Regelungstechnik 2: Mehrgrößenregelung, Digitale Regelungstechnik, Fuzzy-Regelung [2., überarb. und erw. Aufl.] 9783486595185

Das anschauliche Lehrbuch zu den komplexeren Themen der Regelungstechnik. Das neue Standardwerk für weiterführende Vor

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German Pages [469] Year 2009

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Chapter 1
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Regelungstechnik 2: Mehrgrößenregelung, Digitale Regelungstechnik, Fuzzy-Regelung [2., überarb. und erw. Aufl.]
 9783486595185

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Regelungstechnik 2 Mehrgrößenregelung, Digitale Regelungstechnik, Fuzzy-Regelung von Prof. Dr. Gerd Schulz 2., überarbeitete und erweiterte Auflage

Oldenbourg Verlag München Wien

Prof. Dr. Gerd Schulz studierte Regelungstechnik an der TH Darmstadt und an der Stanford University in Kalifornien. Danach arbeitete er vierzehn Jahre in der Luft- und Raumfahrtforschung in der DFVLR Oberpfaffenhofen im Institut für Dynamik der Flugsysteme u.a. auf den Gebieten Parameteridentifizierung, Hubschrauber-Schwingungsisolation und Lageregelung von Satelliten. Mit einem Thema zur Parameteridentifizierung promovierte er an der TH Darmstadt bei Prof. Hänsler. Zuletzt leitete er in der DFVLR eine ESA-Studie zur Regelung großer Raumflugstrukturen. Dann ging er für drei Jahre als Projektleiter für ein Navigationsgerät des Eurofighter-Vorläufers zur Firma Litef in Freiburg, bevor er einem Ruf an die Fachhochschule folgte. Er lehrte zunächst an der FH Landshut, und seit 1989 hält er an der Hochschule München Vorlesungen auf dem Gebiet der Regelungstechnik. MATLAB ®, Simulink ® und Real Time Workshop® sind eingetragene Warenzeichen von The Mathworks, Inc., 3 Apple Hill Drive, Natick, MA 01760-2098. Das Titelbild zeigt die Raumstation ISS. Views 09831, copyright to be indicated: ESA – D. Ducros

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

© 2008 Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH Rosenheimer Straße 145, D -81671 München Telefon: (089) 4 50 51- 0 oldenbourg.de Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Lektorat: Anton Schmid Herstellung: Anna Grosser Coverentwurf: Kochan & Partner, München Gedruckt auf säure- und chlorfreiem Papier Druck: Grafik + Druck, München Bindung: Thomas Buchbinderei GmbH, Augsburg ISBN 978-3-5486-58318-2

Vorwort zur 2. Auflage In der vorliegenden zweiten Auflage wurden die bekannt gewordenen Unstimmigkeiten korrigiert und beseitigt. Die Histogramme sind zur besseren Lesbarkeit erneut aufbereitet. Außerdem wurden zus¨ atzliche Kapitel und Abschnitte eingef¨ ugt. In Teil I u oßenregelung wurde bei der Polfestlegung ein Abschnitt u ¨ ber Mehrgr¨ ¨ ber die Auswahl der gew¨ unschten Pollagen erg¨ anzt. Der Beobachterentwurf wurde erweitert um zwei Abschnitte, die sich mit dem Entwurf von Beobachtern reduzierter Ordnung befassen. Beim Entwurf digitaler Regler in Teil II wurde ein gesondertes Kapitel 14 u ¨ber den Entwurf von Kompensationsreglern geschaffen. Darin wird der Entwurf mittels Polvorgabe eingef¨ ugt. Das neu geschriebene Kapitel 15 u ¨ber adaptive und selbsteinstellende Regler behandelt das Autotuning von Reglern, Gain-Scheduling, Selbsteinstellende Regler sowie Modell-Referenz-Adaptive Systeme.

M¨ unchen, im Januar 2008

Gerd Schulz

Vorwort zur 1. Auflage Dieses Buch besteht aus drei Teilen. Teil I: Mehrgr¨oßen-Regelsysteme Zur Einf¨ uhrung wird in Kapitel 1 die Drehzahlregelung eines Gleichstrommotors als typisches Eingr¨ oßensystem vorgestellt, und die Entwurfsanforderungen an einen Regelkreis werden erl¨ autert. Ausgehend von der Darstellung eines Eingr¨oßensystems durch ¨ eine lineare Differentialgleichung n-ter Ordnung wird der Ubergang zu einer Beschreibung durch n Differentialgleichungen 1. Ordnung, der so genannten Zustandsdarstellung, entwickelt. Die Variablen dieser n Differentialgleichungen 1. Ordnung sind die Zust¨ ande des Systems. Diese Darstellungsart erm¨oglicht Regelkonzepte, die auf der ¨ Basis von Ubertragungsfunktionen nicht realisierbar sind. Verschiedene Normalformen der Zustandsdarstellung werden erstmals aufgezeigt, und es wird die Berechnung der ¨ Ubertragungsfunktion aus der Zustandsdarstellung erl¨autert.

VI

Vorwort

In Kapitel 2 werden vier verschiedene Beispiele von technischen Mehrgr¨oßensystemen vorgestellt. Dies sind eine Hydraulik-Kaskade, der Schwebeflug eines Hubschraubers, eine Destillationskolonne und ein Dampferzeuger. Durch eine vektorielle Erweiterung der Eingr¨ oßensystem-Zustandsdarstellung k¨ onnen diese Mehrgr¨oßensysteme ebenso durch eine Zustandsdarstellung beschrieben werden. Die nummerischen Zahlenwerte der Beispiele werden angegeben. Daran schließt sich die nummerische L¨osung der Vektordiffe¨ rentialgleichung, die Ermittlung der Ubertragungsmatrix von Mehrgr¨oßensystemen, die Stabilit¨ at und die Verkn¨ upfung von Mehrgr¨ oßensystemen durch Reihen-, Parallel- und Kreisschaltung an. Die Fragen der Steuer- und Beobachtbarkeit und die Normalformen von Mehrgr¨oßensystemen sind Thema des Kapitels 3. Ausgehend von den Definitionen der Steuerund Beobachtbarkeit werden deren Kriterien plausibel gemacht. Dieses Konzept der Steuer- und Beobachtbarkeit ist bei der Regelung von Eingr¨oßensystemen auf der Basis ¨ ¨ von Ubertragungsfunktionen irrelevant, da die Ubertragungsfunktion ohnehin nur den steuer- und beobachtbaren Systemteil erfasst. Anschließend werden die von den Eingr¨oßensystemen bekannten Normalformen der Zustandsdarstellung auch f¨ ur die Mehrgr¨oßensysteme vorgestellt und ihre Berechnung demonstriert. Die Regelung von Eingr¨ oßensystemen durch den klassischen PID-Regler gestattet nur ¨ eine Einstellung der Pole des geschlossenen Regelkreises auf bestimmte, durch die Aste einer Wurzelortskurve vorgegebene Positionen in der s-Ebene. Dagegen k¨onnen mit den Mitteln der in Kapitel 4 vorgestellten Polfestlegung die Pole des geschlossenen Regelkreises beliebig festgelegt werden, falls die Steuerbarkeit des Mehrgr¨oßensystems gegeben ist. Bei den Eingr¨ oßensystemen erfolgt diese Polfestlegung mittels Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung vorteilhaft unter Verwendung der Regelungsnormalform. Auch bei den Mehrgr¨ oßensystemen erm¨ oglicht die Verwendung der Brunovsky-Form eine analytische Polfestlegung. Nummerische Methoden erlauben die Ber¨ ucksichtigung von Empfindlichkeitsmaßen, welche die Lage der Pole unempfindlich gegen Parametervariationen der Mehrgr¨ oßen-Regelstrecke macht. Man spricht von einer robusten Polfestlegung. Als alternative Methode zur Polfestlegung f¨ ur die Auslegung von Reglern mittels Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung wird in Kapitel 5 die optimale Zustandsregelung betrachuhrmatrix K der tet. Wie bei den Eingr¨ oßensystemen kann man eine konstante R¨ uckf¨ Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung so bestimmen, dass bestimmte quadratische G¨ utekriterien erf¨ ullt sind. Diese integralen Kriterien bewerten die Abweichung des Zustands- und Stellvektors von der Ruhelage. Das Minimum des Integralkriteriums liefert die L¨osung P einer Matrix-Riccati-Gleichung, die dann die Berechnung der R¨ uckf¨ uhrmatrix K erm¨ oglicht. Ansatz und L¨ osung dieses quadratischen Reglerproblems werden plausibel gemacht und an Beispielen demonstriert. Auch die Verschiebung der Pole des geschlossenen Mehrgr¨ oßen-Regelkreises auf Werte kleiner −α in der s-Ebene mithilfe der optimalen Regelung wird demonstriert. Die Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung u uckf¨ uhrmatrix K, die mit den Methoden ¨ ber eine R¨ der Polfestlegung oder der optimalen Regelung berechnet wird, setzt die Kenntnis des Zustandsvektors x(t) voraus. In Kapitel 6 wird gezeigt, wie man diesen Zustandsvektor aus den gemessenen Ein- und Ausgangsgr¨oßen eines Mehrgr¨oßensystems mit einem Zustandsbeobachter ermitteln kann. Ein derartiger Zustandsbeobachter bildet die

Vorwort

VII

Struktur des untersuchten Mehrgr¨ oßensystems nach. Die Berechnung der hierbei erforderlichen R¨ uckf¨ uhrmatrix L des Ausgangsfehlers kann sowohl mit den Methoden der Polfestlegung als auch mittels der quadratischen Regelung erfolgen. Damit ist man in der Lage, ein Mehrgr¨ oßensystem mittels Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung zu stabilisieren, ohne den Zustandsvektor direkt zu messen, da der Zustandsbeobachter die Sch¨atzung des Zustandsvektors erm¨ oglicht. Die Auslegung des Zustandsbeobachters und die Auslegung der R¨ uckf¨ uhrmatrix f¨ ur die Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung des Mehrgr¨oßensystems sind unabh¨ angig voneinander, wie das Separationstheorem zeigt. Die in den Kapiteln 2 bis 6 behandelte Theorie der Mehrgr¨oßensysteme ist erforderlich, um das im abschließenden Kapitel 7 untersuchte zentrale Problem der Regelungstechnik, das F¨ uhrungs- und St¨ orverhalten von (in diesem Fall) Mehrgr¨oßensystemen zu verstehen. Zun¨ achst wird die F¨ uhrungsgr¨ oßenaufschaltung behandelt, mittels der im Rahmen einer Steuerung die Regelgr¨ oßen auf den Sollwert gef¨ uhrt werden. Die dann untersuchte integrale Ausgangsvektorr¨ uckf¨ uhrung mit einem PI-Mehrgr¨oßenregler demonstriert, wie durch diese Struktur alle s Regelgr¨ oßen auf ihre Sollwerte geregelt werden. Dies gilt auch beim Auftreten von Parameter¨ anderungen der Mehrgr¨oßen-Regelstrecke. Sollen die Regelgr¨ oßen mit vorgeschriebenem Zeitverhalten auf die Sollwerte einschwingen, so kann man dies mit einem Modellfolgeregler erreichen, dessen Auslegung sich anschließt. Die Unterdr¨ uckung von St¨ orgr¨ oßen durch Sch¨ atzung und Aufschaltung ist Thema des letzten Abschnitts St¨ orgr¨ oßenaufschaltung. Durch Einsatz eines kombinierten Zustandsund St¨ orbeobachters zusammen mit einem dynamischen Kompensator wird dieses Problem gel¨ ost. Das Ziel von Teil I des Buchs ist, dem Leser mit m¨oglichst wenig Mathematik eine grundlegende Einf¨ uhrung in die Regelung von Mehrgr¨oßensystemen zu erm¨oglichen. Es werden wesentliche Grundlagen der Zustandsdarstellung und -regelung von Mehrgr¨oßensystemen behandelt. F¨ ur Vertiefungen und weiterf¨ uhrende Untersuchungen wird auf die umfangreiche Literatur zu dieser Thematik verwiesen. Alle vorgestellten Methoden werden am Beispiel der Hydraulik-Kaskade demonstriert. Zum Selbststudium sind die Daten weiterer Beispiele aufgef¨ uhrt. Teil II: Digitale Regelung Die Kapitel 8 bis 13 f¨ uhren auf die Regelung von Eingr¨oßensystemen zur¨ uck. Die Entwurfsanforderungen von Kapitel 1 bez¨ uglich F¨ uhrungs- und St¨orverhalten bleiben erhalten, erreicht werden sollen die Entwurfsziele mittels Verwendung digitaler Regler. Dazu werden in Kapitel 8 zun¨ achst die Komponenten eines digitalen Regelkreises vorgestellt. Die Wirkung von Abtaster und Halteglied, die A/D- bzw. D/A-Wandlung1 und die Verwendung eines Mikrocontrollers zur Regelung werden erl¨autert. Abschließend wird der Abtastvorgang mathematisch beschrieben. Die mathematische Behandlung von Zahlenfolgen zu den Abtastzeitpunkten kT erm¨ oglicht die in Kapitel 9 vorgestellte Theorie der z-Transformation. Ihre Rechen- und Transformationsregeln werden erl¨ autert und mit vielen Beispielen demonstriert. Diese 1

A/D- und D/A-Wandlung bezeichnet die Analog/Digital- bzw. die Digital/AnalogWandlung von Signalen.

VIII

Vorwort

¨ z-Transformation erm¨ oglicht in Kapitel 10 die Einf¨ uhrung der z-Ubertragungsfunktion. ¨ Die Berechnung der z-Ubertragungsfunktion f¨ ur die Regelstrecke mit vorgeschaltetem Abtaster und nachgeschaltetem Abtaster ist dabei das zentrale Thema. Abschließend ¨ werden Rechenregeln f¨ ur das Rechnen mit z-Ubertragungsfunktionen f¨ ur die Reihen-, Parallel- und Kreisschaltung von digitalen Systemen aufgef¨ uhrt. In Kapitel 11 werden Stabilit¨ at und Zeitverhalten diskreter Systeme untersucht. Zu¨ n¨ achst werden Stabilit¨ atskriterien von z-Ubertragungsfunktionen erl¨autert und Bedingungen f¨ ur die Lage der Pole in der z-Ebene genannt. Ein Vergleich zwischen der Lage der Pole in der s-Ebene und der z-Ebene schließt sich an. Die zentrale Aufgabe der digitalen Regelung, die Ermittlung der in einem Mikrocontroller zu implementierenden Reglergleichung, ist Thema von Kapitel 12. Erst werden verschiedene Methoden der digitalen Realisierung analoger Regler vorgestellt und miteinander verglichen. Dabei erweist sich die Diskretisierung mit der Methode der bilinearen Transformation als besonders vorteilhaft. Dann folgt der Entwurf von digitalen Kompensationsreglern mit den Methoden von Ragazzini und der Reglerentwurf auf endliche Einstellzeit. Infolge von Stellgliedbegrenzungen kann es bei integrierenden Reglern zu einem Regler¨ uberlauf (Wind-Up) kommen. Maßnahmen gegen diesen Regler¨ uberlauf schließen das Kapitel ab. Im abschließenden Kapitel 13 werden die von der klassischen Regelungstechnik bekannten Ortskurvenverfahren des Reglerentwurfs mithilfe des Bode-Diagramms und der Wurzelortskurve auf digitale Regelsysteme u ¨ bertragen. Das Ziel von Teil II des Buchs ist, den Leser mit einfachen Mitteln mit den Methoden der digitalen Regelung vertraut zu machen. Anhand vieler Beispiele erfolgt eine Einf¨ uhrung in die Thematik, und die zahlreichen Aufgaben erm¨oglichen die selbst¨andige Erarbeitung des Stoffes. Dabei wird das Ziel des Entwurfs digitaler Regler, die Ermittlung der im Mikrocontroller zu programmierenden Reglergleichung, nicht aus den Augen verloren. Teil III: Fuzzy-Regelung Die Ermittlung und Anwendung der Methoden der Fuzzy-Logik auf die Auslegung von Reglern f¨ ur Eingr¨ oßensysteme bilden den Inhalt der Kapitel 14 bis 17 des Buches. Begonnen wird in Kapitel 14 mit der Definition unscharfer Mengen, den Fuzzy-Mengen, deren Zugeh¨ origkeitsfunktion, anders als bei den klassischen Mengen, die Elemente der Grundmenge auch auf Werte zwischen Null und Eins abbildet. Nach der Vorstellung typischer Fuzzy-Mengen werden UND-, ODER- und NICHT-Operator f¨ ur Fuzzy-Mengen erl¨ autert. Die Einf¨ uhrung von linguistischen Variablen und Termen schließt sich an. Mit der Abbildung scharfer“ Messwerte auf ihren Zugeh¨origkeitsgrad (die Fuzzifizierung) ” endet das Kapitel. Kapitel 15 beginnt mit den Regeln f¨ ur Fuzzy-logisches Schließen, den Fuzzy-Relationen und leitet u ¨ber zur Fuzzy-Inferenz. Hierunter versteht man die Erarbeitung einer Schlussfolgerung auf der Basis des Wahrheitsgehaltes von Pr¨amissen. WENN-DANN-Regeln beschreiben formal die Verkn¨ upfung von Pr¨ amisse und Konklusion (Schlussfolgerung). Die Erl¨ auterung dieser Fuzzy-Inferenz erfolgt am Beispiel einer F¨ ullstandsregelung eines

Vorwort

IX

Beh¨ alters. Verwendet wird hierbei die MAX-MIN-Inferenz, jedoch weitere Inferenzmethoden werden ebenso erl¨ autert. Die Defuzzifizierung, d. h. die Gewinnung eines schar” fen“ Ausgangswertes aus der Ergebnis-Fuzzy-Menge der Fuzzy-Inferenz schließt sich an. In Kapitel 16 wird die Anwendung der beiden vorangehenden Kapitel auf den Reglerentwurf vorbereitet. Die Konstruktion statischer und dynamischer Fuzzy-Regler wird ebenso erl¨ autert wie die Konstruktion von Zwei- und Dreipunktreglern auf der Basis der Fuzzy-Inferenz. Die Beschreibung des Ein-/Ausgangsverhaltens von Fuzzy-Reglern durch Kennlinien und Kennfl¨ achen verdeutlicht die Wirkungsweise. Der Einfluss unterschiedlicher Fuzzy-Mengen und unterschiedlicher Inferenzmethoden wird f¨ ur einen Fuzzy-PD-Regler anhand seiner Kennfl¨ achen demonstriert, bevor sich die Generierung von Fuzzy-PI- und -PID-Reglern anschließt. Die beispielhafte Anwendung von Fuzzy-Reglern im Regelkreis im Vergleich zu einem konventionellen Regler wird in Kapitel 17 f¨ ur eine Verz¨ogerungsstrecke untersucht. Dies beinhaltet auch die Untersuchung des Einflusses verschiedener Inferenzmethoden. Es schließt sich die Untersuchung einer St¨ orgr¨ oßenaufschaltung u ¨ber einen Fuzzy-Regler f¨ ur die Regelung einer integrierenden Regelstrecke an. Den Abschluss dieses Kapitels bildet ein Blick in die Problematik der Stabilit¨at von Fuzzy-Regelungssystemen. Das Ziel von Teil III des Buches ist, dem Leser ein Verst¨andnis f¨ ur den Einsatz der Fuzzy-Logik in der Regelungstechnik zu vermitteln. Daher wird der Vergleich zur konventionellen Regelung h¨ aufig betont. Beispiele und Aufgaben sollen die Einarbeitung erleichtern. Anhang Der Anhang bietet mit seinen Formeln zur Matrizenrechnung die M¨oglichkeit fehlendes Formelwissen nachzuschlagen. Dies kann nicht die intensive Besch¨aftigung mit der Matrizenrechnung, die in Teil I des Buches erforderlich ist, ersetzen. Jedoch sind hier einige, speziell in der Regelungstechnik hilfreiche Zusammenh¨ange leicht zu finden. Allgemeine Bemerkungen Voraussetzung f¨ ur den Leser dieses Buches ist eine Grundvorlesung in Regelungstechnik. Die normalerweise in einer derartigen Vorlesung vermittelten Kenntnisse von PIDRegelungen sind nach wie vor die Basis und die erste Wahl zur L¨osung von regelungstechnischen Aufgaben. Das Ziel des Autors ist es, die u ¨ ber eine derartige Grundvorlesung hinausgehenden Theorien der Regelungstechnik in den drei Bereichen Mehrgr¨oßenregelung, digitale Regelung und Fuzzy-Regelung zusammenfassend in einem Buch darzustellen. Dabei wird der mathematische Aufwand so gering wie m¨oglich gehalten. Das Buch eignet sich sowohl f¨ ur den in der Praxis t¨atigen Ingenieur zur schnellen Einarbeitung in die Problematik als auch f¨ ur Studenten als Textbuch f¨ ur weiterf¨ uhrende Vorlesungen zur Regelungstechnik. So sind z. B. die behandelten Themengebiete Inhalt von Vorlesungen an der Fachhochschule M¨ unchen im Fachbereich f¨ ur Elektrotechnik und Informationstechnik.

X

Vorwort

Auf den Internetseiten des Oldenbourg Wissenschaftsverlages http:\\www.oldenbourg-wissenschaftsverlag.de sind unter dem Buchtitel die MATLAB-Programme einiger gerechneter Beispiele sowie weitere Informationen zum Buch zu finden. Dies soll insbesondere das Selbststudium und die ersten Schritte der Anwendung der Verfahren erleichtern. Dabei ist allerdings vorausgesetzt, dass der Leser leistungsf¨ahige Programmsysteme wie z. B. MATLAB, DORA, MATRIXX ... zur Verf¨ ugung hat. Zur Unterscheidung vom normalen Text werden Beispiele und Aufgaben mit dem Zeichen  abgeschlossen. Dank Der Autor m¨ ochte sich bei den Herren Prof. Dr. Wolfgang H¨oger und Prof. Dr. Dr. h.c. Hans-Joachim Kroll f¨ ur wertvolle Anregungen bedanken. Der Dank geht außerdem an den Oldenbourg Verlag, bei dem ich jederzeit ein offenes Ohr f¨ ur Probleme und W¨ unsche fand. Dies gilt auch f¨ ur Herrn Thomas Schmidt, der die Grundlagen des Layouts gestaltete.

M¨ unchen, im Juli 2002

Gerd Schulz

Inhaltsverzeichnis I 1

2

3

Mehrgr¨ oßen-Regelsysteme

1

Zustandsdarstellung von Eingr¨ oßensystemen

3

1.1

Klassische Eingr¨ oßenregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3

1.2 1.2.1 1.2.2

Zustandsgleichungen von Eingr¨oßensystemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Ermittlung aus der Differentialgleichung, Normalformen . . . . . . . . . 7 Ermittlung aus den Systemgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

1.3

¨ Ermittlung der Ubertragungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

Zustandsdarstellung von Mehrgr¨ oßensystemen

23

2.1 2.1.1 2.1.2

Mehrgr¨ oßensysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Einf¨ uhrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Beispiele von Mehrgr¨ oßensystemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

2.2 2.2.1

Zustandsgleichungen von Mehrgr¨oßensystemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 Herleitung aus den Systemgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

2.3

L¨osung der Zustandsvektor-Differentialgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

2.4

¨ Ermittlung der Ubertragungsmatrix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

2.5

Stabilit¨ at von Mehrgr¨ oßensystemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43

2.6

Verkn¨ upfung von Mehrgr¨ oßensystemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

Steuerbarkeit und Beobachtbarkeit, Normalformen

51

3.1

Steuerbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51

3.2

Beobachtbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56

3.3 3.3.1 3.3.2 3.3.3 3.3.4

Transformation auf Normalform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Normalformen von Eingr¨ oßensystemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Steuerbarkeitsnormalformen f¨ ur Mehrgr¨oßensysteme . . . . . . . . . . . . . . Regelungsnormalformen f¨ ur Mehrgr¨oßensysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . Weitere Normalformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

63 64 67 72 79

XII 4

5

6

7

Inhaltsverzeichnis Reglerentwurf zur Polfestlegung

81

4.1

Polfestlegung f¨ ur Eingr¨ oßensysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82

4.2 4.2.1 4.2.2

Polfestlegung f¨ ur Mehrgr¨ oßensysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 Systeme in Brunovsky-Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 Robuste Polfestlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90

4.3 4.3.1 4.3.2 4.3.3 4.3.4 4.3.5

Auswahl der gew¨ unschten Pollagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dominierendes Polpaar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Prototypen-Entwurf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Symmetrischer Wurzelort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pol-/Nullstellenkompensation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Res¨ umee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Optimale Zustandsregelung

94 94 96 100 105 106 107

5.1

Lineare quadratische optimale Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107

5.2

Erzeugung eines vorgeschriebenen Stabilit¨atsgrades . . . . . . . . . . . . . . . 120

Zustandsbeobachter/-sch¨ atzer

125

6.1 6.1.1 6.1.2

Entwurf des Einheitsbeobachters mittels Polfestlegung . . . . . . . . . . . . 126 Eingr¨ oßensysteme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 Mehrgr¨ oßensysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131

6.2

Entwurf des Einheitsbeobachters unter Verwendung quadratischer G¨ uteindizes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133

6.3 6.3.1 6.3.2

Entwurf eines Beobachters reduzierter Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 Messung von s Zust¨ anden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 Allgemeiner Fall des reduzierten Beobachters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142

6.4

Das Separationstheorem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143

F¨ uhrungs- und St¨ orverhalten von Mehrgr¨ oßensystemen

147

7.1

F¨ uhrungsgr¨ oßenaufschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148

7.2

Integrale Ausgangsvektorr¨ uckf¨ uhrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152

7.3

Modellfolgeregler – Servo-Kompensator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158

7.4

St¨ orgr¨ oßenaufschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167

II

Digitale Regelung

8

Grundlagen digitaler Regelsysteme

179 181

8.1

Aufbau digitaler Regelkreise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182

8.2

Mathematische Beschreibung des Abtastvorgangs . . . . . . . . . . . . . . . . 187

Inhaltsverzeichnis 8.3 9

10

XIII

Standardform digitaler Regelkreise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192

Die z-Transformation

195

9.1

Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195

9.2 9.2.1 9.2.2 9.2.3 9.2.4 9.2.5

Rechenregeln der z-Transformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ¨ Uberlagerungss¨ atze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ¨ Ahnlichkeitssatz (D¨ ampfungssatz) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verschiebungss¨ atze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Faltungssatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grenzwerts¨ atze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

201 201 202 203 205 206

9.3 9.3.1 9.3.2 9.3.3

Die inverse z-Transformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . R¨ ucktransformation durch Polynomdivision . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Partialbruchzerlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auswertung des Umkehrintegrals (Residuensatz) . . . . . . . . . . . . . . . . .

207 208 209 210

9.4

Anwendung der z-Transformation bei der L¨osung von Differenzengleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213

¨ Diskrete Ubertragungsfunktionen

217

10.1 10.1.1 10.1.2 10.1.3

¨ Die z-Ubertragungsfunktion ...................................... Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Gewichtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendung des Faltungssatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

217 217 220 221

10.2 10.2.1 10.2.2 10.2.3

¨ Z-Ubertragungsfunktion der Regelstrecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grundlegende Berechnungsmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berechnung mittels Partialbruchzerlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berechnung mittels der Residuenmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

221 222 226 228

¨ 10.3 Z-Ubertragungsfunktion des Reglers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 ¨ 10.3.1 Das Halteglied-Aquivalent . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229

11

12

10.4

¨ Rechenregeln f¨ ur diskrete Ubertragungsfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . 231

10.5

¨ Kanonische Realisierungen von z-Ubertragungsfunktionen . . . . . . . . 235

Stabilit¨ at und Zeitverhalten diskreter Systeme

241

11.1

Stabilit¨ atsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241

11.2

Das Jury-Stabilit¨ atskriterium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245

11.3

Vergleich der Lage der Pole in der s-Ebene und der z-Ebene . . . . . . 247

Quasikontinuierlicher Entwurf digitaler Regler

255

12.1 Digitale Realisierung analoger Regler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 12.1.1 Das Euler-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 12.1.2 Die bilineare Transformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258

XIV

13

14

15

Inhaltsverzeichnis 12.1.3 12.1.4 12.1.5 12.1.6 12.1.7

Der PID-Regelalgorithmus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ¨ Das diskrete Aquivalent .......................................... ¨ Das Halteglied-Aquivalent ....................................... Direkte z-Transformation“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ” Vergleich der entworfenen Regler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

260 262 266 267 269

12.2

Der digitale Regler nach Takahashi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274

12.3

Regler¨ uberlauf“ (Controller Wind-Up) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 ”

Ortskurvenverfahren

285

13.1 13.1.1 13.1.2 13.1.3

Das Wurzelortskurvenverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grundlagen des Entwurfsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stabilit¨ atsgebiete in der z-Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entwurf eines Reglers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

285 285 286 288

13.2 13.2.1 13.2.2 13.2.3

Der Entwurf mithilfe des Bode-Diagramms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das diskrete“ Bode-Diagramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ” Die w-Transformation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entwurf eines Reglers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

291 291 293 296

Entwurf digitaler Kompensationsregler

301

14.1

Der direkte Entwurf nach Ragazzini . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301

14.2

Der Entwurf auf endliche Einstellzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311

14.3

Reglerentwurf mittels Polvorgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317

14.4

Entwurf von Kompensationsreglern f¨ ur das St¨orverhalten . . . . . . . . . 321

Adaptive und selbsteinstellende Regler

323

15.1

Autotuning von Reglern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324

15.2

Gain-Scheduling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327

15.3 Selbsteinstellende Regler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 15.3.1 Parametersch¨ atzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 15.3.2 Reglerentwurf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335 15.4 Modell-Referenz-Adaptive Systeme (MRAS) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 15.4.1 Die MIT-Regel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 15.4.2 Anwendung der MIT-Regel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338

III 16

Fuzzy-Regelung

343

Grundlagen unscharfer“ Mengen (Fuzzy-Mengen) 345 ” 16.1 Unscharfe Informationen und Fuzzy-Mengen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345

Inhaltsverzeichnis

17

XV

16.2

Operatoren f¨ ur Fuzzy-Mengen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349

16.3

Linguistische Variablen und Terme — Fuzzifizierung . . . . . . . . . . . . . . 353

Fuzzy-logisches Schließen (Fuzzy-Inferenz)

357

17.1

Regeln f¨ ur Fuzzy-logisches Schließen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357

17.2

Fuzzy-Relationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358

17.3 17.3.1 17.3.2 17.3.3 17.3.4 17.3.5

Fuzzy-Inferenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . WENN-DANN-Regeln mit einer Pr¨amisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . WENN-DANN-Regel mit mehreren Teilpr¨amissen . . . . . . . . . . . . . . . . Mehrere WENN-DANN-Regeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung des MAX-MIN-Inferenzschemas . . . . . . . . . . . . . . . Andere Inferenzschemata . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

362 362 365 366 370 373

17.4 Defuzzifizierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374 17.4.1 Schwerpunktmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375 17.4.2 Singletons als Ausgangs-Fuzzy-Mengen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376 18

19

Grundlagen der Fuzzy-Regelung (Fuzzy-Control)

381

18.1

Struktur eines Fuzzy-Reglers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381

18.2 18.2.1 18.2.2 18.2.3 18.2.4 18.2.5

Entwurf eines Fuzzy-Reglers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Festlegung der Ein- und Ausgangsgr¨oßen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wertebereich der Ein- und Ausgangssignale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Definition der linguistischen Terme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufstellen der WENN-DANN-Regeln. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fuzzy-Mengen der Ausgangsgr¨ oße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

18.3

Kennlinien von Fuzzy-Reglern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387

18.4

Fuzzy-PD-Regler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392

18.5

Fuzzy-PI-Regler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398

18.6

Fuzzy-PID-Regler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 399

Fuzzy-Regler im Regelkreis 19.1

401

Einsatz von Fuzzy-Reglern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 401

19.2 Regelung einer Verz¨ ogerungsstrecke mit einem Fuzzy-Regler . . . . . . 19.2.1 Fuzzy-PI-Regler mit MAX-PROD-Inferenz und Singletons als Ausgangs-Fuzzy-Mengen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.2.2 Fuzzy-PI-Regler mit MAX-MIN-Inferenz und Defuzzifizierung mittels der Schwerpunkt-Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.2.3 Eingangs-Fuzzy-Mengen nur teilweise u ¨ berlappend, MAX-PRODInferenzmethode und Singletons als Ausgangs-Fuzzy-Mengen . . . . . 19.3

384 384 384 385 386 387

402 402 404 405

Regelung einer integrierenden Regelstrecke mit einem Fuzzy-Regler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 407

XVI

Inhaltsverzeichnis 19.4

A

Stabilit¨ at von Fuzzy-Regelungssystemen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 413

Formeln zur Matrizenrechnung

415

A.1

Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 415

A.2

Determinanten, Minoren und Kofaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 421

A.3

Adjungierte und inverse Matrizen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 424

A.4

Lineare Unabh¨ angigkeit, Rang einer Matrix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 427

A.5

Eigenwerte und Eigenvektoren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 429

A.6

Das Caley-Hamilton-Theorem. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 432

A.7

Definite und semidefinite Matrizen, Normen von Vektoren und Matrizen, Orthogonalit¨ at . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 432

Literaturverzeichnis

435

Namens- und Sachverzeichnis

441

Glossar

447

Teil I

Mehrgro ¨ßen-Regelsysteme

1

Zustandsdarstellung von Eingro¨ßensystemen

Eine Einf¨ uhrung in die Regelung von technischen Systemen wird im Allgemeinen anhand von Eingr¨ oßensystemen durchgef¨ uhrt. Diese Systeme oder Anlagen besitzen eine Stellgr¨ oße f¨ ur ihre Beeinflussung und eine dominierende Ausgangs- oder Regelgr¨oße. Beispiele hierf¨ ur sind ein Gleichstrommotor (Stellgr¨oße: Steuerspannung und Regelgr¨oße: Drehzahl oder Drehwinkel), ein Fl¨ ussigkeitsbeh¨alter (Stellgr¨oße: Zufluss pro Zeiteinheit und Regelgr¨ oße: F¨ ullstand) oder eine Raumheizung (Stellgr¨oße: Heizleistung und Regelgr¨ oße: Temperatur). In diesem Kapitel soll zun¨ achst eine Einf¨ uhrung in die Beschreibung von Eingr¨oßensy¨ stemen durch Differentialgleichung und Ubertragungsfunktion gegeben werden. Sowohl der Regler als auch die Regelstrecke werden derart beschrieben. Durch Messung und R¨ uckf¨ uhrung der Regelgr¨ oße, Soll-/Istwertvergleich und Verwendung eines Reglers entsteht dann der klassische einschleifige Regelkreis. Die Betrachtung der Eingr¨ oßensysteme wird einf¨ uhrend am Beispiel des dynamischen Verhaltens und der Regelung eines permanenterregten Gleichstrommotors durchgef¨ uhrt. An diesem Beispiel l¨ asst sich die typische Untersuchung von Regelsystemen gut erl¨autern, da ein derartiger Motor die hinreichende Komplexit¨at f¨ ur die Analyse aufweist. Dabei werden auch die Anforderungen an die Auslegung von Regelkreisen kurz aufgef¨ uhrt. Ausgehend von dieser Einf¨ uhrung wird dann zur Beschreibung von dynamischen Systemen durch die Zustandsgleichungen u ¨ bergegangen. Die Zustandsdarstellung wird zun¨ achst allgemein an einem Beispiel zweiter Ordnung erl¨autert. Die L¨osung wird dann auf Systeme n-ter Ordnung verallgemeinert. Da die Form der Zustandsdarstellung nicht eindeutig ist, werden einige unterschiedliche kanonische Formen der Zustandsdarstellung betrachtet.

1.1

Klassische Eingro¨ßenregelung

Beschreibung. Bei der Regelung von Eingr¨ oßensystemen werden Regelstrecken mit einer Ein- und einer Ausgangsgr¨ oße, dargestellt als Block wie in Abb. 1.1, geregelt. Die Regelgr¨ oße bezeichnet man u ¨ blicherweise mit x(t), das Stellsignal mit y(t) und die St¨ orgr¨ oße(n) mit z(t).

4

1 Zustandsdarstellung von Eingr¨ oßensystemen St¨ orgr¨ oße z(t)

? Stellgr¨ oße y(t)

-

Regelstrecke

Regelgr¨ oße x(t)

-

Abbildung 1.1: Blockdarstellung einer Regelstrecke ¨ Die gleichungsm¨aßige Beschreibung des Ubertragungsverhaltens einer derartigen Regelstrecke geht im Allgemeinen von den zugrunde liegenden Differentialgleichungen aus. Dies soll am Beispiel eines Gleichstrommotors erl¨autert werden, dessen technologische Ersatzdarstellung Abb. 1.2 zeigt:

d

uA

iA -

RA

LA

N ? d

 ma , n   mw e#  A    S J "! ?

Abbildung 1.2: Technologische Ersatzdarstellung eines Gleichstrommotors Die Grundgleichungen f¨ ur die Beschreibung des Gleichstrommotors lauten1 : A RA iA + LA di Maschengleichung dt + eA 2πn · cΨf Induktionsgesetz iA · cΨf Momentengleichung Impulssatz (Bewegungsgl.). 2 πJ · dn dt Durch Einsetzen und Umformen ermittelt man dann die resultierende Differentialgleichung des Gleichstrommotors zu:

uA eA ma ma − mw

= = = =

2πJLA 2πJRA RA LA ·n ¨+ · n˙ + 2πcΨf · n = uA − · mw − ·m ˙ w . (1.1) cΨf cΨf cΨf cΨf Eingangsgr¨ oße des Motors ist die Ankerspannung ua (t) und die Ausgangsgr¨oße ist die Drehzahl n(t) (oder gegebenenfalls auch der Drehwinkel ϕ(t)). Das Lastmoment mw (t) ist die auf den Motor wirkende St¨ orgr¨ oße. 1 Hierin bedeuten: J - Tr¨ agheitsmoment, RA - Ankerkreiswiderstand, LA - Ankerkreisinduktivit¨ at, Ψf - verketteter Fluss, c - Maschinenkonstante, ma (t) - Antriebsmoment, mw (t) Lastmoment.

1.1 Klassische Eingr¨ oßenregelung

5

Diese Beschreibung des dynamischen Verhaltens des Gleichstrommotors durch eine Differentialgleichung wird in der Regelungstechnik im Allgemeinen u uhrt in die Be¨ berf¨ ¨ schreibung durch eine oder mehrere Ubertragungsfunktionen: N (s) = FSy (s) · UA (s) + FSz (s) · MW (s),

(1.2)

¨ mit2 N (s) = L{n(t)}, UA (s) = L{uA (t)}, MW (s) = L{mW (t)} und den Ubertragungsfunktionen 1

FSy (s) =

N (s) = UA (s)

FSz (s) =

N (s) = MW (s)

2πJLA cΨf

·

s2

+

2πJRA cΨf

und

· s + 2πcΨf

RA − cΨ − f 2πJLA cΨf

· s2 +

LA cΨf s 2πJRA cΨf · s +

2πcΨf

.

(1.3)

(1.4)

Die Blockdarstellung von Abb. 1.1 wird dann ersetzt durch die Blockdarstellung nach ¨ Abb. 1.3 mit den Ubertragungsfunktionen als Bl¨ocken in der Darstellung: Regelstrecke

UA (s)

- FSy (s)

MW (s) ? FSz (s) + + ? i -

N (s) -

¨ Abbildung 1.3: Blockdarstellung mit Ubertragungsfunktionen ¨ Nach R¨ uckf¨ uhrung der Regelgr¨ oße und Entwurf eines Reglers mit der Ubertragungsfunktion FR (s) entsteht dann der in Abb. 1.4 dargestellte einschleifige Regelkreis mit MW (s) ? FSz (s)

Regelstrecke USt¨or (s) – ? UA (s) NW (s) - h - FR (s) UR- h - FSy (s) – 6

+ + ? h

N (s) Abbildung 1.4: Einschleifiger Regelkreis

atzlich hinzugef¨ ugten Versorgungsst¨orgr¨oße der F¨ uhrungsgr¨ oße NW (s) und einer zus¨ USt¨or (s), wie z. B. Schwankungen der Ankerspannung. 2

Mit L{x(t)} = X(s) wird die Laplace-Transformierte der Gr¨ oße x(t) bezeichnet.

6

1 Zustandsdarstellung von Eingr¨ oßensystemen

F¨ ur die Regelung eines derartigen Systems hat sich der (reale) PID-Regler mit der ¨ Ubertragungsfunktion FR (s) =

Xa (s) 1 + T N s + T N T V s2 = KP · Xe (s) TN s · (1 + TD s)

(1.5)

mit Xa (s) = UR (s), Xe (s) = NW (s) − N (s) und TN , TV und TD als Zeitkonstanten, als der geeignete Regler erwiesen3 . Tritt keine Lastst¨ orung (mW (t)) auf, so geht der obige Regelkreis nach Abb. 1.4 u ¨ ber in die Standarddarstellung eines einschleifigen Regelkreises nach Abb. 1.5. Der Entwurf der

Sollwert W (s)

- i– 6

FR (s)

Stellgr¨ oße Y (s)

St¨ orgr¨ oße Z(s)

– ? - i -

FS (s)

Regelgr¨ oße X(s)

-

Abbildung 1.5: Einschleifiger Regelkreis ¨ Ubertragungsfunktion FR (s) ist die zentrale Aufgabe der klassischen Regelungstechnik. Ein dominierendes Entwurfsverfahren ist dabei das Verfahren der dynamischen Kom¨ pensation, bei dem Pole und Nullstellen der Ubertragungsfunktion der Regelstrecke durch geeignete Nullstellen und Pole des Reglers kompensiert werden. Andere Entwurfsverfahren gehen auf grafische Darstellungen wie z. B. das Bode-Diagramm oder ¨ die Wurzelortskurve u ¨ ber und leiten unter Zuhilfenahme dieser Ortskurven die Ubertragungsfunktion des Reglers ab. Entwurfsanforderungen. Die zentralen Anforderungen an den Regelkreis beim Ent¨ wurf dieser Regler-Ubertragungsfunktion FR (s) lauten dabei: 1. Der Regelkreis muss stabil sein. Ohne diese Hauptforderung ist die Erf¨ ullung weiterer Anforderungen nicht m¨ oglich, bzw. hinf¨allig. 2. Der Regelkreis soll ein gutes“ F¨ uhrungsverhalten aufweisen. D. h., nach Vor” gabe einer F¨ uhrungsgr¨ oße w(t) soll die Regelgr¨oße x(t) auf die F¨ uhrungsgr¨oße einschwingen. Dieser Einschwingvorgang ist n¨aher zu spezifizieren. Falls die F¨ uhrungsgr¨ oße zeitver¨ anderlich ist, soll die Regelgr¨oße der F¨ uhrungsgr¨oße folgen. 3. Der Regelkreis soll ein gutes“ St¨orverhalten aufweisen. D. h., der Einfluss ei” ner St¨ orung z(t) auf die Regelgr¨ oße x(t) soll gering sein. Dieser Einfluss wird beschrieben durch Gr¨ oßen eines Einschwingvorgangs. 3

Dabei soll außer Acht gelassen werden, dass die Verwendung zweier einschleifiger Regelkreise in Form einer Kaskadenregelung bei einem Gleichstrommotor bessere Ergebnisse liefert.

1.2 Zustandsgleichungen von Eingr¨ oßensystemen

7

4. Der Einfluss von Parameter¨anderungen auf das dynamische Verhalten des Regelkreises soll gering sein. D. h., der Regelkreis soll m¨oglichst unempfindlich (robust) gegen¨ uber Schwankungen von Parametern (z. B. der Regelstrecke) sein. ¨ Einen guten Uberblick u ¨ber die Methoden und Verfahren zum Entwurf geeigneter Regler findet man in der Literatur wie z. B. [19], [22], [42], [44], [51], [55], [60], [62], [63].

1.2

Zustandsgleichungen von Eingr¨oßensystemen

1.2.1

Ermittlung aus der Differentialgleichung, Normalformen

Einf¨ uhrung. Die Beschreibung von dynamischen Systemen durch Zustandsgleichungen l¨ asst sich anschaulich an einem System 2. Ordnung erkl¨aren. Dies k¨onnte z. B. der Gleichstrommotor von Abschnitt 1.1 sein, bei dem zun¨achst das St¨ormoment mw (t) zu Null angenommen wird. Die Differentialgleichung eines derartigen Systems lautet dann in allgemeiner Form: a2 x ¨a + a1 x˙ a + a0 xa = b0 xe .

(1.6)

oße und xa (t) der Ausgangsgr¨oße des Systems. Hierin entspricht xe (t) der Eingangsgr¨ Mit den Substitutionen x1 = xa x˙ 1 = x˙ a = x2

und

(1.7) (1.8)

kann Gleichung 1.6 umgeformt werden zu

x¨a = x˙ 2 = =

1 · [−a1 x˙ a − a0 xa + b0 xe ] a2

1 · [−a1 x2 − a0 x1 + b0 xe ] . a2

(1.9)

Aus der Differentialgleichung 2. Ordnung werden zwei Differentialgleichungen 1. Ordnung, dies sind die Gleichungen 1.8 und 1.9. Aus diesen zwei Differentialgleichungen 1. Ordnung bildet man dann eine Vektordifferentialgleichung 1. Ordnung wie folgt: 

x1 x2



• =

0 1 a0 − a1 −a a2 2

     0 x1 · + b0 · xe . x2 a2

8

1 Zustandsdarstellung von Eingr¨ oßensystemen

Die Ausgangsgr¨oße xa (t) folgt dann aus Gleichung 1.7 zu     x1 xa = 1 0 · . x2 Nun werden die folgenden Abk¨ urzungen4     0 0 1 A= b = b0 a1 0 −a a2 − a2 a2

  cT = 1 0

(1.10)

mit A als Dynamikmatrix, b als Eingangsvektor und cT als Ausgangsvektor eingef¨ uhrt. Darin ist cT der transponierte Vektor von c. Die Gr¨oßen x1 und x2 heißen die Zustandsvariablen des Systems, sie bilden den Zustandsvektor x(t)     x1 (t) xa (t) x(t) = = . x2 (t) x˙ a (t) Mit diesen Abk¨ urzungen kann dann die Differentialgleichung 2. Ordnung als Vektordifferentialgleichung 1. Ordnung in der allgemeinen Form x˙ = A · x + b · xe xa = cT · x geschrieben werden. Diese Darstellung einer Differentialgleichung durch eine Vektordifferentialgleichung mit den Matrizen A, b, c und dem Zustandsvektor x nennt man die Zustandsdarstellung der Differentialgleichung. Aufgabe 1.1: Berechnen Sie die Matrizen A, b, cT und den Zustandsvektor x f¨ ur die folgende Differentialgleichung: x¨a (t) + 4x˙ a (t) + 3xa (t) = 2xe (t).  L¨ osung: A =

       xa 0 1 0 T . ,b= , c = 1 0 und x = x˙ a −3 −4 2



Aufgabe 1.2: Berechnen Sie die Matrizen A, b, cT und den Zustandsvektor x f¨ ur die Differentialgleichung des Gleichstrommotors nach Gleichung 1.1 mit uA (t) als Eingangsgr¨ oße: 2πJLA 2πJRA ·n ¨+ · n˙ + 2πcΨf · n = uA cΨf cΨf 4 Fettgedruckte Großbuchstaben bezeichnen Matrizen und fettgedruckte Kleinbuchstaben bezeichnen Vektoren. Skalare Gr¨ oßen werden durch nicht fettgedruckte Kleinbuchstaben bezeichnet.

1.2 Zustandsgleichungen von Eingr¨ oßensystemen  L¨ osung: A =   n x= . n˙

0 −

(cΨf ) JLA

1 2



A −R LA

,

 b =

9 0 cΨf 2πJLA

 ,

cT

=



1 0



und 

Sprungf¨ ahige Systeme, Regelungsnormalform der Zustandsdarstellung. Die zwei Differentialgleichungen 1.8 und 1.9 k¨ onnen in einem Simulationsdiagramm (siehe Abb. 1.6) dargestellt werden. Darin entspricht der Block mit dem Integralzeichen einer Integration, und die anderen Bl¨ ocke stellen die Multiplikation mit einem konstanten Faktor dar. xe

- b0 a2

¨a  x˙ a = x2  + i x − 6 K A − A a1  A a2

x1 = xa -

a0  a2

Abbildung 1.6: Simulationsdiagramm der Vektordifferentialgleichung

Mit diesem Simulationsdiagramm kann man sich auf einfache Art und Weise auch die Herleitung der Zustandsgleichungen f¨ ur Differentialgleichungen mit Ableitungen der Eingangsgr¨ oße xe (t) klarmachen. Das Vorgehen soll wieder f¨ ur eine Differentialgleichung 2. Ordnung erl¨ autert werden. Die Differentialgleichung laute a2 x ¨a + a1 x˙ a + a0 xa = b0 xe + b1 x˙ e + b2 x ¨e ,

(1.11)

die Eingangsgr¨ oße xe (t) ist also bis zu zweimal abgeleitet. Systeme, bei denen die h¨ochste Ableitung der Gr¨ oßen xa (t) und xe (t) in der Differentialgleichung identisch ist, bezeichnet man als sprungf¨ahige Systeme. Bei einem Sprung der Eingangsgr¨oße xe (t) ¨andert sich auch die Ausgangsgr¨ oße sprungf¨ ormig. Anstelle der Differentialgleichung 1.11 wird zun¨ achst die reduzierte Differentialgleichung a2 x ¨1 + a1 x˙ 1 + a0 x1 = xe

(1.12)

analysiert. F¨ ur diese reduzierte Differentialgleichung gilt analog zu Abb. 1.6 das Simulationsdiagramm von Abb. 1.7. Das reduzierte System hat als alleinige Eingangsgr¨oße nur xe , und die zugeh¨orige Ausgangsgr¨ oße resultiert dann als x1 (t). Die rechte Seite der Differentialgleichung 1.11, d. h. die Anregung der Differentialgleichung, lautet jedoch vollst¨andig b0 xe + b1 x˙ e + b2 x ¨e .

10

1 Zustandsdarstellung von Eingr¨ oßensystemen xe

x˙ 1  + i x¨1 -  K− A −6 A a1  A a2

- 1 a2

x1

Abbildung 1.7: Simulationsdiagramm der reduzierten Differentialgleichung

a0  a2

Da Eingang xe den Ausgang x1 ergibt bzw. Eingang b0 xe den Ausgang b0 x1 , muss Eingang b1 x˙ e den Ausgang b1 x˙ 1 ergeben (da die Differentiation eine lineare Operati¨e den Ausgang b2 x ¨1 erzeugen. Somit resultiert die on darstellt) und ebenso muss b2 x ¨ Ausgangsgr¨ oße xa dieser Differentialgleichung dann als lineare Uberlagerung von b0 x1 + b1 x˙ 1 + b2 x¨1 ⇒ xa . Dieser Aufbau des Ausgangssignals xa ergibt dann eine Erweiterung des Simulationsdiagramms 1.7 und ist in Abb. 1.8 dargestellt [35]. - b2 - b1 xe

- 1 a2

¨1 = x˙ 2  x˙ 1 = x2  + hx tt− K A −6 A a1  A a2

x1 t

- b0

B

B+ x +-BN h a+  

a0  a2 Abbildung 1.8: Simulationsdiagramm der vollst¨andigen Differentialgleichung 2. Ordnung Aus diesem Simulationsdiagramm 1.8 leitet man dann die Zustandsdarstellung der Differentialgleichung 2. Ordnung wie folgt ab. Es gilt: x˙ 1 = x2 xe a1 a0 − x2 − x1 x ¨1 = x˙ 2 = a2 a2 a2 xa = b0 x1 + b1 x2 + b2 x˙ 2 .

(1.13) (1.14) (1.15)

1.2 Zustandsgleichungen von Eingr¨ oßensystemen

11

Diese Gleichungen 1.13 und 1.14 ergeben die Vektordifferentialgleichung   •      0 0 1 x1 x1 = a0 − a1 · x + 1 · xe −a x2 2 a2 a 2 2

mit der Dynamikmatrix A und dem Eingangsvektor b wie folgt:     0 0 1 A= . b= 1 a1 0 −a a2 − a2 a2

(1.16)

Das Einsetzen von Gleichung 1.14 in 1.15 ergibt dann xa = b0 x1 + b1 x2 + b2 x˙ 2

xe a1 a0 = b0 x1 + b1 x2 + b2 · − x2 − x1 a2 a2 a2     a0 a1 b2 = b0 − b2 xe · x1 + b1 − b2 · x2 + a2 a2 a2      x1  b2 = b0 − b2 aa02 b1 − b2 aa12 · + · xe . x2 a2

(1.17)

Dann lauten die mit Ausgangsvektor cT und Durchgangsfaktor d bezeichneten Gr¨oßen    b2 a0 a1  T c = b0 − b2 a2 b1 − b2 a2 d= . (1.18) a2 Dieser Durchgangsfaktor d ist nur bei einem sprungf¨ahigen System, d. h. bei einer Differentialgleichung mit gleicher Ordnung der h¨ ochsten Ableitung von xa und xe von Null verschieden. Die Extrapolation der Ergebnisse von Gleichung 1.16 und 1.18 f¨ uhrt von der Differentialgleichung n-ter Ordnung in der Form n

n−1 a

an xa +an−1 x

n

+ . . . + a1 x˙ a + a0 xa = b0 xe + b1 x˙ e + . . . + bn xe

zu den dazugeh¨ origen Zustandsgleichungen: x˙ = A · x + b · xe xa = cT · x + d · xe , mit den Matrizen und Vektoren ⎡ ⎤ ⎤ ⎡ 0 0 1 0 ··· 0 ⎢ 0 ⎥ ⎥ ⎢ 0 0 1 ··· 0 ⎢ . ⎥ ⎥ ⎢ .. .. .. ⎢ ⎥ ⎥ ⎢ .. b = ⎢ .. ⎥ A = ⎢ . ⎥ . . . ⎢ ⎥ ⎥ ⎢ ⎣ 0 ⎦ ⎦ ⎣ 0 0 0 ··· 1 an−1 1 − aan0 − aan1 − aan2 · · · − a an n   a cT = b0 − bn aan0 b1 − bn aan1 b2 − bn aan2 · · · bn−1 − bn n−1 an   bn d = , an

(1.19) (1.20)

(1.21)

(1.22) (1.23)

12

1 Zustandsdarstellung von Eingr¨ oßensystemen

und dem Zustandsvektor x zu ⎤ ⎡ x1 ⎢ x2 ⎥ ⎥ ⎢ x(t) = ⎢ . ⎥ . ⎣ .. ⎦ xn Diese Form der Zustandsdarstellung bezeichnet man als Regelungsnormalform und die Form der A-Matrix bezeichnet man als Frobenius-Form. Man kann die Zustandsbeschreibung dieses Systems mit den Matrizen A, b, c und d und dem Zustandsvektor x (Anfangszustand x(0)) in einem Blockschaltbild, wie in Abb. 1.9 gezeigt, darstellen5 . Dabei repr¨ asentiert der Block mit dem Integralzeichen die Integration des Zustandsvektors x. Die anderen Bl¨ ocke enthalten die jeweiligen Systemmatrizen. -

d x(0)

xe (t)

-

x(t) ˙ i

b



. . . dt

x(t)

cT

?xa (t) - i -

+ A Abbildung 1.9: Allgemeines Blockschaltbild der Zustandsbeschreibung

Nicht sprungf¨ ahige Systeme. Bei einem nicht sprungf¨ahigen System (d. h. bn = 0) vereinfachen sich bei unver¨ anderter Dynamikmatrix A und unver¨andertem Eingangsvektor b der Ausgangsvektor cT und der Durchgangsfaktor d zu:   cT = b0 b1 b2 · · · bn−1 und d=0. (1.24) Besonders einfach wird die Zustandsdarstellung f¨ ur eine normierte Differentialgleichung mit an = 1 und bn = 0 n

n−1 e

n−1

xa + an−1 xa + . . . + a1 x˙ a + a0 xa = b0 xe + b1 x˙ e + . . . + bn−1 x

.

Dann besitzt f¨ ur diese Differentialgleichung die Regelungsnormalform die Matrizen ⎡

0 0 .. .

1 0 .. .

0 1 .. .

··· ···

0 0 .. .



⎢ ⎥ ⎢ ⎥ ⎢ ⎥ A = ⎢ ⎥ ⎣ 0 0 0 ··· 1 ⎦ −a0 −a1 −a2 · · · −an−1   T b0 b1 b2 · · · bn−1 c = 5

⎡ ⎤ 0 ⎢0⎥ ⎢.⎥ ⎥ b=⎢ ⎢ .. ⎥ ⎣0⎦

(1.25)

1 d=0.

Es werden vektorielle Gr¨ oßen im Blockschaltbild durch breite Pfeile dargestellt.

(1.26)

1.2 Zustandsgleichungen von Eingr¨ oßensystemen

13

In der letzten Zeile der Matrix A stehen die Koeffizienten ai mit negativem Vorzeichen. Oberhalb der Hauptdiagonalen von A steht eine Eins, alle weiteren Elemente von A sind Null. Der Vektor cT enth¨ alt die Koeffizienten bi . Vektor b ist bis auf das letzte Element gleich Null. Die normierte Blockdarstellung dieser Form mit an = 1 und einzelnen Integratoren zeigt Abb. 1.10. Die mit einem Faktor multiplizierte Aufsummierung der xi und ihrer Ableitungen ergibt die Ausgangsgr¨ oße xa . -f 6 bn−1

bn xe (t)- f 6

n

6 i r x-



r6 ?

(t) - fxa6

-f 6 b1

n−1 -xi

-



r6 x˙ i ? a1

an−1 ? f

b0 

xi r6 ? a0

? f 



Abbildung 1.10: Normierte Blockdarstellung der Regelungsnormalform

Aufgabe 1.3: Berechnen Sie die Matrizen A, b, cT in Regelungsnormalform und den Zustandsvektor x f¨ ur die folgende Differentialgleichung: ...

x a (t) + 6¨ xa (t) + 11x˙ a (t) + 6xa (t) = 3xe (t) . ⎡

⎤ 0 1 0 L¨ osung: A = ⎣ 0 0 1 ⎦, −6 −11 −6

⎡ ⎤ 0 b = ⎣ 0 ⎦, 1



 cT = 3 0 0 ,

⎤ x1 x = ⎣ x2 ⎦. x3 ⎡

 Aufgabe 1.4: Berechnen Sie die Matrizen A, b, cT in Regelungsnormalform und den Zustandsvektor x f¨ ur die folgende Differentialgleichung: ...

x a (t) + 2¨ xa (t) + 4x˙ a (t) + 3xa (t) = xe (t) + 3x˙ e (t) + 2¨ xe (t) . ⎡

⎤ 0 1 0 L¨ osung: A = ⎣ 0 0 1 ⎦, −3 −4 −2

⎡ ⎤ 0 b = ⎣ 0 ⎦, 1





cT = 1 3 2 ,

⎤ x1 x = ⎣ x2 ⎦ . x3 ⎡



14

1 Zustandsdarstellung von Eingr¨ oßensystemen

Aufgabe 1.5: Berechnen Sie die Matrizen A, b, cT und d in Regelungsnormalform sowie den Zustandsvektor x f¨ ur die folgende Differentialgleichung: ...

...

xa (t) + 5x˙ a (t) + 3xa (t) = xe (t) + 3x˙ e (t) + 4¨ xe (t) + 2 x e (t) . 2 x a (t) + 4¨ ⎡

⎤ 0 1 0 0 1 ⎦, L¨ osung: A = ⎣ 0 −1,5 −2,5 −2 ⎡ ⎤ x1 d = 1 und x = ⎣ x2 ⎦. x3



⎤ 0 b = ⎣ 0 ⎦, 0,5

  cT = −2 −2 0 sowie 

Beobachtungsnormalform. Die als Beobachtungsnormalform bezeichnete Darstellung soll anhand einer Differentialgleichung dritter Ordnung entwickelt werden. Es gelte die Differentialgleichung ... xa

+ a2 x¨a + a1 x˙ a + a0 xa = b0 xe + b1 x˙ e + b2 x ¨e .

Es wird als erstes der Term a0 xa auf die rechte Seite gebracht und die Zustandsvariable x˙ 1 definiert: ... xa

= x˙ 1    + a2 x¨a + a1 x˙ a = b0 xe − a0 xa + b1 x˙ e + b2 x ¨e = b1 x˙ e + x˙ 1 + b2 x ¨e .

Danach bringt man den Term a1 x˙ a auf die rechte Seite und definiert die Zustandsvariable x¨2 : ... xa

= x¨2    + a2 x¨a = b1 x˙ e + x˙ 1 − a1 x˙ a + b2 x¨e = b2 x ¨e + x ¨2 .

¨a auf die rechte Seite und definiert die Zustandsvariable Zuletzt bringt man den Term a2 x ... x 3 = x a , d. h. x3 = xa :

...

...

= x3    ... ... x a = b2 x ¨e + x ¨ 2 − a2 x ¨a = x 3 . Die Zusammenfassung der eingef¨ uhrten Definitionen der Zustandsvariablen ergibt: x˙ 1 x˙ 2 x˙ 3 xa

= = = =

b0 xe − a0 xa b1 xe + x1 − a1 xa b2 xe + x2 − a2 xa x3

1.2 Zustandsgleichungen von Eingr¨ oßensystemen

15

Daraus resultiert die Zustandsdarstellung ⎡

⎤• ⎤ ⎡ ⎤ ⎡ ⎤ ⎡ x1 0 0 −a0 x1 b0 ⎣ x2 ⎦ = ⎣ 1 0 −a1 ⎦ · ⎣ x2 ⎦ + ⎣ b1 ⎦ · xe x3 0 1 −a2 x3 b2 ⎡ ⎤ x1   xa = 0 0 1 · ⎣ x2 ⎦ . x3

und

Abb. 1.11 zeigt eine Blockdarstellung dieses Systems in Beobachtungsnormalform. ? b0

xe

? b1

? f x˙ 1− 6 a0 6



x1 - f ? x˙ 2 − 6 a1 6

? b2 

x2 - f ? x˙ 3 − 6 a2



xa = -x3

6

Abbildung 1.11: Blockdarstellung der Beobachtungsnormalform Die Erweiterung dieser Darstellung f¨ ur eine normierte Differentialgleichung n-ter Ordnung n

n−1

x a + . . . + a2 x ¨a + a1 x˙ a + a0 xa = b0 xe + b1 x˙ e + . . . + bn−1 xe ergibt die Zustandsdarstellung in Beobachtungsnormalform als ⎡

⎤ ⎡ ⎤ ⎡ ⎤ x1 b0 0 0 0 . . . −a0 ⎢ 1 0 0 . . . −a1 ⎥ ⎢ x2 ⎥ ⎢ b1 ⎥ ⎥ ⎢ ⎥ ⎥ ⎢ ⎥ ⎢ ⎥ ⎥ = ⎢ 0 1 0 . . . −a2 ⎥ · ⎢ x3 ⎥ + ⎢ b2 ⎥ · xe ⎢ ⎢ ⎢. ⎥ ⎥ ⎥ ⎥ .. ⎣ .. ⎦ ⎦ ⎣ ... ⎦ ⎣ ... ⎦ . xn 0 0 1 −an−1 xn bn−1 ⎡ ⎤ x1 ⎢ x2 ⎥   ⎢x ⎥ 3 ⎥ xa = 0 0 . . . 0 1 · ⎢ ⎢ . ⎥ . ⎣ .. ⎦ xn

x1 ⎢ x2 ⎢x ⎢ 3 ⎢ . ⎣ ..

⎤•



und

(1.27)

(1.28)

In dieser Beobachtungsnormalform lassen sich besonders einfach mehrere Eingangsgr¨ oßen, wie z. B. Stell- und St¨ orsignal bei der Differentialgleichung des Gleichstrommotors, ber¨ ucksichtigen. Die Zustandsdarstellung des Gleichstrommotors nach Gleichung

16

1 Zustandsdarstellung von Eingr¨ oßensystemen

1.1 lautet dann 

x1 x2



    (cΨ )2 x1 0 − JLfA = · + RA x2 1 − LA     x1 n = 0 1 · , x2

•

cΨf 2πJLA

0





RA − 2πJL A · uA + 1 − 2πJ

 · mw

bzw. in Kurzform 

x˙ = A · x + b · ua + b · mw n = cT · x . Das Blockschaltbild dieser Zustandsdarstellung zeigt Abb. 1.12. mw (t) ? b



x(0) uA (t)

-

b

x(t) ˙  i . . . dt +

x(t)

cT

n(t) -

A Abbildung 1.12: Blockschaltbild des Gleichstrommotors mit zwei Eingangsgr¨oßen

Diagonalform der Zustandsdarstellung. Die Repr¨asentation einer Differentialgleichung durch ihre Zustandsdarstellung ist, wie die beiden obigen Normalformen zeigen, nicht eindeutig. Der nachfolgenden Differentialgleichung mit m ≤ n n

m

an x a + . . . + a2 x ¨a + a1 x˙ a + a0 xa = b0 xe + b1 x˙ e + . . . + bm x e ¨ entspricht die Ubertragungsfunktion F (s) =

Xa (s) b 0 + b 1 s + b 2 s2 + . . . + b m sm = . Xe (s) a0 + a1 s + a2 s2 + . . . + a n sn

¨ Die Residuendarstellung dieser Ubertragungsfunktion lautet f¨ ur einfache Pole spi von F (s) F (s) =

Xa (s) α1 α2 αn = α0 + + + ···+ . Xe (s) s − sp1 s − sp2 s − spn

1.2 Zustandsgleichungen von Eingr¨ oßensystemen

17

Die Terme αi sind die Residuen. Der Term α0 ist nur f¨ ur m = n von Null verschieden. αi entspricht hierbei einer Differentialgleichung Jeder Einzelterm Xi (s)/Xe (s) = s − spi 1. Ordnung x˙ i = spi · xi + αi · xe . Der Ausgang xa (t) ist dann die Summe der n einzelnen Terme xi (t). Hieraus kann man direkt eine einfache Zustandsdarstellung ableiten zu ⎡

⎤ ⎡ ⎤ ⎡ ⎤ x1 α1 sp1 0 · · · 0 ⎥ ⎢ 0 sp2 · · · 0 ⎥ ⎢ x2 ⎥ ⎢ α2 ⎥ ⎥ ⎥ ⎢ ⎥ ⎢ ⎥ ⎢ ⎥ = ⎢ .. .. .. ⎥ · ⎢ .. ⎥ + ⎢ .. ⎥ · xe ⎦ ⎣ . . . ⎦ ⎣ . ⎦ ⎣ . ⎦ 0 0 · · · spn xn xn αn

x1 ⎢ x2 ⎢ ⎢ .. ⎣ .

⎤•





xa =



1

1 ···

x1  ⎢ ⎢ x2 1 ·⎢ . ⎣ ..

⎤ ⎥ ⎥ ⎥ + α0 · xe ⎦

xn mit den Systemmatrizen und Vektoren ⎤ sp1 0 · · · 0 ⎢ 0 sp2 · · · 0 ⎥ ⎥ ⎢ A = ⎢ . . .. ⎥ ⎣ .. .. . ⎦ 0 0 · · · spn   T c = 1 1 ··· 1 ⎡



α1 ⎢ α2 ⎢ b=⎢ . ⎣ ..

⎤ ⎥ ⎥ ⎥ ⎦

(1.29)

αn d = [α0 ] .

(1.30)

Diese Darstellungsform bezeichnet man als Diagonalform der Zustandsdarstellung, oder auch als Jordan’sche Normalform. Außer der bisher genannten Regelungs- und Beobachtungsnormalform sowie der Diagonalform existieren weitere Normalformen der Zustandsdarstellung von Systemen. Mit geeigneten Transformationen [35] (siehe auch Kapitel 3.3) k¨onnen die Darstellungen von einer in die andere Normalform umgerechnet werden.

1.2.2

Ermittlung aus den Systemgleichungen

Eine weitere Methode zur Aufstellung der Zustandsgleichungen, die sich insbesondere bei den Mehrgr¨ oßensystemen als sehr vorteilhaft erweist, geht von den zugrunde liegenden Systemgleichungen aus. Dies soll am Beispiel des Gleichstrommotors erl¨autert werden.

18

1 Zustandsdarstellung von Eingr¨ oßensystemen

Die vier Grundgleichungen f¨ ur die Beschreibung des Gleichstrommotors lauten gem¨aß Seite 4 = RA iA + LA diA + eA Maschengleichung uA dt = 2πn · cΨf Induktionsgesetz eA ma = iA · cΨf Momentengleichung Impulssatz (Bewegungsgl.). ma − mw = 2 πJ · dn dt Herleitung ohne Lastmoment. Es sei f¨ ur die folgenden Betrachtungen zun¨achst das Lastmoment mw (t) ≡ 0. Nach Ersetzen von eA (t) in der Maschengleichung und ma (t) im Impulssatz resultieren die zwei Gleichungen: uA = RA iA + LA iA · cΨf = 2πJ ·

diA + 2πn · cΨf dt

dn . dt

(1.31)

Nun bringt man die Terme mit der Ableitung auf die linke Seite und erh¨alt: 1 diA = · {−RA iA − 2πn · cΨf + uA } dt LA 1 dn = · {iA · cΨf } . dt 2πJ W¨ ahlt man nun als Zustandsvariablen die Gr¨oßen iA (t) und n(t), so lauten die Zustandsgleichungen    •  RA   1  2πcΨ − LA − LA f iA (t) iA (t) · = cΨf + LA · uA (t) . n(t) n(t) 0 0 2πJ Die Ausgangsgr¨oße n(t) resultiert zu     iA (t) n(t) = 0 1 · . n(t) Es resultiert eine andere Zustandsdarstellung als in Aufgabe 1.2. W¨ahrend dort die Zustandsvariablen die Gr¨ oßen n(t) und n(t) ˙ waren, sind es bei der obigen Vorgehensweise die Gr¨ oßen n(t) und iA (t). Die Zustandsvariablen sind im Allgemeinen physikalisch messbare Gr¨ oßen, bzw. man w¨ ahlt sie als solche. Dies ist bei den Verfahren, die zu den speziellen Normalformen f¨ uhren, nicht immer der Fall. Das Ein-/Ausgangsverhalten von uA (t) nach n(t) ist dasselbe obwohl andere Zustandsvariablen vorliegen. Dies liegt daran, dass die Zustandsdarstellung bez¨ uglich der Zustandsvariablen und der Matrizen A, b ... nicht eindeutig ist, obwohl das Ein-/Ausgangsverhalten unver¨andert erhalten bleibt.

¨ 1.3 Ermittlung der Ubertragungsfunktion

19

Herleitung mit Lastmoment. Ist das Lastmoment mw (t) nicht gleich Null, so lautet Gleichung 1.31 iA · cΨf = 2πJ ·

dn + mw . dt

Aufgel¨ ost nach n˙ folgt daraus: dn cΨf 1 = · iA − · mw . dt 2πJ 2πJ Damit resultiert die Zustandsdarstellung f¨ ur den Gleichstrommotor mit Stell- und St¨orgr¨ oße zu:         •  RA 2πcΨ 1 − LA − LA f 0 i ia · A + LA · uA + = cΨf · mw . 1 n n − 2πJ 0 0 2πJ

Die Dynamikmatrix A entspricht bei dieser Vorgehensweise keiner der zuvor behandelten Normalformen f¨ ur Eingr¨ oßensysteme. Die Ausgangsgleichung f¨ ur n(t) bleibt unver¨ andert     iA (t) n(t) = 0 1 · . n(t) Auch in dieser Form kann man die Regelstrecke Gleichstrommotor als Block mit zwei Eing¨ angen und einem Ausgang in einem Blockschaltbild darstellen. Diese Blockdarstellung ist dann ¨ aquivalent zu der Darstellung nach Abb. 1.9, die Systemmatrizen sind nun jedoch andere. Die in diesem Abschnitt behandelte Ermittlung der Zustandsgleichungen aus der Systemdarstellung stellt die Grundlage der Zustandsdarstellung von Mehrgr¨oßensystemen dar.

1.3

¨ Ermittlung der Ubertragungsfunktion

Herleitung. Die Beschreibung eines Eingr¨ oßensystems durch die Zustandsdarstellung wurde in den Gleichungen 1.19 und 1.20 angegeben zu x˙ = A · x + b · xe xa = cT · x + d · xe .

(1.32) (1.33)

¨ Diese Zustandsdarstellung kann mithilfe der Laplace-Transformation in eine Ubertragungsfunktion u uhrt werden. Die Laplace-Transformation von Gleichung 1.32 ergibt ¨ berf¨ s · X(s) = A · X(s) + b · Xe (s) ,

20

1 Zustandsdarstellung von Eingr¨ oßensystemen

mit s als Laplace-Variable und X(s) = L{x(t)} bzw. Xe (s) = L{xe (t)} als Laplacetransformierte Gr¨ oßen x(t) bzw. xe (t). Fasst man die Gr¨oßen mit X(s) auf der linken Seite zusammen, so erh¨ alt man {sI − A} · X(s) = b · Xe (s) , mit I als Einheitsmatrix. Die Linksmultiplikation dieser Gleichung mit {sI − A}−1 f¨ uhrt dann zu X(s) = {sI − A}−1 · b · Xe (s) . Setzt man diese L¨ osung f¨ ur X(s) ein in die Laplace-transformierte Gleichung 1.33 Xa (s) = cT · X(s) + d · Xe (s) , ur Xa (s) die folgende Gleichung: (mit Xa (s) = L{xa (t)}) so resultiert f¨ Xa (s) = cT · {sI − A}−1 · b · Xe (s) + d · Xe (s) . Abschließend fasst man noch die Terme mit Xe (s) zusammen und erh¨alt als Ergebnis die Gleichung   Xa (s) = cT · {sI − A}−1 · b + d · Xe (s) .

(1.34)

¨ Die zu Gleichung 1.34 geh¨ orende Ubertragungsfunktion lautet dann F (s) =

Xa (s) = cT · {sI − A}−1 · b + d . Xe (s)

(1.35)

Die Anwendung dieser Gleichung soll an dem einfachen Beispiel von Aufgabe 1.1 erl¨autert werden. Beispiel 1.1: Es seien die Zustandsmatrizen eines Systems gegeben zu       0 1 0 A= , b= , cT = 1 0 und d = 0. −3 −4 2 Man beginnt mit der Berechnung der Matrix {sI − A} welche man auch als charakteristische Matrix6 bezeichnet. Sie lautet hier   s −1 {sI − A} = . 3 s+4 6

N¨ aheres hierzu siehe Abschnitt 2.4.

¨ 1.3 Ermittlung der Ubertragungsfunktion

21

Die Inverse dieser Matrix resultiert zu:     s −1 s+4 1 Adj 3 s+4 −3 s  = . {sI − A}−1 = s · (s + 4) + 3 s −1 Det 3 s+4

(1.36)

Die Determinante der charakteristischen Matrix Det(sI − A) also 

s Det 3

−1 s+4

 = s · (s + 4) + 3 = s2 + 4s + 3 = (s + 3) · (s + 1) ,

ist das charakteristische Polynom. Es gilt also allgemein die folgende Beziehung: Det(sI − A) = sn + an−1 sn−1 + . . . + a1 s + a0 = (s − λ1 )(s − λ2 ) · · · (s − λn )

(1.37)

mit λi als Wurzeln der charakteristischen Gleichung und ai als Koeffizienten der charakteristischen Gleichung. Die Wurzeln der charakterischen Gleichung sind gleichzeitig die charakteristischen Werte oder Eigenwerte der Matrix A (siehe Anhang A.5). Diese Zusammenh¨ ange werden in Kapitel 2 noch ausf¨ uhrlicher betrachtet.   Die Linksmultiplikation von Gleichung 1.36 mit cT = 1 0 ergibt dann 

cT · {sI − A}−1

 s+4 1     −3 s s+4 1 = . = 1 0 · s · (s + 4) + 3 s · (s + 4) + 3

Die abschließende Rechtsmultiplikation mit b = 

cT {sI − A}−1 b =



  0 f¨ uhrt dann zu: 2

  s+4 1 0 · = s · (s + 4) + 3 2



   0 s+4 1 2 2 = 2 . s · (s + 4) + 3 s + 4s + 3

¨ Damit lautet die Ubertragungsfunktion F (s) der gegebenen Zustandsdarstellung unter Beachtung von d = 0 dann F (s) =

Xa (s) 2 = 2 . Xe (s) s + 4s + 3 

22

1 Zustandsdarstellung von Eingr¨ oßensystemen 

Aufgabe 1.6: Die Zustandsmatrizen eines Systems sind gegeben zu: A =     1 b= , cT = 2 0 und d = 0. 2

 0 1 , −2 −5

¨ Berechnen Sie die Ubertragungsfunktion dieser Zustandsdarstellung. L¨ osung: F (s) =

2s + 14 s2 + 5s + 2

 ⎡

⎤ 0 1 0 Aufgabe 1.7: Die Zustandsmatrizen eines Systems sind gegeben zu: A = ⎣ 0 0 1 ⎦, −3 −4 −2 ⎡ ⎤ 0   b = ⎣ 0 ⎦, cT = 1 3 2 und d = 0. 1 ¨ Berechnen Sie die Ubertragungsfunktion dieser Zustandsdarstellung. L¨ osung: F (s) =

2s2 + 3s + 1 s3 + 2s2 + 4s + 3

 

Aufgabe 1.8: Die Zustandsmatrizen eines Systems sind gegeben zu: A =     1 b= , cT = 2 1 und d = 1. 2

 1 3 , −2 −4

¨ Berechnen Sie die Ubertragungsfunktion dieser Zustandsdarstellung. L¨ osung: F (s) =

s2 + 7s + 18 s2 + 3s + 2



2

Zustandsdarstellung von Mehrgro¨ßensystemen

Allgemeines. Im Unterschied zu den Eingr¨oßensystemen weisen die Mehrgr¨oßensysteme mehrere Eingangsgr¨ oßen und mehrere Ausgangsgr¨oßen auf. Beispiele hierf¨ ur sind ein Hydrauliksystem bestehend aus mehreren Beh¨altern mit Zu- und Abfl¨ ussen (Stellgr¨ oßen: Zufluss 1, 2 . . . und Regelgr¨ oßen: F¨ ullstand 1, 2 . . . ), die L¨angsbewegung eines Flugzeugs (Stellgr¨ oßen: H¨ ohenruder und Schub, Regelgr¨oßen: Flugh¨ohe und Geschwindigkeit), ein Dampferzeuger (Stellgr¨ oßen: Frischwassereinspeisung und Brennstoffzufuhr, Regelgr¨ oßen: Dampfdruck und Dampftemperatur). Auch hier werden die interessierenden Regelgr¨oßen (Istwerte) mit den entsprechenden Sollwerten verglichen und als Eingangsgr¨ oßen in einen Mehrgr¨oßenregler gef¨ uhrt. Dieser liefert dann die Stellsignale, die daf¨ ur sorgen, dass die Regelgr¨oßen zu den Sollwerten gef¨ uhrt werden. Mehrgr¨ oßen-Regelsysteme k¨ onnen wie Eingr¨ oßensysteme sowohl im Zeitbereich durch ¨ Differentialgleichungen als auch im Frequenzbereich durch Ubertragungsfunktionen beschrieben werden. Beide Darstellungen k¨ onnen ineinander u uhrt werden. Das Schwer¨ berf¨ gewicht bei den Untersuchungen soll hier auf die Darstellung im Zeitbereich gelegt werden. Auf die Analogie zu Eingr¨ oßensystemen wird an den Stellen wo es m¨oglich ist hingewiesen.

2.1

Mehrgr¨oßensysteme

2.1.1

Einfu ¨hrung

Definitionen. Systeme mit mehreren Eingangs- und Ausgangsgr¨oßen bezeichnet man in der Regelungstechnik als Mehrgr¨ oßensysteme oder als Mehrgr¨oßen-Regelsysteme. Es wirken gleichzeitig mehrere Eingangsgr¨ oßen auf das System ein und beeinflussen wechselseitig die vorhandenen Ausgangsgr¨ oßen. Die Ein- und Ausgangsgr¨oßen werden zu Vektoren wie folgt zusammengefasst1 : ⎤ ⎡ ⎤ ⎡ ⎤ ⎡ y1 (t) z1 (t) u1 (t) ⎢ y2 (t) ⎥ ⎢ z2 (t) ⎥ ⎢ u2 (t) ⎥ ⎥ ⎢ ⎥ ⎢ ⎥ ⎢ y(t) = ⎢ . ⎥ z(t) = ⎢ . ⎥ , (2.1) u(t) = ⎢ . ⎥ ⎣ .. ⎦ ⎣ .. ⎦ ⎣ .. ⎦ ur (t) 1

ys (t)

zq (t)

Es wird ab hier die f¨ ur die Zustandsdarstellung von Systemen u ¨ bliche Schreibweise mit u = xe als Eingangsvektor und y = xa als Ausgangsvektor verwendet.

24

2 Zustandsdarstellung von Mehrgr¨ oßensystemen

mit u(t) als Vektor der r Stellgr¨ oßen, y(t) als Vektor der s Ausgangsgr¨oßen und z(t) als ¨ Vektor der q St¨orgr¨ oßen. Der Ubergang zu diesen im Vergleich zum Eingr¨oßensystem ge¨ anderten Bezeichungen ist durch die in Kapitel 1 eingef¨ uhrte Zustandsdarstellung bedingt. oßen-Regelstrecke zeigt Abb. 2.1. Die Blockdarstellung2 einer Mehrgr¨

St¨ orgr¨ oßen z(t) Stellgr¨ oßen u(t)

Ausgangsgr¨ oßen y(t)

Regelstrecke

Abbildung 2.1: Mehrgr¨oßen-Regelstrecke

Jede der Stell- bzw. St¨ orgr¨ oßen uα , α ∈ {1 . . . r}, bzw. zβ , β ∈ {1 . . . q}, beeinflusst eine oder mehrere der Ausgangsgr¨ oßen yγ , γ ∈ {1 . . . s}. Ein- und Ausgangsgr¨oßen sind also Regelstrecke mit internen Kopplungen -

u1 u2

z :

.. . ur

* 1

-

q j

- y1 - y2 .. . - ys

Abbildung 2.2: Mehrgr¨oßen-Regelstrecke mit internen Kopplungen

miteinander verkoppelt. Dies deutet die Abb. 2.2 (f¨ ur z(t) ≡ 0) an. Diese Regelstrecken mit mehreren Eingangs- und Ausgangsgr¨oßen werden mit Reglern geregelt, die ebenfalls mehrere Ein- und Ausgangsgr¨oßen enthalten. Es liegen mehrere Regelgr¨ oßen und somit auch mehrere Sollwerte vor. Somit entsteht ein mehrschleifiger Regelkreis, wie ihn Abb. 2.3 darstellt. Bevor auf die mathematische Beschreibung derartiger Mehrgr¨oßen-Regelstrecken sowie auf die Beschreibung und den Entwurf der Mehrgr¨oßenregler eingegangen wird, sollen zun¨ achst einige Beispiele f¨ ur diese Mehrgr¨ oßen-Regelsysteme vorgestellt werden. 2

Es werden vektorielle Gr¨ oßen in der Blockdarstellung als breite Pfeile hervorgehoben.

2.1 Mehrgr¨ oßensysteme

25

St¨ orgr¨ oßen z(t) Sollwerte w(t)

Stellgr¨ oßen u(t)

e(t)

i

Regler

Ausgangsgr¨ oßen y(t)

Regelstrecke



Abbildung 2.3: Mehrschleifiger Regelkreis – Mehrgr¨oßen-Regelsystem

2.1.2

Beispiele von Mehrgr¨oßensystemen

Beispiel 2.1 Hydraulik-Kaskade: Ein Hydrauliksystem, bestehend aus drei verbundenen Fl¨ ussigkeitsbeh¨ altern, enthalte die Stellgr¨ oßen3 QZu1 und QZu3 und die zwei St¨orgr¨oßen ullstand h1 und h3 in den Beh¨altern 1 und 3 soll geregelt werden. QAb2 und QAb3 . Der F¨ Abb. 2.4 zeigt die technologische Ersatzdarstellung dieser Regelstrecke. QZu1

QZu3

? 6 h1 ?

?

6

6 h3

h2 V1

V2

?

?

V4 QAb2 ?

V3 QAb3 ?

Abbildung 2.4: Regelstrecke Hydraulik-Kaskade

Die Bauteile V1 bis V4 sollen Ventile darstellen. Aus technischen Gr¨ unden kann z. B. die Regelgr¨ oße h2 nicht gemessen werden, sondern nur die Gr¨oßen h1 und h3 sind messtechnisch erfassbar. Aufgrund der Verkopplung der drei Beh¨alter ist die Stellgr¨oße ur Beh¨ alter 1 zust¨ andig, sondern sie wirkt ebenso auf Beh¨alter 2 und QZu1 nicht nur f¨ 3. Entsprechendes gilt f¨ ur die Stellgr¨ oße QZu3 und die St¨orgr¨oßen QAb2 und QAb3 .

3

Mit der Gr¨ oße Q als Menge pro Zeiteinheit.

26

2 Zustandsdarstellung von Mehrgr¨ oßensystemen

Die klassische Eingr¨ oßenregelung kann diese Regelaufgabe nicht bew¨altigen, da die Systemgr¨ oßen Druck, F¨ ullstand, Zufluss und Abfluss sich gegenseitig beeinflussen. Dies ist eine typische Aufgabe f¨ ur eine Mehrgr¨ oßenregelung. Beispiel 2.2 Hubschrauber-Schwebeflug: Die Bewegung eines Hubschraubers im Schwebeflug stellt ebenfalls ein Mehrgr¨ oßen-Regelsystem dar. Abb. 2.5 zeigt die Aufsicht und Seitenansichten eines Hubschraubers.

Abbildung 2.5: Aufsicht und Seitenansichten eines Hubschraubers [52]

Stellgr¨ oßen f¨ ur die Bewegung des Hubschraubers sind z. B. der Anstellwinkel des Hauptrotors αM und des Heckrotors αT . Ausgangsgr¨oßen sind z. B. die H¨ohe z(t) und der Gierwinkel4 Ψ(t). Auch bei diesem Beispiel sind die Systemgr¨oßen, wie z. B. H¨ohe z, ˙ sowie RotordrehVertikalgeschwindigkeit z, ˙ Gierwinkel Ψ, Gierwinkelgeschwindigkeit Ψ zahl Ω miteinander verkoppelt. Eine oder mehrere Eingr¨oßenregelungen sind nicht in der Lage, das System zufriedenstellend zu regeln. Beispiel 2.3 Destillationskolonne: In einer Destillationskolonne soll die aus zwei Bestandteilen bestehende Fl¨ ussigkeit mittels Destillation in ihre beiden Bestandteile zerlegt werden. In Abb. 2.6 ist die technologische Ersatzdarstellung gezeigt. Das Fl¨ ussigkeitsgemisch wird bei a in die Anlage eingef¨ ullt. Der schwerer siedende Bestandteil sinkt in der mit F¨ ullk¨ orpern und Zwischenb¨oden gef¨ ullten Kolonne hinab und sammelt sich im unteren Teil, dem Sumpf“. Die mit Dampf beheizte Heizschlange ” im Sumpf trennt die leichter siedenden Bestandteile, die sich als Dampf im Kopf“ der ” Kolonne sammeln und im K¨ uhler d kondensieren. Das leichter siedende Produkt wird 4

Der Gierwinkel ist der Winkel zwischen dem Geschwindigkeitsvektor des Hubschraubers und seiner L¨ angsachse.

2.1 Mehrgr¨ oßensysteme

27 d   '$ x1 y  ?1 b

a-

x3 & % y2 ' $ x2 ? &% y3 c ? Abbildung 2.6: Aufbau einer Destillationskolonne

bei b abgezogen und das schwerer siedende bei c. Mehrere Regler regeln die Temperatur im Kolonnenkopf bzw. Temperatur und F¨ ullstand im Sumpf. Ist der Reinheitsgrad der Produkte b und c nicht ausreichend, so k¨ onnen diese Produkte bei a wieder dem Prozess zugef¨ uhrt werden. Regelgr¨ oßen dieser Kolonne sind die Temperatur x1 im Kopf, ullstand x3 im Sumpf und die betreffenden Stellgr¨oßen sind die Temperatur x2 und F¨ Ventilstellungen y1 , y2 und y3 . Aufgrund der Verkopplung der Systemgr¨oßen k¨onnen auch hier die Gr¨ oßen unabh¨ angig voneinander nicht zufriedenstellend geregelt werden, sodass eine Mehrgr¨ oßenregelung vorzunehmen ist. Es ist ein Mehrgr¨ oßenregler so zu entwerfen, dass durch geeignete R¨ uckf¨ uhrung der Mess-(Regel-)gr¨ oßen x1 bis x3 die Stellgr¨ oßen y1 bis y3 so angesteuert werden, dass die Regelgr¨ oßen die gew¨ unschten Werte annehmen. Beispiel 2.4 Dampferzeuger: In einem Dampferzeuger (Abb. 2.7) wird das zugef¨ uhrte Speisewasser in einem Kessel erhitzt, um den Dampf zu erzeugen. Die Aufheizung des Speisewassers geschieht im Feuerraum des Kessels. Regelgr¨oßen sind der F¨ ullstand x1 des Speisewasserbeh¨ alters, die entnommene Dampfmenge x2 , die zugef¨ uhrte Luftmenge oßen stehen zur Verf¨ ugung die Einstellung x3 sowie der Feuerraumdruck x4 . Als Stellgr¨ der zugef¨ uhrten Speisewassermenge u uhrte Brennstoff¨ ber ein Stellventil y1 , die zugef¨ ur die Regelung der zugef¨ uhrten Luftmenge menge y2 (hier z. B. Gas), die Stellklappe f¨ y3 sowie die Stellklappe y4 f¨ ur die Regelung des Feuerraumdrucks. Als St¨orgr¨oßen treten beispielsweise auf: der Heizwert des Brennstoffs, die Menge des entnommenen Dampfes, Speisewasserdruck und Speisewassertemperatur, die Verschmutzung der Feuerung . . . .

28

2 Zustandsdarstellung von Mehrgr¨ oßensystemen v x4

y4

6

x2-

' $ x1

y ?1

& % y ?2 6 v

x3 y3

Abbildung 2.7: Aufbau eines Dampferzeugers

Auch hier ist das System so verkoppelt, dass ein getrennter Reglerentwurf f¨ ur die Regelung der Gr¨ oßen x1 bis x4 nicht zu einem befriedigenden Ergebnis f¨ uhrt. 

2.2

Zustandsgleichungen von Mehrgro¨ßensystemen

2.2.1

Herleitung aus den Systemgleichungen

¨ Grundlagen. Der Ubergang von den Zustandsgleichungen f¨ ur Eingr¨oßensysteme zu den Zustandsgleichungen f¨ ur Mehrgr¨ oßensysteme l¨asst sich formal sehr einfach an den Zustandsgleichungen 1.19 und 1.20 (mit u = xe und y = xa ) zeigen: x˙ = A · x + b · u y = cT · x + d · u . In diesen Gleichungen sind die Ein- und Ausgangsgr¨oße u und y skalare Gr¨oßen. In einem Mehrgr¨ oßensystem sind die Ein- und Ausgangsgr¨oßen u und y jedoch Vektoren.

2.2 Zustandsgleichungen von Mehrgr¨ oßensystemen

29

Dann werden die zugeh¨ origen Vektoren b und c und der Skalar d ebenfalls zu Matrizen und es resultiert die folgende Zustandsdarstellung: x˙ = A · x + B · u y = C ·x+D·u .

(2.2) (2.3)

Auch hier ist die Matrix D nur f¨ ur sprungf¨ ahige Systeme von Null verschieden. F¨ ur ein System mit r Eingangsgr¨ oßen, s Ausgangsgr¨oßen und einem Zustandsvektor der Dimension n ist A eine n × n Matrix, B eine n × r Matrix, C eine s × n Matrix und D eine s × r Matrix. Die nachfolgende Umformung eines Systems vierter Ordnung in die Zustandsdarstellung zeigt die Ermittlung der Systemmatrizen und -vektoren. Das Gleichungssystem f¨ ur ein System mit zwei Eing¨ angen u1 (t), u2 (t) und zwei Ausg¨angen y1 (t), y2 (t) sei beispielsweise gegeben zu: x˙ 1 x˙ 2 x˙ 3 x˙ 4 y1 y2

= = = = = =

−2x1 − 3x2 + u1 x1 − 2x2 + x4 −x2 − x3 + 2u2 x1 − 3x3 − 4x4 + u1 x2 + 2x3 x2 + x3 − x4 + u1 .

und

Schreibt man diese Gleichungen in Matrizenform so resultiert: ⎡

⎤• ⎡ x1 −2 ⎢ x2 ⎥ ⎢ 1 ⎣x ⎦ =⎣ 0 3 x4 1 

y1 y2



 =

−3 −2 −1 0

0 0 −1 −3

⎤ ⎡ ⎤ ⎡ 1 0 x1 1 ⎥ ⎢ x2 ⎥ ⎢ 0 + · 0 ⎦ ⎣ x3 ⎦ ⎣ 0 1 x4 −4

⎤ 0   0 ⎥ u1 · 2 ⎦ u2 0

⎤ x1     0 0 0 1 2 0 u1 ⎢ x2 ⎥ + . · · u2 1 0 0 1 1 −1 ⎣ x3 ⎦ x4 



Die Matrizen des Systems in Zustandsdarstellung sind damit ⎡

−2 ⎢ 1 A=⎣ 0 1  0 1 C= 0 1

−3 −2 −1 0

0 0 −1 −3  2 0 1 −1

⎤ 0 1 ⎥ 0 ⎦ −4



⎤ 1 0 ⎢0 0⎥ B=⎣ 0 2⎦ 1 0   0 0 und D= 1 0

30

2 Zustandsdarstellung von Mehrgr¨ oßensystemen

und Zustands-, Ein- und Ausgangsvektor des Systems lauten: ⎤ x1 ⎢x ⎥ x=⎣ 2⎦ , x3 x4 ⎡

 u=

u1 u2



 und

y=

y1 y2

 .

In allgemeiner Form kann diese Zustandsdarstellung durch das Blockschaltbild nach Abb. 2.8 repr¨ asentiert werden (Anfangszustand x(0) = x0 ). D x(0) u(t) B

x(t) ˙ i



. . . dt

x(t) C

i

y(t)

+ A Abbildung 2.8: Blockschaltbild der Zustandsbeschreibung eines Mehrgr¨oßensystems

Falls zus¨ atzlich zum Eingangsvektor u ein weiterer Eingangsvektor z (z. B. ein St¨oreingang) vorhanden ist, dann wird dieser Eingang u ¨ ber eine zus¨atzliche Eingangs- und Durchgangsmatrix B z bzw. D z wie folgt erfasst: x˙ = A · x + B · u + B z · z y = C · x + D · u + Dz · z .

(2.4) (2.5)

Aufgabe 2.1: Ermitteln Sie die Systemmatrizen A, B, C und gegebenenfalls D des folgenden Differentialgleichungssystems: x˙ 1 x˙ 2 x˙ 3 x˙ 4 y1 y2

= = = = = =

−2x1 − x2 + 3x4 + 2u1 + u2 x1 − 4x2 + x4 − u2 2x1 − x2 − x3 + 3u1 x1 − 3x3 − 2x4 + u1 und x1 − x2 + 2x3 − 3u2 2x2 + x3 − x4 + u1 .

2.2 Zustandsgleichungen von Mehrgr¨ oßensystemen

31

L¨ osung: ⎡

−2 ⎢ 1 A=⎣ 2 1  C=

−1 −4 −1 0

0 0 −1 −3

1 −1 2 0 0 2 1 −1

⎤ 3 1 ⎥ 0 ⎦ −2



2 ⎢0 B=⎣ 3 1



⎤ 1 −1 ⎥ 0 ⎦ 0 

und

D=

0 −3 1 0

 .



Nachfolgend sollen einige Beispiele f¨ ur die Zustandsdarstellung der technischen Mehrgr¨ oßensysteme gegeben werden, die zuvor vorgestellt wurden. Beispiel 2.5 Hydraulik-Kaskade: Die Ersatzdarstellung der untersuchten HydraulikKaskade zeigt Abb. 2.4. F¨ ur eine derartige Kaskade gelten die folgenden Grundgleichungen: pi

=

QEin − QAus

=

Qab

=

ρ · g · hi dhi Ai · dt Kj · (pa − pb )

Druck im Beh¨alter i F¨ ullstandsgleichung Beh¨alter i Ventilgleichung f¨ ur Ventil j

mit pi als Druck in kPascal am Boden des jeweiligen Beh¨alters, ρ in kg/dm3 als spezifische Dichte der Fl¨ ussigkeit, g als Gravitationkonstante in m/s2 , Ai als Grundfl¨ache des i-ten Beh¨ alters in m2 , Kj als Ventilkonstante des Ventils j in m4 s/(103 kg), und dem Zu- und Abfluss pro Zeiteinheit Q in m3 /s sowie dem Ventildurchfluss pro Zeiteinheit alter a in Beh¨ alter b in m3 /s. Qab von Beh¨ Stellt man f¨ ur die drei Beh¨ alter mit ihren Zu- und Abfl¨ ussen und die Ventile nach obiger Vorgabe die Grundgleichungen auf, so lauten diese: h1 = h2 = h3 = Q12 Q23 QAb2 QAb3 p1 p2 p3

= = = = = = =

 1 · (QZu1 − Q12 )dt A1  1 · (Q12 − Q23 − QAb2 )dt A2  1 · (QZu3 + Q23 − QAb3 )dt A3 K1 · (p1 − p2 ) K2 · (p2 − p3 ) K 4 · p2 K 3 · p3 ρ · g · h1 ρ · g · h2 ρ · g · h3 .

32

2 Zustandsdarstellung von Mehrgr¨ oßensystemen

Die Ableitungen der Gleichungen f¨ ur den F¨ ullstand hi und das Einsetzen der Gleichungen f¨ ur den Druck in die jeweiligen Durchfl¨ usse ergibt 1 · (QZu1 − Q12 ) h˙ 1 = A1 1 · (Q12 − Q23 − QAb2 ) h˙ 2 = A2 1 h˙ 3 = · (QZu3 + Q23 − QAb3 ) A3 Q12 = K1 ρg · h1 − K1 ρg · h2 Q23 = K2 ρg · h2 − K2 ρg · h3 .

und

Das Einsetzen der Gleichungen f¨ ur die Durchfl¨ usse in die Ableitungen der F¨ ullh¨ohen hi ergibt die resultierenden Gleichungen 1 · (QZu1 − K1 ρg · h1 + K1 ρg · h2 ) h˙ 1 = A1 1 h˙ 2 = · (K1 ρg · h1 − K1 ρg · h2 − K2 ρg · h2 + K2 ρg · h3 − QAb2 ) A2 1 · (QZu3 + K2 ρg · h2 − K2 ρg · h3 − QAb3 ) , h˙ 3 = A3

die nur noch in Matrixform zu schreiben sind. Damit lauten dann die Zustandsgleichungen der Hydraulik-Kaskade: ⎤ ⎡ ⎤ ⎡ ⎤ ⎡ K1 ρg + KA1 1ρg 0 − A1 h˙ 1 h1 K ρg K ρg K ρg K ρg ⎥ ⎣ h˙ 2 ⎦ = ⎢ ⎣ + A1 2 − A1 2 − A2 2 + A2 2 ⎦ · ⎣ h2 ⎦ h3 h˙ 3 0 + KA2 3ρg − KA2 3ρg ⎡

⎤ ⎤ ⎡     0 0 0 Q QAb2 1 Zu1 ⎣ ⎦ ⎦ ⎣ − 0 + 0 0 · · + . A2 QZu3 QAb3 0 − A13 0 A13 1 A1

(2.6)

Die Hydraulikkaskade ist ein verkoppeltes System, wie man an der Dynamikmatrix A erkennt. Die F¨ ullst¨ ande hi beeinflussen sich gegenseitig, da sonst A eine Diagonalmatrix w¨ are. Da nur h1 und h3 als Ausgangsgr¨ oßen gemessen werden, lautet die Ausgangsgleichung (mit [hi ] in m): 

y1 y2



 =

h1 h3



 =

⎡ ⎤  h 1 0 0 ⎣ 1⎦ · h2 . 0 0 1 h3

(2.7)

2.2 Zustandsgleichungen von Mehrgr¨ oßensystemen

33

Mit den Zahlenwerten A1 = 8 m2 , A2 = 10 m2 , A3 = 12 m2 , ρ = 1kg/dm3 , g = 10 m/s2 , K1 = K2 = 0,1 m4 s/(103 kg) lauten die Zustandsgleichungen dann: ⎡

⎤ ⎡ ⎤ ⎡ ⎤ h˙ 1 −0,125 0,125 0 h1 ⎣ h˙ 2 ⎦ = ⎣ 0,1 −0,2 0,1 ⎦ · ⎣ h2 ⎦ + 0 0,0833 −0,0833 h3 h˙ 3 ⎡

⎤ ⎡ ⎤     0,1250 0 0 0 Q QAb2 Zu1 ⎣ ⎦ ⎣ ⎦ 0 0 −0,1 0 + · + · . QZu3 QAb3 0 0,0833 0 −0,0833

(2.8)

⎤     h1 QZu1 QAb2 der Stellvektor, z = Hierin sind x = ⎣ h2 ⎦ der Zustandsvektor, u = QZu3 QAb3 h3   h1 der St¨ orvektor und y = der Ausgangsvektor.  h3 ⎡

Beispiel 2.6 Hubschrauber im Schwebeflug: Das nachfolgende Zustandsmodell beschreibt die Bewegung eines Helikopters im Schwebeflug (siehe Seite 26) in der Vertikalen und um die Hochachse [73]. ⎡

⎤• ⎡ ⎤ ⎡ ⎤ z z 0 0,4989 0 0 0 0 0 ⎢ z˙ ⎥ ⎢ 0 −0,4022 0 ⎥ ⎢ z˙ ⎥ ⎢Ψ⎥ ⎢ ⎥ ⎢Ψ⎥ 0 0 4,008 0 ⎢ ⎥ = ⎢0 ⎥·⎢ ⎥ ⎣ ˙ ⎦ ⎣ 0 −0,009793 0 −0,7637 −0,9658 ⎦ ⎣ ˙ ⎦ Ψ Ψ 0 0,03684 0 −1,498 −3,000 Ω Ω ⎡

⎤ 0 0  0 ⎥  ⎢ 12,04 ⎢ ⎥ αM 0 ⎥· +⎢ 0 αT ⎣ −1,728 −6,541 ⎦ 6,680 −6,984 ⎤ z     ⎢ z˙ ⎥ z 1 0 0 0 0 ⎢ ⎥ = ·⎢Ψ⎥ Ψ 0 0 1 0 0 ⎣ ˙ ⎦ Ψ Ω

(2.9)



(2.10)

In diesen Zustandsgleichungen sind die skalierten Zustandsvariablen die H¨ohe z (bezogen auf 1 m), die Vertikalgeschwindigkeit z˙ (bezogen auf 0,5 m/s), der Gierwinkel Ψ

34

2 Zustandsdarstellung von Mehrgr¨ oßensystemen

˙ (bezogen auf 4 rad/s) und die Rotordreh(bezogen auf 1 rad), die Giergeschwindigkeit Ψ zahl Ω (bezogen auf 5 rad/s). Die Stellgr¨ oßen sind der Anstellwinkel des Hauptrotors αM (bezogen auf 0,09 rad) und der Anstellwinkel des Heckrotors αT (bezogen auf 0,3 rad). Ausgangs- bzw. Messgr¨ oßen sind die H¨ ohe z und der Gierwinkel Ψ. Die Verkopplung der einzelnen Systemzust¨ ande erkennt man z. B. an der Eingangsma˙ und trix B. Der Anstellwinkel αM wirkt sich auf die H¨ohe z, Giergeschwindigkeit Ψ die Rotordrehzahl Ω aus. Dagegen wirkt sich der Anstellwinkel αT nur auf die Gierge˙ und die Rotordrehzahl Ω aus. schwindigkeit Ψ  Beispiel 2.7 Destillationskolonne: Das Schaubild einer Destillationskolonne ist in Abb. 2.6 gezeigt. F¨ ur ein vereinfachtes Zustandsmodell werden nach [10] nur die Verkopplungen der Temperaturen von Boden 2 und Boden 9 betrachtet. Die Zustandsgleichungen f¨ ur dieses Modell lauten dann: ⎤ ⎡ ⎤ ⎡ ⎤• ⎡ 0 0 0 −2,6853 · 10−3 x1 x1 −3 0 −2,9446 · 10 0 0 ⎥ ⎢ x2 ⎥ ⎢ x2 ⎥ ⎢ ⎦·⎣x ⎦ ⎣x ⎦ = ⎣ 0 0 0 −4,6147 · 10−4 3 3 x4 x4 0 0 0 −1,3441 · 10−3 ⎤ 0 2,8491 · 10−4   −3 0 −3,6926 · 10 ⎥ QH ⎢ · +⎣ ⎦ 7,5035 · 10−5 0 κ 0 −5,1156 · 10−3 ⎡



ϑ2 ϑ9



 =

⎤ x1 1 1 0 0 ⎢ x2 ⎥ · . 0 0 1 1 ⎣ x3 ⎦ x4 

(2.11)



(2.12)

In diesem Zustandsmodell bedeuten x1 bis x4 die Zustandsvariablen, QH die Heizdampfmenge/Zeiteinheit als Stellsignal 1 und κ das R¨ ucklaufverh¨altnis der Destillate als Stellsignal 2. Die Ausgangs- bzw. Messgr¨ oßen sind die Temperatur ϑ2 von Boden 2 und die Temperatur ϑ9 von Boden 9. In diesem Beispiel erfolgt die Verkopplung u ¨ber die Messmatrix C.



Beispiel 2.8 Dampferzeuger: F¨ ur einen Dampferzeuger nach Abb. 2.7 gelten nach [48] die folgenden Zustandsgleichungen: ⎡ ⎤• ⎡ ⎤ ⎡ ⎤ x1 −0,1 0 0 0 0 0 x1 ⎢ x2 ⎥ ⎢ 1 −0,037 0 0 0 0 ⎥ ⎢ x2 ⎥ ⎢ ⎥ ⎢ ⎥ ⎢ ⎥ 0 −0,0385 0 0 0 ⎥ ⎢ x3 ⎥ ⎢ x3 ⎥ ⎢ 1 ⎢ ⎥ =⎢ ⎥ · ⎢ ⎥+ 0 0 −0,05 0 0 ⎥ ⎢ x4 ⎥ ⎢ x4 ⎥ ⎢ 0 ⎣x ⎦ ⎣ 0 0 0 1 −0,0385 0 ⎦ ⎣ x5 ⎦ 5 x6 x6 0 0 0 1 0 −0,025

2.3 L¨ osung der Zustandsvektor-Differentialgleichung

35

⎤ 0 0⎥   ⎥ Qw 0⎥ ⎥· 1 ⎥ QBr 0⎦ 0

(2.13)

0 8,1 · 10−3 0 0 6,353 · 10−5 0 0 −0,001 0 0

⎤ x1 x ⎥  ⎢ ⎢ 2⎥ 0 ⎢ x3 ⎥ ·⎢ ⎥ . 1,125 · 10−4 ⎢ x4 ⎥ ⎣x ⎦ 5 x6 (2.14)



1 ⎢0 ⎢ ⎢0 +⎢ ⎢0 ⎣0 0





pD ϑD



 =

In diesem Dampferzeugermodell bedeuten die Eingangsgr¨oßen QW die Frischwassereinspeisung und QBr die Brennstoffmenge pro Zeiteinheit. Die Ausgangsgr¨oßen sind der Dampfdruck pD und die Dampftemperatur ϑD . In diesem Modell geschieht die Verkopplung sowohl u  ¨ber die Dynamikmatrix A als auch u ¨ ber die Messmatrix C. Ebenso wie bei den Eingr¨ oßensystemen gibt es bei den Mehrgr¨oßensystemen verschiedene Normalformen. Die Herleitung dieser Normalformen baut jedoch auf die in Kapitel 3 entwickelte Theorie der Steuer- und Beobachtbarkeit auf. Daher werden diese Normalformen erst in Kapitel 3 in Abschnitt 3.3 behandelt.

2.3

L¨osung der Zustandsvektor-Differentialgleichung

Herleitung. Die L¨ osung der Zustandsvektor-Differentialgleichung x˙ = A · x + B · u y = C ·x+D·u

(2.15) (2.16)

kann man in Analogie zur L¨ osung der skalaren Differentialgleichung erster Ordnung x˙ = a · x + b · u herleiten. Hierzu wird Gleichung 2.17 zun¨ achst mit e−at multipliziert e−at x˙ = ae−at x(t) + e−at b · u(t) und umgeordnet zu: e−at x˙ − ae−at x(t) = e−at u(t) .    d −at x(t)) dt (e

(2.17)

36

2 Zustandsdarstellung von Mehrgr¨ oßensystemen

Die Integration dieser Differentialgleichung und Verwendung der Integrationsvariablen τ ergibt dann e

−aτ

t t  · x(τ ) = e−aτ b · u(τ )dτ . t0

t0

uhrt Einsetzen der Integrationsgrenzen, erneutes Multiplizieren mit eat und Umordnen f¨ dann zur L¨ osung dieser skalaren Differentialgleichung wie folgt: t x(t) = ea(t−t0 ) · x(t0 ) +

ea(t−τ ) · b u(τ )dτ .

(2.18)

t0

Es wird nun die Matrixexponentialfunktion eAt in Analogie zur Potenzreihenentwicklung der normalen Exponentialfunktion ea(t−t0 ) = 1 +

a(t − t0 ) {a(t − t0 )}2 {a(t − t0 )}3 + + + ··· 1! 2! 3!

(2.19)

wie folgt mit I als Einheitsmatrix definiert: eA(t − t0 ) =

∞  [A(t − t0 )]k k=0

k!

=I+

A(t − t0 ) {A(t − t0 )}2 {A(t − t0 )}3 + + ... 1! 2! 3! (2.20)

Diese Reihenbildung konvergiert nach einer endlichen Anzahl von Schritten [53], [54]. Die L¨ osung von Gleichung 2.15 l¨ asst sich dann in Analogie zu Gleichung 2.18 formulieren als x(t) = eA(t − t0 ) · x(t0 ) +

t

eA(t − τ ) · B · u(τ )dτ .

t0

Der erste Term gibt die Abh¨ angigkeit von den Anfangsbedingungen von x(t0 ) an und der zweite Term repr¨ asentiert die Abh¨ angigkeit der L¨osung von der Eingangsfunktion u(t). Man f¨ uhrt nun die sogenannte Transitionsmatrix Φ(t − t0 ) wie folgt ein: Φ(t − t0 ) = eA(t − t0 ) .

(2.21)

Damit lautet dann die L¨ osung der Vektordifferentialgleichung t x(t) = Φ(t − t0 ) · x(t0 ) +

Φ(t − τ ) · B · u(τ )dτ , t0

(2.22)

2.3 L¨ osung der Zustandsvektor-Differentialgleichung

37

und es gilt somit f¨ ur die L¨ osung von y(t) von Gleichung 2.16: ⎡ y(t) = C · ⎣Φ(t − t0 ) · x(t0 ) +

t

⎤ Φ(t − τ ) · B · u(τ )dτ ⎦ + D · u(t) .

(2.23)

t0

Mit den Gleichungen 2.22 und 2.23 liegt nun eine geschlossene L¨osung der Zustandsgleichungen 2.15 und 2.16 vor. Diese geschlossene L¨osung ist jedoch so allgemein formuliert, dass man zun¨ achst wenig damit anfangen kann. Der große Nutzen dieser L¨osung zeigt sich jedoch bei der nummerischen Berechnung der L¨osung von Vektordifferentialgleichungen. Nummerische L¨ osung der Vektordifferentialgleichung. F¨ ur die Ermittlung der nummerischen L¨ osung der Vektordifferentialgleichung wird zun¨achst die Zeitachse in a¨quidistante Abschnitte Δt = tk+1 − tk f¨ ur k = 0, 1, 2, 3, . . . zerlegt. Die r Komponenten ui (t) des Eingangsvektors u(t) seien innerhalb des betrachteten Zeitabschnitts Δt konstant, d. h. es gilt: ui (t) = ui (tk )

f¨ ur

tk ≤ t < tk+1 , i = 1, . . . , r .

Entsprechend gilt dann f¨ ur den Eingangsvektor u(t) = u(tk )

f¨ ur

tk ≤ t < tk+1 .

Die Eingangsgr¨ oße ist somit st¨ uckweise konstant. F¨ ur ein derartiges st¨ uckweise konstantes Eingangssignal kann man eine geschlossene L¨osung des Integrals von Gleichung 2.22 ermitteln. Hierbei macht man Gebrauch von den folgenden Eigenschaften der Matrixexponentialfunktion

1.) 2.)

d At e = A · eAt = eAt · A dt  eAt dt = A−1 · eAt = eAt · A−1

(2.24)

Zun¨ achst ersetzt man in Gleichung 2.22 die Zeit t durch tk+1 und t0 durch tk und erh¨alt: tk+1

x(tk+1 ) = Φ(tk+1 − tk ) · x(tk ) +

Φ(tk+1 − τ ) · B · u(τ )dτ . tk

38

2 Zustandsdarstellung von Mehrgr¨ oßensystemen

Da u(τ ) = u(tk ) f¨ ur tk ≤ τ < tk+1 kann man die mit Γ(Δt) bezeichnete L¨osung des Integrals ohne den konstanten Vektor u bestimmen zu: tk+1

tk+1

eA(tk+1 − τ ) · B dτ

Φ(tk+1 − τ ) · B dτ =

Γ(Δt) = tk

= eAtk+1

tk tk+1

tk+1  e−Aτ B dτ = eAtk+1 · (−A−1 ) · e−Aτ  ·B tk

tk

= eAtk+1 · (−A−1 ) · (e−Atk+1 − e−Atk ) · B = (−A−1 ) · (I − eA(tk+1 − tk ) ) · B = −A−1 · (I − Φ(Δt)) · B =

∞  Ak (Δt)k k=0

(k + 1)!

(Δt)B .

In dieser Herleitung bezeichnet Φ(Δt) = Φ(tk+1 − tk ) = eAΔt =

∞ 

(2.25)

(AΔt)k /(k!). Da-

k=0

mit lautet die rekursive L¨ osung der Vektordifferentialgleichung f¨ ur st¨ uckweise konstante Eingangssignale u(τ ) = u(tk ) f¨ ur tk ≤ τ < tk+1 : x(tk+1 ) = Φ(Δt) · x(tk ) + Γ(Δt) · u(tk ) .

(2.26)

Die Ausgangsgleichung 2.16 geht dann f¨ ur das jeweilige Zeitinterval u ¨ber in y(tk ) = C · x(tk ) + D · u(tk ) .

(2.27)

Mit den Gleichungen 2.26 und 2.27 kann man in rekursiver Form die L¨osung des Ausgangsvektors y(tk ) f¨ ur einen gegebenen st¨ uckweise konstanten Eingangsvektor u(tk ) ermitteln5 . Beispiel 2.9 System zweiter Ordnung: Die Anwendung dieser L¨osungsgleichungen soll an einem einfachen Beispiel zweiter Ordnung gezeigt werden. Es gelten die Zustandsgleichungen: 

   0 1 0 1 ·x+ ·u −2 −0,5 1 0   1 1 y = ·x . 0 1

x˙ =

5

Die Gleichungen 2.26 und 2.27 stellen die Zustandsgleichungen in diskreter Zeit dar, wobei man dann normalerweise Δt durch die Abtastzeit T ersetzt.

2.3 L¨ osung der Zustandsvektor-Differentialgleichung

39

F¨ ur ein Zeitintervall von Δt = 0,1 s lauten die Einzelterme der Reihenentwicklung f¨ ur ∞  k Φ(Δt) = (A Δt) /(k!) dann: k=0

    AΔt (AΔt)0 1 0 0 0,1 =I = = 0 1 −0,2 −0,05 0! 1!     (AΔt)2 (AΔt)3 −0,010 −0,0025 0,1667 −0,2917 = = · 10−3 0,005 0,0088 0,5833 0,3125 2! 3!   (AΔt)4 0,1458 0,0781 = · 10−4 −0,1563 0,1068 4!   (AΔt)5 −0,3125 0,2135 = · 10−6 −0,4271 −0,4193 5! Bereits nach f¨ unf Iterationen ¨ andern sich die Zahlenwerte der Transitionsmatrix nur noch in der siebten Stelle nach dem Komma. Somit resultiert f¨ ur die diskrete Transitionsmatrix Φ(Δt):   0,9902 0,0972 Φ(Δt) = . −0,1944 0,9416 ∞ Ak (Δt)k  (Δt)B gem¨aß Gleichung 2.25 lauten: k=0 (k + 1)!     Δt (AΔt)1 · Δt 0 0,1 0,005 0 ·B = ·B = 0,1 0 −0,0025 −0,01 1! 2!   (AΔt)2 · Δt −0,0833 −0,3333 ·B = · 10−3 −0,2917 0,1667 3!   (AΔt)3 · Δt −0,0729 0,0417 ·B = · 10−4 0,0781 0,1458 4!   (AΔt)4 · Δt 0,1563 0,2917 ·B = · 10−6 . 0,2135 −0,3125 5!

Die Einzelterme f¨ ur Γ(Δt) =

Auch hier ¨ andern sich bereits nach f¨ unf Iterationen die Zahlenwerte der Matrix Γ(Δt) nur noch in der siebten Stelle nach dem Komma. Somit resultiert f¨ ur die Matrix Γ(Δt):   0,0049 0,0997 Γ(Δt) = . 0,0972 −0,0098 Damit lautet die Rekursionsgleichung f¨ ur ein Zeitinterval von Δt = 0,1 s:     0,9902 0,0972 0,0049 0,0997 · x(tk ) + · u(tk ) . (2.28) x(tk+1 ) = −0,1944 0,9416 0,0972 −0,0098

40

2 Zustandsdarstellung von Mehrgr¨ oßensystemen

F¨ ur y(tk ) gilt die Rekursionsgleichung:   1 1 · x(tk ) . y(tk ) = 0 1

(2.29)

F¨ ur ein sinusf¨ ormiges Eingangssignal der Form u1 (t) = sin t mit t = 0, 0,1, 0,2, . . . 20, und u2 (t) ≡ 0 ergibt die Verwendung der Rekursionsgleichungen 2.28 und 2.29 f¨ ur y1 (t), y2 (t) den in Abb. 2.9 dargestellten Zeitverlauf. Bei der Berechnung des Signalverlaufs von y1 (t) und y2 (t) ist das Eingangssignal u1 (t) als st¨ uckweise konstant f¨ ur jeweils Δt = 0,1 s angenommen worden.  1.5 1 y1 ,y2 (t) 0.5

y1 (t)

6

0 −0.5

y2 (t)

−1 −1.5

0

2

4

6

8

10

-

12

14

16

18

20

t/s

Abbildung 2.9: Verlauf von y1 (t), y2 (t) f¨ ur u1 (t) = sin t

Aufgabe 2.2: Berechnen Sie f¨ ur Δt = 0,05 s die Matrizen Φ(Δt) und Γ(Δt) f¨ ur die folgende Zustandsdarstellung eines Systems. Wie lautet die Rekursionsgleichung in vollst¨andiger Form?     0 1 1 1 A= B= −2 −4 0 3     1 1 0 0 C= D= 0 1 0 1 L¨ osung: 

   0,9977 0,0453 0,0500 0,0535 Φ(Δt) = Γ(Δt) = −0,0906 0,8165 −0,0023 0,1335     0,9977 0,0453 0,0500 0,0535 · x(tk ) + · u(tk ) . x(tk+1 ) = −0,0906 0,8165 −0,0023 0,1335     1 1 0 0 ·x(tk )+ ·u(tk ) . y(tk ) = 0 1 0 1



¨ 2.4 Ermittlung der Ubertragungsmatrix

41

Aufgabe 2.3: Berechnen Sie f¨ ur Δt = 0,1 s die Matrizen Φ(Δt) und Γ(Δt) f¨ ur die folgende Zustandsdarstellung eines Systems. ⎡ ⎤ ⎡ ⎤ 1 −2 0 1 3 A = ⎣ 2 −3 5 ⎦ B = ⎣ 4 −1 ⎦ 3 1 −9 2 8 L¨ osung:



⎤ 1,0818 −0,1820 −0,0354 Φ(Δt) = ⎣ 0,2350 0,7356 0,2781 ⎦ 0,2164 0,0344 0,4160



⎤ 0,0643 0,3142 Γ(Δt) = ⎣ 0,3905 0,0840 ⎦ 0,1553 0,5642 

2.4

¨ Ermittlung der Ubertragungsmatrix

¨ Berechnung. Die Ubertragungsmatrix eines Mehrgr¨oßensystems enth¨alt die in Ma¨ trizenform zusammengestellten Ubertragungsfunktionen des Systems vom jeweiligen Eingang i zum jeweiligen Ausgang j. F¨ ur ein System mit zwei Eing¨angen und drei ¨ Ausg¨ angen ist die Ubertragungsmatrix somit eine Matrix, bestehend aus sechs einzel¨ nen Ubertragungsfunktionen. ¨ Berechnet wird die Ubertragungsmatrix aus der Zustandsdarstellung in der gleichen Art und Weise wie beim Eingr¨ oßensystem (siehe Kapitel 1.3), mit dem Unterschied, dass die Vektoren b, cT und d in die Matrizen B, C und D u ¨ bergehen. ¨ Die Ubertragungsmatrix G(s) des Mehrgr¨ oßensystems x˙ = A · x + B · u y = C ·x+D·u lautet somit in Analogie zu Gleichung 1.35 G(s) =

Y (s) = C · {sI − A}−1 · B + D . U (s)

(2.30)

¨ Die Berechnung der Ubertragungsmatrix geschieht elementweise und soll an einem Beispiel verdeutlicht werden. ¨ Beispiel 2.10 Ubertragungsmatrix: Es werde ein System mit zwei Eing¨angen und zwei Ausg¨ angen betrachtet, welches durch die folgende Zustandsraumdarstellung beschrieben wird:     0 1 2 1 x˙ = ·x+ ·u −2 −5 0 1     0 −1 0 0 y = ·x+ ·u . 1 0 1 0

42

2 Zustandsdarstellung von Mehrgr¨ oßensystemen

¨ Die Ubertragungsfunktion von Eingang 1 nach  Ausgang 1 wird unter Verwendung von 2 T Gleichung 1.35 mit c = [0 − 1], b = und d = 0 berechnet. Diese Werte f¨ ur c, 0 b und d sind die entsprechenden Zeilen und Spalten aus den Matrizen C, B und D. ¨ Dann resultiert als G11 (s) die folgende Ubertragungsfunktion G11 (s) =

Y1 (s) 4 = 2 . U1 (s) s + 5s + 2

¨ F¨ ur die anderen Ubertragungsfunktionen gilt nach entsprechender Vorgehensweise: s2 + 7s + 12 Y2 (s) = 2 U1 (s) s + 5s + 2 −s + 2 Y1 (s) G12 (s) = = 2 U2 (s) s + 5s + 2 s+6 Y2 (s) = 2 . G22 (s) = U2 (s) s + 5s + 2

G21 (s) =

¨ Damit resultiert die Ubertragungsmatrix G(s) zu: ⎡

−s + 2 4   ⎢ s2 + 5s + 2 s2 + 5s + 2 G11 (s) G12 (s) ⎢ G(s) = =⎢ G21 (s) G22 (s) ⎣ s2 + 7s + 12 s+6 s2 + 5s + 2 s2 + 5s + 2

⎤ ⎥ ⎥ ⎥ . ⎦

Abb. 2.10 zeigt das Blockdiagramm f¨ ur das betrachtete Mehrgr¨oßensystem. U1 (s) s

-

4 s2 + 5s + 2

-

s2 + 7s + 12 s2 + 5s + 2

U2 (s) s

-

s2

−s + 2 + 5s + 2

s2

s+6 + 5s + 2

(s) + g Y1+ 6 

Abbildung 2.10: Blockdiagramm des Mehrgr¨oßensystems

+ + -? g-Y2 (s) 

2.5 Stabilit¨ at von Mehrgr¨ oßensystemen

43

Die Matrix {sI − A}−1 ist die Inverse der in Kapitel 1 als charakteristische Matrix bezeichneten Matrix {sI − A}. Diese Inverse wird auch als Resolvente bezeichnet und mit Φ(s) abgek¨ urzt: Φ(s) = {sI − A}−1 .

(2.31)

¨ Damit kann die Ubertragungsmatrix G(s) dann auch in der folgenden Form geschrieben werden: G(s) = C · {sI − A}−1 · B + D = C · Φ(s) · B + D ,

(2.32)

und es gilt f¨ ur das Ein-/Ausgangsverhalten die Beziehung Y (s) = G(s) · U (s) . Eigenschaften der charakteristischen Matrix {sI −A}. Bereits in Gleichung 1.37 wurde f¨ ur die charakteristische Matrix der folgende Zusammenhang dargestellt: Det(sI − A) = sn + an−1 sn−1 + . . . + a1 s + a0 = (s − λ1 )(s − λ2 ) · · · (s − λn ). (2.33) Darin sind mit λi die Wurzeln der charakteristischen Gleichung und mit ai die Koeffizienten der charakteristischen Gleichung bezeichnet. Die Wurzeln der charakterischen Gleichung sind gleich den charakteristischen Werten oder Eigenwerten der Matrix A. Zwischen der Transitionsmatrix Φ(t − t0 ) nach Gleichung 2.21 und der Resolventen ur t0 = 0 folgender Zusammenhang: Φ(s) = {sI − A}−1 besteht f¨ Φ(s) = {sI − A}−1 = L{Φ(t)} = L{eAt } .

(2.34)

Die Resolvente Φ(s) ist also die Laplace-Transformierte der Transitionsmatrix Φ(t).

2.5

Stabilit¨at von Mehrgr¨oßensystemen

Bei der Stabilit¨ at von Mehrgr¨ oßensystemen unterscheidet man wie bei den Eingr¨oßensystemen zwischen der internen und der externen Stabilit¨at. Ein Eingr¨oßensystem ist intern stabil, wenn alle Wurzeln der homogenen Differentialgleichung negativen Realteil aufweisen. Es ist extern stabil, wenn ein beschr¨anktes Eingangssignal ein beschr¨anktes Ausgangssignal zur Folge hat. Die externe Stabilit¨at wird auch als BIBO-Stabilit¨at bezeichnet. Dabei steht der Begriff BIBO f¨ ur Bounded-Input Bounded-Output. Interne Stabilit¨ at. Es wird die interne Stabilit¨at eines Mehrgr¨oßensystems der Ordnung n in der Form x˙ = A · x + B · u y = C ·x+D·u wie folgt definiert:

44

2 Zustandsdarstellung von Mehrgr¨ oßensystemen Das obige System ist intern stabil, wenn die L¨osung von x(t) ˙ = A · x(t)

mit

x(0) = x0

f¨ ur ein beliebiges x0 f¨ ur t → ∞ gegen Null geht. Betrachtet man die L¨ osung x(t) f¨ ur die obige Definition im Laplace-Bereich, also X(s) = (sI − A)−1 · x0 =

Adj(sI − A) · x0 Det(sI − A)

und ber¨ ucksichtigt, dass gilt Det(sI − A) = sn + an−1 sn−1 + . . . + a1 s + a0 = (s − λ1 )(s − λ2 ) · · · (s − λn ), (2.35) so gelangt man zur folgenden Stabilit¨ atsaussage: Das Mehrgr¨oßensystem ist intern stabil, wenn alle Wurzeln der charakteristischen Gleichung 2.35 negativen Realteil aufweisen. Da diese Wurzeln jedoch gleichzeitig die Eigenwerte der Matrix A sind, gilt die folgende hinreichende und notwendige Bedingung f¨ ur die interne Stabilit¨at eines Mehrgr¨oßensystems: Ein Mehrgr¨oßensystem ist intern stabil, wenn alle Eigenwerte der Matrix A negativen Realteil aufweisen, also Re{λi (A)} < 0

f¨ ur

i = 1, . . . , n .

Beispiel 2.11 System dritter Ordnung: Gegeben sei ein Mehrgr¨oßensystem dritter Ordnung in Zustandsdarstellung zu ⎡ ⎤ ⎡ ⎤   0 1 2 2 1 1 2 −1 x˙ = ⎣ −2 −3 0 ⎦ · x + ⎣ 0 2 ⎦ · u , y = ·x . 2 −1 3 −2 0 −1 1 3 Die drei Eigenwerte der Matrix A ergeben sich zu λ1,2 = −0,6962 ± j2,2101 und λ3 = −2,6075. Die Realteile aller Eigenwerte sind negativ, folglich ist das Mehrgr¨oßensystem intern stabil.  Beispiel 2.12 Hubschrauber im Schwebeflug: Die in Beispiel 2.6 betrachtete Dynamikmatrix des Hubschraubers im Schwebeflug lautet ⎡

⎤ 0 0,4989 0 0 0 0 0 ⎢ 0 −0,4022 0 ⎥ ⎢ ⎥ 0 0 4,008 0 A=⎢0 ⎥ . ⎣ 0 −0,009793 0 −0,7637 −0,9658 ⎦ 0 0,03684 0 −1,498 −3,000

2.5 Stabilit¨ at von Mehrgr¨ oßensystemen

45

Die Eigenwerte der Matrix A lauten λ1,2 = 0 λ4 = −0,2396

λ3 = −3,5241 λ5 = −0,4022 ,

sie besitzen nicht alle einen negativen Realteil. Folglich ist der Hubschrauber im Schwebeflug nicht intern stabil. Da zwei Eigenwerte auf der Stabilit¨atsgrenze liegen, bezeichnet man ein derartiges System auch als grenzstabil.  Externe Stabilit¨ at. Die externe Stabilit¨ at beschreibt bei einem Mehrgr¨oßensystem die Stabilit¨ at des Ein-/Ausgangsverhaltens. Es gilt die Definition: Ein Mehrgr¨oßensystem ist extern stabil, wenn f¨ ur x0 = 0 ein beschr¨anktes Eingangssignal6 ||u(t)|| < uMax immer ein beschr¨anktes Ausgangssignal ||y(t)|| < yMax zur Folge hat. In [35] wird gezeigt, dass ein intern stabiles System ebenso die Bedingungen der externen Stabilit¨ at erf¨ ullt. Die Umkehrung gilt jedoch nicht immer. Sind z. B. die instabilen Eigenwerte eines Systems nicht steuerbar7 (oder beobachtbar), so ist das System zwar extern aber nicht intern stabil. Ist ein System vollst¨andig steuer- und beobachtbar, dann folgt aus der externen auch die interne Stabilit¨at. Beispiel 2.13 System 3. Ordnung: Gegeben sei ein Mehrgr¨oßensystem dritter Ordnung in Zustandsdarstellung zu ⎡ ⎤ ⎡ ⎤   −1 0 0 1 1 3 2 −1 x˙ = ⎣ 0 0 1 ⎦ · x + ⎣ 3 2 ⎦ · u , y = ·x . 2 −1 3 0 −4 0 1 3 Berechnet man die Eigenwerte der Dynamikmatrix A, so resultiert λ1 = −1 λ2,3 = ±j2 . Das System ist vollst¨ andig steuer- und beobachtbar. Somit ist das System intern und extern nicht stabil. Regt man es am Eingang mit einem sinusf¨ormigen Signal mit der Frequenz ω0 = 2 s−1 (der Resonanzfrequenz) an, so w¨achst das Ausgangssignal u ¨ber alle Grenzen.  6 7

Als Norm || . . . || wird die u ¨ bliche Vektornorm verwendet. Zur Definition der Steuer- und Beobachtbarkeit siehe Kapitel 3.

46

2.6

2 Zustandsdarstellung von Mehrgr¨ oßensystemen

Verknu¨pfung von Mehrgro¨ßensystemen

Mehrgr¨ oßensysteme k¨ onnen ¨ ahnlich wie Eingr¨oßensysteme in Form von Reihen-, Parallelund Kreisschaltungen miteinander verkn¨ upft werden. Eine derartige Verkn¨ upfung kann in systematischer Form durch eine Zustandsvektorerweiterung dargestellt werden. Nachfolgend werden die klassischen Verkn¨ upfungen der Reihen-, Parallel- und Kreisschaltung behandelt. Diese Betrachtungen werden f¨ ur nicht sprungf¨ahige Systeme durchgef¨ uhrt. Die Erweiterung auf sprungf¨ ahige Systeme ist problemlos m¨oglich. Reihenschaltung. Unter einer Reihenschaltung (oder auch Serienschaltung) von Mehrgr¨ oßensystemen wird die in Abb. 2.11 dargestellte Systemstruktur verstanden. Dabei wird der Ausgangsvektor y 1 von System 1 gleich dem Eingangsvektor u2 von System 2. Die Ordnungen beider Vektoren sind gleich. Die Ordnungen der Zustandsvektoren x1 und x2 k¨ onnen jedoch unterschiedlich sein. System 1 u1

x˙ 1 =A1 x1 +B 1 u1 y 1 =C 1 x 1

System 2 y 1 = u2

x˙ 2 =A2 x2 +B 2 u2 y 2 =C 2 x 2

y2

Abbildung 2.11: Reihenschaltung von zwei Mehrgr¨oßensystemen Ausgehend von den Zustandsgleichungen beider Systeme x˙ 1 y1 x˙ 2 y2

= = = =

A1 · x1 + B 1 · u1 C 1 · x1 A2 · x2 + B 2 · u2 C 2 · x2

(2.36) (2.37) (2.38) (2.39)

wird durch Ersetzen von u2 durch y 1 Gleichung 2.38 ge¨andert in: x˙ 2 = A2 · x2 + B 2 · y 1 = A2 · x2 + B 2 C 1 · x1 .

(2.40)

Damit kann dann die Zustandsdarstellung der Reihenschaltung des resultierenden Systems mit u1 = u als Eingangsvektor und y 2 = y als Ausgangsvektor auf der Basis der Gleichungen 2.36, 2.40 und 2.39 wie folgt angegeben werden: 

x˙ 1 x˙ 2





     0 A1 x1 B1 · + ·u x2 0 B 2 C 1 A2     x1 . y = y2 = 0 C 2 · x2 =

2.6 Verkn¨ upfung von Mehrgr¨ oßensystemen

47

Der neue Zustandsvektor ist nun der erweiterte Vektor   x1 x= , x2 man spricht bei dieser Vorgehensweise auch von einer Zustandsvektorerweiterung. Die neuen Zustandsmatrizen sind nun die erweiterten Matrizen A∗ , B ∗ und C ∗ als       0 A1 B1 ∗ ∗ A = , B = , C∗ = 0 C2 . 0 B 2 C 1 A2 Parallelschaltung. Bei einer Parallelschaltung nach Abb. 2.12 sind die Eingangsvektoren der Systeme 1 und 2 gleich, die Ausg¨ange der Systeme werden nun jedoch entweder addiert oder subtrahiert. Es gilt also u1 = u2 = u

sowie

y = y1 ± y 2 . System 1

x˙ 1 =A1 x1 +B 1 u y 1 =C 1 x 1

y1

u ±

System 2 x˙ 2 =A2 x2 +B 2 u y 2 =C 2 x 2

g

y

y2

Abbildung 2.12: Parallelschaltung von zwei Mehrgr¨oßensystemen Wiederum k¨ onnen die Dimensionen der Zustandsvektoren x1 und x2 unterschiedlich sein. Ausgehend von den Gleichungen 2.36 bis 2.39 wird mit u1 = u2 = u und y = y 1 ± y 2 die Zustandsdarstellung dieser Parallelschaltung dann 

x˙ 1 x˙ 2





     x1 B1 · + ·u x2 B2     x1 y = C 1 ±C 2 · . x2 =

A1 0 0 A2

Die neuen Zustandsmatrizen sind nun die erweiterten Matrizen A∗ , B ∗ und C ∗ als       A1 0 B1 ∗ ∗ A = , B = , C ∗ = C 1 ±C 2 . 0 A2 B2

48

2 Zustandsdarstellung von Mehrgr¨ oßensystemen

Kreisschaltungen. a) Dynamische R¨ uckf¨ uhrung: Zun¨achst wird der allgemeine Fall einer dynamischen R¨ uckf¨ uhrung betrachtet. Bei einer Kreisschaltung von zwei Mehrgr¨ oßensystemen wird der Ausgang des Systems im Vorw¨artszweig einem Mehrgr¨oßensystem im R¨ uckw¨ artszweig zugef¨ uhrt. Der Ausgang dieses Mehrgr¨oßensystems im R¨ uck¨ w¨ artszweig wird dann einem neuen Eingang u u geschieht ¨ berlagert. Diese Uberlagerung mit positivem oder negativem Vorzeichen, man spricht dann von einer Mitkopplung bzw. Gegenkopplung. Abb. 2.13 zeigt die Struktur der Kreisschaltung. System 1 u

g

u1

±

y1 = y

x˙ 1 =A1 x1 +B 1 u1 y 1 =C 1 x 1 System 2

y2

x˙ 2 =A2 x2 +B 2 u2 y 2 =C 2 x 2

u2 = y

Abbildung 2.13: Kreisschaltung mit dynamischer R¨ uckf¨ uhrung Ausgehend von den Gleichungen 2.36 bis 2.39 wird mit u1 = u ± y 2 und y = y 1 = u2 die Zustandsdarstellung des r¨ uckgef¨ uhrten Systems dann:         A1 ±B 1 C 2 x1 B1 x˙ 1 = · + ·u x˙ 2 B2 C 1 A2 x2 0     x1 y = y1 = C 1 0 · . x2 Die neuen Zustandsmatrizen sind nun die erweiterten Matrizen A∗ , B ∗ und C ∗ als       A1 ±B 1 C 2 B1 ∗ ∗ , C∗ = C1 0 . , B = A = B2C 1 A2 0 b) Statische R¨ uckf¨ uhrung: Anstelle einer R¨ uckf¨ uhrung des Ausgangs y 1 u ¨ ber ein dynamisches Mehrgr¨oßensystem kann diese R¨ uckf¨ uhrung auch rein statisch sein. Dann gilt z. B. f¨ ur die statische R¨ uckf¨ uhrung des Ausgangs y2 = K · y1 = K · y . Eine derartige statische R¨ uckkopplung zeigt Abb. 2.14 . In diesem Fall vereinfacht sich die Zustandsdarstellung des r¨ uckgef¨ uhrten Systems mit konstanter R¨ uckf¨ uhrung zu x˙ 1 = [A1 ± B 1 KC 1 ] · x1 + B 1 · u y = C 1 · x1 .

2.6 Verkn¨ upfung von Mehrgr¨ oßensystemen

49

System 1 u

g

u1

±

y1 = y

x˙ 1 =A1 x1 +B 1 u1 y 1 =C 1 x 1 System 2

y2

y 2 =Ky

y

Abbildung 2.14: Kreisschaltung mit statischer R¨ uckf¨ uhrung c) Einheitsr¨ uckf¨ uhrung: Liegt als Spezialfall eine Einheitsr¨ uckf¨ uhrung des Ausgangs y 1 von System 1 auf den Eingang vor, d. h. es gilt die konstante R¨ uckf¨ uhrung y2 = y1 = y , dann ist die R¨ uckf¨ uhrmatrix in Abb. 2.14 die Einheitsmatrix, K = I . Hierbei muss die Ordnung des Vektors u gleich der Ordnung des Vektors y sein. Dann lauten die Zustandsgleichungen des Systems mit Einheitsr¨ uckf¨ uhrung x˙ 1 = [A1 ± B 1 C 1 ] · x1 + B 1 · u y = C 1 · x1 . d) Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung: Steht der komplette Zustandsvektor am Ausgang des Mehrgr¨ oßensystems 1 zur Verf¨ ugung, ist also die Messmatrix C 1 = I gleich der Einheitsmatrix, dann vereinfacht sich diese Zustandsdarstellung des r¨ uckgef¨ uhrten Systems zu x˙ 1 = [A1 ± B 1 K] · x1 + B 1 · u y = x1 . Dieser Spezialfall der sogenannten Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung wird in den nachfolgenden Kapiteln ausf¨ uhrlich behandelt.

3

Steuerbarkeit und Beobachtbarkeit, Normalformen

Betrachtet man die Zustandsgleichungen der Beispiele von Kapitel 2.2, so stellt man fest, dass der Zustandsvektor x(t) wohldefinierte physikalische Gr¨oßen enth¨alt. Beim Hydrauliksystem sind dies die F¨ ullst¨ ande h1 (t) bis h3 (t) der einzelnen Beh¨alter, beim Hubschrauber die H¨ ohe und Steiggeschwindigkeit z(t) bzw. z(t), ˙ Gierwinkel und Gier˙ winkelgeschwindigkeit Ψ(t) und Ψ(t) sowie die Rotordrehzahl Ω(t). In den Beispielen des Dampferzeugers und der Destillationskolonne sind die Zustandsvariablen die nicht n¨ aher spezifizierten Variablen xi (t). Zur Regelung der jeweiligen Systeme werden Steuereing¨ ange ui (t) verwendet, die als Messgr¨oßen nur die Systemausg¨ange yi (t) zur Verf¨ ugung haben. Es stellt sich nun zum einen die Frage, inwieweit es m¨oglich ist, u ¨ ber die jeweiligen Steuereing¨ ange ui (t) bzw. den Steuervektor u(t) alle Zustandsvariablen xi (t) gezielt zu beeinflussen. Dieses Problem bezeichnet man als Steuerbarkeit eines Systems. Und zum anderen interessiert die Frage, inwieweit man aus der Messung der Ausgangsgr¨oßen yi (t) Information u ¨ber alle Zustandsvariablen xi (t) erh¨alt. Dieses Problem bezeichnet man als Beobachtbarkeit eines Systems. Beide Problemkreise sind Thema dieses Kapitels.

3.1

Steuerbarkeit

Definition. Die Untersuchung der Steuerbarkeit von Systemen in der Zustandsdarstellung soll ausgehen von der Definition der Steuerbarkeit nach [7]: Ein System heißt vollst¨andig zustandssteuerbar, wenn f¨ ur jede Anfangszeit t0 jeder Anfangszustand x(t0 ) in endlicher Zeit tf > t0 durch einen unbeuberf¨ uhrt schr¨ankten Steuervektor u(t) in jeden beliebigen Endzustand x(tf ) ¨ werden kann. Ein unbeschr¨ankter Steuervektor u(t) ist in der Amplitude nicht beschr¨ankt. Diese Definition bedeutet, dass u(t) jede Zustandsvariable in der nachfolgenden Gleichung beeinflussen kann t x(t) = Φ(t − t0 ) · x(t0 ) +

Φ(t − τ ) · B · u(τ )dτ .

(3.1)

t0

Bedingung. Die Ableitung der Bedingung f¨ ur die Steuerbarkeit eines Systems geht von der obigen Definition aus. Fordert man z. B. als Endzustand x(tf ) = 0 dann geht

52

3 Steuerbarkeit und Beobachtbarkeit, Normalformen

Gleichung 3.1 u ¨ber in: tf 0 = Φ(tf − t0 ) · x(t0 ) +

Φ(tf − τ ) · B · u(τ )dτ

oder

t0

tf x(t0 ) = −

Φ(t0 − τ ) · B · u(τ )dτ .

(3.2)

t0

Steuerbarkeit verlangt, dass der Steuervektor u(t) jedes beliebige x(t0 ) generieren kann, damit x(tf ) zu Null wird. Dies erfordert die Erf¨ ullung bestimmter Bedingungen f¨ ur die Matrizen B und Φ(t0 − τ ). Unter Verwendung der Gleichungen 2.20 und 2.21 kann man Φ(t0 − τ ) wie folgt darstellen: A(t0 − τ ) {A(t0 − τ )}2 Φ(t0 − τ ) = eA(t0 − τ ) = I + + + ... 1! 2! ∞  [A(t0 − τ )]k . = k!

(3.3)

k=0

Φ(t0 − τ ) wird durch eine unendliche Reihe beschrieben die, wie in Beispiel 2.9 gezeigt, nach einer endlichen Anzahl von Schritten konvergiert [53], [54]. Diese unendliche Summe f¨ ur die Ermittlung von Φ(t0 − τ ) kann unter Verwendung des Caley-HamiltonTheorems (siehe Anhang A.6) in eine endliche Summe umgeformt werden. Das Theorem lautet: Jede quadratische Matrix A erf¨ ullt ihre eigene charakteristische Gleichung. Dies besagt, dass man in der charakteristischen Gleichung Det(sI − A) = sn + an−1 sn−1 + . . . + a1 s + a0 = 0

(3.4)

die Laplace-Variable s durch die Matrix A ersetzen kann, und die Gleichung bleibt trotzdem g¨ ultig. Es gilt also An + an−1 An−1 + . . . + a1 A + a0 I = 0 , bzw. nach einer Umformung: An = −(an−1 An−1 + . . . + a1 A + a0 I) .

(3.5)

3.1 Steuerbarkeit

53

Unter Verwendung von Gleichung 3.5 kann die unendliche Summe von Gleichung 3.3 durch Ersetzen der h¨ oheren Potenzen von A in eine endliche Summe mit der h¨ochsten Potenz n − 1 umgeformt werden: Φ(t0 − τ ) = α0 (τ )I + α1 (τ )A + α2 (τ )A2 + . . . + αn−1 (τ )An−1 =

n−1 

(3.6)

αk (τ )Ak .

k=0

Die Koeffizienten αk (t) ergeben sich beim Ersetzen der h¨oheren Potenzen der Matrix A. Damit kann Gleichung 3.2 umgeformt werden zu: x(t0 ) = −

n−1  k=0

tf k

A B

αk (τ )u(τ )dτ .

(3.7)

t0

Mit tf βk =

αk (τ )u(τ )dτ t0

kann Gleichung 3.7 dann geschrieben werden als ⎡ x(t0 ) = −

⎢ ⎢  Ak Bβ k = − B | AB | A2 B | · · · | An−1 B ·⎢ ⎢ ⎣ k=0

n−1 

β0 β1 β2 .. .

⎤ ⎥ ⎥ ⎥ . (3.8) ⎥ ⎦

β n−1 Der Wert x(tf ) = 0 kann genau dann eindeutig von jedem beliebigen x(t0 ) durch einen Steuervektor u(t) erreicht werden, wenn die folgende Bedingung f¨ ur die Zustandssteuerbarkeit eines Systems erf¨ ullt ist: Das System n-ter Ordnung x˙ = A · x + B · u ist genau dann vollst¨andig zustandssteuerbar, wenn die Matrix QS den Rang n hat:   QS = B | AB | A2 B | · · · | An−1 B .

(3.9)

Man bezeichnet die Matrix QS als Steuerbarkeitsmatrix. In Kurzform wird die Bedingung f¨ ur die Zustandssteuerbarkeit auch gern so formuliert, dass man sagt: Das Paar ” (A, B) ist vollst¨andig steuerbar“.

54

3 Steuerbarkeit und Beobachtbarkeit, Normalformen

F¨ ur ein System mit nur einer Steuergr¨ oße u(t) wird aus der Matrix B ein Spaltenvektor b und die Steuerbarkeitsmatrix lautet dann:   (3.10) QS = b | Ab | A2 b | · · · | An−1 b . Die Steuerbarkeitsmatrix ist dann eine n × n Matrix. Die Steuerbarkeit von Systemen soll an drei Beispielen verdeutlicht werden. Beispiel 3.1 Nicht steuerbares System: Gegeben sei die Zustandsdarstellung eines Systems der Ordnung n = 2 zu: 

   −1 0 1 ·x+ ·u 0 −2 0   1 ·x . y = 1

x˙ =

Dann lautet die Steuerbarkeitsmatrix QS     1 −1 QS = b | Ab = . 0 0 Die zweite Zeile der Matrix ist Null. Somit ist der Rang der Matrix QS gleich 1 und nicht, wie f¨ ur die Steuerbarkeit erforderlich n = 2. Das System ist nicht vollst¨andig steuerbar. Abb. 3.1 verdeutlicht den Zusammenhang. u

-f + 6

f + 6



x1 + f y+

-1   -2 

x2 Abbildung 3.1: Nicht vollst¨andig steuerbares System

Der Zustand x2 kann vom Steuersignal u nicht beeinflusst werden, das System ist nicht vollst¨ andig steuerbar.  ¨ Beispiel 3.2 Steuerbares System: Andert man den Eingangsvektor von Beispiel 3.1 wie folgt um:     −1 0 1 x˙ = ·x+ ·u 0 −2 1

3.1 Steuerbarkeit

55

dann wird der Rang der Steuerbarkeitsmatrix QS gleich n.







1 −1 Rang (QS ) = Rang b | Ab = Rang 1 −2

 =2

Das System ist nun vollst¨ andig steuerbar wie auch Abb. 3.2 zeigt. u r- f -  + 6

-1 

f + 6



x1 + f y+ 6 x2

-2 

Abbildung 3.2: Vollst¨andig steuerbares System 

Beispiel 3.3 Steuerbares Mehrgr¨oßensystem: Gegeben sei die Zustandsdarstellung eines Mehrgr¨ oßensystems der Ordnung n = 2 zu: 

  −1 0 1 x˙ = ·x+ 0 −2 3   2 3 y = ·x 4 5

 2 ·u 4

Dann lautet die Steuerbarkeitsmatrix QS   QS = B | AB =



1 2 −1 −2 3 4 −6 −8



Der Rang der Steuerbarkeitsmatrix QS ist zwei, das System ist vollst¨andig steuerbar. 

56

3.2

3 Steuerbarkeit und Beobachtbarkeit, Normalformen

Beobachtbarkeit

Definition. Die Untersuchung der Beobachtbarkeit von Systemen in der Zustandsdarstellung soll ebenfalls ausgehen von der Definition der Beobachtbarkeit nach [7]: Ein System heißt vollst¨andig beobachtbar, wenn jeder Anfangszustand x(t0 ) aus den Messungen des Ausgangssignals y(t) im Zeitintervall t0 ≤ t ≤ tf exakt bestimmt werden kann. Dies heißt mit anderen Worten, dass jeder Zustand x(t) den Ausgang y(t) beeinflusst, t y(t) = CΦ(t − t0 )x(t0 ) +

CΦ(t − τ )Bu(τ )dτ + Du(t) (3.11) t0

wobei der Anfangszustand x(t0 ) von Eingangssignalen vor t0 abh¨angt. Bedingung. Die Ableitung der Bedingung f¨ ur die Beobachtbarkeit eines Systems geht von der obigen Definition aus, wobei der Eingangsvektor u(t) hierbei keine Rolle spielt. D. h. man untersucht nur den ersten Teil der Gleichung: y(t) = C · Φ(t − t0 ) · x(t0 ) .

(3.12)

Die Beobachtbarkeit fordert, dass x(t0 ) aus y(t) rekonstruierbar sein soll. Auch dies erfordert die Erf¨ ullung bestimmter Bedingungen f¨ ur die Matrizen C und Φ(t − t0 ). Wie bei der Untersuchung der Steuerbarkeit wird unter Verwendung des Caley-HamiltonTheorems Φ(t − t0 ) durch eine endliche Summe wie folgt dargestellt: Φ(t − t0 ) = α0 (t)I + α1 (t)A + α2 (t)A2 + . . . + αn−1 (t)An−1 =

n−1 

(3.13)

αk (t)Ak .

k=0

Damit kann Gleichung 3.12 dann umgeformt werden zu: y(t) = C · Φ(t − t0 ) · x(t0 ) =

n−1 

αk (t)CAk x(t0 )

(3.14)

k=0

Dies f¨ uhrt zu Bedingungen f¨ ur die Matrizen CAk damit man aus dem gemessenen y(t) den Anfangszustand x(t0 ) ermitteln kann. In [48] werden ausgehend vom Eingr¨oßensystem und dann u oßensystem diese Bedingungen ausf¨ uhrlich ¨ bergehend zum Mehrgr¨ erl¨ autert. Es wirkt sich in Gleichung 3.14 jeder Zustand xi (t0 ) auf den Ausgangsvektor y(t) aus, d. h. das System ist vollst¨ andig beobachtbar, wenn die folgende Bedingung f¨ ur die vollst¨andige Beobachtbarkeit eines Systems erf¨ ullt ist:

3.2 Beobachtbarkeit

57

Das System n-ter Ordnung x˙ = A · x + B · u, y = C · x ist genau dann vollst¨andig beobachtbar, wenn die Matrix QB den Rang n hat: ⎡

C CA CA2 CA3 .. .

⎢ ⎢ ⎢ ⎢ QB = ⎢ ⎢ ⎢ ⎣

⎤ ⎥ ⎥ ⎥ ⎥ ⎥ . ⎥ ⎥ ⎦

(3.15)

CAn−1 Man bezeichnet die Matrix QB als Beobachtbarkeitsmatrix. In Kurzform wird die Bedingung f¨ ur die Beobachtbarkeit auch gern so formuliert, dass man sagt: Das Paar ” (A, C) ist vollst¨andig beobachtbar“. F¨ ur ein System mit nur einer Ausgangsgr¨ oße y(t) wird aus der Matrix C ein Zeilenvektor cT und die Beobachtbarkeitsmatrix lautet dann: ⎡ ⎢ ⎢ ⎢ ⎢ QB = ⎢ ⎢ ⎢ ⎣

cT cT A cT A2 cT A3 .. .

⎤ ⎥ ⎥ ⎥ ⎥ ⎥ . ⎥ ⎥ ⎦

(3.16)

cT An−1 Die Beobachtbarkeitsmatrix ist dann eine n × n Matrix.

Exkurs: Eine einfache Herleitung der Bedingung f¨ ur die vollst¨andige Beobachtbarkeit des Systems findet sich bei Kailath [35]. Wenn der Ausgangsvektor y(t) gemessen wird, dann stehen im Prinzip n−1

auch die Ableitungen des Ausgangsvektors, d. h. y(t), ˙ y ¨(t) . . . y (t) zur Verf¨ ugung. Damit resultiert der folgende Vektor der Beobachtungen ⎡ ⎢ ⎢ ⎢ ⎢ ⎢ ⎢ ⎢ ⎣

y(t) y(t) ˙ y ¨(t) .. . n−1

y (t)





⎥ ⎢ ⎥ ⎢ ⎥ ⎢ ⎥ ⎢ ⎥=⎢ ⎥ ⎢ ⎥ ⎢ ⎦ ⎣



⎤ ⎡ ⎤ ⎡ C · x(t) C ⎥ ⎢ ⎥ ⎢ ⎥ ⎢ CA · x(t) ⎥ ⎥ ⎢ CA ⎥ ⎥ ⎢ ⎥ ⎢ ⎥ ⎢ CA2 · x(t) ⎥ ⎢ CA2 ⎥ ⎥ · x(t) . ⎥=⎢ ⎥=⎢ ⎥ ⎥ ⎢ .. .. ⎥ ⎢ ⎥ ⎥ ⎣ ⎦ ⎦ ⎣ . . ⎦ n−1 n−1 n−1 · x(t) CA CA C · x (t) C · x(t) C · x(t) ˙ C·x ¨(t) .. .

58

3 Steuerbarkeit und Beobachtbarkeit, Normalformen Damit kann aus den Messungen von y(t) und seinen Ableitungen der Zustand x(t) rekonstruiert werden, wenn die Beobachtbarkeitsmatrix ⎡

⎤ C ⎢ CA ⎥ ⎢ ⎥ ⎢ 2 ⎥ ⎢ CA ⎥ ⎥ QB = ⎢ ⎢ CA3 ⎥ ⎢ ⎥ ⎢ ⎥ .. ⎣ ⎦ . CAn−1 vollen Rang hat. Die Beobachtbarkeit von Systemen soll an drei Beispielen verdeutlicht werden. Beispiel 3.4 Nicht beobachtbares System: Gegeben sei die Zustandsdarstellung eines Systems der Ordnung n = 2 zu: 

   −1 0 1 ·x+ ·u 0 −2 1   y = 1 0 ·x .

x˙ =

Dann lautet die Beobachtbarkeitsmatrix QB  T    c 1 0 QB = = . −1 0 cT A Die zweite Spalte der Matrix ist Null. Somit ist der Rang der Matrix gleich 1 und nicht, wie f¨ ur die Beobachtbarkeit erforderlich n = 2. Das System ist nicht vollst¨andig beobachtbar. Abb. 3.3 verdeutlicht den Zusammenhang. u r- f -  + 6

x1



x2

y-

-1 

-f + 6

-2 

Abbildung 3.3: Nicht vollst¨andig beobachtbares System

Der Zustand x2 wirkt sich nicht auf den Ausgang y aus, das System ist nicht vollst¨andig beobachtbar. 

3.2 Beobachtbarkeit

59

¨ Beispiel 3.5 Beobachtbares System: Andert man die Messgleichung von Beispiel 3.4 um in  y= 1

 1 ·x ,

dann wird der Rang der Beobachtbarkeitsmatrix QB gleich n. 

cT Rang (QB ) = Rang T c A





1 1 = Rang −1 −2

 =2

Das System ist nun vollst¨ andig beobachtbar wie auch Abb. 3.4 zeigt. u r- f -  + 6

x1



x2

-1 

-f + 6

-2 

- f y6

Abbildung 3.4: Vollst¨andig beobachtbares System

 Beispiel 3.6 Beobachtbares Mehrgr¨oßensystem: Gegeben sei die Zustandsdarstellung eines Mehrgr¨ oßensystems der Ordnung n = 2 zu: 

   −1 0 1 2 x˙ = ·x+ ·u 0 −2 3 4   2 3 y = ·x . 4 5

Dann lautet die Beobachtbarkeitsmatrix QB  QB =

C CA





⎤ 2 3 ⎢ 4 5 ⎥ =⎣ . −2 −6 ⎦ −4 −10

Der Rang der Beobachtbarkeitsmatrix QB ist zwei, das System ist vollst¨andig beobachtbar. 

60

3 Steuerbarkeit und Beobachtbarkeit, Normalformen

Aufteilung eines Systems. Man kann mit diesen Definitionen ein Mehrgr¨oßensystem S in seine vier Bestandteile aufspalten: SSB SB SS Sn

= = = =

vollst¨ andig steuerbares und vollst¨andig beobachtbares Teilsystem vollst¨ andig beobachtbares aber nicht steuerbares Teilsystem vollst¨ andig steuerbares aber nicht beobachtbares Teilsystem nicht steuerbares und nicht beobachtbares Teilsystem.

Abb. 3.5 verdeutlicht diese Systemaufspaltung. Allein der vollst¨andig steuerbare und

SS u

y SSB

SB

Sn

Abbildung 3.5: Aufspaltung eines Systems in seine steuerund beobachtbaren Anteile

¨ beobachtbare Systemteil SSB wird durch die Ubertragungsmatrix G(s) = C · Φ(s) · B + D ¨ beschrieben. Die Ubertragungsmatrix G(s) ist eine Ein-/Ausgangsbeschreibung und daher per Definition auf den steuer- und beobachtbaren Systemteil beschr¨ankt. Im Unterschied dazu beinhaltet die Zustandsdarstellung ebenfalls eine Beschreibung des internen Systemverhaltens durch die Zustandsvariablen. ¨ Aufgabe 3.1: Uberpr¨ ufen Sie die Steuerbarkeit und Beobachtbarkeit eines Systems beschrieben durch die folgenden Systemmatrizen (siehe Aufgabe 2.1): ⎡ ⎤ ⎡ ⎤ −2 −1 0 3 2 1 ⎢ 1 −4 0 1 ⎥ ⎢ 0 −1 ⎥ A=⎣ B=⎣ 2 −1 −1 0 ⎦ 3 0 ⎦ 1 0 −3 −2 1 0     1 −1 2 0 0 −3 C= und D= . 0 2 1 −1 1 0 L¨ osung: Der Rang der Steuerbarkeitsmatrix QS ist ebenso wie der Rang der Beobachtbarkeitsmatrix QB gleich vier. Das System ist vollst¨andig steuer- und beobachtbar. .

3.2 Beobachtbarkeit

61

¨ Aufgabe 3.2: Uberpr¨ ufen Sie die Steuerbarkeit und Beobachtbarkeit der Hydraulikkaskade von Beispiel 2.5. L¨ osung: Der Rang der Steuerbarkeitsmatrix QS ist ebenso wie der Rang der Beobachtbarkeitsmatrix QB gleich drei. Das System ist vollst¨andig steuer- und beobachtbar.  ¨ Aufgabe 3.3: Uberpr¨ ufen Sie die Steuerbarkeit und Beobachtbarkeit des Hubschraubers im Schwebeflug von Beispiel 2.6. L¨ osung: Der Rang der Steuerbarkeitsmatrix QS ist ebenso wie der Rang der Beobachtunf. Das System ist vollst¨andig steuer- und beobachtbar. barkeitsmatrix QB gleich f¨  ¨ Aufgabe 3.4: Uberpr¨ ufen Sie die Steuerbarkeit und Beobachtbarkeit eines Systems beschrieben durch die folgenden Systemmatrizen: ⎡

⎤ 0 1 0 A = ⎣ −2 −3 0 ⎦ 0 0 −4   cT = 0 0 1

⎡ ⎤ 1 b = ⎣0⎦ 0

und

d=0.

1. Wie groß ist der Rang der Steuerbarkeitsmatrix? 2. Geben Sie die Matrizen des steuerbaren Teilsystems an. 3. Wie groß ist der Rang der Beobachtbarkeitsmatrix? 4. Geben Sie die Matrizen des beobachtbaren Teilsystems an. L¨ osung: 1.) Rang(QS ) = 2; 

3.) Rang(QB ) = 1;

AS =

0 1 −2 −3

  cTS = 0 0

und

2.)



  1 bS = 0 dS = 0

Das Teilsystem ist zwar steuerbar aber nicht beobachtbar, cTS = [ 0 0 ]. 4.)

AB = [ −4 ]

bB = [ 0 ]

cTB = [ 1 ]

und

Das Teilsystem ist zwar beobachtbar aber nicht steuerbar, bB = 0.

dB = 0 

62

3 Steuerbarkeit und Beobachtbarkeit, Normalformen

Aufgabe 3.5: In Aufgabe 3.4 wird die Dynamikmatrix A wie folgt ge¨andert: ⎡ ⎤ 0 1 0 A = ⎣ −2 −3 0 ⎦ 1 0 −4 ¨ Uberpr¨ ufen Sie nun die Steuerbarkeit und Beobachtbarkeit. L¨ osung: Der Rang der Steuerbarkeitsmatrix QS ist ebenso wie der Rang der Beobachtbarkeitsmatrix QB gleich drei. Das System ist nun vollst¨andig steuer- und beobachtbar.  ¨ Aufgabe 3.6: Gegeben ist die Ubertragungsfunktion des Eingr¨oßensystems F (s) =

s+2 . s3 + 6s2 + 11s + 6

Die Zustandsdarstellung dieses System lautet in Regelungsnormalform ⎡ ⎤ ⎡ ⎤ 0 1 0 0 AR = ⎣ 0 0 1 ⎦ bR = ⎣ 0 ⎦ cTR = [2 1 0] −6 −11 −6 1 und in Beobachtungsnormalform ⎡ ⎤ 0 0 −6 AB = ⎣ 1 0 −11 ⎦ 0 1 −6

⎡ ⎤ 2 bB = ⎣ 1 ⎦ 0

cTB = [0 0 1] .

1. Ist das System in Regelungsnormalform vollst¨andig steuer- und beobachtbar? 2. Ist das System in Beobachtungsnormalform vollst¨andig steuer- und beobachtbar? 3. Begr¨ unden Sie das Ergebnis. L¨ osung: 1. Das System in Regelungsnormalform ist vollst¨andig steuerbar aber nicht vollst¨andig beobachtbar. 2. Das System in Beobachtungsnormalform ist vollst¨andig beobachtbar aber nicht vollst¨ andig steuerbar. ¨ 3. Die Ubertragungsfunktion des Systems kann wie folgt vereinfacht werden: F (s) =

s3

s+2 s+2 1 = = . 2 + 6s + 11s + 6 (s + 1)(s + 2)(s + 3) (s + 1)(s + 3)

Infolge der Pol-/Nullstellenkompensation ist der Pol bei s = −2 bei der Regelungsnormalform nicht beobachtbar und bei der Beobachtungsnormalform nicht steuerbar. 

3.3 Transformation auf Normalform

3.3

63

Transformation auf Normalform

Grundlagen. Die in den vorangehenden Abschnitten abgeleiteten Steuerbarkeitsund Beobachtbarkeitsmatrizen werden auch benutzt, um unterschiedliche Normalformen (oder auch kanonische Formen) von Ein- und Mehrgr¨oßensystemen zu entwickeln. Zur Berechnung dieser Normalformen wird eine nichtsingul¨are Transformationsmatrix ¨ T konstruiert, mit der mittels einer Ahnlichkeitstransformation die neuen Matrizen in Normalform, wie nachfolgend gezeigt, berechnet werden. Das zu transformierende System sei gegeben zu: x˙ = A · x + B · u y = C·x . Mit einer geeigneten Transformationsmatrix T wird der Zustandsvektor einer Zustandstransformation x = T · xT unterworfen und man erh¨alt das transformierte System zu x˙ T = T −1 AT · xT + T −1 B · u = AT · xT + B T · u y = CT · xT = C T · xT . ¨ Die Ein-/Ausgangsbeschreibung des Systems ist erhalten geblieben, d. h. die Ubertragungsmatrix G(s) bleibt unver¨ andert wie die nachfolgende Umformung zeigt1 G(s) = C T (sI − AT )−1 B T = CT (sI − T −1 AT )−1 T −1 B = C(sI − A)−1 B. Es liegen nur ein anderer Zustandsvektor und andere Systemmatrizen vor, f¨ ur die folgende Beziehungen g¨ ultig sind: x = T xT ,

AT = T −1 AT ,

B T = T −1 B,

C T = CT .

¨ Die Eigenwerte der transformierten Dynamikmatrix werden durch die Ahnlichkeitstransformation aufgrund der Beziehung   Det (sI − AT ) = Det sI − T −1 AT = T −1 Det (sI − A) T = Det (sI − A) ebenfalls nicht ver¨ andert. Zur Ermittlung der Transformationsmatrix kann man, wie oben erw¨ ahnt, vorteilhaft die Steuerbarkeits- und Beobachtbarkeitsmatrizen QS und ur die Mehrgr¨ oßensysteme existieren ebenso wie f¨ ur Eingr¨oßensysteQB heranziehen. F¨ me mehrere Normalformen. Die Strukturen dieser Normalformen bei den Mehrgr¨oßen¨ systemen lehnen sich an die Formen bei den Eingr¨oßensystemen an. Eine gute Ubersicht u ¨ ber die Methoden zur Ermittlung der unterschiedlichen Normalformen findet man z. B. in [1] und [47]. 1

−1 Hierbei wird aus der Matrizenrechnung die Beziehung (A1 A2 )−1 = A−1 verwendet. 2 A1

64

3.3.1

3 Steuerbarkeit und Beobachtbarkeit, Normalformen

Normalformen von Eingr¨oßensystemen

In Abschnitt 1.2.1 sind unter Verwendung spezieller Substitutionen und Umrechnungen aus der zugrunde liegenden Differentialgleichung eines Systems die Regelungs- und Beobachtungsnormalform sowie die Diagonalform der Systeme in Zustandsdarstellung hergeleitet worden. Liegt jedoch schon eine Zustandsdarstellung des Eingr¨oßensystems vor, so kann unter Verwendung der Steuer- und Beobachtbarkeitsmatrizen aus der zugrunde liegenden, nicht normierten Zustandsdarstellung die gew¨ unschte Normalform hergeleitet werden. Es sei ein Eingr¨oßensystem der Ordnung n in Zustandsform gegeben zu: x˙ = A · x + b · u y = cT · x .

(3.17) (3.18)

Regelungsnormalform. F¨ ur das Eingr¨ oßensystem der Ordnung n von Gleichung 3.17 und 3.18 lautet die Steuerbarkeitsmatrix QS   QS = b | Ab | A2 b | · · · | An−1 b .

Die Inverse dieser Steuerbarkeitsmatrix sei ⎡

Q−1 S

eT1 ⎢ eT2 ⎢ =⎢ . ⎣ ..

⎤ ⎥ ⎥ ⎥ ⎦

eTn mit eTi als Zeilenvektor. Konstruiert man nun unter Verwendung der letzten Zeile der inversen Steuerbarkeitsmatrix, also unter Verwendung von eTn die folgende Transformationsmatrix T ⎡ ⎢ ⎢ T =⎢ ⎣

⎤−1

eTn eTn A .. .

⎥ ⎥ ⎥ ⎦

,

(3.19)

eTn An−1 so transformiert diese Transformationsmatrix T das Ausgangssystem von Gleichung 3.17 und 3.18 mittels der Transformation x = T xT ,

AT = T −1 AT ,

bT = T −1 b,

cTT = cT T

3.3 Transformation auf Normalform

65

auf die Regelungsnormalform. Bei der Regelungsnormalform weist die Matrix AT Frobenius-Form auf, Vektor bT ist gleich Null und nur Element n ist gleich eins, Vektor cTT ist voll besetzt. Beispiel 3.7 System 3. Ordnung: Gegeben sei ein Eingr¨oßensystem in Zustandsdarstellung zu ⎡

0 x˙ = ⎣ −2 −6  y = 3

⎤ ⎡ ⎤ 0 0,5 0 −2 −1,5 ⎦ + ⎣ 1 ⎦ · u −4 −3 2  2 −0,5 · x .

Die Steuerbarkeitsmatrix QS lautet hierf¨ ur ⎡ ⎤ 0 1 −5  QS = b | Ab | A2 b = ⎣ 1 −5 23 ⎦ , 2 −10 44 

und ihre Inverse resultiert zu: ⎡ T⎤ ⎡ ⎤ e1 5 3 −1 ⎣ eT2 ⎦ = ⎣ 1 5 −2,5 ⎦ . Q−1 S = 0 1 −0,5 eT3 Damit lautet die letzte Zeile der inversen Steuerbarkeitsmatrix eT3 = [ 0 1 − 0,5 ]. Unter Verwendung von eT3 wird dann die Transformationsmatrix T aufgebaut zu: ⎤−1 ⎡ ⎤−1 ⎡ ⎤ eT3 0 1 −0,5 0 1 0 T = ⎣ eT3 A ⎦ = ⎣ 1 0 0 ⎦ = ⎣ 1 0 1 ⎦ . 0 0 0,5 0 0 2 eT3 A2 ⎡

(3.20)

Dann resultiert die Regelungsnormalform des Eingr¨oßensystems zu ⎡

⎤ ⎡ ⎤ 0 1 0 0 x˙ T = T −1 AT · xT + T −1 B · u = ⎣ 0 0 1 ⎦ · xT + ⎣ 0 ⎦ · u −2 −3 −5 1   y = CT · xT = 2 3 1 · x .



66

3 Steuerbarkeit und Beobachtbarkeit, Normalformen

Aufgabe 3.7: Gegeben ist ein Eingr¨ oßensystem in Zustandsdarstellung mit den Matrizen ⎡ ⎤ ⎡ ⎤ 1 −1 1 0   A = ⎣ −4 2 −4,5 ⎦ b = ⎣1⎦ cT = 3 −1 1 . −10 6 −10 2 Berechnen Sie die Matrizen der Regelungsnormalform. L¨ osung: ⎡

⎤ 0 1 0 AT = ⎣ 0 0 1 ⎦ −2 −5 −7

⎡ ⎤ 0 bT = ⎣ 0 ⎦ 1

  cTT = 2 3 1 .

 Beobachtungsnormalform. Die Transformation eines Eingr¨oßensystems in Zustandsdarstellung auf die Beobachtungsnormalform geschieht ¨aquivalent zur Transformation auf Regelungsnormalform, nun aber unter Verwendung der Beobachtbarkeitsmatrix QB ⎡ ⎢ ⎢ ⎢ ⎢ QB = ⎢ ⎢ ⎢ ⎣

cT cT A cT A2 cT A3 .. .

⎤ ⎥ ⎥ ⎥ ⎥ ⎥ . ⎥ ⎥ ⎦

(3.21)

cT An−1 Die Inverse dieser Beobachtbarkeitsmatrix sei   Q−1 B = e1 e2 · · · e n mit ei f¨ ur i = 1, . . . , n als Spaltenvektor. Konstruiert man nun unter Verwendung der letzten Spalte der inversen Beobachtbarkeitsmatrix, also unter Verwendung von en die folgende Transformationsmatrix T   (3.22) T = en Aen · · · An−1 en , so transformiert diese Transformationsmatrix T das Ausgangssystem von Gleichung 3.17 und 3.18 mittels der Transformation x = T xT ,

AT = T −1 AT ,

bT = T −1 b,

cTT = cT T

auf die Beobachtungsnormalform. Bei der Beobachtungsnormalform ist die Matrix AT die Transponierte einer Matrix in Frobenius-Form, Vektor cT ist gleich Null und nur Element n ist gleich eins, Vektor bT ist voll besetzt.

3.3 Transformation auf Normalform

67

Aufgabe 3.8: Gegeben sei ein Eingr¨ oßensystem in Zustandsdarstellung mit den Matrizen ⎡ ⎤ ⎡ ⎤ 1 −1 1 0   A = ⎣ −4 2 −4,5 ⎦ b =⎣1⎦ cT = 3 −1 1 . −10 6 −10 2 Berechnen Sie die Matrizen der Beobachtungsnormalform. L¨ osung: ⎡

⎤ 0 0 −2 AT = ⎣ 1 0 −5 ⎦ 0 1 −7

3.3.2

⎡ ⎤ 2 bT = ⎣ 3 ⎦ 1

  cTT = 0 0 1 .



Steuerbarkeitsnormalformen fu ¨r Mehrgr¨oßensysteme

Am einfachsten lassen sich bei Mehrgr¨ oßensystemen die Steuerbarkeitsnormalformen ermitteln, deren Herleitungen wie bei den Eingr¨oßensystemen direkt von der Steuerbarkeitsmatrix ausgehen [35]. Die in Abschnitt 3.1 hergeleitete Steuerbarkeitsmatrix lautet:   QS = B | AB | A2 B | · · · | An−1 B . Diese Matrix QS ist f¨ ur ein System der Ordnung n mit r Eing¨angen eine n × nr Matrix. Um aus dieser n × nr Matrix eine quadratische (n × n) Transformationsmatrix T zu gewinnen, bieten sich verschiedene Vorgehensweisen an. Schema I. Man spaltet z. B. f¨ ur ein System mit n = 7 und r = 4 die n × r Matrix B wie folgt in ihre Spaltenvektoren auf: B = [b1 b2 b3 b4 ] .

(3.23)

Dann erstellt man ein so genanntes Young-Diagramm (siehe Tabelle 3.1) [36]. Dieses Young-Diagramm besitzt r Spalten, welche die Spalten der Matrix B repr¨asentieren, sowie n Zeilen, welche Potenzen der A-Matrix repr¨asentieren. Die Vorgehensweise zum Ausf¨ ullen des Young-Diagramms ist die folgende: Man beginnt mit dem Vektor b1 in Spalte 1 und setzt ein Kreuz in das obere linke Feld. Dann pr¨ uft man, ob Ab1 von b1 linear unabh¨angig ist. Ist dies der Fall, dann setzt man das n¨ achste Kreuz in Zeile 2 und Spalte 1. Anschließend wird gepr¨ uft, ob A2 b1 linear unabh¨angig von b1 und Ab1 ist. Ist dies erf¨ ullt, setzt man ein weiteres Kreuz in Zeile 3 Spalte 1. Dies geht so lange, bis ein Vektor von den vorherigen Vektoren linear abh¨angig ist. Dann wird eine Null in das Feld gesetzt, in diesem Fall in Zeile 5 Spalte 1.

68

3 Steuerbarkeit und Beobachtbarkeit, Normalformen b1

b2

b3

b4

A0 = I

×

×

×

0

A1

×

×

0

2

×

0

3

×

4

0

A A A

5

A

A6

Tabelle 3.1: Young-Diagramm f¨ ur die Spaltensuche Nun beginnt man mit Spalte 2, also mit dem Element b2 . Ist b2 unabh¨angig von allen Vektoren der Spalte 1, so setzt man ein Kreuz in Zeile 1 Spalte 2. Als n¨ achstes wird gepr¨ uft, ob A · b2 von allen bisherigen Vektoren linear unabh¨ angig ist. Dieses Vorgehen setzt man so lange fort, bis man n linear unabh¨ angige Spaltenvektoren gefunden hat. Auf diese Weise ermittelt man n (hier n = 7) unabh¨angige Spaltenvektoren der Steuerbarkeitsmatrix, die Stellen mit den Kreuzen im Young-Diagramm, und kann f¨ ur den dargestellten Fall die Transformationsmatrix T wie folgt ansetzen:   T = b1 Ab1 A2 b1 A3 b1 b2 Ab2 b3 . (3.24) F¨ ur diese in Tabelle 3.1 angenommene Struktur und die Transformationsmatrix nach Gleichung 3.24 resultiert dann die folgende Steuerbarkeitsnormalform der Dynamik- und Eingangsmatrix: ⎡

0 ⎢1 ⎢ ⎢0 ⎢ AT = ⎢ 0 ⎢0 ⎢ ⎣0 0

0 0 1 0 0 0 0

0 0 0 1 0 0 0

x x x x 0 0 0

0 0 0 0 0 1 0

x x x x x x 0

⎤ x x⎥ ⎥ x⎥ x⎥ ⎥ x⎥ ⎥ x⎦ x



und

1 ⎢0 ⎢ ⎢0 ⎢ BT = ⎢ 0 ⎢0 ⎢ ⎣0 0

0 0 0 0 1 0 0

0 0 0 0 0 0 1

⎤ x x⎥ ⎥ x⎥ x⎥ ⎥ . x⎥ ⎥ x⎦ x

An den mit x“ bezeichneten Stellen stehen Werte ungleich Null, die anderen Werte ” sind wie angegeben Null oder Eins. Die Matrix C T ist im Allgemeinen voll besetzt. Die AT -Matrix hat eine spezielle Struktur bestehend aus Teilsystemen der Ordnung vier, zwei und eins, jeweils hervorgehoben durch die senkrechten und waagerechten

3.3 Transformation auf Normalform

69

Linien. Die Teilmatrizen auf der Hauptdiagonalen weisen eine transponierte FrobeniusForm auf. Das Teilsystem der Ordnung eins koppelt ein in die Teilsysteme der Ordnung zwei und vier, und das Teilsystem der Ordnung zwei koppelt ein in das System der Ordnung vier, aber nicht umgekehrt. Diese Struktur bezeichnet man auch als einseitige oder dreiecksf¨ ormige Kopplung. Eine derartige Struktur zeichnet sich dadurch aus, dass die charakteristische Gleichung des Gesamtsystems gleich dem Produkt der charakteristischen Gleichungen der Teilsysteme auf der Hauptdiagonalen von AT ist. Es gilt also: Det (sI − AT ) = Det (sI − AT,4×4 ) · Det (sI − AT,2×2 ) · Det (sI − AT,1×1 ) mit AT,i×i als Teilsysteme der Ordnung i. Die B T -Matrix zeigt, dass Eingang eins nur das Teilsystem der Ordnung vier steuert, Eingang zwei nur das Teilsystem der Ordnung zwei, und Eingang drei nur das Teilsystem der Ordnung eins. Eingang vier wirkt auf alle Teilsysteme. Die so ermittelte Struktur ist nicht eindeutig. Sie h¨angt von der willk¨ urlichen Ordnung der Eing¨ ange eins bis vier ab.

Beispiel 3.8 System der Ordnung f¨ unf: Gegeben sei die Zustandsdarstellung eines Mehrgr¨ oßensystems der Ordnung n = 5 zu: ⎡

⎤ ⎡ −9 8 1 −28 8 2 ⎢ −5 −4 22 −58 0 ⎥ ⎢5 ⎢ ⎥ ⎢ x˙ = ⎢ −4 10 −25 58 0 ⎥ · x + ⎢ 4 ⎣ −1 4 −11 26 0 ⎦ ⎣1 −2 14 −41 99 0 2   −1 4 −11 26 0 y = ·x . 0 0 −2 8 0

−5 −4 −1 0 1

⎤ −8 −2 ⎥ ⎥ 0 ⎥·u 0 ⎦ 2

F¨ ur dieses System resultiert das folgende Young-Diagramm:

0

A =I A1 A2 A3 A4

b1

b2

b3

× × × 0

× × 0

0

Tabelle 3.2: Young-Diagramm f¨ ur die Spaltensuche

70

3 Steuerbarkeit und Beobachtbarkeit, Normalformen

Dann lautet die Transformationsmatrix T ⎡

 T = b1 Ab1 A2 b1 b2

2 ⎢  ⎢5 Ab2 = ⎢ 4 ⎣1 2

14 0 0 0 1

−118 −70 −56 −14 −28

−5 −4 −1 0 1

⎤ 20 19 ⎥ ⎥ 5 ⎥ , 0 ⎦ −5

und es resultieren die folgenden Matrizen ⎡

AT

CT

0 ⎢1 ⎢ ⎢ = ⎢0 ⎢ ⎣0 0  0 = 0

⎤ 0 −8 0 0,2222 ⎥ 0 −14 0 0 ⎥ ⎥ 1 −7 0 −0,0556 ⎥ , ⎥ 0 0 0 −6 ⎦ 0 0 1 −5  −14 90 0 1 . 0 0 2 −10



1 ⎢0 ⎢ ⎢ BT = ⎢ 0 ⎢ ⎣0 0

⎤ 0 4,0444 0 2 ⎥ ⎥ ⎥ 0 0,2889 ⎥ , ⎥ 1 10 ⎦ 0 2

Die Teilsysteme sind nun von der Ordnung drei und zwei und dreiecksf¨ormig gekoppelt. Die charakteristische Gleichung lautet ⎛



⎤⎞    0 0 −8 0 −6 ⎝ ⎣ ⎦ ⎠ · Det sI − Det (sI − AT ) = Det sI − 1 0 −14 1 −5 0 1 −7 = (s + 1)(s + 2)2 (s + 3)(s + 4) .  Schema II. W¨ ahrend bei Schema I die Suche der linear unabh¨angigen Vektoren der Steuerbarkeitsmatrix laut Young-Diagramm spaltenweise erfolgt, wird in Schema II die Suche zeilenweise durchgef¨ uhrt. F¨ ur den in Schema I untersuchten Fall mit n = 7 und r = 4 geht man dann wie folgt vor: Die Suche beginnt wieder bei Spalte eins der B-Matrix, also bei Vektor b1 . angig von b1 ist und setzt gegebenenDann pr¨ uft man, ob Vektor b2 unabh¨ falls ein Kreuz. Anschließend wird gepr¨ uft ob b3 von b1 und b2 unabh¨angig ist, usw. Nach Pr¨ ufung aller Vektoren bi beginnt man in Zeile 2 von links mit der Pr¨ ufung der Unabh¨ angigkeit des Vektors Ab1 von allen vorherigen Vektoren, bis man n unabh¨ angige Spaltenvektoren gefunden hat. Es m¨ oge f¨ ur den betrachteten Fall das folgende Young-Diagramm resultieren:

3.3 Transformation auf Normalform

71 b1

b2

b3

b4

A0 = I

×

×

×

0

A1

×

0

×

2

×

0

×

3

0

A A

0

4

A

A5 A6

Tabelle 3.3: Young-Diagramm f¨ ur die Zeilensuche Zu diesem Young-Diagramm geh¨ ort dann die folgende, spaltenweise aufgebaute Transformationsmatrix T :   T = b1 Ab1 A2 b1 b2 b3 Ab3 A2 b3 . (3.25) F¨ ur diese in Tabelle 3.3 angenommene Struktur und die Transformationsmatrix nach Gleichung 3.25 resultiert dann die folgende andere Steuerbarkeitsnormalform der Dynamik- und Eingangsmatrix: ⎡

0 ⎢1 ⎢ ⎢0 ⎢ AT = ⎢ 0 ⎢ ⎢0 ⎣0 0

0 0 1 0 0 0 0

x x x x x x x

x x 0 x x 0 0

0 0 0 0 0 1 0

0 0 0 0 0 0 1

⎤ x x⎥ ⎥ x⎥ ⎥ x⎥ ⎥ x⎥ x⎦ x



und

1 ⎢0 ⎢ ⎢0 ⎢ BT = ⎢ 0 ⎢ ⎢0 ⎣0 0

0 0 0 1 0 0 0

0 0 0 0 1 0 0

⎤ x 0⎥ ⎥ 0⎥ ⎥ x⎥ . ⎥ x⎥ 0⎦ 0

An den mit x“ bezeichneten Stellen stehen Werte ungleich Null, die anderen Werte ” sind wie angegeben Null oder Eins. Die Matrix C T ist im Allgemeinen voll besetzt. Die AT -Matrix hat eine Struktur bestehend aus Teilsystemen der Ordnung drei, eins und drei, jeweils hervorgehoben durch die senkrechten und waagerechten Linien. Die A-Matrizen der Teilsysteme haben transponierte Frobenius-Form. Die Teilsysteme sind nun jedoch alle miteinander verkoppelt. Es liegt keine einseitige oder dreiecksf¨ormige Kopplung vor. Jeder Eingang u1 bis u3 der B T -Matrix steuert ein Teilsystem. Nur Eingang u4 wirkt auf alle drei Teilsysteme. Beispiel 3.9 System der Ordnung f¨ unf: F¨ ur das Beispiel 3.8 resultiert nach Schema II das folgende Young-Diagramm:

72

3 Steuerbarkeit und Beobachtbarkeit, Normalformen b1

b2

b3

A0 = I

×

×

×

A1

×

×

0

2

0

0

A

3

A

A4

Tabelle 3.4: Young-Diagramm f¨ ur die Zeilensuche Dann lautet die Transformationsmatrix T ⎡

T = [b1 Ab1 b2 Ab2

2 ⎢5 ⎢ b3 ] = ⎢ 4 ⎣1 2

14 0 0 0 1

−5 −4 −1 0 1

20 19 5 0 −5

⎤ −8 −2 ⎥ ⎥ 0 ⎥ , 0 ⎦ 2

und es resultieren die folgenden Matrizen ⎡

AT

CT

0 0 0 −14 ⎢ 1 −6,9231 0 0,3846 ⎢ = ⎢ 0 −34,6154 0 −4,0769 ⎣ 0 −6,9231 1 −4,6154 0 3,4615 0 −0,1923   0 −14 0 1 0 = . 0 0 2 −10 0

⎤ 10 0,9231 ⎥ ⎥ −7,3846 ⎥ , 0,9231 ⎦ −0,4615



1 ⎢0 ⎢ BT = ⎢ 0 ⎣0 0

0 0 1 0 0

⎤ 0 0⎥ ⎥ 0 ⎥, 0⎦ 1

Die Teilsysteme sind hier von der Ordnung zwei, zwei und eins. Jeder Eingang wirkt auf ein Teilsystem, allerdings sind alle drei Teilsysteme u ¨ber die AT -Matrix miteinander verkoppelt. 

3.3.3

Regelungsnormalformen fu ¨r Mehrgro¨ßensysteme

Regelungsnormalform nach Luenberger. F¨ ur die nachfolgend vorgestellte Regelungsnormalform nach Luenberger [47] werden die linear unabh¨angigen Spalten der Steuerbarkeitsmatrix QS nach Schema II von Abschnitt 3.3.2 ermittelt. D. h. man pr¨ uft ur i = 1, . . . , r der B-Matrix. Dazun¨ achst die lineare Unabh¨ angigkeit der Vektoren bi , f¨ nach folgt die Pr¨ ufung der linearen Unabh¨ angigkeit der Produkte Abi mit wachsendem i von allen vorherigen Vektoren, usw. bis man eine n×n Matrix mit n linear unabh¨angigen Spalten gefunden hat. Diese n linear unabh¨ angigen Spalten ordnet man dann, wieder

3.3 Transformation auf Normalform

73

am selben fiktiven Fall wie bei Schema II f¨ ur n = 7 und r = 4 gezeigt, zu einer Matrix S (siehe Gleichung 3.25) wie folgt:   S = b1 Ab1 A2 b1 b2 b3 Ab3 A2 b3 .

(3.26)

Diese Matrix S wird nun invertiert und ergibt: ⎡

S −1

⎤ eT11 ⎢ eT ⎥ ⎢ 12 ⎥ ⎢ eT ⎥ ⎢ 13 ⎥ T ⎥ =⎢ ⎢ e21 ⎥ . ⎢ eT31 ⎥ ⎢ T ⎥ ⎣ e32 ⎦ eT33

(3.27)

Die Indizierung der Vektoren eTij geschieht nach folgendem Schema: Der Index i geh¨ ort zum Vektor bi . Kann man aus den Vektoren bi , Abi . . . Api −1 bi nun pi unabh¨ angige Vektoren bilden, dann l¨auft der Index j von j = 1 bis j = pi . Die pi heißen Steuerbarkeitsindizes oder auch Control Invarianten und es gilt p1 + p2 + . . . + pr = n. Im obigen Fall ist f¨ ur i = 1 die Gr¨ oße p1 − 1 = 2, also p1 = 3, und somit l¨auft j von j = 1 bis j = p1 = 3 und es resultieren die Vektoren eT11 . . . eT13 . F¨ ur i = 2 ist p2 − 1 = auft j nur bis 1 und es ergibt sich nur der Vektor eT21 . F¨ ur i = 3 0, d. h. p2 = 1, also l¨ gilt wieder p3 − 1 = 2, also p3 = 3 und es ergeben sich die Vektoren eT31 . . . eT33 . Die Vektoren eTipi werden wie folgt umbenannt: eTipi = eTi . f¨ ur

i = 1, . . . , r .

Aus diesen Vektoren eTi wird dann die Transformationsmatrix T wie folgt gebildet: ⎡

eT1 eT1 A .. .

⎤−1

⎢ ⎥ ⎢ ⎥ ⎢ ⎥ ⎢ ⎥ ⎢ T p −1 ⎥ ⎢e A 1 ⎥ 1 ⎥ T =⎢ ⎢ ⎥ eT2 ⎢ ⎥ ⎢ eT2 A ⎥ ⎢ ⎥ ⎢ ⎥ .. ⎣ ⎦ . T pr −1 er A

.

(3.28)

74

3 Steuerbarkeit und Beobachtbarkeit, Normalformen

F¨ ur den obigen Fall ist dann die Matrix T : ⎤−1 eT1 ⎢ eT1 A ⎥ ⎢ T 2⎥ ⎢e A ⎥ ⎢ 1T ⎥ ⎥ . T =⎢ ⎢ e2T ⎥ ⎢ e3 ⎥ ⎢ T ⎥ ⎣ e3 A ⎦ eT3 A2 ⎡

(3.29)

Bei Verwendung einer derartig aufgebauten Transformationsmatrix T nehmen die Matrizen AT und B T f¨ ur den betrachteten Fall die folgende Struktur an: ⎡

0 ⎢0 ⎢ ⎢x ⎢ AT = ⎢ x ⎢ ⎢0 ⎣0 x

1 0 x x 0 0 x

0 1 x x 0 0 x

0 0 x x 0 0 x

0 0 x x 0 0 x

0 0 x x 1 0 x

⎤ 0 0⎥ ⎥ x⎥ ⎥ x⎥ ⎥ 0⎥ 1⎦ x



und

0 ⎢0 ⎢ ⎢1 ⎢ BT = ⎢ 0 ⎢ ⎢0 ⎣0 0

0 0 x 1 0 0 0

0 0 x x 0 0 1

⎤ 0 0⎥ ⎥ x⎥ ⎥ x⎥ . ⎥ 0⎥ 0⎦ x

Die Matrix AT besteht aus Teilsystemen der Ordnung drei, eins und drei, die alle miteinander verkoppelt sind. Dabei weist jedes Teilsystem auf der Hauptdiagonalen Frobenius-Form auf. Die Struktur der Matrix B T ist dergestalt, dass Eingang 1 Teilsystem 1 beeinflusst, Eingang 2 dann die Teilsysteme 1 und 2 . . . bis zum letzten Eingang 4 der alle Teilsysteme beeinflusst. Derartige Normalformen von Mehrgr¨oßensystemen k¨ onnen vorteilhaft verwendet werden, um die Stabilisierung von Mehrgr¨oßensystemen zu untersuchen. Eine effiziente Berechnungsmethode zur Ermittlung der Regelungsnormalform nach Luenberger wird von Daly in [15] vorgeschlagen.

Beispiel 3.10 System der Ordnung f¨ unf: F¨ ur das Beispiel 3.8 ⎡

−9 ⎢ −5 ⎢ x˙ = ⎢ −4 ⎣ −1 −2

8 −4 10 4 14

1 22 −25 −11 −41

−28 −58 58 26 99

⎤ ⎡ 8 2 0⎥ ⎢5 ⎥ ⎢ 0⎥·x+⎢4 ⎦ ⎣1 0 0 2

−5 −4 −1 0 1

⎤ −8 −2 ⎥ ⎥ 0 ⎥·u 0 ⎦ 2

resultiert nach Schema II das Young-Diagramm von Tabelle 3.5.

3.3 Transformation auf Normalform

75 b1

b2

b3

A0 = I

×

×

×

A1

×

×

0

2

0

0

A

3

A

A4

Tabelle 3.5: Young-Diagramm f¨ ur die Zeilensuche Dann lautet die Matrix S ⎡

S = [b1 Ab1 b2 Ab2

2 ⎢5 ⎢ b3 ] = ⎢ 4 ⎣1 2

14 0 0 0 1

−5 −4 −1 0 1

20 19 5 0 −5

⎤ −8 −2 ⎥ ⎥ 0 ⎥ , 0 ⎦ 2

und es resultiert S −1 zu ⎡

S −1

0 ⎢ 0,0769 ⎢ = ⎢ 0,3846 ⎣ 0,0769 −0,0385

0 −0,3846 −6,9231 −1,3846 0,1923

0 1,0769 19,3846 4,0769 −0,0385

1 −2,3846 −32,9231 −7,3846 −1,8077

⎤ 0 −0,0769 ⎥ ⎥ −5,3846 ⎥ . −1,0769 ⎦ 0,5385

Die Vektoren eT1 bis eT3 liest man ab als eT1 = [ 0,0769 −0,3846 1,0769 −2,3846 −0,0769 ] eT2 = [ 0,0769 −1,3846 4,0769 −7,3846 −1,0769 ] eT3 = [ −0,0385 0,1923 −0,0385 −1,8077 0,5385 ] und es ergibt sich die Transformationsmatrix T zu ⎡

0,0769 ⎢ −0,5385 ⎢ T = ⎢ 0,0769 ⎣ −0,5385 −0,0385

−0,3846 2,3077 −1,3846 2,3077 0,1923

⎤−1 1,0769 −2,3846 −0,0769 −5,9231 13,0 0,6154 ⎥ ⎥ 4,0769 −7,3846 −1,0769 ⎥ . −6,9231 16,0 0,6154 ⎦ −0,0385 −1,8077 0,5385

76

3 Steuerbarkeit und Beobachtbarkeit, Normalformen

Die resultierenden Matrizen AT , B T und C T lauten dann ⎡

AT

BT

CT

0 1 ⎢ −10,8047 −6,9231 ⎢ 0 0 = ⎢ ⎣ −31,4201 −6,9231 3,4615 0 ⎤ ⎡ 0 0 0 ⎢ 1 0 0,9231 ⎥ ⎥ ⎢ 0 ⎥ , = ⎢0 0 ⎣ 0 1 0,9231 ⎦ 0 0 1  −14 0 1 = 13,8462 0 −0,7692

⎤ 0 0 0 0,8225 0,3846 −0,4260 ⎥ ⎥ 0 1 0 ⎥ , −4,2544 −4,6154 −7,8107 ⎦ −0,1923 0 −0,4615

0 0 2 −1,8462

 .

Die Teilsysteme sind hier von der Ordnung zwei, zwei und eins und u ¨ ber die AT -Matrix miteinander verkoppelt.  Brunovsky-Form (Verallgemeinerte regelungskanonische Form). Bei der Brunovsky-Form oder verallgemeinerten regelungskanonischen Form weisen die Dynamikmatrix AB und die Eingangsmatrix B B Blockdiagonalgestalt auf, wobei gilt: ⎤ ⎤ ⎡ ⎡ Ap1 0 0 · · · 0 bp1 0 · · · 0 ⎢ 0 Ap2 0 · · · 0 ⎥ ⎢ 0 bp2 · · · 0 ⎥ ⎥ ⎢ . ⎢ . . . .. .. ⎥ ⎥ ⎥ ⎢ .. .. ⎥ und B B = ⎢ (3.30) AB = ⎢ .. . . ⎥ ⎢ .. ⎦ ⎦ ⎣ 0 ⎣ 0 ··· 0 0 0 ··· 0 0 0 ··· Apr 0 0 · · · bpr mit ⎡

Api

0 ⎢0 ⎢. ⎢. . =⎢ ⎢ ⎢0 ⎣0

⎤ 1 0 ··· 0 0 0 1 ··· 0 0 ⎥ .. ⎥ ⎥ .⎥ ⎥ 0 0 ··· 1 0 ⎥ 0 0 ··· 0 1 ⎦

0 0 0 ··· 0 0

und bpi

⎡ ⎤ 0 ⎢0⎥ ⎢.⎥ ⎢.⎥ .⎥ =⎢ ⎢ ⎥ ⎢0⎥ ⎣0⎦

(3.31)

1

mit pi als die zuvor definierten Steuerbarkeitsindizes. Die Matrizen AB und B B enthalten auf der Hauptdiagonalen die Matrizen Api bzw. bpi und sind sonst Null2 . Die Matrizen Api weisen einen pi -fachen Pol im Ursprung auf. Die Berechnung dieser Matrizen AB und B B geht von der oben entwickelten Regelungsnormalform nach Luenberger aus und soll anhand der Daten des Beispiels 3.10 auf Seite 74 gezeigt werden. 2

Api ist eine pi × pi Matrix und bpi ist ein pi × 1 Vektor.

3.3 Transformation auf Normalform

77

F¨ ur die dort berechneten Matrizen AT und B T gelten die Zahlenwerte ⎡

AT

BT

⎤ 0 1 0 0 0 ⎢ −10,8047 −6,9231 0,8225 0,3846 −0,4260 ⎥ ⎢ ⎥ 0 0 0 1 0 = T −1 AT = ⎢ ⎥ ⎣ −31,4201 −6,9231 −4,2544 −4,6154 −7,8107 ⎦ 3,4615 0 −0,1923 0 −0,4615 ⎤ ⎡ 0 0 0 ⎢ 1 0 0,9231 ⎥ ⎥ ⎢ 0 ⎥. = T −1 B = ⎢ 0 0 ⎣ 0 1 0,9231 ⎦ 0 0 1

Die Steuerbarkeitsindizes sind in diesem Fall p1 = 2, p2 = 2 und p3 = 1. Die Berechnung der Brunovsky-Form erfolgt in zwei Schritten. Schritt 1: Es wird die Matrix B T mittels der Eingangstransformation u = F · w mit zun¨ achst unbekanntem F auf die gew¨ unschte Form transformiert x˙ T = AT · xT + B T · u = AT · xT + B T F ·w .    BB

(3.32)

Es gilt also B B = B T · F . Mit den Beispieldaten errechnet man somit ⎡

BB

0 ⎢1 ⎢ =⎢0 ⎣0 0

0 0 0 1 0

⎤ ⎡ 0 0 0⎥ ⎢1 ⎥ ⎢ 0⎥=⎢0 0⎦ ⎣0 0 1

⎤ 0 0 ⎡ ⎤ f f f 0 0,9231 ⎥ ⎥ ⎣ 11 12 13 ⎦ 0 0 ⎥ · f21 f22 f23 . 1 0,9231 ⎦ f31 f32 f33 0 1

(3.33)

Die Aufl¨ osung dieser Gleichung nach den gesuchten Zahlenwerten f¨ ur die Matrix F mit den Elementen fij liefert ⎡

⎤ 1 0 −0,9231 F = ⎣ 0 1 −0,9231 ⎦ . 0 0 1

(3.34)

Schritt 2: Dann wird mit einer Zustandsr¨ uckf¨ uhrung der Form w = v − H · xT mit zun¨ achst unbekannten H die gew¨ unschte Form von AB ermittelt aus: x˙ T = AT · xT + B B · w = AT · xT + B B · (v − HxT ) = (AT − B B H)xT + B B v = AB · xT + B B · v .

78

3 Steuerbarkeit und Beobachtbarkeit, Normalformen

Die Aufl¨ osung der Bestimmungsgleichung ⎡

0 ⎢0 ⎢ AB = ⎢ 0 ⎣0 0

1 0 0 0 0

0 0 0 0 0

0 0 1 0 0

⎤ 0 0⎥ ⎥ 0 ⎥ = AT − B B · H = 0⎦ 0







0 1 0 0 0 0 ⎢ −10,8047 −6,9231 0,8225 0,3846 −0,4260 ⎥ ⎢ 1 ⎢ ⎥−⎢0 0 0 0 1 0 ⎣ −31,4201 ⎦ ⎣0 −6,9231 −4,2544 −4,6154 −7,8107 3,4615 0 −0,1923 0 −0,4615 0

(3.35)

0 0 0 1 0



0  0⎥ h11 h12 h13 h14 h15 ⎥ 0 · h21 h22 h23 h24 h25 ⎦ 0 h31 h32 h33 h34 h35 1



nach den gesuchten Elementen hij der Matrix H zeigt, dass die Zeilen eins, zwei und drei der Matrix H identisch sind mit den Zeilen zwei, vier und f¨ unf der Matrix AT . Somit lauten die Zahlenwerte von H ⎡

⎤ −10,8047 −6,9231 0,8225 0,3846 −0,4260 H = ⎣ −31,4201 −6,9231 −4,2544 −4,6154 −7,8107 ⎦ . 3,4615 0 −0,1923 0 −0,4615

Das gesuchte Ergebnis dieser zwei Transformationen lautet dann x˙ T = AB · xT + B B · v = (T −1 AT − T −1 BF H) · xT + (T −1 BF ) · v mit ⎡

0 ⎢0 ⎢ AB = ⎢ 0 ⎣0 0

1 0 0 0 0

0 0 0 0 0

0 0 1 0 0

⎤ 0 0⎥ ⎥ 0⎥ 0⎦ 0



und

BB

0 ⎢1 ⎢ =⎢0 ⎣0 0

0 0 0 1 0

⎤ 0 0⎥ ⎥ 0⎥ . 0⎦ 1

(3.36)

In dieser Brunovsky-Form steuert jeder Eingang i nur ein Teilsystem der Ordnung pi und die einzelnen Teilsysteme sind voneinander entkoppelt. Mit einem System in Brunovsky-Form kann man z. B. analytisch das in Kapitel 4 vorgestellte Verfahren der Polfestlegung anwenden, ohne auf spezielle nummerische Entwurfsverfahren r¨ uckgreifen zu m¨ ussen. Den Aufbau dieser Brunovsky-Form mit den angewendeten Transformationen verdeutlicht Abb. 3.6.

3.3 Transformation auf Normalform v

w g

F

u

79

BT

x˙ gT



xT

– AT

H

Abbildung 3.6: Aufbau der Brunovsky-Form Mithilfe dieser Eingangstransformation und der Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung resultiert das derart modifizierte System in der entkoppelten Form, beschrieben durch die Gleichung: x˙ T = AB · xT + B B · v . Diese Brunosvky-Form erm¨ oglicht die Anwendung der im n¨achsten Kapitel untersuchten Methode der Polfestlegung auf besonders einfache Art und Weise.

3.3.4

Weitere Normalformen

Außer den in den beiden vorangehenden Abschnitten vorgestellten Normalformen existieren weitere Normalformen mit anderen Eigenschaften wie z. B. die Hessenberg- und die Nour-Eldin-Normalform [1]. Die bisher untersuchten Strukturen wandelten die Matrizen A und B so um, dass eine spezielle Struktur der umgeformten Matrizen AT und B T resultiert, wenn man die Brunovsky-Form mal außer Acht l¨ asst. Die Matrix C T ist im Allgemeinen voll besetzt. Die Vorgehensweise von Abschnitt 3.3.2 und 3.3.3 kann auch auf die Messgleichung u ¨ bertragen werden, sodass die Matrizen AT und C T eine spezielle Struktur aufweisen und die Matrix B T dann im Allgemeinen voll besetzt wird. Ersetzt man bei der Berechnung A := AT , B := C T und C := B T , so kommt man zu den dualen Normalformen. Die Beobachternormalform ist dual zur Regelungsnormalform und die Beobachtbarkeitsnormalform ist dual zur Steuerbarkeitsnormalform. Die Berechnungen sind mit den angegebenen Substitutionen entsprechend anzupassen.

4

Reglerentwurf zur Polfestlegung

In den vorangehenden Kapiteln wurde die Analyse von Mehrgr¨oßensystemen auf der Basis der Zustandsraumdarstellung untersucht. Dabei wurden Fragen der Steuer- und Beobachtbarkeit sowie einige Normalformen von Mehrgr¨oßensystemen behandelt. In den folgenden Kapiteln werden nun die Fragen der gezielten Beeinflussung der Dynamik von Mehrgr¨ oßensystemen durch regelungstechnische Maßnahmen, also der Komplex der Synthese von Mehrgr¨ oßensystemen im Zustandsraum betrachtet.

Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung. Als Erstes wird in diesem Kapitel die gezielte Ver¨anderung der Pole des Systems durch eine Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung behandelt. Der gemessene Zustandsvektor x(t) wird u uckgef¨ uhrt. ¨ ber eine Matrix K auf den Eingang u zur¨ Der neue Eingang des r¨ uckgef¨ uhrten Systems wird u (t). Die Pole des r¨ uckgef¨ uhrten Systems sollen auf vorgeschriebene Positionen verschoben werden. Man nennt diese Problemstellung Polfestlegung oder Polverschiebung. Die Struktur der Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung zur Polverschiebung zeigt Abb. 4.1. Ist der Zustandsvektor nicht direkt messbar, dann kann man durch die Verwendung von Zustandsbeobachtern und Zustandssch¨ atzern, die in Kapitel 5 untersucht werden, diese Voraussetzung umgehen. u (t)

i

u(t)



B

x(t) ˙ i



. . . dt

y(t)

x(t) C

+ A

K Abbildung 4.1: System mit Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung bei Messung des Zustandsvektors

In den folgenden Abschnitten wird zun¨ achst die Polfestlegung f¨ ur Eingr¨oßensysteme und dann f¨ ur Mehrgr¨ oßensysteme untersucht.

82

4 Reglerentwurf zur Polfestlegung

4.1

Polfestlegung fu¨r Eingro¨ßensysteme

Herleitung. Ausgangspunkt f¨ ur die Untersuchung der Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung ist das Eingr¨ oßensystem der Ordnung n beschrieben durch die Zustandsgleichungen x˙ = A · x + b · u .

(4.1)

1 ¨ Mittels der Ahnlichkeitstransformation x = T xT mit T nach Gleichung 3.19 wird das System nach Gleichung 4.1 auf die Regelungsnormalform transformiert:

x˙ T = T −1 AT · xT + T −1 b · u = AT · xT + bT · u ⎡

0 0 .. .

1 0 .. .

0 1 .. .

··· ···

0 0 .. .

⎢ ⎢ = ⎢ ⎢ ⎣ 0 0 0 ··· 1 −a0 −a1 −a2 · · · −an−1

⎡ ⎤ 0 ⎢0⎥ ⎥ ⎢ ⎥ ⎥ ⎥ xT + ⎢ .. ⎥ · u . ⎢.⎥ ⎥ ⎣0⎦ ⎦ ⎤

1

Bei der Zustandsdarstellung in Regelungsnormalform hat die Dynamikmatrix AT Frobenius-Form und der Eingangsvektor bT ist gleich Null bis auf das Element in der ¨ letzten Zeile. Die Pole des Systems werden durch diese Ahnlichkeitstransformation nicht ver¨ andert. Die Pole des Systems sind die Nullstellen der charakteristischen Gleichung mit den Koeffizienten der letzten Zeile der Dynamikmatrix AT Det(sI − AT ) = sn + an−1 sn−1 + . . . + a1 s + a0 = (s − λ1 )(s − λ2 ) · · · (s − λn ). (4.2) ˜ Die R¨ uckf¨ uhrung des Zustandsvektors xT u ¨ ber die 1 × n Matrix k ˜T · xT = −[k˜0 k˜1 . . . k˜n−1 ] · xT u = −k

(4.3)

f¨ uhrt zu der Zustandsdarstellung des r¨ uckgef¨ uhrten Systems ˜T ) · xT + bT · u x˙ T = (AT − bT · k 2

=

0 1 0 0 0 1 6 6 .. 6 .. .. 6 . . . 6 4 0 0 0 ˜0 ) −(a1 + k ˜1 ) −(a2 + k ˜2 ) −(a0 + k

2 3 3 0 0 0 607 7 6 7 7 6.7 7 .. 7 xT + 6 .. 7 u . 6 7 7 405 5 ··· 1 ˜n−1 ) 1 · · · −(an−1 + k

(4.4)

··· ···

(4.5)

Die letzte Zeile der Dynamikmatrix enth¨ alt wieder die Koeffizienten der charakteristischen Gleichung des r¨ uckgef¨ uhrten Systems. Sollen die Pole des r¨ uckgef¨ uhrten Systems 1

¨ Es existieren in der Literatur auch Ahnlichkeitstransformation der umgekehrten Form xT = T x mit entsprechend anderer Tranformationsmatrix T .

4.1 Polfestlegung f¨ ur Eingr¨ oßensysteme

83

an den Positionen λR,1 . . . λR,n liegen, dann lautet die charakteristische Gleichung des r¨ uckgef¨ uhrten Systems T

˜ ) = (s − λR,1 )(s − λR,2 ) · · · (s − λR,n ) = αR (s) Det(sI − AT + bT k = sn + αR,n−1 sn−1 + . . . + αR,1 s + αR,0 = 0.

(4.6)

Der Koeffizientenvergleich von Gleichung 4.6 mit der letzten Zeile der Dynamikmatrix ˜T zu von Gleichung 4.5 ergibt die gesuchten Parameter des R¨ uckf¨ uhrvektors k k˜i = αR,i − ai

f¨ ur

i = 0, . . . n − 1 .

(4.7)

Da aber nicht der Zustandsvektor xT gemessen wird, sondern der Zustandsvektor x, lautet wegen x = T xT der endg¨ ultige R¨ uckf¨ uhrvektor zur Polfestlegung: T

T

˜ · xT = − k ˜ T −1 · x = −kT · x u = −k

(4.8)

mit  kT = αR,0 − a0

αR,1 − a1

...

 αR,n−1 − an−1 · T −1 .

(4.9)

Die αR,i sind die Koeffizienten des charakteristischen Polynoms des r¨ uckgef¨ uhrten und uckgef¨ uhrten Systems. die ai die des nicht r¨ Beispiel 4.1 System 3. Ordnung: Gegeben sei ein Eingr¨oßensystem in Zustandsdarstellung (siehe Beispiel 3.7) zu ⎡ ⎤ ⎡ ⎤ 0 0 0,5 0 x˙ = ⎣ −2 −2 −1,5 ⎦ · x + ⎣ 1 ⎦ · u . −6 −4 −3 2 Die Ermittlung der Transformationsmatrix T auf Regelungsnormalform lautet nach Gleichung 3.19 ⎡ ⎤ 0 1 0 T =⎣1 0 1⎦ . 0 0 2 Damit berechnet man die Regelungsnormalform zu ⎡ ⎤ ⎡ ⎤ 0 1 0 0 x˙ T = T −1 AT · xT + T −1 b · u = ⎣ 0 0 1 ⎦ · xT + ⎣ 0 ⎦ · u . −2 −3 −5 1

84

4 Reglerentwurf zur Polfestlegung

Die charakteristische Gleichung des Systems lautet dann Det(sI − A) = s3 + a2 s2 + a1 s + a0 = s3 + 5s2 + 3s + 2 = 0 und sie besitzt die Nullstellen (Pole des Systems) bei λ1 = −4,4241 λ2,3 = −0,2880 ± j0,6076 . Die Pole des Systems sollen durch eine Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung auf die Positionen λR,1 = −5

λR,2 = −2

λR,3 = −1

verschoben werden. Das neue charakteristische Polynom lautet dann (s − λR,1 )(s − λR,2 )(s − λR,3 ) = s3 + 8s2 + 17s + 10 = s3 + αR,2 s2 + αR,1 s + αR,0 .

Nach Gleichung 4.9 lautet dann die gesuchte R¨ uckf¨ uhrmatrix  αR,0 − a0 αR,1 − a1 . . . αR,n−1 − an−1 · T −1 ⎡ ⎤−1 0 1 0   = 8 14 3 · ⎣ 1 0 1 ⎦ 0 0 2   = 14 8 −2,5 .

kT =



 Aufgabe 4.1: Die Pole des Systems mit den Matrizen     0 1 0 A= und b = , −3 −4 2 sollen durch eine Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung auf die Positionen λ1 = −2 und λ2 = −4 verschoben werden. Berechnen Sie den R¨ uckf¨ uhrvektor kT . L¨ osung: kT = [2,5 1] Aufgabe 4.2: Die Pole des Systems mit den Matrizen ⎡ ⎤ ⎡ ⎤ 0 1 0 0 A = ⎣ 0 0 1 ⎦ und b = ⎣ 0 ⎦ , −6 −11 −6 3



4.1 Polfestlegung f¨ ur Eingr¨ oßensysteme

85

sollen durch eine Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung auf die Positionen λ1 = −1,5, λ2 = −2,5 uckf¨ uhrvektor kT . und λ3 = −3,5 verschoben werden. Berechnen Sie den R¨ L¨ osung: kT = [2,375 2,25 0,5]



Aufgabe 4.3 Instabiles System: Gegeben sei ein steuerbares aber instabiles System in Zustandsdarstellung zu: ⎡ ⎤ ⎡ ⎤ −1 −1 0 1 x˙ = ⎣ 1 −1 1 ⎦ · x + ⎣ 1 ⎦ · u 0 0 2 2 Berechnen Sie die R¨ uckf¨ uhrmatrix kT so, dass der instabile Pol nach λ = −1 verschoben wird. L¨ osung:  kT = 0

0

1,5



.



Ackermann’s Formel. Neben der obigen Vorgehensweise zur Berechnung des R¨ uckf¨ uhrvektors k existieren weitere Methoden, von denen hier ohne Herleitung Ackermann’s Formel angegeben werden soll [2]. Danach berechnet man den R¨ uckf¨ uhrvektor k gem¨aß der Gleichung kT = q T · αR (A) .

(4.10)

Hierin ist αR (A) nach dem Caley-Hamilton-Theorem das charakteristische Polynom des r¨ uckgef¨ uhrten Systems mit der Variablen s ersetzt durch die Matrix A. Wenn also das charakteristische Polynom lautet αR (s) = sn + αR,n−1 sn−1 + . . . + αR,1 s + αR,0 , dann versteht man unter αR (A) das Polynom αR (A) = An + αR,n−1 An−1 + . . . + αR,1 A + αR,0 I . Weiterhin gilt f¨ ur den Vektor q T der Zusammenhang q T = [0 0 . . . 0 1] · Q−1 S . Der Vektor q T ist somit die letzte Zeile der inversen Steuerbarkeitsmatrix QS . Die Anwendung von Gleichung 4.10 soll in Beispiel 4.2 demonstriert werden.

86

4 Reglerentwurf zur Polfestlegung

Beispiel 4.2 System 2. Ordnung: Gegeben sei das steuerbare System von Beispiel 3.2 in Zustandsdarstellung zu:     −1 0 1 x˙ = ·x+ ·u 0 −2 1 Durch eine Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung sollen die Pole des r¨ uckgef¨ uhrten Systems nach λR,1 = −3 und λR,2 = −4 verschoben werden. Dann lautet das Polynom αR (s) des r¨ uckgef¨ uhrten Systems: αR (s) = (s − λR,1 ) · (s − λR,2 ) = (s + 3) · (s + 4) = s2 + 7s + 12 , und das Polynom αR (A) resultiert zu:  2

αR (A) = A + 7A + 12I =

6 0 0 2

 .

Die Steuerbarkeitsmatrix QS lautet     1 −1 QS = b | Ab = 1 −2 und ihre Inverse ist Q−1 S =



2 −1 1 −1

 .

Dann lautet die letzte Zeile der inversen Steuerbarkeitsmatrix q T = [1

− 1] .

Damit ergibt sich der gesuchte R¨ uckf¨ uhrvektor zu   6 0 = [6 kT = q T · αR (A) = [1 − 1] · 0 2

− 2] .

Die Probe best¨ atigt das Ergebnis.

4.2



Polfestlegung fu¨r Mehrgro¨ßensysteme

Die Berechnungen des R¨ uckf¨ uhrvektors k f¨ ur Eingr¨oßensysteme f¨ uhren zu eindeutigen L¨ osungen. F¨ ur Mehrgr¨ oßensysteme ist dies jedoch nicht der Fall, man hat nun r × n Parameter der R¨ uckf¨ uhrmatrix K zur Verf¨ ugung, um n Koeffizienten des charakteristischen Polynoms festzulegen. Nachfolgend werden zwei Verfahren der Polfestlegung f¨ ur Mehrgr¨ oßensysteme behandelt.

4.2 Polfestlegung f¨ ur Mehrgr¨ oßensysteme

4.2.1

87

Systeme in Brunovsky-Form

Bei der Darstellung eines Mehrgr¨ oßensystems in Brunovsky-Form nach Abschnitt 3.3.3 weisen die A- und B-Matrix Blockdiagonalgestalt auf ⎡

Ap1 0 ⎢ 0 Ap2 ⎢ . .. AB = ⎢ . ⎢ .. ⎣ 0 0 0 0

0 ··· 0 ··· ··· ···

0 0 .. .



⎥ ⎥ ⎥ ⎥ 0 ⎦ Apr



und

BB

bp1 0 · · · ⎢ 0 bp2 · · · ⎢ . .. =⎢ . ⎢ .. ⎣ 0 0 ··· 0 0 ···

0 0 .. .



⎥ ⎥ ⎥ ⎥ 0 ⎦ bpr

mit den Hauptdiagonalmatrizen wie folgt: ⎡

Api

0 ⎢0 ⎢. ⎢. . =⎢ ⎢ ⎢0 ⎣0

⎤ 1 0 ··· 0 0 0 1 ··· 0 0 ⎥ .. ⎥ ⎥ .⎥ ⎥ 0 0 ··· 1 0 ⎥ 0 0 ··· 0 1 ⎦

und bpi

0 0 0 ··· 0 0

⎡ ⎤ 0 ⎢0⎥ ⎢.⎥ ⎢.⎥ .⎥ =⎢ ⎢ ⎥ . ⎢0⎥ ⎣0⎦ 1

Bei r Eing¨ angen liegen r Teilsysteme der Ordnung pi f¨ ur i = 1, . . . , r vor. Die pi sind die auf Seite 73 definierten Steuerbarkeitsindizes. Jeder Eingang ui steuert ein Teilsystem. Diese Normalform wird wie folgt ermittelt [7] (siehe Kapitel 3.3.3): ¨ Mittels der Ahnlichkeitstransformation x = T ·xT wird zun¨achst die Dynamikgleichung x˙ = A · x + B · u auf die Regelungsnormalform nach Luenberger (Seite 72) transformiert x˙ T = T −1 AT · xT + T −1 B · u = AT · xT + B T · u . Mit einer Eingangstransformation u = F · w und einer weiteren Zustandsr¨ uckf¨ uhrung w = v − H · xT wird das System dann auf Brunovsky-Form transformiert x˙ T = AB · xT + B B · v . Aufgrund der besonderen Form der Matrizen AB und B B kann man jedes Teilsystem der Brunovsky-Form als Eingr¨ oßensystem ansehen. Mittels der R¨ uckf¨ uhrung v = −Γ · xT soll die Dynamikmatrix AB auf die neue Matrix AR , ebenfalls in Blockdiagonalform, mit den gew¨ unschten Pollagen transformiert werden AR = Diag( AR1 AR2 . . . ARr ) .

88

4 Reglerentwurf zur Polfestlegung

Dabei weist ARi Frobenius-Form auf. Somit gilt x˙ T = (AB − B B Γ) · xT = AR · xT .

(4.11)

Aufgrund der besonderen Form der Matrix B B gilt B TB · B B = I m mit I m als m×m-Einheitsmatrix. Somit kann man die Gleichung f¨ ur die Dynamikmatrix nach Gleichung 4.11 AR = AB − B B Γ von links mit B TB multiplizieren und nach Γ aufl¨osen zu Γ = B TB [AB − AR ] .

(4.12)

Setzt man diese Beziehung ein in u = F · w = F · [v − HxT ] = F · [−ΓxT − HxT ] = −F · [Γ + H] xT = −F · [Γ + H] T −1 · x , so resultiert f¨ ur die R¨ uckf¨ uhrung zur Polfestlegung u = −K · x die R¨ uckf¨ uhrmatrix zu: K = F · [Γ + H] T −1 .

(4.13)

Diese Methode soll an einem Beispiel in Brunovsky-Form demonstriert werden. Beispiel 4.3 System 3. Ordnung: Gegeben sei ein Mehrgr¨oßensystem in Brunovsky-Form zu ⎤ ⎤ ⎡ ⎡ 0 1 0 0 0 x˙ T = AB · xT + B B v = ⎣ 0 0 0 ⎦ · xT + ⎣ 1 0 ⎦ · v . 0 0 0 0 1 Es seien f¨ ur Teilsystem eins die Pollagen λ11 = −1 und λ12 = −2 und f¨ ur Teilsystem zwei die Pollage λ21 = −3 gefordert. Dann lautet die charakteristische Gleichung des r¨ uckgef¨ uhrten ersten Teilsystems (s − λ11 ) · (s − λ12 ) = (s + 1) · (s + 2) = s2 + 3s + 2 = 0 ,

4.2 Polfestlegung f¨ ur Mehrgr¨ oßensysteme

89

und die des zweiten Teilsystems (s − λ21 ) = (s + 3) = 0 . Die Koeffizienten der charakteristischen Gleichungen bilden dann die letzte Zeile der Dynamikmatrix des r¨ uckgef¨ uhrten Systems: ⎤ ⎡ 0 1 0 AR = ⎣ −2 −3 0 ⎦ . 0 0 −3 Dann folgt f¨ ur die Matrix Γ nach Gleichung 4.12 

0 1 0 0 0 1 ⎤ ⎡    0 0 0 2 0 1 0 ⎣ = · 2 3 0⎦ = 0 0 1 0 0 0 3

Γ = B TB [AB − AR ] =

⎤ ⎡ ⎤⎞ 0 1 0 0 1 0 · ⎝⎣ 0 0 0 ⎦ − ⎣ −2 −3 0 ⎦⎠ 0 0 0 0 0 −3  3 0 . 0 3



⎛⎡

Die weitere Umformung auf die Matrix K erfolgt unter Anwendung der Matrizen T , F und H, die zur Umformung auf die Brunovsky-Form verwendet wurden.  Aufgabe 4.4: Gegeben sei ein Mehrgr¨ oßensystem der Ordnung vier in Brunovsky-Form mit zwei Eing¨ angen. Jeder Eingang steuert ein Teilsystem der Ordnung zwei, d. h. die Steuerbarkeitsindizes sind p1 = p2 = 2. Berechnen Sie eine R¨ uckf¨ uhrmatrix Γ so, dass die Pole der r¨ uckgef¨ uhrten Teilsysteme f¨ ur Teilsystem eins bei λ11 = −1 und λ12 = −2 und f¨ ur Teilsystem zwei bei λ21 = −3 und λ22 = −4 liegen. L¨ osung:  Γ=

2 3 0 0 0 0 12 7

 . 

90

4 Reglerentwurf zur Polfestlegung

4.2.2

Robuste Polfestlegung

Verfahren. Ein Nachteil der Methoden zur Polfestlegung f¨ ur Systeme in kanonischer Form liegt in ihrer Empfindlichkeit bez¨ uglich Schwankungen der Systemparameter. Aus diesem Grund werden in Rechenprogrammmen zur Polfestlegung, wie z. B. in MATLAB, im Allgemeinen Verfahren eingesetzt, die gewisse Empfindlichkeitsforderungen erf¨ ullen. Nachfolgend soll die Methode von Kautsky [37] (Subroutine place in MATLAB) vorgestellt werden, die gut konditionierte und robuste L¨osungen der Polfestlegung liefert. Die Systemmatrizen m¨ ussen keine besondere Normalform aufweisen. Gegeben ist die Dynamikgleichung eines Systems n-ter Ordnung in Zustandsdarstellung x˙ = A · x + B · u . F¨ ur das R¨ uckf¨ uhrgesetz u = −K · x + v soll eine R¨ uckf¨ uhrmatrix K derart gefunden werden, dass f¨ ur das r¨ uckgef¨ uhrte System x˙ = [A − B · K] · x + B · v

(4.14)

die Pole an den Positionen λ1 , λ2 , . . . , λn liegen. In [37] wird gezeigt, dass diese Aufgabenstellung in das Problem der folgenden robusten Polfestlegung u uhrt werden ¨berf¨ kann. F¨ ur gegebene Matrizen A und B sollen eine reelle Matrix K und eine nichtsingul¨are Matrix T derart gefunden werden, dass die folgende Gleichung [A − BK] · T = T Λ mit Λ = Diag {λ1 , λ2 , . . . , λn } erf¨ ullt wird und gleichzeitig ein Robustheitsmaß ν optimiert wird. Bei optimaler L¨osung dieses Problems werden vier verschiedene Empfindlichkeitsmaße gleichzeitig minimiert und die Pole sind so unempfindlich wie m¨oglich. Z. B. sollen die Pollagen sich m¨oglichst wenig ¨ andern, wenn Parameter¨anderungen Δ das r¨ uckgef¨ uhrte System A − BK + Δ st¨ oren. Nach [37] existiert f¨ ur gegebenes Λ und ein nichtsingul¨ares T eine L¨osung dann und nur dann, wenn die Bedingung U T1 · [AT − T Λ] = 0 erf¨ ullt ist, wobei gilt  B = [U 0 , U 1 ] ·

Z 0



4.2 Polfestlegung f¨ ur Mehrgr¨ oßensysteme

91

mit U = [U 0 , U 1 ] orthogonal und Z nicht-singul¨ar. Die L¨osung f¨ ur K ergibt sich dann zu K = −Z −1 U T0 · [T ΛT − A] . Die nummerische Ermittlung der L¨ osung f¨ ur T und damit auch f¨ ur die Matrix K geschieht iterativ. Ein Beispiel soll die Robustheit des obigen Entwurfs verdeutlichen. Beispiel 4.4 System 3. Ordnung: Gegeben sei ein Mehrgr¨oßensystem in Zustandsdarstellung ⎡ ⎤ ⎡ ⎤ −0,75 0,75 0,125 1 2 x˙ = ⎣ −0,75 −0,25 0,125 ⎦ · x + ⎣ 2 3 ⎦ · u . 4 2 −2 2 2 Die Pole des Systems liegen bei λ1,2 = −0,3376 ± j0,5623 und λ3 = −2,3247. Die Pole des r¨ uckgef¨ uhrten Systems sollen bei λR,1 = −1, λR,2 = −2 und λR,3 = −3 liegen. Mit der Transformationsmatrix ⎡ ⎤ 2 1 0 T = ⎣ −1 1 1 ⎦ 2 0 2 resultiert die Regelungsnormalform nach Luenberger zu ⎡ ⎤ ⎡ ⎤ 0 1 0 0 0 und BT = ⎣ 1 2 ⎦ . AT = ⎣ −2 −2 1 ⎦ 1 2 −1 1 1 Mit den Matrizen  H=

−2 −2 1 1 2 −1



 und

F =

−1 2 1 −1



liefert die Transformation dieses System auf Brunovsky-Form ⎡ ⎤ ⎡ ⎤ 0 1 0 0 0 x˙ T = ⎣ 0 0 0 ⎦ · xT + ⎣ 1 0 ⎦ · v 0 0 0 0 1 Dann ergibt die Berechnung der R¨ uckf¨ uhrmatrix K nach Kapitel 4.2.1   1,25 1,75 0,625 K= . −0,5 −0,5 −0,25

92

4 Reglerentwurf zur Polfestlegung

Dagegen ergibt die Berechnung nach Kautsky [37] die R¨ uckf¨ uhrmatrix K   1,4090 0,9036 0,0673 K= . −0,2045 0,0453 −0,0389 Die Pole des r¨ uckgef¨ uhrten Systems liegen f¨ ur beide R¨ uckf¨ uhrmatrizen K bei λR,1 = −1, λR,2 = −2 und λR,3 = −3. Ergibt sich nun jedoch eine St¨ orung der Systemparameter, z. B. aufgrund ungenauer Kenntnis der Systemmatrizen A und B so, dass A − BK + Δ um den willk¨ urlichen Fehler ⎡ ⎤ 0,02 −0,04 0,02 Δ = ⎣ −0,08 0,02 0,06 ⎦ 0,01 −0,04 −0,02 gest¨ ort wird, so liegen beim Entwurf mittels der Brunovsky-Form die Pole auf den Positionen λR,1 = −0,8712, λR,2 = −2,1140 und λR,3 = −2,9948. Dies ergibt einen mittleren Fehler von ! Δλ = (ΔλR,1 )2 + (ΔλR,2 )2 + (ΔλR,3 )2 = 0,1721 . Bei der robusten Polverschiebung liegen die Pole des gest¨orten Systems jedoch bei λR,1 = −0,8977, λR,2 = −2,0023 und λR,3 = −3,0799. Dies ergibt einen mittleren Fehler von ! Δλ = (ΔλR,1 )2 + (ΔλR,2 )2 + (ΔλR,3 )2 = 0,1298 . Der mittlere Fehler ist ca. 30% kleiner als vorher.



Beispiel 4.5 Hydraulik-Kaskade: Abschließend soll die Methode der Polfestlegung auf das Beispiel 2.1 der Hydraulik-Kaskade angewendet werden. Die Dynamik- und Messgleichung der Hydraulik-Kaskade lauten gem¨aß Beispiel 2.5 ⎡

⎤ ⎡ ⎤ ⎡ ⎤ h˙ 1 −0,125 0,125 0 h1 ⎣ h˙ 2 ⎦ = ⎣ 0,1 −0,2 0,1 ⎦ · ⎣ h2 ⎦ + 0 0,0833 −0,0833 h3 h˙ 3 ⎡

⎤   0,1250 0 QZu1 ⎣ ⎦ 0 0 + · QZu3 0 0,0833

4.2 Polfestlegung f¨ ur Mehrgr¨ oßensysteme und 

y1 y2



 =

h1 h3



 =

93

⎤ h1 1 0 0 ⎣ ⎦ · h2 . 0 0 1 h3 



⎤   h1 QZu1 ⎦ ⎣ mit x = h2 als Zustandsvektor, u = als Stellvektor und dem Vektor QZu3 h3   h1 als Ausgangsvektor. y= h3 ⎡

Die Eigenwerte der Dynamikmatrix A lauten λ1 = −0,3063

λ2 = −0,1020

und

λ3 = 0 .

Die Sprungantwort des Hydraulik-Kaskade f¨ ur eine sprungf¨ormige Stellgr¨oße QZu1 = 1 hl/s zeigt Abb. 4.2 2.5

h(t)

2

h1 (t)

61.5

h2 (t)

1 0.5 0

h3 (t) 0

5

10

15

20

25

-

30

35

40

45

50

t/s

Abbildung 4.2: Sprungantwort der Hydraulik-Kaskade f¨ ur einen Sprungeingang QZu1 = 1 hl/s Mit einem integrierenden Verhalten steigt der F¨ ullstand der drei Beh¨alter. Der F¨ ullstand von Beh¨ alter eins steigt am schnellsten, dann folgen die Beh¨alter zwei und drei. Mittels Polfestlegung sollen nun die Pole des Kreises mit Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung auf die Positionen λ1 = −0,30

λ2 = −0,25

und

λ3 = −0,20

verschoben werden. Die mit der Methode der robusten Polfestlegung berechnete R¨ uckf¨ uhrmatrix lautet dann:   1,1449 0,9873 0,1565 K= . 0,3609 1,0203 2,3826

94

4 Reglerentwurf zur Polfestlegung

Die Pole des r¨ uckgef¨ uhrten Sytems Ac = A − B · K liegen, wie man leicht feststellen kann, auf den gew¨ unschten Positionen. Die Sprungantwort der Hydraulik-Kaskade f¨ ur dieselbe sprungf¨ormige Stellgr¨ oße QZu1 = 1 hl/s zeigt Abb. 4.3. Hierbei ist als allerdings 0.5

h1 (t)

0.4

h(t)

60.3

h2 (t)

0.2

h3 (t) 0.1 0

0

10

20

30

40

50

-

60

70

80

90

100

t/s

Abbildung 4.3: Sprungantwort der Hydraulik-Kaskade f¨ ur einen Sprungeingang uckf¨ uhrung und R¨ uckf¨ uhrmatrix mittels PolfestleQZu1 = 1 hl/s mit Zustandsvektorr¨ gung zu beachten, dass die Stellgr¨ oße nur positive Werte annehmen kann, ansonsten ergibt sich ein anderer Signalverlauf der F¨ ullst¨ ande. Die F¨ ullst¨ ande h1 bis h3 enden alle bei demselben Endwert von ca. 0,43 dm, da infolge der R¨ uckf¨ uhrung die Eingangssignale in das System nach Null gef¨ uhrt werden. Anschließend gleichen sich u ullst¨ande der Beh¨alter aus. Auch hier ¨ ber die Ventile die F¨ steigt der F¨ ullstand von Beh¨ alter eins am schnellsten, dann folgen die Beh¨alter zwei und drei. 

4.3

Auswahl der gewu¨nschten Pollagen

Problematik. Bei der Anwendung der Verfahren zur Polverschiebung stellt sich schnell die Frage nach der gew¨ unschten Position, auf welche die Pole des geschlossenen Regelkreises verschoben werden sollen. Hierzu werden in diesem Abschnitt einige Vorschl¨age gemacht. Bei manchen Anwendungen, wie z. B. in der Flugregelung, sind die Pollagen f¨ ur die Erf¨ ullung bestimmter Qualifikationen schon vorgegeben, sodass man sich hier¨ uber weniger Gedanken machen muss. Bei anderen Anwendungen versucht man die f¨ ur die Polverschiebung aufgewendete Stellenergie m¨oglichst gering zu halten. Es werden vier verschiedene M¨ oglichkeiten zur Auswahl der gew¨ unschten Pollagen vorgestellt.

4.3.1

Dominierendes Polpaar

Methode. Dies ist die einfachste Methode um m¨ogliche Pollagen vorzugeben. Man spezifiziert die Lage eines dominierenden Polpaares, und legt damit im Wesentlichen

4.3 Auswahl der gew¨ unschten Pollagen

95

¨ die Anregelzeit, Ausregelzeit sowie das Uberschwingen fest (siehe [63]). Die weiteren Pole des Systems werden auf der reellen Achse sehr weit links positioniert. Damit wird das Einschwingverhalten im Wesentlichen durch das dominierende Polpaar bestimmt, auf die erforderliche Stellenergie und die Stellamplituden wird weniger R¨ ucksicht genommen. Es ist hierbei auch notwendig, dass m¨ ogliche Nullstellen weit genug links in der s-Halbebene liegen, sodass ihr Einfluss gering ist. Diese Philosophie r¨ uhrt von der Regelung eines Systems mit mehreren schwach ged¨ampften hochfrequenten Vibrationen plus zus¨ atzlicher niederfrequenter Bewegungen zweier starrer K¨ orper her. Die niederfrequenten Bewegungen werden bez¨ uglich Kreisfrequenz ω und D¨ ampfung D geeignet geregelt, und bei den hochfrequenten Modi wird nur die D¨ ampfung erh¨ oht um die Stellenergie klein zu halten. Das Verfahren soll an dem Eingr¨ oßensystem 3. Ordnung von Beispiel 3.7 auf Seite 65 erprobt werden. Beispiel 4.6 Eingr¨oßensystem 3. Ordnung: Gegeben sei das Eingr¨oßensystem in Zustandsdarstellung zu ⎡

0 x˙ = ⎣ −2 −6  y = 3 2

⎤ ⎡ ⎤ 0 0,5 0 −2 −1,5 ⎦ · x + ⎣ 1 ⎦ · u −4 −3 2  −0,5 · x .

Die Pole des Systems liegen bei s1,2 = −0,2880 ± 0,6076j

und

s3 = −4,4241 .

D¨ ampfung und Kreisfrequenz des konjugiert komplexen Polpaares lauten: D = 0,4283

und

ω0 = 0,6724 .

uckDie D¨ ampfung des Systems soll bei unver¨ andertem ω0 durch eine Zustandsvektorr¨ f¨ uhrung auf D = 0,7 erh¨ oht werden, und der reele Pol nach −6 verschoben werden. Die neuen gew¨ unschten Pollagen lauten dann s1,2 = −0,4707 ± 0,4802j

und

s3 = −6 .

Unter Verwendung der MATLAB-Subroutine place wird dann die Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung berechnet zu K = [ 3,1003 0,7127 0,6143 ] . Es wird nun die Systemkonfiguration nach Abb. 4.4 untersucht. F¨ ur dieses System werden f¨ ur das Eingangssignal u (t) = σ(t) die Sprungantworten y(t) mit“ und ohne“ ” ” ur die Polverschiebung in Abb. 4.5 R¨ uckf¨ uhrung von u1 (t) sowie das Signal −u1 (t) f¨ dargestellt.

96

4 Reglerentwurf zur Polfestlegung u (t) - h 6–

-

x(t) ˙ h

B



. . . dt

x(t)

C

y(t) -

+

u1 (t)

A K

Abbildung 4.4: System mit Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung

1.5

y(t)

yohne (t)

1

6

ymit (t)

0.5

0

−0.5

−u1 (t) 0

2

4

6

8

10

-

12

14

16

18

20

t/s

Abbildung 4.5: Zeitverl¨aufe ohne“ und mit“ Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung ” ” Die D¨ ampfung des r¨ uckgef¨ uhrten Systems ist wie gefordert deutlich erh¨oht, und das daf¨ ur erforderlich R¨ uckf¨ uhrsignal −u1 (t) wird maximal ca. −0,45. 

4.3.2

Prototypen-Entwurf

Methode. Bei den n¨ achsten vorgeschlagenen Pollagen wird ein bestimmter Einschwingverlauf gem¨ aß einem berechneten Beispielverlauf erzwungen. Als Beispielverl¨aufe werden zwei Sprungantworten gew¨ ahlt:

(1.) Als erster Beispielverlauf wird die Sprungantwort y(t) gew¨ahlt, die sich ∞ bei Minimierung des ITAE-Kriteriums J = 0 t|xd (t)|dt ergibt. Die sich dann ergebenden Pollagen werden in Tabelle 4.1 aufgef¨ uhrt. (2.) Der zweite Beispielverlauf resultiert bei Realisierung der Sprungant¨ wort f¨ ur eine Bessel-Ubertragungsfunktion.

4.3 Auswahl der gew¨ unschten Pollagen

97

Die Tabellen2 4.1 und 4.2 listen die notwendigen Pollagen f¨ ur diese Entw¨ urfe f¨ ur die Kreisfrequenz ω0 = 1 rad/s auf3 :

¨ (1) ITAE-UF

Pollagen f¨ ur ω0 = 1 rad/s s+1 s + 0,7071 ± j0,7071 (s + 0,7081)(s + 0,5210 ± j1,068) (s + 0,4240 ± 1,2630j)(s + 0,6260 ± j0,4141) (s + 0,8955)(s + 0,3764 ± j1,2920) ·(s + 0,5758 ± j0,5339) (s + 0,3099 ± j1,2634)(s + 0,5805 ± j0,7828) ·(s + 0,7346 ± j0,2873)

k 1 2 3 4 5 6

¨ Tabelle 4.1: Tabelle mit den Pollagen der ITAE-Ubertragungsfunktion

Zu den Pollagen der Tabellen geh¨ oren die in den Abbildungen 4.6 und 4.7 gezeigten ¨ Sprungantworten. Die Ubertragungsfunktionen aus den Tabellen 4.1 und 4.2 werden derart normiert, dass f¨ ur die Nennerpolynome N (s) das Z¨ahlerpolynom Z(s) = 1 gesetzt wird. Es resultiert so im eingeschwungenen Zustand der Endwert Eins.

1.2 1

y(t)

0.8

6

k=

1

2

3

4

5 6

0.6 0.4 0.2 0

0

2

4

6

-

8

10

t/s

Abbildung 4.6: Sprungantworten f¨ ur ITAE-Prototypen

2 3

Aus Platzgr¨ unden wird (s + a + jb)(s + a − jb) geschrieben als (s + a ± jb). F¨ ur ω0 -Werte ungleich 1 ist s durch s/ω0 zu ersetzen.

12

98

4 Reglerentwurf zur Polfestlegung

¨ (2) Bessel-UF

k 1 2 3 4 5

Pollagen f¨ ur ω0 = 1 rad/s s+1 s + 0,8660 ± j0,5000 (s + 0,9420)(s + 0,7455 ± j0,7112) (s + 0,6573 ± j)0,8302(s + 0,9047 ± j0,2711) (s + 0,9264)(s + 0,5906 ± j0,9072) ·(s + 0,8516 ± j0,4427) (s + 0,5385 ± j0,9617)(s + 0,7998 ± j0,5622) ·(s + 0,9093 ± j0,1856)

6

¨ Tabelle 4.2: Tabelle mit den Pollagen der Bessel-Ubertragungsfunktion 1.2 1

y(t)

0.8

6

k=

1

2

3

4

5

6

0.6 0.4 0.2 0

0

2

4

6

-

8

10

12

t/s

Abbildung 4.7: Sprungantworten f¨ ur Bessel-Prototypen Auch dieser Entwurf soll wieder an dem zuvor untersuchten Beispiel 3. Ordnung untersucht werden. Beispiel 4.7 Eingr¨oßensystem 3. Ordnung: Gegeben sei das Eingr¨oßensystem in Zustandsdarstellung zu ⎡

0 x˙ = ⎣ −2 −6  y = 3 2

⎤ ⎡ ⎤ 0 0,5 0 −2 −1,5 ⎦ · x + ⎣ 1 ⎦ · u −4 −3 2  −0,5 · x .

Die Pole des Systems liegen bei s1,2 = −0,2880 ± 0,6076j

und

s3 = −4,4241 .

D¨ ampfung und Kreisfrequenz des konjugiert komplexen Polpaares lauten: D = 0,4283

und

ω0 = 0,6724 .

4.3 Auswahl der gew¨ unschten Pollagen

99

(1): F¨ ur den ITAE-Prototypenentwurf m¨ ussen die Pole auf die Positionen s1 = −0,4761

s2,3 = −0,3503 ± 0,7181j

und

verschoben werden. Unter Verwendung von place wird dann die Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung berechnet zu K = [ −2,0280

− 1,6960

− 1,0636 ] .

D¨ ampfung und Kreisfrequenz des konjugiert komplexen Polpaares lauten nun: D = 0,4384

und

ω0 = 0,7990 .

Der reelle Pol r¨ uckt deutlich nach rechts. F¨ ur dieses System werden f¨ ur das Eingangssignal u (t) = σ(t) die Sprungantworten y(t) mit“ und ohne“ R¨ uckf¨ uhrung von u1 (t) ” ” ur die Polverschiebung in Abb. 4.8 dargestellt. sowie das Signal −u1 (t) f¨ 8

ymit (t) 6

y(t)

−u1 (t)

6 4

2

0

yohne (t) 0

2

4

6

8

10

-

12

14

16

18

20

t/s

Abbildung 4.8: ITAE-Zeitverl¨aufe ohne“ und mit“ Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung ” ” Wie man aus Abb. 4.8 erkennt, wird durch die Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung die Streckenverst¨ arkung deutlich erh¨ oht. Dies erfolgt unter Verwendung eines kr¨aftigen R¨ uckf¨ uhr¨ signals. Das prozentuale Uberschwingen wird reduziert. (2): F¨ ur den Bessel-Prototypenentwurf m¨ ussen die Pole auf die Positionen s1 = −0,6334

und

s2,3 = −0,5013 ± 0,4782j

verschoben werden. Unter Verwendung von place wird dann die Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung berechnet zu K = [ −1,8850

− 1,6960

− 0,8340 ] .

D¨ ampfung und Kreisfrequenz des konjugiert komplexen Polpaares lauten nun: D = 0,7236

und

ω0 = 0,6928 .

100

4 Reglerentwurf zur Polfestlegung

7 6

ymit (t)

y(t)5

−u1 (t)

64 3 2

yohne (t)

1 0

0

2

4

6

8

10

12

-

14

16

18

20

t/s

Abbildung 4.9: Bessel-Zeitverl¨aufe ohne“ und mit“ Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung ” ” Der reelle Pol r¨ uckt auch hier deutlich nach rechts. F¨ ur dieses System werden f¨ ur das Eingangssignal u (t) = σ(t) die Sprungantworten y(t) mit“ und ohne“ R¨ uckf¨ uhrung ” ” von u1 (t) sowie das Signal −u1 (t) f¨ ur die Polverschiebung in Abb. 4.9 dargestellt. Wie man aus Abb. 4.9 erkennt, wird auch hier durch die Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung die Streckenverst¨ arkung deutlich erh¨ oht. Dies erfolgt auch hier unter Verwendung eines kr¨ aftigen R¨ uckf¨ uhrsignals. Der Zeitverlauf ist jedoch insgesamt wesentlich ruhiger geworden. 

4.3.3

Symmetrischer Wurzelort

Methode. In Kapitel 5 wird das Verfahren der linearen optimalen Regelung zur Bestimmung einer optimalen R¨ uckf¨ uhrung u = −K · x vorgestellt. Dabei wird im Zuge einer Minimierung der G¨ utefunktion ∞ J = [xT Qx + uT Ru] dt

und

min J(u) ⇒ u∗ u

0

gezeigt, dass dieses Optimum mittels einer linearen Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung erzielt wird. Somit l¨ auft diese Optimierung auf die Ermittlung der R¨ uckf¨ uhrmatrix K hinaus. Dieses Verfahren wird nun auf die Polfestlegung bei Eingr¨oßensystemen der Form x˙ = A · x + b · u y = cT1 · x angewendet. Der Index bei der Messmatrix c soll andeuten, dass man bei der Polfestlegung nicht die Originalmatrix c sondern auch eine modifizierte Matrix c1 verwenden

4.3 Auswahl der gew¨ unschten Pollagen

101

kann. Im Eingr¨ oßenfall lautet das G¨ utekriterium ∞ J = [ρy 2 (t) + u2 (t)]dt . 0

Kailath [35] hat nun gezeigt, dass die optimalen Pole des geschlossenen Regelkreises durch die stabilen“ Pole (jene in der linken s-Halbebene) der Gleichung ” 1 + ρ(−1)n−m G1 (−s)G1 (s) = 0 ¨ bestimmt sind. Die Ubertragungsfunktion G1 (s) ist dabei bestimmt zu G1 (s) =

y(s) Z(s) = cT1 · {sI − A}−1 · b = , u(s) N (s)

¨ und n bzw. m sind der Grad von Nenner bzw. Z¨ahlerpolynom der Ubertragungsfunktion G1 (s). Die bei dem Verfahren der Wurzelortskurve gesuchte skalare Reglerverst¨ arkung K wird hier ersetzt durch den Gewichtsparameter ρ, der die Gewichtung der Nullablage des Ausgangssignals y(t) im Vergleich zur aufgewendeten Stellamplitude u(t) bewerkstelligt. Bei einem großen ρ wird die Nullablage von y(t) bestraft und klein gehalten zulasten eines großen Stellsignals u(t). Umgekehrt l¨asst ein kleines ρ eine gr¨ oßere Nullablage von y(t) zu, h¨ alt daf¨ ur aber die Stellamplitude u(t) klein. Die f¨ ur die Polfestlegung gesuchten optimalen Pollagen sind dann die auf der Wurzelortskurve f¨ ur das jeweilige ρ bestimmten Pole in der linken s-Halbebene. Die Wurzelortskurve ist dabei die Wurzelortskurve des Systems (−1)n−m G1 (−s)G1 (s) = (−1)n−m

Z(−s)Z(s) . N (−s)N (s)

(4.15)

Diese Wurzelortskurve weist eine doppelte Symmetrie sowohl zur reellen Achse als auch zur imagin¨ aren Achse auf. Dieses Verfahren soll zun¨ achst an einem einfachen Beispiel demonstriert werden. Beispiel 4.8 Instabiles System: Gegeben sei folgendes instabile System eines invertierten Pendels:     0 1 0 x˙ = ·x+ ·u −0,25 0 −1 Zur gleichen Gewichtung der Ausg¨ ange x1 (t) und x2 (t), die dem Winkel und der Winkelgeschwindigkeit entsprechen, wird die Messgleichung gew¨ahlt zu y=[1

1 ]·x .

102

4 Reglerentwurf zur Polfestlegung

¨ Die zugeh¨ orige Ubertragungsfunktion dieses Systems lautet nun: G1 (s) =

s+1 . − 0,25

s2

Die Differenz der Ordnung von Nenner- und Z¨ahlergrad betr¨agt hier n − m = 1. Somit ist die Wurzelortskurve von (−1)n−m G1 (−s)G1 (s) = (−1) ·

(−s + 1)(s + 1) (s2 − 0,25)2

zu ermitteln. Abb. 4.10 zeigt die resultierende Wurzelortskurve mit jeweils einem Dop¨ pelpol bei ±0,5 sowie je einer Nullstelle bei −1 und bei +1. Die Aste der Wurzelortskurve beginnen jeweils in den Doppelpolen auf der reellen Achse, verlaufen dann entlang der Halbkreise in der positiven und negativen s-Halbebene, treffen dann bei ca. ±1,3 wieder zusammen und laufen dann in die Nullstellen bei ±1 bzw. ins Unendliche. ¨ F¨ ur die Wahl der Pole f¨ ur die Polfestlegung sind nur die beiden linken Aste der Wurzelortskurve von Bedeutung. F¨ ur ein kleines ρ, d. h. eine kleine Gewichtung von y 2 (t), sind die gesuchten Pollagen nahe bei dem Doppelpol bei −0,5 auf den beiden Halbkreisen zu w¨ ahlen. F¨ ur ein großes ρ, d. h. eine große Gewichtung von y 2 (t), sind die gesuchten Pollagen auf der negativen reellen Achse zu w¨ahlen. Dazwischen l¨agen dann die Pollagen f¨ ur einen Kompromisswert von ρ. 

Im(F0 )

6

Abbildung 4.10: Symmetrische Wurzelortskurve des instabilen Pendels -

Re(F0 )

Beispiel 4.9 Eingr¨oßensystem 3. Ordnung: Gegeben sei das Eingr¨oßensystem in Zustandsdarstellung zu ⎡ ⎤ ⎡ ⎤ 0 0 0,5 0 x˙ = ⎣ −2 −2 −1,5 ⎦ · x + ⎣ 1 ⎦ · u −6 −4 −3 2   y = 3 2 −0,5 · x .

4.3 Auswahl der gew¨ unschten Pollagen

103

¨ Die Ubertragungsfunktion f¨ ur dieses System lautet: G1 (s) =

2 + 3s + s2 . 2 + 3s + 5s2 + s3

Nun wird die Wurzelortskurve f¨ ur den symmetrischen Wurzelort gem¨aß Gleichung 4.15 ermittelt und in Abb. 4.11 dargestellt.

Im(F0 )

6

-

Re(F0 )

Abbildung 4.11: Symmetrische Wurzelortskurve des Systems 3. Ordnung

¨ Je zwei Aste der symmetrischen Wurzelortskurve beginnen in den konjugiert komplexen Polen (gekennzeichnet mit einem x“) verlaufen dann zur reellen Achse und von dort ” in die Nullstellen (gekennzeichnet mit o“) auf der reellen Achse. Ast f¨ unf und sechs ” beginnen in den Polen auf der reellen Achse und verlaufen von dort ins Unendliche. Zus¨ atzlich markiert mit einem +“ sind die Pollagen f¨ ur ein ρ = 2 (nahe den Polen) ” sowie mit einem +“ f¨ ur ein ρ = 60 (nahe den Nullstellen) auf der reellen Achse. ” Die Pollagen in der linken s-Halbebene f¨ ur ρ = 2 lauten: s1,2 = −0,5989 ± 0,6292j und s3 = −4,5907 , und f¨ ur ρ = 60 lauten sie: s1 = −1,1383; s2 = −1,5825 und s3 = −8,6718 . Zu diesen Pollagen geh¨ oren dann die mit dem Programm place ermittelten R¨ uckf¨ uhrmatrizen: (1.) f¨ ur ρ = 2 : K ρ=2 = [ 3,2533

1,4640

(2.) f¨ ur ρ = 60 : K ρ=60 = [ 22,3956

− 0,3378 ] ,

13,6210

− 3,6142 ] .

Die resultierenden Zeitverl¨ aufe der mit diesen Verst¨arkungen r¨ uckgef¨ uhrten Systeme werden nun analysiert. In Abb. 4.12 wird die Sprungantwort f¨ ur die R¨ uckf¨ uhrung K ρ=2 simuliert.

104

4 Reglerentwurf zur Polfestlegung

1.5

yohne (t) y(t)

1

ymit (t)

60.5 0

−u1 (t) −0.5 −1

0

2

4

6

8

10

-

12

14

16

18

20

t/s

Abbildung 4.12: Sprungantwort f¨ ur das System 3. Ordnung mit der R¨ uckf¨ uhrung K ρ=2

Aufgrund der geringen Verst¨ arkung, wegen des kleinen ρ ist die Stellamplitude ebenfalls gering. Die Gesamtverst¨ arkung des r¨ uckgef¨ uhrten Systems wird abgesenkt. Insgesamt ist jedoch der Eingriff der R¨ uckf¨ uhrung in die Systemdynamik relativ gering. Der Verlauf ¨ ahnelt dem in Abb. 4.5 analysierten Verlauf bei Polauswahl f¨ ur das dominierende Polpaar (Abschnitt 4.4.3.1). Abb. 4.13 zeigt die Sprungantwort f¨ ur die R¨ uckf¨ uhrung K ρ=60 .

1.5

y(t)

yohne (t)

1

60.5

ymit (t)

0 −0.5 −1

−u1 (t) 0

2

4

6

8

10

-

12

14

16

18

20

t/s

Abbildung 4.13: Sprungantwort f¨ ur das System 3. Ordnung mit der R¨ uckf¨ uhrung K ρ=60 Nun ist aufgrund der großen Verst¨ arkung der Eingriff in die Systemdynamik sehr groß. Der Verlauf der Sprungantwort zeigt eine schnelle Reaktion, jedoch mit deutlich verringerter Gesamtverst¨ arkung. 

4.3 Auswahl der gew¨ unschten Pollagen

4.3.4

105

Pol-/Nullstellenkompensation

Methode. Die Methode des symmetrischen Wurzelorts f¨ uhrt bei Auswahl eines großen ρ schnell zu der Frage, ob es nicht m¨ oglich ist, mittels der Polfestlegung eine Pol/Nullstellenkompensation durchzuf¨ uhren. Bisher ging die Messmatrix C wenig bzw. u uckf¨ uhrung ein. ¨ berhaupt nicht in die Berechnung der R¨ Da das zu untersuchende System, speziell im Eingr¨oßenfall, jedoch wohlbekannte Pole und Nullstellen aufweist, soll nun eine direkte Pol-/Nullstellenkompensation betrachtet werden. Dies soll wieder am Beispiel des Systems 3. Ordnung dargestellt werden. Beispiel 4.10 Eingr¨oßensystem 3. Ordnung: Gegeben sei das Eingr¨oßensystem in Zustandsdarstellung zu ⎡

0 x˙ = ⎣ −2 −6  y = 3

⎤ ⎡ ⎤ 0 0,5 0 −2 −1,5 ⎦ · x + ⎣ 1 ⎦ · u −4 −3 2  2 −0,5 · x .

¨ Die Ubertragungsfunktion des Systems lautet F (s) =

2 + 3s + s2 . 2 + 3s + 5s2 + s3

Pole und Nullstellen des Systems liegen bei: s01 = −1; s02 = −2 s1,2 = −0,2880 ± 0,6076;

und s3 = −4,4241 .

Legt man nun die gew¨ unschte Pollage des r¨ uckgef¨ uhrten Systems fest zu s1 = −1;

s2 = −2

und

s3 = −1,1 ,

so resultiert als R¨ uckf¨ uhrmatrix K = [ 2,3

0,2

− 0,55 ] .

Zu dieser R¨ uckf¨ uhrung geh¨ ort die in Abb. 4.14 gezeigte Sprungantwort des r¨ uckgef¨ uhrten Systems: Die ben¨ otigte Stellenergie ist relativ gering, und das r¨ uckgef¨ uhrte System zeigt eine Sprungantwort, die sich in der Amplitude nicht wesentlich von der urspr¨ unglichen un¨ terscheidet. Der Verlauf ist jedoch deutlich ruhiger geworden, da das Uberschwingen infolge der Nullstellen wegkompensiert wird. 

106

4 Reglerentwurf zur Polfestlegung 1.5

yohne (t)

y(t)

1

ymit (t)

6 0.5

0

−u1 (t) −0.5

0

2

4

6

8

10

-

12

14

16

18

20

t/s

Abbildung 4.14: Sprungantwort f¨ ur das System 3. Ordnung mit der R¨ uckf¨ uhrung zur Pol-/Nullstellenkompensation

4.3.5

Resu ¨mee

Ergebnisvergleich f¨ ur das Beispiel des Eingr¨ oßensystems. Der Vergleich der f¨ ur das Eingr¨ oßensystem erzielten Ergebnisse zeigt deutlich die Vorteile der Methoden dominantes Polpaar, symmetrischer Wurzelort und Pol-/Nullstellenkompensation. Die ben¨ otigte Stellenergie ist relativ gering, außer beim symmetrischen Wurzelort f¨ ur ρ = 60. Der Prototypenentwurf ist deutlich schlechter, da dem System eine Dynamik aufgezwungen wird, ohne R¨ ucksicht auf die vorhandene Eigendynamik. Außer bei der Pol-/Nullstellenkompensation wird auf die vorhandenen Nullstellen des Systems keine R¨ ucksicht genommen, sodass der Verlauf der Sprungantwort bei starkem Einfluss der Nullstellen deutlich vom gew¨ unschten Verlauf abweicht. Erstaunlich ist das Ergebnis der Pol-/Nullstellenkompensation, da aufgrund der Ergebnisse des symmetrischen Wurzelorts f¨ ur ein großes ρ eigentlich mit großen Stellamplituden zu rechnen gewesen w¨ are. Dies ist jedoch u ¨ berraschenderweise nicht der Fall, vermutlich weil der dritte Pol nach rechts verschoben wurde. Die Analogie zur Kompensation mit dem klassischen PID-Regler bleibt erhalten. Es bleiben die Nullstellen von Regler und Strecke im geregelten System in der F¨ uhrungs¨ ubertragungsfunktion erhalten, eine Kompensation durch Pole ist jedoch m¨oglich. Anwendung bei Mehrgr¨ oßensystemen. Die erl¨auterten Methoden der Polfestlegung werden demonstriert f¨ ur den Fall des Eingr¨oßensystems. Die Methoden sind im Wesentlichen jedoch ebenso auf Mehrgr¨ oßensysteme anwendbar. Speziell das Verfahren des dominanten Polpaares und der Prototypenentwurf sind ohne Einschr¨ankungen auf Mehrgr¨ oßensysteme anwendbar. Auch hier gilt allerdings wie bei den Eingr¨oßensystemen, dass aufgrund der nicht ber¨ ucksichtigten Nullstellen die Sprungantworten nicht unbedingt vorhersagbar sind. Die Pol-/Nullstellenkompensation legt die Pole speziell auf die Nullstellen des Z¨ahlerpolynoms. Daher kann diese Methode bei Mehrgr¨oßensystemen nur beschr¨ankt eingesetzt werden, da mehrere Z¨ ahlerpolynome mit jeweils unterschiedlichen Nullstellen auftreten k¨ onnen. Treten dominante Nullstellen auf, so ist die Pol-/Nullstellenkompensation jedoch n¨ aherungsweise einsetzbar.

5

Optimale Zustandsregelung

G¨ utekriterien zur Optimierung. Zur Bestimmung der Reglerparameter von Eingr¨ oßensystemen kann man G¨ utekriterien wie z. B. das IAE-Kriterium (Integral of Absolute Error) Ja verwenden: ∞

∞ |w " − x(τ )|dτ =

Ja = τ =0

|xd (τ )|dτ

wobei

min

KP ,TN ,...

Ja ⇒ KP∗ , TN∗ , . . .

τ =0

Das Minimum dieses G¨ utekriteriums u ¨ ber die Reglerparameter wie z. B. KP , TN . . . liefert die gesuchten optimalen“ Werte von KP∗ , TN∗ . . .. ” Weitere Kriterien sind die quadratische Regelfl¨ache Jq (ISE-Kriterium — Integral of Squared Error) ∞

∞ [w " − x(τ )] dτ = 2

Jq = τ =0

xd (τ )2 dτ

und

min

KP ,TN ,...

Jq ⇒ KP∗ , TN∗ , . . .

τ =0

und zeitgewichtete Kriterien wie z.B. das ITAE-Kriterium (Integral of Time multiplied by Absolute Error) Ji , mit ∞

∞ τ |w−x(τ " )| dτ =

Ji = τ =0

τ |xd (τ )| dτ

und

min

KP ,TN ,...

Ji ⇒ KP∗ , TN∗ , . . .

τ =0

Ein derartiges Kriterium kann man auch zur Bestimmung des R¨ uckf¨ uhrvektors K bei Mehrgr¨ oßensystemen einsetzen. Damit ist es dann zwar nicht m¨oglich, die Pole des r¨ uckgef¨ uhrten Systems auf eine gegebene Position zu verschieben, dennoch ist eine gezielte Beeinflussung des Regelverhaltens gew¨ahrleistet. Somit ist die Struktur der R¨ uckf¨ uhrung identisch zur Struktur von Abb. 4.1, wie Abb. 5.1 zeigt.

5.1

Lineare quadratische optimale Regelung

Quadratische G¨ utekriterien. Das obige ISE-Kriterium wird auch bei Mehrgr¨oßensystemen angewendet, um den Regelfehler bzw. die Abweichungen des Zustandsvektors

108

5 Optimale Zustandsregelung u (t)

h

u(t)

x(t) ˙ h

B





. . . dt

x(t)

C

y(t)

+ A K

Abbildung 5.1: System mit Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung bei Messung des Zustandsvektors

x von Null zu minimieren. Dabei wird meist eine Wichtungsmatrix Q eingef¨ uhrt. Das Kriterium lautet dann: tf xT Qx dt

J1 =

wobei

min J1 (u) ⇒ u∗ . u

(5.1)

t0

Die Matrix Q wird als reelle, symmetrische, positiv definite oder positiv semidefinite Matrix gew¨ ahlt. Aufgrund dieser Wahl wird die G¨ utefunktion J1 gr¨oßer Null, J1 > 0. Die Minimierung der Funktion J1 u ¨ ber u liefert einen Stellvektor u∗ (x, t) derart, dass die uckf¨ uhrung nach Abb. 5.1 in den Zustand Regelgr¨ oße x(t0 ) mittels der Zustandsvektorr¨ x(tf ) u uhrt wird und gleichzeitig das Kriterium J1 minimal wird. ¨berf¨ Da das Kriterium nach Gleichung 5.1 zu nicht eindeutigen L¨osungen f¨ ur u f¨ uhren kann (wegen u∗ (t) → ∞), wird dem Kriterium ein Maß f¨ ur die Stellenergie hinzugef¨ ugt. Das Kriterium J2 lautet dann tf (xT Qx + uT Ru) dt .

J2 =

(5.2)

t0

utekriterium bezeichnet. Das Kriterium J2 nach Gleichung 5.2 wird als quadratisches G¨ Seine Anwendung min J2 (u) ⇒ u∗ u

(5.3)

f¨ uhrt zu einem optimierten Regelsystem, das einen Kompromiss zwischen einem System mit minimalem quadratischen Zustandsfehler und mit minimaler Stellenergie darstellt. ¨ Andert man die Integrationsgrenzen auf Null und Unendlich, so gelangt man f¨ ur das lineare System in Zustandsdarstellung x˙ = A · x + B · u

und

x(0) = x0

(5.4)

5.1 Lineare quadratische optimale Regelung

109

zur Formulierung des linearen quadratischen Reglerproblems: ∞ J = [xT Qx + uT Ru] dt

und

min J(u) ⇒ u∗ . u

(5.5)

0

Mit diesen Integrationsgrenzen wird das optimale Regelgesetz u∗ (x) eine explizite Funktion vom Zustandsvektor x(t). Dies erm¨ oglicht die Realisierung der optimalen Regelung mittels einer Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung in der Form u∗ = −K · x .

(5.6)

Ljapunov-Funktion. Ausgehend vom ungeregelten System mit u(t) = 0 lautet das G¨ utefunktional nach Gleichung 5.5 ∞

∞ xT0 ΦT (t) Q Φ(t) x0 dt = xT0 P x0

T

J=

x (t)Qx(t) dt = 0

0

mit x(t) = Φ(t)x0 = eA t x0 und ∞ ΦT (t)QΦ(t) dt .

P =

(5.7)

0

Die Anwendung der Regeln der partiellen Integration auf Gleichung 5.7 ergibt ∞ ∞  P = ΦT (t)QA−1 Φ(t) − AT ΦT (t)QA−1 Φ(t) dt .

(5.8)

0

0

Wegen Gleichung 2.20 kann man die Multiplikation von A und Φ(t) vertauschen. Außerdem resultiert f¨ ur eine stabile Matrix A nun Φ(∞) = 0 und somit kann man dann Gleichung 5.8 u uhren in ¨berf¨ ⎡∞ ⎤  P = −QA−1 − AT ⎣ ΦT (t)QΦ(t) dt⎦ A−1 . (5.9) 0

Das Integral auf der rechten Seite stellt wiederum die Matrix P dar. Somit lautet Gleichung 5.9 dann P = −QA−1 − AT P A−1 ,

110

5 Optimale Zustandsregelung

bzw. nach Rechtsmultiplikation mit A resultiert: AT P + P A = −Q .

(5.10)

Diese Gleichung spielt in der Stabilit¨ atstheorie eine bedeutende Rolle und sie wird als Ljapunov-Gleichung bezeichnet. Nach [12] existiert eine eindeutige L¨osung dieser Gleichung f¨ ur P , sofern die Matrix A nur Eigenwerte mit negativem Realteil aufweist. Weiterhin wird diese L¨ osung P durch das folgende konvergierende Integral spezifiziert: ∞ P =

T eA t QeA t dt .

(5.11)

0

Die nummerische L¨ osung der Ljapunov-Gleichung erfolgt in MATLAB mittels Aufruf der Subroutine lyap. Ljapunov-Funktion f¨ ur das r¨ uckgef¨ uhrte System. Dieselbe Vorgehensweise wird nun auf die Regelstrecke mit Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung u = −K ·x angewendet. Dann gilt x˙ = [A − BK] x

und

x(0) = x0 .

Nun f¨ uhrt man die Systemmatrix Ac = A − BK ein und erh¨ alt als G¨ utefunktional nach Einsetzen von u = −K · x in Gleichung 5.5 dann ∞

∞ T

J=

T

xT QS x dt

x (Q + K RK)x dt = 0

(5.12)

0

ur das System mit Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhmit QS = Q + K T RK. Damit resultiert f¨ rung die Ljapunov-Gleichung ATc P + P Ac = −QS .

(5.13)

F¨ ur das G¨ utefunktional gilt J = xT0 P x0

(5.14)

mit ∞ P = 0

T eAc t QS eAc t dt .

(5.15)

5.1 Lineare quadratische optimale Regelung

111

Ermittlung der optimalen R¨ uckf¨ uhrmatrix K ∗ . Es ist die optimale R¨ uckf¨ uhr∗ uteindex nach Gleichung 5.14 minimal wird. matrix K derart zu bestimmen, dass der G¨ Eine einfache Herleitung der notwendigen Optimalit¨atsbedingungen hierf¨ ur wird in [48] angegeben. Eine notwendige Bedingung f¨ ur das Minimum min J(K) ⇒ K ∗ ist, dass die erste K Ableitung von J nach K von Gleichung 5.14 verschwindet: dJ ! = 0 dki,j

f¨ ur

i = 1, . . . , r

j = 1, . . . , n .

(5.16)

Wegen Gleichung 5.14 entspricht dieser Forderung dP dJ = xT0 x0 = 0 . dki,j dki,j

(5.17)

Da diese Bedingung unabh¨ angig von x0 sein soll, folgt hieraus die gleichwertige Bedingung: dP =0 dki,j

f¨ ur

i = 1, . . . , r

j = 1, . . . , n .

(5.18)

Die Matrix P ist die L¨ osung der Ljapunov-Gleichung ATc P + P Ac = −QS .

(5.19)

Leitet man nun diese Ljapunov-Gleichung 5.19, die Bestimmungsgleichung f¨ ur P , nach ucksichtigt, dass Ac und QS von K abh¨angen, so resultiert: ki,j ab und ber¨ $ dQS d # T Ac P + P Ac = − dki,j dki,j dATc dAc dQS P +P = − dki,j dki,j dki,j −

dK T T dK dK T dK B P − PB = − RK − K T R . dki,j dki,j dki,j dki,j

Geeignet zusammengefasst resultiert daraus $ # $T dK dK T # RK − B T P + RK − B T P · =0. dki,j dki,j

(5.20)

112

5 Optimale Zustandsregelung

Die Ableitung der Matrix K nach dki,j ergibt eine Matrix, die eine Eins an Position (i,j) und sonst lauter Nullen enth¨ alt. F¨ uhrt man die Differentiation nach Gleichung 5.20 aus, so resultiert z. B. f¨ ur ein System mit r = n = 5 sowie i = 2 und j = 3 ⎡

⎤ 0 ⎢ 0 ⎥ # $ # $T ⎢ ⎥ ⎢ 0 1 0 0 0 ⎥ · RK − B T P + RK − B T P ⎣ 0 ⎦ 0 ⎡ ⎡

0 0

.. . .. .

⎤ 0 ⎢0 0 1 0 0⎥ ⎢ ⎥ 0 ·⎢ ⎥= ⎣ ⎦ 0 0

⎤ ⎢ 0 0 0 0 0 ⎢ 0 0 0 $ ⎢ 0 0# 0 0 ⎥ ⎢ # $T ⎢ ⎥ ⎢ T ⎢ . . . RK − B T P . . . ⎥ + ⎢ ⎢ 0 0 RK − B P ⎢ ⎥ ⎢ i i ⎣0 0 0 0 ⎦ ⎢ 0 .. ⎢0 0 . ⎣ 0 0 0 0 0 .. 0 0 .



⎤ 0 0

⎥ ⎥ 0 0⎥ ⎥ ⎥ 0 0⎥=0 ⎥ ⎥ 0 0⎥ ⎦ 0 0

# $ Diese Gleichung wird nur erf¨ ullt, wenn die i-te Zeile von RK−B T P , also RK − B T P i gleich dem Nullvektor ist. Die identische Bedingung resultiert f¨ ur die anderen Werte von j. Die Anwendung dieser Ableitung f¨ ur die anderen Werte von i = 1, . . . , r f¨ uhrt jedoch zu den weiteren ¨ aquivalenten Bedingungen, dass auch die anderen i Zeilen von RK − B T P gleich dem Nullvektor sein m¨ ussen. Somit ist die Erf¨ ullung von Gleichung 5.20 a ¨quivalent zu der Forderung RK − B T P = 0 .

Die Optimalit¨ atsbedingung f¨ ur P nach Gleichung 5.18 wird somit erf¨ ullt, wenn f¨ ur die R¨ uckf¨ uhrmatrix K gilt K = K ∗ = R−1 B T P ,

(5.21)

vorausgesetzt, dass die Inverse von R existiert. Das Einsetzen von Gleichung 5.21 in die Ljapunov-Gleichung 5.19 des r¨ uckgekoppelten Systems f¨ uhrt zur Bestimmungsgleichung f¨ ur P , der so genannten algebraischen Matrix-Riccati-Gleichung AT P + P A − P BR−1 B T P + Q = 0 .

(5.22)

Nachfolgend wird die Formulierung und L¨ osung des quadratischen Reglerproblems zusammengefasst.

5.1 Lineare quadratische optimale Regelung

113

Formulierung und L¨ osung des quadratischen Reglerproblems. Man bezeichnet die Berechnung des Steuervektors u(t), der das G¨ utefunktional ∞ J = [xT Qx + uT Ru] dt

(5.23)

0

f¨ ur das vollst¨ andig steuerbare System x˙ = A · x + B · u

mit

x(0) = x0

minimiert, als quadratisches Reglerproblem. Dabei sind die Wichtungsmatrizen Q und R vorzugeben, wobei die Matrix Q positiv semidefinit und R positiv definit zu w¨ahlen ist. Ist f¨ ur die Matrix Q in der Form Q = QT1 Q1 das Paar (A, Q1 ) vollst¨andig beobachtbar1, dann ist der optimale R¨ uckf¨ uhrvektor u∗ bestimmt zu u∗ = −K · x = −R−1 B T P x , wobei P die symmetrische, positiv definite L¨ osung der algebraischen Matrix-RiccatiGleichung (subroutine lqr in MATLAB) AT P + P A − P BR−1 B T P + QT1 Q1 = 0 darstellt. Beispiel 5.1 System 1. Ordnung: Gegeben sei ein System 1. Ordnung in allgemeiner Form zu x˙ = a · x + b · u

mit

x(0) = x0 ,

und das G¨ utefunktional lautet ∞ J = [x(t)qx(t) + u(t)ru(t)]dt . 0

F¨ ur die R¨ uckf¨ uhrung u(t) = −k · x(t) ergibt sich f¨ ur x(t) dann x(t) = x0 · e(a−bk)t . Die Ermittlung der optimalen R¨ uckf¨ uhrung k soll auf zwei verschiedenen Wegen gezeigt werden. 1

Das Paar (A, Q1 ) ist vollst¨ andig beobachtbar, wenn die Beobachtbarkeitsmatrix QB des Systems mit der Dynamikmatrix A und der Messmatrix Q1 vollen Rang hat.

114

5 Optimale Zustandsregelung

Weg 1 Minimierung des G¨ utefunktionals: Das G¨ utefunktional lautet ∞ ∞ 2 2 J = [qx (t) + ru (t)]dt = (q + rk 2 )x2 (t)dt 0

0

∞ ∞  2 q + rk  e2(a−bk)t  . = x20 (q + rk 2 ) · e2(a−bk)t dt = x20  2(a − bk) 0

0

Abh¨ angig vom Vorzeichen von a − bk existieren zwei L¨osungen f¨ ur J: ⎧ ∞ f¨ ur a − bk > 0 ⎨ q + rk 2 2 J= x f¨ ur a − bk < 0 . ⎩− 2(a − bk) 0 Die Bildung der ersten Ableitung dJ/dk unter Verwendung der Quotientenregel ergibt nach dem Nullsetzen die folgende quadratische Gleichung f¨ ur k k2 −

q 2a k− =0 , b r

mit den L¨ osungen k1,2

a = ± b

( a q ( )2 + . b r

Von diesen L¨ osungen f¨ uhrt nur die mit dem positiven Vorzeichen zu einem stabilen System. Folglich resultiert f¨ ur die optimale R¨ uckf¨ uhrung ( a a q k ∗ = + ( )2 + . b b r Weg 2 L¨osung der Riccati-Gleichung: F¨ ur das gegebene System lautet die algebraische Riccati-Gleichung 2pa − p2

b2 +q =0 , r

mit den L¨ osungen f¨ ur p p1,2 =

ra ± b2

( ra qr ( 2 )2 + 2 . b b

5.1 Lineare quadratische optimale Regelung

115

Von diesen L¨ osungen ist nur die positive (definite) L¨osung g¨ ultig und es gilt somit ra p= 2 + b

( ra qr ( 2 )2 + 2 . b b

Daraus folgt nach Multiplikation mit b/r (wegen k = p · b/r) dann a k = + b ∗

( a q ( )2 + . b r

Beide L¨ osungen f¨ ur die optimale R¨ uckf¨ uhrung sind identisch. Ergebnisinterpretation: F¨ u) r kleine Gewichtung der Stellamplitude (r → 0) geht die utekriR¨ uckf¨ uhrverst¨ arkung k → q/r, also gegen beliebig große Verst¨arkungen. Das G¨ terium J kann damit beliebig klein gemacht werden. Der Pol des r¨ uckgef¨ uhrten Systems wird beliebig weit nach links in die negative s-Halbebene geschoben (s1 = a − bk). F¨ ur große Gewichtung der Stellamplitude (r → ∞) geht die R¨ uckf¨ uhrverst¨arkung k → 0 bzw. 2a/b. Dabei gilt k = 0 f¨ ur negative Werte von a, das System ist bereits stabil q 2 und eine R¨ uckf¨ uhrung u ussig. Das G¨ utefunktional lautet dann J = − 2a x0 . Der ¨berfl¨ Wert k = 2a/b gilt f¨ ur positives a, also f¨ ur ein instabiles System. Die G¨ utefunktion geht dann jedoch gegen Unendlich. Der Pol des r¨ uckgef¨ uhrten Systems wird von +a nach −a verschoben.  Anwendung des quadratischen Reglerproblems. In der Anwendung des quadratischen Reglerproblems sind zun¨ achst f¨ ur das gegebene System mit den Systemmatrizen A und B die Gewichtsmatrizen Q und R auszuw¨ahlen. Ein großes“ 2 Q bestraft große ” Ablagen der Regelgr¨ oße x(t). Im Ergebnis wird dann die Regelgr¨oße x(t) schnell abklingen, aber zu Lasten großer Stellamplituden. Umgekehrt bestraft ein großes“ R große ” Stellamplituden und f¨ uhrt damit zu einem langsamen Abklingen der Regelgr¨oße x(t) bei kleinen Stellamplituden. Diese Interpretation gilt auch f¨ ur die einzelnen Elemente der jeweiligen Matrizen Q und R. Ist z. B. Element (1,1) von Q gr¨ oßer als Element (2,2), also q1,1 > q2,2 , so wird eine große Amplitude von x1 (t) st¨ arker bestraft als eine große Amplitude von x2 (t). In der Folge wird die R¨ uckf¨ uhrmatrix K so beschaffen sein, dass in der Tendenz x1 (t) kleiner als x2 (t) sein wird. In der Regel wird man nur die Hauptdiagonalen der jeweiligen Matrizen Q und R mit positiven Werten belegen. Damit werden automatisch die Bedingungen der positiven Definitheit, bzw. Semidefinitheit erf¨ ullt. Wichtig ist jedoch, dass alle Elemente der Hauptdiagonalen positiv sind. Auch die Aufspaltung von Q in das Produkt QT1 Q ist damit problemlos m¨ oglich. Die Belegung von Elementen der Nebendiagonalen von Q und R beeinflusst die Kopplung zwischen den einzelnen Zustands- bzw. Regelgr¨oßen. 2

Groß“ bedeutet hierbei einen großen Wert einer Matrixnorm. ”

116

5 Optimale Zustandsregelung

Die L¨ osung der algebraischen Riccati-Gleichung kann im Allgemeinen nicht mehr auf analytischem Weg erfolgen. Daher ist man hierf¨ ur auf die Verwendung von Rechenprogrammen wie z. B. MATLAB, DORA, MATRIXX, . . . angewiesen. Man erh¨alt damit eine nummerische L¨ osung f¨ ur die Matrix P . Dies wird am folgenden Beispiel gezeigt. Beispiel 5.2 System 2. Ordnung: Gegeben sei folgendes System zweiter Ordnung:       0 1 1 1 A= , b= , mit x(0) = . −2 −5 2 0 Gesucht ist der R¨ uckf¨ uhrvektor k, der das quadratische G¨ utekriterium J nach Gleichung 5.23 ∞ J = [xT Qx + ru2 ] dt 0

 f¨ ur Q =

1 0 0 2

 und r = 1 minimiert.

L¨ osung: Einsetzen der Zahlenwerte von A, b, Q und r in die Matrix-Riccati-Gleichung f¨ uhrt zu drei nichtlinearen Gleichungen f¨ ur die Elemente p1,1 , p2,2 und p1,2 = p2,1 der Matrix P , deren L¨ osung nicht trivial ist. Schneller liefert ein Rechnerprogramm die nummerische L¨ osung P der Matrix-Riccati-Gleichung zu   0,8926 0,0265 P = . 0,0265 0,1889 Dann resultiert die R¨ uckf¨ uhrmatrix K ∗ = R−1 B T P zu: K ∗ = [0,9456 0,4044] und der Wert des G¨ utefunktionals wird damit ∞ J = [xT Qx + ru2 ] dt = xT0 P x0 = 0,8926 . 0

Die Pole des Systems werden durch die R¨ uckf¨ uhrung von s1 = −0,4384

und

s2 = −4,5616

auf die folgenden Positionen verschoben: s1 = −1,4811

und

s2 = −5,2732 .

Die Struktur des r¨ uckgef¨ uhrten Systems zeigt Abb. 5.2. Darin ist u (t) der neue freie“ ” Eingang des Systems.

5.1 Lineare quadratische optimale Regelung

117 x0

u (t) u(t) - i 6–

x(t) ˙ i

b



. . . dt

x(t)

+ A K∗

Abbildung 5.2: Regelkreis mit Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung

Den Verlauf der Zustandsgr¨ oßen ohne und mit R¨ uckf¨ uhrung zeigt Abb. 5.3. Die Zustandsgr¨ oßen gehen von ihren Anfangswerten auf den Endwert x(∞) = 0 u ¨ ber. Ohne Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung klingen die Zustandsgr¨oßen nach ca. 10 s auf Null ab. Mit Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung dagegen sind sie schon nach ca. 4 s praktisch auf Null abgeklungen. Das System ist schneller geworden. Dies zeigt auch schon die Lage der Pole des offenen und r¨ uckgef¨ uhrten Systems. Infolge der R¨ uckf¨ uhrung werden die Pole in der s-Ebene nach links verschoben. 1 x1o

x1 ,x2 ,u(t) 0.5

6

x1r

ur

0 x2r

−0.5

0

1

x2o

2

3

4

5

-

6

7

8

9

10

t/s

Abbildung 5.3: Zeitverlauf der Zustands- und Stellgr¨oßen des offenen (Index o“) und ” des r¨ uckgef¨ uhrten (Index r“) Systems ” Vergr¨ oßert man jetzt den Wichtungsfaktor r der Stellgr¨oße von r = 1 auf r = 10, so geht das Stellsignal st¨ arker gewichtet in die G¨ utefunktion ein. Die Folge ist eine Reduzierung der Stellamplitude, aber auch ein deutlich langsameres Einschwingen der Zustandsgr¨ oßen auf Null, wie Abb. 5.4 zeigt. Die zugeh¨origen Werte der R¨ uckf¨ uhrmatrix und der Pollagen sind: K ∗ = [0,1773 0,0632]

und

s1 = −0,6725 s2 = −4,6312 .

118

5 Optimale Zustandsregelung

1 0.8 x1o

x1 ,x2 ,u(t) 0.6

6

0.4 0.2

x1r

ur

0 x2r

−0.2 −0.4

0

x2o

1

2

3

4

5

-

6

7

8

9

10

t/s

Abbildung 5.4: Zeitverlauf der Zustands- und Stellgr¨oßen des offenen (Index o“) und ” des r¨ uckgef¨ uhrten (Index r“) Systems ” Durch Wahl der Wichtungsmatrizen Q und R hat man somit ein einfaches Mittel zur Verf¨ ugung, um den Verlauf der Zustandsgr¨ oßen und Stellgr¨oßen gezielt zu beeinflussen.  Die Berechnung der optimalen R¨ uckf¨ uhrmatrix K f¨ uhrt zu einem Systemverhalten derart, dass die Zustandsvariablen von einem Anfangszustand x0 durch die Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung unter Minimierung des G¨ utefunktionals in die Ruhelage u uhrt wer¨berf¨ den. Dies sagt zun¨ achst noch nichts u uhrungs- und/oder St¨orverhalten des ¨ ber das F¨ geregelten Systems aus. Diese Fragestellung der Optimierung des F¨ uhrungs- und/oder St¨ orverhaltens ist Thema von Kapitel 7. Aufgabe 5.1: Berechnen Sie f¨ ur das folgende System in Zustandsdarstellung  A=

0 1 −3 −4



 und B =

1 2 1 0



f¨ ur die Wichtungsmatrizen  Q=

2 0 0 1



 und

R=

1 0 0 1



die L¨ osung P der algebraischen Riccati-Gleichung und die resultierende R¨ uckf¨ uhrmatrix K. L¨ osung:  P =

0,6083 0,0207 0,0207 0,1272



 und K =

0,6290 0,1480 1,2165 0,0415

 

5.1 Lineare quadratische optimale Regelung

119

Beispiel 5.3 Hydraulik-Kaskade: Die Methode des quadratischen Reglerproblems soll ebenfalls auf das Beispiel 2.1 der Hydraulik-Kaskade angewendet werden. Die Dynamikund Messgleichung der Hydraulik-Kaskade lauten entsprechend denen von Beispiel 2.5. W¨ ahlt man als Gewichtsmatrizen f¨ ur die Bestimmung der R¨ uckf¨ uhrmatrix K die Matrizen Q als Einheitsmatrix und R als Diagonalmatrix mit den Elementen 0, 2, dann resultiert die folgende R¨ uckf¨ uhrmatrix:   1,6924 0,8100 0,3250 K= . 0,2166 0,6847 1,7455 Mit dieser R¨ uckf¨ uhrmatrix K ergibt sich dann das in Abb. 5.5 dargestellte Einschwingverhalten f¨ ur den bei der F¨ ullstandsregelung zu beachtenden Spezialfall positiver Stellsignale (ein negativer Zufluss existiert nicht!). 0.4

h(t)

6

h1 (t)

0.3

h2 (t)

0.2

h3 (t)

0.1

0

0

10

20

30

40

50

-

60

70

80

90

100

t/s

Abbildung 5.5: Sprungantwort der Hydraulik-Kaskade f¨ ur einen Sprungeingang uckf¨ uhrung und R¨ uckf¨ uhrmatrix mittels quadratiQZu1 = 1 hl/s mit Zustandsvektorr¨ scher Regelung. Die F¨ ullst¨ ande h1 bis h3 enden (wie schon auf Seite 94 erl¨autert) alle bei demselben Endwert von ca. 0,35 dm. Auch hier steigt der F¨ ullstand von Beh¨alter eins am schnellsten, dann folgen die Beh¨ alter zwei und drei.  Aufgabe 5.2: Berechnen Sie f¨ ur die Zahlenwerte des Beispiels 2.6 (Hubschrauber im Schwebeflug) die L¨ osung P der algebraischen Riccati-Gleichung und die resultierende R¨ uckf¨ uhrmatrix K f¨ ur die Wichtungsmatrizen: ⎡

2 ⎢0 ⎢ Q=⎢0 ⎣0 0

0 2 0 0 0

0 0 1 0 0

0 0 0 1 0

⎤ 0 0 ⎥ ⎥ 0 ⎥ 0 ⎦ 0,1

 und

R=

1 0 0 1

 .

120

5 Optimale Zustandsregelung

Wo liegen die Pole des r¨ uckgef¨ uhrten Systems? L¨ osung: ⎡

4,1440 ⎢ 0,1360 ⎢ P = ⎢ 0,0195 ⎣ 0,0538 −0,0217

 K=

0,1360 0,1369 0,0194 0,0543 −0,0220

0,0195 0,0194 0,3847 0,1655 −0,0133

0,0538 0,0543 0,1655 0,2723 −0,0505

⎤ −0,0271 −0,0220 ⎥ ⎥ −0,0133 ⎥ −0,0505 ⎦ 0,0305

1,4000 1,4080 −0,1416 −0,1546 0,0262 −0,2003 −0,2013 −0,9899 −1,4278 0,1174



λ1 = −17,2360 λ2 = −6,3937 λ3 = −3,9134 λ4 = −2,0372 λ5 = −0,4990. 

5.2

Erzeugung eines vorgeschriebenen Stabilit¨atsgrades

Problemstellung. Es existieren Fragestellungen, bei denen die Pole des mittels Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung geregelten Systems alle einen Realteil kleiner −α aufweisen sollen. Dieses Problem kann durch Modifikation des Problems der linearen quadratischen Regelung behandelt werden [3]. Es wird das vollst¨ andig steuerbare System in Zustandsdarstellung x˙ = A · x + B · u

mit

x(0) = x0

betrachtet. Weiterhin wird das modifizierte G¨ utekriterium herangezogen ∞ e2αt [xT Qx + uT Ru] dt

J=

(5.24)

0

mit einer positiven Konstante α. Die Wichtungsmatrizen Q und R sind gegeben, die Matrix Q ist positiv semidefinit und R ist positiv definit. Ferner habe die Matrix Q die Form Q = QT1 Q1 und das Paar (A, Q1 ) ist vollst¨andig beobachtbar. Die Aufgabe dieses modifizierten Reglerproblems besteht in der Ermittlung des Minimums des gegebenen G¨ uteindexes und der zugeh¨origen R¨ uckf¨ uhrmatrix K.

5.2 Erzeugung eines vorgeschriebenen Stabilit¨ atsgrades

121

Vorgehensweise. Spaltet man den Term e2αt im Integralkriterium auf, so kann man Gleichung 5.24 umschreiben zu ∞ J = [xT eαt Qxeαt + uT eαt Rueαt ] dt . 0

Nun substituiert man wie folgt x ˜(t) = eαt x(t) u ˜(t) = eαt u(t)

und

und somit gilt:  d  αt x ˜˙ (t) = e x(t) = αeαt x(t) + eαt x(t) ˙ dt = α˜ x + eαt Ax + eαt Bu = (A + αI)˜ x + Bu ˜ = Aα x ˜ + Bu ˜. Mit dieser Substitution lauten die modifizierten Systemgleichungen dann ˜ + Bu ˜ x ˜˙ (t) = (A + αI) · x ˜ + Bu ˜ = Aα · x mit dem modifizierten G¨ utekriterium ∞ xT Q˜ x+u ˜T R˜ u] dt . J = [˜ 0

Nach [3] folgt aus den Bedingungen der vollst¨ andigen Steuerbarkeit von (A, B) und der vollst¨ andigen Beobachtbarkeit von (A, Q1 ) die vollst¨andige Steuerbarkeit von (Aα , B) und die vollst¨ andige Beobachtbarkeit von (Aα , Q1 ). Damit liefert die L¨osung P α der algebraischen Riccati-Gleichung (A + αI)T P α + P α (A + αI) − P α BR−1 B T P α + Q = 0

(5.25)

das Minimum des modifizierten G¨ utefunktionals und die optimale Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung lautet u∗ = −K ∗ · x mit K ∗ = R−1 B T P α . Mit dieser Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung liegen die Pole des r¨ uckgef¨ uhrten Systems wie gefordert alle links von −α.

122

5 Optimale Zustandsregelung

Beispiel 5.4 System 1. Ordnung: Gegeben sei ein System 1. Ordnung in allgemeiner Form zu x˙ = a · x + b · u

mit

x(0) = x0 ,

und das G¨ utefunktional laute: ∞ J=

* + e2αt · x(t)qx(t) + u(t)ru(t) dt .

0

Es soll die R¨ uckf¨ uhrung k derart ermittelt werden, dass der Pol des geschlossenen Kreises links von −α liegt. Die R¨ uckf¨ uhrung u(t) = −k · x(t) wird u ¨ber die L¨osung der modifizierten Riccati-Gleichung ermittelt welche lautet: (a + α)pα + pα (a + α) − p2α b2 /r + q = 0 . Die L¨ osungen der quadratischen Gleichung p2α − 2(a + α)pα r/b2 − qr/b2 = 0 berechnet man dann zu pα,1,2

  ( 2 r qb , = 2 · (a + α) ± (a + α)2 + b r

von denen die positive (positiv definite) L¨ osung verwendet wird. Die R¨ uckf¨ uhrung k wird damit   ( 1 qb2 2 . k = pα b/r = · (a + α) + (a + α) + b r Die Gleichung des r¨ uckgef¨ uhrten Systems ergibt sich dann zu  ( x˙ = a · x − bk · x = (a − bk)x = −α −

qb2 (a + α)2 + r

 ·x

und der Pol des geschlossenen Kreises liegt bei ( qb2 s1 = −α − (a + α)2 + , r also, wie gefordert, in der linken s-Halbebene links von −α. 

5.2 Erzeugung eines vorgeschriebenen Stabilit¨ atsgrades

123

Beispiel 5.5 System 2. Ordnung: Gegeben sei folgendes System zweiter Ordnung       0 1 1 1 A= , b= , mit x(0) = . −2 −5 2 0 Gesucht ist der R¨ uckf¨ uhrvektor k derart, dass die Pole des geschlossenen Kreises in der s-Ebene f¨ ur α = 2 links von −2 liegen und das quadratische G¨ utekriterium J nach Gleichung ∞ e2αt · [xT Qx + ru2 ] dt

J= 0

 f¨ ur Q =

1 0 0 2

 und r = 1 minimal wird.

L¨ osung: Zun¨ achst stellt man die modifizierte Riccati-Gleichung auf zu (A + αI)T P α + P α (A + αI) − P α BR−1 B T P α + Q = 

2 1 −2 −3



T Pα + Pα

    T   1 0 2 1 1 1 Pα + =0. + Pα 0 2 −2 −3 2 2

Die L¨ osung der modifizierten Riccati-Gleichung lautet   3,5122 0,1456 . Pα = 0,1456 0,2928 Damit resultiert die R¨ uckf¨ uhrmatrix K ∗ zu   K ∗ = 3,8034 0,7312 , und die Pole des geschlossenen Kreises liegen bei s1,2 = −5,1329 ± j0,9028 , also links von −α = −2.



Aufgabe 5.3: Berechnen Sie f¨ ur das folgende System in Zustandsdarstellung     0 1 1 2 A= und B = −3 −4 1 0 und die Wichtungsmatrizen   2 0 Q= und 0 1

 R=

1 0 0 1



124

5 Optimale Zustandsregelung

die R¨ uckf¨ uhrmatrix K ∗ derart, dass die Pole des geschlossenen Kreises einen Realteil kleiner −3 aufweisen. L¨ osung: Die L¨ osung der modifizierten Riccati-Gleichung lautet:   1,5152 −0,0432 . Pα = −0,0432 0,3922 Damit resultiert die R¨ uckf¨ uhrmatrix K ∗ zu   1,4720 0,3490 , K∗ = 3,0304 −0,0863 und die Pole des geschlossenen Kreises liegen bei s1,2 = −5,9409 ± j1,0719 , also links von −α = −3.



6

Zustandsbeobachter/-scha¨tzer

Grundlagen. Die in Kapitel 4 und 5 entwickelte Theorie der Polfestlegung und der optimalen Regelung mittels der linearen Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung setzt zun¨achst voraus, dass der Zustandsvektor x(t) direkt gemessen werden kann. Dies ist im Allgemeinen nicht der Fall, da nur der Ausgangsvektor y(t) als Messgr¨oße zur Verf¨ ugung steht. Der Ausgangsvektor y(t) ist eine Linearkombination der Elemente des Zustandsvektors und berechnet sich f¨ ur ein lineares Mehrgr¨ oßensystem x˙ = A · x + B · u zu y =C·x . Außer f¨ ur den Fall, dass C eine Diagonalmatrix ist, steht der Zustandsvektor im Allgemeinen nicht zur Verf¨ ugung. Mithilfe eines Zustandsbeobachters kann man aus den Ein- und Ausgangsgr¨ oßen eines Mehrgr¨ oßensystems den Zustandsvektor x(t) rekonstruieren. Die prinzipielle Struktur eines Mehrgr¨ oßensystems mit Zustandsbeobachter zeigt Abb. 6.1. u(t) u(t)

Mehrgr¨ oßensystem

y(t)

Zustandsbeobachter

x ˆ(t)

Abbildung 6.1: Prinzip eines Zustandsbeobachters

Eingangsgr¨ oßen in den Zustandsbeobachter sind der Eingangsvektor u(t) und der gemessene Ausgangsvektor y(t) des Mehrgr¨ oßensystems. Der Zustandsbeobachter liefert f¨ ur diese Eingangsgr¨ oßen als Ausgangsgr¨ oße einen Sch¨atzwert x ˆ(t) des Zustandsvektors x(t). Die Berechnung derartiger Zustandsbeobachter wird in den folgenden Abschnitten behandelt. Bei der Struktur der Zustandsbeobachter unterscheidet man zwischen dem Einheitsbeobachter und dem Beobachter reduzierter Ordnung. Unabh¨angig von dieser Unterscheidung kann man die Zustandsbeobachter sowohl mit den Methoden der Polfestlegung als auch mit den Methoden der optimalen Regelung auslegen. Eine ausf¨ uhrliche Zusammenstellung der Methoden der Zustandsbeobachtung und der Zustandsr¨ uckf¨ uhrung findet man bei Hippe, Wurmthaler [28].

126

6 Zustandsbeobachter/-sch¨ atzer

6.1

Entwurf des Einheitsbeobachters mittels Polfestlegung

6.1.1

Eingr¨oßensysteme

Methodik. Die Struktur eines Zustandsbeobachters gleicht der Struktur eines Systems in Zustandsdarstellung (siehe Abb. 6.2). Im Beobachter wird die Dynamik des Ursprungssystems nachgebildet. Damit liegt im Beobachter ein nun zug¨anglicher (gesch¨atzter) Zustandsvektor x ˆ(t) vor. Das Ziel ist die Minimierung des Fehlers zwischen dem wahren und dem gesch¨ atzten Zustandsvektor x(t) − x ˆ(t). Da aber der wahre Zustandsvektor der Messung nicht zug¨ anglich ist, wird versucht, ersatzweise den Fehler zwischen dem wahren und dem gesch¨ atzten Ausgangssignal (bei Eingr¨oßensystemen) bzw. dem Ausgangsvektor y(t) − yˆ(t) = y˜(t) (bei Mehrgr¨oßensystemen) zu minimieren. Dieser so genannte Ausgangsfehler y ˜(t) steuert u ¨ber eine Matrix L (bzw. bei Eingr¨oßensystemen l) den Zustandsbeobachter so, dass der gesch¨atzte Zustandsvektor x ˆ(t) sich asymptotisch dem wahren Zustandsvektor x(t) ann¨ ahert. Die Berechnung dieser R¨ uckf¨ uhrmatrix L erfolgt in diesem Abschnitt mit den Methoden der Polfestlegung. Originalsystem u(t)

-

x(0) x(t) ˙ x(t)  i . . . dt +

b

y(t) cT

A

Zustandsbeobachter

+ ? i – 6



l

" (0) x u(t)

-

b

x ˆ˙ (t) i



. . . dt

x ˆ(t)

yˆ(t) cT

+ x ˆ(t) A

Abbildung 6.2: System- und Beobachterstruktur

Die Dynamik- und Messgleichung des Beobachters lauten damit x ˆ˙ = A · x ˆ + b · u + l · (y − yˆ) T yˆ = c · x ˆ mit

x ˆ(0) = x ˆ0 (i. A. = x(0)) .

(6.1) (6.2)

6.1 Entwurf des Einheitsbeobachters mittels Polfestlegung

127

Das Einsetzen der Messgleichung 6.2 in die Dynamikgleichung 6.1 ergibt x ˆ˙ = A · x ˆ + b · u + l cT · (x − x ˆ) .

(6.3)

Damit resultiert die Dynamikgleichung des Sch¨atzfehlers x − x ˆ des Zustandsvektors zu   x˙ − x ˆ˙ = (A · x + b · u) − A · x ˆ + b · u + l cT · [x − x ˆ]   = A − l cT · (x − x ˆ) . Die Dynamikgleichung des Zustandssch¨ atzfehlers x ˜ =x−x ˆ   ˜ x ˜˙ = A − l cT · x

(6.4) (6.5)

(6.6)

weist diesselbe Struktur auf, wie die Dynamikgleichung 4.4 des Systems f¨ ur eine Polfestlegung in Kapitel 4.1, welche ohne die dort verwendeten Indizes lautet: * + x˙ = A − bkT · x + b · u . (6.7) W¨ ahrend bei der Polfestlegung (Gleichung 6.7) der Vektor k berechnet wird, ist bei der Auslegung des Beobachters der Vektor l zu ermitteln. Transponiert man die Dynamikmatrix von Gleichung 6.7, so erh¨ alt man +T * + * A − bkT = AT − kbT . Somit kann man die Berechnung des Vektors kT f¨ ur die Polfestlegung u ¨ bernehmen, wenn man die folgenden Substitutionen durchf¨ uhrt: A → AT ,

b → c,

k→l.

Die Berechnung des R¨ uckf¨ uhrvektors kT f¨ ur die Polfestlegung lautet nach Gleichung 4.9 f¨ ur das System (A, b)   kT = αR,0 − α0 αR,1 − α1 . . . αR,n−1 − αn−1 · T −1 . (6.8) uckgef¨ uhrten Die αR,i sind darin die Koeffizienten des charakteristischen Polynoms des r¨ uckgef¨ uhrten Systems, und die Matrix T ist die Transformaund die αi die des nicht r¨ tionsmatrix des Systems (A, b) auf Regelungsnormalform. Die Anwendung von Gleichung 6.8 auf das Beobachterproblem f¨ uhrt bei der Ermittlung des R¨ uckf¨ uhrvektors l zu1 ⎤ ⎡ αB,0 − α0 ⎢ αB,1 − α1 ⎥   ⎥ ⎢ l = T −T · ⎢ (6.9) ⎥ = T −T · αB − α . .. ⎦ ⎣ . αB,n−1 − αn−1

1

Es gilt: T −T = (T −1 )T = (T T )−1

128

6 Zustandsbeobachter/-sch¨ atzer

F¨ ur die Elemente dieser Gleichung gilt: (i) Der Vektor α = [α0 α1 . . . αn−1 ]T enth¨alt die Koeffizienten der charakteristischen Gleichung des Originalsystems Det(sI − AT ) = sn + αn−1 sn−1 + . . . + α1 s + α0 = 0 . (6.10) (ii) Der Vektor αB = [αB,0 αB,1 . . . αB,n−1 ]T enth¨alt die Koeffizienten der charakteristischen Gleichung der Dynamikmatrix des Beobachters Det(sI −AT +clT ) = sn +αB,n−1 sn−1 +. . .+αB,1 s+αB,0 = 0 . (iii) Die Matrix T ist die Transformationsmatrix des Systems (AT , c) auf Regelungsnormalform ⎡ ⎢ ⎢ T =⎢ ⎣

eTn T T en A .. .

⎤−1 ⎥ ⎥ ⎥ ⎦



mit eTn

aus Q−1 S

eTn (AT )n−1

eT1 ⎢ eT2 ⎢ =⎢ . ⎣ ..

⎤ ⎥ ⎥ ⎥ ⎦

eTn (6.11)

und QS als angepasste Steuerbarkeitsmatrix“ ”   QS = c | AT c | (AT )2 c | · · · | (AT )n−1 c . Somit ergibt Gleichung 6.9 die L¨ osung f¨ ur die R¨ uckf¨ uhrmatrix l des Zustandsbeobachters, vorausgesetzt das System (AT , c) ist vollst¨andig steuerbar“. Diese Steuerbarkeits” bedingung ist jedoch identisch mit der Bedingung, dass das System (A, cT ) vollst¨andig beobachtbar ist. Beispiel 6.1 System 2. Ordnung: Gegeben sei ein steuerbares und beobachtbares System zweiter Ordnung in Zustandsdarstellung zu:  x˙ =

   0 1 1 ·x+ ·u , −2 −5 2

y =[ 2 1 ]·x

und x(0) =

  1 . 0

Die Pole des Systems liegen bei λ1 = −0,4384 und λ2 = −4,5616. Es soll ein Zustandsbeobachter f¨ ur die Zustandsvariablen x1 (t) und x2 (t) unter Verwendung von Gleichung 6.9   l = T −T · αB − α

(6.12)

6.1 Entwurf des Einheitsbeobachters mittels Polfestlegung

129

entworfen werden. Zun¨ achst wird der Vektor α unter Verwendung von Det(sI − AT ) = sn + αn−1 sn−1 + . . . + α1 s + α0 = s2 + 5s + 2   2 ermittelt zu α = . 5 Die Pole des Beobachters sollen liegen bei λB,1,2 = −2. Dann resultiert der Vektor αB unter Verwendung von Det(sI − AT + clT ) = (s − λB,1 ) · (s − λB,2 ) =   4 zu αB = . 4

= sn + αB,n−1 sn−1 + . . . + αB,1 s + αB0 = s2 + 4s + 4

Die Transformationsmatrix T des Systems (AT , c) auf Regelungsnormalform wird wie folgt ermittelt: Die Steuerbarkeitsmatrix“ QS lautet ”     2 −2 T QS = c | A c = , 1 −3 ihre Inverse ist Q−1 S

 =

eT1 eT2



 =

0,75 −0,5 0,25 −0,5

 .

T Die letzte Zeile von Q−1 S ergibt e2 = [ 0,25 − 0,5 ] und damit resultiert die Transformationsmatrix T zu  −1  −1   eT2 0,25 −0,5 8 2 T = = = . (6.13) −0,5 2 2 1 eT2 AT

Damit wird dann der Vektor l des Beobachters berechnet zu  −T       4 2 8 2 · − l = T −T · αB − α = 4 5 2 1

 =

1 −3

 .

(6.14)

  Die Pole des Beobachters, d. h. die Pole von A − lcT , liegen wie f¨ ur den Entwurf gefordert bei λB,1,2 = −2. Damit ist die Konvergenz des Beobachters gew¨ahrleistet. Die Konvergenz des Beobachter-Zustandsvektors x ˆ(t) auf den System-Zustandsvektor x(t) soll auch anhand einer Simulation demonstriert werden.  Hierbei wird angenom1 men, dass der Anfangszustand des Systems, d. h. x(0) = nicht bekannt ist. Der 0

130

6 Zustandsbeobachter/-sch¨ atzer

2 1.5

ˆ(t) x(t),x 6

x ˆ1

1 x1

0.5 x ˆ2

0 −0.5

x2

0

1

2

3

-

4

5

6

7

8

t/s

Abbildung 6.3: Zeitverlauf der Zustandsgr¨oßen des Beobachters ( x ˆ “) und des Ori” i ginalsystems

Anfangszustand des Beobachters wird willk¨ urlich auf den Wert x ˆ(0) =

  2 gesetzt. 2

Falls die berechnete R¨ uckf¨ uhrmatrix l korrekt ist, muss x ˆ(t) nach x(t) konvergieren. Abb. 6.3 zeigt, dass der Zustandsvektor x ˆ(t) nach ca. 2 bis 3 Sekunden den Zustandsvektor x(t) erreicht hat. Falls das Originalsystem einen von Null verschiedenen Steuereingang u(t) aufweist, so a ¨ndert das nichts an der Konvergenz des Beobachters, wie Abb. 6.4 zeigt. Hierbei wird u(t) = sin t als willk¨ urlicher verwendet und der Anfangswert des Zu Steuereingang  2 standsvektors bei x ˆ(0) = belassen. Auch hier konvergiert der Beobachter nach 2 ca. 2 bis 3 Sekunden auf den Zustandsvektor des Originalsystems. Somit kann unter Einsatz eines Beobachters nun die in Kapitel 4 berechnete Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung (zumindest f¨ ur Eingr¨ oßensysteme) verwendet werden, da der Beobachter nach ein paar Sekunden auf den Zustandsvektor des Originalsystems konvergiert ist. Ab diesem Zeitpunkt kann der Zustandsvektor als bekannt vorausgesetzt werden. Der Zustandsbeobachter sollte schneller konvergieren als das Originalsystem reagiert, d. h. die Pole des Beobachters sollten im Allgemeinen in der s-Ebene links von den Polen des Systems liegen. Als Empfehlung gilt, dass der Beobachter ca. zwei bis sechsmal schneller als das System reagieren soll.  Aufgabe 6.1: F¨ ur ein System in Zustandsdarstellung mit den Matrizen  A=

0 1 −3 −4

 ,

  3 b= , 2

cT = [2 1]

soll ein Beobachter entworfen werden, dessen Pole bei λB,1,2 = −3 liegen. Berechnen Sie den R¨ uckf¨ uhrvektor l.

6.1 Entwurf des Einheitsbeobachters mittels Polfestlegung

131

3 2

ˆ(t) x(t),x 6 1 0 −1 −2

0

1

2

3

4

-

5

6

7

8

t/s

Abbildung 6.4: Zeitverlauf der Zustandsgr¨oßen des Beobachters (Anfangswert x ˆT (0) = [2 2]) und des Originalsystems  L¨ osung: l =

2 −2

 .



Aufgabe 6.2: F¨ ur ein System in Zustandsdarstellung mit den Matrizen     1 2 2 A= , b= , cT = [1 3] −3 −2 2 soll ein Beobachter entworfen werden, dessen Pole bei λB,1,2 = −1 liegen. Berechnen Sie den R¨ uckf¨ uhrvektor l.   0,4 L¨ osung: l = .  0,2

6.1.2

Mehrgr¨oßensysteme

Methode. Der Zustandsbeobachter f¨ ur Mehrgr¨oßensysteme weist dieselbe Struktur wie der Zustandsbeobachter f¨ ur Eingr¨ oßensysteme auf. Der Ausgangsvektor y des Systems wird mit dem Ausgangsvektor y ˆ des Zustandsbeobachters verglichen und u ¨ ber eine R¨ uckf¨ uhrmatrix L zur¨ uckgef¨ uhrt. Abb. 6.5 zeigt den Aufbau von Originalsystem und Beobachter in Zustandsdarstellung. F¨ ur das Originalsystem x˙ = A · x + B · u y = C·x .

(6.15) (6.16)

mit x(0) = x0 lautet die Gleichung des Beobachters x ˆ˙ = A · x ˆ + B · u + L · (y − y ˆ) yˆ = C · x ˆ.

(6.17) (6.18)

132

6 Zustandsbeobachter/-sch¨ atzer Originalsystem x(0) x(t) ˙  i . . . dt +

u(t) B

x(t)

y(t) C

A + i –

Zustandsbeobachter L " (0) x u(t) B

x ˆ˙ (t) i



. . . dt

x ˆ(t)

y ˆ(t) C

+ A

x ˆ(t)

Abbildung 6.5: System- und Beobachterstruktur f¨ ur ein Mehrgr¨oßensystem

mit x ˆ(0) = x ˆ0 . Damit lautet wie beim Eingr¨ oßensystem die Dynamikgleichung des Sch¨atzfehlers x ˜= x−x ˆ dann: x ˜˙ = (A − LC) · x ˜.

(6.19)

F¨ ur beliebige Anfangszust¨ ande des Beobachters geht der Sch¨atzfehler des Beobachters gegen Null, wenn die Dynamikmatrix des Beobachters AB = (A − LC) nur Eigenwerte mit negativem Realteil aufweist. Die Dynamikgleichung des Beobachters hat eine ¨ahnliche Struktur wie die Dynamikgleichung 4.14 der Polfestlegung von Kapitel 4.2: AR = (A − BK) mit K als R¨ uckf¨ uhrmatrix f¨ ur die Polfestlegung. W¨ahrend bei der Polfestlegung die Matrix K zu berechnen war, ist beim Beobachterentwurf die R¨ uckf¨ uhrmatrix L zu ermitteln. Transponieren der Matrix AB liefert + * ATB = AT − C T LT . Somit kann man, wie beim Eingr¨ oßensystem, die Matrix LT des Beobachters mit den gleichen Methoden wie die Matrix K bei der Polfestlegung ermitteln, wenn man die

6.2 Entwurf des Einheitsbeobachters unter Verwendung quadr. G¨ uteindizes

133

folgenden Substitutionen durchf¨ uhrt: A → AT ,

B → CT ,

K → LT .

Voraussetzung f¨ ur die Konvergenz des Beobachters ist, dass das Paar (A, C) vollst¨andig beobachtbar ist. Welche Methode der Polfestlegung f¨ ur Mehrgr¨oßensysteme man schließlich einsetzt, bleibt dem Anwender u ur die ¨ berlassen. Man kann die Brunovsky-Form f¨ Polfestlegung oder die Methode der robusten Polfestlegung nach [37] oder jede andere Methode verwenden. Entscheidend ist, dass die Pole des Beobachters in der s-Ebene links von den Polen des Systems liegen. Denn nur dann ist die Reaktionszeit des Beobachters kleiner als die des Systems und der Einsatz eines Beobachters macht Sinn. Wenn der Beobachter langsamer“ ist als das System, dann k¨onnen die Zust¨ande des Systems ” schon l¨ angst unzul¨ assig große Werte angenommen haben, bevor die R¨ uckf¨ uhrung der gesch¨ atzten Zust¨ ande das System zum Abklingen bringt.

6.2

Entwurf des Einheitsbeobachters unter Verwendung quadratischer Gu¨teindizes

Methode. Man kann das Verfahren der linearen quadratischen Regelung ebenso wie die Methoden der Polfestlegung f¨ ur die Ermittlung der R¨ uckf¨ uhrmatrix L des Zustandsbeobachters verwenden. Da hierbei keine prinzipiellen Unterschiede der Berechnung von L f¨ ur Eingr¨ oßensysteme oder Mehrgr¨ oßensysteme vorliegen, wird nur der Mehrgr¨oßenfall betrachtet. Die Dynamikgleichung des Beobachters ist wie in Kapitel 6.1.2 AR = (A − BK) mit K als R¨ uckf¨ uhrmatrix der Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung. Auch hier erh¨alt man durch Transponieren der Dynamikmatrix des r¨ uckgef¨ uhrten Beobachters AB die Form + * ATB = AT − C T LT . Somit kann man die Matrix LT mit den gleichen Methoden wie die Matrix K bei der linearen quadratischen Regelung ermitteln, wenn man die folgenden Substitutionen durchf¨ uhrt: A → AT ,

B → CT ,

K → LT .

¨ Uber die noch vorzugebenden Wichtungsmatrizen Q und R f¨ ur das quadratische G¨ utekriterium wird die Konvergenzgeschwindigkeit des Beobachters beeinflusst. Ein großes2“ ” R im Vergleich zur Matrix Q f¨ uhrt zu einer langsamen Konvergenz, da große Stellamplituden st¨ arker bestraft“ werden. Umgekehrt f¨ uhrt ein kleines“ R (im Vergleich ” ” 2

Hier kann eine beliebige Norm einer Matrix als Maß verwendet werden.

134

6 Zustandsbeobachter/-sch¨ atzer

zu Q) zu einer schnellen Konvergenz, da nun große Sch¨atzfehler st¨arker bestraft werden. Bei der Polfestlegung gelangt man im Prinzip zu ¨ahnlichen Aussagen. Verschiebt man die Pole weit“ in die linke s-Halbebene, dann konvergiert der Zustandsbeobach” ter zwar schnell, aber zulasten großer Signalamplituden L · y(t). Dagegen ergeben sich nur kleine Signalamplituden, wenn man die Beobachterpole nur wenig nach links in die s-Halbebene verschiebt. Die Vorgehensweise soll am Beispiel eines einfachen Mehrgr¨oßensystems demonstriert werden. Beispiel 6.2 System 3. Ordnung: Gegeben sei ein steuer- und beobachtbares System dritter Ordnung in Zustandsdarstellung zu: ⎡

⎤ ⎡ ⎤ 0 1 2 2 1 x˙ = ⎣ −2 −3 0 ⎦ · x + ⎣ 0 2 ⎦ · u , −2 0 −1 1 3

 y=

 1 2 −1 ·x 2 −1 3



⎤ 0 mit x(0) = ⎣ 1 ⎦ . −1 Die Pole des Systems liegen bei λ1 = −2,6075 und λ2,3 = −0,6962 ± j2,2101 Es soll ein Zustandsbeobachter derart entworfen werden, dass nach ca. 1 bis 2 Sekunden der Beobachter den Zust¨ anden ⎡ des ⎤ Originalsystems folgt. Der Anfangszustand des Be0,5 obachters wird auf x ˆ(0) = ⎣ 0,5 ⎦ gesetzt, da der Anfangszustand des Originalsystems 0,5 nicht bekannt ist. Unter Beachtung der Substitutionen A → AT und B → C T wird die folgende algebraische Matrix-Riccati-Gleichung aufgestellt: AP + P AT − P C T R−1 CP + Q = 0 .

(6.20)

Nach einigen Probeberechnungen werden die Gewichtsmatrizen auf die folgenden Werte gesetzt: ⎡

⎤ 2 0 0 Q=⎣0 2 0⎦ 0 0 1

 und

R=

0,1 0 0 0,1

 .

Die L¨ osung der Matrix-Riccati-Gleichung P und die R¨ uckf¨ uhrmatrix K lauten dann ⎡

⎤   0,3316 −0,1647 −0,2134 2,1559 2,6266 −0,8874 ⎣ ⎦ P = −0,1647 0,3372 0,2270 , K = . 1,8769 0,2436 3,3410 −0,2134 0,2270 0,3293

6.2 Entwurf des Einheitsbeobachters unter Verwendung quadr. G¨ uteindizes

135

Wegen der Substitution K → LT ergibt sich dann die R¨ uckf¨ uhrmatrix L des Zustandsbeobachters zu ⎡ ⎤ 2,1559 1,8769 L = ⎣ 2,6266 0,2436 ⎦ . −0,8874 3,3410 Vom Anfangszustand des Beobachters (siehe Abb. 6.6) konvergiert der Zustandsvektor des Beobachters wie gefordert in 1 bis 2 Sekunden auf die Zust¨ande des Originalsystems. Die Pole des Zustandsbeobachters liegen bei λ1 = −14,0322, λ2 = −9,8678 und bei λ3 = −1,9297. 1

0.5

x(t),x ˆ(t) 6

0

−0.5

−1

0

0.5

1

1.5

-

2

2.5

3

t/s

Abbildung 6.6: Zeitverlauf der Zustandsgr¨oßen des Beobachters (Anfangswerte x ˆT (0) = [0,5 0,5 0,5]) und des Originalsystems (Anfangswerte xT (0) = [0 1 −1]) 2 1.5 1

ˆ(t) x(t),x 0.5 6 0 −0.5 −1 −1.5

0

0.5

1

1.5

-

2

2.5

3

t/s

Abbildung 6.7: Zeitverlauf der Zustandsgr¨oßen des Beobachters (Anfangswerte ur x ˆT (0) = [0,5 0,5 0,5]) und des Originalsystems (Anfangswerte xT (0) = [0 1 −1]) f¨ einen Eingangsvektor uT (t) = [sin t 0,5 cos t]

136

6 Zustandsbeobachter/-sch¨ atzer 

 sin t folgt nach 0,5 cos t ca. 2 Sekunden der Zustandsvektor x ˆ des Zustandsbeobachters dem Zustandsvektor x des Originalsystems, wie Abb. 6.7 zeigt. Auch f¨ ur einen willk¨ urlich gew¨ ahlten Eingangsvektor u(t) =

 Aufgabe 6.3: Gegeben sei ein instabiles, steuer- und beobachtbares System dritter Ordnung in Zustandsdarstellung zu: ⎡

⎤ ⎡ ⎤ 3 1 2 1 2 x˙ = ⎣ 2 −3 0 ⎦ · x + ⎣ 0 2 ⎦ · u , −2 0 −1 3 1

 y=





1 1 −2 ·x 2 −1 3

mit

⎤ 0 x(0) = ⎣ 1 ⎦ . −1

1. Berechnen Sie die Pole des Originalsystems. 2. Ermitteln Sie die L¨ osung der Riccati-Gleichung P und die R¨ uckf¨ uhrmatrix L des Zustandsbeobachters f¨ ur die Gewichtsmatrizen ⎡ ⎤   2 0 0 0,1 0 Q =⎣0 2 0⎦ und R= . 0 0,1 0 0 1 3. Ermitteln Sie den Zeitverlauf der Zustandsvektoren des Originalsystems und des Zustandsbeobachters f¨ ur den Anfangszustand x ˆT (0) = [0,5 0,5 0,5] . L¨ osung: 1.) λ1 = 2,1028, λ2 = 0,1464 und λ3 = −3,2491 ⎡ ⎤ ⎡ ⎤ 0,3045 0,0514 −0,0583 4,7257 3,8251 2.) P = ⎣ 0,0514 0,2938 0,0676 ⎦ , L = ⎣ 2,1009 0,1180 ⎦ . −0,0583 0,0676 0,1267 −2,4417 1,9589 3.)

2 1 0

x(t),x ˆ(t) −1 6 −2 −3 −4 −5

0

0.1

0.2

0.3

0.4

0.5

0.6

0.7

0.8

0.9

1

- t/s Abbildung 6.8: Zeitverlauf der Zustandsgr¨oßen des Beobachters (Anfangswerte x ˆT (0) = [0,5 0,5 0,5]) und des Originalsystems (Anfangswerte xT (0) = [0 1 −1])

6.3 Entwurf eines Beobachters reduzierter Ordnung

6.3

Entwurf eines Beobachters reduzierter Ordnung

6.3.1

Messung von s Zust¨anden

137

Erl¨ auterung. Der Beobachter vollst¨ andiger Ordnung f¨ uhrt eine Sch¨atzung des Zustandsvektors x(t) durch und weist dabei dieselbe Ordnung n wie der Zustandsvektor auf. Werden nun z. B. n − 1 Zustandsgr¨ oßen gemessen, so erh¨alt der Zustandsbeobachter dennoch wieder die Ordnung n, obwohl nur noch die Messung einer Zustandsgr¨ oße fehlt. Diesen Nachteil beseitigt der reduzierte Beobachter, der bei der Messung von s Ausgangsgr¨ oßen nur einen Beobachter der Ordnung n − s erfordert. Die Struktur eines derartigen reduzierten Beobachters wird nachfolgend in Anlehnung an die Arbeiten von Gopinath [26] hergeleitet. Bei stark verrauschten Messsignalen des Ausgangs wird jedoch nach wie vor die Verwendung eines Beobachters voller Ordnung empfohlen, da der Beobachter zus¨atzlich zur Sch¨ atzung der Zust¨ ande auch eine Filterung/Gl¨attung der Messungen durchf¨ uhrt. Herleitung des reduzierten Beobachters. Zun¨achst wird vorausgesetzt, dass von den n Komponenten des Zustandsvektors, durch die Messung y(t) nun s Elemente des Zustandsvektors gemessen werden. Die Messgleichung f¨ ur y hat also die folgende Struktur:   x1 y = [I 0] · (6.21) = x1 . x2 Die s Zust¨ ande x1 werden also direkt gemessen, die restlichen Zust¨ande x2 sollen durch den reduzierten Beobachter gesch¨ atzt werden. Partitioniert man entsprechend zu Gleichung 6.21 die Dynamikgleichung des Systems so gilt hierf¨ ur:         A11 A12 x1 B1 x˙ 1 = · + ·u . (6.22) x˙ 2 A21 A22 x2 B2 Die Dynamikgleichung der nicht gemessenen Zust¨ande x2 lautet: x˙ 2 = A22 · x2 + (A21 · x1 + B 2 · u) .    bekannte Eing¨ ange

Aufgrund der Messung von y = x1 sind die in der runden Klammer stehenden Variablen nun bekannte Signale und es gilt: ˜·u x˙ 2 = A22 · x2 + (A21 · y + B 2 · u) = A22 · x2 + B ˜,

(6.23)

138

6 Zustandsbeobachter/-sch¨ atzer

T ˜ = [A21 B 2 ] und u mit den entsprechenden Gr¨ oßen B ˜ = [y u] .

Ersetzt man nun in Gleichung 6.22 ebenfalls x1 durch y, so resultiert: x˙ 1 = y˙ = A11 · y + A12 · x2 + B 1 · u . Sammelt man die messbaren Gr¨ oßen auf der linken Seite so folgt: (y˙ − A11 · y − B 1 · u) = y ˜ = A12 · x2 .   

(6.24)

bekannte Messungen

Die Gleichungen 6.23 und 6.24 bilden nun ein eigenes dynamisches System mit bekanntem Eingang u ˜ und bekannter Messung y˜, f¨ ur welches man einen eigenen Beobachter (nun aber reduzierter Ordnung n − s) f¨ ur die Zust¨ande x2 entwerfen kann. ˜ ·u x˙ 2 = A22 · x2 + B ˜ y˜ = A12 · x2 .

(6.25) (6.26)

˜ und der MessmaF¨ ur dieses System mit der Dynamikmatrix A22 , der Eingangsmatrix B trix A12 wird nach der Methode der Polfestlegung bzw. der linearen quadratischen Regelung die R¨ uckf¨ uhrmatrix L des Beobachters entworfen. Die Beobachtergleichungen des reduzierten Beobachters lauten dann: # $ "˜ ˜·u "˙ 2 = A22 · x "2 + B x ˜+L· y ˜−y ˜ ·u B ˜

y ˜

b y ˜

         "2 + [A21 · y + B 2 · u] +L · [y˙ − A11 · y − B 1 · u − A12 · x "2 ] = A22 · x "2 + [A21 − LA11 ] · y + [B 2 − LB 1 ] · u + L · y˙ = [A22 − LA12 ] · x

Die Darstellung dieser Beobachtergleichung im Blockschaltbild zeigt Abb. 6.9. Voraussetzung f¨ ur die Existenz des reduzierten Beobachters ist wie beim Beobachter vollst¨ andiger Ordnung, dass das System (A, B) vollst¨andig beobachtbar ist. "2 (t) erfolgt, Da die Ableitung des Systemausgangs y direkt vor der Integration von x kann man den Eingang von y˙ u ¨ber die Integration hinweg nach rechts verschieben, und dadurch auf die ung¨ unstige Ableitung der Messung y verzichten. Abb. 6.10 zeigt die modifizierte Struktur des reduzierten Beobachters ohne Ableitung der Messgr¨oße y.

6.3 Entwurf eines Beobachters reduzierter Ordnung

139

y d dt

y˙ A21 − LA11 u

B 2 − LB 1

L "˙ (t)  x h 2 . . . dt

h

"2 (t) x

+ A22 − LA12

Abbildung 6.9: Blockschaltbild des reduzierten Beobachters mit Ableitung y˙

"˙ 2 (t) sondern nun x "˙ 2 −Ly. Die Variable vor dem Integrator ist nun allerdings nicht mehr x ˙ Das Ly wird jedoch nach der Integration wieder hinzuaddiert, sodass am Ausgang des "2 auftritt. reduzierten Beobachters wieder der gesch¨ atzte Zustand x

y A21 − LA11 u

B 2 − LB 1

L

b˙ 2 − Ly˙ x

h



b2 − Ly x

. . . dt

h

"2 (t) x

+ A22 − LA12

Abbildung 6.10: Blockschaltbild des reduzierten Beobachters ohne Ableitung y˙

Beispiel 6.3 Hubschrauber: Als Beispiel wird die Sch¨atzung der nicht gemessenen Zust¨ ande des Hubschraubers im Schwebeflug von Beispiel 2.6 untersucht. Die Zustandsgleichungen des Systems lauten:

140

6 Zustandsbeobachter/-sch¨ atzer

⎤• ⎡ ⎤ ⎡ ⎤ z z 0 0,4989 0 0 0 0 0 ⎥ ⎢ z˙ ⎥ ⎢ z˙ ⎥ ⎢ 0 −0,4022 0 ⎥ ⎢Ψ⎥ ⎢Ψ⎥ ⎢ 0 0 4,008 0 ⎥·⎢ ⎥ ⎢ ⎥ = ⎢0 ⎣Ψ ⎣ 0 −0,009793 0 −0,7637 −0,9658 ⎦ ⎣ Ψ ˙ ⎦ ˙ ⎦ 0 0,03684 0 −1,498 −3,000 Ω Ω ⎡



⎤ 0 0  0 ⎥  ⎢ 12,04 ⎢ ⎥ αM 0 ⎥· +⎢ 0 αT ⎣ −1,728 −6,541 ⎦ 6,680 −6,984 ⎡

⎤ z     ⎢ z˙ ⎥ z 1 0 0 0 0 ⎢ ⎥ = ·⎢Ψ⎥ . Ψ 0 0 1 0 0 ⎣ ˙ ⎦ Ψ Ω Es werden bei diesem Beispiel die H¨ ohe z und der Gierwinkel Ψ gemessen. Die Pr¨ ufung der Steuerbarkeit und Beobachtbarkeit (siehe Aufgabe 3.3) zeigt, dass das System vollst¨ andig steuerbar und beobachtbar ist. F¨ ur den Entwurf des reduzierten Beobachters m¨ ussen die Zust¨ande zun¨achst so umgeordnet werden, dass die beiden gemessenen Zust¨ande die Zust¨ande eins und zwei bilden. Damit resultiert die neue Zustandsdarstellung: ⎡ ⎤• ⎡ ⎤ ⎡ ⎤ z z 0 0 0,4989 0 0 ⎢Ψ⎥ ⎢Ψ⎥ 0 4,008 0 0 0 ⎢ ⎥ ⎥ ⎢ ⎥ ⎥ ⎢ ⎢ z˙ ⎥ = ⎢ z˙ ⎥ 0 0 ⎢ 0 0 −0,4022 ⎥·⎢ ⎢ ⎢ ⎥ ⎣ 0 0 −0,009793 −0,7637 −0,9658 ⎦ ⎣ ˙ ⎥ ˙ ⎦ ⎣Ψ Ψ⎦ 0 0 0,03684 −1,498 −3,000 Ω Ω ⎡

⎤ 0 0  0 ⎥  ⎢ 0 ⎢ ⎥ αM + ⎢ 12,04 0 ⎥· αT ⎣ −1,728 −6,541 ⎦ 6,680 −6,984 ⎤ z     ⎢Ψ⎥ ⎥ z 1 0 0 0 0 ⎢ · ⎢ z˙ ⎥ = ⎥ . 0 1 0 0 0 ⎢ Ψ ˙ ⎦ ⎣Ψ Ω

(6.27)



(6.28)

6.3 Entwurf eines Beobachters reduzierter Ordnung

141

Die Partitionierung der Matrizen und Vektoren ist durch die horizontalen und vertikalen Striche in Gleichung 6.27 und 6.28 angedeutet. Die Pole der Regelstrecke liegen bei λ1,2 = 0, λ3 = −0,2396, λ4 = −0,4022 und λ5 = −3,5241. Da die Pole des Beobachters links von den Polen der Strecke liegen sollen werden sie bei λ3B = −0,4, λ4B = −0,8 und λ5B = −6 platziert. Die Anwendung des Verfahrens der Polfestlegung f¨ ur die obigen Pole λ3B bis λ5B und die Systemmatrizen ⎡ ⎤ −0,4022 0 0 A =A " 22 = ⎣ −0,009793 −0,7637 −0,9658 ⎦ 0,03684 −1,498 −3,000 ⎡

⎤ 12,04 0 B =B " 2 = ⎣ −1,728 −6,541 ⎦ 6,680 −6,984

 C =A " 12 =

und

0,4989 0 0 0 4,008 0

liefert dann die R¨ uckf¨ uhrmatrix L des reduzierten Beobachters zu: ⎡ ⎤ 0,043597 −0,04866 L = ⎣ −0,227933 0,75158 ⎦ . 0,005499 1,3465



(6.29)

Mit der Struktur von Abb. 6.10 ergibt sich dann die Zustandssch¨atzung f¨ ur die nicht ˙ und Ω bei einem Sprungeingang von αM = 0,03 Rad = " 2◦ gemessenen Zust¨ ande z, ˙ Ψ f¨ ur den Anstellwinkel des Hauptrotors wie in Abb. 6.11 gezeigt. 1 0.8



0.6

x3 , x4 , x5

6

0.4

˙ Ψ

0.2 0

Ω

−0.2 −0.4

0

0.5

1

1.5

2

2.5

-

3

3.5

4

4.5

5

t/s

Abbildung 6.11: Zeitverl¨aufe der Zust¨ande und der gesch¨atzten Zust¨ande; Anfangszust¨ande x "i (0) = 0 und xi (0) = 0 Die Zust¨ ande des reduzierten Beobachters konvergieren nach wenigen Sekunden auf die wahren Zust¨ ande. Eine Ableitung ist nicht erforderlich.

142

6 Zustandsbeobachter/-sch¨ atzer

6.3.2

Allgemeiner Fall des reduzierten Beobachters

Struktur des allgemeinen Beobachters reduzierter Ordnung. Beim allgemeinen Fall des Beobachter reduzierter Ordnung werden nicht wie zuvor s Zust¨ande direkt gemessen, sondern die s Ausgangsgr¨ oßen y sind eine Linearkombination der Zust¨ande. Es kann also in der C-Matrix keine Teilmatrix als Einheitsmatrix realisiert werden. Die Struktur des dann aufzubauenden Beobachters zeigt Abb. 6.12. Eine ausf¨ uhrliche Herleitung hierzu findet man bei Hippe, Wurmthaler [28]. Originalsystem x(0) x(t) ˙  i . . . dt +

u(t) B

x(t)

y(t) C

A

Zustandsbeobachter H "(0) z u(t) TB

zˆ˙ (t) i



. . . dt

zˆ(t)

y(t) 

+ F

"(t) z

C T

−1

" (t) x

Abbildung 6.12: Struktur des Beobachters reduzierter Ordnung Die Dynamikgleichungen des Beobachters lauten: "˙ = F · z " + TB · u + H · y z  −1   y C " = · x " z T Die Dynamikmatrix F muss so vorgegeben werden, dass die Eigenwerte von F von denen der Matrix A verschieden sind. Außerdem ist die Matrix H so vorzugeben, dass das Paar (F , H) vollst¨ andig steuerbar ist. Die Berechnung der Matrizen T erfolgt dann unter Verwendung der Gleichung T A − F T = HC . N¨ aheres zu den Voraussetzungen und der L¨ osbarkeit dieser Gleichung siehe bei Hippe, Wurmthaler [28].

6.4 Das Separationstheorem

6.4

143

Das Separationstheorem

Zustandsr¨ uckf¨ uhrung mit Beobachter. Die in Kapitel 4 entwickelte lineare Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung setzt voraus, dass der r¨ uckzuf¨ uhrende Zustandsvektor gemessen werden kann. Wenn dies nicht der Fall ist, dann ist diese Methode zun¨achst nicht anwendbar. Nachdem es mithilfe eines Zustandsbeobachters jedoch m¨oglich ist, diesen Zustandsvektor zu sch¨ atzen, kann man nun bei Nichtmessbarkeit des Zustandsvektors einen Zustandsbeobachter einsetzen. Ein derartiges System mit Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung und Einheitsbeobachter wird durch den folgenden Satz von Gleichungen beschrieben: Systemgleichungen (mit u als neuem Eingang): x˙ = A · x + B · u + B · u y = C·x und x(0) = x0 , Zustandsbeobachter: x ˆ˙ = A · x ˆ + B · u + B · u + L · (y − y ˆ) yˆ = C · x ˆ und x ˆ(0) = x ˆ0 , Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung: u = −K · x ˆ. Die Struktur eines derart geregelten Mehrgr¨ oßensystems mit Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung und Zustandsbeobachter zeigt Abb. 6.13. Es ist bekannt, Steuer- und Beobachtbarkeit vorausgesetzt, dass bei R¨ uckf¨ uhrung des Originalzustandsvektors die Regelstrecke stabilisiert wird. Außerdem konvergiert der Zustandsbeobachter auf den richtigen Zustandsvektor mit Sch¨atzfehler Null. Offen ist jedoch die Stabilit¨at des Gesamtsystems bei R¨ uckf¨ uhrung des gesch¨atzten Zustandsvektors. Das Separationstheorem. Zur Ermittlung der Stabilit¨at des Systems nach Abb. 6.13 ¨ wird das Ubertragungsverhalten vom Eingang u zum Ausgang y berechnet. Mittels Zustandsvektorerweiterung erh¨ alt man die Zustandsdarstellung des Gesamtsystems zu 

x x ˆ

     A −BK x B = · ·u + LC A − LC − BK x ˆ B       A∗ B∗     x y = C 0 · . ˆ    x ∗ C

•



144

6 Zustandsbeobachter/-sch¨ atzer Mehrgr¨ oßen-Regelstrecke x(0)  x(t) ˙ x(t) g . . . dt B +

u (t) + g + u(t)

y(t) C

A

−K B x ˆ(t) x ˆ(t) 

C

" (0) x . . . dt

g

+ g –

L

A

Zustandsbeobachter Abbildung 6.13: System mit Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung und Zustandsbeobachter ¨ Die Ubertragungsmatrix dieses r¨ uckgef¨ uhrten Systems lautet dann unter Verwendung von Gleichung 2.32 G(s) =

Y (s) −1 = C ∗ · (sI − A∗ ) · B ∗ U  (s)

Die Stabilit¨ at dieses Systems wird bestimmt durch die Eigenwerte der Matrix A∗ . Diese Eigenwerte sind wiederum identisch mit den Wurzeln der charakteristischen Gleichung, die berechnet wird zu Det(sI − A∗ ) = (s − λ1 )(s − λ2 ) · · · (s − λ2n ) = 0 mit n als Systemordnung. F¨ ur diese Determinante gilt: 

sI − A BK Det(sI − A ) = Det −LC sI − A + LC + BK ∗

 .

Da Zeilen- und Spaltenoperationen den Wert einer Determinanten nicht ¨andern, werden zun¨ achst die Zeilen 1 bis n von den Zeilen n + 1 bis 2n subtrahiert. Man erh¨alt:   sI − A BK . Det(sI − A∗ ) = Det −sI + A − LC sI − A + LC

6.4 Das Separationstheorem

145

Dann werden die Spalten n+1 bis 2n zu den Spalten 1 bis n addiert und man erh¨alt: 

sI − A + BK BK Det(sI − A ) = Det 0 sI − A + LC ∗

 .

Die Determinante dieser Matrix in Dreiecksform aber resultiert zu: Det(sI − A∗ ) = Det [sI − (A − BK)] · Det [sI − (A − LC)] . Die Matrizen A − BK und A − LC sind aber gerade die Dynamikmatrix des Systems mit R¨ uckf¨ uhrung des wahren Zustandsvektors und die Dynamikmatrix des Beobachters. Damit ist das charakteristische Polynom des Gesamtsystems gerade das Produkt vom charakteristischen Polynom des r¨ uckgef¨ uhrten Systems bei Kenntnis des wahren Zustandsvektors und dem charakteristischen Polynom des Beobachters. Die Stabilit¨at beider Systemteile kann unabh¨ angig voneinander entworfen werden. Diese Eigenschaft ist nicht selbstverst¨ andlich wenn man daran denkt, dass eine stabile Eingr¨oßenregelstrecke und ein stabiler Eingr¨ oßenregler noch l¨ angst kein stabiles Gesamtsystem garantieren. Somit ist die Berechnung der R¨ uckf¨ uhrmatrix K unabh¨angig davon, ob die wahren oder die gesch¨ atzten Zustandsvektoren zur¨ uckgef¨ uhrt werden. Ebenso kann man die R¨ uckf¨ uhrmatrix L des Beobachters unabh¨ angig davon berechnen, ob der Beobachter mit einer Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung kombiniert wird oder nicht. Diese Eigenschaft wird als Separationsprinzip des Regler/Beobachter-Entwurfs bezeichnet. Der getrennte Entwurf von Zustandsbeobachter und Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung, z. B. zur Polfestlegung eines Mehrgr¨ oßensystems, kann mit dem Entwurf eines dynamischen Kompensators in einem Entwurfsschritt erledigt werden. In [11] wird gezeigt, dass die Ordnung dieses dynamischen Kompensators f¨ ur ein steuer- und beobachtbares System gleich Min {Rang(QS ) − 1, Rang(QB ) − 1} ist, mit QS und QB als Steuer- und Beobachtbarkeitsmatrizen. Beispiel 6.4 Hydraulik-Kaskade: Die Auswirkung des Separationstheorems soll ebenfalls auf das Beispiel 2.1 der Hydraulik-Kaskade angewendet werden. Die Dynamik- und Messgleichung der Hydraulik-Kaskade lauten entsprechend denen von Beispiel 2.5. Mittels Polfestlegung sollen nun die Pole des Kreises mit Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung auf die Positionen λ1 = −0,30

λ2 = −0,25

und

λ3 = −0,20

verschoben werden. Die mit der Methode der robusten Polfestlegung berechnete R¨ uckf¨ uhrmatrix K der quadratischen Regelung lautet dann:  K=

1,1449 0,9873 0,1565 0,3609 1,0203 2,3826

 .

146

6 Zustandsbeobachter/-sch¨ atzer

Die ebenfalls mittels Polfestlegung vorgegebenen Pole des Beobachters sollen auf die Positionen λ1 = −0,40

λ2 = −0,35

und

λ3 = −0,30

verschoben werden. Der Beobachter soll also schneller einschwingen als die Regelung mittels Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung. Die mit der Methode der robusten Polfestlegung berechnete R¨ uckf¨ uhrmatrix L des Beobachters lautet dann: ⎡ ⎤ 0,3218 0,0787 L = ⎣ 0,2043 0,1834 ⎦ . 0,0653 0,3199 Die Sprungantwort der r¨ uckgef¨ uhrten Hydraulik-Kaskade f¨ ur eine sprungf¨ormige Stellgr¨ oße QZu1 = 1 hl/s zeigt Abb. 6.14 f¨ ur den bei der F¨ ullstandsregelung zu beachtenden Spezialfall positiver Stellsignale. 0.5

h1 (t)

0.4

h(t)

60.3

h2 (t)

0.2

h3 (t)

0.1 0

0

5

10

15

20

25

-

30

35

40

45

50

t/s Abbildung 6.14: Sprungantwort der Hydraulik-Kaskade f¨ ur einen Sprungeingang QZu1 = 1 hl/s mit Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung und Beobachter. Zust¨ande hi (t) fett gezeichnet, und gesch¨atzte Zust¨ande " hi (t) nicht fett gezeichnet Die gesch¨ atzten Zust¨ ande sind nach ca. 10 s auf die wahren Zust¨ande eingeschwungen. Dabei ist zu ber¨ ucksichtigen, dass der unbekannte Zustand der F¨ ullstand h2 (t) ist, der nicht gemessen wird. Die Zust¨ ande h1 (t) und h3 (t) sind gemessene Ausgangsgr¨oßen des Systems. Der unbekannte Zustand " h2 (0) ist zu 0,1 angenommen. 

7

Fu¨hrungs- und Sto¨rverhalten von Mehrgro¨ßensystemen

Problemstellung. Mit den zuvor behandelten Verfahren der Polfestlegung und der linearen quadratischen Regelung wird durch Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung das Stabilit¨atsverhalten eines Mehrgr¨ oßensystems verbessert. Falls dabei der Zustandsvektor nicht direkt messbar ist, muss er unter Verwendung eines Zustandsbeobachters gesch¨atzt werden. Die Pole des r¨ uckgef¨ uhrten Mehrgr¨ oßensystems werden entweder auf vorgegebene Positionen verschoben oder sie werden in der linken s-Halbebene so ver¨andert, dass ein quadratisches G¨ utefunktional minimal wird. In beiden F¨allen dieser Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung wird der Zustandsvektor in geeigneter Weise in den Nullpunkt u uhrt. ¨ berf¨ Damit ist auch der Ausgangsvektor y(t) f¨ ur t → ∞ gleich Null. Diese Fragestellung ist jedoch h¨ aufig von untergeordneter Bedeutung. Von gr¨oßerer Bedeutung ist vielmehr die Frage, ob die Ausgangsgr¨ oßen des Mehrgr¨ oßensystems vorgegebene Sollwerte erreichen und wie das geregelte Mehrgr¨ oßensystem auf St¨orgr¨oßen reagiert. Die Untersuchung des F¨ uhrungs- und St¨ orverhaltens des geregelten Mehrgr¨oßensystems ist Gegenstand der Untersuchung dieses Kapitels. Die zu untersuchende Problematik verdeutlicht das nachstehende Blockdiagramm der Regelung eines Mehrgr¨ oßensystems1.

z(t) w(t)

j

e(t)

Mehrgr¨ oßenregler

u(t)

Mehrgr¨oßenregelstrecke

y(t)



Abbildung 7.1: Struktur eines Mehrgr¨oßenregelsystems

1

Um m¨ ogliche Missverst¨ andnisse im Zusammenhang mit dem Zustandsvektor x(t) zu vermeiden, wird die Regeldifferenz als e(t) und nicht als xd (t) definiert.

148

7 F¨ uhrungs- und St¨ orverhalten von Mehrgr¨ oßensystemen

Die folgenden Fragestellungen werden anschließend untersucht: • Wie wird der Ausgang y(t) durch Verwendung eines Vorfilters auf den gew¨ unschten station¨ aren Sollwert w ˆ gesteuert? (Steuerung) • Welcher Regler ist erforderlich, damit der Ausgang y(t) den station¨aren Sollwert w ˆ erreicht? (F¨ uhrungsverhalten) • Welcher Regler ist erforderlich, damit der Ausgang y(t) einem ver¨anderlichen Sollwert w(t) folgt? (Servokompensator, Modellfolgeregler) • Wie ist der Einfluss der St¨ orungen z(t) auf den Ausgang y(t) zu reduzieren? (St¨ orverhalten)

7.1

Fu¨hrungsgr¨oßenaufschaltung

Methode. Bei der F¨ uhrungsgr¨ oßenaufschaltung soll durch Aufschaltung eines Steuersignals u(t) das Mehrgr¨ oßensystem so gesteuert werden, dass im eingeschwungenen Zustand der Systemausgang y(∞) den geforderten konstanten Sollwert w ˆ erreicht. Dies l¨ ost man durch Erzeugung des Steuersignals u (t) mittels einer konstanten Vorfiltermatrix V , deren Eingangssignal gem¨ aß Abb. 7.2 lautet w(t) = w ˆ ·σ(t). Dabei ist angenommen, dass das Mehrgr¨ oßensystem zus¨ atzlich durch eine Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung mit der R¨ uckf¨ uhrmatrix K stabilisiert werden kann. Liegt keine Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung vor, dann ist in der folgenden Herleitung K = 0 zu setzen. Mehrgr¨ oßensystem 

w(t)

u (t) V

u h

B



x(t) ˙ h



. . . dt

x(t)

C

y(t)

+ A K

Abbildung 7.2: Mehrgr¨oßensystem mit F¨ uhrungsgr¨oßenaufschaltung

F¨ ur das stabilisierte System mit Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung gelten die Zustandsgleichungen x˙ = (A − BK) · x + B · u y = C·x .

mit

x(0) = x0

7.1 F¨ uhrungsgr¨ oßenaufschaltung

149

Im eingeschwungenen Zustand des Systems (x˙ = 0) gilt 0 = (A − BK) · x(∞) + B · u (∞) y(∞) = C · x(∞) .

(7.1)

Sofern [A − BK] invertierbar ist, kann man Gleichung 7.1 nach x(∞) aufl¨osen zu −1

x(∞) = − (A − BK)

B · u (∞) .

Damit wird das Ausgangssignal y(∞) im eingeschwungenen Zustand * + −1 y(∞) = − C · [A − BK] B · u (∞) = −V˜ · u (∞) . −1

Um zu erreichen, dass y(∞) = w ˆ wird, muss somit u (∞) = −V˜ · w ˆ werden. Damit kann man dann das Vorfilter V nach der folgenden Beziehung berechnen: +−1 * −1 . V = − C [A − BK] B

(7.2)

Die Voraussetzungen f¨ ur die Berechenbarkeit der Vorfiltermatrix V nach Gleichung 7.2 sind: 1. Die Matrix (A − BK) muss invertierbar sein. Diese Bedingung ist erf¨ ullt, sofern alle Pole dieser Matrix negativen Realteil aufweisen. * + −1 2. Die Berechnungsmatrix C [A − BK] B muss ebenfalls invertierbar sein. Dazu muss die Zahl der Steuereing¨ ange r gleich der Zahl der Ausgangsgr¨oßen s sein, also r = s. Die Invertierbarkeit der Systemmatrix (A − BK) wird zwar auch f¨ ur Pole mit positivem Realteil erf¨ ullt, jedoch macht die Ermittlung eines Vorfilters dann keinen Sinn, da kein stabiler Endwert existiert. Die Matrix ist nicht invertierbar, sofern ein Pol im Ursprung liegt. Letzteres entspricht wie im Eingr¨ oßenfall einem System mit integrierendem Verhalten. Ein Sprungeingang f¨ uhrt nicht zu einem station¨aren Endwert. F¨ ur die Berechnung des Vorfilters ist die genaue Kenntnis der Systemmatrizen A, B und C erforderlich. Sind diese Matrizen nicht genau bekannt, f¨ uhrt dies, wie bei einer Steuerung zu erwarten ist, zu einer Abweichung des Endwertes y(∞) von w. ˆ Dann ist die Verwendung einer I- oder PI-Reglerstruktur vorzuziehen.

150

7 F¨ uhrungs- und St¨ orverhalten von Mehrgr¨ oßensystemen

Falls der Zustandsvektor einer direkten Messung nicht zug¨anglich ist, geschieht die R¨ uckf¨ uhrung des Zustandsvektors x(t) durch Verwendung eines Zustandsbeobachters. Es wird dann der gesch¨ atzte Zustandsvektor x ˆ zur¨ uckgef¨ uhrt. Die Voraussetzungen f¨ ur die Existenz der Vorfiltermatrix V bleiben unver¨andert. Beispiel 7.1 System 3. Ordnung: Gegeben sei das System 3. Ordnung von Beispiel 6.2 in Zustandsdarstellung zu ⎡

⎤ ⎡ ⎤ 0 1 2 2 1 x˙ = ⎣ −2 −3 0 ⎦ · x + ⎣ 0 2 ⎦ · u , −2 0 −1 1 3

 y=

 1 2 −1 ·x 2 −1 3

⎡ ⎤ 0 mit x(0) = ⎣ 0 ⎦ . 0

Die Minimierung eines quadratischen Integralkriteriums mit den Wichtungsmatrizen ⎡

⎤ 1 0 0 Q=⎣0 1 0⎦ 0 0 1

 und

R=

1 0 0 1



ergibt die R¨ uckf¨ uhrmatrix  K=

0,8738 0,0090 0,2176 0,4485 0,2483 0,6476

 .

Die Berechnung der Vorfiltermatrix V nach Gleichung 7.2 liefert folgendes Ergebnis:  V =

4,0531 −1,0406 −0,7796 0,7982

 .

Die Berechnung der des Systems mit Vorfilter f¨ ur den Eingangssprung  Sprungantwort  1 w(t) = w ˆ · σ(t) = · σ(t) ergibt f¨ ur die Ausgangsgr¨oßen y1 (t) und y2 (t) den in Abbil2 dung 7.3 gezeigten Verlauf. Die Ausgangsgr¨ oßen erreichen wie gew¨ unscht die Endwerte y1 (∞) = 1 und y2 (∞) = 2.  Beispiel 7.2 Hydraulik-Kaskade: Will man die F¨ uhrungsgr¨oßenaufschaltung auf das Beispiel 2.1 der Hydraulik-Kaskade anwenden, dann f¨ uhrt der bei dieser Anwendung auftretende Spezialfall beschr¨ ankter (positiver) Stellsignale zu Problemen. Es ist dann nicht m¨ oglich, die Ausgangsgr¨ oßen mittels Vorfilter auf die gew¨ unschten Sollwerte zu f¨ uhren, da hierf¨ ur negative Stellsignale erforderlich sind. K¨onnte man negative Stellsignale mittels einer Ansteuerung der Abfl¨ usse erzeugen, dann w¨ urde die Anwendung der Vorfiltermatrix V zum gew¨ unschten Ergebnis f¨ uhren. 

7.1 F¨ uhrungsgr¨ oßenaufschaltung

151

3.5 3 y1 ,y2 (t) 2.5

6

y2 (t)

2

1.5 1 y1 (t)

0.5 0

0

0.5

1

1.5

2

2.5

-

3

3.5

4

4.5

5

t/s

Abbildung 7.3: Verlauf der Ausgangsgr¨oßen y1 (t) und y2 (t) nach einem Sprungeingang

Parameterempfindlichkeit. Abschließend soll noch die Parameterempfindlichkeit der F¨ uhrungsgr¨ oßenaufschaltung von Beispiel 7.1 untersucht werden. Es wird angenommen, dass z. B. der wahre Wert des Elements A(2,2) = −3,1 und nicht wie bei der Ermittlung von K und V angenommen gleich −3 ist. Die Sprungantwort des Systems mit F¨ uhrungsgr¨ oßenaufschaltung liefert, wie bei einer Steuerung zu erwarten ist, nun eine Abweichung von y(∞) von gew¨ unschten Sollwert w, ˆ wie Abbildung 7.4 zeigt. 3.5 3 y1 ,y2 (t) 2.5

6

y2 (t)

2

1.5 1 y1 (t)

0.5 0

0

0.5

1

1.5

2

2.5

-

3

3.5

4

4.5

5

t/s

Abbildung 7.4: Verlauf der Ausgangsgr¨oßen y1 (t) und y2 (t) nach einem Sprungeingang f¨ ur eine ge¨anderte A-Matrix

Aufgabe 7.1 System 4. Ordnung: Gegeben ist das System von Aufgabe 3.1 mit den Systemmatrizen ⎡

−2 ⎢ 1 A=⎣ 2 1

−1 −4 −1 0

0 0 −1 −3

⎤ 3 1 ⎥ 0 ⎦ −2



2 ⎢0 B=⎣ 3 1

⎤ 1 −1 ⎥ 0 ⎦ 0

152

7 F¨ uhrungs- und St¨ orverhalten von Mehrgr¨ oßensystemen  C=

1 −1 2 0 0 2 1 −1

 .

1. Ermitteln Sie die R¨ uckf¨ uhrmatrix K f¨ ur das quadratische Integralkriterium mit Wichtungsmatrizen Q und R als Einheitsmatrizen. 2. Ermitteln Sie f¨ ur das r¨ uckgef¨ uhrte System die Vorfiltermatrix V . L¨ osung:  0,3949 1.) K = 0,2147  0,6440 2.) V = 1,1078

7.2

−0,2077 1,3781 −0,3598 −0,1426 0,0295 0,0847  1,2983 −1,5849





Integrale Ausgangsvektorru¨ckfu¨hrung

Grundlagen. Beim Entwurf eines dynamischen Mehrgr¨oßenreglers wird, wie in Abbildung 7.1 gezeigt, aus der Differenz zwischen Sollwert w und Istwert y die Regeldifferenz e(t) gebildet, e(t) = w(t) − y(t). Diese Regeldifferenz wird wie im Eingr¨oßenfall u ¨ber den dynamischen Mehrgr¨ oßenregler weiter verarbeitet. Bei der Ermittlung der Reglermatrizen der integralen Ausgangsvektorr¨ uckf¨ uhrung kann das Verfahren der linearen quadratischen Regelung verwendet werden. Bei dieser Methode wird ein quadratisches Integralkriterium von t = 0 bis t → ∞ minimiert (siehe Gleichung 5.5). F¨ ur t → ∞ streben dabei der Zustandsvektor x und der Steuervektor u gegen Null. Damit bleibt der Wert des G¨ utefunktionals J dann endlich. Soll nun jedoch zur Erzielung eines gew¨ unschten F¨ uhrungsverhaltens der Ausgangsvektor y gegen den von Null verschiedenen Sollwert w ˆ gehen, dann werden f¨ ur t → ∞ der Zustandsund Steuervektor im Allgemeinen endliche Werte annehmen, und somit wird der Wert des G¨ utefunktionals J gegen Unendlich gehen. Der Ansatz der linearen quadratischen Regelung ist nun so umzuformulieren, dass der Wert des G¨ utefunktionals endlich bleibt. Herleitung. Wenn f¨ ur einen konstanten Sollwert w ˆ der Ausgangsvektor y(∞) und damit auch x(∞) und u(∞) endliche, konstante Werte annehmen, dann heißt das aber auch, dass deren Ableitungen x(∞) ˙ und u(∞) ˙ Null sind. Somit sind die System- und Reglergleichungen so umzuformen, dass als Zustands- bzw. Stellgr¨oßen die Vektoren x(t) ˙ und u(t) ˙ auftreten [68]. Dann bleibt der Wert des G¨ utefunktionals J nach Gleichung 5.5 endlich. Ausgehend von den Systemgleichungen des Mehrgr¨oßensystems x˙ = A · x + B · u y = C·x

(7.3) (7.4)

7.2 Integrale Ausgangsvektorr¨ uckf¨ uhrung

153

gilt f¨ ur den Regelfehler e=w−y . F¨ ur die Ableitung der Zustands- und der Fehlergleichung gelten dann x ¨ = A · x˙ + B · u˙ e˙ = w˙ − y˙ ,

(7.5) (7.6)

bzw. f¨ ur w = w ˆ = const wird w˙ = 0 und Gleichung 7.6 geht u ¨ber in e˙ = −y˙ = −C · x˙ .

(7.7)

Die Zusammenfassung der Gleichungen 7.5 und 7.7 zu einer erweiterten Zustandsdarstellung ergibt         ¨ x A 0 x˙ B = · + · u˙ . (7.8) e˙ −C 0 e 0  Nach Einf¨ uhrung des neuen Zustandsvektors x ˜=

x˙ e

 und Steuervektors u ˜ = u˙ lauten

dann die modifizierten Zustandsgleichungen     A 0 B ˜·x ˜·u ˙x ˜ = ·x ˜+ ·u ˜=A ˜+B ˜. −C 0 0

(7.9)

Die Minimierung des G¨ utefunktionals ∞ xT Q˜ x+u ˜T R˜ u] dt J = [˜ 0

u ˜ f¨ ur die Systemgleichung 7.9, also ¨ ber u min J(˜ u) ⇒ u ˜∗ u ˜ liefert die optimale Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung in der Form   x˙ u ˜∗ = u˙ ∗ = −K ∗ · x ˜ = − [K x | K e ] · . e

(7.10)

Voraussetzung f¨ ur die Existenz dieser L¨ osung ist die Erf¨ ullung der Bedingungen des quadratischen Reglerproblems, also die vollst¨ andige Steuerbarkeit des Systems von Gleichung 7.9, die Semidefinitheit bzw. Definitheit der Matrizen Q und R und die vollst¨andi˜ Q1 ) mit Q1 gem¨aß der Beziehung Q = QT1 Q1 und ge Beobachtbarkeit des Paares (A,

154

7 F¨ uhrungs- und St¨ orverhalten von Mehrgr¨ oßensystemen

˜ als Dynamikmatrix nach Gleichung 7.9. Nach Weglassen des *“ (f¨ A ur Optimalit¨at) ” beim Vektor u˙ ∗ lautet Gleichung 7.10 u˙ = −K x · x˙ − K e · e .

(7.11)

Die Integration von Gleichung 7.11 liefert dann die endg¨ ultige R¨ uckf¨ uhrung zu  u = −K x · x − K e ·

e(τ )dτ

mit

e(0) = e0 .

(7.12)

¨ Uber die Matrix K x wird der Zustandsvektor x bzw. bei Nichtmessbarkeit der u ¨ber einen Zustandsbeobachter gesch¨ atzte Zustandsvektor x ˆ zur¨ uckgef¨ uhrt und u ¨ber die Matrix K e wird das Integral des Regelfehlers e = w − y zur¨ uckgef¨ uhrt. Es findet also eine proportionale R¨ uckf¨ uhrung des Zustandsvektors und eine integrale R¨ uckf¨ uhrung des Regelfehlers statt. Daher bezeichnet man diese Reglerstruktur auch als PI-Mehrgr¨oßenregler oder auch als integrale Ausgangsvektorr¨ uckf¨ uhrung. In Abb. 7.5 wird die Struktur dieser Regelung gezeigt.

w ˆ

e g –



e0 ...dt

Ke

Mehrgr¨oßen-Regelstrecke x0 u  x(t) ˙ x(t) g g ...dt B − – +

C

y(t)

A Kx

Abbildung 7.5: Mehrgr¨oßensystem mit integraler Ausgangsvektorr¨ uckf¨ uhrung Die Methode soll an einem Beispiel demonstriert werden.

Beispiel 7.3 System 3. Ordnung: Gegeben sei wieder das System 3. Ordnung von Beispiel 6.1 in Zustandsdarstellung zu ⎡

⎤ ⎡ ⎤ 0 1 2 2 1 x˙ = ⎣ −2 −3 0 ⎦ · x + ⎣ 0 2 ⎦ · u , −2 0 −1 1 3 ⎡ ⎤ 0 mit x(0) = ⎣ 0 ⎦ . 0

 y=

 1 2 −1 ·x 2 −1 3

7.2 Integrale Ausgangsvektorr¨ uckf¨ uhrung

155

Gesucht sind die R¨ uckf¨ uhrmatrizen K x und K e f¨ ur die Wichtungsmatrizen des erweiterten Systems ⎡

1 ⎢0 ⎢ Q=⎢0 ⎣0 0

0 1 0 0 0

0 0 1 0 0

0 0 0 20 0

⎤ 0 0⎥ ⎥ 0⎥ 0⎦ 5

 und

1 0 0 1

R=

 .

Hierbei enth¨ alt die Matrix Q die mit 1 gewichteten Quadrate der Zust¨ande x1 (t) bis x3 (t) sowie die Gewichtswerte 20 und 5 f¨ ur die Gewichtung der Quadrate der Fehler ˆ1 − y1 (t) bzw. e2 (t) = w ˆ2 − y2 (t). Die Gewichtungswerte f¨ ur die Quadrate der e1 (t) = w Stellsignale u ˜1 (t) und u ˜2 (t) sind 1. F¨ ur diese Gewichtsmatrizen resultieren die folgenden R¨ uckf¨ uhrmatrizen:     2,9546 3,4547 −2,3128 −4,4720 −0,0171 Kx = und K e = . 0,1628 −0,9351 2,6000 0,0343 −2,2360 Das Einschwingverhalten f¨ ur den Eingangssprung w(t) = w ˆ · σ(t) = nachfolgende Abb. 7.6.

  1 · σ(t) zeigt die 2 

2.5 y2 (t)

2 y1 ,y2 (t)

61.5 1 y1 (t)

0.5 0

0

0.5

1

1.5

2

2.5

-

3

3.5

4

4.5

5

t/s

Abbildung 7.6: Verlauf der Ausgangsgr¨oßen y1 (t) und y2 (t) nach einem Sprungeingang Beispiel 7.4 Hydraulik-Kaskade: Als weiteres Beispiel wird wieder die Hydraulik-Kaskade von Beispiel 2.1 untersucht. Die Dynamik- und Messgleichung der Hydraulik-Kaskade lauten entsprechend Beispiel 2.5 ⎤ ⎡ ⎤ ⎡ ⎤ h˙ 1 −0,125 0,125 0 h1 ⎣ h˙ 2 ⎦ = ⎣ 0,1 −0,2 0,1 ⎦ · ⎣ h2 ⎦ + h3 0 0,0833 −0,0833 h˙ 3 ⎡

156

7 F¨ uhrungs- und St¨ orverhalten von Mehrgr¨ oßensystemen ⎡

⎤ ⎡ ⎤     0,1250 0 0 0 Q QAb2 Zu1 ⎣ ⎦ ⎣ ⎦ 0 0 0 + · + −0,1 · QZu3 QAb3 0 0,0833 0 −0,0833 und 

y1 y2



 =

h1 h3



 =

⎡ ⎤  h 1 0 0 ⎣ 1⎦ · h2 . 0 0 1 h3

⎤     h1 QZu1 QAb2 ⎦ ⎣ der Stellvektor, z = Hierin sind x = h2 der Zustandsvektor, u = QZu3 QAb3 h3   h1 der St¨ orvektor und y = der Ausgangsvektor. h3 ⎡

Die Methode der integralen uckf¨ uhrung f¨ uhrt f¨ ur die Gewichtsmatrizen   Ausgangsvektorr¨ 20 0 Q = I 5 und R = zu den R¨ uckf¨ uhrmatrizen 0 1     1,3275 0,5271 0,0603 −0,2223 0,0243 Kx = und K e = . 0,8042 1,0316 4,3161 −0,1088 −0,9941 Der mit diesen R¨ uckf¨ uhrmatrizen generierte Einschwingverlauf f¨ ur die Systemstruktur unschten Sollwerten nach Abb. 7.5 f¨ uhrt die Ausgangsgr¨ oßen h1 (t) und h3 (t) zu den gew¨ h1w = 3 dm und h2w = 2 dm. Die auftretenden St¨orgr¨oßen sind die Abfl¨ usse Q2ab = 3 usse sorgen in diesem Fall indirekt f¨ ur die notwendigen hl/s und Q3ab = 2 hl/s. Die Abfl¨ “negativen“ Stellsignale. Den Zeitverlauf des Einschwingvorgangs zeigt Abb. 7.7. 3.5

h(t)

h1 (t)

3

2.5

h3 (t)

62 1.5 1 0.5 0

0

10

20

30

-

40

50

60

t/s

Abbildung 7.7: Sprungantwort der Hydraulik-Kaskade f¨ ur die Methode der integralen Ausgangsvektorr¨ uckf¨ uhrung Die F¨ ullst¨ ande erreichen nach ca. 30 bis 50 s die gew¨ unschten Endwerte von 2 bzw. 3 dm. Die Stellsignale nehmen f¨ ur diesen Verlauf nur positive Werte an. 

7.2 Integrale Ausgangsvektorr¨ uckf¨ uhrung

157

Parameterempfindlichkeit. Die Untersuchung der Parameterempfindlichkeit dieser Regelung soll wie in Beispiel 7.1 in gleicher Weise auch an Beispiel 7.3 untersucht werden. Es wird angenommen, dass der wahre Wert des Elements A(2,2) = −3,1 und nicht wie bei der Ermittlung von K x und K e angenommen gleich −3 ist. Die Sprungantwort des Systems mit integraler Ausgangsvektorr¨ uckf¨ uhrung zeigt in Abb. 7.8, dass nun keine Abweichung von y(∞) vom gew¨ unschten Sollwert w ˆ auftritt. Die Zeitverl¨aufe von y1 (t) und y2 (t) weichen auch w¨ ahrend des Einschwingvorgangs nur geringf¨ ugig vom ungest¨ orten“ Verlauf ab.  ” 2.5 y2 (t)

2 y1 ,y2 (t)

61.5 1 y1 (t)

0.5 0

0

0.5

1

1.5

2

2.5

-

3

3.5

4

4.5

5

t/s

Abbildung 7.8: Verlauf der Ausgangsgr¨oßen y1 (t) und y2 (t) im gest¨orten und ungest¨orten Fall nach einem Sprungeingang Ausgangsvektorr¨ uckf¨ uhrung und Zustandssch¨ atzung. Falls der Zustandsvektor nicht messbar ist, muss er unter Verwendung eines Zustandsbeobachters gesch¨atzt werden. Dies f¨ uhrt dann zu der in Abb. 7.9 gezeigten Struktur des Systems mit Zustandsbeobachter und integraler Ausgangsvektorr¨ uckf¨ uhrung. Aufgabe 7.2 System 4. Ordnung: Gegeben ist das System von Aufgabe 7.1 mit den Systemmatrizen ⎡

−2 ⎢ 1 A=⎣ 2 1  C=

−1 −4 −1 0

0 0 −1 −3

1 −1 2 0 0 2 1 −1

⎤ 3 1 ⎥ 0 ⎦ −2



2 ⎢0 B=⎣ 3 1

⎤ 1 −1 ⎥ 0 ⎦ 0

 .

ur das quadratische Integralkriterium Ermitteln Sie die R¨ uckf¨ uhrmatrizen K x und K e f¨ mit den Wichtungsmatrizen Q und R als Einheitsmatrizen mit Ausnahme der Werte von J(5,5) = 20 und J(6,6) = 5.

158

7 F¨ uhrungs- und St¨ orverhalten von Mehrgr¨ oßensystemen PI-Mehrgr¨ oßenregler

w ˆ

e(t)  g ...dt –

u(t) Mehrgr¨oßenRegelstrecke

– g –

Ke

y(t)

Kx x ˆ Zustandsbeobachter

Abbildung 7.9: Systemstruktur mit Beobachter und PI-Mehrgr¨oßenregler L¨ osung:



1,1330 −0,3812 2,2533 −0,1074 0,4278 −1,3784 0,0416 0,5337   −3,8338 −1,1513 2.) K e = −2,3026 1,9169



1.) K x =

7.3



Modellfolgeregler – Servo-Kompensator

Modellgleichungen. Ein Modellfolgeregler hat die Aufgabe, ein Mehrgr¨oßensystem in der Weise zu beeinflussen, dass das geregelte Mehrgr¨oßensystem in der Lage ist, den vorgegebenen Referenzsignalen zu folgen. Diese Referenzsignale sind die Ausgangssignale eines ungesteuerten Modells, dessen Ausgangssignale allein vom Anfangszustand des Modells abh¨ angen. Das Mehrgr¨ oßensystem soll praktisch so beeinflusst werden, dass es weitgehend das dynamische Verhalten des Modells annimmt [3]. Betrachtet man z. B. die folgenden Zustandsgleichungen eines Modells x˙ M = AM · xM w M = C M · xM

mit

xM (0) = xM,0

f¨ ur die folgenden Zahlenwerte der Matrizen: ⎡ ⎤   0 1 0 −1 0 1 ⎣ ⎦ AM = −1 −2 0 , C M = −2 0 2 0 0 0

und

(7.13) (7.14)

xM,0

⎡ ⎤ 1 = ⎣0⎦ , 1

(7.15)

so hat der Ausgang wM (t) dieses Modells den in Abb. 7.10 gezeigten Signalverlauf. Das Paar (AM , C M ) des Modells sei vollst¨ andig beobachtbar.

7.3 Modellfolgeregler – Servo-Kompensator

159

2 wM,i (t)

6

wM,2 (t)

1.5

1 wM,1 (t)

0.5

0

0

1

2

3

4

5

-

6

7

8

9

10

t/s

Abbildung 7.10: Verlauf der Ausgangsgr¨oßen wM,1 (t) und wM,2 (t) des Modells Weiterhin sei das Mehrgr¨ oßensystem gegeben zu x˙ = A · x + B · u y = C·x und f¨ ur den Regelfehler gilt e = wM − y . Regler/Servo-Kompensator. F¨ ur die L¨ osung dieses Modellfolgeproblems wird in [16], [17], [72] die in Abb. 7.11 gezeigte Reglerstruktur vorgeschlagen. Diese Struktur ist sehr ¨ ahnlich der Reglerstruktur bei integraler Ausgangsvektorr¨ uckf¨ uhrung. Der Integrator wird jedoch durch eine Dynamikgleichung ersetzt, deren Matrizen N und M zun¨ achst unbekannt sind. F¨ uhrungsmodell x˙ M = AM xM wM ge w M = C M xM –

Regelstrecke

Kompensator ζ˙ =N ζ +M e



–g u –

x˙ = Ax + Bu y = Cx

Kx

Abbildung 7.11: Struktur der Modellfolgeregelung

x

y(t)

160

7 F¨ uhrungs- und St¨ orverhalten von Mehrgr¨ oßensystemen

F¨ ur die in Abb. 7.11 dargestellte Systemstruktur (Dimensionen: x [n × 1]; y, u, wM und e [s × 1], Dim ζ abh¨ angig von der gew¨ unschten Signalform von wM ) gelten die folgenden Zustandsgleichungen: x˙ = A · x + B · u ζ˙ = N · ζ + M · e y = C·x e = wM − y = w M − C · x u = −K x · x − K ζ · ζ

(7.16) (7.17) (7.18) (7.19) (7.20)

Nach dem Einsetzen von Gleichung 7.19 in Gleichung 7.17 erh¨alt man dann das erweiterte Zustandsmodell 

x˙ ζ˙



 =

A 0 −M C N

       x B 0 · + ·u+ · wM ζ 0 M

(7.21)

Davison und Goldenberg [16] schlagen f¨ ur die Wahl von N und M vor N = Diag (N 1 . . . N s ) M = Diag (m1 . . . ms ) . mit Det (sI − N i ) = Det (sI − AM )

(i = 1, . . . , s) .

Die Matrizen N und M sind also Diagonalmatrizen in der folgenden Form: ⎡

⎤ N1 0 · · · 0 ⎢ 0 N2 · · · 0 ⎥ ⎢ ⎥ N =⎢ . .. .. ⎥ ⎣ .. . . ⎦ 0 0 · · · Ns



und

⎤ m1 0 · · · 0 ⎢ 0 m2 · · · 0 ⎥ ⎢ ⎥ M =⎢ . .. .. ⎥ . ⎣ .. . . ⎦ 0 0 · · · ms

Durch diese Wahl enth¨ alt der Kompensator f¨ ur s zu regelnde Ausgangsgr¨oßen yi (t) dann s-mal die Dynamikmatrix AM des Modells. W¨ahlt man die N i und mi in Regelungsnormalform, dann ist zugleich die erforderliche vollst¨andige Steuerbarkeit des Paares (N ,M ) gew¨ ahrleistet.

7.3 Modellfolgeregler – Servo-Kompensator

161

F¨ ur das in den Gleichungen 7.13 bis 7.15 vorgestellte F¨ uhrungsgr¨oßenmodell mit s = 2 lauten dann z. B. die Matrizen N und M wie folgt: ⎡

0 1 −1 −2 ⎢   ⎢ AM 0 ⎢ 0 0 N = =⎢ 0 AM ⎢ 0 0 ⎣ 0 0 0 0 ⎤ ⎡ 0 0 1 0⎥  ⎢  ⎥ ⎢ m1 0 ⎢1 0⎥ =⎢ M = ⎥ . 0 m1 ⎢0 0⎥ ⎣0 1⎦ 0 1

0 0 0 0 0 0

0 0 0 0 −1 0

0 0 0 1 −2 0

⎤ 0 0⎥ ⎥ 0⎥ ⎥ 0⎥ 0⎦ 0

(7.22)

(7.23)

Offen ist noch die Bestimmung der R¨ uckf¨ uhrmatrizen K x und K ζ . Diese Matrizen werden nach den Standardverfahren des quadratischen Reglerproblems bzw. der Polfestlegung f¨ ur Mehrgr¨ oßensysteme, angewendet auf Gleichung 7.21, bestimmt. Die Berechnung der R¨ uckf¨ uhrmatrizen und die Simulation des Modellfolgeverhaltens soll wieder an dem Beispiel 7.1 behandelt werden.

Beispiel 7.5 System 3. Ordnung: Gegeben sei das System 3. Ordnung von Beispiel 7.1 in Zustandsdarstellung

x˙ = A · x + B · u y = C·x

mit den Zahlenwerten ⎡

⎤ ⎡ ⎤ 0 1 2 2 1 x˙ = ⎣ −2 −3 0 ⎦ · x + ⎣ 0 2 ⎦ · u , −2 0 −1 1 3 ⎡ ⎤ 0 und x(0) = ⎣ 0 ⎦ . 0

 y=

 1 2 −1 ·x 2 −1 3

(7.24)

162

7 F¨ uhrungs- und St¨ orverhalten von Mehrgr¨ oßensystemen

˜ Mit den Zahlenwerten der Gleichungen 7.22 bis 7.24 werden zun¨achst die Matrizen A ˜ und B aufgebaut:     A 0 B ˜ ˜ A= und B= (7.25) −M C N 0 Damit k¨ onnen nun die R¨ uckf¨ uhrmatrizen K x und K ζ ermittelt werden. Nach einigen Versuchen ergibt die Minimierung eines quadratischen Integralkriteriums mit den Wichtungsmatrizen2 Q(4,4) bis Q(6,6) = 10 Q = 09 außer Q(7,7) bis Q(9,9) = 1 und3  R = I2 =

1 0 0 1



˜ und B ˜ die folgenden Werte der R¨ f¨ ur die obigen Systemmatrizen A uckf¨ uhrmatrizen K x und K ζ :  Kx =

1,8907 2,7147 −1,7908 0,4019 0,0986 1,1440



und  Kζ =

−0,3976 −0,3976 −3,0424 −0,0672 −0,0672 0,2727 −0,4147 −0,4147 −0,8624 −0,2335 −0,2335 −0,9621

 .

Mit N und M nach Gleichung 7.22 und 7.23 und das F¨ uhrungsmodell nach den Gleichungen 7.13 bis 7.15 ergibt sich das in Abb. 7.12 gezeigte Modellfolgeverhalten des nach Abb. 7.11 aufgebauten Gesamtsystems. Die Ausgangsgr¨oßen y(t) des Mehrgr¨ oßensystems folgen n¨aherungsweise dem vorgeschriebenen Verlauf der Modellgr¨ oßen w(t). Die Abweichungen sind durch den Einschwingvorgang bedingt. F¨ ur einen anderen Verlauf der Modellgr¨oßen zeigt Abb. 7.13, dass nach ca. 6 bis 8 s die Ausgangsgr¨ oßen auf die Modellgr¨oßen eingeschwungen sind. Der Modellfehler e(t) geht f¨ ur die obige Vorgehensweise somit f¨ ur t gegen Unendlich gegen Null.  Beispiel 7.6 Hydraulik-Kaskade: Als weiteres Beispiel wird wieder die Hydraulik-Kaskade von Beispiel 2.1 untersucht. Die Dynamik- und Messgleichung der Hydraulik-Kaskade lauten entsprechend Beispiel 2.5. 2 3

Mit 09 wird eine 9x9 Nullmatrix bezeichnet. Mit I 2 wird eine 2x2 Einheitsmatrix bezeichnet.

7.3 Modellfolgeregler – Servo-Kompensator 2

y2 (t) wM,2 (t)

wM ,y (t) 6

163

1.5

1 wM,1 (t) y1 (t)

0.5

0

0

1

2

3

4

5

-

6

7

8

9

10

t/s

Abbildung 7.12: Verlauf der Modellgr¨oßen wM,i und der Ausgangsgr¨oßen yi des Systems

4 y2 (t)

wM ,y (t) 6

3 wM,2 (t)

2

wM,1 (t)

1

0

y1 (t)

0

2

4

6

8

10

-

12

14

16

18

20

t/s

Abbildung 7.13: Verlauf der Modellgr¨oßen wM,i (fett) und der Ausgangsgr¨oßen yi des Systems f¨ ur schwach ged¨ampften Sollwertverlauf

Die Regelgr¨ oßen h1 (t) und h3 (t) sollen in ca. 100 s monoton gegen die Endwerte 3 bzw. 2 gehen. Dies wird erreicht durch Vorgabe folgender Modellmatrizen AM , C M und xM,0 : ⎡

AM

⎤   0 1 0 −3 0 3 = ⎣ −0,01 −0,2 0 ⎦ , C M = −2 0 2 0 0 0

und xM,0

⎡ ⎤ 1 = ⎣ 0 ⎦. 1

Die St¨ orgr¨ oßen sind wie in Beispiel 7.4 die Abfl¨ usse Q2ab = 3 hl/s und Q3ab = 2 hl/s. Die Matrix N wird nach Gleichung 7.22 mit der obigen Matrix AM aufgebaut und die ˜ und Matrix M wird von Gleichung 7.23 u ¨ bernommen. Mit den weiteren Matrizen A ˜ aufgebaut wie in Gleichung 7.25, und den Gewichtsmatrizen Q = 10 · I 9×9 und B,

164

7 F¨ uhrungs- und St¨ orverhalten von Mehrgr¨ oßensystemen

R = I 2×2 resultieren die folgenden R¨ uckf¨ uhrmatrizen:  Kx =  Kζ =

10,8301 1,0059 0,0995 0,0663 0,9945 13,7072

 und

−2,5446 −4,7969 −3,1623 −0,0037 −0,0198 −0,0053 0,0048 −0,0014 0,0053 −2,5265 −5,2929 −3,1623

 .

Mit diesen R¨ uckf¨ uhrmatrizen und der Systemstruktur gem¨aß Abb. 7.11 resultiert das in Abb. 7.14 gezeigte Modellfolgeverhalten der Regelgr¨oßen. 3

h1 (t)

2.5

w M ,h(t) 6

2

h3 (t)

1.5 1 0.5 0

0

10

20

30

40

50

-

60

70

80

90

100

t/s

Abbildung 7.14: Modellfolgeverhalten der Regelgr¨oßen h1 (t) und h3 (t) (nicht fett gezeichnet) und dem Sollwertverlauf (fett gezeichnet) Die Regelgr¨ oßen weichen nur geringf¨ ugig vom Sollwertverlauf ab. Die Stellgr¨oßen sind aufgrund der Beschr¨ ankung wie gefordert positiv.  Servo-Kompensator bei sprungf¨ ormigen Sollwerten. Die Modellfolgeregelung nach Davison kann auch auf sprungf¨ ormige F¨ uhrungsgr¨oßen, wie in Abschnitt 7.2 untersucht, angewendet werden. Das F¨ uhrungsgr¨oßenmodell 1. Ordnung lautet dann x˙ M = AM · xM = [ 0 ] · xM   1 w M = C M · xM = · xM . 2

mit

xM (0) = xM,0 = 1

(7.26) (7.27)

Die konstanten Sollwerte sind also wM,1 = 1 und wM,2 = 2. Die Matrizen N und M haben die Form 

   AM 0 0 0 = 0 0 0 AM     1 0 m1 0 . = M = 0 m1 0 1 N =

7.3 Modellfolgeregler – Servo-Kompensator

165

Die Berechnung der R¨ uckf¨ uhrmatrizen K x und K ζ mittels Minimierung eines quadratischen Integralkriteriums ergibt mit den Wichtungsmatrizen Q(4,4) = 10 Q = 05 außer Q(5,5) = 1 und

 R = I2 =

1 0 0 1



die folgenden Werte der R¨ uckf¨ uhrmatrizen K x und K ζ :   1,6391 2,4092 −1,6203 Kx = 0,2969 0,0752 1,0029 und

 Kζ =

−3,0153 0,3013 −0,9527 −0,9535

 .

Damit resultiert dann das in Abb. 7.15 gezeigte Einschwingverhalten des Systems auf die Sollwerte 1 und 2. Der Vergleich dieses Einschwingverlaufs mit Abb. 7.6 zeigt ein ahnliches Einschwingen der Ausgangsgr¨ oßen. ¨ 3.5 y2 (t)

3

y (t) 6

2.5 2 1.5 y1 (t)

1 0.5 0

0

0.5

1

1.5

2

2.5

-

3

3.5

4

4.5

5

t/s

Abbildung 7.15: Verlauf der Sprungantwort der Ausgangsgr¨oßen yi des Systems Modellfolgeregelung und Zustandssch¨ atzung. Im Fall der Nichtmessbarkeit der Zustandsgr¨ oßen muss f¨ ur die Ermittlung des Zustandsvektors ein Zustandsbeobachter eingesetzt werden. Dann resultiert als Struktur des Modellfolgereglers mit Beobachter die in Abb. 7.16 gezeigte Struktur. Aufgabe 7.3 System 4. Ordnung: Gegeben sind die Systemmatrizen von Aufgabe 7.2 f¨ ur ein System 4. Ordnung.

166

7 F¨ uhrungs- und St¨ orverhalten von Mehrgr¨ oßensystemen

Modellfolgeregler F¨ uhrungsmodell x˙ M = AM xM w M ge wM = C M xM –

Regelstrecke

Kompensator ζ˙ =N ζ +M e



–g u –

x˙ = Ax + Bu y(t) y = Cx

Kx x ˆ x ˆ˙ = Aˆ x + Bu + L(y − y ˆ) yˆ = C x ˆ Beobachter

Abbildung 7.16: Struktur des Modellfolgereglers mit Kompensator und Beobachter ur die konstanten Sollwerte 1. Berechnen Sie die R¨ uckf¨ uhrmatrizen K x und K ζ f¨ wm (1) = 1 und wm (2) = 2 und die Wichtungsmatrizen Q = I 6 außer Q(5,5) = 8 und Q(6,6) = 40 sowie R = I 2 . 2. Berechnen Sie die Eigenwerte des geschlossenen Regelkreises. 3. Erstellen Sie ein Simulationsprogramm in MATLAB zur Ermittlung des Einschwingverhaltens der Regelgr¨ oßen y1 (t) und y2 (t). 4. Stellen Sie das Einschwingverhalten von y(t) grafisch dar. L¨ osung: 

1,0311 0,9157 2,5760 −0,6595 1. K x = 0,2978 −2,0262 −0,4316 0,8146   −1,8733 −4,7386 Kζ = −2,1192 4,1888



2. λ = [−3,9459 ± 4,3484j; −0,7271; −4,6887; −4,9197; −2,2273] 3.

t=0:0.05:5; a=[-2 -1 0 3;1 -4 0 1;2 -1 -1 0;1 0 -3 -2]; b=[2 1;0 -1;3 0;1 0]; c=[1 -1 2 0;0 2 1 -1]; am=0; n=[am 0;0 am]; cm=[1;2]; m=eye(2); a0=[a zeros(4,2);-m*c n]; b0=[b;zeros(2)]; q=eye(6); r=eye(2); q(5,5)=8; q(6,6)=40; [k,s,e]=lqr(a0,b0,q,r);

7.4 St¨ orgr¨ oßenaufschaltung

167

sys1=ss(am,0,cm,[0;0]); [wm,t,xm]=initial(sys1,1,t) asim=a0-b0*k; bsim=[zeros(4,2);m]; lsim(asim,bsim,[c zeros(2)],zeros(2),wm,t); return; 4. 2

y (t) 6

y2 (t)

1.5

y1 (t)

1

0.5

0

0

0.5

1

1.5

2

2.5

3

-

3.5

4

4.5

5

t/s

Abbildung 7.17: Einschwingverlauf von y(t)



7.4

St¨orgr¨oßenaufschaltung

Modellierung konstanter St¨ orgr¨ oßen. Bei den bisher in diesem Kapitel untersuchten Reglerstrukturen wurde das Auftreten von St¨orgr¨oßen im Regelkreis nicht explizit ber¨ ucksichtigt. Dies soll nun in diesem Abschnitt nachgeholt werden. Man beschreibt die St¨ orgr¨ oßen z(t) u ¨ blicherweise durch ein dynamisches St¨orgr¨oßenmodell in Form der Zustandsdarstellung wie folgt v˙ = V · v z = Z·v .

mit

v(0) = v 0

gegeben,

(7.28) (7.29)

Mit dieser Beschreibung kann man sowohl konstante als auch zeitver¨anderliche St¨orungen modellieren. Diese St¨ orgr¨ oßen wirken u ¨ ber die Matrix E auf das Mehrgr¨oßensystem ein x˙ = A · x + B · u + E · z y = C·x .

(7.30) (7.31)

168

7 F¨ uhrungs- und St¨ orverhalten von Mehrgr¨ oßensystemen

St¨ orgr¨ oßenbeobachter. Da die St¨ orgr¨ oßen im Allgemeinen nicht messbar sind, werden sie u orgr¨ oßenbeobachter gesch¨atzt. Ein derartiger St¨orgr¨oßenbeobachter ¨ ber einen St¨ ist wie ein normaler Zustandsbeobachter aufgebaut. Da meist auch der Zustandsvektor nicht direkt gemessen werden kann, konstruiert man einen kombinierten Zustandsund St¨ orgr¨ oßenbeobachter. Bei dieser Konstruktion des Beobachters werden die Matrizen der St¨ orgr¨ oßen V , Z und die Matrix E als bekannt angenommen. Allein der Anfangszustand des Zustandsvektors v 0 ist unbekannt. Die Zustandsgleichungen des Systems (Gleichungen 7.30 und 7.31) und die Zustandsgleichungen der St¨ orgr¨ oßen (Gleichungen 7.28 und 7.29) werden mittels Zustandsvektorerweiterung zusammengefasst         x˙ A EZ x B = · + ·u . (7.32) v˙ 0 V v 0 Danach wird dann f¨ ur diese Darstellung der kombinierte Beobachter nach der Methode von Kapitel 6 konstruiert. Dies soll wieder an einem Beispiel demonstriert werden. Beispiel 7.7 System 3. Ordnung: Gegeben sei das System 3. Ordnung von Beispiel 7.1 in Zustandsdarstellung zu ⎡

⎤ ⎡ ⎤ ⎡ ⎤ 0 1 2 2 1 1 0 x˙ = ⎣ −2 −3 0 ⎦ · x + ⎣ 0 2 ⎦ · u + ⎣ 2 3 ⎦ · z −2 0 −1 1 3 0 2 ⎡ ⎤   0 1 2 −1 y = ·x und x(0) = ⎣ 0 ⎦ . 2 −1 3 0

Das St¨ orgr¨ oßenmodell lautet   0 0 v˙ = ·v 0 0  mit v(0) =

1 1,5

 und

z=

 0,2 0 ·v 0 0,3

(7.33)

 .

Es wirkt somit eine konstante St¨ orung z1 = 0,2 · v1 (0) = 0,2 und z2 = 0,3 · v2 (0) = 0,45 auf das System. Die Aufgabe des kombinierten Zustands- und St¨orgr¨oßenbeobachters besteht in der Ermittlung der Zust¨ ande x ˆ und v ˆ. Infolge der konstanten St¨orgr¨oßen schwingt das System auf den konstanten Endwert x(∞) = −A−1 · E · Z · v(0) = [0,5536 0,2143 − 0,2071]

T

ein.

7.4 St¨ orgr¨ oßenaufschaltung

169

Mit den obigen Systemparametern kann man mit den Methoden von Kapitel 5 f¨ ur uckf¨ uhrmatrix L des die Gewichtsmatrizen Q = I 5 und R = 0,1 ∗ I 2 die folgende R¨ Beobachters ermitteln: ⎡

1,5466 ⎢ 1,9474 ⎢ L = ⎢ −0,7279 ⎣ 2,7855 1,4970

⎤ 1,1393 0,6764 ⎥ ⎥ 3,5300 ⎥ . −1,4970 ⎦ 2,7855

Die Simulation der Zeitverl¨ aufe des Systems zeigt, dass nach ca. 6 bis 8 s die Sch¨atzwerte des Beobachters auf die Werte der Zustandsgr¨ oßen x(t) und die Zust¨ande der konstanten St¨ orung v(t) = v(0) eingeschwungen sind (Abb. 7.18).

2 v1 (t) v1 ,ˆ

1.5 x,v (t)

6

v2 (t) v2 ,ˆ

1 x1 ,ˆ x1 (t)

0.5 x2 ,ˆ x2 (t)

0 −0.5

x3 ,ˆ x3 (t)

0

1

2

3

-

4

5

6

t/s

Abbildung 7.18: Verlauf der wahren (fette Linien) und gesch¨atzten Zustandsgr¨oßen des Systems und der St¨orung; Anfangszust¨ande: x "i (0) = v"i (0) = 0,5

Sch¨ atzung zeitver¨ anderlicher St¨ orgr¨ oßen. Auch f¨ ur zeitver¨anderliche St¨orgr¨oßen kann der St¨ orgr¨ oßenbeobachter eingesetzt werden. Es sollen beispielhaft f¨ ur dasselbe Mehrgr¨ oßensystem wie in Beispiel 7.7 die Zust¨ande von sinusf¨ormig auf ein Mehrgr¨oßensystem einwirkenden St¨ orgr¨ oßen gesch¨ atzt werden. Hierzu ist zun¨achst das Modell sinusf¨ ormiger St¨ orgr¨ oßen zu entwickeln. Das folgende St¨orgr¨oßenmodell erzeugt zwei √ sinusf¨ ormige St¨ orgr¨ oßen mit den unterschiedlichen Frequenzen ω1 = 1 s−1 und ω2 = 2 s−1 . ⎡

0 ⎢ −1 v˙ = ⎣ 0 0

1 0 0 0

0 0 0 −2

⎤ 0 0⎥ ·v 1⎦ 0

 und

z=

 0 1 0 0 ·v 0 0 0 1

(7.34)

170

7 F¨ uhrungs- und St¨ orverhalten von Mehrgr¨ oßensystemen ⎡

⎤ −1 ⎢ 0 ⎥ mit v(0) = ⎣ . F¨ ur die Gewichtsmatrizen Q = I 7 und R = 0,1 · I 2 resultiert die −1 ⎦ 0 folgende R¨ uckf¨ uhrmatrix des Beobachters: ⎤ ⎡ 2,0519 0,5214 ⎢ 3,0605 2,1142 ⎥ ⎥ ⎢ ⎢ −0,4318 5,0019 ⎥ ⎥ ⎢ L = ⎢ −1,0926 0,0920 ⎥ . ⎢ 3,7946 −2,0973 ⎥ ⎥ ⎢ ⎣ −1,3114 −0,7478 ⎦ 2,1952 4,5413 Die anschließende Simulation zeigt, dass nach ca. 2 bis 3 s die Zust¨ande des Beobachters auf die wahren Werte der Systemzust¨ ande x1 (t) bis x3 (t) und die St¨orzust¨ande v1 (t) und v2 (t) eingeschwungen sind (Abb. 7.19). 3 2

x,v (t) 1 6

v1 (t) v1 ,ˆ v2 ,ˆ v2 (t)

0 x2 (t) x2 ,ˆ

−1 −2 −3

x3 ,ˆ x3 (t)

0

1

2

x1 ,ˆ x1 (t)

3

-

4

5

6

t/s

Abbildung 7.19: Verlauf der wahren (fette Linien) und gesch¨atzten Zustandsgr¨oßen des Systems und der St¨orung (Anfangszust¨ande x "i (0) = v"i (0) = 0,5) Zustandssch¨ atzung ohne St¨ orgr¨ oßenmodellierung und -sch¨ atzung. Wenn man keine Modellierung der auf das System einwirkenden St¨orgr¨oßen vornimmt, so konvergiert die Sch¨ atzung der Zustandsvariablen nicht. Der Sch¨atzfehler geht nicht gegen Null. Dies wird wieder an dem Beipiel 3. Ordnung gezeigt. Es wird nur ein Beobachter f¨ ur das System 3. Ordnung entworfen, die einwirkenden St¨ orgr¨ oßen werden nicht modelliert. F¨ ur die Systemdaten von Beispiel 7.7 und die Gewichtsmatrizen Q = I 3 und R = 0,1 · I 2 resultiert die Beobachtermatrix L zu: ⎡ ⎤ 1,4851 1,3314 L = ⎣ 1,5794 0,1805 ⎦ . −0,9166 3,0514 Das Zeitverhalten der wahren und der gesch¨ atzten Zustandsgr¨oßen zeigt Abb. 7.20.

7.4 St¨ orgr¨ oßenaufschaltung

171

3 2 b x,x 1 6

0 −1 −2 −3

0

1

2

3

4

5

-

6

7

8

9

10

t/s

Abbildung 7.20: Verlauf der wahren (fette Linien) und gesch¨atzten Zustandsgr¨oßen des Systems (Anfangszust¨ande x "i (0) = 0,5); Keine Konvergenz! St¨ orgr¨ oßenkompensation und Zustandsr¨ uckf¨ uhrung. Wirkt eine (konstante oder dynamische) St¨ orgr¨ oße auf das zu regelnde System, so kann man einen Kompensator so auslegen, dass er zugleich f¨ ur die Sollwertfolge und den St¨orungsausgleich sorgt. Dies soll zun¨ achst f¨ ur den Fall der direkten Messbarkeit der Zustandsgr¨oßen gezeigt werden. Die Struktur der Mehrgr¨ oßenregelung mit St¨ ormodell, F¨ uhrungsmodell und Kompensator zeigt Abb. 7.21. Das Problem beim Entwurf einer derartigen St¨orgr¨oßenkompensation liegt in der Ermittlung der Parameter des Kompensators. Nach Davison und Goldenberg [16] muss die Dynamikmatrix N des Kompensators wenigstens s-mal die gemeinsamen und s-mal die unterschiedlichen Eigenwerte der Matrizen V und Am enthalten mit s als Zahl der Ausgangsgr¨ oßen. Außerdem muss das Paar (N , M ) vollst¨andig steuerbar sein. St¨ ormodell F¨ uhrungsmodell x˙ M =AM xM w M =C M x M

wM

v˙ =V v z =Zv z

Kompensator e g –

ζ˙ =N ζ +M e



– gu –

Regelstrecke x˙ =Ax+Bu+Ez y =Cx

y(t)

x Kx

Abbildung 7.21: Systemstruktur mit St¨ormodell und Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung Der Entwurf dieser Mehrgr¨ oßenregelung soll an einem Beispiel demonstriert werden.

172

7 F¨ uhrungs- und St¨ orverhalten von Mehrgr¨ oßensystemen

Beispiel 7.8 System 3. Ordnung: Gegeben sei das System 3. Ordnung von Beispiel 6.2 in Zustandsdarstellung zu ⎡

⎤ ⎡ ⎤ ⎡ ⎤ 0 1 2 2 1 1 0 x˙ = ⎣ −2 −3 0 ⎦ · x + ⎣ 0 2 ⎦ · u + ⎣ 2 3 ⎦ · z −2 0 −1 1 3 0 2 ⎡ ⎤   0 1 2 −1 y = ·x und x(0) = ⎣ 0 ⎦ . 2 −1 3 0

Die Gleichungen des St¨ ormodells lauten f¨ ur zwei √ sinusf¨ormige St¨orgr¨oßen mit den unterschiedlichen Frequenzen ω1 = 1 s−1 und ω2 = 2 s−1 . ⎡

0 ⎢ −1 v˙ = ⎣ 0 0

1 0 0 0

0 0 0 −2 T

mit v(0) = [−1 0 − 1 0]

⎤ 0 0⎥ ·v =V ·v 1⎦ 0

 und z =

0 0

0,1 0

 0 0 ·v = Z ·v 0 0,1

.

Die Ausgangsgr¨oßen y sollen im eingeschwungenen Zustand die konstanten Sollwerte uhrungsgr¨oßenmodell dann wM,1 = 1 und wM,2 = 2 erreichen. Damit lautet das F¨ x˙ M = AM · xM = [ 0 ] · xM   1 w M = C M · xM = · xM . 2

mit

xM (0) = xM,0 = 1

(7.35) (7.36)

Mit diesen F¨ uhrungs- und St¨ ormodellen kann man die Dynamikmatrix des Kompensators wie folgt ansetzen4 : N = Diag(AM , AM , V , V ) . Die Eingangsmatrix M muss zum einen die Steuerbarkeit des Kompensators gew¨ahrleisten und zum anderen u ¨ber eine geeignete Gewichtung des Regelfehlers e(t) = wm (t) − y(t) die St¨ or- und F¨ uhrungsmodelle im Kompensator hinreichend anregen. Im betrachteten Beispiel erf¨ ullt nach einigen Versuchen die Matrix M mit folgenden Zahlenwerten  M = 1000 · 4

1 0 1 −2 2 6 −3 −4 4 9 0 2 0 −3 0 −5 0 3 0 −9

T

Unter der Bezeichung Diag(A1 , A2 , . . . , An ) wird eine Diagonalmatrix verstanden, die auf alt. der Hauptdiagonalen die Matrizen A1 bis An und sonst nur Nullen enth¨

7.4 St¨ orgr¨ oßenaufschaltung

173

die geforderten Bedingungen. Zur Ermittlung der R¨ uckf¨ uhrmatrizen K x und K ζ nach dem Verfahren des quadratischen Reglerproblems w¨ahlt man die Gewichtsmatrizen ⎧ ⎨ Q(4,4) = 200 Q(5,5) = 1000 Q = I 13 außer ⎩ Q(7,7) = 400 und R = I 2 sowie die Dynamik- und Eingangsmatrizen     A 0 ˜= ˜= B . A und B −M C N 0 Damit erh¨ alt man dann die R¨ uckf¨ uhrmatrizen K x und K ζ zu   1,0638 2,5942 −2,0635 K x = 1000 · −0,9083 −2,3142 1,8785 und Kζ = #

−14,1024 −2,3702 1,7145 16,0342 −1,3779 −0,7315 0,2106 0,8116 0,0609 −0,1171 1,0600 −31,5338 11,0984 4,2179 −0,0492 0,1198 −1,1124 −0,2439 1,7230 −0,0106

$ .

Mit den so berechneten Zahlenwerten resultiert der in Abb. 7.22 gezeigte Einschwingverlauf der Ausgangsgr¨ oßen auf die geforderten konstanten Sollwerte. Nach ca. 7 s sind die Ausgangsgr¨ oßen auf die Sollwerte eingeschwungen. Die nach 10 s einsetzenden sinusf¨ ormigen St¨ orungen werden durch den Kompensator nahezu vollkommen unterdr¨ uckt. 2.5 y2 (t)

2

y ,z (t) 1.5 6

y1 (t)

1 0.5

z1 ,z2 (t)

0 −0.5

0

5

10

15

-

20

25

30

t/s

Abbildung 7.22: Einschwingvorgang der Ausgangsgr¨oßen auf die Sollwerte und Verlauf der sinusf¨ormigen St¨orgr¨oßen mit St¨orgr¨oßensch¨atzung und -kompensation Ohne diese St¨ orgr¨ oßensch¨ atzung und -kompensation w¨ urden sich die sinusf¨ormigen St¨ orungen, wie Abb. 7.23 zeigt, speziell auf den Ausgang y1 (t) stark auswirken. Die

174

7 F¨ uhrungs- und St¨ orverhalten von Mehrgr¨ oßensystemen

2.5 y2 (t)

2

y ,z (t) 1.5 6

y1 (t)

1 0.5

z1 ,z2 (t)

0 −0.5

0

5

10

15

-

20

25

30

t/s

Abbildung 7.23: Einschwingvorgang der Ausgangsgr¨oßen auf die Sollwerte und Verlauf der sinusf¨ormigen St¨orgr¨oßen ohne St¨orgr¨oßensch¨atzung und -kompensation Auswirkung auf den Ausgang y2 (t) ist deutlich geringer. Der Einschwingvorgang auf die Sollwerte ist nach ca. 4 Sekunden abgeschlossen. Bei dieser Auslegung wurden die folgenden Matrizen gew¨ahlt:   1 0 N = Diag(AM , AM ) und M= 0 2 sowie Q = I5

außer

Q(4,4) = 200 Q(5,5) = 1000

und R = I 2 . Es resultierten dann die folgenden R¨ uckf¨ uhrmatrizen:   9,1716 8,1682 −2,8966 Kx = 1,1094 −9,5156 14,5995 und  Kζ =

−11,7510 −17,5947 7,8686 −26,2759

 . 

St¨ orgr¨ oßenkompensation und Zustandsbeobachter. Im Fall der Nichtmessbarkeit der Zustandsgr¨ oßen m¨ ussen Zustandsbeobachter zur Sch¨atzung des Zustandsvektors eingesetzt werden. Diese Zustandsbeobachter m¨ ussen sowohl die Sch¨atzung der Zust¨ ande der Regelstrecke als auch des St¨ ormodells durchf¨ uhren. Der gesch¨atze Zustand

7.4 St¨ orgr¨ oßenaufschaltung

175 St¨ ormodell

Modellfolgeregler F¨ uhrungsmodell wM x˙ =A x M

M

M

w M =C M x M

z

v˙ =V v z =Zv

Regelstrecke

Kompensator e g –

ζ˙ =N ζ +M e

Zustandsbeobachter

–g u



x˙ =Ax+Bu+Ez y =Cx

y(t)

– Kx

x ˆ

x ˆ˙ =Aˆ x+Bu+E zˆ+Lx (y −y ˆ) y ˆ=C x ˆ zˆ v ˆ˙ =V v ˆ+Lz (y −y ˆ) zˆ=Z v ˆ

yˆ y

St¨ orgr¨ oßenbeobachter

Abbildung 7.24: Modellfolgeregler mit Zustands- und St¨orgr¨oßenbeobachter und dynamischem Kompensator

des St¨ ormodells ist dann Eingangsgr¨ oße in den Beobachter f¨ ur die Zustandssch¨atzung der Regelstrecke. Abb. 7.24 zeigt die Struktur eines derartigen Mehrgr¨oßenreglers. Damit die Konvergenz der Beobachter hinreichend schnell ist, empfiehlt sich die Vorgabe eines Stabilit¨ atsgrades (siehe Abschnitt 5.2) wie beim quadratischen Reglerproblem. Zur Verdeutlichung der Vorgehensweise wird das Beispiel 7.8 nun mit Zustands- und St¨ orgr¨ oßenbeobachter untersucht.

Beispiel 7.9 System 3. Ordnung: Gegeben seien die Daten des Systems von Beispiel 7.8. Die dort berechneten R¨ uckf¨ uhrmatrizen K x und K ζ bleiben unver¨andert erhalten. Neu zu berechnen sind die R¨ uckf¨ uhrmatrizen Lz und Lx der beiden Beobachter. W¨ahlt man die jeweiligen Gewichtsmatrizen Q und R als Einheitsmatrizen, dann resultieren die nachfolgenden R¨ uckf¨ uhrmatrizen bei einem vorgeschriebenen Stabilit¨atsgrad des Beobachters von −1“. Dieser Stabilit¨ atsgrad gew¨ahrleistet, dass die Pole der Beobachter ”

176

7 F¨ uhrungs- und St¨ orverhalten von Mehrgr¨ oßensystemen

einen Realteil kleiner −1 aufweisen. Es lauten ⎡ ⎤ 3,2348 −1,1000 Lx = ⎣ 2,8724 3,7894 ⎦ −1,6088 7,7078 und ⎡

−49,0058 ⎢ 87,5307 Lz = ⎣ −14,0580 −4,7056

⎤ 70,2481 −91,0649 ⎥ . −18,5074 ⎦ 97,8465

F¨ ur diese Zahlenwerte resultiert dann das in Abb. 7.25 gezeigte Einschwingverhalten der Ausgangsgr¨oßen. 2.5 y2 (t)

2

y ,z (t) 1.5 6

y1 (t)

1 0.5

z1 ,z2 (t)

0 −0.5

0

5

10

15

-

20

25

30

t/s

Abbildung 7.25: Einschwingvorgang der Ausgangsgr¨oßen auf die Sollwerte und Verlauf der sinusf¨ormigen St¨orgr¨oßen Nur bei genauem Hinschauen sind geringe Unterschiede zwischen den Verl¨aufen von Abb. 7.22 und 7.25 festzustellen. Dieser Nachweis einer Mehrgr¨oßenregelung mit Zustands- und St¨ orgr¨ oßenbeobachter und dynamischem Kompensator zur Sollwertfolge und St¨ orungskompensation wird erreicht mit einem Mehrgr¨oßenregler von relativ hoher Ordnung. F¨ ur die Systemordnung n = 3 und ein St¨ormodell von der Ordnung vier ist bei zwei Ausgangsgr¨ oßen yi der gesamte Mehrgr¨oßenregler von der Ordnung 17. Die Beobachter haben die Ordnung drei bzw. vier, und der dynamische Kompensator hat die Ordnung 10.  Beispiel 7.10 Hydraulik-Kaskade: Als weiteres Beispiel wird wieder die HydraulikKaskade von Beispiel 2.1 untersucht. Die Dynamik- und Messgleichung der Hydraulik-Kaskade lauten entsprechend Beispiel 2.5. Die Regelgr¨ oßen h1 (t) und h3 (t) sollen in ca. 100 s monoton gegen die Endwerte 3 bzw. 2 gehen. Dies wird erreicht durch Vorgabe der Modellmatrizen AM , C M und xM,0 wie

7.4 St¨ orgr¨ oßenaufschaltung

177

in Beispiel 7.6 auf Seite 163. Daher ergeben sich dann auch die R¨ uckf¨ uhrmatrizen K x und K ζ wie in Beispiel 7.6. F¨ ur den Zustands- und St¨ orgr¨ oßenbeobachter lauten die Modellgleichungen 

x˙ v˙



 =

A EZ 0 V

         x x B · + · u und y = C 0 · . v 0 v

Die Matrizen A, B, C sind die bekannten Systemmatrizen der Hydraulik-Kaskade. Die Matrix des St¨ oreingangs lautet: ⎡

⎤ 0 0 ⎦ 0 E = ⎣ −0,1 0 −0,0833 und die Matrizen des St¨ ormodells f¨ ur die konstanten (unbekannten) St¨orgr¨oßen (Abfl¨ usse) Q2ab = 3 hl/s und Q3ab = 2 hl/s sind V = 02

und Z = I 2

mit dem willk¨ urlichen Anfangswert v1,0 = v2,0 = 0,5. Mit den Verfahren der Polfestlegung von Kapitel 4 und 6 werden dann die R¨ uckf¨ uhrmatrizen Lx und Lz der Beobachter entworfen. Um ein schnelles Einschwingen der Beobachter auf die Zust¨ ande zu gew¨ ahrleisten, werden die Pole auf die Positionen λ = [−1 − 1,1 − 1,2 − 1,3 − 1,4 ] verschoben. Dann resultieren die Zahlenwerte der R¨ uckf¨ uhrmatrizen zu ⎡

⎤ 2,9846 0,4368 Lx = ⎣ 23,8564 7,6782 ⎦ 0,4717 2,6070

 und

Lz =

−101,9799 −48,6567 11,4596 −17,1477

 .

F¨ ur die Systemstruktur nach Abb. 7.24 resultiert dann ein Einschwingverlauf der Regelgr¨ oßen h1 (t) und h3 (t) wie in Abb. 7.26 gezeigt. Dabei ist eingearbeitet, dass die Zustands- und St¨ orgr¨ oßenbeobachter nur positive Zufl¨ usse und Abfl¨ usse sch¨atzen k¨onnen. Die Abweichungen zwischen den Regelgr¨ oßen der Beispiele 7.6 und 7.10 sind sehr gering. Dies ist darauf zur¨ uckzuf¨ uhren, dass Zustands- und St¨orgr¨oßenbeobachter aufgrund der gew¨ ahlten Pollagen schnell einschwingen. Damit ist dann kaum ein Unterschied zwischen der R¨ uckf¨ uhrung des gesch¨ atzen und des (nicht verf¨ ugbaren) wahren Zustands festzustellen. 

178

7 F¨ uhrungs- und St¨ orverhalten von Mehrgr¨ oßensystemen

4

u1 (t)

3.5

h(t), u(t) 3

6

u2 (t)

2.5

h1 , ˆ h1

2

h3 , ˆ h3

1.5 1

h2 (t)

0.5 0

0

10

20

30

40

50

-

60

70

80

90

100

t/s

Abbildung 7.26: Modellfolgeverlauf der Regelgr¨oßen (h1 , h3 ) sowie der Verlauf der Stellsignale (u1 , u2 ) und des nicht messbaren Zustands (h2 ); Modellverl¨aufe nicht fett gezeichnet

Teil II

Digitale Regelung

8

Grundlagen digitaler Regelsysteme

Kontinuierliche Systeme. Bei der Untersuchung kontinuierlicher Regelsysteme wird davon ausgegangen, dass alle Signale im Regelkreis kontinuierliche Signale sind. Diese kontinuierlichen Signale k¨ onnen mit Mitteln der analogen Signalverarbeitung im Regelkreis verarbeitet werden. x(t) 6

t -

Abbildung 8.1: Kontinuierliches Signal

Die typischen Komponenten eines analogen Regelkreises zeigt die nachfolgende Abb. 8.2: St¨orgr¨oße z(t) w(t) - d - Regler – 6 xMess (t)

u(t) -Verst¨ arker

- Stellglied

? - Strecke

x(t) -

Messgeber

Abbildung 8.2: Analoger Regelkreis mit analogen Baugruppen

Der Regler in einem derartigen Regelkreis ist aus Operationsverst¨arkerschaltungen aufgebaut, die eine analoge Signalverarbeitung erm¨oglichen. Die Signale w(t), u(t) und xMess (t) sind meist Normsignale 0 . . . 10 V, 0 . . . 20 mA oder 4 . . . 20 mA. Die anderen Signale weisen prozessabh¨ angige Dimensionen wie z. B. Druck in bar, H¨ohe in m, usw. auf. In einem digitalen Regelkreis treten nun jedoch zus¨atzliche Baugruppen auf, die erforderlich sind, damit die Regelsignale als Zahlenwerte von einem Digitalrechner verarbeitet werden k¨ onnen.

182

8 Grundlagen digitaler Regelsysteme

8.1

Aufbau digitaler Regelkreise

Digitale Systeme. Ein Digitalrechner ist in der Lage, in einer endlichen Rechengeschwindigkeit in bin¨ arer Form vorliegende Zahlenwerte (Daten) zu verarbeiten. Damit er diese Art der Datenverarbeitung auch in einem Regelkreis durchf¨ uhren kann, m¨ ussen 1. die analogen Messwerte der Regelstrecke zu bestimmten Zeitpunkten (den Abtastzeitpunkten) ausgelesen, und in digitale Zahlenwerte gewandelt werden (Analog/Digital-Wandlung, A/D-Wandlung) und 2. nach Berechnung des Stellsignals zur Regelung der Regelstrecke wieder in analoge Stellsignale r¨ uckgewandelt werden (Digital/Analog-Wandlung, D/A-Wandlung). Zur Durchf¨ uhrung dieser Operationen sind die zus¨atzlichen Baugruppen Abtaster, Halteglied, A/D- und D/A-Wandler erforderlich. Die Grundstruktur eines derartigen Regelkreises zeigt die folgende Abbildung: Sollwert

- Digitalrechner

-D/A-

Wandler

Verst¨ arker,

- Stellglied und

6

- Sensor

Regelgr¨ oße

-

Regelstrecke Abtaster

A/D Wandler

Halte-  glied

t

t 

Abbildung 8.3: Grundstruktur eines digitalen Regelkreises Die Funktionsweise von Abtaster, Halteglied und Wandler mit ihren Auswirkungen wird nachfolgend beschrieben. Abtaster. Der Abtaster funktioniert wie ein schneller elektronischer Schalter, der aus einem analogen Signal x(t) zum Zeitpunkt des Abtastens (Abtastzeitpunkt kT ) den Signalwert x(kT ) ausliest. Der Wert k ist eine Laufvariable, k = 0, 1, 2, . . . Wird dieser Abtastvorgang in gleichen Zeitintervallen T wiederholt, so spricht man von synchroner Abtastung mit der Abtastzeit T . Die daraus abgeleitete Frequenz ωT bezeichnet man als Abtastfrequenz ωT = 2π · fT = 2π/T . Diese Abtastzeit T liegt je nach zu regelndem Prozess im Bereich von ca. 100 μs bis hin zu 100 und mehr Millisekunden. W¨ahrend des Abtastvorgangs ist der Schalter f¨ ur die Dauer eines kleinen Zeitintervalls, das mit h bezeichnet werden soll, geschlossen, wobei gilt h T . Abb. 8.4 verdeutlicht den Vorgang des Abtastens. Der Abtaster ist quasi ein Puls-Amplituden-Modulator mit dem Tr¨agersignal p(t). Dieses Tr¨ agersignal ist eine Impulskette der H¨ohe Eins und der Frequenz ωT (siehe Abb. 8.10). Das Ausgangssignal x∗p (t) kann man sich dann vorstellen, als ein PulsAmplituden-moduliertes Signal, welches mit dem Tr¨agersignal p(t) moduliert ist x∗p (t) = p(t) · x(t).

(8.1)

Bei idealer Abtastung geht die Impulsbreite h gegen Null und die Impulskette geht u ¨ber in eine Kette von Deltaimpulsen (Abb. 8.4d).

8.1 Aufbau digitaler Regelkreise

183

b)

a)

x(t)

- t

x(t) 6 x(t)

x∗p (t) -

t

t c)

x∗p (t) 6

d)

x∗p (t) 6 6 6 6

x(t)

6

6 h - T

6

t -

T

t -

Abbildung 8.4: Abtastung eines kontinuierlichen Signals; a) Symbol des Abtasters; b) kontinuierliches Signal x(t); c) Ausgangssignal des Abtasters bestehend aus einer Folge von Pulsen der Breite h; d) Ausgangssignal des Abtasters bei idealer Abtastung (h → 0)

Halteglied. In der Regel wird das abgetastete Signal in einem nachfolgend angeordneten Halteglied gespeichert. Die Speicherfunktion u ¨bernimmt in einer elektronischen Schaltung meist ein Kondensator. Damit ergibt sich dann stark vergr¨oßert der in Abb. 8.5 gezeigte Signalverlauf. x(t) 6

  T







 

LL B B 2T

3T

4T

t -

Abbildung 8.5: Einschwingvorgang beim Abtasten und Halten Die Zeitdauer vom Beginn des Abtastens bis zum Ende des Einschwingvorgangs liegt im Bereich von ca. 400 bis 500 ns (Nanosekunden), sie entspricht der Impulsbreite h des Abtastvorgangs. Danach beginnt der eigentliche Haltevorgang. Das Prinzipbild einer Operationsverst¨ arkerschaltung f¨ ur Abtasten und Halten zeigt Abb. 8.6. Nach Beendigung des Aufladevorgangs des Kondensators beginnt eine langsame Entladung. Die Zeitkonstante dieses Entladevorgangs ist jedoch groß im Vergleich zur Abtastzeit T , sodass sie vernachl¨ assigt werden kann.

184

8 Grundlagen digitaler Regelsysteme

c

ωT ?  

b

bb   

xe (t) ? c

b

bb   

c xa (t) ? c

Abbildung 8.6: Schaltung eines Abtasters mit Halteglied auf der Basis von Operationsverst¨arkern

Infolge des Abtast- und Haltevorgangs ergibt sich zwischen dem Eingangssignal x(t) in Abtaster und Halteglied und der Grundwelle x (t) der resultierenden Treppenfunktion, dem Ausgangssignal, eine Phasenverschiebung von einer halben Abtastzeit. Dies verdeutlicht Abb. 8.7.

x(t) 6

x

 -



x

T /2

T-

t -

Abbildung 8.7: Phasenverschiebung zwischen dem Eingangssignal x und der  Grundwelle x des abgetasteten und gehaltenen Signals

A/D- und D/A-Wandlung. Damit diese abgetasteten und gehaltenen Messwerte nun in einem nachfolgenden Mikroprozessor, Prozessrechner oder Digitalrechner digital weiterverarbeitet werden k¨ onnen, m¨ ussen sie in einem Analog/Digital-Wandler (A/DWandler) in eine Zahl mit einer endlichen Anzahl von Stellen (endliche Wortl¨ange) gewandelt werden. Bei dieser Wandlung tritt ein Quantisierungsfehler Δq/2 auf, hervorgerufen durch die endliche Wortl¨ ange des Wandlers. Dies verdeutlicht Abb. 8.8. Der Wandlungsprozess erfolgt je nach Verfahren und Aufl¨osung in Zeiten bis herab zu ca. 10 μs. Dieses quantisierte Signal wird nachfolgend im Prozessor verarbeitet. Die R¨ uckwandlung des vom Digitalrechner ausgegebenen Stellsignals (D/A-Wandlung) in eine analoge Spannung erfolgt in der Regel schneller. Zeiten bis in den Nanosekunden-Bereich sind erreichbar.

8.1 Aufbau digitaler Regelkreise xa digitales Signal

185 6 3 2 1

-

-1 -2 -3

 Δq/2

xe

analoges Signal

Abbildung 8.8: Quantisierungskennlinie

Digitalrechner. Die in digitaler Form vorliegenden Daten des Regelsystems werden in einem Digitalrechner zur Berechnung des Stellsignals verarbeitet. Diese Verarbeitung erfolgt in der Regel durch die Auswertung einer Rekursionsgleichung, die in der allgemeinen Form lautet: xa (kT ) = a1 xa ([k − 1]T ) + a2 xa ([k − 2]T ) + . . . + b0 xe (kT ) + b1 xe ([k − 1]T ) + . . . Die Daten werden innerhalb des Abtastintervalls multipliziert, addiert usw. um das auszugebende Stellsignal zu berechnen. Die Ermittlung dieser Rekursionsgleichung, der Reglergleichung, stellt die Hauptaufgabe der digitalen Regelung dar. Die Berechnung der Stellsignale mittels dieser Rekursionsgleichung ist das digitale Pendant zur Operationsverst¨ arkerschaltung zur Ermittlung des Stellsignals auf analogem Wege. Nachfolgend ein Beispiel zur Berechnung des Stellsignals.

Beispiel 8.1: Es soll f¨ ur die Zahlenfolge w(kT ) = {1; 1; 1; . . . } und ein willk¨ urlich angenommenes Signal der Regelgr¨ oße x(kT ) = {1; 0,8; 0,64; 0,512; . . . } die Zahlenfolge des Stellsignals u(kT ) mittels der Rekursionsgleichung u(kT ) = 0,5 u([k − 1]T ) − 0,3 xd ([k − 1]T ) f¨ ur k = 0; 1; 2; . . . mit xd (kT ) = w(kT ) − x(kT ). berechnet werden.

186

8 Grundlagen digitaler Regelsysteme

Die L¨ osung dieses Problems wird durch die Berechnung der Rekursionsgleichung zu jedem Abtastzeitpunkt kT ermittelt: u(0) u(T ) u(2T ) u(3T ) u(4T )

= = = = =

0 0,5 · u(0) − 0,3 · xd (0) = 0 0,5 · u(T ) − 0,3 · xd (T ) = 0,5 · 0 − 0,3 · 0,2 = −0,06 0,5 · u(2T ) − 0,3 · xd (2T ) = 0,5 · (−0,06) − 0,3 · 0,36 = −0,138 0,5 · u(3T ) − 0,3 · xd (3T ) = 0,5 · (−0,138) − 0,3 · 0,488 = −0,215

Ein Programm zur Berechnung der Rekursionsgleichung k¨onnte in einer fiktiven Makrosprache folgende Form zeigen: INITIAL: START:

END:

u(k-1) = 0 IN w(k-1); x(k-1) xd(k-1) = w(k-1) - x(k-1) u(k) = 0,5 * u(k-1) - 0,3 * xd(k-1) OUT u(k) u(k-1) = u(k) RETURN

Der Ansprung der Startadresse START erfolgt durch den Interrupt-Controller jeweils nach Ablauf der Abtastzeit T .  Fasst man die Komponenten des gesamten digitalen Regelkreises in einem Blockschaltbild zusammen, so hat die Struktur den in Abb. 8.9 gezeigten Aufbau. Durch diese Abbildung wird deutlich, dass die in einem digitalen Regelkreis zus¨atzlich erforderlichen Funktionsbausteine wie Abtaster, Halteglied und Wandler schon im Mikrocontroller integriert sind. Dieser Mikrocontroller enth¨alt nat¨ urlich auch den f¨ ur die eigentlichen Rechenoperationen erforderlichen Mikroprozessor. Bevor auf die regelungstechnische Behandlung der unterschiedlichen Signalformen dieses digitalen Regelkreises — kontinuierliche Signale, impulsf¨ ormige Signale und treppenf¨ormige Signale — eingegangen wird, sollen zun¨ achst die mathematische Beschreibung des Abtastvorgangs und seine Auswirkungen n¨ aher untersucht werden. Zur sprachlichen Unterscheidung von Systemen mit unterschiedlichen Signalformen werden h¨ aufig die folgenden Bezeichungen verwendet: Ein kontinuierliches System enth¨ alt nur kontinuierliche Signale (z. B. analoger Regelkreis). Ein (zeit)diskretes System enth¨alt nur zeitdiskrete Signale (z. B. Modell einer Volkswirtschaft). Ein Abtastsystem enth¨alt kontinuierliche und zeitdiskrete Signale (z. B. Sehvorgang des Auges). Ein digitales System enth¨ alt zeitdiskrete, amplitudenquantisierte Signale (z. B. digitaler Regelkreis).

8.2 Mathematische Beschreibung des Abtastvorgangs w(kT )

u(kT )

6 6 6 6 6 6 6 -kT   -

Regelalgorithmus:

w(kT )

-

187

xd (kT )=w(kT )−x(kT )

6 6 6 6 6 6 6kT 6     - Speicher - D/A- - HalteWandler

u(kT )=a0 ·u(kT −T )+...

u ¯(t)

y(t)

6

glied

6 -t

-t

? - Signal-

verst¨ arker

?

+b0 ·xd (kT )+...

Stellglied

 9 ?

Analoge Regelstrecke

Mikrocontroller

?

x(kT )

A/DWandler

   x(kT )  6 6 kT 6 6 6 6 6 6 -

 x(kT )

Messwertgeber

ωT ? s s



6 6 kT 6 6 6 6 6 6 -

-

x(t)

KA 6 A

-t

Abbildung 8.9: Digitaler Regelkreis mit Mikrocontroller

8.2

Mathematische Beschreibung des Abtastvorgangs

Beschreibung der Pulsfolge p(t) durch eine Fourier-Reihe und die Berechnung seines Frequenzspektrums. In Gleichung 8.1 wurde das Ausgangssignal des Abtasters als ein Puls-Amplituden-moduliertes Signal x∗p (t) berechnet, welches mit dem Tr¨ agersignal p(t) moduliert ist x∗p (t) = p(t) · x(t). Dieses Tr¨ agersignal p(t) ist eine Impulsfolge mit der H¨ohe Eins und der Frequenz ωT . Jeder Impuls weist die Breite h auf, so wie es bei der realen Abtastung der Fall ist. Die Pulsfolge p(t) wird beschrieben durch die Gleichung p(t) =

+∞ 

[σ(t − nT ) − σ(t − nT − h)]

n=−∞

mit σ(τ ) als Einheitssprungfunktion zum Zeitpunkt τ = 0 und h T .

(8.2)

188

8 Grundlagen digitaler Regelsysteme 1

- h −2T

−T

0

T

-t

2T

3T

Abbildung 8.10: Pulsfolge des Tr¨agersignals p(t) Da p(t) eine periodische Funktion mit der Periode T darstellt, kann sie durch eine Fourier-Reihe mit den Fourier-Koeffizienten cn beschrieben werden. +∞ 

p(t) =

cn · ejnωT t .

(8.3)

n=−∞

Die Ermittlung der Fourier-Koeffizienten cn geschieht nach [13] durch die folgende Gleichung: 1 cn = T

∞

p(t)e−jnωT t .

(8.4)

0

Die Auswertung dieses Integrals liefert cn =

h sin(nωT h/2) −jnωT h/2 1 − e−jnωT h = · ·e . jnωT t T nωT h/2

(8.5)

Das Frequenzspektrum von p(t) ist gem¨ aß Gleichung 8.3 dann die grafische Darstellung des Betrags der Fourier-Koeffizienten cn als Funktion von ω. Abb. 8.11 zeigt das Amplitudenspektrum von p(t).

h/T

6

6

6

−4ωT

−3ωT

6

−2π/h

6

−2ωT

|cn | 6 6

−ωT

0

6 ωT

2π/h

6

2ωT

6 3ωT

6 4ωT

6 ω

Abbildung 8.11: Amplitudenspektrum der Pulskette p(t) Das Frequenzspektrum der Pulskette ist somit ein Linienspektrum mit diskreten Frequenzen ω = n · ωT (dargestellt durch die Pfeile). Berechnung des Frequenzspektrums von x∗p (t) bei realer Abtastung. Mit der Berechnung von p(t) kann das abgetastete Signal x∗p (t) wie folgt dargestellt werden: x∗p (t) =

+∞  n=−∞

cn · x(t) · ejnωT t .

(8.6)

8.2 Mathematische Beschreibung des Abtastvorgangs

189

Um das Frequenzspektrum des abgetasteten Signals zu berechnen, wird vom Frequenzspektrum des Ausgangssignals x(t) ausgegangen. Das Frequenzspektrum von x(t) ist gegeben durch die Spektralfunktion Fx (jω) ∞ Fx (jω) =

x(t)e−jωt dt = F {x(t)} .

(8.7)

−∞

Fx (jω) ist die Fourier-Transformierte von x(t) und F ist der so genannte FourierOperator. Damit wird dann die Fourier-Transformierte des abgetasteten Signals unter Verwendung von Gleichung 8.6 und 8.7

F {x∗p (t)}

= Fx∗p (jω) =

+∞ +∞  

cn · x(t) · ejnωT t · e−jωt dt

−∞ n=−∞

=

+∞  n=−∞

cn ·

+∞  x(t) · ejnωT t · e−jωt dt.

(8.8)

−∞

Mit dem Verschiebungssatz der Fourier-Transformation F {x(t) · ejnωT t } = Fx (jω − jnωT ) resultiert dann eingesetzt in Gleichung 8.8 F {x∗p (t)} = Fx∗p (jω) =

+∞ 

cn · Fx (jω − jnωT )

n=−∞

=

+∞ 

cn · Fx (jω + jnωT ).

(8.9)

n=−∞

Somit ist das Frequenzspektrum des abgetasteten Signals gleich dem Frequenzspektrum des Ursprungssignals x(t) multipliziert mit dem korrespondierenden Fourier-Koeffizienten |cn |. Abb. 8.12 zeigt nun das Spektrum des Ausgangssignals und darunter das resultierende Spektrum des abgetasteten Signals. Das Spektrum des Ausgangssignals x(t) ist bandbegrenzt auf den Frequenzbereich −ωm < ω < +ωm . Das resultierende Spektrum des abgetasteten Signals enth¨alt ebenso das Spektrum des Ausgangssignals und zus¨ atzlich als Seitenspektren dieses Ausgangsspektrum bei den Mittenfrequenzen ω = n · ωT (mit n = ±1, ±2 . . .) jeweils multipliziert mit dem jeweiligen Fourier-Koeffizienten |cn | der Impulskette p(t). Das abgetastete Signal weist somit eine unendliche Anzahl von Seitenb¨andern auf. Da die Bandbreite

190

8 Grundlagen digitaler Regelsysteme

1

|Fx (jω)| 6

−ωT /2

ωT /2 −ωm

h/T

0

- ω ωm

|Fx∗p (jω)| 6

−2π/h −4ωT

−3ωT

−2ωT

2π/h −ωT

0

ωT

2ωT

3ωT

4ωT

ω

Abbildung 8.12: Frequenzspektrum des Ausgangssignals x(t) (oben) und des abgetasteten Signals x∗p (t) (unten)

des Ausgangssignals x(t) auf ±ωm begrenzt ist, k¨onnen die Seitenb¨ander nicht in das Basisfrequenzband ±ωT /2 hineinspiegeln. Eine eindeutige R¨ uckgewinnung des Originalsignals x(t) aus dem abgetasteten Signal w¨are sonst nicht mehr m¨oglich. Auf diesen Punkt wird auf der n¨ achsten Seite noch n¨ aher eingegangen. Das Spektrum des abgetasteten Signals wird f¨ ur den Fall ωT > 2 · ωm nicht durch die Seitenb¨ ander gest¨ ort und bleibt unverf¨ alscht. Man bezeichnet diese Forderung auch als Shannon’sches Abtasttheorem:

Die Abtastfrequenz ωT eines Systems muss mindestens doppelt so groß wie die h¨ochste im System vorkommende Frequenz ωm sein.

Das Frequenzspektrum von x∗p (t) bei idealer Abtastung. Bei idealer Abtastung (Impulsbreite h → 0) geht die Pulsfolge h(t) u ¨ber in eine Kette von Deltaimpulsen. Man kann nun zeigen [41], dass das Frequenzspektrum des abgetasteten Signals dann wiederum das Ausgangsspektrum und die Seitenb¨ander, nun aber in nicht abgeschw¨achter Form, enth¨ alt, wie in Abb. 8.13 dargestellt. Das Amplitudenmaximum der Seitenb¨ander ist so groß wie das Maximum des Grundspektrums. Die Problematik der Verf¨alschung des Spektrums des Nutzsignals bei zu großer Abtastfrequenz ωT ist jedoch unver¨andert vorhanden. Auf die Erf¨ ullung des Shannon’schen Abtasttheorems muss nach wie vor geachtet werden, wenn das Originalsignal durch die Abtastung nicht verf¨alscht werden soll.

8.2 Mathematische Beschreibung des Abtastvorgangs

191

|Fx (jω)| 6

1

a) −ωT /2

ωT /2 −ωm 1/T

b)

−2ωT

−ωT

0

- ω ωm

|Fx∗p (jω)| 6

0

ωT

2ωT

-

ω

Abbildung 8.13: Frequenzspektren vom Ausgangssignal x(t) (Abb. a) und dem Signal x∗p (t) nach dem idealen Abtaster (Abb. b). R¨ uckgewinnung des analogen Signals x(t) aus dem abgetasteten Signal x∗p (t). Betrachtet man das Frequenzspektrum des abgetasteten Signals, so erkennt man, dass die R¨ uckgewinnung des Originalsignals dadurch erreicht werden kann, dass man das abgetastete Signal durch ein Bandpassfilter1 mit der Bandbreite ±ωF schickt (wobei ωm < ωF < ωT /2). |Fx∗p (jω)| 6

a)

−2ωT

−ωT

0 ωm ωF ωT 1

b)

2ωT

-

ω

|F (jω)| 6 F ilt ωF

- ω

Abbildung 8.14: R¨ uckgewinnung des kontinuierlichen Signals aus dem abgetasteten Signal durch einen idealen Bandpass; Spektrum des abgetasteten Signals (Abb. a) und Spektrum des Bandpasses (Abb. b) 1

Betrachtet man nur positive Frequenzen, so liegt ein Tiefpassfilter mit der Grenzfrequenz ωF vor.

192

8 Grundlagen digitaler Regelsysteme

Aus dem Frequenzspektrum des abgetasteten Signals wird durch den idealen Bandpass dann genau der Frequenzbereich des Nutzsignals ausgeblendet, die Seitenb¨ander werden wegged¨ ampft. Voraussetzung f¨ ur eine derartige Betrachtung ist jedoch, dass das Nutzsignal auf den Frequenzbereich ωm < ωT /2 begrenzt ist. Anderfalls spiegeln das erste und gegebenenfalls auch h¨ ohere Seitenb¨ander in den Nutzfrequenzbereich ein und verf¨ alschen das Nutzsignal ( Aliasing Effekt“). Dies zeigt Abb. 8.15 mit einem Nutzsig” nal der Bandbreite ωm > ωT /2.

b

−2ωT

−ωT

a

|Fx∗p (jω)| 6

0 ωm ωT

2ωT

-

ω

Abbildung 8.15: Darstellung des Aliasing-Effekts“ bei einem Nutzsignal mit einer ” Bandbreite ωm > ωT /2 und einem idealen Bandpass, Filter a Bandbreite ωF < ωT /2 und Filter b Bandbreite ωF > ωT /2 Auch eine Vergr¨oßerung der Bandbreite des Bandpasses — Filter a mit der Bandbreite ωF < ωT /2 und Filter b mit der Bandbreite ωF > ωT /2 — erm¨oglicht keine fehlerfreie R¨ uckgewinnung des analogen Signals aus dem abgetasteten Signal. Das abgetastete Signal wird aufgrund der Einspiegelung der Seitenb¨ander verf¨alscht.

8.3

Standardform digitaler Regelkreise

Grundstruktur. Nach der Einf¨ uhrung des Aufbaus digitaler Regelkreise und einem Einblick in die mathematische Beschreibung des Abtastvorgangs soll nun die Standardform eines digitalen Regelkreises f¨ ur die weitere Untersuchung entwickelt werden. Der Regelkreis nach Abb. 8.9 zeigt detailliert die einzelnen Baugruppen und die unterschiedliche Natur der im Kreis auftretenden Signalformen. Entscheidend f¨ ur alle weiterf¨ uhrenden Untersuchungen sind jedoch nur die Signale zu den Abtastzeitpunkten. Einschwingverhalten, Stabilit¨ atsbetrachtungen, Reglerentwurf . . . werden auf die Signale zu den Abtastzeitpunkten abgestellt. Daher ist es ausreichend, die Abb. 8.9 dahingehend zu vereinfachen, dass nur noch die Baugruppen in der Beschreibung auftauchen, welche die Signale zu den Abtastzeitpunkten bestimmen. Randeffekte, wie z. B. die Fehlereinfl¨ usse bei der A/D-, D/A-Wandlung, sollen dabei außer Acht gelassen ¨ werden. Diese Uberlegungen f¨ uhren dann zu der folgenden Standardform eines digitalen Regelkreises (Abb. 8.16). Der physikalische Ausgang des Regelkreises ist nach wie vor die kontinuierliche Regelgr¨ oße x(t). F¨ ur die Auslegung spielen jedoch nur noch die Signale x(kT ), w(kT ) und u(kT ) eine Rolle. Die Beschreibung des Zusammenhangs zwischen den (zeit)diskreten

8.3 Standardform digitaler Regelkreise

193 x(t)

-

Strecke mit Halteglied und Abtaster w(kT )

u(kT )

Abtaster

- t

pt - i- Regler − 6

Abtaster

- Halteglied

Regelstrecke mit -Verst¨arker und Stellglied

- t

pt

x(kT )

-

Abbildung 8.16: Standardform eines digitalen Regelkreises ¨ Eingangsgr¨ oßen xe (kT ) und den (zeit)diskreten Ausgangsgr¨oßen xa (kT ) eines Ubertra¨ gungsblocks geschieht durch Differenzengleichungen. F¨ ur den Ubertragungsblock Regler mit der Eingangsgr¨ oße xd (kT ) = w(kT ) − x(kT ) und der Ausgangsgr¨oße u(kT ) wurde eine derartige Differenzengleichung schon in Abschnitt 8.1 angegeben. Auch f¨ ur die Beschreibung des Zusammenhangs zwischen dem Eingang in den Block Strecke mit Halteglied und Abtaster, d. h. u(kT ), und dem Ausgang x(kT ) kann eine derartige Differenzengleichung entwickelt werden (siehe Kapitel 10.2). Diese Differenzengleichungen beschreiben so wie im kontinuierlichen Fall die Differentialgleichungen vollst¨ andig das dynamische Verhalten zwischen der Eingangsgr¨oße und der Ausgangsgr¨ oße eines Systems. Allerdings gilt die Beschreibung durch die Differenzengleichungen nur zu den Abtastzeitpunkten. So wie sich f¨ ur das Rechnen mit Differentialgleichungen und Zeitfunktionen das Arbeiten mit der Laplace-Transformation als vorteilhaft erwiesen hat, so erleichtert die z-Transformation das Arbeiten mit Differenzengleichungen und Zahlenfolgen. Eine Einf¨ uhrung in die z-Transformation bringt das nachfolgende Kapitel.

9

Die z-Transformation

Beginnend mit der Definition der z-Transformation werden zun¨achst ihre Rechenregeln erarbeitet. Dann wird die inverse z-Transformation eingef¨ uhrt und es werden Anwendungen aufgezeigt.

9.1

Definition

z-Transformation. F¨ ur die gegebene Zahlenfolge f (kT ) = {f (0); f (T ); f (2T ) . . . . . .}

(9.1)

wird die z-Transformierte von f (kT ) wie folgt definiert:

F (z) = Z {f (kT )} =

∞ 

f (kT ) · z −k .

(9.2)

k=0

Das Symbol Z ist der Operator dieser Transformation. F¨ ur einen gen¨ ugend großen Wert von z |z| > r0

(9.3)

konvergiert die Transformation F (z), falls die Folge f (kT ) die folgende Ungleichung erf¨ ullt: |f (kT )| < K · r0k .

(9.4)

Dabei sind r0 und K positive Konstanten. Die in der Regelungstechnik vorkommenden Folgen wachsen nicht schneller als eine e-Funktion mit positivem Koeffizienten. Daher lassen sich immer Konstanten K und r0 finden, sodass die Transformation konvergiert. Es soll in mehreren Beispielen f¨ ur einige Zahlenfolgen f (kT ) die z-Transformierte F (z) berechnet werden. Als Beipiele werden gew¨ ahlt die Sprungfunktion, die Rampenfunktion und die Exponentialfunktion.

196

9 Die z-Transformation

Beispiel 9.1: f (kT ) 6 1

6 6 6 6 6 6

Gesucht ist die z-Transformierte der Sprungfunktion f (kT ) = {1; 1; 1; . . . . . .}. t -

T 2T 3T 4T L¨ osung: F (z) = Z{f (kT )} =

∞ 

1 · z −k = 1 + z −1 + z −2 + z −3 + z −4 + . . .

k=0

Dies ist eine geometrische Reihe, die in ihrer allgemeinen Form lautet: ∞ 

q i−1 = 1 + q 1 + q 2 + q 3 + . . . =

i=1

q∞ − 1 . q−1

Mit q = z −1 lautet dann die L¨ osung: F (z) =

1 z z −∞ − 1 = . = z −1 − 1 1 − z −1 z−1

Die Reihe konvergiert f¨ ur |z| > 1.



Beispiel 9.2: f (kT ) 6 1

Gesucht ist die z-Transformierte der abklingenden e-Funktion f¨ ur k = 0, 1, 2, . . . f (kT ) = e−akT

6 6

6 6 6 T 2T 3T 4T

t -

L¨ osung: F (z) =

∞  k=0

e−akT ·z −k =

∞   −aT −1 k e ·z = 1+e−aT z −1 +e−2aT ·z −2 +. . . k=0

9.1 Definition

197

Substituiert man q = e−aT · z −1 , so erkennt man wieder die geometrische Reihe. Das Ergebnis lautet: F (z) =

1 z −1 = = e−aT · z −1 − 1 1 − e−aT · z −1 z − e−aT

mit dem Konvergenzbereich |z| > e−aT .



Beispiel 9.3: f (kT ) 6

6

6

6 6 T 2T 3T 4T

Gesucht ist die z-Transformierte der Rampenfunktion f (kT ) = k· T f¨ ur k = 0, 1, 2, . . .

6 t -

L¨ osung: F (z) =

∞ 

kT · z −k = T · {z −1 + 2 · z −2 + 3 · z −3 + 4 · z −4 + . . .} .

k=0

Dann gilt f¨ ur z −1 · F (z) = T · {z −2 + 2 · z −3 + 3 · z −4 + . . .} und f¨ ur F (z) − F (z) · z −1 = T · {z −1 + z −2 + z −3 + . . .} = T · z −1 · {1 + z −1 + z −2 + z −3 + . . .} . Der Term in der geschweiften Klammer ist wieder die geometrische Reihe. Somit wird F (z) − F (z) · z −1 = T · z −1 ·

T z = . z−1 z−1

Aufgel¨ ost nach F (z) resultiert F (z) =

1 T ·z T = · . −1 1−z z−1 (z − 1)2

Die Reihe konvergiert f¨ ur |z| > 1.



198

9 Die z-Transformation

Beispiel 9.4: f (kT ) 6 1

Gesucht ist die z-Transformierte der Folge t   k 1 T 1 f (kT ) = = = a−k a a f¨ ur k = 0, 1, . . .

6 6 6 T

2T

6

6

3T

t 6 -

4T

L¨ osung: F (z) =

∞   1 k=0

a

k

·z

−k

∞   1 = a·z k=0

k

=1+

1 −1 1 · z + 2 · z −2 + . . . a a

Mit q = 1/(a · z) erkennt man wieder die geometrische Reihe, sodass die L¨osung folgt zu z −1 = . F (z) = 1/(a · z) − 1 z − 1/a Konvergenz ist gegeben f¨ ur |z| > 1/a.



In der Korrespondenztabelle auf der folgenden Seite sind die wichtigsten Korrespondenzen der Zeitfunktionen und zugeh¨ origen Laplace-Transformierten sowie der z-Transformierten zusammengestellt. Aufgabe 9.1: Berechnen Sie die z-Transformierten der folgenden Zahlenfolgen: 1. f (kT ) = (kT )2 2. f (kT ) = kT · e−akT 3. f (kT ) = (kT )2 · e−akT L¨ osung: 1. F (z) =

T 2 z · (z + 1) (z − 1)3

2. F (z) =

T z · e−aT (z − e−aT )2

3. F (z) =

T 2 z · e−aT (z + e−aT ) (z − e−aT )3



9.1 Definition

199

f (t) ≡ f (kT )

L-Transformierte

z-Transformierte F (z)

1

δ-Impuls δ(t)

1

1

2

Sprungfunktion σ(t)

3

t

4

t2

5

t3

6

tn

1 s 1 s2 2 s3 6 s4 n!

7

e−at

8

t · e−at

9

t2 · e−at

10

tn · e+at

11

1 − e−at

12

e−at − e−bt

z z−1 Tz (z − 1)2 T 2 z · (z + 1) (z − 1)3 3 T z · (z 2 + 4 z + 1) 4 (z − 1)

n z ∂ lim a→0 ∂an z − eaT z z − e−aT T · z · e−aT (z − e−aT )2 T 2 · z · e−aT · (z + e−aT ) (z − e−aT )3

z ∂n n ∂a z − eaT (1 − e−aT ) · z (z − 1) · (z − e−aT ) z · (e−aT − e−bT ) (z − e−aT ) · (z − e−bT )

13

1 − (1 + at)e−at

14

at − 1 + e−at

15

1+

be−at − ae−bt a−b

16

sin ω0 t

17

cos ω0 t

18

e−δt · sin ωe t

19

e−δt · cos ωe t

20

at/T = ak

sn+1 1 s+a 1 (s + a)2 2 (s + a)3 n! (s − a)n+1 a s · (s + a) b−a (s + a)(s + b) a2 s(s + a)2 a2 s2 (s + a) a·b s(s + a)(s + b) ω0 s2 + ω02 s 2 s + ω02 ωe (s + δ)2 + ωe2 s+δ (s + δ)2 + ωe2 1 s − (1/T ) ln a

z z−1



z z−e−aT



aT z·e−aT (z−e−aT )2

(aT −1+e−aT )z 2 +{1−e−aT (1+aT )}z (z−1)2 ·(z−e−aT ) z z−1

+

z a−b

,

b z−e−aT



a z−e−bT

-

z · sin ω0 T z 2 − 2z · cos ω0 T + 1 z · (z − cos ω0 T ) 2 z − 2z · cos ω0 T + 1 e−δT · z · sin ωe T 2 z − 2z · e−δT · cos ωe T + e−2δT z 2 − e−δT · z · cos ωe T 2 z − 2z · e−δT · cos ωe T + e−2δT z z−a

Tabelle 9.1: Korrespondenztabelle der Laplace- und der z-Transformation

200

9 Die z-Transformation

Aufgabe 9.2: Berechnen Sie einen geschlossenen Ausdruck f¨ ur die z-Transformierte des folgenden Signalverlaufs f (kT ): f (t) 16

×

×

×

2T

3T

4T

× ×

T

- t

L¨ osung: F (z) =

z+1 . 2z · (z − 1)



Aufgabe 9.3: Berechnen Sie einen geschlossenen Ausdruck f¨ ur die z-Transformierte der folgenden Dreiecksschwingung. 6 1×

× T

−1

2T

×

× 3T

×

t -

4T

×

L¨ osung: F (z) =

z . z+1



Aufgabe 9.4: Berechnen Sie einen geschlossenen Ausdruck f¨ ur die z-Transformierte der folgenden Dreiecksfunktion. f (t) 6 1

""bb " b " bb " T

2T

t -

3T

L¨ osung: F (z) =

(z + 1)2 . 2z 3



9.2 Rechenregeln der z-Transformation

201

9.2

Rechenregeln der z-Transformation

9.2.1

¨ Uberlagerungss ¨atze

¨ Definition. F¨ ur die z-Transformation gelten die beiden folgenden Uberlagerungss¨ atze. Folglich ist die z-Transformation eine lineare Transformation. Satz 9.1 F¨ ur eine beliebige Konstante a gilt: Z {a · f (kT )} = aZ {f (kT )} = a · F (z) .

(9.5)

Satz 9.2 F¨ ur eine Linearkombination von Zahlenfolgen gilt: Z {f1 (kT ) + f2 (kT )} = Z {f1 (kT )} + Z {f2 (kT )} = F1 (z) + F2 (z) . (9.6)

Beispiel 9.5: Gegeben sei die Zahlenfolge f (kT ) = c · e−akT . Dann lautet die z-Transformierte dieser Zahlenfolge . / . / Z c · e−akT = c · Z e−akT = c ·

z . z − e−aT



Beispiel 9.6: f (kT ) 6

  6   6 6 1 6 6

Gegeben sei die Zahlenfolge f (kT ) = f1 (kT ) + f2 (kT ) mit f1 (kT ) = 1 f¨ ur k = 0, 1, 2, . . . (Sprungfunktion) f¨ ur k = 0, 1, 2, . . . (Rampenfunktion). f2 (kT ) = kT -t

T 2T 3T 4T Dann lautet die z-Transformierte Z {f (kT )} = Z {f1 (kT ) + f2 (kT )} = Z {f1 (kT )} + Z {f2 (kT )} = =

z T ·z z · (z − 1) + T · z z · (z + [T − 1]) + = = . z − 1 (z − 1)2 (z − 1)2 (z − 1)2 

202

9 Die z-Transformation

¨ Ahnlichkeitssatz (D¨ampfungssatz)

9.2.2

¨ Definition. Der Ahnlichkeitsbzw. D¨ ampfungssatz beinhalten die gleiche Aussage, jedoch in unterschiedlicher Darstellung. ¨ Satz 9.3: Ahnlichkeitssatz Ist a eine beliebige Konstante, so gilt: . / Z a−k · f (kT ) = F (a · z) .

(9.7)

Satz 9.4: D¨ ampfungssatz Ist α eine beliebige Konstante, so gilt: . / Z e−αkT · f (kT ) = F (eαT · z) .

(9.8)

Beispiel 9.7: Gegeben seien die Sprungfunktion f1 (kT ) = 1 f¨ ur k = 0, 1, . . . und der t Term a− T = a−k f¨ ur k = 0, 1, . . .. Dann lautet die z-Transformierte / . Z a−k · f1 (kT ) = F1 (a · z) =

z (az) = . (az) − 1 z − (1/a) 

Beispiel 9.8: Gegeben seien die Sprungfunktion f1 (kT ) = 1 f¨ ur k = 0, 1, 2, . . . und der Term e−αkT f¨ ur k = 0, 1, 2, . . .. Dann lautet die z-Transformierte: . / Z e−αkT · f1 (kT ) = F1 (eαT · z) =

z (eαT z) = . −1 z − e−αT

(eαT z)

 Beispiel 9.9: Gesucht ist die z-Transformierte einer phasenverschobenen Sinusfunktion.

f (kT ) 6 - ϕ  6

66

66

6

6

6 ?

?

? ? ??

?

kT

Es sei f (t) = sin(ω0 t + ϕ) mit ϕ < 0.

9.2 Rechenregeln der z-Transformation Mit sin(ω0 t + ϕ) =

203

1 , j(ω0 t+ϕ) e − e−j(ω0 t+ϕ) folgt 2j 1 2j 1 = 2j 1 = 2j

Z {sin(ω0 t + ϕ)} =

=

 . / . / · Z ejω0 t · ejϕ − Z e−jω0 t · e−jϕ . .  / / · ejϕ · Z 1 · ejω0 t − e−jϕ · Z 1 · e−jω0 t   −jω0 T jω0 T jϕ ze −jϕ ze · e −e ze−jω0 T − 1 zejω0 T − 1

z z · ejϕ − e−j(ω0 T −ϕ) + ej(ω0 T −ϕ) − z · e−jϕ · , 2j z 2 − z · (ejω0 T + e−jω0 T ) + 1

und es resultiert: Z {sin(ω0 t + ϕ)} =

z 2 · sin ϕ + z · sin(ω0 T − ϕ) . z 2 − 2z cos ω0 T + 1 

9.2.3

Verschiebungssa¨tze

Definition. Die Verschiebungss¨ atze spezifizieren die z-Transformierten von zeitverschobenen Zahlenfolgen. Satz 9.5: Rechtsverschiebung Ist f1 (kT ) eine Zahlenfolge, dann lautet die z-Transformierte der um n Abtastschritte nach rechts verschobenen Zahlenfolge f2 (kT ) = " f1 (kT − nT )

f1 (kT ) 6

f2 (kT ) 6

hier n = 2

6

6

6 6 6

6 6 6 6

T 2T 3T 4T 5T

t -

6

6 6

t -

T 2T 3T 4T 5T

Z {f2 (kT )} = Z {f1 (kT − nT )} = z −n · Z {f1 (kT )} = z −n · F1 (z) . Auch diese Rechenregel soll an einem Beispiel veranschaulicht werden.

(9.9)

204

9 Die z-Transformation

Beispiel 9.10: f2 (kT ) 6 Rechtsverschiebung der Sprungfunktion f¨ ur k = 2, 3, . . . f2 (kT ) = 1

6 6 6 6 t T 2T 3T 4T 5T

Z {f2 (kT )} = z −2 · Z {f1 (kT )} = z −2 · F1 (z) = z −2 ·

1 z = . z−1 z · (z − 1)

Beispiel 9.11: f (kT ) 6

Rechtsverschiebung der Sinusfunktion Z {sin ω(kT − nT )} = z · sin ωT z −n · 2 z − 2z cos ωT + 1

66 66 6 6 6 6 ? kT ? - nT  ???

 Entsprechend zur Rechtsverschiebung ist die Linksverschiebung von Zahlenfolgen wie folgt definiert: Satz 9.6: Linksverschiebung Ist f1 (kT ) eine Zahlenfolge, dann lautet die z-Transformierte der um n Abtastschritte nach links verschobenen Zahlenfolge f1 (kT ) 6

6

6

6

6

6 6 6 6

hier n = 3

f2 (kT ) 6

6 6

-

6

6 6

6 6

t

T 2T 3T 4T 5T 6T

-

t

T 2T 3T 4T 5T 6T

wie folgt: 0 Z {f2 (kT )} = Z {f1 (kT + nT )} = z · n

F1 (z) −

n−1  ν=0

1 f1 (νT ) · z

−ν

.

(9.10)

9.2 Rechenregeln der z-Transformation

205

Beispiel 9.12: f2 (kT ) 6

  6 6   6   6   6 t 6 T 2T 3T 4T 5T

Linksverschiebung der Rampenfunktion f1 (kT ) = kT f¨ ur k = 0, 1, . . . um einen Abtastschritt (n = 1)

Z {f2 (kT )} = Z {f1 (kT − T )} = z · {F1 (z) − f1 (0)} =z·

T ·z (z − 1)2

F2 (z) =

=

T · z2 . (z − 1)2

T · z2 . (z − 1)2 

9.2.4

Faltungssatz

Definition. Der Faltungssatz wird bei der Bestimmung der Faltungssumme von zwei ¨ Zahlenfolgen ben¨ otigt. Seine Hauptanwendung findet er im Zusammenhang mit z-Ubertragungsfunktionen.

Satz 9.7: Faltungssatz Sind f1 (kT ) und f2 (kT ) zwei Zahlenfolgen, so bezeichnet man die folgende Summe k 

f1 (νT ) · f2 (kT − νT ) = f1 (kT ) ∗ f2 (kT )

(9.11)

ν=0

als Faltungssumme (f1 gefaltet mit f2 ) mit ∗ “ als Faltungsoperator. Die z” Transformierte der Faltungssumme ist gleich dem Produkt ihrer z-Transformierten: 0 Z

k 

1 f1 (νT ) · f2 (kT − νT )

= F1 (z) · F2 (z) .

ν=0

¨ Anwendungen werden in Abschnitt 10.1.3 u gezeigt. ¨ ber Ubertragungsfunktionen

(9.12)

206

9 Die z-Transformation

9.2.5

Grenzwerts¨atze

Definition. Sofern Anfangswert f (0) und Endwert f (∞) einer Zahlenfolge existieren, gelten die folgenden S¨ atze: Satz 9.8: Anfangswertsatz Es gilt f (0) = lim f (kT ) = lim F (z),

(9.13)

z→∞

k=0

sofern der Anfangswert existiert.

Satz 9.9: Endwertsatz Es gilt f (∞) = lim f (kT ) = lim (z − 1) · F (z), k→∞

z→1

(9.14)

sofern der Endwert existiert.

Beispiel 9.13: f (kT ) 6 1

Betrachtet werde die Zahlenfolge f (kT ) = e−akT f¨ ur k = 0, 1, 2, . . . z mit F (z) = z − e−aT

6 6

T

6

6

6

t -

2T 3T 4T

Anfangswert: f (0) = lim F (z) = lim z→∞

z→∞

z =1. z − e−aT

Endwert: z · (z − 1) =0. z→1 z − e−aT

f (∞) = lim (z − 1) · F (z) = lim z→1

Die berechneten und aus der Zeichnung ersichtlichen Grenzwerte stimmen, wie man leicht sieht, u ¨berein. 

9.3 Die inverse z-Transformation

207

Beispiel 9.14: f (kT ) 6 - ϕ  66 6 6

66

6 6 ? ? ???

? ?

kT

Gegeben sei die phasenverschobene Sinusfunktion f (t) = sin(ω0 t + ϕ) mit ϕ < 0 .

Anfangswert: z 2 · sin ϕ + z · sin(ω0 T + ϕ) = sin ϕ. z→∞ z 2 − 2z · cos ω0 T + 1

f (0) = lim F (z) = lim z→∞

Endwert:   (z − 1) · z 2 · sin ϕ + z · sin(ω0 T + ϕ) f (∞) = lim (z − 1) · F (z) = lim = 0. z→1 z→1 z 2 − 2z · cos ω0 T + 1 

Der Endwert existiert jedoch nicht!

9.3

Die inverse z-Transformation

Definition. Der Zeitfunktion f (t) ist im Bildbereich eindeutig eine Laplace-Transformierte F (s) zugeordnet und entsprechend gilt f¨ ur ihre R¨ ucktransformation, dass der Laplace-Transformierten F (s) im Zeitbereich eine Zeitfunktion f (t) eindeutig zugeordnet ist. F¨ ur die z-Transformation gilt eine entsprechende R¨ ucktransformation vom Bildbereich in den diskreten Zeitbereich (inverse z-Transformation): Z −1 {F (z)} = f (kT ).

(Operatorschreibweise)

(9.15)

Die inverse z-Transformation liefert f¨ ur F (z) wieder die Werte der Zahlenfolge f (kT ) f¨ ur k = 0, 1, . . .. Wie bei der Laplace-Transformation ist die inverse z-Transformation u ¨ ber ein komplexes Umlaufintegral definiert: f (kT ) =

1 2πj

2 F (z) · z k−1 dz.

(9.16)

Der Weg des Umlaufintegrals ist ein Kreis im Konvergenzgebiet von F (z). F¨ ur die Auswertung dieser inversen Transformation gibt es neben anderen die folgenden drei M¨ oglichkeiten.

208

9.3.1

9 Die z-Transformation

Ru ¨ cktransformation durch Polynomdivision

Methode. Hier wird die z-Transformierte F (z) durch Polynomdivision in eine konvergierende Potenzreihe nach z −i entwickelt. Unter Verwendung von Gleichung 9.2 wird: b0 + b1 z + b2 z 2 + . . . a0 + a1 z + a2 z 2 + . . . = (b0 + b1 z + b2 z 2 + . . .) ÷ (a0 + a1 z + a2 z 2 + . . .) ∞  = f (0) + f (T )z −1 + f (2T )z −2 + . . . = f (kT ) · z −k

F (z) =

(9.17)

k=0

Dividiert man das Z¨ ahlerpolynom von F (z) durch das Nennerpolynom nach den Regeln der Polynomdivision, so liefert diese Division die gew¨ unschte Potenzreihe. Die Vorfaktoren der Potenzen von z sind die gesuchten Werte der Zahlenfolge f (kT ). Beispiel 9.15: Gegeben sei die z-Transformierte F (z) =

8z . z 2 − 4z + 3

Dann liefert die Polynomdivision: 8 z : (z 2 − 4 z + 3) = 8z −1 + 32z −2 + 104z −3 + 320z −4 + . . . −8 z ∓ 32 ± 24 z −1 32 − 24 z −1 −32 ∓ 128 z −1 ± 96 z −2 104 z −1 − 96 z −2 −104 z −1 ∓ 416 z −2 ± 312 z −3 320 z −2 − 312 z −3 .. . Der Vergleich mit Gleichung 9.17 ergibt dann: f (0) = 0;

f (T ) = 8;

f (2T ) = 32; f (3T ) = 104;

f (4T ) = 320; 

Beispiel 9.16: Es sei F (z) =

z . z − e−aT

Dann liefert die Polynomdivision:

9.3 Die inverse z-Transformation

209

z : (z − e−aT ) = 1 + e−aT · z −1 + e−2aT z −2 + . . . − z ∓ e−a T e−aT −e−aT ∓ e−2aT z −1 e−2aT z −1 .. . Somit ist f (0) = 1 = e0·aT ; f (T ) = e−aT ; oder allgemein gilt f (kT ) = e−akT .

f (2T ) = e−2aT ; . . .



Aufgabe 9.5: Gegeben ist die folgende z-Transformierte F (z) =

z 2 − 14 z . z 2 − 12 z + 14

Berechnen Sie mittels Polynomdivision die ersten 7 Funktionswerte f (0) . . . f (6T ). L¨ osung: f (0) = 1; f (T ) = 1/4; f (2T ) = −1/8; f (5T ) = 1/64; f (6T ) = 1/64;

9.3.2

f (3T ) = −1/8;

f (4T ) = −1/32; 

Partialbruchzerlegung

Methode. Die zu transformierende z-Transformierte wird in Partialbr¨ uche zerlegt, und dann wird mittels der Korrespondenztabelle 9.1 die R¨ ucktransformation in den Zeitbereich durchgef¨ uhrt. Wichtig ist es hierbei darauf zu achten, dass die Partialbr¨ uche z die Form aufweisen. Die inverse z-Transformation von F (z), also f (kT ), erh¨alt z − zi man dann als Summe der r¨ ucktransformierten Partialbr¨ uche. Beispiel 9.17: Wie in Beispiel 9.15 sei gegeben: F (z) =

8z 8z = . z 2 − 4z + 3 (z − 3) · (z − 1)

Die Partialbruchzerlegung liefert: F (z) =

b·z z 2 · (a + b) + z · (−a − 3b) a·z + = . z−3 z−1 (z − 3) · (z − 1)

210

9 Die z-Transformation

Durch Koeffizientenvergleich erh¨ alt man die Werte f¨ ur a und b zu: 1 a + b = 0 ⇒ b = −a ⇒ 2a = 8 ⇒ a = 4 b = −4 . −a − 3b = 8 Damit gilt f¨ ur F (z) die Partialbruchzerlegung z z F (z) = 4 · −4· . z−3 z−1 Aus der Tabelle 9.1 folgt dann die R¨ ucktransformation zu: f (kT ) = 4 · 3k − 4 · 1k = 4 · (3k − 1), " 3t/T und t = k · T f¨ ur ganzzahlige k. mit 3k = Damit resultiert wiederum f (0) = 0; f (T ) = 8; f (2T ) = 32; f (3T ) = 104; f (4T ) = 320; . . .  Aufgabe 9.6: Gegeben ist die folgende z-Transformierte F (z) =

3z 2 − 1,6z . z 2 − z + 0,24

1. Berechnen Sie eine geschlossene L¨ osung f¨ ur die Zahlenfolge f (kT ). 2. Wie lauten Anfangs- und Endwert der Zahlenfolge? L¨ osung: 1. f (kT ) = 0,6k + 2 · 0,4k . 2. f (0) = 3

f (∞) = 0 

9.3.3

Auswertung des Umkehrintegrals (Residuensatz)

Methode. Die inverse z-Transformation ist u ¨ber das komplexe Umlaufintegral 2 1 f (kT ) = (9.18) F (z) · z k−1 dz 2πj bestimmt, wobei der Integrationsweg im Konvergenzgebiet von F (z) verl¨auft. Mithilfe der Funktionentheorie kann man die L¨ osung dieses Integrals auf die Bestimmung der Residuen Res {zi } zur¨ uckf¨ uhren: . /  f (kT ) = Res F (z) · z k−1 z=zi (9.19) i

9.3 Die inverse z-Transformation

211

Die Residuen werden an den Polstellen der Funktion F (z) wie folgt berechnet: (i) F (z) besitzt nur eine einfache Polstelle bei z = zi . Dann berechnet man das Residuum und somit f (kT ) wie folgt: . / f (kT ) = Res F (z) · z k−1 z=z = lim (z − zi ) · F (z) · z k−1 . (9.20) i

z→zi

Beispiel 9.18: Gegeben sei die z-Transformierte F (z) =

z . z−3

Es liegt ein einfacher Pol von F (z) bei z = z1 = 3 vor. Berechnung des Residuums: . / Res F (z) · z k−1 z=3 = lim (z − 3) · z→3

z · z k−1 = 3k . z−3

⇒ f (kT ) = 3k .



(ii) F (z) ist eine gebrochene rationale Funktion mit mehreren einfachen B(z) , mit B(z) und A(z) als Polynome in Polstellen bei z = zi . Ist F (z) · z k−1 = A(z) z, so berechnet man die Residuen an den Stellen z = zi und somit f (kT ) wie folgt:  B(z)   / .  Res F (z) · z k−1 z=zi = . (9.21) f (kT ) = dA(z)/dz z=zi i i Beispiel 9.19: Gegeben ist F (z) =

z wie in Beispiel 9.18. Dann gilt z−3

B(z) zk = , z−3 A(z)  dA(z)  und es wird f¨ ur z = z1 = 3 dann = 1 sowie B(z)|z=3 = 3k und somit wird dz z=3  B(z)  3k = 3k . =  dA(z)/dz z=z1 1 F (z) · z k−1 =

Damit wird . / f (kT ) = Res F (z) · z k−1 z=3 = 3k .



212

9 Die z-Transformation

Beispiel 9.20: Gegeben ist F (z) =

8z 8z = 2 . (z − 3) · (z − 1) z − 4z + 3

Dann gilt F (z) · z k−1 =

B(z) 8z · z k−1 = . − 4z + 3 A(z)

z2

und es wird 

A (z) =

dA(z) = 2z − 4. dz

Somit wird f¨ ur die Polstellen z1 = 3 und z2 = 1 dann  2  / . B(z)  k−1  f (kT ) = Res F (z) · z = z=zi A (z) z=zi i i=1   8z k  8z k  = + = 4 · 3k − 4 · 1k 2z − 4 z=3 2z − 4 z=1 

= 4 · (3k − 1)

 (iii) F (z) besitzt einen q-fachen Pol bei z = zi . Das Residuum an der q-fachen Polstelle lautet in diesem Fall: . / f (kT ) = Res F (z)z k−1 z=zi =

 1 dq−1  lim (z − zi )q F (z) · z k−1 . q−1 (q − 1)! z→zi dz (9.22)

Beispiel 9.21: Es ist F (z) =

z T ·z z 2 + z · (T − 1) + = 2 z − 1 (z − 1) (z − 1)2

¨ die Uberlagerung einer Sprungfunktion und einer Rampenfunktion.

9.4 z-Transformation bei der L¨ osung von Differenzengleichungen

213

Dann wird f¨ ur den doppelten Pol bei z = 1:   . / d z 2 + z(T − 1) k−1 f (kT ) = Res F (z)z k−1 z=1 = lim z (z − 1)2 z→1 dz (z − 1)2  d  k+1 = lim + z k (T − 1) z z→1 dz . / = lim (k + 1)z k + kz k−1 (T − 1) z→1

= (k + 1) + k(T − 1) = 1 + k · T.



Aufgabe 9.7: Gegeben ist die z-Transformierte F (z) =

z . (z − 0,5)2

Berechnen Sie die Zahlenfolge f (kT ). L¨ osung: 

f (kT ) = k/2k−1 .

9.4

Anwendung der z-Transformation bei der L¨osung von Differenzengleichungen

Methode. Analog zur Vorgehensweise bei den Differentialgleichungen l¨asst sich in gleicher Weise die Transformation in den Bildbereich (z-Bereich) zur L¨osung von Differenzengleichungen verwenden. Dies verdeutlicht Abb. 9.1. Zeitbereich:

? z-Transformation

Bildbereich:

L¨osung

Differenzengleichung

? Algebraische Gleichung

6 R¨ ucktransformation 6 -

L¨osung

Abbildung 9.1: Schema zur L¨osung von Differenzengleichungen Die Differenzengleichung wird in den z-Bereich transformiert, aufgel¨ost und die L¨osung in den Zeitbereich r¨ ucktransformiert.

214

9 Die z-Transformation

Beispiel 9.22 Homogene Differenzengleichung: Gegeben sei die homogene Differenzengleichung x(kT ) − 4x([k − 1]T ) + 3x([k − 2]T ) = 0 x([k + 2]T ) − 4x([k + 1]T ) + 3x(kT ) = 0.

bzw.

Die z-Transformation nach der Linksverschiebungsregel liefert: / . z 2 · X(z) − x(0) − x(T ) · z −1 − 4z · {X(z) − x(0)} + 3X(z) = 0. Aufgel¨ ost nach X(z) = Z{x(kT )} erh¨ alt man: X(z) =

z 2 · x(0) + z · [x(T ) − 4x(0)] . z 2 − 4z + 3

F¨ ur z. B. x(0) = 1 und x(T ) = 2 resultiert dann: X(z) =

z 2 − 2z 1 z 1 z = · + · . − 4z + 3 2 z−3 2 z−1

z2

R¨ ucktransformiert in den Zeitbereich lautet das Ergebnis: x(kT ) =

1 k 1 k 1 · 3 + · 1 = · (1 + 3k ). 2 2 2

Dies ist eine Zahlenfolge, die bei den angegebenen Anfangswerten beginnt und dann dem berechneten Bildungsgesetz gehorcht.  Beispiel 9.23 Inhomogene Differenzengleichung: Gegeben sei die inhomogene Differenzengleichung x([k + 2]T ) − 4x([k + 1]T ) + 3x(kT ) = 2k . Die Transformation in den z-Bereich mit den Anfangswerten x(0) = x(T ) = 0 liefert: z 2 · X(z) − 4z · X(z) + 3X(z) =

z . z−2

Aufgel¨ ost nach X(z) = Z{x(kT )} erh¨ alt man: z − 4z + 3) · (z − 2) z = (z − 3) · (z − 1) · (z − 2) 1 z 1 z z = · + · − . 2 z−3 2 z−1 z−2

X(z) =

(z 2

9.4 z-Transformation bei der L¨ osung von Differenzengleichungen

215

Die R¨ ucktransformation in den Zeitbereich ergibt dann das Ergebnis: 1 2 1 = 2 1 x(kT ) = 2

x(kT ) =

· 3k +

1 k · 1 − 2k 2

· (1 + 3k − 2 · 2k )   · 1 + 3k − 2k+1 . 

¨ Diskrete Ubertragungsfunktionen

10

In den vorangehenden Kapiteln wurden die wesentlichen Bestandteile eines digitalen Regelkreises vorgestellt und die z-Transformation f¨ ur das Rechnen mit Zahlenfolgen eingef¨ uhrt. Hierbei wurde die Analogie zur Laplace-Transformation an verschiedenen Stellen hervorgehoben. F¨ ur die weitere einfache Behandlung von digitalen Regelkreisen ¨ wird nun wie bei den kontinuierlichen Systemen der Begriff der Ubertragungsfunktion ¨ eingef¨ uhrt und die Rechenregeln f¨ ur Ubertragungsfunktionen werden erl¨autert.

10.1

¨ Die z-Ubertragungsfunktion

10.1.1

Definition

Grundlagen. Im vorangehenden Abschnitt 9.4 wurde die L¨osung einer inhomogenen Differenzengleichung mit einer definierten Anregung auf der rechten Seite untersucht. Treten auf der rechten Seite der Differenzengleichung die Werte einer Eingangsgr¨oße xe (kT ) zu verschiedenen Abtastzeitpunkten auf, so liegt die allgemeine Form einer inhomogenen Differenzengleichung eines Systems vor: an xa (kT − nT ) + . . . + a2 xa (kT − 2T ) + a1 xa (kT − T ) + a0 xa (kT ) = = b0 xe (kT ) + b1 xe (kT − T ) + . . . + bm xe (kT − mT ).

(10.1)

Diese Differenzengleichung ist nach [30] nur dann realisierbar, wenn die folgenden Bedingungen erf¨ ullt sind: • Falls b0 = 0 muss auch a0 = 0 sein. • Falls b0 = 0, a0 = 0 und b1 = 0, muss a1 = 0 sein, usw. Damit ist gew¨ ahrleistet, dass der Ausgangswert zum Zeitpunkt kT , also xa (kT ), nicht von zuk¨ unftigen Eingangswerten xe (kT + iT ) mit i > 0 abh¨angt. Ferner1 gilt m ≥ < n. ¨ Diese Bedingungen gelten auch f¨ ur die nachfolgend definierte z-Ubertragungsfunktion G(z). Die Transformation der Differenzengleichung 10.1 in den z-Bereich (mithilfe von Satz 9.5 Rechtsverschiebung“) ergibt mit Xi (z) = Z {xi (kT )} und i = a, e: ” 1

Das Zeichen


n) bzw. z n ¨ (f¨ ur n > m) ergibt sich die Darstellung der z-Ubertragungsfunktion mit positiven Exponenten von z wie folgt: G(z) =

β0 + β1 z + . . . + β m z m Xa (z) = . Xe (z) α0 + α1 z + . . . + αn z n

(10.4)

¨ Bei positiven Exponenten von z in der Ubertragungsfunktion muss jedoch gelten m ≤ n, damit das System realisierbar ist. ¨ Mithilfe dieser z-Ubertragungsfunktion G(z) kann bei gegebener z-transformierter Ein¨ gangsgr¨ oße Xe (z) die z-transformierte Ausgangsgr¨oße Xa (z) eines Ubertragungssystems berechnet werden zu Xa (z) = G(z) · Xe (z).

(10.5)

¨ Diese Gleichung kann wie bei der Ubertragungsfunktion Laplace-transformierter Gr¨oßen in die nachfolgende Blockdarstellung in einem Blockschaltbild u ¨bertragen werden.

Xe (z)

-

G(z)

Xa (z) -

¨ Abbildung 10.1: Ubertragungsverhalten in Blockdarstellung

¨ 10.1 Die z-Ubertragungsfunktion

219

Systeme mit und ohne Totzeit. F¨ ur die in der Regelungstechnik vorkommen¨ den Systeme ohne Totzeit ist der Z¨ ahlergrad der z-Ubertragungsfunktion gleich dem Nennergrad, d. h. es gilt in Gleichung 10.3 also m = n und somit wird G(z) =

b0 + b1 z −1 + . . . + bn z −n Xa (z) = . Xe (z) a0 + a1 z −1 + . . . + an z −n

(10.6)

Eine Totzeit von d Abtastschritten wird durch die Hinzuf¨ ugung eines Terms z −d erfasst. G(z) =

b0 + b1 z −1 + . . . + bn z −n Xa (z) = · z −d . Xe (z) a0 + a1 z −1 + . . . + an z −n

(10.7)

Falls der Koeffizient b0 = 0 (f¨ ur a0 = 0 und d = 0), so ist das System sprungf¨ahig, f¨ ur ein xe (kT ) = 0 wird auch das xa (kT ) = 0. Falls der Koeffizient b0 = 0 (f¨ ur a0 = 0) ist, so kann man in diesem Fall den Term ahlerpolynom herausziehen und der Totzeit hinzuf¨ ugen. Dann wird der z −1 aus dem Z¨ Z¨ ahlergrad kleiner als der Nennergrad, an der Totzeit von d Abtastschritten ¨andert sich jedoch nichts: G(z) =

b1 + b2 z −1 + . . . + bn−1 z −(n−1) −(d+1) Xa (z) = ·z . Xe (z) a0 + a1 z −1 + . . . + an z −n

Ist auch der Koeffizient b1 = 0, so kann man entsprechend verfahren. In den nachfolgen¨ den Abschnitten wird die je nach Bedarf erforderliche Form der z-Ubertragungsfunktion verwendet. ¨ Anwendung. Die Ermittlung der Ubertragungsfunktionen von Regler und Regelstrecke mit Abtaster und Halteglied ist eine der Hauptaufgaben der digitalen Regelung. Mit der ¨ Berechnung dieser diskreten Ubertragungsfunktionen besch¨aftigen sich die nachfolgen¨ den Abschnitte dieses Kapitels. Als Vorbereitung f¨ ur das Rechnen mit diesen Ubertragungsfunktionen dient das anschließend gerechnete Beispiel. Beispiel 10.1: ¨ Gegeben sei die z-Ubertragungsfunktion G(z) =

z 1 = . z−2 1 − 2z −1

ur einen Sprungeingang xe (kT ) = 1 f¨ ur alle Gesucht ist der Systemausgang xa (kT ) f¨ Werte von k. L¨ osung: 1. z-Transformation des Eingangssignals: Z {xe (kT )} = Xe (z) =

z . z−1

¨ 10 Diskrete Ubertragungsfunktionen

220

2. Berechnung des z-transformierten Ausgangssignals: Xa (z) = G(z) · Xe (z) = = 2·

z z2 z · = z−2 z−1 (z − 2) · (z − 1)

z z − z−2 z−1

3. R¨ ucktransformation von Xa (z) in den Zeitbereich: xa (kT ) = 2 · 2k − 1k = 2k+1 − 1 

10.1.2

Die Gewichtsfolge

Definition. W¨ahlt man als Eingangssignal xe (kT ) die Impulsfunktion δ(kT ), wobei δ(kT ) definiert ist zu 1 f¨ ur k = 0 (10.8) δ(kT ) = 0 f¨ ur k = 0, dann resultiert die z-Transformierte der Impulsfunktion zu Z {δ(kT )} =

∞ 

δ(kT ) · z −k = 1 · z 0 + 0 · z −1 + . . . = 1.

(10.9)

k=0

Die Reaktion xa (kT ) eines Regelkreisgliedes auf eine Impulsfunktion am Eingang nennt man die Impulsantwort. Die Anwendung von Gleichung 10.5 liefert f¨ ur die Impulsantwort Xa (z) = G(z) · Xe (z) = G(z) · Z {δ(kT )} = G(z) · 1 = G(z).

(10.10)

Hieraus folgt, dass die z-transformierte Impulsantwort eines diskreten Systems gleich ¨ der z-Ubertragungsfunktion ist. Die R¨ ucktransformation der Impulsantwort Xa (z) des Systems G(z) in den Zeitbereich nennt man die Gewichtsfolge g(kT ): g(kT ) = Z −1 {Xa (z)} = Z −1 {G(z)} G(z) = Z {g(kT )}

bzw.

Beispiel 10.2: ¨ Die z-Ubertragungsfunktion eines Systems laute G(z) = Dann ergibt sich die Gewichtsfolge g(kT ) zu: −1 −1 g(kT ) = Z {G(z)} = Z 2·

z z−3

(10.11)

2z . z−3

= 2 · 3k . 

¨ 10.2 Z-Ubertragungsfunktion der Regelstrecke

10.1.3

221

Anwendung des Faltungssatzes

Vorgehensweise. F¨ ur ein gegebenes Eingangssignal xe (kT ) in ein System, beschrieben durch die Gewichtsfolge g(kT ), kann man das diskrete Ausgangssignal xa (kT ) durch die Anwendung der Faltungssumme nach Gleichung 9.11 berechnen. Es gilt xa (kT ) =

k 

xe (νT ) · g(kT − νT ) = " xe (kT ) ∗ g(kT )

(10.12)

ν=0

mit dem Zeichen ∗ “ f¨ ur die Faltungsoperation. Diese Gleichung wird plausibel, wenn ” man sich die Eingangsfolge xe (νT ) in die folgende Summe zerlegt denkt: " xe (0) · δ(0) + xe (T ) · δ(T ) + xe (2T ) · δ(2T ) + . . . xe (νT ) =

(10.13)

Das Ausgangssignal xa (kT ) ergibt sich dann aus der Summe der Impulsantworten und f¨ uhrt zur Erkl¨ arung von Gleichung 10.12. Die z-Transformation von Gleichung 10.12 ergibt dann mit Anwendung des Faltungssatzes (von Abschnitt 9.2.4) Z {xa (kT )} = Z

k 

xe (νT ) · g(kT − νT )

(10.14)

ν=0

Xa (z) = G(z) · Xe (z) . ¨ Gleichung 10.14 stellt die eigentliche Definition der z-Ubertragungsfunktion dar.

¨ Z-Ubertragungsfunktion der Regelstrecke

10.2

¨ Methode der Berechnung. Nach der Definition der diskreten Ubertragungsfunktion ¨ sollen nun die Ubertragungsfunktionen von Regelstrecke und Regler entwickelt werden. Die zugrunde gelegte Standardform eines digitalen Regelkreises nach Abb. 10.2 zeigt, dass im Regelkreis die Regelstrecke einschließlich Verst¨arker und Stellglied zusammen mit dem vorgeschalteten Halteglied und dem nachgeschalteten Abtaster analysiert werden muss. x(t) w(kT )

Strecke mit Halteglied und Abtaster u(kT )

Abtaster

- t

pt - i- Regler − 6

u ¯ (t)

-Halteglied

Regelstrecke, - Verst¨arker und Stellglied

Abbildung 10.2: Standardform eines digitalen Regelkreises

Abtaster

- t

pt

x(kT )

-

¨ 10 Diskrete Ubertragungsfunktionen

222

Das Eingangssignal in die Strecke mit Halteglied und Abtaster“ ist die Impulsfol” ge u(kT ). Das wahre Eingangssignal in die physikalische Strecke ist jedoch das treppenf¨ ormige Signal u ¯(t) nach dem Halteglied (siehe Abb. 10.3). u(kT ) 6

u¯(t) 6 6

6

6

6

6

6 -t

-t

T 2T 3T 4T 5T

T 2T 3T 4T 5T

Abbildung 10.3: Streckeneingangssignale ¨ Man ben¨ otigt f¨ ur die Berechnungen im Regelkreis nun die z-Ubertragungsfunktion der ¨ ¨ Regelstrecke (Ubertragungsfunktion G(s)) mit vorgeschaltetem Halteglied (Ubertragungsfunktion H0 (s)) und nachgeschaltetem Abtaster (siehe Abb. 10.4). u(kT )

- H0 (s)

u ¯(t)

-

G(s)

x(t)

- t

t

x(kT ) -

Abbildung 10.4: Strecke mit Abtaster und Halteglied

10.2.1

Grundlegende Berechnungsmethode

¨ Berechnung der Ubertragungsfunktion H0 (s) des Haltegliedes. Zur Berech¨ nung der Ubertragungsfunktion der Strecke mit vorgeschaltetem Halteglied und nach¨ geschaltetem Abtaster ist also zun¨ achst die (Laplace-)Ubertragungsfunktion H0 (s) des ¨ Haltegliedes zu berechnen, da die Ubertragungsfunktion der Strecke G(s) als bekannt vorausgesetzt ist. Die Eingangssignale in das Halteglied sind Deltaimpulse zu den Abtastzeitpunkten. F¨ ur einen Eingangsimpuls δ(t) liefert das Halteglied 0-ter Ordnung einen Puls von der Breite der Abtastzeit T und der H¨ohe des Deltaimpulses. u(kT ) 6 6 0 T 2T

u¯(t) 6 t -

u(kT )

- H0 (s)

Abbildung 10.5: Signalfolge am Halteglied

u ¯(t) -

0 T

2T

t -

¨ 10.2 Z-Ubertragungsfunktion der Regelstrecke

223

Aus dieser Signalfolge am Halteglied kann man die Beschreibung des Haltegliedes ableiten. Aus dem Deltaimpuls zum Zeitpunkt T am Eingang wird am Ausgang ein Sprung mit positiver Sprungh¨ ohe zum Zeitpunkt T und mit negativer Sprungh¨ohe zum Zeitpunkt 2T . Da die Sprungfunktion das Integral eines Deltaimpulses darstellt, entspricht ¨ die Ubertragungsfunktion des Haltegliedes einer positiven Integration, gefolgt von einer zeitverz¨ ogerten negativen Integration: H0 (s) =

Xa (s) 1 − e−sT 1 1 = − · e−sT = . Xe (s) s s s

(10.15)

Die Zeitverz¨ ogerung um einen Abtastschritt T entspricht einem Totzeitglied mit der ¨ (Laplace-)Ubertragungsfunktion e−sT . Diese Zeitverschiebung von einer Abtastzeit entspricht aber bei der z-Transformation nach Satz 9.5 (Rechtsverschiebung) der Multiplikation mit z −1 ; d. h. es gilt also die folgende Beziehung zwischen der Laplace-Variablen s und der Variablen z der z-Transformation: e−sT = " z −1 z = " esT .

bzw. (10.16)

¨ ¨ Berechnung der Ubertragungsfunktion H0 G(z). Aus den Uberlegungen zur Ge¨ wichtsfolge ergibt sich nach Gleichung 10.11, dass die z-Ubertragungsfunktion eines linearen Regelkreisgliedes die z-Transformierte der Gewichtsfolge ist. Die Reihenschaltung von Halteglied H0 (s) und Strecke G(s) stellt ein lineares Regelkreisglied dar. Folglich ergibt sich zun¨ achst die Gewichtsfunktion dieser Reihenschaltung nach den Rechenregeln der Laplace-Transformation zu gH0 G (t) = L−1 {H0 (s) · G(s)} .

(10.17)

Die Gewichtsfolge dieser Reihenschaltung entspricht dann der Gewichtsfunktion zu den Abtastzeitpunkten und sie lautet:  gH0 G (kT ) = gH0 G (t)t=kT = L−1 {H0 (s) · G(s)}|t=kT .

(10.18)

¨ Die z-Transformierte dieser Gewichtsfolge ergibt schließlich die gesuchte z-Ubertragungsfunktion der Strecke mit vorgeschaltetem Halteglied und nachgeschaltetem Abtaster unter Verwendung der Gleichung: H0 G(z) = Z {gH0 G (kT )} .

(10.19)

Setzt man nun Gleichung 10.15 in Gleichung 10.18 ein, so resultiert f¨ ur die Gewichtsfolge: −1

gH0 G (kT ) = L

−1

{H0 (s)G(s)}|t=kT = L



 G(s) G(s) −sT  − e . (10.20)  s s t=kT

¨ 10 Diskrete Ubertragungsfunktionen

224

Da auch die inverse Laplace-Transformation eine lineare Operation darstellt, kann man Gleichung 10.20 in zwei getrennte Terme aufspalten



 G(s)  G(s) −sT  −1 −1 e −L . (10.21) gH0 G (kT ) = L   s s t=kT t=kT 1 ist der erste Term von Gleichung 10.21 die Eins heitssprungantwort h(t) der Strecke G(s) zu den Abtastzeitpunkten t = k·T , d. h. h(kT ):

 G(s)  −1 = h(kT ). (10.22) L  s t=kT Aufgrund der Beziehung H(s) = G(s)·

Der zweite Term von Gleichung 10.21 stellt die gleiche, aber um einen Abtastschritt verschobene Sprungantwort dar

 G(s) −sT  e = h(kT − T ). (10.23) L−1  s t=kT Beide Gleichungen 10.22 und 10.23 in Gleichung 10.21 eingesetzt liefern gH0 G (kT ) = h(kT ) − h(kT − T ). Wendet man hierauf den Z-Operator an und ber¨ ucksichtigt Gleichung 10.19 sowie die Rechtsverschiebung von h(kT − T ), so resultiert: Z {gH0 G (kT )} = H0 G(z) = (1 − z −1 )Z {h(kT )} . Setzt man f¨ ur h(kT ) wieder den Ausdruck aus Gleichung 10.22 ein, so erh¨alt man

 G(s)  z−1 −1 −1 Z L H0 G(z) = (1 − z ) · Z {h(kT )} = .  z s t=kT 1 0

  −1 f¨ uhrt man den Operator Z ein und erh¨alt ...  F¨ ur die Operation Z L  t=kT ¨ somit die gesuchte z-Ubertragungsfunktion der Regelstrecke mit vorgeschaltetem Halteglied und nachgeschaltetem Abtaster zu z−1 ·Z H0 G(z) = z



G(s) s

.

(10.24)

Damit kann man unter Benutzung von Tabelle 9.1 ausgehend von der Laplace-Transformierten von G(s)/s zun¨ achst in der linken Spalte die zugeh¨orige Gewichtsfolge2 2 

g (kT ) soll zu den Abtastzeitpunkten die Gewichtsfolge von G(s)/s kennzeichnen im Unterschied zu g(kT ) als Gewichtsfolge von G(s).

¨ 10.2 Z-Ubertragungsfunktion der Regelstrecke

225

-   g (kT ) = L berechnen und dann in der rechten Spalte die z-Transfor t=kT mierte ablesen. Da die Gewichtsfolge jedoch f¨ ur die weitere Berechnung nicht erforderlich ist (sie dient nur zum Verst¨ andnis der Transformation), kann man auch direkt f¨ ur z−1 liefert G(s)/s die z-Transformierte ablesen. Die abschließende Multiplikation mit z ¨ dann letztlich die gesuchte z-Ubertragungsfunktion H0 G(z) der Regelstrecke mit vorgeschaltetem Halteglied und nachgeschaltetem Abtaster. Die Anwendung soll an einem Beispiel gezeigt werden. 

−1

,

G(s) s

Beispiel 10.3: ¨ Gegeben sei die Ubertragungsfunktion der P T1 -Strecke G(s) = u(kT )

u ¯(t)

- H0 (s)

x(t)

a s+a

-

- t

a . s+a t

x(kT ) -

Abbildung 10.6: P T1 -Strecke mit Abtaster und Halteglied G(s) a = und die zugeh¨orige (aber nicht expliziert erforders s · (s + a) liche) Gewichtsfolge lautet

   G(s)  −1 g (t)|t=kT = g (kT ) = L = 1 − e−akT .   s Damit wird dann

t=kT



Die z-Transformierte von g (kT ) = 1 − e−akT ist laut Tabelle . / Z 1 − e−akT =

(1 − e−aT ) · z . (z − 1) · (z − e−aT )

¨ Dann resultiert die z-Ubertragungsfunktion z−1 H0 G(z) = Z z

0 −1

L



G(s) s

    

1 = t=kT

. / z−1 Z 1 − e−akT z

z−1 (1 − e−aT ) · z = · z (z − 1) · (z − e−aT ) 1 − e−aT = . z − e−aT 

¨ 10 Diskrete Ubertragungsfunktionen

226 Beispiel 10.4:

a·b ¨ ist die Ubertragungsfunktion einer P T2 -Strecke gegeben. (s + a) · (s + b) ¨ Gesucht ist die z-Ubertragungsfunktion der Strecke mit vorgeschaltetem Halteglied und nachgeschaltetem Abtaster. Diesmal soll ohne Zwischenschritte direkt mit der Korrespondenz in Tabelle 9.1 gearbeitet werden. Aus der Tabelle 9.1 (Korrespondenz 15) liest man die z-Transformierte von G(s)/s ab zu:

Mit G(s) =

Z

G(s) s

=

b·z a·z z + − . z − 1 (a − b)(z − e−aT ) (a − b)(z − e−bT )

Damit resultiert dann:

G(s) z−1 H0 G(z) = ·Z z s

z b·z a·z z−1 · + − = z z − 1 (a − b)(z − e−aT ) (a − b)(z − e−bT ) a · (z − 1) b · (z − 1) − = 1+ (a − b)(z − e−aT ) (a − b)(z − e−bT ) =

(a − b)(z − e−aT )(z − e−bT ) + (z − 1)[b(z − e−bT ) − a(z − e−aT )] (a − b) · (z − e−aT ) · (z − e−bT )

.. . =

a · (z − e−aT ) · (1 − e−bT ) − b · (z − e−bT ) · (1 − e−aT ) (a − b) · (z − e−aT ) · (z − e−bT )

(10.25)



10.2.2

Berechnung mittels Partialbruchzerlegung

¨ Vorgehensweise. Eine einfache Methode der Berechnung der z-Ubertragungsfunktion der Strecke geht u ur einfache Pole der ¨ber die Anwendung der Partialbruchzerlegung. F¨ Regelstrecke soll nachfolgend eine geschlossene L¨osung gezeigt werden. ¨ Es sei die Ubertragungsfunktion der Regelstrecke gegeben zu:

G(s) =

n  i=1

ci . s − si

(10.26)

¨ 10.2 Z-Ubertragungsfunktion der Regelstrecke

227

¨ Dann ergibt sich die z-Ubertragungsfunktion der Strecke mit Halteglied und Abtaster zu 0 n 1  ci z−1 1 H0 G(z) = Z · z s − si s i=1 0 n 1 z − 1  ci (1 − esi T ) · z H0 G(z) = · z −si (z − 1) · (z − esi T ) i=1 =

n  i=1



ci (1 − esi T ) . · si (z − esi T )

(10.27)

Bei mehrfachen Polen ist die Partialbruchzerlegung entsprechend vorzunehmen. Beispiel 10.5: Die Partialbruchzerlegung von G(s) aus Beispiel 10.4 ergibt G(s) =

a·b a·b a·b =− + (s + a) · (s + b) (a − b) · (s + a) (a − b) · (s + b)

Mithilfe von Gleichung 10.27 wird dann H0 G(z) = +

(1 − e−aT ) a·b (1 − e−bT ) a·b · − · (a − b) · (−a) (z − e−aT ) (a − b) · (−b) (z − e−bT )

.. . =

a · (z − e−aT ) · (1 − e−bT ) − b · (z − e−bT ) · (1 − e−aT ) . (a − b) · (z − e−aT ) · (z − e−bT ) 

¨ Aufgabe 10.1: Gegeben ist die Ubertragungsfunktion einer Regelstrecke zu F (s) =

5 + 13s . 6s2 + 5s + 1

¨ Berechnen Sie die z-Ubertragungsfunktion H0 G(z) der Regelstrecke mit vorgeschaltetem Halteglied und nachgeschaltetem Abtaster f¨ ur eine Abtastzeit von T = 0,1 s. L¨ osung: H0 G(z) =

0,2119z − 0,2039 . z 2 − 1,9184z + 0,92 

¨ 10 Diskrete Ubertragungsfunktionen

228

10.2.3

Berechnung mittels der Residuenmethode

Vorgehensweise. Unter Zuhilfenahme von S¨atzen der Funktionentheorie und des ¨ Faltungssatzes im Frequenzbereich kann man die z-Ubertragungsfunktion der Strecke herleiten zu 0 G(s) 1 n  z−1  s ·z  · H0 G(z) = Res , (10.28)  z z − esT  i=0 s=si

mit si als Pole von G(s)/s. Somit ist der Pol s0 = 0 ebenfalls enthalten. Die Auswertung der Residuen geschieht mithilfe der Funktionentheorie. Sind die Pole von G(s)/s einfache Pole, so vereinfacht sich die Berechnung von H0 G(z) mithilfe von Gleichung 9.21 zu  n   Z(s) z z−1   · · H0 G(z) = , (10.29) z (dN0 (s)/ds) z − esT s=si i=0 dabei gilt Z(s) Z(s) G(s) = = . s s · N (s) N0 (s)

Beispiel 10.6: ¨ Gegeben ist die Ubertragungsfunktion der P T2 -Strecke zu G(s) =

(10.30)

a·b . (s + a) · (s + b)

Dann sind Z(s) = a · b sowie N0 (s) = s · (s + a) · (s + b) und  dN0 (s) = N0 (s) = (s + a) · (s + b) + s · (2s + a + b). ds Weiterhin lauten die Pole s0 = 0; s1 = −a und s2 = −b.

Eingesetzt in Gleichung 10.29 resultiert: ab z a·b·z z−1 · · − + H0 G(z) = z ab z − 1 (−a)(a − b)(z − e−aT )

a·b·z + (−b)(a − b)(z − e−bT ) .. . a · (z − e−aT ) · (1 − e−bT ) − b · (z − e−bT ) · (1 − e−aT ) = (a − b) · (z − e−aT ) · (z − e−bT )



¨ 10.3 Z-Ubertragungsfunktion des Reglers

229

¨ Aufgabe 10.2: Gegeben ist die Ubertragungsfunktion einer IT1 -Regelstrecke F (s) =

1 . s · (1 + 0,5s)

¨ Berechnen Sie die z-Ubertragungsfunktion H0 G(z) der Regelstrecke mit vorgeschaltetem Halteglied und nachgeschaltetem Abtaster f¨ ur eine Abtastzeit T = 50 ms. L¨ osung: H0 G(z) =

0,2419z −1 + 0,2339z −2 . 100 · (1 − 1,9048z −1 + 0,9048z −2) 

10.3

¨ Z-Ubertragungsfunktion des Reglers

¨ Die Ermittlung der z-Ubertragungsfunktion des Reglers bzw. der zugeh¨origen im Rechner zu programmierenden Rekursionsgleichung stellt die eigentliche Hauptaufgabe der digitalen Regelung dar. Diese Aufgabenstellung wird in den Kapiteln 12 bis 14 ausf¨ uhr¨ lich behandelt. Um das Verst¨ andnis f¨ ur das Rechnen mit Ubertragungsfunktionen im geschlossenen Regelkreis (Abschnitt 10.4) und die Untersuchungen zu Stabilit¨at und Zeitverhalten (Kapitel 11) zu erh¨ ohen, soll an dieser Stelle jedoch schon eine M¨oglich¨ keit der Ermittlung der z-Ubertragungsfunktion des Reglers aufgezeigt werden.

10.3.1

¨ Das Halteglied-Aquivalent

¨ Berechnung. F¨ ur eine gegebene (Laplace-)Ubertragungsfunktion FR (s) des Reglers, die z. B. mit den Verfahren der klassischen Regelungstechnik entwickelt wird, werden ¨ in Kapitel 12.1 verschiedene Methoden zur Berechnung der z-Ubertragungsfunktion des ¨ Reglers D(z) vorgeschlagen. Eine der Methoden ist das Halteglied-Aquivalent, bei dem das bei der Strecke in Abschnitt 10.2 angewendete Verfahren u ¨ bernommen wird. Gedanklich wird dabei angenommen, dass der digitale Regler, beschrieben durch D(z), durch eine Reihenschaltung von Halteglied, analogem Regler FR (s) und Abtaster approximiert werden kann. Analog zu Gleichung 10.24 lautet dann die Transformationsbeziehung:

FR (s) z−1 Xa (z) = ·Z D(z) = . Xe (z) z s

(10.31)

Die Anwendung dieser Umformung soll am Beispiel eines PI-Reglers gezeigt werden. ¨ Beispiel 10.7: Die Ubertragungsfunktion eines PI-Reglers lautet: FR (s) =

KP · (1 + TN s) Xa (s) KP = = KP + . Xe (s) TN s TN s

¨ 10 Diskrete Ubertragungsfunktionen

230 Gesucht ist D(z) = Xa (z)/Xe (z). Die Anwendung von Gleichung 10.31 ergibt dann



z−1 z−1 1 KP 1 KP KP = D(z) = · ·Z + · Z KP · + z s T N s2 z s T N s2

z−1 KP z Tz = · KP · + · z z−1 TN (z − 1)2 KP · TN · (z − 1) + KP · T KP · T = KP + = TN · (z − 1) TN · (z − 1) KP · TN · z + KP · (T − TN ) = TN · z − TN KP · TN + KP · (T − TN ) · z −1 D(z) = . TN − TN · z −1

F¨ ur die Reglerparameter KP = 2, TN = 1,5 s und die Abtastzeit T = 0,1 s lautet dann ¨ die z-Ubertragungsfunktion des Reglers: D(z) =

Xa (z) 3 − 2,8z −1 2 − 1,8667z −1 = = . Xe (z) 1,5 − 1,5z −1 1 − z −1

(10.32)

¨ Diese z-Ubertragungsfunktion wird im Rechner als Differenzengleichung einprogrammiert. Zur Ermittlung dieser Differenzengleichung wird zun¨achst Gleichung 10.32 umgeformt auf die Gleichung Xa (z) · {1 − z −1 } = Xe (z) · {2 − 1,8667z −1} bzw. −1 −1 Xa (z) − z Xa (z) = 2Xe (z) − 1,8667z Xe (z).

Die Anwendung von Satz 9.5 u ¨ ber die Rechtsverschiebung (um einen Abtastschritt − 1“) ergibt dann f¨ ur die R¨ ucktransformation dieser Gleichung in den Zeitbereich: ” xa (kT ) − xa (kT −1T ) = 2xe (kT ) − 1,8667xe (kT −1T ). Damit lautet dann die endg¨ ultige Rekursionsgleichung des PI-Reglers, die als Reglerprogramm zu erstellen ist: xa (kT ) = xa (kT − T ) + 2xe (kT ) − 1,8667xe(kT − T ).

(10.33) 

¨ 10.4 Rechenregeln f¨ ur diskrete Ubertragungsfunktionen

10.4

231

¨ Rechenregeln fu¨r diskrete Ubertragungsfunktionen

¨ F¨ ur die Verschaltung von z-Ubertragungsfunktionen gelten dieselben Rechenregeln wie ¨ ¨ f¨ ur die (Laplace-)Ubertragungsfunktion. Dabei muss beim Rechnen mit z-Ubertragungsfunktionen jedoch beachtet werden, an welcher Stelle ein Abtaster vorhanden ist. Die ¨ ¨ Ubertragungsfunktionen der n¨ achsten Blockschaltbilder sollen entweder Ubertragungsfunktionen von Regelkreisgliedern mit und ohne Halteglied, beschrieben z. B. durch H0 (s) · Gi (s), sein, oder digital arbeitende Regler, beschrieben durch D(z), darstellen. Eingangsgr¨ oßen sind die Signale Xe (s) bzw. die Signale Xe (z). (i) Reihenschaltung 1: Xe (s)- t t Xe (z) - H0 (s)G1 (s)

- t t

- H0 (s)G2 (s)

(z) - t t Xa-

Abbildung 10.7: Reihenschaltung 1

G(z) =

Xa (z) = H0 G1 (z) · H0 G2 (z) Xe (z)

(10.34)

(ii) Reihenschaltung 2: Xe (s) - t

t

Xe (z) - H0 (s)G1 (s)

-

G2 (s)

- t

t

Xa (z) -

Abbildung 10.8: Reihenschaltung 2 Liegt nun jedoch zwischen den beiden Teilsystemen 1 und 2 der Reihenschaltung 1 ¨ kein Abtaster mit Halteglied, so ergibt sich eine andere z-Ubertragungsfunktion dieser Reihenschaltung 2:

G(z) =

Xa (z) = H0 G1 G2 (z) Xe (z)

(10.35)

Der Einfluss des zus¨ atzlichen Abtasters und Halteglieds zwischen den beiden Regelkreisgliedern soll am Beispiel zweier PT1 -Strecken verdeutlicht werden.

¨ 10 Diskrete Ubertragungsfunktionen

232 Beispiel 10.8:

¨ Die Ubertragungsfunktionen zweier PT1 -Glieder lauten: G1 (s) =

2 s+2

und

G2 (s) =

3 . s+3

F¨ ur die Reihenschaltung 1 resultiert dann H0 G1 (z) =

1 − e−2T z − e−2T

und

H0 G2 (z) =

1 − e−3T , z − e−3T

und somit berechnet man Ga (z) = H0 G1 (z) · H0 G2 (z) =

(1 − e−2T ) · (1 − e−3T ) . (z − e−2T ) · (z − e−3T )

Aber es wird im Unterschied dazu f¨ ur die Reihenschaltung 2 G1 (s) · G2 (s) =

6 . (s + 2) · (s + 3)

Daraus folgt dann unter Verwendung von Gleichung 10.25 Gb (z) = H0 G1 G2 (z) =

3 · (z − e−3T ) · (1 − e−2T ) − 2 · (z − e−2T ) · (1 − e−3T ) (z − e−2T ) · (z − e−3T )

¨ Die resultierenden z-Ubertragungsfunktionen der beiden Reihenschaltungen sind unterschiedlich, d. h. es gilt: Ga (z) = Gb (z) .



(iii) Parallelschaltung: Xe (s) - t

t

Xe (z)

- H0 (s)G1 (s)

- t

t

- H0 (s)G2 (s)

- t

t

+ Xa (z) ? i 6 ±

Abbildung 10.9: Parallelschaltung Es werden nun zwei Regelkreisglieder parallel geschaltet. F¨ ur diese Parallelschaltung ¨ resultiert die Ubertragungsfunktion G(z) =

Xa (z) = H0 G1 (z) ± H0 G2 (z) . Xe (z)

(10.36)

¨ 10.4 Rechenregeln f¨ ur diskrete Ubertragungsfunktionen

233

(iv) Standardregelkreis (Kreisschaltung 1): F¨ ur diesen Regelkreis in der Standardform nach Abb. 10.10 erh¨alt man mit denselben Rechenregeln, wie sie f¨ ur analoge Regelkreise gelten, die F¨ uhrungs¨ ubertragungsfunktion des geschlossenen Regelkreises zu: GW (z) =

D(z) · H0 GS (z) Xa (z) = . Xe (z) 1 + D(z) · H0 GS (z) H0 GS (z)

Regler Xe (s) - t

t

Xe (z) - i − 6

(10.37)

- H0 (s)

D(z)

- GS (s)

- t

t

Xa (z) -

Abbildung 10.10: Standardregelkreis (v) Kreisschaltung 2: Die nachfolgende Kreisschaltung repr¨ asentiert eine Schaltung, die im Wesentlichen aus ¨ analogen Ubertragungsgliedern und zus¨ atzlichen Abtastern mit Halteglied besteht. Xe (s) - i - t − 6

t

- H0 (s)G1 (s)

t

t

Xa (z) -

G2 (s) 

Abbildung 10.11: Kreisschaltung 2 ¨ Die Ubertragungsfunktion H0 (s)G1 (s) entspricht der Reihenschaltung von Halteglied, analogem Regler und analoger Strecke, d. h. H0 (s)G1 (s) = " H0 (s) · FR (s) · FS (s), ¨ und G2 (s) entspricht der Ubertragungsfunktion FM (s) eines analogen Sensors. F¨ ur diese ¨ Struktur eines Regelkreises resultiert als diskrete Ubertragungsfunktion

G(z) =

Xa (z) H0 G1 (z) H0 FR FS (z) = = . Xe (z) 1 + H0 G1 G2 (z) 1 + H0 FR FS FM (z)

(10.38)

¨ 10 Diskrete Ubertragungsfunktionen

234

(vi) Regelkreis mit St¨ orgr¨ oße (Kreisschaltung 3): F¨ ur diesen Regelkreis mit einer St¨ orgr¨ oße nach Abb. 10.12 existiert keine St¨or¨ ubertragungsfunktion, da die St¨ orgr¨ oße nicht u ¨ ber einen Abtaster und Halteglied auf den Regelkreis einwirkt. Sie wirkt direkt als analoge“ St¨orgr¨oße auf den Streckenteil GS2 (s). ” H0 GS1 GS2 (z)

Regler (z) i Xe D(z) 6-

- H0 (s)

Vz (s)

− ? - GS1 (s) - i - GS2 (s)

- t t

Xa (z) -

Abbildung 10.12: Regelkreis mit St¨orgr¨oße Vz (s) Die diskrete Ausgangsgr¨ oße Xa (z) f¨ ur einen St¨oreingang kann allerdings berechnet werden zu: Xa (z) =

Vz GS2 (z) . 1 + D(z) · H0 GS1 GS2 (z)

(10.39)

H¨ aufig wird jedoch so getan, als ob die St¨ orgr¨oße Vz (s) u ¨ ber einen Abtaster und Hal¨ teglied auf den Streckenteil einwirkt, und die nachfolgende z-Ubertragungsfunktion angenommen: GV (z) =

Xa (z) −H0 GS2 (z) = . Vz (z) 1 + D(z) · H0 GS1 GS2 (z)

(10.40)

¨ Aufgabe 10.3: Gegeben ist ein Standardregelkreis mit den Ubertragungsfunktionen von Regler und Strecke zu: D(z) = 0,2 ·

1 − 0,5z −1 1 − 0,9z −1

und

H0 G(z) =

z + 0,6 . (z − 0,6) · (z − 0,8)

Berechnen Sie f¨ ur einen Einheitssprung der F¨ uhrungsgr¨oße w(t) 1. die Regelgr¨ oße x(kT ) f¨ ur k → ∞, 2. die Stellgr¨ oße y(kT ) f¨ ur k = 0 und f¨ ur k → ∞. L¨ osung: 1. x(∞) = 0,9524, 2. y(0) = 0,2 und y(∞) = 0,0476 .



¨ 10.5 Kanonische Realisierungen von z-Ubertragungsfunktionen

235

¨ Aufgabe 10.4: Gegeben ist ein Standardregelkreis mit den Ubertragungsfunktionen von Regler und Strecke zu: D(z) =

1 − 0,95z −1 100 − 100z −1

und

H0 G(z) =

z + 0,6 . (z − 0,6)(z − 0,8)(z − 0,9)

Berechnen Sie f¨ ur einen Einheitssprung der F¨ uhrungsgr¨oße w(t) 1. die Regelgr¨oße x(kT ) f¨ ur k → ∞, 2. die Stellgr¨ oße y(kT ) f¨ ur k = 0 und f¨ ur k → ∞. L¨ osung: 1. x(∞) = 1 und 

2. y(0) = 0,01 und y(∞) = 0,0050

Aufgabe 10.5: F¨ ur einen Standardregelkreis sind Regler- und Strecken¨ ubertragungsfunktion wie folgt gegeben: D(z) =

0,3(z − 0,4) z−1

und

H0 G(z) =

z + 0,2 . (z − 0,7) · (z − 0,6)

Wie groß ist die bleibende Regeldifferenz e(kT ) = w(kT ) − x(kT ) f¨ ur k → ∞, wenn der Sollwert w(kT ) eine Rampe mit der Steigung 1 darstellt? Die Abtastzeit betrage T = 1 s. L¨ osung: 

e(∞) = 10/18

10.5

Kanonische Realisierungen von ¨ z-Ubertragungsfunktionen

Einf¨ uhrung. Bei manchen technischen Anwendungen, z. B. in der Kfz-Technik, Au¨ diotechnik, Videotechnik, werden z-Ubertragungsfunktionen in der Form G(z) =

Xa (z) b0 + b1 z −1 + . . . + bn z −n = Xe (z) a0 + a1 z −1 + . . . + an z −n

(10.41)

hardwarem¨ aßig mit Hilfe von Einheitsverz¨ ogerungen, realisiert als Schieberegister, in verschiedenen Strukturen aufgebaut. Diese Einheitsverz¨ogerung, dargestellt als Block

¨ 10 Diskrete Ubertragungsfunktionen

236

¨ mit der z-Ubertragungsfunktion z −1 gibt das Eingangssignal xe (kT ) um ein Abtastintervall T verz¨ ogert wieder aus. Es existieren verschiedene kanonische Realisierungen (Normalformen der Realisierung), deren Namen auf die Ermittlung dieser Strukturen mit Hilfe der Zustandsdarstellung zur¨ uckgehen (siehe Teil I: Mehrgr¨ oßenregelung). Es sind dies unter anderen die Regelungsnormalform, die Beobachtungsnormalform und die Diagonalform, die nachfolgend vorgestellt werden sollen. ¨ Regelungsnormalform. Die Abbildung 10.13 zeigt die Realisierung der z-Ubertragungsfunktion mittels der Regelungsnormalform. Die Realisierung besteht aus einer Serienschaltung von Einheitsverz¨ ogerungen, vor bzw. nach denen jeweils die Signale ausgekoppelt und entweder u arkungen bi zum Ausgang gef¨ uhrt bzw. u ¨ber die Verst¨ ¨ber die Verst¨ arkungen zum Eingang zur¨ uckgef¨ uhrt werden. Man erkennt hierbei sofort, dass ¨ der Parameter a0 immer ungleich Null sein muss, sonst ist die z-Ubertragungsfunktion nicht realisierbar. In vielen Darstellungen wird aus Gr¨ unden der Vereinfachung der Parameter a0 = 1 gew¨ ahlt. - h 6 b0 Xe (z) - h - 1/a0 − 6

6 t - z −1

- h 6

b1

b2

6 - −1 t z ? a1

6 t ? a2

? h

? h

- h 6 Xa (z) bn - z −1

t6 ? an



Abbildung 10.13: Blockschaltbild der Regelungsnormalform ¨ Die G¨ ultigkeit dieser Realisierung soll an einer z-Ubertragungsfunktion der Ordnung ¨ zwei u uft werden. Diese z-Ubertragungsfunktion wird in Abb. 10.14 dargestellt. ¨ berpr¨ In dieser Darstellung sind die Hilfsvariablen X1 (z), X2 (z) und X3 (z) zwischen den Einheitsverz¨ ogerungen eingef¨ uhrt. Die Aufstellung der Gleichungen f¨ ur dieses System 2. Ordnung ergibt:

Xa (z) = b0 X3 (z) + b1 X2 (z) + b2 X1 (z) X2 (z) = z −1 X3 (z) X1 (z) = z −1 X2 (z) = z −2 X3 (z) und 1 X3 (z) = · [Xe (z) − a1 X2 (z) − a2 X1 (z)] . a0

(10.42) (10.43) (10.44) (10.45)

¨ 10.5 Kanonische Realisierungen von z-Ubertragungsfunktionen - i 6 b0 Xe (z)

- i - 1/a0 6−

6 t - z −1

X3 (z)

- i (z) X a 6

b1 X2 6 t

? a1

237

b2 - z −1

6 t X1 (z) ? a2

? i  Abbildung 10.14: Blockschaltbild der Regelungsnormalform f¨ ur ein System 2. Ordnung

Das Einsetzen der Gleichungen 10.43 und 10.44 in Gleichung 10.42 f¨ uhrt dann zu Xa (z) = b0 X3 (z) + b1 z −1 X3 (z) + b2 z −2 X3 (z)   = b0 + b1 z −1 + b2 z −2 X3 (z)

(10.46)

und das Einsetzen in Gleichung 10.45 ergibt: X3 (z) =

1 · [Xe (z) − a1 z −1 X3 (z) − a2 z −2 X3 (z)] . a0

(10.47)

Die Aufl¨ osung von Gleichung 10.47 nach X3 (z) lautet dann: a0 X3 (z) + a1 z −1 X3 (z) + a2 z −2 X3 (z) = Xe (z)   a0 + a1 z −1 + a2 z −2 · X3 (z) = Xe (z)

bzw.

Damit wird X3 (z) =

Xe (z) . a0 + a1 z −1 + a2 z −2

(10.48)

Das Einsetzen von Gleichung 10.48 in Gleichung 10.46 f¨ uhrt dann zu dem gesuchten Ergebnis: G(z) =

b0 + b1 z −1 + b2 z −2 Xa (z) = Xe (z) a0 + a1 z −1 + a2 z −2

(10.49)

Ist b0 = 0 so ist das diskrete System sprungf¨ahig. In vielen Darstellungen wird eine Beschr¨ ankung der Regelungsnormalform auf nicht sprungf¨ahige Systeme mit der Normierung a0 = 1 gew¨ ahlt G(z) =

b1 z −1 + . . . + bn z −n Xa (z) = . Xe (z) 1 + a1 z −1 + . . . + an z −n

(10.50)

¨ 10 Diskrete Ubertragungsfunktionen

238

- i 6Xa (z)

- i 6

Xe (z)

- i - z −1 6−

b1

b2

6 t - z −1 ? a1

t6 ? a2

? i 

bn

? i 

- z −1

6 t ? an



Abbildung 10.15: Blockschaltbild f¨ ur ein normiertes System mit b0 = 0 und a0 = 1 Dies f¨ uhrt dann zu der Blockschaltbilddarstellung nach Abb. 10.15. Die Erzeugung von Systemen mit einer Totzeit ist durch Nullsetzen der entsprechenden Koeffizienten ebenfalls leicht m¨ oglich. Setzt man in Gleichung 10.41 z. B. die Koeffizienten b0 und an gleich Null, so liegt damit ein System mit einer Totzeit von einem Abtastintervall T vor. Diese kanonischen Formen der Realisierung erlauben einen effizienten Aufbau derartiger digitaler Systeme mit Schieberegistern. Beobachtungsnormalform (Beobachternormalform). Die Beobachtungsnormal¨ form f¨ ur die z-Ubertragungsfunktion G(z) =

Xa (z) b0 + b1 z −1 + . . . + bn z −n = Xe (z) a0 + a1 z −1 + . . . + an z −n

(10.51)

weist eine Struktur ¨ ahnlich zur Regelungsnormalform auf, und ist in Abb. 10.16 dargestellt. Xe (z) ? bn ? i - z −1 − 6 an 6

? bn−1

-

i - z −1 - ? − 6 an−1 6

? b1 i - z −1 - ? − 6 a1

? b0 i - 1/a0 - ?

Xa (z) -

 6

Abbildung 10.16: Blockschaltbild eines Systems in Beobachtungsnormalform

¨ 10.5 Kanonische Realisierungen von z-Ubertragungsfunktionen

239

Auch hier ist wieder leicht erkennbar, dass ein System mit dem Koeffizienten a0 = 0 ¨ nicht realisierbar ist. Die gleichungsm¨ aßige Uberpr¨ ufung dieser Beobachtungsnormalform verl¨ auft analog zur Vorgehensweise bei der Regelungsnormalform. Sie wird daher an dieser Stelle nicht wiederholt. Sonderformen dieser Beobachtungsnormalform liegen z. B. vor mit den Parameterkon¨ figurationen a0 = 1 und b0 = 0, also die z-Ubertragungsfunktion G(z) =

Xa (z) b1 z −1 + . . . + bn z −n = Xe (z) 1 + a1 z −1 + . . . + an z −n

(10.52)

die in Abb. 10.17 als Blockschaltbild dargestellt ist. Xe (z)

? bn ? i - z −1 − 6 an 6

?

?

bn−1 - ? i - z −1 − 6 an−1 6

b1 - ? i - z −1 − 6 a1 

Xa (z) -

6

Abbildung 10.17: Blockschaltbild der Beobachtungsnormalform mit den Parameterwerten a0 = 1 und b0 = 0 Diagonalform. Bei der dritten vorgestellten kanonischen Form ist zun¨achst eine Par¨ tialbruchzerlegung der z-Ubertragungsfunktion erforderlich. F¨ ur diese Partialbruchzer¨ legung der z-Ubertragungsfunktion G(z) =

Xa (z) b0 + b1 z −1 + . . . + bn z −n = Xe (z) a0 + a1 z −1 + . . . + an z −n

(10.53)

¨ m¨ ussen Z¨ ahler und Nenner der z-Ubertragungsfunktion mit z n multipliziert werden. Dies f¨ uhrt dann zu der Form b0 z n + b1 z n−1 + . . . + bn Xa (z) = , (10.54) G(z) = Xe (z) a0 z n + a1 z n−1 + . . . + an ¨ und die Partialbruchzerlegung der z-Ubertragungsfunktion 10.54 ergibt: G(z) =

Xa (z) α1 α2 αn = α0 + + + ... + . Xe (z) z − z1 z − z2 z − zn

(10.55)

¨ Darin sind die zi die Pole der z-Ubertragungsfunktion nach Gleichung 10.54 und die αi sind die zugeh¨ origen Residuen. F¨ ur ein nicht sprungf¨ahiges System ist der Koeffizient α0 = 0. Die Blockschaltbilddarstellung dieser Diagonalform zeigt die Abb. 10.18. F¨ ur eine ausf¨ uhrliche Darstellung dieser und weiterer kanonischer Formen wird auf die B¨ ucher von Ackermann [1] und Isermann [30] verwiesen.

¨ 10 Diskrete Ubertragungsfunktionen

240 Xe (z) ? α0

? α1

-

? α2

? i - z −1 6

? i - z −1 6

z1  t - ? i

? αn ? i - z −1 6

z2  t - ? i-

Abbildung 10.18: Blockschaltbild der Diagonalform des Systems

zn  t Xa (z) - ? i -

11

Stabilita¨t und Zeitverhalten diskreter Systeme

Wie bei den analogen Regelsystemen hat auch bei den digitalen Regelsystemen die Stabilit¨ at von Regelkreisgliedern und Regelkreisen eine entscheidende Bedeutung. Die dabei anzuwendenden Stabilit¨ atsbedingungen gelten sowohl f¨ ur ein einzelnes Regelkreisglied als auch f¨ ur den gesamten Regelkreis. Daher wird nachfolgend allgemein die Stabilit¨at ¨ ¨ von z-Ubertragungsfunktionen G(z) betrachtet. Diese Ubertragungsfunktion kann also sowohl ein einzelnes Regelkreisglied als auch einen geschlossenen Regelkreis repr¨asentieren.

11.1

Stabilit¨atsbedingungen

Definitionen. F¨ ur die nachfolgend aufgestellten und untersuchten Stabilit¨atsbedin¨ gungen wird von der folgenden z-Ubertragungsfunktion ausgegangen: G(z) =

b0 + b1 z −1 + . . . + bm z −m Xa (z) = , Xe (z) a0 + a1 z −1 + . . . + an z −n

(11.1)

¨ wobei gilt m ≥ < n. Das z-transformierte Ausgangssignal Xa (z) dieser Ubertragungsfunktion bei Anregung mit dem Eingangssignal Xe (z) berechnet man zu Xa (z) = G(z) · Xe (z).

(11.2)

Unter Verwendung von Gleichung 10.12 gilt f¨ ur das diskrete Ausgangssignal xa (kT ) bei Anregung mit xe (kT ) xa (kT ) =

k 

xe (νT ) · g(kT − νT ),

(11.3)

ν=0

mit g(kT ) als Gewichtsfolge. Die Definition der externen Stabilit¨ at1 eines digitalen Systems und nur diese soll hier ¨ betrachtet werden, basiert auf der Beschreibung des Ubertragungsverhaltens durch die Faltungssumme nach Gleichung 11.3: 1

Die sogenannte interne Stabilit¨ at bezieht sich auf die Stabilit¨ at der homogenen Differenzengleichung eines Systems.

242

11 Stabilit¨ at und Zeitverhalten diskreter Systeme Ist f¨ ur eine beschr¨ankte Eingangsfolge xe (kT ) die Ausgangsfolge xa (kT ) ebenfalls beschr¨ankt, dann heißt das System extern stabil.

F¨ ur ein beschr¨ anktes Eingangssignal (mit Me als beliebiger Konstante) |xe (kT )| ≤ Me < ∞ ist das Ausgangssignal ebenfalls beschr¨ ankt, wenn die folgende Bedingung

|xa (kT )| ≤ |

k 

xe (νT ) · g(kT − νT )| ≤

ν=0



k 

k 

|xe (νT )| · |g(kT − νT )|

ν=0

Me · |g(kT − νT )|

≤ Me ·

ν=0

k 

|g(kT − νT )|

ν=0

erf¨ ullt ist. Die Ausgangsgr¨ oße xa (kT ) eines digitalen Systems ist beschr¨ankt, d. h. es gilt (mit Ma als beliebiger Konstante) |xa (kT )| ≤ Ma < ∞ , sofern die folgende Stabilit¨atsbedingung erf¨ ullt ist: Ist g(νT ) die Gewichtsfolge eines digitalen Systems, dann ist das System genau dann extern stabil, wenn die Beziehung ∞ 

|g(νT )| < ∞

und damit erst recht

ν=0

k 

|g(νT )| < ∞

(11.4)

ν=0

erf¨ ullt ist. Unter Verwendung der Funktionentheorie wird in [23] gezeigt, dass diese im Zeitbereich ¨ umst¨ andlich zu handhabende Stabilit¨ atsbedingung nach Gleichung 11.4 bei Ubergang in die z-Ebene zu der nachfolgenden wesentlich einfacheren Stabilit¨atsbedingung f¨ uhrt: ¨ Die z-Ubertragungsfunktion

G(z) =

b0 + b1 z −1 + . . . + bm z −m b0 z n + b1 z n−1 + . . . + bm z n−m = −1 −n a0 + a1 z + . . . + an z a0 z n + a1 z n−1 + . . . + an (11.5)

11.1 Stabilit¨ atsbedingungen

243

ist genau dann (intern und extern) stabil, wenn alle Pole von G(z) in der z-Ebene innerhalb des Einheitskreises liegen. Die Pole von G(z), d. h. die Wurzeln zi der charakteristischen Gleichung a0 z n + a1 z n−1 + . . . + an = 0

(11.6)

m¨ ussen somit dem Betrag nach alle kleiner Eins sein |zi | < 1

f¨ ur i = 1, 2, . . . , n.

(11.7)

Am einfachsten kann man sich diese Betragsbedingung plausibel machen, wenn man den in Gleichung 10.16 aufgestellten Zusammenhang zwischen der Laplace-Variablen s und der Variablen z der z-Transformation heranzieht: z= " esT .

(11.8)

Ein kontinuierliches System ist stabil, wenn die Pole si,j der charakteristischen Gleichung negativen Realteil haben si,j = σi ± jωi Re {si,j } = σi < 0

bzw.

si = σi (Bedingung f¨ ur Stabilit¨at).

Unter Verwendung der Gleichung 11.8 resultiert dann: =1

|zi,j | = |e

si,j T

| = |e

(σi ±jωi )T

| = |e

σi T

   | · |e±jωi T | = |eσi T |.

(11.9)

Hieraus folgt dann f¨ ur ein diskretes System die Bedingung, dass f¨ ur ein stabiles diskretes System die Pole dem Betrag nach kleiner Eins sein m¨ ussen ⇒

σi < 0

|zi,j | < 1.

Beispiel 11.1: ¨ Gegeben sei die z-Ubertragungsfunktion G(z) =

1z −2 − 1,2z −3 . 1 + 0,2z −1 − 0,3z −2 − 0,4z −3

Die Wurzeln der Gleichung z 3 + 0,2z 2 − 0,3z − 0,4 = 0 lauten: z1 = +0,8

und

z2,3 = −0,5 ± j0,5,

244

11 Stabilit¨ at und Zeitverhalten diskreter Systeme Im (z) 6 j

0,5j

× −1

  z-Ebene  

7 1

-0,5

0,5

×

stabiler -0,5j Bereich

×

(z) 1 ◦Re Abbildung 11.1: Pole (×) und Nullstellen (◦) von G(z) in der zEbene

instabiler Bereich

-j

und somit ist |z1 | = +0,8

und

|z2,3 | = 0,7071.

¨ Alle Wurzeln der Gleichung sind dem Betrag nach kleiner Eins, die Pole der Ubertragungsfunktion liegen innerhalb des Einheitskreises (siehe Abb. 11.1). Die Nullstelle ¨ z01 liegt außerhalb des Einheitskreises bei +1,2. Das durch die Ubertragungsfunktion G(z) beschriebene System ist stabil.  Beispiel 11.2: Es wird eine PT1 -Regelstrecke mit vorgeschaltetem Halteglied und nachgeschaltetem Abtaster (siehe Beispiel 10.3) untersucht. Das Blockschaltbild der Anordnung zeigt die nachfolgende Abbildung.

xe (kT )

- H0 (s)

x ¯e (t) -

a s+a

xa (t) - t

t

xa (kT ) -

Abbildung 11.2: PT1 -Strecke mit Abtaster und Halteglied Gesucht ist die Zahlenfolge des Ausgangssignals xa (kT ), wenn das System mit einem Sprungeingang xe (kT ) = σ(kT ) angeregt wird. ¨ Die z-Ubertragungsfunktion des Systems lautet: H0 G(z) =

1 − e−aT Xa (z) = . Xe (z) z − e−aT

Mit der z-Transformierten des Sprungeingangs z Xe (z) = z−1

11.2 Das Jury-Stabilit¨ atskriterium

245

resultiert dann f¨ ur den z-transformierten Ausgang Xa (z) = H0 G(z) · Xe (z) =

z z 1 − e−aT z = − · . (11.10) z − e−aT z − 1 z − 1 z − e−aT

Die R¨ ucktransformation in den Zeitbereich liefert dann die Zahlenfolge xa (kT ) = 1 − e−akT . F¨ ur a > 0 d. h. s1 = −a < 0 liegt der Pol |z1 | = |e−aT | < 1 von H0 G(z) innerhalb des Einheitskreises und das System ist stabil. Mit den Zahlenwerten von z. B. a = 1 und der Abtastzeit von T = 100 ms ist dann |zi | = |e−0,1 | = 0,9048 < 1. Dann konvergiert ur ein beschr¨ anktes Eingangssignal xe (kT ) = 1 f¨ ur alle die Folge xa (kT ) gegen Eins. F¨ k bleibt das Ausgangssignal ebenfalls beschr¨ ankt xa (kT ) ≤ 1.  Die Berechnung der Stabilit¨ at eines diskreten Systems erfordert somit wie beim kontinuierlichen System die Berechnung der Pole des Systems, d. h. der Wurzeln eines Polynoms der Ordnung n. Hierzu ist in der Regel die Verwendung eines Rechners erforderlich. Bei kontinuierlichen Systemen kann man mithilfe der Hurwitz-Bedingungen die Stabilit¨ at u ufen, ohne die Wurzeln zu berechnen. Eine ¨ahnliche Stabilit¨ats¨ uber¨ berpr¨ pr¨ ufung ohne Berechnung der Wurzeln erlaubt bei diskreten Systemen das nachfolgende Jury-Stabilit¨ atskriterium.

11.2

Das Jury-Stabilit¨atskriterium

¨ Methode. Die Uberpr¨ ufung der Stabilit¨ at eines diskreten Systems ohne die Berechnung der Wurzeln der charakteristischen Gleichung erm¨oglicht das Stabilit¨atskriterium ¨ nach Jury [32]. Hierbei wird wie beim Hurwitz-Kriterium eine Uberpr¨ ufung von Bedingungen f¨ ur die Koeffizienten der charakteristischen Gleichung ohne eine explizite Wurzelberechnung durchgef¨ uhrt. ¨ Die zu untersuchende z-Ubertragungsfunktion des diskreten Systems sei G(z) =

b0 + b1 z −1 + . . . + bm z −m . a0 + a1 z −1 + . . . + an z −n

Dann lautet die charakteristische Gleichung ausgehend von a0 + a1 z −1 + . . . + an z −n = 0 nach Multiplikation mit z n dann a0 z n + a1 z n−1 + . . . + an = 0.

(11.11)

Gleichung 11.11 wird umbenannt in f (z) = αn z n + αn−1 z n−1 + . . . + α0 = 0.

(11.12)

246

11 Stabilit¨ at und Zeitverhalten diskreter Systeme

Vorgehensweise:

1. Es wird das Vorzeichen von f (z) so gew¨ahlt, dass gilt αn > 0. 2. Dann wird die Stabilit¨ atstabelle (Tabelle 11.1) aufgestellt. Reihe

z0

z1

z2

...

z n−2

z n−1

zn

1

α0

α1

α2

...

αn−2

αn−1

αn

2

αn

αn−1

αn−2

...

α2

α1

α0

3

β0

β1

β2

...

βn−2

βn−1

4

βn−1

βn−2

βn−3

...

β1

β0

5

c0

c1

c2

...

cn−2

6 .. .

cn−2

cn−3

cn−4

... .. .

c0

2n - 5

r0

r1

r2

r3

2n - 4

r3

r2

r1

r0

2n - 3

s0

s1

s2

Tabelle 11.1: Stabilit¨atstabelle nach Jury

Hierbei werden in der Tabelle die Elemente der Reihen 3,      α0 αn−j   β0 βn−1−j     c βj = = j     βn−1 βj   αn αj   c0 cn−2−j  ... dj =   cn−2   cj    r0 r3   r0 r2      s s2 = s0 = = 1  r3 r0   r3 r1 

4, . . . wie folgt berechnet:

   r0 r1     r3 r2 .

Die Berechnung der Reihen wird abgebrochen, wenn die Reihe nur noch 3 Elemente enth¨ alt. ¨ Das System ist stabil, d. h. die Pole der z-Ubertragungsfunktion liegen im Einheitskreis, wenn die folgenden Bedingungen, die so genannten Jury-Stabilit¨atsbedingungen, erf¨ ullt sind:

11.3 Vergleich der Lage der Pole in der s-Ebene und der z-Ebene

247

Jury-Stabilit¨ atsbedingungen: 1.) 2.) 3.) 4.)

f (z)|z=1 = f (1) α0     β0    c0 

5.)

  s0 

0 sowie (−1)n · f (z)|z=−1 = (−1)n · f (−1) > 0 . αn > 0 . βn−1  .   cn−2  .

> < > > .. .

   s2  .

>

Die Anwendung der Stabilit¨ atsbedingungen wird an einem Beispiel u uft. ¨ berpr¨ Beispiel 11.3: Gegeben sei die charakteristische Gleichung eines Systems zu: f (z) = 1 − z + 3z 2 − 4z 3 + 3z 4 = 0. Die Stabilit¨ at dieser charakteristischen Gleichung ist mithilfe der Jury-Stabilit¨atsbedingungen zu u ufen. Die daf¨ ur erforderliche Stabilit¨atstabelle ist zu erstellen. ¨berpr¨ (i) Erstellung der Tabelle:

1 2 3 4 5

Reihe (α) (α)−1 (β) (β)−1 (c)

z0 1 3 −8 −1 63

z1 −1 −4 11 −6 −94

z2 3 3 −6 11 59

z3 −4 −1 −1 −8

z4 3 1

(ii) Pr¨ ufung der Stabilit¨ atsbedingungen: 1.) 2.) 3.) 4.)

f (1) = 1 − 1 + 3 − 4 + 3 = 2 > 0 ok. 4 (−1) · f (−1) = 1 + 1 + 3 + 4 + 3 = 12 >0   α0  < αn > 0 : 1 < 3 > 0 ok.         ok. β0 >  βn−1 : 8 > 1 c0  > cn−2  : 63 > 59 ok.

ok.



Alle Bedingungen sind erf¨ ullt, folglich ist das System stabil.

11.3

Vergleich der Lage der Pole in der s-Ebene und der z-Ebene

Vorgehensweise. Der Zusammenhang zwischen den Polen in der s-Ebene und der z-Ebene wird durch die Abbildung z = esT

mit

s = σ ± jω

(11.13)

248

11 Stabilit¨ at und Zeitverhalten diskreter Systeme

und T als Abtastzeit bestimmt. Diese Abbildung ist jedoch nur bis zur halben Abtastfrequenz ωMax =

ωT π = 2 T

eindeutig. Frequenzbereiche gr¨ oßer als die halbe Abtastfrequenz werden in den Grundfrequenzbereich bis ωT /2 in der z-Ebene hineingespiegelt. Dieser Tatbestand wurde zuvor schon durch das Shannon’sche Abtasttheorem in Abschnitt 8.2 beschrieben und wird durch die nachfolgende Abb. 11.3 verdeutlicht. Im(s) = jω 6 jωT /2  s-Ebene

jωT /4

0

Re(s)-= σ

Im z 6

 z-Ebene



ωT /4 3ωT /8

ωT /8

ωT /2

0

−ωT /2

Re -z

−jωT /4 −ωT /8

−3ωT /8 −jωT /2

−ωT /4

Abbildung 11.3: Abbildung der imagin¨aren Achse s = jω der s-Ebene auf den Einheitskreis in der z-Ebene Die imagin¨ are Achse s = jω der s-Ebene (d. h. σ = 0) wird gem¨aß der Gleichung z = esT = ejωT in der z-Ebene auf den Einheitskreis abgebildet. Setzt man ein f¨ ur ωT = ±

π ωT · T = ± · T = ±π = " ± 180◦ , 2 T

so erkennt man, dass die halbe Abtastfrequenz genau in den Punkt z = e±jπ = −1 abgebildet wird. Frequenzen auf der imagin¨ aren Achse, die gr¨oßer als die halbe Abtastfrequenz sind, werden zwar auch auf den Einheitskreis abgebildet, die Abbildung ist nun jedoch nicht mehr eindeutig, wie die nachfolgende Rechnung zeigt.

11.3 Vergleich der Lage der Pole in der s-Ebene und der z-Ebene

249

F¨ ur die Abbildung einer beliebigen Frequenz ω1 < ωT /2 wird z = ejω1 T . Der gleiche Punkt in der z-Ebene ergibt sich jedoch auch f¨ ur die Abbildung der Frequenz ω2 = ω1 + N · ωT (N ganzzahlig) wie die nachfolgende Rechnung zeigt: z = ejω2 T = ej(ω1 +N ωT )·T = ej(ω1 +N ·2π/T )·T = ej(ω1 T +N ·2π) = ejω1 T . Die Abbildung von Polen aus der s-Ebene in die z-Ebene ist aufgrund des Shannon’schen Abtasttheorems somit auf den durch die Schraffur in Abb. 11.3 begrenzten Bereich beschr¨ ankt. Die Abbildung von Polen links der imagin¨aren Achse (also mit σ < 0) erfolgt in den Einheitskreis in der z-Ebene. Die Abbildung von Polen rechts der imagin¨aren Achse (also mit σ > 0) erfolgt auf den Bereich außerhalb des Einheitskreises in der z-Ebene. Ausgew¨ ahlte Bereiche. Die weiteren Darstellungen f¨ ur ein PT2 -System zeigen die Abbildung von Bereichen gleicher D¨ ampfung D, gleicher Abklingkonstante δ, gleicher Eigenfrequenz ωe und gleicher Kreisfrequenz ω0 von der s-Ebene in die z-Ebene. Im (z) 6

Im (s) 6

a

a

Re (z) -

Re(s)

Abbildung 11.4: Abbildung der Linien konstanter D¨ampfung D von der s-Ebene in die z-Ebene Im (z) 6 Im (s) 6

−δ

Re(s)

y



e−δT



Re (z) -

Abbildung 11.5: Abbildung der Linien konstanter Abklingkonstante δ von der s-Ebene in die z-Ebene

250

11 Stabilit¨ at und Zeitverhalten diskreter Systeme Im (s) 6 ω1

Re(s)

Im (z) 6 

ω1 T

Re (z) -

Abbildung 11.6: Abbildung der Linien konstanter Kreisfrequenz ωe von der s-Ebene in die z-Ebene

Im (s) 6

a

Re(s)

Im (z) 6

a

Re (z) -

Abbildung 11.7: Abbildung der Linien konstanter Kreisfrequenz ω0 von der s-Ebene in die z-Ebene Der Ursprung der s-Ebene wird in den Punkt z = +1 der z-Ebene abgebildet. Obere Grenze der abzubildenden Frequenz der Pole ist jeweils die als gestrichelte Linie gezeichnet Frequenz ωT /2, d. h. die halbe Abtastfrequenz. Diese Darstellungen sind besonders hilfreich bei der Reglerauslegung mithilfe der Wurzelortskurve. Bei diesem Verfahren ist die Lage der Pole des geschlossenen Kreises in der z-Ebene zu beurteilen, um daraus die Reglerparameter zu bestimmen. Mithilfe der obigen Abbildungen, die dann nat¨ urlich zu parametrieren sind, ist man damit in der Lage, die Reglerparameter so auszuw¨ahlen, dass der geschlossene Kreis Anforderungen z. B. bez¨ uglich D¨ampfung, An- oder Ausregelzeit erf¨ ullt. Beispiel 11.4: F¨ ur eine PT2 -Strecke soll nun beispielhaft der Zusammenhang zwischen dem Zeitverhalten und der Lage der Pole in der s-Ebene und der z-Ebene demonstriert werden. Die

11.3 Vergleich der Lage der Pole in der s-Ebene und der z-Ebene

251

¨ z-Ubertragungsfunktion des PT2 -Systems lautet F (s) =

1 1 + (2D/ω0 ) · s + (s/ω0 )2

mit D = 0,5 und ω0 = 0,2 bzw. 1 s−1 . Dann liegen die Pole des kontinuierlichen Systems bei s1,2 = −0,1 ± j0,1732

ω0 = 0,2 s−1

f¨ ur

s1,2 = −0,5 ± j0,8660

−1

f¨ ur

ω0 = 1 s

und bei

.

Die Pole liegen folglich auf dem Schnittpunkt der geraden Linie konstanter D¨ampfung D = 0,5 mit den Halbkreisb¨ ogen f¨ ur ω0 = 0,2 bzw. 1 s−1 wie Abb. 11.8 zeigt. 1 0.5

0.4 0.3 0.2 0.1

0.6

0.8 0.7 0.8

0.6 0.9 0.4

Im (s) 0.2

6

0

1 0.9 0.8 0.7 0.6 0.5 0.4 0.3 0.2 0.1

−0.2

−0.4

Abbildung 11.8: Lage der Pole des PT2 -Systems in der s-Ebene

0.9 −0.6

0.8 0.7

−0.8

0.6 0.5

−1 −1.5

−1

0.4 0.3 0.2 0.1

−0.5

-

0

0.5

Re (s)

¨ Die z-Ubertragungsfunktion H0 G(z) f¨ ur eine Abtastzeit von T = 1 s lautet f¨ ur dieses System 0,0187z −1 + 0,0175z −2 1 − 1,7826z −1 + 0,8187z −2 0,3403z −1 + 0,2417z −2 H0 G(z) = 1 − 0,7859z −1 + 0,3679z −2

H0 G(z) =

f¨ ur f¨ ur

ω0 = 0,2 s−1

und

ω0 = 1 s−1 .

Die Pole von H0 G(z) liegen dann bei z1,2 = 0,8913 ± j0,1559

f¨ ur

ω0 = 0,2 s−1

z1,2 = 0,3929 ± j0,4620

f¨ ur

ω0 = 1 s−1 .

und bei

Die Pole liegen auf der herzf¨ ormigen Linie konstanter D¨ampfung D = 0,5, wie Abb. 11.9 zeigt, sowie den (nicht gezeichneten) Linien mit der Kreisfrequenz ω0 = 0,2 s−1 und

252

11 Stabilit¨ at und Zeitverhalten diskreter Systeme 1 0.6π/T 0.8

0.5π/T

0.4π/T 0.10.3π/T

0.7π/T

0.6

0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9

0.8π/T

0.4 0.9π/T

Im (z)

0.2

0

6

0.2π/T

0.1π/T

π/T π/T

−0.2 0.9π/T

0.1π/T

−0.4

−0.6

0.8π/T

0.7π/T

−0.8

0.3π/T 0.6π/T

−1 −1

−0.8

Abbildung 11.9: Lage der Pole des PT2 -Systems in der z-Ebene

0.2π/T

−0.6

−0.4

−0.2

-

0.5π/T 0

0.4π/T 0.2

0.4

0.6

0.8

1

Re (z)

ω0 = 1 s−1 . Gezeichnet sind jeweils die Linien mit den Kreisfrequenzen ω0 = n·π/(10T ) f¨ ur n = 1 . . . 10. Die Sprungantworten des kontinuierlichen (durchgezogene Linie) und diskreten Systems (“ * “) zeigt Abb. 11.10. Der schnelle Einschwingverlauf gilt f¨ ur ω0 = 1s−1 und der −1 langsame Einschwingverlauf f¨ ur ω0 = 0,2 s . Zur Verdeutlichung, dass es sich um ein diskretes System handelt, ist der treppenf¨ ormige Verlauf des diskreten Ausgangssignals nach einem fiktiven Halteglied ebenfalls eingezeichnet. 1.2

x(t)

1

0.8

6

0.6 0.4 0.2 0

0

5

10

15

- t/s

20

25

30

Abbildung 11.10: Sprungantwort des analogen und diskreten PT2 -Systems  ¨ Aufgabe 11.1: Gegeben ist die folgende z-Ubertragungsfunktion H0 G(z) =

0,2387 + 0,2417z −1 − 0,2328z −2 − 0,2358z −3 . 100 · (1 − 2,8905z −1 + 2,7960z −2 − 0,9050z −3)

11.3 Vergleich der Lage der Pole in der s-Ebene und der z-Ebene

253

¨ 1. Berechnen Sie die Pole der Ubertragungsfunktion. ¨ 2. Ist die Ubertragungsfunktion stabil? L¨ osung: 1. z1,2 = 0,9647 ± j0,1047,

z3 = 0,9611

2. Ja.  Aufgabe 11.2: Gegeben sei die charakteristische Gleichung f (z) = 1 − z + 3z 2 − 4z 3 + 3z 4 = 0. Bestimmen Sie mit dem Jury-Stabilit¨ atstest die Stabilit¨at des diskreten Systems. Ist das System stabil? L¨ osung: Das System ist stabil.



12

Quasikontinuierlicher Entwurf digitaler Regler

Die Hauptaufgabe der digitalen Regelung ist der Entwurf eines digitalen Reglers, der dann als Rekursionsgleichung im Prozessrechner oder Mikrocontroller realisiert wird. F¨ ur diesen Entwurf steht eine große Anzahl von Entwurfsverfahren zur Verf¨ ugung. In diesem Kapitel werden die Verfahren untersucht, die keine Ortskurven f¨ ur den Entwurfsprozess verwenden. In Kapitel 13 werden dann die Ortskurvenverfahren betrachtet.

12.1

Digitale Realisierung analoger Regler

Grundlagen. Bei dieser Klasse von Entwurfsverfahren geht man von einem bekannten analogen Regler f¨ ur eine analoge Strecke aus. Wie man diesen analogen Regler ermittelt hat, ist dabei unerheblich. Ebenso spielt es keine Rolle, ob die Parameter der Regelstrecke bekannt sind. Zu diesem analogen Regler, spezifiziert als (Laplace-) ¨ Ubertragungsfunktion, wird nun der ¨ aquivalente digitale Regler entworfen. Man spricht hierbei auch von einem digitalen Filter. Dieser letzte Begriff stammt aus der Nachrichtentechnik und meint im Grunde dasselbe wie in der Regelungstechnik: Entwurf ¨ eines digitalen Ubertragungsgliedes, das einem analogen Butterworth-, Chebyschev-, ¨ . . . Ubertragungsglied mit bekannter Charakteristik entspricht. Es werden in diesem Kapitel sechs Verfahren zum Entwurf digitaler Filter vorgestellt und miteinander verglichen.

12.1.1

Das Euler-Verfahren

Beim Euler-Verfahren wird die Differentiation eines Signals durch seinen Differenzenquotienten ersetzt. Da man sowohl den linksseitigen als auch den rechtsseitigen Grenzwert einer Ableitung bilden kann, spricht man dann auch von dem R¨ uckw¨artsdifferenzenquotienten und dem Vorw¨artsdifferenzenquotienten. Als Erstes wird die Anwendung des R¨ uckw¨ artsdifferenzenquotienten bei der Berechnung des digitalen Reglers betrachtet. R¨ uckw¨ artsdifferenzenquotient. Hierbei wird also die Differentiation eines Signals durch seinen linksseitigen Grenzwert, den R¨ uckw¨artsdifferenzenquotienten, ersetzt, wobei die Gr¨ oße T die Abtastzeit und k den Laufparameter darstellen: x(kT ) − x([k − 1] · T ) x(t) − x(t − Δt) dx = lim ≈ . Δt→0 dt Δt T

(12.1)

256

12 Quasikontinuierlicher Entwurf digitaler Regler

Bei der Laplace-Transformation entspricht die Ableitung einer Gr¨oße nach der Zeit der Multiplikation dieser Gr¨ oße mit der Laplace-Variablen s. Bei der z-Transformation wird die Rechtsverschiebung einer Variablen um ein Abtastintervall durch Multiplikation dieser Variablen mit z −1 erfasst. Wendet man diese beiden Regeln auf Gleichung 12.1 an, so erh¨ alt man: s · X(s) = "

1 − z −1 · X(z). T

¨ Somit besteht dann zwischen beiden Transformationen die Aquivalenzbeziehung: s= "

z−1 1 − z −1 = . T T ·z

(12.2)

¨ Man substituiert somit in der (Laplace-)Ubertragungsfunktion FR (s) des Reglers die ¨ Laplace-Variable s durch (z − 1)/(T · z) und ermittelt die z-Ubertragungsfunktion D(z) des Reglers, d. h. das ¨ aquivalente digitale Filter. Es gilt somit:    D(z) = FR (s) 

s=

z−1 T ·z

(12.3)

¨ Aus dieser z-Ubertragungsfunktion wird dann, wie in den Gleichungen 10.32 und 10.33 gezeigt, die im Rechner zu programmierende Rekursionsgleichung ermittelt. Beispiel 12.1: ¨ Gegeben sei die Ubertragungsfunktion eines PI-Reglers FR (s) = KP ·

1 + TN s KP = KP + . TN s TN · s

¨ Gesucht ist die z-Ubertragungsfunktion des Reglers sowie die zugeh¨orige Rekursionsgleichung. Unter Verwendung der obigen Herleitung wird

 KP KP  D(z) = KP + = KP +  z−1 z−1 TN · s  TN · s= T ·z T ·z KP · TN · (z − 1) + KP · T · z KP T · z = · = KP + TN z − 1 TN · (z − 1) KP · (T + TN ) · z − KP · TN KP · (1 + T /TN ) · z − KP = = TN · (z − 1) z−1 −1 KP · (1 + T /TN ) − KP · z D(z) = 1 − z −1

12.1 Digitale Realisierung analoger Regler

257

¨ Mit den Zahlenwerten KP = 3; TN = 2 s und T = 1 s lautet dann die z-Ubertragungsfunktion des Reglers D(z) =

4,5 − 3z −1 . 1 − z −1

Damit resultiert die im Rechner zu programmierende Rekursionsgleichung (siehe Gleichungen 10.32 und 10.33) zu xa (kT ) = xa (kT − T ) + 4,5xe (kT ) − 3xe (kT − T ).

(12.4)

Reduziert man die Abtastzeit von T = 1 s auf T = 0,01 s, dann resultiert die Rekursionsgleichung: xa (kT ) = xa (kT − T ) + 3,015xe (kT ) − 3xe (kT − T ).

(12.5) 

Vorw¨ artsdifferenzenquotient. Anstelle des R¨ uckw¨artsdifferenzenquotienten kann man die Ableitung dx/dt auch durch den Vorw¨artsdifferenzenquotienten approximieren. Dann erh¨ alt man dx x(kT + T ) − x(kT ) x(t + Δt) − x(t) = lim ≈ . (12.6) Δt→0 dt Δt T ¨ Die gesuchte Aquivalenz f¨ ur die Berechnung des digitalen Reglers lautet dann: s= "

z−1 . T

Das digitale Filter berechnet man somit zu:    D(z) = FR (s) z−1  s= T

(12.7)

(12.8)

Nach [24] garantiert die Methode des Vorw¨ artsdifferenzenquotienten jedoch keine stabile L¨ osung. Beispiel 12.2: Wendet man diesen Algorithmus auf einen PI-Regler an, so ergibt sich:

 KP KP  D(z) = KP + = KP +  z−1 z−1 TN · s  TN · s= T T KP · T KP · TN · (z − 1) + KP · T = KP + = TN · (z − 1) TN · (z − 1) KP · z + KP · (T /TN − 1) KP · TN · z + KP · (T − TN ) = = TN · (z − 1) z−1 −1 KP + KP · (T /TN − 1) · z = 1 − z −1

258

12 Quasikontinuierlicher Entwurf digitaler Regler

Mit den Zahlenwerten von Beispiel 12.1 (KP = 3; TN = 2 s und T = 1 bzw. 0,01 s) ¨ lauten dann die z-Ubertragungsfunktionen des Reglers: (T = 1 s :) (T = 0,01 s :)

3 − 1,5z −1 , 1 − z −1 3 − 2,9850z −1 D(z) = . 1 − z −1

D(z) =

Damit resultieren die im Rechner zu programmierenden Rekursionsgleichungen (siehe Gleichungen 10.32 und 10.33) zu (T = 1 s :) (T = 0,01 s :)

xa (kT ) = xa (kT − T ) + 3xe (kT ) − 1,5xe (kT − T ) , xa (kT ) = xa (kT − T ) + 3xe (kT ) − 2,9850xe(kT − T ) .

Beide Ans¨ atze f¨ uhren zu unterschiedlichen Ergebnissen. Je kleiner die Abtastzeit, umso weniger unterscheiden sich jedoch die Koeffizienten der Rekursionsgleichung. Ein Ergebnisvergleich erfolgt in Abschnitt 12.1.7.

12.1.2

Die bilineare Transformation

¨ Methode. In Abschnitt 10.2 wurde die Aquivalenz zwischen der s-Ebene und der z-Ebene durch die Gleichung 10.16 ausgedr¨ uckt. Es galt: z= " esT ,

(12.9)

bzw. es gilt die Umkehrung s= "

1 · ln z. T

Die Entwicklung des nat¨ urlichen Logarithmus ln z in eine Potenzreihe liefert 0 1   3 5 z−1 z−1 1 z−1 1 1 s= " ·2· + · + · + ... . T z+1 3 z+1 5 z+1

(12.10)

(12.11)

Durch Abbruch dieser Reihenentwicklung nach dem ersten Glied erh¨alt man die ¨ Tustin’sche Formel nach dem Engl¨ ander Tustin f¨ ur die Aquivalenzbeziehung zwischen der Variablen s und z zu: s= "

2 z−1 · . T z+1

(12.12)

Diese Transformation heißt auch bilineare Transformation. Sie wird bei der Ermittlung digitaler Filter in der Regelungstechnik am h¨aufigsten angewendet.

12.1 Digitale Realisierung analoger Regler

259

Der zu ermittelnde digitale Regler wird somit nach der folgenden Transformationsbeziehung bestimmt:    D(z) = FR (s) 

s=

2 z−1 · T z+1

(12.13)

Beispiel 12.3: F¨ ur den PI-Regler von Beispiel 12.1 FR (s) = KP +

KP TN · s

wird

 KP KP  D(z) = KP + = KP +  z−1 2 z − 1 2  TN · s TN · · s= · T z+1 T z+1 2 · KP · TN · (z − 1) + KP · T · (z + 1) KP · T · (z + 1) = = KP + 2 · TN · (z − 1) 2 · TN · (z − 1) KP · [1 + T /(2TN )] · z + KP · [T /(2TN ) − 1] = z−1 KP · [1 + T /(2TN )] + KP [T /(2TN ) − 1] · z −1 D(z) = 1 − z −1 Mit den Zahlenwerten von Beispiel 12.1 (KP = 3; TN = 2 s und T = 1 bzw. 0,01 s) ¨ lauten dann die z-Ubertragungsfunktionen des Reglers: (T = 1 s :) (T = 0,01 s :)

3,75 − 2,25z −1 , 1 − z −1 3,0075 − 2,9925z −1 D(z) = 1 − z −1

D(z) =

Damit resultieren die im Rechner zu programmierenden Rekursionsgleichungen zu: (T = 1 s :) xa (kT ) = xa (kT − T ) + 3,75xe (kT ) − 2,25xe (kT − T ) , (T = 0,01 s :) xa (kT ) = xa (kT − T ) + 3,0075xe(kT ) − 2,9925xe (kT − T ) . Auch hier gilt: Je kleiner die Abtastzeit, umso kleiner werden die Unterschiede der Koeffizienten der Rekursionsgleichungen der verschiedenen Berechnungsmethoden. 

260

12 Quasikontinuierlicher Entwurf digitaler Regler

Aufgabe 12.1: Gegeben ist der folgende PDTD -Regler: FR (s) = 2 ·

1+s . 1 + 0,1s

¨ Berechnen Sie die z-Ubertragungsfunktion f¨ ur eine Abtastzeit von 10 ms nach der Methode von Tustin. L¨ osung: D(z) =

19,1429 − 18,9524z −1 . 1 − 0,9048z −1 

Aufgabe 12.2: F¨ ur einen PI-Regler der Form FR (s) = KP +

KP TN s

wird mit der Methode nach Tustin die Rekursionsgleichung ermittelt zu xa (kT ) = xa ([k − 1]T ) + 1,25xe (kT ) − 0,75xe ([k − 1]T ). Wie groß sind KP und TN wenn die Abtastzeit T = 1 s betr¨agt? L¨ osung: 

KP = 1 und TN = 2 s.

12.1.3

Der PID-Regelalgorithmus

Herleitung. Beide zuvor entwickelten Abbildungsregeln werden oft zur Berechnung des diskreten PID-Regelalgorithmus verwendet. Der I-Anteil wird nach der Tustin-Regel (Gleichung 12.12) und der D-Anteil nach dem R¨ uckw¨artsdifferenzenquotienten (Gleichung 12.2) berechnet. F¨ ur den analogen PID-Regler FR (s) = KP · 1 +

1 TN · s

+

TV · s 1 + TD · s

(12.14)

wird dann D(z) = KP · 1 +

z−1 T z + 1 TV + · · 2 · TN z − 1 T z · (1 + TD /T ) − TD /T

. (12.15)

12.1 Digitale Realisierung analoger Regler

261

¨ Gleichnamig machen f¨ uhrt zur allgemeinen z-Ubertragungsfunktion des digitalen PIDReglers D(z) =

d0 + d1 · z −1 + d2 · z −2 1 − (1 − c1 ) · z −1 − c1 · z −2

(12.16)

mit d0 = d1 = d2 = c1 =

KP 1 + TD /T KP 1 + TD /T KP 1 + TD /T −TD . T + TD



T + TD · 1+ 2 · TN T · −1 + 2 · TN TD + TV · − T

TD + TV + T

2 · (TD + TV ) − T

TD 2 · TN

(12.17) (12.18) (12.19) (12.20)

Die zugeh¨ orige Differenzengleichung lautet dann: xa (kT ) = d0 · xe (kT ) + d1 · xe (kT − T ) + d2 · xe (kT − 2T ) +(1 − c1 ) · xa (kT − T ) + c1 · xa (kT − 2T ).

(12.21)

Diesen Algorithmus bezeichnet man auch als Stellungs- oder Positionsalgorithmus, da ¨ der hiermit die Stellgr¨ oße xa (kT ) direkt berechnet wird. Will man nur die Anderung Stellgr¨oße Δxa (kT ) berechnen, so folgt aus der Differenzenbildung Δxa (kT ) = xa (kT ) − xa (kT − T ) = d0 · xe (kT ) + d1 · xe (kT − T ) + d2 · xe (kT − 2T ) +(1 − c1 ) · xa (kT − T ) + c1 · xa (kT − 2T ) − xa (kT − T ) = d0 · xe (kT ) + d1 · xe (kT − T ) + d2 · xe (kT − 2T ) −c1 · xa (kT − T ) + c1 · xa (kT − 2T ). Damit gilt: Δxa (kT ) = d0 xe (kT )+d1 xe (kT −T )+d2xe (kT −2T )−c1Δxa (kT −T ). (12.22) Dieser Algorithmus wird auch als Geschwindigkeitsalgorithmus bezeichnet und vorwiegend bei Stellgliedern mit integralem Verhalten, wie z. B. Schrittmotoren eingesetzt. Es soll hier nochmals daran erinnert werden, dass die Reglerparameter KP , TN , TV und TD von der Auslegung eines analogen Reglers als bekannt vorausgesetzt sind.

262

12 Quasikontinuierlicher Entwurf digitaler Regler

Praktische Realisierung in einer SPS. SPS ist die Abk¨ urzung f¨ ur Speicherprogrammierbare Steuerung. Diese Art von Steuerungen wird in weiten Bereichen der digitalen Regelung eingesetzt. Bei der praktischen Realisierung des Rekursionsalgorithmus in einer SPS werden die Datengl¨ attung (erforderlich f¨ ur das Differenzieren) sowie die Positions- und Geschwindigkeitssignale in getrennte Gleichungen aufgespalten. Schritt 1: Zun¨ achst werden die Messwerte gefiltert mittels der Gleichung xf (kT ) = xe (kT ) + α (xe (kT − T ) − xe (kT )) .

(12.23)

¨ Die zugeh¨ orige z-Ubertragungsfunktion Ff (z) =

(1 − α)z Xf (z) = Xe (z) z−α

¨ ist die Ubertragungsfunktion eines einfachen PT1 -Gliedes (Tiefpasses) mit der Zeitkonstanten T1 = −α/ ln T bzw. der Eckfrequenz ωE = 1/T1 . Schritt 2: Nun wird die Regeldifferenz als Differenz des Sollwertes und des gefilterten Messwertes ermittelt aus xd (kT ) = w(kT ) − xf (kT ) .

(12.24)

Schritt 3: Dann wird die Geschwindigkeitsausgabe Δx(kT ) mit der Rekursionsgleichung  T xd (kT ) Δxa (kT ) = KP [xd (kT ) − xd (kT − T )] + TN −

TV [2xf (kT − T ) − xf (kT ) − xf (kT − 2T )] T

(12.25)

berechnet. Der erste Term enth¨ alt den proportionalen Anteil, dann folgt der integrierende Anteil. Die Differentiation als dritter Anteil wird ebenso nur auf die gefilterten Messwerte angewendet. Schritt 4: Im letzten Schritt werden dann die Geschwindigkeitsanteile aufaddiert und ergeben das Positions- oder Stellungssignal xa (kT ) = xa (kT − T ) + Δxa (kT ) .

12.1.4

(12.26)

¨ Das diskrete Aquivalent

¨ Methode. Bei der Ermittlung des Reglers nach dem diskreten Aquivalent werden die Pole und Nullstellen der Regler¨ ubertragungsfunktion von der s-Ebene in die z-Ebene ¨ abgebildet. Dabei wird von der Pol-/Nullstellendarstellung der Ubertragungsfunktion des Reglers ausgegangen: FR (s) =

b 0 + b 1 s + . . . + b m sm (s − s01 )(s − s02 ) · · · (s − s0m ) , = Qa · n a0 + a1 s + . . . + an s (s − s1 )(s − s2 ) · · · (s − sn )

(12.27)

12.1 Digitale Realisierung analoger Regler

263

mit dem Faktor Qa = bm /an . Die Pole und Nullstellen werden mit der Transformation ¨ des z = esT von der s-Ebene in die z-Ebene abgebildet. Die z-Ubertragungsfunktion Reglers wird somit ebenfalls zun¨ achst in der Pol-/Nullstellendarstellung bestimmt: D(z) = Qd ·

c0 + c1 z + . . . + cm z m (z − z01 )(z − z02 ) · · · (z − z0m ) = , (z − z1 )(z − z2 ) · · · (z − zn ) d0 + d1 z + . . . + dn z n

(12.28)

mit dem Faktor Qd = cm /dn . Die Abbildungsregeln lauten im Einzelnen: 1. Besitzt FR (s) eine Polstelle bei si = −α, dann erh¨alt D(z) eine Polstelle bei zi = esi T = e−αT . 2. Besitzt FR (s) eine endliche Nullstelle bei s0i = −β, dann erh¨alt D(z) eine Nullstelle bei z0i = es0i T = e−βT . 3.1 Alle Nullstellen von FR (s) im Unendlichen werden bei D(z) auf eine Nullstelle bei z0i = −1 abgebildet. 3.2 Wenn f¨ ur das digitale Filter z. B. aus Rechenzeitgr¨ unden eine Einheitsverz¨ ogerung erforderlich ist, dann wird die Nullstelle bei s0i = ∞ abgebildet auf eine Nullstelle bei z0i = ∞. Die Zahl der Nullstellen von D(z) ist um eins kleiner als die Zahl der Polstellen. Dadurch entf¨ allt in der Rekursionsgleichung der Term d0 · xe (kT ). 4. Der Faktor Qd von D(z) wird so angepasst, dass die Betr¨age von D(z) und FR (s) • im Zentrum des Frequenzbandes, oder • bei der Durchtrittsfrequenz ωD , oder • z. B. bei der Frequenz ω = 0 u ¨bereinstimmen. D. h. es wird Qd berechnet aus der Beziehung     D(z)

z=ejωx T

    = FR (s)

.

(12.29)

s=jωx

mit ωx als entsprechende Frequenz. Diese Methode soll ebenfalls an einem Beispiel demonstriert werden. Beispiel 12.4: Es wird wieder der PI-Regler von Beispiel 12.1 untersucht. Hierzu ist zun¨ achst eine Umformung auf die Pol-Nullstellendarstellung erforderlich. FR (s) = KP ·

1 + TN s 1/TN + s = KP · . TN s s

Die Pole und Nullstellen von FR (s) liegen somit bei: s1 = 0

s01 = −1/TN .

und

Die Abbildung dieser Pole und Nullstellen erfolgt (f¨ ur T =1 s) zu: z1 = es1 T = e0 = 1

und

z01 = es01 T = e−T /TN = 0,6065.

264

12 Quasikontinuierlicher Entwurf digitaler Regler

Damit lautet die Pol-Nullstellendarstellung des digitalen Reglers D(z) = Qd ·

z − z01 z − e−T /TN . = Qd · z − z1 z−1

(12.30)

Das Prinzip der Berechnung von Qd l¨ asst sich mit Zahlenwerten leichter demonstrieren. Daher werden die Zahlenwerte des analogen PI-Reglers von Beispiel 12.1 herangezogen. Diese Zahlenwerte des analogen Reglers sind KP = 3, TN = 2 s und T = 1 bzw. 0,01 s. Die Verst¨ arkungsanpassung von analogem und digitalem Regler bei ωx = 0 macht keinen Sinn, da der analoge Regler dann eine unendliche Verst¨arkung aufweist. G¨ unstiger ist eine Anpassung f¨ ur die maximale Frequenz s = jωx = jωT /2 = j(2π/T )/2 = jπ/T . Der entsprechende Punkt in der z-Ebene ist dann z = ejωx T = ej(π/T )T = ejπ = −1. Dann wird (zun¨achst f¨ ur T = 1 s):     FR (s)

s=jπ/T

   s + 1/T   N = KP ·     s s=jπ/T    j(π/1)s−1 + (1/2)s−1    = 3·  = 3,0378   j(π/1)s−1

mit s als Einheit Sekunde, und f¨ ur den digitalen Regler wird:     D(z)

z=−1

   z − e−T /TN    = Qd ·    z−1   z=−1   −1 − e−1/2    = Qd ·   = 0,8033 · Qd .  −1 − 1 

Aus dem Gleichsetzen dieser beiden Betr¨ age gem¨aß Gleichung 12.29 resultiert dann der Faktor Qd des digitalen Reglers zu: Qd = 3,7818. ¨ Die z-Ubertragungsfunktion des digitalen Reglers lautet somit D(z) = 3,7818 ·

3,7818 − 2,2938z −1 z − 0,6065 = z−1 1 − z −1

und die entsprechende Rekursionsgleichung resultiert dann zu: (T = 1 s :) xa (kT ) = xa (kT − T ) + 3,7818xe (kT ) − 2,2938xe (kT − T ) (T = 0,01 s :) xa (kT ) = xa (kT − T ) + 3,0075xe (kT ) − 2,9925xe (kT − T ) .

12.1 Digitale Realisierung analoger Regler

265

Sie sind (bei diesem Beispiel) praktisch identisch mit den Rekursionsgleichungen nach der bilinearen Transformation.  ¨ Aufgabe 12.3: Gegeben sei ein analoger PDTD -Regler mit der Ubertragungsfunktion FR (s) = 3 ·

1 + 2s . 1 + 0,2s

¨ 1. Bestimmen Sie die z-Ubertragungsfunktion des digitalen Reglers nach der Me¨ thode des diskreten Aquivalent f¨ ur eine Abtastzeit von 10 ms. 2. Wie lautet die im Mikrocontroller zu programmierende Rekursionsgleichung des Reglers? L¨ osung: 1. D(z) =

29,3356 − 29,1893z −1 . 1 − 0,9512z −1

2. xa (kT ) = 0,9512xa(kT − T ) + 29,3356xe (kT ) − 29,1893xe (kT − T ). 

Die Untersuchung der Spezialregeln 3.1 und 3.2. Die Regeln 3.1 und 3.2 sollen ebenfalls an einem Beispiel demonstriert werden. Beispiel 12.5: Betrachtet werde die fiktive Regler¨ ubertragungsfunktion FR (s) =

2 . s+2

Dann wird der Pol bei s1 = −2 f¨ ur eine Abtastzeit T = 0,1 s abgebildet auf z1 = e−2T = −0,2 = 0,8187. e Abbildungsregel 3.1 bildet die Nullstelle bei s01 = ∞ ab auf z01 = −1. Dann lautet die ¨ z-Ubertragungsfunktion D1 (z) = Qd1 ·

z+1 1 + z −1 . = Qd1 · , z − 0,8187 1 − 0,8187z −1

und die Rekursionsgleichung resultiert zu: xa (kT ) = 0,8187xa(kT − T ) + Qd1 [xe (kT ) + xe (kT − T )] .

266

12 Quasikontinuierlicher Entwurf digitaler Regler

Abbildungsregel 3.2 dagegen bildet die Nullstelle bei s01 = ∞ ab auf z01 = ∞. Dann ¨ lautet die z-Ubertragungsfunktion D2 (z) = Qd2 ·

1 z −1 . = Qd2 · , z − 0,8187 1 − 0,8187z −1

und die Rekursionsgleichung resultiert zu: xa (kT ) = 0,8187xa(kT − T ) + Qd2 xe (kT − T ) . Unabh¨ angig von den Zahlenwerten von Qd1 und Qd2 entf¨allt bei der Anwendung von Regel 3.2 der Term xe (kT ) in der Rekursionsgleichung. Dies ist im folgenden Fall von Bedeutung: ur A/D-Wandlung, Berechnung des StellWenn f¨ ur die Gesamtzeit TGes f¨ wertes xa (kT ) und D/A-Wandlung nicht gilt TGes T , dann erfolgen die Messung des Regelsignals xe (kT ) und die Ausgabe des Stellsignals xa (kT ) nicht mehr fast synchron. F¨ ur z. B. T = 0,1 s und TGes = 0,04 s l¨agen 40ms zwischen Messung von xe (kT ) und der Ausgabe von xa (kT ). Ein- und Ausgabe verlaufen asynchron und somit kann Regel 3.1 nicht angewendet werden. Es ist eine Reglergleichung erforderlich, in der xe (kT ) nicht auftaucht. Diese Reglergleichung liefert die Anwendung von Regel 3.2 . urden Messung und Ausgabe W¨ are dagegen TGes = 0,004 s = 4 ms, dann w¨ des Stellsignals praktisch synchron erfolgen und das Regelgesetz nach Regel 3.1 kann verwendet werden. 

12.1.5

¨ Das Halteglied-Aquivalent

¨ Methode. Die Berechnung der diskreten Ubertragungsfunktion des digitalen Reglers ¨ nach dem Verfahren des Halteglied-Aquivalents wurde in Kapitel 10.3.1 schon ausf¨ uhr¨ lich behandelt. Die Vorgehensweise ist dieselbe wie bei der Ermittlung der Ubertragungsfunktion der Regelstrecke mit vorgeschaltetem Halteglied und nachgeschaltetem Abtaster. Es wird daher an dieser Stelle nur das Ergebnis wiederholt. ¨ ¨ Die Berechnung der z-Ubertragungsfunktion D(z) des digitalen Reglers aus der Ubertragungsfunktion FR (s) des analogen Reglers erfolgt nach dem Schema: z−1 ·Z D(z) = z



FR (s) s

.

(12.31)

¨ F¨ ur einen analogen PI-Regler wurde in Beispiel 10.7 die diskrete Ubertragungsfunktion ermittelt zu: D(z) =

KP + KP · (T /TN − 1) · z −1 . 1 − z −1

12.1 Digitale Realisierung analoger Regler

267

Das Ergebnis f¨ ur den digitalen Regler stimmt in diesem Fall u ¨ berein mit dem Regler, entwickelt nach dem Verfahren des Vorw¨ artsdifferenzenquotienten. Mit den Reglerparametern KP = 3, TN = 2 s und der Abtastzeit T = 1 bzw. 0,01 s ¨ lauten dann die z-Ubertragungsfunktionen des Reglers (T = 1 s :) (T = 0,01 s :)

3 − 1,5z −1 Xa (z) = Xe (z) 1 − z −1 3 − 2,9850z −1 Xa (z) = D(z) = Xe (z) 1 − z −1

D(z) =

und die entsprechenden Rekursionsgleichungen haben die Form (T = 1 s :) xa (kT ) = xa (kT − T ) + 3xe (kT ) − 1,5xe (kT − T ) (T = 0,01 s :) xa (kT ) = xa (kT − T ) + 3xe (kT ) − 2,9850xe (kT − T ) . Die Ergebnisse sind identisch mit denen des Vorw¨artsdifferenzenquotienten.

12.1.6

Direkte z-Transformation“ ”

Methode. Abschließend soll die als direkte z-Transformation bezeichnete Methode f¨ ur die Berechnung des digitalen Reglers betrachtet werden. Bei dieser Transformation ¨ wird mithilfe der Tabelle 9.1 direkt“ die Ubertragungsfunktion FR (s) in den z-Bereich ” transformiert. Als Transformationsregel wird verwendet: D(z) = Z {FR (s)} .

(12.32)

Diese Art der Transformation erweist sich jedoch als ungeeignet. Denn theoretisch geht f¨ ur T → 0 ein Abtastsystem in das korrespondierende zeitkontinuierliche System u ¨ber, d. h. es ist die folgende Gleichung erf¨ ullt: lim G(z) = G(s).

T →0

(12.33)

Die Anwendung der Regel nach Gleichung 12.32 soll wieder am Beispiel des PI-Reglers demonstriert werden. ¨ Beispiel 12.6: Die Ubertragungsfunktion des PI-Reglers lautet: FR (s) = KP ·

1 + TN s KP = KP + . TN s TN s

Die Anwendung der Transformationsregel nach Gleichung 12.32 liefert

268

12 Quasikontinuierlicher Entwurf digitaler Regler s-Bereich KP KP 1 · TN s

z-Bereich KP KP z ⇒ · TN z − 1 ¨ Dann resultiert als diskrete Ubertragungsfunktion des PI-Reglers ⇒

D(z) =

Xa (z) KP z KP · (1/TN + 1) − KP · z −1 · . = KP + = Xe (z) TN z − 1 1 − z −1

¨ Da die z-Ubertragungsfunktion unabh¨ angig von der Abtastzeit T ist, sind f¨ ur den PI¨ Regler mit den Reglerparametern KP = 3, TN = 2 s die z-Ubertragungsfunktionen f¨ ur die Abtastzeiten T = 1 bzw. 0,01 s identisch: D(z) =

4,5 − 3z −1 Xa (z) = Xe (z) 1 − z −1

und die entsprechende Rekursionsgleichung hat die Form xa (kT ) = xa (kT − T ) + 4,5xe (kT ) − 3xe (kT − T ). F¨ ur T = 1 s ist das Ergebnis korrekt, aber f¨ ur T = 0,01 s liegen die Zahlenwerte weit von den bei Anwendung der anderen Verfahren ermittelten Werte entfernt. ¨ Uberpr¨ uft man die Bedingung nach Gleichung 12.33 f¨ ur den digitalen Regler, entworfen nach der direkten z-Transformation“, dann ist Gleichung 12.33 nicht erf¨ ullt. Das ” Einsetzen der N¨aherung von z = esT ≈ 1 + sT ergibt KP · (1/TN + 1)z − KP z−1 KP · (1/TN + 1) · (1 + sT ) − KP und somit wird = (1 + sT ) − 1 KP · [1/TN + (1/TN + 1)sT ] ⇒ ∞. lim D(z) = lim KP · T →0 T →0 Ts D(z) =

¨ Die Uberpr¨ ufung von Gleichung 12.33 f¨ ur einen anderen digitalen Regler, z. B. den Regler entworfen nach der Methode von Tustin, zeigt die Erf¨ ullung von Gleichung 12.33. ¨ Es lautet die z-Ubertragungsfunktion des Reglers nach Tustin D(z) = KP ·

(2TN + T ) + (T − 2TN )z −1 (2TN + T )z + (T − 2TN ) = KP · . (12.34) −1 2TN − 2TN z 2TN z − 2TN

Einsetzen der N¨aherung von z = esT ≈ 1 + sT ergibt KP · (2TN + T ) · (1 + sT ) + KP · (T − 2TN ) 2TN · (1 + sT ) − 2TN 2T · (1 + TN s) + sT 2 und somit wird = KP · 2T TN s 1 + TN s lim D(z) = KP · = FR (s). T →0 TN s D(z) =



12.1 Digitale Realisierung analoger Regler

269

¨ Die Methode der direkten z-Transformation“ liefert also keine verwendbare z-Uber” tragungsfunktion eines digitalen Reglers.

12.1.7

Vergleich der entworfenen Regler

Nachdem in den vorangehenden Abschnitten verschiedene Methoden zur Entwicklung digitaler Regler aus einem gegebenen analogen Regler dargestellt wurden, sollen nun die entworfenen Regler verglichen werden. Dieser Vergleich soll erstens mittels des Amplitudengangs |D(z)| der Regler und zweitens mittels der Analyse der Regler im geschlossenen Regelkreis durchgef¨ uhrt werden. Vergleich der Amplitudeng¨ ange der Regler. Hierbei stellt sich als erstes die Frage, was unter dem Amplitudengang eines digitalen Reglers (Filters) zu verstehen ist. ¨ Der Amplitudengang einer diskreten Ubertragungsfunktion D(z) ist in Kapitel 13.2.1 definiert zu: |D(z)|z=ejωT

f¨ ur 0 ≤ ω ≤ ωT /2.

(12.35)

Abb. 12.1 zeigt die Amplitudeng¨ ange des analogen Reglers FR (s) =

KP · (1 + TN · s) TN · s

mit KP = 3 und TN = 2 s

(12.36)

¨ und zus¨ atzlich die Amplitudeng¨ ange aller digitalen Regler mit den z-Ubertragungsfunktionen D(z) =

b0 + b1 z −1 a0 + a1 z −1

(12.37)

2

10

|D(z)| dB

6101

0

10 −2 10

−1

10

0

10

1

-

10

ω/s

−1

2

10

3

10

Abbildung 12.1: Amplitudeng¨ange der entworfenen PI-Regler f¨ ur eine Abtastfrequenz von 100 Hz: analoger Regler (—); digitale Regler: Vorw¨artsdiff./Halteglied¨aquiv. (o), ¨ bilinearer Entwurf/diskr. Aquiv. (*), R¨ uckw¨artsdiff. (x), Direkter Entwurf (.-)

270

12 Quasikontinuierlicher Entwurf digitaler Regler

und den entsprechenden Werten f¨ ur a0 , a1 , . . . f¨ ur die Abtastzeit T = 0,01 s, d. h. die ur den digitaAbtastfrequenz ωT = (2π)/T = 628,3 s−1 bzw. fT = 1/T = 100 Hz. Der f¨ len Regler g¨ ultige Frequenzbereich liegt dann nach dem Shannon’schen Abtasttheorem bei ωT 0≤ω≤ = 314,2 s−1 . 2 Die Amplitudeng¨ ange der analogen und digitalen Regler unterscheiden sich nur unwesentlich. Allein der gestrichelt gezeichnete Amplitudenverlauf des Reglers nach dem direkten Entwurf“ weicht von den anderen Amplitudenverl¨aufen deutlich ab. Diese ” Entwurfsmethode scheidet somit f¨ ur die weitere Betrachtung aus. Der Unterschied der anderen Amplitudeng¨ ange im g¨ ultigen Frequenzbereich bis ω = 314,2 s−1 ist so gering, dass eine Wertung bez¨ uglich der G¨ ute der einzelnen Entwurfsverfahren nur schlecht vorgenommen werden kann. Die Amplitudeng¨ ange der diskreten Regler werden nun erneut berechnet, nun aber f¨ ur die gr¨ oßere Abtastzeit T = 1 s, d.h. ωT = (2π)/T = 6,28 s−1 bzw. fT = 1 Hz und in Abb. 12.2 dargestellt. 2

10

|D(z)| dB

6101

0

10 −2 10

−1

10

0

10

1

-

10

ω/s−1

2

10

3

10

Abbildung 12.2: Amplitudeng¨ange der entworfenen PI-Regler f¨ ur eine Abtastfrequenz von 1 Hz: analoger Regler (—); digitale Regler: Vorw¨artsdiff./Halteglied¨aquiv. (o), bili¨ nearer Entwurf/diskr. Aquiv. (*), R¨ uckw¨artsdiff. (x) Nun zeigen sich im Verlauf der diskreten Amplitudeng¨ange deutliche Abweichungen vom Verlauf des Amplitudengangs des analogen Reglers im g¨ ultigen Frequenzbereich bis ωT /2 = 3,14 s−1 = " 0,5 Hz. Auff¨ allig sind die großen Zacken“ bei den Ampli” tudenverl¨ aufen im Frequenzbereich oberhalb der halben Abtastfrequenz von 3,14 s−1 . ¨ Die Amplitudenverl¨ aufe sind hier nicht mehr g¨ ultig. Die beste Ubereinstimmung mit dem analogen“ Amplitudengang zeigt der Amplitudengang des Reglers, der mit der ” bilinearen Transformation (nach Tustin) berechnet wurde (dargestellt durch * “). ” Daraus l¨ asst sich folgern, dass f¨ ur gen¨ ugend große Abtastfrequenzen die Auswahl der Entwurfsmethode des digitalen Reglers unkritisch ist. Erst f¨ ur niedrige Abtastfrequenzen erweist sich die Diskretisierungsmethode nach Tustin als u ¨berlegen.

12.1 Digitale Realisierung analoger Regler

271

Aufgabe 12.4: Bestimmen Sie f¨ ur einen PI-Regler mit den Zahlenwerten KP = 1 und ¨ der digitalen Regler f¨ ur die Entwurfsverfahren TN = 1 s die z-Ubertragungsfunktionen nach Abschnitt 12.1.1 bis 12.1.5 f¨ ur die Abtastzeit T = 0,5 s. L¨ osung: R¨ uckw¨ artsdifferenzenverfahren: Vorw¨ artsdifferenzenverfahren: Bilinearer Entwurf: ¨ Diskretes Aquivalent: ¨ Halteglied-Aquivalent =

1,5 − z −1 1 − z −1 1 − 0,5z −1 D(z) = 1 − z −1 1,25 − 0,75z −1 D(z) = 1 − z −1 1,2606 − 0,7646z −1 D(z) = 1 − z −1 Vorw¨ artsdifferenzenverfahren D(z) =



Vergleich der Regler im geschlossenen Regelkreis. Dieser Vergleich soll anhand ¨ der Regelung einer Verz¨ ogerungsstrecke 2. Ordnung beschrieben durch die Ubertragungsfunktion FS (s) =

2/3 KS = (1 + T1 s) · (1 + T2 s) (1 + 0,5s) · (1 + 2s)

(12.38)

durchgef¨ uhrt werden. Es gilt also KS = 2/3, T1 = 0,5 s und T2 = 2 s. Ein PI-Regler, bestimmt nach dem Verfahren der dynamischen Kompensation, mit den Parametern KP = 3 und TN = 2 s f¨ uhrt zu einem guten Regelverhalten mit ca. 5 % ¨ Uberschwingen (siehe Abb. 12.3). Die Sprungantworten des Systems bei Einsatz der verschiedenen digitalen Regler (gezeichnet wie in Abb. 12.2 als Kreuze ( x“), Kreise ” ( o“) und Sterne ( *“) ) bei einer Abtastzeit von T = 0,01 s, d. h. ωT = 628,3 s−1 , ” ” ist ebenfalls in Abb. 12.3 eingezeichnet. Die Sprungantworten des mit dem analogen 1.2

x(t)

1

0.8

6

0.6 0.4 0.2 0

0

1

2

3

-

4

5

6

t/s

Abbildung 12.3: Sprungantworten des Systems bei Verwendung der verschiedenen analogen und digitalen PI-Regler f¨ ur eine Abtastfrequenz von 100 Hz (gezeichnet als –“) bzw. den schnellen“ digitalen Reglern geregelten Systems sind bei ” ”

272

12 Quasikontinuierlicher Entwurf digitaler Regler

der Abtastzeit von T = 0,01 s nicht zu unterscheiden. Somit erscheint eine Wertung der Verfahren bei dieser kleinen Abtastzeit nicht sinnvoll. Es sollen daher wie beim Methodenvergleich auf der Basis des Amplitudengangs ebenfalls die Sprungantworten bei der kleineren Abtastfrequenz ωT = 6,28 s−1 = " fT = 1 Hz untersucht werden. Die Abtastzeit der in Abb. 12.4 dargestellten Sprungantworten betr¨ agt somit 1 s. 1.4 1.2

x(t) 1 60.8 0.6 0.4 0.2 0

0

1

2

3

-

4

5

6

t/s

Abbildung 12.4: Sprungantworten des Systems bei Verwendung der verschiedenen PIRegler f¨ ur eine Abtastfrequenz von 1 Hz: analoger Regler (—); digitale Regler: Vorw¨arts¨ diff./Halteglied¨aquiv. (o), bilinearer Entwurf ≈ diskr. Aquiv. (*), R¨ uckw¨artsdiff. (x) Nun ist ein deutlicher Unterschied beim Einschwingverhalten bei Verwendung des ana¨ logen und der verschiedenen digitalen Regler festzustellen. Das gr¨oßte Uberschwingen tritt bei Einsatz des Reglers auf, der nach der Methode des Vorw¨artsdifferenzenquotienten entworfen ist (Kurve o “). Dieser Regler ist identisch mit dem Regler nach dem ” ¨ Halteglied-Aquivalent. Die k¨ urzeste Anregelzeit weist der Regler nach dem R¨ uckw¨artsdifferenzenverfahren (Kurve x “) auf. Der Regler nach dem bilinearen Entwurf, der ” ¨ nahezu identisch mit dem Regler nach dem diskreten Aquivalent ist (Kurve * “), liegt ” im Zeitverhalten zwischen den beiden anderen Entw¨ urfen. Hervorgerufen wird dieses unterschiedliche Zeitverhalten durch die aufgrund der Reglergleichungen unterschiedlichen Stellamplituden, die in Abb. 12.5 dargestellt sind. Die schnellere Reaktion des Reglers nach dem R¨ uckw¨artsdifferenzenverfahren wird, wie Abb. 12.5 zeigt (Treppenkurve mit einem x “ zu Beginn des Abtastschritts), durch ” die gr¨ oßere Stellamplitude zu Beginn des Einschwingvorgangs hervorgerufen. Die Stellamplitude f¨ ur den Regler nach dem Vorw¨ artsdifferenzenverfahren (Treppenkurve mit einem o “ zu Beginn des Abtastschritts) ist zun¨achst praktisch gleich dem analogen ” Stellsignal, wird dann jedoch f¨ ur mehrere Abtastschritte gr¨oßer als das analoge Signal. ¨ Dies f¨ uhrt dann zu dem h¨ oheren Uberschwingen bei Verwendung dieses Reglers. Im Zeitverlauf zwischen beiden treppenf¨ ormigen Stellsignalen liegt das Stellsignal des Reglers auf der Basis des bilinearen Entwurfs (Treppenkurve mit einem * “ zu Beginn des ” Abtastschritts).

12.1 Digitale Realisierung analoger Regler

273

5 4

y(t) 63 2 1 0

0

1

2

3

-

4

5

6

t/s

Abbildung 12.5: Stellamplituden bei Verwendung der verschiedenen PI-Regler f¨ ur eine Abtastfrequenz von 1 Hz: analoger Regler (—); digitale Regler: Vorw¨arts¨ diff./Halteglied¨aquiv. (o), bilinearer Entwurf ≈ diskr. Aquiv. (*), R¨ uckw¨artsdiff. (x)

Eine Verbesserung des Einschwingverhaltens nach Abb. 12.4 l¨asst sich durch eine Reduzierung der Reglerverst¨ arkung erzielen. Multipliziert man die in Aufgabe 12.4 berechneten Regler¨ ubertragungsfunktionen mit dem Faktor 0,8, dies entspricht einer Reduzierung der Verst¨ arkung um 20 %, so resultieren die in Abb. 12.6 gezeigten Verl¨aufe. Die Einschwingverl¨ aufe f¨ ur die Regler, entworfen nach dem bilinearen Entwurf (Kurve * “) und dem R¨ uckw¨ artsdifferenzenverfahren (Kurve x “), liegen nun wesentlich ” ” n¨ aher beim Zeitverlauf f¨ ur den analogen Regler (siehe Abb. 12.6). Nur der Entwurf des Reglers nach dem Vorw¨ artsdifferenzenverfahren (Kurve o “) weist nach wie vor noch ” ¨ ein deutlich u auf. ¨berh¨ohtes Uberschwingen

1.5

x(t) 1 6 0.5

0

0

1

2

3

-

4

5

6

t/s

Abbildung 12.6: Sprungantworten des Systems bei Verwendung verschiedener PIRegler (Abtastfrequenz 1 Hz) und eine um 20 % reduzierte Verst¨arkung: analoger Regler (—); digitale Regler: Vorw¨artsdiff./Halteglied¨aquiv. (o), bilinearer Entwurf ≈ diskr. ¨ Aquiv. (*), R¨ uckw¨artsdiff. (x)

274

12 Quasikontinuierlicher Entwurf digitaler Regler

Die Amplituden der Stellsignale sind nun merklich kleiner als vor der Reduzierung der Reglerverst¨ arkung, wie Abb. 12.7 zeigt. 4

x(t)3 6 2

1

0

0

1

2

3

4

-

5

6

t/s

Abbildung 12.7: Stellamplituden bei Verwendung der verschiedenen PI-Regler f¨ ur eine Abtastfrequenz von 1 Hz: analoger Regler (—); digitale Regler: Vorw¨arts¨ diff./Halteglied¨aquiv. (o), bilinearer Entwurf ≈ diskr. Aquiv. (*), R¨ uckw¨artsdiff. (x) Res¨ umee. Bei hinreichend kleinen Abtastzeiten spielt der verwendete Algorithmus zur Berechnung der Reglergleichung praktisch keine Rolle. Erst bei gr¨oßer werdenden Abtastzeiten sind Auswirkungen des Verfahrens erkennbar. Die Verwendung eines diskreten Reglers, ermittelt nach der Methode der bilinearen Transformation (Tustin’sche Formel) zeigt die geringsten Abweichungen vom kontinuierlichen Regler und wird daher am h¨ aufigsten eingesetzt.

12.2

Der digitale Regler nach Takahashi

¨ Grundlagen. Ahnlich zu den Einstellregeln von Ziegler-Nichols bzw. Chien-HronesReswick hat Takahashi Einstellregeln f¨ ur die Reglerparameter eines digitalen Reglers entwickelt [66], [67]. Ausgangspunkt f¨ ur die Entwicklung der Regler nach Takahashi ist ¨ nach [67] die z-Ubertragungsfunktion des digitalen PID-Reglers nach Gleichung 12.15 wie folgt: 0



z−1 T z + 1 TV D(z) = KP · 1 + + ·  · T z · (1 + TD /T ) − TD /T 2 · TN z − 1 

1 . (12.39)

Die Zeitkonstante TD des Differenzieranteils muss dabei so groß gew¨ahlt werden, dass  der Einfluss des Signalrauschens reduziert wird. Dann werden die Koeffizienten KP , TN  und TV des digitalen Reglers nach einer der beiden nachfolgenden Methoden auf der Basis der Kenngr¨ oßen des analogen Systems berechnet.

12.2 Der digitale Regler nach Takahashi

275

Methode I. Hierbei sind zun¨ achst die kritische Verst¨arkung KP,Krit und die zugeh¨orige Periodendauer TKrit des Regelkreises bei Verwendung eines P-Reglers zu ermitteln. Die Parameter des digitalen Reglers werden dann nach der folgenden Tabelle (nach Ziegler und Nichols) berechnet. Reglerparameter 





Reglertypen

KP

TN

TV

P

0,5 KP,Krit

-

-

PI

0,45 KP,Krit

0,83 TKrit

-

PID

0,6 KP,Krit

0,5 TKrit

0,125 TKrit

Tabelle 12.1: Reglereinstellwerte nach Takahashi, Methode I ¨ Damit resultiert dann die z-Ubertragungsfunktion 12.39 mit den neuen Koeffizienten zu D(z) =

d0 + d1 · z −1 + d2 · z −2 1 − (1 − c1 ) · z −1 − c1 · z −2

mit 

0



0



0

KP · d0 = 1 + TD /T KP d1 = · 1 + TD /T

KP · d2 = 1 + TD /T c1 =



T + TD TD + TV 1+ +  T 2 · TN

1



T 2 · (TD + TV ) −1 +  − T 2 · TN



TD + TV TD −  T 2 · TN

1

1

−TD . T + TD

Methode II. Hier sind mit der Wendetangentenmethode zun¨achst die Ersatzzeitkonstanten Tu und Tg sowie die Streckenverst¨ arkung KS zu ermitteln. Weiterhin muss die    Abtastzeit T bekannt sein. Die Parameter KP , TN und TV des digitalen Reglers werden dann anhand von Tabelle 12.2 berechnet und wie bei Methode I weiterverarbeitet. Da f¨ ur die in Abschnitt 12.1 verwendete Strecke 2. Ordnung keine endliche kritische Verst¨ arkung KP,Krit existiert, soll nur Methode II nach Takahashi an dieser Strecke getestet werden.

276

12 Quasikontinuierlicher Entwurf digitaler Regler Reglerparameter 

Reglertypen

KP

P

1 KS 0,9 KS 1,2 KS

PI PID





TN

TV -

·

Tg Tu

-

·

Tg Tu +T /2 Tg Tu +T

3,33 ·(Tu + T /2)

·



(Tu +T /2)2 Tu +T

Tu +T 2

Tabelle 12.2: Reglereinstellwerte nach Takahashi, Methode II Beispiel 12.7: ¨ Gegeben sei die Ubertragungsfunktion der analogen Strecke FS (s) =

2/3 KS = . (1 + T1 s) · (1 + T2 s) (1 + 0,5s) · (1 + 2s)

Die Ersatzzeitkonstanten Tu und Tg werden grafisch bzw. rechnerisch ermittelt zu: Tu = ur die Abtastzeit 0,215 s und Tg = 3,333 s. Die Parameter eines PI-Reglers resultieren f¨ T = 0,1 s nach Tabelle 12.2 zu: 

KP = 16,9811



und

TN = 0,8832 s .

Dann lautet die Rekursionsgleichung des digitalen Reglers: xa (kT ) = xa (kT − T ) + 17,9424xe(kT ) − 16,0198xe(kT − T ). Abb. 12.8 zeigt ein wenig befriedigendes F¨ uhrungsverhalten aber ein relativ gutes 1.8 1.6 1.4

x(t) 1.2 61 0.8 0.6 0.4 0.2 0

0

5

10

15

20

-

25

30

35

40

t/s

Abbildung 12.8: F¨ uhrungs- und St¨orverhalten bei Verwendung eines PI-Reglers nach Takahashi (Methode II) bei einer Abtastfrequenz von 10 Hz St¨ orverhalten (ab t ≥ 20 s) der Regelgr¨ oße x(t). Dies ist im Wesentlichen auf die große  uckzuf¨ uhren.  Reglerverst¨ arkung KP zur¨

12.3



12.3

Regler¨ uberlauf“ (Controller Wind-Up)

277

Regleru¨berlauf“ (Controller Wind-Up) ”

Beschreibung. Bei der praktischen Anwendung entworfener analoger und/oder digitaler Regler mit Integralanteil kann es bei Vorhandensein von Stellgliedbeschr¨ankungen Stellglied

Regler W (z)- iXd (z)D(z) − 6

U (z) -

Regelstrecke Y (z) -

H0 G(z)

X(z) -

Abbildung 12.9: Digitaler Regelkreis mit Stellgliedbegrenzung zu einem so genannten Regler¨ uberlauf“ kommen. Dieser unerw¨ unschte Effekt kommt ” wie folgt zustande: Sobald das Stellsignal u(kT ) die Beschr¨ ankung des Stellglieds erreicht, wird das Eingangssignal y(kT ) in die Regelstrecke auf den Maximalwert des Stellsignals begrenzt. Dadurch w¨ achst die Regelabweichung weiter an, da nicht gen¨ ugend Stellenergie zur Verf¨ ugung gestellt wird. Diese Regelabweichung wird aber vom Regler immer weiter aufintegriert, ohne dass das Stellsignal wegen der Begrenzung steigt. Wird nun nach einiger Zeit die Regelabweichung negativ, so dauert es sehr lange, bis der Integrator von seinem hohen Signalwert herunter integriert. Die Folge dieses Effekts sind l¨ anger andauernde und gr¨ oßere Regeldifferenzen. Algorithmus 1. Eine wirkungsvolle Reduzierung dieses Ph¨anomens besteht nach [24] darin, die Begrenzung des Stellsignals in der Reglergleichung in geeigneter Weise mitzu¨ rechnen und ein begrenztes Stellsignal aus dem Regler auszugeben. Die diskrete Ubertragungsfunktion D(z) des Reglers D(z) =

C(z) N (z)

wird in das Z¨ ahler- und Nennerpolynom (C(z) und N (z)) aufgespalten und in der in Abb. 12.10 gezeigten Weise verarbeitet. Xd (z) - C(z)

E1 (z)

E(z) + i + 6 E2 (z)

U (z) -

1 − N (z)  Abbildung 12.10: Schema der Signalverarbeitung im Regler bei Stellsignalbegrenzung

278

12 Quasikontinuierlicher Entwurf digitaler Regler

Es werden im Regler die beiden folgenden Gleichungen realisiert: E(z) = C(z) · Xd (z) + [1 − N (z)] · U (z) U (z) = SAT {E(z)}

und

(12.40) (12.41)

mit SAT als Operator f¨ ur die Begrenzung. Liegt das Signal E(z) innerhalb der Begrenzung, dann ist U (z) = E(z) und Gleichung 12.40 lautet: U (z) = C(z) · Xd (z) + [1 − N (z)] · U (z). Aufgel¨ ost nach D(z) =

D(z) =

U (z) resultiert Xd (z)

U (z) C(z) = . Xd (z) N (z)

¨ Wird die Begrenzung nicht erreicht, dann ist die z-Ubertragungsfunktion des Reglers ¨ identisch zur Original¨ ubertragungsfunktion. Bei Uberschreiten der Grenze wird jedoch die Begrenzung im Regler ber¨ ucksichtigt und die Wirkung des Regler¨ uberlaufs reduziert. Abb. 12.11 verdeutlicht die Gesamtstruktur des Systems. Regler mit Anti-Wind-Up Stellglied Xd (z)

W (z) + hE(z) - h - C(z) − + 6 6

U(z)-

Regelstrecke Y (z) -

H0 G(z)

X(z) -

1 − N (z) 

Abbildung 12.11: Regelkreis mit Anti-Wind-Up-Regler Das Verfahren des Anti-Wind-Up soll an einem Beispiel demonstriert werden.

Beispiel 12.8: ¨ F¨ ur die Verz¨ ogerungsstrecke 3. Ordnung beschrieben durch die Ubertragungsfunktion FS (s) =

0,5 (1 + s) · (1 + 2s) · (1 + 5s)

12.3



Regler¨ uberlauf“ (Controller Wind-Up)

279

wird nach dem Verfahren der dynamischen Kompensation der folgende analoge Regler ausgelegt: FR (s) =

2,67 · (1 + 5s) . 5s

Der entsprechende digitale Regler nach Tustin f¨ ur eine Abtastzeit von T = 0,5 s lautet: D(z) =

2,8035 − 2,5365z −1 . 1 − z −1

Der Regler ist so ausgelegt, dass bei einem Sprung der F¨ uhrungsgr¨oße maximal 20 % ¨ Uberschwingen auftritt bei einer Ausregelzeit von 17 s f¨ ur ein 5 % Fehlerband. Das Stellglied weist eine Begrenzung bei ±2,5 auf. Es werden nun drei verschiedene Regelkreise miteinander verglichen: Kreis 1 ist der normale digitale Regelkreis ohne jegliche Stellsignalbegrenzung. Dann lautet die Rekursionsgleichung f¨ ur den digitalen Regler nach Tustin f¨ ur eine Abtastzeit von T = 0,5 s : y(kT ) = y([k − 1]T ) + 2,8035xd(kT ) − 2,5365xd([k − 1]T ). Hierbei gilt u(kT ) = y(kT ). Die Signalverl¨aufe f¨ ur diesen Kreis sind in den Abbildungen 12.12 und 12.13 fett hervorgehoben (Kurve —). Kreis 2 ist der digitale Regelkreis mit Stellsignalbegrenzung. Die Reglergleichung ist unver¨ andert: u(kT ) = u([k − 1]T ) + 2,8035xd(kT ) − 2,5365xd([k − 1]T ). Die Signalverl¨ aufe f¨ ur den Kreis mit diesem Regler sind in den Abbildungen 12.12 und 12.13 bezeichnet mit Kurve a “. ” Kreis 3 ist der digitale Regelkreis mit Anti-Wind-Up-Korrektur. Die Reglergleichungen werden mittels Gleichung 12.40 und 12.41 ermittelt: E(z) = C(z) · Xd (z) + [1 − N (z)] · U (z) ergibt E(z) = (2,8035 − 2,5365z −1) · Xd (z) + [1 − (1 − z −1 )] · U (z) = (2,8035 − 2,5365z −1) · Xd (z) + z −1 · U (z) und damit wird e(kT ) = 2,8035xd(kT ) − 2,5365xd([k − 1]T ) + u(kT − T ) u(kT ) = SAT {e(kT )} .

280

12 Quasikontinuierlicher Entwurf digitaler Regler Die Signalverl¨ aufe f¨ ur den Kreis mit diesem Regler sind in den Abbildungen 12.12 und 12.13 bezeichnet mit Kurve b “. ” 1.4 1.2

a

x(t) 1 60.8

b

0.6 0.4 0.2 0

0

5

10

15

20

-

25

30

35

40

t/s

Abbildung 12.12: Sprungantwort des geschlossenen Regelkreises (T = 0,5 s) f¨ ur die F¨ uhrungsgr¨oße mit w " = 1 f¨ ur die Systeme: Kreis 1 ohne Stellsignalbegrenzung (Kurve —); Kreis 2 mit Stellsignalbegrenzung (Kurve a “); Kreis 3 mit Anti-Wind-Up” Korrektur (Kurve b “) ” Die Regelgr¨ oße von Kreis 1 schwingt 20 % u ¨ber und die Ausregelzeit betr¨agt 17 s (siehe Abb. 12.12). Die Stellgr¨ oße erreicht einen Maximalwert von ca. 3,7 Einheiten (siehe ¨ Abb. 12.13). Ohne Anti-Wind-Up-Korrektur (Kreis 2) bleibt das Uberschwingen zuf¨allig bei ca. 20 %, aber die Ausregelzeit steigt auf 28 s an. Die Stellamplitude ist auf 2,5 Ein4 3.5

x(t) 3 62.5

a

b

2 1.5 1 0.5 0

0

5

10

15

20

-

25

30

35

40

t/s

Abbildung 12.13: Stellgr¨oßenverl¨aufe f¨ ur die Systeme: Kreis 1 ohne Stellsignalbegrenzung (Kurve —); Kreis 2 mit Stellsignalbegrenzung (Kurve a “); Kreis 3 mit ” Anti-Wind-Up-Korrektur (Kurve b “) ” ¨ heiten begrenzt. Mit Anti-Wind-Up-Korrektur (Kreis 3) geht das Uberschwingen deutlich zur¨ uck und die Ausregelzeit sinkt auf 12 s. Die Stellamplitude ist wieder auf 2,5 Einheiten begrenzt. Die Kurvenverl¨ aufe best¨atigen die Verbesserung des dynamischen Verhaltens bei Einsatz der Anti-Wind-Up-Korrektur. Mit Verwendung dieser Korrek¨ turmaßnahme wird das Entwurfsziel (maximal 20 % Uberschwingen und Ausregelzeit

12.3



Regler¨ uberlauf“ (Controller Wind-Up)

281

kleiner 17 s) auch mit Stellgliedbeschr¨ ankung erreicht. Die Wirksamkeit der Korrekturmaßnahme ist umso gr¨ oßer, je mehr das maximale Stellsignal (im unbegrenzten Fall) u  ¨ ber dem Begrenzungswert (hier |yMax | = 2,5) liegt. Das in den Gleichungen 12.40 beschriebene Verfahren kann auch bei instabilen Reglern angewendet werden. Algorithmus 2. Bei diesem Verfahren wird die Wind-Up-Korrektur direkt auf den integrierenden Anteil des Reglers abgestimmt. Die Methode wird erl¨autert f¨ ur einen realen PID-Regler, sie kann jedoch leicht auf einen allgemeinen Regler mit I-Anteil u ¨ bertragen werden. Ausgehend von einem analogen realen PID-Regler in Standarddarstellung

FR (s) =

KD · s KP TV · s Xa (s) KI KP = KP + + = KP + + . Xe (s) s 1 + TD s TN · s 1 + TD s

ergeben sich die diskretisierten Anteile f¨ ur eine Abtastzeit T zu: P-Anteil: DP (z) = KP ⇒ xa,P (kT ) = KP · xe (kT ) .

I-Anteil ohne Wind-Up-Korrektur:  KP  DI (z) = (z. B. nach Tustin)  2 z−1 TN s  s= · T z+1 Kp T 1 + z −1 · = 2TN 1 − z −1  KP T  ⇒ xa,I (kT ) = xa,I (kT − T ) + · xe (kT ) + xe (kT − T ) . 2TN

DTD -Anteil:

 KP TV s  DD (z) =  1 + TD s  =

⇒ xa,D (kT ) =

Kp TV TD 1 1 + TTD

(z. B. nach R¨ uckw¨artsdiff.quot.) z−1 Tz 1 − z −1 · (1 + TTD ) − z −1

KP TV · xa,D (kT − T ) + · [xe (kT ) − xe (kT − T )] . TD s=

282

12 Quasikontinuierlicher Entwurf digitaler Regler - DP (z) Xe (z)

? Xa (z) - j -

u - DD (z)

6 - DI (z)

Abbildung 12.14: PID-Regler ohne Wind-Up-Korrektur Abb. 12.14 zeigt die Struktur des digitalen PID-Reglers. Bei der Wind-Up-Korrektur wird nun nur beim I-Anteil die Differenz zwischen dem unbegrenzten x ˜a (kT ) und begrenzten Ausgang xa (kT ) subtrahiert (siehe Abb. 12.15). - DP (z) Xe (z)

t - DD (z)

- DI (z)

˜ a (z) X

? - i 6 – - i 

T Tw

·

z −1 1−z −1



SAT -

Xa (z) -

? – i 

Abbildung 12.15: PID-Regler mit Wind-Up-Korrektur I-Anteil mit Wind-Up-Korrektur:.  KP T  · xe (kT ) + xe (kT − T ) 2TN  T  − x ˜a (kT − T ) − xa (kT − T ) . Tw

xa,I (kT ) = xa,I (kT − T ) +

F¨ ur xa (kT − T ) = x ˜a (kT − T ) ist die Korrektur unwirksam. Wird jedoch xa (kT − T ) < x˜a (kT − T ), dann wird ein negativer Korrekturterm von xa,I (kT ) subtrahiert und reduziert die Wirkung des Wind-Up. Die Zeitkonstante Tw kann ver¨andert werden, um die Korrektur auf den Anwendungsfall abzustimmen. Der I-Anteil wird dann beschrieben durch: Xa,I (z) =

Kp T 1 + z −1 T z −1 ˜ a (z) − Xa (z)] . · · Xe (z) − · · [X −1 2TN 1 − z Tw 1 − z −1

12.3



Regler¨ uberlauf“ (Controller Wind-Up)

283

In der Wirkung unterschieden sich die beiden Methoden nur wenig. Der Vorteil bei Methode 2 liegt darin, dass man u ¨ber die Zeitkonstante Tw die Korrektur auf den Anwendungsfall abstimmen kann und damit flexibler ist. Dies soll wieder an der Verz¨ogerungsstrecke 3. Ordnung von Beispiel 12.8 demonstriert werden.

Beispiel 12.9: ¨ F¨ ur die Verz¨ ogerungsstrecke 3. Ordnung beschrieben durch die Ubertragungsfunktion 0,5 (1 + s) · (1 + 2s) · (1 + 5s)

FS (s) =

wird nach dem Verfahren der dynamischen Kompensation der folgende analoge Regler ausgelegt:

FR (s) =

2,67 · (1 + 5s) . 5s

Der entsprechende digitale Regler nach Tustin f¨ ur eine Abtastzeit von T = 0,5 s lautet:

D(z) =

2,8035 − 2,5365z −1 . 1 − z −1

Der Regler ist so ausgelegt, dass bei einem Sprung der F¨ uhrungsgr¨oße maximal 20 % ¨ Uberschwingen auftritt bei einer Ausregelzeit von 17 s f¨ ur ein 5 % Fehlerband. Das Stellglied weist eine Begrenzung bei ±2,5 auf. Es wird nun die Reglerstruktur nach Abb. 12.15 (ohne den nicht vorhandenen DAnteil) aufgebaut. Die Anwendung der Wind-Up-Korrektur nach Algorithmus 2 hat als zus¨ atzlichen Freiheitsgrad bei der Auslegung die Wind-Up-Zeitkonstante“ TW . Die ” nachfolgende Abbildung zeigt den Verlauf der Sprungantwort des Regelkreises f¨ ur den Fall ohne Wind-Up-Korrektur (Fettgezeichneter Verlauf) und f¨ ur die zwei Wind-UpZeitkonstanten TW = 1 s und 5 s. Der Verlauf der Regelgr¨ oße f¨ ur TW = 1 s entspricht praktisch dem mit dem Algorithmus 1 erzielten Ergebnis. Im Vergleich dazu ist der Signalverlauf TW = 5 s etwas langsamer ¨ und das Uberschwingen wird gr¨ oßer. Dieses Ergebnis ist nicht allgemeing¨ ultig. Generell hat man mit dieser Wind-Up-Zeitkonstanten jedoch einen zus¨ atzlichen Entwurfsparameter (Korrekturfaktor) den man geeignet einstellen kann.

284

12 Quasikontinuierlicher Entwurf digitaler Regler

1.4 1.2

b

x(t) 1 60.8

a

0.6 0.4 0.2 0

0

5

10

15

20

-

25

30

35

40

t/s

Abbildung 12.16: Sprungantwort f¨ ur die Systeme: Kreis 1 ohne Wind-Up-Korrektur (Kurve —); Kreis 2 mit Wind-Up-Korrektur f¨ ur TW = 1 s (Kurve a “); Kreis 3 mit ” Wind-Up-Korrektur f¨ ur TW = 5 s (Kurve b “) ” 

13

Ortskurvenverfahren

13.1

Das Wurzelortskurvenverfahren

13.1.1

Grundlagen des Entwurfsverfahrens

Grundlagen. Das Wurzelortskurvenverfahren in der digitalen Regelung wird ¨aquivalent angewendet zum Verfahren in der analogen Regelung. F¨ ur den digitalen Standardregelkreis V (z) W (z) -e − 6

D(z)

− -? e - H0 G(z)

X(z) -

Abbildung 13.1: Digitaler Regelkreis ubertragungsfunktion lautet die chamit D(z) und H0 G(z) als Regler- bzw. Strecken¨ rakteristische Gleichung 1 + K · D(z) · H0 G(z) = 0.

(13.1)

¨ Hierbei ist angenommen, dass die Reglerverst¨ arkung KP = K aus der Ubertragungsfunktion D(z) des Reglers herausgezogen ist. Eine andere Schreibweise der charakteristischen Gleichung ist N {D(z)} · N {H0 G(z)} + K · Z{D(z)} · Z{H0 G(z)} = 0.

(13.2)

mit Z{ . } und N { . } als Z¨ ahler- bzw. Nennerpolynom. Die Wurzelortskurve ist der geometrische Ort f¨ ur alle Wurzeln der charakteristischen Gleichung in Abh¨angigkeit von der Reglerverst¨ arkung K. Es ist K somit der Laufparameter der Ortskurve. Die Bedeutung der Wurzelortskurve als Entwurfswerkzeug liegt nun darin, dass man durch die Wahl der Reglerverst¨ arkung K die Lage der Nullstellen (Wurzeln) der charakteristischen Gleichung, d. h. der Pole des geschlossenen Kreises, festlegt. Die Nullstellen der Z¨ahlerpolynome der jeweiligen F¨ uhrungs- und St¨or¨ ubertragungsfunktion bleiben unbeeinflusst von der Wahl von K. Die Wurzelortskurve verl¨auft von den Nullstellen der Nennerpolynome N {D(z)} bzw. N {H0 G(z)}, beginnend mit K = 0, in die Nullstellen der Z¨ ahlerpolynome Z{D(z)} bzw. Z{H0 G(z)} f¨ ur K ⇒ ∞.

286

13 Ortskurvenverfahren

Die Aufgabe des Reglerentwurfs mithilfe der Wurzelortskurve ist die Auswahl des Reglers und die Festlegung der Reglerverst¨ arkung K derart, dass die Pole des geschlossenen Kreises in dem gew¨ unschten Stabilit¨ atsgebiet in der z-Ebene liegen (siehe Abb. 11.9).

13.1.2

Stabilit¨atsgebiete in der z-Ebene

Erl¨ auterung. Nach Abschnitt 11.1 m¨ ussen f¨ ur einen stabilen digitalen Regelkreis die Wurzeln der charakteristischen Gleichung innerhalb des Einheitskreises liegen. Sofern die F¨ uhrungs¨ ubertragungsfunktion FW (z) des Kreises n¨aherungsweise durch ein PT2 -Verhalten beschrieben werden kann, d. h. sofern der Kreis ein dominantes Polpaar aufweist, erweist sich die Hinzuziehung von Hilfslinien in der z-Ebene als hilfreich f¨ ur die Festlegung der Reglerverst¨ arkung K. Vorwiegend verwendet werden dann die Hilfslinien konstanter D¨ampfung D und konstanter Kreisfrequenz ω0 , wie in Abb. 13.2 eingezeichnet. 1 0.6π/T 0.8

0.5π/T

0.4π/T 0.10.3π/T

0.7π/T

0.6

0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9

0.8π/T

0.4 0.9π/T 0.2

Im(z)

6

0

a b

0.2π/T

0.1π/T

d c

π/T π/T

−0.2 0.9π/T

0.1π/T

e

−0.4

−0.6

0.8π/T

0.2π/T

0.7π/T

−0.8

0.3π/T 0.6π/T

−1 −1

−0.8

−0.6

−0.4

−0.2

0.5π/T 0

-

0.4π/T 0.2

0.4

0.6

0.8

1

Re(z)

Abbildung 13.2: Linien konstanter D¨ampfung D [beginnend im Punkt (+1,0)] und konstanter Kreisfrequenz ω0 (beginnend auf dem Einheitskreis) mit den Hervorhebungen: Linie mit D¨ampfung D = 0,1 (Kurve a), 0,2 (Kurve b), Linie mit Kreisfrequenz ω0 = π/10T (Kurve c), Linie mit Kreisfrequenz ω0 = 2π/10T (Kurve d) sowie Punkt e“ mit den Koordinaten 0,4 − j0,6 in der z-Ebene ” Diese Hilfslinien sollen nun n¨ aher betrachtet werden. 1. Die Linien konstanter D¨ampfung D in Abb. 13.2 gelten von außen nach innen f¨ ur die D¨ampfungen D = 0,1 (Kurve a), 0,2 (Kurve b), 0,3 . . . 0,9. F¨ ur ein PT2 -Verhalten von FW (z) gilt zwischen der D¨ampfung D und dem prozentualen

13.1 Das Wurzelortskurvenverfahren ¨ maximalen Uberschwingen u¨ der Regelgr¨oße der Zusammenhang

−π · D | ln u¨| D=) bzw. u ¨ = exp √ . 1 − D2 π 2 + (ln u ¨)2

287

(13.3)

2. Die Linien konstanter Kreisfrequenz ω0 sind in Abb. 13.2 von rechts nach links gezeichnet f¨ ur die Werte von ω0 = n · π/(10T ) f¨ ur n = 1, 2 . . . 10 mit T als Abtastzeit. Zwischen der Kreisfrequenz ω0 und der Anregelzeit TAn der Regelgr¨oße besteht im Bereich der D¨ ampfung D ≈ 0,7 die Beziehung TAn ≈

π . ω0

(13.4)

Die ¨ außerste rechte halbkreisf¨ ormige Linie konstanter Kreisfrequenz in Abb. 13.2 — also f¨ ur n = 1 und mit Kurve c bezeichnet — entspr¨ache f¨ ur ein System mit der Abtastzeit T = 0,2 s somit einer Anregelzeit von TAn =

π π = 2 s. = ω0 1 · π/(10 · 0,2 s)

Die zweite Linie von rechts — also f¨ ur n = 2 und mit Kurve d bezeichnet — entspr¨ ache einer Anregelzeit von TAn = 1 s, usw. 3. Der Abstand eines dominanten Polpaares vom Ursprung l¨asst auf die Ausregelzeit TAus der Regelgr¨ oße x(t) schließen. In der s-Ebene stellen die Linien konstanter Ausregelzeit vertikale Geraden mit den Achsenabschnitten Re{s} = −δ mit δ als Abklingkonstante dar. Die Abbildung dieser vertikalen Linien in die z-Ebene f¨ uhrt gem¨ aß Abb. 11.5 zu konzentrischen Kreisen um den Ursprung mit dem Radius

T r = exp · ln  , (13.5) TAus mit T als Abtastzeit und  als Gr¨ oße des Fehlerbandes mit den Werten 1 %, 2 %, 5 % oder 10 %. Der in Abb. 13.2 mit e “ ) hervorgehobene Punkt an der Position ” 0,4 − j0,6 weist einen Abstand von r = 0,42 + 0,62 = 0,7211 vom Ursprung auf. Bei einer Abtastzeit T = 0,2 s und einem 2 % Fehlerband entspr¨ache dieser Punkt somit einer Ausregelzeit von TAus = T ·

ln  = 2,39 s. ln r

Diese Hilfslinien erleichtern die Auswahl der Reglerverst¨arkung K, da man nun einen Anhaltspunkt f¨ ur die An-, Ausregelzeit oder D¨ampfung hat, sofern der geschlossene Kreis n¨ aherungsweise durch ein dominantes Polpaar beschrieben werden kann.

288

13.1.3

13 Ortskurvenverfahren

Entwurf eines Reglers

Anwendung. Der Entwurf eines Reglers mithilfe der Wurzelortskurve soll anhand einer Verz¨ ogerungsstrecke dargestellt werden. Gegeben ist die PT2 -Regelstrecke mit ¨ der Ubertragungsfunktion FS (s) =

1 1 = . (1 + T1 s) · (1 + T2 s) (1 + s) · (1 + 0,5s)

(13.6)

¨ Es gilt also KS = 1, T1 = 1 s und T2 = 0,5 s. Die zugeh¨orige z-Ubertragungsfunktion der Strecke mit vorgeschaltetem Halteglied und nachgeschaltetem Abtaster lautet f¨ ur eine Abtastzeit von T = 0,5 s: H0 G(z) =

0,1548z −1 + 0,0939z −2 . 1 − 0,9744z −1 + 0,2231z −2

(13.7)

Der gew¨ ahlte PI-Regler, ausgelegt nach dem Verfahren der dynamischen Kompensation, ¨ besitzt die Ubertragungsfunktion FR (s) = K ·

1+s . s

(13.8)

¨ Die zugeh¨ orige z-Ubertragungsfunktion, diskretisiert nach der bilinearen Transformation, resultiert f¨ ur eine Abtastzeit von T = 0,5 s zu: D(z) = K ·

1,25 − 0,75z −1 . 1 − z −1

(13.9)

Die charakteristische Gleichung lautet in Abh¨angigkeit von K z 3 + (0,1935K − 1,9744)z 2 + (0,0013K + 1,1975)z − (0,0704K + 0,2231) = 0. (13.10) ¨ Die Ordnung dieser Gleichung betr¨ agt n = 3. Folglich besitzt die Wurzelortskurve 3 Aste (siehe Abb. 13.3). Sie beginnen in den Polen von Strecke und Regler (bei z1 = +0,6065, z2 = +0,3679 und z3 = +1 hervorgehoben durch ein x “ und enden in den Nullstellen ” bei z01 = –0,6065 und z02 = +0,6 sowie im Unendlichen, jeweils hervorgehoben durch ein o“. ” Vergleicht man die Pole der Strecke (z1 = +0,6065 und z2 = +0,3679) mit der Reglernullstelle bei z01 = +0,6, so stellt man fest, dass keine exakte Kompensation des Streckenpols bei +0,6065 durch die Reglernullstelle bei +0,6 stattfindet. F¨ ur K > 5,4 verl¨ asst die Wurzelortskurve den Einheitskreis, der Regelkreis wird instabil. Die nachfolgende Abb. 13.4 zeigt einen Ausschnitt aus der Wurzelortskurve. Hervorgehoben ist durch ein ∗“ der Punkt auf der Wurzelortskurve mit der Verst¨arkung K = 0,69. ”

13.1 Das Wurzelortskurvenverfahren

289

K

Im(z)

6

K

K

-

Re(z)

Abbildung 13.3: Wurzelortskurve des Regelkreises f¨ ur T = 0,5 s

Im(z)

6

-

Re(z)

Abbildung 13.4: Ausschnitt aus der Wurzelortskurve des Regelkreises f¨ ur T = 0,5 s Dieser Punkt ( ∗ “) liegt genau auf der Hilfslinie mit der D¨ampfung D = 0,7 und ” ungef¨ ahr auf der Linie mit der Kreisfrequenz 1,75 · π = 1,10s−1 . ω0 = 10 · 0,5s

290

13 Ortskurvenverfahren

Dies entspricht dann nach Gleichung 13.4 einer Anregelzeit TAn ≈ 2,86 s. Der Abstand des Punktes vom Nullpunkt betr¨ agt r ≈ 0,68. Nach Gleichung 13.5 entspricht dies dann f¨ ur ein 2%-Fehlerband einer Ausregelzeit von TAus = 5,07 s. Die Aussagen hinsichtlich D¨ ampfung, An- und Ausregelzeit gelten f¨ ur die Regelgr¨oße x(t) jedoch nur dann, wenn ein dominantes Polpaar die Dynamik des geschlossenen Regelkreises bestimmt. Da die ¨ Wurzelortskurve jedoch 3 Aste aufweist, muss ein dritter Pol f¨ ur K = 0,69 existieren. Bei genauerer Analyse von Abb. 13.4 ist dieser dritte Pol links der Nullstelle z01 = 0,6 zu finden. Er befindet sich jedoch so nahe bei der Nullstelle, dass seine Wirkung durch die Nullstelle kompensiert wird (Pol-/Nullstellenkompensation). Somit ist f¨ ur den Einschwingvorgang des geschlossenen Kreises f¨ ur einen Sollwertsprung zu erwarten, dass die Regelgr¨ oße eine D¨ ampfung von D = 0,7 (entsprechend u¨ ≈ 4,3 %) aufweist, sowie eine An- und Ausregelzeit von 2,75 s bzw. 5,07 s. Die in Abb. 13.5 gezeigte Sprungantwort best¨atigt weitgehend die oben ermittelten Zeiten f¨ ur An-, Ausregelzeit und D¨ ampfung. Der geschlossene Regelkreis kann durch ein ¨ dominierendes Polpaar beschrieben werden, daher ist die erwartete gute Ubereinstimmung der in der z-Ebene abgesch¨ atzten und im Zeitverhalten nachgewiesenen Kenngr¨ oßen festzustellen. 1.4 1.2

x(t)

1

60.8 0.6 0.4 0.2 0

0

1

2

3

4

5

-

6

7

8

9

10

t/s

Abbildung 13.5: Sprungantwort des Regelkreises f¨ ur die Abtastzeit T = 0,5 s und die Reglerverst¨arkung K = 0,69 mit eingezeichnetem 2 %-Fehlerband Wenn die F¨ uhrungs¨ ubertragungsfunktion nicht durch ein dominierendes Polpaar beschrieben werden kann, dann sind die Hilfslinien nur als grober Anhaltspunkt zu werten. ¨ Aufgabe 13.1: Gegeben ist die folgende Ubertragungsfunktion einer analogen PT2 Regelstrecke FS (s) =

2 . (1 + s) · (1 + 4s)

Verwenden Sie f¨ ur die Auslegung eines PI-Reglers die Methode der dynamischen Kompensation. Die Abtastzeit betrage T = 1 s. Zeichnen Sie die Wurzelortskurve des diskreten Systems und beantworten Sie anhand der Wurzelortskurve die Fragen 2 und 3.

13.2 Der Entwurf mithilfe des Bode-Diagramms

291

¨ 1. Wie lautet die z-Ubertragungsfunktion des digitalen PI-Reglers? 2. Bestimmen Sie anhand der Wurzelortskurve f¨ ur das diskrete System die Reglerverst¨ arkung KP so, dass der geschlossene Kreis eine D¨ampfung von D = 0,6 aufweist. Wie groß ist KP ? 3. Wie groß sind die An- und Ausregelzeit der Regelgr¨oße f¨ ur ein sprungf¨ormiges F¨ uhrungssignal f¨ ur ein 5 %-Fehlerband? L¨ osung: 1. D(z) = KP ·

1,125 − 0,875z −1 . 1 − z −1

2. KP = 0,84 3. TAn ≈ 5 s und TAus = 7,77 s.



13.2

Der Entwurf mithilfe des Bode-Diagramms

13.2.1

Das diskrete“ Bode-Diagramm ”

Grundlagen. Die Vorteile des Entwurfs mithilfe des Bode-Diagramms f¨ ur kontinuierliche Systeme sind wie folgt zu sehen: 1. Amplituden- und Phaseng¨ ange k¨ onnen relativ leicht von Hand konstruiert werden. 2. Bei einfachen“ Systemen (Phasenminimumsystem) kann aus dem Amplituden” und Phasenrand die Stabilit¨ at des Regelkreises bestimmt werden. 3. Die Bestimmung der Regler (Festlegung der Reglerverst¨arkung, Auslegung von Korrekturnetzwerken) kann mithilfe des Bode-Diagramms durchgef¨ uhrt werden. 4. Aus dem Frequenzverhalten kann auf das Verhalten der Regelgr¨oße im Zeitbereich geschlossen werden (z.B. Bandbreite ↔ Anregelzeit). Diese Vorteile m¨ ochte man beim Entwurf diskreter Regler erhalten. ¨ F¨ ur die Darstellung des diskreten“ Bode-Diagramms wird von der folgenden z-Uber” tragungsfunktion eines Regelkreisgliedes ausgegangen: G(z) =

b0 + b1 z −1 + . . . + bm z −m . a0 + a1 z −1 + . . . + an z −n

(13.11)

292

13 Ortskurvenverfahren

¨ Amplituden- und Phasengang (also das diskrete“ Bode-Diagramm) dieser z-Ubertra” gungsfunktion sind nach [24] definiert zu |G(z)| = |G(z)|z=ejωT  ∠{G(z)} = ∠{G(z)}z=ejωT

f¨ ur f¨ ur

0 ≤ ω ≤ ωT /2 0 ≤ ω ≤ ωT /2.

(13.12) (13.13)

Die Gr¨ oße z l¨ auft somit entlang dem Einheitskreis von z = 0 bis z = −1 gem¨aß der Beziehung z = ejωT mit T als Abtastzeit und ωT = (2π)/T als Abtastfrequenz. Die Darstellung dieses Bode-Diagramms erfolgt wieder in der Frequenzebene ω. Damit bleiben die Vorteile des Reglerentwurfs mithilfe des Bode-Diagramms zu einem gewissen Grad erhalten. Die einfache Konstruktion von Hand“ ist jedoch nicht mehr ” m¨ oglich. Außerdem ist die G¨ ultigkeit des Bode-Diagramms wegen des Shannon’schen Abtasttheorems auf den Frequenzbereich bis zur halben Abtastfrequenz begrenzt. Beispiel. In Abb. 13.7 sind Amplituden- und Phasendiagramme der folgenden schwingungsf¨ ahigen Regelstrecke 3. Ordnung von Beispiel 12.4 dargestellt: FS (s) = " G(s) =

1 0,5 . = 3 2 3 2 1 + s + 5s + 2s s + 2,5s + 0,5s + 0,5

(13.14)

¨ Die z-Ubertragungsfunktion der Regelstrecke mit vorgeschaltetem Halteglied und nachgeschaltetem Abtaster lautet f¨ ur eine Abtastzeit von T = 0,5 s: H0 G(z) =

0,0078z −1 + 0,0233z −2 + 0,0042z −3 . 1 − 2,1946z −1 + 1,5164z −2 − 0,2865z −3

(13.15)

W¨ ahrend FS (s) keine endlichen Nullstellen besitzt, weist H0 G(z) aufgrund des Abtastund Haltevorgangs zwei endliche Nullstellen bei z01 = −2,8075 und z02 = −0,1914 auf. Zun¨ achst wird die obere Kurve des Amplitudengangs betrachtet. Kurve a in Abb. 13.7 zeigt den Amplitudengang der analogen Regelstrecke und Kurve b zeigt den Amplitudengang der Strecke mit Abtaster und Halteglied. Die Amplitudeng¨ange sind bis zur halben Abtastfrequenz (ω ≈ 6 s−1 ) weitgehend identisch. Ab der Frequenz ωT /2 ist der Amplitudengang von H0 G(z) irrelevant. F¨ ur die Phaseng¨ange (untere Abbildung 13.7) gilt eine ¨ahnliche Aussage. Kurve a zeigt den Phasengang der analogen Regelstrecke, und Kurve b zeigt den Phasengang der Strecke mit Abtaster und Halteglied. Die Phaseng¨ange sind nun jedoch nur bis ca. zu 1/10 der Shannon’schen Grenzfrequenz von 6,28 s−1 , d. h. bis 0,628 s−1 deckungsgleich. Der Abtast- und Haltevorgang wirkt sich nur wenig auf den Amplitudenverlauf aus, die Phasennacheilung jedoch nimmt deutlich zu. Es wird hierdurch ersichtlich, dass der Entwurf des digitalen Reglers auf der Basis des analogen“ Bode-Diagramms nur mit Einschr¨ankungen m¨oglich ist. Denn Abtaster ” und Halteglied und seine destabilisierende Wirkung sind darin nicht ber¨ ucksichtigt. Mit

13.2 Der Entwurf mithilfe des Bode-Diagramms

293

der Erstellung des diskreten“ Bode-Diagramms unter Benutzung eines Digitalrechners ” kann aber der Reglerentwurf ¨ ahnlich wie beim Entwurf analoger Regler erfolgen. Bevor auf diesen Reglerentwurf n¨ aher eingegangen wird, soll eine weitere Methode der Erstellung eines diskreten Bode-Diagramms auf der Basis einer bilinearen Transformation erl¨ autert werden.

13.2.2

Die w-Transformation

¨ Erl¨ auterung. Bei der Erstellung des Bode-Diagramms einer diskreten Ubertragungsfunktion G(z) nach den Gleichungen 13.12 und 13.13 verl¨auft die Frequenz ω in der s-Ebene entlang der imagin¨ aren Achse von ω = 0 bis ωT /2, bzw. in der z-Ebene von ¨ z = +1 entlang des Einheitskreises bis z = −1. Die Beschreibung der z-Ubertragungsfunktion G(z) wird beibehalten, nur f¨ ur die Frequenz wird ein geeigneter Pfad in der z-Ebene verwendet. Bei der Methode der Ermittlung des Bode-Diagramms auf der Basis der w-Transfor¨ mation wird zun¨ achst die z-Ubertragungsfunktion G(z) mittels einer bilinearen Transformation in die s-Ebene r¨ ucktransformiert und dann das Bode-Diagramm f¨ ur den Frequenzbereich 0 ≤ ω ≤ ωT /2 berechnet. Zur Unterscheidung von der urspr¨ unglichen s-Ebene wird die Ebene, in die r¨ ucktransformiert wird, als w-Ebene bezeichnet. Die w-Transformation ist quasi die Umkehrung der bilinearen Transformation nach Tustin (siehe Abschnitt 12.1.2) gem¨ aß der Beziehung s=

2 z−1 · . T z+1

(13.16)

Frequenzabh¨ angigkeit der bilinearen Transformation. Vor der Durchf¨ uhrung dieser Umkehrung (siehe Gleichung 13.21) soll der Zusammenhang zwischen den Frequenzen in der s-Ebene und der w-Ebene infolge der bilinearen Transformation n¨aher betrachtet werden. Dazu f¨ uhrt man in Gleichung 13.16 die Substitutionen s = " w = jν z = " esT

und

(13.17) (13.18)

durch. Es resultiert dann f¨ ur w w=

2 esT − 1 2 sT · sT = · tanh . T e +1 T 2

(13.19)

F¨ ur ein rein imagin¨ ares s = jω verl¨ auft z = ejωT auf dem Einheitskreis und es resultiert dann f¨ ur w w= " jν = j ·

ωT 2 · tan . T 2

(13.20)

294

13 Ortskurvenverfahren

3

10

2

10

ν/s−1 6

1

10

0

10

−1

10

−2

10

−3

10

−3

−2

10

10

−1

10

-

0

10

ω/s−1

1

10

Abbildung 13.6: Darstellung der Frequenz ν der w-Transformation abh¨angig von der Frequenz ω F¨ ur Frequenzen bis ω ≈ 3 s−1 sind die Frequenzen ω und ν praktisch identisch, wie Abb. 13.6 f¨ ur die Abtastzeit T = 0,5 s zeigt. Ab der Frequenz ω ≈ 3 s−1 , also ab ωT /4, w¨ achst ν jedoch gegen Unendlich. Somit kann man erwarten, dass die Bode-Diagramme der analogen Strecke und der mit der w-Transformation r¨ ucktransformierten Strecke ca. bis ωT /4 weitgehend u ¨ bereinstimmen. Berechnung der bilinearen Transformation. Die Formel f¨ ur die R¨ ucktransforma¨ tion der z-Ubertragungsfunktion G(z) mithilfe der w-Transformation in die w-Ebene gewinnt man, indem man in Gleichung 13.16 die Gr¨oße s durch w ersetzt und nach z aufl¨ ost. Dann erh¨ alt man die Gleichung z=

1+w· 1−w·

T 2 T 2

.

(13.21)

¨ Die w-Ubertragungsfunktion G(w) berechnet man dann unter Verwendung von    G(w) = G(z) (13.22) 1 + w · T2  z= . 1 − w · T2 ¨ Die Anwendung von Gleichung 13.22 auf die Ubertragungsfunktion des Beispiels von Abschnitt 13.2.1 H0 G(z) =

0,0078z −1 + 0,0233z −2 + 0,0042z −3 1 − 2,1946z −1 + 1,5164z −2 − 0,2865z −3

(13.23)

13.2 Der Entwurf mithilfe des Bode-Diagramms

295

¨ ergibt dann die w-Ubertragungsfunktion    G(w) = H0 G(z) 

=

1+w· T 2 z= 1−w· T 2

0,0023w3 − 0,0149w2 − 0,0900w + 0,4522 . w3 + 2,2560w2 + 0,4752w + 0,4522

(13.24)

¨ Der Vergleich von Gleichung 13.14 mit 13.24 zeigt eine gewisse Ubereinstimmung im Nennerpolynom. Das Z¨ ahlerpolynom weist nun jedoch die durch Abtaster und Halteglied hinzugekommenen zus¨ atzlichen Nullstellen bei w01 = +8,4260, w02 = +4 und bei w03 = −5,8934 auf. ¨ F¨ ur diese w-Ubertragungsfunktion G(w) werden nun Amplituden- und Phasengang 20

10

0

|G(..)| dB

6

−10

−20

b

−30

−40

c −50

−60

a −70 −3 10

−2

10

10 −1

ω/s−1

0

10

1

10

0

−50

−100

∠|G(..)| ◦

6

−150

−200

−250

a

−300

c

−350

−400

b

−450

−500 −3 10

−2

10 -

−1

0

1

ω/s−1 Abbildung 13.7: Amplitudenverlauf (obere Abb.) und Phasenverlauf (untere Abb.) der Regelstrecke: Kurve a: FS (s) = " G(s), Kurve b: H0 G(z) und Kurve c: G(w); ωT /2 = 6,16 s−1 10

10

10

296

13 Ortskurvenverfahren

berechnet und ebenfalls in Abbildung 13.7 als Kurve c eingetragen. Der Amplitudengang von G(w) weicht ab der Frequenz ω ≈ 2 s−1 merklich vom Amplitudengang der kontinuierlichen Strecke (Kurve a) ab. Generell ist jedoch festzustellen, dass die Amplitudeng¨ ange mit Ber¨ ucksichtigung von Abtaster und Halteglied (Kurve b und c) erst im h¨ oheren Frequenzbereich sich von Kurve a unterscheiden. Bei den in Abb. 13.7 dargestellten Phaseng¨ angen sind die Unterschiede der Phasenverl¨aufe deutlich gr¨ oßer. W¨ ahrend der Phasenverlauf von G(s) (Kurve a) von 0◦ bis −270◦ verl¨auft, sind die Phasenverz¨ ogerungen von H0 G(z) und G(w) (Kurve b und c) infolge des Abtast- und Haltevorgangs deutlich gr¨ oßer. Bis zur H¨ alfte der Shannon’schen Grenzfrequenz ωT /2 = 6,16 s−1 , d. h. bis ca. ω ≈ 2 . . . 3 s−1 , stimmen die Verl¨aufe der Phaseng¨ange von H0 G(z) und G(w) noch u ¨ berein, danach weist der Phasengang von H0 G(z) jedoch eine deutlich gr¨ oßere Phasenverz¨ ogerung auf. Abtast- und Haltevorgang wirken sich deutlich mehr auf den Phasenverlauf aus als auf den Amplitudenverlauf. Dies konnte schon in Abb. 8.7 beobachtet werden. Schon ab ca. 1/10 der Shannon’schen Grenzfrequenz von 6,28 s−1 , d. h. ab 0,628 s−1 , nimmt die Phasennacheilung infolge des Abtast- und Haltevorgangs deutlich zu. Zusammenfassend ist festzustellen, dass f¨ ur den Entwurf des digitalen Reglers der analog entworfene Regler u ¨bernommen werden kann, sofern die Abtastfrequenz deutlich u ¨ber den h¨ ochsten im System vorkommenden Frequenzen liegt. Im anderen Fall sind die Amplituden¨ anderungen und Phasenverz¨ ogerungen durch Abtast- und Haltevorgang zu ber¨ ucksichtigen. Es sollte dann das Bode-Diagramm des diskreten Systems verwendet werden. Der Rechenaufwand f¨ ur die Berechnung des Bode-Diagramms von H0 G(z) ist geringer, da die R¨ ucktransformation in die w-Ebene entf¨allt. Daher wird im n¨achsten Abschnitt diese Methode verwendet. In [19] wird auf den Reglerentwurf mithilfe der w-Transformation ausf¨ uhrlich eingegangen. ¨ Aufgabe 13.2: Berechnen Sie die w-Ubertragungsfunktion von Regler (KP = 1) und Strecke von Aufgabe 13.1 f¨ ur die Abtastzeit von T = 1 s. L¨ osung: FR (w) =

13.2.3

w + 0,25 w

und

FS (w) =

−0,0235w2 − 0,1828w + 0,4597 . w2 + 1,1729w + 0,2299



Entwurf eines Reglers

Reglerauslegung. Der Entwurf eines Reglers mithilfe des diskreten Bode-Diagramms soll am Beispiel der im vorangehenden Abschnitt analysierten schwingungsf¨ahigen PT3 Regelstrecke untersucht werden: FS (s) = " G(s) =

1 0,5 . = 3 1 + s + 5s2 + 2s3 s + 2,5s2 + 0,5s + 0,5

(13.25)

13.2 Der Entwurf mithilfe des Bode-Diagramms

297

Die Pole der Regelstrecke liegen bei und s1 = −2,3782 s2,3 = −0,0609 ± j0,4545 . Eigenfrequenz und D¨ ampfung des konjugiert komplexen Polpaares betragen f¨ ur dieses Polpaar ω0 = 0,4585 s−1 bzw. D = 0,134. Der digitale Regler soll in erster Linie die schwachged¨ ampfte Schwingung der Strecke kompensieren. Außerdem soll f¨ ur den Einschwingverlauf der Regelgr¨ oße x(t) die Stellenergie kleine Werte annehmen. Die Abtastzeit betr¨ agt T = 0,5 s. Damit scheidet der Dead-Beat Reglerentwurf, der in Abschnitt 14.2 f¨ ur diese Strecke verwendet wird, aus, denn es resultiert in Beispiel 12.4 f¨ ur diese Abtastzeit eine maximale Stellamplitude von ca. 30. Die gew¨ unschte Reglerstruktur erfordert somit eine komplexe Z¨ahlernullstelle beim schwingungsf¨ ahigen Pol der Regelstrecke, eine Integration zur Beseitigung der bleibenden Regeldifferenz, sowie eine kleine Zeitkonstante TR , damit der Regler realisierbar bleibt und der Z¨ ahlergrad nicht gr¨ oßer als der Nennergrad wird. Der analoge Regler besitzt damit folgende Struktur: FR (s) =

2 KI s2 + 2DR ω0R s + ω0R · . s 1 + TR s

(13.26)

Es werden die Reglerparameter wie folgt gew¨ ahlt: 1. Da die Eigenfrequenz der Strecke genauer messbar ist als die D¨ampfung der Strecke, werden als Reglerwerte gew¨ ahlt ω0R = 0,46 s−1 und DR = 0,1407. Die D¨ ampfung ist dabei ca. 10 % gr¨ oßer als die wahre D¨ampfung der Strecke, die Eigenfrequenz weicht jedoch nur geringf¨ ugig vom wahren Wert ab. 2. Der Integrierbeiwert wird zun¨ achst gew¨ ahlt zu KI = 1 s−1 . 3. Die Zeitkonstante des Reglers wird auf TR = 0,3 s gesetzt, um zu große Stellamplituden zu vermeiden. Mit den Zahlenwerten f¨ ur diskreten Regler und Strecke mit Abtaster und Halteglied ¨ resultiert dann die Ubertragungsfunktion des aufgeschnittenen Regelkreises zu F0 (z) = D(z) · H0 G(z).

(13.27)

Die Abbildung 13.8 zeigt Amplituden- und Phasengang des aufgeschnittenen diskreten Regelkreises. Infolge der komplexen Z¨ ahlernullstelle des Reglers wird die Wirkung der komplexen ¨ Polstelle der Strecke fast vollst¨ andig kompensiert. Die Uberh¨ ohung im Amplitudengang ist beseitigt. Aus dem Bode-Diagramm werden Amplituden- und Phasenrand abgelesen zu

298

13 Ortskurvenverfahren 30

20

10

|F0 (z)| dB

6

0

−10

−20

−30

−40

−50 −2 10

−1

10

-

0

10

ω/s−1

1

10

−50

−100

−150

−200

∠|F0 (z)| ◦

−250

6

−300

−350

−400

−450

−500

−550 −2 10

−1

10

0

10

1

10

- ω/s−1 Abbildung 13.8: Amplituden- und Phasengang von F0 (z) = D(z) · H0 G(z) ARand ϕRand

= =

21dB 79◦

bei bei

ω = 1,73 s−1 ω = 0,2 s−1 .

Ein Phasenrand von 60◦ tritt bei der Frequenz ω ≈ 0,555 s−1 auf. Der Amplitudenrand betr¨ agt bei dieser Frequenz ca. 8,17 dB. Folglich kann man die Verst¨arkung KI noch um 8,17 dB, dies entspricht dem Faktor 2,56 vergr¨oßern. Mit diesem Integrierbeiwert ¨ KI = 2,56 resultiert als Ubertragungsfunktion des Reglers FR (s) =

0,5288 + 0,3274s + 2,56s2 . s2 + 0,3s

(13.28)

Die Diskretisierung dieser Reglergleichung mittels der bilinearen Transformation nach ¨ Tustin f¨ ur die Abtastzeit T = 0,5 s ergibt die diskrete Ubertragungsfunktion D(z) =

4,8635 − 9,1889z −1 + 4,5658z −2 . 1 − 1,0909z −1 + 0,09091z −2

(13.29)

13.2 Der Entwurf mithilfe des Bode-Diagramms

299

¨ Zu dieser z-Ubertragungsfunktion geh¨ ort die Rekursionsgleichung y(kT ) = 1,0909y([k − 1]T ) − 0,09091y([k − 2]T ) + 4,8635xd(kT ) −9,1889xd([k − 1]T ) + 4,5658xd([k − 2]T ).

(13.30)

ort eine D¨ ampfung von D ≈ 0,61 und ein prozentuales Zu einem Phasenrand von 60◦ geh¨ ¨ Uberschwingen von ca. 9 %. Die Bandbreite von |F0 (z)| betr¨agt ca. ωB = 0,555 s−1 . Dies w¨ urde einer Anregelzeit von ca. TAn = π/ωB ≈ 5,71 s entsprechen. Diese Werte werden von der in Abb. 13.9 dargestellten Sprungantwort von x(kT ) f¨ ur eine sprungf¨ormige Eingangsgr¨ oße w(t) = w " · σ(t) best¨ atigt bzw. sogar u ¨ bertroffen. 1.2 1

x(kT ) 0.8

6

0.6 0.4 0.2 0

0

1

2

3

4

5

6

7

-

8

9

10

11

12

13

14

15

t/s

Abbildung 13.9: Sprungantwort des Regelkreises f¨ ur die Abtastzeit T = 0,5 s (eingezeichnetes Fehlerband 10 %) In Abb. 13.10 wird die zugeh¨ orige Stellgr¨ oße y(kT ) aufgetragen. Die maximale Stellamplitude betr¨ agt knapp 5 Einheiten. 5 4

y(kT ) 6

3 2 1 0

−1

0

1

2

3

4

5

6

7

-

8

9

10

11

12

13

14

15

t/s

Abbildung 13.10: Stellgr¨oßenverlauf des Regelkreises f¨ ur die Abtastzeit T = 0,5 s Vergleicht man die Stellamplitude von Abb. 13.10 mit der Stellamplitude des DeadBeat-Reglers f¨ ur dieselbe Abtastzeit von T = 0,5 s (siehe Abb. 14.11), dann liegt die

300

13 Ortskurvenverfahren

maximale Stellamplitude des Dead-Beat-Reglers bei ca. 30 Einheiten. Sie ist also ca. sechsmal gr¨ oßer. Daf¨ ur liegt die Ausregelzeit des Dead-Beat-Reglers bei ca. 1,3 s im Vergleich zu den hier erzielten ca. 6 s. Es besteht der auch bei der analogen Regelung festgestellte Zusammenhang zwischen großer Stellamplitude und kleiner An- bzw. Ausregelzeit, bzw. vice versa. Aufgabe 13.3: Es soll das System von Aufgabe 13.1 weiter untersucht werden. 1. Ermitteln Sie mithilfe des Bode-Diagramms f¨ ur diskrete Systeme den Amplituden- und Phasenrand und die zugeh¨ origen Frequenzen f¨ ur die Reglerverst¨arkung KP = 0,84. ¨ 2. Berechnen Sie die w-Ubertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises f¨ ur die Verst¨ arkung KP = 0,84. 3. Wie groß sind Amplituden- und Phasenrand und die zugeh¨origen Frequenzen bei Verwendung der w-Transformation? L¨ osung: 1. ARand = 15,58 dB bei der Frequenz ω1 = 1,363 s−1 und ϕRand = 58,03◦ bei der Frequenz ω2 = 0,3878 s−1 .

2. F0 (w) =

−0,0198w3 − 0,1585w2 + 0,3478w + 0,0965 . w3 + 1,1729w2 + 0,2299w

3. ARand = 15,58 dB bei der Frequenz ω1 = 1,624 s−1 und ϕRand = 57,82◦ bei der Frequenz ω2 = 0,392 s−1 .



14

Entwurf digitaler Kompensationsregler

Grundlagen. Bei den bisherigen Reglerentw¨ urfen wird von einem berechneten analogen Regler ausgegangen. Dieser analoge Regler wird dann diskretisiert. Dies ist insbesondere dann problemlos, wenn die Abtastfrequenz groß im Verh¨altnis zu den sonstigen im Regelkreis vorkommenden Signalfrequenzen ist. Ist dieser Frequenzabstand nicht gew¨ ahrleistet, dann empfiehlt sich der direkte digitale Reglerentwurf. Hierbei wird, ohne vorher einen analogen Regler zu entwerfen, direkt der digitale Regler f¨ ur die diskrete Strecke mit Abtaster und Halteglied berechnet. Im englischen Sprachraum wird diese Vorgehensweise als Direct Digital Control“ (DDC) bezeichnet. ” Bei dieser Entwurfsmethode wird vom Regelkreis in der Standardform nach Abb. 14.1 ausgegangen. Regler W (z) - i - D(z) 6 −

V (z) Strecke − - ? i - H0 G(z)

X(z) -

Abbildung 14.1: Digitaler Standardregelkreis Die Vorgehensweise f¨ ur den Entwurf eines Kompensationsreglers wird entwickelt anhand der Methode nach Ragazzini [58], [24].

14.1

Der direkte Entwurf nach Ragazzini

Methode. Bei diesem Verfahren wird wie beim Entwurf von analogen Kompensations¨ reglern nach Weber [70], [71] eine z-Ubertragungsfunktion f¨ ur das F¨ uhrungsverhalten vorgegeben und der Regler wird dann so berechnet, dass der geschlossene Kreis das gew¨ unschte F¨ uhrungsverhalten annimmt [67]. ¨ Es wird ausgegangen von der z-Ubertragungsfunktion der Regelstrecke mit vorgeschaltetem Halteglied und nachgeschaltetem Abtaster

H0 G(z) =

b0 + b1 z −1 + . . . + bn z −n B(z) · z −d · z −d = −1 −n a0 + a1 z + . . . + an z A(z)

(14.1)

302

14 Entwurf digitaler Kompensationsregler

mit a0 = 0 sowie d ≥ 0. Die Strecke darf bei dieser Schreibweise eine Totzeit von d Abtastschritten aufweisen. Eine Totzeit von d Abtastschritten liegt vor, wenn im Z¨ ahlerpolynom bei ansonsten gleicher Ordnung von Z¨ahler- und Nennerpolynom, der Term z −d abgespalten werden kann. Mit B(z) und A(z) werden die Z¨ahler- und Nennerpolynome der Strecke abgek¨ urzt. Dann wird der Regler D(z) so bestimmt, dass die F¨ uhrungs¨ ubertragungsfunktion FW (z) des geschlossenen Kreises eine vorgeschriebene (gew¨ unschte) Form annimmt. Es gilt allgemein FW (z) =

D(z) · H0 G(z) . 1 + D(z) · H0 G(z)

(14.2)

Aufgel¨ ost nach D(z) folgt hieraus die Entwurfsgleichung des Reglers D(z) =

FW (z) 1 · . H0 G(z) 1 − FW (z)

(14.3)

Anforderungen f¨ ur eine Strecke mit Polen und Nullstellen innerhalb des Einheitskreises. Damit der nach dieser Gleichung berechnete digitale Regler realisierbar bleibt, m¨ ussen die folgenden Zusatzbedingungen erf¨ ullt sein: 1. Stabilit¨at: Die Regelstrecke muss stabil sein und sie darf keine Nullstellen außer¨ halb des Einheitskreises aufweisen. Pole und Nullstellen der z-Ubertragungsfunkussen also innerhalb des Einheitskreises liegen. Es reicht hierbei tion H0 G(z) m¨ also nicht, nur die Stabilit¨ at der analogen Strecke heranzuziehen. ¨ 2. Kausalit¨at: Kausalit¨ at einer z-Ubertragungsfunktion bedeutet, dass das Ausgangssignal xa (kT ) nicht von in der Zukunft liegenden Werten des Eingangssignals xe (kT + iT ) mit i > 0 abh¨ angen darf, denn dann ist sie nicht realisierbar. Diese Forderung wird erf¨ ullt, wenn die Regler¨ ubertragungsfunktion keine Polstelle im Unendlichen aufweist. Dies ist gleichbedeutend mit der Forderung, dass der Koeffizient a0R des Reglers (Gleichung 14.4) nicht verschwinden darf falls b0R = 0. Es muss f¨ ur D(z) =

b0R + b1R z −1 + . . . a0R + a1R z −1 + . . .

(14.4)

also gelten a0R = 0 sofern b0R = 0. Einsetzen von Gleichung 14.1 in Gleichung 14.3 ergibt: D(z) =

A(z) FW (z) . · B(z) · z −d 1 − FW (z)

(14.5)

Damit resultiert als Entwurfsanforderung f¨ ur die Kausalit¨at des Reglers, dass die geforderte F¨ uhrungs¨ ubertragungsfunktion FW (z) die Form FW (z) =

p0 + p1 · z −1 + . . . + pr · z −r P (z) · z −d = · z −d N (z) n0 + n1 · z −1 + . . . + nr · z −s

(14.6)

annehmen muss. Mit anderen Worten: Die Totzeit des geschlossenen Kreises, d. h. von FW (z), muss mindestens so groß sein wie die Totzeit der Regelstrecke.

14.1 Der direkte Entwurf nach Ragazzini

303

3. Station¨are Genauigkeit: Die Forderung nach station¨arer Genauigkeit eines Regelkreises bedeutet, dass die Regelgr¨ oße keine bleibende Regelabweichung aufweisen darf. Sofern die F¨ uhrungsgr¨ oße W (z) ein Sprungsignal darstellt, resultiert f¨ ur den Regelfehler E(z) E(z) = W (z) − X(z) = [1 − FW (z)] · W (z) = z . = [1 − FW (z)] · z−1

(14.7)

Der Endwertsatz der z-Transformation liefert dann e(∞) = lim e(t) = lim (z − 1) · E(z) t→∞

z=1

= lim (z − 1) · z=1

z · [1 − FW (z)] = 0. z−1

(14.8)

F¨ ur die Vermeidung einer bleibenden Regeldifferenz muss der Term 1 − FW (z) eine Nullstelle bei z = 1 aufweisen. Es muss f¨ ur FW (z) folglich gelten:   FW (z)

z=1

= FW (1) = 1.

(14.9)

F¨ ur eine stabile Regelstrecke H0 G(z) ohne Nullstellen außerhalb des Einheitskreises reicht die Erf¨ ullung der Bedingungen 14.6 und 14.9 aus. Die Polynome P (z) und N (z) von FW (z) k¨ onnen beliebig vorgegeben werden. Das Entwurfsverfahren soll an einem Beispiel demonstriert werden. Beispiel 14.1: Gegeben sei die analoge Regelstrecke FS (s) =

2/3 . (1 + 0,5s) · (1 + 2s)

¨ Die z-Ubertragungsfunktion der Regelstrecke mit Abtaster und Halteglied lautet dann f¨ ur eine Abtastzeit T = 0,1 s (= " fT = 10 Hz) H0 G(z) =

0,0031z −1 + 0,0028z −2 . 1 − 1,7700z −1 + 0,7788z −2

Die Regelgr¨ oße soll mit der e-Funktion x(t) = 1 − e−t/T1

mit T1 = 1 s

304

14 Entwurf digitaler Kompensationsregler

bei einem sprungf¨ ormigen Eingang w(t) auf den Sollwert einschwingen. Die Vorgabe eines derartigen Einschwingverhaltens wird auch als Dahlin’s Regelalgorithmus bezeichnet. Dann gilt f¨ ur den z-transformierten Verlauf der Regelgr¨oße x(t) X(z) =

z (1 − e−T /T1 ) · z . = FW (z) · −T /T 1 z−1 (z − e ) · (z − 1)

Daraus folgt dann FW (z) =

1 − e−T /T1 (1 − e−T /T1 )z −1 = z − e−T /T1 1 − e−T /T1 z −1

Es sollen nun als erstes die Bedingungen f¨ ur die Realisierbarkeit des Reglers untersucht werden: 1. Stabilit¨at: Die Pole und Nullstellen der Regelstrecke liegen bei z1 = 0,8187, z2 = 0,9512 und z01 = –0,9201. Sie liegen alle innerhalb des Einheitskreises. 2. Kausalit¨at: Die Totzeit von FW (z) ist gleich d = 0 ebenso wie die Totzeit der Strecke.  1 − e−T /T1  = 1. 3. Stationarit¨at: Es gilt f¨ ur FW (z)|z=1 = z − e−T /T1 z=1 Da alle Randbedingungen erf¨ ullt sind, ist der nach Gleichung 14.5 bzw. 14.3 zu berechnende Regler realisierbar. Er wird berechnet zu: 1 FW (z) 1 1 − e−T /T1 · = · H0 G(z) 1 − FW (z) H0 G(z) z−1 −1 −2 0,0952 − 0,1684z + 0,0741z D(z) = . 0,0031 − 0,0002z −1 − 0,0028z −2 D(z) =

(14.10)

Die zugeh¨ orige Rekursionsgleichung des Reglers lautet: xa (kT ) = 1/0,0031 · {0,0002xa(kT − T ) + 0,0028xa (kT − 2T ) +0,0952xe(kT ) − 0,1684xe (kT − T ) + 0,0741xe (kT − 2T )} . Die berechnete Sprungantwort weist das gew¨ unschte Zeitverhalten mit der Zeitkonstanten T1 = 1 s auf (siehe eingezeichnete Gerade in Abb. 14.2). Der in Abb. 14.3 dargestellte Verlauf der Stellamplitude zeigt, dass die Stellgr¨oße dem Kreis das gew¨ unschte Einschwingverhalten aufzwingen muss. Dies f¨ uhrt zu einem sehr unruhigen (oszillierenden) Stellgr¨ oßenverlauf.

14.1 Der direkte Entwurf nach Ragazzini

305

1 0.8

x(t) 60.6 0.4 0.2 0

0

0.5

1

1.5

2

2.5

-

3

3.5

4

4.5

5

t/s

Abbildung 14.2: Sprungantwort des geschlossenen Regelkreises f¨ ur den Regler nach Ragazzini (Abtastfrequenz von 10 Hz)

40 30

y(t) 20 610 0 −10 −20 −30

0

0.5

1

1.5

2

2.5

-

3

3.5

4

4.5

5

t/s

Abbildung 14.3: Stellgr¨oßenverlauf f¨ ur den Regler nach Ragazzini

Dieser oszillierende Stellgr¨ oßenverlauf ist auf die Nullstelle der Strecke (z01 = −0,9201) zur¨ uckzuf¨ uhren, die nun im Regler als Pol bei zR1 = −0,9201, also auf der negativ reellen Achse auftritt. Man spricht bei dieser Konstellation von einem Klirrpol (ringing pole) des Systems. Der zweite integrierende Pol des Reglers liegt bei zR2 = −1. Der Pol bei zR1 wird begleitet von einer Nullstelle des Reglers bei z0R1 = +0,9512. Zur Abhilfe dieser Oszillation wird in [20] vorgeschlagen, den oszillierenden Pol des Reglers durch eine statische Verst¨ arkung bei (z = 1) zu ersetzen. Der Pol bei −0,9201 wird dadurch in den Ursprung geschoben. In der Pol-/Nullstellendarstellung lautet die zuvor berechnete Gleichung 14.10 des Reglers dann

D(z) = 31,0019 ·

(z − 0,9512) · (z − 0,8187) . (z − 1) · (z + 0,9201)

(14.11)

306

14 Entwurf digitaler Kompensationsregler

Mit der vorgeschlagenen Modifikation wird der Regler D(z) nach Gleichung 14.11  u uhrt in den Regler D (z) wie folgt: ¨berf¨ 

(z − 0,9512) · (z − 0,8187) (z − 1) · (1 + 0,9201) 16,1460 − 28,5778z −1 + 12,5745z −2 = . 1 − z −1

D (z) = 31,0019 ·

Diese Korrekturmaßnahme beeinflusst das Einschwingverhalten der Regelgr¨oße (bei diesem Beispiel) nicht entscheidend, wie Abb. 14.4 zeigt. Der oszillierende Verlauf der Stellgr¨ oße ist jedoch nicht mehr vorhanden (siehe Abb. 14.5). 1 0.8

x(t) 60.6 0.4 0.2 0

0

0.5

1

1.5

2

2.5

-

3

3.5

4

4.5

5

t/s

Abbildung 14.4: Sprungantwort des geschlossenen Regelkreises f¨ ur den urpr¨ unglichen Regler (,,o“) und den modifizierten Regler (,,+“) (Abtastfrequenz von 10 Hz) 18 16 14

y(t) 12 610 8 6 4 2 0

0

0.5

1

1.5

2

2.5

-

3

3.5

4

4.5

5

t/s

Abbildung 14.5: Stellgr¨oßenverlauf f¨ ur den modifizierten Regler  Enth¨ alt die Regelstrecke Pole oder Nullstellen außerhalb des Einheitskreises, so werden in [67] weitere Anforderungen aufgef¨ uhrt, die nachfolgend n¨aher betrachtet werden. Eine direkte Kompensation der instabilen“ Pole ist wegen der Streckenungenauigkeit ” wie bei der analogen Regelung nicht m¨ oglich.

14.1 Der direkte Entwurf nach Ragazzini

307

Anforderungen f¨ ur eine Regelstrecke mit Polen oder Nullstellen auf bzw. au¨ ßerhalb des Einheitskreises. Zun¨ achst wird die Ubertragungsfunktion der Regelstrecke von Gleichung 14.1 in Polynome mit Wurzeln innerhalb und auf bzw. außerhalb des Einheitskreises wie folgt aufgespalten: B + (z)B − (z)z −d . A+ (z)A− (z)

H0 G(z) =

(14.12)

Darin sind B + (z) und A+ (z) die Polynome mit Wurzeln innerhalb des Einheitskreises und B − (z) und A− (z) die Polynome mit den Wurzeln auf bzw. außerhalb des Einheitskreises. Damit wird die Reglerbestimmungsgleichung f¨ ur D(z) gem¨aß Gleichung 14.5 dann

D(z) =

A+ (z)A− (z) FW (z) . · + − −d B (z)B (z)z 1 − FW (z)

(14.13)

W¨ ahlt man nun FW (z) = B − (z)K1 (z)z −d 1 − FW (z) = A− (z)K2 (z)

und

¨ mit zun¨ achst noch frei w¨ ahlbaren rationalen Ubertragungsfunktionen K1 (z) und K2 (z), so eliminiert man mit diesem Ansatz die unerw¨ unschten Anteile aus der Regler¨ ubertragungsfunktion. Die zus¨ atzliche Beachtung der Stationarit¨atsforderung FW (1) = 1 f¨ uhrt f¨ ur K1 (z) und K2 (z) zu den Ans¨ atzen BK (z)P (z) und N (z) (1 − z −1 )Q(z) K2 (z) = N (z) K1 (z) =

(14.14) (14.15)

mit den frei w¨ ahlbaren Polynomen BK (z) und N (z). Die unbekannten Polynome P (z) und Q(z) werden mit minimaler Ordnung so bestimmt, dass die frei w¨ahlbaren Parameter in BK (z) und N (z) enthalten sind. Diese Vorgehensweise f¨ uhrt f¨ ur D(z) und FW (z) ¨ zu folgenden Ubertragungsfunktionen D(z) =

A+ (z)BK (z)P (z) B + (z)Q(z)(1 − z −1 )

(14.16)

FW (z) =

B − (z)BK (z)P (z)z −d N (z)

(14.17)

308

14 Entwurf digitaler Kompensationsregler

mit N (z) = (1 − z −1 )Q(z)A− (z) + B − (z)BK (z)P (z)z −d .

(14.18)

Unbehauen [67] schl¨ agt vor, u ¨ber einen Koeffizientenvergleich die noch freien Polynome P (z) und Q(z) zu bestimmen, die dann zu einer exakten Realisierung der geforderten ¨ uhren. Dieses Vorgehen soll an einem Beispiel untersucht Ubertragungsfunktion FW (z) f¨ werden. Beispiel 14.2 Integrierende Regelstrecke: Das obige Entwurfsverfahren wird an der folgenden integrierenden Regelstrecke untersucht: FS (s) =

0,7672s + 5,1293 . s · (s + 0,5129)

Abb. 14.6 zeigt die Sprungantwort der Regelstrecke. 80

x(t) 60

6 40

20

0

0

1

2

3

4

-

5

6

7

8

t/s

Abbildung 14.6: Sprungantwort der Regelstrecke Die Diskretisierung dieser Regelstrecke mit der Abtastzeit T = 0,1 s ergibt die folgende ¨ z-Ubertragungsfunktion: H0 G(z) =

0,1 · (z − 0,5) 0,1 · (z −1 − 0,5z −2) 0,1 · (z − 0,5) = = . − 1,95z + 0,95 (z − 1)(z − 0,95) 1 − 1,95z −1 + 0,95z −2

z2

Die Pole der diskretisierten Strecke liegen bei z1 = 1 und z2 = 0,95 und die Nullstelle liegt bei z01 = 0,5. Der Pol z1 liegt auf dem Einheitskreis, der andere Pol und die Nullstelle liegen im Einheitskreis. Es wird nun die folgende Faktorisierung der Polynome der Strecke vorgenommen (wobei d = 0): H0 G(z) =

B + (z)B − (z)z −d , A+ (z)A− (z)

mit

(14.19)

14.1 Der direkte Entwurf nach Ragazzini B + = 0,1z −1 · (1 − 0,5z −1) A+ = (1 − 0,95z −1)

309 und B − = 1 und A− = (1 − z −1 ) .

Die frei w¨ ahlbaren Polynome BK (z) und N (z) werden gew¨ahlt zu: und BK (z) = 1 N (z) = 1 − 1,85z −1 + 0,855z −2 = (z − 0,95)(z − 0,9) · z −2 . Die Berechnung der Polynome P (z) und Q(z) mittels Gleichung 14.18 (die nachfolgend wiederholt wird) f¨ uhrt nur dann zu einer eindeutigen L¨osung, wenn die linke und rechte Seite der Gleichung dieselbe Ordnung aufweisen, N (z) = (1 − z −1 )Q(z)A− (z) + B − (z)BK (z)P (z)z −d . Da N (z) die Ordnung 2 und A− (z) sowie der Term (1 − z −1 ) die Ordnung 1 aufweisen, setzt man das Polynom Q(z) = 1 auf die Ordnung 0. Da weiterhin B − (z) = BK (z) = 1 und d = 0, kann man Gleichung 14.18 leicht nach dem gesuchten Polynom P (z) aufl¨osen zu: P (z) = N (z) − (1 − z −1 ) · A− (z) = 0,1500z −1 − 0,1450z −2 .

(14.20)

Nachdem alle Polynome berechnet sind, kann man nach den Formeln 14.16 und 14.17 D(z) und FW (z) berechnen zu: 1,5 − 2,8750z −1 + 1,3775z −2 A+ (z)BK (z)P (z) = B + (z)Q(z)(1 − z −1 ) 1 − 1,5z −1 + 0,5z −2 − −d 0,1500z −1 − 0,1450z −2 B (z)BK (z)P (z)z = FW (z) = N (z) 1 − 1,8500z −1 + 0,8550z −2 D(z) =

(14.21) (14.22)

Die Pole des Reglers liegen bei z1 = 1 und z2 = 0,5, er enth¨alt also einen I-Anteil. Die ¨ unschte Ergebnis, damit keine Uberpr¨ ufung von FW (z)|z=1 = FW (1) = 1 ergibt das gew¨ bleibende Regeldifferenz auftritt. Der geforderte Verlauf von FW (z) ist also nicht v¨ollig frei vorgebbar. Man muss das Entwurfsverfahren mehrere Male durchf¨ uhren, indem man unterschiedliche Polynome BK (z), N (z) und auch Q(z) w¨ahlt, bis die geforderte Sprungantwort zufriedenstellend ist. Die Berechnung der Polynome P (z) und Q(z) ist nicht immer so einfach wie bei Gleichung 14.20. Meist ist mithilfe eines Koeffizientenvergleichs zun¨achst ein lineares Gleichungssystem mit den gesuchte Koeffizienten pi und qi aufzustellen, das dann zu l¨osen ist. ¨ Die Uberpr¨ ufung der Sprungantwort von FW (z) und des Regelkreises mit dem Regler D(z) und der Strecke H0 G(z) zeigt Abb. 14.7. Die Zeitverl¨aufe liegen exakt u ¨ bereinander. Zum Zeitpunkt t = 0 ist die Zeitverz¨ ogerung von einem Abtastschritt gut erkennbar.

310

14 Entwurf digitaler Kompensationsregler 1.4

x(t)1.2 6

1

0.8 0.6 0.4 0.2 0

0

1

2

3

4

-

5

6

7

8

t/s

Abbildung 14.7: Sprungantworten des Regelkreises: Gefordertes Zeitverhalten aus FW (z) ( ∗“) und erzieltes Zeitverhalten D(z)H0 G(z)/(1 + D(z)H0 G(z)) ( –“) ” ” Der Regelkreis schwingt ca. 15 % u unschten Sollwert ¨ ber und geht dann gegen den gew¨ w " = 1. ¨ Die Uberpr¨ ufung des Stellsignalverlaufs f¨ ur das erzielte Regelverhalten zeigt Abb. 14.8. Der erste Stellwert ist um einen Abtastschritt verz¨ogert, bevor er auf den Wert 1,5 springt und danach f¨ ur t → ∞ gegen Null geht. Da eine integrierende Regelstrecke vorliegt, muss im eingeschwungenen Fall der Stellwert Null sein. 1.6

x(t) 6

1.4 1.2 1 0.8 0.6 0.4 0.2 0

−0.2

0

1

2

3

4

-

5

6

7

8

t/s

Abbildung 14.8: Stellsignal f¨ ur das Regelverhalten von Abb. 14.7  Der Entwurf nach Ragazzini ist im Allgemeinen sehr parameterempfindlich, da die Streckenparameter in den Reglerentwurf direkt eingehen. Daher k¨onnen bei der Realisierung sehr leicht Probleme auftreten und er f¨ uhrt nur bei sorgf¨altiger Anwendung zum Erfolg. Die Entwurfsmethodik kann jedoch bei dem im nachfolgenden Abschnitt beschriebenen Verfahren direkt u ¨ bernommen werden und ist hier deutlich unkritischer.

14.2 Der Entwurf auf endliche Einstellzeit

311

¨ Aufgabe 14.1: Gegeben ist die z-Ubertragungsfunktion der Regelstrecke mit vorgeschaltetem Halteglied und nachgeschaltetem Abtaster H0 G(z) =

(z − 0,6) · (z + 0,6) (z − 0,5) · (z − 0,4)

Abtastzeit T = 0,6931 s .

¨ Bestimmen Sie nach der Methode von Ragazzini die Ubertragungsfunktion D(z) des Reglers so, dass die Regelgr¨ oße mit der Funktion x(t) = 1 − e−t/T1 mit T1 = 1 s gegen den Sollwert w(t) = 1 geht. L¨ osung: D(z) =

0,5 · (z − 0,5) · (z − 0,4) . (z − 1) · (z − 0,6) · (z + 0,6) 

14.2

Der Entwurf auf endliche Einstellzeit

Erl¨ auterung. W¨ ahrend bei einem analogen Regelkreis die Regelgr¨oße x(t) erst f¨ ur t → ∞ exakt auf ihren Endwert einschwingt, also nach einer unendlichen Einstellzeit, kann bei der digitalen Regelung eine endliche Einstellzeit von z. B. wenigen Abtastschritten erreicht werden. Die Regelgr¨ oße verharrt nach wenigen Abtastschritten zu den Abtastzeitpunkten auf dem gew¨ unschten Sollwert. Zwischen den Abtastzeitpunkten sind jedoch eventuell noch Restschwingungen vorhanden. Der Entwurf auf endliche Einstellzeit (im Englischen dead beat“, manchmal auch als ” Kalman-Regelalgorithmus bezeichnet) beruht auf dem Reglerentwurf nach Ragazzini. Man schreibt nun jedoch nicht den Einschwingverlauf der Regelgr¨oße x(t) vor, sondern man fordert, dass die Pole der F¨ uhrungs¨ ubertragungsfunktion alle im Ursprung der zEbene liegen. Es gilt also f¨ ur FW (z) mit einer eventuellen zu beachtenden Totzeit der Strecke von d Abtastschritten: k0 z q + k1 z q−1 + . . . + kq−1 z + kq zq / . = z −d · k0 + k1 z −1 + . . . + kq z −q .

FW (z) = z −d ·

(14.23)

FW (z) weist also einen q-fachen Pol im Ursprung auf. Außerdem ist durch die Ber¨ ucksichtigung einer eventuellen Totzeit der Strecke durch den Term z −d automatisch die Kausalit¨atsbedingung erf¨ ullt. Weiterhin ist in dieser Form der Ansatz beschr¨ankt auf stabile Regelstrecken. Die Sprungantwort des Regelkreises (f¨ ur w " = 1) lautet beispiels-

312

14 Entwurf digitaler Kompensationsregler

weise f¨ ur d = 0 und q = 3 X(z) =

. / k0 + k1 z −1 + k2 z −2 + k3 z −3 ·

z z−1

k0 z + k1 + k2 z −1 + k3 z −2 = (k0 z + k1 + k2 z −1 + k3 z −2 )/(z − 1) z−1 = k0 + (k0 + k1 )z −1 + (k0 + k1 + k2 )z −2 + (k0 + k1 + k2 + k3 )z −3 +(k0 + k1 + k2 + k3 )z −4 + . . .

=

Unter Verwendung der Definition der z-Transformation lauten dann die Werte der Regelgr¨ oße x(kT ) im Zeitbereich: x(0) x(T ) x(2T ) x(3T ) x(4T ) .. .

= = = = =

k0 k0 + k1 k0 + k1 + k2 k0 + k1 + k2 + k3 k0 + k1 + k2 + k3

= k0 + k1 + k2 + k3 .

Die Regelgr¨ oße verharrt nach q = 3 Abtastschritten, d. h. nach einer endlichen Einstellzeit, auf dem Endwert x(∞) = k0 + k1 + k2 + k3 . Hieraus folgt ohne weitere Rechnung die Bedingung daf¨ ur, dass keine station¨are Regeldifferenz auftritt. Es muss die Summe der ki des noch zu bestimmenden Z¨ahlerpolynoms von FW (z) genau Eins ergeben: q 

ki = 1

(Stationarit¨ atsbedingung).

(14.24)

i=0

Berechnung. F¨ ur die folgende Regelstrecke mit a0 = 0 H0 G(z) =

b0 + b1 z −1 + . . . + bn z −n B(z) · z −d · z −d = −1 −n a0 + a1 z + . . . + an z A(z)

(14.25)

wird FW (z) nach Gleichung 14.23 in die Bestimmungsgleichung 14.5 eingesetzt und ergibt: D(z) = =

A(z) FW (z) · −d 1 − FW (z) B(z) · z

(14.26)

a0 + a1 z −1 + . . . + an z −n z −d (k0 + k1 z −1 + . . . + kq z −q ) . · −1 −n −d (b0 + b1 z + . . . + bn z )z 1 − z −d (k0 + k1 z −1 + . . . + kq z −q )

14.2 Der Entwurf auf endliche Einstellzeit

313

Eine einfache L¨ osung f¨ ur das noch zu bestimmende Z¨ahlerpolynom von FW (z) erh¨alt man durch die Wahl von K(z) = k0 + k1 z −1 + . . . + kq z −q =

b0 + b1 z −1 + . . . + bn z −n B(z) . (14.27) = b0 + b1 + . . . + bn B(1)

Man setzt also das gesuchte Polynom K(z) gleich dem Z¨ahlerpolynom der Strecke und q=n  dividiert durch B(z)|z=1 = B(1) = bi . Aufgrund dieser Division wird dann die i=0

Stationarit¨atsbedingung x(∞) = 1 erf¨ ullt. Einsetzen von Gleichung 14.27 in die Reg¨ lerbestimmungsgleichung ergibt dann die gesuchte z-Ubertragungsfunktion des Reglers zu D(z) =

a0 + a1 z −1 + . . . + an z −n A(z) = . B(1) − z −d · (b0 + b1 z −1 + . . . + bn z −n ) B(1) − z −d · B(z)

(14.28)

Mit diesem Regler wird der Endwert x(∞) = w " nach n + d Abtastschritten erreicht. Die Regelgr¨ oße f¨ ur die Regelung einer Strecke mit n = 3 und mit einer zus¨atzlichen Totzeit von d = 2 Abtastschritten erreicht also nach 5 Abtastschritten den Endwert und verbleibt dort.

Beispiel 14.3: Gegeben sei eine Verz¨ ogerungsstrecke 3. Ordnung zu FS (s) =

1 . 1 + s + 5s2 + 2s3

Die Sprungantwort (" xe = 1) dieses schwingungsf¨ahigen Systems zeigt Abb. 14.9. 1.8 1.6 1.4

x(t) 1.2 6 1 0.8 0.6 0.4 0.2 0

0

5

10

15

20

25

-

30

35

40

45

50

t/s

Abbildung 14.9: Sprungantwort (" xe = 1) des schwingungsf¨ahigen analogen Systems 3. Ordnung

314

14 Entwurf digitaler Kompensationsregler

F¨ ur die Abtastzeit T = 0,5 s soll ein Regler auf endliche Einstellzeit entworfen wer¨ den. Daher ist zun¨ achst die z-Ubertragungsfunktion der Strecke mit Halteglied und nachgeschaltetem Abtaster zu berechnen. Sie ergibt sich zu: H0 G(z) =

0,0078z −1 + 0,0233z −2 + 0,0042z −3 . 1 − 2,1946z −1 + 1,5164z −2 − 0,2865z −3

Dann resultiert der Regler auf endliche Einstellzeit nach Gleichung 14.28 zu D(z) =

1 − 2,1946z −1 + 1,5164z −2 − 0,2865z −3 . 0,01 · (3,5310 − 0,7784z −1 − 2,3344z −2 − 0,4182z −3)

Z¨ ahler- und Nennerpolynom der diskreten Regelstrecke besitzen die Ordnung n = 3 und es ist d = 0. Damit wird n + d = 3 und es ist zu erwarten, dass die Regelgr¨ oße mit dem Dead-Beat-Regler nach 3 Abtastschritten den Endwert erreicht. In Abb. 14.10 wird dies f¨ ur die Sprungantwort des entworfenen Reglers best¨atigt. Obwohl 1.2 1

x(t) 0.8 6 0.6 0.4 0.2 0

0

0.5

1

1.5

2

2.5

-

3

3.5

4

4.5

5

t/s

Abbildung 14.10: Sprungantwort (w " = 1) des geschlossenen Regelkreises (T = 0,5 s) f¨ ur das System analoge Strecke mit Dead-Beat-Regler“: Zeitverlauf zu den Abtastzeit” punkten ( • “) und zwischen den Abtastzeitpunkten ( — “) ” ” die (analoge) Sprungantwort x(t) sofort reagiert und keine Totzeit aufweist, hat die (diskrete) Sprungantwort x(kT ) erst nach einer Verz¨ogerung von einem Abtastschritt (wegen b0 = 0 in H0 G(z)) einen Wert ungleich Null. Auch zwischen den Abtastzeitpunkten ist ein glatter Kurvenverlauf der Regelgr¨ oße zu erkennen. Es ist also keineswegs so, dass zwischen den Abtastzeitpunkten die Regelgr¨oße einen stark schwingenden Verlauf aufweist. Aufgrund der relativ tr¨ agen Regelstrecke (siehe Abb. 14.9) muss sehr viel Stellenergie aufgewendet werden, damit die Regelgr¨ oße nach 1,5 s den Endwert erreicht (siehe Abb. 14.11).

14.2 Der Entwurf auf endliche Einstellzeit

315

30 20

y(t) 10 6 0 −10 −20 −30 −40

0

0.5

1

1.5

2

2.5

-

3

3.5

4

4.5

5

t/s

Abbildung 14.11: Stellgr¨oßenverlauf f¨ ur den Dead-Beat-Regler (T = 0,5 s) Um die Stellenergie zu reduzieren, kann versucht werden, die Abtastzeit zu vergr¨oßern. Dann ist zu erwarten, dass das System l¨ anger Zeit hat, auf den Endwert einzuschwingen und dazu weniger Stellenergie ben¨ otigt. Dies best¨atigen die folgenden Abbildungen f¨ ur eine Abtastzeit des Reglers von T = 1 s. Die Verdopplung der Abtastzeit bringt eine Reduzierung der maximalen Stellamplitude von ca. 34 auf 6 Einheiten (Abb. 14.12). 6 4

y(t) 6

2 0

−2 −4 −6

0

0.5

1

1.5

2

2.5

-

3

3.5

4

4.5

5

t/s

Abbildung 14.12: Stellgr¨oßenverlauf f¨ ur den Dead-Beat-Regler (T = 1 s) Die Regelgr¨ oße schwingt wieder nach 3 Abtastschritten, d. h. in diesem Fall nach 3 s, auf den Endwert ein. Zwischen den Abtastzeitpunkten treten keine Oszillationen auf (siehe Abb. 14.13).  Der Entwurf auf endliche Einstellzeit ist nicht beschr¨ankt auf das oben beschriebene Verfahren f¨ ur stabile Regelstrecken. Der Entwurf kann, wie in [67] angegeben, in modifizierter Form durchgef¨ uhrt werden und zwar: • f¨ ur instabile Regelstrecken, oder • mit einer Vorgabe des Anfangswertes y(0) der Stellgr¨oße, oder • f¨ ur die Auslegung des St¨ orverhaltens.

316

14 Entwurf digitaler Kompensationsregler

1.2 1

x(t) 0.8 6 0.6 0.4 0.2 0

0

0.5

1

1.5

2

2.5

-

3

3.5

4

4.5

5

t/s

Abbildung 14.13: Sprungantwort (w " = 1) des geschlossenen Regelkreises (T = 1 s) f¨ ur das System analoge Strecke mit Dead-Beat-Regler“: Zeitverlauf zu den Abtastzeit” punkten ( •“) und zwischen den Abtastzeitpunkten ( — “) ” ” ¨ Aufgabe 14.2: Gegeben ist die folgende z-Ubertragungsfunktion der Regelstrecke mit vorgeschaltetem Halteglied und nachgeschaltetem Abtaster H0 G(z) = 0,05 ·

z −1 + z −2 . z 2 − 1,95z + 0,95

1. Berechnen Sie die Regler¨ ubertragungsfunktion D(z) nach der Methode der endlichen Einstellzeit. 2. Wie lautet die F¨ uhrungs¨ ubertragungsfunktion FW (z) des geschlossenen Regelkreises? 3. Berechnen Sie f¨ ur einen Einheitssprung w(t) = σ(t) der F¨ uhrungsgr¨oße die ztransformierte Regelgr¨ oße X(z). 4. Wie lauten die Zahlenwerte von x(kT )? L¨ osung: 1. D(z) =

1 − 1,95z −1 + 0,95z −2 0,1 − 0,05(z −3 + z −4 )

2. FW (z) = 0,5 · (z −3 + z −4 ) 3. X(z) =

0,5 · (z −2 + z −3 ) z−1

4. x(0) = x(T ) = x(2T ) = 0; x(3T ) = 0,5; x(4T ) = x(5T ) = . . . = 1.



14.3 Reglerentwurf mittels Polvorgabe

14.3

317

Reglerentwurf mittels Polvorgabe

Reglerstruktur. Von ˚ Astrøm, Wittenmark [5] und Rasmussen [59] wird der Ent¨ wurf eines Reglers vorgeschlagen, bei dem die Pollagen der Ubertragungsfunktion des ¨ geschlossenen Regelkreises vorgegeben werden. Spezifiziert man die Ubertragungsfunktion des kontinuierlichen Systems zu FW,Soll (s) =

1 1+

2D ω0 s

+

,

s2 ω02

¨ ¨ dann f¨ uhrt die Diskretisierung dieser Ubertragungsfunktion zu der z-Ubertragungsfunktion FW,Soll (z) =

Bm (z bm1 z −1 + bm2 z −2 . = Am (z) 1 + am1 z −1 + am2 z −2

(14.29)

Liegen die Pole des geschlossenen Regelkreises bei ) s1,2 = −δ ± j ωe = −Dω0 ± j ω0 1 − D2 , dann ergeben sich mit T als Abtastzeit die Parameter am1 und am2 zu: am1 = −2e−Dω0 T cos(ω0 T am2 = e−2Dω0 T .

) 1 − D2 ) und

˚ Astrøm und Wittenmark schlagen die folgende Struktur des Kompensationsreglers zur Erzielung des gew¨ unschten F¨ uhrungsverhaltens vor: w(z) -

T (z)

-g 6 −

-

1 R(z)

S(z)

y(z)-

B(z) A(z)

x(z) -



Abbildung 14.14: Struktur des Regelkreises nach ˚ Astrøm und Wittenmark Die Rekursionsgleichung des digitalen Reglers folgt damit aus der Gleichung: R(z) · Y (z) = T (z) · W (z) − S(z) · X(z) zu y(kT ) = r1 y((k − 1)T ) + . . . rn y((k − n)T ) + +[t0 w(kT ) + . . . + tn w((k − n)T )] − −[s0 x(kT ) + . . . + sn x((k − n)T )] .

318

14 Entwurf digitaler Kompensationsregler

¨ Reglerberechnung mittels Polvorgabe. Die z-Ubertragungsfunktion der Struktur nach Abb. 14.14 lautet FW (z) =

B(z)T (z) A(z)R(z) + B(z)S(z)

(14.30)

¨ und die z-Ubertragungsfunktion des (modifizierten) geforderten F¨ uhrungsverhaltens formuliert man zu: FW,Soll (z) = t0

B(z) Am (z)

mit

t0 = T (z)|z=1 =

n 

ti .

(14.31)

i=1

Weisen Regler und Strecke die Ordnung n auf, dann besitzt das Polynom P (z) = A(z)R(z) + B(z)S(z) die Ordnung 2n. Wenn man die 2n Pole des Polynoms P (z) spezifiziert, dann liegt das Problem der Reglerauslegung in der Ermittlung der Koeffizienten ri und si der Polynome R(z) und S(z) derart, dass die Polynomgleichung P (z) = A(z)R(z) + B(z)S(z) erf¨ ullt ist. Es wird von Rasmussen [59] vorgeschlagen das Polynom P (z) wie folgt zu spezifizieren (Polvorgabe) P (z) = Am (z) · A0 (z) , wobei Am (z) das Nennerpolynom von Gleichung 14.29 ist und A0 (z) ein BeobachterPolynom (Tiefpassverhalten) um eventuelles Rauschen zu unterdr¨ ucken. Die Forderung P (z) = A(z)R(z) + B(z)S(z) ergibt 2n Gleichungen mit 2n + 1 unbekannten Koeffizienten ri und si der Polynome R(z) und S(z). Dies bedeutet, dass man eine zus¨ atzliche Forderung z. B. R(z)|z=1 = R(1) = 0 (integrierendes Verhalten des Reglers) erf¨ ullen kann. Wenn Z¨ ahler- und Nennerpolynome A(z) und B(z) der Strecke keine gemeinsamen Pole aufweisen, dann gibt es eine und nur eine L¨osung f¨ ur die Gleichungen: A(z)R(z) + B(z)S(z) = P (z) R(z)|z=1 = R(1) = 0

und

(14.32) (14.33)

Gleichung 14.32 wird als Diophantine-Gleichung oder Bezout-Identit¨at bezeichnet. ¨ W¨ ahlt man nun T (z) = t0 A0 (z) dann wird die z-Ubertragungsfunktion des geschlossenen Regelkreises wie folgt gefordert: FW (z) =

B(z)t0 A0 (z) B(z)T (z) B(z) = = t0 = FW,Soll (z) . A(z)R(z) + B(z)S(z) Am (z)A0 (z) Am (z)

Die F¨ uhrungs¨ ubertragungsfunktion weist die station¨are Verst¨arkung 1 auf   FW (z)

z=1

= t0

B(z)  =1  Am (z) z=1

(14.34)

14.3 Reglerentwurf mittels Polvorgabe

319

wenn f¨ ur t0 gilt: t0 =

Am (z)  .  B(z) z=1

(14.35)

Das Verfahren soll auf die Strecke von Beispiel 14.1 angewendet werden. Beispiel 14.4: Gegeben sei die analoge Regelstrecke FS (s) =

2/3 . (1 + 0,5s) · (1 + 2s)

¨ Die z-Ubertragungsfunktion der Regelstrecke mit Abtaster und Halteglied lautet f¨ ur eine Abtastzeit T = 0,1 s H0 G(z) =

0,0031z −1 + 0,0028z −2 B(z) b1 z −1 + b2 z −2 = = . A(z) 1 − 1,7700z −1 + 0,7788z −2 1 + a1 z −1 + a2 z −2

Als Entwurfsgr¨ oßen f¨ ur die Modell¨ ubertragungsfunktion werden gew¨ahlt √ ω0 = 1rad/s D = 1/ 2 und a0 = −0,5 . Damit gilt dann f¨ ur das Polynom P (z): P (z) = A0 (z) · Am (z) A0 (z) = (z + a0 )2 = (z − 0,5)2 Am (z) = z 2 + am1 z + am2

mit und

sowie am1 = −2e−Dω0 T cos(ω0 T am2 = e−2Dω0 T .

) 1 − D2 ) und

Zur Ermittlung der Reglerkoeffizienten R(z) = z 2 + r1 z + r2 S(z) = s0 z 2 + s1 z + s2 s0 + s1 + s2 T (z) = t0 A0 (z) = · A0 (z) 1 + 2a0 + a20 f¨ ur den Regler nach Abb. 14.15 Y (z) =

S(z) T (z) · W (z) − · X(z) R(z) R(z)

(14.36)

320

14 Entwurf digitaler Kompensationsregler

werden die Gleichungen A(z)R(z) + B(z)S(z) = A0 (z)Am (z) = z 4 + p1 z 3 + p2 z 2 + p3 z + p4 R(z)|z=1 = R(1) = 0

und

ausmultipliziert und ein Koeffizientenvergleich durchgef¨ uhrt. Dies ergibt das lineare Gleichungssystem: ⎡

b1 ⎢ b2 ⎢ ⎢ 0 ⎣ 0 0

0 b1 b2 0 0

0 0 b1 b2 0

1 a1 a2 0 1

⎤ ⎡ ⎤ ⎡ ⎤ 0 p 1 − a1 s0 1 ⎥ ⎢ s1 ⎥ ⎢ p 2 − a 2 ⎥ ⎥ ⎢ ⎥ ⎢ ⎥ a1 ⎥ · ⎢ s2 ⎥ = ⎢ p 3 ⎥ . ⎦ ⎣ ⎦ ⎣ a2 r1 p4 ⎦ 1 r2 −1

Regler w(z)

-

T (z) R(z)

? f − 6

S(z) R(z)

y(z) -

B(z) A(z)

x(z) -

Abbildung 14.15: Reglerstruktur Die L¨ osung dieses linearen Gleichungssystems lautet: ⎤ ⎡ ⎤ s0 31,5240 ⎢ s1 ⎥ ⎢ −56,8853 ⎥ ⎢ ⎥ ⎢ ⎥ ⎢ s2 ⎥ = ⎢ 25,7564 ⎥ ⎣ r ⎦ ⎣ −1,1851 ⎦ 1 r2 0,1851 ⎡

F¨ ur die so ermittelten Reglerkoeffizienten zeigt Abb. 14.16 Stell- und Regelgr¨oße f¨ ur die Sprungantwort des Regelkreises. Die Regelgr¨ oße verl¨ auft nach ca. 3 s (= ˆ 12 · ω2π0 ) im 5 %-Fehlerband und das prozentuale ¨ Uberschwingen betr¨ agt ca. 5 %. Sie folgt genau dem geforderten Modellverlauf der ¨ Ubertragungsfunktion FW,Soll (s) =

1 1+

2D ω0 s

+

s2 ω02

.



14.4 Entwurf von Kompensationsreglern f¨ ur das St¨ orverhalten

321

2.5 2

x(t), y(t) 6 1.5

y(t)

1

x(t)

0.5 0

0

1

2

3

4

-

5

6

7

8

9

10

t/s

Abbildung 14.16: Sprungantwort des geschlossenen Regelkreises f¨ ur den Regler nach ˚ Astrøm und Wittenmark, Rasmussen

14.4

Entwurf von Kompensationsreglern fu¨r das St¨orverhalten

Methode. Der Entwurf von Kompensationsreglern ist nicht auf vorgegebenes F¨ uhrungsverhalten beschr¨ ankt. Man kann ebenso Kompensationsregler f¨ ur vorgegebenes St¨orverhalten entwerfen. Ist das St¨ orverhalten vorgeschrieben zu FV (z) =

X(z) V (z)

(14.37)

mit V (z) als St¨ orgr¨ oße, so wird der zugeh¨ orige Kompensationsregler unter Verwendung der Beziehung D(z) =

1 1 − FV (z) H0 G(z) FV (z)

(14.38)

ermittelt. Verfahren zu Berechnung derartiger Regler findet man bei Ragazzini [58], Lindorff [46] oder Dahlin [14].

15

Adaptive und selbsteinstellende Regler

Motivation. Die in den vorangehenden Kapiteln 12 bis 14 behandelten Verfahren der Auslegung digitaler Regler erfordern f¨ ur die Berechnung der Reglerparameter Informationen u ussen z. B. die Streckenparameter bekannt ¨ ber die Regelstrecke. Entweder m¨ sein um die dynamische Kompensation oder den Entwurf von Kompensationsreglern anwenden zu k¨ onnen. Oder es m¨ ussen zumindest Kenngr¨oßen der Regelstrecke wie z. B. die kritische Verst¨arkung und kritische Periodendauer (KP,Krit , TKrit ) oder Streckenverst¨ arkung und Ersatzzeitkonstanten (KS , Tu , Tg ) bekannt sein, um Auslegungen nach Ziegler/Nichols, Chien/Hrones/Reswick oder Takahashi vornehmen zu k¨onnen. Die so entworfenen Regler f¨ uhren im Allgemeinen zu einem zufriedenstellenden Regelverhalten, sofern sich die Streckenparameter nicht ¨ andern. Sobald sich jedoch im Betrieb die Streckenparameter ¨andern, verschlechtert sich das Regelverhalten des Systems, in manchen F¨ allen sogar bis hin zur Instabilit¨at des Regelkreises. Als Beipiele f¨ ur Systeme mit sich ¨ andernden Streckenparametern seien genannt: • Spurhalteregelung von Lastkraftwagen: Die Spurhalteregelung von Lastwagen muss im zul¨ assigen Geschwindigkeitsbereich (vMin ≤ v(t) ≤ vMax ) und f¨ ur unterschiedliche Beladungen (Masse Mi ) des Lastkraftwagens sicher arbeiten. • Lageregelung eines Flugzeugs: Die Streckenparameter der Flugzeugl¨angs- und Seitenbewegung h¨ angen von der Flugh¨ ohe h(t) und der Geschwindigkeit v(t) ab. F¨ ur einen Flug mit Autopilot sind die Regler an den jeweiligen Arbeitspunkt (h(t) und v(t)) anzupassen. • Container-Verladebr¨ ucke: Bei der Verladung von Containern (z. B. vom Schiff auf die Bahn) muss der Positions- und Geschwindigkeitsregler des Verladekrans auch bei unterschiedlich schweren Containern (Masse Mi ) zufriedenstellend arbeiten. W¨ ahrend man bei der Spurhalteregelung von Lastkraftw¨agen versucht mit einem Satz von Reglerparametern auszukommen, so ist man jedoch bei den anderen Anwendungen bestrebt die Reglerparameter im jeweiligen Betriebszustand (Arbeitspunkt) an die sich ver¨ andernden Streckenparameter anzupassen. In einer Vielzahl von Artikeln und B¨ uchern werden adaptive und selbsteinstellende Regler behandelt, wie z. B. bei ˚ Astrøm und Wittenmark [5], Rasmussen [59], Isermann [31], Dutton [20] und Yu [69]. Die Bezeichnungsweise der Methoden ist dabei nicht immer einheitlich.

324

15 Adaptive und selbsteinstellende Regler

15.1

Autotuning von Reglern

Vorgehensweise. Zur Ermittlung der Reglerparameter eines Systems m¨ ussen im Allgemeinen zun¨ achst die Parameter der Regelstrecke bekannt sein. Diese Streckenparameter werden daher im Zuge einer Parameteridentifizierung oder aus der Analyse der Systemantwort von Testsignalen ermittelt. In vielen Anwendungen liefern diese Testsignale aber nicht den kompletten Parametersatz der Regelstrecke, sondern Ersatzgr¨ oßen wie z. B. Streckenverst¨ arkung und Ersatzzeitkonstanten (KS , Tu , Tg ) oder die kritische Verst¨ arkung und kritische Periodendauer (KP,Krit , TKrit ). Auf der Basis dieser Ersatzgr¨ oßen kann dann mithilfe der Methoden von Ziegler/Nichols oder Chien/Hrones/Reswick die Auslegung der Reglerparameter vorgenommen werden. Automatisiert man diesen Vorgang der Anregung eines Systems mit Testsignalen, Ermittlung der Ersatzgr¨ oßen und Einstellung der Reglerparameter dann bezeichnet man ¨ das als Autotuning von Reglern. Der Ubergang von der “normalen“ Reglerauslegung zur “adaptiven“ Reglerauslegung ist quasi fließend. Ausf¨ uhrlich behandelt wird dieses Autotuning von PID-Reglern von Yu [69]. Die prinzipielle Vorgehensweise der adaptiven Regelung und auch des Autotuning veranschaulicht Abb. 15.1. Parameter-  anpassung 

Sollwert

-

Reglerparameter ? Regler

s Stellsignal

- Regelstrecke

- oße s Regelgr¨

Abbildung 15.1: Prinzip der adaptiven Regelung / Autotuning von Reglern Das System enth¨ alt also eine R¨ uckf¨ uhrschleife der Regelgr¨oße und eine weitere Schleife zur Einstellung der Reglerparameter. In Phase 1 wird der Regelkreis mit dem Testsignal beaufschlagt, dann werden in Phase 2 die Regelparameter berechnet und eingestellt und in Phase 3 wird z. B. der geforderte Sollwert auf den Kreis geschaltet. F¨ ur die Phase 1 des Systemtests wird bei ˚ Astrøm und H¨ agglund [6], und Yu [69] vorgeschlagen, einen Zweipunktregler zu verwenden (Autotuning based on Relay Feedback). Diese R¨ uckf¨ uhrung f¨ uhrt dann bei den in der Verfahrenstechnik u ¨blichen Verz¨ogerungsstrecken zu Dauerschwingungen im Regelkreis (Abb. 15.2). Yu schl¨ agt hierzu die folgende Vorgehensweise vor: 1. Zun¨ achst wird das System in einen station¨aren Zustand gefahren. 2. Dann wird der Streckeneingang (y) z.B. um 5 % angehoben. Dieser Wert ist ¨ prozessabh¨ angig. Typische Anderung liegen bei 3 bis 10 %.

15.1 Autotuning von Reglern

325

3. Sobald der Ausgang (x) den Sollwert (w) erreicht wird u in die andere Richtung um (z. B. −5 %) ver¨ andert. 4. Nun wird Schritt 2 solange wiederholt, bis eine stabile Dauerschwingung auftritt. 5. Abschließend wird die Periodendauer Tu abgelesen.  Tu !! a

d w -e − 6

y(t)

- Regelstrecke

u x(t)

Abbildung 15.2: Strecke mit Zweipunktregler Aus der Periodendauer Tu , die n¨ aherungsweise gleich der kritischen Periodendauer TKrit ist, folgt die kritische Frequenz zu ωKrit =

2π TKrit

.

F¨ ur eine Strecke mit Tiefpasscharakter, bei der die erste Harmonische das Ausgangsverhalten dominiert, kann man dann aus der Amplitude a der Dauerschwingung und der Schaltamplitude des Zweipunktreglers d n¨ aherungsweise die kritische Verst¨arkung berechnen zu KP,Krit =

4d . πa

Mit diesen Werten f¨ ur KP,Krit und TKrit werden dann nach Tabelle 12.1 auf Seite 275 die Parameter eines P-, PI- oder PID-Reglers eingestellt. Ein Beispiel soll die Vorgehensweise veranschaulichen. Beispiel 15.1 Autotuning einer PT2 Tt -Strecke: Es soll das Autotuning der folgenden ogerungsstrecke untersucht werden: PT2 Tt -Verz¨ FS (s) =

20 · e−0,1s . 10 + 8s + s2

Dazu wird der Regelkreis nach Abb. 15.2 mit einem Zweipunktschalter (Schaltlevel ±0,2) aufgebaut. Dieser Regelkreis wird 2 s mit einem Sprungsignal w(t) = 0,2 · σ(t) angeregt. Nach 2 s wird der Sprung auf Null zur¨ uckgeschaltet und die sich einstellende Dauerschwingung wird analysiert.

326

15 Adaptive und selbsteinstellende Regler

Aus den sich ergebenden Werten der Dauerschwingung (TKrit = 0,768 s) und der Amplitude der Dauerschwingung von a = 0,06 kann man dann gem¨aß Tabelle 12.1 die Reglerparameter berechnen zu KP = 0,45 · KP,Krit = 0,45 · TN = 0,83 · TKrit = 0,64 s .

4 · 0,2 = 1,901 π · 0,06

Nach Berechnung der Reglerparameter wird nach ca. 10 s der Sollwert w(t) = 1 aufgeschaltet und die Regelgr¨ oße schwingt dann auf den Sollwert ein. Die Abb. 15.3 und 15.4 zeigen den Verlauf der Regel- und Stellgr¨ oße f¨ ur diesen Relay-Autotuning-Prozess. 1.2 1

x(t)

0.8

6 0.6 0.4 0.2 0 −0.2

0

2

4

6

8

10

-

12

14

16

18

20

18

20

t/s

Abbildung 15.3: Verlauf der Regelgr¨oße x(t) beim Relay-Autotuning

2 1.5

y(t) 6

1 0.5 0

−0.5

0

2

4

6

8

10

-

12

14

16

t/s

Abbildung 15.4: Verlauf der Stellgr¨oße y(t) beim Relay-Autotuning  F¨ ur weitere Methoden des Autotuning wird auf die Literaturstellen [6] und [69] verwiesen.

15.2 Gain-Scheduling

15.2

327

Gain-Scheduling

Methode. Es ist nun jedoch nicht m¨ oglich jede Regelstrecke, wenn auch nur kurzzeitig, mit einem Zweipunktregler zu betreiben. In der Luftfahrt wird bei der Regelung der L¨ angs- und Seitenbewegung von Flugzeugen das Verfahren des “Gain-Scheduling“ angewendet. Die Parameter der Bewegungsgleichungen eines Flugzeugs h¨angen von der Flugh¨ ohe und der Fluggeschwindigkeit ab. Diese Messwerte (H¨ohe h(t) und Geschwindigkeit v(t)) werden benutzt um die Reglerverst¨arkung (Gain) an den jeweiligen Arbeitspunkt (h(t), v(t)) anzupassen. Beim Verfahren einer Last an einem Containerkran tritt eine ¨ ahnliche Problematik auf, abh¨ angig von der zu transportierenden Last (Masse arkung an die Last anzupassen. Die in Abb. 15.1 Mi ) ist der Regler bzw. die Reglerverst¨ gezeigte Struktur der Anpassung gilt auch hier. Dieses Verfahren des Gain-Scheduling soll am Beispiel der Positionsregelung eines Motors, an den elastisch Massen mit unterschiedlichen Tr¨agheitsmomenten Ji angekoppelt sind, betrachtet werden. ¨ Beispiel 15.2 Positionsregelung einer Last: Die Ubertragungsfunktion der untersuchten Positionsregelung eines Motors, an den elastisch Massen mit unterschiedlichen Tr¨agheitsmomenten angekoppelt werden, lautet: FS (s) =

40 Φ(s) = . M (s) 20 + 5s + Ji · s2

(15.1)

Eingangsgr¨ oße der Regelstrecke ist das normierte Stellmoment des Motors, Ausgangsgr¨ oße und Regelgr¨ oße ist der Drehwinkel ϕ(t) der Last in Grad. Das Tr¨agheitsmoment der Last soll die Werte J1 = 0,5 kg m2

J2 = 2 kg m2

J3 = 5 kg m2

annehmen. Der Nominalwert der Last sei J = J2 . Legt man nun f¨ ur J = J2 nach dem Verfahren der dynamischen Kompensation einen PID-Regler aus, so resultiert als Regler¨ ubertragungsfunktion mit einer aus Gr¨ unden der Realisierbarkeit hinzugef¨ ugten Zeitkonstanten von TR = 0,5 s dann FR (s) = KP ·

20 + 5s + 2s2 . s · (0,5s + 1)

Eine Reglerverst¨ arkung von KP 2 = 0,02 f¨ uhrt f¨ ur diese Konfiguration zu einer minimalen Ausregelzeit f¨ ur ein 2 %-Fehlerband von ca. 3 s. Wendet man diesen Regler mit KP 2 = 0,02 auf die Regelstrecken mit den Tr¨agheitsmomenten J1 und J3 an, so verschlechtert sich das Regelverhalten (Sollwertsprung 10◦ ) insbesondere f¨ ur das Tr¨ agheitsmoment J = J3 , wie Abb. 15.5 zeigt. W¨ahrend f¨ ur J = J1 das Regelverhalten infolge des ge¨ anderten Tr¨ agheitsmoments nur wenig beeinflusst wird, f¨ angt f¨ ur J = J3 die Regelgr¨ oße nun an zu schwingen. Die Ausregelzeit f¨ ur das 2 %Fehlerband steigt auf ca. 10 s an, w¨ ahrend sie in den anderen beiden F¨allen bei ca. 3 s liegt.

328

15 Adaptive und selbsteinstellende Regler

12 10

ϕ(t)/◦

J3

8

6

J1 6 4 2 0

0

2

4

6

8

-

10

12

14

16

t/s

Abbildung 15.5: Verlauf der Regelgr¨oße f¨ ur die verschiedenen Lasttr¨agheitsmomente (J = J2 gestrichelt) ohne Gain-Scheduling; ϕSoll = 10◦ Nimmt man nun eine Anpassung der Reglerverst¨arkung (Gain-Scheduling) vor und w¨ ahlt KP 1 = 0,185 und KP 3 = 0,0145 so verbessert sich das Regelverhalten deutlich (siehe Abb. 15.6). Die Ausregelzeit f¨ ur den Fall J = J3 kann nun auf ca. 5 s verringert werden. 12 10

ϕ(t)/◦

J3

8

6

6

J1

4 2 0

0

2

4

6

8

-

10

12

14

16

t/s

Abbildung 15.6: Verlauf der Regelgr¨oße f¨ ur die verschiedenen Lasttr¨agheitsmomente (J = J2 gestrichelt) mit Gain-Scheduling; ϕSoll = 10◦ 

15.3

Selbsteinstellende Regler

Prinzip. Eine weitere Verbesserung des Regelverhaltens kann erzielt werden, wenn man eine komplette Identifizierung der Streckenparameter durchf¨ uhrt und dann den Regler direkt an die jeweils vorliegende Regelstrecke anpasst. Somit enth¨alt der selbsteinstellende Regler zun¨ achst einen Programmteil, in dem die Identifzierung der Regelstrecke

15.3 Selbsteinstellende Regler

329

erfolgt, im zweiten Programmteil wird dann der Reglerentwurf f¨ ur die identifizierte Regelstrecke durchgef¨ uhrt. Abb. 15.7 zeigt die Struktur des selbsteinstellenden Reglers: Streckenparameter Spezifikationen -

Sollwert

-

? Reglerentwurf

- Parameter-  sch¨atzung

Reglerparameter ? Regler

s - Regelstrecke Stellsignal

- oße sRegelgr¨

Abbildung 15.7: Struktur des selbsteinstellenden Reglers Die einzelnen Schritte des Entwurfsprozesses werden nachfolgend untersucht.

15.3.1

Parametersch¨atzung

Streckengleichung und Streckenmodell. F¨ ur diesen Entwurfsprozess muss zun¨achst ein Modell der Regelstrecke vorliegen. Die Parameter dieses Modells werden mit einem Verfahren der Parametersch¨ atzung (Parameteridentifizierung) ermittelt. Hierzu wird die Regelstrecke mit einem Eingangssignal xe (kT ) angeregt und das sich ergebende Ausgangssignal xa (kT ) wird aufgezeichnet. Aus diesen gespeicherten Messwerten ermittelt der Sch¨ atzalgorithmus dann die Parameter des Streckenmodells. ¨ Die zu identifizierende echte Strecke werde beschrieben durch die folgende Ubertragungsfunktion: G(z) = H0 G(z) =

Xa (z) b0 + b1 z −1 + . . . + bn z −n . = Xe (z) a0 + a1 z −1 + . . . + an z −n

(15.2)

¨ Die Normierung dieser Ubertragungsfunktion mit a0 = 1 f¨ uhrt zu der Differenzengleichung1 xa (kT ) = −a1 xa ((k − 1)T ) − a2 xa ((k − 2)T ) − . . . − an xa ((k − n)T ) + +b1 xe ((k − 1)T ) + b2 xe ((k − 2)T ) + . . . + bn xe ((k − n)T ) n n   xa (kT ) = − ai xa ((k − i)T ) + bi xe ((k − i)T ) . (15.3) i=1

i=1

Ein System in der Form von Gleichung 15.3 bezeichnet man auch als ARMA-Modell (arithmetic moving average model). 1

Hierbei gilt streng genommen: ai =a ˆ i /a0 und bi =b ˆ i /a0 .

330

15 Adaptive und selbsteinstellende Regler

Als Modell der Strecke (Pr¨ adiktionsmodell, prediction model) f¨ ur die Parametersch¨atzung verwendet man die Gleichung xˆa (kT ) = −

n 

θˆi xa ((k − i)T ) +

i=1

n 

θˆi+n xe ((k − i)T ) .

(15.4)

i=1

mit θ T = [a1 a2 . . . an b1 b2 . . . bn ]T ˆ θ

T

bzw.

= [θˆ1 . . . θˆ2n ] = [ˆ a1 a ˆ2 . . . a ˆn ˆb1 ˆb2 . . . ˆbn ]T

Die Parameter θˆi des Modells stellen die Sch¨ atzwerte a ˆi bzw. ˆbi der Streckenparameter dar. Diese sind mittels der Parameteridentifizierung so zu berechnen, dass der Modellausgang x ˆa (kT ) zum Zeitpunkt kT m¨ oglichst gut mit dem Ausgang xa (kT ) der echten Regelstrecke u ¨ bereinstimmt. “Kleinste Fehlerquadrate“ Sch¨ atzalgorithmus. Ordnet man nun die Messwerte ur i = 1, . . . , n wie folgt in vektorieller Form an xa ((k − i)T ), xe ((k − i)T ) f¨ hTk = [xa ((k − 1)T ) xa ((k − 2)T ) . . . xa ((k − n)T ) .. .. xe ((k − 1)T ) xe ((k − 2)T ) . . . xe ((k − n)T )]T , so lautet das Pr¨ adiktionsmodell nach Gleichung 15.4 zum Zeitpunkt kT f¨ ur den Modellausgang xˆa (kT ) (siehe Gleichungen 15.3 und 15.4) dann ˆ xˆa (kT ) = hTk · θ

wegen xa (kT ) = hTk · θ .

(15.5)

ˆ so berechnen, dass auf der Das Parametersch¨ atzverfahren soll die Modellparameter θ Basis von N Messungen der mittlere quadratische Fehler ˆ = J(θ)

N N 1  2 1  e (k) = [xa (kT ) − x ˆa (kT )]2 N N k=1

(15.6)

k=1

minimal wird. F¨ uhrt man die folgenden Matrizen und Vektoren ein2 ⎡

HN

hT1 ⎢ hT ⎢ 2 =⎢ . ⎣ .. hTN

2

⎤ ⎥ ⎥ ⎥ , ⎦

⎡ ⎢ ⎢ xa,N = ⎢ ⎣

xa (T ) xa (2T ) .. . xa (N T )

⎤ ⎥ ⎥ ⎥ , ⎦

⎡ ⎢ ⎢ ˆ a,N = ⎢ x ⎣

xˆa (T ) x ˆa (2T ) .. . xˆa (N T )

Werte von xa ((j − i)T ), xe ((j − i)T ) in hj f¨ ur i > j sind dabei gleich Null.

⎤ ⎥ ⎥ ⎥ ⎦

15.3 Selbsteinstellende Regler

331

so geht der mittlere quadratische Fehler u ¨ber in ˆ = J(θ)

N 1  2 1 ˆ a,N ]T · [xa,N − x ˆ a,N ] . e (k) = [xa,N − x N N

(15.7)

k=1

ˆ ergibt unter Die Minimierung des quadratischen Fehlers nach Gleichung 15.7 u ¨ ber θ   ˆ ∂J(θ)  = 0 als L¨ osung Verwendung von  ˆ ˆ ˆ ∂θ θ=θN,LS ˆ N,LS = [H T H N ]−1 H T xa,N . θ N N

(15.8)

atzwert nach der Methode der kleinsten Fehlerquadrate Diese L¨ osung3 wird als Sch¨ (Least Squares Estimate) bezeichnet [61]. Die Gr¨oße ˆ − θ] ˆ T} P N = [H TN H N ]−1 = E{[θ − θ][θ ist die Kovarianzmatrix des Sch¨ atzfehlers. Der zu invertierende Term ist nur dann nichtsingul¨ ar, wenn die Eingangssignale xe (kT ) das System geeignet anregen (persistently exciting). “Rekursive Kleinste Fehlerquadrate“ Sch¨ atzalgorithmus. Das Verfahren der rekursiven kleinsten Fehlerquadrate vermeidet, dass man die komplette Berechnung des Sch¨ atzwertes der Streckenparameter nach Gleichung 15.8 bei Hinzunahme eines(!) neuen Messwertes xa ((N + 1)T ) = hTN +1 · θ ˆ N und die Kovarianzmaerneut durchf¨ uhren muss. Stattdessen werden der Sch¨atzwert θ trix des Sch¨ atzfehlers P N verwendet, und rekursiv werden auf der Basis dieser Gr¨oßen ˆ N +1 und die neue Kovarianzmatrix des Sch¨atzfehlers P N +1 wie der neue Sch¨ atzwert θ folgt ermittelt: T ˆ ˆ N − P N hN +1 (hN +1 θN − xa ((N + 1)T )) ˆ N +1 = θ θ T 1 + hN +1 P N hN +1

P N +1 = P N −

P N hN +1 hTN +1 P TN 1 + hTN +1 P N hN +1

.

(15.9) (15.10)

ˆ 0 und P 0 werden z. B. mit 0 und I vorgegeben. Damit beDie Anfangswerte von θ steht nun die M¨ oglichkeit w¨ ahrend des Regelprozesses, also on-line, die Parameter der Regelstrecke zu jedem Abtastschritt neu zu berechnen. Dies soll am Beispiel 15.2 der Positionsregelung einer Last demonstriert werden. 3

Nachfolgend wird der Index LS beim Sch¨ atzwert weggelassen.

332

15 Adaptive und selbsteinstellende Regler

Beispiel 15.3 Parametersch¨atzung der Positionsregelstrecke: Es wird die Regelstrecke nach Gleichung 15.1 mit verschiedenen Eingangssignalen angeregt und mit dem rekursiven Kleinste-Quadrate-Sch¨ atzverfahren identifiziert. Als Abtastzeit wird T = 0,1 s verwendet. FS (s) =

40 Φ(s) = . M (s) 20 + 5s + Ji · s2

Diskretisiert lautet die Rekursionsgleichung der Regelstrecke: y(kT ) = a1 y((k − 1)T ) + a2 y((k − 2)T ) + b1 xe ((k − 1)T ) + b2 ((k − 2)T ) . Die wahren Parameter a1 , a2 , b1 , b2 f¨ ur die drei Tr¨agheitsmomente Ji = 0,5; 2 und 5 kg m2 werden bei Diskretisierung nach der Methode von Kapitel 10.2.1 berechnet zu: a1 −1,1232 −1,6911 −1,8669

2

J = 0,5 kg m J = 2 kg m2 J = 5 kg m2

a2 0,3679 0,7788 0,9048

b1 0,2853 0,0914 0,0386

b2 0,2040 0,0841 0,0373

Tabelle 15.1: Tabelle der wahren Streckenkoeffizienten f¨ ur T = 0,1 s Diese Streckenparameter sollen nun von dem Algorithmus gesch¨atzt werden. Zun¨achst wird die Regelstrecke mit einem Sprungsignal angeregt, und die Tr¨agheitsmomente werden nach 20 bzw. 40 s von 0,5 auf 2 und dann auf 5 kg m2 umgeschaltet. Die Sch¨atzung der Streckenkoeffizienten zeigt Abb. 15.8. 1

ˆ2 0.5 a ˆ1 , a ˆb1 , ˆb2 6

ˆb1 , ˆb2 a ˆ2

0

−0.5

a ˆ1 −1

0

10

20

-

30

40

50

60

t/s

Abbildung 15.8: Sch¨atzwerte der Streckenparameter a ˆ1 , a ˆ2 , ˆb1 , ˆb2 f¨ ur J = 0,5 kg m2 2 2 (0 ≤ t ≤ 20 s); J = 2 kg m (20 < t ≤ 40 s); J = 5 kg m (40 < t ≤ 60 s) [20] Der Sch¨ atzalgorithmus berechnet zu keinem Zeitpunkt auch nur n¨aherungsweise die korrekten Streckenparameter. Das liegt daran, dass der Sprungeingang die Regelstrecke nicht gen¨ ugend anregt, er ist nicht “persistently exciting“.

15.3 Selbsteinstellende Regler

333

Regt man nun jedoch die Regelstrecke mit einer Rechteckschwingung (mit der Periodendauer TP = 5 s; Amplitude ±1) an, so werden die Sch¨atzungen der Streckenparameter deutlich verbessert, wie Abb. 15.9 zeigt. Nun reagiert der Sch¨atzalgorithmus auf die immer wieder erneute Anregung mit der Rechteckschwingung und die zweimalige ¨ Anderung des Tr¨ agheitsmoments. 1

ˆ2 a ˆ1 , a ˆb1 , ˆb2 6

a ˆ2

0.5

ˆb1

0

ˆb2

−0.5 −1 −1.5

a ˆ1 −2

0

10

20

-

30

40

50

60

t/s

Abbildung 15.9: Sch¨atzwerte der Streckenparameter a ˆ1 , a ˆ2 , ˆb1 , ˆb2 f¨ ur J = 0,5 kg m2 2 2 (0 ≤ t ≤ 20 s); J = 2 kg m (20 < t ≤ 40 s); J = 5 kg m (40 < t ≤ 60 s) Die Koeffizienten der Regelstrecke werden nun relativ gut berechnet, wie die Tabelle 15.2 zeigt, wenn man die Zahlenwerte mit denen von Tabelle 15.1 vergleicht.

2

J = 0,5 kg m J = 2 kg m2 J = 5 kg m2

a ˆ1 −1,1115 −1,6119 −1,8095

a ˆ2 0,3594 0,7158 0,8581

ˆb1 0,2867 0,1628 0,1111

ˆb2 0,2095 0,0422 −0,0189

Tabelle 15.2: Tabelle der gesch¨atzen Streckenkoeffizienten f¨ ur T = 0,1 s  Gewichtete Rekursive Kleinste Fehlerquadrate-Sch¨ atzverfahren. Bei der Sch¨atzung der Streckenparameter θi gehen trotz des rekursiven Updates alle Messwerte des Ein- und Ausgangssignals von k = 1 bis k = N in die Sch¨atzung mit ein. Obwohl also in dem betrachteten Beispiel nach 20 bzw. 40 s ein anderes Tr¨agheitsmoment der Last vorliegt, gehen die vorherigen Messungen f¨ ur die anderen Tr¨agheitsmomente mit gleichem Gewicht in die aktuelle Sch¨ atzung ein. Dadurch werden die Sch¨atzungen der Streckenparameter verschlechtert. Zur Verbesserung der Sch¨ atzung der Streckenparameter wird vor der Berechnung der ˆ N +1 nach Gleichung 15.9 nun der alte Wert von P N durch Parametersch¨ atzwertes θ den Gewichtsfaktor α (forgetting factor) dividiert, wobei dieser Faktor im Wertebereich

334

15 Adaptive und selbsteinstellende Regler

0,9 ≤ α ≤ 1,0 vorzugeben ist. Die Rekursionsgleichungen ¨andern sich damit wie folgt: P N := P N /α T ˆ ˆ N +1 = θ ˆ N − P N hN +1 (hN +1 θN − xa ((N + 1)T )) θ T 1 + hN +1 P N hN +1

P N +1 = P N −

P N hN +1 hTN +1 P TN 1 + hTN +1 P N hN +1

Durch diese sich immer wiederholende Vergr¨oßerung der aktuellen Sch¨atzfehlervarianz (wegen α < 1) verlieren die alten Messwerte von xe (kT ) und xa (kT ) an Gewicht, und die aktuellen Messungen werden st¨ arker gewichtet. Dies hat eine enorme Verbesserung der Genauigkeit der Sch¨ atzung der Streckenparameter zur Folge. Setzt man in dem vorangehenden Beispiel 15.3 den Wert α = 0,95 so werden die Parameter ai und bi bis auf vier Stellen nach dem Komma exakt ermittelt wie Tabelle 15.3 zeigt.

J = 0,5 kg m2 J = 2 kg m2 J = 5 kg m2

a1 −1,1232 −1,6911 −1,8669

a2 0,3679 0,7788 0,9048

b1 0,2853 0,0914 0,0386

b2 0,2040 0,0841 0,0373

Tabelle 15.3: Tabelle der gesch¨atzten Streckenkoeffizienten f¨ ur T = 0,1 s Der zeitliche Sch¨ atzverlauf der Streckenparameter ist nach jeweils ca. 5 s praktisch abgeschlossen, wie die Abb. 15.10 zeigt. Danach hat der Algorithmus den Endwert des gesch¨ atzten Parameters erreicht und bleibt ab da konstant. 1

a ˆ1 , a ˆ2 0.5 ˆb1 , ˆb2 0 6

ˆb1

a ˆ2

ˆb2

−0.5 −1

a ˆ1

−1.5 −2

0

10

20

-

30

40

50

60

t/s

Abbildung 15.10: Sch¨atzwerte der Streckenparameter a ˆ1 , a ˆ2 , ˆb1 , ˆb2 f¨ ur J = 0,5 kg m2 2 2 (0 ≤ t ≤ 20 s); J = 2 kg m (20 < t ≤ 40 s); J = 5 kg m (40 < t ≤ 60 s) Alternativ zu diesem Gewichtsfaktor k¨ onnte man auch z. B. nur die jeweils letzten 20 oder 30 Messwerte f¨ ur die Sch¨ atzung verwenden. Dadurch w¨ urde man praktisch ein Zeitfenster f¨ ur die zu verwendenden Messwerte vorgeben. Beide Verfahren werden angewendet.

15.3 Selbsteinstellende Regler

15.3.2

335

Reglerentwurf

Methoden. Nachdem infolge der Parametersch¨atzung die Streckenkoeffizienten mehr oder weniger exakt vorliegen, kann man auf der Basis dieser Kenntnis die Reglerkoeffizienten berechnen. Hierzu bietet sich letztlich der Einsatz aller automatisierbaren Entwurfsverfahren an. Man kann z. B. einen der in Kapitel 14 behandelten, oder andere Entwurfsverfahren einsetzen. Hier soll der Entwurf mittels Polvorgabe (siehe Kapitel 14.3, Seite 317) angewendet werden. Reglerentwurf mittels Polvorgabe. Die Vorgehensweise soll beispielhaft an der identifizierten Regelstrecke von Beispiel 15.3 demonstriert werden. Aus den gesch¨atzten Zahlenwerten der Regelstrecke werden zun¨achst die Kreisfrequenzen ω0 und die D¨ ampfungsbeiwerte D der drei identifizierten Strecken berechnet zu: J1 = 0,5 kg m2 6,32 0,79

ω0,Ji /(Rad/s) DS

J2 = 2 kg m2 3,16 0,395

J3 = 5 kg m2 2,0 0,25

Tabelle 15.4: Kreisfrequenz und D¨ampfung der gesch¨atzten Streckenkoeffizienten Um die Stellsignale nicht unn¨ otig groß werden zu lassen, soll die Kreisfrequenz des Modellverhaltens des geregelten Systems f¨ ur die verschiedenen Tr¨agheitsmomente m¨oglichst genau den in Tabelle 15.4 ermittelten Kreisfrequenzen entsprechen. Der geforderte D¨ ampfungsbeiwert wird auf D = 0,71 gesetzt. Somit lauten die jeweiligen gew¨ unschten Modell¨ ubertragungsfunktionen: FW (s) =

1+

2D ω0,Ji

1 . s · s + ( ω0,J )2 i

Mit dem in Kapitel 14.3 entwickelten Entwurfsverfahren werden dann die jeweiligen Polynome R(z), S(z) und T (z) berechnet. Tabelle 15.5 zeigt die ermittelten Zahlenwerte der Polynome:

J1 :

J2 :

J3 :

R(z) S(z) T (z) R(z) S(z) T (z) R(z) S(z) T (z)

1,0000 − 0,6862z −1 − 0,3138z −2 1,6016 − 1,7651z −1 + 0,5857z −2 0,5213 − 0,1043z −1 + 0,0052z −2 1,0000 − 0,5773z −1 − 0,4227z −2 5,5756 − 9,1988z −1 + 3,9916z −2 0,4547 − 0,0909z −1 + 0,0045z −2 1,0000 − 0,5648z −1 − 0,4352z −2 13,3153 − 23,7035z −1 + 10,7587z −2 0,4574 − 0,0915z −1 + 0,0046z −2

Tabelle 15.5: Tabelle der verschiedenen Polynome R(z), S(z) und T (z)

336

15 Adaptive und selbsteinstellende Regler

Mit diesen Polynomen wird das Regelverhalten simuliert und in den Abbildungen 15.11 und 15.12 werden drei Verl¨ aufe von Regel- und Stellgr¨oße dargestellt. Die Regelgr¨oße folgt dem gew¨ unschten Verlauf f¨ ur die verschiedenen identifzierten Tr¨agheitsmomente. Die Stellsignale zeigen die erw¨ unschten kleinen Signalamplituden.

1.2 1

x(t) 6

J1

0.8

J2

J3

0.6 0.4 0.2 0

0

1

2

-

3

4

5

6

t/s

Abbildung 15.11: Verl¨aufe der Regelgr¨oßen f¨ ur die verschiedenen Tr¨agheitsmomente

0.6

J1

0.55

y(t)

0.5

6

0.45

J2

0.4

J3

0.35 0.3 0.25

0

1

2

-

3

4

5

6

t/s

Abbildung 15.12: Verl¨aufe der Stellgr¨oßen f¨ ur die verschiedenen Tr¨agheitsmomente L¨ asst man gr¨ oßere Stellsignale zu, dann ist speziell bei den Verl¨aufen f¨ ur die Tr¨agheitsmomente J2 und J3 ein schnelleres Einschwingverhalten erzielbar. Man muss in der praktischen Anwendung den Ablauf des gesamten Vorgangs sich wie folgt vorstellen: W¨ ahrend der Identifizierungsphase (Anregung z. B. mit einer Rechteckschwingung) werden aus den Ein-/Ausgangssignalen die Streckenparameter und die verschiedenen Kreisfrequenzen ω0,Ji berechnet. Daran schließt sich die Berechnung der Reglerpolynome R(z), S(z) und T (z) an, die dann an die beiden Anteile des Reglers gem¨ aß Abb. 14.15 u ¨ bergeben werden. Mit diesen Reglern erfolgt dann die Regelung des Prozesses.

15.4 Modell-Referenz-Adaptive Systeme (MRAS)

337

15.4

Modell-Referenz-Adaptive Systeme (MRAS)

15.4.1

Die MIT-Regel

MRAS-Struktur. Modell-Referenz-Adaptive Systeme sind eine wichtige adaptive Reglerstruktur. Bei der MRAS-Struktur wird das gew¨ unschte Systemverhalten des geschlossenen Kreises durch ein Modell spezifiziert. Die Reglerparameter werden abh¨angig vom Fehler zwischen Modell und geschlossenem Regelkreis angepasst. Abb. 15.13 zeigt das Blockdiagramm der MRAS-Struktur. -

xm (t)

Modell

Reglerparameter Sollwert w(t) s -

? Adaptions-  schema

? Regler

s - Regelstrecke Stellsignal y(t)

- oße x(t) s Regelgr¨

Abbildung 15.13: Blockdiagramm des Modell-Referenz-Adaptiven Systems (MRAS) Herleitung der MIT-Regel. Der Name der MIT-Regel ist abgeleitet vom Draper Laboratorium am Massachusetts Institute of Technology, in dem die Regel entwickelt wurde. Nachfolgend soll eine kurze Ableitung der Regel erfolgen. Es wird ein Regelkreis betrachtet, in dem der Regler einen anzupassenden Parameter θ enth¨ alt. Das gew¨ unschte Verhalten des geschlossenen Regelkreises wird beschrieben durch den Modellverlauf der Regelgr¨ oße xm (t). Man f¨ uhrt nun als Fehler e(t) die Abweichung zwischen der Regelgr¨ oße x(t) und der Modellgr¨oße xm (t) wie folgt ein: e(t) = x(t) − xm (t) . Die Anpassung des Parameters θ kann man dergestalt realisieren, dass man das G¨ utekriterium des Fehlers 1 (15.11) J(θ) = e(t)2 2 minimiert. Man erzielt eine Verringerung des G¨ utekritierums, wenn man den Parameter θ in Richtung des negativen Gradienten von J ver¨andert, d. h. es wird gew¨ahlt: dθ ∂J ∂e = −γ = −γe . (15.12) dt ∂θ ∂θ Liegen mehrere Parameter θi des Reglers vor, so ist in den obigen Ableitungen die Gr¨ oße θ als Vektor anzusehen. In der Literatur [5], [59] werden andere G¨ utekriterien und Anpassungsstrategien behandelt.

338

15.4.2

15 Adaptive und selbsteinstellende Regler

Anwendung der MIT-Regel

Systemgleichungen. Die Anwendung des adaptiven Reglers soll wieder am Beispiel ¨ der Positionsregelung einer Last (siehe Beispiel 15.2) erfolgen. Die Ubertragungsfunktion der Regelstrecke ist FS (s) =

X(s) 40 Φ(s) b = = = . 2 M (s) Y (s) 20 + 5s + Ji · s a0 + a 1 s + a 2 s2

(15.13)

Das ver¨ anderliche Tr¨ agheitsmoment der Last soll die Werte J1 = 0,5 kg m2

J2 = 2 kg m2

J3 = 5 kg m2

annehmen. Der geschlossene Regelkreis soll die folgende Modell¨ ubertragungsfunktion aufweisen: FM (s) =

1 bm = , am0 + am1 s + am2 s2 + ( ωs0 )2

Xm (s) = W (s) 1+

2D ω0 s

(15.14)

mit D = 0,71 und ω0 = 0,5 · 3,12s−1. Die Reglergleichung mit den anzupassenden Parametern θi lautet: y(t) = θ1 · w(t) − θ2 · x(t) − θ3 · x(t) ˙ .

(15.15)

Entwicklung des adaptiven Reglers. Ausgehend von den Differentialgleichungen der Strecke und des Modells a2 x¨ = −a0 x − a1 x˙ + by a2m x¨m = −a0m xm − a1m x˙ m + bm w ,

(15.16) (15.17)

wird die Reglergleichung 15.15 in die Streckengleichung 15.16 wie folgt eingearbeitet: ˙ a2 x¨ = −a0 x − a1 x˙ + b · (θ1 · w(t) − θ2 · x(t) − θ3 · x(t)) = −(a0 + bθ2 )x − (a1 + bθ3 )x˙ + bθ1 w .

(15.18) (15.19)

Die Ausg¨ ange von Gleichung 15.17 und 15.19 stimmen dann u ¨ berein, wenn gilt: bθ1 bm = , a2 a2m

a0 + bθ2 a0m = , a2 a2m

a1 + bθ3 a1m = . a2 a2m

(15.20)

Daraus folgt dann f¨ ur den Vektor θ: b m a2 θ1 = , b a2m

 θ2 =

a0m a2 − a0 /b , θ3 = a2m



a1m a2 − a1 /b . a2m (15.21)

15.4 Modell-Referenz-Adaptive Systeme (MRAS)

339

Aus Gleichung 15.19 folgt nach der Laplace-Transformation X(s) =

bθ1 · W (s) . (a0 + bθ2 ) + (a1 + bθ3 )s + a2 s2

(15.22)

Der Fehler E(s) = L{e(t)} resultiert dann zu: E(s) =

bm bθ1 ·W (s)− ·W (s) . (15.23) (a0 + bθ2 ) + (a1 + bθ3 )s + a2 s2 a0m + a1m s + a2m s2

Anhand der Fehlergleichung 15.23 werden die partiellen Ableitungen der Parameter θi entwickelt zu: ∂E(s) b = · W (s) ∂θ1 (a0 + bθ2 ) + (a1 + bθ3 )s + a2 s2 −b2 θ1 ∂E(s) = 2 · W (s) ∂θ2 [(a0 + bθ2 ) + (a1 + bθ3 )s + a2 s2 ] −b = · X(s) (a0 + bθ2 ) + (a1 + bθ3 )s + a2 s2 ∂E(s) −b2 θ1 s = · W (s) ∂θ3 [(a0 + bθ2 ) + (a1 + bθ3 )s + a2 s2 ]2 =

−bs · X(s) . (a0 + bθ2 ) + (a1 + bθ3 )s + a2 s2

(15.24)

(15.25)

(15.26)

Da die Streckenparameter a0 , a1 , . . . unbekannt sind, m¨ ussen Approximationen in den Gleichungen 15.24 bis 15.26 gemacht werden. Das Einsetzen von Termen der Gleichung 15.20 f¨ uhrt zu den approximierten und auf die Verst¨arkung Eins normierten Ableitungen der Fehler wie folgt: a0m ∂E(s) ≈ · W (s) = FM (s) · W (s) ∂θ1 a0m + a1m s + a2m s2 −a0m ∂E(s) ≈ · X(s) = −FM (s) · X(s) ∂θ2 a0m + a1m s + a2m s2 −a0m s ∂E(s) ≈ · X(s) = −FM (s) · sX(s) ∂θ3 a0m + a1m s + a2m s2

(15.27) (15.28) (15.29)

Mit diesen Approximationen lautet die MIT-Regel f¨ ur die einzelnen zeitlichen Ableitungen der Werte θi : dθ1 = −γ · e(t) · dt dθ2 = −γ · e(t) · dt dθ3 = −γ · e(t) · dt

∂e ∂θ1 ∂e ∂θ2 ∂e . ∂θ3

(15.30) (15.31) (15.32)

340

15 Adaptive und selbsteinstellende Regler

Die Laplace-Transformierten dieser Gleichungen lauten dann: ∂E(s) = −γ · E(s) · FM (s) · W (s) ∂θ1 ∂E(s) sΘ2 (s) = −γ · E(s) · = γ · E(s) · FM (s) · X(s) ∂θ2 ∂E(s) sΘ3 (s) = −γ · E(s) · = γ · E(s) · FM (s) · sX(s) bzw. ∂θ3 Θ3 (s) = γ · E(s) · FM (s) · X(s) .

sΘ1 (s) = −γ · E(s) ·

(15.33) (15.34)

(15.35)

Die Gleichungen 15.33 bis 15.35 stellen die zu realisierenden Adaptionsgleichungen des Reglers der MRAC-Struktur dar. MRAC-Struktur. Abb. 15.14 zeigt das Blockdiagramm der MRAC-Struktur der Gleichungen 15.33 bis 15.35. Im oberen Teil der Abbildung liegt die Modell¨ ubertragungsfunktion, und im unteren Teil ist die MRAC-Struktur aufgebaut. -

w

-X

r

6 −θ1 γ s

6 -

FM (s)

-X

xm

FM (s)

− g − 6 X θ3 6 γ

- g y−  6 s X r θ2 6

6

6

− ? g e 6 xr

FS (s)

r x

γ s

r6 X 6

FM (s)



Abbildung 15.14: MRAC-Struktur der Anwendung Mit dieser MRAC-Struktur wird die Positionsregelung der Last mit den unterschiedliuhrt. F¨ ur alle Adaptionen wird der Wert γ = 0,05 chen Tr¨ agheitsmomenten Ji durchgef¨ und ω0 = 0,5 · 3,12 s−1 gew¨ ahlt. Simulationen. Abb. 15.15 zeigt die Simulation der Regelung f¨ ur J = J1 = 0,5 kg m2 bei Anregung des Systems mit einer Rechteckfunktion. Im Verlauf der Adaption des Reglers n¨ ahert sich die Regelgr¨ oße x(t) wie gew¨ unscht immer mehr dem Modellverlauf xm (t) an.

15.4 Modell-Referenz-Adaptive Systeme (MRAS)

341

1.5

x(t), xm (t) 6

1

0.5 0 −0.5 −1 −1.5

0

50

100

150

-

200

250

300

t/s

Abbildung 15.15: Verlauf des Modellausgangs xm (t) (fett gezeichnet) und der Regelgr¨oße x(t) f¨ ur das Tr¨agheitsmoment J = J1 = 0,5 kg m2

Abb. 15.16 zeigt die Simulation der Regelung f¨ ur J = J2 = 2 kg m2 bei Anregung des Systems mit einer Rechteckfunktion. Der Verlauf der Adaption des Reglers erfolgt hier noch deutlicher als in Abb. 15.15.

2 1.5

x(t), xm (t) 1 6

0.5 0 −0.5 −1 −1.5 −2

0

50

100

150

-

200

250

300

t/s

Abbildung 15.16: Verlauf des Modellausgangs xm (t) (fett gezeichnet) und der Regelgr¨oße x(t) f¨ ur das Tr¨agheitsmoment J = J2 = 2 kg m2

Setzt man nun jedoch das große Tr¨ agheitsmoment J = J3 = 5 kg m2 ein, so konvergiert der Regelvorgang nicht so gut, wie bei den anderen Tr¨agheitsmomenten. Dies zeigt Abb. 15.17. Die Regelgr¨ oße schwingt relativ lange um den gew¨ unschten Endwert. Das geforderte Einschwingverhalten ist f¨ ur das große Tr¨agheitsmoment zu schnell. Hier ist eine weitere Parameteroptimierung mit anderen Werten f¨ ur γ und ω0 vorzunehmen.

342

15 Adaptive und selbsteinstellende Regler

2 1.5

x(t), xm (t) 1 6

0.5 0 −0.5 −1 −1.5 −2

0

50

100

150

-

200

250

300

t/s

Abbildung 15.17: Verlauf des Modellausgangs xm (t) (fett gezeichnet) und der Regelgr¨oße x(t) f¨ ur das Tr¨agheitsmoment J = J3 = 5 kg m2

Teil III

Fuzzy-Regelung

16

Grundlagen unscharfer“ ” Mengen (Fuzzy-Mengen)

16.1

Unscharfe Informationen und Fuzzy-Mengen

Einf¨ uhrung. In der klassischen Mengenlehre geh¨ort ein Element zu einer Menge oder es geh¨ ort nicht zu einer Menge. Die Zahl 2 geh¨ ort z. B. zur Menge der geraden Zahlen, die Zahl 2,0001 dagegen nicht mehr. Es findet eine scharfe Trennung der Zugeh¨origkeit zu einer Menge statt. Diese Zugeh¨ origkeit dr¨ uckt man durch eine klassische Zweiwertigkeit der Information aus Nein ↔ Ja Falsch ↔ Wahr 0 ↔ 1. Die Zugeh¨ origkeit zu einer Menge kann jedoch ebenso durch eine Zugeh¨origkeitsfunktion μ ausgedr¨ uckt werden, die in der klassischen Mengenlehre nur die Werte 0 und 1 annimmt. Geh¨ ort ein Element x zur Menge, so ist μ(x) = 1, geh¨ort es nicht zur Menge, so ist μ(x) = 0. Als Beispiel werde die Menge A der reellen Zahlen zwischen 2 und 3 betrachtet, A := {x|x ∈ mit

, 2 ≤ x ≤ 3}

(16.1)

als Menge der reellen Zahlen (Grundmenge) und in Abb. 16.1 grafisch dargestellt. μ(x) 6 1

1

2

3

4

x

Abbildung 16.1: Grafische Darstellung der Menge der reellen Zahlen von 2 bis 3 durch ihre Zugeh¨origkeitsfunktion μ(x)

346

16 Grundlagen unscharfer“ Mengen (Fuzzy-Mengen) ”

Diese scharfe Trennung wird in der Theorie der unscharfen Mengen aufgehoben [74], [75], [76]. In Anlehnung an die aus dem Englischen kommende Bezeichnung fuzzy = unscharf, fusselig sollen diese Mengen im Folgenden mit Fuzzy-Mengen (Fuzzy-Sets) bezeichnet werden. Diese sogenannte Unsch¨ arfe wird im allt¨aglichen Sprachgebrauch wie selbstverst¨ andlich akzeptiert. Man unterscheidet z. B. 1. Stochastische Unsch¨ arfe: Hiermit wird die Wahrscheinlichkeit des Eintretens eines Ereignisses gemeint, wie z. B. das Auftreten der Zahl 17 beim Roulettespiel, oder das Ziehen des Herz-Ass beim Pokern. 2. Lexikalische oder sprachliche Unsch¨ arfe: Hiermit bescheibt man Sachverhalte, die sich an einer gewissen Norm orientieren, wie z. B. die Begriffe ein reiches Land, ein h¨ ubsches M¨ adchen oder ein guter Vertrag. 3. Informale Unsch¨ arfe: Hiermit bezeichnet man Tatbest¨ande, zu deren genauer Beschreibung oft weitere Informationen fehlen. Beispiele hierf¨ ur sind Glaubw¨ urdigkeit, Vertrauensw¨ urdigkeit. In der Theorie der Fuzzy-Mengen wird diese Unsch¨arfe rechenbar gemacht durch eine Aufweichung der Zugeh¨ origkeitsfunktion μ. Dies soll an der Menge der Zahlen die viel ” gr¨ oßer als 10“ sind erl¨ autert werden. In der Mathematik verbindet man mit dem Ausdruck viel gr¨ oßer“ in der Regel die Tatsache, dass eine derartige Zahl mindestens um ” eine Zehnerpotenz gr¨ oßer als die betrachtete Zahl sein muss. Damit kann man diesen Sachverhalt durch die Zugeh¨ origkeitsfunktion nach Abb. 16.2 darstellen. Die Akzeptanz μ(x) 6 1

50

100

150

200

x

Abbildung 16.2: Modellierung der Menge der Zahlen viel gr¨oßer als 10“ ” einer derartigen Modellierung ist jedoch fragw¨ urdig. Sie entspricht im Allgemeinen nicht dem gesunden Menschenverstand. So geh¨ ort nach dieser Definition z. B. die Zahl 99,9 nicht zu der Menge der Zahlen, die viel gr¨ oßer als 10 sind. Durch die oben angesprochene Aufweichung der Zugeh¨ origkeitsfunktion kann man diesen Sachverhalt viel besser ausdr¨ ucken. L¨ asst man z. B. Werte der Zugeh¨origkeitsfunktion zwischen 0 und 1 zu, so entspricht die nachfolgende Modellierung der Menge der Zahlen viel gr¨oßer als 10 wesentlich mehr unserem Empfinden.

16.1 Unscharfe Informationen und Fuzzy-Mengen μ(x) 6  1 0,86 

0,18



6

6

6 50 100

347

150

200

x

Abbildung 16.3: Modellierung der Menge der Zahlen viel gr¨oßer als 10 durch eine unscharfe Menge (Fuzzy-Menge) Aufgrund dieser Modellierung gem¨ aß Abb. 16.3 gilt z. B.: Der Zugeh¨ origkeitsgrad der Zahl x = 50 zur Menge ist 0,18 Der Zugeh¨ origkeitsgrad der Zahl x = 100 zur Menge ist 0,86 Der Zugeh¨ origkeitsgrad der Zahl x = 200 zur Menge ist 1,0 Definitionen von Fuzzy-Mengen. Diese Art der Modellierung durch unscharfe Mengen wurde von Zadeh im Jahre 1965 [74] eingef¨ uhrt. Die formale Definition einer FuzzyMenge lautet: Es sei  eine Grundmenge mit den Elementen x. Die Fuzzy-Menge (unscharfe Menge) A in  ist dann definiert als die Menge geordneter Paare A = {x, μA (x)|x ∈ }.

(16.2)

μA (x) :  → [0, 1].

(16.3)

μA (x) heißt Zugeh¨origkeitsfunktion von x in . Die Zugeh¨origkeitsfunktion bildet jedes Element der Grundmenge  auf Werte zwischen 0 und 1 ab:

Eine Fuzzy-Menge wird vollst¨ andig durch ihre Zugeh¨origkeitsfunktion beschrieben. Bei den klassischen Mengen ergab eine Darstellung als Kennlinie aufgrund der Zweiwertigkeit keinen besonderen Vorteil. Bei den Fuzzy-Mengen veranschaulicht eine Darstellung als Kennlinie jedoch den beschriebenen Sachverhalt, wie das nachfolgende Beispiel der Fuzzy-Menge Junger Mann“ (Abb. 16.4) zeigt. ” Hierbei ist zu beachten, dass der Zugeh¨ origkeitsgrad nichts mit dem Begriff der Wahrscheinlichkeit aus der Statistik zu tun hat. Da die Form der Zugeh¨origkeitsfunktion nicht beschr¨ ankt ist, sind die klassischen Mengen als Spezialf¨alle in den Fuzzy-Mengen enthalten. Eine alternative Beschreibung der Fuzzy-Mengen in Form analytischer Funktionen ist ebenso m¨ oglich. Aufgrund der Anschaulichkeit grafischer Darstellungen werden sie hier vorwiegend verwendet.

348

16 Grundlagen unscharfer“ Mengen (Fuzzy-Mengen) ”

1

μ 6

5

10

15

20

25

30 Alter

Abbildung 16.4: Darstellung des Begriffs Junger Mann“ als Zugeh¨origkeitsfunktion ” einer Fuzzy-Menge Die in Theorie und Anwendung am h¨ aufigsten verwendeten Fuzzy-Mengen zeigen die Abbildungen 16.5 bis 16.7. μ 1 6

μ 1 6

x

x

Abbildung 16.5: Trapezf¨ormige Fuzzy-Menge (links) und dreiecksf¨ormige Fuzzy-Menge (rechts)

μ 1 6

μ 1 6

x

x

Abbildung 16.6: Kosinusf¨ormige Fuzzy-Menge (links) und Gauß-f¨ormige Fuzzy-Menge (rechts)

16.2 Operatoren f¨ ur Fuzzy-Mengen μ 1 6

349 μ 1 6

x

t

x0

x

Abbildung 16.7: LR-Fuzzy-Menge (Links-Rechts) (links) und Singleton (rechts)

Meistens werden bei der Fuzzy-Regelung die dreiecks- und trapezf¨ormigen Fuzzy-Mengen eingesetzt. Die Fuzzy-Mengen mit krummlinigen Flankenverl¨aufen sind dagegen seltener anzutreffen. Die mit Singleton bezeichnete Fuzzy-Menge stellt eine Sonderform dar, die jedoch in der Fuzzy-Regelung sehr h¨ aufig zu finden ist. Das in Abb. 16.7 eingef¨ uhrte Singleton stellt eine diskrete Fuzzy-Menge dar, die nur an der Stelle x = x0 von Null verschieden ist. Eine h¨aufig hierf¨ ur verwendete Schreibweise derartiger endlicher Mengen ist: A := {μA (x)/x|x ∈ }

(16.4)

mit μA (x)/x als Singleton. Daher kann das Singleton von Abb. 16.7 geschrieben werden als A = {1/x0 }

oder auch als

A = {(x0 ,1)} .

Es f¨ allt auf, dass der Zugeh¨ origkeitsgrad μ(x) der dargestellten Fuzzy-Mengen immer den maximalen Wert 1 aufweist. Derartige Fuzzy-Mengen heißen normale Fuzzy-Mengen im Unterschied zu den subnormalen Fuzzy-Mengen. In der Fuzzy-Regelung wird meistens mit normalen Fuzzy-Mengen gearbeitet.

16.2

Operatoren fu¨r Fuzzy-Mengen

Operatoren der klassischen Mengenlehre. In der klassischen Mengenlehre werden Operationen auf Teilmengen derselben Grundmenge durch Operatoren wie z. B. den UND-, ODER- oder NICHT-Operator beschrieben. Dabei bezeichnet man z. B. die Menge der Elemente, die zu den Teilmengen 1 UND 2 geh¨ort, als Schnittmenge, die Menge der Elemente, die zu den Teilmengen 1 ODER 2 geh¨ort, als Vereinigungsmenge, und die Menge der Elemente, die NICHT zu einer Menge geh¨ort, als Komplement¨armenge. Es sei die Teilmenge A1 die Menge der reellen Zahlen zwischen 5 und 20 und die Teilmenge A2 die Menge der Zahlen zwischen 15 und 30. Als Schnittmenge A1∩2 = A1 ∩ A2

350

16 Grundlagen unscharfer“ Mengen (Fuzzy-Mengen) ”

resultiert dann die Menge der Zahlen zwischen 15 und 20

A1∩2

A1 = {x|x ∈ A2 = {x|x ∈ = A1 ∩ A2 = {x|x ∈

, 5 ≤ x ≤ 20} , 15 ≤ x ≤ 30} , 15 ≤ x ≤ 20}.

(16.5)

Stellt man diesen Sachverhalt grafisch dar, so ergeben sich die in Abb. 16.8 gezeigten Zugeh¨ origkeitsfunktionen. Die Menge A1∩2 ist die Schnittmenge der beiden Teilmengen μ 1 6

μ 1 6

Menge A1

10

20

30

x

Menge A2

10

μ 1 6

20

30

x

Menge A1 ∩ A2

10

20

30

x

Abbildung 16.8: Darstellung der Mengen A1 und A2 und ihrer Schnittmenge A1 ∩ A2 A1 und A2 , sie resultiert als Ergebnis einer UND-Verkn¨ upfung. Mathematisch entspricht diese UND-Verkn¨ upfung dem Minimum-Operator, auch als MIN-Operator bezeichnet. UND-Operator. Diese Bildung der Schnittmenge zweier Mengen in der klassischen Mengenlehre, also die MIN-Operation, kann in dieser Form auf Fuzzy-Mengen u ¨ bertragen werden. Dies soll zun¨ achst an einem Beispiel mit den Fuzzy-Mengen kleiner und mittlerer Abstand zweier Fahrzeuge gezeigt werden, wobei die Grundmenge  in m

 = {x|x ∈

, 0 ≤ x ≤ 500}

betragen soll. Als Fuzzy-Menge 1 (kleiner Abstand) sei der Abstand zweier Fahrzeuge im Bereich von 0 bis 40 m bezeichnet. Der Abstand von 20 bis 60 m werde durch die Fuzzy-Menge mittlerer Abstand beschrieben. Dann resultiert mittels einer analogen Anwendung der MIN-Operation (UND-Verkn¨ upfung) auf diese Fuzzy-Mengen der Bereich von 20 bis 40 m als Schnittmenge kleiner UND mittlerer Abstand. Diese neue Fuzzy-Menge ist in der linken Abb. 16.9 schraffiert hervorgehoben und rechts noch einmal gesondert

16.2 Operatoren f¨ ur Fuzzy-Mengen μ 1 6

klein

20

40

351 μ 1 6

mittel

-

60 Abstand/m

klein UND mittel

20

40

-

60 Abstand/m

Abbildung 16.9: Verkn¨ upfung der Fuzzy-Mengen kleiner und mittlerer Abstand durch eine UND-Verkn¨ upfung dargestellt. Die Zugeh¨origkeitsfunktion der Schnittmenge beider Fuzzy-Mengen ergibt sich als MINIMUM der Zugeh¨origkeitsfunktionen der Einzelmengen. Dies f¨ uhrt zu der folgenden Definition der Schnittmenge: Es seien A und B zwei Fuzzy-Mengen auf der Grundmenge  beschrieben durch ihre Zugeh¨origkeitsfunktionen μA und μB . Dann nennt man A ∩ B = {x, μA∩B (x)|x ∈ }

(16.6)

die Schnittmenge der Fuzzy-Mengen A und B. Die Zugeh¨origkeitsfunktiuber den sogenannten MIN-Operator definiert zu on μA∩B (x) ist dabei ¨ μA∩B (x) = μA ∩ μB (x) := MIN(μA (x), μB (x)).

(16.7)

Diese Schnittmenge A ∩ B wird nachfolgend zur Modellierung der Verkn¨ upfung A UND B

(16.8)

herangezogen. ODER-Operator. Die so erarbeitete Methodik der Verkn¨ upfung kann in gleicher Weise zur Modellierung der ODER-Verkn¨ upfung verwendet werden. Ausgehend von den zuvor in Abb. 16.9 untersuchten Mengen kleiner und mittlerer Abstand resultiert dann die ODER-Verkn¨ upfung der Mengen als Vereinigungsmenge. Die Zugeh¨ origkeitsfunktion der Vereinigungsmenge beider Fuzzy-Mengen ergibt sich als MAXIMUM der Zugeh¨ origkeitsfunktionen der Einzelmengen. Dies f¨ uhrt zu folgender Definition der Vereinigungsmenge: Es seien A und B zwei Fuzzy-Mengen beschrieben durch ihre Zugeh¨origkeitsfunktionen μA und μB . Dann nennt man A ∪ B = {x, μA∪B (x)|x ∈ }

(16.9)

352

16 Grundlagen unscharfer“ Mengen (Fuzzy-Mengen) ” μ 1 6

klein

20

40

μ 1 6

mittel

-

60 Abstand/m

klein ODER mittel

20

40

-

60 Abstand/m

Abbildung 16.10: Verkn¨ upfung der Fuzzy-Mengen kleiner und mittlerer Abstand durch eine ODER-Verkn¨ upfung die Vereinigungsmenge der Fuzzy-Mengen A und B. Die Zugeh¨origkeitsfunktion μA∪B (x) ist dabei definiert zu μA∪B (x) = μA ∪ μB (x) := MAX(μA (x), μB (x)).

(16.10)

Diese Vereinigungsmenge A ∪ B wird zur Modellierung der Verkn¨ upfung A ODER B

(16.11)

verwendet.

NICHT-Operator. Abschließend wird jetzt die Bildung der Komplement¨armenge von Fuzzy-Mengen definiert. F¨ ur die Untersuchung wird dabei die Fuzzy-Menge mittlerer Abstand herangezogen (siehe Abb. 16.11). μ 1 6

mittel

20

40

NICHT mittel

-

60 Abstand/m

Abbildung 16.11: Bildung des Komplements NICHT mittlerer Abstand durch den NICHT-Operator Es gilt folgende Definition f¨ ur die komplement¨are Menge: Es sei A eine Fuzzy-Menge beschrieben durch ihre Zugeh¨origkeitsfunktion μA . Dann nennt man Ac = {x, μAc (x)|x ∈ }

(16.12)

16.3 Linguistische Variablen und Terme — Fuzzifizierung

353

die komplement¨are Menge der Fuzzy-Menge A. Die Zugeh¨origkeitsfunktion μAc (x) ist dabei definiert zu μAc (x) = 1 − μA (x) .

(16.13)

Diese komplement¨are Menge Ac wird zur Modellierung der Negation NICHT A

(16.14)

verwendet.

16.3

Linguistische Variablen und Terme — Fuzzifizierung

Ohne die Vorgehensweise n¨ aher zu diskutieren ist in Abschnitt 16.2 eine Methodik eingef¨ uhrt worden, die in der Fuzzy-Logik u ¨blich ist und nachfolgend n¨aher erl¨autert werden soll. In der klassischen Mengenlehre geht man h¨ aufig von Mengen aus, die man mathematisch exakt beschreiben kann. Dies sind z. B. die Menge der reellen Zahlen , die Menge der komplexen Zahlen , die Menge der Zahlen gr¨oßer 5 A = {x|x ∈

, x > 5}

und ¨ ahnliche Spezifizierungen. In gleicher Weise k¨onnen technische Sachverhalte wie z. B. der in Abschnitt 16.2 betrachtete Abstand zweier Fahrzeuge beschrieben werden. D. h. man kann diesen Abstand in scharf getrennte Mengen unterteilen: minimaler Abstand kleiner Abstand mittlerer Abstand gr¨oßerer Abstand

A1 A2 A3 A4

= {x|x ∈ = {x|x ∈ = {x|x ∈ = {x|x ∈

, x ≤ 10} , 10 < x ≤ 30} , 30 < x ≤ 50} , 50 < x ≤ 100} .

Abh¨ angig vom jeweiligen Abstand k¨ onnen dann unter Verwendung von Methoden der Steuerungstechnik Aktionen wie z. B. die Einleitung gestufter Bremsvorg¨ange aktiviert werden. Linguistische Variable und Terme. Eine ¨ahnliche Vorgehensweise ist auch in der Fuzzy-Logik u ¨ blich. Der untersuchte Sachverhalt wird in sprachlicher Form beschrieben und dann in algorithmische Berechnungsverfahren u uhrt, die zur Steuerung und ¨ berf¨ Regelung eingesetzt werden. Die Grundelemente der linguistischen Beschreibung in der Fuzzy-Logik sind • linguistische Variable wie z. B. Fahrzeugabstand, Temperatur, Regeldifferenz, . . . und • linguistische Terme wie z. B. klein, mittel, groß, riesig . . . .

354

16 Grundlagen unscharfer“ Mengen (Fuzzy-Mengen) ”

Die linguistische Variable (z. B. Abstand) stellt den Signalkanal dar, und der linguistische Term (z. B. klein) den Fuzzy-Signalwert [76]. Kleiner Abstand ist somit eine Fuzzy-Menge mit einer zu spezifizierenden Zugeh¨origkeitsfunktion. Aus sp¨ater noch n¨ aher erl¨ auterten Gr¨ unden werden die linguistischen Terme meist u ¨ berlappend gew¨ahlt. In Abb. 16.12 werden zwei Beispiele f¨ ur derart spezifizierte Fuzzy-Mengen gezeigt. μ 1 6

μ 1 6

klein

20

40

60

80

-

100 Abstand/m

mittel

20

40

60

80

-

100 Abstand/m

Abbildung 16.12: Fuzzy-Mengen kleiner Abstand (linke Abb.) und mittlerer Abstand (rechte Abb.) mit der linguistischen Variablen Abstand und den linguistischen Termen klein bzw. mittel F¨ ur eine komplette Abdeckung des Wertebereichs des zu untersuchenden Signalkanals sind mehrere Fuzzy-Mengen zu spezifizieren. Dabei legt man im Allgemeinen trapezf¨ ormige Fuzzy-Mengen an die R¨ ander des Wertebereichs und dreiecksf¨ormige FuzzyMengen ins Innere des Wertebereichs. Dies zeigt Abb. 16.13 f¨ ur die linguistische Variable Temperatur im Bereich von 0◦ C bis 100◦ C mit den f¨ unf linguistischen Termen sehr niedrig, niedrig, mittel, hoch, sehr hoch. μ 1 6

sehr niedrig niedrig

20

40

mittel

60

hoch

80

sehr hoch

100

-

Temperatur/◦ C

Abbildung 16.13: Linguistische Variable Temperatur in ◦ C mit den linguistischen Termen sehr niedrig, niedrig, mittel, hoch, sehr hoch Fuzzifizierung. In der Praxis liegt die Anzahl der linguistischen Terme je Variabler im Bereich von 2 . . . 7. F¨ ur jede gemessene Temperatur kann man nun den Zugeh¨origkeitsgrad zur jeweiligen Fuzzy-Menge genau angeben. In der Fuzzy-Logik nennt man ¨ dies einen Ubergang von einem scharfen Signalwert auf den Fuzzy-Signalwert. Dies wird in Abb. 16.14 gezeigt. Der scharfe (hochgestelltes s) Temperaturwert T s = 24◦ C weist die folgenden Zugeh¨ origkeitsgrade zu den einzelnen Fuzzy-Mengen auf: μsehr niedrig (24◦ C) = 0,17 μniedrig (24◦ C) = 0,47

16.3 Linguistische Variablen und Terme — Fuzzifizierung μ 1 6

sehr niedrig niedrig

0,70  0,47  0,17 

mittel

355

hoch

sehr hoch

6 6 6

206 24◦ C

40

6

60

80

100

-

Temperatur/◦ C

46◦ C

¨ Abbildung 16.14: Ubergang vom scharfen Signalwert zum Fuzzy-Signalwert f¨ ur die s Temperaturen T = 24 und 46◦ C μmittel (24◦ C) = 0 μhoch (24◦ C) = 0 μsehr hoch (24◦ C) = 0 . Der Temperaturwert T s = 24◦ C wird also wie folgt auf die Fuzzy-Mengen abgebildet: T s = 24◦ C → T ∗24◦ C = [μsehr niedrig (24◦ C), μniedrig (24◦ C), . . . . . . μmittel (24◦ C), μhoch (24◦ C), μsehr hoch (24◦ C)] ∗ → T 24◦ C = [0,17 0,47 0 0 0] . Dabei ist T ∗ der Vektor der Zugeh¨origkeitsfunktionen. Diesen Vorgang der Abbildung eines scharfen Messwertes auf einen Vektor von Zugeh¨origkeitsgraden zu den einzelnen Fuzzy-Mengen bezeichnet man auch als Fuzzifizierung. Nach diesem Schema f¨ uhrt die Fuzzifizierung der Temperatur T s = 46◦ C, wie in Abb. 16.14 gezeigt, zu dem Ergebnis: T s = 46◦ C → T ∗46◦ C = [0

0

0,70

0

0] .

¨ Sofern der scharfe Signalwert im Uberlappungsbereich benachbarter Fuzzy-Mengen liegt, besitzt der Vektor der Zugeh¨ origkeitsfunktionen zwei Elemente ungleich Null. Sonst ist nur ein Element von Null verschieden.

17

Fuzzy-logisches Schließen (Fuzzy-Inferenz)

17.1

Regeln fu¨r Fuzzy-logisches Schließen

Fuzzy-Implikation. Eine der Anwendungen der Theorie der Fuzzy-Mengen besteht darin, bei Erf¨ ullung einer bestimmten Bedingung eine Schlussfolgerung zu ziehen. Sowohl die Bedingung als auch die Schlussfolgerung sind dabei u ¨ ber Fuzzy-Mengen definiert. Diese Art des Schließens wurde von Zadeh [75] als Fuzzy-logisches Schließen bzw. als unscharfes Schließen bezeichnet. Die zugrunde liegende Regel R f¨ ur dieses unscharfe Schließen R: WENN x = A DANN y = B wird als WENN-DANN-Regel bezeichnet. Der WENN-Teil der Regel, also x = A, stellt die Bedingung oder Pr¨ amisse dar, und der DANN-Teil, also y = B, die Schlussfolgerung oder Konklusion. Da Bedingung und Schlussfolgerung auf unscharfen Aussagen basieren, bezeichnet man derartige Regeln in Anlehnung an die klassische Implikation als Fuzzy-Implikation und k¨ urzt sie ab mit A⇒B . Die Verarbeitung einer derartigen Regel muss man sich wie folgt vorstellen: Regel R: Faktum: Schlussfolgerung:

WENN x = A DANN y = B x besitzt mehr oder weniger die Eigenschaft A y besitzt mehr oder weniger die Eigenschaft B

Das Beispiel des Kuchenbackens in einem Backofen, soll dieses Fuzzy-logische Schließen verdeutlichen: • Die Pr¨ amisse sei hierbei die Br¨aunung des Kuchens im Backofen, und • die Konklusion sei die Aussage, ob der Kuchen gar ist oder nicht. Dann erfolgt die Verarbeitung der Regel nach dem folgenden Schema:

358

17 Fuzzy-logisches Schließen (Fuzzy-Inferenz)

Regel R: Faktum: Schlussfolgerung:

WENN Br¨aunung = Goldbraun DANN Kuchen = Gar Br¨ aunung des Kuchens weniger Goldbraun Kuchen weniger Gar

Goldbraun und Gar stellen also Fuzzy-Mengen A und B dar, die u ¨ ber die Regel (FuzzyImplikation) verkn¨ upft werden. Es stellt sich nun die Frage, welcher Operator zur Verarbeitung einer derartigen WENNDANN-Regel verwendet werden kann. Durchgesetzt hat sich hierbei der Grundgedanke von Mamdani [49], der besagt, dass der Wahrheitsgehalt der Schlussfolgerung nicht gr¨oßer sein kann als der Wahrheitsgehalt der Pr¨amisse. Ersetzt man Wahrheitsgehalt durch Zugeh¨ origkeitsgrad zu einer Fuzzy-Menge, dann besagt dies beim Kuchenbeispiel: Wenn die Br¨aunung des Kuchens den Zugeh¨origkeitsgrad 0,75 zur Fuzzy-Menge Goldbraun (A) aufweist, dann kann der Zugeh¨origkeitsgrad der Schlussfolgerung zur Fuzzy-Menge Kuchen ist Gar (B) maximal auch nur 0,75 betragen. Die Mengen A und B basieren auf unterschiedlichen Grundmengen. Die Operationalisierung der Regeln, die unterschiedliche Grundmengen verkn¨ upfen, wird durch die sogenannten Relationen bzw. Fuzzy-Relationen erm¨oglicht, die im nachfolgenden Abschnitt eingef¨ uhrt werden.

17.2

Fuzzy-Relationen

Relationen. W¨ ahrend die bisher untersuchten Mengen auf einer Grundmenge definiert waren, soll nun die Verkn¨ upfung von Elementen aus verschiedenen Grundmengen betrachtet werden. Hierzu eignen sich die sogenannten Relationen. Zun¨achst einige Definitionen: 1. Es seien die Variablen x die Elemente der Grundmenge die Elemente der Grundmenge 2 .

1, und y

2. Zwischen den Grundmengen 1 und 2 l¨asst sich durch eine Aussageform x verkn¨ upft mit y“ eine Beziehung herstellen. ” 3. Die Grundmenge der Aussageform mit zwei Variablen ist die Kreuzproduktmenge 1 × 2 . Die Aussageform nennt man Relationsvorschrift.

4. Die L¨ osungsmenge einer Aussageform mit zwei Variablen bezeichnet man als Relation R. 5. Die Relation R ist auch eine Menge, und zwar eine Teilmenge der Grundmenge R ⊆ 1 × 2 .

17.2 Fuzzy-Relationen

359

Diese Definitonen sollen nun am Beispiel der diskreten Mengen A und B mit A = {1 3 5 7 8} und B = {4 6 8 10} veranschaulicht werden. F¨ ur die Relationsvorschrift x > y kann man nun die Relation R der Wertepaare (x, y) ∈ A × B aus den unterschiedlichen Mengen bilden. Diese Relation lautet: R = {(5, 4), (7, 4), (7, 6), (8, 4), (8, 6)}.

(17.1)

Die Relation ist definiert auf der Kreuzproduktmenge A × B und kann in Form einer Tabelle dargestellt werden: R: x > y

x

1 3 5 7 8

y 4 0 0 1 1 1

6 0 0 0 1 1

8 0 0 0 0 0



10 0 0 0 0 0

0 ⎢0 ⎢ R=⎢1 ⎣1 1



0 0 0 1 1

0 0 0 0 0

⎤ 0 0⎥ ⎥ 0⎥ 0⎦ 0

Die Matrix R wird als Relationsmatrix bezeichnet. Sie enth¨alt nur die Elemente 0 und 1, da in der klassischen Mengenlehre die Zugeh¨origkeitsfunktion μ nur diese beiden Werte annehmen kann. Fuzzy-Relationen. Im Unterschied zu den einfachen Mengen sind bei den Fuzzy-Mengen auch Zugeh¨ origkeitsgrade zwischen 0 und 1 zugelassen. Die weiteren Spezifikationen bleiben erhalten. Die Definition einer Fuzzy-Relation lautet somit: Es seien A = {x, μA (x)|x ∈ 1 }

und

zwei Fuzzy-Mengen auf den zwei Grundmengen geordnete Menge von Tupeln

B = {y, μB (y)|y ∈ 2 }

1 und 2. Dann heißt die

R = {((x, y), μR (x, y)) |(x, y) ∈ 1 × 2 } eine 2-stellige Fuzzy-Relation in

1 × 2 . Dabei stellt die Abbildung

μR (x,y) : 1 × 2 → [0, 1] die Zugeh¨origkeitsfunktion von R dar. F¨ ur n Grundmengen gilt die entsprechende Erweiterung auf n-stellige Fuzzy-Relationen. Eine Relationsvorschrift verkn¨ upft (Operator ≈) die beiden Variablen x und y, geschrieben als R:x≈y .

360

17 Fuzzy-logisches Schließen (Fuzzy-Inferenz)

Als Relationsvorschrift R kann auch eine WENN-DANN-Regel dienen, oder wie nachfolgend gezeigt die UND-Verkn¨ upfung (oder ODER-Verkn¨ upfung) von Teilpr¨amissen einer WENN-DANN-Regel. Die Fuzzy-Relation soll an dem technischen Beispiel der F¨ ullstandsregelung eines Beh¨alters (siehe Abb. 17.7) veranschaulicht werden. Es seien die zwei Fuzzy-Mengen mittel (F¨ ullstand) und hoch (Abfluss)1 durch die nachfolgend abgebildeten Zugeh¨origkeitsfunktionen gekennzeichnet: μ 6 1

μ 1 6

mittel

hoch

-

1,83

2,5

ullstand/m 3,16F¨

-

2,83

3,5

3 4,16 Abfluss/(m /h)

Abbildung 17.1: Fuzzy-Mengen mittel (F¨ ullstand) (linke Abb.) und hoch (Abfluss) (rechte Abb.) Auf der Basis der Fuzzy-Mengen mittel (F¨ ullstand) und hoch (Abfluss) soll eine Schlussfolgerung “ gezogen werden. Dies kann auf der Basis einer WENN-DANN” Regel erfolgen. Beispielhaft m¨ oge eine derartige WENN-DANN-Regel lauten:

R:

WENN F¨ ullstand = mittel UND Abfluss = hoch DANN

Dieses , die Konklusion, wird in den folgenden Abschnitten n¨aher betrachtet werden. An dieser Stelle soll zun¨ achst nur die UND-Verkn¨ upfung der Teilpr¨amissen untersucht werden, die auch eine Relationsvorschrift RP darstellt, und zwar: F¨ ullstand = mittel UND Abfluss = hoch . Diese UND-Verkn¨ upfung der Teilpr¨ amissen basiert auf unterschiedlichen Grundmengen, die man in Fuzzy-Relationen auf der gleichen Kreuzproduktmenge u uhren muss. Da ¨ berf¨ die Fuzzy-Mengen mittel (F¨ ullstand) und hoch (Abfluss) – ohne Verkn¨ upfung durch eine Regelung – voneinander unabh¨ angige Gr¨ oßen sind, kann man die jeweilige Grundmenge u ¨ ber der anderen Grundmenge erweitern, und erh¨alt die Gesamtrelation RP der Pr¨ amisse. Diese Pr¨ amissen-Relation RP kann man als Relationsgebirge“, wie in Abb. 17.2 gezeigt, ” grafisch darstellen. 1

Die jeweiligen Fuzzy-Mengen sind F¨ ullstand mittel und Abfluss hoch. F¨ ullstand und Abfluss sind die linguistischen Variablen, und mittel und hoch die linguistischen Terme.

17.2 Fuzzy-Relationen

361

Abfluss/(m3 /h)

 μRP 6

4,16

1 3,5

2,83

1,83

2,5

3,16

-

F¨ ullstand/m

Abbildung 17.2: Darstellung des Relationsgebirges der Pr¨amissen-Relation RP als MIN-Verkn¨ upfung der erweiterten Fuzzy-Mengen mittel (F¨ ullstand) UND hoch (Abfluss) Diese Zugeh¨ origkeitsfunktion μRP der Pr¨ amissen-Relation basiert auf der nachfolgenden Tabelle und der daraus sich ergebenden Relationsmatrix RP :

RP : A UND B

mittel (F¨ ullstand in m)

1,50 1,83 2,16 2,50 2,83 3,16 3,50

2,5 0 0 0 0 0 0 0



RP

⎢ ⎢ ⎢ ⎢ =⎢ ⎢ ⎢ ⎣

0 0 0 0 0 0 0

hoch (Abfluss/(m3 /h)) 2,83 3,16 3,5 3,83 4,16 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0,5 0,5 0,5 0 0 0,5 1 0,5 0 0 0,5 0,5 0,5 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0

0 0 0 0 0 0 0

0 0 0 0 0 0 0,5 0,5 0,5 0,5 1 0,5 0,5 0,5 0,5 0 0 0 0 0 0

0 0 0 0 0 0 0

0 0 0 0 0 0 0

4,5 0 0 0 0 0 0 0

⎤ ⎥ ⎥ ⎥ ⎥ ⎥ ⎥ ⎥ ⎦

362

17 Fuzzy-logisches Schließen (Fuzzy-Inferenz)

17.3

Fuzzy-Inferenz

17.3.1

WENN-DANN-Regeln mit einer Pr¨amisse

WENN-DANN-Regel. Nach der Einf¨ uhrung des Fuzzy-logischen Schließens in Abschnitt 17.1 und der Fuzzy-Relation in 17.2 kann nun die Auswertung der WENNDANN-Regeln, die Konklusion, betrachtet werden. Das Schema der Auswertung der WENN-DANN-Regel wird am Beispiel der F¨ ullstandsregelung eines Beh¨alters erl¨autert. Hierzu wird wieder die zuvor betrachtete Fuzzy-Menge mittel (F¨ ullstand) mittels einer WENN-DANN-Regel mit der Fuzzy-Menge dreiviertel (Ventilstellung) f¨ ur die Steuerung des Zuflusses verkn¨ upft. Regel R: WENN F¨ ullstand = mittel DANN Ventilstellung = dreiviertel bzw. in Kurzform Regel R: WENN x = A DANN y = B Zur Veranschaulichung werden zun¨ achst die Fuzzy-Mengen mittel (F¨ ullstand) und dreiviertel (Ventilstellung) dargestellt. μ 1 6

μ 1 6

mittel

dreiviertel

-

1,83

2,5

ullstand/m 3,16F¨

-

56,7

70

83,3 Ventilst./%

Abbildung 17.3: Fuzzy-Mengen mittel (linke Abb.) und dreiviertel (rechte Abb.) Die Verarbeitung der obigen Regel muss man sich gem¨aß Abschnitt 17.1 wie folgt vorstellen: Regel R: Faktum: Schlussfolgerung:

WENN x = A DANN y = B x besitzt mehr oder weniger die Eigenschaft A y besitzt mehr oder weniger die Eigenschaft B

Es werden in dieser Regel die zwei Gr¨ oßen x und y, und zwar F¨ ullstand und Ventilstellung, zueinander in Beziehung gesetzt. Folglich l¨asst sich die Regel ebenfalls als zweistellige Fuzzy-Relation beschreiben, deren Zugeh¨origkeitsfunktion μR (x, y) sich aus der Zugeh¨ origkeitsfunktion μA (x) der Pr¨ amisse und der Zugeh¨origkeitsfunktion μB (y) der Konklusion ergibt. Offen jedoch ist zun¨ achst der zu verwendende Operator zur Verkn¨ upfung der Zugeh¨ origkeitsfunktionen. Fuzzy-Inferenz. Nach der Grundidee von Mamdani kann der Wahrheitsgehalt der Schlussfolgerung jedoch nicht gr¨oßer sein als der Wahrheitsgehalt der Pr¨amisse. Ist die Pr¨ amisse z. B. mit dem Zugeh¨ origkeitsgrad von 0,5 erf¨ ullt, dann soll auch die Konklusion

17.3 Fuzzy-Inferenz

363

maximal den Zugeh¨ origkeitsgrad von 0,5 aufweisen. Die Zugeh¨origkeitsfunktion μR der Regel A ⇒ B wird dann einfach dadurch gebildet, dass wie bei der logischen UNDVerkn¨ upfung das Minimum beider Zugeh¨ origkeitsfunktionen genommen wird. μR:A⇒B (x, y) := MIN(μA (x), μB (y)) .

(17.2)

Die Anwendung der Mamdani-Implikation wird leichter verst¨andlich, wenn man die Fuzzy-Mengen mittel und dreiviertel diskretisiert, d. h. nur einige wenige Werte der Fuzzy-Mengen betrachtet. Abb. 17.4 verdeutlicht diesen Diskretisierungsprozess. μ μ t t 1 6 1 6 mittel

t

t

t 1,83

dreiviertel

t t

2,5

t

t

-

ullstand/m 3,16F¨

56,7

t

70

-

83,3 Ventilst./%

Abbildung 17.4: Fuzzy-Mengen mittel (linke Abb.) und dreiviertel (rechte Abb.) Beschr¨ ankt man sich zun¨ achst auf die diskreten Grundmengen

1=" F u¨llstand in m 2=" V entilstellung in %

= {1,83 2,16 2,5 2,83 3,16} und = {56,7 63,3 70 76,7 83,3},

dann erh¨ alt man z. B. f¨ ur die Wertepaare (xs , y) mit xs als scharfem Eingangswert (2,16 m F¨ ullstand) = " (xs = 2,16) ⇒ μmittel = 0,5 und (70 % Ventilstellung) = " (y = 70) ⇒ μdreiviertel = 1,0 gem¨ aß der Mamdani-Implikation μR:A⇒B (xs = 2,16, y = 70) = MIN(μmittel (2,16), μdreiviertel (70)) = MIN(0,5; 1,0) = 0,5. F¨ ur die Wertepaare xs = 2,5 und y = 70 resultiert dann μR:A⇒B (xs = 2,5, y = 70) = MIN(μmittel (2,5), μdreiviertel (70)) = MIN(1,0; 1,0) = 1,0. F¨ uhrt man diese MIN-Operation f¨ ur alle m¨ oglichen Wertepaare von (xs , y) durch, so erh¨ alt man die Relationsmatrix der Regel, die man in Form der nachfolgenden Tabelle darstellen kann: R: A ⇒ B

F¨ ullstand in m

1,83 2,16 2,50 2,83 3,16

56,7 0 0 0 0 0

Ventilstell. 63,3 70 0 0 0,5 0,5 0,5 1 0,5 0,5 0 0

in % 76,7 0 0,5 0,5 0,5 0

83,3 0 0 0 0 0

364

17 Fuzzy-logisches Schließen (Fuzzy-Inferenz)

Zur Ergebnisinterpretation soll die Zeile der Relationsmatrix mit xs = 2,16 f¨ ur alle Werte von y herausgegriffen werden. Es gilt hier: µR:A⇒B (xs µR:A⇒B (xs µR:A⇒B (xs µR:A⇒B (xs µR:A⇒B (xs

= = = = =

2,16, y 2,16, y 2,16, y 2,16, y 2,16, y

= 56,7) = 63,3) = 70,0) = 76,7) = 83,3)

= MIN(µmittel (2,16), µdreiviertel (56,7)) = MIN(µmittel (2,16), µdreiviertel (63,3)) = MIN(µmittel (2,16), µdreiviertel (70,0)) = MIN(µmittel (2,16), µdreiviertel (76,7)) = MIN(µmittel (2,16), µdreiviertel (83,3))

= = = = =

MIN(0,5; 0) = 0 MIN(0,5; 0,5) = 0,5 MIN(0,5; 1,0) = 0,5 MIN(0,5; 0,5) = 0,5 MIN(0,5; 0) = 0.

Man erkennt, dass infolge der MIN-Operation f¨ ur die Pr¨amisse xs = 2,16 die Konklusion auf den Minimalwert von Pr¨ amisse und Konklusion beschr¨ankt wird. Die ErgebnisFuzzy-Menge f¨ ur die Konklusion blendet aus der Relationsmatrix praktisch die Zeile der jeweiligen Pr¨ amisse aus. Dies soll die eingerahmte Zeile in Tab. 17.1 verdeutlichen. R: A ⇒ B F¨ ullstand in m

1,83 2,16 2,50 2,83 3,16

56,7 0 0 0 0 0

Ventilst. in % 63,3 70 76,7 0 0 0 0,5 0,5 0,5 0,5 1 0,5 0,5 0,5 0,5 0 0 0

83,3 0 0 0 0 0

Tabelle 17.1: Darstellung des Inferenzvorgangs der WENN-DANN-Regel f¨ ur xs = 2,16

Das Ergebnis des Inferenzvorgangs der WENN-DANN-Regel ist die in der H¨ohe der Zugeh¨ origkeitsfunktion der Pr¨ amisse (hier μA (xs = 2,16)) abgeschnittene Ergebnis-FuzzyMenge, die in Abb. 17.5 schraffiert hervorgehoben ist. Die H¨ohe der Zugeh¨origkeitsfunktion der Pr¨amisse (hier H = 0,5) wird auch als Erf¨ ullungsgrad der Pr¨amisse bzw. Regel bezeichnet. Man bezeichnet eine Regel als aktiv, wenn ihr Erf¨ ullungsgrad H > 0 ist. Die Ergebnis-Fuzzy-Menge ist nicht normal, ihr maximaler Zugeh¨origkeitsgrad ist i. A. kleiner als Eins. μ 1 6

t t 6 t 1,83

mittel

t

t t

t

2,5

μ 1 6

-

ullstand/m 3,16F¨

xs =2,16

t

t 56,7

dreiviertel

t

70

-

83,3 Ventilst./%

Abbildung 17.5: Grafische Darstellung des Inferenzvorgangs der WENN-DANN-Regel f¨ ur xs = 2,16

17.3 Fuzzy-Inferenz

17.3.2

365

WENN-DANN-Regel mit mehreren Teilpr¨amissen

Methode. Nach der Erl¨ auterung der grunds¨ atzlichen Vorgehensweise bei der schematischen Verarbeitung von WENN-DANN-Regeln soll nun die Verarbeitung von mehreren Teilpr¨ amissen betrachtet werden. Die Teilpr¨ amissen sollen dabei UND-verkn¨ upft sein. Wiederum wird am Beispiel der F¨ ullstandsregelung eines Beh¨alters die Vorgehensweise erl¨ autert. Die zugrunde gelegte Regel laute nun: R:

WENN F¨ ullstand = mittel UND Abfluss = hoch DANN Ventilst. = dreiviertel bzw. in Kurzform

R:

WENN x1 = A1 UND x2 = A2 DANN y = B

Es m¨ ussen nun zwei Fakten, zwei Eingangsgr¨ oßen, verarbeitet werden, um zur Konklusion zu kommen. Man ben¨ otigt eine Information u ullstand UND den Abfluss. ¨ ber den F¨ Die Beibehaltung der Grundidee von Mamdani, dass der Wahrheitsgehalt der Konklusion nicht gr¨ oßer sein kann als der der Pr¨ amisse bzw. Pr¨amissen, erfordert nur eine kleine Modifikation der oben eingef¨ uhrten Verarbeitungsregel. Die Ergebnis-Fuzzy-Menge ist wiederum die abgeschnittene Fuzzy-Menge dreiviertel. Sie wird nun jedoch abgeschnitten in der H¨ohe des minimalen Erf¨ ullungsgrades der UND-verkn¨ upften Pr¨amissen (MIN-Operation). Die grafische Darstellung dieser Auswertung zeigt Abb. 17.6 f¨ ur die beiden Fakten (scharfen Eingangsgr¨ oßen): xs1 = " F¨ ullstand = 2,16 m " Abfluss = 3,5 m3 /h. xs2 = μ 16

μ 16

mittel

hoch

-

μ 16

dreiviertel

1,83

2,5 3,16 6 F¨ ullstand/m xs1 =2,16

2,83

4,16 6 Abfluss/(m3 /h)

-

56,7 70 83,3 Ventilst./%

xs2 =3,5

Abbildung 17.6: Grafische Darstellung des Inferenzvorgangs der WENN-DANN-Regel f¨ ur zwei Teilpr¨amissen Ergebnis-Fuzzy-Menge dieser Regel mit den zwei Pr¨amissen f¨ ur die beiden oben aufgef¨ uhrten scharfen Eingangswerte ist die schraffiert dargestellte Fuzzy-Menge. Sie ist abgeschnitten in der H¨ ohe des minimalen Erf¨ ullungsgrades beider Pr¨amissen. Der Erf¨ ullungsgrad der Eingangs-Fuzzy-Menge mittel (F¨ ullstand in m) f¨ ur den scharfen Eingangswert xs1 = 2,16 betr¨ agt H1 = 0,5 und der Erf¨ ullungsgrad der Eingangs-FuzzyMenge hoch (Abfluss in m3 /h) f¨ ur den scharfen Eingangswert xs2 = 3,5 betr¨agt H2 = 1.

366

17 Fuzzy-logisches Schließen (Fuzzy-Inferenz)

Der minimale Erf¨ ullungsgrad beider Teilpr¨ amissen ist H = 0,5. Also wird die Fuzzy-Menge dreiviertel (Ventilstellung in %) in der H¨ohe des Erf¨ ullungsgrades H = 0,5 abgeschnitten und liefert die Ausgangs-Fuzzy-Menge. Formelm¨aßig wird dieses Vorgehen beschrieben durch μB  (y) = μR (xs , y) = MIN (H, μB (y)) H = MIN (μA1 (xs1 ), μA2 (xs2 )) .

(17.3) (17.4)

Darin sind μB  (y) die Zugeh¨ origkeitsfunktion der abgeschnittenen“ Ergebnis-Fuzzy” Menge und xs der Vektor der scharfen Eingangsgr¨oßen xs1 und xs2 . Die Erweiterung dieser Vorgehensweise von zwei auf n UND-verkn¨ upfte Teilpr¨amissen erfolgt nach dem gleichen Schema. Sind die beiden Teilpr¨ amissen jedoch ODER-verkn¨ upft, lautet also die Regel R:

WENN x1 = A1 ODER x2 = A2 DANN y = B ,

dann kann man diese Regel auf die folgenden zwei Regeln aufspalten R1 :

WENN x1 = A1 DANN y = B

R2 :

WENN x2 = A2 DANN y = B.

und

Dieser Fall ist ein Sonderfall der Verarbeitung mehrerer WENN-DANN-Regeln, der im anschließenden Abschnitt behandelt wird.

17.3.3

Mehrere WENN-DANN-Regeln

Anwendungsbeispiel. F¨ ur die Anwendung der Fuzzy-Logik in der Regelungstechnik kommt man im Allgemeinen nicht mit einer Regel aus. Daher soll f¨ ur die Darstellung der Verarbeitungsvorschrift bei Vorhandensein mehrerer WENN-DANN-Regeln nun das Beispiel der F¨ ullstandsregelung eines Beh¨ alters erweitert werden. In Abb. 17.7 ist der

?QZu Abbildung 17.7: Fl¨ ussigkeitsbeh¨alter mit Zu- und Abfluss

6

F¨ ullstandsh¨ ohe in m

?

Q - Ab Grundfl¨ ache A

17.3 Fuzzy-Inferenz

367

Beh¨ alter mit den interessierenden Gr¨ oßen skizziert. Die Grundmengen der Eingangsvariablen (in einen Regler) bei diesem Prozess sind 1 = F¨ ullstandsh¨ohe h in m nachfolgend mit F¨ ullstand h abgek¨ urzt und 2 = Abflussmenge pro Zeiteinheit in m3 /h nachfolgend mit Abfluss QAb abgek¨ urzt. Der interessierende Bereich der Eingangsvariablen (linguistische Variablen) F¨ ullstand und Abfluss werde durch die in Abb. 17.8 dargestellten Fuzzy-Mengen abgedeckt. μ 1 6

leer

halbleer

1

μ 1 6

2

sehr gering gering

1

2

mittel

halbvoll

3

4

normal

hoch

3

4

voll

-

F¨ ullstand/m

5

sehr hoch

-

Abfluss/(m3 /h)

5

Abbildung 17.8: Darstellung der Fuzzy-Mengen der Eingangsvariablen F¨ ullstand h und Abfluss QAb

Die Grundmenge der Ausgangsvariablen (eines Reglers) f¨ ur den F¨ ullprozess ist die Menge 3 Ventilstellung“ in % zur Steuerung der Zuflussmenge pro Zeiteinheit QZu . Die ” auf diesen Grundmengen definierten Fuzzy-Mengen sind in Abb. 17.9 dargestellt. μ 16

zu

einviertel halb

20

40

60

auf

dreiviertel

80

100

-

Ventil%

Abbildung 17.9: Darstellung der Fuzzy-Mengen der Ausgangsvariablen Ventilstellung

368

17 Fuzzy-logisches Schließen (Fuzzy-Inferenz)

Fuzzy-Inferenz. Es seien unter anderen die folgenden zwei Regeln definiert, die durch die Eingangsvariablen angesprochen werden: ullstand = halbleer UND Abfluss = normal DANN Ventilst. = dreiviertel R1 : WENN F¨ R2 : WENN F¨ ullstand = mittel UND Abfluss = normal DANN Ventilst. = halb Die betrachteten scharfen Eingangswerte der Eingangsvariablen seien F¨ ullstand xs1 = 2,18 m sowie Abfluss xs2 = 2,4 m3 /h . Die Verarbeitung von Regel 1 unter Verwendung der MIN-Operation zeigt Abb. 17.10. WENN F¨ ullstand = halbleer UND Abfluss = normal DANN Ventilst. = dreiviertel μ halbleer 16 0,86 0,58 0,11 1

μ 16

mittel

-

-

2 6s 3 4 5 x1 = 2,18 F¨ ullstand/m

μ 16

normal

-

1 2 3 xs2 = 2,4 6

4

-

5 20 Abfluss/(m3 /h)

dreiviertel

40

60

-

80 100 Ventilst./%

Abbildung 17.10: Grafische Darstellung des Inferenzvorgangs f¨ ur Regel 1 Der Erf¨ ullungsgrad der Fuzzy-Menge F¨ ullstand = halbleer betr¨agt H11 = 0,11 und der Erf¨ ullungsgrad der Fuzzy-Menge Abfluss = normal betr¨agt H12 = 0,86. Der minimale Erf¨ ullungsgrad beider Fuzzy-Mengen ist somit H1 = 0,11. Die MIN-Operation, die zur Verarbeitung der UND-Verkn¨ upfung zugrunde gelegt ist, hat als Ergebnis, dass die Pr¨ amisse mit dem Erf¨ ullungsgrad H1 = 0,11 erf¨ ullt ist. Als Konklusion der WENN-DANN-Regel 1 steht dann die Ergebnis-Fuzzy-Menge Ventilst. = dreiviertel zur Verf¨ ugung, die in der H¨ ohe des minimalen Erf¨ ullungsgrades abgeschnitten ist. Diese abgeschnittene Ergebnis-Fuzzy-Menge der 1. WENN-DANN-Regel ist in Abb. 17.10 schraffiert hervorgehoben. In gleicher Weise wird die Ergebnis-Fuzzy-Menge der 2. WENN-DANN-Regel ermittelt. WENN F¨ ullstand = mittel μ halbleer 16

0,86 0,58 0,11

μ 16

mittel

-

1

UND Abfluss = normal

-

2 6s 3 4 5 x1 = 2,18 F¨ ullstand/m

normal

1 2 3 xs2 = 2,4 6

μ 16

-

4

DANN Ventilst. = halb

-

5 20 Abfluss/m3 /h

halb

40

60

Abbildung 17.11: Grafische Darstellung des Inferenzvorgangs f¨ ur Regel 2

-

80 100 Ventilst./%

17.3 Fuzzy-Inferenz

369

Der Erf¨ ullungsgrad der Fuzzy-Menge F¨ ullstand = mittel betr¨agt H21 = 0,58 und der Erf¨ ullungsgrad der Fuzzy-Menge Abfluss = normal betr¨agt H22 = 0,86. Der minimale Erf¨ ullungsgrad beider Fuzzy-Mengen ist somit H2 = 0,58. Die MIN-Operation, die zur Verarbeitung der UND-Verkn¨ upfung zugrunde gelegt ist, hat als Ergebnis, dass die ullt ist. Als Konklusion der WENNPr¨ amisse mit dem Erf¨ ullungsgrad H2 = 0,58 erf¨ DANN-Regel 2 steht dann die Ergebnis-Fuzzy-Menge Ventilst. = halb zur Verf¨ ugung, die in der H¨ ohe des minimalen Erf¨ ullungsgrades abgeschnitten ist. Diese abgeschnittene Ergebnis-Fuzzy-Menge der 2. WENN-DANN-Regel ist in Abb. 17.11 schraffiert hervorgehoben. Aggregation. Die abgeschnittenen Ergebnis-Fuzzy-Mengen der zwei Regeln werden nun u ugt ¨ber den MAX-Operator zur Ergebnis-Fuzzy-Menge zusammengef¨   μres = MAXj=1,2 MIN(Hj , μBj (y)) mit (17.5) s Hj = MINi=1,2 (μj,i (xi )) . (17.6) Unter Verwendung der beim F¨ ullprozess auftretenden Fuzzy-Mengen lautet die Anwendung dieser Regel   H1 = MIN μh=halbleer (2,18 m), μQAb =normal (2,4 m3 /h) = MIN(0,11; 0,86) = 0,11   H2 = MIN μh=mittel (2,18 m), μQAb =normal (2,4 m3 /h) = MIN(0,58; 0,86) = 0,58 μres (y) = MAX (MIN(H1 ,μV entilst.=dreiviertel (y)),MIN(H2 ,μV entilst.=halb (y))) = MAX (μV entilst.=dreiviertel (y), μV entilst.=halb (y)) . Das hochgestellte “ ’ “ soll in der obigen Gleichung die abgeschnittenen Mengen kennzeichnen. Die grafische Darstellung dieses Inferenzvorgangs zeigt Abb. 17.12. Zusammenfassung. Der gesamte Inferenzvorgang des Fuzzy-logischen Schließens unter Verwendung dieser beiden Regeln erfolgt somit in drei Schritten: Im 1. Schritt wird die UND-Verkn¨ upfung der Teilpr¨amissen unter Verwendung des MIN-Operators durchgef¨ uhrt. Im 2. Schritt wird dann wieder unter Verwendung des MIN-Operators die Ergebnis-Fuzzy-Menge jeder WENN-DANN-Regel ermittelt (FuzzyInferenz). Beide Schritte sind grafisch dargestellt in den Abbildungen 17.10 und 17.11. Im 3. Schritt werden dann die Ergebnis-Fuzzy-Mengen beider Regeln unter Verwendung des MAX-Operators akkumuliert (Aggregation). Diesen dritten Schritt zeigt Abb. 17.12.

370

17 Fuzzy-logisches Schließen (Fuzzy-Inferenz) μ 16

dreiviertel

20

40

μ 16

60

80

-

100 Ventilst./%

40

60

halb

20

60

dreiviertel

Menge

MAX ⇒

halb

20

μ Ergebnis1 6 Fuzzy-

80

40

80

-

100 Ventilst./%

-

100 Ventilst./%

Abbildung 17.12: MAX-Operation des Inferenzvorgangs zur Bildung der schraffiert dargestellten Fuzzy-Ergebnismenge Man bezeichnet die Vorgehensweise des Fuzzy-logischen Schließens in der obigen Form mit mehreren Regeln auch als MAX-MIN-Inferenzschema (bzw. korrekt als MAX-MINMIN-Inferenzschema).

17.3.4

Zusammenfassung des MAX-MIN-Inferenzschemas

Gesamtdarstellung. Die einzelnen Schritte der Fuzzy-Inferenz sollen nachfolgend zusammengefasst werden. Dabei wird ausgegangen von einem Satz von m Regeln, die jeweils n UND-verkn¨ upfte Teilpr¨ amissen enthalten: R1 : .. .

WENN x1 = A11

UND . . .

UND xn = A1n

DANN y = B1

Rj : .. .

WENN x1 = Aj1

UND . . .

UND xn = Ajn

DANN y = Bj

Rm :

WENN x1 = Am1

UND . . .

UND xn = Amn

DANN y = Bm .

Hierin sind x1 , x2 , . . . , xn A11 , . . . , Aji , . . . , Amn y B1 , B2 , . . . , Bm

die die die die

Eingangsgr¨ oßen der Regeln, linguistischen Terme der Eingangsgr¨oßen xi , Ausgangsgr¨ oße der Regel, und linguistischen Terme der Ausgangsgr¨oße y.

F¨ ur einen Vektor xs von scharfen Eingangswerten xs = {xs1 , xs2 , . . . , xsn } erfolgt das Fuzzy-logische Schließen in drei Schritten:

17.3 Fuzzy-Inferenz

371

In Schritt 1 wird der Erf¨ ullungsgrad Hj einer jeden Regel unter Verwendung des MIN-Operators f¨ ur die Auswertung der UND-Verkn¨ upfung der Teilpr¨ amissen ermittelt: H1 = MIN (μA11 (xs1 ), μA12 (xs2 ), . . . , μA1n (xsn )) .. .   Hj = MIN μAj1 (xs1 ), μAj2 (xs2 ), . . . , μAjn (xsn ) .. . Hm = MIN (μAm1 (xs1 ), μAm2 (xs2 ), . . . , μAmn (xsn )) . 

In Schritt 2 wird die Ergebnis-Fuzzy-Menge Bj einer jeden aktiven Regel ermittelt, indem die Fuzzy-Menge Bj der Konklusion in der H¨ohe des minimalen Erf¨ ullungsgrades der Teilpr¨ amisse abgeschnitten wird (Inferenz). μB  = MIN (H1 , μB1 (y)) 1

μB 

j

 μBm

.. .   = MIN Hj , μBj (y) .. . = MIN (Hm , μBm (y)) .

In Schritt 3 werden dann die Ergebnis-Fuzzy-Mengen aller Regeln im Sinne einer ODER-Verkn¨ upfung unter Verwendung des MAX-Operators zur resultierenden Ergebnis-Fuzzy-Menge f¨ ur den scharfen Eingangsvektor xs u ¨ berlagert (Aggregation). 0 1 $ #   s μres (y) = MAXj=1,...,m MIN MINi=1,...,n μAji (xi ) , μBj (y) (17.7)    

Hj





μ

 (y) B j

Eine grafische Darstellung dieser MAX-MIN-Inferenz einschließlich der in Abschnitt 17.4 behandelten Defuzzifizierung ist auf Seite 372 zu finden.

0

1

μ

0

1

μ

F¨ ullstand/m

5

0,11 0

1

μ

0

Abfluss/(m3 /h)

-

normal

5

0,11

0,86

MIN

0

1

μ

0

0

6 xs1 =2,18m

F¨ ullstand/m

-

mittel

5

0,58 0

1

μ

0 xs2 =2,4m3 /h

Abfluss/(m3 /h) 5

-

normal 0,58

0,86

MIN

0

1

μ

0

Ventilstellung /%

halb

5

MAX

5

dreiviertel

Ventilstellung /%

R2 : WENN F¨ ullstand = mittel UND Abfluss = normal DANN Ventilst. = halb

0

-

halbleer

R1 : WENN F¨ ullstand = halbleer UND Abfluss = normal DANN Ventilst. = dreiviertel

0

1

μ

0

?

y s =53,67%

Ventilstellung /%

Defuzzifizierung

5

372 17 Fuzzy-logisches Schließen (Fuzzy-Inferenz)

Abbildung 17.13: Grafische Darstellung des MAX-MIN-Inferenz-Schemas

17.3 Fuzzy-Inferenz

17.3.5

373

Andere Inferenzschemata

Neben der MAX-MIN-Inferenz sind auch andere Inferenzschemata gebr¨auchlich, die an dieser Stelle kurz angesprochen werden sollen. SUM-Operator. Die Akkumulation mehrerer Regeln (Aggregation) kann anstelle des MAX-Operators auch mit dem SUM-Operator erfolgen. Dabei werden die abgeschnittenen Ergebnis-Fuzzy-Mengen geometrisch addiert. Das Inferenzschema heißt dann SUMMIN-Inferenzschema und ist in Abb. 17.14 dargestellt. R1 : WENN x = halbvoll DANN y = halb µ

16

mittel

halbvoll

µ

16

MAX-MIN

µ

16

halb dreiviertel

halb dreiviertel

MAX x

0 0

y

0 0

0

R2 : WENN x = mittel DANN y = dreiviertel µ

16

mittel

halbvoll

µ

16

y

0

SUM-MIN

µ

16

halb dreiviertel

halb dreiviertel

SUM 0

- 0 x 0 xs R1 : WENN x = halbvoll DANN y = halb

0 µ

16

mittel

halbvoll

µ

16

y

y

0 0

MAX-PROD

µ

16

halb dreiviertel

halb dreiviertel

MAX x

0 0

0 0

y

0

R2 : WENN x = mittel DANN y = dreiviertel µ

16

mittel

halbvoll

µ

16

y

0

SUM-PROD

µ

16

halb dreiviertel

halb dreiviertel

SUM 0 0

s

x

0 0

y

0 0

y

x

Abbildung 17.14: Vergleich verschiedener gebr¨auchlicher Fuzzy-Inferenzmechanismen mit x als F¨ ullstand und y als Ventilstellung PROD-Operator. Bei der Ermittlung der Ergebnis-Fuzzy-Menge einer Regel (Inferenz) kann der MIN-Operator durch eine Verwendung des algebraischen Produkts

374

17 Fuzzy-logisches Schließen (Fuzzy-Inferenz)

(PROD) ersetzt werden. Die Zugeh¨ origkeitsfunktion der Ergebnis-Fuzzy-Menge einer Regel ist dann das Produkt aus dem Erf¨ ullungsgrad Hj dieser Regel und der AusgangsFuzzy-Menge: μB  = H1 · μB1 (y) 1

 μBm

.. . = Hm · μBm (y).

Mittels der nachfolgenden MAX-Operation resultiert dann die Ergebnis-Fuzzy-Menge der MAX-PROD-Inferenz zu: 0 1   μres (y) = MAXj=1,...,m MINi=1,...,n μAji (xsi ) · μBj (y) (17.8)    

Hj





μ

 (y) B j

Ersetzt man bei der MAX-PROD- bzw. MAX-MIN-Inferenz den MAX-Operator durch den SUM-Operator, bei dem die Ergebnis-Fuzzy-Mengen aufsummiert werden, so resultiert das SUM-PROD- bzw. SUM-MIN-Inferenzschema. Auch diese beiden Inferenzschemata sind in Abb. 17.14 gezeigt. Bezeichnungen. Bei der Auswahl der Bezeichnungsweise dieser Regeln wird in allen F¨ allen die Verwendung der MIN-Operation bei der UND-Verkn¨ upfung der Teilpr¨amissen nicht ausdr¨ ucklich hervorgehoben. Die folgende Tabelle verdeutlicht die Zusammenh¨ ange. Aggregation

Inferenz

MAX SUM MAX SUM

MIN MIN PROD PROD

UND-Verkn¨ upfung der Teilpr¨ amissen MIN MIN MIN MIN

Schema ⇒ ⇒ ⇒ ⇒

MAX-MIN SUM-MIN MAX-PROD SUM-PROD

Tabelle 17.2: Ausf¨ uhrliche Darstellung der Inferenzschemata

17.4

Defuzzifizierung

Nachdem f¨ ur einen Satz von scharfen Eingangsgr¨oßen mithilfe der obigen Inferenzschemata eine Ergebnis-Fuzzy-Menge ermittelt wurde, fehlt noch der Schritt von dieser Ergebnis-Fuzzy-Menge zu einem scharfen Ausgangswert. Nach Vollziehen dieses Schritts s kann dann f¨ ur jeden Satz von scharfen Eingangsgr¨oßen eine scharfe Ausgangsgr¨oße yres ermittelt werden. Diesen Schritt von der Ergebnis-Fuzzy-Menge zum scharfen Ausgangswert bezeichnet man als Defuzzifizierung.

17.4 Defuzzifizierung

17.4.1

375

Schwerpunktmethode

Schwerpunktmethode. Die im Rahmen der Defuzzifizierung am h¨aufigsten eingesetzte Methode ist die Schwerpunkt-Methode. Hierbei wird zur Ermittlung der scharfen Ausgangsgr¨ oße der Fl¨ achenschwerpunkt der Ergebnis-Fuzzy-Menge nach der folgenden Formel gebildet: ∞ s yres =

0

y · μres (y) dy

∞

(Schwerpunktmethode).

(17.9)

μres (y) dy

0

Abb. 17.15 zeigt die Vorgehensweise der Ermittlung der Ausgangsgr¨oße nach der Schwerpunktmethode am Beispiel des zuvor untersuchten F¨ ullprozesses in Abschnitt 17.3.3. Die Ergebnis-Fuzzy-Menge ist hierbei die aus zwei trapezf¨ormigen Teil-Fuzzy-Mengen zusammengesetzte Menge. Der Fl¨ achenschwerpunkt bei diesem Beispiel liegt bei s y = 53,67. Somit lautet die scharfe Ausgangsgr¨oße yres = " V entilst.s /% = 53,67. μ Ergebnis1 6 Fuzzy-

halb

dreiviertel

Menge 0,58

u

0,11 20

40

60

s yres

?

-

80

100

Ventilst./%

Abbildung 17.15: Ermittlung der scharfen Ausgangsgr¨oße am Beispiel der FuzzyMenge des F¨ ullprozesses Arithmetisches Mittel. Die Ermittlung des exakten Fl¨achenschwerpunktes erfordert die Bestimmung zweier Integrale. Dies kann je nach Form der Ergebnis-Fuzzy-Menge rechenintensiv sein. Eine meist ausreichende N¨ aherung besteht in der Approximation der Integrale durch zwei gewichtete Summen. Jeder Summenanteil setzt sich aus dem Abszissenwert yi des Schwerpunkts der Einzelfl¨ ache multipliziert mit dem Erf¨ ullungsgrad Hi der Regel zusammen. Der dabei gemachte Fehler besteht darin, dass die u ¨ berlappenden Fl¨ achenanteile nicht herausgerechnet werden. Die N¨aherungsformel, auch als arithmetisches Mittel bezeichnet, lautet m  s yres =

y i · Hi

i=1 m  i=1

(arithmetisches Mittel). Hi

(17.10)

376

17 Fuzzy-logisches Schließen (Fuzzy-Inferenz)

Abb. 17.16 verdeutlicht die Vorgehensweise. F¨ ur das oben behandelte Beispiel der zwei s Ergebnismengen halb und dreiviertel lautet dann der scharfe Ergebniswert yres s yres =

y 1 H1 + y 2 H2 = " V entilst.s /% = 53,19. H1 + H 2

μ Ergebnis1 6 Fuzzy-

halb

Menge

H1

H1

6 u ?

H2

dreiviertel

H2

?

6 40 y1 60 y2 80

20

s yres

?

-

100

Ventilst./%

Abbildung 17.16: Schwerpunktberechnung mit der N¨aherungsformel Weitere aber seltener eingesetzte Verfahren zur Defuzzifizierung bei der Inferenz vom Mamdani-Typ sind • das Bisector-Verfahren, • der Mittelwert der Maxima, • der kleinste Wert der Maxima, und • der gr¨oßte Wert der Maxima.

17.4.2

Singletons als Ausgangs-Fuzzy-Mengen

Singletons. Besonders einfach wird die Berechnung des scharfen Ausgangswerts, wenn anstelle der dreiecks- oder trapezf¨ ormigen Fuzzy-Mengen der Ausgangsgr¨oße Singletons verwendet werden. Abb. 17.17 stellt die linguistische Variable Ventilst. mit ihren 5 linguistischen Termen dar. Um auch die Extremwerte (0 und 100%) der Ausgangsgr¨oße zu erfassen, werden die Fuzzy-Mengen zu und auf auf 0 bzw. 100% gesetzt. μ einviertel r rhalb rdreiviertel rauf 1 r6zu

20

40

60

80

100

-

Ventilst.%

Abbildung 17.17: Ausgangsvariable Ventilst. mit linguistischen Termen als Singletons

17.4 Defuzzifizierung

377

Defuzzifizierung. Als Ergebnis-Fuzzy-Menge f¨ ur den F¨ ullprozess ergeben sich dann die in den jeweiligen H¨ ohen H1 und H2 abgeschnittenen Singletons der linguistischen Terme halb und dreiviertel (fettgedruckt hervorgehoben in Abb. 17.18).

μ 16

halb

c ErgebnisFuzzyMenge

H1

dreiviertel

c

s H1 s H2

H2

20

40 y1 60 y2 80 s yres

?

-

100 Ventilst./%

Abbildung 17.18: Ergebnis-Fuzzy-Menge f¨ ur den F¨ ullprozess s Die scharfe Ausgangsgr¨ oße yres berechnet sich wieder nach Gleichung 17.10 m  s yres =

y i · Hi

i=1 m 

. Hi

i=1

Damit ist die scharfe Ausgangsgr¨ oße bei Verwendung von Singletons als Fuzzy-Mengen der Ausgangsgr¨ oße identisch zu der Ausgangsgr¨oße bei dreiecks- bzw. trapezf¨ormigen Fuzzy-Mengen bei gleichzeitiger Verwendung der N¨aherungsgleichung zur Schwerpunktberechnung. Aus diesem Grund werden bei vielen industriellen Fuzzy-Reglern Singletons als Fuzzy-Mengen der Ausgangsgr¨ oße verwendet. Weitere Verfahren. Neben der obigen Methode der Defuzzifizierung, die auch als gewichteter Durchschnitt, Schwerpunkt- oder H¨ohenmethode bezeichnet wird, ist bei Singletons als Ausgangs-Fuzzy-Menge auch die Methode der gewichteten Summe gebr¨ auchlich. Dabei entf¨ allt die Normierung u ullungsgrade. Die ¨ber der Summe der Erf¨ Inferenzmethoden bei Verwendung von Singletons werden allgemein auch als Inferenz vom Sugeno-Typ [65] bezeichnet, im Unterschied zur Inferenz vom Mamdani-Typ [49], [50], die das Thema des Abschnitts 17.3 bildet. Die allgemeine Form einer Regel bei der Inferenz vom Sugeno-Typ lautet R : WENN x1 = A1 UND x2 = A2 DANN y = a · x1 + b · x2 + c

(17.11)

mit a, b, c als vorgebbare Konstanten. Die zu Beginn dieses Abschnitts betrachtete Darstellung mit einem Singleton (an einer festen Position) als Ausgangs-Fuzzy-Menge ist in dieser allgemeinen Regel enthalten. In der allgemeinen Form der Regel nach Gleichung 17.11 wird quasi die Position eines Singletons abh¨angig von den Erf¨ ullungsgraden der Teilpr¨ amissen der Regel festgelegt (moving singleton).

378

17 Fuzzy-logisches Schließen (Fuzzy-Inferenz)

Aufgabe 17.1: Gegeben seien die folgenden Fuzzy-Mengen: μx 6

klein

mittel

μy

groß

1

0

1

50

100

x 200

150

6

0

klein

mittel

groß

20

40

60

y 80

Abbildung 17.19: Fuzzy-Mengen von Eingang x und Ausgang y

Ferner gelten die folgenden Regeln: WENN x = klein DANN y = klein WENN x = mittel DANN y = mittel WENN x = groß DANN y = groß 1. Gegeben seien die f¨ unf scharfen Eingangswerte xs = {50; 60; 75; 90; 100} (a) Ermitteln Sie mittels der MAX-MIN-Inferenz und der Schwerpunktmethode die Werte der scharfen Ausgangsvariable y s . (b) Ermitteln Sie mittels der SUM-MIN-Inferenz und der Schwerpunktmethode die Werte der scharfen Ausgangsvariable y s . (c) Ermitteln Sie mittels der MAX-PROD-Inferenz und der Schwerpunktmethode die Werte der scharfen Ausgangsvariable y s . (d) Ermitteln Sie mittels der SUM-PROD-Inferenz und der Schwerpunktmethode die Werte der scharfen Ausgangsvariable y s . 2. Die Ausgangs-Fuzzy-Mengen werden nun durch Singletons an den Positionen 20, 40 und 60 ersetzt. Ermitteln Sie wiederum die Werte der scharfen Ausgangsvariablen y s f¨ ur die angegebenen scharfen Eingangswerte und Defuzzifizierung nach der gewichteten Summe. L¨ osung:

1.

(a) (b) (c) (d)

MAX-MIN: MAX-PROD: SUM-MIN: SUM-PROD:

ys ys ys ys

= {20; = {20; = {20; = {20;

24,8; 30; 35,2; 40} 23,2; 30; 36,7; 40} 25,5; 30; 34,5; 40} 24; 30; 36; 40}

2. Gew. Summe y s = {20; 24; 30; 36; 40}



17.4 Defuzzifizierung

379

Aufgabe 17.2: Gegeben seien die folgenden Fuzzy-Mengen: μx1 6

klein

μx2 6

groß

mittel

1

klein

mittel

groß

20

40

60

1

0

50

100

x1 200

150

0

x2 80

Abbildung 17.20: Fuzzy-Mengen der Eing¨ange x1 und x2

µy

6 1 sehr klein klein

10

20

mittel

groß

sehr groß

30

40

50

-

60 y

Abbildung 17.21: Ausgangs-Fuzzy-Mengen y Es gelte die folgende Relationsmatrix Eingang x2

Eingang x1

klein

mittel

groß

klein

mittel

groß

sehr groß

mittel

klein

mittel

groß

groß

sehr klein

klein

mittel

1. Ermitteln Sie f¨ ur die folgenden scharfen Eingangswerte xs1 = 60 und xs2 = {25, 30; 35} die scharfen Ausgangswerte y s f¨ ur die nachfolgenden Inferenzmethoden bei Defuzzifizierung nach der Schwerpunktmethode: (a) MAX-MIN-Methode, (b) MAX-PROD-Methode,

380

17 Fuzzy-logisches Schließen (Fuzzy-Inferenz) (c) SUM-MIN-Methode, (d) SUM-PROD-Methode.

2. Es werden als Ausgangs-Fuzzy-Mengen nun Singletons an den Positionen 10; 20; 30; 40; und 50 verwendet und bei der Defuzzifizierung wird die gewichtete Summe eingesetzt. Wie lauten nun die scharfen Ausgangswerte f¨ ur die obigen Eingangswerte? L¨ osung:

1.

(a) (b) (c) (d)

MAX-MIN: MAX-PROD: SUM-MIN: SUM-PROD:

ys ys ys ys

= {30,5; = {30,4; = {30,4; = {30,4;

32,4; 32,8; 31,8; 32,1;

2. Gew.- Summe : y s = {30,5; 33; 35,5}

34,1} 35,1} 32,8} 33,9} 

18

Grundlagen der FuzzyRegelung (Fuzzy-Control)

18.1

Struktur eines Fuzzy-Reglers

Statischer Fuzzy-Regler. Das in Abschnitt 17 entwickelte Schema der Fuzzy-Inferenz stellt den Kern eines Fuzzy-Reglers dar. Die wesentlichen Elemente dieses Kerns sind nachfolgend zusammengestellt.

1. Zugeh¨origkeitsfunktionen der Eingangsgr¨oßen: Es m¨ogen n Eingangsgr¨oßen x1 . . . xn vorliegen. Diese n Eingangsgr¨ oßen stellen n linguistische Variable (Signalkan¨ ale) dar, f¨ ur die linguistische Terme festzulegen sind. Die einzelnen linguistischen Terme werden als Fuzzy-Mengen mit einer im Allgemeinen dreiecks- oder trapezf¨ ormigen Zugeh¨ origkeitsfunktion definiert. Die Anzahl der linguistischen Terme pro Signalkanal liegt h¨ aufig zwischen 2 und 7.

2. Fuzzifizierung: F¨ ur n scharfe Eingangsgr¨oßen xs1 . . . xsn werden im Rahmen der Fuzzifizierung die Zugeh¨ origkeitsgrade zu den einzelnen Fuzzy-Mengen ermittelt. F¨ ur jeden einzelnen Signalkanal wird dabei ein Vektor von Zugeh¨origkeitsgraden zu den Fuzzy-Mengen der jeweiligen linguistischen Terme festgelegt. Dieser Schritt wird als Fuzzifizierung der Eingangsgr¨oßen bezeichnet.

3. Satz von WENN-DANN-Regeln (Regelbasis): F¨ ur die Weiterverarbeitung der fuz” zifizierten“ Eingangsgr¨ oßen ist ein Satz von m WENN-DANN-Regeln (Regelbasis) aufzustellen:

R1 : .. .

WENN x1 = A11

UND . . .

UND xn = A1n

DANN y = B1

Rj : .. .

WENN x1 = Aj1

UND . . .

UND xn = Ajn

DANN y = Bj

Rm :

WENN x1 = Am1

UND . . .

UND xn = Amn

DANN y = Bm .

382

18 Grundlagen der Fuzzy-Regelung (Fuzzy-Control) Hierin sind x1 , x2 , . . . , xn A11 , . . . , Aji , . . . , Amn y B1 , B2 , . . . , Bm

die die die die

Eingangsgr¨oßen der Regeln, linguistischen Terme der Eingangsgr¨oßen xi , Ausgangsgr¨oße der Regelbasis, und linguistischen Terme der Ausgangsgr¨oße.

4. Fuzzy-logisches Schließen (MAX-MIN-Inferenz): Die Ermittlung der Fuzzy-Mengen der Ausgangsgr¨ oße y erfolgt nach einem Inferenzschema, wobei hier meist die MAX-MIN-Inferenz zugrunde gelegt wird (siehe Abschnitt 17.3.4). In Schritt 1 wird der Erf¨ ullungsgrad Hi einer jeden aktiven Regel (Hi > 0) unter Verwendung des MIN-Operators f¨ ur die Auswertung der UND-Verkn¨ upfung der Teil- pr¨ amissen jeder Regel ermittelt. In Schritt 2 wird die Ergebnis-Fuzzy-Menge Bj jeder aktiven Regel ermittelt, indem die Fuzzy-Menge Bj der Konklusion in der H¨ ohe des minimalen Erf¨ ullungsgrades der Teilpr¨amisse abgeschnitten wird. In Schritt 3 werden dann die Ergebnis-Fuzzy-Mengen aller Regeln im Sinne einer ODER-Verkn¨ upfung unter Verwendung des MAX-Operators zur resultierenden Ergebnis-Fuzzy-Menge f¨ ur den scharfen Eingangsvektor xs u ¨ berlagert. 5. Defuzzifizierung: Den Vorgang der Berechnung einer scharfen Ausgangsgr¨oße y s ¨ aus der Ergebnis-Fuzzy-Menge bezeichnet man als Defuzzifizierung. Ublich ist hierbei h¨aufig die Bestimmung von y s als Fl¨achenschwerpunkt der ErgebnisFuzzy-Menge. Die anschließende grafische Darstellung veranschaulicht die obige Aufstellung. Fuzzifizierung

xs1

- 6 .. .

.. . xsn

Regelbasis

- WENN .. UND .. DANN .. .. .

- 6 -

Defuzzifizierung

-

6 -

ys -

- WENN .. UND .. DANN ..

Abbildung 18.1: Schematische Darstellung des Kerns eines Fuzzy-Reglers Die Eingangsgr¨ oßen in den Kern des Fuzzy-Reglers sind xs1 . . . xsn . Es wird angenommen, dass n Messgr¨ oßen im Regelkreis vorliegen, die vom Fuzzy-Regler verarbeitet werden1 . In der klassischen Regelungstechnik wird im Allgemeinen nur von einer Eingangsgr¨oße in den Regler ausgegangen. Abb. 18.2 zeigt den Standardregelkreis mit FR (s) und FS (s) 1

Nachfolgend wird der hochgestellte Index “ s“ f¨ ur scharfe Ein- und Ausgangsgr¨ oßen nur dann verwendet, wenn diese Eigenschaft besonders hervorgehoben werden soll.

18.1 Struktur eines Fuzzy-Reglers

383 z

w x - i d- FR (s) − 6

− y ? - i - FS (s)

x -

Abbildung 18.2: Standardregelkreis ¨ als Ubertragungsfunktionen von Regler und Strecke. Weiterhin sind x, y, w und z die Regel-, Stell-, F¨ uhrungs- und St¨ orgr¨ oße, und xd wird als Regeldifferenz bezeichnet. Die n¨ ahere Betrachtung des Kerns des Fuzzy-Reglers zeigt, dass eine statische Signalur verarbeitung vorliegt. Geht man z. B. von nur einer Eingangsgr¨oße x1 aus, so wird f¨ den scharfen Messwert xs1 dieser Eingangsgr¨ oße nach dem vorgestellten Schema der oße ermittelt. Man kann somit eine Tabelle aufstellen, scharfe Wert y s der Ausgangsgr¨ in der f¨ ur alle scharfen Werte der Eingangsgr¨ oße xs1 die zugeh¨origen scharfen Werte y s der Ausgangsgr¨ oße gegen¨ ubergestellt werden. Ist der Zusammenhang zwischen xs1 und s y linear, dann liegt ein klassischer P-Regler vor. Andernfalls liegt ein nichtlinearer Zusammenhang vor, der durch eine Kennlinie beschrieben werden kann. Hierauf wird im Abschnitt 18.3 noch ausf¨ uhrlich eingegangen. Weder beim linearen noch beim nichtlinearen Zusammenhang von x1 und y weist der Regler ein dynamisches Verhalten auf. Die Eingangsgr¨ oße wird weder integriert noch differenziert. Es liegt ein rein statisches ¨ Ubertragungsverhalten vor. Diese fehlende Dynamik muss dem Fuzzy-Regler durch eine Integration oder Differentiation der Eingangsgr¨oße aufgepr¨agt werden. Dynamischer Fuzzy-Regler. Es sei nun e = " xd die Eingangsgr¨oße in den FuzzyRegler. Diese Eingangsgr¨ oße wird u ¨ber drei Kan¨ale dem Kern des Fuzzy-Reglers zugef¨ uhrt und hierbei in Kanal 2 und 3 jeweils integriert bzw. differenziert. Die sich ergebende Gesamtstruktur des Fuzzy-Reglers mit Dynamik zeigt Abb. 18.3. Fuzzy-Regler mit Dynamik Dynamik

e

KP

- KI R dt

d - KD · dt

Fuzzifizierung

x1- 6 x2- 6

x3- 6

-

-

-

Regelbasis

- WENN .. UND .. DANN .. -

.. .

Defuzzifizierung

- 6

-

y -

WENN .. UND .. - DANN ..

Abbildung 18.3: Fuzzy-Regler mit zus¨atzlicher Dynamisierung des Eingangssignals e

384

18 Grundlagen der Fuzzy-Regelung (Fuzzy-Control)

Der Fuzzy-Regler von Abb. 18.3 mit beliebigem statischen oder dynamischen Verhalten wird in Regelkreisen symbolisch durch einen Block mit drei Fuzzy-Mengen dargestellt. Abb. 18.4 zeigt einen Standardregelkreis mit Fuzzy-Regler. Fuzzy-Regler

w x - i d− 6

18.2

z − y ? - i - FS (s)

x -

Abbildung 18.4: Standardregelkreis mit Fuzzy-Regler

Entwurf eines Fuzzy-Reglers

¨ Beim Entwurf und der Analyse des Ubertragungsverhaltens von Fuzzy-Reglern sind im Allgemeinen die in den nachfolgenden Abschnitten behandelten Aufgaben zu bearbeiten.

18.2.1

Festlegung der Ein- und Ausgangsgr¨oßen

Methodik. Die Auswahl der Ein- und Ausgangsgr¨oßen wird wesentlich durch das zu regelnde System vorbestimmt. Bei einer Eingr¨oßenregelung ist wie in der klassischen Regelung die Regelgr¨ oße zu messen, mit dem Sollwert zu vergleichen und als Eingangsgr¨oße ¨ in den Regler zu f¨ uhren. Wird ein Ubertragungsverhalten ¨ahnlich wie beim klassischen PID-Regler angestrebt, dann muss in einem Dynamikteil des Fuzzy-Reglers eine Integration und/oder Differentiation des Eingangssignals erg¨anzt werden. Bei Vorhandensein weiterer gemessener Hilfsgr¨ oßen k¨ onnen diese als zus¨atzliche Eingangssignale mit verarbeitet werden. Bei einer Mehrgr¨oßenregelung werden in gleicher Art und Weise die Signale wie bei der Eingr¨ oßenregelung, aber nun mehrkanalig, verarbeitet. Die Ausgangsgr¨oße des Fuzzy-Reglers wirkt, gegebenenfalls u ¨ ber einen Wandler, auf das Stellglied zur Beeinflussung der Regelstrecke. Diese Baugruppen sind im Allgemeinen durch die Physik der Regelstrecke festgelegt.

18.2.2

Wertebereich der Ein- und Ausgangssignale

Methodik. Der Wertebereich der Eingangssignale in den Fuzzy-Regler wird durch den Messbereich der Messger¨ ate der Regelgr¨oße(n) bestimmt. Der Wertebereich der linguistischen Variablen Eingangssignal muss den gesamten Messbereich u ¨ berdecken. Es besteht in der Praxis kein Unterschied zur klassischen Regelungstechnik. Hier hat man allenfalls beim Entwurf diesen Aspekt weniger stark beachtet. Der Wertebereich des Ausgangssignals des Fuzzy-Reglers wird durch den Arbeitsbereich des Stellgliedes bestimmt. Das Ausgangssignal vom Fuzzy-Regler muss den Signalbereich vom Eingang des Stellgliedes u ¨ berdecken. Begrenzungen des Stellgliedes sind zu

18.2 Entwurf eines Fuzzy-Reglers

385

beachten. Zus¨ atzliche Begrenzungen k¨ onnen, wie sp¨ater gezeigt wird, einfach realisiert werden.

18.2.3

Definition der linguistischen Terme

Definitionen. In der Fuzzy-Regelung wird weitgehend mit dreiecks- und trapezf¨ormigen Fuzzy-Mengen gearbeitet. Dabei legt man meist an die R¨ander des Wertebereichs trapezf¨ ormige Fuzzy-Mengen und in das Innere dreiecksf¨ormige Fuzzy-Mengen. Um die Zahl der aufzustellenden Regeln u ¨ berschaubar zu halten, beschr¨ankt man sich in der Praxis je Eingangskanal auf 2 bis maximal 7 linguistische Terme. Zur Vereinfachung werden die Fuzzy-Mengen (linguistischen Terme) h¨aufig mit den englischen Bezeichnungen NB (negativ big), NS (negativ small), Z (zero), PS (positiv small) und PB (positiv big) versehen, sodass im Fall von f¨ unf Termen jede Eingangsgr¨oße xi durch die folgenden Fuzzy-Mengen spezifiziert ist: μ 1 6

-100

NB

NS

-50

Z

0

PS

50

PB

100

-

Eingang/%

Abbildung 18.5: Standardisierte linguistische Terme eines Eingangssignals Erstreckt sich der Signalbereich des betreffenden Signals einseitig von 0 bis 100 % so werden die Bezeichnungen Z (zero), S (small), M (medium), B (big) und H (huge) f¨ ur die linguistischen Terme h¨ aufig verwendet. Die linguistischen Terme der Ein- und Ausgangsgr¨oßen werden in der oben dargestellten Normierung gew¨ ahlt. Bei der Wahl gem¨ aß Abb. 18.5 tritt bei der Fuzzifizierung das Problem auf, dass der Eingangssignalbereich nicht komplett u ur ¨ berdeckt wird. F¨ scharfe Eingangswerte |xsi | > 80 % bleibt der Zugeh¨origkeitsgrad konstant bei 1. Wenn dieses Verhalten nicht erw¨ unscht ist, muss der Bereich des Signalkanals rechts und links entsprechend erweitert werden (siehe Abb. 18.6). Auch bei der Defuzzifizierung tritt ein nichtideales Verhalten auf, wenn Fuzzy-Mengen gem¨ aß Abb. 18.5 vorliegen. Bei Verwendung der Schwerpunktmethode zur Defuzzifizierung kann der scharfe Ausgangswert y s nie ±100 % erreichen. Abhilfe bietet auch hier die Ausdehnung der Rand-Fuzzy-Mengen u ¨ ber die ±100 %-Grenze hinaus an, wie in Abb. 18.7 gezeigt. Um eine gleiche Empfindlichkeit f¨ ur alle Eingangssignale zu erreichen, sind die Bereichsgrenzen sorgf¨ altig zu w¨ ahlen und an die Messbereiche geeignet anzupassen.

386

18 Grundlagen der Fuzzy-Regelung (Fuzzy-Control) μ

μ

16

16

-100

-

-80 6 xsi

Eingang/%

6

-120 -100

xsi

Eingang/%

Abbildung 18.6: Fuzzy-Mengen des Eingangssignals ohne (linke Abb.) und mit (rechte Abb.) Bereichserweiterung μ

μ

16

16

t -100

t Ausgang/%

y ?

s

-100

y ?

s

Ausgang/%

Abbildung 18.7: Fuzzy-Mengen des Ausgangssignals ohne (linke Abb.) und mit (rechte Abb.) Bereichsanpassung

18.2.4

Aufstellen der WENN-DANN-Regeln

Vorgehensweise. Die Anzahl der WENN-DANN-Regeln ist durch die Anzahl der Terme der linguistischen Variablen vorbestimmt. F¨ ur p linguistische Terme und m Eingangsgr¨ oßen existieren maximal r = pm m¨ ogliche Regeln. Die Erstellung der Regeln f¨ ur einen Fuzzy-Regler erfolgt meist auf der Basis einer ingenieurm¨aßigen Analyse des zu regelnden Prozesses. Sehr bew¨ ahrt hat sich die Darstellung der Regeln in einer Relationsmatrix. Dies soll nachfolgend am Beispiel der F¨ ullstandsregelung, die in Abschnitt 17 untersucht wurde, gezeigt werden. Bei der Anwendung F¨ ullstandsregelung liegen die Eingangsgr¨oßen F¨ ullstand und Abfluss und die Ausgangsgr¨ oße Ventilstellung vor. Die Grenzen der Ein-/Ausgangsgr¨oßen liegen alle zwischen Null und einem Maximalwert. Daher bietet sich die Normierung mit den Bezeichnungen Z (zero), S (small), M (medium), B (big) und H (huge) f¨ ur die linguistischen Terme an. Ziel der Regelung m¨ oge es sein, f¨ ur jede m¨ogliche Abflussmenge einen mittleren F¨ ullstand des Beh¨ alters zu gew¨ ahrleisten. Die Regelbasis f¨ ur den F¨ ullprozess kann besonders u ¨ bersichtlich z. B. in Form der in Tab. 18.1 gezeigten Relationsmatrix dargestellt werden. Zu Element (1, 1) der Relationsmatrix geh¨ ort die Regel: WENN

x1 = Z

UND

x2 = Z

DANN

y = M.

18.3 Kennlinien von Fuzzy-Reglern

387 x2 = " Abfluss

Z

S

M

B

H

Z

M

B

H

H

H

x1 = "

S

S

M

B

H

H

F¨ ull-

M

Z

S

M

B

H

stand

B

Z

Z

S

M

B

H

Z

Z

Z

S

M

Tabelle 18.1: Regelbasis in Form einer Relationsmatrix Entsprechend lauten beispielsweise die Regeln zu Element (2, 3) oder (3, 5): WENN WENN

x1 = S x1 = M

UND UND

x2 = M x2 = H

DANN DANN

y=B y = H.

Die Eingabe der Regeln in die Fuzzy-Software l¨ asst h¨aufig die Eingabeformen Relationsmatrix und WENN-DANN-Regeln zu. Die interne Verarbeitung der Regeln lehnt sich jedoch an die tabellarische Datenverarbeitung, wie in der Relationsmatrix realisiert, an. Form und Bereiche der Fuzzy-Mengen der linguistischen Terme der Ein- und Ausgangsgr¨ oßen sind in Anlehnung an die Empfehlungen der vorangehenden Abschnitte zu w¨ ahlen.

18.2.5

Fuzzy-Mengen der Ausgangsgr¨oße

Als Fuzzy-Mengen der Ausgangsgr¨ oße k¨ onnen wie bei den Eingangsgr¨oßen drei¨ ecks- und/oder trapezf¨ ormige Fuzzy-Mengen gew¨ahlt werden. Bei der Analyse des Ubertragungsverhaltens des Fuzzy-Reglers hat sich jedoch gezeigt, dass die Form der Fuzzy¨ Menge nur einen geringen Einfluss auf das Ubertragungsverhalten hat. Aus Rechenzeitgr¨ unden werden daher bei vielen industriellen Fuzzy-Reglern bei der Ausgangsgr¨oße Singletons verwendet. Dabei entf¨ allt die relativ aufw¨andige exakte“ Schwerpunktbe” rechnung. Die Berechnung der scharfen Ausgangsgr¨oße erfordert nur die einfache Auswertung der Berechnung einer gewichteten Summe.

18.3

Kennlinien von Fuzzy-Reglern

Grundlagen. Nach den Ausf¨ uhrungen zur allgemeinen Struktur eines Fuzzy-Reglers in Abschnitt 18.1 und den Empfehlungen f¨ ur die Festlegung der Fuzzy-Mengen und der

388

18 Grundlagen der Fuzzy-Regelung (Fuzzy-Control)

¨ WENN-DANN-Regeln soll nun das Ubertragungsverhalten von Fuzzy-Reglern n¨aher untersucht werden. Zu diesem Zweck wird ein einfacher Fuzzy-Regler mit einer Eingangsgr¨ oße e = " x1 und einer Ausgangsgr¨ oße y betrachtet. Abb. 18.8 zeigt die FuzzyMengen der Ein- und Ausgangsgr¨ oße. Die bei diesem Fuzzy-Regler zugrunde gelegten WENN-DANN-Regeln lauten

WENN WENN WENN

1 N

e=N e=Z e=P

DANN DANN DANN

y=N y=Z y = P.

μ

6

1 P

N

Z

-1

μ

6

P

Z

1

-

-1

Eingang

1

-

Ausgang

Abbildung 18.8: Fuzzy-Mengen der Ein- (linke Abb.) und Ausgangsgr¨oße (rechte Abb.)

Als Relationsmatrix (mit nur einer Zeile) resultiert f¨ ur die obigen WENN-DANN-Regeln die Relationsmatrix von Tabelle 18.2. e= " Eingang

y= " Ausgang

N

Z

P

N

Z

P

Tabelle 18.2: Relationsmatrix des einfachen Fuzzy-Reglers Die Verarbeitung der Regeln im Rahmen des Inferenzschemas soll nach der MAX-MINInferenz erfolgen. Zur Ermittlung der scharfen Ausgangsgr¨oße soll die Schwerpunktmethode verwendet werden. Da in dem betrachteten Fuzzy-Regler kein Integrator oder ein ¨ Differenzierglied eingebaut ist, kann sein Ubertragungsverhalten durch eine statische Kennlinie (Abb. 18.9) beschrieben werden.

18.3 Kennlinien von Fuzzy-Reglern

389 y

1

-2

6

relevanter Bereich

-1

1

-

2 e

-1

¨ Abbildung 18.9: Kennlinie des einfachen Fuzzy-Reglers mit hervorgehobenem Ubertragungsbereich von ±1 An dieser Kennlinie sind drei Punkte hervorzuheben: 1. In den drei Bereichen −0,2 ≤ e ≤ +0,2 sowie −1 ≤ e ≤ −0,8 und 0,8 ≤ e ≤ 1 bleibt die Ausgangsgr¨ oße y konstant auf ihrem jeweiligen Wert Null bzw. ±1. Die Ursache hierf¨ ur liegt darin, dass die linguistischen Terme der Eingangsgr¨oße e in diesen Bereich sich nicht u ¨ berlappen. Folglich ist nur eine WENN-DANN-Regel aktiv, und die Schwerpunktmethode bei der Defuzzifizierung liefert als scharfen Ausgangswert den Mittelwert der jeweiligen Fuzzy-Menge. 2. In den Bereichen, in denen sich die linguistischen Terme der Eingangsgr¨oße u ¨ berlappen, sind immer zwei Regeln aktiv. Folglich ver¨andert sich bei Variation der scharfen Eingangsgr¨ oße es der Erf¨ ullungsgrad der aktiven Regeln und die scharfe s Ausgangsgr¨oße y folgt dieser Ver¨ anderung der Eingangsgr¨oße monoton. Allerdings ist bei genauerer Analyse des Kurvenverlaufs zu erkennen, dass zwischen y s und es kein linearer Verlauf auftritt. Die Kurve verl¨auft in Form einer schwach gekr¨ ummten S-Kurve. ¨ 3. Die Kennlinie hat starke Ahnlichkeit mit der Kennlinie eines Dreipunktreglers ” ¨ mit stetigen Uberg¨ angen“. Zwei- und Dreipunktregler. Ver¨ andert man die Fuzzy-Mengen der Eingangsgr¨oße so, dass sie sich nicht u ¨ berlappen, so resultiert als Kennlinie des Fuzzy-Reglers die eines Dreipunktreglers (siehe Abb. 18.10). L¨ asst man die Fuzzy-Menge Zero im Eingangskanal weg bei unver¨anderter Beibehaltung der Ausgangs-Fuzzy-Mengen, so resultiert die Kennlinie eines Zweipunktreglers mit Hysterese. Allerdings muss hierbei zus¨ atzlich vereinbart werden, dass das Inferenz-Schema im Fall eines nicht durch eine Fuzzy-Menge abgedeckten Bereichs der Eingangsgr¨oße (hier f¨ ur −0,5 ≤ e ≤ +0,5) den alten Wert der Ausgangsgr¨oße y beibeh¨alt. Abb. 18.11 zeigt die Eingangs-Fuzzy-Mengen und die Kennlinie des Zweipunktreglers mit Hysterese. L¨ asst man die Fuzzy-Mengen P oder N der Ein- und Ausgangsgr¨oße von Abb. 18.10 weg, so resultiert die Kennlinie des Zweipunktreglers ohne Hysterese.

390

18 Grundlagen der Fuzzy-Regelung (Fuzzy-Control) 1

a)

N

μ

6

P

Z y

-1

-

1

6

c)

1

Eingang e

e

1 b)

N

μ

6

-

-1

1

P

Z -1 -1

-

1

Ausgang y

Abbildung 18.10: Fuzzy-Mengen der Eingangsgr¨oße (Abb. a), Ausgangsgr¨oße (b) und Kennlinie des Fuzzy-Reglers mit Dreipunktregler-Kennlinie (c)

y

a)

1 N

b)

μ

6

 6 1

P

?

-e

-1 -1

1

-

Eingang e

6

1

-1

Abbildung 18.11: Eingangsgr¨oße (Abb. a) und Kennlinie (Abb. b) des Fuzzy-Reglers “Zweipunktregler mit Hysterese“

¨ P-Regler mit Begrenzung. Bei vollst¨ andiger Uberlappung der Fuzzy-Mengen der Eingangsgr¨ oße resultiert dagegen n¨aherungsweise die Kennlinie eines P-Reglers mit Begrenzung (Abb. 18.12). Die Steigung der Kennlinie ist jedoch nicht konstant, sie ¨ schwankt geringf¨ ugig um den Wert +45◦. Andert man die Ausgangs-Fuzzy-Mengen in Singletons an den Positionen −1, 0 und +1, so geht die Kennlinie des Fuzzy-P-Reglers in eine Gerade mit konstanter Steigung +45◦ u ¨ ber (siehe Abb. 18.13).

18.3 Kennlinien von Fuzzy-Reglern a)

1 N

391

μ

6

P

Z y

-1

1

1 b)

N

-

c)

1

Eingang e

μ

6

6

-e

-1

1

P

Z -1 -1

1

-

Ausgang y

Abbildung 18.12: Eingangsgr¨oße (Abb. a), Ausgangsgr¨oße (b) und Kennlinie des Fuzzy-Reglers mit P-Regler-Kennlinie (c) a)

1 N

μ

6

P

Z y

-1

b)

N

1

t

1

μ

t6

-

6

c)

1

Eingang e

-e

-1

tP

1

Z -1 -1

1

-

Ausgang y

Abbildung 18.13: Fuzzy-Mengen der Eingangsgr¨oße (Abb. a), Ausgangsgr¨oße (b) und Kennlinie (c) des Fuzzy-Reglers mit P-Regler-Kennlinie (mit konstanter Steigung) Kennlinien unterschiedlicher Steigung lassen sich erreichen durch eine Verbreiterung der ¨ Uberlappungszonen, wie Abb. 18.14 zeigt. Die vier WENN-DANN-Regeln f¨ ur diesen Fuzzy-Regler lauten:

WENN WENN WENN WENN

e e e e

= = = =

NB NS Z P

DANN DANN DANN DANN

y y y y

= = = =

NB NS Z P

392

18 Grundlagen der Fuzzy-Regelung (Fuzzy-Control)

a)

1 NB

NS

μ

6

P

Z y

-2

-1

1

-

2

c)

6 2

Eingang e 1 e

t

b) NB

NS

t

1

μ

t6

t

-

-2

2

P

Z -2 -2

-1

1

-

Ausgang y

Abbildung 18.14: Fuzzy-Regler mit einer Kennlinie mit zwei unterschiedlichen Steigungen Die unterschiedliche Steigung der Kennlinie bedeutet, dass dieser Fuzzy-Regler unterschiedliche Verst¨ arkungen des Eingangssignals bewirkt. F¨ ur negative Eingangssignale e ur positive Eingangssignale Kp = 0,5. betr¨ agt der Verst¨ arkungsfaktor Kn = 1 und f¨

18.4

Fuzzy-PD-Regler

Herleitung. Der klassische PD-Regler verst¨arkt und differenziert das ihm zugef¨ uhrte Eingangssignal. Die ihn beschreibende Differentialgleichung lautet  de(t) de(t) y(t) = KP · e(t) + KD · = KP · e(t) + TV · , (18.1) dt dt arkungsfaktoren und TV als Vorhaltzeit. Die Struktur des Fuzzymit KP , KD als Verst¨ PD-Reglers wird in Anlehnung an Abb. 18.3 aufgebaut. Zur Implementierung von Verst¨ arkungsfaktoren werden in die Bl¨ ocke vor dem Kern des Fuzzy-Reglers die betrefugt. Damit resultiert die in Abb. 18.15 fenden Verst¨ arkungsfaktoren KP und KD eingef¨ dargestellte Struktur des PD-Reglers. Eine Skalierung des Eingangssignals (z. B. ×0,1) auf den Bereich der Eingangs-Fuzzy-Mengen und anschließende R¨ uckskalierung (×10) am Ausgang kann ebenso durchgef¨ uhrt werden. ¨ F¨ ur die Analyse des Ubertragungsverhaltens dieses PD-Reglers wird zur Vereinfachung von den in Abb. 18.16 dargestellten Termen der Eingangsgr¨oßen x1 = KP · e und x2 = KD · de(t)/dt ausgegangen. Der Signalbereich von x1 und x2 sei begrenzt auf den Wertebereich −1 ≤ x1 , x2 ≤ +1. Es bedeuten wie zuvor P (positiv), Z (zero) und N (negativ) als Bezeichnungen der Fuzzy-Mengen. Die Fuzzy-Mengen des Ausgangssignals y sind ebenfalls dreiecksf¨ormige Fuzzy-Mengen, die sich von −3 bis +3 erstrecken. Dadurch ist gew¨ahrleistet, dass im Signalbereich von

18.4 Fuzzy-PD-Regler

393 Fuzzy-PD-Regler

x1- 6

- KP

Regelbasis

Fuzzifizierung

Dynamik

-

e

- WENN .. UND .. DANN ..

Defuzzifizierung

- 6

.. . -

x2- 6

d KD dt

-

-

y -

- WENN .. UND .. DANN ..

Abbildung 18.15: Struktur des Fuzzy-PD-Reglers μ

N

1

μ

6

P

N

Z

-1

1

6

P

Z

0

1

x1

-1

0

1

x2

Abbildung 18.16: Eingangs-Fuzzy-Mengen des Fuzzy-PD-Reglers

¨ −2 bis +2 ann¨ ahernd lineare Ubertragungseigenschaften vorliegen. Abb. 18.17 zeigt die zugeh¨ origen Fuzzy-Mengen. μ

-3

NB

NS

-2

-1

1 Z

0

6 PS

PB

1

2

3

y

Abbildung 18.17: Ausgangs-Fuzzy-Mengen des Fuzzy-PD-Reglers Die Verkn¨ upfung der Eingangs- und Ausgangs-Fuzzy-Mengen geschieht u ¨ber die in Tab. 18.3 angegebene Relationsmatrix. Zur Erl¨ auterung dieser Relationsmatrix sollen einige der implementierten WENN-DANNRegeln n¨ aher betrachtet werden. So geh¨ oren z. B. zu Elementen von Zeile 1 die Regeln:

394

18 Grundlagen der Fuzzy-Regelung (Fuzzy-Control) KD · de/dt = " x2

KP · e = " x1

N

Z

P

N

NB

NS

Z

Z

NS

Z

PS

P

Z

PS

PB

Tabelle 18.3: Relationsmatrix des Fuzzy-PD-Reglers

R 1.1: R 1.2: R 1.3:

WENN KP · e = N UND KD · de/dt = N DANN y = N B WENN KP · e = N UND KD · de/dt = Z DANN y = N S WENN KP · e = N UND KD · de/dt = P DANN y = Z .

Wenn die Fuzzy-Mengen der Regeldifferenz e und deren Ableitung e˙ beide negativ sind, dann soll die Fuzzy-Menge der Stellgr¨ oße y NB (negativ-big) sein. Ist nur e negativ und e˙ dagegen Z (zero), dann soll die Fuzzy-Menge der Stellgr¨oße NS (negativ-small) sein. Besitzen die Fuzzy-Mengen von e und e˙ dagegen unterschiedliche Vorzeichen, dann soll die Fuzzy-Menge der Stellgr¨ oße Z (zero) sein. Entsprechend sind die Regeln der anderen Zeilen zu interpretieren. ¨ W¨ ahrend man das Ubertragungsverhalten der Fuzzy-Regler mit je einer Ein- und ei¨ ner Ausgangsgr¨oße durch eine Kennlinie darstellen kann, so l¨asst sich das Ubertragungsverhalten eines Fuzzy-Reglers mit zwei Eingangsgr¨oßen und einer Ausgangsgr¨oße entsprechend dann durch eine Kennfl¨ache darstellen. Die Kennfl¨achen derartiger FuzzyRegler sollen nachfolgend n¨ aher betrachtet werden. Hierbei sind auch das verwendete Inferenzschema und die angewendete Defuzzifizierungsmethode zu beachten. MAX-MIN-Inferenzmethode und Defuzzifizierung mittels der Schwerpunktmethode. Als Ergebnis dieser Kombination resultiert f¨ ur die Ein- und AusgangsFuzzy-Mengen nach Abb. 18.16, 18.17 und der Relationsmatrix nach Tab. 18.3 die in Abb. 18.18 dargestellte Kennfl¨ ache. Die dreiachsige Darstellung der Kennfl¨ ache zeigt in der Horizontalen die Eingangssignale x1 = KP · e und x2 = KD · de/dt, und in der Vertikalen das Ausgangssignal y. Wie beim klassischen PD-Regler resultieren, wenn sowohl e und e˙ positiv sind, dann auch positive Stellsignale. Entsprechendes gilt umgekehrt f¨ ur negative Signale von e und e. ˙ Die Kennfl¨ ache in Abb. 18.18 ist leicht gewellt. Dies ist wie im Eingr¨oßenfall (ein Eingang, ein Ausgang) auf die MIN-Operation f¨ ur die Implementierung der UND¨ Verkn¨ upfung der Teilpr¨ amissen der Eingangssignale zur¨ uckzuf¨ uhren. Die Uberlappung der Fuzzy-Mengen des Ausgangssignals ist hierbei von untergeordneter Bedeutung.

18.4 Fuzzy-PD-Regler

395

2 1.5 1 0.5

y

0 −0.5 −1 −1.5 −2 1 1

0.5 0.5

0 0

x2

−0.5

−0.5 −1

x1

−1

Abbildung 18.18: Kennfl¨ache des Fuzzy-PD-Reglers — MAX-MIN-Inferenz und Defuzzifizierung nach der Schwerpunktmethode

MAX-MIN-Inferenzmethode und Singletons als Ausgangs-Fuzzy-Mengen. Anstelle der dreiecksf¨ ormigen Ausgangs-Fuzzy-Mengen werden nun Singletons gew¨ahlt. Die verwendeten Singletons zeigt Abb. 18.19.

NB

-3

-2

t NS t

-1

μ

1 Z

0

t 6 PS t PB t

1

2

3

y

Abbildung 18.19: Ausgangs-Fuzzy-Mengen des PD-Reglers

Als Inferenzmethode wird wie zuvor die MAX-MIN-Inferenz verwendet. Die Defuzzifizierung f¨ ur diese Ausgangs-Fuzzy-Mengen geschieht mittels des gewichteten Durchschnitts, der nach Gleichung 17.10 berechnet wird. Als Ergebnis dieser Kombination resultiert die in Abb. 18.20 dargestellte Kennfl¨ache. Der Einfluss des Singletons als Ausgangs-Fuzzy-Mengen ist relativ gering. Dies best¨atigt ¨ die schon in Kapitel 17 gemachte Aussage, dass die Uberlappung der Ausgangs-Fuzzy¨ Mengen praktisch keinen Einfluss auf die Ubertragungskennlinie aufweist. Die R¨ander der Kennfl¨ ache und die Mittenlinien f¨ ur x1 bzw x2 sind nun exakte Geraden. Dazwischen bleibt die Kennfl¨ ache leicht gewellt, wie im zuvor betrachteten Fall.

396

18 Grundlagen der Fuzzy-Regelung (Fuzzy-Control)

2 1.5 1 0.5

y

0 −0.5 −1 −1.5 −2 1 1

0.5 0.5

0 0 −0.5

x2

−0.5 −1

x1

−1

Abbildung 18.20: Kennfl¨ache des Fuzzy-PD-Reglers — MAX-MIN-Inferenz, Singletons als Ausgangsgr¨oßen und Defuzzifizierung nach dem gewichteten Durchschnitt MAX-PROD-Inferenzmethode und Singletons als Ausgangs-Fuzzy-Mengen. Bei unver¨ anderten Ein- und Ausgangs-Fuzzy-Mengen wie oben, sowie der Beibehaltung des gewichteten Durchschnitts bei der Defuzzifizierung wird nun anstelle der MAX-MINInferenz die MAX-PROD-Inferenzmethode von Abschnitt 17 verwendet. Abb. 18.21 zeigt die infolge dieser Ver¨ anderung resultierende, nun vollst¨andig plane und geneigte Kennfl¨ ache. Dies ist die Kennfl¨ ache eines aus der linearen Regelungstechnik bekannten PD-Reglers. Somit ist es auch bei zwei Eingangsgr¨oßen in den Kern des Fuzzy-Reglers m¨ oglich, eine exakte Nachbildung eines linearen Reglers durchzuf¨ uhren.

2 1.5 1 0.5

y

0 −0.5 −1 −1.5 −2 1 1

0.5 0.5

0 0

x2

−0.5

−0.5 −1

−1

x1

Abbildung 18.21: Kennfl¨ache des Fuzzy-PD-Reglers — MAX-PROD-Inferenz, Singletons als Ausgangsgr¨oßen und Defuzzifizierung nach dem gewichteten Durchschnitt

18.4 Fuzzy-PD-Regler

397

Eingangs-Fuzzy-Mengen nur teilweise u ¨berlappend, MAX-PROD-Inferenzmethode und Singletons als Ausgangs-Fuzzy-Mengen. Die fehlende teilweise ¨ Uberlappung der Fuzzy-Mengen f¨ uhrte im Eingr¨oßenfall zu abschnittsweise konstanten ¨ Kennlinien (siehe Abb. 18.10). Der Einfluss der fehlenden Uberlappung soll nun im Fall von zwei Eingangsgr¨ oßen u uft werden. Es seien die Fuzzy-Mengen der Eingangs¨ berpr¨ signale x1 und x2 durch Abb. 18.22 beschrieben. Als Fuzzy-Mengen des Ausgangssignals werden wie zuvor die Singletons von Abb. 18.19 verwendet. μ

1

N

μ

6

P

Z

-1 -0.8

-0.2 0 0.2

0.8

N

x1

1

-1-0.8

1

6

Z

-0.2

0 0.2

P

0.8

1

x2

Abbildung 18.22: Eingangs-Fuzzy-Mengen des Fuzzy-PD-Reglers mit nur teilweiser ¨ Uberlappung F¨ ur diese Ein-/Ausgangs-Fuzzy-Mengen resultiert dann bei Verwendung der MAXPROD-Inferenzmethode und des gewichteten Durchschnitts bei der Defuzzifizierung die in Abb. 18.23 dargestellte Kennfl¨ ache.

2 1.5 1 0.5

y

0 −0.5 −1 −1.5 −2 1 1

0.5 0.5

0 0

x2

−0.5

−0.5 −1

−1

x1

Abbildung 18.23: Kennfl¨ache des Fuzzy-PD-Reglers — Eingangs-Fuzzy-Mengen nur teilweise u ¨berlappend, MAX-PROD-Inferenz, Singletons als Ausgangsgr¨oßen und Defuzzifizierung nach dem gewichteten Durchschnitt ¨ Die fehlende Uberlappung spiegelt sich in der Kennfl¨ache in Form von Plateaus wider, auf denen das Ausgangssignal y unabh¨ angig von den Eingangssignalen x1 , x2 ist. Das gr¨ oßte Plateau tritt in diesem Beispiel f¨ ur die Eingangssignale x1 , x2 gerade im

398

18 Grundlagen der Fuzzy-Regelung (Fuzzy-Control)

Bereich des Ursprungs auf. Somit ist evtl. also gerade im Bereich der Ruhelage mit Signalabweichungen zu rechnen. ¨ ¨ Durch Anderungen der Uberlappungszonen k¨onnen die Plateaus in Bereiche geschoben werden, die zu einem gew¨ unschten Systemverhalten f¨ uhren. Derartige Kennlinien sind mit Methoden der Fuzzy-Regelung recht einfach zu erzielen. Mit Methoden der klassischen Regelung lassen sich diese Kennfl¨achen nur schwer einstellen, wenn man einmal von der Verwendung des Mikrocontrollers als Regler absieht. Denn mit einem Mikrocontroller kann man auch ohne die Methoden der Fuzzy-Regelung jede Art von Kennfl¨ achen programmieren und realisieren.

18.5

Fuzzy-PI-Regler

Methode. Die beim Fuzzy-PD-Regler angewendete Methodik kann direkt auf die Realisierung von Fuzzy-PI-Reglern u ¨bertragen werden. Der klassische PI-Regler verst¨arkt und integriert das ihm zugef¨ uhrte Eingangssignal. Die ihn beschreibende Differentialgleichung lautet t y(t) = KP · e(t) + KI ·

⎛ 1 e(τ )dτ = KP · ⎝e(t) + · TN

0

t

⎞ e(τ )dτ ⎠

(18.2)

0

arkungsfaktoren und TN als Nachstellzeit. Die Struktur des Fuzzymit KP , KI als Verst¨ PI-Reglers entspricht der in Abb. 18.15 gezeigten Struktur des Fuzzy-PD-Reglers und ist in Abb. 18.24 dargestellt. Zur Implementierung von Verst¨arkungsfaktoren werden in die Bl¨ ocke vor dem Kern des Fuzzy-Reglers die betreffenden Verst¨arkungsfaktoren KP und KI eingef¨ ugt. Eine Skalierung des Eingangssignals (z. B. ×0,1) auf den Bereich der Eingangs-Fuzzy-Mengen und anschließende R¨ uckskalierung (×10) am Ausgang kann ebenso durchgef¨ uhrt werden. Fuzzy-PI-Regler Dynamik

- KP

Fuzzifizierung

x1- 6

e

-

Regelbasis

- WENN .. UND .. DANN .. .. .

-KI

Rt 0

x2 6 e(τ )dτ -

-

- WENN .. UND .. DANN ..

Abbildung 18.24: Struktur des Fuzzy-PI-Reglers

Defuzzifizierung

- 6

-

y -

18.6 Fuzzy-PID-Regler

399

Die Wahl der Eingangs- und Ausgangs-Fuzzy-Mengen kann in gleicher Art und Weise wie beim Fuzzy-PD-Regler vorgenommen werden. Ebenso kann die Regelbasis in Form der Relationsmatrix von Tabelle 18.3 u ¨bernommen werden. Es resultieren dann je nach angewendeter Inferenzmethode und Defuzzifizierungsschema die entsprechenden Kenn¨ fl¨ achen zur Beschreibung des Ubertragungsverhaltens wie beim Fuzzy-PD-Regler. Stellungs- und Geschwindigkeitsalgorithmus. Den nach Gleichung 18.2 realisierten Regler bezeichnet man auch als Stellungsalgorithmus des PI-Reglers. Das Ausgangssignal des PI-Reglers ist der absolute Stellwert f¨ ur das Stellglied. Manche Stellglieder, ¨ wie z. B. ein Stellmotor (Schrittmotor), besitzen selbst ein integrierendes Ubertragungsverhalten. Die Integration muss dann nicht im Regler durchgef¨ uhrt werden. Somit kann ¨ der Regler als Ausgangssignal die Ableitung des Stellsignals y˙ (Anderung des Stellsignals) liefern. Das Stellglied integriert das Eingangssignal und Regler und Stellglied gemeinsam zeigen das gew¨ unschte PI-Verhalten. Das Ausgangssignal des PI-Reglers wird bei dieser Realisierung durch die Gleichung 18.3 beschrieben  1 y(t) ˙ = KP · e(t) ˙ + KI · e(t) = KP · e(t) ˙ + · e(t) . TN

(18.3)

Diese Gleichung ¨ ahnelt der eines PD-Reglers bei dem die Konstanten wie folgt ersetzt werden: PD-Regler KP KD

←→ ←→

PI-Regler KI KP

Einen derartig realisierten Algorithmus des PI-Reglers bezeichnet man als Geschwindigkeitsalgorithmus. Das Stellglied, z. B. ein Schrittmotor, erh¨alt also vom Regler nur die Winkel¨ anderung, um die seine Achse pro Zeiteinheit verdreht werden soll. Der absolute Stellwinkel ergibt sich dann durch Aufsummation (" = Integration) der einzelnen Winkel¨ anderungen. Der Vorteil liegt in der einfacheren Ansteuerung des Stellgliedes.

18.6

Fuzzy-PID-Regler

Aufbau. Die grunds¨ atzliche Struktur eines Fuzzy-PID-Reglers wurde bereits in Abb. 18.3 vorgestellt. Das Problem der Implementierung eines PID-Reglers liegt in der großen Anzahl der WENN-DANN-Regeln, die zu spezifizieren sind. F¨ ur eine Eingangsgr¨oße e(t), die integriert und differenziert wird, d. h. also insgesamt drei Variablen x1 , x2 und ange in den Kern des Fuzzy-Reglers, sind im Fall von jeweils drei Fuzzy-Menx3 als Eing¨ gen pro Signalkanal insgesamt 33 = 27 WENN-DANN-Regeln zu spezifizieren. W¨ahlt man 5 Fuzzy-Mengen je Signalkanal xi , so steigt die Anzahl der aufzustellenden Regeln ¨ sogar auf 53 = 125. Damit geht die Ubersicht jedoch sehr schnell verloren.

400

18 Grundlagen der Fuzzy-Regelung (Fuzzy-Control)

In [45] wird ein Verfahren angegeben, bei dem ein konventioneller PID-Regler in einen kennliniengleichen Fuzzy-PID-Regler u uhrt werden kann. Hierbei werden als Ein¨ berf¨ gangs-Fuzzy-Mengen dreiecks- bzw. trapezf¨ ormige Fuzzy-Mengen und als AusgangsFuzzy-Mengen Singletons verwendet. Als Inferenzmethode wird die MAX-MIN-Inferenz eingesetzt und defuzzifiziert wird mittels der Schwerpunktmethode (d. h. bei Singletons mittels des gewichteten Durchschnitts). Fuzzy-PD-Regler

e Fuzzy-PI-Regler

-

+ ? l + 6

y -

Abbildung 18.25: FuzzyPID-Regler als Addition eines Fuzzy-PI- und FuzzyPD-Reglers

Eine einfache Alternative zur Realisierung eines Fuzzy-PID-Reglers besteht in der Parallelschaltung eines Fuzzy-PI- und Fuzzy-PD-Reglers, wie es in Abb. 18.25 gezeigt wird. Dabei ist allerdings darauf zu achten, dass das Eingangssignal in den Proportionalkan¨ alen nur jeweils mit dem halben Verst¨arkungsfaktor KP /2 verst¨arkt wird, da ja zwei Proportionalkan¨ ale vorliegen.

19

Fuzzy-Regler im Regelkreis

19.1

Einsatz von Fuzzy-Reglern

Anwendung. Fuzzy-Regler eignen sich f¨ ur die Regelung der unterschiedlichsten Prozesse. Die Anwendungen reichen von der Steuerung von Drehrohr¨ofen bei der Zementherstellung u ull¨ ber Containerkransteuerungen, autonome Transportsysteme, M¨ verbrennungsanlagen, Robotersysteme, Steinkohleverkokung, Kl¨aranlagen, Automatikgetriebe, Anti-Blockiersysteme bis hin zu Motor- und U-Bahnsteuerungen [4], [25], [27], [29], [39], [43], [56]. Der Grundtenor bei diesen Anwendungen liegt darin, dass die zu automatisierenden Prozesse sehr komplex sind und mit den herk¨ommlichen mathematischen Mitteln nur schlecht bzw. u ¨ berhaupt nicht beschreibbar sind. Daher eignen sich die Methoden der klassischen Regelungstechnik bzw. der modernen Regelungstechnik (Zustandsvektorr¨ uckf¨ uhrung) nur schlecht bzw. u ur den Einsatz. Denn ¨ berhaupt nicht f¨ diese Methoden des Reglerentwurfs erfordern ein mehr oder weniger genaues Modell der Regelstrecke. Doch gerade dieses genaue Modell fehlt. Als L¨ osung aus diesem Dilemma bietet Zadeh [74], [75], [76] das Werkzeug der FuzzyLogik an, bei dem vage Information, empirisch gewonnenes Wissen und z. B. Erfahrung beim manuellen Betreiben einer Anlage in die Automatisierung eines Prozesses mittels der Fuzzy-Regelung einfließen. Die so realisierten Regelungen sind relativ aufwandsarm und robust. Ihre Funktion wird, wie zuvor gezeigt, durch allgemeinverst¨andliche WENNDANN-Regeln festgelegt. Die Realisierung der Fuzzy-Regler geschieht in einem Mikrocontroller. Somit ist im ¨ Prinzip ein Fuzzy-Regler immer ein digitaler Regler, dessen Abtastzeit mittels der Uberlegungen aus der digitalen Regelung festzulegen ist. Die Implementierung der Regelalgorithmen der Fuzzy-Regler kann erfolgen durch 1.) spezielle Fuzzy-Regler-Software oder 2.) spezielle Fuzzy-Mikrocontroller. Die Software-Realisierung hat den Nachteil der langen Bearbeitungsdauer bei der Abfrage der WENN-DANN-Regeln und z. B. der Schwerpunktberechnung bei der Defuzzifizierung. Daf¨ ur ist sie kosteng¨ unstig, da sie auf einer Vielzahl von Mikrocontrollern implementiert werden kann. Dagegen bietet der Einsatz spezieller Fuzzy-Mikrocontroller den Vorteil der speziell auf die Fuzzy-Logik abgestimmten und daher schnellen Hardware zu allerdings h¨oheren Kosten. Aber auch hier ist der Anzahl der WENN-DANN-Regeln eine obere Grenze gesetzt.

402

19 Fuzzy-Regler im Regelkreis

Um ein gewisses Verst¨ andnis f¨ ur die Wirkungsweise der Fuzzy-Regler im Regelkreis zu gewinnen, sollen in den nachfolgenden Abschnitten unterschiedliche Fuzzy-Regler an bekannten, einfachen Regelstrecken erprobt werden. F¨ ur die Anwendung der FuzzyRegelung an komplexen Regelstrecken und Anlagen wird auf die umfangreiche Literatur verwiesen [33], [34].

19.2

Regelung einer Verz¨ogerungsstrecke mit einem Fuzzy-Regler

Beispielstrecke. Die Wirkungsweise der Fuzzy-Regelung soll an einer Verz¨ogerungsstrecke 3. Ordnung (PT3 -Strecke) bestehend aus einer Reihenschaltung von drei PT1 Teilstrecken untersucht werden. Dabei werden zum einen verschiedene Fuzzy-Regler verwendet und zum anderen wird das F¨ uhrungs- und St¨orverhalten verglichen mit dem F¨ uhrungs- und St¨ orverhalten bei Einsatz eines klassischen PI-Reglers. Der untersuchte Regelkreis ist in Abb. 19.1 dargestellt. Der Fuzzy-Regler sei jeweils ein Fuzzy-PI-Regler, ausgelegt nach verschiedenen Methoden. Die Zeitkonstanten der Regelstrecke seien T1 = 1,2 s, T2 = 3 s und T3 = 5 s und die Streckenverst¨arkung betrage Ks = K1 · K2 · K3 = 1,8. Fuzzy-PI-Regler w - hxd− 6

z

K1 − ? y- h -

T1

K2 -

T2

K3

T3

-

x-

Abbildung 19.1: Regelkreis bestehend aus einem Fuzzy-PI-Regler und einer PT3 Strecke Die Ergebnisse der verschiedenen Fuzzy-Regler werden verglichen mit einem klassischen PI-Regler ausgelegt nach der Methode der dynamischen Kompensation. Die Nachstellzeit TN des PI-Reglers wird gleich der gr¨ oßten Zeitkonstanten der Regelstrecke gearkung KP wird so gew¨ahlt, dass bei einem setzt, also TN = T3 = 5 s. Die Reglerverst¨ Sprung der F¨ uhrungsgr¨ oße von w(t) = 1 · σ(t) und bei einem Sprung der St¨orgr¨oße von ¨ z(t) = 0,2 ·σ(50 s) die maximale prozentuale Uberschwingweite in etwa gleich groß (hier u¨ ≈ 15 %) ist. Dies wird erreicht f¨ ur KP = 0,55.

19.2.1

Fuzzy-PI-Regler mit MAX-PROD-Inferenz und Singletons als Ausgangs-Fuzzy-Mengen

Basisauslegung. Die Struktur dieses Fuzzy-Reglers entspricht der in Abb. 18.24 dargestellten Struktur eines Fuzzy-PI-Reglers. Die Eingangs- und Ausgangs-Fuzzy-Mengen

19.2 Regelung einer Verz¨ ogerungsstrecke mit einem Fuzzy-Regler

403

zeigt Abb. 19.2. Die Eingangs-Fuzzy-Mengen sind dreiecksf¨ormige Fuzzy-Mengen und die Ausgangs-Fuzzy-Mengen sind Singletons. Defuzzifiziert wird nach dem gewichteten Durchschnitt. μ

N Z

a)-1

μ

6

1

P

N Z

1

0

x1

NB t NS t

c)

1

-2

-1

b) -1

6

P

1

0

x2

μ

1 t 6PS t PB t Z

0

1

2

y

Abbildung 19.2: Eingangs-Fuzzy-Mengen (Abb. a und b) und Ausgangs-Singletons (Abb. c) Die Relationsmatrix f¨ ur diesen Fuzzy-PI-Regler zeigt Tab. 19.1. Sie entspricht unver¨ andert der Relationsmatrix von Tab. 18.3. Sind e und e˙ positiv, so wird auch die Stellgr¨ oße y positiv. Umgekehrt gilt die Aussage entsprechend. KI ·

KP · e = " x1



e(τ )dτ = " x2

N

Z

P

N

NB

NS

Z

Z

NS

Z

PS

P

Z

PS

PB

Tabelle 19.1: Relationsmatrix des Fuzzy-PI-Reglers ¨ Aufgrund der wesentlichen Ubereinstimmung der Fuzzy-Mengen und der Relationsmatrix mit der des entsprechenden Fuzzy-PD-Reglers ist die Kennfl¨ache dieses Fuzzy-PIReglers identisch mit der Kennfl¨ ache von Abb. 18.21. Die Kennfl¨ache stellt eine plane, ¨ geneigte Ebene dar. Die Kennfl¨ ache ist nicht gewellt, somit liegt ein lineares Ubertragungsverhalten zwischen Ein- und Ausgangsgr¨oße vor. Wie in Abschnitt 18.4 betont, stimmt die so entwickelte Kennfl¨ ache des Fuzzy-PI-Reglers mit der Kennfl¨ache eines klassischen analogen PI-Reglers u ¨ berein. Somit ist ein identisches dynamisches Verhalten dieses Fuzzy-Reglers und des klassischen PI-Reglers bei Einwirkung einer F¨ uhrungs-

404

19 Fuzzy-Regler im Regelkreis

und St¨ orgr¨ oße zu erwarten. Dies wird durch die in Abb. 19.3 dargestellte Simulation des F¨ uhrungs- und St¨ orverhaltens beider Regler best¨atigt. Die Zeitverl¨aufe der Regelgr¨ oßen x(t) und Stellgr¨ oßen y(t) verlaufen deckungsgleich und sind nicht voneinander zu unterscheiden. 1.2

x, y

x

1

0.8

6

0.6

y 0.4 0.2 0

0

10

20

30

40

50

60

-

70

80

90

100

Zeit t/s

Abbildung 19.3: Identisches F¨ uhrungs- und St¨orverhalten des klassischen und FuzzyPI-Reglers (mit w(t) = 1 · σ(t), z(t) = 0,2 · σ(t − 50)) Dieses Ergebnis best¨ atigt die auf der Basis der Analyse des Fuzzy-PI-Reglers zu erwar¨ tenden Ergebnisse. Bei identischem Ubertragungsverhalten von klassischem und FuzzyPI-Regler ist auch ein identisches Regelverhalten des gesamten Regelkreises zu erwarten.

19.2.2

Fuzzy-PI-Regler mit MAX-MIN-Inferenz und Defuzzifizierung mittels der Schwerpunkt-Methode

Anwendung. Im Vergleich zu den in Abschnitt 19.2.1 verwendeten Singletons als Ausgangs-Fuzzy-Mengen werden nun die Fuzzy-Mengen von Abb. 18.17 verwendet, die in Abb. 19.4 nochmals dargestellt sind. μ

-3

NB

NS

-2

-1

1 Z

0

6 PS

PB

1

2

3

y

Abbildung 19.4: Ausgangs-Fuzzy-Mengen des Fuzzy-PI-Reglers Da wie in Abb. 19.2 nun 5 Ausgangs-Fuzzy-Mengen vorliegen, kann die Relationsmatrix von Tab. 19.1 beibehalten werden. Somit entspricht die zu diesem Fuzzy-PI-Regler geh¨ orende Kennfl¨ ache der in Abb. 18.18 dargestellten Kennfl¨ache. Dieser Fuzzy-PIRegler hat somit eine leicht gewellte Kennfl¨ ache. Es ist nicht mehr die Kennfl¨ache, die

19.2 Regelung einer Verz¨ ogerungsstrecke mit einem Fuzzy-Regler

405

zu einem klassischen PI-Regler geh¨ ort. Da aber dennoch sich beide Kennfl¨achen nur unwesentlich unterscheiden, ist im Signalverlauf des F¨ uhrungs- und St¨orverhaltens der Regelkreise mit klassischem und mit Fuzzy-PI-Regler auch kein wesentlicher Unterschied zu erwarten. Es wird in Abb. 19.5 das F¨ uhrungs- und St¨orverhalten bei der schon zuvor

1.2

x, y

x, xF uz

1

0.8

6

0.6

y, yF uz 0.4 0.2 0

0

10

20

30

40

50

-

60

70

80

90

100

Zeit t/s

Abbildung 19.5: F¨ uhrungs- und St¨orverhalten bei der Regelung einer PT3 -Strecke mit einem Fuzzy-PI-Regler ( gestrichelt“) und einem klassischen PI-Regler ” betrachteten Regelung einer PT3 -Strecke mit einem PI-Regler untersucht. Die mit xF uz und yF uz bezeichneten Gr¨ oßen sind Regel- und Stellgr¨oße bei Einsatz des Fuzzy-PIReglers. Die nicht indizierten Gr¨ oßen sind Regel- und Stellgr¨oße des zum Vergleich betrachteten klassischen PI-Reglers. Da die Kennfl¨ achen der Regler sich nur wenig unterscheiden, verlaufen auch die Signalverl¨ aufe des F¨ uhrungs- und St¨ orverhaltens sehr a¨hnlich. Die Stellamplitude des FuzzyReglers ist zu Beginn etwas steiler, und infolgedessen reagiert die Regelgr¨oße auch schneller und die Regeldifferenz beim F¨ uhrungsverhalten wird etwas schneller ausgeregelt. Die Signalverl¨ aufe beim St¨ orverhalten zeigen noch geringere Unterschiede zum klassischen PI-Regler.

19.2.3

Eingangs-Fuzzy-Mengen nur teilweise u ¨berlappend, MAX-PROD-Inferenzmethode und Singletons als Ausgangs-Fuzzy-Mengen

Anwendung. Abschließend soll wie in Abschnitt 18.4 das Regelverhalten des zuvor betrachteten Regelkreises mit Fuzzy-PI-Regler bei nur teilweise u ¨berlappenden EingangsFuzzy-Mengen und Singletons als Ausgangsgr¨oße mit dem des klassischen PI-Reglers verglichen werden. Um den erwarteten negativen Einfluss der Plateaus in den Kennfl¨ achen eines derartigen Reglers zu reduzieren (siehe Abb. 18.23), wird von den in Abb. 19.6 dargestellten Fuzzy-Ein- und Ausgangsmengen ausgegangen.

406

19 Fuzzy-Regler im Regelkreis μ

N

-1

Z

-0.9

μ

16

P

N

-

-0.1 0 0.1

0.9 1 x1

-1

-2

-0.9

μ

NB t NS t

1 t 6PS t PB Z

0

-1

Z

1

16

-0.1 0 0.1

P

-

0.9 1 x2

t

2

y

Abbildung 19.6: Ein- und Ausgangs-Fuzzy-Mengen des untersuchten Fuzzy-Reglers ¨ bei nur teilweiser Uberlappung der Eingangsmengen F¨ ur diese Konstellation der Ein- und Ausgangs-Fuzzy-Mengen resultiert dann die in Abb. 19.7 dargestellte Kennfl¨ ache des Fuzzy-PI-Reglers. Die Verkleinerung der Zonen ¨ fehlender Uberlappung f¨ uhrt zu einer Verkleinerung der Plateaus der Kennfl¨ache.

2 1.5 1 0.5

y

0 −0.5 −1 −1.5 −2 1 1

0.5 0.5

0 0

x2

−0.5

−0.5 −1

−1

x1

¨ Abbildung 19.7: Kennfl¨ache des Fuzzy-PI-Reglers mit nur teilweiser Uberlappung der Eingangs-Fuzzy-Mengen; (PROD-Inferenz und gewichteter Durchschnitt) Auch f¨ ur diesen Fuzzy-Regler wird die Relationsmatrix von Tab. 19.1 angewendet. Die Struktur des Fuzzy-Reglers entspricht der in Abb. 18.24 gezeigten Reglerstruktur. Um zu vermeiden, dass die Eingangsgr¨ oßen x1 und x2 den zul¨assigen Wertebereich von ±1 u ¨berschreiten, wird das Eingangssignal e halbiert und das Stellsignal y verdoppelt. Da mit diesem Fuzzy-PI-Regler das Regelverhalten deutlich langsamer wird, erfolgt nur eine Untersuchung des F¨ uhrungsverhaltens. Aufgrund der Plateaus in der Reglerkennfl¨ache

19.3 Regelung einer integrierenden Regelstrecke mit einem Fuzzy-Regler

407

tritt nun eine l¨ anger anhaltende Schwingung der Regelgr¨oße x(t) auf. Die Ausregelzeit der Regelung mit Fuzzy-Regler erh¨ oht sich um ein Mehrfaches gegen¨ uber der klassischen PI-Regelung. Dies ist allein auf die nicht u ¨ berlappenden Kennfl¨achen der EingangsFuzzy-Mengen zur¨ uckzuf¨ uhren.

1.4

xF uz

1.2

x, y

x

1

60.8

yF uz

0.6

y

0.4 0.2 0

0

50

-

100

150

Zeit t/s

Abbildung 19.8: F¨ uhrungsverhalten bei der Regelung einer PT3 -Strecke mit einem Fuzzy-PI-Regler ( gestrichelt“) und einem klassischen PI-Regler ” ¨ Dies Regelverhalten verdeutlicht die Notwendigkeit der Uberlappung der Fuzzy-Menge der Eingangsgr¨oßen.

19.3

Regelung einer integrierenden Regelstrecke mit einem Fuzzy-Regler

Anwendung. Die Regelung einer integrierenden Regelstrecke soll beispielhaft an einer F¨ ullstandsregelung demonstriert werden. Ein Fl¨ ussigkeitsbeh¨alter mit Zu- und Abfluss soll auf einen konstanten F¨ ullstand geregelt werden. Bei Ver¨anderung der Abflussmenge (St¨ orgr¨ oße z) soll der Fuzzy-Regler den Zufluss so steuern, dass die F¨ ullstandsh¨ohe unver¨ andert auf dem Sollwert bleibt. Die technische Anordnung zeigt Abb. 19.9. y 6 h ?

Fl¨ ussigkeitsbeh¨ alter

Abbildung 19.9: Anordnung der Fl¨ ussigkeitsstandsregelung z -

408

19 Fuzzy-Regler im Regelkreis

Die Regelstrecke weist ein integrierendes Verhalten auf, der Integrationsfaktor sei KI = 2/min. Aufgrund der Messung der Abflussmenge z pro Minute kann eine St¨orgr¨oßenaufschaltung vorgenommen werden. Der verwendete Fuzzy-Regler weist als Eing¨ange die " Δh = hSoll − hIst und die St¨ orgr¨oße z auf. Die Eingangssignale k¨onnen Signale xd = mit einer Konstanten Kh bzw Kz multipliziert werden. Fuzzy-Regler sind von ihrer Struktur her Kennfl¨ achenregler mit in erster Ann¨aherung P-Verhalten. Es ist daher zu vermuten, dass auf einen zus¨ atzlichen Dynamikteil des Fuzzy-Reglers verzichtet werden kann, da die Strecke ein integrierendes Verhalten aufweist und dann ein P-Regler ausreichen sollte, eine bleibende Regeldifferenz zu vermeiden. F¨ ur diese Anordnung resultiert dann das in Abb. 19.10 dargestellte Blockschaltbild. z w = hSoll- hxd− 6

Kz

Fuzzy-Regler -

Kh

-

KI − y- ? h -

x = hIst -

Abbildung 19.10: Blockschaltbild der F¨ ullstandsregelung Die Bereiche der Ein- und Ausgangsgr¨ oßen sind wie folgt vorgegeben: F¨ ullstandsh¨ ohe h 0≤h≤6 Abflussmenge z 0≤z≤6 Stellgr¨ oße y 0≤y≤8 dann resultiert f¨ ur die Regeldifferenz Regeldifferenz xd −6 ≤ y ≤ +6

Einheiten Einheiten/min Einheiten/min Einheiten.

Es werden f¨ ur die Ein- und Ausgangs-Fuzzy-Mengen, d. h. x1 = Kh · xd , x2 = Kz · z und y die in Abb. 19.11 dargestellten Fuzzy-Mengen mit Randerweiterung angenommen. Die linguistischen Terme dieser Fuzzy-Mengen sind mit P B = " Positiv Big, P S = " Positiv Small, Z = " Zero, M = " Medium usw. abgek¨ urzt. μ

NB

-9

NS

-6

16 Z PS

0

μ

16 PB

Z

6

9

-

x1

-1,5

S

M

B

3

H

6

7,5

-

x2

μ

16 Z

-2

S

M

B

4

H

8

10

y

Abbildung 19.11: Fuzzy-Mengen mit Randerweiterung“ f¨ ur die Ein” und Ausgangsgr¨oßen der F¨ ullstandsregelung

19.3 Regelung einer integrierenden Regelstrecke mit einem Fuzzy-Regler

409

Aufgrund der zweimal f¨ unf Eingangs-Fuzzy-Mengen ist die Aufstellung einer Relationsmatrix mit 25 Elementen erforderlich. Diese Relationsmatrix zeigt Tab. 19.2.

Kz · z = " x2

Kh · xd = " x1

Z

S

M

B

H

PB

M

B

H

H

H

PS

S

M

B

H

H

Z

Z

S

M

B

H

NS

Z

Z

S

M

B

NB

Z

Z

Z

S

M

Tabelle 19.2: Relationsmatrix des Fuzzy-Reglers Bei Verwendung der MAX-MIN-Inferenz und der Schwerpunktmethode zur Defuzzifizierung ergibt sich die in Abb. 19.12 gezeigte Kennfl¨ache. Aufgrund der Randerweiterung der Fuzzy-Mengen hat die Kennfl¨ ache das Aussehen eines Troges. Ohne Ber¨ ucksichtigung der Randerweiterung ist die Kennfl¨ ache weitgehend plan und geneigt, aber leicht gewellt, wie die Kennfl¨ ache des Fuzzy-PD-Reglers von Abb. 18.18.

8 7 6 5

y

4 3 2 1 0 8 6

10 4

5 2

x2

0 0

−5 −2

−10

x1

Abbildung 19.12: Kennfl¨ache des Fuzzy-Reglers mit Ber¨ ucksichtigung der Randerweiterung; (MAX-MIN-Inferenz und Schwerpunktmethode)

410

19 Fuzzy-Regler im Regelkreis

Die Untersuchung des Regelverhaltens des oben entwickelten Fuzzy-Reglers bei Wahl der Verst¨ arkung Kh und Kz = 1 erweist sich als unbefriedigend. Betrachtet man den Signalbereich f¨ ur die St¨ orgr¨ oße z (von 0 bis 6 Einheiten) und f¨ ur die Stellgr¨oße y (von 0 bis 8 Einheiten), so entspricht bei der weitgehend linearen Regelfl¨ache dies einer St¨orgr¨oßenaufschaltung mit der Reglerverst¨ arkung KP ≈ 8/6 = 1,33. Die korrekte St¨orgr¨oßenaufschaltung erfordert jedoch eine Verst¨ arkung K von Eins. W¨ahlt man Kz = 0,75, so resultiert f¨ ur die St¨ orgr¨ oßenaufschaltung K = KP · Kz = 1 die gew¨ unschte exakte Kompensation. Abb. 19.13 zeigt f¨ ur das Zeitintervall 0 ≤ 5 min das exakte Einregeln der F¨ ullstandsh¨ohe auf den Sollwert von 3 Einheiten (St¨orgr¨oße z = 0). Zum Zeitpunkt t = 5 min wird der Abfluss ge¨ offnet, und eine St¨orgr¨oße z = 2 Einheiten eingestellt. Aufgrund der St¨ orgr¨ oßenaufschaltung regelt der Fuzzy-Regler diese St¨orung problemlos aus. Zu den Zeitpunkten t = 10 min und t = 15 min werden dann neue Sollwerte w = 5 bzw. 4 Einheiten eingestellt, die ebenfalls fehlerfrei eingestellt werden. Zus¨atzlich zu diesen Signalverl¨ aufen ist in Abb. 19.13 ebenfalls das vom Fuzzy-Regler berechnete Stellsignal y aufgetragen. 5 4

x, y 63

x

2

y, z

1 0

y 0

2

4

6

8

10

-

12

14

16

18

20

Zeit t/s

Abbildung 19.13: F¨ uhrungs- und St¨orverhalten des F¨ ullstandsregelkreises mit einem Fuzzy-Regler (Regelgr¨oße x, Stellgr¨oße y und St¨orgr¨oße z (gestrichelt), Sollwert w wechselnd von 3 auf 5 auf 4) Verzichtet man auf die St¨ orgr¨ oßenaufschaltung, so regelt der Fuzzy-Regler zwar auf die gew¨ unschten Sollwerte ein, bei permantem Einwirken einer St¨orung kann die F¨ ullstandsh¨ ohe jedoch nicht auf dem Sollwert gehalten werden. Aufgrund des I-Verhaltens der Strecke reicht ein einfacher Fuzzy-P-Regler f¨ ur ein zufriedenstellendes F¨ uhrungsverhalten aus. Die zus¨ atzliche Einf¨ uhrung einer St¨orgr¨oßenaufschaltung erlaubt jedoch eine zufriedenstellende Zweigr¨oßenregelung, denn man kann nun F¨ ullstandsh¨ohe h und Abflussmenge z gleichzeitig auf den jeweils gew¨ unschten Wert regeln.

Aufgabe 19.1: Es soll die Abstandsregelung von zwei Fahrzeugen auf der Autobahn mithilfe der Fuzzy-Regelung untersucht werden. Eingangskan¨ale der Fuzzy-Regelung in Fahrzeug 2 sind die Signalkan¨ ale Abstand in m (zu Fahrzeug 1) und die Geschwindigkeit in m/s (von Fahrzeug 2). Ausgangskanal der Fuzzy-Regelung ist die Brems- oder

19.3 Regelung einer integrierenden Regelstrecke mit einem Fuzzy-Regler

411

Beschleunigungskraft in N (von Fahrzeug 2). Fahrzeug 2 habe eine Masse von m2 = 1000 kg. Es werden die Eingangs-Signalkan¨ ale mit folgenden Fuzzy-Mengen belegt: μxd 1

6klein mittel

0

100

μv2

groß

1

-

xd /m

200

6klein

0

groß

mittel

50

100

-

v2 /(km/h)

Abbildung 19.14: Fuzzy-Mengen der Eingangskan¨ale Abstand und Geschwindigkeit

Der Ausgangskanal (die Brems- oder Beschleunigungskraft) sei spezifiziert durch folgende Fuzzy-Mengen: μF

Vollbremsung Bremsen 1 6 Null

-500

-250

0

Gas

250

Vollgas

-

500 F /N

Abbildung 19.15: Fuzzy-Mengen des Ausgangskanals Brems- oder Beschleunigungs” kraft“

1. Geben Sie eine sinnvolle Relationsmatrix f¨ ur die Verkn¨ upfung der Ein- und AusgangsFuzzy-Mengen des Abstandsreglers von Fahrzeug 2 an. 2. Stellen Sie die Kennfl¨ ache grafisch dar. 3. Entwickeln Sie ein Simulationsdiagramm f¨ ur das Testen der Abstandsregelung. Es gibt keine Sollwerte f¨ ur den Abstand und die Geschwindigkeit vom zweiten Fahrzeug! 4. Testen Sie nun die Abstandsregelung f¨ ur verschiedene Anfangszust¨ande. Bei allen Tests wird angenommen, dass das vorausfahrende Fahrzeug 1 eine konstante Geschwindigkeit von v1 (t) = 100 km/h fahre. Fahrzeug 2 fahre mit ausgeschalteter Abstandsregelung hinter Fahrzeug 1 her. Bei t = 0 s und Position x2 (0) = 0 m wird die Abstandsregelung in Fahrzeug 2 eingeschaltet. Ermitteln Sie per Simulation jeweils den Abstand xd (∞) und v2 (∞) f¨ ur die folgenden Anfangszust¨ ande:

412

19 Fuzzy-Regler im Regelkreis (a) (b) (c) (d) (e) (f)

x1 (0) x1 (0) x1 (0) x1 (0) x1 (0) x1 (0)

= = = = = =

120 m 80 m 120 m 80 m 120 m 80 m

und und und und und und

v2 (0) = 100 km/h. v2 (0) = 100 km/h. v2 (0) = 120 km/h. v2 (0) = 120 km/h. v2 (0) = 80 km/h. v2 (0) = 80 km/h.

5. Stellen Sie einen typischen Regelverlauf grafisch dar. 6. Wie groß darf f¨ ur den Fall x1 (0) = 100 m die Anfangsgeschwindigkeit v2 (0) von Fahrzeug 2 h¨ ochstens sein, damit es nicht zu einem Auffahrunfall kommt? 7. Wie groß muss f¨ ur den Fall v2 (0) = 120 km/h der Abstand xd (0) von Fahrzeug 2 mindestens sein, damit es nicht zu einem Auffahrunfall kommt? L¨ osung: 1.

xd (t) = Abstand zu Fahrzeug 1 klein mittel groß

Geschw. v2 (t)

2.

klein

Null

Gas

Vollgas

mittel

Bremsen

Null

Gas

groß

Vollbremsung

Bremsen

Null

500

F2 (t)/N

0

−500 60 50

1000

40

800

30

600 20

v2 (t)/(m/s)

400 10

200 0

0

xd (t)/m

Abbildung 19.16: Kenn߬ache mit Stellkraft F2 (t)/N; Fahrzeugabstand xd (t)/m und Geschwindigkeit v2 (t)/(m/s)

19.4 Stabilit¨ at von Fuzzy-Regelungssystemen

413

3. -

-

-

xd (t)

v2 (0)

Fuzzy-Regler 1 m2

-

1 s

v2 (t) i - ? -

v1 (t)

1 s

-

1 s

– i – x2 (0)  + 6 - i 6 x (0) 1

Abbildung 19.17: Simulationsdiagramm

4.

xd (∞) 311 m 375 m 410 m 457 m 448 m 487 m

a. b. c. d. e. f.

5.

v2 (∞) 100 km/h 100 km/h 100 km/h 100 km/h 100 km/h 100 km/h

500 400

v2 , xd , F

6

xd (t)/m

300 200

v2 (t)/(km/h)

100 0

F (t)/N

−100 −200 −300 −400

0

50

100

-

150

200

250

300

Zeit t/s

Abbildung 19.18: Zeitverlauf f¨ ur v2 (0) = 120 km/h und x1 (0) = 80 m 6. Die Geschwindigkeit v2 (0) muss kleiner 128 km/h sein. 7. Der Abstand x2 (0) muss mindestens 46 m betragen. 

19.4

Stabilit¨at von Fuzzy-Regelungssystemen

Zusammenfassung. F¨ ur die Untersuchung der Stabilit¨at von Regelkreisen mit FuzzyReglern gibt es noch keine abgeschlossene Theorie. Es existieren Ans¨atze, die Stabilit¨ats-

414

19 Fuzzy-Regler im Regelkreis

aussagen erlauben. Diese Ans¨ atze h¨ angen vom jeweiligen Typ des Fuzzy-Reglers und der untersuchten Regelstrecke ab. Falls keine mathematische Beschreibung der Regelstrecke in Form von Differential- oder ¨ Differenzengleichungen, Ubertragungsfunktionen, Zustandsgleichungen oder dergleichen vorliegt, bzw. falls eine derartige Beschreibung auch nicht m¨oglich ist, kann man davon ausgehen, dass es eine Stabilit¨ atsaussage f¨ ur ein Regelsystem mit einer derartigen Strecke und einem Fuzzy-Regler auch kaum geben wird. Denn ohne Streckenbeschreibung kann man zwar empirisch Fuzzy-Regler an der Strecke erproben und feststellen, ob sie f¨ ur die betrachteten F¨ alle Stabilit¨ at gew¨ahrleisten. Doch allgemeine Aussagen kann man daraus kaum erwarten. Liegt eine Streckenbeschreibung in Form von linguistischen WENN-DANN-Regeln, basierend auf mehr oder weniger aussagekr¨ aftigen Fuzzy-Mengen vor, so gibt es auch hier noch keine praktikablen Stabilit¨ atsans¨ atze. Ein Bedarf hierf¨ ur ist jedenfalls gegeben, da bei derartigen Prozessen durchaus die Anwendung eines Fuzzy-Reglers sinnvoll ist. Ist eine mathematische Beschreibung der Regelstrecke gegeben und der Fuzzy-Regler ist so ausgelegt, dass sein dynamisches Verhalten exakt dem dynamischen Verhalten eines klassischen Reglers, z. B. PID-Reglers, entspricht, dann kann entsprechend die Stabilit¨ atstheorie der klassischen Regelungstechnik angewendet werden. Dieser Anwendungsfall ist in den untersuchten Beispielen in Abschnitt 19.2.1 gegeben, wenn die MAXPROD-Inferenzmethode und Singletons als Ausgangs-Fuzzy-Mengen verwendet werden. Die Kennfl¨ ache des Fuzzy-Reglers ist dann eine lineare Kennfl¨ache und der Regelverlauf des klassischen und des Fuzzy-PI-Reglers stimmen exakt u ¨ berein. Sind die Eingangs-Fuzzy-Mengen nicht u ¨ berlappend, dann resultiert im Fall einer Ein¨ gangsgr¨ oße f¨ ur den Fuzzy-Regler die Ubertragungskennlinie eines klassischen schaltenden Reglers wie z. B. Zwei- oder Dreipunktregler (siehe Abb. 18.10). Die Stabilit¨atsuntersuchung von Regelkreisen mit derartigen schaltenden Fuzzy-Reglern kann z. B. mithilfe des Zweiortskurvenverfahrens unter Benutzung der Beschreibungsfunktion erfolgen. ¨ Bei Fuzzy-Reglern mit beliebiger nichtlinearer Ubertragungskennlinie kann eine Stabilit¨ atsuntersuchung mit der Methode von Popov [57] bzw. mit dem Kreiskriterium erfolgen. Beide Methoden arbeiten im Frequenzbereich. Dabei wird ein Sektor f¨ ur die ¨ nichtlineare Kennlinie festgelegt, f¨ ur den das Regelsystem stabil ist. Verl¨asst die Ubertragungskennlinie des Fuzzy-Reglers den berechneten Sektor, kann Stabilit¨at nicht garantiert werden. Sowohl die Methode von Popov als auch das Kreiskriterium k¨onnen bei Fuzzy-Reglern, beschrieben durch nichtlineare Kennfl¨achen, angewendet werden, doch die Stabilit¨atsaussagen sind sehr konservativ, d. h. die Bedingungen sind sehr einschr¨ankend und von geringer praktischer Bedeutung. Bei Fuzzy-Reglern mit derartigen nichtlinearen Kennfl¨ achen liegt aber der eigentliche Bedarf an Stabilit¨atsaussagen, da die eingesetzten Fuzzy-Regler h¨ aufig durch derartige Kennfl¨ achen beschrieben werden.

A

Formeln zur Matrizenrechnung

Die hier im Anhang zusammengestellten Formeln zur Matrizenrechnung ersetzen nicht die Besch¨ aftigung mit der Theorie der Matrizenrechnung. Hierzu gibt es eine gen¨ ugend große Anzahl von Lehrb¨ uchern, von denen hier nur die B¨ ucher von DeRusso [18] und Stewart [64] stellvertretend genannt seien. Manche speziell in der Regelungstechnik ben¨ otigte Formeln sind jedoch auch in Lehrb¨ uchern zur Matrizenrechnung schwer zu finden. Daher soll dieser Anhang neben ein paar Grundlagen der Matrizenrechnung einen schnellen Zugang zu einigen wichtigen, in der Regelungstechnik ben¨otigten Zusammenh¨ angen liefern.

A.1

Grundlagen

Lineare Gleichungen und Matrizen. Der folgende Satz linearer Gleichungen erstellt eine Verkn¨ upfung zwischen den Variablen x1 , x2 , . . . , xn und den Variablen y1 , y2 , . . . , ym a11 x1 + a12 x2 + . . . + a1n xn a21 x1 + a22 x2 + . . . + a2n xn ............................................ am1 x1 + am2 x2 + . . . + amn xn

= = = =

y1 y2 ... ym .

Diese Verkn¨ upfung zwischen den Variablen x1 , x2 , . . . , xn und y1 , y2 , . . . , ym kann wesentlich einfacher beschrieben werden, wenn man das geordnete Feld ⎡

⎤ a11 a12 . . . a1n ⎢ a21 a22 . . . a2n ⎥ ⎢ ⎥ A=⎢ . .. .. ⎥ ⎣ .. . . ⎦ am1 am2 . . . amn

(A.1)

einf¨ uhrt. Dieses geordnete Feld bezeichnet man als Matrix A. Eine Matrix ist eine rechteckige Anordnung von Elementen a11 , a12 , . . . , amn . Bei den doppelt indizierten Elementen aij bezeichnet der erste Index i die jeweilige Zeile, und der zweite Index j die Spalte der Matrix. Element a12 ist also das Element in Zeile 1 und Spalte 2. Eine Matrix mit m Zeilen und n Spalten wird (m × n)-Matrix oder Matrix der Ordnung m mal n genannt. Matrizen werden i. A. mit fett gedruckten Großbuchstaben A, B, . . . bezeichnet.

416

A Formeln zur Matrizenrechnung

Formen von Matrizen. (a) Spaltenmatrix, Spaltenvektor, Vektor. Eine Matrix mit m Zeilen und nur einer Spalte (n = 1) heißt Spaltenmatrix oder Spaltenvektor, bzw. kurz Vektor ⎡

a1 a2 .. .

⎢ ⎢ a=⎢ ⎣

⎤ ⎥ ⎥ ⎥ . ⎦

(A.2)

am Vektoren werden mit fett gedruckten Kleinbuchstaben a, b, . . . , x, y, . . . bezeichnet. (b) Zeilenmatrix, Zeilenvektor. Eine Matrix, bestehend aus nur einer Zeile und n Spalten, heißt Zeilenmatrix oder Zeilenvektor   b T = b1 b2 . . . bn .

(A.3)

Zur Unterscheidung von Spalten- und Zeilenvektoren wird ein Zeilenvektor meist bezeichnet als transponierter Spaltenvektor (Vektor) und durch ein hochgestelltes T gekennzeichnet (siehe Gleichung A.7). (c) Diagonalmatrix. Eine Diagonalmatrix ist eine quadratische n mal n Matrix, die nur auf der Hauptdiagonalen von Null verschiedene Elemente aii enth¨alt. ⎤ a11 0 . . . 0 ⎢ 0 a22 . . . 0 ⎥ ⎥ ⎢ A=⎢ . .. .. ⎥ . ⎣ .. . . ⎦ 0 0 . . . ann ⎡

(A.4)

(d) Einheitsmatrix. Eine Einheitsmatrix ist eine quadratische n mal n Matrix, die nur auf der Hauptdiagonalen eine Eins enth¨ alt und sonst Null ist. Einheitsmatrizen werden i. A. mit dem Symbol I (oder auch E) bezeichnet. ⎡

⎤ 0 ... 0 1 ... 0 ⎥ ⎥ .. .. ⎥ . . .⎦ 0 0 ... 1

1 ⎢0 ⎢ I=⎢. ⎣ ..

(A.5)

Will man die Ordnung n betonen, so bezeichnet man diese Einheitsmatrix auch mit I n×n oder I n .

A.1 Grundlagen

417

(e) Nullmatrix. Eine Nullmatrix ist eine m mal n oder n mal n Matrix, die nur Nullen enth¨ alt.



⎤ 0 ... 0 0 ... 0 ⎥ ⎥ .. .. ⎥ . . .⎦ 0 0 ... 0

0 ⎢0 ⎢ 0=⎢. ⎣ ..

(A.6)

(f ) Transponierte Matrix. Vertauscht man die Zeilen und Spalten einer Matrix A, so nennt man die entstehende Matrix die transponierte Matrix AT oder auch kurz die Transponierte, und kennzeichnet sie durch ein hochgestelltes T . Die Transponierte der Matrix A von Gleichung A.1 lautet ⎤ a11 a21 . . . am1 ⎢ a12 a22 . . . am2 ⎥ ⎥ ⎢ AT = ⎢ . .. .. ⎥ . ⎣ .. . . ⎦ a1n a2n . . . amn ⎡

(A.7)

Ist A eine m mal n Matrix, so ist AT eine n mal m Matrix. Manchmal wird die  transponierte Matrix auch nur mit einem hochgestellten Strich bezeichnet AT ≡ A . Spezielle Matrizen. (a) Symmetrische Matrix. Eine quadratische n mal n Matrix heißt symmetrisch, wenn sie gleich ihrer transponierten Matrix ist, d. h. wenn gilt

A = AT

oder

aij = aji

f¨ ur

(i,j = 1 . . . n) .

(b) Schiefsymmetrische Matrix. Eine reelle quadratische n mal n Matrix heißt schiefsymmetrisch, wenn sie gleich ihrer negativen transponierten Matrix ist, d. h. wenn gilt

A = −AT

oder

aij = −aji

f¨ ur

(i,j = 1 . . . n) .

Dies impliziert, dass die Elemente auf der Hauptdiagonalen gleich Null sind.

418

A Formeln zur Matrizenrechnung

Elementaroperationen. (a) Addition von Matrizen. Zwei rechteckige m mal n Matrizen werden addiert, indem man die jeweiligen Elemente i, j addiert: C = A+B

wobei gilt

cij = aij + bij

f¨ ur alle

i, j.

Beispiel A.1 Addition von Matrizen. ⎡ ⎤ ⎡ ⎤ ⎡ ⎤ 2 −3 1 2 3 −1 ⎣ 4 8 ⎦ + ⎣ −5 2 ⎦ = ⎣ −1 10 ⎦ . 2 −3 −1 2 1 −1

(A.8) 

F¨ ur die Addition von Matrizen gelten das Kommutativ- und das Assoziativgesetz, i. E. A+B = B+A A + (B + C) = (A + B) + C

Kommutativgesetz Assoziativgesetz.

(b) Subtraktion von Matrizen. Zwei rechteckige m mal n Matrizen werden subtrahiert, indem man die jeweiligen Elemente i, j subtrahiert: C = A−B

wobei gilt

cij = aij − bij

f¨ ur alle

i, j.

(c) Multiplikation von Matrizen. Das Produkt einer m mal n Matrix A mit einer n mal m Matrix B ergibt die m mal m Matrix C

C = A·B

wobei gilt

cik =

n 

aij · bjk

f¨ ur alle

i, k = 1 . . . m.

j=1

Man spricht auch von einer Links- bzw. Rechtsmultiplikation, wenn man betonen will, dass B von links mit A multipliziert wird, bzw. dass A von rechts mit B multipliziert wird. Beispiel A.2 Produkt der Matrizen A · B. ⎡ ⎤ ⎡ ⎤   2 −3 −4 7 −16 ⎣ 4 8 ⎦ · 1 2 −5 = ⎣ 20 0 −4 ⎦ . 2 −1 2 2 3 8 1 −4

(A.9) 

Mit diesen Definitionen kann man die Gleichung A.1 in Kurzform schreiben als A·x = y.

A.1 Grundlagen

419

Das Matrizenprodukt A · B ist i. A. ungleich dem Produkt B · A. Somit ist das Kommutativgesetz f¨ ur das Produkt zweier Matrizen i. A. nicht erf¨ ullt A · B = B · A .

Beispiel A.3 Produkt der Matrizen B · A. ⎡ ⎤     2 −3 1 2 −5 ⎣ 0 −2 · 4 8 ⎦= . 2 −1 2 4 −8 2 3

(A.10) 

Die Produkte der Matrizen von Beispiel A.2 und A.3 sind verschieden.

F¨ ur das Produkt zweier Matrizen gelten das nachfolgende Assoziativ- und das Distributivgesetz A · (B · C) = (A · B) · C A · (B + C) = A · B + A · C (A + B) · C = A · C + B · C

Assoziativgesetz Distributivgesetz Distributivgesetz.

(d) Produkt transponierter Matrizen. F¨ ur das Produkt transponierter Matrizen gilt die Beziehung (A · B)T = B T · AT . (e) Multiplikation einer Matrix mit einer Einheitsmatrix. Die Rechts- oder Linksmultiplikation einer Matrix A mit einer Einheitsmatrix I l¨asst die Matrix A unver¨andert I ·A= A·I = A . (f ) Partitionierung von Matrizen (Blockmatrizen). Eine Matrix A kann man in geeignete Untermatrizen Ai aufteilen. So gilt z. B. f¨ ur eine 3 mal 3 Matrix als eine m¨ogliche Aufteilung ⎡ ⎤   a11 a12 a13 A1 A2 ⎣ ⎦ A = a21 a22 a23 = . (A.11) A3 A4 a31 a32 a33 mit  A1 =

a11 a12 a21 a22



 ,

A2 =

a13 a23

 ,

  A3 = a31 a32 ,

  A4 = a33 .

420

A Formeln zur Matrizenrechnung

(g) Addition und Subtraktion partitionierter Matrizen. Mit Matrix A nach Gleichung A.11 und B wie folgt ⎡ ⎤   b11 b12 b13 B1 B2 B = ⎣ b21 b22 b23 ⎦ = (A.12) B3 B4 b31 b32 b33 mit

 B1 =

b11 b12 b21 b22



 ,

B2 =

b13 b23

 ,

  B 3 = b31 b32 ,

  B 4 = b33 ,

liefert die Addition und Subtraktion dieser partitionierten Matrizen C = A ± B das Ergebnis       A1 A2 B1 B 2 A1 ± B 1 A2 ± B 2 C = A±B = ± = . A3 A4 B3 B 4 A3 ± B 3 A4 ± B 4 (h) Produkt partitionierter Matrizen. Mit den Matrizen A und B nach Gleichung A.11 und A.12 ist das Produkt der partitionierten Matrizen definiert zu       A1 A2 B1 B2 A1 B 1 + A2 B 3 A1 B 2 + A2 B 4 C = A·B = · = . A3 A4 B3 B4 A3 B 1 + A4 B 3 A3 B 2 + A4 B 4 (i) Ableitung einer Matrix. Bei der Ableitung einer Matrix nach der Zeit wird jedes einzelne Element nach der Zeit abgeleitet. Es sei ⎡ ⎤ a11 (t) a12 (t) . . . a1n (t) ⎢ a21 (t) a22 (t) . . . a2n (t) ⎥ ⎢ ⎥ (A.13) A(t) = ⎢ . ⎥ . .. .. ⎣ .. ⎦ . . am1 (t) am2 (t) . . . amn (t) Dann gilt f¨ ur die Ableitung ⎡

⎤• a11 (t) a12 (t) . . . a1n (t) ⎢ a21 (t) a22 (t) . . . a2n (t) ⎥ dA(t) ⎢ ⎥ ˙ = A(t) =⎢ . ⎥ = .. .. dt ⎣ .. ⎦ . . am1 (t) am2 (t) . . . amn (t) ⎡ ⎢ ⎢ ⎢ ⎢ =⎢ ⎢ ⎢ ⎣

da11 (t) da12 (t) da1n (t) ... dt dt dt da2n (t) da21 (t) da22 (t) ... dt dt dt .. .. .. . . . damn (t) dam1 (t) dam2 (t) ... dt dt dt

⎤ ⎥ ⎥ ⎥ ⎥ ⎥ . ⎥ ⎥ ⎦

A.2 Determinanten, Minoren und Kofaktoren

421

(j) Integration einer Matrix. Bei der Integration einer Matrix u ¨ ber die Zeit wird jedes einzelne Element integriert. Somit gilt f¨ ur A nach Gleichung A.13 ⎤ ⎡ t t t a12 (τ )dτ . . . a1n (τ )dτ ⎥ ⎢ a11 (τ )dτ ⎥ ⎢ 0 0 0 ⎥ ⎢ t t  t ⎥ ⎢ t a22 (τ )dτ . . . a2n (τ )dτ ⎥ ⎢ a21 (τ )dτ ⎥ . A(τ )dτ = ⎢ 0 0 0 ⎥ ⎢ .. .. .. ⎥ ⎢ 0 ⎥ ⎢ . . . ⎥ ⎢ t t t   ⎦ ⎣ am1 (τ )dτ am2 (τ )dτ . . . amn (τ )dτ 0

A.2

0

0

Determinanten, Minoren und Kofaktoren

Determinanten. Die Determinante einer quadratischen Matrix A, bezeichnet mit Det“ oder mit zwei senkrechten Strichen | . . . |, ist wie folgt definiert: ”    a11 a12 . . . a1n    n  a21 a22 . . . a2n     Det(A) = |A| =  . aij · γij mit i = ∈ (1, . . . , n) =  . . .. ..   ..   j=1  an1 an2 . . . ann  ur i kann ein beliebiger Wert von mit γij als die nachfolgend definierten Kofaktoren. F¨ 1 bis n genommen werden! Die Determinante einer quadratischen 2 mal 2 Matrix A ist wie folgt definiert:   a a  Det(A) = |A| =  11 12  = a11 a22 − a12 a21 . a21 a22 Minoren. Der Minor |M ij | einer Matrix ist die Determinante der Matrix A wenn man Zeile i und Spalte j streicht. Beispiel A.4 Minor einer Matrix. Der Minor |M 12 | der 3 mal 3 Matrix ⎡ ⎤ a11 a12 a13 A = ⎣ a21 a22 a23 ⎦ a31 a32 a33 lautet

(A.14)

   a21 a23   = a21 a33 − a23 a31 .  |M 12 | =  a31 a33  

422

A Formeln zur Matrizenrechnung

Kofaktoren. Der Kofaktor γij einer Matrix ist gleich dem Minor |M ij | der Matrix multipliziert mit (−1)i+j , also γij = (−1)i+j · |M ij | .

Beispiel A.5 Kofaktor einer Matrix. Der Kofaktor γ12 der 3 mal 3 Matrix nach Gleichung A.14 lautet   a a  γ12 = (−1)1+2 · |M 12 | = (−1) ·  21 23  a31 a33 = (−1) · (a21 a33 − a23 a31 ) = a23 a31 − a21 a33  Beispiel A.6 Determinante einer 2 × 2 Matrix. Die Determinante der nachfolgenden Matrix A   a11 a12 A= a21 a22 lautet Det(A) =

2 

aij · γij

f¨ ur z. B. i = 1

j=1

= a11 · γ11 + a12 · γ12 = a11 · a22 + a12 · (−1) · a21 = a11 a22 − a12 a21



Beispiel A.7 Determinante einer 3 × 3 Matrix. Die Determinante der nachfolgenden Matrix A ⎡ ⎤ a11 a12 a13 A = ⎣ a21 a22 a23 ⎦ a31 a32 a33 lautet Det(A) =

3 

aij · γij

f¨ ur z. B. i = 2

j=1

= a21 · γ21 + a22 · γ22 + a23 · γ23 = a21 · (−1) · |M 21 | + a22 · (+1) · |M 22 | + a23 · (−1) · |M 23 | = a21 · (−1) · (a12 a33 − a13 a32 ) + a22 · (+1) · (a11 a33 − a13 a31 ) + a23 · (−1) · (a11 a32 − a12 a31 ) = a11 a22 a33 + a12 a23 a31 + a13 a21 a32 − a13 a22 a31 − a12 a21 a33 − a11 a23 a32 .

A.2 Determinanten, Minoren und Kofaktoren

423

Regeln zur Berechnung von Determinanten. (a) Multiplikation mit einer Konstanten c. Die Multiplikation einer Zeile (oder Spalte) einer Matrix mit einer Konstanten c¨ andert den Wert der Determinanten nicht. (b) Vertauschen von Zeilen und Spalten. Das Vertauschen zweier beliebiger Zeilen (oder Spalten) einer Matrix a ¨ndert den Wert der Determinanten nicht. (c) Addieren des Vielfachen einer Zeile oder Spalte. Addiert man zu einer Zeile (oder Spalte) das Vielfache einer anderen Zeile (bzw. Spalte), so ¨andert das den Wert der Determinanten nicht. (d) Determinante der transponierten Matrix. Transponieren einer Matrix ¨andert den Wert der Determinanten nicht, |A| = |AT | . (d) Determinante eines Produkts. Sind A und B zwei beliebige quadratische Matrizen, dann gilt f¨ ur die Determinante des Produkts |A · B| = |A| · |B| = |B · A| . Singul¨ are Matrizen. Eine quadratische Matrix, deren Determinante den Wert Null aufweist, heißt singul¨are Matrix. Ist der Wert der Determinanten ungleich Null, so heißt die Matrix nichtsingul¨ar. Cramer’sche Regel. Die Aufl¨ osung des linearen Gleichungssystems A·x = y (Matrix A nichtsingul¨ ar) nach dem Vektor x = [ x1 x2 . . . xn ]T ist gegeben zu xi =

DetAi , DetA

mit Ai als die Matrix, bei der Spalte i durch den Vektor y ersetzt ist. Beispiel A.8 Cramer’sche Regel. Gegeben sei ein lineares Gleichungssystem zweiter Ordnung A · x = y mit nichtsingul¨ arer Matrix A zu       a11 a12 x1 y1 · = . a21 a22 x2 y2 Dann ist     y1 a12  3  a11 DetA1    = x1 = y2 a22   a21 DetA     a11 y1  3  a11 DetA2    = x2 = a21 y2   a21 DetA

 a12  = a22   a12  = a22 

y1 a22 − y2 a12 a11 a22 − a12 a21 a11 y2 − a21 y1 a11 a22 − a12 a21 

424

A Formeln zur Matrizenrechnung

Determinanten von Blockmatrizen. (a) Beziehung 1. F¨ ur quadratische Blockmatrizen A und B gilt   A 0 Det = Det(A) · Det(B) C B (b) Beziehung 2. Falls die Matrix A nichtsingul¨ar ist, gilt   A D Det = Det(A) · Det(B − CA−1 D) . C B (c) Beziehung 3. F¨ ur rechteckige Matrizen A (n mal m) und B (m mal n) gilt die Beziehung |I n − AB| = |I m − BA| mit I j als Einheitsmatrizen der Ordnung j.

A.3

Adjungierte und inverse Matrizen

Adjungierte Matrix. Bildet man f¨ ur eine quadratische Matrix A mit den Kofaktoren γi,j eine neue Matrix aus den Kofaktoren γj,i , so bezeichnet man diese neue Matrix als adjungierte Matrix von A Adj A = [γj,i ] . Die adjungierte Matrix ist die Transponierte der Matrix die entsteht, wenn man die Elemente ai,j durch ihre Kofaktoren ersetzt. Beispiel A.9 Transponierte Matrix. Gesucht ist die Adjungierte der folgenden Matrix ⎡ ⎤ 2 3 −1 A=⎣ 1 4 2 ⎦ . −2 −1 1 Es lauten die Kofaktoren γ11 = 6 γ12 = −5 γ13 = 7 γ21 = −2 γ22 = 0 γ23 = −4 γ31 = 10 γ32 = −5 γ33 = 5 und somit ergibt sich die Adjungierte zu ⎡ ⎤ 6 −2 10 AdjA = [γj,i ] = ⎣ −5 0 −5 ⎦ . 7 −4 5 

A.3 Adjungierte und inverse Matrizen

425

Inverse Matrix. Ergibt das Produkt zweier quadratischer Matrizen A und B die Einheitsmatrix A·B =I , so nennt man die Matrix B die inverse oder reziproke Matrix von A und1 kennzeichnet sie durch ein hochgesetztes “−1“ B = A−1 . Es gilt also A · A−1 = I , bzw. ebenso A−1 ·A = I . Man berechnet die Inverse einer Matrix mittels der Beziehung A−1 =

Adj A |A|

vorausgesetzt

|A| = 0 .

Beispiel A.10 Inverse Matrix. Gesucht ist die Inverse der folgenden 2 mal 2 Matrix:   a11 a12 A= . a21 a22 Es lauten die Adjungierte   a22 −a12 AdjA = −a21 a11 und die Determinante |A| = a11 a22 − a12 a21 . Damit lautet die Inverse der Matrix A dann   a22 −a12 −a21 a11 A−1 = . a11 a22 − a12 a21  Beispiel A.11 Inverse Matrix. Gesucht ist die Inverse der folgenden Matrix ⎡ ⎤ 2 3 −1 A=⎣ 1 4 2 ⎦ . −2 −1 1 1

Es gilt entsprechend ebenso A = B −1 .

426

A Formeln zur Matrizenrechnung

Mit Adj A nach Beispiel A.9 zu ⎡

⎤ 6 −2 10 AdjA = [γj,i ] = ⎣ −5 0 −5 ⎦ , 7 −4 5 und |A| = −10 resultiert ⎡

A−1

⎤ 6 −2 10 ⎣ −5 0 −5 ⎦ ⎡ ⎤ −0,6 0,2 −1 7 −4 5 Adj A = = ⎣ 0,5 0 0,5 ⎦ . = |A| −10 −0,7 0,4 −0,5

Probe: ⎡

A · A−1

⎤ ⎡ ⎤ ⎡ ⎤ 2 3 −1 −0,6 0,2 −1 1 0 0 = ⎣ 1 4 2 ⎦ · ⎣ 0,5 0 0,5 ⎦ = ⎣ 0 1 0 ⎦ = I . −2 −1 1 −0,7 0,4 −0,5 0 0 1 

Inverse des Produkts zweier Matrizen. F¨ ur die Inverse des Produkts zweier quadratischer Matrizen gilt −1

(A · B)

= B −1 · A−1 .

Ableitung der Inversen einer Matrix. F¨ ur die Ableitung der Inversen einer quadratischen Matrix gilt d  −1  ˙ · A−1 (t) . A (t) = −A−1 (t) · A(t) dt Diese Beziehung kann man herleiten aus dem Zusammenhang  dI d  −1 A (t)A = =0, dt dt wobei die Anwendung der Produktregel der Differentiation liefert: A−1 A˙ +

d  −1  A (t) A(t) = 0 . dt

A.4 Lineare Unabh¨ angigkeit, Rang einer Matrix

A.4

427

Lineare Unabha¨ngigkeit, Rang einer Matrix

Lineare Unabh¨ angigkeit. Ein Satz von m Vektoren xi mit jeweils n Komponenten x1i , x2i . . . xni , also ⎡

x1i ⎢ x2i ⎢ xi = ⎢ . ⎣ ..

⎤ ⎥ ⎥ ⎥ ⎦

f¨ ur

i = 1, 2 . . . m

xni heißt linear unabh¨angig, wenn keine Konstanten k1 , k2 . . . km (mit mindestens einem ki ungleich Null) derart existieren, dass die folgende Gleichung erf¨ ullt wird k1 x1 + k2 x2 + . . . + km xm = 0 .

(A.15)

ullt wird, dann nennt man die Findet man Konstanten ki , sodass Gleichung A.15 erf¨ Vektoren xi linear abh¨angig. Beispiel A.12 Linear abh¨angige Vektoren. Die zwei Vektoren ⎡ ⎤ 1 x1 = ⎣ 2 ⎦ 3

und

⎡ ⎤ 2 x2 = ⎣ 4 ⎦ 6

sind linear abh¨ angig, da f¨ ur k1 = −2 und k2 = 1 gilt ⎡ ⎤ ⎡ ⎤ ⎡ ⎤ 1 2 0 −2x1 + x2 = −2 ⎣ 2 ⎦ + ⎣ 4 ⎦ = ⎣ 0 ⎦ 3 6 0  Beispiel A.13 Linear unabh¨angige Vektoren. Die zwei Vektoren x1 =

  1 3

und

x2 =

  2 4

sind linear unabh¨angig, da nur f¨ ur k1 = k2 = 0 gilt k1 x1 + k2 x2 = 0 . 

428

A Formeln zur Matrizenrechnung

Rang einer Matrix. Der Rang r einer nicht notwendigerweise quadratischen Matrix A ist die Ordnung r des gr¨ oßten quadratischen Feldes in A, dessen Determinante ungleich Null ist. Beispiel A.14 Rang einer Matrix. Gegeben sei die Matrix   2 3 A= . 1 4 Die Determinante von A ist gleich 5, d. h. die Matrix ist nichtsingul¨ar. Somit gilt Rang(A) = r = 2.  Beispiel A.15 Rang einer Matrix. Gegeben sei die Matrix ⎡ ⎤ 2 3 1 A=⎣1 4 3⎦ . 1 3 2 Da die Determinante von A gleich Null wird, d. h. die Matrix singul¨ar ist, kann der ¨ Rang r nicht gleich r1 = 3 sein. Die Uberpr¨ ufung eines beliebigen quadratischen Feldes in A wie z. B. das Feld bestehend aus den Elementen a11 , a12 , a21 und a22 , ergibt   2 3  = 5 = 0 . |A1 | =  1 4 Somit ist der Rang r der Matrix A gleich zwei.



Spaltenrang, Zeilenrang einer Matrix. (a) Spaltenrang einer Matrix. Eine Matrix vom Rang r besitzt h¨ ochstens r linear unabh¨ angige Spalten. Man sagt auch, die Matrix hat den Spaltenrang r. Beispiel A.16 Spaltenrang. Gegeben sei die Matrix ⎡ ⎤ 2 3 1 A=⎣1 4 3⎦ , 1 3 2 die nach Beispiel A.15 den Rang zwei hat. Somit hat die Matrix h¨ochstens zwei linear unabh¨ angige Spalten. Man kann zeigen, dass Spalte drei gleich der Differenz der Spalten zwei und eins ist: ⎡ ⎤ ⎡ ⎤ ⎡ ⎤ 1 3 2 ⎣3⎦ = ⎣4⎦−⎣1⎦ . 2 3 1

A.5 Eigenwerte und Eigenvektoren. Die drei Spalten sind linear voneinander abh¨ angig.

429 

(b) Zeilenrang einer Matrix. Eine Matrix vom Rang r besitzt h¨ochstens r linear unabh¨ angige Zeilen. Man sagt auch, die Matrix hat den Zeilenrang r.

Beispiel A.17 Zeilenrang. Gegeben sei die Matrix ⎡

⎤ 2 3 1 A =⎣1 4 3⎦ , 1 3 2 die nach Beispiel A.15 den Rang zwei hat. Somit hat die Matrix h¨ochstens zwei linear unabh¨ angige Zeilen. Man kann zeigen, dass z. B. gilt “Zeile eins ist gleich f¨ unfmal Zeile drei minus dreimal Zeile zwei“: 

     2 3 1 =5 1 3 2 −3 1 4 3 .

Die drei Zeilen sind linear voneinander abh¨ angig.



(c) Zeilen- und Spaltenrang einer Matrix. Der Zeilenrang einer Matrix ist gleich dem Spaltenrang der Matrix. (d) Rang, Zeilen- und Spaltenrang einer Matrix. Der Zeilen-/Spaltenrang und der u ¨ber die Determinantenbedingung definierte Rang einer Matrix sind identisch. Daher spricht man generell nur vom Rang einer Matrix, den man als Rang(A) schreibt.

A.5

Eigenwerte und Eigenvektoren.

Eigenwerte, Eigenvektoren. Es wird das nachfolgend gegebene lineare Gleichungssystem y = Ax = λx mit A als quadratische n × n Matrix betrachtet. Der Vektor x = 0, der die Gleichung Ax = λx

(A.16)

erf¨ ullt, heißt Eigenvektor der Matrix A und der zugeh¨orige Skalar λ heißt Eigenwert. Die Umformung von Gleichung A.16 f¨ uhrt zu der Gleichung [λI − A] x = 0 .

(A.17)

Gleichung A.17 hat nur dann eine nichttriviale L¨osung f¨ ur x ungleich Null, wenn die folgende Determinante verschwindet Det(λI − A) = 0 .

(A.18)

430

A Formeln zur Matrizenrechnung

Charakteristische Gleichung. Die Ermittlung der Determinanten der Gleichung A.18 f¨ uhrt zu einem Polynomgleichung n-ter Ordnung in λ P (λ) = λn + an−1 λn−1 + . . . + a1 λ + a0 = 0 .

(A.19)

Diese Gleichung nennt man charakteristische Gleichung der Matrix A und das Polynom das charakteristische Polynom. Die n Nullstellen (Wurzeln) λi der charakteristischen Gleichung heißen charakteristische Werte oder Eigenwerte von A. Die Eigenwerte k¨ onnen einfach oder mehrfach, reell oder konjugiert komplex sein. Nach dem Satz von Vieta kann man das charakteristische Polynom faktorisieren zu P (λ) = (λ − λ1 )(λ − λ2 ) · · · (λ − λn ) . Das Produkt der Eigenwerte einer quadratischen Matrix ist gleich der Determinanten der Matrix λ1 λ2 · · · λn = |A| . Die Summe der Eigenwerte einer Matrix ist gleich der Spur der Matrix. Dabei versteht man unter der Spur einer Matrix die Summe der Hauptdiagonalelemente λ1 + λ2 + · · · + λn = SpurA =

n 

aii .

i=1

Lineare Unabh¨ angigkeit der Eigenvektoren. Wenn die n Eigenwerte λi der Matrix A verschieden sind, dann geh¨ ort zu jedem Eigenwert λi ein Eigenvektor xi . Diese Eigenwerte xi sind die L¨ osung der Gleichung [λi I − A] xi = 0

(i = 1, 2, . . . , n) .

Wenn A unterschiedliche Eigenwerte besitzt, dann sind die zugeh¨origen Eigenvektoren linear unabh¨ angig. Beispiel A.18 Eigenwerte, Eigenvektoren. Gegeben sei die Matrix   1 4 A= . 3 2 Die charakteristische Gleichung der Matrix lautet      λ − 1 −4  |λI − A| =   = P (λ) = λ2 − 3λ − 10 .  −3 λ − 2 

A.5 Eigenwerte und Eigenvektoren.

431

Die Nullstellen der charakteristischen Gleichung bzw. die Eigenwerte der Matrix A sind λ1 = +5 und λ2 = −2 . Dann gilt nach dem Satz von Vieta P (λ) = (λ − λ1 )(λ − λ2 ) = (λ − 5)(λ + 2) = λ2 − 3λ − 10 . orenden Eigenvektor berechnet man aus Den zu λ1 = +5 geh¨  [λ1 I − A] x1 =

 4 −4 x1 = 0 −3 3

zu   1 x1 = 1

 bzw. auf die L¨ ange Eins normiert zu x1 =

√  1/√2 . 1/ 2

orenden Eigenvektor berechnet man aus Den zu λ2 = −2 geh¨  [λ2 I − A] x2 =

 −3 −4 x2 = 0 −3 −4

zu  x2 =

−4 3



 bzw. auf die L¨ ange Eins normiert zu x2 =

−0,8 0,6

 .

Das Produkt der Eigenwerte von A, d. h. λ1 · λ2 = −10 ist gleich der Determinanten von A, d. h.     1 4   = 2 − 12 = −10 . 3 2

Die Summe der Eigenwerte λ1 + λ2 = +3 ist gleich der Spur der Matrix SpurA =

n 

aii = 1 + 2 = 3 .

i=1

Die Eigenvektoren x1 und x2 sind linear unabh¨angig.



432

A.6

A Formeln zur Matrizenrechnung

Das Caley-Hamilton-Theorem.

Das Caley-Hamilton-Theorem. Es sei A eine quadratische n × n Matrix mit dem charakteristischen Polynom P (λ) = λn +an−1 λn−1 +. . .+a1 λ+a0 . Das Caley-HamiltonTheorem besagt, dass jede quadratische Matrix ihre eigene charakteristische Gleichung erf¨ ullt, d. h. es gilt dann P (A) = An + an−1 An−1 + . . . + a1 A + a0 I = 0 .

Beispiel A.19 Caley-Hamilton-Theorem. Gegeben sei die Matrix   1 2 A= . 4 3 Die charakteristische Gleichung lautet      λ − 1 −2  |λI − A| =   = P (λ) = λ2 − 4λ − 5 = 0 .  −4 λ − 3  Die Nullstellen der charakteristischen Gleichung, d. h. die Eigenwerte von A sind dann λ1 = 5

und

λ2 = −1 .

Nach dem Caley-Hamilton-Theorem gilt P (A) = A2 − 4A − 5I = 0 . Es gilt mit

 2

A = dann



9 8 16 17



       9 8 1 2 1 0 0 0 −4 −5 = 16 17 4 3 0 1 0 0

q.e.d. 

A.7

Definite und semidefinite Matrizen, Normen von Vektoren und Matrizen, Orthogonalit¨at

Positiv semidefinite Matrix. Die Matrix A ist positiv semidefinit, wenn die folgende quadratische Form xT Ax ≥ 0 f¨ ur alle Vektoren x erf¨ ullt ist.

A.7 Definite und semidefinite Matrizen, Normen, Orthogonalit¨ at

433

Positiv definite Matrix. Die Matrix A ist positiv definit, wenn die folgende quadratische Form xT Ax ≥ 0 nur f¨ ur x ≡ 0 mit dem Gleichheitszeichen erf¨ ullt wird. Test der Definitheit mittels Eigenwertberechnung. Eine Matrix A ist positiv definit (bzw. semidefinit), wenn alle Eigenwerte der Matrix positiv (bzw. nichtnegativ) sind. Beispiel A.20 Test auf Definitheit. Gegeben sei die Matrix   1 2 A= . 4 3 Die Eigenwerte der Matrix sind λ1 = 5 und λ2 = −1. Die Eigenwerte sind weder alle positiv oder nichtnegativ. Die Matrix ist weder positiv definit noch positiv semidefinit.  Beispiel A.21 Test auf Definitheit. Gegeben sei die Matrix   1 2 A= . 0 3 Die Eigenwerte der Matrix sind λ1 = 1 und λ2 = 3. Die Matrix ist positiv definit.  Beispiel A.22 Test auf Definitheit. Gegeben sei die Matrix   1 2 A= . 2 4 Die Eigenwerte der Matrix sind λ1 = 0 und λ2 = 5. Die Matrix ist positiv semidefinit.  Norm eines Vektors. Man definiert die L¨ange oder Norm eines Vektors ||x|| als die Wurzel aus der Summe der quadrierten Elemente des Vektors 4 5 n 5 ||x|| = 6 x2i . i=1

434

A Formeln zur Matrizenrechnung

Normen einer Matrix. In Anlehnung an die Norm eines Vektors werden verschiedene ur eine n × n Matrix gibt es Normen einer Matrix, geschrieben als ||A||i , definiert. F¨ z. B. folgende Definitionen von Normen: (a) Frobenius-Norm. 4 5 n 5 n  ||A||1 = 6 a2ij . i=1 j=1

(b) Spur der Matrix. ||A||2 = SpurA . (c) Maximaler Eigenwert der Matrix. ||A||3 = max λi i

Orthogonalit¨ at. Zwei n-Vektoren x und y sind orthogonal, wenn gilt xT · y = 0. Beispiel A.23 Orthogonalit¨at. Gegeben seien die Vektoren     1 −3 x= und y = . 3 1 Wegen     −3 = 1 · (−3) + 3 · 1 = 0 . xT · y = 1 3 · 1 sind die beiden Vektoren orthogonal.



Beispiel A.24 Orthogonales Koordinatensystem. Die Achsen eines orthogonalen Koordinatensystems stehen senkrecht aufeinander. Es seien die Einheitsvektoren in x-, y- und z-Richtung ⎡ ⎤ ⎡ ⎤ ⎡ ⎤ 1 0 0 ey = ⎣ 1 ⎦ ez = ⎣ 0 ⎦ . ex = ⎣ 0 ⎦ 0 0 1 Wegen eTx · ey = eTx · ez = eTy · ez = 0 sind die drei Vektoren orthogonal zueinander, sie stehen senkrecht aufeinander.



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Namens- und Sachverzeichnis A/D-Wandlung, 266 Abklingkonstante, 249, 287 Ableitung, 420, 426 Abstandsregelung, 410, 411 Abtasttheorem, 190, 248, 249, 270, 292 Ackermann, 85, 239 ¨ Ahnlichkeitstransformation, 63, 82, 87 Aggregation, 369, 371, 373, 374 algebraische Riccati-Gleichung, 114, 118, 121 Aliasing Effekt, 192 Amplitudengang, 269, 270, 272, 291, 292, 295, 297 Amplitudenrand, 291, 297, 300 Amplitudenspektrum, 188 Anfangswertsatz, 206 Anregelzeit, 287, 290, 291, 299 Anti-Wind-Up, 278–280 ARMA-Modell, 329 Assoziativgesetz, 418, 419 ˚ Astrøm, 323, 324 Ausgangsvektorr¨ uckf¨ uhrung, 152, 154, 156, 157, 159 Ausregelzeit, 250, 287, 290, 291, 300 Autotuning, 324 Bandbreite, 189, 191, 192, 291, 299 beobachtbar, 45 Beobachtbarkeit, 35, 45, 81, 113, 121, 140, 143, 153 Beobachtbarkeitsmatrix, 57–63, 66 Beobachtbarkeitsnormalform, 79 Beobachternormalform, 79 Beobachtungsnormalform, 17, 62, 64, 66, 67, 238, 239 Bessel-Prototypenentwurf, 99 ¨ Bessel-Ubertragungsfunktion, 96 Bezout-Identit¨ at, 318 BIBO-Stabilit¨ at, 43

bilineare Transformation, 258, 288, 293, 294 Brunovsky-Form, 76–79, 87–89, 91, 92, 133 Caley-Hamilton-Theorem, 52, 56 charakteristische Gleichung, 43, 44, 69, 70, 82, 128, 144, 245, 247, 253, 285, 288, 430 charakteristische Matrix, 20, 43 charakteristisches Polynom, 83, 86, 145, 430 Chien, 323 Control Invarianten, 73 Cramer’sche Regel, 423 D/A-Wandler, 182 D/A-Wandlung, 266 Dahlin, 304, 321 Daly, 74 Dampferzeuger, 23, 27, 28, 34, 35, 51 Davison, 160, 164, 171 Dead-Beat, 297, 299, 300 Dead-Beat-Regler, 311 Definitheit, 153 Defuzzifizierung, 382, 383, 385, 389, 393– 399 DeRusso, 415 Destillationskolonne, 26, 27, 34, 51 Diagonalform, 16, 17, 239, 240 Diagonalmatrix, 416 Digitalrechner, 181, 182, 184, 185 Diophantine-Gleichung, 318 Distributivgesetz, 419 dominantes Polpaar, 106, 286, 287, 290 dominierendes Polpaar, 94 Doppelpol, 102 DORA, 116 dreiecksf¨ormige Kopplung, 69, 71 Dreipunktregler, 389, 390, 414

442 Dutton, 323 dynamische Kompensation, 6, 323, 327 Eigenwert, 21, 43–45, 63, 132, 144 Eingangstransformation, 77 Einheitsmatrix, 416, 419, 425 Einheitsr¨ uckf¨ uhrung, 49 Einheitsverz¨ ogerung, 235, 236 Endwertsatz, 206 Exponentialfunktion, 36 extern stabil, 45 externe Stabilit¨at, 45, 241 Faltungsoperator, 205 Faltungssatz, 205 Flugzeug, 23 Fourier-Koeffizient, 188, 189 Fourier-Reihe, 187, 188 Fourier-Transformierte, 189 Frequenzspektrum, 187–192 Frobenius-Form, 12, 65, 66, 71, 74, 82 F¨ uhrungsverhalten, 6, 118 F¨ ullstandsregelung, 360, 362, 365, 366, 386, 407, 408 Fuzzifizierung, 353–355, 381–383, 385, 393, 398 Fuzzy-Implikation, 357, 358 Fuzzy-PI-Regler, 402–404, 406 Gegenkopplung, 48 geometrische Reihe, 196–198 Geschwindigkeitsalgorithmus, 261, 399 Gewichtete Rekursive Kleinste Fehlerquadrate, 333 Gewichtsfolge, 220, 221, 223–225, 241, 242 Gleichstrommotor, 3–8, 15–19 Goldenberg, 160, 171 Gopinath, 137 Gradient, 337 Grenzfrequenz, 292, 296 Grundmenge, 345, 347, 349–351, 358– 360, 363, 367 G¨ utefunktion, 100, 108–110, 113–118, 121, 122 G¨ utekriterium, 101, 107, 108, 115, 116, 120, 121, 123, 133

Namens- und Sachverzeichnis Hagglund, 324 ¨ Halteglied-Aquivalent, 229, 266, 271, 272 Hessenberg-Normalform, 79 Hippe, 125, 142 Hrones, 323 Hubschrauber, 26, 33, 44, 45, 51, 61, 119, 139 Hydraulik-Kaskade, 25, 31, 32, 92–94, 119, 145, 146, 150, 155, 156, 162, 176, 177 Hydrauliksystem, 23, 25, 51 IAE-Kriterium, 107 Identifizierung, 328 Impulsantwort, 220, 221 Instabiles System, 85 intern stabil, 43–45 interne Stabilit¨at, 43 Interrupt-Controller, 186 ISE-Kriterium, 107 Isermann, 239, 323 ITAE-Kriterium, 96, 107 ITAE-Prototypenentwurf, 99 Jury, 245–247, 253 Kalman, 311 kanonische Form, 90 Kausalit¨at, 302, 304, 311 Kautsky, 90 Kennfl¨ache, 403–406, 408, 409, 411, 412, 414 Kleinste Fehlerquadrate, 330 Klirrpol, 305 Kofaktor, 421, 422, 424 Kommutativgesetz, 418, 419 Kompensationsregler, 335 Kompensator, 159, 160, 166, 171–173, 175, 176 Komplement¨armenge, 349, 352 Kopplung, 24 Kreiskriterium, 414 Kreisschaltung, 46, 48, 49, 233, 234 Least Squares Estimate, 331 Lindorff, 321 linear unabh¨angig, 67, 68, 70, 72

Namens- und Sachverzeichnis Lineare Gleichungen, 415 lineare quadratische Regelung, 120, 138, 152 Linksmultiplikation, 418 Linksverschiebung, 204, 205, 214 Ljapunov-Funktion, 109, 110 Ljapunov-Gleichung, 110–112 Luenberger, 72, 74, 76, 91 Mamdani, 358, 362, 363, 365, 376, 377 MATLAB, 90, 113, 116, 166 Matrix-Riccati-Gleichung, 112, 113, 116, 134 Matrixexponentialfunktion, 36 MATRIXX, 116 MAX-MIN-Inferenz, 370–374, 378, 382, 388, 394–396, 400, 404, 409 MAX-PROD-Inferenz, 374, 378, 396, 397, 402, 414 Mikrocontroller, 186, 187, 255, 265, 401 Mikroprozessor, 184, 186 MIN-Operator, 350 MIT-Regel, 337 Mitkopplung, 48 Modellfolgeregelung, 159, 164, 165 modifizierte Riccati-Gleichung, 123 MRAC-Struktur, 340 Nennergrad, 219 Nennerpolynom, 285, 295 Nichols, 323 NICHT-Operator, 349, 352 nichtsingul¨ are Matrix, 90 Normalform, 7, 16–19, 35, 81, 87, 90 Nour-Eldin-Normalform, 79 Nullmatrix, 417 Nummerische L¨ osung, 37 ODER-Operator, 351 Optimierung, 100 orthogonal, 91 Ortskurve, 6 P-Regler, 383, 390, 391, 408, 410 Parallelschaltung, 47, 232 Parameterempfindlichkeit, 151, 157 Partialbruchzerlegung, 239

443 PD-Regler, 392, 394 PDTD -Regler, 260, 265 Phasengang, 292, 295–298 Phasenrand, 291, 297–300 PI-Regler, 149, 229, 230, 256, 257, 259, 260, 263, 264, 266–274, 276 PID-Regler, 6, 106, 260, 261, 274, 281, 282, 384, 399, 400, 414 PI-Mehrgr¨oßenregler, 158 Pol-/Nullstellendarstellung, 262, 263 Pol-/Nullstellenkompensation, 62, 105, 106, 290 Polfestlegung, 125–127, 132, 133, 138, 141, 145–147, 161, 177 Polvorgabe, 335 Popov, 414 Positionsalgorithmus, 261 positiv definit, 108, 113, 120, 122 positiv definite Matrix, 433 positiv semidefinit, 108 positiv semidefinite Matrix, 432 Potenzreihenentwicklung, 36 Pr¨adiktionsmodell, 330 Pr¨amissen-Relation, 360, 361 Prototypenentwurf, 106 PT1 -Regelstrecke, 244 PT2 -Regelstrecke, 250, 288, 290 PT3 -Strecke, 402, 405, 407 Puls-Amplituden-Modulator, 182 Pulsfolge, 187, 188, 190 quadratisches Reglerproblem, 113 Ragazzini, 301, 305, 310, 311, 321 Randerweiterung, 408, 409 Rasmussen, 318, 323 Realteil, 43–45, 110, 120, 124 Rechteckschwingung, 333 Rechtsmultiplikation, 418 Rechtsverschiebung, 203, 204, 217, 223, 224, 230 reduzierter Beobachter, 137 Regelungsnormalform, 9, 12–14, 17, 62, 64–66, 72, 74, 76, 79, 82, 83, 87, 91, 127–129, 160, 236–239 Reihenentwicklung, 39 Reihenschaltung, 46, 223, 229, 231–233

444 Rekursionsgleichung, 39, 40 Rekursive Kleinste Fehlerquadrate, 331 rekursive L¨ osung, 38 Relationsmatrix, 359, 361, 363, 364, 379, 386–388, 393, 394, 399, 403, 404, 406, 409, 411 Relationsvorschrift, 358–360 Relay-Autotuning, 326 Residuen, 16, 17, 239 Residuensatz, 210 Resolvente, 43 Reswick, 323 robust, 7 R¨ uckw¨ artsdifferenzenquotient, 255, 257, 260 s-Ebene, 287, 293 Schieberegister, 235, 238 schiefsymmetrische Matrix, 417 Schnittmenge, 349–351 Schwerpunktmethode, 385, 388, 389, 394, 395, 400, 409 Semidefinitheit, 153 Servo-Kompensator, 158, 159, 164 Shannon, 248, 249, 270, 292, 296 Simulationsdiagramm, 9, 10 Singleton, 349, 387, 390, 395–397, 400, 402–405, 414 Singulare Matrix, 423 Spaltenmatrix, 416 Spaltenrang, 428, 429 Spaltenvektor, 416 sprungf¨ ahig, 9, 11, 12 SPS, 262 Spur einer Matrix, 430, 431, 434 stabil, 6, 43 Stabilit¨ at, 302, 304 Stationarit¨ at, 304, 307, 312, 313 statische R¨ uckf¨ uhrung, 48 Stellenergie, 94 Stellungsalgorithmus, 399 steuerbar, 45, 85, 86 Steuerbarkeit, 35, 45, 121, 140, 143, 153, 160, 172 Steuerbarkeitsindex, 73, 76, 77, 87, 89 Steuerbarkeitsmatrix, 53–55, 60–65, 67, 68, 70, 72, 85, 86, 128, 129

Namens- und Sachverzeichnis Steuerbarkeitsnormalform, 67, 68, 71, 79 Stewart, 415 St¨orgr¨oßenaufschaltung, 408, 410 St¨orgr¨oßenbeobachter, 168, 169, 175–177 St¨orgr¨oßenkompensation, 171, 174 St¨orverhalten, 6, 118 Sugeno, 377 SUM-MIN-Inferenz, 374, 378 SUM-PROD-Inferenz, 374, 378 Symmetrische Matrix, 417 Takahashi, 274–276 Totzeit, 219, 223, 238, 302, 304, 311, 313, 314 Tr¨agersignal, 182, 187, 188 Transformationsmatrix, 63–68, 70–75, 83, 127–129 Transitionsmatrix, 36, 39, 43 Transponierte Matrix, 417, 424 Tustin, 258, 260, 268, 270, 279, 281, 283 ¨ Ubertragungsmatrix, 41, 60 Unbehauen, 308 UND-Operator, 350 UND-Verkn¨ upfung, 350, 351 Verallgemeinerte regelungskanonische Form, 76 Vereinigungsmenge, 349, 351, 352 Verkopplung, 25, 27, 34, 35 Verschiebungssatz, 189 Vieta’scher Satz, 430, 431 vollst¨andig beobachtbar, 138 Vorfilter, 148–150, 152 Vorfiltermatrix, 148–150, 152 Vorw¨artsdifferenzenquotient, 255, 257, 267, 272 w-Ebene, 293, 294, 296 Weber, 301 Wind-Up, 277, 281, 282 Wittenmark, 323 Wurmthaler, 125, 142 Wurzelortskurve, 6, 101–103, 250 Young-Diagramm, 67–72, 74, 75 Yu, 323, 324

Namens- und Sachverzeichnis Zadeh, 347, 357, 401 Z¨ ahlergrad, 219 Z¨ ahlerpolynom, 285 Zeilenmatrix, 416 Zeilenrang, 428, 429 Zeilenvektor, 416 Ziegler, 323 Ziegler und Nichols, 275 Zustandsbeobachter, 81, 147, 150, 154, 157, 158, 165, 168, 174 Zustandsdarstellung, 236 Zustandsvektorerweiterung, 47, 143 Zweipunktregler, 325, 389, 390, 414

445

Glossar A/D-Wandlung Abklingkonstante Ableitung Abstandsregelung Abtasttheorem Aggregation ¨ Ahnlichkeitstransformation algebraische Riccati-Gleichung Aliasing-Effekt Amplitudengang Amplitudenspektrum Anfangswertsatz Anregelzeit Anti-Wind-Up aperiodisch aperiodischer Grenzfall Assoziativgesetz Ausgangsvektorr¨ uckf¨ uhrung Ausregelzeit

A/D-conversion damping coefficient derivation distance control sampling theorem aggregation similarity transformation algebraic Riccati equation aliasing effect magnitude diagram magnitude spectrum initial value theorem rise time anti wind-up overdamped critically damped associative law output vector feedback settling time

Bandbreite beobachtbar Beobachtbarkeit Beobachtbarkeitsmatrix Beobachternormalform Beobachtungsnormalform BIBO-Stabilit¨ at bilineare Transformation Blockschaltbild Bode-Diagramm Brunovsky-Form

bandwidth observable observability observability matrix observer canonical form observability canonical form BIBO-stability bilinear transformation block diagram Bode diagram, Bode plot Brunovsky form

Caley-Hamilton-Theorem charakteristische Gleichung charakteristische Matrix charakteristisches Polymom Control-Invarianten Cramer’sche Regel

Caley-Hamilton theorem characteristic equation characteristic matrix characteristic polynomial control invariants Cramer’s rule

448

Glossar

D¨ ampfungsgrad D/A-Wandler D/A-Wandlung Dampferzeuger Dead-Beat Dead-Beat-Regler Definitheit Defuzzifizierung Destillationskolonne Diagonalform Diagonalmatrix Differentialgleichung Digitalrechner Distributivgesetz dominantes Polpaar dreiecksf¨ ormige Kopplung Dreipunktregler dynamische Kompensation

damping ratio D/A converter D/A conversion steam generator Dead-Beat Dead-Beat controller definiteness defuzzyfication distillation column diagonal form diagonal matrix differential equation digital computer distributive law dominant pair of poles triangular coupling three point controller dynamic compensation

Eigenwert Eingangstransformation Eingangsvektor eingeschwungener Zustand Einheitsmatrix Einheitsr¨ uckf¨ uhrung Empfindlichkeit Endwertsatz Exponentialfunktion extern stabil externe Stabilit¨ at

eigenvalue input transformation input vector steady state unity matrix unity feedback sensitivity final value theorem exponential function externally stable external stability

Faltungsintegral Faltungsoperator Flugzeug Fourier-Koeffizient Fourier-Reihe Fourier-Transformierte Frequenzbereich Frequenzspektrum Frobenius-Form F¨ uhrungsverhalten F¨ ullstandsregelung Fuzzifizierung Fuzzy-Implikation Fuzzy-PI-Regler Fuzzy-Regelung

convolution integral convolution operator airplane Fourier coefficient Fourier series Fourier transform frequency domain frequency spectrum Frobenius form command response level control fuzzyfication Fuzzy implication Fuzzy PI controller Fuzzy control

Glossar

449

Gegenkopplung geometrische Reihe Geschwindigkeitsalgorithmus Gewichtsfolge Gewichtsfunktion Gleichstrommotor Grenzfrequenz Grundmenge G¨ utefunktion G¨ utekriterium ¨ Halteglied-Aquivalent Hessenberg-Normalform Hubschrauber Hydraulik-Kaskade Hydrauliksystem

negative feedback geometric series velocity algorithm discrete impulse response impulse response direct current motor, DC motor corner frequency, cut off frequency basic set performance index performance criterion hold equivalent Hessenberg canonical form helicopter hydraulic cascade hydraulic system

IAE-Kriterium Imagin¨ arteil Impulsantwort Instabiles System intern stabil interne Stabilit¨ at Interrupt-Controller ISE-Kriterium IT2 -Regelstrecke ITAE-Kriterium

IAE criterion imaginary part impulse response unstable system internally stable internal stability interrupt controller ISE criterion IT2 plant ITAE criterion

kanonische From Kaskade Kausalit¨ at Kennfl¨ ache Kofaktor Kommutativgesetz Kompensator Komplement¨ armenge Kopplung Kreiskriterium Kreisschaltung

canonical form cascade causality characteristic surface cofactor commutative law compensator complementary set coupling circle criterion feedback loop

linear unabh¨ angig lineare Gleichungen lineare quadratische Regelung Linksmultiplikation Ljapunov-Funktion Ljapunov-Gleichung

linear independent linear equations linear quadratic control left multiplication Ljapunov function, Liapunov function Ljapunov equation, Liapunov equation

450

Glossar

Matrix-Riccati-Gleichung Matrixexponentialfunktion MAX-MIN-Inferenz MAX-PROD-Inferenz Mehrgr¨ oßensystem Mehrgr¨ oßenregler Mikrocontroller MIN-Operator Mitkopplung Modellfolgeregelung modifizierte Riccati-Gleichung

matrix Riccati equation matrix exponential function MAX-MIN inference MAX-PROD inference multi variable system multi variable controller microcontroller MIN operator positive feedback model following control modified Riccati equation

Nennergrad Nennerpolynom NICHT-Operator nichtsingul¨ are Matrix Normalform Nour-Eldin-Normalform Nullmatrix Nullstelle nummerische L¨ osung

denominator degree, order of denominator denominator polynomial NOT operator nonsingular matrix canonical form Nour-Eldin canonical form zero matrix zero numerical solution

ODER-Operator orthogonal Ortskurve

OR operator orthogonal locus plot

P-Regler Parallelschaltung Parameterempfindlichkeit PD-Regler PDTD -Regler periodisch Phasengang Phasenrand PI-Mehrgr¨ oßenregler PI-Regler PID-Regler Pol Pol-/Nullstellendarstellung Pol-/Nullstellenkompensation Polfestlegung Positionsalgorithmus positiv definit positiv definite Matrix positiv semidefinit positiv semidefinite Matrix Potenzreihenentwicklung

proportional controller parallel connection parameter sensitivity PD controller PDTD controller underdamped, periodic phase plot phase margin PI multivariable controller PI controller PID controller pole pole-zero representation pole-zero compensation pole placement position algorithm positive definite positive definite matrix positive semidefinite positive semidefinite matrix power series expansion

Glossar

451

Pr¨ amissenrelation PT1 -Regelstrecke PT2 -Regelstrecke PT3 -Regelstrecke Puls-Amplituden-Modulator Pulsfolge

premise relation PT1 plant PT2 plant PT3 plant pulse amplitude modulator pulse series

quadratisches Reglerproblem

quadratic controller problem

Randerweiterung Realteil Rechtsmultiplikation Rechtsverschiebung Regeldifferenz Regelgr¨ oße Regelkreis Regelungsnormalform Regler Reglerentwurf Reglerverst¨ arkung Reihenentwicklung Reihenschaltung Rekursionsgleichung rekursive L¨ osung Relationsmatrix Relationsvorschrift Residuen Residuensatz Resolvente robust R¨ uckw¨ artsdifferenzenquotient

boundary expansion real part right multiplication right shift control difference controlled variable, control variable control loop control canonical form controller controller design feedback gain series expansion series connection recurrence equation recurrence solution relation matrix relation rule residues residue theorem resolvent robust backward rectangular rule

s-Ebene schiefsymmetrische Matrix Schnittmenge Schwerpunktmethode Semidefinitheit Servo-Kompensator Simulationsdiagramm Singleton singul¨ are Matrix Sollwert Spaltenmatrix Spaltenrang Spaltenvektor Sprung Sprungfunktion

s plane skew symmetric matrix intersection set center of gravity method semi definiteness servo compensator simulation diagram singleton singular matrix reference input, command column matrix column rank column vector step step function

452

Glossar

SPS Spur einer Matrix stabil Stabilit¨ at Stationarit¨ at statische R¨ uckf¨ uhrung Stellglied Stellgr¨ oße Stellungsalgorithmus steuerbar Steuerbarkeit Steuerbarkeitsindex Steuerbarkeitsmatrix Steuerbarkeitsnormalform St¨ orgr¨ oße St¨ orgr¨ oßenaufschaltung St¨ orgr¨ oßenbeobachter St¨ orgr¨ oßenkompensation St¨ orverhalten SUM-MIN-Inferenz SUM-PROD-Inferenz symmetrische Matrix

programmable logic controller trace of a matrix stable stability stationarity static feedback actuator manipulated variable, actuating signal position algorithm controllable controllability controllability index controllability matrix controllability canonical form disturbance disturbance rejection disturbance observer disturbance compensator disturbance response SUM-MIN inference SUM-PROD inference symmetrical matrix

Totzeit Tr¨ agersignal Transformationsmatrix Transitionsmatrix Transponierte Matrix

dead time, transport lag carrier signal transformation matrix transition matrix transpose matrix

¨ Ubertragungsfunktion ¨ Ubertragungsmatrix UND-Operator UND-Verkn¨ upfung

transfer function transfer matrix AND operator AND connection

verallgemeinerte regelungskanonische Form Vereinigungsmenge Verkopplung Verschiebungssatz Vieta’scher Satz Vorfilter Vorfiltermatrix Vorw¨ artsdifferenzenquotient

generalized control canonical form union set coupling shift theorem Vieta’s rule prefilter prefilter matrix forward rectangular rule

Glossar

453

w-Ebene Wind-Up Wurzelortskurve

w plane wind-up root locus plot

Young-Diagramm

Young diagram

Z¨ ahlergrad Z¨ ahlerpolynom Zeilenmatrix Zeilenrang Zeilenvektor Zeitbereich Zustandsbeobachter Zustandsraum Zustandsvariable Zustandsvektorerweiterung Zweipunktregler

numerator degree, order of numerator numerator polynomial row matrix row rank row vector time domain state observer state space state variable state vector expansion two point controller