that time – Cato, Theodulus, Avianus, Statius, Claudian, Maximianus, Pamphilus, Ysopus, and Tobias. [...] Various grammatical and ecclesiastical text-books are then given, including a number of those of John of Garland as well as those which he thought he had transcended – those good old stand-byes, Doctrinale and Grecismus. Alexander Neckam is named, though without the title of the work. [...] All this preliminary training leads up to the reading of the great authors [...]. The number is unusually extensive: more works of Statius and Claudian, the Anti-Claudian of Alan of Lille, Juvenal, Lucan, Persius, Petronius, Horace (all the works, Odes included), Virgil (all the works), Boethius, the Consolation of Philosophy and the supposedly Boethian work De disciplina Scholarium, Macrobius, Plato ‘in tymeo’, certain works on the quadrivium, Bernard Sylvester, Matthew again, Martianus Capella, and, for a bonne bouche at the end, Martial ‘the Cook.’« Lit.: EDWARD KENNARD RAND: The classics in the thirteenth century. In: Speculum 4 (1929), S. 249-269 (das Zitat S. 265f.); DERS.: A survey of the manuscripts of Tours. Bd. 1: Text. Cambridge/Mass. 1929 (Studies in the script of Tours 1). Hs.: Auf die Bibliothek des Touroner Klosters kann sich der Eintrag nicht beziehen, denn »No mediaeval lists of books of Tours have come down to us, like those of Fleury, Cluny or Corbie [...]« (RAND: The classics, S. 3f.).

K54 Fürstenfeld, Zisterzienser, 1308 Anno Domini M°CCC°VIII° frater Grimoldus secum libros attulit infra scriptos. [...] Poetria novella II. Summa Guidonis III. Item alia incipiens ‘Tulliae florem’. Item alia ‘Si mihi altitonans’. Summa Iohanis Anglici sive poetria de arte prosaica, metrica et rithmica cum aliis plurimis. Virgiliani Eneida, bucolica, georica (II) complete. Oracius in poetria, in epistolis. Iuvenalis. Ovidius epistolarum (IIII), de remediis, liber Thobie in uno volumine. Ovidium de nuce, novus Cato, synodius. Theodulus (III) cum comentis, Stacius Achilleidos et Homerus in uno volumine. Prudencius sichomachie (II) et historiarum (II). Summa Remundi. Liber sacrificiorum III. Cato. Phisiologum (II), Esopum, Avianum. Prosper II. Contentus mundi cum aliis pluribus. Sedulius. Versus differenciales II. Algorismus II. Spera II. Quadrans I. Compotus III. Aristotiles philosophus de bona fortuna. Boecius de consolacione. de disciplina scolarium (II) cum commentis (II). [...]. Ausg.: MBK, Bd. 4, S. 659 Z. 166-185.

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K55 Paris, Buchbesitz des Pierre de Limoges, 1338 Priscianus major. Esopus. Gramatica Alberti. Logica ejusdem. Ovidius de arte. Ovidius major. Avianus. Geta. Marcialis. Coqus. Ovidius de vetula. Liber ludorum Henrici de Malines. Arismetica Jordani. Ovidius de pulice. Ovidius de sompno. Sed uterque istorum duorum, scilicet Ovidius de pulice et Ovidius de sompno, non tenent nisi unum folium. Maximianus. Stacius. Homerus de bello Danaum qui incipit: Iram pande mihi, et sunt 8 libri. Ausg.: DELISLE 1868/81, Bd. 2, S. 169.

K56

Paris, Bibliothèque du Collège de Hubant dit de l’Ave Maria, 1346 [cod. 56] Omnia ista in uno volumine cooperto rubeo: Item Pater noster glosatus, Ars dicandi, Chato glosatus, quidem dirimaciones (sic), Cartula, Theodolus glosatus glosatus (sic), legeram glosatus, Rustica deflenti728, Declinationes quorumde verborum, Facetus in latino, Facetus in gallico, Chato in gallico, Ars notaria. Ausg.: ÉLISABETH PELLEGRIN: La bibliothèque du College de Hubant, dit de l’»Ave Maria« à Paris. In: PELLEGRIN 1988, S. 69-75, hier S. 74.

K57 London, Buchvermächtnis des William de Ravenstone, 1358 VI.10. Item donatum glosatum 11. Magnum doctrinale 12. grecismo in vno volumine. VII.13. Item librum Catonis 14. Theodoli 15. auiani 16. Maximiani 17. stacij. 18. Claudiani 19. paruum doctrinale in vno volumine. VIII.20. Item liber algorismi 21. Magnum doctrinale 22. Grecismum 23. Alexandrum nequam cum glosa sequente 24. Phale tholum 25. librum salutum cum 26. ympnario et 27. accentario in vno volumine. Ausg.: EDITH RICKERT: Chaucer at school. In: Modern Philology 29 (1932), S. 257274, hier S. 266.

K58 Prag, Universitätsbibliothek, 1370 Sextus ordo. Valerius maximus cum glosa. Valerius maximus et Boetius de consolacione. Exposicio diuersi Boecij. Vegecius de re militari et Cronica martiniana. Macrobius de sompno Cipionis. Salustius. Ovidius metamorfoses. Ovidius de remediis cum alijs. Palpanista Bernardi cum aliis. Auianus. Expositio Oracij. Gloza super poetriam e. Anticlaudianum. Proverbia poetarum. Ausg.: Intelligenz-Blatt zum Serapeum 11 (1850), S. 75.

_____________ 728

Angegeben ist das Incipit von Avian Nr. I: Rustica deflenti parvo iuraverat olim [...].

Avian: ›Fabulae‹

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K59a+b York, Augustiner-Eremiten, 1372 und später Grammatica [...] Libri magistri Johannis Erghome [...] 508 a Epistole heroidum Ouidii b Super librum in Ybin c Super librum Catonis d Super librum Auiani e Super Ouidium de Ponto f Super metamorphoseos Ouidii g Super libros fastoum Ouidii h Epistole Horacii [...] Rethorica 518 a Tabula poetarum b liber Catonis c liber Theodoli d liber Auiani e liber Maxi f liber Claudiani de raptu Proserpine g Stacii achilleidos libri 5 h Commentum Bernardi super Theodolum [...] Libri magistri Johannis Erghom in Rethorica [...] Ausg.: CBMLC, Bd. 1, S. 128 Nr. A8,508, und S. 130 Nr. A8,518.

K60a-c Paris, Bibliothèque Royale, [Eintrag Nr. 1] 1373 u. ö. [1380, 1411, 1413, 1424], [Eintrag Nr. 2] 1373 [und 1380], [Eintrag Nr. 3] 1373 u. ö. [1380, 1411, 1413] Ovidius de vetula rustica deflenti729 [...] De Regnart et Ysopet, Aviennet, moralités rimées [...] Les compilacions d’Ysopet et Aviennet, en françois et en latin, rimées, historiées de noir Ausg.: DELISLE 1869/81, Bd. 3, S. 163 Nr. 1061, S. 168 Nr. 1179 mit Anm. 1, und S. 170 Nr. 1225. Hs. Eintrag Nr. 3 erfasst vielleicht den ›Ysopet-Avionnet‹ aus Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. Fr. 1594.

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Angegeben ist das Incipit von Avian Nr. I: Rustica deflenti parvo iuraverat olim [...].

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K61 Leiden, Testament des Philipp von Leiden, 1380 Diversi auctores pro muneribus. Speculum puerorum. Synonyma aequivoca, lamentationes Poetae novae, verna Geta, Cato vetus, Teodolus, morale speculum, novus Cato facetus, chartula sub brevitate stili rustica730 Aesopus legerat, ut delectari allegorismis, speculum Ecclesiae, chartula adhuc, & facetus. Aesopus abbreviatus a Phebo. Cyclus solaris auctus scorum poeniteas. Summula de summa. Summa dictandi de arte calculandi. Musa Vianensis Labernitus qui incipit, pyerens, res rerum natura omne punctum Persius. Vita Mariae Aegyptiacae, & incipit, grates multimodis. Haec omnia in uno volumine, combinarii & combinaferi propter memoriam Fratrum meorum bonae memoriae, duorum Theodrici Poes, & Gerardi dicti Hoechstraet, Presbyterorum. Similiter cum in istis pateat scriptura illorum & munus & insuper mea quae inter ceteras minus decora, & ut diligentia & labor eorum sciatur juvenilis. Ausg.: Historia episcopatuum foederati Belgii; utpote metropolitani Ultrajectini, nec non suffraganeorum Harlemensis, Daventriensis, Leovardiensis, Groningensis et Middelburgensis [...]. Bd. 1. Antwerpen 1733, S. 471.

K62a-d Dover, 1389 389 Liber theodoli J. Whyt’ [inc.] Ethiopum terras. Liber aueneti [inc.] Rustica deflenti. Liber equiuocorum [inc.] Augustus ti to. Gressismus ebrardi [inc.] Quoniam ignorancie [...]. Stacius achilleydos [inc.] Magnanimum ecia [sic]. [...] 417 Glose lucani poete [inc.] Secundum exposicionem. Vnus omnium [inc.] Comoda dicemus. Cato glosatus [inc.] Cum animaduerterem. Liber theodoli glosatus [inc.] Ethiopum terras. Auenetus glosatus [inc.] Rustica deflenti. Maximianus glosatus [inc.] Emula quid cesses. Facetus uel parus moralis [inc.] Cum nichil vtilius. [...] 433 Cato stephani Reynham [inc.] Cum animaduerterem. Liber theodoli [inc.] Ethiopum terras. Glosa super eodem theodolo [inc.] Quoniam in hoc opere. Liber apologorum aueneti [inc.] Rustica deflenti. Maximinianus de incomodis [inc.] Emula quid cessas. Stacius in surculis [Achilleis] [inc.] Magnanimum eacidem. Glosa magni doctrinalis [inc.] Scribere etc. liber iste. Paulus de penis inferni [inc.] Dies dominicus dies est. Summa gwydonis de ar. [inc.] Epistola est oracio. Impnare glosatum [inc.] Conditor alme si-. [...]

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Angegeben ist das Incipit von Avian Nr. I: Rustica deflenti parvo iuraverat olim [...].

Avian: ›Fabulae‹

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440 Alphabetum papie [inc.] Alphabetum incipit. Tractatus super quibusdam tit’ [inc.] Hoc opusculum. Biblia versificata [inc.] Excipit abissus. Liber thobie versificatus [inc.] Ex agro veteri. Prs kalendaris et algorismus [inc.] Dicente boicio. Partes oracionis secundum donatum [inc.] Vt ad sapienciam. pologi eueneti exposicio [inc.] In autorum quidem. Phaletolum [inc.] Phaletolum. Item idem phaletolum [inc.] Phaletolum. Stacius achilleidos [inc.] Magnanimum eac’. Claudianus de raptu proserpine [inc.] Inuenta secuit. Maximianus uel ouidius [inc.] Emula quid cess-. Urbanus magnus [inc.] Moribus ornavi. Liber sinonomorum [inc.] Ad mare ne vide-. Ausg.: MONTAGUE RHODES JAMES: The ancient libraries of Canterbury and Dover. The catalogues of the libraries of Christ Church Priory and St Augustine’s Abbey at Canterbury and of St Martin’s Priory at Dover. Cambridge 1903, S. 487, 491, 492f. und 494.

K63

Frankreich oder Belgien, unbekannte Bibliothek731, 1. Hälfte 14. Jh. Nota quod habeo istos libros. Primo musicale et usuale, duo gradualia et 2 grecismos et exposicionem grecismi, scilicet primi et secundi libri. Item tractatus et Symonem desuper. Item tractatus magistri Alberti. Item Boecium bonum et duos mediocres. Item librum de generacione et corrupcione celi et Thomam super eo. Item librum de anima. Item phisicorum. Item posteriorum. Item textum de causis bonum. Item questiones super de generacione et corrupcione celi. Item librum pery ermenias. Item duas summas Remundi. Item bonam summam dictaminis. Item questiones theoloycales. Item doctrinale bonum et duas glosas desuper. Item duos bonos glosatos autores, scilicet Esopum et Avianum. Item duos compotos ecclesiasticos cum exposicione. Item duos algorismos et exposicionem. Item flores grammaticales cum exposicione. Item multas exposiciones vocabulorum in duobus voluminibus. Item verba secundum ordinem alphabeti in papiro et in uno pergameno. Item psalterium unum. Item librum de unitate et uno. Item modos significandi et parvam exposicionem. Item Pamvilum. Item autorem qui incipit ‘Papa stupor’ etc. Item questiones parvas super Phorphirrium. Item duos cursos de beata virgine. Item quedam dicta super phisicorum. Item unum magnum quaternum qui incipit ‘Anima est locus’. Item quendam librum qui incipit ‘Quoniam autem intelligere’ etc. Item exposiones ymnorum et sequenciarum. Item sequenciarum in pergameno. Item tonarium in papiro. Ausg.: PAUL LEHMANN: Skandinavische Reisefrüchte I. In: Nordisk tidskrift för bokoch biblioteksväsen 21 (1934), S. 165-176, hier S. 175.

_____________ 731

Überlieferung in Kopenhagen, Kongelige Bibliothek, Gl. Kgl. Saml. 2027, 4°, Bl. 118r.

900

Verzeichnisse zur Überlieferung

K64 Peterborough, 14. Jh. K VII. Cato per aequipollentiam, libri 4. Liber Amani de fabula, S. Rustica deflenti. Persius. Ausg.: Intelligenz-Blatt zum Serapeum 12 (1851), S. 172.

K65 Paris, Collège de Sorbonne, 14. Jh. Auctores grammaticales in metro [...] Cato [...] Theodulus [...] Avianus [...] Esopus [...] Maximianus [...] Panphilus [...] Geta [...] Ovidius metamorphoseos [...] Ausg.: DELISLE 1868/81, Bd. 3, S. 80.

K66a+b Italien, unbekannte Bibliothek, 14. Jh. [...] quedam artes dictaminis / vnus teodorus / Maximianus d a’iis, auianus. [...] Sacrifitiolus. Esopus. scauus. prudentius de sicomachia. Facetus. pamphilus. columbe prudentius. physiologus. Theodorus. Auianus. cartula. doctrina rudium in uno uolumine. Ausg.: A. GOLDMANN: Drei italienische Handschriftenkataloge s. XIII-XV. In: ZfB 4 (1887), S. 137-155, hier S. 141f. Lit.: GOTTLIEB 1890, S. 253 Nr. 697. Hs.: GOLDMANN zufolge (S. 137) deckt sich der Bestand der Handschrift, die den Katalog überliefert (Rom, Biblioteca Apostolica Vaticana, Vat. lat. 2868), weitgehend mit der Umgebung des zweiten Avian-Eintrags (›Sacrifitiolus‹ bis ›Rudium doctrina‹ [= ›Quinque claves sapientiae‹]). Die ›Fabulae‹ Avians fehlen, könnten aber Teil des ursprünglichen Bestands gewesen sein.

K67 Erfurt, 14./15. Jh. [...] Avianus; Esopus; ‘Eva columba’; Catho; Fridancus. In papiro. [...]. Ausg.: MBK, Bd. 2, S. 97 Z. 24-25.

K68a+b Titchfield/Hampshire, Bücherbestand der Prämonstratenserbibliothek, 29.9.1400 .M.III. Donatus. Cato. Theodolus. Auenet. Paruum doctrinale. Cartula. Euangelia uersificata. Exposiciones uerborum bibliotece uersificata. Magnum doctrinale. Versus differenciales. Regule de kalendario uersificate. Liber Dirige cliostis. Liber Pergame flere uolo. Liber Nobilis urbs ortu. Accentuarium uersificatum. Ornamentum uerborum uersificatum. De ornatu literarum et doctrina dictaminum. Verbale. Nominale. Regule gramaticales. [...] .M.XI. Maximianus. Cato. Paruum doctrinale. Auenet. Theodolus. Misteriale ecclesiasticum. Ouidius de remedio amoris. Regule kalendaris.

Avian: ›Fabulae‹

901

Liber Tobie uersificatus. Sinonimus. Dictionarius. Accentuarius uersificatus. Exposicio prose sancti Michaelis. Grecismus. Quiuocus. Comentarius. Priscianus (integer) in minori, de barbarismo, et ceteris figuris. Ausg.: CBMLC, Bd.3, S. 222 Nr. 147, und S. 224f. Nr. 155. Lit.: CBMLC, Bd.3, S. 180-183.732

K69 Erfurt, Amplonius Ratinck, 1410-12 5. Item fabularum poeticarum interpretaciones, valde bone, dantes intellectum ad poetrias; liber Aviani de fabulis cum glosula; liber Homeri de Ylion, id est de excidio Troye; omne punctum de differencialibus versibus; phagifacetus de facecia comedendi; liber de disciplina puerorum bonus; glosule super libris Ovidii de remediis amorum; glosule super libris Lucani de bellis Punicis tam Romanorum quam Libicorum. Ausg.: MBK, Bd. 2, S. 12 Z. 30-35. Hs.: Die Handschrift hat sich in Lue erhalten.

K70 Erfurt, Amplonius Ratinck, 1410-12 14. Item liber Stacii Achilleidos, bene glosatus; liber apologorum Aviani; liber poetrie Oracii; distigium Cathonis cum glosa; Theodolus cum glosa; Esopus cum glosa. Ausg.: MBK, Bd. 2, S. 13 Z. 10-12. Hs.: Vgl. Ber 3 (jedoch ohne Statius: ›Achilleis‹).

K71a+b Erfurt, Amplonius Ratinck, 1410-12 16. Item comedie Terencii; pauper Henricus de miseriis; liber proverbiorum Oracii; glosule super Esopum; omnipunctus seu omnepunctum; liber Aviani per totum; glosule super phisiologum; glosule super facetum; glosule super Avianum; Petri Helie metra de libro genesis. Ausg.: MBK, Bd. 2, S. 13 Z. 17-20. Hs.: Die Handschrift hat sich in Pom2 erhalten.

_____________ 732

Dem Katalog vorangestellt ist eine Erläuterung der forma librarie (CBMLC, Bd. 4, S. 183185). Danach wies der Bibliotheksraum des Konvents vier Regalreihen auf, von denen die ersten im Osten, das dritte im Süden und das vierte im Norden stand. Jede der Reihen war in acht Fächer unterteilt, die eigene Buchstaben trugen (Regal Nr. 1, Fach Nr. 1: A, Fach Nr. 2-8: B, Regal Nr. 2, Fach Nr. 1-3: C, Fach Nr. 4-8: D usw.) und in ihren Inhalten spezifiziert waren. Das vierte, nördliche Regal enthielt im zweiten und dritten Fach mit den Buchstaben L und M die libri de gramatica, denen im Fach K die libri de phisico et de cirurgia vorangingen und in den beiden Fächern N Bücher vermischten Inhalts folgten. Die Titchfielder Aviane waren also bei der Grammatik zu finden.

Verzeichnisse zur Überlieferung

902

K72 Erfurt, Amplonius Ratinck, 1410-12 26. Item duo libri Sedulii de carmine paschali autentici eciam in canone; Ysengrinus de statu principum et sequencium curias eorum cum tabula; distigium Cathonis; Thodolus eglogarum; Esopus de apologis rerum; Avianus de apologis rerum; Homerus de bello seu excidio Troye. Ausg.: MBK, Bd. 2, S. 14 Z. 1-4. Hs.: Die Handschrift hat sich in Pom1 erhalten.

K73 Avignon, Bibliothek Papst Benedikts XIII., 1413 897. Item liber Stacii Acheleydos, et liber Claudiani de raptu Prosarpine [!], et liber Aviani, et liber Oracii de arte poetica, et liber Maximiani de fragilitate humane vite. Ausg.: MAURICE FAUCON: La librarie des papes d’Avignon. Sa formation, sa composition, ses catalogues, 1316-1420, d’après les registres de comptes et d’inventaires des archives Vaticanes. Bd. 2: Appendices. Paris 1887 (Écoles Françaises d’Athènes et de Rome bibliothèque 50). Unv. Nachdr. Amsterdam 1969, S. 138.

K74a+b Prag, Rečkova-Kolleg, 1449-63 7 Antiqua poetria (partes in bellum missi ducis). Oratius epistolarum. Prosper. Thobias. 8 Oratius epistolarum. Spera materialis. 9 Esopus (Magnus eram dum magni dedi). Oratius epistolarum. Auianus. 10 Gamfreidus (Quid facit Antistes). Brunellus. 11 Gamfreidus 12 Herroidorum (Frangitur et vires). 13 Persius cum commento (habens duo iuga). Textus decem praeceptorum. Cornutus cum commento. 14 Auianus. 15 Summa misteriorum (Vincere ne titilles). Ouidius. Katho. Ausg.: JOSEF BEČKA, EMMA URBÁNKOVÁ: Katalogy knihoven kolejí Karlovy University. Prag 1948, S. 42.

K75 Glastonbury/Somerset, 2. Viertel 15. Jh. oder später733 Auianus de fabulis. Ausg.: CBMLC, Bd. 4, S. 243. Lit.: CBMLC, Bd. 4, S. 157-160 und S. 238.

_____________ 733

Der Katalog ist nur mittelbar in einem Abdruck aus der Mitte des 16. Jahrhunderts überliefert, aus dem über die ursprüngliche Funktion der Bücherliste und worauf sie sich bezieht wenig zu erfahren ist. Die modernen Herausgeber gehen von Identität mit dem älteren Avian in Glastonbury aus (s. o. K49).

Avian: ›Fabulae‹

903

K76 Buchbesitz des Lelio Della Valle, 1463 64. Breviarium parvum 65. Phocas gramaticus antiquus 66. Avianus et Sedulius antiqui 67. Latreius, De vitis 68. Omiliae beati Gregorii, Augustini, Ambrosii et aliorum Ausg.: BRUNO GATTA: Dal casale al libro: I Della Valle. In: Scrittura, biblioteche e stampa a Roma nel Quattrocento. Atti del 2° seminario 6-8 maggio 1982 a cura di MASSIMO MIGLIO con la collaborazione di P. FARENGA e A. MODIGLIANI. Città del Vaticano 1983 (Littera Antiqua 3), S. 631-652, hier S. 646.

K77

Cambridge, Peterhouse College, Buchlegat des John Warkworth, 1481 Obiecciones de octo partibus oracionis Qui bene vult disponere Phale tolum Dictionarium Ympnarium glosatum Doctrinale glosatum Liber Catonis Liber Theodoti Liber Auiani Liber Maximiani Liber Claudiani Liber Stacii Ausg.: JAMES 1899, S. 24-26. Hs.: Die Handschrift hat sich in Cam3 erhalten.

K78 Bamberg, St. Michael, 1483 Sub littera Q. Commentum in Virgilium. Lucanum. Humerum. Marcianum de nupciis Mercurii et philologie cum aliis contentiis. Epistolas Tullii ad Brutum et Quintum fratrum eius. De monstruosis hominum generibus cum aliis contentis. Textum Virgilii. Lucanum. Theodolum. Avianum. Humerum minorem. Commentum in Juvenalem. Lucanum. Ovidium de Ponto. Librum psichomachie Prudencii. Registrum Virgilii cum aliis. Persium. Ovidium de Ponto. Auroram in actus apostolorum. Oracium in arte poetica. Ovidium epistolarum. Ovidium de Ponto. Commentum Therencii. Tullium in paradoxis. Ovidium de Ponto. Ovidium in epistolis. Quorum librorum sub littera Q signatorum sunt in numero viginti quinque. Ausg.: MBK, Bd. 3, S. 380 Z. 1-12.

K79 Bordesholm, Augustiner-Chorherren, 1488 [K] 2. Donatus. Alexandri tres partes. Catho. Theodolus. Statius Thebaydos. Auianus. Hebrardus. Ganfredus. Metra de episcopo Hildensemensi inuectiua. llaborinctus. Ausg.: MERZDORF 1850, S. 44. Lit.: STEFFENHAGEN 1883/84; WETZEL 1884.

Verzeichnisse zur Überlieferung

904 Hs.:

Die Handschrift ging in den Besitz der 1606 gegründeten Gottorfer Bibliothek über. Dort erscheint sie in dem 1713 von Johann Pechlin angelegten Katalog als Nr. 260 (STEFFENHAGEN 1883/84, S. 34). Von Gottorf aus soll sie nach Kopenhagen in die Königliche Bibliothek gelangt sein (vgl. STEFFENHAGEN 1883/84, S. 10 und S. 34 mit Verweis auf J. ERICHSEN: Udsigt over den gamle Manuscript-Samling i det store Kongelige Bibliothek. Kopenhagen 1786, S. 69 [mir nicht zugänglich]). Weder STEFFENHAGEN noch WETZEL, die beide den Bordesholmer Beständen in Kopenhagen nachgegangen sind, können sie dort jedoch nachweisen.

K80 Erfurt, Standortregister des Collegium Universitatis, nach 1497 3. Ysagoge in moralem philosophiam; item Avianus; Claudianus. Quos dedit mag. Johannes Milbach. Ausg.: MBK, Bd. 2, S. 178 Z. 28-29.

K81 Nürnberg, Hartmann Schedel, 1498 Liber Augustini Daci; Gamfredus; Prudencius; Esopus; Avianus; Pauper Heinricus; Architrenius; Maximianus; Brunellus; Fridancus; Beda de arte metrica; Alanus de planctu nature; Anticlaudianus Alani et diversi metriste; in uno volumine. Ausg.: MBK, Bd. 3, S. 815 Z. 20-23. Hs.: Die Handschrift hat sich in Mue2 erhalten.734

K82 Braunschweig, Pfarrkirche St. Andreas, 15. Jh. Item liber poetarum, in quo quinque libri continentur videlicet liber Cathonis glosatus. Liber qui dicitur Ysopus, qui incipit Ethiopum. Liber qui dicitur Avianus. Item liber Stacii, liber Claudiani, liber Maximiani. Ausg.: HEINRICH NENTWIG: Das ältere Buchwesen in Braunschweig, Beitrag zur Geschichte der Stadtbibliothek. Nach archivalischen Quellen und anderen Urkunden. Leipzig 1901 (25. Beiheft zum ZfB), S. 28.

K83a-e Canterbury, St. Augustin, 15. Jh. 448 Beda de metrica arte et in eodem libro / vita sancti Wilfridi metrice Et / Auianus cum A. [...] 1117 Algorismus metrice et in eodem / compotus / lib’ auiani / lib’ maximiani / lib’ alexandri necquam qui incipit »qui bene vult disponere« /

_____________ 734

Vgl. auch MBK, Bd. 3, S. 813 Z. 8-10 zu einem Bücherverzeichnis aus dem Familienbuch Hartmann Schedels, das jedoch nur in einer Abschrift von 1552 erhalten ist und jetzt in Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ms. germ. fol. 447, aufbewahrt wird (Bl. 126r-159r). Zum Verhältnis der beiden Kataloge zueinander, die nicht durchweg übereinstimmen, s. MBK, Bd. 3, S. 805f.

Avian: ›Fabulae‹

905

phale tolum / Epistola prosaica et / alius tractatus grammaticalis cum A. [...] 1408 Donatus et in eodem libro /Catonis glo. / liber Theodoli glo. / liber auiani glo. / liber maximiani / Stacius Achilleidos / Claudianus / liber fflorentini / Disticon vel disticium / Tractatus de infancia Saluatoris / Summa gramatice secudnum modum lumbardorum / [...] De modo versificandi / de modo rithmicandi / Quedam Summa de perfeccione tocius gramatice cum al’ W. de Wynchylsee. [...] 1478 liber Catonis et in eodem / libro (liber) Theodoli / lib’ auiani / lib’ Maximiani / lib’ Stacii Achilleydos / lib’ Claudiani de adquisicione Georgii Abbatis. 1479 liber Maximiani et in eodem libro / liber Catonis / liber Theodoli / liber auiani / Stacius achilleidos / plato in thimeo / Glosule super Stacium / Glosule super Virgilium in bucolicis et / Glosule super virgilium in georgicis ffrat’ J. hawkherst. Ausg.: MONTAGUE RHODES JAMES: The ancient libraries of Canterbury and Dover. The catalogues of the libraries of Christ Church Priory and St Augustine’s Abbey at Canterbury and of St Martin’s Priory at Dover. Cambridge 1903, S. 239, 319, 360 und 368.

K84 Erfurt, Kartause Salvatorberg, Ende 15. Jh. 116. Boecius de consolacione phylosophie, et est textus sine commento. Avianus poeta, qui sermone ficto fabulis corrigit et informat mores hominum sicut parabolis. Boecius de disciplina scholarium. Quadripertitus apologiticus b. Cirilli episcopi, in quo quidem speculum limpidissimum omnis sapiencie tam terrene quam eterne clare relucet, et dividitur in 4 libros secundum IIII virtutes cardinales, de quibus hic agitur sermone ficto appoloice et poetice, sed hic habetur tantum primus contra imprudenciam et ibidem eciam deficiunt 4 aut 5 capitula. Questio utrum doctorum diligencia erga discipulos obedientes habita sit in doctrina sive disciplina proficua. Auctoritates rariores ex Boecio de disciplina scolarium; item ex Platone in Thimeo et hic exponuntur. De nocturna pollucione. Flores auctorum et sunt X libelli metrici, in primis octo agitur de viciis capitalibus, in sequentibus et virtutibus. Antigameratus, eciam tractat de moribus. Cornutus. ‘Peniteas cito’. Ausg.: MBK, Bd. 2, S. 422 Z. 41-S. 423 Z. 13.

K85a+b Regensburg, Benediktiner, 1500/01 Item de vita et moribus philosophorum et incipit: ‘Licet cunctorum poetarum carmina gremium nostrum semper illustrent’ etc., habens tabulam in principio secundum ordinem alphabeti etc., antea tamen 6 folia cum aliquibus notabilibus. Item tractatus magistri Heinrici de Hassia contra

906

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quendam heremitam de ultimis temporibus vaticinantem, et incipit: ‘Venerabili patri ac domino Gregorio sancte Salczpurgensis ecclesie preposito’ etc. Item materia fratris Iohannis Mulberg contra Beginas et Begardos super reprobacione status eorundem, et incipit: ‘Creatura racionalis eo est peccabilis originaliter’ etc. Sermo magistri Nicolay de Orem doctoris in theologia contra mendicacionem et incipit: ‘Dives sepultus est in inferno’ etc. Item Pauper Heinricus et incipit: ‘Quomodo sola sedet probitas, flet’ etc. Item palponista Bernhardus et incipit ‘Rure suburbano sub vere’ etc. Item ‘Quomodo quidam spiritus locutus est cuidam militi Paduano in partibus Veneciarum’. Item Esopus et incipit: ‘Ut iuvat et prosit, conatur pagina presens’. Item Avianus et incipit: ‘In terra summus rex est hoc tempore nummus’ etc. Hec omnia in uno mediocri volumine et fusco corio obducto atque bona scriptura. Magister Hermannus dedit. E 11. [...] Item Avianus antiquus et incipit: ‘Infans dum plorat’. Item novus incipit: ‘Rustica deflenti’ etc. Item summa mysteriorum misse cuiusdam episcopi, et incipit: ‘Scribere disposui que mistica sacra’ etc. Item de contemptu mundi Bernardus, et incipit: ‘Hew heu mortales’ etc. Item Esopus cum commento, et incipit commentum: ‘Quod est mirabile, est delectabile’ etc., sed textus incipit: ‘Ut iuvet et prosit’ etc. Item ymni glosati cum commento usque ‘Vita sanctorum’. Item ewangelia dominicalia cum commento ab adventu usque ad epiphaniam etc. Hec omnia in uno volumine et optima scriptura, usque ad medium obducto albo et rubeo corio, reliqua pars cum pergameno antiquo, per totum habens litteram S etc. Ausg.: MBK, Bd. 4, S. 300 Z. 4541-4558, und S. 332 Z. 5802-5812. Hs.: Beim zweiten Avian-Eintrag handelt es sich um Mue6.

K86 Buchbesitz des Bernardino Della Valle, 1505 112. Liber multarum recordationum et causarum 113. Liber Aviani in pergameno 114. Repertorium in iure ad manus Ausg: BRUNO GATTA: Dal casale al libro: I Della Valle. In: Scrittura, biblioteche e stampa a Roma nel Quattrocento. Atti del 2° seminario 6-8 maggio 1982 a cura di Massimo Miglio con la collaborazione di P. Farenga e A. Modigliani. Città del Vaticano 1983 (Littera Antiqua 3), S. 631-652, hier S. 651. Hs. Vermutlich handelt es sich um die aus dem Besitz des Vaters übernommene Avian-Handschrift, die oben unter K76 aufgeführt ist.

Avian: ›Fabulae‹

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K87 Nürnberg, Hartmann Schedel, um 1507 (Nachträge zu K79) In arte humanitatis [...] Vergilii opera omnia, in parva forma. Lucubraciuncule Petri Scoti Argentinensis et epigramata Hieronimi Balbi. Epistole Libanii Greci et Phalaridis. Esopus et Avianus in lingua Latina ac vulgari cum figuris. Xenophontis opera. Ausg.: MBK, Bd. 3, S. 835 Z. 37-S. 836 Z. 1. Hs.: Dem Eintrag liegt die ›Esopus‹-Buchausgabe Heinrich Steinhöwels zugrunde.735

K88 Erfurt, Collegium Universitatis, um 1510 7. Conscriptum de concepcione beate virginis; epistole quedam de scismate; Esopus et Avianus et Macrobius de sompno Scipionis. Ausg.: MBK, Bd. 2, S. 210 Z. 1-2.

K89 Walderbach, Zisterzienser, 1511/12 Q. Esopus cum fabulis Remecii et Aviani in Latino, in papiro impressus. Ausg.: MBK, Bd. 4, S. 539 Z. 642. Hs.: Dem Eintrag liegt die ›Esopus‹-Buchausgabe Heinrich Steinhöwels zugrunde.736

K90 Wien, Dominikaner, 1513 U 20. Theodolus de fabulis diversis, incipit: Utilis sciencie. Prudencius hystoriarum. Avianus. Esopus. De moribus tractatus. Ymnorum et sequenciarum exposicio, incipit: Iam lucis orto. Ausg.: MBKÖ, Bd. 1, S. 412 Z. 2-8.

K91a-d Paris, St. Victor, 1514 KKK 3 1 Florifrondium in quo versus CATHONIS continentur. 29 Metra quedam alia. 83 Liber metricus dictus floretus. 100 Quedam alia moralia. 103 Libellus de contemptu mundi incipiens: ‘Cartula nostra’. 115 Alius liber metricus cuius inicium: ‘Rustica deflenti’. 131 Facetus JOHANNIS DE GALLANDIA. 139 Liber metricus de modo significandi cum eius glosis editus a magistro JOHANNE JOSSE et incipit: ‘Ut flos grammatice’.

_____________ 735 736

Vgl. DICKE 1994, S. 453f. Vgl. DICKE 1994, S. 470f.

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[...] KKK 26 1 Liber quorundam poetarum scilicet YSOPUS metrificatus non completus. 9 Pars cuiusdam libri poetici metrificatti. 31 Glosule male littere et dilacerate super partem Lucani et Ovidii de arte amandi et de quibusdam aliis. 54 LUCANUS poeta metrificatus cuius sunt libri partiales decem: primus (54); quintus (94); decimus (154). 163 Item pars cuiusdam libri poetici cuius inicium: ‘Hanc tua Penelope’. 179 Liber quidam poeticus metrificatus incipiens: ‘Mittit’. 192 STATIUS in Achillem. 208 CLAUDIANUS de raptu Proserpine. 225 AUGUSTINUS de duodecim abusivis. 237 BASILIUS EPISCOPUS CAPADOCIE ad filios spirituales. 253 YSIDORI sinonimorum seu soliloquiorum libri duo: primus (253); secundus (367). 285 Liber de ecclesiasticis dogmatibus. 296 Confessio BERENGARII. 297 Quidam sermo AUGUSTINI de penitentia incipiens: ‘Penitentes penitentes’. 299 Epistola PETRI DAMIANI HOSTIENSIS EPISCOPI ad papam Alexandrum secundum contra eos qui dicunt innocenter agere qui ecclesie facultates emunt si tantummodo manus impositionem gratis accipiant. 303 Sermo sancti AUGUSTINI de sacramento altaris. 305 Pars cuiusdam libri astrologie quem edidit quidam dictus HERMANNUS. [...] KKK 28 Liber in pergameno et parvo volumine in quo habetur: 1-38 Dictamina de diversis. 40 Speculum ecclesie. 52 Dictamen quoddam. 54 Metra incipienta: ‘Rustica deflenti’ non completa. [...]

Avian: ›Fabulae‹

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MMM 10 1 NICHOLAUS DE CLAMENGIIS de filio prodigo. 25-55 Diverse epistole diversorum scilicet predicti DE CLAMANGIIS, JACOBI DE NOVIANO, JOHANNES DE GERSONNO, PETRI DE AYLLIACO et quorundam alirum. 61 Metra quedam. 83 Declaratio quorundam terminorum primi libri sententiarum. 89 De communicatione ydyomatum in Christo. 103 OKAN de predestinatione et prescientia dei. 105 Quedam concernentia religiosos. 107 Quedam a quodam monacho clarevallensi notata super Cathonem 125-138 De arte compilandi sermones. 139 Epistola FREDERICI IMPERATORIS ad archiepiscopum treverensem. 145 Dicta quedam LEYR QUONDAM REGIS BRITONUM et quedam epistola CASSIBELLANI REGIS ANGLORUM ad Jullium Cesarem. 146 Vaticania MERLINI. 152 Liber metricus incipiens: ‘Rustica deflenti’, et dicitur AVIANUS. 170 Compendium breve et utile a PETRO DE AYLLIACO super quatuor libros metheorum. Ausg.: Le catalogue de la bibliothèque de l’abbaye de Saint-Victor 1983, S. 367, 375f., 376f. und 388f. Hs.: KKK 3: Die Handschrift hat sich in Par 9, allerdings ohne das letzte Stück (Johannes Josse de Marvilla, ›De arte grammatica sive De modis significandi‹), erhalten. KKK 26: Die Einträge auf Bl. 1-8 und Bl. 31-44 entsprechen Par 5 – Teil I (1-8), V (59-66) und VI (67-72). Ferner entsprechen Bl. 54-191 und Bl. 233304 der Handschrift Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. lat. 15146, sowie schließlich Bl. 305-313 der Handschrift Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. lat. 11248, Bl. 33r-41v. KKK 28: Bl. 16-39 entsprechen Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. lat. 11412, Bl. 1r-24v (s. u. V-Par). MMM 10: Die Einträge von Bl. 1-138 entsprechen Rom4/b, die von Bl. 139169 Rom4/a.

*** Der bei BECKER 1885 unter Nr. 87 aufgeführte Katalog aus Rastede (Theodulum, Catonem et Ivarum) bietet keinen Avian. MANITIUS (1935, S. 235 Anm. 1) bemerkt zwar, es gingen Theodolus und ›Cato‹ voraus, sodass »hier nur an Avianum zu denken« sei, doch beruht die Zuweisung

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auf einer Verlesung. Die Passage lautet in der Edition der MGH (SS, Bd. 25, Hannover 1880, S. 502f.) nämlich durchaus sinnvoll: Contulit [Siwardus episcopus] etiam libros: Duos ordines episcopale [...] Aratorem, Iuvencum, Sedulium et Prosperum in uno volumine. Medicinales sex. Librum de conflictu vitiorum atque virtutum. Platonem. Item Prosperum et regulas de versibus et Theodolum. Cathonem et ymnarium Prudencii in uno volumine. Prudentium, Oratium et Boetium. Item librum de significatione vestimentorum ecclesiasticorum.

1.4 Vermisstes V-Ant Antwerpen (Anvers), Bibliotheca Plantiniana Der 1592 unter Jean (I.) Moret von seinem Sohn Balthasar (I.) angelegte »Index bibliothecae Plantini« weist unter Nr. 24 nachstehende Pergamenthandschrift im Folioformat aus (STEIN 1886, S. 215): Disticha Catonis, Aviani fabule, Theodolus, Claudianus, Martialis, uno volumine; in pergameno.

Nr. 24 fehlt heute in den Handschriftenbeständen des Museum PlantinMoretus, und von den erhaltenen Avian-Handschriften lässt sich keine mit Nr. 24 identifizieren. Die Textzusammenstellung ist eng mit dem ›Liber Catonianus‹ verwandt. Der reguläre ›Liber‹ umfasst sechs, V-Ant fünf Stücke, von denen die beiden auf Avian folgenden wohl als die ›Ecloga Theodoli‹ und Claudians ›De raptu Proserpinae‹ zu identifizieren sind. Aus der Sechserreihe des ›Liber‹ sind damit vier Werke vertreten, nur die ›Achilleis‹ des Statius und Maximians Elegien fehlen. Ob die Antwerpener Zusammenstellung auf mechanische Verkürzung und sekundäre Anfügung des Martial, dessen Epigramme gemeint sein werden, zurückgeht oder auf gezielte Umarbeitung, lässt sich nicht mehr feststellen. Da V-Ant bereits in dem 1650/75 von Balthasar (II.) Moret angelegten Katalog der Plantinischen Bibliothek fehlt (vgl. STEIN 1886, S. 218230), wird die Handschrift die Bibliothek der Antwerpener Offizin schon vor dem dritten Viertel des 17. Jahrhundert verlassen haben. L3 STEIN 1886.

V-Met Metz, Dombibliothek, MONTFAUCON Nr. 358 In seiner 1739 erschienenen »Bibliotheca bibliothecarum« führt MONTFAUCON einige Handschriften der Metzer Dombibliothek auf, darunter in Bd. 2 auf S. 1384 als Nr. 358 den nachstehenden Band: »Fabulae ab Aesopo translatae, numero 42. cum notis: codex ante annos 400. descriptus est.«

Avian: ›Fabulae‹

911

Hier kann es sich sowohl um einen Avian wie um den ›Novus Esopus‹ Alexander Neckams handeln, der ja ebenfalls 42 Stücke umfasst.737 Die Zusatzinformation jedoch, die Fabeln seien »ab Aesopo translatae«, erlaubt vielleicht die Zuschreibung an Avian, denn in den Avian-Accessus wird dieser Zusammenhang regelmäßig berichtet. So wird MONTFAUCONs Angabe »cum notis« also Glossen oder einen Kommentar meinen. Eine solche Ausstattung ist für den ›Novus Esopus‹ Neckams nicht zu belegen. Für die ›Fabulae‹ fügt sie sich hingegen zwanglos zu MONTFAUCONs Datierung der Handschrift vor die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts. Im Handschriftenkatalog der Metzer Bibliothèque Municipale, in die zahlreiche Bände der Kathedralbibliothek eingegangen sind, lässt sich neben Handschrift Met, die im II. Weltkrieg vernichtet wurde und mit der vorliegenden nicht identisch sein kann, heute kein weiterer Avian mehr nachweisen. V-Met muss daher als verschollen gelten. L2 MONTFAUCON 1739, Bd. 2, S. 1384; Catalogue général des manuscrits des bibliothèques publiques des départements. Bd. 5. Paris 1879.

V-Moy Moyenmoutier, Benediktiner Notre Dame et St. Gregoire, Ms. 38 Unter den »Libri Manuscripti Bibliothecae Mediani Monasterii, in Vosago, Ord. S. Benedicti« nennt MONTFAUCON 1739 (Bd. 2, S. 1180) diesen FolioBand des 14. Jahrhunderts: »Fratris Stephani de Bella Villa; de dono timoris. Ibidem Theoduli versus morales. Liber Aviani cum Glossis. Carmen in Tobiam. Codex XIV. saec. in fol. sub No. 38.«

In der Bibliothek von Épinal, die zahlreiche Handschriften des 1790 aufgehobenen Klosters Moyenmoutier aufbewahrt, befindet sich die Handschrift nicht.738 In MUNARIs Verzeichnis der Handschriften des ›Tobias‹ von Matthæus von Vendôme (1977/88, Bd. 1) fehlt sie ebenso wie in OSTERNACHERs Verzeichnis der Textzeugen der ›Ecloga Theodoli‹ (1916). L2 MONTFAUCON 1739, Bd. 2, S. 1180; Catalogue général des manuscrits des bibliothèque publique des départements. Bd. 3. Paris 1861, S. 387-471.

V-Nue Nürnberg, Ebner’sche Bibliothek, Hs. 24 In der Nürnberger Familienbibliothek Hieronymus (Jobst) Wilhelm Ebners von Eschenbach befand sich im 18. Jahrhundert eine Handschrift, zu

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GARBUGINOs Neuausgabe kennt eine Metzer ›Novus Esopus‹-Handschrift nicht. Ein gedruckter Katalog aus Moyenmoutier, der den Verbleib von V-Moy aufklärte, liegt nicht vor. Es bleiben die handschriftlichen Bibliothekskataloge zu konsultieren, die aus den Jahren 1727, nach 1790, 1791 und 1809 vorliegen (vgl. GENEVOIS/GENEST/CHALANDON 1987, S. 143 Nr. 1149-1152).

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Verzeichnisse zur Überlieferung

der eine Beschreibung aus dem Jahre 1795 folgende Angaben macht (OLDFATHER 1911, S. 114f. Anm. 2): »Eber 24. Glossae super Catonis disticha, Avieni fabulas, Horatium, Prudentium, etc. Quart. Pergament. Von mehreren, sehr verschiedenen Hss. des 13ten und dem Anfang des 14ten Jahrhunderts geschrieben, und in einen Band gesammelt.«

Anfang des 20. Jahrhunderts ist OLDFATHER ihrem Verbleib nachgegangen, aber: »Dr Reicke of Nuremberg«, so OLDFATHER, »informs me that this library was sold between 1813 and 1820, and that no Ms. of Avianus now exists in any library of that city« (a. a. O.). Der 1812 aufgelegte erste Band des Nürnberger Auktionskatalog der Ebner’schen Bibliothek führt unter Nr. 388 eine Handschrift auf, bei der es sich zweifellos um Hs. 24 handelt. Die Angaben des Katalogs sind zudem etwas ausführlicher als die oben zitierten (Catalogus bibliothecae [...], Bd. 1, S. 46): »Glossae super Catonis Disticha, Auienum, Horatium, Prudentium de Psychomachia, Ouidium de Ponto, Prosperum et Alexandrum. Fragmenta scripta Saec. XIII et XIV.«

Führt man beide Zeugnisse zusammen, handelte es sich bei Hs. 24 um einen Sammelband mit Kommentaren im Quartformat, der aus verschiedenen Stücken des 13. und 14. Jahrhunderts zusammengestellt war: - Kommentar zu den ›Disticha Catonis‹ - Kommentar zu Avian - Kommentar zu einem oder mehreren Werken des Horaz - Kommentar zu Prudentius: ›Psychomachia‹ - Kommentar zu Ovid: ›Ex Ponto‹ - Kommentar zu Prosper: ›Epigrammata‹ - Kommentar zum Werk eines »Alexander« (Alexander de Villa Dei: ›Doctrinale‹?) Ob der Ebner’sche Band noch im Mittelalter gemeinsam niedergeschriebene oder wenigstens zusammengestellte Stücke vereinte, lässt sich nicht mehr feststellen. Die Mehrzahl der Schreiber, die zeitliche Spanne der angegebenen Datierungen und die ausdrückliche Bezeichnung als »Fragmenta« sprechen eher für eine sekundär gebildete Bucheinheit. L1 OLDFATHER 1911, S. 114f. Anm. 2. L2 Catalogus bibliothecae numerosae ab incluti hominis viro Hieronymo Guilielmo Ebnero, ab Eschenbach rel. olim conlectae, nunc Norimbergae a die II. mensis Augusti Ann. MDCCCXIII publicae Auctionis lege dividendae. Quem in hunc ordinem redegit, his literarii maximam partem generis notationibus instruxit, hac praefatione auxit GODOFREDUS CHRISTOPHORUS RANNERUS. Bd. 1. Nürnberg 1812, S. 46.

Avian: ›Fabulae‹

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V-Par Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. lat. 11412 Die Pergamenthandschrift des Ms. lat. 11412 enthielt nach Ausweis des Katalogs der Augustiner-Chorherren von St. Victor von 1514 am Schluss ursprünglich einmal einen fragmentarischen Avian (s. o. zu K91), der dem Manuskript heute fehlt. V-San

Frankreich (Île-Barbe bei Lyon?), unbekannte Bibliothek (Benediktiner St. Martin?) Die vielleicht noch aus karolingischer Zeit stammende Vorlage der von Jacopo Sannazaro Anfang des 16. Jahrhunderts angefertigten Abschrift der Widmungsepistel Avians an Theodosius ist verschollen (s. o. bei Wie3). V-Str Straßburg, Stadtbibliothek HÄNEL gibt für den Textbestand einer 1828 in der Straßburger Stadtbibliothek aufbewahrten Handschrift an: »Catonis sententiae; Cato novus; contemtus mundi; antigameratus; carmen morale; Aesopus; Avianus; Cornutus; verba neutralia, deponentialia; synonyma aequivoca; Floretus et al.«

Der Katalog der Straßburger Bibliothèque universitaire et régionale von 1923 führt diese Handschrift nicht mehr auf. Sie wird nach dem Bombardement der Stadt durch deutsche Truppen in der Nacht vom 24. zum 25. August 1870 verbrannt sein. L2 HÄNEL 1830, Sp. 463; Catalogue général des manuscrits des bibliothèque publique de France. Départements. Bd. 47. Paris 1923.

V-Tho1 Bibliothek Jacques-Auguste de Thou Das von den Gebrüdern Pithou erarbeitete und 1679 zum Druck gebrachte Verzeichnis der Bücher und Handschriften Jacques-Auguste de Thous (1553-1617) führt eine Quarthandschrift mit einem unvollständigen »Avienus« auf: »Aristoteles Secreta Secretorum, Lat. Senecae Epistolarum fragmenta. Vitae quorundam Pontificum. Lucani fragmentum. Glossae in Terentium, Ovidium, & Lucanum. Avieni fragmentum. Chalcidius in Timæum Platonis. 4° «

Die Pithous haben die Namensformen Avienus und Avianus generell nicht unterschieden. Der Avian der Handschrift Par 4 aus dem Besitz de Thous erscheint im Katalog ebenso als »Avieni Fabulae« wie der in V-Tho2 erfasste. Da das Fragment in unmittelbarer Nachbarschaft zu Terenz-, Ovid- und Lucan-Kommentaren erscheint, dürfte hier nicht der AratBearbeiter, sondern der Verfasser der Fabeln gemeint sein. Die Hand-

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schrift ist mit keinem der erhaltenen Überlieferungszeugen zu identifizieren und muss als verschollen gelten. L2 Catalogus Bibliothecae Thuanae a clarissimis viris Petro et Iacobo Puteanis, ordine alphabetico primum distributus. Tum secundum scientias et artes a clarissimo viro ISMAELE BULLIALDO digestus. Nunc vero editus a IOSEPHO QUESNEL, Parisiano et bibliothecario. Cum indice alphabetico authorum. Paris 1679, Bd. 2, S. 449.

V-Tho2 Bibliothek Jacques-Auguste de Thou Das Verzeichnis der Handschriften Jacques-Auguste de Thous (1553-1617) führt eine weitere Avian-Handschrift auf, die mit keiner der erhaltenen zu identifizieren ist und als verschollen gelten muss: »Boetii quaedam. Fabulae Avieni. Macrobius de differentiis Graeci Latinique sermones.« L2 Catalogus Bibliothecae Thuanae a clarissimis viris Petro et Iacobo Puteanis, ordine alphabetico primum distributus. Tum secundum scientias et artes a clarissimo viro ISMAELE BULLIALDO digestus. Nunc vero editus a IOSEPHO QUESNEL, Parisiano et bibliothecario. Cum indice alphabetico authorum. Paris 1679, Bd. 2, S. 462.

V-Tou Tournay, St. Martin, Cod. I 11 SANDERUS erfasst in seiner »Bibliotheca Belgica manuscripta« 1641/44 eine Handschrift aus der Abtei St. Martin Tournay, die folgende Stücke enthielt: - ›Disticha Catonis‹, mit Kommentar - ›Ecloga Theodoli‹ - Avian - Ovid: ›Remedia amoris‹ - ›Facetus Cum nihil utilius‹ - einen »Modus versificandi« - ›Contemptus mundi‹/›Cartula‹ - Alanus ab Insulis: ›Liber parabolarum‹ - Johannes de Garlandia: ›Cornutus‹/›Distigium‹, mit Kommentar - Matthæus von Vendôme: ›Tobias‹ - Ps.-Ovid: ›De ventri membrorumque altercatione‹ (WALTHER Nr. 3087) - ›Anonymus Neveleti‹ - ›Pamphilus de amore‹739 - Hildebertus: ›Vita s. Marie Egyptiace‹ - Ovid: ›Ars amatoria‹

OLDFATHER kann nur Verlust berichten (1911, S. 120): »Now it is true that A. Sanderus [...] does describe in detail a Ms. in the Abbey of St. Martin at Tournay that contained Cato, Theodulus, Avianus, and Aesop, besides a large number of shorter works, and Father Warichez, Archivist of the Ca-

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V-Tou fehlt bei BECKER 1970, der S. 118-124 auch verlorene Textzeugen des ›Pamphilus‹ aufführt.

Avian: ›Fabulae‹

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thedral and Episcopal Library at Tournay, assures me that this was lost during the period of the French Revolution.«

Die Handschrift dürfte im nordfranzösischen/belgischen Raum nicht nur aufbewahrt, sondern bereits entstanden sein. Ihre Textzusammenstellung weist sie als – freilich beträchtlich erweiterten – »halben ›Liber Catonianus‹« aus (s. o. Kap. II.4.3). L1 OLDFATHER 1911, S. 120f. L2 Bibliotheca Belgica manuscripta, sive, elenchus universalis codicum manuscriptorum in celebrioribus Belgii coenobiis, ecclesiis, urbium ac privatorum hominum bibliothecis adhuc latentium. Collegit illum et edidit ANTONIUS SANDERUS. Lille 1641. Unv. Nachdr. Farnborough/Hampshire 1969, S. 139.

V-Wor Worcester, Cathedral Library, Ms. F. 147 Dem Katalog von FLOYER/HAMILTON nach bietet diese Pergamenthandschrift des beginnenden 14. Jahrhunderts die folgenden Texte: Ir Inhaltsverzeichnis Iv leer 1ra-3ra ›Disticha Catonis‹ 3ra-4vb ›Ecloga Theodoli‹ (Ende frgm.) 5ra-10vb Claudian: ›De raptu Proserpinae‹ (Anfang frgm.) 10vb-17vb Statius: ›Achilleis‹ 17vb-34va Alexander de Villa Dei: ›Doctrinale‹ 34va-62vb Eberhard von Béthune: ›Graecismus‹ (Ende frgm.) 63ra-68ra Alanus ab Insulis: ›Anticlaudianus‹ (Anfang frgm.) 68ra-86vb Walter von Châtillon: ›Alexandreis‹ (Ende frgm.) 87ra-98vb Horaz: Oden und Epoden (Anfang und Ende frgm.) 99ra-102ra Horaz: Satiren (Anfang frgm.) 102rb-126ra Juvenal: Satiren 126ra-130rb Persius: Satiren 130rb-132vb ›Contemptus mundi‹/›Cartula‹ 132vb-150rb Daniel of Baccles: ›Urbanus magnus‹ 150v leer 151ra-201vb Lucan: ›De bello civili‹ (›Pharsalia‹) An vier Stellen, zwischen Bl. 4 und 5, Bl. 62 und 63, Bl. 86 und 87 und Bl. 98 und 99, wurden jedoch mehrere Blätter, die sehr wahrscheinlich u. a. einen Avian enthielten, herausgeschnitten. Das alte Inhaltsverzeichnis erlaubt die Textausfälle näher zu bestimmen. Danach enthielten die Blätter des vierten Ausschnitts den Schluss der Horazischen Epoden, die ›Ars poetica‹, die Episteln und den Beginn der Satiren des Horaz. Der dritte Ausschnitt enthielt die Fortsetzung der ›Alexandreis‹ und den Beginn der Horazischen Oden. Der zweite Ausschnitt bot die Fortsetzung des ›Graecismus‹, das Gedicht ›Pergama flere‹ (WALTHER Nr. 14085) und den Be-

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ginn des ›Anticlaudianus‹. Die Partie zwischen ›Cato‹ und Statius inklusive des in der neun Blätter umfassenden ersten Lücke einst Aufbewahrten schließlich werden im Inhaltsverzeichnis als Libri ethici summiert. Unter diesen Libri muss sich mehr als nur der Schluss des Theodolus und der Beginn des Claudian befunden haben. Bei zweispaltiger und vierzigzeiliger (vgl. HALL 1969, S. 12) Anlage hätten auf den fehlenden Blättern etwa 1440 Verse Platz gehabt. Diese Zeilenanzahl kann von den nachweislich fehlenden Stücken allein nicht in Anspruch genommen worden sein, auch nicht von jeweils nur einem der beiden hier, in Umgebung der Hauptstücke des ›Liber Catonianus‹, zuerst zu erwartenden Werke, entweder dem Avian oder den Elegien des Maximian. Avian wie Maximian gemeinsam hingegen finden ihren genauen Platz im Ausschnitt. In der Bezeichnung der ganzen Eingangsgruppe als Libri ethici gibt sich zudem ein Bewusstsein von der besonderen Zusammengehörigkeit der Eingangspartie zu erkennen, das als weitere Stütze für den Ansatz eines ehedem vollständigen ›Liber Catonianus‹ genommen werden kann. Die Ausweitung eines ›Liber Catonianus‹ um weitere Verstexte und dazu grammatische Werke ist überdies für englische Verhältnisse des 13./14. Jahrhunderts ganz typisch. Die Handschrift wurde bereits 1622/23 in Worcester aufbewahrt. Das Bestandsverzeichnis von Patrick Young von 1622/23 führt sie als bereits verstümmelte.740 Ältere Bestandsverzeichnisse der Dombibliothek haben sich nicht erhalten.741 Unter den Handschriften, die entweder heute noch mittelalterliche Bibliothekssignaturen aus Worcester tragen oder wenigstens noch Reste oder Abdrücke solcher Signaturen erkennen lassen, wird F. 147 von ATKINS und KER zwar aufgeführt, aber dort nur unter der zweiten Gruppe von Handschriften, die lediglich Spuren alter Signaturen aufweist, und mit Fragezeichen versehen.742 GIBSON und PALMER werten hingegen den Eintrag Marie auf Bl. 201v als Indiz für bereits mittelalterliche Aufbewahrung in Worcester. Darüber hinaus weisen weitere Indizien bereits auf Niederschrift an ihrem heutigen Aufbewahrungsort: Für die Alexanderdichtung Walthers von Châtillon wie für den ›Anticlaudianus‹ hat als unmittelbare Vorlage nämlich eine Handschrift des 13. Jahrhun-

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Vgl. Catalogus librorum manuscriptorum bibliothecae Wigorniensis 1944, S. 53 Nr. 271 (der Eintrag bereits von den Herausgebern ATKINS und KER mit F. 147 identifiziert). Vgl. Catalogus librorum manuscriptorum bibliothecae Wigorniensis 1944, S. 1 (»[...] no ancient catalogues such as we find at Durham, Canterbury, and other great churches«), und CBMLC, Bd. 4, S. 651f. Vgl. Catalogus librorum manuscriptorum bibliothecae Wigorniensis 1944, S. 69.

Avian: ›Fabulae‹

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derts gedient, für die ihrerseits und unabhängig von V-Wor Herkunft aus Worcester zu erwägen ist.743 Auf dem Vorsatzblatt nennt sich ein Thom de Wyndel, der vielleicht mit Thomas de Wyndele, 1390 Mitglied des Franziskanerkonvents in Cambridge, zu identifizieren ist.744 Anlage und Aufbewahrung der Handschrift in Worcester gehen mit ihrer Überführung nach Cambridge jedoch nicht glatt zusammen. Vielleicht ist der Eintrag daher nur Feder- oder Schriftprobe des Schülers Thomas, der sich den Band in Worcester für eine gewisse Zeit zum Studium ausgeliehen hatte, und nicht Besitzeintrag. Immerhin befindet sich der Kodex heute »in bad condition«745, wurde demnach also wohl vielfach und intensiv benutzt. L1 DICKE/GRUBMÜLLER 1987, S. LXVIII Anm. 134. L2 Catalogi Angliae 1697, Bd. 2,1, S. 20 Nr. 822; JOHN KESTELL FLOYER, SIDNEY GRAVES HAMILTON: Catalogue of the manuscripts preserved in the Chapter Library of Worcester Cathedral. Oxford 1906, S. 77-79. L3 Catalogus librorum manuscriptorum bibliothecae Wigorniensis 1944; HALL 1969, S. 15; MARGARET T. GIBSON, NIGEL F. PALMER: Manuscripts of Alan of Lille, ›Anticlaudianus‹ in the British Isles. In: Studi medievali. 3a Serie. 28,2 (1987), S. 905-1001.

V-Zwi Zwickau, Ratsschulbibliothek, Ms. VII,11/12: s. o. Exkurs 1. *** Für mehrere nachmittelalterlich bezeugte Handschriften steht einstweilen infrage, ob sie als verschollen zu gelten haben oder sich mit erhaltenen Zeugen identifizieren lassen. Letzteres dürfte hier und da vielleicht noch über umfangreiche Kollationierungen der Texte gelingen – wobei freilich der Arbeitsaufwand in keinem vernünftigen Verhältnis mehr zum für die vorliegende Untersuchung angestrebten Ertrag steht: a) HENRIK CANNEGIETER zog für seine Ausgabe 1731 auch einen »Mediceus« heran, dessen Lesarten ihm Pieter Burman d. Ä. aus Aufzeichnungen des Nicolaus Heinsius mitgeteilt hatte. Burman vermutete, so CANNEGIETER, Heinsius’ Handschrift stamme aus der Florentiner Bibliotheca Medicea Laurenziana: »Deinde ex schedis Heinsianis sex antiquorum Codicum Lectiones Vir Celeberrimus Petrus Burmannus depromsit, easque in usum nostrum describendas tradidit Fratris sui Filio Francisco, qui in familae Musarumque decus crescit. Tres inter hos Colonienses esse adnotarat Nicolaus Heinsius: Unum Langermanni, unum e-

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London, Lambeth Palace Library, Ms. 238. Vgl. GIBSON/PALMER 1987, S. 972-974 und S. 993f. Vgl. GIBSON/PALMER 1987, S. 993 (mit weiteren Nachweisen). FLOYER/HAMILTON 1906, S. 79.

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tiam Vossii. Sextus cujus esset, non constabat; Clarissimus tamen Burmannus suspicabatur eum esse Mediceum. Et ne in illis erres, his litteris eos distinxi, Col. id est Coloniensis 1. 2. 3. L. Codicem Langermanni indicat; At vero Vossianum hunc primum dixi, Mediceum autem litera M signat. [...] Rarus etiam inter Codicem Langermanni et Benedictinorum dissensus: a quibus et haud frequenter in diversa abit Mediceus.«746

GUAGLIANONE erwägt Identität mit Flo2 oder Flo3.747 b) CANNEGIETER kannte 1731 noch einen vierten »Vossianus«, dessen Text er aus Aufzeichnungen von Abraham Gronovius bezog. Im Bibliothekskatalog der Leidener Universität konnte er die Handschrift aber nicht mehr nachweisen: »Vossianum quartum debemus Cl. Abrahamo Gronovio, similiter, ut audio, ex Leydensi Bibliotheca descriptum, tametsi nullum ejus vestigium hodie, nisi indices fallunt, in illius Bibliothecae Catalogo, quem modo nominavi, extant. In plurimis hic similis est Vossiano tertio, qui litteris fugitivis atque exolescentibus est exaratus, id quod ex Arntzenio nostro, qui manibus eum versavit, cognovi.«748

c) Noch nicht wieder aufgetaucht ist der »Palatinus Neveleti«, d. h. die von Isaac Nevelet für seine 1610 erschienenen »Mythologia Aesopica« neben dem Schuldruck Heinrich Quentells von 1494 und der Ulmer Erstausgabe des ›Esopus‹ Heinrich Steinhöwels benutzte Handschrift aus der Heidelberger Bibliotheca Palatina: »Quid vero in his Aviani notis praestiterimus, si scire desideras: cum Palatino codice manu exarato eas contulimus. Accessere itidem JANI GRUTERI Doctoris mei [...] opera ex eadem Bibliotheca Editiones duae exolatae: quarum altera Ulmensis sine anni adnotatione. Altera anno [MD]CCCCXCIV. absoluta, sine loci nota cum commentario Anonymi cujusdam.«749

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CANNEGIETER 1731, Bl. *3rv. Vgl. dort auch Bl. **2v zu Sigle M sowie GUAGLIANONE 1958, S. LIX (Sigle Q unter den »Codices haud recogniti«). Vgl. GUAGLIANONE 1958 S. XVf. zu Sigle Ba und S. XIVf. zu Sigle L. CANNEGIETER 1731, Bl. *3v. Vgl. dort auch Bl. **2v zu Sigle Voss.4 und weiter zu dieser Handschrift GUAGLIANONE 1959, S. LIX (Sigle »Voss. 4 Cann.« unter den »Codices haud recogniti«), und GAIDE 1980, S. 73 (dort irrtümlich mit CANNEGIETERs Handschrift Voss.1 verwechselt: »Codex Vossianus I ab H. Cannegietero in editione [Amstelodami, anno 1731] adhibitus«). Aus dem Vorwort Nevelets hier zitiert nach dem Abdruck bei CANNEGIETER 1731, Bl. **3v. Vgl. dort auch Bl. **2v: Sigle Palat. Weiter zu dieser Handschrift: FRÖHNER 1862, S. VIIIf., GUAGLIANONE 1958, S. LIX (Sigle F unter den »Codices haud recogniti«), HERRMANN 1968, S. 26 (Sigle F). Dass GUAGLIANONE in seiner Ausgabe unter den »Codices haud recogniti« zu den drei oben bereits berücksichtigten Handschriften noch eine vierte aufführt, die er als »Cod. Palat. Cann.« bezeichnet (1958, S. LIX, dort Sigle Ua), dürfte auf einem Missverständnis beruhen. Bei dem in CANNEGIETERs Siglenübersicht genannten Palatinus (CANNEGIETER 1731, Bl. **2v) handelt es sich lediglich um den von

Avian: ›Fabulae‹

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d) In seiner Siglenübersicht führt GUAGLIANONE unter den Handschriften des 9. Jahrhunderts auch die »Cabeliavii codices« an (1958, S. LV, Sigle »Cabel.«). Damit nimmt er Bezug auf Textzeugen, die dem niederländischen Juristen Johannes Cabeljauw750 zur Hand waren und aus denen er Lesarten in eine gedruckte Avian-Ausgabe in seinem Besitz übertrug. Diese gelangte über Marquard Gude in die Hände von Johann Albert Fabricius, der sie an CANNEGIETER, den seit 1731 ausgewiesenen Avian-Herausgeber, weiterleitete. CANNEGIETER publizierte die Anmerkungen dann in seinen »Notae in Flavii Aviani Fabulas«, die 1734 in der März- und Juli-Ausgabe der »Miscellaneae Observationes de P. d’Orville« (S. 293-312 bzw. S. 33-36) erschienen. Die »Notae« wurden seither von verschiedenen Herausgebern herangezogen.751 Die Ausgabe CABELJAUWs mit den handschriftlichen Einträgen hat erst BÄHRENS in Leeuwarden wiederentdeckt.752 Ob aus ihnen noch mehr über das Aussehen der benutzten Handschriften herausgebracht werden kann als das von FRÖHNER bereits Festgestellte (dass nämlich den Lesarten insgesamt drei verschiedene Quellen zugrunde liegen: ein »vetus codex« und zwei »recentiores«), erscheint angesichts der undurchsichtigen Arbeitsweise CABELJAUWs fraglich.753 e) MONTFAUCONs 1739 (Bd. 1, S. 25 Nr. 481) aufgeführte »Avieni versus aliquot« hatte dieser in den Handschriften Rom, Biblioteca Apostolica Vaticana, Reg. lat. 1283A und Reg. lat. 1283B vor Augen.754 Die beiden Reginenses enthalten aber weder einen Avian noch etwas von Rufius Festus Avienus.755 Zu prüfen bleibt, ob MONTFAUCON eine einstmals vollständigere Handschrift vorlag. f) MONTFAUCONs 1739 (Bd. 1, S. 44 Nr. 1360) aufgeführte »Avieni versus« lagen ihm in der Handschrift Rom, Biblioteca Apostolica Vaticana, Reg. lat. 1278, vor.756 Die Handschrift enthält weder einen Avian noch etwas von

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GUAGLIANONE bereits als »Palat. Nevel.« berücksichtigten, also um den von Nevelet 1610 herangezogenen Zeugen. Zur Identifizierung des Namenträgers, der den Avian-Herausgebern lange Zeit unbekannt blieb, GAIDE 1980, S. 62f. Vgl. FRÖHNER 1862, S. IXf., BÄHRENS 1883, S. 32f., ELLIS 1887, S. XLI, DUFF/DUFF 1961, S. 678, GUAGLIANONE 1958, S. LV, GAIDE 1980, S. 62 Anm. 3. Vgl. BÄHRENS 1883, S. 32f. Der Band wird heute in der Provinciale bibliotheek van Friesland in Leeuwarden aufbewahrt und trägt dort die Signatur 49Hs. Vgl. die knappen Bemerkungen dazu bei FRÖHNER 1862, S. IX. Les manuscrits de la Reine de Suède au Vatican 1964, S. 31. Vgl. die Katalogbeschreibungen in PELLEGRIN 1975ff., Bd. 2,1, S. 159-162. Les manuscrits de la Reine de Suède au Vatican 1964, S. 78.

Verzeichnisse zur Überlieferung

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Rufius Festus Avienus.757 Wiederum bleibt zu prüfen, ob MONTFAUCON eine einst vollständigere Handschrift zur Verfügung stand. g) Unter den 1660 verzeichneten Handschriften Alexander Petaus in der Biblioteca Apostolica Vaticana werden bei MONTFAUCON vier Signaturen mit einem Avianus/Avienus (»Avieni Poetae Fabulae«) aufgeführt (1739, Bd. 1, S. 90: 1340, 1343, 1388 und 1248) und zwei Signaturen mit den Fabeln des Avian inklusive Widmungsvorrede (»Theodosii vel Avieni Poetae Fabulae«; 1739, Bd. 1, S. 92: 1028 und 1158). Ferner erscheinen unter den in das Verzeichnis der Handschriften der King’s Library von 1734 aufgenommenen mit der Signatur P 238 auch »Avieni Fabulae« (1739, Bd. 1, S. 631). h) Die zahlreichen in der »Lawrence J. Schoenberg Database of Manuscripts« (http://sceti.library.upenn.edu/sdm) ausgewerteten Auktionskataloge führen meistenteils auf oben bereits berücksichtigte AvianHandschriften. Auf die wenigen nicht zweifelsfrei mit oben aufgenommenen Zeugen zu identifizierenden Nummern (60386, 65449, 86197, 89556, 140930) sei abschließend wenigstens verwiesen.

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Vgl. die Katalogbeschreibungen in PELLEGRIN 1975ff., Bd. 2,1, S. 502-504.

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Avian: ›Fabulae‹

1.5 Siglenkonkordanz zur Ausgabe GUAGLIANONEs Ant1 Ant2 Aug1 Aug2 Bas1 Bas2 Ber1 Ber 2 Ber 3 Ber 4 Bes Bre1 Bre2 Cam1 Cam2 Cam3 Cam4 Dan Dar 1 Dar 2 Dar 3 Dha Dij Edi Eis Erf 1 Erf 2

An At Mi Bn Bl Ch Ve Pet1 Pet2 G Dm Dv Ei E -

Erf 3 Erl Flo1 Flo2 Flo3 Flo4 Flo5 Flo6 Hoh Kam Kar 1 Kar 2 Koe1 Koe2 Kop1 Kop2 Kra1 Kra2 Kra3 Lei1 Lei2 Lei3 Lei4 Lei5 Lei6 Lin Lon1

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Verzeichnisse zur Überlieferung

2. ›Disticha Catonis‹ deutsch Da die meisten der Überlieferungszeugen des deutschen ›Cato‹ im Darstellungsteil ausführlicher charakterisiert wurden als die Avian-Handschriften, ist nachstehend auf den diskursiven Anhang zur formalisierten Handschriftenbeschreibung verzichtet. Ferner sind die Angaben zum die ›Cato‹Überlieferung begleitenden Textbestand nur als kursorische zu verstehen. 2.1 Rumpfübersetzung/-bearbeitung 2.1.1 Handschriften R-Bam1 *Bamberg, Staatsbibliothek, Msc. Lit. 176 (Ed. VII. 55) Pap., 246 Bl., 14.5 x 10 cm, 1477-79, Benediktiner Michelsberg Bamberg? 201v-211v: Rumpfübersetzung/-bearbeitung, dt. Weiterer Inhalt: geistliche Andachtsstücke, Gebete, Jesu Schuelgangk, ›Sprüche der zwölf Meister zu Paris‹, Beichtspiegel und Notizen zur Haushaltung. Schreiber Michael Greff Vorbesitzer Nürnberg, Dominikanerinnen St. Katharina? L1 HARMENING 1970, S. 351-358 (Textgruppe II; Textproben). L2 LEITSCHUH 1898, S. 328f.

R-Bam2 *Bamberg, Staatsbibliothek, Msc. Lit. 177 (Ed. VIII. 18) Pap., 142 Bl., 15,1 x 10,6 cm, um 1480, Bamberg? 110r-120v: Rumpfübersetzung/-bearbeitung, dt. Weiterer Inhalt: katechetische und geistliche Andachsstücke, ›Der kleine Renner‹, Messauslegung, Beichtanweisungen, Gebete. L1 HARMENING 1970, S. 358-360 (Textgruppe II; Textproben). L2 LEITSCHUH 1898, S. 329f. L3 GÜNTHER SCHWEIKLE: ›Der Kleine Renner‹. In: VL, Bd. 4, Sp. 1200-1203.

R-Ber 1 *Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ms. germ. quart 478 Pap., I + 235 Bl., 19.5 x 14 cm, 3. Viertel 15. Jh., ostschwäbisch (Augsburg? Ulm?). 75r-95r: Rumpfübersetzung/-bearbeitung, dt. Weiterer Inhalt: Georgslegenden, ›Die Heidin II‹, Schondochs ›Königin von Frankreich‹, ›Gydo und Thyrus‹, dt. Rhetorik, ›Berliner Oswald‹.

›Disticha Catonis‹ deutsch

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Schreiber 1r-184v, 208r-235v: Matthias von Günzburg (21v, 75r, 113v) Vorbesitzer Jtem daß bvoch ist madalen Cvpin (Ir) L1 ZARNCKE 1852, S. 115-117 (Sigle Z; Textgruppe II). L2 DEGERING 1925/32, Bd. 2, S. 85; L3 PAULUS MAU: Gydo und Thyrus. Ein deutscher Ausläufer des altfranzösisch-mittelenglischen Freundschaftsromans ›Guy von Warwick‹. Weida/Th. 1909, S. 40-53; MIHM 1967, S. 20, 130f.; FISCHER 1983, S. 286; ZIEGELER 1985a, S. 505 Nr. 28a; MICHAEL CURSCHMANN: Matthias von Günzburg. In: VL, Bd. 6, Sp. 182f.

R-Ber 2 *Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ms. germ. quart 1484 (ehem. Cheltenham, Sir Thomas Phillipps Library, MS 16376) Pap., I + 6* + 321 + I Bl., 27,5 x 20,5 cm, 1424-28, bairisch-österreichisch. 278ra-286vb: Rumpfübersetzung/-bearbeitung, dt. Weiterer Inhalt: ›Gesta Romanorum‹, Schachzabelbuch, Medizin in Prosa und Vers, Auszüge aus Freidank und dem ›Renner‹. Schreiber 1*ra-162ra: Jorius (161vb: Anno etc. domini Millesimo etc. 1428 in die urbani finitus et liber per manus Si jo ponatur et ri associatur Et vs addatur quis scripsit sic vocatur) Vorbesitzer Theodor Oswald Weigel (1812-81); Thomas Phillipps (17921872) L1 ZARNCKE 1852, S. 113f. (Sigle X; Textgruppe II). L2 The Phillipps manuscripts 1837/71, S. 317 (»Libri MS. bought 1862«); PRIEBSCH 1896/1901, Bd. 1, S. 115-119; HERMANN DEGERING: Neue Erwerbungen der Handschriftenabteilung. II. Die Schenkung Sir Max Waechters 1912. Berlin 1912 (Mitteilungen aus der Königlichen Bibliothek 3, S. 91-101; DEGERING 1925/32, Bd. 2, S. 245. L3 JÄGER 1978, S. 199f. u. ö; EHRISMANN/SCHWEIKLE 1970, Bd. 4, S. 347f.; HOHMANN 1975, S. 232; HAYER 1998, S. 273-275.

Cheltenham, Sir Thomas Phillipps Library, MS 11049: s. u. R-Phi. Cheltenham, Sir Thomas Phillipps Library, MS 16376: s. o. R-Ber 2. R-Chu *Chur, Staatsarchiv, Cod. B 1 Pap., 191 Bl., 20.2 x 14.3 cm, Ende 15. Jh., hochalemannisch (Zürich?). 67r-75r: Rumpfübersetzung/-bearbeitung, dt. Weiterer Inhalt: ›Lucidarius‹, Katechetisches, ›Sibyllen-Weissagung‹,758 Mären, Bîspel, Magdalenenleben, Historienbibel, ›Zürcher Chronik‹. Schreiber (Für die Notiz 143r – vnd der schribar der dis bůch geschriben hatt der ist ouch ain tuiring gesin vnd hies mit dem namen

_____________ 758

Nicht bei NESKE 1985. Die Churer Überlieferung stellt sich im Text zu NESKEs Dresdener Zeugen (1985, S. 142f.).

Verzeichnisse zur Überlieferung

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dieterich sebch vnd was Orgennist zů dem grossenn münster zů zurich vmm lon vnd hies Jakob Oberly vnd der was ainer grossar faister man vnd der gieng zů zurich in denn Rautt vnd was rich – hat SINGER, der Anlage der Handschrift durch zwei Züricher Kanzleischreiber vermutet, klargestellt, dass es sich um Vorlagenübernahme handelt [S. 254].) L2 RUDOLF JENNY: Handschriften aus Privatbesitz im Staatsarchiv Graubünden. Repertorium mit Regesten. Chur 1974 (Staatsarchiv Graubünden 2), S. 111-117. L3 HANS VOLLMER: Materialien zur Bibelgeschichte und religiösen Völkerkunde des Mittelalters. Bd. 1,2: Niederdeutsche Historienbibeln und andere Bibelbearbeitungen. Berlin 1916, S. 95-99; SAMUEL SINGER: Die Churer Handschrift der Zürcher Chronik des XV. Jahrhunderts. In: Raetia 1953, Nr. 5/6, S. 253-259; MIHM 1967, S. 125, 131f.; MOELLEKEN 1973/78, Bd. 1, S. XXXVII; FISCHER 1983, S. 286; GOTTSCHALL/STEER 1994, S. 12*.

Donaueschingen, Fürstlich Fürstenbergische Hofbibliothek, Cod. 104: s. u. R-Kar 1. R-Fra

*Frankfurt/M., Stadt- und Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg, Ms. germ. quart 14 Pap., 178 + I Bl., 28.5 x 21 cm, um 1500, Rhein-Main-Gebiet. 21va-23rb: Rumpfübersetzung/-bearbeitung, dt. Weiterer Inhalt: Rüstund Feuerwerksbuch. Vorbesitzer Dis bvch gehort dem rade zv Francfort (VD) L2 WEIMANN 1980, S. 34-37.

R-Gen Genf-Cologny, Bibliotheca Bodmeriana, Cod. Bodmer 72 (ehem. Kalocza, Kathedralbibliothek, Mscr. 1) Perg., II + 333 Bl., 34 x 25.5 cm, 1. Viertel 14. Jh., Nordwestböhmen/Oberfranken/südl. Vogtland. 34vb-38rb: Rumpfübersetzung/-bearbeitung, dt. Weiterer Inhalt: umfangreiche Sammelhandschrift mit Reimpaardichtung, v. a. Mären und Strikker-Bîspel (Märenhs. K, Strickerhs. K). Vorbesitzer Liber domini Boß (1r)759

_____________ 759

»Unter mehreren Familien namens Boss, u. a. in Hessen und Schwaben, war die fränk. Adelsfamilie Boss (Poss, Posse) zu Flachslanden b. Ansbach dem vermutlichen Entstehungsraum der Hs. [...] am nächsten. Mitglieder dieser Familie sind im 14.-16. Jh. als Lehensleute u. Beamte der Burggrafen von Nürnberg u. späteren Markgrafen von Brandenburg mehrfach bezeugt [...]. Über sonstigen Bücherbesitz dieser Familie lässt sich nichts feststellen« (KARIN SCHNEIDER in WETZEL 1994, S. 82).

›Disticha Catonis‹ deutsch

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L1 ZARNCKE 1852, S. 13, 18-24 (Sigle c; Textgruppe I.a). L2 WETZEL 1994, S. 81-129 und Abb. 6-8. L3 MIHM 1967, S. 47-61, S. 135f.; BRANDIS 1968, S. 240; MOELLEKEN 1973/78, Bd. 1, S. XXXIXf.; FISCHER 1983, S. 287; ZIEGELER 1985a, S. 505f. Nr. 2932.

R-Goe *Göttweig, Stiftsbibliothek, Cod. [400 (rot 356)] Pap., 246 Bl., Folio, 1462 (61r), bairisch-österreichisch. 61v-65v: Rumpfübersetzung/-bearbeitung, dt. Weiterer Inhalt: ›Belial‹, ›Buch der Könige‹ (›Schwabenspiegel‹-Fassung), ›Goldene Bulle‹, ›Mainzer Reichslandfrieden‹, ›Vom Antichrist‹. Schreiber 1r-246r: Hanns Rottaler (61r, 246r) Vorbesitzer Jacob Eysmar, Mertten Hammerschmidt zu Helffenberg (246v) L3 OTT 1983, S. 301.

R-Hei1 *Heidelberg, Universitätsbibliothek, Cod. pal. germ. 314 Pap., 1*-16* + 1-197 gez. Bll. + 198*-203*, 29 x 20.5 cm, 1443-49, Augsburg. 66rb-70ra: Rumpfübersetzung/-bearbeitung, dt. Weiterer Inhalt: Boners ›Edelstein‹, kleinere Reimpaartexte (Bîspel, Fabeln, Mären, Heinrich der Teichner), Freidank, Dietrichepik. Schreiber u. a. Sigismund Gossembrot (1417-93) und Stephan Hüttaus Vorbesitzer Sigismund Gossembrot; Margarethe von Savoyen (†1479)? L1 VON DER HAGEN/BÜSCHING 1812, S. 396; ZARNCKE 1852, S. 16, 18-24 (Sigle p; Textgruppe I.b/β). L2 BARTSCH 1887, S. 72-75. L3 NIEWÖHNER 1953/56, Bd. 1, S. XIV; BRANDIS 1968, S. 236; MOELLEKEN 1973/78, Bd. 1, S. XXXIV; FISCHER 1983, S. 288; JÄGER 1978, S. 116-119 u. ö.; RSM, Bd.1, S. 171; KIENING 1998, S. 493496; Rabenschlacht. Textgeschichtliche Ausgabe. Hg. von ELISABETH LIENERT und DORIT WOLTER. Tübingen 2005 (Texte und Studien zur mittelhochdeutschen Heldenepik 2), S. XIII-XV.

R-Hei2 *Heidelberg, Universitätsbibliothek, Cod. pal. germ. 341 Perg., 374 Bl., 30.5 x 22.5 cm, 1. Viertel 14. Jh., Nordwestböhmen/Oberfranken. 71va-75rb: Rumpfübersetzung/-bearbeitung, dt. Weiterer Inhalt: umfangreiche Sammelhandschrift mit Reimpaardichtung, v. a. Mären und Strikker-Bîspel (Märenhs. H, Strickerhs. H). L1 ZARNCKE 1852, S. 13, 18-24, 188 (Sigle C; Textgruppe I.a). L2 BARTSCH 1887, S. 82-93. L3 MIHM 1967, S. 47-61, 135; BRANDIS 1968, S. 236f.; MOELLEKEN 1973/78, Bd. 1, S. XXVII; FISCHER 1983, S. 288; ZIEGELER 1985a, S. 505f. Nr. 29-32; HENKEL 1988, S. 179, 229; WETZEL 1994, S. 81-84, 129.

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Verzeichnisse zur Überlieferung

R-Inn *Innsbruck, Universitätsbibliothek, Cod. 507 Pap., 1438, Süddeutschland. 87v-98r: Rumpfübersetzung/-bearbeitung, dt. Weiterer Inhalt: Über das Anhören des Messopfers, Tischzucht, Vaterunser-Auslegung. L1 ZARNCKE 1852, S. 15, 18-26 (Sigle m; Textgruppe I.b/α). L3 HANS FERDINAND MASSMANN in: AnzKdVz 8 (1839), Sp. 212; BERND ADAM: Katechetische Vaterunserauslegungen. Texte und Untersuchungen zu deutschsprachigen Auslegungen des 14. und 15. Jahrhunderts. München 1976 (MTU 55), S. 217.

Kalocza, Kathedralbibliothek, Mscr. 1: s. o. R-Gen. R-Kar 1 *Karlsruhe, Badische Landesbibliothek, Cod. Donaueschingen 104 (ehem. Donaueschingen, Fürstlich Fürstenbergische Hofbibliothek, Cod. 104) Pap., 269 Bl., 30.5 x 22 cm, um 1430/33, Oberschwaben (Bodensee? Konstanz?). 210ra-213ra: Rumpfübersetzung/-bearbeitung, dt. Weiterer Inhalt: Joseph von Laßbergs ›Liedersaal-Handschrift‹ mit Mären, Teichner- und Minnereden und Stricker-Bîspeln (Märenhs. l, Strickerhs. L, Teichnerhs. G). Vorbesitzer Joseph von Laßberg (1770-1855) L1 ZARNCKE 1852, S. 16, 18-26 (Sigle O; Textgruppe I.b/β). L2 BARACK 1865, S. 100f. L3 Lieder Saal, das ist: Sammelung altteutscher Gedichte. Herausgegeben aus ungedrukten Quellen vom Reichsfreiherrn VON LASSBERG. St. Gallen, Konstanz 1846, Bd. 3, S. 161-178 (mit Textabdruck); NIEWÖHNER 1953/56, Bd. 1, S. XIV, LXXIXLXXI; MIHM 1967, S. 78-92, 132; BRANDIS 1968, S. 224f.; MOELLEKEN 1973/78, Bd. 1, S. XXXf.; JÄGER 1978, S. 155f. u. ö.; FISCHER 1983, S. 286f.; ZIEGELER 1985a, S. 495, 498f., 507-509 (Nr. 1, 9, 12, 33, 38-42); KLAUS GRUBMÜLLER: ›LiedersaalHandschrift‹. In: VL, Bd. 5, Sp. 818-822; HEINZER 1995.

R-Kar 2 *Karlsruhe, Badische Landesbibliothek, Cod. Karlsruhe 408 Pap., 195 Bl., 29,5 x 20,5 cm, 1430/35, Nordschwaben. 148vb-153rb: Rumpfübersetzung/-bearbeitung, dt. Weiterer Inhalt: Märensammelhandschrift (Märenhs. k). L3 NIEWÖHNER 1953/56, Bd. 1, S. XIV; MIHM 1967, S. 136; BRANDIS 1968, S. 241; MOELLEKEN 1973/78, Bd. 1, S. XXXIII; SCHMID 1974, besonders S. 593-607 (mit Textabdruck); FISCHER 1983, S. 288; ZIEGELER 1985a, S. 496-498, 500, 503f. (Nr. 2, 6, 10, 16, 25-27); RSM, Bd. 1, S. 188.

›Disticha Catonis‹ deutsch

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R-Lon1 *London, British Library, MS Additional 10010 Pap., 195 Bl., 31 x 21 cm, 2. Hälfte 15. Jh., nordschwäbisch. 179v-190r: Rumpfübersetzung/-bearbeitung, dt. Weiterer Inhalt: Werke Hermanns von Sachsenheim und Minnereden. Vorbesitzer Johann von Dalberg (Bf. von Worms 1482-1503); Georg Kloss (1787-1854) L1 ZARNCKE 1852, S. 114f. (Sigle Y [für die allein benutzte neuzeitliche Abschrift Frankfurt, Stadt- und Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg, Ms. germ. oct. 2]; Textgruppe II); HARMENING 1970, S. 348. L2 BÄCHTOLD 1873, S. 147-152 (Textproben); PRIEBSCH 1896/1901, Bd. 2, S. 98-100. L3 BRANDIS 1968, S. 246; Hermann von Sachsenheim: Die Mörin. Nach der Wiener Handschrift ÖNB 2946 hg. und kommentiert von HORST DIETER SCHLOSSER. Wiesbaden 1974 (Deutsche Klassiker des Mittelalters N. F. 3), S. 19; OPPITZ 1997, S. 19 Nr. 4595.

R-Lon2 *London, British Library, MS Additional 16581 Pap., 305 Bl., 20,5 x 14,5 cm, 1468/69, ostschwäbisch (wohl Augsburg). 296v-300v: Rumpfübersetzung/-bearbeitung, dt. Weiterer Inhalt: didaktische Anthologie aus Spruchsammlungen, Tischzuchten, Priameln, Ps. Bernhards von Clairvaux ›De cura et modo rei familiaris‹, Teichner-Reden, Freidank und einem moralischen Prosatraktat. Schreiber Konrad Bollstatter (Konrad Molitor) L2 PRIEBSCH 1896/1901, Bd. 2, S. 147-158. L3 NIEWÖHNER 1953/56, Bd. 1, S. XV; BRANDIS 1968, S. 246f.; COSSAR 1975, S. 32f.; KURT GÄRTNER: ›Bollstatters Spruchsammlung‹. In: VL, Bd. 1, Sp. 933-935; JÄGER 1978, S. 130-133 u. ö.; KARIN SCHNEIDER: Bollstatter, Konrad. In: VL, Bd. 1, Sp. 931-933.

R-Lon3 *London, British Library, MS Additional 24946 Pap., 294 Bl., 30 x 17 cm, 2. Hälfte 15. Jh., Nürnberg. 211v-218v: Rumpfübersetzung/-bearbeitung, dt. Weiterer Inhalt: Heinrich der Teichner, Stricker, Märendichtung (Teichnerhs. K, Märenhs. l2). L1 ZARNCKE 1852, S. 189f. (Textgruppe I.b/α); HARMENING 1970, S. 345; ZATOČIL 1952, S. 307 Anm. 5. L2 BAECHTOLD 1873, S. 72-146 (mit Textabdruck); PRIEBSCH 1896/1901, Bd. 2, S. 215-223. L3 NIEWÖHNER 1953/56, Bd. 1, S. XIV, XCI-XCIII; MIHM 1967, S. 110, 136; BRANDIS 1968, S. 247f.; MOELLEKEN 1973/78, Bd. 1, S. XXVII; FISCHER 1983, S. 289.

R-Mel *Melk, Stiftsbibliothek, Cod. 1547 (1859, 1848, R 18) Perg., 296 S., 17,5 x 11,5 cm, Mitte 14. Jh., Österreich. 271-293: Rumpfübersetzung/-bearbeitung, dt. Weiterer Inhalt: Mären und Bîspel des Stricker (Strickerhs. M).

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Verzeichnisse zur Überlieferung

L1 VON DER HAGEN/BÜSCHING 1812, S. 398; HEINRICH HOFFMANN VON FALLERSLEBEN: Cato. In: Altdeutsche Blätter 2 (1840), S. 18-32 (mit Textabdruck); ZARNCKE 1852, S. 12, 13 Anm., 18-24, 188 (Sigle A; Textgruppe I.a). L2 CHRISTINE GLASSNER: Inventar der Handschriften des Benediktinerstiftes Melk. Teil 1: Von den Anfängen bis ca. 1400. Katalogband. Unter Mitarbeit von ALOIS HAIDINGER. Wien 2000 (Österreichische Akademie der Wissenschaften. Phil.-hist. Kl., Denkschriften 285; Veröffentlichungen der Kommission für Schrift- und Buchwesen des Mittelalters. Reihe II, Bd. 8, Teil 1), S. 422-425. L3 MOELLEKEN 1973/78, Bd. 1, S. XXXI; ZIEGELER 1985a, S. 505f. (Nr. 29, 31).

R-Mue1 *München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 717 Pap., 147 Bl., 19,6-21 x 13,8-14,5 cm, um 1348, Ostschwaben. 106ra-110rb: Rumpfübersetzung/-bearbeitung, dt. Weiterer Inhalt: geistliche Traktate, Gebete, Predigten, Verslegenden, geistliche Lieder, Minnereden und Mären. L1 VON DER HAGEN/BÜSCHING 1812, S. 396; ZARNCKE 1852, S. 13, 18-24 (Sigle D; Textgruppe I.b/α). L2 SCHNEIDER 1970/2005, Bd. 5, S. 100-113. L3 MIHM 1967, S. 125, 138; BRANDIS 1968, S. 252; FISCHER 1983, S. 289; GERHARDT/PALMER 2002.

R-Mue2 *München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 778 Pap., 157 Bl., 21.5 x 15 cm, Teil I+II: 3. Viertel 15. Jh., Teil III: um 1400, Teil I+II: Tegernsee, Teil III: Bayern. 146r-150v: Rumpfübersetzung/-bearbeitung, dt. Weiterer Inhalt: drei in Tegernsee noch im 15. Jh. verbundene Teile mit (I.) mystischen Traktaten, einem Sendbrief an Klosterfrauen, geistlichen Tischlesungen, (II.) Bonaventuras ›Itinerarium mentis in deum‹ dt. und (III.) neben der ›Rumpfbearbeitung‹ zwei geistlichen Meisterliedern. Schreiber interlinear und marginal Verbesserung zur Übersetzung des ›Itinerarium‹ Bonaventuras (134r-140v): Bernhard von Waging Vorbesitzer Tegernsee, Benediktiner L1 ZARNCKE 1852, S. 15, 18-24 (Sigle i; Textgruppe I.b/α). L2 SCHNEIDER 1970/2005, Bd. 5, S. 310-317. L3 HÖVER 1971, S. 35-40; KORNRUMPF 1977, S. 136f.; RSM, Bd. 1, S. 202; BAUER 1996, S. 61, 147-154.

R-Mue3 *München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 1020 Pap., 56 Bl., 20 x 14.5, bald nach Mitte 15. Jh., Grenzraum Nordwürttemberg/Franken. 21v-35r: Rumpfübersetzung/-bearbeitung, dt. Weiterer Inhalt: ›SibyllenWeissagung‹, Reimpaarfabeln, Streitgespräch zwischen Christ und Jude, Reimpaargedichte Peter Bockers, Märendichtung, Meisterlieder.

›Disticha Catonis‹ deutsch

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L1 ZARNCKE 1852, S. 15, 18-24, 188f. (Sigle h=k; Textgruppe I.b/α). L2 SCHNEIDER 1970/2005, Bd. 6, S. 62-66. L3 MIHM 1967, S. 120, 138; FISCHER 1983, S. 289; NESKE 1985, S. 81-84; RSM, Bd. 1, S. 204.

R-Mue4 *München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 5249/29b Perg., 11 Falzstreifen, ca. 32 x 3-6 cm, Ende 13./Anfang 14. Jh., westalemannisch. Streifen 8rv: Rumpfübersetzung/-bearbeitung, dt. Weiterer Inhalt: »Benediktbeurer Bruchstücke« (›Aristoteles und Phyllis‹, Hartmann von Aue: ›Der arme Heinrich‹, ›Die gute Frau‹, Freidank). L2 KARIN SCHNEIDER: Die Fragmente mittelalterlicher deutscher Versdichtung der Bayerischen Staatsbibliothek München (Cgm 5249/1-79). Stuttgart 1996 (ZfdA Beiheft 1), S. 59f.; SCHNEIDER 1970/2005, Bd. 8, S. 66f. L3 JÄGER 1978, S. 238; FISCHER 1983, S. 289; Hartmann von Aue. Der arme Heinrich. Hg. von Hermann Paul. 16. Aufl. besorgt von KURT GÄRTNER. Tübingen 1996 (ATB 3), S. XV-XVIII.

R-Mue5 *München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 7021: s. u. G-Mue7. R-Nue1 *Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Löffelholz-Archiv Hs. D 654 Pap., 357 Bl., 30 x 21 cm, Anfang/1. Hälfte 15. Jh. (*13v: [14]38), Bamberg. 280ra-284ra: Rumpfübersetzung/-bearbeitung, dt. Weiterer Inhalt: ›Klosterneuburger Evangelienwerk‹, Kompilation von Geschichten aus dem Alten Testament, Auszüge aus der ›Christherre-Chronik‹ und dem ›Schwabenspiegel‹, Notate zu den Bamberger Heiltümern und Ps.Aristoteles: ›Secretum secretorum‹, dt. Schreiber Fritz Löffelholz Vorbesitzer Fritz Löffelholz; Wilhelm Löffelholz (†1475); Johann Löffelholz (1448-1509) L3 LOTTE KURRAS: Handschriften und Handschriftenpraxis in der Frühzeit des Germanischen Nationalmuseums. In: Bibliotheksforum Bayern 9 (1981), S. 146-155, hier S. 153-155; GISELA KORNRUMPF: Das ›Klosterneuburger Evangelienwerk‹ des österreichischen Anonymus. Datierung, neue Überlieferung, Originalfassung. In: Vestigia Bibliae 9/10 (1987/88), S. 115-131, hier S. 120f.; HENKEL 1988, S. 230.

R-Nue2 ehem. Nürnberg, Privatbesitz Sebastian Jakob Jungendres (16851765) [Verbleib unbekannt] Pap., Folio, 15. Jh. (vor 1440?), (west-)schwäbisch oder bairisch? Stücknr. 4: Rumpfübersetzung/-bearbeitung, dt. Weiterer Inhalt: »Astronomische und Historische Welt=Beschreibung«, »Das drytt Tail dyß werkß, das saget von der Menschen Geslecht, von yrem Alter. von den

930

Verzeichnisse zur Überlieferung

sechß altern der Geslecht. von Bebsten vnd kFnigen pyß auff das iar, do man schraib von cristi gepurt tawsent CCCC. vnd XL. Jar«. L1 ZARNCKE 1852, S. 16 (Hs q; Textgruppe I.b/α?). L3 SEBASTIAN JAKOB JUNGENDGelehrte, aus alten Nachrichten gezogene Neuigkeiten, womit allerhand nützliche und curieuse zur Theologie, Jurisprudenz und Politik, zur Philosophie, Philologie, Historie der Gelahrtheit gehörige Sachen aus bisher noch ungedruckten Urkunden communiciret werden. Nürnberg 1737, S. 73-77.

RES:

R-Phi

*Philadelphia, University of Pennsylvania – Rare Book and Manuscript Library, Ms. Codex 872 (ehem. Ms. Ger. 14; ehem. Cheltenham, Sir Thomas Phillipps Library, MS 11049) Pap., 4 Bl., 28.5 x 20 cm, 15. Jh., westschwäbisch. 2rb-4vb: Rumpfübersetzung/-bearbeitung, dt. Weiterer Inhalt: Reimpaarfabel ›Löwe und Sohn‹, Peter Schmiehers ›Wolfsklage I‹. Vorbesitzer Georg Kloss (1787-1854); Thomas Phillipps (1792-1872) L1 ZATOČIL 1952, S. 307 Anm. 5; HARMENING 1970, S. 349. L2 The Phillipps manuscripts 1837/71, S. 181 (»Ex Bibl. G. Kloss«); PRIEBSCH 1896/1901, Bd. 1, S. 110f.; NORMAN P. ZACOUR, RUDOLF HIRSCH: Catalogue of manuscripts in the libraries of the University of Pennsylvania to 1800. Philadelphia 1965, S. 81f. L3 CLARK 1978 (mit Textabdruck); HENKEL 1988, S. 230; OPPITZ 1997, S. 41f. Nr. 35.

R-Pra

*Prag, Knihovna Národního muzea (Bibliothek des Nationalmuseums), Cod. X A 12 Pap., 360 Bl., 31,5 x 21,5 cm, 1470/71 (359v, 360r), Augsburg (359v). 208v-211v: Rumpfübersetzung/-bearbeitung, dt. Weiterer Inhalt: ›Liederbuch der Clara Hätzlerin‹ in zwei Teilen mit (I) Reimpaargedichten – v. a. Minnereden und Mären – sowie (II) 128 Liedern – darunter Meisterlieder, der Mönch von Salzburg und Oswald von Wolkenstein. Schreiber Clara Hätzlerin (359v) Vorbesitzer Jörg Roggenburg (360rv) L1 ZARNCKE 1852, S. 16, 18-24 (Sigle r; Textgruppe II). L2 FRANTIŠEK MICHÁLEK BARTOŠ: Soupis rukopisů Národního Musea v Praze. Bd. 2. Prag 1927 (Catalogus codicum manu scriptorum musaei nationalis Pragensis 2), S. 131 (Nr. 2604). L3 NIEWÖHNER 1953/56, Bd. 1, S. XV; Liederbuch der Clara Hätzlerin. Hg. von CARL HALTAUS. Mit einem Nachwort von HANNS FISCHER. Berlin 1966, S. 274-276, 372-409, 421 (mit Textabdruck); MIHM 1967, S. 140; BRANDIS 1968, S. 257f.; JÄGER 1978, S. 148f. u. ö.; INGEBORG GLIER: Hätzlerin, Klara. In: VL, Bd. 3, Sp. 547-549; FISCHER 1983, S. 290; ZIEGELER 1985a, S. 499-501 (Nr. 12, 17); RSM, Bd. 1, S. 247; CHRISTOPH MÄRZ: Die weltlichen Lieder des Mönchs von Salzburg. Texte und Melodien. München 1999 (MTU 114), S. 86f.

›Disticha Catonis‹ deutsch

931

R-Reg ehem. Regensburg, Jesuitenbibliothek [1809 verbrannt] Pap.? Perg.?, mindestens 65 Bll., zwischen 14.5- 19.5 x 10-14 cm, 14. Jh., bairisch. StückNr. 1: Rumpfübersetzung/-bearbeitung, dt. Weiterer Inhalt: AlexiusLegende, ›Aristoteles und Phyllis‹. L1 ANDREAS HIRN: Katho des Maysters Rat. In: Idunna und Hermode 1812, Nr. 14, S. 53-55 und Nr. 15, S. 57-59; (mit Textabdruck); ZARNCKE 1852, S. 16, 18-24, 188f. (Sigle e; Textgruppe I.b/α). L3 Gesammtabenteuer. Hundert altdeutsche Erzählungen: Ritter- und Pfaffen-Mären, Stadt- und Dorfgeschichten, Schwänke, Wundersagen und Legenden von Jakob Appet, Dietrich von Glatz [...] meist zum erstenmal gedruckt und hg. von FRIEDRICH HEINRICH VON DER HAGEN. Stuttgart, Tübingen 1850, Bd. 3, S. 780; FISCHER 1983, S. 290.

R-Rom *Rom (Città del Vaticano), Biblioteca Apostolica Vaticana, Reg. lat. 1423 Perg., 128 Bl., 1347, bairisch-österreichisch. 116v-123v: Rumpfübersetzung/-bearbeitung, dt. Weiterer Inhalt: Mären und Bîspel des Stricker (Strickerhs. V). Vorbesitzer Erasmus Helm (vorderer Spiegel, 2r) L1 ZARNCKE 1852, S. 12f., 188 (Sigle B; Textgruppe I.a). L3 CARL GREITH: Spicilegium Vaticanum. Beiträge zur näheren Kenntnis der Vatikanischen Bibliothek für deutsche Poesie des Mittelalters. Frauenfeld 1838, S. 57-66; MOELLEKEN 1973/78, Bd. 1, S. XXXII; ZIEGELER 1985a, S. 505f. (Nr. 29, 31).

R-StG

*St. Gallen, Stadt- und Kantonsbibliothek (Vadiana), Ms. Vad. 356 (ehem. D.24) Pap., 48 Bl., Quartformat, Mitte 15. Jh., östl. hochalemannisch (Bodenseegegend). 19r-27v: Rumpfübersetzung/-bearbeitung, dt. Weiterer Inhalt: u. a. katechetische Texte, ›Der König im Bad‹, ›St. Galler Weltgericht‹, Her Syfrit, Gebete, Mariendichtung, Rezepte. L1 VON DER HAGEN/BÜSCHING 1812, S. 398; ZARNCKE 1852, S. 15, 18-24 (Sigle n; Textgruppe I.b/α). L2 SCHERRER 1859, S. 28f., S. 33-35; SCHERRER 1864, S. 104. L3 Melchior Goldast von Haiminsfeld: Paraeneticorum veterum pars I (1604). Im Nachdruck hg. und mit einem Nachwort versehen von MANFRED ZIMMERMANN. Göppingen 1980 (Litterae 64), S. 383f. und (im Anhang) S. 11 und S. 17 Anm. 16; HELLMUT ROSENFELD: Das St. Galler Weltgericht. In: ZfdA 109 (1980), S. 116-128, hier S. 119.

932

Verzeichnisse zur Überlieferung

R-Str ehem. Straßburg, Stadtbibliothek, Cod. B 121 [1870 verbrannt] Pap., 263 Bl., Quartformat, 15. Jh., Straßburg? 1va-5vb: Rumpfübersetzung/-bearbeitung, dt. Weiterer Inhalt: ein ›Facetus Cum nihil utilius‹, dt., sowie die Sammlung der Lieder Heinrich Laufenbergs mit einigen fremden Liedern und geistlicher Prosa. Schreiber Heinrich Laufenberg? Vorbesitzer Heinrich Laufenberg? L1 ZARNCKE 1852, S. 189. L3 E. R. MÜLLER 1888; SCHRÖDER 1911, S. 31f.; WACHINGER 1979; RSM, Bd. 1, S. 255; MAX SCHIENDORFER: Ein vündelîn zu Heinrich Laufenbergs Liedercodex (olim: Straßburg B 121) und zu seinem Wecklied ›Stand vf vnd sih ihesum vil rein‹. In: ZfdPh 119 (2000), S. 421-426; DERS.: Johanniterbibliothek Straßburg, Cod. B 121 – Die verlorene Liederhandschrift Heinrich Laufenbergs. In: Entstehung und Typen mittelalterlicher Lyrikhandschriften. Akten des Grazer Symposiums 13.-17. Oktober 1999, hg. von ANTON SCHWOB und ANDRÁS VIZKELETY unter Mitarbeit von ANDREA HOFMEISTER-WINTER. Bern [u. a.] 2001 (Jahrbuch für Internationale Germanistik. Reihe A: Kongressberichte 52), S. 223-241. Siehe auch unten Kap. V.3.1 zu Sigle Str.

R-Stu

*Stuttgart, Württembergische Landesbibliothek, Cod. poet. et phil. 2° 10 Pap., I + 132 Bl., 31 x 21 cm, Ende 15. Jh., schwäbisch. 123vb-126rb: Rumpfübersetzung/-bearbeitung, dt. Weiterer Inhalt: Thürings von Ringoltingen ›Melusine‹, Fürstenspiegelkompilation, Traktat vom Lesen, Allegorie von den vier Töchtern Gottes. L1 ZARNCKE 1852, S. 16f., 18-24, 113-140 (Sigle s; Textgruppe II). L2 IRTENKAUF/KREKLER 1981, S. 11f. L3 Thüring von Ringoltingen: Melusine. Hg. von KARIN SCHNEIDER. Berlin 1958 (TspMA 19), S. 13; GERD BRINKHUS: Eine bayerische Fürstenspiegelkompilation des 15. Jahrhunderts. Untersuchung und Textausgabe. München 1978 (MTU 66), S. 18f.

Vatikanstadt s. Rom (Città del Vaticano). R-Wei *Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibliothek, Cod. O 145 Pap., 246 Bl., 15 x 10,5 cm, 1480-1500, ostschwäbisch (Augsburg?). 11r-22r: Rumpfübersetzung/-bearbeitung, dt. Weiterer Inhalt: Sammlung kleinerer Reimpaargedichte (v. a. Minnereden, dazu Mären). L1 VON DER HAGEN/BÜSCHING 1812, S. 396f.; ZARNCKE 1852, S. 17, 18-24, 113140, 143-153 (Hss. t, v und A; Textgruppe II und »Parodie des Cato«). L3 NIEWÖHNER 1953/56, Bd. 1, S. XV; MIHM 1967, S. 142; BRANDIS 1968, S. 265; FISCHER 1983, S. 291; KESTING 1983; ZIEGELER 1985a, S. 500f. Nr. 17.

›Disticha Catonis‹ deutsch

933

R-Wie1 *Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 2880 Pap., 174 Bl., 28 x 20 cm, 2. Hälfte 15. Jh., Grenzgebiet Rheinfranken/Ostfranken. 151r-159v: Rumpfübersetzung/-bearbeitung, dt. Weiterer Inhalt: Heinrich der Teichner (Teichnerhs. D), dazu Mären, Minnereden, kleinere Reimpaargedichte und geistliche Lieder. L1 ZARNCKE 1852, S. 14, 18-24 (Sigle φ; Textgruppe I.b/α). L2 MENHARD 1960/61, S. 498-514. L3 NIEWÖHNER 1953/56, Bd. 1, S. XIV, S. XCf.; MIHM 1967, S. 116, 143; MOELLEKEN 1973/78, Bd. 1, S. XXXVII; FISCHER 1983, S. 291.

R-Wie2 *Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 2885 Pap., III + 215 + I Bl., 28 x 20 cm, 22.4.-4.7.1393, Innsbruck. 56va-61vb: Rumpfübersetzung/-bearbeitung, dt. Weiterer Inhalt: Sammelhandschrift mit Reimpaardichtung, v. a. Mären und Stricker-Bîspel (Märenhs. w, Strickerhs. B). Schreiber Johannes Götschl (213vb). L1 VON DER HAGEN/BÜSCHING 1812, S. 396; ZARNCKE 1852, S. 15, 18-24 (Sigle I, Textgruppe I.b/α). L2 MENHARDT 1960/61, S. 527-546. L3 MIHM 1967, S. 143; BRANDIS 1968, S. 268; MOELLEKEN 1973/78, Bd. 1, S. XXIVf.; FISCHER 1983, S. 291; URSULA SCHMID: Codex Vindobonensis 2885. Bern, München 1985 (Bibliotheca Germanica 26), besonders S. 216-231 (mit Textabdruck); ZIEGELER 1985a, S. 498, 500, 504-506, 511 (Nr. 9, 15, 26, 28a, 29).

R-Wie3 *Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 9500 Pap., I + 48 + I Bl., 35,5 x 23 cm, um 1770-79. 29r-34r: Rumpfübersetzung/-bearbeitung, dt. Weiterer Inhalt: von dem Jesuiten J. B. Heyrenbach (1738-79) angelegte Abschriften aus mittelalterlichen Handschriften. Schreiber Josef Benedikt Heyrenbach S.J. (1738-79) L1 HENKEL 1988, S. 230. L2 MENHARDT 1960/61, S. 1189f.

R-Wol1 *Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 56.11 Aug. 8° Pap (1,16) und Perg. (2-15), I + 16 + I Bl., 17 x 13 cm, 15. Jh., schwäbisch. 1r-15v: Rumpfübersetzung/-bearbeitung, dt. Weiterer Inhalt: Reimpaargedicht an Maria. L1 VON DER HAGEN/BÜSCHING 1812, S. 396; ZARNCKE 1852, S. 14, 18-24 (Sigle f, Textgruppe I.b/α). L2 HEINEMANN 1890/1903, Bd. 5, S. 81.

Verzeichnisse zur Überlieferung

934

R-Wol2 *Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 226 Extravagantes Pap., 163 Bl., 19,5 x 15 cm, 1466-nach 1471, Augsburg. 56r-64v: Rumpfübersetzung/-bearbeitung, dt. Weiterer Inhalt: Medizin und Rezepte, Gebete und Segen, geistliche Andachtsstücke, femerechtliche Aufzeichnungen und Chronikalisches (»Hausbuch« des Ulrich Schwarz). Schreiber Ulrich Schwarz d. Ä. (ca. 1422-1478), Bürgermeister, Ratsherr und Zunftmeister in Augsburg Vorbesitzer Ulrich Schwarz d. Ä. (1r); Matthäus Schwarz (1497-1574), Enkel des Ulrich Schwarz L1 VON DER HAGEN/BÜSCHING 1812, S. 396; ZARNCKE 1852, S. 14f., 18-24 (Sigle g; Textgruppe I.b/α). L2 HANS BUTZMANN: Die mittelalterlichen Handschriften der Gruppen der Extravagantes, Novi und Novissimi. Frankfurt/M. 1972 (Kataloge der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel. Die neue Reihe 15), S. 101-105. L3 JOHANN JOACHIM ESCHENBURG: Denkmäler altdeutscher Dichtkunst. Bremen 1799, S. 277f., S. 283-294 (mit Textabdruck); HAYER 1988, S. 400-402; NIKOLAUS HENKEL: Ein Augsburger Hausbuch des Spätmittelalters. Der Wolfenbütteler Codex des Bürgermeisters Ulrich Schwarz (†1478). In: Literarisches Leben in Augsburg 1995, S. 27-46.

2.1.2 Drucke Erstausgabe: R-Dr 1

*Basel, um 1475 (dt.)

[ohne Titelblatt; ohne Werküberschrift] L1 VON DER HAGEN/BÜSCHING 1812, S. 399; ZARNCKE 1852, S. 17f. (Sigle w). L2 GW Nr. 6350; WORSTBROCK 1976, S. 31 Nr. 48.

Weitere Ausgaben: R-Dr 2

Basel, vor 28.11.1475 (dt.)

Vgl. GW Nr. 6349,20; WORSTBROCK 1976, S. 31 Nr. 47; MANFRED VON ARNIM: Katalog der Bibliothek Otto Schäfer Schweinfurt. Bd. 1,1, Stuttgart 1984, S. 242f. Nr. 95; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 972.

›Disticha Catonis‹ deutsch

2.2

935

Übersetzungsfassung Z (= Gesamtübersetzung – Textgruppe I)

Berlin, Preußische Staatsbibliothek, Ms. germ. quart 1870: s. u. G-Kra. G-Kra

*Krakau (Kraków), Biblioteka Jagiellońska, Berol. Ms. germ. quart 1870 (ehem. Berlin, Preußische Staatsbibliothek; ehem. Wernigerode, Gräflich Stolbergische Bibliothek, Zb 10) Perg., 70 Bl., 21 x 14.5 cm, 2. Viertel/Mitte 15. Jh. (1449, 1451), niederalemannisch. 39r-51v: ›Disticha Catonis‹, dt. – Übersetzungsfassung Z, dt. Weiterer Inhalt: v. a. dt. geistliche Texte (›Die 15 Zeichen vor dem Jüngsten Gericht‹, ›Himmelsbrief‹ [›Jerusalem-Version‹], Auslegung der Messe, Pilgerführer durch das Heilige Land, Vaterunser-Auslegung) und dt. ›Facetus Cum nihil utilius‹ (Hs. Kra). Textbestand: lat. und dt. Verse pr. 1-4, b.s. 1-3, 5, 4, 6f., 9, 8, 20, ?, 10-15, 18f., 21-24, 26-37, 39, ?, 50f., 54-56, I,1-32, 36-40, II pr. 1-10, II,1-31, III pr. 1f., III,1, III pr. 3f., III,2-8, 10-14, IV,37, III,15-24, IV pr. 1-4, IV,1, 3-13, 15-21, ?, 22-36, 39-49, dt. Versepilog. L1 ZATOCIL 1935, S. 19, S. 50f. (Sigle Z1; Textgruppe I); ZATOCIL 1952, S. 15, 20, 5173, 246, 253, 336 (Sigle Z1; mit Textabdruck); HARMENING 1970, S. 348. L2 FÖRSTEMANN 1866, S. 106f. L3 LEOPOLD ZATOČIL: Ein unbekannter Prosatext der Fünfzehn Zeichen vor dem Jüngsten Gericht. In: Časopis pro moderní filologii 26 (1940), S. 276-287; GERHARDT/PALMER 2002, S. 161. Siehe auch unten Kap. V.3.1 zu Hs. Kra.

G-Mue3 *München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 5249/36 Perg., 1 Bl., 17.5 x 12 cm, 1. Hälfte 15. Jh., mitteldeutsch. 1rv: ›Disticha Catonis‹, dt. – Übersetzungsfassung Z, lat.-dt. Textbestand: lat. und dt. Verse I,6-40, II pr. 1-10. L1 SCHNEIDER 1970/2005, Bd. 8, S. 74.

Wernigerode, Gräflich Stolbergische Bibliothek, Zb 10: s. o. G-Kra. G-Wie1 *Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 204 Perg., I + 32 + I Bl., 15.5 x 10.5 cm, 2. Viertel 15. Jh., bairisch. 9r-23r: ›Disticha Catonis‹, dt. – Übersetzungsfassung Z, lat.-dt. Weiterer Inhalt: Regulae grammaticales; ›Facetus Cum nihil utilius‹, lat.-dt. (Hs. Wie1). Textbestand: lat. und dt. Verse pr. 1-4, b.s. 1-4, 6f., 16-18, 20f., 14f., 30, 8, 35, 19, 9f., 10, 47, 11f., 23, 13, 25, 22, 26-28, 44, 37, 36, 41, 31, 45, 32f., 43, 51f., 54, 56, I,1-40, II

Verzeichnisse zur Überlieferung

936

pr. 1-10, II,1-11, 13, 12, 14-24, 26-31, III pr. 1f., III,1, III pr. 3f., III,2, IV,37, III,4-24, IV pr. 1-4, IV,1-36, 38-49.

Schreiber

2r-6v: Explicit Regula per manus Vlrici pistriczer ordinis dominorum Theutonicorum fratrum hospitalis sancte Marie iherosolimitani (6v)

L1 VON DER HAGEN/BÜSCHING 1812, S. 396; ZARNCKE 1852, S. 70f., 78-80, 101f. (Sigle B; Textgruppe »älteste Gesamtbearbeitung«; Textproben); ZATOČIL 1935, S. 18, 51f. (Textgruppe I); ZATOČIL 1952, S. 15, 20f.; HARMENING 1970, S. 349. L2 Tabulae codicum 1864/99, Bd. 1, S. 29; MENHARDT 1960/61, S. 35f. L3 Siehe auch unten Kap. V.3.1 zu Hs. Wie1.

G-Zwe *Zwettl, Stiftsbibliothek, Cod. Zwetl. 357 Perg., 98 Bl., 21 x 15 cm, Teil I: 2. Hälfte 14. Jh., Teil II: spätes 13. Jh., Teil III: frühes 14. Jh., Teil II: Zwettl. 89ra-98vb (in Teil III): ›Disticha Catonis‹, dt. – Übersetzungsfassung Z, lat.-dt. Weiterer Inhalt: Schriften von Augustinus, Predigten Bernhards von Clairvaux, Ps.-Aristoteles: ›Secretum secretorum‹ Textbestand: dt. Versprolog; lat. und dt. Verse pr. 1-4, b.s. 1-3, 5, 4, 6-9, 20, 10, Minori parce, 11-14, 6, 15-19, 21-24, ?, 26-37, 39-41, 43f., 48-56, I,1-40, II pr. 1-10, II,1-11, 13-31, III pr. 1f., III,1, III pr. 3f., III,2-8, 10-14, IV,37, III,15-21, 21a, 21b, 22-24, IV pr. 1-4, IV,1, 3, 2, 4-13, 15, 14, 16-36, 38f., 41-48, ?, 49; dt. Versepilog.

Schreiber

Nachträge um 1400: Nikolaus von Dobersberg760

L1 NEUWIRTH 1887 (mit Textabdruck); ZATOČIL 1935, S. 19, 50-52 (Sigle Z; Textgruppe I); ZATOČIL 1952, S. 15, 18-20, 29-51 (mit Textabdruck); HARMENING 1970, S. 349. L2 CHARLOTTE ZIEGLER: Zisterzienserstift Zwettl. Katalog der Handschriften des Mittelalters. Bd. 4: Codex 301-424. Zwettl 1996/97 (Scriptorium Ordinis Cisterciensium Monasterii B. M. V. in Zwettl 4), S. 193-196. L3 HENKEL 1988, S. 86-89, 156f. Anm. 11.

2.3 ›Niederrheinischer (mittelfränkischer) Cato‹ 2.3.1 Handschriften N-Ber 1 *Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ms. germ. fol. 1060 Pap., I + 14 + I Bl., 27.5 x 20 cm, 4. Viertel 15./1. Viertel 16. Jh., ripuarisch. 1r-14v: ›Niederrheinischer (mittelfränkischer) Cato‹, dt.

_____________ 760

Ein Schreiber Nikolaus von Dobersberg ist in sehr vielen weiteren Zwettler Handschriften nachzuweisen. Die Register des Zwettler Handschriftenkatalogs führen ihn als Mönch, Cantor, Schreiber, vielleicht auch Prior.

›Disticha Catonis‹ deutsch

937

Textbestand: dt. Versprolog; dt. Verse zu pr. 1-4, b.s. 1 [auch lat.!], 2-4, 17, 5, 16, 6, 9, 7f., 12, 10, 47, 15, 13, 18, 22, 20, 25, 21, 23, 19, 24, 32, 43, 36f. [auch lat.!], 27-29, 3941, 49, 31, 54, 30, 56, 50, 52, 55, I,1-20, 22, 21, 23-40, II pr. 1-10, II,1-10, 12-14, 11, 15-19, 21-31, III pr. 1f., III,1, III pr. 3f., III,2-24, IV pr. 1-4, IV,1-3, 5-49.

Vorbesitzer Georg Kloss (1787-1854); Antiquariat Longman761 L1 ZARNCKE 1852, S. 170; GRAFFUNDER 1897a, S. 4, 6. L2 DEGERING 1925/32, Bd. 1, S. 148. L3 OPPITZ 1997, S. 12 Nr. 4559.

N-Ber 2 *Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ms. germ. quart 579 Pap., I + 24 + III Bl., 20 x 14 cm, 1. Hälfte 15. Jh., westfälisch (Werden an der Ruhr?)762 1r-19r: ›Niederrheinischer (mittelfränkischer) Cato‹, lat.-dt. Weiterer Inhalt: 20r-24r Rosarium Beate Mariae Virginis mit lat. Prosavorspann und Nachspann sowie 20v in der Innenspalte Beginn einer dt. Übertragung (Hier begynnet vnser lieuer vrouwen rosencrans tzo duys [...] O Du werde moe/der ons hern ihesu christi [...]). Textbestand: dt. Versprolog; lat. und dt. Verse pr. 1-4, b.s. 1-4, 17, 5, 16, 6, 9, 7f., 12, 10, 47, 15, 13, 18, 22, 20, 25, 21, 23, 11, 19, 24, 32, 43, 36f., 27-29, 39-41, 49, 31, 54, 30, 56, 50, 52, 55, I,1-20, 22, 21, 23f., 26-40, II pr. 1-10, II,1-10, 12-14, 11, 15-19, 2131, III pr. 1f., III,1, III pr. 3f., III,2-24, IV pr. 1-4, IV,1-3, 5-49.

Vorbesitzer Werden, Benediktiner St. Ludgeri (1r); Karl Hartwig Gregor von Meusebach (1781-1847)

_____________ 761

762

Bei der Handschrift, die sehr wahrscheinlich einmal Teil eines größeren Buchverbunds war, handelt es sich um die ZARNCKE nur aus dem Eintrag des Auktionskatalogs bekannte, von Longman ersteigerte aus der Sammlung von Georg Kloss: »In dem Catalogue of the Library of Dr. Kloss, sold by auction by Ms. Sothby [!] and son, May 7. 1835, wird p. 323, Nr. 4559 ein niederdeutscher Cato angeführt: Catho zu duytsche (in the Cologne dialect). fol. *** MS. probably of the early part of the sixteenth century, upon paper. er ward von Longman ersteigert für 3 sh. 6p. – zu welchen von den drei angeführten Catonen [gemeint sind die drei aus Zanckes niederdeutscher Gruppe, M. B.], lässt sich aus obiger angabe nicht ersehen« (ZARNCKE 1852, S. 170). GRAFFUNDER führt die vermeintlich von ihm zuerst bekannt gemachte Berliner Handschrift und die von Kloss/Longman getrennt auf (1897a, S. 4 bzw. S. 6). Der Band trägt Bl. Ir die Berliner Akzessionsnummer 1890.281. Im vorderen Innendeckel ist am oberen Rand ein Ausschnitt aus einer gedruckten englischen Beschreibung eingeklebt: »438 CATHO ZU DUYTSCHE in verse, in a good clear hand, 1456, / fol.« Es folgen einige unleserliche oder unleserlich gemachte Zeichen, die vielleicht einen alten Kaufpreis bezeichnen. Darunter steht handschriftlich der Berliner Kaufpreis »M 200.–«. Darunter wiederum findet sich von anderer Hand der Vermerk »Ex libris Georgius Kloß M D. / Frft. a. M.«, darunter wieder von anderer Hand »vgl. Cloß’ Katalog 4559«, begleitet von einem Unterschriftenkürzel. Für den Einband wurden Bruchstücke einer zweispaltig beschriebenen lateinischen Pergamenthandschrift des 14. Jahrhunderts mit einem theologischen Prosatext benutzt, der u. a. Vorschriften zur Regelung von Besitzverhältnissen zwischen monachus und monasterium enthält.

Verzeichnisse zur Überlieferung

938

L1 ZARNCKE 1852, S. 160-162; GRAFFUNDER 1897a, S. 4f. (Sigle B; für die Vorlage der nachträglichen Korrekturen in B: b). L2 DEGERING 1925/32, Bd. 2, S. 107.

N-Fra

*Frankfurt/M., Stadt- und Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg, Fragm. germ. III 4 Perg., 1 Doppelblatt, 17.5 x 14.5 cm, 2. Hälfte 14. Jh., Mittelrhein. 1rv: ›Niederrheinischer (mittelfränkischer) Cato‹, lat.-dt, frgm. Weiterer Inhalt: ›Facetus Cum nihil utilius‹, lat.-dt., frgm. (Hs. Fra). Textbestand: lat. und dt. Verse IV,32 [dt.], 33-43.

Vorbesitzer Frankfurt/M., Dominikaner?763 L1 HENKEL 1988, S. 230. L2 POWITZ 1994, S. 155. L3 OHLY/SACK 1967, Nr. 2910. Siehe auch unten Kap. V.3.1 zu Hs. Fra.

N-Kas

*Kassel, Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek, 8° Ms. philos. 5 Perg., 222 Bl., 13 x 9.5 cm, Ende 14. Jh., ripuarisch/westniederdeutsch. 1r-42r: ›Niederrheinischer (mittelfränkischer) Cato‹, dt. Weiterer Inhalt: ›Facetus Cum nihil utilius‹, dt. (Hs. Kas); ›Contemptus mundi‹/›Cartula‹, dt.; Freidank: ›Bescheidenheit‹; ›Lucidarius‹. Textbestand: dt. Versprolog; dt. Verse zu pr. 1-4, b.s. 1-4, 17, 5, 16, 6, 9, 7f., 12, 10, 47, 15, 13, 18, 22, 20, 25, 21, 23, 55, 19, 24, 32, 43, 36f., 27-29, 39-41, 49, 31, 54, 30, 56, 50, 52, 55, I,1-20, 22, 21, 23-40, II pr. 1-10, II,1-10, 12-14, 11, 15-19, 21-31, III pr. 1f., III,1, III pr. 3f., III,2-24, IV pr. 1-4, IV,1-3, 5-49. L1 HARMENING 1970, S. 348. L3 Vridankes Bescheidenheit. Hg. von WILHELM GRIMM. Göttingen 1834, S. VIII; SCHRÖDER 1910, S. 335f.; SCHRÖDER 1911, S. 1, 171-199; HENKEL 1988, S. 151-155; GOTTSCHALL/STEER 1994, S. 13*. Siehe auch unten Kap. V.3.1 zu Hs. Kas.

N-Koe *Köln, Historisches Archiv, Best. 7020 (alt: W*) Nr. 320 Perg., 2 Reste eines Doppelblattes, 14 x 12 cm, 2. Hälfte 14. Jh., mittelfränkisch. 1r-2v: ›Niederrheinischer (mittelfränkischer) Cato‹, lat.-dt., frgm. Textbestand: dt. Versprolog; lat. und dt. Verse pr. 1-4; b.s. 5 und 16 [dt.], b.s. 6, 9, 7f., 12, 10, 47, 15, 13, 18, 22; IV,8 [dt.], 9-13; IV,15 [dt.], 16-20.

_____________ 763

Der Trägerband des aus einem Buchdeckel abgelösten Fragments stammt aus dem Frankfurter Dominikanerkloster. Den eigentlichen Text begleiten zahlreiche Kritzeleien und Federproben, darunter ein Alphabet, sowie Schreibübungen, darunter in Auszeichnungsschrift Johannes Hayn est pres. Sie entstammen sehr wahrscheinlich nicht erst dem späteren buchbinderischen Verwendungszusammenhang, sondern dürften als Ausdruck äußerer Abnutzung die Zerstörung der ursprünglichen Handschrift und ihre sekundäre Verwendung für die Einbanddeckel bereits mit angestoßen haben.

›Disticha Catonis‹ deutsch

939

L1 FRANCK 1900, S. 119-123 (mit Textabdruck); FRANCK 1901. L2 KARL MENNE: Deutsche und niederländische Handschriften. Köln 1937 (Mitteilungen aus dem Stadtarchiv von Köln. Sonderreihe: Die Handschriften des Archivs. Heft X, Abt. 1), S. 34f.

N-Wol *Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 535.16 Novi Pap., III + LXXXIII (vorgebundener Druck) + 58 Bl., 29 x 19.5 cm, 14911500, teilweise Wesel. 42r-50v: ›Niederrheinischer (mittelfränkischer) Cato‹, dt. Weiterer Inhalt: Heinrich Gessler: ›Nuw practiciert rethoric vnd brieff formulary‹ (Straßburg: Johann Prüss 1493 [GW Nr. 10879]); Briefmuster; Unterrichtsankündigung; Rechenaufgaben; Katechetisches; Ars moriendi, dt.; Fragekataloge zu Gegenständen des Schreib-, Lese- und Rechenunterrichts. Textbestand: dt. Versprolog; dt. Verse zu pr. 1-4, b.s. 1-4, 17, 5, 16, 6, 9, 7f., 12, 10, 47, 15, 13, 18, 22, 20, 25, 21, 23, 11, 19, 24, 32, 43, 36f., 27-29, 39-41, 49, 31, 54, 30, 56, 50, 52, 55, I,1-20, 22, 21, 23f., 26-31, 33-40, II pr. 1-10, II,1-10, 12-14, 11, 15-19, 21-31, III pr. 1f., III,1, III pr. 3f., III,2-24, IV pr. 1-4, IV,1-3, 5-49.

Schreiber Peter van Zirn Vorbesitzer Peter van Zirn; (VD innen, 26v) Juncher Johan van Zirn, Sohn des Peter van Zirn; Stadthagen, Stadtbücherei (um 1850) L1 GRAFFUNDER 1897a, S. MANN: Die mittelalterlichen

5 (Sigle G); HARMENING 1970, S. 349. L2 HANS BUTZHandschriften der Gruppen de Extravagantes, Novi und Novissimi. Frankfurt/M. 1972 (Kataloge der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel 15), S. 344-348. L3 A. LÜBBEN: Die niederdeutschen, noch nicht weiter bekannten Handschriften der Bibliothek zu Wolfenbüttel. In: NdJb 6 (1880), S. 68-74, hier S. 68; FRANKE 1932; NIKOLAUS HENKEL: Peter van Zirn. In: VL, Bd. 7, Sp. 464-466; BLEUMER 2000, S. 83-87 und S. 94-96.

2.3.2 Drucke Erstausgabe: N-Dr 1

*[Köln: Johannes Guldenschaff, um 1482/83] (lat.-dt.)764

[ohne Titelblatt; Werküberschrift:] Catho tzo latyne vnde tzo duytsche Textbestand: dt. Versprolog; lat. und dt. Verse pr. 1-4, b.s. 1-4, 17, 5, 16, 6, 9, 7f., 12, 10, 47, 15, 13, 18, 22, 20, 25, 21, 23, 11, 19, 24, 32, 43, 36f., 27-29, 39-41, 49, 31, 54,

_____________ 764

Dem ›Cato‹ Bl. 1r-23r folgt Bl. 24r-43v der lat.-dt. ›Facetus Cum nihil utilius‹ (s. u. Kap. V.3.2.1 Druck F-Dr 1 ).

Verzeichnisse zur Überlieferung

940

30, 56, 50, 52, 55, I,1-20, 22, 21, 23f., 26-40, II pr. 1-10, II,1-10, 12-14, 11, 15-19, 2131, III pr. 1f., III,1, III pr. 3f., III,2-24, IV pr. 1-4, IV,1-3, 5-49. L1 GRAFFUNDER 1897a, S. 6 (Sigle z); MITZKA 1929, S. 7f. L2 GW Nr. 6354; WORSTBROCK 1976, S. 46 Nr. 119. L3 BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 537-559 und 974f. Nr. 104; SCHMITZ 1990, S. 210f.

Weitere Ausgaben: N-Dr 2

Köln, um 1482/83 (lat.-dt.)

Vgl. GRAFFUNDER 1897a, S. 6 (Dr. z); GW Nr. 6355; WORSTBROCK 1976, S. 46 Nr. 120; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 537-559 und 975; SCHMITZ 1990, S. 210f.

N-Dr 3

*Köln 1498 (lat.-dt.)

Vgl. GRAFFUNDER 1897a, S. 6 (Dr. ζ); GW Nr. 6356; WORSTBROCK 1976, S. 46 Nr. 121; GREBE 1982; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 550 und 975f. Nr. 105; SCHMITZ 190, S. 210f.

N-Dr 4

Köln, um 1500 (dt.)

Vgl. GRAFFUNDER 1897a, S. 5 (Dr. C); GW Nr. 6357; WORSTBROCK 1976, S. 46 Nr. 122; VD 16 Nr. C 1721; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 550 und 976 Nr. 106; HENKEL 1988, S. 172; SCHMITZ 1990, S. 210f.

N-Dr 5

Köln, um 1525 (dt.)

Vgl. GRAFFUNDER 1897a (Dr. c); IA Nr. 134.159; WORSTBROCK 1976, S. 46 Nr. 123; VD 16 Nr. C 1722; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd 1, Sp. 550 und 976f. Nr. 107; SCHMITZ 1990, S. 210f. mit Anm. 151, 153 und 158.765

_____________ 765

Die bei WORSTBROCK unter Nr. 123 ausgewiesene Ausgabe wird dort um 1510/20 datiert. Ein einziges bekanntes Exemplar aus Berlin sei verschollen. Dieser Druck wird bei BRÜGGEMANN/BRUNKEN hingegen mit der um 1520/1525 erschienenen Kruffter-Ausgabe identifiziert, die bereits GRAFFUNDER vorlag: »ein Kölner Druck von 1510 ungefähr, in der Königlichen Bibliothek zu Berlin, Überschrift auf Blatt 1a: Catho zo duytsch, darunter ein Bild, das mit dem Inhalte nichts zu thun hat, nämlich: Christus bei Johannes dem Täufer. Auch der Holzschnitt auf Bl. 11b ist der heiligen Geschichte entnommen; wir sehen Christus im Grabgewölbe des Lazarus, aus dem der Sarg zu ihm herangetragen wird, während die Frauen im Hintergrunde stehen. Aus dem Buche ist ein Blatt, das V.298-363 enthielt, herausgerissen« (1897a, S. 5f.). Zur Verwirrung trägt freilich bei, dass BRÜGGEMANN/BRUNKEN den Druck sowohl in Anlehnung an WORSTBROCK Nr. 123 auf »um 1510/20« datieren (Bd. 1, Sp. 550) als auch auf »um 1520/25« (Bd. 1, Sp. 976f. bei Nr. 107). SCHMITZ ist das alles entgangen. Er führt einfach zwei getrennte Ausgaben an. »Marzellenstraße« meint bei ihm WORSTBROCK Nr. 123, »Kruffter« die um 1520/25 angesetzte Ausgabe.

›Disticha Catonis‹ deutsch

N-Dr 6

941

*Köln 1530 (dt.)

Vgl. GRAFFUNDER 1897a, S. 6; IA Nr. 134.174; WORSTBROCK 1976, S. 46 Nr. 123 (»um 1510/1520«) und Nr. 124 (»28. Juli 1530«); VD 16 Nr. C 1723; Bauernpraktik und Bauernklage. Faksimileausgabe des Volksbuches von 1515/18, gedruckt zu Köln bei Sankt Lupus durch Arnd von Aich. Mit Einleitung, Übersetzung und Anmerkungen sowie einem neuen Gesamtverzeichnis der Lupuspressendrucke, hg. von HARTMUT BECKERS, Köln 1985 (Alte Kölner Volksbücher um 1500 5), S. 119 Nr. 47;766 BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 550; SCHMITZ 1990, S. 210f.

N-Dr 7

*Köln, um 1570 (dt.)

Vgl. IA Nr. 134.293; VD 16 Nr. C 1720; SCHMITZ 1990, S. 210f.

2.4 Stephan von Dorpat 2.4.1 Fassung A Berlin, Preußische Staatsbibliothek, Ms. germ. quart 1303 – Nr. 9: s. u. SKra. S-Dan1 *Danzig (Gdańsk), Biblioteka Gdańska – Polskiej Akademii Nauk, Ms. 2416 Perg., 60 Bl., 17.5 x 12 cm, Ende 14. Jh., niederdeutsch. 2r-54r: Stephan von Dorpat: ›Cato‹, lat.-dt. Textbestand: dt. Versprolog; lat. und dt. Verse pr. 1-4, b.s. 1f., 10, 5, 7, 27, 23, 49, 3f., 6, 8, 11-15, 20, 28f., 45, 33, 16f., 21, 34, 25, 18, 22, 19, 24, Exerce studium, 38, 31, 44, 39, 41, 43, 42, 40, 35-37, 47, 52, 48 [dt.], 54, 51, 50, 53, 56, I,1-40, II pr. 1-10, II,1-29, 31, 30, III pr. 1f., III,1, III pr. 3f., III,2-7, 9, 8, 10-14, 16, 15, 18, 17, 19-24, IV pr. 1-4, IV,1-6, 8f., 11-49; dt. Versepilog.

Vorbesitzer Valentin Schlieff (1680-1750) L1 GRAFFUNDER 1899, S. 1, 5f. (Sigle D); HARMENING 1970, S. 348. L2 GÜNTHER 1921, S. 287. L3 BECKERS 1995, Sp. 292.

S-Goe

*Göttingen, Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek, Cod. Ms. W. Müller I,10 (ehem. Hildesheim, Stadtarchiv)767 Perg., ein der Breite nach halbiertes Doppelblatt, obere wie untere Hälfte jeweils 12.5 x 14.5-16 cm, Ende 14. Jh., niederdeutsch.

_____________ 766

767

Ein etwas älterer zweiter, bei BECKERS (S. 118 als Nr. 43) aufgeführter Cato-Druck ist »vielleicht identisch mit Nr. 47«. Ein Exemplar hat sich bisher nicht nachweisen lassen. Das Göttinger Fragment entstammt derselben Handschrift wie das Bruchstück S-Kra (s. u.).

Verzeichnisse zur Überlieferung

942

1ra-2vb: Stephan von Dorpat: ›Cato‹, lat.-dt., frgm. Textbestand: lat. und dt. Verse b.s. 48 [dt.], 54, 51, 50, 53, I,1-18, 19 [lat.].

Vorbesitzer Hildesheim, Stadtarchiv; Wilhelm Konrad Hermann Müller (1812-90) L1 WILHELM MÜLLER: Cato. In: ZfdA 1 (1841), S. 538-545 (mit Textabdruck); ZARNCKE 1852, S. 154-160; GRAFFUNDER 1897, S. 1 (Sigle H). L2 MEYER 1893/94, Bd. 3. S. 508. L3 BECKERS 1995, Sp. 292.

Hildesheim, Stadtarchiv: s. o. S-Goe. S-Kra

*Krakau (Kraków), Biblioteka Jagiellońska, Berol. Ms. germ. quart 1303 – Nr. 9 (ehem. Berlin, Preußische Staatsbibliothek; ehem. Rostock, Universitätsbibliothek)768 Perg., 2 Doppelblätter, 23.5 x 16 cm, Ende 14. Jh., niederdeutsch. 1ra-4vb: Stephan von Dorpat: ›Cato‹, lat.-dt., frgm. Textbestand: lat. und dt. Verse II pr. 7-10 [dt.], II,1-5, 8-16; III,2 [dt.], 3f., 6-8, 10-16, 18, 17, 19f.

Vorbesitzer Rostock, Kartause Marienehe?; Rostock, Marienkirche; Rostock, Universitätsbibliothek; Karl Bartsch (1832-88); Heidelberg, Universitätsbibliothek; Berlin, Preußische Staatsbibliothek769 L1 GEORG CHRISTIAN FRIEDRICH LISCH: Niederdeutsche Übersetzungen der Sprüche des Dionysius Cato. In: Jahrbücher des Vereins für meklenburgische Geschichte und Alterthumskunde 9 (1844), S. 473f.; GRAFFUNDER 1897, S. 1f. (Sigle R); CLAUSSEN 1955/56, S. 218 (mit Textabdruck); HARMENING 1970, S. 349. L2 DEGERING 1925/32, Bd. 2, S. 225f. L3 BECKERS 1995, Sp. 292.

Rostock, Universitätsbibliothek: s. o. S-Kra. S-Ros *Rostock, Universitätsbibliothek, Mss. philol. 86a Pap., 1 Einzelblatt (1rv) und 1 Doppelblatt (2r-3v), 21 x 9.5-14.5 cm, um Mitte 15. Jh., ostfälisch.

_____________ 768

769

Das Krakauer Fragment entstammt derselben Handschrift wie das Bruchstück S-Goe (s. o.). Die Blätter wurden als Spiegel für einen Einband verwandt, der aus der Marienkirche in Rostock an die Universitätsbibliothek gelangte und D. Dionysii Carthusiani in quattuor evangelistas ennarrationes in einer Kölner Ausgabe von 1532 enthielt, jedoch ursprünglich vermutlich für die Kartause Marienehe bei Rostock hergestellt wurde, »da nach einer Notiz im Bande im Einbandrücken einige Streifen einer Pergamenturkunde des Klosters Marienehe vom Jahre 1471 gefunden« wurden (CLAUSSEN 1955/56, S. 218; vgl. auch GRAFFUNDER 1897, S. 2 [Berufung auf entsprechende Auskunft aus der Universitätsbibliothek Rostock] und LISCH 1844, S. 473f.).

›Disticha Catonis‹ deutsch

943

1r-3v: Stephan von Dorpat: ›Cato‹, lat.-dt., frgm. Textbestand: dt. Verse II,22-26; IV,1-9.770

Vorbesitzer Herzog Johann Albrecht I. von Mecklenburg (1525-76)771 L1 CLAUSSEN 1955/56, S. 220, S. 225-227 (Sigle r; mit Textabdruck); HARMENING 1970, S. 349. L2 KURT HEYDECK: Die mittelalterlichen Handschriften der Universitätsbibliothek Rostock. Wiesbaden 2001 (Kataloge der Universitätsbibliothek Rostock 1), S. 127f. L3 BECKERS 1995, Sp. 292.

S-Wol

*Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 417 Helmst. Pap., I + 199 Bl., 29.5 x 21 cm, um Mitte 15. Jh., ostfälisch (Northeim?). 106ra-123va: Stephan von Dorpat: ›Cato‹, lat.-dt. Weiterer Inhalt: Hugo von Trimberg: ›Renner‹; Freidank; ›Der kindere hovescheit‹; Jansen Enikel: ›Weltchronik‹. Textbestand: dt. Versprolog; lat. und dt. Verse pr. 1-4, b.s. 1f., 10, 5, 7, 27, 23, 49, 3f., 6, 8, 11-15, 20, 28f., 45 [dt.], 33, 16f., 21, 34, 25, 18, 22, 19, 24, Exerce studium, 38, 31, 44, 41, 43, 42, 40, 35-37, 47, 52, 48 [dt.], 54, 51, 50, 53, 56, I,1-22, 23 [dt.], 24-40, II pr. 1-10, II,1-29, 31, 30, III pr. 1f., III,1, III pr. 3f., III,2-7, 9, 8, 10-16, 18, 17, 19-24, IV pr. 1-4, IV,1-6, 8f., 11-49; dt. Versepilog.

Vorbesitzer Northeim, Benediktiner St. Blasien L1

VON DER HAGEN/BÜSCHING 1812, S. 396; ZARNCKE 1852, S. 154-160; GRAFFUNDER 1897, S. 1 (Sigle W). L2 HEINEMANN 1884/1913, Bd. 1, S. 326. L3 BECKERS

1995, Sp. 292.

2.4.2 Fassung B S-Ber

*Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ms. germ. quart 643772 Perg., 3 Doppelblätter, 22 x 13.5-19.5 cm, Ende 14. Jh., niederdeutsch. 1ra-6vb: Stephan von Dorpat: ›Cato‹, lat.-dt., frgm. Textbestand: lat. und dt. Verse I,4 [dt.], 5-10; I,13 [dt.], 14-18, 19 [lat.]; I,21 [dt.], 2227.

Vorbesitzer Stadtarchiv Danzig?; Ernst Strehlke (1834-1869)?773

_____________ 770 771

772 773

Für die lateinischen Verse ist jedoch Freiraum belassen. Die Blätter dienten als Einbandpappe eines Bandes aus der Bibliothek des Herzogs Johann Albrecht I. von Mecklenburg (1525-76) von 1572. Das Berliner Fragment entstammt derselben Handschrift wie das Bruchstück S-Dan2 (s u.). Die Blätter gelangten 1852 in die Königliche Bibliothek: Sie wurden ihr »mit einiger Wahrscheinlichkeit« – so Dr. Renate Schipke, Berlin, brieflich – von dem nachmaligen Berliner Archivar und Historiker Ernst Strehlke (1834-69; vgl. den Personenartikel von Max Perl-

Verzeichnisse zur Überlieferung

944

L2 DEGERING 1925/32, Bd. 2, S. 114.

S-Dan2 *Danzig (Gdańsk), Biblioteka Gdańska – Polskiej Akademii Nauk, Ms. 2417774 Perg., 1 Doppelblatt, 23 x 13-20 cm, Ende 14. Jh., niederdeutsch. 1ra-2vb: Stephan von Dorpat: ›Cato‹, lat.-dt., frgm. Textbestand: lat. und dt. Verse I,10 [dt.], 11-13; I,19-21. L1 MITZKA 1929, S. 8 (Sigle d); HARMENING 1970, S. 348. L2 GÜNTHER 1921, S. 287f. L3 BECKERS 1995, Sp. 292.

2.5 ›Zwielichter (rheinfränkischer) Cato‹ Berlin, Preußische Staatsbibliothek, Ms. germ. quart 1303 – Nr. 8: s. u. ZKra. Frankfurt, Stadtbibliothek: s. u. Z-Kra. Z-Fra1

*Frankfurt, Stadt- und Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg, Ms. germ. quart 2 Pap., II + 60 + I Bl., 29 x 19-19.5 cm, um 1370/80, rheinfränkisch (Mittelrhein: Mainz/Worms? östliches Hessen?). 10vb-15vb: ›Zwielichter (rheinfränkischer) Cato‹, dt. Weiterer Inhalt: Mären (FISCHER 1983, Nr. B 73c, 81, 118) und Dietrichepik (›Laurin‹, ›Rosengarten zu Worms‹). Textbestand: dt. Verse zu pr. 1-4, b.s. 1-3, 20, 25, 5, 33, 6, 4, 36f., 11, 14, 26, 18, 27f., ?, 17, 7, 31, 19, 16, 8, 39, 30, 45, 9, 10, Minori parce, 48, 55, 54, 41, 21, 13, 15, 34, 24, 23, 29, ?, ?, 43, ?, 44, 47, 50f., I,1-40, II pr. 1-10, II,1-9, 11, 31, III pr. 1f., III,1, III pr. 3f., III,2-24, IV pr. 1-4, IV,1-11, II,12-30, IV,12-29, 34f., 37-40, 44-49; dt. Versepilog.

Vorbesitzer Johann von Dalberg (1482-1503); Jacob Benedict Römer (1792-1863);775 Georg Kloss (1787-1854) L1 ZARNCKE 1852, S. 162f., 164-170 (Textproben); HARMENING 1970, S. 350f. L2 WEIMANN 1980, S. 10-12. L3 MIHM 1967, S. 117, 133f.; JOACHIM HEINZLE: Mittel-

_____________

774 775

bach in der ADB, Bd. 54, S. 616-620) geschenkt, der nach der Übersiedlung seiner Eltern nach Danzig schon in jungen Jahren im dortigen Stadtarchiv als Gehilfe tätig war, 1852 in Berlin zu studieren begann und 1860 eine Stelle als Archivsekretär im Königlichen Geheimen Staatsarchiv inne hatte. Sofern aus Strehlkes Besitz, könnten die Blätter von ihm aus Danzig mitgebracht worden sein, wo sich weitere Bruchstücke derselben Handschrift befinden. Das Danziger Fragment entstammt derselben Handschrift wie das Bruchstück S-Ber (s.o.). Vgl. zur Person den Artikel von STRICKER in der ADB, Bd. 29, S. 125f.

›Disticha Catonis‹ deutsch

945

hochdeutsche Dietrichepik. Untersuchungen zur Tradierungsweise, Überlieferungskritik und Gattungsgeschichte später Heldendichtung. Zürich, München 1978 (MTU 62), S. 277 und 300f.; FISCHER 1983, S. 287; OPPITZ 1997, S. 37 Nr. 11.

Z-Fra2

*Frankfurt, Stadt- und Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg, Ms. germ. quart 31776 Perg., 3 Bl., 33.5 x 26 cm, Ende 14. Jh., Nordhessen/nördlicher Mittelrhein. 2rb-va: ›Zwielichter (rheinfränkischer) Cato‹, lat.-dt., frgm. Weiterer Inhalt: Freidank: ›Bescheidenheit‹, frgm.; Reinbot von Durne: ›Der heilige Georg‹, frgm. Textbestand: lat. und dt. Verse pr. 1-4, b.s. 1-3, 20, 25, 6, 4, 36f., 11, 14, 26, 18, 27f. [dt.], ?, 17, 7, 31, 19, 16, 8, 39, 30, 45 [lat.], 9 [lat.].

Vorbesitzer Frankfurt, Stadtarchiv777 L2 WEIMANN 1980, S. 54f. L3 Der heilige Georg Reinbots von Durne, nach sämtlichen Handschriften hg. von CARL VON KRAUS. Heidelberg 1907 (Germanische Bibliothek 3,1), S. XXIXf.

Z-Kra

*Krakau, Biblioteka Jagiellońska, Berol. Ms. germ. quart 1303 – Nr. 8 (ehem. Berlin, Preußische Staatsbibliothek; ehem. Frankfurt, Stadtbibliothek)778 Perg., 1 Bl., 33.5 x 26.5 cm, Ende 14. Jh., Nordhessen/nördlicher Mittelrhein. 1rv: ›Zwielichter (rheinfränkischer) Cato‹, lat.-dt., frgm. Textbestand: lat. und dt. Verse II,5 [dt.], 6-31.779

Vorbesitzer Georg Kloss (1787-1854); Frankfurt, Stadtbibliothek; Karl Bartsch (1832-88); Heidelberg, Universitätsbibliothek; Berlin, Preußische Staatsbibliothek780

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779

780

Das Frankfurter Fragment entstammt derselben Handschrift wie das Krakauer Bruchstück Z-Kra (s. u.). An ihren heutigen Aufbewahrungsort kamen die Blätter vor 1907. Im Stadtarchiv, wo sie sich schon im 16. Jahrhundert befanden, waren sie als Aktenhüllen verwendet worden: Bl. 1rb und 1vb am oberen Rand finden sich Einträge zu Ausgaben für Korn und Früchte, die den Inhalt der Akten gekennzeichnet haben dürften und auf 1597 datiert sind. Das Krakauer Fragment entstammt derselben Handschrift wie das Frankfurter Bruchstück Z-Fra2 (s. o.). Bl. 1r wurden senkrecht zwischen den Spalten Notizen von späterer Hand (des 16. Jh.s?) angebracht, unter denen Zahlenangaben zu entziffern sind. Sie scheinen erst dem sekundären Verwendungszusammenhang der Blätter (wie Z-Fra2 im Frankfurter Stadtarchiv als Aktendeckel?) zu entstammen. Die Identität von Z-Kra mit dem von MASSMANN 1839 publizierten Fragment wurde von der Forschung bisher übersehen. ZARNCKE führt Z-Kra als im Besitz der Frankfurter Stadtbibliothek befindlich auf. Zuvor habe es der Frankfurter Büchersammler Georg Kloss

Verzeichnisse zur Überlieferung

946

L1 MASSMANN 1839 (mit Textabdruck); ZARNCKE 1852, S. 164. L2 DEGERING 1925/32, Bd. 2, S. 225f.

2.6 Übersetzungsfassung C (= Gesamtübersetzung – Textgruppe III) G-Ber 1 *Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ms. germ. quart 492 Pap., 16 Bl., 20 x 15 cm, 1. Hälfte 15. Jh., ostschwäbisch. 1r-16v: ›Disticha Catonis‹, dt. – Übersetzungsfassung C, dt. Textbestand: dt. Verse zu pr. 1-4, b.s. 1-10, Minori parce, 11-15, 26, 20, 25, 28, 29f., 32, 38, 31, 16-19, 21-24, 40, 44, 39, 41, 35-37, 54, 47, 50, 53, 33, 55f., ?, 43, 34, 52, 48, 49, 51, 46, 42, I,1-40, II pr. 1-3, 1f., 3-10, 6-10, II,1-31, III pr. 1f., III,1, III pr. 3f., III,2-24, IV pr. 1-4, IV,1-6, 8-49.

Schreiber

Melchior

L1 ZARNCKE 1852, S. 190-195 (Sigle Φ; Textgruppe »freieste Gesamtbearbeitung«; Textproben); ZATOČIL 1935, S. 18, S. 54f. (Textgruppe III); ZATOČIL 1952, S. 16. L2 DEGERING 1925/32, Bd. 2, S. 88.

G-Ber 2 *Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ms. germ. quart 664 – Bl. 12r-15v, 18r-19v (= Frgm. F) Perg., zwei Doppelblätter und zwei Querstreifen aus einem Doppelblatt (18r-19v oben, 18r-19v unten), ursprünglich ca. 23 x 16 cm, Anfang 15. Jh., ostmitteldeutsch. 19r oben/unten-19v oben/unten [recte 18r unten/oben-18v unten/oben], 13rv: ›Disticha Catonis‹, dt. – Übersetzungsfassung C, lat.-dt., frgm. Weiterer Inhalt: ›Facetus Cum nihil utilius‹, lat.-dt. (Hs. Ber 4). Textbestand: lat. und dt. Verse IV,28 [lat.]; IV,30 [lat.]; IV,33 [dt.]; IV,34 [dt.]; IV,39 [dt.], 40-48.

Vorbesitzer August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798-1874) L1 ZATOČIL 1935a, S. 81 Anm. 1 (Sigle Berl. F; dem Text nach zu ZARNCKEs Hss. C [»jüngere Gesamtbearbeitung«] und F [»freieste Gesamtbearbeitung«], d. h. zur Textgruppe III ZATOČILs zu stellen); ZATOČIL 1952, S. 17 (Sigle Berl. F); HARMENING

_____________ besessen. In Frankfurt ist es nach Auskunft der Bibliothek aber heute nicht mehr auffindbar, ohne dass man Auskunft über den Verbleib geben könnte. DEGERING erfasst die Handschrift als Teil eines Fragmentenkonvoluts der ehemaligen Preußischen Staatsbibliothek, das diese im Jahre 1900 von der Universitätsbibliothek Heidelberg aus dem Nachlass Karl Bartschs erwarb. Demnach scheint sich Bartsch das Fragment aus Frankfurt ausgeliehen und stillschweigend seiner eigenen Sammlung einverleibt zu haben. So ist er jedenfalls mit dem ehedem Rostocker Fragment des ›Cato‹ Stephans von Dorpat verfahren, das auf demselben Wege von Heidelberg nach Berlin und dann nach Krakau gelangt ist.

›Disticha Catonis‹ deutsch

947

1970, S. 348. L2 DEGERING 1925/32, Bd. 2, S. 118f. L3 Bibliotheca Hoffmanni Fallerslebensis. Leipzig 1846, S. 33. Siehe auch unten Kap. V.3.1 zu Hs. Ber 3.

G-Ber 3 *Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ms. germ. oct. 101 Pap., 214 Bl., 15 x 10 cm, 1432-1441/44, nordbairisch-ostfränkischostmitteldeutsch. 98r-115v: ›Disticha Catonis‹, dt. – Übersetzungsfassung C, dt. Weiterer Inhalt: lat.-dt. Sammelhandschrift mit komputistischem, medizinischem, kräuterkundlichem und astrologischem Gebrauchsschrifttum und daneben u. a. mit Traumbüchern (›Somnium Danielis‹, dt.), Hymnen, Visionen, dem dt. ›Lucidarius‹ und Ps. Bernhards von Clairvaux ›Epistola ad Raimundum‹ dt. Textbestand: dt. Verse zu pr. 1-4, b.s. 1-3, 5, 4, 6-9, 20, 10, Minori parce, 11-13, 6, 1519, 21-24, 28-33, 40, 43, 38, 26, 35-37, 39, 41, 45-50, 51, 54, 44, 25, 55f., I,1-14, 16-20, 22-34, 36, 35, 37-40, II pr. 1-10, II,1-17, 19-31, III pr. 1f., III,1, III pr. 3f., III,2-6, IV,37, III,7-24, IV pr. 1-4, IV,1-36, 38-49.

Vorbesitzer Johann Gustav Gottlieb Büsching (1783-1829) L1 ZARNCKE 1852, S. 71f., 91-95, 105-107 (Sigle F; Textgruppe »freieste Gesamtbearbeitung«; Textproben);781 ZATOČIL 1935, S. 18, 52-56 (Textgruppe III); ZATOČIL 1952, S. 16, 22-24, 116-141 (mit Textabdruck); HARMENING 1970, S. 348. L2 DEGERING 1925/32, Bd. 3, S. 42f. L3 COSSAR 1975, S. 44-46; GOTTSCHALL/STEER 1994, S. 11*.

G-Ber 4 *Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ms. lat. quart 313 – Bl. 1r-4v (= Frgm. Nr. 1 und Nr. 2) Perg., Reste zweier Doppelblätter, 12 x 15 cm und 5-5.5 x 13.5 cm, 15. Jh., ostmitteldeutsch. 1rv, 3rv [recte 3rv, 1rv]: ›Disticha Catonis‹, dt. – Übersetzungsfassung C, lat.-dt., frgm. Weiterer Inhalt: ›Facetus Cum nihil utilius‹ (Hs. Ber 6).782 Textbestand: lat. und dt. Verse III,18 [dt.], 20f.; IV pr. 4 [lat.], 3f. [dt.], IV,1; IV,44-46, 47 [lat.]; IV,49. L3 Siehe auch unten Kap. V.3.1 zu Hs. Ber 6.

_____________ 781

782

Eine Abschrift aus G-Ber 3 von Johann Friedrich August Kinderling (1743-1807), die sich später im Besitz Friedrich Heinrich von der Hagens befand – vgl. VON DER HAGEN/BÜSCHING 1812, S. 397f. – wird bei ZARNCKE 1852, S. 72, zusätzlich mit der Sigle f aufgeführt. Die Abschrift wird heute in Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ms. germ. quart 783, dort p. 213-253, aufbewahrt (vgl. DEGERING 1925/32, Bd. 2, S. 138). Für den Hinweis auf dieses Bruchstück sowie die Überlassung einer Beschreibung danke ich Dr. Renate Schipke, Berlin.

Verzeichnisse zur Überlieferung

948

G-Ber 5 *Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ms. lat. oct. 97 Pap., 38 Bl., 15 x 11 cm, 1. Hälfte 15. Jh., bairisch. 1r-29v: ›Disticha Catonis‹, dt. – Übersetzungsfassung C, lat.-dt. Weiterer Inhalt: alphabetische Sammlung lat. Sentenzen und Sprichwörter.783 Textbestand: lat. und dt. Verse I,1-13, 15, 14, 16-22, 26, 23-25, 27-40, II pr. 1-10, II,119, 24-26, 21-24, 27-31, III pr. 1f., III,1, III pr. 3f., III,2-24, IV pr. 1-4, IV,1-45, 47-49; lat., vereinzelt dt. Interlinearglossen; Syntaxziffern.

Vorbesitzer Freiherr Karl Hartwig Gregor von Meusebach (1781-1847) G-Dan ehem. Danzig (Gdańsk), Stadtbibliothek, Ms. Mar. Q. 24 [im II. Weltkrieg zerstört] Pap., 215 Bl., 21.5 x 14.5 cm, vor 1460/65, nordwestschlesisch. 110v-143v: ›Disticha Catonis‹, dt. – Übersetzungsfassung C, lat.-dt. Weiterer Inhalt: u. a. ›Palaestra de victoria Christi‹; lat. Versfabeln; ›Dialogus institoris et monachi‹; Vitalis von Blois: ›Geta‹; Adolf von Wien: ›Doligamus‹; ›Alexius‹; ›Contemptus mundi‹/›Cartula‹; ›Quinque claves sapientiae‹; ›Pylatus‹; ›Vita s. Cholomanni‹; ›Militarius‹. Textbestand: lat. und dt. Verse pr. 1-4, bs.1-5, 16f., 6f., 18, 20, 21, 14f., 30, 8, 35, 19, 9, 10, 47, 11f., 23, 13, 25, 22, 28, 44, 36f., 33, 32, 43, 51, 34, 54, 56, 29, 42, 38, 27, 47, 34, 40f., 52, 48f., 39, 50, 55, I,1-40, II pr. 1-10, II,1-31, III pr. 1f., III,1, III pr. 3f., III,2-24, IV pr. 1-4, IV,1-49; den lat. Versen folgt zunächst jedoch immer erst eine lat.-dt. expositio ad litteram.

Schreiber

(nur?) 150r: Johannes Zager; bibliothekarische Einträge: Heinrich Calow Vorbesitzer Johannes Zager?; Danzig, Kirchenbibliothek St. Marien

L1 ZATOČIL 1935, S. 19, S. 52-56 (Sigle Dzg.; Textgruppe III); ZATOČIL 1952, S. 16, 25-29, 141-162, 329f. (Sigle H; mit Textabdruck). L2 GÜNTHER 1921, S. 501-505. L3 AVESANI 1967, S. 86 (Feststellung des Kriegsverlusts); HENKEL 1988, S. 116 Anm. 12. Siehe auch oben Kap. 1.1 zu Hs. Dan und unten Kap. 2.2.1.

G-Erf

*Erfurt, Universitäts- und Forschungsbibliothek Erfurt/Gotha, Dep. Erf. CA. 12° 4 Pap., 183 Bl., Oktavformat (!), 1419/20, ostmitteldeutsch. 161r-181r: ›Disticha Catonis‹, dt. – Übersetzungsfassung C, lat.-dt. Weiterer Inhalt: kleinere lat. Stücke zur Unterweisung in die Grammatik/Metrik/Musik, lat. Schulgedichte und Carmina, ›Commentarius vocabulorum Latinorum e lingua Graeca et Hebraica depromptorum‹.

_____________ 783

Für den Hinweis auf die Handschrift danke ich Gisela Kornrumpf, München.

›Disticha Catonis‹ deutsch

949

Textbestand: lat. und dt. Verse pr. 1-4, b.s. 1-15, 26f., 20, 25, 28-30, 32, 38, 31, 16-19, 21-24, 40, 44, 39, 41-43, 34, 45, 35-37, 54, 47, 51, 46, 50, 53, 33, 55f., I,1-32, 34, 33, 35-40, II pr. 1-10, II,1f., 4, 3, 5-31, III pr. 1f., III,1, III pr. 3f., III,3, 2, 4, 5-14, 37, 1524, IV pr. 1-4, IV,1-15, 17, 16, 18-49; systematisch angebrachte Beischriften, die die lat. Verse Moralbegriffen zuordnen.

Schreiber

100r-158r: completa sunt hec per magistrum Zoythen in Duderstadt (158r)

L1 HENKEL 1988, S. 230. L2 SCHUM 1887, S. 759-761. L3 MICHAEL BALDZUHN: ›Disticha Catonis‹. Erfurt, Universitätsbibliothek, Dep. Erf. CA. 12° 4, f. 162r-182r. In: ‘bescheidenheit’. Deutsche Literatur des Mittelalters in Eisenach und Erfurt. Hg. von CHRISTOPH FASBENDER. Gotha 2006, S. 44f.

Gdańsk s. Danzig. G-Goe *Göteborg, Stadsbibliotek, Cod. lat. 30 (ehem. Nikolsburg [Mikulov], Fürstlich Dietrichsteinische Bibliothek, Cod. I 30) Perg., 20 Bl., 19 x 14 cm, 1. Hälfte 15. Jh., bairisch. 1r-19r: ›Disticha Catonis‹, dt. – Übersetzungsfassung C, lat.-dt. Weiterer Inhalt: ›Facetus Cum nihil utilius‹, lat.-dt. (Hs. Goe). Textbestand: lat. und dt. Verse pr. 1-4, b.s. 1-10, Minori parce, 11-15, 26f., 20, 25, 2830, 32, 38, 31, 16-19, 21-24, 40, 44, 39, 41, 35, 36, 37, 54, 47, 50, 53, 33, 55f., I,1-40, II pr. 1-10, II,1, 3, 2, 4-31, III pr. 1f., III,1, III pr. 3f., III,9-24, IV pr. 1-4, IV,1-4, 5 [lat.], 34 [dt.], 35-49.

Vorbesitzer Nikolsburg (Mikulov), Fürstlich Dietrichsteinische Bibliothek L1 FEIFALIK 1861, S. 217f. Anm. 18 (»zweite[] jüngere[] Stufe der Gesammtübertragung« unter Berufung auf ZARNCKE, dessen drei S. 81 genannte Textzeugen bei ZATOČIL in Textgruppe III erscheinen); HARMENING 1970, S. 349; HENKEL 1988, S. 230. L2 KLEBERG 1974, S. 55. L3 OPPITZ 1999, S. 195. Siehe auch unten Kap. V.3.1 zu Hs. Goe.784

G-Gra *Graz, Universitätsbibliothek, Cod. 854 Pap., 283 Bl., 21 x 16 cm, 1486-88, bairisch-österreichisch (St. Lambrecht, Benediktinerstift?). 201r-221r: ›Disticha Catonis‹, dt. – Übersetzungsfassung C, lat.-dt. Weiterer Inhalt: lat. Handbuch zur Ars epistolandi (u. a. Briefmuster, Artes dictandi, ›Modus latinitatis‹, ›Grammatellus‹, ›Elegantiae‹ des Agostino Dati), ergänzt um ein Regimen sanitatis, den ›Physiologus Theobaldi‹ und kleinere Stücke zur Grammatik.

_____________ 784

Für den Hinweis auf die Identität der Göteborger Handschrift mit der verschollenen Nikolsburger danke ich Dr. Falk Eisermann, Berlin.

Verzeichnisse zur Überlieferung

950

Textbestand: lat. Verse pr. 1-4 und b.s. 4f., 20, 6-10, Minori parce, 11-14, 54, 15-17, 19, 21, 9, 18, 25-28, 32, 34, 52, 33, 40, 46, 50, 43, 45, 30, 36f., 47f., 55f. sowie lat. und dt. Verse I,1-29, 31, 30, 32-40, II pr. 1-10, II,1f., 4, 3, 5-31, III pr. 1f., III,1, III pr. 3f., III,2-24, IV pr. 1-4, IV,1-49; lat., vereinzelt dt. Interlinearglossen; Syntaxziffern; 201rv Marginalien mit Bemerkungen zur Grammatik.

Schreiber 201r-229r: Johannes Mauerschwanger de Müldorff (221r, 229r) Vorbesitzer St. Lambrecht, Benediktinerstift L1 HENKEL 1988, S. 230. L2 ANTON KERN: Die Handschriften der Universitätsbibliothek Graz. Bd. 2. Wien 1956 (Handschriftenverzeichnisse österreichischer Bibliotheken. Steiermark 2), S. 80f.

G-Kra: s. o. Übersetzungsfassung Z (= Gesamtübersetzung – Textgruppe I). G-Lei *Leipzig, Universitätsbibliothek, Ms. 1615 Nr. 1 Pap., 2 Bl., 17.5-18.2 x 13-13.5 cm, 15. Jh., ostmitteldeutsch/niederdeutsch. 1rv: ›Disticha Catonis‹, dt. – Übersetzungsfassung C, lat.-dt., frgm. Textbestand: lat. und dt. Verse II,10-17; II,25-29 [lat.],785 30f., III pr. 1, III,1 [lat.].

Vorbesitzer Nordhausen, Servitenkloster Himmelgarten; Eduard Sievers (1850-1932)786 L1 ZATOČIL 1935, S. 63f. (Sigle Himm.; »von einer der Hs. A nahestehenden Bearbeitung«); ZATOČIL 1952, S. 16; HARMENING 1970, S. 348. L2 FRANZJOSEF PENSEL: Verzeichnis der deutschen mittelalterlichen Handschriften in der Universitätsbibliothek Leipzig. Berlin 1998 (DTM 70,3), S. 230f. L3 SIEVERS 1889, S. 390-393.

G-Lon1 *London, British Library, MS Additional 11250, Bl. 12r-13v (= Frgm. Nr. 424) Perg., 2 Bl., 20 x 14 cm, 4. Viertel 14. Jh., ostmitteldeutsch. 12r-13v: ›Disticha Catonis‹, dt. – Übersetzungsfassung C, lat.-dt., frgm. Textbestand: lat. und dt. Verse II,12 [dt.], 13-23; III,13 [dt.], 14, 37, 15-23.

Vorbesitzer Finnur Magnússon (1781-1847)787

_____________ 785

786

787

Für deutsche Verse ist nach II,30 Freiraum belassen. Allerdings gehen die Reimpaare zu II,30 diesem Hexameterdistichon voran (statt ihm, wie gewohnt, zu folgen), sodass die Übersetzung zu II,29 fehlt. Die 1894 von SIEVERS der Universitätsbibliothek überlassenen Fragmente sind »aus einbänden von büchern ausgelöst, welche der bibliothek des klosters Himmelgarten bei Nordhausen entstammen« (SIEVERS 1889, S. 385). Das Bruchstück ist Teil einer Fragmentensammlung Magnússons. Bl. 12 und 13 der modernen Bleistiftfoliierung wurden von Magnússon als Nr. 424 seiner Sammlung gezählt, die weiterhin die Nummern 405, 406 und 421 bis 432 umfasst.

›Disticha Catonis‹ deutsch

951

L1 ZATOČIL 1935, S. 64f. (Sigle L2); ZATOČIL 1952, S. 16f. (Sigle L2); HARMENING 1970, S. 348f. L2 PRIEBSCH 1896/1901, Bd. 2, S. 107f. (»Gesamtbearbeitung?«; Textproben).

G-Lon2 *London, British Library, MS Additional 11655 Pap., III + 16 + I Bl., 20.5 x 14.5 cm, 15. Jh., niederdeutsch. 2r-14v: ›Disticha Catonis‹, dt. – Übersetzungsfassung C, lat.-dt. Textbestand: lat. und dt. Verse pr. 1-4, bs.1-3, 5, 6, 4, 7-9, 20, 10, Minori parce, 11-13, 54, 15, 9, 18f., 21, 23-27, 29-34, 37, 36, 28 [lat.], 38 [dt.], 45f., 50, 43, I,1-19, 20b, 2140, II pr. 1-8, II,1-19, 21, 20, 22-31, III pr. 1f., III,1, III pr. 3f., III,2-24, IV pr. 1-4, IV,1-12, 14, 13, 15-49.

Vorbesitzer Georg Kloss (1787-1854); London, Antiquariat Longman L1 ZARNCKE 1852, S. 197; HARMENING 1970, S. 349. L2 PRIEBSCH 1896/1901, Bd. 2, S. 115f. (»viele Eigentümlichkeiten der jüngern Gesammtbearbeitung [...], erscheint aber stellenweise ganz selbständig« unter Berufung auf ZARNCKE, dessen drei S. 81 genannte Textzeugen bei ZATOČIL in Textgruppe III erscheinen). L3 OPPITZ 1997, S. 12f. Nr. 4560.

G-Mue1 *München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 72 Perg., 43 Bl., 19.5 x 14 cm, um 1447/48, bairisch. 1r-20v: ›Disticha Catonis‹, dt. – Übersetzungsfassung C, lat.-dt. Weiterer Inhalt: ›Facetus Cum nihil utilius‹, lat.-dt. (Hs. Mue1). Textbestand: lat. und dt. Verse I,1-40, II pr. 1-10, II,1f., 4, 3, 5-31, III pr. 1f., III,1, III pr. 3f., III,2-24, IV pr. 1-4, IV,1-49.

Vorbesitzer Freising, Dombibliothek? L1 ZARNCKE 1852, S. 71, 88-90, 105 (Sigle E; »jüngere Gesamtbearbeitung«; Textproben); ZATOČIL 1935, S. 18, S. 52-56 (Textgruppe III); ZATOČIL 1952, S. 16. L2 PETZET 1920, S. 116f. L3 Siehe auch unten Kap. V.3.1 zu Hs. Mue1.

G-Mue2 *München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 444 Pap., I + 121 Bl., 19.5 x 14 cm, 1. Viertel 15. Jh. (1422), bairisch. 45r-66r: ›Disticha Catonis‹, dt. – Übersetzungsfassung C, lat.-dt. Weiterer Inhalt: lat.-dt. Mischhandschrift aus vier spätestens im 16. Jh. vereinten Teilen, die (I.) neben dem ›Cato‹ Reimpaargedichte (Mären, Stricker, Peter Suchenwirt), Lieder (u. a. Mönch von Salzburg), Hymnen, Gebete, Komputistik, ein lat.-dt. Regimen sanitatis bieten, dazu (II.) Freidank, dann (III.) das ›Buch der Rügen‹ und zuletzt (IV.) dt. Katechese und in Nachträgen praktische Anweisungen für Haus und Garten. Textbestand: lat. und dt. Verse pr. 1-4, b.s. 1-11, Minori parce [lat.], 12f., 14 [dt.)], 15, 26f., 20, 25, 28 [dt.], 29f., 32, 38, 31, 16-19, 21-24, 40, 44, 39, 41-43, 34, 45, 35-37, 54,

Verzeichnisse zur Überlieferung

952

47, 48f., 51, 46, 50, 53, 33, 55f., I,1-40, II pr. 1-10, II,1, 2, 4, 3, 5-31, III pr. 1f., III,1, III pr. 3f., III,2-24, IV pr. 1-4, IV,1-46, 48, 47, 49.

32r-42r, 45r-66r: Johannes de Egra (66r); 173r-208v: Jacobus de Novo foro [Neumarkt] prope Lincz (208v) Vorbesitzer Wessobrunn, Benediktiner St. Peter und Paul?

Schreiber

L1 ZARNCKE 1852, S. 71, 86-88, 103-105 (Sigle D; »jüngere Gesamtbearbeitung«; Textproben); ZATOČIL 1935, S. 18, 52-56 (Textgruppe III); ZATOČIL 1952, S. 16. L2 SCHNEIDER 1970/2005, Bd. 3, S. 271-282.

G-Mue3: s. o. Übersetzungsfassung Z (= Gesamtübersetzung – Textgruppe I). G-Mue4 *München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 6351 Pap., 153 Bl., 22 x 15.5 cm, 1456, hochalemannisch (Zofingen). 97r-122r: ›Disticha Catonis‹, dt. – Übersetzungsfassung C, lat.-dt. Weiterer Inhalt: zahlreiche Texte zur Komputistik, Traumdeutung, Wetterkunde und Weissagung, daneben eine dt. Salve-Regina-Auslegung und Mariengebete sowie die ›Sibyllen-Weissagung‹, schließlich als Nachträge um 1500 Heinrich Seuses ›Büchlein der ewigen Weisheit‹, ein ›Himmelsbrief‹ und eine Notiz zum Gedenken an die Gefallenen der Schlacht von Bellinzona. Textbestand: dt. Verse zu pr. 1-4, b.s. 1-15, 26f., 20, 25, 28, 26, 30, 32, 38, 31, 16-19, 21-24, 40, 44, 39, 41-43, 34, 45, 35-37, 54, 47-49, 51, 46, 50, 53, 55, 56, I,1-32, 34, 33, 35-40, II pr. 1-10, II,1-30, III pr. 1f., III,1, III pr. 3f., III,2-24, IV pr. 1-4, IV,1-13, 1549.

Schreiber Ulrich Lengger ([63v], 70r, 151r) Vorbesitzer Ulrich Lengger?; Jacob Tillier, Bern (18. Jh.); Antiquariat W. Hausknecht (1904) L3 NESKE 1985, S. 85-90.

G-Mue5 *München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 3059 Pap., 398 Bl., Folioformat, 1470-73, bairisch. 392va-397vb: ›Disticha Catonis‹, dt. – Übersetzungsfassung C, lat.-dt. Weiterer Inhalt: Philipps von Bergamo ›Speculum regiminis‹. Textbestand: lat. und dt. Verse pr. 1-4, b.s. 1f., 3 [lat.], 5f., 4, 16f., 7, 19, 21, 8, 9, 20, 10, Minori parce, 11f., 13f., 25, 34, 33, 39, 41, 35, 36 [lat.], 37, 30, 18, 50, 52, 22, Moderate vivas, 26-28, 51 [lat.], 55, 24, 42, 54, 56, I,1-40, II pr. 1-10, II,1-31, III pr. 1f., III,1, III pr. 3f., III,2-12, 14, 15, 13, 16-24, IV pr. 1f., 3f. [lat.], IV,1-49; lat. und dt. Verse b.s. 1-4, 50, 10, Minori parce, 9, 16f., 20, 28, 11, 38, 26f., 15, 32, 5, 33, 43, 53, 21, 44, 24, 39, 41, 35, 23, 40, 42, 34, 47, 31, 52, 36f., 6-8, 12-14, 29f., 45, 18, 51, 19, 25, 48, 46, 49, 54-56.

›Disticha Catonis‹ deutsch

953

Schreiber

Johannes Kölbl (387vb); 392va-398vb sowie Register, Seitenüberschriften und Rubrizierung: Johannes Kraus Vorbesitzer Item dominus Johannes kraus plebanus in motzing dedit (1v); Andechs, Benediktiner

L1 HENKEL 1978 (Übereinstimmungen mit dem Text der Gruppen I, II und III sowie Eigengut; mit Abdruck von Auszügen). L2 Catalogus codicum latinorum bibliothecae regiae Monacensis, Bd. 1,2, S. 68. L3 NIKOLAUS HENKEL: Kraus, Johannes. In: VL, Bd. 5, Sp. 343f.; HENKEL 1988, S. 170f.

G-Mue6 *München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 3588 Pap., 397 Bl., 21.5 x 15 cm, 1453-58 und 1473-79, thüringisch (Erfurt). 235r-246v: ›Disticha Catonis‹, dt. – Übersetzungsfassung C, lat.-dt. Weiterer Inhalt: dem ›Cato‹ vorangehend Texte zur Ars praedicandi, Predigten, Werke des Johannes de Indagine und Texte zur Beicht- und Bußpraxis sowie Johannes de Garlandia: ›Poenitentiarius‹ mit Kommentar; dem ›Cato‹ folgend ein Kommentar zu den ›Disticha Catonis‹, Ps.-Seneca (Martin von Braga): ›De quattuor virtutibus cardinalibus‹ mit Kommentar, ›Compendium Anticlaudiani‹, Aristoteles: ›Oeconomica‹ mit Kommentar, Ps.Aristoteles: ›Secretum secretorum‹, Alexander de Hispania: ›Melleus liquor physicae artis‹ mit Kommentar. Textbestand: lat. und dt. Verse pr. 1-4, b.s. 1, Mandatum eius serva, 2-5, 16f., 6f., 18, 20, 21, 14, 10, 47, 11f., 23, 13, 26f., 36f., Lenis esto, 40f., 31, 45, 32, 33, 43, 51, 47, 29, 15, 44, 25, 50, 54, 56, I,1-49, II pr. 1-10, II,1-31, III pr. 1f., III,1, III pr. 3.f, III,2-4, IV,37, III,5-24, IV pr. 1-4, IV,1-13, 15, 14, 16-48, ?, 49.

Schreiber frater Mathias hagnawer (?, VD innen) Vorbesitzer Erfurt, Kartause Salvatorberg L1 HENKEL 1980, S. 157f. (Übereinstimmungen mit dem Text der Gruppen I, II und III sowie Eigengut; der Text sei in seinem »Konglomerat-Charakter« G-Mue5 zu vergleichen). L2 Catalogus codicum latinorum bibliothecae regiae Monacensis, Bd. 1,2, S. 114; Katalog der lateinischen Handschriften der Bayerischen Staatsbibliothek München: Die Handschriften aus Augsburger Bibliotheken. Bd. 1: Stadtbibliothek: Clm 3501-3661. Neu beschrieben von ERWIN RAUNER mit einer Einleitung von BRIGITTE GULLATH. Wiesbaden 2008 (Catalogus codicum manu scriptorum bibliothecae Monacensis. Tomus III. S. N. 3,1), S. 405-415. L3 HENKEL 1988, S. 180f.

G-Mue7 *München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 7021 Pap., 231 Bl., 29.5 x 21 cm, um 1400 und 1. Hälfte 15. Jh., bairisch (Zisterzienser Fürstenfeld?). 115ra-120va: ›Disticha Catonis‹, dt. – Übersetzungsfassung C, lat.-dt.788 Weiterer Inhalt: ›Disticha Catonis‹, dt. – Rumpfübersetzung/-bearbeitung,

_____________ 788

Der lateinische Text wird in Form der Versinitien nur anzitiert.

954

Verzeichnisse zur Überlieferung

frgm. (114rv unmittelbar vorangehend [Hs. R-Mue5]), ferner u. a. Artes dictandi (darunter Laurentis de Civitate [de Aquilea]: ›Summa dictaminis‹); Heinrich von Langenstein: ›Erchantnuzz der sund‹; Formulae epistolares; dt. Rezepte/Diagnostiken/Gesundheitsregeln; De herbis, De pestilentia; ›Flores temporum‹; Chronik von Scheiern; De sex ventis cardinalibus, de planetis, de terra, de signis coelestibus, de zonis cum figura mundi, de balneis et diaeta et aliis medicinalibus. Textbestand: lat. und dt. Verse I,1-6, 8-41, II pr. 1-10, 1-26, 28, 27, 29, 31, 30, III pr. 1f., III,1, III pr. 3f., III, 2-24, IV,1-33, 35, 34, 36-49.

Vorbesitzer Fürstenfeld, Zisterzienser (1r) L1 HENKEL 1980, S. 158f. (Text ohne Berührungen zu ZATOČILs Textgruppen II und III, aber mit partieller Nähe zu Textgruppe I: »Im übrigen scheint die Fassung des Clm 7021 selbständig zu sein.« [S. 159]). L2 Catalogus codicum latinorum bibliothecae regiae Monacensis, Bd. 1,3, S. 138f. L3 HEIKE JOHANNA MIERAU [u. a.]: Studien zur Überlieferung der ›Flores temporum‹. Hannover 1996 (MGH Studien und Texte 14), S. 60.

G-Mue8 *München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 15632 Pap., 164 Bl., 15 x 11 cm, 3. Viertel 15. Jh. (1458, [14]64), bairisch. 113r-129r: ›Disticha Catonis‹, dt. – Übersetzungsfassung C, lat.-dt. Weiterer Inhalt: Handbuch eines Geistlichen mit Predigten und – teilweise dt. – Gebeten, Übersichtsschemata zu Tugenden, Lastern und katechetischen Grundstücken, Übersichten über die Kirchenlehrer und die Bücher der Bibel, Namen von Pfarreien, theoretischen und praktischen Schriften zur Musik, Kochrezepten sowie dem lat.-dt. ›Poenitentiarius‹ des Johannes de Garlandia (?). Textbestand: lat. und dt. Verse pr. 1-4, b.s. 1f., 4 [lat.], 3, 5 [lat.], 6f., 9, 20, 10, Minori parce, 11-18, 9, 21-24, 28, 30, 52, 32-34, ?, 26, 27 [dt.], 35f., 37 [lat.], 39, 41, 45, 47, 4951, 44, 25, 55, 56 [dt.], I,1-9, 11-40, II pr. 1-10, II,1-30, 31 [lat.], III pr. 1f., III,1, III pr. 3f., III,2, 4, 3, 5-7, 9f., 13, 12, 11, 15f., 21a, 17-24, IV pr. 1-4, IV,1-11.

Schreiber 79r-85v: Johannes Wülfing (85v) Vorbesitzer Ulrich Wülfing (76r); Rott am Inn, Benediktiner St. Marinus und Arianus L1 HENKEL 1980, S. 160-162 (Textgruppe III). L2 Catalogus codicum latinorum bibliothecae regiae Monacensis, Bd. 2,3, S. 25f. L3 MBK, Bd. 4,2, S. 717; HENKEL 1988, S. 170f.

Nikolsburg (Mikulov), Fürstlich Dietrichsteinische Bibliothek, Cod. I 30: s. o. G-Goe.

›Disticha Catonis‹ deutsch

955

G-Nue *Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Hs 42599 Pap., 1 Bl., 28 x 21 cm, 15. Jh., ostmitteldeutsch. 1rv: ›Disticha Catonis‹, dt. – Übersetzungsfassung C, lat.-dt.789, frgm. Textbestand: lat. und dt. Verse I,19b [dt.], 20-23, 25f., 24, 27-40, II pr. 1-9. L1 BARTSCH 1885 (mit Textabdruck); ZATOČIL 1935, S. 62f. (Sigle Hard.); ZATOČIL 1952, S. 16; HARMENING 1970 S. 348. L2 KURRAS 1974, S. 171 (»Text der erweiterten Fassung F«, d. h. zu einem Textzeugen der Textgruppe III zu setzen). L3 ZACHER 1883, S. 289-296 (mit Textabdruck).

G-Pra

*Prag, Národní knihovna České republiky (Nationalbibliothek der Tschechischen Republik), Cod. I.G.3 (277) Pap. (Vor- und Nachsatzbl. Perg.), I + 237 + I Bl., 21 x 14.5-15 cm (Vorund Nachsatzbl. ehem. ca. 25.5 x 16 cm), 15. Jh. (älteste datierte Teile 1411, jüngste 1475; Vor- und Nachsatzbl. Anfang 15. Jh.?), Böhmen?790 Ivr: ›Disticha Catonis‹, dt. – Übersetzungsfassung C, lat.-dt. Weiterer Inhalt: lat. Grammatik (Ir und II; frgm.). Textbestand: lat. und dt. Verse pr. 1-4, b.s. 1f., 4f., 16, 6f., 18, 20f., 14, 9, 20, 8, 10, 47, 11-13, 34, 33 [lat.] L2 WALTHER DOLCH: Katalog der deutschen Handschriften der k. k. öff. und Universitätsbibliothek zu Prag. I. Die Handschriften bis etwa z. J. 1550. Prag 1909, S. 9 (Nr. 16). L3 BODEMANN/BLEUMER 2000, S. 296.

Privatbesitz Carl Freiherr von Hardenberg: s. o. G-Nue. Privatbesitz Eduard Sievers: s. o. G-Lei. G-StP *St. Pölten, Diözesanbibliothek, Cod. 16 Pap., 206 Bl., 29 x 21.5 cm, 1461, bairisch. 193r-203v: ›Disticha Catonis‹, dt. – Übersetzungsfassung C, dt. Weiterer Inhalt: Johannes Hartliebs ›Alexander‹; militärtechnische Abhandlung; Bericht von der Aufstellung der Mannschaft beim Kriegszug in die Steiermark durch Graf Johannes von St. Georgen und Pösing. Textbestand: dt. Verse zu pr. 1-4, b.s. 1-9, 15, 26-32, 16f., 20, 25, 18f., 21, ?, ?, 22f., ?, ?, 44, 41, 26, 35, ?, 43, 34, ?, 36f., 54, 48, ?, 33, 42, 51, ?, 55, I,1-40, II pr. 1-10, II,1-31, III pr. 1f., III,1, III pr. 3f., III,2f., IV,37, III,4-24, IV pr. 1-4, IV,1-13, 15, 14, 16-22, 24-38, 41, 39, 40, 42-48, ?, 49. L1 HENKEL 1988, S. 230. L3 PAWIS 1991, S. 14.

_____________ 789 790

Der lateinische Text wird in Form der Versinitien nur anzitiert. Für den Hinweis auf G-Pra danke ich Dr. Klaus Klein, Marburg.

Verzeichnisse zur Überlieferung

956

G-Stu *Stuttgart, Württembergische Landesbibliothek, Cod. HB X 23 Pap., 149 Bl., 28 x 20.5 cm, 1446/47 und 1449, ostmitteldeutsch. 18rb-22vb: ›Disticha Catonis‹, dt. – Übersetzungsfassung C, dt. Weiterer Inhalt: Johannes von Tepl/Saaz: ›Ackermann aus Böhmen‹; ›Facetus Cum nihil utilius‹, dt. (Hs. Stu); Jakob von Theramo: ›Belial‹, dt.; Ulrich Boner: ›Edelstein‹. Textbestand: dt. Verse zu pr. 1-4, b.s. 1, 3, 5, 7, 6, 17, 9f., 18, 11, 13, 12, 21, 23, 22, 24, 26, 15, 38, 28, 29, 27, 25, 40, 39, 30, 42, 31, 43, 33, 41, 45, 35, 44, 37, 46, 34, 50, 48, 49, 51, 55, 47, 54, 56, I,1-11, 13-40, II pr. 1-10, II,1-31, III pr. 1f., III,1, III pr. 3f., III,2-24, IV pr. 1-4, IV,1-49.

Vorbesitzer Deutschordenskommende Mergentheim?; 1566 H L M L Andreas Venatorius Cantzleyschreiber m p scriptum (Innenseite der Lederstreifen des Deckels) L1 ZARNCKE 1852, S. 72, 95-98, 108 (Sigle G; »freieste Gesamtbearbeitung«; Textproben); ZATOČIL 1935, S. 18, 52-56 (Textgruppe III); ZATOČIL 1952, S. 16, 162-182 (mit Textabdruck); HARMENING 1970, S. 349. L2 BUHL 1972, S. 88f. L3 Johannes de Tepla, civis Zacensis, Epistola cum Libello ackerman und Das büchlein ackerman. Nach der Freiburger Hs. 163 und nach der Stuttgarter Hs. HB X 23 hg. und übersetzt von KARL BERTAU. Berlin, New York 1994, Bd. 1, S. XVII-XX, Bd. 2, S. 271-301. Siehe auch unten Abschnitt Kap. V.3.1 zu Hs. Stu.

G-Wie1: s. o. Übersetzungsfassung Z (= Gesamtübersetzung – Textgruppe I). G-Wie2 *Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 2977 Pap., V + 185 + I Bl., 21 x 14 cm, 2. Hälfte 15. Jh., ostmitteldeutsch. 26r-41v: ›Disticha Catonis‹, dt. – Übersetzungsfassung C, lat.-dt.791 Weiterer Inhalt: Wurmsegen; Gottfried von Franken: ›Pelzbuch‹; ›Facetus Cum nihil utilius‹, lat.-dt. (Hs. Wie2); Rossarznei (u. a. Meister Albrants ›Rossarzneibuch‹); Bartolomæus: ›Praktik‹; ›(Älterer deutscher) Macer‹; ›Wiener Falkenheilkunde‹; Rezepte. Textbestand: dt. Prosavorrede; lat. und dt. Verse pr. 1-4, b.s. 1-10, Minori parce, 11, 13, 12, 14f., 19, 26f., 45, 31f., 16-18, 21-23, ?, 38, 44, ?, ?, 42f., 46, 35, 20, 45, 37, 36, 48-50, 52, 54, ?, 55f., I,1-32, 34-41, II pr. 1-10, II,1-5, 7, 6, 8-19, 21, 20, 22-31, III pr. 1f., III,1, III pr. 3f., III,2-24, IV pr. 1-4, IV,1-14, 16-24, 27, 25f., 28-32, 34-49. L1 ZARNCKE 1852, S. 71, 84-86, 102f. (Sigle C; »jüngere Gesamtbearbeitung«; Textproben); ZATOČIL 1935, S. 18, 52-56 (Textgruppe III); ZATOČIL 1952, S. 16. L2 Tabulae codicum 1864/99, Bd. 2, S. 166; MENHARDT 1960/61, S. 716-719. L3 Siehe auch unten Kap. V.3.1 zu Hs. Wie2.

_____________ 791

Die lateinischen Verse werden nur mit ihren Initien anzitiert.

›Disticha Catonis‹ deutsch

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G-Wie3 *Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 3086 Pap., II + 235 + III Bl., 26.5 x 17.5 cm, 1. Hälfte 15. Jh. (1426), bairischösterreichisch (Wien?). 205v-215r: ›Disticha Catonis‹, dt. – Übersetzungsfassung C, lat.-dt. Weiterer Inhalt: Hugo von Trimberg: ›Renner‹; Georg von Ungarn: ›Purgatorium s. Patricii‹, dt.; Beichte Heinrichs von Langenstein; Freidank, lat.-dt.; ›Facetus Cum nihil utilius‹, lat.-dt. (Hs. Wie3); Nikolaus von Dinkelsbühl: ›Spiegel der Kunst gut zu Sterben‹. Textbestand: lat. und dt. Verse I,1-40, II pr. 1-10 [lat.], II,1-24, 26, 25, 27-31, III pr. 1f., III,1, III pr. 3f., III,2-24, IV pr. 1-4, IV,1-3,19-49.

Vorbesitzer Job Hartmann von Ennenkel (1576-1627)?; Carl Ludwig Fernberger zu Egenberg (†1635) L1 ZARNCKE 1852 S. 197 (Hs. angeblich ohne ›Cato‹). L2 Tabulae codicum 1864/99, Bd. 2, S. 193f.; MENHARDT 1960/61, S. 875-877 (ohne Identifizierung des ›Cato‹); FRANZ UNTERKIRCHER: Die datierten Handschriften der österreichischen Nationalbibliothek von 1401-1450. Wien 1971 (Katalog der datierten Handschriften in lateinischer Schrift in Österreich 2), Bd. 1, S. 50, Bd. 2, S. 138 Abb. 215. L3 Siehe auch unten Kap. V.3.1 zu Hs. Wie3.

G-Zna ehem. Znaim (Znojmo), Städtisches Archiv, Hs. 305, Pergamentumschlag [Verbleib unbekannt] Perg., 2 Bl., Quartformat, 14. oder 15. Jh., ostmitteldeutsch. 1r-2v: ›Disticha Catonis‹, dt. – Übersetzungsfassung C, lat.-dt., frgm. Textbestand: lat. und dt. Verse II,18-29; IV,21 [dt.], 22-29, 31, 30, 32, 33 [lat.]. L1 FEIFALIK 1855 (mit Textabdruck); ZATOČIL 1935, S. 60-62 (Sigle Zn); ZATOČIL 1952, S. 16; HARMENING 1970, S. 349.

Znojmo s. Znaim. [G-Zwe: s. o. Übersetzungsfassung Z (= Gesamtübersetzung – Textgruppe I).] 2.7 ›Schlesischer (ostmitteldeutscher) Cato‹ O-Ber 1 *Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ms. germ. quart 664 – Bl. 3r-4v (= Frgm. C) Perg., 1 Doppelblatt, 21 x 12.5-16.5 cm, um 1400, ostmitteldeutsch. 3r-4v [recte 4r-3v]: ›Schlesischer (ostmitteldeutscher) Cato‹, lat.-dt., frgm. Textbestand: lat. und dt. Verse I,9 [dt.], 10-19; II,26 [dt.], 27-31, III pr. 1f., III,1, III pr. 3f., III,3, 2, 4.

958

Verzeichnisse zur Überlieferung

Vorbesitzer August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798-1874) L1 ZATOČIL 1935a (Sigle Berl. C; NING 1970, S. 348. L2 DEGERING

mit Textabdruck); ZATOČIL 1952, S. 185; HARME1925/32, Bd. 2, S. 118f. L3 Bibliotheca Hoffmanni

Fallerslebensis. Leipzig 1846, S. 33.

O-Ber 2 *Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ms. germ. quart 664 – Bl. 6r-7v, 10r-11v (= Frgm. E1) Perg., 2 Doppelblätter, 22 x 16 cm, 1. Viertel 15. Jh., ostmitteldeutsch. 6r-7v, 10r-11v: ›Schlesischer (ostmitteldeutscher) Cato‹, lat.-dt., frgm. Textbestand: lat. und dt. Verse II,19 [dt.], 20, 22, 21, 23-31, 32 [lat.]; III pr. 1f. [dt.], III,1, III pr. 3f., III,3, 2, 4, 6-12; IV,10 [dt.], 13, 12, 14, 38, 15-34.

Vorbesitzer August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798-1874) L1 ZATOČIL 1935a (Sigle Berl. E; mit Textabdruck); ZATOČIL 1952, S. NING 1970, S. 348; BALDZUHN 2006, S. 48. L2 DEGERING 1925/32,

185f.; HARMEBd. 2, S. 118f.

L3 Bibliotheca Hoffmanni Fallerslebensis. Leipzig 1846, S. 33.

O-Ber 3 *Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ms. germ. quart 664 – Bl. 8r-9v (= Frgm. E2) Perg., Reste eines Doppelblattes, 3 x 9.5-15.5 cm, 1. Viertel 15. Jh., ostmitteldeutsch. 8r-9v: ›Schlesischer (ostmitteldeutscher) Cato‹, lat.-dt., frgm. Textbestand: lat. und dt. Verse I,23, 24 [lat.]; I,29 [dt.], 30 [lat.]; IV,30, 31 [lat.]; IV,35 [dt.], 36.

Vorbesitzer August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798-1874) L1 ZATOČIL 1935a, S. 82 (Sigle Berl. E); ZATOČIL 1952, S. 186; HARMENING 1970, S. 348; BALDZUHN 2006, S. 48. L2 DEGERING 1925/32, Bd. 2, S. 118f. L3 Bibliotheca Hoffmanni Fallerslebensis. Leipzig 1846, S. 33.

O-Ber 4 *Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ms. germ. quart 664 – Bl. 16rv (= Frgm. G1) Perg., 1 Bl., 22 x 8 cm, um 1400, ostmitteldeutsch. 16rv [recte 16vr]: ›Schlesischer (ostmitteldeutscher) Cato‹, lat.-dt., frgm. Textbestand: lat. und dt. Verse I,34-38; I,39f., II pr. 1-7.

Vorbesitzer August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798-1874) L1 ZATOČIL 1935a, S. 81 Anm. 1 (Sigle Berl. G); ZATOČIL 1952, S. 185; HARMENING 1970, S. 348. L2 DEGERING 1925/32, Bd. 2, S. 118f. L3 Bibliotheca Hoffmanni Fallerslebensis. Leipzig 1846, S. 33.

›Disticha Catonis‹ deutsch

959

O-Ber 5 *Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ms. lat. quart 314, Bl. 1r-2v (= Frgm. Nr. 1)792 Perg., 1 Doppelblatt, 25 x 15.5 cm, 15. Jh., ostmitteldeutsch. 1r-2v: ›Schlesischer (ostmitteldeutscher) Cato‹, lat.-dt., frgm. Textbestand: lat. und dt. Verse I,5 [dt.], 6-15, 16 [lat.]; I,38 [dt.], 39f., II pr. 1-10, II,1, 3, 2, 4 [lat.].

Vorbesitzer (Erwerb durch die Königliche Bibliothek 1856; Herkunft unbekannt) O-Ber 6 *Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ms. lat. quart 314, Bl. 3r-6v (= Frgm. Nr. 2)793 Perg., 2 Doppelblätter, 22 x 13-14 cm, 15. Jh., ostmitteldeutsch. 3r-6v: ›Schlesischer (ostmitteldeutscher) Cato‹, lat.-dt., frgm. Textbestand: lat. und dt. Verse I,32 [dt.], 33-40, II pr. 1-10, II,1, 3, 2, 4-20, 22, 21, 2329.

Vorbesitzer (Erwerb durch die Königliche Bibliothek 1856; Herkunft unbekannt) O-Ber 7 *Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ms. lat. quart 314, Bl. 7r-8v (= Frgm. Nr. 3)794 Perg., 1 beschnittenes Doppelblatt, 18.5 x 13-15 cm, 15. Jh., ostmitteldeutsch. 7r-8v: ›Schlesischer (ostmitteldeutscher) Cato‹, lat.-dt., frgm. Textbestand: lat. und dt. Verse III,1 [dt.], III pr. 3f., III,3, 2, 4, 6-12, 14, 38, 15-23.

Vorbesitzer (Erwerb durch die Königliche Bibliothek 1856; Herkunft unbekannt) O-Ber 8 *Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ms. lat. quart 314, Bl. 9r-10v (= Frgm. Nr. 4)795 Perg., 2 Bl., 19.5-20 x 15-15.5 cm, 15. Jh., ostmitteldeutsch. 9r-10v: ›Schlesischer (ostmitteldeutscher) Cato‹, lat.-dt., frgm. Textbestand: lat. und dt. Verse II pr. 1f. [dt.], pr. 3-10, II,1, 3, 2, 4,-6, 7 [lat.]; II,29 [dt.], 30f., III pr. 1f., III,1, III pr. 3f., III,3, 2, 4, 6f., 8 [lat.].

_____________ 792

793 794 795

Für den Hinweis auf die Bruchstücke O-Ber 5 bis O-Ber 9 und die Überlassung von Beschreibungen danke ich Dr. Renate Schipke, Berlin. Siehe oben Anm. 792. Siehe oben Anm. 792. Siehe oben Anm. 792.

Verzeichnisse zur Überlieferung

960

Vorbesitzer (Erwerb durch die Königliche Bibliothek 1856; Herkunft unbekannt) O-Ber 9 *Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ms. lat. quart 315796 Perg., 2 Bl., 26.5 x 16 cm, 15. Jh., ostmitteldeutsch. 1r-2v: ›Schlesischer (ostmitteldeutscher) Cato‹, lat.-dt., frgm. Textbestand: lat. und dt. Verse II,10 [dt.], 11-20, 22, 21, 23-31, III pr. 1f., III,1, III pr. 3f. [lat.].

Vorbesitzer (Erwerb durch die Königliche Bibliothek 1856; Herkunft unbekannt) O-Bre

*Breslau (Wrocław), Biblioteka Uniwersytecka, Cod. I F 110, oberes Vorsatzblatt Perg., 2 einzelne übereinandergesetzte Vorsatzblätter, 7-15 x 16.5 cm, 4. Viertel 14. / 1. Viertel 15. Jh., ostmitteldeutsch. 1rv (= oberes Vorsatzblatt): ›Schlesischer (ostmitteldeutscher) Cato‹, lat.dt., frgm. Weiterer Inhalt: Bruchstück eines lat. Prosatextes zur Grammatik. Textbestand: lat. und dt. Verse II,1 [dt.], 3, 2; II,7-10. L1 HENKEL 1988, S. 230; BALDZUHN 2006, S. 49.

O-Lem ehem. Lemberg (Lwow), Privatbesitz Wojciech von Ketrzyński [Verbleib unbekannt]797 Perg.? Pap.?, Bruchstücke von 2 Doppelblättern, ursprünglich 21 x 14.5 cm, Ende 14. Jh., ostmitteldeutsch. 2r-3v: ›Schlesischer (ostmitteldeutscher) Cato‹, lat.-dt., frgm. Weiterer Inhalt: lat. Hexameter, »die einem mittelalterlichen handbuche der metrik anzugehören scheinen« (WERNER 1890, S. 247), und ›Facetus Cum nihil utilius‹. Textbestand: lat. und dt. Verse I,15, 17-23, 24 [lat.]; IV,34-41, 42 [lat.].

Vorbesitzer (längs zwischen den Schriftspiegeln von 3v/4r) Jacobus Joannis de Rydzin Posessor 1.5.2.1.798

_____________ 796 797

Siehe oben Anm. 792. Der Nachlass des polnischen Gelehrten Wojciech von Ketrzyński (1838-1918) wird heute in der Bibliothek des Ossolineums in Breslau verwahrt. Die mittelalterlichen Handschriftenfragmente des Nachlasses sind dort in Handschrift 6243 zusammengeführt. Nach brieflicher Mitteilung der Bibliothek vom 6.3.2002 befinden sich die ›Disticha Catonis‹ nicht darunter.

›Disticha Catonis‹ deutsch

961

L1 WERNER 1890, S. 242 und S. 246-251(mit Textabdruck); ZATOČIL 1935, S. 66-69 (Sigle K); ZATOČIL 1952, S. 185; HARMENING 1970. S. 348; BALDZUHN 2006, S. 48.

O-Lon1 *London, British Library, MS Additional 11250, Bl. 10r-11v (= Frgm. Nr. 423) Perg., 2 Bl., 20 x 14.5-15.5 cm, 1. Hälfte 15. Jh., ostmitteldeutsch. 10r-11v: ›Schlesischer (ostmitteldeutscher) Cato‹, lat.-dt., frgm. Textbestand: lat. und dt. Verse I,1-10; II,15 [dt.], 16-25; 10rv von anderer Hand nachgetragene Interlinearglossen.

Vorbesitzer Finnur Magnússon (1781-1847)799 L1 ZATOČIL 1935, S. 64f. (Sigle L1); ZATOČIL 1952, S. 188 (Sigle L1); HARMENING 1970, S. 348f.; BALDZUHN 2006, S. 48. L2 PRIEBSCH 1896/1901, Bd. 2, S. 107f.

O-Lon2 *London, British Library, MS Arundel 243 Pap., II + 393 + I + Einschaltblätter, 22 x 15.5 cm, 3. Viertel 15. Jh. ([14]56), oberdeutsch? 205r-288v: ›Schlesischer (ostmitteldeutscher) Cato‹, lat.-dt., komm. Weiterer Inhalt: lat. Texte zur Grammatik (u. a. Alexander de Villa-Dei: ›Doctrinale‹; Ludolf de Luco: ›Flores grammaticae‹); Johannes de Garlandia: ›Cornutus‹/›Distigium‹, lat.-dt.; Otto von Lüneburg: ›Novus Cornutus‹, lat.-dt.; ›Physiologus Theobaldi‹ u. a. m. – vieles mit ausführlichen lat. Kommentaren. Textbestand: lat. und dt. Verse pr. 1-4, b.s. 1f., 4-6, 16f., 7f., 18, 20, 19, 9-12, 21, 14, 25, 22, 23, 13, 28, 44, 15, 26f., 31f., 45, 33, 43, 36f., 51f., 54, 56, I,1-40, II pr. 1-10, II,1-31, III pr. 1f., III,1, III pr. 3f., III,2-24, IV pr. 1-4, IV,1-49; lat. Kommentar und Interlinearglossen. L1 ZATOČIL 1935, S. 66-69 (Sigle L); ZATOČIL 1952, S. 187f., 195-223 (mit Textabdruck). L2 PRIEBSCH 1896/1901, Bd. 2, S. 44-46. L3 HABEL 1908, S. 9, 12, 14; HABEL 1909, S. 4, 11, 13, 37-40; BURSILL-HALL 1981, Nr. 149.68.1-4; BODEMANN/BLEUMER 2000, S. 291.

Lwow s. Lemberg.

_____________ 798

799

Der Besitzeintrag des 16. Jahrhunderts ist wohl bereits auf das Buch zu beziehen, aus dessen Einband die Fragmente herausgelöst wurden. Das Bruchstück ist Teil einer Fragmentensammlung, die aus dem Besitz des isländischen Gelehrten Finnur Magnússon stammt. Bl. 10 und 11 der modernen Bleistiftfoliierung bewahren zwei zusammen gehörende Einzelblätter, die Magnússon als Nr. 423 der Sammlung zählte, die weiterhin die Nummern 405, 406 und 421-432 umfasst.

Verzeichnisse zur Überlieferung

962

O-Mae ehem. Mährisch-Neustadt (Uničov), Bibliothek des Museumsvereins, Nr. 55 [Verbleib unbekannt] Perg., 2 Bl., Anfang 15. Jh., ostmitteldeutsch. 1r-2v: ›Schlesischer (ostmitteldeutscher) Cato‹, lat.-dt., frgm. Textbestand: lat. und dt. Verse b.s. 10, 47, 11-15, 30, 23, 13, 25, 35, 21, 14, 28, 44, 26f.; II,25 [dt.], 26-31, III pr. 1f., III,1, III pr. 3f., III,3. L1 ZATOCIL 1935, S. 116-118 (Sigle M); ZATOCIL 1936 (mit Textabdruck); ZATOCIL 1952, S. 186; HARMENING 1970, S. 349; BALDZUHN 2006, S. 48.

O-Nei1 ehem. Neiße (Nysa), Kreuzstift, ohne Signatur [Neißer Frgm. Nr. 1] [Verbleib unbekannt]800 Perg., Fragment aus einer Quarthandschrift, ostmitteldeutsch. ?-?: ›Schlesischer (ostmitteldeutscher) Cato‹, lat.-dt., frgm. Textbestand: lat. und dt. Verse, u. a. I,32 und II,29. L1 ZARNCKE 1852, S. 195f.; ZATOČIL 1935, S. 67 Anm. 1; ZATOČIL 1952, S. 185; BALDZUHN 2006, S. 48. L3 K. T. H.: Zweites Sendschreiben über die Alterthümlichkeiten der schlesischen Klöster. In: Idunna und Hermode 48 (1812), S. 189-191, hier S. 191 (Textproben).

O-Nei2 ehem. Neiße (Nysa), Kreuzstift, ohne Signatur [Neißer Frgm. Nr. 2] [Verbleib unbekannt]801 Perg., Fragment aus einer Quarthandschrift, ostmitteldeutsch. ?-?: ›Schlesischer (ostmitteldeutscher) Cato‹, lat.-dt., frgm. Textbestand: lat. und dt. Verse, u. a. I,6. L1/3 Siehe oben bei O-Nei1.

O-Nei3 ehem. Neiße (Nysa), Kreuzstift, ohne Signatur [Neißer Frgm. Nr. 3] [Verbleib unbekannt]802 Perg., Fragment aus einer Quarthandschrift, ostmitteldeutsch. ?-?: ›Schlesischer (ostmitteldeutscher) Cato‹, lat.-dt., frgm. Textbestand: lat. und dt. Verse, u. a. III pr. 3f. und IV,23. L1/3 Siehe oben bei O-Nei1.

_____________ 800

801 802

Mit der Auflösung des Kreuzstifts ging die Bibliothek in den Besitz des staatlichen katholischen Gymnasiums zu Neiße über. Dort fand sich von den Fragmenten 1935 keine Spur mehr (ZATOČIL 1935, S. 67 Anm. 1). Siehe zum Verbleib oben bei O-Nei1. Siehe zum Verbleib oben bei O-Nei1.

›Disticha Catonis‹ deutsch

963

O-Nue *Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Hs 34238 Perg., 2 Bl., 19 x 13.5 cm, 15. Jh., ostmitteldeutsch. 1rv: ›Schlesischer (ostmitteldeutscher) Cato‹, lat.-dt., frgm. Weiterer Inhalt: ›Facetus Cum nihil utilius‹, lat.-dt. (Hs. Nue). Textbestand: lat. und dt. Verse IV,16 [dt.], 17-26.

Vorbesitzer »am 11.9.1878 als Geschenk von A. J. Bartsch, Diaconus emeritus in Salzwedel, an das GNM« (KURRAS 1974, S. 108) L1 HENKEL 1980, S. 156f. L2 KURRAS 1974, S. 108. L3 Siehe auch unten Kap. V.3.1 zu Hs. Nue.

Nysa s. Neiße. O-Pra1 Prag, Archiv Pražského hradu (Archiv der Prager Burg / Bibliothek des Metropolitankapitels), Cod. F 102 [eingelegte Fragmente?]803 Perg., [zur Anzahl der Blätter und zum Format liegen keine Angaben vor], 14. Jh., ostmitteldeutsch. [eingelegte Fragmente?]: ›Schlesischer (ostmitteldeutscher) Cato‹, lat.-dt., frgm. Textbestand: nach den Angaben bei PODLAHA lat.-dt. Verse, u. a. II,18 (der Beginn?) und II,23 [dt.] (das Ende?).

Vorbesitzer Der Trägerband804 stammt aus der Bibliothek des königlichen Kaplans und Prager Domherrn Magister Johannes Herttemberger de Cubito (Elbogen) (Besitzeintrag Bl. 1r).805 L2 ANTONÍN PODLAHA: Soupis rukopisů knihovny metropolitní kapitoly y Pražské. Druhá část: F-P. Prag 1922 (Soupis rukopisů knihoven a archivů zemí českých, jakož i rukopisných bohemik mimočeských 4), S. 75f. (Nr. 964).

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804

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Für den Hinweis auf die Handschrift danke ich Dr. Klaus Klein, Marburg. Sie konnte von mir nicht mehr eingesehen werden. Es handelt sich um eine 159 Blätter starke Pergamenthandschrift des 14. Jahrhunderts, die nahezu ausschließlich lateinische Predigten überliefert. Zur Vita Herttembergs knapp HONEMANN 1978, S. 62f., der noch zwei andere Handschriften aufführt. Weiteres ist im Katalog PODLAHAs leicht aufzufinden (etwa Cod. F. 100/2, F. 101/1, F. 103, F. 104 und F. 105). Ein gutes Dutzend Handschriften und Inkunabeln aus Herttembergers Besitz führt ERNST KYRISS auf: Bookbindings in the libraries of Prague. In: Studies in bibliography 3 (1950/51), S. 105-130, hier S. 125.

Verzeichnisse zur Überlieferung

964

O-Pra2 Prag, Archiv Pražského hradu (Archiv der Prager Burg / Bibliothek des Metropolitankapitels), Cod. N 55, 1rv, 386rv806 Perg., 2 Bl. [= Vor- und Nachsatzbl. einer 384 Bl. starken Papierhandschrift des 15. Jh.s], [21.5 x 15 cm wie der Trägerband?]807, 14. Jh., ostmitteldeutsch? 1rv, 386rv: ›Schlesischer (ostmitteldeutscher) Cato‹, lat.-dt., frgm. Textbestand: nach den Angaben bei PODLAHA lat.-dt. Verse, u. a. IV,4. L2 ANTONÍN PODLAHA: Soupis rukopisů knihovny metropolitní kapitoly y Pražské. Druhá část: F-P. Prag 1922 (Soupis rukopisů knihoven a archivů zemí českých, jakož i rukopisných bohemik mimočeských 4), S. 442-445 (Nr. 1579).

O-Pra3 Prag, Knihovna Národního musea (Nationalbibliothek), Cod. III.D.24, zwei aus dem Einband herausgelöste Pergamentstreifen808 Perg., 2 Bl., 28 x 1 cm, Ende 14. / Anfang 15. Jh., ostmitteldeutsch. 1r-2v: ›Schlesischer (ostmitteldeutscher) Cato‹, lat.-dt., frgm. Textbestand: lat. und dt. Verse I,19 [dt.], 24 [dt.], II,4 [dt.], 5 [lat.], 9 [dt.], 10 [lat.] L1 VLASTIMIL BROM: Ein neu entdecktes Fragment des 'Schlesischen Cato'. In: Brünner Beiträge zur Germanistik und Nordistik 23 (2009) [im Druck].

O-StP

*St. Petersburg, Publičnaja biblioteka im. M. E. SaltykovaŠčedrina, Nem. O. v. XIV 6 Perg., 1 Doppelblatt, 19-20 x 13-16 cm, 1. Hälfte 15. Jh., ostmitteldeutsch.809 1rv: ›Schlesischer (ostmitteldeutscher) Cato‹, lat.-dt., frgm.810 Textbestand: lat. und dt. Verse IV,1 [dt.], 2-10, 13, 12, 14, 38, 15-22.

_____________ 806

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809

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Für den Hinweis auf die Handschrift danke ich Dr. Klaus Klein, Marburg. Sie konnte von mir nicht mehr eingesehen werden. Es handelt sich um eine umfangreiche geistliche Sammelhandschrift mit Handbuchcharakter, die nach 1461 vielleicht in Böhmen zusammengestellt wurde (vgl. den reaktionellen Eintrag Bl. 314v im Anschluss an die Gesta philosophorum). Für den Hinweis auf die Handschrift danke ich Dr. Vlastimil Brom, Brünn. Herr Dr. Brom hat mir freundlicherweise auch einen Vorabdruck seiner Publikation überlassen. Danach überliefert der zehn Blätter umfassende Trägerband, dessen Vorgeschichte sich nicht hinter den Erwerb im Jahre 1960 zurück verfolgen lässt, einen Tractatulus pro informacione celebraturi editus, der wohl in Böhmen um die Mitte des 15. Jahrhunderts niedergeschrieben wurde. Für den Hinweis auf das Bruchstück danke ich Dr. Klaus Klein, Marburg, für die Angaben zum Format Frau Živilė Vagonytė. Das Doppelblatt wurde aus dem Buchdeckel einer Inkunabel abgelöst (MINZLOFF 1853, S. 67: »Bonaventurae perlustratio in arcana secundi libri sententiarum«, um 1480), die aus dem Besitz des Benediktinerklosters Kahlenberg (Łysa Góra) an die Kaiserliche Öffentliche Bibliothek gelangte. Dass auch die zerschnittene Handschrift im Besitz des Klosters sich befand, kann lediglich vermutet werden.

›Disticha Catonis‹ deutsch

965

Vorbesitzer: Kahlenberg (Łysa Góra/Polen), Benediktiner L1 MINZLOFF 1853, S. 67-78 (mit Textabdruck); BALDZUHN 2006, S. 48. L3 ŽIVILĖ VAGONYTĖ: Mittelalterliche deutsche Handschriften in St. Petersburg. Bericht über eine Bibliotheksreise. In: »Durst nach Erkenntnis ...«. Forschungen zur Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa. Zwei Jahrzehnte Immanuel-KantStipendium, hg. von HEIKE MÜNS und MATTHIAS WEBER. München 2007 (Schriften des Bundesinstituts für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa 29), S. 181-195, hier S. 188.

O-Sch

ehem. Schwiebus (Świebodzin), Stadtarchiv, Falzstreifen aus Hs. Nr. 8 [Verbleib unbekannt] Perg., 4 Doppelblätter in 18 Streifen, 0.5-1 x 30-39 cm (ursprüngliches Blattmaß ca. 24 x 17 cm), Ende 14./Anfang 15. Jh., ostmitteldeutsch (Schlesien oder Böhmen).811 1r-2v: ›Schlesischer (ostmitteldeutscher) Cato‹, lat.-dt., frgm. Weiterer Inhalt: ›Facetus Cum nihil utilius‹, lat.-dt. (Hs. Sch). Textbestand: lat. und dt. Verse III,12-15; III,16a+17b, 18-20, 21 [lat.]; IV,36 [dt.], 37, 39-41; IV,42 [dt.], 43-46. L1 BORCHLING 1906 (mit Textabdruck); ZATOČIL 1935, S. 66-69 (Sigle S); ZATOČIL 1952, S. 185; HARMENING 1970, S. 349. L3 Siehe auch unten Kap. V.3.1 zu Hs. Sch.

Świebodzin s. Schwiebus. Uničov s. Mährisch-Neustadt. Wrocław s. Breslau. 2.8 ›Ulmer Cato‹ (= Übersetzungsfassung A [= Gesamtübersetzung – Textgruppe II]) 2.8.1 Handschriften U-Aug *Augsburg, Universitätsbibliothek, Cod. II. 1. 4° 32 Pap., 516 Bl., 21 x 15 cm, 1466/78, Schwaben (teilweise Kempten). 89r-242v: ›Ulmer Cato‹, lat.-dt., komm. Weiterer Inhalt: Johannes de Garlandia (?): ›Poenitentiarius‹; Ps.-Seneca (Martin von Braga): ›De quattuor virtutibus cardinalibus‹; Seneca: ›De remediis fortuitorum‹; Adam (Magis-

_____________ 811

Die Falze wurden von BORCHLING aus einer vielleicht 1464 wahrscheinlich in Schwiebus geschriebenen Handschrift des ›Sachsenspiegels‹ Eikes von Repgow mit dem dritten Buch des Landrechts in der Bearbeitung und mit der Glosse Nikolaus Wurms herausgelöst.

Verzeichnisse zur Überlieferung

966

ter): ›Summula de Summa Raymundi‹; Robertus Grosseteste: ›Versus de decem mandatis‹. Textbestand: lat. Text pr. 1-4 und b.s. 1-4, 50, 5, 16f., 8, 6f., 19, 11, 10, Minori parce, 20f., 23, 12f., 9, 15, 28, 14, 39, 29f., 22, 26f., 24, 41, 40, 32, 43f., 33, 31, Spem retine, 41f., 34, 46, 25, 18, 51, 35-37, 48, 45, 54f., 49, 56; lat. und dt. Verse I,1-40, II pr. 1-10, II,1-15, 17, 16, 18-31, III pr. 1f., III,1, III pr. 3f., III,2-24, IV pr. 1-4, IV-1-49; lat. Kommentar ›Circa initium Ethice Catonis assumitur thema‹; lat., vereinzelt dt. Interlinearglossen; ganz vereinzelt Syntaxziffern; in Buch I und II Beischriften, die die Distichen Moralbegriffen zuordnen; Beischriften, die die im Kommentar herangezogenen Quellen benennen (ab 140r nur noch vereinzelt).

243r-497r: Finitus est iste liber per me petrum fend tunc temporis scolaris in kampidona 1466 (497r) Vorbesitzer Petrus Fend; Füssen, St. Mang

Schreiber

L1 ROTH 1992 (»Übersetzungsfassung A«). L2 HILG 2007, S. 289-292.

U-Mue1 *München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 762 Pap., 153 Bl., 20.5-21 x 14 cm, um Mitte 15. Jh., Schwaben (Augsburg?). 135r-152v: ›Ulmer Cato‹, lat.-dt. Weiterer Inhalt: Thomas Peuntner: ›Büchlein von der Liebhabung Gottes‹; ›Lucidarius‹. Textbestand: lat. Text pr. 1-4 und b.s. 1-8, 19, 9f., Minori parce, 11-15, 20, 29f., 32, 16f., 21, 18, 22-24, 40, 25-27, 38, 31, 44, 39, 33, 43, 34, 42, 45, 35-37, 47, 52, 48f., 54, 51, 46, 50, 53, 55, 56; lat. und dt. Verse I,1-40, II pr. 1-10, II,1-31, III pr. 1f., III,1, III pr. 3f., III,2-24, IV pr. 1-4, IV,1-41, 49; vereinzelt nachgetragen einige dt. Interlinearglossen.

Schreiber 135r-152v: Jakob Fünsinger (152v) Vorbesitzer Augsburg, Benediktiner St. Ulrich und Afra L1 ZATOČIL 1935, S. 19, 52 (Sigle A1; »Textgruppe II«); ZATOČIL 1952, S. 15 (Sigle A1); HARMENING 1970, S. 349; HENKEL 1980, S. 153-156. L2 SCHNEIDER 1970/2005, Bd. 5, S. 276-278. L3 SCHNELL 1984, S. 189f.; GOTTSCHALL/STEER 1994, S. 14*.

U-Mue2 *München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 27425 Pap., 266 Bl., 21 x 15 cm, 2. Hälfte 15. Jh., Andechs? 2r-122r: ›Ulmer Cato‹, lat.-dt., komm. Weiterer Inhalt: Ps.-Boethius: ›De disciplina scolarium‹, komm.; Johannes de Garlandia: ›Cornutus‹/›Distigium‹, komm. Textbestand: lat. Text pr. 1-4 und b.s. 1-4, 50, 5, 16f., 8, 6f., 19, 11, 10, Minori parce, 20f., 23, 12f., 9, 15, 28, 14, 39, 29f., 22, 26f., 24, 41, 40, 32, 43f., 33, 31, Spem retine, 41f., 34, 46, 25, 18, 51, 35-37, 48, 45, 54f., 49, 56; lat. und dt. Verse I,1-40, II pr. 1-10, II,1-15, 17, 16, 18-31, III pr. 1f., III,1, III pr. 3f., III,2-24, IV pr. 1-4, IV-1-49; lat. Kommentar ›Circa initium Ethice Catonis assumitur thema‹; über eine kurze Strecke

›Disticha Catonis‹ deutsch

967

(27v-35r) lat. Interlinearglossen, Marginalscholien und Beischriften, die die im Kommentar herangezogenen Quellen benennen.

Vorbesitzer Andechs, Benediktiner? L1 HENKEL 1980, S. 153-156 (»Übersetzungsfassung A«). L2 HERMANN HAUKE: Katalog der lateinischen Handschriften der Bayerischen Staatsbibliothek München. Clm 27270-27499. Wiesbaden 1975 (Catalogus codicum manu scriptorum bibliothecae Monacensis 4,5), S. 215f. L3 BURSILL-HALL 1981, Nr. 176.242.

U-Mue3 *München, Universitätsbibliothek, 2° Cod. ms. 667 Pap., 280 Bl., 30 x 21.5 cm, 1462-63, Ulm und Wien. 38r-98v: ›Ulmer Cato‹, lat.-dt., komm. Weiterer Inhalt: umfangreiche humanistische Sammelhandschrift Heinrich Huters u. a. mit Antonio Barzizza: ›Cauteraria‹; Lukian von Samosata: ›Comparatio Alexandri Hannibalis Scipionis‹ in der lat. Übersetzung von Johannes Aurispa; Boccaccio: Novellen aus dem ›Decamerone‹; Lorenzo Valla: ›De libero arbitrio‹; Basilius d. Gr.: ›Ad iuvenes religiosos‹ in der lat. Übersetzung des Leonardo Bruni Aretino; De virtute; Poggio: ›Historia convivialis‹, 1-3; Ps.-Seneca (Martin von Braga): ›De quattuor virtutibus cardinalibus‹; Poggio: ›De miseria conditionis humanae‹; Ps.-Cicero: ›Synonyma‹ und ›De proprietatibus terminorum‹; ›Problemata de partibus corporum humane ab Aristotele et aliis‹; Andreas Capellanus: ›De amore‹; Ps.-Albertus Magnus: ›De secretis mulierum‹; Reden, Briefe und Texte von Aenea Silvio Piccolomini sowie weiterer und oft schwäbischer Humanisten. Textbestand: lat. Text pr. 1-4 und b.s. 1-4, 50, 5, 16f., 8, 6f., 19, 11, 10, Minori parce, 20f., 23, 12f., 9, 15, 28, 14, 39, 29f., 22, 26f., 24, 41, 40, 32, 43f., 33, 31, Spem retine, 41f., 34, 46, 25, 18, 51, 35-37, 48, 45, 54f., 49, 56; lat. und dt. Verse I,1-40, II pr. 1-10, II,1-15, 17, 16, 18-31, III pr. 1f., III,1, III pr. 3f., III,2-24, IV pr. 1-4, IV-1-49; lat. Kommentar ›Circa initium Ethice Catonis assumitur thema‹; bis in das erste Drittel von Buch II hinein annähernd systematisch lat. und ganz vereinzelt dt. Interlinearglossen sowie vereinzelt Marginalscholien.

Schreiber Heinrich Hůter (98v) Vorbesitzer Heinrich Hůter (98v) L1 HENKEL 1980, S. 153-156. L2 KORNRUMPF/VÖLKER 1968, S. 47f. (»Parallelhs ist der gleichzeitige Stuttgarter Cod. poet. et philol. 4° 50 [...]«); DANIEL/SCHOTT/ZAHN 1979, S. 131-138.

U-Ott *Ottobeuren, Stiftsbibliothek, Ms. O. 82 Pap., 249 Bl., 31 x 21 cm, 1464, Ulm? 20r-85r: ›Ulmer Cato‹, lat.-dt., komm. Weiterer Inhalt: humanistische Sammelhandschrift mit Werken v. a. von Aenea Silvio Piccolomini (›Euryalus et Lucretia‹, ›Carmen de passione Christi‹, ›De somnio‹, ›Contra turpem amorem‹, ›Epistola ad Fridericum comitem palatinum‹), ferner u. a.

Verzeichnisse zur Überlieferung

968

Heinrich von Laufenberg: ›Regimen sanitatis‹, dt.; Johannes de Garlandia: ›Cornutus‹/›Distigium‹; Seneca: ›De remediis fortuitorum‹; Ps.-Seneca (Martin von Braga): ›De quattuor virtutibus cardinalibus‹, Ovid und Ps.Ovid, Reinerus Alemannicus: ›Thesmophagia‹/›Phagifacetus‹; Adolf von Wien: ›Doligamus‹; Avian: ›Fabulae‹; ›Anonymus Neveleti‹. Textbestand: lat. Text pr. 1-4 und b.s. 1-4, 50, 5, 16f., 8, 6f., 19, 11, 10, Minori parce, 20f., 23, 12f., 9, 15, 28, 14, 39, 29f., 22, 26f., 24, 41, 40, 32, 43f., 33, 31, Spem retine, 41f., 34, 46, 25, 18, 51, 35-37, 48, 45, 54f., 49, 56; lat. und dt. Verse I,1-40, II pr. 1-10, II,1-15, 17, 16, 18-31, III pr. 1f., III,1, III pr. 3f., III,2-24, IV pr. 1-4, IV 1-49; lat. Kommentar ›Circa initium Ethice Catonis assumitur thema‹; bis 25v annähernd systematisch lat. glossiert, ganz vereinzelt dt. Interlinearglossen sowie vereinzelt Marginalscholien; durchgehend, aber in wechselnder Dichte Beischriften, die im Kommentar herangezogene Quellen benennen.

Vorbesitzer Michael Boser L2 HAUKE 1974, S. 79-81. L3 Siehe auch oben Kap. 1.1 zu Hs. Ott.

U-StG

*St. Gallen, Stadt- und Kantonsbibliothek (Vadiana), Ms. Vad. 455 (ehem. B.5) Pap., 155 Bl., Folioformat, 1450-70, Südwestdeutschland. 61r-75v: ›Ulmer Cato‹, lat.-dt. Weiterer Inhalt: Walter Burleigh: ›Liber de vita et moribus philosophorum‹; Heinrich Steinhöwel: ›Büchlein der Ordnung der Pestilenz‹; Regimen sanitatis, lat.-dt.; Adolf von Wien: ›Doligamus‹, Alanus ab Insulis: ›Liber parabolarum‹; Hieronymus de Vallibus Paduanus: ›Jesuida‹; Antonio Barzizza: ›Cauteraria‹; einige kleinere lat. und vereinzelt lat.-dt. und dt. Stücke (Verse zum Benehmen bei Tisch, Tischsegen des Mönchs von Salzburg [G 42], scherzhaftes Rezept: Ain salb fur guoten muot). Textbestand: lat. Text pr. 1-4 und b.s. 1-4, 50, 5, 16f., 8, 6f., 19, 11, 10, Minori parce, 20f., 23, 12f., 9, 15, 28, 14, 39, 29f., 22, 26f., 24, 41, 40, 32, 43f., 33, 31, Spem retine, 41f., 34, 46, 25, 18, 51, 35-37, 48, 45, 54f., 49, 56; lat. und dt. Verse I,1-40, II pr. 1-10, II,1-6, 8-15, 17, 16, 18-31, III pr. 1f., III,1, III pr. 3f., III,2-24, IV pr. 1-4, IV-1-49; in kleinerer Glossenschrift neben den Hexameterdistichen jeweils die entsprechenden Verse des ›Novus Cato‹. L1 ZARNCKE 1865, S. 102 (»älteste[] deutsche[] Gesammtübersetzung«); HARMENING 1970, S. 348. L2 SCHERRER 1859, S. 28-31, 35f.; SCHERRER 1864, S. 130f.

U-Stu1 *Stuttgart, Württembergische Landesbibliothek, Cod. HB XII 22 Pap., 94 Bl., 28.5 x 20 cm, 1452-56, Schwaben. 1r-92v: ›Ulmer Cato‹, lat.-dt., komm. Weiterer Inhalt: nach Tugendbegriffen geordnetes Register zum ›Cato‹ und Prophezeihungen auf das Jahr 1401.

›Disticha Catonis‹ deutsch

969

Textbestand: lat. Text pr. 1-4 und b.s. 1-4, 50, 5, 16f., 8, 6f., 19, 11, 10, Minori parce, 20f., 23, 12f., 9, 15, 28, 14, 39, 29f., 22, 26f., 24, 41, 40, 32, 43f., 33, 31, Spem retine, 41f., 34, 46, 25, 18, 51, 35-37, 48, 45, 54f., 49, 56; lat. und dt. Verse I,1-40, II pr. 1-10, II,1-15, 17, 16, 18-31, III pr. 1f., III,1, III pr. 3f., III,2-24, IV pr. 1-4, IV-1-49; lat. Kommentar ›Circa initium Ethice Catonis assumitur thema‹; vereinzelt Beischriften, die die Distichen Moralbegriffen zuordnen.

Vorbesitzer Wiblingen, Benediktiner L1 HENKEL 1980, S. 153-156 (»Übersetzungsfassung A«). L2 BUHL/KURRAS 1969, S. 72.

U-Stu2

*Stuttgart, Württembergische Landesbibliothek, Cod. poet. et philol. 4° 50 Pap., 229 Bl., 21.5 x 15.5 cm, 1462-64, Südwestdeutschland. 2r-76v: ›Ulmer Cato‹, lat.-dt., komm. Weiterer Inhalt: Ps.-Seneca (Martin von Braga): ›De quattuor virtutibus cardinalibus‹; Aenea Silvio Piccolomini: ›Euryalus et Lucretia‹; Agostino Dati: ›Elegantiolae‹; Ovid: ›Remedia amoris‹; Adolf von Wien: ›Doligamus‹; Johannes de Garlandia: ›Cornutus‹/›Distigium‹. Textbestand: lat. Text pr. 1-4 und b.s. 1-4, 50, 5, 16f., 8, 6f., 19, 11, 10, Minori parce, 20f., 23, 12f., 9, 15, 28, 14, 39, 29f., 22, 26f., 24, 41, 40, 32, 43f., 33, 31, Spem retine, 41f., 34, 46, 25, 18, 51, 35-37, 48, 45, 54f., 49, 56; lat. und dt. Verse I,1-40, II pr. 1-10, II,1-15, 17, 16, 18-31, III pr. 1f., III,1, III pr. 3f., III,2-24, IV pr. 1-4, IV-1-49; lat. Kommentar ›Circa initium Ethice Catonis assumitur thema‹; systematische lat., vereinzelt dt. Interlinearglossierung bis ins erste Drittel des zweiten Buches; bis ins zweite Buch Beischriften, die die im Kommentar herangezogenen Quellen benennen; ganz vereinzelt Marginalscholien und nachträgliche Syntaxglossen.

Schreiber Jakob Stromair aus Finningen (229r) Vorbesitzer Zwiefalten, Benediktiner? L1 ZARNCKE 1852, S. 70, 76-78, 100 (Sigle A; »älteste Gesamtbearbeitung«); ZATOČIL 1935, S. 18, 52 (»Textgruppe II«); ZATOČIL 1952, S. 15, 21f., 94-116 (mit Textabdruck); HARMENING 1970, S. 349; HENKEL 1980, S. 153-156. L2 IRTENKAUF/KREKLER 1981, S. 120f. L3 BURSILL-HALL 1981, Nr. 267.11.

U-Wie1 *Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 2984 Pap., IV + 301 + III Bl., 20.5 x 14 cm, 1463/64, schwäbisch. 276r-298r: ›Ulmer Cato‹, lat.-dt. Weiterer Inhalt: ›Friedrich von Schwaben‹; Ps.-Aristoteles: ›Secretum secretorum‹, dt.; ›Die Minneburg (C)‹.812

_____________ 812

Eine Abschrift des ›Cato‹, die der Wiener Kopist Franz Goldhann 1836 für den Antiquar und Mittelalter-Liebhaber Matthäus Kuppitsch (1797-1849) angefertigt hatte, wird in Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ms. germ. quart. 488, p. 235-270, aufbewahrt. Vgl. DEGERING 1925/32, Bd. 2, S. 86f., und HARMENING 1970, S. 348.

Verzeichnisse zur Überlieferung

970

Textbestand: lat. und dt. Verse pr. 1-4, b.s. 1-3, 5f., 4, 7-9, 20, 10, Minori parce, 11-13, 54, 15-17, 19, 21, ?, 18, 22-26, 42, 28, 33, 40, 52, 32, 50, 43f., 40, 46, 45, 30, 37, 55f., I,1-40, II pr. 1-10, II,1-31, III pr. 1f., III,1, III pr. 3f., III,2-21, 23, 22, 24, IV pr. 1-4, IV,1-20, 28-49.

Schreiber

1r-36v, 38r-47v, 85r-133r (recte 132r) Z. 8, 181v (recte 180v), 182r-244v, 246r-273v, 274v-275r (und 276r-298r?): Explicit per me Iohannem prústner im 1463 jar feria 3a ante natiuitatis domini Iesu Christi (273v)

L1 ZARNCKE 1852, S. 70, 76-80, 100 (Sigle a; »älteste Gesamtbearbeitung«); ZATOČIL 1935, S. 18, 52 (»Textgruppe II«); ZATOČIL 1952, S. 15; HENKEL 1980, S. 153-156. L2 MENHARDT 1960/61, S. 727-729. L3 Die Minneburg, nach der Heidelberger Pergamenthandschrift (Cpg. 455) unter Heranziehung der Kölner Handschrift und der Donaueschinger und Prager Fragmente hg. von HANS PYRITZ. Berlin (Ost) 1950 (DTM 43), S. XLI-L; BRANDIS 1968, S. 270; HENKEL 1988, S. 154f.

U-Wie2 *Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 4786 Pap., 106 Bl., 15 x 10.5 cm, 1493, Mondsee. 67r-101v: ›Ulmer Cato‹, lat.-dt. Weiterer Inhalt: Alexander de Villa Dei: ›Doctrinale (III)‹; Sulpicius Verulanus: ›De moribus puerorum‹. Textbestand: lat. und dt. Verse pr. 1-4, b.s. 1-10, Minori parce, 11-15, 20, 26-32, 21, 18f., 16f., 22-24, 40, 25, 38, 44, 39, 41-43, 34, 45, 35-37, 47f., 52, 49, 54, 51, 46, 50, 53, 55, 33, 56, I,1-20, 22f., 21, 24-40, II pr. 1-10, II,1-11, 13, 12, 14-31, III pr. 1f., III,1, III pr. 3f., III,2-24, IV pr. 1-4, IV,1-49; systematische lat.-dt. Interlinearglossierung; Zwischenüberschriften vor den Hexameterdistichen mit kurzer Themenangabe.

Schreiber

In die post lamperti episcopi et ante diem mathei X ante festum nucis anno dominicae incarnationis LXXXXIII° Explicit tercia pars magistri allexandri In mansee per Iohannem de Goricia (61r)

L1 HENKEL 1988, S. 230. L2 MENHARDT 1960/61, S. 1069 (»sehr nahe zu dem von Friedr. Zarncke [...] S. 109-112 besprochenen Drucke gehörig«). L3 BURSILL-HALL 1981, Nr. 299.87.

U-Wue *Würzburg, Franziskaner-Minoritenkloster, Cod. I 83 Pap., 385 Bl., 21.5 x 16 cm, 1496-98, Nachträge bis 1504, Unterfranken. 55r-75v: ›Ulmer Cato‹, lat.-dt. Weiterer Inhalt: ›Physiologus Theobaldi‹; Leonardo Bruni Aretino: ›Polyxena‹; Sebastian Brant: ›Carmina in laudem B. Mariae Virginis‹; Adolph von Wien: ›Doligamus‹; Isidor von Sevilla: ›Synonymorum de lamentatione animae peccatricis libri II‹; Artes epistolandi; Musiktraktat; Hymnen; Sentenzen; Zahlentafeln; kürzere lat. Prosastücke zur Katechese (Todsünden, Sakramente, Dekalog usw.); Festtagsund Heiligenkalender und Kalenderdichtung, teilw. dt.; dt. Rezepte; bio-

›Disticha Catonis‹ deutsch

971

graphische Notizen des Udalricus Oswald von Rottingen, teils sein Studium in Köln und Mainz betreffend. Textbestand: lat. und dt. Verse pr. 1-4, b.s. 4f., 7-10, Minori parce, 11f., 13f. [lat.], 54, 15-17, 19, 21, 9, 18, 25f. [lat.], 27f., 32, 34, 52, 33, 40, 46, 50, 43, 45, 30, 36f., 47f., 55f., I,1-40, II pr. 1-10, II,1-31, III pr. 1f., III,1, III pr. 3f., III,2-21, 23, 22, 24, IV pr. 1-4, IV-1-49.

Udalricus Oswald von Rottingen (52v: [...] primissarius curatus de Rottingen Herbipolensj diocesis) Vorbesitzer Udalricus Oswald von Rottingen?

Schreiber

2.8.2 Drucke Erstausgabe: U-Dr 1

*[Speyer: Johann und Konrad Hist, um 1483] (lat.-dt.)813

[ohne Titelblatt; Werküberschrift:] Hie lert der weysz Catho seinen sun Textbestand: lat. und dt. Verse pr. 1-4, b.s. 4f., 20, 6-10, Minori parce, 11-14, 54, 1517, 19, 21, 9, 18, 25-28, 32, 34, 52, 33, 40, 46, 50, 43, 45, 30, 36f., 47f., 55f., I,1-40, II pr. 1-10, II,1-31, III pr. 1f., III,1, III pr. 3f., III,2-21, 23, 22, 24, IV,1-49. L2 GW Nr. 6319; WORSTBROCK 1976, S. 32 Nr. 50. L3 BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 969.

Weitere Ausgaben: U-Dr 2

*Augsburg 1484 (lat.-dt.)

Vgl. GW Nr. 6320; WORSTBROCK 1976, S. 32 Nr. 51; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 969.

U-Dr 3

Reutlingen 1486 (lat.-dt.)

Vgl. GW Nr. 6321; WORSTBROCK 1976, S. 32 Nr. 52; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 969.

U-Dr 4

Augsburg 1487 (lat.-dt.)

Vgl. GW Nr. 6322; WORSTBROCK 1976, S. 32 Nr. 53; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 968f. Nr. 95.

U-Dr 5

Bamberg, um 1490 (lat.-dt.)

Vgl. GW Nr. 6322,10; WORSTBROCK 1976, S. 33 Nr. 58.

_____________ 813

Benutzt im Exemplar der Bayerischen Staatsbibliothek München, 4° Inc. s.a. 493.

Verzeichnisse zur Überlieferung

972

U-Dr 6

Heidelberg, um 1490 (lat.-dt.)

Vgl. GW Nr. 6323; WORSTBROCK 1976, S. 32 Nr. 54; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 969.

U-Dr 7

Heidelberg, um 1490 (lat.-dt.)

Vgl. GW Nr. 6324; WORSTBROCK 1976, S. 32 Nr. 55; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 969.

U-Dr 8

Leipzig, um 1490 (lat.-dt.)

Vgl. GW Nr. 6325; WORSTBROCK 1976, S. 33 Nr. 56; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 969f. Nr. 96.

U-Dr 9

*Leipzig, um 1490 (lat.-dt.)

Vgl. GW Nr. 6325,10.

U-Dr 10 Leipzig, um 1490 (lat.-dt.) Vgl. GW Nr. 6326; WORSTBROCK 1976, S. 33 Nr. 57; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 970.

U-Dr 11 Leipzig, um 1490/94 (lat.-dt.) Vgl. GW Nr. 6326,10.

U-Dr 12 Reutlingen 1491 (lat.-dt.) Vgl. GW Nr. 6327; WORSTBROCK 1976, S. 33 Nr. 59; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 969.

U-Dr 13 *Reutlingen 1491 (lat.-dt.) Vgl. GW Nr. 6345; WORSTBROCK 1976, S. 36 Nr. 79; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 970f. Nr. 98.

U-Dr 14 Augsburg 1492 (lat.-dt.) Vgl. GW Nr. 6328; WORSTBROCK 1976, S. 33 Nr. 60; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 969.

U-Dr 15 Speyer, um 1493 (lat.-dt.) Vgl. GW Nr. 6329; WORSTBROCK 1976, S. 33 Nr. 61; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 969.

U-Dr 16 Reutlingen 1494 (lat.-dt.) Vgl. ZARNCKE 1852, S. 109-112; GW Nr. 6346; WORSTBROCK 1976, S. 36 Nr. 80; BRÜGGEMANN/y 1987ff., Bd. 1, Sp. 971; VD 16 Nr. C 1700; SCHANZE 2000, S. 49.

›Disticha Catonis‹ deutsch

973

U-Dr 17 Reutlingen 1495 (lat.-dt.) Vgl. GW Nr. 6347; WORSTBROCK 1976, S. 37 Nr. 81; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 971.

U-Dr 18 Augsburg, um 1495 (lat.-dt.) Vgl. GW Nr. 6330; WORSTBROCK S. 34 Nr. 62.

U-Dr 19 Augsburg, um 1495 (lat.-dt.) Vgl. GW Nr. 6331; WORSTBROCK 1976, S. 34 Nr. 63; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 969.

U-Dr 20 Basel, um 1495 (lat.-dt.) Vgl. GW Nr. 6332; WORSTBROCK 1976, S. 34 Nr. 64; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 969.

U-Dr 21 Basel, um 1495 (lat.-dt.) Vgl. GW Nr. 6332,10; WORSTBROCK 1976, S. 34 Nr. 65; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 969.

U-Dr 22 Basel, um 1495 (lat.-dt.) Vgl. VON DER HAGEN/BÜSCHING 1812, S. 555; GW Nr. 6333; WORSTBROCK 1976, S. 34 Nr. 66; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 969.

U-Dr 23 Speyer, um 1495 (lat.-dt.) Vgl. GW Nr. 6334; WORSTBROCK 1976, S. 34 Nr. 67; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 969.

U-Dr 24 *Basel, um 1495/1500 (lat.-dt.) Vgl. GW Nr. 6335; WORSTBROCK 1976, S. 34 Nr. 68; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 969.

U-Dr 25 Ulm, um 1496 (lat.-dt.) Vgl. VON DER HAGEN/BÜSCHING 1812, S. 399; ZARNCKE 1852, S. 70; GW Nr. 6336; WORSTBROCK 1976, S. 35 Nr. 69; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 969.

U-Dr 26 Nürnberg, um 1496/1500 (lat.-dt.) Vgl. GW Nr. 6337; WORSTBROCK 1976, S. 35 Nr. 70; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 970.

U-Dr 27 Augsburg, um 1497 Vgl. GW Nr. 6338,20.

974

Verzeichnisse zur Überlieferung

U-Dr 28 Leipzig, um 1497 Vgl. GW Nr. 6338; WORSTBROCK 1976, S. 35 Nr. 71; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 970.

U-Dr 29 Basel, um 1497/98 Vgl. GW Nr. 6338,10; WORSTBROCK 1976, S. 35 Nr. 72.

U-Dr 30 *Ulm 1498 Vgl. GW Nr. 6341; Catho in latin und zu teütsch. Nachdruck des Originalbändchens aus dem Jahre 1498 (Ulm) im Kapuzinerkloster Wesemlin Luzern. Luzern 1966; WORSTBROCK 1976, S. 35 Nr. 75; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 969.

U-Dr 31 Augsburg, um 1498 Vgl. GW Nr. 6339; WORSTBROCK 1976, S. 35 Nr. 73; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 969.

U-Dr 32 Augsburg, um 1498 Vgl. GW Nr. 6340; WORSTBROCK 1976, S. 35 Nr. 74; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 969.

U-Dr 33 Leipzig 1499 Vgl. GW Nr. 6343; WORSTBROCK 1976, S. 36 Nr. 77; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 970.

U-Dr 34 *Straßburg 1499 Vgl. GW Nr. 6348; WORSTBROCK 1976, S. 37 Nr. 82; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 971.

U-Dr 35 Wien, um 1499 Vgl. GW Nr. 6342; WORSTBROCK 1976, S. 36 Nr. 76; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 969.

U-Dr 36 Nürnberg 1500 Vgl. GW Nr. 6349; WORSTBROCK 1976, S. 37 Nr. 83; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 971f. Nr. 99.

U-Dr 37 *Nürnberg 1501 Vgl. WORSTBROCK S. 37 Nr. 84; VD 16 Nr. C 1684.

U-Dr 38 Nürnberg 1503 Vgl. WORSTBROCK 1976, S. 37 Nr. 85.

›Disticha Catonis‹ deutsch

975

U-Dr 39 Straßburg 1504 Vgl. IA Nr. 134.060; WORSTBROCK 1976, S. 38 Nr. 86; VD 16 Nr. C 1688.

U-Dr 40 Leipzig 1507 Vgl. WORSTBROCK 1976, S. 36 Nr. 78; VD 16 Nr. C 1690.

U-Dr 41 *Leipzig 1512 Vgl. Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibliothek, Inc 292 (5).814

U-Dr 42 *Leipzig 1514 Vgl. IA Nr. 134.100.

2.9 ›Michelstädter Cato‹ 2.9.1 Handschriften M-Mic

*Michelstadt, Nicolaus-Matz-Bibliothek (Kirchenbibliothek), Cod. D 692/XV 3 Pap., 202 Bl., 20.5 x 14 cm, 3. Viertel 15. Jh., Wien (und Freiburg?). 67r-85r: ›Michelstädter Cato‹, lat.-dt. Weiterer Inhalt: lat. Texte zur Beichtund Bußpraxis und Predigt wie zur Astronomie und Komputistik, ferner ein lat. ›Cato‹-Kommentar, ein lat.-dt. Regimen sanitatis und kleinere teils dt. Stücke zur Grammatik und zur angewandten Mathematik. Textbestand: lat. und dt. Verse pr. 1-4, b.s. 1-10, Minori parce, 11-30, 32-37, 39-44, 46, 49, 54, 51, 50, 47, 52, 48, 56, 55, I,1-27, 29-40, II pr. 1-10, II,1-31, III pr. 1f., III,1, III pr. 3f., III,2-24, IV pr. 1-4, IV,1-49.

Schreiber

größtenteils und 135r-165r sicher: Nikolaus Matz (um 14431513) Vorbesitzer Nikolaus Matz

L1 HENKEL 1988, S. 230. L2 STAUB/STAUB 1999, S. 96-102.

_____________ 814

Für den Hinweis auf diese Ausgabe danke ich Dr. Eva Raffel, Tübingen. Vgl. jetzt: Klassik Stiftung Weimar/Herzogin Anna Amalia Bibliothek: Die Inkunabeln. Bearbeitet von EVA RAFFEL. Wiesbaden 2007, S. 103 (Nr. 145).

Verzeichnisse zur Überlieferung

976

2.9.2 Drucke Erstausgabe: M-Dr 1

*[Augsburg: Johann Blaubirer, um 1481] (lat.-dt.)815

[ohne Titelblatt; ohne Werküberschrift] Textbestand: lat. und dt. Verse pr. 1-4, b.s. 1-10, Minori parce, 11-15, 20, 26, 28-32, 17-19, 21-24, 40, 25, 44, 39, 41-43, 34, 45, 35-37, 47f., 52, 49, 54, 51, 46, 50, Neminem judica, 53, 55, 33, 56, I,1-40, II pr. 1-9, II,1-31, III pr. 1f., III,1, III pr. 3f., III,224, IV pr. 1-4, IV,1f., Qui non curaret plus quam natura rogaret Diues sic esset quia res sibi nulla deesset [lat.], 3-49. L1 ZATOČIL 1935, S. 57f. L2 GW Nr. 6344; WORSTBROCK 1976, S. 31 Nr. 49. L3 BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 970 Nr. 97.

Weitere Ausgaben: keine. 2.10 ›Neusohler Cato‹ X-Bru Brünn (Brnó), Moravska zemska knihovna, Rkp 84 Pap., III + 288 + III Bl., 22 x 15 cm, Mitte 15. Jh. (1452, [14]55), bairisch/«fränkische Gebiete des Oberdeutschen«/Neusohl. 273r-282r: ›Neusohler Cato‹, dt. Weiterer Inhalt: Jean de Mandevilles ›Reisen‹ in der Übersetzung Michael Velsers; Thomas Peuntner: Dekalogtraktat; ›Lucidarius‹; Irmhart Öser: ›Epistel des Rabbi Samuel an Rabbi Isaac‹; ›Sieben weise Meister‹; Erzählungen aus den ›Gesta Romanorum‹; ›Facetus Cum nihil utilius‹, dt. (Hs. Bru). Textbestand: dt. Verse zu I,1 [lat.-dt.], 2-6, 8-40, II pr. 1-10, II,1-19, 21f., 20, 23-31, III pr. 1f., III,1, III pr. 3f., III,2-22, 24, IV pr. 1-4, IV,1-7, 9-12, 15, 13, 16-18, 20, 19, 21, 23f., 27, 29, 31, 35, 37f., 41-44, 46-49; 273v-275v aus den Versen exzerpierte Beischriften als Inhaltsangabe nachgetragen (I,10 wider cleffige; I,12 newe mere; I,13 gelobet ich; I,14 czu lobe gert; I,15 eins andern wal tet; I,16 betracte alle wergk; I,17 heymlich sprechen; I,18 gut; I,19 czwefelheftiges leben; I,20 cleine gobe; I,21 nacht kijnt; I,22 tod; I,23 fleissiges dinst; I,24 gebruche deins gutes; I,25 globe nijmant czwir; I,26 thu ein de andern; I,34 weiche gesellen; I,35 clein geben vnd groz nemen; I,36 mit gunst gefrundt; I,37 knechte czorn; I,38 mit kranck gedult; I,39 mit erbet irwurben; I,40 bekanten frunden; II pr. 1f. wie man ackern sol).

Schreiber

249v-272v: petrus kranczperger purtig von salczpurg (272v über einem älterem Eintrag); 273r-288v: Caspar meissener Im Newenzol (288v über dem älteren Namenseintrag Jorgen Jun-

_____________ 815

Benutzt im Exemplar Kopenhagen, Kongelige Bibliotek, Inc. 1077.

›Disticha Catonis‹ deutsch

977

gen [oder Langen?] ist da [!] puch, gefolgt von zwei unleserlichen Buchstaben JL oder SL). Vorbesitzer Item Steffann Subenburg ist das puoch (1r auf Rasur, 288v); Nikolsburg (Mikulov), Kollegiatkapitel L1 ZATOČIL 1935 (Sigle N; mit Textausgabe); ZATOČIL 1952, S. 16, 246, 247-252, 260-286, 330-332, 336f.; HARMENING 1970, S. 348; NIKOLAUS HENKEL: ›Neusohler Cato‹. In: VL 6 (1987), Sp. 924f. L3 MONIKA MARSMANN: Die Epistel des Rabbi Samuel an Rabbi Isaak. Untersuchung und Edition. Phil. Diss. [masch.] München 1971, S. 130-133; GOTTSCHALL/STEER 1994, S. 12*. Siehe auch unten Kap. V.3.1 zu Hs. Bru.

2.11 ›Amorbacher Cato‹ A-Wue Würzburg, Universitätsbibliothek, Cod. M. ch. q. 85 Pap., 599 Bl., 21.5 x 17 cm, 17. Jh., Ostfranken. 590ra-591vb: ›Amorbacher Cato‹, dt. Weiterer Inhalt: Sammlung von Aufzeichnungen des fränkischen Historikers Johannes Gaman (†1684), darunter 369r-599v Amorbach betreffende, die Exzerpte aus verschiedenen Amorbacher Handschriften einschließen. Die Handschrift mit dem ›Cato‹ wird Bl. 492r beschrieben: In corio subrubro, assere, fol., ms. [1.] Horologium sapientiae doctoris Amandi (idest nomen Henrici Susonis) [...]. Scriptum ut patet in fine, per F. Petrum Ludwick de Buchem, profess. Amorbacens. 2. dialogus Gregorii 3. Prosperi de vitae contemplat. 4. Hie hebet an Her Wigeles buch vnd glichet sich dem Dutschen Catho etc. da keret her Wigeles per 4 fol. meretur descripi [korr. zu Descripsi]. 5. Arbor 7 vitiorum et 7 virtutum. Item eorundem exempla et scripture citate omnia carmine per 3. fol. meretur describi [korr. zu Descripsi]. Textbestand: b.s. 6-9, 12, 14f., 20, 18, 30, 22f., 19, 24, 52, 44, 26f., 25, 37, 39, 41, 40, 45, 35, 55, 51, 58, 50, I,3, 6f., 10, 12, 24, 27, II, 5f., 9-11, 13, ?, 19f., 22, 24-27, ?, 28-30, III pr. 1f., III,1f., ?, 5-11, 13, 17-22, IV,1f., 5, 6-9, 12, 15-20, ?, 21, ?, 26-29, 34, 37, 40, 42-45. L1 HARMENING 1970, S. 360-368 (mit Textabdruck). L2 THURN 1994, S. 94-96.

2.12 ›St. Galler Cato‹ Y-StG St. Gallen, Stiftbibliothek, Cod. 628 Pap., I + 940 + I Bl., 33 x 23.5 cm, 2. Hälfte 15. Jh., nordbairischmitteldeutsch.

Verzeichnisse zur Überlieferung

978

p. 250f.: ›St. Galler Cato‹, dt. Weiterer Inhalt: Der ›Cato‹ ist Teil der den Band prägenden ›St. Galler Weltchronik‹ (p. 3a-796a), einer gekürzten Fassung der von Johannes Platterberger d. J. und Theoderich Truchsess am 11.7.1459 vollendeten ›Exzerpta chronicarum‹. Die ›Weltchronik‹ begleiten ein Auszug aus dem Alexanderroman Meister Babiloths, die ›Historia trium regum‹ des Johannes von Hildesheim in dt. Übersetzung, Jean de Mandevilles ›Reisen‹ in der Übersetzung Ottos von Diemeringen und Hans Schiltbergers ›Reisebuch‹. Textbestand: Prosaparaphrasen zu b.s. 17, 7f., 10, 27, 50f., 24, I,3f., 6f., 10, 12-14, 17f., 20f., 25, 30f., 32, 36, II,2, 7, 16, 18, 31, III,10, 13, IV,1, 7, 15, 29.816 L1 KESTING 1975 (mit Textabdruck). L2 BEAT MATTHIAS VON SCARPATETTI: Die Handschriften der Stiftsbibliothek St. Gallen. Bd. 1. Abt. IV: Codices 547-669. Hagiographica, Historica, Geographica. 8.-18. Jahrhundert. Wiesbaden 2003, S. 234-237. L3 HENKEL 1988, S. 205 Anm. 13.

2.13 ›Ulmer Losbuch-Cato‹ (1492) Erstausgabe: UL-Dr 1 *[Ulm: Konrad Dinckmut, 1492] (lat.-dt.817)818 Ein deutscher ka|thon mit ainem | . Register . | [Titelholzschnitt] Textbestand: dt. Versprolog; dt. Verse zu pr. 1-4 und zu b.s. 1-10, Minori parce, 1115, 20, 25-28, 30, 29, 16f., 21, 32, 34, 18, ?, 19, 39f., 43, 33f., 22f., 44f., 24, 35-37, 48f., 50, 41, 52, 51, 54, 46, 55.; lat. Textinitien und dt. Verse zu I,1-13, 19-40, II pr. , II,131, III pr. 1f., III,1, III pr. 3f., III,2-24, IV pr. , IV,1-29, 35-49; Verse zur nuzbarkeit dis bůches sowie ein Register und Prosa mit Gebrauchsanweisung des Registers. L1 ZATOČIL 1935, S. 56. L2 GW Nr. 6351; WORSTBROCK 1976, S. 38 Nr. 87. L3 BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 972f. Nr. 101.

Weitere Ausgaben: keine.

_____________ 816

817

818

Die ›Cato‹-Exzerpte im ›Speculum historiale‹ des Vinzenz von Beauvais (lib. 5, cap. 108110), der Vorlage für die fragliche Stelle der ›Exzerpta chronicarum‹, umfassen in der Douai 1624 erschienenen Ausgabe (Übereinstimmendes nachstehend kursiviert) b.s. 17, 7, 10, 27, 49, 50f., 52, 24, 40, I,2, 3f., 5b, 6, 7b, 9, 10, 11, 12-14, 17f., 19b, 20f., 25, 29a, 30f., 32a, 34, 35a, 36b, 38, II,1b, 2, 4b, 6a, 7a, 10b, 11b, 15a, 16, 17b, 18, 22a, 23b, 24, 25a, 26b, 28b, 31, III,1, III pr. 3f. (+ Zusatzvers), III,2, 6a, 10, 13, 15, 16, 17, 18b,19a, 21b, 22 (+ Zusatzvers), IV,1, 2, 4a, 7, 9, 10, 14b, 15, 22b, 23, 24b, 26, 28b, 29, 33, 34, 36a, 37, 40b, 44b und 46b. Vom Text in der Gestalt von 1624 fehlt in der Handschrift vieles, doch ist gegen ihn nur b.s. 8, I,7a, 32b, 36a, II,7b ergänzt. Die Angabe im GW bei Nr. 6351 und bei BRÜGGEMANN/BRUNKEN, es fehle der lateinische Text, trifft nicht zu. Er ist lediglich auf die Initien der Hexameterdistichen verkürzt. Benutzt im Exemplar der British Library London, IA.9375.

›Disticha Catonis‹ deutsch

979

2.14 Sebastian Brant (1498) Erstausgabe: SB-Dr 1 *[Basel:] Johann Bergmann von Olpe, 1498 (lat.-dt.)819 Catho in latin. durch | Sebastianum Brant | getützschet. | [Titelholzschnitt] | . 1498 . | Nüt on vrsach | Olpe. Textbestand: lat. Widmungsgedicht an den Leser; lat. und dt. Verse pr. 1-4, b.s. 4f., 20, 6-10, Minori parce, 11-14, 54, 15-17, 19, 21, 9, 18, 25-28, 32, 34, 52, 33, 40, 46, 50, 43, 45, 30, 36f., 47f., 55f., I,1-40, II pr. 1-10, II,1-31, III pr. 1f., III,1, III pr. 3f., III,221, 23, 22, 24, IV pr. 1-4, IV,1-49. L1 ZATOČIL 1948; REDZICH [im Druck]. L2 GW Nr. 6352; WORSTBROCK 1976, S. 38 Nr. 88. L3 BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 973f. Nr. 102; HENKEL 1988, S. 203-206; WILHELMI 1990, S. 93 Nr. 266.

Weitere Ausgaben: SB-Dr 2 *Straßburg, um 1499 (lat.-dt.) Vgl. St. Florian, Stiftsbibliothek, I.2554.820

SB-Dr 3 Basel, um 1500 (lat.-dt.) Vgl. ZARNCKE 1854, S. 131-137 (mit Textabdruck); GW Nr. 6353; WORSTBROCK 1976, S. 38 Nr. 89; VD 16 Nr. C 1683; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 973; WILHELMI 1990, S. 94 Nr. 267; SCHANZE 2000, S. 49.

SB-Dr 4 Straßburg 1501 (lat.-dt.) Vgl. IA Nr. 134.055; WORSTBROCK 1976, S. 38f. Nr. 90; VD 16 Nr. C 1685; BRÜG1987ff., Bd. 1, Sp. 973; WILHELMI 1990, S. 94 Nr. 268.

GEMANN/BRUNKEN

SB-Dr 5 ohne Ort, um 1501 (lat.-dt.) Vgl. WORSTBROCK 1976, S. 39 Nr. 92; VD 16 Nr. C 1682; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 973; WILHELMI 1990, S. 94 Nr. 269; SCHANZE 2000, S. 49 und Anm. 14.

SB-Dr 6 *Köln 1502 (lat.-dt.) Vgl. VD 16 Nr. C 1701; SCHMITZ 1990, S. 210 mit Anm. 152, S. 211; WILHELMI 1990, S. 95 Nr. 272, Nr. 274 und S. 99 Nr. 289.821

_____________ 819 820 821

Benutzt im Exemplar der Universitätsbibliothek Basel, D C VI 1, Nr. 5. Für den Hinweis auf diese Ausgabe danke ich Dr. Frieder Schanze, Tübingen. WILHELMIs Nr. 272 konnte im Exemplar Nancy, Bibliothèque Municipale, Incunable 27a benutzt werden. Der Druck trägt den Titel »Catho cum glosa et moralisatione | Vnacum materna lingua per Venera. | doctorem Sebastianum Brant | Rythmaticae translatus etc.«

Verzeichnisse zur Überlieferung

980

SB-Dr 7 Basel, um 1502 (lat.-dt.) Vgl. WORSTBROCK 1976, MANN/BRUNKEN 1987ff., Bd.

S. 38f. Nr. 93; VD 16 Nr. C 1686; BRÜGGE1, Sp. 973; WILHELMI 1990, S. 94f. Nr. 271.

SB-Dr 8 Pforzheim, um 1502 (lat.-dt.) Vgl. WORSTBROCK 1976, S. 39 Nr. 94; VD 16 Nr. C 1687; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 973; WILHELMI 1990, S. 95 Nr. 273.

Köln, um 1505 (WILHELMI 1990, S. 95 Nr. 274): s. o. SB-Dr 6. SB-Dr 9 Pforzheim, um 1506 (lat.-dt.) Vgl. IA Nr. 134.070; WORSTBROCK 1976, S. 39f. Nr. 95; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 973; WILHELMI 1990, S. 95f. Nr. 275.

SB-Dr 10 Augsburg 1507 (lat.-dt.) Vgl. IA Nr. 134.071; WORSTBROCK 1976, S. 40 Nr. 97; VD 16 Nr. C 1689; BRÜGGE1987ff., Bd. 1, Sp. 974; WILHELMI 1990, S. 96 Nr. 276.

MANN/BRUNKEN

SB-Dr 11 Nürnberg 1507 (lat.-dt.) Vgl. IA Nr. 134.073; WORSTBROCK 1976, S. 40 Nr. 96; WEGEHAUPT 1979, S. 55 Nr. 400; VD 16 Nr. C 1691; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 973f.; WILHELMI 1990, S. 96 Nr. 277.

SB-Dr 12 Straßburg 1508 (lat.-dt.) Vgl. IA Nr. 134.075; WORSTBROCK 1976, S. 40 Nr. 98; VD 16 Nr. C 1692; BRÜGGE1987ff., Bd. 1, Sp. 974; WILHELMI 1990, S. 96 Nr. 278.

MANN/BRUNKEN

_____________ und ist 1502 in Köln bei Hermann Bungart erschienen. WILHELMIs Nr. 274 wurde im Exemplar Paderborn, Erzbischöfliche Akademische Bibliothek, J 146 (3 an) benutzt. Der Titel stimmt mit dem des Exemplars in Nancy vollkommen überein. Der Druck wird bei WILHELMI irrtümlich Heinrich Quentell zugewiesen und auf um 1505 datiert, ist aber identisch mit der bei Bungart erschienenen Ausgabe von 1502. WILHELMIs Nr. 289 schließlich gilt einem vermeintlich nicht mehr auffindbaren Paderborner Exemplar. Bei diesem handelt es sich jedoch um eben den erwähnten Druck mit der Paderborner Signatur J 146 (3 an). Das gilt ebenso für VD 16 Nr. C 1701 (d. i. WILHELMIs Nr. 289). Der von WILHELMI bei Nr. 274 beigebrachte Verweis auf PANZERs Annalen (GEORG WOLFGANG PANZER: Annales typographici [...]. Bd. 6. Nürnberg 1798. Unv. Nachdr. Hildesheim 1963, S. 355, Nr. 77) führt auf ein Exemplar, das in der »Biblioth. Schol. Neust. ad Aiss.« aufbewahrt wurde. Es handelt sich um die Schulbibliothek der seit 1567 bestehenden Lateinschule (heute Friedrich-Alexander-Gymnasium) in Neustadt an der Aisch. Die alten Drucke der Neustädter Lateinschule werden heute in der Universitätsbibliothek ErlangenNürnberg aufbewahrt. Das fragliche Exemplar trägt dort die Signatur G.N.A 128. Es handelt sich in der Tat um einen Quentell-Druck von 1505, jedoch um den im VD 16 als Nr. C 1586 aufgeführten, der keinerlei deutsche Textanteile enthält.

›Disticha Catonis‹ deutsch

981

SB-Dr 13 Straßburg, um 1508 (lat.-dt.) Vgl. VD 16 Nr. ZV 17023; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 974.

SB-Dr 14 Mainz 1509 (lat.-dt.) Vgl. WILHELMI 1990, S. 97 Nr. 280.

SB-Dr 15 Straßburg 1509 (lat.-dt.) Vgl. IA Nr. 134.078; WORSTBROCK 1976, S. 41 Nr. 99; VD 16 Nr. C 1693; BRÜGGE1987ff., Bd. 1, Sp. 974; WILHELMI 1990, S. 96 Nr. 279.

MANN/BRUNKEN

SB-Dr 16 Nürnberg, um 1510 (lat.-dt.) Vgl. IA Nr. 134.081; WORSTBROCK 1976, S. 41 Nr. 100; VD 16 Nr. C 1695; BRÜG1987ff., Bd. 1, Sp. 974; WILHELMI 1990, S. 97 Nr. 281.

GEMANN/BRUNKEN

SB-Dr 17 Basel, ca. 1510-1515 (lat.-dt.) Vgl. WORSTBROCK 1976, MANN/BRUNKEN 1987ff., Bd.

S. 42 Nr. 106; VD 16 Nr. C 1694; BRÜGGE1, Sp. 974; WILHELMI 1990, S. 97 Nr. 282.

SB-Dr 18 Augsburg 1511 (lat.-dt.) Vgl. WORSTBROCK 1976, MANN/BRUNKEN 1987ff., Bd.

S. 41 Nr. 101; VD 16 Nr. C 1696; BRÜGGE1, Sp. 974; WILHELMI 1990, S. 97 Nr. 283.

SB-Dr 19 Augsburg 1512 (lat.-dt.) Vgl. IA Nr. 134.090; WORSTBROCK 1976, S. 41f. Nr. 103; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 974; WILHELMI 1990, S. 98 Nr. 287.

SB-Dr 20 Leipzig 1512 (lat.-dt.) Vgl. IA Nr. 134.093; WORSTBROCK 1976, S. 42 Nr. 104; VD 16 Nr. C 1697; BRÜG1987ff., Bd. 1, Sp. 974; WILHELMI 1990, S. 98 Nr. 285.

GEMANN/BRUNKEN

SB-Dr 21 Nürnberg 1512 (lat.-dt.) Vgl. IA Nr. 134.094; WORSTBROCK 1976, S. 42 Nr. 105; VD 16 Nr. C 1698; BRÜG1987ff., Bd. 1, Sp. 974; WILHELMI 1990, S. 98 Nr. 286.

GEMANN/BRUNKEN

SB-Dr 22 Nürnberg, um 1512 (lat.-dt.) Vgl. WORSTBROCK 1976, S. 41 Nr. 102; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 974; WILHELMI 1990, S. 98 Nr. 284.

SB-Dr 23 Augsburg 1514 (lat.-dt.) Vgl. VD 16 Nr. C 1699; WILHELMI 1990, S. 98f. Nr. 288.

982

Verzeichnisse zur Überlieferung

SB-Dr 24 Nürnberg 1515 (lat.-dt.) Vgl. WORSTBROCK 1976, MANN/BRUNKEN 1987ff., Bd.

S. 42 Nr. 107; VD 16 Nr. C 1702; BRÜGGE1, Sp. 974; WILHELMI 1990, S. 99 Nr. 290.

Köln, um 1515 (WILHELMI 1990, S. 99 Nr. 289): s. o. SB-Dr 6. SB-Dr 25 *Straßburg, nicht vor 1510 / um 1515 (lat.-dt.) Vgl. WORSTBROCK 1976, S. 39 Nr. 91; VD 16 Nr. C 1681; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 973; WILHELMI 1990, S. 94 Nr. 270; SCHANZE 2000, S. 49 und Anm. 14 (»in Straßburg von Johann Schott nicht vor 1510 gedruckt«).

SB-Dr 26 Augsburg 1517 (lat.-dt.) Vgl. IA Nr. 134.111; WORSTBROCK 1976, S. 43 Nr. 108; VD 16 Nr. C 1703; BRÜG1987ff., Bd. 1, Sp. 974; WILHELMI 1990, S. 99f. Nr. 292.

GEMANN/BRUNKEN

SB-Dr 27 Nürnberg 1517 (lat.-dt.) Vgl. IA Nr. 134.117; WORSTBROCK 1976, S. 43 Nr. 109; VD 16 Nr. C 1704; BRÜG1987ff., Bd. 1, Sp. 974; WILHELMI 1990, S. 99 Nr. 291.

GEMANN/BRUNKEN

SB-Dr 28 *Nürnberg 1518 (lat.-tschech.-dt.) Vgl. IA Nr. 134.125; WORSTBROCK 1976, S. 43 Nr. 110; VD 16 Nr. C 1705; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 974; WILHELMI 1990, S. 100 Nr. 293; VÁCLAV BOK: Zu einer tschechischen Übersetzung der ›Disticha Catonis‹ aus dem Jahre 1518. In: Historische Mehrsprachigkeit im europäischen Mittelalter [im Druck].

SB-Dr 29 Nürnberg 1519 (lat.-dt.) Vgl. WORSTBROCK 1976, MANN/BRUNKEN 1987ff., Bd.

S. 43 Nr. 111; VD 16 Nr. C 1706; BRÜGGE1, Sp. 974; WILHELMI 1990, S. 100 Nr. 294.

SB-Dr 30 Hagenau, um 1520 (lat.-dt.) Vgl. VD 16 Nr. ZV 3156; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 974; WIL1990, S. 100 Nr. 295.

HELMI

SB-Dr 31 *Krakau 1535 (lat.-poln.-dt.) Vgl. ESTREICHER 1896, S. 98; IA Nr. 134.190; WORSTBROCK 1976, S. 45 Nr. 116; DREWELOWSKY [im Druck].

SB-Dr 32 Krakau 1535 (lat.-poln.-dt.) Vgl. DREWELOWSKY [im Druck].

›Disticha Catonis‹ deutsch

983

SB-Dr 33 Krakau 1538 (lat.-poln.-dt.) Vgl. ESTREICHER 1896, S. 99; WORSTBROCK 1976, S. 45 Nr. 117; DREWELOWSKY [im Druck].

SB-Dr 34 *Worms 1538 (lat.-dt.) Vgl. WORSTBROCK 1976, MANN/BRUNKEN 1987ff., Bd.

S. 43f. Nr. 112; VD 16 Nr. C 1709; BRÜGGE1, Sp. 974; WILHELMI 1990, S. 100 Nr. 296.

SB-Dr 35 *Krakau 1544 (lat.-poln.-dt.) Vgl. IA Nr. 134.221; ESTREICHER 1896, S. 99; WORSTBROCK 1976, S. 45 Nr. 118; DREWELOWSKY [im Druck].

SB-Dr 36 *Krakau 1570 (lat.-poln.-dt.) Vgl. ESTREICHER 1896, S. 99; IA Nr. 134.294; DREWELOWSKY [im Druck].

SB-Dr 37 *Krakau 1575 (lat.-poln.-dt.) Vgl. ESTREICHER 1896, S. 99; IA Nr. 134.306; DREWELOWSKY [im Druck].

*** Entgegen den Angaben im IA zu Nr. 134.229 enthält der dort mit dem Titel »Disticha moralia [...] polonico et germanico idiomate exornata« geführte, vermutlich in Krakau bei Hieronymus Vietor um 1547 aufgelegte ›Cato‹ nach Ausweis des einzigen im IA genannten Exemplars – es handelt sich um ein in der Krakauer Biblioteka Jagiellońska aufbewahrtes Druckfragment, dem das Titelblatt fehlt – keinen deutschen, sondern nur lateinischen und polnischen Text. Das gilt ebenso für die im IA unter Nr. 134.330 mit dem Titel »Catonis disticha moralia Erasmo Roterodami castigatore, novissime Polonico & Germanico idiomate exornata« aufgeführte Ausgabe, die in Krakau 1582 bei Stanislaus Szarffenberg erschienen ist (fehlerhaft auch ESTREICHER 1896, S. 99). Schließlich lässt sich von der bei ESTREICHER 1896, S. 99, aufgeführten Ausgabe »Catonis Disticha moralia Erasmo Rotherodamo Latino castigatore, nouissime Polonico et Germanico idiomate exornata«, die Hieronymus Vietor 1554 in Krakau aufgelegt haben soll, kein Exemplar nachweisen. Es ist zu vermuten, dass ESTREICHERs Ansatz hier lediglich auf einer Verwechslung mit der Ausgabe von 1544 beruht. Zu einer vielleicht spätesten polnischen Brant-Ausgabe von 1695 vgl. ESTREICHER 1896, S. 100: »Disticha moralia castigitassima Polonicis versibus elucidata. [...] Latine, polonice et germanice [...]«. Dass dieser Krakauer Druck den Brant-Text enthält, liegt von dessen polnischer Drucktradition her nahe, bleibt aber zu prüfen.

Verzeichnisse zur Überlieferung

984

2.15 Abraham Moter (1535) Erstausgabe: AM-Dr 1 *Leipzig: Nikolaus Faber [1535] (lat.-dt.)822 CATONIS | PRAECEPTA MORALIA, LI=|bellus elegantissimus, De institutis | vitae communis, Iuxta D. ERAS=|MI Roterodami interpre=|tationem atque castiga=|tionem. | RITHMIS GERMANICIS | recens redditus. | ABRAHAMVS MOTERIVS | à Vueissenburg, Lectori. | [vier lat. Widmungsverse] | LIPSIAE | Ex Officina Typographica | Nicolai Fabri. Textbestand: drei lat. Widmungsgedichte; lat. und dt. Verse pr. 1-4, b.s. 1-3, 11, 4, Foro te para, 5-10, Minori parce, 13, 12, 14, 26f., 15, 29-31, 16f., 32, 21-24, 40, Tuto consule, 25, 38, 44, 39, 41-43, 46, 50, 33-35, 45, 36f., 48, 47, 54, 20, 28, 49, 51, 55f., I,1-40, II pr. 1-10, II,1-31, III pr. 1f., III,1, III pr. 3f., III,2-6, (7-24, IV pr. 1-4, IV,14,) 5, 7-9, (10f., 13-18,) 19-33, 35, 39-49. L2 VD 16 Nr. C 1707.

Weitere Ausgaben: AM-Dr 2 *Frankfurt/M. 1537 (lat.-dt.) Vgl. WORSTBROCK 1976, S. 44 Nr. 113; VD 16 Nr. C 1708.

AM-Dr 3 Leipzig 1541 (lat.-dt.) Vgl. VD 16 Nr. ZV 18265.

AM-Dr 4 Leipzig 1543 (lat.-dt.?) Vgl. ARNTZEN 1754, S. LX Nr. XIII.

AM-Dr 5 *Erfurt 1558 (lat.-dt.) Vgl. VD 16 Nr. C 1712.

AM-Dr 6 *Hamburg, um 1560 (ndd.) Vgl. BORCHLING/CLAUSSEN 1936/57, Nr. 1783; IA Nr. 134.258; KAYSER/DEHN 1968, S. 103 Nr. 198; VOIGT 1995, S. 342 Nr. 191.823

_____________ 822

823

Benutzt im Exemplar der Ratsschulbibliothek Zwickau, 5.7.22.(1). Der Bestand der in diesem Exemplar zwischen Bl. B7v und C3r sowie zwischen Bl. C3r und C4v fehlenden Seiten wurden nach der Ausgabe AM-Dr 2 ergänzt. Dieser Druck geht mit AM-Dr 1 bis auf das wohl irrtümliche Fehlen von IV,35 vollständig zusammen. Der ergänzte Bestand erscheint unten in den entsprechenden Angaben eingeklammert. Für letztgenannten Druck konnte das Exemplar der Universitätsbibliothek München, A. lat. 133, herangezogen werden. Entgegen den Angaben im IA, bei KAYSER/DEHN (»nicht aufgefunden«) und VOIGT (»jetzt verschollen«) werden die Bruchstücke dieses Drucks wie bei BORCH-

›Disticha Catonis‹ deutsch

985

AM-Dr 7 Breslau, um 1565 (lat.-dt.) Vgl. IA Nr. 134.275.

AM-Dr 8 Frankfurt/O., um 1568 (lat.-dt.) Vgl. IA Nr. 134.286.

AM-Dr 9 Frankfurt/O. 1584 (lat.-dt.) Vgl. VD 16 Nr. ZV 18269.

AM-Dr 10 Frankfurt/O. 1590 Vgl. JÖCHER 1750/51, Bd. 3, Sp. 691; ROTERMUND 1784/1897, Bd. 4, Sp. 2147; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 551.

AM-Dr 11 *Brieg 1610 (lat.-dt.) Vgl. VD 17 Nr. 1:043586H.

AM-Dr 12 *Leipzig 1617 (lat.-gr.-dt.) Vgl. VD 17 Nr. 23:278340M.

*** Zu zwei weiteren lateinisch-ungarisch-deutschen Ausgaben des 17. Jahrhunderts vgl. RMK, Bd. 2, Nr. 1733 (Leutschau 1693) und Nr. 1734 (Leutschau 1693). In welchem Umfang weitere mehrsprachige ›Cato‹Drucke aus Siebenbürgen (s. o. Kap. III.9.1) auf den Moter-Text zurückgreifen, ist nicht untersucht. 2.16 ›Straßburger Maturin Cordier-Übersetzung‹ (1537) Erstausgabe: MC-Dr 1 *[Straßburg: Johann Knobloch d. J., 1540] (lat.-dt.)824 DISTICHA DE MORI=|BVS, NOMINE | CATONIS | inscripta, cum Latina & Germanica | interpretatione, Germanis | hactenus non uisa. | EPITOME in singula fere disticha | DICTA Sapientium cum sua quoque | interpretatiuncula. | Omnia

_____________ 824

LING/CLAUSSEN angegeben in der Universitätsbibliothek Rostock aufbewahrt. Sie tragen dort die Signatur Fa-1119(69)3. Benutzt im Exemplar der British Library London, 827.d.36. (6.). Da dieses einzige bekannte Exemplar jedoch unvollständig ist, musste für die Aufnahme des Textbestands ab I,1 auf MC-Dr 2 zurückgegriffen werden. Für diesen Druck wurde das Exemplar der University of North Carolina, Chapel Hill/North Carolina, PA 6272. A 2 1546, herangezogen.

Verzeichnisse zur Überlieferung

986

recognita, nonnulla | adiecta, quaedam immutata. | MATVRINO CORDE=|RIO AVTORE. | Adiecimus ad finem libellum utilißimum | DE DISCIPLINA ET INSTI=|tutione puerorum. | AD MINVS CANDIDVM | Lectorem. | Cur ducis uultus, et non legis ista libenter | Non tibi, sed paruis, parua legenda dedi.825 Textbestand: lat. Widmungsbrief des Maturin Cordier; der lat. Text ist erfasst in pr. 14, b.s. 1-3, 11, 4-10, Minori parce, 13, 12, 14, 26f., 15, 29-31, 16f., 32, 18f., 21-24, 40, 25, 38, 44, 39, 41-43, 46, 50, 33-35, 45, 36f., 48, 47, 54, 20, 28, 49, 51, 55f., I,1-40, II pr. 1-10, II,1-31, III pr. 1f., III,1, III pr. 3f., III,1-24, IV pr. 1-4, IV,1-49; davon werden allein mit lat.-dt. Lemmata erfasst pr. 1-4, II pr. 1-10, III pr. 1f., III,1, III pr. 3f., IV pr. 1-4, mit lat.-dt. Lemmata und einer dt. Prosa-Epitome alle Breves sententiae und schließlich mit lat.-dt. Lemmata und einer lat.-dt. Prosa-Epitome (mit wenigen Ausnahmen, z. B. I,4 und I,8, die nur mit einer dt. Epitome aufwarten) alle Distichen. L1 LE COULTRE 1926, S. 87f., 441. L2 IA Nr. 134.206; WORSTBROCK 1976, S. 44 Nr. 114.

Weitere Ausgaben: MC-Dr 2 *Straßburg 1546 (lat.-dt.) Vgl. IA Nr. 134.228; WORSTBROCK 1976, S. 45 Nr. 115.

MC-Dr 3 *ohne Ort 1548 (lat.-dt.) Vgl. IA Nr. 134.231; VD 16 Nr. ZV 3162.

MC-Dr 4 Straßburg 1561 (lat.-dt.) Vgl. IA Nr. 134.263; VD 16 Nr. ZV 3167.

MC-Dr 5 Eisleben 1570 (lat.-dt.) Vgl. LE COULTRE 1926, S. 88, 443; IA Nr. 134.292; VD 16 Nr. ZV 3171.

MC-Dr 6 *Leipzig 1581 (lat.-dt.) Vgl. IA Nr. 134.328; VD 16 Nr. C 1715.

_____________ 825

An die ›Disticha Catonis‹ schließen noch die ›Dicta septem sapientum‹ sowie eine gekürzte Fassung der Kinderzucht von Otto Brunfels (›De disciplina et institutione puerorum‹) an. Vgl. zu letzterer LE COULTRE 1926, S. 87f. Diese Textzusammenstellung wird von allen späteren Ausgaben beibeihalten.

›Disticha Catonis‹ deutsch

987

2.17 Johannes Fries (1551) Erstausgabe: JF-Dr 1

*Zürich: Christoph Froschauer 1551 (lat.-dt.)826

CATONIS | DISTICHA MORALIA, | Germanicè ita reddita, ut pueri facile | & Latinam & Germanicam lin=|guam una eademque ope=|ra condiscant. | EPITOME in singula disticha. | Dicta sapientum, cum sua interpretatione. | [Druckermarke] | TIGVRI APVD FRO=|schouerum, Anno M.D.LI. Textbestand: lat. Widmungsbrief des Johannes Fries und lat. Verse Ad lectores; der lat. Text ist erfasst in pr. 1-4, b.s. 1-3, 11, 4-10, Minori parce, 13, 12, 14, 26f., 15, 2931, 52, 16f., 32, 18f., 21-24, 40, Tuto consule, 25, 38, 44, 39, 41-43, 46, 50, 33-35, 45, 36f., 48, 47, 54, 20, 28, 49, 51, 55f., I,1-40, II pr. 1-10, II,1-31, III pr. 1f., III,1, III pr. 3f., III,2-24, IV pr. 1-4 und IV,1-49; davon sind allein mit lat.-dt. Lemmata ausgestattet pr. 1-4, b.s. 1 und b.s. 5, II pr. 1-10, III pr. 1f., III,1 und III pr. 3f., IV pr. 1-4, hingegen mit den lat.-dt. Lemmata und einer dt. Prosa-Epitome alle Breves sententiae ohne b.s. 1 und 5 sowie schließlich mit den lat.-dt. Lemmata und einer lat.-dt. ProsaVers-Epitome alle übrigen Verse. L2 VD 16 Nr. C 1710. L3 BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 974; KETTLER 2002, S. 291-328.

Weitere Ausgaben: JF-Dr 2 Zürich 1553 (lat.-dt.) Vgl. VD 16 Nr. C 1711. JF-Dr 3

Zürich 1561 (lat.-dt.)

Vgl. IA Nr. 134.366; VD 16 Nr. C 1713; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 974 Nr. 103.

JF-Dr 4

Zürich 1570 (lat.-dt.)

Vgl. VD 16 Nr. ZV 3170.

JF-Dr 5

Zürich 1575 (lat.-dt.)

Vgl. IA Nr. 134.308; VD 16 Nr. C 1714.

JF-Dr 6

Zürich 1580 (lat.-dt.)

Vgl. VD 16 Nr. ZV 18268.

_____________ 826

Benutzt im Exemplar der Bayerischen Staatsbibliothek München, A.lat.a. 54.

Verzeichnisse zur Überlieferung

988

JF-Dr 7

Zürich 1584 (lat.-dt.)

Vgl. VD 16 Nr. C 1717.

JF-Dr 8

*Basel 1589 (lat.-dt.)

Vgl. GREBE 1982, S. 117.

JF-Dr 9

*Frankfurt/M. 1591 (lat.-dt.)

Vgl. IA Nr. 134.351; VD 16 Nr. C 1718.

JF-Dr 10 Zürich 1596 (lat.-dt.) Vgl. IA Nr. 134.363; VD 16 Nr. C 1719.

JF-Dr 11 *Oppenheim 1617 (lat.-dt.) Vgl. VD 17 Nr. 1:043594Z.

JF-Dr 12 Montbéliard, zwischen 1619 und 1645/46 (lat.-frz.-dt.) Vgl. LE COULTRE 1926, S. 88f. und S. 444.827

*** Das »Répertoire des ouvrages pédagogiques du XVIe siècle«828 teilt eine weitere Ausgabe mit dem Titel »Disticha de moribus Catonis nomine inscripta, cum gallica et germanica interpretatione« mit. Angaben zu Erscheinungsort und -jahr fehlen. Eingeordnet ist der Nachweis zwischen Drucknachweise zu den Jahren 1571 und 1577. Ein einziges nachgewiesenes Exemplar solle aus der Bibliothèque de Montbéliard stammen. Neben einem Exemplar von JF-Dr 12 (Signatur »Etoile 25«) wird dort heute aber lediglich noch ein 1591 in Lyon bei Melchior Arnoullet lateinischfranzösisch gedruckter ›Cato‹ Cordiers aufbewahrt: »DISTICHA | DE MORIBVS, | CATONIS NOMINE | inscripta, cum Latina & | Gallica interpre-|tatione.« (Signatur »Pédagogie 19«; vgl. LE COULTRE 1926, S. 444).

_____________ 827

828

LE COULTRE teilt Textproben mit, hat den Fries-›Cato‹ als Vorlage für den deutschen Text aber nicht erkannt. Répertoire des ouvrages pédagogiques du XVIe siècle (Bibliothèques de Paris et des départements), Paris 1886 (Mémoires et documents scolaires publiés par le Musée pédagogique 3), S. 141.

›Disticha Catonis‹ deutsch

989

2.18 Thomas Heis (1578) Erstausgabe: TH-Dr 1 *Augsburg: Philipp Ulhardt 1578 (lat.-dt.)829 CATONIS | DISTICHA DICTA | MORALIA VNA CVM | dictis Sapientium, & Mimis | Publianis in Germanicos | Rhythmos conuersa. | AVTORE | THOMA HEIS Augustano, | scholae Annaeae mo=|deratore. | AVGUSTAE VINDE=|licorum Philippus Vlhardus | excudebat. | ANNO M. D. LXXVIII. | Cum Gratia & Priuiliegio. Textbestand: lat. Widmungsbrief des Thomas Heis; lat. und dt. Verse I,1-29, II,13f., I,30-40, II pr. 1-10, II,1-12, 15-31, III pr. 1f., III,1, III pr. 3f., III,2-24, IV pr. 1-4, IV,1-49.830 L2 IA Nr. 134.315.

Weitere Ausgaben: keine. 2.19 Johannes Baptista Caesarius (1585) Erstausgabe: JC-Dr 1 *Frankfurt/M.: Johann Wechel 1585 (lat.-gr.-dt.)831 CATO: | SIVE, | SPECVLVM MORALE; | PRIVATVM VITAE GENUS | concernens: quod in locos suos redactum, | & tam Planudis Graeca, quàm rhythmo|rum vernacula versione expolitum, | instar ALBI AMICO|RVM se habet. | Sittenspiegel Catoni@: | Da@ Menschliche priuat Leben betreffend / | in eine richtige ordnung gebracht / vnd so | wol in Schulen / al@ an statt eine@ | Stammbuch@ zuge=|brauchen. | In Zoilum: | [zwei lat. Verse] | FRANCOFVRDI | Apud Ioannem Wechelum, | MDLXXXV. Textbestand: lat. Widmungsbrief des Johannes Baptista Caesarius; lat., gr. und dt. Verse In strenam; lat., gr. und dt. Verse pr. 1-4, II pr. 1-10, III pr. 1f., III,1, III pr. 3f., IV pr. 1-4, b.s. 1, I,1, II,2, 12, IV,14, 38, II,31, b.s. 28, 20, I,8, III,12, 20, 23, IV,47, b.s. 2, 46, III,24, IV,6, b.s. 11, 28, I,28, b.s. 3, I,37, III,10, IV,44, I,16, IV,18, b.s. 56, I,9, 11, 20, 26, 34, 36, 40, II,1, 22, IV,13, 15, 28, 36, 41, I,5, 33, II,24, III,13, IV,11, I,4, III,6, b.s. 6, 8, 9, 10a, 12, 29, 35, b.s. 36f., I,30, II,7, 8, III,15, 17, IV,40, b.s. 24, 44, I,3, 10, 12, 27, II,20, III,4, IV,20, 31, pr. 4, b.s. 26f., 38, III,1, 18, IV,19, 21, 23, 27, 29, 48, b.s. 55, I,31, b.s. 43, 49, III,16, II,14, b.s. 32, 33, 34, 21, III,3, b.s. 4, I,13, 25, b.s. 40, I,32, II,18, 27, IV,9, b.s. 7, I,7, IV,25, IV,12, b.s. 48, III,14, IV,33, b.s. 10, I,38, II,10,

_____________ 829 830

831

Benutzt im Exemplar der Staats- und Stadtbibliothek Augsburg, Gs 9801a/Beibd. An die ›Disticha Catonis‹ (Bl. A3r-C3r) schließen noch, ebenfalls jeweils lateinisch-deutsch, die ›Dicta septem sapientum‹ (Bl. C3v-7r) und die Sentenzen des Mimus Publianus (Bl. C7r-E7r) an. Benutzt im Exemplar der Bayerischen Staatsbibliothek München, Ph. pr. 187 Beibd. 3.

Verzeichnisse zur Überlieferung

990

IV,39, II,25, b.s. 30, 45, II,4, 15, II,11, IV,34, II,23, III,2, I,17, IV,43, b.s. 31, 41, 47, II,29, III,7, II,9, 28, 30, b.s. 19, I,2, III,5, b.s. 25, IV,10, 24, 30, II,13, 19, b.s. 22, II,21, b.s. 18, 51, III,19, b.s. 42, IV,17, I,14, II,16, I,18, IV,3, 26, 32, b.s. 5, II,26, IV,45, IV,4, 5, 35, I,21, I,29, II,6, III,11, IV,2, b.s. 16f., 39, I,15, 35, II,5, III,9, IV,8, b.s. 50, I,23, IV,42, I,24, 39, II,17, III,8, 21, IV,16, b.s. 54, IV,1, b.s. 13, 14, 15, I,6, IV,7, I,19, 22, II,3, III,22, IV,22, 37, 46, IV,49; lat. und dt. Verse In libellum; gr., lat. und dt. Verse Ad amicos. L1 BOAS 1914; MARCUS BOAS: Addendum. In: Het Boek 4 (1914), S. 31; BOAS 1932/33, S. 315f.. L2 IA Nr. 134.337; VD 16 Nr. C 1680.

Weitere Ausgaben: keine. 2.20 ›Klausenburger Prosa-Cato‹ (1620) Erstausgabe: KC-Dr 1 *Klausenburg: Janos R. Makai 1620 (lat.-ungar.-dt.)832 LIBELLVS | ELEGANTISSIMVS, | qui inscribitur CATO, de prae-|ceptis vitae communis. | IGEN SZEP KŎNY-|vetske, mely Catonak neveztetik, | az k=z=nseges jó életnek | oktatasarol. | Ein sch=n BFchlein / welches | man Cato nennet / von der vnterwei-|sung gemeines lebens. CLAVDIOPOLI, | Typis Heltanis, | Excudebat Iohannes R. Makaí. 1620. Textbestand: lat., ungar. und dt. Verse pr. 1-4, b.s. 1-3, 11, 4-10, Minori parce, 13, 12, 14, 26f., 15, 29-31, 52, 16f., 32, 18f., 21-24, 40, Tuto consule, 25, 38, 44, 39, 41-43, 46, 50, 33-35, 45, 36f., 48, 47, 54, 20, 28, 49, 51, 55f., I,1-40, II pr. 1-10, II,1-31, III pr. 1f., III,1, III pr. 3f., III,2-24, IV pr. 1-4, IV,1-49. L2 RMK, Bd. 1, Nr. 504, und Bd. 2, Nr. 401.

Weitere Ausgaben: Bis zum Erstdruck des ›Cato‹ von Martin Opitz 1629 erscheinen keine weiteren Ausgaben. Jedoch ist nicht untersucht, wie weit der ›Klausenburger Prosa-Cato‹ späteren lateinisch-ungarisch-deutschen ›Cato‹-Ausgaben zugrunde liegt. Siehe zu diesen oben Kap. III.9.1. 2.21 Wort-für-Wort-Übersetzungen *Augsburg, Universitätsbibliothek, Cod. III. 1. 4° 1 Pap., XIII + 224 Bl., 19.5 x 14.5 cm, 1400-06 mit Nachträgen bis 1414, Ulm.

_____________ 832

Benutzt im Exemplar der Budapester Magyar Tudományos Akadémia Könyvtára (Bibliothek der Ungarischen Akademie der Wissenschaften), RMK I 82.

›Disticha Catonis‹ deutsch

991

161ra-180va: lat.-dt. expositio ad litteram zu den ›Disticha Catonis‹. Weiterer Inhalt: v. a. Computistica (u. a. Alexander de Villa Dei: ›Massa Computi‹; Johannes de Erfordia: ›Computis cirometralis minor/maior‹; Johannes Müntzinger: ›Computus abbreviatus/prolongatus‹, teils mit Kommentar); Meteorologica; Astrologica; Regimen sanitatis; Regimen pestilentiae; Bartolomæus: ›Praktik‹; Forma epistolandi; Johannes de Sacro Bosco: ›Algorismus‹; Tractatus de missa, Verse. Schreiber *1r-186r (und 196r-201v?): Johannes Wissbier de Gamundia (160v: [...] scriptus ulme tunc temporis studens ibi; 180va: tunc temporis ulme existens); 186va-195vb: Conradus Geyl L1 HENKEL 1979, S. 167-169 (Textproben). L3 HENKEL 1988, S. 109-112, S. 196f.; BODEMANN/DABROWSKI 2000, S. 14f.

ehem. Danzig (Gdańsk/Polen), Stadtbibliothek, Ms. Mar. Q. 24 [im II. Weltkrieg zerstört] Pap., 215 Bl., 21.5 x 14.5 cm, vor 1460/65, nordwestschlesisch. 110v-143v: lat.-dt. expositio ad litteram zu den ›Disticha Catonis‹. Weiterer Inhalt: ›Disticha Catonis‹, lat.-dt. (Hs. G-Dan); ›Palaestra de victoria Christi‹; lat. Fabeln; ›Dialogus institoris et monachi‹; Vitalis von Blois: ›Geta‹; Adolf von Wien: ›Doligamus‹; ›Alexius‹; ›Contemptus mundi‹/›Cartula‹; ›Quinque claves sapientiae‹; ›Pylatus‹; ›Vita s. Cholomanni‹; ›Militarius‹. Schreiber 150r: Johannes Zager; bibliothekarische Einträge: Heinrich Calow Vorbesitzer Johannes Zager?; Danzig, Kirchenbibliothek St. Marien L2 GÜNTHER 1921, S. 501-505. L3 AVESANI 1967, S. 86 (Feststellung des Kriegsverlusts); HENKEL 1988, S. 116 Anm. 12. Siehe auch oben Kap. V.1.1 zu Hs. Dan und oben Kap. V.2.6 zu Hs. G-Dan.

*München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 11782 Pap., 86 Bl., 21.5 x 14.5 cm, Ende 14. Jh. (Teil II) und Mitte 15. Jh. (Teil I), Süddeutschland. 30r-38v: lat.-dt. expositio ad litteram zu den ›Disticha Catonis‹. Weiterer Inhalt: Die zwei noch im 15. Jahrhundert zusammengesetzten Teile überliefern in Teil I die lat.-dt. glossierten ›Disticha Catonis‹ und den lat. glossierten ›Facetus Cum nihil utilius‹ in Teil I, dem in Teil II zunächst der deutsche ›Facetus‹ (Hs. Mue3), die expositio zum ›Cato‹ und ein lat. ›Facetus‹-Kommentar folgen. Weitere Stücke: De declinatione aliquorum verborum difficiliorum; Adam (Magister): ›Summula de Summa Raymundi‹; Johannes de Garlandia: ›Composita verborum‹; Otto von Lüneburg: ›Ars dictandi‹.

Verzeichnisse zur Überlieferung

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Schreiber 30r-38v, 39ra-51ra, 51va-58rb: johannes de zadaw (38v) Vorbesitzer Polling, Augustiner-Chorherren (Exlibris von 1744) L1 HENKEL 1979, S. 164-167 (Textproben); HENKEL 1980, S. 159f. L2 Catalogus codicum latinorum bibliothecae regiae Monacensis, Bd. 2,2, S. 38. L3 BALDZUHN 2005, S. 422-431. Siehe auch unten Kap. V.3.1 zu Hs. Mue3.

2.22 Mittelalterliche Bücherverzeichnisse Das Darmstadt Mobilieninventar des Grafen Philipp von Katzenelnbogen (†1479) von 1444 verzeichnet In der kisten, da die bucher inne liegen: [...] 1 dutsch buch von eyme vater vnde sime kinde [...].833 Eine Identifizierung mit einem deutschen ›Cato‹ ist zu erwägen, aber nicht zu sichern.834 2.23 Vermisstes ohne Textzuordnung a) ehem. Breslau (Wrocław), Privatbesitz Johann Gustav Gottlieb Büsching (1783-1829) [Breslauer Frgm. Nr. 2] [Verbleib unbekannt] L1 VON DER HAGEN/BÜSCHING 1812, S. 555 (»Büsching hat Bruchstücke von Hdss.: 1) einen schmalen Perg. Streifen, worauf nur 10 V. ganz sind«); ZARNCKE 1852, S. 196.

b) ehem. Breslau (Wrocław), Privatbesitz Johann Gustav Gottlieb Büsching (1783-1829) [Breslauer Frgm. Nr. 2] [Verbleib unbekannt] L1 VON DER HAGEN/BÜSCHING 1812, S. 555 (»Büsching hat Bruchstücke von Hdss.: [...] 2) 4 Perg. Bl., um das Ende des Werkes, aber nicht völlig mit der vorigen Hds., worin 2 Senzenzen sammt der Übersetzung, vorkommen, welche sich auch hier finden, übereinstimmend«); ZARNCKE 1852, S. 196.

c) ehem. Meiningen, Landesbücherei, Hs. 177 [Verbleib unbekannt], Bl. 186r bis Bl. 202v oder bis Bl. 203r (lat.-dt.) Unter den in die Online-Handschriftendatenbank von »www.manuscriptamedievalia.de« eingearbeiteten handschriftlichen Beschreibungen des Handschriftenarchivs der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wis-

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KARL E. DEMANDT: Regesten der Grafen von Katzenelnbogen 1060-1486. Bd. 2. Wiesbaden 1954 (Veröffentlichungen der historischen Kommission für Nassau 11), Nr. 4159. Vgl. MIHM 1967, S. 16f.; FISCHER 1983, S. 240 (›Winsbecke‹? Cato?); ULRICH SEELBACH: Wolframs Willehalm in der Bibliothek des letzten Katzenelnbogener Grafen Philipp. In: Der Buchstab tödt – der Geist macht lebendig. Festschrift zum 60. Geburtstag von HansGert Roloff, hg. von JAMES HARDIN und JÖRG JUNGMAYR. Bern [u. a.] 1992, Bd. 1, S. 421-430, hier besonders S. 423 (›Winsbecke‹? Cato? ›Magezoge‹?).

›Disticha Catonis‹ deutsch

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senschaften wird aus Kasten 185 eine im dritten Viertel des 15. Jahrhunderts (1454, 1461, 1463) u. a. von einem Johannes de Homborg geschriebene Handschrift erfasst, die aus dem Besitz Wilhelm Friedrich Hermann Reinwalds, Bibliothekar an der herzoglichen Bibliothek, in den Meininger Bestand übergegangen ist. In dieser Handschrift begann Bl. 186r ein lat.dt. ›Cato‹ mit dem Initium Si deus est animus ut nobis carmina dicunt [...] sint dem mole das got ist [...]. Seinem Initium nach kann der deutsche Text sowohl zu einigen Vertretern der Textgruppe III wie zum ›Schlesischen Cato‹ gestellt werden. Den zweisprachigen ›Cato‹ begleiteten zahlreiche weitere zweisprachig aufbereitete Schultexte (›Facetus Cum nihil utilius‹ [Hs. Mei], ›Scolaris‹, Johannes de Garlandia: ›Cornutus‹/›Distigium‹, Johannes de Garlandia [?]: ›Poenitentiarius‹), ferner lateinische Stücke aus verwandten Gebrauchszusammenhängen (›Vita Judae‹, ›Ethica Catonis‹, ›Contemptus mundi‹/›Cartula‹, Frowin von Krakau: ›Antigameratus‹), Texte zur Grammatik, lat. und dt. Verse, einige lat.-dt. Bußgedichte und zwei lat. Carmina auf St. Gertrudis und St. Mauritius mit Noten. Die Handschrift umfasste etwas über 217 Blätter und zeigt den mitgeteilten Textproben nach mitteldeutschen Lautstand. Nach brieflicher Mitteilung des Thüringischen Staatsarchivs Meiningen vom 15. Mai 2001 wurden die Bestände der Bibliothek Anfang 1946 von der Besatzungsmacht beschlagnahmt und mit wenigen Ausnahmen abtransportiert; es sei davon auszugehen, dass sich Hs. 177 noch in einer Bibliothek der ehemaligen Sowjetunion befindet. Siehe auch unten Kap. V.3.1 zu Hs. Mei. d) ehem. Würzburg, ›Hausbuch‹ des Michael de Leone, Bd. 1 (lat.-dt.) Vom ersten Band des ursprünglich zweibändigen, um die Mitte des 14. Jahrhunderts entstandenen ›Hausbuchs‹ des Würzburger Protonotars Michael de Leone sind nur wenige Bruchstücke erhalten. Über seinen Textbestand informiert ein dem Folgeband (München, Universitätsbibliothek, 2° Cod. ms. 731) vorangestelltes Gesamtregister, das Bl. 1vb in Zeile 30 den Eintrag DEr katho zu latin. vnd zu tFtsche aufweist. Höchstwahrscheinlich hat es sich – s. o. Kap. III.1.4 – um den Text der ›Rumpfübersetzung/-bearbeitung‹ gehandelt. L1 VON DER HAGEN/BÜSCHING 1812, S. 555; ZARNCKE 1852, S. 196f.; BALDZUHN 2006a. L2 KORNRUMPF/VÖLKER 1968, S. 66-107. L3 Siehe oben Kap. III.1.4.

e) ehem. Privatbesitz Zacharias Conrad von Uffenbach (1683-1734) Unbekannt ist der Verbleib einer Pergamenthandschrift des 14. Jahrhunderts, die sich in der Bibliothek Zacharias Conrad von Uffenbachs befand und die lateinischen Verse des ›Cato‹ gemeinsam mit einer Übersetzung

Verzeichnisse zur Überlieferung

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ins Deutsche enthielt: »Exhibet vero veteres sententias Latinas è CATONIS potissimum distichis desumtas, quae rhythmis vetustis Germanicis iisque satis elegantibus exprimuntur« (Bibliothecae Vffenbachianae universalis tomus III [...]. Frankfurt/M. 1730, S. 514). 2.24 Siglenkonkordanzen zu den Ausgaben von ZARNCKE und ZATOČIL a) Rumpfübersetzung/-bearbeitung R-Bam1 R-Bam2 R-Ber 1 R-Ber 2 R-Chu R-Fra R-Gen R-Goe R-Hei1 R-Hei2 R-Inn R-Kar 1 R-Kar 2 R-Lon1 R-Lon2 R-Lon3 R-Mel R-Mue1 R-Mue2

ZARNCKE 1852 Z X c p C m O Y (vgl. S. 189f.) A D i

R-Mue3 R-Mue4 R-Mue5 R-Nue1 R-Nue1 R-Phi R-Pra R-Reg R-Rom R-StG R-Str R-Stu R-Wei R-Wie1 R-Wie2 R-Wie3 R-Wol1 R-Wol2

ZARNCKE 1852 h=k q r e B n (vgl. S. 189) s t, v φ l f g

b) Übersetzungsfassung Z (= Gesamtübersetzung – Textgruppe I) G-Kra G-Mue3 G-Wie1 G-Zwe

ZARNCKE 1852 B -

ZATOČIL 1952 Z1 B Z

›Disticha Catonis‹ deutsch

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c) ›Ulmer Cato‹ (= Übersetzungsfassung A [= Gesamtübersetzung – Textgruppe II]) U-Aug U-Mue1 U-Mue2f. U-Ott U-StG U-Stu1 U-Stu2 U-Wie1 U-Wie2 U-Wue

ZARNCKE 1852 A a -

ZATOČIL 1952 A1 A a -

d) Übersetzungsfassung C (= Gesamtübersetzung – Textgruppe III) G-Ber 1 G-Ber 2 G-Ber 3 G-Ber 4f. G-Dan G-Erf G-Goe G-Gra G-Lei G-Lon1 G-Lon2 G-Mue1 G-Mue2 G-Mue4-8 G-Nue G-Pra G-StP G-Stu G-Wie1 G-Wie2 G-Wie3 G-Zna

ZARNCKE 1852 Φ F (vgl. S. 197) E D G C (vgl. S. 197) -

ZATOČIL 1952 Φ Berl. F F H L2 E D Hard. G C Zn

Verzeichnisse zur Überlieferung

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3. ›Facetus‹ deutsch Da deutscher ›Cato‹ und deutscher ›Facetus‹ in Überlieferung und Gebrauch oft in enger Verbindung stehen, werden nachstehend auch die Handschriften und Drucke zum deutschen ›Facetus Cum nihil utilius‹ verzeichnet. Unberücksichtigt bleiben im folgenden jedoch Aufzeichnungen einzelner deutscher Verse ohne Werkzusammenhang835 oder in neuen Werkzusammenhängen.836 Eine neue Siglierung tilgt ältere Unstimmigkeiten: So ist bisher die Sigle M wie für Mue1 (SCHRÖDER 1911) so für Mue3 (ZATOČIL 1952) vergeben und W1 gleichzeitig für Kra (ZATOČIL 1952) wie Wie4 (SCHNELL 1980/2004). Auch enthält die von SCHNELL (1980/2004, Sp. 702) als B5 nachgetragene Handschrift Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ms. germ. fol. 643, gar keinen deutschen ›Facetus‹. Im Unterschied zu den vorangehenden Beschreibungen für den ›Cato‹ wird auf eine Angabe zum Versbestand im Detail verzichtet, ansonsten aber weitgehend wie dort verfahren. 3.1 Handschriften Aug Augsburg, Staats- und Stadtbibliothek, 4° Cod 219 Pap., 21 x 15 cm, Teil III: 2. Hälfte 15. Jh., Ostschwaben. 80r-92r: ›Facetus Cum nihil utilius‹, lat.-dt.837 Weiterer Inhalt: aus acht Teilen zusammengestellte Sammelhandschrift zur Grammatik v. a. mit zahlreichen Schulschriften des Johannes de Garlandia und Kommentaren dazu sowie Kommentaren zum ›Doctrinale‹ Alexanders de Villa Dei und zum Donat. Schreiber 80r-92r: Johannes Syfrid (92r)

_____________ 835

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Beispiele aus Handschriften in Oldenburg, Wolfenbüttel (Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 668 Helmst.) und Braunschweig (Stadtbibliothek, Ms. 143) bei SCHRÖDER 1911, S. 247 und S. 288. Einen weiteren Hinweis bringt SCHNELL 1980/2004, Sp. 702 (Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 2.4 Aug. 2°). Zu einem 91 Verse umfassenden niederdeutschen Gedicht in Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 1183, Bl. 194v-196r, vgl. SCHRÖDER 1911, S. 285-288. Auf die Verarbeitung des ›Facetus‹ in Spruchstrophen Heinrichs von Mügeln verweist SCHNELL 1980/2004, Sp. 702 (Nr. 38-40 im Langen und Nr. 269-271 bzw. 272-274 im Hofton). SCHRÖDER hat 1911 auf eine Zuordnung des Augsburger Textes zu den von ihm angesetzten Textgruppen verzichtet. Die wenigen von BRAUN mitgeteilten Verse waren ihm dafür sicher eine zu schwache Grundlage, ordnet sich doch der Augsburger im Unterschied zu vielen anderen Texten nicht schon mit seinen Eingangsversen einer Gruppe zu. Stichproben bestätigen auch für die weiteren Verse eine relative Individualität.

›Facetus‹

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Vorbesitzer Augsburg, Benediktiner St. Ulrich und Afra L1 SCHRÖDER 1911, S. 245 (als verschollen geführt); BALDZUHN 2006, S. 46 (als verschollen geführt). L2 PLACIDUS BRAUN: Notitia historico-literaria de codicibus manuscriptis in bibliotheca liberi ac imperialis monasterii ordinis s. Benedicti ad ss. Udalricum et Afram Augustae extantibus. Bd. 2. Augsburg 1792, S. 50f. Nr. 53; WOLF GEHRT: Die Handschriften der Staats- und Stadtbibliothek Augsburg 4° Cod 151-304. Wiesbaden 2005 (Handschriftenkataloge der Staats- und Stadtbibliothek Augsburg 7), S. 77-80. L3 WOLF GEHRT: Facetus ›Cum nihil utilius‹. In: Von der Augsburger Bibelhandschrift zu Bertolt Brecht. Zeugnisse der deutschen Literatur aus der Staats- und Stadtbibliothek und der Universitätsbibliothek Augsburg. Hg. von HELMUT GIER und JOHANNES JANOTA. Weissenhorn 1991, S. 160, 162.

Berlin, Preußische Staatsbibliothek, Ms. germ. quart 1870: s. u. Kra. Ber 1

*Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ms. germ. quart 664 – Bl. 1rv (= Frgm. A) Perg., 1 Bl., 21.5 x 16.5 cm, um 1400, schlesisch. 1rv: ›Facetus Cum nihil utilius‹, lat.-dt., frgm. (SCHRÖDER: Sigle B1; Textgruppe: SCHRÖDERs »älteste Teilübersetzung«/ZATOČILs »Bearbeitung V«). Vorbesitzer August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798-1874) L1 SCHRÖDER 1911, S. 1, 35, 37-57, 60; ZATOČIL 1952, S. 246f., 254f., 336f. (mit Textproben); ZATOČIL 1958, S. 523-531 (mit Textabdruck); SCHNELL 1980/2004, Sp. 702; BALDZUHN 2006, S. 42. L2 DEGERING 1925/32, Bd. 2, S. 118f. L3 Bibliotheca Hoffmanni Fallerslebensis. Leipzig 1846, S. 33.

Ber 2

*Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ms. germ. quart 664 – Bl. 2rv (= Frgm. B) Perg., 1 Bl., 21 x 13 cm, um 1400, schlesisch. 2rv: ›Facetus Cum nihil utilius‹, lat.-dt., frgm. (SCHRÖDER: Sigle B2; Textgruppe: SCHRÖDERs »älteste Teilübersetzung«/ZATOČILs »Bearbeitung V«). Vorbesitzer August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798-1874) L1 SCHRÖDER 1911, S. 1, 35, 37-57, 60; ZATOČIL 1952, S. 246f., 254f., 336f. (mit Textproben); ZATOČIL 1958, S. 523-531 (mit Textabdruck); SCHNELL 1980/2004, Sp. 702; BALDZUHN 2006, S. 42. L2 DEGERING 1925/32, Bd. 2, S. 118f. L3 Bibliotheca Hoffmanni Fallerslebensis. Leipzig 1846, S. 33.

Ber 3

*Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ms. germ. quart 664 – Bl. 5rv (= Frgm. D) Perg., 1 Einzelblatt, 21 x 15 cm, um 1400, schlesisch.

998

Verzeichnisse zur Überlieferung

5rv: ›Facetus Cum nihil utilius‹, lat.-dt., frgm. (SCHRÖDER: Sigle B3; Textgruppe: SCHRÖDERs »älteste Teilübersetzung«/ZATOČILs »Bearbeitung V«). Vorbesitzer August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798-1874) L1 SCHRÖDER 1911, S. 1, 35, 37-57, 60f.; ZATOČIL 1952, S. 246f., 254f., 336f. (mit Textproben); ZATOČIL 1958, S. 523-531 (mit Textabdruck); SCHNELL 1980/2004, Sp. 702; BALDZUHN 2006, S. 42. L2 DEGERING 1925/32, Bd. 2, S. 118f. L3 Bibliotheca Hoffmanni Fallerslebensis. Leipzig 1846, S. 33.

Ber 4

*Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ms. germ. quart 664 – Bl. 12r-15v, 18r-19v (= Frgm. F) Perg., 4 Bl. und zwei Querstreifen aus einem Doppelblatt (18r-19v oben, 18r-19v unten), ursprünglich ca. 23 x 16 cm, Anfang 15. Jh., ostmitteldeutsch. 13v, 15rv, 14rv, 12rv, 18r oben/unten-18v oben/unten [recte 19r unten/oben-19v unten/oben]: ›Facetus Cum nihil utilius‹, lat.-dt., frgm. (SCHRÖDER: Sigle Bv; Textgruppe: »selbstständige Übersetzung/Bv«). Weiterer Inhalt: ›Disticha Catonis‹, lat.-dt. (Hs. G-Ber 2). Vorbesitzer August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798-1874) L1 SCHRÖDER 1911, S. 1, 123-129 (mit Textabdruck); ZATOČIL 1958, S. 523-531; SCHNELL 1980/2004, Sp. 702; BALDZUHN 2006, S. 43. L2 DEGERING 1925/32, Bd. 2, S. 118f. L3 Bibliotheca Hoffmanni Fallerslebensis. Leipzig 1846, S. 33. Siehe auch oben Kap. V.2.6 zu Hs. G-Ber 2.

Ber 5

*Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ms. germ. quart 664 – Bl. 17rv (= Frgm. G2) Perg., 1 Bl., 21 x 4.5 cm, um 1400, schlesisch. 17rv: ›Facetus Cum nihil utilius‹, lat.-dt., frgm. (SCHRÖDER: Sigle B4; Textgruppe: SCHRÖDERs »älteste Teilübersetzung«/ZATOČILs »Bearbeitung V«). Vorbesitzer August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798-1874) L1 SCHRÖDER 1911, S. 1, 35, 37-57, 61; ZATOČIL 1935a, S. 81 Anm. 1; ZATOČIL 1952, S. 246f., 254, 336f.; ZATOČIL 1958, S. 523f.; SCHNELL 1980/2004, Sp. 702; BALDZUHN 2006, S. 42. L2 DEGERING 1925/32, Bd. 2, S. 118f. L3 Bibliotheca Hoffmanni Fallerslebensis. Leipzig 1846, S. 33.

›Facetus‹

999

Ber 6

*Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ms. lat. quart 313 – Bl. 1r-4v (= Frgm. Nr. 1 und Nr. 2)838 Perg., Reste zweier Doppelblätter, 12 x 15 cm und 5-5.5 x 13.5 cm, 15. Jh., ostmitteldeutsch. 1v-2v, 4rv: ›Facetus Cum nihil utilius‹, lat.-dt., frgm. (Textgruppe: SCHRÖDERs »älteste Teilübersetzung«/ZATOČILs »Bearbeitung V«). Weiterer Inhalt: ›Disticha Catonis‹, lat.-dt. (Hs. G-Ber 4). L2 RENATE SCHIPKE: [Kurzbeschreibung der Handschrift Berlin Ms. lat. quart 313, Typoskript]. o. O., o. J. L3 Siehe auch oben Kap. V.2.6 zu Hs. G-Ber 4.

Ber 7

*Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ms. lat. quart 313 – Bl. 5r-8v (= Frgm. Nr. 3 und 4)839 Perg., 1 Doppelblatt und zwei Streifen aus einem weiteren Doppelblatt, 20.5 x 17 cm und 21 x 4 cm, 15. Jh., mitteldeutsch. 5r-6v, 8rv: ›Facetus Cum nihil utilius‹, lat.-dt., frgm. (Textgruppe: SCHRÖDERs »älteste Teilübersetzung«/ZATOČILs »Bearbeitung V«). L2 RENATE SCHIPKE: [Kurzbeschreibung der Handschrift Berlin Ms. lat. quart 313, Typoskript]. o. O., o. J.

Ber 8

Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ms. Magdeb. 217 Pap., 339 Bl., 21 x 15.5 cm, 1460-63, (überwiegend) Dominikaner Berlin. 13r-158v: ›Facetus Cum nihil utilius‹, lat.-dt., komm. (SCHRÖDER: Sigle mb; Textgruppe: Übersetzung Johannes Gotstich?). Weiterer Inhalt: in der Hauptsache Predigten von Johannes Gotstich, Lesemeister der Berliner Dominikaner, sowie kürzere Texte und Notate zu Almosen, Sakramenten, Sünden, Sündenerlassen. Schreiber Palma Carbom (259r, 281r, 303v) L1 KINDERLING 1788; SCHRÖDER 1911, S. 1, 281f.; SCHNELL 1980/2004, Sp. 720; BALDZUHN 2006, S. 45. L2 H. DITTMAR: Verzeichniss der dem Dom-Gymnasium zu Magdeburg gehörenden Handschriften. Fortsetzung des Programms 1878. Magdeburg 1880, S. 71-73. L3 WIGGERT 1836, S. 6-28 (mit Lesarten); URSULA WINTER: Die Handschriften des ehemaligen Domgymnasiums Magdeburg in der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz. Geschichte und erste Ergebnisse der Katalogisierung. In: Mlat. Jb. 28 (1993), S. 103-112, hier S. 108-110; URSULA WINTER, KURT

_____________ 838

839

Für den Hinweis auf dieses und das Bruchstück Ber 7 sowie die Überlassung von Kurzbeschreibungen danke ich Dr. Renate Schipke, Berlin. Siehe oben Anm. 838.

1000

Verzeichnisse zur Überlieferung

HEYDECK: Die Manuscripta Magdeburgica der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz. Teil 3: Ms. Magdeb. 170-286. Wiesbaden 2008 (Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz. Kataloge der Handschriftenabteilung. Erste Reihe 4,3), S. 156-160.

Bra *Braunschweig, Stadtbibliothek, Ms. 176 (an Inc. 102) Pap., 24 Bl., 29.5 x 21 cm, um 1500, Norddeutschland. 9va-14ra: ›Facetus Cum nihil utilius‹, lat.-dt. (SCHRÖDER: Sigle b; Textgruppe: »ndd. Übersetzung/b«). Weiterer Inhalt: ›Physiologus Theobaldi‹ mit Kommentar; Johannes de Garlandia: ›Cornutus‹/›Distigium‹, lat.-dt.; Freidank, lat.-dt.; kleinere lat.-dt. Versstücke und Sentenzen.840 Vorbesitzer Braunschweig, Bibliothek des Geistlichen Ministeriums841 L1 SCHRÖDER 1911, S. 268-280 (mit Textabdruck); SCHNELL 1980/2004, Sp. 720; BALDZUHN 2006, S. 46. L2 HEINRICH NENTWIG: Die mittelalterlichen Handschriften in der Stadtbibliothek zu Braunschweig. Wolfenbüttel 1893, S. 166f. L3 HABEL 1908, S. 9, 12f., 20.

Bru *Brünn (Brnó), Moravska zemska knihovna, Rkp 84 Pap., III + 288 + III Bl., 22 x 15 cm, Mitte 15. Jh. (1452, [14]55), bairisch/«fränkische Gebiete des Oberdeutschen«/Neusohl. 282r-288v: ›Facetus Cum nihil utilius‹, dt. (ZATOČIL: Sigle B; Textgruppe: SCHRÖDERs »älteste Teilübersetzung«/ZATOČILs »Bearbeitung V«). Weiterer Inhalt: Jean de Mandevilles ›Reisen‹ in der Übersetzung Michael Velsers; Thomas Peuntner: Dekalogtraktat; ›Lucidarius‹, dt.; Irmhart Öser: ›Epistel des Rabbi Samuel an Rabbi Isaac‹; ›Sieben weise Meister‹; Erzählungen aus den ›Gesta Romanorum‹; ›Neusohler Cato‹. Schreiber 249v-272v: petrus kranczperger purtig von salczpurg (272v über einem älterem Eintrag); 273r-288v: Caspar meissener Im Newenzol (288v über dem älteren Namenseintrag Jorgen Jungen [oder Langen?] ist da [!] puch, gefolgt von zwei unleserlichen Buchstaben JL oder SL) Vorbesitzer Item Steffann Subenburg ist das puoch (1r auf Rasur, 288v); Nikolsburg (Mikulov), Kollegiatkapitel L1 ZATOČIL 1935, S. 9-18; ZATOČIL 1952, S. 238-304, 332-337 (mit Textabdruck); SCHNELL 1980/2004, Sp. 702; BALDZUHN 2006, S. 46. L3 MONIKA MARSMANN: Die

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841

Die im Katalog von NENTWIG noch als Ms. 176 geführte Handschrift ist an den Druck Inc. 102 (Nikolaus von Lyra: ›Tabula in libros veteris ac novi testamenti‹, Köln: Johann Koelhoff, um 1480) angebunden. Die Bibliothek des geistlichen Ministeriums Braunschweig wurde 1570 gegründet und bildete 1861 zusammen mit der Camman’schen Bibliothek den Grundstock der heutigen Stadtbibliothek.

›Facetus‹

1001

Epistel des Rabbi Samuel an Rabbi Isaak. Untersuchung und Edition. Phil. Diss. [masch.] München 1971, S. 130-133; GOTTSCHALL/STEER 1994, S. 12*.

Donaueschingen, Fürstlich Fürstenbergische Hofbibliothek, Cod. 104: s. u. Kar. Fra

*Frankfurt/M., Stadt- und Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg, Fragm. germ. III 4 Perg., 1 Doppelblatt, 17.5 x 14.5 cm, 2. Hälfte 14. Jh., Mittelrhein. 2rv: ›Facetus Cum nihil utilius‹, lat.-dt., frgm. (Textgruppe: »selbstständige Übersetzung/K«). Weiterer Inhalt: ›Disticha Catonis‹, lat.-dt. (Hs. NFra). Vorbesitzer Frankfurt, Dominikaner?842 L1 HENKEL 1988, S. 247; BALDZUHN 2006, S. 46; BALDZUHN 2006a, S. 102. L2 POWITZ 1994, S. 155. L3 Siehe auch oben Kap. V.2.3 zu Hs. N-Fra.

Goe

*Göteborg, Stadsbibliotek, Cod. lat. 30 (ehem. Nikolsburg [Mikulov], Fürstlich Dietrichsteinische Bibliothek, Cod. I 30) Perg., 20 Bl., 19 x 14 cm, 1. Hälfte 15. Jh., mitteldeutsch. 19r-20v: ›Facetus Cum nihil utilius‹, lat.-dt., frgm. (Textgruppe: »selbstständige Übersetzung/Bv«). Weiterer Inhalt: ›Disticha Catonis‹, lat.-dt. (Hs. G-Goe). Vorbesitzer Nikolsburg(Mikulov), Fürstlich Dietrichsteinische Bibliothek L1 BALDZUHN 2006, S. 43f. L2 KLEBERG 1974, S. 55. L3 OPPITZ 1999, S. 195. Siehe auch oben Kap. V.2.6 zu Hs. G-Goe.

Got

Erfurt, Universitäts- und Forschungsbibliothek Erfurt/Gotha – Forschungsbibliothek Gotha, Chart. A. 216843 Pap., I + 161 + I Bl., 29.5 x 20.5 cm, 3. und 4. Viertel 14. Jh. mit Nachträgen aus der 2. Hälfte des 15. und des 16. Jh.s (Kleinepiksammlung: 1342-45), Würzburg. 95ra-98rb: ›Facetus Cum nihil utilius‹, dt. (SCHRÖDER: Sigle g1; Textgruppe: »selbstständige Übersetzung/G«). Weiterer Inhalt: zwischen den ›Schwabenspiegel‹ und Abschriften von Kaiser- und Königsurkunden einerseits (Bl. 1-74) und Bischof und Bürgerschaft Würzburgs betreffende Stücke andererseits (Bl. 113-161) eingeschaltet auf 37 Blättern eine Kor-

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843

Der Trägerband des aus einem Buchdeckel abgelösten Fragments stammt aus dem Frankfurter Dominikanerkloster; vgl. OHLY/SACK 1967, Nr. 2910. Für die Überlassung einer ausführlichen Handschriftenbeschreibung danke ich Dr. Falk Eisermann, Berlin.

1002

Verzeichnisse zur Überlieferung

pus von 18 Reimpaargedichten, darunter Reden und Bîspel des Stricker, des Königs vom Odenwald, Mären (FISCHER 1983, Nr. B 11, 108), Konrads von Würzburg ›Der Welt Lohn‹, eine Reimpaarfabel (DICKE/GRUBMÜLLER 1987, Nr. K 301) und eine Minnerede (BRANDIS 1986, Nr. 354). L1 SCHRÖDER 1911, S. 1, 29-31, 221-241 (mit Textabdruck); SCHNELL 1980/2004, Sp. 702; BALDZUHN 2006, S. 44; BALDZUHN 2006a, S. 100f. L2 Beiträge zur ältern Litteratur oder Merkwürdigkeiten der Herzoglichen öffentlichen Bibliothek zu Gotha. Hg. von FRIEDRICH JAKOBS und FRIEDRICH AUGUST UKERT. Leipzig 1835-43, Bd. 2, S. 294-300. L3 KEYSER 1966, S. 44, 133; BRANDIS 1968, S. 230; FISCHER 1983, S. 288; KORNRUMPF 1987, Sp. 501; Vom Großen Löwenhof zur Universität 2002, S. 52f.; FALK EISERMANN: Zur Datierung der ›Würzburger Kleinepiksammlung‹ (Forschungsbibliothek Gotha, Chart. A 216). In: ZfdA 134 (2005), S. 193-204.

Hal

Halle, Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt, Cod. Stolb.-Wernig. Za 75p (ehem. Wernigerode, Gräflich Stolbergische Bibliothek, Cod. Za 75p) Perg., Pap., 420 Bl., 21 x 14.5 cm, 2. Hälfte 15. Jh. (1479), westmitteldeutsch (hessisch?). 205r-211v: ›Facetus Cum nihil utilius‹, lat.-dt. (SCHRÖDER: Sigle r; Textgruppe: »selbstständige Übersetzung/r«). Weiterer Inhalt: neben vermischten lat. theologischen Schriften u. a. Adam (Magister): ›Summula de Summa Raymundi‹ sowie Raymundus de Pennaforte: ›Summa de poenitentia ‹; Johannes de Garlandia: ›Poenitentiarius‹ (?) und ›Composita verborum‹; lat. Nachrichten zur Geschichte des Prämonstratenserordens und ein Gedicht über den heiligen Norbert; lat. und dt. Rezepte; Agostino Dati: ›Elegantiolae‹ (Wiegendruck o. O. und o. J.). Vorbesitzer Wernigerode, Gräflich Stolbergische Bibliothek L1 SCHRÖDER 1911, S. IV, 200-220 (mit Textabdruck); SCHNELL 1980/2004, Sp. 702; BALDZUHN 2006, S. 45. L3 HILDEGARD HERRICHT: Die ehemalige StolbergWernigerödische Handschriftenabteilung. Die Geschichte einer kleinen feudalen Privatsammlung. Halle/S. 1970 (Schriften zum Bibliotheks- und Büchereiwesen in Sachsen-Anhalt 31), S. 28; RENATE SCHIPKE, KURT HEYDECK: Handschriftencensus der kleineren Sammlungen in den östlichen Bundesländern Deutschlands: Bestandsaufnahme der ehemaligen Arbeitsstelle »Zentralinventar Mittelalterlicher Handschriften bis 1500 in den Sammlungen der DDR« (ZIH). Wiesbaden 2000, S. 177.

›Facetus‹

1003

Jen

Jena, Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek, Ms. Prov. o. 17 Perg., 2 Bl., 20.5-21 x 15 cm, 2. Hälfte 14. Jh., ostmitteldeutsch. 1r-2v: ›Facetus Cum nihil utilius‹, lat.-dt., frgm. (SCHRÖDER: Sigle J; Textgruppe: SCHRÖDERs »älteste Teilübersetzung«/ZATOČILs »Bearbeitung V«).844 L1 P. CRAIN: Bruchstück eines lateinisch-deutschen Facetus in der Jenaer Universitätsbibliothek. In: ZfdA 51 (1909), S. 218-226 (mit Textabdruck); SCHRÖDER 1911, S. IV, 300; ZATOČIL 1952, S. 246, 336; SCHNELL 1980/2004, Sp. 702; BALDZUHN 2006, S. 42; BALDZUHN 2006a, S. 102. L2 FRANZJOSEF PENSEL: Verzeichnis der altdeutschen und ausgewählter neuerer deutscher Handschriften in der Universitätsbibliothek Jena. Berlin 1986 (Verzeichnisse altdeutscher Handschriften in der Deutschen Demokratischen Republik 2; DTM 70), S. 417f.

Kar

Karlsruhe, Badische Landesbibliothek, Cod. Donaueschingen 104 (ehem. Donauschingen, Fürstlich Fürstenbergische Hofbibliothek, Cod. 104) Pap., 269 Bl., 30.5 x 22 cm, um 1430/33, Oberschwaben (Bodensee? Konstanz?). 74v-77v: ›Facetus Cum nihil utilius‹, dt. (SCHRÖDER: Sigle g2; Textgruppe: »selbstständige Übersetzung/G«). Weiterer Inhalt: Joseph von Laßbergs ›Liedersaal-Handschrift‹ mit Mären, Teichner- und Minnereden und Stricker-Bîspeln (Märenhs. l, Strickerhs. L, Teichnerhs. G) und den ›Disticha Catonis‹, dt. (Hs. R-Kar 1). Vorbesitzer Donaueschingen, Fürstlich Fürstenbergische Hofbibliothek L1 SCHRÖDER 1911, S. 1, 221-241 (mit Lesarten); SCHNELL 1980/2004, Sp. 702; BALDZUHN 2006, S. 44; BALDZUHN 2006a, S. 100f. L2 BARACK 1865, S. 100f. L3 Lieder Saal, das ist: Sammelung altteutscher Gedichte. Herausgegeben aus ungedrukten Quellen vom Reichsfreiherrn VON LASSBERG. 3 Bd.e. St. Gallen, Konstanz 1846, Bd. 1, S. 559-573 (mit Textabdruck); KLAUS GRUBMÜLLER: ›Liedersaal-Handschrift‹. In: VL, Bd. 5, Sp. 818-822; HEINZER 1995. Siehe auch oben Kap. V.2.1 zu Hs. RKar 1.

_____________ 844

Bei dem heute unter der Signatur 2 Op.theol.IV,121 aufbewahrten Trägerband, dessen erster Lage das Bruchstück als Schutzblatt diente, handelt es sich um die bei Bernhard Richel in Basel am 14.12.1478 erschienene Ausgabe der ›Tabula operum Thomae Aquinatis‹ des Petrus von Bergamo. Dieser Band gehört zum ältesten Bestand der Bibliothek und ist »vielleicht schon mit ihrem Grundstock von Wittenberg nach Jena gekommen« (CRAIN S. 219).

1004

Verzeichnisse zur Überlieferung

Kas

*Kassel, Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek, 8° Ms. philos. 5 Perg., 222 Bl., 13 x 9 cm, Ende 14. Jh., ripuarisch/westniederdeutsch. 42r-77v: ›Facetus Cum nihil utilius‹, dt. (SCHRÖDER: Sigle K; Textgruppe: »selbstständige Übersetzung/K«). Weiterer Inhalt: ›Disticha Catonis‹, dt. (Hs. N-Kas); ›Contemptus mundi‹/›Cartula‹, dt.; Freidank: ›Bescheidenheit‹; ›Lucidarius‹ L1 SCHRÖDER 1911, S. 1, 171-199 (mit Textabdruck); SCHNELL 1980/2004, Sp. 702; BALDZUHN 2006, S. 44. L3 SCHRÖDER 1910, S. 335f.; GOTTSCHALL/STEER 1994, S. 13*. Siehe auch oben Kap. V.2.3 zu Hs. N-Kas.

Kra

*Krakau (Kraków), Biblioteka Jagiellońska, Berol. Ms. germ. quart 1870 (ehem. Berlin, Preußische Staatsbibliothek; ehem. Wernigerode, Gräflich Stolbergische Bibliothek, Cod. Zb 10) Perg., 70 Bl., 21 x 14.5 cm, 2. Viertel/Mitte 15. Jh. (1449, 1451), niederalemannisch. 51v-59v: ›Facetus Cum nihil utilius‹, dt. (ZATOČIL: Sigle W1; Textgruppe: SCHRÖDERs »älteste Teilübersetzung«/ZATOČILs »Bearbeitung V«). Weiterer Inhalt: neben den ›Disticha Catonis‹, dt. (Hs. G-Kra), v. a. dt. geistliche Texte (›15 Zeichen vor dem Jüngsten Gericht‹, ›Himmelsbrief‹ [›Jerusalem-Version‹], Auslegung der Messe, Pilgerführer durch das Heilige Land, Vaterunser-Auslegung). Vorbesitzer Wernigerode, Gräflich Stolbergische Bibliothek; München, Antiquariat Rosenthal L1 ZATOČIL 1952, S. 246, 253f., 336; BALDZUHN 2006, S. 42. L2 FÖRSTEMANN 1866, S. 106f. L3 LEOPOLD ZATOČIL: Ein unbekannter Prosatext der Fünfzehn Zeichen vor dem Jüngsten Gericht. In: Časopis pro moderní filologii 26 (1940), S. 276-287; GERHARDT/PALMER 2002, S. 161. Siehe auch oben Kap. V.2.6 zu Hs. G-Kra.

Lue

ehem. Lübeck, Bibliothek des Gymnasium Katharineum, ohne Signatur [Verbleib unbekannt]845 Pap., 1 Bl., um 1500, mittelniederdeutsch. 1rv: ›Facetus Cum nihil utilius‹, lat.-dt., frgm. (Textgruppe: »ndd. Übersetzung/Lübeck«). L1 SCHRÖDER 1911, S. 283-285 (mit Textabdruck); BALDZUHN 2006, S. 46. L3 [WILHELM MANTELS:] Gymnasii Hamburgensis rectori et praeceptoribus diem festum a. d. IX. Kal. Jun. quo ante hos trecentos et quinquaginta annos Johannes Bugenhagen ad

_____________ 845

Nach Mitteilung der Schulleitung vom 8. Januar 2004 nicht mehr aufzufinden (auch nicht in der Stadtbibliothek Lübeck und im Archiv der Stadt).

›Facetus‹

1005

aedem S. Johannis scholam latinam instauravit ex animo gratulantur Catharinei Lebecensis rector et collegae. o. O., o. J. [1879] (mit Textabdruck).

Mag

ehem. Magdeburg, Stadt- und Bezirksbibliothek, Cod. XII,15 (ehem. III 2° 209 4° 75) [im II. Weltkrieg zerstört] Pap.; handschriftlicher Teil (IV,1-3): 157 Bl. ; Folioformat; I: 1559, II: 1570, III: 1492, IV,1: um 1420, IV,2a+b: 2. Hälfte 15. Jh., IV,3: 1460, V: 1477; IV,1-3: mittelniederdeutsch. 124rb-130rb des handschriftlichen Teils: ›Facetus Cum nihil utilius‹, lat.dt. (SCHRÖDER: Sigle ma; Textgruppe: »ndd. Übersetzung/ma«). Weiterer Inhalt: nachmittelalterliche Zusammenstellung verschiedener Drucke (IIII, V) und dreier Handschriften mit Jean de Mandevilles ›Reisen‹ in der Übersetzung Ottos von Diemeringen (IV,1), dem ›Magdeburger Äsop‹ (IV,2a), der dem ›Facetus‹ (IV,2b) vorangeht, und Freidank (IV,3). Vorbesitzer Ludolf von Münchhausen (1570-1640) L1 SCHRÖDER 1911, S. 1, 246f.; SCHNELL 1980/2004, Sp. 720; BALDZUHN 2006, S. 46. L3 WIGGERT 1836 (mit Textabdruck); Gerhard von Minden. Hg. von W. SEELMANN. Bremen 1878 (Niederdeutsche Denkmäler 2), S. XXXIIf.; KLAUS RIDDER: Jean de Mandevilles ›Reisen‹. Studien zur Überlieferungsgeschichte der deutschen Übersetzungen des Otto von Diemeringen. München 1991 (MTU 99), S. 130133.

Magdeburg, Bibliothek des Domgymnasiums, Ms. 217: s. o. Ber 7. Mai Mainz, Martinus-Bibliothek, Fragm. germ. 5 (lat.-dt.) Perg., 1 Doppelbl., 5-6.5 x 30-30.5 cm, 1. Hälfte 15. Jh., mitteldeutsch. 1rv: ›Facetus Cum nihil utilius‹, lat.-dt., frgm. (Textgruppe: SCHRÖDERs »älteste Teilübersetzung«/ZATOČILs »Bearbeitung V«). Mei

ehem. Meiningen, Landesbücherei, Hs. 177 [Verbleib unbekannt], Bl. 11r bis 26v oder 27r (lat.-dt.) In der vermissten Meininger Handschrift eines lat.-dt. ›Cato‹ – siehe für nähere Angaben oben Kap. V.2.23 – begann Bl. 11r ein lateinischdeutscher ›Facetus Cum nihil utilius‹ mit dem Initium Cum nihil utilius humanae credo saluti [...] Ich glaube das niht bessers sy dem mensche heyle. Seinem Initium nach ist der deutsche Text SCHRÖDERs »selbstständiger Übersetzung« v an die Seite zu stellen. L1 BALDZUHN 2006, S. 47.

1006

Verzeichnisse zur Überlieferung

Mue1 *München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 72 Perg., 43 Bl., 19.5 x 14 cm, um 1447/48, bairisch. 21r-43r: ›Facetus Cum nihil utilius‹, lat.-dt. (SCHRÖDER: Sigle M; Textgruppe: »selbstständige Übersetzung/M«). Weiterer Inhalt: ›Disticha Catonis‹, lat.-dt. (Hs. G-Mue1). Vorbesitzer Freising, Dombibliothek? L1 SCHRÖDER 1911, S. 1, 152-170 (mit Textabdruck); SCHNELL 1980/2004, Sp. 702; BALDZUHN 2006, S. 45. L2 PETZET 1920, S. 116f. L3 Siehe auch oben Kap. V.2.6 zu Hs. G-Mue1.

Mue2 *München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 195I Perg., 5 Bl., 34.5 x 26.5 cm (Bl. 5: 25 x 20 cm), 1350/54, Würzburg. 5rb-va: ›Facetus Cum nihil utilius‹, lat.-dt., frgm. (SCHRÖDER: Sigle G; Textgruppe: »selbstständige Übersetzung/G«). Weiterer Inhalt: Bruchstükke aus dem ersten Band des ›Hausbuchs‹ Michaels de Leone mit Hugos von Trimberg ›Renner‹. Vorbesitzer Michael de Leone (†1355) L1 EHRISMANN 1885 (mit Textabdruck); SCHRÖDER 1911, S. IV, 221-241 (mit Lesarten); SCHNELL 1980/2004, Sp. 702; BALDZUHN 2006, S. 44; BALDZUHN 2006a. L2 PETZET 1920, S. 116f. L3 KORNRUMPF/VÖLKER 1968, S. 66-106 und S. 349, hier besonders S. 75; KURRAS 1974, S. 63; KORNRUMPF 1987; Vom Großen Löwenhof zur Universität 2002, S. 22-35.

Mue3 *München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 11782 Pap., 86 Bl., 21.5 x 14.5 cm, Ende 14. Jh. (Teil II) und Mitte 15. Jh. (Teil I), Süddeutschland. 23r-29r: ›Facetus Cum nihil utilius‹, dt. (ZATOČIL: Sigle M; Textgruppe: SCHRÖDERs »älteste Teilübersetzung«/ZATOČILs »Bearbeitung V«). Weiterer Inhalt: Die zwei noch im 15. Jahrhundert zusammengesetzten Teile überliefern in Teil I die lat.-dt. glossierten ›Disticha Catonis‹ und den lat. glossierten ›Facetus Cum nihil utilius‹, dem in Teil II zunächst der dt. ›Facetus‹, eine separate lat.-dt. expositio ad litteram zu den ›Disticha Catonis‹ und ein lat. ›Facetus‹-Kommentar folgen. Weiteres: De declinatione aliquorum verborum difficiliorum; Adam (Magister): ›Summula de Summa Raymundi‹; Johannes de Garlandia: ›Composita verborum‹; Otto von Lüneburg: ›Ars dictandi‹. Schreiber 30r-38v, 39ra-51ra, 51va-58rb: johannes de zadaw (38v) Vorbesitzer Polling, Augustiner-Chorherren (Exlibris von 1744) L1 SCHRÖDER 1911, S. IV, 300-305 (mit Lesarten); ZATOČIL 1952, S. 246, 336; BALDZUHN 2006, S. 43. L2 Catalogus codicum latinorum bibliothecae regiae Mona-

›Facetus‹

1007

censis, Bd. 2,2, S. 38. L3 HENKEL 1980, S. 159f.; BALDZUHN 2005, S. 422-431. Siehe auch oben Kap. V.2.21.

Nikolsburg (Mikulov), Fürstlich Dietrichsteinische Bibliothek, Cod. I 30: s. o. Goe. Nue *Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Hs 34238 Perg., 2 Bl., 19 x 13.5 cm, 15. Jh., ostmitteldeutsch. 2rv: ›Facetus Cum nihil utilius‹, lat.-dt., frgm. (Textgruppe: SCHRÖDERs »älteste Teilübersetzung«/ZATOČILs »Bearbeitung V«). Weiterer Inhalt: ›Disticha Catonis‹, lat.-dt. (Hs. O-Nue). L1 SCHNELL 1980/2004, Sp. 702; HENKEL 1988, S. 247; BALDZUHN 2006, S. 43. L2 KURRAS 1974, S. 108. L3 Siehe auch oben Kap. V.2.7 zu Hs. O-Nue.

Ostrov s. Schlackenwerth. Schl

ehem. Schlackenwerth (Ostrov), Piaristenbibliothek, Frgm. Nr. 1,1/2 [Verbleib unbekannt] (lat.-dt.) Unter den in die Online-Handschriftendatenbank von »www.manuscriptamedievalia.de« eingearbeiteten handschriftlichen Beschreibungen aus dem Handschriftenarchiv der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften wird aus Kasten 241 ein von WALTHER DOLCH erfasstes Schlackenwerther Bruchstück mit einem lateinisch-deutschen ›Facetus Cum nihil utilius‹ geführt. (DOLCH selbst hatte die Verse freilich zunächst einem lateinisch-deutschen ›Cato‹ zugewiesen; erst ein späterer Benutzer hat seine Beschreibung nachträglich korrigiert.) Das Bruchstück umfasst zwei vielleicht noch im 14. Jahrhundert beschriebene Pergamentblätter, die aus der Schlackenwerther Handschrift Nr. 409 herausgelöst wurden. Bei Blatt Nr. 1,1 handelt es sich um einen Querstreifen aus einem Doppelblatt von 6 cm Höhe und 30.5 cm Breite. Blatt Nr.1,2 ist ein Einzelblatt von 16.5 cm Breite und einer Schriftspiegelbreite von 12.7 cm. Hier wie dort gehen jeweils zwei lateinische vier deutschen Versen voran. Diese gehen durchweg mit SCHRÖDERs »ältester Teilübersetzung«/ZATOČILs »Bearbeitung V« zusammen. L1 BALDZUHN 2006, S. 47.

Schw

ehem. Schwiebus (Świebodzin), Stadtarchiv, Falzstreifen aus Hs. Nr. 8 [Verbleib unbekannt] Perg., 4 Doppelblätter in 18 Streifen, 0.5-1 x 30-40 cm (ursprüngliches Blattmaß ca. 24 x 17 cm), Ende 14./Anfang 15. Jh., ostmitteldeutsch (Schlesien oder Böhmen).

1008

Verzeichnisse zur Überlieferung

3r-4v: ›Facetus Cum nihil utilius‹, lat.-dt., frgm. (SCHRÖDER: Sigle S; Textgruppe: SCHRÖDERs »älteste Teilübersetzung«/ZATOČILs »Bearbeitung V«). Weiterer Inhalt: ›Disticha Catonis‹, lat.-dt. (Hs. O-Sch). L1 BORCHLING 1906 (mit Textabdruck); SCHRÖDER 1911, S. 1, 61; ZATOČIL 1952, S. 246, 254, 336; SCHNELL 1980/2004, Sp. 702; BALDZUHN 2006, S. 43. L3 Siehe auch oben Kap. V.2.7 zu Hs. O-Sch.

Str ehem. Straßburg, Stadtbibliothek, Cod. B 121 [1870 verbrannt] Pap., 263 Bl., Quartformat, 15. Jh., Straßburg? 6r-10v (6ra bis 10va oder bis 10vb?): ›Facetus Cum nihil utilius‹, dt. (Textgruppe: Übersetzung Heinrich Laufenberg). Weiterer Inhalt: Sammlung der Lieder Heinrich Laufenbergs und einiger fremder Lieder, daneben die ›Disticha Catonis‹, dt. (Hs. R-Str) und einige geistliche Prosastücke. Schreiber Heinrich Laufenberg? Vorbesitzer Heinrich Laufenberg? L1 SCHRÖDER 1911, S. 31f., 244f. (Textproben); BALDZUHN 2006, S. 46. L3 MÜLLER 1888; WACHINGER 1979; RSM, Bd. 1, S. 255. Siehe auch oben Kap. V.2.1 zu Hs. RStr.

Stu *Stuttgart, Württembergische Landesbibliothek, Cod. HB X 23 Pap., 149 Bl., 28 x 20.5 cm, 1446/47 und 1449, ostmitteldeutsch. 22vb-25vb: ›Facetus Cum nihil utilius‹, dt. (SCHRÖDER: Sigle s; Textgruppe: SCHRÖDERs »älteste Teilübersetzung«/ZATOČILs »Bearbeitung V«). Weiterer Inhalt: Johannes von Saaz: ›Ackermann aus Böhmen‹; ›Disticha Catonis‹, dt. (Hs. G-Stu); Jakob von Theramo: ›Belial‹, dt.; Ulrich Boner: ›Edelstein‹. Vorbesitzer Deutschordenskommende Mergentheim?; 1566 H L M L Andreas Venatorius Cantzleyschreiber m p scriptum (Innenseite der Lederstreifen des Deckels) L1 SCHRÖDER 1911, S. 1, 34f., 37, 59f., 78-89 (mit partiellem Textabdruck); ZATOČIL 1952, S. 246, 336; SCHNELL 1980/2004, Sp. 702; BALDZUHN 2006, S. 45. L2 BUHL 1972, S. 88f. L3 Johannes de Tepla, civis Zacensis, Epistola cum Libello ackerman und Das büchlein ackerman. Nach der Freiburger Hs. 163 und nach der Stuttgarter Hs. HB X 23 hg. und übersetzt von KARL BERTAU. Berlin, New York 1994, Bd. 1, S. XVII-XX, Bd. 2, S. 271-301. Siehe auch oben Kap. V.2.6 zu Hs. G-Stu.

Świebodzin s. Schwiebus. Wernigerode, Gräflich Stolbergische Bibliothek, Cod. Za 75p: s. o. Hal.

›Facetus‹

1009

Wernigerode, Gräflich Stolbergische Bibliothek, Cod. Zb 10: s. o. Kra. Wie1 *Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 204 Perg., I + 32 + I Bl., 15.5 x 10.5 cm, 2. Viertel 15. Jh., bairisch. 23r-31v: ›Facetus Cum nihil utilius‹, lat.-dt. (SCHRÖDER: Sigle W; Textgruppe: SCHRÖDERs »älteste Teilübersetzung«/ZATOČILs »Bearbeitung V«). Weiterer Inhalt: Regulae grammaticales; ›Disticha Catonis‹, lat.-dt. (Hs. G-Wie1). Schreiber 2r-6v: Explicit Regula per manus Vlrici pistriczer ordinis dominorum Theutonicorum fratrum hospitalis sancte Marie iherosolimitani (6v) L1 SCHRÖDER 1911, S. 1, 34, 37-57, 58f.; ZATOČIL 1952, S. 246, 253, 336; SCHNELL 1980/2004, Sp. 702; BALDZUHN 2006, S. 43. L2 Tabulae codicum 1864/99, Bd. 1, S. 29; MENHARDT 1960/61, S. 35f. L3 Siehe auch oben Kap. V.2.6 zu Hs. G-Wie1.

Wie2 *Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 2977 Pap., V + 185 + I Bl., 21 x 14 cm, 2. Hälfte 15. Jh., ostmitteldeutsch. 42r-53r: ›Facetus Cum nihil utilius‹, lat.-dt. (SCHRÖDER: Sigle v; Textgruppe: »selbstständige Übersetzung/v«). Weiterer Inhalt: Wurmsegen; Gottfried von Franken: ›Pelzbuch‹; ›Disticha Catonis‹, lat.-dt. (Hs. GWie2 ); Rossarznei (u. a. Meister Albrants ›Rossarzneibuch‹); Bartolomæus: ›Praktik‹; ›(Älterer deutscher) Macer‹; ›Wiener Falkenheilkunde‹; Rezepte. L1 SCHRÖDER 1911, S. 1, 130-151 (mit Textabdruck); SCHNELL 1980/2004, Sp. 702; BALDZUHN 2006, S. 45. L2 Tabulae codicum 1864/99, Bd. 2, S. 166; MENHARDT 1960/61, S. 716-719. L3 Siehe auch oben Kap. V.2.6 zu Hs. G-Wie2.

Wie3 *Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 3086 Pap., II + 235 + III Bl., 26.5 x 17.5 cm, 1. Hälfte 15. Jh. (1426), Wien? 215v-228v: ›Facetus Cum nihil utilius‹, lat.-dt. (SCHRÖDER: Sigle w; Textgruppe: SCHRÖDERs »älteste Teilübersetzung«/ZATOČILs »Bearbeitung V«). Weiterer Inhalt: Hugo von Trimberg: ›Renner‹; Georg von Ungarn: ›Purgatorium s. Patricii‹, dt.; Beichte Heinrichs von Langenstein; Freidank, lat.-dt.; ›Disticha Catonis‹, lat.-dt. (Hs. G-Wie3 ); Nikolaus von Dinkelsbühl: ›Spiegel der Kunst gut zu Sterben‹. Vorbesitzer Job Hartmann von Ennenkel (1576-1627)?; Carl Ludwig Fernberger zu Egenberg (†1635) L1 SCHRÖDER 1911, S. 1, 102-122 (mit partiellem Textabdruck); SCHNELL 1980/2004, Sp. 702; BALDZUHN 2006, S. 45. L2 Tabulae codicum 1864/99, Bd. 2, S. 193f.; MENHARDT 1960/61, S. 875-877; FRANZ UNTERKIRCHER: Die datierten Handschriften der österreichischen Nationalbibliothek von 1401-1450. Wien 1971 (Katalog der datierten

1010

Verzeichnisse zur Überlieferung

Handschriften in lateinischer Schrift in Österreich 2), Bd. 1, S. 50, Bd. 2, S. 138 Abb. 215. L3 Siehe auch oben Kap. V.2.6 zu Hs. G-Wie3.

Wie4 Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 4117 Pap., 226 Bl., 11 x 7.5 cm, 2. Hälfte 15. Jh., Mondsee. 91r-105v: ›Facetus Cum nihil utilius‹, dt. (SCHNELL: Sigle W1; Textgruppe: Übersetzung Johannes Hauser). Weiterer Inhalt: lat.-dt. Sammelhandschrift mit einer Vielzahl zumeist kürzerer geistlicher, weltlicher und didaktischer Texte (u. a. Martinus: ›Novus Cato‹, dt.; ›Rat der Vögel‹; ›Liber moralis‹; Regimen sanitatis, dt.; Rätsel; Gebete; geistliche und weltliche Lieder; Priamel; Abschriften von Einblattdrucken; ›Summula virtutum et vitiorum‹, dt.; Sentenzen; Metra de sanctis und Collectanea theologica sowie Predigten). Schreiber größtenteils und inklusive des ›Facetus‹ Johannes Hauser (1440/42-1518), daneben fünf weitere Hände (vgl. im einzelnen MENHARDT 1960/61, S. 992) Vorbesitzer Mondsee, Benediktiner L1 SCHNELL 1980/2004, Sp. 702; HENKEL 1988, S. 247 (irrtümlich als Neufund); BALDZUHN 2006, S. 46. L2 Tabulae codicum 1864/99, Bd. 3, S. 163-166; MENHARDT 1960/61, S. 986-992. L3 FIEDLER 1950, S. 105-125 (mit Textabdruck); HEDWIG HEGER: Hauser, Johannes. In: VL, Bd. 3, Sp. 551f.; PETRA BUSCH: Die Vogelparlamente und Vogelsprachen in der deutschen Literatur des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit. Zusammenstellung und Beschreibung des Textmaterials, Rekonstruktion der Überlieferungsgeschichte, Untersuchungen zur Genese, Ästhetik und Gebrauchsfunktion der Gattung. München 2001 (Beihefte zur Poetica 24), S. 65f.

Wie5 Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. ser. nov. 321 Perg., 2 Bl., 20.5 x 17 cm, 15. Jh.846 2rv, 1rv: ›Facetus Cum nihil utilius‹, lat.-dt., frgm. (Textgruppe: SCHRÖDERs »älteste Teilübersetzung«/ZATOČILs »Bearbeitung V«).847

_____________ 846

847

Die beiden Bl. 2v senkrecht zur Schriftrichtung geschriebenen Eintragungen des 16. und 17. Jahrhunderts Alt-Archiv und Tannendorf, Polstorff, Walterskhirchen und Maußtrenckh deren Haus- und uberlendt Diennst verweisen auf Orte in Südostthüringen (Greiz-Tannendorf), Bayern (Polsdorf, Walterskirchen?) und Niederösterreich (Walterskirchen?). HENKELs Feststellung, der Text stimme mit keiner der bei SCHRÖDER gedruckten überein, trifft nicht zu: Er hat sich vermutlich von der Angabe »niederdeutsch« in der Katalogbeschreibung leiten lassen und dann nur mit diesen Fassungen SCHRÖDERs verglichen. Die Reihenfolge von V.80, 83, 84 der bei MAZAL/UNTERKIRCHER abgedruckten lateinischen Verse verweist jedoch auf die lateinische Grundlage der Bearbeitung V, zu der die Ausschnitte aus den deutschen Strophen 60-62 zumindest in 60 und 62 genau passen. Nur 61 weicht deutlicher ab, stellt sich aber noch in der Variation von allen Fassungen am ehesten zu Bearbeitung V.

›Facetus‹

1011

L1 HENKEL 1988, S. 247; BALDZUHN 2006, S. 43. L2 OTTO MAZAL, FRANZ UNTERKIRCHER: Katalog der abendländischen Handschriften der österreichischen Nationalbibliothek. »Series nova« (Neuerwerbungen). Teil 1: Cod. ser. n. 1-1600. Wien 1965 (Museion. Veröffentlichungen der österreichischen Nationalbibliothek N. F. IV,2,1), S. 112 (irrtümlich als ndd. bestimmt).

Wol

Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 1198 Helmst. Pap., 181 Bl., 15 x 10.5 cm, 3. Viertel 15. Jh. (1452, 1466, 1468), (ost-?) oberdeutsch. 109r-126v: ›Facetus Cum nihil utilius‹, lat.-dt. (SCHRÖDER: Sigle h; Textgruppe: »ndd. Übersetzung/h«). Weiterer Inhalt: lat.-dt. Sammelhandschrift zur Grammatik und zum Elementarunterricht (u. a. Donat: ›Ars minor‹; Johannes de Garlandia: ›Cornutus‹/›Distigium‹, lat.-dt.; Grammaticalia; lat., lat.-dt. und dt. Verse; Algorismus). Schreiber 1r-14v: Georgius (Geriken?) (14v); 68r-77v: Martinus (Hinrich?) (77r) Vorbesitzer (Georgius?) Geriken (14v)

L1 SCHRÖDER 1911, S. 1, 248-267 (mit Textabdruck); SCHNELL 1980/2004, Sp. 720; BALDZUHN 2006, S. 46. L2 HEINEMANN 1884/1913, Bd. 3, S. 106f. L3 HABEL 1908, S. 9, 14, 19f., 44-47.

3.2 Drucke 3.2.1 Drucke auf Grundlage von Text K Erstausgabe: F-Dr 1

*[Köln: Johannes Guldenschaff, um 1482/83] (lat.-dt.)848

[ohne Titelblatt; Werküberschrift:] Incipit facetus teutonice et latine L1 SCHRÖDER 1911, S. IV, 171-194 (Sigle it, mit Lesarten); BALDZUHN 2006, S. 45. L2 GW Nr. 6354. L3 BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 974f. Nr. 104.

Weitere Ausgaben: F-Dr 2

Köln, um 1482/83 (lat.-dt.)

Vgl. SCHRÖDER 1911, S. IV, 171-194 (Sigle ik; mit Lesarten); GW Nr. 6355; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 975; BALDZUHN 2006, S. 45.

_____________ 848

Dem ›Facetus‹ Bl. 24r-43v geht Bl. 1r-23r ein lat.-dt. ›Cato‹ voran (s. o. Kap. V.2.3.2 zu Druck N-Dr 1 ).

Verzeichnisse zur Überlieferung

1012

3.2.2 Drucke auf Grundlage von Text V Erstausgabe: F-Dr 3

[Leipzig: Konrad Kachelofen, um 1486/88] (lat.-dt.)849

[ohne Titelblatt; ohne Werküberschrift] L1 SCHRÖDER 1911, S. 1, 35, 37, 90-101 (Sigle i2, mit partiellem Textabdruck); BALDZUHN 2006, S. 44. L2 GW Nr. 9692; L3 BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 585 und Sp. 1024f. Nr. 177.

Weitere Ausgaben: F-Dr 4

Leipzig, um 1490 (lat.-dt.)

Vgl. SCHRÖDER 1911, S. 1, 35, 37, 90-101 (Sigle i1, mit partiellem Textabdruck); GW Nr. 9693; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 585 und Sp. 1025; BALDZUHN 2006, S. 44.

F-Dr 5

Leipzig 1500

Vgl. SCHRÖDER 1911, S. 1, 35, 37, 90-101 (Sigle i3, mit partiellem Textabdruck); GW Nr. 9694; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 1025; BALDZUHN 2006, S. 44.

3.2.3 Drucke der Übersetzung von Sebastian Brant Erstausgabe: F-Dr 6

[Basel:] Johann Bergmann von Olpe, 1496 (lat.-dt.)

Liber Faceti docens mores ho|minum: praecipue Iuneum / in supplementum illorum / qui a Cathone | erant omissi: per Sebastianum Brant: in vulgare nouiter translatus L1 SCHRÖDER 1911, S. 242-245. L2 GW Nr. 9695. L3 BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 574-586 und Sp. 1025f. Nr. 178; WILHELMI 1990, S. 106 Nr. 312.

Weitere Ausgaben: F-Dr 7

Ulm 1497 (lat.-dt.)

Vgl. GW Nr. 9696; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 585 und Sp. 1026; WILHELMI 1990, S. 107 Nr. 313.

_____________ 849

An den ›Facetus‹ schließt noch das ›Carmen de moribus studentium et beanorum‹ von Johannes Fabri an.

›Facetus‹

F-Dr 8

1013

Memmingen, um 1497/98 (lat./dt.)

Vgl. GW Nr. 9697; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 585 und Sp. 1026; WILHELMI 1990, S. 107 Nr. 314.

F-Dr 9

*Basel 1498 (lat.-dt.)

Vgl. GW Nr. 9698; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 585 und Sp. 1026; WILHELMI 1990, S. 107 Nr. 315.

F-Dr 10

Basel 1499 (lat.-dt.)

Vgl. GW Nr. 9699; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 585 und Sp. 1026; WILHELMI 1990, S. 107f. Nr. 316.

F-Dr 11

Reutlingen 1499 (lat.-dt.)

Vgl. GW Nr. 9700; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 585 und Sp. 1026; WILHELMI 1990, S. 108 Nr. 317.

F-Dr 12

Basel, um 1500 (lat.-dt.)

Vgl. VD 16 Nr. F 507; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 585 und Sp. 1026; WILHELMI 1990, S. 108 Nr. 318.

F-Dr 13

Basel, um 1500 (lat.-dt.)

Vgl. ZARNCKE 1854, S. 137-142 MANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1,

(Textabdruck); VD 16 Nr. F 506; BRÜGGESp. 585 und Sp. 1026; WILHELMI 1990, S. 108

Nr. 319.

F-Dr 14

Ulm, um 1500 (lat.-dt.)

Vgl. GW Nr. 9701; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 585 und Sp. 1026; WILHELMI 1990, S. 108f. Nr. 320.

F-Dr 15

Augsburg 1501 (lat.-dt.)

Vgl. VD 16 Nr. F 503; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 1026; WILHELMI 1990, S. 109 Nr. 321.

F-Dr 16

Pforzheim 1502 (lat.-dt.)

Vgl. IA Nr. 123.662; VD 16 Nr. F 505; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 1026; WILHELMI 1990, S. 109 Nr. 322.

F-Dr 17

Nürnberg 1503 (lat.-dt.)

Vgl. VD 16 Nr. F 508; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 1026; WILHELMI 1990, S. 109 Nr. 323.

1014

F-Dr 18

Verzeichnisse zur Überlieferung

Basel 1506 (lat.-dt.)

Vgl. IA Nr. 123.669; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 1026; WILHELMI 1990, S. 109f. Nr. 324.

F-Dr 19

Augsburg 1506 (lat.-dt.)

Vgl. VD 16 Nr. F 509; WILHELMI 1990, S. 110 Nr. 325.

F-Dr 20

Nürnberg 1507 (lat.-dt.)

Vgl. VD 16 Nr. F 510; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 585 und Sp. 1024; WILHELMI 1990, S. 110 Nr. 326.

F-Dr 21

Straßburg 1508 (lat.-dt.)

Vgl. VD 16 Nr. ZV 16931; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 1026; WILHELMI 1990, S. 110 Nr. 327.

F-Dr 22

Mainz 1509 (lat.-dt.)

Vgl. VD 16 Nr. F 511; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 1026; WILHELMI 1990, S. 110 Nr. 328.

F-Dr 23

München 1509 (lat.-dt.?)

Vgl. BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 585 und Sp. 1026.

F-Dr 24

Augsburg 1511 (lat.-dt.)

Vgl. VD 16 Nr. F 512; BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 585 und Sp. 1026; WILHELMI 1990, S. 110f. Nr. 329.

F-Dr 25

Leipzig 1513 (lat.-dt.)

Vgl. VD 16 Nr. F 513; WILHELMI 1990, S. 111 Nr. 330.

F-Dr 26

Augsburg 1516 (lat.-dt.?)

Vgl. BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 585 und Sp. 1026.

F-Dr 27

München 1518 (lat.-dt.?)

Vgl. BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 585 und Sp. 1026.

F-Dr 28

o. O., o. J. (lat.-dt.)

Vgl. WILHELMI 1990, S. 111 Nr. 331.

F-Dr 29

Duderstadt, o. J. (lat.-dt.?)

Vgl. BRÜGGEMANN/BRUNKEN 1987ff., Bd. 1, Sp. 1026.

1015

›Facetus‹

3.3 Siglenkonkordanz zur Ausgabe SCHRÖDERs Aug Ber 1 Ber 2 Ber 3 Ber 4 Ber 5 Ber 6 Ber 7 Ber 8 Bra Bru Fra Goe Got Hal Jen Kar Kas Kra Lue Mag Mai

(vgl. S. 244) B1 B2 B3 Bv B4 mb b B g1 r J g2 K -852 (vgl. S. 283) ma -

_____________ 850 851 852

ZATOČIL 1952: Sigle M. SCHNELL 1980/2004: Sigle W1. ZATOČIL 1952: Sigle W1.

Mei Mue1 Mue2 Mue3 Nue Schl Schw Stu Str Wie1 Wie2 Wie3 Wie4 Wie5 Wol

M G (vgl. S. 300-305)850 S s (vgl. S. 32) W v w -851 h

F-Dr 1 F-Dr 2 F-Dr 3 F-Dr 4 F-Dr 5

it ik i2 i1 i3

Abbildungsnachweise Abb. 1: Abb. 2: Abb. 3: Abb. 4: Abb. 5: Abb. 6: Abb. 7: Abb. 8: Abb. 9: Abb. 10: Abb. 11: Abb. 12: Abb. 13: Abb. 14: Abb. 15: Abb. 16: Abb. 17: Abb. 18: Abb. 19: Abb. 20: Abb. 21: Abb. 22: Abb. 23: Abb. 24: Abb. 25:

›Chato cum glosa et moralisatione‹, Köln: Heinrich Quentell 1496 (GW Nr. 6314), Bl. A1r Paris, Archives Nationales, AE/II/408, Bl. 10v Paris, Bibliothèque nationale, Ms. Lat. 5570, Bl. 54v Trier, Stadtbibliothek, Cod. 1092/1335, Bl. 233v Antwerpen, Museum Plantin-Moretus, M 374, Bl. 60r Kopenhagen, Kongelige Bibliotek, Cod. GKS 1905 4°, Bl. 139r Kopenhagen, Kongelige Bibliotek, Cod. Fabricius 29 2°, Bl. 30vab Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ms. germ. quart 536, Bl. 3rab Lübeck, Stadtbibliothek, Ms. philol. 8° 15, Bl. 38v-39r Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 13.10 Aug. 4°, Bl. 157v Rom, Biblioteca Apostolica Vaticana, Vat. lat. 1663, Bl. 13r Rom, Biblioteca Apostolica Vaticana, Reg. lat. 1556, Bl. 24v25r Erfurt, Universitäts- und Forschungsbibliothek Erfurt/Gotha, Dep. Erf. CA. 4° 21, Bl. 18v-19r Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. Lat. 10465, Bl. 26v-27r Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. Lat. 10465, Bl. 27v ›Apologus Aviani‹, Köln: Heinrich Quentell 1494 (GW Nr. 3110), Bl. A2v ›Apologus Aviani‹, Leipzig: Wolfgang Stöckel 1509 (VD 16 Nr. A 4474), Bl. A2r Frankfurt/M., Stadt- und Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg, Ms. germ. quart 14, Bl. 21vab Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 56.11 Aug. 8°, Bl. 15v Zwettl, Stiftsbibliothek, Cod. Zwetl. 357, Bl. 89rab Göttingen, Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek, Cod. Ms. W. Müller I,10, Bl. 1rab Frankfurt/M., Stadt- und Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg, Fragm. germ. III 4, Bl. 2v/1r London, British Library, MS Arundel 243, Bl. 222r München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 11782, Bl. 31v Frankfurt/M., Stadt- und Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg, Ms. germ. qu. 31, Bl. 2rb und Bl. 2va

Abbildungsnachweise

Abb. 26: Abb. 29: Abb. 30: Abb. 31: Abb. 32: Abb. 33: Abb. 34: Abb. 35: Abb. 36:

1017

[›Disticha Catonis‹ deutsch (›Rumpfübersetzung/bearbeitung‹)], Basel: Martin Flach, um 1475 (GW Nr. 6350), Bl. 1r Johannes Baptista Caesarius: ›Cato sive Speculum morale‹, Frankfurt: Johann Wechel 1585 (VD 16 Nr. C 1680), S. 76f. Maturin Cordier: ›Disticha de moribus‹, Paris: Robertus Stephanus 1533, S. 27 Maturin Cordier: ›Disticha de moribus‹, Straßburg: Johann Knobloch 1546, Bl. C8v Johannes Fries: ›Catonis disticha moralia‹, Zürich: Christoph Froschauer 1551 (VD 16 Nr. C 1710), Bl. 18v Thomas Heis: ›Catonis disticha dicta moralia‹, Augsburg: Philipp Ulhardt 1578, Bl. A3v-4r ›Libellus elegantissimus qui inscribitur Cato‹, Klausenburg: Janos R. Makai 1620, Bl. D2v-3r ›Dionysii Catonis disticha de moribus‹, Rinteln: Peter Lucius [I., Witwe] 1664 (VD 17 Nr. 1:043639D), S. 30f. Martin Opitz: ›Dionysii Catonis disticha de moribus ad filium‹, Breslau: David Müller 1629 (VD 17 Nr. 3:312863F), Bl. C1v-2r

Literaturverzeichnis Reihen- und Zeitschriftentitel werden wie im Verfasserlexikon – vgl. VL, Bd. 1, S. XIXXIII, und Bd. 9, S. Xf. – abgekürzt zitiert. Lediglich für punktuelle Zusammenhänge herangezogene Forschungsbeiträge sind bereits an entsprechender Stelle vollständig nachgewiesen und werden nachstehend nicht noch einmal aufgeführt. Die für die Identifizierung der Texte in den Handschriftenbeschreibungen herangezogenen Ausgaben auszuweisen, hätte das Literaturverzeichnis gesprengt: Auf ihre Anführung ist daher verzichtet. Eine Ausnahme wurde für einige sehr häufig gemeinsam mit den ›Fabulae‹ oder dem ›Cato‹ überlieferte Werke gemacht (besonders innerhalb des ›Liber Catonianus‹ und der ›Auctores octo‹). Deren Ausgaben werden zumal dann ausgewiesen, wenn sie sich über die Bereitstellung des Textes hinaus durch Überlieferungsverzeichnisse als nützlich erwiesen haben. Zum deutschen ›Facetus Cum nihil utilius‹ und zu den deutschen ›Disticha Catonis‹ werden auch einzelne Textabdrucke in Zeitschriftenbeiträgen in extenso ausgewiesen – soweit nicht eine dem Anspruch nach kritische Textausgabe den entsprechenden Textzeugen bereits berücksichtigt (vgl. ZARNCKE 1852 für den Rumpf-›Cato‹ und GRAFFUNDER für den ›Niederrheinischen Cato‹ und für Stephans von Dorpat ›Cato‹). Zudem werden die Sammelausgaben (vgl. ZATOČIL 1952 für den ›Cato‹ und SCHRÖDER 1911 für den ›Facetus‹) nach den von ihnen berücksichtigten Textzweigen aufgeschlüsselt. Angesicht der insgesamt unzureichenden Editionslage lässt sich Teil 1 des Literaturverzeichnisses somit als Wegbereiter zu bereits gedruckten Texten benutzen.

1. Textausgaben, Faksimiles, Quellensammlungen ›Accessus ad auctores‹

Accessus ad auctores. Bernard d’Utrecht. Conrad d’Hirsau: Dialogus super auctores. Édition critique entièrement revue et augmentée par R. B. C. HUYGENS. Leiden 1970, S. 1854.

Adolf von Wien: ›Doligamus‹

EDWIN HABEL: Der ›Doligamus‹ des Adolfus von Wien. In: Studi medievali 11 (1938), S. 103147.

Alanus ab Insulis: ›Liber parabolarum‹

Doctrinale minus alias Liber parabolarum magistri Alani de Insulis. In: Patrologia Latina. Hg. von JACQUES-PAUL MIGNE. 217 Bd.e [und vier Bd.e Register]. Paris 1844-64, Bd. 210, Sp. 579594.

Alexander de Villa Dei: ›Doctrinale‹

Das Doctrinale des Alexander de Villa Dei. Kritisch-exegetische Ausgabe mit Einleitung, Verzeichniss der Handschriften und Drucke nebst Registern. Bearbeitet von DIETRICH

1. Textausgaben, Faksimiles, Quellensammlungen

1019

REICHLING. Berlin 1893 (Monumenta Germaniae Paedagogica 12). Unv. Nachdr. New York 1974 (Burt Franklin research and source works series. Studies in the history of education 11). Alexander Neckam: ›Novus Avianus‹

THOMAS A.-P. KLEIN: Alexander Neckam: ›Novus Avianus‹. Hg., übersetzt und kommentiert. In: Favolisti latini medievali. Genua 1998 (Favolisti latini medievali 7; Pubblicazioni del D.AR.FI.CL.ET N. S. 178), S. 99-136.

Alexander Neckam: ›Novus Esopus‹

Alessandro Neckam: Novus Aesopus, a cura di GIOVANNI GARBUGINO. Genua 1987 (Favolisti latini medievali 2; Pubblicazioni del D.AR.FI.CL.ET N. S. 111).

Alonso de Cartagena: ›Cathoniana confectio‹

Alonso de Cartagena (?): ›Cathoniana confectio‹: a Latin gloss on the ›Disticha Catonis‹ and the ›Contemptum [!] mundi‹, ed. and translated by BARRY TAYLOR. Bristol 2004 (Bristol Medieval Studies 1).

›Anonymi Avianicae Fabulae‹

LEOPOLD HERVIEUX: Les fabulistes latins. Depuis le siècle d’Auguste jusqu’à la fin du moyen âge. 5 Bd.e. Paris 1884-1899 [Bd. 1 und 2 in korr. 2. Aufl. 18993]. Unv. Nachdr. Hildesheim, New York 1970, Bd. 3, S. 319-352.

›Anonymus Neveleti‹

Lyoner Yzopet. Altfranzösische Übersetzung des XIII. Jahrhunderts in der Mundart der FrancheComté. Mit dem kritischen Text des lateinischen Originals (sog. Anonymus Neveleti) zum ersten Mal hg. von WENDELIN FÖRSTER. Heilbronn 1882 (Altfranzösische Bibliothek 5).

›Anonymus Neveleti‹-Kommentar The fables of ‘Walter of England’. Edited from (Hs. Wolfenbüttel, Herzog August Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Codex Bibliothek, Cod. 185 Helmst.) Guelferbytanus 185 Helmstadiensis by AARON E. WRIGHT. Toronto 1997 (Toronto medieval latin texts 25). ›Apologi Aviani‹

HERVIEUX (s. o. ›Anonymi Avianicae Fabulae‹), Bd. 3, S. 353-370.

›Auctores octo‹

RONALD E. PEPIN: An english translation of ›Auctores octo‹, a medieval reader. Lewiston, Queenston, Lampeter 1999 (Mediaeval studies 12).

Avian: ›Fabulae‹ (ed. BÄHRENS)

Aviani fabulae. In: Poetae latini minores. Recensuit et emendavit AEMILIUS BAEHRENS. Bd.

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Literaturverzeichnis

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Avian: ›Fabulae‹ (ed. DUFF/DUFF) Avianus: Fabulae. In: Minor latin poets. With introduction and english translations by JOHN WIGHT DUFF and ARNOLD MACKAY DUFF. [2. Nachdr. der 2., durchges. Aufl.] London, Cambridge/Mass. 1961, S. 667-749. Avian: ›Fabulae‹ (ed. ELLIS)

The fables of Avianus. Edited, with prolegomena, critical apparatus, commentary, excurses, and index by ROBINSON ELLIS. Oxford 1887. Unv. Nachdr. Hildesheim 1966.

Avian: ›Fabulae‹ (ed. FRÖHNER)

Aviani fabulae XXXXII ad Theodosium. Ex recensione et cum instrumento critico GUILELMI FROEHNER. Leipzig 1862.

Avian: ›Fabulae‹ (ed. GAIDE)

Avianus: Fables. Texte établi et traduit par FRANÇOISE GAIDE. Paris 1980.

Avian: ›Fabulae‹ (ed. GUAGLIA-

Aviani fabulae recensuit ANTONIUS GUAGLIATurin 1958.

NONE)

NONE.

Avian: ›Fabulae‹ (ed. HERRMANN)

Avianus: Œuvres éditées et traduites par LEON HERRMANN. Brüssel 1968 (Collection Latomus 96).

Avian: ›Fabulae‹ (ed. HERVIEUX)

HERVIEUX (wie oben ›Anonymi Avianicae Fabulae‹), Bd. 3, S. 263-288.

Avian: ›Fabulae‹ (ed. POELMAN)

Aviani aesopicarum fabularum liber a THEOD. PULMANNO Craneburgio ex membranis in lucem editus. Antwerpen 1572.

Avian-Epimythien

Corpus epimythiorum in Aviani fabulas inde a saec. X exaratorum, iterum recensuit et italice reddidit ANTONIUS GUAGLIANONE. Neapel 1959.

Avian-Kommentar (Hs. Erf 1)

ROBERT GREGORY RISSE: An edition of the commentary on the fables of Avianus in Erfurt Ms., Amplon. Q. 21: the text and its place in medieval culture. Phil. Diss. Washington 1964.

BECKER 1885

GUSTAV BECKER: Catalogi bibliothecarum anti-

1. Textausgaben, Faksimiles, Quellensammlungen

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C. D. M. COSSAR: The german translations of the Pseudo-Bernhardine ›Epistola de cura rei familiaris‹. Göppingen 1975 (GAG 166).

Bernhard von Utrecht: ›Ecloga HUYGENS (wie oben ›Accessus ad auctores‹), Theodoli‹-Kommentar S. 55-69. Ps.-Boethius: ›De disciplina scolarium‹

Pseudo-Boèce: De disciplina scolarium. Édition critique, introduction et notes par OLGA WEIJERS. Leiden, Köln 1976 (Studien und Texte zur Geistesgeschichte des Mittelalters 12).

Boner: ›Edelstein‹

Der Edelstein von Ulrich Boner. Hg. von FRANZ PFEIFFER. Leipzig 1844 (Dichtungen des deutschen Mittelalters 4).

Bonvicinus de Ripa: ›Vita scolastica‹

Quinque claves sapientiae. Incerti auctoris Rudium doctrina. Bonvicini de Ripa Vita scolastica. Recensuit ANEŽKA VIDMANOVÁSCHMIDTOVÁ. Leipzig 1969, S. 37-113.

Brant, Sebastian: ›Narrenschiff‹

Sebastian Brants Narrenschiff. Hg. von FRIEDZARNCKE. Leipzig 1854. Unv. Nachdr. Hildesheim 1961.

RICH

Brant, Sebastian: ›Disticha Catonis‹, dt. (Druck SB-Dr3)

Ebd., S. 131-137.

Brant, Sebastian: ›Facetus Cum nihil utilius‹, dt. (Druck F-Dr13)

Ebd., S. 137-142.

Burgh, Benet: ›Disticha Catonis‹, engl. (GW Nr. 6358)

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Catenaccio da Anagni: ›Disticha Catonis‹

PAOLA PARADISI: I ›Disticha Catonis‹ di Catenaccio da Anagni. Testo in volgare laziale (secc. XIII ex.-XIV in.). 2 Bd.e. Utrecht 2005.

›Cato rhythmicus‹

FRIEDRICH ZARNCKE: Beiträge zur mittellateinischen Spruchpoesie. In: Berichte über die Verhandlungen der Königlich Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften zu Leipzig. Philol.-hist. Classe 15 (1863), S. 23-78, hier S. 49-73.

›Cato interpolatus‹

FRIEDRICH ZARNCKE: Weitere Beiträge zur mittellateinischen Spruchpoesie. In: Berichte über die Verhandlungen der Königlich Sächsi-

1022

Literaturverzeichnis

schen Gesellschaft der Wissenschaften zu Leipzig. Philol.-hist. Classe 17 (1865), S. 54-103, hier S. 54-102. ›Cato leoninus‹

FRIEDRICH ZARNCKE: Eine vierte Umarbeitung der s. g. Disticha Catonis. In: Berichte über die Verhandlungen der Königlich Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften zu Leipzig. Philol.-hist. Classe 22 (1870), S. 181-192.

›Cato secundus‹

MARCUS BOAS: Cato secundus. In: Neophilologicus 15 (1930), S. 232-238.

CBMLC

Corpus of British medieval library catalogues. Bd. 1ff. London 1990ff.

Claudian: ›De raptu Proserpinae‹

Claudian: De raptu Proserpinae. Edited with an introduction and commentary by J. B. HALL. Cambridge 1969 (Cambridge classical texts and commentaries 11).

›Contemptus mundi‹/›Cartula‹

EDWARD SCHRÖDER: Ein niederrheinischer ›Contemptus mundi‹ und seine Quelle. In: Nachrichten von der Königlichen Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen. Philol.-hist. Kl. 1910, S. 335-374.

Corpus catalogorum Belgii

ALBERT DEROLEZ: Corpus catalogorum Belgii. De middeleeuwse bibliotheekscatalogi der zuidelijke Nederlanden. Bd. 1: Provincie WestVlaanderen. Brüssel 1966 (Verhandelingen van de koninklijke vlaamse academie voor wetenschappen, letteren en schone kunsten van Belgie. Klasse der letteren. Jaargang 28. Nr. 61).

›Disticha Catonis‹ (ed. ARNTZEN)

Dionysii Catonis Disticha de moribus ad filium cum notis integris Scaligeri, Barthii, Daumii; scholiis atque animadversionibus selectis Erasmi, Opitii, Wachii; et metaphrasi graeca Planudis et Scaligeri. Quibus accedunt Boxhornii dissertatio, et Henrici CANNEGIETERi rescripta Boxhornio de Catone; Nec non Joan. Hild. Withofii dissertationes binae de distichorum auctore et vera illorum lectione. Recensuit, suasque adnotationes addidit OTTO ARNTZENIUS. Editio altera auctior et emendatior. Amsterdam 1754.

›Disticha Catonis‹ (ed. BOAS)

Disticha Catonis recensuit et apparatu critico instruxit MARCUS BOAS. Opus post Marci Boas mortem edendum curavit HENRICUS JOHANNES

1. Textausgaben, Faksimiles, Quellensammlungen

1023

BOTSCHUYVER. Amsterdam 1952. ›Disticha Catonis‹ (GW Nr. 6363)

JOSEPH NEVE: Catonis Disticha. Facsimilés, notes, liste des éditions du XVe siècle. Liège 1926, S. 39-43.

›Disticha Catonis‹ (GW Nr. 6252)

Ebd., S. 45-58.

›Disticha Catonis‹ (GW Nr. 6253)

Ebd., S. 59-75.

›Disticha Catonis‹, dt. – ›Amorbacher Cato‹

DIETER HARMENING: Neue Beiträge zum deutschen Cato. In: ZfdPh 89 (1970), S. 346368, hier S. 360-368.

›Disticha Catonis‹, dt. – ›Neusohler Cato‹

LEOPOLD ZATOČIL: Der Neusohler Cato. Ein kritischer Beitrag zur Entwicklungsgeschichte der deutschen Catobearbeitungen. BerlinCharlottenburg 1935.

›Disticha Catonis‹, dt. – ›Niederrheinischer (mfrk.) Cato‹

PAUL GRAFFUNDER: Cato’s Distichen in niederrheinischer Übersetzung. Progr. Berlin 1897.

›Disticha Catonis‹, dt. – ›Niederrheinischer (mfrk.) Cato‹ (Hs. NKoe)

J. FRANCK: Aus dem historischen Archiv der Stadt Köln. In: ZfdA 44 (1900), S. 117-131, hier S. 119-123.

›Disticha Catonis‹, dt. – ›Niederrheinischer (mfrk.) Cato‹ (Dr. NDr3 )

Cato in Latein und Deutsch. Faksimileausgabe des Volksbuches von 1498, gedruckt in Köln, Johann Landen, Unter sechzehn Häusern. Übersetzt und mit Kommentaren versehen von WERNER GREBE. Köln 1982 (Alte Kölner Volksbücher um 1500 4).

›Disticha Catonis‹, dt. – Rumpfübersetzung/-bearbeitung

FRIEDRICH ZARNCKE: Der deutsche Cato. Geschichte der deutschen Übersetzungen der im Mittelalter unter dem Namen Cato bekannten Distichen bis zur Verdrängung derselben durch die Übersetzung Seb. Brants am Ende des 15. Jahrh. Leipzig 1852. Unv. Nachdr. Osnabrück 1966, S. 12-68.

›Disticha Catonis‹, dt. – Rumpfübersetzung/-bearbeitung (Hs. RKar 2 )

URSULA SCHMID: Codex Karlsruhe 408. Bern, München 1974 (Bibliotheca Germanica 16).

›Disticha Catonis‹, dt. – Rumpfübersetzung/-bearbeitung (Hs. RPhi)

RICHARD CLARK: A father’s advice to his son: Der deutsche Cato. In: Germanic studies in honor of Otto Springer. Edited by STEPHEN J. KAPLOWITT. Pittsburgh 1978, S. 61-75.

›Disticha Catonis‹, dt. – ›St. Galler Cato‹

PETER KESTING: Ein deutscher ›Cato‹ in Prosa. Cato und Cicero in der St. Galler Weltchronik. In: Würzburger Prosastudien 1975, S. 161-173.

1024

Literaturverzeichnis

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LEOPOLD ZATOČIL: Neue Berliner Bruchstücke des ostmitteldeutschen Cato. In: ZfdA 72 (1935), S. 81-91, hier S. 84-86.

›Disticha Catonis‹, dt. – ›Schlesischer (omd.) Cato‹ (Hs. O-Ber 2 )

Ebd., S. 86-91.

›Disticha Catonis‹, dt. – ›Schlesischer (omd.) Cato‹ (Hs. O-Lem)

R. M. WERNER: Bruchstücke mhd. Dichtungen aus polnischen Bibliotheken. In: ZfdA 34 (1890), S. 242-263, hier S. 242 und S. 246-251.

›Disticha Catonis‹, dt. – ›Schlesischer (omd.) Cato‹ (Hs. O-Lon2 )

LEOPOLD ZATOČIL: Cato a Facetus. Pojednání a texty. Zu den deutschen Cato- und Facetusbearbeitungen. Untersuchungen und Texte. Brno 1952 (Spisy masarykovy university v Brně filosofická fakulta / Opera Universitatis Masarykianae Brunensis Facultas Philosophica 48), S. 183-229.

›Disticha Catonis‹, dt. – ›Schlesischer (omd.) Cato‹ (Hs. O-Mae)

LEOPOLD ZATOČIL: Ein Mähr.-Neustädter Bruchstück des ostmitteldeutschen Cato. In: Mélanges dédiés à la mémoire de Prokop M. Haškovec par ses amis et ses élèves. Publiés sous la direction de ANT. ŠESTAK et ANT. DOKOUPIL. Brno 1936, S. 366-370.

›Disticha Catonis‹, dt. – ›Schlesischer (omd.) Cato‹ (Hs. O-StP)

RUDOLFF MINZLOFF: Die altdeutschen literarischen Handschriften der kaiserlichen öffentlichen Bibliothek zu St. Petersburg. St. Petersburg 1853. Unv. Nachdr. Wiesbaden 1966, S. 67-78.

›Disticha Catonis‹, dt. – ›Schlesischer (omd.) Cato‹ (Hs. O-Sch)

CONRAD BORCHLING: Schwiebuser Bruchstücke eines mhd. Cato und Facetus. In: ZfdA 48 (1906), S. 425-435.

›Disticha Catonis‹, dt. – Übersetzungsfassung C (Hs. G-Ber 3 )

ZATOČIL (wie oben ›Disticha Catonis‹, dt. – ›Schlesischer [omd.] Cato‹ [Hs. O-Lon2]), S. 116-141.

›Disticha Catonis‹, dt. – Übersetzungsfassung C (Hs. G-Dan)

Ebd., S. 141-162.

›Disticha Catonis‹, dt. – Übersetzungsfassung C (Hs. G-Lei)

EDUARD SIEVERS: Himmelgartner Bruchstücke. In: ZfdPh 21 (1889), S. 385-404, hier S. 390393.

›Disticha Catonis‹, dt. – Übersetzungsfassung C (Hs. G-Nue ed. BARTSCH)

KARL BARTSCH: Bruchstück eines deutschen Cato. In: Germania 30 (1885), S. 120-124.

›Disticha Catonis‹, dt. – Übersetzungsfassung C (Hs. G-Nue ed.

JULIUS ZACHER: Bruchstücke aus der Sammlung des Freiherrn von Hardenberg. IV. Reihe.

1. Textausgaben, Faksimiles, Quellensammlungen

1025

ZACHER)

In: ZfdPh 15 (1883), S. 257-296, hier S. 289296.

›Disticha Catonis‹, dt. – Übersetzungsfassung C (Hs. G-Stu)

ZATOČIL (wie oben ›Disticha Catonis‹, dt. – ›Schlesischer [omd.] Cato‹ [Hs. O-Lon2]), S. 162-168.

›Disticha Catonis‹, dt. – Übersetzungsfassung C (Hs. G-Zna)

JULIUS FEIFALIK: Cato. In: Notizenblatt der historisch-statistischen Section der KaiserlichKöniglichen Mährischen Gesellschaft zur Beförderung des Ackerbaues, der Natur- und Landeskunde 1 (1855), S. 59f.

›Disticha Catonis‹, dt. – Übersetzungsfassung Z (Hs. G-Kra)

ZATOČIL (wie oben ›Disticha Catonis‹, dt. – ›Schlesischer [omd.] Cato‹ [Hs. O-Lon2]), S. 5173.

›Disticha Catonis‹, dt. – Übersetzungsfassung Z (Hs. G-Wie1 )

Ebd., S. 73-94.

›Disticha Catonis‹, dt. – Übersetzungsfassung Z (Hs. G-Zwe ed. NEUWIRTH)

J. NEUWIRTH: Die Zwettler Verdeutschung des Cato. In: Germania 32 (1887), S. 78-92.

›Disticha Catonis‹, dt. – Übersetzungsfassung Z (Hs. G-Zwe ed. ZATOČIL)

ZATOČIL (wie oben ›Disticha Catonis‹, dt. – ›Schlesischer [omd.] Cato‹ [Hs. O-Lon2]), S. 2951.

›Disticha Catonis‹, dt. – ›Ulmer Cato‹ (Hs. U-Stu2 )

Ebd., S. 94-116.

›Disticha Catonis‹, dt. – ›Ulmer Cato‹ (Dr. U-Dr30 )

Catho in latin und zu teütsch. Nachdruck des Originalbändchens aus dem Jahre 1498 (Ulm) im Kapuzinerkloster Wesemlin Luzern. Luzern 1966.

›Disticha Catonis‹, dt. – ›Zwielichter (rhfrk.) Cato‹ (Hs. Z-Kra)

HANS FERDINAND MASSMANN: [o. T.]. In: AnzKdVz 8 (1839), Sp. 205-208.

›Disticha Catonis‹, mnl. (ed. BEETS)

ADRIAAN BEETS: De »Disticha Catonis« in het middelnederlandsch. Groningen 1885.

›Disticha Catonis‹, mnl. (ed. VAN BUUREN)

Den duytschen Cathoen. Naar de Antwerpse druk van Henrick Eckert van Homberch. Met als bijlage de andere redacties van de vroegst Middelnederlandse vertaling der ›Dicta Catonis‹. Uitgegeven door ALPHONSUS MARIA JOSEPH VAN BUUREN in samenwerking met ORLANDA SOEI HAN LIE en ÁRPÁD PETER ORBÁN. Hilversum 1998 (Middelnederlandse tekstedities 5).

›Disticha Catonis‹-Kommentar (Hs. Oxford, Bodleian Library,

RICHARD M. HAZELTON: Two texts of the Disticha Catonis and its commentary, with

1026

Literaturverzeichnis

Canon. lat. class. MS 72)

special reference to Chaucer, Langland, and Gower. Phil. Diss. New Brunswick 1956, S. 1137.

›Disticha Catonis‹-Kommentar (Hs. Lincoln, Cathedral Library, MS 132)

Ebd., S. 138-223.

Donat: ›Ars grammatica‹

LOUIS HOLTZ: Donat et la tradition de l’enseignement grammatical. Étude sur l’Ars Donati et sa diffusion (IVe-IXe siècle) et édition critique. Paris 1981.

›Ecloga Theodoli‹

Theoduli eclogam recensuit et prolegomenis instruxit JOANNES OSTERNACHER. Additae sunt singulae schedae vetustissimorum codicum arte zincographica expressae. Stadtamhof bei Linz 1902.

›Ecloga Theodoli‹-Kommentar

ÁRPÁD PETER ORBÁN: Anonymi Teutonici commentum in Theodoli eclogam e codice Utrecht, U.B. 292 editum. In: Vivarium 11 (1973), S. 1-42, 12 (1974), S. 133-145, 13 (1975), S. 77-89, 14 (1976), S. 50-61, 15 (1977), S. 143158, 17 (1979), S. 116-133, 19 (1981), S. 56-69.

Evangelische Schulordnungen

Evangelische Schulordnungen. Hg. von REINVORBAUM. 3 Bd.e. Gütersloh 1860-64. Bd. 1: Die evangelischen Schulordnungen des sechzehnten Jahrhunderts.

HOLD

›Facetus Cum nihil utilius‹ (ed. SCHRÖDER)

CARL SCHRÖDER: Der deutsche Facetus. Berlin 1911 (Palaestra 86), S. 12-28.

›Facetus Cum nihil utilius‹ (ed. ZATOČIL)

ZATOČIL (wie oben ›Disticha Catonis‹, dt. – ›Schlesischer [omd.] Cato‹ [Hs. O-Lon2]), S. 287-293.

›Facetus Cum nihil utilius‹, dt. – Bearbeitung V

SCHRÖDER (wie oben ›Facetus Cum nihil utilius‹ [ed. SCHRÖDER]), S. 37-57.

›Facetus Cum nihil utilius‹, dt. – Bearbeitung V (Hs. Bru)

ZATOČIL (wie oben ›Disticha Catonis‹, dt. – ›Schlesischer [omd.] Cato‹ [Hs. O-Lon2]), S. 238-304.

›Facetus Cum nihil utilius‹, dt. – Übersetzung Bv (Hs. Ber 3 )

SCHRÖDER (wie oben ›Facetus Cum nihil utilius‹ [ed. SCHRÖDER]), S. 123-129.

›Facetus Cum nihil utilius‹, dt. – Übersetzung G (Hs. Mue2 )

GUSTAV EHRISMANN: Bruchstück eines Facetus. In: Germania 30 (1885), S. 284-287.

›Facetus Cum nihil utilius‹, dt. – Übersetzung G (Hs. Got)

SCHRÖDER (wie oben ›Facetus Cum nihil utilius‹ [ed. SCHRÖDER]), S. 221-241.

1. Textausgaben, Faksimiles, Quellensammlungen

›Facetus Cum nihil utilius‹, dt. – Übersetzung K (Hs. Kas)

Ebd., S. 171-199.

›Facetus Cum nihil utilius‹, dt. – Übersetzung M (Hs. Mue1 )

Ebd., S. 152-170.

›Facetus Cum nihil utilius‹, dt. – Übersetzung r (Hs. Hal)

Ebd., S. 200-220.

›Facetus Cum nihil utilius‹, dt. – Übersetzung v (Hs. Wie2 )

Ebd., S. 130-151.

1027

›Facetus Cum nihil utilius‹, mnl. – Die bouc van zeden. Een middelnederlandsch ›Die bouc van zeden‹ zedekundig leerdicht, na KAUSLER, volgens het Comburger handschrift opnieuw uitgegeven et toegelicht door W. H. D. SURINGAR. Leiden 1891. ›Facetus Cum nihil utilius‹, mnl. – Van zeden. Een tweede middelnederlandsch ›Van zeden‹ zedekundig leerdicht, uit het Comburger handschrift voor’t eerst uitgegeven et toegelicht door W. H. D. SURINGAR. Leiden 1892. ›Facetus Cum nihil utilius‹, ndd. – SCHRÖDER (wie oben ›Facetus Cum nihil utiliÜbersetzung b (Hs. Bra) us‹ [ed. SCHRÖDER]), S. 268-280. ›Facetus Cum nihil utilius‹, ndd. – Ebd., S. 248-267. Übersetzung h (Hs. Wol) ›Facetus Cum nihil utilius‹, ndd. – Ebd., S. 283-285. Übersetzung Lübeck (Hs. Lue) ›Facetus Cum nihil utilius‹, ndd. – FR. WIGGERT: Zweytes Scherflein zur FördeÜbersetzung ma (Hs. Mag) rung der Kenntnis älterer deutscher Mundarten und Schriften. Magdeburg 1836, S. 1-28. ›Floretus‹

Freidank: ›Bescheidenheit‹

ÁRPÁD ORBÁN: Liber Floretus. Hg. nach der Hs. Utrecht, U.B. 283. Kastellaun/Hunsrück 1979 (Beihefte zum Mlat. Jb. 16). Fridankes Bescheidenheit von H. E. BEZZENHalle/S. 1872.

BERGER.

›Friedrich von Schwaben‹

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Register 1. Handschriften Angers, Bibliothèque Municipale - Ms. 420: 269 A.303 Antwerpen, Museum Plantin-Moretus - M 17.4: 440 A.15 - M 117 [= Ant1 ]: 13 A.30, 90 A.130, 119 A.170, 434-439, 440-442, 567, 571, 601, 921 - M 212: 440 A.15 - M 312: 440 A.15 - M 374 [= Ant2 ]: 13 A.30, 27f., 51f., 437 A.9-11, 439-442, 601, 921 Anvers s. Antwerpen Augsburg, Bischöfliche Ordinariatsbibliothek - Nr. 80: 638 A.361 Augsburg, Staats- und Stadtbibliothek - 2° Cod 59: 640 A.361 - 2° Cod 85: 640 A.361 - 2° Cod 325: 269 A.301 - 2° Cod 419: 640 A.361 - 2° Cod 526a: 640 A.361 - 2° Cod 526b: 640 A.361 - 2° Cod 526c: 640 A.361 - 2° Cod 526d: 640 A.361 - 4° Cod 21 [= Aug1 ]: 62 A.95, 442-445, 921 - 4° Cod 219 [= Fc./Aug]: 996f., 1015 Augsburg, Universitätsbibliothek - Cod. II. 1. 4° 27 [= Aug2 ]: 54 A.84, 90 A.130, 108 A.157, 119 A.170, 257, 445-448, 526 A.160, 567, 628, 649, 650, 659, 661, 696, 921 - Cod. II. 1. 4° 32 [= U-Aug]: 225-227, 254f., 256-259, 351 A.493, 965f., 995 - Cod. III. 1. 4° 1: 990f. Bad Windsheim, Ratsbibliothek - Hs. 99: 269 A.301 Bamberg, Staatsbibliothek - Msc. Class. 16: 269 A.301, A.303 - Msc. Class. 17: 269 A.301

- Msc. Lit. 176 (Ed. VII. 55) [= RBam1 ]: 138, 139 A.14, 140, 145f., 155, 922, 994 - Msc. Lit. 177 (Ed. VIII. 18) [= RBam2 ]: 138, 139 A.14, 140, 145 A.39 155f., 922, 994 Basel, Öffentliche Bibliothek der Universität - Cod. A X 6 [= Bas1 ]: 449-452, 453, 567, 571, 653, 921 - Cod. A X 136: 502 A.102 - Cod. A N II 42 [= Bas2 ]: 54, 90 A.130, 119 A.170, 452-454, 567, 571, 921 - Cod. B XI 1: 286 A.353 Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz - Ms. Diez. B Sant. 4 [= Ber 1 ]: 90 A.130, 119 A.170, 454-458, 681, 822, 921 - Ms. germ. fol. 27: 137 - Ms. germ. fol. 447: 904 A.734 - Ms. germ. fol. 643: 996 - Ms. germ. fol. 1060 [= N-Ber 1 ]: 183f., 188f., 190f., 192, 936f. - Ms. germ. quart 478 [= R-Ber 1 ]: 137, 138 A.11, 139 A.17, 140, 150, 922f., 994 - Ms. germ. quart. 488: 969 A.812 - Ms. germ. quart 492 [= G-Ber 1 ]: 221f., 225-227, 228f., 234, 244 A.232, 946, 995 - Ms. germ. quart 579 [= N-Ber 2 ]: 182, 184, 187, 189, 192, 937f. - Ms. germ. quart 643 [= S-Ber]: 168-171 175f., 943f. - Ms. germ. quart 664 [= G-Ber 2, OBer 1-4, Fc./Ber 1-5 ]: 193f., 195, 225-227, 228, 239, 946, 957f., 997f., 1015 - Ms. germ. quart 783: 947 A.781

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Register

- Ms. germ. quart 1484 [= R-Ber 2 ]: 137, 138 A.11, 139 A.14, 140, 145 A.39, 157, 922, 994 - Ms. germ. oct. 101 [= G-Ber 3 ]: 225227, 228-230, 235, 237, 244, 246f., 947, 995 - Ms. lat. fol. 58: 281 - Ms. lat. fol. 59: 269 A.301 - Ms. lat. quart 177 [= Ber 2 ]: 54, 458461, 637, 921 - Ms. lat. quart 313 [= G-Ber 4 , Fc./Ber 6f. ]: 225-227, 229, 947, 995, 999, 1015 - Ms. lat. quart 314 [=O-Ber 5-8 ]: 193, 195, 959f. - Ms. lat. quart 315 [=O-Ber 9 ]: 193, 195, 960 - Ms. lat. quart 536 [= Ber 3/a]: 66 A.102, 75-77, 84, 87 A.123, 89, 90 A.130f., 101, 119 A.170, 461-465, 527 A.166, 901, 921 - Ms. lat. oct. 87 [= Ber 3/b]: 66 A.102, 75-77, 84, 87 A.123, 89, 90 A.130f., 101, 119 A.170, 461-465, 527 A.166, 901, 921 - Ms. lat. oct. 97 [= G-Ber 5 ]: 225-227, 229, 234f., 948, 995 - Ms. lat. oct. 266 [= Ber 4 ]: 66 A.102, 87 A.123, 90 A.130f., 119 A.170, 466-469, 921 - Ms. Magdeb. 217 [= Fc./Ber 8 ]: 208 A.180, 999f., 1005, 1015 - Ms. theol. lat. fol. 184: 269 A.301 Bern, Burgerbibliothek - Cod. 4: 882 A.725 - Cod. 433: 882 A.726 - Cod. AA 90.1: 743 A.526 Besançon, Bibliothèque Municipale - Ms. 534 [= Bes]: 66 A.102, 87 A.123, 89 A.127, 90 A.130f., 119 A.170, 438 469-473, 476, 921 Bonn, Universitätsbibliothek - Cod. S 220: 431 A.1 Braunschweig, Stadtbibliothek - Ms. 143: 996 A.835 - Ms. 176 (an Inc. 102) [= Fc./Bra]: 1000, 1015 Breslau, Biblioteka Universytecka

- Cod. I. F. 110 [= O-Bre]: 193, 195, 960 - Cod. IV. Q. 88 [= Bre1 ]: 119 A.170, 473f., 921 - Cod. IV. Q. 128: 431 A.1 - Cod. IV. Q. 126 [= Bre2 ]: 474-477, 490, 503, 567, 571, 921 Breslau, Privatbesitz Johann Gustav Gottlieb Büsching - o. S. [Frgm. Nr. 1]: 992 - o. S. [Frgm. Nr. 2]: 992 Breslau, Ossolineum - Ms. 6243: 953 A.797 Brnó s. Brünn Brünn, Moravska zemska knihovna - Rkp 84 [= X-Bru, Fc./Bru]: 236, 351 A.493, 976, 1000f., 1015 Brüssel, Bibliothèque Royale Albert Ier - Ms. 799: 272 A.313 - Ms. 811: 281 - Ms. 11193: 431f. A.2, 477 - Ms. 11525: 506 A.106 - Ms. 22084: 436f. - Ms. IV 110: 436f. - Ms. IV 128: 433 A.4 Budapest, Országos Széchényi Könyvtár - Cod. Nem. Muz. 123: 84 - Cod. Nem. Muz. 209: 460 A.33 Cambridge, Corpus Christi College - MS 233 [= Cam1 ]: 90 A.130, 129, 477480, 648, 921 Cambridge, Gonville and Caius College, Ms. 2: 658 A.394 Cambridge, Peterhouse College - MS 207 (2.I.0) [= Cam2 ]: 58f., 66 A.102, 87 A.123, 90 A.130, 99, 480483, 485, 921 - MS 215 (2.I.8) [= Cam3 ]: 66 A.102, 87 A.123, 90 A.130, 99, 483-486, 897, 921 Cambridge, Trinity College - MS 1229 (O.3.57) [= Cam 4 ]: 44 A.51, 90 A.130, 486-488, 921 Charleville-Mézières, Bibliothèque Municipale - Ms. 106: 431 A.1 Chur, Staatsarchiv - Cod. B 1 [= R-Chu]: 138, 139 A.17, A.19, 140, 923f., 994 Città del Vaticano s. Rom

1. Handschriften

Danzig, Stadtbibliothek - Ms. Mar. Q. 24 [= Dan, G-Dan]: 90 A.130, 119 A.170, 225-227, 228, 233f., 240, 244 A.231, 489-491, 567, 571, 629, 921, 948, 991, 995 Danzig, Biblioteka Gdańska – Polskiej Akademii Nauk - Ms. 2416 [= S-Dan1 ]: 168-171, 941 - Ms. 2417 [= S-Dan2 ]: 168-171, 175f., 943 A.772, 944 Darmstadt, Hessische Landes- und Hochschulbibliothek - Ms. 23 [= Dar 1 ]: 90 A.130, 438, 491494, 637, 921 - Ms. 2640 [= Dar 2 ]: 90 A.130, 494-498, 501, 822, 921 - Ms. 2642: 492f. - Ms. 2780 [= Dar 3 ]: 90 A.130, 498-503, 567, 571, 629, 921 Den Haag (s’-Gravenhage), Rijksmuseum Meermanno-Westreenianum - Ms. 10 B 34 [= DHa]: 504-508, 630, 921 Dijon, Bibliothèque Municipale - Ms. 497 [= Dij ] : 58f., 66 A.102, 67f., 87 A.123, 508-511, 681, 788, 921 Dresden, Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek - Cod. M 54: 270f. - Cod. M 58: 270f. Düsseldorf, Archiv der Heinrich-HeineUniversität, K12:011: 829 Düsseldorf, Universitäts- und Landesbibliothek - Ms. B 2: 830 - Ms. B 141 [= K-Due]: 80 A.113, 81f., 83 A.118, 119 A.169, 644 A.373, 829832 Edinburgh, National Library of Scotland - Adv. MS 18.6.12 [= Edi]: 15 A.33, 27f., 44 A.51, 51 A.77, 511-514, 921 - Adv. MS 18.7.7: 513 - Adv. MS 18.7.8: 513 Eichstätt, Universitätsbibliothek - Cod. st 179: 269 A.301 Eisleben, Turmbibliothek der St. Andreaskirche - A 39: 515 A.134

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-

M 2: 515 A.134 M 3: 515 A.134 M 4: 515 A.134 M 210: 515 A.134 M 260: 515 A.134 M 261: 515 A.134 M 969 [= Eis]: 115 A.166, 514-522, 527 A.166, 921 - M 986: 515 A.134 - M 987: 515 A.134 Erfurt, Universitäts- und Forschungsbibliothek Erfurt/Gotha - Dep. Erf. CA. 4° 21 [= Erf 1 , Erf 2 ]: 16, 66 A.102, 87 A.123, 108f., 119 A.169f., 522-527, 529, 562 A.236, 621, 628, 921 - Dep. Erf. CA. 4° 144: 713 - Dep. Erf. CA. 4° 388: 286 A.353 - Dep. Erf. CA. 8° 94 [= Erf 3 ]: 528-530, 921 - Dep. Erf. CA. 12° 4 [= G-Erf ] : 139f. A.22, 225-227, 229, 234, 240f., 248, 948f., 995 Erfurt, Universitäts- und Forschungsbibliothek Erfurt/Gotha – Forschungsbibliothek Gotha - Chart. A. 216 [= Fc./Got] : 1001f., 1015 Erlangen, Universitätsbibliothek - Ms. 645: 269 A.301 - Ms. 624 [= Erl ] : 119 A.170, 530-533, 567, 571, 921 Florenz, Biblioteca Medicea Laurenziana - Acquisti e Doni 28 [= Flo1 ]: 533, 921 - Acquisti e Doni 467: 119 A.169 - Ashburnham 1813 [= Flo2 ]: 58f., 534f., 918, 921 - Conventi soppressi 609: 119 A.169 - Plut. 68. 24 [= Flo3 ]: 27f., 51 A.78, 535-537, 918, 921 - Plut. 91 sup. 4 [= Flo4 ]: 537-541, 921 - Redi 117 [= Flo5 ]: 541, 921 Florenz, Biblioteca Nazionale Centrale - Magliabechi VII,931: 119 A.169 - Panciatichi 68: 119 A.169 Florenz, Biblioteca Riccardiana - Ms. 574 [= Flo6 ]: 542-544, 921 - Ms. 2795: 119 A.169

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Register

Frankfurt/M., Stadt- und Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg - Fragm. germ. III 4 [= N-Fra, Fc./Fra]: 180, 183f., 185-187, 189, 192, 938, 1001, 1015 - Fragm. lat. VII 5 [= K-Fra]: 80 A.113, 81f., 119 A.169, 832-834 - Ms. germ. quart 2 [= Z-Fra1 ]: 139 A.17, 215f., 218 A.193, 220, 937 - Ms. germ. quart 14 [= R-Fra]: 138, 139 A.14, 140, 145 A.39, 151f., 924, 994 - Ms. germ. quart 31 [= Z-Fra2 ]: 215217 - Ms. germ. oct. 2: 137, 938 - Ms. Praed. 88 Nr. 5: 278 A.321 Fritzlar, Dombibliothek - Ms. 125,65: 270f. Gdańsk s. Danzig Genf-Cologny, Bibliotheca Bodmeriana - Cod. Bodmer 72 [= R-Gen]: 137, 139 A.14, A.17-19, 140, 145 A.39, 146f., 149, 178, 924f., 926, 994 Gießen, Universitätsbibliothek - Hs. 704: 271 Göteborg, Stadsbibliotek - Cod. lat. 30 [= G-Goe, Fc./Goe]: 225227, 229, 239, 949, 954, 1001, 1015 Göttingen, Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek - Cod. Ms. W. Müller I,10 [= S-Goe]: 168-171, 941f. Göttweig, Stiftsbibliothek - Cod. [400 (rot 356)] [= R-Goe]: 138, 140, 145 A.39, 153, 925 Gotha s. Erfurt, Universitäts- und Forschungsbibliothek Erfurt/Gotha – Forschungsbibliothek Gotha Graz, Universitätsbibliothek - Cod. 854 [= G-Gra]: 139f. A.22, 225227, 229, 235, 240-242, 248, 256 A.257, 949f., 995 - Cod. 961: 650 A.381 Haaren, Groot-Seminarie - Ms. 25: 436f. Halberstadt, Stiftsbibliothek Unserer Lieben Frauen

- Pap. lat. 4° 43: 818 - Pap. lat. 4° 44: 818 Halle, Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt - Cod. Stolb.-Wernig. Za 75p [= Fc./Hal ] : 1002, 1008, 1015 Hamburg, Staats- und Universitätsbibliothek - Petri 30b: 286 A.353 Hannover, Stadtbibliothek - Ms. Mag. 15 [= K-Han]: 80 A.113, 81f., 829, 834f., 876 Heidelberg, Universitätsbibliothek - Cod. pal. germ. 314 [= R-Hei1 ]: 137, 139 A.14, A.16-21, 140, 145 A.39, 149f., 178, 925, 994 - Cod. pal. germ. 341 [= R-Hei2 ]: 137, 139 A.14, A.17-19, 140, 145 A.39, 146f., 149, 151 A.61, 178, 925, 994 - Cod. Salem. IX. 62: 431 A.1 Hohenfurt, Klásterní knihovna - Cod. CXX [= Hoh]: 438, 544f., 921 Innsbruck, Universitätsbibliothek - Cod. 507 [= R-Inn]: 137, 145 A.39, 154, 919, 926, 994 Jena, Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek - Ms. Prov. o. 17 [= Fc./Jen]: 180, 1003, 1015 Kampen, Archief der Gemeente - Hs. 206 [= Kam]: 90 A.130, 280 A.328, 545-550, 921 Karlsruhe, Badische Landesbibliothek - Cod. Aug. Perg. LXXIII [= Kar 1 ]: 24, 25, 27f., 50 A.75, 550-552, 706, 806 A.633, 921 - Cod. Donaueschingen 93 [= KStu1/b]: 80 A.113, 81f. A.116, 116 A.167, 829, 865-867 - Cod. Donaueschingen 104 [= R-Kar 1, Fc./Kar]: 137, 139 A.14, A.17-20, 140, 147f., 149, 926, 1003, 1015 - Cod. Karlsruhe 339 [= Kar 2 ]: 24, 27f., 552f., 706, 828, 926

1. Handschriften

- Cod. Karlsruhe 408 [= R-Kar 2 ]: 138, 139 A.14, A.17-21, 140, 145 A.39, 147f., 149, 919, 994 Kassel, Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek - 8° Ms. philos. 5 [= N-Kas, Fc./Kas]: 183, 188, 191, 192, 938, 1004, 1015 Kiel, Universitätsbibliothek - Cod. MS. K.B. 145: 27 A.22 Köln, Historisches Archiv - Best. 7020 (alt: W*) Nr. 320 [= NKoe]: 183, 189, 192, 938f. - GB 4° 128: 281 - GB 8° 124: 281 - Handschriftenfragment A 10 [= Koe1 ]: 553f., 921 - Handschriftenfragment A 11 [= Koe2 ]: 554f., 921 Kopenhagen, Kongelige Bibliotek - Fabricius 29 2° [= K-Kop1 ]: 66, 69-73, 80, 835-838, 841 - Fabricius 85 8° [= Kop1/a]: 90 A.130, 555-562, 621, 921 - Gl. kgl. Samling 1634 4° [= Kop2 ] 54, 562-567, 571, 605, 653, 921 - Gl. kgl. Samling 1905 4° [= K-Kop2 ] 66, 69-73, 80, 838-841, 851 - Gl. kgl. Samling 2027 4°: 899 A.731 - Ny kgl. Samling 213b 4° [= K-Kop3 ] 66, 69-73, 80, 465, 841-843, 851 Krakau, Biblioteka Jagiellońska - Berol. Ms. germ. quart 1303-8 [= ZKra]: 215f., 938f. - Berol. Ms. germ. quart 1303-9 [= SKra]: 168-171, 941 A.767, 942 - Berol. Ms. germ. quart 1870 [= G-Kra, Fc./Kra]: 159f., 225-227, 230, 935, 950, 996, 1004, 1009, 1015 - Cod. 670: 272 A.313 - Cod. 2195 [= Kra1 ]: 108 A.158, 119 A.169f., 567-570, 799 A.624, 921 - Cod. 2233 [= Kra2 ]: 570-572, 921 - Cod. 2460 [= Kra3 ]: 108 A.158, 572f., 921 Kraków s. Krakau Leiden, Bibliotheek der Rijksuniversiteit - B.P.L. 87: 753 A.541 - B.P.L. 92: 753 A.541

1075

- B.P.L. 161 [= Lei1 ]: 66 A.102, 87 A.123, 573-576, 822, 921 - Lips. 36 [= Lei2 ]: 66 A.102, 87 A.123, 100, 577-579, 921 - Lips. 51 [= Lei3 ]: 579-583, 921 - Voss. lat. F 111: 687 - Voss. lat. Q 86 [= Lei 4 /a]: 24, 25, 27f., 90 A.130, 584-588, 591, 594, 689, 758, 806 A.633, 886, 921 - Voss. lat. O 15 [= Lei5 ]: 27f., 53, 90 A.130, 99, 588-593, 594, 921 - Voss. lat. O 89 [= Lei6 ]: 27f., 90 A.130, 593-595, 741 A.514, 921 - Vulc. 480: 431 A.1 Leipzig, Universitätsbibliothek - Ms. 1615 Nr. 1 [= G-Lei] : 225-227, 228f., 239, 950, 995 Lemberg, Privatbesitz Wojciech von Ketrzyński - o. S. [= O-Lem]: 193f., 195, 961f. Leeuwarden, Provinciale bibliotheek van Friesland - 49Hs: 919 A.752 Lincoln, Cathedral Chapter Library - MS 132 (C.5.8.) [= Lin]: 66 A.102, 87 A.123, 101, 266, 472 A.50, 595-600, 821f., 921 London, British Library - MS Additional 10010 [= R-Lon1 ]: 137, 138 A.11, 139 A.18, 140, 146, 147f., 149, 167, 927, 994 - MS Additional 10090 [= Lon1 ]: 13 A.30, 600-602, 921 - MS Additional 11250 / 423 [= OLon1 ]: 195, 228, 961 - MS Additional 11250 / 424 [= GLon1 ]: 225-227, 228f., 230, 239, 950f., 995 - MS Additional 11655 [= G-Lon2 ]: 225227, 229, 234f., 240 A.221, 951, 995 - MS Additional 16581 [= R-Lon2 ]: 138, 139 A.18, A.20, 140, 145 A.39, 927, 994 - MS Additional 18924: 272 A.313 - MS Additional 21213 [= Lon2 ]: 66 A.102, 87 A.123, 90 A.130f., 119 A.170, 602-605, 921

1076

Register

- MS Additional 24946 [= R-Lon3 ]: 137, 139 A.17-20, 140, 145 A.39, 147f., 927, 994 - MS Additional 33780: 119 A.169 - MS Additional 33781: 431f. A.2 - MS Arundel 243 [= O-Lon2 ]: 139f. A.22, 193, 194f., 196-199, 249, 252, 253, 254, 281f., 961 - MS Harley 1002 [= Lon3 ]: 129, 605608, 648, 921 - MS Harley 4967 [= Lon4 ]: 66 A.102, 87 A.123, 608-612, 921 - MS Royal 15 A. VII [= Lon5 ]: 66 A.102, 87 A.123, 90 A.130, 612-614, 921 - MS Royal 15 A. XXXI [= Lon6 ]: 15 A.32, 66 A.102, 87 A.123, 614-619, 921 London, Lambeth Palace Library - Ms. 238: 917 A.743 Lucca, Biblioteca Governale - Ms. 1433: 265 A.280 Lübeck, Bibliothek der Hansestadt - Ms. philol. 8° 14 [= Lue, K-Lue]: 62 A.95, 76-78, 79, 84, 527 A.166, 561 A.235, 619-621, 843, 901, 921 Lübeck, Gymnasium Katharineum - o. S. [= Fc./Lue]: 1004f., 1015 Lwow s. Lemberg Mährisch-Neustadt, Bibliothek des Museumsvereins - Nr. 55 [= O-Mae]: 193f., 962 Magdeburg, Stadt- und Bezirksbibliothek - Cod. XII,15 [= Fc./Mag]: 1005, 1015 Mailand, Biblioteca Ambrosiana - Cod. Ambros. C 74 sup.: 701 A.467 Mailand, Biblioteca Trivulziana - Cod. Trivulziano 2163: 160f. A.75 - Cod. Trivulziano 2167: 160f. A.75 Mainz, Martinus-Bibliothek - Fragm. germ. 5 [= Fc./Mai] : 1005, 1015 Mainz, Stadtbibliothek - Hs. I 53c: 269 A.301 - Hs. I 69: 280f. - Hs. I 80 [= K-Mai] : 80 A.113, 81f. A.116, 83 A.118, 119 A.169, 829, 843846

- Hs. I 114 [= Mai/ a ]: 66 A.102, 87 A.123, 621-623, 921 - Hs. I 119: 279f. A.327 - Hs. I 156 [= Mai/ b ]: 66 A.102, 87 A.123, 621-623, 921 - Hs. I 167 [= Mai/ c ]: 66 A.102, 87 A.123, 621-623, 921 - Hs. I 172 [= Mai/ d ] : 66 A.102, 87 A.123, 621-623, 921 - Hs. I 214 [= Mai/ e ]: 66 A.102, 87 A.123, 621-623, 921 Marburg, Universitätsbibliothek - Ms. 5: 119 A.169 Meiningen, Landesbücherei - Hs. 177 [= Fc./Mei ]: 992f., 1005, 1015 Melk, Stiftsbibliothek - Cod. 1547 (1859, 1848, R 18) [= RMel ]: 137, 139 A.19, 140, 145, 146f., 178, 927f., 994 Metz, Bibliothèque Municipale - Ms. 169 [= Met]: 623-625, 822, 921 Michelstadt, Nicolaus-Matz-Bibliothek - Cod. D 692/XV 3 [= M-Mic]: 249-253, 282, 291 A.360, 975 Moyenmoutier, Benediktiner Notre Dame et St. Gregoire - Ms. 38 [= V-Moy]: 905 München, Bayerische Staatsbibliothek - Cgm 50 [= K-Mue1 ]: 80, 81f. A.116, 82, 846-848 - Cgm 72 [= G-Mue1, Fc./Mue1 ]: 225227, 228f., 239f., 951, 996, 1006, 1015 - Cgm 195I [= Fc./Mue2 ]: 177 A.111, 178f., 1006, 1015 - Cgm 444 [= G-Mue2 ]: 139 A.17, A.19, 225-227, 228f., 248, 250 A.243, 951f., 995 - Cgm 717 [= R-Mue1 ]: 137, 139 A.14, A.17f., 140, 145 A.39, 147, 150, 178, 928, 994 - Cgm 762 [= U-Mue1 ]: 225-227, 254, 256, 259, 260f., 263 A.276, 966, 995 - Cgm 778 [= R-Mue2 ]: 137, 139 A.21, 140, 155, 928, 994 - Cgm 1020 [= R-Mue3 ]: 137, 139 A.17, A.21, 140, 145 A.39, 928f., 994 - Cgm 3974 [= Mue1 ]: 54, 115 A.166, 117, 119 A.170, 625-630, 921

1. Handschriften

- Cgm 5249/29b [= R-Mue4 ]: 138, 139 A.14, A.17, 140, 146, 147, 150, 178, 929, 994 - Cgm 5249/36 [= G-Mue3 ]: 225-227, 952, 994 - Cgm 6351 [= G-Mue4 ]: 225-227, 229, 244, 247f., 952, 995 - Clm 237 [= Mue2 ]: 119 A.170, 424 A.5, 630-634, 635, 637, 652, 776, 779, 817, 849 A.684, 904, 921 - Clm 391 [= Mue3 ]: 66 A.102, 87 A.123, 89f., 99f., 634-636, 696, 849 A.684, 921 - Clm 609 [= Mue4 ]: 119 A.170, 636f., 921 - Clm 631 [= K-Mue2 ]: 80 A.113, 848851 - Clm 3059 [= G-Mue5 ]: 225-227, 229, 233-235, 240, 242-244, 269 A.301, 952f., 995 - Clm 3588 [= G-Mue6 ]: 225-227, 229, 240, 242, 953, 995 - Clm 4146 [= Mue5 ]: 119 A.170, 638641, 921 - Clm 4413: 502 A.102 - Clm 4421: 558 A.224 - Clm 4603: 285f. A.253 - Clm 7021 [= R-Mue5, G-Mue7 ]: 138, 139 A.14, A.16, 225-227, 229, 240, 243 A.229, 244 A.232, 248f., 929, 953f., 995 - Clm 7977: 431 A.1 - Clm 11782 [= Fc./Mue3 ]: 206-213, 991f., 996, 1006f., 1015 - Clm 14703 [= Mue6 ]: 119 A.170, 641644, 799 A.624, 906, 921 - Clm 15632 [= G-Mue8 ]: 225-227, 229, 234, 240, 244 A.231, 954, 995 - Clm 18477: 647 A.375 - Clm 18910 [= Mue7 ]: 115 A.166, 129, 644-648, 921 - Clm 19474 [= K-Mue3 ]: 60f., 63f., 66, 69f., 80, 852-855, 861 - Clm 19475 [= K-Mue4 ]: 60f., 63f., 66, 69f., 80, 853-855, 861 - Clm 19657: 647 A.375 - Clm 19668: 606 A. 300 - Clm 19694: 651

1077

- Clm 19868: 647 A.375 - Clm 22404 [= Mue8 ]: 54 A.84, 108 A.157, 119 A.170, 446, 649-652, 659, 695, 921 - Clm 27425 [= U-Mue2 ]: 139f. A.22, 225-227, 254f., 258f., 966f., 995 - Clm 28397: 279f. A.327 - Clm 29906/1,2 [= Mue9 ]: 119 A.170, 652f., 921 München, Universitätsbibliothek - 2° Cod. ms. 667 [= U-Mue3 ]: 225-227, 254f., 256f., 258, 967, 995 - 2° Cod. ms. 731: 177-182, 993 Münster, Universitäts- und Landesbibliothek - Ms. 381: 84 Neapel, Biblioteca Nazionale - Cod. IV F 58: 652 Neiße, Kreuzstift - o. S. [= O-Nei1 ]: 193f., 962 - o. S. [= O-Nei2 ]: 193f., 962 - o. S. [= O-Nei3 ]: 193f., 962 New Haven/Connecticut, Yale University – Beinecke Rare Book Library - MS 80: 119 A.169 - MS 513 [= NHa]: 66 A.102, 87 A.123, 100, 653f., 921 Nottingham, University Library - Mi Lm 2 [= Not]: 66 A.102, 87 A.123, 89 A.127, 99, 103 A.149, 476, 654-658, 821f., 921 Nürnberg, Stadtbibliothek - Cent. IV,5: 269 A.301, A.303 Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum - Hs. 9030: 177 A.111 - Hs. 34238 [= O-Nue, Fc./Nue]: 193, 195, 963, 1007, 1015 - Hs. 42599 [= G-Nue]: 225-227, 229, 240 A.221, 244 A.232, 248f., 955, 995 - Löffelholz-Archiv Hs. D 654 [= RNue1 ]: 138, 139 A.14, 140, 145 A.39, 153f., 929, 994 Nürnberg, Privatbesitz Hieronymus Wilhelm Ebner von Eschenbach - Hs. 24 [= V-Nue]: 905f. Nürnberg, Privatbesitz Sebastian Jakob Jungendres

1078

Register

- o. S. [= R-Nue2 ]: 137, 140, 145 A.39, 929f., 994 Nysa s. Neiße Olmütz, Wissenschaftliche Staatsbibliothek, Hs. 327 (M II 220; 3 IV 3; III d 3): 877 Olomouc s. Olmütz Ostrov s. Schlackenwerth Ottobeuren, Stiftsbibliothek - Ms. O. 56: 640 A.361 - Ms. O. 57: 640 A.361 - Ms. O. 58: 640 A.361 - Ms. O. 59: 640 A.361 - Ms. O. 60: 640 A.361 - Ms. O. 68: 640 A.361 - Ms. O. 82 [= Ott, U-Ott]: 54 A.84, 108 A.157, 115, 119 A.170, 225-227, 254f., 446, 649, 658-661, 696, 921, 967f., 995 Oxford, Bodleian Library - Add. A. 170: 119 A.169 - Add. A. 171: 119 A.169 - Auct. F. 2. 14 [= Oxf 1 ]: 27f., 44 A.51, 51 A.77, 661-665, 921 - Auct. F. 5. 6 [= Oxf 2 ]: 66 A.102, 87 A.123, 99f., 666-668, 669, 822, 921 - Digby 100: 119 A.169 - Lat. Class. d. 7 [= Oxf 3 ]: 66 A.102, 87 A.123, 666, 668f., 921 - Lat. Class. 72: 266 - Liturg. 253: 436f. - Rawl. G 57 [= Oxf 4 /b]: 27f., 44 A.51, 51 A.77, 56 A.87, 419f. A.1, 669-673, 921 - Rawl. G 111 [= Oxf 4 /a]: 27f., 44 A.51, 51 A.77, 56 A.87, 419f. A.1, 669-673, 921 Padua, Biblioteca del Seminario - Ms. 142 [= K-Pad ]: 80 A.113, 83 A.118, 119 A.169, 851-853 - Ms. 781: 431 A.1 Paris, Archives Nationales - MM.406 (AE II 408): 14 Paris, Bibliothèque de l’Arsenal - Ms. 910: 693 Paris, Bibliothèque Nationale - Ms. 347 B: 433f. A.5

- Ms. 347 C: 433f. A.5 - Ms. Lat. 1860: 431 A.1 - Ms. Lat. 1862 [= Par 3 /b]: 66 A.102, 87 A.123, 101, 286 A.353, 682-685, 822 - Ms. Lat. 5570 [= Par 1]: 27f., 29-33, 35, 38f., 673-679, 689, 786, 921 - Ms. Lat. 7748: 892 A.727 - Ms. Lat. 7993 [= Par 2 ]: 58f., 679-682 - Ms. Lat. 8023: 286 A.353, 921 - Ms. Lat. 8048 [= Par 3 /a]: 66 A.102, 87 A.123, 101, 682-685, 822, 921 - Ms. Lat. 8069: 877 A.724 - Ms. Lat. 8093 [= Par 4 ]: 27f., 33 A.37, 44 A.51, 685-689, 806, 921 - Ms. Lat. 8259: 286 A.353 - Ms. Lat. 8302 [= Par 5 ]: 66 A.102, 87 A.123, 690-694, 909, 921 - Ms. Lat. 8429A: 278 A.322f. - Ms. Lat. 9636 [= Par 6 ]: 694-696, 909, 921 - Ms. Lat. 10465 [= Par 7 ]: 54 A.84, 108 A.157, 110-113, 446, 448, 649, 659, 696-698, 921 - Ms. Lat. 11248: 692, 909 - Ms. Lat. 11412 [= V-Par]: 909, 913 - Ms. Lat. 13026 [= Par 8 ]: 24, 25, 27f., 689, 698-703, 921 - Ms. Lat. 13024: 700 - Ms. Lat. 13025: 700f. - Ms. Lat. 13029: 700 - Ms. Lat. 14909 [= Rom 4 /b]: 739-742, 909, 921 - Ms. Lat. 15108: 286 A.353 - Ms. Lat. 15015: 693 - Ms. Lat. 15146: 692, 909 - Ms. Lat. 15160 [= Par 9 ]: 703-705, 909, 921 - Ms. Fr. 1594: 431f. A.2, 712, 897 - Ms. Nouv. acq. lat. 1132 [= Par 10 ]: 24, 25, 27f., 33 A.37, 53, 689, 705-711, 828, 921 - Rés. D. 1412: 272 A.313 Philadelphia, University of Pennsylvania – Rare Book and Manuscript Library - Ms. Codex 872 [= R-Phi ]: 137f., 139 A.14, 140, 147f., 930, 994

1. Handschriften

Pommersfelden, Graf von Schönborn’sche Schlossbibliothek - Cod. 12 (2671) [= Pom1 ]: 527 A.166, 712-714, 716, 901, 921 - Cod. 255 (2917) [= Pom2, K-Pom]: 79f., 80 A.113, 81f. A.116, 527 A.166, 657 A.393, 715-717, 857, 901, 921 Prag, Archiv Pražského hradu - Cod. F 100/2: 963 A.805 - Cod. F 101/1: 963 A.805 - Cod. F 102 [= O-Pra1 ]: 193f., 963 - Cod. F 103: 963 A.805 - Cod. F 104: 963 A.805 - Cod. F 105: 963 A.805 - Cod. N 55 [= O-Pra2 ]: 193, 964 - Cod. 1391 (M. XXXVII) [= Pra1 ]: 717-721, 921 Prag, Knihovna Národního muzea - Cod. III D 24 [= O-Pra3 ]: 193, 964 - Cod. X A 12 [= R-Pra]: 137, 138 A.11, 139 A.17f., A.20f., 140, 145 A.39, 14f., 147f., 149, 930, 994 Prag, Národní knihovna České republiky - Cod. XXIII.F.106 [= Pra2 ]: 721-723, 822, 921 - Cod. I.G.3 (277) [= G-Pra]: 225-227, 229, 955, 995 - Cod. III.G.20 (545) [= Pra3 ]: 723-725, 921 - Cod. III.G.21 (546) [= Pra 4 ]: 725f., 921 - Cod. VIII.H.7 (1625) [= Pra5 ]: 58f., 727-729, 921 Regensburg, Jesuitenbibliothek - o. S. [= R-Reg]: 137, 139 A.17, 140, 145 A.39, 147, 150, 178, 931, 994 Reggio Emilia, Biblioteca Municipale - Vari D 15 [= Reg]: 66 A.102, 87 A.123, 729f., 921 Reims, Bibliothèque Municipale - Ms. 1260: 822 A.646 Rom, Biblioteca Apostolica Vaticana - Barb. lat. 41 (VIII. 41) [= Rom1 ]: 66 A.102, 87 A.123, 96-99, 730-732, 822, 921 - Ottob. lat. 1297 [= Rom2 ]: 543, 732737, 921 - Ottob. lat. 1961 [= Rom3 ]: 737f., 921

1079

- Ottob. lat. 3025 [= Rom 4 /a]: 739-742, 909, 921 - Pal. lat. 242 [= K-Rom]: 60f., 63f., 66, 69f., 80, 853-858 - Pal. lat. 1236: 286 A.353 - Pal. lat. 1573 [= Rom5 ]: 66 A.102, 87 A.123, 96-99, 742-744, 921 - Pal. lat. 1689: 861 - Pal. lat. 1712: 269 A.301 - Pal. lat. 1749: 861 - Reg. lat. 208 [= Rom6 ]: 27f., 33 A.37, 50 A.76, 100, 741 A.514, 744-748, 750f. A.537, 921 - Reg. lat. 333 [= Lei 4 /b]: 24, 25, 27f., 90 A.130, 584-588, 591, 594, 689, 758, 806 A.633, 886, 921 - Reg. lat. 816: 286 A.353, 753f. - Reg. lat. 1278: 919f. - Reg. lat. 1283A: 919 - Reg. lat. 1283B: 919 - Reg. lat. 1423 [= R-Rom]: 137, 139 A.19, 140, 146f., 931, 994 - Reg. lat. 1424 [= Rom7 ]: 27f., 33 A.37, 44 A.51, 748-751, 921 - Reg. lat. 1562: 431 A.1 - Reg. lat. 1556 [= Rom8 ]: 66 A.102, 87 A.123, 96-99, 751-755, 759f., 921 - Reg. lat. 1616: 743 A.526 - Reg. lat. 2080 [= Rom9 ]: 66 A.102, 87 A.123, 755f., 921 - Urb. lat. 368: 756 - Urb. lat. 674 [= Rom10 ]: 757-759, 921 - Vat. lat. 1663 [= Rom11 ]: 27f., 66 A.102, 87 A.123, 96-99, 754, 759f., 921 - Vat. lat. 2868: 900 - Vat. lat. 3799 [= Rom12]: 761-764, 921 - Vat. lat. 5190: 432f. A.3 - Vat. lat. 7762: 763f. A.572 - Vat. lat. 10046: 818 Rostock, Universitätsbibliothek - Mss. philol. 86a [= S-Ros]: 168-171, 942f., 945f. A.780 Rouen, Bibliothèque Municipale - Ms. 1470: 267 A.296 Salins, Bibliothèque Municipale - Ms. 43 [= Sli ]: 54, 119 A.169, 764766, 921 Salzburg, Stiftsbibliothek St. Peter

1080

Register

- Cod. b IX 1 [= Slz]: 54, 117, 628, 766769, 822, 921 San Daniele del Friuli, Biblioteca Civica Guarneriana - Ms. 97 [= SDa]: 769f., 921 St. Gallen, Stadt- und Kantonsbibliothek - Ms. Vad. 356 [= R-StG ] : 137, 140, 154, 931, 994 - Ms. Vad. 455 [= U-StG] : 225-227, 253f., 256, 968, 995 St. Gallen, Stiftsbibliothek - Cod. 92: 771 - Cod. 628 [= Y-StG ]: 977f. - Cod. 1396 [= SGa]: 24, 27f., 707f., 770-772, 828, 921 St. Paul im Lavanttal, Stiftsbibliothek - Cod. 2/3: 863f. - Cod. 255/4 [= K-SPa]: 80 A.113, 81 A.116, 83 A.118, 861-864 St. Petersburg, Akademija nauk – Muzei Paleografii - o. S. [SPe]: 772, 921 St. Petersburg, Publičnaja biblioteka im. M. E. Saltykova-Ščedrina - Cl. lat. O. v. 6 [= K-SPe]: 80 A.113, 81f. A.116, 119 A.169, 864f. - Nem. O. v. XIV 6 [= O-StP ]: 193, 964f. St. Pölten, Diözesanbibliothek - Cod. 16 [= G-StP ]: 225-227, 229, 244f., 955, 995 Schlackenwerth, Piaristenbibliothek - Frgm. 1,1/2 aus Hs. 409 [= Fc./Schl ] : 1007, 1015 Schlägl, Stiftsbibliothek - Cod. 24. Cpl. [823]. 226: 431 A.1 - Cod. 164. Cpl. [816. a]. 176 [= Sch]: 772-774, 921 Schwiebus, Stadarchiv - Hs. Nr. 8 [= O-Sch, Fc./Schw]: 193f., 195, 965, 1007f., 1015 Segovia, Archivo Capitular de la Catedral - ms. B-286 [= Seg]: 774f., 921 Straßburg, Stadtbibliothek - Cod. B 121 [= R-Str, Fc./Str]: 137, 139 A.14, A.21, 140, 145 A.39, 157f., 932, 994, 1008, 1015

Stuttgart, Württembergische Landesbibliothek - Cod. Donaueschingen 27 [= K-Stu1/a]: 80 A.113, 81f. A.116, 116 A.167, 119 A.169, 829, 865-867 - Cod. HB VI 128 [= K-Stu2 ]: 80 A.113, 81f., 825 A.648, 867-870 - Cod. HB VIII 19 [= Stu1 ]: 775-777, 779, 817, 921 - Cod. HB X 23 [= G-Stu, Fc./Stu]: 225-227, 228f., 244f., 248, 956, 995, 1008, 1015 - Cod. HB XII 4 [= Stu2 ]: 633 A.350, 777-780, 921 - Cod. HB XII 22 [= U-Stu1 ]: 225-227, 254f., 258f., 351 A.493, 968f., 995 - Cod. poet. et phil. 2° 10 [= R-Stu]: 137, 138 A.11, 139 A.14, 140, 145, 150, 932, 994 - Cod. poet. et phil. 4° 34 [= Stu3 ]: 780f., 921 - Cod. poet. et phil. 4° 35: 781 - Cod. poet. et phil. 4° 50 [= U-Stu2 ]: 139f. A.22, 159, 225-227, 253, 255, 257-259, 969, 995 Świebodzin s. Schwiebus Tournay, St. Martin - Cod. I 11 [= V-Tou]: 908f. Trěboň s. Wittingau Trier, Stadtbibliothek - Cod. 1092/1335 [= Tri1 ]: 66 A.102, 68f., 87 A.123, 781-784, 921 - Cod. 1093/1694 [= Tri2 ]: 27f., 29, 3339, 50 A.76, 59, 89, 510f., 784-791, 921 - Cod. 1105/1334 [= Tri3 ]: 653, 791794, 921 Uničov s. Mährisch-Neustadt Uppsala, Universitetsbibliotek - Ms. C 55 [= K-Upp]: 80 A.113, 829, 870f. - Ms. C 678: 160f. A.75 Urbana/Illinois, The Library and Museums of the University of Illinois - MS x 872 / C 686 / 1400 [= Urb]: 794f., 921 Vatikanstadt s. Rom

1. Handschriften

Venedig, Biblioteca Nazionale Marciana - Cod. 4308: 622 A.333 Vyšší Brod s. Hohenfurt Waddesdon Manor, Aylesbury/ Buckinghamshire, James A. de Rothschild Collection - MS 15: 433 A.4 Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibliothek - Cod. Q 93/1: 119 A.169 - Cod. O 145 [= R-Wei ]: 139 A.17f., A.20, 140, 147f., 149f., 932, 994 Wien, Österreichische Nationalbibliothek - Cod. 204 [= G-Wie1, Fc./Wie1 ]: 159f., 160f. A.75, 225-227, 230, 253, 311 A.409, 935f., 956, 995, 1009, 1015 - Cod. 303 [= Wie1 ]: 66 A.102, 87 A.123, 795-800, 921 - Cod. 901 [= Wie2 ]: 66 A.102, 87 A.123, 89, 802-804, 921 - Cod. 2880 [= R-Wie1 ]: 137, 138 A.11, 139 A.15, A.17, A.19f., 140, 933, 994 - Cod. 2885 [= R-Wie2 ]: 137, 139 A.14, A.17-19, 140, 145 A.39, 146f., 148f., 933, 994 - Cod. 2977 [= G-Wie2, Fc./Wie2 ]: 225227, 228-230, 235, 237, 244-246, 248f., 250, 956, 995, 1009, 1015 - Cod. 2984 [= U-Wie1 ]: 222 A.204, 225-227, 253, 254 A.256, 256, 259, 261-263, 969f., 995 - Cod. 3086 [= G-Wie3, Fc./Wie3 ]: 139 A.18, 225-227, 229, 248, 957, 995, 1009f., 1015 - Cod. 3261 [= Wie3 ]: 62 A.95, 687 A.432, 804-807, 913, 921 - Cod. 4177 [= Fc./Wie 4 ]: 996, 1010, 1015 - Cod. 4786 [= U-Wie2 ]: 139 A.18, 139f. A.22, 159, 204, 225-227, 254, 256, 259f., 970, 995 - Cod. 9500 [= R-Wie3 ]: 138, 933, 994 - Cod. 12531: 279f. A.327 - Cod. 15071 [= K-Wie]: 80 A.113f., 81f. A.116, 83, 119 A.169, 871-875 - Cod. ser. nov. 321 [= Fc./ Wie5 ]: 1010f., 1015

1081

- Cod. ser. nov. 2617: 160f. A.75, 737 Winchester, Cathedral Library - MS XV [= Win]: 279f. A.327, 807810, 921 Wittingau, Statní Archiv - A 7: 431 A.1 Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek - Cod. Guelf. 1183: 996 A.836 - Cod. Guelf. 2.4 Aug. 2°: 996 A.835 - Cod. Guelf. 13.10 Aug. 4° [= Wol1 ]: 66 A.102, 84-88, 810-814, 921 - Cod. Guelf. 37.34 Aug. 2° [= Wol 2 ]: 438, 799 A.624, 815-818, 921 - Cod. Guelf. 56.11 Aug. 8° [= R-Wol 1 ]: 137, 145 A.39, 154-156, 933, 994 - Cod. Guelf. 58.6 Aug. 2°: 818 - Cod. Guelf. 87.5 Aug. 2° [= Wol 3 ]: 66 A.102, 87 A.123, 89, 101, 818-820, 921 - Cod. Guelf. 226 Extravagantes [= RWol 2 ]: 137, 139 A.14, 140, 153, 934, 994 - Cod. Guelf. 262 Gud. lat. 4°: 822 - Cod. Guelf. 267 Gud. lat. 4°: 822 - Cod. Guelf. 288 Gud. lat. 4° [= Wol 4 ]: 820-823, 921 - Cod. Guelf. 307 Gud. lat. 8° [= Kop1/b]: 90 A.130, 555-562, 621, 921 - Cod. Guelf. 308 Gud. lat. 4° [= Kop1/c]: 90 A.130, 555-562, 921 - Cod. Guelf. 313 Gud. lat. 8° [= Kop1/d]: 90 A.130, 555-562, 921 - Cod. Guelf. 185 Helmst. [= Wol5 ]: 16, 823-826, 921 - Cod. Guelf. 417 Helmst. [= S-Wol ] : 168-171, 943 - Cod. Guelf. 668 Helmst.: 996 A.835 - Cod. Guelf. 1198 Helmst. [= Fc./Wol ] : 1011, 1015 - Cod. Guelf. 535.16 Novi [= N-Wol ] : 183f., 187f., 190f., 939 Worcester, Cathedral Library - Ms. F. 147 [= V-Wor]: 100, 909-911 Wrocław s. Breslau Würzburg, Bibliothek der FranziskanerMinoriten - Cod. I 42 [= K-Wue]: 80 A.113, 81f. A.116, 829, 835, 875-977

1082

Register

- Cod. I 83 [= U-Wue]: 225-227, 254, 256, 970f., 995 Würzburg, Universitätsbibliothek - Cod. M. ch. q. 85 [= A-Wue]: 221, 977 Znaim, Städtisches Archiv - Hs. 305 [= G-Zna]: 225-227, 229, 239, 957, 995 Znojmo s. Znaim Zürich, Zentralbibliothek - Ms. C 68 [= Zue]: 24, 27f., 706, 826828, 921 Zwettl, Stiftsbibliothek

- Cod. Zwetl. 357 [= G-Zwe]: 141 A.31, 146, 158-167, 225-227, 228, 230, 936, 957, 994 Zwickau, Ratsschulbibliothek - Ms. VII,8: 47, 48 A.64 - Ms. VII,9: 47, 48 A.64 - Ms. VII,10: 47, 48 A.64 - Ms. VII,11/12 [= V-Zwi]: 16, 44-49, 911 - Ms. VII,13: 47, 48 A.64 - Ms. VII,19: 47 - Ms. XVI: 437 A.9

2. Drucke ›Æsopi fabulae LXIIII‹ - Parma 1514: 13 A.29 ›Auctores octo‹ - Lyon, um 1485 (GW Nr. 2775,10): 104 A.154 ›Apologus Aviani‹ - Köln 1494 (GW 3110): 54 A.84, 56-58, 122-125 - Leipzig 1509 (VD 16 A 4474): 126f. ›Aviani aesopicarum fabularum liber‹, ed. POELMAN - Antwerpen 1572: 13 - Antwerpen 1585: 13 A.30 - Antwerpen 1596: 13 A.30 Badius Ascensius, Jodocus: ›Silvae morales‹ - Lyon 1492 (GW 3154): 285 Barth, Caspar von: ›Adversariorum commentariorum libri LX‹ - Frankfurt/M. 1624: 45, 411 Brant, Sebastian: ›Cato‹ (lat.-dt.) - Basel 1498 (GW 6352) [= SB-Dr 1 ]: 310, 313-315, 375 A.564, 979 - Straßburg, um 1499 [= SB-Dr 2 ]: 979 - Basel, um 1500 (GW 6353) [= SBDr 3 ]: 310 A.403, A.405, 312, 979 - Straßburg 1501 (VD 16 C 1685) [= SBDr 4 ]: 979 - o. O., um 1501 (VD 16 C 1682) [= SBDr 5 ]: 979

- Köln 1502 (VD 16 C 1701) [= SBDr 6 ]: 185, 319, 321, 979f., 982 - Basel, um 1502 (VD 16 C 1686) [= SBDr 7 ]: 980 - Pforzheim, um 1502 (VD 16 C 1687) [= SB-Dr 8 ]: 980 - Pforzheim, um 1506 (IA 134.070) [= SB-Dr 9 ]: 980 - Augsburg 1507 (VD 16 C 1689) [= SBDr 10]: 318, 980 - Nürnberg 1507 (VD 16 C 1691) [= SBDr 11]: 980 - Straßburg 1508 (VD 16 C 1692) [= SBDr 12]: 980 - Straßburg, um 1508 (VD 16 ZV 17023) [= SB-Dr 13]: 981 - Mainz 1509 [= SB-Dr 14]: 981 - Straßburg 1509 (VD 16 C 1693) [= SBDr 15]: 981 - Nürnberg, um 1510 (VD 16 C 1695) [= SB-Dr 16]: 318, 981 - Basel, um 1510/15 (VD 16 C 1694) [= SB-Dr 17]: 981 - Augsburg 1511 (VD 16 C 1696) [= SBDr 18]: 981 - Augsburg 1512 (IA 134.090) [= SBDr 19]: 981 - Leipzig 1512 (VD 16 C 1697) [= SBDr 20]: 981 - Nürnberg 1512 (VD 16 C 1698) [= SBDr 21]: 981

2. Drucke

- Nürnberg, um 1512 [= SB-Dr 22]: 318, 981 - Augsburg 1514 (VD 16 C 1699) [= SBDr 23]: 981 - Nürnberg 1515 (VD 16 C 1702) [= SBDr 24]: 982 - Straßburg, um 1515 (VD 16 C 1681) [= SB-Dr 25]: 982 - Augsburg 1517 (VD 16 C 1703) [= SBDr 26]: 982 - Nürnberg 1517 (VD 16 C 1704) [= SBDr 27]: 982 - Nürnberg 1518 (VD 16 C 1705) [= SBDr 28]: 318, 326f., 401, 982 - Nürnberg 1519 (VD 16 C 1706) [= SBDr 29]: 982 - Hagenau, um 1520 (VD 16 ZV 3156) [= SB-Dr 30]: 982 - Krakau 1535 (IA 134.190) [= SBDr 31]: 318, 327, 401, 982 - Krakau 1535 [= SB-Dr 32]: 318, 327, 982 - Krakau 1538 [= SB-Dr 33]: 318, 327, 983 - Worms 1538 (VD 16 C 1709) [= SBDr 34]: 318f., 327-329, 983 - Krakau 1544 [= SB-Dr 35]: 318, 327, 983 - Krakau 1570 (IA 134.294) [= SBDr 36]: 318, 327, 983 - Krakau 1575 (IA 134.306) [= SBDr 37]: 318, 327, 983 Brant, Sebastian: ›Facetus Cum nihil utilius‹ (lat.-dt.) - Basel 1496 (GW 9695) [= F-Dr 6 ]: 1012 - Ulm 1497 (GW 9696) [= F-Dr 7 ]: 1012 - Memmingen, um 1497/98 (GW 9697) [= F-Dr 8 ]: 1013 - Basel 1498 (GW 9698) [= F-Dr 9 ]: 1013 - Basel 1499 (GW 9699) [= F-Dr 10]: 1013 - Reutlingen 1499 (GW 9700) [= FDr 11]: 1013 - Basel, um 1500 (VD 16 F 507) [= FDr 12]: 1013

1083

- Basel, um 1500 (VD 16 F 506) [= FDr 13]: 1013 - Ulm, um 1500 (GW 9701) [= F-Dr 14]: 1013 - Augsburg 1501 (VD 16 F 503) [= FDr 15]: 1013 - Pforzheim 1502 (VD 16 F 505) [= FDr 16]: 1013 - Nürnberg 1503 (VD 16 F 508) [= FDr 17]: 1013 - Basel 1506 (IA 123.669) [= F-Dr 18]: 1014 - Augsburg 1506 (VD 16 F 509) [= FDr 19]: 1014 - Nürnberg 1507 (VD 16 F 510) [= FDr 20]: 1014 - Straßburg 1508 (VD 16 ZV 16931) [= F-Dr 21]: 1014 - Mainz 1509 (VD 16 F 511) [= F-Dr 22]: 1014 - München 1509 [= F-Dr 23]: 1014 - Augsburg 1511 (VD 16 F 512) [= FDr 24]: 1014 - Leipzig 1513 (VD 16 F 513) [= FDr 25]: 1014 - Augsburg 1516 [= F-Dr 26]: 1014 - München 1518 [= F-Dr 27]: 1014 - o. O., o. J. [= F-Dr 28]: 1014 - Duderstadt, o. J. [= F-Dr 29]: 1014 Caesarius, Johannes Baptista: ›Disticha Catonis‹ (lat.-gr.-dt.) - Frankfurt/M. 1585 (VD 16 C 1680) [= JC-Dr 1 ]: 347-357, 989f. ›Cato cum glosa et moralisatione‹ - Köln 1496 (GW 6314): 6 - Köln 1505 (VD 16 1586): 333 A.453 - Köln 1506 (VD 16 1587): 333 A.453 - Köln, um 1510 (VD 16 1589): 333 A.453 - Köln, 1511 (VD 16 1590): 333 A.453 - s. a. ›Glossule Catonis‹ ›Cato‹-Kommentar ›Summi deus largitor premii‹ s. ›Glossule Catonis‹ Cordier, Maturin: ›Disticha Catonis‹ (lat.) - Basel 1537 (VD 16 C 1628): 374f., 376 Cordier, Maturin: ›Disticha Catonis‹ (lat.dt.)

1084

Register

- Straßburg 1540 (IA 134.206) [= MCDr 1 ]: 346, 369-372, 374f., 985f. - Straßburg 1546 (IA 134.228) [= MCDr 2 ]: 346, 369f., 373, 375 A.546f., 383, 986 - o. O. 1548 (VD 16 ZV 3162) [= MCDr 3 ]: 346, 375 A.546, 986 - Straßburg 1561 (VD 16 ZV 3167) [= MC-Dr 4 ]: 375 A.564, 986 - Eisleben 1570 (VD 16 ZV 3171) [= MC-Dr 5 ]: 375 A.564, 986 - Leipzig 1581 (VD 16 C 1715) [= MCDr 6 ]: 375 A.564, 392f., 400f., 986 Cordier, Maturin: ›Disticha Catonis‹ (lat.engl.) - London 1584 (IA 134.336): 368 Cordier, Maturin: ›Disticha Catonis‹ (lat.frz.) - Paris 1533: 361-366, 370-372, 382f. - Lyon 1536: 371 A.543 - Lyon 1591: 988 Cordier, Maturin: ›Disticha Catonis‹ (lat.span.) - Lyon 1543: 368, 370 Daum, Christian: ›Disticha Catonis‹ (lat.gr.-dt.) - Zwickau 1662 (VD 17 1:043631T): 359f. - Zwickau 1672 (VD 17 3:307628A): 360 - Danzig 1697 (VD 17 1:043643Q): 360f. ›Disticha Catonis‹ (dt.) s. ›Rumpfbearbeitung/-übersetzung‹; ›Disticha Catonis‹ (lat.-dt.) ›Disticha Catonis‹ (engl.) s. Cordier, Maturin: ›Disticha Catonis‹ (lat.-engl.); ›Le Grant Cathon‹ / London 1483; König, Christian Gottlieb ›Disticha Catonis‹ (frz.) s. Cordier, Maturin: ›Disticha Catonis‹ (lat.-frz.); Fries, Johannes: ›Disticha Catonis‹ / Montbéliard 1619-1645/46; ›Le Grant Cathon‹; König, Christian Gottlieb ›Disticha Catonis‹ (gr.) s. Maximos Planudes; Mylius, Johannes; Scaliger Joseph Justus; Zuber, Matthæus ›Disticha Catonis‹ (lat.-dt.)

- Heidelberg 1674 (VD 17 12:23227S): 393 A.575, 409 A.600 - s. a. Brant, Sebastian: ›Cato‹; Caesarius, Johannes Baptista; Cordier, Maturin: ›Disticha Catonis‹ (lat.-dt.); ›Disticha Catonis‹ (lat.-poln.-dt.); Fries, Johannes; Heis, Thomas; ›Klausenburger Prosa-Cato‹; König, Christian Gottlieb; Moter, Abraham; ›Michelstädter Cato‹; ›Niederrheinischer Cato‹; Opitz, Martin; ›Rintelner Cato‹; ›Ulmer Cato‹; ›Ulmer Losbuch-Cato‹ ›Disticha Catonis‹ (lat.-ndl.) - Groningen 1753: 404f. A.595 - s. a. Dreux, Jacobus Henricus ›Disticha Catonis‹ (lat.-poln.) - Krakau, um 1547 (IA 134.229): 983 - Krakau 1582 (IA 134.330): 983 - s. a. ›Disticha Catonis‹ (lat.-poln.-dt.) ›Disticha Catonis‹ (lat.-poln.-dt.) - Krakau 1554 (?): 983 - Krakau 1695: 393 A.575, 409 A.600, 983 - s. a. Brant, Sebastian: ›Cato‹ / Krakau 1535, 1540, 1570, 1575 ›Disticha Catonis‹ (lat.-ungar.) - Debreczen 1591 (RMK 1,239/2,216): 395 - Debreczen 1597 (RMK 1,289/2,269): 395 - s. a. ›Disticha Catonis‹ (lat.-ungar.-dt.) ›Disticha Catonis‹ (lat.-ungar.-dt.) - Klausenburg 1639 (RMK 1,593/2,539): 402 - Klausenburg 1659 (RMK 2,928): 402 - Hermannstadt 1659 (RMK 1,950/2,940): 402 - Hermannstadt 1666 (RMK 2,1089): 402 - Hermannstadt 1668 (RMK 2,1157): 402 - Leutschau 1672 (RMK 2,1297): 402f. - Hermannstadt 1674 (RMK 2,1350): 402 - Kronstadt 1688 (RMK 2,1631): 402 - Leutschau 1693 (RMK 2,1733): 402f., 985

2. Drucke

- Leutschau 1693 (RMK 2,1734): 402f., 985 - s. a. ›Klausenburger Prosa-Cato‹ ›Disticha Catonis‹ (ndl.) s. ›Disticha Catonis‹ (lat.-ndl.); ›Le Grant Cathon‹ / Antwerpen 1519, 1535; König, Christian Gottlieb ›Disticha Catonis‹ (poln.) s. ›Disticha Catonis‹ (lat.-poln.); Brant, Sebastian: ›Cato‹ / Krakau 1535, 1540, 1570, 1575 ›Disticha Catonis‹ (span.) s. Cordier, Maturin: ›Disticha Catonis‹ (lat.-span.) ›Disticha Catonis‹ (tschech.) s. Brant, Sebastian: ›Cato‹ / Nürnberg 1518 ›Disticha Catonis‹ (ungar.) s. ›Disticha Catonis‹ (lat.-ungar.) ›Documenta moralia Catonis‹ - Ulm 1476 (GW 6318): 280f. Dreux, Jacobus Henricus: ›Disticha Catonis‹ (lat.-ndl.) - Leiden o. J.: 404f. A.595 Einblattdruck O du viel lieber sun min - Basel um 1474 (VE 15 S-185): 297-299 Erasmus, Desiderius, von Rotterdam: ›Disticha Catonis‹ - Köln 1514 (ZV 3151): 333 A.454 - Straßburg 1515 (IA 134.109): 322 A.429 - Köln 1515 (ZV 3152): 333 A.454 - Köln 1517 (ZV 3154): 333 A.454 - Löwen 1517 (IA 134.116): 322 A.429 - Köln 1519 (C 1604): 333 A.454 - Köln 1521 (C 1673): 333 A.454 - Köln 1523 (C 1611): 333 A.454 - Köln 1523 (C 1612): 333 A.454 - Antwerpen 1525 (IA 134.156): 322 A.429 - Köln 1524 (C 1614): 333 A.454 - Köln 1527 (C 1615): 333 A.454 - Köln 1528 (C 1616): 333 A.454 - Köln 1541 (ZV 3160): 333 A.454 - Köln 1552 (ZV 3164): 333 A.454 - Köln 1558 (ZV 3141): 333 A.454 - Köln 1571 (ZV 1678): 333 A.454 - Köln 1579 (ZV 1675): 333 A.454 ›Es tu scolaris‹ - Leipzig 1496 (GW 9411): 5

1085

›Facetus Cum nihil utilius‹ (lat.-dt.) - Köln, um 1482/83 (GW 6354) [= FDr 1 ]: 1011, 1015 - Köln, um 1482/83 (GW 6355) [= FDr 2 ]: 1011, 1015 - Leipzig, um 1486/88 (GW 9692) [= FDr 3 ]: 1012, 1015 - Leipzig, um 1490 (GW 9693) [= FDr 4 ]: 1012, 1015 - Leipzig 1500 (GW 9694) [= F-Dr 5 ]: 1012, 1015 - s. a. Brant, Sebastian: ›Facetus Cum nihil utilius‹ Fries, Johannes: ›Disticha Catonis‹ (lat.dt.) - Zürich 1551 (VD 16 C 1710) [= JFDr 1 ]: 375 A.564, 376-379, 987 - Zürich 1553 (VD 16 C 1711) [= JFDr 2 ]: 376, 987 - Zürich 1561 (VD 16 C 1713) [= JFDr 3 ]: 376, 987 - Zürich 1570 (VD 16 ZV 3170) [= JFDr 4 ]: 376, 987 - Zürich 1575 (VD 16 C 1714) [= JFDr 5 ]: 376, 987 - Zürich 1580 (VD 16 ZV 18268) [= JFDr 6 ]: 376, 392f., 987 - Zürich 1584 (VD 16 C 1717) [= JFDr 7 ]: 376, 392f., 988 - Basel 1589 [= JF-Dr 8 ]: 376, 392f., 988 - Frankfurt/M. 1591 (VD 16 C 1718) [= JF-Dr 9 ]: 376, 392f., 988 - Zürich 1596 (VD 16 C 1719) [= JFDr 10]: 376, 392f., 988 - Oppenheim 1617 (VD 17 1:043594Z) [= JF-Dr 11]: 376, 392f., 416, 988 - Montbéliard, zwischen 1619 und 1645/46 [= JF-Dr 12]: 327, 376f., 392f., 415f., 988 Gessler, Heinrich: ›Nuw practiciert rethoric vnd brieff formulary‹ - Straßburg 1493 (GW 10879): 939 ›Glossule Catonis‹ - Lyon 1485 (GW 6299): 283f. - Straßburger 1488 (GW 6304): 283 - Köln, um 1490 (GW 6306): 283, 332f. - Köln, um 1490 (GW 6307): 283, 332f. - Köln 1492 (GW 6309): 283, 332f.

1086

Register

- Köln 1494 (GW 6310): 283, 332f. - Köln 1496 (GW 6314): 6, 283 - Leipzig 1494 (GW 6311): 283 - Augsburg 1497 (GW 6315): 283 - Köln 1501 (VD 16 C 1582): 333 - Lyon 1507: 283 - Caen 1510 (IA 134.080): 283 - London 1514 (IA 134.102): 283 ›Le Grant Cathon‹ - London 1483 (engl.) (GW 6361): 305f. - Lyon 1504 (frz.) (IA 134.059): 367 - Troyes, um 1510 (frz.) (IA 134.089): 367 - Paris, um 1512 (frz.) (IA 134.095): 367 - Antwerpen 1519 (ndl.) (IA 134.129): 306, 367 - Lyon, 1521 (frz.) (IA 134.145): 367 - Lyon, 1527 (frz.) (IA 134.163): 367 - Paris, um 1530 (frz.) (IA 134.175): 367 - Paris, 1531 (frz.) (IA 134.178): 367 - Paris, 1533 (frz.) (IA 134.187): 367 - Antwerpen 1535 (ndl.) (IA 134.189): 306, 367 ›Hamburger Cato‹ (nd.) s. Moter, Abraham: ›Cato‹ (lat.-dt.) / Hamburg, um 1560 Hesiod: ›Werke und Tage‹ (gr.) - Straßburg 1515 (VD 16 C 1672): 358f. A.518 Heis, Thomas: ›Disticha Catonis‹ (lat.-dt.) - Augsburg 1578 (IA 134.315) [= THDr 1 ]: 386-391, 989 Heyden, Sebaldus: ›Formulae colloquiorum puerilium‹ - Augsburg 1565 (VD 16 C 1677): 358f. A.518 ›Klausenburger Prosa-Cato‹ (lat.-ungar.dt.) - Klausenburg 1620 [= KC-Dr 1 ]: 327, 393f., 395-401, 415, 990 König, Christian Gottlieb: ›Disticha Catonis‹ (lat.-gr.-engl.-dt.-ndl.-frz.) - Amsterdam 1759: 409 Maximos Planudes: ›Disticha Catonis‹ (gr.)

- Straßburg 1515 (VD 16 C 1672): 358f. A.518 - Köln 1521 (VD 16 C 1673): 358f. A.518 - Köln 1523: 358f. A.518 - Basel 1524 (VD 16 C 1674): 358f. A.518 - Basel 1526: 358f. A.518 - Basel 1533 (VD 16 C 1675): 358f. A.518, - Basel 1534: 358f. A.518 - Basel 1535 (VD 16 C 1676): 358f. A.518 - Basel 1553 (VD 16 C 1724): 358f. A.518 - Augsburg 1565 (VD 16 C 1677): 358f. A.518 - Köln 1571 (VD 16 C 1678): 358f. A.518 - Köln 1575 (VD 16 C 1679): 358f. A.518 - s. a. Caesarius, Johannes Baptista; Daum, Christian; Moter, Abraham: ›Disticha Catonis‹ / Leipzig 1617 ›Michelstädter Cato‹ (lat.-dt.) - Augsburg, um 1481 (GW 6344) [= MDr 1 ]: 249-253, 291 A.360, 976 Moter, Abraham: ›Disticha Catonis‹ (lat.dt.) - Leipzig 1535 (VD 16 C 1707) [= AMDr 1 ]: 335-337, 339, 375 A.564, 984 - Frankfurt/M. 1537 (VD 16 C 1708) [= AM-Dr 2 ]: 335-337, 984 - Leipzig 1541 (VD 16 ZV 18265) [= AM-Dr 3 ]: 335f., 984 - Leipzig 1543 [= AM-Dr 4 ]: 335f., 984 - Erfurt 1558 (VD 16 C 1712) [= AMDr 5 ]: 335-337, 984 - Hamburg, um 1560 (IA 134.258) [= AM-Dr 6 ]: 330, 335f., 343-347, 984 - Breslau, um 1565 (IA 134.275) [= AMDr 7 ]: 335f., 985 - Frankfurt/O., um 1568 (IA 134.286) [= AM-Dr 8 ]: 335f., 338, 985 - Frankfurt/O., 1584 (VD 16 ZV 18269) [= AM-Dr 9 ]: 335f., 985 - Frankfurt/O. 1590 [= AM-Dr 10]: 335f., 392f., 985

2. Drucke

- Brieg 1610 (VD 17 1:043586H) [= AM-Dr 11]: 335-337, 392f., 416, 985 - Leipzig 1617 (VD 17 23:278340M) [= AM-Dr 12]: 330, 335-337, 339f., 357, 361, 392f., 412 A.619, 416, 985 Mylius, Johannes: ›Cato graecolatinus‹ (gr.-lat.) - Augsburg 1566 (IA 134.270): 359 - Leipzig 1568 (VD 16 ZV 3168): 359 - s. a. Daum, Christian ›Niederrheinischer Cato‹ (lat.-dt.) - Köln, um 1482/83 (GW 6354) [= NDr 1 ]: 183, 189f., 192, 317 A.422, 331 A.449, 333, 375 A.564, 939f., 1011 A.848 - Köln, um 1482/83 (GW 6355) [= NDr 2 ]: 183, 189, 192, 317 A.422, 331 A.449, 333, 940 - Köln 1498 (GW 6356) [= N-Dr 3 ]: 183, 189, 317 A.422, 331 A.449, 333, 940 - Köln, um 1500 (dt.) (GW 6357) [= NDr 4 ]: 183, 192, 306 A.387, 317 A.422, 331f., 940 - Köln, um 1525 (dt.) (IA 134.159) [= N-Dr 5 ]: 183, 190f. A.145, 192, 330, 331f., 940 - Köln 1530 (dt.) (IA 134.174) [= NDr 6 ]: 183, 192, 330, 331f., 334f., 941 - Köln, um 1570 (dt.) (IA 134.293) [= N-Dr 7 ]: 183f., 192, 331f., 335, 941 Opitz, Martin: ›Disticha Catonis‹ (lat.-dt.) - Breslau 1629 (VD 17 3:312863F): 407, 410-418 - Hannover 1644 (VD 17 1:043580N): 408, 509 A.603 - Frankfurt/M. 1644 (VD 17 23:248417R): 408 - Amsterdam 1646 (VD 17 39:120094E): 408 - Zwickau 1652 (VD 17 1:043629X): 408 - Hannover 1655 (VD 17 1:066600L): 408, 409 A.603 - Hildesheim 1687 (VD 17 14:627496H): 408, 409 A.603 - Frankfurt/M. 1701: 408, 409 A.603

-

1087

Marburg 1701: 408, 409 A.603 Uppsala 1703: 408 Hamburg 1746: 408 s. a. Daum, Christian

›Rintelner Cato‹ (lat.-dt.) - Rinteln 1664 (VD 17 1:043639D): 404406 Robert von Euremodio: ›Cato moralissimus cum elegantissimo commento‹ - Konstanz?, um 1470/75 (GW 6281): 273-278 - Antwerpen 1486 (GW 6283): 273-278 - Antwerpen 1504 (IA 134.058): 272 A.315 - Deventer 1505 (IA 134.062): 272 A.315 - Antwerpen, um 1506 (IA 134.068): 272 A.315 - Köln 1506 (VD 16 C 1587): 272 A.315 - Köln 1510 (VD 16 C 1589): 272 A.315 - Antwerpen 1513 (IA 134.096): 272 A.315 ›Rumpfbearbeitung/-übersetzung‹ (dt.) - Basel, um 1474 (GW 6350) [= R-Dr 1 ]: 138 A.11, 145, 294-296, 306 A.387, 934 - Basel, vor 28.11.1475 (GW 6349,20) [= R-Dr 2 ]: 145, 296, 306 A.387, 934 Scaliger, Joseph Justus: ›Disticha Catonis‹ (gr.) - Hannover 1637: 357 - Goslar 1643: 357 - Hannover 1644: 357 - Hannover 1655: 357 - s. a. Daum, Christian; König, Christian Gottlieb Sturm, Johannes: ›Disticha Catonis‹ (lat.) - Straßburg 1565 (VD 16 C 1651): 340 ›Ulmer Cato‹ (lat.-dt.) - Speyer, um 1483 (GW 6319) [= UDr 1 ]: 290, 317 A.422, 375 A.564, 971 - Augsburg 1484 (GW 6320) [= U-Dr 2 ]: 292, 317 A.422, 971 - Reutlingen 1486 (GW 6321) [= UDr 3 ]: 317 A.422, 971

1088

-

Register

Augsburg 1487 (GW 6322) [= U-Dr 4 ]: 317 A.422, 971 Bamberg, um 1490 (GW 6322,10) [= U-Dr 5 ]: 292, 317 A.422, 971 Heidelberg, um 1490 (GW 6323) [= UDr 6 ]: 317 A.422, 972 Heidelberg, um 1490 (GW 6324) [= UDr 7 ]: 317 A.422, 972 Leipzig, um 1490 (GW 6325) [= UDr 8 ]: 292, 317 A.422, 972 Leipzig, um 1490 (GW 6325,10) [= UDr 9 ]: 317 A.422, 972 Leipzig, um 1490 (GW 6326) [= UDr 10]: 292, 317 A.422, 972 Leipzig, um 1490/94 (GW 6326,10) [= U-Dr 11]: 972 Reutlingen 1491 (GW 6327) [= UDr 12]: 317 A.422, 972 Reutlingen 1491 (GW 6345) [= UDr 13]: 203, 291f., 293f., 317 A.422, 972 Augsburg 1492 (GW 6328) [= UDr 14]: 317 A.422, 972 Speyer, um 1493 (GW 6329) [= UDr 15]: 972 Reutlingen 1494 (GW 6346) [= UDr 16]: 203, 291f., 293, 317 A.422, 972 Reutlingen 1495 (GW 6347) [= UDr 17]: 203, 291f., 293, 317 A.422, 973 Augsburg, um 1495 (GW 6330) [= UDr 18]: 973 Augsburg, um 1495 (GW 6331) [= UDr 19]: 317 A.422, 973 Basel, um 1495 (GW 6332) [= UDr 20]: 317 A.422, 973 Basel, um 1495 (GW 6332,10) [= UDr 21]: 317 A.422, 973 Basel, um 1495 GW 6333) [= U-Dr 22]: 317 A.422, 973 Speyer, um 1495 (GW 6334) [= UDr 23]: 317 A.422, 973 Basel, um 1495/1500 (GW 6335) [= U-Dr 24]: 290 A.357, 317 A.422, 973

- Ulm, um 1496 (GW 6336) [= U-Dr 25]: 973 - Nürnberg, um 1496/1500 (GW 6337) [= U-Dr 26]: 292, 317 A.422, 973 - Augsburg, um 1497 (GW 6338,20) [= U-Dr 27]: 317 A.422, 973 - Leipzig, um 1497 (GW 6338) [= UDr 28]: 292, 317 A.422, 974 - Basel, um 1497/98 (GW 6338,10) [= U-Dr 29]: 317 A.422, 974 - Ulm, 1498 (GW 6341) [= U-Dr 30]: 290 A.357, 317 A.422, 974 - Augsburg, um 1498 (GW 6339) [= UDr 31]: 974 - Augsburg, um 1498 (GW 6340) [= UDr 32]: 974 - Leipzig 1499 (GW 6343) [= U-Dr 33]: 292, 317 A.422, 974 - Straßburg 1499 (GW 6348) [= UDr 34]: 203, 291f., 293f., 317 A.422, 974 - Wien, um 1499 (GW 6342) [= UDr 35]: 317 A.422, 974 - Nürnberg 1500 (GW 6349) [= UDr 36]: 291, 292, 293, 974 - Nürnberg 1501 (VD 16 C 1684) [= UDr 37]: 292, 974 - Nürnberg 1503 [= U-Dr 38]: 292, 974 - Straßburg 1504 (VD 16 Nr. C 1688) [= U-Dr 39]: 975 - Leipzig 1507 (VD 16 Nr. C 1690) [= U-Dr 40]: 292, 975 - Leipzig 1512 [= U-Dr 41]: 292, 975 - Leipzig 1514 (IA Nr. 134.100) [= UDr 42]: 292, 975 ›Ulmer Losbuch-Cato‹ (lat.-dt.) - Ulm 1492 (GW 6351) [= UL-Dr 1 ]: 299-305, 306 A.387, 317 A.422, 978 Zuber, Matthæus: ›Disticha Catonis‹ (gr.) - Amberg 1618: 359 - Hanau 1619 (VD 17 1:043599N): 359

3. Personen, Werke, Sachen, Termini Namen von Personen, die auch als Schreiber und/oder Vorbesitzer von Handschriften oder als Drucker auftreten, ist scr. bzw. pos. bzw. typogr. beigesetzt. 10 Gebote s. Dekalog 10 Vorzeichen des Todes: 449 12 Umstände des Leidens Christi: 625 ›15 Zeichen des Jüngsten Gerichts‹: 247 A.240, 935, 1004 Abbo von Fleury: 587 Abbo von St. Germain: ›De bellis Parisiacae urbis‹: 30, 512, 514, 675-678 Accessus: 40f., 43, 54, 60-67, 75, 117, 255, 267 A.296, 283f., 286f., 422, 442445, 493, 521, 526, 569, 572, 582, 785, 796, 811, 845 A.679 - ›A. ad auctores‹: 60-62, 852, 853, 855, 858, 860f. - A.formel: 612 - quattuor causae: 297f., 286f., 423, 521, 572f., 582, 643, 718, 725, 766, 810, 812, 845 A.679, 848 Acciaiolo, Donato: ›Oratio coram Sixto IV. de sua creatione Romae‹: 542f. ›De Achille‹: 686 Adam (Magister A.): ›Summula de Summa Raymundi‹: 206f., 256, 259, 435, 438, 469, 471, 545, 965f., 991, 1002, 1006 Adam of Balsham (Parvipontanus): ›De utensilibus‹/›Phaletolum‹: 101, 485, 596f., 810 Adel: 130f. A.190, 150, 160f. A.75, 216, 245, 248, 260, 261-263 Adelmannus: ›Versiculi iuxta ordinem alphabeti digesti de viris illustribus sui temporibus‹: 838 Ademar von Chabannes: 588f., 591f. Aderlassregeln: 247 - A., dt.: 767 ›Admonitio scolarium‹: 815 Adolf von Wien: ›Doligamus‹: 263 A.276, 475, 489, 500, 571, 659, 948, 968, 969, 970, 991

›De adventu papae‹: 630 Aegidius Corbolensis: - ›Metrum de pulsibus‹: 687 - ›Metrum de urinis‹: 687 Aich, Arnd von (typogr.): 334f. Aimericus: ›Ars lectoria‹: 50 A.73 Akrostichon: 826 Alanus: 522 Alanus ab Insulis - ›Anticlaudianus‹: 630, 632, 767, 915917 - ›Liber parabolarum‹: 99f., 263 A.276, 435, 438, 452, 454, 475, 477, 492, 494, 570, 609, 611, 615, 623, 666-668, 721f., 764, 773, 794, 808f., 823, 914, 968 - ›De planctu naturae‹: 567, 571, 632, 774f., 823 - ›De sex alis cherubim‹: 627 - s. a. ›Auctores octo‹ Alanus de Rupe: ›Compendium psalterii‹: 824 Alba Julia: 336 A.462 Alberich von Rosate: 268 Albert, Abt von Windberg: 651 Albertus Magnus: 830 - ›Summa naturalium‹: 647f. Ps.-Albertus Magnus: ›De secretis mulierum‹: 766, 967 Albrant (Meister A.): ›Rossarzneibuch‹: 245, 956, 1009 Albrecht V., Hzg. v. Bayern (pos.). 632, 635, 637, 849 Album amicorum s. Stammbuch Aldhelm - ›Aenigmata‹: 590 - ›De laude virginitatis‹: 664 - ›De metrica arte‹: 590 Alexander: 516 Alexander (Magister A.): ›De complexionibus‹: 767

1090

Register

Alexander von Hales: ›Exoticon‹/›Cornutus novus‹: 609, 611 Alexander de Hispania: ›Melleus liquor physicae artis‹: 953 Alexander de Villa Dei: 5, 767 - ›De algorismo‹: 495, 497 - ›Doctrinale‹: 7, 99f., 196f., 260, 443f., 477, 483, 576, 606f., 655, 657, 704, 726, 824, 845, 912, 915, 961, 970, 996 - ›Massa computi‹: 495, 497, 990f. ›Alexius‹: 489, 991 Alexius-Legende, dt.: 931 Alexius von Třebon (pos.): 719-721 Alkuin: 700f., 778 - ›In X canones Eusebii seu concordantium quattuor evangelistarum‹: 826 - ›De grammatica‹: 26f. - Kommentar zu Avian: ›Fabulae‹: 46-49 - ›Propositiones ad acuendo iuvenes‹: 590, 745, 747 A.529 Ps.-Alkuin: ›De decem numeris canonum‹: 826 Allacci, Leone: 743 Alphabet: 30, 59, 195, 449, 459, 488, 548 A.207, 579, 614, 657, 664, 682, 691, 744, 938 A.763 - griechisches A.: 449, 596 ›Alphabetum Tironianum‹: 761f. Altdorff, Universität: 360 Alphonse II., Kg. v. Neapel (pos.): 681 Altradanus: ›De astrologia‹: 523 Alvernus, Guilelmus: ›De fide et legibus‹: 833 d’Amboise, Kardinal Georges I.: 681 Ambrosius: 775 Amorbach: 977 ›Amorbacher Cato‹: 220, 221-223, 977 Anchin, Benediktiner: 891 Andechs, Benediktiner: 259, 953, 966f. Andreas Capellanus: ›De amore‹: 967 Angelus, Johannes: 338 Angelo, Giovanni, Hzg. v. Altemps (pos.): 733, 737f. Angoulème: 105 - Benediktiner: 588, 590-593 ›Annales Elnonensis minores‹: 762f. ›Annolied‹: 415 A.627

›Anonymi Avianicae Fabulae‹: 16 A.38, 83, 829 ›Anonymus Neveleti‹: 13, 15, 75, 81f. A.116, 90, 101, 116 A.167, 119, 431f. A.2, 435, 438, 446f., 452f., 454-458, 462, 464f., 466, 468f., 470, 472, 473f., 489, 491, 499, 522, 526 A.161, 531, 533, 558, 568f., 603, 605, 626-629, 631, 633, 636, 638, 642f., 649, 651f., 660f., 712, 714, 715, 717, 719-721, 764f., 779, 796, 799, 816f., 819, 824f., 829, 832f., 834, 843, 855, 857, 861, 863, 865-867, 871, 874, 875, 914, 968 - Kommentar (›Würzburger Anonymus Neveleti- und Avian-Paraphrasen‹): 80, 875 - Kommentar (›Liber Esopus et Avianus‹): 84 - s. a. ›Auctores octo‹; Esopus Anselm von Canterbury: ›De sacrificiis altaris‹: 101, 602, 605 Anstandslehre: 492 Anthologia latina: 698f. ›Vom Antichrist‹: 925 Antiphonar: 661f., 782 Anton Ulrich, Hzg. v. BraunschweigLüneburg-Wolfenbüttel (pos.): 821 Antwerpen: 467 Apel, Jakob (typogr.): 339f., 358 ›Apologi Aviani‹: 433f., 829 Apollonius: ›Ars notaria‹: 517 ›Appendix Vergiliana‹: 794 Apuleius: ›De deo Socratis‹: 848 Arator: 26f., 445, 584, 788 - ›De actibus apostolorum‹: 37f., 535, 584f., 784 - ›Astrologia‹: 590 Arheiligen: 338 Aretino, Bonaguida: ›De dispensationibus et privilegiis‹: 515 Aretino, Carolo: ›Batrachomyomachia‹: 631, 633 Aristoteles: 174, 522, 572, 650, 697, 742, 845, 870 - ›De anima‹: 647, 767 - ›De generatione et corruptione‹: 645, 647

3. Personen, Werke, Sachen, Termine

- ›Libri ethicorum‹: 522, 526 A.162, 767, 870 - ›Peri hermeneias‹: 767 - ›De memoria et reminiscentia‹: 647 - ›Oeconomica‹: 953 - ›Politica‹: 522 - ›Rhetorica‹: 522 - ›De sensu et sensato‹: 648, 870 - ›De somno et vigilia‹: 647 - ›De sophisticis Elenchis‹: 767 - ›Topica‹: 767 Ps.-Aristoteles - ›Physiognomia‹: 778 - ›Secretum secretorum‹: 166, 261, 263, 767, 936, 953 - ›S. s.‹, dt.: 929, 969 Arithmetik: 495, 497, 784, 801 Arnold von Sachsen: ›Auctoritates scripturae‹: 792 Arnolt, Nikolaus (scr.): 877 Arnstein, Prämonstratenser: 889 Arnulf von Orléans: ›Glosulae super Lucanum‹: 780 Ars dictandi/epistolandi: 208, 240, 241, 243 A.229, 473f., 541, 629, 632, 645, 649, 651, 697, 777, 949, 954, 970, 991 - s. a. Brief ›Ars discantandi‹: 528, 530 Ars moriendi, dt.: 939 ›Ars motetorum‹: 528, 530 ›Ars musica‹: 528, 530 Ars praedicandi: 545, 953 - s. a. Predigt Ars punctandi: 645 Ars sermocinandi: 740 d’Artegna, Guarnerio (pos.): 770 Arx, Ildefons von: 771 Ashburnham; Bertram (pos.): 534 ›Asinarius‹: 454, 475, 531, 532 A.174, 533, 562, 567, 571 Asmenius: ›Versiculi super XII libros Eneydarum‹: 508 Astrologie/Astronomie: 247f., 589, 605, 767, 792, 975, 991 Atticus: ›Regula formatarum‹: 749 ›Auctores octo‹: 93 A.137, 104-106, 283, 308f.

1091

Audradus Modicus: ›Liber de fonte vitae‹: 748, 750 Augsburg: 147-149, 153, 283, 292 A.366, 307 A.388, 348, 386f., 391, 638, 650, 922, 925, 927, 930, 932, 934, 966 - Augustiner-Chorherren Heilig Kreuz: 639f. - Benediktiner St. Ulrich und Afra: 259, 261, 443-445, 966, 997 - Gymnasium zu St. Anna: 386 August d. J., Hzg. v. BraunschweigLüneburg-Wolfenbüttel (pos.): 130 A.190f., 811, 817, 819f. Augustiner-Chorherren: 653 - s. a. Augsburg / A.; Basel / A.; Böddeken / A.; Bordesholm / A.; Eberhardsklausen / A.; Frankenthal / A.; Goslar / A.; Hamersleben / A.; Indersdorf / A.; Klosterneuburg / A.; Neumünster / A.; Nimwegen / A.; Paris / A.; Piacenza / A.; Polling / A.; Rebdorf / A.; Vorau / A. Augustinus: 174, 589, 767, 775, 936 - ›De opere monachorum‹: 449 - ›De securitate penitentie: 544 - ›De spiritu et anima: 544 Ps.-Augustinus: 449 Aulus Gellius: ›Noctes Atticae‹: 848 Aurispa, Johannes: 967 Ausonius - ›Carmina‹: 805 - ›Epitaphium Archeli‹: 805 - ›De est et non‹: 589 - ›De laboribus Herculis‹: 589 - ›De litteris monosyllabis grecis et latinis‹: 805 - ›In quo mense quod signum sit ad cursum solis‹: 826 Auswendiglernen: 40f., 43, 53, 66, 210, 381, 385, 392 Autor/Autorschaft: 40f., 50 A.73, 51, 53, 54, 64, 65 A.99, 144f., 151, 154, 175, 236, 237f., 315, 318, 328, 343, 409, 412, 423, 433f. A.5, 458 Autoritäten: 241, 778 Autun: 749 Auxerre: 584-586 ›Ave Maria‹: 30

1092

Register

- ›A. M.‹-Auslegung: 877 Averroës: 174 - Kommentar zu Aristoteles: ›De sensu et sensato‹: 870 Avian: ›Fabulae‹: 11-17, 23, 24-131, 135, 204, 265, 419, 423f., 435, 438-920 passim, 968 - Kommentar (›Donaueschinger ProsaAvian‹): 81f. A.116, 865-867 - Kommentar (›Liber Esopus et Avianus‹): 84 - Kommentar (›Münchner ProsaAvian‹): 80 - Kommentar (›Wiener Prosa-Avian‹): 80 - Kommentar (›Würzburger Anonymus Neveleti- und Avian-Paraphrasen‹): 80, 875 - s. a. Alkuin: Kommentar zu Avian: ›Fabulae‹; ›Apologi Aviani‹; ›Auctores octo‹; Jakob von Soest: ›Distinctiones longiores pro arte praedicandi‹; ›Liber Catonianus‹ Avienus: 44f. A.51, 593, 913, 919f. - ›Lemmata in Arati Phenomena‹: 757f. Avignon: 902 Alcimus Ecdicius Avitus: 26f., 584 Babiloth (Meister B.): Alexanderroman: 978 Babrios: 709 Badius Ascensius, Jodocus: ›Silvae morales‹: 130 A.189, 282f., 285f., 308f. Baldewinus (magister): 753 Baldo: ›Novus Esopus‹: 797, 799 A.624 Baldus de Ubaldis Perusinus: ›Repertorium super Innocenti‹: 867 Balfour, James (pos.): 513 Ballstädt: 514, 520 Bamberg: 246, 292 A.366, 922, 929 - Benediktiner: 155f., 888, 903, 922 Barbaro, Francesco: ›De fide et oboedientia mulierum‹: 474 Barberini, Francesco: 731 Bardowick: 695 Barth, Kaspar von: 45-49 - ›Adversariorum commentariorum libri LX‹: 45-49, 411

Bartolomæus: ›Praktik‹: 245, 956, 991, 1009 Bartolomæus Anglicus: ›Liber de proprietatibus rerum‹: 433f. A.5 Bartolomæus Pisanus: ›Summa casuum‹: 515, 518f. Bartsch, A. J. (pos.): 963 Bartsch, Karl (pos.): 942, 945f. A.780 Barzizza, Antonio: ›Cauteraria‹: 263 A.276, 775, 967, 968 Barzizza, Gasparino: ›Epistolae‹: 775 Basel: 292 A.366, 296, 316, 376 - Augustiner-Chorherren: 449-451 - Kartäuser: 502 A.102 - Universität: 312, 451 Basilius Magnus: 770 - ›Ad adolescentes‹: 648 - ›Ad iuvenes religiosos‹: 967 - ›De libris legendis‹: 645, 648 Battista Guarino: ›Elegia Alde‹: 777, 815 Baumkunde: 246 Bautzen - Franziskaner: 515, 781 - St. Peter: 515 - Schulordnung: 204f. A.170 Bayreuth, Schulordnung: 133 Beatniffe, Richard (pos.): 795 Beatusberg, Kartause: 743 Bebel, Heinrich: ›Proverbia Germanica‹: 385 Beda Venerabilis: 633f. A.353 - Apokalypse-Kommentar: 590 - ›De arte metrica‹: 26f., 536f., 632 - ›Historia ecclesiastica‹: 708 A.484 - ›De schematibus et tropis‹: 536f., 632 Ps.-Beda Venerabilis: ›Martyrologium poeticum‹: 589 Beichte/Buße: 242, 438, 516, 563, 567, 629, 722, 744, 768, 824, 848, 877, 922, 953, 975 - Beichtgedicht: 993 - dt.: 993 - Beichtspiegel: 922 Beinwil, Benediktiner: 892 Beleviegne, A. (pos.): 455f. Belgien: 106, 573, 575, 882, 899, 915 Bellermann, J. J. (pos.): 463 Bellinzona: 952

3. Personen, Werke, Sachen, Termine

Benedikt Biscop, Abt v. Wearmouth: 708 A.484 Benediktiner/-innen: 258, 259, 261 A.272 - s. a. Anchin / B.; Andechs / B.; Angoulême / B.; Augsburg / B.; Bamberg / B.; Beinwil / B.; Besançon / B.; Blasien / B.; Bobbio / B.; Canterbury / B.; Comburg / B.; Corbie / B.; Dover / B.; Durham / B.; Echternach / B.; Egmont / B.; Engelberg / B.; Erfurt/ B.; Fleury / B.; Füssen / B.; Glastonbury / B.; Île-Barbe / B.; Irsee / B.; Kahlenberg / B.; Limoges / B.; Lüne / B.; Lüttich / B.; Lorsch / B.; Melk / B.; Micy St. Mesmin / B.; Mondsee / B.; Murbach / B.; Muri / B.; Northeim / B.; Pfävers / B.; Regensburg / B.; Reichenau / B.; Rott am Inn / B.; Salzburg / B.; St. Amand / B.; St. Lambrecht / B.; St. Gallen / B.; St. Riquier / B.; Sherborne/Dorset / B.; Tegernsee / B.; Thorney / B.; Tournay / B.; Trier / B.; Vienne / B.; Oberaltaich / B.; Weingarten / B.; Werden / B.; Wessobrunn / B.; Whitby / B.; Wiblingen / B.; Zwiefalten / B. Berckenmair, Petrus: 444 A.19 Bergmann, Johann, von Olpe (typogr.): 312 Berlin, Dominikaner: 999 ›Berliner Oswald‹: 922 Bernarius von St. Amand: 762f. Bernat d’Esplugues: 278 A.323 Berner ›Quaestiones grammaticae‹: 24 A.11 Bernhard von Bologna: ›De dictionum scientia grata rudibus‹: 838 Bernhard von Claivaux: 815, 936 - ›Libri V considerationum‹: 544 - ›Epistola ad dominum Wilhelmum abbatem s. Theodorici de gratia et libero arbitrio‹: 544 Ps.-Bernhard von Clairvaux: ›Epistola ad Raimundum‹ (›De cura et modo rei familiaris‹/›De gubernatione familiae‹): 538, 824 - ›E. a. R.‹, dt.: 246, 927, 947

1093

Bernhard von Eisenach: ›De rarissimis vocabulis‹: 446f. Bernhard von der Geist: ›Palpanista‹: 523, 556, 558, 563, 580, 582, 631, 823 Bernhardinus von Siena: ›Speculum peccatorum‹: 625 Bernhard von Utrecht: Kommentar zu den ›Ecloga Theodoli‹: 56, 862 Bernhard von Waging: 155, 928 Berthold von Regensburg: Predigten: 875f. Besançon, Benediktiner St. Vincent: 471 Beschreibstoff - Pergament: 30, 33, 96, 165, 185, 187, 194, 437, 468, 471, 482, 487, 498, 548, 582, 594f., 618, 656, 730, 736, 744, 749, 787f., 819, 830, 842 - s. a. Tafel Bethlen, Gábor: 415 Beudell (scr.): 479 A.55 Beutelbuch: 2f. Bevensen: 695 Bibel: 26f., 243 A.230, 522, 590, 616f., 703, 767, 785, 864, 868, 954 - Altes Testament: 154, 589 - Ecclesiastes: 522, 567 - Episteln: 846f. - Evangelien: 567, 846f. - Evangelien-Auslegung: 642 - Hiob: 174 - Hohelied: 590, 696f., 767, 853 - Jakobus: 174 - Jesaja: 174 - Johannes-Apokalypse: 705, 707-709, 853 - Johannes-Evangelium: 770 - Kommentar: 26f. - Markus-Evangelium: 567 - Matthäus-Evangelium: 675 - Neues Testament: 604 - Paulusbriefe: 174, 516, 522 - Psalmen/Psalter: 50 A.73, 174, 449, 613, 683, 843 ›Biblia pauperum‹: 627 Bicinus: ›De statu monachorum non mendicantium‹: 824 Bietingen: 337 ›Bila Aristarncus‹: 775

1094

Register

Bildungsreform, karolingische: 22-24 Bîspel: 866, 923, 924, 925, 926, 927, 931, 933, 1003 Blanchus, Petrus Antonius: 815 Blarer, Diethelm, Abt v. St. Gallen: 771 Blasien, Benediktiner: 862-864 Blattformat/Buchformat: 37f., 68, 59, 89, 96, 166, 170, 188, 194, 246, 258, 269, 292, 339, 509-511, 537, 664, 728, 735, 751, 761, 787f., 798, 803f. Blaubeuren: 884, 885 Blaubirer, Johann (typogr.): 249, 250, 252f. Block, Theodericus (pos., scr.): 815-818 Bloß, Johannes: 661 Blotius, Hugo: 806 Blümel, Nikolaus: 694 Bobbio, Benediktiner: 701 Boccaccio, Giovanni: ›Decamerone‹: 967 Bocker, Peter: 928 Bodensee: 926, 931, 1003 Böddeken, Augustiner-Chorherren: 793 Böhmen: 140, 354, 458, 473, 544, 545 A.203, 637, 723f., 725, 924, 955, 964 A.807f., 965, 1007 Boethius: 174, 443, 445, 522, 775, 853 - ›Institutio arithmetica‹: 495, 750 - ›De consolatione philosophiae‹: 26f., 37f., 522, 567, 698, 749f., 767, 784, 788, 796, 838 - ›Opuscula sacra‹: 745 Ps.-Boethius: ›De disciplina scolarium‹: 258, 516, 538f., 606, 615, 618, 767, 773, 966 Bohuslaw von Lobkowitz: ›Epistolae‹: 718f. Boisot, Jean Baptiste (pos.): 469, 471 Bolardus, Nicolaus: ›De cultura arborum et plantarum‹: 523 Bollstatter, Konrad (scr.): 927 Bologna: 734, 815 - Universität: 125 A.180 Bonandrea, Giovanni: ›Ars dictandi‹: 538 Bonaventura: ›Itinerarium mentis in deum‹, dt.: 928 Boner: ›Edelstein‹: 17, 245, 626f., 925, 956, 1008 Bongars, Jacques (pos.): 742f.

Bonicrentus: ›De excommunicatione et interdicto‹: 694 Bonvicinus de Ripa: ›Vita scolastica‹: 499f., 563, 567 Borchardus: ›Vita Jude‹: 562, 567 Bordesholm, Augustiner-Chorherren: 73, 564f., 839, 903 Boser, Michael (pos.): 658, 660, 968 Boss (Poss, Posse) (pos.): 924 Bothe (scr.): 479 A.55 Bowes, William: 479 A.55 Brabant: 87 A.123 Bradford, Johannes (scr.): 607 Brant, Sebastian - ›Carmina in laudem B. Mariae Virginis‹: 970 - ›Cato‹, lat.-dt.: 19f., 252, 254, 275, 288, 289 A.355, 290, 292, 299, 310-321, 327f., 330, 335, 341, 375 A.547, 409, 428f., 979-983 - ›Cato‹, lat.-poln.-dt.: 327 - ›Cato‹, lat.-tschech.-dt.: 327 - ›Facetus Cum nihil utilius‹, dt.: 312, 1012-1014 - ›Facetus Moribus et vita‹, dt.: 312 - Übersetzung von Reinerus Alemannicus: ›Thesmophagia‹/›Phagifacetus‹: 312 - ›Varia carmina‹: 315 Brasch, J. (pos.): 466 Brasso s. Kronstadt Brasov s. Kronstadt Bratislawa s. Pressburg Braunschweig: 816 - Bibliothek des Geistlichen Ministeriums: 1000 - Camman’sche Bibliothek: 1000 A.841 - Pfarrkirche St. Andreas: 904 ›Braunschweiger Kirchenordnung‹: 325 Breslau: 410, 416 - Fronleichnamskirche: 476 Brief: 124 A.179, 241, 571, 649, 719, 739, 779 - Empfehlungsschreiben für einen Studenten: 631 - Formelsammlung: 853, 954 - Briefmuster: 719, 721f., 804, 949 - dt.: 939

3. Personen, Werke, Sachen, Termine

- B.sammlung: 659, 683, 721f., 726, 801, 803 - s. a. Ars dictandi/epistolandi Brieg: 416 Brudenell, George: 479 A.55 Brudenell, Robert: 479 A.55 Brügge: 575 Brun (Brunhen, Brewlen), Rudolfus (scr.): 779 ›Brunellus‹: 475, 531, 533 ›Brunellus de diversis ordinibus‹: 531 Brunfels, Otto: ›Institutio puerorum‹: 345f., 374, 986 A.825 Bruni Aretino, Leonardo: 967 - ›Polyxena‹: 645, 648, 717f., 775, 970 ›Buch der Könige‹ (›Schwabenspiegel‹Fassung): 925 ›Buch der Rügen‹: 951 Buchdruck: 14, 115, 119-131, 316, 320, 375f., 420, 422, 428 Buchmarkt: 321 Buchschmuck: 37f., 59, 68, 160f. A.75, 269, 300, 339, 397, 483, 484f., 488, 504f., 509-511, 545, 579, 671, 706f., 731, 733-735, 746f., 756, 761, 772, 788, 828 Buchstaben: 495 Buchumfang: 375f., 401f., 459f. Budé, Guillaume: 322 Bücklin, Conrad: 214 Bülow, Friedrich Gottlieb Julius von (pos.): 517f. Büren/Westf.: 793 Büsching, Johann Gustav Gottlieb (pos.): 947, 992 Bugenhagen, Johannes: 325 Bungart, Hermann (typogr.): 185, 275, 319, 321, 322 Buridanus, Johannes: 567 Burleigh, Walter: ›Liber de vita et moribus philosophorum‹: 135, 263 A.276, 968 Burman, Pieter, d. Ä.: 917f. ›Bursa latini‹/›Equus caballus‹: 606 Burse: 334 Cabeljauw, Johannes: 919 Caesarius, Johannes: 348 Caesarius, Johannes Baptista: 348

1095

- ›Disticha Catonis‹, lat.-gr.-dt.: 19, 320, 330, 347-357, 392, 989f. Calderinus, Johannes: ›De ecclesiastico interdicto‹: 694 Calow, Heinrich (scr.): 489f., 948, 991 Cambridge: 477, 658 A.394 - Corpus Christi College: 479f. - Franziskaner: 917 - King's College: 479f. - Peterhouse College: 481f., 483, 485, 903 - Trinity College: 481f., 483, 485, 486f. Cannegieter, Henrik: 917f. ›Super Cantica canticorum‹: 504f. Canterbury: 890 - Christ Church Cathedral: 894 - Benediktiner: 904 Cantiones: 615 ›Carmen ancillarum queremonias comprehendens‹: 645 ›Carmen de bello Troiani‹: 571 ›Carmen de calliditate malarum mulierum‹: 646 ›Carmen in Christi honorem‹: 589 ›Carmen de conditione indoctorum‹: 646, 648 ›Carmen facetiarum comedentium‹: 645 ›Carmen de Juda Iscariote‹: 630 Carmina - auf St. Gertrudis und St. Mauritius: 993 - O divus Juppiter celo natus ex alto: 721 - WALTHER Nr. 518: 721 - WALTHER Nr. 2669: 646 - WALTHER Nr. 3890: : 823 - WALTHER Nr. 3925: 797 - WALTHER Nr. 4172: 646 - WALTHER Nr. 5703: 797 - WALTHER Nr. 5825: 797 - WALTHER Nr. 7319: 797 - WALTHER Nr. 8420: 646 - WALTHER Nr. 8460: 797 - WALTHER Nr. 10325: 823 - WALTHER Nr. 10361: 721 - WALTHER Nr. 10534: 721 - WALTHER Nr. 13475: 797 - WALTHER Nr. 14646: 646

1096

Register

- WALTHER Nr. 16225: 823 - WALTHER Nr. 16521: 823 - WALTHER Nr. 16941: 721 - WALTHER Nr. 15542: 797 - WALTHER Nr. 16956: 721 - WALTHER Nr. 17345: 646 - WALTHER Nr. 20357: 797 - WALTHER Nr. 20390: 721 - WALTHER Nr. 18719: 646 ›Carmina Cantabrigiensia‹: 748 Carnifex, Jacobus: 492f. Cassiodor: ›De artibus ac disciplinis liberalium litterarum‹: 589 Catenatus: 73, 482, 490, 554, 565, 833, 839, 876f. Cato: 44f. A.51, 328 - s. a. ›Disticha Catonis‹ Cato, Marcus Porcius: 93f. ›Cato interpolatus‹: 279f. Catull: 843 Caxton, William (typogr.): 305, 367 Cayso, Willelmus: 657f. Celtis, Konrad: 633f. A.353 Censorinus: ›De die natali‹: 432f. A.3 Cercamp, Zisterzienser: 529 A.169 Cervini, Erennio: 733 Cervini, Marcello (pos.): 733 Cesarini, Julianus: ›Epistola ad Aeneam Silvium‹: 778 Charles de Valois, Hzg. v. Orléans (pos.): 433f. A.5 Chartres: 886 Chaucer, Geoffrey: 266 Cheltenham, Sir Thomas Phillipps Library: 466f., 488, 653f., 923, 930 Chiromantie, dt.: 523 Chiromantik: 525f. A.159 Christina, Kg. v. Schweden (pos.): 584f., 591, 594, 739f., 745f., 750 Cholinus, Petrus: 377 Corbie, Benediktiner: 699-701 Chorier, Nicolas (pos.): 706 ›Christherre-Chronik‹: 929 Chronistik: 246 - Chronik von Scheiern: 954 - dt.: 934

›Chronologia brevis a creatione mundi ad annum 1137 usque ad tempus Stephani regis Angliae‹: 617 Chrysoloras, Manuel: 357 Cicero, Marcus Tullius: 174, 445, 526 A.162, 542f., 775, 856f., 869 - ›De amicitia‹: 522, 542, 567, 690, 778 - ›Aratea‹: 508 - ›In Catilinam‹: 852 - ›Cato maior de senectute‹: 690, 748, 750f. A.537, 778 - ›Epistolae ad familiares‹: 530, 532, 542, 855, 868 - ›Pro M. Fonteio oratio‹: 769 - ›Pro M. Marcello oratio‹: 542, 852 - ›Paradoxa‹: 778 - ›De officiis‹: 567, 733, 736f. A.509f., 838, 840 - ›Pro Q. Ligario oratio‹: 852 - Reden: 855 - ›In Sallustium‹: 852 - ›Somnium Scipionis‹: 779 Ps.-Cicero - ›Synonyma‹: 967 - ›De proprietatibus terminorum‹: 967 Cisiojanus: 132, 469, 694, 712, 872 Cîteaux, Zisterzienser: 68, 509f. Claudian: ›De raptu Proserpinae‹: 94f., 99-101, 481, 484, 495, 497, 538-540, 578, 597f., 602, 603, 612-614, 634f., 654, 655, 666-668, 731f., 743, 752, 756, 760, 795, 836, 838-841, 848, 850, 910, 915f. - s. a. ›Liber Catonianus‹ Clavicord: 476 Clément, Nicolas: 681 Cluj-Napoca s. Klausenburg Cluny, Benediktiner: 278, 585, 886 Colbert, Jean-Baptiste (pos.): 675, 686f., 691, 693 Cole, Johannes, de Wodyl (pos.): 655f., 657f. Collatio de beata Maria Magdalena: 867 ›Collecta de vitiis et virtutibus pro sermonibus faciendis‹: 792 Collectio canonum: 727 College: 607

3. Personen, Werke, Sachen, Termine

- s. a. Cambridge, Corpus Christi C.; Cambridge, King's C.; Cambridge, Peterhouse C.; Cambridge, Trinity C.; Eton/Berkshire, Eton C.; Winchester, St. Mary's C. Colonna, Ascanio (pos.): 733 Comburg, Benediktiner: 781 ›Commendatio artis rhethoricae‹: 645 Commendatio artis rethoricae secundam formam Antonii Haneron: 645 ›Commendatio in Sapphon Marti Siculi poetae‹: 570 ›Commendatio scolaris‹: 632 ›Commentarius alphabeticus somniorum Danielis‹: 523 ›Commentarius vocabulorum Latinorum e lingua Graeca et Hebraica depromptorum‹: 948 ›Commune sanctorum‹: 791 De communicatione idiomatum: 740 ›Comoedia de lepore et de suevis‹: 645 ›Compendium Anticlaudiani‹: 953 ›Compendium de sanctis‹: 834 ›Compendium de septem sacramentis per modum interrogationis‹: 862f. Computus: 83, 469, 722f., 870, 872 - s. a. Kalender; Komputistik ›De conflictu virtutum et vitiorum‹: 631 Conradus Herfordia de Eschenwege: 517 ›De contemptu mundi Rudigeri‹: 801 ›Contemptus mundi‹ (›Cartula‹): 99, 308f., 434, 438, 455, 459, 469, 472, 476, 489, 491f., 500, 531, 533, 538f., 556, 563, 580, 583, 609, 611, 638, 642, 665, 667, 703, 797, 799 A.623, 815, 817, 823, 914, 915, 948, 991, 993 - ›C. m.‹, dt.: 188, 191 A.146, 938, 1004 - s. a. ›Auctores octo‹ Copho: ›Modus medendi‹: 495 Cordier, Maturin: 125 A.188, 236, 362f. - ›De corrupti sermonis emendatione‹: 374 A.545 - ›Disticha Catonis‹: 19, 289 A.355, 320, 346, 354f., 362-375, 376, 377, 378, 381-384, 385 A.564, 391-393, 400f., 409, 412, 427, 429, 985f. Crawford, William Horatio (pos.): 669 Cremona, Dombibliothek: 880

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Crevenna, Pietro Antonio (pos.): 455 Crudelius, Johann Jeremias: 46f. Cruindmelus: ›De metrica ratione‹: 698, 700-703 Cupin, Magdalena (pos.): 150, 923 cura monialium: 155-158 Cyprianus: ›Carmen de resurrectione‹: 826 Cyrillus: ›Speculum sapientie‹: 475 Dahlem/Graevendael: 549 A.211 Dalheim b. Paderborn: 549 A.211 Damme, Pieter van: 507 Daniel, Pierre (pos.): 594, 688, 690f., 693, 741, 744-746 Daniel of Baccles: ›Urbanus magnus‹: 915 Danzig: 169, 360f. - Petrischule: 361 - St. Marien: 489f., 948, 991 ›De dare‹: 659 Darmstadt: 338 - Lateinschule: 338, 493 Dati, Agostino: - ›De arte dictandi‹: 697 - ›Elegantiolae‹: 241, 630, 633, 772, 949, 969, 1002 - ›Epistolae‹: 718f. - ›Praecepta artis oratoriae‹: 720 Daum, Christian: 46, 359f., 409 David s. Bibel / Psalmen Debreczen: 395 ›De decem praeceptis‹: 523 ›Declinationes Donati‹: 781 De defectu huius mundi: 627 Dekalog: 153, 157, 284, 478, 970 - D.-Auslegung: 154 »Deutsche Schule«: 146, 154f., 187f. Deutscher Orden: 160f. A.75, 245, 936, 956, 1009 Deutschland: 29, 33 A.37, 68f., 69f., 74f., 79, 84, 87 A.123, 99f., 101, 106, 108, 111, 272, 283, 690, 715, 781, 838, 841, 843, 852, 853, 857, 867 - Bayern: 140, 160f. A.75, 296, 865f., 928, 929, 931, 935, 947, 948, 949, 951, 952, 953, 954, 955, 957, 976, 977, 1000, 1006, 1009, 1010 A.846 - Elsass: 140

1098

Register

- Franken: 140, 254, 865f., 924, 928, 933, 947, 970, 976, 977, 1000 - Hessen: 1002 - Mitteldeutschland: 83, 514, 522, 935, 946, 947, 950, 955, 956, 957, 958, 959, 960, 961, 962, 963, 964, 977, 999, 1001, 1002, 1003, 1005, 1007, 1009 - Norddeutschland: 83, 168-176, 562, 694, 823, 834f., 938, 941f., 943, 944, 950, 951, 1000, 1004, 1005 - Ostfalen: 169, 942, 943 - Rheinland: 89, 620f., 938, 1004 - s. a. ›Niederrheinischer Cato‹ - Rhein-Maas-Region: 775 - Rhein-Main-Gebiet: 924, 938, 1001 - Schlesien: 200, 426, 489, 491, 948, 965, 991, 997f., 1007 - s. a. ›Schlesischer Cato‹ - Schwaben: 140, 254, 257, 296, 661, 922, 926, 927, 928, 929, 930, 932, 933, 946, 965, 966, 968, 969, 1003 - Süddeutschland: 24 A.11, 29, 58, 89f., 272, 439 A.13, 442, 449, 625, 634, 641, 644, 652, 727, 777, 852, 926, 991, 1006 - Südwestdeutschland: 140, 146, 296, 498, 550, 636, 721, 968, 969, 1004 - Südostdeutschland: 159, 766, 801 - Thüringen: 519, 953, 1010 A.846 - Westdeutschland: 24 A.11, 27f. A.23, 29, 89, 461, 553f., 619, 712, 714, 781 - Vogtland: 140, 924 - Westfalen: 937, 938 - Württemberg: 928 Deyer, Michael: 643 ›Dialogus institoris et monachi‹: 489, 948, 991 ›Dialogus Salomonis et Marcolfi‹: 626 ›Dicta septem sapientum‹: 323, 374, 386f., 389 A.572, 588, 982 A.825, 989 A.830 De dictionibus numeralibus: 475 ›De diebus aegyptiacis‹: 508 Didaktik: 111, 325, 356, 374, 376, 381, 412, 423 Dietrich (scolaris diotzesis verdensis) (scr.): 564, 567 Dietrichepik: 925 Diez, Heinrich Friedrich von (pos.): 455

Diktat: 74, 105-120, 124f., 128f., 176, 197, 198, 204f., 211, 213, 236f., 257f., 264, 281, 362f., 421, 422, 526, 573, 651, 661, 844, 867 Dinckmut, Konrad (typogr.): 299, 303 Dionysios Periegetes: 758 Ps.-Dionysius Areopagita: ›De caelesti hierarchia‹: 47, 49 A.64 ›De disciplina clericorum‹: 476 ›Dissuasio cupiditatis mundanae‹: 801 ›Disticha Catonis‹: 6, 17-21, 23, 37f., 50 A.73, 61 A.92, 67f., 75, 89f., 93-95, 100f., 114f., 126, 130 A.189, 135-418 passim, 419, 434, 436 A.8, 438, 445447, 452, 454, 457, 460, 462, 464f., 466-469, 472, 478, 480, 484, 486, 489, 490-492, 494, 496-498, 503, 509, 516, 522, 544, 545, 548, 556, 558f., 567, 578, 584, 590, 594f., 597f., 600, 602, 605, 606, 612-614, 615-618, 634, 638, 654, 655, 661, 666f., 670-672, 680-682, 683f., 686f., 688f., 697, 712-714, 727f., 730, 732, 742, 744, 748, 750, 752-754, 755f., 759, 767, 774f., 782f., 785, 788, 794f., 796, 799, 808f., 816, 818f., 839, 841, 848, 861f., 862f., 870f., 873f., 909f., 912, 914, 915f. - ›D. C.‹, dt.: 135-418 passim, 419, 425431, 922-995 passim, 998, 999, 1000, 1001, 1003, 1004, 1005, 1006, 1007, 1008, 1009, 1010 - Wort-für-Wort-Übersetzung: 115, 990-992 - ›D. C.‹, engl.: 327 A.445 - ›D. C.‹, frz.: 327 A.445 - ›D. C.‹, ndl.: 327 A.445 - Kommentar ›Appetitus humani divina bonitas‹: 279f. A.327 - Kommentar ›Circa initium Ethice Catonis assumitur thema‹: 255, 257, 286f., 966, 967, 968, 969 - Kommentar ›Doctus rationis oraculo astrorum‹: 279f. A.327 - Kommentar ›In publicis Ethicorum sententiis legitur duos fuisse Catones‹: 285f. A.353

3. Personen, Werke, Sachen, Termine

- Kommentar ›Liber iste cuius lectioni insistimus dicitur apocryphus‹: 285f. A.353 - Kommentar ›Scientia moralis est de expulsione vitiorum et adoptione virtutum‹: 285f. A.353 - Kommentar ›Si te moribus et virtutibus rexeris‹: 281f., 285f. - Kommentar ›Summi deus largitor premii‹ (›Glossulae Catonis‹): 272, 282285, 307, 308f., 319, 321 A.426, 333f., 374 - s. a. ›Amorbacher Cato‹; ›Auctores octo‹; Badius Ascensius, Jodocus: ›Silvae morales‹; Brant, Sebastian: ›Cato‹; Caesarius, Johannes Baptista / ›D. C.‹; Cordier, Maturin / ›D. C.‹; ›Documenta moralia Catonis‹; Fries, Johannes / ›D. C.‹; Gisalbert von Bergamo: Kommentar zu den ›D. C.‹; ›Le Grant Cathon‹; ›Hamburger Cato‹; Heis, Thomas / ›D. C.‹; ›Klausenburger Prosa-Cato‹; ›Liber Catonianus‹; Mancinelli, Antonio: ›D. C.‹; Maximos Planudes: ›D. C.‹; ›Michelstädter Cato‹; Moter, Abraham / ›D. C.‹; Mylius, Johannes: ›D. C.‹; ›Neusohler Cato‹; ›Niederrheinischer Cato‹; Opitz, Martin / ›D. C.‹; Philipp von Bergamo: ›Speculum regiminis‹; ›Proverbia Catonis‹; Remigius von Auxerre: Kommentar zu den ›D. C.‹; ›Rintelner Cato‹; Robert von Euremodio: Kommentar zu den ›D. C.‹; ›Rumpfbearbeitung/-übersetzung‹; ›St. Galler Cato‹; Scaliger, Josephus Justus: ›D. C.‹; ›Schlesischer Cato‹; Stephan von Dorpat: ›Cato‹; Sturm, Johannes: ›D. C.‹-Lemmata; ›Ulmer Cato‹; ›Ulmer Losbuch-Cato‹; Zwettler ›Cato‹; ›Zwielichter Cato‹ Dithmarus, Nikolaus (pos., scr.): 515, 517-522 Dobre Miasto s. Gutstadt ›Documenta moralia Catonis‹: 272, 280f., 308f. ›Dodecasticha de Hercule‹: 686 Dohna, Karl Hannibal von: 410 Dohna, Maximilian Ernst von: 410

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Dohna, Otto Abraham von: 410 Dominikaner, -innen: 515, 555f., 835 - s. a. Berlin / D., Frankfurt / D.; Nürnberg / D.; Soest / D.; Ulm / D.; Wien / D.; Wimpfen / D. Donat: 5, 18, 26f., 194 A.153, 196, 996, 1011 - ›Ars grammatica‹: 7, 23, 90, 99, 483f., 509, 589, 673, 677 - ›A. gr.‹, dt.: 213f. - Würzburger Wort-für-WortÜbersetzung: 217f. - s. a. ›Liber Donati‹ ›Donatus orthigraphus‹: 699f. Donaueschingen, Fürstlich Fürstenbergische Hofbibliothek: 865f., 924, 925, 1001, 1003 Dover, Benediktiner: 898 Drakenborch, Arnold: 675 A.411, 693 A.453, 699f. A.457 Dreux, Jacobus Henricus: 404f. A.595 Dubrovsky, Peter Petrovich (pos.): 864f. Duderstadt: 240, 949 - Lateinschule: 240 A.222 Düsseldorf, Kreuzherren: 82, 829-831 Dungal: 700f. ›De duodecim signis Zodiaci‹: 757 Dupuy, Claude (pos.): 684f. Dupuy, Jacques: 681, 684f. Dupuy, Pierre: 681, 684f. Durandus, Guilelmus: ›Liber rationalis divinorum officiorum‹: 460 Durham, Benediktiner: 888 Eberhard, Markgraf v. Friaul (pos.): 879 Eberhard von Béthune: ›Graecismus‹: 99f., 104 A.154, 491, 607, 655, 794f., 915 Eberhardi, Ulrich: ›Modus latinitatis‹: 650 Eberhardsklausen, AugustinerChorherren: 791-793 Ebner von Eschenbach, Hieronymus (Jobst) Wilhelm (pos.): 911f. Echternach, Benediktiner: 27f. A.23, 29, 38, 784-787 Eck, Benedikt: 260 Eck, Oswald von (pos.): 781 Eclaron / Haute-Marne: 743

1100

Register

›Ecloga Theodoli‹: 75, 93f., 95, 99-101, 435, 438, 445, 449, 454, 457, 462-465, 466-469, 472, 477, 480, 484, 486, 494, 496f., 500, 531, 538, 541 A.198f., 545, 548, 555, 558, 562, 577f., 580, 583, 594, 595-598, 602, 612-614, 614-618, 627, 631, 634f., 636, 638, 653f., 655, 661, 663f., 666-668, 680f., 683f., 712714, 727f., 729f., 732, 738, 742, 752, 754, 755f., 759, 767, 774f., 775f., 780f., 783 A.587, 792, 794f., 808f., 818f., 824, 853, 859 A.695, 862, 872f., 909f., 914, 915 - s. a. Bernhard von Utrecht; ›Auctores octo‹; ›Liber Catonianus‹ Edward I., Kg. v. England: 683 Edward IV., Kg. v. England: 657 Egen, Petrus (magister civium): 638f. Eger: 726 Egmond, Benediktiner: 753, 884, 893 Eigh, Johannes s. Johannes (gallice) Einbeck: 817 Eisen, Georgius (pos.): 627 Eisleben: 375 A.546 Eismar, Jakob (pos., scr.): 153 ›De electione mulierum‹: 570 ›Electuarium ad omnia vitia stomachi quo utebatur Karolus rex‹: 745 Ellrich: 359 Endlicher, Stephan (pos.): 797 Engelberg, Benediktiner: 887 England: 27f. A.23, 29, 44f. A.51, 59, 67, 84, 87, 90, 99, 103f., 106, 111, 115f., 305, 307, 477, 480, 483, 486, 511, 534, 536 A.181, 595, 602, 605, 653f., 661, 665, 668, 669f., 676f., 775, 794 - Hampshire: 605 Enrico di Alemagna: 125 A.180 Entscheringen, Ludolf von: 790 Embrico von Mainz: ›Vita Mahumeti‹: 796, 799 A.624 Envermeu: 278 Ephräm der Syrer: 771 Epimythion: 36, 39f., 50-55, 64, 419, 423 ›Epistola ficta diaboli‹: 650 Epistola brevis ad bonum socium ut litteras scribat exhortaria: 659

Epistola de modo adipiscendi studium: 645, 648 Epitaph: 562, 589 - E. auf Bernhard von Clairvaux: 815 - Epitaphium Bernhardi: 512 - E. auf Magister Georgius: 815 - Epitaphium Lucani: 508 - Epitaphium Ovidii: 646 - E. auf Petrus Comestor: 815 Epitome: 336f., 341-344, 347, 350, 352, 355f., 384 Erasmus, Desiderius, von Rotterdam: 271, 272, 318, 321, 322f., 338, 354, 357f. A.505, 383, 386, 412 - ›Adagia‹: 323 - ›Disticha Catonis‹: 322f., 324, 334, 357f. A.505, 363, 368 A.341 - ›Institutio hominis christiani‹: 323 Erfurt: 515, 522, 525f., 815, 900, 953 - Benediktiner: 463f., 515, 517f. - Collegium Amplonianum: 463f., 524, 528f., 620f., 712f., 716 - Collegium Universitatis: 904, 907 - Kartäuser: 111 A.161, 242, 905, 953 - St. Marien: 517, 520f. - Universität: 465, 520f., 524, 526f., 621, 628, 815, 817f. ›Es tu scolaris‹: 5, 7 Esopus: 101, 445, 462, 465, 522, 603, 709, 767, 796 - s. a. ›Anonymus Neveleti‹ Estiénne, Robert (typogr.): 236, 362 - ›Dictionarium latinogallicum‹: 378 Estienne de Vergi (mestre): 88, 98f., 760 Étienne II., Abt v. St. Baisle: 683 Eton/Berkshire: 477 - Eton College: 479 Etymachietraktat: 625 Etymologie: 54, 117, 282, 531, 573, 609, 636, 674, 702, 715, 718, 724, 725, 731, 738, 766, 776 Eugenius von Toledo: Carmina: 686, 689 Eutyches: 26f. - ›Ars de verbo‹: 698, 700, 702f. Evangelista de Urbe (pos.): 737f. Evesham Abbey: 616 Exemplum: 791, 834 expositio: 41, 55-58

3. Personen, Werke, Sachen, Termine

- e. ad litteram: 39, 56, 73, 75, 80f., 83 A.118, 85, 110f., 114f., 200-215, 237, 268, 282, 285, 293, 367f., 374, 402 A.589, 422, 426f., 661, 717, 832, 851 - s. a. Glosse - e. ad sensum: 40, 56-58, 70f., 75, 167, 214f., 237, 364, 422, 426, 621, 779 - e. ad sententiam: 56-58, 70f., 75, 81f., 422, 423, 621, 626, 643, 779 - e. a. s. allegoricam: 40, 56-58, 118 - e. a. s. moralem: 39f., 56-58, 118 - s. a. Fabeln / fructus fabulae; Fabeln / utilitas fabulae Expositio hymnorum s. Hymnus Expositio sequentiarum s. Sequenzen Eysmar, Jacob (pos.): 925 Fabel: 12 A.27, 797, 948, 991 - dt.: 866, 925, 928, 930, 1002 - fructus fabulae: 73, 459, 470, 481, 484, 499, 522, 546, 572f., 577, 580, 597, 600, 608, 626, 634, 636f., 666, 669, 683, 716, 719, 725, 731, 739, 742, 755, 767, 780, 810, 820 - libistische: 61, 63, 662, 718, 725 - utilitas fabulae: 57, 62-64, 118, 424, 446, 572f., 636f., 644, 649, 752, 660, 696, 718, 725, 766, 776, 823 - s. a. Avian: ›Fabulae‹; ›Anonymus Neveleti‹ Fabri, Johannes - ›Carmen de moribus studentium et beanorum‹: 645, 648, 1012 A.849 - ›Carmen de philosophia‹: 646 Fabricius, Johann Albert (pos.): 555, 557, 560, 835f., 919 ›Facetus Cum nihil utilius‹: 79, 81f. A.116, 149, 195, 197, 206f., 308f., 434, 438, 455f., 460, 469, 472, 477, 498, 544, 556, 638, 659, 661, 704, 716, 728, 764, 796, 799 A.623, 871, 874, 914, 960, 963, 965, 991 - ›F. C. n. u.‹, dt.: 160, 177-181, 187f., 191f., 195, 206f., 239, 245, 248, 312, 331 A.449, 935, 937, 938, 939 A.764, 946, 947, 949, 951, 956, 957, 963, 965, 976, 991, 996-1015

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- s. a. ›Auctores octo‹; Brant, Sebastian / ›F. C. n. u.‹; Laufenberg, Heinrich / ›F. C. n. u.‹ ›Facetus Moribus et vita‹: 500, 538, 563, 638, 796 - s. a. Brant, Sebastian / ›F. M. e. v.‹ Fauchet, Claude (pos.): 750 Favinus, Remmius: ›De ponderibus et mensuris‹: 589, 749 Federico da Montefeltro, Hzg. v. Urbino (pos.): 757 Federprobe: 30, 69, 76 185, 195, 446, 449, 451, 459f., 461, 463, 477, 484, 491f., 494f., 512f., 523, 524, 538, 545, 547f., 562, 565f., 574, 576, 580, 589, 591, 596, 602, 604f., 608f., 611, 614, 616, 619f., 642, 646, 650, 654f., 657, 664, 665, 668, 673-675, 682, 684f., 687, 690, 694f., 704f., 715, 724, 728, 743, 744, 753, 761, 785, 791, 810, 839, 862, 938 A.763 Fend, Petrus (scr.): 256, 966 Ferdinand I., Kg. v. Neapel (pos.): 680f. Ferdinand II., Kg. v. Neapel (pos.): 681 Ferdinand I., Ks.: 131 Fernberger zu Egenberg, Carl Ludwig (pos.): 957, 1009 Ficino, Marsilio: 542f. - ›De divino furore iuxta Platonis sententiam‹: 542 - ›De voluptate‹: 542 Finningen: 257, 258f. Fischart, Johann: 416 Flach, Martin (typogr.): 145, 294-296 Flacius Illyricus, Matthias: 816f. Flandern: 87 A.123, 101, 434-439, 466, 579, 751, 775 Fleury: 676 A.412, 688f. A.446, 748, 882 - Benediktiner: 27f. A.23, 535f., 584587, 746 Fliscus, Stephanus: ›De sententiarum variatione‹: 697 Flock, Erasmus: ›Aegloga Antonini‹: 47 Florenz: 537, 539 ›Flores temporum‹: 243 A.229, 954 ›Floretus‹: 115 A.165 - s. a. ›Auctores octo‹ Florilegium: 782

1102

Register

Fonzio, Bartolomeo: 537 Fòresti, Jacobus Philippus: 269 A.299 Formulae salutationis: 649 Fornerius, Humbertus: 285 Franciscus de Sarzana: ›Florifrondium‹: 703 Franck, Sebasian: ›Sprichw=rter, sch=ne, weise, herrliche Clůgreden und Hoffsprüch‹: 866 Frankenthal, Augustiner-Chorherren: 857-861 Frankfurt/Main: 218, 376 - Dominikaner: 82, 187, 833, 938, 1001 - Rat: 151, 924 Frankreich: 24 A.11, 27f. A.23, 29, 33, 44f. A.51, 58f., 67, 68, 84, 87, 90, 99, 101f., 104-106, 111, 115f., 126, 278, 282f., 305, 307, 354, 365-368, 431f. A.2, 508, 528f., 534, 535f., 548, 552, 561, 573, 584f., 588, 654, 682f., 685, 690, 698, 703, 715, 730, 739, 742, 744, 748, 755, 757f., 759, 780f., 795, 810, 838, 851, 861, 882, 895, 899 - Franche-Comté: 765 - Haute-Marne: 742 - Loire-Region: 24 A.11, 27f. A.23, 584f., 744, 746, 748, 882 - Nordfrankreich: 27f. A.23, 29, 99, 494, 498, 528, 575, 577, 579, 593, 673, 676, 712, 714, 740, 751, 761, 795, 797, 915 - Nordostfrankreich: 24 A.11, 705 - Ostfrankreich: 29, 882 - Südfrankreich: 29 Franz Graf von Sternberg-Manderscheid (pos.): 722 Franz von Retz: ›Defensorium inviolatae virginitatis Mariae‹: 625, 627 Franziskaner: 515, 823, 825 - s. a. Bautzen / F.; Cambridge / F.; Fritzlar / F.; Hannover / F.; Würzburg / F. Franziskus von Carraria: 271 Fraulob, Petrus: 239 Freiburg/Br.: 157, 975 - Universität: 249, 251, 282 Freidank: ›Bescheidenheit‹: 141f., 157, 188, 191 A.146, 516, 632, 843, 845

A.678, 923, 925, 927, 929, 938, 943, 951, 957, 1000, 1004, 1005 Freising: 871, 874f. - Domstift/-bibliothek: 83, 239, 874, 951, 1006 Friaul: 24 A.11 Friedrich, Bf. v. Lüttich: 781 Ps.-Ks. Friedrich I.: ›Epistola ad Hillinum Trevierensem archiepiscopum‹: 739 Friedrich V., Pfalzgf. bei Rhein: 130f. A.190 ›Friedrich von Schwaben‹: 222f., 261-263, 969 Fries, Johannes: 374 A.545, 376 - ›Dictionarium latino-germanicum‹: 377 - ›Dictionarium Latino-Germanicum et Dictionarium Germanico-Latinum‹: 377 - ›Disticha Catonis‹: 320, 327, 355, 375385, 391-393, 409, 412, 415f., 427, 429, 987f. - ›Novum dictionariolum puerorum Latinogermanicum et e diverso Germanicolatinum‹: 377 Fritzlar, Franziskaner: 271 Froben, Johannes (pos.): 453 Frowin von Krakau: ›Antigameratus‹: 500, 558, 638, 641 A.366, 779, 993 fructus s. Fabeln / f. fabulae Fünfkirchen: 604 Fünsinger, Jakob (scr.): 260, 966 Fürstenfeld, Zisterzienser: 242 A.229, 895, 953f. Fürstenspiegel, dt.: 153, 219, 247f., 266, 932 Füssen, Benediktiner: 256 A.259, 258, 885, 966 Fugger, Johann Jakob (pos.): 632, 635, 849 Fulgentius: 567 - ›Mythologiae‹: 745, 747, 848, 851 - ›Expositio Vergilianae continentiae secundum philosophos moralis‹: 745 Fulgentius Metaforalis: ›De imagine veritatis‹: 625 Funificis, Johannes (Seiler) (scr.): 792 Furter, Michael (typogr.): 296 ›Gabriel und die Seele‹: 157

3. Personen, Werke, Sachen, Termine

Gaddi, Francesco d’Agnolo: 538f. Gale, Thomas (pos.): 487f. Gale, Robert (pos.): 487 Galen: 174 Galfrid von Vinsauf: ›Poetria nova‹: 471f., 560 A.231, 630, 738, 767, 815 Gamans, Johannes: 221f., 977 Garcia von Toldeo: ›Tractatus de Albino et Rufino‹: 857 Gauzbertus: ›De scholis artium in Gallia‹: 590 Gebet: 154f., 157, 449, 607, 650 - dt.: 922, 928, 931, 934, 951, 1010 - an Maria: 155, 247, 524, 640 - dt.: 638, 952 - De oratione dominica: 627 - Stundengebet: 449 Gedächtnis: 27, 43, 67, 74, 106, 202, 249, 392 - s. a. Auswendiglernen Geheimschrift: 767 Georg Podiebrad, Kg. v. Böhmen: 778 Gerson, Johannes: 739 Geoffrey von Monmouth: ›Historia regum Britanniae‹: 739f. Georg von Ungarn: ›Purgatorium s. Patricii‹, dt.: 957, 1009 Georgius (pos., scr.): 1011 Georgius (magister): 815 Georgslegende: 922 Gerardus von Cremona: Übersetzung von ›De sensu et sensato‹ des Aristoteles: 870 Gerbert von Reims: 790 Geriken, Georgius (pos., scr.): 1011 Geseke: 281 Gesprächsbüchlein: 241 ›Gesta Ludovici imperatoris‹: 512 ›Gesta metrica Ludolphi VIII. episcopi Raceburgensis‹: 564 ›Gesta Romanorum‹: 157, 834, 923, 976, 1000 Geyl, Conradus (scr.): 991 Geysmar, Henricus (scr.): 695 Gilly / Côte-d’Or: 510 Gisalbert von Bergamo: Kommentar zu den ›Disticha Catonis‹: 268, 285f. Giselin, Victor (pos.): 581

1103

Glaubensbekenntnis: 877 Glastonbury, Benediktiner: 893, 902 Gloucester: 616 Glossar: 459f., 477f., 491, 590, 615, 698, 779, 803 - Aer et ether loft: 801 - juristisches: 694 - Kund thun notificare: 649 - Synonyme: 778f. - in Versen: 703 - zum ›Yengrimus‹: 712, 714 Glosse - Bezeichnung (glosatus, glosulae): 465, 621 - (althoch)deutsche: 28, 34, 114f., 201215, 242, 251, 260f., 294, 427, 201, 592, 705, 707, 757, 785, 789, 828, 859 A.694 - interlineare: 31-44, 60, 62, 427 - zur Syntax: 34f., 56, 69, 114, 240 A.221, 251, 374f., 446, 449, 468, 473, 480, 499, 501, 521f., 615, 618, 628, 636, 655, 662, 664f., 690, 704, 782, 785, 948, 950, 969 - volkssprachige Gl.: 28 A.26 - s. a. expositio ad litteram ›Glossulae Catonis‹ s. ›Disticha Catonis‹ / Kommentar ›Summi deus largitor premii‹ Godardus von Malmesbury: ›De correctionibus humanae vitae‹: 794 Godefrid von Winchester: ›Libellus proverbiorum‹: 715 Göritz: 260 A.270 - s. a. Görtz Görtz: 260 A.270 Goldast, Melchior: 415 A.627 ›Goldene Bulle‹: 153 Goldhann, Franz (scr.): 969 A.812 Goppoldus (pos.): 892 Gorze: 883 Goslar, Augustiner-Chorherren: 823, 825 Gossolt, Johann (pos.): 639f. Gotha: 514 Gotstich, Johannes: 999 Gottfried von Franken: ›Pelzbuch‹: 245, 956, 1009

1104

Register

Gottfried von Tienen: ›Omne punctum‹: 79, 504, 558, 561 A.234, 580, 583, 619, 621, 715-717 Gottorf: 839 Gower, John: 266 Gozbert, Abt v. St. Gallen: 827 De graecis et barbaris nominibus: 852 de Grandrue, Claude: 691, 740f. Grammatik (Notate/Traktate/Verse zur G.): 477f., 483, 495, 590, 596, 605f., 609, 623, 655, 738, 801, 948, 949, 955, 960, 961, 975, 993, 1011 - Adverb: 606, 649 - Adjektiv: 649 - commutatio von Verbal- und Nominalphrasen: 440 - Deklination/Konjugation: 440, 494, 606, 673, 686, 748, 991, 1006 - Heteroclitica: 606 - Konsonanten/Konsonantismus: 684 - Metrik/Prosodie: 443, 478, 590, 592, 606, 632, 726, 948, 960 - Nomen: 477f., 606f., 673, 686 - Ortographie: 477f., 606 - Präteritum: 477 - Pronomen: 478 - Rektion: 477f. - Supinum: 477 - Synonyme: 606 - Syntax: 477f. - Verb: 478, 726, 773 - Vokale/Vokalismus/Vokalquantitäten: 478, 580, 684, 773 - Wortarten: 605 - Wortbildung/Morphologie: 478 ›Grammatellus‹: 241f., 949 de Grandrue, Claude: 691-693 ›Le Grant Cathon‹: 282f., 305f., 308f., 366f. Grattius: ›Cynegetica‹: 805 Graurock, Nikolaus (pos.): 694f. de Grave, Claes (typogr.): 306, 367 Graz: 650 A.381 Greff, Michael (scr.): 155, 922 Papst Gregor XIII. (pos.): 733 Gregor d. Gr.: 174, 522 - ›Cura pastoralis‹: 26f. - ›Dialogi‹: 26f.

- ›Moralia in Job‹: 26f. - ›Homilia in evangelia‹: 26f., 767 - ›Super Ezecheliem‹: 567 Gregorius-Legende: 502 A.102 Greiz-Tannendorf: 1010 A.846 Grene, William (magister) (pos., scr.): 808f., 810 Griechisch: 322, 327, 330, 339f., 348, 354, 357-361, 449, 456f., 534, 589f., 596, 648, 749f., 758, 985, 989f. Grimm, Jacobus: ›Informationes iuris‹: 867 Grosseteste, Robertus: 606 - ›De civilitate morum‹: 606 - ›Versus de decem mandatis‹: 259, 966 Grüninger, Johannes (typogr.): 283 Gruter, Jan (pos.): 742f. Guarino da Verona: 778 - ›Carmina differentialia‹: 449 - Rede an Markgraf Nikolaus III. d’Este: 778 - Kommentar zu Valerius Maximus: ›Facta et Dicta memorabilia‹: 855 Gude, Marquard (pos.): 555f., 558, 560, 821, 919 Gürtelbuch: 2f. Guggyn, G. (pos.): 487 Guido von Arezzo: ›Micrologus‹: 528-530 Guilelmus Bernardi Galliacensis: ›Tractatus de obiectionibus Graecorum contra processionem Spiritus Sancti a Filio‹: 870 Guilelmus de Montibus: ›Tractatus de septem sacramentis‹: 834 Guilelmus Pictaviensis: ›Versus in Guilbertum antipapam‹: 512 Guldenschaff, Johann (typogr.): 189 Gundys, John: 479 A.55 ›Goldene Bulle‹: 925 Götschl, Johannes (scr.): 933 Gossembrot, Sigismund (pos., scr.): 925 ›Die gute Frau‹: 929 Gutstadt: 239 ›Gydo und Thyrus‹: 922 Gyulafehérvár s. Alba Julia Ps.-Papst Hadrian IV.: ›Epistola ad Hillinum Trevirensem, Arnoldum Maguntium et Fridericum Coloniensem‹: 739

3. Personen, Werke, Sachen, Termine

Hänchel, Konrad (scr.): 500 Hätzlerin, Clara (scr.): 148, 930 von der Hagen, Friedrich Heinrich (pos.): 947 A.781 Hagnauer, Matthias (scr.): 242, 953 ›Hamburger Cato‹: 343-347 Hamersleben, Augustiner-Chorherren: 894 Hammerschmidt, Merten (pos., scr.): 153, 925 Hampshire, William (scr.): 478-480 Haneron, Anthonius: 645 - ›De epistolis brevibus edendis‹: 649f. Hannover, Franziskaner: 82, 834f. Hardenberg, Carl Freiherr von (pos.): 955 Harley, Edward (pos.): 609f. Harley, Robert (pos.): 607, 609f. Harnschau, dt.: 767 Hartlieb, Johannes: ›Alexander‹: 244, 955 Hartmann von Aue - ›Der arme Heinrich‹: 929 - ›Iwein‹: 223 Hartmann von Ennenkel, Job (pos.): 957, 1009 Hasilwode, Will.: 657f. Hattenberg (pos.): 660 ›Hausbuch‹ des Michael de Leone: 177181, 223, 425, 427, 993, 1006 Hauser, Johannes (scr.): 1010 Hausknecht, W. (pos.): 952 Hauslehrer: 415 Hayn, Johannes: 938 A.763 ›De Hectore‹: 686 Heidelberg: 292 A.366, 775, 858 - Universität: 493, 776, 817 ›Die Heidin (II)‹: 922 Heilsbronn, Zisterzienser: 531-533 - Klosterschule: 533 Heinrich (scr.): 564 Heinrich von Friemar: ›De decem praeceptis‹: 834 Heinrich von Langenstein: 957, 1009 - ›Erchantnuzz der sund‹: 954 - ›De proprietatibus religiosorum‹: 650 - ›Tractatus bipartitus de contractibus‹: 449 Heinrich von Mügeln: 996 A.836

1105

Heinrich von Settimello: ›Elegia de diversitate fortunae et philosophiae consolatione‹ (›Pauper Henricus‹): 101, 500, 531, 532 A.174, 533, 563, 565, 570f., 602f., 631, 636, 715, 726, 729f., 796, 799, 823 Heinrich der Teichner: 139, 925, 926, 927, 933, 1003 Heinrich von Würzburg: ›Liber de statu curie Romane‹: 523 Heinricus (von Avranches?) (magister): ›Tractatus grammaticae‹: 810 Heinsius, Nicolaus: 675, 917f. Heis, Thomas: ›Disticha Catonis‹: 19, 320, 386-392, 989 Helfenberg: 153 Helm, Erasmus (pos.): 931 Helmstedt, Universität: 823f. Helth, Kaspar: 394 Henricus de Buscoducis: ›Expositiones mysticae‹: 281 Henricus de Warendorf (pos.): 619-621 Herbar s. Kräuterkunde Hermann von Bissingen: 517 Hermann der Deutsche: Übersetzung der ›Libri ethicorum‹ des Aristoteles: 870 Hermann von Sachsenheim: 148, 927 Hermann von Werden: ›Hortus deliciarum‹: 504, 506 A.106 Hermannstadt: 402 Hermannus de Zost (scr.): 792 ›De Hermaphrodita‹: 733 Hermes, Johann Peter Jakob (pos.): 785f. Herttemberger, Johannes, de Cubito (pos.): 194, 963 Herwarth, Wolfgang: 348 Hesiod: ›Werke und Tage‹: 358f. A.518 Heynlin von Stein, Johannes: 313 Heynsen, Theodericus: ›De amoribus‹: 816 Heyrenbach, J. B. (scr.): 933 Hieronymus: 174, 775 - ›Vita Malchi‹: 778f. - ›De liberorum officiis epistola‹: 432f. A.3 Hieronymus Presbyter: ›Vita Senecae‹: 748

1106

Register

Hieronymus de Vallibus Paduanus: ›Jesuida‹: 241, 263 A.276, 452, 454, 721f., 968 Hilarius de Lithomericz: ›Oratio ad studiosos‹: 718 Hildebertus: ›Vita s. Marie Egyptiace‹: 101, 819, 858, 914 Hildebertus Cenomanensis: ›De mysterio missae‹: 642 Hildebert von Lavardin: ›Epistolae‹: 616, 673, 677-679 Hildebert von Le Mans: ›De plagis Aegypti‹: 508 Hildesheim: 817, 942 Hilduin von St. Denis: ›Vita s. Dionysii‹: 673, 677-679 Ps.-Hillin von Trier: ›Epistola ad Adrianum IV. papam‹: 739 ›Himmelsbrief‹: 935, 952, 1004 Hinrich, Martinus (scr.): 1011 ›Historia super devastatione civitatis Constantinopolitane‹: 474 ›Historia Troiae‹/›Dares versificatus‹: 500 Historienbibel, dt.: 923 Hoffmann von Fallersleben, August Heinrich (pos.): 194, 946, 958, 997f. Hollabrunn: 803 Homer: ›Ilias‹: 456f., 630 ›Homerus latinus‹ (Pindar Thebanus: ›Ilias latina‹): 67f., 101, 455-458, 509, 536f., 538, 541, 594, 603, 619, 621, 662f., 670f., 712, 727f., 739, 841 Hölzel, Hieronymus (typogr.): 327 Hofer, Johannes, de Guricia: 260 A.270 Hofstetter, Konrad: 207 A.179 Hoffmann, Jodocus (scr.): 446f. Hohenfurt, Zisterzienser: 544f. Holcot, Robert: ›Moralitates‹: 626f. Holmgersson, Ulf (pos.): 870f. Holzschnitt: 294, 295f., 300, 331f. - Schulszene: 273f., 292, 315, 316 - Lehr-/Unterweisungszene: 151f., 295f., 332 Honter, Johannes: 395 Hoppelsen, Konrad (scr.): 817 Horaz: 26f., 100, 124 A.179, 174, 445, 464, 486-488, 526 A.162, 628 A.341, 630, 646, 709, 775, 794f., 854, 912

- ›Ars poetica‹: 67f., 75, 462, 465, 486488, 508, 567, 646, 779, 794f., 822, 841, 843 - ›Carmen saeculare‹: 67f., 486, 508 - ›Epistolae‹: 59 A.89, 67f., 486, 508, 513, 767, 795 - Epoden: 486, 508, 915 - Oden: 67f., 486, 508, 915 - Satiren: 67f., 486, 508, 915 Howtyng (scr.): 479 A.55, 480 Hoxer, Henricus Herboldus: 815 Hrabanus Maurus: ›Epitaphium Alcuini‹: 826 Huber, Johannes: 650 Hüpsch, Wilhelm Carl Adolf Baron von (pos.): 494, 496 Hüttaus, Stephan (scr.): 925 Hugo: ›Darmstädter Novus Avianus‹: 500, 502 A.102, 503 Hugo von St. Viktor - ›Didascalicon‹: 56, 63 A.98, 214 - ›Expositio moralis in Abdiam‹: 848, 850 - ›De mystica arca Noe‹: 770 - ›De triplici silentio‹: 853 Hugo von Trimberg - ›Laurea sanctorum‹: 83, 500, 502, 723, 726, 871-873, 875 - ›Renner‹: 1-5, 157, 177 A.111, 923, 943, 957, 1006, 1009 Hugutio: 704 Humanismus/studia humanitatis: 315, 318f., 321, 325, 354, 383, 633, 648, 720, 770, 776, 790, 806, 817, 869 A.714, 967 Humnale, John: 479 A.55 Hunderten, Andreas: Epistola poetica an Henricus Herboldus Hoxer: 815 Huss, Matthias (typogr.): 104 A.154 Hussiten: 246 Huter, Heinrich (pos., scr.): 257, 258, 967 Huygens, Constantijn (pos.): 581 Hyginus, Gaius Julius: ›Astronomica‹: 590 Hymnus: 26f., 99, 449, 759, 796, 858, 970 - Auslegung der Hymnen (Expositio hymnorum, Glossae hymnorum): 481f., 483, 485, 642, 791, 843f. - H., dt.: 947, 951

3. Personen, Werke, Sachen, Termine

- Hymnar: 568, 662 - ›H. de s. Benedicto‹: 748 - Marienh.: 544 Île-Barbe / Lyon, Benediktiner: 805, 913 Ilfeld, Klosterschule: 359 Illustration s. Buchschmuck; Holzschnitt Indersdorf, Augustiner-Chorherren: 652f. Ingenholt, Renaldus (scr.): 695 Ingolstadt: 241 A.223 - Universität: 647 A.375, 774 Ingolsthal: 241 A.223 Innsbruck: 933 interpretatio: 374, 377 Irland: 700 Irsee, Benediktiner: 256 A.259 Isaac Israelita - ›Liber definitionum medicinae‹: 495 - ›Liber elementorum‹: 495 Isidor von Sevilla: 174, 522 - ›Libri etymologiarum‹: 26f., 63 A.97, 584, 590, 615 - ›Synonymorum de lamentatione animae peccatricis libri II‹: 970 Isokrates: ›Paraenesis ad Demonicum‹: 323 Italien: 58f., 87 A.123, 99, 105, 268, 272, 305f., 307, 432f. A.3, 454, 456f., 525, 534, 536 A.181, 537, 542, 720, 729, 769, 851, 855, 861, 892, 900 - Norditalien: 541, 732, 737 Itier, Bernard (scr.): 588, 591 Itzehoe: 562, 566 Iupiter (Monoculus, Francigena): ›Ars dictaminum‹: 435, 438f., 650 Ivo Carnotensis: ›Epistolae‹: 857 Jacobus: ›Apologus de uxore cerdonis‹: 523 Jacobus de Benedictis: ›De contemptu mundi‹: 824 Jacobus de Benevento - ›Viridarium consolationis‹: 449 - ›Praeceptorum moralium liber‹: 738 Jacobus de Cessolis: ›Schachzabelbuch‹, dt.: 157 Jacobus, Johannes: ›De pestilentia‹: 767 Jacobus Johannes, de Rydzin (pos.): 960 Jacobus de Noviano: 739

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Jacobus de Novo Foro (Neumarkt): 952 Jacobus Publicius - ›Ars memorativa‹: 442-444 - ›Ars scribendi epistolas‹: 778 - ›Oratoriae artis epitomae‹: 778 Jakob von Soest: ›Distinctiones longiores pro arte praedicandi‹: 84 Jakob von Theramo: ›Belial‹, dt.: 245, 925, 956, 1008 Jansen Enikel: ›Weltchronik‹: 943 Jaquelin: 704f. Jean II. Blanc, Abt v. St. Vienne: (pos.): 706 Jean de Cirey: 68, 510 Jean de Mandeville: ›Reisen‹: 976, 978, 1000, 1005 Jehan (pos.): 760 Juven, Frederic (pos.): 706 Jentz, Johannes: ›Historia Buridani et Johannae reginae Navarrae‹: 646 Jesu Schulgang: 155, 922 Johann Albrecht I., Hzg. v. Mecklenburg (pos.): 169, 176, 943 Johann von Dalberg (pos.): 149, 216, 927 Johann Fürst von Lobkowitz (pos.): 722 Johann von Venningen, Bf.: 450 Johann von Vifenhusen, Bf.: 176 Johann van Zirn (pos.) 939 Johanna von Burgund: 431f. A.2 Johannes (gallice) (pos.): 712-714 Johannes (pastor): 449 ›Johannis abbatis de septem vitiis et virtutibus‹: 729f. Johannes de Altavilla: ›Architrenius‹: 631 Johannes Anselmus: ›Ars metrica‹: 645 Johannes Balbus de Janua: ›Catholicon‹: 567 Johannes von Brilon (scr.): 281 Johannes de Deo: ›Decretum abbreviatum‹: 515 Johannes de Egra (scr.): 952 Johannes de Erfordia: ›Computis cirometralis‹: 991 Johannes de Fenton (pos.) 671, 673 Johannes Fabri de Werdea: ›De moribus beanorum atque studentium‹: 815 Johannes de Francfordia: 449f. Johannes de Garlandia: 795, 006

1108

Register

- ›Accentuarium‹: 101, 596-599, 615-618, 794 - ›Carmen de mysteriis ecclesiae‹: 99, 101, 475f., 523, 525, 580, 596f., 609, 611, 666-668, 822, 862f. - ›Composita verborum‹: 822, 991, 1002, 1006 - ›Cornutus‹/›Distigium‹: 196f., 258, 435, 438f., 475, 606, 609, 611, 638, 659, 661, 843, 845 A.679, 914, 961, 966, 968, 969, 993, 1000 - dt.: 1011 - ›Dictionarius versificatus‹: 101, 459, 485, 595-597, 606, 623, 638, 810 - ›Doctrinale‹-Bearbeitung: 794 - ›Equivoca‹: 99, 609, 611, 655, 794, 808, 822 - ›Liber de compositionibus‹: 206 - ›Morale scolarium‹: 101, 595, 597, 599 - ›De nominibus defectivis‹: 196 - ›De orthographia‹: 822 - ›Poenitentiarius‹: 83, 99, 259, 435, 438, 445-447, 452, 454, 477, 481f., 499, 609, 611, 612f., 623, 655, 657, 666-668, 872f., 953, 954, 965, 993, 1002 - ›Synonyma‹: 99, 478, 545, 609, 612, 655, 794, 796, 799 A.623, 808, 822 Johannes de Goricia: 204, 260 Johannes de Her (pos.): 495 Johannes de Herfordia (magister): 600 Johannes von Hildesheim: ›Historia trium regum‹, dt.: 978 Johannes Hispanensis: ›Chiromantia‹: 523 Johannes de Homborg (scr.): 993 Johannes de Indagine: 953 Johannes von Krumlow: 718f. Johannes de Malavoltis: 815 Johannes de Mortara (scr.): 846 Johannes Müntzinger: ›Computus abbreviatus/prolongatus‹: 991 Johannes de Novo Foro: ›De sanitate tuenda‹: 815 Johannes de Plana (scr.): 719 Johannes de Pulchro Rivo: ›Compilatio elucidans computum manualem‹: 469, 495 Johannes de Sacro Bosco - ›Algorismus‹: 697, 870, 991

- ›Tractatus de sphaera‹: 495 Johannes von Salesbury: ›Polycratus‹: 848 Johannes Serbacensis: ›De vita monachorum‹: 452, 454 Johannes Serra: ›Ars nova‹: 775 Johannes Stephani de Calvis: 520 - ›Ordo confessionis‹: 516, 520f. Johannes von Tabor: 718f. Johannes von Tepl/Saaz: ›Ackermann aus Böhmen‹: 245, 956, 1008 Johannes Wallensis - ›Compendiloquium‹: 765, 769 - ›Breviloquium de virtutibus antiquorum principum‹: 765, 769 Johannes de Walka (Walk): 569f. Johannes de Wemding: 647 A.375 Johannes de Werdea: ›Carmen de musicis‹: 646 Johannes de Zadow (scr.): 206-208, 210, 212f., 991, 1006 Johanniter s. Straßburg / J. John W. (scr.): 607 Jorius (scr.): 157, 923 Josse, Johannes, de Marvilla, ›De arte grammatica sive De modis significandi‹: 909 Judenburg, Klarissen: 157 Julius, Hzg. v. Braunschweig-LüneburgWolfenbüttel (pos.): 825 Jungendres, Sebastian Jakob (pos.): 929 Juvencus: 26f., 440 A.15, 445 - ›Evangelicae historiae libri IV‹: 585, 826-828 Juvenal: 26f., 100, 589, 767 - Satiren: 67f., 508, 915 Kahlenberg (Łysa Góra), Benediktiner: 964f. Kalender: 482, 495, 508, 590, 680, 695, 722, 784, 970 - Berechnung des Osterfestes: 247, 784, 788 - dt.: 970 Kalocza, Metropolitanbibliothek: 137 Karl d. Gr. - ›Admonitio generalis‹: 22 - ›Epistola de litteris colendis‹: 22 Karl VIII., Kg. v. Frankreich: 681 Karlsburg s. Alba Julia

3. Personen, Werke, Sachen, Termine

Karoch von Lichtenberg, Samuel: 648 - ›Epistola de amore cuiusdam studentis erga mulierem civitatem‹: 645 - ›Epistola ad virginem‹: 646 - ›Exempla amatoria‹: 646 Károlyfehérvár s. Alba Julia Kartäuser s. Basel / K.; Beatusberg / K.; Erfurt / K.; Mainz / K.; Rostock / K. Kartographie: 596 Kaspar, Laurenz: 661 Keiser, Arnoldt (typogr.): 335 Keiser, Johannes: 348 - s. a. Caesarius, Johannes Baptista Keme, Johannes: 657f. Kemnater, Hans: ›Der liederliche Tag‹: 149 Kempgyn, Goswin, de Nussia: ›Trivita studentium‹: 823 Kempten: 254, 965f. - Lateinschule: 256, 966 Ketrzyński, Wojciech von (pos.): 193f., 960 ›Der kindere hovescheit‹: 943 Kinderling, Johann Friedrich August: 947 A.781 Kirchenjahr: 247 Klarissen s. Judenburg / K. Klausenburg: 393f. ›Klausenburger Prosa-Cato‹: 19, 320, 327, 375 A.546, 393-403, 409 A.600, 415, 990 ›Van der kleidung‹: 345 ›Der kleine Renner‹: 922 Kloss, Georg (pos.): 182, 842, 927, 930, 937, 945f. A.780, 951 Klosterneuburg, Augustiner-Chorherren: 892 ›Klosterneuburger Evangelienwerk‹: 154, 929 Klosterschule s. St. Amand / Benediktiner / K.; Heilsbronn / Zisterzienser / K.; Ilfeld / K.; Lüttich / Benediktiner / K.; Salzburg / Benediktinerstift / K.; Vienne / Benediktiner / K.; Walcourt / Zisterzienserinnen du Jardinet / K.; Wiblingen / Benediktiner / K. Knau: 518f. Kölbl, Johannes (scr.): 242, 953

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Köln: 122, 185, 189, 283, 307, 319, 333, 335, 428 A.10, 675, 713 - Kreuzherren: 281, 504 - Universität: 122f., 126, 256 A.259, 333f., 465, 554, 713, 971 König, Christian Gottlieb: 327 A.445, 409 König vom Odenwald: 1002 König, Georg Matthias: 360 ›Der König im Bad‹: 931 Kolozsvár s. Klausenburg Kommentar: 55-67, 69-90, 105-119, 129f., 167, 174, 176, 188, 191, 195, 197f., 211, 213f., 244, 249, 251f., 255287, 290, 293, 305-309, 319, 321-323, 332-334, 412, 420, 422, 428, 765f., 825, 851 - K.handschrift/K.sammlung: 60, 68, 69-84 mal. Bezeichnung (glosa, opus): 465 - s. a. expositio; s. a. Glosse Komputistik: 246, 247, 497, 975, 990f. - dt.: 951, 952 - s. a. Computus Konrad II. Peisser, Abt v. Vornbach: 847 A.682 Konrad III. Cufan, Abt v. Irsee: 847 A.682 Konrad III. Strobel, Abt v. Weissenohe: 847 A.682 Konrad IV. Ratzenberger, Abt v. Reichenbach: 847 A.682 Konrad V., Abt v. Prüll: 847 A.682 Konrad von Grunenberg: 506f. Konrad von Hirsau: ›Dialogus super auctores‹: 55f., 445 Konrad von Mure: ›Summa de arte prosandi‹: 632 Konrad von Würzburg: ›Der Welt Lohn‹: 1002 Konstanz: 698, 926, 1003 Koperte: 2f. Korte (Cortius), Gottlieb: 820 Koter, Henricus: 818 - Verse an Theodericus Block: 816 Kräuterkunde: 246, 767, 855, 954 Krakau: 327, 395, 474, 720

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Register

- Universität: 108, 200, 567, 569, 572f., 717, 721 Kramer, Josef: 639 Kranzperger, Petrus (scr.): 976, 1000 Kraus, Johannes (scr.): 242, 953 Kremsmünster: 883 Kreuzherren s. Düsseldorf / K.; Köln / K. Kronstadt: 394f., 395f. A.581, 402 Kropff, Martin: 797f. Krug, Hans s. Kemnater, Hans Krumlow: 718f. ›Ein kunst von höfflicher red‹: 697 Kuppitsch, Matthäus (pos.): 969 A.812 Laa: 803 ›De laboribus Herculis‹: 646 Lactantius: 775 - ›De ave Phoenice‹: 662 Ladislaus V., Kg. v. Ungarn u. Böhmen: 778 Laienlektüre: 136-158, 166, 179, 188, 223, 247f., 260f., 294, 299-305, 327-361, 425 Lamlin, Conradus (scr.): 446f. Landen, Johann (typogr.): 189, 189f. A.144, 275 Langland, William: 266 Langres: 795, 797 Laßberg, Joseph von (pos.): 137, 147f., 929 Lateinschule: 204f., 224f., 249, 256f., 293, 334, 386, 421, 447, 451, 454, 460, 521, 628, 768 - s. a. Darmstadt / L.; Duderstadt / L.; Kempten / L.; Schulordnung; Sulzbach / L.; Ulm / L.; Wimpfen / L.; Zürich / L.; Zwickau / L. Laufenberg, Heinrich (pos., scr.): 157f., 932, 1008 - ›Facetus Cum nihil utilius‹, dt.: 157f., 922, 1008 - Lieder: 932, 1008 - ›Regimen sanitatis‹, dt.: 658 A.395, 968 - ›Der sele süzikeit‹: 158 Laurent de Premierfait: 367 A.539 Laurentius de Civitate (de Aquileia): ›Summa dictaminis‹: 243 A.229, 449, 954

Laurus de Palazolis: ›Repetitio c. Quamvis De pact. li. VI‹: 867 Layout: 31, 43, 51, 58f., 67, 75-78, 84-87, 107f., 116, 138f., 156f., 161f., 174f., 176, 177-181, 187 A.137, 240 A.221, 242, 374f., 380f., 391, 402, 413, 526, 548, 559, 621, 642, 651, 813f., 837 - Schriftart/-größe: 85, 118, 189, 198, 208, 210, 255, 270, 281f., 364, 370f., 378, 389, 397, 405 - Spaltenzahl: 58f., 115 A.166, 138f., 146f., 170, 215, 242, 243, 249, 689, 761, 788, 825 - Zeilenabstand: 31, 85, 110, 126, 187, 192, 195, 197, 260f., 295, 420 A.2 - s. a. Blattformat Le Mans: 677 Le Puy, Dombibliothek: 886 lectio: 114, 131, 425 Lefèvre, Nicolas (pos.): 687f. Lehrer: 41f., 59, 66f., 73f., 88, 125f., 129f., 131-134, 204f. A.170, 213, 421, 735f., 760 - s. a. Lokat Leibniz, Gottfried Wilhelm: 820 Leipheim b. Günzburg: 697 Leipzig: 126, 283, 292 A.366, 307 A.388, 375 A.546, 630, 817 - Universität: 200, 632-634, 652, 776, 778f. Leisler, Johann Philipp Achilles (pos.): 452f. Leitomischl: 458, 460f. - Prämonstratenser: 461 Lektionar: 481 Leland, John: 663 lemmata: 342 Lengger, Ulrich (pos., scr.): 247, 952 Lesch, Albrecht: 155 Leutschau: 402f. Levoca s. Leutschau Leylond, John: ›De declinationibus‹: 606 Lexikographie: 200, 326, 377f. ›Liber Catonianus‹: 90-103, 203 A.169, 437f., 457f., 468, 473, 482, 485, 497, 548, 578f., 597-599, 602, 603-605, 613f., 618, 635f., 654, 656, 667, 681f., 685, 714, 731, 744, 754, 756, 760,

3. Personen, Werke, Sachen, Termine

774f., 781, 786 A.598, 795, 819, 910, 915, 916 ›Liber Donati‹: 306f., 308f. ›Liber Geneseos metrice‹: 716 ›Liber moralis‹/›Consilium patris ad filium‹: 726, 823, 1010 ›Liber morum‹: 602f. ›Liber Ecclesiastes‹: 504f. ›Liber Esopus et Avianus‹ s. Avian: ›Fabulae‹ / Kommentar (›Liber Esopus et Avianus‹) ›Liber Floretus‹: 703 ›Liber hymnorum‹: 608, 611 ›Liber institutionum‹: 608 ›Liber morum‹: 101 Libri, Guglielmo (pos.): 534 ›Libros menores‹: 104f., 308f. Lichefeld, Richard: 479 Liebesgruß in Reimen, dt.: 721f. Lied - dt.: 930, 951 - s. a. Heinrich Laufenberg / Lieder; Marner; Meisterlied; Mönch von Salzburg; Oswald von Wolkenstein; Reinmar von Zweter; Walther von der Vogelweide; Der von Wengen - geistliches: 132, 928, 933, 1010 - weltliches: 1010 ›Liederbuch der Clara Hätzlerin‹: 930 ›Liedersaal-Handschrift‹: 147f., 926, 1003 Liège s. Lüttich Limburg: 68, 783 Limoges, Benediktiner: 27f. A.23, 105, 588, 590 Lipsius, Justus (pos.): 578, 581 Literalisierung/L.sprozess: 7-12, 20f., 44, 93, 95f., 418, 419f. Litomyšl s. Leitomischl ›De littera Y‹: 686, 689 Loci communes: 241 Löcse s. Leutschau Löffelholz, Fritz (pos., scr.): 153f., 929 Löffelholz, Johann (pos.): 929 Löffelholz, Wilhelm (pos.): 929 Lokat/Hilfslehrer: 131-134, 257, 448, 661 Longman (Antiquariat): 937, 951 Lorsch, Benediktiner: 24 A.11, 879 Losbuch: 299-305

1111

Lothar Franz, Fürst v. Schönborn: 713 Lothringen: 494, 498, 890 Lucan: 174, 219 A.196, 440 A.15, 445, 508, 853, 913 - ›De bello civili‹ (›Pharsalia‹): 47, 49 A.64, 67f., 508, 620, 691, 733, 737 A.510, 915 ›Lucidarius‹, dt.: 188, 191 A.146, 246, 261, 923, 938, 947, 966, 976, 1000, 1004 Luder, Peter - Verse auf Anna von Randeck: 452 - an Johannes Wenck: 777 - Vorlesungsankündigung: 779 Ludewig X., Landgraf v. HessenDarmstadt: 496 Ludimoderator: 386 ›De ludo scacorum‹: 662 Ludolf de Luco: ›Flores grammaticae‹: 11, 196 961 Ludolphus die Mey: 434, 436 Lübeck: 620 Lüne, Benediktinerinnen: 694f. Lüneburg: 695 Lüttich: 890 - Benediktiner: 494-496 - Klosterschule: 498 Lukian von Samosata: ›Comparatio Alexandri Hannibalis Scipionis‹: 967 ›Lumen animae‹: 765, 769 Lumley, John (pos.): 616-618 ›Luparius‹: 823 ›Lupus cucullatus‹: 823 Lutzenkircher, Udalricus (scr.): 768 Lydekini, Andreas: 871 Lyon: 104 A.154, 105, 130 A.189, 805 Łysa Góra s. Kahlenberg ›(Älterer deutscher) Macer‹ s. Odo von Meung: ›De viribus herbarum‹ (›Macer floribus‹), dt. Macro, Cox (pos.): 795 Macrobius: 843 - ›Saturnalia‹: 848 Madalwin (pos.): 880 Mader, Joachim Johann (pos.): 817 Märe: 139, 147-149, 866, 923, 924, 925, 926, 927, 928, 928, 930, 931, 932, 933, 951, 1002, 1003

1112

Register

- ›Aristoteles und Phyllis‹: 929, 931 - ›Der Schüler zu Paris B‹: 149 Maffeo, Thimotheo: ›Exhortatio ad principes ut de Turca ulciscantur (1453)‹: 542 Magdalenenleben, dt.: 923 Magdeburg: 517 - Bibliothek des Domgymnasiums: 1005 ›Magdeburger Äsop‹: 1005 ›Magezoge‹: 149, 992 A.834 Maggs Brothers, London (pos.): 795 Magister Adam s. Adam (magister) Magnússon, Finnur (pos.): 950, 961 Mainhard (scolaris frysinge studens) (scr.): 872f. Mainz - Kartäuser: 621-623, 844 - Universität: 970f. ›Mainzer Reichslandfrieden‹: 153, 925 Malsachanus: ›Ars grammatica‹: 699f., 702 Mancinelli, Antonio: ›Disticha Catonis‹, lat.: 292f., 313 A.415, 323 Manuale clericorum: 721-723 Marbod von Rennes: 361 - ›De lapidibus‹: 432f. A.3 - ›De ordinibus‹: 797 - ›De ornamentis verborum‹: 632 - ›Vas fractum‹: 512 Marcelier, Fr. (pos.): 706 Margarethe von Savoyen (pos.): 150, 925 ›Margarita passionis Christi‹: 645 Marius Ruffus: ›De compositione‹: 778 Marktschellenberg/Obb.: 768 Marlborough: 616 Marner: 415 A.627 Marshall, Roger (pos.): 481-483 Martial: 44f. A.51, 584, 747 A.529, 843 - Epigramme: 474 Martianus Capella: ›De nuptiis Mercurii et Philologiae‹: 550f., 698 Martini, Karl Friedrich (pos.): 48 Martinus (scr.): 1011 Martinus: ›Novus Cato‹: 101, 263 A.276, 266, 271 A.312, 273, 280, 281f., 285, 287, 419f. A.1, 498, 502 A.102, 503, 512, 514, 568f., 602, 638, 640, 670-672, 796, 799 A.623, 801f., 804, 968, 1010

Martinus de Lancicia (Leczyca) (scr.): 569f. Martyni-Laguna, Johannes Aloysius s. Martini, Karl Friedrich ›Massa gramatice‹: 572 Matthæus von Vendôme - ›Milo‹: 797, 799 A.624 - ›Tobias‹: 99, 101, 455, 494, 497, 573, 576, 623, 666-668, 683f., 721, 730, 767, 815, 817, 819, 821f., 911, 914 - s. a. ›Auctores octo‹ Matheolus, Petrus: ›De execratione bigamiae‹: 816 Matthias (frater): 644, 647 Matthias von Günzburg (scr.): 923 Matz, Nikolaus (pos., scr.): 251, 282, 975 Mauerschwanger, Johannes (scr.): 241, 950 Maulevelt, Thomas: ›Quaestiones super libro suppositionum‹: 717 Maximian: ›Elegiae‹: 68, 94f., 96 A.145, 99-101, 435, 438, 455, 481, 484, 560 A.231, 563, 578, 597-599, 602, 603, 612-614, 631, 635, 653, 655f., 666f., 731f., 743, 749f., 752, 754, 756, 759, 779, 782, 794f., 797, 799 A.623, 841, 852, 858f., 910, 916 - s. a. ›Liber Catonianus‹ Maximilian I., Ks.: 160f. A.75 Maximos Confessor: ›Liber de caritate‹: 544 Maximos Planudes: ›Disticha Catonis‹, gr.: 322f., 340, 349 A.491, 354, 357361, 410f., 412 Medici: 538 A.190 - Piero de M.: 536 A.182 Medius, Thomas: ›Versus pro iuvenibus confecti‹: 292 Medizin: 246, 497, 606, 687, 923, 954 Meerman, Gerard: 507 Meerman, Johan: 507 Meissener, Kaspar (scr.): 236, 976, 1000 Meisterlied: 139, 155, 928, 930 Melanchthon, Phillip: 325f. Melchior (scr.): 946 Melchior von Stammheim, Abt v. St. Ulrich u. Afra: 444 Melk, Benediktiner: 797f.

3. Personen, Werke, Sachen, Termine

Melodienotation: 528, 602, 663, 690f., 790, 810, 812, 839, 841, 993 - Neumen: 574, 660, 674f., 747, 782, 785, 838, 845, 858 Memmingen, Schulordnung: 132-134, 205 Memorieren s. Auswendiglernen Mergentheim, Deutschordenskommende: 956, 1008 Merton: 616 Messe, Messtraktat/-auslegung: 157, 247 A.240, 704, 991 - dt.: 922, 935, 1004 Metereologie: 246, 991 - dt.: 952 Ps.-Methodius: ›De initio et fine mundi‹: 778 ›Metra de vero modo studendi‹: 645, 648 ›Metrista‹: 522, 767 Metulinus, Johannes Vincentius s. Quillet, Jean-Vincent Metz, Dombibliothek: 624, 910 Meusebach, Karl Hartwig Gregor von (pos.): 937, 948 Michael de Leone (pos.): 177, 993, 1006 - s. a. ›Hausbuch‹ des Michael de Leone‹ Michael von Pfullendorf: Brief an seine Brüder: 778 Michelstadt: 249 - Kirchenbibliothek: 975 ›Michelstädter Cato‹: 19, 231, 249-253, 281f., 285f., 288f., 291, 317 A.422, 320, 427, 428 A.10, 975f. Micon von St. Riquier: 431 - ›Opus prosodiacum‹: 24 A.11 - ›De primis syllabis‹: 24 A.11 Micy St. Mesmin, Benediktiner: 684 A.427, 745f. Mikulov s. Nikolsburg ›Miles gloriosus‹: 797, 799 A.624 ›Militarius‹: 489, 499, 562, 948, 991 Millot, Stanislas: 706 Mimus Publianus s. Publilius Syrus Minden, Dombibliothek: 884 ›Die Minneburg (C)‹: 261, 263, 969 Minnerede: 926, 927, 928, 930, 932, 933, 1002, 1003 mîse en page s. Layout

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Missale: 514, 517f. Moderator s. Ludimoderator ›Modus latinitatis‹: 241, 949 Mömpelgard s. Montbéliard Mönch von Salzburg: 930, 951, 968 Molitor, Konrad s. Bollstatter, Konrad Moller, Bartoldus: 818 - ›Positio in librum tertium Sententiarum Petri Lombardi‹: 815 Molschleben: 514, 520 Mondsee, Benediktiner: 204, 254, 259, 260, 801-803, 1010 Montbéliard: 327, 376, 409 A.600 di Morello, Paolo: 538f., 541 Moter, Abraham: 338f. - ›Disticha Catonis‹: 289 A.355, 320, 330, 335-342, 345-347, 358, 375 A.547, 385, 392, 409, 412 A.619, 416, 429, 984f. Monatsregeln: 247 Moralitätenregister s. Tugendregister Motzing: 242, 953 Moyenmoutier, Benediktiner: 911 Mühldorf / Steiermark: 241 A.223 Müller, Wilhelm Konrad Hermann (pos.): 942 München: 155 Münchhausen, Ludolf von (pos.): 1005 ›Münchner Prosa-Avian‹ s. Avian: ›Fabulae‹ / Kommentar (›Münchner ProsaAvian‹) Mündlichkeit/Schriftlichkeit: 1-12, 20f., 41, 50, 92f., 121, 392, 422f. Münzer, Erasmus (scr.): 642-644 Mulich, Bartolomæus (scr.): 243 A.230 Murbach, Benediktiner: 24 A.11, 879 Muri, Benediktiner: 891 ›De musica‹: 528 ›Musica Fulgentii‹: 528 ›Musica de perfecto cantu‹: 528, 530 Musik/M.traktat: 529f., 773, 954, 970 Mylius, Johannes: ›Disticha Catonis‹, gr.: 357-361 Nagyszeben s. Hermannstadt Namur: 498 Nansius, Franciscus (pos.): 574f. Narrationes fabularum Ovidianarum: 848

1114

Register

Nautik: 780 Neander, Michael: 357f. A.505, 359 Neckam, Alexander - ›De nominibus utensilium‹: 101, 469, 472, 485, 596 - ›Novus Esopus‹: 454-456, 458, 910f. Negellin, Johannes, de Lipheim (scr.): 448, 697 Negellin, Ulricus (scr.): 446-448 Neiße, Kreuzstift: 194, 962 Nemesianus: ›Cynegetica‹: 805 Nese, Johannes (scr.): 564-566 Neumen s. Melodienotation Neumünster, Augustiner-Chorherren: 73, 839f. Neusohl: 236, 976, 1000 ›Neusohler Cato‹: 227, 236, 976f., 1000 Neustätter, Erasmus (pos.): 781 Nevelet, Isaac: 918 Nevers: 362 - Dombibliothek: 886 Nevius, Johannes: 322 Nicholas of Breckendale: ›Deponentiale‹: 609, 611 Nicolaus von Bibera: ›Occulti Erfordensis carmen satiricum‹: 816 Niederlande: 101, 106, 272, 286, 305, 306f., 404f. A.595f., 434-439, 466, 712, 714 Niederdeutsch: 18, 181, 185, 187, 218, 291, 333, 338f., 343-347 - s. a. Stephan von Dorpat; ›Hamburger Cato‹ Niedermotzing s. Motzing Nigellus: ›Speculum stultorum‹: 475, 562, 632 Nikolaus (scr.): 504 Nicolaus de Clamengis - ›De filio prodigo‹: 739 - ›Epistolae‹: 739 Nikolaus von Dobersberg (scr.): 166, 936 Nikolaus von Dinkelsbühl: ›Spiegel der Kunst gut zu Sterben‹: 957, 1009 Nikolaus von Lyra - ›Postilla in evangelia‹: 449 - ›Tabula in libros veteris ac novi testamenti‹: 1000 A.840 Nikolsburg

- Kollegiatkapitel: 977, 1000 - Fürstlich Dietrichsteinische Bibliothek: 949, 954, 1001, 1007 ›Niederrheinischer Cato‹: 19, 140 A.23, 170, 172 A.105, 176, 178, 182-192, 193, 195f., 198, 218, 230, 232, 238, 244, 275, 288, 289 A.355, 317 A.422, 319-321, 329f., 331-335, 338, 375 A.547, 426, 428 A.10, 936-941, 1001, 1004 Nimwegen, Augustiner-Chorherren: 434436, 440f. Nodell, Johannes Adrianus: 547 Nördlingen, Schulordnung: 204f. A.171, 324 Nomina feriarum: 826 ›De nominibus vocum animalium‹: 638 Nordhausen, Servitenkloster Himmelgarten: 950 Northeim, Benediktiner: 169f. 943 Norwich: 795 ›Nova synonyma‹: 572 ›De novem sartoribus, qui uno ovo satiantur‹: 645 ›Novus Avianus‹: 558 - s. a. Hugo: ›Darmstädter N. A.‹; Poeta Astensis: ›N. A.‹; ›Wiener/Münchner N. A.‹ ›Novus Cato‹ s. Martinus: ›Novus Cato‹ ›Novus Cornutus‹ s. Alexander von Hales: ›Exoticon‹/›Cornutus novus‹; Otto von Lüneburg / ›N. C.‹ ›Novus Esopus‹ s. Baldo / ›N. E.‹; Neckam, Alexander / ›N. E.‹ ›Novus Physiologus‹: 500, 502 A.102, 503 Nürnberg: 153f., 246, 292 A.366, 359, 927, 929 - Dominikanerinnen: 155, 922 - Lateinschule St. Sebald: 772-774 - Schulordnung der Lateinschulen: 132134 ›Nürnberger Prosa-Äsop‹: 329 A.447 Notat: 461, 469, 473, 474, 476, 477, 484, 486, 491, 492, 494, 514, 572, 580, 588, 591, 593, 596, 599f., 605, 638, 642, 644, 650, 654f., 659, 665, 683, 703f., 712, 733, 775, 792, 794, 810, 815, 824, 829, 855, 864

3. Personen, Werke, Sachen, Termine

-

zur Ars dictandi: 697 De clero: 515 De doctoribus: 516 zu Interdikt und Absolution: 516, 638 katechetische: 478, 613, 703 kosmographische: 794 De lapide Caloze: 846 De poenitentiae Salomonis: 857 Quanto amore quantaque beniuolentia: 856 - De s. Magdalena: 846 - De superbia: 766 - theologische: 83, 625, 627, 650, 704, 843, 857, 872 Nysa s. Neiße Oberaltaich, Benediktiner: 82, 846f., 886 Obermotzing s. Motzing Octavus: ›De processione terrae sanctae a Francis‹: 631 Octavianus: ›Carmen de Virgilio‹: 508 Odo: ›Musica‹: 528 Odo von Cheriton: ›Liber parabolarum‹: 476 Odo von Cluny: 589 Odo von Meung: ›De viribus herbarum‹ (›Macer floribus‹): 174, 690, 777 - dt.: 245, 956, 1009 Odo de Soliaco: ›Constitutiones synodicae‹: 469 Oerdinghen, Wilhelm (scr.): 829 Öser, Irmhart: ›Epistel des Rabbi Samuel an Rabbi Isaac‹: 976, 1000 Ösmo / Södertörn: 871 ›Officium rhythmicum s. Henrici‹: 870 Österreich: 140, 439 A.13, 650, 798, 801, 927, 931, 949, 957, 1010 A.846 - Steiermark: 244f. Oisème: 84 Oisement / Dép. Somme: 84, 810, 813f. Omnibonus Leonicenus: Kommentar zu Sallust: ›Invectiva in Ciceronem‹: 855 Opitz, Martin - ›Aristarchus sive de contemptu linguae germanicae‹: 413 - ›Buch von der Deutschen Poetery‹: 413, 415 A.627

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- ›Disticha Catonis‹, lat.-dt.: 19, 254, 321, 327 A.445, 335, 340, 358, 360, 392f., 405, 407-418, 430 Oppenheim: 376 Optatianus Porphyrius: 589 Opus mythologicum: 619 Ordo iudicarius: 516f., 519 Orléans: 84, 103, 810, 813f. - Universität: 103, 814 ›Os facies mentum‹: 606 Osnabrück: 465, 620f. Oswald, Udalricus, von Rottingen (pos., scr.): 970f. Oswald von Wolkenstein: 930 Otloh von St. Emmeram: ›Libellus proverbiorum‹: 50 A.73 Otmar, Johann (typogr.): 203, 260, 294 Otten, Johannes: 515, 519 Otto I. (d. Gr.), Ks.: 38, 787 Otto von Diemeringen: 978, 1005 Otto von Lüneburg - ›Ars dictandi‹: 206, 207f., 797, 991, 1006 - ›Novus Cornutus‹: 196f., 638 A.356, 659, 661, 961 - dt.: 961 Ottoboni, Pietro (pos.): 733, 738, 739f. Ottokar II., Kg. v. Böhmen: 803 Ovid: 47, 49 A.64, 61 A.92, 101, 174, 219 A.196, 458, 526 A.162, 548f., 559, 575f., 602f., 631, 646, 663, 767, 775, 802, 841, 848, 857, 859f., 913, 968 - ›Amores‹: 67f., 509, 679, 836, 841, 849 - ›Ars amatoria‹: 67f., 455, 509, 522, 530, 532, 556, 558-560, 570, 679, 691f., 836, 839, 849, 914 - ›De anulo‹: 455, 531, 570, 632 - ›Fasti‹: 67f., 508, 680, 682, 836, 841 - ›Heroides‹: 67f., 455, 509, 646, 679, 796, 836, 839, 849, 852, 853, 854 - ›Ibis‹: 67f., 455, 509, 680f., 836 - ›De medicamine faciei‹: 455 - Metamorphosen: 67f., 509, 522, 679, 682, 810-814, 835, 837, 843 - ›Ex Ponto‹: 67f., 455, 509, 575, 662, 680f., 796, 836, 839, 842, 912 - ›Remedia amoris‹: 67f., 99, 101, 455, 509, 522, 547, 562, 570, 573, 575, 580,

1116

Register

620, 623, 666-668, 679, 682, 684, 691, 774f., 781, 822, 836, 839, 914, 969 - Tristien: 67f., 455, 509, 522, 575, 581, 583, 659, 680f., 836, 849 Ps.-Ovid: 67f., 533, 968 - ›Argumenta Aeneidos‹: 508 - ›De arte amandi‹: 646 - ›Carmen facetiarum comedentium‹: 645, 659 - ›De cuculo‹: 455, 589, 645 - ›De lupo‹: 455, 475, 509, 531, 533, 562, 567, 571 - ›De medicamine aureum‹: 455 - ›De mirabilibus mundi‹: 101, 455, 596599 - ›De nuce‹: 455, 509, 662, 680f. - ›De philomela‹: 455 - ›De pulice‹: 455, 509, 564, 570, 632, 659 - ›De quattuor elementis sive de quattuor humoribus hominum‹: 455 - ›De remedia amoris‹: 646 - ›De somno‹: 455 - ›Testimonium de Grattio‹: 805 - ›De ventri membrorumque altercatione‹: 914 - ›De vetula‹: 455, 624f. Ps.-Ovid (Oppian): ›Halieutica‹: 805 ›Ovidius puellarum‹: 531, 570, 797 Oxford: 88 A.126, 658 A.394 Padua: 432f. A.3 ›Palaestra de victoria Christi‹: 489f., 568f., 948, 991 Palma Carbom (scr.): 208 A.180, 999 ›Pamphilus de amore‹: 438, 454, 531, 532 A.174, 533, 555, 557 A.222, 558, 563, 566 A.246, 567, 580, 733, 767, 796, 799 A.623, 816, 853, 914 del Papa, Michel (pos.): 706 Papias: ›Elementarium doctrinae erudimentum‹: 567 Papstbulle: 517, 616, 623 ›Parabolae Salomonis filii David regis‹: 504f., 506 A.106 Parc, Prämonstratenser: 506 A.106 Paris: 24 A.11, 88 A.125, 103, 105, 698, 740, 757f. - Collège de Hubant: 14, 88, 896

-

Collège de Sorbonne: 900 St. Denis: 677, 700f. St. Germain-des-Prés: 676f., 699f. St. Victor, Augustiner-Chorherren: 684, 690-693, 704f., 739, 740f., 907, 913 - Universität: 103, 114 Parodie: 149 Paschetus, Franciscus: 285 Passau: 773f. - Dombibliothek: 880 ›Passio beate Katharine virginis‹: 499, 502, 563, 567, 580, 796 ›Passio s. Mercurii‹: 846 Patteson, John (pos.): 795 Paulus Diaconus: ›Historia Romana‹: 848 Paulinus von Nola: ›Natalicia‹: 699, 701, 703 Paulser, Konrad: 517 Paulus s. Bibel / P.briefe Paulus Diaconus: ›Historia Langobardum‹: 588 Paulus de Raczusz: 572 ›Pauper Henricus‹ s. Heinrich von Settimello: ›Elegia de diversitate fortunae et philosophiae consolatione‹ Pavia: 700f. Pechlin, Johann: 904 ›Peregrinus‹: 824 ›Pergama flere‹: 915f. Perotti, Niccolò: ›Epitomae fabularum Aesopi, Aviani et Phaedri‹: 431-433, 653 Persius: 26f., 100, 589 - Satiren: 67f., 101, 486, 488, 508, 511, 514, 536, 596f., 599, 609, 611, 662f., 794f., 852, 915 Pest/P.traktat/Regimen pestilentiae: 646, 767, 954, 991 Petau - Paul (pos.): 584f., 591, 594, 739-741, 745f., 750 - Alexander (pos.): 584f., 591, 594, 739f., 745f., 750, 920 Peter von Argon s. Egen, Petrus Peter van Zirn (pos., scr.) 184, 187f., 198, 244, 939 Peterborough: 900

3. Personen, Werke, Sachen, Termine

Petie: 87, 103, 105, 850f. Petrus (frater) (scr.): 443 Petrarca, Francesco - ›Epistolae familiares‹: 779 - ›Griseldis‹: 562 - ›De oboedientia ac fide uxoria mythologia‹: 778 - ›Vita Terentii‹: 855 Petrus, Abt v. Micy-St.-Mesmin: 684 A.427 Petrus de Albano: 432f. A.3 Petrus de Alliaco: 739 Petrus Comestor: 815 Petrus von Gengen s. Wiedeman, Petrus Ps.-Petrus Helias: ›Priscianus metricus‹: 726 Petrus Hispanus: ›Summulae logicales‹: 718 Petrus de Isolella: ›Summa grammaticae‹: 623f. Petrus von Leitomischl (scr.): 459 Petrus Lombardus: ›Sententiae‹: 740, 818, 846 Petrus dictus Palma Otiosa: ›Compendium de discantu mensurabili‹: 528f., 530 Petrus Riga - ›Passio s. Agnetis‹: 580, 583, 630, 839 - ›De beata Maria‹: 631 Petrus de Saluzzo: 271, 273, 274 Petrucci, Antonello (pos.): 680f. Peuerbach / Hausruckiertel: 877 Peuntner, Thomas - ›Büchlein von der Liebhabung Gottes‹: 261, 966 - Dekalogtraktat: 976, 1000 Pez, Bernhard: 797f. Pfävers, Benediktiner: 887 Pfarrschule: 438, 768 Phädrus: 432f. A.3, 590, 592, 709 Philipp, Baron von Stosch (pos.): 739f. Philipp I., Gf. von Katzenelnbogen (pos.): 149 A.52, 992 Philipp von Bergamo: ›Speculum regiminis‹: 242, 268-271, 272, 282f., 308f., 323, 952 Philipp von Leiden (pos.): 898 Philipp von Werthern: 270

1117

Philipp VI., Kg. von Frankreich: 431f. A.2 Phillipps, Thomas (pos.): 137f., 466-468, 653, 923, 930 Phocas: 26f. - ›De nomine et verbo‹: 662, 664, 853 Phylpott, Roger: 479 A.55, 480 Physiologus: 101, 603 ›Physiologus Theobaldi‹: 79, 81f. A.116, 82, 196f., 241, 419f. A.1, 446-448, 452, 454, 500, 515, 521, 531, 533, 538, 541 A.199, 555, 562, 567, 603, 605, 627, 629, 638, 716f., 726, 727f., 775f., 797, 799, 829, 841, 843, 845 A.679, 846, 852, 868f., 872f., 877, 949, 961, 970, 1000 Piacenza, Augustiner-Chorherren: 890 Piccolomini, Aenea Silvio: 967f. - ›Carmen de passione Christi‹: 659, 967 - ›Contra turpem amorem‹: 659, 967 - ›De curialium miseria‹: 719, 777 - ›Epistola ad nepotem Antonium‹: 719, 778 - ›Epistola ad Fridericum comitem palatinum‹: 659, 967 - ›Epistola ad Johannem Carvaialem‹: 778 - ›Epistolae‹: 718f., 967 - ›Euryalus et Lucretia‹: 659, 719, 967, 969 - ›De somnio‹: 659, 967 Pierre I., Erzbf. v. Reims: 683 Pierre de Limoges: 896 Pietro, Hzg. v. Altemps (pos.): 733, 738 Pilato, Lenzio: 456f. Pilgerführer: 247 A.240, 935, 1004 Pilsen: 717, 720 Pilter, Johannes (pos.): 791-793 Pindar: 124 A.179 Pindar Thebanus: ›Ilias latina‹ s. ›Homerus latinus‹ Pistritzer, Ulrich (scr.): 160f. A.75, 936, 1009 Pithou, Pierre (pos.): 412, 686-688 ›Planctus b. Mariae‹: 544 Plantin: 601 - Jean (I.) Moret: 436, 440, 910 - Balthasar (I.) Moret: 436, 440, 910

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Register

- Balthasar (II.) Moret: 436 A.8, 440, 910 Platon: 174, 775 - ›Phaidros‹: 1 Platterberger, Johannes: ›Exzerpta chronicarum‹: 978 Plautus: 124 A.179 Plinius d. Ä.: ›Naturalis historia‹: 590 Plümicke (Bergrat): 515 Poelgheest, Gerhard, Abt v. Egmont: 753 Poelman, Théodore: 13, 122 A.177, 323, 435f., 440, 601 Poeta Astenis: ›Novus Avianus‹: 50 A.73, 64f. A.99 Poetzlinger, Hermann: 630 A.344 Poggio - ›Historia convivialis‹: 967 - ›De miseria conditionis humanae‹: 967 Poitiers, Universität: 104 A.154 Polen: 318f., 354, 474, 570 Polling, Augustiner-Chorherren: 208, 992, 1006 Polsdorf: 1010 A.846 Pontano, Giovani: Brief an Jacopo Sannazaro: 805 Popon, Petrus - ›Carmen ad BMV‹: 645 - ›Colloquia de scholis Herbipolensis‹: 645, 648 Porin, Gerhardus (scr.): 716f. ›Praecepta studentium‹: 475 Prämonstratenser: 1002 - s. a. Arnstein / P.; Leitomischl / P.; Parc / P.; Schlägl / P.; Titchfield/ Hampshire / P.; Weißenau / P.; Windberg / P. Prag: 118, 870 - Fürstlich Lobkowitzsche Bibliothek: 722 - Rečkova-Kolleg: 902 - Universität: 106, 118, 200, 460f., 465, 489f., 724, 896 Predigt: 17, 79-84, 166, 207f., 240, 242, 243f., 438, 451, 454, 476, 490, 516, 519, 521, 544f., 567, 589, 605, 629, 770, 781, 792, 825, 829, 831, 834f., 846, 868f., 877, 953, 963 A.804, 999, 1010

- dt.: 928 - De caritate monachica: 792 - Contra Manichaeos: 770 - De corpore Christi: 834 - De ministerio sacerdotis: 791 - Super evangelias: 834 - zur Fasnacht: 476 - zum Fest der Geburt Mariens: 673 - Skizze: 489, 722 ›De praecognoscendo hiemis habitu‹: 523 Pressburg: 797f. Priamel: 646, 927, 1010 Priscian: 26f., 196, 861 - ›Epitome Phenomenon Arati‹: 757f. - ›De figuris numerorum‹: 590 - ›Institutio de nomine et pronomine et verbo‹: 593 - ›Periegesis‹: 589, 757f. - ›Praeexercitamina‹: 590 Ps.-Priscian: ›De sideribus‹: 508 Proba: ›Cento‹: 609, 611, 826 ›Problemata de partibus corporis humane ab Aristotele et aliis‹: 697, 967 ›Probra mulierum‹: 630 Probus: ›Vita Persii‹: 749 Processus iudicarius: 515, 694 Prognostik: 589, 683 - dt.: 952, 954 ›Promptuarium parvulorum‹: 808f. pronuntiatio s. Diktat propositio: 281, 521, 526, 572f., 605, 845 A.679, 870, 875 Prosper: 440 A.15, 441f., 445, 590 - ›Epigrammata‹: 67f., 101, 439, 509, 584, 602, 842, 912 ›Proverbia Catonis‹: 801f. Proverbium s. Sprichwort Provinzialstatuten: 516, 519 Prudentius: 37f., 445, 589, 784, 788, 841 - ›Apotheosis‹: 784 - ›Cathemerinon‹: 784 - ›Contra Symmachum‹: 698, 703, 784 - ›Hamartigenia‹: 784 - ›De opusculis suis‹: 698 - ›Peristephanon‹: 698, 784 - ›Psychomachia‹: 26f., 67f., 504f., 509, 538, 589, 784, 811f., 841, 843, 852, 858, 912

3. Personen, Werke, Sachen, Termine

- ›Tituli historiarum‹/›Dittochaeon‹: 499, 538, 541, 542-544, 562, 627, 631, 638, 661, 663, 698, 732, 734f., 784, 862f. Prüstner, Johannes (scr.): 261, 970 Publilius Syrus: 323, 386f., 389 A.572, 410, 801f., 989 A.830 Puchnik, Nikolaus: ›Processus iudicarius‹: 515 De puncte der bruderschup des salters unde der iuncfrowen Marien: 824 ›Pylatus‹: 83, 489, 499, 563, 566 A.246, 580, 583, 630, 632, 797, 799 A.623, 816, 824, 846, 848, 872f., 948, 991 ›Pyramus et Thisbe‹: 563, 630 Quaestio: 864 - in librum confusionum: 717f. - in librum consequentiarum: 717f. - super parvis logicalibus: 717f. - super libro scientiae Richardi Billingham: 718 - utrum mala uoluntas et malum opus subsecutum sint duo peccata vel unum: 846 Quaritsch, Bernard (pos.): 669 ›De quattuor virtutibus cardinalibus‹: 631 Quedlinburg: 815 Quentell, Heinrich (typogr.): 122, 283, 307, 319, 333 Questenberg, Jacobus: 815, 817f. Quillet, Jean-Vincent: 104 A.154 Quintilian: 380 A.575 - ›De legalibus statibus‹: 848 ›Quinque claves sapientiae‹: 101, 455, 489, 499, 563, 603f., 638, 725, 797, 799 A.623, 862, 872, 874, 900, 948, 991 Radolfus von Wehing: 801, 803 Radulphus von Longchamp: ›Distinctiones‹: 99, 655 Radulphus de W. (scr.): 608 Rätsel: 512, 767f., 784, 797, 801, 1010 Rainerius Sacconi Placentinus: ›Summa de Catharis et Leonistis seu Pauperibus de Lugduno‹: 846 Ranis: 515, 519 ›Rapularius‹: 562, 630 ›Rat der Vögel‹: 1010

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Ratinck, Amplonius (pos.): 75f., 80, 131, 463-465, 524, 528f., 620f., 712-714, 716f., 901, 902 Ravensburg: 775 Rawlinson, Thomas (pos.): 671 Rawlinson, Richard (pos.): 671 Raymundus de Begonac (pos.): 591 Raymundus de Pennaforte: ›Summa de poenitentia‹: 469, 472, 1002 Rebdorf, Augustiner-Chorherren: 243 A.230, 697 Rechnen: 975 - Quadratwurzel: 767 - Rechenarten: 767 - Rechenaufgabe: 767f. - dt.: 939 - Stellenwert: 767 - Wurzelberechnung: 767 Recht/Rechtsprechung: 153, 245, 521 - kanonisches: 694f. - Exkommunikation: 694 - Spolium: 694 Recommendatio rethoricalis scientiae: 645 Reformation: 321, 335 Regensburg: 502 A.102, 650, 880f. - Jesuiten: 147, 931 - Benediktiner St. Emmeram: 627, 641643, 905 - Benediktinerinnen St. Paul: 517 Regimen sanitatis: 157, 241, 246, 263 A.276, 476, 631, 650, 949, 951, 968, 975, 991 - dt.: 658, 968, 975, 1010 Regula aurea: 625 ›Regula Benedicti‹: 675f., 678f. Regulae derivationum et dictionum: 476 Regulae grammaticales: 935, 1009 - R. g. XXVI: 443 Regulae de statutis clericorum: 476 ›Regulae pro servientibus‹: 815 Reichenau, Benediktiner: 24 A.11, 550, 857f., 878 Reimpaarrede, dt.: 866 Reims: 27f. A.23, 761f., 787 Reiner von Cappel (pos., scr.): 73, 555f., 559-562, 835-837

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Register

Reinerus Alemannicus: ›Thesmophagia‹/›Phagifacetus‹: 500, 504, 556, 561 A.234, 620f., 632, 815, 872-874, 968 - s. a. Brant, Sebastian / R. A.: ›Th.‹ Reinmar von Zweter: 415 A.627 Reinwald, Wilhelm Friedrich Hermann (pos.): 993 Remigius von Auxerre - Kommentar zu Avian: ›Fabulae‹: 49f. - Kommentar zu den ›Disticha Catonis‹: 33 A.37, 49, 62, 264-266, 267, 273, 285 A.352, 285f., 593 reportatio s. Diktat Resch, Paulus (pos., scr.): 772-774 ›Responsio Moravii‹: 631 Reuchlin, Johannes: 357 Reuchlin, Matthias: 647 A.375 Reutlingen: 292 A.366, 293f. Rezepte: 157, 767, 801, 855, 1002 - dt.: 931, 934, 954, 956, 968, 970, 1002, 1009 ›Rhetorica ad Herennium‹: 684 Rheden, Hainricus (scr.): 865 Rhetorik: 241, 590, 592 - dt.: 697f., 922 - ital.: 770 - Notat zur R.: 630, 644 - Traktate: 449, 495, 606f. Ricardus Venusinus: ›De Paulino et Polla‹: 580 Riccardi, Riccardo Romolo: 542 Rickel, Dionysius: ›Expositio in Dionysii Aeropagitae Hierarchiam caelestem‹: 47, 49 A.64 Rigault, Nicolas: 681 Rinteln, Universität: 404 ›Rintelner Cato‹: 403-406, 409 A.600 Ripoll: 882 Robert von Euremodio: 271 - Kommentar zu den ›Disticha Catonis‹: 189f. A.144, 271-280, 282f., 285f., 291, 306f., 308f., 319-321, 323, 740 Roggenburg, Jörg (pos.): 148f., 930 Rolandus de Placentia: ›Regulae grammaticales‹: 623 Romulus-Fabeln: 79, 81f. A.116, 588, 592, 716f., 797, 801f.

›Romulus-LBG‹: 99, 613f. ›Romulus-Nilantinus‹: 419f. A.1, 670-672 Rosenkranz Mariens / Rosarium Mariae: 937 - dt.: 937 Rosenthal, Jacques (pos.): 466f., 468, 1004 Rossarznei: 153 1009 ›Rossauer Tischzucht‹: 142 Rostock: 816, 835 - Kartause Marienehe: 169, 942 A.769 - Marienkirche: 942 A.769 - Universität: 817f. ›De rota Fortunae‹: 489, 630 Rott am Inn, Benediktiner: 954 Rotulus: 31, 674, 676 Rothenburg o. d. T.: 360 Rottaler, Hans (pos., scr.): 153, 925 Rottendorff, Bernhard (pos.): 555f., 560, 835f. ›Rudimenta grammatices‹: 308f. Rüst- und Feuerwerksbuch, dt.: 924 ruminatio: 43, 53, 66, 424f. ›Rumpfbearbeitung/-übersetzung‹: 19, 136-159, 178-181, 185, 190, 219 A.196, 222f., 236, 262, 287-290, 294-299, 300, 317 A.422, 320, 330f., 347, 425f., 428 A.10, 922-934, 953f., 993, 1003 Rupertus de Ragio/Rogeo: 279f. A.327 ›Sachsenspiegel‹: 965 A.811 Sackauer, Andreas: 863f. Sakramente: 478, 517, 703, 722, 970, 999 - Ehes.: 590 - Hostienspende: 872 Salins-les-Bains: 765 Sallust: 445, 775, 857 - ›Bellum Jugurthinum‹: 855 - ›Invectiva in Ciceronem‹: 852, 855 ›Salutaris‹: 531, 630, 815, 817, 823 Salutati, Coluccio: 357, 539 - ›Conquestio Phyllidis‹: 537 - ›Fabula de cancro et vulpe‹: 538, 541 A.198f. ›Salve Regina‹-Auslegung: 247, 952 Salzburg: 155, 766 - Benediktinerstift: 117, 768, 891 - Klosterschule: 769 San Daniele: 770

3. Personen, Werke, Sachen, Termine

›De s. Katherina‹: 839 ›De s. Mauro‹: 846 St. Albans Abbey: 616 St. Amand, Benediktiner: 27f. A.23, 761763 - Klosterschule: 763 St. Claude: 881 St. Gallen, Benediktiner: 24 A.11, 294, 707f., 770, 826f., 881 ›St. Galler Cato‹: 977f. ›St. Galler Weltchronik‹: 978 ›St. Galler Weltgericht‹: 931 St. Lambrecht, Benediktiner: 241, 728, 890, 949f. St. Riquier, Benediktiner: 24 A.11, 878 Sannazaro, Jacopo (pos., scr.): 62 A.95, 687, 805f., 913 van Santen, Laurens (pos.): 455 Sappho: ›Epistola ad Phaonem‹: 570 Sarburg, Bartolomæus (pos.): 498 Sassetti, Francesco: 536 Saunders, M. s. Sayndors, M. Savage, Radulfus (pos.): 655f., 657f. Savile, Henry (pos.): 511-513 Sayndors, M. (pos.): 665f. Scaliger, Josephus Justus: ›Disticha Catonis‹, gr.: 327 A.445, 340, 357-361, 409, 410f. Schachzabelbuch, dt.: 923 Schass, Samuel: 821 Schedel, Hartmann (pos., scr.): 630-633, 635, 652, 776, 849f., 904, 906 Schedel, Hermann (pos.): 849f. Schedel, Melchior: 849 Scherad (scr.): 607 Scherdinger, Michael: 635 Schiltberger, Hans: ›Reisebuch‹: 978 Schirling, E. von (pos.): 795 Schlägl, Prämonstratenser: 774 Schleyffir, Georgius (de Brega/Berga) (scr.): 476 ›Schlesischer Cato‹: 19, 140 A.23, 176, 183f. A.131, 185, 192-200, 218, 223, 230, 232, 238, 244, 249, 281f., 285f., 426, 957-965, 993 Schmieher, Peter: ›Wolfsklage I‹: 930 Schönbrunner, Markus: ›Quadragesimale de peregrino ducto per angelum‹: 875f.

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Schönwerda: 270 Scholie: 33, 46, 49, 107, 118, 267f., 294, 362 A.525, 365 A.534, 378 A.550, 414 Schondoch: ›Die Königin von Frankreich‹: 922 Schreiber: 87f., 231f., 235f., 237f., 421 - Schüler als Sch.: 128f., 131-134, 421, 423, 448 - s. a. Diktat - stationarius: 87 Schriftlichkeit s. Mündlichkeit/Schriftlichkeit Schüler: 41f., 60, 67, 73f., 87f., 106, 115, 118, 120, 125f., 129f., 131-134, 213 420, 423, 424-426, 735f., 760 - s. a. Schreiber / Sch. als Schreiber Schulordnung: 324 - ›Kursächsische Schulordnung‹: 325f. - s. a. Bautzen / S.; Bayreuth / S.; Memmingen / S.; Nördlingen / S.; Nürnberg / S. ›Schwabenspiegel‹: 154 A.62, 929, 1001 Schwarz, Matthäus (pos.): 934 Schwarz, Ulrich, d. Ä. (pos., scr.): 153, 934 Schwarzenbeck, Ambrosius: 852 A.689 Schweden: 870 Schlieff, Valentin (pos.): 169, 176, 941 ›Scolaris‹/›Regimen scolarium‹: 240, 476, 492, 823, 993 - dt.: 658 Sedulius: 26f., 30, 37f., 440 A.15, 445, 587, 585, 713f., 788, 815 - ›Carmen paschale‹: 67f., 439, 441f., 509, 585, 712, 724, 784, 826-828, 841, 859 A.695 - ›Epistola ad Macedonium‹: 439 - Hymnen: 439, 509, 584f., 724, 784, 826 Sedulius Scotus: 859 A.695 - ›Explanationes in praefationes s. Hieronymi ad evangelia‹: 857 - ›Explanatiuncula de breviariorum et capitulorum differentia‹: 857 - ›Expositionunculae in argumenta secundum Matthæum, Marcum et Lucam‹: 857 Semorfylde, Domina Alicia (scr.): 607

1122

Register

Sendbrief an Klosterfrauen, dt.: 928 Seneca: 281f., 380 A.575, 410, 522, 567, 775, 870 - ›De beneficiis‹: 522, 567, 779 - ›Epistulae ad Lucilium‹: 281, 522, 567, 778 - ›De iustitia‹: 770 - ›De moribus‹: 779 - ›De paupertate‹: 779 - ›De remediis fortuitorum‹: 259, 567, 645, 659, 779, 965, 968 - ›De verborum copia‹: 779 Ps.-Seneca - ›Epistolae ad Paulum‹: 748 - ›Monita‹: 748 Ps.-Seneca (Martin von Braga): ›De quattuor virtutibus cardinalibus‹: 259, 659, 773, 953, 965, 967, 968, 969 Segen: 157 Seiler, Johannes, s. Funificus, Johannes ›Seligenstädter Lateinpädagogik‹: 160f. A.75 Sentenzen ([Autoritäten-]Sprüche): 89, 151, 247, 273 A.318, 284, 323, 351, 357, 431, 454, 474, 476, 499, 562, 568, 570, 588, 590, 649-651, 695, 775, 801, 948, 970, 1000, 1010 - biblische: 864 - medizinische: 246 - S.sammlung: 240 A.221, 864 ›Septem gaudia beatae Mariae Magdalenae‹: 524 Septem impedimenta contra horarum devotam persolutionem: 650 Sequenzen (Expositio sequentiarum): 843f. Serlo von Bayeux: ›Contra monachus‹: 662f. Serlo von Wilton: ›Versus de differentiis‹: 99, 596, 655 Servius - ›De centum metris‹: 744f., 747 - ›De declinationibus‹: 781 - ›De natura ultimarum sillabarum‹: 781 - ›De pedibus‹: 781 - ›De scientia metrorum‹: 781 - Vergil-Kommentar: 628 A.341

Seuse, Heinrich: ›Büchlein der ewigen Weisheit‹: 247, 952 Sherborne/Dorset, Benediktiner: 27f. A.23, 661, 663 Sibiu s. Hermannstadt ›Sibyllen-Weissagung‹: 247, 923, 952 ›Sieben weise Meister‹: 157, 976, 1000 Siebenbürgen: 327, 336 A.462, 394-396, 402f., 409 A.600, 415, 985 Siegfried, Graf v. Luxemburg: 787 Sievers, Eduard (pos.): 950, 955 Sigeher: 415 A.627 Sigismund von Volkersdorf: ›De Salzburga‹: 727 ›De signis caelestibus‹: 590, 686 Sigmundus, Bf. v. Strängnäs (pos.): 870f. Simon VI., Gf. zur Lippe: 130f. A.190 Simon VII., Gf. zur Lippe: 130f. A.190 Simon de Cassia: ›Summa veritatis‹: 475 ›De symonia‹: 662 ›Simplicius‹: 562 Sirleto, Guglielmo (pos.): 733 Skeltan, John (scr.): 607 Smyth, John (scr.): 607 Soest: 465, 620f. - Dominikaner: 73, 555f., 559-562, 836, 838 Soissons, St. Médard: 677 Sokrates: 709 Solmis, Jakob: 570f. ›Somnium Danielis‹: 476 - dt.: 947 Spanien: 29, 104f., 305, 307, 774f. Spechtshart, Hugo, von Reutlingen: ›Speculum grammaticae‹: 11 Spechtshart, Konrad, von Reutlingen: ›Speculum grammaticae‹ s. Spechtshart, Hugo, von Reutlingen / ›Sp. gr.‹ ›Speculum artis bene moriendi‹: 625 ›Speculum humanae salvationis‹: 504-506, 625 ›Speculum mundi‹: 531 Speculum perfectionis: 625 ›Speculum puerorum‹: 620 Spencer, R. (scr.): 607 Speyer: 251, 290, 292 A.366 Sprache

3. Personen, Werke, Sachen, Termine

- Sp.enmischung/-differenzierung: 316318, 325f - Sp.enprestige: 224, 249, 328f., 375, 426f., 347, 413, 426, 427 - Sp.nvernetzung: 326f. - Sp.enwahrnehmung: 327 Sprichwort: 273 A.318, 323, 385f., 516, 522, 568, 589, 649, 651, 695, 733, 778, 865, 948 Spital am Pyhrn: 862-864 ›Sprüche der zwölf Meister zu Paris‹: 155, 922 Stampfer, Johannes: 377 Stadthagen: 939 Stammbuch: 347-357 Statius: 440 A.15, 445, 654, 795 - ›Thebais‹: 67f., 508, 836, 861 - ›Achilleis‹: 67f., 94f., 99-101, 465, 481, 495, 497, 508, 538, 541 A.198, 578, 597-599, 601f., 603, 609, 611, 612-614, 634f., 655, 662, 666f., 730-732, 743, 752, 756, 759, 779, 781, 810, 813f., 836, 848, 901, 910, 915f. - s. a. ›Liber Catonianus‹ Steinhöwel, Heinrich - ›Büchlein der Ordnung der Pestilenz‹: 263 A.276, 968 - ›Esopus‹: 13, 122 A.177, 433, 768, 907, 918 Stephan, Abt v. Egmont: 753 Stephan von Dorpat: 169f. - ›Cato‹: 19, 140 A.23, 168-176, 178, 182, 183f. A.131, 185, 190, 223, 230, 236, 310 A.404, 346, 429, 941-944 - ›Schachbuch‹: 169 Stephanus de Novara: Rede an die Teilnehmer des Basler Konzils: 779 Stephanus von Orvieto: 738 Von den Sternzeichen, Planeten und Komplexionen, dt.: 523 Stiftsschule: 1, 117, 438, 451, 460f. Stillingfleet, Edward (pos.): 607 Stöckel, Wolfgang (typogr.): 126 Stolpen: 515 Straßburg: 283, 292 A.366, 307 A.388, 375 A.546, 696f., 913, 932, 100 - Johanniter: 157 Stratford s. Stretphordia

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Strehlke, Ernst (pos.): 943f. Streitgespräch zwischen Christ und Jude, dt.: 928 Stretford s. Stretphordia Stretphordia: 600 Stricker: 139, 147f., 150, 151 A.61, 924, 925, 926, 927, 931, 933, 951, 1001f., 1003 Stromaier, Jakob (scr.): 257, 258f., 969 Sturm, Johannes: ›Disticha Catonis‹Lemmata: 340, 360f., 412 Styrzel, Johann Georg: 360 Subenburg, Steffen (pos.): 976, 1000 Suchenwirt, Peter: 951 Sünde, Sündenregister, Todsünden: 478, 683 Sulzbach, Lateinschule: 359 ›Summa sacrificiorum‹-Kommentar: 83, 872, 874f. ›Summa Vergilii‹: 571 ›Summula virtutum et vitiorum‹, dt.: 1010 Syfrid, Johannes (scr.): 996 Sylksted, Thomas (pos.): 808-810 Symphosius: ›Aenigmata‹: 512, 588 ›Tabula‹: 5 Tafel: 392 - Kreidetafel: 132 - Schiefertafel: 132 Wachstafel: 131f. ›Tatian‹: 162 Tegernsee, Benediktiner: 155, 647, 852f., 853f., 928 le Tellier, Charles Maurice: 764 A.573 ›De temporis notatione‹: 778 Terenz: 124 A.179, 690, 853, 855, 857, 913 - ›Andria‹: 646 - ›Eunuchus‹: 646 - Komödien: 715, 855 Ps.-Tertullian - ›De sodoma‹: 584 - ›De Iona‹: 584 ›Testamentum duodecim patriarcharum‹: 824 ›Testamentum porci‹: 848 Text: 93, 128f., 382 A.557, 420 - T.gemeinschaft s. Überlieferungsgemeinschaft

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Register

- T.fassung: 175f., 231-236 - T.kohärenz: 42, 56f., 265f., 267f., 284, 419f. - T.sinn s. expositio ad sensum - T.varianz: 231-236 Themehrerlen, Henry (scr.): 607 Thenn, Markus: 348 Theobaldus s. ›Physiologus Theobaldi‹ Theodericus de Gebese: 517 Theodosius: 643 Theodricus: ›De Pyramo et Thisbe‹: 571 Theriak-Traktat: 157 ›Thesaurus amicorum‹: 353 Thibaut de la Fontaine: 743 Thierry von Amorbach: 587 Thomas (scr.): 607 Thomas de Curte Mediolanensis (scr.): 432f. A.3 Thomas Ebendorfer von Haselbach: Predigten: 868 Thomas von Erfurt - ›Fundamentum puerorum‹: 843, 845 A.679 - ›Novi modi significandi‹: 572 Thomas de Wyndele: 917 Thomasin von Zerclære: ›Welscher Gast‹: 142 Thornay, Benediktiner: 511-513 de Thou, Jacques-Auguste (pos.): 686f., 913f. Thüring von Ringoltingen: ›Melusine‹: 932 Tillier, Jakob (pos.): 952 Tischlesung, dt.: 928 Tischzucht: 149, 968 - dt.: 926, 927, 968 - s. a. ›Rossauer Tischzucht‹ Titchfield/Hampshire, Prämonstratenser: 900 Toul: 885 Toulouse: 105 Tournay: 467f. - Benedikiner: 914f Tours: 584-586, 590, 676 A.412, 677, 895 ›Tractatulus de eloquentia‹: 649f. Traktat - geistlicher - dt.: 928

- Anima insignita dei ymagine decorata: 834 - Gehenne mortis et eterna glorie quadriga intytulatur: 834 - vom Lesen, dt.: 932 - de modo studendi: 645 - de musica mensurata et musica falsa: 870 Trapezuntios, Georgios: 769 Traum/Traumdeutung, dt.: 952 Trew (scr.): 479 A.55 ›De tribus silentiis‹: 853 Trier - Benediktiner St. Matthias: 68f., 781783 - Benediktiner St. Maximin: 684 A.427, 787 - Universität: 790 Tross, Edwin (pos.): 603 Troyes: 740 Truchsess, Theoderich: ›Exzerpta chronicarum‹: 978 Tserraerts, Jérôme: 581 Tserraerts, Rolandus (pos., scr.): 581, 583 Tugendregister/Moralitätenregister: 276279, 351, 766, 768f., 966, 968, 969 Ürden, Hermann (pos.): 825 Übersetzen: 20, 166f., 316f., 328, 377, 428 s. a. interpretatio Überlieferung: 93 - Ü. als Funktion: 43f., 424 - Ü.sgemeinschaft: 90-93, 139, 878 - Ü.swahrscheinlichkeit: 25, 90, 146 A.40, 193, 419 Uerdingen b. Düsseldorf: 830 Uffenbach, Zacharias Conrad von (pos.): 993f. Ulhard, Philipp (typogr.): 386 Ulm: 292 A.366, 922, 967, 990f. - Dominikaner: 280 - Lateinschule: 108, 257, 445, 448, 628, 660f., 696 Ulmer, Ulricus: ›Fraternitas cleri‹: 82, 829, 831 ›Ulmer Cato‹: 140, 219 A.196, 222 A.204, 231, 232f., 238, 244, 249, 252, 253-264, 288-294, 305, 311, 315, 317 A.422,

3. Personen, Werke, Sachen, Termine

318f., 320, 321, 375 A.547, 409, 427f., 658, 661, 965-975 ›Ulmer Losbuch-Cato‹: 249, 288, 289 A.355, 299-305, 306, 317 A.422, 320, 329, 428 A.10 Ulrich III., Abt v. Wiblingen: 258 Ulrich, Abt v.Windberg: 651 Ungarn: 336, 354, 394-396, 402f. Universität: 3, 10, 13, 17, 55, 87f., 103, 106f., 108, 114, 122, 125, 154, 200, 201, 204f., 224f., 249-264, 269, 283, 293, 307, 316, 321 A.428, 332-334, 348, 357, 361, 404, 447, 451, 454, 460, 473, 507, 521, 628, 720, 765f., 768, 776, 825, 845 A.679 - s. a. Altdorff / U.; Basel / U.; Bologna / U.; Erfurt / U.; Erfurt / Collegium Amplonianum; Freiburg/Br. / U.; Helmstedt / U.; Ingolstadt / U.; Köln / U.; Krakau / U.; Mainz / U.; Orléans / U.; Paris / U.; Poitiers / U.; Prag / U.; Rinteln / U.; Rostock / U.; Trier / U.; Wien / U. Unterrichtshandschrift: 51, 59f., 68f., 76, 87, 239f. - Ausleihe: 88f., 114, 472, 597, 658 - U. vs. Schulhandschrift: 25-28 - U. als Ware: 88, 204f. A.170 - s. a. Diktat Uppsala: 871 Urkunde: 434, 436, 467-469, 514, 534, 614f., 846f utilitas s. Fabeln / u. fabulae Vadstena, Birgittenkloster: 870f. Valerius Maximus: 775, 857 - ›Facta et Dicta memorabilia‹: 855 - ›Ad Rufinum epistola de mulieribus‹: 824, 848 Valla, Lorenzo - ›Elegantiarum linguae latinae libri sex‹: 383 - ›De libero arbitrio‹: 967 Della Valle, Bernardino: 906 Della Valle, Lelio (pos.): 903 Varro: 567 Västerås: 871 Vaterunser/V.-Auslegung/Kommentar: 154, 862f., 877, 1004

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- dt.: 922, 926, 935 Vegetius: ›Epitoma rei militaris‹: 96 A.143, 743 Velser, Michael: 976, 1000 Venatorius, Andreas (scr.): 956, 1007 Verden (Diözese): 566 Vergil: 26f., 174, 445, 589, 630, 775, 857, 869 - ›Aeneis‹: 30, 67f., 508, 674f. - ›Bucolica‹: 563, 646 - Eklogen: 67f., 449, 508, 568, 609, 611, 754 A.551, 796, 868 - ›Georgica‹: 67f., 508, 796, 855 - Kommentar: 26f. - s. a. Servius: V.-Kommentar; ›Summa V.ii‹ Ps.-Vergil - ›Carmina‹: 646 - ›Moretum‹: 777 - WALTHER Nr. 1850: 646 - WALTHER Nr. 20221: 646 - WALTHER Nr. 14957: 646 - WALTHER Nr. 19266: 646 - s. a. ›Appendix Vergiliana‹ Verino, Michele: ›Distichorum liber‹: 359 Verse: 542, 596, 609, 619, 625, 631f., 645 657, 703, 712, 715, 738, 778, 824, 855, 991, 993, 1011 - dt.: 993, 1011 - über das Jüngste Gericht: 823 - de laude studiorum: 240 - Merkverse: 722, 815, 823 - O quam delictant nemorosa palacia fessos: 794 - WALTHER Nr. 518: 645 - WALTHER Nr. 1410: 516 - WALTHER Nr. 1752: 469 - WALTHER Nr. 3031: 469 - WALTHER Nr. 4017: 5228 - WALTHER Nr. 4055: 469 - WALTHER Nr. 4527: 596 - WALTHER Nr. 4901: 596 - WALTHER Nr. 5376: 645 - WALTHER Nr. 5780: 596 - WALTHER Nr. 6399: 596 - WALTHER Nr. 6810: 645 - WALTHER Nr. 7279: 595 - WALTHER Nr. 8879: 469

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Register

- WALTHER Nr. 8958: 596 - WALTHER Nr. 9062: 469 - WALTHER Nr. 9540: 778 - WALTHER Nr. 10361: 645 - WALTHER Nr. 10378: 645 - WALTHER Nr. 10873: 645 - WALTHER Nr. 11706: 645 - WALTHER Nr. 11780: 791 - WALTHER Nr. 13929: 645 - WALTHER Nr. 14783: 469 - WALTHER Nr. 16790: 469 - WALTHER Nr. 17280: 595 - WALTHER Nr. 17311: 595 - WALTHER Nr. 18017: 469 - WALTHER Nr. 18488: 645 - WALTHER Nr. 19639: 596 - WALTHER Nr. 20698: 596 ›Versus de amatae pulchritudine‹: 645 Versus differentiales: 512, 567, 599f., 606, 611, 801 ›Versus maligni angeli‹: 512 ›Versus de litteris‹: 715, 727f. ›Versus proverbiales‹: 801f. ›Versus de rustico‹: 44f. A.51, 486, 511, 661, 669, 685 ›Versus de septem musis‹: 474 ›Versus Traiani imperatoris‹: 745 Verulanus, Sulpicius: ›De moribus puerorum‹: 260, 970 Victorinus, Marius: ›Carmen de ss. Macabeis‹: 589 Vienne - Benediktiner: 706, 708 A.484 - Klosterschule: 711 Vincentius de Vassen Valonihensis: 781 Vinzenz von Beauvais: ›Speculum historiale‹: 978 A.816 Virgilius Maro grammaticus: ›Epitomae‹: 698, 700 ›De virtute orationis‹: 875 ›Visio Abdiae‹: 848, 850 ›Visio Philiberti‹: 499, 625 ›Visio quaedam facta monacho s. Galgani‹: 544 Visionsbericht/-traktat: 246, 247 Vit, Ulrich: 661 ›Vita Abbatum in Wiremutha et Gyruum‹: 708 A.484

›Vita beate virginis Marie et Salvatoris rhythmica‹: 626f. ›Vita beati Erhardi episcopi‹: 846 ›Vita Jesu Christi‹: 435, 438, 815, 868f. ›Vita Jude‹: 500, 502, 563, 567, 824, 993 ›Vita s. Alexii metrica‹: 500, 502, 562, 567 ›Vita s. Cholomanni‹: 489, 948, 991 ›Vita s. Gregorii metrica‹: 500, 502 Vitalis von Blois: ›Geta‹: 101, 454, 456, 475, 489, 542f., 562, 579f., 583, 603, 646, 738, 797, 799 A.623, 872, 874, 948, 991 Vitruv: ›De architectura‹: 848 Vocabula novi testamenti: 868 Vögelin, Konrad (magister civium): 638f. Vogt, Johannes (scr.): 817 Volck, Helwig: 337 Volpertus de Ahusa: ›Carmen de miraculis BMV‹: 638 Vorau, Augustiner-Chorherren: 892 Vorlesungsankündigung: 778f. Voss, Isaak (pos.): 584f., 591, 594 Voss, Gerhard (pos.): 591, 751, 753 Wachius (Waugh), Gilbert: 360f. Wagner, Sebastian (typogr.): 327f. Walafrid Strabo: ›Homilia in initium Evangelii s. Matthaei‹: 857 Walcourt, Zisterzienserinnen du Jardinet: 107, 545, 547-550 - Klosterschule: 549 Walderbach, Zisterzienser: 907 Walka, Johannes: 569 Waller, Mattheus, de Růpprecht: 661 Walter von Châtillon ›Alexandreis‹: 47, 100, 522, 839, 915, 916f. Walter Map: ›De non ducenda uxore‹: 547, 778, 848 Walterskirchen: 1010 A.846 Waltham Abbay: 616 Walther von der Vogelweide: 415 A.627 Wapplode, Johannes (pos.): 656, 657f. Warendorf / Westf.: 620f. Warkworth, John (pos.): 481, 483-485, 903 Warnarus, Chunradus: 650 A.381 Warner, R.: 657f. Wassy / Haute-Marne: 743 ›Der werlt loep (Cursus mundi)‹: 345

3. Personen, Werke, Sachen, Termine

Weigel, Theodor Oswald (pos.): 137, 923 Weingarten: 775f. - Benediktiner: 779 Weinkunde / Önologie: 246 Weißenau bei Ravensburg, Prämonstratenser: 722f. Weißenburg: 338, 415 - s. a. Alba Julia Der von Wengen: 415 A.627 Wenzel IV., Kg. v. Böhmen: 724 Wenzeslaus (scr.): 572 Werden, Benediktiner: 184, 187, 937 Werner von Basel: ›Paraclitus‹: 568f., 796, 799 A.624 Wernigerode, Gräflich Stolbergische Bibliothek: 935, 1002, 1004, 1008 Wesel: 184, 939 Wessobrunn, Benediktiner: 889, 893, 952 Westminster Abbey: 616 Westreenen van Tiellandt, Willem Hendrik Jacob Baron van: 507 Whitby, Benediktiner: 888 Wiblingen, Benediktiner: 82, 258, 868870, 969 - Klosterschule: 869f. Wiedeman, Petrus: 492f. Wien: 257 A.260, 292 A.366, 395, 650, 798, 803, 863f., 967, 975, 1009 - Dominikaner: 907 - Universität: 18 A.44, 106, 117, 118, 249, 251, 256f., 260 A.270, 282, 439 A.13, 465, 493, 649f. ›Wiener Falkenheilkunde‹: 245, 956, 1009 ›Wiener/Münchner Novus Avianus‹: 341-643, 797, 799 A.624 ›Wiener Prosa-Avian‹ s. Avian: ›Fabulae‹ / Kommentar (›Wiener Prosa-Avian‹) Wiener Übersetzungsschule: 18 A.44 Wilhelm von Blois: ›Alda‹: 797, 799 A.624 Wilhelm von Ockham: ›De praedestinatione‹: 740 Wilhelm von St. Thierry: ›Epistola ad fratres de Monte Dei‹: 544 Wilhelmus (frater) (pos.): 609 William de Ravenstone (pos.): 896 Wimpfeling, Jakob: ›Carmen de Petro Hagenbach sub forma dialogi‹: 452

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Wimpfen - Dominikaner: 492f. - Lateinschule: 491-493, 637 Winchester: 808f. - Benediktinerpriorat: 616, 808f. - St. Mary's College: 809 Windberg: 650 - Prämonstratenser: 650f. Winnington: 657f. Winricus: ›Conflictus ovis et lini‹: 801 ›Winsbecke‹: 415 A.627, 992 A.834 Wipo: ›Proverbia‹: 801 Wirnt von Grafenberg: ›Wigalois‹: 222f. Wissbier, Johannes (scr.): 991 Wisse, Heinrich: 69, 783 Wodloke, Rychard (scr.): 607 Wolack, Gotfrid: ›Regula de tri‹: 443 Wolf, Hieronymus: 386 Wolfram von Eschenbach: ›Willehalm‹: 303 A.375 Wolkersdorf: 803 Worcester: 916f. - Cathedral library: 609 Worms: 318f., 327f. Wort-für-Wort-Übersetzung: 114f., 206215, 990-992 Wülfing, Johannes (scr.): 954 Wülfing, Ulrich (scr.): 243 A.231 Würzburg: 1001, 1006 - Franziskaner: 82, 875f. ›Würzburger Anonymus Neveleti- und Avian-Paraphrasen‹ s. Avian: ›Fabulae‹ / Kommentar (›Würzburger Anonymus Neveleti- und AvianParaphrasen‹) Wulfstan: ›Vita s. Swithuni‹: 661, 663f. Wurm, Nikolaus: ›Sachsenspiegel‹Glosse: 965 A.811 Wurmsegen: 956, 1009 Wydemann, Petrus, de Gingen: 493 York, Augustiner-Eremiten: 897 ›Ysengrimus‹: 712-714 ›Ysopet-Avionnet‹: 431f., 477, 605, 712, 897 Yorkshire: 103, 658 Young, Patrick: 610, 916 Zæhius, Marcus: 386f.

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Register

Zager, Johannes (pos., scr.): 489f., 948, 991 Zehn Gebote s. Dekalog Zeichnung (Federzeichnung, Kritzelei, Schülerzeichnung): 185, 460, 469, 471, 477, 484, 491, 545, 548, 568, 574, 580, 588, 605, 609, 611, 614, 618, 619, 654, 655f., 668, 672, 673, 682, 696, 706, 709f., 715, 718, 733, 736, 744, 754, 773, 810, 858, 859 A.695, 938 A.763 Johannes Zeller: Gutachten zum Streit zwischen Kloster Zwiefalten und K. Friedrich III. um den Besitz von Kohlberg: 867 Zink, Burkhard: 638-640 Zisterzienser, -innen s. Cercamp / Z.; Cîteaux / Z.; Cluny / Z.; Fürstenfeld / Z.; Heilsbronn / Z.; Hohenfurt / Z.; Walcourt / Z.; Walderbach / Z.; Zwettl / Z. Zöpfel, David (typogr.): 337, 338f. Zofingen: 247, 952 Zote - Berthold: 240 A.222 - Bertram: 240 A.222 - Hans: 240 A.222 - s. a. Zoythen (magister) Zoythen (magister) (scr.): 240, 949 - s. a. Zote Zuber, Matthæus: ›Disticha Catonis‹, gr.: 357-361 ›Zürcher Chronik‹: 923 Zürich: 376, 923 - Lateinschule am Fraumünster: 376 - Großmünster: 894 - Lateinschule: 376 Zwettl: 936 - Zisterzienser: 158, 165f. Zwettler ›Cato‹ (Übersetzungsfassung Z [= Gesamtübersetzung – Textgruppe I]): 19, 158-167, 178, 223, 230, 416 A.631, 427, 935f. Zwickau, Lateinschule: 359f., 772-774 Zwiefalten, Benediktiner: 259, 969 ›Zwielichter Cato‹: 19, 140 A.23, 182, 185, 190, 215-221, 222, 236, 944-946 Zwingenberg: 337, 338