Ressourcenorientierte Teamarbeit: Systemische Praxis der kollegialen Beratung. Ein Lern- und Übungsbuch [4 ed.] 9783666461972, 9783525461976, 9783647461977


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Ressourcenorientierte Teamarbeit: Systemische Praxis der kollegialen Beratung. Ein Lern- und Übungsbuch [4 ed.]
 9783666461972, 9783525461976, 9783647461977

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© 2016, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525461976 — ISBN E-Book: 9783647461977

© 2016, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525461976 — ISBN E-Book: 9783647461977

Johannes Herwig-Lempp

Ressourcenorientierte Teamarbeit Systemische Praxis der kollegialen Beratung Ein Lern- und Übungsbuch

Mit 10 Abbildungen

4., unveränderte Auflage

Vandenhoeck & Ruprecht

© 2016, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525461976 — ISBN E-Book: 9783647461977

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie, detaillierte bibliografische Angaben sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-525-46197-6 Weitere Ausgaben und Online-Angebote sind erhältlich unter: www.v-r.de © 2016, 2004 Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Theaterstraße 13, D-37073 Göttingen / Vandenhoeck & Ruprecht LLC, Bristol, CT, U.S.A. www.v-r.de Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Printed in Germany. Satz: SchwabScantechnik, Göttingen Druck und Bindung: e Hubert & Co GmbH & Co. KG, Robert-Bosch-Breite 6, D-37079 Göttingen Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier.

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■ Inhalt

… mehr als die Summe seiner Teile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kollegiale Beratung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Geschichte dieses Modells der »Teamberatung« . . . . . . . . . . . . Begriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie dieses Buch lesen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Team und Teamarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Was macht eine Gruppe zum Team? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Team als System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

18 18 28

Verschiedene Ebenen von Teamarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zuviel Wind ums Team? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31 39

Das systemische Handwerkszeug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Systemische Grundhaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Systemische Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Systemische Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Team und der systemische Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Was heißt hier »systemisch«? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

42 44 46 52 60 62

Der systemische Blick in der Teamberatung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Teamberatung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Ablauf einer Teamberatung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Vortrag des Anliegens und die Nachfragen . . . . . . . . . . . . . . . . Die Entwicklung der Fragestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Methoden I: Gehirnjogging . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Methoden II: Perspektivenerweiterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Methoden III: Gegenseitige Information . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Methoden IV: Erfolge auswerten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

70 70 72 84 90 103 121 127

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Inhalt

Methoden V: Stellen, spielen und bewegen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Methoden VI: Das Reflektierende Team . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Abschlusskommentar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die gesamte Teamberatungssitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie funktioniert Teamberatung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Grenzen von Teamberatung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Methoden VII: Weitere Modelle kollegialer Beratung . . . . . . . . . . . Methoden VIII: Selbstberatung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Teamorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Gestaltung von Teamsitzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Aufgaben der Gesprächsleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weitere Anregungen, Tipps und Tricks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entscheidungen im Team . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Teamentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie können wir unsere Teamarbeit verändern? . . . . . . . . . . . . . . . . Konflikte im Team . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie kann ich in meinem Team Veränderungen anregen? . . . . . . . .

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Systemische Tröstungen fürs Team . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

245

Dank und Kontakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

248

Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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■ … mehr als die Summe seiner Teile

Teamarbeit steht nach wie vor hoch im Kurs – in der Sozialen Arbeit mit ihren vielfältigsten Arbeits- und Berufsfeldern ebenso wie in anderen Dienstleistungsbereichen und in der Produktion. Von Teamarbeit erhofft man sich, wenn nicht gleich Wunder, so doch häufig außergewöhnlich viel, nach dem Motto: Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile. Durch die Zusammenarbeit sollen Synergieeffekte erzielt werden. Teamarbeit zielt auf die bestmögliche Nutzung der Ressourcen aller Teammitglieder ab und soll selbst wieder eine Ressource sein, auf die die Einrichtung oder die Firma beim Erreichen ihrer Betriebsziele zurückgreifen und vertrauen kann. Vom systemischen Standpunkt aus betrachtet steht außer Zweifel, dass jedes einzelne Teammitglied über eine Vielzahl von Ressourcen verfügt: Das sind natürlich zunächst die beruflichen Kenntnisse und Fertigkeiten, die der Einzelne mit seiner Ausbildung erworben hat und die er in seiner praktischen Berufstätigkeit erweitert und ergänzt hat. Je nach Beruf, aber innerhalb der Berufe auch nach Ausbildungsort, Lehrern oder individuellen Schwerpunkten bestehen die unterschiedlichsten Kompetenzen. In jeder einzelnen Situation im Berufsalltag kommen neue Erfahrungen hinzu, die die professionelle Persönlichkeit mit gestalten. Zu diesen Ressourcen zählt aber auch die »nichtberufliche Lebenserfahrung«: Alle unsere Erlebnisse und Erfahrungen haben Einfluss darauf, wie wir unsere Umwelt sehen und erleben, welche Möglichkeiten und Optionen uns aktuell zur Verfügung stehen und welche uns tatsächlich einfallen, wenn wir nach ihnen suchen. Im Gespräch mit einem türkischen Klienten fällt uns womöglich ein, wie es uns erging, als wir in Frankreich plötzlich das Gefühl hatten, uns nicht mehr verständigen zu können. Ein kinderloser Sozialarbeiter wird im Gespräch mit Eltern über deren pubertierenden Sohn andere Erinnerungen, Gefühle und dann auch Konzepte haben als seine Kollegin, die bereits zwei erwachsene Töchter hat. Ein Psychologe in der ambulanten Altenarbeit kann möglicherweise immer wieder sein Wissen und seine Erfahrungen aus der früheren Arbeit auf einer psychiatrischen Station nutzen – und auch für seine

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… mehr als die Summe seiner Teile

Kolleginnen nutzbar machen. Und in der gleichen Einrichtung im gleichen Team kann eine junge Praktikantin gerade aufgrund ihrer mangelnden Berufs- und Lebenserfahrung und der daraus resultierenden, zunächst vielleicht naiv anmutenden Fragen »Warum macht ihr das so? Könnte man da nicht vielleicht auch anders dran gehen?« einen entscheidenden Impuls für die weitere Arbeit geben. Fast scheint es ein wenig beliebig zu sein, alle Mitglieder des Teams, so unterschiedlich sie aufgrund ihrer Qualifikation und Lebenserfahrung auch sind, als Ressourcen nutzen zu wollen.

Kollegiale Beratung Die entscheidende Frage ist, wie diese Ressourcen der unterschiedlichen Perspektiven und Kompetenzen möglichst optimal erschlossen und für das Team zugänglich gemacht werden können. Eine zentrale Möglichkeit dazu ist die der kollegialen Beratung. Mit »kollegialer Beratung« ist eine wechselseitige Reflexion unter Kolleginnen und Kollegen gemeint mit dem Ziel, Anregungen für die berufliche Praxis zu erhalten. »Kollegiale Beratung« ist in der Regel freiwillig und findet auf gleichberechtigter Ebene statt. Allerdings kann sich dieses Vorgehen sehr unterschiedlich gestalten, und verschiedene Menschen verstehen möglicherweise Unterschiedliches darunter – wie die nachfolgenden Beispiele zeigen. – Ein Team im Jugendamt trifft sich einmal wöchentlich und bespricht die »Fälle« der Kolleginnen: Teils um sich gegenseitig zu informieren, teils um sich Rat und Unterstützung für bestimmte schwierige Situationen und Entscheidungen zu holen, teils um gemeinsam über die Bewilligung bestimmter Leistungen zu entscheiden (was von der Leitung so angeordnet ist: Das Team als Ganzes hat zu entscheiden). – Die Mitarbeiter einer kinder- und jugendpsychiatrischen Station (Ärztin, Psychologe, Erzieherinnen, Krankenschwestern, Sozialpädagogin) haben mittags jeweils für eine halbe Stunde Übergabe, bei der sie sich gegenseitig über den aktuellen Stand informieren und sich absprechen, wie sie mit den momentan besonders auffälligen Patienten verfahren wollen. – Zwei Streetworker verabreden sich zu einer Pause an einem Kaffeeautomaten, sie klagen über die aktuelle Arbeitsüberlastung, nehmen Anteil an den Belastungen des anderen und trösten sich gegenseitig. – Ein Altenpfleger schildert abends daheim seiner Frau, die als Ärztin in

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Kollegiale Beratung









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einer anderen Senioreneinrichtung arbeitet, den Gesundheitszustand einer von ihm betreuten Klientin und fragt sie um Rat. Sie stellt einige Fragen und entwickelt Vorschläge. Die Mitarbeiterinnen einer Sozialpädagogischen Tagesgruppe treffen sich wöchentlich für zweieinhalb Stunden und regeln zunächst Organisatorisches und Dienstrechtliches. Wenn dann noch Zeit bleibt, sprechen sie über die Kinder in ihrer Gruppe und was sie mit ihnen in nächster Zeit vorhaben – oder sie planen den nächsten Elternabend. Ein Therapeut ruft eine Kollegin an und bittet sie, sich für ein paar Minuten einen bestimmten Fall anzuhören und ihm ihre Meinung dazu mitzuteilen. Eine Gruppe aus zwei Sozialarbeiterinnen, einer Ärztin, einer frei schaffenden Therapeutin, einem Erzieher und einem Supervisor, alle an unterschiedlichen Arbeitsstellen tätig, hat bei einer Weiterbildung verabredet, sich einmal monatlich für drei Stunden abwechselnd bei einem von ihnen zu Hause zu treffen, um sich gegenseitig kollegial zu Fragen aus der Arbeit zu beraten. Eine Gruppe von fünf Studentinnen der Sozialen Arbeit trifft sich während ihres Praktikums regelmäßig alle vier bis sechs Wochen, um sich über ihre Erfahrungen in der Praxis, Probleme, Ängste, aber auch ihre Erfolge auszutauschen.

Kollegiale Beratung gibt es in der psychosozialen Arbeit an vielen Stellen: Sie kann am Arbeitsplatz stattfinden oder außerhalb, in der Freizeit oder in privatem Rahmen. Sie kann offiziell Bestandteil der Arbeit sein – zu bestimmten Zeiten ist es vorgesehen, sich zu besprechen und gegenseitig zu beraten – oder sie kann informell, zwischen Tür und Angel, in der Kaffeepause oder am Telefon praktiziert werden. Sobald sie institutionalisiert ist, findet sie in der Regel wöchentlich oder vierzehntägig im Rahmen von Teamsitzungen statt. Ebenso kann sie aber auch als »Gruppenberatung« durchgeführt werden: Aus mehreren Teams oder Abteilungen treffen sich jeweils ein bis zwei Mitarbeiterinnen, um sich gegenseitig kollegial zu beraten. Für kollegiale Beratung gibt es eine Reihe von unterschiedlichen Bezeichnungen, die von Team zu Team und von Einrichtung zu Einrichtung variieren: Teamberatung, Fallberatung, Fallbesprechung, Intervision, PeerSupervision, kollegiale Supervision und andere. Dieser Vielfalt entspricht auch eine Reihe unterschiedlicher Konzepte, die für die Gestaltung dieser Beratungen entwickelt wurden (vgl. Fallner u. Grässlin 1989; Holtz u. Thiel 1996; Hang-Benin 1998; Hendriksen 2000; Brinkmann 2002; Empfehlungen 2002; Franz u. Kopp 2003; Schlee 2003; Tietze 2003; von Thun 2003;

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… mehr als die Summe seiner Teile

Lippmann 2004; Natho 2005; s. a. den Überblick bei Kühl 2007). Zu wenig beachtet wird dabei häufig die Tatsache, dass es sich bei kollegialer Beratung selbst um eine Form von Beratung handelt – womit sich die Beratungskonzepte, die man explizit in der Arbeit mit Klientinnen und Klienten anwendet, auch für die kollegiale Beratung eignen könnten. Ein wesentliches Kennzeichen von »Beratung« ist für mich, dass sie vor einer Entscheidung, durch wen auch immer, stattfindet – und insofern auch hiervon getrennt betrachtet werden kann. So wie wir – zumindest aus einer systemischen Haltung heraus – nicht für unsere Klientinnen und Klienten entscheiden, sondern ihnen diese Wahl überlassen, so geht es auch bei der kollegialen Beratung darum, dass die Kolleginnen und Kollegen zwar eine Beratung erhalten, letztlich aber selbst entscheiden, welche Option sie wählen. Wenn hier das Modell der Teamberatung präsentiert wird, so bezieht es sich immer auf Beratung: Die Unterscheidung zwischen Beratung und Entscheidung (»Beraten wir dich jetzt oder wollen wir Einfluss nehmen auf deine Entscheidung?«) halte ich für wesentlich und grundsätzlich, sie sollte bei Bedarf ausdrücklich vorab geklärt werden, bevor man in einen Beratungsprozess geht. In einem separaten Kapitel werden später Möglichkeiten vorgestellt, wie Teams zu Entscheidungen kommen können, wenn sie sie zu fällen haben. Das Team ist der Ort, an dem die Einzelressourcen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zusammengeführt, gebündelt und sowohl für den Arbeitsprozess des Einzelnen als auch für das gemeinsame »Produkt«, die gemeinsame Aufgabe genutzt werden können. Es erscheint nur logisch und als Ausdruck der Synergieeffekte von Teams: Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile. Wenn ein Team gut zusammenarbeitet, dann kann es in Bezug auf die ihm gestellten Aufgaben wesentlich mehr leisten, als wenn seine Mitglieder jeweils für sich allein an der Aufgabe arbeiten. Allerdings sollte man nicht vergessen, dass auch der Umkehrschluss gilt: Der oder die Einzelne ist nicht nur ein Teil der Summe – jedes Mitglied eines Teams ist immer auch viel mehr als nur das Mitglied des Teams. Jeder hat sein eigenes Leben, seine Erfahrungen, Kenntnisse und Fähigkeiten – diese, seine Besonderheiten und seine Eigenheiten, der für ihn eigene Blickwinkel und die ihm eigene Gedanken, machen sie oder ihn ja auch als Teammitglied wertvoll. Teamarbeit gilt als bedeutsam und wird sehr wichtig genommen, weil man davon ausgeht, dass das Team bessere Leistungen vollbringen kann als ein Einzelner. Hierfür bringt der Einzelne seine Ressourcen in das Team ein und trägt auf diese Weise zur Leistung des Teams bei. Andererseits wird er diesen Beitrag umso besser erbringen können, je mehr er die Unterstützung

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Die Geschichte dieses Modells der »Teamberatung«

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des Teams hat. Ein Team ist so stark wie seine Mitglieder – und je besser ein Team seine Mitglieder stärken kann, umso besser werden deren Beiträge zur Gesamtleistung des Teams sein. Mit diesem Buch will ich in erster Linie das Modell der »Teamberatung« vorstellen. Es handelt sich um eine Form der kollegialen Beratung innerhalb eines Teams, die keinen ausgebildeten Supervisor oder auch nur »Teamberater« voraussetzt, da sie auf der aktiven Beteiligung und der Nutzung der Ressourcen aller beteiligten Teammitglieder beruht. Konzipiert wurde dieses Modell von mir gemeinsam mit dem Team der Sozialpädagogischen Familienhilfe im Landkreis Böblingen Anfang der neunziger Jahre. Wir haben damit experimentiert und gearbeitet und es anschließend auf zahlreichen Fortbildungen sowie mit verschiedenen Teams in Supervisionen immer wieder verändert und weiterentwickelt.

Die Geschichte dieses Modells der »Teamberatung« Zu diesem Konzept kam es, als uns in unserem Team der Sozialpädagogischen Familienhilfe auffiel, dass wir zwar in der Arbeit mit unseren Klienten, jedenfalls nach unserer eigenen Einschätzung, überaus ressourcenorientiert, methodenreich, auftrags- und zielorientiert sowie gut strukturiert arbeiteten, sich dies jedoch von unseren Teamsitzungen keinesfalls behaupten ließ. So hatten wir zwar jede Woche eine sehr lange Teamsitzung, doch war diese ziemlich unbeliebt. In der Regel verbrauchten wir sehr viel Zeit damit, grundsätzliche und organisatorische Dinge zu besprechen – und hatten dann gegen Ende nur noch wenig Zeit zur Verfügung, um die »eigentlichen« Themen, die so genannten Fälle, unsere Arbeit mit den Familien zu besprechen. Kriterium war dann fast immer, das es sich um »den schwierigsten Fall« handelte, der somit auch meist soviel Zeit benötigte, dass die anderen Anliegen nicht mehr zur Sprache kamen. Dabei stellte die betroffene Kollegin die Situation immer sehr ausführlich dar, es folgte ein lange Reihe von Nachfragen, bereits gemischt mit Ratschlägen und Berichten eigener Erfahrungen, bis sich dann eine ausführliche Diskussion über die bestmögliche Lösung anschloss. Das Ende war häufig dadurch festgelegt, dass alle wieder zurück zu ihrer »eigentlichen« Arbeit in »ihre Familien« mussten. Als wir uns über diese Gestaltung unserer Teamsitzung verständigten, fiel uns auf, wie weit wir von unseren eigenen Ansprüchen an eine gute Beratung, soweit sie jedenfalls Klient(inn)en betraf, entfernt waren. Fast

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… mehr als die Summe seiner Teile

alle von uns verfügten neben ihrer Grundausbildung (meist als Sozialarbeiterin oder Sozialpädagogin) über weitere Zusatzausbildungen in Beratung, häufig mit einem systemischen Ansatz. Alle von uns hatten gelernt, Gespräche mit Klient(inn)en zu strukturieren und methodisch vielfältig zu gestalten. Wir legten großen Wert darauf, die Ressourcen aller Beteiligten herauszuarbeiten und für mögliche Lösungsansätze zu nutzen, so wie wir uns auch bemühten, die Lösungsideen der von uns begleiteten Familien zu entdecken und aufzugreifen. Wir wollten uns an den Aufträgen unserer Klienten und an ihren eigenen Zielen orientieren. Und wir entwickelten Ideen und Methoden dafür, wie wir unseren Respekt gegenüber unseren Klient(inn)en optimal entwickeln konnten. Aber in unseren Teamsitzungen fehlte vieles davon. Erst allmählich erkannten wir, dass wir unser gesammeltes Fachwissen auch für die Teamsitzungen nutzen konnten, dass es sich bei einer kollegialen Beratung um eine Beratung handelte, womit sich die Option eröffnete, das, was wir in der Zusammenarbeit mit unseren Klient(inn)en an Handwerkszeug verwandten, auch in der kollegialen Beratung auszuprobieren und umzusetzen. Wir begannen mit einigen einfachen strukturellen Veränderungen. So stellten wir zunächst die Fallbeilspiele aus der Praxis an den Beginn unserer Teamsitzungen. Indem wir sie für die erste Hälfte der Teamsitzung vorsahen, verhinderten wir, dass sie – obwohl wir sie als besonders wichtig ansahen – zeitlich zu kurz kamen. Dann führten wir die wechselnde Gesprächsführung ein: Zum Ende einer Sitzung wurde festgelegt, wer die nächste Sitzung zu leiten hatte. Das bis dahin sehr ausführlich gehaltene Protokoll, das allerdings niemand mehr las, wurde daraufhin überprüft, was unbedingt enthalten sein sollte – und ebenfalls von den Teammitgliedern im Wechsel geschrieben. Die Getränke wurden bereits vor der Sitzung vorbereitet – und eine verbindliche Pause zur Halbzeit eingeführt. Und auch, wenn diese Veränderungen zunächst nur organisatorischer Art waren und noch keinen Einfluss auf die Form der Beratung hatten, führten sie doch bereits zu einer spürbaren Verbesserung der Teamsitzungen. Dies machte sich dann unmittelbar bei der Fallbesprechung bemerkbar, die wir nach kurzer Zeit in »Teamberatung« umbenannten: zum einen, weil wir eigentlich von Menschen (also uns und unseren Klientinnen), nicht von »Fällen« sprechen wollten, zum anderen, um die Veränderungen durch neue Begriffe zum Ausdruck zu bringen und sie dadurch für uns zu sichern. Nachdem wir uns gemeinsam darauf verständigt hatten, neue Strukturen und neue Methoden in der kollegialen Beratung einsetzen zu wollen, hatte die jeweilige Gesprächsführung damit auch das Mandat und die Erlaubnis, diese einzufordern.

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Die Geschichte dieses Modells der »Teamberatung«

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Die ersten methodischen Elemente zur Strukturierung unserer kollegialen Beratung waren jeweils zu Beginn die Bitte um eine Frage, auf die sich die Beratung beziehen sollte. Anschließend sollte das Anliegen lediglich kurz umrissen werden und sich auf die wichtigsten Informationen beschränken. Die Kolleginnen wurden aufgefordert, einige wenige Nachfragen zu stellen, bevor die Beratung erfolgte. Und schließlich wurde die Zeit für die Behandlung der Anliegen von vorneherein festgelegt (und damit begrenzt). Die eigentliche Beratung erfolgte mit Hilfe einfacher systemischer (oder auch anderer) Methoden: Hypothesenbildung, zirkuläre Fragen, Kommentare, gute Ratschläge, Vorschläge zur Verschlimmerung und andere. Die Erfolge, die wir mit unserer neuen Teamberatung für uns selbst und für unsere Arbeit erlebten, bestätigten uns. Zwar wurden auch bei dieser neuen Form der kollegialen Beratung die Probleme und Anliegen der vortragenden Kolleg(inn)en keineswegs immer gelöst (wie vorher im Übrigen auch nicht), aber sie (und auch die Ratsuchenden und Beratenden) waren nun meistens »gelockert«. Unser Hauptanliegen war erreicht: Neue Sichtweisen wurden für die ratsuchende Kollegin oder Kollegen erkennbar. Zudem kamen in einer Sitzung mehrere Teammitglieder zum Zug, die Sitzungen waren abwechslungsreicher, anregender, auch unterhaltsamer und sogar zuweilen mit Spaß verbunden. Wir experimentierten weiter, indem wir Methoden aus unserer Beratung auf die Teamberatung übertrugen, abwandelten oder neue erfanden. Mit einer Reihe von Kolleginnen und Kollegen, darunter auch Ute GroßeFreese (später Fernis), Ludger Kühling, Cornelia Münch und Annette Glück, stellte ich in der Folge dieses Modell auf Fortbildungsseminaren vor. Sie waren, ebenso wie die Mitglieder des damaligen Teams der Sozialpädagogischen Familienhilfe Böblingen (1990 bis 1998), entscheidend an der Entwicklung dieses Modells beteiligt. Darüber hinaus verwendete ich dieses Modell in Supervisionen und Organisationsberatungen – und stellte es auch dort zuweilen als solches vor. Viele Teams griffen diese Ideen interessiert auf: Kollegialer Beratung wird zwar generell in der Sozialen Arbeit ein hoher Stellenwert zugemessen, dennoch bestehen häufig nur geringe Vorstellungen darüber, wie diese kollegiale Beratung sinnvoll gestaltet werden kann.

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… mehr als die Summe seiner Teile

Begriffe Sprache dient zur Beschreibung von Wirklichkeit, aber sie bildet sie nicht nur ab, sondern sie unterstützt uns auch bei ihrer Konstruktion: Je nachdem, welche Begriffe wir verwenden (und welche Bedeutung wir ihnen geben), nehmen wir auch die Wirklichkeit unterschiedlich wahr. So macht es (nach meiner Auffassung) einen Unterschied, ob ich von »Fällen« spreche oder von »Anliegen« oder »Praxisbeispielen«. Oder ob ich in der Jugendhilfe »Maßnahmen« ergreife oder »Angebote« unterbreite und »Leistungen« erbringe. Insofern möchte ich an dieser Stelle auf die beiden Begriffe »Modell« und »Teamberatung« kurz näher eingehen. Die Bezeichnung »Modell« soll deutlich machen, dass es sich keineswegs um eine geschlossene Form kollegialer Beratung handelt – die man richtig oder falsch gestalten könnte. Wenn ich die Methoden in diesem Buch vorstelle, so geschieht dies zwar in einer Sprache von Vorschriften: »man soll …«, »er muss …«, »sie darf nicht …«. Mir geht es dabei jedoch lediglich um eine genaue Beschreibung dessen, was sich für mich und die Teams, mit denen ich gearbeitet habe, bewährt hat. Es heißt nicht, dass man es nicht auch ein wenig oder gar völlig anders machen könnte. Allerdings gilt für diese Methoden unter Umständen auch, was für eine Geige oder eine Gitarre gilt: Es empfiehlt sich, ein Musikinstrument erst einmal nach den Regeln der Kunst zu erlernen und einigermaßen zu beherrschen, bevor man beginnt, darauf und damit zu improvisieren. An und aus Modellen können sich immer neue Entwicklungen ergeben. Modelle regen an zum Weiterdenken und zum Weitererfinden. Meine Absicht ist es, Anstöße zu geben und dazu anzuregen, auszuprobieren und vielleicht selbst neue Ideen und Formen kollegialer Beratung zu entwikkeln. Die zweite Bemerkung betrifft den Begriff »Teamberatung«. Manchmal wird im sozialen Feld unter »Teamberatung« auch eine externe Beratung (ähnlich der Supervision), eine Teamentwicklungsmaßnahme oder eine durch Vorgesetzte geleitete Fallbesprechung verstanden. Da der Begriff nicht geschützt ist, er sich in unserem Team und unseren Fortbildungen eingebürgert hat und er meines Erachtens die Sache sehr gut trifft, behalte ich ihn hier dennoch bei. Unter Teamberatung verstehe ich also im Folgenden die fachliche kollegiale Beratung, die sich sowohl auf Einzelfälle beziehen kann als auch auf Themen und Anliegen, mit denen sich das ganze Team befasst: Was kann ich bei der nächsten Begegnung mit Frau C. anders, besser machen? Welche Möglichkeiten habe ich, die Entwicklung von M. zu fördern? Wie sollen

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Wie dieses Buch lesen?

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wir unsere nächste Freizeit gestalten? Wie wollen wir unsere Evaluation vornehmen? Welche Veränderungen an unserer Konzeption planen wir? – Im Gegensatz dazu ist in diesem Buch von Dienstbesprechungen die Rede, wenn es um Informationen und Austausch, unabhängig von Beratung geht: wenn gerade nicht die Kompetenz und das Wissen jedes Einzelnen gefragt sind, sondern es mehr um Mitteilungen und allgemeine Absprachen geht. Vielleicht lässt sich diese Unterscheidung zwischen Teamberatung und Dienstbesprechung nicht generell vornehmen, sondern wird von Team zu Team getroffen.

Wie dieses Buch lesen? Im Zentrum dieses Buches stehen die Methoden der Teamberatung, einem Modell der systemisch orientierten kollegialen Beratung. Vorangestellt sind ein eher theoretisches Kapitel zur Teamarbeit und eine Darstellung der Grundlagen des systemischen Arbeitens. Im Anschluss an die ausführliche Darstellung möglicher Abläufe und Methoden der Teamberatung folgt ein Kapitel über die Organisation von Teamberatungen und Teamsitzungen: Was hat sich hier als hilfreich und nützlich erwiesen? Und schließlich wird die Frage der »Teamentwicklung« aufgegriffen: Wie können Teams vorgehen, wenn sie sich und ihre Zusammenarbeit verändern wollen? Dieses Buch will Teams und Einzelnen innerhalb von Teams Ideen und Anregungen dafür geben, wie sie – ausgehend von dem hier vorgestellten Modell der Teamberatung – neue Formen der kollegialen Beratung anwenden und entwickeln können. Es soll Möglichkeiten aufzeigen, wie man solche Veränderungen angehen kann – und es soll im besten Fall Mut und Lust machen, damit zu experimentieren und die ersten Schritte zu unternehmen. Teamberatung ist kein Mysterium, und es bedarf auch keiner langjährigen, zeit- und kostenintensiven Weiterbildung, die hier vorgestellten Ideen auszuprobieren. Auch wenn mein Ausgangspunkt ein Team der Sozialpädagogischen Familienhilfe ist, eignet sich die hier vorgestellte Teamberatung nicht nur für Teams in der Jugendhilfe oder Sozialarbeit. Erfahrungen als Supervisor, Fortbilder und Organisationsberater haben gezeigt, dass sich diese Methoden für die unterschiedlichsten Teams aus allen möglichen Berufsbereichen eignen. Sie bieten sich zudem für Gruppen an, die sich nur zum Zweck der gegenseitigen kollegialen Beratung treffen. Vielleicht gelingt es Ihnen zu sehen und zu erleben, dass kollegiale

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… mehr als die Summe seiner Teile

Teamberatung ein wesentlicher Bestandteil von qualifizierter und qualitätsbewusster Sozialer Arbeit ist. Sie trägt – ebenso wie Fortbildung und Supervision – dazu bei, professionelles Handeln weiterzuentwickeln und uns als Profis in Bewegung zu halten. Wenn wir dies erkennen, können wir die kollegiale Beratung als Trainingsfeld für unsere Arbeit mit Klienten nutzen und umgekehrt unsere Erfahrungen aus der Arbeit mit Klienten für die kollegiale Beratung nutzbar machen. Unter Umständen vermittelt ein ganzes Buch zunächst nicht unmittelbar den Eindruck von Praxisnähe: Es enthält theoretische Teile (»Muss man das erst alles gelesen haben und verstehen?«) und eine Vielzahl von Methoden (»Wie soll ich mir die alle merken können?«), so dass man schnell den Überblick und vielleicht auch den Mut verlieren könnte. Muss man aber nicht. Dieses Buch braucht keineswegs am Stück gelesen zu werden. Sie können darin blättern und sich anregen lassen. Sie können sich Ideen, auf die Sie zurückkommen wollen, anstreichen. Vielleicht bekommen Sie Lust, etwas auszuprobieren, Ihrem Team ein kleines Experiment vorzuschlagen. Das Wichtigste ist dann: Tun Sie es. Probieren Sie am besten Ihre Idee aus, bevor Sie weiterlesen. Haben Sie den Mut, das Experiment Ihren Kolleginnen und Kollegen vorzuschlagen. Lesen Sie dieses Buch wie ein Kochbuch: Blättern Sie darin, bekommen Sie Appetit, erinnern Sie sich an eigene Erfahrungen und Ideen, die eigentlich auch ganz gut waren und die Sie wieder hervorkramen könnten, lassen Sie sich von der einen oder anderen Anregung zum Probieren animieren. Suchen Sie sich diejenigen Ideen aus, die Ihnen zusagen, und experimentieren Sie damit. Seien Sie vielleicht nicht allzu schnell dabei, dieses oder jenes abzulehnen, manches kann man öfter ausprobieren, bevor man es als nützlich oder als unbrauchbar bewertet.

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Wie dieses Buch lesen?

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Vorschläge für den Umgang mit diesem Buch – Blättern Sie in diesem Buch und suchen Sie sich zum Ausprobieren für Ihr eigenes Team oder Ihre kollegiale Beratungsgruppe das aus, was Sie anspricht. – Bevor Sie mit anderen und im Team die hier vorgeschlagenen Übungen und Vorgehensweisen ausprobieren, verständigen Sie sich darüber, ob alle Beteiligten damit einverstanden sind. – Probieren Sie das aus, was Ihnen einleuchtet, was einfach erscheint, was Sie interessiert. – Experimentieren Sie mit neuen Methoden zunächst immer dann, wenn nichts oder wenig schief gehen kann, also mit einfachen Anliegen und Fragestellungen – oder gerade bei den Problemen, die sowieso unlösbar sind. – Bleiben Sie im Zweifelsfall jedoch bei dem, was sich für Sie bewährt hat – oder kehren Sie bei Misserfolg dahin zurück. – Nicht immer gelingt das, was man versucht, auf Anhieb gleich so, wie man es sich vorstellt. Haben Sie ruhig den Mut, Ihren Versuch noch ein zweites oder drittes Mal zu wiederholen. – Zögern Sie nicht zu lange, probieren Sie einfach. – Bleiben Sie freundlich mit sich, wenn Sie »eigentlich« etwas ausprobieren wollten, es dann aber doch nicht versuchen – oder wenn Ihnen nicht alles so gelingt wie geplant. – Schreiben Sie mir, wenn Sie (un-)zufrieden sind, Ihr Versuch (nicht) klappt, Sie mit diesem Buch etwas oder nichts anfangen können (meine Adresse finden Sie am Ende des Buches).

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■ Team und Teamarbeit

Ein gutes Team in der kleinen heißen Küchenwelt war wie eine selbst gewählte Familie, in der alle auf derselben Stufe standen und jeder, in seiner Vergangenheit oder in seinem Charakter, irgendwelche Absonderlichkeiten verbarg und noch im schweißtreibendsten Miteinander seine Privatsphäre und Autonomie genoss: Das liebte sie. Jonathan Franzen, Die Korrekturen

Was macht eine Gruppe zum Team? Es besteht eine Vielzahl von Vorstellungen darüber, was ein Team ist, was ein Team macht und wie ein Team zu sein hat, damit man es als ein Team bezeichnen kann: von der Anzahl der Mitglieder über die Art der Aufgaben bis hin zu der Frage, ob ein Team eine Leiterin/einen Leiter haben darf oder nicht. Wie bei allen Begriffen und Definitionen sollte man allerdings nicht vergessen, dass Definitionen immer »selbst gemacht« sind – und nicht etwa »objektiv« und »draußen in der Wirklichkeit« vorgefunden werden. Eine Definition ist eine subjektive Festlegung – und indem ich mich für diese Definition entscheide, lege ich auch fest, was sie beschreibt. Definitionen sind nicht »wahr« oder »falsch« – es handelt sich um Werkzeuge, die je nach Gebrauch und Einsatz mehr oder weniger nützlich sind. Am besten ist, man beurteilt Definitionen danach, wofür sie dienen sollen, ob sie brauchbar sind. Für unterschiedliche Zwecke mögen unterschiedliche Definitionen sinnvoll sein. Ob man von einem Team, einer Arbeitsgruppe oder einer Gruppe spricht und wie man diese Begriffe definiert, hängt davon ab, welche Bedeutung man mit ihnen transportieren will. Ursprünglich stammt der Begriff »Team« aus dem Englischen und bedeutet »Gespann«. Er bezieht sich auf Tiere, also beispielsweise Ochsen, die gemeinsam vor einen Wagen oder einen Pflug gespannt werden, um eine

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Was macht eine Gruppe zum Team?

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bestimmte Arbeit zu verrichten (s. Abb. 1). Heutzutage wird der Begriff im Englischen wie im Deutschen verwendet, um Gruppen von Menschen zu kennzeichnen, die organisatorisch gemeinsam an einer Aufgabe arbeiten, oder die, wie im Sport, als Mannschaft zusammen spielen.

Abbildung 1: Das Team als Gespann

Im Folgenden ein kleiner Überblick über Definitionen und Beschreibungen von Teams und Teamarbeit, wie sie in der Literatur zu finden sind: »Teamarbeit beschreibt die Zusammenarbeit in einer Gruppe, in der unter Einsatz unterschiedlicher fachlicher und persönlicher Möglichkeiten der Mitglieder und bewußter Beachtung bestimmter Regeln auf ein gemeinsames Ziel hingearbeitet wird. Dabei ist das Team i. d. R. eingebettet in eine größere Institution, deren Aufgabe und Gesamtzielsetzung es sich verpflichtet hat« (Stahmer 1996, S. 621). »Ein Team ist eine kleine Gruppe von Personen, deren Fähigkeiten einander ergänzen und die sich für eine gemeinsame Sache, gemeinsame Leistungsziele und einen gemeinsamen Arbeitsansatz engagieren und gegenseitig zur Verantwortung ziehen« (Katzenbach u. Smith 1993, S. 70, zit. nach Kriz u. Nöbauer 2002, S. 24). »Ein Team ist eine aktive Gruppe von Menschen, die sich auf gemeinsame Ziele verpflichtet haben, harmonisch zusammenarbeiten, Freude an der Arbeit haben und hervorragende Leistungen bringen« (Francis u. Young 1992, S. 9). »Im Gegensatz [zu ›Arbeitsgruppen‹] tauschen Teams nicht nur Informationen aus, sondern neben der Kooperation und der Kommunikation arbeiten und handeln die Teammitglieder auch gemeinsam. Entscheidungen werden getroffen, die es den Mitgliedern ermöglichen, in einem gemeinsamen Arbeitsbereich effizienter zusammenzuarbeiten und kon-

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Team und Teamarbeit

krete Produkte oder Dienstleistungen gemeinsam herzustellen. Insgesamt ist im Team die funktionale Aufgaben- und Zielorientiertheit stärker ausgeprägt als in Arbeitsgruppen. Diese Interpretation wird schon durch die Ableitung des Begriffs Team vom altenglischen Wort für ›Tiergespann‹ deutlich. Es geht um eine Gruppe von Gleichen, die für die Erfüllung eines speziellen Zwecks ›eingespannt‹ oder ›zusammengespannt‹ werden« (Kriz u. Nöbauer 2002, S. 23). »Ein Team ist eine Gruppe von Mitarbeitern, die für einen geschlossenen Arbeitsprozess verantwortlich sind und die das Ergebnis ihrer Arbeit als Produkt oder Dienstleistung an einen internen oder externen Empfänger liefern« (Bender 2002, S. 17). Francis und Young (1992, S. 7ff.) beschreiben Leistung, Ziele, Dynamik, Struktur und Klima als die »Merkmale eines erfolgreichen Teams«: – Leistung: »Der Prüfstein eines jeden Teams ist seine Leistungsfähigkeit. Ein Team ist imstande, Leistungen zu erzielen, die die Mitglieder für sich allein niemals fertig bringen würden.« – Ziele: »Jedes Team braucht ein Hauptziel, das seine Mitglieder kennen, mit dem sie einverstanden sind und das ihnen erstrebenswert erscheint.« – Dynamik: »Die Mitglieder eines Teams spornen sich gegenseitig an. In der Gemeinschaft fühlen sie sich wohler, und sie merken, dass die gemeinsame Arbeit ihre Kraft und ihre Freude immer wieder aufs Neue belebt.« – Struktur: »Ein hochentwickeltes Team hat die kniffligen Probleme wie Kontrolle, Führungsansprüche, Arbeitsstil, Organisation und Rollenverständnis geregelt. Die Struktur des Teams ist genau abgestimmt auf die zu lösende Aufgabe; individuelle Fähigkeiten und Teilaufgaben werden ohne viele Worte sinnvoll koordiniert.« – Klima: »Jedes Team entwickelt seinen besonderen Geist. Er bewirkt Offenheit zwischen den Mitgliedern und gegenseitige Freude und Ermunterung. Die Mitglieder identifizieren sich mit dem Team.« Kriz und Nöbauer (2002, S. 23ff.) arbeiten einige wesentliche Kennzeichen von Teams (in der Abgrenzung zu Arbeitsgruppen) heraus, für die es in der Literatur eine gewisse Übereinstimmung zu geben scheint: – Ziele: »Arbeitsteams haben spezifische, sehr exakt definierte Arbeitsziele, Arbeitsgruppen dagegen eher allgemeine, global formulierte Ziele«. – Synergieeffekte: »Als wichtiges Merkmal für die Existenz eines Teams wird häufig metaphorisch angeführt, ein Team sei mehr als nur die Summe seiner Teile. Damit ist gemeint, daß das Team in seinen Leistun-

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Was macht eine Gruppe zum Team?

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gen positive Synergieeffekte zeigt […] Beim Team wird davon ausgegangen, daß es die durchaus vorhandenen gruppendynamischen Gefahren in der Gruppenarbeit rechtzeitig erkennt, diesen wirksam entgegensteuert und bewusst mit entsprechenden teamkompetenten Entscheidungsund Handlungsprozessen effektive Ergebnisse in der gemeinsamen Zusammenarbeit sicherstellt.« – Fähigkeiten der Teammitglieder: »Im Arbeitsteam […] ist es essentiell, daß sich die Fähigkeiten und das Fachwissen der Teammitglieder einander ergänzen, um das Arbeitsziel erfüllen zu können. Interdisziplinarität sowie Perspektiven- und Kompetenzvielfalt spielen im Team eine größere Rolle als in der Arbeitsgruppe.« – Verantwortung: »Im Arbeitsteam wird Verantwortung geteilt. Das Verhalten der Teammitglieder bei Entscheidungen ist partnerschaftlich, es werden partizipative Entscheidungsprozesse durchgeführt, es gibt keine Trennung zwischen Personen, die arbeiten, und jenen, die entscheiden. Auch Führungsaufgaben werden miteinander geteilt.« – Selbstorganisation: »Das Team besitzt Freiheiten, was die Teamstrukturen, Methoden der Zielerreichung oder den Arbeitstil angeht. Die Entscheidungsfindung und Problemlösung und die Kontrolle, Reflexion und Koordination der Arbeitsprozesse wird vom Team selbst gesteuert.« Eine weitere Definition liefert Haug: »In diesem Zusammenhang soll ›Team‹ als Begriff für eine außergewöhnliche Gruppe verstanden werden, – die durch die Vereinigung der persönlichen Stärken aller Mitglieder auch unter erschwerten Bedingungen außerordentlich leistungsfähig ist, – in der durch ein ausgeprägtes Verantwortungsbewußtsein aller Mitglieder und deren Bereitschaft ihre persönlichen Ziele dem Teamziel unterzuordnen eine hartnäckige Zielorientierung vorherrscht, – in der sich die Mitglieder gegenseitig so anspornen, daß ein Synergieeffekt zustande kommt, d. h. die Gesamtleistung größer ist als die Summe der Einzelleistungen, – die durch eine sinnvolle Koordination von Teilaufgaben in individuellen Fertigkeiten und Kenntnissen ihren Auftrag optimal zu bewältigen vermag, – in der zwischenmenschlich ein Klima des gegenseitigen Vertrauens und der Offenheit herrscht und sich die einzelnen Mitglieder mit »ihrem« Team stark identifizieren können und – in der Kommunikation auf der Basis gegenseitigen Verstehens eine optimale Verknüpfung von Informationen und ein aufrichtiges Ausdiskutieren verschiedener Ansichten garantiert« (Haug 1994, S. 19).

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Team und Teamarbeit

Eine häufige Reaktion auf diese Definitionen dürfte sein, dass man zu erkennen meint, die hier formulierten Ansprüche nicht zu erfüllen. Es fällt unmittelbar auf, dass die meisten Definitionen von Team idealisierend sind und sich auf »außergewöhnliche« (!) Teams beziehen. Sie laden damit ein »normales« Team geradezu ein, gemeinsam resignierend festzustellen: »So sind wir nicht – und also scheinen wir auch kein Team zu sein.« Dies gilt insbesondere dann, wenn es noch nicht so gut gelingt, auf sich selbst einen ressourcenorientierten Blick anzuwenden und sich zu fragen: Welche dieser Kriterien erfüllen wir? Wenige Teams schaffen es, sich über diese Kriterien hinwegzusetzen und einfach zu behaupten: »Wir sind ein Team!« Man braucht sich nur die Charakterisierungen anzusehen: »außerordentlich leistungsfähig«, »Höchstleistungen«, »sich gegenseitig anspornen«, »mit ihren Teams stark identifizieren«, »optimale Verknüpfung«, aber auch »besonderer Geist«, »Offenheit«, »Freude« oder »wird Verantwortung geteilt«: Wenn man nur kritisch genug herangeht, erscheint es fast unmöglich, auch nur ein paar dieser Anforderungen zu erfüllen. Insofern sind diese idealisierten Definitionen (nach dem Motto: »Nur ein gutes Team ist ein wirkliches Team!«) manchmal wenig hilfreich – auch wenn sie zuweilen anspornend wirken können. Viele Teams haben mir ganz ernsthaft berichtet: »Wir sind kein Team, weil wir nicht offen genug miteinander umgehen und auch nicht effektiv arbeiten.« Andere Teams haben lange diskutiert, ob sie nun ein Team sind oder nicht, weil sie eine Leiterin haben. Abgesehen davon, dass diese Diskussionen über das eigene Selbstverständnis wichtig sein können, sind solche normativen Definitionen natürlich unsinnig. Als ob eine Organisation (und ein Team ist eine Form von Organisation) erst dann diese Bezeichnung verdiene, wenn sie die Merkmale dafür gut oder gar sehr gut erfüllt. Demgegenüber ist nach meinem Verständnis eine Arbeitsgruppe auch dann ein Team, wenn sie diese Anforderungen nur zu einem Teil erfüllt. Eigentlich die einzige Voraussetzung ist, dass sie sich selbst als ein Team versteht – und es ihnen gelingt, sich auf einige Kriterien mehr oder weniger gut zu verständigen. Ein wichtiger und hilfreicher Entwicklungsprozess kann dadurch angestoßen werden, dass sich ein Team immer wieder darüber austauscht, – was die Mitglieder jeweils unter einem Team verstehen, – inwieweit sie denken, ihre eigenen Kriterien zu erfüllen, und – worauf sie sich verständigen können, was sie in Zukunft für ihre Teamentwicklung gemeinsam tun wollen.

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Was macht eine Gruppe zum Team?

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Oder noch deutlicher ausgedrückt: Auch dann, wenn die Mitglieder einer Arbeitsgruppe sich darüber streiten, ob sie überhaupt die Voraussetzungen erfüllen, ein Team zu sein, kann dies wesentlich zur Teambildung beitragen. Übung Als einen Beitrag zur Entwicklung des eigenen Teams diskutieren Sie gemeinsam die verschiedenen Definitionen von Teamarbeit, indem beispielsweise – jeder einen Kommentar dazu abgibt, – Sie die Vor- und Nachteile der einzelnen Definitionen auflisten, – Sie darüber abstimmen, auf welche der Definitionen Sie sich als Team für die nächsten Wochen einigen, – Sie eine Abstimmung darüber machen, inwieweit Sie als Team dieser Definition entsprechen – und an welcher Stelle Sie zunächst ansetzen wollen, um ihr noch mehr zu entsprechen. Mein Definitionsvorschlag zu Team lautet: Ein Team ist eine Arbeitsgruppe, – die unter Nutzung der unterschiedlichen Ressourcen ihrer Mitglieder – an einem oder mehreren gemeinsamen Ziel(en) arbeitet, – dies in einer geregelten, strukturierten und organisierten Form tut und – über diese Struktur und Organisation (hin und wieder) reflektiert. Nach meinem Verständnis gilt dies auch dann, wenn ein Team diese Kriterien unzureichend erfüllt, sie aber gern erreichen möchte. Entscheidend ist, dass sich eine Gruppe als Team in diesem Sinne verstehen will. Damit lassen sich dann auch Fragen klären wie: Darf ein Team eine Leiterin oder einen Leiter haben? Nach dieser Definition ist beides möglich. Ein Team kann die obigen Bedingungen erfüllen oder anstreben, sie zu erfüllen – und eine/n Leiter/in haben oder auch nicht. Ähnliches gilt für die Größe eines Teams. Verschiedentlich wird als maximale Teamgröße sieben bis neun Mitglieder vorgegeben. Auch diese Frage kann von dem Team (oder der Arbeitsgruppe, wenn sie sich denn aufgrund ihrer Mitgliederanzahl nicht als Team verstehen will) selbst entschieden werden.

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Team und Teamarbeit

1. Ein Team nutzt die Ressourcen seiner Mitglieder Die besondere Stärke eines Teams beruht auf der Vervielfältigung der Ressourcen durch die Anzahl der Teilnehmer/innen. Nicht nur können mehr Menschen rein zeitlich und kräftemäßig mehr arbeiten. Sie verfügen auch über mehr Erfahrung, Wissen und Perspektiven als ein einzelner Mensch. Der Zugewinn liegt nicht allein in einer quantitativen Zunahme, sondern darüber hinaus in einer veränderten Qualität. Er entsteht auch dadurch, dass mehrere sich der Aufgabe stellen, die Verantwortung sich auf viele Schultern verteilt, der Einzelne nicht alles allein tragen muss, mehr Augen mehr sehen, mehr Hirne mehr denken und die unterschiedlichen Standpunkte eine Vervielfältigung der Perspektiven mit sich bringen. Die unterschiedlichen Ressourcen, die alle Beteiligten aufgrund unterschiedlicher Ausbildung, Kenntnisse, Berufs- und Lebenserfahrung und damit auch Intuition mitbringen, sind die eigentliche Stärke der Teamarbeit. Die Unterschiede können auf Alter, Ausbildung und Handlungskonzepten beruhen, aber auch auf Berufserfahrung, Temperament, Konfliktbereitschaft, Beobachtungsfähigkeit, Ausdrucksstärke oder Lebenserfahrung. So kann es für die Arbeit einer kinder- und jugendpsychiatrischen Station nicht nur sinnvoll sein, verschiedene Berufe (Ärztinnen, Psychologinnen, Krankenpfleger, Erzieherinnen, Sozialarbeiterinnen, Musikpädagoginnen), sondern auch verschiedene Lebensalter, Menschen mit Erfahrungen im Ausland und mit anderen Vorberufen zusammenzubringen: Jede/r Einzelne wird seine besonderen Erfahrungen und Sichtweisen einbringen können. Übung Welche zehn Ressourcen bringe ich in mein eigenes Team ein? Und welche fünf Ressourcen trägt aus meiner Sicht jede Kollegin/jeder Kollege in das Team bei? (Wenn Sie diese Übung gemeinsam im Team machen, bietet es sich an, dass Sie dies zunächst jede/r für sich notieren, bevor Sie sich Ihre Notizen gegenseitig mitteilen.)

2. Ein Team hat eine Aufgabe, ein gemeinsames Ziel Dieses Definitionskriterium schließt ein, dass es sich auch um mehrere Aufgaben und Ziele handeln kann. In der Sozialen Arbeit bestehen Teams in der Regel aus Mitarbeiter/innen einer Einrichtung oder einer Abteilung, die fortlaufend für die Ausgestaltung einer effektiven und effizienten Arbeit

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Was macht eine Gruppe zum Team?

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verantwortlich sind: die Kollegen einer Wohngruppe, das Team der Abteilungsleiter einer Behinderteneinrichtung, die Mitarbeiterinnen (Sozialpädagoge, Ärztin, Krankenschwester, Psychologin) in einem Sozialpsychiatrischen Dienst. Sie alle sind dafür verantwortlich, dass ihre Klient(inn)en gut beraten und begleitet sind, dass die Einrichtung in der Öffentlichkeit gut präsentiert wird, dass die finanziellen Bedingungen stimmen, aber auch, dass das Angebot weiterhin aufrechterhalten und nachgefragt wird. Nicht selten gibt es die unterschiedlichsten Aufträge und Erwartungen an ein Team, hinzu kommen die Erwartungen und Aufträge der Teammitglieder selbst (die zunächst nicht unbedingt übereinzustimmen brauchen). Ebenso ist es möglich, dass Teams mit einer bestimmten Aufgabe betreut werden (Entwicklung einer neuen Konzeption, Aufbau einer Station einschließlich personeller Besetzung), die begrenzt ist und nach deren Erfüllung sich das Team oder die Arbeitsgruppe wieder auflöst. Oder eine Gruppe von Mitarbeiter/innen setzt sich selbst eine Aufgabe (Entwicklung und Durchführung einer gemeinsamen Ferienfreizeit für Betreute innerhalb einer größeren Einrichtung), die nach Erfüllung die Auflösung des Teams zur Folge hat. Meistens ergeben sich aus einer Aufgabe oder Zielsetzung weitere Aufgaben und Ziele sowie Unter- und Teilziele. Zudem setzen sich Teams zusätzliche weitere Ziele, etwa dass die Zusammenarbeit gut sein und Spaß machen soll, dass sich das Team nach außen gut darstellen will und dass es gegenüber anderen Teams erfolgreich konkurrieren will. Übung Benennen Sie die Aufgaben, die Sie als Team haben oder die Ihr Team hat. Sie können nach von außen gesetzten und selbst gesetzten, nach Hauptund nach Teilzielen unterscheiden. Hilfreich kann dabei sein, sich bei der Auflistung auf höchstens sechs bis zehn Ziele zu beschränken.

3. Ein Team organisiert die eigene Zusammenarbeit Ein Team hat Strukturen und Regeln, nach denen es sich zusammensetzt, arbeitet, »wirkt« – es ist organisiert. Diese Regeln und Strukturen beziehen sich auf die Zusammensetzung der Mitglieder, die Gestaltung von Abläufen, auf Kommunikationsregeln und so weiter. Es ist möglich, dass diese Strukturen und Regeln ausgesprochen oder auch implizit bestehen. So wird unterschiedlich entschieden, ob zu einem Team auch die Sekretärin oder die Zivildienstleistenden gehören. Zuweilen werden die gleichen

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Team und Teamarbeit

Personen diese Frage unterschiedlich beantworten, je nachdem, in welchem Kontext man sie befragt: Bei Teamsitzungen sind die Zivildienstleistenden vielleicht nicht dabei, während sie bei der Vorstellung des Teams gegenüber Besuchern der Einrichtung ebenso wie die Sekretärin ganz selbstverständlich mit genannt werden. Interessanterweise könnte man hier von zwei unterschiedlichen Teams sprechen, was dann zuweilen auch Unklarheiten und Missverständnisse beseitigen (oder neue schaffen) könnte. Zur Organisation eines Teams gehören die Abmachungen darüber, ob und wie dieses Team zusammenarbeitet: Gilt man ständig als Team oder nur in den gemeinsamen Sitzungen? Sind Untergruppen Teilteams oder ganz neue Teams? Wie ist der Kommunikationsfluss innerhalb des Teams geregelt? Hat es eine Leitung? Welche Aufgaben hat die Leitung innerhalb dieses Teams? Und wie sind die gemeinsamen Sitzungen oder Treffen gestaltet: Sind sie organisiert oder formlos, gibt es eine Gesprächsführung oder sind alle gleichermaßen verantwortlich? Finden sie regelmäßig statt? Wie spricht man sich an (per Du oder per Sie)? Welche Regeln gelten für die Sitzordnung, für die Gestaltung des Raumes (Tische, Stühle), für den Umgang mit Getränken, Telefon, Essen während der Sitzung? Wie trifft man Absprachen und Entscheidungen? Ein Team muss nicht unbedingt die gesamte Organisation selbst übernehmen, dies kann auch teilweise durch die Einrichtung, durch Vorgesetzte oder andere Abteilungen geschehen (etwa wenn die Teamsitzung von der Abteilungsleiterin geführt wird oder die Sekretärin ganz selbstverständlich das Protokoll schreibt). Übung Überlegen Sie gemeinsam im Team oder zunächst jede/r für sich allein, welche acht bis zehn Strukturen und Regeln (unterschiedlicher Wichtigkeit) Ihres Teams Ihnen einfallen, die sich aus Ihrer Sicht bewährt haben.

4. Ein Team denkt zuweilen über die Verbesserung der Zusammenarbeit nach Ein Team bestimmt zumindest einen Teil der Regeln und Strukturen, nach denen es arbeitet, selbst. Die Teammitglieder arbeiten nicht nur nach bestimmten formalen Strukturen zusammen, sondern sie entscheiden selbst über die Ausgestaltung dieser Strukturen. Sie denken darüber nach, wie sie

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Was macht eine Gruppe zum Team?

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die ihnen gestellten Aufgaben effektiv erledigen können. Die Freiräume, die einzelne Teams dabei haben, sind unterschiedlich groß. Häufig aber werden die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten keineswegs ausgeschöpft – weil man es versäumt oder für unnötig hält, sich über die bestehenden Regeln und Strukturen zu verständigen, beispielsweise darüber, ob sie für die gemeinsame Aufgabenstellung geeignet sind. So kann man bei Teamsupervisionen hin und wieder feststellen, dass zwar alle eine bessere Strukturierung von Teamsitzungen (z. B. pünktlicher Beginn, Gesprächsführung, Tagesordnung, pünktliches Ende) für sinnvoll halten, aber niemand auf die Idee kommt, dies zu regeln. Eine solche Regelung wäre die MetaOrganisation. Umgekehrt kann man festhalten, dass ein solches Team zwar sehr wohl über eine Meta-Organisation verfügen kann, also die Fähigkeit, eigene Strukturen und Regeln zu setzen oder zu verändern, darauf jedoch momentan keinen Einfluss nimmt. Häufig fällt Teams sehr schnell ein, über welche organisatorischen Elemente sie nicht selbst bestimmen können, weil sie vom Kostenträger, der Einrichtungsleitung oder bestehenden Gesetzen vorgegeben sind. Übersehen wird von ihnen zuweilen der vorhandene Spielraum. Und dann, wenn einem Team bewusst ist, dass und über welche Strukturmerkmale es selbst verfügen kann, ist es auch in der Lage, seine Arbeitsform zu optimieren. Sind sie erst einmal auf die Idee gekommen, dass sie selbst Einfluss nehmen können auf die Organisation und Form ihrer Zusammenarbeit, verzichten nur wenig Teams auf die Möglichkeit, diese Option auch wahrzunehmen. Übung Erinnern Sie sich an drei Beispiele, bei denen sich Ihr Team über die eigene Organisation und über mögliche Veränderungen der Arbeitsformen, -strukturen und -regeln verständigt hat. Diese Definition von »Team« ist nicht völlig willkürlich, sie schließt an bestehende Definitionen und Beschreibungen an (s. o.). Entlang dieser Kriterien lassen sich Teams von anderen Gruppen unterscheiden. Aber auch wenn ein Team etwa weniger Wert darauf legt, die eigenen Regeln und Strukturen zu reflektieren, kann es dennoch ein Team sein. Nicht alle Kriterien müssen gleich gut erfüllt sein. Aus ihnen gemeinsam ergibt sich das Selbstverständnis des Teams: Verstehen wir uns selbst als Team? Wollen wir uns als ein Team verstehen? Und: Was verstehen wir unter Team? Die Beantwortung dieser Fragen oder bereits der Prozess in der Auseinandersetzung um die Beantwortung dieser Fragen ist entscheidend für die Teamentwicklung.

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Team und Teamarbeit

Das Team als System Um deutlich zu machen, auf welchen unterschiedlichen Ebenen Teamarbeit und die Gestaltung und Veränderung von Teamarbeit ansetzen kann, und auf welch unterschiedlichen Ebenen die Ressourcen und das Engagement der Teammitglieder eingesetzt werden können, betrachten wir ein Team nochmals etwas abstrakter als ein System. Dabei können wir drei Komplexitätsstufen unterscheiden, je nachdem, wie (genau) wir hinsehen: das Team als Maschine, das Team als ein organisiertes System und schließlich das Team als ein sich selbst organisierendes System.

Das Team als Blackbox Betrachtet man nur die Ziele und Aufgaben eines Teams, so lässt es sich als eine »Blackbox« beschreiben. Sie erfüllt, innerhalb eines größeren Ganzen, eine bestimmte Funktion und entspricht einer Maschine, bei der lediglich »Input« (Aufgabenstellung) und »Output« (das Ergebnis) interessant sind, alles andere »innerhalb dieser Maschine« soll in der Regel einfach funktionieren, ohne dass man sich damit befassen muss.

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Abbildung 2: Das Team als Blackbox

Wenn eine Einrichtungsleiterin zu einem Team sagt: »Solange ihr ordentlich arbeitet und die Kinder in eurer Wohngruppe gut versorgt sind (oder die Kasse stimmt, oder wir in der Öffentlichkeit gut dastehen), interessiert mich nicht, was ihr macht und wie ihr es macht«, wäre das Ausdruck für eine Haltung wie gegenüber einer Blackbox. Aus der Sicht der Teammitglieder kann eine solche Haltung sowohl positiv aufgenommen werden, weil sie Gestaltungsfreiraum eröffnet, als auch als zynisch und desinteressiert empfunden werden.

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Das Team als System

Das Team als organisiertes System Beim etwas genaueren Blick in diese Blackbox kann der Außenstehende sowohl Elemente, also Personen des Teams als auch Regeln und Strukturen, erkennen und beschreiben, nach denen sich dieses Team zusammensetzt. Er nimmt dieses Team wahr als ein organisiertes System – das mehr oder weniger gut funktioniert. In der Draufsicht von außen beginnt er möglicherweise zu erkennen, wo die Personen, Regeln und Strukturen besonders gut funktionieren – und wo vielleicht Verbesserungen möglich wären.

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Abbildung 3: Das Team als organisiertes System

Wenn ein Abteilungsleiter sich Gedanken darüber macht, wie die Mitarbeiterinnen einer Wohngruppe in einem Behindertenheim zusammenarbeiten, und überlegt, ob es hilfreich wäre, die personelle Zusammensetzung oder die Häufigkeit und Dauer der Teambesprechungen zu verändern, oder wenn er darauf dringt, die Inhalte der Arbeit anders zu gewichten, nimmt er das Team als ein organisiertes (und von ihm zu organisierendes) System wahr: Ihm ist bewusst, dass die Effektivität des Teams von verschiedenen Faktoren abhängt und verändert werden kann. Er versteht es als seine Aufgabe, Veränderungen im Team und in der Zusammenarbeit anzuregen und in Gang zu bringen. Auch hier wird das Team distanziert, von außen wahrgenommen und dementsprechend auch »behandelt«.

Das Team als sich selbst organisierendes System Zieht man nun allerdings in Betracht, dass dieses System sich nicht aus Maschinenteilen zusammensetzt, sondern aus Menschen, die lebendig sind, eigene Meinungen und Gedanken haben, selbständig handeln können und handeln, »eigensinnig« sind, indem sie selbst Sinn herstellen, und letztendlich nicht zuverlässig »gesteuert« werden können, kurz: dass sie lebendig sind und sich auch selbst mitverantwortlich fühlen für die Gestaltung ihrer

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Team und Teamarbeit

Zusammenarbeit, so können wir dieses Team als ein sich selbst organisierendes System betrachten. Nicht nur die Außensicht ist von Bedeutung dafür, was innerhalb des Teams passiert, nicht nur die Inputs haben Einfluss auf das, was passiert, sondern die Teile des Systems bestimmen selbst mit, wie sie sich selbst sehen, wie sie Situationen erleben, wie sie sich verhalten und handeln: Die Teile des Systems haben ein Eigenleben, eine Selbstwahrnehmung. Was für einen Außenstehenden sinnvoll sein mag, ein Team nur nach In- und Output zu beurteilen, wird meistens für ein Mitglied dieses Teams aus der Innensicht unsinnig: Es fühlt sich nicht nur als Rädchen in einer Maschine, sondern als mitverantwortlicher Bestandteil dieses Systems, selbst gestaltend tätig. Eine grafische Darstellung vermag diese Selbstorganisation durch Individuen nur unzureichend wiederzugeben (wir sind es gewohnt, Systeme von außen zu beschreiben und darzustellen – und dabei den Eigensinn, die Autonomie, die Selbständigkeit und Unabhängigkeit nicht oder nur unzulänglich kennzeichnen zu können):

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Abbildung 4: Das Team als sich selbst organisierendes System

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■ Verschiedene Ebenen von Teamarbeit

Wir können unterschiedliche Ebenen und Begriffe zur Unterscheidung von Teamarbeit einführen. Wobei dies immer ein Vorschlag und auch anders denkbar ist. Es handelt sich (wiederum) nicht um »wahre« Definitionen, sondern sie können im Sinne von Werkzeugen vielleicht manchmal nützlich sein.

1. Ebene: aufgabenbezogene Teamarbeit Die erste Ebene umfasst all das, was die Hauptaufgabe, die »eigentliche« Tätigkeit von Teams ist: unter Nutzung der Ressourcen der Mitglieder die gestellten Aufgaben in einer geregelten Form zu bewältigen. Dies geschieht in der Regel durch eine Kombination von »Informieren, Beraten, Entscheiden (I/B/E)«, das heißt, Teammitglieder informieren sich gegenseitig, beraten sich miteinander und gegenseitig, und sie treffen Entscheidungen. Welches Gewicht die jeweiligen Tätigkeiten haben und bekommen, hängt ab von den Aufgaben des Teams oder auch seiner einzelnen Mitglieder. Ein Team, das vor allem den Informationsfluss unter seinen Mitgliedern gewährleistet, so dass jede/r immer aktuell Bescheid weiß ist, wird anders arbeiten als ein Team, das vor allem Beratung und Unterstützung für seine Mitglieder bieten soll. Und ein Team, das ein Projekt zu Ende bringen und ein Ergebnis vorlegen soll, wird zumindest an einem bestimmten Punkt Entscheidungen treffen müssen. Das Ziel auf dieser Ebene von Teamarbeit ist in der Regel, einen optimalen Informationsfluss zu gewährleisten, sich gegenseitig gut zu beraten und zu unterstützen sowie Entscheidungen zu treffen, die tragfähig und fundiert sind. – All das soll zu einem möglichst guten Ergebnis in Bezug auf die eigentliche Aufgabe des Teams führen (sowie auf die meist ebenfalls vorhandenen, aber nicht immer genannten »Nebenaufgaben«. So soll nicht nur die Wohngruppe oder Station fachlich angemessen geführt werden,

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Verschiedene Ebenen von Teamarbeit

sondern auch das Bild dieser Station in der Öffentlichkeit positiv entwickelt oder die Belegung gesichert sein – nicht immer sind diese Aufgaben ohne Weiteres miteinander vereinbar). Es kann hilfreich sein, sich über die unterschiedlichen Absichten, ob es um Information, Beratung oder aber Entscheidung geht, zu verständigen. a) Informieren Die Teammitglieder informieren sich gegenseitig über wichtige Fakten, Kenntnisse, Beobachtungen. Information ist die Grundlage von Handeln, mehrere Augen sehen mehr. Manchmal genügt es, sich über den jeweils aktuellen Stand in Kenntnis zu setzen. Dies können neue Verordnungen sein, an die man sich zu halten hat, dies kann eine Zusammenfassung einer interessanten Fachveröffentlichung sein oder eine Kurzdarstellung des Arbeitsprozesses, den man gerade mit einem Klienten durchläuft. In jedem Fall ist das Ziel, die anderen an seinem Wissen oder Kenntnisstand teilhaben zu lassen. Zuweilen kann man sich dann auch über diese Informationen austauschen, man kann Nachfragen oder einen eigenen Kommentar dazu abgeben, vielleicht werden andere angeregt, ihrerseits Informationen offen zu legen. b) Beraten (Teamberatung) Beratung findet dann statt, wenn man mehr möchte als einen Informationsaustausch: »Ich bitte um eure Unterstützung«, »Ich hätte gerne ein paar Ideen, was ich da machen könnte«, »Ich würde gerne mit euch etwas ausprobieren«. Dies sind Einzelanliegen, es können aber auch gemeinsame Fragestellungen entstehen: »Wie können wir das nächste Sommerfest spannender gestalten?« »Wie können wir unser Angebot verbessern?« Wesentlich für die Beratung ist, dass sie keine Entscheidung beinhaltet und dennoch die Ressourcen der verschiedenen Mitglieder nutzt: Sie beteiligen sich, aber sie entscheiden nicht. Beispielsweise wenn eine Kollegin im Jugendamt überlegt, ob sie im Falle einer Jugendlichen der Finanzierung einer Tagesgruppe zustimmt oder nicht. Diesen Bereich deckt das ab, was ich in einem der folgenden Kapitel unter »Teamberatung« fasse: die kollegiale Beratung, bei der die Entscheidung über die Konsequenzen jedoch bei der einzelnen Kollegin oder dem einzelnen Kollegen bleibt.

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Verschiedene Ebenen von Teamarbeit

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c) Entscheiden Das Entscheiden kann getrennt betrachtet werden von der Beratung. Die Beratung dient dazu, die Wahl- und Entscheidungsmöglichkeiten zu eröffnen und gegeneinander abzuwägen. Erst dann, wenn diese Vorarbeiten geleistet wurden, beginnt der eigentliche Entscheidungsprozess. Über vieles muss in einem Team nicht entschieden werden, weil es in der Verantwortung der einzelnen Kollegin liegt – beispielsweise welches Setting sie für das nächste Gespräch mit dem Klienten wählt oder welche Leistung sie im Einzelfall gewährt. Dann gibt es die Fälle, in denen vom Team eine Entscheidung gefällt wird und werden muss und über die – vor der eigentlichen Entscheidung – verhandelt und diskutiert wird: Wie gestalten wir unsere Sprechzeiten? Wie verwenden wir unser Budget oder wer darf über welche Budgets entscheiden? Für welchen Entwurf der Broschüre entscheiden wir uns? Wohin geht unser Betriebsausflug? Sollen Einzelne bei bestimmten Fragen ein Vetorecht haben? Bewilligen wir diese Hilfe zur Erziehung, weil sie notwendig ist, obwohl unser Etat längst aufgebraucht ist? Die Entscheidung eines Teams kann – was häufig übersehen oder vergessen wird – auch darin bestehen, eine Entscheidung zurückzuweisen oder sie von anderen zuständigen Stellen treffen zu lassen. Insbesondere dann, wenn Teams gegen ihre fachliche Überzeugung Entscheidungen treffen sollen (etwa die Ablehnung einer notwendigen Hilfe, einfach weil keine finanziellen Mittel mehr vorhanden sind), haben sie die Möglichkeit, die (ablehnende) Entscheidung an den Vorgesetzten zurückzugeben: »Wir sehen uns nicht in der Lage, gegen unsere fachliche Überzeugung zu entscheiden.« Dies gilt auch dann, wenn man zu der Überzeugung kommt, es könnten die Interessen des Arbeitgebers oder des Trägers betroffen sein (»Wie sollen wir auf die Anschuldigungen in der Tagespresse reagieren?«). Zusammenfassend kann diese erste Ebene der Teamarbeit charakterisiert werden mit »Etwas tun« – dies ist die »eigentliche« Ebene von Teamarbeit, die wir meistens meinen, wenn wir von Team und Teamarbeit sprechen.

2. Ebene: organisationsbezogene Teamarbeit/Teamorganisation Ein Team kann sich auf der Ebene »Informieren/Beraten/Entscheiden« als Team sehen und verstehen und dort gemeinsam das Beste herauszuholen versuchen. Es kann versuchen, optimal zu informieren, zu beraten und zu entscheiden. Auf einer nächst höheren Ebene hat ein Team die Möglichkeit, sich über die Art und Weise, wie es diese Aufgaben erledigt, Gedanken zu

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machen. Es kann darüber reflektieren, wie es zusammenarbeitet, nach welchen Regeln und Strukturen es funktioniert und was an dieser Zusammenarbeit verbessert werden kann. Auch dies, die Gestaltung der Zusammenarbeit, kann eine (Teil-)Aufgabe des Teams sein. Die Teammitglieder sollen nicht nur sich optimal informieren und beraten und gemeinsam möglichst gute Entscheidungen treffen, sondern sie sollen auch darüber nachdenken, wie sie diese Prozesse optimal gestalten können. Dazu wird gehören, dass man darüber nachdenkt: Wie arbeiten wir zusammen? Welche expliziten (und welche unausgesprochenen) Regeln gelten? Welche Methoden verwenden wir? Wie erleben wir die Teamsitzungen? Wie planen und moderieren wir unsere Teamarbeit, die einzelnen Sitzungen – und auch die informelle Zusammenarbeit? Jede/r Beteiligte wird andere Beschreibungen hiervon liefern können, andere Eindrücke – und damit einen wertvollen Beitrag zu einem Gesamtbild liefern können. Jede/r Beteiligte wird über eigene Erfahrungen und eigene Fähigkeiten verfügen, also auch Ideen dazu haben, wie die Teamarbeit womöglich verbessert werden kann. So können wiederum die Ressourcen aller Beteiligten genutzt werden. (Auch dieses Buch bezieht sich in weiten Teilen auf diese Ebene der Teamorganisation: Es will Anregungen bieten, neue Methoden und Vorgehensweisen auszuprobieren.) Zusammenfassend kann diese zweite Ebene der Teamarbeit mit »Darüber nachdenken und daran etwas ändern, wie wir als Team zusammenarbeiten« beschrieben werden.

3. Ebene: entwicklungsbezogene Teamarbeit/Teamentwicklung Die dritte Ebene der »Teamentwicklung« bezieht sich auf Fragen wie: Wie können wir den Prozess, in dem wir über unsere Teamarbeit nachdenken, besser gestalten? Der Begriff »Teamentwicklung« kann im Deutschen die fatale Implikation haben, es ginge möglicherweise darum, ein Team erst zu entwickeln, also etwas herzustellen, was bislang nicht besteht. Dies ist hier nicht gemeint – im Gegenteil: Der zutreffendere Begriff wäre »Weiterentwicklung«. Zunächst darf man unterstellen, dass man es mit einem Team zu tun hat. Wenn dieses Team nicht nur seine Arbeit als Team erledigt, sondern auch darüber nachdenkt, wie es diese optimal gestaltet, und schließlich auch noch reflektiert, wie es diesen Prozess des Nachdenkens über Verbesserungen optimieren kann – »Wäre es besser, wöchentlich zwei

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Stunden für unsere Reflexion der Teamarbeit freizuhalten, sollten wir einmal im Jahr einen Klausurtag veranstalten – oder wäre es nützlicher, einzelne Teammitglieder auf Fortbildungen zu schicken, um so Anregungen für Veränderungen in unserer Teamarbeit zu bekommen?« –, so haben wir es mit Teamentwicklung zu tun. Wichtig ist, dass auch hier die Ressourcen aller genutzt werden können – alle können sich, wenn sie wollen, bei der Frage einmischen: Wie wollen wir es organisieren, dass wir es schaffen, unsere Teamarbeit effektiver und zufriedenstellender zu gestalten? Überlassen wir es unserem Chef, sich zu überlegen, wie das geschehen könnte, oder haben wir eigene Ideen? Zusammenfassend kann man diese dritte Ebene der Teamarbeit mit der Formulierung »Etwas dafür tun, dass wir anders darüber nachdenken, wie wir etwas tun« kennzeichnen.

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Übersicht: Verschiedene Ebenen von Teamarbeit Teamarbeit kann sich auf unterschiedlichen Ebenen realisieren. Die Aufgaben jeder Ebene können als gemeinsam, im Team zu lösende Aufgaben verstanden werden – oder auch nicht. 1. Ebene: fachbezogene Teamarbeit Informieren, Beraten, Entscheiden (I/B/E) in Bezug auf die gemeinsamen Aufgaben des Teams. Ziel: gut informieren oder informiert sein, gut beraten, gut entscheiden – Informieren – gegenseitiger Austausch – Beraten (Teamberatung) • Ideen entwickeln • üben, ausprobieren, experimentieren • Mitglieder bei ihren Entscheidungen unterstützen – Entscheiden • Das Team verhandelt und trifft selbst Entscheidungen • Das Team entscheidet, die Entscheidung an die verantwortliche Stelle weiterzuleiten »Etwas tun.« 2. Ebene: organisationsbezogene Teamarbeit/Teamorganisation Strukturieren und Organisieren der I/B/E-Prozesse, gemeinsam im Team. Ziel: die I/B/E-Prozesse optimal zu gestalten – moderieren und strukturieren (Gesprächsführung, Tagesordnung) – Regeln für die Form der Zusammenarbeit setzen – ausgewählte Methoden anwenden – aktive Beteiligung, Regeln einhalten »Darüber nachdenken und daran etwas ändern, wie wir etwas tun.« 3. Ebene: entwicklungsbezogene Teamarbeit/Teamentwicklung Verändern der Strukturierungs- und Organisationsprozesse. Ziel: Organisation und Struktur der Teamarbeit zu optimieren – Reflektieren über die Gestaltung der Teamarbeit: »Wie können wir unsere Teamorganisation verbessern?« – Erlernen neuer Methoden und Vorgehensweisen: auf Klausurtagen, Teamseminaren, Fort- und Weiterbildungen zur Teamarbeit »Etwas dafür tun, dass wir anders darüber nachdenken, wie wir etwas tun.«

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Wozu diese Unterscheidung in drei Ebenen? Aus konstruktivistischer Sicht handelt es sich hier um analytische Unterscheidungen, die eine Beobachterin treffen kann, wenn sie will. Eine bestimmte Teamtätigkeit lässt sich nicht eindeutig nur einer dieser Ebenen zuordnen. Wenn ein Team vereinbart, in Zukunft zum Abschluss einer Teamsitzung eine Feedback-Runde einzuführen, kann ich dies – als fachbezogene Teamarbeit sehen, denn die Aufgabe eines Teams ist es auch, die Zusammenarbeit so zu gestalten, dass möglichst gute Ergebnisse erzielt werden können (und die Einführung einer Feedback-Runde trägt sicherlich dazu bei, die Ergebnisse der Zusammenarbeit zu verbessern); – als eine Leistung zur Verbesserung der Teamorganisation sehen, denn Feedback-Runden sind ein Element der Teamorganisation; – als eine Maßnahme der Teamentwicklung sehen, da sie Grundlage für das Nachdenken über Verbesserungen in der Art der Zusammenarbeit sein kann. Wie alle Unterscheidungen und Definitionen sind sie kontingent – das heißt, sie können auch anders getroffen werden. Ausschlaggebend ist, wofür man sie nutzen will. In diesem Fall kann sie helfen, sich klar zu machen, auf welcher Ebene ich etwas verändern will: Ist es vorrangig unser Ziel, bessere Arbeit zu leisten, wollen wir unsere Zusammenarbeit verbessern oder wollen wir die Form verändern, wie wir über die Verbesserung der Zusammenarbeit nachdenken? Für manche Teams kann es unter Umständen hilfreich sein sich zu überlegen, auf welcher dieser Ebenen sie gerade zusammenarbeiten wollen. Der Wunsch, sich über die Organisation der Zusammenarbeit Gedanken zu machen, setzt an einem anderen Punkt an als die Frage, wie wir unsere Darstellung als Team in der Öffentlichkeit verbessern können. Umgekehrt kann ein Team sich zwar als Team verstehen und vieles gemeinsam erarbeiten, dann aber ablehnen, sich über die Organisation der Teamarbeit Gedanken zu machen oder gar den nächsten Klausurtag selbst zu planen: Das sollte doch, bitte schön, eine externe Moderatorin oder die Abteilungsleiterin übernehmen. Auf jeder dieser Ebenen kann (nicht muss) ein Team gemeinsame Ziele verfolgen und die unterschiedlichen bei den Teammitgliedern vorhandenen Ressourcen nutzen:

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– Jeder trägt zur Lösung der gestellten Aufgabe(n) bei. Benötigt wird hierfür fachliches Wissen, Fertigkeiten und Fähigkeiten entsprechend dem jeweiligen Arbeitsplatz und seinen Anforderungen. – Jeder trägt zur Organisation des Teams bei. Nützliche Ressourcen hierbei könnten sein, die Gesprächsführung einer Sitzung gut gestalten zu können, brauchbare Protokolle schreiben zu können oder auch die Fähigkeit, sich in einer Sitzung gut an die vorgegebenen Regeln (Zeitplan, Redeliste etc.) halten zu können oder der kritische Blick auf verbesserungsfähige Strukturen. – Jeder trägt zur Meta-Organisation bei, das heißt zur Gestaltung und Veränderung der Regeln und Strukturen des Teams. Brauchbare Ressourcen können hier Fortbildungserfahrungen in Teamarbeit sein, Ideen für Veränderungen, Mut, diese Ideen zu präsentieren, Änderungen vorzuschlagen, Debatten über Änderungen anzustoßen und zu führen. Im Übrigen ist es natürlich nicht notwendig, dass jeder in gleicher Weise auf jeder Ebene in gleichem Umfang zur Teamarbeit beiträgt. Auch hier können die unterschiedlich großen Interessen und das unterschiedliche Engagement der verschiedenen Teammitglieder jeweils entsprechend eingesetzt werden. Zudem können die Ressourcen einerseits unmittelbar umgesetzt werden, zum anderen aber auch dadurch wirksam werden, dass das Team sich von den Kolleg(inn)en etwas abschauen und von ihnen lernen kann. Auf jeder dieser drei Ebenen können das Wissen und die Erfahrung, die Kenntnisse, Fähigkeiten und das Engagement der Teammitglieder ansetzen – wobei nicht jeder an jeder Stelle in gleichem Maß beitragen muss. Dieses Buch gibt Hinweise dazu, wie Mitglieder eines Teams die Organisation dieses Teams verändern können. Und es will dazu ermutigen, sich der Meta- Organisation bewusst zu öffnen, die Möglichkeiten und GestaltungsSpielräume wahrzunehmen und aktiv zu nutzen, sich also nicht als Rädchen innerhalb einer Organisation zu begreifen, sondern als aktives autopoietisches (sich selbst erschaffendes) System. Die erste Voraussetzung, um ein (gutes) Team zu werden, ist die, sich als ein Team zu verstehen. Auch wenn der Teambegriff ursprünglich aus der Arbeit mit Ochsen kommt, so ist doch festzuhalten, dass Menschen natürlich keine Ochsen sind – auch wenn sowohl Menschen wie Ochsen eigensinnige Wesen sind, die selbständig denken und autonom handeln. Aber so, wie es bei einem Ochsengespann darauf ankommt, die Kraft eines einzelnen Tieres zu vervielfachen, so kommt es bei Teams aus Menschen darauf an, die vielfältigen individuellen Erfahrungen, Fähigkeiten und Kenntnisse nutzbar zu

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machen. Auch die Selbständigkeit und das Selbstbewusstsein der Teammitglieder können als Ressource genutzt werden. Übung »Angenommen, wir würden unsere Teamarbeit verbessern wollen: Was wären die ersten Schritte, die wir unternehmen würden?« Vereinbaren Sie im Team, hierzu Ideen zusammenzutragen: Der Reihe nach kommt jedes Teammitglied dran und trägt eine Idee vor, indem es mit den Worten »Wir könnten als Erstes …« beginnt. Fahren Sie nach der ersten Runde fort, bis jeder zwei bis drei Ideen genannt hat (vgl. unten »Gehirnjogging«). Die Ideen bitte nicht kommentieren oder diskutieren. Wem keine Idee einfällt, der sagt: »Weiter.« In einem weiteren Schritt könnten Sie herausfinden, auf welche Idee Sie als Team sich als Minimalkonsens verständigen können. T E A M = Toll, Ein Anderer Macht’s! Dies ist die Geschichte von vier Leuten namens Jedermann, Jemand, Irgendwer und Niemand. Es gab eine wichtige Aufgabe zu erledigen, und Jedermann sollte sich darum kümmern. Jedermann war sich sicher, dass Jemand sie erledigen würde. Irgendwer hätte sie übernehmen können, aber Niemand führte sie aus. Jemand wurde wütend, denn es war Jedermanns Aufgabe. Jedermann dachte, Irgendwer könnte sie erledigen, aber Niemand bedachte, dass Jedermann sich darum drücken würde. Die Geschichte lief darauf hinaus, dass Jedermann Jemanden beschuldigte, weil Niemand das tat, was Irgendwer hätte tun können.

Zuviel Wind ums Team? Vielleicht haben Sie den Eindruck, dass hier doch manchmal ein zu großer Aufwand um das Team, um Teamarbeit und Teamberatung gemacht wird. Vielleicht besteht ja die Gefahr, dass Teamarbeit zu wichtig genommen wird, dass man sie einfach überschätzt. Teamarbeit wurde in den letzten Jahren und vielleicht sogar Jahrzehnten im Sozialen Feld ebenso wie im Profit-Bereich sicherlich häufig idealisiert – was nicht zuletzt auch zu unrealistischen Beschreibungen (s. o.) von Team und Teamarbeit geführt hat. Dies provoziert gegenteilige Behauptungen.

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Besonders drastisch spricht Malik vom »Mythos vom Team« und stellt die These auf, dass »alle wirklich großen Leistungen der Menschheit die Leistungen von einzelnen sind« (Malik 1999, S. 33) – wobei man allerdings auch in Zweifel stellen kann, ob es immer darum gehen muss, »wirklich große Leistungen der Menschheit« zu vollbringen. Für Malik besteht, von ihm provozierend formuliert, die effizienteste Arbeitsform darin, den kompetenten Einzelnen ungestört arbeiten zu lassen. Denn zweifellos hat Teamarbeit auch eine Reihe von Nachteilen. Sie nutzt nicht nur die Ressourcen der einzelnen Teammitglieder, sondern sie verbraucht sie auch: Teamarbeit kostet die Beteiligten viel Zeit, Kraft und Konzentration (eine unterhaltsame Nebenbeschäftigung in einer langweiligen Sitzung kann es sein, die in dieser Sitzung anfallenden Personalkosten zu berechnen). Immer dann, wenn die Mitglieder des Teams sich nicht einfach auf sich selbst verlassen, sondern Beratung von den Kolleginnen wollen und womöglich auch eine Entscheidung abstimmen müssen, brauchen sie Geduld, Kooperationsbereitschaft und Entgegenkommen. Zudem verlangt die Zusammenarbeit in der Gruppe manchmal etwas Anlaufzeit bis alle warm sind. Es wird zusätzliche Aufmerksamkeit und Konzentration für die Organisation der Teamarbeit verlangt, schließlich sogar für die Weiterentwicklung. Hinzu kommt die Möglichkeit von Konflikten, die mit der Anzahl von beteiligten Personen kontinuierlich steigt. Einzelne Mitglieder können das gesamte Team beherrschen oder auch nur durcheinander bringen. Teams können sich selbst dadurch lähmen. Aber auch die gegenteilige Entwicklung ist möglich: Teams erlahmen allmählich, weil sie sich nicht mehr reiben und gegenseitig anregen, sondern sich selbst genügen und keinen Anreiz mehr sehen, sich zu bewegen. Vielleicht könnte man hier ein kleines Schreckenskabinett der Nachteile von Teamarbeit entwickeln. Wie so häufig, ist es eine Frage der Abwägung. Teamarbeit ist kein Selbstzweck – nicht weil Teamarbeit »gut« ist, sollte man sie anwenden, sondern im konkreten Fall werden die beteiligten Personen selbst entscheiden, ob und in welchem Ausmaß es sinnvoll ist, hier im Team zusammenzuarbeiten – und wo es besser ist, Einzelarbeit zu unterstützen. Die Hauptaufgabe eines Teams ist sein Beitrag zum Erledigen der ihm gestellten Aufgaben. Gemessen an diesem Auftrag erst kann man beurteilen, ob sich Teamarbeit lohnt – und wie viel Aufwand man damit treiben will, sich über Teamarbeit, Teamorganisation und Teamentwicklung Gedanken zu machen. Wie dies in einem angemessenen Umfang geschehen könnte, darum sollte es gehen – auch um zu vermeiden, dass Teams sich nun »nur« noch mit sich selbst beschäftigen. Aber ich bin sicher, dass jedes Team und jedes Mitglied eines Teams den für ihn richtigen Weg und Umfang der Beschäftigung mit den

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hier vorgestellten Ideen finden wird. – Dabei kann es auch sein, dass man dadurch erst merkt, wie zufrieden man mit seiner Form der Teamarbeit ist und dass man im Moment gar keine Änderung benötigt.

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■ Das systemische Handwerkszeug

Das folgende Kapitel führt zunächst noch einmal weg vom Thema »Team«: Im Überblick werden die Grundzüge des systemischen Arbeitens vorgestellt. Wer diesen Ansatz bereits kennt oder sich nicht dafür interessiert, kann das Kapitel überblättern. Andererseits sind vermutlich viele der später vorgestellten Methoden und Vorgehensweisen leichter zu verstehen, wenn man mit dem theoretischen Hintergrund vertraut ist, vor dem sie entwickelt wurden. Der systemische Ansatz ist ein Konzept für den professionellen Umgang mit Menschen im Feld der Sozialen Arbeit. Er hat sich aus der Familientherapie entwickelt, was dazu führte, dass man ihn heute vielfach mit Familientherapie und -beratung begrifflich gleichsetzt. Tatsächlich ist er wesentlich vielfältiger – vielleicht sollte man zutreffender auch nicht von dem Ansatz, sondern von den systemischen Ansätzen sprechen. Anders als bei vielen Beratungs- und Therapiekonzepten gibt es nicht eine einzige »Schule«, sondern eine ganze Reihe von Personen und Konzepten, die sich mehr oder weniger unterscheiden. Grundsätzlich wird bei den meisten der Ansätze Vielfalt von Sichtweisen und Lösungsoptionen postuliert und angestrebt, so dass die Vielfalt der systemischen Herangehensweisen selbst wiederum diesem Postulat entspricht. Im Folgenden umreiße ich das Konzept des systemisch-konstruktivistischen Ansatzes, wie es für mich und meine Arbeit zentral ist (ausführliche Darstellungen der Geschichte und der verschiedenen Konzepte finden sich bei von Schlippe u. Schweitzer 1996; Reiter et al. 1997; Herwig-Lempp 2002; zur Umsetzung des systemischen Ansatzes in der Sozialen Arbeit vgl. Ritscher 2002; Pfeifer-Schaupp 2002; Simmen et al. 2003; Ritscher 2005; Schwing u. Fryszer 2006). Dieser Ansatz kann als Handwerkszeug begriffen werden, das uns als Sozialpädagogen, Beraterinnen, Psychotherapeutinnen, Erziehern und anderen Berufsgruppen zur Verfügung steht. Dieses Bild des »Handwerkszeugs« betont die Wahlmöglichkeiten dessen, der sich der Werkzeuge bedienen will – und damit seine Autonomie bei der Auswahl. Es hebt die

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Das systemische Handwerkszeug

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Bedeutung des Nutzens für einen bestimmten Zweck hervor – und impliziert die Idee, dass die Verwendung von Werkzeugen ein Handwerk darstellt, das erlernt werden kann. Wie bei einem Werkzeugkasten stehen mir mit dem systemischen Ansatz, also seiner Theorie, seiner Grundhaltung und seinen Methoden, verschiedene Instrumente zur Verfügung, die mir in meiner Arbeit helfen, wirksam und erfolgreich tätig zu sein. Wie bei dem Werkzeugkasten des Hand- oder auch Heimwerkers muss auch ich selbst wählen und entscheiden, welches Werkzeug ich wann verwende. In der Regel entscheide ich das anhand der Aufgaben, die ich zu lösen habe. Ich wähle diejenigen Werkzeuge aus, die ich momentan für sinnvoll und nützlich halte. Dabei macht es wenig Sinn, mich bereits lange im Voraus und ohne den Kontext zu kennen für bestimmte Instrumente zu entscheiden und sie »für die besten« zu halten. Um im Bild zu bleiben: Auch dann, wenn ich Hunderte von Nägeln erfolgreich eingeschlagen habe, werde ich mich trotzdem nicht für einen Hammer, sondern für einen Schraubendreher entscheiden, wenn ich eine Schraube eindrehen will, oder für eine Säge, wenn ich ein Brett teilen will. Um ein Werkzeug sinnvoll verwenden zu können (oder auch nur seinen Einsatz im richtigen Moment in Betracht zu ziehen) brauche ich zudem Übung und Vorerfahrung: Um etwa eine Säge oder eine Wasserwaage im geeigneten Moment richtig einsetzen zu können, muss ich zuvor gelernt haben, sie zu verwenden, muss ich mit ihnen geübt und experimentiert haben, um ihre Einsatzmöglichkeiten bestmöglich beurteilen zu können. Praktiker/innen sind in erster Linie an den Methoden interessiert, und von den verschiedenen familientherapeutischen und systemischen Schulen sind vor allem die von ihnen entwickelten methodischen Verfahren bekannt, darunter das zirkuläre Fragen, Genogramme, Skulpturen und paradoxe Interventionen. Sicherlich sind sie – als die sichtbarsten Ausprägungen – entscheidend für unsere Vorstellungen von systemischem Arbeiten und auch das, was wir unmittelbar als das »Handwerkszeug« des systemischen Arbeitens bezeichnen würden. Zum Handwerkszeug des systemischen Arbeitens gehören für mich jedoch nicht nur die Methoden, sondern daneben ebenso die Theorie und die Grundhaltungen. Auch bei ihnen können wir je nach Situation und Ziel wählen: Die Theorie liefert Beschreibungen und entwickelt Vorstellungen davon, in welchen Situationen mit welcher Absicht bestimmte Methoden angewandt werden können. Die Grundhaltungen oder Menschenbilder, die unserem Denken und Handeln zugrunde liegen, bestimmen nicht zuletzt entscheidend mit, zu welchen Theorien und Methoden wir greifen. Alle

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Das systemische Handwerkszeug

drei Elemente werden am besten unter dem Gesichtspunkt der Nützlichkeit betrachtet, abhängig von der konkreten Situation, den handelnden Person sowie ihren Zielen.

Abbildung 5: Das Handwerkszeug systemischen Arbeitens

Schwerpunktmässig geht es hier um die Methoden des systemischen Arbeitens für die kollegiale Beratung. Um diese Instrumente und die hinter ihnen stehenden theoretischen Implikationen besser verstehen zu können, stelle ich zunächst einige Aspekte der Grundhaltungen und der theoretischen Elemente vor.

Systemische Grundhaltungen Systemische Menschenbilder sind geprägt von der Vorstellung der Autonomie und dem Eigensinn aller Menschen – unabhängig davon, ob sie Freunde oder Klienten, Geschäftspartner/innen oder Bekannte, Fremde oder Vertraute, Erwachsene oder Kinder sind. Angenommen oder unterstellt wird, dass sie »freie Wesen« sind, die selbst darüber entscheiden, was sie wollen und was für sie richtig und gut ist. Sie sind eigensinnig, das heißt, sie stellen selbst Sinn her über das, was sie erleben und was sie tun. Sie bewerten es selbst, sie bestimmen, was sie für gut und richtig halten, was sie sinnvoll finden – und was nicht. Indem wir davon ausgehen, dass Menschen eigensinnig sind, gestehen wir ihnen auch das Recht zu, eigene Entscheidungen zu treffen. Was jedoch nicht bedeutet, dass wir mit ihren Bewertungen und Entscheidungen einverstanden sein müssten, oder dass wir uns nicht sogar dagegen wehren könnten. Allerdings gibt es eine grundlegende Folgerung: Wir müssen sie dann, wenn sie

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Systemische Grundhaltungen

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sich ungewöhnlich oder anders als normal verhalten, noch nicht automatisch als krank oder behandlungsbedürftig ansehen. »Sie sind autonom« heißt, sie entscheiden selbständig und wählen frei zwischen den ihnen erkennbaren und damit den ihnen zur Verfügung stehenden Handlungs- und Vorstellungsmöglichkeiten die jeweils für sie beste aus. Dies bedeutet (leider) nicht, dass ihnen alle denkbaren Möglichkeiten zur Verfügung stehen, sondern nur, dass sie unter den ihnen offenstehenden Optionen frei entscheiden: Ich weiß nicht, was für den anderen gut ist, weil sie oder er nur selbst darüber entscheiden kann. Ungewöhnlich sind diese Annahmen vor allem deswegen, weil wir sie in aller Regel zwar auf uns nahe stehende Menschen (Lebenspartner, Kinder, Freunde) selbstverständlich anwenden. Auch wenn »Eigensinn« bei Kindern, zumindest früher häufig als ein negatives Merkmal galt, schätzen wir es heute meist – selbst dann, wenn wir in unseren eigenen Interessen zuweilen dadurch eingeschränkt werden. Nur bei unseren Klienten fällt es uns manchmal schwer, sie als autonome und eigensinnige Menschen zu sehen. Traditionellerweise tendiert man eher dazu, sie »durchschauen« zu wollen, sie verstehen zu wollen, ihr abweichendes Verhalten erklären und auch ändern zu wollen. Setzt man jedoch Autonomie und Eigensinn voraus, so ist eine gezielte Steuerung, eine »instruktive Interaktion« nicht möglich. Menschen sind keine Maschinen, sie haben eine Seele. Wie auch immer ich mich gegenüber Klient(inn)en verhalte, sie können sich ihre eigenen Gedanken dazu machen, sie stellen das, was sie erleben, in einen eigenen Kontext. Zwar kann man versuchen, jemanden durch Zwang oder Fehlinformation dazu zu bringen, etwas Bestimmtes zu tun. Dennoch bleiben ihm Wahlmöglichkeiten – und wenn es mir nicht gelingt, ihm vorzumachen, dass er keinerlei Wahlmöglichkeiten mehr hat und also die eine verbliebene nehmen muss, kann ich nicht mit letztendlicher Gewissheit vorhersagen, wie er sich verhalten wird. Da die Klient(inn)en selbst wissen, was gut für sie ist, verbleibt auch die Verantwortung für das, was sie tun, immer bei ihnen selbst. Die Verantwortung der Profis – gleichgültig, ob Erzieherin, Sozialpädagoge oder Ärztin –, besteht in der bestmöglichen Unterstützung bei der Erweiterung des erkennbaren Handlungsspielraums und damit der Wahlmöglichkeiten der Klient(inn)en. Stark vereinfacht könnte also die professionelle Maxime lauten: »Lass uns mindestens drei Alternativen finden!« Die Klientin soll wählen können und sich ihrer Wahl auch bewusst sein, also werden wir mit ihr gemeinsam möglichst viele vorstellbare Varianten suchen und ihr so zur Verfügung stellen. Heinz von Foerster hat dies in der Formulierung seines

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Das systemische Handwerkszeug

»ethischen Imperativs« zum Ausdruck gebracht: »Handle stets so, daß die Anzahl der Wahlmöglichkeiten größer wird« (von Foerster 1999, S. 41). Diese Grundhaltungen lassen sich in der Grundannahme systemischen Arbeitens zusammenfassen, dass die Menschen, mit denen wir arbeiten, immer »vollständig« sind. Nicht die Menschen sind defizitär, also fehleroder mangelhaft, sondern nur die Perspektiven, Auswahlmöglichkeiten und Handlungsoptionen, die ihnen zur Verfügung stehen. Sie gilt es zu erweitern, nicht die Menschen. Sicherlich ist dieses Menschenbild nicht ganz selbstverständlich im Bereich der Sozialen Arbeit oder dem Gesundheitswesen. Vielleicht ist es hilfreich sich zu vergegenwärtigen, dass wir hier ein Menschenbild verwenden. Die Frage ist wieder einmal (wie auch bei dem Bild vom Werkzeug), ob und wozu dieses Bild nützlich sein kann (und nicht, ob es wahr ist!): wie dieses Bild vom autonomen Menschen unsere Klient(inn)en dabei unterstützen kann, wieder einen größeren Handlungsspielraum zu gewinnen – und wo es uns hilfreich sein kann bei unserem Bemühen, die Klient(inn)en auf diesem Weg zu unterstützen. Bei den Grundhaltungen handelt es sich zunächst nur um Absichtserklärungen und Annahmen. Sie beschreiben ein bestimmtes Menschenbild – wobei offen bleiben kann, wie neu und originell es tatsächlich ist. Wesentlich ist vor allem, dass wir es für uns formulieren und reflektieren – um bei Bedarf darauf zurückkommen zu können und sich immer wieder daran zu orientieren: Entspricht mein Denken und Handeln noch meiner postulierten Grundhaltung?

Systemische Theorie Geht man davon aus, dass der Wunsch nach Veränderung ein Grundmotiv Sozialer Arbeit ist (entweder wünschen die Klienten, dass sich etwas oder jemand verändert – oder Profis wünschen, dass sich Klienten verändern), lauten die wichtigsten Fragen an die systemische Theorie: Wie erfolgt Veränderung und was kann sie ermöglichen, unterstützen, befördern? Auch wenn systemische Theorie wesentlich weitreichender und weiterführender ist, möchte ich mich hier auf diese Aspekte beschränken. Der systemische Ansatz hat sich aus der Systemtheorie entwickelt, ursprünglich einer Theorie, die sich unter dem Namen »Kybernetik« mit der Regelung und Steuerung von Maschinen beschäftigte, bevor sie auf komplexere Systeme, darunter dann auch »lebende Systeme« und »soziale Systeme« erweitert wurde. Das Hauptinteresse liegt dabei auf dem Bemühen,

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Systemische Theorie

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die Strukturen und Regeln, die Elemente und Beziehungen zu beschreiben und zu verstehen, nach denen Systeme »funktionieren«. Ziel war selbstverständlich, sie dann auch besser steuern zu können, die Einflussmöglichkeit auf solche Systeme zu vergrößern. Einige heute sehr bekannte kybernetische Prinzipien wurden im Anschluss an die Beobachtung von Maschinen erfunden – wie das der Rückkopplung (feedback), das der Zirkularität oder das der Homöostase (des Gleichgewichts). Die Beschreibung Ross W. Ashbys, einem der Väter der Kybernetik und der Systemtheorie, stammt von 1956 und enthält bereits den ganz entscheidenden Hinweis: »Ein System ist nicht ein Ding, sondern eine Liste von Variablen. Diese Liste kann variiert werden, und die allgemeinste Aufgabe des Experimentators ist es, die Liste zu variieren (,andere Variablen zu berücksichtigen‘), bis er schließlich eine Gruppe von Variablen ausfindig gemacht hat, die die gewünschte Eindeutigkeit ergibt« (Ashby 1974, S. 69). Oder wie Fritz Simon es rund dreißig Jahre später formulierte: »Der Begriff System steht für ein Abstraktum, er kann letztlich jeder Menge von Relationen zugeschrieben werden. Der Beobachter entscheidet, was er als System betrachten und wo er dessen Grenzen sehen will. Wird über Systeme gesprochen, so ist immer diese vom Beobachter vorgenommene Definition vorausgesetzt« (Simon 1988, S. 17f.). Die zentrale Erkenntnis lautet: Systeme existieren nicht, sie sind Zusammenstellungen von »Variablen«. Erst der Beobachter oder Experimentator erfindet sie, konstruiert sie – entsprechend seinen Anforderungen. Diese Aussagen über die Konstruktion oder Erfindung von Systemen wird auch als »Kybernetik 2. Ordnung« bezeichnet, soweit sie sich auf die Entstehung von (menschlicher) Erkenntnis allgemein bezieht, nennt man sie auch »Konstruktivismus«. Zum Beispiel »Team«: Selbstverständlich wird jeder der Behauptung zustimmen, dass ein Team ein System ist. Bei genauerem Hinsehen allerdings wird auffallen, dass verschiedene Beteiligte möglicherweise völlig unterschiedliche Beschreibungen davon abgeben werden, was sie unter »dem Team« oder unter »dem System Team« verstehen: wer zu diesem System gehört, welche Funktion es hat, nach welchen Regeln es funktioniert.

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Das systemische Handwerkszeug

Übung Beantworten Sie für sich folgende Fragen und vergleichen Sie sie mit Antworten anderer Mitglieder Ihres Teams und anderer Personen (bitten Sie auch Kolleginnen aus anderen Teams, Freunde, Partner, Klientinnen usw.): – Wer gehört zu Ihrem Team? – Wie heißt Ihr Team? – Was sind die besonderen Kennzeichen Ihres Teams? – Welche Regeln und Strukturen bestimmen Ihr Team? – Was sind die Aufgaben Ihres Teams? – Welche Bedeutung hat die Anzahl von Männern und Frauen in Ihrem Team? Bei dem Versuch, das »wirkliche« Team zu bestimmen und damit eine objektive Beschreibung des Systems zu erhalten, wird man bemerken, dass unterschiedliche Sichtweisen und Beschreibungen aufeinander treffen. Traditionellerweise versuchen wir in solchen Fällen, die richtige Beschreibung herauszufinden. Hier setzt nun eine zentrale theoretische Schlussfolgerung an: Eine objektive Beschreibung ist nicht möglich, das heißt, wir haben es immer mit Beschreibungen von Menschen, von Subjekten zu tun. Wir können allenfalls erreichen, uns auf eine Beschreibung zu einigen (oder es gelingt einer Seite, die andere zur Übernahme einer bestimmten Beschreibung zu zwingen). »Systeme« sind Abstraktionen, sie erfolgen als Ausdruck subjektiver Beschreibungen. Es sind aber immer wir, die Beschreibungen erstellen: »… es könnte nur einfach nützlich sein, wenn wir von einem System und seinen Eigenschaften sprechen, in Erinnerung zu behalten, daß wir selbst es sind, die das System auf unsere Art und Weise definieren« (Steier u. Smith 1985). Damit relativiert sich Wahrheit. Auch scheinbare Selbstverständlichkeiten wie die »Funktion« von Systemen oder das Kausalitätsprinzip von Ursache und Wirkung relativieren sich plötzlich: Ein System hat insofern eine bestimmte Funktion, als es von demjenigen, der es beschreibt, über seine Beschreibung und der ihm dadurch zugewiesenen Funktion erst definiert wird. Jede Beschreibung von Wirklichkeit kann immer auf jemanden zurückgeführt werden, der diese Wirklichkeit so beschreibt – wir kriegen die »eigentliche« Wirklichkeit selbst nicht zu fassen. Was zunächst als ein altes philosophisches (und damit, so könnte man denken, letztendlich für den Alltag irrelevantes) Problem auftaucht, kann jedoch für die Praxis überaus aktuell werden: Wenn Systeme (und damit

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Beschreibungen von Dingen, Menschen, Situationen, Abläufen) nicht »existieren«, sondern »erfunden« oder »konstruiert« werden, dann können wir verstehen, warum Menschen die anscheinend gleichen Situationen auf unterschiedliche Weise beschreiben. Und wir können in der Folge darauf verzichten, wahre Beschreibungen finden zu wollen. Dies aber bedeutet nichts anderes, als dass wir selbst die Verantwortung dafür haben, was wir für richtig, notwendig und wahr halten: Wir entscheiden selbst. Wenn unsere Wirklichkeit immer nur unsere Wirklichkeit ist, wenn wir sie konstruieren – so liegt es also an uns, wie wir sie konstruieren, wie wir sie gestalten. Es liegt an uns und nicht an der Wirklichkeit. Damit stellt die systemische Theorie die Verantwortung jedes Einzelnen für seine Gestaltung seiner Wirklichkeit in den Mittelpunkt. Eine Voraussetzung dafür, dass ich überhaupt Veränderung anstrebe, ist die Annahme, dass ich selbst Veränderung bewirken kann, dass ich Einflussmöglichkeiten für mich sehe. Es gibt unterschiedliche Arten von Veränderung. Grundsätzlich kann man unterscheiden zwischen einer neuen Situation und einem veränderten Verhalten (»Mein Sohn hat jetzt bessere Noten in der Schule.« Oder: »Wir streiten nicht mehr so viel wie früher.«) einerseits und einer neuen Sichtweise und neuen Bewertung der unveränderten Situation andererseits (»Wir machen uns jetzt um ganz andere Dinge Sorgen als um seine Noten.« Oder: »Wir genießen unsere Diskussionen jetzt richtig.«). Abgeleitet von der Idee komplexer und miteinander vernetzter Systeme, die mit dem AHIMAZ-Prinzip (»Alles hängt immer mit allem zusammen« – eine ironisierende und letztlich wenig brauchbare Aussage über die »Ganzheitlichkeit« von Zusammenhängen) beschrieben werden, können auch kleine Veränderungen weitere und größere Veränderungen nach sich ziehen. Ein Kind, das einnässt, muss nicht gleich vollkommen trocken werden – ein erster Erfolg könnte für alle sein, dass es ihm gelingt, einmal pro Woche einen »trockenen Tag« einzulegen, um dann selbst zu entscheiden, ob es weitere trockene Tage haben möchte. Bei Verwendung des systemischen Ansatzes bekommt die persönliche Verantwortung für die jeweils erlebte Wirklichkeit einen hohen Stellenwert zugewiesen. Dementsprechend verliert die Idee, Experten könnten wissen, was für den einzelnen Klienten gut und notwendig ist, an Bedeutung. Wenn Sinn und Bewertung jeweils subjektiv erstellt werden, kann jedes Subjekt nur selbst darüber entscheiden, was es selbst für gut, richtig, sinnvoll empfindet. Dies kann ich als Profi für Klientinnen und Klienten und Professionelle, für Kolleginnen und Kollegen und für mich selbst gleichermaßen unterstellen und gelten lassen.

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Sowohl die theoretischen Aussagen als auch die Methoden für die Praxis wurden für Profis entwickelt, die andere zu Veränderungen einladen wollen – wobei diese Veränderungen sowohl Verhaltensweisen betreffen können wie auch Sichtweisen im Sinne von Beschreibungen und Bewertungen bestimmter Sachverhalte. Demnach erhöhen folgende Elemente professionellen Handelns die Chancen von Veränderungen, wenn man den Blick (unter anderem) auf folgende Aspekte richtet: – Die Bedeutung des Auftrags der Klient(inn)en: Klient(inn)en haben (mitunter eigene) Vorstellungen davon, welche Veränderungen sie wünschen. Diese weichen unter Umständen von den Wünschen und Erwartungen der Umgebung (ihren Angehörigen, anderen professionellen Einrichtungen wie Beratungsstellen oder Kliniken, Kostenträgern wie Sozialamt, Jugendamt oder Krankenkasse) ab. Wenn es mir gelingt, mich an den Wünschen, Erwartungen und Aufträgen der Menschen zu orientieren, mit denen ich unmittelbar arbeite und die für sich die Situation verändern wollen (oder die nach Meinung Dritter sich verändern sollen), erhöhe ich die Wahrscheinlichkeit von Veränderung. – Die Bedeutung der Ressourcen der Klient(inn)en: Klient(inn)en verfügen immer über eine Reihe von Stärken, Fähigkeiten und Kenntnissen, auch wenn es ihnen selbst und den mitarbeitenden Profis zuweilen schwer fällt, diese wahrzunehmen. Hierzu gehören die Erfahrungen der Klient(inn) en mit früheren Veränderungs- oder Lösungsversuchen ebenso wie ihre eigenen Vorstellungen davon, wie Lösungen aussehen könnten. Wenn es mir gelingt, diese Ressourcen der Klient(inn)en herauszuarbeiten, zu erkennen und für den Veränderungsprozess zu nutzen, so erhöhe ich die Chancen für Veränderungen. Zu diesen Ressourcen gehören im Übrigen auch die Ausnahmen vom Problem – also all die Situationen, in denen die unerwünschten Erlebnisse und Verhaltensweisen nicht vorhanden sind. – Die Erweiterung des Handlungsspielraumes für die Klient(inn)en: Menschen wählen, so die Annahme, unter den ihnen erkennbaren Handlungsoptionen immer diejenige aus, die sie selbst als die für sie beste bewerten. Um Veränderungsmöglichkeiten zu eröffnen, ist es meine Aufgabe, die Zahl der vorstellbaren Verhaltens- oder auch Denkweisen zu erhöhen, um die Auswahl zu vergrößern. Wir können das Bild des umgekehrten Trichters zur Erläuterung heranziehen: Nicht Verengung ist das Ziel, sondern Erweiterung. – Die Eigenverantwortung der Klient(inn)en: Da Menschen keine Maschinen sind, also weder einer einheitlichen Sinngebung (»Funktion«) unterworfen sind noch von außen (durch »instruktive Interaktion«) steuerbar

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sind, kann ich als Außenstehender ihr Verhalten nicht gezielt steuern, auch als Profi nicht. Meine Verantwortung liegt darin, ihnen einen möglichst großen Handlungsspielraum zu eröffnen: Indem ich ihre Eigenverantwortung voraussetze und indem ich mit ihnen nach Alternativen suche. – Die Bedeutung des Respekts und der Wertschätzung gegenüber den Klient(inn)en: Ich kann ihr Verhalten oder ihre Sichtweise als Ausdruck ihrer Entscheidung akzeptieren – unabhängig davon, ob ich selbst es für richtig halte, ob ich mich selbst an ihrer Stelle so entscheiden würde und sogar unabhängig davon, ob es gegen meine eigenen Interessen gerichtet ist. Ich kann immer unterstellen, dass es gute Gründe dafür gibt, sich so zu verhalten, wie sie sich verhalten (und sei es nur der Grund, dass sie keine attraktivere Alternative erkennen können). Wenn sich Menschen in ihrem Verhalten respektiert fühlen, sind sie eher bereit, sich auch nur in Gedanken mit möglichen Veränderungen zu beschäftigen (und z. B. sich zunächst in einem Gedankenexperiment damit auseinanderzusetzen), als wenn sie sich bedroht, angegriffen oder abgewertet fühlen. Im Grunde sind damit die oben dargestellten Elemente der systemischen Menschenbilder nochmals theoretisch konstruiert und ausgeführt. Die vorgestellten Aussagen lassen sich so zusammenfassen: Wenn wir den Menschen, mit denen wir arbeiten, respektvoll begegnen und ihre Autonomie und ihren Eigensinn würdigen, indem wir uns an ihren Aufträgen, ihren eigenen Vorstellungen von Lösungen und ihren Ressourcen orientieren und schließlich ihnen auch selbst überlassen, ob und welche Veränderungen sie tatsächlich umsetzen wollen, dann erhöhen wir die Chancen und Möglichkeiten für Veränderungen. Auch hier gilt wieder, wie für jedes Werkzeug oder jede Annahme: Diese theoretischen Sätze sind nicht richtiger oder falscher als andere. Auch sie können wieder »nur« als Werkzeug verstanden werden, das nach seinem Nutzen von uns beurteilt wird. Für diejenigen, die sich damit auseinandergesetzt haben und die damit arbeiten, hat es sich in konkreten Situationen häufig als nützlich erwiesen. (Es scheint sehr schwer für uns zu sein, nicht immer wieder zu versuchen, absolute, dauerhafte Wahrheiten finden zu wollen. Ein wesentlicher Impuls in uns scheint zu sein, dass wir wünschen, dass unsere subjektiven Beschreibungen und Erklärungen immer mehr sind als nur subjektive Beschreibungen und Erklärungen und damit nicht

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Das systemische Handwerkszeug

nur Werkzeug oder Instrument für bestimmte Zwecke, sondern dauerhaft gültig und »objektiv wahr«.)

Systemische Methoden Die systemischen Grundhaltungen und die theoretischen Grundannahmen sind das Fundament und der »Rahmen« für die Anwendung der systemischen Methoden. Diese Methoden lassen sich auf unterschiedliche Arten zusammenfassen und im Überblick darstellen. Ich möchte dies hier – in aller Kürze – mit Hilfe des »systemischen Blicks« leisten. Diese Auflistung kann selbst schon wieder als ein Meta-Werkzeug verstanden werden, als eine methodische Hilfe, mit der es mir gelingen kann, mich der im Moment vielleicht für mich nützlichen Vorgehensweisen zu erinnern. Der systemische Blick ist weder selbstverständlich, noch zwingend notwendig. Er ist ein Angebot, das man annehmen kann, aber nicht muss. Er kann dadurch nützlich werden, dass man sich erinnert, ganz bestimmte Dinge im Blick zu haben und zu behalten – und dies geschieht in der Regel mittels systemischer Methoden. Der systemische Blick richtet sich unter anderem auf a) die Aufträge, b) die Ressourcen, Stärken und Fähigkeiten, c) den Kontext, d) die Lösungen und die Zukunft, e) die Vervielfältigung der Handlungsmöglichkeiten, f) die Autonomie und den Eigensinn, g) weitere Perspektiven, h) die Kooperationsbereitschaft, i) die Wertschätzung. Die systemischen Methoden kann man anhand der theoretischen Aussagen und handlungsleitenden Prinzipien grob nach methodischen Konzepten unterteilen. Die Methoden selbst sind überwiegend »sprachlich«, das heißt, sie werden im Gespräch angewendet. Der systemische Ansatz ist bekannt für seine vielfältigen Fragearten, die zwar nicht immer völlig neu sind, jedoch mit ganz bestimmten Ideen und Motiven und häufig in relativ klarer Form innerhalb des vom Profi weitgehend vorstrukturierten Gesprächs eingesetzt werden. Darüber hinaus gibt es grafische (z. B. Genogramm) und

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Systemische Methoden

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darstellende Methoden (Skulptur, Familienbrett, Rollenspiel etc.) sowie häufig auch den Einsatz von Aufgaben, Experimenten und Vorschlägen für Übungen. Schließlich lassen sich auch besondere Settings (Gespräche zu zweit, Reflecting Team etc.) einsetzen. Zur ausführlichen Darstellung wird auf die gängigen Lehrbücher und die systemisch-konstruktivistisch-kurzzeittherapeutisch-lösungsorientierte Literatur verwiesen. Hier sei lediglich ein kurzer Einblick anhand des systemischen Blicks gegeben, welche Methoden wann Anwendung finden (können). a) Der Blick auf die Aufträge Wenn wir mit unseren Klient(inn)en in Sozialer Arbeit, Beratung oder Therapie zusammenarbeiten, so sind in der Regel eine Reihe von Erwartungen und Aufträgen explizit oder implizit vorhanden: von den (verschiedenen) Klient(inn)en, von überweisenden Dritten, von unseren Arbeitgebern und Kolleg(inn)en, von den Vertreter(inn)en der Kostenträger. Interessanterweise geraten die Aufträge der Klientinnen und Klienten manchmal ein wenig in Vergessenheit. Es kann sinnvoll sein, deren Aufträge in Erinnerung zu bringen, aber auch die offenen oder verdeckten Aufträge weiterer (sichtbarer und unsichtbarer) Beteiligter zu thematisieren durch – Sprechen über das Zustandekommen der Zusammenarbeit: Wie sind Sie zu mir gekommen? Wer hat Sie geschickt, mich empfohlen? – Fragen nach Aufträgen, Wünschen, Erwartungen und Lösungsvorstellungen: Was erhoffen Sie sich? Was erwarten Sie sich? Was erwarten Sie sich nicht? – Darstellung und Erörterung meiner Angebote und Möglichkeiten durch mich: Nicht immer wissen Klienten, welche Erwartungen, Wünsche und Aufträge sie an mich stellen können. – Erörterung der Erwartungen und Aufträge weiterer Angehöriger und Professioneller, etwa durch zirkuläre Fragen nach den unterschiedlichen Vorstellungen beteiligter Dritter. – Verwendung von Grafiken oder Skulpturen zur »Auftragsklärung«. Für die Gestaltung der Zusammenarbeit in der Beratung ist es wichtig, ihre Aufträge sorgfältig zu erarbeiten, eventuell wiederholt zu thematisieren (und zu verändern) und sie in den Vordergrund zu stellen. Die Aufträge Dritter (Ehepartner/in, Jugendamt, Hausarzt etc.) sind wichtig, aber nicht »wichtiger«. Die Orientierung an diesen Methoden und an klaren Gesprächsstrukturen unterstützt es, nicht immer wieder als Profi auf eigene Aufträge, Ziele und Erwartungen oder auf die Forderungen Dritter zurückzukommen, sondern sich denen der Klienten zuzuwenden.

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b) Der Blick auf die Ressourcen, Stärken und Fähigkeiten Der Anlass für den Wunsch nach Veränderung sehen wir in der Regel in »Problemen« beziehungsweise ist dies die Definition von »Problem«: Es soll nicht mehr vorhanden sein. Die Gefahr besteht, sich vor allem den problematischen Aspekten zuzuwenden und sie zu erörtern – und so in eine »Problemtrance« zu geraten. Auf der Strecke bleibt dann das, was bereits in Ordnung ist, was nicht verändert werden soll, was bereits erfolgreich verändert worden ist. Methodisch kann dies dazu anregen, nach diesen Ressourcen und Fähigkeiten sorgfältig zu suchen und sie zu würdigen, etwa durch – das Fragen nach und das Sprechen über • Fähigkeiten: Was können Sie? Was sind Ihre Stärken? • Erfolge: Was haben Sie bereits erfolgreich geändert? Wie ist Ihnen das gelungen? Wo haben Sie, vielleicht auch in ganz anderen Bereichen, Erfolge? Was lässt sich daraus lernen und übertragen? • Bewältigungsmuster: Wie haben Sie all das ausgehalten? Was hat Ihnen geholfen, diese Situation zu »überleben«? Woher nehmen Sie Ihre Kraft und Energie? • Lösungsvorstellungen der Klient(inn)en: Wie soll es nach der gewünschten Veränderung sein? Wie sind Ihre Lösungsvorstellungen? • Ausnahmen: Wann ist das Problem nicht oder weniger vorhanden? Was machen Sie dann anders? – die Verwendung von Komplimenten: Damit kann ich die Ressourcen der Klient(inn)en anerkennen und sie ihnen besser zugänglich machen; zugleich werde ich gründlicher nach ihren Fähigkeiten, Ressourcen und Erfolgen suchen, wenn ich mir vornehme, mit Komplimenten zu arbeiten. – Umdeutungen und Reframings: Sie eröffnen neue Blickwinkel auf scheinbar bekannte Zugänge und können damit neue Handlungsmöglichkeiten erkennbar werden lassen. c) Der Blick auf den Kontext Der Kontext scheint die Entdeckung der Systemiker/innen zu sein (wenn man ihnen selbst Glauben schenken mag): Die Überlegung, dass es immer noch weitere Zusammenhänge gibt, dass ein System erst zu einem System wird, indem es sich von einer Umwelt, mit der es in unterschiedlichster Form in Kontakt steht, abgrenzt (aber sich auch in der Abgrenzung und im Kontakt erst definiert und identifiziert), erlaubt es, nach diesen Zusammenhängen und diesen Austauschbeziehungen zu fragen und sie zu berücksichtig, indem man

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– nach dem Entstehungs- oder Zuweisungskontext der jetzigen Beratungsoder Therapiesituation fragt: Wie ist es dazu gekommen? – nach den unterschiedlichen Situationen und Beziehungsgeflechten fragt, in denen die beteiligten Personen sich befinden – und die Situationen, die zeitlichen, räumlichen und sozialen Kontexte erfragt, in denen Probleme und Lösungen auftreten. – nach Zusammenhängen und Kontexten von Menschen und Situationen sucht, die bislang noch keine Rolle gespielt haben: Wer ist noch wichtig für Sie? In welchen Situationen tritt diese Schwierigkeit (nicht) auf? d) Der Blick auf die Lösungen und die Zukunft Ziel der Beratung und Unterstützung ist eine Veränderung zum Besseren hin. Hierauf wird sich aus systemischer Sicht der Blick richten (statt in die Vergangenheit, z. B. auf Hintergründe und Ursachen der problematischen Situation). Dies kann geschehen durch – das Sprechen über Lösungsvorstellungen der Klienten (und anderer Beteiligter) – um zu vermeiden, dass die Lösungsideen der Profis im Vordergrund stehen und zu viel Raum nehmen, – die Wunderfrage als einer speziellen Vorgehensweise, die nach der Hauptfrage (»Angenommen, heute Nacht, während Sie schlafen, geschieht ein Wunder und die Schwierigkeiten, wegen denen wir hier miteinander sprechen, sind verschwunden. Da Sie geschlafen haben, haben Sie das Wunder nicht mitbekommen. Woran würden Sie am nächsten Morgen merken, dass das Wunder geschehen ist?«) noch zu vielen weiteren Fragen einladen kann (»Was heißt: ›Ich stehe gern auf?‹« »Was genau machen Sie dann?«, »Welche Veränderung würde Ihre Partnerin bemerken?«) (vgl. Berg 1992, S. 92ff.). e) Der Blick auf die Vervielfältigung der Handlungsmöglichkeiten Menschen sind – nach systemischen Annahmen – autonom und eigensinnig, sie stellen selbst Sinn her und entscheiden selbst, was für sie richtig und wichtig ist. Aufgabe der systemischen Arbeit ist es, die Anzahl der Handlungsmöglichkeiten zu erweitern, so dass die Klient(inn)en selbst wählen können: Je größer die Bandbreite der zur Verfügung stehenden oder erkennbaren Optionen, desto besser. Methodisch kann ich dies beispielsweise umsetzen durch – mein Bemühen, insbesondere überall dort, wo ein Klient selbst keine echten Wahlmöglichkeiten entdecken kann, mit ihm gemeinsam mindestens drei oder vier (oder besser noch mehr!) Alternativen zu entwickeln und damit Wahlmöglichkeiten zu eröffnen – unabhängig davon,

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ob sie alle erstrebenswert erscheinen (Anlass könnte z. B. sein, dass jemand sagt: »Ich habe keine andere Wahl, als mich zu fügen.« Die Reaktion des Profis könnte sein: »Lassen Sie uns sieben Optionen entwickeln, die Ihnen offen stehen«). – Erzeugung von Vielfalt bei der Suche nach Beschreibungen, Erklärungen und Lösungsideen, • indem ich nach unterschiedlichen Beschreibungen von Situationen oder Menschen frage (z. B. durch zirkuläres Fragen), • indem ich gemeinsam mit dem Klienten mehrere Hypothesen entwickle (statt nur einer), warum etwas wohl so ist, wie es ist, oder wie wohl die Entwicklung in einer bestimmten Angelegenheit sich zukünftig gestalten könnte, oder • indem ich mich nicht mit einer, zwei oder drei Lösungsideen zufrieden gebe, sondern nach einer größeren Auswahl suche. f) Der Blick auf Autonomie und Eigensinn In dem Moment, wo es mir gelingt, meinen Klient(inn)en Autonomie und Eigensinn zuzurechnen, werde ich ihnen alle für sie wichtigen Entscheidungen überlassen und nicht versuchen, diese an ihrer Stelle zu treffen. Weil mir bewusst ist, dass ich weder für sie die »richtige« Entscheidung treffen kann, noch dass dies die Zusammenarbeit und ihre Bereitschaft zur Kooperation fördert. Umgekehrt kann ich methodisch diese Zurechung von Autonomie und Eigensinn auf der Handlungsebene voranbringen mit – dem Konzept der Einladung: Ich verstehe meine Vorschläge und Handlungen (seien es einfach nur Fragen, die ich stelle, oder Handlungsvorschläge) als Angebote und Einladungen – und sorge dafür, dass auch meine Klient(inn)en sie so verstehen. Einladungen kann man ablehnen oder zurückstellen und später annehmen, Angebote darf man ausschlagen, ohne dass der Einladende enttäuscht oder gekränkt zu sein braucht. Sie betonen, dass der, dem die Einladung unterbreitet wird, frei ist, selbst zu entscheiden, ob er sie annehmen wird. Gregory Bateson hat dies in einem Bild dargestellt: »Man kann das Pferd zum Wasser führen, aber man kann es nicht zum Trinken zwingen. Das Trinken ist seine Sache. Aber selbst wenn Ihr Pferd durstig ist, kann es nicht trinken, solange Sie es nicht zum Wasser führen. Das Hinführen ist Ihre Sache« (Bateson 1982, S. 128). – Experimenten und Übungsvorschlägen zum Ausprobieren, die ich wiederum als Angebote formuliere – und nicht als »Hausaufgaben« oder Verpflichtungen, bestimmte Ideen zu übernehmen oder in der Beratung verhandelte Ideen auch tatsächlich auszuprobieren.

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– dem Konzept der »guten Gründe«: Für jedes Verhalten, für jede Reaktion, für jede Aktion eines Menschen kann ich unterstellen, dass er oder sie im Rahmen der ihm erkennbaren Möglichkeiten »gute Gründe« gehabt hat, sich genau so zu verhalten, wie er sich verhalten hat. Aus seiner Sicht war dieses Verhalten sinnvoll und ich kann akzeptieren, dass er diese Wahl selbständig getroffen hat (diese »guten Gründe« muss ich aus meiner Perspektive nicht unbedingt tatsächlich für gut halten, auch wenn ich zugestehe, dass sie aus seiner Sicht und in seinem aktuellen Kontext für ihn richtig und gut waren). g) Der Blick auf weitere Perspektiven Probleme entstehen dann, wenn man keine Wahl mehr zu haben meint (oder nur die Wahl zwischen wenigen unattraktiven Alternativen). Aus systemischer Sicht geht es darum, sich daran zu erinnern, dass es immer mehr Perspektiven gibt, als wir uns vorstellen können, und dass wir nicht in Gefahr geraten zu glauben, manche Perspektiven wären »wahrer« als andere und deshalb könne es gar keine Alternativen dazu geben. Eine Reihe von Methoden eignen sich in besonderer Weise für die Einladung, neue Perspektiven einzunehmen und auszuprobieren: – Zirkuläre Fragen: »Was denken Sie, was Ihr Mann dazu sagen würde, wenn ich ihn frage?« »Wie würde wohl Ihre Tochter reagieren, wenn sie das gehört hätte?« Ich lade die Befragte ein, bei ihrer Antwort die Perspektive eines Dritten einzunehmen – und es wird möglicherweise erlebbar, dass es noch weitere, andere Auffassungs- und Interpretationsmöglichkeiten von bestimmten Situationen gibt. – Die Erinnerung, dass es Perspektiven und die sich daraus ergebenen Erkenntnisse und Empfindungen immer subjektiv sind: »Sie haben das damals so empfunden«, »Sie erleben das jetzt so« – unausgesprochen oder doch mehr oder weniger explizit lässt sich so das Angebot formulieren: Es gibt noch weitere Möglichkeiten des Empfindens und Erlebens, situations- und zeitabhängig. – »Angenommen, dass …« indem ich etwas als eine rein hypothetische Unterstellung einführe, kann ich – gewissermaßen im Gedankenexperiment – scheinbar unvorstellbare Situationen vorstellbar machen und das scheinbar Undenkbare plötzlich dennoch denken: »Angenommen, jemand würde Sie dabei beobachten, was würde er sehen …« »Angenommen, Sie würden sich selbst zusehen …«, »Angenommen, Sie wüssten, wie die Lösung aussähe …«. – Blick zurück aus der Zukunft: Mit hypothetischen Unterstellungen lassen sich Zeit und Raum überwinden und damit weitere Perspektiven

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einführen: »Angenommen, ein Jahr ist vergangen und Sie hätten damals die Probleme letztlich erfolgreich bewältigt. Wie stellt sich die damalige Situation aus heutigem Blickwinkel dar, was denken Sie heute darüber?« Die scheinbar harte Wirklichkeit der eigenen Wahrnehmung kann aufgeweicht und verflüssigt werden – und damit der Weg frei werden für neue, bisher vielleicht undenkbare Bilder, Ideen und Beobachtungen. h) Der Blick auf die Kooperationsbereitschaft »Widerstand« als Erklärungsprinzip für ein bestimmtes Verhalten von Klient(inn)en kann ausgeschaltet werden und stattdessen das aus systemischer Sicht nützlichere Erklärungsprinzip der »Kooperationsbereitschaft« eingeführt werden: »Jede Familie, Einzelperson oder Paar zeigt eine einzigartige Weise des Kooperierens, und die Aufgabe des Therapeuten besteht zuerst darin, sich selber diese spezifische Weise, die die Familie zeigt, zu beschreiben, und dann mit dieser zu kooperieren und auf diese Weise Änderungen zu fördern« (de Shazer 1990, S. 77). Unabhängig davon, wie sich der Klient verhält, unterstelle und signalisiere ich Kooperationsbereitschaft. Methodisch kann ich dies unterstreichen durch – die Suche nach den kleinsten Anzeichen von Kooperationsbereitschaft bei dem Klienten und durch ihre Würdigung, indem ich hierfür zum Beispiel Komplimente mache, – die Deutung von (früher als »widerständig« interpretierten) Verhaltensweisen als Ausdruck von Eigensinn und Autonomie – wodurch dieses Verhalten auch eine Berechtigung erhält und nicht »als Widerstand« abgewertet werden muss, – die Umbewertung dieser Verhaltensweisen, indem wir sie als nützlich für die Beratung interpretieren: Klient(inn)en sind in der Lage, ihr Befinden zu artikulieren und schnelle Rückmeldungen zu geben, wenn sie nicht mit unseren Interventionen einverstanden sind, sie als nicht geeignet erleben, oder wenn sie ihnen unverständlich sind. Diese Klient(inn)en können für sich selbst sorgen, ihr Eigensinn kann für die weitere Entwicklung genutzt werden, und sie laufen nicht so leicht Gefahr, von uns abhängig zu werden. Vielleicht ist dieser Blick im ersten Moment nicht ganz so einfach einzunehmen wie der auf die Lösungen, die Zukunft oder die Aufträge. Es kann – gerade deshalb – sehr nützlich sein, ihn einzunehmen, weil er Ausdruck der Tatsache ist, dass wir unseren Klienten ernst nehmen und es akzeptieren,

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wenn er seinen eigenen Weg geht und nicht unbedingt mit uns übereinstimmt – zugleich wird es jedem Klienten leichter fallen, auf Angebote und Einladungen von uns versuchsweise einzugehen, wenn wir ihm Kooperationsbereitschaft statt Widerstand unterstellen. i) Der Blick auf die Wertschätzung Ähnliches gilt für Wertschätzung: Dann, wenn es uns gelingt, unsere Klient(inn)en wertzuschätzen, ihnen also Wert und Würde unterstellen – unabhängig davon, wie sie sich verhalten und inwieweit sie unsere Erwartungen erfüllen –, wird sich auch ihre Bereitschaft erhöhen, auf unsere Angebote einzugehen oder unsere Vorschläge und Ideen zumindest einmal unverbindlich zu prüfen. Diese Wertschätzung kann sich auch ausdrücken (und hier wiederhole ich die obige Auflistung der möglichen systemischen Perspektiven nur teilweise), indem ich – ihnen Komplimente bereite für ihre Fähigkeiten und Ressourcen, für ihre Mitarbeit, für ihre kleinen und großen Erfolge, – ihre Sichtweisen und Beschreibungen genau erfrage, – mich an ihren Erwartungen, Wünschen und Aufträgen orientiere oder sie mit ihnen verhandle, – mich an ihren Problembeschreibungen und an ihren Lösungsideen orientiere, – ihnen immer wieder so viel wie möglich Wahl- und Entscheidungsmöglichkeiten einräume oder diese mit ihnen gemeinsam entwickle. Diese Blickwinkel sind nicht umfassend und vollständig – und sollen es auch nicht sein. Wann könnte auch ein Werkzeugkasten vollständig und umfassend sein? Manche Instrumente benötigt man häufiger, andere weniger, für manche gibt es mit der Zeit bessere Neuentwicklungen, manchmal werden ganz neue Werkzeuge erfunden, oder man entdeckt sie plötzlich irgendwo und ist überrascht, manchmal spart man lange auf ein besonders wertvolles Instrument und behilft sich in der Zwischenzeit mit anderen Geräten. Der »systemische Blick« kann lediglich einen Zugang ermöglichen und Ideen vermitteln, nach welchen Werkzeugen man greifen könnte. Weitere Blickrichtungen (und damit vielleicht noch einmal ganz neue Abteilungen innerhalb des Werkzeugkastens) könnten etwa die Neugier, die Allparteilichkeit, die Neutralität sein.

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Das systemische Handwerkszeug

Das Team und der systemische Ansatz Die Idee des Teams ist ganz entscheidend bei der Entwicklung des systemischen Arbeitens. An verschiedenen Stellen in der Geschichte des systemischen Arbeitens spielten Teams immer wieder eine wichtige Rolle bei der Entwicklung neuer Ideen und Konzepte. Familientherapeuten und Systemikerinnen haben schon früh begonnen, in Teams zu arbeiten und den Nutzen aus der Unterschiedlichkeit der Sichtweisen zu ziehen. Auf der anderen Seite gab es bislang keine expliziten Konzepte systemischer Teamarbeit. Die systemischen Teams und die Vorstellungen von Teamarbeit haben sich bisher in aller Regel auf die Zusammenarbeit mit Klienten bezogen. Hier kann keine vollständige Würdigung der Teamidee als Grundlage des systemischen Denken und Handelns geleistet werden, jedoch möchte ich auf einige Aspekte verweisen. Familientherapeuten haben früh begonnen, zu zweit zu arbeiten: Nachdem sie neben den so genannten Index-Patienten auch deren Familien in die Therapiesitzungen mit einluden, sahen sie sich einer ganzen Reihe von Personen gegenüber. Für den Therapeuten war es hilfreich, einen Kollegen oder eine Kollegin dabei zu haben, zu zweit konnte man besser den Überblick behalten. Das eigentlich Revolutionäre bei diesem ersten Schritt zum Therapeutenteam war, damit erstmals Kolleginnen in einen besonders intimen, abgeschotteten Bereich, nämlich das Praxiszimmer, hineinzulassen. Das, was sie dort taten, war nicht mehr geheim und unzugänglich, sondern für die Kolleginnen beobachtbar (und kritisierbar) geworden. Die Arbeit zu zweit brachte es mit sich, dass sie sich über die Sitzung, über ihre Gedanken, Beobachtungen und Sichtweisen – sowohl der Familien als auch gegenseitig – austauschen konnten, und dafür, wohl meist eher intuitiv als reflektiert, Methoden entwickelten: Wie tausche ich mich mit meinem Kollegen darüber aus, was wir gesehen haben, wenn wir offenbar das Gleiche ganz unterschiedlich wahrgenommen haben? Wie sage ich meiner Kollegin, dass ich ihr Vorgehen nicht nur wenig geeignet fand, sondern dass ich ihr auch noch Vorschläge machen könnte, wie sie es besser machen könnte? Wie können wir uns auf eine gemeinsame Intervention am Ende der Sitzung einigen, auch dann, wenn wir unterschiedlicher Meinung sind? Familientherapeuten sahen in ihrer Arbeit schon immer auch ein Experimentierfeld und hatten Lust, Neues auszuprobieren. Die Arbeit in größeren Teams führte dazu, dass sich die Beteiligten in zwei Gruppen aufteilten: die Therapeuten, die das Gespräch mit den Klientinnen führten, und die beobachtenden Therapeutinnen hinter dem Einwegspiegel. Wobei sich

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Das Team und der systemische Ansatz

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alle durchaus als ein großes therapeutisches Team fühlten, das gemeinsam die Therapie vorbereitete (indem sie Hypothesen bildeten), an der Sitzung vor und hinter dem Spiegel aus verschiedenen Perspektiven beteiligt war, gemeinsam Ideen für die abschließenden Kommentare und Interventionen entwickelte und auch die Nachbereitung der Sitzung gemeinsam vornahm. Man verstand sich als »therapeutisches Team«, ohne allerdings allzu viel, so scheint es, über sich selbst als Team und die Art der kollegialen Zusammenarbeit nachzudenken. Eines der berühmtesten systemischen Teams war während der Siebzigerjahre des letzten Jahrhunderts das so genannte Mailänder Team mit Mara Selvini Palazzoli, Gianfranco Cecchin, Luigi Boscolo und Guiliana Prata. Dieses Arbeiten in therapeutischen Teams war sehr zeit- und personalintensiv. Vereinzelt begann man, Ausbildungsgruppen in diesen therapeutischen Prozess mit einzubeziehen. Ausbildungsgruppen und auch Gastkolleginnen hinter der Scheibe wurden als Mitglieder des therapeutischen Teams genutzt. Nicht die institutionelle Zugehörigkeit zu einem festen Team war entscheidend dafür, sich als Teammitglied zu qualifizieren, sondern der aktuelle Standpunkt, der Blick von außen durch die Scheibe. Wichtig war, dass die unterschiedlichen Standpunkte und Blickwinkel der beteiligten Personen genutzt werden konnten. Eine Weiterentwicklung dieser Arbeit mit der Einwegscheibe und den verschiedenen Perspektiven eines therapeutischen Teams war das von dem Norweger Tom Anderson und seinem Team in Tromsø entwickelte Modell des »Reflecting Team« – einer Methode, bei der die Rollen zwischen den Therapeuten und Klienten vor der Scheibe einerseits und beobachtenden Therapeutinnen hinter der Scheibe andererseits in der Mitte der Sitzung für einige Minuten getauscht wurden. Die »vor« der Scheibe Sitzenden hörten nun denen »hinter« der Scheibe zu. Diese verstanden sich als Team, das nach bestimmten vereinbarten Regeln das wiederholte und kommentierte, was es im bisherigen Verlauf des Gesprächs beobachtet hatte. Fast immer jedoch, so scheint es, bezogen sich der »Team«-Begriff und die Fragen nach der inhaltlichen und organisatorischen Ausgestaltung bei den Systemiker/innen auf die therapeutische Situation. Dies gilt auch für die Beiträge von Selvini und Selvini Palazzoli (1992) und Speed (1992), die die »Förderung und Pflege der kreativen Möglichkeiten von Teamarbeit« und »die Vorteile des allein arbeitenden Therapeuten« diskutieren und vertreten. Beide beziehen sich ausschließlich auf »das therapeutische Team« im Sinne der Zusammenarbeit von mehreren Therapeutinnen vor und hinter dem Einwegspiegel. Jenseits hiervon scheint es keine systemische Teamarbeit zu geben (eine kleine Ausnahme hiervon ist Bosselmann 1993).

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Das systemische Handwerkszeug

Was für die bestehenden therapeutischen Teams vollkommen ausreichend zu sein scheint – jedoch auf der anderen Seite verhinderte, die gewonnenen Erfahrungen auf andere Teams und andere Formen von Teamarbeit zu übertragen und zu überlegen, in welcher Form von den eigenen Beratungs- und Therapieansätzen auch für die eigene Teamarbeit gelernt werden könne.

Was heißt hier »systemisch«? Soweit eine kleine Einführung in systemisches Arbeiten, die dabei helfen kann, die »systemischen Elemente« beim Modell der Teamberatung zu entdecken. Möglicherweise bleibt jetzt die Frage, was das »Systemische« daran ist. Der Begriff weist zurück auf die Geschichte des systemischen Arbeitens, als man begann mit Familien zu arbeiten – und diese dann, etwas allgemeiner, als Systeme bezeichnete. Zumal parallel in den verschiedensten Disziplinen »Systemtheorien« entwickelt wurden. Der Begriff des Systems verleitet leicht dazu zu glauben, wir würden mit »Systemen« arbeiten – was meines Erachtens ein Missverständnis ist. Wir haben es nicht mit Systemen zu tun – wir arbeiten mit Menschen, mit Familien, mit Teams, mit Gruppen, mit Klassen, mit Betrieben – nie jedoch mit Systemen. Ein System ist etwas Abstraktes, Systeme kann man nicht anfassen, sie sind gedankliche Zusammenstellungen. Wir denken in Systemen, aber wir arbeiten nicht mit ihnen: »An dieser Stelle unserer Überlegungen müssen wir uns darüber klar sein, wie ›System‹ zu definieren ist. Unser erster Impuls ist, auf das Pendel zu zeigen und zu sagen: »Dieses Ding dort ist das System!« Aber diese Art des Vorgehens hat einen wichtigen Nachteil: Jedes materielle Objekt enthält nicht weniger als eine Unendlichkeit von Variablen und somit möglichen Systemen« (Ashby 1974, S. 68). Systeme existieren nicht (vgl. Herwig-Lempp 1987). Systemisch als Begriff bedeutet demnach, neben all den bereits erläuterten Implikationen, dass wir uns immer wieder in Erinnerung rufen können, dass wir es sind, die Systeme zusammenstellen – und dass wir sie ebenso gut auch anders zusammenstellen könnten. Dass wir es sind, die sich für bestimmte Sicht- und Betrachtungsweisen entscheiden, dass wir die Perspektiven, mit denen wir uns und unsere Umwelt beschreiben und erklären, selbst wählen und somit wir für sie verantwortlich sind – und dass wir uns nicht auf objektive Wahrheiten verlassen können und uns auch nicht zu verlassen brauchen, dass wir uns und unseren Klient(inn)en Eigensinn

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Was heißt hier »systemisch«?

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und Autonomie zumuten können und dürfen. Dass wir verantwortlich sind dafür, wie wir die Welt und unsere Umwelt, einschließlich der beteiligten Menschen und ihrer Situationen, sehen. Und dass unsere Aufgabe vor allem darin besteht, neue Handlungsmöglichkeiten und Verhaltensoptionen zu eröffnen – für unsere Klientinnen und für uns gleichermaßen.

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■ Der systemische Blick in der Teamberatung

Übersetzen wir den »systemischen Blick« aus der Arbeit mit Klientinnen und Klienten auf unsere kollegiale Zusammenarbeit und Beratung im Team, so bekommen wir bereits eine ziemlich genaue Beschreibung dessen, was Teamberatung bedeuten kann. Zugleich können wir hieraus einige methodische Grundprinzipien des systemischen Modells der kollegialen Beratung erkennen. a) Der Auftrag der zu beratenden Kollegin In der Regel hat ein bestimmter Kollege ein Anliegen, eine Fragestellung oder eine schwierige Situation, mit der er in die Teamberatung kommt. Nicht immer allerdings muss unbedingt ein Problem präsentiert werden: Es könnte durchaus auch ein Erfolg sein – oder der Wunsch, über eine Routine-Situation gemeinsam zu reflektieren. In jedem Fall wird es Aufgabe der Gesprächsführung sein, das Anliegen der Auftraggeberin sorgfältig zu erarbeiten und die Beratung an ihrer Fragestellung und ihrem Auftrag zu orientieren und aufzupassen. Dadurch wird verhindert, dass nicht plötzlich Fragen beantwortet oder Aufträge erfüllt werden, die nicht gestellt worden sind. Diejenige Kollegin, die den Auftrag für die Beratung gibt, hat die »Zielrichtungskompetenz«. Sie wird gefragt: »Was ist dein Anliegen? Was wünscht du von uns? In welcher Form erhoffst du dir Unterstützung?« Sie kann als Kundin der Beratung betrachtet werden. Der Bezug auf einen oder mehrere definierte Auftraggeber verhindert, dass plötzlich alle an ihren eigenen Vorstellungen arbeiten. Entscheidend ist die Zielrichtung dieser Kollegin – und nicht das, was andere möglicherweise für notwendig halten. Es kommt selbstverständlich auch vor, dass alle gemeinsam einen Auftrag an sich haben: »Wie gehen wir mit dieser Anfrage des Jugendamts an uns um?« »Welche Ideen haben wir für unsere diesjährige Ferienfreizeit?« »Was könnte bei dem nächsten Gruppennachmittag schief gehen?« Auch diese Aufträge von mehreren oder allen Teammitgliedern können Gegenstand

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sein. Allerdings ist dieser Auftrag ebenfalls explizit zu klären, das heißt, man verständigt sich ausdrücklich darauf – und kontrolliert zwischendrin, ob man noch den Auftrag selbst im Blick hat. b) Die Ressourcen, Stärken und Fähigkeiten der Kolleginnen Die Grundressource jeder Teamberatung sind die Teammitglieder: Profis, die nicht nur über jede Menge Fachwissen, Berufs- und Lebenserfahrung, Tricks und Kniffe, Kenntnisse und Fähigkeiten mit Erfolgen und mit Schwierigkeiten verfügen, sondern die aufgrund ihrer verschiedenen Standpunkte auch unterschiedliche Sichtweisen haben, so dass sie eine Vielfalt von Hypothesen und Ideen über vergangene und zukünftige Entwicklungen und Möglichkeiten erfinden können. Die Methoden der Teamberatung zielen darauf ab, diese Ressourcen optimal zu erschließen. Da diese Ressourcen immaterieller Art sind, sind sie auch nach der Nutzung weiterhin vorhanden, sie »wachsen« – so die Erfahrung – sogar umso schneller nach, je intensiver man sie abruft, weshalb ich auch ohne jeden negativen Beiklang zuweilen von dem Modell der »kollegialen Ausbeutung« spreche. Die Ressourcen-Nutzung gilt in gleicher Weise für alle Teams: ob sie sich nun innerhalb einer Einrichtungen zusammenfinden oder als eine kollegiale Beratungsgruppe, die sich nur hierfür trifft. Die Kunst der Teamberatung besteht also darin, die Erfahrungen der Mitglieder zu nutzen, ihre unterschiedlichen Kenntnisse, Sichtweisen, Ansichten, Meinungen. Im Gegensatz zu der herkömmlichen Vorstellung, dass ich ein Problem oder den Standpunkt eines anderen besonders gut verstehen müsste, um ihn unterstützen zu können, gehen wir an dieser Stelle davon aus, dass gerade die Verschiedenheit der Sichtweisen, das Nicht-völlig-verstehen-Können Voraussetzung für neue Ideen und Anregungen ist. c) Der Kontext der kollegialen Beratung Teamberatung ist kein Selbstzweck, sie findet im Kontext der »eigentlichen« Aufgaben des Teams statt: Sie dient dazu, die Qualität der zu leistenden Arbeit zu verbessern – sowohl der einzelnen Teammitglieder als auch des gesamten Teams. So wie die Einzelne die Aufgabe hat, die betreuten Bewohnerinnen optimal zu begleiten und zu beraten, ihre Versorgung sicher zu stellen und die Wohngruppe nach außen bestens zu vertreten, so ist dies auch Aufgabe des gesamten Teams. Die Gestaltung und Organisation von Teamberatung wird sich immer an diesem Kontext orientieren, wenn man sie möglichst effektiv und effizient gestalten möchte. Die Beurteilung der Qualität wird an diesen Bedingun-

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gen gemessen werden – und es sind Menschen sowohl aus dem Team als auch aus dem Kontext des Teams, die die Beurteilungen darüber treffen, ob es sich um ein gutes Ergebnis handelt. Kollegiale Beratung ist per se nicht gut oder schlecht, es kommt – wie bei allen Bewertungen – darauf an, wer sie mit welchen Maßstäben misst. d) Die Lösungen und die Zukunft Ein Grundsatz systemischen Arbeitens ist es, an den Lösungsvorstellungen derjenigen anzusetzen, die eine Lösung oder Klärung wünschen. Dies bedeutet zunächst, dass wir nach all den Situationen suchen, in denen bereits eine Lösung oder Klärung vorhanden ist. Wenn eine Kollegin über große Schwierigkeiten mit einem Klienten berichtet, so kann man sie zunächst befragen, in welchen Situationen sie gut mit diesem Klienten zurechtkommt oder wo es ihr mit ähnlichen Klientinnen gelungen ist, solche Schwierigkeiten zu umgehen. Die Frage nach den Ausnahmen (»Wann geht es besser? Wann hast du keine Schwierigkeiten mit diesem Klienten?«) können die Kollegin stärken: Bevor sie von anderen gute Ratschläge bekommt, werden zunächst ihre eigenen Erfahrungen und Ideen abgefragt, um an ihnen anzuknüpfen. Nicht selten können bei gründlichem Nachfragen nach Ausnahmen vom Problem der Kollegin selbst bereits erste Ideen kommen. Das Modell der Teamberatung basiert auf der Lösungsorientierung. »Problem talk creates problems, solution talk creates solutions« (Dieser Satz wird Steve de Shazer zugesprochen: Problemgespräche schaffen Probleme, Lösungsgespräche schaffen Lösungen.). Im Blick ist das Ziel, sind die möglichen Lösungen, die Klärung, die bereinigte oder erfolgreich bewältigte Situation. Wenig Gewicht und Aufmerksamkeit muss auf das Problem, die Fehler, die Ursachen des Nichtgelingens gelegt werden. Teamberatung ist ergebnisorientiert: Die Ideen, die daraus entstehen, werden benötigt für eine bestimmte Situation, die bevorsteht. Der Schwerpunkt liegt auf zukünftigen Situationen. Selbst dann, wenn man einzelne Geschehnisse, Erlebnisse oder Konstellationen nochmals Revue passieren lässt, erfolgt dies vor dem Hintergrund, diese Reflexionen in der Zukunft nutzen zu können. e) Die Vervielfältigung der Handlungsmöglichkeiten Hauptziel ist es, die Handlungsoptionen der/des einzelnen Kollegin/Kollegen oder des gesamten Teams zu erhöhen: Die Perspektive, der Spielraum, die Auswahlmöglichkeiten sollen erweitert werden. Die einzelne Kollegin soll die Chance erhalten, zwischen verschiedenen Beschreibungen, Erklä-

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rungen oder Verhaltensweisen wählen zu können. Diese Option der Wahl ist der Grundmotor, das treibende Motiv. Deshalb wirkt eine Teamberatung auf Außenstehende, die sie zum ersten Mal miterleben, neben aller Strukturiertheit und Zügigkeit zuweilen etwas »offen« und unverbindlich: Am Ende steht nicht eine einzige Lösung, die sich als die beste herausstellt, sondern (im besten Fall) eine Vielzahl von möglichen Hypothesen oder Interventionen. Die Kollegin, die das Anliegen vorgetragen hat, entscheidet sich häufig nicht unmittelbar, sondern nimmt sie mit – oder sie beendet die Beratung mit den Worten: »Vielen Dank für eure Ideen und Vorschläge – aber mir ist da gerade noch etwas ganz anderes eingefallen, über das ich noch mal nachdenken will.« f) Die Autonomie und der Eigensinn der Kolleginnen Die Kolleg(inn)en stellen, so wie alle Menschen, selbst Sinn her. Sie haben eine eigene Sichtweise, eine eigene Vorstellung, was gut und sinnvoll ist, sie deuten Situationen in einer eigenen Weise. Dieser Eigensinn, die (von vornherein unterstellte) Fähigkeit selbst Sinn zu erzeugen, ist wichtig, sinnvoll und »schützenswert«: Teamberatung ist so gestaltet, dass dieser Eigensinn aller nicht nur geschützt, sondern auch genutzt wird. Die unterschiedlichen Sichtweisen und Interpretationen, also die verschiedenen Sinngebungen werden herangezogen. Indem wir die unterschiedlichen möglichen Beschreibungen bestimmter Menschen, Situationen oder Verhaltensweisen bewusst abrufen, indem wir möglichst viele verschiedene Erklärungsmöglichkeiten für ein Geschehen oder einen Ablauf erfinden, erweitern wir die Perspektive und damit den Handlungsspielraum – ohne festzulegen, was nun die »richtige« Sichtweise und Verhaltensweise ist. Bewusst wird der Anspruch auf eine »objektive« Beschreibung von Wirklichkeit aufgegeben, wodurch die Suche nach einer »objektiven« Lösung entfällt: Die Verantwortung für das richtige Reagieren liegt beim Einzelnen, er entscheidet, was aus seiner Perspektive richtig ist. Eben dies ist bei diesem Modell der Teamberatung beabsichtigt: Die Verantwortung dafür, was letztendlich mit der Beratung und den Vorschlägen, Anregungen, Ratschlägen und Warnungen der Kolleg(inn)en passiert, wie und wofür sie verwenden werden, bleibt den Kolleg(inn)en selbst überlassen. Die Bereitschaft, mit einer Frage ins Team zu kommen und damit unter Umständen auch eine Schwierigkeit, eine Unsicherheit der eigenen Arbeit einzuräumen, verpflichtet diejenige nicht, die Ergebnisse auch zu verwenden. Um einer solchen möglichen Haltung vorzubeugen sind die Vorschläge und Ideen in der Regel auch so zahlreich, dass sie gar nicht alle zugleich befolgt werden können.

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Selbst dann, wenn die Kollegin das Team bittet, eine bestimmte Entscheidung an ihrer Stelle zu treffen (»Ich möchte, dass ihr mir sagt, ob ich die Arbeit mit diesem Klienten nach dem letzten Vorfall beenden soll oder nicht!«), ist allen klar (bzw. kann die Gesprächsleiterin vor der Abstimmung noch mal darauf hinweisen), dass es letztendlich die Entscheidung der Kollegin bleibt, ob sie den Vorschlag des Teams anschließend auch umsetzt oder nicht. Es ist natürlich auch möglich, dass einzelne Teams oder auch die Leitungskräfte tatsächlich die Verantwortung für bestimmte Entscheidungen übernehmen wollen – dann allerdings ist dies nicht mehr eine Frage der Teamberatung. g) Die weiteren Perspektiven In der Teamberatung bringen die unterschiedlichen beteiligten Personen jeweils ihre unterschiedlichen Perspektiven ein. Das Team kann darauf achten, diese Idee zu pflegen, indem es beispielsweise nicht nur unterschiedliche Berufe integriert, sondern auch Männer und Frauen, jüngere und ältere Mitarbeiter/innen unterschiedlicher Ausbildungsrichtungen (psychoanalytisch, systemisch, verhaltenstherapeutisch) aus unterschiedlichen Lebenssituationen (Singles, in Familien oder in homosexuellen Partnerschaften lebend), vom Land, aus der Stadt, aus verschiedenen Regionen und so weiter. Ein Team kann auch die innere Vielfalt pflegen, indem es stolz darauf ist, nicht eine einheitliche Meinung oder Vorgehensweise zu vertreten: Für diese Teams ist nicht Gleichheit die Voraussetzung für Identität, sondern Verschiedenheit. Es ist nicht nötig, dass meistens alle einer Meinung sind, manchmal ist es ausreichend, wenn Einigkeit darüber besteht, dass man sich nicht unbedingt einig zu sein braucht. h) Die Kooperationsbereitschaft der Kolleginnen und Kollegen Das Konzept des Widerstands als ein wesentliches Erklärungsprinzip für das Verhalten von Klient(inn)en, die nicht das tun, was der Profi will, wird vielleicht in der Arbeit mit Teams weniger häufig angewandt. Zumindest bei Teams, die sich als gut kooperierend erleben, wird es kaum eine Rolle spielen. Dies bedeutet nicht, dass es keine Widersprüche und keine Konflikte gibt, jedoch werden sie nicht als Ausdruck von Widerstand empfunden, sondern als Beitrag zur Weiterentwicklung der Arbeit und des Teams. In dem Moment, wo ich die Eigenverantwortung und Autonomie jedes Teammitglieds, seine Fachlichkeit und seine Professionalität voraussetze, kann ich sein Verhalten fast immer als einen Beitrag zur Aufgabenerfüllung verstehen.

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i) Die Wertschätzung der Kolleginnen und Kollegen Das Konzept der Teamberatung beinhaltet die Wertschätzung der Teammitglieder. Derjenige, der beraten wird, erhält damit die Unterstützung durch die Kolleginnen, ohne in der Autonomie und Selbständigkeit seiner Arbeit eingeschränkt zu werden: Sein Anliegen wird ernst genommen, die Kolleginnen setzen sich damit auseinander, aber er entscheidet am Ende selbst, was er mit den Anregungen und Ratschlägen anfängt. Die Kolleginnen, die beraten (oder vielleicht sogar: beraten dürfen) erleben die Wertschätzung dadurch, dass ihre Erfahrungen, ihre Meinungen, ihre Ratschläge und Tipps abgerufen werden. Selbst dann, wenn diese Hinweise im Einzelnen von derjenigen, die beraten wird, nicht alle umgesetzt werden (und auch nicht alle umgesetzt werden könnten), ist ohne weiteres für alle spürbar, wie die Fülle der Anregungen an sich schon eine Hilfe ist. Optimiert werden kann diese gegenseitige Wertschätzung schließlich dadurch, dass alle Rollen im Wechsel von allen Teammitgliedern eingenommen werden – als Ratsuchende, als Ratgeber, als Gesprächsleitung, als Protokollführerin und so weiter. Vielleicht ist es gerade dieses permanente Rotationsprinzip, das fortlaufend zur Veränderung und Verbesserung von kollegialer Beratung beitragen kann.

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■ Teamberatung

Der Ablauf einer Teamberatung Eine Teamberatungssitzung kann in der Regel mehrere einzelne Beratungen umfassen. So wird ein Team, das vierzehntägig zwei Stunden Zeit hat für die kollegiale Beratung, in dieser Sitzung nicht nur ein einziges Praxisbeispiel bearbeiten. In der Regel werden mehrere Kolleg(inn)en Gelegenheit haben, sich beraten und ihre Erfahrungen vom Team reflektieren zu lassen. Teamberatung erzielt ihre hohe Kreativität unter anderem durch eine klare Struktur. Dies betrifft sowohl die einzelne Beratung als auch die Gestaltung der gesamten Sitzung. Ich gehe davon aus, dass das Team eine Gesprächsleiterin einsetzt, die dann auf die Einhaltung der Struktur und der Regeln achtet. Sie wird zu Beginn die Reihenfolge der verschiedenen Anliegen der Teamberatung festlegen, wird die Zeit einteilen, gegebenenfalls darauf achten, dass ein Protokoll geschrieben wird, und dass ein Teammitglied sie eventuell bei der Zeiteinhaltung unterstützt. Voraussetzung dafür, dass Kolleg(inn)en sich kollegial beraten lassen, ist der Wunsch nach Beratung oder gemeinsamer Reflexion. Im Zentrum der Teamberatung steht das Anliegen der Auftraggeberin oder Kundin, also derjenigen, die die Beratung wünscht. Grundsätzlich gibt es keine Beratung ohne Auftrag. Voraussetzung ist immer, dass überhaupt jemand den Wunsch nach Beratung für sich selbst hat und nicht etwa für jemand anderen (»Ich finde, Klaus sollte ein paar Tipps für seinen Gruppennachmittag bekommen«). Dies können auch mehrere Personen sein, jedoch ist es hilfreich zu bedenken, dass sie möglicherweise dennoch unterschiedliche Vorstellungen davon haben können, worum es geht und was ihnen wichtig ist. Die Anlässe und Ausgangspunkte für eine Teamberatung können unterschiedlich sein – und bereits hier sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es nicht nur um besonders schwierige Probleme gehen muss: – Eine bestimmte Situation geht mir nicht mehr aus dem Kopf … – Ich hatte neulich ein Erfolgserlebnis, das will ich euch mitteilen …

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Der Ablauf einer Teamberatung

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Ich hätte gern noch ein paar Ideen, wie ich mich verhalten könnte … Ich hätte gern eure Kommentare zu … Ich weiß nicht mehr, was ich da machen könnte … Kürzlich hat mir die Arbeit besonders Spaß gemacht, als … Wie kann ich mit X sprechen, dass sie sich vielleicht darauf einlässt? Wie kann ich das Kind Z wieder in einem etwas positiveren Licht sehen? – Wie können wir unsere Zusammenarbeit mit dem Jugendamt verbessern? – Ich habe schon lange nicht mehr über etwas nachgedacht, was mir völlig zur Routine geworden ist … Für den Ablauf jeder einzelnen Beratung kann die Gesprächsleiterin sich an einem Rahmenschema orientieren: Die Kollegin, die eine Beratung wünscht, also die »Kundin«, stellt ihr Anliegen vor, indem sie einen kurzen Überblick zur Situation gibt und ihre Fragestellung formuliert. Nach einigen (begrenzten) Nach-Fragen durch die Kolleginnen und gegebenenfalls einer Präzisierung des Anliegens oder des Auftrags der Kundin an das Team wird (in Absprache zwischen Gesprächsleitung und Kundin) eine Methode ausgewählt, nach der man vorgehen will, und anschließend auch die Beratung entsprechend durchgeführt. Zum Schluss erhält die Kundin die Gelegenheit zu einem Abschlusskommentar. Eine mögliche Ablaufstruktur für eine Teamberatung 1. Vortrag des Anliegens und Nachfragen 2. Entwicklung der Fragestellung 3. Methodenfindung 4. Durchführung 5. Abschlusskommentar Wenn in einer Teamberatungssitzung mehrere Beratungen durchgeführt werden, so gilt für jede diese Ablaufstruktur. Je mehr Übung ein Team damit hat und je vertrauter es mit der Struktur und den Methoden ist, desto eher wird es eigenständig probieren und experimentieren und somit eigene Wege finden.

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Teamberatung

Einige Begriffe Kundin, Ratsuchende, Auftraggeberin, Erzählerin wird die Mitarbeiterin genannt, die Beratung wünscht, und die Fragestellung, zu der sie beraten werden will, formuliert. – Als Anliegen, Auftrag oder Fragestellung wird das bezeichnet, wozu eine Beratung gewünscht wird. – Gesprächsleiterin oder Moderatorin ist diejenige Kollegin, die die Gesprächsführung übernimmt und die Beratung leitet. – Das Team oder die Mitglieder des Teams, die beratenden Kolleginnen, die Teilnehmerinnen übernehmen die Beratungsrolle.

Der Vortrag des Anliegens und die Nachfragen Die Beratung beginnt mit der Schilderung der Situation, für die man um Beratung bittet. Bereits hier kann man beginnen zu spielen und zu experimentieren, bereits hier kann man anfangen, neue Wege zu gehen.

Die Erzählung Die Schilderung des Anliegens sollte relativ kurz und bewusst unvollständig ausfallen. Die Kundin kann sich auf ihre Erzählung vorbereiten, indem sie sich vorher überlegt, was die wesentlichen Aspekte sind, die sie vermitteln will. Auch kann sie Grafiken (Ortsskizze, Genogramm, Organigramm, VIP-Karte, Fotos) oder Medien (kurze Tonband- oder Videoausschnitte) einsetzen, um die ihr wichtigen Punkte zu verdeutlichen (in der Regel wird sie sich auf eines dieser Hilfsmittel beschränken). Um zu verdeutlichen, wie viele Personen beteiligt sind und wie sie zueinander stehen, kann sie auch aus Gegenständen auf dem Tisch oder mit Hilfe der Anwesenden eine Skulptur stellen. Es ist sinnvoll, wenn diese Erzählung, der Vortrag des Anliegens und die Darstellung der Situation, nicht zu ausführlich gerät, und wenn die Erzählerin bewusst in Kauf nimmt, dass ihre Darstellung unvollständig bleibt, – auch wenn sie natürlich den Wunsch verspürt, den anderen ein möglichst umfassendes Bild ihrer Sicht zu ermöglichen und von ihnen optimal verstanden zu werden. Je nach Situation kann die Gesprächsführung die Begrenzung der Erzählung unterstützen, indem sie die Kundin einlädt, die

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Erzählung auf zwei bis fünf Minuten zu beschränken. Die Gesprächsleiterin kann die Kundin im Anschluss an ihre Erzählung bitten, noch einen weiteren (wichtigen oder auch nebensächlichen!) Punkt zu benennen, der ihr spontan einfällt, bevor die Kolleg(inn)en nachfragen. Warum es nützlich sein kann, Probleme nicht so gut zu verstehen Wir gehen normalerweise davon aus, dass es eine wesentliche Voraussetzung für die Problemlösung ist, das Problem so gut wie möglich zu verstehen, was häufig dazu führt, sich sehr ausführlich mit der Problembeschreibung zu befassen. Wenn wir das Anliegen vortragen, bemühen wir uns um eine detailreiche Beschreibung, um den anderen ein weitgehend exaktes Verständnis zu ermöglichen. Und wenn wir jemanden beraten wollen, versuchen wir, ihn und seine Sichtweise möglichst genau zu verstehen. Aus systemischer Sicht gibt es gute Gründe, sich nicht allzu ausführlich mit dem Problem zu beschäftigen, es gar nicht allzu gut verstehen zu wollen. Der Blick auf das Problem lässt uns möglicherweise in eine »Problemhypnose« verfallen, so dass wir unseren Blick für die Missstände, die Unzufriedenheiten die Probleme schärfen, dabei aber vergessen, einen Blick und ein Gefühl für die Lösungen zu entwickeln. Von Interesse für die Berater ist nicht ein bestmögliches Verständnis des Problems, sondern der Lösungsvorstellungen des Klienten – oder hier der Kundin. Es gibt noch eine weitere theoretische Begründung, warum man sich eben nicht allzu lange bei der Problembeschreibung aufhalten sollte – und warum es sinnvoll ist, in der Teamberatung die Problembeschreibung wie die Anzahl der Nachfragen auf ein zeitliches Minimum zu beschränken: Je besser ich eine Kollegin mit ihrem Problem verstehe, je genauer ich ihren Standpunkt einnehmen und die Problematik und die Schwierigkeiten der Situation so sehen kann wie sie, je mehr und je besser es mir also gelingt, ihre Perspektive einzunehmen, desto mehr gleiche ich meine Sichtweise ihrer an, desto weniger Distanz habe ich. Im Idealfall stellt sich mir die Situation genauso dar wie der Kollegin – und damit bin ich dann in der gleichen Position wie sie (nicht zufällig spielen hier Metaphern wie Stehen, Standpunkt, Blickwinkel, Perspektive eine entscheidende Rolle). Und umgekehrt: Je mehr Abstand ich habe, je mehr meine Sicht abweicht von der der Kundin, umso mehr Spielraum bleibt für neue, unerwartete und überraschende Ideen.

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Und schließlich wird diese Distanz und die Erinnerung daran, dass man ja das Problem »in seiner vollen Komplexität« gar nicht nachvollzogen hat, unterstützend dabei sein, dass man sich nicht allzu sehr einmischt und das Problem anstelle der Kollegin zu lösen versucht. Ich kann mir immer sagen, das Problem ja gar nicht vollständig verstanden zu haben und ich kann es insofern durchaus ihr überlassen, eine Entscheidung über mögliche Lösungsideen zu treffen: Nicht alles genau zu wissen, macht es mir leichter, die Verantwortung beim anderen zu belassen. So ist es durchaus nützlich und beabsichtigt, wenn in einer Teamberatung nicht zu viel Zeit auf die Problembeschreibung und auf Nachfragen verwandt wird.

Drei Nachfragen der Kolleginnen und Kollegen Nach der Erzählung haben die Zuhörenden in aller Regel viele Fragen, bevor sie mit der Beratung beginnen wollen. Auch sie wollen die Kollegin möglichst gut verstehen, wollen ihren Standpunkt nachvollziehen können. An dieser Stelle des Ablaufs (und möglichst nur an dieser) ist der Zeitpunkt, sie zu stellen. Die Gesprächsleiterin kann darauf achten, dass die Zahl der zulässigen Fragen auf drei beschränkt wird, und dass öffnende Fragen gestellt werden. Es empfiehlt sich, von vornherein die Anzahl der Fragen, die an die Kundin gestellt werden, festzulegen – drei Fragen sind durchaus ausreichend. Diese Beschränkung lädt die Kolleg(inn)en ein abzuwägen, ob ihre spontanen Nachfragen (»Wie alt ist das Kind?«) tatsächlich wichtig für die Beratung der Kollegin sind, und verhindert damit auch ausufernde Interviews. Schließlich kann die Gesprächsführung hier darauf achten, dass die Fragen »öffnend« gestellt und nicht bereits mit Ideen, Ratschlägen und Meinungen vermischt werden: »Hast du schon mal dran gedacht, mit dem Partner der Klientin zu sprechen?«, »Also ich hätte an deiner Stelle …« oder »Ich finde, …«. Hier ist die Gesprächführung gefordert, freundlich, aber bestimmt zu intervenieren, damit lediglich Verständnis- und Ergänzungsfragen gestellt werden. Möglicherweise ist jemand unzufrieden damit, seine Frage nicht mehr anbringen zu dürfen, was man allerdings als Gesprächsleiterin um der Klarheit der Struktur und der Effektivität der Beratung willen in Kauf nehmen sollte. Der Verzicht darauf, möglichst viel wissen und erfragen zu wollen (oder

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auch, aus der Perspektive der Kundin, möglichst ausführlich und genau erzählen zu wollen) ist gar nicht so einfach und häufig auch eine Frage der Übung – und der Erfahrung, dass es tatsächlich nicht ausführlicher Informationen bedarf, um zu kreativen und neuen Ideen zu kommen. Manche Teams sehen bereits an dieser Stelle keine Notwendigkeit, überhaupt nach »harten Fakten« zu fragen, sondern beginnen sofort mit dem ressourcen- und lösungsorientierten Blick etwa mit folgenden Fragemöglichkeiten: – Was magst du an diesem Klienten? – Was hast du bereits unternommen? – Was kann dieser Klient besonders gut? – Was sind die Hobbys oder Leidenschaften dieses Klienten? – Was ist dir bisher mit diesem Klienten gelungen? – Wie würdest du, wenn du keinerlei Rücksichten zu nehmen bräuchtest, am liebsten machen? – Welche anderen Situationen, mit denen du gut zurechtgekommen bist, fallen dir in diesem Zusammenhang ein? – Was sind im Moment deine Hobbys oder besonderen Leidenschaften? Manche Fragen (wie die nach den Hobbys des Klienten oder gar den besonderen Leidenschaften der Kundin) wirken auf den ersten Blick eher merkwürdig und fehl am Platz. Wie viel Potenzial sie enthalten, kann man vielleicht erst dann ermessen, wenn man sich versuchsweise auf sie eingelassen hat und darauf vertraut, dass sie tatsächlich hilfreich sein können.

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Was sind »öffnende Fragen«? Der Unterschied zwischen den beiden Fragen »Was hast du dann gemacht?« und »Hast du ihm dann gesagt, was du davon hältst?« ist offensichtlich: Während ich bei der ersten Frage neugierig darauf bin, wie wohl mein Gegenüber reagiert hat, transportiere ich bei der zweiten eigentlich nur meine eigene Idee, er hätte ihm sagen sollen, was er davon hält. Die erste Frage ist öffnend, die zweite schließend, sie kann zunächst mit »ja« oder »nein« beantwortet werden – ähnlich wie die Fragen, die bereits die möglichen Alternativen vorgeben: »Bist du weggegangen oder dageblieben?« (eine dritte Möglichkeit wird erst einmal nicht in Betracht gezogen). Indem ich bewusst öffnende Fragen verwende, kann ich auch offener bleiben für das, was der andere mir zu erzählen hat. Ich bremse mich dabei, allzu viele eigene Ideen bereits hineinzupacken. Dies heißt nicht, dass ich nicht durch mein Nachfragen bereits neue Aspekte in die Erzählung des Befragten bringen kann: Je ungewöhnlicher meine Fragen sind, desto eher werden auch für den Befragten die (von ihm selbst gefundenen!) Antworten für ihn sein – neu und im besten Fall anregend (vgl. Herwig-Lempp 2001). Übung Sehen Sie sich Interviews im Fernsehen an und achten Sie nur darauf, welche Art von Fragen die Interviewer stellen – öffnende oder schließende – und wie die Befragte darauf mit ihrer Antwort reagiert. Anschließend können Sie Ihre Beobachtungsgabe in Gesprächen, an denen Sie teilnehmen, schärfen: Beobachten Sie (oder zählen Sie mit), welche Art von Fragen Ihre Gesprächspartner stellen. Schließlich können Sie sich vornehmen, in eigenen Gesprächen jeweils bewusst zwei schließende und zwei öffnende Fragen zu stellen: Es kommt nicht darauf an, immer öffnende Fragen zu stellen, sondern ein Gespür dafür zu bekommen, wie ich durch Fragen meine eigenen Ideen in den Vordergrund stellen oder aber zurücknehmen kann, je nachdem, ob ich schnell Informationen abfragen will oder den Vorstellungen meines Gesprächspartners Raum er öffnen will.

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»Über mich«: Von mir selbst in der dritten Person sprechen … In dem beständigen Wunsch, Leiden zu vermeiden, verstärkte man es nur. Deswegen wandte er jetzt den Bergsteigertrick an, der auch der Trick des Infanteristen auf einem langen Marsch war, und versuchte, seine Gedanken aus seinem Körper zu lösen, sich so gut es ging von außen zu betrachten und seinen mühevollen, quälerischen Marsch zu beobachten statt ihn zu erleiden. David Guterson, Östlich der Berge

Eine Variante für die Erzählung der Kundin kann darin bestehen, ihr vorzuschlagen, sich hinter ihren Stuhl zu stellen (oder möglicherweise sogar an eine andere Stelle weiter weg im Raum) und die Erzählung so zu gestalten, dass sie von sich in der dritten Person, also über sich spricht. Hilfreich ist, wenn sie sich dabei vorstellt, sie säße auf dem Stuhl und könne auf sich zeigen. Um diese Vorstellung für sich und andere zu erleichtern, kann sie zu Beginn die Umrisse ihrer Person mit den Händen andeuten und sagen: »Da sitzt Julia.« Und dann beginnen zu erzählen: »Julia hatte letzte Woche eine Situation erlebt, an die sie noch lange gedacht hat und zu der sie eure Kommentare haben wollte: Sie war gerade …« Falls sie doch wieder in die Ich-Form zurückfällt, wird die Gesprächsführung sie bitten, während ihrer Erzählung in der dritten Person zu bleiben. Eine ganze Reihe von Kolleg(inn)en schätzen diese Form der Erzählung, weil sie zu einer Distanzierung verhilft: Es ist eine Einladung, sich die (eigene) Geschichte aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Man merkt sehr schnell, wie man eine Situation, die man schon mehrmals auf die gleiche Weise erzählt hat, plötzlich ganz anders darstellt. Und auch dadurch, nicht einfach nur zu berichten, sondern gleichzeitig darauf zu achten, eine bestimmte Form einzuhalten, bekommt man Distanz und einen anderen Blickwinkel auf die eigene Geschichte. Manche fühlen sich herausgefordert, genauer hinzusehen. Manchen fällt dieser Bericht leichter oder er wird interessanter, weil sie gleichzeitig zur inhaltlichen Ebene immer auch mit der Struktur des Berichts beschäftigt sind. Einige sind überrascht, dass es ihnen in dieser Meta-Perspektive leichter fällt, über ihre Erfolge und Misserfolge zu berichten. In diesem Fall werden die Verständnisfragen an die Kollegin ebenfalls in der dritten Person gestellt: »Was hat Julia gemacht, als der Junge ihr davongelaufen ist?« »Was hat Julia gedacht, als das Gespräch beendet war?« Distanz oder Nähe sind nicht bereits für sich selbst Qualitäten – erst im »Spiel« mit ihnen erkennt man den Gewinn: wenn wir wechseln können, wenn wir Abstand nehmen, ihn aber auch wieder verringern können. In

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der Nähe gelingt es uns besser, Empathie und Verstehen herzustellen, aus der Entfernung können wir besser den Kontext und das Umfeld, die Verbindungen und Beziehungen zur Umwelt sowie die bestehenden Vernetzungen und die Person oder »den Fall« erkennen. Erst die Fähigkeit zum Variieren des Abstands kennzeichnet aus meiner Sicht den professionellen Umgang. Als Profi sollte ich mit Nähe und Distanz zu meinem Fall und zu den Menschen, mit denen ich arbeite, spielen können. Nicht jedem gefällt diese Form, manchen stört die Ablenkung durch das strukturierende Element oder auch die dadurch bewirkte »Künstlichkeit«. Auch für die Fragenden ist es nicht immer einfach, »die Form zu wahren«. Auf jeden Fall ist diese Vorgehensweise gewöhnungsbedürftig. Zuweilen muss man diese Methode einige Male ausprobieren, bevor man daran Gefallen findet – aber wie alle Methoden braucht auch diese niemandem aufgezwungen zu werden: Methoden sind Werkzeuge, die gewählt werden können, und keine Wahrheiten, die verbindlich sind. Diejenigen, denen diese Methode des Berichtens gefällt, können noch mit einer Variante experimentieren: Sie können, während Sie erzählen und befragt werden, sich von dem Stuhl, auf dem Sie sich selbst vorstellen, immer weiter weggehen und aus der Ferne darauf zeigen, wenn Sie berichten: »Als Julia dann abends ihrem Mann von dieser Situation erzählt hat, meinte dieser …«. Sie werden zu Ihrer Überraschung noch einmal einen gewaltigen Unterschied in der Distanzierung erleben.

Fragen-Hagel Zur Abwechslung kann man auch auf die Erzählung verzichten und stattdessen einen »Fragen-Hagel« auf die Kundin niedergehen lassen: Ihr werden nacheinander kurze Fragen gestellt, die sie mit maximal ein bis zwei Sätzen beantwortet, was voraussetzt, dass die Kundin damit einverstanden ist, auf ihre Erzählung zu verzichten. Die Gesprächsführung kann festlegen, dass 20 oder 30 Fragen gestellt werden, um die Geschichte und das Anliegen zu rekonstruieren. Und sie kann (um es ein bisschen komplizierter zu machen) vorschlagen, dass die Fragen einer bestimmten Form genügen sollen, indem sie etwa offen gestellt oder zirkulär formuliert werden. Mit dieser Methode wird möglicherweise eine andere Erzählung konstruiert, als sie die Kundin ursprünglich präsentieren wollte: Die Ausgestaltung wird mehr davon bestimmt, was die Kolleg(inn)en interessiert, was ihnen auffällt und nachfragenswert erscheint. Aber eben dies kann und

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soll ja auch das Ziel sein: neue Perspektiven, neue Sichtweisen zu erhalten. Zuweilen tritt diese Wirkung allein schon durch diese Fragen ein. Eine Variante stellt die von Epstein et al. (1998) für die Supervision entwickelte Methode vor, bei der die Supervisandin gebeten wird, »das, was sie beschäftigt, dem Team mit ein oder zwei Fragen in Ich-Form mitzuteilen. Sie kann, falls sie es für wichtig erachtet, eine kurze Beschreibung der Situation einbringen, die mit ihrer Frage zu tun hat. Anschließend wird das Team gebeten, zu der vorgestellten Frage eigene Fragen zu entwickeln. Dies kann entweder in kleinen Gruppen oder individuell geschehen. Die Fragen sollen sich auf die Frage der SupervisandIn beziehen und weniger auf die Details der beschriebenen Situation. Die SupervisandIn hört sich die gestellten Fragen ohne Kommentar an. Anschließend wird sie gefragt, ob sich eine neue Frage aufgetan hat oder die Frage gleich geblieben ist. Dann wird der Prozess wiederholt. Im anschließenden Gespräch kann die SupervisandIn über die Fragen oder ihren gedanklichen Prozess sprechen« (S. 47). Epstein et al. stellen fest, dass es mit Hilfe dieser Methode gelingen kann, den Fokus von den Beschreibungen und Problemen des »Falls« und damit von der Produktion neuer »Wahrheiten« wegzulenken: »Es dient sicherlich einer Methode des Verstehens, die Beschreibungen einer schwierigen Situation nicht diskursiv einzufrieren« (Epstein et al. 1998, S. 47). Übung Um ein Gefühl für den Unterschied verschiedener Frageformen zu bekommen, kann die Gesprächsführung festlegen, dass jeweils zehn Fragen mit folgender formaler Qualität gestellt werden: – schließende Fragen, die nur mit ja oder nein beantwortet werden können (nicht müssen); – schließende Fragen, die alternative Antworten vorgeben, zwischen denen die Befragte wählen kann(»Hast du dich eingemischt oder zurückgezogen?«); – Fragen, die mit »warum« beginnen; – öffnende Fragen, die in der Regel mit »wie …?« oder »was …?« oder »wozu …?« beginnen; – zirkuläre Fragen (»Was denkst du, was X antworten würde, wenn ich ihn fragen würde, wie er sich fühlt?«).

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Teamberatung

Sich ins Kreuzverhör nehmen lassen Wenn die Erzählerin von etwas berichten will, zu dem sie sich möglichst kritischen Fragen stellen will, so kann sie zum »Kreuzverhör« einladen: Sie erzählt in aller Kürze ihr Anliegen, anschließend sind die Kolleg(inn)en eingeladen, sie auf mögliche Fallstricke, Fehler, Widersprüche hin zu befragen. Hier dürfen und sollen die Beiträge einen kritischen Unterton haben. Anlass, sich einem solchen Kreuzverhör zu unterziehen, kann sein, dass man eine bestimmte Idee hat, die man umsetzen möchte – sich aber nicht ganz sicher ist, ob man alles bedacht hat oder ob man sie gut genug begründen kann. Hier können die Kolleginnen als wohlmeinende Kritikerinnen genutzt werden. Da die Kundin selbst sie auffordert, die Unklarheiten zu hinterfragen und zu entdecken, und durch die spielerische Gestaltung eines »Kreuzverhörs«, hat sie den Vorgang des Kritisierens gewissermaßen unter Kontrolle: Sie kann unter Übungsbedingungen testen, inwieweit sie standhalten und ihre Position vertreten kann. Beispiel: Kasimir möchte das bislang sehr zeitaufwändige Verfahren, Interessenten für eine Seniorenwohnung über die bestehenden Angebote zu informieren, stark abkürzen – ist sich aber nicht sicher, ob dies ausreicht oder ob dies nicht zu einem wesentlich schlechteren Service für die Klienten führt. Er stellt seine Idee kurz vor und bittet dann das Team, ihn ins Kreuzverhör zu nehmen. Die Teammitglieder nehmen seine Bedenken umgehend auf und stellen ihm »scharfe Fragen«, gegen die sich Kasimir zu behaupten und zu rechtfertigen versucht: »Warum willst du dein Angebot für die alten Menschen verschlechtern?« »Meinst du, es dir einfacher zu machen, ist ein ausreichender Grund?« »Wie willst du innerhalb von durchschnittlich sieben Minuten eine ausreichende Beratung geben?« »Angenommen der Kostenträger würde dich zur Rede stellen: Wie würdest du argumentieren?« »Wie willst du diese offensichtliche Verschlechterung deines Angebots der Öffentlichkeit plausibel machen?« »Nimmst du deine Klienten überhaupt noch ernst?«

Spekulieren In Teams, die sich schon besser kennen und die viel Erfahrung miteinander haben, kann folgendes Vorgehen für die Kundin hilfreich sein, weil es ihr etwas davon vermittelt, wie ihre Kolleginnen sie in den Teamberatungen wahrnehmen: Bevor sie ihr Anliegen erzählt, spekulieren die anderen in einer ersten Runde (jede/r eine Idee) darüber, was sie wohl berichten wird, in einer zweiten Runde, worin ihre Fragestellung bestehen könnte,

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und in einer dritten Runde, nach welcher Methode sie wohl beraten werden will. Beispiel: »Kathrin will sicher wieder ihr schwieriges Verhältnis zu ihrem betreuten Bewohner Herrn Stahl thematisieren.« »Vielleicht will sie auch Anregungen haben, wie sie ihn ›besser in den Griff bekommen‹ kann.« »Oder sie will wissen, ob sie ihn endlich an jemand anderen abgeben darf – und sich dann doch entschließen, ihn weiter zu betreuen.« »Vielleicht möchte sie diesmal etwas ganz anderes wissen: zum Beispiel, wie sie zu den Teamsitzungen etwas besser vorbereitet sein kann.«

Beobachtungsaufgaben während der Erzählung Die Gesprächsführung kann den zuhörenden Kollegen vor Beginn der Erzählung auch Beobachtungsaufgaben geben: Sie sollen sich merken, was sie komplimentieren würden, welche eigenen Situationen ihnen einfallen, welche Fragestellung sie hätten, wenn sie an Stelle des Kunden wären, oder auch was sie aus der Erzählung für sich Neues erfahren und lernen können. Eine interessante Variante kann auch sein, jedem Zuhörer eine andere Beobachtungsaufgabe zu geben. Man kann als Zuhörer leichter und aufmerksamer zuhören, wenn man eine Aufgabe hat, auf die man zu achten hat. Die Rückmeldung der Beobachtungen an die Erzählerin geben ihr Anregungen, in ihrer eigenen Erzählung neue Aspekte zu entdecken, sie unter einem anderen Blickwinkel zu sehen. Diese eher unscheinbar wirkenden Rückmeldungen der Beobachtungen können manchmal bereits eine vollständige und erfolgreiche Teamberatung darstellen, indem sie neue Perspektiven, Blickwinkel und dadurch auch Handlungsoptionen darstellen. a) Aufmerksamkeit für mögliche Komplimente Alle achten beim Zuhören darauf, mindestens einen Punkt in der Erzählung der Kollegin zu finden, für den sie ihr ein Kompliment machen können. Nach Beendigung der Erzählung beginnen ihre Kommentare mit den Worten »Ich mache dir ein Kompliment dafür, dass …« »… du die Situation eigentlich letztendlich sehr gut bewältigt hast.« »… du den Ablauf, einschließlich der Reaktionen des Klienten, so genau und detailliert schildern kannst.«

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»… du bei allem Ärger doch auch die positiven Eigenschaften der Klientin wahrnehmen kannst.«

Diese Methode eignet sich in besonderer Weise für Situationen, in denen die Kundin mit sich selbst unzufrieden war: Gerade dann kann es hilfreich sein, wenn die anderen positive Aspekte herausfiltern. Es ist zulässig, wenn die Erzählerin selbst vorschlägt, dass die anderen sich auf die Suche nach Punkten begeben, für die sie Komplimente verteilen möchten. Als Variante kann man sich auch darauf verständigen, »Komplimente für alle Beteiligten« zu finden, das sind dann alle Klientinnen und Kolleginnen, die in der Erzählung auftauchen. Diese Aufgabe erfordert mehr Einsatz, Konzentration und Engagement und dauert etwas länger. b) Beobachtungsaufgabe für Neues Die Zuhörerinnen bekommen die Aufgabe, aufmerksam zuzuhören und sich einen Aspekt zu merken, der für sie neu ist. Sie beginnen im Anschluss an die Erzählung ihre Rückmeldungen mit der Formel »Ich habe aus deinem Bericht gelernt, dass …« »… man auch mal heftig reagieren kann, ohne dass es ein Unglück ist.« »… Frau X ja auch eine nette Seite hat.« »… es bei der Stelle Y ja möglicherweise auch Unterstützung für unsere Klienten gibt.«

c) Fokussieren Zu Beginn kann die Gesprächsführung (nach Absprache mit der Kundin) jede/n Teilnehmer/in einladen, den Fokus auf einen ganz bestimmten Aspekt zu legen, so dass jede/r sich auf etwas anderes konzentriert und anschließend rückmelden kann. Die Möglichkeiten der Fokussierung sind vielfältig: – Körperhaltung, Mimik, Gestik, – zentrale Begriffe/Schlüsselwörter in der Erzählung, – verwendete Metaphern, – erfolgreich gemeisterte Situationen, – Lösungsansätze, – Problembeschreibungen, – Ziele der Kundin, – Wertungen der Kundin, – Sprachstil, – positive oder negative Beschreibungen von Klient(inn)en.

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d) Aufmerksamkeitsmix Hier kann man mehrere Beobachtungsaufgaben kombinieren: Während der Erzählung achten die Kolleginnen darauf, jeweils – eine beobachtete Fähigkeit der Kundin zu entdecken, – etwas zu entdecken, was in ihren Augen ein Erfolg der Erzählerin ist, – einen Punkt zu finden, zu der sie ihr einen Tipp oder Ratschlag geben können. Im Anschluss an die Erzählung benennt jede Kollegin ihre Beobachtungen. Die Erzählerin kann zum Schluss noch die eine oder andere Beobachtung kommentieren. e) Perspektivenstühle Es werden Stühle im Raum aufgestellt, denen bestimmte Perspektiven oder Rollen zugeordnet werden: »der Exot«, »die Taube«, »der Sanfte,« »die Rigorose«, »der Mann«, »die Frau«, »das Kind«, kurz: Rollen nach Wahl. Sie haben den Auftrag, aus Ihrer Rolle heraus der Erzählung der Kundin zu folgen. Möglich sind dabei auch Märchenfiguren, Filmtitel oder Romanhelden, abstrakte Begriffe, Gefühle und anderes (Zorn, Freude, Spaß, Geschlechterdifferenz, Ökonomie, Kirche). Im Anschluss geben diejenigen Kommentare aus ihrer Rolle und Perspektive heraus ab, diskutieren offen miteinander, ohne jedoch zu einem abschließenden Ergebnis zu kommen. Die Kundin hört zu. Beispiel: »Als der ›Sanfte‹ habe ich mich gewundert, wie heftig es da wohl zugegangen sein muss. Ich wäre erschrocken bei all der Wildheit.« »Als ›Mann‹ frage ich mich, ob die Perspektive des Vaters für die Erzählerin überhaupt eine Rolle spielt: Es war immer nur von der Mutter und der Großmutter die Rede.« »Als ›Zorro‹ hatte ich den Impuls, einfach mal dazwischen zu gehen und endlich für die Vernachlässigten in dieser Geschichte, nämlich das Kind und die Erzählerin, Partei zu ergreifen, sie zu rächen für die Demütigungen, die sie erlitten haben, und sie dann in Sicherheit zu bringen.« »In meiner Rolle als ›Ärger und Wut‹ habe ich mich gefragt, wo ich bleibe – ich habe mich nirgendwo erkennen können.« (Der ›Sanfte‹:) »Na hör mal, ich finde, da war jede Menge Wut und Ärger, als die Mutter sich über die Erzieherin ausgelassen hat …«

Alternativ kann der Erzählende einige Perspektiven nennen, aus denen heraus er die Situation gern betrachtet haben möchte, und die Gruppe schlägt ebenfalls einige vor. Dabei achten alle auf die Vielfalt und Originalität, damit auch einige ungewöhnliche Vorschläge dabei sind. Jeder Vor-

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schlag wird zur leichteren Erinnerung mit dickem Filzstift auf ein Kärtchen geschrieben. Jedes Teammitglied nimmt sich zwei Kärtchen und lauscht der Erzählung genau aus der Perspektive, die dort vermerkt ist. Nach einigen Nachfragen, kommentiert jeder aus seiner Perspektive und hebt dabei das Kärtchen hoch: »Der ›Zorn‹ bemerkt …«, »Als ›Bruce Willis‹ möchte ich feststellen …« »Unter dem Gesichtspunkt der ›Rollenverteilung‹ kann ich beobachten …«

Die Entwicklung der Fragestellung Eine Kollegin stellt die Situation vor, zu der sie beraten werden will. Sie ist noch nicht fertig mit ihrer Erzählung, da glauben die anderen Kollegen das eine oder andere Mal bereits zu wissen, was ihr Anliegen ist – und fangen im ungünstigsten Fall schon mit der Beratung an. Manchmal formulieren sie ihre Nachfragen schon als mehr oder weniger deutliche Ratschläge. Vielleicht hören sie auch gar nicht mehr genau zu, wenn die Kollegin ihre Frage formuliert. Übung Lesen Sie diesen Bericht. »Vera, seit vier Tagen auf unserer kinder- und jugendpsychiatrischen Station, hat bisher keinen Kontakt zu ihren Eltern aufgenommen. Auch spricht sie kaum mit den anderen Kindern. Beim Pflegepersonal ist sie beliebt, da unkompliziert. Allerdings hat sie gestern Abend in ihrem Bett lange geweint. In der Schule ist sie unauffällig.« – Notieren Sie die Frage, die Sie spontan als Anliegen in einer Teamberatung hätten, wenn sie mit diesem Kind arbeiten würden. Nun notieren Sie fünf weitere mögliche Anliegen, die Ihnen vorstellbar erscheinen oder die Ihre Kolleginnen vielleicht hätten.

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Variante der Übung Bitten Sie im Team eine Kollegin, ihr Anliegen mit wenigen Sätzen zu erzählen, aber bevor sie anschließend ihre Frage benennt, bilden Sie zu nächst im Team Hypothesen darüber, wie diese wohl lauten wird (geben Sie vor, dass jeder zwei bis drei Ideen entwickeln soll): Sie werden über rascht sein, wie viele mögliche Fragestellungen entwickelt werden können – wo doch jeder Einzelne von Ihnen ursprünglich davon überzeugt war, die entscheidende Frage oder den »Knackpunkt« genau zu erkennen: Tatsächlich gibt es viel mehr Möglichkeiten, als wir uns jeder für sich spontan vorstellen können, worum es hier gehen kann. »Keine Beratung ohne Auftrag« ist eine nützliche Grundregel, die man immer beachten kann, sei es im Umgang mit Klientinnen, mit Kolleginnen im Team oder auch im Gespräch mit dem Ehepartner. Und wenn man den Auftrag hat, kann man daran denken, dass es immer eine Person (ein Subjekt) ist, die diesen Auftrag gibt. An sie werde ich mich wenden, um möglichst präzise zu erfahren, worin der Auftrag genau besteht, welche Erwartungen sie hat, was sie erreichen möchte mit der Beratung. Vordringliche Aufgabe der Gesprächsführung ist es, den Auftrag in Form einer Fragestellung zu erarbeiten. Dies erfolgt in der Regel durch Nachfragen: »Welche Frage hast du an uns?« »Was erwartest du von unserem Team?« »Worin möchtest du beraten werden?« »Was erhoffst du dir von der Beratung?«

Wie lautet deine Frage für diese Teamberatung? Die Gesprächsführung kann den Kollegen bitten, seine Erzählung zunächst mit der Formulierung der Fragestellung zu beginnen, bevor er die Zusammenhänge und Hintergründe erläutert. Manchmal benennt der Kunde von sich aus die Fragestellung gleich zu Beginn seiner Erzählung (»Ich möchte von euch Hypothesen zu dem Verhalten der Ehefrau eines Klienten …«), ohne die Aufforderung der Gesprächsführung wird er jedoch meistens seine Frage erst am Ende der Erzählung formulieren. Zuweilen hat er dann auch gleich zwei oder drei Fragestellungen, die ihm unter den Nägeln brennen. Manchmal ist es hilfreich, schon vor dem Beginn der Erzählung die Fragestellung zu kennen, da man dann gezielt hinhören kann.

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Eine weitere mögliche Ablaufstruktur für eine Teamberatung 1. Fragestellung der Kundin 2. Vortrag des Anliegens 3. Nachfragen durch die Kolleginnen 4. Nochmalige Formulierung der Fragestellung durch die Kundin 5. Methodenfindung 6. Durchführung 7. Abschlusskommentar

Andererseits mag es auch von Vorteil sein, noch ohne Beeinflussung vorab der Erzählung zuhören zu können und auf die Formulierung der Fragestellung zu Beginn zu verzichten. Beide Varianten haben ihren Vorteil. Am günstigsten wird es sein, sich nicht auf eine Form zu einigen, sondern abzuwechseln. In jedem Fall sollte die Gesprächsführung nach den Nachfragen durch die Kolleginnen noch mal die Kundin einladen, ihr Anliegen und ihren Auftrag an die Teamberatung zu formulieren, statt sie selbst aus der Erinnerung zu wiederholen: »Darf ich dich nochmals bitten, deine Frage zu formulieren?« Der Grund ist einfach: Solche Anliegen und Erwartungen an eine Teamberatung sind nicht starr, sie verändern sich. Die »gleiche« Frage wird am Anfang einer Erzählung meist anders gestellt als am Ende – und ist dadurch nicht mehr die »gleiche« Frage. Übung Probieren Sie es aus – bitten Sie die Kollegin, ihre Frage vor der Erzählung in einem einfachen Satz zu formulieren, dann bitten Sie sie am Ende der Erzählung und ein drittes Mal nach den Nachfragen durch die Kolleginnen: »Wie lautet deine Frage im Moment?« – Und achten Sie darauf, wie sich möglicherweise die Fragestellung bereits verändert. Wir geraten leicht in die Versuchung, abstrakte Zusammenstellungen so zu behandeln als wären sie reale Dinge: Ein »Problem« so wie einen »Tisch« zu nehmen, also als etwas, auf das man zeigen kann, das von allen Beteiligten gleichermaßen gesehen und identifiziert werden kann. Dem ist nicht so, auch wenn wir glauben, vom Gleichen zu sprechen: das »Pünklichkeitsproblem von Kollege Klaus« besteht vermutlich für jeden der Beteiligten (ihn selbst, die Vorgesetzte, die Kollegin Eva, die Kollegin Florentine, die Klientin Frau Berghof) in etwas anderem (und für manchen mag es gar kein solches Problem geben), so dass genau genommen jeder ein anderes

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Problem hat und es irreführend ist, von einem Problem zu sprechen. So ist es auch verständlich, dass sich das Problem oder Anliegen zu verändern beginnt, sobald man anfängt darüber nachzudenken, davon zu erzählen, dazu befragt wird: Es ist im besten Fall nicht mehr das gleiche Problem wie vor der Erzählung und den Nachfragen. Wichtig aber ist in jedem Fall, dass die Fragestellung immer von der Kollegin selbst formuliert wird (– und nicht von der Gesprächsleitung mit eigenen Worten aus der Erinnerung). Andernfalls ist die Wahrscheinlichkeit zu groß, dass es gar nicht ihr Anliegen ist, das anschließend beraten wird, sondern das, was die Gesprächsführung oder irgend ein anderes Teammitglied in bester Absicht hineinhört. Sollte eine Kundin zwei oder drei Fragestellungen nennen, dann wird die Gesprächsleiterin sie bitten, sich für die aktuelle Beratung für eine davon zu entscheiden. Dies muss übrigens nicht immer die schwerste oder dringendste Frage sein: Man kann auch mit der einfachsten, interessantesten oder der kürzesten Frage beginnen.

Fragestellungen erfinden Es kommt vor, dass Kolleg(inn)en zwar eine Situation schildern wollen, aber keine Frage dazu haben. Vielleicht konnten sie sich nicht vorbereiten, vielleicht sind sie auch einfach nur verwirrt von dem, was ihnen passiert ist oder was sie auf sich zukommen sehen. Oder sie haben am Ende ihrer Erzählung oder auch durch die Nachfragen den Faden verloren. Das kommt gelegentlich vor und ist nicht problematisch. Bei der Gelegenheit kann man das Team einladen und bitten, Vorschläge für mögliche Fragestellungen zu unterbreiten. Man beginnt mit der Formel »An deiner Stelle würde ich mich fragen, …« Die Kundin hört zu, ohne Stellung zu nehmen. Erst dann, wenn von jedem Teammitglied ein bis drei Vorschläge unterbreitet wurden, kann sie einen davon auswählen, oder sie hat inzwischen für sich selbst eine möglicherweise bisher noch gar nicht genannte Fragestellung gefunden. Fast immer gelingt es ihr, über den Umweg der Vorschläge der Kolleginnen herauszufinden, worauf es ihr selbst im Moment ankommt.

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Vorbereitung der geeigneten Fragestellung Jedes Teammitglied darf mit jeder Fragestellung ins Team kommen. Man muss nicht bereits die richtige Fragestellung mitbringen, wenn man eine Beratung wünscht. Allerdings wird man auch feststellen, dass sich für diese Form der kollegialen Beratung, die auf Vervielfältigung der Handlungsfähigkeit der Kollegin und auf ihre Eigenverantwortlichkeit, auf die (unterschiedlichen) Perspektiven und Ideen der anderen Kolleg(inn)en setzt, manche Fragestellungen besser eignen. Vergleichen Sie die folgenden Fragen (denn je nach Formulierung fällt auch die sich dahinter verbergende Frage anders aus): – Ich möchte wissen, was ich im Fall X tun soll. – Ich weiß eigentlich schon, was ich tun will, aber ich möchte wissen, was richtig ist. – Ich weiß nicht weiter. Was soll ich machen? – Ich hätte gern neue Ideen, weil ich selbst keine habe. – Ich habe Ideen, aber ich weiß nicht, wie ich sie umsetzen soll. Ich hätte gern Anregungen dafür, wie ich meine Idee A, die ich zwar für gut halte, aber nicht weiß, was ich daraus praktisch machen kann, umsetzen könnte. – Ich habe den Überblick verloren über das, was passiert. Ich möchte mit eurer Hilfe ein wenig sortieren. Noch einmal: Es gibt keine »falschen« Fragen. Jede Frage darf vorgebracht werden. Es ist Aufgabe der Gesprächsführung und des Teams, mit der Kundin über den Auftrag zu verhandeln und ihr Vorschläge für Fragestellungen zu unterbreiten, die machbar sind und zu dem passen, was an Beratungswerkzeugen vorhanden ist. So kann mit kollegialer Beratung zwar nicht festgestellt werden, was »richtig ist« oder »was man tun soll«, aber die Kundin kann die Meinung der Kolleginnen darüber einholen, was diese jeweils für richtig halten. »Ich weiß nicht, was ich tun soll: Dieser Klient vereinbart mit mir immer wieder Hausbesuche, öffnet dann aber nicht die Tür. Wie kann ich mich da verhalten?« – Nicht selten hat die Kollegin sehr wohl eine Idee, was sie tun könnte (keine Hausbesuche mehr vereinbaren oder die Beratung insgesamt beenden oder den Klienten an einen Kollegen abgeben oder einfach mehr Geduld haben), ist sich aber vielleicht nicht sicher, ob diese richtig ist. Vielleicht möchte sie wissen, was die Kolleginnen dazu meinen – oder sie möchte einfach weitere Möglichkeiten genannt bekommen.

Die Kollegin kann sich vorab vorbereiten und sich eine geeignete Fragestellung überlegen – oder sie kann es Gesprächsführung und Team überlassen,

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mit ihr die geeignete Fragestellung zu erarbeiten und dann auch gemeinsam die passenden Methoden zu finden (vielleicht hilft es sich vorzustellen, dass die Erarbeitung der Fragestellung, die Klärung des Auftrags und des Vorgehens bereits Bestandteil der Beratung sind und nicht Vorarbeiten).

Methodenfindung Für dieses Modell der Teamberatung haben wir zahlreiche Methoden erfunden oder auch von anderen Konzepten entliehen. Sie wurden nach und nach ausprobiert und teilweise weiterentwickelt. Der Grund war vermutlich Experimentierfreude und der Wunsch nach Abwechslung, nicht selten aber auch das Bedürfnis, bestimmte Beratungsmethoden (angelegt auf die Arbeit mit Klienten), von denen wir gelesen oder auf Fortbildungen gelernt hatten, zunächst im geschützten Rahmen auszuprobieren und zu üben. Dazu bot sich das Team als ein Lernort geradezu an, zumal die Kolleginnen und Kollegen auch noch gleich mitlernen konnten. Sobald mehrere Vorgehensweisen im Repertoire sind, besteht die Notwendigkeit zu wählen, wofür es verschiedene Möglichkeiten gibt, die wiederum davon abhängen, welche Methoden dem Team bekannt und vertraut sind, wie groß die Experimentierlust ist oder wie sicher sich die Gesprächsleitung fühlt. Einfach ist es, die Kundin selbst zu fragen, sobald sie ihre Fragestellung formuliert hat: »Wie sollen wir vorgehen? Mit welcher Methode würdest du gern beraten werden?« Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Beratung für sie nützlich werden kann, weil die Methode aus ihrer Sicht zu ihrer Fragestellung passt und weil sie überhaupt einverstanden sein wird. Nicht immer will die Kundin selbst entscheiden, vielleicht, weil sie keine Idee hat, vielleicht, weil sie sich etwas Neues erhofft. Die Gesprächsleitung kann Vorschläge machen – muss aber nicht (manchmal gerät eine Gesprächsleiterin gehörig unter Druck, wenn sie das Gefühl hat, die Verantwortung an dieser Stelle allein zu tragen). Sie kann auch das Team um Vorschläge bitten – und diese der Kundin dann als Wahl unterbreiten. Allerdings gibt es auch noch andere Möglichkeiten, insbesondere in Teams, die bereit sind, sich auf Versuche mit sich selbst einzulassen. So kann die Gesprächsführung sich vor Beginn überlegen, ohne die Fragen und Anliegen zu kennen, welche Methoden sie heute bevorzugt anbieten will (und dann unter diesen auswählen). Oder das Team entscheidet sich vorab für eine kleine Auswahl von Methoden, mit denen es diesmal arbeiten will. Auch könnte die Kundin die Methode auslosen oder eine Kolle-

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gin bestimmen, die für sie die Auswahl trifft. Vielleicht ist dies für manche Teams zunächst zu gewagt: Es besteht die Möglichkeit, dadurch nicht zu brauchbaren Ergebnissen zu kommen – allerdings auch die Chance, plötzlich ganz neue Aspekte zu entdecken, gerade weil die Methode im ersten Moment gar nicht genau zu passen scheint. Verantwortlich für den Prozess der Methodenfindung – so wie für den gesamten Prozess der Teamberatung – ist die Gesprächsführung. An ihr liegt es, den Entscheidungsprozess zu gestalten, ihn nicht zu ausführlich und zeitaufwändig werden zu lassen – und dafür zu sorgen, dass die gewählte Methode allen Teammitgliedern hinreichend bekannt ist. Bei Bedarf kann die Methode vorab noch einmal erläutert und offene Fragen geklärt werden.

Methoden I: Gehirnjogging Wie viel Ideen schweben nicht zerstreut in meinem Kopf, wovon manches Paar, wenn sie zusammen kämen, die größte Entdeckung bewirken könnte. Aber sie liegen so getrennt, wie der Goslarische Schwefel vom Ostindischen Salpeter und dem Staube in den Kohlenmeilern auf dem Eichsfelde, welche zusammen Schießpulver machen würden. Wie lange haben nicht die Ingredienzen des Schießpulvers existiert vor dem Schießpulver! Ein natürliches aqua regis gibt es nicht. Wenn wir beim Nachdenken uns den natürlichen Fügungen der Verstandesformen und der Vernunft überlassen, so kleben die Begriffe oft zu sehr an andern, daß sie sich nicht mit denen vereinigen können, denen sie eigentlich zugehören. Wenn es doch da etwas gäbe, wie in der Chemie Auflösung, wo die einzelnen Teile leicht suspendiert schwimmen und daher jedem Zuge folgen können. Da dies aber nicht angeht, so muß man die Dinge vorsätzlich zusammenbringen. Man muß mit Ideen experimentieren. […] (K 308) Georg Christoph Lichtenberg, Sudelbücher

Bei Ideen geht es nicht nur darum, was jemand in einer bestimmten Situation tun oder lassen könnte (Tipps und Ratschläge), sondern auch um Ursachen und Erklärungen, um mögliche, denk- und undenkbare zukünftige Entwicklungen (Hypothesen), um Assoziationen (Kommentare, Erinnerungen) und andere Sichtweisen und Beschreibungen (Umdeutungen, Komplimente) zu einer bestimmten Situation oder einem Bericht. Ziel ist es, neue Perspektiven und damit Handlungsmöglichkeiten zu entwickeln. Die einfachste Methode beim Produzieren von Ideen ist: Jeder sagt dann

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Methoden I: Gehirnjogging

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etwas, wenn es ihm einfällt. Der Vorteil liegt in der absoluten Freiwilligkeit, niemand ist unter Druck, etwas sagen zu müssen. Und eben darin liegt auch der Nachteil. Die Gefahr einer Ideenrunde, bei der jeder selbst bestimmt, ob und wann er etwas sagt, besteht darin, dass zu wenig mitgeteilt wird. Das kann daran liegen, dass einem nichts einfällt, oder auch, weil man vermutet, die eigene Idee sei nicht gut genug und sich deshalb zensiert – was dann wiederum dazu führen könnte, dass einem noch weniger einfällt.

Ideen entwickeln durch Gehirnjogging Um diese Gefahr zu umgehen, ist eine der einfachsten, klarsten und auch zeitsparendsten Methoden der Teamberatung das »Gehirnjogging« (auch die »Runden«) genannt: Innerhalb des Teams kommt der Reihe nach jede dran, eine ihrer Ideen zu äußern, und das in mehreren Runden. Gehirnjogging gibt eine deutliche Struktur vor, formuliert die Erwartungen an die Teilnehmer eindeutig und weckt keine übersteigerten Erwartungen an das Ergebnis: Alles, was man herausholen kann, sind viele unterschiedliche Wortbeiträge. Das Gehirnjogging eignet sich ausgezeichnet für den Einstieg in das Modell der Teamberatung, mit ihm kann ohne großen Aufwand und ohne Gefahr experimentiert werden. Grundsätzlich funktioniert das Gehirnjogging immer gleich: Nach der Entscheidung, was man sich »erjoggt« (ob Hypothesen oder Ratschläge, Verschlimmerungsideen oder Fragestellungen), lädt die Gesprächsführung alle Teilnehmerinnen ein, sich der Reihe nach zu äußern. Als hilfreich erweist sich dabei, wenn die Gesprächsführung eine Formel vorgibt, mit der jede ihren Satz beginnt (»Ich würde mich fragen …«, »Ich habe die Hypothese …«, »Ich habe den vorzüglichen Rat …«), und noch einmal Regeln und Sinn dieser Methode kurz wiederholt. Ziel ist es, möglichst viele verschiedene Sichtweisen zu entwickeln und anzubieten. Aus diesem Grund sollte jeder etwas sagen, der an die Reihe kommt, wobei es wichtiger ist, dass überhaupt etwas gesagt wird, als dass es besonders »richtig« oder »nützlich« ist. Wenig hilfreich ist es, zu sagen »Ich schließe mich Reinhart an«, besser ist es, die Idee mit eigenen Worten noch mal zu wiederholen, ohne auf den Vorredner zu verweisen (weil sonst alle mehr damit beschäftigt sind sich zu erinnern, was eigentlich gesagt wurde). Zudem darf man sagen, was einem einfällt – auch wenn man nicht dahinter steht. Auf diese Weise erhöht sich das kreative Potential der Gruppe. Die Prüfung der Brauchbarkeit wird der Kundin überlassen, die Gruppe ist für Quantität verantwortlich, nicht für Qualität: Wichtig ist, dass auch

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»schlechte« Ideen nützlich sein können – sei es, weil die Kundin sie gar nicht so schlecht findet, sei es, weil sie andere Kolleginnen zu weiteren Ideen anregen. Die Gesprächsführung wird mit einem »festen Blick« oder auch einem Handzeichen bei jeweils demjenigen sein, der an der Reihe ist – so kann sie auch das Tempo mitgestalten. Die Runde sollte so schnell oder langsam ablaufen, dass die Kundin die Ideen aufnehmen kann (sie wird kleine Pausen von fünf bis zehn Sekunden zwischen den Beiträgen hilfreich finden). Ist eine Eingangsformel (s. o.) vereinbart worden, wird die Gesprächsführung auch auf deren Einhaltung achten und gegebenenfalls um eine überarbeitete Formulierung der Wortmeldung unter Einbezug der Formel bitten (etwa auch dann, wenn jemand, statt eine Hypothese zu äußern oder einen Kommentar zu geben, eine Frage stellt). Die einzelnen Beiträge werden nicht kommentiert, diskutiert oder sonst in irgendeiner Form bewertet. Auch Nachfragen oder weitere Erläuterungen werden nicht zugelassen. Die Anregungen und Ideen sprudeln am besten und leichtesten, wenn niemand befürchten muss, dass sie anschließend zerpflückt werden. Zudem kann so die Zeit genutzt und können die Hemmungen, etwas zu sagen, am ehesten vermieden werden. Ist eine Runde abgeschlossen, wird die Gesprächsführung zu einer oder zwei weiteren Runden einladen. Je länger die Runde läuft, desto leichter fällt es, Ideen zu entwickeln – auch wenn man zu Beginn manchmal meint, schon die erste Runde würde mangels Einfällen auf halbem Wege »verhungern« – probieren Sie’s aus! Wir bezeichnen solche Runden als »Gehirnjogging«: Ebenso wie richtiges Jogging ist Gehirnjogging anstrengend, und wenn man vielleicht manchmal denkt, es geht kaum mehr, und man trotzdem weitermacht und durchhält, erlebt man, wie doch noch viele Reserven vorhanden sind und man ist vielleicht sogar überrascht, dass Gehirnjogging richtig schön ist und Spaß machen kann. Der Vorteil der »Runden« liegt in der klaren Struktur, der Aufforderung, sich zu äußern, und der gleichzeitig vorgegebenen Maxime »Quantität statt Qualität« – es geht nicht darum, etwas Richtiges zu sagen oder einen unbedingt sinnvollen Beitrag zu liefern. Einerseits ist der Druck hilfreich, um sich zu äußern und den eigenen Wortbeitrag nicht allzu lange auf seinen Gehalt hin zu überprüfen (und dann möglicherweise zu verwerfen), andererseits hat jede Teilnehmerin die Möglichkeit, »weiter« zu sagen und sich der Stimme zu enthalten. Eventuell wird sie dann bei der nächsten Runde doch noch zu Wort kommen. (Genau diese Mischung aus »sanftem Druck« und der Möglichkeit, sich ihm zu entziehen, ist hilfreich für eine entspannte Kreativität.)

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Varianten: Möchte man diese Methode variieren, kann man gut zwei andere Vorgehensweisen ausprobieren (oder weitere eigene erfinden!): Die Gesprächsführung zeigt auf verschiedene Teammitglieder, ohne eine bestimmte Reihenfolge einzuhalten. Die Überraschung (und damit der Druck) ist etwas größer, zugleich kann die Gesprächsführung darauf eingehen, wenn die eine oder andere Kollegin etwas mehr Ideen zu haben scheint als andere Teammitglieder. Oder die Gesprächsführung bestimmt die erste Kollegin und lädt zu ihrer Wortmeldung ein, die dann wiederum auf die nächste zeigt, die ihren Beitrag äußert und so weiter. In gut eingespielten Teams läuft es dann von selbst, ansonsten hat die Gesprächsführung darauf zu achten, dass die Wortmeldungen kommen, ein gewisses »Tempo« eingehalten wird und auch jede/r einmal oder mehrmals zu Wort kommt. Gegen Ende, wenn der Vorrat an Äußerungen erschöpft zu sein scheint und vielleicht auch schon Stille einkehrt, ist es eigentlich immer nützlich, dass die Gesprächsführung das Rundenprinzip aufhebt, aber bittet, insgesamt »noch drei« oder »noch fünf« Kommentare, Ratschläge, oder was immer erbeten war, zu liefern. Auch wenn kleine Pausen eintreten: Die geforderten Beiträge werden noch kommen, nicht selten sind es nochmals neue, für die Kundin brauchbare Ideen. Sehr hilfreich und nur im ersten Moment ungewohnt kann es sein, die zuhörende Kundin zu bitten, ihren Stuhl um 180 Grad zu drehen und den Beiträgen mit abgewandtem Gesicht zuzuhören: Dadurch wird vermieden, dass das Team sich von der Mimik und Gestik der Zuhörerin beeinflussen lässt, es kann seine Ideen leichter, weil unzensiert, äußern – und die Kundin fühlt sich umgekehrt nicht verpflichtet, die Wortmeldungen verbal oder nonverbal zu kommentieren. (Eine Variante für besonders experimentierfreudige Teams besteht darin, dass sich einmal alle Teilnehmer während der Runde mit dem Rücken zur Kreismitte setzen – die Gesprächsleitung sollte allerdings die Gruppe im Blick behalten.) Protokoll: Manchmal kann man anbieten, dass jemand die Ideen oder Anregungen mitschreibt (nicht die Kundin, die besser einfach zuhören sollte). Oder man gibt ein Diktiergerät herum, in das jeder seine Ideen spricht, das Band kann die Kundin anschließend mitnehmen. In der Regel allerdings wird es reichen, wenn sich die Kundin die Anregungen merkt, die sie von selbst behält. Nach der Ideensammlung kommt der Zeitpunkt, die zahlreichen Ideen wieder zu reduzieren. Die Kundin wird auswählen und sich entscheiden, welche sie weiter verfolgen will. In der Regel geschieht dies durch die natürliche Auslese des Vergessens. Zu Wort kommt die Kundin, sofern sie will, erst wieder nach Abschluss

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Teamberatung

der Runde mit einem Schlusskommentar. Dabei kann sie auf die Ideen eingehen, kann erläutern, welche Äußerungen sie angesprochen haben, aber auch nur einen allgemeinen Eindruck wiedergeben und sich für die Beiträge der Kolleginnen bedanken, selbst dann, wenn diesmal keine brauchbare Idee dabei gewesen sein sollte.

Hypothesenbildung Neue Irrtümer zu erfinden. (L 886) Georg Christoph Lichtenberg, Sudelbücher

Wir bilden unablässig Hypothesen, das heißt, wir stellen Vermutungen darüber an, warum etwas so ist, wie es ist, was in bestimmten Situationen passieren wird, wie wir uns oder andere sich verhalten werden, auf welche Ursachen eine bestimmte Erscheinung zurückzuführen ist und so weiter. Eine besondere Erfahrung dabei ist, dass man schnell an ganz bestimmten Hypothesen kleben bleibt: Sie fallen einem zuerst ein – und mit der Zeit glaubt man, sie seien wahr. Aus systemischer Sicht kann es sinnvoll sein, nicht an ihre Wahrheit oder Richtigkeit zu glauben, sondern sie als das zu begreifen, was sie sind, nämlich Möglichkeiten – aus einer Vielzahl von weiteren Möglichkeiten. So sind wir uns vielleicht ziemlich sicher zu wissen, warum Herr X heute »schon wieder so unfreundlich zu mir« war, oder wie die weitere schulische Entwicklung eines Jugendlichen, den wir betreuen, aussehen wird. Oder wie die Kollegen reagieren werden, wenn ich ihnen vorschlage, unsere Teamsitzung einmal anders zu gestalten. Um zu erkennen, dass man durchaus auch noch andere Vorstellungen und Interpretationen entwickeln kann als diejenigen, die einem unmittelbar einfallen, bekommt das Team die Aufgabe, hierzu Hypothesen zu entwickeln und damit andere Möglichkeiten ins Spiel zu bringen. Katja bittet um Hypothesen dazu, wie das morgige Vorgespräch mit der Klientin in der Reha-Einrichtung verlaufen könnte, weil sie befürchtet, dass es ergebnislos bleiben wird. Die Gesprächsführung schlägt vor, mit der Formel zu beginnen: »Eine Hypothese könnte sein, morgen …« und dabei sowohl positive als auch negative Varianten zu erfinden. »Eine Hypothese könnte sein, morgen … … wird dein Glückstag sein und du wirst dein seit Jahren bestes Gespräch haben.« … wird die Klientin krank sein und nicht kommen.« … wirst du krank sein, weil du dich lieber dieser Situation nicht aussetzen willst.« … wird dir ganz plötzlich eine völlig neue Idee kommen, die du ausprobieren willst.«

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… wirst du etwas ausprobieren, was du auf deiner Fortbildung gelernt hast, weil es ja ohnehin egal ist bei der schlechten Prognose.« … wirst du daran denken, dir viel Zeit zu lassen.« Nach mehreren Runden und circa 30 »Zukunftsvisionen« weiß Katja zwar noch immer nicht, wie es morgen wirklich sein wird, aber sie kann sich eine größere Bandbreite von möglichen Ereignissen vorstellen – und möchte vielleicht (in einer zweiten Runde) zu der einen oder anderen Hypothese noch ein paar Tipps, wie sie sich verhalten könnte, falls es so kommen sollte.

Häufig genügen Hypothesen als Beratung, sofern die Ausgangsfrage klar und eindeutig formuliert wurde und die Regeln eingehalten werden: Jeder äußert der Reihe nach eine Idee mit einer festen Formel (»Eine Hypothese könnte sein, …« oder »Ich habe die Idee/Hypothese, dass …«) und es klar ist, dass innerhalb der Fragestellung möglichst vielfältige Varianten entwickelt werden (so werden die Hypothesen anders ausfallen, wenn Katja Perspektiven dafür haben möchte, »wie das Gespräch verlaufen wird« oder »wie das Gespräch im ungünstigen Fall verlaufen wird«. Im Übrigen kann es manchmal auch hilfreich sein, wenn man eine negative Entwicklung befürchtet, sich von den Kolleginnen ausschließlich die vielen möglichen positiven Varianten vorhalten zu lassen, um auch dafür einen Blick und ein Gefühl zu bekommen).

Gute Ratschläge Gute Ratschläge sind in der Sozialen Arbeit als Kunstfehler verpönt (»Ratschläge sind auch Schläge«) – insbesondere dann, wenn man lösungs- und ressourcenorientiert von den Ideen und Vorstellungen der zu Beratenden ausgehen will. Andererseits gibt fast jeder doch gern Ratschläge, und sich beim Ratgeben zu bremsen ist schwierig, weil man gern um Rat gefragt wird, man sich vielleicht kompetent und möglicherweise sogar geschmeichelt fühlt. Ein weiteres Argument für Ratschläge könnte der ausdrückliche Wunsch der Kunden sein: Ratschläge zu geben, wäre insofern durchaus kundenorientiert. Das »Problem« der guten Ratschläge liegt ja (wenn überhaupt) darin, dass sie so einzigartig und besonders sind und von einem Experten einem Ratsuchenden gegeben werden und von diesem dann auch angenommen werden müssen (oder doch sollten). Da aber Ratsuchende zuweilen mit den Vorschlägen der Beraterinnen nicht einverstanden sind oder sich deren Nutzen nicht vorstellen können, befolgen sie sie nicht und kränken damit ganz nebenbei auch die Expertinnen ein wenig.

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Anders ist es, wenn von vornherein so viele »gute Ratschläge« und Tipps gegeben werden, dass klar ist, dass nicht alles umgesetzt werden kann. Es bleibt in der Verantwortung dessen, der die Ratschläge bekommt, welche davon er sich aussucht, für nützlich und brauchbar hält – und welche nicht. Sobald diese Bedingungen allen klar sind, macht es plötzlich Spaß, Ratschläge sowohl zu geben (das sowieso) als auch zu bekommen. In einer Runde mit kollegialen Tipps (»Ich gebe dir den guten Rat: …«), die mehrfach durchlaufen wird, kann jeder frei heraus Vorschläge und Ideen entwickeln, ohne zu befürchten, sie etwa selbst umsetzen zu müssen oder für die Konsequenzen (wenn der Kunde sie tatsächlich befolgt) zur Rechenschaft gezogen zu werden. Zudem kann man – da es um die Menge und nicht um Qualität geht – auch Ideen vortragen, die bei genauerem Hinsehen vielleicht gar nicht so brauchbar sind. Man ist freier und kreativer beim Erfinden von Ratschlägen. Und derjenige, der sie erhält, fühlt sich angesichts der Fülle frei genug, diejenigen auszuwählen, die er sinnvoll findet, oder sich von einigen Beiträgen anregen zu lassen zu weiteren eigenen Ideen, und andere dafür gar nicht zu beachten. Dadurch, dass er sich nicht unmittelbar zu jedem Vorschlag äußert (auch mimisch nicht, ich erinnere daran, dass er der Runde den Rücken zuwenden und so auch keine nonverbalen Rückmeldungen geben kann), wird er auch nicht kontrolliert, welche er für brauchbar hält. Und niemand muss beleidigt zu sein, dass gerade sein »toller« Ratschlag nicht umgesetzt wird, weil jedem bewusst ist, dass man sich auf nur ein oder zwei verwertbare Anregungen beschränken kann. Um sowohl für die anfragende Kollegin als auch für das Team zu verdeutlichen, dass es nicht darum geht, die einzelnen Ratschläge sofort zu bewerten, kann man als Moderatorin auch noch einmal auf die von Schmitz (2002, S. 114) formulierte »lösungsorientierte Klammer« hinweisen: »Vielen von uns sind jetzt Tipps und Ratschläge eingefallen, die uns nützlich erscheinen. Wir gehen aber davon aus, dass diese nicht unbedingt auch für dich nützlich sein werden. Deshalb werden wir sie nicht diskutieren. Höre sie einfach an und notiere dir gerne, was dir gefällt oder was du später noch einmal bedenken möchtest.« Mathilde möchte einen Ausflug planen für ihre Kindergruppe und bittet um Ratschläge, was sie bedenken könnte: »Ich gebe dir den guten Rat … … die Kinder zu fragen, wozu sie Lust haben.« … das Programm vom letzten Jahr zu wiederholen: Das hat funktioniert und es macht nicht viel Arbeit.« … die Aufgabe der Praktikantin zu überlassen.« … beim Stadtjugendamt dir den Prospekt zum Ferienprogramm geben zu lassen.« … beim Eintritt auf jeden Fall über einen Nachlass beim Preis zu verhandeln.«

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… am Abend vorher früh ins Bett zu gehen, um fit zu sein.« … eine Mutter oder einen Vater zu bitten, mitzukommen.« … möglichst wenig zu planen und viel Freiraum für selbständige Prozesse zu lassen.« … sehr sorgfältig zu planen, um auf alles gefasst zu sein.« … den Erste-Hilfe-Koffer nicht zu vergessen: Voriges Jahr hätten wir ihn gut gebrauchen können.« … am Tag selbst krank zu sein, dann haben andere die Arbeit.«

Verschlimmerungen Das Gegenteil der »guten Ratschläge« sind »Verschlimmerungsideen«: Die Kundin erhält im Grunde auch hier Tipps, nur sind die jetzt darauf gerichtet, wie sie die Situation noch schlimmer machen kann, wie sie dazu beitragen kann, dass etwas den Bach runter geht, eskaliert oder völlig desolat endet. Hier geht es ebenfalls darum, möglichst viele (kreative) Ideen zu entwickeln, auch hier beginnt man mit einer Formel (»Damit es garantiert schief läuft, schlage ich dir vor …« oder »Ich gebe dir den Tipp, es dadurch zu verschlimmern, dass du …«), dabei muss man nicht unbedingt besonders brauchbare oder praktikable Ideen entwickeln (zumal hier niemand ernsthaft annehmen wird, dass die Kundin diese Ratschläge auch nur im entferntesten befolgen wird). Dieser Methode wird (wenn ich sie auf Fortbildungen oder in Supervisionen vorstelle) meist die größte Skepsis und Ablehnung entgegengebracht. Und sie findet ebenso große Zustimmung, nachdem sie einmal praktisch ausprobiert wurde und ihr Wert so unmittelbar erfahren werden konnte. Ihr besonderer Vorteil liegt zweifellos in der Lockerheit und Unverbindlichkeit, mit der diese Ratschläge von Anfang an gegeben werden. Jede/r weiß, es sind »unbrauchbare« Vorschläge. Das spielerische Moment (das in der Teamberatung immer enthalten sein kann) ist dadurch unmittelbar erlebbar, es macht einfach Spaß, sich absurde Interventionen zu überlegen. Man lacht und spornt sich gegenseitig zu immer merkwürdigeren Perspektiven an, und nach wie vor sollte jeder (wie in allen Runden), wenn er an der Reihe ist, irgendeinen Vorschlag machen. Für die Kundin kann diese Methode auf ganz verschiedene Weisen wirken und Sinn ergeben und damit nützlich sein: Erstens wirkt das Thema plötzlich in einem anderen Licht, man sieht es – erlaubt und gewollt – für einen begrenzten Zeitraum aus einer ganz neuen, mitunter komischen Perspektive. Zweitens wird erkennbar, dass die Probleme und Schwierigkeiten, die einem das Gefühl der Schwere, vielleicht auch der Machtlosigkeit und der fehlenden Kontrolle gegeben haben, zwar noch nicht verringert

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wurden, dass ich aber dennoch Kontrolle über die Situation habe: Wenn ich sie nicht verbessern oder gar (auf-)lösen kann, so doch wenigstens verschlimmern – und damit habe ich immerhin noch einen (wenn vielleicht auch zunächst nur geringen) Einfluss. Und drittens kommt es gar nicht so selten vor, dass die Kundin mit den Verschlimmerungsvorschlägen plötzlich Anregungen und Ideen dafür bekommt, was sie tatsächlich tun kann, um eine positive Wendung, eine Verbesserung vorzunehmen: Sei es durch das Umdrehen einiger Verschlimmerungsideen – oder weil ihr auffällt, dass eine bestimmte Idee womöglich gar nichts verschlimmern, aber manches verbessern könnte. Die Skepsis gegenüber dieser Methode lässt sich allein durch Ausprobieren ausräumen – man sollte mindestens zwei-, dreimal damit experimentieren. Aber es sei zwischendrin daran erinnert: Nicht jeder Profi und nicht alle Teams müssen mit jeder Methode etwas anfangen können, betrachten Sie nach wie vor dieses Buch als ein Kochbuch und wählen Sie die Methoden aus, die Ihnen Appetit machen. Übung Constanze arbeitet als Sozialpädagogin in einem Berufbildungswerk mit Jugendlichen, die dort eine Schlosserausbildung machen. Zweimal in der Woche findet ein Gruppennachmittag statt, zu dem fast alle Jugendlichen regelmäßig zu spät kommen. Constanze klagt darüber und wünscht sich Ideen, wie sie das ändern kann. Ein Teammitglied regt an, stattdessen Verschlimmerungsideen zu entwickeln. Constanze ist einverstanden. Die Gesprächsleitung schlägt vor, mit der Formel zu beginnen: »Du könntest die Unpünktlichkeit noch verschlimmern, indem du …« Sammeln Sie (allein oder im Team) 20 Ideen dazu, wie Constanze dazu beitragen könnte, dass die Jugendlichen noch unpünktlicher werden – überlegen Sie anschließend, wie es Constanze wohl geht, wenn sie diese Ideen hört.

Komplimente Vielleicht ist es für manche Teams zunächst etwas ungewöhnlich, aber Komplimente können durchaus ein wirkungsvolles Potenzial im Rahmen der kollegialen Beratung entfalten. Selbstverständlich eignen sie sich bei Erfolgen und Erfolgsmeldungen und können als ein verstärkendes Element eingesetzt werden. Nach der Erzählung der Kollegin über das, was ihr gelungen ist, begibt man sich ins Jogging, wobei jeder ihr für ihren Anteil

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am Erfolg ein Kompliment macht: »Ich mache dir ein Kompliment dafür, dass du …« Interessanterweise ist das Kompliment aber auch dann ein hilfreiches Instrument, wenn jemand von schwierigen, unlösbaren oder misslungenen Situationen berichtet, das Gefühl hat, falsch oder unzureichend gehandelt zu haben. Vielleicht kommt die Kundin dann selbst auf die Idee und bittet die Kolleginnen, noch nach dem »Guten im Schlechten« zu suchen: »Ich mache dir ein Kompliment dafür, dass du …« Eine andere Möglichkeit ist, dass die Gesprächsleiterin oder ein anderes Teammitglied angesichts einer Misserfolgsmeldung vorschlägt, zunächst einmal um Komplimente zu joggen (sofern die Kundin damit einverstanden ist), bevor dann die anstehende Frage der Kundin beraten wird. Die Idee, Komplimente als methodisches Werkzeug im Rahmen der kollegialen Beratung einzusetzen, ist vermutlich für die meisten Teams relativ fremd – und klingt dementsprechend merkwürdig. Auch hier lassen sich die daraus entstehenden neuen Perspektiven und Möglichkeiten erst dann einigermaßen sachgerecht beurteilen, wenn man diese Methode einige Male ausprobiert hat. Neben dem »guten Gefühl«, das sich bei der Kollegin einstellt, die Komplimente erhält, ist dieses Vorgehen vor allem eine gute Übung für ressourcenorientiertes Sehen – und auch diese Ressourcen können dann sofort von der Kollegin genutzt werden.

Bestätigungen Die Kundin möchte Argumente dafür bekommen, inwiefern sie in einer bestimmten Situation das Richtige getan hat. Nach ihrer Erzählung formuliert jeder seine Bestätigung: »Ich finde, es war richtig, dass du …« Zunächst zurückgehalten werden dabei Kritik und Ablehnung, die Aufgabe an jede Kollegin ist es, sich das herauszusuchen und -finden, wofür sie eine Bestätigung und Zustimmung geben kann. Die Struktur dieser Beratungsmethode ist so eindeutig, dass allen – Kunde und Kollegen – völlig klar ist, dass etwaige Kritik oder Ablehnung hier zunächst keinen Raum haben. Allerdings wird die Gesprächsführung – insbesondere wenn sie spürt, dass einzelne Kolleginnen gern auch Kritik äußern wollen, der Kundin anbieten, dass auch noch eine »Kritik-Runde« oder »gute Ratschläge« folgen können, sofern sie das möchte.

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Kritik und Zweifel Ähnlich wie in der »Bestätigungsrunde« lädt die Kundin das Team dazu ein, ihr Verhalten in einer bestimmten Situation (oder bei einem Vorhaben oder einem Plan) zu bewerten, und nun allerdings kritisch zu hinterfragen: »Ich finde bedenklich …«, »Nicht einverstanden bin ich …« Solange das Team noch wenig Erfahrung mit dieser Methode des Kritisierens hat, kann die Gesprächsleitung ganz besonders darauf achten, dass behutsam vorgegangen wird, indem man die Methode zunächst an relativ unproblematischen Praxisbeispielen erprobt, sich auf eine Runde beschränkt und die Kundin das Recht bekommt, jederzeit selbst das Ende zu bestimmen. Es ist sicherlich einfacher, Lob oder Ratschläge als unmittelbare Kritik anzuhören.

»Ich an deiner Stelle …« Diese Formulierung lädt ein zu Kommentaren und Ratschlägen, Mitteilungen über Anteilnahme oder eigene Erlebnisse, an die man erinnert wurde durch die Erzählung der Vortragenden, ohne Strukturen vorzugeben. Vielleicht weist die Gesprächsführung ausdrücklich noch einmal darauf hin, dass die Äußerung lediglich mit dieser Formel beginnt, aber beliebig fortgesetzt werden kann. Es ist sinnvoll, wenn sich die Beteiligten bemühen, auch hier vielfältig zu bleiben und in dieser Runde sowohl Ratschläge, Hinweise auf Ressourcen, Ausdrücke des Mitfühlens und Verstehens als auch eigene Erlebnisse zu äußern. Kollegin Roswitha erzählt von einem Gespräch mit einem Jugendlichen, das sie als missglückt erlebt hat, und ist jetzt etwas ratlos, was dabei passiert ist. Sie schildert einige Details, die Kolleg(inn)en stellen drei Nachfragen, dann bittet Roswitha um Kommentare, wie es anderen an ihrer Stelle wohl gegangen wäre, was sie getan hätten … Die Gesprächsleitung bittet um kurze Kommentare aus nicht mehr als drei Sätzen, beginnend mit: »Ich an deiner Stelle … … hätte das Gefühl, versagt zu haben.« … würde meinen Job wechseln.« … würde mich jetzt schleunigst mal um eine Beratungsausbildung kümmern.« … hätte eine Riesenwut auf den Jungen, weil …« … würde mein nächstes Gespräch sorgfältig vorbereiten.« … würde es mal ohne Vorbereitung, aber mit viel Intuition und Improvisation probieren.« … wäre stolz, durchgehalten zu haben.«

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Klagen Die anderen hören aufmerksam zu und teilen dann mit, was von dem Erzählten sie selbst besonders zum Klagen bringen würde, ärgern würde, in Wut versetzen könnte (von dem, was erzählt wurde, oder von dem, was nur am Rande erwähnt wurde). Auch hier bietet sich für die Gesprächsführung an, eine Eingangsformel vorzuschlagen wie: »Ich würde mich ärgern über …« oder »Du hättest einen guten Grund, darüber zu klagen, dass …«. Diese Erfindung von Klagemöglichkeiten erlaubt der Kundin zu erkennen, dass sie nicht nur die Erlaubnis und einen guten Grund hat sich zu beklagen, sondern sie sogar über noch viel mehr klagen könnte als sie es tut. Zudem gilt: Nachdem angemessen geklagt und gejammert werden konnte, also diese Seite ausgelebt werden konnte, ist man eher wieder in der Lage, sich den möglichen Veränderungen aktiv zuzuwenden und sie in Angriff zu nehmen.

Gute Gründe finden »Das ist kein ausreichender Grund.« »Wer will denn beurteilen, was ein ›ausreichender‹ Grund ist, wenn es Ihr Grund ist? Sie haben die Wahl«, wiederholte Wallingford. »Diese Entscheidung kann und soll Ihnen niemand abnehmen.« John Irving, Die vierte Hand

Aus systemischer Sicht kann man immer »gute Gründe« unterstellen, warum etwa ein Klient so handelt wie er handelt. Wenn es mir gelingt, »gute Gründe« anzunehmen als Motiv für das Handeln, wird es mir leichter fallen, mit dem Klienten kooperativ zusammenzuarbeiten, und ich werde leichter Handlungsoptionen entwickeln als wenn ich Krankheit, Bosheit oder Verrücktheit als Grund für das Verhalten annehme. Auch und gerade dann, wenn uns das Verhalten unseres Gegenübers sinnlos, unvernünftig oder absurd zu sein scheint, macht es Sinn, nach »guten Gründen« zu suchen. Dabei ist es hilfreich, vor allem nach dem »Wozu« zu fragen und weniger nach dem »Warum«. Hierbei kann das Team gute Dienste leisten – gerade, wenn es den Klienten selbst nicht so gut kennt. Sabine berichtet, dass sie außerordentlich sauer ist auf Herrn Dombar, weil er nach sieben Wochen Alkoholabstinenz nun doch wieder einen Rückfall hatte. Sie hat keine Ahnung und keine Lust, sich »gute Gründe« zu überlegen – und bittet das Team um Mithilfe. Die Gesprächsführung schlägt die Formel »Ein guter Grund könnte sein …« vor.

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Teamberatung

»Ein guter Grund könnte sein, dass … … er dich einfach ärgern wollte.« … er andere Sorgen hatte und sich einfach nicht mehr auch noch um den Alkohol Gedanken machen konnte.« … er seine Frau ärgern wollte.« … er gerade billig an eine Flasche Wein gekommen ist.« … ihn Freunde gedrängt haben und er abwog.« … er sich unbewusst erhofft hat, von dir dann mehr Aufmerksamkeit zu erhalten.« … er nicht wusste, wohin mit seinem Geld, seiner Kraft, seiner Zeit.« … er befürchtet hat, die Beratung bei dir sei sonst bald vorbei.« Sabine kann, wenn sie will, sich einen oder zwei Gründe, die es ihr leichter machen, Herrn Dombar zu begegnen, heraussuchen und beim nächsten Gespräch mit ihm einfach so tun, als ob es diese »guten Gründe« gewesen wären, die ihn haben rückfällig werden lassen.

Varianten des Gehirnjogging Es lassen sich viele Varianten erfinden und ausprobieren – etwa indem die Kundin darum bittet, man möge sie auf Gefahren aufmerksam machen (»Ich warne dich davor, dass …«) oder ihr Sinnsprüche/Leitsätze (»Ich schlage dir als Motto vor: …«) mit auf den Weg geben (von denen sie sich dann einen oder zwei merkt und notiert). Auch viele der nachfolgend in diesem Buch vorgestellten Methoden kollegialer Beratung (Kommentare, Metaphern, Umdeutungen etc.) können in Form des Gehirnjoggings durchgeführt werden. Viele weitere Varianten des Gehirnjoggings sind möglich, jede/r kann eigene Ideen entwickeln: ein weites Feld zum Ausprobieren und Experimentieren. Diese Runden sind so produktiv und anregend, weil sie eine Mischung darstellen aus Verbindlichkeit und klarer Struktur (jeder muss etwas sagen und weiß, wann er drankommt) einerseits und der Unverbindlichkeit und spielerischen Lockerheit andererseits (niemand ist verpflichtet, etwas besonders Wertvolles und Richtiges zu sagen, niemand wird hinterher für seinen Beitrag zur Verantwortung gezogen). Das Gehirnjogging in seinen verschiedenen Varianten ist gewissermaßen die Grundidee des Modells der Teamberatung und eignet sich deshalb auch besonders gut als Einstieg, seine kollegiale Beratung strukturiert zu organisieren. In seinem Grundprinzip erinnert es an das Brainstorming: Es geht darum, möglichst viele Ideen in kurzer Zeit zu entwickeln und sie zur Verfügung zu stellen, ohne sie zu diskutieren und zu bewerten.

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Methoden II: Perspektivenerweiterung

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Methoden II: Perspektivenerweiterung Es verdient einmal recht ernstlich für eigene Haushaltung untersucht zu werden: warum die meisten Erfindungen durch Zufall müssen gemacht werden. Die Hauptursache ist wohl die, daß die Menschen alles so ansehen lernen wie ihre Lehrer und ihr Umgang es ansieht. Deswegen müßte es sehr nützlich sein einmal eine Anweisung zu geben wie man nach gewissen Gesetzen von der Regel abweichen könne. (J 1329) Georg Christoph Lichtenberg, Sudelbücher

Eine wesentliche Idee des systemischen Arbeitens ist »der Beobachter« oder »die Beobachterin«. Es gibt keinen objektiven Blick auf das, was wir als die Wirklichkeit erleben. Alles, was wir haben, sind eine Reihe von subjektiven Blickwinkeln, von denen wir zwar manchmal glauben können, dass sie wahr sind, – und uns dann darauf verständigen, dass wir nur diese eine (für) wahr nehmen wollen. Aber wir dürfen, wenn wir wollen, uns jederzeit daran erinnern, dass es mehr als nur eine Perspektive, mehr als nur einen Standpunkt gibt. Aus systemischer Sicht werden wir die Möglichkeit weiterer Sichtweisen nutzen wollen. Im Grunde geht es bei der systemischen Beratung immer um Erweiterung der Perspektiven, mehr kann man in der Beratung aus systemischer Sicht nicht leisten (z. B. kann man nicht andere Menschen verändern). Die nachfolgend präsentierten Methoden legen ihr Augenmerk in besonderer Weise auf die Erweiterung des Blickwinkels.

Pro und Kontra Diese Methode eignet sich immer dann, wenn bereits bei der Vorstellung eines Anliegens zwei gegensätzliche Alternativen genannt werden: »Soll ich diese Jugendliche ihren Weg gehen (und möglicherweise scheitern) lassen – oder soll ich versuchen, mit all meiner mir zur Verfügung stehenden Macht einzugreifen?« »Hat es Sinn, hier noch einmal Vertrauen zu haben oder nicht?« Die Ambivalenzen und die sich einander gegenüber stehenden, sich gegenseitig ausschließenden Möglichkeiten können aufgegriffen werden, indem die Gruppe zweigeteilt und in zwei Reihen gegenüber gesetzt wird. Jede Seite erhält einen Standpunkt zugewiesen (Pro und Kontra), für den sie Argumente zu liefern hat. Die Kundin sitzt – ebenso wie die Moderatorin oder Gesprächsleiterin – am Kopf- oder Fußende der »Gasse« und hört zu, wenn nun abwechselnd von jeder Seite ein Argument vorgebracht

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wird: »Ich bin dafür, dass …, weil ….« – »Ich bin dagegen, dass …, weil ….«, wobei sich die Redner/innen jeweils auf ein Argument und einen Satz beschränken. Das Tempo des Schlagabtausches wird von der Gesprächsführung bestimmt, indem sie jeweils ein Handzeichen gibt, wann das nächste Argument vorgetragen wird (oder sie überlässt es der Kundin, in dieser Form die Geschwindigkeit zu bestimmen: Sie wird sich meist etwas mehr Zeit zum Zuhören und Aufnehmen geben, die Kolleginnen also eher bremsen). Der Moderator beendet erst dann, wenn erkennbar keine weiteren Argumente mehr kommen und nachdem er auch bereits zu einem Endspurt aufgerufen hat (»noch zwei Argumente von jeder Seite«). In der Regel werden die Seiten nicht getauscht, ist jedoch eine zu große Unruhe in der Gruppe, kann den Teilnehmer/innen durch einen Platzwechsel auch die Möglichkeit gegeben werden, noch weitere Argumente für die jeweilige Gegenseite zu liefern. Die Frage des Kollegen Markus lautet: Soll ich dem Klienten, der immer wieder die Termine ausfallen lässt oder zu spät kommt, noch einmal eine Chance geben, oder soll ich die Beratung beenden? Die Gesprächsleitung schlägt »Pro und Kontra« vor, womit Markus einverstanden ist. Nach drei Nachfragen bittet die Gesprächsleitung das Team, sich in zwei Reihen gegenüber zu setzen, dirigiert Markus an das eine Ende, sich selbst an das andere Ende der Reihe, erläutert die Formeln (»Ich bin für Beenden, weil …«, »Ich bin für eine weitere Chance, weil …«) und lädt die Gruppen ein, ihre Argumente im Wechsel zu formulieren. Sie bietet Markus an, das Tempo der Beiträge selbst zu bestimmen. Pro: »Ich bin für eine weitere Chance, weil wir in unserem Leitbild ›Kundenorientierung‹ an vorderster Stelle stehen haben.« Kontra: »Ich bin für Beenden, weil du deine Zeit und Energie besser für andere Klienten nutzen kannst.« Pro: »Ich bin für eine weitere Chance, weil du ein gutmütiger Typ bist.« Kontra: »Ich bin für Beenden, weil wir genug Geduld mit ihm gehabt haben.« Pro: »Ich bin für eine weitere Chance, weil du ihn eigentlich ganz gern magst – und wer weiß, was danach kommt!« Kontra: »Ich bin für Beenden, weil ich Mitleid mit dir habe.« Pro: »Ich bin für eine weitere Chance, weil …«

Durch diese Methode werden beide Seiten gleich gewichtet und die Ambivalenz sicht- und spürbar gemacht, ohne dass bereits eine Entscheidung getroffen wird. Die Kundin kann sich heraushalten und die verschiedenen Aspekte, die für die jeweilige Seite sprechen, auf sich wirken lassen. Neben den neuen Argumenten für die eine oder die andere Variante, die zweifellos auch geliefert werden, hat diese Methode vor allem den Vorteil, dass die Diskussion nicht nur gedanklich bei der Kundin abläuft, sondern für sie von außen und mit Distanz beobachtbar ist. Sie sieht beide Seiten gut repräsentiert. Häufig wird ihr dabei deutlich, welcher Seite sie mehr Bedeutung

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Methoden II: Perspektivenerweiterung

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verleiht, aber vielleicht auch, mit welchen Argumenten sie sich noch einmal befassen will. Eine Variation der Übung kann darin bestehen, dass auf Seiten der Pround Kontrapartei noch je ein oder zwei Stühle frei bleiben und die Möglichkeit besteht, die Seite zu wechseln, sobald jemand ein Argument geliefert hat und umgekehrt zurück. Da eine Medaille nicht nur zwei Seiten hat, sondern (mindestens) drei, kann eine weitere Variation entwickelt werden, bei der eine dritte Seite eingeführt wird, die ihre Argumente mit »Ich würde mich vielleicht für Beendigung (oder eine weitere Chance) entscheiden, weil …« präsentiert – wobei den Kolleginnen freigestellt bleibt, der einen oder anderen Argumentation zu folgen. Zugleich gäbe es für die Pro- und Kontrapartei Möglichkeiten, Zwischenlösungen zu entwickeln. »Ich würde mich vielleicht für Beendigung entscheiden, weil … »Ich würde mich vielleicht für eine weitere Chance entscheiden, weil … »Ich würde mich für eine halbe weitere Chance entscheiden, weil … »Ich würde mich für eine sechzigprozentige Beendigung entscheiden, weil …«

Die Gesprächsleitung kann darauf achten, dass aus dem »weil« nicht ein »indem ich …« wird und damit dann an dieser Stelle unerbetene Ratschläge untergeschoben werden. Als Variation schließlich kann die dritte Seite die Aufgabe erhalten, Vorschläge zu unterbreiten, die aus dem Entweder-oder herausführen oder es in ein Sowohl-als-auch verwandeln: »Als eine dritte Möglichkeit fällt mir ein, …« »Beides ließe sich miteinander verbinden, wenn man …«

Das »innere Parlament« tagt öffentlich Bei dem »inneren Parlament« handelt es sich um ein nützliches Bild von Gunther Schmidt. Es bietet sich an für all die Fälle »innerer Zerrissenheit«, »gemischter Gefühle« und anderer Ambivalenzen, die zu einem Entscheidungsstau führen oder zu großen Zweifeln: Das scheinbar einheitliche Ich lässt sich so aufteilen in unterschiedliche Fraktionen, die jeweils bestimmte Interessen wahrnehmen. Das Bild vom »inneren Parlament« verdeutlicht, dass Entscheidungen in der Regel auf der Abwägung verschiedener Aspekte beruhen. Es geht davon aus, dass vor einer gewichtigen Entscheidung das »innere Parlament« tagt, wobei die verschiedenen Fraktionen miteinander in Konkurrenz treten,

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sich zum Teil heftig bekämpfen, dabei auch koalieren, sich gegenseitig niederschreien, gegeneinander polemisieren und eine Entscheidung mitunter dadurch auch blockieren, was wiederum als eine Entscheidung auf ganz anderer Ebene verstanden werden kann: Ich habe mich entschieden, im Moment überhaupt keine Entscheidung zu treffen. Als Methode der Teamberatung dient das »innere Parlament« dazu, Ambivalenzen, Abwägungen und unterschiedliche Interessen, die eine Person bewegen, sichtbar zu machen, indem man sie »externalisiert« im Sinne eines separierten Betrachtung. Wenn die Auftraggeberin von der Schwierigkeit der Einbeziehung vieler unterschiedlicher Interessen bei einer Entscheidung, die sie zu treffen hat, berichtet, kann man diese Methode in Betracht ziehen. Die Zuhörerinnen schlagen ebenso wie die Auftraggeberin verschiedene Fraktionen vor, sie werden auf eine Tafel oder auf Kärtchen geschrieben und anschließend an die Teammitglieder verteilt, die nun eine Parlamentssitzung bestreiten: Jede Fraktion nimmt ihre Interessen war. Die Gesprächsführung übernimmt die Moderation als »Parlamentspräsidentin«, die Auftraggeberin hört und sieht zu. Ähnlich wie bei »Pro und Kontra« geht es hier um die Veräußerlichung innerer Dialoge und Überlegungen: Die Kundin kann sich von außen anhören, was normalerweise in ihr selbst passiert. Dadurch bekommt sie ein wenig Distanz zu der Auseinandersetzung, die sonst mehr oder weniger heftig in ihr tobt. Wenn man will, kann man die Fraktionen dann Probeabstimmungen durchführen lassen. Letztendlich endet auch diese Beratung, wie alle anderen, mit dem Abschlusskommentar der Kundin. Matthias ist »innerlich zerrissen« – er weiß nicht so recht, ob er den Kontakt zu seinem Klienten, Herrn Tropper, aufrechterhalten soll oder nicht, ob er vielleicht einfach nur ein paar Wochen lang seine Bemühungen »herunterfahren« soll oder ob er ihn gleich an eine Kollegin abgeben soll. Je länger er darüber nachdenkt, desto unsicherer wird er. Als er dies im Team schildert, schlägt die Gesprächsführung vor, sein »inneres Parlament« öffentlich tagen zu lassen. Matthias bittet das Team aufgrund seines kurzen Berichts die Fraktionen vorzuschlagen. – Jeweils zwei Kolleg(inn)en bilden eine Fraktion: die Resignierer (»es hat keinen Sinn mehr mit Herrn Tropper«), die Engagierten (»eine großer Herausforderung«), die Pragmatiker (»am besten, eine Kollegin übernimmt das«) und die »Rekreationisten« (wie sie sich selbst nennen: »Nach einer Pause haben wir wieder genug Kraft«). Matthias setzt sich etwas zurück und beobachtet, die Gesprächsführung leitet eine etwa zehn Minuten lange Parlamentsdebatte zur Frage: Wie geht es weiter? Die Debattenbeiträge sind auf jeweils 30 Sekunden begrenzt, um eine möglichst lebhafte Auseinandersetzung zu fördern. – Die Teilnehmerinnen führen die Debatte engagiert und mit Vergnügen, sie endet im Chaos und ohne Abstimmung. Matthias ist bei seinem Abschlusskommentar zwar noch immer ratlos, allerdings ziemlich beeindruckt von der Vielfalt der möglichen Positionen – und

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berichtet eine Woche später, er hätte sich unter dem Eindruck dieser Diskussion schließlich doch entschlossen, Herrn Tropper an eine Kollegin abzugeben.

Die Wirkung und das Ergebnis der Beratung für die Auftraggeberin ist von den anderen Teammitgliedern nicht immer ohne weiteres zu erkennen. Leichter erkennen und erleben kann man die positive Wirkung, die solch eine Debatte auf das Team haben kann, den Spaß und das Vergnügen bei der Beratung für alle Beteiligten.

Kurze, unerwünschte Kommentare Die hier vorgestellten Methoden sind in ihrer Form vergleichsweise streng gestaltet. Daraus entsteht manchmal die Schwierigkeit, dass sie für Wortmeldungen, die sich nicht an die Form und Struktur (jede spricht nur, wenn sie an der Reihe ist) halten, keinen Platz lassen. So kann man als Teammitglied schon mal unzufrieden sein, weil man keine Gelegenheit hat, eine sehr wichtige Frage zu stellen, einen absolut hilfreichen Hinweis oder einen Ratschlag zu geben, der unbedingt zu befolgen wäre. Um dadurch nicht allzu viel Ärger entstehen zu lassen, kann die Gesprächsführung verschiedene Möglichkeiten eröffnen. Zum einen bietet sich an, die gelbe Karte einzuführen oder darauf nochmals ausdrücklich hinzuweisen. Die gelbe Karte erlaubt es jedem Teammitglied, sich auch außer der Reihe dazwischenzuschalten (es wird dem Fingerspitzengefühl eines Teams überlassen bleiben herauszufinden, wie viele Einsätze der gelben Karte erträglich, vielleicht sogar hilfreich oder aber auch zu viel sind – und inwieweit sie als Methode zugelassen wird). Zum anderen bietet es sich an, diese Zwischenfragen und Bemerkungen dadurch zu legalisieren, dass man die Methode der »kurzen, unerwünschten Kommentare« einführt: Jeder hat jederzeit die Möglichkeit, sich mit einem »kurzen, unerwünschten Kommentar« zu Wort zu melden und sich auf diese Weise Luft zu verschaffen. Gleichzeitig wird vereinbart, dass auf diesen Kommentar (anders eventuell als bei der gelben Karte, wenn sie gezeigt wird, um den Ablauf zu beeinflussen) im Team nicht weiter eingegangen wird. Die Gesprächsführung kann zunächst darauf achten, dass Aufmerksamkeit für die Kommentatorin besteht, dass der Kommentar (die Frage, der Ratschlag) auch tatsächlich kurz ist. »Unerwünscht« ist der Kommentar, weil er die Struktur und den Ablauf der Beratung unterbricht und stört, zugleich ist er paradoxerweise natürlich aber auch »erwünscht«, weil er ausdrücklich als Methode vorgesehen ist und auch seine Berechtigung hat, da er eine neue Perspektive in die Beratung trägt – und man anschlie-

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ßend, nachdem die Gesprächsleitung dem Kommentator für seinen Beitrag gedankt hat, an den ursprünglichen Ablauf erinnert und ihn fortführt.

Zirkuläres Befragen Eine Kollegin wünscht sich, zu ihrer Erzählung zirkulär befragt zu werden. Sie schildert ihr Anliegen und die Situation in einigen Sätzen. Die Beratung besteht darin, der Kollegin ausschließlich zirkuläre Fragen zu stellen, nach dem Muster »Was würde X sagen, wenn ich ihn fragen würde …«, »Wie würde Y reagieren, wenn …«, »Was würde Z sagen, wenn ich ihn frage, wie du wohl diese Situation erlebt hast …« Aufgabe der Gesprächsleitung ist es, auf die Einhaltung der Frageform zu achten und eine Begrenzung von zehn oder 15 Minuten einzuhalten. Diese Methode bietet der Kundin die Möglichkeit, an Perspektiven erinnert zu werden, die sie möglicherweise bisher nicht eingenommen hat. Sie eröffnet aber auch den Kolleg(inn)en die Chance, sich in zirkulärem Fragen zu üben, indem sie solche selbst stellen, von anderen hören und auch die Reaktionen und Antworten der Kundin beobachten können. Je mehr Übung und Erfahrung man damit gerade im Team sammelt, desto leichter wird man auch herausfinden, wie man Fragen erfinden kann, die tatsächlich neue Perspektiven eröffnen, Fragen, bei denen man als Fragender wie als Antwortende gleichermaßen neugierig auf die Antwort wird – oder auch wie man seine zirkulären Fragen so stellen muss (wenn man das unbedingt will), dass man die eigenen Ratschläge und guten Tipps für die Kollegin, die man unbedingt loswerden will, darin »verstecken« kann. Als hilfreich hat es sich erwiesen, wenn die Kundin während ihrer einleitenden Erzählung von den beteiligten Personen mit Hilfe von Münzen oder zur Verfügung stehenden Gegenständen (Feuerzeuge, Kulis, Taschentücherpackungen, Becher etc.) eine kleine Skulptur erstellt oder an einer Tafel eine Skizze (Genogramm, Soziogramm) zeichnet, damit alle einen Überblick erhalten.

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Zirkuläre Fragen Zirkuläre Fragen sind Fragen, die »im Kreis« gestellt werden: »Was denkst du, würde deine Mutter sagen, wenn ich sie fragen würde, wie sie dich gestern erlebt hat?« »Angenommen, ich würde Ihren Mann fragen: Wie würde er wohl Ihre gegenwärtige Beziehung beschreiben?« »Was denkst du, schätzt dein Lehrer besonders an dir?« Zirkuläre Fragen laden ein nachzudenken, welchen Blickwinkel, welche Gedanken und Gefühle andere zu bestimmten Situationen und Geschehnissen haben. Diese Dritten (Mutter, Ehemann, Lehrer) können anwesend sein oder auch nicht: Falls sie die Frage mithören, werden sie womöglich neugierig darauf sein, wie die Antwort ausfällt. Bei der Konstruktion von zirkulären Fragen kann es hilfreich sein, auf folgende Prinzipien zu achten: – Fragen Sie jemanden Bestimmten: Was denkst du, … – Fragen Sie nach seiner oder ihrer subjektiven Sicht (und betonen Sie das auch): Was denkst du, … Oder: Was meinst du, … Oder: Angenommen, du wüsstest, was er sagen würde … – Fragen Sie, was er oder sie denkt, was jemand anderes sagen oder tun würde (über beobachtbares Verhalten zu spekulieren ist häufig leichter). – Fragen Sie nach Beschreibungen, die weder Sie noch andere wissen können: Es geht nicht darum, richtige Antworten zu geben, sondern einzuladen, im Kreis zu denken und andere Blickwinkel einzunehmen. Zirkuläre Fragen können neue Perspektiven und Wahrnehmungen einführen – und Beziehungen zwischen Beteiligten (wieder) herstellen. Zudem lassen sich zirkuläre Fragen auch verbinden mit Fragen nach Ausnahmen, Ressourcen, Lösungsideen, zukünftigen Entwicklungen: »Was denken Sie, was würde Ihre Freundin auf die Frage antworten, woran sie erste Anzeichen für eine positive Entwicklung bei Ihrer Tochter erkennen könnte?« »Was denken Sie, welche Lösungsidee hätte wohl die Sozialarbeiterin in der Reha-Abteilung, wenn wir sie fragen würden?« Wie bei allen neuen, ungewohnten Frageformen benötigt man ein wenig Übung und Erfahrung, bevor man sie souverän und locker in ein Gespräch einbringen kann. Bis dahin wirken solche Fragen natürlich holprig. Für Fachleute, die diese Fragen gern verwenden wollen, aber noch nicht genug Erfahrung besitzen, eignet sich das Üben damit im Rahmen der kollegialen Beratung hervorragend. Und daran, dass das Stellen dieser Fragen »holprig« wirkt, lässt sich erkennen, dass sie auch wirklich geübt werden – wenn es nicht holpern würde, wäre es keine Übung (zum zirkulären Fragen vgl. z. B. von Schlippe u. Schweitzer 1996, S. 138ff.)!

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Umdeutungen »Im Schlechten das Gute« zu sehen, auch bei den scheinbar größten Problemen und Defiziten noch positive Aspekte zu finden und diese als Ressourcen zu verstehen, ist eines der zentralen Konzepte systemischen Arbeitens. Sie werden als Umdeutungen, als »positive Konnotationen« oder auch als »Reframing« (engl. frame = Rahmen) bezeichnet: Eine bestimmte Verhaltensweise oder Eigenschaft, die zunächst als negativ empfunden wird, wird daraufhin untersucht, inwieweit sie auch positive, erwünschte oder wünschenswerte Elemente enthält. Hierfür wird ein neuer Blickwinkel gesucht, unter dem diese Entdeckung gelingen könnte, das Verhalten wird in einem neuen Kontext, in einem anderen Rahmen gesehen. Wir tendieren leicht dazu, die negativen Aspekte von Verhalten in den Vordergrund zu stellen, insbesondere, wenn es sich ohnehin um »problematische« Klientinnen handelt. So nehmen wir vielleicht in einer Gruppe von Jugendlichen einen Jungen als aufbrausend, aggressiv und aufdringlich wahr und einen anderen als schüchtern, introvertiert und verschlossen – beides mit einer eher negativen Bedeutung. Unter Umständen kann es aber in bestimmten Situationen hilfreicher sein, die positiven Aspekte zu sehen: Der eine ist offen, mutig, kann sich Luft und Gehör verschaffen und für sich sorgen, während der andere versteht, sich zurückzunehmen, auf die anderen zu achten, gut beobachten kann und sich nicht auf Kosten anderer in den Vordergrund drängt. Es geht – aus systemischer Sicht – nicht darum, welche der beiden Perspektiven richtiger ist, welche man bevorzugen sollte oder gar müsste. Es kann jedoch hilfreich sein, positive Beschreibungen und Umdeutungen zur Verfügung zu haben, um selbst offener sein zu können, gutwilliger auf die anderen zugehen zu können, neue Ideen für die weitere Zusammenarbeit erhalten zu können. Vielleicht fällt es mir ja leichter, ein Gespräch mit dem schüchternen Jugendlichen zu beginnen, wenn ich sagen kann: »Ich finde es prima, wie du die gesamte Gruppe im Blick hast und es verstehst, den anderen so viel Raum zu geben, dich nicht in den Vordergrund zu drängen. Manchmal frage ich mich, ob du dich dabei immer wohl fühlst …«, statt, vielleicht inzwischen schon etwas genervt, ihn aufzufordern: »Jetzt geh’ doch endlich auch mal aus dir raus und sag, was du willst.« Immer dann, wenn man meint, schon so viel versucht zu haben und doch nicht weiter zu kommen, also dann, wenn man »ein Problem« hat und beim besten Willen nichts Positives mehr entdecken kann, bietet sich die Methode des Umdeutens an: Eine Kollegin bittet darum, für eine bestimmte Klientin positive Umdeutungen zu erfinden.

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Jede Kollegin hat ein Blatt Papier vor sich mit zwei Spalten, in die linke trägt sie (nach Diktat der Kundin) unter der Überschrift »Die Klientin …« fünf bis sieben negative, unerwünschte und oder »nervende« Eigenschaften und Verhaltensweisen ein (wobei diese guten Gewissens etwas ungerecht, übertrieben und einseitig formuliert sein können): Die Klientin … ist immer unpünktlich. … wäscht sich nicht. … weiß immer alles besser. … fällt mir immer ins Wort. … versucht nicht einmal ansatzweise, etwas zu ändern. … beschwert sich bei Kollegen über mich.

Nachdem die Kolleginnen diese Liste erstellt haben, haben sie insgesamt (nicht mehr als) fünf Minuten Zeit, jeden Punkt möglichst so umzuformulieren, dass er einen positiven Sachverhalt beschreibt oder eine akzeptable Erklärung bietet (wobei sie sich nur auf den Satz selbst beziehen sollen und nicht auf weitere Informationen über diese Klientin). Diese Einzelarbeit erfolgt möglichst ohne Zwischengespräche, auf jeden Fall ohne irgendwelche Nachfragen. Gelegentlich lacht vielleicht jemand leise in sich hinein, was die Neugier der anderen erhöht und sie vielleicht nochmals anstachelt. Vielleicht kämpft jemand mit der knappen Zeit. Die Gesprächsleiterin kann darum bitten, auf jeden Fall zu jedem Punkt eine positive Umdeutung zu entwerfen, auch wenn diese nicht ganz passt. Nach Ablauf der Zeitvorgabe wird jeweils ein Ursprungssatz (»Die Klientin ist immer unpünktlich«) verlesen, anschließend trägt jede Teilnehmerin ihre Umdeutung vor, so dass man gedanklich folgen kann. Die Kundin hört einfach zu – sie bekommt anschließend, wenn sie will, die Notizen der Kolleginnen. Mögliche Umdeutungen könnten sein: – »Die Klientin ist immer unpünktlich«: … sie ist selbstbewusst; sie nimmt auf sich selbst Rücksicht; sie hat einen eigenen Umgang mit Zeit; sie kann sich immer durchringen, doch noch zu kommen … – »Die Klientin wäscht sich nicht«: … sie spart Wasser und Seife; sie handelt ökologisch; sie weiß, wie sie andere auf Distanz hält; sie legt Wert auf eine persönliche Note; sie glaubt an sich … – »Die Klientin weiß alles besser«: … sie ist von sich überzeugt; sie möchte nicht als schwach und dumm erscheinen; sie fühlt sich verantwortlich für ihre Belange; die Klientin ist stolz auf ihr Wissen … – »Die Klientin fällt mir immer ins Wort«: … sie weiß, wie sie zur Geltung kommt; sie lässt sich nicht von dir einschüchtern; sie versteht sich als Kundin und gleichberechtigte Partnerin …

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– »Die Klientin versucht nicht einmal ansatzweise, etwas zu ändern«: … sie weiß die Vorteile der bestehenden Situation zu schätzen; sie möchte sicher sein, nicht versehentlich negative Effekte hervorzurufen; sie möchte dir eine echte Herausforderung sein, es dir nicht zu leicht machen; sie hat Beharrungsvermögen … – »Die Klientin beschwert sich bei Kollegen über mich«: … sie ist interessiert, Feedback zu geben; sie möchte vorsichtig andeuten, dass sie den Sozialarbeiter wechseln will; sie hat noch Hoffnung, dass du dich ändern könntest; sie will für sich sorgen, aber dich nicht verletzen; sie kann ihre Bedürfnisse äußern …

Nicht alle dieser Umdeutungen werden für die Kollegin einleuchtend oder gar brauchbar sein. Einige wird sie vermutlich schon beim Hören wieder verwerfen. Bei einigen wenigen wird sie vielleicht denken »so könnte man das ja auch sehen«, und vielleicht bei einer oder zweien (mit etwas Übung und Erfahrung auch bei mehreren) wird sie denken: Das könnte ich mir vornehmen, in Erinnerung zu behalten für die nächste Begegnung mit der Klientin. Möglicherweise bekommt sie eine Idee, wie sie ihr begegnen kann, wie sie sie ansprechen oder wozu sie sie befragen kann, vielleicht fällt ihr eine humorvolle Bemerkung oder ein Kompliment ein. Es geht nicht darum, dass man Dinge oder Menschen positiv sehen müsste – manchmal will man das einfach nicht. Nur dann, wenn man die Idee bekommt, es könnte hilfreich sein, einen Klienten, bei dem man auf die negative, genervte Sichtweise eingefahren zu sein scheint, auch noch einmal anders sehen zu können, wird man die Kollegen um Unterstützung bitten.

An Stelle von … Das Team versetzt sich in eine Gruppe von Menschen mit bestimmten Berufen oder Rollen (Manager, Polizisten, Hippies, Künstler, Klientinnen), die das vom Team gewählte Thema vielleicht ganz anders angehen würden. Für eine Zeit von zehn oder 15 Minuten diskutieren sie ihr Thema aus diesen Rollen heraus: Wie würden Manager diesen »Fall« wohl diskutieren? Oder: Wie würden Klientinnen von uns sich zu diesem Fall äußern? Die Kollegin, die das Thema einbringt, kann entscheiden, welche Rollen die Teammitglieder einnehmen und setzt sich dann ein Stück zurück, um die Situation zu beobachten. Manche Teams nutzen »An Stelle von …«, um ein Anliegen einmal wieder ganz unstrukturiert anzugehen: Sie stellen sich einfach vor, sie säßen als Punks auf der Wiese und würden über das Anliegen, mit der einen Hand die Bierflasche haltend, mit der anderen den Hund streichelnd, miteinander sprechen.

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Auftragsklärung In Sozialarbeit, Therapie und Beratung haben wir es in aller Regel mit einer Vielzahl von Aufträgen zu tun, die an uns als Profis gerichtet sind: Wünsche, Erwartungen, Hoffnungen, Forderungen, denen wir uns ausgesetzt sehen und die wir vielleicht auch häufig gern erfüllen würden. Nicht nur Klientinnen und Klienten (»Helfen Sie mir, dass ich das auf die Reihe bekomme«, »Unterstützen Sie mich bei meinen Bemühungen«), ihre Angehörigen und Freunde haben Aufträge an uns (»Machen Sie sie wieder gesund«, »Sorgen Sie dafür, dass er sich zukünftig besser benimmt«, »Lassen Sie uns in Ruhe«), dann die Kostenträger und weitere Profis, die in die Angelegenheit involviert sind (Jugendamtmitarbeiterinnen, Lehrer, Polizisten, Richterinnen, Ärztinnen, Sozialarbeiterinnen etc.). Hinzu kommen Auftraggeber aus der eigenen Einrichtung: Teamkolleginnen (»Halte uns den Klienten vom Hals«), Vorgesetzte (»Schauen Sie, dass es keinen Anlass für öffentlichen Ärger gibt!«), Verwaltungschefs (»Auf keinen Fall entlassen: Wir müssen jeden Platz belegt halten!«) – und dann schließlich auch noch wir selbst (»Arbeite so gut wie möglich!«, »Verdirb es dir mit keinem!«). Bei der Vielzahl der Aufträge ist es nicht immer möglich, alle im Blick zu haben. Hinzu kommt vielleicht, dass sich einige widersprechen und gar nicht zugleich erfüllt werden können, manche kann und manche will ich vielleicht auch nicht erfüllen. Und schließlich liegen nicht alle Aufträge offen auf dem Tisch, manche sind unausgesprochen und von mir nur »erfühlt« – ohne dass ich immer gleich auf die Idee komme, einmal konkret nachzufragen, ob diese Erwartungen an mich, die ich zunächst vermute, auch tatsächlich bestehen. Die hier vorgestellte Methode der Auftragsklärung kann dabei helfen, diese Situation zu entwirren. Ziel ist es, dass sich die Kollegin, die beraten werden will, über die Erwartungen, Anliegen und Aufträge aller Beteiligten klar werden kann, um sich zu überlegen, welche Aufträge sie akzeptiert, welche sie ablehnt, welche sie anspricht und vielleicht neu verhandelt oder welche sie zunächst zurückstellt. Der Vorschlag, eine Auftragsklärung durchzuführen, kommt möglicherweise von außen: Manchmal kann man aus der Distanz eher erkennen, wenn eine Verwirrung über zu viele Aufträge oder eine Verstrickung durch den Versuch, sie alle mehr oder weniger gut zu erfüllen, vorliegt. Als Material werden eine Tafel oder ein Flipchart sowie verschiedenfarbige Stifte und eventuell Kärtchen benötigt. Zu Beginn lädt die Gesprächsleitung die Kundin ein, mit wenigen Sätzen die Situation zu schildern. Auf Nachfragen kann hier meistens ver-

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zichtet werden: Es geht nicht darum, dass das Team die Situation verstehen muss. Als Nächstes zeichnet die Gesprächsleitung in die Mitte der Tafel ein Symbol (Kreis oder Viereck) für die erzählende Kollegin oder den Kollegen und fragt sie, welche Personen in diesem Zusammenhang Aufträge an sie haben. Es ist sinnvoll, sich auf konkrete Personen zu beziehen und sie – nicht ihre Institution – einzuzeichnen, sie vertreten ja auch die Interessen der dahinter stehenden Institutionen: Nicht »das Jugendamt« hat einen Auftrag an mich, sondern die Kollegin Glück, der Kollege Fink oder aber der Amtsleiter Schönfeld. Die Gesprächsleiterin zeichnet diese Personen mit Symbolen und Namen in einem Kreis um die Kundin ein. Sie kann nachfragen, ob noch jemand als möglicher Auftraggeber in Frage kommt oder die Kollegen können Vorschläge unterbreiten, wer noch aufgenommen werden könnte. In einem nächsten Schritt formuliert die Kundin die Aufträge, die sie zu erhalten meint. Dabei unterscheidet sie nach »offenen Aufträgen«, von denen sie weiß, weil sie ihr gegenüber ausgesprochen wurden, und »verdeckten Aufträgen«, die sie lediglich vermutet oder von denen sie nur über Dritte weiß (es ist weniger wichtig, ob sie »wirklich« offen oder verdeckt sind, sondern wie die Kollegin sie in diesem Moment, eventuell auf Nachfrage, einschätzt). Sie beginnt mit dem Auftrag (und der Person), der/die ihr zuerst einfällt. Claudia möchte gern die Auftragslage im Zusammenhang mit der 17-jährigen Mandy reflektieren. Mandy lebt allein in einer Wohnung und wird von Claudia als Einzelhelferin begleitet. Auf die Frage, wer möglicherweise Auftraggeber sein könnten, nennt Claudia: Mandy, ihre Eltern, eine Nachbarin, Mandys Freund, die Abteilungsleiterin und zwei Kollegen von Claudia sowie die Lehrerin in der Berufsschule. Die Mitglieder des Teams schlagen zudem Mandys Großmutter vor (von der Claudia auch schon berichtet hat), was Claudia aber verneint. Den Hinweis, dass möglicherweise die Mitarbeiterin im Jugendamt, Frau Meininger, einen Auftrag an Claudia hat, greift Claudia auf, Frau Meiniger wird daraufhin noch eingezeichnet.

Die Gesprächsleitung zeichnet die Aufträge der Beteiligten auf der Tafel als Pfeile ein, wobei diese alle auf die Kundin in der Mitte zeigen, und nummeriert sie. Für offene und verdeckte Aufträge verwendet sie unterschiedliche Farben. Von einem weiteren Teammitglied wird jeder Auftrag auf jeweils ein Kärtchen (oder separates Flipchart) geschrieben, und zwar wörtlich, so wie die Kundin ihn formuliert hat. Die Gesprächsleitung sollte darauf achten, dass tatsächlich Aufträge formuliert werden und nicht Wünsche oder Gefühle. »Ich habe Angst« oder »Ich möchte wieder nach Hause« ist noch kein Auftrag. Laden Sie die Kundin ein, die Aufträge so zu formulieren,

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Abbildung 6: Offene und verdeckte Aufträge im Beispiel »Mandy«

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dass sie mit »Ich möchte, dass Sie …« oder »Sorgen Sie dafür, dass …« oder »Machen Sie, dass ….« beginnen. Sie sollten möglichst kurz und knapp und als Aufforderung präzisiert sein. Auch hier kann man offene und verdeckte Aufträge farblich unterscheiden. Es steht der Kundin frei, die Reihenfolge selbst zu wählen, sie kann entscheiden, welchen Auftrag sie als nächsten formuliert. Und die Gesprächsleitung wird darauf achten, dass das Team nicht für die Kundin formuliert oder ihr Formulierungen in den Mund legt. Ausnahme: Wenn der Kundin keine geeignete Formulierung für einen Auftrag einfällt, bittet sie das Team, fünf bis zehn Formulierungsvorschläge zu unterbreiten – so dass die Kundin sich mit einer eigenen Formulierung anschließend leichter tut. Nicht von allen Beteiligten, die ursprünglich eingezeichnet wurden, müssen Aufträge formuliert werden – und auch nicht alle Aufträge, die man von jemandem zu bekommen meint. Es genügt, sich auf die zu beschränken, die aktuell am wichtigsten zu sein scheinen. An dieser Stelle Perfektion und Vollständigkeit erreichen zu wollen, wird eher lähmend wirken (zumal es beides gar nicht geben kann, wie wir inzwischen wissen). Nach acht oder neun formulierten Aufträgen fragt die Gesprächsleitung auch noch nach den Aufträgen der Kollegin an sich selbst: »Jetzt haben wir acht Aufträge von anderen. Ich möchte dich noch fragen, welchen Auftrag oder welche Aufträge du an dich selbst hast?« Anschließend beendet sie die Sammelphase (es ist eine Frage der Zeit und der Praktikabilität, sich auf etwa zehn Aufträge zu begrenzen, wobei in der Regel diejenigen, die die Kundin am meisten beschäftigen, nun auch genannt sind). Die Gesprächsleitung heftet die Auftragskärtchen an eine Wand (einzeln, so dass sie später umgruppiert werden können) und lädt die Kundin ein, sich einen Moment zurückzulehnen und sich die Grafik mit den Aufträgen (und den Pfeilen, die alle auf sie zeigen) sowie die Aufträge auf den Karten zu betrachten. Vielleicht fällt ihr selbst etwas auf oder ein, womöglich möchte sie etwas kommentieren. Wenn sie einverstanden ist, werden anschließend die Teammitglieder gebeten, die Grafik und die Liste zu kommentieren: »Was fällt euch auf, wenn ihr das seht?« »An was erinnert euch das?« Im Moment sind noch keine Ratschläge und Tipps verlangt, sondern nur Beobachtungen und Kommentare zu den Beobachtungen. »Mir fällt auf, dass es viele offene Aufträge gibt.« »Mir fällt auf, dass sich da einige einmischen, von denen du vielleicht gar keinen Auftrag haben willst.« »Einige Aufträge scheinen sich zu widersprechen.«

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»Mich erinnert das an einen Jugendlichen, der auch nach außen jede Unterstützung abgelehnt hat, wo ich aber gleich das Gefühl hatte, der will, dass ich dran bleibe.«

Anschließend kann die Kundin entscheiden, ob sie noch mehr hören will – Ratschläge, Tipps, Ideen, Anregungen – oder nicht. Manchmal genügt der Überblick schon – und alles andere wäre zu viel. Andererseits brennen den Kolleginnen die guten Ideen und Anregungen vielleicht schon auf den Lippen, was man mit dieser Auftragslage anstellen könnte – und sie wollen sie auch loswerden. Wenn die Kundin einverstanden ist, können sie befragt werden: »Was würdet ihr an ihrer Stelle machen?« »Wie würdet ihr vorgehen oder was würdet ihr der Kollegin raten?« »An was würdet ihr gern erinnern, was man mit Aufträgen alles machen kann …« Wir tendieren dazu zu glauben, man müsste Aufträge immer ausführen und erledigen. Wenn wir jedoch bedenken, dass nicht nur wir Aufträge erhalten, sondern Aufträge in unserer Gesellschaft etwas Alltägliches sind – etwas bei der Bank, beim Klempner, bei der Spedition, beim Schreiner, aber auch in der Familie oder zwischen Ehepartnern, dann fällt uns auch wieder ein, dass man so unendlich viele Möglichkeiten für den Umgang mit Aufträgen hat: Wir können Aufträge annehmen, ablehnen, ausführen, zurückweisen, vergessen, zurückstellen, verschieben, sofort und vordringlich erledigen, sammeln, sortieren (nach Wichtigkeit, nach Dringlichkeit, nach Leichtigoder Schwierigkeit, nach Umfang, nach Auftraggeber), vergessen, vernachlässigen, nachfragen, neu verhandeln, delegieren, missverstehen, uns bestätigen lassen, ignorieren und so weiter. Dementsprechend kann die eine oder andere der folgenden Fragen bei der Auftragsklärung hilfreich sein, sobald man sich einen Überblick über die wichtigsten Aufträge in Form einer Skizze verschafft hat: – Was fällt mir (oder anderen) auf? – Wo sollte ich noch einmal genauer nachfragen, wie der Auftrag an mich lautet? – Welche Anliegen will/kann/muss/darf ich annehmen, welche nicht? – Welche Anliegen will/muss/kann ich zurückweisen oder an andere weiter verweisen? – Wo sollte ich meine Möglichkeiten nochmals darstellen und erläutern? – In welcher Reihenfolge und nach welchen Kriterien kann ich weiter vorgehen? – Wie kann ich nun mit den potenziellen Auftraggebern über einzelne Aufträge verhandeln? – Welche der Aufträge könnte ich ignorieren, vergessen, vernachlässigen?

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Die Kärtchen mit den formulierten Aufträgen (Abb. 6) können jetzt sortiert werden: Welche Aufträge sind dringend? Welche Aufträge will ich noch einmal verhandeln? Welche Aufträge will ich ablehnen, welche zunächst zurückstellen? Der Vorteil dieser Methode liegt darin, dass die im Kopf des Kunden herumschwirrenden Aufträge ausgesprochen und sortiert werden. Häufig sind viele Kolleginnen nach der Auftragsklärung überrascht, wie viele Aufträge sie doch haben – und wie viele davon miteinander unvereinbar sind oder sich geradezu widersprechen. Als wichtig wird die Ausformulierung empfunden, die Übersetzung der diffusen Vorstellungen in einen präzisen, kurz gefassten Satz. Ebenso bringt die Aufforderung, den Auftrag nach »offen« und »verdeckt« zu charakterisieren, manchmal die überraschende Erkenntnis: Stimmt eigentlich, das vermute ich bislang nur.

VIP-Karten »Die Landkarte ist nicht die Landschaft.« Alfred Korzybski, Science and Sanity, 1933, S. 58

Karten bieten die Möglichkeit, sich über etwas einen Überblick zu verschaffen, miteinander ins Gespräch zu kommen oder sich einfach neugieriger und interessierter zu machen. Sie können Grundlage sein, um Hypothesen zu bilden oder um Fragen zu entwickeln und zu stellen. Die bekannteste Karte ist im familientherapeutischen Bereich das Genogramm (vgl. von Schlippe u. Schweitzer 1996, S. 130ff.) – die Darstellung einer Familie anhand eines Stammbaumes, ergänzt um Informationen, die in der jeweiligen Situation als wichtig erachtet werden (Fähigkeiten, Berufe, Krankheiten etc.). Auch in kollegialen Beratungen wird ein Genogramm an der Tafel oder auf dem Flipchart manchmal unterstützend herangezogen. In der Sozialen Arbeit wird man allerdings häufig nicht allein die nahen Verwandten als wichtige Bezugspersonen betrachten, so dass sich hier die VIP-Karte anbietet, ein Instrument, das in unterschiedlichen Formen (u. a. als »Netzwerkkarte« vgl. Bullinger u. Nowak 1998; Möbius u. Klawe 2003) bereits Anwendung findet. (Der Begriff »Netzwerkkarte« erscheint mir allerdings nicht ganz zutreffend, da es sich nicht immer um ein Netzwerk handelt und auch nicht in jedem Fall ein solches angestrebt werden kann und soll.) Auf der VIP-Karte werden die »Very Important Persons«, die für den Klienten sehr wichtigen Menschen eingezeichnet und sozusagen in einer »VIP-Lounge« versammelt. Neben den Familienmitgliedern kön-

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nen hier auch Freunde und Freundinnen, Arbeitskollegen oder Mitschüler sowie professionelle Helferinnen als Beteiligte gewürdigt, grafisch erfasst und damit auch als potenzielle Ressourcen herangezogen werden. Und schließlich kann die VIP-Karte Grundlage für die kollegiale Beratung sein (vgl. ausführlich Herwig-Lempp 2009). Diese Karte kann man gemeinsam mit dem Klienten erstellen – oder für sich allein als Reflexionsinstrument, indem man sich fragt, wer die wichtigsten Personen im Leben des Klienten sind. Sowohl beim Erfragen und Überlegen, wer wohl zu dieser Gruppe gehört, als auch bei anschließenden Nachfragen nach der jeweiligen Bedeutung verliert man sie nicht so leicht aus den Augen. Eine einfache VIP-Karte besteht aus vier Feldern, in deren Mitte die Hauptperson (»HP«, die Klientin oder der Klient, um die es geht) mit einem Symbol, Kreis oder Quadrat wie beim Genogramm auch, eingezeichnet ist (vgl. Abb. 7). Nun wird jedes der vier Felder einer Personengruppe zugeordnet (z. B. Familie, Freunde, Arbeit/Schule, professionelle Helfer/innen), der für den Betroffenen von Bedeutung zu sein scheint. Anschließend zeichnet man die jeweils fünf bis sieben wichtigsten Menschen dieses Bereichs mit Symbolen (Kreis für weiblich, Quadrat für männlich) und Namen ein – oder man legt sie zunächst mit Münzen oder kleinen Figuren, bevor man sie mit dem Stift »fixiert«. Dabei kann die Wichtigkeit der Personen, ähnlich wie beim Familienbrett, durch Nähe oder Ferne, in der sie zu der Hauptperson gezeichnet werden, ausgedrückt werden. Die vorgegebenen Felder und ihre Bezeichnungen sind eine Aufforderung, in dem jeweiligen Bereich genauer nachzufragen und zu suchen. Die Beschränkung auf fünf bis sieben Personen je Feld dient der Übersichtlichkeit – und ist zugleich Erinnerung daran, dass es nicht möglich wäre, »wirklich alle« oder »alle wirklich« wichtigen Personen zu erfassen – wird dies doch von Person zu Person und von Zeit zu Zeit unterschiedlich eingeschätzt. Die VIP-Karte wird dann mit dem aktuellen Datum und den Namen der beim Erstellen beteiligten Personen versehen, damit deutlich wird, dass es sich nicht um eine »objektive«, dauerhafte und unveränderliche Beschreibung handelt. In der Teamberatung lässt sich eine VIP-Karte als Grundlage zur kollegialen Reflexion verwenden, in dem die Kollegin sie auf einer Tafel oder einem großen Bogen Papier vorbereitet und als Ergänzung zu ihrer Erzählung präsentiert. Anschließend werden die Kolleginnen gebeten, ihre Beobachtungen in kurzen Sätzen zu formulieren (»Mir fällt auf, dass zwar viele Familienmitglieder vorkommen, es aber keine Freunde zu geben scheint.«

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Teamberatung

FAMILIE

FREUNDE

HP

PROFIS

ARBEIT/AUSBILDUNG

Abbildung 7: Die VIP-Karte

»Mir fällt auf, dass sehr viele Profis eingezeichnet sind.« »Mir fällt auf, dass bei Freunden, Familie und Beruf nur Frauen eingezeichnet sind – und alle Profis Männer sind.«). Um eine Vielzahl von Beobachtungen zu erhalten, kann die Gesprächsführung darum bitten, dass möglichst jede zumindest eine Beobachtung mitteilt (denn »man kann nicht nichtbeobachten«, so dass jeder etwas beobachtet). In Teams, in denen die VIP-Karte einer Klientin dargestellt wird, von der schon öfter berichtet wurde, fällt manchmal auf, dass völlig überraschend (noch) ganz andere Menschen als bisher ins Blickfeld geraten. In einer zweiten Runde haben die Kolleginnen die Möglichkeiten, Hypothesen zu bilden: über weitere Ressourcen, noch nicht entdeckte »VIPs«, Perspektiven zur Einbeziehung einzelner Personen in den Veränderungsprozess. Oder sie können Fragen stellen (und dabei auch, wenn sie wollen, das zirkuläre Fragen praktizieren): »Gibt es im nicht-professionellen Bereich wirklich nur Frauen?« »Wie hätte die Ehefrau des Klienten dessen Netzwerkkarte wohl gezeichnet?« »Welche Profis könnte man noch heranziehen

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Methoden III: Gegenseitige Information

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– welche weglassen?« »Wer könnte die größte Unterstützung geben?« »Wen sähe der Klient gern noch näher bei sich?« Diese Fragen können/brauchen von der Kollegin nicht unbedingt beantwortet werden, manchmal regen sie dazu an, sie beim nächsten Treffen mit dem Klienten zu stellen und noch einmal neugierig nachzufragen. Die VIP-Karte ist nicht nur in der kollegialen Beratung ein nützliches Instrument, so lange man nicht an ihre »Objektivität« zu glauben beginnt, sondern sie als ein kleines Werkzeug betrachtet, das man in seiner Form und Anwendung auch dem aktuellen Bedarf anpassen kann, etwa wenn man (beim Fehlen von beruflichen oder schulischen Kontexten) stattdessen eine zweite Rubrik »Freunde« einführt, wobei man die beiden Felder in »Freunde außerhalb der stationären Einrichtung« und »Freunde in der stationären Einrichtung« unterteilt. VIP-Karten sind eine weitere Möglichkeit, um unter Kollegen als auch mit Klientinnen auf eine andere Art wieder ins Gespräch zu kommen und hinzuschauen – und dienen somit der Perspektivenerweiterung. Innerhalb der systemischen Sozialarbeit wird dieses Instrument zukünftig sicherlich noch größere Bedeutung erhalten. Übung Betrachten Sie Abbildung 8, die die VIP-Karte zeigt, die Frau Gehr, eine Sozialarbeiterin, mit der 17-jährigen Monika, Teilnehmerin am Berufsvorbereitungsjahr (BVJ), erstellt hat: Notieren Sie – ohne sonst etwas über diese Menschen etwas zu wissen – sieben Beobachtungen oder Punkte, die Ihnen auffallen, und entwickeln Sie fünf Fragen, die Sie der Sozialarbeiterin oder der Schülerin stellen könnten.

Methoden III: Gegenseitige Information In Teams besteht zuweilen die Gefahr, dass man nicht genügend voneinander mitbekommt: Ich weiß zu wenig darüber, wie meine Kolleginnen arbeiten (wenn sie nicht im Team sind), was sie beschäftigt, wie sie in ihrem professionellen Kontext bestimmte Fragen und Probleme lösen – etwa in Beratungsstellen, in denen in der Regel jeder seine Klienten hinter verschlossener Tür berät, oder in der Familienhilfe, wo während des größten Teils der Arbeitszeit jeder in »seine Familien« geht und damit für die Kolleginnen unsichtbar ist. Dies gilt aber auch für das Team der Abteilungsleiterinnen, das sich nur einmal wöchentlich zur Dienstberatung zusammenfindet. Um

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Teamberatung

FAMILIE

FREUNDE Bruder (21)

Vater

Eva (18)

Mutter Jutta (17)

Schwester (16)

Andrea (18)

Oma

HP Mitschüler (16/17)

Hausärztin

Fachlehrer Arbeitsberaterin

PROFIS

Frau Gehr

ARBEIT/AUSBILDUNG

Abbildung 8: Die VIP-Karte von Monika

zu vermeiden, dass man sich auch hier immer nur mit den Problemfällen, den Schwierigkeiten und den dringenden Anliegen beschäftigt, kann man vereinbaren, einen (mehr oder minder umfangreichen) Teil der Teamsitzungen dafür zu verwenden, sich gegenseitig darüber zu informieren, was man gerade macht, woran man arbeitet oder was die aktuellen Fragestellungen sind. Hilfreich kann es sein, diesen Austausch über den Arbeitsalltag vorzustrukturieren – das beginnt damit, dass man vereinbart, sich über die Normalität gegenseitig zu informieren, das kann aber auch einschließen, sich über das Wie dieses Austauschs zu verständigen. Sonderformen sind Kurzinformationen über offene Probleme und Fragen sowie über Rückmeldungen zu Teamberatungen durch die Kolleg(inn)en in früheren Sitzungen.

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Methoden III: Gegenseitige Information

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Rückmeldungen zur letzten Teamberatung Eigentlich eine Selbstverständlichkeit: Zu Beginn einer Teamberatungssitzung berichten die Kolleg(inn)en, die während der letzten Sitzung Anliegen vorgetragen haben und beraten wurden, wie es ihnen damit ergangen ist. Diese Rückmeldungen können zeitlich begrenzt sein, und vielleicht kann die Gesprächsführung daran erinnern, dass es auf folgende Punkte ankommen kann: kurze Erinnerung an die Fragestellung, an Methode und Inhalt der Beratung und vor allem einen Überblick darüber, wie die Kollegin mit dem, was sie an Beratung erfahren hat, umgegangen ist, was sie davon verwerten konnte, was sie selbst Neues entdeckt hat. Je nachdem, wie viel Zeit sie für ihre Rückmeldung benötigt hat, kann die Gesprächsleitung noch kurze Nachfragen zulassen. Beispiele für Rückmeldungen zu Beginn einer Teamberatungssitzung: Günter: »Ihr habt mit mir in der vorletzten Sitzung eine Auftragsklärung durchgeführt. Es ging unter anderem darum, dass ich vermutet hatte, die Großeltern von M. würden mir einen heimlichen Auftrag geben. Ich habe mich in dieser Woche durchgerungen, zu ihnen zu gehen und sie einfach zu fragen, was sie sich von mir erwarten. Es stellte sich heraus, dass sie tatsächlich hoffen, ich möge wieder einen engeren Kontakt zu ihrer Schwiegertochter herstellen. Ich habe ihnen erklärt, dass dies nicht in meinen Möglichkeiten steht und ich dies auch nicht versuchen werde.« Monika: »Ich hatte beim letzten Mal Umdeutungen gewünscht für eine Klientin, die sich nicht wäscht und furchtbar stinkt. Ich wollte nur sagen, dass ich mich jetzt mit Hilfe der Umdeutung, dass sie sich dadurch Menschen auf Distanz halten kann, es endlich einmal geschafft habe, sie darauf anzusprechen. Sie war etwas verblüfft, hat dann aber schnell wieder abgelenkt – und ich hab mich auch nicht mehr getraut, beim Thema zu bleiben – aber immerhin.« Helmut: »Die Beratung in Bezug auf Hypothesen, was mit meinem Jugendlichen in zwei Jahren los sein wird, hat mir doch nichts gebracht. Ich bin nach wie vor ratlos. Vielleicht könnt ihr mich heute noch einmal dazu beraten.«

Strukturierte Kurzberichte Strukturierte Kurzberichte sind eine einfache Möglichkeit, wie man sich innerhalb eines Teams kurz und knapp gegenseitig informieren kann. Vereinbart wird, dass jeder etwas aus seinem Arbeitsalltag berichtet. Dies muss sich nicht auf Ausnahme- oder Notfälle beschränken, sondern kann sich ausdrücklich auch auf die tägliche Routine beziehen. Dies kann ein bestimmtes Thema (»meine Teilnahme an der Arbeitsgruppe X«, »meine letzte Fortbildung«, »die Freizeitgruppe«) sein, eine bestimmte Klientin, eine spezielle Situation (»mein letzter Hausbesuch«) oder auch ein allge-

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Teamberatung

meiner Überblick (»mein Arbeitsalltag«). Die Gesprächsführung kann dazu einladen, die Erzählung zu strukturieren, indem sie (gemeinsam mit dem Team) einige Punkte vorgibt, auf die die Erzählerin eingehen sollte, und diese auf eine Tafel schreibt. In der Regel wird man sich auf vier bis sechs Vorgaben aus einer solchen Liste einigen: – eine wichtige Information, – ein beiläufiger, eher nebensächlicher Aspekt, – etwas Lustiges oder etwas Trauriges, – eine wichtige Erfahrung, die als Tipp an die Kolleginnen weitergegeben werden kann, – einen Erfolg, also etwas, was ihr gelungen ist, – ein Kompliment an jemanden (Klientin/Kollege, sich selbst etc.), – eine Einschätzung auf einer selbst gestalteten Skala (»Auf einer Skala von 1 bis 10, wobei 1 für … steht und 10 für … steht, liegt meine aktuelle Einschätzung bei …«), – die Präsentation einer Skizze (Genogramm, Organigramm, Soziogramm etc.) zur Verdeutlichung, – eine Frage an eine Kollegin (die von dieser auch beantwortet wird). Diese Strukturierung bietet die Möglichkeit, die eigene Erzählung neu zu gestalten und selbst überraschende Aspekte darin zu entdecken. Wichtiges Prinzip bei dieser Methode ist die Beschränkung auf einige (eine vorab genau festgelegte Anzahl) ausgewählte Punkte, die durch die Gesprächsführung oder die Vortragende selbst getroffen wird. Die überraschend positive Erfahrung kann, wie bei so vielen anderen Methoden, nur durch direktes Ausprobieren und Miterleben gemacht werden. So erscheint der zweite in der Liste genannte Punkt, »etwas Nebensächliches«, völlig absurd und unnötig: Wenn man sich einmal bemüht hat, tatsächlich etwas Nebensächliches auszusuchen und zu berichten, kann man an sich selbst oder an seinen Teammitgliedern erleben, dass diese Information durchaus Bedeutung erlangen kann, auch wenn sie natürlich weiterhin »nebensächlich« ist. Beispiel: Susanne: »Ich möchte kurz von meinem Klienten, Herrn Marber, berichten, den ich ja jetzt seit sechs Monaten in seiner Wohngruppe begleite.« Gesprächsführung: »Dann bitte ich dich, jeweils zu dem Punkt, den ich dir nenne, etwas zu erzählen. – 1. Eine wichtige Information.« Susanne: »Die wichtigste Information ist vielleicht, dass Herr Marber völlig unauffällig ist und sich in den letzten Monaten nichts verändert hat.« Gesprächsführung: »2. Eine Nebensächlichkeit.«

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Methoden III: Gegenseitige Information

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Susanne: [stockt] »Etwas Nebensächliches … Herr Marber war letzte Woche das erste Mal allein zu einem Bundesligaspiel im Stadion.« Gesprächsführung: »3. Einen Tipp an eine Kollegin.« Susanne: »Ein Tipp könnte sein, dass man mit stillen Klienten sehr geduldig sein muss und sie besser nicht zu sehr drängt. Das hat sich bei Herrn Marber sehr gelohnt, dass ich nicht gedrängelt habe.« Gesprächsleitung: »4. Auf einer Skala …« Susanne: »Auf einer Skala von 1 bis 10, wobei 1 für unzufrieden steht und 10 für sehr zufrieden, liegt meine Einschätzung der Entwicklung von Herrn Marber bei 7.« Gesprächsleitung: »5. Ein Kompliment?« Susanne: »Ich mache mir ein Kompliment, dass ich mit Herrn Marber so geduldig bin.« Gesprächsleitung: »Wunderbar, das hast du offensichtlich verdient. Vielen Dank für deine Informationen.«

Skalierungsfragen Skalierungsfragen sind ein einfaches Instrument des systemischen Arbeitens, mit dem sich auf unkomplizierte Weise Einstellungen und momentane Einschätzungen erstellen lassen, die dann Grundlage weiterer lösungsorientierter Nachfragen sein können. Beispiele für Skalierungsfragen: – Auf einer Skala von 0 bis 10, wobei 0 heißt »vernachlässigbar« und 10 heißt »sehr schwerwiegend«: Wie schätzt du das Problem von Frau Bohlen ein? – Auf der gleichen Skala: Was denkst du, wie würde Frau Bohlen das Problem einschätzen? – Was müsste passieren, damit du das Problem um einen Punkt weniger schwerwiegend einschätzt? – Auf einer Skala von 0 bis 10, wobei 0 für »hoffnungslos« und 10 für »absolut sicher« steht: Wie schätzt du die Wahrscheinlichkeit ein, dass sich unsere Teamarbeit innerhalb des nächsten Jahres verbessern wird? – Wenn deine Einschätzung »4« ist: Was wäre anders in unserem Team und in unserer Zusammenarbeit, wenn deine Einschätzung »3« gewesen wäre? – Was könnten andere dazu beitragen, damit deine Einschätzung auf »5« steigen würde?

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– Auf einer Skala von 0 bis 10, wobei 0 für »sehr schlecht« und 10 für »sehr gut« steht: Wie gut schätzt du unsere Teamarbeit ein? – Was würdest du anders machen, wenn du zu einer um einen Punkt besseren Einschätzung kommen könntest? Skalierungsfragen erlauben zunächst sehr schnelle und doch differenzierte Antworten, die sich nicht auf »gut oder schlecht« beschränken. Im weiteren Gespräch können die Ausgangszahlen dann als Grundlage für ausführlichere Beschreibungen, auch von Details, genommen werden (vgl. Berg u. de Shazer 1993).

Routinierte Meldungen Die Vereinbarung wird getroffen, dass zu Beginn der Dienstberatung jede Teilnehmerin (oder nur diejenigen, die wollen) einen Drei-Minuten-Bericht über die gegenwärtige Routinesituation gibt: Was ist der Alltag, wie sieht in ihrem Arbeitsbereich gegenwärtig die Routine aus, worin besteht die Normalität ihrer gegenwärtigen Situation? Dies kann nicht nur durch die Zeit (drei Minuten) begrenzt sein, sondern auch durch weitere Vorgaben, etwa den Vorschlag, einen normalen Arbeitsalltag im Überblick zu schildern oder für jeden Tag der Woche ein »normales« Ereignis kurz zu erzählen. Vielleicht erscheint dieser Vorschlag – wie manche andere auch – zunächst eher banal. Die interessanten Feinheiten wird man erst dann erkennen können, wenn man dieses Vorgehen mehrmals ausprobiert hat. Und wenn man sich auch nicht vor Wiederholungen scheut: Manchmal scheint man ja durchaus ähnliche Abläufe zu haben. Ob aber etwas gleich oder ähnlich oder doch ganz verschieden ist, ist – systemisch gesehen – eine Frage des Beobachters, seines Standpunkts und seines Maßstabs. Es kann interessant und nützlich sein, gemeinsam im Team die Unterschiede im scheinbar Gleichen zu entdecken.

Übrig gebliebene Fragen und Probleme Nicht alle Fragen, Anliegen und Probleme können in einer Teamberatung angesprochen werden. Warum nicht alles angesprochen wird, was angesprochen werden könnte, dafür gibt es viele gute Gründe, die alle ihre Berechtigung haben (zum Beispiel fehlende Zeit, fehlende Vorbereitung

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Methoden IV: Erfolge auswerten

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für die Vorstellung des Anliegens, Unklarheit über die eigene Fragestellung, Schüchternheit, Rücksichtnahme auf Kolleginnen mit dringenderen Anliegen, Sorge vor Blamage, Vergessen, Wunsch nach Ruhe statt nach Engagement als Kundin in einer Teamsitzung). Aber es ist möglich, dass man sich gegenseitig zumindest darüber informiert, welche Anliegen man gehabt hätte, sofern es nicht gute Gründe gegeben hätte, sie nicht zum Thema werden zu lassen. Wenn ein Team die kollegiale Beratung neu einführt, ist es möglich, dass es in der ersten Zeit wenige Anliegen gibt, die für die Beratung vorgetragen werden. Hier kann es eine hilfreiche Übung sein, dass zu Beginn jedes Teammitglied wenigstens drei Anliegen vorstellen soll, die es vorstellen könnte – ohne Verpflichtung allerdings, diese Themen dann auch tatsächlich vorzutragen.

Methoden IV: Erfolge auswerten Dies ist die Geschichte von einem Grafen, der sehr, sehr alt wurde, weil er ein Lebensgenießer par excellence war: Er verließ niemals das Haus, ohne sich zuvor eine Hand voll Bohnen einzustecken. Er tat dies nicht etwa, um die Bohnen zu kauen. Nein, er nahm sie mit, um so die schönen Momente des Tages bewusster wahrzunehmen und um sie besser zählen zu können. Jede positive Kleinigkeit, die er tagsüber erlebte – zum Beispiel einen fröhlichen Plausch auf der Straße, das Lachen seiner Frau, ein köstliches Mahl, eine feine Zigarre, einen schattigen Platz in der Mittagshitze, ein Glas guten Weins –, für alles, was die Sinne erfreute, ließ er eine Bohne von der rechten in die linke Jackentasche wandern. Manchmal waren es gleich zwei oder drei. Abends saß er dann zu Hause und zählte die Bohnen aus der linken Tasche. Er zelebrierte diese Minuten. So führte er sich vor Augen, wie viel Schönes ihm an diesem Tag widerfahren war, und freute sich. Und sogar an einem Abend, an dem er bloß eine Bohne zählte, war der Tag gelungen – hatte es sich zu leben gelohnt. (Quelle unbekannt)

Der Möglichkeit, Erfolge auszuwerten, wird hier besonderer Raum eingeräumt – ganz einfach, weil sie eine Variante der kollegialen Beratung darstellt, die besonders leicht vergessen und übersehen wird. Wir sind natürlich, mehr oder weniger gern, aber eben doch bereit, unseren Vorgesetzten und Kolleginnen von Fehlern und Missgeschicken zu erzählen, die uns

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passieren, sei es, weil wir uns verpflichtet fühlen, sie offen zu legen, sei es, weil wir uns Hilfe und Unterstützung (oder zumindest Absicherung und Rückendeckung) erhoffen, um sie auszubessern oder um sie zumindest beim nächsten Mal vermeiden zu können. Mit Erfolgen passiert uns das in aller Regel nicht. Da sind wir vorsichtiger, verschwiegener – oder auch nur bescheidener. Wir finden es häufig nicht der Rede wert, uns mit unseren Erfolgen zu beschäftigen, sie zu thematisieren, unseren Kolleginnen davon zu erzählen und sie ihnen dadurch zugänglich zu machen. Dabei gibt es eine ganze Reihe von guten Gründen, unser Licht nicht unter den Scheffel zu stellen, uns unserer Erfolge und gelungenen Handlungen zu erinnern und unseren Kolleginnen davon zu erzählen, ja, uns von ihnen dazu befragen zu lassen. Unmittelbar einleuchtend ist sicherlich, dass es ein »schönes Gefühl« ist, von dem zu erzählen, was einem gelungen ist, vor allem dann, wenn die anderen sich danach erkundigen und diese Erfolge auch positiv kommentieren. Allerdings sind für die meisten von uns »schöne Gefühle« noch lange kein Grund, sie im Arbeitskontext hervorrufen zu wollen, selbst wenn wir uns bewusst sind, dass sie die Motivation erhöhen können: Wenn ich mich wohl fühle, weil ich stolz bin auf das, was mir gelungen ist, wenn ich weiß, dass ich an einem bestimmten Punkt besonders gut gearbeitet habe, dann gehe ich vielleicht auch lieber an die nächsten schwierigen Situationen heran – und meistere sie unter Umständen deshalb besser, weil ich mich mutig genug fühlte, sie anzugehen. Ganz nebenbei habe ich mehr Spaß an meiner Arbeit, wenn ich erkennen kann, dass ich sie gut mache und ich darin erfolgreich bin. (Ich könnte, wenn ich mir über meine Erfolge im Klaren bin, wenn ich weiß, worin ich gut bin, auch versuchen, mich verstärkt gerade in den Bereichen zu engagieren, in denen ich besser und erfolgreicher arbeite.)

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Methoden IV: Erfolge auswerten

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Übung Überlegen Sie sich drei Situationen, in denen Sie innerhalb der letzten drei Tage »gut gearbeitet« haben, in denen Sie erfolgreich waren, in denen Ihnen etwas gelungen ist, bei denen Sie einen kleinen oder großen Erfolg errungen haben. Notieren Sie zu jedem Erfolg zwei oder drei Stichworte. Falls es Ihnen schwer fällt, sich an eine erfolgreiche Situation zu erinnern, überlegen Sie sich, welche Situationen wohl Ihren Kolleginnen oder Ihren Klienten einfallen würden, in denen sie Sie als kompetent erlebt haben. (Sie können auch den »kleinen Mann im Ohr«, der Ihnen einzuflüstern versucht, »das war doch gar kein Erfolg« oder »mach dich nicht lächerlich« oder »das ist doch selbstverständlich« oder »das kann doch jeder«, bitten, für diese eine Übung still zu sein und Sie nicht durcheinander zu bringen.) Tatsächlich haben wir in unserer Arbeit viel mehr Erfolg, als wir realisieren. Wir übersehen gern unsere Erfolge, wir erkennen gar nicht mehr, was uns alles gelingt – weil wir es für selbstverständlich halten, aber auch weil wir den Blick dafür verloren haben. Wenn wir den Blick dafür wieder schärfen könnten, wenn es uns gelänge, das zu würdigen und Wert zu schätzen, was wir gut oder sogar hervorragend machen, dann wären wir auch in der Lage, diese Erfolge zu nutzen: Wir könnten aus ihnen lernen, wir könnten sie als Vorbild nehmen für Situationen, in denen wir ratlos sind oder in denen wir Unterstützung benötigen. Solange wir – aufgrund mangelnder Sensibilität und Wahrnehmung – uns aber nicht einmal an unsere Erfolge erinnern, können wir sie auch nicht wieder verwerten. Hinzu kommt, dass es sich hier um unsere Arbeit handelt, für die wir bezahlt werden. Nicht nur wir selbst, auch unsere Arbeitgeber, die Kostenträger und auch unsere Klientinnen haben die Erwartung, dass wir möglichst gute Arbeit leisten. Professionell sein zu wollen heißt auch, dass wir versuchen, dies zu erreichen: möglichst gut und möglichst erfolgreich zu arbeiten. Wenn uns dies misslingt, wenn wir nicht das gewünschte und angestrebte Ergebnis erreichen, denken wir selbstverständlich darüber nach, was wir anders machen können, wie wir das nächste Mal besser werden können. Sofern wir erfolgreich sind, sehen wir uns häufig kaum in der Lage, diese Erfolge würdigen und auskosten zu können. Nicht selten schreiben wir sie nicht einmal uns selbst zu. So kann jemand lange ein schwieriges Gespräch mit einem Klienten, dessen Ehefrau und dem Hausarzt vorbereiten: Wenn es dann stattfindet und es besser als erwartet läuft, wird er womöglich den eigenen Anteil am Erfolg nicht einmal mehr benennen: »Das liegt daran, dass der Arzt so kooperativ war und der Klient ausnahmsweise nüchtern

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war, und überhaupt war es ein guter Tag.« Professionalität zeigt sich, so können wir jedoch auch schließen, unter anderem daran, inwieweit man fähig ist, die eigenen Erfolge, die geleistete gute Arbeit, das Erreichen der angestrebten Ziele und Ergebnisse zu reflektieren und zu würdigen. Damit wird das Sprechen über Erfolge, das systematische Erinnern und Analysieren von erfolgreich bewältigten Situationen zu einem Element von »Qualitätssicherung«: Wir reflektieren das, was wir gemacht haben und was uns gelungen ist, daraufhin, wie es uns das gelungen ist – um eine Wiederholung und Nutzung dieser Ressourcen in ähnlichen Situationen zu ermöglichen. Dies gilt zunächst dafür, wenn wir für uns selbst die Erfolge auswerten – aber auch dann, wenn wir unseren Kolleginnen davon erzählen, wenn wir ihnen die Möglichkeit geben, von uns zu lernen (was hier in Ihren Augen vielleicht schon wieder ein wenig »zu selbstbewusst« und »zu sehr von sich selbst eingenommen« aussieht, sollte für gute Teams eigentlich selbstverständlich sein: die bei jedem einzelnen Teammitglied vorhandenen Ressourcen gemeinsam nutzen zu wollen). Wenn wir über das sprechen, von dem wir denken, dass wir es gut gemacht haben, dann können auch andere davon Nutzen haben, indem sie die Möglichkeit bekommen, es nachzumachen oder weitere eigene Ideen daraus zu entwickeln. Damit bekommt aber ein Sprechen über Erfolge im Team eine wesentlich wichtigere Bedeutung als nur die kollektive Erzeugung eines guten Gefühls: Es wird zu einem wesentlichen Bestandteil des Qualitätssicherungsprozesses – so wie andere, uns vertrautere Instrumente wie Fehleranalyse oder Kundenbefragung. Somit ist das Sprechen über Erfolge eine methodische Umsetzung des zunächst nur abstrakten Prinzips der »Ressourcenorientierung« (das viele Einrichtungen ja als Prinzip gegenüber ihren Klientinnen und manchmal auch für die Teamarbeit konzeptionell festgeschrieben haben). Natürlich können wir Erfolge immer auch als Ressourcen verstehen. Gerade dann, wenn man in Teamberatungen und Fallbesprechungen vor allem Probleme und Schwierigkeiten in den Vordergrund stellt, kann es ein nützliche Idee sein, sich auch einmal den Erfolgen zu widmen. Hierfür haben wir einige Methoden entwickelt, von denen der Gesprächsleitfaden »Erfolge auswerten« vermutlich für die Teams, für die das Sprechen über die eigenen Erfolge eher neu ist, am hilfreichsten ist – einfach deshalb, weil er das Vorgehen klar strukturiert, weshalb er hier auch am ausführlichsten vorgestellt wird (vgl. auch Herwig-Lempp 2000a, b).

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Methoden IV: Erfolge auswerten

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Gesprächsleitfaden »Erfolge auswerten« Der Anlass für das Sprechen über Erfolge kann ein Bericht einer Kollegin sein, dass ihr etwas gelungen ist oder dass sie mit sich in einer bestimmten Situation zufrieden ist: »Das Gespräch mit Frau Berger war viel besser, als ich dachte.« »Der Ausflug mit der Klasse in den Zoo war wirklich schön.« »Ich finde, dass ich die Krise in der von mir betreuten Wohngruppe wirklich gut aufgefangen habe.« Oder es kann die Einleitung durch eine Frage wie »Welcher Erfolg fällt dir aus der letzten Woche ein?«, »Was ist dir denn in der letzten Zeit besonders gut gelungen?«, »Wärst du so nett, mir ein kleines Erfolgserlebnis aus deiner Arbeit zu erzählen?« oder »Was war heute gut bei deiner Arbeit?«. Meist wird unmittelbar deutlich, worin für den Erzähler der Erfolg besteht, manchmal kann man aber auch nachfragen, insbesondere dann, wenn mehrere Erfolge erkennbar sind: »Worin besteht für dich dein Erfolg?« oder »Was ist dir der wichtigste von diesen Erfolgen?« Möglicherweise kann man als Gesprächspartner diesen Erfolg positiv kommentieren (»Tatsächlich, das ist ein schöner Erfolg!« »Super!« »Das kann ich gut verstehen, dass du dich darüber freust.« »Das ist dir wirklich gut gelungen!« etc.), bevor man nachzufragen beginnt. Gesprächsleitfaden: Erfolge auswerten – um sie zu nutzen Nach den Erfolgen fragen – Wann warst du kürzlich mit dir und deiner Arbeit zufrieden? – Welche erfreuliche Situation hast du in letzter Zeit erlebt? – Was ist dir gelungen? Schildere ein Beispiel. – Erzähle kurz von einem Erfolgserlebnis aus der letzten Zeit. – Verwende nicht mehr als drei oder vier Sätze. – Worin besteht für dich der Erfolg? Fragen nach dem eigenen Beitrag – Wie hast du das gemacht? – Wie ist dir das gelungen? – Was war dein Beitrag dazu? – Welche deiner Stärken und Fähigkeiten hast du dabei eingesetzt? – Wie hast du dich darauf vorbereitet? … Wie noch? Was noch? Was sonst noch? – Was meinst du mit …?

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Fragen nach dem Nutzen der Erfahrung in der Zukunft – Wie ließe sich der Erfolg für dich wiederholen? – Auf welche anderen Situationen, in die du gelegentlich kommst, ließe sich der Erfolg übertragen? – Wo kannst du deine in dieser Situation gezeigten Stärken und Fähigkeiten noch einsetzen? – Welche Ratschläge, Tipps oder Lehren könntest du uns geben, falls wir in eine ähnliche Situation kommen? – … Wie noch? Was noch? Was sonst noch? – Was meinst du mit …? Fragen nach der Anerkennung durch dich und durch andere – Wem hast du von deinem Erfolg erzählt? – Wem hättest du noch davon erzählen können? – Wie hättest du erzählen können, damit sie deinen Erfolg würdigen? – Wie hast du dich dafür belohnt? – Angenommen, du hättest dich doch belohnt – wie hättest du das gemacht? – … Wie noch? Was noch? Was sonst noch? – Was meinst du mit …? Vielen Dank, dass du uns von deinem Erfolg erzählt hast! Die Fragen des Gesprächsleitfadens sind öffnend formuliert und sie erscheinen manchmal ähnlich. Es empfiehlt sich, sie abzulesen und nach Möglichkeit nicht zu verändern. Sie sind zwar ungewohnt, viele werden sie so noch nicht gestellt haben, und deswegen zögert man möglicherweise, sie genau in der hier vorgestellten Form auszusprechen. Allerdings erschließt sich ihr Sinn erst dann, wenn man sie einige Mal ausgesprochen hat – ähnlich wie ein Tanzschritt, wenn man ihn zum ersten Mal einstudiert, eher verkrampft und unnatürlich wirkt, also überhaupt nicht so, als könnte man mit ihm das erreichen, was man durch Tanzen erreichen möchte: ein lockeres, fröhliches Bewegen zu Musik. Erst mit ein wenig Übung und Routine wird man den Gesprächsleitfaden zu schätzen wissen. So empfiehlt es sich auch, die Fragen so zu stellen, wie sie hier vorformuliert sind. Als Ausnahmen und Erweiterung werden einige wenige Nachfragemöglichkeiten vorgegeben: »Welche deiner Stärken und Fähigkeiten hast du für diesen Erfolg eingesetzt?« (eine an sich vielleicht im ersten Moment merkwürdige Frage) – Nach einer Antwort (»Zähigkeit und Ausdauer«) kann man auf verschiedene Weise nachfragen, Entweder: »Was meinst du mit ›Ausdauer‹?« oder auch: »Welche weiteren Stärken und Fähigkeiten hast du noch eingesetzt?« Wenn uns jemand etwas erzählt, tendieren wir dazu, neugierig Fragen zu

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Methoden IV: Erfolge auswerten

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stellen und mehr wissen zu wollen. Selten denken wir darüber nach, welchen Sinn unsere Fragen haben. Eine klare Struktur von Fragen, wie in diesem Leitfaden »Erfolge auswerten«, hilft uns dabei, die eigenen Fragen, die uns ganz spontan einfallen, zurückzuhalten – nicht weil sie nicht berechtigt oder interessant wären, sondern weil sie in diesem Zusammenhang nicht unbedingt weiterführen. Alles, was man als fragender Gesprächspartner neben dieser klaren Fragestruktur noch benötigt, ist ein wenig Geduld: Verstehen Sie Ihre Fragen als Einladungen zum Nachdenken, zum Suchen und zum Überlegen. Das benötigt etwas Zeit oder auch ein wenig Beharrlichkeit beim Wunsch nach einer Antwort. Nicht immer ist die Befragte gleich der Überzeugung, dass sich auch eine Antwort finden lässt – Aufgabe des Fragenden ist es, die unerschütterliche Gewissheit zu vermitteln, dass ihr eine Antwort einfallen wird (und dass der Fragende sie nicht vorzugeben braucht – »Ist es dir vielleicht durch gute Vorbereitung gelungen?!«, »Könnte es sein, dass deine Intelligenz für den Erfolg mit verantwortlich ist?!«). Vielleicht hilft es dem Fragenden auch, einfach neugierig zu sein darauf, wie der Urheber des Erfolgs wohl seinen Erfolg erklären will. Wenn ihm die Antwort partout nicht einfallen will, kann man ihn ermuntern durch zirkuläre Fragen oder durch Hilfsannahmen: »Was würde wohl dein Klient sagen, wenn ich ihn fragen würde, was du zum Gelingen beigetragen hast?« Oder: »Angenommen, du hättest dich doch belohnt: Wie hättest du das machen können?« Die ersten Male, wenn man diesen Leitfaden benutzt, kann man die Fragen einfach der Reihe nach abarbeiten – und gelegentlich ausführlicher nachfragen. Manchmal wird nicht nur der Fragende, sondern auch die Befragte das Gefühl von Wiederholungen haben. Dies ist in der Regel auf noch zu wenig Übung zurückzuführen – aber die kann man ja nur erwerben, wenn man auch übt. Solange man sich diese Fragen innerhalb des Teams stellt, ist der Übungscharakter allen klar und dürfte keine Behinderung darstellen. Beide Gesprächspartner werden positive Erfahrungen mit diesem Gesprächsleitfaden machen können, soweit es ihnen gelingt, sich an die vorgegebenen Fragen zu halten: Der Fragende wird neue Informationen und interessante Aspekte über ein Erfolgserlebnis erhalten, auch für die eigene Arbeit möglicherweise Anregungen bekommen (oder sich selbst erschließen). Die Befragte wird im günstigsten Fall neue Perspektiven auf ihren Erfolg erhalten, sie wird vielleicht erstaunt oder auch stolz darauf sein, wie viel sie wider Erwarten doch selbst beigetragen hat. Rückmeldungen von denen, die nach diesem Leitfaden befragt werden, enthalten häu-

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fig den Hinweis, dass sie sich über die Neugier und das Interesse an ihren Erfolgserlebnissen gefreut haben; sie fühlen sich dadurch gewürdigt und bestätigt. Insbesondere für Teams, die noch wenig Erfahrung mit dem Sprechen über ihre eigenen Erfolge haben und die vielleicht noch etwas zu schüchtern sind, um offen über die eigene gute Arbeit im Team zu sprechen, bietet es sich an, Kleingruppen von jeweils zwei oder drei Teilnehmerinnen zu bilden. Eine Kollegin erzählt kurz (mit wirklich wenigen Sätzen) von ihrem Erfolg, die anderen beiden stellen anschließend Fragen, die sie direkt aus dem Gesprächsleitfaden ablesen können: Wie hast du das geschafft? Welche deiner Stärken hast du eingesetzt? Welche noch? Welche Tipps hättest du für uns in ähnlichen Situationen? Wie hast du dich belohnt? Wie hättest du dich noch belohnen können? Nach zehn Minuten werden die Rollen gewechselt, die nächste Kollegin erzählt von ihrem Erfolg. Je nach der Größe der Kleingruppen dauert diese Übung zwanzig oder dreißig Minuten. Anschließend kommt das Team wieder im Plenum zusammen. Die Gesprächsleitung kann noch nach Beobachtungen oder Entdeckungen fragen, die für alle interessant sein könnten – und damit wäre diese Übung beendet. Sie kann ein Einstieg in eine Teamberatung oder auch in eine Teamsitzung sein. An dieser Stelle – wie so oft bei den hier vorgestellten Methoden – bietet sich für die Teammitglieder die Möglichkeit, etwas zu üben, was sie dann auch »draußen«, in der rauen Wirklichkeit mit den Klienten, sinnvoll nutzen können: Mit ein wenig Übung kann man dieses Sprechen über Erfolge auch bei seinen Klienten einsetzen und für Sozialarbeit, Beratung und Therapie verwenden. Der eigene Blick für die Erfolgsberichte der Klient(inn)en (»Neulich habe ich mich mal getraut, meinem Chef die Meinung zu sagen, obwohl ich sonst meist zu ängstlich bin«) wird geschärft und die Fähigkeit geschult, diese Erfolge zu erfragen und auszuloten (»Toll! Wie haben Sie das geschafft, sich zu trauen?« – »Was haben Sie noch dazu beigetragen, dass Sie sich getraut haben?«). Insofern wird die Teamsitzung gewissermaßen multifunktional genutzt: Im Team werden als Teil der kollegialen Beratung und der Qualitätssicherung die Erfolge der Mitglieder analysiert und ausgewertet, und die Übung ist zugleich eine kleine Fortbildung für das ressourcenorientierte Gespräch mit Klienten.

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Methoden IV: Erfolge auswerten

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Erfolgsrunde Die Gesprächsführung bittet eine Teilnehmerin, zunächst eine gelungene, erfolgreiche Situation aus der letzten Woche mit drei oder vier Sätzen zu erzählen. Anschließend werden ihr aus dem Team eine festgelegte Anzahl (meist zwei oder drei) Fragen dazu gestellt, die öffnend formuliert und sich an diesen Grundfragen orientieren sollten: – Worin besteht der Erfolg für dich? – Was war dein Beitrag zu diesem Erfolg? Was noch? – Welchen Tipp hättest du an mich, wenn ich in einer ähnlichen Situation wäre? Welchen noch? – Wie hast du dich belohnt? Wie hättest du dich belohnt? – Wem hast du davon erzählt? Wem könntest du noch davon erzählen? Die »Erfolgsrunde« bietet die Chance, gelungene Situationen und geleistete gute Arbeit zu präsentieren. Sie eignet sich vor allem für Teams, die bereits ein wenig Übung mit dem gegenseitigen Präsentieren von Erfolgen und dem gekonnten Nachfragen haben – oder die einfach Lust haben, das Sprechen über Erfolge einmal auszuprobieren. Wenn ein Teil des Teams Bedenken haben sollte, kann man erlauben, dass alle diejenigen, die nichts erzählen wollen, dies auch nicht zu tun brauchen – solange es noch genügend Teammitglieder gibt, die sich beteiligen wollen. Eine gute Gewohnheit kann es sein, hin und wieder die Teamsitzungen direkt mit einer Erfolgsrunde zu beginnen. Zweifellos haben wir Erfolge, sonst, so vermute ich, würden wir längst nicht mehr an unserer Arbeitsstelle sein. Allerdings fällt es uns ganz offensichtlich leichter, unsere Misserfolge, Schwierigkeiten und Fehler zu benennen. Eine ganze Reihe von Argumenten spricht dafür, sich in der Teamberatung auch mit Sorgfalt und Konzentration den Erfolgen zu widmen. Sie sind es, auf die wir hinarbeiten – so sollten wir sie auch wahrnehmen, wenn sie eintreten. Erst dann, wenn ich meine gute Arbeit erkenne, wahrnehme und auch meinen eigenen Anteil daran würdige, kann ich auch aus ihr lernen und es wird mir gelingen, den Erfolg gezielt zu wiederholen. Indem wir uns im Team gegenseitig von unseren Erfolgen berichten, können wir voneinander lernen, wir können unsere positiven Erfahrungen gegenseitig nutzen und uns untereinander schätzen lernen – besser jedenfalls, als wenn wir uns immer nur unsere Schwierigkeiten und Probleme erzählen.

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Lehren ziehen Eine Variante der Erfolgsrunde stellt folgendes Vorgehen dar: Jeder erzählt ein Erfolgserlebnis mit wenigen Sätzen, die anderen hören zu und berichten anschließend, welche Lehre sie für sich daraus ziehen. Auch hier ist es hilfreich, wenn die Gesprächsführung eine Formel vorgibt, mit der die Rückmeldung erfolgen sollte: »Ich lerne aus deinem Bericht für mich …« Oder: »Ich könnte aus deinem Bericht die Lehre ziehen …« Die Beobachtungsaufgabe für die Kolleg(inn)en lenkt ihren Fokus auf das, was für sie nützlich und lehrreich sein könnte. Zudem bieten ihre Rückmeldungen der Erzählerin möglicherweise nochmals neue Sichtweisen auf ihren Erfolg, und sie können Facetten ihres Erfolges oder ihrer Beteiligung zu Tage fördern, die ihr bisher verborgen geblieben sind.

Was geht! Diese kürzere und schnellere Variante der Erfolgsberichte wurde von einer Teilnehmerin in einem Workshop »Was funktioniert: Erzähl’s weiter!« erfunden: Jede, der etwas einfällt, was sie mit Erfolg einsetzt, beginnt einen kurzen Bericht mit den Worten »Was geht: …« und endet nach einigen Sätzen mit »… Das geht!« Die nächste Kollegin kommt dran, die Reihenfolge bleibt offen (oder wird durch die Runde fest gelegt). Unter Umständen sind ein oder zwei Nachfragen erlaubt. Je nach zur Verfügung stehender Zeit kommt jedes Teammitglied mehrmals an die Reihe. Auf diese Weise kann man in kurzer Zeit eigene kleine und große Erfolge oder auch Vorgehensweisen, Ideen und Anregungen, die sich in der eigenen Praxis bewährt haben, erzählen: Es ist erlaubt, die guten Ideen, die man hat, zu berichten und von den eigenen Fähigkeiten zu erzählen (und dadurch sich selbst und den eigenen Beitrag zum Erfolg noch einmal zu würdigen) und zugleich den Kolleg(inn)en neue Anregungen geben. Teams können hin und wieder ihre Sitzungen mit einer kurzen »Was geht«-Runde beginnen, wobei jeder mindestens ein Beispiel aus der vergangenen Woche berichtet.

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Methoden V: Stellen, spielen und bewegen

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Methoden V: Stellen, spielen und bewegen Beratung findet in der Regel in Gesprächsform statt. Was aber nicht bedeutet, dass sie nicht auch anders gestaltet werden könnte. Reden bedeutet häufig sitzen und Sitzen bietet wenig Bewegung. Viele Teams haben Vergnügen daran, sich von Zeit zu Zeit auch zu bewegen. Neben Bewegungsspielen, die als Pauseneinlage eingesetzt werden können, um neuen Schwung in die Mannschaft zu bringen, kann man auch Beratungsmethoden einsetzen, die ein wenig Bewegung mit sich bringen. Der systemische Ansatz hat mit der Einbeziehung von Skulpturen ein häufig eindrucksvolles Instrument entwickelt, aber auch eher traditionelle Formen wie das Rollenspiel können die Methoden der kollegialen Beratung bereichern.

Rollen- oder Comicspiel Zum Rollenspiel gibt es zwiespältige Haltungen: Einerseits wird es – in kollegialen Beratungen, in Supervisionen und Fortbildungen – gefürchtet wie kaum eine andere Methode, andererseits ist man sich des Vergnügens und der Effektivität der Wirkung (man kann in kurzer Zeit bestimmte Situationen wirkungsvoll nacherleben und damit experimentieren) durchaus bewusst. Die Befürchtungen vor dem Rollenspiel resultieren nach meiner Erfahrung aus der Sorge, sich als Mitspieler unbedacht in Situationen zu begeben, aus denen man nicht so schnell wieder herauskommt (weil man glaubt, die Situation bis zum Ende spielen zu müssen, und das kann lange Minuten dauern), und vor allem darin, sich zu blamieren, weil man eben nicht optimal spielt und nicht die perfekte Lösung vorzustellen versteht. Um diese durchaus berechtigten Sorgen zu nehmen und damit die überaus nützliche Methode der kollegialen Beratung möglichst allen zugänglich zu machen, können wir einige Grundregeln für Rollenspiele einführen: – Sie brauchen jeweils nur kurz zu sein, häufig reichen ein bis zwei Sätze, sie sollten nicht länger als eine Minute dauern; – Es werden innerhalb kurzer Zeit auf jeden Fall mehrere (fünf bis acht) Varianten gespielt (und nicht nur eine). – Es geht nicht darum, eine absolut richtige Lösungsvariante zu spielen, sondern möglichst viele unterschiedliche, die jeweils eine Idee enthalten, aber nicht perfekt sein sollten. – Jeder Mitspielerin ist es jederzeit erlaubt, ihr Spiel abzubrechen und auszusteigen – ohne Angabe von Gründen: Niemand wird gezwungen, zu Ende zu spielen.

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– Rollenspiele dürfen so gestaltet sein, dass dabei alle auch ihren Spaß haben und man miteinander lacht: Übertreibungen sind erwünscht. Unter diesen Bedingungen ist es für viele Teams wesentlich leichter, Rollenspiele in ihr Repertoire der Methoden kollegialer Beratung aufzunehmen: kein Vorführstress und keine Angst vor Blamage. Manche Teams sprechen daher auch von »Comicspiel«: Es ist kurz, karikierend und (zumindest manchmal) komisch. – Wichtige, unterstützende Rollen kommen wie bei den meisten Teamberatungsmethoden auch hier sowohl der Gesprächsführung als auch dem gesamten Team zu: Während erstere die Beratung strukturiert und leitet, haben die Teammitglieder die Aufgabe, die Vorgaben der Gesprächsleitung aktiv zu beachten und einzuhalten. Ein Comic- oder Rollenspiel eignet sich immer dann, wenn die Kunden eine bestimmte Situation vor Augen haben und sie neue Ideen dafür haben wollen, wie sie reagieren könnten. Dies kann für zukünftige Situationen gelten, für die sie etwas befürchten (»Wie kann ich mich nächste Woche verhalten, wenn der Kollege aus der anderen Einrichtung mir in der Helferkonferenz wieder die Aufgabe des Protokolls übertragen will und ich mich vermutlich wieder nicht zu wehren weiß?«), wie auch für vergangene (»Letzte Woche habe ich mich wieder ganz ratlos gefühlt, als Frau Meinrad plötzlich zu weinen anfing.«) – und wenn sie mögliche Ideen nicht nur hören, sondern ebenfalls vor Augen haben wollen. Ein weiterer Anlass zum Einsatz eines Rollen- oder Comicspiels kann allerdings auch sein, wenn die kollegiale Beratung schon zu lange im Sitzen stattgefunden hat und die Kollegen sich wieder bewegen wollen. Die Gesprächsführung bittet die Kolleg(inn)en mitzuspielen und die Rollen zügig zu besetzen und lädt dann die Kundin ein, die Situation kurz zu schildern, die wichtigsten Personen zu benennen und sie kurz zu charakterisieren (soweit das überhaupt notwendig ist: Es kommt nicht darauf an, die realen Personen möglichst gut zu imitieren, sondern die im Moment für die Kundin wichtigsten Aspekte zu erfassen). Die Rolle der Kundin bleibt zunächst unbesetzt. Die Gesprächsführung bittet sie noch einmal, ihre Frage für diese Beratung zu formulieren. Günstig ist es, gemeinsam mit der Kundin den auslösenden Satz festzulegen, mit dem das Rollenspiel beginnen soll. Ausgehend von den obigen Beispielen, könnten dies sein: Wenn der Kollege in der Helferkonferenz sagt »Klaus, du schreibst doch bestimmt wieder das Protokoll! Dankeschön!«, oder, im Beispiel der weinenden Klientin, der dramatische Ausruf »Ich kann nicht mehr«, woraufhin sie in Tränen ausbricht. Nachdem dieser Auslöser feststeht, folgen die Comicspiele: Jeweils ein

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Methoden V: Stellen, spielen und bewegen

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Teammitglied begibt sich in die Rolle der Kundin, das Spiel beginnt mit dem vereinbarten Satz – und die Kollegin spielt ihre Idee der möglichen Reaktion. Wenn man will, kann man noch ein oder zwei Wortwechsel abwarten – und dann wird das Rollenspiel schon wieder beendet. Ohne das Gesehene zu diskutieren, bittet die Gesprächsführung ein anderes Teammitglied, eine weitere mögliche Reaktion zu spielen. Zum Auflockern und Einstieg in das Rollenspiel kann die Gesprächsleitung vorschlagen, zunächst – analog den »Verschlimmerungsideen« (s. o.) – zwei oder drei Varianten zu spielen, »wie man es nicht machen würde«. Dieses Vorgehen erhöht das Vergnügen und damit die Bereitschaft zur Beteiligung und bringt neue Ideen ins Spiel. Auf jeden Fall aber sollte die Gesprächsführung freundlich dazu einladen, genügend unterschiedliche Varianten zu spielen. In der Regel sieht die Kundin zu und beobachtet zunächst. Manchmal hat sie vielleicht selbst eine Idee, die sie im Spiel ausprobieren möchte. Sie sollte jedoch nicht spielen müssen, sie darf auch einfach nur zusehen und sich auf einen Abschlusskommentar beschränken. Noch einmal: Es geht weder darum, die Situation möglichst wirklichkeitsnah und detailgetreu nachzuspielen, noch darum, eine perfekte Reaktion oder Vorführung zu spielen, sondern das Ziel ist, möglichst viele unterschiedliche Varianten zu sehen, zu erleben und sich auch vorstellen zu können. Die Ideen, die präsentiert werden, müssen nicht besonders originell und nicht einmal besonders realistisch sein, häufig sind es eher ganz banale Handlungsoptionen, die (wieder) in den Blick kommen (»Stimmt, ich könnte ja einfach sagen, heute will ich mal nicht schon wieder das Protokoll schreiben«, oder: »Ja, ich könnte einfach den Arm um sie legen und still sein«). Es ist nun einmal so, dass wir in Stress- und Problemsituationen die einfachen und uns vertrauten Lösungsmöglichkeiten aus dem Blick verlieren – und genau deshalb die Situation als problematisch empfinden. Wir unterstellen, dass die Kollegin ihre Arbeit versteht und sich durchaus in schwierigen Situationen grundsätzlich zurechtfindet und sie auch aushalten kann. Was ihr fehlt, sind Ideen für bestimmte Augenblicke in der konkreten Situation – und deshalb versuchen wir verschiedene Situationen zu spielen und uns vor Augen zu halten. Was sich anschließend aus diesen Handlungen ergibt, ist von der Situation und den daran Beteiligten abhängig. Selbstverständlich bleibt der Kollegin nichts anderes übrig, als – wie so oft – intuitiv zu improvisieren: Es macht keinen Sinn, eine komplexe Situation mit mehreren Personen detailliert zu planen und darauf zu vertrauen, dass sie auch tatsächlich so verlaufen wird. Wir haben alle die Fähigkeit,

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intuitiv zu reagieren und aus dem Moment heraus zu improvisieren. Darauf dürfen wir uns verlassen.

Skulpturen stellen Der Einsatz von Skulpturen gilt in der systemischen Beratung und Therapie als eine der eindrücklichsten Methoden. Die Arbeit mit Skulpturen wurde von Virginia Satir, Peggy Papp, F. J. Duhl und anderen entwickelt (eine neuere Form stellen die in der systemischen Szene umstrittenen »Familienaufstellungen« dar). In der Regel geht es darum, mit beteiligten Menschen ein Standbild zu erstellen. Die Beraterin bittet etwa ein Familienmitglied, von seiner Familie eine Skulptur zu gestalten, die die Beziehungen untereinander verdeutlichen soll. Als »Material« werden die Familienmitglieder genommen oder in einer Gruppensitzung andere Gruppenmitglieder. Die Klientin stellt ihre Familie so auf, wie sie sie vor ihrem inneren Auge sieht, sie »formt« die Skulptur, indem sie die Darstellerinnen in Haltung, Gestik, Mimik und Blickrichtung in eine Position bringt, die ihrer momentanen Vorstellung entspricht. Anschließend kann sie selbst sich dieses Bild von allen Seiten betrachten, ebenso andere Zuschauerinnen. Die beteiligten Personen des Bildes können zu ihren Gefühlen und ihrem Erleben, aber auch zu ihren Veränderungswünschen und -ideen befragt werden, die Kundin kann versuchsweise Umstellungen und Veränderungen vornehmen. Die Besonderheit der Skulpturarbeit ergibt sich aus ihrer Intensität. Indem man über bestimmte Situationen und Konstellationen, Beziehungen zwischen Menschen oder auch innere Haltungen nicht nur spricht, sondern sie als Skulptur mit lebenden Menschen stellt, hat man sowohl die Möglichkeit, sie als Bild vor sich zu sehen, als auch – in der Rolle der Beteiligten – sie zu »spüren«, also die sich dabei entwickelnden Gefühle intensiv zu erleben und aussprechen zu können. Aus systemisch-konstruktivistischer Perspektive liegt in der Intensität auch eine gewisse Gefahr: Man beginnt manchmal zu glauben, die gestellte Familie und ihre Beziehungen wären wirklich so, die von den beteiligten Personen geäußerten Gefühle wären auch bei den realen Personen tatsächlich wiederzufinden, die Repräsentanten drückten mehr oder weniger genau das aus, was die wirklichen Menschen denken und fühlen würden. Zu leicht und zu schnell wird vergessen, dass es sich um eine Skulptur handelt, die von einer bestimmten Person zu einem bestimmten Zeitpunkt gestaltet wurde, entsprechend ihren eigenen Vorstellungen, und dass andere involvierte Menschen eine ganz andere Skulptur gestellt hätten – und dass

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natürlich auch die gleiche Bildhauerin zu einem anderen Zeitpunkt ein ganz anderes Bild geformt hätte, das dann auch wiederum andere Eindrücke bei Beteiligten und Beobachterinnen hervorgerufen hätte. In der kollegialen Beratung habe ich es zu meiner Überraschung erlebt, dass ein Kollege eine Skulptur von einer Wohngruppe stellte, die er betreute, die gestellten Personen zu ihrem Erleben befragte – und anschließend der Überzeugung war, dass auch die wirklichen Wohngruppenmitglieder sich so äußern würden, wenn man sie befragt hätte. Auch die an der Beratung beteiligten Kollegen schienen der Meinung, nun zu wissen, wie diese Wohngruppe tatsächlich ist. Ich halte diese Vorstellung für einen Irrtum. Vielleicht ist diese Überzeugung für manchen eine Hilfe und Unterstützung – so wie viele Menschen großen Gewinn aus den »Familienaufstellungen« ziehen, weil sie der Überzeugung sind, etwas über ihre Herkunftsfamilie »zu erfahren« und mit dieser auch etwas »zu klären«. Bei der systemischen Teamberatung geht es jedoch nicht darum, etwas über die Wirklichkeit herauszufinden, sondern (mehrere) neue Sichtweisen zu erhalten, um anschließend zwischen verschiedenen Handlungsoptionen wählen zu können. Der Ablauf einer Arbeit mit Skulpturen kann auf die unterschiedlichste Weise erfolgen: Teams, die damit arbeiten, wechseln vielleicht Form und Ablauf hin und wieder, zuweilen hängt der jeweilige Verlauf auch vom persönlichen Stil der Gesprächsleitung ab – sofern sie immer wieder wechselt, wird es auch möglich sein, unterschiedliche Formen der Skulpturarbeit kennen zu lernen. Als ein Grundmuster könnte beispielsweise folgender Ablauf hilfreich sein: – Die Gesprächsleiterin bittet die Kundin, ihre Frage zu formulieren. – Nach der Entscheidung für die Skulptur als gewünschter Methode (auf Vorschlag der Gesprächsleiterin oder auf Wunsch der Kundin) lädt sie die Kundin ein, den Kontext ihrer Fragestellung kurz zu erläutern und ermöglicht Nachfragen durch die Kolleginnen. – Die Gesprächsleiterin fragt die Kundin, wer oder was in der Skulptur dargestellt werden soll (neben Personen kann man auch abstrakte Dinge wie Glück, Krankheit, ein bestimmtes Problem oder Gefühle in die Skulptur einbeziehen und stellen), und fordert sie auf, Kolleginnen als Darstellerinnen auszuwählen (oder sie zu bitten, sich als Darstellerinnen zur Verfügung zu stellen). – Sie »begleitet« die Kundin beim Aufstellen der Skulptur (geht mit ihr mit, stellt sich neben sie) und ermuntert sie, die Skulptur so zu stellen, wie sie es im Augenblick möchte, und dabei auch auf die Details zu achten (»Wie ist die Körperhaltung? Stimmt das so für dich? Verändere es

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so, wie es für dich im Moment richtig ist. Wie ist die Armhaltung? Wie soll der Kopf gehalten werden? Wohin soll der Blick gehen? Wie ist die Mimik? Was fehlt noch?«). Dabei ermuntert sie sie, sich Zeit zu lassen und genau nachzuarbeiten, wo es nötig ist. Nach der Fertigstellung wird die Gesprächsleiterin mit der Kundin um die Skulptur herumgehen und sie bitten, sie von verschiedenen Seiten zu betrachten (vielleicht steigt sie mit ihr gemeinsam auf einen Tisch, um auch einen Blick von oben zu haben). Sie kann sie fragen, was ihr selbst auffällt, wenn sie die Skulptur betrachtet, oder ob sie noch etwas ändern möchte. Die Gesprächsleiterin kann die übrigen, beobachtenden Teammitglieder fragen, was ihnen auffällt, welche Eindrücke und Gedanken sie haben, wenn sie dieses Bild sehen. Auch sie können aufstehen und sich die Skulptur von verschiedenen Seiten ansehen – auch für sie kann es interessant sein, sich das Ganze aus der Distanz oder etwa von einem Tisch oder der Fensterbank aus anzusehen. Die Gesprächsleiterin fragt die an der Skulptur beteiligten Personen, wie es ihnen geht, welche Eindrücke und Gefühle sie haben, welche Wünsche oder Bedürfnisse in ihnen auftauchen. Die Gesprächsleiterin behält die Ausgangsfrage der Kundin im Blick und nimmt nun Bezug darauf, indem sie etwa fragt: • welche Antwort der Kundin selbst angesichts der Skulptur einfällt, • welche Antworten den Kolleginnen dazu einfallen, • welche Vorschläge für (kleine) Veränderungen der Skulptur sich die gestellten Personen vorstellen oder wünschen würden, • die Beteiligten einlädt, kleine Veränderungen vorzunehmen, • die Kundin einlädt, selbst den Platz einer der an der Skulptur beteiligten Personen einzunehmen und auszuprobieren. Als einen weiteren Schritt kann die Gesprächsleiterin eine andere Kollegin bitten, ihre Sicht der Situation in einer Skulptur dazustellen – und auf diese Art und Weise eine andere Umsetzung zu realisieren, ein anderes Bild zu liefern – und dadurch auch noch einmal andere Handlungsoptionen zu eröffnen. Die Gesprächsleitung wird auf die Zeit achten und darauf, dass sich das Team nicht in dieser Skulptur und der Beratung verliert. Sie wird die Beteiligten aus ihren Bildern entlassen, ihnen danken und der Kundin noch die Gelegenheit zu einem Abschlusskommentar geben.

Die Gesprächsleitung kann darauf achten zu unterstreichen, dass es hier nicht um »die Wirklichkeit« geht, die nachgestellt worden ist, sondern dass

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Methoden VI: Das Reflektierende Team

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es sich hier um das Bild (und damit die persönliche, aktuelle Perspektive) derjenigen handelt, die die Skulptur bildet, und um die ebenfalls persönlichen, aktuellen Perspektiven und Kommentare der Kolleginnen. Indem sie wiederholt anmerkt, dass andere Perspektiven, Wahrnehmungen, Beschreibungen und damit Bilder und Empfindungen genauso möglich wären, kann sie dazu beitragen, dass sich die Beteiligten von dem Bild nicht fesseln, sondern lediglich anregen lassen.

Wanderzirkus Experimentieren Sie einmal damit, die Beratung einer Kollegin auf mehrere Räume zu verteilen. Insbesondere wenn die Kundin erklärt, es handele sich um ein »vielschichtiges« Problem mit unterschiedlichsten »Ebenen«, könnten Sie die verschiedenen Aspekte jeweils in einem anderen Zimmer oder gar Stockwerk beraten: Die gesamte Gruppe wechselt gemeinsam den Raum, bevor der nächste Gesichtspunkt zur Sprache kommt. So hatte in unserem Team ein Kollege seine Erzählung damit eingeleitet, dass seine Fragestellung »eigentlich drei verschiedene Ebenen« beinhalte: das »schwierige Kind«, mit dem er arbeitete, die Eltern in ihrer Elternrolle sowie die Eltern als Paar. Alle drei Ebenen seien »eigentlich nicht voneinander zu trennen«. Die Gesprächsleitung hatte die Idee, diese Trennung doch zu versuchen und zur Verdeutlichung jede Fragestellung in einem anderen Stockwerk zu besprechen – wobei wir nicht in jedem Stockwerk einen eigenen Besprechungsraum zur Verfügung hatten, sondern uns zum Teil in engen Bürozimmern zusammenpferchten. Für jeden Aspekt wurde in einem anderen Raum von dem Kollegen eine eigene Frage gestellt und vom Team mit jeweils einer anderen Methode kurz beraten.

Der Raumwechsel bringt Bewegung in das Team und damit vielleicht auch in die Gedanken. Die dahinter stehende Idee ist auch hier, dass ein gedanklicher Perspektivenwechsel leichter wird, wenn man auch seinen physischen Standpunkt verändert. Zudem kann es Spaß machen, mit den Kolleginnen durchs Haus zu ziehen und die merkwürdigen Blicke anderer Teams und Kolleginnen zu erleben.

Methoden VI: Das Reflektierende Team Das Reflektierende Team (engl. Reflecting Team) ist eine methodische Entwicklung aus der systemischen Familientherapie und wurde zunächst auch dort vor allem angewandt. Seine Entstehung lässt sich am besten durch

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einen kurzen Rückblick in die Geschichte nachvollziehen (vgl. ausführlicher Herwig-Lempp 2002). Psychotherapie war ursprünglich ein Zwei-Personen-Geschehen: Therapeut/in und Patient/in. Die Idee, nicht nur die erkrankte oder Symptome zeigende Person zu behandeln, sondern die gesamte dazugehörende Familie, war die Geburt der Familientherapie. Eine weitere entscheidende Veränderung war die Hinzuziehung eines zweiten Therapeuten oder aus geschlechterparitätischen Gründen einer Therapeutin. Diese Veränderung kann deswegen auch heute noch als besonders einschneidend angesehen werden, weil es erstmals Kollegen möglich war, bei der Psychotherapie sich gegenseitig zu beobachten und zu erleben: Bis dahin fand alles hinter der verschlossenen Praxistür statt und entzog sich jeder Beobachtung und Beurteilung. Nicht nur diese Veränderungen des Settings waren aufregend: Insgesamt kann man sich die Frühphase der systemischen Therapie als sehr innovations- und experimentierfreudig vorstellen. Neue Konzepte, Ideen und Methoden wurden erfunden und häufig unverzüglich ausprobiert. Man begann sich kollegial gegenseitig über die Schulter zu schauen, um voneinander zu lernen, und auch die Ausbildungskandidatinnen bekamen die Möglichkeit, ihren Lehrmeister/innen über die Schulter zu schauen. In vielen Praxen wurden Einwegscheiben installiert, um eine unmittelbare Beobachtung der Therapiesitzungen zu ermöglichen. Bald wurden die Beobachterinnen von den Therapeutinnen genutzt und in der Pause vor der Abschlussintervention nach ihren Beobachtungen und Anmerkungen gefragt. In manchen Therapieteams begann man sogar, Telefone einzurichten, so dass sich die Zuschauer/innen hinter der Scheibe direkt per Anruf in die laufende Sitzung einbringen konnten: Sie waren nicht mehr nur Zuschauer/innen, sondern wurden Co-Therapeut(inn)en. Tom Andersen, systemischer Therapeut aus Norwegen, ging mit seinem Team noch einen Schritt weiter. In einer Therapiesitzung unterbrachen die Beobachterinnen das Gespräch und boten an, über ihre Beobachtungen und Ideen zu berichten: »Wenn Sie an diesen Ideen interessiert sind, schlagen wir vor, daß Sie alle, die Familie und der Doktor, in diesem Raum sitzenbleiben. Unsere Anlage erlaubt uns, das Licht hier im Raum abzublenden, und wir werden das Licht in unserem Raum anschalten. So werden Sie uns hier sehen, und wir werden Sie nicht mehr sehen. Wir können auch den Ton umschalten, so daß Sie uns hören werden, wir Sie aber nicht« (Andersen 1990, S. 27). Familie und Therapeut gingen auf diesen Vorschlag ein, das »Reflecting Team« war erfunden: Für einige Minuten sprechen die Beobachterinnen über das, was sie gesehen und gehört haben, sie kommen-

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Methoden VI: Das Reflektierende Team

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tieren den Therapieprozess und entwickeln einige Ideen, wie es weitergehen könnte. Familie und Therapeut hören zu – und kommentieren anschließend (Licht und Mikrofone werden wieder in die andere Richtung geschaltet) die Kommentare der Beobachterinnen: Die Perspektive der etwas distanzierteren Zuschauerinnen hinter der Scheibe kann so für den Beratungsprozess genutzt werden. Die Gruppe um Andersen entwickelte viele Ideen für die Nutzung des Reflektierenden Teams. So kann das Vorgehen mit einer respektvollen Würdigung der Leistungen der Familie und ihrer einzelnen Mitglieder beginnen, ihre bisherigen Bemühungen und Erfolge hervorheben, ihre Fähigkeiten, schwierige Situationen auszuhalten und dennoch nicht aufzugeben, oder ihre Bereitschaft, sich um Veränderung zu bemühen. Anschließend kommentiert man einzelne Beobachtungen (man bezieht sich am besten auf das, was man gehört und gesehen hat, nicht auf das, was man gedacht oder vermutet hat), allerdings möglichst aus persönlicher, subjektiver Sicht: »Jedes Mitglied des Reflektierenden Teams behält die ganze Zeit im Kopf, daß es viele Versionen der diskutierten Fragen gibt, und die verschiedenen Mitarbeiter haben jeder eine Version, die sich von den anderen unterscheidet. Das erfordert, ein bißchen unsicher zu sein, wenn man spricht: ›Ich bin nicht sicher …, vielleicht …, man könnte daran denken … usw.‹« (Andersen 1990, S. 75). Dieser Verzicht auf Sicherheit und Bestimmtheit gilt auch für die Phase der Entwicklung von Ideen und Anregungen, wenn man statt »Ich finde, der Vater sollte …« eher formuliert »Ich frage mich, was passieren würde, wenn der Vater einmal …«. Im Übrigen bemüht sich das Reflektierende Team eher um einen Dialog statt um mehrere Monologe, man kommt im besten Fall miteinander ins Gespräch. Die Vorteile und die neuen Aspekte des Reflektierenden Teams liegen auch darin, dass zusätzlich zu den vorhandenen Perspektiven der Mitglieder des Therapie- oder Beratungsteams (die verschiedenen Klientinnen sowie die Therapeutinnen) noch zusätzliche Blickwinkel von außerhalb konstruiert werden. Indem man dem anderen Team zuhört, aber nicht unmittelbar reagieren muss, erhält man einen gewissen Abstand, aus dem heraus die Sachlage noch einmal anders erlebt werden kann. In der Distanz lassen sich leichter neue Ideen entwickeln – zudem müssen die Beobachterinnen nicht auf alles reagieren, was sie sehen oder hören. Die Idee des Reflektierenden Teams wurde von vielen anderen Teams aufgegriffen und weiterentwickelt, wie sich anhand eines Überblicks von Hargens und von Schlippe (1998) erkennen lässt, die Beispiele aus Psychiatrie, Schule, Aus- und Fortbildung, Beratung, Therapie und Supervision zusammentragen. Neufeldt (2003) stellt dar, wie das Reflektierende Team

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im Rahmen des Hilfeplanverfahrens im Jugendamt Anwendung finden kann. Dabei bedarf es keiner ausgefeilten therapeutischen Settings und keiner aufwändigen technischen Konstruktionen, es genügt ein ausreichend großer Raum, in dem das Beratungsteam und das Reflektierende Team jeweils separat voneinander sitzen. Diese Veränderungen können auch die Zahl der Mitglieder des Reflektierenden Teams oder andere Regeln und Bedingungen betreffen, mit reflektierenden Positionen lässt sich spielen: »Die Grenzen reflektierender Positionen liegt u. E. weniger in den äußeren Strukturen als in der Anwendung unseres Erfindungsreichtums« (Hargens u. von Schlippe 1998, S. 19). Eine der Möglichkeiten der Anwendung des Reflektierenden Teams liegt in der kollegialen Beratung.

Das Reflektierende Team in der Teamberatung Das Grundmuster der Methode des Reflektierenden Teams in der Teamberatung ist einfach: Nach der Entscheidung für das Reflektierende Team als Methode wird die Gruppe in zwei Untergruppen geteilt: das »Beratungsteam«, das aus der Kundin sowie denjenigen besteht, die sie interviewen, und das Reflektierenden Team, das von den übrigen Teammitgliedern gebildet wird. Beide Gruppen setzen sich so zusammen, dass sie die jeweils andere Gruppe noch gut sehen und hören können. Alternativ kann man auch einen Innen- und einen Außenkreis bilden. Das jeweils aktive Team sitzt im Innenkreis. Die Gesprächsleitung erläutert noch einmal den zeitlichen und inhaltlichen Ablauf und erinnert an die wichtigsten Regeln: Es ist sinnvoll, dass die Mitglieder einer Gruppe jeweils nur untereinander sprechen und nicht mit den Mitgliedern der jeweils anderen Gruppe. Das Team, das beobachtet, schaltet sich nicht in das Gespräch des anderen Teams ein. Die Aufgabe vor allem des Reflektierenden Teams ist es, möglichst viele unterschiedliche Perspektiven zu entwickeln und viele verschiedene Ideen ins Spiel zu bringen, während es dem Beratungsteam und vor allem der ratsuchenden Kollegin freigestellt bleibt, was sie davon erinnern und vielleicht kommentieren wollen. Das Beratungsteam beginnt, indem die Kundin zu ihrem Anliegen befragt wird. Die Interviewerinnen können sich zunächst einfach erzählen lassen, sie werden sich – wie immer in der Teamberatung – nach dem konkreten Anliegen oder der Fragestellungen der Ratsuchenden erkundigen, sie können sie systemisch-lösungsorientiert interviewen (z. B. mit Fragen nach bisherigen Lösungsansätzen, nach Ausnahmen, nach weiteren Res-

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sourcen, zirkulär, nach der Sicht von weiteren Beteiligten) und sie können nachfragen und um möglichst konkrete Beschreibungen und Beispiele bitten. Günstig ist es, wenn jemand im Beratungsteam bestimmt wird, der die Gesprächsleitung übernimmt und die Zeit im Blick hat – nach cirka zehn bis 15 Minuten wird er oder sie die Befragung beenden und an das Reflektierende Team übergeben. Ablauf Methode Reflektierendes Team – Entscheidung für das Reflektierende Team als Methode – Aufteilung in zwei Gruppen: Beratungsteam und Reflektierendes Team – 1. Durchgang: das Beratungsteam interviewt die Kundin – 2. Durchgang: das Reflektierende Team bespricht sich – 3. Durchgang: das Beratungsteam interviewt die Kundin – Abschlusskommentar der Kundin Auch im Reflektierenden Team bestimmt man eine Gesprächsleiterin, die die Aufgabenstellung für die Teammitglieder und die Zeitbegrenzung beachtet. Sie kann eine begrenzte Struktur vorschlagen, um den Teammitgliedern die Orientierung zu erleichtern und sie zu einem Dialog zu ermuntern: »Ich lade euch ein, miteinander über das ins Gespräch zu kommen, was wir gerade gehört haben. Ich möchte euch bitten, zunächst lediglich eure Beobachtungen zu berichten und das Gehörte zu kommentieren, und dabei eure Ratschläge und Ideen noch zurückzuhalten. Erst im Anschluss daran werde ich euch auffordern, eure Anregungen und Vorschläge zu äußern. Wie immer möchte ich euch daran erinnern, dass wir möglichst viele unterschiedliche Perspektiven und Sichtweisen entwickeln wollen.« Die Gesprächsleiterin achtet im Folgenden darauf, dass ein Gespräch entsteht und die Mitglieder sich an die vereinbarten Regeln halten. Nach wiederum zehn bis 15 Minuten wird sie das Gespräch beenden und es an das Beratungsteam zurückgeben. Das Beratungsteam wird nun die ratsuchende Kollegin fragen, was sie ihrerseits von dem Gehörten kommentieren, was sie gern noch einmal aufgreifen möchte. Eine Frage könnte zum Beispiel lauten: »Was würdest du dir gern aus dem Gespräch des Reflektierenden Teams merken, wenn du später daran zurückdenkst?« Möglicherweise werden auch die anderen im Beratungsteam eingeladen, noch aus ihrer Sicht Eindrücke und Reflexionen der Reflexionen wiederzugeben. Nach fünf bis zehn Minuten wäre auch

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Teamberatung

dieser Durchgang und die Beratung insgesamt beendet. Die Kundin könnte noch die Gelegenheit zu einem Abschlusskommentar erhalten. Möglicherweise wird man nach dem dritten Durchgang noch eine weitere Runde anschließen – vielleicht hat die Kundin ihr Anliegen noch einmal umformuliert oder sie hat eine weitere Frage. Dann kommentiert das Reflektierende Team ein weiteres Mal und die Kundin erhält anschließend wiederum die Möglichkeit, die Kommentare des Reflektierenden Teams zu kommentieren.

Mögliche Regeln für das Reflektierende Team Einige Absprachen und Regeln in Bezug auf das Reflektierende Team können hilfreich sein – wobei für Teams, die mit dieser Methode noch wenig erfahren sind, ein weiteres Mal darauf hingewiesen werden soll, dass es nicht darum gehen kann, alle diese Regeln auf einmal beachten zu wollen. Sprechen Sie ab, welche der Regeln Sie voraussichtlich ohnehin beherrschen, und verabreden Sie sich, auf welche zwei oder drei der nachfolgenden Hinweise Sie in der aktuellen Beratung besonders achten wollen. Diese Regeln sind lediglich Anregungen: – Hören Sie gut zu. Achten Sie auf die Inhalte der Gespräche und die dort geäußerten Ideen und beziehen Sie sich in Ihren Kommentaren auf das, was Sie dort gesehen und gehört haben. – Sprechen Sie mit Respekt von den beobachteten Menschen, verwenden Sie wertschätzende Formulierungen und Komplimente. Vermeiden Sie negative oder gar abfällige Beschreibungen (auch über Nicht-Anwesende). – Beziehen Sie sich auf die Zukunft, statt auf die Vergangenheit – auf Lösungsansätze statt auf Probleme. – Kommentieren Sie beobachterbezogen: »Ich habe gehört, …; ich habe beobachtet, …«; und betonen Sie dadurch die Subjektivität Ihrer Beobachtung (da es keine Beobachtung ohne Benennung dessen, der beobachtet gibt: »Ich …«). – Wenden Sie sich als Mitglied des Relektierenden Teams nur an die anderen Mitglieder dieses Teams, sprechen Sie von allen weiteren Beteiligten in der dritten Person, sehen Sie sie nicht an und zeigen Sie nicht auf sie. – Beteiligen Sie sich nicht an der Kommunikation und dem Austausch des Beratungsteams – weder mit Worten noch mit Gestik oder Mimik: Nutzen Sie die Chance, sich nicht einmischen zu müssen. – Bringen Sie neue Ideen und Vorschläge angemessen zurückhaltend und

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Methoden VI: Das Reflektierende Team

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vorsichtig ein (»Eventuell könnte man …«, »Vielleicht wäre es eine Idee …«, »Möglicherweise …«) und verwenden Sie die Frageform (»Ich frage mich, was geschehen würde, wenn …«, »Ich überlege mir, ob man das auch so sehen könnte, dass …«) – Achten Sie darauf, dass Sie als Reflektierendes Team möglichst viele unterschiedliche Sichtweisen, Kommentare und Anregungen entwickeln – fühlen Sie sich alle mit verantwortlich für die Gestaltung dieser Vielfalt. Konstruieren sie Gegensätze und Widersprüche: »Vielleicht wäre aber auch ganz im Gegenteil …« – Denken Sie daran: Statt um »richtig oder falsch« geht es um die Vielfalt und die Vervielfältigung möglicher Perspektiven, um ein möglichst breites Spektrum. – Achten Sie darauf, im Reflektierenden Team miteinander ins Gespräch zu kommen, einen Dialog zu führen, statt jeweils lange zu monologisieren: So kann man sich auch besser gegenseitig zu weiteren Kommentaren und Ideen anregen: »Da fällt mir ein …«, »Das bringt mich auf eine weitere Idee …« Ein Reflektierendes Team kann zur Not aus einer einzigen Person bestehen – wenn nicht mehr Menschen da sind. Diejenige kann sich dann weitere Teammitglieder »erfinden«, indem sie sich beispielsweise befragt: »Angenommen, Kollegin X würde hier mit mir im Reflektierenden Team sitzen – welche Beobachtungen, Ideen und Anregungen hätte sie wohl beizutragen?« Günstiger ist es selbstverständlich, wenn das Reflektierende Team mehrere Personen umfasst. Für die Phase der Beobachtung des Beratungsteams kann es sinnvoll sein, sich einige Beobachtungsaufgaben zu stellen und dadurch sich selbst eine Struktur zu geben für das, worauf man achten will – wenn man eine genau definierte Aufgabe hat, fällt es leichter zuzuhören und sich das Gehörte auch zu merken. Zum Beispiel kann man sich ein bis drei der folgenden Beobachtungsaufgaben stellen: – Welche Ressourcen (Stärken, Fähigkeiten, Erfolge) kann ich bei den verschiedenen Beteiligten erkennen? – Welche Probleme höre ich heraus – und welche Unterschiede in den Problembeschreibungen kann ich hören? – Welche Ausnahmen vom Problem werden genannt? – Welche Erklärungen kann ich hören? – Welche Lösungsvorstellungen werden geäußert? – Welche Lösungsansätze und Lösungsversuche kann ich erkennen?

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In Ergänzung hierzu kann man sich auch Reflexionsaufgaben stellen: – Wofür kann ich welche Komplimente geben? – Welche Befürchtungen, Sorgen oder Ängste hätte ich an Stelle von …? – Worauf wäre ich an Stelle von … stolz? – Welche Fragen würde ich mir stellen, wenn ich an Stelle von … wäre? – Welche Vorschläge/Anregungen würde ich mir an … Stelle wünschen? – Wie würden bestimmte andere, hier wichtige Personen (Angehörige, Freunde, Kolleginnen, Klientinnen) dies beschreiben? Diese Listen sind natürlich nicht abschließend. Es ist möglich, die Kundin zu Beginn selbst zu fragen (»Was wäre dir wichtig, worauf wir achten sollen, wenn wir euch als Reflektierendes Team jetzt zuhören?«) und darauf dann auch (nicht ausschließlich) zu achten. Oder das Reflektierende Team kann sich am Anfang kurz verständigen, wer welche Frage besonders in den Blick nimmt. Die Aufgaben können auch untereinander verteilt werden. Für diejenige, die für die Beratung des Reflektierenden Teams die Gesprächsleitung übernimmt, kann eine Strukturierung des Gesprächsablaufs nützlich sein. Es bietet sich an, den Verlauf zum Beispiel folgendermaßen zu gliedern und die Teammitglieder einzuladen, sich nacheinander zu den folgenden Punkten zu äußern: – Beobachtungen zum Gesprächsverlauf und zum Inhalt: Beschreibungen, Erklärungen, Lösungen und Lösungsversuche, Ausnahmen. – Komplimente für die Kundin, ihre Klientinnen, die Mitglieder des Beratungsteams. – Hypothesen zum Anliegen oder Thema: zu den Ursachen, Ressourcen, zukünftigen Entwicklungen. – Ideen, Anregungen, Vorschläge. Wie an so vielen anderen Stellen in diesem Buch erschließt sich die mögliche Wirkung dieser Methode nicht unbedingt allein aus dem Lesen: Es ist sinnvoll, sie mindestens zwei- bis dreimal auszuprobieren, um sie in ihrem Nutzen und in ihrer Wirkung bewerten und beurteilen zu können.

Der Abschlusskommentar Das letzte Wort sollte in einer Beratung immer die Kollegin haben, die das Anliegen eingebracht hat. Die Gesprächsführung wird – nachdem sie auf das Ende der Beratung hingewiesen hat, weil die Zeit um, die Aufgabe

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Der Abschlusskommentar

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geleistet oder sogar gelöst worden ist – der Kundin die Gelegenheit zu einem Abschlusskommentar geben mit Aufforderungen, Angeboten und Fragen wie: – Du hast das letzte Wort … – Wenn du willst, hast du noch die Gelegenheit zu einem Abschlusskommentar. – Vielleicht möchtest du uns noch sagen, was du mit diesen Ideen vorhast. Ich versuche, diese Einladung zum Abschlusskommentar allgemein und offen zu halten, um die Kollegin nicht allzu sehr unter Druck zu setzen, dem Team eine gute Beratung zu bestätigen, und frage beispielsweise: – Wenn du heute Abend, bevor du einschläfst, noch einmal an diese Beratung zurückdenkst – was wird dir vielleicht einfallen? – Angenommen, du würdest dich morgen an etwas aus dieser Teamberatung erinnern wollen, was wäre das? Ich frage also nicht: »Hat dir das jetzt was gebracht?«, »Welche dieser Ideen wirst du jetzt umsetzen?« Allerdings ist dies eine Geschmacksfrage und auch abhängig von der Kultur des jeweiligen Teams oder der Gesprächsführung. Die Kundin hat die Freiheit, auf den Abschlusskommentar zu verzichten oder sich einfach nur zu bedanken. Unabhängig aber davon, ob und was als Abschlusskommentar gesagt wird, ist danach das Thema innerhalb des Teams für diese Sitzung abgeschlossen. Manchmal muss die Gesprächsleiterin darauf achten, dass nicht wieder in das Thema eingestiegen wird (»Mir fällt gerade noch ein, dass du auch noch Folgendes versuchen könntest …«). Sie sollte dann klar und deutlich intervenieren und diese Einwürfe unterbrechen. Manche Teams diskutieren später einzelne Anliegen noch einmal informell in der Kaffeepause, für andere ist mit dem Abschlusskommentar tatsächlich auch »der Fall erledigt«. Noch ein Wort zum »Erfolg« von Teamberatung: Wenn die Auftraggeberin nach einer Teamberatung zufrieden ist mit dem, was sie erhalten hat, ist das genau das angestrebte Ergebnis. Aber nicht jede Beratung kann erfolgreich sein. Es kommt durchaus (vielleicht gar nicht so selten) vor, dass jemand aus einer Teamberatung geht und zwar viele Antworten auf seine Ausgangsfrage erhalten hat, aber keine dabei ist, die ihn befriedigt. Oder er stellt fest, dass die Frage, die ihn beschäftigt, »eigentlich« ganz anders lautet, und er der Gruppe eine »falsche« Aufgabenstellung gegeben hat. Das gehört dazu. Dies ist im Übrigen eine Erfahrung, die auch unsere Klient(inn)en

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mit unserer Arbeit gelegentlich machen: Dass sie nicht genau das bekommen, was sie sich erhofft und erwünscht haben (und was wir ihnen vielleicht gern gegeben hätten, uns aber nicht gelungen ist). Es kann hilfreich sein, von vorneherein einzukalkulieren, dass das Ziel nicht immer erreicht werden kann. Und andererseits kann man vielleicht auch erst mit der entsprechenden Übung allmählich lernen, welche Ziele realistischer mit Teamberatung erreicht werden können – und welche nicht. »Ich möchte hier rausgehen und mir sicher sein, dass ich es richtig mache« ist ein berechtigter Wunsch. Teamberatung, wie andere Beratungsformen auch, kann jedoch keine Garantie dafür geben, diesen Wunsch zu erfüllen. Denn ob jemand sich seiner Sache anschließend sicher ist oder nicht, wird letztlich auch von ihm selbst abhängen und nicht allein von der Qualität der Beratung. Eine etwas realistischere Erwartung wäre es beispielsweise, »einen Überblick über die Für und Wider einiger Optionen, die mir zur Verfügung stehen, zu erhalten«. Dieses Ziel kann leichter in einer Teamberatung erreicht werden. Man sollte keinesfalls solange weiter beraten, bis die Kollegin schließlich eine Lösung sieht oder genervt aufgibt. Vielleicht ist es günstiger zu lernen, dass man auch mit Fehlschlägen leben kann. Zudem wird auch dadurch zum Ausdruck gebracht, dass Teamberatung nichts ist, was man unbedingt »braucht«: Alle Teammitglieder sind Fachleute und Profis, sie können arbeiten – Teamberatung ist eine Ergänzung, keine Grundversorgung. Wer ohne Supervision oder Teamberatung nicht arbeiten kann oder dies anderen nicht zutraut, sollte sich fragen, ob er nicht sich (oder die anderen) aus dem Arbeitszusammenhang zurückziehen sollte – oder ob die Annahme, es ginge nicht ohne, unzutreffend und überflüssig ist.

Die gesamte Teamberatungssitzung In der Regel werden mehrere Beratungen im Team nacheinander durchgeführt. Neben all dem, was in diesem Kapitel noch zur Gestaltung von Sitzungen ausgeführt wird und was beachtet werden kann, seien hier einige weitere Vorschläge angeführt. Die Tagesordnung wie auch die voraussichtliche Dauer der Behandlung einzelner Punkte sollte vorab geklärt werden: Zu Beginn sammelt die Gesprächsleiterin die vorhandenen Anliegen und notiert sie auf einer Tafel, so dass alle sie sehen können. Sie kann die jeweiligen Kund(inn)en bitten anzugeben, wie viel Zeit sie für ihre Beratung benötigen oder wünschen,

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Die gesamte Teamberatungssitzung

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und hält auch diesen Wunsch fest. Anschließend wird sie überprüfen und gemeinsam mit dem Team klären, ob die Zeit nach dieser Planung ausreicht oder ob einzelne Anliegen in dieser Sitzung zurückgestellt oder aber zeitlich noch eingeschränkt werden müssen. Schließlich einigt man sich auf die Reihenfolge. Die Gesprächsleiterin wird nicht vergessen, auch Pausen einzuplanen – und möglicherweise die letzten fünf bis zehn Minuten für ein gemeinsames Feedback zur vergangenen Sitzung zu reservieren. Zum Umgang mit der fast immer knappen Zeit: Wir sind es gewohnt, alle möglichen Situationen zeitlich vorab zu befristen, auch und besonders bei Terminen mit Klient(inn)en. Seltsamerweise zögern wir jedoch häufig, uns bei einer kollegialen Beratung ebenfalls im Voraus zeitlich festzulegen: Hier, finden wir, sollte keine Zeitnot herrschen, hier wollen wir genügend Raum haben, bis es zu einem befriedigenden Abschluss kommt. Dabei gibt es auch hier zahlreiche gute Gründe für eine zeitliche Befristung der Beratung: – Die Gefahr, sich in Einzelheiten zu verlieren, wird geringer: Alle haben buchstäblich vor Augen, dass es weitere Kolleg(inn)en gibt, die ebenfalls beraten werden wollen. – Die Befristung ermöglicht auch noch, andere Anliegen vorzutragen. – Die Bereitschaft steigt, sich zu beteiligen und zu engagieren, wenn absehbar ist, dass auch ein Ende gefunden wird. – Die Notwendigkeit eines klar strukturierten, auftragsorientierten Vorgehens nimmt zu – und damit die Wahrscheinlichkeit, diesen begrenzten Auftrag auch leisten zu können (»Ich möchte von euch Ideen zu …« statt »Ich möchte mit euch mal über meine Klientin X sprechen«). Der Gesprächsleitung kommt eine entscheidende Rolle zu, die sie sinnvollerweise auch selbstbewusst wahrnimmt. Dabei haben sich einige Verhaltensweisen bewährt, an denen sich die Gesprächsleiterin oder der Gesprächsleiter orientieren kann (nicht muss): – Sprechen Sie laut und deutlich. Sie geben damit auch ein Tempo und das Maß des Engagements vor, beziehungsweise Sie laden dazu ein. – Nehmen Sie Ihre Hände zum Strukturieren – zeigen Sie auf diejenigen und sprechen Sie sie auch mit Namen an, von denen Sie Beiträge erwarten. – Seien Sie freundlich und lächeln Sie. Ihre Kolleg(inn)en werden viel lieber mitarbeiten, wenn Sie eine freundliche und angenehme Stimmung vorgeben. – So können Sie Ihre Kolleg(inn)en bitten, statt etwas zu verlangen. Sie können den Zweck Ihrer Bitte erläutern (»Claudia wünscht Unterstüt-

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Teamberatung

zung und Rat, ich bitte euch alle, sich noch einmal zu engagieren«), auch wenn er offensichtlich zu sein scheint. Sprechen Sie »Einladungen« aus, statt Forderungen zu stellen (»Ich lade euch ein, noch drei Ideen zu nennen«), und haben Sie Geduld. Stellen Sie öffnende Fragen (statt schließende), und beantworten Sie sie nicht selbst. Haben Sie Geduld. Bedanken Sie sich bei den Kolleginnen – zum Beispiel für ihre Mitarbeit im Allgemeinen und für die einzelnen Beiträge. Menschen lassen sich dadurch relativ leicht zur Beteiligung ermuntern. Lächeln Sie und nicken Sie – vermeiden Sie ein Pokerface, bei dem die Kolleginnen nicht erkennen können, wie Ihnen zumute ist: Während Beiträgen von anderen können Sie mit dem Kopf nicken, lächeln und so die Sprecherin ermuntern fortzufahren. Bewerten Sie als Gesprächsleitung nicht die inhaltliche Qualität der einzelnen Äußerungen (dies könnte die Sorge, einen – formal oder inhaltlich – »falschen« Beitrag zu liefern, entstehen lassen, was wiederum zur Folgen haben könnte, lieber gleich gar nichts zu sagen), sondern danken Sie für die Beteiligung.

Möglicherweise liest sich diese Passage etwas merkwürdig. Es sind Hinweise, sich ein wenig anders zu verhalten und zu geben, als man sich vielleicht »natürlicherweise« verhält. Dies ist im ersten Moment ungewohnt und vielleicht auch unangenehm – ähnlich wie die ersten Schritte im Tanzkurs. Insbesondere gegenüber »aufgesetzter« Freundlichkeit sind wir in Deutschland besonders kritisch. Allerdings geht es nicht darum, nur so zu tun, als ob man freundlich wäre, sondern sich dadurch auch in eine freundliche Haltung zu versetzen – beim Lernen eines neuen Tanzschrittes tut man schließlich lange Zeit, bevor es wirklich so ist, auch so, als ob man ihn schon könnte: Unsere Gefühle und unser Verhalten sind nicht linear-kausal verbunden (»Unsere Gefühle bestimmen unser Verhalten«), sondern zirkulär – durch eine Änderung unseres Verhaltens (indem wir lächeln und besonders freundlich sind) können wir auch Einfluss auf unsere Gefühle nehmen. Probieren Sie diese Hinweise aus – und entscheiden Sie erst danach, ob sie für Sie brauchbar sind. Vielleicht entdecken Sie dabei sogar Methoden und Vorgehensweisen, die Sie auch für Ihren Umgang und für Ihre Gespräche mit Klientinnen verwenden können.

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Wie funktioniert Teamberatung?

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Wie funktioniert Teamberatung? Teamberatung ist selbstverständlich kein Allheilmittel. Sie hat sich in der hier vorstellten und in ähnlicher Form für eine Reihe von Teams bewährt, was aber keineswegs für alle Teams gelten muss. Dort, wo sich diese Methoden bewährt haben und (vielleicht nur teilweise) von den Teams übernommen wurden, kann man sich fragen: Warum funktioniert das? Welche Erklärung gibt es dafür, dass dieses Modell erfolgreich ist? Welche Prinzipien sind hier wirksam (vgl. auch Wack et al. 1993; Adriani et al. 1996)?

Vielfalt statt Einfalt Teamberatung zielt ab auf Vielfalt, auf Vervielfältigung von Sichtweisen, von Ideen, von Möglichkeiten. Die Methoden sind darauf ausgerichtet, mehr Möglichkeiten zu finden. Damit steigt die Zahl der erkennbaren und damit der zur Verfügung stehenden Optionen. Die Freiheit des einzelnen Teammitglieds, selbst zu entscheiden und »eigensinnig« auszuwählen, wird so immer wieder betont.

Quantität statt Qualität Hilfreich kann sein, sich zu erinnern, dass es nicht darauf ankommt, nur gute Ideen zu liefern, sondern lieber möglichst viele. Die Beiträge der Teammitglieder müssen nicht immer besonders geeignet und passend sein, mit ein wenig Erfahrung weiß man, dass auch scheinbar unsinnige Beiträge ihren Sinn haben: Sie erweitern genauso das Spektrum – und die Qualität einer Idee oder einer Anregung kann ohnehin nur von der jeweiligen Kundin abschließend beurteilt werden.

Hypothesen statt Wahrheit Aus eben diesem Grund geht es auch nicht um »Wahrheit«. Der Verzicht darauf, Dinge für »wahr« (und damit »unausweichlich«) zu halten, lässt zu, auch das zu denken und sich vorzustellen, was bisher vielleicht als undenkbar, als unvorstellbar schien – und deswegen auch nicht gedacht wurde. Wenn ich ein Problem habe, weil ich denke, befriedigende Lösungen seien einfach nicht möglich, werde ich erst dann befriedigende Lösungen suchen

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Teamberatung

(und somit dann auch finden) können, wenn ich diesen Glauben an die Unlösbarkeit des Problems aufgegeben habe.

Strukturiert statt frei Ein entscheidendes Hilfsmittel für gelingende Teamberatung scheint mir, jedenfalls bei der gegenwärtig verbreiteten Kultur innerhalb von Teams, die Strukturierung zu sein. Eine Teamberatung, die klar strukturiert ist und deren zeitlicher und inhaltlicher Ablauf für alle deutlich erkennbar ist, und dessen Einhaltung auch durch eine Gesprächsleitung verantwortlich kontrolliert wird, erhöht die Bereitschaft zur Beteiligung und Mitarbeit und fördert Kreativität.

»Oberflächlichkeit« statt »Tiefgang« Wenn man will, kann man Teamberatung als oberflächlich bezeichnen – wenn »oberflächlich« heißt: mit Zeitbegrenzung, lösungs- statt problemorientiert, eher auf Wirkungen aus als auf Ursachen bedacht, auftrags- statt »einmischungsorientiert«. Dazu gehört auch mit einzukalkulieren, dass nicht jedes Mal eine Lösung oder ein befriedigendes Ergebnis gefunden werden kann.

Fehlerfreundlichkeit statt Perfektion Teamberatung hat keine Erfolgsgarantie. Nicht jede Beratung wird gelingen oder befriedigende Ergebnisse hervorbringen. Dies gilt in gleicher Weise auch für deren Gestaltung und Durchführung. Teamberatung darf etwas Spielerisches, Experimentelles und Leichtes haben – und damit auch den Verzicht darauf, perfekt sein zu wollen. Der Gewinn könnte in einem entspannteren Arbeiten liegen. Fehlerfreundlichkeit heißt, dass man auch bei Fehlern und Nichtgelingen freundlich (zu sich und anderen) bleiben darf.

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Die Grenzen von Teamberatung

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Kurz statt ausufernd Das Vorhandensein einer Struktur, die eingehalten wird, ermöglicht es, die Beratung kurz und übersichtlich zu halten und damit auch effektiv zu gestalten.

Humor statt Betroffenheit Humor ist Ausdruck von Lockerheit, beides steht miteinander in Wechselwirkung, Lockerheit kann auch durch Humor erreicht werden. Wir können leichter neue Ideen produzieren und auch im Gedankenexperiment aufnehmen, wenn wir entspannt sind. Wie in der Arbeit mit Klienten (vgl. z. B. Robinson 2002) können wir unseren Humor auch in der kollegialen Beratung nutzen – auch und gerade dann, wenn die Themen ernst und bedrückend sind. Es geht nicht darum, etwas ins Lächerliche zu ziehen oder sich lustig zu machen. Wenn wir Humor zulassen und mit einbeziehen, wird unsere Beratung aller Voraussicht nach besser gelingen und effektiver geraten. Insofern ist es lohnenswert, sich um Spaß, Lockerheit und Humor zu bemühen.

Arbeit und Anstrengung Teamberatung ist Teil der bezahlten Arbeit – und damit ist es keine Frage, dass sie durchaus auch Engagement, Einsatz und aktive Beteiligung verlangt – und zuweilen anstrengend und fordernd sein kann. Dies muss kein Widerspruch sein dazu, dass sie Spaß machen kann. Beides lässt sich verbinden.

Die Grenzen von Teamberatung Selbstverständlich ist Teamberatung kein Allheilmittel für ratlose Profis und auch kein Allzweckwerkzeug für jede Lebenslage. Das Modell der Teamberatung als Ganzes und die einzelnen vorgestellten Methoden sind nicht mehr und nicht weniger als Werkzeuge, deren Nutzen allein derjenige bestimmen kann, der sie verwendet – abhängig von der Situation und dem Zweck, zu dem sie benötigt werden. Um sie optimal anzuwenden, soll-

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Teamberatung

ten die Benutzer sich mit ihrem Umgang vertraut gemacht, sie ausprobiert und mit ihnen geübt haben. Sinnvollerweise erst dann, wenn sie ein wenig Erfahrung damit haben, werden sie fundiert entscheiden können, in welchen Situationen diese Werkzeuge nützlich sein können und wie sie dabei gehandhabt werden sollten. Besser ist es, wenn eine Reihe von Werkzeugen zur Auswahl stehen – und wenn man bei Bedarf in der Lage ist, vorhandene Werkzeuge zu verändern oder sich neue zu entwickeln. Nicht immer ist systemische Teamberatung das geeignete Werkzeug. So etwa dann, wenn ein Teammitglied oder das gesamte Team herausfinden will, wie etwas »wirklich« ist, wenn sie die Wahrheit über einen Sachverhalt, die »richtige Beschreibung« von Personen oder Verhaltensweisen oder die »tatsächlichen« Ursachen bestimmter Vorgänge bestimmen wollen. Zum einen würde dies voraussetzen, dass dies überhaupt möglich ist – was man aus systemischer Sicht verneint. Zum anderen hieße dies, in irgendeiner Form eine Auswahl zwischen den in Frage kommenden möglichen Wahrheiten zu treffen – und dadurch die Freiheitsgrade einzuschränken statt auszuweiten, was wiederum den Grundsätzen dieses Modells entgegengesetzt wäre. Auch dann, wenn man sich von dem Modell eine einzige oder womöglich sogar »die eine richtige« Lösung zu finden erhofft, wird man damit an seine Grenzen stoßen, sind doch die Methoden ebenso wie die Grundidee darauf angelegt, Vielfalt zu erhöhen statt zu verringern und die Breite des Handlungsspektrums zu erweitern statt einzuschränken: Dies ist das angestrebte Ziel. Eine Entscheidung für eine einzige, für wie richtig auch immer erachtete Lösung würde den Spielraum verengen statt ihn zu erweitern. Selbstverständlich hätte es Vorteile, wenn wir sagen könnten, wir hätten tatsächlich die richtige, also die objektiv richtige Lösung gefunden. Denn dann bräuchten wir keine Verantwortung mehr dafür zu übernehmen, dass wir uns gerade für diese Lösung »entschieden« hätten. Im Grunde könnten wir dann allerdings auch nicht mehr von »Entscheidung« sprechen: Wir hätten die Lösung eher »gefunden«, einfach weil uns ja (objektiv gesehen) gar keine Wahl geblieben wäre – eben weil es »die richtige Lösung« sein sollte. Heinz von Foerster hat dies sehr treffend (wenn auch nicht ganz einfach) ausgedrückt: »Objektivität ist die Selbsttäuschung eines Subjekts, dass es Beobachten ohne ein Subjekt geben könnte. Die Berufung auf Objektivität ist die Verweigerung der Verantwortung – daher auch ihre Beliebtheit« (zit. nach von Glasersfeld 1998, S. 242). Solange ich mich nicht auf objektive Sachverhalte berufe, die »mir keine andere Wahl lassen« als so zu handeln, wie ich handle, bleibt mir nichts anderes übrig, als selbst die Verantwortung für meine Entscheidungen zu übernehmen. Allerdings ist mein Spielraum umso größer, je mehr ich mir

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Die Grenzen von Teamberatung

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im Klaren bin, dass ich selbst es bin, der zwischen den verschiedenen Wahlmöglichkeiten entscheidet – und nicht »die Wahrheit«. Teamberatung will die Verantwortung bei der Kollegin belassen, die sich beraten lässt – und damit wird ihr auch weder von Vorgesetzten noch vom Kollegenteam diese Verantwortung abgenommen: Bei ihr liegt die Entscheidung. Immer dann, wenn die Vorgesetzten die Wahl einschränken oder das Team darüber bestimmt, was letztlich passiert, handelt es sich nicht mehr um kollegiale Beratung, sondern um eine kollegiale oder Teamentscheidung. Selbstverständlich sind solche Entscheidungen notwendig, ebenso wie auch Vorgesetzte zuweilen Einspruch erheben gegen bestimmte Entscheidungen von Mitarbeitern und selbst eine andere Richtung vorgeben. Wichtig ist es, möglichst rechtzeitig und unmissverständlich diese Unterscheidung zu treffen: Wo bleibt die Entscheidung bei den einzelnen Mitarbeiterinnen oder welcher Spielraum wird ihnen zugestanden, und wann nehmen sich Vorgesetzte oder Teams das Recht, das letzte Wort zu haben. Teamberatung ist schließlich kein Ersatz für Supervision. Supervision ist eine im psychosozialen Feld verbreitete Form der Reflexion und damit, so wie Teamberatung auch, ein weiteres Instrument der Qualitätssicherung. In der Regel kommt eine externe Supervisorin in regelmäßigen Abständen in ein Team und bespricht mit ihm die aktuellen Themen und Anliegen. Von außen betrachtet bestehen Ähnlichkeiten mit der kollegialen Beratung. Doch gibt es erhebliche Unterschiede: Während in der Teamberatung das Team unter sich ist und mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln, den Ressourcen seiner Mitglieder, neue Ideen entwickelt und Auswege aus entstehenden Problemen findet, kommt mit der externen Supervisorin jemand Neues ins Team und bringt mit ihren Erfahrungen und Kenntnissen sowie ihren Kompetenzen für die Gestaltung des Supervisionsprozesses auch eigene, neue Sichtweisen mit. Diesen frischen Blick von außen kann die Teamberatung per Definition nicht leisten. (Allerdings bleibt dieser unverbrauchte Blick auch nur solange frisch wie die Supervisorin nicht allzu oft mit dem Team arbeitet – um diesen Effekt zu erhalten, sollte man von vornherein vereinbaren, nach zehn oder spätestens zwanzig Sitzungen die Supervisorin zu wechseln.) Teamberatung scheint billiger zu sein als Supervision, das Honorar für die Supervisorin wird gespart. Umgekehrt ist eine kollegiale Beratung nicht so billig wie sie scheint, sobald man die Stundensätze der beteiligten Mitarbeiter einberechnet. Beides, Teamberatung und Supervision, hat seinen Preis – aber eben auch seinen Wert. Teamberatung und Supervision sind wichtige Reflexionsinstrumente – allerdings nicht die einzigen. Auch die regelmäßige Teilnahme an Fort-

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bildungen und Fachtagungen sowie die Lektüre aktueller Fachliteratur (Abonnements von einer oder zwei wichtigen Zeitschriften und regelmäßige Anschaffung einiger neuer Veröffentlichungen könnten zum Standard einer Einrichtung gehören) fallen hierunter, wie auch kleinere und größere Evaluationen (z. B. die Befragung von Klientinnen durch Dritte, für wie gut sie das vorhandene Angebot der Einrichtung oder die Arbeit des Teams einschätzen). All dies sind wichtige Formen von Qualitätssicherung, die neben der eigentlichen Arbeit eines Teams oder einer Einrichtung selbstverständlich zu den zentralen Aufgaben gehören.

Methoden VII: Weitere Modelle kollegialer Beratung Das hier von mir vorgestellte Modell der Teamberatung und die damit verbundenen Methoden sind natürlich nicht die einzig vorstellbare Form kollegialer Beratung. Es gibt eine Reihe von Veröffentlichungen, die methodische Vorgehensweisen entwickeln und sich für die kollegiale Reflexion anbieten (daneben könnten wir, nicht zu vergessen, in der Praxis natürlich noch viel mehr unveröffentlichte, aber bewährte Konzepte entdecken!). Diese reichen von expliziten Methoden kollegialer Beratung in psychosozialen Arbeitsfeldern bis hin zu Kreativitätstechniken. Es gibt selbstverständlich nicht die richtige Methode und das einzig wahre Modell, sondern solche Vorgehensweisen werden am besten als Werkzeuge verstanden, die zur Verfügung stehen und mit denen man günstigstenfalls vor dem Ernstfall ein wenig geübt hat, so dass man ihre Nützlichkeit und die eigene Geschicklichkeit im Umgang mit ihnen rechtzeitig im Voraus einschätzen kann. Ich möchte einige der Vorschläge hier im Überblick darstellen. Dabei beschränke ich mich nicht auf ausdrücklich systemische Ansätze, sondern beziehe auch Modelle aus anderen Schulen ein. Bei den vorgestellten Konzepten handelt es sich um teilweise komplexere Abläufe. Die klare Struktur (häufig einschließlich genauer Zeitangaben) gibt den Rahmen vor, sie ist nicht nur für die Gesprächsleitung eine Unterstützung, sondern auch für das gesamte Team, das Bescheid weiß über das zu erwartende Vorgehen. Die für alle transparente Struktur ist wie eine Führungsschiene, die nicht nur Orientierung bietet, sondern auch eine gewisse Sicherheit darstellt, dass man den Faden nicht verlieren und einigermaßen unbeschadet durch die Beratung kommen wird – möglicherweise sogar mit Erfolg. Nicht immer wird das gesamte Team mit in die Beratung einbezogen,

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Methoden VII: Weitere Modelle kollegialer Beratung

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zuweilen ist es mehr eine Beratung zwischen Gesprächsleiterin und der anfragenden Kollegin (Kundin). Dies bedeutet jedoch nicht, dass die anderen Kolleginnen nicht auch Gewinn oder Anregungen aus der Beobachtung ziehen könnten: Zum einen kann die Kollegin, ihre Fragen und die Antworten, die sie sich gibt oder die sie erhält, beobachtet werden, zum anderen kann die Beratung der Gesprächsleitung genauer verfolgt werden – und schließlich kommt man vielleicht dazu, eigene, ähnlich gelagerte »Fälle« neu zu überdenken. Manche Teams ziehen die ausführlicheren, komplexer aufgebauten Modelle vor gegenüber den kurzen, manchmal als zu sehr an der Oberfläche verbleibend empfundenen Methoden. Andere Teams wiederum schätzen es, immer mal wieder die Vorgehensweise bei der kollegialen Beratung zu wechseln – und sich dann auch frei und souverän genug zu fühlen, hin und wieder damit zu experimentieren und eigene Methoden zu erfinden.

Kollegiale Beratung nach Heinrich Fallner und Hans-Martin Grässlin Fallner und Grässlin (1989) stellen ihr Ablaufmodell einer kollegialen Beratung als eine »Systematik zur Reflexion des beruflichen Alltags« in 15 Schritten und sechs Phasen vor. Der Ablauf ist klar gegliedert durch Vorund Aufgaben, wer wann sich wozu zu äußern hat – und wann zu schweigen. Wichtig ist, dass jemand als Moderatorin durch die Struktur der Sitzung führt und jeweils klar und deutlich machen kann, an welcher Stelle des Ablaufs man sich momentan befindet und welche Aufgabe aktuell von wem erwartet wird. Eine besondere Stärke ist sicherlich die Ruhe und Ausführlichkeit, mit der hier Zeit für das einzelne Anliegen zur Verfügung gestellt wird – eine Beratung dauert nach diesem Vorschlag etwa 90 Minuten. Auch die Zeiten der Stille und Konzentration tragen zu einer gelassenen, entspannteren Stimmung bei. Phase I: Eröffnen und Beginnen (ca. 5 Min.) 1. Die Beratung beginnt mit einer Rollenverteilung: Wer bringt eine Situation zur Reflexion ein (das ist der »Falleinbringer«) – und wer übernimmt die Reflexionsleitung/Moderation? Phase II: Darstellen und Orientieren (ca. 15 Min.) 2. Der Falleinbringer umreißt kurz die Situation, die er reflektieren und bearbeiten möchte – und er formuliert, woran er in der kollegialen Beratung besonders interessiert ist. Die anderen hören zu.

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3. Die Reflexionsleitung lädt die Teilnehmer ein, Nachfragen zu stellen: »Folgendes ist mir noch nicht verständlich …«, der Einbringer beantwortet diese Fragen. Phase III: Betrachten und Erweitern (ca. 20 Min.) 4. Die Teilnehmer besinnen sich in einer kurzen Ruhezeit auf das Gehörte. 5. Die Reflexionsleitung fordert die Teilnehmer auf, »tabulos« (also ohne innere Zensur) kurze assoziative Einfälle, Gedanken und Stichworte (keine Ratschläge!) zu nennen. Der Einbringer hört zu. 6. Der Einbringer benennt, worauf er »angesprungen« ist, was ihm als Herausforderung erscheint und welchen Assoziationen er lieber ausweichen möchte. Die anderen hören zu (evtl. kann sich hier eine kurze Diskussion anschließen). Phase IV: Differenzieren und Beurteilen (ca. 30 Min.) 7. Es folgt eine kurze Zeit der Stille und Konzentration. 8. Der Einbringer gibt eine kurze Erklärung ab: Was hat sich an seiner Fragestellung verändert, aufgeweicht oder verfestigt. Die anderen hören zu. 9. Die Teilnehmer geben ihrerseits Statements ab, die Beurteilungen, Hypothesen oder Lösungsideen enthalten: »Ich sehe das so …« (An dieser Stelle wird manchmal deutlich, dass fachliche Informationen fehlen, die dann sofort oder später erarbeitet oder beigebracht werden müssen.) 10. Der Einbringer äußert sich zu den Punkten, auf die er »angesprungen« ist. Die Teilnehmer hören zu (evtl. kann sich auch hier eine kurze Diskussion anschließen). Phase V: Entscheiden und Übersetzen (ca. 15 Min.) 11. Auch diese Phase beginnt mit einigen Augenblicken der Stille und Konzentration. 12. Der Einbringer bildet Vorsätze: »Ich nehme mir vor …«, »Für mich hat sich ergeben, dass …«. Die Teilnehmer hören zu. 13. Die Teilnehmer formulieren ihren Lerngewinn aus dieser Beratung: »Ich habe an deinem Beispiel gelernt …«, »Ich nehme heute mit …«, »Für meinen Alltag habe ich gelernt, …«

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Phase VI: Abschließen und Beenden (ca. 5 Min.) 14. Abschlusswort des Einbringers: »Womit ich in Kontakt gekommen bin: …«, »Was für mich hinderlich, was förderlich war …« 15. Kurze Feedbacks zu der vergangenen Beratung.

Fallbesprechung und kollegiale Beratung nach Lilo Schmitz In ihrem Buch »Lösungsorientierte Gesprächsführung« stellt Lilo Schmitz (2002) Trainingsbausteine für Hochschule, Ausbildung und kollegiale Lerngruppen vor. Sie präsentiert eine Reihe von Übungen, mit denen sie in ihren Aus- und Weiterbildungskursen Vorgehensweisen wie Reframing, Komplimentieren (»ehrliches Lob«), lösungsorientierte Fragen, Skalierungsfragen, die Wunderfrage, Aufgaben und Experimente für Klientinnen und anderes vermittelt. Schließlich stellt sie noch ein Modell der Fallbesprechung und kollegialen Beratung vor (Schmitz 2002, S. 110-115), in dem sie eine ganze Reihe dieser lösungsorientierten Methoden integriert. Es gelingt ihr so, die Methoden, die sich in der Beratung mit Klientinnen als nützlich erwiesen haben, auch für die kollegiale Beratung zu nutzen – und zugleich hat sie eine Übungsmöglichkeit für diese Methoden gefunden, die real ist, sie werden nicht nur im Rollenspiel erprobt, sondern an richtigen Fragestellungen und Anliegen und an richtigen Menschen – die dabei natürlich erleben können, wie diese Methoden auf die Klientinnen wirken können. Die Beratung wird durch eine Kollegin als Moderatorin geleitet. Sie erläutert die zwölf Schritte des Modells vorab noch einmal kurz. Die Beratung dauert etwa 60 Minuten und teilt sich in eine Interviewphase und eine Rückmeldephase. Interviewphase 1. Ein Teammitglied stellt sein Anliegen vor, wobei die Zeit auf fünf bis zehn Minuten begrenzt wird mit der Begründung, dass in diesem Modell eher eine Falldarstellung durch Fragen im Mittelpunkt steht. 2. Die Moderatorin fragt nach dem Ziel der Fallbesprechung: Was wünscht sich die Kollegin – nur zu erzählen oder neue Lösungsmöglichkeiten oder anderes. 3. Die Moderatorin stellt die Wunderfrage: »Damit wir deine Wünsche für den Fall besser erfassen können, bitte ich dich jetzt, dir Folgendes vorzustellen (Pause): Am kommenden Wochenende (Pause), während du deine übliche Freizeit verbringst (Pause), geschieht ein Wunder (Pause). Alle Schwierigkeiten in diesem Fall sind beseitigt (Pause) und alles läuft ganz

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wunderbar (Pause), ganz wie du es dir wünschst, (Pause) einfach optimal (Pause). Woran merkst du am Montag als Erstes, dass ein Wunder geschehen ist? Und wie sieht dann der Fall in einem Monat aus?« »Und was ist dann noch anders bei dem Fall?« Die Moderatorin fragt weiter: »Stell dir eine Skala zwischen 0 und 10 vor, bei der 10 für das Wunder, den idealsten Fall steht und 0 für den schlimmsten Tag, den du mit diesem Fall je hattest. (Pause) Wo zwischen 0 und 10 kannst du die Sache heute einordnen?« »Und mit wie viel von 10, mit welcher Zahl wirst du zufrieden sein?« Die Moderatorin fragt weiter: »Welche Person (außer dir selbst) hat geholfen, dass die Sache auf (x) ist und nicht auf 0?« Hier wie auch bei den nächsten Fragen sollten weder die Moderatorin noch die Kolleginnen »hilfreiche« Erklärungen und Vorschläge für Antworten nachschieben, sondern der Kundin wirklich Zeit geben, eine eigene Antwort zu finden. Die Moderatorin fragt weiter: »Welcher glückliche Umstand hat geholfen, dass die Sache auf (x) ist und nicht auf 0?« Die Moderatorin fragt weiter: »Welche Aktivität von dir hat geholfen, dass die Sache auf (x) ist und nicht auf 0?« Die Moderatorin fragt weiter: »Welche Aktivität der Klientin hat geholfen, dass die Sache auf (x) ist und nicht auf 0?« Nun dürfen alle Mitglieder der Gruppe reihum Informationsfragen stellen. Dafür eignet sich gut ein Redestein, der – einer alten indianischen Tradition folgend – reihum gegeben wird. Wer ihn hat, darf (muss aber nicht) eine Frage stellen. Bei offen oder verdeckt geäußerten Ratschlägen bittet die Moderatorin, diese zurückzustellen und für später festzuhalten. Nach spätestens 45 Minuten (seit Beginn der Beratung) schließt die Moderatorin die Fragerunde und leitet über zur

Rückmeldephase 10. Die Moderatorin bittet alle Mitglieder der Beratungsgruppe (sie selbst eingeschlossen), für die fallbearbeitende Kollegin mindestens ein ehrliches und ernsthaftes Lob zu formulieren. Keine Angst vor Doppelnennungen! 11. Die Moderatorin bittet die Mitglieder der Beratungsgruppe, Tipps, Denkanstöße oder Ratschläge, die ihnen eingefallen sind, zu nennen. Diese werden nicht diskutiert. Die Moderatorin sollte auch die fallbearbeitende Kollegin davon abhalten, Vorschläge zu bewerten oder Erwiderungen zu geben. Idealerweise wird dies durch eine »lösungsorientierte Klammer« eingeleitet:

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»Vielen von uns sind jetzt Tipps und Ratschläge eingefallen, die uns nützlich erscheinen. Wir gehen aber davon aus, dass diese nicht unbedingt auch für dich nützlich sein werden. Deshalb werden wir sie nicht diskutieren. Höre sie einfach an und notiere dir gerne, was dir gefällt oder was du später noch einmal bedenken möchtest.« 12. Die Moderatorin erbittet eine kurze Rückmeldung der Kollegin (auch hier ohne die Vorschläge aus dem Team im Einzelnen zu bewerten) und dankt der ganzen Gruppe.

Fallbesprechungsmodell von Ralf Connemann und Barbara Kubesch Connemann und Kubesch stellen ein Fallbesprechungsmodell für Lehrergruppen und Supervisionen vor, das auf dem Modell des Reflektierenden Teams beruht (Connemann u. Kubesch 1991; Connemann 1998) und das sich eventuell auch für etwas größere Teams (mit bis zu 15 Beteiligten) eignet. Sicherlich ist es hilfreich, wenn das Team mit der Idee des Reflektierenden Teams bereits vertraut ist, andererseits kann eine Fallbesprechung in dieser Form auch gerade dazu genutzt werden, sich mit dem Reflektierenden Team bekannt und vertrauter zu machen – bevor man es dann beispielsweise auch in der Arbeit mit Klientinnen einsetzt. Eine Besonderheit dieses Modells ist es, dass ein Teil der Beratung in Form von Kleingruppen stattfindet – und damit die aktive Beteiligung und intensive Einbeziehung aller Teilnehmerinnen noch fördert. Zudem können die (lösungsorientierten, systemischen) Fragen für das Interview vorab gemeinsam überlegt und geplant werden, wodurch sich ebenfalls ein besonderer Übungseffekt ergibt. Selbstverständlich wird vorausgesetzt, dass eine Moderatorin durch die Sitzung führt. Plenum 1. Problemrunde: Alle an einer Beratung Interessierten tragen ihre Anliegen vor. Ein zu besprechendes Problem wird ausgewählt. 2. Der Ratsuchende formuliert sein Anliegen und entwickelt eine möglichst präzise Fragestellung. Kleingruppen 3. Es werden zwei Kleingruppen gebildet, die Gespräche mit dem Ratsuchenden vorbereiten. Dabei stehen Phantasien und Ideen bezüglich der Falldarstellung sowie lösungsorientierte Hypothesen im Mittelpunkt. Nach Erarbeitung möglicher Interviewfragen wählt jede Kleingruppe

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einen Interviewer und zwei bis drei Mitglieder für das Reflektierende Team aus. Die verbleibenden Teilnehmerinnen übernehmen den Part von Außenbeobachterinnen. Plenum 4. In der Großgruppe findet das erste Interview durch den Interviewer der Kleingruppe A statt. 5. Das Reflektierende Team der Kleingruppe B kommentiert dieses Gespräch. Alle anderen Teilnehmer hören weiterhin zu. 6. Der Interviewer der Kleingruppe B beginnt anschließend sein Interview mit der Frage an den Ratsuchenden, was das Gehörte und Gesagte bisher bei ihm ausgelöst hat – und stellt die Fragen der Gruppe B. 7. Das Reflektierende Team der Kleingruppe A kommentiert dieses Gespräch, kann sich allerdings auch auf das vorherige Interview beziehen. 8. Die bislang (außer in den Kleingruppen) nicht beteiligten Außenbeobachter geben eine Rückmeldung zum Beobachteten. 9. Die Interviewer werden durch die Moderatorin zu einem kurzen Rollen-Feedback eingeladen. 10. Der Ratsuchende beendet die Beratung mit einer Schlussreflexion. Connemann und Kubesch schlagen vor, sich bei den Fragen für die Interviews auf Fragen nach den Beschreibungen, Erklärungen und hypothetischen Entwicklungen aus der Sicht der am Problem Beteiligten sowie auf die »klassischen« lösungsorientierten Wunder-, Skalierungs-, Ausnahmeund Als-ob-Fragen zu konzentrieren. Sie bemerken (wie erwartet), dass auch bei Teams, für die diese Fragen zunächst neu sind, sich mit der Zeit eine »wachsende Kreativität in der Generierung von Interviewfragen feststellen« (Connemann u. Kubesch 1991, S. 132) lässt. Connemann (1998) teilt später mit, der Ansatz habe sich insofern weiterentwickelt, als dass mit der Erfahrung die Fragestellungen präziser formuliert und sich die Anzahl der Interviewfragen in der Regel auf einige wenige reduziert habe. Zudem werde häufig auf das zweite Interview verzichtet, das Reflektierende Team würde die nonverbalen Aspekte stärker beachten, mehr mit Metaphern, aber auch mehr mit neuen Ideen operieren und seine eigenen Phantasien und Vorüberlegungen mehr veröffentlichen. Insgesamt habe sich die Besprechungsdauer von ursprünglich 90 Minuten auf fast die Hälfte verkürzt.

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Supervisionswalzer von Andrea Ebbecke-Nohlen Ebbecke-Nohlen (1999) stellt einen »Supervisionswalzer« vor, der auch gewinnbringend für die kollegiale Beratung eingesetzt werden kann, besonders dann, wenn die Teams sehr klein sind – oder wenn sich zwei Kolleginnen »zwischen Tür und Angel treffen« und nur wenige Minuten Zeit ist. »Der Walzer ist eine Methode der Kurzzeitsupervision. Um ihn tanzen zu können, brauchen wir ungefähr zwischen fünf und zehn Minuten Zeit, etwa solange wie auch eine Walzermelodie dauert. Der Supervisionswalzer ist als Methode vor allem dann sinnvoll anzuwenden, wenn wir nur wenig Zeit haben, um Lösungen zu finden. Er ist eine Form der radikalen Komplexitätsreduktion und der gnadenlosen Ressourcenorientierung. Wir verzichten ganz auf Fragen zum Inhalt« (Ebbecke-Nohlen 1999, S. 263f.). Die gesamte Struktur dieser Kurzberatung besteht aus drei Fragen oder »Walzer-Schritten«. Drei Walzer-Schritte zu neuen Ideen Was ist deine Frage? Was brauchst du, um deine Frage beantworten zu können? Was ist dein Lösungsimpuls? Walzer gut zu tanzen ist nicht einfach, es will gelernt und geübt sein. Selbstverständlich wirkt das Tanzen bei den ersten Malen verkrampft und ungelenk, man muss mitzählen, verstolpert sich oder tritt sogar der Partnerin oder dem Partner manchmal auf die Füße. Diese drei Fragen strukturieren das kurze Gespräch. Bei Bedarf wird nachgefragt (»Was meinst du mit …?« »Was könntest du noch brauchen?« »Was würdest du intuitiv-impulsiv improvisieren, wenn du könntest?« »Welchen Impuls verspürst du noch?« »Was könnte die Folge – und dann der nächste Impuls sein?«), ohne jedoch die Grundstruktur zu verlassen. Die »Gnadenlosigkeit« der Ressourcenorientierung bezieht sich auch darauf, dass die Beraterin darauf vertraut, dass die Kundin selbst die Lösungsideen haben wird und sie selbst als Beraterin lediglich die geeigneten Fragen (im richtigen Ton) zu stellen hat, um die Antworten hervorzulocken. Ihr den Zugang dazu zu ermöglichen (und sich selbst als Berater zu bremsen mit der Entwicklung eigener Lösungsideen) ist ein Anliegen dieser Methode.

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Methoden VIII: Selbstberatung »Komm, es ist doch sinnlos, so zu weinen!« sprach Alice ziemlich streng zu sich. »Ich rate dir, auf der Stelle damit aufzuhören!« Sie gab sich im allgemeinen sehr gute Ratschläge (obwohl sie sehr selten einen befolgte), und manchmal schalt sie sich so heftig, dass ihr Tränen in die Augen traten; und einmal, erinnerte sie sich, versuchte sie sogar, sich selber zu ohrfeigen, weil sie in einer Krocketpartie gemogelt hatte, die sie gegen sich selber spielte, denn dies merkwürdige Kind stellte sich zu gern vor, zwei Personen zu sein.« Lewis Carroll, Alice im Wunderland

Vielleicht stellt sich für Sie die Frage, wie groß Teams sein sollten, um die Teamberatung möglichst effektiv durchführen zu können. Doch ist diese Frage aus meiner Perspektive wenig nützlich. Hilfreicher ist es, sie anders herum zu stellen: Wie könnten wir unsere kollegiale Beratung gestalten, damit wir die Möglichkeiten der Prinzipen der Teamberatung optimal nutzen können? Kleine Teams fürchten vielleicht, schnell an ihre Grenzen zu kommen. Das kleinste Team im eigentlichen Sinn besteht aus zwei Personen, das allerkleinste Team aus einer einzigen. Nicht wenige Mitabeiterinnen in der Sozialen Arbeit verstehen sich als Einzelkämpfer, man könnte aber auch sagen, sie sind ein »One-Woman-Team« oder ein »Ein-Mann-Team«. Wie sieht es dann aus mit der kollegialen Beratung? Oder anders gefragt: Kann ich mich eigentlich auch selbst kollegial beraten? Kann ich auch dann Vielfalt entwickeln und die Zahl der Handlungsmöglichkeiten erhöhen (entsprechend Heinz von Foersters »ethischem Imperativ«), wenn ich allein bin? Diese Frage ist natürlich mit »ja« zu beantworten, alles andere wäre eine völlige Verleugnung unserer Ressourcen: Nichts anderes machen wir Tag für Tag, wenn wir unseren Alltag (nicht nur im Beruf) bewältigen, wenn wir immer wieder spontan und intuitiv reagieren und handeln. Somit lautet die Frage eher, welche Möglichkeiten es gibt, sich selbst in einer strukturierten Form »kollegial« zu beraten. »Kollegial« heißt laut Duden-Fremdwörterbuch nicht nur »durch ein Kollegium erfolgend«, sondern auch »freundschaftlich, hilfsbereit«. Wenn man kollegial ist, geht man nett miteinander um. Warum aber sollte man nicht auch einmal nett mit sich selbst umgehen – und sich zugleich als Kollegin nutzen? Das klingt ein bisschen wie »sich selbst an den eigenen Haaren aus dem Sumpf herausziehen«. Vielleicht ist die systemische Selbstberatung – vor allem dann, wenn man über wenig Übung damit verfügt – nicht so sehr für wirklich »große« Probleme gedacht. Auf der anderen Seite ist man in seiner beruflichen Pra-

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xis, Team hin – Team her, häufig genug auf sich allein gestellt. Da kann es hilfreich sein, sich versuchsweise auch mit systemischen Methoden selbst zu beraten und sie daraufhin zu testen, inwieweit sie taugen, den Blickwinkel zu erweitern und damit neue Handlungsmöglichkeiten zu öffnen. Der Vorteil der kollegialen Selbstberatung ist zudem, dass sie an allen möglichen Orten und zu den unmöglichsten Zeiten stattfinden kann, da man sich selbst ja jederzeit dabei hat: im Bus, beim Einkaufen, in einer langweiligen Besprechung, in einer schlaflosen Nacht. Der Nachteil hingegen ist, dass man sich zunächst aufraffen muss, systematisch und strukturiert vorzugehen – und gerade, wenn man nicht so recht weiter weiß, mag man nicht unbedingt auf sich selbst und die eigenen Fähigkeiten vertrauen. Gerade dann fällt es schwer, der eigenen Einladung zu einer kollegialen Selbstberatung nachzukommen. Anders ausgedrückt: Auch Selbstberatung ist manchmal harte Arbeit.

Von mir selbst etwas lernen Ich kann versuchen, mich meiner eigenen Fähigkeiten und Stärken, meiner Erfahrungen und Kenntnisse zu erinnern – auch und gerade dann, wenn ich der Meinung bin, ich würde gar nicht über solche verfügen. Schließlich gehen wir systemisch-lösungsorientiert davon aus, dass unsere Klientinnen, seien es Kinder, Jugendliche oder Erwachsene, über das für befriedigende Lösungen notwendige Wissen wie auch über die Verhaltensmöglichkeiten weitestgehend bereits verfügen. Hier geht es also zunächst darum, unsere psychosoziale Kompetenz abzurufen, unabhängig davon, ob wir als Sozialarbeiterin, Berater oder Therapeutin, als Erzieher, Psychologe, Krankenschwester oder Ärztin tätig sind. Wenn wir uns mit einem Problem oder einer Fragestellung herumplagen und nicht so recht weiter kommen, weil uns einfach nichts mehr einfällt, können wir uns die Frage stellen: Angenommen, eine Klientin oder ein Klient würde mich ansprechen (in der Beratung, auf dem Gang, zwischen Tür und Angel) und würde mir dieses Problem schildern: Welche Idee hätte ich, wie ich weiter vorgehen könnte? Vertrauen Sie darauf, dass Sie als Profi weder schreiend davonlaufen noch wortlos zusammenbrechen würden, sondern dass Sie reflektiert oder intuitiv auf eine Weise reagieren würden, von der Sie annehmen könnten, dass

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sie hilfreich ist. Überlegen Sie sich die Antwort auf diese Frage nicht zu lange, vertrauen Sie auf Ihren ersten Impuls: Vielleicht würden Sie sich das Ganze erst einmal in Ruhe anhören, vielleicht würden Sie dem Betreffenden vorschlagen, sich an eine geeignete Stelle zu wenden, vielleicht würden Sie einen neuen Termin vereinbaren, vielleicht würden Sie einige lösungsorientierte Fragen stellen, vielleicht würden Sie ihm oder ihr eine Rat geben (welchen?) oder auch mehrere, vielleicht würden Sie gemeinsam mit der Betreffenden nach weiteren Hypothesen suchen, sie nach Möglichkeiten fragen, wie sie die Situation noch verschlimmern könnte. Vielleicht würden Sie ihn oder sie auch ermuntern, sich angesichts der Schwere des Problems zunächst einmal auszuruhen und sich etwas Gutes zu tun, sich zu belohnen für all das, was sie bisher ausgehalten hat, aber auch für das, was sie schon versucht hat – und so weiter… Was immer Ihnen einfällt: Probieren Sie es mit sich selbst aus. Vertrauen Sie auf Ihre professionellen Kompetenzen und geben Sie sich zumindest eine Chance – wahrscheinlich liegen Sie mit Ihrer Idee gar nicht so falsch!

Gehirnjogging als »einsamer Waldlauf« Für das Gehirnjogging, also das Sammeln möglichst vieler Hypothesen, Komplimente, Verschlimmerungsideen oder Ratschläge, benötigt man nicht unbedingt seine Kolleginnen (auch wenn es mit ihnen meistens einfacher ist). Sie können sie auch allein zusammentragen. Alles, was Sie benötigen, ist ein Blatt Papier und wenige Minuten Zeit. Nehmen Sie eine Frage aus Ihrer beruflichen Arbeit, schreiben Sie sie spontan auf – und analysieren Sie, ob Sie Hypothesen, Ratschläge oder Komplimente dazu sammeln wollen (gegebenenfalls formulieren Sie die Frage noch einmal um). Setzen Sie sich als Aufgabe, innerhalb von zehn Minuten mindestens 20 Antworten zu sammeln und nieder zu schreiben. Sie werden erstaunt sein, wie viele verschiedene Antworten Ihnen einfallen, sobald Sie sich selbst ein wenig unter Druck setzen. Lassen Sie anschließend das Aufgeschriebene liegen und sehen Sie es sich ein paar Stunden oder einen Tag später noch einmal daraufhin an, ob Sie nicht an dem einen oder anderen Punkt ansetzen können. Anlässe und Fragestellungen für einen einsamen Waldlauf könnten sein: – Je zehn Komplimente für mich und meine Klientin zu unserem letzten Treffen. – Wie könnte ich das unhöfliche Verhalten von Herrn Turm beim letzten Gruppentreffen das nächste Mal ansprechen (20 »erste Sätze«)?

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– Wie wird die Situation von Familie Berg in einem Jahr aussehen (20 verschiedene Szenarien in je einem bis drei Stichworten)? – Wie könnte ich dazu beitragen, dass die Gruppe noch unruhiger wird als sie jetzt schon ist? – Welche Erklärungen fallen mir ein für den Rückfall von Herrn Adler? – Wie kann ich bei diesem Verdacht auf kriminelle Handlungen reagieren? Bei Fragen, die Entscheidungen betreffen (»Soll ich dieses Thema ansprechen oder nicht?«), kann man das Jogging ein wenig verändern und sich die Aufgabe geben, für jede der beiden Varianten mindestens 20 Argumente zu finden: Teilen Sie ein Blatt Papier in zwei Hälften, notieren Sie oben auf jeder Seite eine der beiden Alternativen und schreiben Sie abwechselnd auf jede Seite ein Argument. Hilfreich ist es, sich sowohl nur eine begrenzte Zeit hierfür zu geben, zehn oder 15 Minuten, als auch eine große, unerreichbare Anzahl von Argumenten als Ziel vorzugeben: Sie wollen sich ja selbst überlisten und mehr Argumente für beide Seiten finden, als Ihnen ohnehin die ganze Zeit bereits einfallen.

Das eingebildete Kollegium Ich kann mir für die kollegiale Beratung mein eigenes Kollegium bilden, etwa indem ich mich an frühere Kolleginnen erinnere, an Menschen denke, die ich als Vorbilder habe, oder indem ich mir ganz neue (und dann vermutlich) ideale Kolleginnen erfinde. Von diesen »eingebildeten Kolleginnen« hole mir Rat, indem ich mich selbst zirkulär über und zu ihnen befrage – mit der einen oder anderen der folgenden Fragen: – Wer fällt mir ein, von dem ich annehme, dass sie diese Situation ganz bestimmt meistern würde – und was würde sie wohl an meiner Stelle machen? – Welcher meiner Kolleginnen traue ich am ehesten zu, in dieser Situation richtig zu handeln – und wie sähe das aus? – Welchen Ratschlag würde mir die Kollegin, die ich ein wenig als Vorbild habe, wohl geben? – Welche Tipps würden mir die anderen Kolleginnen geben? – Was würde meinen Kolleginnen an dieser Situation auffallen, was mir wahrscheinlich entgangen ist? – Welche weiteren Ideen hätten sie wohl? – Was würden meine anderen Kollegen wohl an meiner Stelle tun?

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Fortgeschrittene im zirkulären Fragen können noch um eine Ecke weiter denken: – Angenommen, ich würde Kollegin X fragen, wie sich Kollege Y in diesem Fall verhalten würde: Was würde sie mir antworten? – Angenommen, ich würde Kollege Y fragen, welchen Tipp mir Kollegin Z für diese Situation geben würde: Was würde sie sagen? – Angenommen, eine Kollegin würde mir dieses Beispiel schildern, welche Hinweise, Tipps und Ratschläge würde ich ihr wohl geben?

Die Wunderfrage an mich selbst Selbstverständlich eigenen sich alle lösungsorientierten Fragen auch zum Stellen an sich selbst. (Sie können z. B. Fragelisten aus Büchern oder von Arbeitsblättern, die Sie auf systemischen Fortbildungen vor langer Zeit einmal erhalten haben, nehmen, sich einige Fragen ankreuzen und anschließend selbst beantworten.) Eine dieser Fragen, die genau genommen nicht nur aus einer einzigen besteht, sondern, wenn man geschickt ist, viele weitere nach sich ziehen kann, ist die so genannte und bereits erwähnte Wunderfrage: Angenommen, heute Nacht, während du schläfst, geschieht ein Wunder – das darin besteht, dass das Problem, mit dem du dich gerade quälst, gelöst ist. Da du geschlafen hast, hast du das Wunder nicht mitbekommen. Woran wirst du am nächsten Morgen merken, dass dein Problem gelöst ist? Was sind die ersten Zeichen, die du bemerkst, die dich darauf schließen lassen? Welche Zeichen könntest du noch bemerken? Welche noch? (vgl. Berg 1992, S. 92ff.). Es geht bei dieser Frage darum, eine möglichst genaue Beschreibung der »gelösten Situation« zu erfragen: Mit den Fragen lädt man dazu ein, Details zu beschreiben, und damit die Lösung aus der Sicht desjenigen zu erfragen, der sie sich erwünscht. »Die vorrangige Aufgabe der TherapeutIn besteht darin, Informationen so hervorzulocken, dass die Klientin die Möglichkeit, dass ihr ›Wunder‹ tatsächlich geschieht, sehen kann« (Berg 1992, S. 93). Im Anschluss daran kann man herausfinden, welche der Veränderungen bereits ohne ein Wunder gestaltet werden können – und mit welchen Schritten möglicherweise das Wunder auch herbeigeführt werden kann. Wenn Sie vor der Aufgabe stehen, einen ausführlichen Bericht schreiben zu wollen, dies aber immer wieder vor sich herschieben und den Eindruck haben, es einfach nicht zu schaffen, damit anzufangen, könnten Sie sich selbst beraten, indem Sie möglichst detaillierte Antworten auf die Frage finden: »Angenommen, heute Nacht geschieht ein Wunder, das darin

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besteht, dass ich mich unverzüglich an den Bericht machen würde und ihn gern und ohne Probleme verfassen könnte. Da ich geschlafen habe, hätte ich das Wunder nicht mitbekommen. Woran könnte ich morgen erkennen, dass das Wunder geschehen ist?« Fragen Sie möglichst genau bei sich nach: Woran würden Sie es morgens nach dem Aufstehen, beim Frühstück, beim Gang zur Arbeitsstelle merken? Wie würden Sie dann mit dem Schreiben des Berichts tatsächlich anfangen? – Wo würden Sie schreiben? – Um welche Uhrzeit würden Sie beginnen? – Wie würden Sie sich Ihren Arbeitsplatz herrichten? – Wie würden Sie sitzen? – Mit welcher äußeren und mit welcher inneren Haltung würden Sie zu schreiben beginnen? – Wann würden Sie ein Pause machen? – Wie würden Sie sich hinterher für die Mühe belohnen? Vergessen Sie nicht, von der Tatsache des Wunders einfach auszugehen. In einem zweiten Schritt können Sie dann überlegen, welche dieser Beobachtungen nach dem Wunder sie möglicherweise auch jetzt schon ohne Wunder umsetzen könnten: der Ort, an dem Sie schreiben, die Uhrzeit, zu der Sie beginnen, die Gestaltung des Arbeitsplatzes, die äußere oder innere Haltung, die Sie einmal versuchsweise einnehmen könnten. Kurz: Sie könnten vielleicht mit Hilfe einiger Antworten, die Sie sich bei der Selbstbefragung gegeben haben, so tun als ob das Wunder bereits geschehen ist. Auch wenn Sie damit noch nicht zaubern: Möglicherweise finden Sie so einen Weg, den Bericht zu schreiben und dies auch in einer erträglichen Weise zu überleben.

Das Auftragskarussell von Arist von Schlippe Arist von Schlippe (1996; von Schlippe u. Schweitzer 1996, S. 238ff.) stellt mit dem Auftragskarussell eine Möglichkeit der Selbstberatung oder, wie er es formuliert, der Selbstsupervision vor, die insbesondere dann hilfreich sein kann, wenn man vermutet, dass man durch eine Vielzahl von offenen und verdeckten, möglicherweise auch einander widersprechenden Aufträgen, behindert oder »gelähmt« sein könnte. Nehmen Sie sich genügend Zeit und suchen Sie sich einen ruhigen Raum. Laden Sie alle Personen, die Ihnen wichtig erscheinen, in Gedanken ein, reservieren Sie ihnen jeweils einen Stuhl und markieren Sie ihn mit einem Zettel mit Namen. Die Auswahl der möglichen Teilnehmerinnen kann weit gefasst sein: Neben den realen an der Situation beteiligten Personen können es auch »innere Repräsentanten« (Ihre strenge Großmutter oder Ihr liebevoller Vater) sein, die Ihnen in dieser Situation vielleicht wichtig sind. Schließlich erinnert von Schlippe daran, auch hilfreiche Personen wie den Partner, der sagt: »Egal, wie du es löst, ich mag dich!«, sowie natürlich sich selbst und die eigenen Ressourcen, mit denen Sie bereits viele Probleme gelöst haben, nicht zu vergessen, und auch ihnen einen Stuhl einzuräumen. Als Nächstes setzen Sie sich der Reihe nach auf jeden Platz und nehmen den Blickwinkel der jeweiligen Personen ein. Identifizieren Sie sich für einige Momente mit der Person, indem Sie das Problem »mit deren Augen«

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Teamberatung

betrachten. Schließen Sie diese »Identifikation« ab, indem Sie jeweils einen möglichst präzisen Auftrag dieser Person an Sie formulieren: »Sorgen Sie dafür, dass das auf keinen Fall wieder passiert!« – »Helfen Sie mir, mich zu wehren!« – »Sprich mit X!« – »Bleibe gelassen.« Vielleicht schreiben Sie diesen Auftrag auch zu dem Namen auf den Zettel. Nachdem Sie nun vielleicht ein sehr komplexes Auftragsgeflecht entwickelt haben, geht es darum, diese Komplexität so zu strukturieren, dass Sie handlungsfähig bleiben. Nehmen Sie sich einen eigenen Stuhl, setzen Sie sich nacheinander mit jeder einzelnen »Person« und mit ihrem Auftrag auseinander. Überlegen Sie, inwieweit Sie dem Auftrag entsprechen können und wollen, ob Sie ihn zurückweisen oder neu verhandeln wollen, und sagen Sie sinngemäß: »Diesen Auftrag kann ich so nicht akzeptieren. Aber ich kann Ihnen stattdessen dies oder jenes anbieten.« Aufträge muss man nicht annehmen; sofern sie bekannt sind, lassen sie sich verhandeln. Häufig genügt eine solche Übersicht über die von mir erlebten Aufträge, um sie wieder besser sortieren und mit ihnen umgehen zu können. Manchmal wird man feststellen, das es notwendig ist, einzelne Aufträge neu zu verhandeln oder zumindest noch einmal bei den realen Personen nachzufragen, welche Aufträge und Erwartungen sie aus ihrer Sicht haben.

Feedback: Klappt das überhaupt mit der Selbstberatung? Sofern Sie die eine oder andere Methode der Selbstberatung einmal ausprobieren, nehmen Sie sich – so wie im Team auch – anschließend noch einen weiteren Moment Zeit und überlegen: Wie war das? Wie habe ich das gemacht? Wie hat es mir geholfen? Was hätte ich anders machen sollen? Will ich dies in Erinnerung behalten? Für das Gelingen der Selbstberatung gibt es keine Garantie – sowenig wie es für Teamberatung oder die Beratung unserer Klientinnen durch uns eine Sicherheit auf Erfolg gibt. Auf der anderen Seite ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir uns selbst beraten können, auch nicht so gering: Immerhin ist es das, was wir in aller Regel tun, wenn wir vor Fragen oder Problemen stehen – sei es im Beruf oder im Privatleben. Und in aller Regel lösen wir diese Probleme ohne viel Aufsehen, woraus sich schließen lässt, dass unsere Selbstberatung entweder hilfreich war oder doch zu einer Lösung beigetragen hat, sie auf jeden Fall nicht geschadet hat. Die hier vorgestellten Methoden sind insoweit nur eine kleine Erweiterung unseres Repertoires an Möglichkeiten, wie wir uns selbst beraten können, und nicht etwas vollkommen Neues. Für diese Erweiterung spricht,

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Methoden VIII: Selbstberatung

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dass wir manchmal die Methoden, die wir mit Klienten anwenden, ganz bewusst an uns selbst ausprobieren können – und auch, dass wir vielleicht hin und wieder ein wenig mehr die Ratschläge befolgen könnten, die wir uns selbst geben würden – wenn wir uns denn darum bäten.

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■ Teamorganisation

Die Gestaltung von Teamsitzungen Teamberatungen sind eine organisierte Form von Team, sie haben (in irgendeiner Weise) eine Struktur, sie sind (mehr oder weniger) gut organisiert. In diesem Kapitel wird eine Reihe von Hinweisen gegeben, wie sich Teams in der Teamberatung, aber darüber hinaus auch in Dienstbesprechungen und anderen Sitzungen so organisieren können, dass die Zusammenarbeit effektiv gestaltet werden kann. Einige Anmerkungen sind nicht unbedingt neu, wurden aber vielleicht bislang für das eigene Team nicht in Erwägung gezogen. Struktur hat sich grundsätzlich als sinnvoll und nützlich erwiesen, die damit verbundenen Regeln sollten transparent und allen Teammitgliedern bekannt sein: zum Beispiel, dass es eine Gesprächsleitung gibt, eine zeitliche Begrenzung, eine Tagesordnung, eine Festlegung, ob die Teilnahme verpflichtend ist, oder auch, ob gegessen und getrunken werden kann. Im besten Fall hat man sich über diese Regelungen verständigt und in strittigen Fällen auch geeinigt. Im Übrigen stellt in diesem Sinn auch der willentliche Verzicht auf eindeutige Festlegungen (»wir arbeiten ohne Gesprächsleitung und ohne Tagesordnung«) eine Regelung dar. Regeln und Strukturen sind nicht von sich aus richtig oder falsch. Am besten, man betrachtet auch sie als Handwerkszeug und verändert sie nach Bedarf – oder von Zeit zu Zeit einfach nur, um sie nicht als naturgegeben oder zwangsläufig zu erleben. Manche Teams verändern ihre Organisation hin und wieder, um beweglich zu bleiben oder auch um Raum für unterschiedliche Positionen zu geben. So kann man die Dauer, die Häufigkeit oder auch die Methodik der kollegialen Beratung von Zeit zu Zeit variieren. Oder vielleicht möchte ein Teil der Teammitglieder während der Sitzung essen und trinken, was einen anderen Teil stört: Man könnte dann jeweils halbjährig die Regel wechseln, so dass jeder auf seine Kosten kommt. Beides, die Berücksichtigung der unterschiedlichen Interessen wie auch die

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Die Gestaltung von Teamsitzungen

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Flexibilität im Umgang mit den selbst gesetzten Strukturen, könnte zur Verbesserung des Teamklimas und der Zusammenarbeit beitragen – und damit die Qualität der Teamarbeit erhöhen. Dieses Kapitel bezieht sich nicht ausschließlich auf Teamberatungen, sondern auch auf Dienstbesprechungen oder andere Formen von Teamsitzungen.

Gesprächsleitung Ein wesentlicher Punkt für das Gelingen einer Teamberatung im Besonderen oder einer Teamsitzung im Allgemeinen ist die Frage der Struktur: In der Regel wird diese Sitzung umso effektiver und effizienter sein, je besser sie strukturiert ist. Effektivität bezeichnet dabei die Wirksamkeit oder die Qualität der erreichten Ergebnisse, während Effizienz sich auf die Aufwand-Nutzen-Relation bezieht. Beide Aspekte können Teams gelegentlich daraufhin überprüfen, inwieweit sie sie weiter optimieren können. Dies gilt nicht nur für die Kostenträger- oder Arbeitgeber-Perspektive, sondern auch für die der Teammitglieder: Teamsitzungen, die man einfach nur absitzt und deren Sinn und Nutzen sich einem nicht so recht erschließen, die man zuweilen als ineffektiv und als Zeitverschwendung erlebt, sind viel häufiger für die betroffenen Mitarbeiter ein Problem als für die Arbeitgeber. Zentrale Garanten für eine gelungene Struktur sind eine Gesprächsleitung und aktive, engagierte und die Gesprächsleitung unterstützende Teammitglieder. Viele, vor allem kleinere Teams verzichten gern auf eine Gesprächsleitung in ihren Besprechungen, so als ob es eher ein Armutszeugnis wäre, wenn man damit arbeitet: »Wir sind so wenige, wir brauchen das nicht.« Vielleicht ist es auch die Furcht, eine Ungleichheit zwischen den Gruppenmitgliedern entstehen zu lassen. Grundsätzlich gilt natürlich: Alle die Teams, die mit ihrer Form der Zusammenarbeit zufrieden und erfolgreich sind, sollten daran nichts ändern, getreu dem Motto: Repariere nicht, was nicht kaputt ist! Die Gesprächsleitung (auch als Gesprächsführung, Moderatorin oder Sitzungsleiterin bezeichnet) kann als jemand verstanden werden, der von der Gruppe den Auftrag bekommen hat, die Zusammenarbeit für eine oder mehrere Sitzungen zu koordinieren. Wenn die Gruppe sich darauf verständigt (vielleicht zunächst nur versuchsweise), mit einer Gesprächsleitung zu arbeiten, so delegiert sie diese Aufgabe an ein Teammitglied im Sinne von Arbeitsteilung. Sie überträgt der Gesprächsleitung Aufgaben, die sie bislang selbst übernommen hat (ohne sich vielleicht dessen bewusst zu sein

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Teamorganisation

– und damit auch ohne Bewusstsein, wie anstrengend und aufwändig dies für eine Gruppe als Ganzes mitunter sein kann): Festlegung der Tagesordnung (»Wollen wir jetzt über den nächsten Gruppennachmittag reden? Das eilt.«), die Regelung der Reihenfolge der Diskussionsbeiträge (»Kann ich auch mal was sagen!«), die Beendigung eines Tagesordnungspunktes (»Jetzt haben wir schon so lange darüber geredet …«), die Zusammenfassung von Ergebnissen (»… und wir sind immer noch nicht zu einer Entscheidung gekommen.«) für das Protokoll und die Beendigung der Sitzung (»Jetzt haben wir schon wieder 20 Minuten überzogen, ich muss gehen.«). Wenn all dies nicht offen geregelt wird, sondern im Zusammenspiel der verschiedenen Interessen von allen gemeinsam koordiniert und jedes Mal neu geklärt werden muss, kostet das ein Team manchmal viel Kraft und nimmt ihm dann häufig auch die Lust auf die Teamsitzungen. Eine Gesprächsleitung kann die Sitzung strukturieren, weil sie vom Team beauftragt und eingesetzt ist und deshalb die Leitung nicht als Selbstzweck oder gar »aus Machtgelüsten« übernimmt, sondern um dem Team und seiner Zusammenarbeit zu dienen. Sie hat damit die Zustimmung des Teams, Regeln einzuführen (»Wir halten eine Rednerliste ein.«, »Niemand spricht länger als drei Minuten.«), Abmachungen vorzuschlagen (»Wir diskutieren jetzt 15 Minuten über die zwei Entwürfe für das neue Faltblatt, dann stimmen wir mit Mehrheitsbeschluss darüber ab. Einverstanden?«) – und dann auch auf ihre Einhaltung zu achten (»Bitte, vor dir haben sich noch Antje und Steffi gemeldet.«, »Die vereinbarte Zeit ist um, wir kommen zum Schluss.«). Sie hat den Auftrag und die Erlaubnis des Teams, diese Aufgaben stellvertretend für alle zu erledigen. Diese Aufgabe ist nicht immer leicht, sie wird auch nicht unbedingt von allen gern übernommen. In manchen Teams fällt sie der Teamleiterin oder dem Vorgesetzten zu, weil er/sie gern die Fäden in der Hand hat, weil er/ sie sich dazu verpflichtet fühlt oder auch weil die Teammitglieder diese als unangenehm empfundene Aufgabe gern abgeben. Demgegenüber hat es sich in Teams bewährt, diese Aufgabe von Sitzung zu Sitzung einem anderen Teammitglied zu übertragen, so dass jede/r einmal an der Reihe ist. Eine Reihe von Gründen spricht dafür, die Aufgabe der Gesprächsleitung rotieren zu lassen und jedem zu ermöglichen oder jeden zu verpflichten, sie von Zeit zu Zeit zu übernehmen. – Die persönlichen Ressourcen aller Mitglieder werden genutzt – und zweifellos ist jedes Mitglied mehr oder weniger in der Lage, eine Sitzung zu leiten. – Jeder kann seine Fähigkeiten und seinen persönlichen Stil einbringen. – Unterschiedliche Stile der Gesprächsleitung werden sichtbar und erwei-

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Die Gestaltung von Teamsitzungen

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tern damit das Handlungsrepertoire aller (man kann von den Kolleginnen etwas abgucken). Jeder bekommt die Chance, dazuzulernen und weitere Fähigkeiten zu entwickeln. Jeder kennt die Aufgaben, die Möglichkeiten und die Schwierigkeiten der Rolle der Gesprächsleitung aus eigener Anschauung. Jeder kann sich anschließend aus eigener Erfahrung vorstellen, wie sehr die Gesprächsleitung auf die aktive Unterstützung der Teammitglieder angewiesen ist. Jeder erhält die Möglichkeit, seine Kompetenzen als Gesprächsleitung zu (die man in Beratungen mit Klienten ebenso benötigt wie z. B. in Helferkonferenzen oder gemeinsamen Besprechungen mit Kolleginnen aus anderen Einrichtungen) erweitern und dazuzulernen. Die Aufgabe (und eventuell so empfundene zusätzliche Belastung) wird gerecht verteilt: Langfristig gesehen tragen alle Teammitglieder zur Erledingung dieser Aufgabe gleichermaßen bei.

Vielleicht kann auch eine weitere Überlegung die Rotation befördern: Im Grunde ist jede professionelle Sozialarbeiterin, Psychologin, Erzieherin, Lehrerin oder Ärztin immer wieder in der Situation, dass sie die Gesprächsleitung übernimmt (auch wenn ihr das nicht immer bewusst zu sein braucht), wenn sie mit Klienten oder auch mit Kolleginnen spricht, in Einzelgesprächen, bei Gruppengesprächen und Helferkonferenzen. Dies bedeutet, dass jede bereits über Erfahrungen als Gesprächsleiterin verfügt und diese nutzen und ausbauen kann. Ein Zwischenschritt für Teams, die bislang ohne Gesprächsleitung oder mit einer festen Gesprächsleitung gearbeitet haben und dies versuchsweise ändern wollen, kann sein, dass diese Aufgabe zunächst nur an diejenigen Mitglieder vergeben wird, die sie freiwillig übernehmen. Im Übrigen gibt es nicht wenige Kolleginnen und Kollegen, die – nach ersten Versuchen beziehungsweise der Überwindung, dies vor den anderen offen zuzugeben – tatsächlich diese Aufgabe auch gern übernehmen: als Möglichkeit zum Üben und Dazulernen, aber auch als Chance, durch die Herausforderung und die benötigte Konzentration an Erfahrung zu gewinnen. Manche Teams führen Listen darüber, wer wie oft welche Aufgaben leistet, und zählen mit, dass alle Aufgaben übers Jahr von jedem Teammitglied gleichmäßig oft übernommen werden. Andere Teams gehen alphabetisch bei der Verteilung der Aufgaben vor, wieder andere nehmen es nicht so streng: Solange sich Teammitglieder finden, die Gesprächsführung, Protokoll und andere notwendige Verpflichtungen übernehmen, und alle eini-

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germaßen zufrieden sind, ist es nicht so entscheidend, ob es bei der Verteilung ganz »gerecht« zugeht. Ablauf einer Teamsitzung – Eröffnung – Begrüßung, Aufgabenverteilung (Gesprächsführung, Protokoll, Zeitnehmer/in festlegen) – Tagesordnung zusammenstellen, Tagesordnungspunkte (TOP) festlegen, Zeiteinteilung (Pause einplanen, Feedback einplanen, Spielraum lassen) – Durchführung – Pause, eventuell Auflockerung/Spiel – Fortsetzung – Zusammenfassung der Ergebnisse, Planung der nächsten Sitzung – Feeedback zur Sitzung

Die Aufgaben der Gesprächsleitung Zu den Aufgaben einer Gesprächsleitung oder Moderation können gehören: a) Die Vorbereitung einer Sitzung Klärung der Tagesordnung, Bereitstellung notwendiger Unterlagen und Materialien, Vorbereitung des Raumes. b) Die Eröffnung einer Sitzung Die Gesprächsleitung markiert mit der Eröffnung den Anfang, indem sie alle begrüßt, sich als Gesprächsleitung vorstellt, klärt, ob weitere notwendige Aufgaben übernommen wurden (Protokoll, Zeitnehmerin – s. u.). c) Feststellung der Tagesordnung Welche Punkte sollen heute behandelt werden, welche wurden bereits vorab angekündigt, welche kommen neu dazu? In welcher Reihenfolge sollen sie behandelt werden? Wie viel Zeit soll für welchen Punkt eingeplant werden? An welchen Stellen wollen wir eine Pause einlegen? Wann wird die Sitzung beendet?

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Die Aufgaben der Gesprächsleitung

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d) Besprechen des letzten Protokolls Wenn ein Protokoll erstellt wurde, ist womöglich zu klären, ob Veränderungen daran gewünscht werden, ob es Punkte gibt, zu denen es noch Informations- oder neuen Entscheidungsbedarf gibt (soweit dies nicht einen neuen Tagesordnungspunkt darstellt). Eventuell an dieser Stelle auch ein kurzes Feedback des Teams: Was ist positiv an dem Protokoll und kann auch in Zukunft so übernommen werden? e) Zu jedem Tagesordnungspunkt (TOP) – Unterscheiden der Aufgabenstellung zu Beginn eines Tagesordnungspunktes (in Abstimmung mit demjenigen, der diesen TOP einbringt): »Informieren/Beraten/Entscheiden« – geht es darum, sich (gegenseitig) zu informieren, jemanden zu beraten oder über etwas zu entscheiden? Wenn allein die Information ohne größere Diskussion vorgesehen war, kann man eine plötzlich doch geführte längere Auseinandersetzung unterbrechen. Wenn nur eine Entscheidung getroffen werden soll, ohne die in den Wochen vorher geführten Diskussionen noch einmal aufzunehmen, kann man klar und deutlich daran erinnern. Und wenn eine Beratung gewünscht war, kann man den Versuch, doch eine Teamentscheidung herbeizuführen, bremsen. – Die zur Verfügung stehende Zeit noch einmal nennen (»Wir haben für diesen Punkt zehn Minuten vorgesehen.«). – Führen und Einhalten der Rednerliste. – Beachten der Zeit: Wird der vorgesehene Zeitrahmen eingehalten? Wie kann er eingehalten werden? Sollte die Zeitvorgabe noch einmal verändert werden? – Gegebenenfalls Zusammenfassung der Ergebnisse (für das Protokoll) oder, bei Teamberatung, Einladung zum Abschlusskommentar durch die beratene Kollegin, Dank an alle für die disziplinierte Beteiligung und die konstruktiven Beiträge.

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Verschiedene Arten von Anliegen in der Teamsitzung Zu Beginn jedes Tagesordnungspunktes kann geklärt werden, von welcher Art das Anliegen ist, das diesem TOP zugrunde liegt: Geht es darum zu informieren, zu beraten oder zu entscheiden? Ebenso entscheidend ist es, um wessen Anliegen es geht. Informieren – Informieren, sich informieren lassen – Diskutieren, Meinungen und Positionen austauschen – Fortbilden Beraten (k Teamberatung) – Ideen entwickeln – Üben, ausprobieren, experimentieren – Entscheidungsfindung einzelner Mitglieder unterstützen Entscheiden – Entscheidungen durch das Team selbst – Weiterleiten an die verantwortlichen Stellen – Abschluss des Tagesordnungspunktes, so dass alle es erkennen können, und Übergang zum nächsten Punkt (»Wir schließen diesen Punkt ab und kommen zum nächsten.«). Unter Umständen sollte man dann auch einen erneuten Einstieg (wenn z. B. jemand dazwischenruft: »Ach, da fällt mir gerade noch ein …«) freundlich, aber bestimmt verhindern. f) Einhaltung von Pausen und Erinnerung an den pünktlichen Wiederbeginn (»Wir machen eine Pause von 15 Minuten, ich bitte alle, pünktlich um … wieder hier zu sein, wir fahren dann mit dem Punkt … fort.«), vielleicht auch an die Möglichkeit erinnern, gemeinsam sich zu bewegen oder zu spielen. g) Blick auf die Stimmung des Teams und den Verlauf der Sitzung Sollte die Atmosphäre sehr unruhig werden oder die Zeit doch nicht ausreichen, kann es notwendig sein, den Verlauf neu zu klären: Gibt es Bedarf, die Tagesordnung zu ändern und einen Punkt einzufügen, brauchen wir eine zusätzliche Pause, sollen wir die Sitzung kürzen?

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Die Aufgaben der Gesprächsleitung

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h) Abschluss der Sitzung Was wollen wir von den Ergebnissen dieser Sitzung festzuhalten? Welche Punkte bleiben für die kommende Sitzung (Themenspeicher)? Wer übernimmt in der nächsten Sitzung die Aufgaben Gesprächsführung, Protokoll, Zeitnehmer? i) Feedback Was können wir aus der Gestaltung dieser Sitzung lernen – als Gesprächsleitung und als beteiligte Teammitglieder? Was ist uns gelungen? Was können wir beim nächsten Mal besser machen? – Schließen der Sitzung, Verabschiedung (»Das war’s für heute. Vielen Dank!«). Diese Aufgaben sind nicht immer und zwangsläufig so vorgegeben. Verständigen Sie sich im Team darüber, welche dieser Aufgaben vordringlich von der Gesprächsleitung übernommen werden sollen – und welche keine Rolle spielen sollen oder von anderen Teammitgliedern übernommen werden können. In der Verantwortung der Gesprächsleitung liegt es vor allem, die Aufgaben im Blick zu haben und daran zu denken, sie zu verteilen. Die offene Diskussion solcher Aufgaben trägt dazu bei, dass sie für alle transparent werden und daher auch leichter von der Gesprächsleitung wahrgenommen werden können. Die Gesprächsleitung darf darauf vertrauen, dass alle Bescheid wissen, dass sie das Recht und die Pflicht hat, etwa auf die Einhaltung der Rednerliste und der Redezeit zu achten oder auf die Beendigung eines Tagesordnungspunktes zu bestehen. Tatsächlich wird eine gute Gesprächsführung das Team immer mit einbeziehen und nicht zu viele Entscheidungen allein treffen: Die Bereitschaft, sich an Verabredungen zu halten, ist größer, wenn man an ihrer Formulierung beteiligt war und mit entscheiden konnte.

Gesprächsleitung ist harte Arbeit – einige Tipps Die Gesprächsleitung zu übernehmen, fällt nicht jedem von vorneherein leicht: Man hat eine herausgehobene Stellung im Team, man sollte besonders konzentriert bei der Sache sein und kann sich selten zurücklehnen und ausruhen, man wird von den Kolleginnen beobachtet und hat vielleicht allein dadurch schon etwas Stress. Auf der anderen Seite handelt es sich um Arbeitszeit und damit um bezahlte Arbeit – aus professioneller Sicht könnte man auch den Anspruch und das eigene Interesse haben, möglichst gute Arbeit zu leisten und dabei vielleicht auch noch die Chance wahrneh-

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men zu wollen, dazuzulernen (ganz unabhängig davon könnten sich hier ja neben den eigenen auch noch die Interessen des Arbeitgebers und der Klientinnen treffen). Von welcher Seite aus man es auch betrachtet: Die Übernahme der Gesprächsleitung stellt keineswegs übermenschliche Anforderungen an den Betreffenden. Es gibt eine Reihe von methodischen Möglichkeiten, wie man sowohl sich selbst die Arbeit erleichtern als auch dem gesamten Team damit eine relativ entspannte, effektive und dabei vielleicht sogar noch hin und wieder vergnügte Teamsitzung bereiten kann. Und schließlich dürfen Sie darauf vertrauen, dass Sie eine Aufgabe übernehmen, die Sie ohnehin mehr oder weniger gut erfüllen werden – die dafür notwendigen Qualifikationen und Kompetenzen bringen Sie mit. Jeder von uns kann Gespräche strukturieren und leiten, es geht zunächst darum, die eigenen Ressourcen in Erinnerung zu rufen, sich ihrer bewusst zu sein und sie parat zu haben – und dann vielleicht noch etwas dazuzulernen. Übung Erinnern Sie sich an das letzte Gespräch, das Sie geführt haben, und bei dem Sie (ausgesprochen oder unausgesprochen) die Gesprächsleitung hatten oder sie zumindest teilweise mit übernommen haben. Überlegen Sie, wie Sie das gemacht haben, welche Methoden (verbal und nonverbal) und Konzepte Sie dabei eingesetzt haben – und wo Sie erfolgreich improvisiert haben. Versuchen Sie, sich möglichst konkrete Momente ins Gedächtnis zu rufen und Ihre Vorgehensweisen detailliert zu beschreiben. a) Sie können sich den Auftrag für die Gesprächsführung geben lassen Stellen Sie sicher, dass das Team damit einverstanden ist, wenn Sie die Gesprächsführung übernehmen. Im Zweifelsfall fragen Sie einfach noch einmal: »Ist es in Ordnung, wenn ich die Sitzung leite?« Diese vorab erteilte Zustimmung gibt sowohl Ihnen mehr Sicherheit beim Leiten und legitimiert auch für die Dauer dieser Sitzung Ihre Rolle. Und erinnern Sie die Teammitglieder daran, dass Sie zwar die Gesprächsleitung übernehmen, aber darauf hoffen, von den Teammitgliedern durch Kooperation und aktive Beteiligung in Ihrer Aufgabe unterstützt zu werden. b) Sie können freundlich und humorvoll sein Als Gesprächsleiterin haben Sie wesentlich mehr Einfluss auf die Stimmung des gesamten Teams als ein normales Teammitglied. Ihre Vorgabe hat

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Die Aufgaben der Gesprächsleitung

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einen entscheidenden Einfluss auf die Atmosphäre der Sitzung. Sie können freundlich und entgegenkommend sein, können ihre Kolleginnen einladen oder bitten, sich mit Beiträgen zu beteiligen (statt es von ihnen zu fordern oder zu verlangen), Sie können Komplimente verteilen und sich hin und wieder für die Beiträge oder die Kooperation bedanken (»Vielen Dank, dass ihr alle dazu beigetragen habt, diesen Punkt so schnell zu entscheiden.«, »Dankeschön, dass sich alle so intensiv an dieser Teamberatung von Ramona beteiligt haben, obwohl ich weiß, dass dies nicht eure Lieblingsmethode war.«). Und sie können ganz bewusst mit Humor arbeiten und üben, diesen in die Sitzungsgestaltung einzubeziehen. Vielleicht ist es zunächst merkwürdig für Sie (oder auch für Ihre Kollegen), sich so zu verhalten – manche Teams sind es nicht gewohnt, sich gegenseitig Komplimente zu machen oder auch gemeinsam zu lachen. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass mit einer freundlichen und entspannten Stimmung (die nicht unbedingt von allein kommt, sondern entwickelt und kultiviert werden kann) die Effektivität der Sitzungen und der Spaß an der Teilnahme steigt. c) Sie können Aufgaben delegieren Protokoll: In manchen Teams hat die Gesprächsleitung auch die Aufgabe, zugleich das Protokoll zu führen. Dies ist eine der wirklich ungünstigen Konstellationen, wenn man zugleich für den Prozess des Gesprächs als auch für seine Dokumentation verantwortlich ist. Auf jeden Fall sollte die Protokollführung (die auch von Sitzung zu Sitzung wechseln kann) von einem anderen Teammitglied übernommen werden. Zeiteinteilung: Bitten Sie ein Teammitglied, zuverlässig auf die Zeit zu achten und Ihnen jeweils einige Minuten vor dem vereinbarten Zeitpunkt ein deutliches (und auch für die anderen Teammitglieder sichtbares) Zeichen zu geben. Was auf den ersten Blick vielleicht etwas merkwürdig erscheint, ist in mehrfacher Hinsicht sinnvoll: Da Sie als Gesprächsleitung für den gesamten Prozess verantwortlich sind, ist es für Sie leichter, wenn Sie den Blick auf die Uhr an jemanden abgeben können (niemand hindert Sie, dennoch auch die eigene Uhr im Auge zu behalten). Zugleich wird durch das offene Signal für alle erkennbar, dass die Zeit demnächst vorüber ist und alle gemeinsam für den rechtzeitigen Abschluss verantwortlich sind: Der Zeitdruck wird an alle verteilt und lastet nicht nur auf Ihnen. – Einige Teams verwenden auch einen Küchenwecker, der für jeden Tagesordnungspunkt neu eingestellt wird und zwei Minuten vor Ablauf der vorgesehenen Zeit läutet.

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d) Sie können die Teammitglieder an Entscheidungen beteiligen Die Gesprächsführung braucht nicht alle anfallenden Entscheidungen zum Prozess der Sitzung oder eines Tagesordnungspunkts allein zu treffen – und sollte es auch nicht. Weder die Frage, welche Methode im Einzelfall in einer Teamberatung angewandt wird, noch ob und wann eine Pause in der Sitzung stattfinden wird. Die Gesprächsleitung kann das Team fragen, welche Vorschläge es hierzu gibt – und sie kann das Team bitten, hierzu auch Entscheidungen zu treffen (»Seid ihr einverstanden, wenn wir darüber abstimmen, ob wir eine Pause machen?«). Auch wenn während der Teamsitzung Aufgaben auftauchen und übernommen werden müssen (»Wer erarbeitet einen Entwurf für den Brief an den Kostenträger?« »Wer ruft die Einrichtung an und klärt das?« »Wer spricht unsere Abteilungsleiterin darauf an?«), muss diese nicht die Gesprächsleitung übernehmen – auch dann nicht, wenn sich niemand meldet: Ihre Aufgabe ist es lediglich, das Team freundlich zu bitten, die anstehenden Aufgaben zu übernehmen oder zu vergeben. Sofern einzelne Aufgaben nicht verteilt wurden, ist es Aufgabe der Gesprächsleitung, dies im Protokoll notieren zu lassen, auch um am Ende der Sitzung noch einmal darauf hinzuweisen. Und Sie können das Team fragen, wie hier eine Entscheidung gefunden werden soll, welche Vorschläge es aus dem Team gibt, wie dieses Problem gelöst werden kann. Darüber hinaus kann man das Team in viele weitere Entscheidungen mit einbeziehen: ob man die Sitzungszeit überziehen soll, wie viel Zeit für jeden Punkt festgelegt werden soll, ob die Rednerliste abgeschlossen wird (»Ist es in Ordnung, wenn wir nach den nächsten beiden Wortmeldungen die Diskussion beenden und zum nächsten Tagesordnungspunkt kommen?«). Es entlastet die Gesprächsleitung, die Verantwortung über diese Beschlüsse nicht allein zu treffen und damit dann womöglich noch auf den Widerstand des Teams zu stoßen. e) Sie können die Regeln und Strukturen offenlegen Sie können die Rednerliste transparent machen (»Jetzt kommt Karsten dran, danach haben sich dann Otto, Jutta und Jana gemeldet.«). Für Teammitglieder ist es leichter, diese Liste zu akzeptieren, wenn sie offen ist und wenn sie erkennen, wie die Gesprächsleitung ihre Aufgabe offensiv und bewusst wahrnimmt (selbstverständlich wird man eher dann diese Regeln übertreten, wenn man vermutet, sie werden womöglich – auch von den anderen – gar nicht mehr beachtet und eingehalten).

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Die Aufgaben der Gesprächsleitung

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f) Sie können sich inhaltlich aus den Diskussionen heraushalten Als Gesprächsleitung haben Sie die Möglichkeit, sich völlig aus der inhaltlichen Diskussion herauszuhalten. Vertrauen Sie auf die Teamkolleginnen, die alles Notwendige beachten – und darauf, dass die fehlenden Aspekte vielleicht auch nicht so wichtig sind. Sie haben die wichtige Aufgabe, den Prozess zu leiten und möglichst gut und effektiv zu gestalten. Andererseits steht es Ihnen frei, sich auch inhaltlich zu beteiligen. Setzen Sie sich dann aber, für alle sichtbar, auf die Rednerliste und halten Sie sich ebenfalls an die vereinbarten Regeln. g) Sie können sich für eine Sitzung eine Leitidee vornehmen, an die Sie sich von Zeit zu Zeit erinnern Gerade wenn man noch nicht viel Übung hat oder sehr viel Neues ausprobieren will, gerät man in Gefahr, angesichts der Komplexität der Aufgabe zu kapitulieren. Nehmen Sie sich nicht zu viel vor, beschränken Sie sich auf einige wenige Aspekte, auf die Sie in einer konkreten Situation achten oder die Sie ausprobieren wollen. Nehmen Sie sich eine Leitidee vor, die Sie etwa auf einem Kärtchen vor sich liegen haben und an die Sie sich bei Bedarf erinnern. Eine kleine Auswahl an Leitideen finden Sie im folgenden Kasten, aber vielleicht fällt Ihnen ja auch eine eigene ein. Leitideen für die innere Haltung der Gesprächsführung – Ich habe eine Aufgabe, die mir von den Kolleginnen aufgetragen wurde. – Ich darf die Unterstützung der Kolleginnen erwarten: Sie sind mitverantwortlich für das Ergebnis. – In einer Sitzung haben alle (mindestens) ein gemeinsames Interesse. – Ich erfülle die Aufgabe nach meinen Möglichkeiten – darf dabei aber auch Fehler machen. – Ich werde die Situation dafür nutzen, um zu üben und vielleicht etwas Neues zu lernen. – Ich bin offen für positiv formulierte Verbesserungsvorschläge der Kolleginnen. – Je weniger sicher ich mich fühle, desto hilfreicher kann es für mich sein, klar und deutlich zu strukturieren. – Ich freue mich darauf, die Gesprächsführung zu übernehmen.

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h) Sie können die Gesprächsleitung abgeben oder teilen Sie brauchen nicht unbedingt eine ganze Sitzung zu leiten. Wenn Sie gern mal eine Gesprächsführungssitzung übernehmen wollen, aber nicht gleich für die gesamten zwei oder drei Stunden, fragen Sie eine Kollegin, ob sie sich mit Ihnen eine Sitzung teilt. Außerdem können Sie die Gesprächsleitung auch für einzelne Punkte an jemand anderen abgeben – etwa wenn Sie sich zu einem speziellen Tagesordnungspunkt persönlich stärker engagieren wollen oder wenn Sie selbst sich zu einer Frage in der Teamberatung beraten lassen wollen. Und schließlich, wenn Sie mit dem Team oder mit sich einmal selbst unzufrieden sein sollten, könnten Sie auch jemand anderen bitten, die Sitzungsleitung für den Rest der Zeit zu übernehmen. i) Bei Schwierigkeiten – können Sie sich erneut einen Auftrag geben lassen: Fragen Sie nach, ob noch gewünscht wird, dass Sie die Gesprächsführung übernehmen – und bitten Sie darum, dann auch die entsprechende Erlaubnis zur Strukturierung zu erhalten. – können Sie das Team um Hilfe und Unterstützung bitten – sowohl um Einhaltung der Regeln als auch um einige Hinweise, wie Sie die Gesprächsleitung verbessern könnten. Was hier, nur gelesen, vielleicht wie eine Schwäche erscheint, wirkt in der Praxis häufig als Stärke und kann eine erstaunliche positive Wirkung haben – ähnlich, wie wenn wir Klientinnen gegenüber eine aktuelle Ratlosigkeit einräumen und um ihre Unterstützung bitten. – können Sie versuchen, dennoch freundlich, zugewandt und humorvoll zu bleiben – gerade auch dann, wenn Ihnen nicht unbedingt danach zumute ist: Vielleicht können Sie Ihre (berechtigten!) persönlichen Empfindlichkeiten im Dienst des gesamten Teams ein wenig zurückstellen – dabei können alle nur gewinnen. (Auch diesen Hinweis müssen Sie nicht beachten, Sie können ihn, wenn Sie wollen, einmal ausprobieren.) – können Sie auf vorbereitete Sätze zurückgreifen: Überlegen Sie im Voraus, welche Situationen Sie am meisten befürchten, wovor Sie am meisten Sorge haben, und notieren Sie sich Ihre mögliche Reaktion: »Ich unterbreche dich jetzt einfach mal.« »Bitte, unterstützt mich als Gesprächsführung.« »Diesen Punkt müssen wir jetzt abschließen, sonst habe ich das Gefühl zu versagen.« »Ich kriege gleich die Panik, weil ich nicht mehr weiß, wie ich weitermachen soll.« »Wer kann mir helfen, ich habe im Moment ein Blackout.«

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j) Sie können sich am Ende der Sitzung ein Feedback geben lassen und auch der Gruppe eine Rückmeldung geben Unabhängig davon, ob es für ein Team sinnvoll ist, die letzten zehn Minuten einer Teamsitzung von vornherein für eine Reflexion oder ein SelbstFeedback (»Wie ist es uns allen gelungen, diese Sitzung zu gestalten: Was hat sich bewährt? Und was könnten wir in Zukunft vielleicht verändern?«) einzuplanen, können Sie als Gesprächsleitung sich am Ende der Sitzung ein Feedback der Gruppe erbitten: »Was hat euch an meiner Gesprächsleitung gefallen – und was würdet ihr euch in der Zukunft anders wünschen?« Anschließend können Sie der Gruppe ein Feedback geben, inwieweit und womit sie die Gesprächsleitung und damit den Verlauf der Sitzung unterstützt hat. k) Mit sich selbst können Sie immer freundlich sein – und es auch bleiben Wenn Sie so eine anspruchsvolle und herausfordernde Aufgabe wie die Gesprächsleitung übernehmen, dann dürfen Sie freundlich mit sich sein und brauchen nicht allzu streng zu werden. Sie können Ihre guten Leistungen würdigen und sollten die Ungeschicklichkeiten oder mögliche Fehler nicht überbewerten. Überlegen Sie im Anschluss an eine Sitzung, bei der Sie die Gesprächsleitung übernommen haben, ganz gezielt und bewusst: – Was habe ich gut gemacht? – Wo bin ich mit mir heute zufrieden? – Womit sind die anderen zufrieden? – Was haben sie gelobt? – Was will ich beim nächsten Mal wieder so machen? – Welche schwierigen Situationen habe ich überstanden? – Wem kann ich davon erzählen? – Wie kann ich mich jetzt belohnen? Anerkennen Sie Ihren Mut und die Bereitschaft, diese Aufgabe zu übernehmen und auszuführen – und Ihre Fähigkeit, durchzuhalten. Dies ist die beste Möglichkeit, dazuzulernen. Erst dann, wenn man die eigene Leistung – unabhängig von ihrer Größe – zu würdigen versteht, wird man auch in der Lage sein, aus den Fehlern zu lernen, kann man sich fragen: Was könnte ich beim nächsten Mal besser machen?

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Teamorganisation

Übung Kreuzen Sie (nicht mehr als) drei Punkte im folgenden Kapitel an, die Sie gern einmal ausprobieren möchten, wenn Sie demnächst wieder die Gesprächsleitung einer Teamsitzung übernehmen. Notieren Sie zu einem dieser Punkte drei Ideen: wie Sie sie umsetzen können, was Sie konkret machen können, was Sie sich dazu vornehmen.

Weitere Anregungen, Tipps und Tricks Die nachfolgenden Anregungen begründen sich auf die Ideen und Erfahrungen aus vielen unterschiedlichen Teams. Nicht jede Anregung eignet sich für jedes Team. Übung Sie können, wenn Ihnen selbst beim Lesen noch weitere Anregungen einfallen, die Sie anderen Teams aufgrund eigener Erfahrungen geben könnten, diese notieren, um sie nicht zu vergessen.

Atmosphäre im Raum Die Gestaltung eines Raumes wirkt sich aus auf die dort stattfindenden Sitzungen. Vielleicht wird dies als weniger wichtig empfunden als die Notwendigkeit, gut vorbereitet zu sein, eine klare Struktur zu haben und sich an die Tagesordnung zu halten. (An Teams, die auf die Gestaltung ihres Raums eher weniger Wert legen, richtet sich die nachfolgende Übung nicht.) Achten kann man auf so viele unterschiedliche Aspekte, dass man sie gar nicht alle zugleich im Blick behalten kann: die Luft und die Belüftung, die Beleuchtung und das Licht, die Gestaltung der Wände, die Ausstattung mit Blumen oder anderen Dekorationen, die Bestuhlung und eventuell auch Betischung: Experimentieren Sie einmal, sofern es Ihnen möglich ist, mit verschiedenen Stühlen und Tischen, Sie werden erstaunt sein, wie unglaublich sich der Art der Möbel (z. B. leicht, locker, schwer, bequem) auf den Charakter der Sitzung auswirkt.

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Weitere Anregungen, Tipps und Tricks

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Übung Bilden Sie zwei Gruppen. Die erste Gruppe richtet den Raum im Rahmen des Üblichen (was »üblich« und »möglich« ist unterscheidet sich von Team zu Team teilweise sehr stark) so für die nächste Sitzung her, dass er möglichst wenig geeignet ist und die Arbeit eher behindert. Geben Sie sich Mühe dabei: Es gibt so viele Aspekte, die man vernachlässigen oder einfach übergehen kann. In der Woche drauf hat die zweite Gruppe den Auftrag, durch die Ausstattung und Gestaltung des Raumes eine möglichst gute, die Arbeit unterstützende Atmosphäre zu erreichen. Diskutieren Sie anschließend die Unterschiede. Stellen Sie es sich anschließend als Team frei, ob Sie zukünftig (mehr) auf die Gestaltung der Atmosphäre im Raum achten wollen oder nicht, und wer sich dafür verantwortlich fühlt.

Einstieg in die Sitzung So wie man auch beim Gespräch mit Klientinnen in der Regel nicht mit der Tür ins Haus fällt, also unvermittelt beginnt, sondern sie meist mit einem Smalltalk einleitet (»Wie haben Sie hergefunden?« etc.), so ziehen viele Teams auch einen allmählichen Einstieg in eine lange und konzentrierte Teamsitzung vor. So kann eine »Befindlichkeitsrunde« eine wichtige Funktion haben: Sie sammelt alle, stimmt sie aufeinander ein, lenkt den Fokus auf jedes Teammitglied, lädt jeden ein, einmal etwas zu sagen und gehört zu werden, und streift möglicherweise Themen, die alle beschäftigen, die aber nicht auf der Tagesordnung stehen: »Mich beschäftigt sehr, dass unsere Kollegin Lilo letzte Woche einen Schlaganfall hatte.«, »Ich freue mich, dass wir am Wochenende so gut bei der Neuentwicklung unserer Konzeption zusammen gearbeitet haben.«, »Der Arbeitsumfang wird allmählich erdrückend – und keine Änderung in Sicht.« Die einleitende Frage der Gesprächsleitung kann also lauten: »Vielleicht kann jede/r zwei oder drei Sätze dazu sagen, wie es ihr/ihm gerade geht oder was ihn/sie besonders beschäftigt.« Dies braucht nicht die einzig mögliche Einstiegsfrage zu sein. Bewährt haben sich auch Einladungen an die Kolleginnen, die zur Erinnerung und zum gegenseitigen Austausch über bestimmte Erlebnisse und Erfolgsstrategien einladen, also zu einem kleinen kollegialen Ressourcenaustausch: – Wie gestaltet ihr euren Nachhauseweg, wenn es euch gelingt, die Arbeit an der Arbeitsstelle zu lassen? – Ein Erfolgserlebnis aus der letzten Woche.

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Teamorganisation

– Ein kurzer Bericht über einen »guten« Klienten.

Umgang mit Unterbrechungen Störungen wie Telefonanrufe, unangemeldete Klientenkontakte oder Kolleginnen aus anderen Abteilungen, die nur mal eben eine Frage haben, kann man vielleicht von vorneherein ausschließen: Anrufbeantworter, Schilder wie »Teamsitzung. Bitte nicht stören. Wir sind ab 16 Uhr wieder für Sie da« oder die Verlegung der Teamsitzung auf geeignete Tageszeiten sind Optionen. Nicht immer gelingt dies vollständig, und manchmal ist dies auch nicht möglich. In diesem Fall kann man klare Regelungen für den Umgang damit treffen: Bei Anfragen unterbrechen wir die Sitzung oder der betreffende Kollege geht vor die Tür und die Teamberatung wird fortgesetzt – auf jeden Fall kann man gemeinsam vereinbaren: Wir wollen uns nicht stören lassen, das heißt, wir brauchen diese Anfrage nicht als Störung zu empfinden, da sie normaler Bestandteil unseres Arbeitsalltags ist.

Vorbereitung der Tagesordnung Manche Teams sammeln die Tagesordnungspunkte zu Beginn der Sitzung und sortieren sie dann. In anderen Gruppen ist es üblich, in der Woche vor der Sitzung an einer Pinnwand oder im Teambüro auf einem Zettel die Punkte, die jemand bei der nächsten Sitzung besprechen will, einzutragen – vielleicht sogar mit einer Notiz, wie viel Zeit dafür voraussichtlich eingeplant werden soll. Die Gesprächsleitung kann dann am Tag vor der Sitzung bereits erkennen, welcher Umfang gefordert ist, ob die Zeit ausreicht oder ob sie von vorneherein bereits Tagesordnungspunkte verschieben muss. Sie kann einen Vorschlag für den Ablauf vorbereiten und dem Team zu Beginn der Sitzung zur Diskussion stellen. Manche Teams schreiben die Tagesordnung und die entsprechende Zeit auf eine Tafel oder ein Flipchart, damit alle den Fortgang nachvollziehen können.

Von Zeit zu Zeit Sitzplatzwechsel In vielen Teams sitzt jede/r auf immer demselben Platz. Eine Variante hierzu kann sein, ab und zu die Plätze zu wechseln, vielleicht sogar inner-

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Weitere Anregungen, Tipps und Tricks

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halb einer Sitzung: nach einer Pause, nach einer Beratung. Wenn Ihnen der Wechsel zu umständlich vorkommt (man muss die Tasse, die Schreibutensilien, die Sitzungsunterlagen, die Jacke auf der Stuhllehne auch immer wieder mitnehmen), könnte dies Anlass sein, damit zu experimentieren: In der Teamarbeit, unabhängig davon, ob es sich um Beratung oder eine Dienstbesprechung handelt, ist es hilfreich, gedanklich beweglich zu sein, Situationen aus verschiedenen Blickwinkeln zu sehen. Viele Teams empfinden es als hilfreich (nachdem sie es erst einmal ausprobiert haben), wenn dieser erwünschten gedanklichen Beweglichkeit auch eine körperliche entspricht, wenn man darauf verzichtet, an seinem angestammten Platz zu »kleben«, und stattdessen die Kolleginnen und den Raum immer einmal wieder aus einem anderen Blickwinkel erfährt. Variante: Normalerweise sitzen wir alle immer schön im Kreis – mit oder ohne Tisch(en). Nicht jeder kann aber lange Zeit auf dem immer gleichen Stuhl auf die immer mehr oder weniger gleiche Art und Weise sitzen. Eine Option kann sein, allen Teilnehmern freizustellen, wo und wie sie sich im Raum aufhalten: Man darf mit oder ohne Tisch, sitzend oder stehend an der Sitzung teilnehmen, wenn man ein wenig Bewegung braucht, kann man auch aufstehen und sich räkeln. Das Erstaunliche ist, dass dieses Verhalten, sobald es erlaubt ist, auch nicht mehr stört (wenn zugleich die Teammitglieder guten Willens sind, die Teamsitzung damit nicht zu sprengen).

Protokolle Protokolle zu schreiben ist eine gar nicht so einfache Aufgabe, nicht umsonst wird sie häufig ungern übernommen. Oft ist nicht so ganz klar, was genau protokolliert werden soll. Das Schreiben verlangt also eine Reihe von selbständigen Entscheidungen des Protokollanten und ist nach Abschluss der Sitzung, wenn alle anderen sie längst hinter sich gelassen haben, noch eine zusätzliche Arbeit. Zudem hat man (manchmal aus eigener Erfahrung) die Vermutung, dass sowieso niemand mehr liest, was mit besonderem Aufwand produziert wurde: Der Sinn dieser Übung erschließt sich nicht recht. Auf der anderen Seite haben Protokolle die Aufgabe, wichtige Informationen und Entscheidungen festzuhalten – sowohl für diejenigen, die an der Sitzung nicht teilgenommen haben, als auch für alle, die im Nachhinein sich noch einmal erinnern wollen oder müssen. In der Regel genügen Ergebnisprotokolle mit den Beschlüssen und Entscheidungen (dazu gehört dann zum Beispiel auch eine Liste der Aufgaben, die verteilt wurden). Zuweilen ist es auch sinnvoll, den Verlauf einer Diskussion oder die

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vorgebrachten Argumente zu notieren. In unseren Teamberatungen in der Familienhilfe haben wir eine Zeitlang lediglich protokolliert, wie wir die Anliegen methodisch behandelt haben, um uns nach einiger Zeit noch einmal einen Überblick zu verschaffen. Auch die Ergebnisse des Feedbacks zu einer Teamsitzung können als Erinnerung notiert werden – um später bei Bedarf auf sie zurückkommen zu können. In vielen Teams wechseln sich die Teammitglieder beim Schreiben des Protokolls von Sitzung zu Sitzung ab. Dies hat den Vorteil, dass alle sich mit etwas Übung die Fähigkeit, ein brauchbares Protokoll zu schreiben, aneignen können. Derjenige, der Protokoll führt, hat zudem die Möglichkeit und »Macht«, die ihm wichtigen Punkte so zu formulieren, wie er sie protokolliert haben möchte. In manchen Teams hat es sich jedoch auch bewährt, nach Möglichkeit immer die gleiche Kollegin die Aufgabe des Protokolls übernehmen zu lassen: Sie entwickelt ihren Stil und kann das Protokoll nach Rücksprache und Feedback so gestalten, dass es von allen schnell und gut gelesen werden kann. Voraussetzung ist, hierfür jemanden zu finden, der dann vielleicht bei anderen Aufgaben geschont wird. Ein gutes Protokoll zu schreiben ist vielleicht keine Kunst, aber ganz sicher eine handwerkliche Leistung, die man erlernen kann. Die jeweilige Protokollantin kann – vorab klären, wie ausführlich das Protokoll vom Team gewünscht wird; – am Ende jedes Tagesordnungspunktes darum bitten, gemeinsam festzustellen, was ins Protokoll aufgenommen werden soll; – während der Sitzung bereits das Protokoll auf einem Computer oder Laptop schreiben; – sich bei der endgültigen Abfassung noch einmal überlegen, wie sie das Ergebnis möglichst knapp, übersichtlich und für die Leser schnell erfassbar formulieren und gestalten kann (und welche Informationen sie weglassen kann); – das Protokoll mit etwas schmücken (Bilder, Cartoons, Zitate etc.), mit dem die Neugier der Kolleginnen und der Reiz, es zu lesen, erhöht wird; – das Protokoll rechtzeitig vor der nächsten Sitzung fertig stellen und den Kolleginnen (eventuell per E-Mail) zukommen lassen – verbunden mit der Bitte oder Verpflichtung, es bis zur nächsten Sitzung zu lesen; – zu Beginn der folgenden Sitzung um Rückmeldungen bitten: Inwieweit stimmt der Inhalt und inwieweit sind die Kolleginnen mit dem Umfang, aber auch mit Gestaltung und Übersichtlichkeit zufrieden, welche Verbesserungsmöglichkeiten sehen sie für die Zukunft.

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Ein Team, das seine Protokolle möglichst effektiv und effizient gestalten möchte (so wenig Aufwand wie möglich sowohl beim Schreiben als auch beim Lesen bei gleichzeitig größtmöglichem Nutzen) wird ohnehin von Zeit zu Zeit ein paar Minuten seiner Teamsitzung darauf verwenden, dies zu thematisieren und gemeinsam Stärken und Schwächen der bisherigen Protokollpraxis kurz zu erörtern.

Die gelbe Karte Überlegen Sie gemeinsam im Team, ob Sie nicht eine »gelbe Karte« einführen wollen. In den Sechziger- und Siebzigerjahren des letzten Jahrhunderts entsprach dies den (in der so genannten westdeutschen Linken) berüchtigten »Anträgen zur Geschäftsordnung«, später dann hieß es »Störungen haben Vorrang« – eine Möglichkeit, auf der Meta-Ebene Einfluss auf den Prozess zu nehmen. Vielleicht braucht nicht jede Störung und jede unangenehme Befindlichkeit Vorrang zu haben, aber eine gelbe Karte könnte die Verantwortung und Autonomie der Einzelnen signalisieren: »Ich möchte nicht, dass Ihr mich jetzt noch weiter beratet, ich habe genug.« »Ich möchte jetzt nichts sagen, auch wenn Ihr das alle von mir erwartet.« Aber auch: »Ich finde, wir sollten jetzt eine kurze Pause machen.« Oder: »Ich möchte gerne, dass wir mal kurz lüften.« Die Möglichkeit, eine gelbe Karte zu ziehen und eine Grenze zu setzen, reicht manchmal schon aus, um sich etwas sicherer und geschützter zu fühlen. Ursprünglich haben wir in unserem Familienhilfeteam die gelbe Karte für Gespräche mit schüchternen, zurückhaltenden Klienten (Kindern, Jugendlichen, aber auch Erwachsenen) eingeführt, wenn wir Sorge hatten, dass diese sich nicht trauen, Fragen nicht zu beantworten, ein Gespräch zu beenden, wenn es zu lange dauert oder unangenehm wird, oder in sonst einer Form ihre eigenen Interessen uns gegenüber wahrzunehmen. Durch die Überreichung der gelben Karte samt Erläuterung konnten wir deutlich machen, dass wir ein selbstbewusstes oder womöglich auch widerständiges Verhalten durchaus zu schätzen wissen, zumindest aber akzeptieren. Es hat sich gezeigt, dass solche Klient(inn)en bereits durch das Angebot, eine gelbe Karte zücken zu können, schon ein wenig mutiger und offener geworden sind. Oder anders ausgedrückt: (Frühzeitige) Beschwerden verbessern die Zusammenarbeit. Dies ist auch eine Leitidee der »LOTSE Beschwerdeund Vermittlungsstelle für junge Menschen und ihre Eltern« in Halle, die ebenfalls die gelbe Karte als Instrument verwenden.

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Als Gesprächsführung können Sie auch von sich aus die gelbe Karte einführen: Bereiten Sie für jedes Teammitglied ein gelbes Kärtchen vor, erläutern Sie die Regel (»Sie darf eingesetzt werden, wenn man mit etwas nicht zufrieden ist, oder bei einem Wunsch an das Team oder die Gesprächsführung. Anschließend wird kurz darüber gesprochen, inwieweit dem Wunsch entsprochen werden kann.«), fragen Sie kurz nach, ob diese Regel verstanden wurde – und versprechen Sie eine kleine Belohnung (ein ausdrückliches Lob, eine Süßigkeit) für die ersten drei, die sie auch tatsächlich verwenden. Sie können in Ihrem Team mit der gelben Karte experimentieren – und wenn Sie zu oft verwendet wird, können Sie überlegen, ob Sie etwas in Ihrer Gestaltung der Teamsitzungen anders organisieren wollen oder aber einfach die gelbe Karte wieder abschaffen.

Tempo und Stil verändern Das Tempo einer Teamsitzung kann unterschiedlich gestaltet werden, ebenso wie der Stil: Gehen wir die Tagesordnungspunkte sehr zügig durch oder lassen wir uns eher Zeit, ist die Gesprächsleitung sehr streng und rigide (besteht sie ausdrücklich und hartnäckig und permanent auf die Einhaltung der Regeln) oder ist sie eher nachlässig und gelassen – es gibt keine goldene Regel dafür. Am besten ist es, man kann damit spielen und Geschwindigkeit und Stil variieren, vorausgesetzt man übt es bewusst: »Das letzte Mal haben wir am Ende der Sitzung festgestellt, wie zackig und schnell wir waren – vielleicht können wir heute mal ein wenig langsamer sein.« Oder: »Heute würde ich gern mal ausprobieren, wie es ist, wenn man als Gesprächsleiter sehr streng ist. Ich wollte euch das ankündigen, damit ihr euch nicht wundert.«

Eigene Teamregeln entwickeln Wenn Sie im Team verschiedene Möglichkeiten der Veränderung miteinander abwägen und überlegen, so empfiehlt es sich, die bereits verabschiedeten Regeln aufzuschreiben und damit sicherzustellen, dass sie erinnert werden können. Diese können als fortlaufende Liste geführt werden. Ein Beispiel für eine solche Liste von Teamregeln, die in diesem Fall von einem Team in einer Wohngruppe für Jugendliche im Verlauf eines Jahres erstellt wurde, finden Sie im Folgenden.

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Weitere Anregungen, Tipps und Tricks

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Teamregeln eines Wohngruppenteams 1. Im Vorwege einer Teamsitzung wird ein Zettel zur Sammlung von Themen in das Übergabebuch gelegt, wo die einzelnen Teammitglieder die Woche über Themen eintragen können. 2. Unmittelbar vor jeder Teamsitzung werden Themen des Teamzettels von dem Diensthabenden an das Flipchart geschrieben oder auf ein großes Blatt Papier, das für alle sichtbar aufgehängt wird. Dazu muss auch das letzte Protokoll auf nicht besprochene Themen durchgesehen und diese mit angeführt werden. 3. Es wird zu Beginn der Sitzung gefragt, ob weitere Themen vorliegen, gegebenenfalls werden sie auf dem Flipchart ergänzt. 4. Jedes Teammitglied bewertet vor der Besprechung die Wichtigkeit jedes Themas mit drei, zwei oder einem Punkt(en). 5. Die Themen werden in der Reihenfolge ihrer so gefundenen Wichtigkeit besprochen. 6. Es werden Redezeiten für die einzelnen Themen sowie Anzahl und Dauer von Pausen festgelegt. 7. Ein Zeit- und Ablaufplan der Teamsitzung wird erstellt. 8. Es wird Protokoll geführt. Der Protokollant achtet auf die Einhaltung der Zeiten (eventuell mit einer Eieruhr). Das Amt des Protokollanten soll bei jeder Teamsitzung wechseln. 9. Alle achten darauf, beim Thema zu bleiben und nicht ausufernde Monologe zu halten (bei Abschweifungen oder zu langer Redezeit wird dem jeweiligen Teammitglied die gelbe Karte gezeigt). 10. Zu Beginn der Sitzung werden kurz allgemeine Themen besprochen (Formales, Termine, Infos). Die »Was ist zu tun?«-Listen und das Protokoll der letzten Teamsitzung werden auf Erledigungen hin kontrolliert. 11. Die Arbeitsaufträge, die sich aus den Besprechungen der Themen ergeben, werden vom Protokollanten in einen Maßnahmeplan (»Was ist zu tun?«-Liste) übertragen. 12. Themen, die im Gruppengespräch besprochen werden sollen, werden in der Themenliste des Gruppengesprächsordners festgehalten.

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13. Nicht besprochene Themen werden auf das nächste Teamtreffen verschoben. 14. Das Teamtreffen beginnt um 9 Uhr oder 11 Uhr und endet um 13 Uhr. 15. Alle 14 Tage wird über eine Jugendliche im Rahmen der Erziehungsplanung gesprochen.

Weitere Experimente Die Dreißig-Sekunden-Regel dient der klaren Strukturierung von Diskussionen – und damit häufig auch einer Straffung. Die Regel ist transparent: Jede/r darf maximal 30 Sekunden lang sprechen, eine große Uhr mit Sekundenzeiger, die von allen gesehen werden kann (oder noch besser, eine überdimensionale Stoppuhr), dient als Messinstrument. Die Regel ist allen bekannt und alle sind für ihre Einhaltung verantwortlich, jeder ist also auch jederzeit dazu berechtigt, daran zu erinnern. Diskussionsbeiträge sind längstens als 30-Sekunden-Beiträge erlaubt, dann hat jeder das Recht, durch Aufzeigen einer roten Karte mit der Aufschrift »30 Sekunden!« den Sprecher zum Abschluss seines Satzes zu bringen. Wer längere Beiträge hat, kann sich mehrmals zu Wort melden. So können mehr Personen bei der Diskussion zu Wort kommen, die Auseinandersetzung wird vielfältiger und die Verantwortung für die Strukturierung verbleibt nicht bei der Gesprächsführung allein. Die »Ja, und«-Regel vereinbart, dass bei einer zu erwartenden besonders engagierten Diskussion jeder neue Diskutant seinen Beitrag mit den Worten »Ja, und …« beginnen soll (statt dem uns allen viel vertrauteren und auf der Zunge liegenden »Ja, aber …«). Diese formale Vorgabe, an deren Einhaltung die Gesprächsleitung bei Bedarf freundlich erinnern kann, ist keine Gewähr für eine völlig andere Diskussion, kann aber dazu beitragen, etwas mehr auf die Vorrednerin und ihre Argumentation zu hören und eine bessere Anschlussfähigkeit des eigenen Wortbeitrags zu den vorherigen zu erreichen. Neuregelung der Reihenfolge der Wortbeiträge: Der nächste Wortbeitrag ergibt sich einmal nicht aus der Rednerinnenliste, sondern der letzte Redner hat das Recht zu bestimmen, wer als Nächster sprechen soll. Die Gesprächsleitung achtet zunächst lediglich darauf, dass Einverständnis über diese Abmachung besteht, und regelt während der Debatte dann, dass ein Redner mit seinem Beitrag endet und die nächste Rednerin oder den

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Weitere Anregungen, Tipps und Tricks

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nächsten Redner bestimmt. Alternativ und als ein weiteres Experiment kann man auch die Reihenfolge der Beiträge im Voraus auslosen. Jeder, der an der Reihe ist, sollte dann etwas beitragen. Eine schriftlich-mündliche Diskussion: Jeder bekommt Karten (ca. 10 x 20 cm) und einen dicken Filzstift. Neben der »normal geführten« mündlichen Diskussion können auch auf den Kärtchen Argumente und Beiträge aufgeschrieben und herumgereicht oder an einer Wand aufgehängt werden. Auf diese Art sind auch Zwischenrufe und (mehr oder weniger) anonyme Beträge möglich.

Bewegung und Beweglichkeit: Spiele im Team Wir sind alle erwachsen und können selbstverständlich längere Zeit ruhig auf unserem Stuhl sitzen – und machen das in aller Regel auch. Bewegung und vor allem Spiele zwischendurch wirken da eher kindisch und scheinen nicht in eine erwachsene und professionelle Kommunikation zu passen – obwohl wir doch eigentlich wissen, dass wir gedanklich wesentlich wirkungsvoller arbeiten können, wenn wir uns zwischendurch bewegen und für eine gute Durchblutung sorgen. Geistige Flexibilität kann durch körperliche Bewegung gefördert werden – vor allem, wenn wir dabei noch gemeinsam Spaß haben. Manche Teams haben es – zuweilen nach anfänglichem Zögern und dem beim ersten Mal noch sehr schüchtern vorgebrachten Vorschlag – als nützlich erlebt, sich zwischendurch ein wenig Bewegung zu verschaffen. Es gibt unzählige Bücher, aus denen man Anregungen entnehmen kann (dort firmieren sie unter »Warming-up-Spiele«, »Energizer«, »Team Games«, »Auflockerer«) – aber es reicht auch, ein Spiel vom letzten Kindergeburtstag zu nehmen und im Team vorzuschlagen. Wenn ein Team sich erst einmal entschlossen hat, zu Beginn einer Sitzung oder nach der Pause damit zu experimentieren, lassen sich auch hier die Ressourcen seiner Mitglieder wunderbar nutzen – die meisten kennen irgendein kurzes, schnelles, bewegungsreiches Spiel, vielleicht gibt es aber auch jemanden, der eine Entspannungs-, Yoga- oder Rückenübung mit allen durchführen oder eine Phantasiereise anleiten kann. Hier können wieder zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden – während das Team die Ressourcen der Kollegin abruft, kann diese das Team zum Üben nutzen: Womöglich hat sie vor, mit einer Gruppe von Patienten ein neues Spiel ausprobieren, ist sich aber nicht sicher, wie gut ihr das gelingt. Sie könnte das Team bitten (oder ihm anbieten), sich als Ver-

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suchskaninchen herzugeben. Vielleicht erhält sie hinterher im Gegenzug konstruktive Rückmeldungen. Für die Dauer des Spiels hat diejenige, die es vorstellt, die Spielleitung: Sie legt (im Zweifelsfall) auch die Regeln fest (manchmal gibt es unterschiedliche Versionen oder Unklarheiten aus der Anleitung) – und, nicht minder wichtig – bestimmt auch, wann das Spiel beendet ist (insbesondere bei Endlosspielen), bedankt sich für die Beteiligung und führt zurück zur Tagesordnung oder übergibt an die Gesprächsleitung. Man muss nicht spielen – weder als Team noch als Einzelner. Wer nicht will, sollte nicht gezwungen werden. Wenn einzelne Teammitglieder nicht mitspielen wollen, bleiben sie einfach sitzen, möglicherweise bekommen sie beim Zuschauen Lust, beim nächsten Mal mitzumachen. Falls Ihnen nicht auf Anhieb geeignete Spiele einfallen, hier eine kleine Auswahl: a) »Au ja!« Alle laufen im Kreis herum, die Spielleiterin ruft laut verschiedene Fragen: »Seid ihr alle fit?« »Habt ihr Lust anzufangen?« »Werdet ihr euch konzentrieren?« – Alles Fragen, auf die die Gruppe jedes Mal laut und die Arme vor Begeisterung hoch in die Luft werfend antwortet: »Au ja!«. Dabei ist es möglich, eine Steigerung an Lautstärke, Bewegung und Begeisterung zu entwickeln. Nach der dritten Frage zeigt sie auf eine Kollegin, die nun eine Frage stellt, nach der Antwort »Au ja!« auf eine weitere zeigt und so weiter, bis jede/r einmal an der Reihe war. b) Wolf, Schaf und Beschützer Das Team teilt sich auf in Dreiergruppen, jede Gruppe spielt für sich (wenn sich die Gruppen gegenseitig in die Quere kommen, macht das nichts). In jeder Gruppe werden die Rollen Wolf, Schaf und Beschützer untereinander verteilt. Der Wolf versucht, das Schaf abzuschlagen, der Beschützer stellt sich mit angelegten Armen (die Hände hinter dem Rücken verschränkt) dazwischen und versucht, das Schaf zu schützen. Das Schaf kann weglaufen. War der Wolf erfolgreich, werden die Rollen vertauscht, so dass jede/r einmal jede Rolle einnimmt. – Dies ist ein kurzes und sehr lebhaftes Spiel, bei dem man mit der Zeit für sich nützliche Strategien erlernen kann. c) Atomspiel Alle Teammitglieder stellen sich locker und mit etwas Abstand im Kreis auf und fassen sich jeweils in Zweiergruppen (Moleküle) an den Händen an (bei einer ungraden Teilnehmerzahl kann man auch eine Dreiergruppe bil-

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Weitere Anregungen, Tipps und Tricks

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den). Zwei Teammitglieder stehen jeweils allein dazwischen, eine versucht den anderen zu fangen (innerhalb und außerhalb des Kreises), der Gejagte kann an einer Seite einer Zweiergruppe andocken und die freie Hand greifen, dann muss der Partner auf der anderen Seite loslassen (wird als Atom abgestoßen) und wird nun zum Gejagten. – Ein ebenfalls sehr lebhaftes und ein wenig anspruchsvolles Spiel. Variation: In dem Moment, wo der Gejagte andockt, wechseln die Rollen, der bisherige Jäger wird zum Gejagten, und der neu ins Spiel kommende zum Jäger – was von allen konzentriertes Mitdenken und Reaktionsschnelligkeit verlangt. d) Auf 21 zählen Ein Spiel im Sitzen und mit wenig Bewegung: Das Team hat die Aufgabe, gemeinsam von 1 bis 21 zu zählen. Jede darf nur eine Zahl sagen, danach muss zunächst eine andere weiterzählen, bevor sie wieder an die Reihe kommen kann. Nebeneinander Sitzende dürfen nicht nacheinander zählen. Außer den Zahlen (in der richtigen Reihenfolge) darf nicht gesprochen werden (keine Meta-Kommunikation »wie können wir das schaffen«, auch nicht mit Blicken – sonst wäre es ja leicht). Wenn zwei Leute gleichzeitig eine Zahl sagen, muss wieder von vorn begonnen werden. e) Haguh! Das Team wird halbiert. Die zwei Gruppen stehen sich in zwei Reihen gegenüber, so dass dazwischen eine Gasse entsteht. Aus jeder Gruppe tritt einer an das Kopf- oder Fußende dieser Gasse, so dass die beiden sich als »Gegner« gegenüber stehen. Sie verbeugen sich voreinander, sagen »Haguh!« zur Begrüßung, gehen aufeinander zu, drehen sich umeinander und gehen – rückwärts, sich ohne Unterbrechung weiterhin anblickend – bis ans entgegengesetzte Ende der Gasse. Wer dabei lacht oder auch nur eine Miene verzieht, wird von der Gegenpartei »gefangen« und muss in die andere Mannschaft wechseln. f) Der Knoten Alle stehen im Kreis und strecken die Hände in die Mitte, schließen die Augen und gehen auf die Mitte zu. Jeder ergreift mit jeder Hand blind eine andere Hand (genau eine, sonst bleibt am Ende eine übrig), dann öffnen alle die Augen und versuchen gemeinsam, den entstandenen Knoten so weit wie möglich aufzulösen (ohne sich an den Händen loszulassen). Lassen Sie sich Zeit und geben Sie nicht zu schnell auf.

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Verrücktes Team Zugegeben, dieser Hinweis ist weder für alle Teams geeignet (einfach weil es ihnen zu ungewöhnlich wäre), noch ist dies etwas für die wöchentliche oder monatliche Teamsitzung. Allerdings haben einige Teams bereits erfolgreich damit experimentiert, sich zu ver-rücken, also etwas zu tun, »was man nicht tut« oder was die bisherigen Muster durcheinander bringen kann: Während Sie eine ernsthafte Teamsitzung durchführen, können Sie zum Beispiel einmal – sich mit Nachnamen und per Sie (oder, falls dies die Normalität ist, umgekehrt, mit Vornamen und per Du) ansprechen, – sich gegenseitig ganz neue Namen geben, auf Namensschildchen notieren und sich dann gegenseitig damit anreden, – alle Sonnenbrillen tragen, – sich jeder einen »Teamhut« (siehe Abb. 9), den Sie zuvor aus Zeitungspapier gemeinsam basteln, aufsetzen, – eine Teamsitzung auf dem Boden sitzend oder liegend abhalten. Teams, deren Mitglieder »sich nicht mehr sehen können« oder aber die sich »blind verstehen«, könnten auch eine Teamsitzung vollständig im Dunkeln durchführen. Solche Verfremdungseffekte bringen, wenn alle einverstanden sind, nicht nur Abwechslung und Spaß in das Team, sondern ermöglichen auch die Unterbrechung eingespielter Muster und dadurch die Entwicklung neuer Reaktionen: Gerade bei Teams, die das Gefühl haben, sich mehr als gut zu kennen und bei denen jeder im Voraus zu wissen glaubt, wie der andere (»schon wieder!«) reagieren wird, ist dies eine Möglichkeit, die vertrauten Verhaltensweisen mehr oder weniger behutsam durcheinander zu bringen.

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Weitere Anregungen, Tipps und Tricks

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Falte die Ecken A und B entlang der gestrichelten Linien nach innen (1). Falte die obere Lage des unteren Teils wie gezeigt zweimal nach oben (2). Jetzt sieht’s so aus (3). Drehe es um und falte die Enden entlang den gestrichelten Linien A und B (4). Falte die Ecken X und Y nach innen (5). Falte wie in der Abbildung die untere Lasche zweimal nach oben und stecke mn hinter PQ (6). Falte entlang der gestrichelten Linie, so dass A zwischen PQ kommt (7). Greife von unten in die Öffnung (8) und öffne so weit, bis a und b nebeneinander liegen. Falte die Ecken X und Y und stecke sie jeweils hinter a und b (9), öffne den Hut wieder (10) und fertig ist der Teamhut (aus Fisher 1995). Abbildung 9: Anleitung für den »Teamhut«

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Teamorganisation

Entscheidungen im Team Teams beraten sich nicht nur, ihre Zusammenarbeit verlangt immer wieder auch Entscheidungen der unterschiedlichsten Art. Um einen Eindruck von der Vielfalt zu bekommen, hier eine kleine Auswahl von Fragen, über die Teams entscheiden: – Welche Bewerberin wollen wir für die offene Stelle auswählen? – Wollen wir etwas an unseren Teamsitzungen verändern – und wenn ja, was? – Wohin geht der nächste Betriebsausflug? – Ändern wir unsere Öffnungszeiten? – In welche Richtung wollen wir künftig unser Konzept und Angebot verändern? – Sollen wir Patientin X entlassen? – Wie wollen wir mit Regelverletzungen durch Klienten umgehen? – Soll für die Jugendliche Y eine stationäre Aufnahme empfohlen und die Finanzierung übernommen werden? – Wollen wir einen Klausurtag durchführen, in dem wir über unsere Teamarbeit nachdenken? – An welchem Termin könnte dies stattfinden? – Wollen wir heute die Sitzung früher beenden? Die Bandbreite variiert von Team zu Team und hängt auch davon ab, wie viel Entscheidungsspielraum ihm von seiner Organisation eingeräumt oder auch von ihm abverlangt wird. Übung Sammeln Sie zehn bis 15 Entscheidungen unterschiedlichster Art – wich tige und unwichtige, große und kleine, schwere und leichte –, die Ihr Team in den letzten Wochen gefällt hat. Überlegen Sie anschließend, wie Sie dabei vorgegangen sind: Wo und wie ist es uns gelungen, diese Entscheidungen auf eine für alle mehr oder weniger befriedigende Weise zu treffen? Was hat dazu geführt, dass dieser Prozess erfolgreich war? Gelegentlich tun sich manche Teams schwer mit Entscheidungen – sie mühen sich ab, bis sie endlich einen Beschluss fassen, sie entscheiden und widerrufen anschließend die Entscheidung wieder oder stellen sie zumindest in Frage, sind sich manchmal gar nicht bewusst, dass sie gerade einen Beschluss gefasst haben, oder sie treffen eine Entscheidung und stellen anschließend fest, dass sie nicht von allen mitgetragen wird. In aller Regel

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Entscheidungen im Team

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tauchen diese Schwierigkeiten und Probleme dann auf, wenn die Interessen sehr unterschiedlich sind und dabei auch engagiert vertreten werden – und wenn den Beteiligten nicht oder nicht ausreichend bewusst ist, dass sie sich in einem Entscheidungsprozess befinden, der zu einem bestimmten Moment auch einen klaren Beschluss verlangt. Ein immer wieder in den unterschiedlichsten Teams und Gremien zu erlebendes Beispiel ist die Suche nach gemeinsamen Terminen: »Wir brauchen neue Termine!«. Jeder nimmt seinen Terminkalender, blättert darin herum, jemand macht einen Vorschlag (»9. Januar«), jemand anderer ruft: »Da kann ich nicht«, eine Dritte macht einen anderen Vorschlag (»17. Januar«), eine erklärt: »Da bin ich im Urlaub«, ein Weiterer: »Da kann ich sehr schlecht« und so weiter. Meist dauert es sehr lange, bis auf diese Weise Termine gefunden werden – und alle sind eher unzufrieden damit, dafür so viel Zeit zu verschwenden. Ein anderes Beispiel kann die Frage sein: Soll die Patientin auf eine andere Station verlegt werden? Nachdem eine Kollegin die Frage in den Raum gestellt hat, wird engagiert diskutiert – Argumente dafür und dagegen tauchen auf, die Befürworter scheinen in der Mehrheit zu sein, schließlich scheint man sich insoweit einig zu sein und die Verlegung beschlossene Sache. In der nächsten Woche ist die Patientin immer noch auf der Station: Die Leitung der Einrichtung hat bestimmt, dass keine Verlegung stattfindet. Offensichtlich war zu Beginn nicht geklärt worden, ob die Entscheidung überhaupt in den Kompetenzbereich des Teams fällt.

Nicht nur für die Gesprächsleitung, sondern für das gesamte Team stellen sich solche Entscheidungsprozesse zuweilen als Herausforderungen dar – oder werden manchmal zur Qual. Da kann es hilfreich sein, gemeinsam über die Art und Weise nachzudenken, wie man diese Entscheidungsprozesse gestalten kann und wie man schließlich Entscheidungen fällt.

Ein Modell zum Ablauf von Entscheidungsprozessen Entscheidungsprozesse verlaufen am effektivsten, wenn die Beteiligten neben der inhaltlichen Ebene und ihren eigenen Interessen und Überzeugungen immer auch zugleich den Verlauf des Prozesses, gewissermaßen aus einer Meta-Position, im Blick haben – wenn sie sich selbst beobachten und gegebenenfalls eingreifen. Dies gilt zunächst für die Gesprächsleitung, die in besonderer Weise den Ablauf verfolgt. Allerdings wird sie, zum Zweck der größtmöglichen Transparenz und Akzeptanz, immer wieder auch das Team mit einbeziehen. Sie wird von Zeit zu Zeit die inhaltliche Auseinandersetzung unterbrechen und die Struktur des Verlaufs offenlegen, indem sie die jeweils anliegenden Fragen thematisiert:

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Teamorganisation

1. Feststellung von Entscheidungsbedarf – und nicht nur der Wunsch nach Information, Meinungsaustausch und Diskussion (»Wir brauchen einen Termin.« »Wir müssen entscheiden, ob Klientin X entlassen wird.« »Wir wollen ein neues Konzept.«). 2. Definition des Entscheidungsspielraums: Was steht genau zu Entscheidung an, worum geht es, worüber wollen wir entscheiden? Zu welchem Zweck wird die Entscheidung getroffen? Und liegt diese Entscheidung im Rahmen unserer Möglichkeiten und Kompetenzen? Wie groß ist unser Entscheidungsspielraum? 3. Planung und Absprache des Prozesses: Wie wollen wir den Entscheidungsprozess gestalten, wie wollen wir vorgehen? Wie viel Zeit wollen wir uns geben? Welchen Raum sollen Informationsbeschaffung, Diskussion und Auseinandersetzung sowie die Abstimmung haben? Wie wollen wir dabei jeweils vorgehen? Wie können wir alle einbeziehen? Bis wann wollen wir eine Entscheidung getroffen haben? 4. Vorabklärung der Form der Entscheidung: Wie wollen wir voraussichtlich am Ende des Prozesses die Entscheidung dann treffen: per Konsens, per Abstimmung, mit oder ohne Vetorecht? 5. Zwischenauswertung(en): Ist das Vorgehen, so wie wir es geplant und verabredet haben, brauchbar und sinnvoll? Kommen wir so voran, wie wir das ursprünglich vereinbart haben? Können wir unsere Planung beibehalten? (Je nach Bedarf und Umfang des Prozesses wird man diese Zwischenauswertung wiederholt vornehmen.) 6. Beendigung der Diskussion zum vereinbarten Zeitpunkt: Die zur Entscheidung stehenden Varianten werden noch einmal verständlich formuliert und präsentiert. 7. Entscheidung über die Entscheidungsmodalitäten und Konsequenzen aus möglichen Ergebnissen: Werden sie von allen akzeptiert werden können, egal wie die Abstimmung ausgeht? 8. Durchführung der Entscheidung entsprechend der vereinbarten Vorgehensweise, Feststellung des Ergebnisses und Protokollierung. 9. Klärung des weiteren Vorgehens – was folgt aus der Entscheidung? Welche Konsequenzen hat sie? Wie wird überprüft, ob sie durchgeführt wird – und ob die dadurch angestrebten Ziele erreicht werden? Wann könnte die Entscheidung möglicherweise revidiert werden (falls notwendig)? 10. Abschluss und Dank an alle Beteiligten. Sowohl der explizite Abschluss (»Geschafft! Jetzt sind wir fertig.«) als auch der Dank (zum Beispiel für die engagierte Diskussion, die aktive und konstruktive Mitarbeit, die Bereitschaft, gemeinsam zu einem Ergebnis zu kommen – eigentlich

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Entscheidungen im Team

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gibt es immer Gründe, wofür man sich bedanken kann) sind wichtig: als Würdigung für die erbrachte Leistung und als Einladung, diesen Punkt nun abzuschließen und ruhen zu lassen. Ein strukturierter Entscheidungsprozess läuft reibungsloser ab, er benötigt weniger Aufwand, Kraft und Zeit als ein unstrukturierter, die Ergebnisse sind dauerhafter, da sie von den an der Entscheidung Beteiligten leichter mitgetragen werden können. Je mehr man Unklarheiten oder Schwierigkeiten nach der Entscheidung befürchtet, desto sinnvoller ist es, sich an diesem Schema zu orientieren. Das Beispiel der Terminfindung könnte, damit die Beteiligten hinterher einigermaßen zufrieden mit dem Ablauf sind, vielleicht so gestaltet werden: Die Gesprächsleitung leitet den Tagesordnungspunkt »Neue Termine für die Teamsitzungen« ein: »Wir brauchen neue Termine für unsere Sitzungen. Wie sollen wir vorgehen? Wollen wir nur Termine vereinbaren, an denen alle gleichermaßen teilnehmen können – oder wollen wir uns auf Termine einigen, an denen wenigstens einige von uns Zeit haben? Gibt es jemanden, der anwesend sein muss (›Vetorecht‹)? Gibt es Wochentage, die ausgeschlossen werden müssen? Dann lese ich die möglichen Termine der Reihe nach vor, wer zu diesem Termin könnte, hebt die Hand, Markus protokolliert das Ergebnis und am Ende nehmen wir die Termine, an denen die meisten von uns Zeit haben. Ein Termin, an dem Brigitte als Leiterin nicht kann, kommt von vorneherein nicht in Frage.« – Gelingt es nicht, genügend Termine zu finden, kann das Team überlegen, ob es die Regeln verschärft oder lockert und ein zweites Mal sucht, ob man Bedingungen für die Möglichkeit, den Termin abzulehnen einführt (»Private Gründe wie Geburtstage oder Fußballübertragungen zählen nicht.«) – oder ob man gemeinsam entscheidet, keine Termine zu vereinbaren. In jedem Fall wird die Gesprächsleitung am Ende das Ergebnis noch einmal deutlich benennen (also z. B. alle Termine nochmals verlesen) und fragen, ob jetzt alle mit dem Ergebnis (also auch mit der Art und Weise, wie sie zustande gekommen sind) einverstanden sind.

Ein Modell zum Ablauf von Entscheidungsprozessen 1. Feststellung von Entscheidungsbedarf 2. Definition des Entscheidungsspielraums 3. Planung des Prozesses 4. Vorabklärung der Form der Entscheidung 5. Zwischenauswertung(en) 6. Beendigung der Diskussion zum vereinbarten Zeitpunkt 7. Entscheidung über die Entscheidungsmodalitäten 8. Abstimmung und Feststellung des Ergebnisses 9. Klärung des weiteren Vorgehens 10. Abschluss und Dank an alle Beteiligten

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Teamorganisation

Formen der Entscheidung – Mehrheitsbeschluss (Abstimmung) • durch einfache oder Zweidrittelmehrheit • der Anwesenden oder ausdrücklich aller Mitglieder (»Briefwahl«) • mit Veto-Option • offene oder geheime Abstimmung – Konsens oder Minimalkonsens – Delegation • an die/den Vorgesetzte/n • an eine oder mehrere vom Team Delegierte – Spielerische Entscheidung (Knobeln, Würfeln, Los, Münze) – Scheinkonsens/Scheinbeschluss • Zustimmung, aber Einzelne fühlen sich dem Beschluss nicht verpflichtet • Einzelne oder viele stimmen dem Konsens nicht ausdrücklich zu (sondern äußern sich nicht) • Zustimmung, aber es bleibt unklar, worin der Konsens besteht (hinterher weiß man nicht mehr, was beschlossen wurde)

Entscheidungen können auf unterschiedlichste Art getroffen werden Meistens wird es uns selbstverständlich sein, wie wir zu einer Entscheidung kommen, so verinnerlicht ist uns die Form der Mehrheitsentscheidung. Allerdings stimmt diese Vorstellung in der Regel nicht für alle Fälle: Tatsächlich verfügen wir über eine Reihe weiterer Möglichkeiten, Beschlüsse zu fassen, derer wir uns jedoch nicht unbedingt bewusst zu sein brauchen. Die Schwierigkeiten kommen häufig zustande, wenn wir unbedingt doch einen Konsens erreichen wollen, weil wir unausgesprochen ein Vetorecht für uns in Anspruch nehmen wollen, oder nachdem wir uns mit einem Scheinkonsens zufrieden gegeben haben. Die nachfolgende Aufzählung ist damit zum einen Beschreibung dessen, was möglich ist und zum Repertoire gehört, andererseits aber auch eine Erweiterung der Palette dessen, was möglich ist – und vergrößert damit die Auswahl der zur Verfügung stehenden Optionen. Konsens oder Minimalkonsens oder Kompromiss Der Konsens (aus dem Lateinischen: Übereinstimmung, Einstimmigkeit) wäre in vielen Fällen wohl die optimale und gewünschte Lösung: Alle ste-

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Entscheidungen im Team

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hen voll hinter dem Ergebnis, da es für alle den eigenen Interessen entspricht! Der Wunsch ist durchaus berechtigt, und manchmal kann es sinnvoll sein, für eine Zeitlang den Konsens zu suchen – der in der Regel dann ein Minimalkonsens (man findet den größten gemeinsamen Nenner) sein wird oder ein Kompromiss: eine Übereinkunft und Verständigung durch beiderseitiges Nachgeben. Sobald diese Übereinkunft getroffen wird, kann die Entscheidung durch Konsens gefällt werden. – Wenn es gelingt, ist das ein gutes Ergebnis, allerdings verlangt dieses Vorgehen manchmal einen unverhältnismäßig großen Aufwand. Mehrheitsbeschluss (Abstimmung) Durchaus vertraut ist uns, per Mehrheitsbeschluss zu entscheiden: Die Mehrheit darf und soll sich durchsetzen. Dies entspricht unserem modernen Demokratieverständnis und kann in den meisten Fällen auch von der Minderheit akzeptiert werden. Hierbei können eine Reihe von Varianten unterschieden werden: Die für die Entscheidung notwendige Mehrheit kann »einfach« sein (die Mehrheit der abgegebenen Stimmen), »absolut« (mehr als die Hälfte der stimmberechtigten/anwesenden Mitglieder) oder auch die Zweidrittelmehrheit verlangen. Bei wichtigen Entscheidungen, die das gesamte Team betreffen, kann es durchaus sinnvoll sein, auch die Stimmen der nichtanwesenden Mitglieder abzurufen (per Briefwahl oder Delegation an Anwesende) oder die Abstimmung zu verschieben, bis alle anwesend sind. Zudem können wir unterscheiden zwischen offener und geheimer Abstimmung, insbesondere dann wird man sich (in Ausnahmefällen) für die geheime, verdeckte Abstimmung entscheiden, wenn man befürchtet, dass andernfalls keine unbefangene Stimmabgabe möglich ist. Einer weiteren Möglichkeit bedient man sich zuweilen, ohne sich ihrer vielleicht ganz bewusst zu sein: der Mehrheitsentscheidung mit Veto-Recht. Einzelne Teammitglieder haben dann explizit oder unausgesprochen das Recht, Entscheidungen zu verhindern – so etwa die Kollegin, die für eine bestimmte Klientin verantwortlich ist und gegen deren erklärten Willen bestimmte Entscheidungen ganz selbstverständlich nicht getroffen werden. Oder der Vorgesetzte, der sich das Recht vorbehält, bestimmte Beschlüsse des Teams nicht umzusetzen oder anders zu gestalten. Bei manchen Teams hat sich hierfür das Motto »Wer haftet, hat ein Veto-Recht« eingebürgert. Delegation Bereits weniger selbstverständlich und damit auch als eine durchaus akzeptable Möglichkeit im Blickfeld ist die Option der Einzelentscheidung: Das

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Teamorganisation

Team verzichtet darauf, als Team die Entscheidung zu treffen, sondern delegiert sie und gibt sie ab. So kann man schwierige oder folgenschwere Entscheidungen oder Beschlüsse, zu denen man sich gezwungen sieht, ohne sie mittragen zu können, an die Vorgesetzte weitergeben. Vermutlich wird man diesen Schritt begründen können und die diskutierten Entscheidungsmöglichkeiten auch erläutern. – Beispiel könnte akuter Geldmangel und ein aufgebrauchtes Budget sein, das den Mitgliedern nicht mehr erlaubt, einem Klienten eine fachlich für sinnvoll und notwendig erachtete Leistung anzubieten: An dieser Stelle kann man die (im Grunde nicht mehr freie) Entscheidung (und damit die Verantwortung) an die Vorgesetzte zurückgeben. Die Delegation kann aber auch an ein oder mehrere Mitglieder des Teams erfolgen, die als fachkundig oder kompetent erachtet werden – oder weil es nicht für notwendig gehalten wird, als Team insgesamt die Entscheidung zu treffen (etwa wenn eine Kollegin eine Entscheidung über das weitere Vorgehen mit ihrer Klientin treffen oder zwei Kolleginnen den Betriebsausflug vorbereiten sollen und das Ziel ohne Rücksprache mit dem Team selbst auswählen dürfen). Spielerische Entscheidungen Zu wenig praktiziert scheinen mir die Möglichkeiten, Entscheidungen spielerisch zu treffen: durch Knobeln (»Stein, Schere, Papier«), durch Losentscheid oder Münzwurf. Viel häufiger könnten wir Beschlüsse (jedenfalls so lange ihr Ergebnis nicht lebensbedrohend ausfallen kann) auf diese Weise erreichen und die Entscheidung ein wenig dem Glück und dem Zufall überlassen (die Auswahl, zwischen welchen Varianten der Zufall seine Wahl trifft, haben ohnehin wir vorbestimmt). Wenn Teams anfangen, sich zu überlegen, welche Beschlüsse sie durch stellvertretendes Knobeln zweier Teammitglieder fassen könnten, beginnen sie zugleich, ein wenig Ernst und Verbissenheit abzubauen: Es wird erkennbar, dass viele Entscheidungen zwar getroffen werden müssen, man aber durchaus mit unterschiedlichen Ergebnissen leben kann. Mit dem Überraschungsmoment gelangt zugleich auch etwas Leichtigkeit ins Team. – Voraussetzung ist, sich einig zu sein, diese Entscheidung per Los oder Knobeln zu finden und dann auch das Ergebnis zu akzeptieren. Scheinkonsens/Scheinbeschluss Demgegenüber ist der Scheinkonsens eher eine analytische Kategorie: Von außen oder im Nachhinein wird man von einem Scheinkonsens oder Scheinbeschluss (es scheint nur so, als ob man einen Beschluss gefasst hat)

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sprechen, wenn zwar ein Beschluss getroffen wird, sich im Nachhinein aber herausstellt, dass die Teammitglieder sich dem Beschluss nicht verpflichtet fühlen, er für sie nicht zu gelten scheint. Ebenso kann es sein, dass das Team zwar eine Entscheidung herbeiführt, dies aber nur gelingt, weil ein Teil der Gruppe, aus welchen Gründen auch immer (»Wir haben ohnehin keine Chance.«, »Wenn wir dagegen sind, haben wir Nachteile zu befürchten.«, »Mich interessiert das Thema nicht.«) schweigt oder sich der Stimme enthält, also die Entscheidung wiederum nicht mitträgt. Eine dritte Form des Scheinkonsenses schließlich ist die Möglichkeit, dass zwar alle oder die Mehrheit zustimmen, es jedoch unklar bleibt, worin der Beschluss genau besteht. Zu merken ist das in der Folge an unterschiedlichen Interpretationen des Ergebnisses. Auf dem Weg zu Entscheidungen kann das Team (um Transparenz und Partizipation für eine größtmögliche Akzeptanz der späteren Entscheidungen zu gewährleisten) – sich darüber verständigen, ob überhaupt eine Entscheidung getroffen werden muss – und wenn ja, worüber; – sich darüber verständigen (durch Konsens, Mehrheitsbeschluss, Scheinkonsens etc.), in welcher Form es die möglichen Entscheidungen diskutieren und schließlich treffen wird; – mittels Punkte-Kleben (oder durch Striche-Setzen auf einer Skala auf einer Tafel, wobei jedes Teammitglied drei oder fünf Stimmen bekommt, die es nach eigenem Belieben verteilen kann) vorab herausfinden, welche Schwerpunkte und Gewichtungen im Team herrschen; – Probeabstimmungen vornehmen; – Vetorechte einräumen; – Schutz- und Beobachtungsaufgaben übernehmen: Jede achtet darauf, dass nicht nur die eigenen Interessen, sondern auch die der anderen im Diskussions- und Entscheidungsprozess ausreichend berücksichtigt werden; – Zeitdruck entschärfen: noch einmal vertagen, eine Nacht darüber schlafen; – vereinbaren, die Entscheidung nur befristet gelten zu lassen.

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Auf dem Weg zu Entscheidungen Aber nicht nur bei der entscheidenden Abstimmung selbst, sondern bereits auf dem Weg dorthin haben Teams eine Reihe von Möglichkeiten, um den Prozess so zu gestalten, dass die spätere Entscheidung dann leichter von allen angenommen und umgesetzt werden kann. In der Regel wird dies befördert, wenn der Entscheidungsprozess transparent und für alle nachvollziehbar ist, in dem er gemeinsam diskutiert wird und sich auch alle zusammen darüber verständigen, wie er gestaltet werden kann. Dies kann zu Beginn des Prozesses geschehen (»Bevor wir jetzt hier anfangen, inhaltlich zu diskutieren, lasst uns doch noch vereinbaren, wie wir vorgehen und wie wir dann die Abstimmung gestalten wollen.«) oder auch im Verlauf der Diskussion in Form eines Innehaltens (»Lasst uns doch kurz darüber nachdenken, wo wir gerade sind.«). So kann man manchmal durchaus überlegen, ob tatsächlich eine Entscheidung getroffen werden muss, oder sich darüber verständigen, worüber die Entscheidung gefällt werden soll. Man kann – dies ist ein eigener Entscheidungsprozess – die Form der Entscheidungsfindung selbst noch einmal thematisieren (»Wäre es nicht sinnvoll, Andrea hier ein Vetorecht einzuräumen?« »Müssen wir das wirklich hier als ganzes Team diskutieren und festlegen, kann das nicht eine Arbeitsgruppe übernehmen?«). Ein Innehalten im Prozess kann auch eine Probeabstimmung bedeuten: Man tut so, als ob man bereits am Ende der Diskussion ist und zur Entscheidung kommt – das Ergebnis kann dann als Grundlage für die weitere Diskussion genommen werden (vielleicht werden ganz andere Entscheidung gefällt als diskutiert, weil nur die Randgruppen miteinander diskutieren und die Mehrheit schweigt, vielleicht stellt man überraschend plötzlich Einigkeit fest). Statt nur durch Handheben ein Meinungsbild zu bekommen, kann man auch die verschiedenen Varianten auf einer Tafel notieren und per Zuruf die jeweilige Wahl mit einem Strich kennzeichnen. Vielleicht möchte man aber auch eher die Schwerpunkte und Gewichtungen herausbekommen – dann kann man jedem Teammitglied drei oder vier Stimmen geben, die es selbst verteilt (z. B. in Form von selbstklebenden Punkten, die es auf der Tafel verteilt): Recht schnell kann man so erkennen, wie die Gewichtung verteilt ist – was ja wiederum die Meinungsbildung beeinflussen kann. Vor wichtigen Entscheidungen kann man auch vereinbaren, noch einmal eine Nacht darüber zu schlafen, also noch etwas Bedenkzeit einzuräumen. In den allermeisten Fällen müssen wir gar nicht ganz schnell und unmittelbar entscheiden. Wir haben oft mehr Zeit als wir denken – und diese

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Entscheidungen im Team

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Zeit kann dazu beitragen, die Entscheidung sicherer zu machen. Als eine weitere Option, insbesondere bei sehr umstrittenen Entscheidungen, vor allem auch nach Debatten, die sehr engagiert und emotional geführt wurden, kann man überlegen, ob man nicht die Entscheidung zunächst für eine befristete Zeit gelten lässt – und ob vielleicht über einen längeren Zeitraum gesehen ein Sowohl-als-auch statt einem Entweder-oder möglich ist. Für die Gestaltung von Entscheidungsprozessen gilt natürlich auch: Reparieren Sie nicht etwas, was nicht kaputt ist! Teams, die mit ihrer Art und Weise, Entscheidungen zu treffen, überwiegend zufrieden sind, sollten auch nicht versuchen, daran unbedingt etwas zu verändern.

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■ Teamentwicklung

Teamentwicklung setzt voraus, dass wir es mit einer Gruppe von Menschen zu tun haben, die zusammen arbeiten und sich als Team verstehen. Insofern könnte man zutreffenderweise eigentlich von »Teamweiterentwicklung« sprechen. Wenn die Mitglieder dieses Teams sich (entweder allein und für sich, oder aber auch mit Unterstützung von außen, also mit Hilfe einer Supervisorin, eines Teamentwicklers, einer Moderatorin oder Organisationsberaterin) Fragen stellen wie … – Wie können wir unsere Ressourcen besser nutzen? – Wie können wir unsere Ziele besser formulieren und effektiver ansteuern? – Wie können wir uns besser organisieren? – Wie können wir besser darüber nachdenken, wie wir das alles organisieren? … dann haben wir es mit Teamentwicklung zu tun. Die unterschiedlichsten Aspekte von Teamentwicklung beziehen sich somit alle auf die Grundfrage: Wie können wir unsere Teamarbeit verbessern? Wir haben es also bereits mit einem Team zu tun – und dies möchte jetzt seine Zusammenarbeit optimieren. Jede Kollegin in einem Team, die sich Gedanken darüber macht, wie die Zusammenarbeit verbessert werden könnte (z. B. indem sie ein Buch dazu liest oder mit Kolleginnen aus anderen Einrichtungen darüber spricht), ist bereits mitten in der Teamentwicklung. Und auch ein Kollege, der in einer Teamsitzung die Frage aufwirft »Können wir nicht mal versuchen, an unseren Teamsitzungen etwas zu verändern«, leitet damit womöglich einen Prozess der Teamentwicklung ein.

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Wie können wir unsere Teamarbeit verändern?

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Wie können wir unsere Teamarbeit verändern? Vielleicht wollen Sie und Ihr Team – nach der Lektüre dieses Buches oder aufgrund anderer Anregungen – Ihre Teamarbeit verändern. Wie Sie dabei vorgehen können, wissen Sie – von einem ressourcenorientierten Standpunkt aus betrachtet – selbst eigentlich am besten: Sie können das, was Sie sich und ihrem Team zutrauen, selbst am besten einschätzen – und auch die Frage, wie Sie das erreichen können, besser als alle anderen beurteilen. Insofern könnten Sie jetzt dieses Kapitel überspringen, indem Sie den einfachen Vorschlag aufgreifen: Gestalten Sie gemeinsam eine Teamberatung zum Thema: »Wie können wir unsere Teamarbeit verändern oder sogar verbessern?« Wenden Sie einige der hier vorgestellten Teamberatungsmethoden an – sammeln Sie Hypothesen, Verschlimmerungsideen oder gute Ratschläge, fügen Sie eine Diskussion an und entscheiden Sie gemeinsam, – mit welchen Ideen Sie in der praktischen Umsetzung beginnen wollen, – wer sich besonders verantwortlich fühlt, darauf zu achten, dass die Ideen auch versuchsweise ausprobiert werden und – wer nach einer festgelegten Zeit eine Evaluation (eine Auswertung, inwieweit die Umsetzung gelungen ist) anregt. Leider erscheint es uns nicht immer so einfach (zugleich würde ich auch dazu anregen, nicht allzu schnell aufzugeben, danach zu suchen, denn die Ideen und Anregungen, die dazu aus Ihrem Team selbst kommen, sind – zumindest aus einem systemischen Blickwinkel – eigentlich fast immer brauchbarer und hilfreicher als Tipps und Anregungen aus Büchern). Selbstverständlich ist es am leichtesten, solche Teamentwicklungen anzuregen und einzuleiten, wenn sich alle im Team einig sind: »Wir wollen unsere Zusammenarbeit verbessern, und wir wollen auch gemeinsam etwas dafür tun.« Falls Sie diesen Prozess nicht wie vorgeschlagen einfach mit einer kollegialen Beratung beginnen wollen – oder wenn Sie noch anderes versuchen wollen, finden Sie hier einige bewährte Methoden und Vorgehensweisen.

Qualitätssicherung: Stellen Sie fest, wie gut Sie bereits sind Sichern Sie das, was schon vorhanden ist. Beginnen Sie damit, sich darüber zu verständigen, was Sie an Ihrer bisherigen Teamarbeit gut finden, was nützlich ist und was auf keinen Fall verändert werden sollte. Nehmen Sie

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Teamentwicklung

sich etwas Zeit und Geduld und hören Sie nicht zu früh mit der Suche auf: Sie dürfen sicher sein, dass Sie eine ganze Reihe von Antworten finden werden: »Was ist bereits gut an unserer Teamarbeit?« »Und was noch?« Sie können die Suche nach den positiven Grundlagen intensivieren, wenn Sie sich die Aufgabe geben, während der nächsten Zeit Ihre Teamarbeit (in Teamsitzungen und auch außerhalb, bei gemeinsamen Tätigkeiten, bei informellen Zusammenkünften und bei allen anderen Kontakten innerhalb des Teams) darauf zu achten, alles das, was gut ist und womit Sie zufrieden sind, zu erfassen und festzuhalten: Jede gibt sich die Aufgabe, auf einem Zettel, den sie immer dabei hat, alle Punkte zu notieren, die ihr auffallen. Wenn Sie hierbei sorgfältig vorgehen, werden Sie staunen, wie viel Ihnen als Team bereits gelingt. Auch wenn es Ihnen merkwürdig erscheint, hiermit zu beginnen (denn Sie wollen ja gerade Ihre Zusammenarbeit verbessern): Wenn es Ihnen als Team gelingt, das zu würdigen, was Sie schon können, werden Sie mehr Spaß und Mut dabei haben, Neues auszuprobieren. Da geht es Ihnen nicht viel anders als Ihren Klienten. Im Übrigen arbeiten die meisten von uns einfach lieber mit jemandem zusammen, dessen Wert sie kennen und zu schätzen wissen – was für sie selbst ebenso gilt wie für das eigene Team. Zudem bringt diese Qualitätssicherung noch mit sich, nicht versehentlich Dinge zu verbessern, die eigentlich ganz gut funktionieren. Und man kann aus den eigenen Erfolgen lernen. Erinnert sei an die drei Merksätze des lösungsorientierten Konzepts (vgl. Kim Berg 1992): – Repariere nicht, was nicht kaputt ist! – Wenn du weißt, was funktioniert, mach mehr davon! – Wiederhole nicht, was nicht funktioniert: Mach’ etwas ander(e)s! Sie können die Punkte, die Ihnen positiv aufgefallen sind, am Ende jeder Teamsitzung zusammentragen (und zu Beginn der nächsten kurz wiederholen, möglicherweise wirken sie dann besonders gut für die aktuelle Sitzung). Vielleicht sind Sie unterschiedlicher Meinung darüber, was Sie gut finden und was nicht. Es kommt in diesem Stadium nicht darauf an, Einigkeit herzustellen, sondern sich neugierig und interessiert über die verschiedenen Sichtweisen auszutauschen: Wie sehen meine Kolleg(inn)en das? Laden Sie dazu ein, ihre Meinung kurz mit konkreten Beispielen zu belegen und zu begründen (»Was meinst du mit ›wir sind gut eingespielt aufeinander?‹«). Notieren Sie die Stichworte auf einem Flipchart und lassen Sie hinterher Punkte kleben: Wer stimmt welcher Argumentation zu?

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Wie können wir unsere Teamarbeit verändern?

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Übung Notieren Sie zwanzig Stichpunkte, was Ihnen jetzt an Ihrem Team gefällt. Das können kleine oder große, gewichtige oder nebensächliche Aspekte sein – aber mindestens zwanzig. Erst wenn Sie sich über die Ressourcen und Fähigkeiten Ihres Teams ausreichend lange verständigt haben, sollten Sie beginnen, darüber zu sprechen, was Sie verbessern wollen – oder auch, was Sie Neues ausprobieren wollen. Versuchen Sie, sich zu beschränken, beginnen Sie mit etwas Einfachem, ohne allzu großes Risiko – und legen Sie fest, wie viele Fehlschläge Sie sich genehmigen wollen, bevor Sie aufgeben wollen.

»Wie waren wir?« – Feedbackrunden am Ende von Sitzungen Sie können sich darüber verständigen, am Ende von Teamsitzungen (jedes Mal oder auch nur manchmal) eine Feedbackrunde einzuführen zu der Frage »Wie waren wir?« Planen Sie hierfür fünf oder zehn Minuten von vorneherein ein (sorgen Sie dafür, dass diese Zeit auch am Ende der Sitzung noch vorhanden ist), und fragen Sie sich: – Was haben wir heute gut gemacht? Was können wir wiederholen? Was ist der Gesprächsleiterin besonders gut gelungen? Wie hat das Team sich an dem Gelingen der Sitzung beteiligen können? – Was ist uns nicht so besonders gelungen? Was kritisieren wir an der Gesprächsleitung – und was an den Teammitgliedern und ihrer Beteiligung? – Welche Vorschläge und Ideen gibt es, wie wir unsere Teamsitzungen beim nächsten Mal ein wenig besser gestalten können? Was könnte die Gesprächsleitung verbessern? Wie könnten wir als Team noch etwas mehr zum Gelingen beitragen? Sie können diese Fragen an alle zugleich stellen und jeder sucht sich heraus, auf welche er antworten will – oder Sie setzen für jede Fragegruppe eine eigene Runde an. Wie viel Kritik Sie sich dabei zumuten können, werden Sie selbst sehr gut einschätzen können. Es geht nicht darum, gnadenlos »offen« und »authentisch« zu sein (mit ein wenig gutem Willen kann man natürlich unendlich viele Kritikpunkte finden, zumal wir im Kritisieren häufig viel begabter sind als im Erkennen der positiven Aspekte), sondern eine Mischung aus Lob und Kritik zu finden, die nützlich ist und zu weiterer Verbesserung animiert.

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Teamentwicklung

Selbstverständnis Diskutieren Sie – frei oder in einer strukturierten Form – verschiedene Definitionen von Team – und welche Definition für jeden von Ihnen aus welchen Gründen attraktiv ist. Untersuchen Sie, was wohl der kleinste gemeinsame Nenner ist, auf den Sie sich – in Bezug auf den Ist-Zustand Ihres Teams – einigen können. Benutzen Sie Skalen und ermitteln Sie den Durchschnittswert. Spielen Sie mit den Definitionen und Einschätzungen und akzeptieren Sie, dass natürlich jedes Teammitglied einen anderen Blickwinkel hat – es geht zu diesem Zeitpunkt nicht darum, Einigkeit herstellen zu wollen. Sie könnten auch stolz darauf sein, wenn es Ihnen gelingt, viele verschiedene Vorstellungen von einem »guten Team« in Ihrem Team vorhalten zu können. Versuchen Sie anschließend, den größten gemeinsamsten Nenner zu entwickeln für die gemeinsame Vision: »Auf was können wir uns einigen, was uns allen als wünschenswert (und nicht vollkommen utopisch) erscheint?«

An Vorbildern orientieren Unterhalten Sie sich über Teams, die Sie alle gemeinsam bewundern – oder vielleicht hat auch jeder von Ihnen ein eigenes bewundernswertes Team vor Augen (in diesem Fall könnten Sie darauf verzichten, sich gegenseitig aufzuklären, an welches Team Sie denken): Beschreiben Sie es den Kolleginnen möglichst genau und schwärmen Sie ruhig ein wenig. Sammeln Sie einige Eigenschaften dieser Teams, verständigen Sie sich darüber, wie diese Teams es schaffen, gute Teams zu sein, notieren Sie diese Punkte am besten auf einem großen Plakat – und überlegen Sie gemeinsam, welche dieser Punkte Sie selbst als Team bereits (teilweise) erfüllen und mit welchen Punkten Sie als Nächstes beginnen wollen, Ihre eigene Teamarbeit zu verbessern.

Paradox: Verschlimmern Überlegen Sie gemeinsam, wie Sie Ihre Teamarbeit verschlimmern können: »Was müssten wir tun, wenn wir das Klima in unserem Team, die Zusammenarbeit zwischen uns und vor allem auch die Ergebnisse unserer Teamarbeit deutlich verschlechtern wollten?« Oder auch: »Was müssten wir tun, damit wir jede Lust an gemeinsamen Teamsitzungen verlieren?« Sie können dies in relativ klar strukturierter Form tun (etwa wie beim »Gehirnjog-

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Wie können wir unsere Teamarbeit verändern?

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ging«) oder auch in Kleingruppen um die Wette die besten Ideen sammeln. Wie immer beim paradoxen Vorgehen löst es zwar nicht die Probleme von selbst und klärt auch nicht alle Fragen, kann aber – Spaß machen und Humor in eine ernste Situation bringen; – darauf aufmerksam machen, womit man tatsächlich auch zu einer Verschlechterung beitragen könnte und was man deshalb möglicherweise vermeiden könnte – und macht diese Vorgehensweisen auch öffentlich; – neue Ideen hervorbringen, wie man zu einer Verbesserung beitragen könnte. Für Teams, die gern spielen und experimentieren, kann es auch interessant sein, einmal eine Teamsitzung ganz bewusst so durchzuführen, wie man sie eigentlich nicht haben will – ohne sich vorher abzusprechen, allerdings kann man sich hinterher austauschen, was man bei den anderen beobachtet hat.

Der Teamentwicklungsbogen Eine Möglichkeit, über die Stärken und Schwächen des eigenen Teams ins Gespräch zu kommen, kann der »Teamentwicklungsbogen« sein (Abb. 10). Er wurde nach einer Idee von Vogt-Hillmann (2001, S. 130 – ursprünglich 1993), der einen Entwicklungsbogen für Kinder erfunden hat, zusammengestellt. Sie können den hier vorgelegten Bogen nehmen, jeder füllt ihn für sich aus und gibt seine Einschätzung ab. Anschließend vergleichen Sie Ihre Bewertungen, stellen fest, wo Sie insgesamt als Team zufrieden sind, wo Sie unzufrieden sind – wo Sie sich in der Einschätzung einig sind und wo Ihre Einschätzung auseinanderfällt. Nehmen Sie sich Zeit, nicht nur um den Bogen auszufüllen, sondern auch um die Ergebnisse zu vergleichen und zu diskutieren (aber begrenzen Sie die Diskussionszeit). Auch hier können Sie zunächst Ihre Stärken und Fähigkeiten feststellen und würdigen – und dann gemeinsam überlegen, an welchem Punkt Sie mit Veränderungen beginnen wollen.

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Teamentwicklung

Übung Markieren Sie im Bogen bitte Ihre Einschätzung zum derzeitigen Entwicklungsstand des Teams. Dabei lassen sich unterschiedliche Kriterien heranziehen: Wo könnten wir am einfachsten beginnen? Wo halten wir eine Veränderung für besonders wünschenswert und dringend? Wo sehen wir die größte Wirksamkeit? Worauf könnten wir uns am ehesten einigen? Nehmen Sie den Bogen als eine Gelegenheit, um ins Gespräch zu kommen (und weniger als ein »objektives« Diagnoseinstrument). Alternativ könnten Sie auch selbst die Kriterien Ihres eigenen Teamentwicklungsbogens zusammenstellen: Sammeln Sie im Team, jede nennt drei bis fünf Kriterien, die sie als Kennzeichen für eine gute Teamarbeit sieht, und ein Teammitglied stellt anschließend den Bogen zusammen und verteilt ihn in der nächsten Teamsitzung (achten Sie darauf, die Kennzeichen positiv zu formulieren: das, was Sie wollen und so wie Sie sich das Team wünschen – und nicht die negative Beschreibung. Ein weiteres Kennzeichen dieses Bogens ist, dass die Kategorien, die er vorhält, nicht absolut sind: kein Team ist »immer …« oder »nie …«, sondern eben »häufig …«, »manchmal …« oder »selten …«).

Selbstdarstellung: Werbung fürs eigene Team Eine schöne Übung für ein Team kann es sein, gemeinsam die Ideen für einen kurzen Werbefilm zu entwickeln, mit dem man für das eigene Angebot (Wohngruppe, Beratungsstelle, Krankenhaussozialdienst) bei den potenziellen Klient(inn)en wirbt – oder auch um neue Teammitglieder. Erzählen Sie sich zur Einstimmung Ihre Lieblingswerbespots aus Funk und Fernsehen, fassen Sie für sich zusammen, was den Reiz und die besondere Attraktivität dieser Spots ausmacht (in der Regel finden wir Werbung dann besonders gelungen, wenn sie kurz, knapp, übertreibend, vielleicht komisch oder überraschend ist, und wenn sie uns in irgendeiner Form auf unterschiedlichen Ebenen oder Sinnen anspricht). Anschließend gehen Sie in kleine Untergruppen, wobei jede Gruppe die Aufgabe hat, innerhalb von 15 Minuten einen Spot zu entwickeln und anschließend vor dem gesamten Team aufzuführen. Tauschen Sie sich kurz aus über die verschiedenen Ideen, überlegen Sie, was Sie davon für Ihre »wirkliche« Öffentlichkeitsarbeit und Werbung übernehmen könnten – oder ob Sie den eigenen Sketch nicht bei einem Sommerfest, einer Betriebsversammlung oder Weihnachtsfeier Ihren Kolleginnen aus anderen Einrichtungen vorführen können.

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Wie können wir unsere Teamarbeit verändern?

…………………………………………………… (Name des Teams)

sehr viel/ sehr oft/ trifft genau zu

viel/ häufig/ trifft ziemlich zu

etwas/ manchmal/ trifft teilweise zu

wenig/ selten/ trifft kaum zu

I. Struktur Das Team … hat klare Aufgaben und Ziele. trifft sich regelmäßig. verfügt über zweckdienliche Räumlichkeiten. plant und strukturiert Sitzungen gemeinsam. verfügt über eine transparente Verantwortungsstruktur. II. Kultur Im Team …/ In den Teamsitzungen … sind alle bereit, Verantwortung zu übernehmen. wechselt die Gesprächsführung. werden Termine pünktlich eingehalten. sind alle an Entscheidungen beteiligt. werden vorhandene Regeln und Absprachen eingehalten. herrscht Konfliktbereitschaft. werden Anliegen der Einzelnen ernst genommen. hört jede/r jeder/m aufmerksam zu. lässt man sich ausreden. sind alle für konstruktive Kritik offen. wird auch gelacht. bringen alle ihre Stärken ein. können Schwächen gezeigt werden. werden Eigensinn und Autonomie respektiert. motivieren sich die Mitglieder gegenseitig. unterstützen sich die Mitglieder gegenseitig. werden Erfolgsmeldungen ausgetauscht. belohnt man sich für Erfolge (mit Essen, Ausflügen etc.). macht die Arbeit Spaß. III. Kooperation In den Teamsitzungen … kommt jede/r zu Wort. wird Kritik konstruktiv vorgebracht. werden die Ziele regelmäßig überprüft. konzentrieren sich alle auf das Thema. werden gemeinsam verbindliche Absprachen getroffen. werden Aufgaben delegiert. werden alle wichtigen Informationen weitergegeben.

Datum ………… eingeschätzt von …………………………………………………… Abbildung 10: Teamentwicklungsbogen

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Teamentwicklung

Diese Übung kann zunächst einfach nur Spaß machen, aber dann auch die Diskussion über die Qualitäten des eigenen Teams auf eine unterhaltsame Art in Gang bringen: Was können und was leisten wir? Was sind die besonderen Fähigkeiten und Kompetenzen, die wir gemeinsam zur Verfügung stellen? Worauf können wir (ein wenig) stolz sein (wenn wir es uns denn erlauben würden)? Und wie können wir unsere Außendarstellung möglicherweise verändern? Die vielleicht ebenfalls einsetzenden Diskussionen über den Sinn und Unsinn von Werbung – ob Werbung insgesamt legitim ist und ob man als Einrichtung der psychosozialen Arbeit überhaupt Werbung für sich und seine Arbeit machen darf, ist bereits Teil eines Teamentwicklungsprozesses, den Sie damit ja anstoßen wollten: »Welches Selbstverständnis haben wir als Team? Und wie denken wir (jede für sich, alle gemeinsam) darüber, ob und wie wir uns als Team und mit unserer Arbeit nach außen präsentieren?« Möglicherweise fällt Ihnen ein, dass Sie sich und Ihre Arbeit nicht nur in Werbespots, Faltblättern und öffentlichen Präsentationen Ihrer Einrichtung darstellen, sondern eigentlich ja jedes Mal, wenn Sie einer Klientin oder einer Bewerberin für eine offene Stelle oder einem Onkel auf einem Familienfest auf die Frage antworten: »Was machen Sie/macht Ihr da eigentlich in eurer Einrichtung?« Diese Frage kann man auf vielfältige Weise beantworten – und damit, je nach Art und Weise der Antwort, die unterschiedlichsten Wirkungen und Eindrücke bei der Fragestellerin hervorrufen.

Konflikte im Team Wenn ein Team realisiert, dass innerhalb der Gruppe ein Konflikt besteht (zwischen Einzelnen oder zwischen verschiedenen Parteien), dann erstarrt es nicht selten: Es erschrickt und fühlt sich in seiner Arbeit bedroht, behindert und vielleicht sogar gelähmt. Konflikte im Team werden sehr ernst genommen. Wenige Teams haben Vorstellungen davon, wie sie sich damit auseinandersetzen können. Häufig wird externe Hilfe hinzugezogen in Form einer Vorgesetzten, einer unbeteiligten Person oder einer Supervisorin, die man für notwendig hält, um den Konflikt zu bewältigen. Diese Erstarrung hängt zusammen mit einer Reihe von Vorstellungen von »Konflikt«, die auch als Mythen bezeichnet werden könnten: – »Konflikte sind etwas Außergewöhnliches und Unnormales.« – »Konflikte sind etwas besonders Schwieriges.«

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Konflikte im Team

– »Konflikte müssen auf jeden Fall gelöst werden.« – »Konflikte verlangen besondere Fachkompetenz zur Lösung.« In diesem Kapitel wird vorgeschlagen, Konflikte zu »normalisieren«, das heißt, sie als etwas Normales zu verstehen – und davon auszugehen, dass jedes Team bereits über eine Vielfalt von Möglichkeiten verfügt, mit den Konflikten innerhalb des Teams umzugehen. Wenn man den Konfliktbegriff erweitert und darunter Interessengegensätze jeder Art versteht, kann es gelingen, aus den vielen Fällen, in denen wir erfolgreich mit Konflikten umgehen, auch für die scheinbar schwierigen und nahezu unbewältigbar erscheinenden Fälle zu lernen.

Konflikte sind etwas Normales … Dem Widerspruch wird widersprochen – der Konflikt bleibt unentschieden und kann chronifizieren. Er muss das allerdings nicht, denn er kann auch einfach vergessen werden. Fritz B. Simon, Tödliche Konflikte

Der Begriff Konflikt bedeutet Streit, Widerspruch, Zwiespalt, er kommt aus dem Lateinischen von confligere/conflictus – zusammenstoßen und von dem daraus abgeleiteten »conflictus« (Zusammenstoß, Kampf). Er bezeichnet das, was passiert, wenn verschiedene Meinungen und Interessenlagen aufeinander stoßen – es entsteht ein Widerspruch, mit dem sich die Beteiligten in irgendeiner Weise auseinandersetzen werden. Glasl spricht von den beteiligten Personen als »Aktoren« und definiert: »Sozialer Konflikt ist eine Interaktion zwischen Aktoren (Individuen, Gruppen, Organisationen usw.), wobei wenigstens ein Aktor Unvereinbarkeiten im Denken/Vorstellen/Wahrnehmen und oder Fühlen und oder Wollen mit dem anderen Aktor (anderen Aktoren) in der Art erlebt, dass im Realisieren eine Beeinträchtigung durch einen anderen Aktor (die anderen Aktoren) erfolge« (Glasl 1999, S. 14f.). Eine Person (oder eine Gruppe) möchte sich aufgrund ihres Denkens, ihres Fühlens und/oder ihres Wollens in einer Weise verhalten, sieht sich aber durch eine andere Person darin behindert. Wichtig ist dabei, dass zumindest einer der Beteiligten dies als einen Konflikt erlebt, nämlich dass er bestimmte Vorstellungen, Ideen oder Gefühle nicht so in Handeln umsetzen kann, wie er das gern möchte, weil er durch jemand anderen und dessen Interessen und Handeln daran gehindert wird. Auch wenn diese Definition von Glasl sehr kompliziert und abstrakt

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Teamentwicklung

klingt: Konflikte sind etwas völlig Normales (»sind offensichtlich so häufig, normal und harmlos wie Schnupfen«, König u. Haßelmann 2004, S. 10), sie ergeben sich aus dem Zusammenleben von Menschen und gehören zu unserem Leben dazu. Sie sind Ausdruck davon, dass wir lebendige Menschen sind, eigensinnig und autonom: Jeder von uns erlebt die Welt auf seine eigene und individuelle, subjektive Art, und jeder von uns legt seinen eigenen Sinn in das, was er erlebt, und in das, was er tut: Jeder hat damit auch seine eigenen Interessen, die er verfolgt. Da unterschiedliche Menschen unterschiedliche Interessen haben und verschiedene Ziele verfolgen, bleibt es unausweichlich, dass diese Interessen immer wieder miteinander in Konflikt geraten. Wir können zwar versuchen, die Zahl unserer Konflikte zu verringern, dürfen aber realistischerweise damit rechnen, dass uns dies nicht gelingen wird und auch nicht gelingen kann. Wir schätzen nicht nur an uns selbst unsere Eigensinnigkeit – aus der unsere persönlichen Vorstellungen, Ziele und Interessen folgen –, sondern auch die Eigensinnigkeit der Menschen um uns herum – unserer Partner und Partnerinnen, Kinder, Freunde und Bekannten, vielleicht sogar die unserer Kolleginnen und Klienten. Hätten sie immer die gleichen Interessen wie wir, wären sie mit uns identisch und damit für uns viel zu berechenbar als dass wir noch Vergnügen hätten, mit ihnen zusammenzuleben und zu arbeiten. Diese Konflikte können, wenn wir im Kontext Team bleiben, auf den unterschiedlichsten Ebenen stattfinden: – ein Konflikt zwischen zwei Menschen (z. B. zwei Kolleginnen finden keine Absprache bei der Urlaubsplanung, ein Mitarbeiter fühlt sich von der Leiterin ungerecht behandelt); – ein Konflikt zwischen einem Menschen und einer Gruppe (z. B. ein Teammitglied geht mit den Jugendlichen in der Einrichtung in einer Weise um, die von den übrigen Teammitgliedern nicht akzeptiert werden kann); – ein Konflikt innerhalb einer Gruppe, es bilden sich unterschiedliche Parteien (z. B. wenn ein Teil der Mitarbeiterinnen die Öffnungszeiten verändern will, der andere Teil aber nicht); – ein Konflikt zwischen verschiedenen Gruppen (ein Team ärgert sich über ein Nachbarteam in der gleichen Einrichtung, weil es sich schlecht behandelt und benachteiligt fühlt); – und schließlich auch ein »intrapersonaler« Konflikt, eine Interessenkollision innerhalb einer Person (z. B. möchte ich einerseits nach Arbeitsschluss gern pünktlich nach Hause, andererseits merke ich, dass meine Kollegin in einer schwierigen Situation ist und ich sie gern unterstützten würde).

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Konflikte im Team

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Konflikte sind der Ausdruck von unterschiedlichen Interessen von Menschen, die sich auf verschiedenen Ebenen ausdrücken können: – unterschiedliche Ziele und Wünsche, – unterschiedliche Bewertung und Beurteilung von Sachverhalten, – unterschiedlicher Zugang oder Nutzung von Ressourcen, – Rollenabhängigkeiten und Kompetenzunterschiede, – persönliche Verletzungen durch (unbewusste) Abwertung und Kränkung. Die meisten der Konflikte, mit denen wir Tag für Tag zu tun haben, nehmen wir in aller Regel gar nicht als Konflikte wahr. Häufig lösen wir sie auf, noch bevor sie uns so richtig bewusst werden. Im Team könnte ein innerer Konflikt zum Beispiel wie folgt aussehen: Melde ich mich als Protokollantin – einerseits will ich nicht Protokoll schreiben, andererseits halte ich es für notwendig, dass es geschrieben wird und dass es jeder reihum mal machen sollte. Aber es könnte auch ein äußerer Konflikt werden: Zwar könnte ich mich melden, aber ich finde, Franz hat schon lange kein Protokoll mehr geschrieben, ich will es ihm nicht zu einfach machen. Wir setzen uns Tag für Tag mit vielen Interessenkonflikten auseinander. Für manche mögen die ersten Konflikte des Tages darin bestehen zu entscheiden, ob man gleich nach dem Wecken aufsteht oder noch ein wenig liegen bleibt, wer als Erster ins Bad darf, wer mit dem Hund rausgeht, wer im Lauf des Tages die Einkäufe tätigen wird und so weiter. »Konflikt« heißt hier für mich nicht, dass dies unlösbare oder nur unter Schwierigkeiten zu klärende Interessenkollisionen sind, sie müssen noch nicht einmal den Beteiligten als Konflikte bewusst sein, vielleicht werden sie sogar ganz ohne Aufsehen und zur Zufriedenheit aller geklärt. Aber dennoch haben wir es auch dann mit Konflikten zu tun. Und gerade, wenn wir bei ihrer Klärung erfolgreich sind, können wir diese vielleicht auch als Muster für die Klärung anderer Konflikte heranziehen. Wir nehmen sie normalerweise nicht als Konflikte wahr, sondern wir sprechen von »Meinungsverschiedenheiten«, »Streitigkeiten«, sagen: »Wir müssen uns noch einigen.«, oder »Wir haben unterschiedliche Vorstellungen.«, oder – wenn es um intrapersonale Konflikte geht – »Ich bin mir noch nicht klar, was ich mache.«, oder »Ich bin ambivalent.« Konflikte haben einen schlechten Ruf. Dies kommt auch daher, dass wir in der Regel Konflikte erst dann als Konflikte bezeichnen, wenn sie dauerhafter werden, offen zutage treten und uns belasten, weil wir das Gefühl haben, wir können sie nicht lösen oder auflösen. Zeit scheint ein entscheidender Faktor beim Erkennen von Konflikten zu sein: Je schneller sie

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Teamentwicklung

gelöst, überwunden oder verdrängt sind, desto weniger nehmen wir sie als Konflikte wahr. Erst dann, wenn sie dauerhaft vorhanden sind, »realisieren« wir sie im doppelten Wortsinn: Wir nehmen sie als »wirklich« wahr, und wir »verwirklichen« sie, das heißt, wir lassen sie für uns Realität werden. Es mag sinnvoll sein zu unterscheiden zwischen: kleineren Differenzen, unterschiedlichen Zielvorstellungen, Streitigkeiten, persönlichen Animositäten, Meinungsverschiedenheiten und inneren Ambivalenzen, die sich relativ einfach (auf-)lösen lassen, einerseits – und andererseits schwierigeren Konflikten, die nicht so ohne Weiteres aufgehoben werden können, sondern möglicherweise zu einer längeren Belastung führen. Zu einem Nachteil kann diese Unterscheidung allerdings werden, wenn man darüber die eigenen Ressourcen zur Überwindung der vielen alltäglichen leichten Konflikte vergisst: Wir verlieren in den schwierigen Fällen den Zugang zu all den vielfältigen Formen der Bewältigung, wie sie uns in den einfachen Fällen zu Verfügung stehen. Aus diesem Grund schlage ich hier vor, einen möglichst weiten Konfliktbegriff zu verwenden, um sich diesen Zugang offen zu halten – und ihn damit auch nutzen zu können. Eine Bewältigung all dieser alltäglichen, großen und kleinen, kurzfristigen und langwierigen Konflikte erfolgt auf die unterschiedlichsten Arten. Keineswegs werden alle Konflikte gelöst – wenn unter Lösung verstanden wird, dass eine bewusste, eindeutige, reflektierte Form der Entscheidung für die eine oder andere Seite – oder für einen Kompromiss – getroffen wird, oder dass die Entscheidung fair ist und beiden Seiten gerecht wird (übrigens: auch Entscheidungen sind nichts anderes als der Ausgang aus Konflikten, sie stehen am Ende des Prozesses und dokumentieren, sofern sie anerkannt werden, eine Lösung, die Einigung auf ein Ergebnis). Unser Repertoire für den Umgang mit Konflikten ist wesentlich größer, als wir uns im ersten Moment vorstellen können.

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Konflikte im Team

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Übung Nehmen Sie ein Blatt Papier, zeichnen Sie zwei Spalten und schreiben Sie in die erste Spalte mit wenigen Stichworten, was Ihnen spontan und als Erstes einfällt: – ein Konflikt, den ich mit einem anderen Teammitglied hatte; – ein Konflikt, den ich mit meinem Team hatte; – ein Konflikt, den ich innerhalb unseres Teams beobachtete; – ein Konflikt, den ich in Bezug auf meine Berufstätigkeit »mit mir selbst« oder »in mir« hatte. Anschließend nehmen Sie sich einige Minuten Zeit und notieren in der rechten Spalte jeweils, wie Sie mit dem Konflikt umgegangen sind: wie er heute aussieht und was Sie zum aktuellen Stand beigetragen haben. Wie wird ein Konflikt gelöst? Einige absichtlich ungeordnet präsentierte Möglichkeiten, wie wir mit einem Konflikt umgehen können (und es auch tun): – wir vergessen ihn; – wir halten ihn klein (indem wir ihm keine oder nur eine geringe Bedeutung geben); – wir interessieren uns für etwas anderes; – wir gehen ihm aus dem Weg, indem wir Situationen vermeiden, in denen er auftreten könnte (wir schweigen in den entscheidenden Situationen, vermeiden bestimmte Begegnungen, bis hin zur inneren Kündigung oder auch zum tatsächlichen Arbeitsplatzwechsel); – wir verdrängen ihn; – wir verhandeln und treffen eine Entscheidung; – wir finden schließlich einen Kompromiss; – wir kämpfen und setzen uns durch, wir gewinnen den Konflikt, oder – wir verlieren ihn, unterliegen – was wir akzeptieren können oder auch als Grundlage für weitere Konflikte nehmen können; – wir ersetzen ihn durch andere Konflikte, in die wir uns begeben; – wir schieben ihn und eine Auseinandersetzung damit auf – und hoffen, er sei später verschwunden oder es ließe sich eine andere Lösung finden (»kommt Zeit, kommt Rat«); – wir holen eine Vermittlerin oder Moderatorin (z. B. eine Mediatorin oder einen Supervisor); – wir losen die Entscheidung aus oder knobeln; – wir gehen intuitiv damit um; – er ist plötzlich einfach irgendwie verschwunden;

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Teamentwicklung

wir leben mit ihm, bis er schließlich zu uns gehört; er ist irgendwann nicht mehr wegzudenken; er hat sich irgendwann in einen völlig anderen Konflikt verwandelt; wir können ihn teilweise (auf-)lösen, die Interessen der Beteiligten zumindest teilweise befriedigen.

Einige dieser Vorgehensweisen hören sich vielleicht im ersten Moment nicht akzeptabel an: Wir haben, sobald wir bewusst darüber nachdenken, meist den Anspruch, Konflikte reflektiert anzugehen und zu lösen. Auf der anderen Seite können wir einräumen, dass dies gar nicht für alle unseren alltäglichen Konflikte möglich wäre: Wir haben es mit viel zu vielen Interessengegensätzen zu tun, Tag für Tag, Stunde für Stunde, als dass wir sie alle bewusst wahrnehmen, reflektieren und dann auch aktiv lösen könnten. Wenn wir uns jedoch bewusst sind, über welchen Reichtum an Möglichkeiten, mit Konflikten umzugehen, wir verfügen, können wir diesen Reichtum möglicherweise auch dann als Ressource nutzen, wenn wir es mit schwierigen Konflikten zu tun haben. Die Schwierigkeit von Konflikten ergibt sich aus ihrer Unlösbarkeit: Weil sie nicht gelöst werden können oder weil sie uns unlösbar erscheinen, wir sie aber gern gelöst haben wollen, sind sie für uns schwierig. Wenn wir mehr Handlungsmöglichkeiten für den Umgang mit Konflikten erkennen können, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass wir eine für uns passende finden. Insofern spricht einiges dafür, Konflikte als etwas Normales und Selbstverständliches anzusehen, für das man natürlich auch über eine Reihe von Handlungsoptionen verfügt. Gelingt einem dies, so kann man auch erkennen, dass Konflikte notwendig sind für Veränderung – und dass Veränderung nur über Konflikte zu haben ist: »Das Neue« trifft auf »das Alte« und versucht es zu verdrängen. Vielleicht ist der Widerstand des Alten nicht immer sehr kräftig, möglicherweise ist die Verdrängung des Alten verhältnismäßig einfach, so dass der Konflikt nicht immer bewusst wahrgenommen wird, vielleicht weil er gar nicht offen zutage tritt. Letztendlich wird sich aber bei genauerer Untersuchung (und »mit einem bisschen guten Willen«) immer ein Moment des Konflikts entdecken lassen. Aus systemischer Sicht ist noch ein weiterer Aspekt von Bedeutung. Ebenso wie ein Problem ist ein Konflikt nicht per se vorhanden oder existent (er lässt sich nicht wie ein Tisch anfassen und wortwörtlich begreifen): Es gibt ihn nur für die Personen, die ihn erleben. Ein Konflikt existiert nicht »wirklich«, sondern nur insoweit wie ihn die Beteiligten auch empfinden: Ausschlaggebend ist nicht ein objektiver Befund, sondern der subjektive Eindruck einer der am Konflikt Beteiligten, sei es einer der Inte-

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Konflikte im Team

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ressenvertreter oder auch ein Beobachter. Ein Konflikt kann als ein Konstrukt verstanden werden. So kann es durchaus sein, dass ein Teammitglied sich aus seiner Sicht im Konflikt mit einem anderen befindet, dies aber von dem anderen gar nicht so erlebt wird, während die weiteren Mitglieder des Teams sehr wohl einen Konflikt empfinden. Oder es könnte sein (was gar nicht so unwahrscheinlich ist), dass jede der Beteiligten eine andere Antwort auf die Frage geben würde, worin »der Konflikt« besteht. Wir dürfen davon ausgehen, dass das, was wir als »den Konflikt« erleben, für jeden Beteiligten anders aussieht und sich auch jeden Moment verändert oder doch verändern kann (was sich dann in Formulierungen wie »die Situation verschärft sich«, »es hat sich entspannt«, »so habe ich das ja noch gar nicht gesehen«, »die Auseinandersetzung ruht gerade« äußert). Diese Überlegungen sind dann von Bedeutung, wenn ein Team »seinen« Konflikt aktiv bewältigen will – und sich vielleicht am besten zunächst darüber verständigen sollte, worin jeder den Konflikt zu sehen glaubt, bevor man sich an die Bewältigung macht. Andernfalls könnte es zu Missverständnissen und daraus resultierenden Befindlichkeitsstörungen kommen, die wiederum neue Konflikte hervorrufen: eine Auseinandersetzung darüber, welches die richtige Beschreibung des erlebten Konfliktes ist. Und damit hätte sich für jeden die Zahl der von ihm erlebten Konflikte bereits verdoppelt!

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Teamentwicklung

Konflikte … – sind normal, gehören zum Leben, sind Ausdruck unterschiedlicher Menschen, ihres Eigensinns und ihrer Autonomie. Dies bedeutet, wir brauchen nicht grundsätzlich vor Konflikten zu erschrecken, auch wenn sie vielleicht unerfreulich sind. Aber manchmal könnten wir Konflikte auch begrüßen und als Beleg für unser aller Lebendigkeit begreifen. – sind Konstrukte und existieren nicht wirklich – sie sind, aus jeder Perspektive gesehen, etwas anderes. Dies bedeutet, wir können neugierig sein auf (oder unsere Neugier entwickeln in Bezug auf) die unterschiedlichen Blickwinkel und die verschiedenen Konflikte, die die Beteiligten erleben und beschreiben. – verändern sich ständig, so wie Fragestellungen oder Probleme, aber auch wie wir Menschen. Dies bedeutet, wir können immer wieder nach dem aktuellen Stand fragen – und mit bedenken, dass schon das Nachfragen selbst die Konflikte verändert. – zu lösen heißt: sie auszuhalten, zu verdrängen, umzudeuten, abzuwerten, auf die Warteschleife zu schicken, für irgendetwas zu nutzen, sich durchzusetzen, auf die Durchsetzung der eigenen Position zu verzichten, Kompromisse zu finden, mit denen wir zufrieden sind oder die wir ertragen können und so weiter. – sind für alle Beteiligten eine Chance für Veränderung.

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Konflikte im Team

Die aktive Auseinandersetzung mit Konflikten Einen Friedensprozess voranzutreiben verlangt schöpferische Arbeit. …Während der Verhandlungen selber ist es sinnlos, über das zu sprechen, was man bereits weiß. Es wird nicht gefeilscht, sondern statt dessen wird versucht, neue, vielleicht überraschende Möglichkeiten zu eröffnen, die einen Weg weisen können zu einem Kompromiß, auch zu einem symbolischen Kompromiß. Wenn man einen neuen Vorschlag unterbreitet, muß man darauf achten, sich genügend Verhandlungsspielraum zu bewahren, den man ausschöpfen können muß, um zu einer endgültigen beiderseitigen Festlegung zu gelangen. Denn keine der Verhandlungsparteien beugt sich einem Ultimatum, noch akzeptiert sie, was ihr als definitiv und unverrückbar vorgelegt wird. … Es gilt, gleichzeitig großzügig und unbeirrt zu sein und darauf zu achten, nicht zu offensichtlich zu gewinnen. Man muß vermeiden, daß der Gegner, der ja gleichzeitig Verhandlungspartner ist, den Eindruck erhält, besiegt zu sein und das Gesicht verloren zu haben. Shimon Peres, Man steigt nicht zweimal in denselben Fluß

Bislang haben wir uns in diesem Kapitel zunächst eher abstrakt mit dem Begriff »Konflikt« beschäftigt. Die fehlende, unmittelbare Betroffenheit ermöglicht eine Perspektive mit Abstand. Sobald wir selbst allerdings in Konflikte geraten (und sei es als außenstehende Dritte), die für uns nicht so ohne weiteres zu klären, zu vergessen oder beiseite zu schieben sind, sieht es ein wenig anders aus: Dann können wir die Lage schon nicht mehr so abgeklärt betrachten – die (hilfreiche) Distanz fehlt uns und wir wünschen uns (häufig, vielleicht noch nicht einmal immer) eine schnellstmögliche Auflösung des Konflikts, einen Ausgleich und Abgleich der Interessen – sei es, indem die Gegenpartei uns entgegenkommt, sich unseren Wünschen fügt oder unsere Sichtweise einnimmt – sei es, indem sich beide Seiten aufeinander zu bewegen können. Konflikte werden als Belastung empfunden, als bedrückend und die Entwicklung und Entfaltung behindernd. Bei Konflikten und Auseinandersetzungen ist der Ausgang offen, es ist unklar, wie das Ergebnis aussehen wird, wie die Beteiligten den Konflikt ausgehen lassen, ob sie ihn lösen, wie sie ihn lösen, aber auch, wie lange er bestehen wird, wie er sich verändern wird. Dies gilt natürlich auch für Konflikte im Team, und daher werden Konflikte von Teams immer wieder als eine besondere Belastung und Gefährdung empfunden, die auch die Kraft und die Konzentration von der »eigentlichen« Arbeit ablenken. Konflikte im Team können sich unter anderem folgendermaßen darstellen: – Zwei Kollegen können sich aus persönlichen Gründen nicht leiden, sie geraten immer wieder aneinander.

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Teamentwicklung

– Eine Vorgesetze ist mit ihrem Mitarbeiter nicht zufrieden – oder umgekehrt. Die Mitarbeiterin hat das Gefühl, dass ihre Arbeit unterschätzt wird, oder die Vorgesetzte vermutet Widerstand und Abwehr bei der Mitarbeiterin. – In einem Team gibt es mehrere Fraktionen, die unterschiedliche Intentionen verfolgen: Gruppe A möchte ein eher ruhiges Arbeitsleben, am besten nicht allzu viel Aufregung und Veränderungen, und vertritt diesen Wunsch auch, Gruppe B möchte einige Innovationen voranbringen und sich besonders engagieren, Gruppe C hält sich heraus und bezieht keine Position (was wiederum die anderen ärgert). – Das Team stellt sich gegen die Leiterin, die Arbeitszeitabrechnungen einführen will, was das Team als Misstrauen empfindet. – Einige Kollegen kommen (aus der Perspektive der anderen Teammitglieder) immer unpünktlich, was inzwischen zu Animositäten und offenem Ärger führt. Konflikte sind manchmal einseitig. Eine Kollegin fühlt sich gestört durch das ständige Zuspätkommen eines Kollegen, während dieser überrascht reagiert: »Ich weiß gar nicht, was du hast.« Dies kann den Konflikt der Kollegin noch erweitern, er bekommt eine neue Dimension: Der Kollege ist nicht nur unpünktlich, sondern er interessiert sich auch nicht dafür, dass sie das stört. Teams, die sich allgemein mit Konflikten beschäftigen wollen, können – sich an Konflikte erinnern und den Umgang mit ihnen auswerten: • Welche Ressourcen haben wir in diese Konflikte investiert? • Was können wir daraus für die Zukunft lernen? – unter kontrollierten Bedingungen einen Konflikt spielen oder ausleben – bereits die Auswahl des zu wählenden Konflikts kann als Lernmöglichkeit genommen werden. Anschließend wird man als Team auswerten: Womit waren wir zufrieden, was könnten wir im Ernstfall daraus lernen – oder dann anders machen? – sich überlegen, welche Konflikte sie in letzter Zeit bewältigt haben, die von ihnen vielleicht noch nicht einmal als Konflikt wahrgenommen worden sind. – diese von jedem Teammitglied mit Skalen bewerten lassen, für wie gut gelöst sie die Konflikte halten.

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Konflikte im Team

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– exemplarisch einige der nach Meinung aller gut gelösten Konflikte näher betrachten unter bestimmten Fragestellungen wie: • Wie haben wir es geschafft, mit diesem Konflikt so umzugehen, dass wir dennoch zufrieden sind? • Was waren die positiven Effekte dieses Konflikts? • Was hat jede Einzelne aus der Sicht der anderen dazu beigetragen, dass dieser Konflikt so gut gelöst wurde? • Was können wir als abstrakte Tipps für unsere nächsten Konflikte und Auseinandersetzungen lernen? – sich überlegen, welche Strategien und Vorgehensweisen mit Schwierigkeiten innerhalb des Teams sich für die Zukunft verallgemeinern lassen. – sich vergegenwärtigen, welche Vorgehensweisen sie wählen, wenn sie im Umgang mit Klient(inn)en (zwischen sich und ihren Klientinnen, innerhalb der von ihnen begleiteten Wohngruppe, im Konflikt mit Institutionen, in der Auseinandersetzung eines Paares oder einer Familie) in Konflikte geraten oder Konflikte regeln wollen. Welche Checkliste für den Umgang mit Konflikten innerhalb unseres Teams würden wir aus unserer Erfahrung erstellen – damit wir uns im Ernstfall daran erinnern können?

Der systemische Blick beim Umgang mit Konflikten Teams, die sich aus eigener Initiative mit Konflikten im Team, sei es zwischen Einzelnen oder Untergruppen, befassen wollen, sollten zunächst eine Moderatorin bestimmen, die die Gesprächsleitung übernimmt und den Prozess leitet. Die Moderatorin kann ihren systemischen Blick einschalten und, mit dem Einverständnis des Teams, sich hiervon zu methodischen Vorgehensweisen anregen lassen: a) Der Blick auf die Aufträge Sie kann sich daran erinnern, dass nicht jede/r die gleichen Erwartungen und den gleichen Auftrag an die Moderatorin und die Konfliktmoderation hat und sich Zeit dafür nehmen herauszufinden, wer welche Erwartungen an das Konfliktgespräch hat – und wer was als »den Konflikt« beschreibt.

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b) Der Blick auf die Ressourcen Sie kann das Team danach fragen, welche ähnlichen Konflikte bisher bereits mit Erfolg bewältigt wurden, was damals dabei hilfreich war, und welche Vorschläge die Teammitglieder heute für eine nützliche Auseinandersetzung haben. Sie kann einladen zu überlegen, an welchen Punkten sich der Konflikt vielleicht in letzter Zeit etwas entkrampft hat. c) Der Blick auf den Kontext Sie kann das Gespräch darauf bringen, in welchen Situationen der Konflikt auftritt, unter welchen Bedingungen er von wem als besonders gravierend erlebt wird – und für wen das in welchen Situationen anders ist. Wann wird der Konflikt von wem als nicht vorhanden oder als weniger bedrängend erlebt. d) Der Blick auf die Lösungen und die Zukunft Sie kann danach fragen, welche Lösungsmöglichkeiten die einzelnen Beteiligten sehen, welche Lösungsanteile sie jeweils selbst beitragen wollen und welche sie von den anderen Beteiligten erwarten. Sie kann dazu einladen, über die optimalen Lösungen, aber auch über die kleinstmöglichen Verbesserungen und die ersten Schritte zu einer Lösung zu sprechen. e) Der Blick auf die Vervielfältigung der Handlungsmöglichkeiten Sie kann darauf achten, dass es darum geht, möglichst viele Optionen zum Handeln zu eröffnen und nicht nur einige wenige: Keine Diskussion darum, was gemacht werden muss, sondern ein gemeinsames Sammeln von Ideen dazu, was gemacht werden könnte. Und was noch unternommen werden könnte. f) Der Blick auf die Autonomie und den Eigensinn der Kolleginnen Sie kann ihr Augenmerk darauf richten, die Autonomie der Konfliktparteien auf jeden Fall zu bewahren – etwa, indem sie die Moderation als eine Beratung versteht und für alle Beteiligten, notfalls wiederholt, als solche erkennbar werden lässt (und nicht als ein Gremium, in dem möglichst schnell Entscheidungen getroffen werden müssen). Sie kann die individuellen Sichtweisen der Konfliktbeteiligten herausarbeiten und die »guten Gründe« für die jeweilige Position würdigen, indem sie ihnen Raum gibt. g) Der Blick auf die weiteren Perspektiven Sie kann daran erinnern, dass es die unterschiedlichsten Perspektiven auf und zu diesem Konflikt gibt: die der jeweiligen Beteiligten, die der ver-

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Konflikte im Team

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schiedenen außenstehenden Beobachterinnen, die Perspektiven der unterschiedlichen Zeitpunkte, die der unterschiedlichen Situationen, in denen der Konflikt benannt wird. Auch die Frage nach den Vorteilen des Konflikts (Was ist das Positive an der gegenwärtigen Situation? Welchen Gewinn ziehen wir – oder Einzelne von uns – daraus, wenn dieser Konflikt nicht gelöst wird?) kann eine neue Perspektive darstellen. h) Der Blick auf die Kooperationsbereitschaft der Kolleginnen Sie kann unterstellen, dass alle beteiligten Kolleginnen an einer Lösung des Konflikts interessiert sind und dabei kooperieren wollen. Falls sie dies nicht so erlebt, kann sie überlegen, wo sie die Kooperationsbereitschaft der Kolleginnen noch nicht erkannt hat und worin sie diese entdecken kann. i) Der Blick auf die Wertschätzung der Kolleginnen Sie kann Komplimente verteilen für bisherige Bemühungen, den Konflikt zu erkennen, zu benennen, zu bewältigen, ihn nicht zu weit ausufern zu lassen oder auch dafür, sich an einer Lösung beteiligen zu wollen. Sie kann nicht nur den guten Willen zu einer Lösung unterstellen, sondern ihn dann auch würdigen, indem sie ihn ausdrücklich hervorhebt – und indem sie versucht, alle Bemühungen und Anstrengungen aller Kolleginnen zu erkennen und ebenfalls zu würdigen. Insgesamt kommt ihr die Aufgabe zu, bei der Strukturierung des Prozesses ein Klima zu schaffen, bei dem eine erfolgreiche (Teil-)Bewältigung des Konflikts erhofft werden kann und auch wahrscheinlich erscheint. Hinzu kommt, dass – die Gesprächsleitung Zeit hat und sich nicht terminlich unter Druck setzen lassen muss: Es ist nicht in ihrer Verantwortung, dass es zu einer für alle Seiten befriedigenden Lösung kommt, sie ist für die Gestaltung hierfür förderlicher Bedingungen verantwortlich. – sie innerhalb einer Teamsitzung nur für einen mit dem Team vereinbarten Zeitraum den Konflikt zum Thema machen sollte, danach wird der Punkt auf eine spätere Sitzung verschoben. – die Gesprächsleitung dazu einladen kann, über Kompromissmöglichkeiten zu sprechen und zu phantasieren. – sie dazu einladen kann, die unversöhnlichen Extrempositionen zu benennen. – sie die Parteien einladen kann, sich gegenseitig die jeweils anderen Positionen zu wiederholen, um sicherzustellen, dass sie richtig verstanden wurden.

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– sie auf die Schuldfrage verzichten kann und sich und die Beteiligten an der Zukunft orientieren kann: »Was ist unser Ziel? Was wollen wir erreichen?« – niemand sich verpflichtet fühlen sollte, eine Konfliktberatung zu moderieren, wenn er oder sie sich dazu nicht in der Lage fühlt. Soweit einige allgemeine Hinweise, die sich insbesondere an die Gesprächsleitung oder Moderatorin richten. Nachfolgend werden Methoden der kollegialen Beratung zu Teamkonflikten vorgestellt, wie sie von Teams angewandt werden können, die sich darüber hinaus aktiv um eine Auseinandersetzung mit internen Konflikten bemühen wollen.

Aufträge zur Konfliktklärung Ausgehend von der Überlegung, dass Konflikte im Grunde nur Konstrukte sind, und dass jede Beteiligte den Konflikt anders beschreibt, dient diese Übung als Einstieg. Die Gesprächsleitung gibt Kärtchen aus und bittet die Teammitglieder, den Konflikt, so wie sie ihn sehen, mit einem oder maximal zwei Sätzen aufzuschreiben. Auf der Rückseite des Kärtchens benennt das Teammitglied seinen Beratungsbedarf für diesen Konflikt oder das Problem im Team. Wenn alle ihre Kärtchen ausgefüllt haben, werden zunächst die Konfliktbeschreibungen vorgelesen, die nicht kommentiert werden, allenfalls sind bis zu zwei Nachfragen aus der Gruppe zulässig. Nach dieser ersten Runde lesen alle ihren Beratungsbedarf vor. Anschließend entscheidet die Gruppe, welchen Beratungsauftrag sie annehmen will, also wessen Frage und Wunsch nach Beratung aufgegriffen wird. Hierfür wird man einige Minuten Diskussion einräumen, dann aber zu einer Entscheidung kommen, die nicht unbedingt per Abstimmung erfolgen muss, sondern vielleicht räumt das Team ja auch einigen Personen ein vorrangiges Entscheidungsrecht ein. Unter Umständen werden auch zwei Aufträge angenommen, dann müsste noch entschieden werden, in welcher Reihenfolge sie behandelt werden. Beispiele für die Kärtchen A: »B soll endlich aufhören, mich immer wieder wie eine Berufsanfängerin zu behandeln.« B: »A soll nicht immer so empfindlich reagieren, es gibt überhaupt keinen Anlass dafür.«

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C. »Ich habe ein starkes Interesse daran, dass A und B ihren persönlichen Zwist endlich überwinden. Können wir das mal klären?« D: »Ich möchte meine Ruhe und jetzt wieder zu Sachthemen übergehen.« Wichtig ist, dass man nicht darauf besteht, eine einzige Konfliktbeschreibung zu erhalten, sondern unterschiedliche Beschreibungen (und damit verschiedene Konflikte) nebeneinander stehen lassen kann. Die Entscheidung für die eine oder andere Beschreibung ist keine Frage der Richtigkeit, sondern der Pragmatik: Mit irgendeiner müssen wir beginnen, dies heißt nicht, dass die anderen nicht auch ihre Berechtigung haben und unter Umständen später zum Zuge kommen.

Wunderfrage Insbesondere wenn dem Team die Wunderfrage bereits vertraut ist und die Mitglieder sie vielleicht auch in der Beratung ihrer Klient(inn)en verwenden, bietet sie sich auch hier an. Die Gesprächsleiterin holt das Einverständnis des Teams ein, sich für einen Zeitraum von zehn bis 20 Minuten mit der Wunderfrage und den dazu gehörenden Nachfragen zu befassen. Die Grundfrage könnte lauten: »Angenommen, heute Nacht – während wir schlafen – geschieht ein Wunder und der Konflikt, den wir hier erleben, hat sich erledigt. Da wir schlafen, bekommen wir das Wunder nicht mit. Woran werden wir am nächsten Morgen merken, dass sich der Konflikt erledigt hat?« (Die Formulierung »Konflikt hat sich erledigt« lässt unter Umständen mehr Raum für unterschiedliche Möglichkeiten als die Formulierung »der Konflikt ist gelöst.«) Die Gesprächsleitung wird sich Beschreibungen von verschiedenen Mitgliedern geben lassen und Details genauer erfragen. Dabei sollte das Team miteinander ins Gespräch gebracht werden, so dass sich jeder angeregt fühlt, eine eigene Beschreibung anzufügen. Zu diesem Gespräch kann die Gesprächsleitung möglicherweise einladen, indem sie auch zirkuläre Fragen stellt: »Was meinst du, Sabine, was Marion vielleicht meint, wenn sie sagt, ›die Atmosphäre ist entspannt‹: Woran würde sie das merken?« Gerade bei Konflikten kann es sein, dass jede Partei sehr deutlich ihre Sicht der Lösung formuliert und das Wunder immer bei der anderen Seite geschehen lässt. Dies ist zulässig und braucht die Gesprächsleitung nicht in Bedrängnis zu bringen. Sie kann diese Sichtweise freundlich erfragen und auch für die Tatsache des Beschreibens selbst danken, bevor sie dann dazu einlädt, auch die mittelbaren Veränderungen zu beschreiben: »Wenn dann

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die anderen wieder freundlich zu dir sind und dich wieder mit einbeziehen: Wie wirst du dann darauf reagieren, was wirst du dann anders machen – und woran werden wir an dir erkennen, dass das Wunder passiert ist?« Für diese Methode gilt wie für andere auch: Sie mag nicht immer geeignet sein, manchmal wird der Konflikt zu heftig sein, die Parteien werden vielleicht nicht bereit sein, mit der Wunderfrage zu arbeiten (was unbedingt akzeptiert werden sollte, auch und gerade in diesem Fall können die Konfliktparteien immer auch als Kunden verstanden werden, die mitbestimmen dürfen, was passiert). Allerdings sollte die Sorge, dass das Instrument ungeeignet sein könnte, nicht dazu führen, es überhaupt nicht einzusetzen. So wie bei unseren Klient(inn)en auch. Am besten lernen wir die Möglichkeiten und Grenzen von Methoden im praktischen Umgang und wenn wir etwas Übung und Erfahrung im Umgang mit dem Instrument haben.

Zurück aus der Zukunft »Schaut weit voraus auf den Punkt, von dem aus ihr zurückschaut« ist ein Satz von Milton Erickson, den Bernhard Trenkle manchmal zitiert: Mit der Erfahrung, Klugheit und Weisheit aus der Zukunft und der Erfahrung, die gegenwärtig anstehende schwierige Situation dann in einer befriedigenden Weise bewältigt zu haben, hat man auch die Befähigung, sich selbst Tipps und Ratschläge zu geben. Durchgeführt wird diese Übung als ein Rollenspiel mit dem gesamten Team. Als hilfreich hat sich erwiesen, für die Dauer dieses Rollenspiels den Raum zu wechseln oder die Sitzordnung zu verändern, so dass der Zeitsprung sicht- und fühlbar markiert wird. Die Gesprächsleitung kann als Unterstützung auf die Tafel oder das Flipchart ein großes Kalenderblatt mit dem entsprechenden Datum aufmalen. Sie beginnt mit den Worten: »Wir nehmen an, wir sitzen heute in einem Jahr hier an dieser Stelle (in diesem Moment passiert der Zeitsprung) und wir haben den damaligen Konflikt inzwischen erfolgreich gelöst. Jetzt sind wir in einer Teamsitzung und versuchen, diesen Prozess noch einmal nachzuarbeiten.« Die Gesprächsleiterin bittet alle, sich in die Situation hinein zu denken und in dieser Situation zu spielen. Sie stellt im Verlauf der Übung nacheinander folgende Fragen (und Nachfragen) und versucht auf jede dieser Fragen, möglichst detaillierte und ausführliche Antworten zu erhalten: – »Wie sieht die Situation heute aus: Der Konflikt ist geklärt oder doch einigermaßen bewältigt: Woran merken wir das, wie erleben wir das?« Ziel ist es, eine positive Beschreibung einer Lösung zu erhalten. Die Team-

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mitglieder müssen sich nicht unbedingt einig sein in ihren Beschreibungen, die Gesprächsleitung wird die unterschiedlichen Perspektiven nebeneinander stehen lassen können, sie wird jedoch ausführlich nachfragen: »Woran erkennt Ihr das noch? Woran merkst du das? Was meinst du mit ›Ruhe und Gelassenheit‹?« – »Wie sind diese Veränderungen passiert? Was hat sie möglich gemacht?« Es ist zulässig, dass die Kolleg(inn)en Antworten wie »Ich habe keine Ahnung«, »Wenn ich das wüsste …« oder »Das ist einfach von selbst so passiert« geben. Dies braucht die Gesprächsleitung nicht davon abzuhalten, nachzufragen: »Ja, aber angenommen, jemand von uns hätte irgendetwas dazu beigetragen, was wäre das wohl? Was noch? Wer hat vielleicht noch etwas beigetragen?« Hier kommt es, wie so oft, auf das Geschick der Fragenden an, die Teammitglieder geduldig, freundlich und erwartungsvoll zu fragen, so dass sie sich ermutigt fühlen zu antworten – und auch sicher sein können, dass ihre Antwort zumindest als ihre subjektive Sichtweise akzeptiert wird. – »Wie hat das damals, vor einem Jahr, begonnen? Was habt ihr als die aller ersten Schritte der Veränderung, der Klärung und Lösung erlebt? Welche Erinnerungen habt ihr an die ersten erfolgreichen Versuche, etwas zu verändern?« Auch hier wieder kann die Gesprächsführung geduldig, aber hartnäckig und neugierig, gespannt auf die vielleicht durchaus unterschiedlichen Antworten nachfragen. Es kommt nicht darauf an, sich als Team auf bestimmte Antworten zu einigen, sondern dass die verschiedenen Ideen zusammengetragen werden. Nachdem dieses Gespräch abgeschlossen wurde, die Gesprächsleiterin für den gemeinsamen Rückblick und die ausführliche Reflexion gedankt hat, man in den ursprünglichen Raum zurückgekehrt ist oder die anfängliche Sitzordnung wieder hergestellt hat, kann man noch einen kurzen Austausch darüber anleiten, welche Ideen und Anregungen für die nächsten Schritte gehört wurden und vielleicht aufgegriffen werden könnten. Allerdings sollte man an dieser Stelle eher zurückhaltend sein, vielleicht genügt es, erst beim nächsten Teamtreffen das Thema wieder aufzugreifen.

Das fremde Team Eine weitere Möglichkeit der Distanzierung und Perspektivenveränderung besteht darin, sich gemeinsam darauf zu verständigen, dass man so tut, als ob man über ein anderes Team, einen anderen Konflikt spricht: Was

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haben wir davon gehört? Was haben wir Unterschiedliches von den einzelnen Teammitgliedern erfahren? Welche Ideen bekommen wir als gänzlich Unbeteiligte und Außenstehende, wenn wir von diesem Konflikt hören? Was würden wir dem Team raten? Ähnlich wie bei »Zurück aus der Zukunft« begibt sich das Team als Ganzes in ein Rollenspiel. Auch hier ist es sinnvoll, dies durch Sitzplatzoder Raumwechsel für alle deutlich zu markieren. Der Gesprächsleitung kommt die Aufgabe zu, auf die durchgängige Einhaltung des Rollenspiels zu achten – und notfalls freundlich daran zu erinnern, indem sie selbst eine Umformulierung vorschlägt (Wenn ein Kollege sagt: »Wir sollten vielleicht einfach mal …«, kann sie umformulieren: »Du willst sagen: Wir könnten diesem Team empfehlen, vielleicht einfach mal …«). Die Vermischung und Verwechslung der verschiedenen Perspektiven passiert relativ leicht und kann mit Humor korrigiert werden. Der Witz dieser Übungen liegt darin, dass wir künstlich neue, distanziertere Perspektiven (aus der Zukunft, von einem anderen Team aus) erzeugen – und dass es manchmal allein durch die Vorstellung einer neuen Perspektive gelingt, neue Ideen und Anregungen zu bekommen, obwohl es das »alte Team« in der Jetzt-Zeit ist.

Reflektierendes Team Die Methode des Reflektierenden Teams eignet sich für Gruppen mit Konflikten, bei denen nicht alle in gleicher Weise in den Konflikt verwickelt sind. Diejenigen, die intensiver daran beteiligt sind, unterhalten sich mit Hilfe einer moderierenden Kollegin darüber. Die Moderatorin stellt einige Nachfragen, nach einer verabredeten Zeit unterbricht sie und übergibt an das Reflektierende Team, das aus denjenigen Mitgliedern besteht, die weniger unmittelbar am Konflikt beteiligt sind. Diese haben sich vielleicht vorab darauf verständigt, auf welche Kriterien sie besonders achten: – erkennbare Lösungsbereitschaft, – Beschreibungen und Erklärungen der jeweiligen Positionen, – bisherige Lösungsversuche, – weitere Lösungsideen. Im Anschluss an die Rückmeldungen des Teams wird die Moderatorin nochmals die Beteiligten nach ihren Kommentaren fragen, vorrangig mit Formulierungen wie: »Was war neu für dich an dem, was du gehört hast?« »Was, von dem, was du gehört hast, hat dich besonders angesprochen?«

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»Was könnte für den weiteren Umgang mit der Situation möglicherweise hilfreich sein?« Besonders wichtig ist, dass – die Konfliktbeteiligten sich einig und einverstanden sind, dass ein Reflektierendes Team beobachtet und kommentiert, das Reflektierende Team also einen »Auftrag« von ihnen hat; – die Mitglieder des Reflektierenden Teams sich – vor allem zu Beginn – ausschließlich auf das beziehen, was sie hören oder gehört haben, und nicht auf das, was sie dazu denken (als Mitglieder des Teams sind sie, anders als im Umgang mit Klientinnen, nie ganz unbeteiligt am Konflikt und werden von den Konfliktparteien meist auch immer noch als Beteiligte gesehen); – die Mitglieder des Reflektierenden Teams auf Ausgewogenheit achten – sowohl ihrer eigenen Beobachtungen und Kommentare als auch auf das Bild, das die Gruppe insgesamt entwirft; – sie nicht zu schnell (und ungefragt) eigene Lösungsideen entwickeln: Bei Konflikten ist dies noch weniger angebracht als bei Beratungen von Klientinnen. Die Methode des Reflektierenden Teams eignet sich insbesondere für Teams, die damit schon ein wenig vertraut sind und sie vielleicht auch schon in der kollegialen Beratung oder der Arbeit mit Klientinnen einsetzt haben. Teams, die sich mit einem internen Konflikt im Sinn einer kollegialen Beratung befassen wollen, können – eine Gesprächsführung installieren, zeitliche und klare inhaltliche Strukturen vorgeben: Wie viel Zeit wollen wir heute dafür aufwenden? Nach welcher Methode wollen wir vorgehen? – Wert darauf legen, die unterschiedlichen Aufträge im Zusammenhang mit dem Konflikt herauszuarbeiten und sehr viel Sorgfalt auf die Auswahl der Fragestellung (und der Bestimmung desjenigen, der sie formuliert) legen. – sich unterhalten über frühere ähnliche und unähnliche Konflikte und wie man damals damit umgegangen ist (Achtung: nicht darauf verfallen, die alten Fehler aufzutischen!), unter der Fragestellung: Was können wir von damals lernen? Und falls uns auf Anhieb nichts einzufallen scheint: Angenommen, wir könnten etwas daraus lernen, was wäre das?

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– gemeinsam nach den Ressourcen und Vorteilen des Konflikts suchen: Was ist das Gute am Schlechten? – einfache Methoden verwenden: Hypothesenbildung (Was könnten die Ursachen für das Auftauchen des Konflikts genau zu diesem Zeitpunkt sein?), Ratschläge (Was könnte jede Einzelne zu einer Verbesserung der Situation beitragen?), Komplimente (Was hat jeder Einzelne dazu beigetragen, dass der Konflikt bisher noch nicht mehr eskaliert ist?), Verschlimmerungsideen (Was könnten wir machen, um die Situation noch zu verschlimmern?). – aufwändigere Methoden wie »Auftragsklärung im Konfliktfall«, »Wunderfrage«, »Zurück aus der Zukunft«, »Das fremde Team« oder »Reflektierendes Team« anwenden. – dabei Zeit und Geduld aufbringen: Je drängender eine Lösung erscheint und je weiter entfernt sie zu sein scheint, einfach weil eine Lösung nicht erkennbar ist, desto eher wird man auch Verständnis auf bringen dafür, dass eine schnelle Lösung nicht möglich ist. – gemeinsam zu der Frage beraten: »Angenommen, wir würden mit diesem Konflikt dauerhaft leben müssen – welche Regeln und Absprachen, die wir auch einhalten könnten, sollten wir treffen, um ihn möglichst erträglich zu gestalten?« – sich schließlich auch eine teamexterne Moderatorin, Schlichterin (die auch aus der gleichen Einrichtung, aus einem Nachbarteam oder von der Leitungsebene kommen kann) oder einen Supervisor dazu holen – zu verschiedenen Zeitpunkten oder auch nur punktuell. Wenn ein Team sich selbst im Umgang mit Konflikten beraten will, kann es mit leichten Konflikten beginnen und daran üben – vielleicht sogar bei lächerlich kleinen Konflikten: »Halt – hier hätten wir vielleicht einen winzigen Konflikt: Wollen wir damit mal üben?«

Wie kann ich in meinem Team Veränderungen anregen? Schwieriger wird es zweifellos, wenn nur Einzelne etwas verändern wollen. Sie haben dann keinen Auftrag außer dem eigenen, was bedeutet, dass die Kolleg(inn)en nicht immer dankbar sein werden für Veränderungsvorschläge, wenn sie sich nicht sogar dagegen wehren. – Geben Sie nicht so schnell auf: Veränderung ist nur dann möglich, wenn man sie auch für möglich hält. Jemand muss sie wollen.

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Wie kann ich in meinem Team Veränderungen anregen?

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– Lassen Sie sich Zeit, bleiben Sie geduldig (ich weiß, wovon ich spreche – es gibt Teams, da scheint Veränderung noch nicht mal im Schneckentempo möglich zu sein, das Beharrungsvermögen und der Wunsch, an Bewährtem nicht zu rühren und »keine Experimente« zu wagen, sind sehr stark). – Sammeln Sie für sich alles das, was in Ihren Augen bereits gut läuft und positiv ist. – Sehen Sie auch die kleinen Veränderungen und Verbesserungen, die Sie selbst erreichen und die andere anstoßen. Sie werden merken, der Fortschritt ist gar nicht so langsam, es geht doch zügiger als im Schneckentempo. – Fragen Sie andere, was sie gern ändern würden, welche Ideen sie zur Verbesserung haben. – Unterstellen Sie – einfach aus Prinzip, wenn schon nicht aus Überzeugung – Kooperation: Kolleg(inn)en wollen immer kooperieren. Wenn ich doch einmal den Eindruck habe, nur auf Widerstand zu stoßen, dann stelle ich mir vor, nur noch nicht verstanden zu haben, wo und wie sie kooperieren wollen (vgl. de Shazer 1984, 1990). – Schlagen Sie eine Diskussion über Qualitätssicherung vor: Was gelingt uns bereits gut, wo sind wir mit uns zufrieden? Es fällt auch uns und unseren Kolleginnen, nicht nur unseren Klienten, leichter, an unseren Stärken anzusetzen. – Laden Sie zu kleinen Veränderungen ein. Schlagen Sie unaufwändige, unverbindliche Experimente vor: Eine einzige Veränderung bei der Gestaltung der Teamsitzung (Tagesordnung oder Gesprächsleitung oder zeitliche Begrenzung der einzelnen Punkte oder Protokoll) und schlagen Sie eine zeitliche Befristung mit anschließender Evaluation (Wie hat es sich ausgewirkt? Wollen wir es beibehalten?) vor. Da Sie ein Angebot unterbreiten, können Sie es aushalten, wenn es ausgeschlagen wird (aber vergessen Sie nicht zu erkennen, wenn Ihre Angebote angenommen werden oder Sie sogar mit Ihren Veränderungsvorschlägen dauerhaft Erfolg haben). – Sprechen Sie bei Ihren Vorschlägen für Veränderungen von »Experimenten« (und auch, wenn Sie in Ihrem Team plötzlich eine Gesprächsleitung einführen wollen, kann dies als ein Experiment betrachtet werden): Experimente können wiederholt werden – aber auch nach einmaliger Durchführung in der Versenkung verschwinden, sie können sogar vorzeitig abgebrochen werden. Auf jeden Fall kann man sich eher auf ein Experiment einlassen als auf eine Verpflichtung zu dauerhafter Veränderung.

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– Suchen Sie sich eine Gruppe zur kollegialen Beratung. Fragen Sie interessierte Kolleg(inn)en, auch aus anderen etwa kooperierenden Einrichtungen, ob Sie nicht Lust hätten, sich einmal im Monat für zwei Stunden zu einer Teamberatung zu treffen. Dort könnten Sie zum einen all das ausprobieren, was Sie in Ihrem eigenen Team nicht schaffen, zum anderen könnten Sie sich dort Ideen und Anregungen holen, wie Sie mit Ihrem Team umgehen könnten. – Sprechen Sie Einladungen an Ihre Kolleg(inn)en aus, statt Forderungen zu stellen. – Überlegen Sie, welche Strategien und Vorgehensweisen Sie im Umgang mit Klient(inn)en entwickelt haben, um sie dazu anzuregen, sich auf Veränderungen einzulassen und etwas Neues auszuprobieren: Versuchen Sie, diese Strategien auch im Umgang mit Ihren Kollegen anzuwenden (es geht nicht darum, Kollegen als Klienten zu sehen, sondern die Werkzeuge, die sich bewährt haben, auch an anderer Stelle einsetzen). – Vermutlich haben Sie selbst noch viel bessere Ideen …

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■ Systemische Tröstungen fürs Team

Eine schöne Idee von Ute Fernis und Ludger Kühling (2004) sind die »Systemischen Tröstungen« – Leitsätze, die sie für den Umgang mit Misserfolgen und Fehlschlägen in der Arbeit mit Klienten entwickelt haben und auch Fortbildungsteilnehmern anbieten. In Abwandlung möchte ich sie hier als »Systemische Tröstungen fürs Team« vorstellen – nur für den Fall, dass Sie oder Ihr Team sich etwas vornehmen, vielleicht auch gerade in Bezug auf Veränderung der eigenen Teamarbeit, was dann nicht so gelingt wie erhofft. Wenn Sie wollen, können Sie sich jetzt die eine oder andere Tröstung heraussuchen und später bei Bedarf zur Hand nehmen und sich zu Gemüte führen: Warum sollten wir uns nicht selbst trösten, wenn uns auch einmal etwas misslingt? (Selbstverständlich ist nicht jede Tröstung für jede Person oder für jede Gelegenheit geeignet, so wenig, wie es Sinn machen würde, sich möglichst alle Tröstungen auf einmal zu merken.) Übung Sie können in Ihrem Team eigene »Tröstungen« sammeln: Veranstalten Sie gemeinsam im Team ein Gehirnjogging zum Thema: Wie können wir uns im Falle von Misserfolgen oder zu geringen Erfolgen trösten? Schreiben Sie die Antworten auf Kärtchen und pinnen Sie sie an die Wand oder kleben Sie sie auf ein Plakat, das in Ihrem Teamraum hängt.

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Systemische Tröstungen fürs Team

Systemische Tröstungen fürs Team – Tipps für den Umgang mit Misserfolgen bei der Teamarbeit und bei der Teamentwicklung – Gratulation: Ihr habt euch nicht sklavisch an Vorgaben gehalten, sondern autonom und selbstbewusst euren eigenen Weg probiert. – Ein eigenständiges Team findet eigenständige Lösungen – und manchmal geht auch etwas schief! – Überlegt gemeinsam, was alles gelungen ist, was ihr wieder so machen würdet: worin ihr wirklich gut wart. – Probiert es einfach noch einmal. – Gönnt euch auch einmal wieder eine Ruhepause. – Sucht mindestens 17 Hypothesen dafür, warum es nicht geklappt hat. – Belohnt euch dafür, dass ihr es überhaupt versucht habt. – Geht gemeinsam mal ein Eis essen. – Bildet Hypothesen darüber, wie es noch schlimmer hätte ausgehen können. – Toll, ihr habt es versucht. Probiert es einfach noch einmal. – Überlegt euch, was ihr alles unternommen habt, dass es nicht noch schlimmer ausgegangen ist. – Mit euch selbst dürft ihr mindestens so geduldig sein wie mit euren Klient(inn)en. – Seid freundlich mit euch selbst – das ist auf jeden Fall hilfreicher als Ärger, Zorn und Selbstbeschimpfung. – Teamarbeit ist harte Arbeit. Und harte Arbeit gelingt nicht immer. – »Fehlerfreundlichkeit« heißt: Freundlich bleiben trotz Fehlern.

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■ Dank und Kontakt

Dieses Buch enthält viele Ideen, die keineswegs alle von mir sind. Auch wenn ich dieses Modell der Teamberatung an zentraler Stelle mitentwickelt habe, so sind doch viel mehr Menschen daran beteiligt, als mir heute noch bewusst ist. An den Grundideen war vor allem das Team der Sozialpädagogischen Familienhilfe im Landkreis Böblingen mit Brigitte Geske, Annette Glück, Uwe Hülle, Ludger Kühling, Cornelia Münch, Iska Müller, Norbert Rudnik, Anneliese Salzer, Annette Schneider, Heike Trelle (füher Stock) und Elisabeth Schweyer beteiligt. In den folgenden Jahren wurden diese Ideen und Modelle auf Fortbildungsseminaren, die ich zum Teil gemeinsam mit Ute Fernis (früher GroßeFreese) und Ludger Kühling durchgeführt habe und die beide wichtige Anregungen gegeben haben, weiterentwickelt. Nicht selten hatten Seminar- oder auch Supervisionsteilnehmerinnen gute Ideen und entdeckten auch ganz neue Vorgehensweisen. Natürlich haben wir dabei immer auch auf Ideen und Anregungen von Kolleginnen zurückgegriffen. Im Einzelnen lassen sich die jeweiligen Beiträge nicht mehr rekonstruieren. Dieses Konzept in einem Buch zusammenfassen konnte ich schließlich während eines Forschungssemesters, das mir die Hochschule Merseburg und meine Kolleginnen und Kollegen am Fachbereich Soziale Arbeit. Medien.Kultur ermöglicht haben. Bei Lilo Büchner und bei meinem Sohn Kasimir Lempp, die beide sehr sorgfältig Korrektur gelesen haben, bei Antje Langer, die die Grafiken erstellt hat, und bei Sandra Englisch und Günter Presting, die die Entstehung dieses Buches als Lektor begleitet haben, wie auch bei allen anderen, die auf die eine oder andere Weise zu der Entwicklung des Modells der Teamberatung beigetragen, seine Anwendung in der Praxis mit erprobt oder die Entstehung dieses Buches unterstützt haben, bedanke ich mich ganz herzlich. Für Kritik, Rückmeldungen und Anwendungen sowie für weitere Anregungen bin ich dankbar. Kontakt: Prof. Dr. Johannes Herwig-Lempp, Hochschule Merseburg, Fachbereich Soziale Arbeit.Medien.Kultur, Geusaer Straße 88, D-06217 Merseburg; E-Mail: [email protected], Internet: www.herwig-lempp.de

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■ Literatur

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Literatur

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Literatur

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■ Stichwortverzeichnis

A Ablauf einer Teamberatung 70 Ablauf einer Teamsitzung 180 Ablauf Reflektierendes Team 147 Ablaufstruktur Teamberatung 71, 86 Ablauf von Entscheidungsprozessen 207 Abschlusskommentar 150 Anliegen 72 An Stelle von … 112 an Vorbildern orientieren 218 Atmosphäre im Raum 190 aufgabenbezogene Teamarbeit 31 Aufgaben der Gesprächsleitung 180 Aufmerksamkeitsmix 83 Aufträge zur Konfliktklärung 236 Auftragskarussell 173 Auftragsklärung 113 B Beobachtungsaufgabe für Neues 82 Beobachtungsaufgaben 81 Beraten (Teamberatung) 32 Bestätigungen 99 Bewegung 199 C Comicspiel 137 D Dreißig-Sekunden-Regel 198 E eigene Teamregeln entwickeln 196 eingebildete Kollegium 171

einsamer Waldlauf 170 Einstieg in die Sitzung 191 Entscheiden 33 Entscheidungen im Team 204 Entwicklung der Fragestellung 84 entwicklungsbezogene Teamarbeit 34 Erfolge auswerten 127 Erfolgsrunde 135 Erzählung 72 ethischer Imperativ 46 F Fallbesprechung nach Connemann und Kubesch 165 nach Schmitz 163 Feedback 174 Feedbackrunden 217 Fokussieren 82 Formen der Entscheidung 208 Fragen-Hagel 78 Fragestellungen erfinden 87 fremdes Team 239 G geeignete Fragestellung 88 gegenseitige Information 121 Gehirnjogging 90, 170 gelbe Karte 195 Gesprächsleitfaden Erfolge auswerten 131 Gesprächsleitung 177 Gestaltung von Teamsitzungen 176 Grenzen von Teamberatung 157 gute Gründe finden 101

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Stichwortverzeichnis

gute Ratschläge 95 H Hypothesenbildung 94 I Ich an deiner Stelle ... 100 Informieren 32 inneres Parlament 105 J »Ja, und«-Regel 198 K Klagen 101 kollegiale Beratung nach Fallner und Grässlin 161 Komplimente 81, 98 Konflikte im Team 222 Kreuzverhör 80 Kritik und Zweifel 100 kurze, unerwünschte Kommentare 107 L Lehren ziehen 136 Leitideen für die Gesprächsführung 187 M Methodenfindung 89 Modell 14 N Nachfragen 74 O öffnende Fragen 76 organsiationsbezogene Teamarbeit 33 P Perspektivenerweiterung 103 Perspektivenstühle 83 Probleme 73 Protokolle 193 Pro und Kontra 103 Q Qualitätssicherung 159, 215

R Reflektierendes Team 143, 240 Regeln für das Reflektierende Team 148 Reihenfolge der Wortbeiträge 198 Rollenspiel 137 routinierte Meldungen 126 Rückmeldungen 123 S schriftlich-mündliche Diskussion 199 Selbstberatung 168 Selbstdarstellung 220 Selbstverständnis 218 Sitzplatzwechsel 192 Skalierungsfragen 125 Skulpturen stellen 140 spekulieren 80 Spiele im Team 199 Stellen, spielen und bewegen 137 strukturierte Kurzberichte 123 Supervision 159 Supervisionswalzer 167 systemische Grundhaltungen 44 systemische Methoden 52 systemischer Blick 52 bei Konflikten 233 in der Teamberatung 64 systemisches Handwerkszeug 42 systemische Theorie 46 systemische Tröstungen fürs Team 245 T Tagesordnung 192 Teamarbeit verändern 215 Teamberatung 155 Teamberatungssitzung 70, 152 Teamentwicklung 34, 214 Teamentwicklungsbogen 219 Teamhut 203 Teamorganisation 33 Team und systemischer Ansatz 60 Tempo und Stil verändern 196 Tipps für die Gesprächsleitung 183 U Über mich 77 übrige Fragen und Probleme 126

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Stichwortverzeichnis Umdeutungen 110 Umgang mit Unterbrechungen 192 V Varianten Gehirnjogging 102 Verrücktes Team 202 verschiedene Ebenen von Teamarbeit 31, 36 Verschlimmern 218 Verschlimmerungen 97 von mir selbst etwas lernen 169 von mir selbst in der dritten Person sprechen 77 Vortrag des Anliegens 72

W Wanderzirkus 143 Was geht 136 weitere Anregungen, Tipps und Tricks 190 weitere Experimente 198 weitere Modelle 160 Werbung 220 Wie waren wir? 217 Wunderfrage 163, 172, 237 Z zirkuläre Fragen 109 zirkuläres Befragen 108 Zurück aus der Zukunft 57, 238

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