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German Pages 125 Year 1981
CHRISTOPH PAULUS
Richterliches Verfügungsverbot und Vormerkung im Konkurs
Schriften zum Prozessrecht
Band 67
Richterliches Verfügungsverhot und Vormerkung im Konkurs Ein Beitrag zur Systematik der Vorzugsrechte
Von
Dr. Christoph Paulus
DUNCKER & HUMBLOT I BERLIN
Alle Rechte vorbehalten
© 1981 Duncker & Humblot, Berlin 41
Gedruckt 1981 bei Berliner Buchdruckerei Union GmbH., Berlin 61 Printed in Germany ISBN 3428048172
Vorwort Die Arbeit ist im Sommer 1980 von der juristischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München als Dissertation angenommen worden. Sie behandelt das Verhältnis von Vormerkung und richterlichem Verfügungsverbot; von zwei Sicherungsbehelfen also, die die Erfüllbarkeit obligatorischer Ansprüche gewährleisten und garantieren sollen. Diese gemeinsame Zwecksetzung bedingt jedoch nach der lex lata keineswegs, daß beide Rechtsinstitute gleiche Wirkungen zeitigen. Insbesondere im Konkursrecht bestallt in dem § 24 einerseits, § 13 andererseits eine Divergenz, indem die gesicherte Forderung dort erfüllt werden muß, hier wegen der Unwirksamkeit der Sicherung auf die quotenmäßige Befriedigung verwiesen wird. Die hiermit vorgelegte Arbeit versucht, für diese Ungleichbehandlung eine Erklärung zu finden und, soweit das nicht möglich ist, eine Korrektur des Anwendungsbereichs des § 13 KO vorzuschlagen. Betreut wurde diese Arbeit von Prof. Dr. Rimmelspacher; für seine vielfältige und geduldige Unterstützung bin ich ihm zu tiefem Dank verpflichtet. Danken möchte ich auch all denen, die den Fortgang meiner Dissertation dadurch gefördert haben, daß sie die behandelten Probleme mit mir diskutiert haben. Ganz herzlich möchte ich auch an dieser Stelle Herrn Prof. Dr. Broermann dafür danken, daß er der Aufnahme dieser Al"beit in die Reihe ,Schriften zum Prozeßrecht' zugestimmt hat. München, im November 1980
Christoph Paulus
Inhaltsverzeichnis Problemstellung
......................................................
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§ 1. Die Gemeinsamkeiten von richterlichem Verfügungsverbot und Vormerkung ........................................ ......................
11
r. Sicherungsbehelf .................................................. 11 1. Anspruch, der auf eine Geldleistung gerichtet ist ................ 2. Anspruch, der auf eine Sachleistung gerichtet ist ................ 3. Sonstige Ansprüche ............................................ 4. Schutzrichtung der Sicherungsbehelfe ...........................
11 12 13 15
I!. Relative Unwirksamkeit .......................................... 1. Historischer Abriß ............................................ 2. Konstellation, Interessen und Wertungen der relativen Unwirksamkeit ........................................................ a) Grundkonstellation .......................................... b) Vorläufiger Rechtsschutz .................................... c) Das richterliche Verfügungsverbot ........................... d) Relative Unwirksamkeit ..................................... 3. Exkurs: Die konstruktive Erfassung der relativen Unwirksamkeit a) Konstruktionsversuche ...... ,................................. b) Eigene Konstruktion ........................................
18 18
II!. Haftungsrechtliche Folgerung ......................................
42
IV. Ergebnis der haftungsrechtlichen Folgerungen ........ ,.. ,......... ...
46
§ 2. Die Besonderheiten der Vormerkung ..............................
48
I. Sicherungswirkung ................................................ 1. § 883 I BGB ........................................ ,.. '. . . . . . . . .. 2. § 883 II BGB ...................................................
51 52 55
II. Vollwirkung .................................. ,. . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 1. Insolvenzrecht, § 24 KO ................................ ,. . . . . . . . 2. § 884 BGB ......... ............................................ a) Nachlaßverwaltung ............................ ,.............. b) Nachlaßkonkurs ................................ ,. . . ... ....... c) Haftung bei Dürftigkeit des Nachlasses, §§ 1990 f. BGB ...... 3. Erbrecht ....................................................... 4. Zwangsversteigerung........................................... 5. Zusammenfassung der Vollwirkungen ..........................
63 63 67 68 69 72 73 75 81
22 22 26 28 30 33 33 36
8
Inhaltsverzeichnis
II!. Rangwirkun,g .....................................................
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IV. Deliktsschutz ......................................................
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V. Haftungsrechtliche Folgerung ..... .,................................ 1. Verschaffungsanspruch ......................................... ' 2. Aufrechnung ...... ,............................................. 3. Spezialität und Publizität bei Aus- und Absonderungsrechten .... 4. Vormerkung ............................................... ','"
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§ 3. Das richterliche Verfügungsverbot im Konkurs. . . . . . . . . . . . . . . .. . . ...
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I. § 13,2. HS KO; § 23 ZVG ..........................................
99
11. § 13,1. HS KO ............................. ',' ...................... 1. Spezialität ..................................................... a) Anforderungen an den zu sichernden Anspruch .............. b) Das richterliche Verfügungsverbot in der Zwangsvollstreckung c) Rangwirkung des richterlichen Verfügungsverbotes .. , ', .... ,. 2. Publizität ......................................................
101 102 102 104 107 107
91 92 94 95
II!. Wertungsunterschiede zwischen Vormerkung und richterlichem Verfügun,gsverbot ....... ',' ..... '" ., ................................. 110 Scl1lußbemerkungen
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Literaturverzeicbnis
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Problemstellung Diese Arbeit bemüht sich um den Nachweis, daß das richterliche Verfügungsverbot 1 beim Vorliegen bestimmter Voraussetzungen konkursfest sein muß. Sie widerspricht damit der lex lata, die in § 13 KO ausdrücklich vorschreibt, daß ein Verfügungsverbot im Sinne der §§ 135, 136 BGB den Konkursgläubigern' gegenüber unwirksam ist. Jedoch ergeben sich Zweifel an der Stimmigkeit und Berechtigung der Konkursnorm aus § 24 KO: Denn aufgrund dieser Vorschrift bewirkt die Vormerkung, daß der durch sie gesicherte Anspruch trotz Konkurses vom Verwalter erfüllt werden muß. In den §§ 13 und 24 KO werden demnach zwei Rechtsinstitute unterschiedlich behandelt, die außerhalb des Konkursrechtes mehrere Gemeinsamkeiten aufweisen. Beide fungieren sie als Sicherungsbehelfe, d. h.: sie dienen dazu, die Erfüllbarkeit von Ansprüchen zu garantieren, oder wenigstens das Risiko der Nichterfüllbarkeit zu verringern. Beide Sicherungs behelfe bedienen sich dabei derselben Methode: sie bewirken die relative Unwirksamkeit anspruchsvereitelnder Verfügungen des verbotsbetroffenen Schuldners. Selbstverständlich reicht der Hinweis auf diese Gemeinsamkeiten nicht aus, um die konkursrechtliche Gleichbehandlung von Vormerkung und richterlichem Verfügungsverbot zu fordern. Aber er genügt, um die Fragwürdigkeit der üblicherweise 2 angeführten Rechtfertigung des § 13 KO aufzuzeigen. Die Aussage, diese Norm sei Ausdruck des konkursrechtlichen Grundsatzes der par conditio omnium creditorum, hilft für eine wertende Betrachtung nicht weiter. Zwar leuchtet es ein, einer nur persönlichen Interessen dienenden Sicherung im Rahmen einer Verlustgemeinschaft die Wirksamkeit zu nehmen und die Gläubiger auf diese Weise zu gegenseitiger Rücksichtnahme - wenigstens im Hinblick auf den Konkurs - zu verpflichten3 ; doch gibt diese Erklärung im Rahmen eines Systems der 1 Verfügung ist gegenüber Veräußerung der erschöpfendere Begriff Veräußerungsverbot ist daher pars pro toto; siehe etwa Larenz, AT, S.432; § 111 c 2. HS stPO; § 26 III S. 1 OWiG. Daß das richterliche Verfii.gungsverbot zum Gegenstand dieser Arbeit gewählt wurde, beruht darauf, daß es als typischer Exponent der weiteren, in den §§ 135, 136 BGB umschriebenen Verbotsarten gelten kann. 2 Siehe nur BGHZ 56, 231; Gerhardt, FG Flume, S. 531; Jaeger / Henckel, § 13, Rz.2. 3 Dafür läßt sich ein Argument aus der Regelungsmaterie der Konkursanfechtung entnehmen: § 30 Ziff.2 KO unterwirft kongruente Deckungen
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Problemstellung
Vorzugsrechte im Konkurs keine Antwort auf die Frage, warum andere, genauso nur persönlichen Interessen dienende Sicherungsbehelfe konkursfest sind. Warum erhält der Vormerkungsberechtigte entgegen dem Gleichbehandlungsgebot die volle Befriedigung seines Anspruchs, wenn der mit Hilfe von richterlichem Verfügungsverbot gesicherte Gläubiger wegen dieses Gebotes auf die Quote verwiesen wird? Mit diesen Fragen ist der Ausgangspunkt der folgenden Untersuchungen formuliert. Der überzeugung folgend, daß "es das Anliegen einer nach Rationalität strebenden Rechtswissenschaft sein (muß), die Rechtsordnung möglichst widerspruchsfrei zu interpretieren und gegebenenfalls fortzubilden"', versucht die vorliegende Arbeit, das Verhältnis der §§ 13 und 24 KO zueinander zu erklären und den Anwendungsbereich des § 13 KO zu korrigieren. Sie setzt dabei als Prämisse, daß das Konkursrecht grundsätzlich das haftungsrechtliche Extrakt des Vermögensrechts ist; d. h.: Das Konkursrecht entnimmt den vermögensrechtlichen Regelungen die zugrunde liegenden Wertungen und überträgt sie in eine dem Haftungsrecht gemäße Form. So kann beispielsweise im Konkurs des Gemeinschuldners6 die im fremden Eigentum stehende, aber in der Istmasse befindliche Sache ausgesondert werden; ihre Verwertung zugunsten der anteilsmäßigen Befriedigung ist haftungsrechtlich nicht gerechtfertigt, da die Sache ausschließlich dem Eigentümer zugeordnet ist6 • Um das Verhältnis der §§ 13 und 24 KO zueinander erklären zu können, bedarf es also zunächst einmal einer Darstellung der im Vermögensrecht bestehenden Gemeinsamkeiten von Vormerkung und richterlichem Verfügungsverbot. Die dort erzielten Ergebnisse sind anschließend an den haftungsrechtlichen Grundsätzen zu messen. Dabei wird sich herausstellen, welche der beiden Normen sich dem Konkurs.,. recht anpaßt und welche nicht. Die letztere ist dann einer eigenen Prüfung zu unterziehen, die nach zusätzlichen Kriterien für eine "haftungsrechtliche Rechtfertigung"7 suchen muß.
der Anfechtbarkeit - "der Grundsatz der Verlustgemeinschaft wird auf den Tag der Krisis zurückerstreckt" , Pagenstecher / Grimm, S. 96. " Hagen, FG Larenz, S. 868. 5 Sprachgeschichtlich präziser wäre der Ausdruck: Konkurs der Gläubiger des Gemeinschuldners. Doch hat sich jener Terminus kraft Gewohnheit so sehr verfestigt, daß der Rückgriff auf den lateinischen Bedeutungsgehalt unnötige Akribie wäre. Vgl. zu einem solchen Sprachwandel den Aufsatz: ,Problem der Fachsprachen' des Sprachwissenschaftlers Helmut Gipper in: Denken ohne Sprache, 2. Aufl., 1978, S. 108 ff. 6 Siehe ausführlich unten § 2 vor I. 7 Henckel, FG Wieacker, S. 366.
§ 1. Die Gemeinsamkeiten von richterlichem Verfügungsverbot und Vormerkung J. Sicherungsbehelf
Richterliches Verfügungsverbot, §§ 935, 936, 920 ZPO und Vormerkung, §§ 883 ff. BGB, dienen zur Sicherung eines Anspruchs. Das will besagen, daß mit ihrer Hilfe die Erfüllung des zu schützenden Anspruchs gewährleistet, zumindest aber das Risiko der Nichterfüllung verringert werden soll. Um aus dieser Aussage haftungsrechtliche Konsequenzen ziehen zu können, bedarf sie einer Präzisierung; denn in der Allgemeinheit gilt sie auch für so unterschiedliche Rechtsinstitute wie Bürgschaft, Vertragsstrafe und Eigentumsvorbehalt. Eine exaktere Erfassung ist daher erforderlich und dann möglich, wenn sich Vormerkung und richterliches Verfügungsverbot von jenen Rechtsinstituten abgrenzen lassen. Dazu bietet sich die Aufstellung eines Systems der Sicherungsbehelfe an. Ein System hat nicht nur die Aufgabe, Einheiten aufzuzeigen; sie ergibt sich aus dem genannten, gemeinsamen Zweck. Es soll vielmehr noch - und dies ist für die Präzisierung von Interesse - Zusammenhänge aufzeigen und ordnen1• Als Kriterium für eine Ordnung bieten sich die den einzelnen Sicherungsbehelfen zugrunde liegenden Ansprüche an, weil sie die Schutzrichtung und den Schutzumfang bestimmen: Ein Geldanspruch benötigt andere Hilfe als ein auf eine Sachleistung gerichteter Anspruch. Dementsprechend wird im folgenden zwischen Ansprüchen unterschieden, die auf eine Geldleistung, Sachleistung oder sonstige Handlungen gerichtet sind!. 1. Anspruch, der auf eine Geldleistung gerichtet Ist
In dieser Kategorie erscheint das Sicherungsbedürfnis zunächst erstaunlich; haftet doch der Schuldner ohnehin mit seinem gesamten pfändbaren Vermögen, und bestehen doch gerade zur Erhaltung dieser 1 Vgl. nur Savigny, System I, S. XXXVI, 10, 214; Canaris, Systemdenken, S. 12 und öfter. 2 Diese Einteilung erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit und umfassende Erörterung der Probleme; sie ist nur das Mittel zu dem Zweck, die Gemeinsamkeiten von Vormerkung und richterlichem Verfügungsverbot darzustellen.
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§
1. Die Gemeinsamkeiten von Verfügungsverbot und Vormerkung
Vermögenshaftung rigoros einsetzende Korrektive zu Lasten der schuldnerischen freien Verfügungsmöglichkeit (§ 419 BGB; AnfGes; Konkursanfechtung). überdies ist die von dem Anspruch erfaßte Wertsumme nicht nach wirtschaftlichen Prioritäten in Erfüllungs- und Einstandspflicht teilbar3, so daß es keines besonderen Schutzes für einen Primäranspruch wie beim Sachleistungsgläubiger bedarf. Demgemäß entsteht eine Beeinträchtigung der Interessen der Geldgläubiger grundsätzlich erst jenseits der genannten Korrektive4, d. h. bei Zahlungsunfähigkeit oder überschuldung und damit bei Vorliegen eines Konkursgrundes (§§ 102, 207 I KO). Denn erst in dieser Situation, d. h. ab Eröffnung des Konkursverfahrens, wird der durch die Haftungsbreite in Verbindung mit dem Präventionsgrundsatz gewährleistete Schutz dem im Konkurs herrschenden Grundsatz der Verlustgemeinschaft und dem daraus resultierenden Gleichbehandlungsgebot geopfert; damit sind Einbußen des wirtschaftlichen Interesses der Geldgläubiger verbunden5 • Die Sicherungsbehelfe, die für diese Anspruchskategorie in erster Linie in Frage kommen, müssen also, um die Erfüllbarkeit des Anspruchs garantieren zu können, das allgemeine, in § 61 I Ziff. 6 KO normierte Konkursrisiko des Geldgläubigers aufheben oder zumindest verringern. Demzufolge ist es konsequent, wenn dem nach Konkurseröffnung über das Vermögen des Hauptschuldners in Anspruch genommenen Bürgen die Berufung auf § 767 I BGB versagt wird, wonach seine Verpflichtung nur mehr in Höhe der Konkursquote bestünde'. Vor dieser Gefahr soll eine Bürgschaft gerade schützen. 2. Ansprudl, der auf eine Sadlleistung geridltet ist
Der Hauptvertreter dieser Art von Ansprüchen ist der übereignungsanspruch. Mit seiner Hilfe läßt sich nachweisen, daß der Grund des Sicherungsbedürfnisses zu einem erheblichen Teil außerhalb des Konkurses liegt. So will sich der Grundstückskäufer mittels der eingetragenen Vormerkung nicht - zumindest nicht ausschließlich - davor schützen, im Siehe nur § 279 BGB oder auch § 1228 II 2 BGB. Die Formulierung "jenseits" impliziert eine vorgeschriebene Rangfolge der Korrektive. Ein Gläubiger braucht aber - rechtlich - nicht gegen den Vermögensübernehmer vorzugehen, sondern kann unmittelbar Konkurs anmelden. Wegen seiner geringen Befriedigungschancen wird er aber faktisch - den Konkurseröffnungsantrag als letztes Mittel wählen. 5 Die an letzter Stelle in § 61 I Ziff. 6 rangierenden Gläubiger erhielten 1975 eine durchschnittliche Befriedigungsquote von 4,4 0/o! Quelle: Statistisches Jahrbuch 1978, S. 131. , RGZ 113, 320; BGH BB 56, 830 f.; vgl. auch § 193 2 KO. 3
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I. Sicherungsbehelf
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Falle des oftmals gar nicht bedachten Verkäuferkonkurses mit leeren Händen dastehen zu müssen, sondern vielmehr davor, daß sein Erfüllungsanspruch durch anderweitige Verfügungen beeinträchtigt oder gar vereiteilt wird. Ihm geht es um die Sicherung der Erfüllungsleistung, da die in Geld zu berechnende "Einstandsleistung" für ihn in aller Regel nur unzureichender Ersatz ist7 • Auf diesen Ersatz kann der Schuldner den ungesicherten Gläubiger nämlich verweisen, da ihm aufgrund des Abstraktionsprinzips die volle Handlungs-, und damit auch Verfügungsfreiheit des § 903 BGB über das Schuldobjekt solange verbleibt, als er nicht seine Verpflichtung erfüllt hat8• Angesichts dessen stellt die Situation des Konkurses nur einen Sonderfall des Nicht-mehr-Ieistenkönnens dar, der dem Gläubiger dieser Anspruchskategorie - im Gegensatz zum Geldgläubiger - immerhin die Chance beläßt, daß der Konkursverwalter nach § 17 KO die Erfüllung des Vertrages wählt und dem Gläubiger dadurch Einbußen ersparte. Diese Chance besteht allerdings nicht bei denjenigen vertraglichen Sachleistungsansprüchen, deren Gegenanspruch bereits vollständig erfüllt worden ist, oder die ihren Rechtsgrund nicht in einem synallagmatischen Vertrag haben. Aber auch hier, wenn z. B. der Auftraggeber seinen Anspruch aus § 667 BGB sichern will, besteht das Bedürfnis, gerade die eine, bestimmte Sache und nicht etwa nur deren Wert zu bekommen. Die Sicherungsbehelfe der auf Sachleistung gerichteten Ansprüche haben also grundsätzlich die Funktion zu erfüllen, daß sie den betreffenden Schuldgegenstand zur Leistung bereit halten. Die typischen Hürden, die sie zu diesem Zweck zu meistern haben, sind die dem obligatorisch gebundenen Eigentümer belassene Verfügungsbefugnis und das Konkursrisiko, §§ 69, 61 I Ziff. 6 KO. 3. Sonstige Anspruche
In diese Gruppe fallen vornehmlich Unterlassungsansprüche, Ansprüche auf eine Dienstleistung oder solche auf die Herstellung eines Werkes. Ihnen ist das Negativum gemeinsam, daß sie mit der Verpflichtung des Schuldners keine (unmittelbare) Güterbewegung von Sachen, § 90 BGB, bezwecken. Das primäre Ziel dieser Ansprüche liegt vielmehr darin, eine bestimmte Verhaltensmodalität des Schuldners zu erreichen. Für den Gläubiger können mit dem schuldnerischen Verhalten große 7 Vgl. nur Bo.ehmer, Einführung, S.247; de Boor, Kollision von Forderungsrechten, S. 26. 8 Siehe nur Palandt / Bassenge, § 903 2 b bb. 11 Vgl. unten § 3 III.
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§ 1.
Die Gemeinsamkeiten von Verfügungsverbot und Vormerkung
wirtschaftliche Interessen verbunden sein - wenn zwischen beiden beispielsweise ein Wettbewerbsverbot vereinbart worden ist; aber auch, wenn ein Verlag beim Autor auf rechtzeitige Fertigstellung eines Kommentarwerkes drängt, kann es um Vermögens- und Machtinteressen gehen, angesichts derer die mit dem bloßen vertraglichen Anspruch gewährten Durchsetzungsmöglichkeiten10 als unzureichend erscheinen. Die Beispiele zeigen, daß die Sicherungs behelfe in dieser Anspruchskategorie - ebenso wie in der vorgenannten - das besondere Interesse des Gläubigers gerade an der Erfüllung der Verpflichtung zu schützen haben. Dem Unternehmer kommt es hinsichtlich seiner MarktsteIlung darauf an, daß kein Wettbewerb stattfindet; der Verlag will die Marktlücke ausnutzen, solange sie noch besteht. Angesichts solcher Interessen bedeutet ein eventuell zu leistender Schadensersatz keinen hinreichenden Ausgleich; nicht am Wert der Verhaltensmodalität, sondern am Verhalten des Schuldners selbst ist dem Gläubiger gelegen. Dennoch ist dem Schuldner trotz obligatorischer Bindung unbenommen, abredewidrig zu handeln. Darin liegt der Grund für das Sicherungsbedürfnis. Insoweit besteht kein Unterschied zwischen der Kategorie der auf eine Sachleistung gerichteten Ansprüche· und der von sonstigen Ansprüchen. Trotzdem ist ihre Trennung gerechtfertigt, da die zu ihrem jeweiligen Schutz eingesetzten Sicherungsbehelfe grundsätzlichl l unterschiedliche Wirkungen entfalten müssen. So sichert in jener Kategorie am ehesten eine irgendwie geartete Zuordnung der Sache zum Gläubiger; in dieser muß die Sicherung dagegen ihren Zweck durch mittelbaren Druck zu erreichen suchen12, weil der Schuldner nicht zu einem bestimmten Verhalten gezwungen werden kann. Die Berechtigung zu einer Differenzierung wird noch deutlicher, wenn der Grund des Sicherungsbedürfnisses im jeweiligen Hinblick auf den Schuldnerkonkurs überprüft wird. Muß der Sicherungsbehelf dort den Schuldgegenstand - wenigstens auch - vor dem Schicksal bewahren, als Teil des gemeinschuldnerischen Vermögens in die Sollmasse zu fallen und als solcher versilbert und zur anteiligen Befriedigung verwendet zu werden, gehört der Anspruchsgegenstand in dieser Kategorie - eine Verhaltensmodald.tät - grundsätzlich nicht zur Masse. Die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Autors berührt die Erfüllbarkeit seiner Kommentierungsverpflichtung in kei10
I.e.: Rechtsbehelfe im Sinne von Rimmelspacher. Siehe dazu unten
§ 1 II 3.
11 Es ist im Einzelfall durchaus möglich, daß eine Vertragsstrafe zur Sicherung eines Sachleistungsanspruchs vereinbart wird. Vgl. auch das richterliche Erwerbsverbot: RGZ 117, 287 ff.; RGZ 120, 118 ff. 12 Vgl. dazu die §§ 887, 888, 890 ZPO.
I. Sicherungsbehelf
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ner Weise. Ähnlich verhält es sich mit den Ansprüchen des Dienstberechtigten, da die Arbeitskraft des Gemeinschuldners nicht zur Konkursmasse gehört1 3 • Im Falle eines zwischen Gläubiger und späterem Gemeinschuldner vereinbarten Wettbewerbsverbots kommt der Konkursverwalter, der etwa das zur Masse gehörige Unternehmen weiterführt, immerhin mit dem geschuldeten Verhalten in Berührung. Er ist aber an die Vereinbarung gebundenl4 , wie er insgesamt an die Rechtslage gebunden ist, die bei Eröffnung des Verfahrens bestehtl5 • Einer zusätzlichen Sicherung bedarf es hierbei nicht. Der Konkurs erweist sich damit für die der dritten Anspruchskategorie angemessenen Sicherungsbehelfe als unbedeutsame Gefährdung ihrer Zweckerreichung. 4. Sehutzridttung der Sieherungsbebelfe
Diese Einteilung reicht aus, um die große praktische Bedeutung der Sicherungsbehelfe zu erklären. Ob der Gläubiger !im Einzelfall eine Sicherung erhält, ist eine in diesem Zusammenhang, wo es nur um die Funktionsweise der vom Recht zur Verfügung gestellten Sicherungsbehelfe geht, nicht interessierende Machtfrage. Die Funktionsweise richtet sich grundsätzlich nach der spezifischen Art der Anspruchsgefährdung, hängt also mit der obigen Kateorisierung zusammen. Es leuchtet ein, daß ein ausschließlich der Wahrung des Vermögensinteresses dienender Sicherungsbehelf, indem er das Konkursrisiko zu mildern versucht, anders in die Vermögensverhältnisse des Schuldners eingreifen muß als ein Sicherungsbehelf, der eine Verfügung über einen Vermögensgegenstand verhindern soll. Der Grund des Sicherungsbedürfnisses bestimmt, so läßt sich folgern, Aktionsradius und Umfang18 des Sicherungsbehelfs. Geht es dem Geldgläubiger bei seiner Sicherung darum, trotz eines potentiellen Vermögensverfalls seines Schuldners die geschuldete Summe zu bekommen, muß der entsprechende Sicherungsbehelf diese Summe "konkursfest" machen. Dazu bieten sich mehrere Wege an; indem er entweder die geschuldete Summe ,personell verlagert', technisch: sich einen Bürgen verschafft17 , oder indem er die Summe ,vergegenständlicht' und damit im Konkurs vorzugswürdig macht; eine Möglichkeit, die die Verpfändung schafft. Allg.A.; siehe nur Mentzell Kuhn I Uhlenbruck, § 1 Rz.37, 38. Vgl. Mentzell Kuhn I Uhlenbruck, § 6 RZ.42. 16 RGZ 137, 111; BGHZ 24, 18; Schönke I Baur, S.303. 18 Vgl. BGH NJW 67, 824 f. 17 Eine Bürgschaft kann freilich auch für einen anderen als einen Geldanspruch vereinbart werden; vgl. RGZ 140, 218; Palandt I Thomas, § 7651. 13
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§ 1. Die Gemeinsamkeiten von Verfügungsverbot und Vormerkung
Dem Wertinteresse des Geldgläubigers geschieht durch die Sicherungsbehelfe in nahezu jedem Fall Genüge. Eine entsprechende Aussage läßt sich für die dem Gläubiger der dritten Anspruchskategorie zur Verfügung stehenden Sicherungsbehelfe schwerlich treffen. Dessen Interesse bezieht sich auf eine nicht faßbare Verhaltensmodalität, der mangels gegenständlicher Konkretisierung jeglicher unmittelbare Ansatzpunkt für eine rechtliche Absicherung fehlt. Es ist de iure unmöglich, den Wettbewerber zu fesseln, damit er unterläßt. Das Ziel kann daher nur mittelbar angesteuert werden; nämlich indem eine Sicherung das gewünschte Verhalten des Schuldners dadurch erzwingt, daß sie mit einer typischerweise unangenehmen Einbuße an anderer Stelle, und zwar im Vermögen des Schuldners droht. Auf diese Weise verfährt die Vertragsstrafe, deren eine Funktion eben darin besteht, als Druckmittel den Schuldner zur Erfüllung anzuhalten18 • Voraussetzung für die Effektivität dieses Sicherungsbehelfs ist, daß die drohende Vermögenseinbuße als Verlust empfunden wird. Ist das bei einem Schuldner nicht der Fall, bezahlt er lieber die Strafe als daß er vereinbarungsgemäß handelt, sind die Möglichkeiten der Sicherung für den Schuldner erschöpft; die Handlungsfreiheit ist unmittelbar19 nicht weiter einschränkbar. Der Gläubiger eines Sachleistungsanspruchs muß sich nicht mit mittelbarem Zwang begnügen; sein Interesse ist auf einen mit rechtlichen Mitteln zuordnungsfähigen Gegenstand gerichtet. Da es ihm auf eine durch den Anspruch erstrebte Intensivierung der Zuordnung ankommt-im Falle eines Übereignungsanspruchs auf die Zuordnung: Eigentum -, und diese ihrerseits ein Produkt rechtlicher Regelungstechnik ist, kann die Rechtsordnung diese Beziehung mit Hilfe ihres eigenen Instrumentariums herstellen, bzw. über die Gewährung von Sicherungsbehelfen vorbereiten. Im Gegensatz zum Geldgläubiger ist dem Sachleistungsgläubiger aber nicht mit einer Erweiterung der Haftungsbasis oder der Konzentration auf einen beliebigen Gegenstand gedient. Er will vornehmlich den einen Gegenstand, um dessen Erhalt und Erwerb willen er seinen Anspruch sichert. Folglich muß ein adaequat sichernder Behelf anders als bei der aus jedem Vermögensgegenstand erzielbaren Summe die 18 Motive zum BGB II, S.275; BGHZ 49, 89; teilweise a. A. Lindacher, S. 57 ff., der die allgemein angenommene Bifunktionalität der Vertragsstrafe einerseits Druckmittel, andererseits Erleichterung des Schadens beweises, in Frage stellt. 19 Dies trifft allerdings auch z. B. für Sachleistungsansprüche zu; bei ihnen kann das geschuldete Verhalten aber ersetzt werden - sei es im Wege der Fiktion, § 894 ZPO, sei es durch den Gerichtsvollzieher, §§ 883, 897 ZPO. Vgl. Larenz, SR I, S. 17 ff.
I. Sicherungsbehelf
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rechtliche Beziehung zu diesem Gegenstand intensivieren; eine Beziehung, deren gerade auch im Hinblick auf den Grund des Sicherungsbedürfnisses stärkste Form das Eigentum darstellt. Diese (rechtstechnisch formuliert) Verdinglichung der Obligation geschieht, indem der Sicherungsbehelf dem schuldrechtlichen Band Eigenschaften20 zuerkennt, die in der Regel dinglichen Rechten vorbehalten sind21 . So ist der im Falle eines schlichten Kaufs mit anschließender Erfüllung auf den obligatorisch wirkenden Rückerstattungsanspruch, § 346 BGB, verwiesene Verkäufer durch sämtliche, dem Eigentümer zugewiesene Rechte geschützt, wenn er sich nur das Eigentum vorbehalten hat, § 455 BGB22. Auch die Sicherungsbehelfe: Vormerkung und - wie im einzelnen noch zu zeigen sein wird - richterliches Verfügungsverbot sichern, indem sie den geschützten Anspruch "verdinglichen". Diese Methode der Sicherung hat neben der Wahrung des Erfüllungsinteresses den zusätzlichen Vorteil, daß mit ihr der Weg beschritten ist, auf dem die Meisterung der "Konkurshürde" erreicht werden kann. Dingliche Rechte sind nämlich grundsätzlich gegen den Konkurs dessen gefeit, an dessen Vermögensgegenständen ein solches Recht besteht. Damit ist jedoch noch kein vollständiger Schutz erreicht. Denn solange nur eine obligatorische (wenn auch verdinglichte) Bindung besteht, verbleibt eine "Verfügungs- und Behandlungsfreiheit" beim Schuldner. Hinsichtlich der Verfügungsfreiheit kollidiert das geschützte Interesse des Gläubigers mit dem seinerseits durch die Regelungen redlichen Erwerbs gewährleisteten Grundsatz des Verkehrsschutzes. Hinsichtlich der "Behandlungsfreiheit" unterliegt der Anspruchsgegenstand - wie jeder andere Gegenstand auch - der durch Zerstörung, Verschlechterung oder Veränderung bedingten Gefährdung seitens des besitzenden Schuldners oder eines Dritten. Diese Darstellung eines Systems der Sicherungsbehelfe genügt bereits, um die Vergleichbarkeit von Vormerkung und richterlichem Verfügungsverbot zu verdeutlichen. Beiden Behelfen ist die Ausgangslage gemeinsam: sie haben - grundsätzlich - einen auf eine Sachleistung gerichteten Anspruch zu schützen. Der Grund des Sicherungsbedürfnisses und Umfang des Schutzes stehen daher in einer Wechselbeziehung mit dem Abstraktionsprinzip. Dessen Konsequenz, nämlich die 20 Rechtsbehelfe im Sinne von Rimmelspacher. Siehe unten § 1 II 3. 21 Vgl. auch Canaris, FG Flume, S. 372. 22 Vgl. zu dieser Aufgabe des Eigentumsvorbehalts Serick I, S. 77 m. w. N. in FN 12; Dulckeit, Verdinglichung, S.37. Die weitere Aufgabe, nämlich Sicherung für den Kaufpreisanspruch, siehe dazu Serick, ebd. und S. 290 f. rückt z. B. Wieacker, ZAkdR 38, 591 f. in den Vordergrund, wenn er den Eigentumsvorbehalt als eine - pfandähnliche - dingliche Vorzugshaftung interpretiert. Siehe aber neuestens BGHZ 70, 96 ff. mit Anm. v. Dilcher in JuS 79, 331; BGH JZ 79, 724. 2 Paulus
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§ 1. Die
Gemeinsamkeiten von Verfügungsverbot und Vormerkung
beim Schuldner bis zur Erfüllung belassenen Eigentümerbefugnisse, gefährdet den Schuldner und soll durch die Sicherungsbehelfe gemildert werden - wenigstens hinsichtlich der rechtlichen Befugnisse, wie z. B. anderweitige Vedügungen.
11. Relative Unwirksamkeit Richterliches Verfügungsverbot und Vormerkung wenden zur Sicherung der geschützten Ansprüche dieselbe Methode an: Sie bewirken die relative Unwirksamkeit! anspruchsvereitelnder Verfügungen. So schlicht sich diese Feststellung ausmacht, so kompliziert erweist sie sich dann, wenn die relative Unwirksamkeit präzise erfaßt und beschrieben werden soll. Das ist aber notwendig, insbesondere müssen die zugrunde liegenden Wertungen herausgearbeitet werden!, um die anschließende Antwort auf die Frage nach den haftungsrechtlichen Auswirkungen vorzubereiten. Diese Zweckbindung begrenzt den zu behandelnden Stoff; eine umfassende Erörterung der mit der relativen Unwirksamkeit zusammenhängenden Probleme ist nicht erforderlich3 • 1. Hlstorisclter Abriß
Die Entwicklungsgeschichte von Begriff und Institut der relativen Unwirksamkeit erweist sich für eine nicht rechtsgeschichtlich ausgerichtete Arbeit ohne größere unmittelbare Bedeutung. Da überdies Beer auch hierzu umfangreiches Material anführt', mögen einige Stichpunkte zum groben überblick der Entwicklungslinie dieser Rechtsfigur genügen. Obgleich die Lehre vom Rechtsgeschäft im wesentlichen Domäne des Gemeinen und damit ein Abkömmling des Römischen Rechtes gewesen ist, bietet Justianians Kodifikation kaum Anhaltspunkte für eine durchdachte Unterscheidung von Unwirksamkeitsartens. Es ist insbesondere zweifelhaft, ob Roms Juristen überhaupt etwas der relativen Unwirksamkeit Vergleichbares gekannt haben. Die von Schachian6 zum Beweis der bejahenden Ansicht angeführten Digestenfragmente Ulp D 24, 1, 5, 18 und Gai D 24, 1, 6 entstammen einem anderen ProblemFür die Vormerkung ausführlich unten § 2 I 2. Siehe oben: Problemstellung. 3 Diesem Erfordernis hat Beer jüngst erst Genüge geleistet; auf dessen Ausführungen zu den hier nicht berücksichtigten Detailproblemen muß daher verwiesen werden. 4 S. 79 ff. S Vgl. Kaser, RP Bd. 1, § 60 I. a S.175ff. 1
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II. Relative Unwirksamkeit
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kreis: Der Ausschluß der normalerweise gewährten ,vindicatio' resultiert nicht aus einer anderweitigen Verfügung, sondern aus dem Verbrauch, i. e.: der faktischen Beeinträchtigung (,si consumpta sit') der Sache. Relativ unwirksam könnte allenfalls die Veräußerung italischer Dotalgrundstücke ohne Zustimmung der Ehefrau gewesen sein. Eine lex Iulia de adulteriis von Augustus (18 v. ehr.) hat eine solche Verfügung verboten7 ; ob die Folge verbotswidriger Verfügungen aber tatsächlich relative Unwirksamkeit (d. h.: nur die Frau kann sich darauf berufen)8 war, ist bestritten9 • Aber selbst wenn die lex Iulia diese Rechtsfolge hervorgerufen hätte, kann sie schwerlich als Vorläufer der heutigen Rechtsfigur angesehen werden; dafür sind die Hinweise auf die für die relative Unwirksamkeit typ,ischen Merkmale zu undeutlich und dürftig10 • Diese weitgehende Ignorierung der relativen Unwirksamkeit, der auch weiterhin nur vereinzelt als ,nullitas secundum quid'11 Erwähnung geschieht, überwindet im Jahr ·1834 als einer der ersten Brandis mit einer ausführlichen Abhandlung ,ueber absolute und relative Nichtigkeit'12. Seiner ablehnenden Haltung gegenüber der Rechtsfigur einer relativen Nichtigkeit folgten einigel3 ; die h. M. behielt jedoch den Begriff bei14, stritt sich allerdings über das Verhältnis zur Anfechtbarkeit l5 • Diese allgemeine Unsicherheit versuchten die Verfasser des BGB mit einer salomonischen Entscheidung zu beheben. Sie führten zunächst für den in der Pandektistik umstrittenen Begriff ,Nichtigkeit'16 die W:indsche~dsche Wortschöpfung ,Unwdrksamkeit' ein. Dann - und das ist wichtiger als die terminolog,ische Neuerung - wandten sie sich von den gesetzlichen Lösungsvorschlägen damals geltenden Partikularrechts ab: etwa vom sächsischen BGB, § 223, das den Betroffenen auf eine persönliche Ersatzforderung verwies, oder vom bayerischen Entwurf, 7. II!. Art.91 i. V. m. 7. I. Art. 84, der eine obligatol1ische Anfechtung gewährte. Diesen Lösungen gegenüber empfanden Nachweise bei Kaser, § 80 FN 15 - 18; § 60 FN 12. So z. B. Pringsheim, SavZ RA 44, S. 551 ff. 9 Dagegen Kaser, ebd., § 80 I 3 und ders., Verbotsgesetze, S. 56 f. 10 Gaius, Institutionen II, 63; Pap D 41, 3, 42. 11 z. B. Just. H. Böhmer lib IV tit 1 § 142; tit 15 § 2 in Jus ecclesiasticum Protestantium, Halle 1723. 12 In Zeitschrift für Civilrecht und Prozeß Bd. VII, S. 121 ff. 13 z. B. Vangerow, Pand.17, S.397, 518; Sintenis, CivilrechtI, § 24 FN 17. 14 Savigny, System IV, S. 539 ff.; Windscheid 14 (gleichlautend III) § 82 FN 8; Dernburg, Pand.17, § 120 1 b. 15 Mitteis, IherJB 28, 85 ff.; Regelsberger, Pand. I, § 174 bei FN 19; Windscheid, aaO. FN9; Jacobi, AcP 86, 76f.; siehe Beer m.w.N. S.80. 16 Nachweise bei Beer, S. 16 ff. 7
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§ 1. Die Gemeinsamkeiten von Verfügungsverbot und Vormerkung
die Gesetzesredaktoren als "einfachste und zugleich zweckmäßigste" Gestaltung11 die einer relativen Unwirksamkeit, bei der "das Veräußerungsgeschäft seinen Weg (geht), soweit es mit dem Rechte des Geschützten nicht in Widerspruch tritt, diesem gegenüber aber, soweit ein Widerspruch vorliegt, unwirksam (ist)". Die mit dieser unscharf konturierten Beschreibung ermöglichte Freiheit der Auslegung, mittels derer die Einzelausgestaltung der relativen Unwirksamkeit erfolgen sollte18 , war den VerJiassern des 1. Entwurfs - an anderer Stelle19 - selbst nicht ganz geheuer; dort schränkten sie nämlich den Anwendungsbereich des relativen Verfügungsverbotes dadurch ein, daß sie diese Rechtsfigur als gesetzgeberische Anomalie apostrophierten. Nichtsdestoweniger erlebte die Neuschöpfung in der Folgezeit ihr von Raape 20 sogenanntes und in der Folgezeit oft zitiertes ,goldenes Zeitalter'. Tatsächlich mußte diese Rechtsfigur einer in gemeinrechtlichrömischrechtlicher Tradition erzogenen und zudem - dem Zeitstil gemäß - zu strenger, begrifflicher Konsequenz verpflichteten Jurisprudenz ger,ade aufgrund ihrer Anomalie als Herausforderung an die Gebrauchsfähigkeit des überkommenen Instrumentariums erscheinen. Die Palette der vorgeschlagenen Konstruktionen reichte vom Bedingungsrecht über eine modifizierte Eigentumsteilung bis hin zum ,ius adrem'21. Diese Unsicherheit und begriffliche Enge zu belächeln oder als methodengeschichtlichen Irrläufer anzusehen, wäre eine den Wert der Epoche ignorierende Beurteilung. Denn die Zivilistik dieser Zeit, die "vollauf damit beschäftigt (war), die eigentliche Bedeutung, das konstruktive Ineinandergreifen und das technische Zusammenspiel der gesetzlichen Bestimmungen nach allen Richtungen zu überprüfen und festzulegen"22, bereitete mit ihrer Arbeit den Boden, auf dem eine Wertungsjurisprudenz dank (nunmehr) souveräner Verfügbarkeit des begrifflichen Instrumentariums hat gedeihen können. überdies muß sich gerade die Wertungsjurisprudenz in ihrer Abneigung gegen die Begriffs- und Konstruktionsjurisprudenz davor hüten, den juristischen Begriff als Ausgangspunkt, aber auch als Grenze juristischer Wertung aus dem Auge zu verlieren23 . 11 18 19 20 21 22 23
Motive zum BGB, I, S. 212. Motive zum BGB, I, S. 214. Motive zum BGB, 11, S. 615. Veräußerungsverbot, S. 13. Siehe dazu unten § 1 11 3. Dulckeit, Verdinglichung, S.3; ähnlich G. Paulus, FG Nipperdey, S.910. Vgl. Larenz, Methodenlehre, S. 307 ff., insbes. S.309.
II. Relative Unwirksamkeit
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Auf das bis in die dreißiger Jahre währende ,goldene Zeitalter' folgte eine Phase gleichsam erschöpfter Ruhe, in der man sich ohne grundsätzliche Auseinandersetzung mit der Rechtsfigur der relativen Unwirksamkeit mit den Darstellungen von Einzelproblemen begnügte 24 • Dadurch wurde die herrschende Meinung, die in der - wenn auch nur fiktiven - Verdoppelung der Eigentümerstellung nach verbotswidriger Verfügung das Charakteristikum der relativen Unwirksamkeit sah 25 , bis in die heutige Zeit konserviert26 • Die gegen diese Ansicht vorgetragenen Lehren, denen die Aufspaltung des Eigentums, bzw. des Verfügungsgeschäftes - also eine objektivistische Relativität - gemeinsam ist27 , und die, indem sie sich über den Wortlaut der §§ 135, 136 BGB hinwegsetzen, wertungsorientiert und somit "moderner" argumentierten28 , blieben demgegenüber ohne Nachhall. Erst seit kurzem scheint sich die Literatur diesem Thema erneut intensiver zuzuwenden29 ; wohl nicht deswegen, weil das praktische Bedürfnis nach exakterer Erfassung gestiegen wäre, sondern eher, weil die relative Unwirksamkeit wegen ihrer Eigentümlichkeit der nach Systematisierung, d. h. nach Ordnung und Einheit30 strebenden Jurisprudenz als besonderer Prüfstein dienen kann: So liegt ihr zum einen eine Dreierkonstellation zugrunde, die dem durch das Gesetz auf Zweierbeziehungen eingeschulten Juristen31 immer Schwierigkeiten bereitet32 • Zum anderen versieht die relative Unwirksamkeit, genauer: der die relative Unwirksamkeit als Sicherungsmethode benutzende Sicherungsbehelf den geschützten Anspruch mit dinglichen Eigenschaften33 und ordnet sich damit in das weitere und wegen seiner "Systemwidrigkeit" herausfordernde Thema der Verdinglichung obligatorischer Rechte ein34 •
Beer, S. 86. Nachweise bei Beer, S. 83 f. FN 11 - 15. 26 Zuletzt Brox, AT, Rz.30l. 27 Nachweise bei Beer, S. 84 f. 28 z. B. Predari, Gruch.Beitr. 55, 688. 29 z. B. G. Paulus, FG Nipperdey; Beer; Mehrtens; Fahland; Gerhardt, FG Flume. 30 Siehe oben § 1 vor I. 31 De Boor, Kollision von Forderungsrechten, S. 17 ff. 32 Siehe etwa die bereicherungsrechtlichen Probleme bei Dreiecksverhältnissen. 33 Siehe dazu unten § 1 II 3; vgl. vorläufig Knoke, S.419; Staudinger / Seufert, § 883 Rz. 42. 34 Ob dies die wahren Gründe für die offensichtliche Entstehung eines ,silbernen Zeitalters' der relativen Unwirksamkeit sind, wird dem Urteil späterer Rechtshistoriker vorbehalten bleiben müssen. 24 25
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§ 1. Die Gemeinsamkeiten von Verfügungsverbot und Vormerkung
2. Konstellation, Interessen und Wertungen der relativen Unwirksamkeit
Nachdem es an historischen Vorbildern fehlt, muß die relative Unw,irksamkeit allein anhand ihrer gesetzlichen Ausformung beurteilt werden. Dabei ist zweierlei zu berücksichtigen: Einmal löst das Gesetz den Konflikt zweier konkurrierender Interessen mit Hilfe dieser Unwirksamkeit auf andere Weise als den normalen, der die entsprechende Konstellation aufweist, aber zwei ungesicherte Obligationen zum Gegenstand hat. Das bedeutet, daß die einzelnen Interessen jeweils unterschiedlich bewertet werden. Um diese Abweichungen erfassen und die Besonderheiten der relativen Unwirksamkeit besser hervorheben zu können, erscheint es zweckmäßig, vorweg die ,Normallösung' des Gesetzes zu untersuchen. Zum zweiten ist zu berücksichtigen, daß die relative Unwirksamkeit eine Rechtsfolge ist. Bevor also sie dargestellt werden kann, muß ein zugrundeliegender Tatbestand ausgewählt und im Hinblick auf seine Auswirkungen für die Rechtsfolge geprüft werden. Dafür bietet sich das allgemein3li als Paradebeispiel angeführte richterliche Verfügungsverbot an, zumal es sich in das Gesamtthema der vorliegenden Arbeit einfügt. Demnach ergibt sich als Reihenfolge für das Folgende: Grundkonstellation (a), Tatbestand (b, c) und Rechtsfolge (d); der daran anschließende Exkurs versucht, die Umsetzbarkeit der der relativen Unwirksamkeit zugrundeliegenden Wertungen in juristische Konstruktion nachzuweisen.
a) GrundkonsteZlation Ein Beispielsfall mag diese Konstellation veranschaulichen: G hat aufgrund eines - aus welchem Schuldverhältnis auch immer stammenden - Anspruchs gegen V das Recht, von diesem übergabe und übereignung einer Geige zu verlangen. Dem Recht des G entspricht auf seiten des Schuldners die Pflicht des V36, durch die erforderlichen Handlungen den Leistungserfolg, also Eigentumserwerb des G, herbeizuflihren 37. Da wegen des Abstraktionsprinzips mit dieser Pflicht allein noch keinerlei Einschränkungen der V als Eigentümer zustehenden Rechte verbunden sind, ist es ihm unbenommen, dieselben Verpflichtungen gegenüber dem hier als Symbol für eine beliebige Vielzahl gemeinten D zu übernehmen. Auf diese Weise stehen sich zwei Forderungen gegenüber, von denen notwendigerweise nur eine erfüllt werden kann. 35 Siehe nur Flume, Das Rechtsgeschäft, S. 355; Baur, Studien, S.49; Beer, S. 14, 105 ff. 38 I.e.: Die Schuld i. S. Boehmers: Einführung, S. 245 ff.; Erbfolge, S.85; FG Reichsgericht, S. 219 ff. 37 Wieacker, FG Nipperdey, S. 798 f.
11. Relative Unwirksamkeit
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Die Forderungen kollidieren nicht miteinander - sie können ungehindert nebeneinander bestehen38• Stattdessen stehen die auf "Naturalleistung" gel1ichteten Gläubigerinteressen in einer Kollision, die das Gesetz mit Hilfe des Präventionsgrundsatzes39 behebt. Der schnellere Gläubiger erhält die Leistung. Wenn V also in der ihm durch § 903 BGB gewährten und trotz schuldrechtlicher Bindung vollständig belassenen Machtvollkommenheit die Geige dem D übereignet, hat G den Wettlauf um die Geige unweigerlich verloren und ist auf einen Ersatzanspruch gemäß §§ 280 f. bzw. 323 ff. BGB verwiesen. Diese Lösung über den Präventionsgrundsatz ist die Folge eines Konflikts, den das Gesetz mit seinem de lege lata wohl hinzunehmenden Abstraktionsprinzip 40 heraufbeschworen hat. Ihr geht wie bei jeder Konfliktsentscheidung voraus, daß die einzelnen im Spiel stehenden Interessen bewertet, und die auf diese Weise gewonnenen Werte in ein Rangverhältnis zueinander gebracht worden sind. Dieser Prozeß ist - in umgekehrter Richtung - nachzuvollziehen. Die beiden gleichger~chteten, einander jedoch ausschließenden Interessen der Gläubiger stehen offensichtlich auf einer Rangstufe, da das Gesetz zu deren vom Gesetzgeber gesehenen Rangproblem schweigt. Indem der Gesetzgeber nämlich auf entsprechende Lösungsvorschläge historischer Vorbilder - wie etwa Losentscheid, oder ältere Forderung ist der jüngeren gegenüber vorrangig 41 - bewußt nicht eingegangen ist, bedeutet sein Schweigen, daß er in dem Verhältnis der beiden Forderungen zueinander keine Unterschiede und somit auch keine Wertungspriorität sieht. Vielmehr erachtet er das dritte Interesse als das entscheidende: Der Eigentümer soll, solange er noch nicht verfügt hat, über die Schuld hinaus nicht gebunden sein, sondern sein Interesse an bestmöglicher Veräußerung verwirklichen können. Damit erfährt das in § 903 BGB enthaltene liberalistische Gedankengut über die in dieser Norm gewährte Behandlungsfreiheit hinaus die Erweiterung, daß der Eigentümer grundsätzlich auch entscheiden darf, welchem seiner Gläubiger er das Eigentum an der Sache übertragen will4!. Das ist die Kehrseite des Präventionsprinzipes, das die Konfliktslösung aus der Sicht der Gläubiger darstellt43 • Mögen solche Konsequenzen Anlaß zu grundsätzlicher Kritik am Abstraktionsprinzip geben44 , sind sie dennoch folgerichtiger Ausdruck 38 Siehe Motive zum BGB I, 275 f.; grundlegend de Boor, Kollision von Forderungsrechten, S. 37 ff. 39 Siehe dazu Enneccerus / Nipperdey, § 239 11 3. 40 Im großen Bogen a. A. Dulckeit, Verdinglichung, passim. 41 Zu den Nachweisen siehe Motive zum BGB, I, S.276. 42 Vgl. de Boor, Kollision von Forderungsrechten, S.16. 43 Zur Kritik an diesem Grundsatz siehe de Boor, S. 87 ff.
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§ 1. Die Gemeinsamkeiten von Verfügungsverbot und Vormerkung
derjenigen Wertungen, die dieses Prinzip hervorgebracht haben und es heute noch rechtfertigen sollen. Dem Privatinteresse des Eigentümers an bestmöglicher Veräußerung entspricht nämlich auf der anderen Seite das Interesse der mit dem Eigentümer in rechtsgeschäftliche BeZiiehungen tretenden Allgemeinheit an Evidenz der rechtlichen Zuordnung. Solange jener noch die Sache im Eigentum hat - die grundsätzlich geltende Dokumentation dessen ist der Besitz45 - , solange soll sich die Allgemeinheit (= D) nicht um eine obligatorische Bindung kümmern müssen, sondern soll ungehindert Eigentum oder sonst ein dingliches Recht erwerben können46 • Das Abstraktionsprinzip verhilft auf diese Weise in einer auf Güterumlauf angewiesenen Vermögensordnung zu einem Höchstmaß an Rechtsklarheit47 • Ob allerdings diese Rechtfertigung des Abstraktionsprinzipes auch in der heutigen Zeit noch stichhaltig ist, wo die Schar der Besitzdiener in vielen Betrieben in die Tausende geht, oder wo der ganze Besitz allenfalls erkennbar an den vom Bestimmungsgrundsatz geforderten Andeutungen - aufgrund Sicherungsübereignungen oder Eigentumsvorbehalts in fremdem Eigentum stehen kann, ist eine in dieser Arbeit nicht zu entscheidende Frage48 ; der gesetzgeberische Entschluß, Rechtsklarheit mit Hilfe des Abstraktionsprinzipes zu gewinnen, ist grundsätzlich zu respektieren; er ist der Untersuchung von gesetzlichen Entscheidungen zugrunde zu legen. Das bedeutet, daß die Lösung des beschriebenen Dreipersonenkontlikts gar nicht eingreifen darf, solange noch ausschließlich Obligationen nebeneinander stehen. Es geht nicht an, dem Schuldner deswegen, weil er Schuldner ist, die Verfügungsrnacht zu entziehen, oder auch nur zu beschränken49 • Andernfalls wären die Vorzüge des Abstraktionsprinzipes in Frage gestellt: Gebührte nämlich einem wie auch immer objektiv zu ermittelnden Gläubiger die Erfüllung, wäre das Verkehrsschutzinteresse darauf reduziert, daß sich jeder Gläubiger gleichsam in eine Lotteriegemeinschaft begibt; er hätte ja mit weiteren KonkurSiehe nur Larenz, SR II, S. 16 ff. Siehe das übergabeerfordernis in §§ 929 1, 1205 f. BGB, aber auch die Ausnahmen in §§ 929 2 BGB ff. 46 Vgl. auch §§ 1006, 932 ff. BGB; siehe aber §§ 935,932 II BGB; zum Publizitätsgrundsatz vgl. etwa Baur, Sachenrecht, S. 28 ff. 47 Historisch interessant ist die mit diesem Problemkreis zusammenhängende Möglichkeit gutgläubigen Erwerbs, die in den Rechtsordnungen von Handelsmetropolen besonders klar und konsequent ausgeformt worden war, vgl. Hübner, Rechtsverlust, S. 16 ff., insbes. S. 22 bei FN 34, wo auf Hamburger Statuten von 1270 verwiesen wird. 48 Vgl. dazu Baur, Sachenrecht, S. 457; Heck, Sachenrecht, S. 237 ff.; Boehmer, Grundlagen II/2, S. 28 f. 49 Jaeger, Gläubigeranfechtung, S.7. 44 45
H. Relative Unwirksamkeit
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renten zu rechnen. Das Abstraktionsprinzip soll demgegenüber gerade ermöglichen, daß sich ein Gläubiger grundsätzlich nur um die Belange seines Schuldners zu kümmern braucht, nicht auch noch um die Dritter, z. B. weiterer Gläubiger. Aus diesem Grunde stört auch positive Kenntnis einer anderweitigen Verpflichtung nicht das Entstehen eines Anspruchs, nicht einmal den Eigentumserwerb des Gläubigers 50 • Im letzteren Fall ändert sich die Rechtslage dadurch, daß der Schuldner die seiner Willkür überlassene Verfügungsmacht mit der Verfügung verliert. Wollte er erneut verfügen, könnte er dies nurmehr als Nichtberechtigter51 • Für einen wirksamen Eigentumserwerb käme es auf subjektive Besonderheiten wie kennen, bzw. kennenmüssen bestimmter Umstände auf seiten des Erwerbers an. Solch ein subjektives Erfordernis ist der Hinweis darauf, daß eine echte Kollision52 aufgelöst werden soll; handelt es sich dabei doch um die Abwägung widerstreitender Belange. Wenn eine Kollision demnach erst bei zwei, einander "widersprechenden" Verfügungen denkbar ist, folgt daraus im Umkehrsschluß, daß mit der ersten Verfügung der Konflikt zweier konkurrierender Ansprüche gelöst ist. Der nicht berücksichtigte Gläubiger wird zum Ausgleich dafür auf die ab Entstehung der schuldrechtlichen Sonderbeziehung als "Reserve" gewährten Sekundärbehelfe der §§ 275, 280 f., 320 ff. BGB verwiesen. Die mit Hilfe des Abstraktionsgrundsatzes angestrebten Ziele der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit werden bei dieser Lösung dadurch erreicht, daß das Eigentümerinteresse höherrangig als die Gläubigerinteressen bewertet ist, und der Eigentümer infolgedessen wählen kann, welchen seiner Gläubiger er befriedigen will. Eine in diesem Zusammenhang öfters53 verwandte Kurzform€l: Das Einzelinteresse habe dem Interesse des Rechtsverkehrs zu weich€n, ist daher ungenau; denn der Konflikt zwischen diesen beiden Interessen, von denen gerade keine als vorrangig zu behandeln ist - das Verkehrsinteresse setzt sich ja in concreto aus lauter Einzelinteressen zusammen -, wird über das Verhältnis Einz€linteresse - Eigentümermacht gelöst. Der Schutz der Interessen des Rechtsverkehrs ist der daraus resultierende Reflex54 • 50 Zur Grenze kollusiven Handelns siehe Larenz, SR II, S. 564; Fikentscher, SR, S.662. 51 Rietzler, AcP 98, 288 f. 52 I.e.: zwei Rechte schließen einander in ihrem jeweiligen Bestand aus, siehe Motive zum BGB, I, S. 275. 53 z. B. Jaeger, ebd.; Flume, Rechtsgeschäft, S. 176. 54 Damit soll nicht gesagt sein, daß der Verkehrsschutz gleichsam Abfallprodukt sei; wahrscheinlich ist das Gegenteil der Fall. Vielmehr soll damit klargestellt werden, daß die Konfliktlösung sich an den Rahmen der jeweiligen Schuldverhältnisse, nicht aber an rechtsgeschäftIich nicht existierende Verhältnisse hält.
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§ 1. Die Gemeinsamkeiten von Verfügungsverbot und Vormerkung
Soweit allerdings mit dieser Formel nur klargestellt werden soll, daß durch eine obligatorische Bindung die Sache nicht zur ,res extra commercium' wird, ist sie durchaus zutreffend. b) Vorläufiger Rechtsschutz
Die Konfliktslösung einer entsprechenden Fallkonstellation ändert sich dann, wenn eine der beiden Obligationen durch einen Sicherungsbehelf geschützt ist, der die relative Unwirksamkeit anspruchsvereitelnder Verfügungen bewirkt. Auch dazu zunächst ein Beispiel, bei dem als Sicherungsbehelf - wie gesagt65 - ein richterliches Verfügungsverbot fungiert. Der geschützte G hat zur Sicherung seines Geigen-Verschaffungsanspruchs gegen den verbotsbetroffenen V den Erlaß einer einstweiligen Verfügung bewirkt, §§ 935, 936, 920 II ZP066. Gemäß den durch § 938 II ZPO angebotenen Möglichkeiten hat das Gericht V die Verfügung über die Geige untersagt. Veräußert V nun trotz dieses Verfügungsverbotes die Geige an den Dritten D, kommt die in den Blankettnormen67 §§ 135, 136 BGB58 angeordnete Rechtsfolge zur Anwendung. Das bedeutet, daß die Verfügung, sofern D hinsichtlich des Bestehens eines Verfügungsverbotes wenigstens grobfahrlässig keine Kenntnis hatte, §§ 135 II, 932 II BGB, G gegenüber unwirksam ist; G kann daher trotz anderweitiger Verfügung das Eigentum an der Geige von V übertragen bekommen. Die relative Unwirksamkeit überwindet das Präventionsprinzip. Das bedeutet, daß die gegenüber der Grundkonstellation unveränderten Interessen eine andere Bewertung erfahren. Der Grund dafür liegt in der als richterliches Verfügungsverbot erlassenen einstweiligen Verfügung, die deswegen vorab erörtert werden soll - wenigstens in dem Umfang, in dem sie für das Verständnis von Verfügungsverbot und relativer Unwirksamkeit von Bedeutung ist. Das Eilverfahren der §§ 916 ff. ZPO und insbesondere die einstweilige Verfügung haben seit der Nachkriegszeit ständig an Attraktivität gewonnen69 • Sie dienen wie der Zivilprozeß insgesamt - auch oder in erster Linie - dem Schutz privater, subjektiver Rechte und erfüllen 65 Siehe oben § 1 II 2 vor a. 56 Eine sog. Sicherungsverfügung, Jauernig, ZZP 79, 323, 326 ff. 57 Gerhardt, FG Flume, S.527 FN 2; Beer, S.179. 68 über deren identischen Regelungsgegenstand vgl. RGZ 105, 75. 59 Siehe bereits K. Blomeyer, ZZP 65, 52 ff.; Baur, Studien, S. 1 ff.; Leipold, Grundlagen, § 1.
H. Relative Unwirksamkeit
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damit die Befriedungsfunktion allen Rechtes60 • Anders als im ordentlichen Verfahren beschränkt sich ihr Zweck jedoch darauf, den für die Interessen des AntragssteIlers gefährlichen Zeitraum bis zur Rechtskraft eines entsprechenden Urteils zu überbrücken61 • Allerdings begnügen sich die Parteien oftmals mit dieser Zwischenlösung62 , da das Gesetz nicht zwingend vorschreibt, daß im Anschluß an das Eilverfahren ein ordentliches durchgeführt wird. Die damit verbundene Zeit- und Kostenersparnis begründet die besondere Bedeutung des vorläufigen Rechtsschutzes; eine Bedeutung, die die Funktion dieser Verfahrensart als prozessuale Zwischenlösung erweitert: G braucht im Ausgangsbeispiel nicht Klage auf Verschaffung des Eigentums gegen V zu erheben, nachdem er das richterliche Verfügungsverbot erwirkt hat. Kommt V nach Erlaß der einstweiligen Verfügung zur Einsicht in seine Verpflichtungen, und unterläßt er die geplante anderweitige Verfügung, fungiert das gerichtliche Verbot ausschließlich als materiell-rechtliche Zwischenlösung; es überbrückt den für den Gläubiger gefährlichen Zeitraum bis zur Erfüllung des Anspruchs. Diese Feststellungen weisen auf eine wichtige Besonderheit des vorläufigen Rechtsschutzes hin; die Art nämlich, wie er seine Aufgabe erfüllt. Wenn beispielsweise die Sicherungsverfügung gem. § 935 ZPO dazu dient, daß eine zeitweilige Gefahr überbrückt wird, darf sie das Recht nicht schon selbst verwirklichen, sondern muß (nur) die Rechtsverwirklichung ermöglichen63 • Das geschieht in der Weise, daß die durch das Gericht angeordneten Maßnahmen - grundsätzlich - hinter dem Ziel des zu sichernden Anspruchs bleiben; sie müssen demgegenüber ein "minus und aliud" darstellen64 • Beispiele für solche Maßnahmen ergeben sich aus § 938 ZPO, der es überdies dem Ermessen des Richters anheimstellt, die zur Erreichung des Sicherungszweckes erforderliche(n) Maßnahme(n) anzuordnen. Das Gericht kann also dem Antragsgegner die Verfügung über einen bestimmten Gegenstand untersagen und gegebenenfalls dessen Verwahrung 65 anordnen. In keinem Fall ist die Erfüllung des Verfügungsanspruchs vorweggenommen; das durch das Gericht ausgesprochene Verbot hebt lediglich eine 60 Zur Aufgabe des Zivilprozesses insgesamt siehe Rimmelspacher, Prüfung, S.10 ff.; Pawlowski, ZZP 80, 345; A. Blomeyer, ZPR, S.l f. 61 Leipold, Grundlagen, S. 83 f.; ders., ZZP 90, 259 f. Eine Ausnahme stellt die Befriedigungswirkung der Leistungsverfügung dar, Jauernig, ZZP 79, 336 ff.; Gerhardt, Vollstreckungsrecht, S. 267 ff. 62 Stein / Jonas / Grunsky, vor § 916 11; Baur, Studien, S.3; kritisch zu dieser Möglichkeit Leipold, ZZP 90, 266 ff. 63 Siehe nur Jauernig, S. 326. 64 Baur, Studien, S. 48 ff. 66 Lehmann/Hübner, S.179; Leipold, Grundlagen, S.84; die Bedeutung dieser Maßnahme wird unten § 3 II 2 ausführlich erörtert.
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§ 1. Die Gemeinsamkeiten von Verfügungsverbot und Vormerkung
mit der Verpflichtung des Antragsgegners verbundene Nebenpflicht, nämlich über die betreffende Sache nicht anderweitig zu verfügen66 vom rechtsethischen in den rechtstechnischen Bereich. Die Verletzung dieser Nebenpflicht bewirkt nunmehr die relative Unwirksamkeit. Im Rahmen der durch das Gericht zu bestimmenden Maßnahmen gewinnen demnach "Unterlassungspflichten, die sonst unscheinbaren Begleiter positiver Rechtspflichten, ihre besondere Bedeutung"67. c) Das richterliche Verjügungsverbot
Das richterliche Verfügungsverbot ist eine spezielle Art der einstweiligen Verfügung; bei ihm bekräftigt der richterliche Befehl eben jene Nebenpflicht, über den Schuldgegenstand nicht anderweitig zu verfügen, die bei jeder Obligation, die auf eine Sachleistung gerichtet ist, entsteht. Diese Maßnahme dient ausschließlich68 dem Zweck, die Erfüllbarkeit von G's Anspruch zu gewährleisten, ohne daß die Erfüllung bereits vorweggenommen wäre. Ein dinglicher Anspruch kann daher nicht entstehen. Vielmehr folgt aus der beschriebenen überbrückungsaufgabe, daß der gesicherte Anspruch obligatorisch bleibt69 . Der Schutz des richterlichen Verfügungsverbotes beschränkt sich darauf, dem G einen dinglichen Rechtsbehelf70 an die Hand zu geben, i. e. die Obligation zu verdinglichen. Solch eine eingeschränkte Schutzwirkung legt die Vermutung nahe, daß zwischen widerstreitenden Belangen ausgeglichen worden ist: Dem uneingeschränkten Wunsch des G nach Schutz steht das durch das Abstraktionsprinzip unterstützte Interesse des D an Rechtsklarheit entgegen. Das richterliche Verfügungsverbot schafft einen Ausnahmetatbestand und macht wie in jedem Regel-Ausnahmeverhältnis eine Grenzziehung erforderlich. Die ist bereits in dem oben 71 wiedergegebenen Satz der Motive enthalten, demzufolge die Zweitveräußerung ihren Weg geht, soweit das mit dem Individualinteresse vereinbar ist. Wenn nämlich eine anderweitige Verfügung nur im Rahmen der Unverein66 Eine Pflicht, die V nur als "sollen", d. h. rechtsethisch auferlegt ist; vgl. Boehmer, wie oben § 1 II 2 a FN. 36. 67 Bruns / Peters, Zwangsvollstreckung, S.279; siehe auch Baur, Studien, S. 49 f.; Henckel, AcP 174, S.106. 68 In dieser Voraussetzung kein weitergehender Schutz etwa öffentlicher Interessen - sieht auch Beer, S. 107 ff. und öfter, die Berechtigung der eigenständigen Rechtsfolge relative Unwirksamkeit. Er leitet daraus deren hier nicht zu behandelnde Einordnung in das System der Unwirksamkeitsarten ab, S. 111 ff. 69 Allg. A; zur Vormerkung siehe nur Staudinger /Seufert, § 883 Rz.47. 70 Siehe unten § 1 II 3. 71 § 1 II 1; siehe auch Mugdan I, S. 469.
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barkeit mit dem geschützten Recht unwirksam ,ist, folgt daraus, daß das Abstraktionsprinzip nur so weit wie unbedingt erforderlich eingeschränkt werden darf72 • Unter wertendem Aspekt heißt das: Der Gläubiger muß davor geschützt werden, daß sein Anspruch wegen anderweitiger Verfügungen nicht mehr durchsetzbar ist. Der Schuldner darf ,in seiner Verfügungsmacht aber nicht weiter eingeschränkt werden, als zur Erreichung dieses Ziels unbedingt erforderlich ist73 ; denn nur dann - der Verkehrsschutz ist ja ein Reflex der dem Eigentümer gewährten Verfügungsmacht - wird das Interesse des Rechtsverkehrs an Rechtsklarheit nicht über Gebühr beeinträchtigt. Lediglich ein auf seinen notwendigen Umfang beschränkter und darin genau festgelegter Schutz ist der Rechtsklarheit nicht abträglich74 • Das richterliche Verfügungsverbot entfaltet demnach erst und nur dann Wirkungen, wenn ein Dritter die Rechtsbeziehung zwischen V und G stört; dies ist Folge der Schutzrichtung des Sicherungsbehelfs75 • Solange V der r:ichterlichen Anordnung Folge leistet, ändert sich an der rechtlichen Beziehung zwischen beiden nichts. V hat ebenso zu erfüllen, wie er es zu tun gehabt hätte, wenn jener die einstweilige Verfügung nicht beantragt hätte. Insofern ist der Satz durchaus zutreffend, das richterliche Verfügungsverbot begründe kein Recht des G an dem Gegenstand, auf den sich sein Anspruch richtet7 6, bzw. seine Rechtssicherung wirke ausschließlich negativ77 • Die vorangegangenen Erörterungen haben den Aufgaben- und Wirkungsbereich des richterlichen Verfügungsverbots behandelt. Dabei wurde die für eine systematische Einordnung interessante Frage ausgeklammert, ob dieses Verbot eine Verfügungsbeschränkung oder ein Veräußerungsverbot 78 bewirkt, d. h. ob Folge des Verbots eine Ein72 Einen Gegensatz stellt etwa die schwebende Unwirksamkeit in § 108 BGB dar; dort geht es aber nicht nur um den Schutz eines Individualinteresses, sondern um die Durchsetzung der gesetzlichen Grundentscheidung für den Minderjährigenschutz. 73 Vgl. Larenz, AT, S. 432; siehe auch Heck, § 47 11 5 b zur Vormerkung. 74 Siehe für das relative Verfügungsverbot insbesondere die in § 13511 BGB vorgeschriebene Berücksichtigung rechtsgeschäftlichen Vertrauensschutzes; Beer, S.108; vgl. auch Canaris, FG Flume, S. 376 f. 75 § 1 14; Voß, LZ 1909, 755; Rimmelspacher, Anspruch, S.110. 76 Flume, Das Rechtsgeschäft, S.356; für die Vormerkung Raiser, S.61; zu dem textlichen "insofern" siehe unten § 1 11 3. 77 z. B.: Neumann, JW 1902, 455; Strohal, S.41; Schachian, S.73; Eichler, Institutionen 11 2, S.402; Staudinger / Seufert, § 883 Rz. 41; Wunner, NJW 69, 115 FN 26. 78 Zu dieser Unterscheidung siehe Mehrtens, S. 59 ff., insbesondere S.68; abweichend von der auch hier zugrunde gelegten Alternativität beider Begriffe sieht das Gesetz in §§ 58 ff. VerglO deren Verhältnis im Generellen zum Speziellen.
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§ 1. Die Gemeinsamkeiten von Verfügungsverbot und Vormerkung
schränkung der Verfügungsmacht oder der Verfügungsbefugnis ist. Die Antwort ist nicht von überragender Bedeutung, da sich aus ihr keine zwingenden materiellen Konsequenzen ableiten. Für eine Jurisprudenz, die ihre Aufgabe nicht mehr in der Herstellung eines in sich logisch schlüssigen, insofern den Prinzipien aristotelischer Logik und damit moderner Naturwissenschaften79 verpflichteten Konstruktionsgebäude sieht, die vielmehr umgekehrt Konstruktion und System in den Dienst interessengerecht zu bewertender gesellschaftlicher Realität stellt und danach ausrichtet, für solch eine Jurisprudenz kann eine Einordnung nur Ordnungscharakter haben. Das bedeutet, daß eine exakte Abgrenzung nicht möglich aber auch nicht erforderlich ist. Zwar glaubt die h. M.Bo, in der vom BGHsl übernommenen Kurzformel "kann nicht - darf nicht" ein brauchbares Unterscheidungskriterium gefunden zu habens2 , doch lassen die Einordnungsschwierigkeiten der §§ 6, 7 KOsS Zweifel an der Verläßl!ichkeit dieser Abgrenzungsmethode aufkommen. Wenn sich Verfügungsbeschränkungen allerdings dadurch auszeichnen, daß sie Verfügungen generell beeinträchtigen, wie z. B. §§ 1365, 2211 BGB, Veräußerungsverbote dagegen grundsätzlich singulär84, d. h. sie untersagen rein faktischs5 aus besonderen Gründen eine generell zulässige Verfügung, betreffen richterliche Verfügungsverbote nur das rechtliche Dürfen, die Verfügungsbefugnis. d) Relative Unwirksamkeit
Nach diesen Vorarbeiten kann jetzt die relative Unwirksamkeit und damit die zweite Gemeinsamkeit von richterlichem Verfügungsverbot und Vormerkung behandelt werden. Sie ist eine Rechtsfolge, die dann eintritt, wenn eine Verfügung des Rechtsinhabers das geschützte Naturalleistungsinteresse zu vereiteln oder zu beeinträchtigen droht. Im Gegensatz zum Beispielsfall der Grundkonstellation - dort hat G das Nachsehen und muß sich mit Sekundäransprüchen begnügen - kann G hier aufgrund der relativen Unwirksamkeit weiterhin Erfüllung seines Primäranspruchs verlangen. Sein Naturalleistungsinteresse steht also nicht mehr auf gleicher Stufe mit demjenigen des D, sondern wird als vorrangig bewertet. Es überwiegt sogar das Recht des V, als Eigen79 Siehe dazu Wie acker, Privatrechtsgeschichte, S. 434 ff.; ders.: R. v. Jhering, SavZ RA, 86, 21 ff. so Vgl. Mehrtens, S. 74 ff. m. w. N. in FN 1, S.77; Fahland, S.16; MayerMaly in MüKo, Rz. 6 zu § 135. 81 BGHZ 13, 184. 82 Skeptisch auch Beer, S. 121 f., 173 ff. 83 Gerhardt, FG Flume, S.534, hält sie für überwunden; siehe aber 1>alandt / Heinrichs, Überbl. v. § 1044 b; Palandt / Thomas, § 812 5 B b cc. 84 h. M. seit Raape, S. 15 ff., 22 ff.; Mehrtens, S. 41 ff. 85 H. W. Neumann, S. 15 f., in Anschluß an Raape, S. 14 ff., 38.
11. Relative Unwirksamkeit
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tümer der Sache den Gläubiger zu wählen, den er befriedigen will. Freilich gelten diese Aussagen nur im Grundsatz - § 135 11 BGB und nur mit der Maßgabe, daß sich die relative Unwirksamkeit auf den schonendsten Eingriff in den Rechtsverkehr beschränken muß86. Insbesondere die letztgenannte Einschränkung begründet die eigenständige Bedeutung dieser Unwirksamkeit87 und bestimmt die Ausgestaltung im einzelnen: D erwirbt vollständiges Eigentum88 und kann infolgedessen die aus dem Eigentum resultierenden Ansprüche gegenüber jedermann geltend machen. Beschädigt beispielsweise G die Geige, liegt eine zum Schadensersatz verpflichtende Eigentumsverletzung vor. Der übliche Satz, D sei gegenüber jedermann, nicht aber gegenüber G Eigentümer, kann in dieser Allgemeinheit nicht richtig sein: Wieso sollte G die Geige sanktionslos beschädigen dürfen, wenn er doch nur obligatorisch Berechtigter ist? Wie aber - so ließe sich gegenfragen soll nach geleistetem Schadensersatz die Rückabwicklung erfolgen, wenn G die relative Unwirksamkeit geltend macht? Ein Beispiel zeigt, daß die Schwierigkeiten behoben werden können. G hat einen bedingten Vermächtnisanspruch gegen den Verbotsbetroffenen und Erben V auf übertragung der Geige. Lange vor Eintritt der Bedingung89 beschädigt G das Instrument, das inzwischen nach verbotswidriger und relativ unw~rksamer Veräußerung - im Eigentum des D steht. Mit dem geleisteten Ersatz in Höhe von 1000 DM kann D, wie jeder ersatzberechtigte Eigentümer, nach Belieben verfahren. Auf diesem Grunde ~st nunmehr zu differenzieren: Verwendet D die 1 000 DM dazu, die Geige zu reparieren, ergeben sich für die Rückabwicklung keine Probleme. G erhält nach Eintritt der Bedingung eine wieder intakte Geige - der Schaden bleibt letzten Endes bei ihm hängen. Dasselbe ergibt sich dann, wenn D die Ersatzsumme dazu verwendet, sich neue Gartenmöbel anzuschaffen, und die Geige unrepariert läßt. Auch dann lastet der Schaden letztlich auf G, wenngleich die Abwicklung hier komplizierter ist. Muß D auf Betreiben des G die (beschädigte) Geige herausgeben, so kann er von V Schadensersatz verlangen, da der Kauf mit einem Rechtsmangel behaftet war, §§ 440 11, 325 BGB90. Andererseits kann sich V die 1000 DM Reparaturkosten 86 Dies folgt aus dem o. 11 2 c zum richterlichen Verfügungsverbot herausgearbeiteten Erfordernis geringstmöglicher Beeinträchtigung; sie verwirklicht sich beim Eintritt der Rechtsfolge. . 87 Siehe Beer, S. 111 ff.; eine Gleichsetzung mit der Anfechtbarkeit, wie es zusätzlich zu den o. 11 1 FN 15. Genannten auch Fitting, Reichskonkursrecht, S.292 FN 10 und Oertmann, ZZP 33, 28 tun, ist daher nicht statthaft. 88 So auch Mehrtens, S. 24 f. 811 Je kürzer der Zeitraum, desto problematischer wird die Feststellung eines Schadens bei D. 110 Vgl. RGZ 132, 145. Im Falle einer Schenkung: § 523 I BGB.
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§ 1. Die Gemeinsamkeiten von Verfügungsverbot und Vormerkung
gemäß §§ 280, 281 BGB ersetzen lassen, weil die herauszugebende Geige um diese Summe an Wert verloren hat91 . Dasselbe gilt für das Rechtsverhältnis zwischen V und G; G erhält über § 281 BGB seine Schadensersatzsumme zurück, die er aber aufwenden muß, wenn er die Geige reparieren lassen will. Eine weitere Bestätigung erfährt die Aussage, D erhalte trotz relativ unwirksamer Verfügung vollständiges Eigentum, wenn man die Zuordnung eventuell gezogener Nutzungen überprüft: Vermietet D etwa die Geige an einen Musiker, gebührt ausschließlich ihm der Mietzins; nicht aber V, der mit der Verfügung sein Eigentum verloren hat, und auch nicht G. Denn das richterLiche Verfügungsverbot soll nur vor anderweitigen Verfügungen schützen, nicht aber im Hinblick auf Nutzungen die Erfüllung vorwegnehmen. Dies wird deutlich, wenn die Konsequenzen wertend nochvollzogen werden: Daß G die Nutzungen nicht zustehen, ergibt sich daraus, daß er sie auch dann nicht erhalten hätte, wenn V nicht anderweitig verfügt hätte. Auch in diesem Fall hätte er erst ab Einigung und übergabe mit Nutzungen aus der Geige rechnen können. Dem V die Nutzungen zuzusprechen, ist deshalb unangebracht, weil er sich wissentlich der Nutzungsmöglichkeit begeben hat. Der insoweit vollwertige Eigentumserwerb ist Ausdruck des Schutzes des Rechtsverkehrs und als solcher prinzipiell erforderlich. Die relativ unwirksame Verfügung dient nicht nur als Erfüllung zwischen den Vertragspartnern, sondern ordnet darüber hinaus an, in wessen Vermögen oder in welches Sondervermögen die Geige gehört, oder wessen Gläubiger sie haftet92 . Doch ist der Erwerb mit einer Schwäche behaftet, die sich dann bemerkbar macht, wenn G die Erfüllung seines geschützten Anspruchs verlangt. Der Gläubiger muß sich zu diesem Zweck an V wenden, dem - das haben die Erörterungen zum richterlichen Verfügungsverbot gezeigt93 - so viel an Rechtsinhaberschaft belassen ist, wie er zur Erfüllung des obligatorischen Anspruchs benötigt94 . Aufgrund seiner "übereignungszuständigkeit"95 kann V von D Herausgabe der Geige an G verlangen, ohne daß der Eigentümer D 91 Die Grundsätze der (teilweisen) Unmöglichkeit sind auf die Verschlechterung der Sache entsprechend anwendbar, vgl. Palandt I Heinrichs, § 275 5. Wußte D beim Abschluß des Kaufvertrages von dem richterlichen Verfügungsverbot, ist V von seiner Schadensersatzpfiicht befreit, § 439 BGB - nicht aber D von der seinen. 92 Wieacker, System, S.36; ähnlich Raape, S.49; Beer, S. 132 ff.; zur Ordnungsvorschrift § 772 ZPO siehe unten § 3 II 1 b. 93 Siehe oben II 2 c. 94 Vgl. G. Paulus, FG Nipperdey, S.913: "... eine Rechtsinhaberschaft, die aber nur noch eine Funktion der Anspruchsverwirklichung ist." 95 G. Paulus, S. 932.
11. Relative Unwirksamkeit
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dagegen Abwehransprüche - etwa Unterlassungs- oder Feststellungsanspruch - mit Erfolg erheben könnte. D's EigentÜIDerinteresse ist um dieses Defizit geringer bewertet als G's Naturalleistungsinteresse. Daraus läßt sich die für die Frage nach den haftungsrechtlichen Auswirkungen bedeutsame Folgerung ableiten, daß die relative Unwirksamkeit gleichsam den Verbleib der Geige in dem restlichen Vermögensverband des V gewährleistet - wenn auch zu dem ausschließlichen Zweck, das Instrument als geschuldetes Objekt zu erhalten". Die relative Unwirksamkeit gibt - funktional gesehen - die Erklärung dafür, warum V weiterhin den Primäranspruch des G erfüllen kann91. . 3. Exkurs:
Die konstruktive Erfassung der relativen Unwirksamkeit
über die bis hierher erörterten Besonderheiten der relativen Unwirksamkeit besteht weitgehende Einigkeit - selbst in der Literatur des ,goldenen Zeitalters'. Gestritten wird in erster Linie darum, wie die gewonnenen Ergebnisse in juristische Konstruktion umzusetzen sind. Mag auch dieser Frage keine allzu große Bedeutung mehr zukommen!, kann eine zutreffende Konstruktion doch "den Zugang zu angemessenen Lösungen ... erleichtern"2, indem sie die zu berücksichtigenden Wertentscheidungen dem juristischen Instrumentarium einverleibt und damit operationabel macht.
a) Konstruktionsversuche Der Fächer der angebotenen Vorschläge ist weit gespannt; er reicht von der Ignorierung dieses ,sinnlosen' Problems3 über eine ,actio in rem scripta'4, über eine Eigentumsspaltungli bis hin zu einer Verdoppelung der Ansprüche des G6. Bei dieser Vielfalt mag dem Betrachter die Szenerie angesichts des allgemeinen Konsenses über das zu erzielende Ergebnis wie ein Schauspiel vorkommen, in dem "Viel Lärm um nichts" aufgeführt Wlird. Aus dieser Sicht ist ein Verzicht auf die 96 Vgl. Flume, Rechtsgeschäft, S.356; Larenz, AT, S.433; Voß, JherJB 60, 332. 91 Gerhardt, Gläubigeranfechtung, S. 150, im Anschluß an G. Paulus, AcP 155,293. 1 Siehe oben II 2 c a. E. l! Henckel, FG Weber, S. 251. 3 Flume, Das Rechtsgeschäft, S. 359. 4 Kohler, Lehrbuch I, S. 158; vgl. aber auch dens. Leitfaden, S. 103; Predari, GruchB 55, 688. /) h. M. ab Planck, RZ.2 zu § 135; Voß, JherJB 60, 305 bis Brox, AT, RZ.301. 6 Zuletzt Beer, S. 164; Mayer-Maly in MüKo, § 135 Rz. 39. 3 Paulus
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§ 1. Die Gemeinsamkeiten von Verfügungsverbot und Vormerkung
Erörterung der materiell-rechtlichen Grundlagen der relativen Unwirksamkeit zwangsläufig 7 • Für das Systematisierungsbestreben ist das jedoch unbefriedigend, bleibt doch dadurch ein "weißer Fleck auf der Landkarte", der diese Rechtsfigur zum systemwidrigen Fremdkörper stempelt8 • Die Darstellung der einzelnen Vorschläge und eine Auseinandersetzung mit ihnen kann sich auf wenige Hinweise beschränken, weil Beer bereits deren jeweilige Mängel bloßgelegt hat9 • Ihnen allen ist gemeinsam, daß sie das oben dargestellte Prinzip des geringstmöglichen Eingr,ifj~s zu wenig beachten, bzw. G's Stellung über Gebühr verstärkenein Vorwurf, der auch gegen Beer zu richten ist. Die h. M., die das Eigentum spaltet, um die bei V verbliebene übereignungsmögLichkeit erklären zu können10 , nimmt D mehr Rechte als erforderlichl l und kommt dadurch zu Zuordnungsschwierigkeiten bei Nutzungen, Schadensersatz und ähnlichem12. Diejenige Ansicht, die die übereignungsmöglichkeit des V in einer Verfangenschaft der Sache begründet sieht1 3 , erklärt das Phänomen vollkommen angemessen; indem sie G aber eine Klage auf Duldung der Zwangsvollstreckung gewähren, rücken sie ihn in die Nähe eines Anfechtungsberechtigten. Das führt zu einer Vermengung der von der relativen Unwirksamkeit streng zu trennenden haftungsrechtlichen14 und vernachlässigt dadurch die spezifischen Besonderheiten jener Rechtsfigur; wäre die relative Unwirksamkeit ein haftungsrechtlicher Behelf, wäre das Erfordernis der sachenrechtlichen Einigung zwischen V und G bloßer Formalismus. Im Ergebnis erhielte G ein "modernes ius ad rem"15 und damit zuviel an Rechtsrnacht. Dieser Vorwurf trifft besonders die von Kohler vertretene Lehre16 ; sie gewährt mit Hilfe des landrechtlichen ius ad rem (Teil I, Titel 19 §§ 4 und 5) einen diirekten Anspruch des G gegen D, ohne Rücksicht darauf, daß nur V eine Pflicht zur übereignung und damit zur über7 Siehe Flume, ebd.; neuestens begnügt sich auch Larenz, AT, S. 432 ff. mit bloßen Andeutungen hinsichtlich der Grundlagen. 8 So urteilt Westermann, S. 13; ähnlich bereits Voß, JherJB 60, 296 . • S. 132 ff. 10 Siehe v. Tuhr's "Duplizität des Rechtssubjektes", II 1, S.330; sowie 11 2, S. 15 ff.; Enneccerus I Nipperdey, § 144 II 1 bund 2, § 202 III. 11 Larenz, AT, S.434. 12 Siehe oben und Beer, S. 133. 13 Reichmayr, S.92; Oertmann, JherJB 66, 266 ff.; Collier, S.117. 14 Vgl. G. Paulus, AcP 155, 202 ff.; Gerhardt, Gläubigeranfechtung, S. 145 ff.; Costede I Kaehler, ZZP 84, 395 ff., insbes. 412. 1& Reichmayr, S.92; Predari, GruchB 55, 688. 16 Siehe auch Collier, S. 115.
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gabe trifft, und ohne Abstimmung mit den Erfordernissen des Abstraktionsprinzipes. Diese Einwände können ebenfalls gegen die Lehre Raapes von der ausgeglichenen Wirksamkeit erhoben werden, die vielfache Zustimmung erfahren hat17 • Raape umgeht die Konstruktion eines ,ius ad rem', indem er G nur eine Obligation gegen D zugesteht1 8 , ohne die daraus resultierenden Konsequenzen zu untersuchen. Hätte G einen eigenen Anspruch, würde ihm D im Falle der Zerstörung oder weiteren Verfügung schadensersatzpflichtig; damit führte die relative Unwirksamkeit - vergleichbar mit der von der h. M. angenommenen Situation des § 419 BGB - zu einer gesetzlichen Schuldübernahme. Wenn Raape außerdem G trotz schlichter Obligation ein Absonderungsrecht im Konkurs des D gewährt19 , muß dieses Phänomen zumindest erklärt werden. Eine solche Erklärung läßt sich Beer20 angelegen sein 21 , indem er Raapes Lehre dergestalt modifiziert, daß er deren Obligation zu einem, dem Vorbild des § 888 BGB angepaßten22 gemischt schuldrechtlichdinglichen Absicherungsrecht verstärkt, das "von vornherein auf dem jeweiligen Gegenstand (laste)" (S.166). Damit besteht der Sache nach ein ius ad rem, neben dem der trotzdem weiterhin als Grundlage dienende übereignungsanspruch G - V keine rechte Bedeutung hat (S. 152). So konsequent und treffend die einzelnen Ausführungen sind, hinterlassen sie doch einige offene Fragen und Zweifel: Wieso bewirkt ein in seinen Wirkungen auf das erforderliche Quantum zu beschränkendes Sicherungsmittel bereits bei V eine quasi-dingliche Belastung23 , deren Bedeutung dann aber erst im Konkurs des Dritten zutage tritt und damit einen vom richterlichen Verfügungsverbot nicht (unmittelbar) Angesprochenen stärker als den Adressaten V belastet? Bietet das Absicherungsrecht eine Erklärung, warum G im Konkurs des D aussondern kann, fehlt sie für den Fall, daß G den Gegenstand via Konkursverwalter des nach verbotswidriger Verfügung in Konkurs gefallenen V von D erhält24 ; hierbei müßte der doch als Grundlage dienende übereignungsanspruch eine in Geld zu bemessende Konkursforderung sein, § 69 KO. Warum ist schon von vornherein ein doppelaktiges VorZuletzt Mehrtens, S. 24 ff. Ähnlich Schachian, S. 15 ff.; Knoke, S. 419, der ebd. - konsequent - von einem obligatorischen ius ad rem spricht. 19 S. 69; in konkursrechtlichen Fragen konsequenter Knoke, S. 423. 20 Ihm folgend Mayer-Maly, MüKo Rz. 39 zu § 135; zweifelnd Larenz, AT, S. 434 FN 1. 21 S. 158, FN 207. 22 S. 160 ff.; vgl. auch Schachian, S.15. 23 Siehe aber S. 114, FN 103. 24 S. 135, FN 33 erklärt nur, warum der Gegenstand nicht zur Masse gehört. 17 18
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§ 1. Die
Gemeinsamkeiten von Verfügungsverbot und Vormerkung
gehen gegen V und D (S. 168 ff) erforderlich, wenn die relative Unwirksamkeit die Erfüllung durch V weiterhin ermöglichen, nicht aber umgekehrt die Verpflichtung zur übergabe verlagern soll? Außerdem birgt ein solches Vorgehen die Gefahr divergierender Urteile gegen V und D in sich und wird dem Erfordernis geringstmöglicher Beeinträchtigung des D nicht gerecht; der müßte nach Herausgabe seinerseits V in Anspruch nehmen. b) Eigene Konstruktion
Alle angeführten Konstruktionen geben die mit ihrer Hilfe auszudrückenden, oben herausgearbeiteten Wertungen nicht hinreichend wieder25 und büßen dadurch an Wert ein. Es mag daher gerechtfertigt sein, wenn mittels eines eigenen Vorschlags der Nachweis versucht werden soll, daß die materiellen Besonderheiten der relativen Unwirksamkeit: Bestehenbleiben der Obligation zwischen G und V, Erfordernis der geringstmöglichen Beeinträchtigung, konstruktiverfaßbar sind. Zu diesem Zweck bedarf es zunächst einer genaueren Aufgliederung des Anspruchsbegriffs, der in § 194 BGB nur als ein Recht definiert ist, mit dessen Hilfe ein Tun oder Unterlassen von jemand anderem verlangt werden kann. Dieses Recht setzt sich aus mehreren Elementen zusammen, wie Rimmelspacher in seinen Untersuchungen über den materiell-rechtlichen Anspruch und Streitgegenstandsprobleme im Zivilprozeß nachgewiesen hat. Seine Ausführungen sollen daher so weit referiert werden, als sie für die konstruktive Erfassung der relativen Unwirksamkeit wichtig sind. Rimmelspacher geht es im materiell-rechtlichen Teil seiner Arbeit primär um eine adaequate Darstellung der mit dem Anspruchsbegriff erfaßten Sachverhalte (S. 16), was ihm - ausgehend von einer Analyse der Dogmatik des 19. Jahrhunderts zum Feststellungsanspruch - deshalb notwendig erscheint, weil der von Windscheid geprägte Anspruchsbegriff ebenso wie der Feststellungsanspruch nur eine "mehrere Elemente (umschließende) formale Klammer" (S.16) sei. In dieser Klammer seien zum einen eine Rechtsposition, zum anderen ein Bündel von Rechtsbehelfen enthalten. Die Rechtsposition stellt nach Rimmelspachers Ansicht keine Befugnis, sondern einen eigenständigen, vom objektiven Recht gewährten Wert dar (S. 24 f.). Dadurch wird die Einordnung eines Anspruchs in den summar,ischen Güterverband, das Vermögen, verdeutlicht, die seit Savigny's strikter Scheidung von Vermögensbestandteilen in ,iura in 25 Sie verfehlen daher die besondere Aufgabe juristischer Konstruktion; Henckel, FG Weber, S. 251.
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re' und Obligationen (siehe nur System I, S. 369) in den Hintergrund getreten war und vergessen ließ, daß ein Anspruch eine Wertposition mitsamt den damit verbundenen Nutzungs-, Verwertungs- und Haftungseigenschaften repräsentiert. Rimmelspacher weist dies nach, indem er zu dem Ergebnis kommt, daß es zur Individualisierung der Rechtsposition keines Passivsubjektes bedarf. Ohne daß es nämlich auf die Person des Schuldners ankäme, ergebe sich aus § 222 II 1 BGB26, daß trotz Erhebung der Verjährungseinrede und daraus resultierendem Fortfall des lOden Schuldner an den Gläubiger bindende(n) Glied(es)" (S. 54) die dennoch erbrachte Leistung behalten werden könne. Damit gewährt die Rechtsposition die Befugnis, das Geleistete zU behalten, und vorher schon eine Anwartschaft im Sinne einer konkreten Erwerbsaussicht (S. 55). Folglich sei sie der Bezugspunkt der Erfüllung, der Sicherungsrechte, § 223 BGB, sei sie der Gegenstand einer Verfügung und Haftungsobjekt (S. 56 ff.). Um die Rechtsposition zu sichern, bzw. durchzusetzen, seien im Ansprucbsbegriff zusätzlich Rechtsbehelfe enthalten. Rimmelspacher unterteilt sie in passive und aktive, wobei sich letztere aus Schutz-, Klagund Zugriffs anspruch zusammensetzten (S. 113). Die Rechtsbehelfe dienten der Durchsetzung von Erfüllungs- (als auch evtl. Einstands-) Pflichten. So gewähre beispielsweise der Schutz anspruch hinsichtlich des Erfüllungsinteresses das Recht, vom Schuldner "außergerichtlich das Verhalten zu verlangen, mit dem der Anwartschaft genügt wird" (S.113), genauer, mit dem der primären Leistungspflicht Folge geleistet, d. h. erfüllt wird27 . Diese Ergebnisse Rimmelspachers, die er u. a. an der Rechtslage der §§ 328 ff. BGB28 verifiziert, ermöglichen eine Konstruktion der relativen Unwirksamkeit, die den zugrunde liegenden Wertungen gerecht wird. Ihnen zufolge muß V trotz Eigentumsverlustes weiterhin die Rechtsmacht haben, den Primäranspruch des G zu erfüllen. Dazu verhilft ihm die relative Unwirksamkeit, die zum Schutz von G's Sachleistungsinteresse wirkt und erklärt, warum V weiterhin erfüllen kann29 • G's Sachleistungsinteresse ist identisch mit seiner Anwartschaft und Rechtsposition30, so daß die relative Unwirksamkeit nur als Rechtsbehelf zu26 Ein weiteres Beispiel bietet die Erfüllungswirkung der Leistung durch einen Dritten, § 267 BGB; siehe Rimmelspacher S. 54 f. 27 Dieses Anspruchsverständnis ließe sich, wozu hier nicht der Ort ist, wegen seines aktionenrechtlichen Gehalts kritisch beurteilen. Gegen das aktionenrechtliche Denken z. B. Boehmer, Einführung, S.249; de Boor, Gerichtsschutz, S. 8 ff. und passim; dafür z. B. Medicus, AcP 74, 313 ff.; Larenz, AT, S. 214 f. 28 Siehe dazu unten S. 42. 29 Siehe oben II 2 d a. E. 30 Rimmelspacher, Anspruch, S.107.
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§ 1. Die Gemeinsamkeiten von Verfügungsverbot und Vormerkung
gunsten dieser Anwartschaft verstanden werden kann31 • Bei V verbleibt demnach nur die Möglichkeit, den Rechtsbehelf ausschließlich zu dem Zweck geltend zu machen, um seiner Verpflichtung gegenüber G nachkommen zu können. Diese, im Wege der Fiktion bei V belassene übereignungszuständigkeit bringt keinerlei Unordnung in die oben dargestellte3!, klare Eigentumslage. Beer verkennt zweierlei, wenn er Eüktionen dieser Art mit heftigen Vorwürfen attackiert, sie seien wirklichkeitsfremd, bzw. Relikt begriffsjuristischen Instrumentariums33 • Die Aufgabe der Konstruktion und damit auch der Fiktion, die nur ein besonders auffälliges Konstruktionselement ist, besteht darin, die rechtlichen Wertungen unverfälscht wiederzugeben34 und damit im Rahmen der spezifischen juristischen Technik operationabel zu machen. Demnach können nur die getroffenen Wertungen, nicht aber Konstruktionen wirklichkeitsfremd sein. Diese beanspruchen nicht, denknotwendig zu sein, sondern dienen nur dazu - was Beer zum zweiten verkennt -, gerechte Lösungen einsichtig und anwendbar zu machen35 • Konstruktion (und Fiktion) helfen dem Juristen, die von ihm normativ zu ordnende Wirklichkeit wiederzugeben36 , und werden unabhängig vom methodologischen Zeitstil immer benötigt werden. Mit Hilfe der Fiktion ,übereignungszuständigkeit' kann V den durch die relativ unwirksame Verfügung entstandenen Rechtsbehelf geltend machen. Dessen Rechtsnatur, die oben 37 bereits als dinglich bezeichnet wurde, soll kurz erörtert werden. Sie ist durch § 772 ZPO indiziert, der G die die Güterzuordnung regulierende Klage des § 771 ZPO zuspricht38• Allerdings liegt darin nicht mehr als ein Indiz, da nach dem Gesetz der Anwartschaftsberechtigte des § 161 BGB - also der, der 31 Daher erweist sich die h. M., siehe oben II 3 FN 5 und zusätzlich Weimar, MDR 69, 203, die V einen Anspruch aus § 985 BGB beläßt, als unrichtig: V hat gerade keine Rechtsposition mehr; die relative Unwirksamkeit besteht nur zugunsten des G. 32 II 2 d. 33 Auch Mayer-Maly's, MüKo, § 135 FN 63, Hinweis auf die Ablehnung des OLG Hamburg, MDR 58, 432, betrifft eine Fiktion wie die hier vorgeschlagene nicht. 34 Henckel, FG Weber, 8.251; vgl. auch Esser, Fiktionen, 8.175. 35 Vgl. Wieacker, FG E. Wolf, 8.434 und öfter. Damit trifft zumindest für die hier vorgetragene Fiktion Essers Vorwurf nicht zu, sie sei "Krücke eines Dogmas", die die "unmittelbare soziale Lebensschau" erschwere, Fiktionen, 8.204. 88 Juristische Konstruktionen sind dadurch den "dynamischen Verstandesbegriffen" Hegels vergleichbar; siehe seine theol. Jugendschriften, zit. bei Leisegang: Denkformen, 2. Aufl., 8.148. 37 14. 38 Vgl. Beer m. w. N., 8. 156.
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eher noch als der durch richterliches Verfügungsverbot Begünstigte eine dingliche Rechtsposition innehat - diesen Schutz gewolltermaßen nicht hat39 . EJindeumger ist die Verweisungsnorm des § 135 II BGB40, die die Kollision von Sachleistungsinteressen entgegen der Normallösung eines 3-Personen-Konfiikts41 als Problem einer echten Rechtskollision impliziert. Nur noch aufgrund subjektiver Voraussetzungen kann G's Primärleistungsanspruch überwunden werden, nicht anders als hätte er bereits eine dingliche Rechtsposition inne. Daraus folgt, daß der Rechtsbehelf: relative Unwirksamkeit die Obligation zwischen V und G verdinglicht - und zwar dergestalt, daß "der Inhaber des Vollrechts grundsätzlich nicht mehr mit Wirkung zu Lasten des Geschützten ... verfügen (kann)"42. Das ist der von Eichler43 sogenannte Sukzessionsschutz44 , der die positive Wirkung des richterlichen Verfügungsverbotes 45 darstellt. Der dingliche Rechtsbehelf erhellt auch die Fortdauer der relativen Unwirksamkeit bei weiteren Verfügungen: er wirkt seiner Natur gemäß absolut, d. h. gegen jedermann, also auch den nächsten Erwerber 46 • Als Zwischenergebnis zusammengefaßt folgt aus dem Voranstehenden: G's Rechtsposition, die mit allen ,normalen' Rechtsbehelfen gegen V ausgestattet ist, ist mit Hilfe des richterlichen Verfügungsverbotes um den dinglichen Sukzessionsschutz verstärkt. Ihn zu verwirklichen, ist als Aufgabe bei V belassen und durch dessen übereignungszuständigkeit ermöglicht. Dieses Zwischenergebnis soll nun anhand von 3 exemplarischen Fällen auf seine Tauglichkeit untersucht werden. Im 1. Fall weigert sich V, dem Erfüllungsbegehren des G nachzukonimen: G hat seinen Motive zum BGB, I, S. 260; Säcker, JZ 71, 159. 40 Siehe Beer, S. 155 mit weiteren Argumenten aus §§ 888, 892, 135 I BGB. Zur Problematik dieser wie ähnlicher Verweisungen, z. B. § 161 111 BGB, § 325 II ZPO, die einen für ihren Regelungsgegenstand untauglichen Rechtsscheinsträger verwenden, vgl. G. Paulus, FG Nipperdey, S. 916 f. 41 Siehe oben 11 2 a. 42 Canaris, FG Flume, S.374. 43 Institutionen I, S.7, 16; vgl. auch Raiser, dingI. Anwartschaften, S.33; ebd. S.40 der abstrakte Hinweis auf die Möglichkeit, daß eine Verdinglichung bloß mit Hilfe von Sukzessionsschutz denkbar ist. 44 Zu der Frage, inwieweit eine verdinglichte Obligation trotz numerus clausus der Sachenrechte zulässig ist, siehe Beer, S. 155 ff. j Canaris, FG Flume, S. 376 f. 45 a. A.: Die oben II 2 c in FN 77 Genannten. 48 Für den entsprechenden Fall der Vormerkung vgl. schon Heck, § 47 III 2. Da dingliche Ansprüche grundsätzlich von dinglichen Rechten abgeleitet sind, die ihrerseits in aller Regel Sukzessionsschutz genießen, wird das Si·· cherungsbedürfnis für den Erlaß eines richterlichen Verfügungsverbotes bei diesen Ansprüchen meist fehlen. 39
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§ 1. Die Gemeinsamkeiten von Verfügungsverbot und Vormerkung
Schuldner - er ist aufgrund der fingierten übereignungszuständigkeit weiterhin sachlegitimiert - zu verklagen, da dieser weiterhin verpflichtet ist und sich wegen der relativen Unwirksamkeit nicht auf sein Unvermögen berufen kann. Das setzt voraus, daß der Rechtsbehelf ,relative Unwirksamkeit' nicht nur einen Schutz-, sondern auch einen Klageanspruch für V beinhaltet;47. Andernfalls könnte er lediglich die Herausgabe der Sache bei D anmahnen; durchsetzen könnte er sie nicht. Die Aussage des § 135 BGB führt aber zu der Konsequenz, daß G die Sache erhalten soll - unbeschadet eventueller Pflichtverweigerungen. Das Gericht wird also V verurteilen, daß er die sachenrechtliche Einigungserklärung abgibt und die übergabe mit Hilfe der Geheißperson48 D bewerkstelligt. Weigert sich V nach wie vor, seiner nunmehr durch Richterspruch bekräftigten Pflicht Genüge zu tun, verläuft die Vollstreckung des Urteils gemäß §§ 894, 888 ZPO. Jene Norm ersetzt die Willenserklärung, diese versucht, V zur Vornahme einer Handlung zu zwingen. Die Handlung: das Fordern der Leistung des D an G ist nämlich kein Vermögensrecht49 und kann nicht durch einen anderen vorgenommen werden; denn sie umfaßt - wie gesagt - auch einen Klageanspruch50 • Mit dieser Lösung ist wegen ihres nur mittelbar wirkenden Erfüllungszwanges nicht allzuviel gewonnen. Bedenkt man aber, daß V gegen D aus eigenem Recht51 vorgeht, eröffnet sich für G ein weiterer Weg, an den verbotsbetroffenen Gegenstand heranzukommen. Er kann nämlich von vornherein V auf Zustimmung zu seiner, G's, gewillkürter Prozeßstandschaft verklagen52 , wobei das Erfordernis eigenen rechtlichen Interesses53 evident ist. Zwar ist damit wieder ein - bei Dreierbeziehungen ohnedies kaum vermeidbares - doppelaktiges Vorgehen erforderlich; dadurch aber, daß dieses Vorgehen gestuft ist, werden die Interessen im Rahmen ihrer Schutzwürdigkeit gewahrt: G muß als ein bloß durch Sukzessionsschutz gesicherter Obligationsgläubiger diesen Umweg in Kauf nehmen, und D kann seine Einwendungen - z. B. Redlichkeit - gegen G vortragen, ohne daß ihm zusätzlich mit der 47 Dies folgt auch aus §§ 135 I 2 BGB, 772 ZPO; die relative Unwirksamkeit verschafft eine Klagebefugnis. 48 Zu dem Terminus siehe BGHZ 36, 56; in jüngerer Zeit BGH NJW 74, 1132; Baur, Sachenrecht, S.461. 49 Dazu sogleich. 50 OLG Posen, Rspr.17, 342 f.; RG in SeuffA 54, 119 (noch zum alten § 773 ZPO); Stein / Jonas / Münzberg, § 887 II 2 c a. 51 Nicht aber aufgrund eines eigenen Anspruchs! 52 BGHZ 64, 259 sub bb; zur Abtretbarkeit dieses Rechts s. RGZ 150, 133. 63 Vgl. nur A. Blomeyer, S. 209 ff.; Rosenberg / Schwab, S.228.
11. Relative Unwirksamkeit
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problematischen Gewährung der Einwendungen V's geholfen werden müßte54 • Fall 2 und 3 unterscheiden sich voneinander dadurch, daß nach verbotswidriger Verfügung dort V, hier D in Konkurs fällt. In jener Variante kann sich G unbeschadet des Konkursverfahrens an V wenden. Nachdem letzterer sein Eigentum endgültig aufgegeben hat, und seine Gläubiger dadurch den Haftungsgegenstand verloren haben, richtet sich die endgültige Zuordnung nach den oben entwickelten Grundsätzen. Die mit einem Rechtsmangel behaftete relativ unwirksame Verfügung unterfällt nicht dem § 17 K05s, weil sonst die nur zugunsten des G bestehende Fiktion der übereignungszuständigkeit umschlagen würde in einen nicht gerechtfertigten Vorteil für V's Gläubiger 56• Demzufolge kann G von V verlangen, daß er den Rechtsbehelf verwirkliche. Der Konkursverwalter braucht - sofern kein Anfechtungsgrund vorliegt - dazu nicht bemüht zu werden. Wenn die h. M.57 dies dennoch verlangt und sich deshalb von Lent58 hat fragen lassen müssen, wieso G's Anspruch zu einem Masseanspruch avanciere, verkennt sie die Besonderheit von V's übereignungszuständigkeit. Die damit ermöglichte Handlung erfolgt nämlich nur zugunsten der Rechtsposition des G; sie stellt keinen Vermögenswert dar und kann daher die Masse nicht schmälern59 • Im 3. Fall, in dem der verbotswidrige Erwerber D in Konkurs gefallen ist, kann G (genauer: V mit dem ihm überlassenen Rechtsbehelf) die Sache aussondern60 • Hier kommt die Dinglichkeit des Sukzessionsschutzes zum Tragen, mit dessen Hilfe die Güterzuordnung in die gesollten Bahnen geleitet wird. Eine wertende überprüfung bestätigt dieses Ergebnis: Es ist kein Grund ersichtlich, warum das im Verhältnis zu G geringer eingestufte Rechtserhaltungsinteresse des D durch das Zugriffsinteresse seiner Gläubiger aufgewertet werden sollte. Die F,allösungen zeigen die Brauchbarkeit der vorgeschlagenen Konstruktion. Deren Besonderheit, die im Auseinanderklaffen von Rechts54
50 aber Beer, 5. 170; dagegen schon -
für die Vormerkung -
§ 47 II 6, der die Analogie zu §§ 768, 1137 BGB zu Recht verwirft. 55 Wie sonst gewöhnlich, siehe Böhle-Stamschräder, § 17 3 a.
Heck,
5iehe auch Oertmann JherJB 66, 276. G. Paulus, FG Nipperdey, 5.932 m. w. N. in FN 38; Jaeger / Henckel, Rz.23. Jaeger / Lent, § 13 Rz. 14; s. dagegen Beer, 5. 133, FN 17; Jaeger / Henkel, Rz.23. 69 Dies ergibt sich bereits aus dem oben II 2 d nachgewiesenen, vollständigen Eigentumsverlust des V; siehe auch Voß, JherJB 60, 356 f. 60 50 auch die h. M.: Beer, 5.174 ff.; G. Paulus, AcP 155, 290 FN 27 c; Jaeger / Lent, § 13, Rz.15; Jaeger / Henckel, § 13, Rz.24. 56
57 § 13 58 § 13
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§ 1. Die Gemeinsamkeiten von Verfügungsverbot und Vormerkung
position und Rechtsbehelf liegt, ist keine Novität, sondern kennzeichnet ebenfalls die Regelungsmaterie des "unechten" Vertrages zugunsten Dl1itter. Diese Parallele ist auffallend, weil der Abwicklungsmechanismus §§ 328 ff. BGB: Forderungen entlang der Schuldverhältnisse61 , übergabe abgekürzt, Erfüllungswirkung nur bei Leistung an den Dritten, vollständig die oben62 zusammengefaßten, der relativen Unwirksamkeit zugrunde liegenden Wertungen wiedergibt. Es ist daher kein Zufall, wenn Fall 1 und 2 bei gleichem Sachverhalt, anstelle der relativen Unwirksamkeit aber einen "unechten" Vertrag zugunsten Dritter gesetzt, entsprechende Lösungen haben63 • Sie divergieren nur in Fall 3; denn die unterschiedliche Rechtsnatur des Rechtsbehelfs - dinglich dort, schuldrechtlich hier - wirkt sich im Konkurs aus. Vorbehaltlich dieser Abweichung kann die relative Unwirksamkeit in behautsamer Anlehnung an den Funktionsmechanismus der §§ 328 ff. BGB konstruiert werden. III. Haftungsrechtliche Folgerung Die vorangegangenen Untersuchungen der Gemeinsamkeiten von richterlichem Verfügungsverbot und Vormerkung dienten dazu, um nunmehr überprüfen zu können, wie sich ein obligatorischer Anspruch im Haftungsrecht zu behaupten vermag, dessen Schutz die relative Unwirksamkeit anspruchsvereitelnder Verfügungen ist. Das Ergebnis dieser Prüfung wird in Richtung auf das eine Ziel der Arbeit1, das Verhältnis der §§ 13 und 24 KO zueinander zu klären, einen Schritt weiterführen. Indem es nämlich nur zu den Alternativen: konkursbeständig oder nicht konkursbeständig (mithin zur Bestätigung des § 13 oder des Siehe oben II 2 a FN 54. II 2 d a. E. 63 Zu Fall 1 : der Rechtsbehelf des Versprechensempfängers umfaßt Schutzund Klaganspruch, siehe Rimmelspacher, Anspruch, S.123; undeutlich Gerhardt, JZ 69, 692, weshalb die Vollstreckung ebenfalls über § 888 ZPO abzuwickeln ist. Unrichtig daher Münzberg in Stein / Jonas, § 829 I 1, § 857 18 a m. w. N. in FN 166, der §§ 886, 857 ZPO anwenden will; unrichtig auch Förster / Kann mit §§ 829, 886 ZPO (2 zu § 829). Für etwas anders gelagerte Fälle schlägt Fuchs, ZZP 36, 155 ff., § 887 ZPO, Keil in ZZP 45, 171 f., §§ 883 ff. ZPO vor; vgl. auch das OLG Hamburg in Rspr.31, 115. Zu Fall 2: Soweit dieses Problem überhaupt behandelt wird, löst man es zugunsten des Dritten dergestalt, daß der "Anspruch" nicht in die Konkursmasse falle, Soergell R. Schmidt, 1 zu § 335 ; Rimmelspacher, S. 126 m. w. N. in FN 29; Mentzell Kuhn / Uhlenbruck, § 1 Rz.73. In dieser Allgemeinheit kann das nicht richtig sein, weil andernfalls Friktionen mit § 17 KO entstünden; die Aussage gilt daher nur, wenn der Versprechensempfänger etwa vorgeleistet hat. Dann aber braucht auch hier nicht der Konkursverwalter bemüht zu werden. 1 Siehe oben: Problemstellung; zum Korrekturvorschlag des Anwendungsbereichs des § 13 KO siehe unten § 3 II, III. 61
62
111. Haftungsrechtliche Folgerung
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§ 24 KO) führen kann, wird es die Entscheidung fällen, für welche der beiden Normen zusätzlich Kriterien für eine haftungsrechtliche Rechtfertigung herauszuarbeiten sind, und welche Norm sich in das Haftungsrecht einfügt.
An den konkursrechtlichen Grundsätzen wie Verlustgemeinschaft, par conditio omnium creditorum oder anteilsmäßige Befriedigung ist also die "überlebenschance" einer auf eine Sachleistung gerichteten Obligation zu messen. Diese Obligation hat ihre spezifischen, durch das Abstraktionsprinzip heraufbeschworenen Gefährdungen2 , die ein Sicherungsbehelf dadurch ausräumen soll, daß er die Sache zum Zwecke der Erfüllbarkeit im Vermögensverband des Schuldners festhält3 ; sein rechtstechnisches Mittel dafür ist die relative Unwirksamkeit. Geht man davon aus, daß der Konkursverwalter nicht mehr und keine anderen Rechte erwirbt, als der Gemeinschuldner hatte4, müßte die Obligation dem Haftungsrecht trotzen können. Denn die zum rechtstechnischen Sukzessionsschutz erhobene Unterlassungsnebenpflicht, nicht anderweitig zu verfügen5, müßte auch den Verwalter binden. Der notwendigerweise erst bei Verfügungen aktualisierte Schutz würde auch bei dessen Verfügungen eingreifen. Um die gesicherte Obligation als Ausnahme vom Gleichbehandlungsgebot zu rechtfertigen, böte sich die Dinglichkeit des Sukzessionsschutzes an6 • Kein Gegenargument wäre die Aussage, einer ihrer Struktur nach obligatorisch bleibenden Rechtsposition eigne grundsätzlich keine konkursrechtliche Bevorzugung; denn diese ist eher Folge als Inhalt eines Rechtes7, könnte also durchaus mit Hilfe des Sukzessionsschutzes gewährt werden. Insbesondere die obligatorischen Herausgabeansprüche8 weisen auf ein außerhalb der Anspruchsnatur liegendes Kriterium für konkursrechtliche Bevorzugung hin. Dazu hat das Reichsgericht9 ausgeführt: "Soll im Konkurs ein Gegenstand ausgesondert werden, so darf er dem Siehe oben I 2. Siehe oben II 2 d a. E. 4 Siehe oben 13 FN 15; zusätzlich BGH KTS 72, 46. 5 Oben II 2 b a. E.; mit dieser Verpflichtung wird immerhin die für Vorzugsrechte entscheidende Spezialität erfüllt, siehe unten § 2 V 3. e Dagegen zu Recht Beer, S. 158, dessen Argumentation an dieser Stelle jedoch positivistisch am Gesetzestext verhaftet bleibt. 7 Vgl. Eichler, Institutionen I, S. 12 f. So gehört das Aussonderungsrecht des Eigentümers nicht zu dem wie auch immer zu verstehenden Wesen seines Eigentums, sondern ist Folge der absoluten Zuordnung, Canaris, FG Flume, S.374; Bötticher, FG Schima, S.99; vgl. auch Jaegers berühmten Vergleich mit dem Gold im Feuer, Lehrbuch, S. 101. 8 Zu ihnen siehe nur Pagenstecher / Grimm, Der Konkurs, S.6; Stein / Jonas / Münzberg, § 771 11 1 c. 9 RGZ 142, 375. 2
3
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§
1. Die Gemeinsamkeiten von Verfügungsverbot und Vormerkung
Schuldner nicht gehören", darf also nicht in die Sollmasse des § 1 KO fallen. Die Sollmasse ist das Vermögen des Gemeinschuldners, das durch die Konkurseröffnung eine Reduzierung seiner Funktionen auf den ausschließlichen Haftungszwecklo erfährt und als Teilungsmasse der anteiligen Befriedigung dient. Es besteht eine Interdependenz von ausschließlichem Haftungszweck und Umfang der Sollmasse, so daß der Satz der Reichsgerichtsentscheidung dergestalt Pfäzisiert werden kann, daß eine Aussonderung dann statthaft ist, wenn sie "haftungsrechtlich gerechtfertigt ist"l1. Das Problem der Vereinbarkeit von Haftungsrecht und (mit Hilfe von relativer Unwirksamkeit) gesicherter Obligation gehört damit zu dem nach wie vor unbewältigten Fragenkomplex vom richtigen Rangverhältnis der prinzipiell auf gleicher Stufe stehenden Konkursgläubiger12• Die Haftungsfunktion erfaßt das Vermögen in seiner Eigenschaft, als Wertsumme - unabhängig von der gegenständlichen Zusammensetzung - dem Gläubigerzugriff ausgesetzt zu sein. Sie äußert sich, solange diese Summe nicht von der der Schulden des Vermögensinhabers überschritten wird (vgl. § 2 AnfG), nur darin, daß jeder beliebige Gegenstand Vollstreckungsobjekt sein kann. In dieser Lage hat die Rechtsordnung keinen Anlaß, die Verfügungsmacht des Vermögensinhabers 'anzutasten; denn durch das freie Spiel der Kräfte: Präventions-, Prioritätsprinzip 13 contra Vermögensmehrungsinteresse besteht hinreichender Schutz für die Gläubiger. Dies ändert sich, wenn die Summe der Schulden jene Wertsumme erreicht oder gar hinter sich läßt. Dann nämlich ist das freie Spiel für die Gläubiger zu riskant und ungerecht. Dem trägt die Rechtsordnung Rechnung, indem sie den bedrohten Gläubigern die Möglichkeit anbietet, über den Konkurseröffnungsantrag ein Einfrieren des momentanen Vermögensbestandes ihres Schuldners zu erreichen. Dadurch werden die bisherigen potentiellen Haftungsobjekte zu aktuellen; die mit jenen verbundene Verfügungsrnacht wird bei diesen genommen14 • Der Zweck dessen ist, das gesamte Vermögen durch Versilberung der einzelnen Gegenstände zu einer rechnerischen Größe zu machen, mit deren Hilfe die Konkursforderungen der prinzipiell gleichrangigen Konkurs10 Zu den verschiedenen Vermögensfunktionen siehe Wieacker, System, S. 32 f.; G. Paulus, Anwendungsbereich, S. 41 f.; Zahn, Diss., S. 58 ff.; Jaeger I Henckel, § 1 Rz. 1; ders. spricht in FG Wieacker, S. 366 ungenau von einem "Funktionswandel". 11 Henckel, FG Wieacker, S. 366. 12 Jaeger I Henckel, § 3, Rz.3; Drobnig, Gutachten, S.88. 13 Siehe dazu unten § 2 II 4. 14 §§ 6, 7 KO; Jaeger / Henckel, § 1 Rz.1.
III. Haftungsrechtliche Folgerung
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gläubiger befriedigt werden können. Das Vermögen muß zu Geld gemacht werden, weil die Gläubiger Geld, §§ 69, 139 1 KO, fordern. Diese knappen Bemerkungen mögen zur Beschreibung des Vermögens in seiner besonderen Funktion als Haftungsobjekt, bzw. Wertsumme genügen: nicht der konkrete Gegenstand ist von Bedeutung, sondern ausschließlich sein Wert, weil nur er der anteiligen Befriedigung dient15 • Um den Wert zu aktualisieren, muß der Konkursverwalter die Vermögensobjekte veräußern; die Veräußerung ist das Mittel zu dem Zweck, das den Forderungen entsprechende Leistungsobjekt zu bekommen. Sie ist also - wenigstens im Hinblick auf die Konkursgläubiger16 - Haftungsrealisierung, im Gegensatz zum üblichen Verkehrsgeschäft, das auf dem Markt von jedermann aus den weiterreichenden Gründen der Vermögensmehrung vorgenommen wird17 • übertragen auf die gesicherte Obligation folgt aus dem so verstandenen Haftungsrecht, daß sie eine Konkursforderung ist. Die relative Unwirksamkeit - so das obige Ergebnis 18 - ist eine Rechtsfolge, die dem Schuldner die Erfüllungsmöglichkeit hinsichtlich der einen konkreten Sache erhält und auf diese Weise sein Vermögen gleichsam zusammenhält; das Vermögen allerdings in seiner gegenständlichen Zusammensetzung, die für den haftungsrechtlichen Vermögensbegriff gerade bedeutungslos ist. Zusätzlich erwies sich die Unwirksamkeit als ein Mittel zur Verdinglichung, d. h. sie ändert nichts an dem obligatorischen Charakter des gesicherten Anspruchs. Beide Besonderheiten haben dem "rigor iuris" des egalisierenden Haftungsrechts zu weichen. Erfüllung wird nicht mehr gegenständlich, sondern summenmäßig gewährt, und der obligatorisch Berechtigte ist auf die Quote verwiesen. 15 Insofern erweisen sich die von Pfister vorgeschlagenen Kriterien für die 'Qualifizierung als Vermögensgegenstand: realer außersubjektiver Gegenstand und Ausschlußmöglichkeit anderer von der Benutzung, S. 25, als zu eng; mit ihrer Hilfe kann das Vermögen nur in seiner Gegenständlichkeit, einschließlich des lediglich aus Affektionsinteresse aufbewahrten Erinnerungsphotos, beschrieben werden. Das· Vermögen als Haftungsobjekt erfordert zusätzlich Verwertbarkeit (d. h. wirtschaftlichen Wert); ein Kriterium, das Pfister denn auch bei der Behandlung vollstreckungsrechtlicher Fragen S. 157 ff. unerwähnt unterstellt. 16 Im Hinblick auf die Vertragspartner des Konkursverwalters nimmt dieser "normale", rechtsgeschäftliche Verfügungen nach bürgerlichem Recht vor. 17 Nur deshalb, weil diese Veräußerungen keine Verkehrsgeschäfte sind. kann der gewesene Vorbehalts eigentümer grundsätzlich Ersatzaussonderung verlangen, wenn der Konkursverwalter unter Berufung auf die dem späteren Gemeinschuldner erteilte Verfügungsermächtigung die Vorbehaltssache veräußert hat, siehe BGH NJW 53, 217; Serick I, § 8 II 5 m. w.N. in FN 35; Böhle-Stamschräder, § 46 7. 18 II 2 d a. E.
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§ 1. Die Gemeinsamkeiten von Verfügungsverbot und Vormerkung
Daran kann auch die Dinglichkeit des Sukzessionsschutzes nichts ändern; denn seine Wirkung ist auf den im Konkursrecht grundsätzl,ich irrelevanten Schutz weiterer Primärerfüllungsmöglichkeit beschränkt. Die Erörterungen über die relative Unwirksamkeit haben schließlich noch ergeben, daß die relative Unwirksamkeit eine Kollisionsnorm im Geltungsbereich des Präventions-, bzw. Prioritätsprinzipes enthält. Gerade diese Prinzipien weichen im Konkurs dem Grundsatz der par conditio, der seinerseits dadurch zustande kommt, daß das Vermögen nurmehr Haftungsmasse ist. Der Wettlauf auf die einzelnen Gegenstände weicht im Konkurs dem gemeinsamen Warten der Konkursgläubiger auf den ihnen zustehenden Ersatz, der aus der Umsetzung der einzelnen Gegenstände in Geld beschafft wird!9. Damit ist dem Wirkungsfeld der relativen Unwirksamkeit der Boden entzogen20 ; Verfügungen des Konkursverwalters über Gegenstände, hinsichtlich derer der Gemeinschuldner sich obligatorisch gebunden, und der Gläubiger den zusätzlichen Rechtsbehelf der relativen Unwirksamkeit erwirkt hatte, sind voll wirksam 2!. Verfügungen dieser Art sind durch den Konkurszweck gerechtfertigt, begründen also insbesondere keine Schadensersatzpflicht der Masse, bzw. des Konkursverwalters22 . Der Gläubiger muß sich mit der Quote zufrieden geben.
IV. Ergebnis der haftungsrechtlichen Folgerungen Vergleicht man dieses Resultat: eine nur durch relative Unwirksamkeit gesicherte Obligation kann - gemessen an den Grundgedanken des Konkursrechtes - nicht konkursfest sein, mit der positiv-rechtlichen Regelung der §§ 13 und 24 KO, so erweist sich die Vormerkung, die nach einhelliger Ansicht ein Sicherungsbehelf für obligatorische Ansprüche ist und gemäß § 883 II BGB relative Unwirksamkeit bewirkt, als Fremdkörper im System der Vorzugsrechte. § 13 KO stellt demgegenüber im Rahmen der bisherigen Untersuchungen zurecht klar, daß der ausschließliche Sukzessionsschutz keine Privilegierung gegenüber den anderen obligatorisch Berechtigten begründen kann. Freilich darf daraus noch nicht der Schluß gezogen' werden, die Behandlung des Vormerkungsberechtigten widerspreche dem Gleich19 Weil dieses Warten auf die "Schicksalsgemeinschaft" Konkurs beschränkt ist, erscheint seine übertragung auf die beschränkte Gattungsschuld in RGZ 84, 125 ff.; dazu Medicus, BR, Rz. 256, zumindest problematisch, vgl. de Boor, Kollision von Forderungsrechten, S. 20 ff. 20 Vgl. Jaeger / Henckel, § 13, RZ.2 a. E. 21 Siehe aber unten § 2 V 4, wo diese Aussage modifiziert wird. 22 Vgl. Voß, LZ 10, 592; JherJB 60, 357.
IV. Ergebnis der haftungsrechtlichen Folgerungen
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behandlungsgebot; § 24 KO sei daher de lege ferenda abzuschaffen. Diese Aussage wäre erst dann gerechtfertigt, wenn es keine weiteren Unterscheidungskriterien zwischen Vormerkung und richterlichem Verfügungsverbot gäbe. Solche Kriter,ien zu finden, soll Aufgabe des nächsten Paragraphen sein.
§ 2. Die Besonderheiten der Vormerkung Die Vormerkung - in ihrer heutigen Gestalt ein Produkt erst der zweiten Kommission1 - ist wegen der ihr eigenen Vermischung von obligatorischen und dinglichen Elementen seit jeher als ein (im wahrsten Sinne des lateinischen Wortes) interessantes Phänomen angesehen worden. Sie sprengt aufgrund ihrer Zwitterstellung die sonst so klare Trennungslinie zwischen Obligation und dinglichem Recht2, indem sie einen obligatorischen Anspruch derart mit dinglichen Wirkungen versieht, daß eine Vereitelung seiner Erfüllung kaum mehr denkbar ist3 • Ist die Vormerkung demnach - gemessen an ihrer Effektivität als Sicherungsbehelf - vergleichbar mit den ebenfalls der Sicherung von Ansprüchen dienenden Grundpfandrechten, unterscheidet sie sich von ihnen darin, daß sie dem Vormerkungsberechtigten keinen eigenen (dinglichen) Anspruch gewährt4 • Wie beim richterlichen Verfügungsverbot ist Bezugs- und Ausgangspunkt für die Vormerkung nur das relative Band zwischen Gläubiger und Schuldner. Angesichts dieser wie auch der .im vorangegangenen Kapitel dargelegten Gemeinsamkeiten überrascht die in der praktischen Bedeutung und Häufigkeit dokumentierte Effektivität der Vormerkung, die im krassen Gegensatz zu der des richterlichen Verfügungsverbots steht. Sie gründet sich im wesentlichen auf die Besonderheit der §§ 883 II 2 BGB, 24 KO, die im Widerspruch zu dem oben5 erzielten Ergebnis, bloß auf relativer Unwirksamkeit basierende Sicherungsbehelfe könnten Verfügungen (d. h. Haftungsrealisierungen) des Konkursverwalters nichts anhaben, die Konkursbeständigkeit der Vormerkung normieren. Dieser Widerspruch ist aber nur ein scheinbarer, wenn sich herausstellt, daß der durch Vormerkung gesicherte Gläubiger aus dem Kreis der prinzipiell auf gleicher Stufe stehenden Konkursgläubiger herausSiehe Prot. zum BGB IIr, S. 107 ff.; 740 ff. Siehe nur Medicus, AcP 163, 1 f. 3 BGHZ 60, 50 f. spricht daher von einer materiellrechtlichen Vormerkungslage. 4 Das Fehlen eines dinglichen Anspruchs begründet das Fehlen absoluten Klagschutzes, Canaris, FG Flume, S. 382; de Boor, Gerichtsschutz, S. 24 FN 36. Der Terminus ,Vormerkungsgläubiger' ist daher verfänglich, weil er assoziativ den Hypothekengläubiger parallelisiert. Unbedenklich ist dagegen: Vormerkungsberechtigter. 1
2
5§IIII.
Einführung
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gehoben und daher vorzugswürdig ist. Dann gehört nämlich der geschuldete Gegenstand nicht in die Teilungsmasse; seine Veräußerung durch den Konkursverwalter wäre daher keine durch den Konkurszweck gerechtfertigte Haftungsrealisierung und könnte relativ unwirksamsein. Um diesen Nachweis geht es im folgenden. Eine Erklärung mit Hilfe der positiven Konkursordnungs-Normen ist nach der erläuterten Aufgabenstellung nicht möglich; daher dient als Ausgangspunkt eine weitere überlegung6 : Das Eigentum ist ein absolutes Herrschaftsrecht und ordnet die Sache dem Rechtsinhaber unmittelbar zu, ohne daß die Weggabe der Sache daran prinzipiell, § 986 BGB, etwas ändern würde. An diesen, von der Konkursordnung vorausgesetzten Eigentumsgehalt knüpft das Aussonderungsrecht des Eigentümers in § 43 K07 aufgrund der zutreffenden Wertung an, daß eine Verwertung zugunsten aller Gläubiger haftungs rechtlich nicht gerechtfertigt ist. Gläubigern haftet nur das Vermögen ihres Schuldners; andere in der Istmasse befindliche Gegenstände sind ihrem jeweiligen Inhaber zugeordnet. Eine obligatorische Forderung, die beispielsweise auf eine Sachleistung gerichtet ist, ordnet diese Sache dem Gläubiger noch nicht zu, sondern sie wirkt hinsichtlich der Sache nur gegenüber der Person des Scquldners8 • Sie vermitt(!lt keinen unmittelbaren Bezug zur geschuldeten Sache, sie bewirkt keine spezielle Zuordnung eines Gegenstandes zu dem Gläubiger. Aufgrund dieses Mangels kann die geschuld(!te Sache nach dem geltenden Vollstreckungsrecht ungehindert ihre Haftungsfunktion entfalten und im Konkurs als Wertobjekt der anteiligen Befr,iedigung dienen. Haftungsrechtlich genügt der Mangel an Sachbezug als Rechtfertigung dafür, daß der Gläubiger auf die Quote verwiesen wird. Nimmt man diese beiden entgegengesetzten und hinsichtlich ihrer konkursrechtlichen Behandlung eindeutigen Positionen als Endpunkte einer Typenreihe9 , so muß bei einem der Zwischenglieder - i. e. bei 6 Siehe bereits oben: Problemstellung. Diese überlegung bestimmte auch das "procedere" im Paragraphen 1. 7 Hahn, KO, S. 160. 8 Canaris, FG Flume, S. 373. 9 Canaris, ebd., S. 377 lehnt eine solche Denkfigur für das Verdinglichungsband zwischen Obligation und Pfandrecht unter Hinweis auf die Gefährdung des numerus-clausus-Prinzipes ab. Gegen eine Typenreihe von Vorzugsrechten spricht dies jedoch nicht, wobei der Terminus ,Vorzugsrecht' hier als Breviloquenz für jegliche Ansprüche von Gläubigern gegen die Istmasse, also auch die gerade nicht gesicherten Obligationen, dient. Denn bei ihr wird - wenn überhaupt: §§ 53 ff. KO - Dinglichkeit vorausgesetzt, nicht geschaffen. Die dem Typus eigene Variabilität der Merkmale, Leenen, S.34; Larenz, Methodenlehre, S. 454, drückt sich bei einer Typenreihe von Vor-
4 Paulus
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§ 2. Die Besonderheiten der Vormerkung
einem wie auch immer gesicherten Gläubiger - der Umschwung vom Geltungsbereich der par conditio in den bevorzugter Befriedigung erfolgen. Dabei braucht Voraussetzung einer entsprechenden Sicherung nicht unbedingt Dinglichkeit zu sein, denn auch ein schlichter, zur Aufrechnung berechtigter Geldgläubiger kann bevorzugte Befriedigung erlangen, wenn ihm nur aus der Istmasse ein bestimmter Gegenstand, genauer: eine gegen ihn gerichtete Forderung, als insolvenzrechtliches Haftungsobjekt zugewiesen ist. Die aufgerechnete Forderung ist der Sollmasse entzogen, der Gläubiger wird wie ein Absonderungsberechtigter behande}tlo. Doch ist bei Sachleistungsansprüchen - die allein in diesem Zusammenhang interessieren, und zu deren Sicherungsmöglichkeiten die Typenreihe Aufschluß geben soll - die erforderliche Zuweisung eines einzelnen Haftungsobjektes über eine Verdinglichung der Rechtspositionen zu erreichenl l , also etwa mit Hilfe von richterlichem Verfügungsverbot und Vormerkung. Gerade diese beiden Sicherungsbehelfe markieren nach dem positiven Konkursrecht besagten Umschwung12 : Eine durch richterliches Verfügungsverbot gesicherte Obligation wird im Gegensatz zu der durch Vormerkung gesicherten im Konkurs nicht bevorzugt. Anknüpfend an obige überlegungen läßt sich dem Gesetz die bei den Gesetzesredaktoren keineswegs einhellig befürwortete13 Wertung entnehmen, daß bei jener Obligation eine bevorzugte Befriedigung haftungsrechtlich noch nicht gerechtfertigt ist, bei dieser dagegen schon. Da der Themenbereich dieser Arbeit auf die Stelle beschränkt ist, die durch §§ 13, 24 KO auf der Typenreihe bestimmt ist, mag der Nachweis der Berechtigung im ganzen sowie der spezifischen Eigenheiten einer solchen Reihe auf sich beruhen. Die Möglichkeit dazu ließe sich leicht unter Hinweis auf einzelne Gruppen von Vorzugsrechten, wie z. B. § 49 I Ziff. 1, 3, 4 KO in Frage stellen; die normative Willkür, die sich frei von systematischer Bindung fühlt, führt zur Klage über den Konkurs des Konkurses 14 • Wenn man aber mit Larenz den Wert einer zugsrechten darin aus, daß ein Gläubigerrecht je nach Ausgestaltung vorzugswürdig sein kann, nicht aber darin, daß es dinglich trotz Fehlens dinglicher Merkmale sein kann. Dinglichen Rechten eignet zwar Konkursfestigkeit; konkursfest sind aber nicht nur dingliche Rechte. 10 RGZ 124, 8, 10; Stein, Grundriß, S. 435; Jaeger, Lehrbuch, S. 125; Pagenstecher / Grimm, S. 14. 11 Siehe oben § 1 I 4. 12 In der Kennzeichnung solcher Grenzfälle sieht Larenz, Methodenlehre, S.456, den Wert einer Typenreihe. 13 Mugdan IH, S. 133, 565. 14 Vgl. nur Hanisch, ZZP 90, 1; Kilger, KTS 75, 142; Serick, FG-KO, S.273 m.w.N. in FN7.
I. Sicherungswirkung
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Typenreihe darin sieht, daß sie Grenzfälle deutlich machen kann, mag es angehen, wenn die (in dieser Arbeit nicht problematisierten) einzelnen Glieder nur durch ihre charakteristischen Exponenten - also Pfandrecht beim Absonderungsrecht, Eigentum bei der Aussonderung 15 - repräsentiert werden. Die Typenreihe führt in der vorgeschlagenen Beschränkung somit von der ungesicherten, dem Schicksal des § 61 1 Ziff. 6 KO überantworteten Obligation über § 13 und § 24 KO zu den Aus- und Absonderungsrechten. Eine konkurs rechtlich bevorzugte Behandlung tritt nach dem Gesetz erst mit der Vormerkung - mit § 24 KO - ein, der demnach im Verhältnis zum richterlichen Verfügungsverbot, § 13 KO, eine zusätzlich zum Sukzessionsschutz der relativen Unwirksamkeit gewährte Besonderheit zuzukommen scheint, die auch die anderen Vorzugsrechte (grundsätzlich) auszeichnet. Um diese herauszuarbeiten, sollen zunächst die außerhalb des Insolvenzrechtes normierten Wertungen untersucht und anschließend mit Hilfe der erzielten Ergebnisse die Frage beantwortet werden, ob sie eine haftungsrechtliche Bevorzugung rechtfertigen.
I. Sicherungswirkung Die Unterteilung folgt einem üblichen Schema!, das bei der Vormerkung zwischen Sicherungs-, Rang- und Vollwirkung unterscheidet. Sie rechtfertigt sich aus der gesetzlichen Behandlung der Vormerkung, die im übrigen nur bruchstückhaft ist. So waren es insbesondere die Regelungslücken, Folge der späten und hastigen Ausformung der Vormerkung 2, die die um Einordnung bemühte Jurisprudenz seit je herausgefordert haben. Während heute zurecht fast durchweg der singuläre Mischcharakter anerkannt wird 3, wurde früher zur konstruktiven Erfassung der Vormerkung vorgeschlagen, sie sei Teil des Anspruchs 4 , ein qualifiziertes Verfügungsverbot5 oder ein bedingter Erfüllungs15 Diese Einteilung entspricht möglicherweise der gesetzlichen Intention von 1879; vgl. Hanisch, ebd., S.7; Henckel, FG Weber, S. 247 f. Interessant dazu die gemeinrechtliche Einteilung der Seperatisten ex iure crediti und ex iure dominii, siehe Völderndorff, Konkursordnung I, S. 112, 434 f.; Endemann, Konkursverfahren, S. 369 m. w. N. in FN 2. 1 Siehe etwa Baur, S. 178 ff.; Soergel / Baur, § 883, Rz. 28 ff. 2 Heck, § 47 I, 3, 4 m. N. 3 De Boor, Gerichtsschutz, S. 24 FN 36; Baur, S. 183; Larenz, Methodenlehre, S. 476 f. 4 Philipsen, S.47. 5 KG in KGJ 21, 289; ausdrücklich Schachian, S.74; H. W. Neumann, S. 19 ff.
4'
§ 2. Die Besonderheiten der Vormerkung
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anfang 6 oder gar der gesetzliche Ausgangspunkt für ein das Abstraktionsprinzip sprengendes Vermögensübertragungssystem7 • 1.§883IBGB
Wie auch immer die Vormerkung erklärt und die Lücken ausgefüllt werden mögen: Grundlage müssen die positiven Normen und die ihnen zugrundeliegende gesetzgeberische Wertung seins. Besonderes Interesse verdient § 883 I BGB, der die Aufgabe oder das Wesen der Vormerkung erläutert: nämlich, einen obligatorischen Anspruch zu sichern. Die Vormerkung verfährt dabei so, daß sie das jeder Obligation gewährte Bündel von Rechtsbehelfen um den weiteren, sonst dinglichen Ansprüchen vorbehaltenen Rechtsbehelf Sukzessionsschutz verstärkt; dagegen entsteht mit ihrer Eintragung nicht zugleich eine eigenständige, dingliche Rechtsposition9 • Nur dann wäre die Qualifikation der Vormerkung als dingliches Recht gerechtfertigtl°. Dagegen spricht zum einen der zwar begriffliche, nichtsdestoweniger aber zutreffende Hinweis, daß das Gesetz bei der Kennzeichnung eines dinglichen Rechts ansonsten - wie z. B. in §§ 95 I 2, 894 BGB - präzise verfährtl l . Zum anderen ermangelt es für eine solche Qualifikation an einem entsprechenden Bedürfnis: Unterstellt, bei der Vormerkung handele es sich um kein dingliches Recht, so wäre die Obligation mit Hilfe der §§ 883, 884 und 888 BGB hinreichend gesichert und ihre Erfüllung ebenso gewährleistet wie bei einem Schutz durch "dingliche Vormerkung"; ein von E. Wolf (S.391) angenommenes, dem obligatorischen Anspruch inhaltsgleiches, dingliches Recht hätte mit anderen Worten keine eigenständige Funktion12 • Andersherum wären die §§ 883, 884 BGB für E. Wolfs Vorschlag als selbstverständliche Folge eines dinglichen Schutzes überflüssig, und § 888 I BGB stünde als schwer erklärbare Sonderregelung des grundsätzlich einschlägigen § 894 BGB da. Darüber hinaus bedürfte es einer Rechtfertigung, warum § 886 BGB auf die gesicherte Obligation Bezug nimmt, die "entsprechenden" §§ 1169, 1254 BGB dagegen unmittelbar auf Hypothek, bzw. Pfandrecht. Die Zwitterstellung der Vormerkung bleibt also bestehen. Zum Schutz eines obligatorischen Bandes werden dingliche SicherungswirE. Fuchs, LZ 14, 152; Voß, JherJB 60, 361. Dulckeit, Verdinglichung, passim; zu weiteren Vorschlägen vgl. H. W. Neumann, S. 22. S Vgl. nur Kupisch, JZ 77, 486 ff. 9 Eine hiervon zu trennende Frage ist, ob ein Anspruch auf eine Vormerkung besteht, Wolff / Raiser, S. 158; a. A. Heck, § 47 IH 4. 10 So Wunner, NJW 69, 113 ff.; E. Wolf, S. 389 ff. 11 So Endemann schon 1900, Lehrbuch H, S. 250, FN 5. 12 Siehe auch Canaris, FG Flume, S. 391. 6 7
I. Sicherungswirkung
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kungen gewährt, die "dem künftigen Rechte die zunächst noch hohle äußere Form (verleihen) ... , damit es sich innerhalb dieser Form, geschützt gegen äußere Einflüsse, zum Voll recht entwickeln kann"13. Mit der Eintragung der Vormerkung ist noch keine Erfüllungshandlung i. S. d. § 362 BGB vollzogen, sondern nur der Garant für die künftige Voll7Jiehbarkeit dieser Handlungen gegeben. Der vormerkungsbetroffene Gegenstand steht demzufolge noch im Eigentum des Schuldners, der damit weiterhin nach Belieben verfahren kann. Diese Situation entspricht der beim richterlichen Verfügungsverbot; hier wie dort ist die Obligation den durch das Abtraktionsprinzip heraufbeschworenen Gefahren ausgesetzt, die mit Hilfe der Sicherungsbehelfe gemindert werden sollen, ohne den Schuldner in seinem rechtlichen Vermögen, insbesondere in seinen Eigentümerbefugnissen zu beschränken. Entsprechend dem beim richterlichen VerfügungsveI"bot festgestellten Befund liegt dem Gesetz folgende Interessenbewertung zugrunde: Es kann aufgrund einer durch das Abstraktionsprinzip ermöglichten doppelten Verpflichtung über dasselbe Recht eine Kollision von Naturalleistungsinteressen entstehen. Keinem der beiden Interessen ist ipso iure ein Vorrang eingeräumt: Der Rechtsinhaber ist in der Auswahl des von ihm mit der Primärleistung zu befriedigenden Gläubigers frei. An dieser Situation ändert sich dann, wenn der eine der beiden Gläubiger seinen Anspruch durch Vormerkung hat sichern lassen, insofern nichts, als der Rechtsinhaber auch hier zwei ob1igatorischen Ansprüchen ausgesetzt ist und infolge der ihm durch Gesetz gewährten Machtvollkommenheit in seiner rechtlichen Bewegungsfreiheit nicht weiter eingeschränkt ist. Nur kann - und das ist der besondere Effekt der Vormerkung - der geschützte Gläubiger grundsätzlich immer Erfüllung der Primärverpflichtung verlangen. Die Vormerkung sichert den Anspruch, indem sie das darin verrechtete Interesse entgegen dem Präventionsgrundsatz einem anderen, gleichgerichteten Interesse vorzieht und damit als vorrangig bewertet1 4. Die gesetzliche Lösung ist berechtigt, weil dem zweiten Gläubiger die Existenz des bereits bestehenden Anspruchs durch das Grundbuch erkennbar gemacht worden ist1 5 • Zwar reicht die bloße Erkennbarkeit eines Anspruchs ebensowenig wie positive Kenntnis, um die mit dem Abstraktionsprinzip intendierte Verkehrsfähigkeit von Vermögens13 So besonders plastisch: du Chesne, LZ 1911, 517; siehe auch Staudinger / Seufert, § 883, Rz.13; RGZ 129, 184, 186; BGHZ 60, 46, 49; Wolff / Raiser, S.164. 14 Vgl. oben § 1 II 2 d a. E. 15 Vgl. Heck, § 47 I 2.
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§ 2. Die Besonderheiten der Vormerkung
gegenständen einzuschränken; aber durch die grundbuchliche Verlautbarung wird die spezifische Sicherungswirkung der den Anspruch schützenden Vormerkung erkennbar 16 • Diese Erkennbarkeit eines durch Vormerkung gesicherten obligatorischen Anspruchs, die keine tatsächliche Einsichtnahme des Grundbuchs erfordert17, rechtfertigt die grundsätzliche18 Zurückdrängung der Interessen des Zweitgläubigers. Anders als bei der beim richterlichen Verfügungsverbot im Rahmen des § 13511 BGB anzuwendenden Interessenabwägung reicht diese institutionalisierte Verlautbarung, um einen redlichen Erwerb auszuschließen. Sie verleiht der geschützten Obligation die den Sachenrechten - wenigstens grundsätzlich - eigene Publizität19 und macht mit Hilfe der Eintragung eine dem § 13511 BGB entsprechende Kollisionsnorm überflüssig, weil eben Kenntnis der Vormerkung und damit der spezifischen Vormerkungswirkungen unterstellt werden kann. Das bedeutet, daß der Berechtigte mit Entstehung der Vormerkung 20 die Regelung des Gutglaubensschutzes nicht mehr zu fürchten braucht - im Gegensatz zu dem durch richterliches Verfügungsverbot gesicherten Gläubiger; ihn kann redlicher Erwerb um sein Primärerfüllungsinteresse bringen, da sein Sicherungsbehelf nicht erkennbar und daher von individueller Kenntnis abhängig ist. Die Untersuchung des § 883 I BGB hat ergeben: Obgleich die Vormerkung "nur" durch Verdinglichung einer Obligation wirkt und infolgedessen den dem Abstraktionsprinzip zugrunde liegenden Gedanken Rechnung tragen muß, wird das geschützte Individualinteresse grundsätzlich21 als vorrang,ig gegenüber gleichgerichteten Verkehrsinteressen bewertet. Deren generelle Benachteiligung rechtfertigt sich 16 Selbstverständlich genügt die Bezeichnung "Vormerkung" in Abteilung 2 bzw. 3 des Grundbuches; die weiteren Wirkungen sind dann über das Gesetz erkennbar. 17 RGZ 61, 195, 202. 18 Eine Ausnahme bildet die zu Unrecht gelöschte Vormerkung, siehe sogleich FN 21; sie bestätigt die Vergleichbarkeit mit dem richterlichen Verfügungsverbot. Das folgende gilt für den absoluten Regelfall, in dem die Vormerkung gegenüber jenem Verbot die Besonderheit der Erkennbarkeit aufweist. 19 Zum Publizitätsgrundsatz siehe oben § 1 11 2 a; zusätzlich Wieacker, Bodenrecht, S. 153 f.; Heck, § 48; auf die Publizität wird unten, § 2 V 3, zurückzukommen sein. 20 De iure ab Eintragung, vgl. nur Baur, S.178; de facto ab Bewilligung, da die h. M. auf diese Situation § 878 BGB entsprechend anwendet, Heck, § 47 111 3; BGHZ 33, 123, 129. 21 Anders nur, wenn die Vormerkung trotz bestehenden Anspruchs zu Unrecht gelöscht werden würde; dann wäre ein redlicher ,lastenfreier' Erwerb möglich; § 892 I 2 BGB; BGHZ 28, 182, 187; 60, 46, 50.
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Sicherungswirkung
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aus der Publizität des im Grundbuch eingetragenen Sicherungsbehelfs, der deswegen den Verkehrsteilnehmern als bekannt vorausgesetzt werden kann. Die in § 883 I 2 BGB normierte Vormerkbarkeit künftiger, bzw. bedingter Ansprüche stellt gegenüber dem richterlichen Verfügungsverbot keine für die Th€menste11ung dieser Arbeit bedeutsame Besonderheit dar; denn damit wird nur der Anwendungsbereich des Sicherungsbehelfs erweitert, nicht aber seine Wirkungsweise verstärkt22 • 2.§883ßBGB
Während § 883 I BGB die Aufgabe der Vormerkung festlegt, beschreibt Abs. II den Weg, auf dem deren Lösung erfolgt; nämlich: Unw,irksamkeit anspruchsvereitelnder oder -beeinträchtigender Verfügungen. Daraus folgt, daß di€ Schutzfunktion der Vormerkung 23 zunächst und nach der gesetzlichen Regelung auf Verfügungen des Vormerkungsbetroffenen beschränkt ist, daß mit der Vormerkung also wenigstens die rechtlich erfaßbaren Möglichkeiten des trotz obligatorischer Bindung weiterhin in seiner Eigentümerstellung unangetasteten Vormerkungsbetroffenen eing€schränkt werden24 • In dieser Aussage liegt ein Hinweis darauf, daß unter Unwirksamkeit im Sinne des § 883 II BGB relative Unwirksamkeit zu verstehen ist. Denn wenn der Schuldner nur obligatorisch gebunden ist, und die Vormerkung daran nichts ändert, muß die Beeinträchtigung der mit dem Abstraktionsprinzip gewährleisteten Vorzüge so gering als möglich gehalten werden; zumal die Vormerkung - wenigstens rechtlich - nichts weiter als die Erfüllbarkeit eines Individualanspruchs sichern will. Diese geringstmögliche Beeinträchtigung gewährleistet die relative Unwirksamkeit, die sich immer dann anbietet, wenn ein Naturalleistungskonflikt zugunsten eines Gläubigers entschieden werden so11 25 • Obgleich diese Rechtsfolge für § 883 II BGB allgemein anerkannt ist26 , soll sie im folgenden nochmals auf ihre Berechtigung hin untersucht werden. Zunächst ist die in § 883 II BGB angeordnete Rechtsfolge, nämlich Unwirksamkeit bestimmter Verfügungen, überhaupt erstaunlich, weil 22 Siehe dazu ausführlicher unten § 3 II 1 a. Zu dem Problem, ob die Erweiterung des Anwendungsbereiches in § 883 I 2 BGB auch für die im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes erlangte Vormerkung gilt und dadurch die ZPO-Regeln modifiziert, vgl. Staudinger/Seufert; § 885, Rz. 2 a, abwägend St-J-Grunsky, § 935 II 2; Erman/Westermann, § 885, Rz.5. 23 Siehe oben § 1 I 4. 24 Wunner, NJW 69, 115. 25 Siehe oben § 1 II 2 c. 28 Heck, § 47 II 5; Baur, S. 178 ff.; Beer, S. 138 ff.; Staudinger/Seufert, § 883, Rz.41.
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§ 2. Die Besonderheiten der Vormerkung
sie für die Fälle, in denen die Vormerkung aufgrund einer Bewilligung ins Grundbuch eingetragen worden ist, entgegen § 137 BGB ein rechtsgeschäftliches Verfügungsverbot - wenigstens im Ergebnis - zuläßt27 • Wie auch immer die ratio legis des § 137 BGB zu bestimmen sein mag 28 : ein Bruch in der Rechtfertigung des § 883 II BGB ist kaum zu umgehen. Es wäre eine formale Begründung, wenn man darauf verwiese, daß die Vormerkung nur die Verfügungsbefugnis beschränke, nicht aber die Verfügungsrnacht, und § 137 BGB schließe nur letztere aus29 • Dieses Argument rechtfertigt zwar die Annahme relativer Unwirksamkeit, weil diese Unwirksamkeit den Dritterwerber zum vollwertigen Rechtsinhaber werden läßt. Dadurch aber, daß redlicher Erwerb durch die Vormerkung ausgeschlossen ist und der Erwerber deswegen grundsätzlich dem gesicherten Gläubiger weichen muß, kommt die Vormerkung in ihrem materiellen Effekt einem von § 137 BGB für unwirksam erklärten Verfügungsverbot gleich30• Ob man diese Ausnahme des § 137 BGB entsprechend der in § 399 2. Alt. BGB normierten damit erklären kann, das geschützte Recht werde durch das Rechtsgeschäft zu einem unveräußerlichen31 , erscheint deswegen zweifelhaft, weil dadurch das obengenannte Postulat des geringstbelastenden Eingriffs mißachtet würde. überdies besteht zugunsten des durch Vormerkung gesicherten Gläubigers in der grundbuchlichen Verlautbarung ein Rechtsscheinträger, aufgrund dessen ein derart rigoroses Mittel - wie es die Aufhebung der Verkehrsfähigkeit ist - anders als bei dem Schutzbedürfnis des Forderungsgläubigers nicht erforderlich ist. Bei der Erfassung der in § 883 II BGB angeordneten Unwirksamkeitsart fällt die entsprechende Formulierung des § 161 I BGB auf, die ebenfalls den Konkursverwalter in Satz 2 erfaßt32 • Dort gilt als Rechtsfolge verbotswidriger Verfügungen schwebende Unwirksamkeit bis 27 Dies gilt unabhängig davon, ob man die Bewilligung als materiellrechtliche Entstehungsvoraussetzung genügen läßt, so z. B. Baur, S. 177, oder ob ein besonderes dingliches Rechtsgeschäft gefordert wird, so Heck, § 47 III 3. 28 Siehe dazu nur Mayer-Maly in MüKo, § 137 Rz. 2 ff. mit umfangreichen Nachweisen. 29 Daß § 137 BGB eine Verfügungsbeschränkung anordnet, vgl. nur Larenz,
AT, S.291.
30 Zwar wird das "beanspruchte" Grundstücksrecht zu keiner res extra commercium und führt zu keiner Grundbuchsperre; doch wird der Erwerb des Dritten, wenn überhaupt ein Dritter zu erwerben bereit sein wird, Baur, S. 179, nur von kurzer Dauer sein - nämlich bis zur Eintragung des gesicherten Gläubigers. 31 Siehe zu § 399 R. Liebs, AcP 175, 1,7; U. Huber, NJW 67, 1905; BGHZ 56, 228; zu diesem Urteil Jakobs, JuS 73, 152. 32 Kupisch, JZ 77, 488 ff.
1. Sicherungswirkung
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zum Bedingungseintritt33 ; also eine Unwirksamkeitsart, die in stärkerem Maße die Interessen des Geschützten wahrt. Auf diese schwebende Unwirksamkeit kann sich nämlich - anders als auf die relative jedermann berufen34 • Doch brauchen die Rechtsfolgen bloß wegen gleichen Wortlauts nicht indentisch zu sein; entscheidend dafür ist eine gleiche Ausgangsposition und Interessenbewertung. Ausgangsposition für den Schutz des § 161 I BGB ist, daß der Schuldner bereits zugunsten des Gläubigers - wenn auch bedingt - verfügt, d. h. Erfüllungshandlungen vorgenommen hat35 • Das Verhältnis des Gläubigers zu dem bedingt verfügten Gegenstand beschränkt sich also nicht auf das nur mittelbar wirkende relative Band zwischen Gläubiger und Schuldner, sondern besteht in einer unmittelbaren Zuordnung 36 , deren volle rechtliche Konsequenz bzw. Bestandskraft allerdings noch vom Eintritt eines ungewissen künftigen Ereignisses abhängt. Diese "Lösung" von der Obligation rechtfertigt die Annahme einer stärker geschützten Rechtsposition, nämlich der Anwartschaft, und findet ihren Ausdruck in der schwebenden Unwirksamkeit entgegenstehender Verfügungen bis zum Bedingungseintritt37 • Demgegenüber ist bei der Vormerkung der durch § 883 II BGB gewährte Schutz nicht von der Vornahme irgendwelcher Erfüllungshandlungen abhängig gemacht; er wirkt vielmehr auch zugunsten einer bloß obligatorischen Rechtsposition. Zwischen § 161 I und § 883 II BGB bestehen also hinsichtlich der Ausgangsposition Unterschiede; hinsichtlich der beiden Normen zugrundeliegenden Interessenbewertung gilt Folgendes: Die schwebende Unwirksamkeit zeichnet sich, wie § 161 BGB und den weiteren Anwendungsfällen zu entnehmen ist, dadurch aus, daß die auf diese Weise zu schützenden Belange oder Interessen - gemessen an der ausschließlich Individualinteressen schützenden relativen Unwirksamkeit - ein stärkeres und weiteres Allgemeininteresse vertreten38 • Besonders auffällig ist dies bei dem Minderjährigenschutz in § 108 I BGB, gilt aber 33 Sofern. überhaupt behandelt, allg. A., z. B. Mayer-Maly, MüKo, § 135, RZ.13. 34 Zu weiteren Unterschieden vgl. Beer, S. 40 f., 66 ff., 179 f. 35 Für den praktisch wichtigsten Fall des Kaufs unter Eigentumsvorbehalt vgl. Serick I, S. 121 ff. 36 Dies nimmt Wunner, NJW 69, 113, 115 für die Vormerkung an. 37 Danach erfolgte Verfügungen sind absolut unwirksam, da sie ein Nichtberechtigter vorgenommen hat; infolgedessen können sie nur mehr durch Redlichkeit des Erwerbs i. S. d. §§ 892, 932 ff. BGB, nicht mehr i. S. d. § 161 111 BGB zu wirksamen Erwerb führen; h. M., vgl. nur H. P. Westermann in MüKo, § 161, Rz. 7 f. 38 Siehe nur Beer, S.68; dort auch detaillierte Ausführungen zu diesem hier nur beiläufig zu behandelnden Problem.
§ 2. Die Besonderheiten der Vormerkung
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auch für das Vertrauen in das Institut der Stellvertretung bei § 177 BGB und die Wahrung der rechtlichen Güterzuordnung bei § 161 BGB. Um daher die in § 88311 BGB angeordnete Unwirksamkeit erfassen zu können, muß eine Antwort auf die Frage gefunden werden, ob es vergleichbare Allgemeininteressen bei Verfügungen des Vormerkungsbetroffenen zu wahren gibt, oder ob sich der Schutz nur auf das private Geschäftsinteresse des Gläubigers beschränkt. Als Gemeininteresse drängt sich die herausragende Bedeutung des Grundbuches im Immobiliar-Sachenrecht auf; diese aufrechtzuerhalten, könnte (auch:) Aufgabe des § 88311 BGB sein. Allerdings wäre dazu die Normierung eines gesetzlichen Verbotes mit der Folge der Nichtigkeit, § 134 BGB, angemessen gewesen, weil das den wirksamsten Schutz dieses allgemeinen Wertes dargestellt hätte. Das Gesetz hat aber auf solch ein rigoroses Mittel verzichtet. Für eine schwebende Unwirksamkeit als Rechtsfolge des § 883 11 BGB wäre nach dem oben Gesagten Voraussetzung, daß das durch die Vormerkung gesicherte Individualinteresse gleichsam als Repräsentant des überdies zu schützenden Allgemeininteresses, also der durch das Grundbuch gewährleisteten Klarheit und Offenkundigkeit der Immobiliar-Rechtsverhältnisse, fungierte. Diese Besonderheit gilt bei dem durch einen Minderjährigen gemäß § 108 I BGB vorgenommenen Rechtsgeschäft ebenso wie bei § 161 I BGB, wo das Interesse des bedingt Berechtigten - gerade wegen des Gläubigerinteresses an der dinglichen Zuordnung - ein Allgemeininteresse manifestiert. Anders dagegen bei der Vormerkung und dem mit ihrer Hilfe gewährleisteten Schutz: sie bedienen sich einer bestehenden Rechtseinrichtung 39 des Grundbuches -, deren Wahrung und Funktionserhalt unabhängig ist von der Existenz eines gesicherten Anspruchs. Dies rechtfertigt die Annahme, daß mit der in § 883 11 BGB angeordneten Unwirksamkeit kein zusätzlicher Schutz der Grundbuch-Einrichtung verbunden ist. Weitere Folge dessen ist, daß relative Unwirksamkeit anzunehmen ist. Doch bevor dieser Schluß gezogen wird, bedarf im Hinblick auf ein eventuelles Allgemeininteresse der Umstand näherer Beachtung, daß der Gläubiger eines Anspruchs auf Rechtsänderung im Grundstücksbereich nach allgemeiner Ansicht 40 besonders schutzbedürftig ist. Immerhin könnte diese Schutzbedürftigkeit über das individuelle Geschäftsinteresse hinausreichen. Genannt wird die z. T. erhebliche Wartezeit bis zur Eintragung des Vollrechts, während derer der Anspruch des Gläubigers z. B. trotz 39 40
OLG München, NJW 63, 303 Siehe nur Mugdan UI, S. 132 ff.; Locher, AcP 148, 3, 8 ff.; Beer, S.139.
I.
Sicherungswirkung
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erklärter Einigung oder Auflassung durch redlichen Erwerb vereitelt werden kann 41 • Die darin liegende Gefährdung verdeutlicht das oben Gesagte, daß die Vormerkung, bzw. ihre Wirkung nicht zum Schutz der Grundbuch-Einrichtung bestimmt ist, sondern vielmehr einen Schutz vor den in dieser Einrichtung begründeten Gefahren bietet42 • Eine Begründung für ein Allgemeininteresse vermag diese Gefährdung jedoch nicht zu rechtfertigen: Denn bei einem Rechtsverlust durch redlichen Erwerb prallen immer zwei Individualinteressen aufeinander, deren Bedeutung nicht dadurch verallgemeinert wird, daß dem einen Interesse ein Vorrang eingeräumt wird. Rimmelspacher nennt drei weitere Gründe43 , die das Sicherungsbedürfnis des Grundstückserwerbers als besonders groß erscheinen lassen: die durch § 92511 BGB ausgeschlossene Möglichkeit eines Verkaufs unter Eigentumsvorbehalt44 , das Ausstehen einer gerade im Grundstücksverkehr erforderlichen behördlichen Genehmigung (Rimmelspacher nennt als Beispiel die grunderwerbssteuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes) und die Möglichkeit, Grundstücksparzellen bereits vor Anlegung eines eigenen Grundbuchblattes zu verkaufen. In all diesen Fällen führt die Eintragung einer Vormerkung 45 zur Sicherung des betroffenen Anspruchs. Auf diese Weise wird dem Grundstücksverkehr ermöglicht, rein obligatorische Ansprüche schon frühzeitig zu sichern. Auch im zweiten Fall, der von der Struktur her (bedingter Schuldvertrag) im allgemeinen keine Unterschiede zum ersten Fall aufweisen wird, besteht nur ein relatives Band zwischen Gläubiger und Schuldner und unterscheidet sich darin grundsätzlich von der Situation des § 161 I BGB, obgleich im übrigen das Ausstehen einer behördlichen Genehmigung einen typischen Anwendungsfall bedingter Verfügungen abgibt46 • Dieser Unterschied verhindert hinsichtlich des Vorliegens eines Allgemeininteresses eine gleiche rechtliche Beurteilung, da eine Obligation noch keine Vermögenszuordnung bewirkt. Aber auch abgesehen davon geben die von Rimmelspacher genannten Hinweise keine hinreichend konturierten - und das heißt: zu rechtlichen Prinzipien erhobenen - Gründe für die Annahme eines Allgemeininteresses ab. Der Schutz bedingter Vermögenszuordnung ist gewichtiger als der für die Ermöglichung bedingter Zuordnung; und mit dem Minderjährigenschutz ist· die Notwendigkeit für 41 42 43
Siehe FN 40. §§ 891, 892 f BGB; OLG München, NJW 63, 303. In: Kreditsicherungsrecht, 1980, S. 126, Rz. 643.
44 Anstelle dessen wird ein bedingter Kausalvertrag geschlossen. Weitere Umgehungsmöglichkeiten dieses ,handicaps' bringt Baur, S. 193. 45 Im 3. Fall in das Blatt des noch ungeteilten Grundstückes. 48 Siehe nur Collier, S. 126 ff.
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§
2. Die Besonderheiten der Vormerkung
einen möglichen Schutz der Interessen des Finanzamtes nicht vergleichbar. Für ein gegebenenfalls zu schützendes Allgemeininteresse kommt daher allenfalls das wirtschaftliche Bedürfnis in Frage, das auf dem Grundstücksmarkt beträchtlich und evident ist. Diesem Bedürfnis müßte ein ähnlicher rechtlicher Stellenwert wie etwa dem Minderjährigenschutz oder dem Vertrauen in die Güterzuordnung zukommen, wollte es zum Allgemeininteresse avancieren . .Tp.doch liegen wirtschaftliche Interessen dem gesamten Vermögensrecht zugrunde. Sie können als gemeinsamer Faktor - zumindest bei diesem Problem - unberücksichtigt bleiben 47 . Solange sich ein entsprechendes Bedürfnis nicht zu einem rechtlichen Prinzip verdichtet hat, sind die wirtschaftlichen Interessen grundsätzlich dem Individualinteresse zu- und untergeordnet. Für die Unwirksamkeit in § 883 II BGB bedeutet das, daß sie ausschließlich einen Individualanspruch zu schützen bestimmt ist. Dessen Erfüllbarkeit soll entgegen dem durch das Abstraktionsprinzip bedingten Normalverlauf trotz anderweitiger Verfügungen garantiert werden. Ein solcher Eingriff in den Normalverlauf zugunsten eines (als Anspruch rechtlich operationabel gemachten) Individualinteresses darf, um die mit dem Abstraktionsprinzip intendierten Vorzüge nicht über Gebühr zu beschränken, nur so gering als unbedingt erforderlich ausfallen: Dafür besteht im breiten Fächer der durch das Gesetz angebotenen Unwirksamkeitsarten die relative Unwirksamkeit. Damit ist die einhellige Ansicht bestätigt, § 883 II BGB bewirke relative Unwirksamkeit, ohne daß der § 888 I BGB48 zu Hilfe genommen wurde. Diese Norm gewährt dem durch Vormerkung geschützten Gläubiger im Fall verbotswidriger Verfügung einen unselbständigen Hilfsanspruch49 , aufgrund dessen der dritte Erwerber zur Mitwirkung bei den vom vormerkungsbetroffenen Schuldner vorzunehmenden Ver47 Eine andere, erst weiter unten, § 3 III, zu behandelnde Frage ist, ob das wirtschaftliche Interesse im Grundstücksverkehr eine gegenüber dem richterlichen Verfügungsverbot bevorzugte Behandlung im Konkurs erfordert. 48 Der für eine relative Unwirksamkeit zu sprechen scheint; siehe Locher, AcP 148, 43 f.; so eindeutig wie Baur, S. 178, diesen Wortlaut hält, ist er freilich nicht. Baur fügt nämlich entgegen dem Gesetzeswortlaut das Wörtchen "nur" ein und verstellt damit den Blick auf die Möglichkeit, daß sich die in § 888 I BGB ausgesprochene Beschränkung auf den objektiven Umfang der verbotswidrigen Verfügung bezieht, etwa so, daß der Anspruch gemäß § 888 I BGB nur insoweit entsteht, als die verbotswidrige Verfügung die geschützte beeinträchtigt oder vereitelt, § 883 II BGB. Bei dieser Auslegung ist nichts darüber gesagt, wer sich auf die Unwirksamkeit berufen darf und wem gegenüber sie besteht. 49 Siehe nur Locher, AcP 148, 43; Staudinger/Seufert, § 888 4 b; Palandt! Bassenge, § 888 3 a; BGHZ 49, 263.
I. Sicherungswirkung
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schaffungshandiungen50verpflichtet ist. Die rechtliche Bedeutung dieses Anspruchs ist umstritten. Sie kann als materiellrechtlichesErfordernis verstanden werden, daß der eingetragene Dritte als Rechtsinhaber dem materiellen Rechtsgeschäft zwischen Gläubiger und Schuldner (z. B. der Auflassung) zuzustimmen habe; rechtstechnisch wäre dies die Zustimmung zur Verfügung eines Nichtberechtigten51 • Die Alternative zu dieser Ansicht ist das Verständnis eines wegen der §§ 19, 39 GBO erforderlichen, formellrechtlichen Anspruchs52 . Die Qualifikation dieses Anspruchs richtet sich notwendig nach der Beurteilung der relativen Unwirksamkeit, da deren Rechtsfolgen mit Hilfe dieses Anspruchs beseitigt werden sollen. So ist die erstgenannte Ansicht notwendige Konsequenz dessen, daß sie - allgemein für die Fälle gesprochen, in denen relative Unwirksamkeit Reaktion auf verbotswidr,ige Verfügungen ist - den Verbotsbetroffenen nach verbotswidriger Verfügung als Nichtberechtigten hinsichtlich des veräußerten Rechtes ansieht. Nimmt er dennoch die von ihm geschuldeten rechtsgeschäftlichen Erfüllungshandlungen vor, bedarf es zu deren Wirksamkeit der Zustimmung des allein verfügungsberechtigten Dritten. Dessen relativ unwirksamer Erwerb bewirkt zugunsten des Geschützten, daß ihm ein Anspruch auf Abgabe dieser Zustimmungserklärung zusteht - § 888 I BGB53. Das Ergebnis entspricht den der relativen Unwirksamkeit zugrunde liegenden Wertungen, gibt diese aber in der Konstruktion verfälscht wieder 54 • Wenn nämlich der Verbotsbetroffene weiterhin zur Primärleistung verpflichtet und gemäß dem Zweck der relativen Unwirksamkeit trotz anderweitiger Verfügung dazu in der Lage bleibt, ist seine Funktion mit der rechtlichen Kategorie des Nichtberechtigten nicht erfaßt. Denn ihm als dem Verpflichteten (und weiterhin Befähigten) obliegt die Herbeiführung des Leistungserfolgs mit Hilfe der notwendigen Handlungen; nicht aber dem Dritten durch seine Zustimmung. Andererseits ist die Rolle des Dritten unzulänglich konstruiert: Die zutreffende Zubilligung des ausschließlichen Eigentums wird über Bedarf durch einen materiellrechtlich verstandenen Anspruch eingeschränkt. Auf diese Weise rückt die relative Unwirksamkeit nämlich in unmittelbare Nachbarschaft der Schuldübernahme, da die Wirksamkeit des Erwerbs des Geschützten ausschließlich von der - gemäß 50 Vgl. nur Protokolle zum BGB 111, S.746. Vgl. Knoke, S. 419 ff.; Strohal, S.59, FN 125; Staudinger/Seufert, § 8884 b. 52 H. M. Weimar, MDR 66, 33; Westermann, S.424; Baur, S.179; Palandtl Bassenge, § 888 3 a; Kollhosser, JA 79, 65; BGHZ 49, 263; BGH JZ 80, 234. 63 So Knoke, ebda; Staudinger/Seufert, § 88348; ähnlich Beer, S.157, 171. 54 Vgl. schon oben § 1 11 3. 51
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§ 2. Die Besonderheiten der Vormerkung
§ 894 ZPO durch rechtskräftiges Urteil ersetzbaren - Willenserklärung des Dritten abhängt 55 • Die Analyse der der relativen Unwirksamkeit zugrunde liegenden Wertungen hat gezeigt, daß die entscheidende Bedeutung für den Rechtserwerb des Geschützten dem Verbotsbetroffenen als Schuldner zukommt, nicht dagegen dem Dritten. Dessen Rechtserwerb soll nur über seinen Schuldner - wenn auch ausschließlich zugunsten des Geschützten - angetastet werden können. Aus dem Voranstehenden in Verbindung mit den Erörterungen des ersten Paragraphen folgt, daß dem Anspruch aus § 888 I BGB keine materiellrechtliche Bedeutung zukommen kann. Nichtsdestoweniger bedarf es einer Erklärung, warum dem Geschützten überhaupt ein wenn auch formell-rechtlicher - Anspruch gewährt wird. Gäbe es § 888 I BGB nicht, wäre der Vormerkungsbetroffene verpflichtet und wegen der relativen Unwirksamkeit der anspruchsbeeinträchtigenden Verfügung befähigt, die grundbuchrechtlich erforderliche Bewilligung zugunsten des Geschützten zu erwirken. Dem Geschützten entstünde daraus kein weiterer Nachteil, doch wäre der Wirkungsbereich der relativen Unwirksamkeit erweitert. Indem sie nämlich die Erfüllbarkeit des geschützten Anspruchs garantieren soll, beeinflußt sie die materielle Rechtslage - eben dadurch, daß sie bei dem Vormerkungsbetroffenen die übereignungszuständigkeit beläßt. Auf diese Weise wird - konstruktiv - die verbotswidrige Verfügung ignoriert und der Vormerkungsbetroffene kann weiterhin seiner Primärverpflichtung nachkommen. Stehen dem jedoch formell-rechtliche Hindernisse, § 19 GBO, entgegen, bedarf es über den durch die relative Unwirksamkeit gewährten Rechtsbehelf hinaus weiterer - speziell diese Hindernisse meisternde - Rechtsbehelfe; deren Ausübungsbefugnis muß eigens zugeteilt werden - wie es eben in § 888 I geschieht58 • 55 Angesichts dessen erscheint es entgegen der durch die relative Unwirksamkeit geforderten Wertung - als überflüssiges, konstruktives Erfordernis, den Geschützten an den Verbotsbetroffenen zu verweisen, wo doch der eigentliche Rechtserwerb durch den Dritten bewirkt wird. Die dadurch wenigstens dem Ergebnis nach erzielte Schuldübernahme schmälert den Wert des insbesondere von Beer vorgeschlagenen, gemischt schuldrechtlich-dinglichen Absicherungsrechtes, S. 152 ff.; auf S. 148 schließt Beer andererseits zurecht - die Übertragbarkeit der Schuldübernahme auf die relative Unwirksamkeit aus. 56 Ob der in § 888 I BGB gewährte Anspruch lediglich ein dem "Anspruch" des Versprechensempfängers entsprechender Rechtsbehelf ist, ohne eigene Rechtsposition, soll hier nicht näher erörtert werden. Dafür spricht allerdings seine Charakterisierung als unselbständiger, d. h. nicht selbständig abtretbarer, vgl. RG JW 27, 1414; Staudinger/Seufert, § 8884 b; Jürgen F. Baur, JZ 67, 439. Für die hier vertretene Ansicht von der relativen Unwirksamkeit und deren konstruktiver Bewältigung bedeutet § 888 II BGB: Der durch Verfügungsverbot Geschützte erhält diesen Anspruch als notwendige Ergänzung; keinesfalls indiziert er eine materiell-rechtlich ausgerichtete Sonderbeziehung zu dem Dritten.
11. Vollwirkung
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Das Ergebnis der Untersuchung, auf welche Art die Vormerkung den Schutz des gesicherten Anspruchs bewirkt, ist also: Die in § 883 II BGB angeordnete Unwirksamkeit ist eine relative und erhält als formell-rechtlich notwendige Ergänzung57 den Hilfsanspruch des § 888 I BGB. 11. Vollwirkung
Die große praktische Bedeutung der Vormerkung auf dem Immobilien-Markt gründet sich nicht nur auf die soeben dargestellte eigentliche Sicherungswirkung. V.ielmehr reicht der dem Anspruch gewährte Schutz über die negativ wirkende Abwehr verbotswidriger Verfügungen hinaus, so daß es bei einigen Normen gerechtfertigt erscheint, positiv - von einer Vollwirkung der Vormerkung zu sprechen, d. h. von einer Wirkung, die die Vormerkung mit dem unter ihrem Schutz angestrebten dinglichen Recht gemeinsam hat1 • Solche Normen finden sich nicht nur im BGB, sondern auch im Recht der Singular- und Generalexekution, wobei gerade § 24 KO das herausragende Beispiel für die Vollwirkung ist. Die folgenden Untersuchungen werden sich dennoch nicht mit allen Vorschriften befassen, die eine Aussage über die Vormerkung enthalten; hinsichtlich der oben formulierten Fragestellung, ob dem durch Vormerkung geschützten Anspruch zurecht Konkursbeständigkeit eignet, sind nämlich primär die Normen interessant, die die Rechtsposition des geschützten Gläubigers "verstärken", im Gegensatz zu denen, die die Vormerkung lediglich gegenüber Dritten gleich dem Vollrecht behandeln (vgl. z. B. § 439 II 2 BGB). 1. Insolvenzrecht 2, § 24 KO
Dieser Paragraph bewirkt zugunsten des durch Vormerkung gesicherten Gläubigers, daß sein Anspruch trotz EröffnungS des Konkurs57 Siehe neben den in § 2 I 2 FN 52 Genannten noch Roloff, NJW 68, 484 ff.; Canaris, JuS 69,82; grundsätzlich auch J. Baur, JZ 67,439. 1 Dieses Unterscheidungskriterium: negative, positive Wirkung, dient häufig der Kennzeichnung der besonderen Stellung eines durch Vormerkung geschützten Gläubigers im Gegensatz zu dem durch relatives Verfügungsverbot geschützten, siehe oben § 1 11 2 c und auch RGZ 113, 409; 151, 393; BöhleStamschräder, § 24,1 anders Wolff/Raiser, S. 164; die die Vormerkung als ein negatives Herrschaftsrecht bezeichnen, bzw. Kohler, Lehrbuch, S. 158, der auch dem relativen Verfügungsverbot positive Wirkungen zuschreibt. 2 Siehe dazu Weimar, WM 63, 278 ff.; Haegele, KTS 68, 161 ff.; Knöchlein, DNotZ 59, 10 ff. S Die im westdeutschen Raum zunehmende Bedeutung des Sequestrationsverfahrens, durch dessen Anordnung die Wirkungen des Konkursbeschlages vor den eigentlichen Konkurs-Eröffnungsbeschluß gezogen werden, bleibt in
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§
2. Die Besonderheiten der Vormerkung
verfahrens über das Vermögen des Schuldners das Schicksal der ungesicherten Obligationen nicht teilt, sondern weiterhin erfüllt werden muß. Er gilt aus diesem Grunde als der deutlichste Hinweis auf die verdinglichende Kraft der Vormerkung 4 • Da sich dieses Kapitel insgesamt auf die Frage nach der materiellen Berechtigung des § 24 KO ausrichtet, darf dessen Wirkung hier - wo es um die Voraussetzungen dieser Berechtigung geht - nicht berücksichtigt werden; andernfalls erschiene das zu Beweisende auf beiden Seiten der Gleichung. Daher beschränken sich die folgenden Ausführungen auf wenige, allgemeine Hinweise, die für das bessere Verständnis der Erörterungen über das richterliche Verfügungsverbot erforderlich sind. Die systematische Stellung des § 24 KO - hinter § 17 KO - legt es nahe, in dieser Vorschrift eine Ausnahme von dem dem Konkursverwalter grundsätzlich zustehenden Wahlrecht zu sehen5 ; da die Vormerkung aber ebensogut Ansprüche sichert, deren Entstehung nicht auf einem gegenseitig verpflichtenden Vertrag beruht, sondern etwa auf Vermächtnis oder Schenkungsversprechen, geht die Bedeutung des § 24 KO über die Fixierung synallagmatischer Verpflichtungen im Konkurs hinaus6• Insofern tr,ifft die Titelüberschrift: "Erfüllung der Rechtsgeschäfte" eine exaktere Einordnung. Sie weist überdies auf die nur sichernde Bedeutung der Vormerkung hin - ein Aspekt, der verdeckt wird durch die unglückliche, systematische Stellung des § 13 KO, welcher nur auf die Blankettnormen der §§ 135, 136 BGB Bezug nimmt und dadurch den Sicherungszweck der materialen Auffüllungsnormen vernachlässigt7 • dieser Arbeit unberücksichtigt; die Vorverlagerung der Wirkungen ist nämlich unerheblich für die Frage nach der Berechtigung einzelner Wirkungen. Zu diesem Verfahren: Verfahren "Kölner Prägung" Berges, KTS 1960, 11; Kilger KO-FG, S. 189 H.; Gerhardt, FG-Flume, S. 538 ff. 4 Siehe nur Baur, S.180; Canaris, FG-Flume, S.38l. 5 Vgl. z. B. Schönke/Baur, S.288. 6 Siehe auch Mohrbutter/Haarmann, S.137; sofern der gesicherte Anspruch auf einem gegenseitig verpflichtenden, beiderseitig noch nicht vollständig erfüllten Vertrag beruht, ist § 24 KO mehr noch als § 17 KO die Verwirklichung des § 320 BGB im Konkurs, da kein Wahlrecht besteht. Der Konkursverwalter kann natürlich noch ausstehende, fällige Ansprüche des Gemeinschuldners geltend machen. 7 Siehe dazu noch unten § 3 II vor l. Aus der Titelüberschrift ergibt sich aber noch ein weiteres: Es fällt auf, daß der Gesetzgeber trotz der bewußt vorgenommenen Angleichung der Wirkungen von Vormerkung und bedingter Berechtigung, Mugdan III, S. 564, keine dem § 24 KO entsprechende Korrespondenznorm für den Anwärter aufgestellt hat. Dieses Schweigen des Gesetzes führt zu dem umstrittenen Problem, ob der Vqrbehaltskäufer im Konkurs des Verkäufers nach Zahlung der ausstehenden Restraten aussondern kann, oder ob dem Konkursverwalter die Wahlmöglichkeit des § 17 KO bleibt; zum Meinungsstand Serick I, S. 354 ff.; ders. in FG-KO, S. 286 f.; BöhleStamschräder; § 17 3 b; Mentzel/Kuhn/Uhlenbruck, § 17, Rz.18; Häsemeyer,
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Nachdem der Gesetzgeber in der ihm zustehenden, aber keineswegs einhellig getroffenen8 und mit dem Hinweis auf den Zweck der Vormerkung nur mühsam begründeten9 Entscheidung die Konkursfestigkeit der Vormerkung in § 24 KO statuiert hatte, war es nur konsequent, diese Vollwirkung auf das gesamte Insolvenzrecht auszudehnen. Die KTS 73,12 ff. Für die Richtigkeit der erstgenannten Ansicht spricht folgendes "historisches" Argument: Das Schweigen ist kein Versehen des Gesetzgebers, wie die Erörterungen in den Motiven, I, S. 258 ff., zeigen. Insbesondere die fehlende Schutzmöglichkeit des Anwärters - etwa analog § 772 ZPO - im Falle eines Vollstreckungszugriffs auf die noch beim Verkäufer liegende Sache wird ausführlich damit begründet, daß andernfalls Gegenstände durch kurzfristige, bedingte Weggabe - beliebig dem Vollstreckungszugriff entzogen werden könnten, S. 260. Für den Erwerbswillen eines Anwärters bedeutete dies jedoch keinesfalls automatischen Verlust seines Rechtes - zumindest nicht bis 1913, als Stein's grundlegendes Buch "Grundfragen der Zwangsvollstreckung" erschien, bzw. bis zum 28.5.1935, als eine Änderung des GVG die in RGZ 156, 395 vollzogene, mühelose Wendung der höchstrichterlichen Praxis hinsichtlich des Eigentumserwerbs aus Zwangsversteigerungen ermöglicht hatte, siehe dazu G. Paulus, FG Nipperdey, 922 ff.; G. Huber, S. 11 ff. und passim. Da der Erwerb des Ersteigers nämlich in den Bahnen des bürgerlichen Rechtes - und zwar derivativ - erfolgte, war er im Moment des Bedingungseintritts absolut unwirksam, Mot. I, S. 260 - mangelnde Redlichkeit des Erwerbers vorausgesetzt. Ähnlich verhielt es sich mit der konkursrechtlichen Behandlung, die aufgrund der BGB-Regelung überflüssig erschien, Mugdan I, 496: "Die Gebundenheit des bedingt Verpflichteten wirkt auch im Konkurse". Der Vorbehaltsverkäufer hat schon alle Erfüllungshandlungen vorgenommen, die damit bezweckte rechtliche Zuordnung der Kaufsache zum Vermögen des Käufers hängt nurmehr vom Eintritt der Bedingung ab, vgl. oben § 2 I 2. Indem § 161 12 BGB den Konkursverwalter erwähnt, sind - nach Ansicht des Gesetzgebers - die von ihm vorgenommenen Verfügungen bürgerlich-rechtlicher Natur und werden hinsichtlich des bedingt verfügten Rechtes absolut unwirksam mit Bedingungseintritt, vgl. v. Tuhr 112, S. 302 ff. Einer dem § 24 KO entsprechenden Korrespondenznorm bedurfte es daher nicht. Sind die gesetzgeberischen überlegungen zur privatrechtlichen Natur der Konkursverwalter-Verfügungen wenigstens für § 127 I KO unzeitgemäß, vgl. Jaeger/Weber, § 127, Rz. 11, 16, verdienen die implizite mitenthaltenen Ansichten zur Erfüllung nach wie vor Beachtung. Betrachtet man nämlich die Vornahme der Erfüllungshandlungen als ausreichend, um die Wahlmöglichkeit des Konkursverwalters auszuschalten, vgl. auch Mugdan 1,497, erreicht man auch im Konkurs den Schutz der wirtschaftlichen Bedeutung, die in der Einzel-Zwangsvollstreckung zur Gewährung der Drittwiderspruchsklage des Anwärters geführt hat, siehe nur Baumbach/Lauterbach, § 7716 "Eigentum"; BGHZ 55,20,27. Zu den weiteren Fragen hinsichtlich des § 161 BGB und seiner konkursrechtlichen Auswirkungen, siehe ausführlich Bauknecht, NJW 56, 1177; Raiser, Dingliche Anwartschaften, S. 94 ff.; U. Huber, BB 64, 735; Wieser, NJW 70, 913; bereits Oertmann, LZ 27,16. Die gesetzgeberische Notwendigkeit, § 24 KO trotz der Erwähnung des Konkursverwalters in § 883 112 BGB ins Gesetz aufzunehmen, resultiert aus der unvollständigen, bzw. noch gar nicht erfolgten Vornahme von Erfüllungshandlungen. Einen mit dem Bedingungseintritt vergleichbaren ZuordnungsAutomatismus kann es daher nicht geben. s Mugdan 111, S. 133, 565. 9 Denkschrift, Mugdan 111, S. 970. 5 Paulus
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beklagte Zweispurigkeit der Insovenzverfahren10 besteht hinsichtlich des Vormerkungsschutzes nicht. In § 1932 KO wird die Vormerkung, die den schuldrechtlichen Anspruch auf Bestellung eines Grund-, bzw. Schiffspfandrechtes sichert, Grundpfandrechten dieser Art gleichgestellt. Damit kann auch die Beendigung des Konkursverfahrens durch Zwangsvergleich dem durch Vormerkung gesicherten Gläubiger nicht schaden. Dieser Schutz ist notwendig und konsequent: Wenn nämlich der obligatorische Anspruch gemäß § 24 KO vom Konkursverwalter zu erfüllen ist, der Anspruch sich also dem Haftungsrecht gegenüber zu behaupten vermag, kann für die Verfahrensbeendigung durch Zwangsvergleich kein Unterschied gemacht werden. Hat der Vormerkungsberechtigte beispielsweise einen Anspruch auf Eintragung einer Hypothek zur Sicherung seiner Forderung, so verhilft ihm die Vormerkung im Konkurs des (Schuldners und) Grundstückseigentümers dazu, daß das Grundpfandrecht eingetragen und nicht etwa gemäß §§ 69, 61 I Ziff. 6 KO mit dem quotenmäßigen Geldwert entschädigt wird. Wird dagegen vor Eintragung der Hypothek ein Zwangsvergleich bestätigt, § 184 I KO, entsteht eine eigenständige Gefährdung der zu sichernden Forderung, die einer besonderen Regelung bedarf. Die Forderung wird nämlich durch den Vergleich in ihrem Umfang begrenztl l und müßte daher nach den allgemeinen Regeln der Akzessorietät die Hypothek (und deren Vormerkung) beeinflussen. Damit wäre der Sinn entsprechender Grundpfandrechte unterlaufen, d,ie gerade vor dem Vermögensverfall schützen sollen. Mit Hilfe des § 193 2 KO wird diese Konsequenz vermieden, indem die Forderung in ursprünglicher Höhe als Naturalobligation12 und damit als Grundlage für die Akzessorietät bestehen bleibt. Die Hypothek wird zugunsten des Vormerkungsberechtigten in voller Höhe eingetragen, obgleich er hinsichtlich des erlassenen Teils der persönlichen Forderung kein Klagerecht hat13 • Ein entsprechender Schutz des durch Vormerkung gesicherten Gläubigers ergibt sich aus § 82 II 1 VerglO für den Fall, daß der Schuldner ein Vergleichsverfahren zur Abwendung des Konkurses beantragt hatte. Kann der Gläubiger dagegen Erfüllung des vorgemerkten Anspruchs bereits während des Verfahrens verlangen, bedarf es eines dem § 24 KO vergleichbaren Schutzes. In systematisch exakter EinordZ. B. Hanisch, ZZP 90,30 ff.; F. Weber, KO-FG, S.338. MentzellKuhn/Uhlenbruck, § 193 Rz. 1. 12 Jaeger, Lehrbuch, S.195; Schönke/Baur, S.375; MentzellKuhnjUhlenbruck, § 193 Rz. 8 m. w. N. 13 Vgl. RGZ 77, 406; 78, 75. 10
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nung stellt § 26 VerglO klar, daß der Gläubiger, dessen Anspruch durch eine Vormerkung gesichert ist, nicht zu den Vergleichsgläubigern zählt. Dies impliziert, daß der Entstehungsgrund des Anspruchs unerheblich ist, insbesondere ob ein gegenseitig verpflichtender Vertrag zugrunde liegt. Ansprüche daraus .sind zwar gemäß § 36 VerglO keine Vergleichsforderungen, können es aber durch eine Umwandlung in eine Schadensersatzforderung werden, § 52 I VerglO - dann nämlich, wenn der Vergleichsschuldner, sofern das Gericht die Ermächtigung dazu ausgesprochen hat, die (weitere) Erfüllung verweigert, § 50 I, II VerglO. Für einen durch Vormerkung gesicherten und z. B. aus Kaufvertrag resultierenden Auflassungsanspruch bestünde dem Angeführten zufolge eine Schutzlücke, wenn nicht § 50 IV VerglO für diesen Fall das Wahlrecht des Schuldners ausschließen würde. Der Anspruch muß also erfüllt werden. Der Schutz des durch Vormerkung gesicherten Gläubigers bei Insolvenz des Schuldners ist umfassend und rechtfertigt die Bezeichnung "Vollwirkung". § 221 II KO fügt dem keine insolvenzrechtliche Besonderheit hinzu, sondern bestimmt die Anzahl der Nachlaßgläubiger, indem er der nach Eintritt des Erbfalls erzwungenen Vormerkung den Schutz des § 24 KO nimmt1 4 • 2. § 884 11GB
Der Erbe kann die Beschränkung seiner Haftung auf den Nachlaß nicht mit Erfolg dem durch Vormerkung gesicherten Anspruch entgegenhalten, § 884 BGB. Die schwer erfaßbare und mit erbrechtlichen Sonderregelungen korrespondierende Bedeutung dieses "VollwirkungsPrivilegs" - auch dies eine vom Gesetzgeber15 als notwendig erachtete Konsequenz aus der Einführung des § 24 KO - erfordert eine nähere Betrachtung der komplizierten Materie der unbeschränkten, allerdings noch beschränkbaren Erbenhaftung. Haftet der Erbe bereits endgültig unbeschränkbar, etwa wegen Inventaruntreue gemäß § 2005 i. V. m. § 2013 I BGB, kann er ohnedies die Einrede beschränkter Erbenhaftung nicht mehr erheben l6 . Zum Verständnis dieser Norm ist eine zweifache Unterscheidung erforderlich, nämlich einmal die Art der vom Erben durchgeführten Haftungsbeschränkung, und zum anderen nach dem Zeitpunkt und dem Grund der Eintragung der Vormerkung in das Grundbuch. Allen daSiehe dazu unten § 2 II 3. Vgl. Mugdan III, S.572. 16 Unbeschadet seines Rechts, zur Abwehr der Eigengläubiger vom Nachlaß Konkurs zu beantragen, § 216 I KO. 14
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mit ermöglichten Variationen muß jedoch das Eine gemeinsam sein, daß der durch Vormerkung gesicherte persönliche Anspruch bereits gegen den Erblasser entstanden ist; der Erblasser - und gegebenenfalls auch noch der Erbe - muß also verpflichtet gewesen sein, etwa die Auflassung zu erklären oder eine Hypothek eintragen zu lassen. Der insoweit eindeutige Wortlaut - der in § 884 BGB genannte Anspruch bezieht sich auf den des § 883 I BGB - schließt eine Parallelisierung mit den §§ 768 I 2, 1137 I 2, 1211 I2 BGB aus17, da bei diesen Vorschriften der in Anspruch Genommene nicht Erbe ist. Diese Gemeinsamkeit der im Folgenden zu untersuchenden Fallgruppen bedingt, daß in allen Variationen ausschließlich ein Nachlaßgläubiger in Beziehung zu einem Nachlaßgegenstand steht. Aus diesem Grund bedeutet der Einwendungsausschluß des § 884 BGB prozessual keine Benachteiligung des Erben. Ihm ist zwar der Vorbehalt des § 780 ZPO genommen, doch richtet sich der eingeklagte und durch eine Vormerkung gesicherte Anspruch ohnedies gegen den Nachlaß; einen übergrHf in sein Eigenvermögen braucht der Erbe daher nicht erst mit der Vollstreckungsgegenklage der §§ 784, 785, 767 ZPO abzuwehren, sondern die Klage des Gläubigers wird bereits wegen mangelnder Sachlegitimation als unbegründet abgewiesen werden. a) Nachlaßverwaltung
Der größeren Anschaulichkeit wegen soll ein - nach Bedarf variierbarer - Beispielsfall den Zugang zum Verständnis des § 884 BGB eröffnen: K erhält von V die Eintragung einer Vormerkung bewilligt, die den aus Kaufvertrag entstandenen übereignungsanspruch sichern soll. Nach Eintragung der Vormerkung verstirbt V, sein Alleinerbe E errichtet ordnungsgemäß das Inventar. Handelt es sich um einen zureichenden, d. h. die Schulden deckenden, aber unübersichtlichen oder zweifelhaften Nachlaß, wird E (oder ein Nachlaßgläubiger gemäß § 1981 I, bzw. II BGB) die Nachlaßverwaltung durch Gericht anordnen lassen. Er verliert dadurch seine Verwaltungsund Verfügungsbefugnis über die zum Nachlaß gehörenden Gegenstände an den Nachlaßverwalter, § 1984 I BGB. Deswegen muß E passen, wenn K die Erfüllung seines durch Vormerkung gesicherten Anspruchs verlangt, obgleich er sich nicht auf die Beschränkung seiner Haftung berufen kann. Doch ist auch dem Nachlaßverwalter dieser Einwand genommen; er muß infolgedessen die zur übereignung erforder17
So aber wohl Palandt/Bassenge,§ 884, Rz. 1; Erman/BarthJSchlüter, Rz. 9.
§ 1990,
11. Voll wirkung
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lichen Handlungen vornehmen. Da der Nachlaß zureichend ist, und die Aufgabe des Verwalters gerade in der Berichtigung der N achlaßverbindlichkeiten besteht, § 1985 I BGB, hat § 884 BGB insofern keine eigenständige Bedeutung. Sie fehlt auch dann, wenn K einen Anspruch auf Bestellung einer Hypothek - etwa zur Sicherung einer dem V geleisteten Darlehensvaluta - durch Vormerkung hatte sichern lassen; selbst dann, wenn K die Eintragung der Vormerkung nach Eintritt des Erbfalles durch einstweilige Verfügung erzwungen hätte. Denn der Nachlaßverwalter .ist nicht darauf angewiesen, das mit dem gesicherten Anspruch erstrebte Grundstücksrecht zum Zwecke der Befriedigung anderer Nachlaßgläubiger zu versilbern l8 ; für jeden Anspruch der Nachlaßgläubiger enthält der Nachlaß ein Befriedigungsobjekt. Solange dies der Fall ist, beruht die Vollwirkung der Vormerkung nicht auf § 884 BGB, sondern auf dem "übergang des Pflichtlebens des Erblassers auf den Erben"19 bzw. auf den Nachlaßverwalter. b) Nachlaßkonkurs
Zu einem Privileg wird § 884 BGB jedoch dann, wenn der durch Vormerkung gesicherte Anspruch wegen der vom Erben ergriffenen Haftungsbeschränkungsmöglichkeit nach den allgemeinen Grundsätzen geschmälert werden müßte. Dann erweist es sich als zutreffend, daß die Vormerkung einem dinglichen Recht gleichgestellt ist; dinglichen Rechten ist der Erbe nämlich in seiner Eigenschaft als Eigentümer unterworfen, nicht dagegen als Folge der Haftung für Nachlaßverbindlichkei ten20. Eine entsprechende Schmälerung des durch Vormerkung gesicherten Anspruchs entstünde nach den allgemeinen Grundsätzen dadurch, daß der Nachlaß bereits von vornherein überschuldet ist, bzw. daß der Nachlaßverwalter im Laufe der Verwaltung die überschuldung feststellt. Dies führt nämlich zur Eröffnung des Nachlaßkonkurses: die zweite Möglichkeit, mittels derer E die Beschränkung seiner Haftung auf den Nachlaß erreichen kann, § 1975 BGB. Ist die Vormerkung noch vor dem Erbfall eingetragen worden, müßte K, da er kein dingliches Recht hat, seinen schuldrechtlichen Anspruch als in Geld umgerechnete, § 69 KO, Forderung anmelden und würde auf die Quote verwiesen, 18 Wäre er es doch, müßte er die Eröffnung des Nachlaßkonkurses beantragen, §§ 1985 Ir i. V. m. 1980 BGB. 19 So der Titel von Boehmers Abhandlung in der RG-FG IrI, S.216. 20 Vgl. Lange/Kuchinke, S.828; der Erbe muß also beispielsweise die Befriedigung aus einem Grundpfandrecht in jedem Fall und im vollen Umfang dulden.
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§ 2. Die Besonderheiten der Vormerkung
§§ 226 I, 61 I Ziff. 6 K021. Der in §884 BGB bestimmte Einredeausschluß zwingt aber auch den Konkursverwalter, der mit der übertragung der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis, § 6 KO, in sämtliche vermögensrechtliche Positionen des Gemeinschuldners E eintritt22 , den von K geltend gemachten Anspruch, nämlich Eintragung des Vollrechtes, zu erfüllen. Die Vormerkung stellt damit "die Vollendung des Erwerbs von Aus- und Absonderungsrechten" sicher23 •
Um dieses Ergebnis zu erzielen, hätte es des § 884 BGB freilich nicht bedurft. Denn auf das Nachlaßkonkursverfahren finden insbesondere die Vorschriften des materiellen Konkursrechtes Anwendung - vorbehaltlich abweichender Sonderbestimmungen in den §§ 214-235 KO; also auch § 24 KO - § 884 BGB ist für diesen Fall überflüssig. Wenn die Vormerkung nach dem Erbfall eingetragen worden ist, gelten die von E vor der separatio bonorum vorgenommenen Handlungen als die eines Fremdverwalters, § 1978 I BGB. Das bedeutet, daß die Eintragung "als für Rechnung des Nachlasses (vorgenommen) gilt"24, da sie - wirtschaftlich gesehen - der Verwaltung des Nachlasses gedient hat; wird doch mit ihrer Hilfe eine Nachlaßverbindlichkeit gesichert. Die nunmehr eingetragene Vormerkung gehört also in den Nachlaß und damit in die Istmasse; folglich ist § 24 KO auf sie anwendbar. Davon macht § 221 II KO für die nicht bewilligte und erst nach dem Erbfall eingetragene Vormerkung eine Ausnahme25 . Sie ist deswegen weniger schutzwürdig, weil ihre Entstehung nicht auf einem Rechtsgeschäft des E beruht; nur dann, wenn E selber rechtsgeschäftlich tätig wird, kann ihm das Privileg der Haftungsbeschränkung gegenüber den Folgen seiner Handlungen nicht zugute kommen26 . Darin liegt zwar ein Indiz für die gesetzliche Wertung, daß freiwillig gewährte Sicherungen stärkeren Schutz bieten als bewilligte27 , aber hinsichtlich der hier vorzunehmenden Prüfung folgt daraus auch für den Nachlaßkonkurs kein eigenständiger Anwendungsbereich des § 884 BGB. 21 Entsprechendes würde gelten, wenn die Überschuldung des Nachlasses einen Nachlaßvergleich zulassen würde, § 113 VerglO. 22 Siehe oben § 1 I 3 FN 15. 23 Weimar, WM 63, 278; vgl. auch Jaeger, Lehrbuch, S.62. 24 RGZ 134, 257, 259; Palandt/Keidel, § 1978, RZ.3. 25 Also für Vormerkungen, die aufgrund einstweiliger Verfügungen gegenüber E, sowie für die, die nach dem Erbfall aufgrund einstweiliger Verfügung gegenüber V eingetragen worden sind; vgl. Staudinger/Seufert, § 884, RZ.3 m.w.N. 26 Staudinger/Seufert, ebda; gleiches gilt beim Konkurs über das Gesamtgut bei fortgesetzter Gütergemeinschaft gemäß § 236 KO. 27 Darauf wird unten zurückzukommen sein, § 3 III.
11. Vollwirkung
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Dieses Ergebnis soll noch anhand eines Sachverhaltes überprüft werden, den F. Endemann28 zur Erläuterung des § 884 BGB anführt. V hat sein Grundstück gegen Anzahlung der Hälfte des Kaufpreises von 6000 (!) Mark an K verkauft, dann sofort für H eine Hypothek von 10 000 Mark bestellt. Mit beiden Beträgen ist V geflüchtet. K erwirbt für sich eine Vormerkung, da sich die Durchführung seines Auflassungsanspruchs verzögert. Inzwischen stirbt V und wird von E beerbt, der ein Inventar errichtet. Hier hat K aus dem Kaufvertrag den Anspruch auf Auflassung und den auf Ablösung der Hypothek, §§ 434, 439 BGB. Im Falle der Nachlaßverwaltung sind außer dem Grundstück hinreichende Werte vorhanden, mittels derer der Verwalter die von ihm auch zu erfüllende Erblasserschuld29 der Hypothekenablösung begleichen wird, indem er 10000 Mark an H ausbezahlt und die Löschung der dadurch entstandenen Eigentümerhypothek betreibt. Die Vollwirkung des § 884 BGB resultiert aus dem Umstand, daß der Nachlaß hinreichend ist. Kommt es zum Nachlaßkonkurs, ist zwischen den beiden Ansprüchen zu unterscheiden: Dem übereignungsbegehren kann E nicht die Einrede beschränkter Erbenhaftung entgegenhalten; der Konkursverwalter muß also die zur Erfüllung erforderlichen Handlungen vornehmen, § 24 KO. Der Ablösungsanspruch, der gesondert neben dem durch Vormerkung gesicherten besteht, fällt dagegen unter die Beschränkung, d. h. ihn hat K als eine in Geld umgerechnete, ungesicherte Konkursforderung anzumelden. Der Konkursverwalter ist nämlich nur zur Erfüllung des gerade durch die Vormerkung gesicherten Anspruchs verpflichtet30 und nur darauf bezieht sich auch § 884 BGB31. K erhält das Grundstück nur mit der Belastung und muß daher eine Befriedi28 Lehrbuch II, S. 253, FN 21; diesen Fall greift wohl (?) der RGRK, § 884, Rz.l, auf. 29 Zu dem Begriff siehe nur Brox, Rz. 625. 30 Siehe nur Mentzel/Kuhn/Uhlenbruck:, § 24, Rz.6; daran ändert der durch die gesetzliche Neuregelung vom 22. 6. 1977 angeführte Satz 2 des § 24 KO nur insoweit etwas, als - gleichsam auf der Grundlage des auf ein Grundstück:srecht gerichteten Anspruchs - weitere Verpflichtungen vereinbart worden sind. Das ist typischerweise - und die gesetzgeberische Motivation bestimmend - dann der Fall, wenn der Anspruch gegen eine Bauträgergesellschaft gerichtet ist, vgl. BGH NJW 77, 146 = JA 77, 306 m. w. N. Es ist daher zu erwägen, § 24 2 KO, auch § 50 IV VerglO, in erster Linie auf diesen Fall zu beschränken, vgl. Mentzel/Kuhn/Uhlenbruck:, § 24, Rz.7; Dieck:mann, FG v. Caemmerer, S. 118 ff. Aber auch bei einer weiteren Interpretation dieser Norm wäre K's Ablösungsanspruch nicht gesichert, da er unmittelbar aus dem Gesetz resultiert und nicht aus der Übernahme einer Verpflichtung, d. h. nicht aus vertraglicher Vereinbarung. 31 RGRK, § 884, Rz. 1; Endemann, ebda; Staudinger/Seufert, § 884, RZ.2.
§ 2. Die Besonderheiten der Vormerkung
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gung des H dulden. Ein eigenständiges Privileg des § 884 BGB ergibt sich aus diesem Sachverhalt somit auch nicht. c) Haftung bei Dürftigkeit des Nachlasses, §§ 1990 f. BGB
Der Erbe hat noch eine weitere Möglichkeit, seine Haftung auf den Nachlaß zu beschränken; indem er nämlich nachweist32, daß die Voraussetzungen des § 1990 I BGB vorliegen. Da in diesem Fall die Vermögensmassen nicht getrennt werden, und der Erbe die Funktionen eines Verwalters ausübt33 , gilt § 884 BGB unmittelbar. Trotzdem würde das Fehlen dieser Norm auch hier den Schutz des durch Vormerkung gesicherten Anspruchs nicht schmälern. Der Erbe ist verpflichtet und - da sich das Grundstücksrecht im Nachlaß befindet - in der Lage, den Anspruch zu befriedigen. Verlangt aber vor Erfüllung dieses durch Vormerkung gesicherten Anspruchs34 ein weiterer Nachlaßgläubiger seinerseits Erfüllung 35 und reicht der Nachlaß zu dieser Befriedigung nicht aus, muß der Erbe "den Nachlaß zum Zwecke der Befriedigung des Gläubigers im Wege der Zwangsvollstreckung" herausgeben, § 1990 I 2 BGB. Die in der Verwertung des Grundstücksrechtes nach den Vorschriften des ZVG liegende Gefährdung der Erfüllungsmöglichkeit kann dem durch Vormerkung gesicherten Anspruch jedoch wegen §§ 9, 48 ZVG nichts anhaben, d. h. der gesicherte Gläubiger erhält sein Recht in jedem Fall, die übrigen müssen sich gegebenenfalls mit dem Erlös aus dem Verteilungsverfahren der §§ 872 ff. ZPO, bzw. 105 ff. ZVG be~cheiden. Es bleibt noch eine Konstellation, die Domäne des § 884 BGB sein könnte. Sie soll anhand eines Beispiels dargestellt werden36 : Der einzige im Nachlaß noch vorhandene Gegenstand ist eine hypothekarisch gesicherte Forderung von 1000 DM; mit Rücksicht auf die von ihm auf den Nachlaß gemachten Aufwendungen gebührt aber E im Verhältnis zu den Nachlaßgläubigern ein Ersatz von 500 DM. Hinsichtlich der Hypothek besteht zugunsten des K eine Vormerkung zur Sicherung des übertragungsanspruchs, der aus einer vertraglichen Vereinbarung 32
20 ff.
Zur Beweislast vgl. Lange/Kuchinke, S. 898, FN 254; RGRK, § 1990, Rz.
Siehe nur Brox, Rz. 685. Für die in § 1990 II BGB ausgesprochene Besonderheit hinsichtlich der nach Erbfall eingetragenen Vormerkungen gilt das oben, § 2 II 3 bei FN 25, zu § 221 II KO Gesagte entsprechend. 35 Seine Klage muß er auf Leistung, nicht auf Herausgabe der vorhandenen Nachlaßgegenstände richten, siehe Strohal, Erbrecht II, S. 303 m. w. N. in FN 10. 36 In Anlehnung an Strohal, Erbrecht II, S. 305. 33 34
II. Vollwirkung
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zwischen K und V resultiert. Hier scheint ausschließlich § 884 BGB K die Gewähr für die Erfüllung seines Anspruchs zu bieten, indem diese Norm die in § 1991 III BGB vorgesehene Befriedigungsreihenfolge durchbricht. Derzufolge sind nach h. M.37 diejenigen Gläubiger, die einen rechtskräftigen Titel gegen E erzielt haben, mit Vorrang vor den anderen zu befriedigen; da E sich selbst nicht verklagen kann, wird er zu diesen bevorzugt zu Befriedigenden gerechnet. Ohne § 884 BGB dürfte E sich folglich der hypothekarisch gesicherten Forderung zu seiner Befriedigung bedienen, wobei er allerdings 'an die Verwertung gemäß § 1990 I S.2 BGB gebunden wäre; die aber schadet - wie gezeigt - K nicht38 . Die vorstehenden Erörterungen haben das Fehlen eines eigenständigen Regelungsinhaltes des § 884 BGB aufgezeigt. Es ist zwar zutreffend, diese Norm bei der Vollwirkung der Vormerkung anzuführen39 , doch beinhaltet sie neben den vollstreckungs rechtlichen Schutzvorschriften40 keine zusätzliche Besonderheit. Das bedeutet, daß sie auf die Frage, ob die Konkursfestigkeit der Vormerkung haftungsrechtlich gerechtfertigt ist, keine Antwort geben kann. 3. Erbrecllt
Die Vollwirkung der Vormerkung bezieht sich im Erbrecht nicht nur auf die in § 884 BGB ausgeschlossene Berufung auf eine Haftungsbeschränkung, sondern erstreckt sich auch auf den die Haftungsbeschränkung vorbereitenden Zeitraum des Nachlaßgläubigeraufgebots. Der durch Vormerkung gesicherte Gläubiger kann, ohne sich am Aufgebotsverfahren selbst beteiligen zu müssen, §§ 1971 S.2, 1974 III BGB, die Erfüllung seines Anspruches trotz der gegebenenfalls sechs Monate dauernden Aufgebotsfrist, § 994 ZPO, vom Erben verlangen41 • Eine 37 Palandt/Keidel, § 1991, Rz. 3; Staudinger/Lehmann, § 1991, Rz. 10; Erman/ Barth./Schlüter, § 1991, Rz.4; Brox, Rz.685; a. A. Lange/Kuchinke, S.894 m. w. N. in FN 233; die Interpretation der h. M. erhält eine praktische Bedeutung in Fällen, in denen auf die §§ 1990 f. BGB verwiesen wird, z. B. § 419 II BGB. Läßt man nämlich für § 419 BGB auch einen entgeltlichen Vertrag genügen, so die h. M., a. A. etwa Larenz, SR I, S.481, gibt § 1991 III BGB dem Vermögensübernehmer die einzige Möglichkeit, seine Gegenleistung zurückzuerhalten. 38 Das gleiche Ergebnis, nämlich die überflüssigkeit des § 884 BGB, folgt aus dem Umkehrschluß zu § 1990 II BGB: K erhält die Hypothek. 39 Siehe nur Baur, S.181; aus älterer Zeit vgl. etwa Reichei, JherJB 46, 136 ff. 40 Dazu unten § 2 II 4. 41 § 2016 II BGB; auch hier gilt für die nach Erbfall erzwungene Vormerkung das oben, § 2 II 3 bei FN 25, zu § 221 II KO Gesagte entsprechend. Der gesetzgeberische Anlaß für diese Beschränkung bei § 2016 II BGB, bzw. ihr Fehlen bei § 1971 BGB war die überlegung, daß das Aufgebotsverfahren dem Erben eine Entscheidungshilfe dafür bieten soll, ob er Nachlaßkonkurs bean-
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§ 2. Die Besonderheiten der Vormerkung
solche Sonderbehandlung teilt er mit dinglich gesicherten, bzw. berechtigten Gläubigern. Der Grund dafür kann nicht darin liegen, daß der im Grundbuch eingetragene Gläubiger dem Erben als bekannt vorausgesetzt werden kann, daß er - gleichsam automatisch - im Aufgebot aufgenommen ist. Aus den §§ 992, 994 ZPO ergibt sich nämlich, daß auch die dem Erben bekannten Nachlaßgläubiger zur Anmeldung verpflichtet sind 42, ebenso w:ie die dinglich gesicherten Gläubiger hinsichtlich ihrer persönlichen Ansprüche. Obgleich die Gesetzesredaktoren die in § 1971 BGB angeführte Aufzählung mit dem wohl suggestiv zu verstehenden Hinweis auf ein Gerechtigkeitsgebot begründen43, kann sie logische Konsequenz für sich beanspruchen. Indem das Aufgebotsverfahren nämlich im Hinblick auf einen potentiell sich anschließenden Nachlaßkonkurs gestaltet wurde, war es folgerichtig, von diesem Verfahren diejenigen auszuschließen, die auch im Konkursfeststellungsverfahren der §§ 138 ff. KO von der Anmeldungspflicht ausgenommen sind: die Aus- und Absonderungsberechtigten. In Satz 1 des § 1971 BGB sind zunächst die Gläubiger der §§ 48, 49 KO angeführt, anschließend mit dem Verweis auf die Realberechtigten des § 10 ZVG die des § 47 KO, der ebenfalls auf § 10 ZVG abstellt44 • In Satz 2 folgen die Aussonderungsberechtigten und die durch Vormerkung gesicherten Gläubiger 4S , die sich wegen der Erfüllung ihrer Ansprüche direkt an den Konkursverwalter wenden können. Die in § 1971 BGB aufgezählten Gläubiger sind nach dem Voranstehenden pr,ivilegiert. Das zeigt sich insbesondere in dem Fall, in dem sich der mit dem Aufgebotsverfahren vorbereitete Nachlaßkonkurs tragen muß, vgl. Mugdan V, S. 345, ohne daß dies zwingende Konsequenz wäre. Es ist unschädlich, wenn sich der entsprechend gesicherte Gläubiger nicht anzumelden braucht gern. § 996 ZPO. Wenn er allerdings auch schon Erfüllung verlangen könnte, und der Erbe sähe sich anschließend aufgrund der im AufgebotsV'erfahren angemeldeten Forderungen zur Nachlaßkonkurseröffnung genötigt, entstünde möglicherweise so ein Widerspruch zu § 221 II KO, Mugdan V, S. 428. 42 Vgl. Stein/Jonas/Schlosser, § 992 I m. w. N. in FN 2. 43 Mugdan V, S. 856. 44 Siehe nur Jaeger, Lehrbuch, S. 112; Böhle-Stamschräder, § 47, Rz.4. Es ist also ungenau, wenn Brox, Rz. 636 bei der ersten Gläubigergruppe auf die §§ 47 ff. KO verweist; die Realberechtigten erscheinen dann als eine schwer erklärbare Sondergruppe. 45 Aufgrund dieses systematischen Zusammenhangs wäre die Zuordnung des heutigen § 24 KO bei den Aus- bzw. Absonderungsrechten berechtigt gewesen. So in der Tat ein in der 2. Kommission gestellter Antrag, Mugdan III, S.563. Nicht erwähnt sind in § 1971 diejenigen Gläubiger, die mit einer eigenen Forderung aufrechnen können. Sie sind m. E. trotz des klaren Wortlauts des § 1971 BGB aufgrund der angegebenen Zweckrichtung dieser Vorschrift von der Anmeldungspflicht auszunehmen, siehe oben § 2 vor I. Soweit ersichtlich, gibt es zu dieser Frage keine Literatur.
U. VoUwirkung
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mangels hinreichender Masse erübrigt. Doch wirkt sich diese Bevorzugung nur bei denjenigen Gläubigern als echtes Privileg aus, die wie der durch Vormerkung Gesicherte oder der Lidlohnempfänger der §§ 10 I Ziff. 2 ZVG, 47 KO kein dingliches Recht haben. Den dinglich Berechtigten haftet der Erbe ohnedies als Eigentümer, ohne daß es sich bei deren Ansprüchen um Nachlaßverbindlichkeiten handelte46 , um deren Feststellung willen das Aufgebotsverfahren besteht. Allerdings ist dieses Privileg des Vormerkungsberechtigten konsequente Folge der Einführung des § 24 K047, so daß § 1971 BGB keinen Rechtfertigungsgrund für die KonkursbeständiJgkeit der Vormerkung abgeben kann: Die Vormerkung muß nicht konkursfest sein, weil der entsprechend gesicherte Gläubiger u. a. von der Anmeldungspflicht des Aufgebotsverfahrens befreit ist, sondern nachdem die Vormerkung als Vorbereitungsstadium für ein Aus- bzw. Absonderungsrecht gestaltet war, mußte sie in die Reihe des § 1971 BGB aufgenommen werden. Ergibt sich aus § 1971 BGB, daß den Aus- bzw. Absonderungsberechtigten der ihnen haftende Nachlaßgegenstand verbunden bleibt, auch wenn sie ihre Ansprüche erst nach fünf Jahren geltend machen, § 1974 UI BGB, so war es im Hinblick auf die konkursrechtlichen Vorzugsrechte folgerichtig, diese Berechtigten auch von der dem § 1974 I BGB entsprechenden Vorschrift des § 2060 Ziff.2 BGB auszunehmen. Denn hinsichtlich der geschützten Stellung kann es keinen Unterschied machen, ob ein oder mehrere Erben existieren. Für den Vormerkungsberechtigten resultiert daraus insofern eine Vollwirkung seines Anspruchs, als er ohne seine Erwähnung in § 2060 Ziff. 2 BGB als ein Gläubiger einer obligatorischen, unteilbaren Forderung nur den dem Erbteil des angegangenen Miterben entsprechenden Wertersatz erhalten würde 48 . 4. Zwangsversteigerung
Eine anspruchsvereitelnde Verfügung über das durch eine Vormerkung gesicherte Recht ist auch dann relativ unwirksam, wenn die Verfügung im Weg-e der Zwangsvollstreckung erfolgt, § 883 U 2 BGB. Nach dem oben zur relativen Unwirksamkeit Gesagten - zurecht49 , da in Staudinger/Boehmer, § 1922, Rz. 182 und oben § 2 II 3 FN 20. 47 Der dem heutigen § 24 entsprechende § 19 c KO war von der 2. Kommission des Sachenrechts beantragt und wurde noch vor Abfassung des Erbrechts angenommen, vgl. Mugdan V, S. 427; i. V. m. Mugdan ur, S.572. 48 Vgl. Crome V, § 742 bei FN 80; § 744, FN 93; Staudinger/Lehmann, § 2060, RZ.9. Vor dem Ablauf der betreffenden 5 Jahre haben die Miterben als Gesamthandshaftung oder - nach Wahl des Gläubigers, vgl. nur Lange/Kuchinke, S. 907 f. - als Gesamtschuldner gern. § 2058 BGB den gesicherten Anspruch zu erfüllen. 49 Oben § 1 UI. 46
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§ 2. Die Besonderheiten der Vormerkung
der Singularexekution der Grundsatz der Priorität gilt, demzufolge der frühere Berechtigte dem späteren im Rang vorgeht. Für das Vollstreckungsrecht, genauer: für das über § 869 ZPO dem 8. Buch der ZPO inkorporierte ZVG ergibt sich damit die Aufgabe, daß es dem gesicherten Anspruch eine im übrigen dingl,ichen Rechten vorbehaltene Sonderbehandlung zuteil kommen lassen muß. Grundsätzlich ist nämlich nur diesen die Möglichkeit gegeben, sich gegenüber einer anderweitigen Vollstreckung zu behaupten. Zwei Wege sind zur Erreichung dieses Zieles denkbar. Entweder den durch Vormerkung gesicherten Anspruch als ein die Zwangsversteigerung hinderndes Recht anzusehen50 - mit der Folge, daß das Verfahren zumindest insoweit gemäß § 28 ZVG aufzuheben ist; oder aber diesen Anspruch gemäß der gesetzlichen Lösung in § 48 ZVG51 so zu behandeln, als repräsentiere er das vorgemerkte dingliche Recht. Damit ist eine Vollwirkung der Vormerkung erreicht. Das beanspruchte dingliche Recht wird als bereits existent behandelt und muß in das geringste Gebot des § 44 ZVG aufgenommen werden - sofern die Vormerkung dem Rang des die Zwangsversteigerung betreibenden Gläubigers vorgeht. Nimmt beispielsweise eine Auflassungsvormerkung den ersten Rang ein, und betreibt der zweitrangige Hypothekar die Zwangsversteigerung, so erwirbt der Meistbietende - vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen der Beteiligten, § 59 ZVG - das mit der Vormerkung "belastete" Grundstück, § 52 I ZVG. Da wegen der Eintragung im Grundbuch redlicher Erwerb ausgeschlossen ist, kann der gesicherte Gläubiger weiterhin übereignung des Grundstücks vom Schuldner und Zustimmung gemäß § 888 I BGB vom Ersteher verlangen52 . 50 So Reinhard, GruchBeitr. 62,319 ff. hinsichtlich der Auflassungsvormerkung, vgI. auch Bruns/Peters, Zwangsvollstreckung, S.197. Der Schutz verwirklicht sich damit über §§ 37 Ziff. 5, 28 ZVG. Gegen Reinhard siehe nur Wörbelbauer, DNotZ 63, 652 ff. s.! Die h. M. in Rspr. und Lit. subsumiert unter diese Norm auch die Auflassungsvormerkung, der somit ein Rang zugeteilt wird, BGH LM 883 Nr. 6; BGHZ 46, 124; Soergel/Baur, § 883, Rz. 41; Wörbelbauer, ebda; Dassler/Schiffhauer/Gerhardt, ZVG, § 48 4 b je m. w. N.; siehe aber unten § 2 IH. 52 Zu dem umstrittenen Problem, ob dem Ersteher ein Anspruch auf die vom Vormerkungsberechtigten zu erbringende Gegenleistung zusteht, vgI. nur Haegele BWNotZ 71, 11; a. A. Zeller, ZVG, § 48 4. Angesichts der stetig zunehmenden Praxis, mit Eintragung der Vormerkung die Gegenleistung zu verlangen, schwindet die von Keuk, NJW68, 476ff., allgemein gerügte Benachteiligung nachrangiger Realgläubiger, da es entsprechend selten ein unterscheidbar vorhandenes Surrogat gibt. Im übrigen steht ein etwaiges Surrogat wegen der in Paragraph 1 vorgetragenen Wertungen und Folgen der relativen Unwirksamkeit - insbesondere Abwicklung über die Schuldverhältnisse - keinesfalls dem nachrangigen Grundpfandgläubiger allein, sondern nur neben den anderen Gläubigern des Verbotsbetroffenen als einfacher Schadensersatzgläubiger gem. §§ 440, 325 BGB zu; im Ergebnis ebenso DasslerlSchiffhauer/Gerhardt, § 96 6 d.
11. Vollwirkung
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Der Anspruch auf übereignung des Grundstücks wandelt sich, da die Sicherung nicht mehr als das Vollrecht bewirken kann, in einen Anspruch auf Ausbezahlung des Versteigerungserlöses, wenn die Vormerkung nachrangig ist und deshalb mit dem Zuschlag erlischt, §§ 52, 91 f. ZVG. Die Vollwirkung besteht dabei insoweit fort, als der durch Vormerkung gesicherte Anspruch in die Rangklasse 4 des § 10 ZVG eingestuft wird53, weshalb dem Auflassungsgläubiger der gesamte übrig gebliebene Ertrag zusteht54 • Das Gesetz bewertet mit dieser Lösung den durch Vormerkung gesicherten obligatorischen Anspruch gleich dem zukünftig einzutragenden dinglichen Vollrecht. Das Naturalleistungsinteresse des Geschützten verdrängt das Befriedigungsinteresse der nachrangigen und insbesondere der ungesicherten Gläubiger des Grundstückseigentümers. Fände ein ungesicherter übereignungsanspruch in dem der Zwangsversteigerung nachfolgenden Verteilungsverfahren allenfalls Berücksichtigung in der 5. Rangklasse des § 10 ZVG - als Geldforderung, bewirkt die in § 48 ZVG vorgeschriebene Berücksichtigung der Vormerkung, daß das vorgemerkte Recht zugunsten des gesicherten Gläubigers aus dem als Haftungsverband fungierenden Vermögen gezogen wird. Die Versteigerung oder gar der Zuschlag bleiben trotz der Vormerkung zulässig 55 ; doch haftet dem Erwerb die relative Unwirksamkeit an, aufgrund derer der Geschützte weiterhin Erfüllung seines Anspruchs vorn Schuldner und Zustimmung nach § 888 I BGB vorn Ersteigerer verlangenkann. Dieses Ergebnis ist genauer zu untersuchen. Während die bisher geprüften Normen, soweit sie von § 24 KO abgeleitet sind, durch die ,haftungsrechtlichen Folgerungen'56, soweit sie von der relativen Unwirksamkeit abhängen, durch die am normalen rechtsgeschäftlichen Verkehr ausgerichteten Erörterungen im Paragraphen 1 begründet werden, stellt sich im Zusammenhang mit § 48 ZVG die Frage nach dem Verhältnis von Einzelvollstreckung und relativer Unwirksamkeit. Dieses Problem geht über den Themenbereich der Vormerkung hinaus, da deren vollstreckungsrechtliche Behandlung nach der gesetzgeberischen Planung57 im Ergebnis keine Unterschiede zu der des relativen Verfügungsverbotes aufweist. Die Beantwortung kann daher nicht mit den Besonder53 Steiner/Riedel, § 10 8 b (4). 54 Vgl. etwa RGZ 144, 284; Soergel!Baur, § 883, Rz.43; teilweise a. A. KG in JW 32, 190. 56 OLG Hamburg MDR 63, 509. 66 Siehe unten § 2 V. 67 G. Paulus, FG Nipperdey, S. 918 ff.; G. Huber, Versteigerung, S. 21 ff.; Säcker, JZ 71, 156 ff.
§ 2. Die Besonderheiten der Vormerkung
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heiten der Vormerkung argumentieren, sondern muß auf allgemeinere Erwägungen der Zwangsvollstreckung zurückgreifen. Die relative Unwirksamkeit gebietet dem verbotsbetroffenen Schuldner, er solle nicht über den Gegenstand, hinsichtlich dessen er bereits verpflichtet. ist, anderweitig verfügen. Gerade dieses "soll nicht" kann dem Vollstreckungsschuldner nicht vorgehalten werden; er hat zu dulden. Sein Vermögen - potentiell das ganze, aktuell begrenzt durch die herauszugebende Sache, bzw. § 803 I 2 ZPO - fungiert jetzt als Haftungsobjekt, als Befriedigungsgut für seine Gläubiger. Zu diesem Zweck muß der gepfändete Teil des Vermögens veräußert werden; die der Versteigerung nachfolgenden "Verfügungen"58 sind also Haftungsrealisierungen, nicht anders als die durch den Konkursverwalter vorgenommenen Verfügungen. Letztere beschränkt aber, wie oben59 gezeigt wurde, der mit Hilfe der relativen Unwirksamkeit gewährte Sukzessionsschutz nicht. Aufgrund dieses Befundes bedarf die übertragung der relativen Unwirksamkeit auf Verfügungen im Wege der Zwangsvollstreckung (das gleiche gilt für die Arrestvollziehung gemäß § 932 ZPO) einer eigenen, wertenden Rechtfertigung. Wertend deswegen, weil mit ihrer Hilfe einsichtig werden muß, warum das im Insolvenzfall rigoros und souverän entgegenstehende Individualinteressen mißachtende Haftungsrecht in der Einzelvollstreckung einer obligatorischen, allerdings mit dinglichen Rechtsbehelfen versehenen Rechtsposition Platz zu machen hat. Als Erklärung bietet sich die der Einzelvollstreckung eigene Begrenzung der Verstrickung auf die gepfändeten Gegenstände an, währenddem im Konkurs das gesamte Vermögen einer haftungsrechtlichen "Beschlagnahme"60 unterliegt. Aus diesem Unterschied von Einzelund Gesamtvollstreckung folgt, daß dort - anders als im Konkurs Haftungsfunktion und Nutzungsfunktion im Vermögensverband des Schuldners nebeneinander bestehen, daß das Vermögen nicht nur als Wertganzes, sondern auch als Summe einzelner, konkreter Gegenstände gilt. Solange die kritische Grenze des § 2 AnfG nicht erreicht ist, ist dem Schuldner unbenommen, seine nicht gepfändeten Vermögensgegenstände im freien Spiel des Marktes zu veräußern, aber auch seinen Gläubigern unbenommen, die Haftungsfunktion dieser Gegenstände durch den vollstreckungsrechtlichen Zugriff zu realisieren. Zum Schutz der Gläubiger ist ein Einfrieren des momentanen VermögensDer Eigentumserwerb erfolgt nach h. M. durch Hoheitsakt. lIH. 60 Im Sinne Henckels, FG Weber passim, nicht im Sinne Kohlers Beschlagrecht, Leitfaden, S. 72 ff. 68 611
§
11. Vollwirkung
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bestandes61 wegen der bestehenden Ausweichmöglichkeit auf andere Vermögensgegenstände nicht erforderlich. Die Rechtsordnung braucht in der grundsätzlich zutreffenden Annahme, ein jeder sei an der Mehrung seines Vermögens interessiert - auch und gerade dann, wenn ihm ein Gläubigerzugriff droht - nicht mit Einschränkungen oder zusätzlichen Befugnissen der Betroffenen zu reagieren. Es ist daher ein gerechtfertigter Ausdruck dieses "lassez faire", daß im Bereich der Singularvollstreckung derjenige zuerst mahlt, der zuerst kommt, technisch: daß der Prioritätsgrundsatz gilt, §§ 804 III ZPO, 11 ZVG. Der Zweitpfändende erhält von dem durch die Versteigerung erzielten Erlös erst dann etwas, wenn der Anspruch des Erstpfändenden vollständig erfüllt ist. Während im Falle der Insolvenz das Schutzbedürfnis der Gläubiger eben wegen der unzureichenden Haftungsmasse dadurch befriedigt werden muß, daß zur Vermeidung ungerechter Bevorzugung alle Gläubiger prinzipiell gleich behandelt werden und das gesamte Vermögen in seiner Haftungsfunktion aktualisiert wird, beschränkt sich dieses Bedürfnis beim Vollstreckungsgläubiger darauf, vor dem Zugriff nachfolgender Gläubiger geschützt zu werden. Die Rechtfertigung dieses zuletzt genannten Bedürfnisse, daß nämlich die nachrangigen Gläubiger ebensogut auf andere Vermögensgegenstände des Schuldners zugreifen können, ist mit Fug auch auf das Verhältnis zwischen dem Vollstreckungs- und dem mit Hilfe von Sukzessionsschutz gesicherten Obligationsgläubiger übertragbar. Indem die relative Unwirksamkeit den Konflikt kollidierender Befriedigungsinteressen löst, entspricht ihre Interessenbewertung hier derjenigen des im rechtsgeschäftlichen Verkehr (neben dem dinglichen Prioritätsgrundsatz) geltenden Präventionsgrundsatzes. In beiden Fällen ist wegen der bestehenden Ausweichmöglichkeit eine dem Insolvenzrecht eigene Rigorosität des Gläubigerschutzes nicht erforderlich. In beiden Fällen ist es daher gerechtfertigt, das mit Hilfe des Sicherungsmittels geschützte Erfüllungsinteresse vor gegenläufigen Interessen zu bewahren62 • Solange zwischen den Gläubigern also ein Wettlauf stattfindet63 und neben der Haftungsfunktion des Vermögens noch Platz für die Nutzungsfunktion bleibt, d. h. das Vermögen nicht nur als Wertsumme, sondern auch in seiner gegenständlichen Zusammensetzung von Bedeutung ist, solange begegnet die Anwendbarkeit der relativen Unwirksamkeit keinen Bedenken. Der vollstreckende Erwerber, bzw. der auf81 62 63
Vgl. oben § 1 111. Vgl. auch Gerhardt, FG Flume, S.530; Motive I zum BGB, S.276. Siehe oben § 1 III a. E.
80
§ 2. Die Besonderheiten der Vormerkung
grund Vollstreckungsverwertung Erwerbende, muß auf diese "Bifunktionalität" des Vermögens Rücksicht nehmen - wenigstens bis ihm als frustra excussus das strenge Haftungsrecht zu Hilfe kommt. Bis zu diesem Zeitpunkt kann der mit Hilfe von relativer Unwirksamkeit gesicherte Gläubiger als der zeitlich Vorberechtigte die Wahrung seiner Interessen verlangen. Der Sukzessionsschutz rechtfertigt den oben64 zur rechtsgeschäftlichen Verfügung aufgestellten Satz auch in der Einzelvollstreckung, daß das Naturalleistungsinteresse des Geschützten höher 2JU bewerten ist als das Eigentumsinteresse des Erwerbers. Die Umsetzung dieser Wertung in Rechtstechnik vollzieht § 48 ZVG65. Die von ihm vorgeschriebene Gleichsetzung von Vormerkung und späterem Vollrecht gewährleistet dem obligatorischen Anspruch weiterhin Erfüllbarkeit, indem die anderenfalls nach § 52 I ZVG eintretende Konsequenz des Erlöschens nicht im geringsten Gebot enthaltener Rechte umgangen wird. Insofern drückt § 48 ZVG eine Vollwirkung der Vormerkung aus. Doch geht sie nicht so weit, daß damit irgendeine Erfüllung hinsichtlich des gesicherten Anspruchs erreicht wäre. Derjenige, dem der Zuschlag erteilt wird, bleibt solange Eigentümer mit all den oben66 dargestellten Befugnissen und Möglichkeiten, bis der Vormerkungsberechtigte Erfüllung vom Verpflichteten, und dieser übergabe an jenen vom Ersteigerer verlangt67 • Angesichts dieser mehr formalen Vollwirkung, die die Sicherung des obligatorischen Anspruchs in der Zwangsvollstreckung ermöglicht, erscheint du Chesnes Charakterisierung der Vormerkung als hohle äußere Form, innerhalb derer sich die Obligation ungestört zum Vollrecht entwickeln kann6B , treffender. Sie vermeidet nämlich die verfängliche Assoziation einer in § 48 Z,VG etwa normierten relativen (d. h. aus der Sicht des Vollstreclrungsrechtes) Erfüllung; sie verdeutlicht dafür, daß § 48 ZVG die wegen § 52 ZVG erfordediche Hilfsnorm ist, um den mit Hilfe der relativen Unwirksamkeit angestrebten Schutz verwirklichen zu können. Um der nach § 883 11 S. 1 und 2 BGB gerechtfertigten und geforderten Sicherungswirkung willen wird die Vormerkung in der Zwangsversteigerung gleich dem künftigen Voll recht angesehen. 64
§lII2d.
65 Es würde keinen prinzipiellen Unterschied machen, bevorzugte man den
Lösungsvorschlag Reinhards über § 37 Ziff. 5 ZVG. 66 § 1 1I2 d. 67 Die Dauer kann, wenn der geschützte Anspruch z. B. aufschiebend bedingt ist, erheblich sein. Vgl. zu den damit zusammenhängenden, komplizierten Detailproblemen hinsichtlich Zuzahlungspflichten gern. §§ 50 f ZVG und Ausgleichsansprüchen BGHZ 46, 124 = NJW 67, 566; Wörbelauer, DNotZ 63, 580 ff., 718 ff.; Dassler/Schiffhauer/Gerhardt, ZVG, § 48 4 b m. w. N. 6B Siehe oben § 2 11 FN 13; vgl. auch BGH JZ 80, 234.
III. Rangwirkung
81
5. Zusammenfassung der Vollwirkungen
Der Terminus ,Vollwirkung der Vormerkung' darf nicht zu der Annahme verleiten, die entsprechenden Normen änderten etwas an dem obligatorischen Charakter des zu schützenden Anspruchs; sie dienen vielmehr der Sicherung, indem sie die Erfüllung trotz anspruchsgefährdender Rechtssituationen (Erbenhaftung, Zwangsvollstreckung) weiterhin ermöglichen. Für den durch Vormerkung gesicherten Anspruch trifft Reichmayr's Satz zu, es sei nicht einzusehen, warum diejenige keine Obligation mehr sein solle, "die eine sichere juristische Aussicht auf Erfüllung hat"69. Das Gesagte gilt insbesondere für § 24 KO, der ausdrücklich eine Erfüllungspflicht dem Konkursverwalter überträgt, der aber im Rahmen der vorangegangenen Untersuchungen als thema probandum nicht berücksichtigt worden ist. Für den Nachweis einer haftungsrechtlichen Rechtfertigung der in
§ 24 KO vorgeschriebenen Bevorzugung von Vormerkungsberechtigten
können die erbrechtlichen Sondervorschriften keinen Grund abgeben. Sie setzen nämlich aufgrund der engen Verknüpfung von beschränkbarer Erbenhaftung und Konkursrecht jene Bevorzugung voraus oder bauen auf ,ihr auf. Ein eigenständiger Regelungsbereich kommt dagegen· §§ 9 I, 48 ZVG zu, mit deren Hilfe eine vollstreckungsrechtliche Anspruchsvereitelung umgangen wird. Allerdings stellen diese Normen lediglich die Vorbedingung dafür her, daß die Sicherungswirkung ,relative Unwirksamkeit' auf Verfügungen im Wege der Zwangsvollstreckung übertragen werden kann, § 883 II S. 2, 1. Alt. BGB. Für den beabsichtigten Nachweis hinsichtlich § 24 KO können die vollstreclwngsrechtlichen Vorschriften daher keine stärkere Rechtfertigung abgeben, als dies die auch dem richterlichen Verfügungsverbot nachfolgende relative Unwirksamkeit vermag. III. Rangwirkung
Eine besondere und durch die formalisierte Ausgestaltung des Grundbuches ermöglichte Sicherung des vorgemerkten Anspruchs bietet § 883 III BGB, der für das Rangverhältnis grundbuchfähiger Rechte nach § 879 BGB nicht dioe Eintragung des Vollrechtes, sondern bereits die der Vormer~ung bestimmend sein läßt. Wenn beispielsweise der Grundstückseigentümer E seinem Gläubiger G die Eintragung einer Grundschuldvormerkung bewilligt und nach deren Eintragung H eine Hypothek bestellt, so geht nach Eintragung von G's Grundschuld diese kraft Gesetzes der Hypothek im Range vor. Das dingliche Prioritätsprinzip wird auf diese Weise zugunsten eines obligatorischen Anspruchs durch69 Idee der Gläubigeranfechtung, S. 92. 6 Paulus
82
§ 2. Die Besonderheiten der Vormerkung
brochen. Doch hat § 883 III BGB nicht das Rangverhältnis mehrerer Vormerkungen zum Regelungsgegenstand; dafür ist § 879 BGB bzw. § 11 ZVG entsprechend anwendbar!, so daß bei mehreren gleichrangig eingetragenen Auflassungsvormerkungen das rechtmäßig ersteingetragene Vollrecht auch gegenüber den anderen Vormerkungsberechtigten wirksam ist2 • Dem schließlich eingetragenen Eigentum kommt eine Rangwirkung nicht mehr Z'll3; sie wäre mit dem umfassenden Eigentumsverständnis des BGB nicht zu vereinbaren. Die Bedeutung des Ranges und damit des § 883 III BGB äußert sich dagegen bei denjenigen Rechten, die in der 2., bzw. 3. Abteilung des Grundbuches eingetragen werden. Bei ihnen hängt nämlich Ausübungsbefugnis oder, der praktisch wichtigste Grund, Befriedigungsaussicht im Falle der Zwangsvollstreckung von ihrer jeweiligen Rangstelle ab 4 • Da die Elintragung der Vormerkung das entscheidende Datum ist, kann beispielweise eine Bank, die Kredite nur mit erstrangigen Hypotheken sichern läßt, unbesorgt die Darlehensvaluta Zug um Zug gegen Eintragung der Hypothekenvormerkung ausbezahlen. Ihr können später erfolgte Vollrechtseintragungen nicht die mit der Auszahlungsbedingung beabsichtigte Sicherheit nehmen. Die mit Hilfe des § 883 III BGB erreichte Gleichstellung von gesicherter Obligation mit dinglichem Vollrecht bewirkt eine besonders attraktive Form der Vollwirkung und steht in engem Zusammenhang mit den §§ 10 I Ziff. 4, 48 ZVG - hier wird der Rang der Vormerkung, dort der des künftigen Vollrechtes festgelegt. Aufgrund dieses Zusammenhanges ist es nicht verwunderlich, daß, nachdem sich die vollstreckungsrechtliche Regelung als Konsequenz der Sicherungswirkung: relative Unwirksamkeit erwiesen hat, dasselbe für die rangwahrende Wirkung der Vormerkung gilt. Es wird sich zeigen, daß die Eintragung der Vormerkung deshalb das Datum für den Rang des künftigen Vollrechts bestimmt, weil alle nachfolgenden Verfügungen im Rahmen des § 883 II BGB relativ unwirksam sind5 • 1 StaudingerJSeufert, § 883, Rz.63 m. w. N.; dazu, daß eine Auflassungsvormerkung einen Rang hat, vgl. BGH LM § 883 Nr. 6; Wörbelbauer DNotZ 63, 655. 2 Holderbaum, JZ 65, 715; Palandt/Bassenge, § 883 7 a; a. A. Lüdtke-Handjery, DB 74, 517. 3 StaudingerJSeufert, ebda; Holderbaum, ebda S. 712; eine vor Eintragung der Vormerkungen entstandene Hypothek hat der neue Eigentümer allerdings zu übernehmen, sofern in dem zuvor etwa vereinbarten Kaufvertrag § 439 !I BGB abbedungen worden ist. 4 Siehe nur Westermann, § 84 !II 2 a. 5 So auch Denkschrift, Mugdan !II, S. 970; Rosenberg, Sachenrecht, 1. Hbbd., S.316; Planck/Strecker, Sachenrecht, S.223; Heck, § 47 !I 5 c.
111. Rangwirkung
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Die relative Unwirksamkeit bewirkt nach Aussage des § 883 II BGB, daß anderweitige Verfügungen über das beanspruchte Recht "insoweit unwirksam (sind), als sie den Anspruch vereiteln oder beeinträchtigen WlÜrde(n)". Damit ist klargestellt, daß die gesicherte Obligation zu den Bedingungen erfüllt werden kann, die zur Zeit der Eintragung der Vormerkung vorherrschten, und auch, was mit dem später verfügten Recht geschehen soll. Indem § 883 II BGB die Unwirksamkeit auf ein "insoweit" begrenzt, impliziert er den mit dem vorgemerkten Vollrecht vereinbaren Fortbestand des später verfügten Rechtes. Nicht miteinander vereinbar ist, wie gezeigt, ein doppeltes Eigentum: Der Ersteigerer eines zwangsversteigerten Grundstückes hat dem im geringsten Gebot enthaltenen, vorgemerkten übereignungsanspruch ersatzlos und vollständig zu weichen. Anders dagegen im Falle eines vorgemerkten, beschränkten Rechtes. Die im einleitend angeführten Beispiel vorgenommene Verfügung des E zugunsten H's d.st relativ unwirksam. Indem ein vorrangig eingetragenes Grundpfandrecht wegen der vom Rang abhängigen Befriedigungsaussicht eine Verschlechterung der Rechtsstellung bedeutet, beeinträchtigt die Hypothek G's Anspruch auf Eintragung einer Grundschuld lediglich hinsichtlich des Ranges6 • Folglich bezieht sich die relative Unwirksamkeit nur auf die Rangstelle, nicht dagegen auf den Bestand der Hypothek, der neben einer Grundschuld möglich ist. Jede weitere Ausdehnung der Unwirksamkeit stünde im Widerspruch zu dem oben7 dargestellten Postulat an eine privaten, schuldrechtlichen Interessen dienende Unwirksamkeitsart, die mittels des Abstraktionsprinzipes gewonnene Rechtsklarheit so wenig wie möglich zu trüben, und ließe die Vormerkung zu einer Grundbuchsperre werden, die sie wegen der aufge:reigten Interessenbewertung nicht sein kanns. WenIl die Bestellung von H's Hypothek aber nur hinsichtlich des Ranges unwirksam ist, so ergibt sich daraus, daß sie die dem vorgemerkten Recht nachfolgende Rangstelle erhalten muß9 und im übrigen bestehen bleibt. Die Rangwirkung der Vormerkung ergibt sich bereits aus der relativen Unwirksamkeit des § 883 II BGB, ohne daß es deren Festlegung in Soergel/Baur, § 883, RZ.34. §lII2c. s Allg. A.: vgl. nur RGZ 132, 424; Palandt/Bassenge, § 883 3 c m. w. N. 9 Diese Konsequenz verkennt H. W. Neumann, S. 41, FN 161, wenn er gegen den auch hier behaupteten Zusammenhang von Rang- und Sicherungswirkung anführt, nach dieser Meinung seien die nachfolgenden Verfügungen "als überhaupt nicht vorhanden zu betrachten". Eine Rückwirkung kommt der Vormerkung nur hinsichtlich des Ranges zu, nicht etwa auch hinsichtlich weiterer, materieller Konsequenzen, wie Beer wohl annimmt, S. 139, FN 64. 6
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§ 2. Die Besonderheiten der Vormerkung
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Abs.3 bedurft hätte. Dennoch enthält diese Norm eine eigenständige Regelung, indem sie einen die relative Unwirksamkeit aufhebenden Rangtausch über § 888 I BGB dadurch ersetzt, daß die gesollte Rangordnung von Gesetzes wegen eintriWo. Damit kommt der Vormerkung eine echte Vollwirkung zu, d. h. es besteht hinsichtlich des Ranges kein Unterschied, ob eine Vormerkung oder das dingliche Recht eingetragen wird. Für die Ausgangsfrage des Paragraphen nach der haftungsrechtlich berechtigten Bevorzugung der Vormerkung im Konkurs kann diese Vollwirkung aus zwei Gründen allerdings wenig zur Antwort beitragen: Einmal deswegen, weil ihr Anwendungsbereich nicht alle vorgemerkten Ansprüche erfaßt - die übereignungsansprüche fallen nicht unter § 883 In BGB. Zum anderen, weil § 883 In BGB die grundbuchtechnische Mög1ichkeit ausnutzt, neben die Vormerkung das Vollrecht einzutragen11 • Abs.3 normiert primär eine formell-rechtliche Vereinfachung, deren Ergebnis nicht gefährdet wäre, gäbe es diese Rangwirkung von Gesetzes wegen nicht: Selbst, wenn der mit seinem Vollrecht vormerkungswidrig Eingetragene in Konkurs fiele, könnte der durch Vormerkung gesicherte Gläubiger vom Konkursverwalter den Rangtausch über § 888 I BGB verlangen l2 • Angesichts dieser Beschränkungen hinsichtlich Anwendungsbereich und formell-rechtlicher Besonderheit reduziert sich die Bedeutung des § 883 In BGB für das materielle, haftungsrechtliche Problem auf ein Indiz dafür, daß der Vormerkung wegen ihrer grundbuchlichen Verlautbarung besondere Wirkungen zukommen können.
IV. Deliktsscbutz Obgleich ein Delikts-, Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch zugunsten des Vormerkungsberechtigten nicht normiert und eine entsprechende Untersuchung daher hier, wo die Berechtigung haftungsrechtlicher Bevorzugung aus den materiellen Vorschriften abgeleitet werden soll, nicht zwingend notwendig ist, soll dennoch der Frage nachgegangen werden, ob die gesetzlich geregelten Wirkungen der Vormerkung die Ausdehnung des Schutzes auf Deliktsschutz rechtfertigeni. Je nachdem gibt nämlich die Antwort wegen der darin enthaltenen Aussage über absoluten Klageschutz des Vormerkungsberechtigten einen Hinweis auf die kon~ursrechtliche Behandlung: Eine mit absolutem AnReichel, JherJB 46, 115; Rosenberg, S.316 m. w. N. Indem die entsprechende Rubrik nämlich in Halbspalten unterteilt wird, §§ 12 I b, 19 GrdbVerfg; vgl. auch BGHZ 60, 46, 48. 12 Siehe oben § 1 II 3 (3. Bsp.-Fall). 1 Siehe auch oben § 1 I 2 d. 10 11
IV. Deliktsschutz
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spruchs- und Klageschutz ausgestattete dingliche Rechtsposition wird, sofern sie sich auf einen Vermögensgegenstand bezieht, in aller Regel bevorzugt befriedigt. Die Ansichten der Literatur zu dieser Frage sind kontrovers2, die Praxis hat sich - soweit ersichtlich - mit diesem speziellen Problem noch nicht befassen müssen. Während die bisherige Literatur den Hinweis auf Gewährung oder Ablehnung weitergehenden Schutzes genügen ließ, hat erstmals Canaris3 da2Ju ausführlich Stellung genommen. Er unterscheidet nach der Person des Verletzers, bzw. Beeinträchtigenden: Gegen Dritte - abgesehen vom vormerkungswidrigen Erwerber - seien diese Ansprüche zu versagen; der durch Vormerkung gesicherte Gläubiger habe sich, da er nur obligatorisch berechtigt ist, an seinen Schuldner zu halten. Verletze oder beeinträchtige hingegen ein vormerkungswidriger Erwerber das Grundstücksrecht, stimme es mit der durch die Publizität der Vormerkung (Warnfunktion) entstandenen Interessenlage überein und sei dogmatisch eine folgerichtige Fortbildung des einmal beschrittenen Verdinglichungsprozesses, wenn diesem gegenüber deliktische Ansprüche gewährt würden, Dies rechtfertige sich daraus, daß das "vorgemerkte Recht dem Vormerkungsinhaber nicht im Verhältnis zu jedermann, sondern nur im Verhältnis zu einem etwaigen Erwerber ... zugeordnet" sei (S. 387). Abgesehen davon, daß diese personelle Relativierung eines absoluten Rechtes dogmatisch schwer verständlich ist - die Wirkung des durch § 883 II BGB gewährten Sukzessionsschutzes ist dadurch, daß sie sich potentiell gegenüber jedermann, aktuell gegenüber dem vormerkungswidrigen Erwerber äußert, gerade Ausdruck absolut bestehender Dinglichkeit, nicht aber Zeichen relativen Eigentums; Canaris geht offenbar von diesem, der herrschenden Ansicht entsprechenden, jedoch nach der hier vorgeschlagenen Lösung nicht zutreffenden Verständnis einer Duplizität der Rechtssubjekte aus4• Abgesehen davon ist das Wort "zuordnen" (S. 384, 387)5 im Zusammenhang mit der Sicherungsfunk2 Bejahend: Westermann, § 84 IV 4 c; Baur, § 20 IV 1 e und in SoergeI!Baur, 883, Rz.29; M. Wolf in Studienkommentar, § 883 3 b, wo zu Unrecht auf Hoche NJW 63, 301 verwiesen wird, da dort nur das dingliche Vorkaufsrecht mit dem eigenständigen Anspruch aus § 1100 BGB erörtert wird; obwohl nicht erwähnt, würde Fabricius, AcP 160, S. 290 ff., 302 f. wohl die sozialtypische Offenkundigkeit und damit die Zugehörigkeit der Vormerkung zu den sonstigen Rechten in § 823 I BGB bejahen; verneinend: Staudinger/Seufert, § 888, Rz. 7; PalandtiBassenge, § 888 3 b aa; RGRK, § 3883, Rz. 83; OLG München, NJW 63, 303 zum dinglichen Vorkaufsrecht. :I In seinem Beitrag zur Flume-FG, S. 383 ff. 4 Siehe auch S. 384 sub aa, 385. 5 Siehe auch Canaris, JuS 69, 82.
§
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§ 2.
Die Besonderheiten der Vormerkung
tion der relativen Unwirksamkeit insoweit verfänglich, als es wegen seiner primären Anwendung auf dingHche Rechte6 eine auch von Canaris nicht angenommene dingliche Rechtsposition des Vormerkungsberechtigen assoziiert. § 883 II BGB stellt mit dem Mittel des Sukzessionsschutzes zugunsten einer obligator.ischen Rechtsposition klar, daß der Geschützte entgegen der grundlegenden Wertung des Abstraktionsprinzipes der zu Befriedigende bleibt. Eine Zuordnung im technischen Sinn liegt darin nicht, es wird nur die weitere Erfüllbarkeit der Obligation garantiert. Die Frage lautet daher, ob der durch Vormerkung gesicherte Anspruch ein "sonstiges Recht" im Sinne des § 823 I BGB abgeben kann. Canaris bejaht dies - ausgehend von einem durchaus bestehenden praktischen Bedürfnis. Es wäre etwa zu bejahen, wenn der vorrnerkungswidrige Erwerber beispielsweise mit der Neugestaltung (z. B. Abholzung, Umbau usw.) des Grundstücks nach seinen Vorstellungen beginnt, der sich der Vormerkungsbetroffene mangels eigenem Interesse nicht mit dem erforderlichen Nachdruck widersetzen wird bzw. gar nicht kann. Daß auf diese Weise einem nicht echten dinglichen Recht der im übrigen absoluten Rechten vorbehaltene Delikts- und Unterlassungsschutz1 zuerkannt wird, ist nach Canaris keine Anomalie, da auch das ,Recht zum Besitz' unter § 823 I BGB falle (S. 384, 401 m. w. N. in FN 138). Wenn bei diesem der Deliktsschutz anerkannt sei, so erfordere das Gebot der Gleichbehandlung seine Erstreckung auch auf den Vormerkungsberechtigten; denn dessen Rechtsstellung werde durch § 24 KO stärker verdinglicht als die des Mieters durch § 571 BGB (S.384 i. V. m. 401). Die Berechtigung, die Konkursbeständigkeit als tertium comparationis heranzuziehen, sieht Canaris in der Parallele Buchbesitz und Sachbesitz. An dieser Argumentation fällt auf, daß sie die Rechtsstellung z. B. eines Mieters, also eines allein zum unmittelbaren Besitz Berechtigten und damit durch die possessorischen Ansprüche Geschützten8 mit der Position dessen gleichstellt, der lediglich einen Verschaffungsanspruch hat; der hat nämlich noch keinen Besitz. Die Vormerkung kündigt lediglich zukünftiges Besitzrecht an, bzw. hilft es verschaffen9 • Aufgrund dieser Unterschiede muß eine Sicherung der jeweiligen RechtsVgl. nur Canaris, ebda, S. 373 m. w. N. in FN 1. Über deren Zusammengehörigkeit siehe nur Palandt/Bassenge, § 1004 1; Palandt/Thomas, Einf. v. 823 8. 8 Zur Bedeutung dieses Schutzes hinsichtlich der Gewährung eines Deliktsanspruchs vgl. Medicus, BR, Rz. 607 f., und AcP 165, 135 ff., 147 f. 9 Daran kann auch die grundbuchliche Verlautbarung nichts ändern. Genügte nämlich sie allein, müßte auch der, der einen Widerspruch hat eintragen lassen, Buchbesitzer sein. Damit wäre dem mit dem Terminus ,Buchbesitz' umschriebenen Befugnis- und Rechtsgehalt der Boden entzogen. 6
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IV. Deliktsschutz
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stellung je nach Schutzrichtung eingreifen10 : Beim Mietbesitz muß sie die erlangte Rechtsstellung bewahren helfen, indem sie die tatsächliche Innehabung des gemieteten Gegenstandes schützt. Es ist daher nur konsequent, wenn dem Mieter Deliktsschutz zugesprochen wird. Im Falle eines Verschaffungsanspruches muß eine Verdinglichung hingegen dazu dienen, daß erfüllt werden kann. Sie muß also einen Rechtsakt ermöglichen, bzw. möglich halten, nicht aber tatsächliche Gegebenheiten aufrecht erhalten. Diese verschiedenen Sicherungsfunktionen spiegeln sich in ihrer jeweiligen konkursrechtlichen Behandlung wider: Der Mieter des Gemeinschuldners muß den Verlust des Besitzes befürchten, der Verschaffungsberechtigte den Nichterwerb. § 21 KO garintiert den weiteren Besitz des Mieters, § 24 KO hilft ihn verschaffen. Angesichts dieser in sich schlüssigen "Verdinglichkeitsintensitäten" erscheint der von Canaris angenommenene Wertungswiderspruch zweifelhaft. Aus demselben Grund erscheint es auch fraglich, ob "der Verzicht auf die Schaffung eines dinglichen Rechtes nur insoweit wertungsmäßig durchdacht ist, als es um die ... Frage nach einem dinglichen Anspruch auf Schaffung des vorgemerkten Rechtes gegen den jeweiligen Eigentümer geht" (S. 385). Denn wie das Beispiel von Grundpfandrechten zeigt - darauf weist das OLG München11 zu Recht hin -, ist die Stufenfolge des Schutzes von Vollrecht und vorgemerkten Recht sinnvoll. Nur dem Inhaber des Vollrechtes gewähren die §§ 1133-1135 BGB Schutz vor tatsächlichen Beeinträchtigungen12 ; er nämlich hat eine den Anforderungen an das "sonstige Recht" im Sinne des § 823 I BGB genügende Rechtsposition inne. Ein weiteres Argument gegen die von Canaris angenommenene Erstreckung des Delikts- und Unterlassungsschutzes auf die Vormerkung ergibt sich aus folgenden überlegungen: Unzweifelhaft ist eine solche Erstreckung nicht übertragbar auf das von Canaris nicht erwähnte Verhältnis von Vormerkungsberechtigen zum Verpflichteten; diese beiden verbindet ein obligatorisches Band, dessen Verletzung durch die Regeln der Leistungsstörungen sanktioniert ist. Wenn nun der Inhalt dieser Obligation die deliktische Rechtswidrigkeit für die Abholzung, den Umbau o. ä. durch den vormerkungswidrigen Erwerber bestimmt (S. 385 f.), kann dies nur Folge der relativen Unwirksamkeit sein. Die durch relative Unwirksamkeit anspruchsvereitelnder Verfügungen geschützte Rechtsposition erhält demzufolge durch diese Sicherung deliktischen Schutz. Betrachtet man diese Konsequenz unter einem wertenden Aspekt, so entspricht die Beziehung des Vormerkungsberechtigten 10
11 12
Siehe oben § 1 I 4. NJW 63, 303. Vgl. etwa Palandt/Bassenge, § 11331 a. E.
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§ 2. Die Besonderheiten der Vormerkung
zum Dritten Dulckeit's Lehre vom "relativen Eigen"13. Nach dieser Lehre ist - ähnlich dem preußischen ALR14 - ein dinglicher Vertrag überflüssig, das Eigentum wird bereits mit dem "Schuldvertrag" relativ übertragen. Um aus dem damit erlangten relativen Eigen ein absolutes zu machen, bedarf es nurmehr der mit Hilfe der ,traditio' zu erreichenden Kundbarmachung. In strenger Logik folgert Dulckeit daraus, "daß bis zur übergabe noch der Veräußerer kraft Rechtsscheins als dinglich Berechtigter zu gelten hat, der Eigentümer im Innenverhältnis ist der wahre, der Eigentümer im Außenverhältnis der scheinbare Eigentümer" (S.43). Von Dulckeit nicht ausgeführt, aber seiner Theorie entsprechend müßte der Gläubiger nicht nur im Innenverhältnis, sondern gegenüber jedermann Eigentümer sein, der sich auf den Rechtsschein wegen seiner Kenntnis vom "Schuldvertrag" nicht berufen kann. Folglich ist dieser Unredliche dem Inhaber des relativen Eigens (gegebenenfalls) aus Delikt verantwortlich. Auf die obengenannte Fallkonstellation nach vormerkungswidrigem Erwerb bezogen, wo die Redlichkeit wegen der Grundbucheintragung ausgeschlossen ist, führt die von Canaris angenommenene Erstreckung des Deliktsschutzes zu einem ,relativen Eigen' des Vormerkungsberechtigten. Gegen Dulckeits Lehre wendet Canaris zu Recht ein, sie sei mit dem de lege lata bestehenden Vermögenssystem, insbesondere mit dem Abstraktionsprinzip unvereinbar (S. 379 f.). Das gleiche gilt aber auch für die Erstreckung des Deliktsschutzes auf den durch Vormerkung gesicherten Verschaffungsanspruch. Wenn näml!i.ch der durch die relative Unwirksamkeit gewährte Sukzessionsschutz diese Erstreckung rechtfertigen soll, ist die relative Unwirksamkeit ihrer spezifischen Besonderheit entkleidet: als Durchbrechung des Abstraktionsprinzipes dessen Geltung nicht weiter zu beeinträchtigen, als der geschützte Anspruchsinhalt reicht. Der Anspruch ist auf Verschaffung eines ReChts gerichtet, im übrigen bleibt es bei den dem Eigentümer durch § 903 BGB gewährten Befugnissen. Dies muß auch für den vormerkungswidrigen Eigentümer gelten, zum al kein Grund ersichtlich ist, warum die anspruchsvereitelnde oder -beeinträchtigende Verfügung dem Vormerkungsberechtigten unvermittelt Schutz vor tatsächlichen Beeinträchtigungen bescheren S011 15. Es geht nach alledem nicht an, daß der durch Vormerkung gesicherte Gläubiger zusätzlich Delikts-, Unterlassungs- und Beseitigungsan13 Verdinglichung 1951; als herausragendes Indiz für die Richtigkeit seiner Lehre sieht Dulckeit die Vormerkung, S. 24 ff. 14 Siehe die Nachweise von Diederichsen in "Recht zum Besitz", S.83, FN 290; zu Dulckeits Lehre insgesamt ebda, S. 74 ff. 16 Gleiches würde gelten, wollte man dem Vormerkungsberechtigten Schutz in Analogie zu §§ 987 ff. BGB gewähren.
v. Haftungsrechtliche Folgerung
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sprüche zur Sicherung seiner Rechtsposition erhält. Faktische Beeinträchtigungen kann er wie jeder andere nur obligatorisch Berechtigte nicht verhindern, daraus enstandenen Schaden erhält er über das Recht der Leistungsstörungen ersetztl 6 • Daß mit dieser Lösung ein praktisches Schutzbedürfnis ignoriert, und der überaus beherzigenswerte Satz von H. Lehmann: Schadensverhütung ist besser als Schadensvergütung17 übergangen wird, ist in dem Maße beklagenswert, als es die durch da:;; Abstraktionsprinzip dem obligatorisch Berechtigten zugedachte schwache - Position ist.
V. Haftungsrechtliche Folgerung Die Wirkungen der Vormerkung sind damit im wesentlichen aufgezeigt. Sie dienen dazu, einen auf die Verfügung über ein Grundstücksrecht gerichteten Anspruch gegen rechtliche Behinderungen abzuschirmen, um die Erfüllbarkeit dieses Anspruches zu bewahren. Der Vormerkung genügt zu diesem Zweck, jede anspruchsvereitelnde, oder auch nur -beeinträchtigende Verfügung relativ unwirksam sein zu lassen. Dabei kommt ihr die Grundbuch-Institution zustatten, indem die Eintragung rechtsscheinzerstörend wirkt und dem sachenrechtlichen Publizitätsgrundsatz genügt. D. h. der wegen des Abstraktionsprinzipes, genauer: wegen des Verkehrsschutzes erforderliche Ausgleich zum Sukzessionsschutz, i. e. die Möglichkeit redlichen Erwerbs, wie sie in § 135 II BGB folgerichtig besteht, ist aufgrund der institutionalisierten Erkennbarkeit der Vormerkung überflüssig 1 ; die Interessen des Rechtsverkehrs verdienen insofern keine schützende Berücksichtigung. Diese Effizienz einer mit relativer Unwirksamkeit anspruchsbeeinträchtigender Verfügungen operierenden Sicherung ist solange berechtigt, wie ein im Geltungsbereich von Präventions- bzw. Prioritätsgrundsatz vorausgesetztes Konkurrenzverhältnis zwischen den einzelnen Gläubigern besteht. Wandelt sich das Verhältnis wegen der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des gemeinsamen Schuldners in eine Verlustgemeinschaft, muß die Erfüllbarkeitsgarantie einer ausschließlich mit Hilfe von relativer Unwirksamkeit verdinglichten Obligation versagen2 • Sie wäre gegenüber dem ,rigor iuris' des Haftungsrechts nicht gerechtfertigt. Davon ausgehend ist die in § 24 KO normierte Konkursbeständigkeit eines vorgemerkten Anspruchs zumindest überraschend und gibt den 16
17 1 2
Siehe oben § 1 I 2, 4. Zit. nach Hoche, NJW 63, 30l. Siehe oben § 2 I 1 a. E. insbes. FN 18. Siehe oben § 1 II!.
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§ 2. Die Besonderheiten der Vormerkung
Anlaß für die oben gestellte Frage, ob sich für eine haftungsrechtliche Rechtfertigung des§ 24 KO Kriterien finden lassen. Die Antwort darauf ergibt sich nach dem Vorbild eines Eigentumsherausgabeanspruchs, bzw.einer schlichten Obligation, indem zunächst - wie bisher geschehen - die Eigenschaften und Wirkungen der betreffenden Anspruche herausgearbeitet und anschließend deren ,Durchsetzungsvermögen' gegenüber dem egalisierenden Haftungsrecht gemessen werden. Letzteres ist Gegenstand der folgenden Erörterungen. Sie beginnen mit einer Einschränkung, die angesichts der immensen Tragweite jener Frage und angesichts des auf eine lange, vorwiegend von deutschrechtlicher Seite begründete und im letzten Jahrhundert wieder aufgefrischte Tradition zurückblickenden Streites über den Inhalt von Haftung, bzw. Schuld erforderlich ist. Der Begriff Haftung wird ohne eine gesonderte Analyse in der Ausformung übernommen, wie ihn die h. M. in die bekannte Kurzformei: der Schuldner ist verpflichtet, sein Vermögen haftet3 faßt, und Boehmer4 als die regelmäßige Unterworfenheit des Schuldnervermögens unter das Zwangsbefriedigungsrecht des Gläubigers definiert, während die Schuld Gebundenheit der Schuldnerperson zu normgemäßen Verhalten ist5• Wenn sich im Konkurs das Vermögen des Gemeinschuldners auf seinen Haftungszweck reduziert 8 , bedeutet das also, daß die Summe der vermögenswerten Güter nunmehr unter Ausschluß jeglicher Einwirkungsmöglichkeit des Gemeinschuldners ausschließlich der Befriedigung der Gläubiger dient. Das mit der Konkurseröffnung verbundene Einfrieren des momentanen Vermögensbestandes bewirkt zusammen mit der für die Befriedigung aller Forderungen nicht hinreichenden Konkursmasse, daß alle Gläubiger die gleiche Ausgangsposition haben und daher - prinzipiell- den Verlust gemeinsam und anteilsmäßig tragen müssen. Um Ausnahmen von diesem rigor iuris zu begründen, bedarf es wertungsmäßig einleuchtender Kriterien, die - ausgehend von dem evidenten Gerechtigkeitsgehalt des konkursrechtlichen Grundsatzes der par conditio omnium creditorum - die Bevorzugung eines Gläubigers zu rechtfertigen vermögen. Solche Kriterien haftungsrechtlicher Bevorzugung sollen in dieser Arbeit nicht unter rechtspolitischem Aspekt vorgeschlagen7, sondern - systemimmanent - durch eine verglei3 V. Tuhr, AT I, S. 111; Spellenberg, Gegenstand S. 43 ff. m. w. N. in FN 40; einschränkend Henckel, Prozeßrecht, S. 352. 4 Erbfolge, S. 27; RG-FG, S.233 und öfter. S Vgl. auch schon H. Meyer in FG Gierke (1911), S.974; Spellenberg, S.43 m.w.N. in FN9. 8 Vgl. oben § 1 III. 7 Dazu Henckel, FG Weber, S. 245 ff.; Drobnig, Gutachten F zum 51. DJT, S. 85 ff.; Hanisch, ZZP 90,7 ff. m. w. N. in FN 25.
V. Haftungsrechtliche Folgerung
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chende Betrachtung der Prototypen der oben8 angedeuteten haftungsrechtlichen Typenreihe vermittelt werden, um schließlich die Vormerkung an ihnen messen zu können.
1. Versmaffungsansprum Ein ungesicherter Verschaffungsanspruch ist das markanteste Opfer des sogenannten Konkursrisikos. Liegen die besonderen Bedingungen des § 17 KO nicht vor, muß der Gläubiger den Wert seines Anspruchs im Konkursfeststellungsverfahren beziffern, um davon den der Konkursquote entsprechenden Prozentsatz zu erhalten9 • Das Haftungsrecht ignoriert die Leistungspfiicht, d. h. den Schuldinhalt und verweist den Gläubiger auf den ihm zugewiesenen Teil an der Konkursmasse, auf sein individuelles, subjektives Haftungsrechtl°. Die Frage nach der Berechtigung dieser Verweisung führt über die obengenannte Definition Boehmers zurück zum Abstraktionsprinzip. Aufgrund dessen bewirkt ein Verschaffungsanspruch - wie überhaupt die Obligation eine unmittelbare Beziehung nur zum Schuldner, nicht aber direkt zum geschuldeten Gegenstand; eine Zuordnung im technischen Sinne ~st damit nicht verbunden. Solange sich also der Schuldner noch nicht "normgemäß verhalten" hat, d. h. solange er seiner Leistungspfiicht noch nicht nachgekommen ist, gehört der geschuldete Gegenstand in sein Vermögen und ist damit dem Zwangsbefriedigungsrecht aller Gläubiger unterworfen. Da die Durchführung des Konkursverfahrens heutell der ausschließlichen Klärung und Ausgleichung des Verhältnisses von gemeinschuldnerischem Vermögen zu den Gläubigern dient, ist es nur folgerichtig, daß die Eröffnung dieses Verfahrens Beziehungen zwischen Gemeinschuldner und obligatorischen Gläubigern nicht, bzw. nur in dem Maß berücksichtigt, als diese Beziehung ein subjektives Haftungsrecht enthält. Auf diese Weise sind die dem Abstraktionsprinzip zugrunde liegenden Wertungen konsequent auf die Situation des Konkurses übertragen. § 2 vor 1. Eine Obligation kann zwar bevorzugt gegenüber anderen Obligationen berücksichtigt werden - deren wertungsmäßig richtiges Rangverhältnis ergibt sich aus rechtspolitischer Zweckmäßigkeit und Prioritätensetzung -; doch sind deren Gläubiger die grundsätzlich Leidtragenden der überaus häufigen Form der "Erledigung" eines Konkursverfahrens: wenn nämlich nach § 107 KO dem Eröffnungsantrag mangels hinreichender Masse gar nicht erst stattgegeben wird. 10 Spellenberg, S. 81 ff. 11 Anders in den archaischeren Rechtsordnungen, in denen Personalhaftung Schuldknechtschaft zur Folge haben konnte. Als außerrechtliche Folge hielt sich lange Zeit der "Makel des Konkurses", siehe Gerhardts gleichnamigen Beitrag in FG Michaelis, S. 100 ff., auf den auch in der Belletristik aufschlußreiche Hinweise zu finden sind, und einer dessen Ausläufer die "schwarze Liste" des § 107 II KO sein könnte. 8
9
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§
2. Die Besonderheiten der Vormerkung 2. Aufrechnung
Die haftungsrechtliche Beurteilung eines auf Verschaffung einer Sachleistung gerichteten Anspruchs ist eindeutig: Er ist als Konkursforderung anzumelden. Anders verhält es sich dagegen, wenn einem möglichen, § 54 IV KO, Geldanspruch eine aufrechenbare Forderung in der Istmasse entgegensteht1 2 ; dann wird der Geldgläubiger nämlich wie ein Absonderungsberechtigter behandeW 3• Diese Folge rechtfertigt ein genaueres Eingehen auf die konkursrechtliche Aufrechnung, obgleich eine Geldforderung im Zusammenhang mit einer Untersuchung der Sicherungsbehelfe Vormerkung und richterliches Verfügungsverbot und gerade im Hinblick auf konkursrechtliche Bevorzugung keinen Vergleichsmaßstab abgeben kann14• Und obgleich eine für das Thema dieser Arbeit interessierende Verdinglichung bei Geldansprüchen nicht mög1ich ist, ist die konkursrechtliche Aufrechnung in dem Maß von Interesse, als sie das klarste Beispiel für eine allen Vorzugsrechten eignende Besonderheit abgibt: die Spezialität15. Dabei ist die Ausgangsposition des Geldgläubigers identisch mit der des Verschaffungsgläubigers: Denn auch die auf Leistung von Geld gerichtete Obligation16 ist primär eine Schuld, die dem Schuldner als normgemäßes Verhalten die Verschaffung der betreffenden Summe auferlegt. Das Haftungsrecht ignoriert aber diese Leistungspflicht. Während dem Gläubiger, der nicht auch noch Schuldner einer zur Masse gehörenden Geldforderung ist, das gesamte gemeinschuldnerische Vermögen als Haftungsobjekt zugewiesen ist, hat der Aufrechnungsberechtigte in der der seinen aufrechenbar gegenüberstehenden Forderung des Gemeinschuldners einen speziellen Haftungsgegenstand. Während diesem durch die §§ 387 ff. BGB die Möglichkeit gegeben ist, "dem anderen Theile eine gesetzlich statthafte Befriedigung (aufzuzwingen) und ... sich selbst hiermit gleichzeitig (zu befriedigen)"17, fehlt bei jenem Gläubiger eine entsprechende Befriedigungsmöglichkeit. Dieser Unterschied rückt die aufrechenbare Forderung in die Nähe eines Pfandrechtes18 , dem als Pendant für den gemäß § 69 KO umgerechneten, ungesicherten Verschaffungsanspruch eine General12 Zur aufrechenbaren Forderung: § 54 I KO. Auf die Detailregelung der §§ 53 ff. KO kommt es hier nicht an. Wichtig ist nur die grundsätzlich zuge-
lassene Aufrechenbarkeit; vgl. dazu insbes. Bötticher, FG Schima, S. 98 ff. 13 Siehe oben § 2 vor I FN 10. 14 Vgl. oben § 1 I 4. 15 Siehe noch unten § 2 V 3. 16 Bzw. der gem. §§ 69, 70 KO umzurechnende Anspruch, § 54 IV KO. 17 Motive zum BGB H, S. 108. 18 Oben § 2 vor I FN 10; Bötticher, S. 99 ff.; Spellenberg, S.93 m. w. N. in FN2.
V. Haftungsrechtliche Folgerung
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hypothek entsprechen würde. Diese Rechtsfigur ist aber zu Recht im Laufe des letzten Jahrhunderts aufgegeben worden 19, zumindest soweit sie sich auf Rechte bezieht, die vor Konkurseröffnung entstanden sind20 • Gerade die Vergleichbarkeit mit den Pfandrechten macht deutlich, daß die spezielle Zuweisung eines bestimmten Vermögensgegenstandes als Haftungsobjekt, i. e. Spezialität, nach dem geltenden Konkursrecht erforderlich ist, um den (aufrechnenden) Gläubiger in den Genußbevorzugter Befriedigung kommen zu lassen. Dieses Privileg des aufrechnenden Gläubigers, das Esser noch in der 2. Auflage seines Lehrbuches21 angesichts der Zweckbindung und Sonderverwaltung der Konkursmasse für erstaunlich gehalten hatte, ist daraufhin zu untersuchen, ob es sich haftungsrechtlich rechtfertigen läßt. Die Regelung der Aufrechnung außerhalb des Insolvenzrechtes in §§ 387 ff. BGB erweist sich zwar nicht in der Voraussetzung, § 388 BGB, wohl aber in der Wirkung als Fortzung der auf Justinian (C 4, 31, 14) zurückreichenden gemeinrechtlichen Lehre des ,ipso iure compensatur'; d. h.: beide Forderungen gelten als zu dem Zeitpunkt erloschen, weil aufgerechnet, zu dem sie sich erstmalig aufrechenbar gegenüber gestanden haben. Es liegt in der Konsequenz dieser Wirkung, daß nachträgliche Änderungen oder Verfügungen an der Aufrechenbarkeit grundsätzlich nichts zu ändern vermögen, z. B. §§ 390 S. 2, 406 BGB, oder - wie es der BGH formuliert hat22 - daß "der Aufrechnungsberechtigte nicht durch nachträgliche Vorgänge, die seiner Einflußmöglichkeit entzogen sind und sich in der Sphäre des Anspruchsgegners abspielen, der ursprünglich vorhanden gewesenen Aufrechnungsbefugnis verlustig gehen soll". Die Wirkung geht über die eines ,normalen' Gestaltungsrechtes hinaus 23 , wenn auch der Aufrechnungserklärung nicht nur eine untergeordnete Bedeutung zukommt24 • Die Aufrecnnungsbefugnis spannt die Aufrechnungsforderung in eine Zweckbindung ein und behandelt sie trotz späterer Erklärung als von Anfang an, § 389 BGB, aus dem Vermögen des Gläubigers geschieden. überträgt man - ausgehend von der oben25 getroffenen Feststellung, konkursrechtlicne Bevorzugung sei grundsätzlich eher Folge als Inhalt eines Rechtes - dieses Ergebnis auf das Haftungsrecht, erscheint die Siehe nur Hahn, KO, S.45. Neuerdings versucht Henckel, in FG Weber, S. 251 f., sie für die Beziehung der Konkursmasse zu den Gläubigern nutzbar zu machen - als haftungsrechtliche Zuweisung. 21 1960, S. 309. 22 BGHZ 2, 305. 23 Bötticher, FG Schima, S. 100 f., 105 f. 24 Vgl. Larenz, SR I, S. 213; Rimmelspacher/Spellenberg, JZ 73, 272. 25 S.43. 19
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§ 2. Die Besonderheiten der Vormerkung
gesetzgeberische Grundentscheidung in den §§ 53 ff. KO plausibel. Die Geldforderung des Gemeinschuldners gilt aufgrund der Aufrechnungswirkung als gar nicht in die Konkursmasse geraten, die restlichen Gläubiger können daher auch keinen Anspruch auf sie haben. Rechtlich gesehen ist den restlichen Gläubigern wegen der Zweckbindung einer Aufrechnungslage verwehrt, auf die Zugehörigkeit der betreffenden Forderung zu dem ihnen zugewiesenen Haftungsverband zu vertrauen. Im Umkehrschluß ergibt sich daraus, daß die Bevorzugung desjenigen Gläubigers, dem eine spezielle Forderung des Gemeinschuldners gegen ihn zugewiesen ist, haftungsrechtlich gerechtfertigt ist. 3. Spezialität und Publizität bei Aus- und Absonderungsrechten
Damit ist die grundsätzliche Bedeutung der Spezialität für die Berechtigung eines Vorzugsrechtes aufgewiesen. Auch den Aus- und Absonderungsrechten ist jeweils ein bestimmter Vermögensgegenstand (bzw. eine Sachgesamtheit: z. B. ein Warenlager) zugewiesen. Während es aber bei Forderungen, die zum Vermögen des späteren Gemeinschuldners gehören, wegen ihrer bloß rechtlichen und als solche unsichtbaren Existenz26 verständlich ist, daß ihre Nichtzugehörigkeit zum Vermögen, bzw. ihre Reservierung für einen Gläubiger nur durch positive Kenntnisnahme der Rechtslage ,erkennbar' ist, ist die faktisch erkennbare Verdeutlichung bei Sachen möglich. Sie ist auch wünschenswert, da sich potentielle Kreditgeber über das beim Kreditnehmer vorhandene und als Haftungsmasse zur Verfügung stehende Vermögen informieren können sollen27 • Der damit angesprochenen Publizität kommt allerdings nicht die gleiche Bedeutung wie der Spezialität zu. So ist es unbezweifelbar, daß der verleihende Eigentümer im Konkurs des Entleihers aussondern kann, obgleich die Publizität des § 1006 BGB zugunsten des Gemeinschuldners spricht. Ebenso kann der Vermieter, bzw. Verpächter nach § 49 I Ziff. 2 KO selbstverständlich abgesonderte Befriedigung verlangen, obgleich die spezielle Zuweisung der Mietgegenstände durch das besitzlose Pfandrecht der §§ 559, 585 BGB faktisch schwer erkennbar ist. Doch hieße es, das Kind mit dem Bade ausschütten, wollte man unter Hinweis auf die eingeschränkte Brauchbarkeit des Publizitätsgrundsatzes diesem als Kriterium für berechtigte, haftungsrechtliche Bevorzugung jeden Wert absprechen. Eine Jurisprudenz, zu deren zentralem Vgl. Rother, S. 78. Siehe allerdings zur immer fragwürdigeren Verläßlichkeit der Publizität o. § 1 II 2 a; ferner Heck, § 48; Hromadka, JuS 80, 91 mit Hinweis auf Prot III, S.3690 in FN 57. 26 27
V. Haftungsrechtliche Folgerung
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Problem das Auseinanderklaffen von Rechtswirklichkeit und Norm gehört, würde zu bloßem Utilitarismus absinken, wollte sie sich auf die Darstellung des Seins beschränken, ohne dem Sein einen Maßstab in Gestalt des Sollens vorzuhalten. Wo immer es also angeht oder möglich ist, die Publizität spezieller Zuweisungen zu erreichen, soll dies gefordert werden28 • Eine solchermaßen gesollte Ordnung würde das Konkursrisiko in dem Maße rechtfertigen, als sich die - zumindest freiwillig - Kredit Gewährenden anhand eines überblicks über die Haftungslage des Schuldners hätten informieren können29 • Diese überlegung rechtfertigt die Bevorzugung desjenigen, der einen Vermögensgegenstand des späteren Gemeinschuldners als Faustpfand besitzt; desjenigen, der als Kaufmann die in § 369 HGB zugelassenen Gegenstände zurückbehält, § 49 I Ziff. 4 KO, und vor allem aber der Situation des Grundbuchs, mit dessen Hilfe die Publizität institutionalisiert ist: Dem Grundbuch lassen sich weitgehend sämtliche Zuordnungen und haftungsrechtliche Zuweisungen entnehmen. Das Verhältnis von Spezialität und Publizität ist - zusammengefaßt - solcherart, daß der Anspruchsgegenstand, hinsichtlich dessen bevorzugt befriedigt werden soll, einer über die allgemeine Zuweisung des gesamten Vermögens als Haftungsobjekt hinausgehenden speziellen Zuweisung bedarf. Dadurch wird - idealiter - die Mißlichkeit der Generalhypothek umgangen, die jeden Vermögensgegenstand erfaßt und dadurch nachfolgende Gläubiger auf den zweiten Rang mit entsprechend geringerer Befriedigungschance verweist. Die Zuweisung selbst richtet sich in erster Linie nach dem Wirkungsbereich im materiellen Recht, aus dem die Konkursordnung die haftungsrechtlichen Konsequenzen zieht30 • Wann immer die spezielle Zuweisung des Anspruchsgegenstands aufgrund dessen physischer Erscheinung erkennbar gemacht werden kann, soll dies geschehen. Denn die Verdrängung der Generalhypothek hat nur dann praktischen Wert, wenn potentielle Neugläubiger auch erkennen können, wie groß die für sie zur Verfügung stehende Haftungsbasis ist. 4. Vormerkung
Spezialität und Publizität sind zusammen hinreichende Kriterien für eine konkursrechtliche Bevorzugung. Sie müssen daher bei der Vormerkung hinsichtlich des vorgemerkten Rechts vorliegen, wenn § 24 28 Daher ist der Vorschlag Drobnigs in seinem Gutachten zum 51. DJT unabhängig von seiner Praktizierbarkeit zu begrüßen, in Anlehnung an den Kraftfahrzeugbrief "Gerätebriefe" einzuführen, S. 56 ff. und öfter. 29 Hahn, ZPO, S.449; Henckel, FG Weber, S. 248 ff. dort auch Ausführungen über die Bedeutung der Spezialität; Klee, MDR 51, 455 f. 30 Vgl. Drobnig, S.91 und sogleich im Text.
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§ 2.
Die Besonderheiten der Vormerkung
KO eine systemkonforme Regelung enthalten soll. Die Publizität unterliegt aufgrund der für die Vormerkung konstitutiven Grundbucheintragung keinerlei Zweifeln. Auch wenn mit dieser Publizität keine zusätzliche Rechtsposition wie etwa Buchbesitz31 verbunden ist, dient die Eintragung potentiellen Gläubigern des Grundstückseigentümers als Hinweis auf eine bevorstehende Güterbewegung32 • Das genügt, um diesen Gläubigern die Risiken ihrer Dispositionen vor Augen zu führen. Problematischer ist die Frage, ob das vorgemerkte Recht dem Erfordernis der Spezialität genügt, d. h.: ob es aufgrund seiner Absicherung zugunsten des Vormerkungsberechtigten dergestalt von dem Restvermögen des Vormerkungsbetroffenen gesondert ist, daß andere Gläubiger nicht mehr auf die Verwertungsmöglichkeit dieses Rechtes zu ihren Gunsten vertrauen können. Faktisch genügt ein Blick in das Gesetz, um die Gläubiger auf die Konkursfestigkeit der Vormerkung hinzuweisen. Da es in dieser Arbeit jedoch um die rechtliche Antwort geht und für diese die Wirkungen der Vormerkung entscheidend sind, die außerhalb des Insolvenzverfahrens auftreten, lautet das Problem, ob die relative Unwirksamkeit diejenige Spezialität herbeiführt, die im Konkurs ein Vorzugsrecht zu begründen vermag. Dieses Problem unterscheidet sich von der obens3 gestellten Frage nach der Vereinbarkeit von relativer Unwirksamkeit und Verfügungen durch den Konkursverwalter insofern, als es nur die materielle Vorbedingung, nicht dagegen schon die konkursrechtliche Behandlung selbst betrifft. Mit der verneinenden Antwort auf jene Frage ist daher noch kein Präjudiz für dieses Problem gefällt: Die Aussage, eine nur mit Hilfe von Sukzessionsschutz verdinglichte Obligation könne nicht konkursfest sein, ist mit der vereinbar, daß sie es in Verbindung mit Publizität sehr wohl sein kann. Vergleicht man die mittels der Vormerkung ermöglichte "Ausschlußmöglichkeit" Dritter von dem vorgemerkten Recht mit der als Spezialität gekennzeichneten Reservierung eines Haftungsobjektes, fällt die unterschiedliche Zwecksetzung der jeweiligen Beziehung auf. Dort strebt die Beziehung danach, das vom Schuldinhalt konkret betroffene Recht leistungsbereit zu halten, hier kommt es nur auf den Gegenstand als Wertträger an und ist daher austauschbar 34 • Im Hinblick auf das 31 Siehe oben § 2 IV. 32 Das meint wohl Voß, JherJB 60, 361, wenn er die Berechtigung des § 24 KO damit begründet, daß die Vormerkung eine Vorankündigung des anspruchsmäßigen Rechtszustandes enthalte. 33
§ 1 III.
Dies gilt selbstverständlich nicht für die Spezialität des auszusondernden Rechtes; dessen Zuweisung läßt den Gegenstand gern. der oben, S.90, wiedergegebenen Definition Boehmers gar nicht erst in den Haftungsverband fallen. 34
V. Haftungsrechtliche Folgerung
97
Konkursrecht bedient sich die Beziehung hier des haftungs rechtlichen Vermögensbegriffes, dort dagegen eines "verkehrsrechtlichen". Das trifft selbst dann zu, wenn die Vormerkung die Eintragung eines Grundpfandrechtes sichert. Daraus ließe sich ableiten, daß die für eine haftungsrechtliche Bevorzugung notwendige Spezialität nur bei pfandartigem Charakter35 der Beziehung gegeben sei. Denn nur auf diese Weise besteht ein Schutz des Gläubigers, dessen Kriterien denen des Haftungsrechtes entspricht und von ihm übernommen werden- kann. Ein Pfand oder ein vergleichbares Recht benutzt den zugewiesenen Gegenstand ebenso als Mittel zu dem Zweck der mit Hilfe der Versilberung ermöglichten Erfüllung, wie dies der Konkurs mit dem gesamten Vermögen macht - allerdings nicht nur zugunsten eines, sondern aller Gläubiger. Angesichts dieser Entsprechung wäre ein solcher Schluß zwar plausibel; er würde aber zu einer einseitigen Bevorzugung der (gesicherten) Geldgläubiger führen. Mag deren Anspruchsinhalt auch der rechnerischen Größe des Haftungsrechtes entsprechen und daher besser übertragbar sein, wäre dieser Grund zu formal, um solch eine Bevorzugung befriedigend rechtfertigen zu können. Wie bereits erwähnt, .ist die Spezialität deswegen ein geeignetes Kriterium haftungsrechtlicher Bevorzugung, weil sie die in jeder Wirtschaftsordnung notwendige Sicherung so begrenzt, daß anderen Gläubigern nicht die gesamte Haftungsgrundlage des schuldnerischen Vermögens entzogen ist. Die Spezialität als Gegenstück zur Generalhypothek dient der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit. Ihre Bedeutung äußert· sich dementsprechend weniger in dem "Innenverhältnis": Gläubiger zu zugewiesenem Gegenstand - es ist ja sogar unerheblich, ob es sich um eine Obligation oder ein dingliches Recht handelt, - als vielmehr in dem "Außenverhältnis": gesicherter Gläubiger zu den restlichen Gläubigern. Letztere dürfen aufgrund der durch die Spezialität bedingten Rechtstechnik allenfalls nachrangig auf den zugewiesenen Gegenstand zugreifen. Auch wenn die Zuweisung mit Rücksicht auf die Interessen des Rechtsverkehrs durch redlichen Erwerb vernichtet werden kann, ist die prinzipielle Ausschluß- oder Abwehrmöglichkeit Dritter von dem betreffenden Gegenstand das wichtigste Kriterium der Spezialität. Es berücksichtigt damit die Gläubiger gleichmäßig, unabhängig von dem jeweiligen Anspruchsinhalt. überträgt man die erzielten Ergebnisse auf den mittels relativer Unwirksamkeit erreichten Schutz, erfüllt dieser die für die Spezialität 35
rien.
Vgl. dazu die von Henckel in FG F. Weber, S. 239, angegebenen 6 Krite-
7 Paulus
§ 2. Die Besonderheiten der Vormerkung
98
notwendigen Voraussetzungen. Indem die relative Unwirksamkeit nämlich die Interessen des Geschützten trotz anderweitiger Verfügung wahren hilft und ihm zu diesem Zweck den Sukzessionsschutz gewährt, sind andere Gläubiger von dem Zugriff auf den beanspruchten Gegenstand prinzipiell abgehalten. Der betreffende Gegenstand wird auf diese Weise trotz anderweitiger Verfügung gleichsam als weiterhin im schuldnerischen Vermögen verblieben behandelt und damit für den gesicherten Gläubiger reserviert. Daß die relative Unwirksamkeit keine dingliche Rechtsposition verleiht, ist für die Spezialität ohne Belang. Die Ausgangsposition der Vormerkung für die konkursrechtliche Behandlung ist also die, daß sie die beiden wichtigsten Kriterien einer haftungsrechtlichen Bevorzugung erfüllt: das im Grundbuch erkennbar gemachte Recht ist dem Vormerkungsberechtigten zugewiesen. Die zwangsläufige Folgerung daraus ist die Bejahung der eingangs gestellten Frage nach der Möglichkeit einer rechtfertigenden Erklärung des § 24KO. Dafür soll noch der scheinbare Widerspruch dieses Ergebnisses mit der oben wiedergegebenen Definition des Haftungsbegriffes 36 aus dem Weg geräumt werden. Wenn das vorgemerkte Recht nämlich bis zur übertragung an den Vormerkungsberechtigten im Vermögen des Grundstückseigentümers bleibt - eine Konsequenz, die sich aus der relativen Unwirksamkeit ergibt -, müßte es im Konkurs dem Zwangsbefriedigungsrecht aller Gläubiger unterworfen sein. Diese grundsätzlich egalisierende Wirkung des Konkurses kann aber gerade mit Hilfe der herauskristallisierten Kriterien Spezialität und Publizität durchbrochen werden, da sie das Konkursrisiko der restlichen (freiwilligen) Gläubiger zu rechtfertigen vermögen. Aufgrund der engen Verbindung von materiellem und Insolvenz-Recht37 ist die dort angebrachte Bevorzugung auf das Konkursrecht übertragbar: § 24 KO ist die wertungsmäßig gerechtfertigte und einleuchtende Weiterführung der rechtlichen Vormerkungswirkungen38 •
38
S.90.
Man könnte das Insolvenzrecht als das haftungsrechtliche Extrakt des Verkehrsrechtes bezeichnen. 38 Vgl. auch Materialien zur Konkursordnung v. 1898, H, S.44 zu § 19 b; H. W. Neumann, S.25. 37
§ 3. Das richterliche Verfügungsverbot im Konkurs Die volle Berücksichtigung der durch Vormerkung geschützten Interessen im Konkurs des Grundstückseigentümers läßt sich aufgrund einer vergleichenden Betrachtung des § 24 KO mit den übrigen Vorzugsrechten rechtfertigen; jene Norm zieht die insolvenzrechtliche Konsequenz aus den materiell-rechtlichen Besonderheiten der Vormerkung1 . Mit diesem Befund soll die Arbeit jedoch nicht ihr Bewenden haben; trotz des oben 2 festgestellten Zwischenergebnisses, § 13 KO sei folgerichtiger Ausdruck einer nur mit Hilfe von Sukzessionsschutz verdinglichten Rechtsposition, soll das richterliche Verfügungsverbot einer der Vormerkung im vorigen Kapitel entsprechenden Untersuchung unterzogen werdenS. Denn für diesen Sicherungsbehelf erweist sich die Regelung des § 13 KO - zumindest in einigen Fällen - als zu pauschal und damit zu eng. Angesichts der bereits herausgestellten Voraussetzungen für insolvenzrechtliche Bevorzugung, nämlich Spezialität in Verbindung mit Publizität, können sich die folgenden Ausführungen auf diesen Aspekt ausrichten und konzentrieren.
I. § 13, 2. HS KO; § 23 ZVG Die Regelung in § 13, 2. HS KO scheint der Schlüssigkeit der vorgezeichneten Methode auf den ersten Blick zu widersprechen; nach dieser Norm vermag nämlich die Eröffnung des Konkursverfahrens der Beschlagnahme einer unbeweglichen Sache nichts anzuhaben, d. h.: der Grundsatz der par conditio ist durchbrochen. Gemäß § 23 ZVG entsteht mit dem Wirksamwerden des nach § 20 ZVG als Beschlagnahme anzusehenden Anordnungsbeschlusses ein "Veräußerungsverbot" , das dem Schutz des vollstreckenden Gläubigers zu dienen bestimmt ist. § 22 I ZVG bestimmt für das Wirksamwerden der Beschlagnahme nicht nur den Zeitpunkt als entscheidend, in dem beim Grundbuchamt das Ersuchen um demnächstige Eintragung eines Versteigerungsvermerkes vorgetragen wird, sondern auch schon dann, wenn der Anordnungsbeschluß an den Schuldner zugestellt wird. In beiden Fällen besteht zwar die mit der Rechtsfolge der relativen 1 .2 8
7·
Vgl. Henckel, Prozeßrecht, S.353 . § lIV. Vgl. auch Raape, S. 112.
100
§ 3. Das richterliche Verfügungsverbot im Konkurs
Unwirksamkeit gewährleistete Spezialität, nicht jedoch - wenigstens nicht unmittelbar - Publizität. Indem § 13, 2. HS KO auf das Wirksamwerden der Beschlagnahme abstelltl, ohne zusätzlich die Eintragung des Vollstreckungsvermerkes zu verlangen, kreiert diese Vorschrift ein Vorzugsrecht, das den oben gewonnenen Einsichten zu widersprechen scheint. Diesen, aus § 13, 2. HS KO entnommenen Bedenken läßt sich zweierlei entgegenhalten. Einmal die Verschiedenartigkeit der geschützten Ansprüche: Während Vormerkung und richterliches Verfügungsverbot Sachleistungsansprüche erfüllen helfen, dient § 23 ZVG dem Schutz eines Geldgläubigers. Der die Vollstreckung betreibende Gläubiger sucht sich aus dem Grundstück wegen einer Geldforderung (s. §§ 803 ff., 869 ZPO i. V. m. ZVG) zu befriedigen und wird als solcher 2 in der 5. Rangklasse des § 10 I ZVG berücksichtigt. Diesen Gläubiger interessiert das Grundstück nicht als Leistungsobjekt, sondern als Wertgröße im Vermögen seines Schuldners; er ist damit - wenigstens bis zur Eintragung des Vollstreckungsvermerkes - einem Pfandgläubiger vergleichbar. Auch dessen Recht braucht nach dem geltenden Konkursrecht nicht unbedingt publiziert zu sein, wie sich aus dem Absonderungsrecht z. B. des Vermieters, § 49 I Ziff. 2 KO, oder des Sicherungseigentümers ergibt. Diese Parallele weist auf den zweiten, gewichtigeren Einwand gegen das obengenannte Bedenken hin. Die in § 13, 2. HS KO angeordnete Bevorzugung eines durch relatives Verfügungsverbot geschützten Gläubigers resultiert aus der besonderen Sicherung, die ihm als dem vollstreckenden Gläubiger gewährt wird 3 • Er erhält einen Befriedigungsrang in § 10 I Ziff. 5 ZVG, dem zwar kein technisches Pfandrecht zugrunde liegt, auf den ·aber § 47 KO ebenso verweist wie § 49 I ZUf.2 KO auf das Pfändungspfandrecht des § 804 I ZPO. Aus dieser Rangzuweisung ergibt sich die Bevorzugung im Konkurs; die zusätzliche Erwähnung in § 13, 2. HS KO dient demgegenüber lediglich der versichernden Klarstellung, daß aufgrund der Vorzugsstellung des vollstreckenden Gläubigers auch die zu seinen Gunsten gewährte Sicherung des § 23 ZVG bestehen bleibt4 • Daß mit diesem Vorzugsrecht eine bis zur (praktisch schleunigst vollzogenen) Eintragung des Vollstreckungsvermerkes unpublizierte SchmäVgl. nur Mentzel/Kuhn/Uhlenbruck, § 13, Rz. 6. Hat er bereits ein Grundpfandrecht: § 10 I Ziff.4 ZVG. 3 So schon Materialien zur KO, 1898, H, zu § 10 a; MentzeIlKuhn/Uhlenbruck, § 13, Rz. 6; Jaeger/Lent, § 13, Rz. 9; Jaeger/Henckel, § 13, RZ.13. 4 Jaeger/Lent, ebda; unrichtig G. Huber, der auf S. 78, FN 3 diese Norm für notwendig hält, weil mit der Beschlagnahme kein zur Absonderung berechtigendes dingliches Recht entstehe! Siehe aber § 47 KO i. V. m. § 10 ZVG. 1
2
11. Die gesetzliche Regelung
101
lerung der allen Gläubigern zur Verfügung stehenden Haftungsmasse verbunden ist - nicht anders als z. B. mit den Gläubigern der Rangklassen 1-3 des § 10 I ZVG -, ist ein betrüblicher und änderungsbedürftiger Bruch in der wünschenswerten Ordnung der bestehenden Vorzugsrechte. Ein Argument gegen die notwendige Kumulation von Spezialität und Publizität bei Individualansprüchen, wie sie oben für die Vormerkung festgestellt worden ist, läßt sich daraus nicht entnehmen: Das Insovenzrecht unterscheidet danach, ob ein Anspruch auf Haftungsrealisierung oder auf verkehrsgeschäftliche Erfüllung geDichtet ist. Grundsätzlich ignoriert das Haftungsrecht letzteren Anspruchs; soll er gegen das Konkursrisiko abgesichert werden, sind an seine Sicherungen strenge Anforderungen zu stellen.
11. § 13, 1. HS KO Die in § 13, 1. HS KO angeordnete Unwirksamkeit eines relativen Verfügungsverbotes gegenüber der Konkursmasse 1 wird allgemein mit dem Gleichbehandlungsgebot im Konkurs gerechtfertigt2 • Damit ist aber noch keine Antwort auf die für eine systematisierende Betrachtung wichtigere Frage ermöglicht, warum ausgerechnet der durch relatives Verfügungsverbot gesicherte Gläubiger diesem Gebot zum Opfer fallen soll, und nicht auch z. B. der Vormerkungsberechtigte oder der Geldgläubiger, der seine FOl'derung rechtzeitig vor Konkurs eröffnung im Wege des dingLichen Arrestes hat sichern lassen. Ger:ade der durch Vormerkung gesicherte Anspruch ist - wenigstens in aller Regel - mit dem durch relatives Verfügungsverbot geschützten vergleichbar: In beiden Fällen soll die Erfüllung eines auf eine Sachleistung gerichteten Anspruchs gewährleistet werden. Diese Entsprechung wird durch die unterschiedliche systematische Einordnung der §§ 13 und 24 KO verdeckt: Während § 24 KO systemgerecht im zweiten Titel: Erfüllung der Rechtsgeschäfte erscheint, steht § 13 KO zwischen den allgemeinen Bestimmungen. Die in § 13 KO ausgesprochene Bezugnahme auf' §§ 135, 136 BGB, die lediglich die Rechtsfolge für bestimmte Sicherungsbehelfe normieren und daher schlichte Blankettnormen sind, verzerrt die Vergleichsbasis. In § 13 KO wird eine Rechtsfolge, in § 24 KO ein Tatbestand behandelt - in beiden Fällen ist jedoch die Ausgangsposition die gleiche. Um also eine der im vorangegenem Kapitel vergleichbare Methode haftungs rechtlicher Oben § 2 V 1. MentzeIlKuhn/Uhlenbruck, § 13, RZ.5. 2 So schon Materialien zu KO, 1898, 11, S. 37 f.; Gerhardt, FG Flume, S.531; BGHZ 56,228 = LM 1 zu § 13 KO; zu der Fragwürdigkeit dieser Argumentation oben: Problemstellung; vgI. auch Voß, JherJB 60, 359, der aber in positivistischer Erklärung stecken bleibt. 5
1
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§ 3. Das richterliche Verfügungsverbot im Konkurs
"Standortbestimmung" bei § 13 KO anwenden zu können, bedarf es der Konkretisierung auf einen Tatbestand. Auch hierfür mag das als ParadebeispieP anerkannte richterliche Verfügungsverbot dienen, dem grundsätzlich - §§ 916, 935 ZPO - ein Sachleistungsanspruch zugrunde liegen muß. 1. Spezialität
Die Spezialität, die conditio sine qua non für eine insolvenzrechtliche Bevorzugung ist, manifestiert sich im materiellen Recht in der prinzipiellen Ausschluß- und Abwehrmöglichkeit Dritter von dem betreffenden Gegenstand4 ; eine Fähigkeit, die der mit Hilfe von relativer Unwirksamkeit geschützten obligatorischen Rechtsposition zukommt. Nachdem die relative Unwirksamkeit ihren markantesten Anwendungsfall in §§ 135, 136 BGBgefunden hat, und ihr dort als typischer Exponent angesprochener Tatbestand das richterliche Verfügungsverbot ist, steht der Feststellung nichts im Wege, daß dieses Verfügungsverbot das erste, bedeutsamere Kriterium haftungsrechtlicher Bevorzugung erfüllt. Nichtsdestoweniger sollen im folgenden noch einige Einzelfragen wenigstens aufgeführt werden - gerade, um die dogmatische Vergleichbarkeit von richterlichem Verfügungsverbot und Vormerkung, wie sie im 2. Paragraphen dargestellt worden ist, zu unterstreichen. a) Anforderungen an den zu sichernden Anspruch
Die Vormerkung sichert einen obligatorischen Anspruch auf Einräumung oder Aufhebung eines Rechtes an einem Grundstück, bzw. an einem solchen Rechte. Nach § 883 I 2 BGB macht es dabei keinen Unterschied, ob dieser Anspruch bedingt ist oder erst künftig entsteht; letzterenfalls ist zur Bestimmbarkeit des Anspruches allerdings erforderlich, daß dessen Gegenstand und Inhalt aus einem zur Zeit der Eintragung der Vormerkung bereits bestehenden, wirksamen Rechtsverhältnis erkennbar ist, oder - wie es die h. M. formuliert - daß die Entstehung des Anspruchs nur noch vom Willen des Berechtigten abhängt5• Die bloße Erwerbsaussicht z. B. dessen, der mit einem Vermächtnis bedacht werden soll, berechtigt selbst bei einem Erbvertrag nicht zur Eintragung einer Vormerkung, solange es nicht zum Erbfall gekommen ist6 • 3 Siehe oben § 111 2 c; ebensogut ließe sich jedes andere, von §§ 135, 136 BGB erfaßte Verfügungsverbot für die folgenden Erörterungen verwenden. 4 Oben §2V4. 5 Vgl. Baur, S.176; Jahr, JuS 63,226; RGZ 151, 77; BGHZ 12, 117; differenzierend Heck, S. 194 f.; teilweise a. A. Lüke, JuS 71, 343. 6 BGH, ebda.
11. Die gesetzliche Regelung
103
Demgegenüber ist der Anwendungsbereich des richterlichen Verfügungsverbotes beschränkter, denn aufgrund der Anforderungen, die die h. M. an einen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu sichernden Anspruch stellt, kann dieser kein künftiger, wohl aber ein bedingter oder betagter sein7• Konsequenterweise wird § 883 I 2 BGB dergestalt modifiziert, daß er uneingeschränkt nur für die bewilligte Vormerkung gelte; für die aufgrund einstweiliger Verfügung eingetragene dagegen nur mit der Maßgabe, daß sie keinen künftigen Anspruch sichern könnes. So einleuchtend diese Unterscheidung im Hinblick auf § 926 ZPO sein mag; ihre praktische Verwirklichung ist gerade angesichts der engen Interpretation eines künftigen Anspruchs in § 883 I 2 BGB schwerlich möglich'. Eine eindeutige Trennungslinie zwischen einem künftigen und einem - etwa - potestativbedingten Anspruch, der ja bis zum Eintritt der (aufschiebenden) Bedingung auch ein künftiger ist, ist noch nicht gezogen. Aus diesem Grund erscheint es sachgerechter, auf diese fragwürdige Unterscheidung zu verzichten, und mit Grunsky l0 die Schutzbedürftigkeit und -würdigkeit für den Einzelfall zu bestimmen. Sie wird insbesondere dann zu bejahen sein, wenn der Antragssteller "das künftige Recht durch Feststellungsklage schon jetzt geltend (machen kann)". Unabhängig aber davon, welcher dieser Ansichten der Vorzug zu geben ist, gilt für die hier zu behandelnde Frage nach den Auswirkungen im Konkurs, daß ein künftiger, bzw. nicht schutzwürdiger Anspruch nicht das ErfüllungsprivHeg des § 24 KO genießtl l . Dies trifft für die bewilligte Vormerkung wie - folgt man der Ansicht Grunsky's - für die aufgrund einstweiliger Verfügung eingetragene zu; in beiden Fällen würde andernfalls ein zur Zeit der Konkurseröffnung noch nicht vorhandener Anspruch entgegen § 15 KO die Schuldenmasse vergrößern. So ist der aus einem Vertrag resultierende Anspruch, der wegen der noch ausstehenden Genehmigung durch den vollmachtslos vertretenen Erwerber künftig ist, zwar durch eine Vormerkung zu sicherni!, darf aber nicht mehr durch den Konkursverwalter erfüllt 7 ThomaslPutzo, § 916 2; BaumbachJLauterbach, § 916 3 C; Schönke/Baur, S.233; modifizierend Furtner, NJW 64, 745 ff. S So schon RGZ 74,159; Staudinger/Seufert, § 885, Rz. 2 a; Palandt/Bassenge, §8852a. 11 Schlosser, Gestaltungsklagen, S.235, FN 12 hält sie aus logischen Gründen für ausgeschlossen. 10 In SteiniJonas, § 935 II 2 und § 916 II 3; vgl. auch Schlosser, S. 235 f.; Ullmann, NJW 71, 1295 m. w. N. in FN 17. 11 Vgl. StaudingerlSeufert, § 883, Rz.62; Palandt/Bassenge37 , § 883 3 d aa; Serick, KO-FG, S. 276 f. 12 Vgl. KG NJW 71, 1319; siehe auch BGH NJW 55, 544; dazu Serick, KOFG, S. 283 ff.
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§
3. Das richterliche Verfügungsverbot im Konkurs
werden, wenn die Genehmigung erst nach Eröffnung des Konkursverfahrens erteilt wird. Das für den Erlaß einer einstweiligen Verfügung umgangene Problem, zwischen bedingtem und künftigem Anspruch unterscheiden zu müssen, taucht für Grunsky in der konkursrechtlichen Konsequenz auf: Hier ist nämlich wegen § 15 KO einerseits und dem - aus § 67 KO ersichtlich - als Bestandteil der Schuldenmasse zugelassenen bedingten Anspruch andererseits doch zu trennen. Diese Frage kann jedoch auf sich beruhen, da hier nur die Feststellung von Bedeutung ist, daß im Hinblick auf das Konkursrecht der Anwendungsbereich von Vormerkung und richterlichem Verfügungsverbot gleich ist. b) Das richterliche Verjilgungsverbot
in der Zwangsvollstreckung
Der ganze Bereich der "beschränkten Erbenhaftung" , der für die Vormerkung einige Privilegien enthält, kann im Hinblick auf die haftungsrechtliche Standortbestimmung des richterlichen Verfügungsverbotes auf sich beruhen; er vermag - wie gezeigt - als Folgeregelung nichts über die Voraussetzungen konkursrechtlicher Bevorzugung auszusagen. Anders verhält es sich bei der (einzel-)vollstreckungsrechtlichen Regelung: Der Gesetzgeber hat für diesen Fall konsequenterweise13 Sicherungen zugunsten des geschützten Gläubigers vorgesehen, deren Durchschlagskraft allerdings zum Teil durch das neue Verständnis der Pfändung als hoheitlicher Akt14 starke Einbußen erlitten hat. Dadurch, daß der Ersteher in der Zwangsversteigerung kraft hoheitlicher Befugnis originär Eigentum erwirbt, so daß mit dem Zuschlag sämtliche zuvor bestandenen Rechte erlöschen, wird das geltende deutsche Zwangsvollstreckungsrecht zu einer Schöpfung von Friedrich Steinl5 , demgegenüber das ius scriptum von sekundärer Bedeutung ist. Insbesondere von § 772 ZPO kann man mit Fug und Recht sagen, daß er heute das ist, was die neuere Jurisprudenz und Lehre aus ihm gemacht haben l6 ; nämlich einen Rechtsschutzbehelf, der nur für die kurze Zeitspanne bis zum Zuschlag einzugreifen vermag. Abgesehen davon, daß den Vollstreckungsorganen nach heutigem Verständnis wohl kaum eine Schmälerung ihrer Bedeutung widerführe, wenn ihre Handlungen nach privatem Recht beurteilt würden - diese 13 14 15
16
Siehe oben § 2 II 4. Grundlegend Stein, Grundfragen, passim; RGZ 156, 395. Vgl. Esser, Grundsatz und Norm, S.312. Esser, ebda.
11. Die gesetzliche Regelung
105
Befürchtung war für Stein sicherlich eine wesentliche Triebfeder, die das Ende des 19. Jahrhunderts mit Bülow, Wach u. a. m. durch deren Verständnis vom öffentlichen Recht gespannt hatte17 - , hat Paulus18 anhand der §§ 772 ZPO, 135 f., 161 BGB nachgewiesen, daß das Gesetz keinen Unterschied zwischen einer "verkehrsrechtlichen" und einer Verfügung im Wege der Zwangsvollstreckung macht1 9 • § 772 ZPO gewährt dem durch richterliches Verfügungsverbot Geschützten eine analoge Drittwiderspruchsklage und untersagt eine Veräußerung im Wege der Zwangsvollstreckung. Die Gesetzesredaktoren konnten sich mit einer Ordnungsvorschrift aufgrund der Erwägung begnügen, daß die dem Erwerber nur "ungewisse Rechte gewährende Veräußerung" unzweckmäßig sei 2o• Nach ihrer Ansicht verhinderte die dennoch vorgenommene Veräußerung durch den Gerichtsvollzieher nicht die Durchsetzung der aus der relativ unwirksamen Verfügung resultierenden Rechte, sofern der Erwerber nur hinsichtlich des Bestehens eines Verfügungsverbotes unredlich war. § 772 ZPO bestimmt daher nicht das Ende, sondern ein vollstreckungsrechtliches Supplement der Durchsetzbarkeit des mit der relativen Unwirksamkeit gewährten Rechtsbehelfs. Angesichts dieser divergierenden Ergebnisse zu § 772 ZPO erscheint die Ansicht von Bruns/Peters21 fraglich, den Meinungstsreit um die Rechtsnatur des Pfändungspfandrechts als müßig und antiquiert beiseite schieben zu können. Wenn für § 772 ZPO kein Bruch in der Konstruktion in Kauf genommen wird - wie dies Baumbach/Lauterbach22 als Vertreter der öffentlich-rechtlichen Theorie machen -, muß der Zuschlag als eine der "verkehrsrechtlichen" entsprechende Verfügung angesehen werden. Die so verstandene Regelung bewirkt prinzipiell den gleichen Schutz wie § 48 ZVG zugunsten des Vormerkungsberechtigten und ist aus denselben Gründen gerechtfertigt23 • Ist die Verwertung der verbotsbetroffenen Sache nur nach den Regeln des ZVG möglich, weil es sich etwa um eine als landwirtschaftliches Zubehör einzustufende Dreschmaschine, §§ 98 BGB, 865 II 1 ZPO, handelt, oder um eine Immobilie, so ist auch in diesem Fall der durch richterliches Verfügungsverbot geschützte Gläubiger hinreichend ge17 Vgl. Bruns/Peters, S.100. Die historischen und politischen Hintergründe der Trennung von privatem und öffentlichem Recht erläutert Grimm, S. 224 ff. 18 In FG Nipperdey, S. 918 ff. 19 Siehe zusätzlich Säcker, JZ 71, 159; G. Huber, S. 21 ff., 172 ff., der überdies auf § 2115 BGB verweist; Medicus, BR, Rz.466. 20 Motive zum BGB I, S. 215. 21 Bruns/Peters, ebda. 22 § 772 Anm. 2; siehe dazu G. Huber, S. 173 f., insbes. FN 12. 23 Vgl. oben § 2 II 4.
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§ 3. Das richterliche Verfügungsverbot im Konkurs
sichert. Er kann freilich aufgrund des Zuschlagbeschlusses seines Primäranspruchs verlustig gehen und sich mit dem Versteigerungserlös zufrieden geben müssen; aber seine Interventionsmöglichkeiten sind stärker als die des § 772 ZP024. Ist sein Recht aus dem Grundbuch ersichtlich, so muß das Vollstreckungsgericht das Verfahren wegen dieses Gegenrechtes, § 772 ZPO, von Amts wegen aufheben, § 28 ZVG, oder aber den Zuschlag versagen, § 33 ZVG25. Letzteres hat das Gericht auch dann anzuordnen, wenn verbotsbetroffener Gegenstand die oben erwähnte Dreschmaschine ist und deren Verbotsbetroffenheit erst nach der Versteigerung geltend gemacht wird. Der durch richterliches Verfügungsverbot geschützte Gläubiger kann aber auch schon früher intervenieren. Er ist im Versteigerungsverfahren Beteiligter gemäß § 9 Ziff. 2 ZVG26, dem die Terminsbestimmung mit der Aufforderung zugestellt wird, § 41 ZVG, sein der Versteigerung entgegenstehendes Recht vorzutragen, § 37 Ziff. 5 ZVG. Steht dieses einer Versteigerung dauernd entgegen, so muß das Vollstreckungsgericht das Verfahren insgesamt aufheben27. . Abgesehen von dem im Grundbuch eingetragenen richterlichen Verfügungsverbot ist es im Zwangsversteigerungsverfahren der Initiative des mit Hilfe von richterlichem Verfügungsverbot Geschützten überlassen, den von ihm beanspruchten Gegenstand vor dem Verwertungsakt zu bewahren. Darin liegt offenbar eine gravierende SchlechtersteIlung gegenüber dem Vormerkungsberechtigten, der sich wegen seiner Einordnung in das geringste Gebot gemäß § 48 ZVG um das Versteigerungsverfahren nicht zu kümmern braucht. Der Grund dafür, das hat die Untersuchung oben28 ergeben, liegt in der durch die grundbuchliche Verlautbarung gewährleisteten Erkennbarkeit des vorgemerkten Rechtes; sie rechtfertigt die generelle Durchbrechung des Prioritätsgrundsatzes. überträgt man diese Rechtfertigung auf das in der Objektswelt nicht erkennbare richterliche Verfügungsverbot, erscheinen die Unterschiede zwischen beiden Sicherungsmitteln mehr konstruktiver denn materieller Natur. Sobald nämlich das richterliche Verfügungsverbot bekannt ist, greifen die vollstreckungsrechtlichen Sicherungen ein, §§ 769 I, 772 ZPO!9; im Ergebnis bleibt die Erfüllbar24 Der Versuch, § 772 ZPO im Lichte des ZVG zu interpretieren, geht wegen der Unvergleichbarkeit der beiden Verwertungsverfahren nicht an. Das ZVG schreibt auf nahezu jeder Stufe des Verwertungsvorganges eine Prüfung der materiellen Rechtslage vor, eine Pflicht, von der die Vollstreckungsorgane der ZPO gerade entbunden sind; vgl. dazu G. Huber, S. 153, FN 46. 25 DasslerISchiffhauer/Gerhardt, § 28 4 a. 26 DasslerISchiffhauer/Gerhardt, § 9, 4 a bb. 27 Bezieht sich das geschützte Recht auf Zubehör, so muß der Zuschlag insgesamt versagt werden, vgl. DasslerISchiffhauer/Gerhardt, § 33, 5 mit dem Hinweis auf Ausnahmefälle. 28 § 2 II 4.
11. Die gesetzliche Regelung
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keit des geschützten Anspruchs gewahrt. Für den gesicherten Anspruch ist es ohne Belang, ob die Versteigerung eingestellt wird oder ob er sie unbeeinträchtigt übersteht. c) Rangwirkung des richterlichen Verjügungsverbotes
Die Rangwirkung der Vormerkung hat sich als eine Folge der relativen Unwirksamkeit erwiesen30• Folglich muß sie auch dem richterlichen Verfügungsverbot eignen. Das soll mehr der dogmatischen Folgerichtigkeit denn eines jemals praktisch denkbaren Bedürfnisses wegen anhand eines Beispielsfalles verdeutlicht werden. Der durch richterliches Verfügungsverbot geschützte Anspruch kann wegen der Unmöglichkeit zweier im Rangverhältnis zueinander stehender "Eigentume" nicht auf übereignung gerichtet sein3t, sondern muß ein solcher auf übergabe eines Gegenstandes zum Zwecke der Pfandbestellung sein. Vor der Erfüllung dieses Anspruchs gibt der Eigentümer E diesen Gegenstand dem Dritten D als Pfand. Da das Pfand für den Geschützten G noch nicht bestellt war, greift die Rangregelung des § 1209 BGB nicht ein. Die verbotswidrige Pfandbestellung zugunsten D's ist relativ unwirksam, d. h. sie muß dem geschützten Anspruch insoweit32 weichen, als sie mit ihm unvereinbar ist. Das ist sie nur hinsichtlich ihres Vorranges, nicht auch hinsichtlich ihres Bestandes; als zweitrangiger Pfandgläubiger kann D weiterhin gesichert sein, § 1232 BGB. Dieses konstruierte Beispiel weist die Richtigkeit der Rangwirkung als Folge der relativen Unwirksamkeit nach; daß sie nicht - wie § 883 III BGB - ipso iure eintritt, schmälert nicht ihren Wert für den haftungsrechtlichen Zusammenhang, in dem sie untersucht worden ist33 • 2. Publizität
Richterliches Verfügungsverbot wie Vormerkung bewirken in gleicher Weise die für ein Vorzugsrecht unabdingbare Spezialisierung des einen, beanspruchten Rechtes im Kreise der restlichen Vermögensgüter. Während die Vormerkung aber erst Rechtswirkungen entfaltet, wenn sie begründeterweise im Grundbuch eingetragen ist, verbietet der Richterspruch bereits ab Zustellung an den Antragsgegner, §§ 936, 922 II ZPO, die Verfügung, ohne daß es eines zusätzlichen, dieses Verbot verkörpernden Aktes bedürfte. Der darin liegende Unterschied, 211
Vgl. Dassler/Schiffhauer/Gerhardt, § 37 3.
ao Siehe oben § 2 IIl. at 32
33
Siehe oben § 2 III FN 3. Vgl. oben § 1 11 2 c. Siehe oben § 2 III a. E.
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§ 3. Das richterliche Verfügungsverbot im Konkurs
der im Hinblick auf die anderen Gläubiger des verbotsbetroffenen Schuldners von entscheidender Bedeutung ist, rechtfertigt die divergierende konkursrechtliche Behandlung. Diese Aussage, d€ren grundsätzliche Richtigkeit die vorangegangenen Untersuchungen nachgewiesen haben sollen, begegnet allerdings in den Fällen Zweifeln, in denen die Rechtslage der von dem richterlichen Verfügungsverbot betroffene Sache als solche allgemein erkennbar ist34 . Dazu bestimmt § 938 ZPO, daß das Gericht nicht nur ein Verfügungsverbot, sondern zusätzlich auch Sequestration oder Verwahrung anordnen kann 3s . Nachdem Sequestration nur dann angeordnet werden wird, wenn die Sache verwaltet werden muß36 und diese Tätigkeit im Vordergrund steht, ist die Möglichkeit der Verwahrung bedeutsamer. Ihre Ausübung unterfällt - im Gegensatz zur Sequestration - dem Pfiichtenkreis des G€richtsvollziehers, da sie gemäß § 195 Nr.3 der Geschäftsanweisung für Gerichtsvollzieher Vollstrekkungshandlung ist (diese Vorschrift lautet: "Erfordert die in einer einstweiligen Verfügung angeordnete Sicherstellung einer Sache nur eine Verwahrung (ohne Verwaltung), so liegt keine Sequestration vor. Der Gerichtsvollzieher muß die Verwahrung mit übernehmen, da sie noch eine Vollstreckungshandlung darstellt. Die Kosten einer solchen Verwahrung sind Vollstreckungskosten. Die Sicherstellung einer beweglichen Sache bedeutet in der Regel keine Sequestration, da sie keine selbständige Verwaltung notwendig macht"). Wenn der Antragsteller seinen Anspruch und den Verfügungsgrund glaubhaft gemacht hat, und die Zustellung eines Erwerbsverbotes mangels Zeit nicht mehr in Frage kommt, bzw. deswegen nicht möglich ist, weil der Erwerber unbekannt ist, wird in aller Regel die Verwahrung zur Erreichung des Zweckes, i. e. weitere Erfüllbarkeit des Primäranspruch€s, erforderlich sein, § 938 I ZPO. Diese Möglichkeit der Verdeutlichung, auf die allgemein hingewiesen wird37 , rückt das richterliche Verfügungsverbot in unmittelbare Nähe zur Vormerkung. Ist nämLich dieses Verbot publiziert, so bewirkt das hinsichtlich seiner konkursrechtlichen Behandlung, daß das unterscheidende Kriterium entfällt, welches die jeweilige Einordnung von Verfügungsverbot und 34 Dies ist vornehmlich für Fahrnis von Bedeutung, da es für Geldforderungen keine Rechtsscheinsträger, für Immobilien das Grundbuch gibt. 35 Möglich wäre auch eine Pfandsiegelung analog § 132 GVGA; Lehmann nennt 8 verschiedene Arten der Publizierung, im ArbBer der AkfDR 1937, S.18 ff. 36 Noack, JR 63, 295 m. w. N. 37 Neben § 938 II ZPO selbst siehe nur Lehmann/Hübner, S. 179; Leipold, S. 84; Bruns/Peters, S. 281.
11. Die gesetzliche Regelung
109
Vormerkung in der Typenreihe38 der Vorzugsrechte und die damit verbundene haftungsrechtliche Berücksichtigung gerechtfertigt hat. Beide Sicherungsbehelfe führen die notwendige Spezialisierung mit Hilfe von relativer Unwirksamkeit herbei und machen dies den übrigen Gläubigem erkennbar: die Vormerkung mittels Eintragung, das richterliche Verfügungsverbot mittels Verwahrung durch den Gerichtsvollzieher. Das bedeutet - und dies ist zugleich das Ergebnis des systematischen Vergleichs der Vorzugsrechte -, daß § 13 KO für das publizierte richterliche Verfügungsverbot eine systemwidrige Entscheidung fällt. Die schon mehrfach hervorgehobene enge Wechselbeziehung zwischen Verkehrs- und Haftungsrecht vermag dieses Ergebnis zu bestätigen. § 135 II BGB wurde oben39 als Kol1isionsregelung charakterisiert, die den notwendigen Ausgleich von geschütztem IndiVlidualinteresse und Verkehrs interesse besorgt. Eine entsprechende Ausgleichsrelegung ist hinsichtlich eines vorgemerkten Rechtes nicht erforderlich, solange wegen der grundbuchlichen Verlautbarung ein schutzwürdiges Verkehrsinteresse nicht besteht. Der Ausschluß redlicher Erwerbsmöglichkeit hängt offenbar mit der für das Haftungsrecht bedeutsamen Publizität zusammen. Ist das richterliche Verfügungsverbot publiziert, scheidet gutgläubiger Erwerb der verbotsbetroffenen Sache aus; denn der Dritterwerber wird wenigstens grobfahrlässig keine Kenntnis von der Existenz des Verfügungsverbotes haben - sei es wegen des Siegels an dem Gegenstand, sei es wegen der Verwahrung beim Gerichtsvollzieher. Im letzteren Fall ist der Eigentümer der Sache neben dem Gläubiger mittelbarer Besitzer4o • Er kann das Eigentum an der Sache nach wie vor gemäß §§ 929, 931 BGB übertragen, ohne daß dadurch allerdings die Verbotsbetroffenheit aufgehoben werden könnte. Durch die Verweisung in § 135 II BGB gilt für diesen Fall § 934 1. HS BGB, der die Untauglichkeit des Besitzes als Rechtsscheinträger für die Existenz eines richterlichen Verfügungsverbotes 41 besonders kraß aufzeigt: Wie kann gar der mittelbare Besitz die Verbotsbetroffenheit der Sache verlautbaren oder auch nur erkennbar machen? Nach § 934, 1. HS BGB erhielte der Dritterwerber - unbelastetes Eigentum mit Abtretung des (potentiellen) Herausgabeanspruchs gegen den Verwahrer. Da sich die Abtretung eines Anspruchs nach den §§ 398 ff. BGB richtet, bei denen wenigstens Bestimmbarkeit des Anspruchs42 und somit Angabe des Schuldners und Rechtsgrundlage des 38 39 40 41 42
Hier zeigt sich der Wert einer Typenreihe, vgl. oben § 2 vor I FN 12. § 1 11 3 bei FN 40. OLG Hamburg HRR 34, 1058; OLG Celle NJW 57, 27. Siehe oben § 1 11 3 FN 40. Vgl. nur BAG NJW 67, 751.
110
§ 3. Das
richterliche Verfügungsverbot im Konkurs
Anspruchs erforderlich ist, hat der Zessionar grundsätzlich Kenntnis oder grobfahrlässige Unkenntnis von dem öffentlich-rechtlichen Verwahrungsverhältnis und damit von der Verbotsbetroffenheit43 • Konstruktiv besteht demzufolge zwischen Vormerkung und publiziertem richterlichen Verfügungsverbot kein Unterschied mehr; allerdings ist damit noch nicht endgültig entschieden, ob sich der Gesetzgeber in den §§ 13, 24 KO eines Verstoßes gegen das verfassungsrechtlich verankerte Gleichbehandlungsgebot schuldig gemacht hat. Ob nämlich wesensmäßig Gleichartiges ungleich behandelt ist, läßt sich in erster Linie aufgrund vergleichbarer Wertungslagen, und erst in zweiter Linie aufgrund konstruktiver Parallelen nachweisen. Allerdings dürfte den Konstruktionen eine gewisse Indizfunktion für die Wertungslage zukommen.
111. Wertungsunterschiede zwischen Vormerkung und richterlichem Verfügungsverbot Da der Konkurs ein komplexes soziales Phänomen mit volks- und betriebswirtscnaftlichent, politischen und wirtschaftsrechtlichen Auswirkungen ist, dessen Abwicklungsmechanismus der Obhut der Rechtsordnung unterliegt, muß das Konkursrecht in besonderem Maße auf diese Gesamtwirkungen Rücksicht nehmen. Das Konkursrecht trägt vornehmlich .in Zeiten wirtschaftlicher Rezession - einen Gutteil der Verantwortung für die Funktionsfähigkeit der Wirtschaft. Dieser Aspekt muß insbesondere bei einer rechtlichen Untersuchung der Vorzugsrechte, die die evidente Manifestation besagter Verantwortung sind, ständig berücksichtigt werden!. Infolgedessen ist im Hinblick auf den Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit zu fragen: Gibt es wirtschaftliche Gründe - sie können auch "verrechtlicht" sein -, die eine konkursrechtliche Bevorzugung der Vormerkung fordern, die bei einem richterlichen Verfügungsverbot nicht vorliegen? Rimmelspacher führt drei Gründe an3 : die wegen § 925 11 BGB ausgeschlossene Möglichkeit im Immobilienverkehr, unter EigentumsvorAls Alternative wäre auch an eine Lösung über analoge Anwendung des III BGB zu denken, da Besitzer im Sinne dieser Vorschrift auch der mittelbare ist; Westermann, § 50 2. Das geschützte Recht, das eine analoge Anwendung rechtfertigen würde, wäre das richterliche Verfügungsverbot. 1 Siehe z. B. Stüdemann, KO-FG, S. 401 ff.; Schäfer/Rahmsdorf, JA 79, 441. 2 Henckel, FG F. Weber, S. 248 f. fordert von diesem Ansatzpunkt ausgehend - zurecht eine bevorzugte Berücksichtigung derjenigen Gläubiger, die unfreiwillig Kredit gewähren müssen. Ihnen kann nämlich die eigenverantwortliche übernahme des Konkursrisikos auch bei evidentem Mangel einer Haftungsbasis nicht vorgeworfen werden, vgl. auch Hahn, ZPO, S. 449. 3 Siehe oben § 2 I 2 FN 43. 43
§ 936
111. Wertunterschiede zwischen Vormerkung und Verfügungsverbot
111
behalt zu verkaufen, das dem durch eine Vormerkung gesicherten Gläubiger nicht aufbürdbare Ausfallrisiko während eines schwebenden behördlichen Genehmigungsverfahrens, und schließlich das volkswirtschaftliche Bedürfnis, noch vor Anlegung eines eigenen Grundbuchblattes künftig abzutrennende Grundstücksteile zu veräußern. Dem lassen sich noch weitere Gründe anfügen, insbesondere, daß im Grundstücksrecht eine Zug-um-Zug-Erfüllung - der wirksamste Schutz vor dem Konkursrisiko 4 wegen der zeitraubenden Eintragung nicht möglich ist. Die Vormerkung erlaubt die weitgehend gefahrlose Vorfinanzierung des Wohnungsbaus und ist damit ein wesentliches Element einer zunehmend auf Kreditbasis operierenden Wirtschaft. Mag § 17 KO im Bereich gegenseitiger Verträge der konkursrechtlich weitergeführte Schutz des § 320 BGB sein; angesichts des im allgemeinen erheblichen Wertes, um den es im Immobilienverkehr geht, erscheint dieser Schutz zu schwach, und in seiner Beschränkung auf gegenseitige, beidseitig noch nicht voll erfüllte Verträge zu eng5 . All diese Erwägungen bestätigen die auf eine lange rechtsgeschäftliche Tradition zurückblickende Bedeutsamkeit des Immobilienrechtes6 und tragen zur Rechtfertigung der in § 24 KO getroffenen, gesetzgeberischen Entscheidung bei. Eine entsprechende Aufzählung zugunsten des richterlichen Verfügungsverbotes fällt demgegenüber schwer. Abgesehen von der Vielfalt der mit dem Begriff Fahrnis erfaßten Gegenstände, die eine einheitliche Beurteilung und Bewertung problematisch erscheinen läßt, spricht gegen eine besondere Schutzwürdigkeit die bei Fahrnis mögliche Zug-um-Zug-Leistung. Andererseits läßt sich ein Sicherungsbedürfnis auch bei Fahrnis der Entwicklung entnehmen, die Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung7 gerade in den letzten Jahrzehnten genommen haben. Und auch über den - auf Verträge fixierten - Bereich dieser Sicherungsmittel hinaus läßt sich ein besonderes Schutzbedürfnis ermitteln. So ist die Verweisung auf die 4 Dazu BGHZ 58, 246, 249 f.; kritisch zu diesem Urteil Häsemeyer, KTS 73, 2 ff. Ein entsprechender Schutz wird für die bewilligte Vormerkung über § 878 BGB erreicht, Soergel/Baur, § 878 Rz.2; ein zusätzliches Argument für die Schutzbedürftigkeit im Grundstücksrecht. 5 Eine interessante, zusätzliche Frage wäre, ob dem Gesetzgeber wegen der naturgegebenen Begrenztheit des Immobilienmarkts volkswirtschaftlich eine Förderung oder Sicherung dieses Marktes möglich ist, ohne daß er wegen unzulänglicher Unterscheidungskriterien das Verdikt gleichbehandlungswidriger Bevorzugung befürchten müßte. 6 Siehe zum 19. Jhdt. insbes. den von Coing und W. Wilhelm herausgegebenen Band III von: Wissenschaft und Kodifikation des Privatrechts im 19. Jhdt.; ferner Buchholz, Jus Commune VII, S. 250 ff. 7 Die Sicherungsübereignung blickt interessanterweise auf eine bis ins 19. Jhdt. reichende Tradition zurück, RGZ 57, 175; Gaul, AcP 168, 357 ff.; Hromadka, JuS 80, 90.
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§ 3. Das richterliche Verfügungsverbot im Konkurs
Quote für den Bereicherungsgläubiger8 im Falle des Konkurses seines Schuldners besonders ungerecht (vgl. RGZ 86, 348), da das Bereicherungsrecht der Herstellung der gesollten Vermögenszuordnung dient. Indem es diesen Zweck über eine obligatorische Bindung erreicht und keine adaequaten Sicherungsmittel zur Verfügung stellt, entstehen in den konkursrechtlichen Auswirkungen Diskrepanzen. Die gewillkürte Vermögensänderung ist über Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung vor dem Konkursrisiko gefeit, während die gesollte Vermögensänderung, die sich allenfalls mit einem richterlichen Verfügungsverbot als Sicherung begnügen muß, über § 13 KO nicht hergestellt werden kann. Gerade dieses Beispiel vermag die Unbilligkeit der lex lata aufzuzeigen; das Bereicherungsrecht dient nämlich als Korrektiv für die durch das Abstraktionsprinzip ermöglichte falsche Vermögenszuordnung. Da das Abstraktionsprinzip als Grundlage des Vermögensrechtes grundsätzlich nicht umgangen werden kann, und damit die obligatorische Rückabwicklung vorprogrammiert ist, steht der Bereicherungsgläubiger in seiner Schutzwürdigkeit dem unfreiwillig Kredit Gewährenden 9 gleich10 • Eine Repblik wider die Schutzwürdigkeit eines mit Hilfe richter1ichen Verfügungsverbotes gesicherten Gläubigers ergibt sich daraus, daß das Gesetz an verschiedenen Stellen einer im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes erlangten Sicherung bestimmte Wirkungen entzieht. über die bereits erwähnten §§ 199011, 201611 BGB, 221 11 KO hinaus ist z. B. der redliche Erwerb im Grundstücksverkehr betroffen. Während eine Vormerkung nach allgemeiner Ansichtll trotz bloßer Buchberechtigung des Schuldners wirksam eintragbar ist, wenn sie bewilligt worden ist, verweigern die §§ 892, 893 BGB wegen ihrer Beschränkung auf rechtsgeschäftlichen, bzw. ähnlichen Erwerb diese Möglichkeit demjenigen, der die Vormerkung über eine einstweilige 8 Er wird sich wie der Vermächtnisnehmer oder Gläubiger eines deliktischen Herausgeberanspruchs (ihn erwähnt Henckel in seinem Ref. zum 51. DJT, S.209 immerhin als konkursrechtlich schutzwürdig) nur mit Hilfe eines richterlichen Verfügungsverbotes sichern können, vgl. Jaeger/Lent, § 13, Rz.4; neuestens Jaeger/Henckel, § 13, RZ.4. 11 Siehe oben § 3 III FN 2. 10 Ein entsprechendes Schutzbedürfnis besteht für den Vermächtnisnehmer nicht. Andererseits wäre der mögliche Einwand gegen die hier intendierte Lösung, daß der mit Hilfe eines publizierten richterlichen Verfügungsverbotes gesicherte Vermächtnisnehmer einem vom Gesetzgeber aus wohlerwogenen Gründen des Erblassergläubiger-Schutzes, Mugdan V, S. 70 f., abgelehnten Vindikationslegatar gleich käme, unzutreffend: Der vermachte Gegenstand gehörte nämlich zur Zeit des Erbfalles in den Nachlaß. Eine ihn betreffende Sicherung oder Verfügung hat daher nur außerhalb der Konkursanfechtung Bestand, der seinerseits aus den in diesem Kapitel dargelegten Gründen gerechtfertigt ist. 11 Siehe nur Baur, S. 183.
IU. Wertunterschiede zwischen Vormerkung und Verfügungsverbot
113
Verfügung hat eintragen lassen l2 • Hinter den angeführten Beispielen scheint der Gedanke zu stecken, daß eine freiwillig gewährte Sicherung schutzwürdiger sei als eine erzwungene; ein Gedanke, der sich immerhin als Ausdruck eines Vorranges von privatautonomen vor eigenmächtigem, erzwungenem Handeln rechtfertigen ließe. Doch erweist sicll dieser Schein insbesondere dann als trügerisch, wenn das Konkursrecht auf die Konsequenz jenes Gedankens hin überprüft wird l3 • Dabei tritt nämlich eine Differenzierung ein, für die sich schwerlich eine Erklärung oder gar Rechtfertigung finden läßt. Trotz gleicher Ausgangslage derjenigen Gläubiger, deren Ansprüche auf Fahrnis-, liegenschaftlichen, bzw. Gelderwerb gerichtet sind, und die eine Sicherung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes erlangt haben, trifft das Konkursrecht eine Unterscheidung. Der fahrnisrechtliche Erwerb bleibt trotz richterlichen Verfügungsverbotes in dem Rennen um die gegen dl;lS Konkursrisiko gefeiten Plätze auf der Strecke, da ihn § 13 KO dem Grundsatz der par conditio unterstellt und in eine Reihe mit den Konkursforderungen des § 61 I Ziff. 6 KO einordnet. Demgegenüber genießt die unter den erleicllterten Bedingungen des § 885 I 2 BGB erzwungene Vormerkung das Privileg des § 24 KO und schützt den gesicherten Anspruch vor der anteilsmäßigen Befriedigung14• Obgleich die darin begründete Ungleichbehandlung gegenüber dem relativen Verfügungsverbot von den Gesetzesredaktoren gesehen worden war l5 , entschied man sich hinsichtlich der Vormerkung unter Hinweis auf das über den Arrest erlangte Pfandrecht sowie den - an keiner Stelle näher erläuterten - Zweck der Vormerkung16 für die Konkursbeständigkeit. Für das ricllterliche Verfügungsverbot blieb nur der lapidare Hinweis auf das Gleichbehandlungsgebot. Die Geldforderung vermag ebenfalls die Klippe des Insolvenzrisikos zu umschiffen, indem nämlich der - unter den besonderen Bedingungen17 des § 917 ZPO (beachte aber § 921 II ZPO) zu erlangende - dingliche Arrest für ihre Sicherung ein zur abgesonderten Befriedigung, § 49 I Ziff. 2 KO, berechtigendes Arrestpfandrecht bereitstellt. Für diese Bevorzugung einleuchtende Wertungen und wirtschaftliche Rechtfertigungen zu finden, fällt schwerer als bei der Vormerkung, zumal sich RGRK, § 892, Rz. 45; RG 68,151; RG 90,335; OLG 15,232. Vgl. zum Folgenden G. Paulus, FG Nipperdey, S. 928 f. 14 Weimar, WM 63, 278. 15 Vgl. die Nachweise bei G. Paulus, S.929; zusätzlich Mugdan III, S.562, Antrag Nr.4 zum heutigen § 883 BGB, der eine dem heutigen § 135 I 2 BGB entsprechende Aufzählung, d. h. ohne Konkursverwalter, enthält. 16 Mugdan III, S. 565; S. 970. 17 Siehe dazu nur Stein / Jonas / Grunsky, § 917 I 1; vgl. auch Gerhardt, FG KO, S.113f. 12
13
8 Paulus
114
§ 3. Das richterliche Verfügungsverbot im Konkurs
diese auch noch von der fahrnisrechtlichen Beurteilung abheben müssen. Es ist aber immerhin erwägenswert, ob nicht die bei Geldansprüchen, z. B. Rückzahlung einer Darlehnsvaluta, typischer weise lange Zeitdauer bis zur Befriedigung einer effektiveren überbrückung bedarf, als dies bei dem Zug-um-Zug erfüllbaren Fahrnisanspruch der Fall ist. Ein Geldanspruch beinhaltet typischerweise Kreditierung und mag aus diesem Grund schützenswert erscheinen. Selbst wenn diese überlegungen zutreffen, bleibt dennoch die Ungereimtheit, warum der rührige, über §§ 916 ff., 935 ff. ZPO vorgehende Fahrnisgläubiger hinsichtlich seines Primäranspruches leer, d. h. mit quotenmäßiger Befriedigung, ausgehen soll, hinsichtlich seines Sekundäranspruches dagegen in der angegebenen Weise bevorzugt befriedigt wird. Dahinter steckt möglicherweise die historische Verpflichtung der römisch-rechtlichen condemnatio pecuniaria, die den in Geld meßbaren Wert einer vermögensrechtlichen Sonderbeziehung in den Mittelpunkt des prozessualen Interesses rücktl 8. Mag diese Reminiszenz - gemessen an den praktischen Auswirkungen - nach wie vor ihre Daseinsberechtigung haben19 , würde es den heutigen wirtschaftlichen Anforderungen20 und Gegebenheiten widersprechen, wollte man dem Fahrnisgläubiger unter Hinweis auf die condemnatio pecuniaria konkursrechtliche Bevorzugung absprechen. Der Vergleich der drei jeweils über den vorläufigen Rechtsschutz gesicherten Anspruchskategorien deckt eine vom Gesetzgeber in Kauf genommene "Schutzlücke"21 auf, deren Schließung nicht nur wegen der parallelen Ausgangslage der Ansprüche geboten erscheint, sondern auch wegen der haftungsrechtlichen Entsprechung von Vormerkung und publiziertem richterlichen Verfügungsverbot. Beide Gründe zusammen rechtfertigen trotz der Unterschiedlichkeit der wirtschaftlichen Bedeutung die Forderung, § 13 KO nicht auf das publizierte richterliche Verfügungsverbot anzuwenden. Neben den materiellen Erwägungen spricht für diese Forderung die in einer auf Systematik bedachten Rechtsordnung gebotene Ordnung und Einheit, d. h. eine "rational erfaßbare ,innere', (eine) von der Sache her begründete Folgerichtigkeit", die durch den Zusammenhalt einer begrenzten Anzahl von Grundprinzipien gelenkt wird22 . Will man die Vorzugsrechte nicht ganz 18 Vgl. auch Rimmelspachers Definition des Anspruchs als Wertanwartschaft, S.81, die sich zusätzlich auf § 264 Ziff.3 ZPO stützen kann; dazu Hahn, ZPO, S. 259. 19 Im Vergleich z. B. art. 1142 code civile; dazu Ferid I, S. 504 f. 20 Zu dem allgemeinen Problem der Veralterung des dem historischen Gesetzgeber vorschwebenden Wirtschaftsbildes E. Schmidt, JZ 80, 153 ff. 21 G. Paulus, S. 929. 22 Canaris, System, S.12, 16; vgl. auch zur haftungsrechtlichen Forderung nach gerechtfertigter Unterscheidung Henckel, FG Wieacker, S. 366.
IH. Wertunterschiede zwischen Vormerkung und Verfügungsverbot
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diesen systematischen Postulaten entziehen, begründen Spezialität in Verbindung mit Publizität eine Vorzugsstellung, die dann um so angemessener ist, wenn vergleichbare Rechtspositionen insolvenzrechtlich privilegiert sind23 • Das hier entwickelte und vorgeschlagene Ergebnis führt zu einem neuen Vorzugsrecht, das sich gegenüber der apodiktischen Begrenzung des § 4 I KO zu behaupten hat. Voraussetzung dafür ist jedoch, daß das publizierte richterliche Verfügungsverbot einen Anspruch auf abgesonderte Befriedigung begründete. Dies setzt seinerseits einen auf Gelderwerb gerichteten Anspruch voraus - nur ein solcher kann abgesondert befriedigt werden -, der aber niemals durch ein Verfügungsverbot, sondern allenfalls über die Arrestvorschriften, §§ 916 ff. ZPO, gesichert werden kann 24 • Andererseits spricht für die Anwendbarkeit des § 4 I KO, daß der verbotsbetroffene Gegenstand zweifelsfrei der Masse zugehört, ein Aussonderungsrecht im technischen Sinne daher nicht vorliegt25• Unabhängig aber von der auch bei der Vormerkung fraglichen Einordnung als Aus-, bzw. Absonderungsrecht26 kann, nachdem die Untragbarkeit der in § 13 KO ausgesprochenen Rechtsfolge festgestellt worden ist, das zusätzliche Gebot in § 4 I KO an der zu fordernden Konkursfestigkeit des publizierten richterlichen Verfügungsverbotes nichts ändern. Denn das der materialen Gerechtigkeit immanente Gleichbehandlungsgebot darf nicht dadurch ausgeschaltet werden, daß zwei Normen die Ungleichbehandlung fordern.
23 In der Konsequenz dieser Ansicht liegt eine konkursrechtliche Gleichbehandlung von erzwungener Vormerkung und grundrechtlich verlautbartem relativen Verfügungsverbot, für deren Trennung im positiven Recht angesichts der Entsprechung der Sicherungswirkungen kein Grund ersichtlich ist. § 888 11 BGB fügt diesem Verfügungsverbot den nach der oben, § 2 I 2 a. E., wiedergegebenen Interpretation grundbuch.rechtlich notwendigen Sicherungsbehelf hinzu. 24 Dies gilt auch für das nach h. M. mit der Pfändung entstehende relative Verfügungsverbot, da es den auf das Pfandobjekt konkretisierten Vollstrekkungsanspruch des Gläubigers gegen den Staat sichert; so Fahland, S.76, 85. 25 Vgl. Mentzel / Kuhn / Uhlenbruck, § 4, Rz. l. 26 Vgl. A. Dieckmann, FG v. Caemmerer, S. 110, FN 44; und auch Kretzschmar, JW 16, S. 165 ff., insbes. sub VII, demzufolge eine Einordnung gar nicht erforderlich ist.
Schlußbemerkungen Die in dieser Arbeit erörterten Probleme der konkurs rechtlichen Behandlung des relativen Vertiügungsverbots haben drei grundsätzliche Einwendungen zu gewärtigen, zu denen abschließend kurz Stellung genommen werden soll. 1. Der erste Einwand bezieht sich auf den Untersuchungsgegenstand
dieser Arbeit und erfährt seine Berechtigung aus dem Selbstverständnis der Rechtswissenschaft als Wirklichkeitswissenschaftl. Will nämlich die Jurisprudenz mehr sein als bloße Gralshüterin des wissenschaftlichen Instrumentariums, dessen Handhabung ihr alleiniger Forschungsgegenstand ist (ein Problem, das sich der Rechtswissenschaft - geistesgeschichtlich gesehen - seit dem Ende der Naturrechtsepoche stel1t2), will sie die .ihr zukommende Aufgabe der Ordnung gesellschaftlichen Seins zu meistern versuchen, muß sie die Rechtswirklichkeit berücksichtigen. Denn nur aufgrund ihrer Kenntnis kann die Dogmatik die abstrakten Normen auf den Einzelfall abstimmen und gegebenenfalls ändern3 • Dem relativen Verfügungsverbot nun kann man die Rechtswirklichkeit so gut wie ganz absprechen, d. h. es ist ein in der Praxis höchst selten vorkommendes Instrument'; folglich, so ließe sich einwenden, soll die Dogmatik diesem Faktum Rechnung tragen und das relative Verfügungsverbot nicht weiter beachten. Eine solche, nur dienende Rolle wird dem Aufgabenbereich der Dogmatik nicht gerecht; denn in ihm ist - wenigstens auch - enthalten, das von ihm verwaltete Instrumentarium so aufzubereiten, daß es praktikabel wird. Diese Aufgabe gibt der Jurisprudenz ihren eigenständigen Wert, und ist - indem sie an die Faktizität des Normativen glaubt - Ausdruck des Vertrauens in die Regelungsmöglichkeit menschlichen Zusammenlebens mittels der Vernunft. Dieser Aufgabe wollen die obigen Erörterungen verpflichtet sein.
1 Dazu Rehbinder, JuS 73, 274; W. Maihofer, Realistische Jurisprudenz, in Jahr / Maihofer, Rechtstheorie (1971), S. 440 ff.; G. Paulus, Naturrecht, S. 39 f.; E. Schmidt, JZ 80, 160. 2 G. Paulus, passim. 3 Rehbinder, a.a.O. 4 Eine briefliche Anfrage beim Amtsgericht München, ob die Richter je ein Verfügungsverbot erlassen hätten, ergab die desolate Häuflgkeitsziffer null.
Schlußbemerkungen
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2. Der zweite Einwand ist methodischer Natur: Dem Gesetzgeber stehe es grundsätzlich frei, "eine bestimmte Position mit allen oder nur mit einzelnen dinglichen Eigenschaften (auszustatten)"6; also sei an der Berechtigung der gesetzgeberischen Entscheidung in den §§ 13, 24 KO nicht zu deuteln. Gerade dies aber tut diese Arbeit. Unabhängig von der Fragwürdigkeit solch positivistischer Argumentation ist dieser Einwand insofern berechtigt, als er für den Rechtssuchenden den Bestand einer gesetzlichen Norm als Voraussetzung sicheren Planes im rechtlich geordneten Lebensraum apostrophiert. Die Jurisprudenz jedoch kann sich damit nicht begnügen; ist sie nämlich der materialen Gerechtigkeit verpflichtet, und ist eine deren obersten Maximen die Gleichbehandlung wesensmäßig Gleichartigen, ist sie berechtigt, an diesem Maßstab den Wert und die Berechtigung jeder einzelnen Norm zu messen. Indem sie über einzelne gesetzgeberische Entscheidungen die Prüfungsschablone "Systematik" ausbreitet und anhand dessen Abweichungen von dem nach dieser Schablone Gesollten feststellt, macht die Jurisprudenz einen Test für den materrialen Richtigkeitswert der juristischen Formentechnik. Auf diese Weise kann sie Vorschläge zur Verbesserung, i. e. zu größerer Gerechtigkeit unterbreiten6 • Erkennt man das als eine der Rechtswissenschaft adaequate Methodik an, ist der in dieser Arbeit durchgeführteVergleich des richterlichen Verfügungsverbots mit der Vormerkung im Hinblick auf ein System der Konkurs-Vorzugsrechte ein zulässiges Verfahren. 3. Der dritte Einwand zielt auf die am Ende der Arbeit gezogene Schlußfolgerung. Befürwortet man nämlich eine Konkursfestigkeit des publizierten richterlichen Verfügungsverbots, entsteht damit ein weiteres Vorzugsrecht und führt zu einer Schmälerung der Masse. Dies ist eine generelle Gefahr bei allen heute bestehenden Sicherungsrechten7 und berührt die Grundlagen des materiellen Konkursrechtes. Diesem Einwand kann nur entgegnet werden, daß es nicht angeht - solange die Vorzugsrechte nicht einer grundlegenden gesetzgeberischen Neugestaltung unterzogen werden -, einzelne Gläubiger zu benachteiligen, wenn dafür keine hinreichenden Gründe bestehen.Canaris, FG-Flume, S. 380. Vgl. Germann, S.325. "Die prinzipiell wertkritisch-normative Fragestellung, nicht nur de lege ferenda, sondern auch de lege lata, wird uns davor bewahren, im Gesetz etwas Absolutes zu sehen." 7 Kilger, KTS 75, 142 ff. 5
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