99 37 5MB
German Pages [450] Year 2021
Format: BEZ 155x230, Aufriss: HuCo
38 mm
Das Buch geht der Frage nach, wann in der Reichsstadt Speyer die Reformation offiziell eingeführt wurde und der Prozess der evangelischen Konfessionsbildung einsetzte und wie bzw. über welche Wege und Formen er sich vollzog. Der Untersuchungszeitraum deckt die Jahre 1538 bis 1580 ab. Auf der Grundlage einer intensiven Auswertung der verfügbaren archivalischen und gedruckten Quellen kommt die Studie – die bisherigen Forschungen korrigierend – zu ganz neuen Ergebnissen. Durch die Beigabe einer Edition der archivalischen Quellen setzt das Buch Maßstäbe auf dem Feld der Forschung zur Einführung der Reformation.
ISBN 978-3-525-53129-7
9 783525 531297
Gütermann Reformation und Konfessionsbildung in Speyer
Dr. Sven Gütermann war bis August 2021 Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt und ist seit September 2021 Archivar der Verbandsgemeinde Annweiler am Trifels und Leiter des Museums unterm Trifels in Annweiler am Trifels.
R5AS 77
Sven Gütermann
Reformation und Konfessionsbildung in Speyer Von konfessioneller Unentschiedenheit zum nonkonkordistischen Luthertum im Spannungsfeld von Reichspolitik und bürgerlichem Handeln
Academic Studies
77
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41
Refo500 Academic Studies Herausgegeben von Herman J. Selderhuis In Zusammenarbeit mit Christopher B. Brown (Boston), Günter Frank (Bretten), Barbara Mahlmann-Bauer (Bern), Tarald Rasmussen (Oslo), Violet Soen (Leuven), Zsombor Tóth (Budapest), Günther Wassilowsky (Berlin), Siegrid Westphal (Osnabrück).
Band 77
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41
Sven Gütermann
Reformation und Konfessionsbildung in Speyer Von konfessioneller Unentschiedenheit zum nonkonkordistischen Luthertum im Spannungsfeld von Reichspolitik und bürgerlichem Handeln
Mit Edition der archivalischen Quellen
Vandenhoeck & Ruprecht
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Mit 13 farbigen Abbildungen Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.de abrufbar. © 2021 Vandenhoeck & Ruprecht, Theaterstraße 13, D-37073 Göttingen, ein Imprint der Brill-Gruppe (Koninklijke Brill NV, Leiden, Niederlande; Brill USA Inc., Boston MA, USA; Brill Asia Pte Ltd, Singapore; Brill Deutschland GmbH, Paderborn, Deutschland; Brill Österreich GmbH, Wien, Österreich) Koninklijke Brill NV umfasst die Imprints Brill, Brill Nijhoff, Brill Hotei, Brill Schöningh, Brill Fink, Brill mentis, Vandenhoeck & Ruprecht, Böhlau, Verlag Antike und V&R unipress. Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages.
Umschlagsgestaltung: SchwabScantechnik, Göttingen Satz: le-tex publishing services, Leipzig Vandenhoeck & Ruprecht Verlage | www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com ISSN 2197–0165 ISBN 978–3–666–53129–3
Inhalt
Vorwort ................................................................................................
9
1. 1.1 1.2
Einleitung................................................................................... 11 Ausgangssituation, Zielsetzung und Vorgehensweise ........................ 11 Quellenlage und Forschungsstand ................................................. 16
2.
Die Jahre 1538 bis 1555: Der lange Weg zur offiziellen Einführung der Reformation ........................................................ Das Bedenken die Predigt betreffend von 1538 ................................ Die ausgewählten Prediger: Der Augustinerprior Michael Diller und der Karmeliterprior Anton Eberhardt ............................. Die vermeintliche offizielle Einführung der Reformation im Jahr 1540 .................................................................................... Intervention des bischöflichen Generalvikars .................................. Die ausgebuffte Replik des Magistrats............................................. Erste Reaktion des Kaisers, Dillers Rechtfertigung und die Stellungnahme des Magistrats ....................................................... Kurzbericht des Speyerer Bürgermeisters Friedrich Meurer vom Regensburger Reichstag 1541 ................................................. Berichterstattung des Speyerer Stadtschreibers Rudolff Schelhorn vom Nürnberger Reichstag 1543..................................... Die Reaktion des Speyerer Bischofs auf reformatorische Neuerungen in Dillers Predigt und Lehre ....................................... Die Antwort des Magistrats auf das bischöfliche Schreiben ............... Die bischöfliche Erwiderung auf den Brief des Magistrats ................. Einführung der Reformation am Ostersonntag 1543? ....................... Das kaiserliche Kirchenpredigtverbot auf dem Speyerer Reichstag 1544 ............................................................................ Die Annäherung des Magistrats an die Reformation nach dem Wormser Reichstag 1545 ....................................................... Die endgültige Ausweisung Dillers aus Speyer 1548 ......................... Die Reaktion der Speyerer Bürgerschaft auf die Ausweisungen .......... Verhandlungen des Magistrats mit dem Bischof im unmittelbaren Vorfeld des Augsburger Religionsfriedens ..................
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7 2.8 2.9 2.10 2.11 2.12 2.13 2.14 2.15 2.16 2.17
19 19 30 38 40 41 43 46 48 53 55 60 61 63 68 72 77 78
6
Inhalt
3.
3.1 3.1.1
3.1.2 3.1.3
3.1.4
3.1.5 3.1.6 3.1.7 3.1.8 3.1.9
3.1.10 3.1.11
3.2
3.2.1 3.2.2
4.
Die offizielle Einführung der Reformation nach dem Augsburger Religionsfrieden und der Prozess der evangelischen Konfessionsbildung .............................................. Die Institutionalisierung und Konsolidierung der Reformation und die damit einhergehende Konfessionsbildung......... Erste vorbereitende Maßnahme zur offiziellen Einführung der Reformation in Speyer: Die Konsultation des pfalzgräflichen Hofpredigers Michael Diller .................................... Zügige und rigorose Wiederaufnahme der evangelischen Predigt im Augustinerkloster ........................................................ Bericht der neu bestellten Stadtprediger an den Magistrat über die religiöse Situation der Gemeinde und die Vermittlung der reinen Lehre des Evangeliums ................................ Die offizielle Einführung der Reformation durch die weitgehende Übernahme der Württembergischen Kirchenordnung bei gleichzeitiger „Umgehung“ der Confessio Augustana durch den Magistrat im Jahr 1557 ................... Erneute Konsultation Dillers durch den Magistrat im August 1557 .... Die Übergangsphase nach der offiziellen Einführung der Reformation ............................................................................... Die evangelische Gemeinde wächst weiter und profiliert sich konfessionell......................................................................... Das Bedenken der Speyerer Prädikanten von 1569 ........................... Euere Theologi vnnd Kirchendienere, als reine gotselige Trewe Lehrer, des seligmachendenn wort Gottes angebenn vnnd geruhmet – die Speyerer Prädikanten genießen einen guten Ruf ........ Interkonfessionelle bzw. innerprotestantische Konflikte in der Stadt in den Jahren 1574 bis 1577 ............................................. Die Supplik der Speyerer Prädikanten an den Magistrat um Übernahme der Kurpfälzischen Kirchenordnung Ludwigs VI. als allgemein rechte Form vom Januar 1579 ............................... Ablehnung des Konkordienwerks bei gleichzeitigem Bekenntnis zur unveränderten Augsburger Konfession: Nonkonkordistisches Luthertum in Speyer ..................................... Die Ablehnung der Konkordienformel durch den Speyerer Magistrat im Dezember 1579 ........................................................ Eine Intrige unter den Speyerer Predigern wegen differierender Haltungen zum Konkordienbuch ..............................
81 81
84 90
91
93 96 97 99 101
116 120
169
173 173 177
Reformatorische und konfessionelle Entwicklung bis um das Jahr 1580 – Ein Resümee............................................... 191
Inhalt
Edition der archivalischen Quellen ......................................................... 199 Abkürzungen und Siglen........................................................................ 425 Quellen- und Literaturverzeichnis .......................................................... 427 Register ............................................................................................... 441 Personen .............................................................................................. 441 Orte ..................................................................................................... 447
7
Vorwort
Bis in jüngste Publikationen gilt das Jahr 1540 als Datum der offiziellen Einführung der Reformation in Speyer. Die Argumente schienen mir schon bei der Erstellung der Biographie des reformationsaffinen Speyerer Domvikars Matern Hatten (um 1470–1546; verlag regionalkultur 2017) dürftig, bei näherer Betrachtung immer zweifelhafter. Deshalb wollte ich dieses Datum zäsurhaften Charakters zunächst im Aufsatzformat auf den Prüfstand stellen. Dass das noch niemand zuvor getan hat, mutet im Übrigen verwunderlich an. Im Rahmen meiner Quellen- und Literaturrecherchen stellte ich bald die Unhaltbarkeit besagten Datums sowie erhebliche Lücken und Problembefunde in der Speyerer Reformationsgeschichtsforschung fest. Dr. Ulrich A. Wien (Universitätscampus Landau), der die Fragwürdigkeit der bisherigen Forschung zur Reformationsgeschichte der Reichsstadt Speyer ebenfalls erkannt hatte, bestärkte mich schon vor rund drei Jahren darin, meine anfänglich circa fünfzigseitige Studie zu überarbeiten und auszuweiten. In der Folge diskutierten wir mehrfach intensiv meine Zwischenergebnisse. Schlussendlich war klar, dass die neuen Erkenntnisse nicht nur lokal- oder regionalhistorisch relevant sind, sondern für die gesamte reformationsgeschichtliche Forschung einen wesentlichen Impuls liefern können und die Studie aufgrund ihres deutlich gewachsenen Umfangs in Buchform veröffentlicht werden soll. Anlässlich der Drucklegung ist es mir eine angenehme Pflicht, denjenigen Personen meinen Dank zu bekunden, die mich beim Werdegang des Buchs unterstützt und gewinnbringend stimuliert haben. In erster Linie gilt dieser Dank Dr. Ulrich A. Wien für seine professionelle und engagierte Unterstützung, weiterführende Impulse sowie das stets gute Miteinander. Ganz herzlich danke ich auch Prof. Dr. Irene Dingel (IEG Mainz), die meine Studie als Expertin für die Geschichte der Reformation und des konfessionellen Zeitalters ebenfalls sehr fruchtbringend mit mir diskutiert und neben Herrn Dr. Wien die Publikation in der Reihe „Refo500 Academic Studies“ mit größtem Nachdruck empfohlen hat. Wolfgang Schultz (Niederschlettenbach) bin ich für manch nachmittagfüllenden konstruktiven Austausch über meine Forschungen sehr verbunden. Den Mitarbeitenden des Stadtarchivs Speyer danke ich für den schnellen und kompetenten Service. Für namhafte Druckkostenzuschüsse danke ich der Evangelischen Kirche der Pfalz, der Kulturstiftung Speyer (aus Mitteln der Ingrid und Bodo Bühnemann-Stiftung und der Dres. Christel und Gerhard Müller-Alfers-Stiftung), der Bezirksgruppe Speyer des Historischen Vereins der Pfalz und der VR Bank Kur- und Rheinpfalz. Für die Aufnahme der Studie in die Reihe „Refo500 Academic Studies“ danke ich dem Herausgeber. Nicht
10
Vorwort
zuletzt danke ich dem Verlag Vandenhoeck & Ruprecht sowie den Projektbetreuern, PD Dr. Izaak J. de Hulster und Christoph Spill, für die zügige und reibungslose Abwicklung der Drucklegung. Busenberg, im Februar 2021
Sven Gütermann
1.
Einleitung
1.1
Ausgangssituation, Zielsetzung und Vorgehensweise
Das Bild der mittelalterlichen Bischofsstadt Speyer war geprägt durch zahlreiche geistliche Institutionen. Diese genossen im Unterschied zur Bürgerschaft weitreichende ökonomische, politische und juridische Privilegien. Außerdem verfügte der Klerus über rund ein Drittel der städtischen Immobilien. Diese Dysbalance bedingte ein kontinuierlich gespanntes Verhältnis zwischen Bürgerschaft und Geistlichkeit. Im Jahr 1294 konnten sich die Bürger von der bischöflichen Herrschaft emanzipieren und der imperiale Zentralort Speyer wurde Reichsstadt. Die Konflikte zwischen Klerus und Bürgern waren aber auch durch Schlichtungsverträge, sogenannte Rachtungen, nicht zu entschärfen. Aufgrund der weitgehenden Aufrechterhaltung der geistlichen Privilegien bewirkten sie sogar ganz im Gegenteil eine empfindliche Zuspitzung der Situation, die 1525 unter dem Einfluss sozialer Unruhen in Südwestdeutschland und der frühen Reformationsbewegung in einem Aufstand gegen den Klerus kulminierte.1 Die Erhebung der Speyerer Bürgerschaft wurde ein rascher und durchschlagender Erfolg. Am 24. April 1525 stellte sie an den Speyerer Klerus selbstbewusst und resolut gleich im ersten Artikel eines acht Positionen umfassenden Vertrags eine zentrale reformatorische Forderung: Zum e ersten, daß das wort Gottes in allen Pfarren, Klostern unnd Kirchen gepredigt und e verkundet werden soll lauter und klar, ohne alle menschliche erdichtung, findung und zusatz.2 Die wirkmächtigen und nachhaltigen Auftritte von Martin Luther in den Nachbarstädten Heidelberg (1518) und Worms (1521) hatten auch in Speyer Resonanz erzeugt. Intellektueller Motor der frühen Zirkulation reformatorischer Ideen in der Stadt war wie vielerorts der lokale Humanistenzirkel, der mit zahlreichen Persönlichkeiten des Humanismus und der reformatorischen Bewegung wie Erasmus von Rotterdam (1466/1469–1536) oder Martin Bucer (1491–1551) intensiv vernetzt war.3 Zentrale Mitglieder dieses Kreises neigten der Reformation zu und pflegten enge Kontakte zu deren Sympathisanten, mit denen sie die reformatorischen Impulse verbreiteten. Als hervorragender medialer Multiplikator der neuen Ideen 1 Vgl. Alter, Aufstand, 144. 2 Vgl. dazu Spatz, Das evangelische Speyer, 21f; EKO 19/1, 76f. Druck des Vertrags ebd., 83–85, sowie modernisiert in Alter, Rachtung, 491f, und ders., Aufstand, 169f; Hinweis zu den Zitierregeln der vorliegenden Studie: Quellenzitate sind kursiv, Literaturzitate normal und in doppelten Anführungszeichen gesetzt. 3 Vgl. dazu Gütermann, Matern Hatten.
12
Einleitung
respektive der newen opinion diente der auch in Speyer eine wichtige Rolle spielende Buchdruck. Schon in den 1520er Jahren wurden in den Speyerer Offizinen reformatorische Flugschriften gedruckt, welche die Meinungsbildung der Bevölkerung förderten, deren antiklerikale Stimmung anheizten und gegenüber der Geistlichkeit erhobenen Forderungen bestärkten.4 So hatte der Speyerer Klerus denn auch bei der Vorlage des genannten AchtPunkte-Vertrags kaum noch Handlungsspielraum, sodass er ihn, wohl nicht ohne inneres Sträuben, sowohl alternativ- als auch widerstandslos annahm. Am 28. April 1525 mussten die Geistlichen vor dem Magistrat auch den Bürgereid leisten, wodurch sie in die Bürgerschaft aufgenommen wurden und fortan etwa die gleichen Rechte und Pflichten wie die Bürger haben sollten.5 Doch so zügig und reibungslos die Speyerer ihre Forderungen hatten durchsetzen können, so schnell wurden die erreichten Ziele auch wieder zunichte gemacht.6 Die desaströse Niederlage der Bauern in der Schlacht von Pfeddersheim am 24. Juni 1525 brachte in Speyer eine erneute Wende, diesmal mit dem Verlust aller vom Klerus im April eingeforderten Zugeständnisse. Die folgende Verhandlung des Schlachtensiegers, des in Heidelberg residierenden Kurfürsten Ludwig V. von der Pfalz (reg. 1508–1544), Bruder des amtierenden Speyerer Bischofs Georg, mit den beiden Speyerer Parteien mündete am 8. Juli in einen Vertrag, der die Annullierung und die Herausgabe des den Geistlichen oktroyierten Kontrakts vom 25. April sowie die Wiedereinsetzung in ihre alten Rechte und die Wiederinkraftsetzung des Vorläufervertrags von 1514 innerhalb eines Monats vorsah. Weil der Kurfürst für seinen bischöflichen Bruder und den Speyerer Klerus Partei ergriffen hatte, lief die folgende Magistratsklage gegen die Geistlichen im August 1525 bei Ludwig V. ins Leere. Bald darauf kam es erneut zu Verhandlungen am kurfürstlichen Hof. Am 4. Januar 1526 wurde auf Basis der Rachtung von 1514, jedoch mit deutlich reduziertem Umfang, ein neuer Vergleich mit geringfügigen Zugeständnissen der Geistlichkeit abgeschlossen. Im weiteren Lauf des 16. Jahrhunderts war Speyer Bühne von fünf Reichstagen (1526, 1529, 1542, 1544, 1570). Die beiden ersten hatten fundamentale Bedeutung für die Reformation: Auf dem Reichstag von 1526 wurde einmütig der kuriose dissimulierende Beschluss gefasst, dass jeder Reichsstand gegenüber dem Wormser Edikt von 1521 bis zu einem Konzil oder einer Nationalversammlung so verfahren solle, wie man es vor Gott und dem Kaiser meine verantworten zu können.7 Mit der Verantwortungsformel war der Weg für die obrigkeitliche Glaubenswahl geebnet. Erzherzog Ferdinand, der jüngere Bruder, Statthalter und spätere Nachfolger Kaiser 4 Vgl. Warmbrunn, Speyer, 1819. 5 Zum spätmittelalterlich-frühneuzeitlichen Problemfeld „Kleriker als Bürger“ vgl. Moeller, Reichsstadt und Reformation. 6 Alter, Aufstand, 173f. 7 DRTA.JR 5/6, 881.
Ausgangssituation, Zielsetzung und Vorgehensweise
Karls V., setzte jedoch auf dem Reichstag von 1529 die Annullierung der drei Jahre zuvor definierten Verantwortungsformel und die Rückkehr zur strikten Umsetzung des Wormser Edikts von 1521 durch. Die proreformatorische Minorität von sechs Fürsten und Vertretern von 14 Reichsstädten protestierte unter der Führung von Kurfürst Johann von Sachsen und Landgraf Philipp von Hessen gegen den Reichsabschied. Die protestierenden Reichsstände verwiesen auf ihre Gewissen und auf den Grundsatz, dass eine einfache Mehrheit keine zuvor konsensual gefassten Beschlüsse aufheben dürfe. Auch wenn Ferdinand diese Eingabe nicht zur Kenntnis nehmen wollte und sie nicht in den Reichsabschied aufgenommen wurde, ist dieser Widerstand, der als Vorstufe zur konfessionellen Spaltung der abendländischen Kirche seit dem Augsburger Reichstag 1530 zu werten ist, als „Protestation zu Speyer“ integraler Bestandteil des kollektiven Gedächtnisses geworden. Die Repräsentanten der Gastgeberin Speyer hatten den Mehrheitsbeschluss zwar ebenfalls signiert, sich aber auf beiden Reichstagen mit religiösen Positionierungen zurückgehalten. Infolge der demütigenden und einschüchternden Ereignisse der Jahre 1525/1526 wagte der Magistrat über mehr als ein Jahrzehnt keine weitere offizielle Annäherung an die Reformation.8 Die zunächst temporäre, dann aber dauerhafte Aufnahme des Reichskammergerichts, die höchste juristische Instanz des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation, 1527/1530 in den Mauern der Stadt gebot dem Rat diesbezüglich ebenfalls dezidiert Rücksichtnahme und Zurückhaltung – nunmehr auch besonders gegenüber dem Reich. Schließlich wollte man diesen überaus bedeutenden Faktor für die Aspekte Reputation, Wirtschaft und Zentralortcharakter sowie die zugehörige Infrastruktur mit Advokaten, Dienstpersonal, Wohnquartieren und Gasthäusern nicht verlieren. Die kontrovers diskutierte Religionsfrage war für die Stadtobrigkeit ein innenpolitisches (innerstädtisches) und die Außenbeziehungen (zu den territorialen Nachbarn und zum Reich) betreffendes Dilemma: Als Reichsstadt und Residenz des Reichskammergerichts war Speyer vor allem dem Kaiser als formal oberstem Stadtherrn verpflichtet, andererseits mussten aber auch die Interessen von Bischof und Domkapitel sowie der die Verkündung des reinen Evangeliums mit Nachdruck fordernden Stadtbevölkerung berücksichtigt und wenn möglich befriedigt werden.9 Über diese schwierige Gemengelage hinaus war nach Möglichkeit auch jegliche Provokation der benachbarten Territorialmacht Kurpfalz zu vermeiden, die ja nicht lange zuvor reformatorischen Forderungen der Speyerer Bürgerschaft gegenüber der altgläubigen Geistlichkeit einen Riegel vorgeschoben hatte. Damit stand die Stadt Speyer in einem dauernden Spannungsfeld von Reichspolitik und bürgerlichem Handeln. Das bedeutete für den Magistrat hinsichtlich religionspolitisch sensibler und der
8 Vgl. Alter, Rachtung, 541. 9 Vgl. Jenny/Bodenmann, Diller, 35.
13
14
Einleitung
die Interessen der Akteure innerhalb dieses Felds tangierenden Angelegenheiten neben ständiger Rücksichtnahme grundsätzlich vorsichtiges und wohlüberlegtes Agieren, Reagieren und Taktieren. Nachdem in Speyer schon seit den 1520er Jahren Predigten im Sinn der reformatorischen Bewegung gehalten worden waren, beschloss der offenkundig mit dem Postulat der Bürgerschaft sympathisierende Magistrat erst aufgrund eines die Predigt betreffenden Bedenkens von 1538, heimlich den Augustinerprior und den Pfarrer der Ägidienkirche, die beide evangelisch, also schriftgemäß, predigten, um die Verkündigung des lauteren und reinen Gottesworts unter bestimmten Vereinbarungen zu ersuchen. Die Impulse für diesen Schritt waren wie in allen anderen Städten vom Volk ausgegangen, die der Rat schließlich in erster Linie aufgriff, um einen Aufruhr zu vermeiden und den innerstädtischen Frieden zu wahren.10 Ein Initialzünder für den Ratsentscheid könnte eine sich der Reformation öffnende Maßnahme Pfalzgraf Friedrichs II. gewesen sein. Der Bruder und Nachfolger Kurfürst Ludwigs V. von der Pfalz konzedierte 1538 als Statthalter den Oberpfälzer Landständen die Anstellung evangelischer Prediger und gestand im Gegenzug zur Bewilligung von Steuern den Laienkelch inoffiziell zu, dergestalt dass Ir Chur- und furstlich gnaden solches nit erlauben noch auch verbieten wollen.11 Vielleicht hatte das die Forderungen der Speyerer Bürgerschaft an den Magistrat befeuert, allen den regelmäßigen Besuch der Predigt im evangelischen Sinn möglich zu machen.12 Nachdem die beiden Prediger der an sie herangetragenen Bitte des Magistrats zugestimmt hatten, wurde dessen Plan – wie im Folgenden noch dargelegt werden soll aufgrund der von der Bevölkerung wegen der grassierenden Pest kritisierten beengten Raumverhältnisse in der Ägidienkirche – 1540 in die Tat umgesetzt. Das wird in der einschlägigen Literatur als Beleg für die erste öffentliche Anstellung und Besoldung evangelischer Prediger durch den Rat der Stadt Speyer angeführt. Deshalb gilt das Jahr 1540 bis in jüngste Publikationen als Datum der offiziellen, also der obrigkeitlichen Einführung der Reformation daselbst.13 Diese Annahmen
10 Vgl. Moeller, Reichsstadt und Reformation, 25f (Neuausgabe 66f); Blickle, Gemeindereformation, 101–108; Eger, Speyer und die Reformation, 335. 11 Vgl. Kohnle, Ottheinrich, 19; Wolgast, Konfessionswechsel, 31; Ammerich, Bistum und Hochstift Speyer, 141f; zur konfessionellen Entwicklung in der Oberpfalz vgl. Götz, Die religiöse Bewegung. 12 Vgl. EKO 19/1, 77. 13 Von der Anstellung eines eigenen städtischen Predigers in Speyer durch „die von Speyr“ ist erstmals in der aus mehreren Quellen unkritisch kompilierten und 1608 gedruckten Ausgabe der Philipp Simonis (1532–1587), seit 1553 Sekretär des Speyerer Domkapitels, zugeschriebenen Bischofschronik die Rede: „Hat also dasselbig mit seiner gedult, biß in das iar 1540. vorkommen, da die von Speyr wider dieses Bischoffs willen, einen eignen Prediger, den Prior zu den Augustinern daselbst aufgestelt, der dann ein grossen zulauff in den Predigen vberkommen, hat sich doch mit seinen Predigen noch eines mittlen wegs gehalten“ (Simonis, Historische Beschreibung, 224); Seckendorff, Commentarius, 300 erwähnt die Berufung von zwei evangelischen Predigern durch den Speyerer Magistrat im Jahr
Ausgangssituation, Zielsetzung und Vorgehensweise
sollen im Folgenden vor allem aus zweierlei Gründen einer kritischen Prüfung unterzogen werden: Die Anstellung evangelisch gesinnter Prediger durch die Obrigkeit ist zwar ein wichtiger Schritt in Richtung offizielle Einführung der Reformation, aber allein kein allgemeingültiger Marker dafür (erst recht nicht ohne die Generierung normativer Verbindlichkeiten; exemplarisch kann hier nochmals auf die bereits erwähnte, sich der Reformation öffnende Maßnahme Pfalzgraf Friedrichs II. hingewiesen werden: Er ermöglichte zwar die Anstellung evangelischer Prediger und die Reichung des Abendmahls unter beiderlei Gestalt, führte die Reformation in seinem Territorium aber nie offiziell ein).14 Zum anderen ist das relevante Quellenmaterial von der Forschung bislang nicht umfassend und eingehend genug analysiert und ausgewertet worden. Deshalb war für die vorliegende chronologische Detailstudie akut indiziert, genau dieses Defizit durch intensive Grundlagenforschung in Form der sorgfältigen Autopsie, der ausführlichen Darstellung und der gründlichen Auswertung der zur Verfügung stehenden, teils bislang nicht oder allenfalls marginal wahrgenommenen Quellen zum Thema zu beheben. Auf einen dabei gemachten exzeptionellen Fund soll wegen seiner besonderen Relevanz für die Reformationsgeschichtsforschung schon an dieser Stelle gesondert hingewiesen werden: Mit einem für die Speyerer Reformationsgeschichte sehr aufschlussreichen Dokument aus dem Jahr 1543 kann in dieser Studie der Erstbeleg des Begriffs „Religionsgespräch“ für das 16. Jahrhundert erbracht werden. Der Kompositausdruck galt in der Fachwelt bislang als ein in der Forschung etablierter Terminus, der in den zeitgenössischen Quellen nicht vorkomme.15 Die Untersuchung geht der Frage nach, wann in Speyer die Reformation offiziell eingeführt wurde und der Prozess der evangelischen Konfessionsbildung einsetzte und wie bzw. über welche Wege und Formen er sich vollzog. Zugleich beleuchtet diese, auf eine so prominente Reichsstadt wie Speyer bezogene Detailforschung exemplarisch die frühneuzeitliche Interaktion zwischen Kaiser und Reich, Magistrat, Geistlichkeit und Bürgerschaft im Kontext der Reformation. Der Untersuchungszeitraum deckt die Jahre 1538 bis 1580 ab. Die Studie wird von dem vom Speyerer Rat in Auftrag gegebenen Predigtgutachten ausgehend über die Übernahme der
1540: „Eodem tempore Senatus Spirensis indignante licet Cæsare duos concionatores Evangelicos vocavit“; Spatz, Das evangelische Speyer, 31; Remling, Reformationswerk, 55f; Eger, Protestationsreichstag, 13f; Alter, Rachtung, 541f; Eger, Speyer und die Reformation, 314f; EKO 19/1, 78; Blum, Multikonfessionalität, 1; Brodersen/Bümlein/Lauer, Dreifaltigkeitskirche, passim. In Differenz dazu der Beitrag von Ulrich A. Wien (Wien, Unentschiedenheit); Keddigkeit/Untermann/Ammerich/ Lagemann/Möller, Pfälzisches Klosterlexikon, passim; Ammerich, Speyer. Kleine Stadtgeschichte, 57, 154; zum Thema Reichsstadt und Reformation vgl. die grundlegende Studie von Bernd Moeller, Reichsstadt und Reformation. 14 Vgl. dazu Holtz/Wennemuth, Die südwestdeutschen Reichsstädte, 41–59. 15 Vgl. dazu Kap. 2.10.
15
16
Einleitung
Württembergischen Kirchenordnung im Jahr 1557 als hier eruiertem Marker für die offizielle Einführung der Reformation bis zur Positionierung des Magistrats und seiner Prädikanten zum lutherischen Konkordienwerk in den Jahren 1579/1580 entwickelt. Zur Steigerung des dokumentarischen Werts ist der Studie eine Edition der archivalischen Quellen beigegeben.
1.2
Quellenlage und Forschungsstand
Die Überlieferungssituation zum Thema ist relativ gut, sodass die vorliegende Studie nahezu vollständig quellenbasiert erstellt werden konnte. Den Löwenanteil machen von den eingesehenen Dokumenten diverse Akten des reichsstädtischen Archivs im Stadtarchiv Speyer aus, darunter in erster Linie aufschlussreiche Korrespondenzen des städtischen Magistrats und von diesem in Auftrag gegebene Bedenken.16 Darüber hinaus wurden die im Generallandesarchiv Karlsruhe verwahrten Protokolle des Speyerer Domkapitels herangezogen, die stellenweise die Wahrnehmung des Reformationsgeschehens in der Stadt Speyer bei der altgläubigen Geistlichkeit widerspiegeln.17 Ein umfassendes monographisches Werk zur Speyerer Reformationsgeschichte bleibt bislang ein Forschungsdesiderat. Bereits 1778 fertigte Johann Friedrich Wilhelm Spatz zumindest einen kurzen Abriss zum evangelischen Speyer sowie zu dessen Kirchen und Predigern.18 Im Jahr 1834 folgte die weitgehend auf Spatz beruhende und dementsprechend ebenso knappe „Reformationsgeschichte der Stadt Speyer“ von Johann Michael König.19 1929 erschien anlässlich des 400-jährigen Jubiläums der Speyerer Protestation von 1529 Emil Linds Buch „Speyer und der Protestantismus“.20 Zusammenfassende jüngere Darstellungen liegen mit drei Beiträgen in der grundlegenden dreibändigen Geschichte der Stadt Speyer aus den 1980er Jahren vor.21 Darunter ist für die hier behandelte Schwerpunktthematik in erster Linie der Beitrag von Wolfgang Eger zur konfessionellen Entwicklung der Stadt Speyer bis zum Dreißigjährigen Krieg zu nennen. Ein Auszug davon ist in 16 StadtA Speyer 1 A Nr. 402/2, 7; 450/1–10, 12, 13; 451/1; 458; 460; 517/1; 555/2. Nr. 450/11 konnte ich im Zuge meiner Archivrecherchen als irrigerweise der Glaubens-Reformation in Speyer zugeordnet identifizieren. Es handelt sich nämlich um eine Supplik Aachener Verwandter der unveränderten Augsburger Konfession an den Rat der Stadt Aachen wegen polemischer Auftritte Aachener Katholiken gegen die Augsburger Konfessionsverwandten. Möglicherweise gehörte das Dokument vorher zu den Reichskammergerichtsakten. 17 GLA Karlsruhe 61 Nr. 10935, 10942, 10945. 18 Spatz, Das evangelische Speyer. 19 König, Reformationsgeschichte. 20 Lind, Speyer und der Protestantismus. 21 Alter, Rachtung; Ohler, Alltag, 629–637; Eger, Speyer und die Reformation, 291–347.
Quellenlage und Forschungsstand
dem 1990 erschienenen Band zum 450-jährigen Speyerer Reformationsjubiläum abgedruckt. Dieser enthält noch weitere Beiträge zur Geschichte der Reformation in der Stadt Speyer.22 Besonders hervorzuheben ist darunter Gustav Adolf Benraths Studie zur evangelischen Bewegung und zur Reformation, die sich über den Zeitraum 1517 bis 1555 erstreckt.23 Er schlägt darin folgende zeitliche Strukturierung vor: 1. Die Jahre der evangelischen Bewegung (1517–1530); 2. Die Jahre fortgesetzter evangelischer Predigt (1530–1540); 3. Die Jahre der Vorbereitung, Einführung, Durchführung und Sicherung der Reformation (1540–1555), als Jahr der Einführung abweichend von der tradierten Datierung 1543.24 Paul Warmbrunn skizziert im Handbuch kultureller Zentren der Frühen Neuzeit die Speyerer Konfessionsverhältnisse.25 Die 2015 publizierte Dissertation zur Speyerer „Multikonfessionalität im Alltag“ der Jahre 1555 bis 1618 von Daniela Blum weist fragwürdige Passagen und zahlreiche (Transkriptions- und Zitier-)Fehler auf.26 In dem 2017 herausgegebenen Band zum 300-jährigen Jubiläum der Speyerer Dreifaltigkeitskirche sind drei Beiträge der Reformation und der Konfessionsbildung in der Stadt gewidmet: Ulrich A. Wien beleuchtet die Wahrnehmung und Wirkung der von Wittenberg ausgehenden Reformation in Speyer, Andrea Hofmann „das Leben der ,lutherischen‘ Gemeinde seit 1540“ und Daniela Blum
22 23 24 25 26
Eger, 450 Jahre Reformation in der Stadt Speyer. Benrath, Evangelische Bewegung, 289–306. Benrath, Evangelische Bewegung, 291, 304, 306 (vgl. unten Kap. 2.12). Warmbrunn, Speyer, 1793–1798. Hier ist nicht der Ort, um näher darauf einzugehen. Exemplarisch soll aber zumindest eine kleine Auswahl der Fehler angezeigt werden: 1) Bei der angeblichen „Variante I“ einer Instruktion des Speyerer Magistrats an seinen Stadtschreiber Josef Feuchter vom 16. Januar 1577 (Blum, Multikonfessionalität, 74f Anm. 64, 66f) handelt es sich nicht um eine Variante, sondern um die Ausfertigung der Instruktion. Das S. 76f Anm. 69–73 als „Variante II“ bezeichnete Dokument ist ebenfalls keine Variante, sondern eine Abschrift der Instruktion; 2) Kap. 2 Anm. 57f und 61 falsche Auflösung der Monatsangabe „Xbris“ in „Oktober“ statt korrekt in Dezember sowie Anm. 82f falsche Monatsangabe „Februar“ statt korrekt Januar; 3) Kap. 2 Anm. 85f falsche Datumsangabe „18. Februar“ statt korrekt 4. Februar sowie Anm. 88–92 „23. Januar“ statt korrekt 28. Januar; 4) Der S. 71–73 erwähnte „Georg Schöneri“ hieß tatsächlich Georg Schöner; 5) Der S. 83 und 88f genannte „Ludwig Culmend“ war tatsächlich Dr. Ludwig Culman. Dessen Relation vom 11. Februar 1577 ging nicht an „Kurfürst Ludwig“, sondern an Pfalzgraf Johann Casimir (Kap. 2 Anm. 99f, 126); 6) Der S. 82 und 87–90 genannte „Soldan von Würzburg“ hieß tatsächlich Soldan von Wirsberg; 7) Der S. 82, 85, 87f, 91 und 408f genannte „Berwolf von Gemmingen“ hieß tatsächlich Bernolf von Gemmingen und war im Übrigen kein Kurfürst wie im Personenregister angegeben; 8) Die in Kap. 4 Anm. 3, 5–9, 13, 33–35, 37, 39–41, 43, 79 und 87 genannten Herrscherinnen und Herrscher – der jüngste darunter Ludwig der Bayer (reg. 1314–1347) – waren nicht die Oberhäupter des „Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation“. Der Zusatz „Deutscher Nation“ wurde bekanntermaßen erst Ende des 15. Jahrhunderts hinzugefügt. Die in Anm. 37 und 39 genannten Herrscher Philipp von Schwaben und Rudolf I. waren keine Kaiser, sondern Könige; S. 376 mutiert der katholische Speyerer Jurist und Chronist Wilhelm Eisengrein durchgängig zu „Wolfgang Eisengrein“.
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Einleitung
ebenso fehlerhaft wie in ihrer Dissertation die reformierte Gemeinde.27 Wien konstatiert in seinem Beitrag, dass „die Inkubationsphase der Reformation auf dem innerstädtischen Handlungsfeld einer Überprüfung bedürfe“ und weist in diesem Zusammenhang auf eine noch ausstehende Detailstudie hin, die jetzt mit dieser Arbeit vorgelegt werden kann.28
27 Wien, Unentschiedenheit; Hofmann, Leben; Blum, Die reformierte Minderheit (Alle in Brodersen/ Bümlein/Lauer, Dreifaltigkeitskirche). 28 Wien, Unentschiedenheit, 11.
2.
Die Jahre 1538 bis 1555: Der lange Weg zur offiziellen Einführung der Reformation
2.1
Das Bedenken die Predigt betreffend von 1538
Verfasst wurde das Bedenken von einer vom Rat beauftragten Kommission (dy verordent‹en›1 ), die in der Quelle nicht näher identifiziert wird (Abb. 1a–h).2 Auf der ersten Seite des Dokuments befindet sich links oben die vermutlich im 18. Jahrhundert ergänzte Notiz Bedencken derer dreyzehner a. 1538 EEm Rath übergeben. Dementsprechend wird die Urheberschaft des Bedenkens in der einschlägigen Literatur in der Regel dem Kollegium der sogenannten Dreizehner zugeschrieben. Vereinzelt wird im selben Zug widersprüchlicherweise als dessen Gründungsdatum das Jahr 1570 bzw. 1577 angeführt.3 Damit wäre das Dreizehnergremium also erst über dreißig Jahre nach der Entstehung des Bedenkens ins Leben gerufen worden und käme demzufolge selbstverständlich nicht als Autorenkollegium in Frage. Das Kollegium „Geheime des Rates“ oder „die Herren Dreizehner“, das alle wichtigen und geheimen Angelegenheiten der Stadt beriet, schied sich im Lauf des 16. Jahrhunderts als engeres Gremium aus den beiden städtischen Räten (eingehender und ausgehender Rat) aus.4 Es setzte sich aus den beiden Bürgermeistern, den beiden Altbürgermeistern und neun Mitgliedern der beiden Ratskollegien zusammen.5 Schon im Jahr 1512 soll ein „Dreizehner“ genannter Gemeindeausschuss vom Rat für die jährliche Rechnungskontrolle gewählt worden sein.6 Allerdings ist nicht klar, ob es sich dabei um das später erwähnte geheime Ratskollegium der Dreizehner handelt. Es ist aber durchaus möglich, dass die Dreizehner das Bedenken von 1538 verfassten, zumal hier ein wichtiger und geheimer Sachverhalt im Fokus stand, der mit größter Vor- und Umsicht zu behandeln war. Der Gutachterausschuss konstatiert zunächst, dass das göttliche Wort (gotlich wort) für das Seelenheil des Menschen so wichtig sei wie das tägliche Brot, es aber
1 Abbreviaturen werden bis auf ß = solidus/Schilling durch spitze Klammern ‹...› gekennzeichnet aufgelöst. 2 StadtA Speyer 1 A 450/4, fol. 2r–5v (Druck: EA, Nr. 1; stark fehlerhaft in Scribner, Memorandum, 253–255; vgl. auch Eger, Ausstellung „450 Jahre Reformation in der Stadt Speyer“, 172f). 3 Warmbrunn, Speyer, 1794f; Blum, Multikonfessionalität, 1 und 12 Anm. 39. 4 Eger, Ausstellung „450 Jahre Reformation in der Stadt Speyer“, 105; zur Stellung der Dreizehner zum Magistrat vgl. das in Weiss, Geschichte der Stadt Speier, 60 angeführte Zitat des Speyerer Stadtschreibers Johann Melchior Fuchs. 5 Kemper, Reichsstadt Speyer, 94. 6 Eger, Ausstellung „450 Jahre Reformation in der Stadt Speyer“, 104.
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Die Jahre 1538 bis 1555: Der lange Weg zur offiziellen Einführung der Reformation
in der Stadt Speyer wenig lauter vnnd clar, sondern überwiegend mit entstellenden menschlichen Zusätzen gelehrt werde. Der Rat wusste, dass das gemeine Volk das reine Gotteswort zu hören begehrte. Die Lösung dieses Problems stellte den Magistrat vor eine ungemeine Herausforderung: Das Volk hatte Verlangen nach der Predigt im evangelischen Sinn. Der Rat sah aber die Anstellung eines sonderlichen Predigers an einer Kirche oder einem Ort, wo das reine Evangelium bislang nicht verkündet worden war, außerhalb seines Befugnis- und Kompetenzbereichs. Das war ausschließlich mit der Genehmigung des Bischofs möglich. Ließe man sich aber darauf ein, so die Annahme der Gutachter, würde das gewiss zur Folge haben, dass der ernannte Prediger – ganz gleich wie er predige – nicht der Gewalt des Rats, sondern der des Bischofs unterstehe und um diesem zu gefallen nicht wie vom Volk gewünscht die reine und unvermischte Lehre verkünde, sondern eben als bald der heuchlerei vnd menschentandts, als der gotlichen warheit in seynner lere geraumen möcht. Damit befände man sich in derselben misslichen Lage wie bisher, dem schleym darin man vor gesteckt were, wie es in dem Bedenken ausdrucksstark lautet. Es stand zu befürchten, dass der Rat bei der Anstellung eines Predigers ohne bischöflichen Konsens höchstwahrscheinlich in den Verdacht geraten würde, das dem Kaiser geleistete Versprechen brechen, sich den luterischen anhengig machen und mit diesen der kaiserlichen Majestät trotzen zu wollen. Das alles könne, so die Folgerung der Gutachter, die Stadt Speyer ins Verderben stürzen. Zudem misstraute man den newen predicante‹n› ebenso wie den alten pfaffen, denn die Erfahrung habe vielerorts gezeigt, dass die einen wie die anderen größtenteils auf ihren eigenen Nutzen und Vorteil bedacht gewesen seien, bei ihren „Schäflein“ agitiert und Konflikte provoziert hätten. Deshalb sei es dem Rat auf gar keinen Fall – nicht einmal zur Wahrung der städtischen Ruhe und Eintracht – gestattet, eynn sonderliche predicatur oder predicanten an ein sonder ortt vffzwrichten oder zwbestellenn. Schließlich gelangte man zu der Auffassung, dass es aber doch nicht sein könne, dass wegen all der genannten Gründe die lautere Predigt des göttlichen Worts unter Wahrung von Ruhe und Ordnung sowie zur Förderung der menschlichen Tugend und des Seelenheils in Speyer verunmöglicht und nicht gefördert werde. Deshalb kam die Kommission zu dem Schluss, den Augustinerprior, den sie für einen gelehrten und der Heiligen Schrift kundigen Mann hielt, sowie den Pfarrer zu St. Gilgen (bzw. St. Ägidien) in der Gilgenvorstadt, die sich beide bislang in ihrem Predigen und Handeln so verhalten hätten, dass sie wie von allen vernommen den Weg der Seligkeit auf Christus, der Welt Heiland, hin mäßig, bescheiden und tadellos gelehrt und gewiesen, durich etliche vom rath verordente insgeheim aufsuchen zu lassen, um die Angelegenheit mit den beiden Predigern zu verhandeln und sie um die Erfüllung des Anliegens zu bitten. Der Augustinerprior sollte auf Wunsch des Rats künftig jeden Sonntag von sieben bis acht Uhr morgens in der Kirche des Augustinerklosters und der Pfarrer
Das Bedenken die Predigt betreffend von 1538
der Gilgenkirche, deren Sprengel sich über die Gilgenvorstadt westlich von Altund Neupörtel erstreckte, wie bisher predigen, sodass es der Bevölkerung Nutzen und Befriedigung verschaffen sollte.7 Und weil es sich gebühre, so lautet es in dem Bedenken weiter, die beiden Prediger für ihre Tätigkeit (irer muhe arbeit vnnd vleis) zu belohnen, es aber nicht erlaubt sei, sie offiziell (offentlichen) zum Predigen anzustellen und zu bezahlen, sei es am Sichersten und Unverfänglichsten, mit dem Augustinerprior weder einen bestimmten Sold noch eine genaue Amtszeit zu vereinbaren, sondern ihm nur das Angebot zu unterbreiten, dass der Rat es nicht vergessen und ihm doch einen oder drei Schilling Gulden auß dem gemaynnen nutz geben werde, aber nicht für die künftigen Predigten (nit vmb solicher konfftiger predigen willen), sondern für den zuvor geleisteten und nur sehr mäßig entlohnten zweijährigen Dienst an der Pfarrkirche St. Georg8 , deren Patronatsrecht der Rat innehatte. Außerdem war die aufwendige Intervention des Priors anlässlich des Verhörs und der Belehrung der beiden des Täufertums überführten Speyerer Bürger Michel Leubel und Thomas Adolff im Auftrag des Magistrats im Januar 1533 bislang nicht honoriert worden.9 Das alles sollte auf diese Weise in der Hoffnung geschehen, dass der Prior mit der Zuversicht, dass ihm auch die künftige Tätigkeit nicht unvergolten bleibe dem Rat zu Ehren umso bereitwilliger wie gewünscht predige, weil dieser den Prior auch für bereits erbrachte Leistungen belohnt haben würde. Falls der Prior hinsichtlich des Vorschlags Befürchtungen und Einwände haben sollte, weil er in seinem Kloster eine derartige Neuerung vornehmen würde, solle ihm der Rat eröffnen, dass dies einzig und allein zur Verhütung von schrecklichem Aufruhr des gemeinen Volks geschehe und damit sich dasselbe nicht mit Gewalt einen Prediger nach seinem Gutdünken verschaffe. Denn lieber in Ruhe und Frieden für aller Seelenheil sorgen als menschlicher Einigkeit, der Erhaltung des Gemeinwohls und guter Politik entgegenstehendem Aufruhr, Ungeduld, Zorn, Neid und Hass Anlass zu geben. Und weil der Pfarrer zu St. Gilgen nur ein mitling und so gut wie mittellos sei und deshalb zu befürchten stehe, dass er die Stelle irgendwann aufgeben müsse, solle er ohne dessen Mitwisserschaft (doch sein vnuuerwust) mit Zuwendungen aus dem Almosenstock bedacht werden. Gelinge das Vorhaben, solle streng darauf geachtet werden, dass es einem jeden ruhigen, gottesfürchtigen und ehrliebenden Christen zur Erlernung des göttlichen Worts genüge und dem Rat sowie der Stadt Speyer nicht zum Nachteil gereiche, wozu Gott seine Gnade verleihen möge. 7 Zum Speyerer Augustinerkloster vgl. Engels, Augustinerkloster; dies., Palatia Sacra I/1.2, 276–290; Möller/Silberer/Untermann, Augustinereremitenkloster; zur Pfarrei St. Ägidien vgl. Engels, Palatia Sacra I/1.2, 26–38. 8 Vgl. dazu Engels, Palatia Sacra I/1.2, 67. 9 Quellen zur Geschichte der Täufer, 424; Engels, Palatia Sacra I/1.2, 289 Anm. 107.
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Die Jahre 1538 bis 1555: Der lange Weg zur offiziellen Einführung der Reformation
Abb. 1a–h Das Bedenken die Predigt betreffend von 1538 (StadtA Speyer 1 A 450/4, fol. 2r–5v).
Das Bedenken die Predigt betreffend von 1538
Abb. 1b
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Abb. 1c
Das Bedenken die Predigt betreffend von 1538
Abb. 1d
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Abb. 1e
Das Bedenken die Predigt betreffend von 1538
Abb. 1f
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Abb. 1g
Das Bedenken die Predigt betreffend von 1538
Abb. 1h
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Die Jahre 1538 bis 1555: Der lange Weg zur offiziellen Einführung der Reformation
2.2
Die ausgewählten Prediger: Der Augustinerprior Michael Diller und der Karmeliterprior Anton Eberhardt
Der in dem Bedenken die Predigt betreffend von 1538 gefasste Plan wurde erst im Jahr 1540 umgesetzt. Fortan sollten der Augustinerprior Michael Diller († 1570) und der Pfarrer der Ägidienkirche, weil sie nach Auffassung der Gutachterkommission den Weg zur Seligkeit auf Christus hin moderat und tadellos lehrten und wiesen, in Speyer das Wort Gottes lauter und rein sowie frei von Polemik zu den vom Magistrat auf dessen Bitten hin festgemachten Vereinbarungen verkünden und lehren, aber: nicht in offizieller Anstellung und mit fest vereinbarter Besoldung, wie in der einschlägigen Literatur oft zu lesen ist.10 Über Dillers Biographie vor seiner Speyerer Zeit ist so gut wie nichts bekannt.11 Man weiß nur von seiner Immatrikulation an der jungen, humanistisch geprägten Universität Wittenberg im Juni 1523, wo er bei Martin Luther und Philipp Melanchthon studiert haben muss. Diller wird demnach wohl um 1500 geboren worden sein. Über seinen Stand bei Studienbeginn sagt der Matrikeleintrag nichts aus. Ob Speyer seine Geburtsstadt war und wann genau er dorthinkam, ist ungewiss. Aufgrund seines Studiums in Wittenberg und seiner wahrscheinlichen Lehrer Luther und Melanchthon wird er jedenfalls vom Humanismus und der Wittenberger Reformtheologie geprägt gewesen sein. Ob Diller bis zum Jahr 1540 eine „allmählich vollzogene innere Entwicklung […] zum Luthertum“ durchgemacht hat, wie vereinzelt vermutet wird12 , sei dahingestellt. Die konfessionelle Fixierung auf das „Luthertum“ sollte aber im Kontext der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, die man als noch nicht klar ausdifferenzierte „vorkonfessionelle Phase“ werten kann, nach Auffassung der jüngeren Forschung vermieden werden.13 Luther war zwar die zentrale Gestalt der von Wittenberg ausgehenden reformatorischen Bewegung, aber diese ist, vor allem in ihrer Breitenwirkung, keineswegs auf nur einen Urheber zurückzuführen. Es existierte vielmehr ein ganzes Wittenberger Reformatorennetzwerk, dessen Akteure in jeweils spezifischer Weise zur theologischen Profilbildung, Verbreitung und Konsolidierung der Wittenberger Reformation beitrugen.14 Für 10 Zu Michael Diller vgl. grundlegend den ausführlichen biographischen Artikel von Julius Ney in der Realencyklopädie für protestantische Theologie und Kirche (Ney, Diller); weiterhin Biundo, Pfarrerund Schulmeisterbuch, 593; Raubenheimer, Gestalten, 261, 264f; Engels, Palatia Sacra I/1.2, 280f; Jenny/Bodenmann, Diller; zu Anton Eberhardt vgl. Biundo, Pfarrer- und Schulmeisterbuch, 597; Engels, Palatia Sacra I/1.2, 344, 356. 11 Vgl. dazu und zur Überlieferungssituation Jenny/Bodenmann, Diller, 36f. 12 Engels, Augustinerkloster, 31; Blum, Multikonfessionalität, 2. 13 Vgl. zur Gesamttendenz Dingel, Von der Wittenberger Reformation. 14 Vgl. dazu Kaufmann, Konfession und Kultur, 18–21; Dingel, Die Wittenberger Reformation; Wolgast, Wittenberger Kollektivautorität; Dingel, Von der Wittenberger Reformation; Dingel, Geschichte der Reformation, 46f.
Die ausgewählten Prediger: Der Augustinerprior Michael Diller und der Karmeliterprior Anton Eberhardt
deren europäische Wirkung war ihr zweiter herausragender Exponent, Philipp Melanchthon15 , sogar noch viel bedeutsamer als Luther. Adäquater und daher zu präferieren ist für diese Zeit deshalb die terminologische Fassung des Phänomens als Wittenberger anstatt als lutherischer Reformation, sodass man von einer Verinnerlichung der Wittenberger Reformtheologie im Lauf der Zeit bei Diller sprechen sollte, die jedenfalls im Jahr 1540 schon deutlicher ausgeprägt gewesen sein dürfte und in den Folgejahren mit dem Rückhalt des Magistrats offener zum Ausdruck kam, wie die folgenden Ausführungen zeigen, aber weniger im Fahrwasser des streitbaren Martin Luther als vielmehr dessen vermittlungstheologischen und harmonisierenden Kollegen Philipp Melanchthon. Mindestens seit März 1542 war Diller mit dem herausragenden Vermittlungstheologen Martin Bucer gut bekannt. Dieser hielt sich vom 6. bis etwa zum 19. März in Speyer auf, wo derzeit der Reichstag tagte. Bei dieser Gelegenheit zeigte der Augustinerprior dem Straßburger Reformator einen sorgfältig geschriebenen griechischen Codex mit Werken des Kirchenvaters Gregor von Nazianz (329–390). Johann Ulrich Schweblin, der letzte Bibliothekar des Basler Predigerklosters, hatte sie 1529 aus der Klosterbibliothek entführt, wie er selbst durch eine entsprechende Anmerkung auf einem beiliegenden Zettel bezeugt. Unmittelbar nach der gemeinsamen Sichtung des Buchs mit Diller berichtete Bucer dem Basler Münsterpfarrer Oswald Myconius in einem Brief von der außergewöhnlichen Entdeckung.16 Es wäre bedauerlich, so Bucer in seinem Schreiben, wenn man einen solchen Schatz den armseligen Predigermönchen überlassen müsste. Der Speyerer Augustinerprior, ein frommer Mann, Michael Diller (Prior Augustinianor‹um› hic, uir pius, Michaël Diller‹us›), habe das Buch von dem gotteslästerlichen (altgläubigen) Prior der Augustiner in Colmar, Johannes Hoffmeister, ausgeliehen, der es von den dortigen Predigermönchen erhalten hätte, wo der Dieb es zurückgelassen hätte. Der gute Speyerer Prior (Prior uero Spirensis bonus) wünsche, dass es gedruckt werde. Nikolaus Episcopius oder ein anderer Drucker, der zur Frankfurter Messe reise, könne im Auftrag des Basler Rats bei Diller vorsprechen und sagen, er habe durch Beatus Rhenanus von diesem Buch gehört, oder er könnte einen entsprechenden Brief von Rhenanus an Diller mitbringen. Jedenfalls müsste er die Drucklegung in Aussicht stellen. Darauf bekäme Episcopius das Buch zumindest zu Gesicht. Entweder gäbe ihm Diller dann das Buch mit oder der Basler Rat könnte es zurückfordern. Myconius solle sich der Sache annehmen. Die Basler Stadtobrigkeit reagierte prompt. In einem Schreiben vom 20. März teilt sie Diller mit, dass sie das Buch zum Nutzen der ganzen Christenheit drucken 15 Zum aktuellen Forschungsstand zu Leben, Werk und Wirkung Melanchthons vgl. das jüngst von Günter Frank herausgegebene Melanchthon-Handbuch (Frank, Philipp Melanchthon). 16 Die folgenden Ausführungen zur Entdeckung der Nazianz-Handschrift beruhen auf Henrich, Entführt. Dort sind auch die behandelten Briefe ediert; OMBW.R, Nr. 712.
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lassen wolle. Sie bittet den Augustinerprior, es deshalb dem Briefboten auszuhändigen und verspricht ihm Inschutznahme vor dem unrechtmäßigen Leihgeber. Man war zuversichtlich, dass Diller der Bitte Folge leisten und sie nicht zwingen würde, das entwendete Buch mit anderen Mitteln zurückzuerlangen. Bucer hatte das in Erfahrung gebracht und war mit der Vorgehensweise der Basler nicht einverstanden. Am 24. März schrieb er wieder zurück in Straßburg den für die Universität Basel zuständigen Deputaten (Hans) Rudolf Frey, Fridolin Ryff und Stadtschreiber Heinrich Ryhiner, dass er eigentlich geplant habe, den Anschein zu erwecken, die Basler hätten erst durch den nach Frankfurt reisenden Drucker Kenntnis vom Verbleib der Nazianz-Handschrift erhalten. Diller, den Bucer als getreuen, gottesfürchtigen, freundlichen Mann (getrewer, gotsforchtiger, frindtlicher man) bezeichnet, was für einen moderaten Charakter des Priors spricht, habe ihm aufgrund des besonderen Vertrauensverhältnisses (aus sonderen trewen) das Buch gezeigt und über eine Drucklegung mit ihm beraten. Weil aber der Leihgeber dem Speyerer Prior das Buch nur geliehen habe und diesem wegen seines christlichen (d. h. evangelischen) Predigens nicht wohlgesinnt sei, habe er Diller schützen wollen. Vor Bucers Abreise aus Speyer hatte er Diller deshalb dazu bewegt, ihm das Buch mit nach Straßburg zu geben, um es dann in Basel drucken zu lassen, vorausgesetzt, dass Diller die Leihfrist um ein Jahr verlängern könne. Sicherheitshalber hatte es Bucer den Straßburger Gesandten Jakob Sturm und Jakob Meyer anvertraut, die es ihm nach dem Reichstag mit nach Straßburg nehmen sollten, von wo es dann wieder nach Basel zurückkehren konnte. Bucer hatte Diller in der Sache zwischenzeitlich nochmals geschrieben. Der Brief ist allerdings nicht erhalten. Die 1595 verfasste und in der Selbstzeugnisforschung oft zitierte Autobiographie des Stralsunder Bürgermeisters Bartholomäus Sastrow (1520–1603), das umfangreichste deutsche Ego-Dokument des 16. Jahrhunderts, bezeugt ebenfalls Dillers evangelische Gesinnung und sein gemäßigtes Wesen. Sastrow war 1542 mit seinem ältesten Bruder Johannes über Wittenberg, Leipzig und Frankfurt am Main nach Speyer gereist, um dort den Prozess ihres Vaters wegen eines zwanzig Jahre zurückliegenden Totschlags im Streit am Reichskammergericht zu beschleunigen. Obwohl sie das Gericht unbesetzt vorfanden, erhielt Bartholomäus Sastrow dort auf Empfehlung Luthers und Melanchthons einen Schreiberposten. Im Jahr 1544 bekam Sastrow auch ohne Studienabschluss ein Diplom als kaiserlicher Notar verliehen. 1548 wurde er zum pommerschen Geschäftsträger beim Reichskammergericht ernannt. Erst jetzt, als das Gericht nach jahrelanger Vakanz neu besetzt wurde, konnte er den Prozess seines Vaters erfolgreich weiterführen. Zu Michael Diller, den und dessen Predigten er in den 1540er Jahren als Augenzeuge in Speyer erlebt hatte, hielt Sastrow im Kapitel „Von der Execution des Interims“ in seiner Autobiographie fest:
Die ausgewählten Prediger: Der Augustinerprior Michael Diller und der Karmeliterprior Anton Eberhardt
„Zu Speier lag der Keyser etliche Tage, Sie hetten einen Euangelischen Prediger daselbst im Barfusser Closter, darin er Prior war, wie dan alle seine Bruder desselben Closters gutt Euangelisch weren; blieben aber in irem monniglichem Habitt. Wie ich dan den Prior 4 gantze Ihar lang alle Sontag in seiner Monniches Kutten auf der Canzell habe stehen, vnnd sonst auf der Gassen vnder den Burgern gehen gesehen; in seinen Predigen hette er e die Kirche, auch vnder der Kirchthuren, voller Zuhorer; nent weder Papst noch Lutherum mit dem ringsten Wortlein nicht, war ein gelerter, der Euangelischen Religion reiner, hochbegabter Lerer. Als die Key. Mt. fast ankam, lies er sich aus den Monnicheskleidern weltliche Kleider machen vnnd entwich.“17
Wenn dieser Passus – wohl aufgrund der erst fünfzig Jahre später aus der Erinnerung erfolgten Abfassung des Texts – auch fehlerhaft ist (zum Beispiel war Diller nicht Prediger im Barfüßerkloster), bietet er dennoch interessante Details zu Dillers Persönlichkeitsprofil. Das Vermeiden der Nennung von Papst und Luther in Dillers Predigten spiegelt sein vom Speyerer Rat so geschätztes moderates und unpolemisches Auftreten. Im Zusammenklang mit der von Sastrow gerühmten Gelehrtheit und Lehrbegabung Dillers war der Augustinerprior für den Speyerer Magistrat offenkundig der ideale Prediger. Auch von anderen prominenten Zeitgenossen werden Dillers besondere Qualitäten als Prediger gelobt. In ihrem Schreiben vom 19. Februar 1544 berichten die Straßburger Gesandten Jakob Sturm und Mattheus Geiger dem Straßburger Magistrat vom Speyerer Reichstag aus, dass im Kreuzgang des Augustinerklosters, wo der schon seit Längerem zur Reformation tendierende Kölner Erzbischof und Kurfürst Hermann von Wied (reg. 1515–1547) predigen ließ, auch ein sehr guter Prediger, der Augustinerprior selbst, gewesen sei. Dieser predige trotz des kaiserlichen Kirchenpredigtverbots für die Evangelischen noch tapfer in der Kirche weiter (so ist vorhin ein seer guter prediger, der prior daselbst, auch darin; der fart noch dapfer für, predigt in der kirchen).18 In einem Brief von Dillers wahrscheinlichem Lehrer Melanchthon vom 25. März 1544 an den niederländischen Theologen Albert Hardenberg19 (um 1510 bis 1574), der ebenfalls am Speyerer Reichstag teilnahm, wo er in den Dienst des Kölner Erzbischofs trat, der mit seiner Entourage im Augustinerkloster logierte, wird bemerkt: „Den Prior des Augustinerkonvents, eueren Gastgeber, loben mir sowohl Deine Briefe als auch andere. Ich freue mich, dass auch in Speyer die Stimme des Evangeliums des Sohns Gottes erklingt und ich beglückwünsche jenen Prior zu dieser Gesinnung und
17 Bartholomäi Sastrowen Herkommen 2, 347; zu Sastrows Autobiographie vgl. Trauner, Identität. 18 PCS 3, 457f (Nr. 435). 19 Zu Albert Hardenberg vgl. MBW.P 12, 226f.
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wünsche ihm, dass Gott, ‚der das Wollen bewirkt‘, wie Paulus sagt, ihn bestärken und führen möge.“20
Nachdem Diller Speyer 1548 verlassen musste, hielt er sich 1548/1549 als Geächteter bei Martin Bucer in Straßburg und von 1549 bis 1552 als „Interimsflüchtling“ in Basel auf. 1553 wurde er zum Hofprediger Pfalzgraf Ottheinrichs berufen, an dessen neuer Kirchenordnung für das Herzogtum Pfalz-Neuburg Diller mitwirkte, die 1556 nahezu unverändert für die Kurpfalz übernommen worden ist.21 1556 kam Diller mit dem neuen Kurfürsten nach Heidelberg und 1557 trat er an der Seite von Melanchthon, Johannes Brenz, Johannes Marbach, Johannes Pistorius, Georg Karg und Jakob Runge beim zweiten Wormser und zugleich letzten Reichsreligionsgespräch als Kolloquent der Evangelischen auf.22 Vom 19. Mai 1558 liegt ein Brief Melanchthons aus Wittenberg an Diller selbst vor, welcher von dem freundschaftlichen Verhältnis der beiden zeugt. Der Überbringer Paul Ursinus wird dem Adressaten, dem Reverendo viro, eruditione et virtute praestanti, Micaeli Dillero, docenti Evangelium in Ecclesia Dei in aula inclyti Electoris Palatini, fratri suo cariss., für das geistliche Amt empfohlen. Das Schreiben schließt mit dem Wunsch: Bene vale et saepe ad nos scribito.23 Im April 1564 vertrat Diller mit den Heidelberger Professoren Pierre Bouquin († 1582), Caspar Olevian (1536–1587), Zacharias Ursinus (1534–1583) und Petrus Dathenus (1531/1532–1588) bei dem innerprotestantischen Maulbronner Religionsgespräch zwischen württembergischen und kurpfälzischen Theologen die Seite der Pfälzer.24 In insgesamt zehn Sitzungen wurden im Winterrefektorium des Klosters Maulbronn die Abendmahlslehre und – damit verbunden – die Christologie thematisiert. Die von den Württembergern vertretene Position der Realpräsenz Christi lehnten die zum Calvinismus tendierenden Kurpfälzer entschieden ab. Nachdem die angestrebte Annäherung beider Parteien nicht zustandekam, wurde das Kolloquium ergebnislos abgebrochen. Im Hinblick auf Diller ist zu konstatieren, dass er als kurpfälzischer Hofprediger offenkundig den Konfessionswechsel nach dem Tod des lutherisch gesinnten Ottheinrich und dem Regierungsantritt des Melanchthonanhängers Friedrich III. mitvollzog. Allerdings hatte sich auch
20 Priorem Augustiniani collegii, hospitem vestrum, et tuae literae et alii mihi praedicant. Gaudeo sonare etiam Spirae vocem evangelii filii dei et ipsi Priori hunc animum gratulor eique opto, ut deus »ὁ ἐνεργῶν τὸ θέλειν«, ut Paulus inquit, confirmet et regat eum (MBW.T 13, Nr. 3490 [3]; CR 5, Nr. 2891, Sp. 340f); vgl. dazu MBW.R 4, Nr. 3490; das Vollzitat der angeführten Bibelstelle lautet: θεὸς γάρ ἐστιν ὁ ἐνεργῶν ἐν ὑμῖν καὶ τὸ θέλειν καὶ τὸ ἐνεργεῖν ὑπὲρ τῆς εὐδοκίας (Phil 2,13); DRTA.JR 15/2, 750f. 21 Bull, Kirchenordnung Ottheinrichs, 207f. 22 Scheible, Philipp Melanchthon, 287f, 290. 23 CR 9, Nr. 6531, Sp. 557f; MBW.R 8, Nr. 8624. 24 Leppin, Maulbronner Religionsgespräch, 168f, 174.
Die ausgewählten Prediger: Der Augustinerprior Michael Diller und der Karmeliterprior Anton Eberhardt
schon Ottheinrich philippistischen und oberdeutschen Einflüssen gegenüber nicht gänzlich verschlossen. Er war also keineswegs streng lutherisch. So weist zum Beispiel seine Kirchenordnung von 1556 in der Abendmahlslehre Anklänge an die reformierte Anschauung auf und klammert den Exorzismus in der Taufe aus. Als sich dann Ottheinrichs Amtsnachfolger Friedrich III. mit seinen Theologen im Abendmahlsstreit 1560 auf die Abendmahlsformel der Confessio Augustana Variata von 1540 berief, wurde das von Michael Diller in der Predigt in einem Gottesdienst kundgetan.25 Der in dem Bedenken die Predigt betreffend von 1538 und den anderen damit thematisch in Zusammenhang stehenden zeitgenössischen Quellen genannte Pfarrer der Speyerer Ägidienkirche wird gewöhnlich mit dem Karmeliterprior Anton Eberhardt († 1551) identifiziert, der damals faktischer Inhaber der Pfarrstelle war.26 Renate Engels erhob an der Annahme dieser Identität Zweifel, die von der Forschung bislang weitgehend unbeachtet geblieben sind. Lediglich Monika Storm und Matthias Untermann äußern in ihrem Artikel zum Speyerer Karmeliterkloster im Pfälzischen Klosterlexikon – wohl auf der Grundlage von Engels Vermutung – die nämliche Skepsis.27 Engels erscheint merkwürdig, dass Michael Diller in dem Bedenken eine „nur sehr allg. Unterstützung zugesagt wird, um ihm den Verdacht zu ersparen, ain new wesen in seinem Kl. einführen zu wollen“, während der Pfarrer von St. Ägidien, der allein ein mitling nichts aigens vnd gar spröde vnderhaltung hat, sodass zu befürchten sei, er müsse seine Stelle früher oder später aufgeben, mit Zuwendungen aus dem Almosenstock bedacht werden sollte. Daraus schließt Engels: „Möglicherweise predigte also 1538 tatsächl. ein – vom Gutachten irrtüml. als Pfr bezeichneter – Hilfspriester (Mietling), der allerdings mit Sicherheit nicht ohne Einverständnis oder gar Förderung des eigentl. Pfr (Karmeliterpriors) gepredigt haben kann.“28 Mit mitling kann zwar in der Tat ein Hilfspriester gemeint sein, aber auch jemand, der eine Pfarrei mitbetreut, was in diesem Fall zuträfe, denn Eberhardt war ja eigentlich Prior des Karmeliterklosters und darüber hinaus Pfarrer zu St. Ägidien. Die „nur sehr allg. Unterstützung“ Dillers wurde ihm nicht für seine künftige Predigttätigkeit, sondern quasi als rückwirkende Zahlung für in der Vergangenheit geleistete und teilweise unterbezahlte Dienste in Aussicht gestellt. Seine künftige Predigtaktivität sollte nicht fest besoldet, aber dennoch nit vnuergoltt‹en› pleiben. Laut einer vermutlich im 18. Jahrhundert niedergeschriebenen Notiz (Exzerpt aus den verschollenen Ratsprotokollen?) auf einem kleinen Zettel in den Akten des
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Schaab, Geschichte der Kurpfalz, 39. Vgl. dazu Engels, Palatia Sacra I/1.2, 31 mit Anm. 20, 42. Storm/Untermann, Karmelitenkloster, 506. Engels, Palatia Sacra I/1.2, 344 mit Anm. 82.
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Speyerer Stadtarchivs hat der Rat zum Beispiel am 17. Juli 1546 verfügt, dem Augustinerprior für seine Prädikatur und für seine Zehrung in Straßburg, wo er noch einen weiteren Prädikanten für Speyer habe rekrutieren wollen, 60 Gulden zur Verehrung zu geben.29 Ähnlich verhielt es sich bei dem Pfarrer der Ägidienkirche. Er sollte zur Sicherung seiner weiteren Predigttätigkeit mit Almosen bedacht werden, wie bereits erwähnt von dieser Modalität aber nichts erfahren. Diese wurde zum ratsinternen Geheimnis erklärt. Insgesamt bleibt für beide Kandidaten zu konstatieren, dass der Magistrat weder plante, sie offiziell anzustellen noch sie fest zu besolden. Das Speyerer Karmeliterkloster war der wirtschaftlich schwächste Konvent der Stadt. Neben Stiftungen und Spenden war die zentrale Komponente seiner Existenzsicherung das organisierte Betteln (Terminieren).30 Dadurch ließen sich auch die Besitzlosigkeit sowie die spröde vnderhaltung des Pfarrers erklären. Für seine Identifizierung muss die Gutachtenpassage der pfarher zw sandt Gilg‹en› in seynner pfar als aufschlussreich gelten. An der Kirche gab es neben dem Pfarrer einen Pfarrkaplan und drei Kaplaneien.31 Wenn in dem genannten Passus von dem Pfarrer und seiner Pfarrei die Rede ist, kommt aufgrund der Eindeutigkeit sowohl für uns heute als auch für die damaligen Zeitgenossen eigentlich nur der faktische Pfarrer und damit Anton Eberhardt in Betracht. Hinzu kommen folgende gewichtige Indizien: Am 12. April 1543 hatte genannter Pfarrer sein Amt an St. Ägidien nicht mehr inne.32 Eberhardt ist letztmalig 1542 in dieser Funktion belegt. 1545 wird Peter Hail als Pfarrer von St. Ägidien genannt. 1548 stand Eberhardt unter Häresieverdacht.33 Anscheinend resignierte er sein Amt aus freien Stücken oder unter Druck bzw. Zwang der altgläubigen Geistlichkeit. Schon am 17. Januar 1539 hatte das Domkapitel – wohl von den Ratsplänen auf der Grundlage des Predigtbedenkens von 1538 nichts ahnend – konstatiert, dass in der pfar zu sant Egidii ein argwonger lutterischer prediger vffgestellt der ein grosen zulauff hat, und beschlossen, den Generalvikar zu erinnern, den beim Domklerus Misstrauen erregenden Prediger unter Beobachtung zu halten.34 Die konkreten Anklagegründe sind unbekannt. Möglicherweise waren die Bedenken im Lauf der Zeit dermaßen angewachsen, dass die altgläubige Geistlichkeit den Prediger Anfang der 1540er Jahre nicht mehr länger tolerieren
29 Hat der Rath Meister Michel Diller Priorn zu den Augustinern von wegen der Pradicatur 60 .fl. zur Verehrung zu geben verordnet, sambt der Zehrung zu in Straßburg, alß er noch einen Pradicanten zu Ihme bestallen wollen (StadtA Speyer 1 A 450/5, fol. 2a). 30 Zu den Wirtschaftsverhältnissen des Karmeliterklosters vgl. Engels, Palatia Sacra I/1.2, 350–354; Storm/Untermann, Karmelitenkloster, 511, 513. 31 Engels, Palatia Sacra I/1.2, 26–38. 32 StadtA Speyer 1 A 450/5, fol. 22v (Druck: EA, Nr. 11). 33 Engels, Palatia Sacra I/1.2, 31 mit Anm. 42. 34 GLA Karlsruhe 61 Nr. 10935, S. 7 (Druck: EA, Nr. 2).
Die ausgewählten Prediger: Der Augustinerprior Michael Diller und der Karmeliterprior Anton Eberhardt
wollte. Der nachweislich erst ab den 1540er Jahren beim altgläubigen Klerus wegen seiner evangelischen Predigt in der Kritik stehende Diller wird in den Quellen im Übrigen während seiner Speyerer Zeit von jenem nie explizit als evangelischer oder lutherischer Prediger, sondern stets als (Augustiner-)Prior genannt. 1539 scheint Diller vom altgläubigen Klerus überhaupt noch gar nicht als evangelischer Prediger wahrgenommen worden zu sein. Nach Ausweis des genannten Protokolls sollte dem Generalvikar auch der am 27. November 1538 ebenfalls auf der Grundlage eines Kommissionsbedenkens (Bedenckens eins raths verordenten) gefasste Ratsbeschluss über die Einrichtung einer städtischen Schule im zentral gelegenen Dominikanerkloster gemeldet werden.35 Das Vorhaben war am 4. Dezember 1538 von dem Dominikanerprior Erhard Kiel bewilligt worden.36 Die Domherren befürchteten auch hier, dass den h‹ern› vnd dem stifft vnrath volgen moecht. Im Jahr 1540 wurde die Schule schließlich unter der Leitung von Johann Mylaeus aus Niederolm als Ratsschule (Schola senatoria) bzw. als Lateinschule gegründet. In einer von Kurfürst Ludwig V. wegen Streitigkeiten zwischen den vier Speyerer Stiften und dem Magistrat ausgestellten Schlichtungsurkunde vom 20. Oktober 1540 ist von dem vom Rat vffgerichten Pedagogium die Rede.37 In der ersten, von Mylaeus selbst verfassten Schulordnung wurde unter anderem festgelegt, dass die Schüler nach ihrer Ankunft in der Schule das Vaterunser, den englischen Gruß, das apostolische Glaubenbekenntnis und die zehn Gebote sprechen sowie sonntags zu den Predigten des Augustinerpriors geführt werden sollen.38 Insgesamt lässt sich festhalten, dass die lautere (evangelische) Predigt durch den Augustinerprior Diller und einen Prediger bzw. den Pfarrer der Ägidienkirche (wahrscheinlich Anton Eberhardt) für die Bevölkerung zugänglich und für die Schüler der Ratsschule verpflichtend war. 35 StadtA Speyer 1 A 517/1, fol. 3r–4v (Druck: Dokumente zur Geschichte der humanistischen Schulen 2, 368–370, Nr. 90). 36 Vff mitwoch den tag Barbare 4 decembris Anno XV h‹undert› XXXVIII vor sitzend‹en› rathe hat her Erhart Kiel als prior des predig‹er›n Closters hie zw Speyer gutwillig bewilligt vnnd zwgelassen in name‹n› sein als Conuent kinds vnnd Co‹n›uents vnd so vil dessen ime zwthun moglich, Das Ein rhat ir furhabende schul im Closter zw den predigern in d‹er› Conuent stub‹en› auch reuenthal, in anseh‹en› das nymant d‹er› solicher gemach bedorfft od‹er› geprauch‹en› thett, vffricht‹en› vnd halten mög‹en›, vnd das ein rhat in das Closter verordnen sol zwbedenck‹en› waß zw sollich‹en› werck notturfftig vnd wue od‹er› an welchem ort, eynne‹n› schulmeinster ein wonu‹n›g im closter fuglich‹en› mocht verordent werd‹en›, das ein rhat von ime mit danck angenomen, vnd ime weiters zwerkennen geben das sy dahin verordnen, vnnd die gemach notturfftige versehung thun lassen wollen (StadtA Speyer 1 A 517/1, fol. 4v–5r); vgl. Spatz, Das evangelische Speyer, 30f; Benrath, Evangelische Bewegung, 302. 37 LA Speyer D 25 Nr. 82. 38 „Item ut quottidie mane dum ad ludum ventum fuerit, pueri premittant dominicam oracionem, annexis angelica salutacione, Simbolo apostolico ac decalogo, Ac diebus dominicis ad prioris Augustiniani sermones ducantur, pietatem ex his audituri“ (Dokumente zur Geschichte der humanistischen Schulen 2, 371, Nr. 91).
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Die Jahre 1538 bis 1555: Der lange Weg zur offiziellen Einführung der Reformation
2.3
Die vermeintliche offizielle Einführung der Reformation im Jahr 1540
Aufgrund der angeführten Neuerungen in der Stadt Speyer gilt das Jahr 1540 nun gemeinhin als Datum ihres offiziellen Übertritts zur Reformation.39 Auf die Problematik dieser Auffassung verwies zu Recht schon Gustav Adolf Benrath.40 Denn zu dieser Zeit war reformatorisches Gedankengut schon seit mehr als zwei Dezennien in Speyer verbreitet und auf fruchtbaren Boden gefallen gewesen.41 Entsprechende Liturgiereformen gingen damit aber nicht einher. Die Messe wurde weiterhin traditionell zelebriert. Über die Annäherung an den evangelischen Gottesdienst unter Einschluss der Reichung des Abendmahls unter beiderlei Gestalt (communio sub utraque specie) ist nichts bekannt. Ein obrigkeitliches Messeverbot zugunsten des Abendmahls- und Predigtgottesdiensts, ein entscheidender Indikator für den offenen Übergang einer Stadt oder eines Territoriums zum neuen Glauben42 , wurde in Speyer nie ausgesprochen.43 Auch die 1540 erlassene Ordnung der Ratsschule weist keine typisch evangelischen Merkmale auf. In Speyer wurden auch nicht wie bei der Gründung evangelischer Schulen damals allgemein üblich die städtischen Klöster samt ihren Gütern zur Bereitstellung der materiellen Basis säkularisiert, um die Schulen räumlich unterbringen und finanzieren zu können.44 Hier wurde die Einrichtung der Schule ganz im Gegenteil in einem Raum des altgläubigen Dominikanerklosters von dessen Prior Erhard Kiel gutwillig bewilligt vnnd zwgelassen, der im Übrigen wie die Schule in der Literatur wiederholt unbegründet als evangelisch oder lutherisch bezeichnet wird.45 Es spricht nichts für einen dezidiert evangelischen Hintergrund der Speyerer Ratsschule. Die Motivation der Anfrage des Magistrats beim Dominikanerprior dürfte vor allem die stadtzentrale Lage des Klosters und das gute Verhältnis zwischen Bürgern und Konvent gewesen sein. Nachdem der spätere Dominikanerprior im Interimsjahr 1548 kundgetan hatte, die Schule in seinem Kloster nicht mehr dulden zu wollen, arrangierte der Rat ihren Umzug in die Bäckerstube. Einige Wochen danach vermerkte der Magistrat in einem Schreiben an den Bischof, dass dort nun seit einiger Zeit die Baccalaureaten ihren Dienst versähen, die aber nicht die Anweisung bekommen hätten, die Jungen viel in der Religion dieser oder jener Gestalt zu unterweisen oder sich mit dem, was einer höheren und anderen Profession bedürfe zu befassen, sondern sie allein in
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So folgert schon Spatz, Das evangelische Speyer, 31. Benrath, Evangelische Bewegung, 302f. Vgl. dazu Benrath, Evangelische Bewegung, 289–302. Vgl. dazu Wolgast, Einführung der Reformation, 10. Vgl. Wien, Unentschiedenheit, 19. Vgl. dazu Schindling, Ratsschulen, 217f mit Anm. 13 und 14, 241. Jüngst in Untermann/Warmbrunn/Wenz, Dominikanerkonvent, 453.
Die vermeintliche offizielle Einführung der Reformation im Jahr 1540
guten und freien Künsten und derselben ersten Rudimente sowie anderen bewährten Autoren laut des beiliegenden Verzeichnisses zu unterrichten und daneben in guten Sitten und ordentlicher Zucht anzuleiten, wie es in anderen Schulen auch geschehen solle und zur Aufbauung der Jugend, wie der Bischof selber bestens wisse, notwendig sei. So seien sie auch nicht gesinnt, die Verwaltung der Schule lange in den Händen der derzeitigen Baccalaureaten und Verweser zu lassen, sondern dieselbe bei Gelegenheit wieder mit einem gelehrten, ehrbaren und qualifizierten Schulmeister zu versehen.46 Im Hinblick auf die offizielle Einführung der Reformation wäre ferner noch anzuführen, dass die städtische Obrigkeit bis nach dem Augsburger Religionsfrieden weder Verordnungen und Mandate noch eine verbindliche Kirchenordnung mit reformatorischem Inhalt erließ. Vor allem Letztere stellt das zentrale Dokument beim offiziellen Übergang in einen reformatorischen Zustand dar.47 Erst bei derartigen tiefgreifenden Änderungen dürfte von der offiziellen Einführung der Reformation in der Stadt Speyer die Rede sein. Eine ähnliche oder vielmehr wesentlich mutigere Maßnahme als der Speyerer Magistrat hatte im Übrigen der Rat der Reichsstadt Straßburg bereits im Jahr 1524 mit dem Beschluss durchgeführt, die reformatorischen Prediger Diebolt Schwarz, Wolfgang Fabricius Capito und Symphorian Altbießer für ihre Predigttätigkeiten mit einer gebührenden Entlohnung zu versehen.48 Deshalb ist aber weder bei den Zeitgenossen noch in der Geschichtswissenschaft von einer Anstellung der Prediger oder gar einem offiziellen Übergang der Stadt Straßburg zur Reformation die Rede. Dieser erfolgte erst mit dem Verbot der Messe daselbst durch das deutliche Mehrheitsvotum des Straßburger Schöffenrats vom 20. Februar 1529, kurz vor der Speyerer Protestation der evangelischen Reichsstände.49 Ein derartiger Kurswechsel hätte in Speyer zweifellos sofort den gefürchteten Konflikt mit dem Kaiser und heftige Reaktionen des Speyerer Bischofs sowie des Domkapitels provoziert, was
46 Die aber von uns nit beuelh haben, die iungen vil inn d‹er› Religion dieser od‹er› ihener gestallt zuund‹er›weysen, oder sich mit demselben welhs ainer hohern vnd and‹er›n profession ist zubekhom‹m›ern, sonnd‹er› sie allein inn guten vnnd freien khunst‹en›, vnnd d‹er›selben ersten rudimenten auch annd‹er›n bewherten authorn, alles laut inligend‹er› vertzaichnus zuinstituieren, vnnd darneb‹en› inn guten sytten vnd zucht anzulayten, Wie dann inn and‹er›n schulen auch beschicht bescheen sollen vnnd zu auffpawung d‹er› iugent (·wie F G vor vns wissen·) ain hohe vnnd gott gefellige notturfft ist, So ist auch seint wir auch nit gesynnt, die verwalltung angeregt‹er› schulen inn die lennge inn henden d‹er› itzigen Baccalaurien vnnd verwesere stehen zulassen, sonnd‹er› dieselbig zu gelegne‹r› zeitt vnnd furd‹er›lich mit ainem gelerten erbarn vnd qualificierten Schulmeist‹er› widerumb zuuersehen (StadtA Speyer 1 A 450/1, fol. 50r). 47 Vgl. Goeters, Kirchenordnungen, 114f; Kohnle, Kurpfalz, 31. 48 Vgl. dazu Baum, Capito und Butzer, 270. 49 Vgl. dazu Baum, Capito und Butzer, 440–450.
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jedoch ausblieb, weil Speyer 1540 eben diese entscheidende Maßnahme nicht durchgeführt hat.50 Mit dem Ersuchen an die beiden evangelisch gesinnten Prediger und deren Unterstützung durch den Rat wurden allenfalls – unter größter Vorsicht – die Weichen in Richtung Reformation gestellt.51 Inhaltlich änderte sich nichts. Die Neuerung bestand lediglich darin, dass einer der beiden Prediger, der Augustinerprior Michael Diller, künftig jeden Sonn- und Feiertag anstatt nachmittags morgens von sieben bis acht Uhr das Wort Gottes in seiner Kirche lauter und rein verkünden sollte. Der Magistrat war um eine wohlüberlegte und diplomatische Kompromisslösung mit möglichst geringem oder idealerweise ohne Konfliktpotential bemüht. Rund dreizehn Jahre zuvor war er zusammen mit Vertretern der Bürgerschaft noch ganz anders aufgetreten, als er am 24. April 1525, also unmittelbar vor den beiden berühmten Reichstagen und der Verlegung des altgläubig geprägten Reichskammergerichts nach Speyer, vom dortigen Klerus selbstbewusst und resolut, wenn letztlich auch vergebens, den damals schon zentralen Aspekt des späteren Bedenkens gleich im ersten Artikel des bereits erwähnten acht Positionen umfassenden Vertrags forderte, dass nämlich das Wort Gottes in allen Pfarreien, Klöstern und Kirchen lauter, klar und ohne jeglichen menschlichen Zusatz gepredigt werden solle.52
2.4
Intervention des bischöflichen Generalvikars
Entgegen der ursprünglichen Absicht des Rats blieb seine Vereinbarung mit dem Augustinerprior nicht lange geheim. Bereits kurz nachdem die altgläubige Geistlichkeit davon erfahren hatte, schrieb der bischöfliche Generalvikar Georg Mußbach am 26. Juni 1540 an den Rat, dass er vernommen habe, der Rat hätte den Prior des Augustinerklosters vermocht vnd angericht, daselbst sonntagmorgens um sieben Uhr zu predigen und dadurch vielleicht der Pfarrkirche St. Gilgen, deren Prediger einen großen Zulauf über seine eigene Pfarrgemeinde hinaus habe, obgleich er dort der grassierenden Pest (des sterbens) wegen gar nicht sein solle, die Besucher zu entziehen. Es stehe allerdings allein dem Bischof die Einsetzung von Predigern zu, auch wenn sich dessen vielleicht etliche weltliche Stände im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation gegen die kaiserlichen Anordnungen und das herkömmliche Recht neulich unterzogen hätten. Weil aber der Rat bislang nicht zu diesen Ständen gehöre, sich in dieser Frage außerdem mit dem Bischof nicht überworfen 50 Vgl. Benrath, Evangelische Bewegung, 302f. 51 Vgl. Benrath, Evangelische Bewegung, 302f. 52 Vgl. dazu Spatz, Das evangelische Speyer, 21f; EKO 19/1, 76f. Druck des Vertrags ebd., 83–85, sowie modernisiert in Alter, Rachtung, 491f, und ders., Aufstand, 169f.
Die ausgebuffte Replik des Magistrats
habe und deswegen auch im Reich nicht verschrien sei, wäre ein Richtungswechsel verächtlich. Außerdem gezieme es sich nicht, dass der genannte Prior zur selben Zeit predige wie die Pfarrer der Stadt Speyer es von alters her rechtmäßig täten, denn den Mönchen und den Predigern des Domstifts sei nur die Nachmittagspredigt gestattet und durch die Predigt der Ordensleute dürften auf keinen Fall den Pfarrern die Besucher entzogen werden. Deshalb sei es ganz unnötig, wegen der Pest (vmb sterbende‹r› lawff willen) und des Pfarrers zu St. Gilgen die Predigt bei den Augustinern abzuhalten, zumal die sterbend‹en› lauff durch die Gnade Gottes erheblich abgemildert worden seien. Außerdem werde zur selben Stunde nicht nur in St. Gilgen gepredigt, sondern es gebe darüber hinaus ungefähr sieben oder acht weitere Predigten in der Stadt. Es seien dabei viele geschickte Prediger am Werk, weshalb niemand Grund dazu habe, sich in St. Gilgen aufgrund der Pest in Gefahr zu begeben, sondern der Ordnung nach seinen eigenen Pfarrer hören solle. Falls notwendig, solle der Prediger zu St. Gilgen eine Zeitlang durch einen anderen (wahrscheinlich nicht so allseits beliebten) Prediger vertreten werden, domit man nit vrsach hette dohin zw lauffen. All diese Dinge hatte der Generalvikar auch gegenüber dem Augustinerprior geäußert, der jenen jedoch bat, sein Begehr dem Rat vorzutragen. Von diesem wünschte der Generalvikar daraufhin, dass er dem Prior mitteile, künftig nicht mehr zu der für einen Mönch ungewöhnlichen Zeit zu predigen.53 An dieser Stelle ist festzuhalten, dass der Generalvikar weder am Inhalt der Predigt Dillers noch derjenigen des Predigers bzw. Pfarrers zu St. Gilgen Kritik übte, sondern ausschließlich an der vom Speyerer Magistrat initiierten, in altgläubiger Perspektive illegitimen temporalen Innovation.
2.5
Die ausgebuffte Replik des Magistrats
Am 30. Juni 1540 ging der Ratsnotar Georg Vischer im Auftrag des Magistrats zum Haus des Generalvikars, um ihm das Antwortschreiben des Rats zu überbringen.54 Dieser legt dem Vikar darin dar, dass festgestellt worden sei, dass der Großteil der Bevölkerung bis auf den Pfarrer von St. Ägidien von den Speyerer Pfarrern nichts mehr wissen wolle. Deshalb habe der Pfarrer der Ägidienkirche (auch) während der Pestepidemie (inn den sorglichen sterbenden leuffen) einen so großen Zulauf und drängten die Leute sich dermaßen in die kleinen enge kirchen, dass sich ein Teil davon mit der Krankheit anstecke. Das Pfarrvolk habe sich wegen des übermäßigen Andrangs beschwert und unter anderem gefordert, dass der Rat den Pfarrer von
53 StadtA Speyer 1 A 450/6, fol. 2r–3v (Druck: EA, Nr. 3). 54 StadtA Speyer 1 A 460, fol. 1r–3r (Druck: EA, Nr. 4).
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Die Jahre 1538 bis 1555: Der lange Weg zur offiziellen Einführung der Reformation
St. Ägidien oder einen anderen getreuen Prediger an einen geräumigeren Ort zur Predigt verordnen solle. Aufgrund des erschrocklich befleckenn und der Unruhe in der Bevölkerung sei zu befürchten gewesen, dass diese irgendwann die Geduld hätte verlieren und in Eigeninitiative den einen oder anderen Prediger nach ihrer Vorstellung eben an einem geräumigeren Ort installieren können, was dem Magistrat ganz und gar nicht recht gewesen wäre. Deswegen habe man nach einer adäquaten Lösung gesucht, um einem Teil der Bevölkerung den Besuch eines diesem und dem Rat genehmen Predigers in einer größeren Kirche zu ermöglichen. Dabei sei die Wahl auf den in der geräumigeren Augustinerkirche predigenden Augustinerprior gefallen, weil der Rat ihn für einen gelehrten, tüchtigen und friedliebenden Menschen halte, welcher dergestalt predige, dass der vicari selbst ine zum predigenn gebraucht. Also habe man den Prior alle Newerung vnnd verdacht zuuerhutten, erpitten lassen, an den Sonn- und Feiertagen – außer an den vier Hochfesten – morgens um sieben Uhr in seinem Kloster, jedoch ohne Bestallung und Besoldung zu predigen. Es sei ihm freigestellt worden, das so lange tun zu können wie er wolle (on alle bestallung vnnd besolldung, auch so lang es ime gelegenn). Zu alledem habe er sich bereit erklärt. Das sei alles ohne jegliche Hintergedanken (nit vffsetzlich) geschehen, sondern einzig und allein zur besseren Verteilung des Volks und weil es wirkungsvoller sei, bereits am frühen Morgen in nüchternem Zustand anstatt nach dem Essen Predigt zu hören, das doch der schlaff dem vffhören zu solcher zeit furzeucht. Außerdem sei es nicht neu, dass der Prior zu ebendieser Stunde predige, denn er habe das geraume Zeit auch in der Kirche St. Martin im Auftrag des Generalvikars selbst und im Augustinerkloster getan. Als der Rat inständig gebeten habe, keine Neuerungen, sondern ausschließlich so wie bisher zu predigen, habe der Prior geantwortet, das er derr Man nit sey bey dem ein solchs zufinden. Bei alledem sei gar keine Neuerung beabsichtigt, dann dis orts kein newer predicant, noch newe predig, noch newes oder vngewonlichs ort oder zeit derselb‹en› begert wordenn. Deshalb habe man sich auch der kaiserlichen Majestät gegenüber nichts zuschulden kommen lassen. Dass ferner den Speyerer Pfarrern absichtlich die Besucher entzogen werden sollten und es dadurch zu Misshelligkeiten kommen könne, sei völlig haltlos, denn Speyer sei eine freie Stadt (gefreiet) und von alters her stehe es einem jeden Bürger selbst zu, jederzeit den ihm gefälligen Pfarrer zu hören. Der Rat werde niemanden einem Pfarrzwang unterziehen.55 Deswegen stehe es keinem Pfarrer zu, sich darüber zu beklagen, wenn ein anderer Pfarrer einen größeren Zulauf habe als er selbst. Auch wenn ein Pfarrer gar keine Besucher hätte, könne er dafür niemand anderen verantwortlich machen. Den Pfarrer zu St. Ägidien, der sich tadellos benehme, abzuthun, wäre in
55 Vgl. dazu Engels, Palatia Sacra I/1.2, 9–13.
Erste Reaktion des Kaisers, Dillers Rechtfertigung und die Stellungnahme des Magistrats
Anbetracht der daraus resultierenden Unruhe und Empörung völlig inakzeptabel, und der Vikar solle gründlich bedenken, wem daraus der größte Nachteil erwachsen würde. Schließlich bittet der Rat, in alledem keine Neuerungsversuche sehen zu wollen, weil es schlichtweg keine seien.
2.6
Erste Reaktion des Kaisers, Dillers Rechtfertigung und die Stellungnahme des Magistrats
Kurz darauf meldete sich auch der Kaiser zu Wort, der die sich in Speyer abzeichnende Entwicklung kritisch wahrnahm. Bereits am 26. September 1540 hatte der Straßburger Rechtsgelehrte Dr. Heinrich Kopp den Dreizehnern der Stadt Straßburg vom kaiserlichen Hof in Brüssel aus berichtet, dass der Kaiser hoffe, möglichst bald in Deutschland anzukommen, dan ihr mt. däglich vorkumpt, das die lutherei in deudscher nation ganz uberhand neme, und die stat Speir auch zwen predicanten neulich angenomen und im thumb verordnet zu predigen, doran den ihr ma. nit ein klein missvälln hat.56 Demnach waren auch dem Reichsoberhaupt die insgeheim getroffenen Abmachungen des Speyerer Rats mit den beiden Predigern nicht lange verborgen geblieben, allerdings mit der Falschmeldung einhergehend, dass diese angenommen und im Dom angestellt worden seien. Als sich der Kaiser 1541 in Speyer aufhielt, zog er den Rat zur Rechenschaft, der wiederum von Michael Diller eine Stellungnahme einforderte. Diller, der die Stadt während der Anwesenheit Karls V. sicherheitshalber verlassen haben soll, führt in seinem sachlichen, von jeder Polemik gegen die Altgläubigen freien Bericht zu der kaiserlichen Anklage, er würde über die Rechtfertigung und die guten Werke vff dy newen handt predigen, zunächst aus, dass ihm die allgemeine Verständlichkeit seiner Predigt und Lehre stets ein wichtiges Anliegen sei. Deshalb sei es ihm auch gar nicht unangenehm, sondern von hertzen lieb vnd wol gefellig, dem Rat die gewünschte Erklärung zu liefern. Er habe keine Neuerungen gepredigt und sei dementsprechend bisher auch nicht von der geistlichen Obrigkeit ermahnt worden. Diller bekannte und explizierte, dass er von der iustificacion und gutten wercken geprediget und gelert hab der gestalt vnd nemlich zum ersten So der mensch from vnd gerecht vor got werden sol, So mussen im sein Sunde auß lauterer gnaden vnd vmb des verdinsts Christi willen verziegen werden welche gnade vnd gemeinschafft Christi, er der Sunder durch ein lebendigen glauben in Christum vnd nit anderß erlangen mage Zum Andern das auß sollichem glauben, der ein gab gottes, gewißlich gutte werck khomen vnd fliessen sollen Das auch dise werck, nach dem sihe im glauben vnd
56 PCS 3, 103, Nr. 103.
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Die Jahre 1538 bis 1555: Der lange Weg zur offiziellen Einführung der Reformation
liebe geschehen, got gefellig seyen, Das auch got auß gnaden, die gutte werck zeitlich vnd ewiglich belonen werde. Welche mein offentliche predig vnd lere ist nit alleyn der offenbar vnwidersprechlich inhalt der hailligen geschrifft, Sonder auch der glaub mainung vnd lere der lieben alten bewerten leerer, so die heillig Catholica kirch angenomen vnd bißher gehalt‹en› vnd noch nemlich Augustini Hieronymi Ambrosii Chrysostomi Basilii Bernardi vnd anderer wye dan die vilfeltige ortt der heilig‹en› schrifft vnd gemelter leerer clare spruch.
Diller predigte und lehrte also gemäß der sogenannten Exklusivpartikel der Wittenberger Rechtfertigungstheologie sola scriptura (exklusive Schriftbindung), solus Christus (allein Christus ist der Heilsweg), sola gratia und sola fide (die Rechtfertigung des Sünders erfolgt allein aus Gnade und aus Glauben, ohne menschliches Zutun in Form von Werken), in Kombination mit der traditionellen Berufung auf die von der heillig Catholica kirch angenommenen Kirchenlehrer, die in der evangelischen Kirche bis heute für Glaubensaussagen nicht mehr maßgeblich sind, sowie dem Verdienstgedanken, der im Hochmittelalter aufgekommenen Vorstellung eines irgendwie gearteten Anspruchs des Menschen gegen Gott. Er habe aber auch schon in diesem Modus praktiziert, so Dillers Rechtfertigung im Weiteren, als er etliche Jahre für den Generalvikar die Pfarrei St. Martin57 und zwei Jahre lang das Pfarramt der St. Georgskirche58 versehen habe, außerdem auch im Augustinerkloster, im Kreuzchor des Domstifts, lange Zeit im Kreuzgang, in der Stiftskirche St. Guido, in St. Bartholomäus und im Deutschen Haus. Das sei ohne jegliche Strafe oder Widerrede geschehen. Abschließend räumt er ganz in lutherscher Manier ein: Vnd wue ich von ymandt bessers mit grundt der heilligen geschrifft vnd auß den alten Lerern vnderricht werden mag, will ich mich nit beschemen Sonder fur ein ere halten der warheit zu weichen.59 Dillers Erläuterungen zufolge lässt sich zusammenfassend konstatieren, dass er traditionelle und reformatorische Elemente kombinierte und sich in seiner Predigt recht moderat hielt. Damit und mit seiner Stellungnahme deckt sich die Einschätzung in der Philipp Simonis (1532–1587), seit 1553 Sekretär des Speyerer Domkapitels, zugeschriebenen, aus mehreren Quellen unkritisch kompilierten und 1608 gedruckten Bischofschronik, dass der Augustinerprior „sich doch mit seinen Predigen noch eines mittlen wegs gehalten“.60 Deshalb verwundert es nicht, dass dieser in selbigem Werk weder als evangelischer noch als lutherischer Prediger bezeichnet wird. Offenbar wurde er nicht von allen Zeitgenossen als solcher
57 Vgl. dazu Engels, Palatia Sacra I/1.2, 148f. 58 Vgl. dazu Engels, Palatia Sacra I/1.2, 67. 59 StadtA Speyer 1 A 450/1, fol. 21r–22r (Druck: EA, Nr. 5; UB Speyer 2, 536f, Nr. 283; vgl. auch Eger, Ausstellung „450 Jahre Reformation in der Stadt Speyer“, 173f); vgl. Spatz, Das evangelische Speyer, 33. 60 Simonis, Historische Beschreibung, 224.
Erste Reaktion des Kaisers, Dillers Rechtfertigung und die Stellungnahme des Magistrats
wahrgenommen. Über sein Selbstverständnis lässt sich nur spekulieren. Man wird aber kaum fehlgehen, ihn als gemäßigten Prediger im reformatorischen Sinn anzusprechen, der dem Speyerer Rat eben gerade aufgrund seines gelehrten und unpolemischen Auftretens positiv aufgefallen ist. Der Magistrat seinerseits setzte nun den Kaiser am 26. Februar 1541 über Dillers Rechtfertigung in Kenntnis. Karl V. hatte befohlen, dass der Rat den Augustinerprior mit seynner predig stellen lassen solte, weil er der Rechtfertigungslehre und der guten Werke wegen evangelisch (vff die N[ewe] handt) gepredigt haben solle. Der Rat hatte den Prior deshalb also um seine Stellungnahme gebeten. Sowohl darin als auch in seiner Lehre stellte der Rat keine Neuerungen fest, sondern attestierte Diller, dass er sich ganz im Gegenteil auf die althergebrachten Lehren berufe, was auch durch viele seiner Zuhörer bestätigt worden wäre. Außerdem seien seine Predigten seit vielen Jahren von der Geistlichkeit unbeanstandet, ja er habe schon in deren Diensten nichts anderes gepredigt. Das Volk solle durch Dillers Predigt zur Gottesverehrung und Einigkeit sowie zu Gehorsam und allem Guten bewegt werden. Deshalb befürchtete der Magistrat im Fall einer Amtsenthebung Dillers, dass die Bevölkerung unruhig und den Gottesdienst nicht mehr besuchen werde, zumal diese sich bereits seit geraumer Zeit von ihren Pfarrern abgewandt hätte. Als potentielle Ursache nennt der Rat die in der Kritik stehende Lehre und das tadelnswerte Leben dieser Pfarrer. Wegen dieser Missstände habe der Großteil der Bürgerschaft oft die Predigt des Pfarrers in der vorstädtischen Ägidienkirche besucht, dessen Lehre und Lebensweise starken Anklang gefunden habe. Während des jüngst vergangenen Pestzugs (in nechst uerruckten sterbend‹en› lauffen) habe dort ein derartiges Gedränge geherrscht, dass etliche darob befleckt worden wären, sich also mit der Pest infiziert hätten, und daran gestorben seien oder sonstigen Schaden erlitten hätten. Dafür hätte die Bevölkerung dann die städtische Obrigkeit verantwortlich gemacht. Um die Situation so in den Griff zu bekommen, dass man ohne um Leib und Leben fürchten zu müssen den Gottesdienst in der Ägidienkirche besuchen könne, habe der Rat einen hinsichtlich Lehre und Leben tadellosen Prediger um der Gottesehre, des Friedens, der Ruhe und der erhaltung der alten Cristlich‹en› relligion willen, bittlich‹en› vermöcht, sich der predig zw vndernemen. Der Prediger habe mit dem Rat vereinbart, keine Neuerungen vorzunehmen.61 Hier wird nochmals der konkrete Anlass für den Zeitpunkt der Umsetzung des bereits 1538 auf der Grundlage eines Bedenkens gefassten Ratsvorhabens genannt, den Augustinerprior um die Predigt des lauteren Gottesworts in seiner Klosterkirche an Sonn- und Feiertagen von sieben bis acht Uhr zu bitten: die grassierende Pest (wegen der im
61 StadtA Speyer 1 A 450/1, fol. 25r–25v (erster Teil des Schreibens) und 23r–24r (zweiter Teil des Schreibens). Beide Teile weisen große Fehlstellen auf (Druck: EA, Nr. 6).
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Übrigen auch das für den 23. Mai 1540 nach Speyer einberufene Religionsgespräch kurzfristig nach Hagenau verlegt wurde62 ). Durch die bessere Verteilung der Gottesdienstbesucher und die damit einhergehende Reduktion des Gedränges in der Ägidienkirche sollte der Ausbreitung der Seuche, dem Anwachsen von Ängsten, den Schuldzuweisungen an die Obrigkeit und sich möglicherweise an alledem entzündenden Konflikten begegnet werden. Hier zeigt sich eines der typischen Kausalmuster historischen Wandels: Krisenphänomene bringen Veränderungen und/oder können diese signifikant beschleunigen. Was der Speyerer Rat mit der Verwirklichung seines Vorhabens im Jahr 1540 demnach keinesfalls intendierte – das ist an dieser Stelle in aller Deutlichkeit festzuhalten –, war der offizielle Übergang der Stadt Speyer zur Reformation. Es kamen, auch wenn der Rat offenkundig mit der evangelischen Predigt sympathisierte, in den offiziellen Stellungnahmen und Maßnahmen expressis verbis rein pragmatische und ordnungspolitische Motive zum Tragen, die für die städtischen Magistrate stets von grundlegender Bedeutung waren.
2.7
Kurzbericht des Speyerer Bürgermeisters Friedrich Meurer vom Regensburger Reichstag 1541
Auf den neunzehn Reichstagen zwischen 1521 und 1555 wurde die Glaubensfrage zum zentralen Verhandlungsgegenstand. Am Ende einer ersten Phase (1521–1532) war der Reichstag in konfessionelle Gruppen zerfallen. Nach der reichstaglosen Zeit (1533–1540) führte eine zweite Reihe von Versammlungen (1541–1555) zur reichsrechtlichen Lösung der Glaubensfrage. Die religionspolitischen Auseinandersetzungen auf den Reichstagen zwischen 1541 und 1555 konzentrierten sich auf die Behauptung der kirchlichen und rechtlichen Sonderexistenz der evangelischen Reichsstände.63 Die Abwesenheit Karls V. vom Reich in den dreißiger Jahren begünstigte die Ausbreitung der Reformation. Auf dem Regensburger Reichstag 1541 (5. April bis 29. Juli) wurde das in Hagenau 1539 begonnene und in Worms 1540 fortgesetzte Religionsgespräch weitergeführt. Es fand mit dem Ziel der friedlichen Konsensfindung von Altgläubigen und Protestanten auf der Grundlage des Wormser Buchs statt, das hier zum Regensburger Buch umgearbeitet wurde.64 Trotz der Bemühungen des päpstlichen Legaten Gasparo Contarini und des Kaisers scheiterte die Annahme des Regensburger Buchs 62 Vgl. dazu ADRG 1.1, passim. 63 Ein Überblick über die Reichstage der Reformationszeit in Kohnle/Wolgast, Reichstage; Hartmann, Reichstage. 64 Vgl. dazu Ortmann, Reformation und Einheit; ADRG 3, mit weiteren Literaturangaben; Schultheis, Verhandlungen; eine kritische Edition des Wormser Buchs in BDS 9/1, 323–483.
Kurzbericht des Speyerer Bürgermeisters Friedrich Meurer vom Regensburger Reichstag 1541
an der Ablehnung durch Rom und Wittenberg. Widersprüchlich erneuerte der Reichsabschied sowohl den Augsburger Abschied von 1530 als auch das Nürnberger Moratorium („Anstand“) von 1532 bis zum General- oder Nationalkonzil oder, falls binnen achtzehn Monaten keines von beiden zustande käme, bis zur Entscheidung des Reichstags. Mit der Drohung, die Türkenhilfe zu verweigern, erzwangen die evangelischen Stände am 29. Juli eine geheime Religionsdeklaration, welche die bisherigen Säkularisationen sanktionierte sowie eine „christliche Reformation“ der landsässigen Klöster und Stifte freigab. Außerdem sollten die Zusammensetzung des Reichskammergerichts geändert und die Acht über Goslar aufgehoben werden. Am 14. Juni 1541, einem Sonntag, verfasste der am Regensburger Reichstag teilnehmende Speyerer Bürgermeister Friedrich Meurer65 einen Kurzbericht an den Speyerer Stadtschreiber Rudolff Schelhorn zum aktuellen Reichstagsgeschehen.66 Zunächst bestätigt Meurer den Empfang des seinem Brief vorangegangenen Schreibens von Schelhorn am Pfingstabend. Anschließend thematisiert Meurer eine päpstliche Ermahnung. So viel diese anbelange, so Meurer, möge er akzeptieren, dass jedermann Gott zum Fleißigsten ansuche, sodass sich alles zum Besseren entwickle. Die Clausell aber, die der Bischof per Ciuitate‹m› et diocesim urb‹i›s Spirens‹is› etc‹etera› habe vermelden lassen, sei nichts Neues, denn das geschehe doch jährlich zweimal in den Pfaffensynoden unter den Geistlichen. Wo das nur unter den Geistlichen allein kursiere, gereiche es dem Magistrat als res inter Alios Acta nicht zum Nachteil. Sollte es aber öffentlich in der Stadt Speyer verbreitet werden, scheine es ihm nicht unnütz, wenn der Rat insgeheim vor Notaren und Zeugen gegen diesen Irrtum protestiere und Instrumenta darüber erstellen ließe, dass der Magistrat die unbegründete Anmaßung des Bischofs bestreite, herrschaftliche Eigentumsrechte an der Stadt Speyer zu haben, weil der Rat niemand anderen als Herrn anerkenne als den römischen Kaiser oder König. Um was es sich bei diesen Ausführungen Meurers jeweils konkret handelt, ist nicht wirklich klar. Möglicherweise hatte sich der Bischof einerseits wegen der auf Bitten des Magistrats von Diller vorgenommenen ‚Neuerungen‘ an den Papst gewandt, der den Bischof bereits im Vorjahr ermuntert hatte, sich auf dem dortigen Konvent des katholischen Glaubens anzunehmen.67 Zum anderen scheint der Bischof wieder Anspruch auf Besitzrechte an der Stadt erhoben zu haben, wogegen der Rat zweifellos dezidiert widersprochen hätte. Genauer lassen sich die thematisierten Sachverhalte nicht kontextualisieren und klären. Was er bezüglich des Religionsgesprächs (gesprechs), das am 27. April begonnen hatte, abgeschrieben habe, sollten die Ratsherren sorgfältiger lesen als es geschrie65 Friedrich Meurer, Bürgermeister der Stadt Speyer im Zeitraum 1527 bis 1563 (im zweijährigen Turnus) (Harster, Speierer Bürgermeisterliste, 69f). 66 StadtA Speyer 1 A 450/1, fol. 19r–20v (Druck: EA, Nr. 7). 67 UB Speyer 2, 535f, Nr. 282.
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ben worden sei, da ihn die Eile anders zu schreiben gehindert habe. Außer den Ratspersonen sollte es sonst niemandem zugestellt werden, um eventuell daraus entstehenden Ärger zu vermeiden. Offenkundig war der Inhalt der Abschrift von außerordentlicher Brisanz, vielleicht sogar derart, dass man das heute nicht mehr überlieferte Dokument nach der ratsinternen Sichtung vernichtete. Im Religionsgespräch wurde jedenfalls ausreichend Konfliktstoff verhandelt, an dem es ja letztendlich auch scheitern sollte, sodass weder die Altgläubigen noch die Protestanten zufriedengestellt werden konnten.68 Grundlegende Differenzen bestanden vor allem in der Sakramentenlehre und beim Kirchenbegriff. Eine Einigung konnte nur in wenigen Artikeln erzielt werden. Das hochmotiviert begonnene Religionsgespräch führte zwar zu Verständigungsansätzen, zugleich aber auch zu Grenzziehungen und damit deutlich in Richtung konfessioneller Identitätsbildung auf beiden Seiten.69 Meurer schließt seinen Bericht mit dem knappen Hinweis, dass Landgraf Philipp von Hessen am heutigen Tag wieder heimwärts geritten sei. Am 13. Juni hatte der Kaiser mit Philipp den Regensburger Vertrag geschlossen, in welchem dem Landgrafen Amnestie für seine Doppelehe gewährt worden war. Dieser hatte dafür zwar keine Zugeständnisse in Glaubensfragen gemacht, sich aber zu weitgehender Inaktivität im Schmalkaldischen Bund und zur Verhinderung von dessen Ausweitung verpflichtet.70
2.8
Berichterstattung des Speyerer Stadtschreibers Rudolff Schelhorn vom Nürnberger Reichstag 1543
Das Ausbleiben des Konzils gab den Beratungen der Reichstage über die Regelung der Religionsfrage bis 1545 erhöhtes Gewicht, wobei der Kaiser zunächst seine Hoffnung auf das Religionsgespräch als Medium der Reunion der Konfessionen setzte.71 Auf dem Nürnberger Reichstag 1542 (21. Juli bis 26. August) wurde in erster Linie die Türkenhilfe erörtert und im Reichsabschied versprach der Kaiser, er werde nach seiner Rückkehr ins Reich in dem hochnachtheiligen Irrthum, die Religion betreffend, Einigkeit und Vergleichung zustande bringen.72 Vom 30. Januar
68 Vgl. dazu Ortmann, Reformation und Einheit, 233–241; Schultheis, Verhandlungen. 69 Dingel, Von der Wittenberger Reformation, 246. 70 Vgl. Ortmann, Reformation und Einheit, 241; Schneider-Ludorff, Der fürstliche Reformator, 198–213. 71 Ein Überblick über die Reichstage der Reformationszeit in Kohnle/Wolgast, Reichstage (speziell zum Nürnberger Reichstag 1543 464f); Hartmann, Reichstage (speziell zum Nürnberger Reichstag 1543 78–81). 72 Kohnle/Wolgast, Reichstage, 465; zum Nürnberger Reichstag 1542 vgl. DRTA.JR 13; die Veröffentlichung des von Silvia Schweinzer-Burian bearbeiteten Editionsbands zum Nürnberger Reichstag
Berichterstattung des Speyerer Stadtschreibers Rudolff Schelhorn vom Nürnberger Reichstag 1543
bis 23. April tagte der Nürnberger Reichstag von 1543. Er wurde am 31. Januar mit der Verlesung der Proposition offiziell eröffnet. Diese thematisierte bis auf den letzten, sehr allgemein gehaltenen Absatz nur die Türkensteuer. Die protestantischen Stände verweigerten deren Bewilligung, wenn ihre Forderung nach reichsrechtlicher Absicherung der Ergebnisse der Reformation unerfüllt bleiben sollte. Weil Ferdinand und die altgläubigen Stände das ablehnten, die Protestanten sich jedoch nicht noch einmal mit einer Deklaration begnügten, erging der Reichsabschied ohne Zustimmung und mit Protest der Evangelischen. Schließlich konnte weder ein Kompromiss oder gar Konsens in der Frage von Religion, Frieden und Recht erzielt werden, noch wurde dem König die gewünschte Türkenhilfe zuteil. Nach rund drei Monaten war der Reichstag damit ähnlich wie derjenige von 1541 an den konfessionellen Gegensätzen gescheitert. Den Nürnberger Reichstag 1543 besuchten nur wenige Reichsfürsten in eigener Person. Im 16. Jahrhundert nahm die Bedeutung ihrer persönlichen Anwesenheit im Unterschied zum Spätmittelalter ab. Sie ließen sich von der sich durch den Ausbau der fürstlichen Zentralbehörden neu bildenden Schicht der Reichstagsgesandten vertreten.73 Neben König Ferdinand nahm am Nürnberger Reichstag unter anderem der Hildesheimer Bischof Valentin von Tetleben (reg. 1537–1551) teil. Für den in Spanien weilenden Kaiser erschien sein Minister Granvelle. Die Kurfürsten und weltlichen Fürsten schickten Gesandte. Die Stadt Speyer entsandte ihren Stadtschreiber Rudolff Schelhorn. Er übte sein Amt von etwa 1530 bis 1543 aus und soll in den Speyerer Religionsangelegenheiten federführend gewesen sein.74 Das Stadtarchiv Speyer verwahrt zwei seiner Reichstagsberichte an den Magistrat von Anfang Februar und Anfang März 1543, die in der Forschung bislang nicht berücksichtigt worden sind. Aber gerade für die Frage nach der offiziellen Einführung der Reformation in der Stadt sind die beiden Dokumente enorm aufschlussreich. Belegen sie doch explizit, dass Speyer 1543 noch zu den altgläubigen Ständen gehörte und die Reformation dort dementsprechend nicht eingeführt worden war. Aufgrund ihrer Bedeutsamkeit auch für die allgemeine Reformations- und Reichstagsforschung soll der Inhalt der Quellen hier ausführlich dargestellt werden. Am 4. Februar, einem Sonntag, fertigte Schelhorn über das Eröffnungsgeschehen des Reichstags einen Bericht, der dem Rat am Mittwoch nach Invocavit, dem 14. Februar, präsentiert wurde.75 Als er seinen dem Schreiben beigelegten und mit A gekennzeichneten Brief vom 29. Januar an den Magistrat habe abschicken wollen,
1543 steht noch aus (vgl. dazu Hartmann, Reichstage, 78 Anm. 393); zum Nürnberger Reichstag 1543 vgl. Heidrich, Karl V., 108–164; Edelmayer, Nürnberger Reichstag, 190–219. 73 Hartmann, Reichstage, 95–105, 322f. 74 Baur, Leben, 154. 75 StadtA Speyer 1 A 450/1, fol. 28r–29v (Druck: EA, Nr. 8).
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so lautet es darin, sei der Diener von Pappenheims76 zu ihm gekommen, um ihm mitzuteilen, dass er, weil er nicht den protestantischen Ständen angehöre (dieweil ich nit von den p‹ro›testirend‹en› Stend‹en›), am nächsten Mittwoch (31. Januar) um sieben Uhr in der Frühe vor dem König auf der Nürnberger Burg (vff der Vesten) erscheinen solle. Als er, Schelhorn, auf der Burg eingetroffen sei, habe man in Anwesenheit der gesandten Räte der Bischöfe und Prälaten sowie des einzigen teilnehmenden Bischofs, des Hildesheimer Oberhirten Valentin von Tetleben, ein Amt nach Noten mit Orgelbegleitung gesungen. Auch Wolf von Affenstein, Mitglied des kurpfälzischen Hofrats, sei als Gesandter Kurfürst Ludwigs V. von der Pfalz beim traditionellen Eröffnungsgottesdienst dabei gewesen. Die protestierenden Stände sollten sich um acht Uhr im Rathaus einfinden, weil sie die altgläubige Liturgie der Messe ablehnten. In den 1540er Jahren war es üblich geworden, dass die Protestanten im Rathaus auf die anderen Stände warteten. Die Verweigerung des gemeinsamen Kirchgangs „war offen zur Schau gestellte Opposition“.77 Nach dem Amt sei der König zum Rathaus hinuntergegangen und habe den Ständen im Beisein von Pfalzgraf Friedrich und Dr. Johann von Naves (um 1500 bis 1547)78 als kaiserlichen Kommissaren – der kaiserliche Kommissar Graf Hugo von Montfort-Rothenfels (1506–1564) sei noch nicht wieder nach Nürnberg zurückgekehrt gewesen – die Proposition verlesen lassen und furderliche Antwort begehrt. Darauf hätten die Stände die Proposition abgeschrieben und sich beraten.79 Bei den Städten gebe es niemanden mehr, der der Augspurgischen Confession nit verwandt sei, außer der Gesandte von Rothenburg ob der Tauber, Hans Hornburg, und er, Rudolff Schelhorn, selbst.80 Den beschwerlichen Inhalt der Proposition könne der Magistrat der beigebundenen Abschrift entnehmen. Diese ist nicht mehr vorhanden. Denselben Mittwoch hätten die gesandten Sprecher und Botschafter der Königin Maria von Ungarn (1505–1558), Wirich von Kriechingen (ca. 1505–1587) und der niederländische Jurist Dr. Johann Viglius van Zuychem (1507–1577)81 , gegen den von Frankreich unterstützten Herzog Wilhelm V. von Jülich eine dermaßen lange disputirliche Entschuldigung und Klage mit angehefteter Bitte vorgebracht, nämlich
76 Wahrscheinlich der Reichserbmarschall Pappenheim, der in diesem Amt den Kurfürsten von Sachsen vertrat. Er verfügte während des Reichstags über Kompetenzen der Reichstagsorganisation wie zeremonielle Aufgaben, Weiterleitung von Sitzungsinformationen und Anweisungen während der Versammlungen (Hartmann, Reichstage, 115, 117f). 77 Vgl. Hartmann, Reichstage, 130–134. 78 Zu Johann von Naves vgl. Aulinger, Naves, 1f. 79 Zu den Reichstagsakten Propositionssitzung, Abschrift und Bedenkzeit vgl. Hartmann, Reichstage, 134–143. 80 Zu Johannes Hornburg vgl. Schattenmann, Einführung der Reformation, 87–89. 81 Zu Dr. Johann Viglius van Zuychem vgl. Muller, Viglius von Aytta von Zuychem, 699–703.
Berichterstattung des Speyerer Stadtschreibers Rudolff Schelhorn vom Nürnberger Reichstag 1543
den Herzog anzuhalten, dem Kaiser sein Erbland Geldern zu übertragen, den durch Martin van Rossem (Martin von Roßheim, ca. 1490 bis 1555)82 , Marschall von Geldern, in Brabant verursachten Schaden und die Kosten, die der Königin bei der Verteidigung entstanden wären, zu erstatten, das sich derselb‹en› wol zuuerwundern und man zwei Tage, nämlich den folgenden Donnerstag und Freitag, auf dem Rathaus für die Abschrift benötigt habe. Diese sollte auch dem Magistrat mit der Zeit noch zukommen, weil Schelhorn sie dieses Mal nicht mundieren wollte. Anschließend sei nichts weiter verhandelt worden, als dass der Gesandte von Jülich eine Abschrift erbeten und erlangt habe, mit der Anzeige, dass sein Herr in Kürze mit der warheit ein solich‹en› bericht daruffthun, das man werd befind‹en› dy Konigin von Seins g‹nedige›n hern mißgonstig‹en› zw vil milt bericht sey, und dass ihm seine Länder und Leute unschuldig und unbilligerweise verdorben worden seien. Ferner sei nur am Freitagabend und am Samstagmorgen auf dem Rathaus zu erscheinen angesagt, weshalb er die Abfertigung dieses Schreibens, bis er Weiteres vernehme, hinausgezögert habe. Am Samstag, dem 3. Februar, hätten die Stende der Augspurgisch‹en› Confession verwandt, den Reichsständen ihr Begehr um dauerhaften Frieden und Gleichberechtigung kundgetan, wie der Rat aus der beiliegenden, eilig angefertigten Schrift vernehmen werde. Außerdem habe der Sächsische Kanzler geäußert, dass weil das Wormser Edikt die protestantischen Stände und ihre Konfession für ketzerisch erkläre und der Augsburger Abschied das Edikt bekräftige, alle Kammergerichtspersonen auf den Abschied geschworen und daraus auch anderen gefassten Grim, Zorn und Neid gegen die Augsburger Konfessionsverwandten für Ketzer und keynnes Rechtens wirdig od‹er› vhehig acht‹en› vnnd erkennen, werden sie auch von dem so In der schrifft‹en› begert kains wegs absteen, mit bit syhe desselb‹en› nit zuuerdenck‹en›. Darauf begehrten die Stände Abschrift und Bedenkzeit. Der Rat des Kurfürsten Joachim von Brandenburg sowie die Gesandten von Nürnberg, Regensburg und aller Städte, bey denen das Euangeliu‹m› gepredigt wurdt, hätten Als man zwr frag‹en› griffen als Verwandte der Augsburger Konfession samt allen städtischen Gesandten die Reichsversammlung verlassen, außer der Gesandte von Rothenburg ob der Tauber und er, Rudolff Schelhorn. Deshalb habe der Mainzer Kanzler, Dr. Jakob Jonas83 , als er ihnen beiden der andern Stendt bedenckens, nämlich Abschrift zu begehren, vorhielt, hohnlachend gesagt, der Haufen der Städte wäre fast gering und klein geworden. Weil dem Magistrat der mit A gekennzeichnete Brief wichtig sei, habe er, Schelhorn, nicht länger warten, sondern dessen Inhalt vordringlich mitteilen wollen. Viele seien der Meinung, die Protestanten hätten mit ihrem Begehr, vor allem weil
82 Zu Martin van Rossem vgl. Kuys, Maarten van Rossem, mit weiteren Literaturangaben. 83 Zu Jakob Jonas vgl. Burmeister, Jakob Jonas.
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außer dem Hildesheimer Bischof kein Fürst anwesend gewesen sei, disem tag algerait eine große Förderung zum ende gethan. Granvelle schweige und unternehme nichts, und es gehe das Gerücht um, dass der König nicht lange bleiben werde, weil er an Lätare (4. März 1543) in Böhmen sein müsse. Deswegen bat Schelhorn den Magistrat, zwei Pferde, die er schon nach Speyer zurückschicken wollte, noch behalten zu dürfen, sodass er im Fall einer Zertrenu‹n›g unverzüglich die Stadt hätte verlassen können. Am 9. März 1543 folgte eine weitere Berichterstattung Schelhorns über die Ereignisse auf dem Reichstag.84 Gleich eingangs vermerkt er, dass sich in Sachen Reichsangelegenheiten seit seinem jüngsten Schreiben nichts weiter getan hätte, als dass der König am gestrigen Donnerstag, dem 8. März, den Reichsvizekanzler Johann von Naves vor der gesamten Reichsversammlung zahlreiche Nachrichten über die Ankunft der Türken, unter anderem, dass diese am Georgstag (23. April) mit Zehen mal hundert tausent mannen in Griechisch Weißenburg (Belgrad) ankämen und vorhätten, ganz Ungarn und Polen zu verderben, habe verlesen lassen. Daraufhin habe der König begehrt und geboten, dass die Stände in Anbetracht der äußerst bedrohlichen Lage alle ire trennung vnd sonderung aufheben und sich eynner trostlichen cristlichen antwortt, vff zum ersten Irer ma‹iestae›t furprachte proposicion vergleich‹en› sollen, um keine Zeit zu verlieren und dem Feind nicht den Vorstreich zu lassen. Die Stende der Confession nit verwandt hätten sich Bedenkzeit genommen. Ob sie allerdings einen Konsens gefunden hätten, sei noch nicht bekannt gegeben worden. Die Protestanten sein abgetrett‹en›. Nachdem sie dem König zuvor eine treffliche Replik übergeben und im Gegenzug seine Duplik empfangen hätten, darin Ir ma‹iestae›t noch vff dem concilio, vorigem frid‹en›, vnd visitacion des Camergerichts, auch sy damit abzwweißenn bestehet, hätten sie denselben Tag ihre Triplik übergeben, worin sie auf ihrer ersten Forderung – vor allem, dass die Personen des kaiserlichen Kammergerichts gar hinweg geschafft werd‹en› sollen, weil diese auch andere nachkomling verführen und auf ihre Seite ziehen würden – beharren. Die Kopien der drei Schriften habe er noch nicht schicken mögen, weil er noch nicht alle Texte erhalten habe. Diese würden nicht öffentlich verlesen und er müsse sie bei vertrauten Personen insgeheim besorgen und abschreiben. Der Magistrat solle sie jedenfalls erhalten. Ob es gelänge, die Protestanten dazu zu bringen, von ihren Forderungen abzulassen, werde noch des Reichs handlung sein. Ansonsten seien auch große Klagen von Herzog Heinrich II. von BraunschweigWolfenbüttel und dem Bischof von Hildesheim gegen die Protestanten vorgebracht worden. Das sei aber bislang nur abgeschrieben worden und derzeit werde darüber beraten. Er denke, dass die beiden Kläger ihre begehrte Restitution erlangen werden. Frankreich habe sich der Anklage, dass es sich mit den Türken verbündet und den
84 StadtA Speyer 1 A 450/1, fol. 30r–31v (Druck: EA, Nr. 10).
Die Reaktion des Speyerer Bischofs auf reformatorische Neuerungen in Dillers Predigt und Lehre
Krieg gegen den Kaiser sowie dessen Bruch des am 18. Juni 1538 geschlossenen Waffenstillstands von Nizza (Nissisch‹en› anstende) verursacht haben soll, durch eine lange verschlossene Schrift an die Stände entschuldigen lassen. Den Text habe man nur in der Reichsversammlung verlesen, aber nicht abschreiben lassen. Granvelle habe die Ausführungen widerlegt und mit etlichen Schreiben begründet, die noch nicht alle abgeschrieben worden seien, zum Teil aber schon gedruckt vorlägen. Die Botschafter der Reichsstädte hätten in der Eßlingisch‹en› sach noch nichts verhandelt. Der p‹ro›testirend‹en› werck verhindere das alles, weil die städtischen Botschafter nur wenige seien. Und wenn die Protestanten bey Iren sach‹en› seien, kämen die anderen nicht zum Zug. Das sorgte bei Schelhorn offensichtlich für Verärgerung, woraus zu schließen ist, dass er für die „Sachen“ der protestierenden Stände und damit für die Anliegen der reformatorischen Bewegung keine allzu großen Sympathien gehegt haben dürfte. Schelhorn schließt seinen Bericht mit der Mitteilung, dass die Reichsstädte den ehemaligen obersten Feldhauptmann und seine Leutnante Wolf Dietrich von Pfirt († 1547) und Konrad von Boyneburg (auch „von Bemelberg“, 1494–1567)85 sowie den kaiserlichen Feldmarschall Johann Hilchen (III.) von Lorch (1484–1548) wegen unbilliger Rechnungen verhören sollten. In den Reichsausschuss wurden Speyer und Nürnberg verordnet, Letzteres vertreten durch den Nürnberger Ratsherrn Sebald Haller. Schelhorn ging davon aus, dass der Reichstag noch vor Ostern enden würde. Der König werde, so der Bericht im Weiteren, wenn die Protestanten sich nicht darauf einlassen wollten, mit den anderen Ständen den Reichsabschied erlassen. Es werde wohl ein erbermlicher abschid bei alledem herauskommen. Er hoffte, dass Gott es zum Besseren wenden möge, allerdings vergebens.
2.9
Die Reaktion des Speyerer Bischofs auf reformatorische Neuerungen in Dillers Predigt und Lehre
Vom Februar 1543 sind aus Dillers Predigten Aussagen überliefert, die den altgläubigen Klerus in erhöhte Alarmbereitschaft versetzten. Am Donnerstag nach Reminiscere, dem 22. Februar 1543, kamen der bischöfliche Generalvikar Georg von Mußbach und der bischöfliche Kanzler Johann Rot infolge der Predigten an den drei unmittelbar vorhergehenden Sonntagen zum Stadtrat, um im Auftrag Bischof Philipps von Flersheim (reg. 1529–1552) diesen Entwicklungen gegenzusteuern. Aus dem darüber von Johann Rot angefertigten Bericht geht hervor, dass Diller im vergangenen Jahr etliche Neuerungen gepredigt und gelehrt habe, die ihm als
85 Vgl. zu ihm Küther/Seib, Konrad von Boyneburg. Wieder abgedruckt und mit zusätzlichen Abbildungen versehen: Küther, Konrad von Bemelberg.
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Die Jahre 1538 bis 1555: Der lange Weg zur offiziellen Einführung der Reformation
Ordensmann nicht zustünden, und er dies vor allem auch noch zu ungewöhnlichen Zeiten tue, eben genau zu der Stunde, in der von alters her die Pfarrer predigten.86 Deshalb habe der Generalvikar den Prior auch zur Rede gestellt und ihm die Einhaltung der traditionellen Ordnungen befohlen. Diller habe dem Bischof daraufhin ausrichten lassen, dass er nichts anderes predige und lehre dann bißher in d‹er› Catholischen kirchen gepredigt sei word‹en›. Dem Bischof sei berichtet worden, dass der Rat den Prior deswegen befragt habe und schließlich auch weiterhin von dessen Rechtschaffenheit überzeugt gewesen sei. Das veranlasste den Bischof dazu, dem Kaiser auf dem Regensburger Reichstag 1541 seine Bedenken wegen etwaiger religiöser Neuerungen in der Stadt Speyer zu nehmen. Das beruhigte den Kaiser, der dem Bischof aber dennoch zuständigkeitshalber auftrug, ihm Neuerungen derlei Art zu melden, um dem Oberhirten Beistand leisten zu können. In diesem Zusammenhang verwies der Kaiser auf die sond‹er›lich lieb seiner Amtsvorgänger zum hiesigen Domstift, die sie zu ihrem Begräbnis daselbst bewegt habe, und außerdem auf die seiner Meinung nach rechtmäßigen Gottesdienste darin. Deswegen hätte auch er selbst eine besondere Neigung zu dem löblichen Stift und der Stadt, worüber sich der Bischof sehr erfreut gezeigt und seinen Dank ausgesprochen sowie sich zu vollem Gehorsam erboten habe. An den Sonntagen Esto Mihi und Invocavit des Jahrs 1543 (4. und 11. Februar) habe der Augustinerprior aber öffentlich gepredigt und gelehrt, dass nicht allein dem Priester am Altar in der Messe, sondern auch dem Laien das heilig Sacrament vnnsers herrn fronleichnams unter beiderlei Gestalt gebühre und er es dementsprechend auch empfangen solle. Wer etwas anderes lehre und tue, der tue und lehre unrecht. Am Sonntag Reminiscere (18. Februar 1543) habe Diller außerdem gepredigt, dass die heilige Messe kein Opfer und niemand anderem nützlich sei, als demjenigen, der sie lese. Das führe zur Verachtung der heiligen Messe und könne die Zerrüttung der kirchlichen Gemeinschaft provozieren. Dergleichen Neuerungen seien ja auch schon früher durch etliche Ordensleute gepredigt und gelehrt worden. Gothablob sei es aber nie zur Umsetzung derselben gekommen, wodurch sonst großer vnrath entstanden wäre. Außerdem seien Dillers Predigten und Lehren vor allem dem Augsburger Reichsabschied von 1530, dem sowohl der Bischof als auch der Magistrat zugestimmt hätten, stracks zuwider. Der Bischof ließ den Rat bitten, den Prior von den erwähnten wie auch weiteren Neuerungen abzuhalten oder ihn, den Bischof, als Ordinarius seine Jurisdiktion an Diller ausüben zu lassen und ihn dabei zu unterstützen.
86 StadtA Speyer 1 A 450/5, fol. 13r–16v (Druck: EA, Nr. 9).
Die Antwort des Magistrats auf das bischöfliche Schreiben
2.10
Die Antwort des Magistrats auf das bischöfliche Schreiben
In seiner Replik vom 12. April 1543 an den Bischof ist der Magistrat zwar um einen möglichst konfliktvermeidenden Ton bemüht, wagt aber doch wieder deutlich mehr, indem er sich über den Missstand beim Klerus und die allzu häufige Verzögerung der Kirchenreform beklagt sowie keineswegs an der Umsetzung der von Bischof Philipp geforderten Disziplinarmaßnahmen gegen den Augustinerprior interessiert ist.87 Der Rat erinnert den Bischof daran, dass sich der Großteil der Bevölkerung vor etlichen Jahren von seinen Pfarrern abgewandt habe und deren Predigt nicht mehr hören wolle, weil jene der gottlichen geschrifft nit zum bestenn erfarenn seien und deshalb nicht derselben gemäß und dem Volk zur Genüge lehren und predigen könnten. Außerdem gebe es wegen ihres teilweise ärgerlichen Lebenswandels Anlass zur Kritik. Aus diesen Gründen habe die Bevölkerung sich häufig zu der Predigt des damals gewesenenn pfarhers Sanct Egidien pfarkirchen alhie begebenn. Der Zulauf sei so groß gewesen, dass die Besucher sich – wie ihm, dem Bischof, bekannt sei – aufgrund des kleinen Kirchenraums und der grassierenden Pest (die sterbeten leuffe) dermaßen dicht an dicht drängten, dass viele erkrankt und gestorben seien. Infolgedessen sei Rumor vnnd gemurmel entstanden und der städtischen Obrigkeit die Schuld zugewiesen worden. Weil dann dem Pfarrer von St. Ägidien kein geräumigerer Platz zugeteilt worden sei, habe der Rat sich allerlei Beschwerden anhören müssen und keinen anderen Ausweg gesehen, als der Bevölkerung eine zusätzliche Möglichkeit zum Besuch der Predigt eines weiteren hinsichtlich Lehre und Lebenswandel unbescholtenen Manns zu schaffen, der zuvor von der geistlichen Obrigkeit nicht nur zugelassen, sondern auch als geschickt erfarenn vnnd gerecht erfunden an mehreren Orten zum Predigen eingesetzt worden sei. Darauf habe der Magistrat den Augustinerprior ohne Inaussichtstellung von Sold und Anstellung oder irgendwelche Versprechungen, sondern ausschließlich um der Gottesehre, des Friedens, der Ruhe und der Erhaltung der altenn Christlichenn religion willen durch die Bitte des Rats dazu bewegt (bittlichenn vermocht), zu früher Tagzeit das Wort Gottes zu verkünden. Weil die genannten Beschwerden nicht abgerissen wären, wenn man die Predigt zu einer anderen Tagzeit anberaumt hätte – worüber der Rat dem Kaiser schriftlich Bericht erstattet, wie dieser zwei Jahre zuvor angeordnet habe –, sei alles weiterhin so genehmigt worden, und das vor allem, wie man meine, weil der Kaiser anhand des Berichts hätte erkennen können, dass dem Rat an nichts anderem gelegen sei, als dass durch den Prior das lautere Wort Christi sowie der apostolischen, biblischen und der Kirchenväter Lehre gemäß gepredigt und nichts anderes getan werde, das etwa für Unruhe sorgen würde. Deshalb hätte der Rat den Prior wegen der beiden
87 StadtA Speyer 1 A 450/5, fol. 3r–10r (Konzept), 21r–25v (Abschrift; Druck: EA, Nr. 11).
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Kritikpunkte des Bischofs um Stellungnahme gebeten. Von Dillers schriftlicher Antwort hatte der Rat seinem Schreiben eine Abschrift beigefügt. In derselben führte der Prior aus, dass er sich allein vff die heyligenn Euangelien der aposteln vnnd heyligen bewerten Vetter lehre berufe. Und weil der Rat auch sonst noch nichts Gegenteiliges vernommen habe, würde es ihm überaus schwer fallen und höchst tadelnswert erscheinen, dem Prior hinsichtlich der genannten Kritikpunkte Enthaltung zu gebieten. Sollte der Bischof aber tatsächlich einen durch die Heilige Schrift belegbaren Irrtum in der Lehre des Priors ausfindig machen, wolle der Rat seine Hilfe nicht verweigern, den Prior an einem passenden und sicheren Ort unterbringen, ermahnen und das in der Sache Mögliche tun. Auch wenn der vom Bischof angeführte Augsburger Reichsabschied zu den hier verhandelten Themen etwas beinhalte, so würden diese doch durch die gemeinsame Erklärung des Kaisers und der Stände, dass die Prediger das Evangelium nach Auslegung der Heiligen Schrift und der von der gemeinen heyligenn Christlichen kirchen approbierten Lehrer predigen und lehren sollen, vf denn rechtenn vnnd Christlichen verstanndt des heylig‹en› gottes worth vnnd angenomene Lerer desselbenn gewisenn. Sonst würde die vorhergehende Klausel, in welcher den Predigern gar nicht geboten werde, das Evangelium und das Wort Gottes zu unterdrücken oder zu vertilgen, keinen Bestand haben. Zudem sei der Reichsabschied wegen der Religion zu ainem Ruwigen stilstanndt gekommen und habe die weiteren diesbezüglichen Verordnungen auf das Konzil, das ein Jahr nach dem Augsburger Reichstag hätte gehalten werden sollen, verlegt. Nachdem infolge zahlreicher Vertröstungen in den vergangenen Jahren noch immer kein Konzil einberufen oder den Streitfragen sonstwie nachgekommen worden wäre, sei die Zahl der damit einhergehenden Beschwerden immer mehr angewachsen. Diese Konsequenz resultiere in erster Linie daraus, dass durch einen in deutscher Sprache gedruckten Bericht über das Regensburger Religionsgespräch (regenspurgischenn religion gesprechs) offenbar geworden sei, welcher Rat dem Kaiser diesbezüglich von gelehrten Leuten gegeben worden wäre und auch die Teilnehmer des Religionsgesprächs (die religions gesprechs leut) die strittigen Themen dahingehend verhandelt und verglichen hätten, dass hier bisher ungemäß agiert und gepredigt worden sei, sodass man bei der Maßregelung von Gegnern dieses Missstands Vorsicht walten und die Streitgegenstände mit großer Sorgfalt behandeln solle, vor allem, wenn man bedenke, dass überall im Umland sich das Ganze so weit entwickelt habe, dass die Stadt Speyer nachbarschaftliche Spannungen befürchten müsse. Deshalb sei es dem Rat am Sinnvollsten erschienen, den Weg einzuschlagen, auf dem die so bey vnns wohnen wir vnnd die vnns‹er›nn fridlich beyeinnannd‹er› erhaltenn werden mochtenn. Das sei aber nicht füglicher zu gewährleisten als dadurch wie es der Bischof selbst seinen Predigern geboten habe, nämlich, dass
Die Antwort des Magistrats auf das bischöfliche Schreiben
sie nichts annders dann das Clar worth Christi vnnsers seligmachers ohne alle schelt wortt vnnd ergernus verkonndten auch dasselbig nit anderst dann nach der appostolischenn Biblischenn vnnd der altenn heyligen vonn der Christlichen kirchen angenomenen Vetter lehre vßlegten vnnd das darzu alle Ergernuß bey vnns souill menschlich vnnd moglich inn gaistlichem vnnd weltlichem stanndt abgeschafft vnnd verkhomen wurden.
Deshalb bittet der Rat den Bischof abschließend, zur Förderung der Ehre Gottes, zur Besserung des Nächsten, zur Erhaltung des Friedens und zur Anrichtung eines gottseligen Wesens – wie es ihm seines Amts wegen von Gott, der Kirche und durch viele Reichsabschiede auferlegt sei – alle sachenn zu rechtem gottlichen vnnd Christlichem anstanndt, die Verkündung des wahren göttlichen Worts, die Abwendung der Ärgernisse, vor allem bei denjenigen, die seinem Gerichtszwang unterstünden, wie der Rat das auch bei denen in seinem Zuständigkeitsbereich tun wolle, anzuordnen und zu gewährleisten. Dadurch bewirke der Bischof Gott ein gefälliges und bischöfliches Werk, wodurch, wie man hoffe, aller vnnfall von den Untertanen sowohl des Bischofs als auch des Magistrats abgewendet und verlöschen werde. Ein solches Handeln werde dem Bischof zu ewigem Ruhm gereichen. Diese Quelle ist nicht nur im Hinblick auf die Speyerer Reformationsgeschichte sehr aufschlussreich, sondern mit ihr kann hier auch der Erstbeleg des Begriffs „Religionsgespräch“ für das 16. Jahrhundert erbracht werden (Abb. 2). Das Phänomen „Religionsgespräch“ weist eine variantenreiche Terminologie auf. Bei den städtischen Verhandlungen der 1520er Jahre wird es zum Beispiel als „Gespräch/ Handlung und Disputation“, „Unterredung, Gespräch und Disputation“ oder auch in terminologischer Häufung als „Collation, Gespräch, Verhör, Unterredung oder Disputation“ bezeichnet. Nachdem das kaiserliche Edikt von Burgos (15. Juli 1524) die Veranstaltung eines Nationalkonzils und anderer Disputationen in Glaubensangelegenheiten verboten hatte, wurde die Bezeichnung „Disputation“ jedoch zusehends vermieden. Dementsprechend ist in den später gedruckten deutschsprachigen Quellen in der Regel die Rede von einem „Gespräch“ oder „öffentlichen Gespräch“, einer „Handlung“ bzw. „Handlungen“ oder einem „freundlichen Gespräch in Religions- und Glaubenssachen“. Dem entspricht der lateinische Terminus „Colloquium“, der auch in deutschen Titeln übernommen wurde. Darüber hinaus kommt dafür im Deutschen nur noch „ein Gespräch die Religion belangend“ vor.88 Der Kompositausdruck „Religionsgespräch“ galt in der Fachwelt bislang als nicht zeitgenössisch, sondern als ein in der Forschung etablierter Terminus.89 Geprägt 88 Dingel, Religionsgespräche, 654; Dingel, Neu organisiertes Streiten?, 255f. 89 Hollerbach, Religionsgespräch, 6; Dingel, Religionsgespräche, 654f; Ortmann, Reformation und Einheit, 1; Gotthard, Augsburger Religionsfrieden, 172: „Der Ausdruck ‚Religionsgespräch‘ ist nicht zeitgenössisch, aber er hat sich in der einschlägigen Forschung etabliert“; Slenczka, Wormser Schisma, 27; zuletzt Dingel, Neu organisiertes Streiten?, 255: „Der Begriff ,Religionsgespräch‘ als solcher
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wurde der Forschungsbegriff durch Veit Ludwig von Seckendorff (1626–1692), der in seinem „Commentarius historicus et apologeticus de Lutheranismo“ auch diverse Gesprächstage behandelt, die er „colloquia de religione“ nennt.90
und wie er heute in der Forschung gängig ist, lässt sich dagegen zeitgenössisch nicht nachweisen.“; Komposita wurden bis in das 17. Jahrhundert oft auseinandergeschrieben. 90 Seckendorff, Commentarius, passim.
Die Antwort des Magistrats auf das bischöfliche Schreiben
Abb. 2 Seite mit den beiden Erstbelegen des Terminus „Religionsgespräch“ für das 16. Jahrhundert in dem Schreiben des Speyerer Magistrats an Bischof Philipp von Flersheim vom 12. April 1543 (StadtA Speyer 1 A 450/5, fol. 24v).
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2.11
Die bischöfliche Erwiderung auf den Brief des Magistrats
Das Schreiben des Magistrats vom 12. April 1543 beantwortete der Bischof vier Wochen später, am 12. Mai 1543, wie folgt. Nachdem Diller sich wohl erinnere, dass neben anderen die beiden in der Kritik stehenden Artikel durch etliche, welche die lobliche vnnd ruige Deutsche Nation inn spaltung, zwitracht vnnd vnainigkait bringen wollten und zum Teil schon gebracht hätten, gleichwohl etwas weitläufiger eingeführt und dieselben Artikel nicht nur durch etliche heilige Konzilien, sondern auch durch gelehrte, geschickte und erfahrene Personen der Deutschen Nation, Frankreichs, Italiens, Englands und anderer mehr mit Hilfe der heiligen Evangelien sowie der apostolischen, der biblischen und der approbierten Kirchenväter Lehre abgelehnt worden seien, von welcher Ablehnung Diller, als er von der geistlichen Obrigkeit zum Predigen zugelassen gewesen sei, viel gelesen und mehrmals gesagt hätte, dass diese Ablehnung begründeter sei (als die Meinung der Reformatoren), habe er, der Bischof, nicht erwartet, dass Diller, gerade in Anbetracht dessen, wie gnädig mit ihm verhandelt worden sei, als er außerhalb der gewöhnlichen Zeit gepredigt und was er dazu mitgeteilt habe, die genannten Artikel in seinen Predigten anders als zuvor und nun schon seit vielen Jahren in der gemeinen Catholischen Christlichen kyrchenn herkomenn treiben solt. Der Bischof ließ den in der Kritik stehenden Augustinerprior zwar – wenn auch mit Missfallen – weiterhin gewähren, ermahnte aber den Rat, im fußstapffen der Vorfahren bleiben und am Christlichen vatter glauben, an den Konzilsbeschlüssen und den Traditionen der hailigenn Catholischenn Christlichenn kyrchenn sowie am angenommenen Augsburger Reichsabschied von 1530 festhalten und sich nit sundernn zu wollen. Er habe nämlich als Bischof der Stadt Speyer auch den Magistrat bei Gott, gemeyner Catholisch‹en› kyrchenn, Kaisern und Königen, den benachbarten Herrschaften und auch sonst zu verantworten. Wegen der gegen die Pfarrer erhobenen Klagen verspreche er, wo sich jene ungebührlich verhielten und es ihm zu Ohren kommen sollte, dagegen vorzugehen. Was den Augsburger Reichsabschied und die darin erwähnte Reformation betreffe, wolle er dem Rat nicht verbergen, dass Erzbischof Albrecht längst seine Suffragane schriftlich kontaktiert habe, weil er, der Speyerer Oberhirte, neben Albrecht und anderen, wenn der genannte Betreff auf dem geplanten Konzil zu Trient (1545–1563) verhandelt werde, mit Gottes Hilfe alles tun wolle, das der Förderung der Ehre Gottes, der Erhaltung des Friedens und der Schaffung eines gottseligen Wesens dienlich sei.91
91 StadtA Speyer 1 A 450/1, fol. 33r–34r (Druck: EA, Nr. 12; fehlerhaft in UB Speyer 2, 553f, Nr. 288; vgl. auch Eger, Ausstellung „450 Jahre Reformation in der Stadt Speyer“, 174f); vgl. Remling, Geschichte 2, 295f; zum Trienter Konzil vgl. das grundlegende Monumentalwerk von Jedin, Geschichte des Konzils von Trient.
Einführung der Reformation am Ostersonntag 1543?
2.12
Einführung der Reformation am Ostersonntag 1543?
Aus dem Einsatz Dillers für den Laienkelch und seiner Verurteilung der altgläubigen Lehre vom Messopfer zieht Gustav Adolf Benrath den Schluss, „daß Diller damit auf eine evangelische Abendmahlsfeier vorbereiten wollte und daß vermutlich am Ostersonntag, den 25. März 1543, in Speyer ein evangelisches Abendmahl stattfand. Sollte das der Fall gewesen sein, so wäre 1543 als eigentliches Reformationsjahr von Speyer anzusehen“.92
Auch wenn sich Diller dezidiert für die Austeilung des Laienkelchs aussprach, wird er dieselbe kaum an Ostern verwirklicht haben. Denn wäre das tatsächlich der Fall gewesen, hätte der Bischof es – wie gewiss auch eine damit einhergehende offizielle Einführung der Reformation in der Stadt – in seinem nachösterlichen Schreiben an den Rat vom 12. Mai 1543 gewiss akut thematisieren wollen. Von derartigen Geschehnissen ist in dem Dokument, das Benrath bei der Aufstellung seiner Hypothese unberücksichtigt ließ, jedoch keine Rede. Der Bischof reibt sich lediglich an den beiden im Februar getätigten Predigtaussagen Dillers. Dieser Negativbefund liefert neben dem entscheidenden Faktum, dass Speyer auf dem nur kurz zuvor abgeschlossenen Nürnberger Reichstag von 1543 nicht zu den Stett so der Augspurgisch‹en› Confession od‹er› Protestation anhengig, sondern zur Partei der wenigen vnprotestierend‹en› Stette gehörte einen weiteren Terminus post quem für den offiziellen Übergang der Stadt zur Reformation.93 Jener muss aber noch weiter nach hinten gelegt werden, weil Speyer auch auf dem Speyerer Reichstag von 1544 (20. Februar bis 10. Juni) nachweislich zu den catholischen stett 94 respektive den Reichsständen der Allten Religion, oder der Augspurgischen Confesßion nit
92 Benrath, Evangelische Bewegung, 304. 93 Anno 1543 Reichstage zw Nurnberg […] Vnnd souiel nhun de‹re›n Erbarn Frey vnd Reichsstett gesanndten, wie es deßhalben gegen inen gehallten worden, belangen thut, ist zumercken das die ihenen Stett so der Augspurgisch‹en› Confession od‹er› Protestation anhengig, inn obberurter vnnd aller wie auch in and‹er›n dises Reichstags ergangnen handlung‹en›, iren mit Confesßions verwanndten Churf‹ursten› Furst‹en› vnd Stennden angehangen, vnnd sich mit inen inn rhatschlagenn, schrifften vnnd annd‹er›m eingelosßen Die iberigen der andern Religion geachte, vnnd nemlich die vnprotestierend‹en› Stette (·wiewol deren ain geringe anzal vnd nemlich inn der erste allain die baide gesanndten der Stett Speyer vnd Rotemburg ann d‹er› thauber, gewesen·) seint gmainlich wan‹n› sich die Churf‹ursten› Fursten vnnd Stennde irer Profesßion hoc est der Protestation nit verwanndt obbemellter irer schrifften vnnd annd‹er›er handlungen so sie mit den Protestierenden gepflegen verglichen gehabt, fur dieselben inn gmainen Reichsrhat beruffen vnd erford‹er›t vnnd inen irem angemassten gebrauch nach dieselb‹en› furgehallten worden (StadtA Speyer 1 B 24 Nr. 1,2 [1541–1560], alte Foliierung: fol. 354r–355r, neue Foliierung: 69r–70r). 94 DRTA.JR 15/2, 891.
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verwanndt 95 und auch auf dem Wormser Reichstag 1545 (15. Dezember 1544 bis 4. August 1545) zu denjenigen der alten Romischen Religion96 zählte.97 Die Abschaffung der Messe und die Austeilung des Abendmahls unter beiderlei Gestalt sind zur Zeit Dillers als Prediger, das heißt bis in das Jahr 1548, als er Speyer auf Befehl des Kaisers verlassen musste, jedenfalls nicht nachweisbar.98 Bedeutsam ist in diesem Zusammenhang, dass die in der Kritik stehenden Aussagen Dillers, wie dem erwähnten Bericht des bischöflichen Kanzlers Johann Rot zu entnehmen, ja auch schon früher durch etliche Ordensleute gepredigt und gelehrt worden seien, ohne in die Tat umgesetzt worden zu sein. Konklusion: Diller predigte zwar nach Ansicht der Altgläubigen Neuerungen, diese aber keineswegs neu. Und: Selbst wenn er das Abendmahl unter beiderlei Gestalt ausgeteilt hätte, wäre das kein Marker für die offizielle Einführung der Reformation. Es würde nur die Bereitschaft Dillers zeigen, dem Wunsch von Teilen der Bevölkerung nachgekommen zu sein, also eine Parallelliturgie angeboten zu haben. Dieses Phänomen ist andernorts
95 StadtA 1 B 24 Nr. 1,2 [1541–1560], alte Foliierung: fol. 315r, 415r–415v, neue Foliierung: 90r, 130r–130v). 96 Anno 1545 Reichstage zw Wormbs […] So seint einicher die gesandten nachgemellter Stett gesandten so damaln der alten Romischen Religion gewesen oder geachtet, Nemlich Colln: Rotweyl, Metz. Gmund, Speyer, Hagnaw, vnd Collmar fur die Churfurstlich‹en› Rhate, Maintz vnd Trier Auch andere Furst‹en› vnd d‹er› abwyenden Rhate vnd Pottschafft‹en› sambt inen anhengig‹en› Prelaten vnd Grauen, inn solcher handlung, vnd nemlich vff das ihenig so die kas Mt inen obgedachte Puncten Religionis, frieden vmd Rechtens halb, furhallt‹en›, mittel vnd weg furschlagen lassen etc (StadtA Speyer 1 B 24 Nr. 1,2 [1541–1560], alte Foliierung: fol. 417r, 432v, neue Foliierung: 132r, 147v). 97 Diese wertvollen Informationen stammen aus dem zweiten Teil der Registratur Gemainer Erbaren Frey vnd ReichsStett Acten souil Deren vorhanden („Reichsstädtische Registratur“) des Speyerer Stadtschreibers Melchior Scherer (StadtA Speyer 1 B 24 Nr. 1,2 [1541–1560]). Im Jahr 1551 hatte das Städtecorpus auf dem Augsburger Städtetag die Ordnung und Vervollständigung der Reichsund Städteakten durch die Anlage einer Registratur (eines ‚Zentralarchivs‘), und zwar getrennt für die Schwäbische und die Rheinische Städtebank in zwei separaten Truhen, verhandelt. Beschlossen wurde zunächst die Anstellung einer qualifizierten Person auf Kosten aller Reichsstädte, die alle Reichs- und Städteakten ordnet, fehlende Dokumente aus anderen Überlieferungen ergänzt und die Registratur anlegt. Die Anlage erfolgte in Speyer, weil dort die meisten Akten lagerten. Der nächste Städtetag sollte entscheiden, ob die Akten dupliert und in separaten Truhen für beide Bänke verwahrt und zwei Sekretäre angestellt werden. Nach anfänglichen Schwierigkeiten wurde 1557 der Speyerer Stadtschreiber Melchior Scherer zum ersten Registrator bestellt. Er legte die erste, aus Reichs- und Städtetagsakten gezogene Registratur auf dem Speyerer Städtetag von 1562 zur Begutachtung vor (DRTA unter König Wenzel, Erste Abteilung, XLIII–XLVII (Vorwort); Schmidt, Städtetag, 252f; DRTA: Reichsversammlungen 1556–1662, 2. Teilband, 1295, 1298, Nr. 520; vgl. dazu auch StadtA Speyer 1 B 24, Nr. 3,1, passim). 98 StadtA Speyer 1 A 450/6; dementsprechend ist die in der Literatur mehrfach festzustellende Behauptung, Diller habe das Abendmahl unter beiderlei Gestalt ausgeteilt mit Vorsicht zu behandeln (so in Spatz, Das evangelische Speyer, 34; Biundo, Speier im 16. Jahrhundert, 62; Eger, Speyer und die Reformation, 314; Blum Multikonfessionalität, 2).
Das kaiserliche Kirchenpredigtverbot auf dem Speyerer Reichstag 1544
belegt.99 Die Annahme des Sakraments unter beiderlei Gestalt ist grundsätzlich nur ein individuelles Bekenntnis des jeweiligen Kommunikanten zum evangelischen Glauben. Daran lässt sich nicht ablesen, ob eine Gemeinschaft, eine Stadt oder ein Territorium die Reformation offiziell eingeführt oder einen Konfessionswechsel vollzogen hat.
2.13
Das kaiserliche Kirchenpredigtverbot auf dem Speyerer Reichstag 1544
Auf dem Speyerer Reichstag 1544 (20. Februar bis 10. Juni) wurden dem Kaiser Hilfen gegen Frankreich sowie für eine Offensive gegen die Türken bewilligt.100 Als Zugeständnis dafür wurden frühere antiprotestantische Reichsabschiede und -prozesse suspendiert und die Verwendung von säkularisiertem Kirchenvermögen ermöglicht. Es wurde ein Nationalkonzil in Aussicht gestellt. Darüber hinaus kam es am 23. Mai 1544 zum Frieden zu Speyer, bei dem das Haus Habsburg auf die dänisch-norwegische Krone verzichtete und den Niederländern der Zugang zur Ostsee gewährt wurde. Mit dem Großen Speyerer Judenprivileg von 1544 bestätigte der Kaiser den Schutz der Juden und erneuerte ihre Privilegien. Ohne abschließende Regelung blieben die Reichstagsmaterien Matrikel, Polizei, Monopolien und Münzwesen. Die Ordnung der Religionsverhältnisse im Reich wurde ebenfalls vertagt. Noch vor der offiziellen Eröffnung des Reichstags kam es zu scharfen Differenzen zwischen Karl V. und den evangelischen Ständen, weil der hessische Hofprediger Dionysius Melander (um 1486–1561) öffentlich in der Kirche des Dominikanerklosters das Wort Gottes predigte. Darüber entstand ein heftiger Streit zwischen dem Kaiser und Landgraf Philipp von Hessen, der zu einem kaiserlichen Predigtverbot in der Dominikanerkirche führte.101 In ihrem Antwortschreiben vom 13. Februar auf eine Werbung des Vizekanzlers Naves zeigten sich die evangelischen Stände über das Verbot sehr verwundert. Sie fragten sich, wer so vehement dagegen sein konnte, dass sie zumindest in einer Kirche der Stadt das Wort Gottes hörten und argumentierten, dass sie doch auch auf vergangenen Reichstagen in Speyer im Maulbronner Hof (Maulpruner Howe) und in ihrer Herberge hätten predigen lassen. Damals
99 Csepregi, Ketzerakten, 160–163. 100 Zum Speyerer Reichstag 1544 vgl. Kohnle/Wolgast, Reichstage, 465; DRTA.JR 15; Hartmann, Reichstage, 82f. 101 Vgl. dazu De Boor, Beiträge, 23; fälschlicherweise wird mehrfach angegeben, dass das Verbot für die Franziskanerkirche ausgesprochen worden sei: Spatz, Das evangelische Speyer, 35; König, Reformationsgeschichte, 42; Lind, Speyer und der Protestantismus, 57; Eger, Protestationsreichstag, 14; Alter, Rachtung, 528–530.
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Die Jahre 1538 bis 1555: Der lange Weg zur offiziellen Einführung der Reformation
seien 4000 oder 5000 Menschen in einer Predigt gewesen. Beim gegenwärtigen Reichstag habe man hingegen nicht mehr als 200 oder 300 Personen bei der Predigt in der Kirche gezählt. Das lasse das Predigtverbot erst recht nicht nachvollziehbar erscheinen, zumal die altgläubigen Kolloquenten auf dem Regensburger Reichstag im Jahr 1541 – wo Karl V. den Protestanten ebenfalls keine Kirche zugestehen wollte und sie deshalb ihre Gottesdienste auch in ihren Quartieren abhalten mussten102 – die Hauptpunkte der evangelischen Lehre selbst nicht für unchristlich befunden hätten. Warum also, so fragten sich die Protestanten erneut, sollten die Altgläubigen ihnen in ainer solichen großen stadt, wo sich derzeit zahlreiche evangelische Fürsten und Stände einfänden, nicht eine Kirche vergönnen, wo ihrem volck Gottes wort gelert wurde, in welicher doch gar kein cermonien mehr gehalten werden und nur ain munch ist? Dass die Vertreter der Altgläubigen dem Kaiser vorgemacht hätten, sie würden bei der Fortsetzung der evangelischen Predigt in der Kirche vom Reichstag abziehen, wäre wahrlich eine schöne Ursache für das Predigtverbot. Gestehe man den evangelischen Ständen in diesen Winterzeiten und Sterbensläuften keine eigene Kirche zu, hätten aber viel eher sie Grund zur Abreise, zumal der Kurfürst von Sachsen im Dominikanerkloster Quartier beziehe und der pater, so wirt im haus ist, sein Einverständnis erklärt habe. Man müsse bedenken, dass das Predigtverbot gar den Kurfürsten vom Reichstag fernhalten könne. Gewiss sei aber auch, dass ein solches Verbot die Predigt nicht verhindern könne, weil die Gläubigen dann ganz einfach einen anderen Ort oder eine geräumige Herberge aufsuchten. Schließlich vermuteten die Protestanten, dass Herzog Heinrich von Braunschweig und das Kammergericht die Unterbindung der evangelischen Predigt in der Kirche betrieben, weil sie die gegnerische Seite ihrer Meinung nach gerne los gewesen wären, damit ir bose stuck desto weniger an den tag komen. Der Kaiser könne deshalb selbst ermessen, dass die Forderung des widderteils, also der altgläubigen Stände, nicht gerechtfertigt sei. Insistiere er dennoch auf dem Verbot, werde er dadurch das Vertrauen der Evangelischen zu ihrer Majestät zweifellos trüben.103 Am Valentinstag, dem 14. Februar, bestellte der kaiserliche Vizekanzler Dr. Johann von Naves den sächsischen Kanzler Dr. Franz Burkhard in das Haus des Kammerrichters. Naves eröffnete dem Sachsen, dass der Kaiser sich nicht weiter an der evangelischen Predigt in den Herbergen störe. Obwohl Landgraf Philipp ihm angezeigt habe, dass die evangelische Lehre noch zur zeit nit verdampt, sei Ihrer Majestät doch von der Gegenseite berichtet worden, dass solch lehr vorlangst verworfen und verdampt were. Der Kaiser wolle sich aber diesbezüglich gegen beide Parteien gleich verhalten. Nachdem er in dieser Sache noch keinen Beschluss gefasst habe, wolle er, dass der Landgraf die Predigt in der Dominikanerkirche bis zu der
102 Schmidt, Regensburger Reformation, 44. 103 DRTA.JR. 15/1, 210f, Nr. 38.
Das kaiserliche Kirchenpredigtverbot auf dem Speyerer Reichstag 1544
Resolution einstelle. Daraufhin bat Burkhard, ihn mit der Übermittlung dieser Werbung zu verschonen, mit der Begründung, dass ihm das bei Philipp von Hessen nur zum Nachteil gereichen werde. Naves solle das dem Landgrafen lieber durch einen Diener oder schriftlich mitteilen lassen. Der Vizekanzler beließ es denn auch dabei und schloss damit, dass er das mit dem Kaiser besprechen werde.104 Denselben Tag ließ der zur Reformation tendierende Kölner Erzbischof und Kurfürst Hermann von Wied (reg. 1515–1547), der am 10. Februar in Speyer angekommen war und mit seiner Entourage im Augustinerkloster logierte, vormittags in seiner Herberge predigen.105 Möglicherweise geschah das schon im Zusammenhang mit dem kaiserlichen Kirchenpredigtverbot für die evangelisch Gesinnten. Die sächsischen Gesandten berichteten ihrem Kurfürsten am 17. Februar, der Landgraf habe ihnen am 16. Februar mitgeteilt, wie Key. Mjt. gestern und heut nach der predigt durch gemelten Naves heftig abermals anhalten und begern lassen, die predigt in der kirchen einzustellen, und hat daneben angezeigt, dass Key. Myt. gemuet nicht sey, das predigen zu verbieten, allein dieweil es hievor uf andern tagen nicht also gehalten worden und in dieser kirchen und closter noch Munche weren, auch Messen noch alldo gehalten wurden, und die stende dieser Religion nicht gestatten wollten, do man in ire kirchen komme, Messen zu halten und dergleichen mer argumenta vorbracht, dass solchs auch fur eine Neuerung zu achten.106
Dieses durchaus missverständliche Zitat hat in der Forschung die Fehlinterpretation gezeitigt, dass dem Prädikanten des Landgrafen von Hessen die Nutzung der Dominikanerkirche mit der Begründung verweigert worden sei, dass es dort noch altgläubige Mönche und Messen gebe.107 Tatsächlich war das aber nicht der Grund für das Predigtverbot, weil der Kaiser eben genau das nicht geltend machen wollte und es sich genau andersherum verhielt: Im Dominikanerkloster wurden eben keine Messen mehr gefeiert und es lebte nur noch ein Mönch darin. Wären noch mehrere Konventualen vor Ort gewesen und Messen gefeiert worden, hätte der Kaiser die Kirche wohl erst recht nicht schließen lassen. Karl V. missbilligte den Evangelischen nur die Predigt in einer Kirche. Als weiterer Beleg dafür kann der Bericht der Straßburger Gesandten Jakob Sturm und Mattheus Geiger an den Rat ihrer Stadt vom 19. Februar herangezogen werden, wo zu den Verhandlungen über diesen strittigen Punkt Folgendes ausgeführt ist: 104 DRTA.JR 15/1, 211f, Nr. 39. 105 Dornstags Valentini, den 14. Februarii. Vormittag hat der Ebf. zu Colln im augustinercloster, darinnen er zu herberig gelegen, predigen lassen (DRTA.JR 15/2, 750f); vgl. De Boor, Beiträge, 23 Anm. 1. 106 De Boor, Beiträge, 23 Anm. 1. 107 Engels, Augustinerkloster, 31; Untermann/Warmbrunn/Wenz, Dominikanerkonvent, 453 (unter irrigem Bezug auf De Boor, Beiträge, 23).
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Die Jahre 1538 bis 1555: Der lange Weg zur offiziellen Einführung der Reformation
Weithers hat die ksl. Mt. vergangner tagen mit unserm gnedigen hern, den landtgraven (wellicher seinen hofprediger Dionisum Melanden etliche predigen in dem predigercloster, da der churfurst jetzt sein herberg hat, in der kirchen thun lassen) ainmal oder viere durch den H. Naves und andere ernstlich gehandlet und begert, solliche predigen in der kirchen abzestellen, also das er in seiner herberg predigen mög [sic!]. Mit anzaig, das es den stenden des andern tails beswerlich sei, das wir unsers tails zu Nuernberg und an andern orten unserer religion in unsern kirchen sie ire messen nit mahen lassen und sie diß predigen in iren kirchen gestatten sollen etc. Und als unser gn. H. zu Hessen sich nit abweisen lassen wöllen, sonder aufs underthenigist darfur gepetten etc., hat die ksl. Mt. gestern morgens [18. Februar] in dem, dieweil sein fstl. Gn. dem curfursten entgegengeritten, dieselbig kirch durch den rath alhie zu Speir beschliessen lassen. Was aber nun, so der churfurst alhie ist, volgen werde, mögen wir nit wissen.108
Der Kaiser ließ den Landgrafen also mehrmals (vergeblich) zur Unterlassung der Predigt in der Kirche anhalten, billigte aber zugleich die Herberge als Alternativort. Ein gewichtiger Grund für das Verbot und die Schließung der Kirche war wohl tatsächlich der Widerwille der altgläubigen Stände, bei den Protestanten die Predigt in einer Kirche der Altgläubigen zu dulden, während jene selbst der Gegenseite in Nürnberg und anderen evangelischen Orten die Messe verwehrt hatten. Am 21. Februar berichteten auch die Augsburger Gesandten ihrem Magistrat von diesem Sachverhalt: Nach einem gemeinsamen Sonntagsmahl mit mehreren Gesandtschaften am Morgen des 17. Februar habe Philipp von Hessen den Anwesenden mitgeteilt, dass er nach seiner Ankunft befunden habe, dass seine Herberge zu klain und gering sei, um das Wort Gottes darin predigen zu lassen. Deshalb habe er sich nach einer anderen Möglichkeit umsehen müssen. Er habe die Kirche des Dominikanerklosters, in dem der Kurfürst von Sachsen logieren werde, dafür am Geeignetsten gehalten. Daraufhin habe er die sächsischen Räte und den pater, so noch im closter, um deren Nutzung ersucht. Sie seien wol damit zufrieden gewesen. Da in der Kirche ohnehin keine Zeremonien mehr abgehalten werden würden, habe er sich nicht vorstellen können, dass sich jemand daran störe. Aber am Vortag und denselben Sonntag sei es zwischen den kaiserlichen Räten sowie seinen eigenen Räten und ihm selbst zu einem wilden Wortgefecht wegen des geforderten Predigtverbots in der Kirche gekommen. Er habe sich entschieden dagegen gewehrt und es nicht bewilligen wollen, obwohl die Kaiserlichen mit ihrem Argument, dass die evangelischen Stände die meß in iren kirchen auch nit leiden wurden, ihn heftig bedrängt hätten. Darüber habe er den Rat der Stände eingeholt. Sie hätten sich dezidiert für die Fortführung der Predigt in derselben Kirche ausgesprochen. Wende der Kaiser aber Gewalt an, solle noch einmal darüber beraten werden. Die
108 Zitiert nach: DRTA.JR 15/1, 212 Anm. 2; vgl. PCS 3, 457f, Nr. 435.
Das kaiserliche Kirchenpredigtverbot auf dem Speyerer Reichstag 1544
Augsburger Gesandten schließen ihre Meldung zu dem Predigtverbot mit der Feststellung, dass der Kaiser die Kirche inzwischen habe sperren lassen. Deswegen sei am Vortag, dem 20. Februar, im Kreuzgang des Dominikanerklosters gepredigt worden.109 Die gewaltsame Maßnahme des Kaisers stimmte den Augsburger Magistrat für den weiteren Verlauf sowie den Ausgang des Reichstags wenig zuversichtlich. In seinem Antwortschreiben vom 28. Februar an seine Gesandten kommentiert der Rat mit deutlichem Missmut: Die sperrung der khirchen, darinnen das wort Gottes durch unsern gnedigen herrn, den landtgraven etc., zu predigen anfahen lassen, gibt uns wenig trosts zu frid, ruhe, fruchtparer ußrichtung, sonderlich zu abwendung der vor augen wesenden not und jamers der christenhait, der allmechtig Gott wölle selbs gnedigs und barmhertzigs einsehens thun, dann wir hetten uns versehen, dieweil der vatter des closters die predig leiden mugen und di predig mit willen der von Speir des orts beschehen, das es dise wege nit gewunnen haben solt. Waß weiter hierauf erfolgt, gibt di zeit zu erkhennen.110
Als Karl V. die Kirche am Morgen des 18. Februar durch den Speyerer Magistrat hatte sperren lassen, während Philipp mit anderen dem herannahenden Kurfürsten von Sachsen entgegengeritten war, stellte man die Kanzel im Kreuzgang des Klosters auf.111 Laut dem Bericht von Bartholomäus Sastrow habe der sächsische Kurfürst selbst in einem Schenkhaus einen Predigtstuhl aufstellen lassen. Anstatt mit einer Orgel sei mit Lauten, Pfeifen, Zinken, Trompeten und Geigen musiziert worden.112 Daneben ließ der Kölner Erzbischof im Kreuzgang des Augustinerklosters weiter evangelisch predigen. In ihrem Schreiben vom 19. Februar berichten die Straßburger Gesandten Jakob Sturm und Mattheus Geiger dem Straßburger Magistrat, dass dort vorhin auch ein sehr guter Prediger, der Augustinerprior, gewesen sei, der noch tapfer in der Kirche weiterpredige (so ist vorhin ein seer guter prediger, der prior daselbst, auch darin; der fart noch dapfer für, predigt in der kirchen).113 Dillers prominenter Gast, Hermann von Wied, ließ in den Verhandlungen am 7. Juni durch seinen Abgeordneten schließlich zu seiner konfessionellen Position
109 110 111 112
DRTA.JR 15/4, 1617f. DRTA.JR 15/4, 1628. DRTA.JR 15/1, 212 Anm. 2; DRTA.JR 15/2, 752f. „Dem Churfursten von Sachssen wolt keine Kirche, sich darin predigen zulassen, nachgegeben werden, sonder braucht darzu ein Schenckhaus; darin lies er ein Stuell machen, darauf der Prediger stundt, brauchte er anstatt der Orgelen Musicam instrumentalem mit Lauten, Schwergpfeiffen, Zincken, Trammeten, Geigen in einander gestimmet; war woll zuhoren“ (Bartholomäi Sastrowen Herkommen 1, 238f). 113 PCS 3, 457f, Nr. 435.
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Die Jahre 1538 bis 1555: Der lange Weg zur offiziellen Einführung der Reformation
vernehmen, das er hinfuro der augspurgischen confession und religion verwandten (so sonst lutterisch und zwinglisch genent werden) anhenger und religionsgenoß sein wolle. Nach dieser Mitteilung trat der Kölner Oberhirte noch am selben Nachmittag die Heimreise an.114 Seine Reformversuche scheiterten allerdings, weil der Kaiser keine Machterweiterung der Protestanten in unmittelbarer Nachbarschaft der habsburgischen Niederlande duldete.115 Dillers Stadtväter blieben dagegen auch auf diesem Reichstag offiziell beim alten Glauben, sodass Speyer nachweislich zu den catholischen stett 116 respektive den Reichsständen der Allten Religion, oder der Augspurgischen Confesßion nit verwanndt 117 gehörte. Man zeigte sich dem Kaiser treu ergeben. Dementsprechend scheint der Rat es auch nicht gewagt zu haben, ihm zu widersprechen oder gar den Dienst zu verweigern, als er die Sperrung der Dominikanerkirche durch die Speyerer Obrigkeit anordnete. Damals ahnte in Speyer noch niemand, dass die Verhältnisse sich im Lauf der Zeit derart grundlegend ändern würden, dass der Magistrat fünfundzwanzig Jahre später genau das Gegenteil tun sollte, indem er mit Gewalt die Mitnutzung der altgläubigen Dominikanerkirche für den evangelischen Gottesdienst erzwungen hat.
2.14
Die Annäherung des Magistrats an die Reformation nach dem Wormser Reichstag 1545
Auf dem Reichstag von Worms 1545 (15. Dezember 1544 bis 4. August 1545) standen Themen auf der Agenda, die auf dem Speyerer Reichstag von 1544 ausgeklammert oder nicht abschließend geregelt worden waren.118 Dazu gehörten
114 115 116 117
DRTA.JR 15/2, 788. Vgl. dazu Badea, Kurfürstliche Präeminenz. DRTA.JR 15/2, 891. Anno 1544 Reichstage zw Speyr […] Item das am furnembsten wol zubehallten vnd zumercken: So haben dises Reichstags am funfft‹en› tag May Churf‹ursten› Fursten Prelaten vnnd Grauen der Allten Religion, oder der Augspurgischen Confesßion nit verwanndt, deren Stett potschafft‹en› so auch irer Religion vnnd Profesßion damaln gewesen oder geachtet, zu sich inn iren, das ist inn den gemainen Reichsrhat erfordert, haissen nidersitzen, vnnd inn den Puncten Frieden vnnd Rechtenns, ainen ieden derselben gesanndtenn seines gutbedunckens vnnd Meynung befragt, gehoert, vnnd also expresse Stannd Stim‹m› vnd Sesßion vergonnt vnnd gegeben, welches ermellter Stett gesandten angenom‹m›en, nid‹er›gesess‹en› vnnd ire stim‹m›en vnnd‹er›schiedlich gegeb‹en›, Vnnd seint nemlich diß die gesanndten der Stett gewesen, Colln, Wormbs, Speyer, Hagnaw vonn sein vnnd gmainer Landtuogtey weg‹en›, Weyssenburg im Wasgaw, Offenburg, Rotweyl, Vberlingen, Kauffbeurn vnd Leutkirch (StadtA Speyer 1 B 24 Nr. 1,2 [1541–1560], alte Foliierung: fol. 315r, 415r–415v, neue Foliierung: 90r, 130r–130v). 118 Zum Wormser Reichstag 1545 vgl. Kannengiesser, Reichstag zu Worms; Kohnle/Wolgast, Reichstage, 465; DRTA.JR 16; Vogel, Religionsgespräch, 127–193; Hartmann, Reichstage, 84f.
Die Annäherung des Magistrats an die Reformation nach dem Wormser Reichstag 1545
die Religionsverhältnisse im Reich, Matrikel, Polizei, Monopole und Münzwesen. Vor dem Wormser Reichstag hatte sich die politische Lage grundlegend zugunsten Karls V. geändert, weil sich Frankreich im Frieden von Crépy (18. September 1544) verpflichtete, die Konzilsberufung zu unterstützen und bei der Ketzerbekämpfung zu helfen. Dennoch entschied sich der Kaiser bei der Lösung der Glaubensfrage noch nicht abschließend zwischen Konzil und Gewalt. In allen wesentlichen Aspekten – Religionsfrage, Reichskammergericht und Türkenhilfe – wurde kein Konsens erlangt. Die offenen Positionen mussten erneut auf die nächste Reichsversammlung vertagt werden. Bis dahin wurde der geltende Friedstand verlängert. Vor dem folgenden Reichstag in Regensburg 1546 sollte nach dem Willen des Kaisers ein Religionsgespräch stattfinden, über das dann der Reichstag beraten sollte. Die altgläubigen Stände erhoben an der Erfordernis derartiger Kolloquien Zweifel und zeigten dementsprechend nur wenig Bereitschaft zur Teilnahme. Schon damals wurde gemutmaßt, dass Karl V. nur Zeit gewinnen wolle, um einen Krieg mit den evangelischen Ständen vorzubereiten. Im Mittelpunkt der Verhandlungen des Reichstags von 1545 standen drei für die Reichsverfassung und das Reichsrecht bedeutende Fragen: die Reichsmatrikel, die Reichsmünzordnung und die Reichspolizeiordnung. Die Beratungen darüber konnten in Worms zu einem vorläufigen Abschluss gebracht werden. Der Reichstag wird deshalb als wichtiges Bindeglied in der Entwicklung oder sogar als Voraussetzung für die Konsolidierung der Reichsverfassung und des Reichsrechts in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts gewertet.119 Die Verhandlungen der Evangelischen mit König Ferdinand I. und Kaiser Karl V. über Religion, Friede und Recht – die altgläubigen Reichsstände waren daran kaum beteiligt – traten in ihrer Bedeutung hinter die oben genannten Themen zurück. Eine Woche vor dem Ende des Reichstags, als definitiv klar war, dass die Religionsfrage nicht weiter verhandelt werden würde, fasste der Speyerer Magistrat am 28. Juli 1545 laut eines abschriftlich überlieferten Ratsprotokolls den Beschluss, neben Michael Diller einen weiteren gelehrten und mit dem Prior hinsichtlich Predigt und Meinung übereinstimmenden Prediger evangelischer Gesinnung zu berufen, der Diller bei der Katechisierung der Jugend, der Reichung der heiligen Sakramente und der Visitierung der Kranken unterstützen sollte. Sonst sollte aber biß zu nechstem Wormbsisch‹en› Reichstag vnd gemeiner Stend reformation alles so bleiben und praktiziert werden wie in anderen Kirchen und Pfarreien der Stadt Speyer auch. Aus einer Abschrift eines weiteren Ratsprotokolls vom 15. Dezember 1545 geht zusätzlich hervor, dass der neue Prediger hätte verheiratet sein dürfen. Weil der Stadtrat sich offenkundig erst von der Tauglichkeit des neuen Kandidaten überzeugen und ihn deshalb nicht gleich mit dem Predigen betrauen wollte, um wohl
119 Kohnle/Wolgast, Reichstage, 465.
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Die Jahre 1538 bis 1555: Der lange Weg zur offiziellen Einführung der Reformation
jeglichen Missmut im Volk zu vermeiden, sollte jener zunächst eine Bewährungsphase durchlaufen, in der er gemeinsam mit dem Prior die Jugend katechisieren, die heiligen Sakramente administrieren und die Kranken visitieren sollte. Der Prior hätte dann über die Eignung des Kandidaten zu befinden gehabt. Wäre dieser angenommen worden, hätte er auch predigen und einen Sold empfangen dürfen. Der Rat erklärte sein Einverständnis für den Fall, dass jener bei dem Prior sein tisch, cost, Speiß vnd Wohnung haben wollte. Eine verheiratete Person sollte aber ein Haus im Besitzstand des Augustinerordens erhalten. Die entstehenden Kosten wollte der Rat tragen.120 Wäre der Plan des Magistrats verwirklicht worden, hätte man es hier tatsächlich mit einem Prediger in einem städtischen Angestelltenverhältnis zu tun gehabt. Der Rat war offenkundig wagemutiger geworden. Die von der Forschung bislang gänzlich unbeachtete Bestimmung, dass biß zu nechstem Wormbsisch‹en› Reichstag vnd gemeiner Stend reformation alles so bleiben und praktiziert werden sollte wie in anderen Kirchen und bei anderen Pfarrern der Stadt Speyer auch, ist aber ein schlagender Beweis dafür, dass noch kein offizieller Bekenntniswechsel vollzogen worden war und man einen solchen Schritt auf jeden Fall reichsrechtlich einwandfrei und damit gesetzeskonform durch einen entsprechenden Reichstagsbeschluss abgesichert wissen wollte. Solange wollte es der Magistrat ersichtlich erst einmal bei einer Annäherung an die Reformation belassen. Man firmierte wie die benachbarte Kurpfalz – vielleicht auch unter deren Einfluss – nach außen weiterhin als altgläubig, hielt sich aber gewissermaßen subkutan für die Reformation parat und befand sich damit faktisch in einem konfessionellen Schwebezustand.121 Vermutlich beabsichtigte der Rat mit seinem Plan auch, das durch den Wegfall des Pfarrers von St. Ägidien entstandene Defizit zu beheben. Auch dieser Schritt könnte wie vielleicht auch schon die Auseinandersetzung mit der Predigtfrage in dem Bedenken von 1538 mit Blick auf das Geschehen in der benachbarten Kurpfalz erfolgt sein. Diese wurde nämlich von Kurfürst Friedrich II. (reg. 1544–1556), genannt der Weise, 1545/1546 „bis an die Schwelle der Reformation“ geführt.122 An Ostern 1545 nahm er öffentlich das Abendmahl unter beiderlei Gestalt, wodurch er sich demonstrativ zum evangelischen Glauben bekannte. 1546 verließ er vorsichtig seinen bisherigen politischen Kurs und erließ ein unverbindliches Religionsmandat, welches das Abendmahl unter beiderlei Gestalt, den deutschsprachigen Gottesdient
120 StadtA Speyer 1 A 450/2, fol. 23v–24v, 1 A 450/3, fol. 44r–46r (Druck: EA, Nr. 13) und 1 A 451/1, fol. 10r–11r; vgl. Spatz, Das evangelische Speyer, 36; Remling, Geschichte 2, 295f Anm. 925. 121 Vgl. Kohnle, Ottheinrich, 16f, 19. 122 Kohnle, Kleine Geschichte der Kurpfalz, 66; zu Friedrichs Religionspolitik vgl. Rott, Friedrich II. von der Pfalz; EKO 14, 11–22; Baar-Cantoni, Religionspolitik Friedrichs II. von der Pfalz; dies., Friedrich II. von der Pfalz (1482–1556).
Die Annäherung des Magistrats an die Reformation nach dem Wormser Reichstag 1545
und die Priesterehe erlaubte. Allerdings konnte weder die kurpfälzische Reformation von Friedrich vollends durchgeführt noch der Speyerer Prediger angestellt werden. Nachdem nämlich Karl V. im Schmalkaldischen Krieg 1546/1547 eine Militärallianz aus evangelischen Reichsständen besiegt hatte, oktroyierte er den Protestanten auf dem sogenannten Geharnischten Reichstag von Augsburg 1548 die volle Wiederherstellung des katholischen Gottesdiensts und der katholischen Kirchenbräuche. Ausnahmen waren nur für die Interimszeit bis zur Entscheidung bei der Fortsetzung des zwischenzeitlich unterbrochenen Konzils erlaubt. Das zwang den pfälzischen Kurfürsten zur Einstellung der Reformationsmaßnahmen in seinem Territorium, die erst sein Nachfolger Ottheinrich erfolgreich zu Ende führen konnte.123 Auch die Stadt Speyer musste wie die große Mehrheit der Reichstagsteilnehmer, um beim Kaiser nicht in Ungnade zu fallen, das am 15. Mai verabschiedete Augsburger Interim annehmen, durch das Karl V. die religiösen Angelegenheiten vorläufig regelte. Das kaiserliche Religionsgesetz machte die bischöfliche Jurisdiktion, die katholische Ekklesiologie und den traditionellen Frömmigkeitsapparat wieder verbindlich und stellte damit den Versuch der reichsweiten Wiederherstellung des alten Glaubens und der vorreformatorischen Einheit der Kirche dar. Von den reformatorischen Neuerungen sollte bis zur Entscheidung durch das Generalkonzil nicht mehr übrig bleiben als die – allerdings lediglich eher äußerlichen – Symbole Laienkelch und Priesterehe.124 Die Zwangsrestitutionen gereichten insgesamt allein den katholischen Minderheiten zum Vorteil. Im 1552 folgenden Fürstenaufstand verhielt sich Friedrich II. konsequent neutral. Die offizielle Einführung der Reformation wagte er bis zum Augsburger Religionsfrieden 1555, zu dessen erfolgreichen Abschluss er wesentlich beitrug, nicht mehr. Seine Krankheit und ein Pestausbruch in der Residenzstadt Heidelberg hinderten ihn aber auch in den letzten Monaten vor seinem Tod an der Umsetzung weiterreichender Reformpläne. Der offizielle Übergang der Kurpfalz zur Reformation konnte erst mit dem Regierungsantritt Ottheinrichs und dem Erlass seiner evangelischen Kirchenordnung im Jahr 1556 verwirklicht werden.125
123 Vgl. Kohnle, Ottheinrich, 11–29; Wolgast, Konfessionswechsel, 31; Roth, Ottheinrich von PfalzNeuburg; Baar-Cantoni, Friedrich II. von der Pfalz (1482–1556). 124 Vgl. Augsburger Interim Art. 28 (Das Augsburger Interim, 142f). 125 Wennemuth, Vorwort, 7f; Baar-Cantoni, Friedrich II. von der Pfalz (1482–1556), 320.
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2.15
Die endgültige Ausweisung Dillers aus Speyer 1548
Im Sommer 1547 wollte der Speyerer Kürschner Caspar Körber von dem Pfarrer der Johanniskirche (wohl Konrad Hilber) sein neugeborenes Kind taufen lassen.126 Weil dieser sich weigerte, ließ Körber eine Supplik an den Magistrat ergehen.127 Darin eröffnet der Kläger, dass ihm von Gott am 10. Juli ein Sohn und Erbe geschenkt worden sei, den er der christlichen Ordnung gemäß habe taufen lassen wollen. Deshalb habe er den Glöckner zu St. Johann aufgesucht und ihn freundlich gebeten, sich beim Pfarrer zu erkundigen, wann es ihm genehm wäre, das Kind zu taufen, denn es sei etwas schwach. Hernach habe ihm der Glöckner mitgeteilt, dass er zwischen zwölf und ein Uhr kommen solle, dann werde der Pfarrer die Taufe vornehmen. Er sei nun zusammen mit dem Gevatter, etlichen Nachbarn und Freunden zur vereinbarten Zeit vor der Kirche erschienen, wo sie von halb eins bis nach zwei Uhr auf den Pfarrer gewartet hätten. Plötzlich sei der Glöckner gekommen und dieser habe gesagt, er solle nicht warten, der Pfarrer wolle das Kind doch nicht taufen. Darauf habe er, Körber, sich nach der Ursache erkundigt und von dem Glöckner die Antwort erhalten, dass er es nicht wisse. Im Anschluss sei er selbst zu dem Pfarrer gegangen, der im Haus von Paul Huber mit der Magd von Michel Coci Würfel gespielt habe. Er habe den Pfarrer freundlich mit ungefähr den Worten angesprochen, würdiger Herr Pfarrer, ich habe euch den Messner geschickt und begehrt, mir mein Kind, das etwas schwach ist, zu taufen. Er habe seine Bitte an den Pfarrer wiederholt und ihn erneut gebeten, doch so gut zu sein und das Kind zu taufen. Dieser habe geantwortet, dass er ihm doch durch den Glöckner habe mitteilen lassen, dass er das nicht tun wolle. Dennoch habe er den Pfarrer weiterhin gebeten, das Kind zu taufen, weil es sehr schwach sei, oder ihm zumindest zu sagen, an wen er sich diß orts alternativ wenden könne. Der Pfarrer habe abermals entgegnet, dass er das Kind nicht taufen wolle und weiterhin in barschem Ton gesagt, Körber solle zu dem Münch zu den Augustinern, zu dem Buben vnnd lecker gehen und sein Kind von diesem taufen lassen. Auch alle, die dort hingingen, so äußerte der Pfarrer unverhohlen, seien Buben und Lecker. Auf diese ongepürliche Ia nit pristerliche Antwort habe er, Körber, erwidert, dass er noch von niemandem als Bube oder Lecker bezeichnet worden sei und weil er ihn so unehrenhaft antaste, halte er ihn selber für einen Buben und diebischen Lecker, und zwar solange er, der Pfarrer, seine schmähhaften erdichteten Worte gegen ihn aufrecht erhalte. Daraufhin habe er dem Pfarrer eröffnet, dass er dieses Vorkommnis dem Magistrat als seiner und des Pfarrers Obrigkeit wahrheitsgemäß beklagen und anzeigen wolle.
126 Zur Pfarrei St. Johann vgl. Engels, Palatia Sacra I/1.2, 116–129, speziell zu Konrad Hilber 121. 127 StadtA Speyer 1 A 450/1, fol. 35r–37r (Druck: EA, Nr. 14).
Die endgültige Ausweisung Dillers aus Speyer 1548
Anschließend habe er den Pfarrer verlassen, der sein Spiel mit der Pfaffenmagd fortgesetzt und vollendet habe, und sein Kind ungetauft wieder nach Hause tragen lassen. Dieses Dokument belegt eindrücklich, dass der Augustinerprior inzwischen also nicht nur bei Bischof und Domkapitel, sondern offenbar auch bei der altgläubigen Speyerer Pfarrerschaft in schwerem Verruf stand. Weder mit dem Prior noch mit denen, die seine Predigt besuchten, wollte sie anscheinend mehr etwas zu tun haben. Es sollte aber noch schlimmer für Diller kommen. Ende Juli 1548 übergab der Augustinerprovinzial Christoph Vischer dem Speyerer Magistrat eine Supplik den Augustinerprior betreffend.128 Vischer, der nicht lange zuvor beim Provinzialkapitel in Freiburg im Breisgau zum Ordensprovinzial gewählt worden war, hatte den Statuten und dem Augsburger Interim gemäß die Klöster seines Ordens zu visitieren gehabt. Bei seinem Besuch im Speyerer Augustinerkloster redete er mit dessen Prior über verschiedene Belange, vor allem aber über die Administration der Sakramente, die er in Speyer ein zeit lang praktiziert haben soll, welche und wie genau, wird nicht näher ausgeführt. Vischer ermahnte den Prior, Letzteres zu unterlassen, weil es der Christlich‹en› ordenung und der Religionsdeklaration des Kaisers entgegenstehe. Der Prior habe darauf geantwortet, dass wenn ihm der Provinzial und die Ordensväter etwas auferlegten, womit er einverstanden sei, wolle er gerne Folge leisten. Aber auf das, was der Provinzial da von ihm verlange, wolle er keinesfalls eingehen. Er könne das auch nicht einfach so tun, ohne den Stadtrat darüber in Kenntnis zu setzen. Das wollte der Provinzial nicht glauben und hoffte, dass es nicht zuträfe und die Aussage des Priors lediglich ein Vorwand für seinen Ungehorsam sei und er den Rat nur zu einem deckmentle verwende. Der Provinzial antwortete dem Prior, er werde das dem Rat mitteilen, und sollte dieser ihm, dem Provinzial, tatsächlich seine Hilfe verweigern, werde er sich genötigt sehen, darüber bei der zuständigen Instanz, nämlich bei ihrer kaiserlichen Majestät, Klage zu erheben. Über was sie sonst gesprochen hatten, hielt der Provinzial der Mitteilung für unerheblich. Weil sich der Prior hinsichtlich seines Gehorsams hinter dem Rat versteckte, richtete der Provinzial in seinem und seiner Mitbrüder Namen an den Magistrat die demutig vlelich bitt, den Prior dazu zu bewegen, den Ordensstatuten, die er zehn Jahre zuvor selbst hätte helffen ordnen vnd setzen, und der kaiserlichen Erklärung in Sachen Religion gemäß gehorsam zu sein, damit er, der Provinzial, die Angelegenheit nicht weiter verfolgen müsse, was er auch viel lieber vermeiden würde. An der Kooperation des Rats hatte er jedenfalls keinen Zweifel. Die Antwort des Magistrats ließ nicht lange auf sich warten: Er habe dem Prior nie befohlen, sich seiner Obrigkeit zu widersetzen. Wahr sei aber, dass der Rat den
128 StadtA Speyer 1 A 460, fol. 4r–4v (Druck: EA, Nr. 15); vgl. dazu StadtA Speyer 1 A 450/3, fol. 46r.
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Prior ersucht habe, dem Christlichen volck alhie in seinem Kloster an Sonn- und Feiertagen morgens um sieben Uhr das Wort Gottes zu predigen, was er bisher auch getan und sich dabei so verhalten habe, dass ihn der Rat vor Jahren gegen den Kaiser und den Bischof von Speyer verteidigt und der Prior in der Folge sein Amt weiterhin ausüben gedurft habe. Der Magistrat hoffte, der Kaiser und der Bischof würden ihn auch künftig gewähren lassen, weil nach seiner Auffassung gegen den Prediger kein Vorwurf erhoben werden konnte. Der Rat unterbreitete dem Provinzial den Vorschlag, den Prior weiterhin sein Predigeramt versehen zu lassen. Der Provinzial könne auch andere zur Feier der Messe hierher verordnen, sodass dem Kaiser Genüge getan werde, und die, welche keine Messe lesen wollten, versetzen. Auch wenn das in dem Dokument nicht explizit erwähnt wird, scheint Diller in Absprache mit dem Magistrat seit einiger Zeit schließlich doch die Communio sub utraque specie ausgeteilt zu haben. Denkbar wäre vielleicht sogar die simultane, womöglich aber in zeitlich versetztem liturgischem Kontext erfolgte Administration des Abendmahls unter einer als auch unter beiderlei Gestalt, je nach Wunsch der Kommunikanten, wie es Katalin Péter für einige Orte in der Slowakei beobachten konnte.129 Möglicherweise sah der Prior diese Praxis durch die Genehmigung des Laienkelchs im Interim legitimiert. Dass der Rat sich hier offensichtlich auf einen Kompromiss mit dem Provinzial einließ, kann als weiteres Indiz dafür gedeutet werden, dass Speyer noch nicht offiziell zur Reformation übergetreten war. Denn wäre die Messreform offiziell durchgeführt gewesen, hätte der Magistrat auf dem Abendmahl unter beiderlei Gestalt bestehen können, weil es vom Interim abgedeckt gewesen wäre. Auf den Vorschlag des Magistrats entgegnete der Provinzial nun im Weiteren, dass er das selber schon in Erwägung gezogen hätte, es aber alles nichts bringen würde, da sich kein Priester zu dem Prior verordnen lasse, weil dieser keinen Neuling unbehelligt ließe. Als der Prior einmal eine Zeitlang bei ihm im Mainzer Kloster gewesen sei, habe es auch dort furchtbaren Streit gegeben, wobei ihm die Mitbrüder sogar Gewalt angetan hätten. Der Bitte des Rats, ein Nachsehen mit dem Prior zu haben, begegnete der Provinzial lakonisch, dass wenn der Prior seinen Anordnungen Folge leiste, so were den sachen geholffenn. Der Prior wurde darüber in Kenntnis gesetzt und ihm aufgetragen, sich danach zu richten.130 Am 30. August 1548 berief Antoine Perrenot de Granvelle (1517–1586), Bischof von Arras, kaiserlicher Geheimrat und in der Zeit von 1545 bis 1550 häufiger Unterhändler Karls V., morgens um zehn Uhr den Bürgermeister der Stadt Speyer Conrad Lutz und Altbürgermeister Friedrich Meurer vor sich, um ihnen durch
129 Péter, Studies, 77–81; Csepregi, Ketzerakten, 160–163. 130 StadtA Speyer 1 A 450/6, fol. 16r–17v (Druck: EA, Nr. 16); vgl. dazu Spatz, Das evangelische Speyer, 37.
Die endgültige Ausweisung Dillers aus Speyer 1548
den kaiserlichen Rat Heinrich Hase gewissermaßen die Gretchenfrage stellen zu lassen, wie sich die vonn Speir in der Religion zuhaltenn gedechtenn.131 Außerdem befahl der Kaiser, den Augustinerprior, der Speyer vorsichtshalber wieder verlassen haben soll, keinen Einlass mehr in die Stadt zu gewähren. Weil Diller bei etlichen Leuten den angenehmsten Unterschlupf gehabt hätte, sollte der Rat anordnen, dass niemand ihn bei sich aufnehmen noch verköstigen dürfe. Im Fall der Rückkehr des Priors in die Stadt sollte er inhaftiert und der Kaiser darüber in Kenntnis gesetzt werden, sodass jener wie gegebenenfalls auch der Unterschlupfgewährer seine Strafe erhalten sollte. Auch der Stadtschreiber und der Schulmeister sollten entlassen und der Stadt verwiesen werden. Lutz und Meurer baten daraufhin um Geduld, denn sie wollten zunächst am folgenden Tag mit dem Rat darüber verhandeln. Der Kaiser erinnerte jenen nachdrücklich an die herrscherlichen Gnaden und Wohltaten an der Stadt Speyer. Der Rat ließ den Kaiser wissen, dass er dies keineswegs vergessen habe und ihrer Majestät auch weiterhin treu ergeben bleibe. Karl V. begehrte ferner zu wissen, wie es um die Klöster und Pfarreien in Speyer stehe, weil er den Eindruck hatte, dass sie ebenfalls mit untauglichen Personen versehen seien. Die Bürgermeister antworteten, dass viele Pfarreien der Stadt mit ungelehrten, liederlichen und eines bosenn Exempels Personen besetzt und die Klöster nahezu verlassen seien. Im Dominikanerkloster befinde sich noch ein Konventuale, im Augustinerkloster seien noch zwei, bei den Franziskanern und im Heilig-Grab-Kloster jeweils noch vier Mönche. In der nachmittäglichen Ratssitzung erstatteten die vom Magistrat Verordneten Bericht über die Unterredung mit den kaiserlichen Räten. Man wollte in der Angelegenheit jedoch nicht ohne den alten Rat entscheiden, weshalb sich die beiden Räte am folgenden Freitag trafen. Es wurde beschlossen, dem Stadtschreiber Johann Eßlinger und Schulmeister Johann Müller (Myläus) den kaiserlichen Befehl mitzuteilen, dass sie beide noch denselben Tag entlassen werden und die Stadt verlassen sollten. Eßlinger und Müller baten den Magistrat nach der Benachrichtigung, dass er beim Kaiser um ihre Anhörung ersuchen möge. Noch freitagabends um fünf Uhr brachten Conrad Lutz, Niclaus Silberrad, Friedrich Meurer und Jost Rollwagen im Namen der beiden Stadträte den kaiserlichen Räten vor, dass sich der Magistrat der Stadt Speyer sehr wohl an die empfangenen Gnaden ihrer kaiserlichen Majestät erinnere und sich dafür über die Maßen bedanke und er ihrer kaiserlichen Majestät als ihrem rechten Haupt und Herrn stets untertänigsten Gehorsam entgegenbringen wolle. Was die Religion betreffe, so wolle sich der Rat strikt an den Augsburger Reichsabschied halten. Deshalb wären der Schulmeister und der Stadtschreiber dem Befehl des Kaisers gemäß
131 StadtA Speyer 1 A 450/6, fol. 5r–14v (Druck: EA, Nr. 17); zu Antoine Perrenot de Granvelle vgl. Banz, Höfisches Mäzenatentum, 15–76; zu Heinrich Hase vgl. Stuck, Personal, 41f, 107.
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entlassen und beiden auferlegt worden, noch denselben Tag Speyer zu verlassen, und den Ratsmitgliedern sollten Aufnahme und Verköstigung des Augustinerpriors verboten werden. Der Rat habe den Augustinerprior vor einigen Jahren, nachdem er im Kloster und andernorts in bischöflichem Auftrag gepredigt habe, dahin vermocht, anstatt wie gewöhnlich nachmittags morgens zu predigen. Aber er habe nichts außer der Heiligen Schrift sowie die Lehre der Kirchenväter verkünden und lehren sollen, damit das Volk, das die altgläubigen Pfarrer nicht mehr hören wolle, doch nit gar vonn der gotts forcht abkäme. Der Rat hatte befunden, dass der Prior durch seine Predigt in den vergangenen schweren Zeiten das Volk zu keinerlei Widrigkeiten gegen den Klerus bewegt habe. Was der Stadtschreiber und der Schulmeister getan haben sollten, war dem Rat gänzlich verborgen geblieben. Dieser ließ um eine Anhörung der drei Angeklagten beim Kaiser bitten. Die kaiserlichen Räte entgegneten, dass sie vernommen hätten, warum der Magistrat den Prior mit der vormittäglichen Predigt beauftragt habe und die Pfarreien nicht zum Besten versehen seien, sodass das Volk die Pfarrer nicht hören wolle. Sie wüssten aber, dass jetzt im Dom ein gelehrter Prediger guten Wesens sei, bei dem jeder, der eine Predigt hören wolle, bestens aufgehoben wäre. Die drei Angeklagten sollten wie vom Rat erbeten die Möglichkeit zur Vorsprache und zur Entschuldigung beim Kaiser erhalten, sich aber auch im Gottesdienst unanstößig verhalten. Am folgenden Samstag wurden diese Angelegenheiten im Rat besprochen und am selben Tag tat man in den Zünften kund, dass der Kaiser angeordnet habe, den Augustinerprior nicht bei sich aufzunehmen und ihn im Fall seiner Rückkehr nach Speyer samt seinem Unterschlupfgewährer in Haft zu nehmen. Ein jeder solle sich danach richten. Schließlich wurden alle drei, der Augustinerprior, der Stadtschreiber und der Schulmeister, der Stadt verwiesen. Nach der Ausweisung des Letzteren wurde die Ratsschule vom Dominikanerkloster in die Bäckerstube verlegt.132 Als neuer Schulmeister wurde 1549 auf Ratsbefehl Israel Achatius (genannt Boßler) von Heilbronn von den beiden Schulverwaltern Hans Weickh und A. Sieß angenommen.133 Michael Diller war zunächst nach Straßburg geflohen und wandte sich im Frühjahr 1549 als „Interimsflüchtling“ nach Basel, bevor er im Herbst 1552 von Pfalzgraf Ottheinrich als Hofprediger und Reformator in das zurückgewonnene Herzogtum Pfalz-Neuburg berufen worden ist. Als Ottheinrich 1556 das pfälzische Kurfürstenamt antrat, wurde Diller – wie erwähnt – Hofprediger in Heidelberg. Im selben Jahr wirkte er an der Verfassung der kurpfälzischen Kirchenordnung mit. 1557 nahm er am Wormser Religionsgespräch teil. Nach Speyer ist Diller nie wieder zurückgekehrt.134
132 Vgl. dazu Spatz, Das evangelische Speyer, 37. 133 StadtA Speyer 1 A 450/2, fol. 25r. 134 Vgl. Benrath, Evangelische Bewegung, 305; Jenny/Bodenmann, Diller.
Die Reaktion der Speyerer Bürgerschaft auf die Ausweisungen
2.16
Die Reaktion der Speyerer Bürgerschaft auf die Ausweisungen
Nach der Verbannung Dillers und der beiden anderen, offensichtlich ebenfalls evangelisch gesinnten Personen aus der Stadt sendeten die Speyerer ein deutliches Signal des Missfallens. Fortan verweigerte der Großteil der Bürgerschaft den Besuch des Gottesdiensts. Der Rat war darüber alles andere als erfreut und reagierte am 21. November 1548 mit dem Erlass eines Dekrets.135 Er verweist darin auf den sich in der Vergangenheit in Form verschiedener Plagen offenbarenden Zorn Gottes, den der Rat ausschließlich in der mangelhaften Ehrbekundung gegenüber dem Allmächtigen begründet sah, deren Förderung seiner Meinung nach dem Menschen eigentlich am Allerwichtigsten hätte sein sollen. Stattdessen hätte man, so der Magistrat, aber offenkundig lieber den zeitlichen Dingen gefrönt und lieber die Wirtsals die Gotteshäuser besucht. Das Volk sollte jedoch den Gottesdienst besuchen und sich eines löblichen Lebenswandels befleißigen. Den konstatierten Missstand wollte der Rat jedenfalls nicht länger dulden. Deshalb mahnte er die Bürgerschaft zur Besserung, vor allem, dass sie den Gottesdienst gewissenhaft und primär an den dafür vorgesehenen Sonn- und Feiertagen besuchen, ihr anstößiges Verhalten, das Trinken, Spielen und dergleichen, unterlassen und sich in ihrem christlichen Wesen und Wandel so verhalten, dass der Zorn Gottes nicht noch weiter provoziert, sondern etwas abgemildert werden sollte. Außerdem wurde der Bürgerschaft aufgetragen, keine verbotenen Versammlungen oder heimlichen, verdächtigen und ungebührlichen anleyttung‹en› (wahrscheinlich religiöser Unterricht) zuzulassen. Damit würde sie, so der Inhalt des Dekrets, nicht nur dem Willen des Rats, sondern in allererster Linie dem des Allmächtigen gehorsam Folge leisten. Die Mahnung des Magistrats scheint kaum positive Resonanz gefunden zu haben. Bereits 1548/1549 soll er selbst seine grundlegende Abneigung gegen die Gebräuche der altgläubigen Kirche durch das Fernbleiben bei den öffentlichen Prozessionen zum Ausdruck gebracht haben.136 Gerade derartige Veranstaltungen, bei denen die altgläubigen Minoritäten mit wehenden Fahnen durch die mehrheitlich reformatorisch gesinnten Städte zogen, stellten für die Evangelischen gewiss eine Provokation sondergleichen dar.137 Keine Frage: Der Großteil der Speyerer Bürgerschaft und der Rat wollten sich jetzt nicht mehr beugen. Man war nur noch offen für die Verkündigung des Evangeliums in lauterer und reiner Form. Alles andere stand für die reformatorisch Gesinnten der Stadt nicht mehr zur Debatte. Und das sollte sich auch nicht mehr ändern. Die Zeichen standen klar auf offiziellen Übertritt
135 StadtA Speyer 1 A 450/6, fol. 18r–19r (Druck: EA, Nr. 18). 136 Spatz, Das evangelische Speyer, 38, im Jahr 1549; laut König, Reformationsgeschichte, 45, im Jahr 1548. 137 Vgl. Gotthard, Augsburger Religionsfrieden, 15.
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zur Reformation, der jedoch aufgrund der Intention des Interims, die reformatorische Entwicklung zu brechen, vorerst verwehrt blieb. Die Menschen mussten sich noch sieben Jahre gedulden, bis sie den eingeschlagenen reformatorischen Kurs fortsetzen und die Reformation in ihrer Stadt reichsrechtlich einwandfrei offiziell einführen, institutionalisieren und konsolidieren konnten. Solange verharrten sie mit Protesthaltung in einem konfessionellen Schwebezustand.
2.17
Verhandlungen des Magistrats mit dem Bischof im unmittelbaren Vorfeld des Augsburger Religionsfriedens
Am 14. März 1555 suchte eine Speyerer Ratsdelegation Bischof Rudolf von Frankenstein (reg. 1552–1560) in der fürstbischöflichen Residenz Udenheim (heute Philippsburg) auf und besprach mit ihm diverse religiöse Angelegenheiten. Der dazu überlieferte Bericht138 beginnt wie folgt: Nachdem der Statt Speir Burgerschafft vnd Inwoner auß mangel Christlicher Predicanten vnd anstellung vnd reichu‹n›g der Sacrament‹en› wie die von gott dem almechtigen eingesetzt worden dermaßen vnnd also rogloß word‹en› das zum theil niemants / dweyl mann eß nur allein der Rhomischen Religion nach gehalten / zu kirchen gang‹en› vnd also gott vnd sein hailigs wortt in windt geschlagen ein theil aber zusamen in die heuser gangen vnd die gedruckte vnnd außgangene tractetlin miteinand‹er› gelesen vnnd dann die ibrigen hin vnnd wid‹er› in die nechst vmbligende flecken vnd dorffer do mann die Sacramenten wie sie eingesetzt gereicht word‹en› gelauff‹en›.
Daniela Blum interpretiert diese Passage in ihrer jüngst erschienenen Dissertation zur „Multikonfessionalität im Alltag“ der Stadt Speyer in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts dergestalt: „In einem ‚Anbringen des Raths bei dem Bischoff, den status relig: betreffend, Ao 1555, nach dem Passauer Vertrag‘ beklagte sich der Magistrat über unzureichendes Personal in den katholischen Kirchen.139 Die Reformbedürftigkeit der altgläubigen Kirche präsentierte sich als ein personalisiertes Problem der wenig ausgebildeten, teilweise heruntergekommenen, oft geradezu verlotterten Geistlichen. Ein katholischer Einwohner
138 StadtA Speyer 1 A 450/7, fol. 2r–4r (Druck: EA, Nr. 19). 139 Daniela Blum interpretiert diesen Bericht irrigerweise als „Schreiben des Rats der Stadt Speyer an Bischof Philipp von Flersheim, 14. März 1555“ (Blum, Multikonfessionalität, 2f Anm. 13f). Falsch ist auch die Nennung Philipps von Flersheim, der bereits 1552 verstorben war. Der damals amtierende Bischof war Rudolf von Frankenstein.
Verhandlungen des Magistrats mit dem Bischof im Vorfeld des Augsburger Religionsfriedens
Speyers nahm den Zustand der zerrütteten, noch vor der eigenen Reform stehenden römischen Kirche in Person des Pfarrers wahr, der ihm am Sonntag predigen und an den Knotenpunkten der eigenen Biografie die Sakramente zukommen lassen sollte. Die Reaktionen der altgläubig Gebliebenen vollzogen sich in räumlichen Bewegungen: Sie wichen auf die Pfarrer außerhalb der Stadtmauern aus. Statt in ihre Pfarrkirchen gingen sie auf die Dörfer hinaus, wo ‚man ihrer opinion nach das wortt gottes verkhündigt‘ und die Sakramente in traditioneller Weise empfangen konnte. Zu diesem Zeitpunkt, nach dem Augsburger Religionsbescheid 1555, war der allergrößte Teil der Stadtbevölkerung bereits lutherisch. Aber die konfessionellen Restbestände – 0,5% Calvinisten, 0,5% Katholiken – verhinderten eine lutherische Homogenität.“140
Das ist eine klare Fehlinterpretation. Das Treffen zwischen Rat und Bischof fand nicht nach, sondern rund sieben Monate vor dem Augsburger Religionsfriedensschluss statt.141 Der Magistrat sorgte sich nicht um die Katholiken, sondern – wie sollte es auch anders gewesen sein – um die Bürger, die seit Jahrzehnten die Verkündigung des Evangeliums in lauterer und reiner Form begehrten. Mangels „christlicher Prädikanten“, die eben genau dieser Forderung gerecht wurden, und an der Reichung der von Gott eingesetzten und damit in der Bibel bezeugten Sakramente, das heißt hier die von Luther anerkannten Sakramente Taufe, Abendmahl und Beichte, sowie der ausschließlichen Feier des Gottesdiensts allein der Rhomischen Religion nach infolge der kaiserlichen Säuberungsaktion in Sachen Religion unruhig geworden, gingen die meisten Speyerer Bürger, die ja evangelisch gesinnt waren, nicht mehr zum Gottesdienst in die Kirche, sodass, wenn sie sich nicht als Konventikel in Hausandachten versammelten, also Gott und sein Heiliges Wort in den Wind geschlagen wurden. Ein kleiner Teil der Bevölkerung hielt – wie ausdrücklich erwähnt – Privatversammlungen respektive Hauskreise zur gemeinsamen Lektüre der veröffentlichten (religiösen) Traktate142 ab, und der Rest besuchte gelegentlich in den umliegenden Dörfern die Gottesdienste, wo die von Gott eingesetzten, also die in der Bibel bezeugten, und keinesfalls die, wie Blum meint, in traditioneller, also katholischer Weise empfangenen Sakramente gespendet wurden. Außerdem beklagte der Rat beim Bischof zahlreiche Beschwerden von Fremden und Einheimischen darüber, dass etliche, die an ihrem letzten Ende die Sakramente gemäß der Einsetzung Christi begehrt hätten, dieselben nicht empfangen hätten und deshalb mit nicht geringer Beschwerung ihres Gewissens
140 Blum, Multikonfessionalität, 2f. 141 Zum Augsburger Religionsfrieden vgl. Gotthard, Augsburger Religionsfrieden, mit umfangreichem Quellen- und Literaturverzeichnis; Hoffmann/Johanns/Kranz/Trepesch/Zeidler, Als Frieden möglich war. 450 Jahre Augsburger Religionsfrieden; Schilling/Smolinsky, Augsburger Religionsfrieden. 142 Eventuell Luthers Postille.
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hätten sterben müssen.143 Deshalb bat der Rat den Bischof um die Behebung dieses nicht mehr zu duldenden Missstands. Der Rat beklagte also nicht in erster Linie die Qualität der altgläubigen Pfarrer, sondern die Tatsache, dass es in der Stadt keinen Prediger mehr gab, der wie Michael Diller das reine Gotteswort verkündete oder die in der Gemeinde begehrten, von Christus eingesetzten Sakramente spendete. Zudem gefiel dem Rat nicht, dass inzwischen wegen dieser Zustände auch die Anabaptisten in der Stadt Sympathie erfahren hatten. Aufgrund dieser beim Rat besorgniserregenden Entwicklungen begab sich die Ratsdelegation nach Udenheim zu Bischof Rudolf von Frankenstein, um mit ihm im Beisein des Lauterburger Vogts, des Kanzlers und einem gewissen Conrad Jung darüber zu verhandeln. Der Rat wusste zwar von niemandem aus der Bürgerschaft, der sich als Anabaptist bekannte, hatte aber in Erfahrung gebracht, dass etliche Bürger sich versammelten, um gemeinsam die gedruckten deutschen Traktate zu lesen, und zu den flecken vnnd dorff do mann irer opinion nach das wortt gottes verkhundigt vnd die Sacramenta reichet giengen vnd sich derselbigen gepraucht‹en›. Es wurde befürchtet, dass sich aus solchen Konventikeln ganz leicht allerhand Unannehmlichkeiten für den Rat und viele Bürger entwickeln könnten. Der Mangel an „christlichen Prädikanten“ hatte in der Bevölkerung Unzufriedenheit gestiftet, was gewiss radikalen religiösen Strömungen wie den Anabaptisten/der Gläubigentaufe einen günstigen Boden bereitete. Jetzt befand man sich im Prinzip wieder in derselben misslichen Lage wie im Jahr 1538, als man das Predigtbedenken aufgrund der zunehmenden Unruhe in der Bürgerschaft wegen empfundener religiöser Defizite in Auftrag gegeben hatte, dem schleym darin man vor gesteckt were, um dieses Gutachtenzitat noch einmal zu bemühen. Deshalb bat der Rat den Bischof, sich um die höchst brisanten Angelegenheiten zu kümmern. Der Bischof zeigte sich einerseits sehr erfreut darüber, dass kein Bürger sich zur Täufertheologie bekannte und damit befleckt vorhand‹en› were, andererseits aber erschrocken über die allerhandt Conuentickel, in denen die frisch erschienenen Traktate gelesen wurden. Er versprach, sich der vorgebrachten Probleme anzunehmen. Was allerdings seinen Klerus anbelangte, ging er von dessen gewissenhafter Amtsverrichtung aus. Eventuell Pflichtsäumige versprach er zur Rechenschaft zu ziehen und gegebenenfalls von ihrem Amt zu suspendieren. Alles in allem müsse man sich aber, so schließt der Bischof, an die Konzilsbeschlüsse halten und die Ergebnisse des derzeit (seit 5. Februar) tagenden Reichstags in Augsburg abwarten, wo die Religionsangelegenheiten der erste Punkt auf der Agenda waren.
143 Vgl. Spatz, Das evangelische Speyer, 38.
3.
Die offizielle Einführung der Reformation nach dem Augsburger Religionsfrieden und der Prozess der evangelischen Konfessionsbildung
3.1
Die Institutionalisierung und Konsolidierung der Reformation und die damit einhergehende Konfessionsbildung
Seit den 1520er Jahren waren in Speyer reformatorische Ideen eingedrungen, die rasch zirkuliert und eine große Anhängerschaft gefunden hatten. Im Frühjahr 1525 oktroyierten Vertreter der Stadt der Geistlichkeit einen Vertrag mit mehreren Artikeln reformatorischer Prägung. Nach dem kurz darauf erfolgten Scheitern dieses Unterfangens und der Verlegung des altgläubig besetzten, politisch wie ökonomisch bedeutenden Reichskammergerichts 1527 nach Speyer wagte die städtische Obrigkeit trotz in der Stadt allseits gehegter Sympathien für den neuen Glauben mehr als ein Jahrzehnt lang keinen weiteren dezidierten Annäherungsversuch an die Reformation. Erst 1538 beauftragte der Rat eine Kommission mit der Abwägung über Verhandlungen mit zwei evangelisch gesinnten, gelehrten und integren Predigern in der Stadt wegen der Verkündigung des Evangeliums in lauterer und reiner Form. Das darüber verfasste Bedenken sah vor, dass einer der beiden wie bisher und der andere an Sonn- und Feiertagen anstatt wie gewöhnlich nachmittags in der Frühe von sieben bis acht Uhr predigen sollte, beide jedoch ohne fest angestellt und besoldet zu werden. Das wurde erst über ein Jahr später aufgrund einer grassierenden Pestepidemie verwirklicht. Diese Entwicklung versetzte sowohl den Bischof als auch den Kaiser in Alarmbereitschaft, weil man befürchtete, dass die Speyerer Obrigkeit die offizielle Einführung der Reformation anstrebt. Tatsächlich reagierte der Magistrat aber auf die zunehmende Unruhe in der Bürgerschaft, die immer lauter die Möglichkeit für alle forderte, das reine Gotteswort an geräumigeren Orten hören zu können. Die Realisierung dieses Postulats zur Wahrung des innerstädtischen Friedens war das Hauptmotiv bei der Durchführung der geplanten Maßnahme des Rats – also reiner politischer Pragmatismus, kein direkter Ausdruck reformatorischer Tendenzen, wenngleich solche vorhanden gewesen sein dürften. Der Plan ging offenkundig auf, denn weitere diesbezügliche Beschwerden seitens der Bevölkerung sind nicht überliefert. Den offiziellen Übertritt zur Reformation hatte die Stadtobrigkeit, wie aus dem Predigtbedenken sowie ihrer Korrespondenz mit der Geistlichkeit und dem Kaiser der Predigt des Augustinerpriors Michael Diller wegen klar hervorgeht, aber nicht intendiert. Dieser Schritt wurde nicht vor dem Augsburger Religionsfrieden vollzogen. Bis dahin war das reformatorische Geschehen in der Stadt ‚lediglich‘ Teil der im frühen 16. Jahrhundert einsetzen-
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Die offizielle Einführung der Reformation und der Prozess der Konfessionsbildung
den reformatorischen Bewegung. Das bislang für Speyer allgemein anerkannte Reformationsjahr 1540 wie auch das von Gustav Adolf Benrath vorgeschlagene Jahr 1543 sind mit Nachdruck für obsolet zu erklären. Zum einen gehörte die Stadt sowohl 1543 als auch 1544 noch zu den altgläubigen Ständen, zum anderen können weder die evangelische Predigt als „Ur-Medium der Reformation“1 noch die Austeilung des Abendmahls unter beiderlei Gestalt (ohne administrative und normative Verbindlichkeiten geschaffen zu haben) als sichere Indikatoren für die offizielle Einführung der Reformation in einer Stadt oder einem Territorium dienen. Durch die Wahrnehmung beider liturgischen Elemente werden grundsätzlich zunächst nur individuelle religiöse Neuausrichtungen bzw. Bekenntnisse zum Ausdruck gebracht. Die Reichung des Laienkelchs spielt für Speyer bei der Eruierung eines potentiellen Reformationsjahrs aber ohnehin keine Rolle, weil jene – aufgrund der bewusst unklar formulierten schriftlichen Äußerungen – hier nicht vor 1555 belegbar ist. Man hat ja überhaupt wenig genauere Kenntnis über das kirchliche und gottesdienstliche Leben in Speyer in den davorliegenden Dezennien.2 Erst mit der Aufhebung des kaiserlichen Interims durch den Augsburger Religionsfrieden, der paragraphische Summenzug der Reformationszeit3 , wagte der Speyerer Magistrat im Zug der letzten Reformationswelle die sukzessive Institutionalisierung und Konsolidierung der reformatorischen Tendenzen und Praktiken in seiner Stadt.4 Denn jetzt war die dauerhafte kodifizierte und damit verbindliche Rechtsgrundlage für die offizielle Durchführung der Reformation geschaffen. Jeder weltliche Reichsstand verfügte ab sofort über das Reformationsrecht (Ius reformandi). Konzilsbeschlüsse, päpstliche oder kaiserliche Interventionen verloren ihr Einschüchterungspotential. Die Protestanten standen fortan auf einem soliden Rechtsboden.5 Die Speyerer Ausgangslage war der in den Nachbarterritorien Kurpfalz und Baden ähnlich, die Armin Kohnle zusammenfassend als „konfessionell nicht fixierte, aber zur Reformation tendierende Situation in Kurpfalz und Baden-Pforzheim; gleichfalls offene, aber an einer reformatorischen Entwicklung durch bayerischen Einfluß gehinderte Situation in Baden-Baden“ charakterisiert.6 Oberste Kirchenbehörde war für die Speyerer Protestanten fortan der Magistrat. Das Bekenntnis des Rats und der städtischen Mehrheit zur Reformation sollte – wie es allgemein gängige Praxis war – durch eine für die gesamte evangelische Gemeinde verbindliche und Konformität schaffende Kirchenordnung institutionell
1 2 3 4 5 6
Reinhard, Reichsstadt und Reformation, 107. Jung, Zur Geschichte des evangelischen Gottesdienstes, 98; Eger, Reformation und Protestation, 23. Vgl. Gotthard, Augsburger Religionsfrieden, 21, 171–239. Vgl. Seebaß, Gottes Wort, 75f; Bümlein, Speyer – Michael Diller, 379f. Gotthard, Augsburger Religionsfrieden, 7. Kohnle, Kurpfalz, Baden und der Augsburger Religionsfrieden, 27.
Die Institutionalisierung der Reformation und die Konfessionsbildung
und normativ verankert und damit auch offiziell zum Ausdruck gebracht werden. Die in der Regel von Theologen verfasste Kirchenordnung war ein „Produkt der Obrigkeitsreformation“ und das wichtigste theoretische Instrumentarium zur administrativen Einführung der Reformation.7 Kirchenordnungen geben auf der Grundlage der evangelischen Lehre die Richtlinien für den Bekenntnisstand eines Territoriums oder einer Reichsstadt, für den die Gottesdienste und die übrigen Amtspflichten der Geistlichen umfassenden Bereich des Kultus, für eherechtliche Belange sowie für den weiten Bereich der Sittenzucht, ferner für die Leitungsorgane der entstehenden evangelischen Landeskirchen.8 In zahlreichen Kirchenordnungen sind auch Bestimmungen für den Auf- oder Ausbau des Schulwesens vorhanden. Die ersten reformatorisch geprägten Kirchenordnungen waren bereits in den 1520er Jahren verfasst worden, flächendeckende Verbreitung fanden sie allerdings erst nach 1555, als nach dem Augsburger Religionsfrieden die von der Reformation geprägten Herrschaftsterritorien und Reichsstädte wie Speyer eine reichsrechtlich endgültig gesicherte Stellung ihres Reformations- bzw. Konfessionsstands erreicht hatten. Häufig wurden bereits bestehende Ordnungen anderer Territorien oder Städte vollständig oder teilweise übernommen und in den Details an die spezifischen territorialen oder lokalen Verhältnisse angepasst. Besonders einflussreich waren in Norddeutschland die Kirchenordnungen von Johannes Bugenhagen und später die 1552 von Philipp Melanchthon verfasste Kirchenordnung für Mecklenburg sowie in Süddeutschland die von Johannes Brenz für Württemberg ausgearbeitete von 1553. Wie in Speyer waren auch andernorts über lange Zeit hinweg reformatorische Elemente eingedrungen und praktiziert, der Abschluss der reformatorischen Bewegung durch die Einführung der Reformation aber erst mit dem obrigkeitlichen Erlass oder durch die Übernahme einer allgemein verbindlichen Kirchenordnung als zentralem Übergangsdokument faktisch offiziell besiegelt worden.9 Als exemplarische Parallelen kann man wieder die beiden Nachbarterritorien Baden und Kurpfalz nennen, wo die Reformation durch die Publikation fast identischer Kirchenordnungen im Jahr 1556 ebenfalls sehr spät offiziell eingeführt wurde.10
7 Wolgast, Einführung der Reformation, 19. 8 Zu den evangelischen Kirchenordnungen vgl. den jüngst erschienenen Tagungsband Arend/Dörner, Ordnungen für die Kirche. 9 Vgl. Kohnle, Kurpfalz, Baden und der Augsburger Religionsfrieden, 31. 10 Wennemuth, Vorwort, 7f; Kohnle, Einführung der Reformation, 54; zu den beiden Kirchenordnungen vgl. Seebaß, Gottes Wort.
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3.1.1
Erste vorbereitende Maßnahme zur offiziellen Einführung der Reformation in Speyer: Die Konsultation des pfalzgräflichen Hofpredigers Michael Diller
Die ersten vorbereitenden Maßnahmen zur offiziellen Einführung der Reformation und der damit einhergehenden Neuordnung des Kirchenwesens in Speyer sollten recht bald nach dem Augsburger Religionsfriedensschluss erfolgen. Ende November 1555 wandte sich der Speyerer Rat deshalb schriftlich an Pfalzgraf Ottheinrich, an dessen Hof der 1548 auf kaiserlichen Befehl aus Speyer vertriebene Michael Diller als Prediger tätig war.11 Nachdem der Zugang zu dem heiligen Evangelium durch den Augsburger Reichsabschied deutlich erleichtert worden wäre, so die Eröffnung des Briefs, sei der Rat in Anbetracht der Tatsache, dass die Stadt Speyer deswegen etwas in der irr vmbgangen und dauon […] gleichwol hieuor abgetrieben word‹en› um die dezidierte Rückkehr zu Selbigem bemüht. Zur Umsetzung dieses Vorhabens bat der Magistrat den Pfalzgrafen, dessen Hofprediger Michael Diller ein kleine zeit in Speyer als Berater in Anspruch nehmen zu dürfen, weil man jenen gut kenne und auch wisse, dass Ottheinrich ein Förderer und Liebhaber des Gottesworts sei. Am 2. Dezember 1555 antwortete Diller in großer eill vnd geschefften auf die Anfrage des Speyerer Magistrats von Neuburg aus, dass ihn Pfalzgraf Ottheinrich nicht freistellen könne, um selber die neue Ordnung für Speyer mitzugestalten (Abb. 3a–d).12 Diller hatte das Schreiben des Rats am Vortag empfangen und zeigte sich über den Inhalt sehr erfreut. Auch wenn die Stadt wie andere eine Zeitlang des göttlichen Worts beraubt gewesen und an der Einführung der Reformation gehindert worden sei, bestehe jetzt durch göttliche Gnade die ausgezeichnete Möglichkeit, das Unternehmen anzugehen und zu seligem ende zubringen. Es sei dem Rat auch bekannt, dass kein Regiment, policey oder gemeiner nutz ohne die christliche Religion und wahre Gotteserkenntnis, die aus dem ewigen Wort Gottes geschöpft werde, von Dauer sein könne. Dass der Pfalzgraf das Begehren des Rats diesem und ihm, Diller selbst, abgeschlagen habe, bedauere er zutiefst, aber nicht seiner Kompetenz bei der Beratung des Rats in so hochwichtigen sachen wegen, sondern weil er diesem gerne zu Diensten gewesen wäre und dadurch seine Dankbarkeit hätte erweisen können. Der Rat solle die Angelegenheit deswegen aber nicht minder anpacken, sondern sie tatkräftig vorantreiben und ins Werk setzen. Deshalb wolle er ihm in aller Kürze seine Vorschläge unterbreiten. Erstens solle man aus mehreren Gründen keinen jungen, sondern einen erfahrenen, gelehrten und bescheidenen Prädikanten anstellen. Weil es einem allein
11 StadtA Speyer 1 A 451/1, fol. 12r–13r (Druck: EA, Nr. 20). 12 StadtA Speyer 1 A 451/1, fol. 15r–16v (Druck: EA, Nr. 21); vgl. Jung, Zur Geschichte des evangelischen Gottesdienstes, 98f.
Die Institutionalisierung der Reformation und die Konfessionsbildung
aber schwer fallen werde, einer so großen Gemeinde vorzustehen, zu predigen, die Sakramente zu verwalten und die Kranken zu besuchen, sei es ratsam und notwendig, dem Prädikanten noch einen weiteren zu unterstellen, den jener dann beaufsichtigen müsse. Hinsichtlich der Rekrutierung solle der Rat den Straßburger Magistrat konsultieren. Ansonsten wisse er nicht, wo man sonst geeignete Leute leichthin finden könne. Was die Kirchenordnung anbelange, sei sein bestmöglicher Rat, diejenige seines Herrn anzunehmen, die mit der Württembergischen übereinstimme. Sie sei kurz, richtig, der Wahrheit und der Augsburgischen Konfession gemäß und die Herren von Ulm hätten sie auch bereits angenommen und von den Markgrafen Karl von Baden und Georg von Ansbach solle sie noch angenommen werden, vielleicht auch von der Kurpfalz. So könne man auch die nachbarschaftliche Konformität der Lehre und der Zeremonien gewährleisten.13 Auf die Frage des Rats, in welcher Kirche die ware Religion anzurichten sei, antwortete Diller, dass dem Rat die Pfarrkirche St. Georg sowie die Kirchen der drei Mendikantenklöster in der Stadt zur Verfügung stünden, wobei seines Erachtens St. Georg und das Predigerkloster am Geeignetsten seien, des Weiteren das Augustinerkloster. Um mehr Platz zu schaffen, solle man die Altäre, ergerliche bilder e e vnd gotzen, die bislang zu erschrocklicher abgotterey gedienet, ausräumen. Er hoffte, dass Herr Matthern keinen heftigen Widerstand leisten werde. Der Rat werde aber wohl Wege finden, mit Matthern und Wendelin übereinzukommen. Bei den beiden genannten Personen handelt es sich gewiss um den 1553 nachweisbaren Augustinerprior Matern und bei Wendelin um den im Zeitraum 1553 bis 1569 belegten Augustinermönch Wendel Hermann.14 Hätte Gott die Gnade gegeben, dass er hätte in Speyer vor Ort agieren können, so Diller in seinem Schreiben weiter, wäre ihm vielleicht noch mehr eingefallen. Nun müsse der Rat sich aber vorerst mit diesen Ratschlägen begnügen. Die Antwort Ottheinrichs an den Speyerer Rat wurde nur einen Tag später, am 3. Dezember 1555, verfasst.15 Der Pfalzgraf konstatiert darin zunächst, dass der Rat infolge des jüngst erlassenen Reichsabschieds vorhabe, in Speyer das Wort Gottes, wovon er davor abgetrib‹en› worden sei, zu Lob und Ehre Gottes wieder aufzurichten. Die Umsetzung dieses Plans wolle er unbedingt fördern, seinen Hofprediger Diller könne er derzeit aber aufgrund eigener kirchlicher Umgestaltungsprozesse nicht entbehren. Also blieb dem Magistrat nichts anderes übrig, als den eigenen Transformationsprozess ohne Dillers persönliche Anwesenheit zu gestalten und voranzutreiben.
13 Druck der Württembergischen Kirchenordnung von 1553 in EKO 16, 223–276. 14 Engels, Palatia Sacra I/1.2, 289f. 15 StadtA Speyer 1 A 451/1, fol. 14r–14v (Druck: EA, Nr. 22).
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Abb. 3a–d Eigenhändiger Brief von Michael Diller an den Magistrat der Stadt Speyer vom 2. Dezember 1555 (StadtA Speyer 1 A 451/1, fol. 15r–16v).
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3.1.2
Zügige und rigorose Wiederaufnahme der evangelischen Predigt im Augustinerkloster
Schon bald darauf teilte der Rat der Stadt Speyer dem ehemaligen Prior des örtlichen Augustinerklosters und derzeitigen Augustinerprovinzial am Rhein und in Schwaben, Melchior Rötlin, am 26. Februar 1556 mit, dass er auf der Grundlage des jüngst gefassten Reichsabschieds in der Augustinerkirche, wie schon in der Zeit vor dem Augsburger Interim, die Predigt und Verkündigung des Evangeliums vermittelst gotlicher gnaden widervmb angericht vnd bestelt habe.16 Und weil das in erster Linie zu Gottes Lob und Ehre und für das Seelenheil der verirten Commun Speyer geschehen sei, zweifle der Rat nicht daran, dass der Provinzial und die Konventualen des Speyerer Augustinerklosters dem als ein loblich hochnotwendig Christlich gutt werck nicht entgegenstehen werden. Der Brief wurde dem Provinzial am 2. März zugestellt und von Selbigem am 3. März in Freiburg beantwortet.17 Es sei ihm noch kein Bescheid oder Befehl darüber zugegangen, derartige Neuerungen zu gestatten, lautet es in seiner Replik. Dem Rat sei aber doch gewiss noch in guter Erinnerung, wie der Kaiser den Reichsständen die Restitution der (auch) von den Evangelischen genutzten Gotteshäuser und die Aufhebung weiterer mit der evangelischen Bewegung einhergegangener Neuerungen angeordnet habe. Bischof Philipp von Flersheim sei damals zuständigkeitshalber beauftragt worden, die Augustinerkirche von der Cißmatischen vnd des abtrinig‹en› brueder Michels leer vnnd predig zueendtheben, was ja bekanntermaßen auch geschehen sei. Deshalb sei es in höchstem Maß verwerflich sowie pflichtund eidbrüchig und dem kaiserlichen Mandat zuwider, dem Begehr des Rats stattzugeben, indem man ihm die Nutzung der Kirche einräume und die Restitution wieder rückgängig mache. So falle der Orden bei Kaiser, Bischof und Domkapitel ohne jeden Zweifel in schwerste Ungnade. Neben ihrem Gotteshaus gebe es in der Stadt Speyer genug Möglichkeiten, das Vorhaben des Rats zu verwirklichen, sodass die Augustinerkirche bey alltem vnnd loblichem Gotsdiennst wol pleiben, vnnd solcher Newerung endthept mag werden. Außerdem gebühre es sich nicht, in dieser Kirche mit Genehmigung des Ordens eine Lehre zu verkünden, die der Liturgie der eigenen Prediger entgegenstehe oder zum Nachteil gereiche. Trotz der ablehnenden Haltung des Provinzials realisierte der Rat bald darauf seinen Plan. Seit 1556 waren in der Regel nämlich zwei evangelische Prediger an der simultan mit den altgläubigen Mönchen genutzten Augustinerkirche (für die Früh- und Nachmittagspredigt) angestellt. Damit wurde der bereits 1545 gefasste,
16 StadtA Speyer 1 A 451/1, fol. 43r–43v (Druck: EA, Nr. 23). 17 StadtA Speyer 1 A 451/1, fol. 21r–22r (Druck: EA, Nr. 24); zu Melchior Rötlin vgl. Engels, Palatia Sacra I/1.2, 280, 289.
Die Institutionalisierung der Reformation und die Konfessionsbildung
aber verhinderte Plan zur dauerhaften Anstellung zweier Prediger evangelischer Gesinnung an der Augustinerkirche und zugleich Michael Dillers Vorschlag von Anfang Dezember 1555 verwirklicht. Am 6. Mai 1556 protestierte der Augustinerprovinzial vergeblich dagegen.18 Der Rat wisse genau, so Rötlin in seinem Brief gereizt, dass er das jüngst geäußerte Begehr des Rats abgeschlagen und seine Entscheidung dargelegt habe in der Hoffnung, dass der Rat in der Augustinerkirche keinen Prädikanten anstellen und den Konvent auch weiterhin unbehelligt lassen werde. Aber der Rat habe dennoch ungeachtet aller geistlichen und weltlichen Rechte sowie kaiserlichen Mandate in der Ordenskirche einen Prädikanten angestellt. Dadurch habe er den Orden in seiner Gerechtigkeit und rechtmäßigen Possession verletzt, vor allem im Hinblick auf die Kirche und die Prädikatur vollkommen entsetzt. Deshalb war es nach Meinung des Provinzials ganz und gar unnötig gewesen, ihn vorher schriftlich über den Sachverhalt zu informieren. Er habe gehofft, dass der Rat seine Antwort akzeptieren würde, weil sie aller Gebühr und Ehrbarkeit gemäß ausgefallen sei. Deshalb sei es seine freüntlich bitt, dass der Rat von seinem Unterfangen abstehe und seine Prädikanten dort anstelle, wo dem Orden kein Nachteil daraus erwachse und um weitere Unruhe zu vermeiden. Falls das nicht geschehe, werde er rechtliche Mittel geltend machen und Hilfe ersuchen, um das unrechtmäßige Treiben zu beenden und keinen weiteren Anlass mehr für Beschwerden zu haben, damit der Konvent insbesondere beim Speyerer Bischof und beim Domkapitel entschuldigt sei, dass solche Neuerungen in der Augustinerkirche, die der algemeinen Christenlicher Religion, zu wider, nicht im Konsens mit dem Orden vorgenommen würden, sondern demselben stracks zuwider liefen. Aber auch von dieser Beschwerde und den rechtlichen Drohungen des Provinzials ließ sich der Speyerer Magistrat nicht von seinem Tun abhalten, sodass die evangelische Gemeinde das Gotteshaus weiterhin mit den verbliebenen Mönchen simultan nutzte. 3.1.3
Bericht der neu bestellten Stadtprediger an den Magistrat über die religiöse Situation der Gemeinde und die Vermittlung der reinen Lehre des Evangeliums
Am 7. Juli 1556 setzten die beiden neuen Prediger der Augustinerkirche, Jakob Schober († 2. Februar 1559) und Heinrich Ringelstein († 1569), den Rat über die beklagenswerte religiöse Situation der Gemeinde und die Vermittlung der reinen Lehre des Evangeliums in Kenntnis.19 Was diese beinhaltet, wird durch mehrere 18 StadtA Speyer 1 A 460, fol. 5ar–6ar (Druck: EA, Nr. 25); vgl. Engels, Palatia Sacra I/1.2, 289 Anm. 105. 19 StadtA Speyer 1 A 451/1, fol. 23r–25r (Druck: EA, Nr. 26); vgl. dazu Jung, Katechismusunterricht, 74–78.
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Bibelstellen erläutert. Dabei wird konstatiert, dass zahlreiche Sekten entstanden seien, welche die Menschen in die Irre führten. Dennoch lasse Gott seine Schäflein, nämlich das Häuflein, bei dem die reine Lehre des Evangeliums gepredigt werde, nicht zu Grunde gehen. Diese Kirche gelte es, erbauen und zu handhaben zu helfen, wobei es Aufgabe jeder guten Regierung sei, dafür Sorge zu tragen, dass Gott recht erkannt und geehrt werde. Das geschehe, indem alle Regenten mit höchstem Fleiß und ernsthaft zur Pflanzung und Erhaltung rechter Lehre behilflich seien. Zu diesem Zweck diene in erster Linie der Katechismus, der ein kleine Bibel sei. Darin sei der ganze Inhalt christlicher Lehre verankert, weil er die Heilige Schrift erkläre und auslege. Das ginge schon auf die alten Kirchenlehrer, insbesondere Ambrosius und Augustinus, zurück. Seit den Zeiten der Apostel seien der Katechismus und die Hauptstücke der Artikel christlicher Lehre fleißig gelehrt worden. Doch später sei diese Lehre in der Kirche stark vernachlässigt worden vnd schier gar gefallen. In der Fastenzeit habe man in etlichen Kirchen den Kindern nur das Vaterunser, das Glaubensbekenntnis und die zehn Gebote vorgesprochen, von den Sakramenten aber gar nichts oder nur wenig gelehrt. Es sei allein Gott zu verdanken, dass sich durch die Eltern und vor allem durch die häusliche christliche Unterweisung der Mütter als furnemste hauspfarrer vnd Epischof (Hausbischöfe) die Glaubensartikel und Gebete erhalten hätten. Hätte man das allein den Pfarrern und Predigern überlassen, wer es fast alles verloschen. Wo der Katechismus recht gelehrt werde, könnten auch Kinder das Wort Gottes recht verstehen und auslegen. Die Alten, auch die Priester, seien wenig kenntnisreich. Sie könnten kaum die zehn Gebote aufsagen, verstehen und auslegen, das Vaterunser beten, die Artikel des christlichen Glaubens nennen und was die Sakramente seien und wozu sie dienten. Deshalb sei es eine große Frucht, wenn durch die notwendigen Stücke des Katechismus – Eusebius nenne sie Rudimentis fidei – die Jugend gelehrt und gottesfürchtig vom falschen Weg abgehalten werde. Es wird daran erinnert, wie hoch Martin Luther die Lehre des Katechismus achtete. Fast wörtlich wird aus seinen „Tischreden“ zitiert, dass zum einen der Dekalog die höchste Lehre (Decalogus doctrina doctrina‹ru›m) sei und zum anderen das Glaubensbekenntnis (symbolum; bekentnus) die Historia historiarum, das Vaterunser (Oratio dominica) das allerhöchste Gebet und die Sakramente die Ceremonię Ceremoniar‹um›, die Gott selbst gestiftet habe. Deshalb solle man den Katechismus hoch achten, denn e darin sei die rechte alte ware reine lere der gotlicher heiligen kirchen zusamen gefaßt. Was dem nicht entspreche, seien falsche irselige Lehren.20 Der Katechismus diene laut Augustinus dazu, sich wider alle ketzer, teuffelische glauben, spitzige, verwirte, e vnnotige frag, opinion vnd Schulgezenck etc. wehren zu können. Diejenigen, die den Katechismus zu verhindern suchten, seien dafür verantwortlich, dass es auf der
20 Vgl. WA.TR 5, 581, Z. 32–582, Z. 11 (Nr. 6288).
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Welt so übel zugehe und Gott nicht aufhören könne, die Welt mit Krieg, Teuerung, Pestilenz und allem Herzeleid zu plagen. Durch die Erlernung des Katechismus, dessen Inhalt Gottes Wort, die ganze Heilige Schrift, alle in den fünf Hauptstücken (Dekalog, Symbolum, Vaterunser, Taufe und Abendmahl mit Beichte) verfassten Sakramente sei, könnten alle Menschen zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen und entlich selig werden. Nach dieser langen Vorrede kommen die Prediger zu ihrem Anliegen: Weil die liebe Gemeinde bisher [– wohl seit Dillers Weggang21 –] des Katechismus beraubt gewesen wäre, seien sie, die Prediger, als Seelsorger verpflichtet und schuldig, den Katechismus zu lehren. Es seien bereits durch gottesfürchtige Gelehrte zahlreiche Katechismen geschrieben worden. Es wurde für gut und nützlich erkannt, den von Martin Luther verfassten Katechismus mit seinen kurzen Auslegungen zu jedem Gebot und Stück zu verwenden. Deshalb baten die Prediger den Rat, zu solchem Christlichen Institute furderlich zu sein, hand haben, vnd in schwangk helfen bringen. Man habe vor, am nächsten Sonntag eine Vorrede und Ermahnung zum Katechismus zu tun und stets in der Mittagspredigt, nach Verlesung und Auslegung der Epistel, je ein Stück des Katechismus auf der Kanzel auszulegen. Danach wolle man dasselbe durch die Schüler rezitieren lassen. Die Prediger baten den Rat deshalb, dass er sich solch Christliche furnemen Ime laßen gefallen. 3.1.4
Die offizielle Einführung der Reformation durch die weitgehende Übernahme der Württembergischen Kirchenordnung bei gleichzeitiger „Umgehung“ der Confessio Augustana durch den Magistrat im Jahr 1557
Auf die vorbereitenden Maßnahmen der Speyerer Obrigkeit nach dem Religionsfriedensschluss folgte schließlich der entscheidende Schritt zur offiziellen Einführung der Reformation: Im Jahr 1557 verordnete der Magistrat mit einigen Vorbehalten und dementsprechenden, den lokalen Verhältnissen angepassten Modifikationen die weitgehende Übernahme der Württembergischen Kirchenordnung.22 In einem Manuskript – möglicherweise das Konzept einer Ratsverordnung mit „Ausführungsbestimmungen über die Einführung der Württembergischen Kirchenordnung“23 – mit der Dorsalaufschrift Kirchen Ordnung Ao 1557 wird konstatiert, dass die beiden Speyerer Ratsgremien die Württembergische Kirchenordnung in der Kirchen zu halten verordent.24 Dieser grundlegende Rechtsakt markiert definitiv 21 22 23 24
Vgl. EKO 19/1, 79. Vgl. Jung, Katechismusunterricht, 78; Bümlein, Speyer – Michael Diller, 379. Vgl. Jung, Katechismusunterricht, 78; ders., Zur Geschichte des evangelischen Gottesdienstes, 99. StadtA Speyer 1 A 451/1, fol. 4r–8v (Druck: EA, Nr. 27); Eger, Reformation und Protestation, 23–25; Hofmann, Leben, 63 gibt fälschlicherweise an, dass es sich bei diesem Dokument um den „Entwurf
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und verbindlich die offizielle Einführung der Reformation. Demnach ist 1557 das Jahr, in dem die Reformation in der Stadt Speyer offiziell eingeführt wurde. Einige beim Magistrat Bedenken hervorrufende Aspekte der verordneten Kirchenordnung sollten allerdings bis auf weiteres wie folgt gehandhabt werden. Der erste Punkt betrifft den Bekenntnisstand der Stadt Speyer: In der Württembergischen Kirchenordnung laute es, das mann sich in alleweg der augspurgischen Confession aussthun vnnd berümen soll. Das aber wollte den Räten auss etlichen beweglich‹en› redlichen vnd gutten vrsachen bedencklich fallen. Diese die konfessionelle Identitätsbildung blockierenden Aspekte werden nicht konkret genannt. Die Räte begründen ihre Skepsis lediglich mit dem Schluss, dass ain solchs wenig zur sachen thutt und ordnen dementsprechend an: So wollen ehegemelte vnsere herrn das ain solchs alhie vmbgangen werde. Die Annahme der Confessio Augustana als normatives Bekenntnis wird zu diesem Zeitpunkt jedenfalls als bedenklich erachtet.25 Deshalb wurde beschlossen, es in Speyer wie von den städtischen Prädikanten bisher praktiziert allein bei der Verkündigung des Gottesworts, sofern es dem Alten und Neuen Testament sowie den prophetischen und apostolischen Schriften gemäß sei, zu belassen. Mitursächlich für die Zurückhaltung bei der Annahme der Confessio Augustana wird gewiss ihr dissimulativer Charakter aufgrund der Existenz mehrerer Fassungen mit unterschiedlichen inhaltlichen Tendenzen gewesen sein, der auch nach dem Augsburger Religionsfrieden im Unklaren ließ, auf welche Fassung (invariata oder variata) sich die „Augsburger Konfessionsverwandtschaft“ genau bezog.26 Besonders schwerwiegend waren die differierenden Darstellungen der Abendmahlslehre in Artikel X der Confessio Augustana, um die im engen Konnex mit dem Verständnis der Christologie durch die gesamte Geschichte der Reformation eine heftige innerprotestantische Kontroverse geführt wurde. In dem Ratsdokument von 1557 wurde weiterhin fixiert, dass für die Augustinerkirche eine Glocke angeschafft werden solle, um der Gemeinde im Fall einer Kindtaufe ein Zeichen geben zu können. Hinsichtlich der Jäh- oder Nottaufe sollten die Prädikanten in Gegenwart eines Ratsmitglieds die Hebammen examinieren und unterrichten, um eventuelle Confusion vnd Irthumb so sich bei der kirchen zutrag‹en› mocht zu vermeiden. Weil der Katechismus inzwischen wieder seit einiger Zeit von der Kanzel gepredigt und gelehrt worden wäre, und man hoffte, dass die Zuhörer inzwischen einigermaßen damit vertraut seien, sollte derjenige weiter verwendet werden, den man mit den Knaben in der Kirche angefangen habe zu exerzieren.
einer Kirchenordnung“ handle, worin „die Einführung der Württembergischen Kirchenordnung empfohlen“ werde. 25 Zur Confessio Augustana vgl. Die Confessio Augustana. 26 Vgl. zu dieser Problematik Dingel, Augsburger Religionsfrieden und „Augsburger Konfessionsverwandtschaft“.
Die Institutionalisierung der Reformation und die Konfessionsbildung
Aufgrund dessen, dass die Prädikanten Beichte und Abendmahl bisher der Württembergischen Kirchenordnung gemäß praktiziert hätten, sollte das auch weiterhin so bleiben. Das Altarsakrament sollte allerdings vier Mal jährlich, vor allem an den vier Hochfesten, gereicht werden. Sollte jemand das Abendmahl zwischenzeitlich begehren, sollte diejenige Person es unweigerlich empfangen dürfen. Wegen Platzmangels in der Augustinerkirche sollten die Kommunikanten im Chor versehen werden, wobei zwei Knaben die Tücher (tuchlin) um größerer Reverenz willen halten sollten. Hinsichtlich des Gebets beim nachtmal sollte es bei der bisherigen Praxis der Prädikanten bleiben. Auch die eingeführte Litanei sollte beibehalten und nicht nur an den Werk-, sondern besonders auch an den Feiertagen gehalten werden. Welche Psalmen vor oder nach jeder Predigt jeweils gesungen werden sollten, sollten die Prädikanten stets miteinander klären. Bezüglich der Kleidung hatten die herrn khein bedencken, sondern beließen es bei gmeiner ehrlicher kleidung wie sich die herrn predicanten derselbigen bissanher gepraucht besteen vnnd berhuen. Außerdem wurde zur Vermeidung von Missverständnissen festgelegt, welche Feiertage gehalten werden sollten, nämlich der Sonntag, Heiligabend samt der beiden Weihnachtsfeiertage, die Beschneidung des Herrn, der Dreikönigstag, die vier Marienfeste, nämlich Mariä Lichtmess, Verkündigung, Himmelfahrt und Geburt, Aller Apostel Tag, der Ostertag samt der beiden folgenden Feiertage, Christi Himmelfahrt, Pfingsten samt der beiden folgenden Feiertage, Fronleichnam, Allerheiligen und die Gedenktage von St. Martin, Maria, Maria Magdalena, St. Laurentius und St. Michael. An diesen Feiertagen sollten die Prädikanten das Wort Gottes verkünden, außer der Rat hätte etwas anderes verordnet. Die Einsegnung der neuen Eheleute sollte wie bisher durchgeführt werden. Bei Begräbnissen auf dem Gottesacker sollte während des Kondukts eine Glocke der St. Georgskirche geläutet werden, um die Bevölkerung darüber in Kenntnis zu setzen und zur Teilnahme aufzurufen. Während der Beisetzung sollten etliche Schulknaben einen Psalm singen und anschließend sollte die Leichenpredigt gehalten werden. Beim Auftreten von Epidemien (sterbend‹en› leufft) sollten die Bestattungen den Anordnungen des Magistrats entsprechend erfolgen. Das Dokument schließt mit der Festlegung der Zeiten für die Morgenpredigt: Von Allerheiligen bis Mariä Lichtmess um acht und die übrige Zeit um sieben Uhr. In den folgenden Jahren dürfte das evangelische Kirchenwesen in Speyer dann der Württembergischen Kirchenordnung sowie den davon abweichenden Instruktionen des Rats gemäß gepflegt worden sein.27
27 Vgl. Jung, Zur Geschichte des evangelischen Gottesdienstes, 100; Eger, Speyer und die Reformation, 319–321; Eger, Reformation und Protestation, 25.
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3.1.5
Erneute Konsultation Dillers durch den Magistrat im August 1557
Am 21. August 1557 suchte der Magistrat erneut Rat bei dem kurpfälzischen Hofprediger Michael Diller, diesmal wegen angezeigter bedenklich anmutender Reden in etlich‹en› vnderschiedlich‹en› Predigten Heinrich Ringelsteins.28 Um eventuell daraus folgende unsachgemäße und für das heilige Evangelium nachteilige Aussagen zu verhindern, hatte der Magistrat den Stadtprädikanten Ringelstein um schriftliche Stellungnahme zu den fragwürdigen Predigtinhalten gebeten. Weil die Ratsmitglieder dessen Ausführungen als Laien nicht beurteilen konnten, aber das Evangelium unbedingt fördern wollten, sandten sie dessen Bericht insgeheim mit der Bitte an Diller, dass dieser dem Rat seine Meinung darüber ebenso geheim mitteile, wonach sich der Rat dann auch richten wollte. Der Konsultierte beantwortete das Schreiben am 16. September 1557 in Heidelberg und versicherte dem Rat die Richtigkeit der schriftlichen Erläuterungen der drei Ringelstein furgehalltenen propositionen, die dieser öffentlich von der Kanzel gelehrt haben soll, auch wenn dieselben insbesondere schlechten vngelerten Layen etwas merkwürdig erscheinen mochten.29 Zum einen geht es um die Aussage Jesu im Matthäusevangelium (11,11), dass es unter allen Menschen keinen größeren gegeben habe als Johannes den Täufer, aber doch der Kleinste im Himmelreich größer sei als er. Nach Luther, so der Kommentar Dillers, sähen alle Kirchenskribenten in den kleinsten oder geringsten Christum selbst. Gleichwohl könne diese proposition auch anders verstanden werden. Hinsichtlich des zweiten Sachverhalts sei es Ringelstein nit fur gutt zuhalten, wenn er tatsächlich verfechten wollte, dass Christus deß ewigen tods gestorben sey. Denn daraus könnte gefolgert werden, dass Christus durch seine siegreiche Auferstehung den ewigen Tod nicht überwunden hätte. Das sei aber doch der einzige wahre Trost aller Gläubigen in den hohen geistlichen anfechtungen, vnd in den letsten hinzugen &c. Dass das aber nicht Ringelsteins Meinung sei, werde nicht allein durch seine allenthalben auf Gottes Wort gegründete Erklärung, sondern auch durch seine eigenen Worte, die er gebraucht habe, bewiesen: wer hatt den her‹r›n Christum in solichen iamer, in solliche nott, In den zeittlichen vnd Ewigen todt bracht? Das sei recht gesprochen, denn Christus habe zweierlei Leiden ausgestanden für die bezalung unserer Sünden, nämlich das leibliche und das geistliche, wovon in den Psalmen vil gelesen wirdt, besonders in Psalm 22. So erweise die Passionsgeschichte an der Stelle, wo Jesus im Garten Gethsemane schwitze und mit dem Tod ringe, der warlich nicht der leibliche oder zeitliche gewesen sei, sondern der ewige, Gottes schweren Zorn gegen die Sünde des ganzen menschlichen Geschlechts, die Jesus als
28 StadtA Speyer 1 A 451/1, fol. 27r–27v (Druck: EA, Nr. 28). 29 StadtA Speyer 1 A 451/1, fol. 29r–31v (Druck: EA, Nr. 29).
Die Institutionalisierung der Reformation und die Konfessionsbildung
das unschuldige Lamm Gottes auf sich geladen habe, und danach am Kreuz nicht nur an seinem heiligen leichnam verwundet werde, sondern auch innerlich so große Angst habe, dass er anfange zu sprechen: Mein gott, Mein gott Warumb hast du mich verlaßen &c (Mt 27,46; Mk 15,34). Doch sei er in seiner Not nicht unterlegen, sondern überwinde dadurch erst den ewigen Tod wegen der Sünden lautt seiner wort: Es ist volnbracht; des Weiteren: Vatter in deine hende befilch ich meinen geist (Lk 23,46). Schließlich habe Jesus auch den leiblichen Tod überwunden, der diesem Sieg notwendig und fur sich selber gefolget, denn nachdem der Zorn Gottes gestillt und der Sunde todt überwunden worden sei, habe auch der leibliche Tod weichen müssen. Auch die dritte Ausführung Ringelsteins sei wahr, dass Christus unser Gesell sei und es gut mit uns meine, sich unseres Elends treu annehme und uns in allerlei Gefahr beistehe. So habe Ringelstein auch nicht nur diese Worte gesagt, sondern diese drei zusammen: Christus vnser lieber freund, gesell und bruder, um damit zu zeigen, dass er uns allzeit Trost spende und wie ein Bruder, ein Freund oder ein guter Geselle nichts Böses, sondern lauter Freundlichkeit und guten Willen widerfahren lasse. Weil nun die ietz gemelte herrn Heinrich‹en› propositiones dem Wort Gottes gemäß seien, wie seine Erläuterungen zeigten, nichts Unchristliches oder sonstwie Ärgerliches beinhalten würden und man wort streit in der Kirche meiden solle, so schließt Diller sein Gutachten, solle sich der Magistrat seines Erachtens mit der schriftlichen Deklaration Ringelsteins begnügen. Ansonsten habe der Rat wohl zu bedenken, wie leicht auch den gelehrtesten und gewissenhaftesten Predigern bisweilen etliche Worte entfahren würden, die entweder so eigentlich sich ad propositum nicht reimten oder aufgrund der großen Unterschiedlichkeit der Zuhörer leicht missverstanden oder anders als es gemeint sei gedeutet und ausgelegt werden könnten. Ringelsteins Erklärung zeige deutlich seine Belesenheit in der Heiligen Schrift und dass er die summ recht warer Christlich‹en› Lehr nicht allein nur verstehe, sondern auch anderen Leuten fruchtbar vortragen könne. Deshalb dankte Diller Gott, dass er den Magistrat und die Speyerer Bürgerschaft mit einem solchen Kirchendiener und Prediger beschenkt habe. 3.1.6
Die Übergangsphase nach der offiziellen Einführung der Reformation
In einer undatierten, zwischen 1556 und 1569 verfassten Supplik an den Speyerer Magistrat berichtet der Prädikant Heinrich Ringelstein über einige Unklarheiten in der Bevölkerung hinsichtlich der Taufpaten.30 Einige Monate zuvor habe ihn
30 StadtA Speyer 1 A 451/1, fol. 44r–45r (Druck: EA, Nr. 32).
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ein Speyerer Bürger ersucht, ihm seinen Iung‹en› Erben, den ihm der Allmächtige bescheert habe, zu taufen. Er habe dem Bürger versprochen, ihm diesen Dienst zu erweisen. Deshalb sei jener ungefähr eine halbe Stunde später wieder mit der Anzeige zu ihm gekommen, dass die Frau, die er als Taufpatin wünsche, Dr. Philipp Seubleins Ehefrau, fragen lasse, ob Ringelstein sie bei der Taufe dulden möge, weil sie nicht vnserer Religion angehöre. Darauf habe er, Ringelstein, geantwortet: Wenn diese Frau glaube, dass die Taufe in evangelischem Sinn ein Christlicher Göttlicher Tauffe sey und sie versprechen wolle, dass sie das Kind nach dem Tod der Eltern zu dem Wort Gottes, zu den zehen Gebotten, Artickeln des Glaubens vnd vater vnser halten wölle, wolle er sie gern bei der Taufe leiden. Glaube die Frau aber das Gegenteil, also dass die Taufe im evangelischen Sinn ein vnchristlicher vngöttlicher Tauffe sey, und wolle sie nicht versprechen, dass sie das Kind nach dem Tod der Eltern zu Gottes Wort halten wölle, könne sie nicht Taufpatin sein. Auf diese Mitteilung, die er den fragenden Leuten geben sollte, sei die Frau aussen blieben und eine andere Weibsperson an ihrer statt als Taufpatin in der Kirche gestanden. Des Weiteren sei am vergangenen Samstag in Speyer ein außerehelicher Knabe geboren worden. Weil der Pfarrer von St. Johann (wohl Konrad Hilber31 ) ihn nicht habe taufen wollen, sei er auch dazu berufen worden. Als er nun zur Außrichtung dises beruffs in die Kirche gekommen sei, sei neben anderen eines Stuhlbruders Weib, eine Amme, vor den Taufstein getreten und diese habe gesagt: Wenn ihr Mann hier wäre, sollte dieser Taufpate sein. Weil er aber nicht anwesend gewesen sei, habe sie an Mansstad Gefatter sein wollen. Er habe widersprochen und sie gebeten: Ah haltet doch die Ordnung, wann kein Mansp‹er›son zu find‹en›, were es zeit, das man wider die Ordnung thun müste. Darauf habe die Frau den Augustinerprior aufgesucht. Dieser habe ihm sagen lassen, wenn er ihn bei der Taufe leiden könne, wolle er der Taufpate sein. Darauf habe er dem Prior zur Antwort geben lassen, dass er, der Prior, Ex professo öffentlicher feind ihrer Religion sei, gleich wie er selber ex professo offentliche feind der Pebstisch‹en› Religion sei. Deshalb könne er, der Prior, sölch werck nicht tun. Außerdem habe er dem Prior ausrichten lassen, dass es Closterp‹er›sonen laut der geistlichen Rechtsbücher verboten sei, als Taufpaten zu fungieren. Darauf habe das vorgenannte Weib einen anderen Paten gefunden, sodass das Kind dann getauft worden sei. Am gestrigen Tag aber, als er um drei Uhr nachmittags wieder eine Taufe vorgenommen hätte, sei der Prior im Kreuzgang an ihn herangetreten und habe ihn gefragt, aus welchen Gründen er ihn nicht bei der Taufe habe leiden mögen, ob er nicht so gut sei wie er, Ringelstein. Der Prior habe ihm auch vorgeworfen, dass er, Ringelstein, das nicht nur ihm, sondern auch einer Doktorsfrau neulich angetan hätte. Der Prior habe ihm gedroht, dass ihm sein Verhalten nicht zum Guten
31 Vgl. Kap. 2, Anm. 126.
Die Institutionalisierung der Reformation und die Konfessionsbildung
gereichen solle. Darauf habe er dem Prior die angeführten Gründe ausführlicher dargelegt und ihn gefragt, ob dieser ihrer Religion angehöre oder angehören wolle. Der Prior habe geantwortet, dass ihn Gott davor behüten möge und weiter habe er mit vielen Worten mehr seinen Zorn gegen ihn, Ringelstein, zum Ausdruck gebracht. Weil seine Mitdiener und er täglich im Augustinerkloster in verrichtung Christlicher kirchendienst freien Ein- und Ausgang haben sollten, er aber weitere Wutausbrüche des Priors befürchtete, bat Ringelstein den Rat, etwas gegen den Prior zu unternehmen, um dergleichen zu vermeiden. Wenn der Prior oder andere Personen ihn in Sachen Religion anfechten wollten, fährt Ringelstein fort, wolle er sich demjenigen gegenüber nach aller Christlich‹en› Bescheidenheit verhalten und sich in die Obhut des Magistrats begeben. Er wünschte, dass Gott den Rat mit seinem göttlichen Geist regieren und unter demselben Regiment Frieden und Ruhe erhalten bleibe. Wie der Rat auf die Supplik reagierte, ist nicht überliefert. Dieses Dokument ist ein eindrückliches Zeugnis für die Übergangsphase nach der offiziellen Einführung der Reformation in der Stadt Speyer, als die Neuerungen noch nicht im Bewusstsein der ganzen Bürgerschaft präsent waren, sondern offenkundig erst sukzessive nachhaltig im kollektiven bzw. öffentlichen Bewusstsein verankert werden mussten. Parallel dazu bedurfte es der scharfen ‚konfessionellen‘ bzw. religiösen Grenzziehung, die sowohl Ab- als auch Ausgrenzung bedeutete (Ringelstein verwehrte einer altgläubigen Bürgerin bei einer evangelischen Taufe als Patin zu fungieren und entgegnete dem Augustinerprior, dass sie beide ex professo Religionsfeinde seien!). 3.1.7
Die evangelische Gemeinde wächst weiter und profiliert sich konfessionell
Nachdem die Augustinerkirche im Lauf der Zeit für die wachsende evangelische Gemeinde zu klein geworden war, schuf der Magistrat unter Protest der altgläubigen Geistlichkeit auch an zwei weiteren Speyerer Gotteshäusern Prädikaturen. Zunächst wandelte er 1561 die vorher altgläubig besetzte (jüngere) Pfarrpfründe der St. Georgskirche in eine evangelische Pfarrstelle um und 1569 installierte er gewaltsam einen vierten Prädikanten an der fortan ebenfalls simultan genutzten Dominikanerkirche.32
32 Vgl. dazu StadtA Speyer 1 A 402/7 und 1 A 458; Spatz, Das evangelische Speyer, 59; Engels, Palatia Sacra I/1.2, 25, 64, 68; Warmbrunn, Speyer, 1795; Blum, Multikonfessionalität, 95–157, 335–365; zu diesem Sachverhalt sind im jüngst erschienenen Band des Pfälzischen Klosterlexikons zwei falsche Angaben zu finden: 1. Das Langhaus der Dominikanerkirche sei „von den Lutheranern“ seit „1538/40“ mitgenutzt worden 2. Der Speyerer Magistrat habe „nach Einführung der Reformation in der Reichsstadt 1540“ die Mitbenutzung der Klosterkirche erzwungen und dort einen „lutherischen Prediger“ angestellt (Untermann/Warmbrunn/Wenz, Dominikanerkonvent, 450, 453). Auch Hof-
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Für die Anstellung in der Georgskirche liegen zwei Zeugnisse für die theologische und die konfessionelle Identitätsfindung der Stadt vor. Ein undatierter, dem paläographischen Befund nach aber wohl im späteren 16. Jahrhundert niedergeschriebener Auszug eines Ratsprotokolls für das Jahr 1561 – die Ratsprotokolle für dieses Jahr sind selbst nicht erhalten – vermerkt für den 5. Februar, dass beide Ratsgremien beschlossen hätten, die vakante Pfarrei und die Kaplanei von St. Georg mit p‹er›sonen d‹er› Augspurgisch‹en› Confession zu besetzen.33 Fünf Jahre später berichtete der Rat Kaiser Maximilian II. (reg. 1564–1576) in einem Schreiben vom 10. Dezember 1566, dass seiner Auffassung nach die weitere Besetzung der Stellen mit ainem von der Römischen Lehr vnnd Religion nicht mehr vertretbar gewesen sei. Deshalb habe man vff andere qualificierte personen bedacht sein muessen, um die Auswahl vor Gott und der Welt verantworten zu können. Denn die Unruhe, die in der Gemeinde entstanden wäre, wo ain anders vnnserer Confession vnnd Religion entgeg‹en› und zuwider, in dieser der Stat Speyr Pfarrkirchen furgenomen worden were, hätte sowohl dem geistlichen alhie wie auch dem Magistrat selbst gefährlich werden können.34 Diesen Ausführungen zufolge hatte der Magistrat inzwischen neben der Heiligen Schrift als primäre die Augsburger Konfession als sekundäre normative Autorität voll angenommen, sodass die evangelische Gemeinde der Stadt jetzt definitiv zu den Augsburger Konfessionsverwandten im Sinn des Religionsfriedens zählte und somit auf reichsrechtlich gesichertem Boden stand. Der Streit um die evangelische Predigt in der Augustinerkirche mündete am 16. Dezember 1570 ebenfalls in einen Simultaneumskontrakt, durch den Kaiser Maximilian II. während seiner Anwesenheit auf dem Speyerer Reichstag das Verhältnis von Stadt und Augustinerprovinzial vertraglich regelte. Die städtischen Prediger mann, Leben, 63, gibt an, dass in der Dominikanerkirche seit 1540 evangelisch gepredigt worden sei. Möglicherweise gehen diese Falschannahmen auf Alter, Rachtung, 542, zurück. 33 Mittwochs den 5t‹en› februarii baide Rhat. Die Vacirendt Pfarr zu S. georg‹en›, vnd dann die Caplanei so h‹er›r Martin Lutz selig besäss‹en›, die auch ein Seel sorg im Spittal vff sich trägt belang‹en›, Ist von baid‹en› Rhat‹en› vb‹er›khommen word‹en›, dz diese baide seelsorg‹en›, soll‹en› mit p‹er›sonen d‹er› Augspurgisch‹en› Confession, besetzt vnd v‹er›sehen, auch solchs dem offitial, aus was vrsach‹en› es bescheh‹en› angezaigt werd‹en›, Mit erpietung was sich dem h‹er›n domProbst gepurt, auch auszuricht‹en› (StadtA Speyer 1 A 458, Acta betreffend die St. Georgen-Kirche und Pfarrey, fol. 197r). 34 Das volle Zitat dieser Passage lautet: Vnnd als wir mit guetter Conscients vnnd gewissen, bey vnns nit befinden hetten können, das wir dieselbige, der vorig‹en› weiß vnnd form nach mit ainem von der Römischen Lehr vnnd Religion besetzen solten, So hetten wir demnach nottwendigclich vff andere qualificierte personen bedacht sein muessen, damit wir dasselbig, nit allain bey Gott, dem wir am Iungsten gericht, daruber red vnnd Antwurt zugeben schuldig, besonnder auch bey der welt konten vnnd möchten verantwurten, dann zu was vnrhue widerwillen vnnd vnstatten, wo ain anders vnnserer Confession vnnd Religion entgeg‹en› vnnd zuwider, in dieser der Stat Speyr Pfarrkirchen furgenomen worden were, dasselbig von d‹er› Gemaindt gegen den geistlichen alhie, vnnd neben inen Auch vnns selbst hette besorglich vffwachsen mögen (StadtA Speyer 1 A 458, Acta betreffend die St. Georgen-Kirche und Pfarrey, fol. 15r–15v).
Die Institutionalisierung der Reformation und die Konfessionsbildung
sollten sich in ihrer Lehre sowie ihrem Leben und Wandel dem Religionsfrieden gemäß verhalten und die Mönche nicht schmähen. Das sollte auch umgekehrt gelten. Die Prediger sollten weder den Kirchenornat noch den Kelch verwenden. Die Augsburger Konfessionsverwandten sollten einen eigenen Glöckner mit freiem Zugang zur Kirche erhalten und besolden sowie für Kirchen- und Turmbaulichkeiten gebührende Steuern zahlen. Im Sommer sollte die Predigt von sieben bis acht Uhr gehalten werden und winters um acht Uhr anfangen. Nachmittägliche Zeremonien durften nur bis drei Uhr dauern. Indem der Vertrag den Augsburger Konfessionsverwandten die Nutzung des Langhauses biß vf ein allgemeine Christliche g‹ene›ral reformation für die Ordensfreiheiten ohne Nachteil einräumt, liefert er einen weiteren expliziten Beleg für die Annahme der Confessio Augustana durch den Magistrat.35 Fünf Jahre später war es für den Rat schon längst zur Selbstverständlichkeit geworden, sich mit der Confessio Augustana gegenüber dem Speyerer Klerus dezidiert konfessionell zu positionieren und den vollzogenen Bekenntniswechsel reichsrechtlich zu legitimieren. In einem Protestationsinstrument des Rats vom 24. Juni 1575 formuliert dieser selbstbewusst: [S]o ist allem umbstandt sonder zweiffel wohlbewust und unverborgen, welchermaßen Ein Erbar gemeniglichen sich zu der wahren uhralten religion der augspurgischen confession wie die genandt würdt, welche in der Prophetischen und Apostolischen Schriften aus ingebung des Hl. Geists geschrieben, auf uns kommen uberflüssig gegründt und dero unwiderlegliche Zeugnuß aus dem Göttlichen allein seeligmachenden und Ewig pleibenden wort hatt offentlich bekannt, wie auch noch uffgerichten hochgepeenten religion frieden Ein Erbar Rat diese durch gemeiner Stendt einhelligen reichs Beschluss et per pragmaticam sanctionem zu gelossene religion der augspurgischen confession in ihren kirchen angestellt.36
3.1.8
Das Bedenken der Speyerer Prädikanten von 1569
Ein vom Rat in Auftrag gegebenes und diesem im August 1569 ausgehändigtes Bedenken der vier Speyerer Prädikanten (Georg Ebenreych37 und Clemens Schubert38
35 StadtA Speyer 1 A 450/3, fol. 36r. Dublette: ebd., fol. 48r–48v (Druck: EA, Nr. 34); vgl. Stamer, Kirchengeschichte, 43f; Blum, Multikonfessionalität, 32 mit Anm. 131. 36 StadtA Speyer 1 A 402/2, fol. 4v. 37 Zu Georg Ebenreych vgl. Spatz, Das evangelische Speyer, 74f; Biundo, Pfälzisches Pfarrer- und Schulmeisterbuch, 593, 596. 38 Zu Clemens Schubert vgl. Spatz, Das evangelische Speyer, 73; Biundo, Pfälzisches Pfarrer- und Schulmeisterbuch, 594.
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an der Augustinerkirche, Johann Othmar Mayländer39 an der St. Georgskirche und M. Johann Reußenzein40 an der Dominikanerkirche) gewährt einen guten ausführlicheren Einblick in damalige Fragen und Probleme des evangelischen Kirchen- und Schulwesens der Stadt Speyer41 , das auf der Grundlage der Württembergischen Kirchenordnung gestaltet wurde. In dem Gutachten wird knapp der für Speyer spezifische Regelungs- und Optimierungsbedarf für Kirche und Schule dargestellt. Vieles, was ausführlicher hätte behandelt werden können, sei jedoch unberücksichtigt geblieben. Die Ausführungen sind zu ihrer Begründung marginal wohl zur Legitimation gemäß dem sola scriptura-Prinzip mit biblischen Belegstellen versehen.Warum das Bedenken in Auftrag gegeben wurde, ist nicht bekannt. Möglicherweise steht es im Zusammenhang mit der simultanen Nutzung der Dominikanerkirche seit Juni 1569, die den Magistrat veranlasst haben könnte, von seinen Prädikanten eine Bestandsaufnahme verbesserungswürdiger Sachverhalte im Speyerer Kirchen- und Schulwesen sowie entsprechende Änderungsvorschläge einzufordern. Wie die Resonanz des Magistrats auf die Empfehlungen ausfiel und ob respektive inwieweit diese umgesetzt wurden, ist nicht überliefert. Im Folgenden wird das in seiner thematischen Reihenfolge einer Kirchenordnung ähnliche (wohl dem Muster der in Speyer verwendeten Württembergischen Kirchenordnung folgende) Dokument vorgestellt und gegebenenfalls kommentiert. a) Von der Lehre
Die Wahrheit des ewigen wortt gottes sei nicht aus dem hervorgegangen, was der Mensch für ratsam halte, sondern von Gott selber gestiftet und verordnet worden. Gott habe es so hoch und teuer geachtet, dass er selbst befohlen und geboten habe, dass sich die Engel, Patriarchen und Propheten, sein Sohn Christus, die Apostel und alle treuen Diener zu jeder Zeit bis zum Ende der Welt danach richten sollen. Denn der allmächtige Gott habe sich durch sein Wort dem menschlichen Geschlecht offenbaren wollen, sodass er von diesem erkannt und durch seine Schöpfung gepriesen werde. Obgleich der Mensch nicht in der rechten Gotteserkenntnis geblieben wäre, sondern sich von Gott durch den Sündenfall entfernt hätte, wodurch er ewig hätte verdammt sein müssen, habe Gott den Menschen doch aus lauter Barmherzigkeit wieder gnädig angenommen und die Verheißung seines Sohns, dass die Menschen gesegnet sein sollen, zugesagt und ihnen in den letzten Zeiten auch
39 Zu Johann Othmar Mayländer vgl. Spatz, Das evangelische Speyer, 73; Biundo, Pfälzisches Pfarrerund Schulmeisterbuch, 596. 40 Zu M. Johann Reußenzein vgl. Spatz, Das evangelische Speyer, 74; Biundo, Pfälzisches Pfarrer- und Schulmeisterbuch, 595. 41 StadtA Speyer 1 A 450/8, fol. 2r–9r (Druck: EA, Nr. 33); vgl. Jung, Zur Geschichte des evangelischen Gottesdienstes, 100–112; Eger, Ausstellung „450 Jahre Reformation in der Stadt Speyer“, 175–180.
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zuteil werden lassen, auf dass er sich durch die Offenbarung seiner Verheißung in der Welt eine ewige Kirche versammelt und erhalten habe. Darauf seien auch alle Lehren, Verheißungen, Opfer, Zeremonien und anderes verordnet und angerichtet worden, um anzuzeigen, dass in den letzten Tagen ein wahres und ewiges Opfer kommen würde, durch das die, die geheiligt werden würden in Ewigkeit zur Vollendung geführt werden würden und diese Lehre in den Schriften der Propheten und Apostel sich fassen lasse, dass die Menschen von Gott gewisse Zeugnisse hätten, was sie halten und zu ihrer Seligkeit glauben sollten. Denn man lese von Mose, dass Gott ihm auf dem Berg Sinai nicht nur befohlen habe, dem Volk sein Gesetz mündlich mitzuteilen, sondern dieses mit seinem göttlichen Finger auf die Tafeln geschrieben und auch Moses befohlen habe zu schreiben, damit die Menschen sein Wort allzeit vor Augen hätten und dem Willen Gottes gemäß lebten. Diese Lehre sei in den Schriften des Alten und Neuen Testaments mit solchem Fleiß dargelegt, dass der Heilige Geist, der ein Führer und Leiter sei, wahrhaftig geglaubt werde, wie das der Apostel Petrus beweise, indem er spreche: Das sollt ihr für das Erste wissen, dass keine Weissagung in der Schrift geschieht aus eigener Auslegung, denn es sei noch nie eine Weissagung aus menschlichem Willen hervorgebracht worden, sondern die heiligen Menschen Gottes hätten geredet, getrieben vom Heiligen Geist. Wer nun an dieser Lehre zweifeln wolle, müsse Gott selbst einen Lügner nennen. Denn darin werde so klar und deutlich von Gott, der ewigen Weisheit, beiden Naturen in Christus, vom Heiligen Geist, von der Erschaffung des Himmels, der Erde und des Menschen, seinem Fall, der Ursache der Sünden, von den sünd‹en› an in selbs, vom freien Willen des Menschen, vom Gesetz, vom Evangelium, von der Gnade Gottes, der Buße und der Vergebung der Sünden, vom Glauben, von den guten Werken, von der christlichen Kirche und der Gemeinschaft der Heiligen, von der Auferstehung des Leibs, von dem ewigen und seligen Leben gehandelt, wie die Mittagssonne am Himmel scheine. Diese Lehre und was um der Kürze willen noch nicht angesprochen worden sei, müsse nach Gottes Befehl vor allem in den Gemeinden christlicher Versammlungen durch die verordneten Lehrer gepflanzt, gepredigt und bis zum Ende der Welt erhalten werden, auf dass die, die an das geoffenbarte Wort glauben und bis zum Ende darauf beharren ewig selig werden. Die Summe dieser Lehre stehe vor allem in diesem Inhalt, dass Gott die Welt also geliebt und seinen eingeborenen Sohn gegeben habe, auf dass alle, die an ihn glauben nicht verloren gehen, sondern das ewige Leben empfangen würden. Das habe Christus, der Herr und Erlöser, selbst gepredigt und seinen Jüngern zu predigen und in aller Welt zu lehren aufgetragen, sodass wer glaube und getauft werde, selig werde. Diese Lehre könne die Glaubenden selig machen. Und wenn ein Engel vom Himmel etwas anderes lehren wolle, solle er verflucht sein und kein Gehör finden. Denn allein in der Erkenntnis der genannten Lehre stehe das ewige Leben, wovon Christus selbst zeuge. Das sei das ewige Leben, dass die Menschen ihn erkennen als den wahren Gott und den von ihm gesandten Jesus Christus. Darauf stehe der
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feste Grund und außer dem könne kein anderer gelegt werden und sollten dagegen auch die Pforten der Hölle nichts auszurichten vermögen. Diese Lehre wollten sie, die vier Speyerer Prädikanten, weil sie darin got lob einträchtig waren, mithilfe göttlicher Gnade praktizieren und der gmaind christlich‹er› v‹er›samlung lehren mit der tröstlichen Zuversicht, der ewige und barmherzige Gott werde das befördern. Sodass wie der Regen im Mai, wie der Prophet sage, nicht ohne Frucht, auch die durch ihr Predigtamt betriebene Lehre nicht ohne Gedeihen und Frucht verlaufe. b) Von der Ordnung
In den Schriften des Alten und Neuen Testaments seien weittleüfige vnd gnugsame Ordnungen zu finden, die man zur Verrichtung der christlichen Ämter gebrauchen möge. Weil aber die Heilige Schrift weitläufig sei und zur Zeit des Alten Testaments anders über die Ausübung der Kirchenämter als zur Zeit des Evangeliums sowie der Apostel berichtet worden wäre, sei es rechtens, in der christlichen Kirche eine der Bibel gemäße Ordnung zu etablieren, damit in der Gemeinde alles der Regel des Apostels Paulus entsprechend ordentlich und gleichförmig zugehe. Denn wo es keine Ordnung gebe, sei keine Gleichförmigkeit gewährleistet. Daraus erfolge dann großer Ärger sowohl von Seiten der Lehrer als auch der Zuhörer. Es solle aber nicht so gehandhabt werden, dass man an eine solche Ordnung gebunden wäre, als sei sie den prophetischen und apostolischen Schriften gleichgestellt und sogar über Selbige gesetzt. Denn die Schriften allein seien die rechtmäßigen Grundfesten und nur auf diesen solle die Kirche Christi, die dieser durch sein Blut erlöst habe, erbaut werden. Sie bildeten für Christus den wahren Eckstein. Außerhalb dessen solle nichts anderes gehört und gelehrt werden. Petrus sage, ihr habt ein festes prophetisches Wort und ihr tut wohl, darauf zu achten wie auf ein Licht, das da scheint an einem dunkeln Ort, bis der Tag anbricht und der Morgenstern aufgeht in eueren Herzen (2 Pet 1). Weil aber die Gemeinde mit der Schrift regiert und durch die Ausübung der Kirchenämter erhalten werden müsse, solle ein schriftlicher Auszug daraus angefertigt werden, der wie ein Kompendium zu verwenden sei. Diesen Extrakt solle man in der christlichen Kirche bei Bedarf gebrauchen. Die ganze Schrift aber gebe über alles Auskunft. Da die Württembergische Kirchenordnung (von 1553) mit derselben konform sei, welche Meinung auch der Magistrat nach reiflicher Überlegung vertrete, sei es onbeschwerlich, derselben Ordnung gemäß zu leben und die Kirchenämter ainmütiglich auszuüben.42 Dass die Confessio Augustana in diesem Zusammenhang nicht mehr explizit als bedenklich angesehen wird, spricht für ihre inzwischen vollständige Akzeptanz bei der Speyerer Obrigkeit.
42 Druck der Württembergischen Kirchenordnung von 1553 in EKO 16, 223–276.
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c) Von den Sonn- und Feiertagen, ihren Predigten und dem Katechismus
Auch wenn in der Heiligen Schrift allein der Sabbat als Feiertag belegt werden könne, dessen Einhaltung Gott seinem Volk zur Ruhe und Heiligung befohlen habe, seien doch die Geschichten der Apostel an deren Festtagen kundzutun. Obgleich die Feste der Apostel nach Meinung der Kirche zu halten und von Menschen gesetzt worden seien, sei das nicht geschehen, um die Kirche daran zu binden wie an die Glaubensartikel. Weil den Christen im Neuen Testament alle tag sabat vnd feirtag vnd inen von ongerechtigkaitt vnd allem bösen zu feiren befoll‹en› vnd gebott‹en› ist, vnd soll‹en› die gewißne‹n› nicht an diese Feiertage gebunden sein, denn Christus sei auch der Herr des Sabbats und habe alle, die an ihn glauben davon befreit, dass sie jemand mit menschengemachten Gesetzen wider das Wort binden möge, wie Paulus schreibe und seine Galater43 und Kolosser44 dafür strafe, dass sie sich zu den dürftigen und schwachen Satzungen gewandt hätten und ihnen von Neuem dienten. Weil sie Tag und Monat, Fest und Jahrzeit ebenso feierten, lehret sie das inen. niemant gewissen mach‹en› lass‹en› iber solchs welchs ist der schatt. von dem d‹as› zukünftig ist gewesen und Hieronymus schreibe im epitaphio pauli, dass man zu seiner Zeit auch am Sabbat nach dem Gottesdienst zur notturfft gearbeitet habe. Die Bestimmung der Alten, ettlich zeitt vnd tag zu feiern, sei vor allem deshalb getroffen worden, um dester bequemer zu dieser Zeit zusammenkommen zu können, einträchtig das Wort Gottes und an den Tagen der Apostel deren Leben, Geschichten und Lehren zu hören, sodass man ihnen, was die Wahrheit betreffe, nachfolgen lerne. Dazu ermahne auch der Apostel und er sage, gedenkt euerer Lehrer, die euch das Wort Gottes gesagt haben, und folgt ihrem Glauben nach.45 Weil die maßlose Überschätzung der kirchlichen Feiertage den Sonntag herabwürdige, sollte dieser Missstand auch in den jetzigen Zeiten durch eine christliche Obrigkeit aufgehoben werden, damit die gewißene der christ‹en› frei und ungebunden, aber allein zu Ehren Gottes, für Zucht, Ehrbarkeit und gute Disziplin gefeiert werden würden. Einen rechten Brauch des Sabbats und der Feiertage zu gewährleisten, weil an diesen Tagen kein unziemliches Leben, übermäßiges Essen und Trinken, keine unordentliche Gesellschaft, Büberei, Schande und Laster wie an denselben Tagen geschehen sei, solle die Obrigkeit das alles aus Amtspflicht aufheben, damit die Predigt des seligmachenden Gottesworts ihren Fortgang haben möge. Auch durch Fechtschulen während der Predigt, Versammlungen auf den Zünften, Schießen, Kegeln, Tanzen und anderes, dem die übermütige und freche
43 Annotation am linken Rand: gal. 4. 44 Annotation am linken Rand: Col. 2. 45 Annotation am linken Rand: heb. 13.
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Jugend nachlaufe, werde die Predigt versäumt. Darüber habe sich auch der heilige Augustinus beklagt. Er habe dazu geschrieben, dass es viel besser wäre, am Sabbat zu arbeiten anstatt so schwere Sünden gegen Gott zu begehen. Deshalb sollten die Morgen- und Mittagspredigten in den gewohnten drei Speyerer Kirchen – Augustiner-, St. Georgs- und Dominikanerkirche – gehalten, mittags jedoch nicht das morgens gepredigte Evangelium, sondern eine Epistel oder eine andere bequemliche materia für das Volk zur Erbauung der Kirche ausgewählt und erklärt werden. Weil aber bisher sonntags nicht gepredigt worden sei und in vielen geringen Städten auch am Sabbat um drei Uhr der Katechismus mit der Jugend gehalten werde, wäre es nicht ungeschickt, auch sonntags zur selben Zeit den Katechismus zu predigen und die Jugend anschließend zu examinieren. Die Schulmeister und ihre Schulkinder sollte man zur Teilnahme verpflichten. Auch alle Väter und Mütter sollten in den Predigten mit Fleiß ermahnt werden, das christliche Werk fördern zu helfen. Denn diese Lehre sei der Jugend und allen Menschen so hoch von Nöten wie Essen und Trinken, denn der Herr habe seinem Volk befohlen, dass die Väter ihre Kinder recht lehren und erziehen sollen, auch gottesfürchtig zu sein. Denn Gottesfurcht, so sage Salomon, sei ein Anfang aller Weisheit.46 Im Katechismus würden die Hauptartikel der ganzen christlichen Religion als in ainer sum‹m›a ordenlich vnd fein verfaßt. Dabei solle und müsse die Jugend, wenn sie ihr Leben lang den göttlichen Willen erkennen wolle, erzogen werden. Damit dies möglich werde, seien Johann Reußenzain und Clemens Schubert bereit, sonntags zur genannten Stunde denselben Katechismus ein Jahr lang zu lehren. Dafür müsste sie allerdings der Magistrat von der Predigt bei den Gutleuten und im Spital befreien, weil ihnen alles zusammen unmöglich sei. d) Von dem Kirchengesang
Paulus mahne, wie man gesinnt sein solle und nicht mit gleißnerischem gepräng zu erscheinen, wo man zusammenkomme, sondern miteinander von den Psalmen, Lobgesängen sowie geistlichen Liedern zu reden und dem Herrn zu spielen und zu singen in unserm Herzen.47 Und die erste kirch habe jedermann ermahnt, die Herzen zu erheben. Wo nun die Kirche zusammenkomme, sollten alle der Schrift gemäßen Gesänge und Psalmen so gut wie möglich nach der Zeit und der Thematik, die der Kirchendiener behandeln wolle, gerichtet und mit gleichmäßigen Stimmen nach der Mensur gesungen werden, damit auch das Volk die Psalmen und den Herrn von Herzen loben lerne, denn Gott sei Geist und wolle im Geist und in
46 Annotation am linken Rand: prouerb. 1. 47 Annotation am linken Rand: Ephe. 5.
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Wahrheit angebetet werden.48 Die Zuhörer sollten ermahnt werden, die Psalmen und Kirchenlieder mit Fleiß zu lernen und mitzusingen.49 e) Von der Wochenpredigt
Nur an Sonn- und Feiertagen zu predigen sei nicht nur bei verständigen Christen, sondern auch bei der Stadt und ihrer Bürgerschaft, als ob sie nicht nach Gott fragte, tadelnswert. Deshalb wäre es ehrlich, nützlich und erbaulich für die Kirche, jeden Dienstag um acht Uhr, vor allem der Hochzeiten wegen, eine Predigt zu halten. Es solle keine Ehe am Tag einer Predigt eingesegnet werden, es sei denn, die Eheleute besuchten mit ihren Hochzeitsgästen die Predigt. Nach der Predigt solle der Kirchendiener die Eheleute im Beisein christlich‹er› versamlung einsegnen und für einen glückseligen Eingang der neuen Eheleute alle Menschen ermahnen. Denn wer jemandem dienen wolle, insbesondere zu diesem ehelichen Stand, wo der christlich und gottselig gesinnt sei, der werde nicht um des Essens und Trinkens, sondern vielmehr um der Ehre Gottes sowie der neuen Eheleute Heil und Wohlfahrt willen erscheinen. Deshalb wäre es auch ein Leichtes für ihn, den hochzeitlichen Ehrentag mit christlicher Zucht und Ehrbarkeit zu begehen. Es wäre auch christlich und wohlgeordnet, an der Kirchentür einen speziellen Sammelbehälter aufzustellen und die Hochzeitsgäste zur Almosengabe für die Armen aufzufordern, wie das auch in anderen Städten und Flecken üblich sei. Die Almosen könne man für die armen Schüler und Leute verwenden. Zur Einsegnung der Hochzeit sollten auch die Schüler anwesend sein und beim Ein- und Ausmarsch der Hochzeitsleute die Psalmen, die von dem jeweiligen Prädikanten angezeigt und angeordnet werden würden, singen, wie es auch an geringern ortt‹en› gehaltt‹en› werde. f) Von den heiligen Sakramenten und erstens von der Taufe
Obgleich die Menschen von Natur und Art Kinder des Zorns seien, wie der Apostel sage, in Sünden empfangen und geboren würden und derentwegen in Ewigkeit vor Gott hätten verdammt sein müssen, denn der Verdammnis einzige Ursache sei die Sünde, der Sünden Belohnung aber der Tod, der um der Sünde willen in die Welt über alle Menschen gekommen sei, so habe sich doch Gott aus großer
48 Annotation am linken Rand: Ioh. 4. 49 Der Erfolg der frühen Reformation war nicht zuletzt eine Wirkung der zunächst vorwiegend mündlich tradierten evangelischen Lieder bzw. deren Sammlung in Gesangbüchern. Neidvoll wurde aus altgläubiger Warte anerkannt, dass diese tiefgreifender und nachhaltiger als alles andere die Bevölkerung für die evangelische Bewegung gewonnen hätten (vgl. dazu Schilling, Musik; ders., Gabe Gottes).
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Barmherzigkeit uns aller gnädiglich erbarmt und seinen Willen dem menschlichen Geschlecht im Wort und in den Sakramenten zum Heil offenbart. Wie nun aber Gottes Wort und seine Verheißungen, in denen sein ausdrücklicher Wille zur Genüge angezeigt werde, ohne jede Widerrede wahr und gewiss seien und die auch der Mensch nicht anzweifeln dürfe, so sehe doch Gott selbst der Menschen Schwäche und verdorbener Natur deutlich an, dass diese nicht so vollkommen vertrauen und glauben könne wie sie sollte. Der Mensch habe immer Zweifel an Gott und seinem heiligen Wort. Damit aber der Mensch nicht verderbe, sondern gründlichen und satten Verstands Gottes gnädigen Willen gegen sich hätte, so gebe Gott sein Wort nicht nur, damit daran keine Zweifel erhoben würden, sondern er hefte daran sichtbare Vergewisserungszeichen seiner Gnade, auf dass er, was er mit Worten zugesagt habe, durch sichtbare Zeichen darreiche. Es wäre nicht nötig gewesen, durch äußere Sakramente mit dem Menschen zu handlen, wo er in seiner Natur vollkommen geblieben sei. Denn der Mensch, sage Augustinus, habe Gott vor der Sünde gesehen, verstanden und ihm vertraut. Nach dem Sündenfall habe der Mensch Gott nicht mehr erkennen können, weil jener aus seiner Vollkommenheit geschritten sei, außer Gott habe ihm durch ein mitelding geholfen, durch das der Mensch zum Glauben an Gott gereizt werde. So geschah es zum Beispiel bei Noah durch den Regenbogen50 , bei Abraham durch die Beschneidung der Vorhaut51 , bei Mose und dem Volk Israel durch die Wolkensäulen am Tag und die Feuersäulen in der Nacht52 , bei Gideon durch das Fell auf dem Tau (fehl auf dem thöw)53 . Das alles seien Wahrzeichen Gottes gewesen. Weil im Neuen Testament auch große und unermessliche Verheißungen im Reich Christi gemacht würden, die unseren Glauben stärkten und an den Willen Gottes erinnerten, die Menschen aber gebrechlich und verderbt seien wie die Väter im Alten Testament, so habe Gott aus großer Barmherzigkeit durch Christus durch äußerliche Sakramente und sichtbare Zeichen helfen lassen, um keiner anderen Ursache willen als dass durch die Kraft solcher in Gottes Wort gegründeten Zeichen der zweifelhafte und schwache Glauben des Menschen an Gottes Verheißung gestärkt werde, sodass sooft der Mensch die Sakramente in rechtem Glauben gebrauche, die Stärkung desselben erlangen und des Nutzens der Verheißung teilhaftig werden könne. Nachdem Christus nicht nur den Juden, sondern auch den Heiden die Erbschaft himmlischer Güter durch sein Wort verheißen und versprochen hätte, habe er sich nicht an bloßen Worten hängen lassen wollen, sondern zur Versicherung solcher Verheißungen setze er die heilige Taufe und das heilige Abendmahl ein, auf dass die, die getauft seien und solche Zeichen am Leib trügen, seiner im Wort offenbarten Verheißung durch den 50 51 52 53
Annotation am linken Rand: Gen. 9. Annotation am linken Rand: [Gen.] 17. Annotation am linken Rand: Exod. 13. Annotation am linken Rand: Iud. 6.
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Glauben teilhaftig werden sollten, sodass sie in die Erbschaft himmlischer Güter aufgenommen und zugelassen werden würden. Die Taufe solle die Getauften immer daran erinnern, die ganze Zeit ihres Lebens, des Absterbens an ihrem Fleisch, dass weil sie auf Christus getauft seien, seien sie auch in seinen Tod getauft54 . Diese Taufe sei ihnen ein Bad der Wiedergeburt und Erneuerung im Wasser und heiligen Geist, was nichts anderes sei als ein neues Leben durch den Glauben an Christus und die Gnade des heiligen Geists, hier auf Erden zeitlich zu beginnen, täglich zu mehren und im Tod vollkommen zu erfüllen. An dieser Stelle verweisen die Prädikanten auf die Bibelstellen Mt 3, Apk 1, Eph 3 und Kol 4. Das alles sollten die Kirchendiener das Volk gut (biblisch) begründet lehren, um kein oberflächliches Traditionschristentum ohne mündiges Bewusstsein der Taufgemeinde zu provozieren: sodass man nicht leichtfertig – weil es ein täglicher Brauch sei, mit Wasser zu taufen – darüber urteile, das dann geschehe, wo der wahre Nutzen auß grundt götlichs worts nicht angezeigt werde. Vnd wiewol in der erst‹en› kirch‹en› vil vnd mancherlay weiß. der zeit halb‹en› zu tauff‹en› verordnet gewesen, auch zu unseren Zeiten an etlichen Orten allein an Sonn- und Predigttagen, so die Kirche beieinander versammelt sei, getauft werde, so sei es doch bei dem Großteil der christlichen Gemeinde approbiert und angenommen, besonders in großen Städten täglich zu taufen. Deshalb sollten jeden Tag um ein Uhr nachmittags, sofern Kinder zu taufen seien, Taufen vorgenommen werden. Das werde nicht nur den Kirchendienern, sondern auch allen Bürgern zu guter und rechter Ordnung dienen. g) Von dem heiligen Abendmahl des Leibs und Bluts Christi
Weil Christus auf Befehl seines himmlischen Vaters das ganze Menschengeschlecht, um dessentwegen er in die Welt gekommen wäre, am Kreuz habe erlösen und um ihrer Sünden willen mit dem zornigen Vater versöhnen wollen, habe er zu seinem ewigen Gedächtnis, damit das hohe und teuere Werk der Erlösung nicht vergessen werde, sein heiliges Abendmahl verordnet und eingesetzt, auf dass der Mensch seinen Glauben stärke, in des Menschen Gewissen versichert, wie er den Menschen mit dem Vater versöhnt, die Sünden getilgt, den Tod umgebracht und durch sein Leiden und Sterben selig gemacht hätte. Das werde weitläufig in Mt 26, Mk 14, Lk 22 und 1 Kor 11 dargelegt. Weil aber dieser letzte Wille Christi unter anderen großen Gnaden, die er dem menschlichen Geschlecht aus Barmherzigkeit habe zuteil werden lassen, nicht der geringste sei, solle er rechtmäßg mit aller Reverenz und Andacht verwirklicht werden, in Anbetracht dessen, dass der Apostel Paulus schreibe, dass wer sich einer solchen Gemeinschaft anschließen wolle, sich zuvor
54 Annotation am linken Rand: Ro. 6.
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prüfe, damit er nicht unwürdig von dem Brot esse und aus dem Kelch trinke und dadurch schuldig werde am Leib und am Blut des Herrn.55 Deshalb solle sich ein jeder vorher prüfen, seine Sünden erkennen, Reue zeigen, Gott in festem Glauben um Verzeihung bitten und nicht zweifeln, dass Gott durch Christus auch seine Sünden vergessen werde. Denn er sei kein Gott, der Lust am Tod des Sünders habe, sondern vielmehr daran, dass der Mensch sich bekehre und lebe.56 Vor der Feier des Abendmahls solle aber am vorhergehenden Samstag um drei Uhr nachmittags eine Predigt von der wahren und christlichen Buße oder vom Nutzen und Gebrauch des Abendmahls gehalten werden. Alle, die am folgenden Tag Leib und Blut Christi empfangen wollten, sollten die Predigt besuchen und aufmerksam zuhören, um ihr Leben zu bessern. Anschließend solle sich jeder beim Kirchendiener melden, um Privatabsolution zu empfangen. Denn das geschehe nicht um des Dieners, sondern um des Kommunikanten willen, damit dieser das Wort Gottes und die frohe Botschaft des heiligen Evangeliums höre, auch etwas über den rechten Gebrauch des heiligen Sakraments und wie er sich danach dem göttlichen Willen gemäß verhalten solle. Es solle nicht so verstanden werden, als wolle man damit eine Ohrenbeichte vornehmen, denn man fände zweierlei Beichten im Wort Gottes. Die eine geschehe vor Gott allein, in dem der Mensch sich gebrechlich, sündhaft und der Verdammnis würdig aus dem Grund seines Herzens erkenne und Gottes Erbarmen in Christus erbitte.57 Die andere solle demjenigen abgenommen werden, der verletzt und beleidigt sei, dass der, welcher ihn beleidigt habe, freimütig bekenne und ihn um Verzeihung bitte. Weiterhin könne aus Gottes Wort keine andere Beichtart erwiesen werden. Aber es habe eine dritte Form der Beichte in der Kirche Einzug gehalten, die auch lange Zeit praktiziert worden sei, jedoch in solch schweren Missbrauch, auch zum Nachteil der Kirche geraten, sodass daraus viel Unzucht erwachsen sei, wie man in der tripartita historia58 lesen könne, das auch die vätt‹er› v‹er›ursacht. dieselbig widerumb abgethon hab‹en›. Gebrauche man sie rechtmäßg, so sei sie nicht unfruchtbar, wenn sie zum Trost der Betrübten, zur Unterrichtung der Einfältigen, besonders aber der unerfahrenen Jugend praktiziert werde und die Absolution verkünde wie Christus dem Gichtbrüchigen und dem weiblin ihre Sünden verzeihe59 und auch seinen Jüngern und den Dienern des Evangeliums zu binden und zu lösen befohlen habe.60 In dieser rechtmäßigen Form solle diese Beichte erfolgen und bleiben. Und weil es gar abscheulich sei, auf einem Messaltar, wo der Messpfaffe täglich den Sohn Gottes für die Sünden der
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Annotation am linken Rand: 1 cor. 11. Annotation am linken Rand: ezech. 33. Annotation am linken Rand: Math. 5. 18; Iaco. 5. Die Historia ecclesiastica tripartita von Cassiodor. Annotation am linken Rand: math. 9. Annotation am linken Rand: Ioh. 20; Mat. 16.
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Lebenden und der Toten wider die Einsetzung durch Christus opfere und das vermeintliche Sakrament vollziehe – denn was habe Christus mit Belial zu schaffen61 und die Wahrheit mit der Lüge? – so wäre es christlich und löblich, einen Schreiner einen hölzernen Tisch oder Altar außerhalb des Chors anfertigen zu lassen, den die ganze Kirche im gesicht haben möchte und bei der Spendung der Sakramente augenscheinlich sehen und hören könne, was Christus getan und zu tun befohlen habe. Da könne vieles zur Erbauung der Kirche angerichtet werden. h) Von der Krankenbesuchung
Auch die Kranken, Gefangenen und armen Leute stünden unter dem Schutz und Schirm der Kirche, denn sie gehörten zum Reich Christi. Deshalb seien die Kirchendiener schuldig, jene mit hohem fleiß zu besuchen und zu trösten, ihnen den Weg der Seligkeit zu weisen und sie inständig zur gedultt im kreitz, das ihnen der Herr auferlegt habe, zu ermahnen. Und weil um der Sünde willen nicht allein die Krankheit, sondern auch der Tod in die Welt gekommen sei, solle das den Menschen nicht zum Verderben gereichen, sondern dass sie als die Reben am Weinstock gereinigt würden62 und durch das Kreuz im Glauben versucht umso hitziger und inbrünstiger nach dem ewigen Vaterland seufzen und trachten. Wenn der Kranke zum Trost und zur Stärkung seines Glaubens das Abendmahl begehre, solle er vom Kirchendiener wohl darüber unterrichtet werden und es darauf empfangen. Man solle es aber zu der Zeit, da die Krankheit und die Schwäche noch nicht überhandgenommen hätten, dem Diener mitteilen, auf dass gewinnbringend mit ihm verhandelt werde, vor allem aber weil unwürdiges Essen und Trinken im heiligen Abendmahl das Gericht auf sich lade, sei für den Kranken langer Verzug nicht nur beschwerlich, sondern auch gefährlich. Und es komme häufig vor, dass die Diener aufgrund des langen Verzugs und der Fahrlässigkeit der Kranken oder deren sozialen Umfelds von den Kranken, Sterbenden oder Gestorbenen ohne alles Verhandeln wieder nach Hause gehen müssten. Deshalb sei es sinnvoll, dass der Kranke einen Tag zuvor, wenn er noch bei guter Vernunft sei, ehe er das Abendmahl empfange, einen Diener zu sich rufe und sich mit ihm bespreche und Trost und Unterweisung begehre und erst am folgenden Morgen zu gelegener Stunde das Abendmahl empfange. Das gereiche sowohl den Dienern als auch der Bürgerschaft zum Nutzen und gebe eine gleichmäßige Ordnung. Denn den Dienern des göttlichen Worts – wie die meisten wohl erkennen könnten – sei es nicht jederzeit möglich, jedermanns Wunsch entsprechend die Sakramente zu
61 Annotation am linken Rand: 2. cor. 6. 62 Annotation am linken Rand: Ioh. 15.
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spenden, vor allem nachts ob dem essen und zu allen ungelegenen Zeiten. Deshalb solle jeder ermahnt werden, dass man sich in eine gute Ordnung füge. Die Bürger sollten ihre Diener und Dienerinnen nicht eher in das Beginenhaus oder in das Spital bringen, bevor sie nicht bei sich zu Hause – dem Gemeindeprinzip folgend – das Abendmahl empfangen hätten: So sei es auch sehr gut, dass wenn der Kranke kommunizieren und das heilige Sakrament empfangen wolle, etliche seiner Hausgenossen oder Nachbarn mit ihm kommunizierten, damit es umso mehr der Einsetzung Christi entspreche. Wenn der Magistrat dieser Ordnung zustimme, werde man sie in kurzer Zeit zum großen Nutzen aller genau so umsetzen. i) Von den Toten und deren Begräbnissen
Weil dem lebendigen Menschen auf Erden nichts gewisser sei als der Tod, aber nichts ungewisser als die Stunde, sollten sich alle Menschen täglich zum Sterben richten, denn wegen des Fehltritts eines Menschen sei die Sünde und um derentwillen der Tod in die Welt gekommen.63 Der Tod sei nichts anderes als der Sünden Lohn, aber die Kraft des Tods die Sünde. Durch Christus aber sei der wahre Tod nicht geblieben, sondern zu einem süßen Schlaf geworden.64 Alle Gläubigen hätten durch Christus die Hoffnung auf die Auferstehung am jüngsten Tag zum ewigen Leben. Weil Christus die Auferstehung und das Leben sei65 , werde er alle, die an ihn glaubten, erwecken und zur ewigen Gerechtigkeit führen. So bezeugten die Artikel des uralten christlichen Glaubens, dass das Fleisch des Leibs am jüngsten Tag zum seligen und ewigen Leben verklärt auferstehen werde, wie es alle Schriften des Alten und Neuen Testaments belegten. Wäre Christus nicht auferstanden, dann würde auch der rechtgläubige Christ, wie Paulus sage, nicht auferstehen. Was wäre dann der christliche Glaube?! Wahrlich eitel und vergebens.66 Dann gehörten auch die Christen zu den allerärmsten Menschen auf Erden. Weil aber nichts gewisser sei als dass alle zum jüngsten Gericht auferstehen müssten und würden, so sollten bei den Christen die Begräbnisse ehrlich und mit großer Andacht gefeiert werden. Denn die Christen stürben nicht wie das Vieh, sondern als Geschöpfe Gottes und Glieder des Herrn, denen der allmächtige Gott ein anderes Leben bereitet habe. Der Tod seiner Heiligen bezeuge auch Gottes Wort, dass es herrlich sei vor dem Angesicht Gottes67 . Deshalb sei es ganz unchristlich, wo die Begräbnisse der Christen nicht ehrlich – also unchristlich, die Ehre Gottes und sein (Verheißungs-)Wort missachtend, bzw. heimlich und ohne christliche Gemeinde und Verkündigung – verrichtet 63 64 65 66 67
Annotation am linken Rand: Rom. 5. Annotation am linken Rand: 1 cor. 15. Annotation am linken Rand: Ioh. 11. Annotation am linken Rand: 1 cor. 15; dan. 12; Iob. 19; Io. 5.; thes. 4. Annotation am linken Rand: psal. 115.
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würden. Abraham hätte mit großen Ehren seine Frau Sarah in Hebron begraben, wo danach auch die Patriarchen begraben worden seien.68 Desgleichen sei mit großen Ehren und besonders feierlich und menschlich der Witwensohn zu Naim aus der Stadt zum Begräbnis getragen worden.69 Wie Lazarus, der Bruder Marias und Marthas, begraben worden sei, finde man bei Johannes dem Evangelisten.70 Es sei fürwahr eine große Strafe gewesen und ein sicheres Zeichen für den Zorn Gottes im Alten Testament, wo man des Begräbnisses beraubt und der Leichnam ohne alle ehr proieciert ward. Deshalb sollten die Begräbnisse mit hohen Ehren vollzogen werden. Man solle auch eine angenehme Uhrzeit dafür anordnen. Die vor Mitternacht Verschiedenen sollten am nächsten Tag um neun Uhr vormittags und die nach Mitternacht Verstorbenen um vier Uhr nachmittags bestattet werden. Ein erfahrener Prädikant solle eine Leichenpredigt halten, aber nicht um die Toten, sondern um die Lebenden zu ermahnen und daran zu erinnern, dass was heute ihrem Bruder oder ihrer Schwester widerfahren sei, auch sie zu jeder Zeit und Stunde zu erwarten hätten. Denn der weise Mann sage, es sei besser, in ein Klage- als in das Trinkhaus zu gehen, denn in jenem sei das Ende aller Menschen und der Lebendige nehme es zu Herzen.71 Damit jeder durch diese Erinnerung zur Besserung des Lebens angeregt werde, sollten die Leichenpredigten gehalten werden. Es wäre aber für die Prädikanten mitunter nicht einfach und sei auch in anderen Kirchen nicht üblich, in dem Haus, in dem sich die Leiche befinde, persönlich zu erscheinen und dann mit den Schülern hinaus zum Begräbnis zu gehen, in Anbetracht dessen, dass etwa das Haus weit entlegen und es für die Prädikanten aufgrund ihres Alters oder ihrer Schwächlichkeit nicht gut möglich sei. Deshalb bitten die Prädikanten den Magistrat, dass der Prädikant an dem Ort, wo die Leichenpredigt zu halten sei, rechtzeitig erscheinen und wenn das Trauervolk sich eingefunden habe sein Amt verrichten müsse. Weil aber zu solchen und anderen Predigten auf Geheiß des Magistrats die größere Glocke von St. Georg geläutet werden müsse, aber zur selben Zeit oft die Pfaffen diese Glocke für ihre Bruderschaften, Abgöttereien und liederliche Dinge läuten ließen, wodurch gottselige Leute meinen könnten, dass man das Wort Gottes verkündigen werde, aber tatsächlich betrogen zum Gottesacker oder zur Kirche gehen, Gottes Wort suchen und nicht finden werde, wäre es ratsam, die vom Magistrat verordnete Predigtglocke nur zum Läuten bei ordentlichen Predigten zu verwenden, zumal die Pfaffen, weil sie mit der großen und der kleinen Glocke in der St. Georgskirche mehr als genug hätten und diese für ihre Abgötterei gebrauchten, keinen Grund zur Klage hätten.
68 69 70 71
Annotation am linken Rand: gen. 35. 36. 37. Annotation am linken Rand: Luc. 7. Annotation am linken Rand: Ioh. 11. Annotation am linken Rand: Ecc‹lesiaste›s. 7.
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j) Von den Schulen
Aus den alten Geschichten der Kirche erfahre man ausführlich die Ursachen und zu welchem Zweck die Stifte und Klöster fundiert und reichlich bedacht worden seien, nämlich nicht für Müßiggang, unordentliches Leben, Hurerei, Ehebruch, Abgötterei, Fressen, Saufen, Spielen und um einfach nach des Herzens Mutwillen willen zu leben, sondern zum rechten Studium der Heiligen Schrift und zur Ausübung göttlicher Weisungen, auch zur Wohlfahrt anderer Leute zu lehren und zu predigen, zur Unterweisung der Jugend, auch in bürgerlichen Angelegenheiten, wozu die Menschen von Gott erschaffen seien, dienstlich vorzustehen. Weil aber durch den großen Missbrauch der Stifte und Klöster die Monasterien Freudenhäuser, Schulen Trinkhäuser und das Studium Müßiggang und schwelgerisches Leben geworden seien, sich alles zum Schlimmsten entwickelt habe und man nicht auf Wiederherstellung der vorherigen Zustände hoffen könne, spreche der Heilige Geist diejenigen, die aufgrund göttlicher Ordnung das Amt der Obrigkeit ausübten ganz ernst und tröstlich an, dass sie deswegen die Kirche und ihre Diener erhalten sollten, an ihnen nichts verwinden zu lassen und er nenne die weltlichen Regenten und Obrigkeiten Ernährer und Säugammen der Kirche72 . Weil das Kirchenamt und das weltliche Regiment nicht erhalten werden könnten ohne die Schulen, in denen die Jugend wie in einem Pflanzgarten in Gottesfurcht und in den freien Künsten erzogen werden sollte, sei es überaus nötig, dass die weltliche Obrigkeit sich der Schulen mit Ernst annehme und gottesfürchtige, gelehrte, treue und fleißige Präzeptoren anstelle, durch deren gewissenhafte Arbeit die Jugend unterrichtet werde. Diese sollten auch ordentlich unterhalten werden, damit die Schulmeister Lust und Liebe gewönnen, sich der Jugend mit vollem Einsatz zu widmen. Denn die freien Künste seien durch Unwissenheit dahin geraten, das man das brot schwarlich darbey bekomen könne und die Fakultäten fingen schon an, also belonet zewerd‹en›, dass man sich sorgen müsse, dass wenn man nicht mehr auf die Unterhaltung der Lehrer achte, man in kurzer Zeit in Barbarei geraten möge. Um dem zu begegnen, sollten die christlichen Obrigkeiten bei der Organisation der Schulen in ihrem Gebiet alle Anstrengungen unternehmen, gut besolden und darauf achten, dass das, was gelehrt werde, von Visitatoren und Scholarchen als Inspektoren geprüft werde, die mit dem Schulmeister die Klassen einteilen und die Unterrichtsplanung vornehmen sollten. Die Schüler sollten jedes Vierteljahr durch den Präzeptor im Beisein der Scholarchen examiniert werden, um die Fortschritte in den Studien zu eruieren, damit die Eltern und andere Wohltäter das Schulgeld nicht vergeblich zahlten. Der Präzeptor sollte die Financiers auch über den Entwicklungsstand und die Förderungsmöglichkeiten der Schüler informieren. Weil
72 Annotation am linken Rand: Isa. 49.
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die Kinder der Reichen und großen Herren je länger sie studierten, umso weniger studieren wollten, da sie sich auf ihrem Reichtum ausruhten, und die Eltern ihre Kinder nicht wie sie sollten zum Fleiß erzögen, als wenn sie weder der Kunst noch der Weisheit bedürften, sei zu befürchten, dass sie nur schwer vor Gottes strengem Richterstuhl bestehen könnten, weil die Kinder eine Gabe Gottes seien und er den Eltern befohlen habe, ihre Kinder zu lehren, was sein Wille und Befehl sei, und sie diesbezüglich zu erziehen73 wie vor Zeiten Abraham seinen Sohn Isaak, Isaak seinen Sohn Jakob und Tobias seinen Jungen Tobias in Zucht und Gottesfurcht erzogen hätten, wie auch Daniel, Christus, der Apostel Paulus und andere mehr gelehrt und erzogen worden seien, wie die Eltern einen schönen Spiegel in den Sprüchen Salomos im Sirach fänden, wie sie ihre Kinder erziehen sollen. Daraus sei leicht zu entnehmen, was Gott von ihnen verlange. Wenn diese Eltern jedoch ihren elterlichen Pflichten wegen ihres Reichtums nicht nachkommen und hinsichtlich der Erziehung ihrer Kinder als fahrlässig erachtet würden, würde ihnen das gerechte Gottesurteil wie dem Priester Eli widerfahren, den Gott aufgrund seiner fahrlässigen Zucht bei seinen Söhnen mit dem Tod bestraft habe.74 Wenn Gott solche Väter nicht zeitlich bestrafe, so würde er sie doch umso härter ewiglich strafen. Die Armen aber, zumal sie ihre Kinder von Herzen gern zur Zucht und Disziplin in der Schule anhalten wollten, dass die Kinder mit der Zeit auch anderen fleißig dienen und von Nutzen sein möchten, könnten sich das ihrer Armut wegen nicht leisten. Es sei leider der Glaube schier erloschen und die Liebe in den Herzen der Menschen erkaltet75 , sodass niemand oder nur wenige an den armen Schülern die Werke der Liebe und der Barmherzigkeit erweisen wollten, sodass sie der Armut wegen die begonnenen Studien nicht fortführen könnten. Es komme häufig vor, dass mancher gut anfange und vielen nützlich sein könne, aber der Armut wegen aufhören müsse. Und wenngleich der eine oder andere durch die wunderbare Vorsehung Gottes und frommer Leute Hilfe weitermachen könne, müssten doch viele aufhören und heutzutage, wie die Erfahrung zeige, Kirchen und Schulen durch armer Leute Kinder versehen werden. Weil das die reine Wahrheit sei und der Obrigkeit solches zu oft berichtet werde, solle sie zur Erhaltung des heiligen Evangeliums und des weltlichen Regiments aus Gottes Barmherzigkeit den armen, von frommen Eltern geborenen und erzogenen Kindern Stipendien geben, sodass durch solch ein christliches gutes Werk die Jugend erzogen sowie der Kirchendienst und das gemeine Regiment erhalten würden. Wenn die Obrigkeit aus christlichem Eifer die Schulen, wie sie es auch schuldig sei, unterstützen werde, könne dem geistlichen und weltlichen Regiment ganz leichthin geholfen werden,
73 Annotation am linken Rand: Exod. 13. 74 Annotation am linken Rand: 1. Sam. 3. 75 Annotation am linken Rand: Math. 24.
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das ohne verständige, gelehrte und erfahrene Personen nicht so einfach bestehen würde. 3.1.9
Euere Theologi vnnd Kirchendienere, als reine gotselige Trewe Lehrer, des seligmachendenn wort Gottes angebenn vnnd geruhmet – die Speyerer Prädikanten genießen einen guten Ruf
Im Herbst 1571 wandte sich Herzog Johann Wilhelm von Sachsen-Weimar (1530–1573)76 aus der Familie der ernestinischen Wettiner wegen des durch den streng lutherisch gesinnten Matthias Flacius Illyricus (1520–1575)77 verursachten innerprotestantischen Konflikts um die Erbsünde mit der Bitte um ein Bedenken zu einem von Prof. Dr. Johannes Wigand (1523–1587) verfassten Druck zur Erbsünde an auswärtige Gelehrte. Flacius hatte seit 1557 die Professur für Neues Testament an der Universität Jena inne. Zugleich spielte er eine zentrale Rolle in der ernestinischen Kirchenpolitik. Nach seinem Amtsantritt geriet er mit seinem Kollegen Viktorin Strigel in einen Streit über die Rolle des freien Willens bei der Bekehrung. Dieser synergistische Streit mündete in die öffentliche Weimarer Disputation zwischen den beiden Kontrahenten Anfang August 1560 ein. Der Streit um die Willensfreiheit entwickelte sich dabei zu einer innerevangelischen Kontroverse um das Verständnis der Erbsünde, das sonst zwischen altgläubiger und Wittenberger Seite eigentlich unumstritten war.78 Nachdem der Philippist Strigel die philosophische Differenzierung zwischen Substanz und Akzidenz in die Diskussion eingeführte hatte, formulierte der Gnesiolutheraner Flacius, um die Willensunfreiheit in Folge des Sündenfalls zu verteidigen, die kontroverse These, dass die Erbsünde die Substanz des Menschen sei. Die theologische Auffassung des Illyrers führte im Verbund mit seinem Widerstand gegen Beschlüsse des Konsistoriums sowie der allgemeinen Unruhe, welche die Debatte ausgelöst hatte, zum Jahreswechsel 1561/1562 zu seiner Entlassung aus der Universität Jena. Die Folgejahre bis zu seinem Tod waren geprägt von familiären Schicksalsschlägen, schwerwiegenden gesundheitlichen Problemen und der Kontroverse um die Erbsündenlehre. Sein Festhalten an dieser führte zu Feindschaften mit zahlreichen ehemaligen Freunden, Kollegen und Machthabern sowie einem daraus resultierenden Exilanten- und Wanderleben. Am 12. Oktober 1571 schrieb Herzog Johann Wilhelm wegen des Erbsündenstreits auch an den Magistrat der Stadt Speyer und wünschte von deren Prädikanten 76 Zu ihm vgl. Klein, Johann Wilhelm, Herzog von Sachsen-Weimar. 77 Zu ihm vgl. Olson, Art. Flacius Illyricus; Ilić, Art. Matthias Flacius Illyricus; Ilić, Theologian of sin and grace; Dingel/Hund/Ilić, Matthias Flacius Illyricus. 78 Zum Synergistischen Streit vgl. Kolb, Konkordienformel, 77–96, sowie den von Irene Dingel jüngst herausgegebenen Editionsband „Der Synergistische Streit“.
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ebenfalls ein Gutachten zu besagtem Streitfall.79 Weil durch den Streit etliche sächsische Kirchen- und Schuldiener nicht geringschetzig Perturbiret, vnnd vorwirret worden seien, lautet es in dem Brief, habe man den ehrwürdigen und hochgelehrten Johannes Wigand80 , der Heiligen Schrift Doktor und Professor der Universität Jena, den beigelegten Druck fertigen und publizieren lassen. Wigand war 1560 dem Ruf der ernestinischen Herzöge auf eine Professur in Jena gefolgt, wohin schon vor ihm seine Gesinnungsgenossen Flacius, Judex und Simon Musaeus (1521–1576) gewechselt waren. Bei der Weimarer Disputation vom 2. bis 8. August 1560 zwischen Flacius und Strigel fungierte Wigand als Protokollant. Dieser wurde aufgrund von Flacius´ Beharren auf seiner Erbsündenlehre im Lauf der Zeit ebenfalls zu dessen dezidiertem Gegner. Nach anfänglichen Versuchen Wigands, seinen Kollegen und Gesinnungsgenossen von seiner Lehre abzubringen, trat er anschließend immer wieder mit scharfen Polemiken gegen Flacius an die Öffentlichkeit (zum Beispiel: Von der Erbsünde, Jena 1571; De monstris novis, Jena 1571) und spaltete dadurch die bislang relativ harmonische Gruppe der Gnesiolutheraner, der Flacius und die Anhänger seiner substantialistischen Erbsündenlehre in die theologische und soziale Isolation trieb. Aufgrund seines Widerspruchs gegen die Einrichtung eines Konsistoriums im Juli 1561, dessen Befugnisse in die bisherigen Kompetenzen der Theologen eingriffen, wurde Wigand neben anderen Widerständlern entlassen. Nach einem Intermezzo Wigands in Wismar und dem Regierungsantritt Johann Wilhelms konnte jener zusammen mit den übrigen Gnesiolutheranern nach Jena zurückkehren. Kurz nach seinem Eintreffen im September 1568 wurden Wigand und seine Kollegen mit der Befriedung der Streitigkeiten zwischen den Gnesiolutheranern und den Philippisten beauftragt. Allerdings endete diese Mission erfolglos. In den 1570er Jahren verschärfte sich schließlich die Kontroverse mit Flacius um die Erbsündenlehre. Johann Wilhelm fährt in seinem Schreiben an den Speyerer Magistrat fort, dass obgleich er guter Dinge gewesen sei, weil Wigands Druck Gottes Wort, der wahren Augsburgischen Konfession, Luthers Schriften und der Thüringischen Konfession gemäß sei, sodass ein jeder Christ daran ein billichs gnugen Tragen sollte, hätten doch viele Personen solch Christlich Scriptum getadelt und als verwerflich bezeichnet, wodurch etliche der sächsischen Kirchendiener und Politiker noch mehr perturbiert worden seien. Weil man die Kritiker nicht anders zu recht zubringen wisse oder sie auf ihrer Meinung halstarrig insistierten, wolle man sie wieder auf den rechten Weg zurückführen. Nun seien ihm, dem Herzog, die Theologen und Kirchendiener der Stadt Speyer als reine, gottselige und treue Lehrer des seligmachenden Gottesworts 79 StadtA Speyer 1 A 451/1, fol. 46r–46v (Druck: EA, Nr. 35); vgl. den fast gleichlautenden Brief Johann Wilhelms an den Senat der Universität Königsberg vom 1. Oktober 1571 (Arnold, Zusätze zu seiner Historie, 80, Nr. 58). 80 Vgl. zu ihm Dingel, Art. „Wigand, Johannes“.
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gerühmt empfohlen worden, wofür dem Allmächtigen zu danken sei. Die Speyerer Prädikanten standen also offensichtlich bei gewissen Leuten in gutem Ruf. Deshalb ersuchte Johann Wilhelm vom Speyerer Magistrat, dass dieser seine Prädikanten den beigelegten Druck von der Erbsünde und dem Auszug Testimoniorum Augustini gründlich sichten und darüber ihr christliches Bedenken verfassen lassen und nach dessen Erstellung zu Händen des Absenders übersenden solle. Der Rat kam dem herzoglichen Wunsch nach und beauftragte Johann Othmar Mailänder, den Prädikanten der St. Georgskirche81 , mit der Begutachtung des zugesandten, heute (im Stadtarchiv Speyer) nicht mehr erhaltenen Drucks. Mailänder konstatiert zunächst, dass Petrus zwar alle Gläubigen auffordere, Rechenschaft über ihren Glauben abzulegen.82 Man solle dabei aber doch gut auf die causam finalem achtgeben, warum das begehrt werde, sodass nicht etwa etwas gegen die Liebe, die man anderen schuldig sei, gesucht werde und man sich an fremd‹en› kirch‹en› vergreife. Mailänder fährt fort, dass Matthias Flacius Illyricus von Natur aus ein unruhiger und zänkischer Mann sei, der sich etliche Jahre zuvor in Wittenberg dermaßen gegen seinen Präzeptor und Hausvater, den weitberümpten Gelehrten und frommen Mann Philipp Melanchthon, in Schriften aufgelehnt hätte, sodass er der Schule verwiesen worden sei und seither nirgends eine Bleibe gefunden habe. Flacius habe sich die Mansfelder, die Magdeburger und jetzt auch die Jenaer Schule gegen die Schulen von Wittenberg und Leipzig anhängig gemacht. Er wolle die Bücher Melanchthons und anderer Wittenberger nicht gutheißen. Kurfürst August von Sachsen (reg. 1553–1586)83 aus der Familie der albertinischen Wettiner halte an seinen Schulen fest und habe Herzog Johann Wilhelm etliche seiner Gelehrten verjagt. Dieser sehe verbittert zu, sei aber zur Gegenwehr zu schwach, wolle aber dennoch gern seine Universität unter Einschluss von Flacius erhalten. Dr. Jakob Andreae (1528–1590)84 , auch Schmiedlein (Schmidlin) genannt, von Tübingen sei deswegen dieses Jahr persönlich zusammen mit anderen in Jena, Wittenberg, Mansfeld und anderen Orten gewesen, um innerprotestantische Einigkeit herzustellen. Er habe jedoch nichts Dauerhaftes ausrichten können, weil es in Sachsen viele lätzkopf gebe, denen man weder in der Lehre noch in den Schriften etwas rechtmachen könne. Außerdem verhetzten sie die Obrigkeit. Die Bemühungen Andreaes und seiner Mitstreiter um konfessionelle Konsolidierung und Konkordanz sollten noch einige Jahre in Anspruch nehmen und mündeten schließlich in Konkordienformel und Konkordienbuch von 1577/1580, womit die
81 h‹err› Iohann Ottmar Mailander wurde zu Einem Pfarrer zu St. Georg‹en› beruffen und thate die Probpredig den 23. Iunii 1561 (StadtA Speyer 1 A 450/2, fol. 25r). 82 StadtA Speyer 1 A 451/1, fol. 48r–48v (Druck: EA, Nr. 36). 83 Vgl. zu ihm Müller/Schattkowsky/Syndram, Kurfürst August von Sachsen. 84 Vgl. zu ihm Leppin, Jakob Andreae.
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sukzessive Entwicklung von der Wittenberger Reformation zum Luthertum, also die lutherische Konfessionsbildung, im Allgemeinen als abgeschlossen gilt.85 Der Artikel von der Erbsünde, so Mailänder in seinem Bedenken weiter, werde in der Augsburger Konfession deutlich genug erläutert, so viel ein Christ wissen solle. Spitze, unnütze Questiones und Fragstücke solle man vermeiden. Sie sorgten nur für Zank, wie der Apostel Paulus sage. Weil nun dem Illyricus von den protestierenden Ständen das öffentliche Profitieren, Lesen und Predigen verboten worden wäre, die Fürsten und ihre Schulen durch ihn gegeneinander bissig geworden seien und Jakob Andreae (doctor schmidlin) sowie andere Gelehrte nichts dagegen zu tun vermocht hätten, so sei sein, Mailänders, ringfüg bedenck‹en›, die finger zwisch‹en› soche starck thür vnd angel nit zeleg‹en›. Dem Urteil verständigerer Personen solle in dieser Angelegenheit nichts präjudiziert und benommen werden. Daraufhin verfasste der Speyerer Magistrat am 28. November 1571 seine Antwort an Herzog Johann Wilhelm.86 Der Rat eröffnet damit, dass er wegen solcher und dergleichen in die Gemeinde Gottes täglich einreißender Spaltungen, die zu nichts anderem gereichten als zum Dissens in der Kirche und zur Zerrüttung guter Politik, ein Christlichs mitthauren habe, den Allmächtigen bittend, seine Kirche und Gemeinde in heilsamer, reiner Lehre gnädiglich zu erhalten und alles, was ihr zuwider sei, abzuwehren. Bezüglich des Herzogs Begehr verlautbart der Magistrat, dass er zwar gewillt sei, alles nach Möglichkeit zu fördern, was der christlichen Einigkeit in der Kirche diene und deshalb auch Johann Wilhelm bei der gewünschten Censur und Sonstigem gerne behilflich zu sein. Allerdings sei man lediglich eine kleine Gemeinde, die weder über besondere Kirchen noch Pfarreien verfüge und auch nicht mehr als vier Kirchendiener habe, von denen einer seit längerer Zeit körperlich schwer erkrankt und ein weiterer zu alt sei. Die beiden übrigen würden in diesen, zumal aufgrund der grassierenden Pest schwierigen Zeiten dementsprechend umso mehr mit der Verrichtung der Kirchendienste, dem Predigen, der Administration der Sakramente und der täglichen Krankenvisitation in Anspruch genommen, sodass sie sich unmöglich mit derlei Streitfragen auseinandersetzen könnten. Und selbst wenn dem nicht so wäre, könne sich der Rat doch nicht vorstellen, wie man sich mit einer so geringen Zahl an Gelehrten der Aufgabe konstruktiv stellen solle, die eine Lehre zu verteidigen und die andere als widerwärtig zu verwerfen. Außerdem könnten die Speyerer Kirchendiener über den erwähnten Erbsündenstreit kein deutlicheres Urteil formulieren als die Confessio Augustana und ihre Apologie, die den Artikel der Erbsünde verständlich, völlig hinreichend und der Heiligen Schrift gemäß normativ regelten. Deshalb richtete der Magistrat an Johann Wilhelm die
85 Vgl. dazu Dingel, Von der Wittenberger Reformation, 240, 253f. 86 StadtA Speyer 1 A 451/1, fol. 51r–53r (Druck: EA, Nr. 37).
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Bitte, ihm das nicht übelzunehmen, sondern die Entschuldigung zu akzeptieren. Sonst wollte man seiner fürstlichen Gnaden stets gerne zu Diensten sein. Offenkundig beließ es Johann Wilhelm bei dieser Stellungnahme. Eine erneute Reaktion seinerseits ist jedenfalls nicht erfolgt oder zumindest nicht belegbar. Im Hinblick auf die Speyerer Position bleibt schließlich noch festzuhalten, dass die Confessio Augustana inzwischen offenbar ganz selbstverständlich zur normativen Grundlage geworden war, wenngleich hier offen bleibt, auf welche Fassung man sich berief. 3.1.10 Interkonfessionelle bzw. innerprotestantische Konflikte in der Stadt in den Jahren 1574 bis 157787 3.1.10.1 Streit zwischen dem kurpfälzisch reformierten Pfarrer von St. Ägidien und den wittenbergisch ausgerichteten Stadtprädikanten im Jahr 1574
St. Ägidien war die Pfarrkirche für die Speyerer Gilgenvorstadt. Seit 1235 war die Kirche dem Augustinerchorherrenstift Hördt inkorporiert, das sich zumindest das Kollationsrecht bis in das 16. Jahrhundert vorbehielt. 1566 wurde das Stift von der Kurpfalz eingezogen. Damit war die Ägidienkirche direkt dem pfälzischen Kurfürsten unterstellt. Nach der Übernahme konnte der seit 1565 amtierende katholische Pfarrer, Jost Neblich, sein Offizium noch einige Jahre versehen. Der Magistrat protegierte ihn, um den (inzwischen an der Schweizerischen Reformation orientierten) Einfluss der Kurpfalz möglichst von der Stadt fernzuhalten. Im Frühjahr 1572 drohte der reformierte Kurfürst Friedrich III. (reg. 1559–1576) aber, dass er in Speyer einrücken werde, wenn der Rat Neblich weiterhin Protektion gewähre.88 Kurz danach installierte Friedrich seinen Hofprediger Johannes Willing als Pfarrer der Ägidienkirche.89 Als dieser bereits am 10. Juli 1572 verstorben war, setzte der Kurfürst am 26. Juli 1572 den calvinischen Pfarrer Georg Infantius als Nachfolger ein, der seinen Dienst Anfang September angetreten hat.90 Ende 1574 geriet Infantius in einen heftigen Streit mit den städtischen Prädikanten Bernhard Bernhart und dem erst wenige Wochen zuvor installierten Georg Schöner.91 Beim gemeinsamen Mahl im Haus einer gewissen Frau Zweig
87 Die Darstellung der Konflikte in Blum, Multikonfessionalität, 57–93, und dies., Die reformierte Minderheit, sind sehr fehlerhaft. 88 Stamer, Kirchengeschichte, 47. 89 Zu Johannes Willing vgl. Biundo, Pfälzisches Pfarrer- und Schulmeisterbuch, 597. 90 Zu Georg Infantius vgl. Biundo, Pfälzisches Pfarrer- und Schulmeisterbuch, 598; zur Geschichte der evangelisch-reformierten Gemeinde der Stadt Speyer vgl. Kuby, Geschichte. 91 Eine ausführliche Darstellung und Beleuchtung des Konflikts in Ney, „Aufruhr“; zu Georg Schöner vgl. Biundo, Pfälzisches Pfarrer- und Schulmeisterbuch, 594.
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am 13. Dezember und tags darauf beim Schlaftrunk im Gasthaus „Zum güldenen Einhorn“ disputierten sie mit deren Schwiegersohn, dem reformierten Kammergerichtsadvokaten Dr. Andreas Gottwald92 , der seinen Seelsorger vehement gegen Aussagen über dessen Abendmahlslehre und -praxis verteidigte. Zu guter Letzt forderte Gottwald die städtischen Prädikanten auf, dass wenn sie die Wahrheit nicht scheuten, den kommenden Donnerstag in St. Ägidien zu erscheinen. Sie kamen der Aufforderung nach und so wurde die Auseinandersetzung am 16. Dezember in der Ägidienkirche fortgesetzt. Denn dort entfachte Infantius den Streit aufs Neue. Über das ganze Geschehen verfasste Schöner dem Magistrat am 18. Dezember einen ausführlichen schriftlichen Bericht.93 Noch am selben Tag wurde er wegen solchs angefangen Unfugs seines Amts enthoben.94 Infantius dagegen konnte nicht mit Disziplinargewalt gemaßregelt werden, weil er dem Kurfürsten unterstand.95 Bei der Amtsenthebung Schöners könnte auch die in seinem Schreiben häufig zum Ausdruck kommende Hochachtung vor dem amtierenden und beim Speyerer Magistrat unbeliebten Kurfürsten ein Motiv gewesen sein. Schöner selbst äußert dem Rat gegenüber, dass er, obwohl nicht durch Eid verpflichtet, Friedrich III. um ein Vielfaches mehr als seinen gnädigsten Kurfürsten und Herrn ehre und anerkenne als es Infantius tue.96 Konfessionell stand Schöner dem Kurfürsten aber keineswegs nahe. Am 6. November 1574 hatte Schöner dem Speyerer Magistrat seine Dienste angeboten und ausführlich sein Glaubensbekenntnis zu Papier gebracht, worin er bekräftigt, der Lehre seiner lieben Præceptorum D. Lutheri vnnd D. Philippi Melanthonis anhängig (NB: und damit wittenbergisch ausgerichtet) zu sein und treu bleiben zu wollen.97 Schöner bekannte sich explizit zur Realpräsenz Christi beim Abendmahl. Diesbezüglich führte er aus, dass der Sohn Gottes dabei wharhafftig, lebendig, vnnd wesentlich, gegenwertig sei und mit Brott vnnd wein, seinen wahren leib vnnd blut fur vnns inn todt geben, vnnd zu vergebung aller vnnser sunden miltiglich vergossen, zu essen vnnd zu trinck‹en› gibt. In mehreren Eingaben an den Rat bat Schöner nach seiner Entlassung flehentlich um Entschuldigung und die Wiedereinsetzung in seine Pfründe.98 Weil der Magistrat aber hart blieb und an seinem Entschluss festhielt, ließ der Prädikant die Bitte folgen, ihm und seiner Familie zumindest noch eine Zeitlang ihre Herberge und notdürftigen Unterhalt zu bewilligen. Der Magistrat gewährte ihm aus Mitleid
92 93 94 95 96 97 98
Vgl. zu ihm Groh, Personal, 54. StadtA Speyer 1 A 450/9, fol. 13r–16v (Druck: EA, Nr. 39). StadtA Speyer 1 A 450/9, fol. 16v (Druck: EA, Nr. 39). Vgl. Ney, „Aufruhr“, 114. StadtA Speyer 1 A 450/9, fol. 14r (Druck: EA, Nr. 39). StadtA Speyer 1 A 450/9, fol. 1a–1b, 4r–12r (Druck: EA, Nr. 38). StadtA Speyer 1 A 450/9, fol. 18r–20v, 21r–22v (Druck: EA, Nr. 40, 42).
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ein verlängertes Wohnrecht in seiner Behausung und danach bis Ostern 1575 zusammen mit seiner Familie Unterkunft und Kost im Spital. Unterdessen sollte sich Schöner andernorts nach einer neuen Stelle umsehen.99 Am 23. Dezember 1574 ließ der Magistrat zu dem Streitfall mehrere Zeugen verhören.100 Jakob von Weißenau berichtete, dass er am Abend des 13. Dezember in der Zweigin Haus zu Gast gewesen sei. Als er sich zu den anderen Gästen an den Tisch gesetzt habe, habe Dr. Gottwald gerade mit Bernhard Bernhart disputiert und lateinisch gesprochen, sodass er nichts verstanden habe. Schließlich habe er aber doch vernommen, dass Bernhart zu Gottwald gesagt habe, er frage sich, wie der Pfarrer zu St. Gilgen seine Art des Brotbrechens verantworten wolle. Neulich habe dieser nämlich beim Abendmahl zu einem Mann gesagt, er solle das Brot nehmen und schauen, ob er fleisch vnnd bein darin finde. Nachdem der Kommunikant das gereichte Brot besehen hätte, habe ihn der Pfarrer gefragt, ob er fleisch vnnd bein darin gefunden habe. Ferner habe der Pfarrer gesagt, dass er nun essen solle. Nach dem Verzehr habe Infantius den Mann gefragt, ob er den Leib Christi gegessen hätte, wie vnsere vermeinte Lutherische oder Euangelische sagten, und was dann sein Nebenmann essen solle. Darauf habe Gottwald entgegnet, dem wurd nit also sein. Bernhart habe dann aber gemeint, dass er es von glaubhaften Leuten erfahren habe, die selbst an dem Gottesdienst teilgenommen hätten, nämlich der Prädikant des Grafen von Sehnen und der Prädikant des Grafen von Nassau. Gottwald habe daraufhin gesagt, dass sie lügen würden wie verzweifelte Diebe und Bösewichte, und wer solches weiterverbreite, der lüge ebenso. Der Zeuge fuhr fort, dass Gottwald wohl nicht in dem Gottesdienst gewesen sein möge und die Zweigin diesen gebeten habe, den Disput zu beenden, was er versprochen habe. Ungefähr eine Viertelstunde später habe er aber von neuem angefangen. Da habe der ebenfalls anwesende Praktikant Johannes Rosenbach ihn an sein Versprechen erinnert, was Gottwald mit Beschimpfungen erwidert habe. Als weiterer Zeuge sollte der Prior zum Heiligen Grab vernommen werden. Weil er allerdings Bedenken äußerte, das diese sach in ein weitleuffigkeit gerathen könne, er nochmals vor seiner ordentlichen Obrigkeit Rechenschaft ablegen müsse und ihm die Sache zum Nachteil gereichen könne, habe er darum gebeten, ihm das Verhör zu erlassen, dan wan ein ding einmal vfs papier gebracht, so bleibe es gemeinlich fur vnnd fur. Bestehe der Rat aber auf das Verhör, sei er gerne bereit, per simplicem narrationem Zeugnis von dem Geschehen in der Zweigin Haus abzulegen, allerdings nur unter der Bedingung, das es nit vfs papier gebracht werde. Daraufhin wurde von dem Verhör abgesehen.
99 StadtA Speyer 1 A 450/9, fol. 23r–26v (Druck: EA, Nr. 43, 44). 100 StadtA Speyer 1 A 450/9, fol. 27r–40v (Druck: EA, Nr. 41).
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Der Bäcker Hans Dern berichtete, dass sein Schwager, der nassauische Rat Dr. Wilhelm, Bernhard Bernhart, Dr. Gottwald, Lizentiat Silvium, Jakob von Weißenau und Johann von Rosenbach geladen gewesen seien. Bernhart und Gottwald hätten während des Essens angefangen, miteinander zu disputieren. Ersterer habe angezeigt, dass zwei fremde Prädikanten in Speyer angekommen seien, die den Gottesdienst in St. Gilgen besucht hätten, wo der Pfarrer das Brot gebrochen und zu einem Mann gesagt habe, er solle schauen, ob er fleisch od‹er› bein darin finde. Nach dem Verzehr habe er den Kommunikanten gefragt, was meinstu das du itzt gessen habest, wan du den wahren leib Christi gessen, was wurd dan der ander, so neb‹en› dem gestanden, essen? Darauf habe Gottwald gesagt, dass die beiden fremden Prädikanten lügen würden wie Diebe und Bösewichte. Bernhart habe erwidert, dass das nicht stimme, beide seien fromme Männer. Gottwald habe gekontert, wer dem Pfarrer zu St. Gilgen solche Aussagen in den Mund lege, der lüge wie ein Dieb und Bösewicht. Darauf habe Bernhart geantwortet, So hab es der teuffel geredt. Jakob von Weißenau habe Gottwald gebeten, nicht zu schimpfen, weil er damals vielleicht nicht in der Kirche gewesen sei. Dieser sagte, dass es so sein könne und man habe es dann dabei bewenden lassen. Als sich die Tischgesellschaft um acht Uhr aufgelöst habe, habe Gottwald gesagt, dass das, was an diesem Abend geredet worden sei, niemandem zum Nachteil gereichen, sondern vnder der rosen geredt sein solle. Im Verhörprotokoll folgen die Aussagen derer, die den Gottesdienst zu St. Gilgen besuchten, als der Konflikt zwischen den paffenn vnnd D. Gotwalden schwelte. Als erster wird darunter Ezechiel Krieg angeführt. Er zeigte an, dass der Prädikant von St. Gilgen bei der Auslegung des paulinischen Texts vom Abendmahl unter anderem mitgeteilt habe, man unterstelle ihm, dass seine Rechtfertigungslehre falsch sei, er die Auffassung Osianders verteidige und ein widerteuff‹er› sei. Das habe er alles widerlegt und kundgetan, dass er in Wittenberg von Philipp Melanchthon zum Predigtamt ordiniert und von Kurpfalz aus dem Amt Alzey nach Speyer berufen worden sei. Und so viel seines gnädigsten Herrn Beruf besser sei als der eines Schusters oder Schneiders, so viel sei sein eigener Beruf besser als derjenige des jüngst zum Prädikanten angenommenen Magisters Georg Schöner. Derjenige, der behaupte, dass er, Infantius, unrecht vom nachtmal des herrn lehre, solle das Samthäubchen von den Ohren rücken, damit er besser hören könne, was er sage. Schöner habe in Heidelberg um Indienstnahme gebeten und sich zugleich auch hier in Speyer bestellen lassen. Der Angeklagte, der ebenfalls in der Kirche zugegen gewesen sei, habe Infantius vorgeworfen, dass er das in seinen Hals lüge. Darauf habe Infantius ihn gefragt, ob er nicht derjenige sei, der bei Kurpfalz um Anstellung gebeten habe. Das habe Schöner verneint. Infantius habe dann ein diesbezügliches Schreiben der Heidelberger Kirchenräte an ihn holen lassen, das Dr. Johannes
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Hertzbach101 in der Kirche öffentlich verlesen habe. Bernhart habe zu Infantius gesagt, er gebe vor, die städtischen Prädikanten würden lehren, dass der Leib und das Blut Christi in oder vnder dem brot vnd wein seien, und das sei laut ihm, Infantius, eine Lüge. Anschließend habe er, der Zeuge, die Kirche verlassen und nichts weiter davon gehört. Die Sachverhalte in Kriegs Aussage gab auch der Zeuge Georg Ebelmann wieder. Darüber hinaus berichtete dieser, dass Schöner bei der Verlesung des Schreibens der Kirchenräte gesagt habe, sie würden mit ihrer Behauptung, er habe bei ihnen um Indienstnahme gebeten, ebenso lügen wie der Pfarrer zu St. Gilgen. Herr Bernhart habe überdies gesagt, die Aussage von Infantius in seiner Predigt, dass sie lehren solten, das der leib vnnd blut Christi in, vnder, oder mit dem brott vnnd wein sey, stimme nicht. Er, Bernhart, lehre das nämlich nicht. Darauf habe Infantius entgegnet, wenn dem nicht so sei, müsse Bernhart seinen eigenen Gesellen Ebenreich der Lüge bezichtigen, der ein eigenen Catechismum gemacht, dessen eigen handtschrift Er ihnen weisen konte, das Er also lehrete. Auch die Darstellung des Zeugen Hans Rippel deckt sich mit den Aussagen seiner Vorgänger. Außerdem berichtete er, dass Schöner den Pfarrer von St. Gilgen auf der Kanzel einen Lügner geheißen haben soll, weil dieser behauptet hätte, er, Schöner, hätte in Heidelberg um Anstellung ersucht. Darauf habe Infantius von seiner Frau ein deswegen an ihn gesandtes Schreiben der Kirchenräte in die Kirche holen und von Dr. Hertzbach verlesen lassen. Dass Schöner die Kirchenräte Lügner genannt haben soll, berichtete Rippel nicht. Bernhart habe zu Infantius gesagt, seine Anschuldigung, Als solten Er vnd seine gesellen vom nachtmal lehren, das der leib Christi in mit oder vnder dem brott sein solt, das sey erlogen. Infantius habe noch verlautbart, dass Schöner von ihm behaupte, er sei nicht ordentlich berufen worden. Das stimme nicht. Er sei vom Kurfürsten berufen worden, und so viel dieser besser sei als ein handtwergs man, so viel sei sein, des Infantius, Beruf besser als derjenige der städtischen Prädikanten. In dieser Szene wird der Unterschied zwischen „reformiertem“ und wittenbergischem Abendmahlsverständnis offenbar. Im Gegensatz zur Annahme der Transsubstantiation in der (römisch-katholischen) Eucharistie und dem wittenbergischen (realpräsentischen) Abendmahlsverständnis hatte das Abendmahl für die Reformierten gemäß dem Heidelberger Katechismus von 1563 in erster Linie Zeugnischarakter (Idealpräsenz): Das Abendmahl bezeugt den Menschen die Vergebung aller Sünden durch den Opfertod Christi und hat wie alle Sakramente die Funktion, die Menschen zu Christus zu führen. Das gereichte Brot sei aber nicht der Leib Christi selbst, womit die Realpräsenz und auch die Transsubstan-
101 Vgl. zu ihm Groh, Personal, 63f.
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tiationslehre dezidiert abgelehnt werden.102 Außerdem sei der Auferstehungsleib Christi im Himmel und deswegen könne er nicht im Brot des Abendmahls gegenwärtig sein. Genau auf diese Erläuterungen spielte Infantius an. Mittels der von der Zeugenschaft berichteten Ausführungen während der Kommunion führte er seiner Gemeinde öffentlich eine grundlegende Differenz zu den Katholiken und den wittenbergisch ausgerichteten Prädikanten der Stadt vor Augen und markierte damit zugleich die eigenen konfessionellen Grenzen.103 3.1.10.2 Der kurpfälzisch reformierte Pfarrer von St. Ägidien als Unruhestifter (1576/1577)?
Nachdem Kurfürst Friedrich III. am 26. Oktober 1576 verstorben war, folgte ihm der lutherisch gesinnte Ludwig VI. (reg. 1576–1583) nach. Auf Betreiben des Speyerer Magistrats wurde der calvinische Pfarrer Infantius am 6. Februar 1577 seines Amts enthoben und Ende Februar der Pfarrer Amandus Beuerer als Nachfolger eingesetzt.104 Mitentscheidend waren bei diesem Schritt angeblich drohende Bürgerunruhen in der Stadt um die Jahreswende 1576/1577, für die der Rat in erster Linie Georg Infantius und den von ihm verbreiteten „Calvinischen Irrtum“ verantwortlich machte. Darüber waren recht schnell auch weiter entfernte Kreise in Kenntnis gesetzt und sehr besorgt. Der Fall hat eine umfangreichere Korrespondenz generiert, die im Stadtarchiv Speyer im Bestand 1 A unter der Nr. 450/10 überliefert ist. Sie soll im Folgenden detailliert dargestellt und abschließend einer Beurteilung unterzogen werden. Bereits am 14. Januar 1577 hatte der Mainzer Kanzler Christoph Faber dem Speyerer Magistrat schriftlich mitgeteilt, dass ihn das glaubwürdige Gerücht erreicht habe, dass Bürgermeister und Rat sehr besorgt seien wegen eines Aufruhrs, den etliche Personen unter das Volk bringen wollten. Der allmächtige Gott wolle die Stadt Speyer aber hoffentlich davor verschonen, aus der als Standort des Reichskammergerichts alle Rechte und der gemeine Landfrieden hervorgingen. Denn solche Unruhen brächten nicht nur die Geistlichen und die Ratsfamilien, sondern auch das Reichskammergericht in große Gefahr, weswegen die grausamsten Strafen, wenn nicht auch die ganze Umkehrung der Stadt erfolgen müssten. Bürgermeister und Rat sollten deshalb wachsam und darauf bedacht sein, dass die Bürger ihnen treu ergeben bleiben und in Einigkeit erhalten werden würden. Man solle den Gemütern ihre Verbitterung nehmen, sodass alle gläubigen Herzen wie
102 Heidelberger Katechismus, q. 78. Druck: EKO 14, 333–408. 103 Vgl. Blum, Die reformierte Minderheit, 77f. 104 Zu Amandus Beu(e)rer/Beyerer vgl. Spatz, Das evangelische Speyer, 79f; Biundo, Pfälzisches Pfarrerund Schulmeisterbuch, 595.
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eine Seele seien. Das könne aber nur gelingen, wenn die wahre Lehre Gottes als unüberwindbare Grundfeste angenommen werde.105 Nur zwei Tage später wurde der Magistrat in der Sache gezielt aktiv, indem er am 16. des Monats eine Instruktion für seinen Stadtschreiber, Lizentiat Joseph Feuchter, verfasste, mit der er als Gesandter beim Kurfürsten die Zustände in der Ägidienkirche beklagen und auf die von der calvinischen Lehre ausgehende Gefahr in der Stadt hinweisen sollte.106 Der Magistrat war bei dem Unterfangen auf äußerste Diskretion bedacht. Sein Stadtschreiber sollte zusehen, dass er von einer ihm vertrauten Person, wenn möglich dem kurfürstlichen Leibarzt Dr. Georg Marius (1533–1608)107 , insgeheim beim Kurfürsten gemeldet werde, um mit diesem in seinem Gemach unter vier Augen sprechen zu können. Nach der Überreichung des vom Magistrat am 17. Januar verfassten Kredenzschreibens108 sollte der Gesandte dem Kurfürsten alle guten Wünsche des Rats bestellen. Man belaste den Kurfürsten nur ungern mit dieser Angelegenheit, lautet es in dem Schreiben, allerdings erforderten der Ernst der Lage sowie die Wahrung von Ruhe und Ordnung in der Stadt seine Inanspruchnahme. Ihrer kurfürstlichen Gnaden sei gewiss bekannt, dass ihr verstorbener Vater, Friedrich III., nachdem ihm berichtet worden wäre, dass der Meß Prister (Jost Neblich), der den Hördter Hof in Speyer besessen und die damals zur Propstei in Hördt gehörige Speyerer Pfarrei St. Ägidien versehen habe, ein dermaßen ärgerlich leichtfertiges Leben führe, als Erbkastenvogt des Klosters Hördt diesen Priester zu entlassen und durch einen geeigneteren zu ersetzen genötigt gewesen sei. Daraufhin habe Friedrich dann 1572 durch seine nach Speyer gesandten Kirchenräte Ludwig Marckhart und Johann Thomas Broll dem Magistrat sowohl schriftlich als auch mündlich den kurfürstlichen Hofprediger Johannes Willing als neuen Pfarrer für St. Ägidien präsentieren lassen. Der Magistrat hätte sonst auch auf der Grundlage des Augsburger Religionsfriedens seine Zustimmung verweigert, denn er akzeptiere nur eine der Augsburger Konfession gemäß predigende und administrierende Person, die in der Lehre und der Reichung der Sakramente mit den städtischen Prädikanten konform gehe. Die Übereinstimmung sei durch das kurfürstliche Schreiben und die beiden Kirchenräte mündlich erwiesen worden. Nach Willings Tod sei dem Magistrat von den Kirchenräten ohne Präsentation und schriftliches oder mündliches Ersuchen Georg Infantius aufgedrungen worden, der nicht nur weder der Augsburger Konfession gemäß lehre noch predige, sondern
105 StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 24r (Druck: EA, Nr. 47). 106 StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 7r–12v (Druck: EA, Nr. 48; Abschrift: StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 14r–18v). Daniela Blum hält die Ausfertigung und die Abschrift irrigerweise für zwei verschiedene Versionen („Variante I“ und „Variante II“) der Instruktion (Blum, Multikonfessionalität, 74–77). 107 Zu Dr. Georg Marius vgl. Heyer, Dr. Georg Marius. 108 StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 2r–3v (Druck: EA, Nr. 49).
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auch dem Caluinisch‹en› irthumb anhängig sei. Er habe zu vielerlei Beschwerden Anlass gegeben. Jetzt, nach Kurfürst Friedrichs Tod, müsse man schmerzlich vernehmen, dass Infantius seinen „Irrtum“ noch viel schlimmer praktiziere als zuvor, ihn dem gemeinen Volk einpflanzen wolle, täglich damit mehr Anhänger und Zulauf bekomme und alle seine Predigten dahingehend richte, dass sie mehr zur Zerrüttung guten bürgerlichen Wesens sowie zu Aufruhr und Ungehorsam des gemeinen Manns gegen seine von Gott verordnete Obrigkeit anstatt zur Erbauung der christlichen Kirche und Erhaltung guter Pollicei ordnung führe. Man habe in Erfahrung gebracht, dass alle, die seinem „Calvinischen Irrtum“ anhingen und seine Predigt besuchten, sich erst kürzlich in offentlicher Kirch‹en› zusammen Confoederirt vnnd verbund‹en›, dem Calvinismus standhaft treu zu bleiben. Neulich sei einem Ratsmitglied nachts an seiner Haustür von einer unbekannten Person aufgelauert worden, die mit einer bloss‹en› wehr auf das Opfer eingestochen habe. Auch andernorts sei es zu solchen Vorfällen gekommen. Am vergangenen St. Stefansabend seien, als die beiden Bürgermeister und etliche andere Ratspersonen zwischen sechs und sieben Uhr in ihrer Stube, wo sie sich täglich träfen, beieinander gesessen seien, um vertrauliche Dinge zu besprechen, zwei Steine durch die Fenster geworfen worden, sodass das Blei an denselben zersprungen sei. Seither sei noch ein weiteres Mal ein nächtlicher Steinwurf erfolgt, der jedoch keinen Schaden angerichtet habe. Außerdem seien in die Häuser der Bürgermeister heimlich zwei weder unterschriebene noch gesiegelte Briefe geworfen worden, des Inhalts, dass er, der unbekannte Briefschreiber, es eidund pflichthalben nicht unterlassen könne, Bürgermeister und Rat zu warnen, auf der Hut zu sein, denn die Calvinisten hätten geschworen, die Stadt zu verraten und anzugreifen, und das diß das wort zeich‹en› sein solt, das drei wurff nacheinand‹er› in die fenster vff obermelter stub‹en› beschehen sollen.109 Um eventuellen Gefahren vorzubeugen, hätte der Magistrat diese Warnung nicht in den Wind geschlagen, sondern sei als ordentliche Obrigkeit dazu genötigt worden, seine Pflichten wahrzunehmen und starke Tag- und Nachtwachen aufzustellen, damit mit dem Beistand des Allmächtigen allerhandt vffrurisch‹en› heimliche Practic vnnd verrhetterei dardurch verhutet, vnnd fridlich ruwig wes‹en› dardurch erhalt‹en› werd‹en› würden. Dem Rat erschien die Bewachung der Stadt durch die Bürger allein auf längere Zeit zu aufwendig. Wegen vielfeltig‹er› Reichs Anlag‹en› und anderer täglicher Ausgaben könne er keine anderen Kriegsleut für den Wachdienst anstellen. Zudem müsse man neben der Bürgerschaft auch dem Kollegium des kaiserlichen Kammergerichts Schutz und Schirm leisten. Je mehr aufrührerische Reden der gemeine Mann jedoch vernehme, desto mehr sei zu befürchten, dass er die Geduld verliere und zum Aufstand verleitet werde. Außerdem müsse verhindert werden, in Folge von
109 Druck der beiden anonymen Briefe: EA, Nr. 45 und 46.
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Pflichtsäumnissen beim Kaiser und den Reichsständen in schwere Ungnade zu fallen. Deshalb bat der Magistrat den Kurfürsten, sich die dargelegten Risiken und die Gefahren für das Reichskammergericht, an dem sowohl dem ganzen Heiligen Römischen Reich als auch dem Kurfürsten als desselbigen vom Reich verordneten Schutz- und Schirmherrn viel gelegen sei, sowie aufgrund anderer daraus erwachsender Probleme mit allen kurfürstlichen Gnaden zu Herzen und Gemüt zu führen und dero angeborner hochrhumlich‹er› Churf‹urstlicher› gnadt milte vnnd gute als ein Christ libend‹er›, vnd der wharen vnd seligmach‹en›d‹en› Augspurgisch‹en› Confession verwanter Churfurst solch‹en› bemelt‹en› Pfarrherrn zu S. Egidien zum furderlichst‹en› ab vnnd hinweg zu schaff‹en›.
Diesen für die konfessionelle Ausrichtung von Kurfürst und Magistrat zitierten wichtigen Passus beurteilt Daniela Blum wie folgt: „Der Rat sprach den Kurfürsten als Vertreter der Augsburger Konfession an. Nachdem mit dem Amtsantritt Ludwigs die kurpfälzischen Zeichen wieder auf der lutherischen Konfession standen, nutzte der Rat die Gunst der Stunde und bat um einen Vertreter eben dieser Konfession für die Ägidienkirche.“ Genau genommen wird Ludwig hier aber nicht als Vertreter der Augsburger Konfession angesprochen, sondern als der wahren und damit der „unverfälschten“ Augsburger Konfession von 1530 verwandt. Mit dem Attribut „wahr“ sollte hier gewiss die Abgrenzung zu den Calvinisten explizit zum Ausdruck gebracht werden, die die erste Fassung der Augsburger Konfession ablehnten und die veränderte bzw. „verfälschte“ anerkannten und damit nach der Auffassung des Rats eigentlich gar nicht rechtmäßig zu den Augsburger Konfessionsverwandten gehörten. Das könnte nebenbei den Schluss erlauben, dass der Magistrat bei der Nennung der Augsburger Konfession – auch ohne kennzeichnendes Attribut – wohl stets diejenige Fassung meinte, die man Kaiser Karl V. auf dem Augsburger Reichstag 1530 vorgelegt hatte. Deshalb nimmt es ob dieser Abgrenzung und Intoleranz nicht wunder, wenn der Rat in seiner Instruktion weiter ausführt, dass durch die Absetzung von Georg Infantius der „Calvinische Irrtum“ beseitigt und in der Folge allein das Wort Gottes gepredigt werden und die Administration der Sakramente gemäß der Augsburger Konfession vonstattengehen solle, um so die politische Ordnung und den städtischen Frieden aufrechterhalten zu können. Genau das werde, so der Magistrat in seinem Schreiben weiter, in drei Kirchen der Stadt zur Erbauung der christlichen Gemeinde praktiziert: die Verkündung des Gottesworts durch die vom Magistrat bestellten Prädikanten an den Sonn- und Feiertagen und in sonstigen Wochenpredigten sowie die Administration der Sakramente gemäß der Augsburger Konfession.
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Nachdem die beiden Dokumente des Rats am 28. Januar 1577 präsentiert worden waren, bestätigte Kurfürst Ludwig am 30. Januar in Amberg deren Empfang. Er sicherte dem Magistrat die Anhörung des gesandten Stadtschreibers sowie Unterstützung zur Wahrung von Ruhe und Frieden zu.110 Ferner teilte Ludwig mit, dass er einige seiner Beamten mit der Angelegenheit beauftragt habe, die dem Rat über ihre Expedetion gebührend Bericht erstatten sollten.111 Betraut wurden damit der kurfürstliche Landrichter und Pfleger zu Auerbach, Soldan von Wirsberg, und der kurfürstliche Kammerjunker Bernolff von Gemmingen. Sie sollten Infantius die gegen ihn erhobenen Beschwerden vortragen und ihn auffordern, unverzüglich sein Kirchenamt niederzulegen, den Predigtstuhl zu räumen und andernorts sein Auskommen zu suchen, weil der Kurfürst beschlossen hätte, das ministerium dies ortts mit einer anderen Person zu versehen. Im Anschluss sollten sich die beiden Gesandten nach Heidelberg zu dem kurfürstlichen Bruder und Statthalter, Pfalzgraf Johann Casimir, begeben, ihm das Kredenzschreiben überreichen und die Gründe für die Absetzung des Pfarrers mitteilen. Außerdem sollte Johann Casimir selbst dazu angehalten werden, ähnliche Unruhestifter gut im Auge zu behalten.112 Am 1. Februar 1577 erstattete dann Joseph Feuchter dem Magistrat Bericht über seine Vorsprache beim Kurfürsten.113 Der Stadtschreiber, der sich gerade in Nürnberg aufhielt, vermeldete, dass er am 26. Januar wohlbehalten in Amberg angekommen sei, der Kurfürst ihn angehört und die Erfüllung der Bitten des Magistrats zugesichert habe. Danach sei er von seiner kurfürstlichen Gnaden wieder ungestört abgefertigt worden, wie der Rat noch aus seiner mündlichen Relation vernehmen werde. Zur äußersten Geheimhaltung der Sache habe der Kurfürst ihn allein im Beisein zweier Geheimräte und Pfalzgraf Reichards114 um sechs Uhr in der Frühe durch einen Kämmerling zu sich bestellen lassen. Der Kurfürst habe ihm auß Christlich‹en› gottseeligenn gemueth sein Bedauern und Mitleid mit dem Magistrat ausgedrückt und zugesagt, dass er für die erbetene Erhaltung von Ruhe und Frieden Sorge tragen wolle. Vor seinem erlangten Abschied habe der Kurfürst Soldan von Wirsberg und Bernolff von Gemmingen bereits in der Nacht abgefertigt. Sie sollten sich unverzüglich nach Speyer begeben, dort in einer öffentlichen Herberge einkehren und sich bis zur Auffindung des Pfaffen zu St. Gilgen nicht zu erkennen geben. Dieser sollte ohne Dilation und Entschuldigung so rasch wie möglich hinweggeschafft und anschließend sollten Kirche und Pfarrhof geschlossen werden. Nach Erledigung des Auftrags sollten sich die beiden Agenten dem Rat diskret zu erkennen geben, damit er wisse, wie er sich gegenüber dem Pfarrer und 110 111 112 113 114
StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 29r–30v (Druck: EA, Nr. 52). Vgl. StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 23r–23v (Druck: EA, Nr. 51). StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 21r–22v (Druck: EA, Nr. 50). StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 38r–39v (Druck: EA, Nr. 57). Zu Pfalzgraf Reichard von Simmern (1521–1598) vgl. Sturm, Pfalzgraf Reichard von Simmern.
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seiner Bürgerschaft zu verhalten habe, alles genau so, wie es ihnen der Kurfürst laut beigefügtem Schreiben angeordnet habe. Der Magistrat möge darauf achten, dass ihnen Letzteres durch den Bürgermeister oder eine andere vertraute Person insgeheim überbracht und vor Vollendung der kurfürstlichen Mission vom Rat selbst in der Sache nichts unternommen werde. Denn der Kurfürst wolle unter allen Umständen vermeiden, dass der Magistrat bei Johann Casimir und anderen adhaerenten in Ungnade falle. Es solle alles ganz so aussehen, als ob die Maßnahme nicht in Folge eines Gesuchs des Magistrats, sondern als ob der Kurfürst aufgrund seiner Kenntnisse über einen zu befürchtenden Verrat ex proprio motu aktiv geworden sei. Um das Vorhaben nicht zu gefährden, habe der Kurfürst ihn umso langsamer abgefertigt, damit er nicht vor der Durchführung wieder in Speyer ankomme. Das geschehe in der tröstlichen Hoffnung, dass durch den Beistand des Allmächtigen alle zu befürchtenden Gefahren verhütet würden, die Stadt Speyer Nutzen und Wohlfahrt erfahre sowie Frieden und Einigkeit erhalten bleiben mögen. Demgegenüber sei der Kurfürst mit allen seinen Gnaden und guter Nachbarschaft gewogen. Bereits am 22. Januar 1577 hatte auch der Speyerer Bischof, Propst zu Weißenburg sowie Präsident und Beisitzer des Reichskammergerichts, Marquard von Hattstein, Kurfürst Ludwig in der Angelegenheit um Hilfe ersucht. Weil es in Speyer bedrohliche Entwicklungen gebe, die nicht nur die Stadt und ihre Bürgerschaft, sondern auch das Reichskammergericht betreffen würden und Ludwig diesem als unmittelbar benachbartem Kurfürsten gegenüber besondere Verantwortung habe und in Gefahrensituationen beistehen müsse, solle er dem Gericht Schutz und Schirm gewähren, damit die algemeine Iustitia in irem stracken gang erhalten bleibe und das Personal weiterhin in Ruhe und Frieden leben könne.115 Zwischenzeitlich hatte auch der in Pfalz-Kaiserslautern regierende, reformierte Sohn Friedrichs III., Pfalzgraf Johann Casimir, von den Speyerer Geschehnissen erfahren. Am 30. Januar 1577 wandte er sich deshalb an den Bischof von Speyer.116 Johann Casimir teilte ihm mit, dass er durchaus glaube, dass in der Stadt Speyer seit Kurzem allerhand Gerüchte umgingen, seine Christliche Religionsv‹er›wandte wollten einen Aufruhr anzetteln und ein Blutbad anrichten und dass den Bürgermeistern Famoß Zettel ins Haus geworfen und etliche Fenster eingeworfen worden seien, ferner, dass er, Johann Casimir, selbst seine Religionsverwandten dazu angestiftet habe und ihnen dabei behilflich sei. Weil er aber befand, dass damit sowohl ihm als auch seinen Religionsverwandten Unrecht geschehe, bat er den Bischof als der nechstgesessene seinem extra deswegen nach Speyer geschickten Boten alle Berichte und Kenntnisse darüber zu seinen eigenen Händen freundtlich vnd
115 StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 25r–26v (Druck: EA, Nr. 50). 116 StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 27r–27v (Druck: EA, Nr. 54).
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verträwlich communicirn vnd zu schreyben. Außerdem bat Johann Casimir um Informationen über die geplante aigne schickung des Speyerer Magistrats in dieser Angelegenheit zu Kurfürst Ludwig. Ein Schreiben identischen Inhalts ließ Johann Casimir auch Melchior von Feilitzsch († 1587) zukommen, der seit 1567 als kurpfälzischer Assessor am Reichskammergericht tätig war und dementsprechend wie Bischof Marquard direkt vor Ort Informationen beziehen konnte.117 In seiner Antwort vom 31. Januar 1577 berichtet Von Feilitzsch dem Pfalzgrafen das, was ihm bei wenig nachfragens bewust war.118 Eine ganze Zeitlang hätten sich die Stadtprädikanten und der zu St. Gilgen in ihren Predigten mit scharfen Worten auf der Kanzel angegriffen. Als nun nach dem Tod Kurfürst Friedrichs dessen Sohn Ludwig die kurfürstliche Regierung angetreten und etliche ausländische Gelehrte nach Heidelberg geholt habe, sei allgemein gemutmaßt worden, dass der Prädikant zu St. Gilgen abgesetzt werden würde. Weil Infantius das wohl auch selbst vermutet hätte und er deswegen besorgt gewesen wäre, dass seine Kirche und ihre Glieder dadurch getrennt werden würden, solle er sie bei der administrirung deß hochwirdigen Sacraments zur Beständigkeit ihres Glaubens ermahnt haben, ihr ganzes Vermögen beieinander zu halten und durch Erhebung der Hand oder Finger zusammengeschworen haben. Das sei auf den Kanzeln der Stadtprediger mit einer conspiration verglichen worden. Ob das alles aber tatsächlich der Wahrheit entspreche, wisse er nicht. Jedenfalls hätten viele, die regelmäßig die Kirche zu St. Gilgen besuchten und er deshalb befragt habe, diese Gerüchte für frembde geschicht gehalten. Als kürzlich die Bürgermeister und der Rat in der Zech vff der Neuenstuben beieinander gesessen seien, habe gegen Abend jemand einen Stein durch das Fenster geworfen. Denselben Abend sei auch einem Ratsherrn, als er von dem Stadtschreiber nach beendeter Mahlzeit nach Hause gegangen und an der Tür gestanden sei, plötzlich durch den Rock oder den Mantel gestochen worden. Kurz darauf habe man einem der Bürgermeister einen Zettel in sein Haus geworfen, des ungefähren Inhalts, dass er, der Verfasser, in Anbetracht seines geleisteten Bürgereids es als seine Pflicht erachte, den Magistrat zu warnen, auf der Hut zu sein. Außerdem seien auf dem Zettel mehrere Personen aufgeführt worden, um sie des Steinwurfs verdächtig zu machen. Tage später sei wieder ein Stein durch das Fenster der Neuen Stube und ein Zettel in das Haus des anderen Bürgermeisters geworfen worden, mit der Warnung und Drohung, dass wenn der dritte Steinwurf in das Fenster erfolge, der Aufstand beginnen werde. Als Mitverantwortlicher sei der hinkende Schneider, der als Messner an St. Gilgen diene, neben anderen vnschuldiger weiß angegeben worden. Um nicht den Eindruck der Untätigkeit zu erwecken und weil das Gerücht umgehe, Pfalzgraf
117 StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 28r–28v (Druck: EA, Nr. 55). 118 StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 31r–32v (Druck: EA, Nr. 56).
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Johann Casimir hätte alle seine Obersten und Rittmeister sowie andere vornehme Befehlshaber ihrer Bezahlung und frischer Werbung wegen zu sich einbestellt und der Marburger Mathematiker Victorinus dem Rat mit seiner auff diß iar gestelten Practica einen Schrecken eingejagt hätte, habe er die Wachen auf den Zünften und gelegentlich auch in der Stadt verstärken lassen. Bei dem Mathematiker handelt es sich um Victorinus Schönfeldt (1533–1592).119 Er hatte in Wittenberg bei Philipp Melanchthon studiert und wurde 1557 ebenda zum Magister promoviert. Im selben Jahr trat er die Professur für Mathematik und 1566 für Medizin an der Universität Marburg an. Darüber hinaus stand er bei Landgraf Wilhelm IV. von Hessen-Kassel (reg. 1567–1592) als astrologischer Berater und Leibarzt in Diensten. Seit 1562 gab Victorinus jährlich ein „Prognosticon astrologicum“ heraus. Mit der auff diß iar gestelten Practica, die dem Speyerer Rat einen Schrecken eingejagt haben soll, ist das 1576 in Wittenberg gedruckte „Prognosticon“ für das Jahr 1577 gemeint, in dem Schönfeldt eine große Finsternis vorhersagt, die „viel enderung in weltlichen Regimenten“ zur Folge haben sollte. Es sei unter anderem zu befürchten, so lautet es weiter darin, „es werden in vielen Landen vnd Stedten den Rathsuorwandten e e vnd Burgerschafft wider einander lauffen/ vnd zu grossem vngluck vrsach geben“. Zudem wird an den Speyerer Bürgeraufstand gegen den Rat von 1512 erinnert, bei dem analog zu den aktuellen Geschehnissen ein unter der Bürgerschaft kursierendes Gerücht der Auslöser war: e
„Es mag Speier sein Annales herfur suchen / vnd bedencken / was im Iar 1512. vor ein ergerliches vfflauffen vn‹d› widersetzung sich zugetragen / nach dem in gleichem Monat Octobris ein Finsternis vnter dem Wider geschehen / wie diese itzige / da von alhero meldung gethan worden“.120
Melchior von Feilitzsch fährt fort, dass der Rat außerdem angeordnet habe, dass niemand nach acht oder neun Uhr nachts ohne Licht auf der Gasse umherlaufen dürfe. Weil sich nun die Bürgerschaft wegen der strengen Bewachung stark eingeschränkt fühle, sei bei dem gemeinen Volk – dem man sein Gerede und seinen Lauf lassen müsse – das Gerücht (Ruff ) in die Welt gesetzt worden, die Caluinischen seien die Ursache für all die Bedenken und Vorsichtsmaßnahmen. Aber niemand habe einen Aufruhr oder Auflauf und bestimmte Unterstützer eines solchen in Betracht gezogen, noch dass dadurch Ruhm, Ehre und Nutzen zu erwarten seien. Allerdings habe man den furchtsamen Leuten, die deß himmel falls vor der zeitt besorgen, als weitbetrechtigen ihr Treiben gönnen müssen. Auch sonst möge sich in
119 Vgl. Herbst, Art. Schönfeld[t], Victorinus (mit weiteren Literaturangaben) [letzter Abruf am 23.08.2020]. Ebd. auch die Korrektur von Victorinus´ Geburtsjahr von 1525 auf 1533. 120 Schönfeldt, Prognosticon, Kap. 5.
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dieser blinden handlung einiges zugetragen haben, das ihm unbekannt sei, weil er sich wenig darum schere und weder inner- noch außerhalb der Stadt irgendeine davon ausgehende Gefahr habe ausmachen können. Er wolle aber weitere Erkundigungen einholen, weil er das durchaus für sinnvoll erachte, und Johann Casimir auf dem Laufenden halten. Den Inhalt der Zettel halte er jedoch ohne jeden Zweifel für den Streich eines losen buben, der die Stadt und andere in Unruhe versetzen und aufeinanderhetzen wolle. Was die Gesandtschaft an den Kurfürsten anbelange, so könne er mitteilen, dass der Speyerer Magistrat den Stadtschreiber Feuchter damit betraut habe, die Absetzung des Prädikanten zu St. Gilgen zu erbitten, damit die Zunahme der Probleme verhindert werde, die durch den zwispalt der Religion bei irer Burgerschafft entstehen könne. Am 1. Februar 1577 erstattete auch der Speyerer Bischof Marquard von Hattstein Pfalzgraf Johann Bericht über die in Speyer kursierenden Gerüchte.121 In den vergangenen Tagen, als Johann Casimir in Straßburg gewesen sei, habe es unter dem gemeinen Volk allerhand Gerede über einen bevorstehenden Tumult und eine drohende Gefahr gegeben, auch über das brieff vnnd fenster einwerffen. Deshalb habe der Magistrat die Wachen deutlich verstärken lassen. Er, der Bischof, habe aber nichts Genaueres darüber in Erfahrung gebracht, bis er sich beim Rat selbst erkundigt habe. Die Ratspersonen hätten den Prädikanten zu St. Gilgen (S. Khilian[!]) dafür verantwortlich gemacht, weil dieser nicht nur aufrührerisch gepredigt, sondern auch mit seinen zuhörern offentlich inn der kirchen conspirirt, vnnd das Nachtmal daruff empfangen haben solle. Davon war Bischof Marquard allerdings ebenfalls nichts bekannt. Er könne, so berichtet er weiter, dem gantzen handel keinen Glauben schenken, sondern halte es für einen schlechten Witz und Spötterei, was vielleicht dem Neid, den sie vndereinander tragen, geschuldet oder von irgendeinem fatzuogel angezettelt worden sei. Nichtsdestoweniger habe der Kaiser eine Delegation nach Speyer beordert, um gepürliche Inquisition vorzunehmen. Was die Gesandtschaft des Magistrats anbelange, so sei unlängst der Stadtschreiber hinauf nach Amberg zu Kufürst Ludwig geschickt worden. Mit welchem Auftrag, wisse er jedoch nicht. Vermutlich werde es aber mit den kursierenden Gerüchten zu tun haben. Sollte der Pfalzgraf darüber weiteren Bericht begehren, solle er eine vetraute Person nach Speyer schicken, um ihr den Handel etwas ausführlicher darzulegen. Drei Tage später forderte der Kurfürst am 4. Februar 1577 vom Speyerer Magistrat einen umfassenden Bericht über den aktuellen Stand zu den angeblichen Unruhen daselbst.122 Am Vortag hatte ihn in Amberg das Schreiben des Speyerer Bischofs und Reichskammergerichtspräsidenten erreicht. Auch dieser habe ähnliche Beschwerden wie wenige Tage zuvor der Speyerer Stadtschreiber über hin und
121 StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 36r–37v (Druck: EA, Nr. 57). 122 StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 40r–41v (Druck: EA, Nr. 59).
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wieder losbrechende Unruhen in Speyer vorgebracht, dabei aber mit keinem Wort den beim Magistrat in der Kritik stehenden Georg Infantius erwähnt. Ihm, dem Kurfürsten, sei auch die Verhaftung zweier Speyerer Bürger zu Ohren gekommen, durch die der Rat allerhand habe in der Sache in Erfahrung bringen können. Darüber sei ihm aber bislang weder von seinen nach Speyer abgeordneten Beamten noch von anderen Personen etwas berichtet worden. Deshalb wünschte Ludwig eine ausführliche Inkenntnissetzung über den Stand der Dinge und auch darüber, ob der Magistrat noch weitere Unruhen befürchte und wie man diese verhindern könne, damit er dessen Ersuchen und Bitten gemäß weiter die hulffliche hanndt bieten könne. Denselben Tag forderte der Kurfürst auch vom Präsidenten des Reichskammergerichts ausführlichen Bericht über die gemeldeten Unruhen in Speyer.123 Nach der Bestätigung des Empfangs von Marquards Schreiben vom 22. Januar am Vortag teilt Ludwig mit, kürzlich ein ähnliches Bittgesuch des Speyerers Rats durch dessen Stadtschreiber vor Ort vorgetragen bekommen zu haben, dieses allerdings mit mehrern particularn. Auf das seinem Schreiben beigefügte Ersuchen des Magistrats hin und aus anderen Gründen habe er, der Kurfürst, vor allem weil der Magistrat in erster Linie den Prediger zu St. Ägidien für die Unruhen verantwortlich mache, eine Delegation nach Speyer entsandt. Er hätte nun gerne deren Bericht abgewartet, um auch dem Kammergerichtspräsidenten adäquat antworten zu können. Um aber das Unterfangen fortsetzen und alles zur Abwendung möglicher Gefahren sowie zur Erhaltung von Recht und Ordnung tun zu können, habe er seinen Abgeordneten gburliche Notturfft anbefohlen, deren Bericht er stündlich erwarte. Weil er die Angelegenheit weiter verfolgen wolle und er, der Präsident, keine Bedenken habe, ihm über die Sache ausführlich zu berichten, wolle er sich, um weitere Instruktionen geben zu können, noch solange gedulden. Schließlich forderte der Kurfürst auch von seinen beiden Abgesandten diskrete Erkundigungen und Berichterstattung über die angeblichen Unruhen in Speyer.124 Am selben Tag unterrichtete Kurfürst Ludwig auch seinen Bruder Johann Casimir über die Beschwerden des Speyerer Magistrats und die daraufhin getroffenen Maßnahmen.125 Dieser habe ihm, Ludwig, am 28. Januar durch den Stadtschreiber Joseph Feuchter mitteilen lassen, dass eine stattliche Anzahl Speyerer Bürger geschworen habe, von irer gefasten Religion die sie die Caluinisch‹en› nennen, nicht ab zu weich‹en› und den Rat während einer Sitzung ohne Vorwarnung zu überfallen und thott zu schmeisen. Als Erkennungszeichen für den losbrechenden Aufstand
123 StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 42r–42v (Druck: EA, Nr. 60). 124 StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 45r–45v (Druck: EA, Nr. 61). 125 StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 46r–47v (Druck: EA, Nr. 62).
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hätten die Aufrührer drei Würfe in die Fenster der Ratsstube vereinbart, was bereits geschehen sei. Schlimmeres habe bislang der Allmächtige verhindert. Zwei Ratspersonen sei jedoch nachts gantz Morderisch nach Leib und Leben getrachtet worden. Weil sich nun der Magistrat Tag und Nacht in Lebensgefahr befinde, lasse er die Stadt unter hohem Kostenaufwand stark bewachen. Da aber die Kosten nicht dauerhaft tragbar seien und die Conspirationes von Georg Infantius, der eine Zeitlang Pfarrer der Speyerer Ägidienkirche gewesen sei, angeleiert worden sein sollen und dem Kurfürsten das Patronatsrecht zustehe, hätte der Magistrat diesen in der Angelegenheit um Schutz und Schirm gebeten. Weil er derartige hochsträfliche Aufwiegelungen durch seine eigenen Leute nicht dulde, habe er umgehend seinen Landrichter zu Auerbach, Soldan von Wirsberg, und seinen Kammerjunker Bernolff von Gemmingen mit der Beschaffung von Informationen zur Sache beauftragt. Und da sich alles bestätigt habe, hätten sie den Infantius zur Verhütung weiterer Querelen seines Amts enthoben. Der Speyerer Bischof habe sich ebenfalls über Unruhen in der Stadt beschwert, ohne jedoch den Infantius zu erwähnen. Hinzu komme, dass Johann Casimir in Speyer verdächtigt werde, die Stadt überraschen und einnehmen zu wollen. Das habe er, Ludwig, mit etwas Entsetzen und Befremden vernommen, weil Johann Casimir ihm noch nicht das Geringste darüber berichtet habe. Als benachbarter Kurfürst wolle er vor allem wegen des Reichskammergerichts sowie dessen Personals und der Speyerer Bürgerschaft zur Erhaltung von Ruhe und Frieden dem Unwesen der Rebellen gegensteuern und es dadurch abwenden. Deshalb forderte Ludwig von seinem Bruder ausführlichen Bericht über das, was er in dieser vnruhig‹en› empörungs sach‹en› bislang in Erfahrung gebracht hatte und welche Maßnahmen zur Verhinderung weiteren Aufruhrs ergriffen werden könnten. Zur besseren Beurteilungsmöglichkeit der Angelegenheit hatte der Kurfürst durch seine beiden Abgeordneten seinem Bruder auch eine Kopie der Ratsinstruktion aushändigen lassen. Zwischenzeitlich hatte die Kunde über die angeblichen Speyerer Unruhen auch das Reichsoberhaupt erreicht. Bei Kaiser Rudolf II. (reg. 1576–1612) evozierten diese Neuigkeiten wie bei Marquard von Hattstein Besorgnis um das Reichskammergericht. Deshalb meldete er sich dazu am 4. Februar 1577 von Prag aus zu Wort.126 Auch wenn ihm die Ursache des Konflikts zwischen Magistrat und Bürgerschaft der Stadt Speyer unbekannt sei, weil der Rat ihn nicht darüber informiert habe, so Rudolf in seinem Brief kritisch, sei er aber von Amts wegen zur Wahrung des Reichsfriedens verpflichtet, damit alle Stände und Untertanen, vor allem in Speyer, wo des heiligen Reichs gemain Iustici wesen administrirt werde, dessen Sicherheit und Erhaltung für Kaiser und Reich höchste Priorität habe, in Ruhe
126 StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 48r–49v (Druck: EA, Nr. 63).
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und Sorglosigkeit leben könnten. Deswegen habe er es auf das bei ihm erschollen geschray hin nicht unterlassen können, den Magistrat zu ermahnen und ihm zu befehlen, mit aller Kraft den Konflikt mit der Bürgerschaft zu beenden. Auch sonst solle der Rat sich in seiner Regierung beschaidenlich vnd gleichmessig ertzaigen, um weitere verpitterung der gemüetter, vnd merere weiterung verhüettet bleibe. Außerdem wünschte Rudolf, über den Urheber und die Ursache des Streits in Kenntnis gesetzt zu werden. Das kaiserliche Schreiben wurde dem Magistrat am 18. Februar 1577 präsentiert. Am 6. Februar 1577 erstattete der von Johann Casimir beauftragte Heidelberger Vogt, Dr. Hartmann Hartmanni der Jüngere127 , in Gegenwart von Großhofmeister und Kanzler in Heidelberg Bericht über sein Treffen mit dem Speyerer Bischof.128 Weil dieser an Gicht (Podagra) litt, war der Vogt erst am Vortag zu dem Oberhirten bestellt worden. Der Bischof erzählte seinem Gast von den Unruhen in der Stadt und dass ein Apparat des Rats vorhanden sei. Darauf habe er den Magistrat einbestellt, der von den Zetteleinwürfen berichtet habe und davon, dass der Prediger zu St. Gilgen mehrfach aufrührerisch gepredigt und die Gottesdienstbesucher ermahnt habe, zwei Finger auszustrecken, worauf sie das Abendmahl empfangen hätten. Außerdem sei das Gerücht umgegangen, dass Reiter auf der Straße gehalten hätten, der Prediger etliche Tonnen Pulver bei sich im Haus haben solle, man die Stadt habe einnehmen wollen und wohl Johann Casimir mit alledem in Verbindung gebracht worden sei. Er, der Bischof selber, habe bei Infantius ebenfalls Inquisitios durchgeführt, aber nichts anderes in Erfahrung bringen können, als dass allein die Stadtprädikanten an allem schuld und die Rädelsführer seien. Dr. Drechsel und Melchior von Feilitzsch hätten den Magistrat um Wiedereinstellung des entlassenen Predigers angehalten, nachdem der Rat seinen Stadtschreiber zur Vermeidung weiteren Ärgers in der Stadt mit der Bitte um die Absetzung von Infantius und die Einsetzung eines anderen zum Kurfürsten entsandt hätte. Aber wie man den Stadtschreiber kenne, werde er die Sache nur noch schlimmer machen als sie schon sei. Schließlich sei ein gewisser Cöller spät nach Speyer gekommen und unter einem Stadttor sei ein Rad an seinem Wagen abgegangen. Die Leute, worunter viele Frankenthaler gewesen seien, seien abgestiegen und hätten in des nechsten schneiders hauß um Licht gebeten, bis der das Rad wieder eingestossen hätte. Dieser Schneider solle dem Bürgermeister das Fenster eingeworfen haben. Als dem nachgegangen worden sei, habe es sich nicht bestätigt, weil er ein lahmer Mann sei und der Argwohn rühre allein daher, dass Frankenthaler Teil des nächtlichen
127 Hartmann Hartmanni der Jüngere (1523–1586), 1547 Promotion zum Doktor beider Rechte an der Universität Bologna, Assessor am Reichskammergericht und Rat dreier pfälzischer Kurfürsten, seit 1569 Faut des Oberamts Heidelberg. Vgl. zu ihm Press, Calvinismus und Territorialstaat, passim; MBW.P 12, 231; Röcker/Knauer, Die Hartmanni von Eppingen, 11. 128 StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 50r–50v (Druck: EA, Nr. 64).
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Geschehens gewesen seien, die in des Schneiders Haus wegen des abgegangenen Rads ein Licht hätten holen sollen. Auch die kaiserlichen Kommissare Georg Ludwig von Seinsheim (1514–1591) und Dr. Jung (wohl der Jurist Timotheus Jung, um 1529 bis 1580) sollten nach Speyer kommen und Erkundigungen einholen, aber der Bischof sage, dass sie nichts finden würden und die Bürger selbst meinten, dass der Rat das Gerücht in die Welt gesetzt habe. Am 8. Februar 1577, einem Freitag, berichteten Soldan von Wirsberg und Bernolff von Gemmingen Kurfürst Ludwig über die von ihnen gegen Georg Infantius in Speyer getroffenen Maßnahmen.129 Am vergangenen Mittwoch (6. Februar) hätten sie ihrem Auftrag gemäß den Infantius ohne Berücksichtigung seiner Entschuldigung aufgefordert, den Pfarrhof innerhalb von zwei Tagen zu räumen und ihnen die Kirchenschlüssel auszuhändigen. Alledem habe er widerstandslos Folge geleistet. Anfangs sei Infantius nicht gleich im Haus angetroffen worden, sodass die Ausführung ihres Befehls etwas länger gedauert habe. Als sie im Anschluss nach Heidelberg zurückgekehrt seien und sich bei Johann Casimir hätten anmelden lassen, hätten sie in Erfahrung gebracht, dass Infantius bereits am Heidelberger Hof eingetroffen sei. Dennoch hätten sie dem Pfalzgrafen ihre mündliche Werbung vorgebracht und die Kredenzschrift überreicht. Daraufhin habe dieser sich bedankt, aber zugleich auch kundgetan, dass er zu dieser Sache selbst Erkundigungen einholen und dann eine gebührende Resolution fassen wolle. Dagegen hätten sie sofort repliziert, Infantius habe sich bei ihnen entschuldigen wollen, dadurch aber auch geradezu zu den Anschuldigungen bekannt. Seine Entschuldigung sei nichts anderes als eine vermentlung, vnd glassirung. Damit habe die Unterredung mit Johann Casimir geendet und dieser habe nochmals darüber nachgesinnt. Am vorhergehenden Donnerstagabend, als sie gerade mit Johann Casimir gespeist hätten, habe er ihn, Soldan von Wirsberg, nach dem Essen zu sich bestellt und mit wenigen Worten verlauten lassen, dass sie denselben Tag nicht abgefertigt werden könnten und ausruhen sollten, weil er die Gesandten des Kreistags erwarte. Der Heidelberger Vogt, Dr. Hartmann Hartmanni der Jüngere, habe ihnen angezeigt, dass er ihnen viel zu erzählen habe, was man der Feder nicht anvertrauen könne, der Kurfürst aber wissen müsse. Er hätte vorgehabt, sich heimlich zum Kurfürsten zu begeben. Sie wollten nun hören, was er zu berichten habe und es dann samt allen weiteren eingeholten Informationen Kurfürst Ludwig in ausführlicher Form zukommen lassen. Am heutigen Freitag habe er, Soldan, die Predigt des „apathischen“, also sachlichen und unpolemischen, Superintendenten der Heidelberger Heiliggeistkirche,
129 StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 52r–56v (Druck: EA, Nr. 65).
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Andreas Stoltz130 , besucht. Die Kirche sei viel voller gewesen und Pfarrer Stoltz habe die Einsetzung sowie den rechten Gebrauch der Sakramente woll herfur gestrich‹en› und die subtilisirische argumenta der Gegner fein, ausführlich und klar widerlegt. In der Heidelberger Peterskirche habe am selben Tag ein Caluinischer gepredigt. Hundert Männer und etwa vierundzwanzig Frauen seien dort gewesen. Er habe gehört, dass am letzten Sonntag in der Heiliggeistkirche über hundert Menschen zu dem recht‹en› waren Abentmal des h‹er›n gegangen seien und es gemäß der Einsetzung Christi empfangen hätten. Mehr wisse man nicht, außer dass am gestrigen Abend ein junger Rheingraf in Heidelberg angekommen sei, der sage, dass Ludwig I. von Bourbon-Condé (Cundi) erschossen und La Rochelle (roschelln) von königlichen Truppen eingenommen worden sein sollen. Sie wollten selbst noch einmal mit dem Grafen reden. Damit endet der eigentliche Bericht der beiden kurfürstlichen Beamten. Inzwischen hatte ihnen jedoch der Heidelberger Vogt wie angekündigt seine Informationen mitgeteilt. Sie wollten dem Kurfürsten bei ihrer Ankunft alles ausführlich mündlich referieren, weil es der Feder tatsächlich nicht anvertraut werden könne. Wie es aber von dem einen oder dem anderen gemeint sei, das wisse allein Gott und die Zeit werde es offenbaren. Außerdem sei der Kurfürst von den Heidelberger Zünften durch Suppliken diverser Dinge wegen, insbesondere einer sund‹er›barn kirch‹en›, ersucht worden. Sie, Wirsberg und Gemmingen, hätten ihnen geantwortet, dass der Kurfürst derzeit aufgrund wichtiger Geschäfte verhindert sei und sich erst nach seiner Rückkehr nach Heidelberg darum kümmern könne. Ferner habe Johann Casimir den kurfürstlichen Rat Dr. Ludwig Culmann zum Speyerer Bischof geschickt, um Informationen zu den gegen den Pfalzgrafen erhobenen Verdächtigungen zu beschaffen. Es sei aber dahin gewiesen worden, dass Johann Casimir es bei dem Kammergericht versuchen sollte. Davon solle mündlich noch ausführlich berichtet werden. Die Gesandten des Kreistags seien zurückgekehrt, ohne dass sie hätten viel verrichten können. Nur Johann von Österreich sei durch eine Schrift ersucht worden. Was das bringe, werde sich zeigen. Am 1. März solle wieder ein neuer Kreistag stattfinden. Der Speyerer Magistrat hätte ihnen diese Stunde ein Schreiben übergeben und angekündigt, ihnen am nächsten Tag die Personen zu nennen, die von der Conspiration wüssten und wieviele der Predigt beigewohnt hätten. Schließlich verfassten die beiden Beamten zwei Tage später, einem Sonntag, noch ein zweites Postscriptum und fügten es dem Schreiben vom 8. des Monats bei. Die drei Dokumente haben sie dann offenbar zusammen von Speyer aus abgeschickt, von wo sie abschließend berichten. Sie hätten zwar nicht selbst in der Kirche sein
130 Andreas Stoltz aus Zwickau, seit 1576 Pfarrer an der Heiliggeistkirche und Generalsuperintendent in Heidelberg, vorher Superintendent der Grafschaft Erbach, † 1578 (EKO 14, 61, 63, 65).
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können, aber in Erfahrung gebracht, dass die Speyerer Prädikanten etwas spöttisch auf die Caluinischen gepredigt hätten. Weil das zu weiterer Zerrüttung anstatt zur Versöhnung der wid‹er›wertig‹en› gemuter gereiche, hätten sie den Predigern aufgetragen, ihre spöttischen Reden und Antastungen zu unterlassen, wozu sie sich in diser stundt bereit erklärt hätten. Am 10. Februar verfassten die kurpfälzischen Abgesandten Soldan von Wirsberg und Bernolff von Gemmingen in großer Eile in Speyer noch einen weiteren Bericht über die Absetzung von Georg Infantius an Kurfürst Ludwig.131 Das kurfürstliche Schreiben vom 4. Februar hatte sie erst am 8. des Monats in Heidelberg erreicht, gerade als sie ihren jungen Boten mit einem eigenen Dokument an den Kurfürsten abgefertigt hatten. Kurz danach, so die beiden Beamten, habe sie Johann Casimir in die Kanzlei bestellt. Im Beisein des Großhofmeisters, Dr. Ehems132 und von Wendel Regensburger habe der Pfalzgraf ihnen das Schreiben Kurfürst Ludwigs zeigen, zum Teil vorlesen und eine Kopie davon überreichen lassen. Johann Casimir habe nun Erkundigungen über die Entlassung des Speyerer Prädikanten einholen wollen. Darauf hätten sie geantwortet, dass ihnen nur bekannt sei, dass Infantius laut der ausführlichen Instruktion des Speyerer Magistrats der alleinige Verursacher der Speyerer Unruhen sein solle. Die Instruktion hätten sie Johann Casimir bei dieser Gelegenheit auch vorgelegt. Sie hofften nun, in all diesen Dingen nichts Unrechtes getan zu haben. Zudem habe Infantius den ihm vorgehaltenen Beschwerden, vor allem der conspiration und den strittigen Predigten, durchaus nicht widersprochen, sondern sie vielmehr verdeutschen vnnd außlegen wollen. Er habe gesagt, dass er seine Gemeinde bei der Reichung des Abendmahls und in seinen Predigten allein zur bestendigkeit ermahnt hätte, auch wenn es Leib und Leben kosten sollte. Dabei hätten die anwesenden Leute die Hände erhoben. Das könne vielleicht ein Unverständiger gesehen und für conspiration vnnd verbundnus gehalten haben. Dr. Ehem habe sie, Wirsberg und Gemmingen, daraufhin grob angegangen, ob sie nicht auch erfahren hätten, was die anderen gepredigt hätten. Darauf hätten sie entgegnet, dass sie es weder von dem einen noch dem anderen mit ohren nit gehört hätten. Daraufhin habe der Großhofmeister gesagt, dass zwischen Ermahnung zur Beständigkeit und Konspiration doch ein großer Unterschied bestehe. Sie hätten geantwortet, dass sie das sehr wohl wüssten, es aber mehr nach einer Verschwörung als nach einer gutgemeinten Ermahnung aussehe. Johann Casimir habe dann in Folgegesprächen mit ihm, Soldan von Wirsberg, gesagt, dass er selbst in der Angelegenheit verdächtigt werde und angekündigt, weitere Nachforschungen dazu
131 StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 58r–62v (Druck: EA, Nr. 66). 132 Dr. Christoph von Ehem (auch Eheim/Oheim/Öheim/Ohm) (1528–1592), Jurist und seit 1574 kurpfälzischer Kanzler.
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anzustellen. Am gestrigen Samstag habe Johann Casimir Dr. Ludwig Culmann133 zum Speyerer Bischof abgeordnet, um in der Sache Inquisition zu gebrauchen, um den Ursprung der Gerüchte aufzuspüren und den gegen ihn erhobenen Verdacht abwenden zu können, vor allem, weil auch der Kaiser schon über die Speyerer Vorfälle im Bilde sei und deswegen die beiden kaiserlichen Kommissare Georg Ludwig von Seinsheim und Dr. Jung nach Speyer entsandt habe. Samstagfrüh um neun Uhr wurden Soldan von Wirsberg und Bernolff von Gemmingen erneut von Johann Casimir in die Kanzlei einberufen. Dieser habe gesagt, sie seien deswegen bis zum heutigen Tag aufgehalten worden, um den ihnen suspekten Infantius vor dem Pfalzgrafen und seinen Räten selbst anzuhören, dass ihn der Speyerer Magistrat ungerechtfertigterweise beschuldigt hätte. Wirsberg und Gemmingen gaben zur Antwort, dass sie weder dazu noch mit Infantius zu disputieren beauftragt seien. Schließlich sei dieser hereingerufen worden und habe die Konspiration betreffend wie jüngst in Speyer ausgeführt, dass er laut der Kirchenordnung des verstorbenen Kurfürsten Friedrich III. seinen Zuhörern die folgenden drei Fragen stellen müsse: Ob sie von iren sunden wollen abstehen, Ob inen ire sundt leidt, Ob sie nun wolten bestendig pleiben etc. Nachdem er nun in seinem Gottesdienst genau diese Fragen gestellt hätte, sei er niedergekniet, habe die Hände seinem gebrauch nach erhoben und das Vaterunser gebetet. In diesem Moment hätten ihm das vielleicht einige hinter ihm gleichgetan und ebenfalls die Hände erhoben, dabei aber weder einen Eid geschworen noch ein Bündnis geschlossen. Johann Casimir wünschte nun, dass dieser Bericht auch dem Speyerer Magistrat referiert werde, um diesen auf seine unbegründete Anschuldigung hinzuweisen und dahin zu bewegen, den grundt besser zuerfaren. Auch solle der zu Unrecht beschuldigte Infantius wieder eingesetzt werden, was Johann Casimir alles selbst beim Kurfürsten ersuchen wollte. Darauf antworteten Wirsberg und Gemmingen, sie hätten nichts anderes als das, was sie schon einmal und auch jetzt aus seinem Mund vernommen hätten, protokollieren lassen. Genau so solle es auch referiert werden. Was die Wiedereinsetzung des Infantius anbelange, so sei ihnen weder das noch die Neubesetzung der Pfarrstelle befohlen worden. Sie würden aber annehmen, dass der Kurfürst das bald selbst vornehmen werde. Mit diesem ungefähren Abschied seien sie noch denselben Tag wieder nach Speyer gereist und direkt nach ihrer Ankunft hätten sie beim Bischof anmelden lassen, dass ihnen das Antwortschreiben des Kurfürsten auf das bischöfliche Bittgesuch zugegangen wäre, welches sie ihm nun aushändigen wollten. Darauf habe der Bischof sie am nächsten Tag um sieben Uhr morgens zu sich beschieden. Bei dem Treffen hätten sie um vertrauliche Mitteilung gebeten, wo doch solch vnwesen möchte herfliessen, ob die
133 Ludwig Culmann (1544–1606), Doktor beider Rechte, kurpfälzischer Rat und Vizekanzler. Vgl. zu ihm Graimberg, Erklärendes Verzeichniß, 580f, Nr. 3316.
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Ursache in der unfriedfertigen Predigt von Infantius oder sonstwo zu suchen sei. Und weil sie trotz aller Bemühungen bislang nichts Genaueres hätten in Erfahrung bringen können, hätten sie den Bischof gefragt, ob er etwas wisse, was sie dem Kurfürsten zur Verhinderung von Unheil kommunizieren könnten. Der Bischof habe geantwortet, dass er wahrlich weiter nichts wisse noch habe in Erfahrung bringen können als das, was er bereits am 1. Februar Johann Casimir mitgeteilt hätte. Außerdem habe sich der Bischof lange und breit darüber ausgelassen, dass der Magistrat wenig auf Recht und Ordnung achte, unverantwortlich handle und seine Bürgerschaft mit neuen Auflagen und Unannehmlichkeiten belade und dass schließlich auch der Neid und die Aufwiegelungen unter ihr Ursachen sein könnten. Ob allein Infantius verantwortlich gemacht werden könne, habe der Bischof nicht gewusst, denn die städtischen Prädikanten, vor allem Bernhard Bernhart, hätten auch hart und fast aufrührerisch gepredigt. Dagegen solle Infantius gepredigt haben: Ob schon die widersacher vast ruffeten, ir Abgott, E. Churf‹urstlichen› g‹naden› geliebsten herrn Vatter vnnd vnsern gnedigisten herrn meinende, were gestorben, So lebet doch noch ein starcker, der wurde sie bei irer Lehr erhalten, dauon solten sie nit weichen, inmassen er auch thun woltt, vnnd wann es gleich Leib, ehr, gut vnnd blut oder alles costet.
Es habe geradezu eine aemulatio zwischen den Predigern geherrscht. Alles in allem könne er, der Bischof, ihnen nichts anderes sagen, als was er Johann Casimir berichtet habe. Bei der Gelegenheit hätten sie den Bischof noch gefragt, was es mit der kaiserlichen Kommission auf sich habe, die sich auf dem Weg nach Speyer befinde. Der Oberhirte habe geantwortet, dass das vielleicht nichts mit dieser Sache zu tun habe, sondern mit vielerlei Dingen, die ihm täglich durch den Rat zugefügt würden. Außerdem solle die Kommission wohl auch beim Rat und unter der Bürgerschaft wieder bessere vnnd heilsamere Pollicey, vor allem des Reichskammergerichts wegen, herstellen. Weil sie samstagabends aufgrund einer Leibsschwachheit des Bischofs keine Audienz mehr bei ihm bekommen hätten, hätten sie noch am selben Abend dem Magistrat das kurfürstliche Schreiben an ihn ausgehändigt, mit dem Hinweis, dass dieser seine Instruktion ohne vorhergehende gründliche Recherche abgefasst habe. Denn Infantius widerspreche den Anklagen des Rats mit hoher verpfendung seins Leibs vnnd lebens. Anschließend hätten sie den Rat wie neulich bei der Absetzung von Georg Infantius befragt, wie, durch wen, wie sie heißen, mit was grundt, sie ire Instruction vnd beschwerung zu fernerm notfall vnnd ausfurung dociren vnnd bescheinen wollen. Nachdem sie dem Magistrat gesagt hätten, dass es geradezu verwerflich sei, grundlos und allein auf der Grundlage von Gerüchten einem Kurfürsten Derartiges zu berichten, hätte sich der Rat bereiterklärt, die Sache noch
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einmal eingehend zu prüfen. Zu den zwei inhaftierten Personen habe er berichtet, dass die eine davon, Georg Ebelmann, gesagt habe, ir Lutherischen esset ewern herr gott, vnnd gebt inen […] per aluum wider. Der andere, Georg Geyer, habe verlauten lassen: Die Speirischen Prediger weren lugenprediger, die Caluinischen hetten die rechte lehr, dieße hetten sie vergang‹en› Sommer als der Reichstag zu Regenspurg gewesen, zu reden hierunder gesetzt vnnd gestrafft, dißes Tumults halber aber gar nit. Soldan von Wirsberg und Bernolff von Gemmingen versicherten, dass sie die Sache noch weiter verfolgen wollten, obgleich sie nicht wüssten, wo sie noch verlässliche Informationen beziehen könnten, weil in Speyer noch ziemlich, wie man ebenda sage, zwischen den Lutherischen vnnd Caluinischen neidhessige reden furlauffen würden. Was die Bannung und Stillung der gefürchteten Gefahren anbelange, so hoffe der Bischof, dass sie nunmehr gestillt seien, vor allem, wenn die kaiserlichen Kommissare in der Stadt ankommen würden. Dem Kurfürsten empfehlen seine beiden Gesandten schließlich zur Erhaltung seiner Reputation und zur Vermeidung von allerlei Gerede, es bei der Abschaffung des Infantius zu belassen und die Pfarrstelle wieder mit einem tauglichen Christlichen Lehrer zu besetzen. Weil sie der Auffassung waren, in Speyer nichts mehr verrichten zu können, baten sie den Kurfürsten schließlich um den Bescheid, sich wieder zu ihm begeben zu dürfen. Am selben Tag erstattete der Speyerer Magistrat dem Kurfürsten Dank für die von ihm zugesagte Unterstützung gegen Georg Infantius und über die weitere Entwicklung der Speyerer Unruhen, wie Ludwig es in seinem Schreiben vom 4. Februar gefordert hatte.134 Weil auch der Kammergerichtspräsident beim Kurfürsten ähnliche Beschwerden wie der Magistrat vorgebracht hätte, versicherte dieser die Richtigkeit all der geschilderten Ereignisse. Weil unter dem gemeinen Mann täglich zahlreiche verdächtige und aufrührerische Reden kursierten und die Calvinisten in der Kirche öffentlich ihrem Glauben Treue gegeneinander geschworen hätten und immer mehr geworden seien, sie heimlich auch andere Leute zum Übertritt zu ihrem Glauben hätten bewegen wollen, in Gaststätten über denselben disputierten und dadurch die Gemüter gegeneinander aufbrächten, es auch zu etlichen Schlägereien gekommen sei und diese Entwicklungen den gemeinen Mann ungeduldig werden lassen würden, habe der Magistrat aus alledem auf die Schuld der Calvinisten an der Misere geschlossen, was im Notfall auch durch glaubwürdige Personen bewiesen werden könne. Der Rat habe als ordentlicher Magistrat und Obrigkeit diesen Entwicklungen nicht länger zusehen dürfen, sondern Gegenmaßnahmen zur Verhinderung größeren Übels ergreifen müssen. Deshalb habe man den Kurfürsten um Hilfe in der Sache und vor allem um die Absetzung von Georg Infantius gebeten. In diesem Zusammenhang hätten sie im Juli 1576 auch zwei Bürger inhaftieren lassen. Die bei ihnen durchgeführte
134 StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 64r–66v (Druck: EA, Nr. 67).
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Inquisition habe ergeben, dass sie gegen die Einsetzung des heiligen Abendmahls allerhand gottlose und schmähliche Reden geäußert hätten. Mit göttlichem Beistand wolle man durch die Amtsenthebung von Infantius nun weiterem Unfrieden in der Stadt gegensteuern sowie Ruhe und Ordnung in der Bürgerschaft aufrechterhalten. Am 11. Februar 1577 verfasste Dr. Ludwig Culmann in Heidelberg seinen von Pfalzgraf Johann Casimir geforderten Bericht über sein Treffen mit dem Speyerer Bischof und Kammerrichter Marquard von Hattstein.135 Culmann hatte sich am 9. Februar dorthin auf den Weg gemacht und sich am 10., einem Sonntag, morgens um acht Uhr beim Bischof anmelden lassen. Nach der Überreichung des mitgeführten Kredenzbriefs zur Legitimierung seiner Person befragte er den Bischof zu den in Speyer kursierenden Gerüchten, dass der Pfarrer zu St. Ägidien zahlreiche aufrührerische Predigten gehalten haben solle und Johann Casimir verdächtigt werde, die Stadt Speyer mithilfe des Pfarrers und seiner Anhängerschaft überfallen und einnehmen zu wollen, wovon der Bischof Johann Casimir geschrieben hätte. Der Bischof habe auch dem kurfürstlichen Hofrichter und Vogt zu Heidelberg, Hartmann Hartmanni, über diese Dinge mündlich Auskunft erteilt. Weil Johann Casimir genau wie der Bischof diese Geschichten anfänglich für einen Scherz gehalten hätte, jetzt aber den Ernst der Sachen erkannt habe und der Kaiser, der Kurfürst und das ganze Reich davon wüssten, was nicht unerheblich an der pfalzgräflichen Ehre kratze und auch dem Kurfürsten schade, wolle Johann Casimir die Verleumdungen nicht ungeahndet lassen. Inzwischen sei der Pfalzgraf aber auch sehr darauf erpicht, herauszubekommen, wann das gefährliche, grundlose und falsche Gerücht entstanden sei, und der Schuldige dann seine gerechte Strafe erhalten werde. Deshalb habe Johann Casimir ihn, Ludwig Culmann, beauftragt, den Bischof als kaiserlichem Kammerrichter zu bitten, Erhard Hase136 und Dr. Laurentius Vomelius137 oder eine andere unverdächtige sowie redliche und in diesen Geschäften erfahrene Person als unparteiischen Notar für das Verhör der in diesem Fall zu vernehmenden Personen zur Verfügung zu stellen, um so nicht nur die Ermittlung der Wahrheit, sondern auch die gebührende Bestrafung des Schuldigen und die Rettung des Unschuldigen zu gewährleisten. Auf dieses Vorbringen habe der Bischof sich bedankt und Johann Casimir seinen Gruß bestellen lassen und ihm ferner mitgeteilt, dass das Gerücht schon acht Tage
135 StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 72r–82v (Druck: EA, Nr. 68). 136 Speyerer Notar und Schwiegersohn des Speyerer Bürgermeisters Friedrich Meurer; vgl. zu ihm Groh, Personal, 59f. 137 Dr. Laurentius Vomelius Stapert (um 1536–1601) kam nach Studien in Heidelberg, Dole und Padua und der Promotion zum Doktor beider Rechte an das Reichskammergericht, wo er ab 1573 als Notar und ab 1575 als Prokurator tätig war; vgl. zu ihm Groh, Personal, 105; Görtz, Reichskammergerichtspersonal, passim.
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in Speyer kursiert sei, bevor er etwas davon erfahren habe. Als ihn aber sein Hofgesinde, weil das Gerücht nicht verstummt, sondern ärger geworden sei, darüber in Kenntnis gesetzt habe, habe der Bischof als kaiserlicher Kammerrichter zwei Kammergerichtspräsidenten und zwei Assessoren einbestellt, um sich über die Angelegenheit genauer zu informieren. Er habe von ihnen jedoch nichts Konkreteres in Erfahrung bringen können als dass sie vermuteten, dass damit eigentlich etwas anderes gemeint sein müsse. Danach seien etliche etwas furchtsame Personen des Kammergerichtskollegiums zu ihm gekommen und hätten von ihm begehrt, etwas dagegen zu unternehmen, weil ihnen die Sache nicht ungefährlich zu sein schien. Darauf habe der Bischof die beiden Bürgermeister der Stadt Speyer durch einen Sekretär zu sich bestellen lassen. Diesem sei der Stadtschreiber mit der Mitteilung begegnet, dass er eben auf dem Weg zum Bischof sei, um für die Bürgermeister und den Magistrat um Audienz zu bitten. Als das gewährt worden sei, hätten die Ratsherren bis zum Nachmittag, dann bis zum folgenden Vormittag und abermals bis zum Nachmittag, letztendlich drei Tage lang Dilation begehrt, die ihnen der Bischof auch eingeräumt habe. Weil dieser jedoch zu der Zeit habe verreisen wollen, habe er den Magistrat aufgefordert, am dritten Tag um ein Uhr endlich zu erscheinen und seine Sache vorzutragen. Der Rat sei dann aber erst eine Stunde später erschienen und habe vorgebracht, dass der Pfarrer zu St. Gilgen aufrührerisch gepredigt und seine Zuhörer zur Standhaftigkeit ermahnt hätte. Er hätte gesagt, wer dazu bereit sei, solle ein Zeichen geben und diesem fernere vertröstenn sein Religion noch nicht gefallen, sondern noch auf allen Speyerer Kanzeln, auch im Dom, gepredigt werden würde und wo er samt seinen Zuhörern zu schwach wäre, wollten sie einen Stärkeren außerhalb suchen. Dabei hätten die Ratsherren Johann Casimir aber nicht explizit genannt, sondern der Bischof vermute, dass sie den Pfalzgrafen seiner Religionsverwandtschaft mit den Calvinischen wegen meinten. Die von Speyer hätten ferner angezeigt, dass auf einen ihrer Ratsverwandten des Nachts unter seiner Haustür eingestochen worden wäre. Die Stiche seien jedoch in die Tür gegangen, sodass sie erzittert sei. Außerdem seien zwei Steinwürfe in die Fenster ihrer neuen Ratsstube erfolgt und den beiden Bürgermeistern sei jeweils ein Zettel in das Haus geworfen worden, dessen Inhalt Johann Casimir zweifellos kenne. Am Tag der Unschuldigen Kinder oder am Dreikönigstag hätte der Aufruhr der Calvinisten losbrechen sollen. Deswegen habe der Rat sich zur Verstärkung der Stadtwachen genötigt gesehen, sodass das Collegium Assessorum sicher sei. Dem Kammergericht habe man melden lassen, dass auf den Zunftstuben ausgerufen werden solle, dass derjenige, der angebe, wer die Steine auf die Neue Stube geworfen habe, zehn Gulden als Lohn erhalten solle. Die Ratsverwandten hätten aber allein den Pfarrer von St. Gilgen beschuldigt, den Johann Casimir für unschuldig halte, weil jener mit seiner Ermahnung zur Standhaftigkeit in der Lehre, die er für die richtige halte, nichts anderes getan habe als jeder andere Kirchendiener. Dagegen habe der Bischof berichtet, dass der Stadtprädikant Bernhard Bernhart wegen
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aufrührerischer Predigten viel mehr zu beschuldigen sei. Von den Bürgern, die zu St. Gilgen die Predigt besuchten, sei kein Aufruhr zu befürchten, zumal es sich dabei um nicht mehr als dreißig Personen handle. Weil der Bischof nun von seinem Kammergerichtskollegium in der Sache ersucht worden sei und auch der Kaiser von Marquard über die angeblichen Vorfälle habe informiert werden wollen, habe er dem Kaiser bei seiner Berichterstattung den Vorschlag unterbreitet, zur Eruierung der Wahrheit seine kaiserlichen Kommissare nach Speyer zur Inquisition zu schicken, weil dadurch allerhand an den Tag gebracht werden würde, nämlich dass in Speyer Unordnung herrsche, liederlich handelnde Ratsherren agierten, sehr schlecht gehaushaltet und was von diesen vormittags zugesagt, auch nachmittags nicht gehalten werde. Der Bischof habe dem Herrn Hofrichter und Heidelberger Vogt von alledem jüngst aufgrund seiner „Leibsschwachheit“ nicht ausführlich berichten mögen und könne Johann Casimir gar nicht verdenken, dass er sich der Sache annehme. Johann Casimir werde jedoch am Ende feststellen, dass lose leuth die Gerüchte in Umlauf gebracht hätten. Die begehrte Kommission zum Verhör etlicher Personen sei aber wohl wider den gemeinen Stilum und könne nicht von ihm, dem Bischof, alleine bewilligt, sondern müsse per Supplik ersucht werden. Darauf habe er, Culmann, dem Bischof geantwortet, dass er Pfalzgraf Johann Casimir die Ausführungen des Bischofs berichten wolle. Im Anschluss sei er mit dem Bischof in ein anderes, weitläufigeres Gespräch gekommen. Marquard vermute, so Culmann, dass das kursierende Gerücht über die Einnahme der Stadt und die aufrührerischen Predigten des Pfarrers zu St. Gilgen eine ganz andere Ursache hätten, nämlich, dass der Speyerer Magistrat mit seiner Bürgerschaft aus mehreren Gründen nicht gut stünde, unter anderem wegen eines zuvor nie geforderten Baugelds und üblem Haushalten mit maßloser Zecherei auf der Neuen Stube, wobei das gemeine Einkommen der Stadt verschleudert werde. Vor allem einer der Bürgermeister, der fast verarmt sei, habe sich dieser Dinge am meisten beflissen. Er wolle den ganzen Rat regieren und denselben nur mit ihm gefälligen Personen besetzen. Diese Missstände halte der Bischof für die wahren Ursachen der Steinwürfe, des Messerattentats und der Ungeduld der Bürger. Um das aber schön zu reden und zu bemänteln und die Bürgerschaft zu beruhigen, habe man das Gerücht über den Infantius in die Welt gesetzt. Aber weder der Stadtschreiber noch die Ratsherren könnten sagen, was der Pfarrer zu St. Gilgen eigentlich gepredigt habe, geschweige denn, dass sie ihn selbst gehört oder jemanden beauftragt hätten, die Predigt zum klareren Beweis aufzuzeichnen. Nach seiner Audienz beim Bischof habe er, Culmann, die beiden kurfürstlichen Gesandten Wirsberg und Gemmingen aufgesucht und ihnen summarisch von seinem Gespräch mit dem Bischof erzählt, mit dem Hinweis, dass er sich nun wieder nach Heidelberg begeben werde. Er habe ihnen angeboten, Nachrichten von ihnen an Johann Casimir weiterzuleiten. Sie hätten erwidert, dass sie vom Bischof fast das Gleiche, vor allem über das üble Haushalten des Speyerer Magistrats, vernommen
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hätten. Ferner hätten sie den Bürgermeistern die an ihrer Instruktion geäußerten Zweifel vorgehalten und weitere Fragen gestellt. Darauf hätten die Bürgermeister geantwortet, dass sie den Inhalt ihrer Instruktion beweisen wollten, aber den Namen der Personen, die über die einzelnen Sachverhalte bescheid wüssten, nicht benennen. Sie wollten sich danach erkundigen und ihre Namen in schriftlicher Form übergeben. Die beiden Gesandten hielten es für begrüßenswert, dass Johann Casimir den Kaiser um den Erlass eines Sonderbefehls an die beiden Kommissare gebeten habe, auch um die gegen den Pfalzgrafen erhobenen Vorwürfe zu untersuchen, weil jene sich dem vielleicht sonst nicht annehmen würden. Mit den durch die verschiedenen Berichte und Stellungnahmen eingeholten Informationen reagierte Johann Casimir am 11. Februar 1577 auf den Brief seines Bruders Ludwig vom 4. Februar, den Johann Casimir am 8. des Monats um acht Uhr morgens empfangen hatte.138 Johann Casimir zeigte sich über die Konflikte in Speyer sehr verwundert und erschrocken. Er versicherte, dass er von alledem, was Ludwig von Magistrat und Kammerrichter mitgeteilt bekommen hätte, nichts gewusst habe. Erst als er, Johann Casimir, jüngst in Straßburg gewesen sei, habe einer seiner Diener erzählt, dass in Speyer das Gerücht umgehe, Johann Casimir wolle die Stadt mit seinem Kriegsvolk beim Herabziehen von Straßburg einnehmen, was er wie andere Tischgenossen lediglich für Spötterei gehalten habe. Nach seiner Rückkehr nach Heidelberg sei in der Kanzlei erneut davon die Rede gewesen, worauf er sich bei den kurfürstlichen Räten danach erkundigt habe. Diese hätten jedoch ebensowenig gewusst wie er selbst. Lediglich über die Verstärkung der Speyerer Tag- und Nachtwachen seien sie im Bilde gewesen. Man habe das mit dem damals kursierenden Gerücht in Verbindung gebracht, dass zweihundert Adelige in Frankfurt angekommen seien, die sich ihrer Bezahlung wegen zu Johann Casimir nach Straßburg hätten begeben wollen. Die kurfürstlichen Räte hätten daraufhin einen reitenden Boten nach Frankfurt abgefertigt, um sich bei Bekannten des Rats und in Herbergen nach dem Grund zu erkundigen. Es seien jedoch nicht mehr als fünff frembder reisiger pferdt vorgefunden worden. Deshalb hätten sowohl er als auch die kurfürstlichen Räte das Gerücht nur für ein lautere narrheit, tantmehr, oder Vexatio‹n› gehalten und es darum auf sich beruhen lassen. Erst als ihm, Johann Casimir, ungefähr vierzehn Tage später zu Ohren gekommen sei, der Speyerer Magistrat hätte wegen der Angelegenheit eine Gesandtschaft nach Amberg zu Ludwig geschickt, habe er alsbald den Speyerer Bischof und Melchior von Feilitzsch in der Sache um Auskunft gebeten, wie die beiliegenden Abschriften ausweisen sollten. Die jeweiligen Antworten wurden ebenfalls beigelegt. Der Bischof habe gewünscht, dass man eine Vertrauensperson zu ihm sende, um dieser vor Ort weiteren Bericht zu erstatten. Darauf habe er den Vogt und Hofrichter Hartmann
138 StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 83r–96v (Druck: EA, Nr. 69).
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Hartmanni in seiner Kutsche dorthin entsandt, wie Ludwig aus dessen beigelegter Relation ersehen könne. Bei seinem Besuch in Speyer habe der Vogt auch die beiden kurfürstlichen Gesandten Wirsberg und Gemmingen getroffen, aber nichts von deren Auftrag in Erfahrung gebracht. Über deren Mission sei er erst in Kenntnis gesetzt geworden, als sie nach Heidelberg zurückgekehrt seien. Anhand dieser Ausführungen und der beiliegenden Dokumente könne er, Ludwig, unschwer erkennen, aus welchen Gründen die gedachte von Speir, vor allem seinetwegen an den Kurfürsten herangetreten seien. Er könne sich kaum vorstellen, wie er bei Ludwig oder einigen Reichsständen hätte in den unerwarteten Verdacht geraten sollen, dergleichen ungereimte Sachen im Sinn zu haben, zumal er mit der Stadt Speyer weder wenig noch viel zu tun habe, und dadurch ohne die geringste Erlangung irgendeines Vorteils den Kaiser und das ganze Reich gegen sich aufbringen würde. Er könne es Ludwig gar nicht verdenken, dass er die Anklagen gegen seinen Bruder mit Entsetzen und Befremden vernommen habe. Es sei bislang nicht gelungen, in Erfahrung zu bringen, wo die Calumnien hergeflossen seien. Infantius sei jedenfalls ein frommer, gottesfürchtiger, gelehrter und aufrichtiger Mann, der zuvor die Pfarrei Freimersheim im Amt Alzey dermaßen treu versehen hätte und so qualifiziert gewesen sei, dass er nach dem Tod von Johannes Willing, dem ehemaligen Hofprediger Friedrichs III., jenem gleichgestellt worden sei und aufgrund seiner Geschicklichkeit und Erfahrung bei der Besetzung der Speyerer Pfarrei St. Ägidien vor vielen anderen den Vorzug erhalten habe und dann von Friedrich III. nach allerhand mit Infantius wegen dessen zunächst mehrfacher Ablehnung der Speyerer Stelle geführten Verhandlungen dann doch ordentlich berufen und durch die kurfürstlichen Kirchen- und Verwaltungsräte installiert worden sei, wie aus dem dazu verfassten Protokoll des Kirchenrats und weiteren Akten hervorgehe. Darüber hinaus habe Infantius während seines gesamten Kirchendiensts nie eine andere Lehre geführt oder eine andere Kirchenordnung in Gebrauch gehabt als Willing und wie es auch sonst in der ganzen Pfalz üblich gewesen sei, sodass der Speyerer Magistrat bezüglich all dieser Dinge die Unwahrheit gesagt habe. Er möge aber gern glauben, dass dem Magistrat die Anstellung Willings und die damit einhergehende Absetzung des vngeschickt‹en› vnd ergerlich‹en› Mespfaffens nicht gefallen habe, weil der Rat – wie in seiner Instruktion ausführlich dargelegt – der Auffassung gewesen sei, eine solche Maßnahme kraft des Religionsfriedens nicht gestatten zu müssen. Überhaupt hätten sich die Speyerer nicht nur Friedrich III., sondern auch seinen pfalzgräflichen und kurfürstlichen Vorgängern gegenüber stets renitent erzeigt. Was Infantius Predigten, Lehre sowie Leben und Wandel im Weiteren anbelange, könne er ihm das Zeugnis ausstellen, dass er bei Kurfürst Friedrich immer ganz tadellos gewesen und besonders wegen seiner Predigten von allen, die ihn selbst gehört hätten hoch und mit Bewunderung gelobt worden sei. Die Speyerer behaupteten, Infantius und seinesgleichen, die ma‹n› mit dem verhassten namen Caluini
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zubeschweren vnderstehet, würden etwas der Augsburger Konfession und derselben Apologie, wie sie von Kurfürsten und sonstigen Fürsten auf dem Naumburger Fürstentag im Januar/Februar 1561 mit vorhergehender Präfation unterschrieben und Kaiser Ferdinand übergeben worden sei, Gegensätzliches lehren. Es sei mithilfe der Schriften der Theologen, welche die Augsburger Konfession 1530 in Augsburg hätten verfassen helfen, explizit zu beweisen, dass jene das heilige Abendmahl lehrten und praktizierten, wie es das Bekenntnis und die Kirchenordnung Kurfürst Friedrichs vorsähen und noch heutigen Tags in der Pfalz üblich sei. Etliche ehrgeizige Theologen hätten jedoch neue, in der christlichen Kirche zuvor verdammte und der Augsburger Konfession entgegenstehende opiniones vnd Ketzereien, wie der Allgegenwart und anderen (allenthalb‹en›heit etc.), den Vralt‹en› dreien Symbolis, worauf die Augsburger Konfession gegründet sei, hinzufügen wollen. Man solle diejenigen, die das nicht annehmen wollten, nicht verurteilen und noch viel weniger die unschuldigen Leute mit solchen unchristlichen Kondemnationen beschweren. So seien auch die von Speyer nicht diejenigen, die in diesen Angelegenheiten das Urteil fällen sollten, zumal ihre derzeitigen Prediger mehr fabulen dan von Caluino, oder der Augspurgischen Confession, gehört oder gelesen haben. Von alledem, was in der Instruktion des Speyerer Magistrats ausgeführt werde, dass Infantius sich beim Predigen ungebührlich verhalte, seine Predigten gegen die Obrigkeit richte und zum Aufruhr ermuntere sowie dass alle, die seine Predigten besuchten, sich kürzlich öffentlich in der Kirche zusamen confoederirt vnd verbunden und anschließend das Abendmahl empfangen hätten und etlichen Ratsherren Gewalt angetan worden sei, kenne er, Johann Casimir, nicht mehr als was zeitungs weiß davon geredet werde. Nach den in dieser Sache geführten Korrespondenzen habe er durch eine spezielle Abordnung weitere Erkundigungen einholen lassen. An Fakten sei jedoch nichts weiter zusammengekommen als die eingeworfenen Zettel und Fenster. Alles andere seien vngegrundte vnnd Kindische verursachungen, die aber den Magistrat vor mehreren Wochen zur Verstärkung der Tag- und Nachtwachen bewegt hätten, wodurch unter ihrer Bürgerschaft allerhand Verdruss und Unwillen hervorgerufen worden sei, weil neben den Toren und Zünften auch der Pfarrhof von St. Ägidien und dessen Pfarrherrns Auditorium und seiner Pfarrkinder Häuser bewacht würden. Weil die äußerst geringe Anzahl der Zuhörer gegen souieln tausenden seien, könne er nichts anderes dazu sagen als dass die von Speyer es nicht wert seien, des Heiligen Reichs Kammergericht in ihren Mauern zu haben. Außerdem sei er empört über das Kammergerichtspersonal, das man eigentlich für klüger gehalten habe, als dass es sich, wie aus dem Bericht Feilitzschs hervorgehe, durch derart unbegründete Anklagen hinter das Licht führen lasse. Daraus könne ein jeder mit gesundem Menschenverstand leicht schließen, dass hinter diessem gantzen werck etwas völlig anderes stecke.
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Über die confoederatio vnd zusamen Pflichtung von Infantius und seinen Zuhörern werde Ludwig von seinen Gesandten in Kenntnis gesetzt werden. Außerdem werde er von ihnen gewiss auch Bericht über die mündliche Erklärung von Infantius in ihrem Beisein in Heidelberg erstattet bekommen. Infantius habe sich bei verpfendung vnd darstreckung seines Kopffs erboten, dass ihm mit den gegen ihn erhobenen Anklagen Unrecht geschehe. Es sei ihm nie in den Sinn gekommen, dergleichen zu tun. Er vermute, dass die Ursache der ganzen Angelegenheit allein darin liege, dass er jüngst beim Abendmahl und bei der gewöhnlichen Vorbereitung am vorhergehenden Samstag, die anstatt der zuvor praktizierten Ohrenbeichte verordnet worden wäre, folgende Punkte der Kirchenordnung Kurfürst Friedrichs vorgelesen habe. Dazu vermerkte Johann Casimir wörtlich: Als nämlich, da den Communicant‹en› drei volgende stuckh summarie furgehalt‹en›, .1. Ob sich sie139 fur dem angesicht gottes fur sunder erkhennen, derowegen inen selbsts misfallen, vnd sie nach der genadt Iesu Christi durstet, .2. Ob sie auch glaub‹en›, das Christus darumb in die welt kommen, fur vnsere sunden genug zuthun, vnd daß die heilige sacramenta, solcher genugthuung, alß gewisse wisse brieff vnnd sigel seien .3. Ob sie auch den vorsatz hab‹en›, ir leben zubesseren.
Das hätten die Kommunikanten mit ja laut genannter Ordnung bekannt. Daraufhin seien sie zum Teil niedergekniet und hätten wie üblich mit zusammengelegten Händen das Vaterunser miteinander gebetet. Das sei dann wohl durch sich deß orts beigefügte Pfaffen vnd ander gesindt, die dergleichen zuvor vielleicht nicht mehr gesehen oder es zum Ärgsten auszulegen vorgenommen hätten, diffamiert und verbreitet worden. Anders könne Infantius sich das ganze Geschehen nicht erklären. Auch daran könne Ludwig erkennen, was dem vnzimblich beschreien zugrunde liegen möge. Ebenso unbegründet seien die Infantius oder seinen Zuhörern zugeschriebenen Fenster- und Zetteleinwürfe. Tatsächlich sei es aber so, dass die eigentlichen Täter die unschuldigerweise Angeklagten verhasst machen wollten. Sie beide, Johann Casimir und sein Bruder Ludwig, hätten wie auch schon ihr verstorbener Vater viel mehr und erheblichen Anlass zur Klage gegen die Speyerer gehabt. Es sei anzunehmen, dass der Speyerer Magistrat in seinen Kirchen solche Prediger angestellt habe, die über ihr beider Vater, Kurfürst Friedrich III., und die von ihm anerkannte christliche Lehre vor etlichen Jahren in ihren öffentlichen Predigten dermaßen übel geredet hätten und neben anderen vngereumbt‹en› sachen dises ferner darzu gethan, da man schon, deren Religionsverwandte so sie Caluinisch
139 sich mit kleinem b und sie mit kleinem a zur Kennzeichnung der Wortumstellung (sie sich) überschrieben.
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nennen, zugleich den hundt vnd Katzen {vf den gassen}140 zu todt schlagen, das daran nymandt freueln sollte. Wie dann deren einer gleich nach Friedrichs III. Tod, aber noch bevor das inzwischen verbreitete Gerücht in Umlauf gebracht worden sei, seine Zuhörer mit diesen Worten ernsthaft und ungestüm gereizt und ermahnt hätte: Ir burger was thut ir? was lang verzihet ir, das Kartenspiel zertrennne? Wüst ir nit zu St. Gilgen, ich het schier gesagt, zuuerdilgen Ist doch ir Abgott nunmehr todt etc. Friedrich III. sei mehrmals entschlossen gewesen, gegen dergleichen unchristliche Worte vorzugehen. So sei zum Beispiel der Speyerer Stadtprädikant Georg Ebenreich, der von den Speyerern selbst Fabulhanß genannt werde, weil er auf der Kanzel anstatt Gottes Wort zu predigen irgendwelche fabulen zum Besten gebe, im vorhergehenden Jahr von der Kantzel gentzlichen abgeschafft worden, weil er von genau solch schändlichen Worten Gebrauch gemacht habe und die kurpfälzischen Räte sich beim Speyerer Magistrat darüber beklagt hätten. Ebenreich sei kürzlich jedoch wieder eingestellt worden, sodass er sich nun an seinen Gegnern rächen könne. Erst gestern habe er bei der Predigt über das Gleichnis vom Sämann (Lk 8,4–15) die Stelle von dem samen, so vff den felsen gefallen unter anderem gegen die Calvinisten gerichtet und dazu aufgefordert, dass die Stadt diese ausrotten solle, weil sie sonst verderben würde. Das Beste Mittel sei seiner Meinung nach, die Kanzel zu entfernen und dadurch den baum also bei der Wurtzel außzuhauwen. Anhand dieser Dinge könne Ludwig erkennen, wer die Verursacher des Aufruhrs und die eigentlichen Hetzer seien und was die Leute im Schild führten, die das, was sie sich nicht mit dem Wort Gottes zu verteidigen trauten mit unziemlicher Gewalt – nicht weniger als es die Papisten noch täglich praktizierten – ausführten und behaupteten. Zudem habe ihn, Johann Casimir, die glaubwürdige Nachricht erreicht, dass der zu Ludwig gesandte Speyerer Stadtschreiber auf dem Regensburger Reichstag in Gegenwart gräflicher und anderer angesehener Personen sein Maul ziemlich und ganz ungebührlich mit ihrem damals noch lebenden Herrn Vater gewaschen hätte. Außerdem hätte der Speyerer Prediger Bernhart rund vierzehn Tage zuvor, ehe die im Fokus stehenden Gerüchte in Umlauf gekommen oder die besagten Zettel eingeworfen worden seien, auf der Kanzel sein Gebet unter anderem dahin gerichtet, dass Gott die Obrigkeit dahingehend erleuchten wolle, dass sie dem aufrührerischen und mörderischen Gesinde, den Caluinischen, wehren und ihre blutdürstigen Anschläge an den Tag bringen mögen. Vielen sei bewusst, dass Bernhart gleich nach Friedrichs Tod nach der Pfarrstelle zu St. Gilgen getrachtet habe. Deshalb habe er auch jüngst nach Heidelberg bestellt und im Namen des Kurfürsten dazu vernommen werden sollen. Das habe sich aber erledigt, als man bemerkt habe, dass Bernhart bei dem Grafen zu Nassau wegen Ehebruchs inhaftiert
140 Die geschweiften Klammern sind Editionszeichen und indizieren einen in den Text integrierten Einschub am Rand.
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und des Landes verwiesen worden sein solle. Auch Bernharts gesell der Fabulhanß habe auf der Kanzel öffentlich mit ehrrührigen Worten geäußert, dass Bernhart nach Heidelberg einbestellt worden sei, um die Caluinische Cloaken, |·mit Reuerentz zumelden |·alda vßzufegen etc. Deswegen hätten viele verständige und unparteiische Leute den starken Verdacht, dass Bernhart und seine Gesellen samt den Jesuiten, mit denen jene zum Teil, ohne gute Gemeinschaft zu pflegen, die eingeworfenen Zettel angefertigt und den darauf erfolgten Tumult angestiftet hätten. Er, Johann Casimir, hoffe, dass der gütige Gott den wahren Grund dafür sowie seine Unschuld und die von Infantius und seinen Zuhörern aufdecken und die ehrlosen Verleumder an den Pranger stellen werde. Weil nun diese geschilderten Dinge sich alle so zugetragen und nicht nur der Kurfürst und andere Fürsten, sondern auch der Kaiser davon erfahren hätten und dieser daraufhin den fränkischen Kreisobristen Georg Ludwig von Seinsheim und Dr. Timotheus Jung mit der Untersuchung des Falls beauftragt habe, sei diese Angelegenheit nicht mehr als geringfügig zu betrachten. Es sei offenkundig, dass dadurch in erster Linie die Ehre Gottes, das christliche Bekenntnis Kurfürst Friedrichs sowie die Reputation des Bischofs, Kurfürst Ludwigs, seiner, Johann Casimir, selbst und der hart angegangenen Christlichen mitglieder der Stadt Speyer in höchste Gefahr gerieten, was auch aufgrund der Instruktion des Magistrats anzunehmen sei. Wenn man jetzt die unschuldigen Leute am kaiserlichen Kammergericht als dem Teatro Imperii vorschnell verhöre, sei klar, zu welch hochbedenklichen Konsequenzen und Christlich‹en› blutbad das im Reich führen und wie leicht es zu Prozessen wie vor vielen Jahren kommen könne, wie sie gegenwärtig noch in benachbarten Königreichen und Ländern mit deren äußerstem Verderben durchgeführt würden. Johann Casimir bittet Ludwig, dass er sich all diese Dinge neutral und ohne religiöse Vorurteile zu Gemüt führen möge. Weil durch die ganze Angelegenheit seine Ehre und seine Reputation angefochten würden, wolle er dem Bruder zur Wahrheitsfindung gerne die brüderliche Hand, Rat und Hilfe anbieten. Und weil Ludwig darüber hinaus seinen brüderlichen Rat wünsche, wie er in dieser Sache weiter vorgehen solle, und die Dinge allem Anschein nach so lägen, dass der Speyerer Magistrat den amtierenden Kurfürsten hinter das Licht geführt und dadurch zur raschen Absetzung von Infantius bewegt habe, wodurch die vßgesprengte Calumnia gegen ihn, Johann Casimir, für den Kaiser und die Reichsstände als bestätigt erschienen und die Gerüchte nicht mehr abzuwenden seien, außer Infantius würde restituiert und die Missetaten des Speyerer Magistrats würden auf das Schärfste von Kurfürst Ludwig verurteilt werden, bittet Johann Casimir seinen Bruder zur Rettung ihres Vaters und ihrer eigenen Reputation, Infantius bis zum Abschluss der Untersuchungen des Falls wieder in sein Amt einzusetzen. Schließlich bittet Johann Casimir Ludwig, den in dieser hochwichtigen Sache zugetragenen Berichten nicht leichthin zu glauben, sondern zuvor seinen Bruder und andere dazu anzuhören. Denn dadurch ließe sich erkennen, worauf der leidige
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Satan und das gemeine Pfaffengesinde mit dieser ganzen Sache eigentlich abzielten. Er, Johann Casimir, habe keinen Zweifel, dass ihnen nicht wenig daran gelegen sei, wie und dass sie nach dem Tod ihres Vaters, Friedrichs III., der ihnen vor vielen anderen ein großer Dorn und scharfer Stachel in den Augen gewesen sei, zwischen den beiden Brüdern – wie ihnen das auch von Rom aus zur Genüge angedeutet worden sei – Widerwillen und Uneinigkeit erwecken und so ihr Ziel viel besser erreichen möchten, wobei sie aber doch, so Gott wolle, einen Fehler machen würden. Johann Casimir bittet seinen Bruder, ihm bei nächster Gelegenheit mitzuteilen, wie er von dem gegen ihn erhobenen Verdacht erfahren habe, weil er das, wie Ludwig sich unschwer vorstellen könne, nicht auf sich ruhen lassen wolle. Ludwig könne aus diesem Bericht entnehmen, wie sehr ihm, Johann Casimir, die inzwischen im ganzen Reich bekannte Angelegenheit zu Herzen gehe. Deshalb habe er am vergangenen Samstag den kurfürstlichen Rat Dr. Ludwig Culmann nach Speyer zu Marquard von Hattstein, Bischof und Kammerrichter daselbst, mit der Bitte entsandt, in der Sache Erkundigungen einzuholen. Die Antworten des Bischofs könne er in der beigefügten Abschrift von Culmanns Relation zur Kenntnis nehmen. Außerdem könne er, Ludwig, daraus ersehen, wo der Aufruhr seiner und des Bischofs Meinung nach seinen Ursprung haben dürfte und dass der Bischof selbst den Infantius für unschuldig halte, da es ein großer Unterschied sei, ob ein Prediger seine Zuhörer zur Treue zur eigenen Wahrheit ermahne oder zum Aufruhr verhetze. Ein jeder mit gesundem Menschenverstand könne das leicht unterscheiden und die Glaubenstreue sei eines jeden Christen Pflicht. Deswegen wiederholt Johann Casimir erneut seine Bitte, Ludwig möge als der getreue Bruder ihm in dieser Angelegenheit die helfende Hand reichen und seiner sowie der väterlichen Reputation wegen Georg Infantius in seinem Amt belassen, sodass die Sache so schnell wie möglich aufgeklärt werden könne. Deshalb habe er, Johann Casimir, den in Speyer weilenden kurfürstlichen Gesandten schriftlich das Begehr mitgeteilt, mit der Anstellung eines anderen Predigers zu warten, bis ihnen der Kurfürst auf diesen Bericht und seine brüderliche Bitte hin weiteren Befehl erteile. Er, Ludwig, habe dazu umso mehr Anlass, weil er aus der Relation vernehmen könne, dass die von Speyer ihm das Patronatsrecht zu St. Ägidien entziehen wollten. Der Magistrat habe zuvor auch schon den von Friedrich III. eingesetzten Johann Willing mit Hilfe des Speyerer Dompropsts, der dem Rat das Patronatsrecht zuerkenne, seines Amts entheben wollen. Am 13. Februar 1577 forderte Johann Casimir dann Soldan von Wirsberg und Bernolff von Gemmingen auf, Georg Infantius so lange in seinem Amt zu belassen, bis sie von Kurfürst Ludwig weiteren Befehl erhalten würden.141 Seinen Bruder Ludwig wollte er über diese Forderung in Kenntnis setzen. Bevor man eine andere
141 StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 97r–97v (Druck: EA, Nr. 70).
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Person auf die Stelle von Infantius setze, so der Pfalzgraf, müsse erst der wahre Hintergrund der kursierenden Gerüchte ermittelt werden. Außerdem wünschte er von den beiden Gesandten die Weiterleitung von Informationen zur Sache an ihn. Zwei Tage später antworteten sie, dass sie noch keinen Befehl zur Neubesetzung der Pfarrei erhalten hätten.142 Sie müssten es vorerst bei der bereits erfolgten Entlassung bewenden lassen. Sonst hätten sie über den Fall nichts weiter in Erfahrung bringen können. Sollten sie aber an neue Informationen gelangen, würden sie ihm diese umgehend, noch vor ihrer Abreise aus Speyer, mitteilen. Am 15. Februar 1577 erteilte Kurfürst Ludwig den Heidelberger Predigern den Auftrag, einen qualifizierten Pfarrer für die Ägidienkirche nach Speyer zu den kurfürstlichen Gesandten Soldan von Wirsberg und Bernolff von Gemmingen zu schicken, damit diese ihn auf die bisher von Georg Infantius besetzte Stelle investieren und ihm dabei auch christliche Bescheidenheit befehlen könnten.143 Sollten sie derzeit über keinen geeigneten Kandidaten verfügen, so Ludwig in seiner schriftlichen Anordnung, dann sollten sie das beiliegende verschlossene Schreiben von einem Boten zu Georg Rohner nach Simmern bringen lassen, damit dieser die Sache befördere und so möglichst noch vor der Abreise der beiden Gesandten aus Speyer das Amt versehen werden könne. Weil die Heidelberger Prediger sich längere Zeit nicht bei Ludwig gemeldet hatten und er hoffte, dass in Heidelberg alles zum Besten stehe, die Untertanen ihre Predigten fleißig besuchten und die heiligen Sakramente rechtmäßig gebrauchten, bat er seine Prediger um Berichterstattung über die aktuelle Lage sowie die nächstanstehende Abendmahlsfeier und die Anzahl der anwesenden Kommunikanten. Denselben Tag ließ Kurfürst Ludwig auch die Mitteilung an seine in Speyer weilenden Gesandten Soldan von Wirsberg und Bernolff von Gemmingen rausgehen, dass er die Heidelberger Prediger beauftragt habe, einen geeigneten Prediger für die St. Ägidienkirche zu ihnen nach Speyer zu verordnen, den sie nach seiner Ankunft ebenda in sein Amt investieren sollten, sofern dies ohne größeren Tumult und Gefahr durch das gemeine Volk möglich sei.144 Aber auch wenn er Infantius nach wie vor für einen Unruhestifter halte und es bei dessen Absetzung belassen wolle, zeige doch der Bericht des Speyerer Bischofs und Kammerrichters, dass jenem wohl nicht die Alleinschuld an den Unruhen in Speyer angelastet werden könne. Dem Oberhirten zufolge sei nämlich eine weitere Ursache des Problems, dass der Speyerer Magistrat keine rechte Ordnung halte und eine unrechtmäßige Polizeiordnung gepflegt werde, was bei einer so großen Kommune zwangsläufig zu Widrigkeiten führen müsse, und er außerdem die Bürgerschaft mit allerhand
142 StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 99r–99v (Druck: EA, Nr. 71). 143 StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 101r–101v (Druck: EA, Nr. 72). 144 StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 103r–104r (Druck: EA, Nr. 73).
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neuen und außergewöhnlichen Steuern und Auflagen belaste. Zudem habe sich der Stadtprädikant Bernhard Bernhart selbst aller Kondemnationen und Aufwiegelungen beflissen. Da inzwischen der Kaiser seine Kommissare zur Untersuchung des Falls geschickt habe, wolle er, Ludwig, sich nicht mehr damit beschäftigen, weil er ohnehin nichts weiter dazu beitragen könne. Wirsberg und Gemmingen sollten jedenfalls darauf achten, dass sich der neue Prediger bei der Administration der heiligen Sakramente und der Ausübung der anderen Kirchendienste der Kirchenordnung Pfalzgraf Ottheinrichs gemäß und konform verhalte. Falls ihnen aus Heidelberg aber niemand zugeordnet werde, habe Pfalzgraf Reichard sich bereit erklärt, dem Superintendenten von Simmern den Befehl zu geben, einen Prediger nach Speyer zu schicken. Nach der Verrichtung dieses Auftrags könnten sie, die beiden Gesandten, wieder zur kurfürstlichen Residenz zurückkehren. Am 19. Februar 1577 antwortete der Speyerer Magistrat Kaiser Rudolf auf dessen die in Speyer enstandenen mißverstendt und vnrichtigkeit‹en› betreffenden Schreiben vom 4. des Monats.145 Der Rat führt darin aus, dass er sich keiner Missverständnisse zwischen ihm und der Bürgerschaft bewusst sei, noch dass irgendjemand jemals Anlass zur Beschwerde über das Stadtregiment gehabt hätte. Aber es solle nicht verschwiegen werden, dass nachdem Kurfürst Friedrich vor vielen Jahren einen Pfarrer der Caluinisch‹en› Sect‹en› Anhengig in der hiesigen Pfarrei St. Ägidien installiert hätte, dessen Predigten nicht nur beim Kammergerichtspersonal, bei Praktikanten und anderen, sondern auch bei etlichen Speyerer Bürgern Resonanz erfahren habe. So sei es unter Letzteren oft auf den Zunftstuben zwischen beiden Parteien zu gefährlichen Streitereien wegen der Religion und des Abendmahls gekommen. Vor allem aber hätten viele Personen der Caluinisch‹en› Secten leichtfertig gotteslästerliche und ärgerliche Reden über das Abendmahl geführt. Das habe schließlich Schlägereien und die Verbitterung der Bürger gegeneinander zur Folge gehabt, sodass der Rat angehalten gewesen sei, rechtzeitig zu intervenieren und nicht nur die Übeltäter gebührend abzustrafen, sondern auch die Bürger zu ermahnen, die Konflikte und die Misstrauen provozierenden Wortgefechte einzustellen. Darüber hinaus seien unter dem gemeinen Volk nicht nur allerhand verdächtige und aufrührerische Reden über das besorgniserregende Vorhaben der Calvinisten erschollen, sondern auch heimlich zwei anonyme Briefe in die Häuser der Bürgermeister geworfen worden, mit der Warnung, dass sich die Calvinisten verbunden hätten, um die Stadt zu verraten und anzugreifen. Das Zeichen dafür sollten drei nächtliche aufeinanderfolgende Steinwürfe in die Fenster der Ratsstube sein. Und wo der Verrat misslingen sollte, wollten sie es mit Brand und Feuer versuchen. Als dann die angekündigten Steinwürfe erfolgt seien und des Nachts auf einige Ratsangehörige unter deren Türen mit bloßer Wehr eingestochen worden sei, sie aber
145 StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 106r–110r (Druck: EA, Nr. 74).
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den kursierenden Gerüchten sowie den anonymen Warnungen keinen Glauben hätten schenken wollen, hätten sie diese doch wegen der folgenden Steinwürfe und nächtlichen Attacken nicht unbeachtet lassen wollen. Nachdem man nach allen in der Sache unternommenen Anstrengungen und Inquisitionen weder eine belegbare Ursache noch einen vrtheter der Unruhen habe ausfindig machen können, habe man zum Schutz der Bürger und vor allem des Personals des kaiserlichen Kammergerichts, dem der Magistrat im Auftrag ihrer Majestät und des Reichs so gut als möglich Schutz und Schirm gewähre müsse, sowie der Geistlichkeit und anderer weltlicher Personen die Stadtwachen verstärkt. Alsbald habe man über alle Vorfälle, die vermutlich allein der Caluinisch‹en› Sect und deren Anhängern zuzuschreiben seien, und die zu befürchtenden Gefahren Kurfürst Ludwig durch einen städtischen Gesandten ausführlichen Bericht erstatten lassen. Der Rat habe ihn gebeten, den Pfarrer an St. Ägidien abzuschaffen, was er unverzüglich aus christlichem Eifer, zur Abwehr weiterer Unruhen und zur Stiftung von Frieden und Einigkeit am 8. Februar durch seine Gesandten habe ausführen lassen. Dabei sei es bisher auch geblieben und man habe den Eindruck, dass seither der Unmut unter der Bürgerschaft verschwunden sowie die befürchtete Gefahr gebannt seien. Man hoffe auf Gott, dass es bei der Absetzung des Egidianisch‹en› Caluinisch‹en› Pfarrers bleibe und kein anderer dies‹er› sect‹en› dorthin verordnet werde. Es werde sich sowohl das Misstrauen bei beiden bürgerlichen Parteien auflösen und auch alles andere zweifellos zum Wohl aller Einwohner entwickeln. Der Magistrat wolle jedenfalls alles zur Erhaltung von Ruhe und Frieden beitragen. Am 21. Februar 1577 berichteten Soldan von Wirsberg und Bernolff von Gemmingen Kurfürst Ludwig wieder über den aktuellen Stand der Dinge in Speyer.146 Eingangs bestätigen sie zunächst nochmals die Absetzung des Pfarrers Infantius, die Räumung des Pfarrhofs von St. Ägidien und die Entgegennahme der Kirchenschlüssel. Den Hausschlüssel hatten sie dem kurfürstlichen Keller im Eußerthaler Hof zur Pflege der zum Pfarrhof gehörigen Weingärten und anderer Gärten ausgehändigt. Dem Bericht des Bischofs folgend hätten sie dem Magistrat vorgehalten, dass die Ursache der Unruhen nicht allein von Infantius, sondern auch von des Magistrats unordentlicher Regierung, unüblichen Neuerungen unter der Bürgerschaft und desgleichen teilweise von den Stadtpredigern herrühren sollen, vor allem aber, dass der Rat den Kurfürsten nicht ordentlich informiere. Außerdem hätten sie den Magistrat aufgefordert, seinen Predigern, nachdem Infantius nun abgesetzt worden wäre, aufzutragen, ungebührliche Äußerungen, die keine Erbauung in der christlichen Kirche, sondern allein Verbitterung und Unruhe zur Folge hätten, gänzlich zu unterlassen, mit der Zuversicht, dass sie künftig, wie sie es seither beim Besuch ihrer Predigten auch nicht anders hätten
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feststellen können, alles friedlich und in christlicher Bescheidenheit auf der Kanzel lehrten. Dass der Kurfürst den Predigtstuhl von St. Ägidien wieder mit einer geeigneten Person besetzen wolle, halte man zur Verhinderung weiterer Probleme für ratsam, wenngleich man derzeit keine wirklichen Gefahren ausmachen könne. Deswegen wollten sie auch – ungeachtet der Bitte Johann Casimirs um die Restitution von Infantius und um die Unterlassung der Anstellung eines neuen Pfarrers in St. Ägidien bis zum weiteren Entscheid des Kurfürsten – sobald ihnen die Heidelberger Prediger oder der simmerische Superintendent eine taugliche Person präsentieren würden, dieser auftragen, sich bei der Administration der Sakramente und der Verrichtung anderer Kirchendienste Kurfürst Ottheinrichs Kirchenordnung gemäß und gleichförmig zu verhalten und Ungebührlichkeiten und was sonst zu Unruhe und Verbitterung Anlass geben möge zu vermeiden, damit er daselbst hoffentlich ungestört und unbeschwert sein und bleiben möge. Von den kaiserlichen Kommissaren, die auf dem Weg nach Speyer sein sollten, wolle der Magistrat keine Kunde haben, noch habe er eine Kommission wegen dieser oder anderer Angelegenheiten beim Kaiser erbeten. Sie hätten auch außer dem, was der Bischof ihnen darüber mitgeteilt habe, nichts weiter in Erfahrung bringen können. Deswegen wollten sie nicht länger auf die Ankunft der Kommission warten, sondern nach der Ausführung ihres Auftrags wieder abreisen, wie sie auch nichts lieber wünschten, als dass zur Vermeidung weiterer Unkosten so schnell wie möglich jemand zur Besetzung der Pfarrei nach Speyer verordnet werde. Um das Ganze zu beschleunigen, hätten sie den ihnen zugewiesenen Kanzleischreiber zu den Heidelberger Predigern abgefertigt, um Erkundigungen darüber einzuholen. Ebenfalls am 21. Februar 1577 schrieb Reinhard Schott, bei dem es sich um den nach Heidelberg abgefertigten Kanzleischreiber handeln dürfte, wegen der Besetzung der Pfarrstelle von St. Ägidien Soldan von Wirsberg.147 Am Vortag habe er, Schott, sich zu dem Stuttgarter Propst Magister Balthasar Bidenbach (1533–1578), dem derzeitigen Stadtprediger daselbst, begeben, um sich um einen neuen Prediger für die Speyerer Ägidienkirche zu bemühen. Bidenbach habe ihm berichtet, dass er bereits den Befehl erhalten hätte, alsbald einen Prediger nach Speyer zu verordnen oder falls keiner zur Vefügung stehe, den Superintendenten von Simmern um Unterstützung anzusuchen. Deswegen habe Bidenbach vorgestern einen eigenen Boten zu dem Superintendenten nach Simmern geschickt. Weil ihm aber nicht bekannt gewesen sei, dass Soldan von Wirsberg deshalb noch in Speyer verharre, habe er melden lassen, dass die erforderliche Person sich nach Gelegenheit bald dort einfinden solle, damit die ganze Sache nicht unnötig in die Länge gezogen,
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sondern beschleunigt werden möge. Also habe er, Schott, es für ratsam und notwendig erachtet, dass Magister Bidenbach den simmerischen Superintendenten noch im Nachgang über die lästige Warterei Wirsbergs in Speyer und andere in diesem Zusammenhang unbequeme Dinge unterrichte. Er habe dann aber heute früh selbst einen eigenen Silberboten nach Simmern geschickt. Weil aber Bidenbach in seinem vorigen Brief geschrieben habe, dass der angeforderte Pfarrer zunächst nach Heidelberg kommen solle, werde dieser sich dann bei nächster Gelegenheit zur gebührenden Präsentation und Installation in der Pfarrei St. Ägidien in Speyer einfinden. Schott selbst wollte noch am gleichen Tag wieder nach Speyer zurückkehren, vermeldete aber, dass er wegen anderweitiger Geschäfte bei Landgraf Philipp II. von Hessen-Rheinfels (reg. 1567–1583) noch nicht kommen könne. Am 27. Februar 1577 präsentierte der Registrator und Heidelberger Lehenpropst Theobald Wentz in Speyer Soldan von Wirsberg und Bernolff von Gemmingen ein am Vortag in Heidelberg ausgestelltes Schreiben Johann Casimirs.148 Der Pfalzgraf wollte sich bei den kurfürstlichen Gesandten erkundigen, ob sie hinsichtlich der Speyerer rumorhandlunge etwas Neues in Erfahrung gebracht hätten, das ihm von Nutzen sein könne. Außerdem interessierte ihn, ob sie die jüngst im Beisein des entlassenen Pfarrers Infantius miteinander verhandelten Dinge inzwischen wie von ihm erbeten dem Kurfürsten mitgeteilt hätten und ob darauf noch keine Antwort erfolgt sei. Die beiden noch in Speyer weilenden Adressaten versicherten dem Pfalzgrafen umgehend, dass sie ihn unverzüglich, bei Tag und Nacht, benachrichtigen würden, sobald ihnen irgendetwas zu Ohren kommen sollte, von dem er Kunde haben müsse.149 Ebenso würden sie ihn wie vereinbart rechtzeitig über ihre Abreise aus Speyer in Kenntnis setzen, auf die sie stündlich hofften, weil der Predigtstuhl der Ägidienkirche inzwischen wieder besetzt worden sei. Noch am selben Tag quittierte Infantius seine letzte Besoldung, die ihm von dem Hördter Schaffner Jacob Klaffschenckel gereicht worden war.150 Schon tags darauf zahlte dieser dem neuen Pfarrer, Magister Amandus Beuerer, fünf Gulden.151 Zu dessen erstem Gottesdienst am 28. Februar 1577, einem Samstag, kamen ungefähr dreißig Personen. Die Feier war friedlich und ungestört vonstatten gegangen, was den Magistrat sehr zufrieden gestimmt haben dürfte.152 In einem Memorial vom 2. März 1577 stellten die beiden kurfürstlichen Beamten noch einmal die Verhaltensregeln für den neuen Pfarrer auf.153 Es wurde festge-
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StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 115r–115v (Druck: EA, Nr. 77). StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 116r (Druck: EA, Nr. 78). StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 117r–117v (Druck: EA, Nr. 79). StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 118r (Druck: EA, Nr. 80). StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 126r (Druck: EA, Nr. 83). StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 119r–119v (Druck: EA, Nr. 81).
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halten, dass er sich möglichst in seinem Pfarrhof zu St. Ägidien aufhalten, seinen Studien nachgehen sowie montags und sonntags sein Predigtamt versehen und dem Pfarrhof wie der Kirche nichts an Einnahmen und Rechten entziehen lassen solle. Er sollte seine Kost bis auf weiteres im Eußerthaler Hof morgens um zehn und abends um fünf Uhr zu sich nehmen, den Wein aber aus seinem Keller selbst mit zu Tisch bringen. Beim Gottesdienst und bei der Administration der Sakramente sollte er sich an Ottheinrichs Kirchenordnung halten. Grundsätzlich sollte er sein Amt mit Bescheidenheit und Vernunft ausüben und sich gentzlich allerhandt contemnation, lesterung, vnd neidhessiger disputation vff dem Predigstul vnd sonsten enthalten. Der Speyerer Magistrat sei mit Nachdruck daran erinnert worden, darauf auch bei seinen Prädikanten Acht zu geben. Um von vornherein klar die Grenzen abzustecken, wurde dem neuen Pfarrer von St. Ägidien aufgetragen, sich nicht im Geringsten der Stadt oder ihren Prädikanten dienstbar zu machen. Man wollte denen von Speyer auf keinen Fall irgendetwas einräumen, das ihnen hätte zum Vorteil gereichen können. Was den von Infantius entfernten hölzernen Altar und das Leuten mit einer Glocke anbelangte, sollte aufgrund des ärgerlichen Geredes vieler Leute zunächst das Abendmahl auf dem derzeit in der Kirche stehenden Tisch gereicht und das Läuten mit einer Glocke beibehalten werden. So hoffte man in der Kurpfalz, die Kirchengemeinde wieder auf die rechte Bahn zu bringen. Sollte dem Pfarrer etwas Schlimmes widerfahren, müsse er unter allen Umständen Kurfürst Ludwig postalisch Meldung davon erstatten. Am 4. März 1577 meldete sich der Kurfürst wieder aus Amberg bei seinen beiden Gesandten Soldan von Wirsberg und Bernolff von Gemmingen.154 Zunächst bestätigt Ludwig den Empfang ihres letzten Schreibens vom 21. Februar. Aus demselben und den mitgeschickten Beilagen habe er vernommen, so Ludwig, dass sein Bruder Johann Casimir die Restitution von Infantius schriftlich von ihnen begehrt hätte und was sie jenem darauf geantwortet hätten. Jedenfalls wolle er Infantius aus mehreren Gründen nicht wieder einsetzen, zumal dieser den Pfarrhof bereits geräumt habe und abgezogen sei. Es bleibe bei der ihnen am 15. Februar gesandten Anordnung. Weil kein Zweifel bestehe, dass ihnen entweder von den Heidelberger Prädikanten oder dem simmerischen Superintendenten ein Kirchendiener zugeordnet worden sei, den sie anstatt von Infantius in St. Ägidien mit den erforderlichen Instruktionen eingesetzt hätten, sollten sie sich alsbald wieder auf den Rückweg nach Heidelberg machen, auch um unnötige Kosten zu vermeiden und noch vor Ludwigs Abreise aus Amberg gebührende Relation über die Speyerer Verhandlungen erstatten zu können. Johann Casimir habe ihm, Ludwig, einige Tage zuvor etliche Suppliken geschickt, in denen Bürgermeister, Rat, Gemeinde und die Zünfte der Stadt Heidelberg bäten, ihnen die Nutzung etlicher Kirchen
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zur Verrichtung ihres exercitium religionis in denselben zu erlauben und so beide religion bis zur künftigen Vergleichung zu dulden, was er mit großem Befremden vernommen habe. Weil ihm das merkwürdig erscheine und unter der Bürgerschaft allerhand Konspirationen und Verbindungen zu besorgen seien, müsse er umgehend Genaueres darüber in Erfahrung bringen. Deswegen erteilte er seinen beiden Gesandten den Befehl, bei ihrer Rückkehr nach Heidelberg möglichst unauffällig Erkundigungen darüber einzuholen, was es mit den Suppliken auf sich habe und wer dahinterstecke. Einige Tage später übersandten Soldan von Wirsberg und Bernolff von Gemmingen dem Kurfürsten die eingeforderte Relation, die eine Art Abschlussbericht ihrer Mission darstellt. Sie wurde am 15. März 1577 präsentiert.155 Aufgrund des Ansuchens von Bürgermeister und Rat der Stadt Speyer wegen der Absetzung von Infantius, dessen Lehre und Predigt etliche heimliche und gefährliche Konspirationen und Meutereien unter der Speyerer Bürgerschaft hervorgerufen haben sollten, seien sie eilig nach Speyer gezogen. Bevor sie am 4. Februar, einem Montag, dort angekommen seien, hätten sie sich durch den kurfürstlichen Kanzleischreiber beim Bürgermeister nach einem unverdächtigen Wirt erkundigen lassen, der sie sicher und unbemerkt beherbergen könne. Noch denselben Abend hätten sie das kurfürstliche Schreiben mit der Anweisung empfangen, dass sie die Angelegenheit mit Wissen des Bürgermeisters und des Magistrats durchführen und beratschlagen sollen. Am folgenden Dienstagmorgen hätten sie beide Bürgermeister zu sich in ihre Herberge bestellt, um ihnen den Befehl des Kurfürsten mitzuteilen und deren Meinung einzuholen, wie man die Sache am Besten bewerkstellige. Die Bürgermeister hätten für die Unterstützung des Kurfürsten gedankt. Sie, Wirsberg und Gemmingen, seien überzeugt gewesen, dass sich Infantius auf ihren Befehl hin vor ihnen einfinden werde. Daraufhin hätten sie ihn einbestellen wollen, er sei derzeit jedoch in Heidelberg gewesen. Nach seiner Rückkehr nach Speyer hätten sie ihn am folgenden Mittwoch abermals einbestellen lassen, worauf er sich gehorsam und willig bei ihnen eingefunden habe. Sie hätten ihm die Gründe für seine Einbestellung und den kurfürstlichen Befehl dargelegt. Was Infantius zu seiner Verteidigung geäußert habe, sei ihm, dem Kurfürsten, aus ihrem ersten Bericht zur Genüge bekannt. Sie hätten Infantius den kurfürstlichen Befehl kundgetan, sich des Predigens in Speyer zu enthalten, das Haus und den Pfarrhof innerhalb von zwei Tagen zu räumen und ihnen die Kirchenschlüssel so rasch wie möglich auszuhändigen. Alledem habe er gehorsam Folge geleistet, dabei aber bemerkt, dass noch ein Quartal seiner Jahrsbesoldung offenstehe und ob ihm das noch beglichen werde. Sie hätten ihm geantwortet, dass ihm ihres Wissens nichts vorenthalten worden wäre, es aber dem Kurfürsten gemeldet werden solle. Aus der
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Anzeige des Schaffnereiamtsverwalters zu Hördt gehe hervor, dass Infantius noch ein Fuder Wein, fünfzig Gulden von dem Kloster Hördt und sechs Malter Korn aus dem Eußerthaler Hof in Speyer zustünden. Auch der Messner habe noch sechs Gulden zugut. Es liege nun im Ermessen des Kurfürsten, ob die offenen Beträge noch vollständig beglichen werden sollten. Jedenfalls habe Infantius Kirche und Pfarrhof in ihrem Beisein geräumt und sich im Anschluss nicht mehr dort blicken lassen. Die Schlüssel seien inzwischen dem neu verordneten Prediger zugestellt worden. Obwohl Infantius dieses Quartal nun nicht voll gedient habe, es aber nur einige Tage seien, die er nicht mehr im Dienst gestanden habe, hielten sie es für gerechtfertigt, den Schaffner in Hördt und den Eußerthaler Hof anzuweisen, sowohl Infantius als auch dem Messner ihren Ausstand zu begleichen. Nach der Absetzung von Infantius seien sie am 7. Februar nach Heidelberg zurückgekehrt. Dort habe sie Johann Casimir um Audienz ersucht. Was sie mit ihm denselben und am folgenden Tag gehandelt hätten, gehe aus ihren ausführlichen Schreiben vom 8. und 10. Februar hervor. Am 8. Februar habe sie der kurfürstliche Befehl erreicht, gründlichere und ausführlichere Erkundigungen in der Speyerer Angelegenheit einzuholen, weil inzwischen auch das Kollegium des Reichskammergerichts den Kurfürsten deswegen ersucht hätte und etliche kaiserliche Kommissare auf dem Weg nach Speyer sein sollten. Deswegen hätten sie sich abermals nach Speyer begeben, dem Bischof und Kammerrichter das Schreiben des Kurfürsten präsentiert sowie in dessen Namen mündlich gebeten, ihnen vertraulich mitzuteilen, was er über die Sache wisse. Man habe dem Magistrat die Beschwerde des Kurfürsten vorgetragen und sich nach den kaiserlichen Kommissaren erkundigt. Dann hätten sie daselbst auf den weiteren Befehl des Kurfürsten gewartet. Am Dienstag, dem 19. Februar habe sie wiederum ein Schreiben des Kurfürsten erreicht. In demselben sei angeordnet worden, dass dieser durch die Heidelberger Prediger oder den Superintendenten von Simmern anstatt des Infantius einen anderen Prediger für die Pfarrei St. Ägidien in Speyer verordnen lassen wolle. Am 26. Februar sei dann auf das Ansuchen der Heidelberger Stadtprediger bei dem simmerischen Superintendenten der gelehrte Magister Amandus Beuerer bei ihnen in Speyer erschienen. Darauf hätten sie dem Speyerer Magistrat mitgeteilt, dass der Kurfürst die Pfarrei St. Ägidien mit einem anderen Pfarrer, der inzwischen eingetroffen sei, versehen wolle. Das sei in der Zuversicht geschehen, dass der Magistrat nicht nur dafür Sorge tragen werde, dass der neue Pfarrer unbehelligt bleiben möge, sondern dass auch seine Bürgerschaft denselben nicht vom Predigen abhalten werde. Der Rat habe durch seine Abgeordneten zur Antwort geben lassen, diese Dinge bedenken zu wollen. Unterdessen hätten sie die Neubesetzung der Pfarrei fortgeführt. Samstags, den 2. März hätte der Magistrat geantwortet: Weil ihm der neue Pfarrer nicht gebührend präsentiert worden wäre, derselbe auch dem Rat hinsichtlich seiner Konfession, seines Wesens und Lebens nicht bekannt und ihm
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bewusst sei, was aus des vorherigen Predigers Infantius irriger Lehre für Gefahren hervorgegangen seien, wolle man dagegen protestieren, falls dem Magistrat wieder einer aufgezwungen werden sollte, So inn Administration der hochwirdigen Sacramenten vnnd anderm seinem Lehren iren Predigern vnnd der Augspurgischen Confession nit gemeß, Sondern vielleicht abermals ein Caluinismus vnderschleichen wurde. Das dürfe der Kurfürst dem Rat nicht verdenken. Gleichwohl sei dem Magistrat der christliche Eifer Ludwigs bewusst und er habe nicht vor, dem Kurfürsten das Kollaturrecht an St. Ägidien streitig zu machen. Darauf hätten sie, Wirsberg und Gemmingen, wiederum verlauten lassen, dass sie nichts anderes wüssten, als dass der neue Pfarrer mit der Augsburger Konfession konform gehe. Denn würde der Kurfürst zum Unheil der Stadt Speyer einen Calvinisten haben wollen, hätte er Infantius infolge der Beschwerde des Rats nicht derart eilig und ernst absetzen lassen. Sie wollten den neu eingesetzten Pfarrer auch im Namen des Kurfürsten ausdrücklich dazu anhalten, sich der Augsburger Konfession und Ottheinrichs Kirchenordnung gleichförmig sowie auch in seinen Predigten und sonst ordentlich und friedlich zu verhalten, mit der Zuversicht, dass auch der Magistrat seine Prediger zu allem unärgerlichen und friedlichen Wesen anhalten werde. Weil sie sich auch wegen der Bestellung eines neuen Altars und des Läutens mit drei Glocken, das Infantius abgeschafft hätte, beim ihm, dem Kurfürsten, zuvor Bescheid einzuholen hätten, damit ihnen auch dabei kein Fehler unterlaufe, müssten sie es bei dem Tisch in der Kirche und dem Läuten mit einer Glocke bis auf weiteren Bescheid bewenden lassen. Freitags, den 27. Februar sei ihnen abermals ein Schreiben von Johann Casimir durch Theobald Wentz, Registrator und Lehenpropst in Heidelberg, zugegangen. Was der Pfalzgraf darin von ihnen begehre und sie, weil der neue Pfarrer bereits angekommen sei, geantwortet hätten, könne Ludwig aus dem erwähnten Schreiben vom 26. Februar ersehen. Samstags, den 28. Februar hätten sie den neuen Pfarrer in St. Ägidien die erste Predigt halten lassen. Diese sei vollkommen friedlich verlaufen. Über dreißig Personen hätten sie besucht. Von dem Memorial für den Pfarrer darüber, wie er sich zu verhalten habe, hatten sie eine Kopie beigelegt. Des Weiteren hätten sie mit dem kurfürstlichen Keller im Eußerthaler Hof in Speyer vereinbart, dem neuen Pfarrer samt seinem Jungen bis auf weiteres wöchentlich für zwei Gulden Kost zu reichen. Dem Schaffnereiamtsverwalter in Hördt hätten sie aufgetragen, dem Pfarrer auf Anfrage behilflich zu sein sowie den Pfarrhof mit dem zugehörigen Weingarten ebenfalls bis auf weiteren Befehl in Schuss zu halten. Kurz vor ihrer Abreise hätten ihnen Dr. Melchior Drechßel und Anthon von Oldhusen im Auftrag des Kammergerichtskollegiums gemeldet, dass das kurfürstliche Schreiben an das Kollegium im Kammergerichtsrat verlesen worden wäre, und weil es daraus entnehme, dass sie, Wirsberg und Gemmingen, über die in Speyer vorgefallenen Dinge weitere Erkundigungen einholen wollten, seien sie
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von dem Kammergerichtskollegium zu ihnen abgefertigt worden. Weil aber die Sache dermaßen beschaffen sei, dass das Kollegium keine wirkliche Kenntnis davon habe, sondern nur der Rat insgeheim davon wisse, es sich bei Selbigem auch nicht weiter erkundigt, sondern nur die kursierenden Gerüchte vernommen habe, sei der Kurfürst schriftlich ersucht worden. Das Kollegium bitte nun darum, dass der Kurfürst es ganz entschuldigt halten und es vor weiteren Erkundigungen durch seine Gesandten verschonen solle, mit der Zuversicht, dass er dem Kollegium wie seine Vorfahren geneigt sei und auch bleibe. Nach der Verrichtung all dieser Dinge seien sie wieder nach Heidelberg zurückgekehrt und dort angekommen, hätten sie sich bei Johann Casimir gemeldet, um zu erkunden, ob er noch etwas von ihnen begehre. Als sie nun vor ihn sowie den Großhofmeister und seine Räte in die Kanzlei bestellt worden seien, habe Johann Casimir ihnen vorgehalten, dass sie einen neuen Pfarrer eingesetzt hätten, obwohl er schriftlich um Aufschub gebeten hätte. Er hätte das gegenüber dem Kurfürsten wohl zu begründen gewusst. Außerdem habe er wissen wollen, was sie weiter über die Speyerer Angelegenheit hätten in Erfahrung bringen können. Darauf hätten sie erwidert, dass sie dazu nichts Neues berichten könnten. Die Pfarrei St. Ägidien hätten sie aber mit einem ernannten und bereits präsentierten Pfarrer neu besetzt, wie sie es ihm, Johann Casimir, auch am 27. Februar schriftlich mitgeteilt hätten. Darauf hätten sie von diesem ihren Abgang erbeten. Er habe es erlaubt und befohlen, dem Kurfürsten seinen ganz freundlichen und brüderlichen Dienst anzuzeigen und ihm zu melden, dass er dessen Ankunft mit Freuden erwarte. Damit endet der Bericht der beiden kurpfälzischen Beamten. Kaiser Rudolf II. zeigte sich Mitte März über die Beilegung des Speyerer Aufruhrs durch den Magistrat der Stadt Speyer zufrieden. In seinem am 13. März 1577 auf dem Prager Schloss verfassten und in Speyer am 30. März präsentierten Schreiben verlautbart Rudolf, dass er den Ratsbericht über die unter der Speyerer Bürgerschaft eine Zeitlang geschwebten mißuerstendt vernommen habe.156 Er freue sich über die Milderung des Problems durch die Absetzung des Sectischen Predigers und dass der Rat entsprechende Gegenmaßnahmen getroffen habe. Weil diesem nun die aufrührerischen Personen samt ihren Untaten bekannt seien und er sie deshalb künftig schärfer unter Beobachtung halten müsse, sei er überzeugt, dass der Rat dergleichen Neuerungen und aufrührerischen Versammlungen nicht genehmigen, sondern so gut wie möglich zwischen Rat und Bürgerschaft sowie anderen Personenkreisen, sowohl weltlichen als auch geistlichen Stands, Frieden und Ruhe erhalten werde.
156 StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 129r–130v (Druck: EA, Nr. 84).
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Am 15. März 1577 ließ Kurfürst Ludwig in Amberg ein Konzept für einen Brief an Johann Casimir anfertigen, der nicht abgeschickt wurde.157 Ludwig wollte seinem Bruder darin mitteilen, dass er dessen die jüngsten Speyerer Ereignisse und den beurlaubten Prädikanten von St. Ägidien in der Vorstadt daselbst, Georg Infantius, betreffendes Schreiben (vom 11. Februar) samt dem beiliegenden Zettel und anderen Beilagen am 16. Februar erhalten habe. Ludwig bekundet Johann Casimir seine Wohlgesinntheit, gibt ihm zugleich aber zu verstehen, dass er in der Sache nicht mit ihm übereinstimme. Soviel aber den Hauptaspekt berühre, wisse er sich aber an sein an Johann Casimir am 4. März verfasstes Schreiben wohl zu erinnern. In demselben werde unter anderem erwähnt, dass ihm, Ludwig, zugetragen worden sei, dass Johann Casimir von den Speyerern verdächtigt werde, ihre Stadt einnehmen zu wollen, dessen sich E. l. zur notturft entschuttet und dass er das darum mit etwas Entsetzen und Befremden vernommen habe, weil ihm der Pfalzgraf noch nicht das Geringste davon berichtet habe. Deswegen könne Johann Casimir jedoch nicht darauf schließen, dass sein kurfürstlicher Bruder selbst ihn des geplanten Landfriedensbruchs und der Anstiftung zum Aufruhr verdächtige. Das werde ihm niemals in den Sinn kommen. Er sei sich vielmehr dessen gewiss, dass andere hinter der ganzen Sache steckten. Weil die Kunde von der Angelegenheit laut Johann Casimir dann auch schon den Kaiser und andere Reichsstände erreicht hätte, worauf eine spezielle Kommission zu deren Inquisition eingesetzt worden sein sollte, müsse Johann Casimir verstehen, dass er dem Reichskammergericht oder der Stadt Speyer keine Anordnungen erteilen und noch viel weniger verwehren könne, die Angelegenheit dem Kaiser vorzubringen. Er, Ludwig, glaube aber nicht, dass Johann Casimir vom Kaiser oder anderen Reichsständen ohne vorherige Anhörung bezichtigt werde, so unbedächtig zu sein, die Stadt Speyer einnehmen zu wollen und dadurch den Kaiser sowie das ganze Reich gegen sich aufzubringen und sich in Gefahr zu begeben. Auch in der Speyerer Ratsinstruktion noch sonst werde Johann Casimir dessen nicht beschuldigt. Allein Infantius und seine Zuhörer würden angeklagt. Zudem wisse Johann Casimir, dass die ganze Sache auf einem Gerücht beruhe. Deswegen solle er sich darum keine weiteren Gedanken machen. Sollte der Kaiser oder jemand anders aber wider Erwarten doch einen Vorwurf gegen Johann Casimir erheben, könne dieser ohne weiteres seine Unschuld beweisen. Der Unterstützung des Kurfürsten könne er gewiss sein. Was des Infantius Person, Lehre, Leben und Wandel angehe, wolle er nicht weiter mit Johann Casimir diskutieren, sondern all das auf sich beruhen lassen. Des Weiteren könne er nicht erkennen, dass es ihm, Ludwig, zustünde, dem Speyerer Magistrat vorzuschreiben, was er seiner Bürger, der Bewachung der Stadt
157 StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 131r–134v (Druck: EA, Nr. 85).
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und anderer Sachverhalte wegen tun solle. Johann Casimirs Bitte, Infantius wieder einzusetzen und mit der Bestellung eines anderen Pfarrers innezuhalten, könne er aus mehreren Gründen, besonders auch deshalb, weil Johann Casimir selbst wegen Infantius unschuldigerweise in Verdacht geraten sei, nicht stattgeben. Er solle sich keine Sorgen um seine und ihres Vaters Reputation machen, denn ihr fürstlicher und wohlhergebrachter Ehrenstand sei dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation und vielen anderen zur Genüge bekannt. Mit göttlicher Gnade werde das auch so bleiben. Und weil Johann Casimir in seinem Schreiben und dem beigelegten Zettel selbst andeute, dass ihm als Kurfürsten das Patronatsrecht und damit die Pfarrbestellung zu St. Ägidien zustehe, so sei es nur rechtens, dass er, Ludwig, zur Beförderung der Ehre Gottes und des rechten unverfälschten Gebrauchs der heiligen Sakramente sowie zur Kontinuierung und Erhaltung der Gerechtigkeit die Pfarrei wieder mit einem Christlich‹en› fridlibennden, Vnnd vnnserer Christlich‹en› vnnd in gottes wortt gegrunten Religion verwanten Kirch‹en›diener besetze. Er hoffe, Johann Casimir werde sich damit zufrieden geben und sich ihm nicht widersetzen. Sein Entschluss sei gefasst. Johann Casimir werde gewiss zur Genüge bemerkt haben, dass er die Christliche Bruderliche Concordi und fridlibigkeit unbedingt mit ihm erhalten wolle. Auf Johann Casimirs Bitte hin, ihn besser darüber zu unterrichten, wie die Nachricht über die Speyerer Angelegenheit zu ihm, Ludwig, gelangt sei und wer sie mitgeteilt habe, habe er nicht mehr berichten können als was in seinem Brief an ihn, Johann Casimir, zu lesen sei. Außerdem gehe aus seinem, Johann Casimirs, Schreiben und dem beigelegten Zettel hervor, dass er selbst bessere Kenntnis über den Ursprung des Handels habe. Ludwig wollte seinem Bruder also nicht beipflichten. Er riet ihm vielmehr, die Sache nicht weiter zu verfolgen, weil ihm selbst dann auch keine Gefahr drohe. Schließlich hielt Ludwig es aber wohl für klüger, diesen Brief nicht abzuschicken, sondern nur eine Kurznachricht vom Folgetag an seinen Bruder ausgehen zu lassen. Am 16. März 1577 äußerte sich der Kurfürst noch ein letztes Mal schriftlich bei Johann Casimir zu dem Speyerer Fall. Er habe ihn kürzlich vertröstet, sich nach der Rückkehr der nach Speyer abgeordneten Dienstleute Soldan von Wirsberg und Bernolff von Gemmingen zu den jüngsten Geschehnissen in Speyer weiter zu erklären. Weil die beiden Gesandten allerdings erst vor zwei Tagen in Amberg angekommen seien und er aufgrund der anstehenden Geschäfte daselbst und seiner Abreise von dort so viel zu tun habe, habe er deren Bericht noch nicht vernehmen können. Deshalb bat er Johann Casimir, sich noch bis zu seiner Rückkehr nach Heidelberg zu gedulden.158 Mit diesem Brief endet die Reihe der überlieferten Briefkorrespondenzen zu dem Streitfall um St. Ägidien.
158 StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 135r (Druck: EA, Nr. 86).
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Fazit
Will man ein abschließendes Fazit ziehen, muss man zunächst konstatieren, dass die hier dargestellte Gemengelage nicht die tatsächliche Ursache der Speyerer Unruhen erkennen lässt, ja nicht einmal, ob es diese überhaupt gab. Es kann aber kaum dem Zufall geschuldet sein, dass der Magistrat unmittelbar nach dem Regierungsantritt Ludwigs VI. die Absetzung von Georg Infantius forderte. Die konfessionelle Gesinnung des Kurfürsten war eine grundlegende Voraussetzung zur erfolgreichen Verwirklichung des Vorhabens. Es ist gut möglich, dass der Magistrat den Vorwand angeblicher Unruhen aufgrund eines Solidaritätsverhaltens mit dem seine Gemeinde zu einem Bund mobilisierenden Pfarrer Infantius benutzte, um der Angelegenheit mehr Brisanz zu verleihen und dadurch endlich das durchzusetzen und zu beschleunigen, was man schon während der Regierungszeit Friedrichs III. liebend gerne erreicht gehabt hätte: die Absetzung des unerwünschten Pfarrers Infantius sowie die Verdrängung des offenkundig ungeliebten Calvinismus aus der Stadt. Gefahrenpotential wird Infantius ausschließlich vom Speyerer Rat angelastet. Alle anderen zu der Streitsache verhörten Personen können das so nicht bestätigen. Vielmehr wird hinter den Anklagen des Magistrats die Ablenkung von dessen Problemen mit seiner Bürgerschaft und selbstverschuldeten Mängeln vermutet. Der Speyerer Bischof warf ja dem Magistrat zum Beispiel vor, dass dieser keine rechte Ordnung gehalten, eine illegitime Polizeiordnung gepflegt, die Bürgerschaft mit allerhand neuen und außergewöhnlichen Steuern und Auflagen belastet und der eigene Stadtprädikant Bernhard Bernhart selbst gegen die Calvinisten gehetzt habe. Melchior von Feilitzsch hielt die kursierenden Gerüchte über den angeblich geplanten Aufstand ebenfalls für haltlos. Nicht einmal regelmäßige Kirchgänger der Ägidiengemeinde hätten sie bestätigen können. Seine Einschätzung geht dahin, dass sie fingiert worden seien, um die Stadt und andere in Unruhe zu versetzen und aufeinanderzuhetzen. Von Feilitzsch berichtete Johann Casimir, dass Infantius abgesetzt werden solle, damit die Zunahme der Probleme verhindert werde, die durch den zwispalt der Religion bei irer Burgerschafft entstehen könne. Die Vorhersage einer großen Finsternis in Schönfeldts „Prognosticon“ für das Jahr 1577, die in den Städten und Ländern Unruhen sowie viele Änderungen in weltlichen Regimenten zur Folge haben sollte, mag die Besorgnis des Magistrats noch gesteigert haben, zumal an den Speyerer Bürgeraufstand gegen den Rat von 1512 erinnert wird, bei dem auch ein unter der Bürgerschaft kursierendes Gerücht der Auslöser gewesen sein soll. Auch wenn das in den erhaltenen Dokumenten des Magistrats selbst nicht explizit zur Sprache kommt, kann diese Prognose ihn aber durchaus in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt und bei seiner Entscheidungsfindung beeinflusst haben.
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Ganz unbegründet scheinen die Bedenken und Reaktionen des Magistrats allerdings nicht gewesen zu sein. Bereits im Juli 1575 hatte der päpstliche Nuntius Graf Bartholomäus von Portia nach Rom berichtet, dass der Pfalzgraf in einer Speyerer Klosterkirche einen calvinischen Prädikanten installiert habe. Ende März 1576 kommentierte Portia bei einem kurzen Besuch in Speyer die Situation dergestalt, dass die Bürger in Unruhe geraten seien, seit sie, durch Schmeicheleien des Kurfürsten verführt, einem calvinischen Prädikanten Aufnahme gewährt hätten. Dieser säe fortwährend Zwietracht und hätte auch eine stattliche Anzahl Zuhörer. Niemand wage es, ihn aus der Stadt zu vertreiben, weil der Kurfürst mit dem Entzug vieler essentieller Dinge bestrafen könnte.159 Diese Aussage steht der seines geistlichen Speyerer Bruders Marquard von Hattstein diametral entgegen. Wer von beiden sagte nun die Wahrheit? Marquards Aussage dürfte jedenfalls durch das geradezu traditionell angespannte Verhältnis zwischen Bischof und Stadtrat beeinflusst gewesen sein. Beurteilt man das Handeln von Georg Infantius quellenbasiert, so lässt sich ihm zunächst nur anlasten, dass er offensichtlich nichts anderes getan hat als sein Heidelberger Kollege Caspar Olevian, der seine Gemeinde schon am Beisetzungstag Friedrichs III. in der Heiliggeistkirche vor der bevorstehenden Religionsänderung gewarnt und zur Treue zur reformierten Lehre ermahnt hatte.160 Johann Casimir wollte seinen kurfürstlichen Bruder von der Integrität und der Regelkonformität von Infantius überzeugen. Der Pfalzgraf führte als Beweis das verbindende Grundelement der Predigt des Pfarrers gemäß der Confessio Augustana an. Dabei ließ er jedoch offen, welche Fassung er meinte. Vermutlich hatte er die auch für die Calvinisten akzeptable „variata“ von 1540 im Sinn. Ließ Johann Casimir das absichtlich im Unklaren? War die Nennung der Augsburger Konfession ohne Attribut vielleicht rein suggestive Taktik des Pfalzgrafen? Schon sein Vater, Kurfürst Friedrich III., hatte einen ähnlichen Schachzug ausgeführt, als er argumentierte, sein Heidelberger Katechismus stehe auf der Confessio Augustana, wodurch er formal nicht aus dem reichsrechtlichen Rahmen des Augsburger Religionsfriedens fiel. Denn bis zur Erstellung der Konkordienformel im Mai 1577 blieb die Bedeutung der Augsburger Konfessionsverwandtschaft im Sinn des Religionsfriedens ungeklärt.161 Wie dem schlussendlich auch sei, Ludwig ließ sich nicht von seinem Kurs abbringen und Georg Infantius seines Amts entheben, wenngleich er die Gründe des Speyerer Magistrats im Lauf der Zeit für mehr als zweifelhaft hielt, da sich weder konkrete Hinweise noch Belege für die gegen den Pfarrer erhobenen Vorwürfe ausfindig machen ließen.
159 Stamer, Kirchengeschichte, 48; Kuby, Geschichte, 41. 160 Vgl. EKO 14, 61. 161 Vgl. dazu Hoffmann, Konfessionalisierung, 96.
Die Institutionalisierung der Reformation und die Konfessionsbildung
Auf der anderen Seite soll es auch spöttische Predigten und verbale Attacken der Speyerer Prädikanten gegen die Calvinisten gegeben haben, wobei der mehrfach genannte Bernhard Bernhart besonders negativ aufgefallen sein soll, der ja schon vorher und auch nachher offensichtlich als streitbarer Intrigant in Erscheinung tritt. Soldan von Wirsberg und Bernolff von Gemmingen hatten den Stadtpredigern deshalb aufgetragen, ihre spöttischen Reden und Hetzereien zu unterlassen, was sie sofort versprochen haben sollen. Alles in allem dürfte die Wahrheit wohl irgendwo in der Mitte liegen, das heißt, die Stadtprädikanten und Infantius haben sich wohl gegenseitig hochgeschaukelt. Vermutlich werden alle Prädikanten streitbar gewesen sein und eine gewisse Mitschuld an den Konflikten getragen haben. Allerdings waren die Städtischen in der Überzahl und unmittelbar der Stadtobrigkeit unterstellt. Unter den neuen politischen Verhältnissen nach dem Tod Kurfürst Friedrichs war damit eigentlich klar, wer den Kürzeren ziehen und vom Rat protegiert werden würde. Auch wenn der Magistrat dem Kaiser gegenüber schließlich bekannte, dass man nach allen in der Sache unternommenen Anstrengungen und Inquisitionen weder eine belegbare Ursache noch einen „Urtäter“ der Unruhen hätte ausfindig machen können, hatte Infantius unwiderruflich gehen müssen. Denn dieser war derjenige, der aufgrund seines abweichenden Bekenntnisses nicht mit den anderen Predigern konform ging. Aber gerade die religiöse Gleichförmigkeit galt politisch als wichtige Bedingung für Ruhe und Ordnung und theologisch als Basis für die Gunst Gottes im Blick auf das Wohl der Stadt und ihrer Gemeinde. Die Friedenswahrung in der Stadt war für den Magistrat stets von grundlegender Bedeutung und damit ganz gewiss auch das zentrale Motiv bei dessen Bemühungen um die Absetzung von Georg Infantius. 3.1.10.3 Zank, Neid und Hass unter den städtischen Prädikanten im Jahr 1577
Nachdem es bereits zwischen dem von 1572 bis 1577 an der Ägidienkirche von Kurfürst Friedrich III. angestellten reformierten Pfarrer Georg Infantius und den wittenbergisch ausgerichteten Stadtprädikanten Bernhard Bernhart und Georg Schöner heftige interkonfessionelle und ganz gewiss die eigenen Bekenntnisprofile schärfende Auseinandersetzungen gegeben hatte, kam es unmittelbar nach der Vertreibung des Calvinisten im Februar 1577 auf Initiative des Magistrats aus Speyer zu erbitterten Streitigkeiten unter den städtischen Prädikanten, vor allem zwischen Bernhard Bernhart und Michael Pistor, dem Prediger der Augustinerkirche. Als dem Rat diese Misshelligkeiten zugetragen worden waren, wandte er sich in einem Schreiben vom 18. März 1577 an seine Prädikanten.162 Er habe in
162 StadtA Speyer 1 A 451/1, fol. 62r–65r (Druck: EA, Nr. 87). Konzept: StadtA Speyer 1 A 451/1, fol. 58r–61v.
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Erfahrung gebracht, so lautet es darin, wie unter ihnen ein außergewöhnlicher Widerwille, Uneinigkeit und Verbitterung entstanden sei, und zwar dergestalt, dass der Neid und der Hass nicht nur in Privatgesprächen, sondern auch in ihren öffentlichen Predigten zu vernehmen wären. Weil das nicht nur mit ihrem Beruf, ihrer Lehre und ihren Predigten ganz und gar unvereinbar sei, sondern auch zur Verachtung des Gottesworts gereiche, ihren Zuhörern und Pfarrkindern ein ärgerliches und abscheuliches Exempel sei und diesen zu dergleichen Lastern und unbußfertigem Leben großen Anreiz schaffe, habe der Rat als ihr ordentlicher Magistrat und Obrigkeitsträger und des ihnen von Gott anempfohlenen Amts wegen dem ungebührlichen Treiben nicht länger zusehen wollen, sondern zur Verhinderung weiteren Spotts und Übels beschlossen, sie vor sich zuerfordern, um das inakzeptable Geschehen zu unterbinden. Nicht lange zuvor habe der Rat mit göttlicher Hilfe und großer Mühe den Ingerissenen Irthumb kaum aus der Statt hinweg geschafft, womit der Magistrat auf die Vertreibung des calvinischen Pfarrers Infantius anspielt. Jetzt seien aber sie, die vom Rat angestellten Prediger, selbst diejenigen, die nicht nur dem gemeinen Mann ein Abscheulich böß ergerlich Exempel darböten, sondern auch ihren Pfarrkindern sowie den Widersachern des Rats zur Verachtung des Gottesworts Zank und Hader in der Kirche anrichteten und zur Zerrüttung guten bürgerlichen Wesens sowie zu anderen daraus folgenden sträflichen Lastern, Untugenden und Unheil Anlass geben würden. All das wolle der Rat nicht länger dulden. Deshalb sollten die Prediger ihren gegeneinander gefassten Neid und Hass fallen lassen und sich in ihrer Vokation und ihrem Predigtamt friedlich und einmütig zeigen. Sie sollten ihren Zuhörern und Pfarrkindern ein Christlich gottseelig vnnd vnstrefflich Exempel abgeben, sich auf der Kanzel alles hitzigenn schmehelichen Anziehens vnnd heimlicher Neidischer Stichreden enthalten und sich künftig untadelig verhalten, damit jedem das christliche und wohlmeinende Gemüt sowie die brüderliche Liebe und Eintracht, wie es frommen und gottesfürchtigen Kirchendienern gebühre, offenbar werde und die Predigt des Gottesworts bei allen Zuhörern umso fruchtbarer sein solle und ihnen zu Trost, Nutzen und Wohlfahrt ihrer Seele gereiche. Denn wo sie das nicht befolgten und des Rats trewhertzige wollmeinende hertzliche veterliche verwarnung nicht annehmen, sondern weiter Streit, Neid und Hass erwecken würden, sodass es zu Klagen käme, werde der Rat nicht zögern und entsprechende Maßnahmen ergreifen. Wie diese konkret aussehen sollten und was die Streitigkeiten unter den Prädikanten überhaupt ausgelöst hatte bzw. worum es dabei ging, wird in der Quelle nicht ausgeführt. Möglicherweise war das grundlegende Problem, dass Speyer keine auf die spezifischen lokalen Verhältnisse zugeschnittene eigene evangelische Kirchenordnung besaß, die in allen Belangen des Kirchenwesens Klarheit garantierte. Die bald auf die Konfliktsituation folgende Aufforderung des Magistrats an seine Prädikanten, eine eigene Kirchenordnung zu verfassen, spricht jedenfalls dafür. Dazu mehr im Folgenden.
Die Institutionalisierung der Reformation und die Konfessionsbildung
3.1.11 Die Supplik der Speyerer Prädikanten an den Magistrat um Übernahme der Kurpfälzischen Kirchenordnung Ludwigs VI. als allgemein rechte Form vom Januar 1579 Am 14. Januar 1579 supplizierten die Speyerer Prädikanten Bernhard Bernhart163 (1573 bis 1584 an der Dominikanerkirche), Michael Pistor164 (1575 bis Ende 1579 an der Augustinerkirche) und Wirich Wieland165 (1577 bis 1584 an der St. Georgskirche, 1584/1585 an der Augustinerkirche) an den Magistrat um Übernahme der Kurpfälzischen Kirchenordnung Ludwigs VI. als allgemein rechte Form.166 In der Supplik wird zunächst konstatiert, dass man in Speyer bislang keine bestimmte (gewisse) Form einer (eigenen) Kirchenordnung gehabt habe und deshalb viel vnrichtigkeit (Mängel, Unordnung, Ungleichheiten und Verwirrung) entstanden sei, was die Prädikanten auch von den Kanzeln herab beklagt hätten. Offenkundig hatte das normative Defizit einen Mangel an Gewissheit und Eindeutigkeit bedingt und dadurch einen Interpretationsspielraum eröffnet. Der Rat habe die Prädikanten aber vor einiger Zeit beauftragt, so die Supplik weiter, der Christlichen gemeinde alhie eine form einer Christlichen ordnung – und damit einer eigenen, auf die lokalen Verhältnisse zugeschnittenen und eindeutigen Form der Kirchenordnung – zu entwerfen und zur Durchsicht vorzulegen. Das sei aber aus folgenden Gründen noch nicht geschehen: Erstens seien sie nur wenige Prädikanten, und würden sie eine eigene neue Ordnung schaffen, würde das gewiss von vielen getadelt und so verstanden werden, dass sie, obwohl schon zahlreiche gute Kirchenordnungen gedruckt vorlägen, unbedingt noch etwas Besseres machen wollten und die bislang gültigen Zeremonien bei den Predigten und die übliche Spendung der Sakramente verwerfen würden. Schließlich würden die Prädikanten sich der 1577 erlassenen kurpfälzischen Kirchenordnung Kurfürst Ludwigs VI. konformieren wollen, wie man das auch schon mit der des vor zwanzig Jahren verstorbenen Kurfürsten Ottheinrich von 1556 größtenteils getan habe, wodurch man nicht nur mit der Kurpfalz, sondern auch mit anderen benachbarten Territorien und Städten (zum Beispiel Straßburg) zur Wahrung von Frieden und Einigkeit konform gehe.
163 Zu Bernhard Bernhart vgl. Spatz, Das evangelische Speyer, 75; Biundo, Pfälzisches Pfarrer- und Schulmeisterbuch, 595. 164 Zu Michael Pistor vgl. Spatz, Das evangelische Speyer, 78; Biundo, Pfälzisches Pfarrer- und Schulmeisterbuch, 593. 165 Zu Wirich Wieland vgl. Spatz, Das evangelische Speyer, 78; Biundo, Pfälzisches Pfarrer- und Schulmeisterbuch, 593, 596. 166 StadtA Speyer 1 A 451/1, fol. 66r–67r (Druck: EA, Nr. 88); vgl. Jung, Zur Geschichte des evangelischen Gottesdienstes, 112f.
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Die Ordnung Ludwigs ist eine Neuauflage respektive ein fast unveränderter Nachdruck derjenigen Ottheinrichs, die mit ihrer Vorlage, der Württembergischen Kirchenordnung von 1553, weitgehend übereinstimmt.167 Das evangelische Speyerer Kirchenwesen scheint demnach seit 1557 gemäß der Württembergischen und ab 1577 nach der dieser im Großen und Ganzen gleichförmigen Kurpfälzischen Kirchenordnung Ludwigs VI. gestaltet worden zu sein. Der zum Luthertum tendierende Kurfürst Ludwig hatte sich bewusst in die Tradition Ottheinrichs gestellt und die lutherische Lehre nach der Hinwendung seines Vaters, Friedrichs III. (reg. 1559–1576), zur vermittlungstheologisch abgemilderten reformierten Theologie in der Kurpfalz wieder behutsam eingeführt.168 Weil Ludwigs Kirchenordnung nicht nur mit der Württembergischen, der Badischen und der Wormser Kirchenordnung sowie anderen Kirchenordnungen im nachbarschaftlichen Umfeld übereinstimme, sondern auch die darin enthaltene Lehre und die Zeremonien den prophetischen und apostolischen Schriften, der Augsburger Konfession von 1530 sowie der Rechten einigen waren Catholischen Kirchen169 vbungen gleichförmig seien und sie, die Prädikanten, dieser Ordnung gemäß die Zeremonien bislang größtenteils praktizierten, erachteten sie dieselbe zur Erbauung ihrer Kirche als nützlich und heilsam. Sie hielten derzeit an dieser Ordnung auch nichts für verbesserungswürdig. Deshalb baten die Prädikanten den Magistrat, diese Kirchenordnung gottesfürchtig zu lesen und abzuwägen, und insofern er nichts zu beanstanden und keine erheblichen Bedenken hätte und ihm die Ordnung ebenso zusage, sie als eine allgemein rechte (gemeine Richtige) Form übernehmen zu dürfen. Das würde nicht nur der hiesigen christlichen Gemeinde zur Förderung, sondern auch dem Magistrat zu Lob, Ruhm und auch in politischen Angelegenheiten zum Erfolg gereichen. Die Empfehlung dieser Kirchenordnung mit ihrer expliziten theologischen Festlegung auf die credenda Confessio Augustana invariata und deren Apologie von 1530, Luthers Schmalkaldische Artikel und dessen Kleinen Katechismus170 spricht klar für eine ebenfalls lutherische Tendenz der Prädikanten sowie des Speyerer Rats und der konfessionell von dessen Entscheidung abhängigen Bürgerschaft. Im Unterschied zu Ludwig VI., der am 31. Juli 1579 das die lutherische Konfessionsbildung abschließende Konkordienwerk nach seiner zunächst zögerlichen Haltung signierte
167 Druck der Ordnung Ottheinrichs in EKO 14, 113–220; Druck der Württembergischen Kirchenordnung von 1553 in EKO 16, 223–276. 168 Vgl. dazu Schaab, Geschichte der Kurpfalz, 51f. 169 Catholischen Kirchen ist hier nicht konfessionell, also als römisch-katholisch, sondern im vortridentinischen Sinn der wahren, allgemeinen Kirche zu verstehen. 170 EKO 14, 63, 115.
Die Institutionalisierung der Reformation und die Konfessionsbildung
und sich damit offiziell zum lutherischen Protestantismus bekannte, verweigerte der Speyerer Magistrat aufgrund diverser Bedenken die Unterzeichnung.171 Die Passage in der Supplik der Prädikanten dieweil dann hochgedachtes Churfürsten Reformation, so inn truckh außgangen, vnnd inn derselbigen landen, vnd gebieten durch gottes segen angerichtet, ist im Übrigen ein sehr eindrücklicher Beleg dafür, dass bereits die Zeitgenossen die Kirchenordnung als das grundlegende Dokument für die offizielle Einführung der Reformation qualifizierten. In der Kirchenordnung fand die Reformation ihre allgemeingültige und Konformität generierende Fixierung. Schon in dem Gutachten der Speyerer Prädikanten von 1569 wird in dem Abschnitt Von der ordnung explizit die enorme Relevanz der Gleichförmigkeit herausgestellt, ohne die es zu Unstimmigkeiten und Missverständnissen komme. Wörtlich lautet es dazu: Dan wa kain ordnung. da ist kain gleichformigkaitt, darauß dan große ergernuß. baide. von den lerern vnd zuherern, erfolgt.172 Diese Ordnung sei zwar nicht so verbindlich wie die Schriften der Propheten und Apostel, über denen sie auch keineswegs stehen solle, weil jene allein die Grundfesten des Christentums seien, auf denen die Kirche Christi stehe. Da aber die christliche Gemeinde auf der Basis dieser Schriften regiert und erhalten werden müsse, solle daraus ein Extrakt gezogen werden, der gleichsam als Kompendium diene. Auf Einheitlichkeit im Kirchenwesen wurde aber nicht nur innerhalb einer Stadt oder eines Territoriums Wert gelegt, sondern zur Vermeidung von Konflikten mit den Nachbarn auch grenzübergreifend; dies allerdings immer differenziert und dem eigenen Pragmatismus folgend. Exemplarisch sei hier auf einen Briefwechsel zwischen dem protestantischen Herzog Wolfgang von Pfalz-Zweibrücken und Neuburg (reg. 1544–1569) und dem Speyerer Magistrat hingewiesen. Nach dem Augsburger Religionsfrieden hatte Wolfgang 1557 mit Unterstützung von Philipp Melanchthon und Johannes Brenz in Zweibrücken eine der großen und maßgeblichen Kirchenordnungen Deutschlands erlassen, die in anderen deutschen Fürstentümern übernommen wurde.173 Sie enthielt auch das erste evangelische Gesangbuch, das im südwestdeutschen Raum von offizieller Seite herausgegeben wurde. Als Vorbilder dienten hauptsächlich die Mecklenburgische Kirchenordnung von 1552 und 1554 sowie die Württembergische Kirchenordnung von 1553. Bald nach der Veröffentlichung berichtete Wolfgang in einem Brief vom 3. Februar 1558 dem Speyerer Magistrat: Weil er in den Kirchen seines Fürstentums zahlreiche Mängel, Unordnung und Ungleichheiten festgestellt hätte, habe er zur Abwendung und Besserung derselben mit Hilfe gelehrter Theologen ein gewiße Kirchenordnung zur Organisation des Kirchenwesens in seinem Herrschaftsterritorium verfassen
171 Vgl. dazu Dingel, Eine Etappe Kurpfälzer Konfessionsgeschichte. 172 StadtA Speyer 1 A 450/8, fol. 4r (Druck: EA, Nr. 33). 173 Zu Herzog Wolfgangs Kirchenordnung vgl. EKO 18, 27–32, 71–259 (Druck der Ordnung).
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und drucken lassen.174 Das sei in der Hoffnung geschehen, diese Ordnung würde als der prophetischen, evangelischen und apostolischen Lehre gemäß betrachtet werden. Weil aber der laidig Sathan nit feirett, sondern etliche, denen die Wahrheit des heiligen Evangeliums nicht angenehm sei, dazu bewegen würde, die Kirchenordnung zu tadeln und anders über sie zu reden als es ihrem Inhalt entspreche, wolle er dem zuvorkommen. Damit den Lästerern nicht leichthin geglaubt, sondern die Ordnung vorher gelesen, gehört, bekannt und objektiv beurteilt werde, habe er es nicht unterlassen mögen, gerade weil er auf gute Nachbarschaft bedacht sei, sie dem Rat zur Inaugenschein- und Kenntnisnahme zukommen zu lassen. Wolfgang erklärte seine Bereitschaft, dass wo seine Ordnung der Lehre der Propheten und Apostel ungemäß und zuwider sei, jederzeit gern die angezeigten Mängel zu beheben. An dem erlassenen Mandat gegen die Irrthumb der widertauffer könne der Rat zudem vernehmen, wie künftig gegen diese irrige Sekte und ihre Anhänger vorgegangen werden solle. Man wolle sich deshalb bei den Nachbarn vergewissern, dass keine diser schedtlichenn Irrthumb auch der anhangenden vffrur halbenn des Fürstentums verwiesenen Personen von der Stadt Speyer aufgenommen werde, um es ihnen zu verunmöglichen, ihr Gift bei den armen Leuten auszugießen. Aus Erfahrung wisse man nämlich, dass wo man dagegen nicht rechtzeitig gebührende Maßnahmen ergreife, mit der Zeit nichts anderes als ein Munsterische hanndlung oder ettwas dergleichenn zu erwarten sei, was der allmächtige Gott verhüten möge. Drei Wochen später folgte die Antwort des Magistrats. Am 21. Februar wurde der Herzog darüber in Kenntnis gesetzt, dass die Kirchenordnung gelesen und daraus sein Christlich vnd guthertzigk gemut vernommen worden sei.175 Zunächst erfolgt der Dank für die Zustellung derselben. Das herzogliche Begehren, des Fürstentums verwiesene Täufer nicht aufzunehmen, hielt der Rat für christlich und billig und zur Verhinderung von allerhand Problemen auch für überaus notwendig. Deswegen wollte man wie auch bislang, vor allem dem Ansinnen Wolfgangs gemäß, den Täufern resolut entgegentreten, um niemandem Anlass zur Beschwerde zu geben. Zum damaligen Zeitpunkt (1558) hatte sich der Stadtrat aber im Unterschied zu Wolfgang noch nicht entschließen können, sich definitiv auf die Confessio Augustana festzulegen.
174 StadtA Speyer 1 A 451/1, fol. 33r–34r (Druck: EA, Nr. 30). 175 StadtA Speyer 1 A 451/1, fol. 32r–32v (Druck: EA, Nr. 31).
Nonkonkordistisches Luthertum in Speyer
3.2
Ablehnung des Konkordienwerks bei gleichzeitigem Bekenntnis zur unveränderten Augsburger Konfession: Nonkonkordistisches Luthertum in Speyer
3.2.1
Die Ablehnung der Konkordienformel durch den Speyerer Magistrat im Dezember 1579
Die Konkordienformel (Formula Concordiae) bildet den Abschluss langwieriger Bemühungen um Konsens in Glauben und Lehre unter den Anhängern der Confessio Augustana.176 Nachdem der von den evangelischen Ständen geschlossene Schmalkaldische Bund im Jahr 1547 von dem altgläubigen Kaiser Karl V. besiegt worden war, setzte dieser eine Theologenkommission ein, die schon 1548 das sogenannte Augsburger Interim erarbeitet hat. Dieses kaiserliche Religionsgesetz wurde in allen evangelischen Territorien eingeführt und sollte bis auf Priesterehe und Laienkelch alle reformatorischen Neuerungen wieder rückgängig machen. Als eine sich um den sächsischen Kurfürsten Moritz von Sachsen formierende protestantische Fürstenopposition im Jahr 1552 die kaiserlichen Truppen in die Flucht geschlagen hatte, war der Weg für Friedensverhandlungen geebnet. Der am 2. August 1552 unterzeichnete Passauer Vertrag gewährte bis zum nächsten Reichstag einen vorläufigen Religionsfrieden, der drei Jahre später im Augsburger Religionsfrieden dauerhaft beschlossen worden ist. Neben den altgläubigen Ständen garantierte er den bislang der Häresie bezichtigten Anhängern der Augsburger Konfession reichsrechtliche Duldung und verzichtete damit auf die Beantwortung der religiösen Wahrheitsfrage. Weil aber aufgrund der Existenz inhaltlich variierender Fassungen der Confessio Augustana (1530, 1533, 1540, 1542) auch nach dem Schluss des Augsburger Religionsfriedens weiterhin offen blieb, was „Augsburger Konfessionsverwandtschaft“ genau bedeuten und wer rechtmäßig dazu gehören sollte, kam es zu heftigen innerprotestantischen Streitigkeiten um das rechte Verständnis des Bekenntnisses. Im Zuge der Kontroversen bildeten sich zwei diametral gegenüberstehende Lager: Auf der einen Seite standen die streng an Luthers Lehre festhaltenden Gnesiolutheraner und auf der anderen Seite die Melanchthon anhängenden moderateren Philippisten. Da die von den Lutherischen initiierten Konkordienbemühungen nicht mehr auf der Grundlage der Confessio Augustana zu realisieren waren, musste ein anderer Lösungsversuch angestrebt werden, der schließlich in der Konkordienformel von 1577 und dem Konkordienbuch von 1580 mündete. Mit der Konkordienformel sollte aber keineswegs ein neues Bekenntnis,
176 Vgl. dazu Dingel, Evangelische Lehr- und Bekenntnisbildung; Edition und Kommentar der Konkordienformel in Die Konkordienformel.
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sondern eine präzisierende Wiederholung der ersten Fassung der Confessio Augustana erstellt werden. Dabei wurde die Augsburger Konfessionsverwandtschaft auf die Confessio Augustana invariata festgelegt. Motor der Einigungsbemühungen war der Tübinger Propst und Universitätskanzler Jakob Andreae. Er hatte das Projekt bereits 1568 mit seinen „Fünf Artikeln“ initiiert. Schon in diesem Dokument werden fast alle ungeklärten Fragen der nachinterimistischen Kontroversen umfassend behandelt: Rechtfertigung, Gute Werke, Erbsünde und Freier Wille, Adiaphora, Abendmahl und Christologie. Seine 1573 verfassten ‚Sechs Predigten von den Spaltungen‘ ergänzte er lediglich mit der Frage nach Gesetz und Evangelium. Weil sie aber als Grundlage des Einigungswerks abgelehnt wurden, modifizierte Andreae sie 1574 und erhielt dafür sowohl die Zustimmung der Tübinger und Stuttgarter Theologen als auch der badischen und hennebergischen Kirchenräte. Das Konkordienkonzept wurde nach Braunschweig gesandt und dort erneut überarbeitet. Diese Schwäbisch-Sächsische Konkordie von 1575 wiederum wurde 1576 in Torgau von einer sechsköpfigen Theologenkommission mit der Maulbronner Formel zum Torgischen Buch vereint, das mit der Bitte um Stellungnahme an alle Reichsstände ausging. Dieses Buch bildete dann die Grundlage für Andreaes „Epitome“. 1577 sollten die eingegangenen Stellungnahmen im Kloster Bergen bei Magdeburg eingearbeitet werden. Es war auch, zum Beispiel in Pommern, Hessen und der Kurpfalz, zu Ablehnungen gekommen. Das durch die sechs Theologen entstandene Bergische Buch stellt als „Solida Declaratio“ mit Andreaes „Epitome“ die in zwölf Artikeln konzipierte Konkordienformel dar. Zudem wurde eine „Praefatio“ verfasst, die Beanstandungen aufgriff, die bei der Überarbeitung unberücksichtigt geblieben waren. In erster Linie sollte sie aber letzte Bedenken Kurfürst Ludwigs VI. von der Pfalz ausräumen, den die Autoren unbedingt für die Unterzeichnung gewinnen wollten. Er unterschrieb schließlich am 31. Juli 1579 als letzter der drei weltlichen Kurfürsten die Konkordienformel. Die Praefatio diente zugleich als Vorrede des Konkordienbuchs, das als Corpus doctrinae des sich so konsolidierenden Luthertums überterritoriale Geltung erlangte, was durch intensive Werbung um Unterschriften gefördert wurde. Theologenkommissionen reisten umher, informierten über das Konkordienwerk, verlasen die Konkordienformel und forderten die Unterschriften der Amtsträger. Allerdings wurde das nicht überall durchgeführt, zumal klar war, nicht jeden zufriedenstellen zu können. Unter anderem beanstandeten Philippisten und Calvinisten die realpräsentische Abendmahlslehre und die die Omnipräsenz der Menschheit Christi stützende Christologie sowie das Verfahren der Lehrverwerfungen ohne vorherige Einberufung einer Generalsynode und die Festlegung auf die Confessio Augustana invariata. Die Flacianer störten sich an der gegen sie gerichteten Erbsündenlehre. Abgelehnt wurden Konkordienformel und Konkordienbuch unter anderem in Hessen, Schleswig-Holstein, Pommern, Anhalt und Bremen aufgrund der dortigen an Melanchthon ausgerichteten Lehr- und Bekenntnisbildung. Etwa zwei Drit-
Nonkonkordistisches Luthertum in Speyer
tel der evangelischen Reichsstände eigneten sich die Konkordienformel an. Auch der inzwischen gewonnene Pfälzer Kurfürst wollte andere Stände zur Unterschrift bewegen, so auch den Magistrat der Stadt Speyer. Dessen Haltung zur Konkordienformel respektive zum Konkordienbuch ist bislang ein nahezu unbeleuchtetes Forschungsfeld der Speyerer Reformations-, Konfessionsbildungs- und Stadtgeschichte. Lediglich in zwei Arbeiten des mittleren 19. Jahrhunderts wird das Sujet in aller Kürze gestreift: Heinrich Heppe geht in seiner „Geschichte der lutherischen Concordienformel und Concordie“ auf das zur Konkordienformel verfasste Gutachten des Speyerer Predigers Bernhard Bernhart und Theodor Pressel in seinem Zeitschriftenbeitrag „Churfürst Ludwig von der Pfalz und die Konkordienformel“ auf die Antwort des Magistrats auf Ludwigs Werbung um die Unterzeichnung der Konkordienformel ein.177 Nach dem Empfang des kurfürstlichen Schreibens beauftragte der Speyerer Rat seine Prädikanten mit der Erstellung eines Gutachtens zur Sache. Der Pfarrer der Dominikanerkirche Bernhard Bernhart hebt in seinem Bedenken hervor, dass die Sanktionierung der Konkordienformel im Widerspruch zu Passauer Vertrag und Augsburger Religionsfrieden stehe, weil in diesen Dokumenten nur die Augsburger Konfession als evangelisches Bekenntnis anerkannt werde. Die Annahme der Formel führe nicht nur zur Umbenennung der Augsburger Konfession in „Bergische Confession“, sondern auch zur Zerrüttung des Religionsfriedens und dem Ausschluss der Bekenner der Formel aus demselben.178 Er wolle nicht mit den Verfassern der Formel disputieren und diese widerlegen, denn das würden andere erledigen. Aber er finde doch, dass in der Formel dieselben Lehren, die der zänkische Mensch Matthias Flacius Illyricus gegen Melanchthons „Loci communes“ errege, affirmiert und verteidigt sowie dementsprechend fast alle anderen Schriften Melanchthons und damit viele alte christliche Lehrer wie Chrysostomus, Nazianz, Macarius, Theodoret, Fulgentius, Damascenus sowie andere verworfen und verdammt werden würden. Die Schwärmereien und Irrtümer der „Concordienschmieden und ihrer Mitverwandten“ würden gegen die vornehmsten Artikel ihres christlichen
177 Heppe, Geschichte des deutschen Protestantismus 4.2, 187f; Pressel, Churfürst Ludwig, 520. 178 „Demnach auch, da dieses Buch für eine Normam und Symbolum doctrinae ecclesiarum nostrarum gehalten werden sollte, wir aber bißhero nächst dem Wort Gottes keine andre Normam unserm Gegenteil entgegengehalten, denn die einige christliche Augsburgische Confession, auf welche auch a. 52 der Religionsfriede zu Passau bewilligt und beschloßen, hernachmals durch die gemeinen Reichsstende angenommen, auf dem folgenden Reichstag zu Augsburg und in allen Reichsständen seither wiederum erholt und bekräftigt ist, – so würde durch Annehmung, Approbirung und Unterschreibung dieser neuen Formel nicht allein die Augsb. Confession ihren Namen verlieren und die Bergische Confession genannt werden, sondern auch derselbige heilsame Religionsfriede, auf ermeldte Confession gerichtet, zerrüttet und also diejenigen, so sich zu diesem Buche bekennen, aus demselbigen gesetzt“ (zitiert nach Heppe, Geschichte des deutschen Protestantismus 4.2, 187 Anm. 1).
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Glaubens, nämlich von der Person Christi und jeder Natur Eigenschaften, der Erschaffung der Engel, dem freien Willen, dem Brauch des Gesetzes, dem Evangelium, der Rechtfertigung, der Prädestination, den verbis formalibus baptismi, der Konsekration und Christi Höllen- und Himmelfahrt mehrenteils approbiert oder vorsätzlich mit Stillschweigen übergangen, verstrichen und bemäntelt werden. Die Formel sei entgegen dem kirchlichen Brauch nur von wenigen Männern erstellt und gewaltsam zur Geltung gebracht worden. Überhaupt verkündige sie in allen wesentlichen Artikeln eine völlig neue, der alten Kirche und den Reformatoren fremde Lehre.179 Deshalb lehnte Bernhart die Unterzeichnung der Konkordienformel mit Berufung auf die Augsburger Konfession, deren Apologie und die bisher gültig gewesene Kirchenlehre ab. Dementsprechend lehnten die Bürgermeister und der Rat der Stadt Speyer am 5. Dezember 1579 Ludwigs Einladung zur Unterzeichnung der Formula Concordiae mit der Begründung ab, dass man es für am Ratsamsten halte, bei der Augsburger Konfession und deren Apologie, wozu ihre Vorfahren und sie selber sich bislang bekannt hätten, vor allem aber – was sich in Speyer wie ein roter Faden durchzieht – bei dem Wort Gottes zu bleiben, damit durch die Subskription des Magistrats des jetzt verglichenen Buchs ihrer Gemeinde nicht Anlass zu dem Gedanken gegeben werde, dass man bisher nicht dem Wort Gottes gemäß gelehrt habe und ihre Verstorbenen mit einer irrigen Lehre sowie einem ebensolchen Glauben gelebt hätten und aus dem Leben geschieden seien, was insbesondere bei den Einfältigen wohl zu erwarten wäre.180 Als der Franziskaner Johann Nas in seiner 1581 gedruckten Streitschrift gegen das Konkordienbuch Examen Chartaceae Lutheranorum Concordiae Bernhard Bernhart beschuldigt, dass er das Konkordienbuch nicht habe unterschreiben wollen181 ,
179 „Zum Fünfften, wie wol ich mit den Bergischen Theologis und der Gesellschaft allhier nicht disputiren und ihre formulam zu wiederlegen mich unterstehn will, als die durch andre – wird refutirt werden, so finde ich, daß mehrenteils dieselbigen Artikel, welche der unruhige friedhäßige Mensch Matthias Flacius Illyricus wider des Herrn Philippi Melanchth. Locos communes theol. – erregt, darinnen affirmirt und verteidigt werden, auch fast alle andern des Herrn Philippi Schriften, und damit vieler alter christlichen Lehrer als Chrysostimi, Nazianzeni, Macarii, Theodoreti, Fulgentii, Damasceni und Andrer verworfen und verdammt werden, daß auch der Concordienschmieden und ihrer Mitverwandten vielfältige Schwärmereien und Irrtümer fast wider die vornehmsten Artikel unsers christlichen Glaubens, als nemlich von der Person Christi und jeder Natur Eigenschaften, Erschaffung der Engel, freiem Willen, Brauch des Gesetzes, Evangelio, Rechtfertigung, Prädestination, verbis formalibus baptismi, Consecration, Helle und Himmelfahrt des Herrn Christi mehrenteils approbirt und gut gemacht oder vorsetzlich mit Stillschweigen übergangen, auch verstrichen und bemäntelt werden“ (zitiert nach Heppe, Geschichte des deutschen Protestantismus 4.2, 187f Anm. 2). 180 Pressel, Churfürst Ludwig, 520. 181 Nas 1581.
Nonkonkordistisches Luthertum in Speyer
erwidert der Beschuldigte in seiner kurz darauf in Speyer erschienenen Antwortschrift, Nas könne nie und nimmer beweisen, dass ihm jemals die Unterzeichnung von irgendjemand zugemutet oder von ihm selbst begehrt worden sei. Warum der Speyerer Rat nicht unterschrieben habe, wisse er nicht, das müsse er diesen schon selber fragen.182 3.2.2
Eine Intrige unter den Speyerer Predigern wegen differierender Haltungen zum Konkordienbuch
Anfang des Jahrs 1581 beschwerten sich die Prädikanten der Stadt Worms Vitus Reisner, Israel Achatius183 und Andreas Wilck bei ihrem Magistrat über gegen sie, besonders bei einer Brunnenfahrt auf dem Germansberg in Speyer, geäußerte Polemiken des Speyerer Pfarrers zu St. Georg Wirich Wieland.184 Sie würden seit ihrer ersten Berufung auf das Wormser Kirchenamt ihren Beruf sowohl hinsichtlich ihrer Lehre als auch ihres Lebens allzeit treu versehen und ihre christliche allein seligmachende Religion ohne Verfälschung und Korruptele, nach Ausweis prophetischer und apostolischer Schriften, des Alten und Neuen Testaments, der heiligen Symbole und approbierten Konzilien, auch der rechten wahren Augspurgischen Confession, der Rom: Key: Mt etc Ao 1530 überreicht, nach ihrem geringen pfundtlin, das Gott ihnen verliehen habe, rein und treu ausüben. Dagegen hätten sie allen neuen und alten Sekten mit Ernst aus Gottes Wort widersprochen, und auch das, was sie lehrten mit der Tat selbst in ihrem ganzen Leben ins Werk gesetzt. Deswegen seien sie nun seit vielen Jahren von jedem, hohen und niederen Stands, für nichts anderes als reine, der Augsburger Konfession zugetane, treue Lehrer, auch ihres ehrbaren und unsträflichen Lebens wegen für ehrliche Prediger und Kirchendiener gehalten worden. Jedoch werde ihnen von etlichen Freunden mündlich und schriftlich berichtet, dass ein gewisser Wirich Wieland, des Speyerer Rats Pfarrer zu St. Georg, sie ganz schmählich an ihrer Lehre und ihrem Leben angegriffen und beleidigt habe, als er am 12. September 1580 bei einer Brunnenfahrt auf dem Speyerer Germansberg in Gegenwart ehrlicher Personen vom Predigtamt des Rats und aus der
182 „Demnach er dann darinnen mich dreierley dinge beschuldigen thuth/ Alß nemlich/ Das ich e hochst/ hoch/ vnd wolermelter Chur/ fursten/ vnd Stenden genant Concordi buche nicht hab sollen e vnderschreiben wollen. […] Denn so viel die Erste Calumniam belangt/ kann noch mage er mit einigem grundt der warheit nimmermehr be- || weisen/ daß mir iemals die vnderschreibung solchs buchs/ von einigem menschen zugemuthet/ oder von mir begert sey worden/ Warumb aber ein Erbar Rath zu Speyr meine Hernn/ solchs abgeschlagen/ Ist mir vnbewust/ vnnd mage er Bruder Nas/ ob er will sie darumb befragen“ (Bernhart 1581, unpaginiert; vgl. das Manuskript des Drucks in StadtA Speyer 1 A 450/13, fol. 27r–33r); vgl. dazu Dingel, Concordia controversa, 565–567. 183 Zu Israel Achatius vgl. Biundo, Pfälzisches Pfarrer- und Schulmeisterbuch, 1. 184 StadtA Speyer 1 A 450/12, fol. 2r–6r (Druck: EA, Nr. 89).
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Bürgerschaft sie mit Namen schwer, schrecklich und mit Unwahrheit angetastet, unter anderem als unverschämte, calvinische, ketzerische, verführte Buben, Lecker und Erzbuben beschimpft, sie schändlich als unehren- und tadelhaft dargestellt und dergleichen Schmähworte über der Zuhörer heftiges Abwehren und Bitten noch heftiger getrieben habe. Diese Schmähworte und erfundenen Verleumdungen habe er seither mehrmals bei hohen und niederen Ständen ohne Scheu, vor allem bei der neulich abgehaltenen Kindtaufe des Speyerer Kantors wiederum in etlicher christlicher Personen Gegenwart, mit deren großem Entsetzen gäußert, mit der mutwilligen Frechheit ebenso gelästert und des Injurierens sei kein Ende. Darüber hinaus habe er ihn, Vitus Reisner, vornehmlich zum Hohn und zur Verkleinerung seiner Person umgetragen. Das alles aus diesen Gründen: Nachdem der Speyerer Rat vor einem Jahr wieder einen reinen, gelehrten und friedliebenden Prädikanten benötigt habe und aufgrund der Übereinstimmung der Speyerer mit der Wormser Kirche desto getroster an ihn, Reisner, durch Bernhard Bernhart habe übermitteln lassen, dass wenn er eine qualifizierte Person wüsste, diese zu nennen. Nach einem netten Gespräch mit Theophilus Wagner185 habe er, Reisner, jenen mit einer geringen, aber doch wahrhaftigen Empfehlung dem Speyerer Rat offeriert. Dieses mit Gottes Hilfe vorgenommene Werk, das der Kirche heilsam und wohlgeraten sei, schände Wieland und er beunruhige Dr. Theophilus öffentlich mit den Worten, dass er sich schämen solle, sich durch einen solchen Lecker und calvinischen Buben bei der Stadt Speyer habe in Dienst nehmen lassen. Solche und dergleichen Reden und Lästerungen habe Wirich über die Wormser Prädikanten ergossen. Also hätten sie sich diese, sobald sie ihnen untergekommen seien, in Anbetracht ihrer Unschuld zu Gemüte geführt, und weil sie sich derer jederzeit vor Gott und allen Christen ganz frei und unschuldig wüssten, könnten sie nicht erachten, dass es für sie, ihr Amt und die Wormser Kirche – obwohl sie sonst dem Frieden geneigt seien – ratsam sein könne, das einfach auf sich beruhen zu lassen. Außerdem wisse der Wormser Magistrat, dass sie vor langer Zeit nicht nur anderen Sekten, sondern auch dem Zwinglischen schwarm, vom heyligen Abentmal mit Ernst und Eifer, nicht ohne große Gefahr und vieler Leute Ungnade, und um solches mit Wahrheit zu sagen, mit größerem Nutzen als Wirich es nimmer würde tun können, widersprochen und auch sonst andere irthumb Zuuinglii, die er und seine Konsorten neben dem Heiligen Abendmahl einzuführen sich unterstanden hätten, entschieden abgelehnt hätten. Wirich wisse und verstehe vielleicht noch nicht, dass sie das mit gutem Grund der Heiligen Schrift und langwierigem Kampf hinter sich getrieben hätten, auch ihr Leben, solange sie in ihren verständlichen Jahren und im
185 Theophilus Wagner aus Siegen, 1580–1584 Pfarrer in der Augustinerkirche, 1585–1588 Pfarrer in der Kirche St. Georg, 1588 erneut Pfarrer in der Augustinerkirche (Biundo, Pfälzisches Pfarrerund Schulmeisterbuch, 484).
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Kirchendienst gewesen seien, so zugebracht hätten, dass sie sich nie unehrlicher, sondern ausschließlich redlicher Taten und Sachen, wie es ihnen als ehrliebenden Leuten gebühre, stets beflissen hätten. Das würden alle ehrlichen Abschiede von allen Orten und Enden, wo sie je gewesen seien, bezeugen. Der Magistrat, der ihre Lehre und ihren Lebenswandel kenne, möge deshalb den Speyerer Rat über Wielands erfundene Bezichtigungen aufklären und nachbarlich begehren, dass dieser wegen seiner gegen sie gehaltenen Schmähreden nicht allein der Gebühr nach zur Rede gestellt werde, sondern auch widerrufe und ihm ewiges Stillschweigen auferlegt werde oder sonst andere ordentliche und dazugehörende dienliche Mittel gegen ihn unternommen werden würden, um dem Lästermaul seinen Mutwillen zu verwehren, sodass sie von ihm unangetastet blieben und künftig wie bisher eine sehr lange Zeit geschehen gute nachbarliche Korrespondenz, geneigten Willen und Freundschaft zwischen den beiden Kirchen, Obrigkeiten und Gemeinden Worms und Speyer erhalten und nicht durch solchen irrigen wirremech‹er› vnnd vnrichtigen Lesterkhopff durcheinandergebracht und aufgehoben werde. Weil ihnen auch öffentlich zugeschrieben werde, dass der Wirremecher die Ursache seines Schmähens vor allem daher nehme, dass sie dem Bergischen Concordi Buch die Unterschrift verweigert hätten, so habe der Magistrat günstig zu sehen, wofür Wieland nicht allein sie und andere Prediger, sondern auch alle Fürsten, Grafen, ehrbaren Städte und Kommunen und also auch seine eigene gottliebende Obrigkeit, den Speyerer Rat, halte, nämlich für unehrliche Leute, Lecker und Buben. Außerdem habe der Magistrat zu bedenken, dass die gegen die Wormser Prädikanten ausgesprengten Schmähreden in erster Linie den Magistrat wegen dessen derogirter Subscription des Bergischen Buchs betreffe, denn weil Wirich den Rat nicht angreifen dürfe, habe er mit ihrer Personen Denomination anzeigen wollen, was er von den Unterschriftsverweigerern halte. Der Magistrat solle nun darüber befinden, ob er es dem Wirich gut sein lassen und einem mutwilligen Lästermaul seines Gefallens nach auf fremde gottselige Obrigkeiten und ihre treuen Prediger frevelhaft und unwahrhaftig zu injurieren, zu schänden und zu schmähen gestatten wolle. Das hätten sie, die Wormser Prädikanten, aus unvermeidlicher Not zur Rettung der Wahrheit, ihrer Lehre und ihres Kirchendiensts dem Rat, obwohl sie diesen lieber nicht bemüht hätten, vorbringen und klagen müssen. Am 18. Februar 1581 kam der Magistrat der Stadt Worms der Bitte seiner Prädikanten nach und informierte den Speyerer Rat über die angeblich geäußerten Schmähungen Wielands und bat um dessen Verhör sowie baldige Antwort.186 Dem beiliegenden Dokument, so die Wormser in ihrem Schreiben, könne der Rat entnehmen, wie der Beschuldigte unlängst das eine oder andere Mal im Beisein ehrbarer und glaubwürdiger Personen ganz frevelhaft, aufsätzlich und unbescheiden
186 StadtA Speyer 1 A 450/12, fol. 7r–10v (Druck: EA, Nr. 90).
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gegen die christliche und weltliche Gebühr, auch seines Stands, Berufs und Amts vergessen die Wormser Kirchendiener sowohl an Profession und Lehre als auch an Person, Leben und Wandel schmählich angetastet haben solle. Deshalb hätten es ihre Prädikanten nicht unterlassen können, ihre Obrigkeit darüber in Kenntnis zu setzen und um Intervention beim Rat der Stadt Speyer zu bitten, damit dieser der Sache nachgehen möge. Obwohl der Wormser Magistrat es selber für unnötig gehalten habe, die Supplikanten wegen der geäußerten Personalinjurien gegen den geschwätzigen Verleumder mit Schutz oder Verantwortung zu vertreten und den Speyerer Rat darüber in Kenntnis zu setzen, weil deren Leben und Wandel dermaßen ehrbar und unbefleckt sowie dem Wormser Rat bewusst sei, dass der unruhige Kläger von seiner üblen Nachrede selbst zur Genüge überzeugt und damit also der Stein, wie Sirach lehre, den er in die Höhe geworfen hätte, ihm selbst auf den Kopf gefallen sei (Sir 27,25), habe der Rat aber doch mehr als Grund genug, gegen die Schmähung der bisher praktizierten Lehre seiner Prädikanten und der eigenen gerechten christlichen Amtsausübung sowohl für die Unschuld der Prediger als auch für des Rats Ehre und Konfession einzustehen und dem Speyerer Magistrat freundlich zu versichern, wie wenig der Wormser Rat geneigt sei, ganz konträr zu der mit der Stadt Speyer und ihren Predigern geführten uralten nachbarlichen hochvertrauten Korrespondenz, das in der groben erfundenen Diffamierung Behauptete – obwohl der Wormser Magistrat nicht daran zweifle, dass die Speyerer Kollegen daran weder Schuld noch Gefallen haben mögen – in die Tat umzusetzen. Da Wielands „Meisterstück“ vor allem diesem Tadel anhafte, dass er die Wormser Prädikanten als calvinische, ketzerische, verführte Lecker, Buben und Erzbuben und demnach ihr Bekenntnis und ihre Doktrin als mit Caluinischen irthumb befleckt schimpfe und die Ursache seiner Anschuldigungen allein daher rühre, dass sie dem Bergischen Concordi Buch die Unterzeichnung verweigert hätten, könne der Speyerer Rat selbst leicht ermessen, dass diese Unwahrheit vielmehr den Wormser Magistrat und sein eingepflantzt Ministerium als dessen Kirchendiener berühre. Denn die Kirche und ihr Ministerium unterstünden dem Rat und seien dessen Predigern vertrauensvoll überantwortet worden, damit sie die Christlich allein Seeligmachendt Religion, ohne einiche Corruptel vnnd verfelschung, nach Ausweis beider Testamente, der prophetischen und apostolischen Schriften sowie der rechten, wahren gesunden vnuerdechtigen Augspurgischen Confession von 1530, wozu sich der Magistrat mitsamt seiner Bürgerschaft öffentlich bekannt habe, gemäß lehren und praktizieren sollten. Sollten die Prädikanten etwas dem Entgegenstehendes gelehrt oder praktiziert haben, dann könne das niemand anderem als dem Magistrat vnchristlich‹er› verstattung wegen angelastet werden. Man sei aber zuversichtlich und habe keine Zweifel, dass der Speyerer Magistrat und alle benachbarten Konfessionsstände zur Genüge wüssten, dass Kirchenlehre, Glauben und Bekenntnis der Stadt Worms und aller ihrer Anhänger seit vielen Jahren offiziell bekannt sei, und was der Rat neben seinen Kirchendienern durch die Verweigerung der Caluinischen
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tradition dank göttlicher Hilfe bisweilen ausgestanden habe. Dabei wolle man auch mit göttlichem Beistand, ohne jede Änderung, beharrlich bleiben. Dass aber die Wormser Kirchendiener nicht weniger als der Magistrat Bedenken gehabt hätten, das Konkordienbuch zu unterschreiben, werde der Speyerer dem Wormser Rat hoffentlich nicht zum Vorwurf machen. Im Konsens mit seinen Prädikanten hatte Letzterer am 15. Februar 1580 selbst wie die Speyerer Obrigkeit bereits im vorherigen Dezember der kurfürstlichen Werbung um Unterzeichnung der Konkordienformel eine Absage erteilt, mit der Begründung, dass man zwar die löbliche Intention hinter der Formel nicht verkenne, aber befürchte, dass deren Publikation unter den Evangelischen nur neue Spaltungen verursachen werde.187 Das wiederum bestätigt die Bemerkung der Wormser Prädikanten, dass die beiden Städte schon seit langer Zeit religiös weitgehend konform gehen würden, was sich unter anderem auch in der gegenseitigen Verleihung und Vermittlung von Prädikanten im Bedarfsfall zeigt. Ein nicht nur für die Speyerer, sondern auch für die Wormser Reformationsgeschichte höchst interessanter Befund. Den Speyerer Ratsverwandten sei zweifellos bewusst, so das Schreiben der Wormser weiter, dass nicht nur der Rat der Stadt Worms und seine Prediger, sondern auch der Speyerer Magistrat, des Schmähers Kollegen und viele andere mehr, die sich der Subskription ebenfalls enthalten hätten, durch solche frevelhafte Reden übel angetastet und erniedrigt würden, was Wieland aber wegen Grundlosigkeit schwerlich ausfechten könne. Ferner sei es dann befremdlich, mit welch ruhigem, geduldigem Gewissen dieser seinem Magistrat diene und dessen Kirchenamt mit Lehre und Pflichten vorstehe und beiwohne, weil ihm doch die verweigerte Subskription unter das Konkordienbuch so sehr missfalle. Weil nun diese schmählichen Dinge dergestalt seien, dass sie nicht allein die Wormser Kirchendiener, sondern auch den Wormser Magistrat und das seligmachende evangelische Bekenntnis als die Substanz des ewigen Heils beträfen, könne man dieselben destoweniger, besonders in Anbetracht des Verdachts, dass die Wormser Bürgerschaft mit falscher, ketzerischer, durch den Rat verhängter Lehre, vom rechten Weg und Zweck göttlicher Schriften weggeführt würde, auf sich beruhen lassen. Deshalb ergeht an den Speyerer Magistrat schließlich die Bitte, den angeblichen Schmähredner zur Rede zu stellen, zum Widerruf aufzufordern und dazu anzuhalten, künftig derartige Reden gegen den Wormser Rat und die Seinen zu unterlassen, damit die nachbarliche Korrespondenz und die friedliche Einmütigkeit auch weiterhin aufrecht erhalten blieben. Am 28. Februar 1581 nahm der beschuldigte Pfarrer auf Anordnung des Speyerer Magistrats zu den diesem am 21. Februar übersandten Dokumenten des Rats und
187 Heppe, Geschichte des deutschen Protestantismus 4.2, 188.
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der Prädikanten der Stadt Worms schriftlich Stellung.188 Wielands grundsätzliche Absicht war, das mit Wahrheit und ohne jede Gegenschmähung zu tun. Zunächst erklärt er, dass es ihn aber doch in höchstem Maß befremde, wie die Wormser Prädikanten in ihrem hitzigen Schreiben den gottseligen und christlichen Prozess Christi sogar beiseite schöben und – entgegen ihrer ausgeprägten Lobhudelei und ohne theologische Substanz – an einen Ort versetzen dürften, wo er in Vergessenheit geraten könne. Zumal ihnen als Lehrern und blinden Leitern mehr als wohlbewusst sei, dass Christus (Mt 18) den beleidigten Christen ganz klar diesen eindeutigen Text vorschreibe und sage: Wan dein bruder An dir sündigt, so gehe hin, vnd straffe in zwischen dir vnd im allein etc/ und der Apostel Petrus (1 Pet 2) spreche: Christus hatt gelitten für vns, vnd vns ein fürbild gelaßen, d‹as› ir solt nachuolgen seinen fusstapffen/. Welcher nicht widerschallt, da er gescholten ward, Er stellt es aber dem haim der recht richtet etc/. Denn laut dieses Prozesses, der von Christus selbst und dem Apostel Petrus vorgeschrieben sei, hätte den Wormser Prädikanten als christlichen Vorstehern zugestanden, weil sie gleich genau gewusst hätten und für sie unleugbar gewesen sei, dass er, Wieland, sie an der Ehre so sehr angetastet haben solle – was trotz der Behauptung in ihrem unbarmherzigen Schreiben und seiner, Wielands, missgünstigen Verleumder, die ihn bei den Prädikanten angeschwärzt und erniedrigt hätten, nicht zu beweisen wäre –, ihn zur Rede zu stellen und falls er auf dieser Schmähung beharrt hätte nach ihrem Gefallen ein anderes legitimes Mittel an die Hand zu nehmen, anstatt die Sache mit schmählicher Antastung seines Amts und seiner Person, obwohl gottlob nichts davon wahr sei, dem Wormser Rat vorzubringen und dadurch denselben gegen den Speyerer Magistrat und diesen gegen ihn, Wieland, aufzuhetzen. Vor allem weil er, Wieland, in Erfahrung gebracht habe, dass Vitus Reisner vor etlichen Wochen dieser, ihm, Wieland, gleichwohl unbekannten Angelegenheit wegen in Speyer gewesen wäre. Hätte Reisner ihn damals darauf angesprochen, hätte er ihn mit guter freundlicher Bescheidenheit in der Hoffnung darüber aufgeklärt, dass das verbitterte Schreiben Reisners und seiner Mitbrüder nicht nach Speyer gesandt werden würde. Auch der alte Herr Georg Ebenreich, der ebenfalls von seinen Verleumdern gegen ihn aufgehetzt worden wäre, habe ihn direkt schriftlich kontaktiert. Nach der von ihm empfangenen freundlichen Antwort habe er, weil die Verleumder bei Ebenreich so stark gegen ihn gewettert hätten, dem Pfarrer zu St. Gilgen, Amandus Beurer (auch Beuerer), geschrieben, und da dieser Wielands Unschuld bestätigt habe, sei Ebenreich zufrieden gewesen. Zu dem Punkt, dass die Wormser Prädikanten in ihrem Schreiben vorbringen, dass er sie ganz schmählich an ihrer Lehre und ihrem Leben angegriffen und beleidigt haben solle: Am 12. September 1580 solle er bei einer Brunnenfahrt auf dem Germansberg in Gegenwart ehrlicher Personen vom Predigtamt, des Rats
188 StadtA Speyer 1 A 450/12, fol. 16r–21v (Druck: EA, Nr. 91).
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und der Bürgerschaft die Wormser Prädikanten mit Namen schrecklich und mit Unwahrheit, unter anderem unverschämt als calvinische, ketzerische, verführte Buben, Lecker, ja Erzbuben verleumdet, und auch sonst an der Ehre angetastet und es über der Zuhörer heftiges Bitten und Abwehren sogar noch heftiger getrieben, und nachher mehrmals bei hohen und niederen Ständen unablässig solche Schmähung ohne Scheu gebraucht und insbesondere bei des Kantors Kindtaufe in etlicher christlicher Personen Gegenwart mit deren großem Entsetzen und vor allem zum Hohn und zur Erniedrigung Reisners beigetragen haben, wie das alles in der Prädikanten erbittertem Schreiben weitläufig ausgeführt sei. Auf dieses Vorbringen entgegne er, Wieland, beständig und mit gutem Grund der Wahrheit, dass ihm mit der von seinen Verleumdern gegen ihn gerichteten Bezichtigungen Gewalt und Unrecht geschehe und er mit dieser Bezeugung und Protestation die in beiden Wormser Schreiben gegen ihn erhobenen falschen Anklagen hiermit ablehne und darauf hingewiesen habe. Er wäre mehr als genug befugt, gegen solche öffentlich erfundenen und gegen ihn erhobenen falschen Anklagen und Verleumdungen die gebührenden und zulässigen Rechtsmittel zur Rettung seiner Ehre vorzunehmen. Jedoch, damit man sehe, dass er nicht zur Rachgier neige und um die arme baufällige Speyerer Kirche, die durch solches und dergleichen Gezänk über die Maßen geärgert werde, zu verschonen, wolle er sich vor allem auch seines Amts und Stands wegen dabei gemäß der erwähnten Regel Petri verhalten, wie es eines Christen Pflicht sei. Denn Christus selbst habe, als er von Kaiphas wegen seiner Lehre und Worte angetastet worden sei, geantwortet: Frage die darum, die mich gehört haben, sihe die wiß‹en› was ich gesagt habe (Joh 18,21). Denn obwohl dem Herrn bewusst sei, dass unter seinen Zuhörern auch solche sein würden, die ihm seine Worte mutwillig verdrehten, wie ihm das schon damals widerfahren sei, wisse er, dass auch noch andere, Gutherzige, unter ihnen zu finden sein würden. Also berufe er, Wieland, sich auf diejenigen Personen, die mit ihm auf dem Germansberg gewesen seien, nämlich Amandus Beurer, der Prediger zu St. Gilgen, der Ratsherr Emerich Hierzu, der Schulmeister „zum König“ und Urban Stöcklin. Demnach ergehe an den Magistrat die Bitte, er wolle die genannten Personen ex officio dazu vernehmen, ob die Sache seinen oder der Wormser Prädikanten Angaben entspräche. Des Kantors Kindtaufe betreffend, finde er in seinem Verzeichnis, dass er ihm am 26. September ein Kind getauft habe, dass er aber bei etlichen Personen trotz ihres Entsetzens die Prädikanten geschmäht haben solle, finde er nicht. So sei er sicher, dass weder Personen des hohen noch des niederen Stands von ihm sagen könnten, dass er die Wormser Prädikanten unablässig ohne Scheu zu schmähen pflege. Wenn durch diese Untersuchung hoffentlich seine Unschuld bewiesen werde, bitte er darum, dass der Magistrat sich alsdann von Obrigkeitswegen für ihn beim Wormser Rat der Gebühr nach verwende und ihn auch als seinen gehorsamen Kirchendiener vor öffentlichen Verleumdungen und Schmähungen des Wormser
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Rats und dessen Prädikanten künftig schütze und schirme. Deswegen wolle er den Magistrat nochmals vor Gott und allen ehrliebenden Christen anrufen, diesem Wunsch aufgrund seiner Unschuld nachzukommen, wobei er gleichwohl nicht zweifle, dass der Magistrat das nicht auch von sich aus täte. Zweitens: Obwohl er sich damit auf beide Wormser Schreiben zur Genüge verantwortet habe, wolle er doch nicht unterlassen, dem Magistrat zu berichten, woher die Verleumdungen gegen ihn rührten, wodurch dann auch die Anstifter zu ersehen seien. Denn als vor einem Jahr nach dem Weggang von Michael Pistorius189 , des ehemaligen Predigers in der Speyerer Augustinerkirche (1575–1579), beide Altbürgermeister Herrn Bernhart und ihn, Wieland, eingeladen und mit ihnen verhandelt hätten, einen christlichen getreuen Kirchendiener als Nachfolger für Herrn Pistorius zu suchen, habe Herr Bernhart geäußert, dass er neben dem Bescheid von Herrn Christian Petsch Herrn Vitus zu Worms deshalb geschrieben hätte. Dieser habe ihm schriftlich geantwortet, dass er seinen Herren innerhalb von acht Tagen eine geeignete Person präsentieren wolle. Er, Wieland, habe Bernhart gefragt, wer derjenige sei, der von Herrn Vitus präsentiert werden solle. Bernhart habe darauf geantwortet, dass er es selbst noch nicht wisse. Darauf habe er Herrn Bernhart privat und allein angesprochen und freundlich gebeten, sich dafür einzusetzen, dass der armen baufälligen Speyerer Kirche zugute ein rainer vnd nicht sectirischer Kirchendiener zuteil werde. Denn er habe in Erfahrung gebracht, dass die von Worms neulich Israel Achatius als Kirchendiener angenommen hätten, der sich doch, als er noch in Weißenburg gewohnt hätte, gegenüber dem damals Zwinglisch‹en› Heidelberger Kirchenrat zu dessen Meinung schriftlich bekannt und erklärt hätte, wie es die noch in der Heidelberger Kanzlei verwahrte Handschrift Israels bezeuge, die diesem, als er beim jetzigen, der lehr rainem kurfürstlichen Kirchenrat um Dienst angesucht hätte, vorgehalten worden wäre und derenthalben ihm in der Pfalz alle Kirchendienste versagt und abgeschlagen worden wären. Er gestehe, dass er das mit Herrn Bernhart besprochen, damit aber weder Herrn Israel noch andere seiner Mitbrüder geschändet oder geschmäht habe. Er habe sich das nicht selbst ausgedacht, sondern Dr. Wilhelm Zimmermann, kurfürstlicher Kirchenrat zu Heidelberg, habe das von Achatius Herrn Amandus Beurer und ihm öffentlich ohne Scheu gesagt. Sollte der Magistrat Amandus Beurer dazu befragen, würde auch Dr. Zimmermann das selber gestehen und nicht in Abrede stellen. Als nun Theophilus Wagner von Vitus Reisner in Speyer präsentiert worden sei, habe er, Wieland, Bernhart gefragt, wer der präsentierte Herr sei. Bernhart habe geantwortet, er habe ihn vor zwölf Jahren bei seinem Vater, der vor ihm in der Herrschaft Nassau-Dillenburg Superintendent gewesen wäre, gesehen und predigen hören. Bernhart habe aber ihm und dem Speyerer Magistrat nicht gesagt,
189 Zu Michael Pistorius vgl. Biundo, Pfälzisches Pfarrer- und Schulmeisterbuch, 348.
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dass Theophilus sein Schwager sei. Als er, Wieland, es nun erst nach der Annahme von Theophilus innegeworden sei, habe er mit Theophilus vertraulich geredet und ihm alle brüderliche willfährige Dienste angeboten, mit dem Hinweis, dass es ihn sehr befremde, dass Herr Bernhart vor dem Rat und ihm, Wieland, ihre Schwagerschaft verschwiegen hätte, obwohl es nicht im Geringsten erforderlich gewesen wäre, die Ratsherren und ihn mit Vitus von Worms durch diese Heimlichtuerei zu hintergehen. Denn er selbst, so er von ihrer Schwagerschaft Kenntnis gehabt hätte, hätte für Theophilus bei seinen Herren vermitteln können. Und das habe er ohne Schändung und Schmähung von Herrn Vitus gesagt, sodass ihm also Theophilus Gewalt und Unrecht antue, wenn er anders von ihm rede. Aus dieser wahren Erzählung werde der Magistrat leicht ersehen können, wer diejenigen seien, die diese Tragoedi ohne sein Verschulden verursacht hätten. Wie denn auch wahr und beweisbar sei, dass nicht allein Vitus in Speyer bei Herrn Bernhart gewesen sei, sondern auch Bernhart neulich bei dem Wormser Ratsherrn Vespasian auf des Herrn Dr. Hieronymus zum Lamm Hochzeit ein großes Klagen und Erniedrigung gegen ihn, Wieland, geführt habe. Bernharts unbilliger Neid und Hass gegen ihn rühre allein daher, dass ihm dessen Schmähungen und Lästerungen missfielen, die er unchristlicher- und unbilligerweise wider das Christenliche Concordi werck und seines gnädigen Fürsten und Herrns, des Herzogs zu Württemberg, auch anderer Kurfürsten, Fürsten und Stände reine christliche Lehrer und Theologen heimlich und öffentlich ohne Grund und Ursache äußere. Er, Wieland, sei durch göttlichen Beistand weder gesinnt noch willens, sich die Tage seines Lebens Bernharts Sünden teilhaftig zu machen oder dessentwegen gegen Gott, sein heiliges allein seligmachendes Wort und sein Gewissen zu handeln. Hieraus aber folge gar nicht, wie das Wormser Schreiben unbegründet vorgebe, dass er deswegen alle Stände, Fürsten, Grafen und Städte, die sich nicht zum Konkordienwerk bekennen würden, schänden und schmähen wollte. Genauso wie die Fürsten, Grafen und Städte, die das Konkordienbuch entweder aus theologischen oder politischen Gründen bisher nicht zu approbieren gesinnt seien die Kurfürsten, Fürsten, Städte und Stände, die das Werk unterschrieben hätten, schänden und schmähen wollten. Auch der Rat der Stadt Straßburg, der die Unterschrift des Konkordienbuchs bisher, seiner, Wielands, Meinung nach aus politischen Gründen verzögert und unterlassen habe, bekenne sich nichtsdestoweniger in seinem Edikt zu seiner Prädikanten und Kirchendiener Lehre. Die Prädikanten und das ganze Straßburger Kirchenministerium würden mit den folgenden Worten in öffentlichem Druck bekennen, dass die Lehre des Konkordienbuchs mit Gottes Wort übereinstimme: Nos, inquiunt, sanè breui hoc scripto publicè testamur, quod istaru‹m› obtrectationu‹m›, quibus Antipappi contra Viros optimos et doctissimos, quoru‹m› opera in conscribendo libro
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Concordiæ, Illustrissimi Electores et Principes vsi fuerunt, scatent, nequaquam Velimus esse participes. Vt enim ipsum Librum Concordiæ, acuratè à nobis lectu‹m› et consideratu‹m›, iudicamus Verbo Dei, et Augustanæ Confessioni per omnia consentaneum esse, et pro hoc beneficio, Ecclesiæ præstito, æterno Deo gratias agimus: ita etiam AVTHORES ILLIVS LIBRI, optimè de Ecclesia meritos esse sentimus, minimeq‹ue› dignos iudicamus, qui ob nauatam operam tam egregiam Ecclesiæ operam, tàm calumniose et acerbe excipiantur.
Mit diesem Zitat bezeugten die Straßburger Theologen samt dem ganzen Kirchenministerium ihre Meinung und ihr Bekenntnis zum Konkordienwerk und was von denen zu halten sei, die dieses Werk samt den Theologen, die dasselbe auf der Kurfürsten und Fürsten ordentlichen Berufung hin erstellt hätten, spöttisch und höhnisch kommentierten. Wünsche der Magistrat Einsichtnahme in das zitierte und im Druck ausgegangene Schreiben der Straßburger Theologen, sei er gerne bereit, es ihm vorzulegen. Bei dem von Wieland nicht näher bezeichneten Dokument handelt es sich um die Praefatio der Straßburger Kirchendiener in der 1581 bei Georg Gruppenbach in Tübingen erschienenen „Defensio quarta“ des lutherischen Theologen Johannes Pappus (1549–1610) für die Kirchen der Augsburger Konfession und das Konkordienbuch.190 Damit die unrechtmäßigen Ungereimtheiten der Herren Bernhart und Theophilus sowie die deswegen von ihnen gegen ihn, Wieland, vorgenommenen unbilligen Praktiken beigelegt und abgeschafft werden würden, fährt der Angeschuldigte in seiner Stellungnahme fort, sei der einzig richtige Weg, sich solcher bisher gegen ihn geübten Praktiken zu enthalten und ihn vermöge ihrer Bestallung und ihres darauf geleisteten Eids nicht vor fremden Obrigkeiten und Leuten, sondern allein vor dem Speyerer Magistrat vor- und anzubringen, wenn sie vermeintlich etwas Verwerfliches über ihn in Erfahrung bringen sollten. Weil der Magistrat ihn von seinem, Wielands, Fürsten und Herrn zu Württemberg für den Speyerer Kirchendienst erbeten habe, aber dessen Theologen sich nicht im Geringsten, wie auch er selbst, von der reinen Lehre abgewandt hätten, sondern durch Gottes Gnade nochmals beständig dabei geblieben seien, so möge der Magistrat Theophilus und vor allem Bernhart auferlegen lassen, seines gnädigen Fürsten und Herrns Theologen mit erfundenen, in kaiserlichen Rechten verbotenen, hochsträflichen Schmähschriften, deren er sich bislang nachweislich vielfach beflissen habe, zu verschonen und diese künftig zu unterlassen. Zum dritten, dass Bernhart unnötiges Gezänk, vor allem aber der Zwinglianer Fundamenta vnd grundueste auf die Kanzel zu bringen und bei Mahlzeiten zu verteidigen künftig unterlasse. Er biete an, mit den Herren Bernhart und Theophilus im
190 Pappus 1581; zur Biographie von Johann Pappus vgl. Horning, Dr. Johann Pappus; Dorchenas, Pappus.
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Beisein des Magistrats in aller Freundlichkeit zu konferieren. Da aber diese rechtmäßigen Mittel bei Herrn Bernhart nicht fruchten würden, bitte er den Magistrat, zur Erläuterung der Sache Herrn Bernharts Bedenken über das Konkordienbuch samt dem lästerlichen gottlosen Werk, das er unter dem Titel Notationes in libru‹m› Concordiæ heimlich hin und wider spargiere, neben seinem, Wielands, einfältigen geringfügigen Bedenken, das er dem Magistrat vor einem Jahr auf dessen Wunsch hin während seiner Krankheit eilig erstellt und übergeben habe, den Theologen und dem Kirchenministerium der Stadt Straßburg zu schicken und ihre Urteile zu begehren. Sollte er in seinem Bedenken unrecht gehandelt haben, biete er an, alle deshalb entstandenen Kosten und Schäden zu erstatten. Da aber Herrn Bernharts unbegründetes und hinterlistiges Bedenken und die lästerlichen von ihm ausgestreuten Notationes unrechtmäßig erfunden seien, wolle er dem Magistrat gar nichts vorschreiben, sondern Bernhart mitleidiger brüderlicher Weise des Rats Gnade und Gunst untertänig und demütig befohlen haben. Das habe er dem Magistrat aus erheischender Not wegen beider Wormser Schreiben zur Erläuterung seiner Unschuld berichten wollen. Nach der Verlesung von Wielands Stellungnahme im Rat am 15. März 1581 wurden die darin angeführten Zeugen des Geschehens auf dem Germansberg und bei ihm in der Kirche noch denselben Tag vernommen.191 Emerich Hierzu gab an, dass der Deutsche Schulmeister auf dem König ihn und seine Frau im vergangenen Herbst gebeten habe, ihm auf seinem üblichen Spaziergang mit seinen Knaben auf den Germansberg Gesellschaft zu leisten. Das habe er anfänglich abgelehnt. Als aber der Prädikant Wirich zu ihm gekommen sei, mit der Anzeige, dass weil er den Schulmeister vor dieser Zeit wegen dessen nachlässiger Zucht der Schulkinder gestraft hätte, wolle er, damit der Schulmeister nicht meine, er sei sein Feind, mit hinausgehen auf den Germansberg und ihn, Emerich Hierzu, bitten, ihm einen Gesellen zu geben, habe er sich schließlich doch zu dem Ausflug bewegen lassen. Dann seien die Herren Wirich, Theophilus, der Prediger zu St. Gilgen, Urban Stöcklin und er samt ihren Frauen auch draußen und miteinander fröhlich gewesen. Die Prädikanten hätten zum Teil lateinisch miteinander gesprochen, was er nicht verstanden habe. Dass Wirich über die Wormser Prädikanten etwas Gutes oder Böses gesagt habe, habe er bei seiner Seele Seligkeit nicht gehört. Wirich habe unter anderem zu dem jungen Prädikanten Theophilus gesagt, dass sein Schwager, Herr Bernhart, etwas seltsam sei und er sich wundere, dass Bernhart sich seiner als Schwager nicht angenommen, sondern ihn durch Fremde beim Rat habe präsentieren lassen. Wenn er es gleich gewusst hätte, hätte er ihm nicht weniger als geschehen allen guten Willen und Beförderung erwiesen, in der Hoffnung, er werde sich als treuer Mitbruder erzeigen, wie er, Wirich, es gleicherweise auch
191 StadtA Speyer 1 A 450/12, fol. 11r–14v (Druck: EA, Nr. 92).
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Die offizielle Einführung der Reformation und der Prozess der Konfessionsbildung
ihm gegenüber hätte tun wollen. Die jetzt entstandenen Querelen, so schloss der Zeuge, seien seines Erachtens von Herrn Bernhart angezettelt worden, der sich zuvor zwischen den Herren Wirich und Ebenreich dergleichen unterstanden hätte, was ihm aber nicht gelungen sei. Jacob Nessell, der Deutsche Schulmeister, zeigte an, das er im September 1580 mit seinen Schulknaben auf den Germansberg spaziert sei, wozu er etliche Herren und gute Freunde, wie die Herren Wirich, Theophilus, den Prediger zu St. Gilgen, Emerich Hierzu und Urban Stöcklin samt ihren Weibern eingeladen hätte. Sie seien ein paar Stunden zusammen fröhlich gewesen und hätten nur nette gute Tischgespräche geführt. Dabei sei das eine oder andere lateinische Wort über ein Buch geäußert worden, das Herrn Wirich nicht gefalle, was er, Zeuge, zur Genüge als gar nicht schmachhaft verstanden habe. Soviel er gehört habe, sei der Prädikanten zu Worms weder in Gutem noch in Bösem nicht im Geringsten gedacht worden. Urban Stöcklin äußerte, dass er als Nachbar neben anderen guten Freunden auch auf den Germansberg eingeladen worden wäre. Sie seien ganz fröhlich und guter Dinge, ohne jede Rede über Religion beieinander gewesen. Keiner habe ein böses Wort auf die Bahn gebracht, noch irgendjemanden beleidigt. Caspar Fischer, Baccalaureat in der Lateinischen Schule, habe schließlich angezeigt, dass er zu seiner Kindtaufe ungefähr vierzehn Tage vor Michaelis 1580 wie üblich zu Herrn Wirich in die Kirche gegangen sei, wo ihm der Glöckner der Predigerkirche und Herr Wirich erzählt hätten, wie es auf der Frankfurter Messe zugegangen, vor allem aber, dass auch Herr Bernhart dort gewesen und mit langem Mantel und Hut umhergangen sei, sodass er, der Glöckner, ihn nicht erkannt habe und wie dann, als Bernhart ihm und einem anderen hiesigen Bürger auf der Gasse begegnet sei, derselbe Bürger ihn gestoßen und gefragt habe, ob er, der Glöckner, seinen Prädikanten nicht kenne und ihm nicht die gebührende Reverenz erweisen wolle. Sonst hätten sie nichts weiter und über niemanden schlecht geredet. Herr Wirich sei seit zwei Jahren nicht mehr in seinem Haus und er, der Zeuge selbst, sei ebenfalls zwei Jahre, seit dem Tod seines Schwagers, nicht in Worms gewesen. Über Herrn Wirich habe er mit niemandem ein Wort gesprochen. Am 29. März 1581 erfolgte schließlich die Antwort des Speyerer Rats an den Magistrat der Stadt Worms.192 Man habe sowohl dessen Schreiben als auch die beigelegte Supplik der Wormser Prädikanten mit großem Missfallen gelesen. Als der Speyerer Rat aber in der Sache Nachforschungen angestellt und die erhobenen Anklagen als haltlos befunden hätte, habe er die allzu affektionierte und hitzige Darstellung der Theologen – für die sie zuerst, bevor sie sie an die Obrigkeit gebracht hätten, einen haltbaren Grund hätten haben und der sie vielleicht wegen
192 StadtA Speyer 1 A 450/12, fol. 22r–23v (Druck: EA, Nr. 93).
Nonkonkordistisches Luthertum in Speyer
bedenklicher Angaben streitsüchtiger Leute nicht einfach hätten Glauben schenken sollen, neben dem, dass ein derartiges Werk der zu diesen letzten Zeiten der betrübten, gebrechlichen Kirche sehr ärgerlich sei – mit nicht geringem Befremden vernommen. Weil nun niemand ungehört verurteilt werden dürfe, habe der Rat den Beklagten wie rechtens zunächst einmal zur Verantwortung gezogen. Seinen schriftlichen Bericht darüber, dass ihm mit den angegebenen Bezichtigungen Gewalt und Unrecht geschehe, könne der Wormser Rat Wielands beigelegter Stellungnahme entnehmen. Als der Rat dann auch die bei der Brunnenfahrt auf dem Germansberg anwesenden Personen dazu vernommen habe, was damals gesprochen worden und zu des Kantors Kindtaufe vorgefallen wäre, und daraus geschlossen habe, dass die Wormser Prädikanten nicht im Geringsten von Wirich geschmäht, ja von ihm und den auf dem Germansberg Anwesenden weder in Gutem noch in Bösem erwähnt worden wären, sei Wirich der unbewiesenen Anklagen wegen, solange dieselben nicht wie Recht beigebracht würden, beim Speyerer Magistrat zur Zeit noch entschuldigt und seiner Ankläger Begehren des Widerrufs seines, des Rats, Ermessens nach noch etwas zu früh. Sollte sich aber noch etwas Konkretes gegen den Angeklagten vorbringen lassen, wolle der Magistrat sich gegen ihn sowie andere Schuldige dermaßen verhalten, dass die Übeltäter das Missfallen des Rats zu spüren bekämen. Außerdem wolle der Rat dann auch gerne die Namen der Anstifter und Denunzianten in Erfahrung bringen. Damit endet die Korrespondenz zu diesem Fall, sodass auch von seinem Abschluss auszugehen ist.
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4.
Reformatorische und konfessionelle Entwicklung bis um das Jahr 1580 – Ein Resümee
Nach dem Augsburger Religionsfrieden spielte sich das altgläubige Leben in Speyer hauptsächlich in den Gottesdiensten im Dom und der Nebenstifte Allerheiligen, St. German und St. Guido ab.1 Neben den Stiften blieben vor dem Dreißigjährigen Krieg auch die drei katholischen Frauenkonvente der Dominikanerinnen, Augustinerinnen und Franziskanerinnen bestehen.2 Die Zahl der Altgläubigen ging im Lauf der Jahre drastisch zurück. Im Jahr 1570 erklärte der katholische Vikar Johann Ziegler, dass er die Pfarrei St. Bartholomäus nicht länger versehen wolle, weil in den Gottesdiensten nicht mehr als zwei Personen anwesend seien. Deshalb habe er bisweilen mit Schande von der Kanzel gehen müssen. Das Domkapitel befahl ihm, auszuhalten und falls er nicht mehr Leute anträfe die Predigt wegzulassen und nur zu zelebrieren.3 Bei einem Speyerbesuch am 25./26. März 1576 stellte der päpstliche Nuntius Graf Bartholomäus von Portia neben dem zahlreichen Klerus mit seinem Gesinde und dessen Angehörigen lediglich dreißig weitere Katholiken in der Stadt fest.4 Bereits 1567 hatte das Domkapitel zur Stabilisierung des städtischen Katholizismus in unmittelbarer Nachbarschaft zum Dom ein Jesuitenkolleg installiert, das bei Bürgern und Rat auf starke Ablehnung stieß, gegen Ende des 16. Jahrhunderts aber wieder für einen deutlichen Aufschwung des katholischen Lebens in der Stadt sorgte.5 Neben den Katholiken gab es mit einigen Täuferkonventikeln und der 1572 auf Betreiben des reformierten Kurfürsten Friedrich III. – trotz der alleinigen Legitimierung der katholischen und der Augsburgischen Konfession im Augsburger Religionsfrieden – an St. Ägidien ins Leben gerufenen (kurpfälzisch) reformierten 1 Vgl. Ammerich, Das Bistum Speyer, 116. 2 Zu den Speyerer Stiften, Kirchen und Klöstern vgl. die entsprechenden Artikel in Engels, Palatia Sacra I/1.2; dies., Palatia Sacra I/1.1b; Keddigkeit/Untermann/Ammerich/Lagemann/Möller, Pfälzisches Klosterlexikon 4. 3 Als sich her Iohan Ziegler vic‹ar› vnd pfar verweser zu S. Bartholmeß, dieselb pfar lenger zuuersehen beschwerdt, deren vrsach halben wan er dohin khome, weren etwan vber ein od‹er› zwo personen nit in der kirchen vnd müßt zu zeitten mit scham wid‹er› von d‹er› Cantzeln gehn, hatt gepetten inen deren zuerlaß‹en›. Daruf ime beuollenn ferner das best zu thun, vnd im fal er nicht mehr leuth hette, solt er Allein celebriren vnd nit predig‹en›, khöndt doch etwan durch den Glöckner bei etlichen pfarkind‹ern› erkundigen was die vrsach das sie auß d‹er› kirch‹en› plieben, deßen er sich erpotten (GLA Karlsruhe 61 Nr. 10942, S. 419f, Protokoll zum 10. Oktober 1570); vgl. Stamer, Kirchengeschichte, 41f. 4 Kuby, Geschichte, 41. 5 Vgl. dazu ausführlich Blum, Multikonfessionalität, 295–334; Ammerich, Das Bistum Speyer, 119–125; ders., Bistum und Hochstift Speyer, 156–162.
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Gemeinde zwei weitere konfessionelle Minderheiten.6 Bei den Reformierten soll es laut Julius Ney (vermutlich am 25. Sonntag nach Trinitatis) 1576 85 Abendmahlsempfänger gegeben haben.7 Kuby zufolge könnten darunter auch einige gewesen sein, die wegen der konfessionellen Veränderungen in der rechtsrheinischen Pfalz und im Oberamt Germersheim nach Speyer kamen.8 Laut eines Ratsvermerks vom 9. Februar 1577 soll der Ägidienpfarrer Georg Infantius angegeben haben, dass nicht mehr als zwölf oder sechzehn Frauen und vierundzwanzig Männer seine Predigt besuchten hätten.9 Nachdem Friedrich III. Ende Oktober 1576 verstorben war, wurde der calvinische Pfarrer auf Betreiben des Speyerer Magistrats von dem gemäßigt lutherisch gesinnten Kurfürsten Ludwig VI. im Februar 1577 gegen den Pfarrer Amandus Beuerer ausgetauscht. Nach Ludwigs Tod am 12. Oktober 1583 installierte sein reformierter Bruder, Pfalzgraf Johann Casimir (reg. 1583–1592), der für den minderjährigen Friedrich IV. (reg. 1592–1610) die Regierung übernahm, auf Wunsch der calvinischen Gemeinde 1584 wieder einen Pfarrer auf die Stelle, der des in Gottes Wortt vnzweiffelich gegrünten Cathechismi vndt Kirchen Ordnung Friedrichs III. gemäß praktizieren sollte.10 Die Ägidienkirche blieb dann zunächst bis in den Dreißigjährigen Krieg reformiert. Der Magistrat ergriff kurz nach dem Augsburger Religionsfrieden Maßnahmen zur offiziellen Einführung der Reformation. Nach der Konsultation des inzwischen zum Hofprediger Ottheinrichs avancierten Michael Diller erfolgte Anfang 1556 die zügige und rigorose Wiederaufnahme der evangelischen Predigt im Augustinerkloster. Im Juli 1556 erstatteten die neu bestellten Stadtprädikanten ihrer
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Vgl. dazu Kuby, Geschichte, 39–66. Ney, „Aufruhr“, 115. Kuby, Geschichte, 41. It‹em› Als Infanti‹us› furgebe, d‹as› vb‹er› 12 od‹er› 16 weibs vnnd 24 manß personen sein predig nit besucht, die frequentiam wieviel vngeferlich in sein p‹re›dig gang‹en› zuerkundig‹en› (StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 142r). 10 StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 4r–5v (Druck: EA, Nr. 94); Daniela Blum ordnet diese Quelle chronologisch falsch ein, woraus auch eine falsche Kontextualisierung folgt. Blum meint, dass die calvinische Gemeinde das Schreiben „unmittelbar nach der Absetzung des Infantius“ angefertigt habe. Es richte sich bezeichnenderweise „nicht an Kurfürst Ludwig, sondern an dessen Bruder Johann Casimir“ (Blum, Multikonfessionalität, 78f) respektive „nicht an den lutherischen Kurfürsten Ludwig, sondern an dessen Bruder Johann Casimir“ (Blum, Die reformierte Minderheit, 80). Aus dem Dokument geht jedoch explizit hervor, dass Ludwig zu dieser Zeit bereits verstorben und die Administration der Kurpfalz auf Johann Casimir übergegangen war: Wan dann nuhnmehr vff tödtlichen abgang weilandt des auch durchleuchtigsten hochgebornen Fürsten vndt herrn, herrn Ludwigs Pfaltzgrauen Churfürsten, E. F. g‹naden› geliebten herrn bruders hochlöblichster gedechtnus, die Administration der Churf‹ürstlichen› Pfaltz vff E. F. g‹naden› […] erwachsen (fol. 4r). Zudem steht bei der Angabe des Adressaten Johann Casimir Vormundt [für Friedrich IV.], vnd der Churf‹urstlichen› Pfaltz Administratorn (fol. 5v).
Reformatorische und konfessionelle Entwicklung bis um das Jahr 1580 – Ein Resümee
Obrigkeit Bericht über die religiöse Lage der evangelischen Gemeinde und die Vermittlung der reinen Lehre des Evangeliums. Nach diesen vorbereitenden Schritten verordnete der Rat dann 1557 die weitgehende Übernahme der Württembergischen Kirchenordnung. Dieser grundlegende Rechtsakt markiert definitiv und normativ verbindlich die offizielle Einführung der Reformation. Demnach ist 1557 das Jahr, in dem die Reformation in der Stadt Speyer offiziell eingeführt wurde. Die in der Württembergischen Kirchenordnung vorgeschriebene Festlegung auf die hohes Integrations- und Konfliktpotential zugleich bergende Confessio Augustana11 als Lehrnorm wollte der Magistrat zu diesem Zeitpunkt aber nicht übernehmen. Diese Vorschrift sollte in Speyer „umgangen“ werden. Man wollte sich nach wie vor exklusiv auf das lautere Wort Gottes, also allein auf die Bibel, berufen. Damit war in Speyer zunächst eine konfessionell indefinite reformatorische Gemeinde entstanden. Die Stadt war somit offiziell nicht bikonfessionell, sondern durch religiöse bzw. theologische Binnenpluralität gekennzeichnet.12 Seit 1557 dürfte das Speyerer evangelische Kirchenwesen weitgehend gemäß der Württembergischen und ab 1577 nach der mit dieser im Großen und Ganzen konformen Kurpfälzischen Kirchenordnung Ludwigs VI. (mit den lokalen Verhältnissen angepassten Modifikationen) organisiert gewesen sein. Nachdem der Stadtrat seine Prädikanten mit der Erstellung eines Entwurfs einer auf die örtlichen Gegebenheiten zugeschnittenen eigenen Form der Kirchenordnung für die evangelische Gemeinde beauftragt hatte, supplizierten jene Mitte Januar 1579 um die verbindliche Übernahme der Kurpfälzischen Kirchenordnung Ludwigs VI. als allgemein rechte Form. Wie der Magistrat darauf reagierte, ist nicht überliefert. Fest steht jedenfalls, dass die evangelische Gemeinde während des gesamten Untersuchungszeitraums keine eigene, allgemein verbindliche Kirchenordnung hatte, wodurch offenbar Unklarheiten, Interpretationsspielräume und als Folge davon Zänkereien unter den Prädikanten entstanden. Eine eigene Kirchenordnung (bzw. Agende) erhielt die Gemeinde erst mehr als ein Jahrhundert später.13 Am 20. Juli 1612 beklagte der Rat, dass bei dem kirchen ministerio allerhandt vnordtnung vnd vngleichheit in Ceremonien eingerissen seien, welches sonder Zweifel daher erfolget, das man bißhero kein gewisse beschriebene Kirchen-Ordtnung, darnach sich dasselbe richten mögen, gehabt.14 Zur Behebung dieses Missstands wurde die Errichtung eines Konsistoriums verfügt, das unter Hinzuziehung der Prädikanten eine Kirchenordnung entwerfen und dem Magistrat zur Begutachtung vorlegen sollte. Die Bekenntnisgrundlage bildeten die Augsburger Konfession von 1530, deren Apologie sowie Luthers Großer und Kleiner 11 12 13 14
Kaufmann, Konfession und Kultur, 364–409; Dingel, Von der Wittenberger Reformation, 241. Vgl. dazu auch Hofmann, Leben, 63, 69. Vgl. dazu und zum Folgenden Jung, Zur Geschichte des evangelischen Gottesdienstes, 113–122. Zitiert nach Jung, Zur Geschichte des evangelischen Gottesdienstes, 114.
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Katechismus. Ob es zur Ausarbeitung der Ordnung kam, geht aus den Quellen zwar nicht hervor, scheint aber eher nicht der Fall gewesen zu sein. Denn erst im Jahr 1651 ist wieder die Rede von einer neuen Kirchenordnung, die Pfarrer Johann Konrad Schragmüller (1605–1675)15 mit seinen Kollegen erstellt haben soll. Aber auch der Werdegang dieser Ordnung ist unbekannt. Der Hinweis in einem Konsistorialprotokoll vom 6. März 1677, dass die vier Pfarrer in ihren Kirchen Konformität beim Gebet und den Zeremonien, vor allem bei der Administration der Sakramente, Einsegnungen und Begräbnissen wahren sollten, legt nahe, dass die evangelische Gemeinde noch immer keine eigene Kirchenordnung besaß. Nach der Zerstörung der Stadt Speyer 1689 im Pfälzischen Erbfolgekrieg wurden die Einwohner evakuiert. Viele Bürger und Ratsmitglieder wurden in Frankfurt am Main aufgenommen, wo der Magistrat bis Ende Dezember 1697 dann auch tagte.16 Erst nach der Rückkehr der Obrigkeit aus dem Frankfurter Exil nach Speyer im Frühjahr 1698 wurde die wiederholt angestrebte Erstellung einer Kirchenordnung verwirklicht. Am 11. November 1699 bat der Magistrat Dr. Johann Daniel Arcularius (1650–1710), Pfarrer und Senior der Frankfurter Katharinenkirche, um die Begutachtung des Entwurfs der Speyerer Kirchenordnung, der von den dazu verordneten Konsistorialen verfasst worden sein soll. Arcularius gab das Dokument bald darauf ohne wesentliche Änderungen zurück. Als Vorlagen der Agende dienten nachweislich die Straßburger und augenscheinlich die weitgehend übereinstimmenden Frankfurter Kirchenordnungen von 1644/168817 . Die Anlehnung an die Frankfurter Agenden ist einerseits aufgrund des rund neunjährigen Frankfurter Exils des Speyerer Magistrats und andererseits aufgrund der Mitarbeit des ehemals in hessen-darmstädtischen Diensten stehenden Speyerer Pfarrers Johann Wilhelm Pollmann plausibel. Schließlich wurde die Agende im Jahr 1700 eingeführt und im Druck veröffentlicht.18 Die zögerliche Haltung des Magistrats bei der evangelischen Konfessionsbildung scheint während einer unmittelbar auf den Augsburger Religionsfrieden folgenden Transitions- und konfessionellen Identitätsbildungsphase abgeebt zu sein, sodass den angeführten Quellenbelegen zufolge spätestens 1561 die Augsburger Konfession anerkannt und angenommen und damit sowohl der konfessionelle Schwebezustand beendet als auch die reichsrechtliche Absicherung wiederhergestellt waren. Die Annäherung an die Reformation, ihre Ein- und Durchführung,
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Zu Johann Konrad Schragmüller vgl. Spatz, Das evangelische Speyer, 96. Vgl. dazu Fischer, Speyer und Frankfurt. Vgl. dazu Becker, Kirchenagende, 12f. AGENDA, Das ist: Kurtze doch reine und richtige Kirchen=Ordnung/ Wie es in der reinen Evangelischen / der ungeänderten Augspurgischen Confession zugethanen Kirchen deß Heil. Reichs Freyen Stadt Speyer / mit Verkündigung göttlichen Worts/Reichung der H.Sacramenten/ und andern Christlichen Ceremonien gehalten werden soll. Gedruckt im Jahr 1700.
Reformatorische und konfessionelle Entwicklung bis um das Jahr 1580 – Ein Resümee
Institutionalisierung und Konsolidierung sowie die konfessionelle Identitätsbildung stellten in Speyer einen langwierigen lavierenden und mäandernden Mutationsbzw. Transformationsprozess dar, der durch sorgsame Nutzen-Risiko-Abwägungen, politische Rücksichtnahmen, Beratungsgespräche, Nachjustierungen sowie von intra- und interkonfessionellen, mit scharfen Grenzziehungen und Ausgrenzungen einhergehenden und ausgeprägt identitätsbildenden Kontroversen19 gekennzeichnet ist. Die Reformation war in Speyer also wie auch andernorts kein Umbruch, sondern ein komplexer und zögerlicher Veränderungsprozess.20 Dieser Prozess spiegelt sich auch in überlieferten Details der kommunalen Alltagsgeschichte, wenn etwa städtische Prädikanten im Vorfeld von Taufen gelegentlich darüber aufklären mussten, dass ausschließlich evangelisch gesinnte Personen Taufpaten sein können. In der Übergangsphase nach der offiziellen Einführung der Reformation sollte die evangelische Gemeinde auf Ratsanordnung auch weiterhin diverse altgläubige Feiertage wie beispielsweise den Dreikönigstag, Mariä Himmelfahrt, den Laurentiustag, Allerheiligen und den Martinstag beibehalten. Ferner hat die Bürgerschaft nach der offiziellen Einführung der Reformation nicht abrupt ihre traditionelle Funktion bei den Herrscheranniversarien in der Domkirche aufgegeben.21 Erst seit Mitte der 1570er Jahre kamen die Zünfte ihrer Pflicht von wegen inen gegebner priuilegien, in Anniuersariis Imperatorum et Regum mit iren Zunfft kertzen zuerscheinen nicht mehr nach. Der Erzpriester, der die Zünfte zur Überbringung der Kerzen in den Dom aufzufordern hatte, wurde mit schimpflichen und ehrenrührigen Worten abgefertigt.22 Am 15. November 1578 beschloss das Domkapitel, dem Bischof
19 Vgl. Kaufmann, Konfession und Kultur, 18: „Lutherische Identität formierte sich im Streit; lutherische Konfessionskultur ist in theologiegeschichtlicher Perspektive primär als Streit- und Dissenskultur zu beschreiben.“; Dingel, Von der Wittenberger Reformation, 240. 20 Vgl. Rudolph, Reichsstadt Regensburg, 17. 21 Vgl. Blum, Multikonfessionalität, 260f, die allerdings traditionell von der offiziellen Einführung der Reformation in Speyer im Jahr 1540 ausgeht (Dies., Multikonfessionalität, 1; dies., Die reformierte Minderheit, 75); die sich auf „StA Speyer 1 A 555, fol. 97v“ beziehende Bemerkung in Moddelmog, Königliche Stiftungen, 106, „dass die Speyerer Zünfte nicht alle katholischen Bräuche sofort aufgaben, lässt sich einer Zunftordnung der Schneiderzunft von 1557 entnehmen, in der es heißt, dass die jeweils jüngsten […] Mitglieder bei feierlichen Anlässen die Zunftkerzen tragen sollten“, kann in diesem Kontext allerdings nicht als Beispiel dienen, weil es sich tatsächlich um die Zunftordnung von 1527(!) handelt (StadtA Speyer 1 A 555/2). Blum, Multikonfessionalität, 260, rezipiert Moddelmogs irrige Ausführung: „Die Verordnung der Schneiderzunft von 1557 bestimmte, wer zur großen Fronleichnamsprozession die Kerzen trug. Damit nahm die Schneiderzunft noch 1557 an der Fronleichnamsprozession teil.“ 22 Vnd nachdem die Zünfft alhie schuldig von wegen inen gegebner priuilegien, in Anniuersariis Imperatorum et Regum mit iren Zunfft kertzen zuerscheinen, auch dasselbig vor dieser zeit alwegen gelaistet, aber neuwlich in abgang khom‹m›en laßen vnd d‹er› Ertzpriester, so angeregte iarzeitten denn Zünfften pflegt zuuerkhünden, gemeinlich mit schimpfflichen vnd iheweils erletzig‹en› wortten abgefertigt. Ist fur rhatsam bewogen hierzu nicht stilzuschweig‹en›, sond‹er› eß an Regum gelangen zu laßen, damit
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diesen Verstoß zu melden und dessen Ahndung zu fordern. Zugleich begehrte es die Stellungnahme des Magistrats und der Zunftvertreter selbst. Das Kapitel verwies dabei auf den traditionellen Zusammenhang zwischen der Privilegieninschrift über dem Domportal und der zünftischen Verpflichtung zur Bereitstellung der Kerzen im Dom anlässlich der kaiserlichen und königlichen Jahrgedächtnisse.23 Das Kapitel sah die städtischen Freiheiten in der Dependenz von Dom, Privilegieninschrift und den geforderten Anniversarleistungen. Der Magistrat und die Zünfte nahmen ihre Sonderrechte aber inzwischen ganz losgelöst von der Speyerer Kathedrale, deren Klerus und ihrer Herrschermemoria wahr. Der Abspaltungsprozess der reformatorisch gesinnten Bürgerschaft von der traditionellen Kirche war offenkundig weitgehend zum Abschluss gekommen, wenngleich im lokalen evangelischen Kirchenwesen auch noch traditionelle Elemente beibehalten und gepflegt worden sein können. Ain gantze, volle, satte reformation […] aller ding in kirchischen und politischen sachen, wie der Konstanzer Reformator Ambrosius Blarer es gelegentlich formulierte, gelang in Speyer nicht.24 Insgesamt war die Stadt nach dem Augsburger Religionsfrieden im Lauf der Zeit durch die zwischenzeitliche Annahme der Confessio Augustana durch den Magistrat reichsrechtlich plurikonfessionelle Reichsstadt geworden, die offiziell mit den wenigen verbliebenen Katholiken und einer unerwünschten kleinen reformierten Gemeinde auch zwei religiöse christliche Minderheiten beherbergte.25 Seit wann genau die zur Wittenberger Reformtheologie tendierenden Augsburger Konfessionsverwandten der Stadt Speyer sich selbst als lutherisch verstanden, lässt sich nicht genau fixieren. Die Ansprache Kurfürst Ludwigs VI. in der Instruktion des Magistrats vom 16. Januar 1577 als der wahren Augsburgischen Konfession verwandt und die im Januar 1579 geäußerte Bitte der Speyerer Prädikanten an den Magistrat, die Kirchenordnung des gemäßigt lutherisch gesinnten Kurfürsten Ludwig VI. mit ihrer Festlegung auf die Confessio
solches gegen dem Rhat geandet (GLA Karlsruhe 61 Nr. 10945, S. 164, Protokoll zum 4. November 1578). 23 Des andern halben, das die Zünfft zu Speyer in den keyserlich‹en› vnd koniglichen iarzeitten ire Zunfft kertzen nicht mehr stelten, wie von Alters herkhom‹m›en vnd sie vermög der Stat gegebnen Freiheit‹en› schuldig, sonder vngeuerlich bei dreien iarn hero in abgangh gerhat‹en› Hetten ire f‹urstlichen› g‹naden› vermelt, Nachdem die vom Rhat in nechst furgeloffner handlung zwusch‹en› iren f‹urstlichen› g‹naden› und demselben gütlich geubt, sich vielfeltig auf dasselbig Priuilegium vber der kirchdhür des eingangs geschrieben, gezogen, So were billich das sie gleichfals thetten was inen solches vflegt, Wolten derwegen die sachen notturftiglich berhatschlagen vnd die vom Rhat (·so eß meinen hern gefällig·) beschickhen vnd inen furhalt‹en› auch als dem was sie zu antworth geben, ir Eren widerumb anzaig‹en› laß‹en› (GLA Karlsruhe 61 Nr. 10945, S. 180, zum 15. November 1578). 24 BWB 2, Nr. 1049. 25 Jüdische Einwohner sind in Speyer vom frühen 16. bis zum frühen 17. Jahrhundert nicht belegt (Menrath, Speyerer Juden, 131–133).
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Augustana invariata und deren Apologie von 1530, Luthers Schmalkaldische Artikel und dessen Kleinen Katechismus als allgemein rechte Form zu übernehmen, spricht deutlich für eine ebenfalls (gemäßigt) lutherische Tendenz der Prädikanten wie auch des Magistrats samt seiner gleichgesinnten Bürgerschaft. Auf die unveränderte Fassung der Augsburger Konfession wurde der lutherische Protestantismus schließlich im Konkordienwerk festgelegt. Ganz seiner grundsätzlich vorsichtigen Zurückhaltung entsprechend lehnte aber der Speyerer Magistrat die Unterzeichnung des Konsensdokuments ab. Er befürchtete bei dessen Annahme Irritationen innerhalb der eigenen evangelischen Gemeinde, vielleicht aber auch den Ausschluss aus dem Augsburger Religionsfrieden. Möglicherweise wollte man sich auf diese Weise auch von den Gnesiolutheranern distanzieren und zu einem gemäßigten, philippistisch geprägten nonkonkordistischen Luthertum bekennen. Eigentlich ist es erst ab dieser Zeit legitim, die Mitglieder der Speyerer evangelischen Gemeinde als dezidiert – allerdings eben nicht orthodoxe, sondern nonkonkordistische (melanchthonisch geprägte?) – Lutherische zu bezeichnen. Für die davorliegende Zeit ist die Verwendung der auf die Confessio Augustana invariata festgelegten Selbstbezeichnung der Gemeindemitglieder als „Augsburger Konfessionsverwandte“ unverfänglicher. Die evangelisch-lutherische Gemeinde der Stadt Speyer ist dauerhaft beim nonkonkordistischen Luthertum geblieben. Die Anführung des Konkordienbuchs in dem mit den Frankfurter Agenden von 1644/1688 weitgehend übereinstimmenden Kapitel über die Ordination in der Speyerer Kirchenordnung von 1700 neben den Bekenntnisschriften, auf die sich die einzusetzenden Prediger zu verpflichten hatten, beruht erkennbar auf stillschweigender Übernahme aus der Frankfurter Vorlage.26 Der Frankfurter Pfarrer Matthias Ritter der Jüngere (1526–1588) hatte trotz der ablehnenden Haltung des Magistrats der Reichsstadt Frankfurt gegenüber dem Konkordienbuch27 dessen stillschweigende Aufnahme in die Frankfurter Kirchenordnung bewirkt. Nach der Einschätzung von Hermann Dechent scheint eine Agenda, die Ritter 1579 entworfen hatte wegen mit dem Konkordienbuch zusammenhängender Streitigkeiten nicht eingeführt worden zu sein, wohl aber der dann es anführenden Agenda von 1589 wesentlich zu Grunde gelegen zu haben, sodass die Frankfurter Prädikanten seit 1589 bei ihrer Ordination auch darauf
26 „Wollet ihr auch mit Gottes Hülff und Gnade bey dem klaren hellen und außgedruckten Wort Gottes / so in den Schrifften Mose/ der Propheten und Aposteln begriffen / in den dreyen Haubt=Symbolis der e e Kirche / Apostolico, Nicæno & Athanasiano kurtzlich verfasset / und in der ungeanderten Anno 1530. e Kayser Carolo V. übergebenen Augspurgischen Confession, derselben Apologi, Schmalkaldischen Articuln, beyden Catechismen Lutheri und dem Christlichen Concordi=Buch wiederholet und e erklaret worden / treulich und fleissig bleiben/auch allen Christlichen reinen Evangelischen Kirchen treulich nachkommen?“ (AGENDA, 12f); vgl. dazu Becker, Kirchenagende, 82–85. 27 Heppe, Geschichte des deutschen Protestantismus 4.2, 185f; Pressel, Churfürst Ludwig, 520f.
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verpflichtet wurden.28 Sowohl der Frankfurter als auch der Speyerer Magistrat haben das Konkordienbuch aber nie unterschrieben und dadurch angenommen. Aber auch wenn die Obrigkeit und die Mehrheit der Einwohnerschaft von Speyer nonkonkordistisch (gemäßigt) lutherisch gewesen sein mögen, steht die konfessionelle Heterogenität der Stadt doch gegen deren Ansprache in der überwiegend älteren Forschung als „lutherische Reichsstadt“. Die konfessionellen respektive religiösen Antagonismen lieferten häufig Zündstoff für Spannungen und Konflikte zwischen den konkurrierenden Gruppen und Institutionen, wodurch es nicht immer leicht war, einen für alle erträglichen Modus vivendi zu finden. Aber auch wenn die gegenseitigen Provokationen und Streitigkeiten in den Quellen deutlich überrepräsentiert sind, weil sie eher dokumentiert und tradiert wurden als alltägliches, dialogisches sowie harmonisches Neben- und Miteinander, gibt es doch auch Belege für friedliche Koexistenz und zweckgebundene Kooperation, wobei man sich über die scharf gezogenen Konfessionsgrenzen hinweg die helfende Hand reichte.29
28 Dechent, Ritter, 667f; Bauer, Bekenntnisstand V, 90–96. 29 Ohler, Alltag, 631f; Ammerich, Kleine Geschichte der Stadt Speyer, 77; Warmbrunn, Speyer, 1795f.
Edition der archivalischen Quellen
Editionsgrundsätze Der Text ist samt Interpunktion originalgetreu wiedergegeben. Emendationen werden zwischen zwei eckigen Klammern im Normaldruck angezeigt: [Emendation]. Abbreviaturen werden bis auf ß (= solidus/Schilling) durch spitze Klammern ‹...› gekennzeichnet aufgelöst. Einschübe am Rand werden in den Text integriert durch geschweifte Klammern indiziert: {Einschub}. Streichungen werden im Text, die potentiell jüngeren Unterstreichungen im Anmerkungsapparat angezeigt. In Fettdruck stehen in eckigen Klammern die Blattzahlen.
Nr. 1 1538 Bedenken einer vom Magistrat der Stadt Speyer beauftragten Kommission die Predigt daselbst betreffend. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/4, fol. 2r–5v. Druck: Scribner, Memorandum, 253–255 (sehr fehlerhaft); Eger, Reformation und Protestation, 11–18 (Faksimile), 19–21 (in modernisierter Schreibweise); EKO 19/1, 87–89 (sehr fehlerhaft). [fol. 2r] Bedenckens der predig halben Nach dem auß dem gotlichen wortt offenbar erscheint das dem menschen dasselbig haillige wort zw erhaltung der seelen hayl nit weniger von notten, dan das naturlich brot, dem sterblichen leib, vnd doch sollich gotlich wort in der Stadt Speyer wenig lauter vnnd clar one vermengung menschlicher zwsetz, gelert wurdt, dardurch das gemein volck der vermischten lere hessig, vnd des raynnen gotlichen wortts begirig sein vermerckt wurdt, Vnnd doch sich nit fugen wil das ein rath sich vnderstehe ein sonderlichen predicanten an ein sonderlich ort oder kirchen dae dergleichen vor nit gewesen, anzwnemen oder vffzwstellen, auß vrsachen {erstlich:} das dem rechten nach soliche predicaturen nit vffgericht werd‹en› sollen dan mit ordenlich‹en›, das
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Edition der archivalischen Quellen
ist in disem fall Bischofflichem zwlassen1 , vnd wue sollicher weg gesucht werd‹en› solt, so wurd daraus gewißlich volgen, das der angenomen predicant eins raths vollen gewalt, ine zwsetz‹en› vnd zwentsetz‹en› (er predigte wye er woltt) schon entzog‹en›, vnd sich seins gefallens vff seynnen ordenlich‹en› richter zihen, wurde [fol. 2v] vnd sich, demselben zwgefallen eben als bald der heuchlerei vnd menschentandts, als der gotlichen warheit in seynner lere geraumen möcht, So stund man nach vilen mhue vnd costenn eben in dem schleym darin man vor gesteckt were, Zwm andern, wue ein rath fur sich selbst one das Bischofflich zwlassen ein predicant‹en› ordnen thett. das daraus gewißlich anders nit volgenn, dan das ein rath in den hechsten verdacht khomen vnnd betrag‹en› wurde, das Er aller der kay‹serliche›n Ma‹iestae›t gethanes zwsagenn in vergeß stellen, sich den luterischen anhengig machen2 , vnnd mit den selben irer ma‹iestae›t itziger in teutzscher Nacion, verwißli gegenwertigkait ein sondern newen trotz beweisen woltt. {das gemaynner stadt Speyer zw endlich‹en› verderben ruren möchte,} Zw dem den newen predicante‹n› auch gar eben so wenig als den alten pfaffen zuuertrawen dan an dem mheren thail derselben bißanhere offentlich‹en› gesehen, das sy sich selbst vnnd iren nutz eben als wol gleich als dy alten gesucht, denn deur erkaufften schöfflin Cristi sey [fol. 3r] es gang‹en› wye eß wöll, vnd das dieselb‹en› schoff ire anhenger mher geitzigkait vnd ergernus von inen zwm theil gelernet, dan sy vor gewist vnnd geubet, Darzw eynnes noch gressern dan dy alten gaistlichen des Babstes hauffen sich ye vnderstanden, beflissen haben als nemlich sich in dy weltlichen rethe zwdring‹en› zwsetzen, vnd irs gefallens darein zwzieh‹en› vnnd darauß zuueriagenn, Vnd wie demutig ainfeltig vnd gotselig sy sich erstlichen erzaiget, allein essen drinck‹en› vmb vnd an zw irer besoldung begeret, ist in doch sollicher gaist, Sobald sy den gemaynenn befel3 vnnd hauffen an sich bracht {vnd mit denselb‹en› der erbarkeit zw starck word‹en›} bald entwuscht, vnd hat man sy demnach nit hech gnug besolden mögen zw dem alle frechhait vnd leichtfertigkait {etlich‹en› auß inen gantz vnuerscheucht} gemain, word‹en› vnd mit dem haillig‹en› gotlichen wort one grundt vertaidingt vnd beschonet word‹en›. Darauß dan in vilen stedten vnd land‹en› merckliche erschrockliche emporung entstand‹en›, vnd layder an ortt‹en› noch nit anderst gehausett vnnd geregiret werd‹en› muß dan nach irem vermaint‹en› ires gefallens verruckten euangelium, Das [fol. 3v] doch nit weniger Cristo, derselbst sein reich nit von diser welt sein bezeuget {auch ein konig zw sein waigert vnd entpflohe,} dan das irdisch babstthumb zwwid‹er›, auch vor got gar nit besten mag, Daraus dan eynnem rath weder vor got noch irer oberkait, noch zuerhaltung irer stadt rue, frid‹en› vnnd einhelligkait, keins wegs fuglich sein wil {noch zur zeit} eynn 1 Unterstrichen das ist in disem fall Bischofflichem zwlassen,. 2 Unterstrichen das Er aller der kay‹serliche›n Ma‹iestae›t gethanes zwsagenn in vergeß stellen, sich den luterischen anhengig machen. 3 befel (Pöfel) = Pöbel.
Edition der archivalischen Quellen
sonderliche predicatur, oder predicant‹en› an ein sonder ortt vffzwricht‹en› oder zwbestellenn Nun will aber der kay‹serliche›n ma‹iestae›t, noch zur zeit forhabende relligion, noch der gaistlich‹er› anhanges am babstthumb, noch der vntath so von den newen predicant‹en›. Nun wil aber das so in dy kayserlichen ma‹iestae›t getrag‹en› werd‹en› mocht vnd eynnem rath in sollich‹er› zw enschuld‹en› vffgelegt werd‹en› möcht, der gleich‹en›, das geordent recht vffrichtung der predicaturen belangend, vnnd der vntath so von vilen predicant‹en› an mher dan eynne‹n› ort bißanhere gestifft word‹en›, so hoch nit zwweg‹en› noch zwacht‹en› sein, das darumb das gotlich wort in Speyer lauter und rayn, nit so beschaidenlich, mit rue vnd frid‹en›, zwerhaltung {menschlicher tugentt vnd} der selen hail nit solt gepredigtt werd‹en›, Sonder vilmer weg zwsuch‹en›, das es zum stilsten [fol. 4r] gefurdert werd‹en› möcht, Sollich‹em› nach hab‹en› dy verordent‹en› bedacht, Nach dem {der prior zw den augustinern} eyn gelertter vnd der haillig‹en› schrifft erfarner man, dergleich‹en› der pfarher zw sandt Gilig‹en› sich bißanhere dermassen in seynnem predigen vnd thun gehalt‹en› das sy bede den weg der seligkait {vff cristu‹m› der welte hailandt zuchtig beschaidenlich vnd vnverwißlich4 } lerende von meniglich‹en› vernomen word‹en›, daß die selb‹en› zwen ers in der geheym, durich etliche vom rath verordente ersucht werd‹en› soltenn, Nemlich der prior das er alle sontag, vnnd auch‹en› fest vnser lieben frawen, vnd der hailligen apostel morgest von VII horen biß vff achte predigte, vnd das in seynnem clost‹e›r zw den augustinern, predigte vnd der pfarher zw sandt Gilg‹en› in seynner pfar wy bißhere predigte, welche bede predigen dem volck nutz vnnd gnugsam sein möcht‹en› Vnd dieweyl sich dannoch gepuren will, das sy dagegen irer muhe arbeit vnnd vleis belonet wurd‹en› vnnd doch nit fuglich‹en› sy offentlichen zwpredig‹en› zwbestellen oder zwversolden, das der sicherste vnnd vnuerweißlichste weg sein solt, das man den prior zw den augustinern also wy gemelt vnd auch sein recht ampt ist, zwpredigen bötte, vnnd vff keynnen bestimpten solt noch zeit iare mit im abredte, sond‹er› allein vff erpieten das es ein rhat vmb ine beschuld‹en› wol zwbeschuld‹en› in keynner vergeß stellen woltt, vnd doch ime damit [fol. 4v] ein ß guld‹en› od‹er› drey auß dem gemaynnen nutz vererte5 , nit vmb solicher konfftiger predigen willen, sonder auß furgegebnen vrsachenn das er hieuor eynne‹n› rhat zwgutt‹en› die pfar zw sandt Georg‹en› bey zweyen iarn verseh‹en›6 wenig dauon empfang‹en› (wy auch alles dy warheit) vnd dan mit den widertauffern‹n› merckliche arbeit gehapt,7 dy ime noch biß anhere vnuuergolt‹en› plieben, vnd so das also mit ime gehandelt, das verhoffentlich, er wurde wy obstedt 4 vnverwißlich (unverweislich) = tadellos, richtig. 5 vererte = schenkte. 6 Unterstrichen das er hieuor eynne‹n› rhat zwgutt‹en› die pfar zw sandt Georg‹en› bey zweyen iarn verseh‹en›. 7 Unterstrichen vnd dan mit den widertauffern‹n› merckliche arbeit gehapt.
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zw predig‹en› eynnem rath zuerenn dester willig‹e›r sein der zuuersicht, dyeweil ine ein rath den vorgethaner arbeit so gutwilliglich‹en› belonet, ime wurd das konfftig (wy dan auch billich bescheen soll) nit vnuergoltt‹en› pleiben. Wue auch sich gedachter prior der predig beschweren, vnnd verwiß so ime darauß entsten möcht, als das er ein new wesen in seynne‹m› closter das vor nit gepreuchlich gewesen furnöme, zwfurcht‹en› oder zwschewen furwend‹en› woltt, das ime dageg‹en› dy vrsach so eynnen rath zw sollichem beweget anzwzeig‹en›. Nemlich, das sollichs allein darumb beschee {erschreckliche vnnd verdrisliche} vffrur des gemaynnen volcks zuuerhutt‹en›, vff das dasselbig (wu gar nit gepredigt wurde) derhalb‹en› nit erweget vffzwstehe‹n› vnnd ein prediger irs gefallens mit gewalt [fol. 5r] haben wolle, das auch er der prior dessen zuuerdrosten, das auß sollicher vrsach‹en› ine ein rath, wo sollich sein {bißanhere vngewandt vnnd vngepreuchlich} predig‹en› ime zuuerwiß rurtt od‹er› ruren, wöltt {das ein rhat} ine in dem versprechen vnd vertaiding‹en› wöltt, wy dan sollichs auß erzelter vrsachen, wol {bey meniglich‹er›} zu uertaiding‹en› bey sein wurdt Dan ye meniglich‹en› allen gaistlich‹en› vnd weltlich‹en› besser, der sele hail mit guter rwiger beschaidenheit, dyweil ye cristus ein her des inerlich‹en› vnd ausserlich‹en› fridens vnd ainigkait, zwheren vnd lernen, dan mit vffrur, vngedult, zorn, neid, haß, vnd teglicher vnrwe, das dem so wider got, menschlich ainigkait erhaltung gemaynn‹e›n nutzs vnd gutter selig‹e›r pollitey vrsach zwgeben, Vnd nach dem der pfarher zw sandt Gilg‹en› allein ein mitling nichts aigens vnd gar spröde vnderhaltung hat, das zwbesorgenn Er werde sich mit der zeit hinweg thun, müssen das durch etliche raths personen, dy sich sein vermög‹en›, er gebett‹en› wurd, noch etliche iar lenger hie zuuerharren, vnd das man ime zw seynner besserer vnderhaltung, ierlich ein halb‹en› schilling guld‹en› von den gefellen der pfarkirch‹en› zw sandt Gilg‹en› {so es zuthun schuldig} vnd derselbe, zimliche hilff auß den almusenstock‹en› (doch sein vnuuerwust) daneben mittheilen thett. Mit vertrostung er noch ein zeit lang daß beste thun wolt vnd sich wy bißhere gutter lere beschaidenlichen‹n› [fol. 5v] befleissen, wolt ein rath nit das wurde nit in vergeß stellen gesteltt, ime mit der zeit zw besserer versehu‹n›g furderlich zusein. Wue dan die sach vorgemelter wege dahin gerichtet, das dise vorbemelt‹en› angeregte predige8 furgang hett‹en›, acht man gentzlich es solte eynnen yd‹en› rwigen {vnd gotsfurchtend‹en› erliebend‹en› cristen} zwerlernu‹n›g gotlichen worts gnugsam Eynnem erbarn rath vnd gemaynner stadt Speyer auch‹en› bey meniglichem vnuuerwißlich vnnd vnnachteilig sein, got wol sein gnad darzw verleih‹en› amen.
8 Gemeint ist prediger.
Edition der archivalischen Quellen
Nr. 2 1539 Januar 17, Speyer Eintrag in den Protokollen des Speyerer Domkapitels den Gottesdienst betreffend. Editionsvorlage: GLA Karlsruhe 61 Nr. 10935, S. 7. Nach guttem loblichen geprauch, ist von dem gots dienst erstlichs geredt, vnd damit derselb vleissig erhalten, ist mein her Dhumbdechan9 gebetten wie bißher vleissig vfsehens zu haben die vnvleissig‹en› person, mit straf antzuhalten, vnd als darneben hie in der pfar zu sant Egidii ein argwonger lutterischer prediger vffgestellt der ein grosen zulauff hat, auch ein Rhat ein schul vfricht‹en› will, auß disen dan m. h‹ern› vnd dem stifft vnrath volgen moecht, Ist fur gut angesehen solichs den Vicarium in spir‹itu›alib‹us›, zu erindern darin gepurlich in vfsehens zu thun, vnd neben dem dweil m. g‹nedige›r her keinen fiscal dies‹er› zeit hat, darauß volgt das die personen, desto freier in irem ergerlich‹en› leben vorfarrn das ir der vicarius w wolt solichen all‹en› nachdenckens haben m. g‹nedige›n herrn berichten vnd damit diesen ding‹en› insehens geschehen, des geschehen, vnd hat sich der vicarius erbott‹en› m g‹nedige›n hern von g. wie er hieuor auch gethan weitter b antzeig‹en› vnd allen vleiß hab‹en› e vnd nachdenckens hab‹en› wie diesen sachen zu thun moge sein.
Nr. 3 1540 Juni 26, Speyer Brief des Speyerer Generalvikars Georg Mußbach an den Rat der Stadt Speyer den Augustinerprior betreffend. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/6, fol. 2r–3r. [fol. 2r] Ersamen vorsichtigen weisen gunstigen lieben heren vnd gutte freundt wie ich vernumen hab so sollen E. Er. W. de‹n› priore‹n› augustinerr Closters alhie zw Speyer vermocht vn‹d› angericht haben am sontag morgens vmb Siben awere‹n›10 in seynem Closter nü hinfurter zw predigen vnd feleycht 11 disse vrsach vorgewent, daß do dorch, das volck von sant gilgen kirchen (do iezon ey‹n› prediger dem etlich ausserhalb seyner
9 Dhumbdechan = Domdekan. 10 awere‹n› = Uhr. 11 feleycht = vielleicht.
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pfarkinder zw lawffen vnd aber dose[l]bst nit gütter lufft des sterbens halber sey‹n› sole) entzogen werden mocht etc Noch dem aber meyne‹m› gnedige‹n› here‹n› von Speyer vnd eynem iden bischoff prediger zw ordennen zw statt: wie wol ettlich weltlichs stants im Romische reych dewtscher nation feleycht neben Ro. key: may‹estae›t gehorsam weder recht vnd herkummen sich newlich des vnderzogen haben: vnd aber E. Er. W. vnd ire furfaren biß anhere solichen nit anhengig noch meyne‹n› gnedigen here‹n› des orts intradg gethon haben, noch im reych deshalber beschreytt seyen, so vil mir wissen ist, vnd daru‹m› spottlich seyn wurdt allerst soliches anzufangen, darzu gemeltem priori nit gezimen will zw egedochter stundt oder zeytt zw predigen Wan die pfarrheren in der statt Speyer vm die selbige zeytt ir predig vnd pfarrecht auß zw richten vnd die ordents lewdt mit sampt dem predicanten des hoenstifft zw Speyer noch mitdag {zw predige‹n›} herbrocht haben Auch E. Er. W. selbs bedrachte kunden was es an ordenung bey den pfarkirchen vnd pfarrheren in der stat Speyer gebere‹n› mocht [fol. 2v] wo daß volck innen solt also auß vffsaczs enzogen werd‹en› dan sie sich nit onbillich weygern mochten die sacrame‹n›t in notten zw reychen vnd anderts weytter Erthum daruß volgen mocht die ir selbs habent zw bedencken Auch ist im rechten versehen daß die ordents leudt nit sollen predigen dardurch sie daß volck von ire‹n› pfarheren entzigen12 mochten, welches hie nit wurd gehalten So ist nu mer ganczs von on notten vmb sterbende‹r› lawff willen des pfarheren zw sant gilgen halber soliche predig zw den augustinern vff zw richten wan die sterbend‹en› lauff von den genade‹n› gottes sich seher gemiltert haben darzu findt man neben der predig zw sant gilgen die selbige stundt ongeferlich noch siben oder acht predig in der statt Speyer darunder vil geschuckter prediger der halber keyner vrsach hatt sich zw sant gilgen in geferlikeytt 13 e zu begeben sunder solt billich seynen pfarheren horen Auch were ich vrbittig wo von notten gemelten prediger zw sant gilgen ey‹n› zeyttlang abzwthon vnd ey‹n› andere‹n› dohin zw verordene‹n› domit man nit vrsach hette dohin zw lauffen, Solichs alles ich dem gemelten priori zw den augustinern auch furgehalten vnd innen erindert hab, auch auß beuelch meynes gnedigen heren Aber er hot sich bey noch der gestalt daruff gegen mir hore‹n› lossen alß ob er E. Er. W. etwes des orts verheysen vnd E. Er. W. in dargegen widerum verdrost hetten weder meniglich zw verdretten vnd daß er solicher verdrostung noch von seynem beschwerlichen furnem nit absten wolte, doch [fol. 3r] begert er daß ich E. Er. W. mey‹n› gemudt solt anzeygen dieweyl ich aber eygentlich verhoff daß E. Er. W. nit geneygt sey‹n› mey‹n› g‹nedigen› h‹ern› von Speyer intrag zuthon14 oder des orts allerst neyerungen wie ettlich anzufangen, oder Erthum vnd onordenu‹n›g in den pfarrhen der statt Speyer zu machen oder des alles anzurichten oder dazwzuhelffen So ist mey‹n› ganczs freuntlich bitt vnd beger ampts halber E.
12 entzigen = entziehen. 13 geferlikeytt = Gefahr. 14 intrag zuthon = Schaden/Unrecht anzutun.
Edition der archivalischen Quellen
Er. W. wollen gedochtem priori zu erkenne‹n› geben daß ir gemudt vnd meynung nit sey inne‹n› zw bewege‹n› zu ongewonlicher stundt oder zu abzug der pfarheren wie obgemelt oder sunst vnbillicher weyß zu predigen das auch E. Er. W. inne‹n› darzu nit verdrost wollen haben, so bin ich an gezweyffelt der prior solt sich selbs daß er die pfarhere‹n› ongeerret solt lossen vnd wie er biß anher gethon in seynem predigen wie ich anderst nit weyß geburlich vnd vorthin auch sich wol wissen zw halten das wolt hochermeltem meyne‹m› genedigen fürsten vnd here‹n› ich geburlich frumen in gnaden zw erkenne‹n› vnd vm E. Er. W. ich ampts halber vnd sonst mit gutwilligen diensten vnd aller geburt gern beschulden antwort begeren Ew Er We gutwilliger Jorgen Mußpach licenciat gemeyner vicarius in der geystlichkeit zw Speyer
Nr. 4 1540 [nach Juni 26] Replik des Magistrats der Stadt Speyer an den Generalvikar daselbst den Augustinerprior betreffend. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 460, fol. 1r–3r. [fol. 1r] Wirdiger hochgelerter gutter gonner Wir haben die Supplication So Sampstags nach Iohannis Baptiste nechst uerruckt, dem Ersamen vnnserm Burgermeister Hanns Risen, Marx Zipperer geistlicher gerichtschreiber inn ewerm namen vberantwurt vnnd an vnss gestellt ist, hören lesenn, Vnd demnach dieselbig Supplication innhellt, wie wir den priorem zu den Augustinern hie zu Speir vermocht vnnd angericht habenn, Am Sonntag morgest vmb Siben horen inn seinem Closter zupredigen, vnnd die vrsach furgewenndt, das dardurch das vollck, von Sant Gillgen kirchen da ietzundt ein Prediger, dem ettlich ausserhalb seiner pfarrkirchen zulauffen, vnnd aber daselbst e nit gutter lufft des sterbens halben sein soll, entzogen, werden mocht etc Daruff vnd weitern innhallt solicher Supplication, geben wir euch zuuernemen das nit on, Als wir vermerckt, das der mherer theill volcks, gar kein gunst zu den pfarrhern‹n› in Speir, ausserhalb deß zu Sant Gillgen hatt, vnnd darumb inn den sorglichen sterbenden leuffen, demselben pfarrherr zu Sant Gillgen heuffig zulauffenn, vnd sich allso inn die kleinen enge kirchen eintryngen, das eins theils darob inn‹n› fährliche kranckheit gefallen, das pfarrvollck auch sich des vbertrangs beschwert, vnd sunst daneben sampt andern vernemen lassen, das wir der Rhat denselben, oder einen andern getrewen prediger, an ein ander weitter orth pillich verordnen solten, dahin das vollck geraumig zu- [fol. 1v] samen komen möcht, Darauß wir zweierley besorgen mussen,
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Nemlich das erschrocklich befleckenn, vnnd dann ein rumor vnder dem vollck, gestalt, das dasselbig in vngedult fallen, vnd den gemelten, oder einen andern prediger ires gefallens, an ein ander geraum ort vffzustellenn begerenn möchten, das dann vnß gar nit gelegenn, So sein wir auß sollichem verursacht, die wege zusuchenn, dardurch das vollck, an ein gereum orth, vnnd zu einem prediger den es mit willen hören thett, zum teil gezogen vnnd gepracht werdenn möcht, Vnd inn solchem vff den prior zun Augustinern gedacht, vnnd dieweil wir denselbig‹en› fur ein gelerten vleissigen fridlichen man‹n› erkennet, der sich bißanher inn seinen predigen allso gehalltenn, das ir der vicari selbst ine zum predigenn gebraucht, vnd wo er es thun wollen auch lenger gepraucht hetten, habenn wir denselben, alle Newerung vnnd verdacht zuuerhutten, erpitten lassen, das er gott zu eere, am Sonntag vnnd andern gepottenn Feiertagen, doch die vier hochzeitliche fest außgescheidenn, frue zu Siben horen, inn seinem closter predigen wollte, das er zuthun doch on alle bestallung vnnd besolldung, auch so lang es ime gelegenn, bewilligt, Vnd ist die stundt der predig frue zu Siben horen, nit vffsetzlich, Sunder allein aus vrsach das vollck [fol. 2r] wie obgemellt zuuerthaillenn, vnd das menigklich zu fruer tagzeit vnd nuchtern geschickter das gottlich wort zuhoren vnd behallten dann nach essens, Vnnd so ymant 15 gleich nach essens die predig besucht, das doch der schlaff dem vffhören zu solcher zeit furzeucht, zu dem nit New, das gemelter prior zu solcher stundt predigen thut, dan‹n› er dasselbig nun ein gute zeit gleicher stundt zu Sant Martin in ewer deß Vicarien dinst geubt, Auch in seinem Closter mhermals gepraucht hat, Wir mögen auch das mit warheit sagen, da er der prior von vnsert wegen zupredigen angesucht worden, das er disse antwurt geben, wa wir gemeint (des er sich nit versehe) etwas Newes oder annders dann er biß her gepredigt, von ime zuhoren, das er derr Man nit sey bey dem ein solchs zufinden, daruff Er vertröst, das dasselbig nit vnnser gemut, wie es dann noch nit ist, Sunder er soll sich inn seinen predigen wie bißher hallt‹en›. So wollen wir ine derhalb‹en›, wo von nötten versprechen, Auß welchem allen in der vicari Euch selbst zuberichten hapt, das in solchem allen gar kein Newerung gesucht, dann dis orts kein newer predicant, noch newe predig, noch newes oder vngewonlichs ort oder zeit derselb‹en› begert wordenn, Wir wissen vnß auch, gegen der Römischen keiserlichenn Maiestat vnserm Allergnedigst‹en› herrenn‹n› [fol. 2v] der gehorsam zubeweisen, vnd vnsers thuns mit eeren zuuerantwurten, derhalb‹en› Ewers erinnerns, wes sich andere gehalt‹en›, von vnnöten, Vnd das in solchem den pfarrhern etwas vffsetzlich entzogen werde, vnd irrthumb entsteen solte, das mag mit keinem grundt angezogen werden, dann die Statt Speir gefreiet vnd es auch von alter herpracht, das ein ieder Burger vnnd Inwoner derselb‹en› ieder zeit ein pfarrherr suchen vnd annemen mag, der ime gefellig, darwider wir der
15 ymant = jemand.
Edition der archivalischen Quellen
Rhat nymandt zwingenn werden, vnd so yederman, sich in die pfarr zu Sant Gillgen, oder in ein andere thett, möchten die andere pfarrherr derhalb‹en› des abziehens sich nit beclagen, So gedencken wir der Rhat, keinem pfarrher seine pfarrkinder zuentziehen Sunder einem ieden wohin er zu pfarren begert frey zulassen, Darumb obgleich gar nymant zu einem pfarrherr gieng, wurdt ime dardurch nichts das man ime schulldig entzogen, Den pfarrher zu Sant Gillgen, so sich biß her on ergernuß wol inn seinem leben vnd der kirchen, wie wir bericht, gehallten, abzuthun, will sich keins wegs erleidenn, dann was auß demselben vor ein vnrhue vnd empörung entsteen, vnd wem dasselbig am mainsten zu nachteill ruren mocht das hapt ir der vicari wol zuerweg‹en› [fol. 3r] Dem allen nach vnnser eins Rhats gutlich bitt ir wollet euch dessenn, so beide Rethe allso im besten bedacht, geistlichenn vnd weltlichenn, zu schutz schirm, vnd wolfarrt, Auch vnrathe zuverhuttenn notturfftigklich fursehenn, vnnd darinn gar kein newerung gesucht, Nitt beschweren, dasselbig hellffenfurdern, auch zu danck‹en› vnnd gefallen annemen, Alls wir dann nit zweifelln vnnser gnediger herr von Speir dasselbig selbst, mit gnadenn vffnemen versteen, vnnd nit, wie vnnser mißgunstigen vff vnnß außgeben, bedencken werde, Das wollenn wir vnnß der pillicheit nach zu euch verdrösten, versehenn, vnnd mit willen beschullden, Burgermeister vnd Rathe Der Statt Speir Vff Mittwoch nach Petri vnd Pauli Ap‹osto›lor‹um› Anno XVC vierzigk, hab ich Georgius Vischerr Eins Ersamen Raths zu Speir Substitut‹us› vnnd Notari, aus befelch gedachter meiner herren, ein gleichlautende copy disser antwurt, herr Georgen Muspachen vicari, inn seiner behausung vberantwurt.
Nr. 5 1541 [Februar] Der Speyerer Augustinerprior Michael Diller nimmt schriftlich zu seiner Predigt und Lehre Stellung. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/1, fol. 21r–22r. Fehlerhafter Druck: UB Speyer 2, 536f, Nr. 283; vgl. auch Eger, Ausstellung „450 Jahre Reformation in der Stadt Speyer“, 173f. [fol. 21r] Fursichtigen ersamen weissen gonstigen lieben hern Nach dem eur ersame weißhait mir furhalten lassen, wy ich gegen dem allerdurchleuchtigst‹en› großmechtigsten fursten, der Romischen kayserlichen Maiestat vnserm aller gnedigst‹en› hern
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beruchtigt worden sey, alß solte ich von der iustification und gutten wercken vff dy newen handt predigen Mit beger, das ich eur ersamen Weyßheit sollicher puncten halben mein mainung, predig, vnd lere wolte schrifftlich‹en› zu erkennen geben, Die hochermelte Romisch‹en› kayserlich‹en› Maiestat‹en› desselbigen vnderthenigster gepure haben bestendiglichen zw berichten Vff sollichs vnd sonderlich die weil ich mich meiner predig vnd lere nie geplödet sonder alwegen wol leidenn mogen vnd noch, das die selben allen vnd yden hoen vnd nidern stands, hochgelerten vnd schlechten, gaistlichen vnd weltlich‹en› frommen leutten offenbar gewesen, So ist mir auch gar nit beschwerlich, sonder von hertzen lieb vnd wol gefellig, das ich eur Er. W.t‹en› solche meynne predig vnd lere von der iustificacion und gutten wercken wye ich die selben nun vilzeit hie zw Speier in der pfarkirchen zw Sandt Martin dye ich dem wirdigen hochgelerten hern Bischofflichen vicarien etliche iare versehen, der gleich‹en› vff zwey iare in eur ersamen weißhait‹en› pfarkirch‹en› zw Sandt georgen auch16 in meines Ordens Closter zw den Augustinern, vnd sonst an anderen ortten {nemlich 1 Mitten in dem Thumstifft 2 Im Creutzkore 3 Im Creutzgange ein lange Zeit 4 Zw S. Guidon 5 Zw Sant Bartholomeus 6 Im Teutschen hauß} offenttlich‹en› one menigliche straff vnd einrede dargethan, zwbekennen vnd inn diser schrifften mit der kurtze anzuzeig‹en›. Vnd darumb so bekenn vnd Sag ich, das ich von der iustificacion und gutten wercken geprediget und gelert hab der gestalt vnd nemlich zum ersten So der mensch from vnd gerecht vor got werden sol, So mussen im sein [fol. 21v] Sunde, auß lauterer gnaden vnd vmb des verdinsts Christi willen verziegen werden welche gnade vnd gemeinschafft Christi, er der Sunder durch ein lebendigen glauben in Christum vnd nit anderß erlangen mage Zum Andern das auß sollichem glauben, der ein gab gottes, gewißlich gutte werck khomen vnd fliessen sollen Das auch dise werck, nach dem sihe im glauben vnd liebe geschehen, got gefellig seyen, Das auch got auß gnaden, die gutte werck zeitlich vnd ewiglich belonen werde Welche mein offentliche predig vnd lere ist nit alleyn der offenbar vnwidersprechlich inhalt der hailligen geschrifft, Sonder auch der glaub mainung vnd lere der lieben alten bewerten leerer, so die heillig Catholica kirch angenomen vnd bißher gehalt‹en› vnd noch nemlich Augustini Hieronymi Ambrosii Chrysostomi Basilii Bernardi vnd anderer wye dan die vilfeltige ortt der heilig‹en› schrifft vnd gemelter leerer clare spruch, eur ersamen weißheit‹en›, wue sy das begeren, mit der warheit darzuthun ich vrpittig, aber hierin vmb kurtzwillen vnderlassen hab Darauß ye eur Er, W.t‹en› zuuernemen haben, das mein maynung predig vnd leer nichts newes (wy mir vileicht durch meine mißgonstige vnuerschuldter ding zwgelegt worden) sonder die alte Rechte leer der haillig‹en› apostolisch‹en› schrifft, der Christlich‹en› kirch‹en› vnd irer bewerten lerer, vnd das ich sollichs vnd nit anders der iustificacion und gutt‹en› werck halben, wy gemeldet, nun vil iare here geprediget gelert, das volck auch zw der gottes erhe, gutten wercken, gehorsam Recht
16 vff zwey iare in eur ersamen weißhait‹en› pfarkirch‹en› zw Sandt georgen auch ist unterstrichen.
Edition der archivalischen Quellen
zwthun vnd das böß zumeiden vleisig ermanet, des zewhe ich mich vff alle dy mich in meinen predigen gehöret das auch ich sollich predig vnd lere one straff, verwißs [fol. 22r] vnd einrede bißhere gefuret des zewhe ich mich gleicher gestalt vff dy gaistlich‹en› alß meynenn gnedig‹en› hern von Speier, seynner furstlich‹en› gnaden vicarien vnd andere prelaten, die ye, wue ich vnrecht geleret, mich pillich bessers vndericht vnd verwarnet haben solten Vnd eur, Er, W, die weltlich‹en› Oberkait diser Stadt Speyer selbst gedencke auch mit gottes hilff in gemelt‹en› puncten vnd andern in meynen predigen vnd lere furohin nichts newes noch anders furzutrag‹en›, dan was die haillig schrifft vnd altte bewerte leerer der Christlich‹en› kirch‹en› leren vnd beschreiben, wy ich sollichs eur er, weißheit‹en› anfenglichs zwgesagt vnd vertröstet habe Vnd wue ich von yma‹n›dt bessers mit grundt der heillig‹en› geschrifft vnd auß den alten lerern vnderricht werden mag, will ich mich nit beschemen Sonder fur ein ere halten der warheit zw weichen Darums auch mein vnderthenig vlelich bitt eur ersamen weißheit‹en› wöllen disen meinen warhafft‹en› bericht vnd anzeig zw meyner verantwortung fur gnugsam annemen vnd mich bey hochgedachter kayserlichen Maiestat vnserm allergnedigst‹en› hern, des obangeregten mir vnuerschulter weiß zwgemessene‹n› beruchtigens zum vleißigsten entschuldigen, vnd bitten ir kayserliche Maiestat wölle mich desselben wegen auch allergnediglichst entschuldiget haben Das wil ich mit meynem gebet zw got fur ir kayserlich‹en› Maiestat seligkeit vnd wolfart auch eur er. weißheit ruige fridliche regirung der iren, mit allem vleiß zuuerdienen, dy weill der Almechtig gnade vnd das leben gibt nit vergessen. E: E. W. williger capplan vnd diener Bruder Michell Diller Augustiner Ordens, Capplan vnd diener
Nr. 6 1541 Februar 26, Speyer Der Magistrat der Stadt Speyer setzt Kaiser Karl [V.] über die Rechtfertigung des Augustinerpriors [Michael Diller] von dessen Predigt und Lehre in Kenntnis. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/1, fol. 25r–25v (erster Teil des Schreibens) und 23r–24r (zweiter Teil des Schreibens). Beide Teile weisen große Fehlstellen auf. Konzept.
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Edition der archivalischen Quellen
[fol. 25r] Dem allerdurchleuchtigst‹en› Großmechtigsten Vnuberwindtlichsten Fursten vnnd hern, hern Carln Romischen Kaiser zw allen zeiten Mherer des Reichs in Germanien zw Hispanien Beder Sicilien, Hierusalem, Hungern Dalmacien vnnd Croacien etc Konig. Ertzhertzog‹en› zw Osterreich, hertzog‹en› zw Burgundi etc Grauen zw Habspurg, Flandern vnd Tiroll etc vnserm allergnedigsten hernn. Allerdurchleuchtigster, Großmechtigster Vnuberwindtlichster Kaiser. Eur kay‹serliche›n Ma‹iestae›t sein vnsere schuldige getrewe gehorsame dinst, höchstes vleis vnderthenigst zuuoran. Allergnedigster her. Weß E k‹ayserliche› Ma‹iestae›t der zeit ihres iungstenn allergnedigsten Abschids von vnns, den Ersamen vnsern burgermainstern, vnd etlich‹en› vnsern Radtsverwandt‹en› furhalten vnnd beuelhen lassen, dasselbig ist vns durch dieselben nach lengs anpracht worden. Seyen demnach (wye wir vns alweg‹en› in schuldiger gehorsam, getrew, vnd vnderthenig find‹en› lassen) noch genaigt, allen möglichen vleis zwthun, furzwwend‹en›, vnnd mit gepurlich‹en› einsehenn ob demselben zwsein, Das E. k‹ayserliche› Ma‹iestae›t abnemen sollen, vnser gemuet anderst nit geschaffen. dan das in E k‹ayserliche› Ma‹iestae›t gehorsame wir gern verharren wöllen, vnd sollich‹em› nach. Geben E k‹ayserliche› Ma‹iestae›t vff derselben E k‹ayserliche› Ma‹iestae›t gethanen beuelch, das wir den Prior Augustiner Ordens: Bey vns, mit seynner predig stellen lassen [fol. 25v] solten, vmb des willen, das er der Iustif [ication] vnd gutten Wercke halben vff die N[ewe] handt {(wie E k‹ayserliche› Ma‹iestae›t angepracht)} gepredigt haben solle etc Ma‹iestae›t anp[racht] in vnderthenigster gehorsame zuuern[emen] das wir ermelt‹em› priorem deßweg‹en› a[?] vnd an ine begern lassen, vns bekan[tnus?] vnd anzeig seynner predig in soll[?] stellen. Daruff er vns dassel[?] gutwillig schrifftlich‹en› zw seynn[?] in eynner Suppl‹icatio›n vberg[eben] Ma‹iestae›t auß hierin verwarter [?] seynner Suppl‹icatio›n allergne[digst?] sehenn, Dieweil nun [?] seynner schrifftlich‹en› bekantnus, vn[?] seynner lere, befund‹en› wurdt, das Er [?]erts nichts Newes, sonder weß von den rechtgeschaffnen gelertten von alter [?] vilen iaren here geleret word‹en›, gepredi[gt] auch desselben ime vil leut, so sein p[redig] gehöret, Zeugnus geben, Darzw solliche predig nun etlich iare, on [?] verwiße, einrede, vnd straff der gaist[lichen] Oberkait, auch in iren selbst pfarhe[rn] dinsten gefurt, vnnd in sollichem v[?] ime nye gespuret word‹en›. das Er h[?] furpracht hette, etwes, das zw vffrur, widerwillen, vnrhue, newerung oder vngehorsam dinstlich gewesen. Sonder sollich zwwider, das volck zw gottes erhe vnd [fol. 23r] forcht, Einnigkait, gehorsam vnd allem gutten vnderwiesen {vnd dan [?17 ] sein predig further solte abgeschafft werd‹en›} So were hoch zwbesorgen, das durch sollich abschaffenn, das entweder das gemain volck bey vns, Sich in vnrhue sich (dieweil sihe one das vber die gaistlichen ihres ergerlichenn lebens wegen erhitzigt sein)
17 Streichung unlesbar.
Edition der archivalischen Quellen
{in vnruge} begeben, oder dem gottes dinst gar absteen, vnnd gar in Rochloßigkait khomen möcht‹en›, Welches zuuerhutt‹en› wir auch hieuor den gemelt‹en› priorem zwpredigen erbottenn haben. Dan, wue sollichs von vnns verplieben, hat, alberait die sache By vns sich dahin gericht, das das volck {mhererthails vor gutter zeit} von iren pfarhern abgedretten (vileicht aus vrsach‹en›, das dieselbigen mit lere vnnd leben nit zum besten geschickt) vnd sich heuffig zw der predig Eynnes pfarhers der eynner unuerleumbdten lere vnd lebens, in Eynner Vorstadt bey vns, zw Sandt Egidien genant, begeben, Auch in dyeselben Kirchen, so eynnes fast clam‹m›e‹n› begriffs, in nechst uerruckten sterbend‹en› lauffen sihe einander dermassen {versammelt, vnd einander} vberdrongen, das etliche darob befleckt, irs leibs vnd lebens zw verlust vnd schadenn khomen sein, dauon dan entstand‹en›. Das vnder dem volck Rumor vnd gemurmel entstand‹en›, vnd vnd dy vns als der Oberkait dy schuld vnd der vnglimpff eynnes solichenn [fol. 23v] wollen vffgedroch‹en› werden, Als die denen so dem vorgnantem pfarhern zw Sandt Egidien [eynnen?] gereumpten18 platz {do man one bedrangnus vnd schad‹en› denselb‹en› mogen horen sollten} eingeben haben Daro[b?] (so es beschee‹n›, oder durch vns verschaffet word‹en› [?]lai beschwerden gewarten mussenn [?] Vnd daru‹m›b solliches alles, anderer gestalt {nit fuglicher gewust noch gedenck‹en› mögen fuglicher zuuerhutten, abzwwend‹en›, vnd zwstillen} dan Ein andere predig, Eynnes Mans d[?] lere vnd lebens halben nymants ab[scheu?]hen haben möchte, nit fug[licher] gewust, vnd habenn [?] [ge?]dacht‹en› priorem, vmb [?]lung oder verheissunge, sonder[n] [?] vmb der gottes erhe, fride, rhue v[nd] erhaltung der alten Cristlich‹en› Relligion willen, bittlich‹en› vermöcht, sich der predig zw19 vndernemen, vnd doch in sollich‹em› wir ime vnnd Er vnns vßgedingt, nichts newerung furzwnemen noch zwsuch‹en› {wy dan E k‹ayserliche› Ma‹iestae›t wir hieuor zum allervnderthenigst‹en› auch berichten lassen.} Auß welchem allen, E. k‹ayserliche› Ma‹iestae›t, vnser gutherzig gemuet, vnd angekertt‹en› vleis, in E k‹ayserliche› Ma‹iestae›t gehorsame, vns vnd die vnsern zwerhalten {zuuermerck‹en›} vnd dabei allergnediglichst zwerweg‹en› haben, woe wir anderer gestalt {gehandelt, oder noch} handeln solten, Nach dem wir mit mancherlai nachperschafften20 vmbgeben, vnd die sach‹en› sich zw weiterung der gegenthail einreissen wurde, das vns aller glimpff gegen den vnsern abgestuckt, vnd wir {als dan} zw andern sachen dy vns gar zwwider vnnd nit gefellig genottrengt werd‹en› möchten, [fol. 24r] das E k‹ayserliche› Ma‹iestae›t in schuldigster vnderthenigkait wir nit verhalten sollen, vndertheniglichst {vnd zu‹m› vleisigsten} bittende, E k‹ayserliche› Ma‹iestae›t wolle vnser thun vnd handlung in sollichen allergnedigst bedenck‹en›, vns vnd vorgenant‹en› priorem entschuldiget, vnd in allergnedigstem beuelch haben, das wollen vmb E k‹ayserliche› Ma‹iestae›t die der 18 gereumpten = geräumigen. 19 Zwischen den Wörtern predig zw wurde ein Unterstrich gezogen. Möglicherweise sollte dort später noch eine Ergänzung eingefügt werden. 20 nachperschafften = Nachbarschaften.
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Edition der archivalischen Quellen
almechtig in langwirig‹er› gluckseliger Regerung vnd aller wolfart erfrist‹en› wöll, wir in aller schuldiger gehorsame ganz willig berait vleisigst vnd vndertheniglichst verdienen. Geben Sambßtags nach Mathie ap‹osto›li den xxvi Februarii Ano etc xli E k‹ayserliche› Ma‹iestae›t vnderthenigste Burg‹er›mainster vnd Rathe der Stadt Speyer
Nr. 7 1541 Juni 14, Regensburg Der Speyerer Bürgermeister Friedrich Meurer berichtet dem Speyerer Stadtschreiber Rudolff Schelhorn vom Regensburger Reichstag. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/1, fol. 19r–20v. [fol. 19r] Meyne willige dienst zuuor Lieber her Statschreyber mir ist ewr schreyben den pfingstabendt vßgangen hewt Sontags Trinitat‹is› geantwortt, vnnd so uiell die Bapstlich vermanonge21 belangt, mocht ich leyden das Iederman gott zum vleysßigsten ansuchte, das alle sachen zur besseronge geratten mochten, Aber betreffende die Clausell das der Bischoue hatt vermelden lassen In per Ciuitate‹m› et diocesim urb‹i›s Spirens‹is› etc‹etera› ist nichts newes, dan es Iarlichs zweymale In den pfaffen synodis doch vnder Inen beschicht, Darumb ich nitt erachten konden das der abtrucke eynem Rath zugeschickt worden, dan woe dasselbig geschehen, solte man In nitt angenom‹m›en haben, woe es aber vnder den gaistlichen allain gehandlet, Ist es res inter Alios Acta eynem Rath nitt nachtailig, So es dan offentlich fayllgehabt vnd In der Statt Speyr vßgebraydt wurdt, Deucht mich nitt vnnutz das eyn Rath in der gehaym vor Notarien vnd Zeugen sich des Irthombs protestiert, vnd Instrumenta daruber vffricht‹en› liesßen, das sie durch solichs des Bischoffs vngegrundt anmasßen, Ime kheyner nitt gestendig eynichs herlichen Eygenthombs In der Stat Speyr, vnd das sie nyemants anderst dan eyn Romischen Kayßer oder Konig so Iezuzeytt‹en› Regieren vnd herschen fur Iren herren erkennen [fol. 19v] Nechst hab Ich euch bey den Rechenmaistern hundert gulden wert batzen Montz, hieher zuuerschaff‹en›, anzuhalt‹en›, geschrieben hab aber seythar vermerckt, das Meychßner groschen22 hie angenem‹m›er, dweyll dan dieselbig Montz‹en› auch
21 Bapstlich vermanonge = päpstliche Vermahnung. 22 Meychßner groschen = Meißner Groschen.
Edition der archivalischen Quellen
mynder beschwerlich zu Speyr zubekhom‹m›en, mogent Ir solichs den Rechenmeystern entdeck‹en› Mitwochs In pfingsten Ist der Dhomdechant von Wormbs alhie verscheyden23 Donerstags In pfingsten den zweyten diß Monadts ist eyn Fewr In der kleynen Statt zu Prage {das man die kleyn seytt nennet 24 Erstlich In des von guttensteyns huß vnd sonst mer ortt‹en›} vßgangen, Dauon dieselbig kleyn statt sambt dem schlosß vnd der andern statt der Ratschin genant zum theyll vast gar verpronnen25 vnd zum theyll grosßen schaden genom‹m›en Sambstags In pfingst‹en› Ist alhie eyn Fendlin knecht 26 so die Breyßgawer sunckawer 27 vnd Ire mitgenosßen versolden alhie vff die thonaws28 gesse gesesßen vnd gegen Ofen29 geschifft Wes ich des gsp gesprechs abgeschrieben das wollent vleysshiger dan es geschrieben ist leßen, dan die ylle30 mich anderst zuschreyben verhindert, Auch verkhom‹m›en das es vsserthalb der Ratspersonen nyemants zugestelt werde verwisße so darauß entston mocht zuuerhutt‹en› Hewt datumbs Ist der Lantgraue von hesßen von hinnen widder heymworts geritt‹en› Dat‹um› Regenspurg dinstags [fol. 20r] den XIIIId‹en› Iunii Anno et‹cetera› XLI Friderich Murer [fol. 20v] Adressat: Dem Ersamen Rudolffen Schelhorn Stattschreyber zu Speyr meynem gutten Frewndt
23 Der Wormser Domdekan Reinhard Pfau von Rüppurr (1500–1541) ist am Mittwoch nach Pfingsten 1541 in Regensburg verstorben. 24 „Kleine Prager Stadt“ wurde früher der Stadtteil westlich der Moldau unterhalb der Prager Burg genannt, woraus sich „Kleinseite“ ableiten lässt. Sie bildete ab 1257 eine rechtlich eigenständige Stadt, bis sie 1784 mit den anderen Stadtteilen vereint wurde. 25 verpronnen = verbrannt. 26 Fendlin knecht = ein Fähnlein Landsknechte. 27 sunckawer = Sundgauer. 28 thonaws = Donau. 29 Ofen = deutsche Bezeichnung für Buda, dem westlich der Donau, am rechten Donauufer gelegenen Stadtteil von Budapest. 30 ylle = Eile.
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Edition der archivalischen Quellen
Nr. 8 1543 Februar 4, [Nürnberg] Der Speyerer Stadtschreiber Rudolff Schelhorn erstattet dem Magistrat der Stadt Speyer Bericht über die Geschehnisse auf dem Nürnberger Reichstag. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/1, fol. 28r–29v. [fol. 28r] Fursichtig‹en› Ersamen weisen, Eur .Er. wt. sein meynne gehorsame dinst mit allem schuldigen vleis gantz williglich‹en› zuuoran. Gonstig lieb hern, Als ich dy beylegende brieff mit A bezaichnet im dato den 29 Ianuarii verfertigt, vnnd dieselb‹en› E wt zwschick‹en› wollen, Ist gleich des von Bappenheyms dyner zw mir khomen, vnnd mir angesagt, Mitwochs nechst konfftig frue zw Siben heren Bey ko‹nigliche› Ma‹iestae›t (dieweil ich nit von den p‹ro›testirend‹en› Stend‹en›) vff der Vesten zw erscheynnen. Den p‹ro›testirend‹en› aber (wy Ich gewißlich verstand‹en›) ist zw Acht horen vff das haus31 angesagt word‹en›. gemelts Mitwochs, als ich vff dy Vesten khomen hat man Ein Ampt In figuris mit der Orgeln32 In beywesen der Bischoue vnnd prelat‹en› gesant‹en› Rethe, vnd des ainichen33 Bischoffs von Hildeßh‹eym›, gesung‹en›, dabey Ist her Wolff von Affenstain von weg‹en› pfaltzgraue Ludwigs Churf‹ursten› auch gewes‹en›. Nach geendt‹en› Ampt Ist der Konig herab vff das Rathaus gang‹en›, den Stend‹en› dye proposicion gethan In bey sein hertzog Friderichs pfaltzgrauen etc vnd des hern von Naues als kay‹serlichen› Co‹m›missarien (gethan, Graue hug von montfort ist noch nit wid‹er› gen Nurmberg khomen) vnnd furderliche Antwort begert Daruff dy Stend abschrifft vnnd bedacht genomen. Vnnd bey sollich‹em› allen ist von der Stedt weg‹en› nymant mher, der, Augspurgischen Confession nit verwandt, dan allein der gesandt von Rotenburg vff der Tauber vnd ich gewesenn, [fol. 28v] Aber den beschwerlichen Inhalt angeregter p‹ro›posicion, werden Eur .Er. wt. auß beygepundner abschrifft nach lengs vernemen, Gemelts mitwochs nach Mittag haben dy gesandt‹en› Orator vnd Botschafft‹en› der Konigin Maria etc auß prabandt 34 , nemlich der von Kriching‹en›35 vnd .D. Viglius {wider den hertzog‹en› zw Gulch furpracht} Ein solliche lange disputirliche entschuldigung vnd Clag mit angeheffter Bit, den selb‹en› hertzog‹en› anzwhalt‹en›, das Er kay‹serliche› ma‹iestae›t Ir erblandt Gellern36 zwstellen, den schad‹en› der durch Mar-
31 32 33 34 35
haus = gemeint ist das Rathaus. Ein Ampt In figuris mit der Orgeln = ein Amt nach Noten mit Orgelbegleitung. ainichen = einzigen. Herzogtum Brabant. Grafschaft Kriechingen (französisch: Créhange) im Westreich, heute Département Moselle, Frankreich. 36 Gellern = Geldern.
Edition der archivalischen Quellen
tin von Roßh‹eim› In prabrandt 37 gescheen, vnnd den vncost‹en› dan sy dy Konigin Im Zug der gegenwere vffgewandt wider erstatt‹en› vnnd naher thun soll, etc das sich derselb‹en› wol zuuerwundern, vnd man zwen gantzer tag nemlich donerßtags vnd freitags vnnd sambßstags hernach, daran, vff dem Rathhaus zwschreib‹en› gehabt, Dieselb‹en› sollen E Wt mit d‹er› Zeit, dan ich sy dißmals nit mundirn mög‹en› auch zwkhomen, Daruff ist doch weithers nichts gehandelt, dan das der gesandt von Gulch, abschrifft gebett‹en› vnd erlangt, mit anzeig Sein her werde In Kurtz mit der warheit ein solich‹en› bericht daruffthun, das man werd befind‹en› dy Konigin von Seins g‹nedige›n hern mißgonstig‹en› zw vil milt bericht sey, vnd das Im seynne Land vnd leut gar vnuerschult vnd vnpillicher weiß verderbt word‹en›, Ferrers wy ich E wt sollichs zwschreib‹en› wellen, Ist nur am freitag Abents vff morg‹en› Sambßtags vff dem hauß zwerscheynnen angesagt, darumb ich abfertigung diser schrifft, Biß Ich [fol. 29r] weithers vernemen möcht verzog‹en›. Also vff Sambßtag den dritt‹en› Februarii, haben dy Stende der Augspurgisch‹en› Confession verwandt, den Reichs Stend‹en› Ir beger vmb bestendig‹en› frid‹en› vnnd {ein gleichmessig} Recht, furpracht, wy E wt auß beyligendt‹er› schrifft So ich In eyl verfertigt vernomen werd‹en›, daneb‹en› auch durch den Sechsisch‹en› Cantzler geredt word‹en›, dieweil das wormsisch Edict Sy vnnd ir confession fur ketzerisch erclere, vnd der Augspurgisch Abschid dasselbig Edict becrefftigt, alle Camergerichtspersonen vff denselb‹en› Abschid geschworn, vnd darauß auch andern gefasten grim Zorn vnd Neid wid‹er› sy, ermelte Confession verwant‹en› fur Ketzer vnnd keynnes Rechtens wirdig od‹er› vhehig acht‹en› vnnd erkennen, So werd‹en› sy auch von dem so In der schrifft‹en› begert kains wegs absteen, mit bit syhe desselb‹en› nit zuuerdenck‹en› etc Daruff dy Stende abschrifft begert vnd bedenckens, vnd sein des Churfurst‹en› von Brandenburgs, Rathe, dy von Nurmberg, Regenspurg vnd alle Stedt bey denen das Euangeliu‹m› gepredigt wurdt, Als man zwr frag‹en› griffen, abgang‹en›, Als gemelter Confession verwandt‹en› vnd ist von Allen Stedt‹en› nymants Ins Reichs versamlung plieben, dar der 38 obgemelt gesant von Rotenburg, vnd Ich, derhalb‹en› der Mentzisch Cantzler Ionas hönlachend‹en›, als er vns der andern Stendt bedenckens, nemlich abschrifft zwbegeren fur hiltt, sagte, der Huff der Stedt were fast genug vnnd cleynn word‹en›, Dieweil nun .E. wt. an dem schreiben Im brieff mit A betzaichnet geleg‹en›, hab Ich vff weither handlung nit wollen verzieh‹en›39 . Sonder E wt dasselbig [fol. 29v] zu‹m› forderst‹en› zwwissen, fug‹en›. Vil leut versehen sich dy p‹ro›testirend‹en› haben mit Irem furpring‹en›, sonderlich dieweil kain furst dan allein hildeßh‹eym› vorhand‹en›, disem tag algerait 40 ein grosse furdernus zum ende gethan, So schweigt
37 38 39 40
Herzogtum Brabant. dar = bis auf; dar der = bis auf den. verzieh‹en› = hier: aufschieben, verzögern. algerait = allbereit.
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Granuella vnnd handelt nichts, vnd ist dy sage41 , ko ma‹iestae›t mog nit lang pleib‹en› Muß Letare zw Beheim42 sein, Darumb Ich E wt zwen Roß 43 , so ich willens gewest hinab zwschick‹en›, noch zwr zeit behalt‹en›, vff das so ein Zertrenu‹n›g keme, Ich vnuerzuglich mocht von Stadt khomen. Hab alles E wt Ich, wy mir gepuret nit sollenn verhalt‹en› Geben Sontags den 4 tag Februarii Ano etc xliii E E wt Gehorsamer dyner, vnd Stadtschreiber Rudolff Schelhornn Adressat: Den fursichtigenn Ersamen weisen Burgermainster vnnd Rathe der Stadt Speyer meynnen gonstig‹en› liebenn Hernn Darunter die Notiz einer anderen Hand: p‹rese›ntat‹um› Mittwochs nach Inuocauit den xiiii feb‹ruarii› Ao xliii Statschreiber Rudolff Schelhorn schreibt dem Rath von Nurnberg Reichssach‹en›
Nr. 9 1543 Februar 22 Bericht des bischöflichen Kanzlers Johann Rot über seine und des Generalvikars Georg von Mußbach Vorsprache im Auftrag des Speyerer Bischofs Philipp [von Flersheim] beim Magistrat der Stadt Speyer den Prior zu den Augustinern betreffend. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/5, fol. 13r–16v. [fol. 13r] Bischoffs von Speirs Werbung. an ain Rath. den Prior zu‹n› Augustinern betreff‹end› etc Anno XVC XLIII donnerßtags nach Reminiscere den XXIIt‹en› Februarii hat der hochwirdig furst vnd herr, her Philips Bischoue zu Speir etc durch derselben Gemeinen Vicarien Georg‹en› Mußpach vnd den Canntzler Iohann Rot lic‹encia›t‹en› irer f.
41 dy sage = das Gerücht. 42 Beheim = Böhmen. 43 zwen Roß = zwei Pferde.
Edition der archivalischen Quellen
G‹naden› Werbung vor ainem Ersamen Rath alhie thun vnd furbring‹en› lassen, vngeuerlichen dise Meinung Ersame, Fürsichtige, Weise herrn Burgermeister vnd Rath diser loblichen des heilig‹en› Reichs Stat Speir günstige herrn vnd frundt. Es hat der hochwirdig furst vnd herr her Philips Bischoue zu Speir etc mein Genedig‹er› herr, den Erwirdig‹en› herrn Georg‹en› Mußpach ir‹er› f. g‹naden› gemeinen vicarien in d‹er› geistlicheit alhie zugegen, vnd mich zu E. E. W.t‹en› verordent, vnnd vnns gnedigklich‹en› beuolhen, das wir von ir‹er› f. g‹naden› weg‹en› [fol. 13v] E. E. W.t‹en› vnd frundschafft‹en› derselb‹en› ir‹er› f. g‹naden› gnedig‹en›, guten frundtlichen willen vnnd alles guts ansagen, vnd dabey vonn irer f. G‹naden› wegen anbring‹en› sollen, Nemlichen dise Meynung. Nachdem hieuor verschiner 44 iar durch den prior zu den Augustinern alhie zu Speir etlicher maß Newerung‹en› zu predig‹en› vnd zu leeren vnderstand‹en› vnd fürgenomen, wellichs ime als aim ordensman nit gebürt habe, besonnders zu vngewonlichen zeitt‹en› vnd eben d‹er› stundt, doe von alt‹er› her, die pfarrlichen Recht alhie vffgericht, zupredig‹en› derhalb‹en› ir f. g‹naden› ine domals dess‹en› durch gedacht‹en› h‹er›n vicarien fürhalt‹en› vnd erinnern lass‹en› etc. [fol. 14r] vnd dabey die herbracht‹en› loblichen Ordnung‹en› zuuerschone‹n› beuolhen, vnd ine darfur gebet‹en› haben, Daruff dann ir f. g‹naden› gedacht‹en› prior widerumb sag‹en› vnd gnedigklich vertrost‹en› lass‹en›, das er nicht anderst predig‹en› noch leeren welle, dann bißher in d‹er› Catholischen kirchen gepredigt sei word‹en›, Das auch ir f. g‹naden› domals bericht {word‹en›} wie E. W.t‹en› gedachten prior, diss predig‹en› halb‹en› angesprochen, d‹er› domals dise antwurt geben, wo E. Wt‹en›. vermeinten das er anderst predig‹en› solt od‹er› wurde dann er bißher gethan das er sich doch nicht sehr verhofft, von ime zuhoren, So seie er auch d‹er›selbig Mann nicht, bey dem man ain sollichs find‹en› werde etc Welches zusagen ir f. g‹naden› beherzigt [fol. 14v] vnd verursacht, als die Ro kay. M‹aiestae›t vnnser allergenedigst‹er› her‹r› vor II iarn hie gewesen, vnd ire Mt durch ire Bottschafft iren f‹urstlichen› g‹naden› gnedigst fürhalt‹en› lass‹en›, das ir Mt anlannge wie das durch ain Munich hie zu Speir inn der Religion etwas Newerung angefang‹en› werd‹en› solt das domals ir f. G‹naden› zu antwurt geben, das gleichwol nit one, ir f‹ürstlichen› g‹naden› habe hieuor angelanngt, das d‹er› Zeit etwas enderung beschehen, wellichs ir f. g‹naden› notturfftigklich anzeig‹en› lassen, vnd daruff ir Mt also vertrost‹en› lass‹en› das ir Mt kain sorg hab‹en› solt‹en› etc Daruff
44 verschiner = vergangener.
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ir Mt iren gnad‹en› sag‹en› lass‹en› das ir M‹aiestae›t solch antwurt gern gehört vnd vernomen, vnd ir M‹aiestae›t weith‹er› beuolhen, dweil dise sach‹en› ir‹en› f. G‹naden› Ambt berüren thet das ir g‹naden› von Ambts weg‹en› beuelh [fol. 15r] geben vnd in achttung haben sollt wo auch mitler Zeit etwas weither Newerung furgenomen, dasselb ir‹er› kay Mt zu bericht‹en› darinn wolt‹en› ir M‹aiestae›t iren gnad‹en› beholffen sein, auch dabey anzeig‹en› lass‹en› dweil kay. M‹aiestae›t vnd e ire Vorfaren Ro. keiser vnd konig loblichst‹er› gedechtnus, so ain sond‹er›lich lieb zu disem loblichen Stifft alhie gehabt, das Sie ire begrebnuss‹en› darinn erwelet, auch ir M‹aiestae›t befend, das d‹er› gotsdinst recht vnd wol darinn gehalt‹en› wurd. So hett ir M‹aiestae›t auch ain sonder naigung zu dis‹en› loblichen Stifft {vnd Stat}, des sich ir f. g‹naden› hohlichen erfreudt, vnd ir‹er› M‹aiestae›t dannckh gesagt, vnnd sich zu all‹er› gehorsam erpott‹en›. Vber das alles ir f. g‹naden› warhafft anlanng‹en› thut, das gedacht‹er› prior zu den augustin‹er›n yetz nechst verschine Sontäg Esto Michi vnd Inuocauit vnnd Reminiscere offenlichen gepredigt vnd geleeret, das nit allain d‹er› priester vber altar in d‹er› meß [fol. 15v] Sonnder auch der lay das heilig Sacrament vnnsers herrn fronleichnams vnnder beider gestalt gebüre vnnd empfahen solle, vnd welch‹er› annderst leere und thue, d‹er› thue {vnd lere} vnrecht, vnd nachmals sich erpott‹en› vff nechst komend‹en› Sontag {Reminiscere} Oculi weither von diser meß zupredig‹en›, das auch in d‹er› heilig‹en› meß kain opffer, zudem das die auch, keinem and‹er›n nutzlich seie dann allain dem der sie liset, Wellichs alles zuuerachttung der h‹eiligen› Meß vnd and‹er›n gots dinst‹en› reichet, vnnd wo das nit fürkomen sollt, das sollichs zur entlich‹en› Zerrütlicheit reichen wurdt, Nachdem ir f. G‹naden› solchs hoh beschwerd‹en› tregt, So haben ir f. g‹naden› sich auch gnedigklich zuerinnern vnd bedenck‹en› das gleichwol hieuor durch etlich Ordensleut d‹er›gleichen Newerung‹en› zu predigen vnd zu leeren vnd‹er›stannd‹en› Aber Gothablob das solch furnemen ire E. W.t‹en› dohin gericht furkomen vnd biß [fol. 16r] anher erhalt‹en› hab‹en›, dardurch sonst grosser vnrath entstand‹en› were, dieweil auch ir f. G‹naden› nit annderst acht‹en› vnd halt‹en›, dann das dises priors leer vnd predig d‹er› kay M‹aiestae›t auch des heilig‹en› Reichs abschid‹en› besond‹er›s zu Augspurg Anno XXX 45 der Religion halb‹en› vffgericht, den ir f. g‹naden› vnd E. W.t‹en› bewilligt vnd angenomen haben, stracks zuwid‹er›. So lannge demnach hohgemelter ir f. g‹naden› an dieselb E. E. W.t‹en› ganntz gnedig vnd frundtlich gesynnen, bitt‹en› vnd begern, E. E. W.t‹en› wellen gedacht‹en› prior dohin vermog‹en› weis‹en› vnd halt‹en›, von sollich‹en› obangeregt‹en› vnd and‹er›n d‹er›gleich‹en› Newerung‹en› furohin aber zusteen, Oder aber E. Wt‹en› wellen iren f‹ürstlichen› g‹naden› als dem Ordinarien an ir‹er› g‹naden› Iurisdiction kain verhind‹er›ung, Sonnd‹er› derselben, gegen ime priorn behilfflichen sein, vnd sich in [fol. 16v] dem wie sich geburt so gutwillig halt‹en› vnnd beweisen, damit all‹er› hand weitherung vnd vnradt furkomen, wie dann des
45 Gemeint ist das Jahr 1530.
Edition der archivalischen Quellen
orts ir f‹ürstlichen› g‹naden› von E. E. Wt. onabschlegige antwort verhoff‹en›. Das wellen vnd werd‹en› ir f‹ürstlichen› g‹naden› gegen E. E. Wten yed‹er› Zeit gnedigklich bedenck‹en› auch gut willen zu erzeigen geneigt vnd willig sein.
Nr. 10 1543 März 9, Nürnberg Der Speyerer Stadtschreiber Rudolff Schelhorn erstattet dem Magistrat der Stadt Speyer Bericht über die Geschehnisse auf dem Nürnberger Reichstag. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/1, fol. 30r–31v. [fol. 30r] Fursichtigen Ersamen weisen, Eur Ersamen Weißhaitt‹en› sein meynne schuldige gehorsame dinst mit allem vleis gantz williglich‹en› zuuoran. Gonstig hern, Eur Ersamen W‹eißhait›t‹en›, hab ich damit nit geacht, mir were so wol zw Nurmberg, das ich denselben zw schreiben {ob es gleich die notturfft nit erfordert} vergessen, nit wollen verhaltenn, das In Reichshandlung sither meynnem Iungsten schreiben weithers noch nichts gehandeltt, dan das dy .Ro. Ko. ma‹iestae›t vnser allergnedigster her, gestern donerßtags den 8 maii46 , den hern von Naues vnnd Iren vicecanzler vor gantzer Reichs versamlung gehabt, etliche kundtschafft von des Turck ankunfft, darunder nemlich eynne anzeig, das er der Turck vff nechst Georii47 mit Zehen mal hundert tausent mannen zw krichisch‹en› Weissenburg 48 ankhomen vnnd des furhabens sein soll, gantz Hunger‹n› vnnd Polen zuuerderben. verlesen lassen, vnnd daruff begert vnnd gebott‹en›, das die Stende In ansehen der gegenwertig‹en› hochsten vnnd eusserst‹en› nott, alle ire trennung vnd sonderung abstellen, verlassen, vnnd sich eynner trostlichen cristlichen antwortt, vff zum erst‹en› Irer ma‹iestae›t furprachte proposicion vergleich‹en› vnd furdern wollten. damit dy Zeit nit verloren, vnnd dem feind der vorstreich gelassen etc Daruff dy Stende der Confession nit verwandt bedenckens genomenn, Ob sy aber eynner antwort verglich‹en›, ist noch nit eröffnet, die p‹ro›testirend‹en› sein abgetrett‹en›, vnnd nach dem sy hieuor der ko ma‹iestae›t ein treffliche Replic vbergeben, Auch von irer ma‹iestae›t ein triplic duplic dageg‹en› empfang‹en›, darin Ir ma‹iestae›t noch vff dem concilio, vorigem frid‹en›, vnd visitacion des Camergerichts, auch sy damit abzwweißenn bestehet, haben sy dises tags widerumb Ire triplic, darin sy vff Ire erstern beger, vnd sonderlich das dy p‹er›sonen des kay‹serliche›n Camergerichts gar hinweg geschafft werd‹en› 46 Fälschlicherweise 8. Mai statt korrekt 8. März. 47 Georii = 23. April. 48 krichisch‹en› Weissenburg = Griechisch Weißenburg war vom 9. bis zum 16. Jahrhundert der geläufige Name für die serbische Hauptstadt Belgrad.
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sollen (dan sy auch andere nachkomling verfuren vnnd In ire parthei ziehen wurden) beharren, welcher [fol. 30v] schrifften copeyen Ich nit schick‹en› mog‹en›, dan ich Sy noch nit all beyhannd‹en›, werd‹en› nit offentlich‹en› verleßenn, muß sy allein bey vertrawtten {Leuten.} In gehaim zwwegen pring‹en›, sollen aber E. wt. alle werd‹en›, Vnnd wurdt also deglich allein mit den p‹ro›testirend‹en› gehandelt, ob man sihe von Irem furhaben pringen, vnd In abweg furen möcht, das ist noch des Reichs handlung Sonst sein auch grosse clag‹en› von dem Hertzog‹en› von Braunschweig vnnd dem Bischoue von hildeßh‹eym› vber dy p‹ro›testirend‹en› furpracht, Ist alles allein zum abschreiben vnnd bedenck‹en› pracht, acht sy werd‹en› langsam Restucionem wy sy begern, Ia auch antwort bekhomen, Franckreich hat sich des Zigs49 das er des Turck‹en› verpundner sein soll, vnnd des Kriegs so er geg‹en› kay‹serliche›r ma‹iestae›t furt ein verursacher, vnd das dy kay ma‹iestae›t dy Nissisch‹en› anstende50 geproch‹en›, durch ein lange verschloßne schrifft entschuldig‹en› lassen, vnnd den stend‹en› zwgeschriben, dyeselb‹en› schrifft hat man {allein In des Reichs versamlung verlesen, aber} In gemain nit lassen abschreib‹en› Granuella hat das widerleget, vnnd sein grundt vff Etliche schreiben gesteltt, dy noch nit zwm theil nit abgeschrieb‹en›, vnnd eins thails vorlangst Im truck ausgangen, steckt auch bey anderm In bedenck‹en› Die Botschafft‹en› der Erbarn frey vnnd Reich Stedt haben In der Eßlingisch‹en› sach noch nichts gehandelt, der p‹ro›testirend‹en› werck thut es alles verhindern, dan der Stedt Botschafft‹en› In gar claymer 51 anzall, vnd so dy von der p‹ro›testacion bey Iren sach‹en› sein, mog‹en› dy andern nichts handeln [fol. 31r] Ich versihe mich der tag werd sich vor Ostern End‹en›, vnd dy Ko ma‹iestae›t wonyt 52 dy p‹ro›testirend‹en› sich nit einlassen wollen, mit andern Stend‹en› den abschid zwmach‹en› furnemen, Es wurdt wy Ichs verstehe ein erbermlicher abschid werd‹en›, got wend es zw besserung, Vnd es gehe wy es # Von den Erbaren frey vnnd Reich Stedt‹en›, sein zu verhore des oberst‹en› geweßnen veldthaubtmans, vnnd seynner lutt‹en›ant wolff ditherichs von pfirdt, vnd Conradt‹en› von Bemelbergs, Auch veltmarschalck‹en› Iohan hilchens Rechnung‹en›, Ins Reichs ausschus verordnet Speyer vnnd Nurmberg, von Nurmberg weg‹en› her Sebalt Haller, Es sein aber solliche vnbilliche Rechnung‹en› v[o]n gemelt‹en› lutennant‹en› vnd veltmarschack, nit In Registern sond‹er› stucken, vnnd mundlich‹en› bericht‹en›, vbergeb‹en›, das es nit zuschreib‹en› vnd mher zwerbarmen, Sein auch des oberst‹en› velthaubtmans Rechn‹un›g vngemeß, darumb der ausschus soliche vnrichtige Rechnu‹n›g‹en›, denn stend‹en› allein In relacions Weiß, dan darynn kein einnam, noch ausgab, sond‹er› 49 Zigs = Anklage, Beschuldigung. 50 Gemeint ist der am 18. Juni 1538 zwischen dem französischen König Franz I. und Kaiser Karl V. für zehn Jahre geschlossene Waffenstillstand von Nizza, der tatsächlich aber nur vier Jahre hielt. 51 claymer = kleiner. 52 wonyt = wo nicht.
Edition der archivalischen Quellen
allein das ist man mir schuldig, In grossen sum‹m›en, furpracht, dy haben woß daruff zwhandeln bedenckens, dan der ausschus etwes darin zwberatschlagen sich nit wöllen bed belad‹en›, erschrecklicher, vnbillicher, hailloser ding, hab ich meynne tag nye gehört, es lest sich nit schreib‹en›, will es aber mit gottes hilff zw meynner ankunfft mundlich‹en› anzeig‹en›. Wolt alles .Eur .Er. wt. dyeweil ich botschafft one sonderlich‹en› cost‹en›, gehabt, allein wy dy sach‹en› itzt zw Nurmberg gestalt anzwzeig‹en› nit bergen: wy wol E. Wt., vnd ich von dero, weg‹en› daran allein nit kund‹en› besserung verfug‹en› {wil aber mich der selb‹en› E Wt beuelch nach In alle wege gehorsam haltenn.} Datum freitags den .9. Marcii Ano etc xliii. E Er wt gehorsamer dyner, vnd Stadtschreiber Rudolff Schelhornn izt zw Nurmberg [fol. 31v] Adressat: Denn fursichtigenn Ersamen weisenn Burgermainster vnnd Rathe der Stadt Speyer meynnenn gonstigenn lieben Hernn. Speyer Notiz einer anderen Hand: vberantwurt freitags nach Iudica Ao xliii53
Nr. 11 1543 April 12, [Speyer] Der Magistrat der Stadt Speyer schreibt dem Speyerer Bischof [Philipp von Flersheim] betreffs Lehre und Predigt des Augustinerpriors. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/5, fol. 21r–25v. [fol. 21r] Hochwurdiger Furst Eur Furstlichen gnaden sein vnnsere ganntz willige dienst mit vleys zuuor Gnediger herr, als vonn E. g‹naden› wegenn Donnerstags nach Reminiscere iungst 54 die wurdigenn vnnd hochgelertenn Georgen Mußbach E. g‹naden› Vicari inn der Gaystlichait 55 vnnd Iohann Rode derselbigenn E. g‹naden› Cantzler vnnder annderm bey vnns geworbenn, Nachdem hieuor verschiener 56 iar, 53 54 55 56
freitags nach Iudica Ao xliii = 16. März 1543. Donnerstags nach Reminiscere iungst = 22. Februar 1543. Gaystlichait = Geistlichkeit. verschiener = vergangener.
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durch denn Prior zu denn augustinernn alhie zu Speyr ettlicher massenn Newerunge zupredigenn vnnd zulerenn vnnderstannden vnnd furgenomenn Welchs ime als aynem Ordennsmann nit gebuert hab besonnders zu vngewonlichenn zeytenn vnnd ebennder Stunde da vonn alterher die pfarkirchen Recht alhie vfgericht zupredigenn, Derohalbenn E. g‹naden› ine denn Prior damals deßenn durch E. g‹naden› Vicarien erinnern vnnd ime dabey derenn herprachten Loblichenn ordnungen zuuerschonen beuelhen vnnd fur die newerunge bittenn lassenn haben, Daruff dann E g‹naden› gedachtem Prior widerumb sagenn vnnd vertrostenn lassenn, das er nicht annderst predigenn noch lehrenn woll, dann bißher in der Catholischen kirch‹en› gepredigt wordenn sey. Das auch E g‹naden› bericht, Als wir gedachtenn Priorem des Predigenn halbenn [fol. 21v] angesprochenn, das Er damals geantwort, Wa wir vermeintenn das Er annderst predigenn solt od‹er› wurd dann er bißher gethan, (des er sich doch nit versehe) So were Er derselbig mann nicht bey dem man eyn sollichs finnden wurde Welchs zusagenn E. g‹naden› behertzigt vnnd vervrsacht das als die Rö: kay: Mt vnnser allergnedigster herr vor zwayenn iarenn hie gewesenn vnnd durch irer M‹aieste›t Bottschafften E. g‹naden› gnedigst furhaltenn lassenn das ir M‹aieste›t anlange das durch ein Monich hie zu Speyr inn der Religion ettwas Newerunge angefangenn werdenn solt, Eur g‹naden› damals zu antwort gebenn, Wiewol nit ahne das E. g‹naden› hieuor angelangt das der zeitt ettwas enderunge beschehenn, welchs E. g‹naden› notturfftiglichen anzaigen lassen vnnd daruf ir M‹aieste›t vertrost, das ihr M‹aieste›t kaynn sorgh habenn soltenn, darumb ihr M‹aieste›t sollichs weytter bevolhen Dieweyl diese sachen E. g‹naden› ampt berurenn thett das E g‹naden› vonn ambts wegen beuelch geben vnnd inn achtung habenn soltenn, Wie mittler zeitt ettwas weitter newerunge furgenomen daßelb ir kay: M‹aieste›t zuberichtenn darinn woltenn ir M‹aieste›t E g‹naden› beholffen sein, vnnd vber das alles E. g‹naden› warhafft anlangenn thue das [fol. 22r] gedachter prior zu denn augustinern negstuerschienen Sontage Esto michi vnnd Inuocauit 57 offentlichen gepredigt vnnd geleret das nit allein d‹er› priester vber altar inn der Meß, Sonnder auch der Ley das heylig Sacrament vnns‹er›s herrnn Fronleychnams vnnder bayder gestalt gebuere vnnd empfahen soll. Vnnd welcher annderst lehre, vnnd thue, der thue vnnd lere vnrecht vnnd nachmals sich erpottenn vf Sontage Reminiscere iungst 58 weytter vonn dies‹er› meß zupredigenn, das auch inn der heyligen Meß kain opffer, zu dem das die auch kainem annd‹er›nn nutzlich sey, dann allein dem der sie lißet Welches alles zuuerachtung der heyligen Meß vnnd anderer gottes diennst raychet, vnnd wa das nit furkomenn, das solliches zur entlichen zerruttlichhait raychenn wurde, mit weiter Erinnderunge wes sich hieuor bey vnns begebenn wie auch dasselbig abgeschafft, vnnd das dieses Priors lehre vnnd Predig der kay: M‹aieste›t auch des heyligen reychs abschiedenn besonnders dem zu Augspurg
57 negstuerschienen Sontage Esto michi vnnd Inuocauit = 4. und 11. Februar 1543. 58 Sontage Reminiscere iungst = 18. Februar 1543.
Edition der archivalischen Quellen
Anno etc dreyssig 59 der Religion halber vffgericht denn E. g‹naden› vnnd wir bewilligt vnnd angenomen habenn, stracks zuwider mit angehefftenn gesynnen bittenn vnnd begernn, das wir gedachtenn priorem dahin [fol. 22v] vermogen, weysenn vnnd haltenn wolten vonn solichenn obangeregtenn vnnd andernn dergleichenn Newerungenn furohin aberzustehenn Oder aber das E. g‹naden› wir als dem Ordinarien ann E g‹naden› Iurißdiction kain verhinderunge thonn Sonnder derselbenn E. g‹naden› gegenn ime dem prior behilfflichenn sein woltenn etc Doruf gebenn E. g‹naden› wir gantz guttwilliger vnnd dienstlicher Mainung erkennen, das E. g‹naden› sich ohne Zweyffel woll zuerindern wissenn wie vor ettlichenn iarenn vnnd ein gutte zeitther das mehrer volcks bey vnns vonn irenn pfarherrn abgedrett‹en› dieselben nit mehr horen wollenn, vß vrsachenn das ettliche derselbigenn der gottlichen geschrifft nit zum bestenn erfarenn, vnnd darumb der selbenn gmeß vnnd dem Volckh zu genugen nit leheren od‹er› predigenn mogenn auch zum thail ihres lebenns vnnd wandels sich Ergerlich erzaigt vnnd gehaltenn, Dauonn erstand‹en› das das volck sich heuffig zu d‹er› predig des damals gewesenenn pfarhers Sanct Egidien pfarkirchen alhie begebenn, also das nach dem, (wie E. g‹naden› bewust) angerege pfarkirchenn eines klainen begriffs vnnd der zeit die sterbeten leuffe bey vnns schwebtenn sich [fol. 23r] dermassenn daselbst versamlet vnnd eynnand‹er› vbertrangenn, das ettliche darob befleckt ires leibs vnnd lebenns zuuerlust vnnd schadenn komenn sein, dauon dann Rumor vnnd gemurmel entstandenn, vnnd vnns der Obrigkait die schulde vnnd der vnglimpff eines sollichen zugemessenn werdenn wollenn Als danenn so dem vorgenanten pfarherr zu Sant Egidien nit eynn gereumpternn60 platz eingebenn, darob doch wir (so es beschehenn oder verschafft wordenn) neben anndernn allerlay beschwerten gewartenn mussen vnnd darumb sollichs alles annderer gestalt nit gewust noch gedenncken mogenn fuglicher zuuerhueten obzuwennden vnnd zu stillenn dann durch ein anndere predig aines manns dessen lehre vnnd lebenns halbenn niemannts abscheuhen habenn möchte Der auch hieuor zum predig ampt nit allein durch die gaistliche obrigkait zugelassen sonnder auch von d‹er›selben als geschickt erfarenn vnnd gerecht erfunden ann mehr dann ainem ortt zu Sollichem gepraucht word‹en› vnnd habenn daruff vielgedachten priorem vmb kainenn solde bestellunge od‹er› verhayssunge sonnder Leutterlich vmb der gottes Ehre Fridde Ruhe vnnd erhaltunge der altenn Christlichenn religion willen [fol. 23v] bittlichenn vermocht, sich der predig zuu‹n›dernemenn vnnd zu fruer tagzeit das gotlich wort zuuerkund‹en› Dieweyl zu anderer Zeit hieuor gemelte beschwerdt‹en› nit abgelegt od‹er› verhutet werdenn mogenn, wie wir dann dessenn hechstgedachter Romischer kay‹serlicher› M‹aieste›t vf ir‹er› Mt vnns vor zwaien iarenn gnedigst bescheh‹en›
59 Gemeint ist das Jahr 1530. 60 gereumpternn = geräumigeren.
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furhaltenn schrifftlichen vnnd vnderthenigsten bericht gethan dobey wie bißher gnedigst gelassenn wordenn sonnderlich wie wir achtenn darumb dieweyl ir kay‹serliche› M‹aieste›t ab vnns‹er›m schreibenn zuuermercken gehapt das vnns‹er› furnemen nie dahin gestannden vnnd noch das ichtzit durch offtgerurten Priorem angezogenn verkonndigt od‹er› gepredigt werdenn solt das nit dem Lautternn wort Christi vnnsers seligmach‹er›s der apostolischenn Biblischen vnnd der heyligen bewert‹en› vnnd vonn der Christlichen kirchen angenomenen Vetter lehre gleychformig vnnd gmeß were od‹er› sonnst zu vnrugd‹er›61 oder widerwertigkait gedienen mocht, vnnd habenn darumb gantem62 Prior die zwenn obberurten puncten vonn E. g‹naden› wegen gegenn ime angezogen furhalten lassenn doruf er vnns mit antwort begegnet wie E g‹naden› ab beyuerwardt‹er› [fol. 24r] abschrifft derselbigen zuuernemen Nachdem aber vielgemelter prior sich seiner worth vnnd furgeb‹en›s darinn vermeldet vff die heyligenn Euangelien der aposteln vnnd heyligen bewerten Vetter lehre entschuldigt vnnd wir des widdersins noch nicht bericht sein wolte vnns gantz beschwerlich fallenn auch zu hochstem verwiß gelangen mit ime zuuerschaffen sich desselbenn zuenthalten, vnns ist aber nit zuwid‹er› woe E g‹naden› befinden das vielgedachter prior inn seinem furgebenn geirret vnnd inen priorem vonn Ordenliches ampts wegenn durch das wort gottes vnnd die heylig gschrifft eines Irthumbs63 vnnd‹er›richtenn lassenn woltenn denn priorem zu solichem ann gebuerlichenn vnnd sichernn ortenn vsszuwarten zuuermannenn vnnd souil ann vnns ist zuu‹er›mogenn, Dann wiewol der angeregt augspurgisch reychs abschiede dieser sachenn wegenn ettwas vermeldunge thut, so wurdt doch dasselbig durch volgende erclerunge deren worth das der kay‹serlichen› M‹aieste›t vnnd der Stennde will gemut vnnd maynunge das die prediger das Euangelionn nach vßlegunge der heyligen geschrifft vnnd lerer vonn der gemeinen heyligenn Christlichen kirchen approbirt vnnd angenomen predigen vnnd lerenn sollen vf denn rechtenn vnnd Christlichen verstanndt des heylig‹en› [fol. 24v] gottes worth vnnd angenomene Lerer desselbenn gewisenn Sonnst mochte die negstuorgeende Claus‹el› darinn denn prediger sich der Rede zu massenn64 gebottenn, das mann das Euangelion vnnd das heylig gottes worth vertruckenn oder vertilgenn woll nit besteen od‹er› entschuldigt werdenn darzu ist negst negst angezogener Reychs abschiede der Religion halbenn zu ainem Ruwigen stilstanndt vff weyther verordenunge eines Christlich‹en› Concilii das Inn ainem Iar nach enndunge desselbigenn augspurgischenn reychstags gehaltenn worden sein solt gezogenn, Darumb E. g‹naden› als ein hochuerstenndiger Furst gnediglich zuerwegen habenn, das nachdem vf vielbeschehen vertrostunge vnnd verlauffene Iar khain Christlich
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vnrugd‹er› = Unruhe. gantem = genanntem. Irthumbs = Irrtums. zu massenn = hier in der Bedeutung von „gar nicht“.
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Concilium gehaltenn, od‹er› der sachenn sonnst Inn and‹er›e wege abgeholffenn wordenn ist, sich der menschenn gelundter ie lennger vnnd mehr darob vnnd sonderlich deßenn beschwerdt, Dieweyl durch denn vertewtscht‹en› vßgangenen truckh des regenspurgischenn religion gesprechs konndt vnnd offenber wordenn wes die Ro‹mische› kay‹serliche› Mt bey gelertenn leuthenn desshalbenn inn rath funden vnnd vnnderwiesen wordenn, wes auch die religions gesprechs leut sich der Spennigenn65 artickel wegenn vnd‹er›redt [fol. 25r] vnnd verglichenn das demselbenn vngemeß bißher furgenomen gehanndelt gepredigt vnnd gehaltenn wordenn sey, das also woe die scherpff gegenn der widerstrebennden gepraucht werdenn solt schwere sorgfeltigkayt zubesorgenn weren, Sonnd‹er›lich so wie E. g‹naden› erkennen allenthalbenn vmb vnns diese sachenn so weyth komen das wir auch vonn weg‹en› der benachtpaurten66 herschafftenn nit woll zu Ruhenn pleybenn mochtenn, wo dann vnns od‹er› denn vnnsernn sollichs wegenn ainicher schade entsteenn od‹er› widderfahren solt, mochte dasselbig nit allein vnns sonnder auch denen die wir bey vnns inn vnns‹er› fursehonnge schutz vnnd schirm habenn zu beschwerden ruren, konnden darumb beßers nit bedencken dann das die wege {gesucht wurden dardurch} die so bey vnns wohnen wir vnnd die vnns‹er›nn fridlich beyeinnannd‹er› erhaltenn werden mochtenn das aber vnnsers geringen verstanndts nit Fuglicher zugeschehen dann so E. g‹naden› mit irenn predicant‹en› verfuegten das sie nichts annders dann das Clar worth Christi vnnsers seligmachers ohne alle schelt wortt vnnd ergernus verkonndten auch dasselbig nit anderst dann nach der appostolischenn Biblischenn vnnd der altenn heyligen vonn der Christlichen kirchen angenomenen Vetter lehre vßlegten vnnd das darzu alle Ergernuß bey vnns souill menschlich vnnd moglich [fol. 25v] inn gaistlichem vnnd weltlichem stanndt abgeschafft vnnd verkhomen wurden. Darumb sann67 E. g‹naden› vnns‹er› gantz guttwillig‹en› vnnd dienstlichs bitten E. g‹naden› wollen zu furderunge der gottesEher besserunge des negsten Erhaltunge Fridens anrichtunge eines gottseligen wesenns Wie E g‹naden› Bischofflichen ampts vnnd beuelchs wegen vonn gott auch der Christlichen kirchenn vnnd sonnst durch viele reychs abschiede vferlegt vnnd beuolhenn alle sachenn zu rechtem gottlichen vnnd Christlichem anstanndt verkonndung des wharenn gottlichen worths auch abwenndunge der Ergernuß sonnd‹er›lich der Ihenig‹en› die E g‹naden› gerichtzwanngh vnnd‹er›worffenn wie wir dann gegenn denn vnnsernn auch furzunemenn gewilt verordenen richtenn vnnd hanndhabenn, Darann beweysenn E. g‹naden› gott ein gefelligs vnnd bischofflichs werckh dardurch aller vnnfall (wie wir verhoffen) vonn E. g‹naden› derselbigen vnnd‹er›than verwanndt‹en› vnns vnnd denn vnns‹er›nn abgewenndt vnnd verleschenn werde Vnnd es wurdt ein sollichs E g‹naden› zu ewig‹em›
65 Spennigenn = strittigen. 66 benachtpaurten = benachbarten. 67 sann im Sinn von sind.
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rhum gedienen, Wir wollenn es auch gegen derselb‹en› E. g‹naden› mit vnns‹er›nn gantz guttwilligen diennsten demutiglich vnnd gernn verdienen Datum Donnerstags nach Misericordias D‹omi›ni Anno etc XLIII. Burgermeist‹er› vnd Rath d‹er› Statt Speyr
Nr. 12 1543 Mai 12, Udenheim Bischof Philipp [von Flersheim] ermahnt den Rat und die Bürgerschaft der Stadt Speyer, am Glauben der Vorväter sowie am Augsburger Reichsabschied von [15]30 festzuhalten. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/1, fol. 33r–34r. Fehlerhafter Druck: UB Speyer 2, 553f, Nr. 288; vgl. auch Eger, Ausstellung „450 Jahre Reformation in der Stadt Speyer“, 174f. [fol. 33r] Vonn Gottes gnadenn Philips Bischoue zu Speyer etc Vnnsernn Freuntlichenn grus zuuor Ersamen weißen lieben getrewenn, Wir habenn ewer schreibenn vnd antwort vff die werbung, des wurdigenn hochgelertenn vnnsers vicarienn inn der geistlicheit vnnd Cantzlers vnnsert wegenn nechst vergangenn vastenn ann euch beschehenn, sampt einer beiverwartenn schriefft, was Frater Michael Dillerus zwaier articul halbenn gepredigt, nach der lenng hörenn verlesenn. Nachdem nuhn gedachter Dillerus sich wol zuerindern, das neben anndern, disse zwenn articul hiefur durch etliche so vnser lobliche vnnd ruige Deutsche Nation inn spaltung, zwitracht vnnd vnainigkait vnnderstanden zupringen, vnnd zum theill pracht habenn, gleichwol etwas weitleuffiger ingefurt vnnd das dieselbigenn nit allein durch etliche hailige Concilia zuuor, sonnder volgends gelerte geschickte vnnd erfarne der Teutschenn nation auch Franckreich Italien Engellant vnnd andere mehr, vermittelst der hailigenn Euangelien, vnd nach Apostolischen Biblischen vnnd der alten heiligenn, vonn der Christlichenn kyrchenn angenuhmen vetter lere, bestendiglichenn abgeleint, wellicher ableinung wie wir bericht bemelter Dillerus als er zum predigen vonn der geistlichenn oberkait zugelassenn gewesenn, vyll gelesenn, vnnd mehr mals sych hörenn lassenn, mehr gegrunt zusein, hettenn wir vnns nit versehenn, das er Dillerus vber diß auch inn bedenckenn, wie gnediglichenn wir mit ime als er sych des predigenn ausserhalbenn gewonlich‹er› zeit vnndernuhmen, Reden vnnd handlen, vnnd was zusagenn er vns daruf thun lassenn, solliche vns [fol. 33v] vberschickte articull inn seynem predigenn anders dann hiefur vnnd nuhn vill iar inn der gemei-
Edition der archivalischen Quellen
nen Catholischen Christlichen kyrchenn herkomenn treiben solt, Aber wie dem so ist ann euch vnnser freuntlichs vnnd gnedigs gesynnen vnd begeren, ir wollent im fußstapffen ewer elteren, verbleiben, vnnd euch vonn Christlichenn vatter glaubenn vnd entschlussenn der hailigenn concilien vnnd loplichen herkomendem geprauch der hailigenn Catholischenn Christlichenn kyrchenn, auch angenohmen abscheid zu Augspurg Ano etc dreissig 68 , nit sundernn, Bei69 dem wir auch euch als ewer Bischof bei gott vonn hymell vnnd gemeyner Catholisch‹en› kyrchen kaiserlichen vnnd koniglichen Maiestat‹en› bei denn benachpawertenn70 herschafftenn vnnd sonnst zuuerantworten habenn. Ferner Als inn ewerm schreibenn clage vber die pfarher bei euch dergleichenn die Reformation vnnd was des heiligen Reichs abscheid deßhalbenn mitpring‹en› angezogen etc Habenn sych die pfarher annders dann inenn gepurt geschickt, vnnd gehaltenn, vnnd diß ihe an vns gelangt, woltenn wir weg gesucht habenn, damit dieselbigen gewent. Souil aber des hailigenn Reichs abschid vnd darin vermelte reformation belangt, wollenn wir euch gnediger vnnd freuntlicher mainung nit verhalt‹en›, das der hochwurdigst inn Gott vatter vnnd hochgeporn Furst vnd herr herr Albrecht Cardinall vnnser Ertzbischof Metropolitan churfurst vnnd primas etc vor lenngst des halb inn arbeit auch vns vnnd andern [fol. 34r] seiner gnadenn suffraganien vnnd Coepiscopis schreib‹en› vnnd vberschickung thun lassenn, da wir nebenn iren gnaden vnnd andernn, zudem das inn angesetzten Concilio zu Triennt dauon auch aller gepur vnnd notturft gehandelt mag werdenn, vermittelst gotlicher hilf alles das helfenn bedenncken vnnd furnehmen wollen das zu furderung gottes ehr, erhaltung fridens, vnnd anrichtung eines gotseligen wesens dienen mag. Das wir euch denn wir iderzeit guthen willen zubeweisen sonders geneigt hinwider gnediger freuntlicher meynung nit verhaltenn wollenn Datum Vdenheim sambstags nach Exaudi Ano etc XLIIIo .
Nr. 13 1545 Juli 28 und Dezember 15, Speyer Abschriftliche Auszüge aus zwei Ratsprotokollen der Stadt Speyer. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/3, fol. 44r–46r. Druck: EKO 19/1, 90. [fol. 44r] In eines E. Raths Protocoll ab a‹nn›o 144571 . Montags den 28t‹en› Iulii stehet also fol. 392. E. E. Rath dießer Statt Speyer haben mitt [fol. 44v] mehrer stimm 68 69 70 71
Gemeint ist das Jahr 1530. abscheid zu Augspurg Ano etc dreissig, nit sundernn, Bei ist unterstrichen. benachpawertenn = benachbarten. Fälschlicherweise 1445 statt richtig 1545.
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Edition der archivalischen Quellen
einhellig vberkommen, daß man den Prior vnd Praedicanten versehen soll mit der Verehrung, wie vormahls auch geschehen, vnd weitters, daß man nach einem gelehrten Praedicanten, der dem gemelten Prior zun Augustinern mit Predigen, reichung der Heyl‹igen› Sacramenten, visitirung der kranck‹en›, So ihr begehren würdten, gleichförmig im Predigen einer meinung vnd Evangelischen Verstandts zurhülff vnd statt kommen soll, doch wie sonst‹en› die sach‹en› in andern kirch‹en› vnd pfarren der Religion halb, gesteltt vnd gelegen sein, bestehn vnd pleiben sollen, biß zu nechstem Wormbsisch‹en› Reichstag vnd gemeiner Stend reformation, Gott geb gnadt. Amen. [fol. 45r] In gemeltem Protocoll. fol. 477. A‹nn›o 1545 Vff Mittwoch nach Luciae den 15. Decembr‹is› haben beede Räth nach gestalt vnd gelegenheit, wie die sachen allenthalben in Heyl‹igem› Röm. Reich geschaffen, durch daß Mehrer Vberkommen vnd beschloßen, daß zue dem Prior zu den Augustinern alhie noch ein Praedicant, der sei seines ordens oder nit, auch im Ehestand od‹er› nit, der mit der Lehr ihme gemelt‹em› Prior zustimm vnd vergleiche, vff ein versuchens, zum fürderlichsten es gesein mag, besteltt vnd angenohmen werd, der gestaltt daß derselbig nit sogleich zur Praedicatur vffgestelt, Sondern daß Er sampt dem Prior zuvohr die Kinder lehr den Catechismum ahn die hand nehm‹m›en, die Sacrament‹en› administriren, die [fol. 45v] Kranck‹en› so sein begehren visitiren, heimsuchen, vnd mit Christlicher lehre vnterweißen vnd trösten So dan derselbig befund‹en›, daß Er in dießem allem allem geschickt vffrecht vnd dem prior zue vohr die Kinder lehr in der lehr gleichförmig, daß alß dan derselbig mit zuelaß‹en› vnd geheiß deß Priors alß wan Er Prior nit alhie, od‹er› ob Er alhie vnd zue predig‹en› nit geschickt od‹er› vnvermöglich, auch vff stehn vnd predigen möge. Vnd wo derselb so alß bestelt Augustiners ordens oder sonst‹en› werd‹en› bey gemeltem Prior sein tisch, cost, Speiß vnd Wohnung haben wolte, daß deßwegen demselben Priori von der Rhät wegen, willen gemacht, vnd derselben Persohn auch belohnung beschehen solle, Wo es aber ein verehelichte [fol. 46r] persohn, daß demßelben eine behausung dem Closter zu den Augustinern zustendig, vff eines Raths verzinßung eingegeben, vnd mit demßelben der besoldung wegen von der Räht wegen vberkommen werdten soll.
Nr. 14 1547, ohne Monats- und Tagesangabe Der Speyerer Kürschner Caspar Körber beschwert sich beim Rat der Stadt Speyer über den Pfarrer der Kirche St. Johann wegen dessen Verweigerung der Taufe von Körbers neugeborenem Kind. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/1, fol. 35r–37r.
Edition der archivalischen Quellen
[fol. 35r] Ersame Fürsichtige vnnd weiße herrn Burg‹er›maist‹er› vnnd Rhat, diser loblichenn frei vnnd Reichs Stadt Speir, günstig gepietende herrn E f Wt‹en› pring Ich Supplicierend für, Wiewol Inn gaistlich‹enn› vnnd weltlichenn Rechtenn, hoch vnnd wol versteh‹enn› auch kund vnnd offenpar ist, Das niemandt was stanndts od‹er› wesens der sei, denn anndern, besonndern vnuerleumpt personenn, schmehen, schelt‹enn› auch mit schmelichenn wortenn, onuerschulter Sachenn, antastenn vnnd vbergebenn soll, Vnnd das onleuckpar, das Ich meine tag vnnd zeitt so Ich die Iar meiner verstendtnuß vnnd volkommentlich alter erraicht (on Rhum zumeld‹enn›) eins gutenn vffrichtigenn Ehrbern lebens wanndelß, vnnd leumuts gewesenn, auch noch binn, auch mich gegenn menniglichenn nie anders ertzaigt, dann einem Ehrliebenden Mann wol gepürt vnnd ansteht, Derhalbenn Ich auch durch Iemandts, der annders bei seiner sinne‹nn› od‹er› vernufft gewesenn, ein lecker od‹er› leichtfertigenn Bubenn gescholt‹enn› od‹er› bezieh‹enn› worden, Anders wirt kein Bid‹er›mann von mir sagenn kündenn, So hatt sich doch Iüngst den Xt‹en› Iulii zugetrag‹enn›, Das mir Gott ein Iungenn Son vnnd Ehrbenn beschert, hab Ich denselbigenn nach Christlicher ordnung, wollenn lassenn dheuffenn, binn allso zu dem Glöckner zu Sanct Iohann kommen, Inen freuntlich gepettenn, das er bei dem pfarher zu Sanct Iohann, woll ansuchenn vnnd [fol. 35v] erfarn, wann es Ime gelegenn, das kindt zu dem Tauff zupringenn, dann es sei etwas schwach, Demnach ist der Glöckner komm‹enn›, hat mir angetzaigt, Ich soll zwischen zwölffenn, vnnd ein Awer 72 , komm‹enn›, alls dann werdt man Vigilien habenn, So woll der pfarrer mir das kindt dheuffen, vff bestimpte zeitt binn Ich mit sampt dem geuattern, vnnd etlichen meine‹r› Nachpeurin vnnd freunden für die kirchenn zu Sanct Iohann kommen, des pfarrers von halb eins biß nach den zwohen Awern gewart, Ist d‹er› glöckner kommen vnnd gesagt Ich dörff nit wartenn der pfarrherr woll mir das kindt nit dheuff‹en› hab ich die vrsach befraugt, Daruff er geantwort, er wisse es nit, Binn Ich selbß zu dem pfarrher ganngen, der da Inn des herrn Paulen Hubers haus gesessenn, mit des herrn Micheln Coci magdt, mit würffell gespilt, hab Ich Inen freuntlich angesprochenn, mit disen vnnd dergleichenn wortenn, würdig‹er› herr pfarher, Ich hab euch den Meßner geschickt, vnnd begert mir mein kinndt (das do etwas schwach) zu tauffen, Ist noch ann E würde mein pith die wolle sich so gutwillig erzaigenn, vnnd das kinndt Teuffenn, vff solch mein beger der pfarrher mir mit diser Antwort begegnet Hab ich nit Euch mit dem glöckner entpott‹enn› [fol. 36r] das ich solches nit thun wölle, vnnd wiewol Ich mich solches Christlich‹enn› begerens, keines Abschlags verseh‹enn›, So hab Ich doch nit vnnd‹er›lassenn vnnd noch ferrer den obgedacht‹enn› Pfarrer zupitt‹enn› angesucht vnnd Inen vmb Christus wille vnnsers Seligmachers willenn gepettenn, er soll mir mein kindt Teuff‹enn›, dann es sei seer schwach od‹er› wo er es Ihe nit thun wolle, das er mir doch anzaig gebe weß Ich mich diß orts halt‹enn› soll, Dann wo dardurch mein
72 Awer = Uhr.
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Edition der archivalischen Quellen
kindt verkürzt würdt, wolt Ich mich ann Ime Rechnen, ob gleich es mir mein leib vnnd gut Costenn sollt, Daruff Er abermals geantwort, er wöll es nit Teuff‹enn› sonnd‹er› weit‹er› gesagt, gehet hien zu dem Münch zu den Augustinern, zu dem Bubenn vnnd lecker, laßt da Teuffenn, vnnd alle die zu Ime gehn, sein Bubenn vnnd lecker, vff solche des Pfarrers ongepürliche Ia nit pristerliche Antwort Ich gesagt, Ich binn nie keinem Bubenn od‹er› lecker holt word‹enn› Dieweil Ir dann mich onuerschult‹er› sach‹enn› wid‹er› alle Erber billichait‹enn› so hoch antastet, so halt Ich euch für ein bubenn vnnd diebisch‹enn› lecker, biß so lang Ir solche Ewere schmehaffte erdichte wort, vff mich pringt, will allso soviel mein Ehr belanngt verantwort habenn vnnd meiner auch Ewr Obrigkait was vnpillichs mir von euch, der sich dann ein vermennt‹enn› Pfarrer berümpt zu sein begegnet, alles, wie es sich Inn d‹er› warhait zugetr‹a›g‹enn› [fol. 36v] (wie pillich) Clagenn vnnd antzaig‹enn›, binn allso von dem pfaffenn (der dann sein spiel mit der pfaffenn magt ‹con›tinuiert vnnd vollendet) abgeschied‹enn›, mein kindt ongetaufft widerumb zu hauß lasß‹enn› tragenn, Dieweil nun Inn dem gaistlich‹enn› Recht‹enn› geordnet, das die prist‹er›schafft für anndern sich mit wort‹enn› vnnd werck‹enn› Erlich vnnd Erber halt‹enn› sollenn niemandts schmeh‹enn› noch mit einich‹enn› ongeschickt‹enn› handlung belestig‹enn›, vnnd aber durch solche des pfarrers obenangezaigte schmeliche erletzliche wort Ich nit allain sonnd‹er› ein gemaine Burgerschafft höchlich InIuriirt 73 vnnd geschmecht sein, vff das aber offtgenant‹er› Pfarrer Andern zu einem Exempel gestrafft werde (ne delicta pertranseant Impunita) So ist ann E f Wt‹en› mein vnd‹er›dienstlich bit vnnd beger E f Wt‹en› die wollenn ein gepürlichs Innsehens habenn, vnnd mir behilfflich sein Damit Ich wandel vnnd kerung meiner eher notturff nach erlang‹enn› moge, hierinn E f Wt‹en› alls [fol. 37r] meine ordenliche Oberkait vmb hilff gantz vnndertheniglich‹enn› anruffende etc E f Wt‹en› Willig‹er› gehorsamer burg‹er› Caspar Körber Kürßner
73 InIuriirt = beleidigt.
Edition der archivalischen Quellen
Nr. 15 1548 [Juli 30?74 ] Der Augustinerprovinzial Christoph Vischer suppliziert an den Magistrat der Stadt Speyer, den Augustinerprior daselbst dazu zu bewegen, den Ordensstatuten und der kaiserlichen Religionsdeklaration Gehorsam zu leisten. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 460, fol. 4r–4v. [fol. 4r] Fursichtigen Ersamen weißen, gunstigen herren, Ein Ersame weißheit seien mein vnderthenig dienst sam[pt] meinem armen gebet gegen got dem almechtig‹en› alzeit zuuor Gunstige lieben herren Als ich in iungst gehalt[enen] prouincial capittel zw Freiburg in Brißgauw durc[h] schickung des almechtigen gottes, mittels der wale, bin verordnet vnd deputirt worden, zu dem p‹ro›uinciall Ampt, zu welchem ich mich doch zugering befindt, vnd aber mir alda von den patribus vffgelegt, die Cloester vnsers Ordens zu visitiren vermog vnserer statuten, Auch der Ro: key: Ma: vnsers aller genedigsten herren declaration in sachen der Religion, Welcher visitation ich mich alhie in der stat Speier in vnsers Ordens cloester Auch hab wollen geprauchen, e dem patri priori mein vnd meiner vatter meynung angezeigt, vnd mit ime von einem Artickel vff den andern geredt, vnd sonderlich von der Administration der sacramenten dero er sich, bißhero ein zeit lang in der statt Speier geubt vnd gepflegt abzusthon ernstlich ermanet Dweill dasselbig von ime, zuthun der Christlich‹en› ordenung auch der Romischen key: M‹aiesta›t vnsers aller genedigsten herren erklerung in sachen der Religion entgegen, vnd ime sich vermog vnserer statut‹en› vnd ermelter keiserlich‹en› declaration widerumb zw Reformiren von Ampts wegen gebotten, Daruff er mir mit e Antwurt begegnet daruß zuuernemen who ich vnd die vatter ime ettwas, das er gern thue vnd ime wolgefellig sey, gebieten werden, welle er gern willig gehorsam leisten. Aber das woll er gar nicht ingeen Er kund auch solches nit one bescheidt vnd furwissen eins Ersamen Radts, welchem ich doch keinen glauben gebe noch vil weniger verhoff, vnd villeicht also vrsach seiner vngehorsame, euwer E. W. zu einem deckmentle furgewendt vff welches ich ime geantwurt solch sein antwurt vnnd [fol. 4v] furwenden wolle ich an euwer E. W. lassen gelang‹en› vnd who wir in diesem als ich nit verhoff von euwer E. W. verhinderung beschehe, vnd nit geholffen werd‹en› mocht wurde ich genottrengt solches mich zubeclag‹en› da sich geburt Nemlich bey der Romisch‹en› keyßerlich‹en› Maiestat vnserm allergenedigsten herren, Was ferrer fur redt wir miteinander geredt vnd zertheilt, Acht ich von onoitten hie zumelden Dweill dan nun der pater prior sich mit euch als einem ersamen Radth der stat Speier will
74 Vgl. StadtA Speyer 1 A 460, fol. 5v.
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beschoenen, die gehorsam belangendt Ist an euwer E W mein vnd meiner mitvatter vnd bruder demutig vlelich bitt inen den priorem dahin zuuermoegen das er inhalt vnserer statuten, So er vor zehen iaren selbst hatt helffen ordnen vnd setzen Auch der declaration in sachen der Religion der Ro key: Mat: vnsers aller genedigst‹en› herren, wolle gehorsame stellen (darmit ich weitter ansuchens derohalben an enden sich geburt endthaben sein mocht, ich auch vil lieber vmbgeen wolt) wie mir dan vngezweiffelt E. Er. W. als die gehorsamen Romischer key Ma‹iesta›t selbst zuthun geneigt sein werd‹en›, Solchs hab E er. w. ich vß vorgeender noit vnd pflichten meins Ampts vnangezeigt nit kunden vnderlassen, Mit vndertheniger bitt Euwer Er. W wollen solches von mir in keinen verdruß vffnemen, Das vmb E Er. W. mit meinem armen gebett gegen gott dem almechtig‹en› sampt meinen gefließnen dinsten zubeschuld‹en› will ich alzeit willig beraidt sein E er W gunstig antwurt her uff bittende E Er. W. Alzeit williger Caplan Christopherus Vischer sant Augustin Ordens am Rein vnd Schwaben p‹ro›uintial
Nr. 16 1548 August 4 Der Magistrat der Stadt Speyer antwortet auf die Supplik des Augustinerprovinzials Christoph Vischer den Speyerer Augustinerprior betreffend. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/6, fol. 16r–17v. [fol. 16r] Eins Rhat antwort So bruder Christophoro Vischer augustiner ordens prouintial vff sein Supplication Er wider den prior zu den Augustiner alhie vbergeben Sambstags den 4. augusti durch eines rhats verordente Conradt Lutzenn Burgermeister, Friderich Meurern alt‹en› burgermeister Claus Reichwein des raths vnnd Iohan Eslingern Statschreibern außgesagt wordenn. Es hett ein Erbarer Rath sein Supplication Er iungst montags wid‹er› den herrn priorem zu denn augustinern ingebenn seins inhalts nach der leng verlesen angehort auch willig gewesenn in furderlichen zubeantworten so hette aber sein furpringen des herrn priors bericht erfordert ab welchem ein Rath vermerckt Nachdem sein w. zu dem prouintial ampt Augustiner ordenns am Rhein vnnd in Schwab‹en› deputirt vnnd erwelt das er daruf in das augustiner Closter alher keiner darin vngewaigert
Edition der archivalischen Quellen
ingelassen, vnnd von dem prior fur ein prouintial erkendt ime auch kein gepurliche [fol. 16v] visitationem versagt wordenn, Vnnd hat ein Rath ime priori nie beuolhen, sich seiner Oberkeit zuwidersetzenn dan ein rath nihe ainicher iurisdiction od‹er› gerichts zwangks vber das gemelt Closter sich zuhab‹en› vnnderzogenn od‹er› angemast, Wiewol whar das ein Rhat verschiner 75 iaren ine priorem vermocht, dem Christlichen volck alhie in seim Closter ann gewonlichen Son vnnd Feyertagenn morgenns frue vmb Siebenn vhrenn das wort gottes zupredigenn welches er bisanher auch also gethun vnnd sich in seim predigenn dermassen gehalt‹en› das vor iharenn ein rhatt ine priorem76 seins predigenn vnnd haltenns halb gegenn der kay Mt. vnnd auch dem Bischoff von Speyer verthaidingt 77 , das ir M‹aiestae›t vnnd seinn gnad ine priorem bisanher dabei pleibenn lassenn der hoffnung ir kay‹serliche› Mt vnnd d‹er› Bischoff wurdenn es auch noch thun dann Er d‹er› prior mit seinem predig ampt bisanher [fol. 17r] es auch nit zuuerantworten, vnnd ob er schon wolte fur sein person patiens habenn, So wurde doch einn anders Nemblich auß der Reformation der gaistlichen volgen das ettliche sondere verordente visitatores vngeuerlich vmb o‹mni›um sanctorum hie sein wurde eben dis auch furgenomen, also das er sorgt d‹er› prior mocht hie nit erhalten werd‹en›. Eins raths verordneten ime prouintial die weg furgeschlagen Dieweil d‹er› prior mit d‹er› predicatur vnnd dem studiern gnugen gethann, das man ine dabei pleiben lies vnnd mochte sein Er wirdt andere priester so meß hielten hieher verordnen also das man dem kay‹serlichen› bedencken dannacht ein gnugen thete Mocht sein Er wirdt die so nit meß lesen wolt‹en› an andere ort verschiken. Daruf d‹er› prouintial Er habe wol solchen wegen auch nach gedacht es sei aber in summa alles vergeblich [fol. 17v] dann sich khein priester zu dem prior wurde zuuerodnen sein dieweil er sie nit vnangeraitzt wurde lassenn, Wie Er ime dann alberaidt ein iungenn priest‹er› den er alher mit ime bracht bei nach abgewenndt vnnd das er prior vf ein zeit bei im zu Maintz im Closter gewesen were ein solche emporunge entstandenn das die Fratres den priorem wo er prouintial nit darfur gewesen vergwaltigt hettenn, Da die verordente ine gebettenn, das best bei ime ston zulassen vnnd den sachen zum besten nachgedencken Daruf p‹a›t‹e›r prouintialis wann d‹er› prior das ihenig thet was er ime hieß, so were den sachen geholffenn, Vnnd damit vonn den verordent‹en› abgeschaiden, Das alles volgenndts dem prior angezaigt sich darnach zuricht‹en› wissenns.
75 verschiner = vergangener. 76 dermassen gehalt‹en› das vor iharenn ein rhatt ine p ist unterstrichen. 77 seins predigenn vnnd haltenns halb gegenn der kay Mt. vnnd auch dem Bischoff von Speyer verthaidingt ist unterstrichen.
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Nr. 17 1548, ohne Monats- und Tagesangabe Bericht über die Verhandlung der kaiserlichen Räte Anthonius Perenot, Bischof zu Arras, und Heinrich Hase mit Conrad Lutz, Bürgermeister der Stadt Speyer, und Friedrich Meurer, Altbürgermeister der Stadt Speyer, vor allem den Augustinerprior, den Stadtschreiber und den städtischen Schulmeister ebenda betreffend. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/6, fol. 5r–14v. [fol. 5r] Donerstags denn 30. augusti anno etc XLVIII hatt der hochwurdig herr Anthonius Perenot Bischoue zu Arras Ro‹emisch› kay‹serlicher› M‹aiestae›t gehaimbter 78 rath morgens vmb die zehenn horenn herr Conradt Lutzen Burgermeister vnnd Friderichen Meurern alt‹en› Burgermeister vor sich beruffenn, vnnd durch herr Hainrich Hasenn auch kay‹serlicher› M‹aiestae›t Rath inen furhaltenn lassenn, wie die kayserliche M‹aiestae›t vonn zeit ann irer kay‹serlichen› regirunge iemals die statt Speir inn all‹er› gnedigstem beuelch gehabt, sie auch vor and‹er› inn viel wege begabt, Dargegen ir kay‹serliche› M‹aiestae›t sich auch aller gnedigst versehe es wurden dieselbenn vonn Speir in betrachtunge der bewissnen gutthattenn, vnnd sonnderlich das ir M‹aiestae›t das kayserlich Chammergericht vber vieler ander [fol. 5v] statt ansuchenn dahin verraumpt, sich aller vnnderthenigenn gehorsame gegen ir kay‹serliche› M‹aiestae›t bevleissenn, vnd were, daruf irer kay‹serlichen› M‹aiestae›t begernn zu wissen wie sich die vonn Speir in der Religion zuhaltenn gedechtenn, Vnnd nach dem ein Augustiner Monich alhie gewesen der da gepredigt aber itzund 79 sich enteussert 80 So were der kay‹serlichen› M‹aiestae›t ernnstlicher beuelch das ein rath denn selbenn nit solt wider einkomen lassenn, Vnnd dieweil der selb Monich bei ettlichenn denn furnembsten vnnderschleuffe81 gehabt solt ein rath der Stat Speir gebieten das niemandts denselb‹en› solt haussenn houen, vnnderschleiffen, etzen oder drenckhen, vnnd so der Munch in der Statt betrettenn wurde solte ein rath dennselbenn gefenglich annemenn, [fol. 6r] die kay‹serliche› M‹aiestae›t dessenn berichtenn vnnd bescheidts daruber gewarten auch den enthalter 82 der gepure vmb der enthaltunge willenn straffenn,
78 79 80 81 82
gehaimbter = geheimer. itzund = jetzt. enteussert (entäußert) = hier: entfernt. vnnderschleuffe = Unterschlupf, Herberge. enthalter = Person, die jemandem Unterschlupf oder Herberge gewährt bzw. jemanden aufnimmt.
Edition der archivalischen Quellen
So hette ir kay‹serliche› M‹aiestae›t auch vernomen das ein rath ein Statschreiber der were gevrlaubt 83 darbei liesse es die kay‹serliche› M‹aiestae›t zuvrlaub‹en› Dieweil aber der rath auch ein Schulmeist‹er› hette were der kayserliche M‹aiestae›t beuelch den selbenn auch zuvrlauben vnnd diese baide desselbenn tags vß der Stat Speyr zuschaffenn. Ir kay‹serliche› M‹aiestae›t were auch bewust, als ir M‹aiestae›t in denn negst vergangenen entpörungen etliche ire haubtleut vmb annemunge kriegs volckh abgefertigt, deren einsthails alher khomenn, vnnd vmbzuschlagenn beg‹er›t das ine dasselb gewaigert wordenn, mitt angeben es hetten Sachsen vnd Hessenn [fol. 6v] dergleichenn gesonnen denen were es auch versagt Nun hettenn sich die vonn Speir zuberichtenn das sie der kay‹serlichen› M‹aiestae›t vnnd nit Sachsen vnd Hessenn mit pflichten verwandt, Vnnd darumb kein gleichhait darin suchen sonder irem herrn khain maß geben soll‹en›. Vnnd dieweil die kayserliche M‹aiestae›t das Chammergericht wider hieher verordennt, So were irer M‹aiestae›t begeren sich gegenn denn personen desselbenn also zuerzaig‹en› vnnd zubeweisenn, darmit sich niemanndts der vngepurlichait zubeschweren hette, Das sich zu zeiten als der Ertzbischoffe zu Lunden84 kay‹serliche›r M‹aiestae›t Commissari des damals gewesenn Chammergrichts personen eylenndts gein Meyntz zu sich [fol. 7r] erfordert, vnnd die bey nechtlicher weile vf sein muessenn, begebenn das etliche burgere sich erzaigt als ob sie denn selben denn zugk abstrickenn woltenn, das sich khains wegs geburt, Aber dem allein were wie es wolte so gedechte die kay‹serliche› M‹aiestae›t das alles nach zugeben vnnd so ferr die von Speir hinfurter in irer M‹aiestae›t gehorsame verharreten wolte ir M‹aiestae›t alles nit gedencken Sonnder das hin were hin sein lassenn, Vnnd die Statt Speir in allergnedigsten schutz schirm vnnd beuelch habenn vnnd behaltenn, ime fahl aber die vonn Speir vonn irer M‹aiestae›t gehorsame abtretten wurde ir M‹aiestae›t, geursacht das alt zu dem neuenn gepurlichen zustraffen das sie vß beuelch kay‹serliche›r M‹aiestae›t angezaigtt vnnd eroffnet. Daruf Conradt Lutz und Friderich Murer nach gehabter vnnderrede geantwort, es wuste [fol. 7v] sich ein rath wol zuerinnern wes gnadenn vnnd gutthaten die kay‹serliche› M‹aiestae›t der Stat Speyr vonn angehender irer M‹aiestae›t Regierunge
83 gevrlaubt = entlassen, des Amts enthoben. 84 Johann von Weeze (um 1489 bis 1548), Erzbischof von Lund in Dänemark, Fürstbischof von Konstanz und bedeutender kaiserlicher Diplomat.
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bewisen vnnd ertzaigt hettenn das sich ein rath in aller vnnderthenigster gehorsame zuuerdienen schuldig erkandte, gedächtenn auch vonn irer kay‹serlichen› M‹aiestae›t gehorsame nit abzudrettenn. Souil aber denn prior zun Augustinern auch denn Statschreiber vnnd Schulmeister belangte woltenn sie gebeten hab‹en› gedult zutragen das sie es des andern volgenden tags ein Rath mochten anbringenn. Mit dem Vmbschlagen were ein rath gegenn der kay‹serlichen› M‹aiestae›t zu vnschulden versagt, dan wiewol waer das in iungst verruckter kriegs handlunge ein Hauptmann vonn [fol. 8r] der kay‹serlichen› M‹aiestae›t hie vmbzuschlagen begert, So hette doch ein rath ime ganntz getreuer wolmainunge anzaigen lassenn das von andernn, do aber weder Sachsen oder Hessen gedacht gleicher gestalt auch begert worden das denn selbenn versagt vnnd so das vmb schlagenn ime vergondt werdenn solt wurde die Statt nachdem vnnd wie sie gelegen in gefar gestelt, das auch die ihenigen so von der kay‹serlichen› M‹aiestae›t denen von Speyr zuschutzen vnnd schirmen beuolhen, dessen entgehen mochtenn, mann wolte aber ime in d‹er› Stille wes fur kriegs volck vorhanden zuweissenn, dardurch er ebenn das erlangen solt das er mit dem vmbschlagenn ervolgen konndte, das aber der hauptman ein solichs nit annemen wollenn, darann were ein Rath nit schuldig hofftenn die kay‹serliche› M‹aiestae›t wurde die geleg‹en›hait [fol. 8v] vnnd eines Raths getrewe fursehunge da sonst die statt annd‹er›er gestalt inn irer M‹aiestae›t gehorsame nit erhaltenn werdenn mogen mit klamen vngnaden versteen. Das die kay‹serliche› M‹aiestae›t das kayserlich Chammergericht alher verordennt des sagten die verordenten an statt eins Rhats irer M‹aiestae›t aller vnnd‹er›thenigstenn danck, hofften es werenn die personen des gewesnen Chamergerichts zu Speir also gehalten worden, das sie kein pilliche Clage gehabenn mochten, gleicher gestalt wurde ein Rath sich gegenn denn kunfftigen alles guttenn willenns zubevleissen auch genaigt sein. Betreffenndt die geschicht die sich nachtlich‹er› eroffnunge der thore begebenn als die personen des Chammergrichts vonn dem Ertzbischouenn [fol. 9r] vonn Lunden genn Maintz zukomen erfordert wordenn darumb wuste er Friderich Meurer bericht zugebenn, vnnd were nit ane, als der zeit Bastian Nideck seligern vnnd er Friderich Murer Burgermeister gewesenn, das begert wordenn Chammerrichter vnnd Beisitzer bei nacht vßzulassenn, das sie auch also Baide als balt zuthon bewilligt, vnnd so furderlich darzu gethan das sie nit vfgehalten worden da mocht sein das ein Burger der nun mehr gott ergebennn vngestumiglich herbei khomenn, vnnd wissenn wollenn, was das bedeutet, der aber mit worten wol vnd‹er›richt vnnd bescheiden vnnd nicht
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desto wheniger Kamerrichter vnnd Beysitzer ane ainiche verhinderunge vßgelassenn wordenn, Die kay‹serlichen› rethe antwortten sie hetten vonn wegen eines raths das beschehen erpeten [fol. 9v] vermerckt aber wie ein rath sich der religion halb haltenn wolte, gar nit gehort, ob nun die verordenten desselbenn nit Claren beuolch hettenn mochtenn sie geduldenn das sollichs nebenn denn andernn dreyen puncten denn Monich Statschreiber vnnd Schulmeist‹er› Beruren einem rath auch anbracht vnnd furderliche antwort die der kay‹serlichen› M‹aiestae›t desto statlicher habenn anzubringen daruber gegeb‹en› wurdt, Des vmbschlagens halb were es vast die meynunge wie sie es furgeben, allein das es durch eines raths verordenten etwas weith‹er› erleutert, Vnnd woltenn sie die reth ann statt der kay‹serlichen› M‹aiestae›t sich versehen es wurde {ein rath} sich gegen kunfftigen Chammergericht geburlich erzaigen dann sich wol gezommen das der Burger so sich vngeburlicher weise bei eroffnunge der port‹en› erzaigt gestrafft solt sein worden, Neben [fol. 10r] diesem köme der kayserlichen M‹aiestae›t fur als ob die pfarhenn vnnd Clöster auch nit notturfftiglich mit tuglichen personen versehenn sein solten, Wann nun ir kay‹serliche› M‹aiestae›t denn gaistlichen ires mißhaltens gleich so wenig als denn weltlichen zuzusehen gedechte begerten sie zuwissen wie es mit Clostern vnnd pfarhen alhie geschaffenn, Daruf aines Raths verordenten anzaigten, sie erholten iren beschehenen furtrage vnnd hetten fur vnnottwendig geacht der religion halb zuantworten dieweil desselbenn wegen hieuor schrifftliches erpietten beschehen, vnnd gaben weitter zuerkennen das alhie viel pfarhen mit vngelerten liderlichen vnnd eines bosenn Exempels Personen versehen, die Closter hetten von wegen das die Closterleut sehr abgangenn, ann personen also abgenomen [fol. 10v] das im Prediger Closter ein, im Augustiner Closter zwenn, im Barfusser vier vnnd zum heiligen grabe auch vier Personenn werenn, Als nuhn eines raths verordenten abgeschieden vnnd nach mittage desselbenn tags der sitzende Rath versamblet vnnd alle handlunge furgetragenn wordenn, hatt er sich der sachenn vsserhalb des alten Raths nit vnd‹er›ziehen wollenn, darumb des volgendenn Freytags baide Rethe beiainannd‹er› gewesen vnnd nach gehabter vmffrage vnnd beschlus Iohann Eßlingern dem Statschreiber vnd Iohann Mullernn dem85 schulmaister furhalten lassenn, das die kay‹serliche› M‹aiestae›t im Iohann Mull‹er›n zuurlauben vnnd inen baiden des tags vß der Statt zuziehenn vfzulegen beuelhen lassen da aber
85 Iohann Eßlingern dem Statschreiber vnd Iohann Mullernn de ist unterstrichen.
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sie baide das sie ein Rath gegenn der kay‹serlichen› M‹aiestae›t entschuldigen vnnd verbitten solt [fol. 11r] angesucht, das sich ein rath beschwert, aber sich erpotten vf vnnderthenigst irenthalb zu pitten das sie ob sie woltenn zuuerhore gelassenn wurden, Vnnd seyenn demnach des genanten Freytags abendt zu funff horen Conradt Lutz Niclaus Silberradt Friderich Meurer vnnd Iost Rollwagenn, bei den vorgemelt‹en› kay‹serlichen› rethen, erschienen vnnd vß beuelch baider Rethenn furpracht, es were der Rath der Statt Speyer, irer gnaden vnnd herligkaiten der kay‹serlichen› M‹aiestae›t rethe von wegenn der kay‹serlichen› M‹aiestae›t gethanen furbringens nach langs vnnd notturfftiglich bericht, vnnd wuste sich ein rath wol zuerinnern mit was gnad‹en› die kay‹serliche› M‹aiestae›t die Stat Speir von angeh‹en›der irer M‹aiestae›t regierunge bißhieher allergnedigst gemeindt vnnd befurdert dessen irer kay‹serlichen› [fol. 11v] M‹aiestae›t sie aller vnnderthenigsten dannck sagtenn, vnnd weren alle zeit willig vnd beraidt irer kay‹serlichen› M‹aiestae›t als irem rechten haupt vnnd herrn aller vnd‹er›thenigste gehorsame zuerzaigen vnnd zulaisten, Souil aber die religion betreffe hette ein Rath denn herrn vonn Granuellen vf seiner g‹naden› furhalten zu Augspurg beschehenn schrifftlich beantwort dem ain rath also wurcklich nachzusetzen gedechten86 , So were vf der kay‹serlichen› M‹aiestae›t beuelch der Schulmeister vnd Stattschreiber geurlaubt vnnd baiden dem Schulmeister vnnd Statschreiber desselbenn tags der Statt Speir sich zuenteussernn vferlegt, vnnd solte auch eines raths verwandten verkönndt vnnd gepotten werdenn denn prior zun Augustinern bei vermeidunge gegenwertiger straff biß vf der kay‹serlichen› M‹aiestae›t begnadigunge nit zuu‹n›derschleuffen zuhausen [fol. 12r] zu etzen od‹er› zutrenckenn es hette auch ein rhatt denn priorem vergangner iar dahin vermacht nachdem er ime Closter vnnd ann and‹er›nn orttenn vf ersuchenn des Bischoffs beuelchhabere daruor gepredigt, das er allein die stunde dieweil er zuuor ime Closter nach mittage gepredigt vf den vormittage wenndenn vnnd doch nichts anders dann das er Mit Biblischer Apostolischer vnnd d‹er› altenn vetter lehre getreuw zuuerthaidingen verkhonden vnnd lerenn solte, vnnd das darumb dieweil das volck ir Pfarhere derselbenn vngeschicklichhait halbenn, wie nochmals der Mehrer thail alhie geschaffenn nit horen wolten, darmit sie doch nit gar vonn der gotts forcht abkemen, Wo nuhn der prior anderst das ainem rath doch vnbewust stunde dasselb [fol. 12v] ime zuuerantworttenn, Es hette ein rath aber dennocht befunden, das d‹er› prior durch seine predig in den vergangen beschwerlichen leufften das volck dahin bewegt, das den gaistlichen nichts wid‹er›richs begegenet, Wie mit warhait sie nit sagen kondten, das ainicher vbergriffe ann inen geschehenn, Od‹er› sie in allem darleg‹en› das ein Rath vmb erhaltunge des
86 Souil aber die religion betreffe hette ein Rath denn herrn vonn Grauuellen vf seiner g‹naden› furhalten zu Augspurg beschehenn schrifftlich beantwort dem ain rath also wurcklich nachzusetzen gedechten ist unterstrichen.
Edition der archivalischen Quellen
Fridens willen vssgeben sie vmb denn wenigsten pfenning angesprochen word‹en› Was d‹er› Schulmeister vnd Statschreiber gethann habenn solten, were einem Rath verborgenn, doch were ann die kay‹serliche› M‹aiestae›t eines raths aller vnnd‹er›thenigste bith ob ir ainer ettliche od‹er› alle drey sich zuuerantwort‹en› begeren wurden, das ir kay‹serliche› M‹aiestae›t sie zu aller gnedigster verhore wolte komenn lassenn, Des vmbschlagens halbenn were es zugangen [fol. 13r] wie des gesterigenn tags bericht geschehen, vnnd thet gegenn d‹er› kay‹serlichen› M‹aiestae›t sich ein rath vffs aller vnnderthenigst der gnaden bedancken, das ir kay‹serliche› M‹aiestae›t die Statt Speir vor anndern mit dem kay‹serlichen› Chammergricht begabet, hofftenn sich gegen desselben personenn dermassen zubeweisen das sie khain billiche Clage nit habenn sollten. So were auch gesterigs tages von wegenn vßlassunge der Chammergerichts personenn, bei nechtlicher weil vf erforderunge des Ertzbischofs von Lunden beschehenn auch der pfarhenn vnnd Closter halb alle gelegenhait angezaigt ohne noth zuerwiddern, das hetten dye verordenten eins raths inn beuelch inen denn kay‹serlichen› rethenn anzubri‹n›gen mit ganntz dienstlich‹er› vnnd freundlicher bitt sollichs die kay‹serliche› M‹aiestae›t mit bestem fugenn zuuerstenndigenn vnnd zu bittenn, das ir kay‹serliche› M‹aiestae›t die Stat Speir wie [fol. 13v] bißhere inn allergnedigsten beuelch schutz vnnd schirm geruchte zuhaben vnnd zubehaltenn, das vmb ire kay‹serliche› M‹aiestae›t aller vnnderthenigst vnnd sie die rethe dienstlich vnnd freundlich zuuerdienenn wolte ein rath iederzeit willig erfunden werd‹en› Die kay‹serlichen› rethe sie hetten eines raths vnnd‹er›thenig anbringen vnnd erbieten vf alle furgegebene puncten gesterigs vnnd heutigs nach lengst angehort, vnnd were der kay‹serlichen› M‹aiestae›t das zum thail albereidt eroffnet das vberig solte irer M‹aiestae›t berumpt vnnd der Stat zun besten fugen auch angepracht werdenn, woltenn sich auch verstehenn es wurde ein Rhat irenn wortenn wurcklich nach setzenn, desto genaigter wurde die kay‹serliche› M‹aiestae›t sein, die ieder zeit in gnaden vnnd allergnedigsten bevelch [fol. 14r] schutz vnnd schirm zuhabenn vnnd zubehalten, Sie hetten auch vernomen warumb ein rhatt den Monich vor Mittage zu predigenn vermocht vnd das die pfarhen nitt zum besten versehen darob das volckh ire pfarherr zuhoren vnwillig wordenn, nun weren sie aber in gutter erfarunge das itzundt einn Predicant im Thumb der da gelert vnnd eines gutenn wesenns, vnnd das ein ieder der sonnst lust hette predig zuhoren mit denselbenn woll versehenn were, Das aber ein Rhat gebeten, ob der dreyer gemeltenn personen aine oder mehr sich wurde begerenn zuentschuldigenn das die kay‹serliche› M‹aiestae›t dennselben allergnedigste verhor wollte vergonden, da hette ir kay‹serliche› M‹aiestae›t niemandts ainiche verhore abgeschlagenn wurde es denen auch nit versagen vnnd [fol. 14v] mit dem Bischoue vnnd and‹er›n gaistlich‹en› verschaffenn lassen das sie mit versehunge des gots dienst der pfarhenn vnnd Closter sich auch gepurlich beweis‹en› soltenn,
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Seyen demnach mit gethaner dancksagunge eines rhats verordenten abgeschied‹en›, vnnd ist sollichs denn volgenden sampstag den rethen furpracht vnnd daruf desselb‹en› tags in die zonnft verkondt wordenn das der kay‹serlichen› M‹aiestae›t beuelch denn prior zun Augustinern in d‹er› Stat Speir nit zuhausen zuhouen od‹er› vnderzuschlaiffen, das auch er der prior wa er inn Speyr betrettenn sampt dem enthalter zuhafft angenomen, vnnd d‹er› kay‹serlichen› M‹aiestae›t beschaidt daruber erwarttet werd‹en› solle des sich ein ieder solte wissenn zurichtenn.
Nr. 18 1548 November 21 Der Magistrat der Stadt Speyer ermahnt seine Bürgerschaft wegen der Vernachlässigung des Gottesdiensts und unziemlichen Lebenswandels. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/6, fol. 18r–19r. [fol. 18r] Nachdem nhun ain gute zeitt her der zorn des allmechtig‹en› Gottes inn allerhanndt wege vnnd plagen, augenschainlich‹en› gespurt, sonnd‹er› zweiuel allain vnd furnemlich darumb, das seiner ehren vnd lobs so wenig geehret, vnnd da die furd‹er›nus derselbst‹en› das furgengst vnd allen Menschen am hechst‹en› angelegen sein sollte, etwa dis zeittl‹ic›hen ding mheer‹er› herfurgetzog‹en›, vnd denselben nachgegang‹en› worden, So hett‹en› d‹er›halb vnser h‹er›rn ain rhat gehofft, ire burgerschafft sollte sich vmb souil mheer auch vff voraussgangns gebott vnd vermhanung zw besuchung des Gottsdinsts vnnd abstellung alles ergerlichen vnd vnzimlich‹en› lebenns getzog‹en› gewiesen vnd selbst angehallt‹en› hab‹en›. Es befindt ab‹er› gedacht‹er› Rhat, nit one beschwerung, das ir burgerschafft vnd d‹er› gmain man‹n› iung vnd allt alhie von tag zu tag ie mheer vnd mheer in erlosigkhait vnd hinlessig‹en› gotsdinst gerhatet, also das bisweyln bei vilen mheerere besuchung d‹er› wirts dann Gottes heusere befunden vnd bei etlichen zu zeitt‹en› an den Sontag‹en› vnd and‹er›n gebottenen feyrtagen mheer den handtierung‹en› vnd suchung d‹er› naru‹n›g denn sonst durch die woch‹en›, vnd ann den dartzu geordent‹en› tagen obgeleg‹en› [fol. 18v] wirdet Dhweil aber solchs inn vil weg ergerlich vnd ains bos‹en› exempells vnd auch gott hochlich mißfellig, vnnd ainem Rhat in krafft obligend‹en› ampts dartzu also leng‹er› nit zuzuseh‹en› ist. So ersucht vnd vermhant demnach derselbig, alle ire burg‹er› vnd zugethanen vatterlicher vnd auch ernstlich‹er› maynu‹n›g, das sie fur sich selbst, ir haussgesind vnd zugehorige solche erlosigkhait inn cristlichen gottsdinst vnd andacht verwenden, demselb‹en› mit eyferig‹en› ernst vnd furneml‹ic›h an den darzu geordent‹en› Sonn vnd feyrtagen ausswartten all vnziml‹ic›h leb‹en› vnd wes‹en› alls grossen zoren, schweren zutrinck‹en› spielen vnd d‹er›gleichen abstell‹en› vnd sich inn cristliche zucht wesen vnd wandel d‹er›massen richten, damit der zorn gottes vmb
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solcher vnzimlikhait willen nit weitth‹er› geg‹en› anprin‹n›t, sonnd‹er› etwas gemilltert vnd man auch den leutten desmind‹er› ergerlich sein möge. Darneb‹en› auch das sie die burgerschafft, ainigen and‹er›n besond‹er›n verbottnen versamlungen od‹er› haimlichen verdechtlich‹en› vnd vngepurl‹ic›h‹en› anleyttung‹en›87 nit statt geb‹en›, wie dann ain rhat hierinn allenthalb [fol. 19r] zu inen vntzweiuuelihe zuuersicht stelle, daran sie auch nit allain ime dem rhat sond‹er› zuuord‹er›st dem allmechtig‹en› angenem geuallen auch will‹en› vnd maynung thunt vnd ertzaigen, Decretu‹m› in Senatu 21 Nouemb‹ris› 1548
Nr. 19 1555 März 14 Bericht über die Vorsprache des Magistrats der Stadt Speyer beim Speyerer Bischof [Rudolf von Frankenstein] wegen diverser Religionsangelegenheiten. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/7, fol. 2r–4r. [fol. 2r] Nachdem der Statt Speir Burgerschafft vnd Inwoner auß mangel Christlicher Predicanten vnd anstellung vnd reichu‹n›g der Sacrament‹en› wie die von gott dem almechtigen eingesetzt worden dermaßen vnnd also rogloß word‹en› das zum theil niemants / dweyl mann eß nur allein der Rhomischen Religion nach gehalten / zu kirchen gang‹en› vnd also gott vnd sein hailigs wortt in windt geschlagen ein theil aber zusamen in die heuser gangen vnd die gedruckte vnnd außgangene tractetlin miteinand‹er› gelesen vnnd dann die ibrigen hin vnnd wid‹er› in die nechst vmbligende flecken vnd dorffer do mann die Sacramenten wie sie eingesetzt gereicht word‹en› gelauff‹en› Ist ein Erbar Rhatt in bedenckung das sich der widertauff etwas vnd gwaltigclich widervmb eraigt vnd letzlich auß solchem zulauff gheen was besorgclichs entsteen mecht zugefaren vnnd den Ersamen vnd Erbarn Friderichen Meurern Burgermeist‹er› Conraden Lutzen vnd Peter Augspurgernn altenmeistern vnd Niclaußen Reichwein Rhattmann beuolhen sich zu dem Bischoff von Speir zuthun [fol. 2v] vnd zudemselbig‹en› von Rhatsweg‹en› antzupring‹en› das ein Rhatt iungst durch ire verordente weß ire f‹urstliche› g‹nade›n getrewer wolmeynung der wid‹er›tauffer halben angetzeigt verstendigt worden were vnd das derhalben ein Rhatt nit vnderlaßen der sachen gepurliche erkhundigung souiel die iren belangte zu haben Darinn sie souiel befund‹en› das sye vff diese stundt von iren burgerrn so in d‹er›
87 anleyttung‹en› = wahrscheinlich religiöser Unterricht.
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Statt kheinen od‹er› auch kheine burgerin wiß‹en› dye sich des widertauffs bekhennen thetten wol aber hett mann souiel erfaren das etliche weren die zusamen giengen vnd mit einand‹er› die außgangene teutsche tractetlin lesen thetten vnd dann das etliche hinauß vff die flecken vnnd dorff do mann irer opinion nach das wortt gottes verkhundigt vnd die Sacramenta reichet giengen vnd sich derselbigen gepraucht‹en›88 . Wann nun ein Rhatt besorgen mußt nach gelegenhait dieser ietzigen leuff das sich auß solchen Conuentickeln leichtlich allerhandt widerwertigs vnd vnrhuwigs begeben khondte {das nit allein eim Erbarn Rhatt die gleichwol die ersten sein musten sonder auch den ihenigen so bei ine wonetten zu schwer fallen mocht} vnnd sonderlich auß dem das eim Rhatt [fol. 3r] von frembden vnnd haimbischen vielfeltige clag furkhommen das etliche die an irem letsten endt die Sacramente nach in d‹er› insetzung Christi begert hetten denselbigen nit hetten mogen gedeyen vnnd alß nit mit geringer beschwerung ihres gwissens absterben mußen Das hiervmb ein Rhatts dinstlichs pitten ire f‹urstliche› g‹nade›n als der Ordinarius wolt solches alles gnedigclich behertzigen vnd die sachen nach gelegenhait dieser ietzig‹en› leuff vnnd zeit alß temperiren vnnd messigen domit die gwißen nit also hartt verstrickt werd‹en› mocht‹en› vnnd damit was irer f‹urstliche› g‹nade›n derselbigenn beuolhenem ampt nach obleg verricht wurde Solches ist also durch vorgedachte herrn verordente am donnerßtags 14 Martii anno etc 55 iren f‹urstliche› g‹nade›n zu Vdenhaim do er den fautt von Lautterburg den Cantzler vnd dann Conrad Iungen bei sich gehapt verricht vnd anpracht word‹en› Darauff ire f‹urstliche› g‹nade›n mit repetirung des anpringens erstlich angetzeigt das er gantz gerrn gehordt das niemants von Burgern so des Widertauffs bekhendtlich vnd damit befleckt vorhand‹en› were [fol. 3v] das aber allerhandt von Conuentickel do die burgerschafft zu Speir zuhauff khoeme vnd die newen tractetlin miteinander verleßen thetten weren deß war ein erschrock‹en› vnd hett ein solchs nit gerrn gehorrt vnd sonderlich wolt er dasselbig eim Erbarn Rhatt was solchs vff ime tragen mocht zubedencken heimgeben den er auch deß verstandts wißte das er ain solchs wol zuerwegen nit vnd‹er›laß‹en› wurt Das aber er ain Rhatsbegeren nach newerung furnemen solt das Souiel aber seine gaistliche anlangte do wißt er anderst nit dann das sich dieselbigen mit verrichtung ihres ampts also hielt‹en› vnd ertzeigten das darann khein mangel Wo er aber bericht wurde das an demselbig‹en› mangel erschiene wolt er sich also darauff beweisenn vnnd ertzeigen das mann deßen khein klag hab‹en› solt do auch seine geistlichen boeß exempel vnd anders furtrug‹en› wolt er die in alleweg abschaffen laß‹en› wie dann bißanhero die Statt Speir von weg‹en› d‹er›
88 wol aber hett mann souiel erfaren das etliche weren die zusamen giengen vnd mit einand‹er› die außgangene teutsche tractetlin lesen thetten vnd dann das etliche hinauß vff die flecken vnnd dorff do mann irer opinion nach das wortt gottes verkhundigt vnd die Sacramenta reichet giengen vnd sich derselbigen gepraucht‹en› ist unterstrichen.
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Religion nach den rhum gehapt 89 das er aber solte fur sich selbst vnd allein hierinn etwas furnemen das wolt ime als eim priuatstanndt gar nicht gepuren noch [fol. 4r] verantwortlich sein er hielt auch darfur eß wurdt ime ditz orts niemants ain solchs zumutten werd‹en› dann eß weren etliche Concilia furgenomen word‹en› weß mann sich darauff verglichen das were wol bewiß‹en› So were vff dem ietzigen angestelten Reichstag in der proposition die Religion der erst punct also das er eß bei demselbigen berhuen laßen mußt was mann sich darauff entschluß das hett nun sein weg so hett er eß auch nit zuuerhinderrn vnd mocht ditz orts fur sein person die vergleichu‹n›g wol sehen vnd leiden vnd hielt darfur ein Erbar Rhatt wurdt ine in dem entschuldigt halten Darauff die gesandt‹en› vff ein klein genomenem bedacht wid‹er› zu antwortt geb‹en› Weß sye iren f‹urstliche› g‹nade›n anpracht das hett‹en› sie auß beuelch eins Erbarrn Rhats gethan vnnd hielten darfur ir f‹urstliche› g‹nade›n wurde die sachen nach gelegenhait d‹er› leuff vnd zeit wol also zu temperiren wißen das doch d‹er› gwiß‹en› souiel moglich darvnd‹er› verschoent wurde dann eß het ein Erbar Rhatt zu erhaltung zu gutten friedens vnd rhue iren f‹urstliche› g‹nade›n ain solchs in d‹er› zeit antzeig‹en› wollen in bedenckung do eß soll zu dartzukhommen das die gmain hierinn ordenung furnemen solt das dasselbig gantz beschwerlich dann mit was beschaidenhait dasselbig bescheen mocht hett mann wol zugedenck‹en›.
Nr. 20 1555 [November?] Der Magistrat der Stadt Speyer bittet Ottheinrich, Pfalzgraf [bei Rhein] und Herzog [von Bayern], dessen Hofprediger Michael Diller für die Neuordnung des Speyerer Kirchenwesens vor Ort in Anspruch nehmen zu dürfen. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 451/1, fol. 12r–13r. [fol. 12r] Durchleuchtiger hochgeborner furst Ewrn f gn seyen vnnser gantz willig vnd gevlißen diennst mit zuuoran bereit Gnedig‹er› furst vnd her Nachdem der almechtig guttig Gott seine gnad gnedigclich geben vnnd verliehen das ietzund‹er› vermoeg des iungst‹en› augspurgischen Reichs abschiedts etwas freier vnnd vngescheuchter der zu dritt gangk zu seinem heyligen Euangelio etwas freier vnd vngescheucht‹er› dann bissanher wol gewesen geoffnet vergundt vnd zugelassen word‹en› ist So seyen wir in bedenckung das vnnsere gmaine burgerschaff vnd arme Commun bissanher derhalben etwas in der irr vmbgangen bedacht dieselbig gnad so der almechtig vnsers herren
89 wie dann bißanhero die Statt Speir von weg‹en› d‹er› Religion nach den rhein gehapt ist unterstrichen.
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vnd Seligmachers bewiesene ertzeigte gnad nit ab derhandt zulass‹en› sond‹er› vnnss vnd vnsere Commun deren {dauon wir gleichwol hieuor abgetrieben word‹en›} souiel moglich auch wid‹er› theilhafftig zumachen ein also {mit hilff des almechtigen vnd frommen guthertzig‹en› Christen} die anstellung vnd ordenung zuthun wie dasselbig sein heyligs Euangelium vnd wortt gottes bei vnnss [fol. 12v] nicht wenig‹er› dann an anderrn ortten auch {dem zunemen mann} zu befurderu‹n›g der eher Gottes vnd des lieb des nechst‹en› gotlicher ehr vnd des lieb des nechst‹en› rein klar vnd lautter mochte furgetrag‹en› vnd verkhundt werd‹en› weil wir nun solch thun ins werck zurichten E‹uer› gn‹aden› hoffpredigers des wirdigen herrn Michael dhillers etc. rhatt vnnd gutbeduncken als dessen so wir vor and‹er›n khennen hierinn gerrn geprauchen wolten vnnd dann E‹uer› gn‹aden› als ein besonderrn Christlich‹en› Fursten vnd liebhaber auch befurderer des wortt Gottes wissen So haben wir von weg‹en› des vnderthenig‹en› hohen vertrawens vnd hoffnung so zu E‹uer› gn‹aden› wir ditz orts hab‹en› vnd tragen nit vmbgheen mogen E‹uer› gn‹aden› vnderdinstlich‹en› antzulang‹en› vnd gantz vlelich zupitten obgedachtem [fol. 13r] derselbig hoffpredigern hern Michael dhillerrn ein kleine zeit sich allein in die nehe herab zu vnss zuthun vnd seinen getrewen Rhatt in dem vnss mitzutheil‹en› gnedigclich zuerlaub‹en› vnd also in dem die Ehr gottes zubefurd‹er›n helff‹en› Das vmb E‹uer› E‹uer› gn‹aden› neben dem das dieselbig dem almechtig‹en› ein besond‹er› angenembs vnd loblich werck daran erweisen werd‹en› seyn wir mit allem vleiss vnd‹er›dinstlich zuuerdinen vnd wollen wir in kheinen vergess zu stellen gantz willig vnd gnedig E‹uer› gn‹aden› gnedig‹er› antwortt gewertig an hertzogk Ottheinrich‹en› pfa
Nr. 21 1555 Dezember 2, Neuburg Der Hofprediger Michael Diller schreibt dem Magistrat der Stadt Speyer wegen dessen Bitte, seinen Rat vor Ort bei der administrativen Einführung der Reformation in Anspruch nehmen zu dürfen. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 451/1, fol. 15r–16v (Ausfertigung). [fol. 15r] Gnad vnd fried von Gott dem Vatter, vnd vnserem Herren Iesu Christo, sampt meinen vnderthenigen Diensten allzeit zuuor Fursichtige Weise Gunstige liebe herren, E E W schreiben hab ich gestern bey Zeiger diß entpfangen, vnd den inhalt des selbigen mit hertzlicher freudt vernomen, vnd danck dem allmechtigen im Him‹m›el, der seine außerwelte nie verlassen hatt, vnd obs gleichwoll vnderweilen sich ansehen
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laßt, als ob er mit vns zurnete, vnd seine gnedige augen von vns gewendt hette, yedoch wil er der seinen in ewigkeit nicht vergessen, wie geschrieben steet kan auch ein weib ires kindlins vergessen, das sie sich nicht erbarme, vber den son ires leibs vnd ob sie des selbige vergeße, so will ich doch dein nicht vergessen. Welches er dan auch mit der thadt beweiset, Dan ob ir wol auch ein zeittlang leider seines heilsamen worts, wie andere, nit on große beschwernus vieler gutthertzigen leutte, beraubt gewesen, so hatt er doch e sein vatterliche hertz vnd liebe gegen euch itzmall reichlich vnd gnediglich erzeigt vnd bewysen in dem, das er E E W, die do auch vor diser zeit, on zweiffell, in gleichem e furnemen gestanden vnd doch das, allerley verhinderung halben, nit haben mogen ins werck bringen, itzundt solche bequemliche mittell vnd gelegenheit dargibt, das man nit bessere wunschen möchte zu einem solchem Christlichem hochnottwendigem werck, das selbig mit ernst anzugreiffenn vnd zu seligem ende zubringen. Es wissen auch E E W als die verstendigere, das kein Regiment, policey oder gemeiner nutz, on die Christlich Religion vnd ware gottes erkanthnus so auß dem ewigen wort gottes e geschepfft wurdt in die lenge weren oder einigen bestandt haben mogen. [fol. 15v] Die weil Gott allein der Bronn ist, do alles gluck vnd heill herfleußt, vnd khomen muß darumb ich auch gutter zuuersicht binn, werden E E. W. die sachen der maßen, wie sie die bey inen beratschlagt vnd beschlossen, an die handt nemen, vnd also stattlich mit hilff des almechtigen furfaren, es werde nit allein zu gottes lob vnd Eer, dohin dan vnsere anschlege richtig vnd furnemlich sehen sollen, Sonder auch zu E. Burger zeittlicher vnd ewiger wolfart gereichen vnd dienen Darzw der allmechtig sein e gnad segen vnd gedeien gnediglich geben wolle Will auch aus allen meinen krefften gott vmb furderung diß gottseligen wercks tag vnd nacht anruffen vnd bitten. Das aber mein G. F. vnd herr Ewer Christlichs begern euch vnd mir abgeschlagen, das ist mir, Gott sei mein Zeug, von hertzen leide, nit darumb das ich der geschicklicheit sey, E. E W in so hochwichtigen sachen zu ratten, sonder darumb, das ich e E W. gern dienstlichen willen, vnd wie ich mich zum offtern mal erbotten, ein mall mit dem werck danckbar erzeigt wolt haben, wie ich mich dan schuldig erken‹n›. Es sollen aber e, E, W, deßhalben nit still stehen, sonder die sachen nit destominder vnuerzuglich {in das werck} zubringen befleißen. Will des halben e, E, W, mein einfeltigs bedencken, so e vill in eyll geschehen mag, in vnderthenigkeit zueroffnen vnbeschwert sein, das vff e, E, W, verbesserung Vnd zum ersten, so vill die person so hierzu zugebrauchen, belangt, weiß a ich aus vielen vrsachen e, E, W, nit zu einem iungen predicanten zu radten, es e kondt dan nit vmbgangen werden, sonder will sich noch zur zeit geburen, das man [fol. 16r] nach einem der zimlichs allters, sittig, bescheiden, gelert vnd erfarn sey, trachte, vnd die weill es einem allein zu schwer wirt fallen, einer so großen Com‹m›un mit predigen, verwalltung der sacramenten, krancke besuchen, furzustehen, weil es e gutt vnd von notten, das man neben itzgedochtem noch einen der vnder im sein vnd vff inen sehen muste, hette. Dardurch wurdt der kirchen der dienst nach notturfft geleistet vnd eintrechtigkeit in der leer erhallten. Wo aber solche personen zubekhomen, da Radten e E, W, zw Ich hoff aber die her‹r›n von straßburg, so verr sie des halben
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angelangt, sollten e E, W, des orts woll wißen zuuersehen. Außerhalb deßen weiß ich nit wo solche leutte leichlich zufinden sein werden. Zum andern so vill nun die anstellung vnd Ordnung betrifft, weis ich e E W nit besser zu radten, dan das ir meins G F vnd ,H, kirchen ordnung, die dan mit der wirttenbergisch‹en› zustimmet, an die handt nemendt, die weill sie kurtz, richtig, der warheit vnd Augspurgischen Confession gemeß, vnd sie die herrn von Vlm auch angenomen, vnd von Marggraue Caroln von Baden, vnd Marggraue Georgen von Anspach angenomen soll werden, vnd vileicht auch von der Churfurstlich‹en› Pfaltz, Es dienet auch zu verhuttung vieler ergernus bei den gemeinen man, so an vielen ortten, sonderlich die ein ander einer benachbart sein, gleichformigkeit in leere vnd Ceremonien gehallten wurdt. Zum dritten des orts halben nemlich in welcher [fol. 16v] Kirchen zu speier die ware Religion anzurichten sei, Da haben e E W die pfarrkirch zu S Georgen vnd die drei bettel Closter in der stadt, vnd weren meins erachtens S Georgen Kirch vnd das e e prediger Closter die gelegnesten platz, wo mans mit ruge erhallten mocht, wie ich dan hoff, wo aber nit, möcht man das Augustiner Closter an die handt nemen, vnd e vmb merers raums willen, die altar vnd ergerliche bilder vnd gotzen, so bißanher zu e erschrocklicher abgotterey gedienet, außraumen, vnd also zu diesem werck gebrauchen. Versich mich herr Matthern werde sich nicht hefftig widersetzen Auch werden e E W woll wege finden, wie mit ihm dem Mattherno vnd Vuendelino abzukhomen sey. Diß ist vff dißmal mein gerings bedenckenn, bitt das selbig im besten zuuersten, hett gott e gnad geben, das wir zusamen hetten mogen khomen, so wer mir villeicht auß e E, W, erinnerung, noch mer so zu disem handell dienstlich, eingefallen Nun aber mußen e E W mit diesem vor gutt nehmen. Vnd thue e, E, W, hie mit in Gottes schutz, vnd mich der selben vnderthenig beuelhen. Dat‹um› Newburg den Andern Decembr‹is› in großer eill vnd geschefften Anno 1555. E, E, W, vndertheniger gehorsamer Michiel diller hoffprediger &c
Nr. 22 1555 Dezember 3 Ottheinrich, Pfalzgraf bei Rhein und Herzog von Bayern, antwortet dem Magistrat der Stadt Speyer auf dessen Bitte, den Rat seines Hofpredigers Michael Diller vor Ort bei der administrativen Einführung der Reformation in Anspruch nehmen zu dürfen. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 451/1, fol. 14r–14v (Ausfertigung).
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Otthainrich Von gottes genaden Pfaltzgraf bey Reyn, Hertzog in Nidern vnd Obern Baiern etc Vnsern gruss zuuor, Fürsichtig, Ersam vnd weiß, Lieb besonder, Eur schreiben vns bey gegenwürtigem poten, gethon, Das ir auf iungstergangen Reychsabschied, des vorhabens seit, in Eur Comun, das ewig vnd seligmachend wort gottes, dauon ir etwa daruor abgetrib‹en› worden seit, Got zu lob vnd Eer wider aufzurichten, haben wir sambt Eurer pit dem würdigen vnserm SuperIntendent‹en› vnd hofprediger auch lieben getreuen, Maister Michln Diller zuuergonnen, sich ain [zeitlang …] zu euch zuthun, vnd euch seinen getreuen Rathe d‹er›wegen mitzuthailn, seins […]omen, vnd zuuorderst solch eur Christlich für[…]en, gantz gern gehört Der almechtig wolle sein gnad verleihen, das solchs bestendigclichen in das werckh gericht werde, was wir auch möglichen darbey thun, vnd befürdern möchten, Erkenndten wir vns zuthun schuldig, Das wir aber dieser zeit, gedachtem vnserm prediger, von vns, oder auss dem Landt, eur vnderthenigen pit, vnd begern nach, erlauben solten, wie wir. auch Er gleichwol zu befürdrung dises Christlichen werckhs, genaigt vnd willig, Das kan auss vilen vnsern gescheften, so wir bey vnsern kirchen, vnd desselben dienerr haben, diser zeit nit sein, noch wir desselben dannen entrathen, Da er euch aber sonsten, darinnen in schriften über Land, hilflich vnd Rethlich sein kan, zweifeln wir nit, er werde dasselbig mit allem fleiß willig vnd gern thun, Vnd darumb so wellet vns auss beruert‹en› vnd andern mer gutten vrsach‹en›, das wir dieser zeit, eurem vnd‹er›thenigen suechen vnd pitt nit stat thun konden, entschuldigt halten, Warinnen wir euch aber sonsten zu aller gebür gnad vnd guts beweisen mögen, Darzu sind wir genaigt, Welchs wir euch auf gemelt eur schreyben, gnediger maynung nit bergen wolt‹en›, Datum Neuburg den III Decembris Anno etc LV Es folgt die eigenhändige Unterschrift von Pfalzgraf Ottheinrich.
Nr. 23 1556 Februar 26 Der Magistrat der Stadt Speyer teilt dem Augustinerprovinzial Melchior Rötlin mit, dass er auf der Rechtsgrundlage des Augsburger Reichsabschieds in der Speyerer Augustinerkirche, wie auch zuvor schon geschehen, einen Prädikanten zur Verkündung des Evangeliums angestellt hat. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 451/1, fol. 43r–43v.
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[fol. 43r] Dem wirdigen herrn Melchior Rotlin prouintial Augustiner Ordens am Rhein vnd in schwaben Entpiet‹en› wir die Burg‹er›meist‹er› vnd der Rhatt d‹er› Statt Speir vnser willig fruntlich dienst vnd alles guts zuuor Lieber herr Wir hab‹en› vermoeg vnd inhalt des iungst zu Augspurg vffgerichten Reichsabschiedt das heylig Euangelium in dem AugustinerCloster alhie aldo dasselbig vormals auch bescheen zupredigen vnd zuuerkhunden vermittelst gotlicher gnaden widervmb angericht vnd bestelt Dweyl nun solchs zuford‹er›st dem Almechtig‹en› gott zu lob vnd ehr auch zu vnserer verirten Commun sehelen hail furgenomen So achten vnd halten wir darfür zweiffeln auch garnicht Ewr wvrden vnd derselbig‹en› mit Conuentuales vnd bruder des Augustiner klosters alhie werden inen dasselbig inn dem denselbigen d‹er› gottesdienst vor and‹er›n zubefurd‹er›n gepuret als ein loblich hochnotwendig Christlich gutt werck nit entgegen sten lassen das haben wir E wird‹en› im pest‹en› nicht verhalt‹en› wollen vnd sonderlich darvmb [fol. 43v] do dieselbig d‹er› sach‹en› anderst bericht weren od‹er› wurd‹en› demselbig‹en› kheinen glaub‹en› zutzestellen Geben 26 st‹en› Februarii Anno etc 56.
Nr. 24 1556 März 3, Freiburg Der Augustinerprovinzial Melchior Rötlin antwortet dem Magistrat der Stadt Speyer auf dessen Ersuchen an ihn, den Provinzial, dem auf der Rechtsgrundlage des Augsburger Reichsabschieds gefassten Ratsbeschluss, in der Speyerer Augustinerkirche wie vor dem Interim einen Prädikanten anzustellen, der die gleiche Predigt und Lehre verkündet wie damals, stattzugeben. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 451/1, fol. 21r–22r. [fol. 21r] Vnnser gebet vnnd was wir freundtlichens guetn willens vermuglich, seyen Euch den fursichtigen Ersamen vnnd weysen Burgermaister vnd Rath beuor, Ewer schreiben des datum stet den XXt‹en› Februarii, ist vnns den gesterigen tag behendiget, vnnd zuegestellt, vß welchem wir bericht, wir vnd ir an vnns gelanngt, euch zuuergunstigen, vermog vnnd innhalts, iüngstbeschlossnem des Rychs abschid, inn vnnserm bey Euch gelegnem Gotzhauß, ein predicanten, gleich vormals beschehen, vff zuestellen, vnnd wie derselbigen zeit predig vnnd Lehr anzuerichten, dem allmechtigen zue Lob, vnnd Ewer verirrten Com‹m›un zue heyl vnnd wolfart, Fuegen hierauff gunstiger wolmeinung Euch zueuernemen, das vnns solches innhallts nachmals dhein abscheid noch ordenlicher Beuelch zuekhom‹m›en dardurch wir euch zue willfarn, vnnd solche Newerung in disem nach anndern vnnsern Gotsheusern,
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zuegestatten verursacht, Es ist aber euch one zweyfel nachmals in frischer gedechtnus, welchermassen vnnd gestallt, die Rom‹ische› Kay‹serliche› M‹aieste›t vnserm Orden zueguetem ein kayserlich Mandat an die Stännd des hey‹ligen› Rom‹ischen› Reychs gnedigst mitgetheillt, die Restitution gedachter Gotsheuser vnnd derselbigen weythere beschwernuss‹en› abzueschaffen belanngen, vff welches alls die Rom‹ische› Kay‹serliche› M‹aieste›t von dem hochwürdigen Fürsten Philipssen Bischoff zue Speyr, hochloblicher gedechtnus, auch vnns amptshalben angelangt, vnnser Gotzhauß von der Cißmatischen vnd des abtrinig‹en› brueder Michels leer vnnd predig zueendtheben, [fol. 21v] auch vnnser ruewige possession gemelts Gotzhauß, widerumb in zue anntwurten, das würckliche Execution eruolgt, vnnd dem kayserlichen Mandato stattgeben, Würde dernhalben vnns zum hochsten verweisslich auch vnnserm pflicht vnnd aidt mercklich abbrichig, gedachtem kay‹serlichem› Mandat zuewider, in ewer begern zuegehellen, vnnd allso vnbedachtlich eingeraumbte possession, vnnd vollstreckte Restitution fallen lassen, vnnd dardurch der Rom‹ischen› Kay‹serlichen› M‹aieste›t vnnsers allergnedigsten herrn‹n›, auch des hochwürdigen Fürsten, Bischoffs zue Speyr, sampt des Eerwürdigen Thumb Capittels, vnnsern gnedigen herrn‹n›, beschwerlichster vngnaden, vnderwürfflich machten, Mit welchen wir freundtlicher Nachpurschafft, vnns zuegebrauchen schuldig, Darzue haben ir, ort vnnd platz in Ewer Statt Speyr, neben vnnserm Gotzhauß völlig vnnd gnugsam an welchen solchem ewerm vorhaben wol vnnd ruemig, mage statt geben, vnnd volziehung genugsam geleist werden, das vnnser Gotshauß bey alltem vnnd loblichem Gotsdiennst wol pleiben, vnnd solcher Newerung endthept mag werden, Es haben auch ir alls die weysen, Euch wol zuerinnern, das sich nit will gepüern, in vnserm Gotzhauß mit vnnser verwilligung, einige Lehr anzuericht‹en›, die den Göttlichen ämptern, so die vnnsern sich, vermog vnnsers Ordens, geprauchen miessen, hinderlich, oder nachteillig sein mogen, dann vnnser ampt vnns dahin ist weysen damit vnd die Gots- [fol. 22r] diennst nach loblichem prauch vnnsers Ordens all‹en› Christgemeiner kirchen, gepflanzt vnd erhalt‹en› werden, Zum Letsten werden wir in kunfftigem, so die personen verhannden, vnnd zuebekhumben, für vnns selbs, vnnserm Gotzhauß, dises orts wol wiss‹en› der gepuer nach, vorsehung zuthun, Auß denen vnnd anndern vyl wichtigen Eehafften, habt ir euch onbeschwert zuberichten, das von vns disergestallt, euch willfarliche anntwort, nit mag geben werden. Belanngt demnach an Euch vnnser Ernstlich pitt, vnnd begern, die wollen vnnser
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Gotshauß von diser beschwernus ledigen, damit vnnd wir vnns gegen Euch in künfftigem, dessen mir vyl lieber endthaben, nit haben an gepuerlichen orten vnnd ennden zu beclagen, Solches haben mir Euch, vff gethon schreiben, gueter freundtlicher Meynung nit on anzeigt hingon oder bleiben lassen wollen, Sonnst in‹n› ander weg ainem Ersamen Rath, geneigten willen zuerzeigen, wollen mir yederzeit gantz vrpüttig erfunden werden, vnns vnnd die vnnsern, euch hiemit beuelhende, Dat‹um› Freyburg den dritten Martii, anno etc Lvio E. F. E. W. Gunstwillig‹er› Melchior Rötlin S. augustini Ordens, des Reinischen vnd Schwäbischen kraiß prouincial E. Sacrae Thae Lect.
Nr. 25 1556 Mai 6 Der Augustinerprovinzial Melchior Rötlin schreibt dem Magistrat der Stadt Speyer betreffs dessen Ersuchen an ihn, den Provinzial, dem auf der Rechtsgrundlage des Augsburger Reichsabschieds gefassten Ratsbeschluss, in der Speyerer Augustinerkirche wie vor dem Interim einen Prädikanten anzustellen, der die gleiche Predigt und Lehre verkündet wie damals, stattzugeben. Rötlin lehnt erneut ab und erhebt Protest dagegen. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 460, fol. 5ar–6ar. [fol. 5ar] Vnnser gebett, vnnd freuntlichen willen, beuor, Fürsüchtigen Ersamen vnnd weisen. Es tragend ir guott wissens, wellcher mass wir vff dass iungst vonn eüch gethon begeren, eüch mitt abschlagiger annttwurth begegnett, vss Ehhafften, so damals Euch nach Notturfft Entdeckt, Guotter hoffnung ir wurden Empfanngner antwurth nach in vnnserm gottshuss keinen predicannten vff gestellt, vnd vnnss inn vnnserer possession, vnnd wolhergebrachter Religion, on beschwert haben Bleiben Lassen, Aber demnach werden wir Glaubwurdig bericht, dass ir baldt nach abgeuergter Bottschafft an vnnss, on geacht, aller geistlichen vnd welltlichen Rechten, auch der keiserlichen Manndaten, Eurerss gefallens, ein predicannten vff gestellt, inn Vnnserm Gottsshuss vnd dardurch vnnss, an vnnserer gerechtigkeit vnd rechtmessiger possession, nit allein turbiert, besonnder, souil die kürchen belanngt vnd die predicatur volligclich endtsetzt Aber wellicher Thatlicher hanndlung, wir nit ein gerings
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missfallens Empfanngen, Dann vnnsers erachtenss were ess on von notten gewesen, vnnss geschrifftlich [fol. 5av] an zu lanngen. Dieweil ir Eigenss gewallts zu hanndlen entschlossen, hette yedoch verhofft ir wurden vnnser anntwurth, vnd guotten bericht, erwardt, vnnd verfahenlich, vff vnd angenomen haben, dieweil die selbige, aller gebür vnd Erberkeit gemeß, gefallen, Ist demnach vnnser freüntlich bitt. wollen dises eintrags vnnd Endtzogner possession, Ruowig ston, vnd Euwere predicannten, an Ortten vnnd Ennden vffstellen, an wellchen vnnss vnnd Vnnserm Orden, nichts preuidiciert, oder nachtheillig. weittere vnruow vnnd rechtuerttigung zuuermeid‹en›. Dann ess hab‹en› ir eüch selbs zu Erinneren, wa inn Euwerm vorhaben, vortgeschritten, dass wir ampts vnd Ehren halben. Rechtliche mittell, vnnd vorstenndige hillff zu suochen werden, verursacht werdenn damit wir nit allein Restituiert, vnd weittere Molestation enthebt, Besonnder auch, dass wir Bey dem Hochwurdigen Fürsten vnd herrn, bischoff zu Speyr vnd Einem Erwurdig‹en› Thumb Cappittell, enntschuldigt, Dass solliche Neuwerung in vnserm Gottsshus, der algemeinen Christenlicher Religion, zu wider, nit mit vnnserm gefallen. sunder [fol. 6ar] demselbig‹en› stracks zu wider. angericht vnnd fürgenomen, Sollchs haben wir guott‹er› Meinung Eüch nit verhallten wollen, darnach Eüch wissenndt zu Richten, Sunst Eüch diennstlichen willen zu erzeigen, seind wir yederzeit geneigt Datum den sechsten May Anno Lvi E. F. E. W. Guottwilliger Melchior Rötlin. Dess schwabisch‹en› vnd Reinisch‹en› Kreiss S Augustini Ordens prouincial, Sacæ : Thæ: Lector
Nr. 26 1556 Juli 7 Die beiden evangelischen Prediger der Speyerer Augustinerkirche, Jakob Schober und Heinrich Ringelstein, setzen den Rat der Stadt Speyer über die derzeitige religiöse Situation der Gemeinde und die Lehre des reinen Evangeliums in Kenntnis. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 451/1, fol. 23r–25r. Druck: Jung, Katechismusunterricht, 75–77. [fol. 23r] Den Ersamen fursichtigen vnd weysen burgermeistern vnd Rhat der Stat Speir vnsern gebiettenden herren.
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Gottes genad durch seinen eingebornen sun Iesum Christum vnsern heiland vnd warhafftigem helffer zuuor. Günstige herren, in der predig math: 24, ee der herr Iesus e seinen Iungern auff zwue frag antwortet (die erst von der zerstorung des Iudenthumbs, die ander vom iungsten tag, oder von der letzten zukunft des herren Iesu, vnd inen anzeigt, wie es in mitler zeit ee der welt ende kompt werd zugien, das viel falscher propheten werden kommen, die leut verfuren, zu den stete veruolgung der christen gien, darumb sich viel ergern, das ist vom bekantnus vnd glauben abfallen, die vngerechtikeit vberhand nemen vnd die lieb in viel erkaltet werden) vnder andern verkundigt er, der da ist die weyßheit gottes selbs, das in dem letzten schwachen alter der welt großer zerruttung vnd zerspaltung sein werden dan zuuor ye gewesen sind. Das aber gleichwol der almechtig Son gottes Iesus Christus, ime ein ewige kirchen durchs Euan: vnd nit anders fur vnd fur, bis zu aufferweckung aller menschen aus dem tod gewislich e samlen wolle, vnd werde darzu etliche Regiment erhalten, bey welchen das arme klein heufflin lucę xii cap. ein vnderschleiffung, herberig vnd hutlin haben, ire amväter vnd die ammuter sind Esa: 49, darinne offenliche, ehrliche Congregation, da er mitten e darin sein will Math: 18, predig gotlichs worts Administration der Sacramenten nach einsatzung Christi, Institution der iugent in der lere sein mugen, wolle auch, das alle menschen ein yder nach seinem stand zur pflantzung Christlicher lere treulich diene‹n› bey diser arbeit damit sy nit vergeblich sey, zuwelchen will er der Son gottes, der das Haupt seiner kirchen ist, Eph: 5. Coloß: 1 kreftiglich mitwircken, erhalten, schutzen vnd schirmen, wie er spricht, Mathei 28 Ich bin bey euch bis an das end der welt, Ioan: 15 Ich bin der weinstock, ir seit die reben, Ioan: 14 Ich will euch nit weyßen laßen, e Solcher trost, verheißung vnd zusagung Christi, welcher nit [fol. 23v] falet, dan got ist nit wie ein mensch der da leugt noch ein menschen kind, das in etwas gereue, Num: e 23, soll vns trosten vnd stercken, sonderlich zu der zeit, da souiel secten eingerissen, e vnd ob gleich die verachter gottes teglich neue Irtumb erdichten, so bleibt dannoch gwislich des herren Christi schiflin in souil sturmwinden vnd wellen, vnd lest es der herr nit zugrund gien, nemlich dis heufflin, darin reyne lere des Euangelii gepredigt wird, vber solchen trost haben wir keinen andern in allem elend vnd trubsal wie der 91 psalm sagt. Selig sind dise die in das haus des herren gepflantzt sind, dan dises leben ist ein kurtzer augenplick, vnd doch ein lange marter voller vnrue, Iob. 14. Conferirt nu ymand disen finsteren harten kerker vnsers Iamerthals gegen der ewigen freud, zu dem das wir durch gottes genad auff dem rechten weg nemlich in der kirchen gottes e sind, da wir die reine lere mit glaubigen hertzen horen vnd annemen, dauon Christus e spricht Ioan: 10 Meine schaf horen meine stim, wird ime alle trubsal linder, alle arbeit leichter, dieweil wir wißen, das got in diesem schwachen leben gwißlich bey vns ist, linder macht alle angst Esaie 46. Dises alles sollen wir teglich bedencken, so wir im Symbolo sprechen, Ich gleub ein heilige christliche kirchen. Ich gleub gwißlich das ein warhaftige kirch gottes ist, darin e allein erben der ewigen Seligkeit sind, ob gleich vil abgottischer Secten darneben sind, vnd die teufel grausamlich wueten, vil menschen in Irtum fure‹n› vnd darin gefangen
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halten, Ich weis auch das dieselbig warhaftig gottes kirch allein dis heufflin ist, darin reine lere des Euangelii gepredigt, vnd diser einigen warhaftigen kirchen glidmas will ich auch sein, vnd mit gottes hilff ewiglich bleibe‹n› vnd will darin ewiger seligkeit gewarten, den warhaftigen got anruffen im ghorsam sein vnd in aller not hilff bey im suchen etc. So wir vns nu hiemit stercken, sollen wir wie obgemelt dise kirchen got zu ehren nach seinem beuelh helfen erbauen, zieren vnd handhaben, vnd diweil alle gute regirung erstlich dahin gericht sein soll das got recht erkant vnd geehrt, sollen furne‹m›lich e alle Regenten mit hohstem fleis vnd ernst zu pflantzung. [fol. 24r] zu pflantzung vnd erhaltung rechter lere hilff thun. Darzu dienet vor allen Institution der Catechismus, e welcher warhaftig ist ein kleine Bibel, darin die hohste weißheit, heiligkeit, ia der beste gotsdienst so im himel vnd erden begriffen ist, es mag auch vnder der Sonnen e kein nottiger vnd nutzer lere geschehen dan der Catechismus, darin der gantz inhalt e Christlicher lere so einem yden Christen zur seligkeit von noten zuwissen begriffen, vnd eben der auszugk vnd kern gottes der gantzen .h. schrift vnd dieselbig schrift e nichts anders dan des Catechismi erclarung vnd auslegung ist In den schriften der alten sonderlich des lieben Ambrosii vnd Augustini findt man, wie vleissig der Catechismus vnd hauptstuck der artickl Christlicher lere von den aposteln an bis zu yder zeit in der kirchen gehalten vnd getriben, des sich auch die hohen heiligen bischof nit geschempt noch beschwert zu leren, furzutragen, vnd die Cae techumenos zuuerhoren, welche Tertullian‹us› Auditores, Augustinus Illumina‹n›dos nennet, So wird im Ireneo gelesen paulus Catechisauit gentes, So ist der Eunuchus Act: 8 pauli Catechumenus gewesen. S. Basilius Mag. S. Chrisosto: haben Catecheses gelert. e Man mus auch bekennen, wie solche notige lere hernachmals in der kirchen fast gering gehalten, vnd schier gar gefallen, one was etwa in der fasten in etlichen pfarren den kindlin das vater vnser, glaub zehen gebot furgesprochen, aber von den Sacramenten sind sy gar nit oder ia wenig vnderwisen, vnd der pabst leo Epist: 11 hoch rhumet, wie zu seiner zeit auch der kinder solche wort nit geschwigen, vnd ist noch got zu dancken das gleichwol in dem die eltern vnd sonderlich die lieben muter die furnemste hauspfarrer vnd Epischof gebliben, durch welche die artickl des glaubens vnd gebet erhalten, sonst der pfarrer vnd prediger halben wer es fast alles verloschen Wue nu der Catechismus nach rechter ordnung, mit gewisen deutlichen worten, e notturftiger erklerung mit großem vleis gelert wird auch die kleinen knablin vnd meidlin mit der außlegung sagen kunden, das one zweiuel die lieben Engel im himel große freud vnd lust daran haben, vnd das also wie Christus aus dem psalm 8. Matth: 21 sagt er sein lob aus dem mund der vnmundigen seuglingen ausrichtet, dargegen e sich vil alte graue kopf auch vnder der priesterschaft schemen mußen, das sy es nit e konnen. Man frage nur die alten von den zehen geboten, befindt man das sy dieselbig nacheinander nit recht erzelen, verstien oder auslegen, noch das [fol. 24v] vater vnser recht sprechen, oder die artickl vnsers Christlichen glaubens, noch vnderscheid
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der dreien personen kunden anzeigen, wir wollen geschweigen, was die hochwirdige Sacramenta sind, warzu sy nutzen, mit was glauben die zugebrauchen sind wissen solten Ist nit das ein große frucht, das durch solche notwendige stuck des Catechismi, Rudimentis fidei wie sy Eusebius nennet, Religion vnd gotselikeit die liebe Iugent erudirt, damit sy in gottes forcht, glauben vnd loblichen tugenden, erwachsen, fur sunden sich huetten vnd do gleich etlich mißraten, behalten sy gleichwol dise Seminaria e e vnd anfang in iren hertzen, vnd konden dardurch wider zurecht gebracht, aufgericht vnd zur selikeit erhalten werden, wue aber solche versaumet, was kan dan guts aus der Iugent werden, wie fein lieblich ist es, das die lieben kindlin in der gotfurchtigen e heuser wie schone olzweig psal: 127 vmb den tisch her mit aufgehabnen henden got anruffen, vnd dancken, wie der h. paulus vermant, das man die speis mit danckparkeit genießen soll vnd das die durchs gebet vnd dancksagung geherligt wird, 1 thim: 4 dargegen die andere so nit in gotselikeit erzogen wie die seu zum trog lauffen. Hiebey ist nit zuuerschweigen des Ehrwirdigen doctoris Martini Lutheri seligen holdselige red vnd zeugnus, wie hoch er die lere des Catechismi vnd von allen stucken desselbigen hochgehalten, Nemlich das wie das hohe lied Sir Sirim ein gesang vber alle gesang genent werde, also zun ersten sey Decalogus doctrina doctrina‹ru›m ein e lere vber alle lere, die hohste lere, daraus gottes will erkandt, was got von vns fordert, vnd was vns mangelt etc. Zum andern sey symbolum oder das bekentn‹us› vnsers h. Christlichen glaubens e Historia historiarum, Oratio dominica seu ein gebet vber alle gebet das aller hohst gebet, die hochwirdig Sacramenta sind Ceremonię Ceremoniar‹um›, welche got selbs gestiftet, vnd vns darin seiner gnaden versichert. Derhalben sollen wir den Catechise mu‹m› lieb vnd werdt haben, den darin die rechte alte ware reine lere der gotlicher heiligen kirchen zusamen gefaßt, vnd was dem entgegen fur neuerung vnd falsche irselige lere zuhalten. Diser Catechisnus90 dienet wie August: in Ioan: cap. 16 tract: 98 e vns zuehren91 wider alle ketzer, teuffelische glauben, spitzige, verwirte, vnnotige frag, opinion vnd [fol. 25r] Schulgezenck etc. derhalbe welche den Catechismum verhinderen, vrsach sind nit allein das es so vbel zu geet in aller welt sonder auch das got nit e aufhoren kan die welt mit krieg, theurung, pestilentz allem hertz leid zuplagen. So dan durch den Catechismu‹m› das ist all gottes wort, gantz heilig schrift alle Sacrament in den funf hauptartickl verfast auf das alle menschen solch lernen, zur erkantnus der warheit kommen vnd entlich selig werden, Auch die liebe gemein bisher des h. Catechismi beraubt, bekennen wir vns bey vnser Seelen heil vnd Selikeit vnsers ampts halben das wir den Catechismu‹m› zu leren verpflicht vnd schuldig sind, dieweil aber vilerley form durch gotsforchtige gelerte menner Catechis: beschriben erkennen wir fur gut vnd nutzlich den, so D. Martin Luther‹us› beschriben mit kurtzer außlegung vf
90 Gemeint ist Catechismus. 91 Gemeint ist eigentlich zulehren.
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ydes gebot vnd stuck, Erman‹n›en vnd bitten E, E, W, hierin zu solchem Christlichen Institute furderlich zu sein, hand haben, vnd in schwangk helfen bringen. Sind also des furhabens vf kunftig Sontag ein vorred vnd ermanung zu den Catechismu‹m› zuthun vnd alweg in der mittag predig nach verleßung vnd kurtze außlegung der Epistel so am selben Sontag verordnet, ye ein stuck des Catechismi auf der Cantzel auszulegen. Nach solchem durch die schuler denselben laßen recitir[en] weil dan wir e hierin gottes ehr, aller zuhorer heyl vnd selikeit suchen, auch solche Institution on allen beschwern‹us› wie vnser ampt erfordert zuthun genaigt, bitten wir vnd versehen e vns gentzlich, E, E, W, wolle solch vnser Christliche furnemen Ime laßen gefallen, wollen vns hiemit E, E, W beuolhen haben EEW vnderthenige Iacobus Schober Henricus Ringelstein Diener des Euangelii Christi zu Speier. Gegeben 7 Iulii Anno Christi. 56.
Nr. 27 1557 Konzept einer Verordnung des Rats der Stadt Speyer[?] mit Ausführungsbestimmungen über die Einführung der Württembergischen Kirchenordnung daselbst. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 451/1, fol. 4r–8v. Druck: EKO 19/1, 91–93. [fol. 4r] Nachdem vnnd als vnsere herrn von baiden Rethen die wirtenbergisch Kirchen Ordenung ausserhalb etlicher wenig‹er› punct‹en› vnd gering‹er› bedencken wie das zu anfangk nach gelegenheit vnnd gestalt d‹er› sachen alhie erduldet werd‹en› mag alhie in der kirchen zu halten verordent Domit dann sich die herrn predicanten vnd kirchendienere derselbigen desto statlicher zuuerhalten hab‹en› vnnd aigentlich wißen mogen was obangeregte vorbedenck‹en› seyen So thuen ietztgemelte vnsere herrn von baid‹en› Rethen zuercleru‹n›g derselbigen puncten, biß vff weitt‹er› ire verordenung hiemit beuelh‹en› vnd wollen auch das dem also nachgegangen vnd geleist werde Nemblich als erstlich in bemelter wirtenbergischen Ordenung zu anfangk derselben gesetzt [fol. 4v] wurdet das mann sich in alleweg der augspurgischen Confession außthun vnnd berümen soll welchs baiden Rethen vnseren herrn auss etlichen beweglich‹en› redlichen vnd gutten vrsachen bedencklich fallen will in dem die Religion nit im berhumen sonder merertheils will in dem ain solchs wenig zur sachen thutt So wollen ehegemelte vnsere herrn das ain solchs alhie vmbgangen werd‹en› soll werden
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vnnd mann ess allein bei verkhundung des wortt gottes so dem alten vnnd newen Testament auch den prophetischen vnd apostolisch‹en› schrifften gemess furgenomen / wie dann bissanher von d‹er›en hern predicanten bescheen / gelassen werden soll Die Tauff belang‹en› Do ist vnnserer herrn beuelch wo die kirch one das nit bei einand‹er› ist vnnd eine od‹er› meher khinder so zutauffen sein vor- [fol. 5r] handen sein werd‹en› das zu solchem 12 stu‹n›d daruor ein glock zu den augustinerrn geleutet vnd welchs denen so solche khinder zusteen durch die herrn predicanten solchs zuuerschaffen angezeigt werd‹en› soll Souiel aber die Iahe tauff betreffen ist Dweyl vnnsere hern die fursorg tragen das die hebammen dessen wie ess wol die nottorfft d‹er› sach‹en› erford‹er›t nit bericht sein mochten So wollen vnsere hern sye das die herrn predicanten die {dieselbigen samptlich in beisein eins Rhats verordenten} vnd‹er› die handt nehmen derhalben examinieren vnnd wo nott vnderw wie sie sich in solchem fall verhalten vnderweisen sollen, Confusion vnd Irthumb so sich bei der kirchen zutrag‹en› mocht dardurch zuuerkhommen Den Cathecismu‹m› betreff‹en› Dweyl derselbig ein zeitlang vff der Cantzeln gepredigt vnd gelert word‹en›, auch zuuerhoff‹en›, das die zuhorer dessen numeher etlicher massen bericht sein werd‹en› So soll [fol. 5v] derselb ihenig so angefangen albereit mit den knaben in der kirchen zuexerciren vnnd zuvben angefangen continuirt vnnd ausgefuret werd‹en› Von Beicht auch Buß vnd dem hochwirdigen Sacrament des altars Dweyl die herrn predicanten in dem bissanher der wirtenbergisch‹en› kirchenordenung gelept vnnd nachkhommen seyen so lassen ess vnnsere herrn dabei besteen vnnd berhuen. Souiel ober die zeit dasselbig zuraichen vnnd zuentpfahen betrifft. Thun sye hiemit verorden vnnd beuelh‹en› das dasselbig durch das Iar vier mal vnnd sonderlich zu den vier hohen fessten geraicht werd‹en› soll Wurde aber iemants der solchs begeren thett, sich dartzwischen antzeig‹en› dem soll ess auch vnwaigerlich mitgetheilt werd‹en›. Vnd dweyl der platz in d‹er› kirchen zu klein [fol. 6r] so thun vnsere herrn hiemit verorden wann die vermanung vnnd was sich ditz orts gepurt bescheen das nachgheendts die Communicanten im Chor zu den augustinern versehen, dartzu zwen iungen so die tuchlin halten vmb meher Reuerentz willen halten geyraicht werd‹en› sollen vnnd es sey zu den bestimpten od‹er› anderrn zeitten so Communicant‹en› vorhand‹en› sollen sich dieselbigen in alleweg zuuor vnnd ehe mann inen das nachtmal mittheilt den herrn predicanten antzeigen die sye zu forderst nach gelegenhait d‹er› sach‹en› nottorfftigclich examiren vnnd befragen sollen
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dieselbigen der gepur haben zuerinnern vnd zuvnd‹er›wei[sen] domit inn selbigen khein mangel erscheinen thue Des gebets halben so beim nachtmal pfleglich gehalten wirdt Lassen ess vnsere herrn bei dem wie ess die predicanten im prauch haben besteen Allermassen wollen sye auch das [fol. 6v] {so ausserhalb d‹er› sontag gefallen} dye Letaney halben wie die alhie angefangen continuirt vnd sonderlich das dieselbig vff die feyertag zuhalten furgenomen werde Souiel aber die psalmen betreff‹en› thut Souiel aber die psalmen betrifft deren sollen sich die herrn predicant‹en› iederzeit mit einand‹er› vergleich‹en› was vor od‹er› nach einer ieglichen predig von psalmen gesung‹en› werden solle Der kleidung halben haben vnsere herrn khein bedencken Sonder lassen ess von derselbigen wegen dweyl darinn zu anfangk bei der wie die herrn predicanten solche zu anfangk geyraicht bei gmeiner ehrlicher kleidung wie sich die herrn predicanten derselbigen bissanher gepraucht besteen vnnd berhuen Vnnd domit mann der feyertage halben khein missuerstandt einfallen thue so wollen vnnsere herrn von baid‹en› Rethen das h diese hienach geschriebene in d‹er› kirchen gehalten werd‹en› sollen Nemblich [fol. 7r] alle Sontag der Christag mit sampt seynen zweyen nechst volgend‹en› tagen, die Beschneidu‹n›g des herren, der dreyer heylig khonig tag die vierer vnnser frawen taeg nemblich purificatio‹n›is Annuntiationis Assumptio‹n›is et Natiuitatis Marię, aller appostel tag, den Oestertag mit sampt seynen zweyen volgend‹en› feyertagen die vffartt vnnsers herren himelfartt der pfingsstag mit seynen zweyen volgend‹en› tagen Corporis Christi Marie wie Magdalenę Laurentii Michaelis Allerheyligen vnd Sanct Martins tag Vnnd vff die gemeynen ietzbenente feyertage soll die verkhundung des wortt gottes zu der herrn predicanten beschaidenhait /·Ess thett dann ein Rhatt nach gelegenhait d‹er› sach‹en› etwas andersst beuelhen·/ angestelt werden Die Bey der Einfurung od‹er› einseg‹n›u‹n›g der eheleut newen eheleut belang‹en› lass‹en› ess vnsere herrn bei der [fol. 7v] so die herrn predicant‹en› im prauch hab‹en› berhuen Desgleichen besteet auch die Communion der krancken vff ir selbst Aber letstlich souiel die bestettigung der abgestorbenen welche vff den gots acker begraben werd‹en› sollen betrifft. Do thuen ist vnnserer herrn von Baid‹en› Rethen beuelch das, so derselbigen eins od‹er› meher vorhanden, ein glock zu S Georg‹en› alhie in dem sye ausgetragen geleuttet werd‹en› soll vff das mann dessen wissenschafft hab‹en› vnd das volck vnnd menigclich den abgestorbenen zubeglaitten desto angemanet werd‹en› moge.
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In dem mann sye aber begraben thutt soll durch etliche iungen so schuler iedertzeit dartzu verordent ein psalm dartzu gehorig gesungen vnnd nachgheendts die leichpredig gethun werd‹en› Wo aber sterbend‹en› leufft einfallen soll eß dan der schuler ‹vnd anders› halb‹en› bei wie das vnsere herrn weitter verordennng werd‹en› gehalten werd‹en› [fol. 8r] vnnd soll hinfurtter von aller heyligen tag an biss vff vnnser lieben frawen purificatio‹n›is Marię zu acht vrhen vnnd die ibrig zeit zu Syben vrhen die morgens predig gehalten werd‹en› [fol. 8v]
Kirchen Ordnung Ao 1557
Nr. 28 1557 August 21 Der Magistrat der Stadt Speyer wendet sich wegen einiger ihm bedenklich erscheinender Inhalte der Predigten des Prädikanten Heinrich Ringelstein an Michael Diller. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 451/1, fol. 27r–27v (Konzept). [fol. 27r] Dem wirdigen herrn Michael Dillerrn der Churf‹urstlichen› pfalntz hoffpredigern etc Entpieten wir die Burgermeist‹er› vnd der Rhatt d‹er› Statt Speir vnnser‹n› guttwillig fruntlichen gruß vnd dienst auch allesguts zuuor lieber her vnnd frundt Ess seint vnnss etliche bedechtliche Reden so der ain vnns‹er› vffgestelter predicant her Hainrich Ringelstain in etlich‹en› seinen geth zu etlich‹en› vndt in etlich‹en› vnderschiedlich‹en› seinen gethanen predigen gethan furpracht word‹en› Domit nun vmb souiel weniger aller mehe‹er› aller schimpff vnnd verkleinerung des heyligen Euangelii so darauß entsteen vnd erwachßen mo abgewendt besond‹er› dasselbig in gepurender ehr neben vnnserrm heylanndt Ih vnd seligmach‹er› Ihesu Christo erhalten werd‹en› mocht So hab‹en› wir nit vnderlass‹en› wollen obgenantten ermelten herrn Hainrichen darvnd‹er› antzured‹en› mit beg‹er› vnnß iber solche seine red‹en› dessen seinen schrifftlichen bericht zuibergeben denn er vnnß auch wie ir hiebeiligendt zuuernemen hapt iberreicht Dweyl wir aber vnss als layen der sachen vnerfaren nit versteen, vnd in dem vngerrn wid‹er› die gepur vnd das [fol. 27v] dem hey‹ligen› Euangelio in ainichen weg verkleinerlich od‹er› nachteylig sein mocht sond‹er› vielmeher das ihenig so zu desselbigen befurderung reicht vnd dienet furnemen wolten So haben wir nit vnd‹er›lassen wollen denselbigen herrn Hainrichs ibergebenen bericht Euch hiemit in d‹er› geheimpt zuiberschicken Gantz Gantz fruntlichs vleiss pittendt Ir wollent vnbeschwert sein vnd vnnss Ewr gutbeduncken daruber {neben iberschickung vielermelts
Edition der archivalischen Quellen
herrn Hainrichs ibergebenen bericht doch zu ewr gutt‹en› gelegenhait} auch also in aller still vnnd geheim zukhommen lassen vnd vnnss diesen herrn Hainrichs schrifft vnss darnach hab‹en› zugericht‹en›, Das seyen wir vmb Euch hinwid‹er› zuuerdienen gantz willig vnd gneigt domit dem Almechtig‹en› in aller wolfart seliglich beuolh‹en› Geb‹en› 21 Augusti Anno etc 57.
Nr. 29 1557 September 16 Der Hofprediger Michael Diller antwortet dem Magistrat der Stadt Speyer betreffs diesem bedenklich anmutender Inhalte der Predigten von Heinrich Ringelstein. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 451/1, fol. 29r–31v (Ausfertigung). [fol. 29r] Ersame, fursichtige, weise, sonders gunstige liebe herrn Gottes gnad durch seinen eingebornen son Iesum Christum vnsern heilandt mit erbiettung meiner gefließenen vnd allzeit guttwilligen diensten seyen E. E. W. zuuor fursichtige weiße herrn E. E: W. schreiben sampt herr Heinrichen Ringelsteins schrifftlichen erklerung der dreien ihm furgehalltenen propositionen. so er offenttlich von der Cantzel solle gelehrt haben, hab ich empfangen vnd mit fleiß verleßen, vnd wie wol es war ist das solche propositiones etwas seltzam lautten furnemlich bey schlechten vngelerten Layen, so sein sie doch an ihn selber nit vnrecht, besonders in dem verstand, wie sie in dießer schrifft gnugsam von ihn erklert werden, dan so vil den Ersten belangt, ist er des herrn Christi rede selber Matth. 11. cap. Der aber der kleinisch ist im him‹m›elreich, ist großer dan‹n› er, da dan mit Luthero alle der kirchen schribent‹en› einhellig durch den kleinsten oder geringsten Christum versthen, wie wol diese proposition auch wol ein andern verstandt erleiden mag. Die ander proposition, das Christus deß ewigen tods gestorben sey, wo er die gestunde, vnd als war verfechten wolte, were es ihm nit fur gutt zuhalten. Darumb das darauß folgen wölt, Christus hett durch seine Sigreiche vfferstentnus den ewigen todt nit vberwunden Welches doch aller gleubigen [fol. 29v] einiger warher trost ist in den hohen geistlichen anfechtungen, vnd in den letsten hinzugen &c Das aber solchs nit sein meinung sey, beweißt nit allein seine erklerung die allenthalben in gottes wort ist gegrundt, sonder auch seine eigene wort die er soll gebraucht haben, wer hatt den her‹r›n Christum in solichen iamer, in solliche nott, In den zeittlichen vnd Ewigen todt bracht? Welches recht geredt ist, dann Christus hat zweyerlei leiden außgestanden fur vnserer sund bezalung, das leiblich vnd geistlich, dauon in den psalmen vil gelesen wirdt, vnd sonderlich im 22, so erweißets die Histori seines heiligen passions, do er im gartten den blutigen schweiß schwitzt, vnd mit de‹m› todt ringt, der warlich nit der
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leibliche ode‹r› zeittliche gewesen ist, Sonder der Ewige, gottes schwerer zorn wider die sunde des gantzen menschlichen geschlechts, die er als das vnschuldige lemlin gottes vff sich geladen hatt, vnd hernacher am Creutz nit allein an seinem heiligen leichnam verwundt wirdt, sonder auch innerlich in so große angst kompt, das er anfachet zusprech‹en› Mein gott, Mein gott Warumb hast du mich verlaßen &c Doch ist er in dieser seiner nott nit vndengelegen, sonder hatt dardurch Erstlich den Ewigen geistlichen todt so der sunden todt ist vberwunden lautt seiner wort: Es ist volnbracht Item: [fol. 30r] Vatter in deine hende befilch ich meinen geist, vnd dan furs ander auch den leiblich‹en› todt, welcher dißem Sieg nottwendig vnd fur sich selber gefolget, dan‹n› nach dem gottes zorn gestillt, vnd der Sunde todt vberwunden ist, hatt der leiblich todt auch mußen weichen Die dritt proposition, das Christus Vnser gesell sey, das ist, es freuntlich vnd gutt mit vns meine sich vnsers ellends getreulich‹en› anneme, vnd in allerley gefärlicheit bei uns hallte, das ist ware. So hat er auch dieße wort nit also gar bloß geredt, sonder die drey zusamen genommen: Christus vnser lieber freund, gesell und bruder, damit anzuzeygen, das wir vns zu Christo alles gutten zuuersehen vnd zugetrösten haben, gleich wie ein bruder, ein freundt, ein gutt gesell sich zu dem andern nichts böses, sonder aller freundtlicheit vnd gutten willens thut versehen weil dan ietz gemelte herrn Heinrich‹en› propositiones neben dem das sie Gottes wort gemeß, wie seine erklerung außweisen, keinen vnChristlichen oder sunst ergerlich‹en› verstandt mitbringen, vnd man wort streit in der Kirchen meiden soll, So haben E, E, Weißheit meins erachtens, sich an dieser seiner schrifftlichen Declaration wol vernugen zulaßen. Es haben E E. W. sonst gut zu gedencken, wie leicht vnd baldt sichs begeb‹en› mag das auch den gelertesten predigern die [fol. 30v] es allerding gantz eifferig vnd getreulich meinen vnder weilen ettliche wort entfaren, die entweder so eigentlich sich ad propositum nit reimen oder aber in so großer vngleicheit der zuhörer leichtlich kunden mißuerstanden oder an‹n›ders gedeutt vnd außgelegt werden, dan es gemeint Sollichs wollte ich E E. W. vff deren gethon schreiben freundtlicher, vnderteniger, gutter meinu‹n›g widerantwortten, mit widerschribung seins ,h, Heinrichs erklerung, auß der so vil abzunemen, das er in der ,h, gottlich‹en› schrifft zimlich wol belesen, vnd die summ recht warer Christlich‹en› Lehr nit allein versteet sunder auch fruchtbarlichen andern leutten kan furtragen Sage derhalben dem allmecht[igen] vnd ewigen gott vnd vatter vnsers herrn Iesu Chr‹ist›i lob vnd danck, das er E, E, W vnd ein gemeine Burgerschafft (die ich den lieben gott in seinen schutz vnd schirm allezeit befilch) mit einem solchen man zum Kirchendiener vnd prediger seins ,H Euangeliums begabet hatt, vnd bitt ihn von gantzem hertzen, das er seinen dienst zu vffhalltung vffbawung der kirchen, vnd vieler menschen ewigem heill nutz vnd fruchtbar machen woll Amen. Geben Heidelberg den 16 Septembris Anno 1557
Edition der archivalischen Quellen
E E. W vnderteniger Michael diller hoffprediger &c Adressat: [fol. 31v] Den Ersamen, fursichtigen, weisen vnd gunstigen Herrn‹n› Burgermeister vnd Rhat der statt Speier meinen gebiettenden Lieben herrn‹n› zu handen.
Nr. 30 1558 Februar 3, Zweibrücken Herzog Wolfgang [von Pfalz-Zweibrücken] bittet den Magistrat der Stadt Speyer um Sichtung der beigefügten, von ihm neu erlassenen Kirchenordnung. Außerdem fordert Wolfgang, dass die Stadt Speyer die seines Territoriums verwiesenen Täufer nicht aufnehmen soll. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 451/1, fol. 33r–34r (Ausfertigung). [fol. 33r] Wolffgang von gots gnaden Pfaltzgraue bei Rhein, Hertzog inn Baiern vnnd Graue zu Veldenntz, Vnsern gunstigen grus zuuor Ersame liebe besonndere als wir gespurtt vnnd befundenn, das sich inn denn Kirchenn vnnsers Furstenthumbs ettlich Mengel, vnordnung, vnnd vngleichaitt zugetragen, habenn wir zu abwenndung derselben, vnnd zu anstellung muglich‹er› besserung, ein gewiße Kirchenordnung, wie es inn gemelltenn vnsern Kirchenn gehalltenn werdenn soll, mit Rhatt viler gelertter gutthertziger Theologenn begriffenn vnnd inn truck außgeen lassenn, vngezweiffelter hoffnung dieselbige soll inn allweg der heiligenn gottlichenn Prophetischenn, Euangelischenn vnnd apostolischenn lher gemeß vnnd gleichformig befunden werdenn, Dieweill aber der laidig Sathan nit feirett sonnder ettliche denen one das die warhaitt deß heiligenn Euangelii nit angenhem anrichtenn wurdett, gemellte vnsere Kirchenordnung zutadeln, vnnd vonn derselben anderst dann an ime selbst ist zuredenn, Damitt dann denn lesterern, Ob derenn ettlich vorhandenn werenn nit leichtlich geglaubt, Sonnder solch vnnser Ordnung zuuor gelesen, gehörtt, vnnd gottseliger gutter meinung erwogenn, Vnnd darnach geurtheilt werde,
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[fol. 33v] So habenn wir solcher itztangezaigtenn Vrsachenn halbenn nit vnterlassen mögen, euch dieselbig vnser Kirchenordnung vnnd gunstiglich mittzuthailenn vnnd zutzusendenn, allein der mainung damit ir dieselbige zur gelegenhait besichtigen vnnd selbst daraus abnhemen vnnd erkhennen mögen, was wir darunnter gesuchtt oder gemaintt, Vnnd denen so ettwas anderst vonn vns außbraittenn wurden destowenig‹er› glaubenn zutzustellenn hettenn, Dann wir sinndtt deß Christlichenn gemuts wo wir wustenn oder auß gottlichem grundtt berichtt wurdenn, das mherberurtte vnsere Kirchenordnung inn einem oder mher stuckenn, der gottlichenn Prophetischenn vnnd apostolischenn lher vngemeß vnnd zuwider were, das wir vnns zu yder zeitt gern weisenn, vnnd was darinn manglete, wie wir vns vor gottes angesicht schuldig erkhennen emendiren vnnd bessernn lassenn wolltenn, Das habenn wir euch mit zuschickung offtangeregter Ordnung gunstiglich nit wollenn verhallten, vnnd seindt euch günstige gutte nachparschafft zuertzaigenn genaigtt, Datum Zwaienbruckenn denn 3 Februarii Anno etc 1558. [fol. 34r] Ir habt auch ain vnserer vberschicktenn Kirchenordnung vnnd derselbenn inuerleibtem Proceß vnnd Mandat wider die Irrthumb der widertauffer gnugsam zuuernhemen, welchergestallt wir further gegenn solcher irrigenn Sect vnnd derselbenn anhengern zuhandlenn, bedacht seindt, vnnd wollenn vns demselben nach gantz nachparlich versehenn wo wir imandt diser schedtlichenn Irrthumb auch der anhangenden vffrur halbenn aus vnserm Furstenthumb verweisen ir werdenn den oder dieselbenn keins wegs bei euch vffnhemen oder inen Raum oder Platz gebenn, ir gifft bei denn armen leutten außzugissenn inmassen wir dann hinwider im gegenfall zuthun bedacht sinndt, Dann wir befinden inn glaubhafftiger erfharung souill, wo man disenn sachenn nit zeittlich mit gepurenden mitteln begegnett das mit der zeitt inn disenn lannden nichts anders dann ettwann ein Munsterische hanndlung oder ettwas dergleichenn zuerwartt‹en› Welchs gott der allmechtig mit gnaden abwenden woll, das wir euch gnediger gunstiger meinung auch nit bergenn wöllenn Datum ut in l‹itt›eris.
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Nr. 31 1558 Februar 21 Der Magistrat der Stadt Speyer bestätigt Herzog Wolfgang von Pfalz-Zweibrücken den Empfang und die Sichtung seiner neu erlassenen Kirchenordnung. Außerdem versichert der Rat dem Herzog, die seines Territoriums verwiesenen Täufer seinem Wunsch gemäß nicht aufnehmen zu wollen. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 451/1, fol. 32r–32v (Konzept). [fol. 32r] Durchleuchtig‹er› hochgeborner furst E f gn seyen vnnser wi gantz willig dienst mit allem vleiß zuuor Gnediger her E gn gnedigs schreiben sampt iberschickung derselbigen new‹en› vffgericht‹en› KirchenOrdenung haben wir entpfangen alles seins inhalts horenlesen vnnd darauß E gn Christlich vnd guthertzigk gemut vnderdinstlich zu hohem dank vn vernomen vnd‹er›dinstlich vernomen. Thuen vnnß solch zuford‹er›st E gn der gnedigen iberschickung angeregter KirchenOrdenung vnnd wiewol vnnß gar vnd‹er›dinstlich vnnd zum vleissigst‹en› bedancken mit erpietung dasselbig alles vleiß souiel moglich zuuerdienen hinwid‹er› zuuerdienen Vnnd nachdem E gn gnediglich begeren wir wollten vnnß souiel die widertaufferisch seck belangt mit vffenthaltung od‹er› furschub den ihenig‹en› so von derselbig‹en› wegen mochten verwiesen hab‹en› werd‹en› {aller gegenertzaig‹en›} Daruff wollen E gn nit pergen das wir gleichergesta vnnd vnnd sonderlich vnnß souiel die widertaufferisch seck belangt halben dermaß‹en› vnnd also zuertzaigen vnd nachdem an vnnß vnnd als auch [fol. 32v] E gn auch an vnnß begern vnd‹er› anderm an vnß gnedigclich begeren wir wolt‹en› vnnß gegen den ihenigen so der widertaufferischen vnd seck auffrurischen seck halb‹en› khunfftiglich {auß E gn derselbig‹en› furstenthumb kunfftiglich} verwiesen werden mochten mochten dermaß‹en› vnd also ertzaigen vnd beweisen domit sich irenthalb‹en› khein vnrath vnd anderss verkhommen werd‹en› nachteyl so darauß erwachß‹en› khundt verhuttet pleiben mogen Daruff W dweyl wir dann dasselbig nit solch E gn begeren mit fur {Christlich vnd} vor vnpillich ansehen vnnd zuuerhuttung allerhandts vnraths auch fur hochnottwendig erkhennen So seyen wir daruff vrpittig vnnß hinfurtter nit weniger {dann bißher auch bescheen} solcher auffrurisch‹en› seck halb‹en› aller gepur {vnd dermaßen} zuertzaigen vnd zubeweisen das sich E gn vnd menigclich vnnd sonderlich E gn begeren gesynnen gemeß zuertzaigen vnd zubeweisen daß sich ob gott will deßen niemants zubeschweren haben will soll dann E gn aller vnderdinstlich‹en› willen vnnd gefallen zuerweisen seyen wir ganntz wol geneigt behegliche vnd angeneme dienst zuerweisen seyen wir vnd‹er›dinstlich wol gneigt das hab‹en› E gn wir hinwid‹er› nicht sollen verhalt‹en› vnnß derselbig‹en› hierauff vnd‹er›dinstlich beuelh‹en› Geb‹en› 21 Februarii anno etc 58.
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Nr. 32 Zwischen 1556 und 1569 Heinrich Ringelstein, Prädikant der Speyerer Augustinerkirche, bittet den Magistrat der Stadt Speyer um Beistand und Schutz gegen den Augustinerprior, der darüber erzürnt war, dass Ringelstein ihn aufgrund seiner katholischen Konfession nicht als Taufpaten akzeptiert. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 451/1, fol. 44r–45r. [fol. 44r] Ersame fürsichtig vnd weisse günstige herren. E. f. w. sind mein vnterthenig dienst nach meinem Gebett zu dem Allmechtig‹en› alle zeit zuuor, Günstige herrn, Nach dem vor wenig Monat‹en› ein Burger alhie bei mir angesucht, das Ich Ihme einen Iung‹en› Erben, den Ime der Allmechtig bescheert, teuffen solte, vnd Ich Ihme solchen dienst zu thun versprochen, Ist derselb vngefehrlich nach einer halb‹en› Stunde wider zu mir komen, mit dem Anzeigen, die fraw, so er zu Gefattern erbetten, D. Philipps Seubleins hausfraw, laß frag‹en›: Ob Ich Sie auch bey der Tauffe leiden könne, weil Sie nicht vnserer Religion sey? Auff solch frag‹en›, hab Ich nicht still schweig‹en› sollen, Sondern zur antwort gesagt: Wann Sie, die fraw gleube das der Tauffe in vnserer kirche, ein Christlicher Göttlicher Tauffe sey. Auch wann Sie versprech‹en› wölle, das Sie das kind nach Absterben der Eltern zu dem Wort Gottes, zu den zehen Gebotten, Artickeln des Glaubens vnd vater vnser halten wölle, So wölle Ich Sie gern bey dem Tauffe leiden. Hingegen aber, wo die fraw gleube das der Tauffe in vnserer kirche ein vnchristlicher vngöttlicher Tauffe sey, Auch nicht versprech‹en› wölle, das Sie das kind nach Absterb‹en› der Eltern zu Gottes Wort halten wölle, So söll Sie sich hierzu nicht brauch‹en› lassen, Vff solchen Bescheid den Ich den fragenden leuten geben söll, ist genennte fraw D. Seublins aussen blieben vnd ein ander weibsp‹er›son an Ir Gefatern stad in der kirch‹en› gestand‹en› vnd der Tauff volfürt word‹en›. Ferners, So ist ein kneblin ausserhalb der Ehe gezielt, vergangengs Sambstags alhie geborn, Solches zu teuff‹en›, als der Pfarrer zu S Iohanns nicht wolte, bin Ich auch beruff‹en›, Als Ich nu zur Außrichtung dises beruffs in die kirch‹en› komen, do ist neben andern, eins Stolbruders weib, eine Amme, für den Tauffstein getretten, gesagt: Were Ir Man hie? [fol. 44v] So solt er Gefatter sein, Weil aber er nicht vorhanden, wolle Sie an Mansstad Gefatter sein. Dargeg‹en› Ich Sie gebett‹en›, Ah haltet doch die Ordnung, wann kein Mansp‹er›son zu find‹en›, were es zeit, das man wider die Ordnung thun müste, Demnach dasselbig weib hingelauff‹en›, den Prior im Augustiner Closter zu Gefattern erbetten, Der Prior mir sag‹en› lassen, Ob Ich Ine bey der Tauffe leiden könne, Wölle Er Gefatter sein. Darauff Ich Ime fragendem zur antwort sag‹en› lassen, das Er Prior Ex professo öffentlicher feind vnserer Religion sey, gleich wie wir ex professo offentliche e feind der Pebstisch‹en› Religion seien. Derhalben er sölch werck nicht thun konne, vber das, hab Ich Ime sag‹en› lassen. das in den Geistlichen Rechtsbüchern verbotten
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sey den Closterp‹er›sonen, sich in Gefatter Stand brauch‹en› zulassen. Vff sölchen meinen Bescheid hat vorgenannt weib einen Andern Gefattern funden, das das kind getaufft word‹en› ist, Gestrigs tags aber als Ich nach mittag zu dreien vhren abermals geteufft hette, trit gedachter Prior allein mir vnter aug‹en› im Creutzgang, fragt, was die vrsach‹en› seien das Ich Ine nicht bey dem Tauff gelidden, Item, Ob Er nicht so gutt als Ich, wirfft mir auch für, wie ich solches nicht allein Ime, Sondern auch Einer Doctorsfraw neulicher zeit gethan, Es solt mir nicht zu guttem ausgehen, hierauff Ich Ime nochmals vorgesatzte vrsach‹en› weitleuffiger angezeigt, vnd gefragt: Ob Er prior vnserer Religion sey oder sein wolle? Er geantwort: da behütte mich Gott für, vnd mit vilen worten mer seinen zorn geg‹en› mir merck‹en› lassen, Weil denn meine Mittdiener vnd Ich teglich im gemeltem Closter in verrichtung Christlicher kirchendienst den Ein vnd Ausgang hab‹en› sollen, vnd aber zubesorg‹en›, das des Priors noch Eingezogner zorn in zeitten weiter außbrechen möchte, So bitte ich vntertheniglich E. F W meine gebittende herrn wöllen gnedigs Einseh‹en› thun, geg‹en› dem Prior handlen, das solcher zorn in Ime hinfuro eingezog‹en› bleibe, nicht zu weiterm außbruch vnd Schad‹en› gereiche. Solchem durch E. F W zuuerkomen. hab Ich auch erzelte geschichten nicht verhelen söllen, Wo dann der Prior oder Andere mich in Sach‹en› die Religion betreffende, anfechten wölte Ers thett für E. F. W. oder in beysein anderer christlichen [fol. 45r] Mittelpersonen, So wil Ich mich gegen Ime vnd andere aller Christlich‹en› Bescheidenheit verhalten vnd darauff in E. F W gnedigen Schutz befolh‹en› haben, Gott der vater aller Barmhertzigkeit wölle E. F. W mit seinem Gottlichen Geist regirn vnd vnter derselben Regiment, Friede vnd Rwhe gnediglich erhalten. Amen E F W. vntertheniger kirchendiener Henrich Ringelstein.
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Nr. 33 [1569 August]92 Die Speyerer Prädikanten Johann Reußenzein, Georg Ebenreych, Johann Othmar Mayländer und Clemens Schubert erstatten dem Speyerer Magistrat auf dessen Anordnung hin Bericht über den Regelungs- und Optimierungsbedarf im evangelischen Kirchenwesen der Stadt Speyer. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/8, fol. 2r–9r. Druck: Jung, Zur Geschichte des evangelischen Gottesdienstes, 101–112; Eger, Reformation und Protestation, 27–41 (Faksimile), 43–56 (in regulierter Schreibweise); vgl. dazu die modernisiert und deutlich gekürzt abgedruckte Fassung des Texts in Eger, Ausstellung „450 Jahre Reformation in der Stadt Speyer“, 175–180. [fol. 2r] Kurtzer vnd ainfalttiger bericht in was maßen vnd gestaltt etliche ritus vnd gepreuch in der christlichen kirch zu Speir zu ändern vnd zu vere bosseren weren, gestelt durch die predicant‹en› daselbsten. Rechts darunter Notiz einer anderen Hand: Im Augusto Ao etc 6993 vbergeb‹en›
e
[fol. 3r] Ehrnuoste. fürsichtige. ersame vnd weise großgünstige. gepietende hern. auf e ewer ehrnuoste vnd herlichait gunstig‹en› beschehenen befelch. das wir die predicanten zesamen komen. vnß mitt ainander ainmutiglich vergleich‹en›. was in der e kirch‹en› des hailig‹en› euangelii sin mochte. so zu verbossern were. das wir darauff. vnser iudiciu‹m›. oder gutt bedunck‹en› iber solchs schrifftlich anzaigt‹en› vnd ewer herlichait ibergeb‹en›. sich darin zu erseh‹en› hett‹en›. Dieweil wir aber vnß nitt gnugsam tüglich. vnd geschickt darin erkennen vnd acht‹en› in ansehung das e. herlichaitt als die hochuerstendig‹en›. gelertter vnd erfarner. sonder an aim solchen berumpt‹en› ortt. da in all‹en› facultatibus verstendigere
92 Die Datierung beruht auf der Notiz einer anderen Hand auf der Titelseite des Dokuments (StadtA Speyer 1 A 450/8, fol. 2r). 93 Gemeint ist das Jahr 1569.
Edition der archivalischen Quellen
vnd gelertere. dan wir sein mögen. können gefunden werden. iedoch. erkennen wir vns. der kirch‹en› christi. vnd auch e.e.w. vnderthenige. vnd schuldige arme diener. e vnd wöll‹en› von hertz‹en› gern. so vil vnser klainfuger 94 verstandt wissens tregt. derselbig‹en› anzaig‹en›. darauß e. w. ires von gott befoll‹en› ampts. sich erinnere. vnd der armen verlassen kirch‹en›. zu disen letsten zeitten die hand raichen mög. vnderthönig bittende. das selbig von vnß günstiglich anzunemen. vnd vnß iederzeitt. e e in gnadigem schutz vnd befelch zu haben. die will der allmachtig vnd barmhertzig gott. bei gesundthaitt leibs. vnd glücklichß regierung. zum lob vnd preiß seiner ehren. gefrist‹en› vnd erhaltt‹en›. Amen. Von der lehr Es ist die warhaitt des ewigen wortt gottes. nit auß mentschlichem gutt bedunck‹en› erfund‹en›. sonder vo‹n› vnserm lieb‹en› hern vnd got. selbe gestifftet vnd verordnet word‹en›. auch also hoch vnd theur geachtet. das sein maiestat. des selb‹en› sich selbs vnderfang‹en›. darnach zu aller vnd ieder zeit. durch die engel. patriarch‹en› p‹ro›phet‹en› seine‹n› son christu‹m›. die apostel. vnd alle trewe diener biß zum end e der weltt. zu verricht‹en›. befoll‹en› vnd gebott‹en›. dan der allmachtig gott hatt sich also durch sein wortt dem menschlich‹en› geschlecht offenpare‹n› woll‹en›. das sy vom e ime erkant. vnd er durch sein geschopft. geprisen wurde, Vnd wiewol der mensch in recht‹er› erkantnus gotes nit geplib‹en›. sonder von gott durch den fahl95 abgee e schritt‹en›. dadurch er dan ewiglich hat verdampt sein muß‹en›.96 so hatt ine doch gott e auß lautt‹er› barmhertzigkaitt, widerumb gnadiglich angenomen. vnd die verhaißung seines sons. in dem sy gesegnet vnd gebenedeit sein soll‹en›. zugesagt. versproch‹en›. vnd ine. den letst‹en› zeitt‹en› auch gelaistet auf das er durch dise offenparung seiner verhaißung‹en›. ime in der welt. ain ewige kirch‹en› versamelte. vnd erhielte.97 darauf auch alle lehr. verhaissung. opfer. ceremonien vnd anders verordnet vnd angericht. darmit anzuzaig‹en›. das in den letst‹en› tag‹en› ain wares vnd ewigs opfer komen wurde.98 in dem in ewigkait volendet die gehailiget werd‹en›. vnd solche lehr in die schrifft‹en›. der prophet‹en› vnd aposteln fassen laß‹en› auf das die mensch‹en› von gott gewiße zeugnus hett‹en›. was sy haltt‹en›. vnd zu irer seligkait glab‹en› soltt‹en› dan wir lesen vom lieb‹en› mose.99 das gott ine nit allain sein gesatz. auf dem berg Sinai. dem volck {mundtlich} fürzutrag‹en› befoll‹en› hat. sonder mit seim [fol. 3v] gottlich‹en› finger. vf die taflen geschrib‹en›. vnd auch mosi zu schreib‹en› befoll‹en›. e e auf das sy sein wortt alzeit vor aug‹en› hatt‹en›. vnd dem will‹en› gottes gemaß
94 95 96 97 98 99
e
klainfuger = geringer. fahl = Sündenfall. Annotation am linken Rand: gen. 3. 15. 22. Annotation am linken Rand: gal. 4. Annotation am linken Rand: heb. 10. Annotation am linken Rand: Exod. 34.
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lebt‹en›. Diese lehr aber ist in den schrifft‹en›. des altt‹en› vnd new‹en› testame‹n›ts. mit solchem fleiß begriff‹en› vnd dargethön. das der h. gaist. ain fürer vnd laitter. warhaftig. geglaubt württ. wie das der apostel petrus. clar beweiset. sprechende. Das solt ir für das erst wissen. d‹as› kain weissagung in der schrifft geschicht. auß aigner außlegung. dan es ist noch nie ain weissagung auß me‹n›schlichem will‹en› herfür gepracht. sonder die hailige mensch‹en› gottes: hab‹en› geredt. getriben vom hailig‹en› gaist etc.100 Wer nun an diser lehr zweiflen will. muß got selbs für ain lügner darstell‹en›. Dann darin württ also clar. von got. der ewig‹en› weißhait. baiden naturen in christo. von gott dem .h. gaist. von der erschafung himels vnd der erd‹en›. auch des mensch‹en›. von seim fahl. von vrsach der sünd‹en›. von den sünd‹en› an in selbs vom freyen will‹en› des mensch‹en› vom gesatz. vom euangelio. von der gnad gottes. von der buß. vo‹n› verzeihung der sünd‹en›. von glaub‹en›. von gutt‹en› werck‹en›. von der christlich‹en› kirch‹en› vnd gemainschafft der hailig‹en›. von aufersteehung des leibs. von dem ewig‹en› vnd selig‹en› leben. angezaigt vnd vermeldet. als die sonne des mittags am himel scheinet. Dise lehr. vnd was noch nit vmb kurtze will‹en› vermeldet, muß nach gottes befelch. fürnemlich101 . in denn gemaind‹en› christlich‹er› versamlung‹en› durch die verordnete lerer gepflantzt. geprediget. vnd biß zu end der weltt erhaltt‹en› werd‹en›. auf das. welch dem geoffenbartt‹en› wortt glab‹en› vnd biß ins end beharren. ewig selig werd‹en›. Die sum‹m›a aber diser lehr. steet fürnämlich102 in disem inhaltt. das gott die weltt also geliebt. das er seinen aingepornen son gab. auf d‹as› alle so an ine glab‹en›. nit verloren wurd‹en›. sonder d‹as› ewig e e leb‹en› hatt‹en›.103 Das hatt chr‹istu›s vnser her vnd erloser. selbs geprediget vnd seine iüng‹er› predig‹en›. vnd in alle weltt leren haiß‹en›. auf d‹as› wer glabt vnd getauft württ. selig werd.104 vnd württ dise lehr. vom apostel genent. ain krafft gottes. selig zemach‹en›. so dran glaben. Vnd ob schon ain engel von himel ain anders leren e woltt. sol er doch verflucht sein. vnd nitt gehortt werd‹en›.105 Dan allain in erkantnus. obangeregter lehr. steet d‹as› ewig leben. wie chr‹istu›s selbs zeuget. Das ist das ewig leben. d‹as› sy dich erkenne‹n› eine‹n› waren gott vn‹d› den du gesandt hast iesum e chr‹istu›m.106 Darauf steet nun fürnemlich der voste grund. vnd kan. außerhalb des. kain anderer gelegt werd‹en› vnd sollen auch wider solch‹en› die portt‹en› der höll‹en› nichts v‹er›mögen vnd außricht‹en›.107
100 101 102 103 104 105 106 107
Annotation am linken Rand: 2. pet. 1. fürnemlich = hier: vor allem. fürnämlich = hier: vor allem. Annotation am linken Rand: Ioh. 3. Annotation am linken Rand: Isa. 61. Lu. 4. Mar. 16. Annotation am linken Rand: gal. 1. Annotation am linken Rand: Ioh. 17. Annotation am linken Rand: 1. cor. 3.
Edition der archivalischen Quellen
In diser lehr. dieweil wir. vnderschribene. e. e. w. vnderthönige diener. got lob einträchtig seind. wöll‹en› wir. vermittels gottlich‹er› gnad‹en›. in der gmaind christlich‹er› v‹er›samlung die selbig. trewlich vnd fleißig füren vnd leren. der trostlich‹er› zuversicht. der ewig vnd barmhertzig gott. werde das gedeühen darzu geben.108 Das wie der reg‹en› in dem mayen. wie der p‹ro›phet sagt. nitt one frucht, also auch die lehr, durch vnser predigampt gefürtt. werde one gedeüh‹en› vnd frucht nitt abgeen.109 vnd das für das erst von der lehr. Von der ordnung. Wiewol in schrifft‹en› des altt‹en› vnd new‹en› testa‹ments› weittleüfige vnd gnugsame ordnungen zufind‹en›. deren man zu v‹er›richtung. der göttlich‹en› ämpter christlich‹er› ge gemaind. geprauchen möchte. dieweil aber die schrifft weittleüffig vnd auch zu den [fol. 4r] zeitt‹en› des altt‹en› gesatzes. anders dan zur zeitt des eua‹n›gelii vnd der apostel in verrichtung der kirchenämpter ist gehandelt word‹en›. so ists billich das erstlich ain rechte vnd der schrifft gemäße ordnung. anzuricht‹en› in der christlich‹en› kirch‹en› fürgenome‹n› werd. darmitt alle ding nach der regel des .h. apostels pauli odenlich vnd gleichförmig. in der gemaindt zugehe.110 Dan wa kain ordnung. da ist kain gleichformigkaitt, darauß dan große ergernuß. baide. von den lerern vnd zuherern, erfolgt, nitt das man an solche ordnung. also gebund‹en› sein müße oder were als sy den schrifft‹en› der prophet‹en› vnd apostlen gleich vnd iber die selbige gesetzt sein soltte. dan dise seind allain die recht grunduöste vnd kann auch soll kain andere gelegt werd‹en›.111 darauf die kirch‹en› chr‹ist›i. so er durch sein blut erlößt hatt. erbawet werden. sy zaig‹en› vnd bild‹en› für christu‹m› allain: als den ware‹n› eckstain. vnd sol außerhalb dessen. kainer gehört noch gelert werd‹en›112 . Ir hapt ain vöstes prophetisch wort sagt petrus. vnd ir thut wol. das ir darauff achtent. als auf ain liecht. d‹as› da scheinet an aim duncklen ortt. biß der tag anpreche. vnd der morg‹en›stern aufgeet. In ewern hertz‹en›113 2P. Dieweil aber auß diser schrifft die gemain regiert vnd in verrichtung der göttlich‹en› ämpter. erhaltt‹en› werd‹en› muß. sol ain schriftlich‹er› auszug gescheh‹en› darmit als in ainem compendio begriff‹en› werd, ain gemain extract. diße man in der christlich‹en› kirch‹en› notwändig geprauch‹en› mög. vnd nach gotes befelch sich zehaltt‹en› wiße, die schrifft aber aller ding. solch‹er› fürsag‹en› vnd haltt‹en›. Dieweil aber solch‹er› gemäß vnd gleichförmig ist. die württembergisch kirchenordnung 114 . darauf auch e. e. w. sampt
108 109 110 111 112 113 114
Annotation am linken Rand: 1. cor. 3. Annotation am linken Rand: Isa. 55. Annotation am linken Rand: 1 cor 14. Annotation am linken Rand: 1 cor .3. Annotation am linken Rand: Isa. 28.; 1. pet. 2. Annotation am linken Rand: 2 pet. 1. Die Württembergische Kirchenordnung von 1553 (Druck: EKO 16, 223–276).
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ainem bedenck‹en› geschlossen. ist vnß onbeschwerlich. der selben zu geleben. wollen auch ainmütiglich die kirchenämpter. der selben gemäß fürohin darauß verricht‹en› Von den Sonn und Feirtag‹en› auch der selb‹en› predig‹en›. samt den Catechismo. etc. Wiewol in göttlich‹er› hailig‹er› schrifft. kain feirtag. dan allain der sabat. kan erwisen werd‹en›. in ansehung. das ine gott zur ruhe vnd hailigung seinem volck gebott‹en› vnd befoll‹en› hatt. so ist doch der kirch‹en› zu gutt‹en› der .h. apostel acta vnd geschicht‹en› an der selbig‹en› festa zu heren. wol vnd recht v‹er›ordnet. Jedoch das in dem selben. nach gottes befelch. recht‹er› prauch gehaltt‹en› werd. dan obschon die festa der apostel. auß hohem bedenck‹en› der kirch‹en› zu haltte‹n›. durch mensch‹en› aufgesetzt seind, so ist doch. von den altt‹en› nitt darumb gescheh‹en›. das die kirch daran gebund‹en› als an die articul des glabens zuhaltt‹en›. die weil den christ‹en› im newen test.115 alle tag sabat vnd feirtag vnd inen von ongerechtigkaitt vnd allem bösen zu feiren befoll‹en› vnd gebott‹en› ist, vnd soll‹en› die gewißne‹n›. an dise v‹er›bandte feirtag nitt gebund‹en› sein, Dan chr‹istu›s ist der h‹er› auch des Sabats. vnd hatt alle gläbige an in also gefreitt, das sy niema‹n›tt mitt aincherlay me‹n›schensatzung‹en›. wider das wort. bind‹en› mag wie paulus schreibt. vn‹d› strafft baide. sein galater 116 vnd Colosser 117 , das sy sich zu den dörfftig‹en› vnd schwach‹en› satzu‹n›g‹en› gewendet. vnd inen von newen dienent. dieweil sie tag vnd monat. fest vn‹d› iarzeitt also haltt‹en› etc. lehret sie das inen. niemant gewissen mach‹en› lass‹en› iber solchs welchs ist der schatt. von dem d‹as› zukünftig ist gewesen. vnd schreibt der .h. hieronymus. [fol. 4v] im epitaphio pauli. das man zu seiner zeitt. auch an den Sabath. nach dem v‹er›richt‹en› gotsdienst. zur notturfft, gearbaitt hab, Das derhalb‹en› ettlich zeitt vnd tag. zu feiren. von den altt‹en› bestimpt word‹en› ist allermaist darumb bescheh‹en› d‹as› ma‹n› dester bequemer, auf solche zeitt, zesame‹n› kome‹n› möcht. ainträchtiglich d‹as› götlich wortt, vnd sonderlich an der apostlen tag‹en›. der selben leb‹en›. geschicht‹en› vnd lehr. anzuhören. das man in dem, inen was der warhaitt änlich. nachuolg‹en› lerne. darzu vns auch der apostel ermanet vnd sagt Gedenckent an ewere lehrer. die euch d‹as› wortt gotes gesagt haben. welch‹er› end schawet an. vnd volgen irem glab‹en› nach. etc.118 Das aber die geban‹n›e‹n› feirtag 119 . in ainen solch‹en› hoh‹en› müssprauch komen vnd gerath‹en› seind. vnd vil höher den‹n› der sabath bey den iud‹en›. welch‹en› mußprauch got. durch die prophet‹en›. an seim volck. christus an den phariseern. sehr gestrafft hab‹en›. soll billich auch zu vnsere zeitt‹en›. durch ain christliche oberkaitt. abgethon vnd aufgehaben. darmit die gewißene der christ‹en› frey 115 116 117 118 119
test. = abgekürzt testament. Annotation am linken Rand: gal. 4. Annotation am linken Rand: Col. 2. Annotation am linken Rand: heb. 13. die geban‹n›e‹n› feirtag = die zu Feiertagen erklärten Tage.
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vnd ongebund‹en› allain aber zur ehren gottes. zucht. erbarkaitt vnd gutter disciplin gehaltten werd‹en› Ain recht‹en› prauch aber. baide, des sabats vnd der feirtag‹en› anzericht‹en› dieweil an solch‹en› nim‹m›er mehr. vnzimiliches leben ibermässige essen vnd trinck‹en› onordenlich‹er› geselschafft. büberey. schand vnd laster. dan an den selbig‹en› tag‹en› gescheh‹en› sol die oberkait auß pflicht ires ampts. vnd darmit die predig, des seligmachend‹en› wort gotes. iren fürgang gehab‹en› mög, alles aufheben. was dem selbig‹en› mag zewider sein, als da seind. fächtschulen. vnder der predig. gebott 120 vff den zünfft‹en›. schiessen. köglen. tantz‹en› vnd anders, da die gail121 vnd freche iugent. solchen affenspil nachlaufft vnd die predig versomen122 thut. Diß hatt sich auch der .h. augustinus zu seiner zeitt hoch beclagt vnd schreibt. das es vil bösser were. man thätt allerhand arbaitt. auf den sabat. dan d‹as› man solche schwäre sünd. wider got begieng. der halb‹en› soll‹en› die morg‹en› predig‹en› in den gewonen III kirch‹en› gehaltt‹en› werd‹en›. vnd als dan die mittag predig. iedoch. das auf die selbige stund. nitt das euangelion. welchs zu frü geprediget württ. sonder ain epistel. oder aber ain andere bequemliche materia. für d‹as› volck zu erbawung der kirch‹en› genomen vnd erklertt werde Die weil aber biß anher an den sontag‹en› kain predig weitters gehaltt‹en› word‹en›, vnd in vil geringen stett‹en› auf die sabath. auch zu drey vr. der catechismus mitt der iugent angericht vnd gehaltt‹en› württ. were es nitt onbequem. auch am sontag. vmb ermeltte stund. den catechismum zu predig‹en›. vn‹d› das exame‹n› nach gethoner predig zuhaltt‹en›. Darein aber soll‹en› die schulmaister. sampt iren schulkinder zu komen schuldig sein. auch alle vätter vnd mütteren. mit fleiß. in predig‹en› vermant werd‹en›. d‹as› sy solch christlich werck. fürdern helff‹en›. Dan diese lehr der iugent vnd all‹en› mensch‹en› also hoch von nöt‹en› als inen ist von nöt‹en› essen vnd trinck‹en›. dan der h‹er› hat seim volck befoll‹en›. das die vätter iren kindern was sein will sy leren soll‹en›. darin sie auf erzieh‹en› vnd in der forcht gottes wandlen leren.123 dan die forcht des hern. sagt Salomon. ist ain anfang aller weißhait.124 So werd‹en› aber in dem Catechismo als in ainer sum‹m›a ordenlich vnd fein verfaßt. die hoptarticul. vnserer gantz‹er› christlich‹er› religio‹n›. darbey dan die iugent (will sy anders die zeit irs gantz‹en› lebens. erkantnus gottlichs willens haben) sol vnd muß auferzog‹en› werd‹en›. Vnd darmit solchs möchte angericht werd‹en›. so sein genaigt vnd willig. vff ermeltte stund des sontags [fol. 5r] den selben catechismu‹m›. ain iarlang zuverseh‹en› her iohan reissenzan. vnd her Cleme‹n›s, vnd so vil inen möglich. in das werck zupring‹en›. allain das sy baide. möcht durch e. e. w. der predig bey den gutleütt‹en› vnd im spital. enthab‹en› vnd erledigt werd‹en›. dan inen solche in die läng. vnd also bald vff die 120 121 122 123 124
gebott (Gebot/Gebote) = Versammlung(-en), Zusammenkunft/Zusammenkünfte. gail = übermütig. versomen = versäumen. Annotation am linken Rand: Exodi. 13. Annotation am linken Rand: prouerb. 1.
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gethone predig. an dem sontag zu versehen. onmüglich. darumb sy auch. e. e. w. vmb erlassung der selben gantz vnderthönig. wöll‹en› gebett‹en› haben. Vnd wa nun e. w. inen wie oben gemeltt. daran sy nit zweiflen. die hand biett‹en› werd‹en›. v‹er›hoffen sy auch an solch‹en› sabattag‹en› mitt der hilf des allmächtig‹en› vil auß zericht‹en› vnd zu erbaw‹en›. Von dem kirchen gesang. Es ermant der .h. apostel paulus. wie wir soll‹en› gesinnet sein vnder ainander wa wir zesamen komen. nit mit gleißnerischem gepräng. sonder vnder ainander reden vo‹n› psalme‹n›. lobgesang‹en› vnd gaistlich‹en› liedern. dem hern spilen vnd sing‹en› in vnserm hertz‹en›.125 Vnd die erste kirch. hat mit fleiß iderma‹n› ermanet das sy die hertz‹en› (sursu‹m› corda)126 erheb‹en› sollen. Wa nun die kirch‹en› zusamen komen. soll‹en› all gesang vnd psalme‹n› der schrifft gemäß. so vil im‹m›er möglich. der zeit nach. vff die materia‹m›. so der kirchendiener will handlen. gerichtet werd‹en› vnd mitt gleichmäßig‹en› stim‹m›en. nach der mensur gesung‹en›. darmit auch das volck möge die psalme‹n› lernen. vnd den hern von hertz‹en› lob‹en›. dan got ist ain gaist. vnd will im gaist vnd warhaitt angebett‹en› sein.127 Es soll‹en› aber wa es die materi gibt. alle zuherer ermant werd‹en›. das sy mit fleiß. die psalme‹n› vnd kirchen gesang lernen. auch sich fleißig‹en› mitzusing‹en›. die weil die kirch ain ainig‹er› leib. des höpt christus ist. das auch got durch christu‹m› durch die selb gepreißt werd. Von der wochenpredig. Allain die sontag vn‹d› feirtag. vnd sonst kain tag predig haltt‹en›. ist bey verstendigen christ‹en› nitt allain schimpflich. sonder auch der statt vnd burgerschafft. (als ob sy nichtz nach gott fragte) verweißlich. Were derhalb‹en› ehrlich vnd nutzlich. auch der kirch‹en› erbeülich. das alle deinstag. vff. viii. vr. sonderlich aber vmb der hochzeitten willen. ain predig gehaltt‹en› wurd. vnd kain ehe eingesegnet wurd. auf selbig‹en› tag der predig. sy besucht‹en› dan. sampt irem hochzeit volck. die predig götlichs worts. vnd nach angehörttem wortt gotes. sol in beisein christlich‹er› versamlung d‹er› kirch‹en›diener. sy einsegnen. vnd für ain glückselig‹en› eingang der newen ehleüt alle mensch‹en› ermanen. Dan wer iemant dienen will. sonderlich. zu disem ehlich‹en› standt. wa der christlich vnd gotselig gesinnet. der würt nitt vmb essens vnd trinckens will‹en› erscheinen. sonder vil mehr vmb der ehr gottes. vnd der newen ehleüt hail vnd wolfartt will‹en›. darumb er auch onbeschwürtt sein würt. sein hochzeitlich‹en› ehrentag. mit christlich‹er› zucht vnd erbarkait. zu volpring‹en›. Es were auch christlich vnd wolgeordnet. wan zu der kirchthür. ain sonder böcket 128 gesteltt vnd die 125 126 127 128
Annotation am linken Rand: Ephe. 5. Ruf des Priesters am Anfang der Eucharistiefeier. Annotation am linken Rand: Ioh. 4. böcket = Becken, Sammelteller.
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hochzeitleüt zum almusen den arme‹n› mitt zetailen. vermant wurd‹en›. wie dan solchs. in anderen stetten vnd fläck‹en› löblich vnd preüchlich ist. vnd das selbig konth man für die arme schuler. vnd andere arme leüt geprauch‹en› Es soll‹en› auch zu einsegnung der hochzeit. die schuler zugeg‹en› sein. vnd zu eingang vnd außgang der hochzeittleüt. die psalme‹n›. so darzu dienlich. vnd vom predicant‹en› angezaigt vnd geordnet werden. sing‹en› wie auch an geringern ortt‹en› gehaltt‹en› württ. [fol. 5v] Von den hailig‹en› sacrament‹en› vnd erstlich von dem tauff. Wiewol die mensch‹en› von natur vnd artt kinder des zorns. wie der apostel sagt. in sünd‹en› empfang‹en› vnd geporen werd‹en› vn‹d› der sünd‹en› halb. in ewigkaitt. fur e gott. verdampt hatten sein müssen. dan der verdamnus ainige vrsach ist die sündt. der sünd‹en› belonung aber ist der todt. welcher. vmb der sünd willen. in die weltt. iber alle menschen komen ist. so hatt sich doch gott vnser lieber getrwer vatt‹er› auß groser barmhertzigkait iber vnß alle gnädigclich erbarmet. vnd seine‹n› will‹en› dem menschlich‹en› geschlecht. baide. in dem wortt vnd sacrame‹n›t‹en› zum hail geoffenparet. Wiewol aber gotes wort vnnd seine verhaißung‹en› one alle widered, ware vnd gewiß seind. in welch‹en› sein außgetruckter will gnugsam angezaigt ist. vnd darin. auch der mensch. kain zweifel setzen dörffte. so sieht doch gott selbs. vnser schwachait vnd v‹er›dörpt natur. vil an. das die selb nit volkomenlich wie sy billich solte. trawen vn‹d› glab‹en› kan. setzt alzeit zweifel in got. vnd in sein hailig wortt. Darmitt aber der mensch. nit gar verdurbe. sonder grundtlich vnd satten verstandt. gottes gnedig‹en› will‹en› geg‹en› im hätte, so gibt got sein wort nit ploß. darmit in solches kain zweifel möcht gesetzt werd‹en› sonder höfftet daran. sichtparliche. vnd seiner gnad‹en› vergwisungszaich‹en› vf das. was er mit wortt‹en› zugesagt. durch sichtparliche zaich‹en› darraiche. Vnd were gleichwol nit von nöt‹en› geweßt. durch eüsserliche sacramenta, mit vnß zu handlen. wa der mensch volkomen in seiner natur gepliben. dan der mensch sagt. Augustinus. vor der sünd. sahe got. verstund in auch vnd trawet im nach abfürung aber der schlang‹en› kund der mensch gott nit kennen. dieweil er auß seiner volkomenhait geschritt‹en›. es were dan. das got im hulffe, durch ain mitelding. dardurch er got zu glaben. geraitzt wurde. Also handelt got mit nöe. durch den regenbog‹en›129 mitt abraha‹m› durch die beschneidung an der vorhaut,130 mit mose vnd den volck israel. durch die wolckenseül‹en› des tags vnd feürseülen des nachts.131 mit gedeone. durch das fehl auf dem thöw.132 wölchs alles waren. warzaich‹en› vnd vergwisung‹en› gotes geg‹en› inen. Dieweil dan 129 130 131 132
Annotation am linken Rand: Gen. 9. Annotation am linken Rand: [Gen.] 17. Annotation am linken Rand: Exod. 13. Annotation am linken Rand: Iud. 6.
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auch große vnd onermässliche zusagung‹en› vnß vnder dem reich chr‹ist›i im newen testa‹ment› versproch‹en› seind. welche vnsern glab‹en› sterck‹en›. vnd vnd des willen gotes erinneren. wir aber gleicher gestalt geprächlich. vnd verdorpter natur. wie die vätter im altt‹en› test‹ament› so hatt gott auß großer barmhertzigkait. durch chr‹istu›m sein lieb‹en› son vnserer plödigkait. durch eüsserliche sacramenta vnd sichtparliche zaich‹en› helff‹en› laßen. vmb kainer anderer vrsach willen. dan das durch die krafft. solcher eüsselichen vnd sichtparlich‹en› in gotes wortt gegründt‹en› zaich‹en› vnser zweifelhafftigter vnd schwach‹er› glab‹en› an gotes verhaißung gesterckt wurd. vnd wir also gesterckt vnd vergwiset. das so offt wir vnß. der sacrament‹en› in rechtem glab‹en› geprauch‹en›. sterckung des selben haben könden. vnd auch den nutz der verhaißung erlang‹en›. Vnd nach dem chr‹istu›s vnser herr vnd erlöser. nit allain den iud‹en› sonder auch den haid‹en› die erbschafft himlischer güter durch sein wortt verhaissen, vnd versproch‹en›. wolt er sy nit. an ploß‹en› wortten hang‹en› laß‹en›. sonder zu versicherung solch‹er› verhaißungen setzt er ein. den h. tauff. vnd das h. abentmal. auf d‹as› wolche getaufft wurd‹en› vnd solch zaich‹en› an irem leib trüg‹en› solt‹en› seiner verhaißung im wort geoffenbart. durch den glab‹en› tailhafftig werd‹en› also das sy in die erbschafft himlischer gütter aufgenomen vnd zugelaßen wurd‹en› vnd sol solch‹er› [fol. 6r] tauf. die getaufft‹en› im‹m›erdar erinneren. die gantz zeit irs lebens. des absterbens an irem flaisch. das. dieweil sy auf christum getaufft seind. seyen sy auch. in sein todt getaufft.133 vnd sey inen solcher tauf. ain bad der widergepurt. vnd ernewerung. im wasser vnd .h. gaist. welchs nichtz anders ist. dan ain new leb‹en› durch den glaben an chr‹istu›m vnd gnad des .h. gaistes. hie zeitlich anzufah‹en› täglich zu mehren. vnd im todt volkomlich zu erfüll‹en› vnd volpring‹en›. Daruon zeseh‹en› in der lehr chr‹ist›i vnd der apostlen. als mathei.3. apoc 1. ephes.3. col.4. Vnd soll‹en› die diener. von solch‹en› hoh‹en› gehaimnuß‹en› das volck. mit rechtem grund. leren vnd vnderricht‹en› auf das man nit also leichtfertig (die weil es ain täglicher prauch ist. mitt wasser zetauff‹en›) daruon haltte vnd vrtaile, das dan geschicht. wa der ware nutz. auß grundt götlichs worts nitt angezaigt württ.134 Vnd wiewol in der erst‹en› kirch‹en› vil vnd mancherlay weiß. der zeit halb‹en› zu tauff‹en› verordnet gewesen. auch zu vnsern zeitt‹en› an etlich‹en› ortt‹en› nim‹m›er. dan allain an sontag‹en› vnd predigtag‹en›. so die kirch bey ainander versamelt. getaufft württ. so ist es doch. bey dem mehrtail christlicher gmaind. adprobiert vnd angenomen. sonderlich in groß‹en› stetten, alle tag zu tauff‹en›. Soll derhalb‹en› alle tag die stund. nach mitag vmb .I. vr. angesteltt vnd geordnet werd‹en›. das sich mänigclich so kinder zu tauf‹en› darzu geschickt mache. vnd an gewonlich‹en› ort erscheine. Das würt nit allain den kirchendienern, sonder auch all‹en› burgern. zu gutter vnd richtiger ordnu‹n›g diene‹n› vnd erschieß‹en›. 133 Annotation am linken Rand: Ro. 6. 134 Annotation am linken Rand: Co‹n›ciliu‹m› geru‹n›d‹e›nse. De co‹n›sec. dist. 4. ca. de catechumenis. et ca. venerabilis.
Edition der archivalischen Quellen
Vom .h. abentmal. des leibs vnd bluts christi. Da christus vnser her. auß befelch seins himlisch‹en› vatters das gantz menschlich geschlecht vmb welchs will‹en› er auch. in die welt kom‹m›en war. am stam‹m› des kreitzes erlösen wolt vnd vn‹d› vmb iren sünd‹en› will‹en› den zornig‹en› vatter versönen. hatt er zu seiner ewig‹er› gedächtnus darmitt nit von vnß. des hoh‹en› vnd theüren wercks der erlößung vergessen wurd. sein .h. abentmal verordnet vnd eingesetzt. vff d‹as› wann wir vnd135 des geprauch‹en› seiner erlößung gedächtnus darbey hieltt‹en› vnsern glab‹en› sterckt‹en› in vnser gewißne v‹er›sichert wie er vnß den vatt‹er› versönt. die sünd vertilgt. den tod vmbpracht. vnd vnß durch sein leid‹en› vnd sterb‹en› selig gemacht hätt. daruon weitleüffig zu sehen Mat. 26. Mar. 14, Lu. 22. vnd .1. cor. 11. Dieweil aber diser letste will vnsers hern christi. vnder andern großen gnad‹en› so er dem menschlich‹en› geschlecht auß barmhertzigkait gethon. nit der geringst vnd wenigst ist. so soll er billich. mit aller reuerentz vnd andacht gehaltt‹en› vnd begang‹en› werden. in ansehung das der .h. apostel paulus schreibt. das. wer sich solch‹er› gmainschafft einleib‹en› wöll sich zu vor briefe. darmitt er nit onwürdig esse von disem brot. vnd trincke auß disem kelch. vnd schuldig werde. an dem leib vnd blut des heren.136 Derhalb‹en› sich ain ieder soll zu vor brüfen. sein sünd erkennen. rew vnd laid darüber haben. got in vöstem glab‹en› bitt vm‹b› der selbig‹en› verzeihung. vnd nit zweiflen. es werd got durch christu‹m› (wa er sich bekeren württ. von sünd‹en› absteen) auch seiner sünd‹en› nit mehr gedenck‹en›. Dan er ist nit ain got. der lust hab an dem tod des sünders. vilmehr d‹as› er sich bekere vnd lebe.137 So soll aber. ehe vnd man das .h. abentmal vff bestimpte zeit vnd tag haltet. den vorgeenden samstag nachmittag vmb .3. vr. ain predig gehaltt‹en› werd‹en› von der waren vnd christlich‹er› buß. oder vom nutz‹en› vnd geprauch des .h. abentmals etc. darein sich alle. so des nachuolgend‹en› tags. des .h. sacraments des leibs vnd bluts chr‹ist›i sich geprauch‹en› wöll‹en› verfiegen sollen. die predig mit fleiß anhören ir leb‹en› darauß bösseren. vnd nach volendter predig ain ieder so will. dem kirchendiener. an bequemlich‹en› ort in der kirch‹en› sich anzaig‹en› [fol. 6v] die priuat absolucion empfah‹en›. Dan solchs geschicht nit dem diener. sonder com‹m›unicanten zu gutem darmit er höre gotes wortt vnd frölich bottschafft des .h. euangelii. neben recht‹en› prauch des .h. sacraments vnd grundtlich bericht empfahe. wie er sich nachmals. im gehorsam gotlichs willens. verhaltt‹en› soll So soll es auch nit dahin v‹er›stand‹en› werd‹en› als woltt man darmit. ain orenbeicht anricht‹en› dan allain zwayerlay beicht. in gottes wort gefund‹en› würt. Aine geschicht got allain. in dem sich der mensch geprächlich. sündhafftig. vnd der verdamnus würdig. auß grund seins hertzens erkennet. vnd gottes erbarmung. in christo bittet,138 Die ander. sol gescheh‹en› demiänig‹en› der 135 136 137 138
Gemeint ist vns. Annotation am linken Rand: 1 cor. 11. Annotation am linken Rand: ezech. 33. Annotation am linken Rand: Math. 5. 18; Iaco. 5.
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Edition der archivalischen Quellen
verlätzt. vnd belaidiget ist. das der in belaidiget hatt. frey herauß bekenne. vnd ine vmb verzeihung bitte. Weitt‹er› kan auß gottes wortt kain beicht erwisen werd‹en›. das sich aber. die drit form der beicht. in der kirch‹en› eingerissen hatt. deren man sich auch lange zeit. geprucht. aber in solch‹en› schwärlich‹en› missprauch. auch mit nachtail der kirch‹en› geratt‹en›. d‹as› darauß vil onzucht erwachß‹en› wie in tripartita historia139 zuseh‹en›. das auch die vätt‹er› v‹er›ursacht. dieselbig widerumb abgethon hab‹en›. doch ist sy in irem recht‹en› geprauch nit onfruchtpar. wan sy zu trost der betrupten gewissne. zu vnderricht‹en› der ainfälttig‹en›. sonderlich aber. der onerfarne iugent. getrib‹en› vnd gepraucht wurde. vnd die absolucion v‹er›kündiget. wie chr‹istu›s dem gichtprüching‹en› vnd dem weiblin ire sünd‹en› v‹er›zeihet.140 vnd auch seinen Iüngeren. vnd diener des euangelii. zebind‹en› vnd zelösen. befoll‹en› hatt,141 in diser rechtmäßig‹er› forma soll dise beicht bescheh‹en› vnd pleib‹en›. Vnd dieweil es gar abscheülich. ob ainem messaltar. da täglich der meßpfaff, gott. seinen son. für die sünd. der der lebendig‹en› vnd der todt‹en› wider die einsatzung chr‹ist›i aufopfert. vnd das vermaint sacrament handeltt vnd geprauchet, dan was hat christus mit Belial zeschaffen.142 die warhait mit der lügin. so were es christlich vnd löblich. daß e. e. w. ein hültzin. tisch oder altar. durch ain schreiner, außerhalb des chors. bey vnd neben dem gesang. mach‹en› ließ. welchen die gantz kirch. im gesicht haben möcht, vnd in v‹er›richtung vnd handlung der .h. sacrament‹en› augenscheinlich seh‹en› vnd hören. was chr‹istu›s gethon. vnd zuthon befoll‹en› hätt. Da kündt vnd möcht vil, zu erbawung der kirch‹en› angericht werd‹en›. Von der krancken besuchung. Es werd‹en› die krancke. Gefangne. vnd arme leütt. alle zeitt auch vnder den schutz vnd schirm der kirch‹en› zölet. dan sy seind ain stuck die gehören zum reich christi. Derhalben die kirchendiener auch schuldig seind. mitt hohem fleiß. sy zu besuch‹en›. zu tröst‹en›. vnd den weg der seligkait zu weisen. auch sy fleißig zur gedultt im kreitz. so der her auf sy gelegt hatt. vermanen, Vnd wie wol vmb der sünd‹en› will‹en› nitt allain kranckhait. sonder auch der todt selbs in die weltt komen. so werde doch vnß solchs nit zugefügt. zu dem verdörben. sonder das wir. als die räben. an dem weinstock. purgiert.143 vnd durch solches kreütz. im glab‹en› probiert. dester hitzig‹er› vnd einprünstig‹en›. nach dem ewig‹en› vatterland. seüftzen vnd tracht‹en›. Vnd ob der kranck zu trost vnd sterck seins glabens. des hern abentmals begeren wurd. soll er darin vom diener. wol vnderrichtet. vnd darauf. ime mit getailt vnd gegeb‹en› werd‹en› allain d‹as› man nach gelegenhaitt. bei der zeit. da die kranckhait vnd schwachait. 139 140 141 142 143
Die Historia ecclesiastica tripartita von Cassiodor. Annotation am linken Rand: math. 9. Annotation am linken Rand: Ioh. 20; Mat. 16. Annotation am linken Rand: 2. cor. 6. Annotation am linken Rand: Ioh. 15.
Edition der archivalischen Quellen
noch nit also gar. iber die hand genomen hatt. solchs dem diener angezaig‹en› vff d‹as› mit frucht. mit ime [fol. 7r] mög gehandelt werd‹en›. sonderlich aber dieweil onwurdig ess‹en› vnd trinck‹en› im hailig‹en› abentmal das gericht vf sich ladet. ist dem kranck‹en› langer verzug. nitt allain beschwärlich. sonder auch gefärlich. vnd es begibt sich offt. das one alles verhandlen, die diener von den kranck‹en›. sterbend‹en›. oder gestorbnen widerumb ze hauß gen mußen wölchs auß langem verzug vnd farläßigkaitt der kranck‹en› oder deren die vmb sy seind kumpt vnd entspringt. Were derhalb‹en› nutzlich. vnd iederman bequemlich. das der kranck ainen tag zuvor. da er noch bei gut‹er› v‹er›nunfft. eher der des .h. nachtmal empfieng. ainen diener zu sich beruffte. vnd sich mit ime vnderredte. trost vnd vnderweisung begerte. vnd vff volgenden morgen. zu ainer gelegne stund. das .h. abentmal empfienge. vnd das were baide den dienern. vnd gantz‹er› gmainer burgerschafft nutzlich. vnd gebe ain gleichmäßige ordnung, dan den dienern gotlichs worts (wie mäniglich wol erkennen kan) nit alle zeit geleg‹en› noch möglich. nach ains ieden gefallen. mitt den sacrament‹en› vmbzegeen vnd zehandlen. sonderlich bey nacht. ob dem essen. vnd zu allen ongelegnen zeitt‹en›. so man inen nachstellen möchte. etc. Derhalben soll iederman vermant werd‹en›. das man sich in gute vnd nutzliche ordnung richten thu. Es soll‹en› auch die burger ire diener vnd dienerin nitt ehe in das böginenhauß oder spital thon. sy hätt‹en› dan zu vor bey inen zu hauß. das .h. nachtmal empfang‹en›. Vnd were auch sehr gut. das. wan‹n› der kranck. com‹m›unicieren vnd das .h. sacrament empfah‹en› wöltt. das etlich seine haußgenoßen. oder andere nachpauren144 . mit ime. com‹m›uniziert‹en›. dar mitt es der einsatzung chr‹ist›i dester änlich‹er› were, Wan nun zu diser ordnung. E. E. W. vnß die hand raich‹en› wurd‹en›. möcht es in kurtzer zeit, mit großen nutz‹en› aller mänigclich angerichtet werd‹en›. Von den todten. vnd deren begrebnußen. Dieweil der lebendig mensch auf erd‹en› nichtz gewisers zu gewartten hatt. dan des todts. aber nichtz ongewisers dan der stund. so soltt‹en› sich billich alle mensch‹en› täglich zum sterben rüsten dan vmb ains mensch‹en› iberträttung. ist die sünd. vnd vmb der sünd‹en› willen. der tod in die welt kom‹m›en.145 Vnd ist der tod anders nichtz. dan der sünden besoldung vnd lon. aber die krafft des tods die sünd. Durch christum aber. ist der ware tod nit pliben. sonder zu ainen süßen schlaff word‹en›.146 vnd haben alle gläubig‹en› durch chr‹istu›m die hoffnung der aufferstehung am iüngst‹en› tag zum ewig‹en› leben. dieweil chr‹istu›s die auferstehung vnd das leben ist.147 württ er alle die an in glab‹en› erwecken vnd mit ime zur ewige‹en› gerechtigkait fieren. 144 145 146 147
nachpauren = Nachbarn. Annotation am linken Rand: Rom. 5. Annotation am linken Rand: 1 cor. 15. Annotation am linken Rand: Ioh. 11.
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Edition der archivalischen Quellen
So zeug‹en› die articul vnsers vraltt‹en› christlich‹en› glaubens das dises flaisch‹en› so wir an vnßerm leib trag‹en› an dem iüngst‹en› tag verclärt zum selig‹en› vnd ewig‹en› leben aufersteen werd. wie solchs alle schrifften. des altt‹en› vnd newen testamens erweisen. dan so wir nit aufersteen soltt‹en›. so were auch chr‹istu›s (sagt paulus) nit aufferstand‹en›. was wer dan vnser glab! Warlich eitel vnd vergeblich.148 So weren [fol. 7v] auch wir die aller ärmsten leüt so vf erd‹en› leben. Dieweil aber nichts gwisers. dan das wir alle zum gericht. am iüngst‹en› tag aufersteen müß‹en› vnd werd‹en›. so sollen. bey den christ‹en› die begräbnus ehrlich vnd mit groser andacht gehaltt‹en› werd‹en›. Dan die christen sterben nitt alß das fühe149 . sonder als die geschöpf gottes vnd glider vnsers hern christi. dene‹n› der allmächtig got. ain anders leb‹en› zuberaitt hat. vnd zeuget auch gottes wortt. das es herlich sey. vor dem angesicht gottes. der todt seiner hailig‹en›.150 Der halben gantz onchristlich sein wurde. wa die begrebnus der christ‹en› nit solt ehrlich gehaltt‹en› werd‹en›. Abraha‹m› hatt mitt großen ehren begrab‹en› sein hausfrow saram. in hebron. welchs hernach auch der lieben patriarchen begrebnus gewesen ist.151 Des gleich‹en› ward mit grosen ehren vnnd sonderlich‹er› solennitet vnd humanitet. zu der begräbnus. auß der statt getrag‹en› der wittson zu Naim.152 wie lazarus der bruder mariæ vnd marthæ begrab‹en› word‹en› sey fündet man bey iohanne dem euangelist‹en›,153 vnd es was fürwar ain große straf. vnnd ain gwiß anzaig‹en› gottes zorns. im alt‹en› test. wa man der begrebnus berapt. vnd der leichnam. on alle ehr proieciert ward. als zu seh‹en› am prophet‹en› auf dem weg. an der Iezabel. vnd andern mehr.154 Derhalb‹en› die begräbnus der abgestorbnen im heren. billich mitt hohen ehren zugeen vnd bescheh‹en› soll. vnd auch ain sondere bequeme stund verordnet werd‹en›. das. die vor mittnacht verschid‹en› des volgend‹en› tags vmb .9. vr vormittag. vnd welche nach mittnacht. vm .4. vr nach mittag sollen zur erd‹en› bestatet. werd‹en›. darbey auch. soll ain leichpredig durch den erforderten predicant‹en› gehalt‹en› werd‹en› das aber nit den todten. sonder den lebendig‹en›. die gleichfals. solchem vnderworff‹en›. zu ainer ermanung vnd erinnerung geschicht. das, wie es heut irem bruder vnnd schwester ergang‹en›. das haben sy auch zu aller vnd ieder zeit vnd stund. zu gewartt‹en›. dan der weise man sagt. es sey bösser geen in das claghauß. dan in das trinckhauß. den in iänem ist das end aller mensch‹en›. vnd {der} lebendig. nimpts zu hertz‹en› etc.155 Darmit iederman durch solche erinnerung zur bösserung des lebens geraitzt werd‹en›.
148 149 150 151 152 153 154 155
Annotation am linken Rand: 1 cor. 15; dan. 12; Iob. 19; Io. 5.; thes. 4. fühe = Vieh. Annotation am linken Rand: psal. 115. Annotation am linken Rand: gen. 35. 36. 37. Annotation am linken Rand: Luc. 7. Annotation am linken Rand: Ioh. 11. Annotation am linken Rand: 3. reg. 13; 4 reg. 9. Annotation am linken Rand: Ecc‹lesiaste›s. 7.
Edition der archivalischen Quellen
sollen die leichpredig‹en› beschehen. Es will aber den predicant‹en› beschwärlich sein. vnd es ist bey andern kirch‹en› nitt gepreuchlich. das sy eben in dem hauß darin die leich ist. sollen personlich erscheinen. vnd mit den schulern. hinauß zur begräbnus geen. in ansehen. das etwan die behaußung weit entlegen. vnd inen etwan alters. etwan schwachaitt halben nit wol möglich. Were derhalb‹en› an e. e. w. ir der predicant‹en› bitt. zu vergünstigen. wie an andern ortten breuchlich. das der predicant. an dem ortt da die leichpredig zuhaltt‹en›. rechter zeit erschine. vnd so das volck vorhand‹en›. sein ampt verrichte. Dieweil aber zu solcher leich. vnd andern predig‹en› von e. e. w. die größer glock bey sanct Iörgen verordnet vnd geleüttet württ. vnd aber offt bescheh‹en› vnd noch beschicht. das eben vmb selbig zeit. die pfaff‹en› solch glock‹en› zu iren bruderschafften vnd anderen abgöttereyen vnd liederlich‹en› sach‹en› leutten laßen. dardurch gotselige leütt. anders nit mainen. dan man werd gottes wortt v‹er›kündig‹en›. aber betrog‹en›. dem gotsacker oder kirchen zulauff‹en›. gottes wort such‹en› vnd nitt fünd‹en›. were auß dieser vnd andern vil vrsach‹en› gutt vnd ratsam. das man die. von e. e. w. verordnete predigglock. anders nitt. dan allain zu den ordenlichen predig‹en› prauchte. darab sy die pfaffen. seytmals sy. der großen vnd klainen glock in sanct Iörg‹en› kirch‹en› ain iberfluß haben. vnd zu irer abgotterey geprauch‹en›. kainer billichait zu beclag‹en› hätt‹en›. Vnd d‹as› sy kurtzlich. von den begräbnuß‹en› vnd leichpredig‹en› gehandeltt [fol. 8r] Von den schulen. Es geb‹en› die altt‹en› historien der kirchen gutten vnd satten bericht. vß was vrsach‹en› vnd warzu die stifften vnd klöstern. gestifftet vnd reichlich begabt word‹en› sein. Namlich nitt zu müssigang. vnorderlichem leb‹en›. hurerey. ehbruch. Abgötterey. frässzen. sauffen. spilen. vnd in allen ding‹en› nach des hertzen mutwillen will‹en› zu leben. sonder wol vnd recht. in selbig‹en› stifft‹en› vnd klöstern. studieren. die zeit in .h. schrifft wol anlegen. vnd in werck gottlichs befelchs. täglichs wachsßen vnd zunemen. auch leistlich ander leut‹en› zu wolfartt. mit lehren. predig‹en›. vnderweißung der iugent. auch in burgerlich‹en› sach‹en› vnd satzung‹en›. darzu dan die mensch‹en› von gott erschaffen sein. dienstlich fürsteen sollen. Dieweil aber durch groß‹en› mißprauch der stifft vnd klöster. dißer rechte prauch erlosch‹en› vnd ausgetülget. also das. die monasteria prostituta. schulen trinckheuser. auß dem studio. ain müssigang vnd schwälgerisch leben word‹en›. vnd alles zum ärgsten geraten ist. vnd nit wol zehoffen. das es widerumb zu den ersten stifftungen. geprauch vnd wandel geraten mög. so spricht der .h. gaist. die iänig‹en› so auß gottes ordnung. das ampt der oberkaitt trag‹en›. gantz ernstlich vnd trostlich an das sy. darab die kirch‹en› vnd der selbig‹en› diener erhaltten werden sollen. an inen nichtz verwind‹en› laß‹en› vnd nennet die weltliche regenten vnd oberkaiten ernörer vnd seugammen der kirch‹en›156 Vnd die-
156 Annotation am linken Rand: Isa. 49.
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Edition der archivalischen Quellen
weil das kirchenampt. sampt dem welttlich‹en› regiment. Nitt erhaltten werden mag. one die schulen. darin die iugent. als in ainem pflantz[g]artten. in gottes forcht. vnd in freyen künsten. auferzogen werd‹en›. so ist hoch von nöten. das sich die weltlich oberkait. der schulen mit ernst anneme. gotsforchtige. gelehrte. trewe vnd fleißige p‹re›ceptores bestelle vnd verordne. durch welcher trewer fleissiger arbaitt. die iugent versehen. instituiert vnd gelehrt werde. darzu auch inen v‹er›ordnen. nottwandige vnderhalttung. darmitt die schulmaister. lust vnd liebe gewinnen. die inen befollne iugent. mitt trewem fleiß zu vnderweisen. Dan wir sehen zu vnsern zeitten. das die artes vnd freyen künst‹en› durch die onwissenhait dahin geraten. vnd komen seind. das man das brot schwarlich darbey bekomen kan, vnd fahen schon all berait an. die facultates also belonet zewerd‹en›. das warlich zubesorg‹en›. wa man kain andern fleiß. in vnderhaltung fürwend‹en› werd. d‹as› wir in kurtzer zeitt. in ain barbarey gerat‹en› möcht‹en›. Das aber solchem onrat virkomen vnd gesteurt wurde. soll‹en› die christlich‹en› oberkaitt‹en› allen fleiß anwänd‹en›. baide, in anrichtung der schulen in irem gebiet vnd gute besoldung‹en› der selbig‹en› vnd in solchem werck ain fleißig aufmerck hab‹en› wie in den schulen. das. so der iugent nutzlich vnd dienstlich gelehrt werde. visitatores vnd scholarchas. als inspectores verordnen vnd bestell‹en› die zu nutz der plüende iugent. sampt dem schulmaister die Classes ordinieren. vnd nach gelegenhait der ingeniorum was nutzlich vnd erbewlich zu docieren. mit fleiß fürsehung schon. auch die iugent. alle viertail iars durch den preceptorem in beysein der Scholarch‹en› examinieren laßen. darmit man erfare vnd erkundige. wie sy in den studiis [fol. 8v] procedieren vnd fürschreitt‹en›. darmitt vatt‹er› vnd mutte157 . auch andere die inen zu wolfartt hilff vnd steur thon. den kosten nit vergeblich darraicht‹en› vnd sy auß onfleiß versompt wurd‹en›. Neben solchem aber auch von dem preceptore anhören das iudicium. warzu ain ieder. mitt der zeit vnd weil möchte tauglich sein. vnd durch färner hilff gefürdert werd‹en›. Vnd dieweil laider am tag ligt, das die kinder der reich‹en› vnd groß‹en› heren. zu vnsern zeitt‹en› ie läng‹er› ie wänig‹er› studiere‹n› wöllen, in ansehung. das sy auf ir reichtumb sich verlaßen vnd bochen: die eltteren aber ire kinder nitt wie sy soltten. dazu ziehen vnd anhaltt‹en› als ob sy kainer kunst noch weißhaitt bedörfft‹en›. daher zu besorg‹en›. sy werd‹en› schwärlich. vor gotes sträng‹en› richterstul besteen werd‹en›. dieweil die kinder von got gegeb‹en› ain große gab gottes seind. vnd gott den elttern befollen. das sy ire kinder hi leren. was sein will vnd befelch sey. sy darin auferzieh‹en›.158 als vor zeitt‹en› abraham. seinen son isaac. Isaac seinen son iacob. tobias seinen iungen tobias. in zucht vnd forcht gottes erzogen haben. wie auch daniel. christus der apostel paulus vnd andere mehr. treulich gelert vnd ehrzog‹en› word‹en›. wie dan dessen die elteren. ain schönen spiegel. in
157 mutte = Mutter. 158 Annotation am linken Rand: Exod. 13.
Edition der archivalischen Quellen
den sprüch‹en› Salomonis. in dem Sirach. wie sy ire kinder zieh‹en› sollen. haben. darauß sy leichtlich abnemen künd‹en›. was der her ir gott. von inen erfordere. vnd haben wöll, Wa sy aber von iren vatte‹r›lich‹en› ämptern. von weg‹en› irer reichtumb. darüber sy doch gott der her. allain. so lang leb‹en› vnd sein will ist als pfleg‹er› gesetzt hatt. schreitten, in zucht irer aigner kindern. farlässig erfund‹en› werden. württ inen auß gerechtem vrtail gottes gescheh‹en›. als dem priester heli geschach. den gott von weg‹en› seiner farlassigen zucht an seinen sönen. mit dem gähen tod. straffet 159 Vnnd obschon gott solche vätter nit zeittlich. so würt er sy doch. vil dester hartter ewiglich straff‹en›. Die armen aber. ob sy schon ire kind‹er› von hertzen gern. zur schulen zucht vnd disciplin. haltt‹en› vnd zieh‹en› woltt‹en›. das sy mit der zeit. auch andern. fleißig dienen vnd nutz sein möcht‹en›. so könd‹en› sich solches armutt halben nit erstatten vnd zu weg‹en› pringen. Dan es ist laider schier. nach der lehr christi in disen letst‹en› zeitten. der glab erlosch‹en› vnd die lieb in den hertz‹en› der mensch‹en› erkalttet.160 das niemant oder gar wenig. an den armen schulern, die werck der liebe vnd barmhertzigkait erzaig‹en› vnd beweiß‹en›. also das sy armutt halben. bey den angefängten studiis. nit pleib‹en› noch verharren könd‹en›. vnd geschicht vilmals. das mancher wol angefang‹en›. mit der zeit vilen nutz sein kündt, armut halben darvon steen möcht muß. Vnd obschon ainer oder mehr. durch wunderparlich fürsehung gottes vnd fromer leutt hilff aufkomen. so müß‹en› doch vil. darneb‹en› abtrett‹en› vnd müß‹en› heutiges tags (wie die erfarung gibt). baide. kirch‹en› vnd schulen. durch armer leut kinder. verseh‹en› werd‹en›. Dieweil nun solches die lauter warhait. vnd die oberkait mehr dan ze vil, solches bericht ist. soll sy billich. erstlich zu erhalttung des .h. euangelii. zum andern zu erhalttung weltliches regiments. auß gotes barmhertzigkait. von dem iren den armen. von fromen ehrlich‹en› eltteren erporen vnd erzog‹en› stipendia raichen vnd geben. auf das. vff vnd durch solch christlich gut werck. die iuge‹n›t erzog‹en› vnd der kirchendienst. vnd gemain regiment erhaltt‹en› werd Wa nun [fol. 9r] die oberhandt. auß christlichem eyfer vnd wolmainen. also den schulen (wie sy zethon schuldig) trewlich zusetz‹en› württ. kan alß dan gar leichtlich. dem gaistlich‹en› vnd welttlich‹en› regiment geholffen werd‹en› welche on verständige. gelerte vnd erfarne leutt nitt leichtlich mög‹en› besteen vnd pleiben. So vil von den schulen. Beschluß Dise kurtze vnd ainfalttige schrifften. ernuöste fürsichtige. weise. großgünstige vnd gepietende heren. haben wir. e. e. w. vnderthönige vnd gehorsame diener im euangelio. zu befürderung der ehren gottes vnd seins lieben sons iesu christi. zu vnderthönigem
159 Annotation am linken Rand: 1. Sam. 3. 160 Annotation am linken Rand: Math. 24.
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gefallen. stellen wöll‹en› darmitt. was in der kirch‹en› vnd schulen. weitters anzuricht‹en› vnd zu verbösseren. sein möchte. vnderthöniglich anzaig‹en› vnd vermälden. souil vnß in diser zeitt. im‹m›er möglich gwesen. vnd vnser klainfüger verstand begreiff‹en› mögen. vil aber vmbgang‹en›. das wir wol weittläufig‹er› hätt‹en› handlen vnd tractieren künden. Darmitt aber wir E. E. W. nitt mitt lang‹en› schrifften molestierten vnd verdrüsslich weren. wöll‹en› wir in deren hohen verstand. vnd weitters nachgedenck‹en› alles gesteltt vnd haimgesetzt haben. Vnd ibergeben hiemitt. e. e. w. als vnsern großgünstig‹en› vnd geliebten hern. dise ainfälttig‹en› vnd klainfüg‹en› schrifft‹en›. gantz vnderthöniglich bittende. sy wöllen die selbige zu gefallen vff vnd an nemen. vnd mehr vnsern genaigt‹en› willen. dan das werck an im selber ansehen vnd erkennen. vnß alß der selbig‹en› vnderthönige vnnd iederzeitt gehorsame diener. in günstigem beuelch haben. die wöll der vatter aller gnaden. vnd barmhertzigkaitt. bey rechter vnd warer erkantnus. seines hailig‹en› worts. beständiglich erhaltt‹en› hie zeittlich vnd in dem künfftig‹en› leben ewig selig mach‹en›. Amen. E. E. W. vnderthönige diener im euangelio M: Iohan: Reußenzein mps Georgius Ebenreych mps Iohan othmar maylander Clemens Schubert mps
Nr. 34 1570 Dezember 16 Vergleich zwischen der Stadt Speyer und dem Augustinerorden über die Nutzung des Langhauses der Speyerer Augustinerkirche durch die Augsburger Konfessionsverwandten. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/3, fol. 36r. Dublette: StadtA Speyer 1 A 450/3, fol. 48r–48v. Druck: EKO 19/1, 106. [fol. 36r] Augustiner kirch bet‹reffend› zu Speier. Den 16. Decemb‹ris› ao 70 durch kaiß: May‹estae›t Rhat vnd Com‹m›issarien v‹er›glichen, mit des Ordens Provincialn vnd der Statt, So Ihr kaiß: May‹estae›t auß kaiß: Macht confirmirt, dz NB. biß vf ein allgemeine Christliche g‹ener›al reformation sollen Augsp. Conf. v‹er›wanten das lange gehauß gegönt sein, vnd ohne Nachtheilig des ordens freiheiten.
Edition der archivalischen Quellen
2. Vnsere Prediger sollen sich in lehr leben vnd wandel dem Religion frieden gemeß verhalt‹en› ohngeschmeht des Ordens leut et vice versa. 3. Iren kirch‹en› ornat vnd kelch nicht zugebrauch‹en› 4. ein besondern glöckner soll‹en› Augsp. Conf‹essionverwanten› halt‹en› vnd besold‹en› deme doch d‹er› zugang zu geburend‹er› zeit v‹er›stattet w‹er›d‹en› soll. 5. Zu kirch‹en› vnd thurn baulichkeit‹en› ein billiche vnd geburliche steuer zugeb‹en› 6. Die predig Winter Som‹m›erszeit‹en› von 7 biß zu 8 vnd zu Winterszeit‹en› vmb 8 anfahen161 , 7. Nachmittag vnser Ceremonien nur biß vmb 3 Vhren zu erstreck‹en›. Darob Ihr kaiß: May‹estae›t g‹nedig› vnd ernstlich handzuhab‹en› gedenck‹en› Tho: Schober D.
Nr. 35 1571 Oktober 12, Weimar Herzog Johann Wilhelm von Sachsen wendet sich wegen des durch Magister Matthias Flacius Illyricus verursachten Streits um die Erbsünde an den Magistrat der Stadt Speyer und erbittet von deren Prädikanten ein Gutachten zu einem von Prof. Dr. Johannes Wigand verfassten Druck zur Erbsünde. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 451/1, fol. 46r–46v (Ausfertigung). [fol. 46r]
Vonn Gottes gnadenn Iohans Wilhelm Hertzog zu Sachssen etc.
Vnsern gnedigen grueß zuuorn, Ersame Weise Liebenn besonndere, Wir stellenn In keinen Zweiuel, Euch werde vnuerborgen sein, was fur ein fehrlicher streitt vonn der Erbsunde, durch Magistrum Iliricum, erregt, vnnd bißanhero vorharlich Continuirt wordenn. Vngeacht ausfurlichenn gegenberichts Inn Gottes wort ergrundet. Dieweill dann durch solchenn streitt etliche vnserer Kirchen vnnd schuelen dienere,
161 anfahen = anfangen.
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Edition der archivalischen Quellen
nicht geringschetzig Perturbiret, vnnd vorwirret. Als habenn wir den Erwirdigen vnd hochgelarten162 vnsern liebenn Andechtigen, Ern Iohannem Wigandum der heiligen schrifft doctorem vnd Professorem Inn vnser Vniuersitet Ihena, beiligenden druck ferttigenn vnnd Publiciren lassenn. Ob wir nun woll Inn guter hoffnung gestanden, dieweil solch Scriptum, Gottes wort, der waren Augspurgischen Confession, Scriptis Lutheri, vnnd vnserer Duringischen Confession gemes, es solte ein Ieder Christe daran ein billichs gnugen Tragen. So habenn sich doch etliche vber zuuor sicht angemast, solch Christlich Scriptum zutaddeln, vnnd als vorwerfflich auszuruffenn, dardurch etliche vnsere Kirchendienere [fol. 46v] vnnd Politici noch mehr Perturbiret werdenn. Dieweill wir dann dieselbigenn anderer gestalt nit wissen wiederumb zu recht zubringen, oder do sie vf Ihrer gefasten Opinion halstarrig bleiben, wieder sie geburlich einsehen zugebrauchenn, dann durch etlicher Christlichenn Kirchen Censuras. Vnnd vns Euere Theologi vnnd Kirchendienere, als reine gotselige Trewe Lehrer, des seligmachendenn Wort Gottes angebenn vnnd geruhmet, dafur Gott dem Allmechtigen Inn diesen letzten Zeiten billich zudanck‹en›. Als ersuchen wir Euch vnnd gesinnen gnediglich, Ihr wollet dieselbigen beigelegtenn druck vonn der Erbsunde vnnd auszug Testimoniorum Augustini, mit vleis vorlesen, Inn Gottesfurchte erwegen, vnnd vns daruber Ihr Christlich bedenckenn stellenn lassenn, vnnd sobaldt es fertig, zu vnsern eigen handenn vberschickenn, An deme allem thut Ihr Gott dem Allmechtigen ein sonder angenehmes werck, vnnd vns zu gnedigem gefallenn, Inn gnaden zuerkennen, Datum Weimar am 12. Octobris Anno d‹omi›ni 1571. Es folgt die eigenhändige Unterschrift von Herzog Johann Wilhelm von Sachsen.
Nr. 36 1571 [November?] Auf Bitte von Herzog Johann Wilhelm [von Sachsen-Weimar] verfasstes Bedenken von Johann Othmar [Mailänder, Prädikant der Speyerer Pfarrkirche St. Georg] den durch Matthias Flacius Illyricus entfachten Streit um die Erbsünde betreffend. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 451/1, fol. 48r–48v.
162 hochgelarten = hochgelehrten.
Edition der archivalischen Quellen
[fol. 48r] Bedenck‹en› auf Hertzog Hans wilhelms begern. des Matheis Illyrici büchlin von der erbsind betreffend Wiewol wir ainem ieden begerenden rechenschafft vnsers glabens vnd Hoffnung zegeben. von petro dem apostel gehaißen werd‹en›. so sollen wir doch gut [ac]htung haben. auf die causam finalem. warumb solchs von vnß begert werd. das nit hierin etwas wider die liebe. so wir ander leüt‹en› schuldig gesucht werd. vnd wir vnß an fremd‹en› kirch‹en› vergreiff‹en›. Mathias Flaccus Illiricus. von natur ain onrüwiger zänckischer man. hatt sich vor etlich‹en› iaren. zu wittember 163 . der massen. wider sein preceptorem vnd haußvater. den weitberümpten gelerten vnd fromen man. philippum melanchthonem. in schrifften aufgelainet. das er von der schul abgeschafft. word‹en›. hin vnd wider zieh‹en› müß‹en›. kain bleiblich ortt. noch disen tag haben mög‹en›. Diser Illyricus hatt ime. die mansfeldisch‹en›. maidenburgisch‹en›. vnd ietzund die schul zu Iena. wider die schulen zu wittemberg vnd zu leiptzig anhängig gemacht. will die bücher phillippi melanchthonis vnd anderer zu wittemberg nit laß‹en› gut sein. etc Der Curfürst augustus haltt ob seinen schulen. hatt dem hertzog hans wilhalm. etlich seiner gelert‹en› veriagt. vnd Hertzog Hanns wilhalm sicht saur darzu. ist im ze schwach. wölt doch gern sein schul zu Iena. sampt dem Illyrico erhaltt‹en› Doctor iacob schmidlin von thübing‹en› ist der sachen halben. diß iars personlich sampt andern. zu Iena. wittemberg mansfeld. vnd andern ortt‹en› gewesen. ainigkait ze mach‹en›. doch nichtz beständigs verricht. dan der lätzkopf seind vil in sachß‹en›. denen niemants kan recht lehren vnd schreib‹en› verhötzen darzu die frome oberkait‹en› Der articul von der erbsind. ist in der augspurgisch‹en› co‹n›fessio‹n› [fol. 48v] deutlich gnug. so vil ain christ wissen soll. spitzige. vnd onnütze q‹ue›stiones vnd fragstuck soll man meid‹en›. sy machen nun zanck spricht paulus Dieweil nun dem Illyrico. von den protestierend‹en› stand‹en›. das offenlich profitieren. lesen vnd predig‹en› nidergelegt. die Fürst‹en› vnd ire schulen wider ainander. durch
163 wittember = Wittenberg.
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ine. bissig word‹en›. der doctor schmidlin vnd andere gelerthe. in gegenwartigkait. nichtz haben mög‹en› verricht‹en›. so ist mein ringfüg bedenck‹en›. vnsere finger zwisch‹en› soche starck thür vnd angel nit zeleg‹en›. etc Doch andern verständigern. irem iudicio hierin nichtz preiudiciert vnd benomen etc Iohan Othmar
Nr. 37 1571 November 28 Der Magistrat der Stadt Speyer antwortet auf die Bitte von Herzog Johann Wilhelm von Sachsen zur Erstellung eines Bedenkens durch die Speyerer Prädikanten zu dem von Matthias Flacius Illyricus ausgelösten Streit um die Erbsünde. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 451/1, fol. 51r–53r (Konzept). [fol. 51r] Durchleuchtig‹er› hochgeborner furst E f g‹naden› seien vnsere vnd‹er›thenige gefliessene dienst Iederzeit zuuor an berait gnedig‹er› herr, Weß E f g‹naden› das durch Matthiam Flaccum Illiricum erregt‹en› vnd numehr langwirig‹en› vnd geferlich‹en› streitts d‹er› Erbsundt halb‹en› an vnns gnediglich geschrieb‹en› vnnd gesonnen haben, dz wir berurten streits halb‹en› vber berurt‹en› streit vnserer verordent‹en› kirch‹en› diener bedenck‹en› stell‹en› vnnd zu E f g‹naden› aig‹en› hand‹en› zukhommen lass‹en› wolt‹en›, etc Das hab‹en› aus d‹er›selben E f g‹naden› schreiben wir beneb‹en› dem vberschickt‹en› Abtruck‹en› wir vnd‹er›theniglich angehort vnd vernommen, Vnnd wagen zuuord‹er›st ob solch‹en› vnnd dergleich‹en› In die gemeine Gottes teglichs Inreissend‹en› spaltung‹en›, die doch zu nicht‹en› and‹er›st dann zur vnainichkeit In der kirch‹en› vnnd zu zerruttung guter Pollicei geraich‹en›, ein Christlichs mitthaurens, den [fol. 51v] Almechtig‹en› Pittendt seine kirch‹en› vnnd gemeine In heilsamer reiner lher gnediglich zuerhalt‹en› vnnd allem dem, so derselb‹en› zu wid‹er› zu stewren vnnd Abzuleinen,wehren, vnnd soviel E f g‹naden› gnedigs ansynnen {vnnd begerte Censur} betrifft Wiewol E f g‹naden› wir uns allein sowol In dem als In and‹er›n sach‹en› vnd‹er›theniglich zu willfaren wolgenaigt weren, sunder auch wz zu pflantzung Christlich‹er› ainigkeit In der kirch‹en› sowol an lehr als an leben dienlich, vnserm geringfugig‹en› vermog‹en› nach, vnd soviel der Almechtig an genad‹en› verlyhet zuf zubefurd‹er›n vns fur vns selbst‹en› schuldig erkennen {vnd doher E f g‹naden› so wol der begert‹en› Censur halb‹en› als auch In and‹er›n sach‹en›, vnd‹er›theniglich zuwillfaren genaigt weren,} So konnen vnd wiss‹en› doch E f g‹naden› wir vnd‹er›theniglich anzuzeigen nit vnd‹er›lass‹en›, dz wir als ein geringe gemaine kein sund‹er›liche kirch‹en› noch pfarren, auch [fol. 52r] mehr nicht dann vier kirch‹en›diener hab‹en› deren etliche einer ein gute lange zeit mit
Edition der archivalischen Quellen
schweren leibskranckheit‹en› belad‹en› gewesen, vnd noch, der and‹er› obligend‹en› schweren hoh‹en› alters halb gantz vnuermogendt, den andern zweien vberig‹en› aber vmb so viel desto beschwerlich‹er› die verrichtung der kirch‹en› dinst mit predig‹en› sacraminta administriren vnnd teglich besuchung d‹er› kranck‹en› bevor ab In dies‹en› geferlich‹en› sterbs zeit‹en› fall‹en› will {vnd also Inen vnmuglich sein will, sich dies‹er› sach‹en› zubelad‹en› vnd ntz fruchtbarlichs nutzlichs}, vnnd wo schon diese der vnsern vngeligenheit nit were, kont‹en› wir doch nit eracht‹en›, wie wir vns mit so wenig der gelert‹en› eins solchen Wercks, die aine lher zuuerthaidig‹en› vnnd die and‹er›e als wid‹er›wertig zuuerwerff‹en› fruchtbarlich vnd‹er›fang‹en› mog‹en›, vnnd do wir dz gleich schon dz thett‹en› dannoch solchs vor meniglich fur geringfugig vnd schimpfflich Auch bei E f g‹naden›, die {solche vnd d‹er›gleich‹en› sach‹en›} bei hoh‹en› schul‹en› vnd and‹er›n ort‹en› aldo gelertere Theologi vnnd In gross‹er›er menge dan bei vns zu{be}find‹en›, am fuglichst‹en› [fol. 52v] vnnd nutzlichst‹en› aus hoh‹en› begabt‹en› furstlich‹en› verstanndt werd‹en› wiss‹en› erweg‹en› zu lass‹en›, nit hoherheblich erscheinen vnnd geachtet werd‹en› möcht, zu dem dz auch vns‹er›e kirchen diener dannoch von berurt‹en› streitt der Erbsunde hoh‹er› od‹er› deutlich‹er›, dann die Augspurgisch Confession vnnd deren Apologia die hierInn verstendlich gnug, vnnd soviel eim Christ‹en› vonnott‹en› zu wiss‹en› vonnott‹en› der heilg‹en› schrifft gemeß, maß gibt, austrucklich vermag, vnnd sie bißherr bei vnns gelert vnnd gepredigt hab‹en› ausricht‹en› vnd verrichten {nicht wurd‹en› vrtlen164 od‹er› richt‹en›} konnen, mit vnd‹er›thenig‹er› pitt, vnns In keinen vngnad‹en› hierIn zuuerdenck‹en›, sunder vnsern vngelegeheit‹en› nach gnediglich fur entschuldigt hab‹en›, dann worInn E f g‹naden› wir sunst nach vnserm geringfugig‹en› vermog‹en› vnd‹er›thenige dienst erzeig‹en› vnnd beweis‹en› konnen, soll‹en› [fol. 53r] sie vnns willig vnnd bevliss‹en› find‹en› wolt‹en› d‹er›selb‹en› E f g‹naden› wir bei zaiten vnd‹er›theniglich nit berg‹en›. dieselb‹en› zu langwirig‹er› leibs wolfart vnd glucklich‹er› fridsamer Regirung dem Almechtig‹en› vnd‹er›theniglich bevelhende Dat‹um› Den 28t‹en› 9br‹is› Ao 71. An hertzog hanns wilhelmen von Sachs‹en›.
164 vrtlen = urteilen.
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Nr. 38 1574 November 6, Speyer Eingabe des Glaubensbekenntnisses des neu eingestellten Speyerer Prädikanten Georg Schöner an den Magistrat der Stadt Speyer. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/9, fol. 4r–12r. [fol. 4r] Gottes Gnadt vnndt friedt durch Ihesum Christum, seinen eingebornen Son vnsern Ainig‹en› heilant vnnd seligmacher mit erpietung meiner gantz willig‹en› trewen Dienste, iederzeit zuuor, Erbare, fursichtige, weise, gunstige liebe hern vnnd Patroni Wiewol sich E. W. gegen mir armen vnwirdig‹en› diener, vnsers lieben hern Ihesu Christi, vnnd haußhalter vber Gottes geheimnus, gnugsam vnnd gantz christlich resoluirt vnnd ercleret, das sie keinen Mißtrauwen inn mich setz‹en›, noch ainich‹en› verdacht meinethalben Concipirt, das ich mit einem fursetzlich‹en› vnnd mutwillig gefasten schedlichen Irthumb inficirt, Jedoch erkenne ich mich selbst schuldig vnnd pflichtig, zu dem, das es auch die hohe tringende, vnuermeidliche not, gegenwertiger, fherlich‹er›, geschwind‹er› leufft, vnnd der iemmerliche, trubselige, zu stande, der Armen hochbetrangt‹en› Kirch‹en› Gottes, also erford‹er›t, E. W. kurtzlich vnd einfeltiglich bericht zu thun, was inn [fol. 4v] etlichen Glaubens Articuln, meine endliche Meinung sei, vnnd hierInnen nichts gefherlicher weise zuuerhalten, oder dissimuliren. Demnach halte vnnd glaube ich, aus grundt meines hertzen zur gerechtigkeit, Bekenne auch mit wahrem mundt zur seligkeit, vor Gott dem Vatter, Son, vnnd heilig‹en› Geist, vnserm schopffer, Regirer, vnd erhalter, vnnd vnserm Ainig‹en› hertz aller liebst‹en› Recht‹en› vatter, vber alles das vatter heiset, inn Himel vnnd auff erden, vnnd vor seinen heilgen auserwelt‹en› Engeln, E. W. vnnd ieder meniglich, Niemant zu lieb noch laidt, Auch one ainiche hoffnung, grosse eitele ehr, rhume, vnnd genieß zueriagen, vnnd empfahen, Das keine and‹er›e Lehr auff erden sei, Gott den hern nach seinem gottlich‹en› wesen vnnd gnedig‹en› vetterlich‹en› willen, von vnser ewigen versönung, erlösung, heil, vnnd seligmach‹er›, recht vnnd warhafft zu erkennen, im [fol. 5r] Geist, vnnd inn d‹er› warheit anzuruffen, vnnd ime fur seine ewige, grundtlose, vnaussprechliche, vberschwenckliche, gnade, hertzliche vnnd grosse Barmhertzigkeit, vnnd auch zeitliche leibliche gaben, guter, vnnd wolthat‹en›, Im Namen vnsers lieb‹en› hern Ihesu Christi wolgefelligen danck zu sagen, vnnd gehorsamlich zu dienen, den die lhere seines heiligen gesetzes, vnnd verheissung der gnaden im Euangelio, von ime selbst gnediglich offenbaret, vnnd vnns zu gutem, mit gewissen, herlich‹en› Zeugknussen, vnnd grossen, gewaltig‹en›, vnerhort‹en› wund‹er›thaten, vnnd gottlich‹en› crefften, Ia mit dem heilgen Rosenfarben tewren Blut, vnnd vnschuldig‹en›, schmelichen bittern todt, seines ewigen eingebornen Sons, vnsers lieb‹en› hern Ihesu Christi versigelt, bekrefftiget, vnnd bestettigen, Wie dann solche lhere, Als die ainige, gottliche, vnwandelbare
Edition der archivalischen Quellen
warheit vnnd weißheit, inn Gottes Aignem Buch, Altem vnnd Newen Testament, oder inn den schrifft‹en› der lieben heiligen Propheten vnd Aposteln, [fol. 5v] verfasset, vnnd verleibet ist, vnnd nachmals derselbige summa, inn den dreien hauptSymbolis, der heilgen Apostel, Concilii Niceni, vnnd Athanasii, kurtzlich wid‹er›holet, wie auch zu dieser vnser zeit geschehen, inn dem die heuptsumma Christlicher Lhere, inn der Augspurgischen Confession, derselbigen Apologia, repetitione eiusdem Confessionis, Locis Theologicis, Examine ordinandor‹um›, Confutatione, od‹er› Ableinung vnnd widerlegung der Beyerischen Inquisition Articul, vnnd Stancari165 Gotslesterung, von D. Philippo Melanthone aigentlich vnnd grundtlich gefasset, Deßgleichen inn and‹er›n seinen vnnd D. Lutheri hauptschrifften, sund‹er›lich aber inn seinem Catechismo vnnd Schmalkaldisch‹en› Articuln, Alles aber inn rechtem wahren naturlichen vnzweifeln verstandt der inn gottlicher schrifft, vnnd obgedacht‹en› haupt Symbolis exprimirt, vnnd wie sie wolermelte vnsere lieben H. Preceptores vnnd vetter, inn iren offentlich‹en› schrifften gantz christlich vnnd vberflussig erkleret, [fol. 6r] vnnd nichts, iemant zu gefheren, wissentlich od‹er› fursetzlich verborgen gehalten. Auch also vnnd nach der gewissen Regel, Alles inn iren schrifften allein zu approbiren vnnd Anzunemmen, was gotlicher, offenbarer warheit in h. schrifft gemeß, vnnd nicht zu wider, auch one ainige sophistische gewaltsame deutung, vnnd falsche Außlegung, irer vnnd der wahren kirchen gottes wid‹er›sacher, vnnd abgesagt‹en›, oder heimlich‹en›, dockmeusisch‹en› meuchelfeinde, Erkenne derwegen, halte, vnnd ehre, als vns‹er›n ainigen, waren, ewigen, Almechtig‹en›, lebendigen Gott, der ein vatter ist vnsers lieben hern vnnd heilants Ihesu Christi, vnnd mit seinem ewigen, eingebornen, lieben Son Ihesu Christo, Aus seinem gotlich‹en› wesen vnnd natur von ewigkeit erzeugt, vnnd mit dem heilgen geist, vom vatter vnnd Son von ewigkeit ausgehendt himel vnnd erden, Engel vnnd Mensch‹en›, vnnd alle Creatur, sichtbare vnnd vnsichtbare, aus nichts erschaffen hatt, vnnd noch gnediglich, [fol. 6v] vetterlich, treulich, wund‹er›barlich, vnnd Almechtiglich, wid‹er› alles wuten vnnd tob‹en› aller Teuffel, Auch alle macht vnnd gewalt der hellischen pfort‹en›, regiret, beschutzet vnnd erhelt. Deßgleich‹en›, das dieser wahre, ewige, Almechtige Gott, Eynig sei, im wesen, vnnd dreifeltig, inn den Personen, gleicher, gottlicher ewig‹er›, vnendlicher, vnausprechlicher, Almechtigkeit, Maiestet, gewalt, macht, crafft, herlichkeit, gnade, weißheit, gute, barmhertzigkeit, langmutigk, trewe, warheit, heiligkeit, gerechtigkeit, vnnd freies willen, od‹er› freiwillig, inn summa ein lebendiger Brun aller Tugent, vnnd Vrsprung oder Hauptquell alles guten,
165 Franciscus Stancarius (ca. 1501–1574), stammte aus Mantua in Italien, musste sein Land aber wegen seines evangelischen Glaubens verlassen. Zu ihm vgl. Urban, Art. Stancaro, Francesco d. Ä.
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Das auch Allein die and‹er›e Person im gotlich‹en› wesen, nemlich, Ihesus Christus, des himlischen vatters ewiger eingeborner Son, sein volkommen wesentliches Ebenbilt, vnnd Glantz seiner herlichkeit, zu gewisser vnnd bestimpter zeit, als dieselbige erfullet worden, im leib [fol. 7r] der Iungkfrawen Mariæ menschliche Natur, leib vnnd seel, durch crafft vnnd empfengnis des heiligen Geistes an sich genommen, vnnd inn ewigkeit, mit allen iren wesentlichen Aigenschafften behelt, vnnd ein opffer fur vnsere Sunde worden, vnnd das dieser herr inn einer Person, darinn gottliche vnnd menschliche Natur wunderbarlich vnnd vnzertrenlich verainbaret, wahrer Gott vnnd Mensch, zu vnserm ainich‹en› Mitler, versoner, erloser, heilandt, seligmacher, hoher Prister, konig, haupt vnnd schutzherr vom vatter verordnet vnnd furgestelt ist, vnnd das inn keinem and‹er›n Heyl, Auch kein and‹er›er Name den Mensch‹en› gegeb‹en›, darinnen selig zu werden etc Von welchem zeug‹en› alle Propheten, das vergebung der Sunden empfangen alle, die an ine glauben, Sintemal der ewige vatter, keinen and‹er›n zuhören, noch ime zu hulden, ernstlich, vnnd bei verlust ewig‹er› seligkeit, vom himel herab, vnnd inn seinem heilg‹en› [fol. 7v] offenbartem wort, gepotten hatt, dann diesen, welchen er mit sichtbarer Salbung, des heilig‹en› geistes, zu vnserm ainig‹en› hohen Priester, konig, vnnd seligmach‹er›, inaugurirt, gekrönet, vnnd vns mit glauben anzunemmen bevolh‹en› hatt. Hergegen verfluche vnnd verdamme ich mit der gantzen Christlichen Kirchen, aus gottes wort, Alle gotslesterung, vnnd grewel, Samosateni, Arii, Manichæorum, Marcionis, Nestorii, Eutychetis, Serueti, Stancari, welche sie wider diesen ainigen wahren Gott, vatter, Son, vnnd heilgen Geist, aus eingebung des Teuffels, als seine gliedmaß vnnd werckzeuge, inn der Christlichen Kirch‹en› ausgesprengt vnnd angericht hab‹en›. In den strittigen Ar‹ticu›ln vom Gesetze Gottes, von der Sunde, vom freien willen, von d‹er› versehung gottes, von Christlicher Bueß, oder wahrer Bekherung zu Gott, It‹em› von der Rechtfertigung vnd von gut‹en› werck‹en› etc pleibe ich vnuerrucket, mit gottes hilff [fol. 8r] wie auch inn all‹en› and‹er›n hauptAr‹ticu›ln der gantz‹en› Christlich‹en› lhere, bei der gewissen Christlich‹en› vnnd inn Gottes wort wolgegrundter meinung, meiner lieben Præceptorum D. Lutheri vnnd D. Philippi Melanthonis, Verwerffe aber im gegenteil mit inen, alle verdampte Irthumb der Antinomer, wid‹er›teuff‹er›, Pelagii, Papisten, Item Flaccii furorem Diabolicum, de peccato substantiali, vnnd von seiner Klotz Buß, Zuinglii, Osiandri, Stenckfeldii166 , vnnd wie sie Namen haben, Die propositionem belangendt, das gute werck zur seligkeit notig seien, hab ich sie niemals inn meinen predigten gefuret, sunder mit meinem lieb‹en› præceptore vnnd vatter D. Philippo Melanthone, des heilg‹en› Apostels Pauli, vnnd
166 Gemeint ist eigentlich Schwenckfeldii.
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der and‹er›n Apostel gebraucht. Darbei ich auch zu pleiben, gentzlich entschlossen, Nemlich, das vns als schuldener gebure, Gott dem hern vnserm schopffer vnnd vatter, die er zu vernunfftig‹en› Creaturen, vnnd zu seinem ebenbildt erschaffen hatt, vnd wid‹er›umb dasselbige inn vns vernewert vnd Anrichtet, zu gehorsamen, vnd danckbarlich zu dienen, in kindtlicher forcht vnd gerechtigkeit vnd heiligkeit, die ime gefellig ist, [fol. 8v] Dieweil aber furwitzige, Eitler ehrsuchtige vnnd vnruwige friedthessige leut, eben die hochnotige vnnd trostreiche Lhere von den hochwurdigen Sacramenten, die vnns nach Gottes ernstlichem bevelch, vnnd seinen vetterlich‹en› verheissungen, Auch seinem selbst vnnd seines eingebornen lieb‹en› Sons vnsers hern Ihesu Christi exempel, neben der heilg‹en› Patriarch‹en›, prophet‹en›, vnnd Apostel, vnnd aller heilgen am allermeinst‹en› zu vngeferbter brud‹er›licher hertzlicher liebe, Christlichem friede vnnd ainigkeit locken, reitz‹en›, vnnd treiben solte, mutwilliglich in streit gezogen vnd verfelschet, daru‹m›b ietzundt vast der grose streit auch noch hin vnnd wid‹er› ist, So halte, glaube, vnnd bekenne ich, das Gott der herr, aus vnermeßlich‹er› gnade vnnd Barmhertzigkeit, vnsern schwachen glauben auffzurichten, vnnd zu sterck‹en›, durch seinen Sohn Ihesum Christum, solche eusserliche sichtbarliche Zeichen, an die verheissung des Euangelii vnzertrenlich gehefftet, das sie nicht allein soll‹en› merckmal vnnd kennzaich‹en› vnsers Christenthumbs sein, sunder [fol. 9r] viel mehr gewisse, herliche Zeugnis, Zeich‹en›, sigel, vnnd pfanndt der verheisenen gnaden Gottes, das ist, seines vetterlich‹en› willens geg‹en› vnns, von der gnedigen vergebung aller vnserer sunden, vnnd ewig‹er› versönung mit Gott, vnnd von all‹en› wolthat‹en› der gantz‹en› erlosung vnnd seligmachung, Vnnd das solcher heilgen Sacramenta nur zwei sindt, Nemlich die heilige Tauffe, vnnd das hochwirdige Abentmal vnsers lieb‹en› herrn Ihesu Christi, Vnnd das die heilige Tauff, als das Badt der widergeburt, vnnd vernewerung des heilgen geistes, zum hochst‹en› vonnöten sei, nicht allein den alt‹en›, die noch vngeteuffet sindt, sund‹en› auch den kleinen kindlein, Dann wir alle inn sunden empfangen vnnd geboren, manglen des rhums, den wir an Gott haben solten, vnnd bedorff‹en› der gnade Gottes, also das, so wir nicht von newem geboren werden, aus dem wasser, vnnd geist, konnen wir nicht inn das himelreich khommen, Derwegen man auch die kleine kind‹er› soll tauffen, vnd mit nicht‹en› von d‹er› Tauff ausschließ‹en›, Dann ir als Erb‹en› ewiger seligkeit, die inn den Bundt gottes gehoren, ist auch die verheissung der Gnaden ewigen heils, lebens vnd herlichkeit, dies‹er› kind‹er› aber allein, die der Christlich‹en› kirchen werden eingeleibet, vnd vber welche inn derselbig‹en› wurdt angeruffen der seligmachende Name Gottes des vatters, Sons, vnnd heilg‹en› geistes, welcher hohen, grossen, vberschwenglich‹en›, gnaden, herlichkeit vnnd trostes gentzlich manglen, vnd beraubet sindt, Aller Turcken, Iuden, vnnd heyden kind‹er›, als die nicht inn der gemeinschafft der heilg‹en› Christlich‹en› kirchen sindt, wie dann die herrliche Zeugknus des ewigen Sonns Gottes selbst lauten, Lasset die kleine kindlin
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zu mir khommen, vnnd wehret inen nicht dann solcher ist das himelreich, das ist, welche zu mir gebracht werden, vnnd vber die mein Name, in dem allein leben vnnd seligkeit ist, wirt angeruffen. It‹em› es ist eweres vatters im himel wille, das niemandt von diesen kleinen verloren werde, Es ist aber vnlaugbar, vnnd mit ainig‹em› grundt der warheit vnwid‹er›sprechlich, d‹as› auch die lieb‹en› heilg‹en› Apostel, die kleine kind‹er›, [fol. 10r] Nach dem Bevelch des hern Christi getauffet hab‹en›, vnnd ist dieses hochwurdige Sacrament der heilig‹en› Tauffe, nicht ein vergebliche vnnötige Ceremonia, oder ein blosses, lediges, vncrefftiges Zeich‹en›, Sund‹er› dardurch gott der herr crefftig ist vnnd wircket, nach seiner verheissung, vnnd nimmet solche getauffte kind‹en› vmb seines eingebornen lieb‹en› Sonns vnsers hern Ihesu Christi willen an, zu seinen kind‹er›n vnnd Erb‹en›, vnnd miterb‹en› seines Sons, waschet vnnd reiniget sie mit seinem heilg‹en› blut, schencket, inen den heilg‹en› gnaden vnnd kinder Geist, vnnd versigelt sie durch denselbigen, als das pfanndt ires Erbes, bis vff den Tag irer endlich‹en› erlosung. Verfluche vnnd verdamme hergeg‹en›, alle gotteslesterung vnnd grewel, der wid‹er›teuffer, vnnd and‹er›er dieses hochnötige Sacrament der heilg‹en› Tauffe vernicht‹en›, schenden, vnnd verlestern vnnd die kleine kinder (so viel an inen ist) dieser hoh‹en› grossen vnausprechlich‹en› Gnade vnnd herlichkeit der kindtschafft Gottes, gnediger schenckung des heilg‹en› kinder geistes, vnnd Erbschafft ewigen heils, lebens, vnnd seligkeit, aus deuffelisch‹en› Neidt vnnd haß, [fol. 10v] mißgonnen, vnnd zu berauben sich mit geschwind‹en› listen vnnd gewalt vnderstehen, Von dem and‹er›n hochwirdigen Sacrament des heilg‹en› Abentmals vnsers lieben hern Ihesu Christi halte, gleube, vnnd bekenne ich, das der Son Gottes vnnser lieber herr Ihesus Chr‹istus› inn der Ordnung vnnd Administration dieses heilsamen Abentmals, von ime selbst eingesetzet vnnd gestifftet, wharhafftig, lebendig, vnnd wesentlich, gegenwertig sei, vnnd vnns laut seiner wahren verheissung, mit Brott vnnd wein, seinen wahren leib vnnd blut fur vnns inn todt geben, vnnd zu vergebung aller vnnser sunden miltiglich vergossen, zu essen vnnd zu trinck‹en› gibt, vnsern glaub‹en› an ine damit zu sterck‹en›, das er vnns dardurch mit gott seinem ewig‹en› vatter widerumb gentzlich versönet, vnns zu Gottes kind‹er› vnnd Erben vnnd seinen selbst miterb‹en› gemacht, vnnd derweg‹en› vnns zu seinen glidtmassen annemmen, ime als vns‹er›m haupt einleiben, durch die crafft seines heilg‹en› geistes, in wahrem glaub‹en›, d‹as› er inn vnns vnnd wir in ime, will vnnd soll‹en› pleiben, [fol. 11r] das auch baide wirdige vnnd vnwirdige seinen wahren leib vnnd blut essen vnnd trincken, die wirdigen zu irem heil, die vnwirdig‹en› aber zum Gericht vnnd ewig‹er› verdamnus So sie sich nit (durch verleihung gotlich‹er› gnaden) bessern, vnnd wid‹er›umb wharhafftig zu gott dem herrn bekheren, Als die den leib vnnd blut des hern nicht vnd‹er›scheiden vnnd an demselbig‹en› schuldig seindt,
Edition der archivalischen Quellen
Glaube halte vnnd Bekenne auch mit meinem hertz liebst‹en› præceptore vnnd vatter dem Erwurdigen, hochgelert‹en› hern .D. Philippo Melanthone seliger vnnd hochloblicher gedechtnis, als dem theuren man Gottes, vnnd vmb die gantzen welt, sund‹er›lich aber in derselbig‹en›, die gantze werde Christenheit, vnnd kirch‹en›, des lebendigen Gottes, wolverdienet, das nicht allein der Papist‹en› greuliche Idolatria167 , sund‹er› auch Zuinglii Irthumb muß verdampt werden, vnnd das, laider, ein grosses Blut Bade, daraus werden, wie dann seine and‹er›e Propheceien hieuon bißanher [fol. 11v] inn franckreich, Niderlanden etc nur gar zu sehr vnnd viel sindt erfullet word‹en›. Pitte derhalben aus grundt meines hertz‹en› den ewigen Almechtig‹en› Son Gottes vnsern lieben hern Ihesum Christum fur vnns gekreutziget vnnd gestorb‹en›, vnnd zu vnser gerechtigkeit widerumb vom todt‹en› aufferweckt, das er sich gnediglich vber seine Arme hohbetrubte, vnd verfolgte, kirchen erbarmen, vnnd derselbig‹en› wunden verbinden vnnd friden, vnnd solchen groß‹en› Iammer, mit aller gotslesterung vnnd Abgottisch‹en› greweln abschaffen wolle, vmb der ehre seines aller heiligst‹en› Namens vnnd vnser aller seligkeit will‹en›. Amen. Dieses Erbare, fursichtige weise, gunstige lieb‹en› Herrn vnnd patroni, hab ich E. W. auff dießmal kurtzlich, vnnd nach meiner einfalt bericht‹en› soll‹en› vnnd woll‹en›, mit demutiger erpietung, So es zu and‹er› Zeit vnnd gelegenheit die not erfordert, [fol. 12r] von allem in spetie weitter vnnd ausfurlich‹er› bericht zu thun, zum hochst‹en› pittendt, E. W. wollen solchen einfeltig‹en› vnzierlich‹en› bericht mit gunstig‹em› Christlich‹em› will‹en› erkennen vnnd Annemmen, vnnd mich inen lass‹en› treulich bevelh‹en› sein, der ewige Allmechtige Barmhertzige Trewe Gott vnnd vatter vnnsers lieben Herrn Ihesu Christi, ein vatter aller Barmhertzigkeit vnnd gott alles trostes vnnd des lebens ist, Ia vnser leben vnnd lang alter, der wolle vmb seines lieb‹en› sonns will‹en› als des recht‹en› hertzog‹en› vnnd Brunnen des Lebens, vnnd Engel des gross‹en› Rhats E. W. an leib vnnd seel sterck‹en›, vnnd bei langwiriger gesundtheit vnd seliger Regirung erhalt‹en›, Amen, Dat‹um› Spey‹er› den 6t‹en› Nouemb‹ris› A‹nno› etc 1574 S. T. D. Willig‹er› Georgius Schoenerus Minister Verbi Diuini
167 Idolatria (Idolatrie) = Abgötterei, Bilderverehrung, Götzendienst.
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Edition der archivalischen Quellen
Nr. 39 1574 Dezember 18, Speyer Eingabe des Prädikanten Georg Schöner an den Magistrat der Stadt Speyer die Streitigkeiten mit dem Pfarrer von St. Ägidien, Georg Infantius, betreffend. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/9, fol. 13r–16v. [fol. 13r] Gottes Gnadt vnndt Fridt durch Ihesum Christum Seynen Eyngebornen Geliebtenn Sohn vnnsern Eynigen Heylandt vnndt Seligmacher mit erbietung meiner vnterthenigen, Schuldigen, Christlich‹en›, trewen Dienstenn, ieder zeytt zuuor, Erbare, Weyse, Fuersichtige, Gebiete‹n›de, Goennstige Liebe Herren vnndt Patroni, E W. kahn ich aus hoher dringender, vnuermeydtlicher noth nicht verhaltenn, Das am negstverschynen Montag den .13. ‹Decem›bris D. Andreas Gottwaldt bey eyner gastung, So in Seyner Schwiger der Zweigenn behausung, gehalten worden, vor vielen gwth‹en› ehrlichen lewthen, vnndt in beyseyn des Ehrsam‹en› vnndt Weysen Herrnn, Iacob Weyßenawers, Sich zw M. Bernardo meynem lieben Collegae vnndt Bruder, vnndt nachmals auch zw andern, mit gewalt sich genoettiget, vnndt mier weydtlich vnndt gantz vnuerschembt mit luegenstraffen vnndt Schelm‹en›Schelten vmb sich gehawen vnndt geworffen, vnndt mich in ruck‹en› vnndt abwesen, ohne alle gegebene Vrsachen, als der zuuor nyemals von mir mit eynigem wort noch that‹en› ist beleydiget worden, allein darumb das ich mich, Pfaltz zw wider, wye Seyne wort gelawtet, vnndt wye er wieder Seyn eigen gewißen, mit zwkratzer Styrn, vnndt hoechst‹en› vngrundt fuergeben, von E. W. zum Diener Goettliches worts, hab sollen bestellen laßenn, mit erruerigen Schelt vnndt Schmachwortenn angegriffen, Inuriiret vnndt verunglimpffet, insonderheit aber mich fuer eynen pfaltgrefisch‹en›168 Kundtschaffter felschlich, Schenndtlich vnndt boeslich ausgeschryen infamiret. Darahn aber nicht ersettiget gewesen, Sonnder den andern tage in eynem offentlich‹en› Gasthoff bey dem gulden Eynhorn, es widerumb angefangen [fol. 13v] da er es beym Schlafftrunck gelaßen, vndt solche atroces Inurias, lester vnndt Schmachrede, mit besonderm lust vnndt freude, repetiret vnndt auff die bahn gebracht, vnndt was er fuer freuel, mutwillen vnndt lesterung dazwmal geubet, getriben, vndt darnach, mit ehren zuuermeld‹en›, ausgespeyet hat, Georgio Infantio Seynem Seelsorger, mit großem Thrasonischem gloriiren Iubiliren vnndt Triumphiren zw ohren getragen, denselbigen wieder vns beyde inflammiret, zum hefftigsten verbittert, ergrymmet vnndt armiret, also das er den .16. ‹Decem›bris. bey .S. Ægidio vffgestannden, vndt nach vielen großen, vnerhoereten,
168 pfaltgrefisch‹en› = pfalzgräfischen.
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vnerfindtlich‹en›, gifftigen Calumnien169 vnndt verkehrung vieler Euangelischer Lehrer vndt predicant‹en› der Augspurgischen Confession, auff das allervnuuerschem‹en› vffgedichtet, vndt mit recht‹en› hoenischen, scurrilischen sycophantischen170 , vnndt IESV widerisch‹en› gestibus ausgeschuettet, vnns beyde auch mit finger andeut‹en›, auff das ergste ausgemacht, als dye heuchler vnndt Schmeychler weren, Sich Selber vnndt ire zwhoerer mit solchen vnuuerschembten gedichten vndt Corruptelis mutwilliglich verfueret‹en›, vndt allein nach gunst, großem anseh‹en› vnndt hohem Namen tracht‹en›. Er aber were zw Wittenbergk (da sonnst nyemandt, denn er geweßen, vndt im gleichwol immerdar gestuncken) von dem Herrnn Philippo Melanthone, Seliger gedechtnis, vnndt ettlich‹en› Doctoribus examiret vnndt ordiniret, vnndt Seyn Beruff so viel hoeher, herrlicher, beßer vnndt fuertrefflich‹en›, als ein Churf‹urst› fuer Schustern vnndt Schneydern were. Ich aber were ein verloffener Bub, der bey den Kyrchenreth‹en› zw Heydelbergk vmb diennst angehalten etc. Darauff ich geantwort‹et›, Er liege mich Schendtlich vnndt boeslich ahn, Er Sey Selbs derselbige verloffene Bub etc. Denn ich Solches nicht gethan noch iemals also [fol. 14r] gelehret, wye er vns Sambt andern ietzundt Schuldt gegeben, vnndt vns gelestert, Es sey auch erlogen, das ich iemals bey den Kyrchen Rethen zw Heydelbergk, vmb diennst angesuch‹t› noch angehalt‹en›, Sonnder mein gnedigster Churf‹urst› vnndt Herr, hab mir armen, vnwirdigen Dyener Selbs, eygner Persohn gnedigst Diennst angebotten, vnndt mir eynen gewysen Locum bestymmen vnndt designiret, Auch große Gnade, vnndt viel hoher, herrlicher wolthat‹en› erzeig‹en›, dye ich vmb ire Churf‹urstliche› G., dye zeytt meynes lebenns nicht danckbarlich genug widerumb zuuerdien‹en› wißte. Wer mir auch nachsag‹en›, das ich mich irer Churf‹urstlichen› G. zw wider, alhye her zw diennst begeben hab, der liege mich Schenndtlich, boeslich vnndt wieder Seyn gewißen ahn, nicht als ein Ehrlich‹en› Mahn. Wolle auch fus darumb halten, vnndt solte ich gleich gwt vnndt blwt, leib vnndt leben darob laßen. Desgleich‹en› koenne mir auch keyn wahrhafftiger, Ehrlich‹er› Mennsch mit eynigem gru‹n›dt nachsagen, das ich mich in dem allergeringsten gegen ire Churf‹urstliche› G. bisanher vndannckbahr erzeyget hab. Ob ich wol ihren Churf‹urstlichen› G. mit Eydtspflicht‹en› nicht verwanndt noch zwgethan Sey, So erkenne, ehre vnndt halte ich doch dieselbige viel mehr fuer meyne‹n› Gnedigsten Churf‹ursten› vnndt Herrnn, denn eben er Infantius, der das von ir‹en› Churf‹urstlichen› G. keynen Befehl entpfangen hette, mich also lesterlich sycophantischer vnndt ehrenruerich‹er› weyse offentl‹ich› zw infamiren, vndt ihre Churf‹urstliche› G. also schimpfflich mit verkleynerung desselbigen anzwzihenn. Mich So baldt zw dem groben Danzapffen171 , vnruig‹en›, Hylperheus‹en› Doctor gewenndet, Er Sey der Meutemacher, der solches alles dem vffgericht‹en›, geschwornen vndt
169 Calumnien = Verleumdungen, falsche Anklagen. 170 sycophantischen = verleumderischen, lügnerischen, verräterischen. 171 Danzapffen = Tannenzapfen oder Tanzaffe.
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publicirten Landt vnndt ReligionsFriden, auch Seyner Ampts oder Aduocaten pflicht zw wieder, angestifft‹et› vnndt verursach‹et› hette, Darauff er mich [fol. 14v] heyßen liegen als einen Ehrlosen Mahn, Schelm‹en› Dieb vnndt Boeswicht, ich es aber also veranntwort‹et›, Er sey ahn ihm Selber, ich wolle ihn fuer denselbig‹en› vnndt nicht beßer achten vndt haltenn. Ob er allezeit ein solcher Reicher, Stoltzer Doctor gewesen, vnndt also reych ghen Speyer kommen etc. Ob im der Bachant‹en› Sack172 mit den partecken173 einmal abgenommen vndt er aus dem Staub vnndt Kott, mit reuerentz, geschuett‹en›, entbohr erhaben, nicht den Vers kennt?: Asperius nihil misero cum surgit in altum. Der annder stehe aber auch nicht weydt von dies‹en› Tolluntur in altum vt Lapsu grauiore ruant.174 Von wem dieser Vers gemacht, vnndt was der fuer ein gesell gewesenn, Sey ihm nicht Vnwiß‹en›, Ob er Brieff vndt Siegel dafuer hab, das im der Bettelsacke nicht wider koennte angeheng‹et› werden? Er doerffe zwahr So hoch mit Seynem vngerecht‹en› Mammon nicht brang‹en›175 die Eylff daus‹en› Mert‹en› werdenn dennoch auch etwas darzw gestewret haben etc. Ob das der dannck vnndt lohn Sey, den dye Stadt Speyer vmb ihn verdienet? Darauff er mir zum hefftigsten, wye Seiner feisten henne, gedroet, Auch vns beyde angeschnarchet, wir nicht macht hieraus in eyne frembde Iurisdiction vnndt Pfarr zwkommen, dye dem Rath nicht zwstenndig. So doch dyeser Hochtrabenndt, Gyfftiger, Zenckischer vngestuemmer Doctor, in angeregter gastung, vns alle die wir alhye in Ministerio syndt, sehr hoenisch, spoettlich vndt trutziglich prouociret, vff negstkuenfftig‹en› Donnerstag bey .S. Ægidio zuerscheynen, So wir anders das liecht vndt die warheit nicht flih‹en›. Beschließlich, So haben beyde Doctor vndt Infantius mich offentlich, aber doch felschlich vnndt mit [fol. 15r] vnuerschembtem mundt, vndt wyeder ir gewiß‹en›, fuer eynen pfaltzgrefisch‹en› kundtschaffter proclamiret vnndt infamiret, vnndt daher vrsach vermeynet zw nemen, als im verganngen .73. iahr, ahn meynen Gnedigsten Churf‹ursten› vnndt Herrn gelanget, wye dye IESV wieder das ausgesprenngte geschreye von den bestellt‹en› vndt zwgericht‹en› Verretter Pfeifflen von ihnenn auff Infantium Schieben wolten, Begehret ire Churf‹urstliche› G. von mir gnedigst, dieweil ich ohne das alhye meine eigene Sach‹en› zuuerrichtenn, Solte ich ir‹en› Churf‹urstlichen› G. zw vnterthen‹en› gefallen ihn darumb fragen, Ob dem also wer oder nicht? Denn Infantius Sey irer Churf‹urstlichen› G. geschworn‹en› diener, Sey mir derweg‹en› ohne allen Verweiß vnndt nachtheyl, Bedoerffte auch keyner Schrifftlich‹en› Scheins noch Vhrkundt. Darauff ich Infantium angesproch‹en›, Aber Sehr vngebuehrlich vnndt
172 Bachant‹en› Sack = ein Bachant ist (dichterisch) ein Trinkbruder oder trunkener Schwärmer, aber auch ein fahrender Schüler im Mittelalter. Bachantensack hat hier wohl die Bedeutung von Reisesack. 173 partecken = Stückchen, Stück [Almosen-]Brot. 174 Beide Verse stammen von dem spätantiken Dichter Claudius Claudianus (um 370 bis nach 404). 175 brang‹en› = prahlen, sich zieren.
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gantz Barbarisch von im bin entpfangen vnndt abgewysen worden. Vielleicht darumb, das er Nyem‹en› denn Sich vnndt Seynes Schrots, Churf‹urstliche› G. werdt acht‹en›, vnndt das ich diesen großen Prælaten nicht genugsam tituliret etc. Was aber dauon zwhalten, das er Seynen entpfangen Befehl von den Kirch‹en›reth‹en›, mich zuuerkundtschafften, in Seyner Kyrchen offentlich hat verlesen laßenn, mich damit bey iedermahn verdechtig, anruechtig, Stinck‹en›, verhaßt vnndt feyndtselig zwmach‹en›, Auch mir zuuor zweymal vor das Haus nachgeschicket, kundtsch‹afft› meinet halben einzwnemen, das laß ich alle Ehrliebende, Gottfuerchtige lewte erkennen vndt Iudiciren176 . So ist mir der Doctor vmb obgesagter Vrsachen willen, meiner Vocation alhye, so Spinnen feindt worden, das als er mich am Myttwoch‹en› .14. tage vnter der kleynen Kyrch‹en›thuer bey .S. Georg‹en› ersehen, vnndt zw negst vor mir vberganngen, [fol. 15v] vndt ich im reuerentz erzeiget, er mir weder Sein gesicht noch mundt goennen wollen. Der doch zuuor So große Bruederliche liebe gegen mir, aber leyder nuer Hypocriticam et Cainicam disectionem simuliret hat. Solches hab ich E. W. auff dismal in vnterthenigst‹er› kuertzlich vnndt mit vnwidersprechlicher wahrheit, berichten sollen vnndt wollen, Dieselbige zum hoechsten vmb Gottes willen bitten mir wieder diese Gottlose, vngestuemme, vnuersohenliche177 lewte, So sich, mit liste vndt gewalt zw mir noettig‹en›, vnndt mich Sambt meinem armen gebrechl‹ichen› weib vnndt kyndern geren in ein newes Exilium practiciren wolten, ir Blwtduerstig‹en›, Cainische muetle178 ahn mir zw kuelen, nottwenndigen vnndt Schuldigen Schutz zuuerschaffen, So bin ich auch der troestl‹ichen› zuuersicht vnndt hoffnung, der Ewige, Allmechtige Sohn Gottes, vnnser lieber Herr IESVS CHRISTVS, des vnwirdiger Diener, vndt Haushalter vber Gottes Geheymnis, ich alhye bin, darzw Er mich, durch E. W. als meine ordentliche, vorgesetzte, liebe Obrigkeit, aus großer, vnaussprechlicher Gnadt vnndt Barmhertzigk‹eit›, beruffen, verordtnet vnndt gesandt hat, wie ihn der Vatter gesanndt, der werde nicht zwgeben, Mein‹en› Gnedigsten Churf‹ursten› vnndt Herrnn hertz‹en›, So Er in Seyner handt hat, zw vnuerschulter vngnade wieder mich armen, Inflammiren vnndt exulceriren zwlaßen. So ist iren Churf‹urstlichen› G. auch vnuerborgen, das ich Sye mit allen trewen, aus grundt meines hertzen meine, wye Sye denn (ohne vngebuerlich‹en› ruhm zuuermelden) in der that genugsam gespueret vnndt erfahren hat, vnndt were mir eyne hertzliche freude, vnndt besonndere, hohe, große Gnade, mich Selbs vor ihr‹en› Churf‹urstlichen› G. zw purgiren, vndt meyne Vnschuldt darzwthun vndt auszwfueren. Denn meinen feynden, dye mich [fol. 16r] zuuor so offt gewitzig‹en›, vnndt So mancherley dueckh bewysen, vetrawe ich nymmer mehr. Dieses sambt auch vmb E. W. nach meinem
176 Iudiciren = beurteilen. 177 vnuersohenliche = unversöhnliche. 178 muetle = Gemüt.
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hoechsten vermoegen widerumb danckbar‹lich› zuuerdienen, bin ich erboettig, gantz willig vnndt gefließen. E. W. in Gottes Gnedig‹en›, Vetterlich‹en› vnndt Allmecht‹igen› Schutz vndt Schirm, trewlich befehlendt, der wolle ihnen lang‹en› leben vnndt darneben langwirige gesundth‹eit›, auch krafft vnndt sterck an leib vnndt Seel, auch mit glueckseliger Regierung gnedigl‹ich› verleyhen. Amen Datum Speyer den XVIII ‹Decem›bris Anno 1574. E. W. Vntertheniger, W. Diener. Georgius Schoenerus. Minister Verbi Diuini [fol. 16v] Notiz einer anderen Hand: M. Georgii Schoneri bericht vnnd begeren wegen des verloffenen handels mit dem predicant‹en› zu .S. Gilg‹en› etc. Ist den 18. ‹Decem›b‹ris› Ao etc 74 weg‹en› solchs angefang‹en› vnfugs seins dinsts erlaß‹en›.
Nr. 40 1574 Dezember 20, Speyer Eingabe des Prädikanten Georg Schöner an den Magistrat der Stadt Speyer Streitigkeiten mit dem Pfarrer von St. Ägidien, Georg Infantius, betreffend. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/9, fol. 18r–20v. [fol. 18r] Gottes Gnadt vnndt Fridt durch Ihesum Christum Seynen Eingebornen, geliebten Sohn vnnsern Herrnn, Eynigen Heylandt vnndt Seligmach‹er›, mit erbiet‹en› meiner vnterthenig‹en›, trewen, Christl‹ichen› Dienste, ieder zeytt zuuor, Erbare, Weyse, Fuersichtige, Goennstige Lieben Herrn vndt Patroni, Nach dem E W. nicht allein vnuerborg‹en›, Sonder auch wahrhafftigen, gruendtl‹ichen›, genugsamen vndt vberflueß‹lichen› bericht eingenomm‹en›, das Georgius Infantius bey .S. Ægidio, von mir nicht irritiret, noch im eynige erhebliche vrsache gegeben worden, mich in meiner gefuert‹en› oder gepredigt‹en› lehr alhye, iha den Ehrwirdig‹en› Hochgelert‹en› vnndt vmb die gantze Welt, vndt sonnderlich die werdte Christenheit in derselbig‹en›, wolverdient‹en›, Tewr‹en›, Heyligenn Mahn Gottes D. Philippum Melanthonem Selbs, Selig‹er› gedechtnis, der dye Augspurgische Confession gestellet, vnndt dieselbige bis an Sein endt christlich vnndt gewaltiglich verthedig‹et›, Sambt allen christlich‹en› lehrer derselbigen, an mein‹er› Legitima vocatione, vndt ahn meinen ehren, also atrociter,
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sycophantice vnndt impie anzwgreiffen, Inuriiren, zuuernicht‹en› vnndt verdammen. Ich auch nicht aus stechendem fuerwytz, noch darumb hinaus zw Seyner predigt kommen, mich im geringsten mit im nicht einzwlaßen, {als dem diese verschlagene Muentze nicht vnbekandt}. Dieweil ich aber Sambt auch meinen lieben Collegis vnndt Bruedern von D. Gottwaldt, mit großem hohn vndt trutz, prouociret worden, So wir anders das liecht vnndt warh‹eit› nicht haßet‹en›, auff negstuerschinen Donnerstag den .16. Decembris bey Seiner predigt zuerscheynen. E. W. auch zuuor Schrifftl‹ichen› Bericht dauon gethan worden, was Infans dazwmal tractiren wuerde, vnndt derselbigen Sein lobwirdig‹en› brauch vndt fanatische vnart sehr wol bekandt, alles das er von lesterung (mit reuerentz zwmeld‹en›) ausgespien, pfleg‹en› simpliciter zw negiren, wye denn solch‹es› ein sonnderlich‹es› meisterstuck vndt stratagema179 bey [fol. 18v] diesen Vlrichs Bruedern. Also bin ich solch‹en› Streydt mit im, wieder meinen willen gefueret vnndt meines Befohl‹en› ampts des H. Ministerii vnuerseh‹en› darueber entsetzet worden. So doch E. W. gwt wißen tragen mit was Conditionibus wir vns auff beyden theylen verglich‹en› vndt gegeneinander, trewlich vnndt vnuerbruechlich zwhalt‹en›, obligiret, haben, Nemlich, inhalts der Bestallung vnndt Reuers, Ein theyl dem andern ein halbes ihar zuuor den diennst auffkuend‹en› vnndt einander mit nicht‹en› zwgefehren. Zw dem das vnnser lieber Gott meine h. liebe Hausfrawen mit hoechster gefahr ires lebens vnter wegen angegriffen, das Sye ein zeytt lang, mit schwerem vnkoste mueßen still ligen, vnndt darnach Schwerlich vndt kuemmerlich Augspurgk koennen erreich‹en›, vndt mir vor großem haubtwehe vndt auch Schmertzen ire gelegenheit kuertzlich zw Schreiben, Mich auch darneben gewis vertroestet, meine Bibliotheca‹m› vnndt ander vnser armut zum allerfoerderlichsten als muegl‹ichen› anher zwuerschaffen vndt vbersennden, vndt demselbigen So Sye Gott der Herr beym leben gnediglich erhalten, vnndt ir sambt vnnsern lieben kindern So viel kreffte vndt gesundth‹eit› bescheren demselbigen anher baldt nachzwuolgen, vndt ich bis auff diese Stundt kein gruendtlich‹es› wißen hab, ob Sye noch beym leben oder nicht, zw Augspurgk, Noernbergk oder vnter wegen Sey. Verner was fuer ein großer iammer vndt betruebt‹en› hertzleidt daraus erwachsen wuerde, So mein armes gebrechl‹iches› weib mit vnnsern kindern, in dieser beschwehrlichen Wynterzeit, große tewerung vndt Sterb‹en› eynen Solchen weyten, gefehrlichen weg vergeblich gezogen, alles verzehret vndt anworden180 , vndt albereyt in Augspurgk, Noernbergk vndt andern Namhafften orten erschollen, das ich von E. W. zum dyener Goettlich‹en› worts beruffen, bestettiget vndt Inuestiret, vnndt ich mv181 vnerkant‹er›, vneroerter dies‹er› hochwichtig‹en› Sachen, ploetzlich abgeschafft, was fuer ergernis 179 stratagema (von griech. στρατήγημα) = List (auch Kriegslist), Kunstgriff, Trick, geschickt erdachte Maßnahme. 180 anworden = los und ledig geworden. 181 Gemeint ist „nu“ im Sinne von „jetzt“.
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[fol. 19r] daraus entsteh‹en›, E. W. fuer nachtheyl ervolgen, vnndt Sych Rechtschaffene trewe diener von ir hinfuerder bestellen zwlaßen fuer nachdencken vndt abschreck‹en› machen, So Sye keynen gebuerlich‹en› Schutz haben solten, Sonderlich ahn diesem ort, da die hoechste Administratio der Iustitien in vollem Schwang gehet. Was es vnns auch vnser vorstehenden wolfart halben vor hindernis bringen moechte, kahn E. W. wol erachten. Demnach gelanget ahn E. W. mein hochfleißiges bitten vndt flehen, diese hochwichtige Sachen weytter vnndt beßer zw ponderiren vndt behertzig‹en›, wie vnschuldigl‹ich› doch ich darzw kommen, vndt gleich als mit den haren darzw gezog‹en› Also das ich meyne gegenantwort vndt ablehn‹en›, von weg‹en› der vngehoert‹en›, vber machten Gotteslesterung nicht hab einstell‹en› koennen. Das ich aber vom zorrnn vberweltiget, die gifftige tela atrocium Iniuriarum mit gleicher hitz auff meine wiedersacher vnndt lesterer retorquiret, Bekenne ich von hertzen, das ich es nicht also hette thun sollen. Dagegen zwbede‹n›ck‹en› das Sye leider mich darzw genoettiget, gezwungen vnndt getrungen habenn. Ich erbiete mich aber, nach gebuerlich‹er›, billig‹er› erkenntnis, E. W Vetterlich‹e› Straff willigl‹ich› zw submittieren. Derwegen nochmals mein demuetiges bitten vnndt flehen ahn E. W., die gefaste Indignationem gentzlich fallen zwlaßen vnndt nicht also geschwindt wieder mich armen, vnwirdigen diener vnnsers Herrn IESV CHRISTI des Ewigen Sohns Gottes, zw procediren, vnndt damit allerley offentlichen feinden Goettlicher warheit ein freudenfeuer, Iubiliren vnndt Triumphum anzwricht‹en›, vnndt die widerpart in irem mutwillen, freuel, lesterung‹en› vndt trutz nicht zwstercken, vnndt damit meinen Gnedigsten Churf‹ursten› vndt Herrn, zw mehr‹en› vngnade verursach‹en› [fol. 19v] E. W. wollen sich auch mein mit Verheißen‹em›, Hochnoetigem, Pflichtigem Schutz vnndt Schyrm, lawt Goettl‹ichen› ernsten Befehls vndt vnwandelbahr‹en› willens, trewlich vndt vetterlich annemen, vndt ire handt von mir nicht abzwzih‹en›, vndt ahn mir kein exempel der nachuolg zw statuiren, das E. W. so wol als dem H. Goettlich‹en› Ministerio, zw ewig‹er› Schande moegte gereich‹en›. Letzlich mir in dieser behausung, darinnen ich bis anher gewesen, lennger herberg vergoennen. So will ich mich auch alles, was zw weytterung vnnd verbytterung der Sachen moegte vrsach‹en› erregen, enthalten, vndt So der halben klag wider mich fuergenommen, wahrhafftige gebuerliche antwort auff mein eig‹en› vndt nicht E. W. gefahr, darauff geben. Im fall aber E. W. Bedencklich mich à Ministerio zw suspendir‹en›, bis zw ausztrag vndt eroerterung der Sachen, verhoffe ich vnzweyffelich bey meinen Collegis zw erhalten, das meines diensts halb‹en› nichts solle verseumet werden. Solches vmb E. W. nach meinem hoechsten Vermoegen, ied‹er› zeytt, widerumb danckbarlich zuuerdienen, bin ich geneigt, gantz willig vndt gefließen, dieselbige in den Vetterlich‹en› Schutz vnndt Schirm Gottes des Allmecht‹igen› Vatters vnsers lieben Herrn IESV CHRISTI trewl‹ich› befelendt, vnndt vmb E. W. langes leben, langwirig‹er› gesundth‹eit› vnndt Selige Regierung hertzlich bittendt. Datum Speyer den 20 ‹Decem›bris 1574.
Edition der archivalischen Quellen
E. W. Vntertheniger Williger Dyener. Georgius Schoenerus. Minister Verbi Diuini [fol. 20r] [fol. 20v] Notiz einer anderen Hand: Hieruf ime zu beschaidt geb‹en› wan Er sich mit seinen widersachern die sach austragen seinn‹em› erbieth‹en› nach, vnnd nachmals wid‹er› ansuch‹en› werde, soll ime geburlich geantworttet, mög ein Rath leiden das Er noch ein Zeit inn dem haus so ime eingegeben, verpleiben.
Nr. 41 1574 Dezember 23 Protokolle über die Aussagen der vom Magistrat der Stadt Speyer am 23. Dezember 1574 zu dem Streit zwischen den städtischen Prädikanten und dem Pfarrer zu St. Gilgen verhörten Zeugen. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/9, fol. 27r–40v. [fol. 27r] Den 23. Decembris Anno etc 74 Seindt von den herrn Richtern, nachbenante personen, wegen des handels, So sich mit Magister Bernhard‹en›, M. Schönern, der Statt Predicanten, So dan D. Gotwald‹en› vnnd dem Pfahrher zu S. Gilgen den 13. vnnd 16. Decemb‹ris› iungst zugetrag‹en›, vermittelst gegebener trew verhört worden. Iacob von Weißenaw. Zeigt an, Er sey den 13. Decemb‹ris› iungst vf den abenndt, in der Zweigin haus zu gast gelad‹en› worden, vnnd gleichwoll etwas spet 182 , wie die andern gest albereit ein gessen hetten, dahin komen, Vnnd als Er sich zu [fol. 27v] disch gesetzt, hab Er gehört, das D. Gottwaldt mit herr Bernhard‹en› disputirt, vnnd lateinisch geredt, welchs Er nicht verstanden, hab doch endtlich von herrn Bernhard‹en› gehört, das Er zu D. Gotwalden gesagt, Er wolt gern, wie der pfarher zu S: Gilgen das verantworten
182 spet = spät.
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wolt, in dem Brotbrechen, dan neulicher Zeit, hab Er das nachtmal gehalten, domals zwene183 menner darzu gangen, vnnd als der pfarher das brott gebrochen vnnd dem einen geben zu ime gesagt, Er solts hinnemen, vnd solchs gleichwoll besehen, Ob Er fleisch vnnd bein darin finden wurd, der habs besehen, do hab der pfarherr ihn gefragt, was Er darin gefunden, [fol. 28r] Ob Er fleisch vnnd bein darin gefund‹en›, ferner zu ime gesagt, Er solt nuhn essen, welchs als es derselbig man gessen hab, gefragt, Ob Er den leib Christi gessen hette, was dan dieser (so neben ime gestanden) essen solt, wie vnsere vermeinte Lutherische oder Euangelische sagten. Vf diese herrn Bernhardts erzehlung, das der pfahrherr zu S. Gilgen der gestalt soll geredt haben, Hab D. Gotwaldt gesagt, dem wurd nit also sein, Daruf herr Bernhard angezeigt, Er habs von glaubhafften leuth‹en›, die dazumal in der Kirchen gewessen, nemlich‹en› zweien predicanten, deren der eine des graff‹en› von Sehnen der ander des graff‹en› [fol. 28v] von Nassau Kirchendiener seienn, welche solchs ihme herrn Bernharden also erzehlt. Daruf D. Gotwalt gesagt, Sie liegen184 wie verzweiffelte dieb vnnd bößwichter, vnnd wer solchs weiter sagte, der liege eben wie dieselbigen. Do hab Zeug gesagt, Es mocht herr Doctor nit also, es mocht der herr etwa domals nit darauß‹en› in der Kirchen sein geweß‹en›, vnnd hab die Zweigin ihn Gotwald‹en› gebetten, das disputiren vnderwegen zulassen, welchs Er zuthun zugesagt, vnnd doch vber ein viertheil stundt vngefehr wider angefang‹en› zu disputiren, Do hab Iohannes Rosenbach, {ein practicant} So auch darbei geweß‹en›, zu D. Gotwald‹en› [fol. 29r] gesagt, Er hett zuuorn zugesagt nicht mehr zu disputiren, vnnd itzt hube Er wider an, daruf D. Gottwaldt gesagt: das dich botts Marter als schelmen schendt etc Daruf sey Zeug hinweg gangen, wisse also weiters nichts anzuzeig‹en›. Der Prior zum heiligen grab. Als ime vorgehalten, Nach dem sich ein Zanck zwischen der Statt predicanten vnnd dem Pfarher zu S. Gilgen zugetragen, vnnd Sie die herrn Richter erkundigung einnemen solten, wie es darumb geschaffen, vnnd Ein Erbar Rath ihnen beuohlen, bey ime Priorn auch anzusuchen vnnd ihn dahin zuuermögen, das Er vnbeschwert [fol. 29v] bericht thun wolt, was ime vmb diesen handel bewust. Daruff der Prior sich gar freundtlich erbott‹en›, das Er einem Erbarn Rath zudien‹en› vnnd wilfahren gantz gewegen vnnd bereith, vnnd wolt auch bei eim E. Rath vnnd der Burgerschafft leib vnnd gut zusetzen, Dieweil Er sich aber beduncken ließ, das diese sach in ein weitleuffigkeit gerathen, vnnd Er nochmals von seiner ordentlichen Obrigkeit zur Kunndtschafft gezog‹en› werdenn möcht (damit nuhn ime, wan Er außerhalb rechtens etwas bekunntschafftet, nicht zu nachtheil oder verweiß gereich‹en› vnnd kunfftig viel excipiren daraus entstehen mocht, wolt Er vnnderthenig gebetten hab‹en›, [fol.
183 zwene = zwei. 184 liegen = lügen.
Edition der archivalischen Quellen
30r] ihnen dieser verhör gönstig zu erlaß‹en›, dan wan ein ding einmal vfs papier gebracht, so bleibe es gemeinlich fur vnnd fur. Iedoch vf eins Erbarn Raths begeren, wer Er vnbeschwert, per simplicem narrationem anzuzeig‹en›, wie sich der handel in der Zweigin haus zugetragen, doch das es nit vfs papier gebracht werde, Daruf die herrn Richter ime wegen seins freundtlichen erbieth‹en›s gedanckt, vnnd solchs ein E. Rath zuberichten angezeigt, auch es mit der verhoer pleiben laßen. Hans Dern Becker. Bericht, das sein schwager ein Nassauischer Rath D. Wilhelm genanth, alhier gewessen, welch‹en› [fol. 30v] Er in der Zweigin haus zu gast gelad‹en›, darzu auch herr Bernharden, D. Gotwalden, L. Siluium, Iacob von Weissenau vnnd Iohan von Rosenbachen geladen beruffen, do hab herr Bernhardt vnnd D. Gottwaldt vber essens miteinander angefangen zudisputiren, vnnd hab herr Bernhardt angezeigt, das neulicher Zeit zwen frembder predicanten alhier anekom‹en›, welche zu S. Gilgen in die Kirchen gangen, do der pfahrher doselbst das Sacrament gereicht, vnnd als zwene menner mit einander darzugangen, do hett der pfarher das brott gebroch‹en› vnnd zu dem einen gesagt, Er solts besehen, ob Er fleisch od‹er› [fol. 31r] bein darin finden wurd, vnnd als Er solchs gessen, gefragt, was meinstu das du itzt gessen habest, wan du den wahren leib Christi gessen, was wurd dan der ander, so neb‹en› dem gestanden, essen, daruf D. Gottwaldt gesagt, Sie (die herrn frembde predicanten meinent) liegen wie dieb vnnd boßwichter. Vf solchs herr Bernhardt geantwortt nicht also, es sein fromme menner, daruf D. Gottwaldt weiter gesagt, wer dem predicant‹en› zu S. Gilgen nachsagt, das Er also gesagt hab, der liege es wie ein dieb vnnd boßwicht. Daruf herr Bernhardt gesagt, So hab es der teuffel geredt. Iacob vonn Weissenau hab daruf gesagt, herr Doctor nit schelt also, ihr [fol. 31v] werd vielleicht domals nit in der Kirchen gewesen sein, Daruf D. Gotwaldt gesagt, Es mocht auch sein, vnnd haben es domals darbey bleiben lassen. Als Sie nuhn vmb acht vhren vonn einander gehen wollen, hab Gotwaldt gesagt, was itzt geredt word‹en›, das solt niemandt zu nachtheil gereichenn, sonder vnder der rosen geredt sein. Volgt die außag derer, So in der Kirchen zu S. Gilg‹en› gewessen, als sich der had‹er› vnder den paffenn vnnd D. Gotwalden zugetrag‹en›. Ezechiel Krieg. Zeigt an, als der predicant zu [fol. 32r] S. Gilgen den text Pauli vor sich gehabt von dem Abendtmal, denselben ausgelegt, Hab Er vnder anderm angezeigt, das ime schult gegeben wurd, als solt Er nicht recht lehren von der rechtfertigung vor gott: vnnd das er des Hosiandri meinunng verteidingen solt. Item das Er ein widerteuff‹er› sey vnnd dergleichen. Solchs hab Er alles widerlegt vnnd angezeigt, das Er zu Wittenberg durch Philippum Melanthonem zum predigAmt ordinirt, vnnd von der Churfurstlichen Pfaltz aus dem Ampt Altzey hieher beruffen, das man. Vnnd so viel seines gnedigsten herrn beruf besser were, als eins schusters oder schneiders, So viel were sein beruff
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anders als [fol. 32v] dessen so neulicher Zeit alhier zum predicanten angenomen (M. Georgium Schonerum meinent) vnnd das man ime schuldt geben wolt, das Er von dem nachtmal des herrn vnrecht lehren solt, mocht der so solchs von ime ausgeben, das sammet heublin woll von den Ohren ruck‹en› das Er besser hören konne, was Er sagt: Vnnd es hab auch der ienig so neulich alhier zum predicanten angenomen, bey der Churfurstlichen Pfaltz zu Heydelberg vmb dinst angehaltenn, vnnd doch sich nochmals von der Statt alhier bestellen lassen. Daruf Mag: Schonerus, so in der Kirchen geweß‹en› gesagt, Er liegs in seinen hals. Vf solchs der pfahrher zu S. Gil- [fol. 33r] gen M. Schonerum gefragt, Ob er nit der sey, so bey der Churfurstlichen Pfaltz vmb dinst angesucht, daruf M. Schonerus geantwortt, nein. Vf solchs hab der zu S. Gilgen ein schreiben holen laß‹en›, welche die Kirchenrath zu Heidelberg deshalben an ihnen geschrieben, welchs D. Hertzbach in der Kirchen offentlich verlesen, Do sey Zeug hinausgangen vnnd nichts weiters gehört Herr Bernhard‹en› hab auch zu dem pfahrherr zu S. Gilgen gesagt: Du hast auch vorgeben, das wir lehren solten, der leib vnnd blut Christi sey in oder vnder dem brot vnd wein, das sey erlogen, dan Sie [fol. 33v] lehreten nit also. Darnach Zeug aus der Kirchen gang‹en› vnd nichts weiters gehört. Georg Ebelman thut eben diesen bericht wie gehört. Allen zeigt weiters an, das als der Kirchenräth schreiben verlesen, welchs laut, das M. Schoner‹us› bei ihnen vmb dinst angesucht, daruff hab M. Schonerus, die Kirchenräth liegen eben so woll als Er der pfahrherr zu S. Gilgen. Herr Bernhardt hab auch gesagt es sey erlogen, das der Pfahrherr zu S. Gilgen, Georg Infantius genant itzt in der predig angezeigt, das sie [fol. 34r] lehren solten, das der leib vnnd blut Christi in, vnder, oder mit dem brott vnnd wein sey, dan Er herr Bernhardt lehret nicht also. Vf solchs Infanti‹us› gesagt, wan es nit sey, so must Er sein eigen gesellen herrn Eberreichen liegen heissen, welch‹er› ein eigenen Catechismum gemacht, dessen eigen handtschrift Er ihnen weisen konte, das Er also lehrete. Weiters weiß nicht zu berichten. Hans Rippel Thut gleichen bericht, wie gehort, vnnd das M. Schonerus den pfahrher zu S. Gilg‹en› vf der Cantzel liegen heißen, dar- [fol. 34v] umb das Er gesagt, als solt M. Schonerus zu Heidelberg vmb dinst angesucht habenn, daruf, daruf Infantius ein schreiben so die Kirchen rath deswegen an ihnen ausgeh‹en› lassen, durch sein weib in die Kirchen holen vnnd durch D. Hertzbachen lesen lassen. Das aber Schonerus die Kirchenräth liegen heiss‹en› dauon sagt Er nichts. Herr Bernhardt hab auch zum Infantio gesagt, was Infanti‹us› itzt in der predig Sie beschuldigte Als solten Er vnd seine gesellen vom nachtmal lehren, das der leib Christi in mit oder vnder dem brott sein solt, das sey erlogen.
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M. Infantius hab auch gesagt, [fol. 35r] das Schonerus von ime Infantio ausgeben, das Er nit ordentlich beruffen, Aber dem sey nit also, Sonder Er sey vom Churf‹ursten› beruffen, vnnd so viel der Churf‹urst› besser wer als ein handtwergs man, So viel sey sein Infantii beruff besser dan ihr beruff. Mehrers weiß Er nicht anzuzeig‹en›. [fol. 35v–40r] [fol. 40v] Notiz einer anderen Hand: Den Zanck zwischen der Statt Predicanten, vnnd dem pfarher zu S. Gilg‹en› belang‹en› Anno etc 74 v‹er›hort
Nr. 42 1575 Januar 3, Speyer Eingabe des Speyerer Prädikanten Georg Schöner an den Magistrat der Stadt Speyer Streitigkeiten mit dem reformierten Pfarrer von St. Ägidien, Georg Infantius, betreffend. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/9, fol. 21r–22v. [fol. 21r] Gottes Gnadt vnndt Fridt durch Ihesum Christum Seynen Eingebornen Geliebten Sohn vns‹ern› Eynigen Heylanndt vnndt Seligmacher, sambt hertzlicher wunschung eynes seligen Newenn ihars, zw ewiger vnndt zeyttlicher wolfart, vnndt erbiet‹en› meiner willigen, trewen, Christl‹ichen› Diennste, ieder zeytt zuuor, Erbare, Weyse, Fuersichtige, Goennstige Liebe Herrnn, Dieweil E W. zuuor gwte wißenschafft tragen, wye vnnschuldiglich doch, vndt wider meinen willen, auch ohne alle mutwillige verursach‹en›, ich in diesen Schweren Vnfall nottringlich gezogen, vnndt freuentlich gestuertzet worden. Desgleichen wye einen erbermlichen zwstandt vnndt iemerliche gelegenheit es vmb mich vndt die meine ietzundt hat, vnndt albereyt zwey von meinen Kyndern alhye ankommen, der andern aber mit der Mutter meiner h. lieben Hausfrawen vnndt vnns‹ere› armut teglich mus gewertig seyn. So gelannget nochmals ahn E. W. mein demuetiges, hochfleißiges bitten vnndt flehen, Sye wollen doch nicht also geschwindt wider mich, mit entsetzung meines befohlen Ministerii, procediren, noch so vbel ahn mir thun, Sonnder alle gefaste Indignationem christlich fallen laßen, mich widerumb gentzlich restituiren, vnndt mir die verheyßene Behausung goennstiglich
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einreum‹en› damit ich mit meinen armen, elenden hochbetruebten weyslen185 als ein vnwirdigster dyener vnndt Glidtmaß‹en› des Ewigen Allmechtigen Sohns Gottes vnnsers lieben Herrn IESV CHRISTI, auch vnnsere Kryppe vnnt‹er› obdach haben, vnndt nicht mutwilliglich in Ægypten verstoßenn werden. Das will dyeses Eynige, rechte, FrideFuerst Vnnser h. lieber Emanuel vnndt Bruder IESVS CHRISTVS als im Selbs zw Besonndern, pflichtig‹en› Ehren erzeiget, widerumb in allen Gna- [fol. 21v] den erkennen, So bin ich es auch vmb E. W., nach meinem hoechsten Vermoegen, ieder zeytt wideru‹m›b danckbarlich zuuerdienen erboettig, geneigt, ganntz willig vnndt geflißen, mit verner‹en› erbiet‹en›, nach dem diese Hochwichtige Sache bey meinem Gnedigsten Churf‹ursten› vnndt Herrn, mit eyttel, vnuerschembten vngrundt anbracht worden, iren Churf‹urstlichen› G. gruendtlichen GegenBericht, vnndt genugsame, Bestenndige Ablehnung deß‹en› in aller vnterthenigkeit zwthun, auch ohne eynigen E. W. nachtheyl (mit verleyhung Goettlicher Gnaden) Gottseliglich hinauszwfueren. Derwegenn nochmals zum demuetigsten vnndt hoechsten bytt‹en›, vnns arme, verlaßene mit eynem gwt‹en›, vnndt christlichen Bescheidt zum Newen ihar, lobwirdiglich zuuerehren vnndt inniglich erfreuen. So bin ich troestlicher zuuersicht vndt hoffnung Hochgedachter mein Gnedigster {Churf‹urst› vndt} Herr werde Seyne weydtberuemte Gnadt an mir vnwirdigen diener nicht verkuertzen noch versiegen laßen. E. W. in die Gnadt vnndt vetterlichen Schutz vnndt Schirm Gottes des Allmecht‹igen› trewlich befehl‹en›, vndt vmb derselbigen lang‹en› leben, langwirige gesundt‹heit› vnndt Selige Regierung hertzlich bitt‹en› Datum Speyer den .3. Ianuarii 1575. E. W. Williger Dyener. Georgius Schoenerus Minister Verbi Diuini [fol. 22r] [fol. 22v] Notiz einer anderen Hand: Lest man es noch zur zeit bei vorgebenem bescheidt pleiben, Soll sein handel austrag‹en›, vnnd sich ein Monat im Spital halten, biß vf weitern bescheidt.
185 weyslen = Waisen.
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Nr. 43 1575 März 1, Speyer Der Speyerer Prädikant Georg Schöner bittet den Magistrat der Stadt Speyer, ihm und seiner Familie noch eine Zeitlang seine Herberge und notdürftige Unterhaltung zu gewähren. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/9, fol. 23r–24v. [fol. 23r] Gottes Gnadt vndt Fridt durch Ihesum Christum Seinen Eingebornen lieben Sohn vnsern Eynig‹en› Heylandt vnndt Seligmacher, mit erbiet‹en› mein‹en› Lieben Vatter Vnsers, Sambt trewen, Christl‹ichen› Diennste zuuor, Erbare, Fuersichtige, weyse Goennstige Liebe Herrn vnndt Patroni E. W. sage ich aus grundt meines hertz‹en› wahrhafft‹en› vndt Schuldigen danck, fuer alle wolthaten Mir Armen, Elenden, Vnwirdigsten vndt verdruckt‹en› Diener vnsers lieben Herrn IESV CHRISTI, Sambt meiner hertz‹en› lieben Hausfrawen vndt Kyndernn, also gutwilligl‹ich› erzeiget. Innsonderheit aber fuer die Christliche vnterhaltung diese ietzt verschine bede Monat vber, Mit gebuerlicher demuetig‹er› erbietung, Solches mit hertzlich‹em› Gebet gegen Gott dem Herrnn, vmb E. W. langwirige gesundth‹eit›, langes leben vndt Selige Regierung, auch ewige vndt zeyttliche wolfart, Desgleich‹en› Sonnst nach meinem besten vermoeg‹en›, widerumb trewlich zuuerdienen, vnndt auch danckbar zuerzeig‹en›, So viel mir Gott der Herr, verheißener Gnade vndt Segens darzw verleyhen wirdt. Nach dem aber E. W. in irer gehalt‹en› Inquisition warhafftig‹en›, gruendtlich‹en› vndt bestendig‹en› Bericht eingenommen vndt auff die Rechte Spur vnndt hoffschlag kommen, wer die mutwillige, freuentliche, fridtheßige186 , verwegne vndt vnrwigige Auffwigler, Anfenger vnndt Redtlesfuerer dieses Schwehren, gefehrlichen handels Sindt, vndt das ich ie vnschuldiglich vnndt wid‹er› meinen willen, darzw kommen, vndt aus eyttel mutwillen, sehr arglistiglich vndt gefehrlich, gleich als mit den haren darzw gezog‹en›, darein gefueret, gestuertz‹et› vndt gahr tieff versenck‹et› wordenn. Also das es vast vnmoeglich Scheinet, ohne verletz‹en› vnndt große verkleynerung Goettlich‹er› Maiestat Ehr vndt Seligmach‹er› warheit, mich vor geleisten pflicht‹en› Schuldig‹en›, volkomenen Audientz, vndt eroerterung deßelbig‹en›, hinweg zwbegeben. Zw dem, ist E. W. vnuerborgen, das ich bis anhero an mir nichts hab erwinden laßen, allen nottwendig‹en› [fol. 23v] fleis vndt auch mein armut darauff zw wenden, damit es ie gefoerdert wuerde, vndt desto schleuniger vndt richtig‹er› von Satten187 gehen moegte. Aber es ist mir, leyder, alles vmbgeschlag‹en› vnndt mutwilligl‹ich› veruntrewet
186 fridtheßige = streitsüchtige. 187 Gemeint ist von statten.
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worden. So hat mich Gott der Herr darzw mit leibs Schwach‹en› angriffen, das ich nirgendt hin, ohne große gefahr, reysen noch mich wagen kahn oder darff. Bin auch dermaßen erschoepffet, das ich nicht hab meine notturfft zur Recuperation meiner verlornen gesundth‹eit›, gebuerlich fuerzwnemen. Ich kahn aber mit {vnwidersprechl‹icher›} warh‹eit› ohne vngebuerlich‹en› ruhm zuuermeldenn, affirmiren, das wie arm ich ietzundt bin, dennoch in wenig iharen, vor vndt in meinem Diuino Ministerio vmb ettliche dawsendt gulden, vnbilliger, mutwillig‹er› vndt vnchristlicher weis gebracht worden, vnndt ist desselbig‹en› gewaltsamen vndt verderblich‹en› entzihens noch kein endt. Mann weis auch sehr wol, wer meine Huener vndt Gens sindt, dye sich mit ehren vndt noch wol beß‹er› nennen vndt sehen doerffen laßen, als meines Gottlosen Simei vndt Schadenfroes, {der so gros zett‹er›188 geschrey mach‹er›} Denn ich schewe vnndt haße das liecht nicht, wie die vmbflige‹n›de fledermeuse vndt NachtEulen der Heymlichem Meuchl‹en›189 , dockmeus‹er›190 , Sycophantionen191 hoch verbotten‹en› vndt verpent‹en› Schmehe- vndt lesterkart‹en›, Sye Seyen gleich mit gruenem oder roth‹em› gefidert mit welch‹en› mann Sich insinuiret, mich in meinem Vnglueck noch mehr verhaßet, feindtselig‹er› vndt Stinckendt zw mach‹en›. So ich doch weder alhye, noch an andern orten, keine falsche, verfuerysche192 , Gotteslesterliche, ketzerische vndt verdamte lehre iemals wißentlich oder fuersetzlich iemals gefueret vndt spargiret, noch mit eynigen mutwilligen, Schedtlichen ergernis meines lebens die Gottliche Warheit des H. Euangelii nicht deformiret, wye meine Simeiten als lose lewte, verechter vndt verwegne vbelthet‹er›, mich in rucken, Schrifftl‹ich› vndt muendtlich, Aber doch felschlich, boeßl‹ich› vndt gifft‹ig› verunglimpff‹en›, vndt Sich einer auff E. W. referiren, gahr ein Heylreich‹er›, Eyferiger gesell. Es hat mir auch (Gott dem Herrn sey lob, ehr vndt preis) an vielfeltigen, angebott‹en›, gwten diensten nicht gemangelt, wie mann mit vnuerschembt‹em› vngrundt fuergibt. [fol. 24r] Vber das, scheme ich mich keines weges nicht, was mein Gnedigster Churf‹urst› vnndt Herr zw Heydelbergk, mit mir armen, vnwirdigen Diener, aus besonder Gnade, iemals gehandelt oder ich mit irer Churf‹urstlichen› G‹naden›, pro mea tenuitate Bin allezeit erboettig gewesen, freye, rondte, vffrichtige {lauttere} Antwort zw geben, was hieruon zw wiß‹en› von noet‹en› Seyn wuerde, So es ordentlicher weis vndt Sembtlich E. W. vndt meine bede College M. Bernhardus vndt H. Clemens von mir requiriret hetten. Beschließlich, wirdt mich nyemandts bereden, das mein‹en› Gnedigsten Churf‹ursten› vndt Herrn, an meiner Dimission ein solches großes gefallen geschehen, oder 188 189 190 191 192
zett‹er› = Not- und Klageruf, auch Gerücht. Heymlichem Meuchl‹en› = heimlichem Handeln. dockmeus‹er› = Duckmäuser = hinterlistiger, tückischer, betrügerischer Mensch. Sycophantionen = Sykophant = Verleumder, Lügner, Verräter, Denunziant. verfuerysche = verführerische.
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iemandt so fuerweglig Sey. Denn ich irer Churf‹urstlichen› G‹naden› gemuet beßer kenne, vnndt hab dennoch aus Gottes offenbart‹em› wort, So viel gelernet, das mann Mensch‹en› nicht gleiches vertrawen als Gott dem Herrn zueignen, noch wider Sein gewißen, vmb des Bauchs willen, ihnen nicht schendtlich heucheln solle. Bin auch kein Solcher Gnatho193 , die zeytt mein‹es› lebens, nyemals gewesen, wills auch nymmer mehr, durch Gottes huelff, werden. Demnach gelanget an E. W. mein hochfleißiges demuetig‹es› bitten vndt flehen, Sye wollen mich doch fuer vnbillig‹er› gewalt, gifftig‹er› Calumiis vndt betruebl‹ichen› Sarcasmis von der Cantzel, christlich Schutzen vndt beschirmen, vndt vnbeschweret Sein mir vndt den meinen noch ein zeyttlang diese herberg vndt nottuerfftige vnt‹er›haltung zwgoennen. Denn ich es wol weis E. W. reichl‹ich› vnndt vberflueßigl‹ich› widerumb zuerstatt‹en›, So mir Gott der Herr mier mein leben fristen, vndt Seine versprochene Gnade vnndt Segen mittheylen wirdt. Derselbige weis auch am besten, wie vngerrn ich E. W., die vor mit hoechsten lasten beschweret, iha eynig‹en› Mensch‹en› auff erden, die allergeringste beschwerung aufflade, wo mich nicht die dringende, vnuermeidtliche, Ehrhafftige noth darzw zwinget, welche mich auch von mein‹er› h. lieben hausfrawen vndt kyndern, mit großem Schmertz‹en› wid‹erumb› scheidet. Solch‹es› vmb E. W. wid‹erumb› danckbarlich zuuerdienen, Bin ich gantz willig vndt geflißen, E. W. in die Gnade vndt Vetterl‹ichen›, Allmecht‹igen› Schutz vndt Schirm Gott‹es› trewlich vndt hertzl‹ich› befel‹en›. Datum Speyer. den. 1. Martii. 1575. E. W. Trewer Diener. Georgius Schoenerus Minister Verbi Diuini. [fol. 24v] Notiz einer anderen Hand: Supplication M. Georgii Schöneri Soll hie zwusch‹en› Letare d‹as› best mit ime gethan werd‹en› P‹re›s‹entatu›m den 2ten Martii Ao etc 75
193 Gnatho ist der Name eines Schmarotzers bei Terenz, daher bedeutet diese Bezeichnung überhaupt Schmarotzer.
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Nr. 44 1575 März 13, Speyer Der Speyerer Prädikant Georg Schöner bittet den Magistrat der Stadt Speyer, ihm und seiner Familie noch länger ihre zugewiesene Herberge und notdürftige Unterhaltung zu gewähren. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/9, fol. 25r–26v. [fol. 25r] Gottes Gnadt vndt Fridt durch Ihesum Christum, Seinen Eingebornen Geliebt‹en› Sohn, vnnsern Eynigen Heylandt vndt Seligmacher, mit demuetiger erbietung meines Lieben Vatter Vnsers, sambt meiner, trewen Schuldig‹en› vndt Christlich‹en› diennste, zuuor, Erbare, Fuersichtige, Weyse, Goennstige Lieben Herrn vndt Patroni, E. W. sage ich {vndt die meine} nochmals zum allerhoechsten vndt aus grundt vnsers hertzen, ohn eynige heuchelley, vndt falschen Scheyn, gebuerlich‹en› vnndt pflichtigen danck, fuer alle herrliche vnndt christliche wolthaten, vns so gwtwilliglich erzeiget, insonderheit aber die Vetterliche Vnterhaltung. Demuetiglich erbietende, solches mit hertzlichem Gebet gegen Gott dem Herrnn, vmb E. W. langwirige gesundtheit, langes leben, vndt selige regierung, vndt nach vnsern besten vermoegen widerumb danckbarlich zwuerdienen, so viel vns Gott der Herr verheyßener Gnadt, vndt Seg‹en› darzw verleyh‹en› vndt mittheylen wirdt. Es gelanget aber an E. W. mein hohes, fleißiges vndt demuetig‹es› bitten vndt flehen, so es annd‹er›, ohn derselbig‹en› offension vndt mit gwtem willen gescheh‹en› kahn vndt mag, vns lennger Herberg an diesem ort, dahin wir bis anher verordtnet gewesen, vetterlich zwgoenn‹en› vndt ohn E. W. hochschedtliche, verderbliche Beschwerung, vnnser vnentberliche tegliche notturfft, nach irem freyen willen vndt wolgefallen, ohn eynigen vberflus, in vnser eingeben ‹gemach› laßen zw reichenn, [fol. 25v] damit es bey den pfruendtnern vnndt andern ie keine schele augen vnndt den Herrn pflegern vndt vns nachtheylige, vngegruendte rede geben, vndt daraus erwachsen moegen. Bis vnser lieber Gott so viel gesundtheit bescheret, vnndt Gnade verleyhet, sicher aus zw reysen, vndt mich auch (durch Gottes Huelff vndt Segen) wider‹umb› zuuersehen. Denn ich ia nicht gerrn wißentlich, fuersetzlich noch mutwilliglich E. W. eynige Vngnade vffladen wolte. Das sindt wir vmb E. W., nach vnnsern hoechsten vermoegen, mit schuldiger danckbarkeit widerumb zuuerdienen, erboettig vndt geflißen. Beschlieslich, ist meine demuetige, hoechste Bitte, E. W. wolle keine Offension wider mich concipiren, das ich nicht eygner person fuer derselbigen compariret, wie ich am liebsten gewolt. Denn ich mir gentzlich fuergesetzet, die verschine wochen, vnndt auch hewt fuer E. W. zuerscheinen, Aber aus ehrhafftig‹er› verhinderung meiner
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obligend‹en› vberfallenen schwach‹en›, darinnen impediret 194 vndt davon (wider meinen willen) abgehalten worden. Derwegen E. W. solches nach irem von Gott dem Herrnn, begabten Verstandt, christlich vndt goenstiglich annemen vndt versteh‹en› wollen. E. W. in die Gnade Gottes, vndt seinen Vetterlichen, Allmechtig‹en› Schutz vndt Schirm trewlich befehlendt vnndt alle wolfart, Ewige vnndt zeyttliche, zw leib vnndt seel hertzlich wunschendt. Datum Speyer den. 13. Martii. 1575. E. W. Trewer Diener. Georgius Schoenerus Minister Verbi Diuini. [fol. 26r] [fol. 26v] Notiz einer anderen Hand: Supplication M. Georgii Schöneri Ist bewilligt, das man noch biß vf Ostern das best mit ime thun wölle, inn des soll Er sich anders wo hin versehenn. P‹re›s‹entatu›m den .14. Martii Anno etc 75.
194 impediret = verhindert.
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Nr. 45 Kurz vor 1576 Dezember 28195 Anonymes Schreiben an den Magistrat der Stadt Speyer, das einem der beiden Bürgermeister in sein Haus geworfen wurde. Der Verfasser warnt vor einem geplanten Aufruhr der Reformierten (Zwingler) in der Stadt. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 33r. Mein leidt hab ich nit konnen verhalten, wie das ich ein eidt hab mussen schweren, das ich es nit wolle sagen, wie d‹as› die Zwingler haben zu dem Pfaffen geschworen inn der Statt das niderst das oberst zu machen, Vnnd hat der Hanß Busemeyer ein eidt geschworen inn deß Iorg Geyers hauß, er wolle den herrn aus der Newen stuben drei nacht mit steinen einwerff‹en› vnnd darnach soll die vffrur angehen, vnnd soll die letzt nacht vff der vnschuldig‹en› kindel tag angehn gescheh‹en›, hiemit haben sie die Predicanten schelmen vnd dieb gescholten, Vnnd sagen der herr Bernhart soll wider ghen Heidelberg ziehen, so wurde er wol sehen, wie er wider heim komme, Deßgleichen haben sie am Mitwoch zu Nacht inn deß Iorg Geyers haus zu nacht gessen, vnnd ist der Hans Bußemeyr frei herfur gang‹en› vnd hat zwen stein inn die fenster geworffen, vnnd darnach in deß Dauid Meurers hauß geloffen, das man ine nit hat gesehen, Ich hab auch mit inen gessen zu nacht, ich hab ein eidt geschworen ich wolle es nit sagen, od‹er› hetten mich erstochen, Also hab ich es geschrieben. Ich kann nit viel schreiben, ich pitt ir wollets nit versaumen, dann auff den vnschuldig kindel tag nach Mittag soll es anfang‹en›, Der Doctor Gotwaldt soll ir Hauptman sein Dat‹um› inn der eill. Auf der Rückseite (fol. 33v) mit A gekennzeichnet.
195 Die Datierung beruht einerseits auf dem Hinweis in der Quelle, dass ein angeblich geplanter Aufruhr in der Stadt Speyer am Tag der unschuldigen Kinder am 28. Dezember (der vnschuldig‹en› kindel tag) geschehen soll und andererseits auf der Erwähnung des kurz zuvor erfolgten Empfangs dieses Briefs in einem Dokument des Speyerer Magistrats vom 16. Januar 1577 (StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 7r–12v [Druck: EA, Nr. 48]. Abschrift: StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 14r–18v), sodass das Schreiben im zeitlich nahen Vorfeld des 28. Dezembers 1576 verfasst worden sein muss.
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Nr. 46 Kurz vor 1577 Januar 6196 Anonymes Schreiben an den Magistrat der Stadt Speyer, das einem der beiden Bürgermeister in sein Haus geworfen wurde. Der Verfasser warnt vor einem geplanten Aufruhr der Reformierten in der Stadt. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 34r–34v. [fol. 34r] Ir lieben herr deß Raths zu Speier, hiemit will ich euch warnen vnnd antzeig‹en›, wer das den Hanß Miller willn hat zu erstechen, das hat der Duman Pflaum gethon, vnnd der Hans Busenmeyr hat ime geleucht, Disse zwen sindt ausserwölt, das sie ein raths person oder etzlich sollen vmbringen, darumb schickt euch dartzu, dann der Gorg Geyer sagt die herrn von Speier seien schelmen vnd dieb, dann sie haben ime den kopff abschlagen wollen, seien nit also ehrlich gewesen, dann zu S. Gilg‹en› inn d‹er› kirchen, hab‹en› sie zusamen geschworen, das irer vff die 400 sindt, die wollen vff den donnerstag nach der Heiligen drey konig tag die Statt d‹as› vnderst d‹as› oberst kheren, vnnd ist ir anschlag, d‹as› sie die Statt an dreyen ortten mit fewr antzunden vnnd verbrennen, darnach konden sie zusamen khommen, Wa sie aber das feur nit konden zuwegen pringen, solten sie wartten, vnnd die kirch auff den Sontag angreiffen, vnnd das Kindt im Mutter Leib verderben, Hiemit ir lieben frommen vnd getrewen Herrn seiet gewarnet, dann diß ist d‹as› zweit mal das ich euch gewarnet hab, hiemit saumbt euch nit lang, dann die Franckenthaler werden mehr dann das halb theil inen zu hulff khommen, Wa ir das versaumet, werden ewre burger gar heßlich dartzu sehen vnnd euch vielleicht selber erschlagen, weill das die Chammerg‹erich›ts Personen haben wollen, wa ir nit wollet sehen, das ein einigkeit inn der Statt ist, So wollen sie euch den schlussell nehmen, vnnd wollen sie [fol. 34v] Herrn inn der Statt werd‹en›. Dann sie wol wissen, das die burger gesagt haben, das inen eben seie als wann sie die Herrn zu der Statt schicken, als ob mann sie zu einer guten maltzeit hette geladen od‹er› sonst zu einer grossen freudt, Dann sie sprechen alle Tag, der Teuffell soll das den Herrn danck‹en›, Damit seit gebett‹en› vnd habt gut acht, dann ir willige burger habt, vnnd lasset sie wach‹en› tag vnnd nacht, damit es nicht geschicht, Hiemit Gott beuohlen, Ich will daruon vnnd der schlappen nit wartt‹en›.
196 Folgebrief von Nr. 43. Der Hinweis in der Quelle, dass ein angeblich geplanter Anschlag in der Stadt Speyer am Donnerstag nach dem Dreikönigstag (vff den donnerstag nach der Heiligen drey konig tag) erfolgen soll, spricht für eine Abfassung des Schreibens kurz vor dem 6. Januar 1577.
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Notiz auf fol. 35v: Schreiben so beden Burgermeistern zu Speir das mit A. dem Petsch‹en›197 , vnd d‹as› mit B. dem Permenter 198 inn die Heußer geworffen sein word‹en›. Darunter mit B gekennzeichnet.
Nr. 47 1577 Januar 14, Aschaffenburg Der Mainzer Kanzler Christoph Faber fordert den Magistrat der Stadt Speyer auf, drohende Bürgerunruhen in Speyer abzuwenden. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 24r. Des Cantzlers von Meintz schreiben Es ist glaubwirdig geschrey199 zu vns kommen, das burgermeister vnnd raht, nitt wenig sich besorgen vor einer auffruhre, welche ettlich vnter das volck zu bringen sich vnterstehn wöllen. Eß wölle aber der almechtig gott solch groß vbel von dieser stadt abwenden, auß welcher alle rechte vnnd gemeiner lands friede, dem gantzen reich deusch landt gebotten vnnd mittgetheylt wirdt, dan wo solchs fewer an krefften zunemen vnnd alles gemeines volck zu einer vnsinigkeytt gerahten solt, wurden nicht allein die geistlichen vnnd Euere geschlechter, sonder auch das höchste gericht des keyserlichen Camergerichts, in höchster gefahr stehn, des wegen die grausamsten straffen, wo nicht auch gantze vmbkerung der stadt erfolgen muesten, Derhalben bugermeister 200 vnnd raht ihnen selbsten, vnd disen gefahrlichen zeitten wachen wöllen, vnd höchsten fleiß anwenden, das b die burger alls ihre gelider, dem rechten haupte, beystehn, vnd in einigkeyt erhalten werden, die erbitterung der gemutter abgeschaffet sein mögen, also das aller glaubigen hertzen wie eine seele seien. Welches dan geschehen mag, wen die warheytt so von himel herab kommen, vnd welche vnß der son Gottes selbst‹en› gelehret, fur eine vnvberwundtliche grundtfeste angenommen wirdt, hiemitt gott bevohlen, date auß Aschenburg den 14 Ianuarii Anno 1577 Christoph faber .d.
197 Christman Petsch, Bürgermeister der Stadt Speyer im Zeitraum 1575 bis 1593 (im zweijährigen Turnus) (Harster, Speierer Bürgermeisterliste, 70f). 198 Frantz Permenter, Bürgermeister der Stadt Speyer in den Jahren 1575 und 1577 (Harster, Speierer Bürgermeisterliste, 70f). 199 geschrey = Gerücht. 200 Gemeint ist burgermeister.
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Nr. 48 1577 Januar 16, [Speyer] Instruktion des Magistrats der Stadt Speyer für seinen Gesandten, Stadtschreiber Lizentiat Joseph Feuchter, was dieser Kurfürst Ludwig [VI. von der Pfalz] mündlich vorbringen soll. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 7r–12v. Abschrift: StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 14r–18v. [fol. 7r] Instruction was vnser eins Erbarn Rhats der Statt Speyr abgesander, der hochgelert vnnser Stattschreiber Licentiat Joseph Feuchter, bei dem durchleuchtigsten hochgebornen vns‹er›m Gnedigsten Churfursten vnnd hern, Pfaltzgraue Ludwigen (mundtlich werb‹en› vnnd furbringen soll. Erstlich soll vnnser gesandter sich zum furd‹er›lichst‹en› an das ort vnnd ende, do ire Churf‹urstlichen› g‹naden› anzutreffen, verfug‹en›, die sach‹en› alles müglich‹en› vleiß dahin dirigiren vnnd richt‹en›, Damit er durch ein vertraute, vnnd ime wolbekante Person, auch wo muglich, durch hern Doctorem Georgi‹um› Marium, irer Churf‹urstlichen› g‹naden› Leib Artzt, inn der geheim vnnd vnuermerckter ding‹en›, bei irer Churf‹urstlichen› g‹naden› vnd‹er›thenigst angezeigt, vnnd durch ire Churf‹urstlichen› g‹naden› selbst personlich Allein in dero Gemach inn seinem werb‹en› vnnd furpring‹en› gnedigst möge angehört werd‹en›, Darauff er dann vff gnedigste erlangte Audientz, Neb‹en› vberraichung vnsers Credentz schreibens201 , irer Churf‹urstlichen› g‹naden›, neb‹en› vermeldung vnserer vnd‹er›thenigst‹en› gantz gutwillig‹en› ge- [fol. 7v] flissenen dinst‹en›, von Gott dem Almechtig‹en› langwirige stete gesundtheit gluckliche fridsame Regirung, vnnd aller sach‹en› gluckselig‹en› zustandt vnnd wolfart von hertz‹en› wunsch‹en›, vnnd darauff ferners vnd‹er›thenigst furpring‹en› soll, Wiewol irer Churf‹urstlichen› g‹naden› Als welche dieser zeit, newer Angehender leblicher Churf‹urstlicher› Regirung halber, mit and‹er›n viel‹en› hochwichtig‹en› geschefften teglichs beladen, wir mit vnsern sach‹en› zu molestiren vnd‹er›thenigst gern verschonet hab‹en› wolt‹en›, Iedoch das wir vnserer Aydt vnnd pflicht halb‹en›, damit wir vnsers gemeinen nutzes gross‹en› vnwid‹er›bringlich‹en› schad‹en›, nachtheil, vnnd besorgende vorsehende hohe geferlichkeit abzuwend‹en›, vnnd dargeg‹en›, alles das ienig, was zu dess‹en› wolfart vnnd vffnemen, auch zu erhaltung guter pollicei, ordnung, fridt vnd Ainigkeit dienlich, muglichs vleiß zu befurd‹er›n, vnns schuldig erkennen, ein solches biß ire Churf‹urstlichen› g‹naden› wid‹er› herab inn die Churfurstliche Pfaltz khommen hette mög‹en›, nit einstell‹en› kondt‹en›, sunder vnserer
201 Credentz schreibens = Kredenzschreiben, Beglaubigungsschreiben.
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vnuermeidenlich‹en› hochtringend‹en› Notturfft nach, vnser gemeiner Statt Speyr hohe vntregliche [fol. 8r] obligende Beschwerd‹en› vnnd Anlig‹en› iren Churf‹urstlichen› g‹naden› also vnd‹er›thenigst Clags weiß anbring‹en› zu lass‹en›, nit vnderlass‹en› konnen, gantz vnd‹er›thenigst hochstes vleiß pittende, ire Churf‹urstlichen› g‹naden› geruch‹en› solches mit allen Churf‹urstlichen› g‹naden› anzuhoren, zu hertz vnd gemut zu furen, vnnd vnns darauff gnedigste willferige Antwort wid‹er›faren zu lass‹en› vnnd demnach wir inn keinen Zweifel setzen, iren Churf‹urstlichen› g‹naden› vnuerborg‹en› sein wurde, welcher gestalt irer Churf‹urstlichen› g‹naden› geliebster herr vatter seligster miltister gedechtnus, als ire Churf‹urstlichen› g‹naden› berichtet word‹en›, was mass‹en› der ienig Meß Prister, so den herder hoff zu Speyr besessen, vnnd die Pfarr Sanct Egidien dero orts, so der Probstei zu herdt angehörig, von dem Probst zu herdt ime zuuerseh‹en› bevolh‹en› worden, ein solch ergerlich Leicht fertig leb‹en› gefurt, das ire Churf‹urstlichen› g‹naden› als des Closters herdt ErbCassten Vogt, schutz vnnd schirm herr, denselb‹en› Priester abzuschaffen, vnnd ein and‹er›e taugentliche qualificirte gelerte Person an sein statt gnedigst dahin zuuerordnen hochlich verursacht sei worden, Darauff dann ire Churf‹urstlichen› g‹naden› durch derselb‹en› Abgesande [fol. 8v] Kirch‹en› Rhäte, Ludwig Marckhart vnnd Iohann Thoman Broll‹en›, dozumal gewesenen schaffner zu herdt vnns Iohannem Willingum, irer Churf‹urstlichen› g‹naden› gewesenen hoffpredigern, solche pfarr hinfuran zuuerseh‹en›, vnns Anno etc 72202 p‹re›sentiren, vnnd sich darneb‹en› so schrifftlich so mundtlich durch baide abgeordnete Kirch‹en› Rhät dahin gnedigst erklert vnnd erpotten haben, Auch and‹er›er gestalt von vnns in solche presentation nit bewilligt word‹en›, wie wir dann sunst‹en› auch ein solches, vermög heilsamen vffgericht‹en› Religion fridens, zuthun nit schuldig gewesen, dann das d‹er›selbig mit predigen vnnd verkundung des heilg‹en› gotlich‹en› seligmachend‹en› worts, Auch Administrirung vnnd Austheilung der heilg‹en› Sacrament‹en›, sich der Augspurgisch‹en› Confession gemeß erzaig‹en›, vnd in all‹en› ding‹en› mit vnsern Predicant‹en› inn der Lhere vnnd raichung d‹er› Sacrament‹en› gleichformig vergleich‹en› vnnd verhalt‹en› solt, Wie dann solches alles noch mit irer Churf‹urstlichen› g‹naden› schreib‹en›, vnnd ferner darauff durch die obgemelte Rhät mundtlich bescheh‹en› furbring‹en› zubeweis‹en› vnnd darzuthun, [fol. 9r] Als Aber d‹er›selbig nachvolgents mit Todt abgang‹en›, vnns darauff von irer Churf‹urstlichen› g‹naden› Kirch‹en› Rhät‹en› ein and‹er›er Georgius Infanti‹us› genant, one Ainiche vorgehende Presentation od‹er› schrifftlich noch mundtlich ersuch‹en›, vffgetrung‹en› worden, welcher bißanhero nit allein obgemelt‹en› gnedigst‹en› erpiet‹en› nach der Augspurgisch‹en› Confession nit gemeß gelert, noch gepredigt, sunder dem Caluinisch‹en› irthumb anhengig gewesen, dem wir also bißanher nit mit gering‹en› beschwerd‹en› aller hanndt ferner vnrhat vnnd besor-
202 Gemeint ist das Jahr 1572.
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gende hohe vngnadt dardurch zuuorkhommen, mit gedult ein zeitlang nachgeb‹en› vnnd zuseh‹en› must‹en›, Dieweil wir ab‹er› ietzund‹er› vff hochgedachts E. Churf‹urstlichen› g‹naden› geliebt‹en› hern vatters seligster miltester gedechtnus Todlich‹en› Abgang laider mit bekummert‹en› schmertzlich‹en› gemut befinden, das solcher Georgius Infanti‹us›, solch‹en› seinen Caluinisch‹en› irthumb noch gewaltig‹er› vnnd bestandhaffter, dann vorhin bescheh‹en›, inn d‹as› gemein Volck zutring‹en›, vnd einzupflantz‹en› vnd‹er›stehet, vnnd von Tag zu tag mit seinem Caluinisch‹en› irthumb ime einen gross‹en› Anhang vnnd zulauff macht, Alle seine Predigt‹en› dahin dirigirt vnnd richtet, das dieselbige mehr zu zerruttung gut‹en› burgerlich‹en› [fol. 9v] wesens, vffrhur, vnnd des gemeinen mans geg‹en› seiner von gott verordenter ordenlich‹er› Obrigkeit zu halstarrig‹en› vngehorsam vnnd wid‹er›setz‹en›, dann zu erbawung Christlich‹er› Kirch‹en›, vnnd erhaltung guter Pollicei ordnung dhienlich, vnd‹er› dem gemeinen man allerhanndt bose verdechtliche vffrurische Red‹en› sich teglichs verlauffen vnd zutrag‹en›, wir in gewisse erfarung khommen, das alle die ienige Personen, so seinem Caluinisch‹en› irthumb Anhengig, vnnd sein Predig‹en› besuchen, sich kurtz verruckter zeit in offentlicher Kirch‹en› zusammen Confoederirt vnnd verbund‹en›, Auch ir Nachtmal darauff empfang‹en› hab‹en› soll‹en›, von solch‹en› Caluinisch‹en› irthumb nit abzuseh‹en›, sund‹er› bei demselb‹en› bestandhafft zu pleib‹en›, vnnd zuuerharren, Newlicher Tagen ein Rhats Person bei nechtlicher weyl bei seiner haußthur durch einen vnbekant‹en› verwartet, one Ainiche gegebene vrsach also gewalthettig‹er› weiß mit einem bloss‹en› wehr vff ine zugestoch‹en› worden, das wo der Allmechtig gott dasselbig nit gnedig verhutet, vnnd solche Rhats person die thur nit so baldt geöffnet, er dardurch also vnuerschulter sach‹en› inn gefhar leibs vnnd lebens steh‹en› muss‹en›, Auch an and‹er›n ort‹en› bei nechtlicher weil mit [fol. 10r] blosser wehr vnd‹er› den haußthuren ein gestoch‹en› word‹en›, Zu dem als auch verschinen S. steffans Abent zwusch‹en› sechs vnnd sieb‹en› vhren baide Burg‹er›meistere, sampt noch etlich‹en› and‹er›n Rhats Personen beieinand‹er› vff irer stub‹en›, do sie teglichs zu gewonlich‹en› stunden zusammen zu khommen pfleg‹en›, bei einand‹er› vertreulich203 zu red‹en› gesess‹en›, zwen solcher starcker steinwurff in die fenster nacheinand‹er› bescheh‹en›, das d‹as› plei204 an den fenst‹er›n dauon zersprung‹en› vnd erschmettert word‹en›, Auch seither noch einmal bei nechtlich‹er› weil ein gleichmessig‹er› steinwurff in bemelte fenster, welcher doch nit Angang‹en›, beschehen, zu dem das auch nacheinander zwen brieff, so wed‹er› vnd‹er›schrieb‹en› noch verpitschirt 205 gewesen, vns‹er›n Burg‹er›m‹eister›n in ire heuser heimlich‹er› weiß geworff‹en› vnnd vngeferlich des inhalts gewesen, das er
203 vertreulich = vertraulich. 204 plei = Blei. 205 verpitschirt = petschiert, (mit einem Petschaft) versiegelt.
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seiner Aidt vnnd Pflicht halb‹en› Burg‹er›meist‹er› vnnd Rhat treulich zuuor warnen nit vnd‹er›lass‹en› konne, das sie zu iren sach‹en› vleissigs auffsehens hab‹en›, dann die Caluinist‹en› zusammen geschworen, die statt zuuerrhat‹en› vnnd anzugreiff‹en›, vnnd d‹as› diß das wort zeich‹en› sein solt, das drei wurff nacheinand‹er› in die fenster vff obermelter stub‹en› beschehen sollen, Deßweg‹en› wir dann nit vnzeitlich, allerhanndt [fol. 10v] besorgende geferlichkeit dardurch zuuerkhommen, solche warnung dannocht nit in windt zuschlag‹en›, sunder als der ordenlich Magistrat vnnd obrigkeit, vnsere sach‹en› wol whar zunemmen, vnnd gute starcke Tag vnnd nacht wach anzustell‹en›, hochlich genottrengt, vnnd vervrsacht word‹en›, vnnd daher der trostlich‹en› hoffnung vnnd zuuersicht seien, Es soll durch hilff vnnd Beistanndt des Almechtig‹en› allerhandt vffrurisch‹en› heimliche Practic vnnd verrhetterei dardurch verhutet, vnnd fridlich ruwig wes‹en› dardurch erhalt‹en› werd‹en›, Wann vnnd 206 aber vnsere Burgere solche starck wacht Tag vnnd nacht nicht in die leng allein zuuerseh‹en›, hochbeschwerlich fallen will, wir aber von weg‹en› vielfeltig‹er› Reichs Anlag‹en› vnnd and‹er›n teglich‹en› ausgab‹en› zu Notturfftig‹er› Bestellung vnnd versehung solcher wacht‹en›, and‹er›e Kriegsleut anzunemmen vnnd zu bestell‹en› nit müglich, Darneb‹en› ab‹er› nit allein vnser Burg‹er›schafft, sund‹er› auch ein hochloblich Collegium des kay‹serlichen› Chammergerichts, welch‹em› wir von der kay‹serlichen› M‹aieste›t vnd des heilg‹en› Romisch‹en› Reichs weg‹en› schutz vnnd schirm leist‹en› soll‹en› vnnd müss‹en›, in grosser geferlichkeit stehen, vnd von Tag zu Tag ie lenger ie mehr vff- [fol. 11r] rurische Reden sich vnd‹er› dem gemeinen man, Als wann alle solche biß Anhero vffrurische verloffene handlung‹en› von den ienig‹en› Personen, so dem Caluinismo anhengig, daher ruren solt‹en›, inen diese nachgedenck‹en› mach‹en›, vnnd wir also daher leichtlich nichts and‹er›s, wo solch‹en› ding‹en› leng‹er› zugeseh‹en›, vnnd mit zeittig‹em› rhat nit vorkhommen vnnd begegnet werd‹en› solte, dann das der gemein Man dardurch zur vngedult vnnd gemeinem vffstanndt leichtlich bewegt werd‹en› möchte, auch grosse schwere vngnadt von d‹er› kay‹serlichen› M‹aieste›t vnnd Allgemeinen Stend‹en› des Reichs befaren vnnd besorg‹en› muss‹en›, So gelange demnach hierauff an ire Churf‹urstlichen› g‹naden› vnser gantz vnd‹er›thenige hochvleissige Pitt, die geruch‹en› alle solche oberzelte hochbeschwerliche sach‹en› vorstehende grosse geferlichkeit des kay‹serlichen› Chammergerichts daran dem gantz‹en› heilg‹en› Romisch‹en› Reich, Auch E. Churf‹urstlichen› g‹naden› als desselbig‹en› von des Reichs weg‹en› verordnet‹en› schutz vnnd schirm hern, mercklich hoch vnnd viel geleg‹en›, sampt and‹er›n mehr hoh‹en› besorgend‹en› vnrhat, so leichtlich daraus erfolg‹en› möchte, mit all‹en› Churf‹urstlichen› gnaden zu hertz‹en› vnnd gemuet zufuren, vnnd dero angeborner hochrhumlich‹er› Churf‹urstlicher› gnadt milte vnnd gute [fol. 11v] als ein Christ libend‹er›, vnd der wharen vnd seligmach‹en›d‹en› Augspurgisch‹en›
206 Hier ist eigentlich vnns gemeint.
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Confession verwanter Churfurst solch‹en› bemelt‹en› Pfarrherrn zu S. Egidien zum furderlichst‹en› ab vnnd hinweg zu schaff‹en›, damit wir geg‹en› vnsern Burgern, deßgleich‹en› auch ein hochloblich Collegium, des kay‹serlichen› Chammergerichts, geg‹en› den ienig‹en› irer iurisdiction vnd‹er›worffenen, vnnd solchem Caluinisch‹en› irthumb Anhengig‹en› Personen, die gebur vnnd ernst (ferner vnrhat vnnd besorgende geferlichkeit dardurch zuuorkhommen,) auch wiss‹en› zuuerschaffen, vnnd furzunemmen, vnnd also dardurch dieser Caluinisch‹er› irthumb abgeschafft, das heilig gotlich seligmachende wort gottes, vnnd Administration der heilg‹en› Sacrament‹en›, nach ausweisung d‹er› Augspurgisch‹en› Confession gepredigt, vnnd ausgetheilt, vnnd gute Pollicei vnnd fridliche Ainigkeit dardurch gepflantzt vnnd erhalt‹en› werden möchte, Wie wir dann hierzu drei vnd‹er›schiedliche Kirch‹en› in vnser Statt hab‹en›, vnnd zu erbauwung Christlich‹er› Gemeinde, das heilig gotlich wort, nach ausweisung der Augspurgisch‹en› Confession durch vnsere darzu bestelte Predicant‹en› an den Sontag‹en›, feierTag‹en›, vnnd sunst [fol. 12r] in der wuchen predigen vnnd die heilg‹en› Sacramenta administriren lass‹en›, vnd also meniglich zu trost heil, nutz, vnnd wolfart seiner seel vnnd seligkeit notturfftiglich doselbst vnd‹er›wisen, vnnd solche p‹re›dig‹en› besuchen kan, Solches neb‹en› dem ire Churf‹urstlichen› g‹naden› geg‹en› gott dem Almechtig‹en› ein Angenemes gotseligs werck, Als welche sich seiner Christlich‹en› Kirch‹en› aus eingepflantzt‹en› gotselig‹en› eiferich‹en› gemut, in dies‹en› erbermlich‹en› letzt‹en› zeit‹en› also getreulich angenommen, vnd den wid‹er› sein heilig gotlich wort einreissend‹en› verfurisch‹en› vnnd vffrurisch‹en› irthumb des Caluinismi abgeschafft, vnd dardurch friedt vnd ainigkeit vnder meniglich‹en› gepflantzt, vnnd erhalt‹en› haben, Werde es auch iren Churf‹urstlichen› g‹naden› bei dem heilg‹en› Romisch‹en› Reich zu sundern hochrhumlich‹en› lob vnd ehren geraich‹en›, Auch wir ein solches nach vnserm eusserst‹en› vermög‹en› mit schuldiger danckbarkeit vmb ire Churf‹urstlichen› g‹naden› hinwid‹er› zuuerdienen, ied‹er›zeit gantz willig vnnd genaigt erfund‹en› werd‹en›, vnnd sich also sunst dieser vnserer Instruction gemeß erzaig‹en›, vnnd was zu befurd‹er›ung solch‹er› sach‹en› immer nutzlich befurlich vnnd ersprießlich sein kan, an ime nichts erwind‹en› lassen, wie wir ime dann dero orts wol ange- [fol. 12v] trawen, vnnd Alles seinen getrewen muglich‹en› vleiß fur sich selbst‹en› zuuerricht‹en› wol genaigt sein wissen, Des zu warem vrkhundt alle obgeschriebene ding damit zubecrefftig‹en› haben wir zu endts dieser Instruction vnser Statt Secret Insigel hiefur getruckt, Welches geb‹en› vnnd bescheh‹en› ist den sechzehend‹en› Tag des Monats Ianuarii des sieb‹en› vnnd sibentzigst‹en› Iars.
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Nr. 49 1577 Januar 17, [Speyer] Kredenzschreiben des Magistrats der Stadt Speyer für die Vorsprache seines Gesandten, Stadtschreiber Lizentiat Joseph Feuchter, bei Kurfürst Ludwig [VI. von der Pfalz]. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 2r–3v. Siegel fehlt. [fol. 2r] Durchleuchtigster hochgeborner Churfurst .E. Churf‹urstlichen› g‹naden› seien vnser vnd‹er›thenigste bereit gutwillige vnd gevlissene dienst zuuor, gnedigster Churfurst vnnd herr, wir haben Brieffszaigen, den hochgelert‹en› vnsern Stattschreiber, Licentiat Ioseph feuchtern, etliche wichtige sach‹en›, daran vnns vnnd gemeiner Statt Speyr mercklich hoch vnnd viel gelegen, bei .E. Churf‹urstlichen› g‹naden› in vnd‹er›thenigkeit mundtlich zu werben vnnd furzubring‹en›, abgesandt, Hieruff so gelangt an .E. Churf‹urstlichen› g‹naden› vnser gantz vnd‹er›thenigste hochvleissige Pitt, die geruchen der sachen wichtigkeit nach, ime selbst personliche gnedige Audientz zu geb‹en›, in solchem seinem werben vnnd furbring‹en›, als wann wir selbst personlich zu geg‹en› weren, volkhommen glaub‹en› zuzustellen vnnd darauff vnserm vnd‹er›thenigst‹en› guthertzig‹en›, vnd vngezweifelt‹en› vertrauwen nach gnedigste willferige Resolution vnnd antwort erfolg‹en› zu lassen, Dardurch, neb‹en› dem die ehr Gottes vnnd sein heilig gotlich wort befurd‹er›t, der gemein nutz dardurch erhalt‹en›, Auch solch[em] zu gutem friedlich‹en› wesen vnnd Ainigkeit geraich‹en› thut, Wollen vmb E. Churf‹urstlichen› g‹naden› wir auch ein solches hinwiderumb mit vnsern vnd‹er›thenigst‹en› geflissenen dienst‹en› inn schuldig‹er› danckbarkeit nach vermuglichkeit zuuerdienen iederzeit gantz bereitwillig vnd gefliss‹en› erfund‹en› werd‹en›. Datum den 17t‹en› Ianuarii A‹nno› etc 77. Burgermeistere vnd Rhat der Statt Speyr [fol. 2v] [fol. 3r] [fol. 3v] Adressat: Dem Durchleuchtigsten Hochgebornen Fursten, vnnd herrn, hern Ludwigen, Pfaltzgrauen bei Rhein, des heilgen Römischen Reichs ErtzTruchsassen vnnd Kurfursten, Hertzogen in Beyern etc vnserm Gnedigsten herrn. Notiz einer anderen Hand: Burgermeister vnd Rath zu Speir bittenn iren Stattschreiber inn seiner Mundtlichen werbung zehoren Notiz einer weiteren Hand: P‹re›sentirt den 28t‹en› Ianuarii Anno etc 77.
Edition der archivalischen Quellen
Nr. 50 1577 Januar 22, Speyer Der Speyerer Bischof, Propst zu Weißenburg und Präsident und Beisitzer des Reichskammergerichts Marquard von Hattstein bittet Kurfürst Ludwig [VI. von der Pfalz] aufgrund von Unruhen in der Stadt Speyer um Schutz und Schirm des Reichskammergerichts. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 25r–26v. [fol. 25r] Durchleuchtigster hochgeborner Churfurst, Ewer liebden vnnd Churfurstlichen gnaden, seien vnser willig vnnd vnderthenigste dienst ieder zeit besten vermögens zuuorn, besonder lieber Herr vnnd freundt, auch gnedigster Herr, Welchermassen etlich gantz beschwerlich anzaigunge‹n› zur gefhärlicheit, in dieser Stat Speier ein zeitlangherr sich eraigen wöllen, das werden Ewer liebden vnd Churfurstlichenn gnaden, aus allerhandt nunmehr hin vnnd wider erschollenem geschrei207 , zweiuels on, freundtlich vnd gnedigst bericht sein vnnd vernommen haben, Demnach aber solche besorgsame beschreihnus nicht allein die Stat Speier vnnd dero burgerschafft, sonnder auch das kaiserlich Cammergericht vnd gemeine Iustic‹en›werck zuuorderst (welchs iedoch Gott der Almechtig vatterlich verhuetten wölle) mit berüren möchte, Als gelangt an ewer liebd vnnd Churfurstlichen gnaden, vnnser diennstlich freundtlichs auch vnderthenigst pitten, die geruehen, als der nechst anreinenden Churfursten einer, denen, schutz vnd schirm ermelt Cammergerichts derhalben sonderlich vertrawet, vnd beuolhen, wie etwan dieser antrawenden gefhar zubegegnen, auch sonnsten weittern besorgsamen furzubawen sein möchte, freundtlich vnnd gnedigst zu gemuet füren vnd dahin befurdern, damit die algemeine Iustitia in [fol. 25v] irem stracken gang, vnd wir sampt allen andern derselben personen sammentlich in friedsamen wesen vnd gueter ruhe, wie biß dahero erhalten werden möchte‹n›, Des seind vmb dieselb ewer liebd vnd Churfurstlichen gnaden, one das es derselben bei der Römischen Kaiserlichen Maiestat, vnserm aller gnedigstenn Herrn, vnnd dem Heiligenn Reich zu sonnderm rhum gereicht (zu welchem dan wir Ewer l. vnd Churfurstlichen gnaden, zuuorderst vor sich selbst wol genaigt, in kein zweiuel ziehen) wir vor vns in aller freundtschafft dienstlich auch vnderthenigst zuuerdienen, gantz willig vnd berait, Ewer liebden vnd Churfurstlichen gnaden vns vnd das gericht zu freundtschafft vnd gnaden beuellend, Dat‹um› Speier den 22. Ianuarii Anno etc 77.
207 geschrei = Gerücht.
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Edition der archivalischen Quellen
Von Gottes Gnaden, Marquardt Bischoue zu Speier vnd probst zu weissenburg Camerrichter auch vnd‹er›thenigst gehorsame. Presidenten vnd Beisitzer des kay: Cammergerichts. [fol. 26r] [fol. 26v] Adressat: Dem durchleuchtigsten Hochgebornen fursten vnd herren, herrn Ludwigen pfaltzgrauen bey Rhein Hertzogen in Beiern, des heiligen Römischen Reichs Ertztruchsässen vnd Churfursten, vnnserm besondern lieben hern vnd freundt, auch gnedigstenn herrn. Zu irer L. vnd Churf‹urstlichen› gnaden selbs handen. Notiz einer anderen Hand: Cammerrichter Presidenten vnnd beisitzer des keyserlich‹en› Cammergerichts berichtten der vnruh‹en› zu Speir Mit angeheffter bitt Notiz einer weiteren Hand: P‹re›sentirt den 3t‹en› Februarii Anno etc 77.
Nr. 51 1577 Januar 28, Amberg Memorial des Inhalts, was der kurfürstliche Landrichter und Pfleger zu Auerbach, Soldan von Wirsberg, und der kurfürstliche Kammerjunker, Bernolff von Gemmingen, im Auftrag Kurfürst Ludwigs [VI. von der Pfalz] gegen den Pfarrer zu St. Ägidien in Speyer unternehmen sollen. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 21r–22v. [fol. 21r] Memorial vnnd beuelch vas vnnser Ludwigs von gottes gnadenn Pfaltzgraffens bei Rhein, deß heylig‹en› Romisc[hen] Reichs Ertztruchsessen vnnd Churfurstens hertzogens in Bairn Landrichter vnnd Pfleger zu Aurbach208 {Soldan von Wirsperg 208 Auerbach in der Oberpfalz.
Edition der archivalischen Quellen
vnd vnßer Cameriunker Bernolffen von} vnnd Philips von Gemmingen gegen vnnd mit Georgio Infantio ietzigen vorsteer der kirch‹en› bei .S. Egidien zu Speir furnemen vnnd verricht‹en› soll. Nemblich‹en› das vnnß vnlangst glaublich‹en› vnnd mit gutem grund forkhommen was ergerlichen lebenns lehrens thuen vnnd wesens sich gedachter Infantius bevleisig‹en› vnnd vnnd‹er›stehen soll darauß dann do deme nicht mit zeitlich‹em› Rath vnnd gburend‹em› einsehens furkhommen vnnd gewehret, annderß nichts dann beschwerliche Meuttereien, vffrüren vnnd zerruttung allgemeinen erbarkeit schuldig‹en› gehorsambeß vnnd wol angesteltten Policeien bei gemeiner Burgerschafft zu Speier die biß dahero ernants Infantii Predigt‹en› gehortt, vnnd sich der Sacramenten bei inen ime gbraucht, zubefaren, wie sich dan derselb‹en› etzliche inn guter Antzal mit ein And‹er› verbunden vnnd heimbliche verbottene vnnd hochstreffliche Conspirationes gemacht, wann vnnß aber alß die wir dies ortts den Predigtstul zubesetzen vnnd zuentsetz‹en› berechtigt sein, mit nichte thuenlich nach verantwortlich bemeltten Infantium, der nit zu erbauwung der kirch‹en› Sonder allein wie sonst‹en› seines gleich‹en› der gbrauch zu anstifftunng vnnd verursachunng allerhand darauß erwachsend‹en› vnraths vnnd vnnd‹er›gang des gelibtten friedlich‹en› wesens [fol. 21v] geneigt, derenden lenger zuerduld‹en›. So sollen were hirmit vnnser ernstes, will vnnd Meinung, obermeltte vnnsere abgeordennte vil benanten Infantium fur sich lassen erfordernn, ime die ding nach Notturfft vnnd alles ernsts beschweren vnnd darbei vfferleg‹en›, dieses ietzig‹en› seines tragennden kirch‹en›dinsts ambts vnd dinsts Incon alßbald‹en› vnnd Incontinenti abzustehen, den Predigstul zuraumen vnnd Annderer ortten sein glegenheit vnnd wolffart zusuch‹en› Damit aber dies ortts die kirch‹en› vnbesteltt nicht bleibe, sie vnnsere abgesante abgesante, vnnsere zu dieser zeit heydelberg habennden vnnd vffgesteltten kirch‹en›dienerr vnnd Predicanten Wie wir dann zu vnnserer glegenheit vnnd vffs furd‹er›lichst das ministerium dies ortts mit einer andern gottsfurchtig‹en› vnnd fridlibennden Personen zu bestellenn entschloss‹en›. Vnnd sollen ernante vnnsere abgesantte, wed‹er› durch obbe ob vnnd mehrbemeltten Infantium oder annderen Personen An dies An volntziehunng dieses vnnsers geheiß vnnd Christlichen furhabens niht abhaltten lass‹en› vnd inen einge außflucht vnnd furwendunng nit er gestatt‹en›. {Nach verrichtung dieses vnnsers geheises sollen sie sich nach heydelberg zu vnnserm .f. liben Brudern vnd Stathaltern, hertzog Iohan Casimir Pfaltzgraff‹en› verfug‹en› vnnd neben vberreichunng vn der Credentzschrifft S. l. vnnsern f. gruß Auch alls libß vnnd guts vermelden, vnnd S. l. crafft obermeltts Memorialß zu erkhennen geben vß was vernunfftig‹en› vnnd hochwichtig‹en› vrsachenn wir bewogen diese verenderunng mit ob be d oftermeltt‹em› Infantio furgenemen, wan wir dan hirund‹er› nichts Annd‹er›s sucht‹en› dan vns zu frid ruhe vnnd Ainigkeit so wol in der politia alß den religions sach‹en› dinstlich‹en›. Also hetten wir nit sollen vnnd‹er›lassen .s. l. solches .f. antzumeldenn, damit in furfall d‹er›gleich‹en› furfallennd‹en› sach‹en› S. l dan nach zuricht‹en› vnnd vff
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den solche leut die mehr zur vneinigkeit Alß den gelibten friden sucheten begirig, vnnd lust hetten, mit zeitlich‹em› rath vnnd guter inspection ein vleisiges vffsehen haben möchte. Diß reichete S. l alß vnnß selbstenn zu sonndern ruhm, vnnd erhaltunng bruderlich‹en› freundlich‹en› gefo willens So weren wir auch daselb vmb .S l. nach moglichkeit zubeschuld‹en› id‹er›zeit gewilt.}209 H.ran verrichten sie vnnsern willen vnnd Meinung vnnd was s was inen also hiruff i allerseits begegnet, das soll‹en› sie vnnß zu irer wid‹er›kunfft vnnd‹er›thenigst zuuer zureferiren vnnd zuuerstendig‹en› Signatum in Amberg den 28 Ianuarii A. 77. [fol. 22v] Memorial was d‹er› Churf‹urstlich› P. landrichter zu Aurbach210 Soldann von Wirßberg vnnd Bernolff von Geming‹en› zu Speir verricht‹en› soll‹en›
Nr. 52 1577 Januar 30, Amberg Kurfürst Ludwig [VI. von der Pfalz] befiehlt seinen Beamten Soldan von Wirsberg und Bernolff von Gemmingen, den Magistrat der Stadt Speyer über das Vorgehen in Sachen Georg Infantius zu unterrichten. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 23r–23v. [fol. 23r] Ludwig etc Liebe getreuen, Weß wir euch inn sach‹en› Georg‹en› Infantii gn‹edig›st Comendirt vnnd beuolh‹en›, dessen habt ir euch gnugsamblich zuerinnern, Damit Aber ein Rath zu Speyer inn solch‹en› iren obligenden beschwerd‹en› sich vmb souil desto besser darnach haben vnnd wissen zuricht‹en› So wollet inen was eur Expedition vnnd verrichtung gewesen, mit geburend‹er› bescheidenheit vertrawen vnnd entdeckh‹en›, An deme beschicht vnnser Meinung, Dat‹um› Amberg den 30 Ianuarii Ao etc 77. An Soldan von Wirßperg vnnd Bernolf‹en› von Gemming‹en› [fol. 23v] An Soldan von Wirsperg vnnd Bernolffen von Gemming‹en›
209 Textergänzung von fol. 22r. 210 Auerbach in der Oberpfalz.
Edition der archivalischen Quellen
Nr. 53 1577 Januar 30, Amberg Kurfürst Ludwig [VI. von der Pfalz] bestätigt dem Magistrat der Stadt Speyer den Empfang von dessen Kredenzschreiben, das durch den Speyerer Stadtschreiber Joseph Feuchter überreicht wurde, und sagt ihm Unterstützung zu. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 29r–30v. Abschrift: StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 20r. [fol. 29r] Ludwig vonn Gottes gnaden Pfaltzgraf bei Rhein, des heiligen Romischen Reichs Ertzdruchseß vnnd Churfurst, hertzog inn Bayrn Vnnsern grus zuuor. Ersame vnnd Weise, lieben besondere, Wir haben eur Credentzschrifften, so ir eurm Statschreiber Licentiat Joseph Feuchter, an vnns mitgetheilt empfang‹en› vnnd ine eurm abgeordennten inn seiner mundlich‹en› werbung die er bei vnns getrewes vleiß verrichtet, angehort, Vnnd ime daruff geburenden bescheid, widerfaren lassen, Alls ir vonn ime vß seiner Relation werdet vernemen, Vnnd demnach wir souil an vnns, inn disem gegenwertig‹en› hanndel Albereit dasienige an die hannd nemen lassen, So zu erhaltung gueten fridlich‹en› wesens vnnd verhütung vffruhr vnnd annderer gefahr dienstlich‹en›, Allso hab‹en› die vnserig‹en›, die wir hiertzu inn sonderheit Abgefertiget, beuelch, euch geburende bericht vnnd Anzeig, irer Expedetion zuthun, Damit ir euch souil desto besser habt darnach zuricht‹en›. Welches wir euch, denen wir mit gnaden wolgewog‹en› hinwider gnedigst nit wollen perg‹en›. Dat‹um› Amberg den 30 Ianuarii A‹nn›o etc 77. Ludwig Pfaltzgraff Churfurst, [fol. 29v] [fol. 30r] [fol. 30v] Adressat: Den Ersamen vnnd Weysen, Vnnsern lieben besonndern Burgermeister vnnd Rathe zu Speyr. Notiz einer anderen Hand: P‹re›sentirt den 5t‹en› Februarii Anno etc 77.
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Nr. 54 1577 Januar 30, Heidelberg Pfalzgraf Johann Casimir bittet den Speyerer Bischof [Marquard von Hattstein] um Informationen über sich, Johann Casimir, selbst und seine Speyerer Religionsverwandten betreffende, in Speyer kursierende Gerüchte. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 27r–27v (Abschrift). [fol. 27r] Hochwürdiger besonder lieber freundt, Es kombt vns glaublichen für, wie sich verrückter Tagen, als wir eben zu Straßburg gewesen, inn der Statt Speier allerhandt geschrey211 , Als ob vnsere Christliche Religionsv‹er›wandte derenden ein auffruhr vnnd bludbad, anzurichten sich vnderstehen wolten, erhaben vnnd außgeschollen, darüber auch dem Burgermeister nit allein Famoß Zettel ins hauß, sonder auch etliche fenster eingeworffen. Vnnd vber d‹as› vnser selbst Person, als ob wir inen, zu angeregtem irem vorhaben, behülfflich sein würden, etlichermassen angezogen worden sein soll. Wan aber vns, wie ohne Zweiffel auch bemelten vnsern Religionsverwandten, inn dem etwas vngüttlich geschicht, vnnd versehenlich E. L. als der nechstgesessene, hieuon allerley bericht entpfangen haben würdet oder nachmaln vnuermerckter ding leichtlich einnehmen kan, So bitten wir gantz freundtlich E. L. wolle vns, was sie hierunder für wißenschafft‹en› bekommen, mit allen vmbständen bey disem vnserm deswegen abgeschickt‹en› botten, zu vnsern aignen hand‹en›, freundtlich vnd verträwlich communicirn vnd zu schreyben, das seindt wir inn ander weg vmb E. L. freundtlich zuuerdienen vrbüttig. Datum Heidelberg den 30 Ianuarii A‹nn›o etc 77. Bischoff zu Speier
Iohan Casimir Pfaltzgraf, Statthaltr
Zettel. Neben dem gelangt vns an, das auch vmb inuerleibtes [fol. 27v] handels willen, die von Speier ein aigne schickung, zu vnserm freundlichen lieben herren Brudern P. Ludwigen Churf‹ursten› abzufertigen fürhabens gewesen, Ob nun solche fürgangen oder nit, werden E. L. ebensfals leichtlich erkundigen, vnd vns hieneben ferner in vertrawen bericht‹en› können, wie wir dan nit weniger darumb freundtlich bitten. Datum ut in l‹ite›ris Notiz des Abschreibers:
211 geschrey = Gerücht.
Edition der archivalischen Quellen
Copia Hertzog Iohann Casimirs an Bischoff zu Speier wegen des daselbst entstandnen Rumors gethan schreybens de dato 30. Ianu: A‹nn›o etc 77.
Nr. 55 1577 Januar 30, [Heidelberg] Pfalzgraf Johann Casimir bittet Melchior von Feilitzsch um Informationen über sich, Johann Casimir, selbst und seine Speyerer Religionsverwandten betreffende, in Speyer kursierende Gerüchte. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 28r–28v (Abschrift). [fol. 28r] Vöster lieber besonder, Es kompt vns glaublichen fur, wie sich verruckter tagen, als wir eben zu Straspurg gewessen, in der Statt Speir, allerhandt geschrei212 alß ob vnsere christliche Religionsverwandte, der enden ein Auffrur vnnd plutbadt, anzurichten sich vnderstehen wolten, erhaben, vnnd außgeschollen, Daruber auch dem burgermeister, nicht allein ein famoß Zettell, ins hauß, sonder auch ettliche fenster eingeworffen, vnd vber das vnnser selbst Person, als ob wir inen, zu angeregt‹em› irem furhaben, behülfflich sein würden, ettlicher mass‹en› angezogen worden sein sollen, Wan aber vns, wie ohne Zweiffel, auch bemelt‹en› vnseren Religionverwandten, in dem etwas vngüttlich geschicht, vnnd versehenlich du, alß der nechstgesessene, hieuon allerlei bericht empfangen haben würdest, oder nachmal vnuermerckter ding, leichtlich einnemen kanst, So gesinnen wir gantz genediglich, Du wöllest vns, w‹as› Du hierunder fur wissenschafft bekommest, mit allen vmbstenden, bei diessem vnserem, deßwegen abgeschickten potten, zu vnseren aignen handen, v‹er›trauwlich communiciren vnd zu schickhen, Daß seindt wir mit g‹naden› zuerkhennen geneigt. Datum den 30. Ianua‹rii› A‹nn›o etc 77. Ann Melchiorn von Felisch ·/· Zettel·/· Neben dem gelanget vnns ann, das auch vmb inuerleibtes handels willen, die von Speir ein aigene schickung [fol. 28v] zu vnserem freundlich‹en› lieben herren brudern Pfaltzg‹rafen› Ludwigen Churfursten etc abzufertigen furhabens gewest. Ob nun solche furgangen oder nit, Würstu213 , ebensfals leichtlichen erkhundigen, vnnd vns
212 geschrei = Gerücht. 213 Würstu = wirst du.
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hieneb‹en› fernner in vertrauwen bericht‹en› könden. Wie wir darumb dan nicht wenig‹er› genediglich gesinnen, Dat‹um› ut in l‹ite›ris Notiz des Abschreibers: Copia Hertzog Iohanns Casimir Pfaltzg‹raf›ann Melchiorn von Felischen wegen deß zu Speir entstandenen Rumor gethanes schreib‹en› de dato 30. Ia‹nuarii› a‹nn›o etc 77.
Nr. 56 1577 Januar 31, Speyer [Der kurpfälzische Assessor am Reichskammergericht] Melchior von Feilitzsch erstattet Pfalzgraf Johann Casimir Bericht über Johann Casimir selbst und dessen Religionsverwandten betreffende, in Speyer kursierende Gerüchte. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 31r–32v (Abschrift). [fol. 31r] Durchleuchtiger hochgeborner Furst E. f‹urstliche› g‹naden› seien mein vnderthenig gevlissen willige dinst idertzeitt zuuor bereit gnediger herr, Vff E. f‹urstliche› g‹naden› gnedig begeren, soll ich derselben inn vnderthenigkeit zu bericht d‹er› sachen, souil mir deren bei wenig nachfragens bewust, nit verhalten, Das ein gute Zeit lang die Prediger inn der Statt vnd der zu S. Gilgen einander inn iren Predigten mit scharpffen wortten vff der Cantzel angegriffen, Volgents sich der leidige fall mit dem durchleuchtigsten etc Pfaltzgraff Friderichen Churfursten meinem gnedigsten herrn hochlöblichster seliger gedechtnus zugetragen, Als nun itzt mein auch gnedigster herr Pfaltzgraff Ludwig Churfurst etc inn irer Churfurstlichen Regirung getretten, auch etzliche außlendische gelerten nach Heidelberg erfordern lassen, hat mann inn gemein gemutmaset, der Predicant zu S. Gilgen alhie (wie vielleicht er auch selbst) wurde der ends abgeschafft werden, Vnnd dieweill er besorgt, es wurde hierdurch die kirch vnnd derselben glieder getrennet vnd gesondert werden, soll er sie bei administrirung deß hochwirdigen Sacraments, zu bestendigkeit ires glaubens, auch, wie mann sagt Leib, haab vnd gut, auch all ir vermög‹en› bei einander zu setzen ermanet, vnnd viel seiner Pfarr kinder, mit vffhebung der handt oder finger zusamen gemöhret haben, Solches ist also bei der Stattpredig vff der Cantzel angemeldet, vnnd einer conspiration verglichen word‹en›, Ob es aber inn warheit also ergangen, deßen trage ich kein grundlich wissen, Sondern habens etliche, die sonsten dieselbe kirch mit vleiß zubesuchen pfleg‹en› [fol. 31v] vnnd ich darumb befraget, fur frembde geschicht gehalten, Vnnd solches ist vnlangst hernach, als Burgermeister vnd Rath zum theil beieinander inn der Zech vff der Neuenstuben gesessen, geg‹en› Abendt ein starcker steinwurff inn das fenster
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geschehen, Auch desselben Abends einem deß Raths, als er von dem Stattschreiber nach gehaltener Malzeitt zu haus gehen wollen vnnd zu seiner thur khommen, vnuerwarnter sach durch den rockh oder mantell gestochen, vnnd kurtz hernach ein Zettl inn deß einen Burgermeisters hauß geworffen worden, deß ongeuerlichen inhalts als ich vernohmen: Das er bei seinem geleisten burger Eidt vnnd Pflicht nit vmbgehen könde, ire sachen inn hut vnd acht zunehmen zuuerwarnen, mit antzeig etlicher Personen deß Steinwurffs halber verdechtig zumachen, Nach etzlichen tagen ist wider ein steinwurff inn obberurte fenster der Newenstub‹en› geschehen, gleichfals ein Zettl inn eins andern Burgermeisters hauß eingeworffen, mit verwarnung vnnd bedroung, Da der dritte wurff inn die fenster beschehe, wurde sich der Auffstandt ertzeigen, vnnd darunter der hinckendt schneider, so Mesner zu S. Gilg‹en› neben andern (die doch auch vnschuldiger weiß angegeben) angetzogen worden sein soll, Damit nun ein Rath, neben mehr bedencken, inn irem Ampt nit vnvleissig geacht, vnd darneben das geschrei ergangen, E. F‹urstliche› g‹naden› hette alle ire Obersten vnd Rittmeister, auch andere furnehme beuelchhaber zu sich irer betzalung vnnd frischer werbung halb beschrieb‹en›, auch Victorin‹us› der Marpurgisch Mathematic‹us›214 inen mit seiner auff diß iar gestelten Practica ein schreck‹en› [fol. 32r] eingeiagt, haben sie die wachten auff den zunfften, auch hin vnd wider starcks inn der Statt besetzt, auch sich niemandt vber 8. od‹er› 9. vhr deß Nachts ohne liecht auff der gassen finden zulassen gebotten, Als sich nun durch solche starcke wacht die burgerschafft beschwerdt befund‹en›, ist bei dem gemeinen Pöpel (deme mann seine rede vnd gang laßen muß) ein Ruff ergang‹en›, die Caluinischen geben zu solcher besorgnus vnd beschwerd‹en› deß wachens vrsach, Aber niemandt verstendigs oder so nit bei gemeiner vernunfft, hat einige vffrur oder Aufflauff, inn erwegung aller vmbstende auch geringer antzall, gegen der andern zu achten, argwonen, oder das bei solcher thätlichen handlung von imandt furschub oder hulff zuhoffen, noch das Rhum, ehr, nutz oder frommen darbei zugewartt‹en›, ermessen khonnen, doch hat mann forchtsamen Leuthen (die deß himmel falls vor der zeitt besorgen) als weitbetrechtigen ire weiß auch laßen vnd gönnen müssenn. Es mag sich auch sonst wol weitters inn disser blinden handlung, deren (weiln ich weder inn noch ausserhalb der Statt bei dißem Standt der burgerschafft vnd anderer leufft, einige gefahr gesehen) ich mich wenig angenohmen oder nach gefragt, mir vnwissendt verloffen haben, will aber mehrer erkhundigung darunter einnehmen, vnnd E. F‹urstliche› g‹naden› da ichs wirdig achte, sonderlich inhalt der Zettel, so one zweiffl allein von einem losen buben, die Statt vnnd andere vnruig zu machen vnnd inn ein and‹er› zuuerhetzen vnnd verwirren erdicht, vnderthenig verstendig‹en›. [fol. 32v] Souil die schickung zu hochstgedachtem meinem gnedigisten Churfursten vnd herrn anlangt, hat ein Rath alhie den Stattschreiber Feuchtern zu iren Churf‹urstlichen›
214 Victorinus Schönfeldt (1525–1592), Mathematikprofessor an der Universität Marburg.
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g‹naden› abgefertigt, vnderthenigist, wie ich bericht, zu pitten, den Predicanten zu S. Gilgen, zu verhutung weitleuffigkeit, so aus zwispalt der Religion bei irer Burgerschafft entstehen mochte, gnedigst abzuschaffen, Solches solte E. F‹urstliche› g‹naden› vff dero gnedig begern ich vndertheniglich inn eill nicht vnuermeldet laßen etc Datum Speier den letzten Ianuarii A‹nn›o etc 77. Notiz des Abschreibers: Copia Melchiors von Feiltsch Churf‹urstlicher› Pfaltz Asseßorn zu Speir, an mein gnedig‹en› Fursten vnd h‹er›rn Hertzog Iohann Casimirn Pfaltzg‹rafen› etc wegen deß rumors daselbst, gethanen schreibens.
Nr. 57 1577 Februar 1, Speyer Der Speyerer Bischof, Propst zu Weißenburg und Richter des Reichskammergerichts Marquard [von Hattstein] erstattet Pfalzgraf Johann Casimir Bericht über Johann Casimir selbst und dessen Religionsverwandten betreffende, in Speyer kursierende Gerüchte. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 36r–37v (Abschrift). [fol. 36r] Durchleuchtiger hochgeborner furst, lieber herr vnnd besonder freundt, Was E. L. wegen eines geschreies, so in der Stadt Speier, wider derselben Religionsverwandte, auch ihre person selbst, erschollen sein soll, an vns schrifftlich gelangen vnnd begeren lassen, das haben wir zu vnsern handen empfangen vnnd verlesen. Nhun ist nit ohn, das nechst abgewichener tagen, als E. L. zu Straßburg gewesen, allerhandt Reden, eines beuorstehenden tumults vnd antrehender gefahr, vnder dem gemeinen pöfel gangen, vnnd außgebreitet worden, wie dan auch darzwischen das brieff vnnd fenster einwerffen, eruolgt, Dahero die Stadt, ihre Wachten mit mercklicher antzal gesterckt. Wir haben aber nichts gründtlichs dauon in erfahrung bringen mögen, biß wir die vom Rath beschickt, vnnd von ihnen die beschaffenheit dieses Rumors erkhundigt. Daruber sie sich gleichwol verlauten lassen, als ob es von dem Predicanten zu S. Khilian herfließe, dieweil derselbig nit allein vffrürisch gepredigt, sonder auch mit seinen zuhörern offentlich inn der kirchen conspirirt, vnnd das Nachtmal daruff empfangen haben solle, welches wir doch fur vnser person noch nit eigentlich wissen mögen. Dabeneben auch nit ohn, das E. L. person, wie wir berichtet, [fol. 36v] etlicher massen in verdacht gewessen sein soll. Souil aber den gantzen handel anlangt, könden wir dem
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khein glauben zustellen, sonder halt‹en› es fur ein vexation vnnd fatzwerckh215 , so vielleicht auß ihrem selbs neidt, den sie vndereinander tragen, entsprungen, oder sonst etwan durch einen fatzuogel216 angezettelt worden. Nicht destoweniger haben die kay: M‹aieste›t albereit etlich verordnet, die sich hiehero verfug‹en›, vnnd gepürliche Inquisition furnemmen sollen. Welches wir E. L. zu begertem bericht, freundtlich nit bergen wöllen, vnd seindt etc Datum Speir, den 1. Februarii Anno etc 77. An H. Iohan Casimirn Pfalntzgrauen, Churf‹urstlicher› Pfaltz Camerrichter. [Ergänzung einer anderen Hand:] Statthaltern Von Gottes gnaden Marquard Bischoff zu Speir vnd Propst zu Weissenburg, Röm: Kay: Mt: Cammerrichter. [fol. 37r] Sced: Souil die schickung dern von Speir belangt, da werden wir bericht, das sie ohnlengst ihren Stadtschreiber hinuff gehn Amberg E. L. geliepten herrn bruder Pfalntzgraff Ludwigen Churfursten etc abgesandt. Was aber die werbung, ist vnns vnbewust. Ob gleichwol vermuetlich, es möcht vmb diese sach zuthun sein. Welches wir E. L. gleich‹er› gestalt nit pergen wöllen, vnnd da sie hierinnen weitern bericht begern, so pitten wir ein vertraute person zu vnns zuschicken, soll alsdan derselben dieser handel etwas weitleuffiger angemeldet werden. Signat‹um› ut in l‹ite›ris. [fol. 37v] Notiz des Abschreibers: Copia Des Bischoffen zu Speirs antwort, des orths endtstandenen rumors halb. Darunter mit C gekennzeichnet.
215 fatzwerckh = Spötterei. 216 fatzuogel = Spaßvogel, Spottvogel.
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Nr. 58 1577 Februar 1, Speyer Der Speyerer Stadtschreiber Joseph Feuchter erstattet dem Magistrat der Stadt Speyer Bericht über seine Vorsprache bei Kurfürst Ludwig [VI. von der Pfalz]. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 38r–39v. Beschädigt. [fol. 38r] Ehrnueste fursichtige Ersame vnd weiße. E. E. F. W. seyen mein verpflicht schuldige vnd gehorsame dienst. Ales vngesperten getreuwen vleiß, yed‹er›zeitt zuuir beraitt. Insonders großgunstige gepiettende Liebe hern, Inn der eyl, dieweil ich an heut dato, diße gelegenne bottschafft zu Nurnberg Angetreff‹en› soll E. E. F W. ich vndertheniger guetter wolmainu[ng] nit verhalten, daß ich den 26t‹en› Ianuarii. got[t] lob gluckhlich vnd woll zu Amburg An khomen, von meinem gnedigsten Churf‹ursten› vnd hern, ie meine furbring‹en› gnedigst Angehortt, daß darauff Gott lob daß ienig, waß E F. E W begeren, vnd mir bei irer Churf‹urstlichen› g‹naden› zuuerichten Anempfollen geweßen, gnedigst erlangt, vnd An gestern[?] mit allen gnaden von irer Churf‹urstlichen› g‹naden› wid‹er› abgefertiget, worden, wie dan solches alles E. E. F. W. auß meiner muntlich‹en› Relation vernemen, vnd verhoffentlich ein gunstigs vergnuegen vnd gefallen darob haben vnd tragen werden, Vnnd haben darauff ire Churf‹urstlichen› g‹naden›, damit solche sachen inn großer gehaim vnd still gehalten, allein durch derselb‹en› zwen vertraute gehaime Rhett vnd Pfaltzgraff Reichartts217 beisein, diße sachen in berattschlagung zihen, vnd mich alwegen zu morgens frue, vmb Sechs vhren, durch einen kemerling 218 zu sich erfordern, vnd auß Christlich‹en› gottseeligenn gemueth, ein hertzlichs tauren219 vnd mitleid‹en› mit E E F. W getragen, vnd damit E. E. F. W. irer Churf‹urstlichen› g‹naden› gnedigst wollmainendt gemueth, wurckhlich‹en› hierinen spuren mochten, vnd großere besorgende geferligkheit [fol. 38v] dardurch verhuetet, vnd fridlich Ruwig wesen dardurch erhalten werden mecht. Vmb mehrer vnd großers Ansehens willen, vnd damit khain verhindernus furfallen mochte. Derselben Landtrichter vnd Pfleger zu Aurbach220 Soldan von Wurschburg, vnd dero Cammeriunckher Bernolffen von Gemingen, vor meinem erlangtem Abschidt, bei nechtlicher weil Abgefertiget. Darneb‹en› gnedigst vfferlegt, vnuerzuglich sich ghen Speyr zuuerfueg‹en›, inn einer offentlich‹en› herberg einzukheren, sich nit,
217 Reichard (1521–1598), Pfalzgraf bei Rhein und Herzog von Simmern, war ein jüngerer Bruder Kurfürst Friedrichs III. von der Pfalz, regierte das kleine Herzogtum Simmern und fungierte als Berater Kurfürst Ludwigs VI. (vgl. Fuchs, Art. Reichard, 293). 218 kemerling = Kämmerling, Kammerdiener. 219 tauren = Bedauern. 220 Auerbach in der Oberpfalz.
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biß sy den Pfaff‹en› zu S. Gilgen zur handt handt bring‹en›, zuerkhenen zugeben, denselben ohne einiche Dilation vnd entschuldigung Also baldt ab vnd hinweg zuschaffen die kirch‹en› vnd den hoff zubeschließ‹en›, vnd E. E. F. W als dan, irer beschehenen verichtung, sich ferner darnach gegen dem Pfaffen vnd irer Burgerschafft haben vnd wißen zuuerhalten, inn vertrauwenn zuenteckh‹en›, wie dan ire Churf‹urstlichen› g‹naden› inen ein solches durch hiebei verwartt schreiben gnedigst beuolhen vnd vfferlegen, Darauff dan E. E. F. W die versehung thun wollen, damit innen solch schreiben, durch den hernn Burgermaister, od‹er› ein Andere vertraute Person inn gehaim moge geliffert, vnd sich sonst irer vor beschehenen verichtung nichts Anzunemen, dan ire Churf‹urstlichen› g‹naden› ein solches mit allen Churf‹urstlichen› g‹naden› vnd allen treuwen, mit E. E. F. W gemainen, vnd damit E. E. F. W. bei hertzog [fol. 39r] Iohan Casimirs, vnd Andern adhaerenten khein vngnadt darauß folgen, als wan solches vff derselben ansuechung bescheh‹en›, sonder als wan ire Churf‹urstlichen› g‹naden› ein solches fur sich selbert, vnd ex proprio motu, großer besorgenden Verath zuuerkhenen, furgenommen haben, vnd mich auß sondern hochbedenckhlich‹en› vrsach‹en›, damit al solche verichtung[‹en›?] vor meiner Ankunfft beschehen, desto langsamer, abgefertiget haben, der trostlich‹en› hoffnung, e[s] solle durch hilff vnd beistandt deß Almechti[gen] alle besorgende geferligkheit verhuetet, solch[er] gemainer Statt zu nutz vnd wolfartt geraich[‹en›], guetter fridt vnd einigkheit dardurch erhalten, vnd ire Churf‹urstlichen› g‹naden› mit allen Churf‹urstlichen› g‹naden› vnd guetter Nachpaurschafft 221 , wie sich dan ire Ch[urf‹urstlichen› g‹naden›] eines solchen gnedigst gegen mir erkhlertt, [?] vnd auß furgenomener handlung hierin gespurt wuertt, gewogen werden, Hiemit E. E. F. W. der‹er› gnadenreicher Protection deß Almechtig‹en› dieselben in langwurig‹er› gesunthait fridsamer Regierung vnd aller sach‹en› gluckh[lichen] zustandt vnd wolfartt, zuerhalten, sonnst m[ich] derselben zu gunstigem genaigtem willen yed‹er›zeitt vnderthenig beuelhende. Datum Nurnberg, den 1t‹en› Februarii Anno etc 77. E. E. F. W. vnderthenig‹er› gehorsamer diener Josephus Feuchter [fol. 39v] Adressat: Dem Ehrnuesten Fursichtigen Ersamen vnd weißen heren Burgermaister vnnd Rhatt der Statt Speyr, Meinen Großgunstig‹en› gepiettend‹en› Lieben heren, zu vberantwurtenn, Notiz einer anderen Hand: P‹re›sentirt den 5 februarii A‹nn›o etc 77.
221 Nachpaurschafft = Nachbarschaft.
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Nr. 59 1577 Februar 4, Speyer Kurfürst Ludwig [VI. von der Pfalz] fordert vom Magistrat der Stadt Speyer einen Bericht über den aktuellen Stand der angeblichen Unruhen daselbst. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 40r–41v. Abschrift/Konzept(?): StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 44r–44v. [fol. 40r] Ludwig von Gottes gnaden, Pfaltzgraf Bei Rhein, deß Heiligen Römischen Reichs Ertzdruchseß vnd Churfurst, Hertzog inn Bayern etc. Vnnsern gonnstigen grus zuuor, Ersame vnvd weiß, Lieben besonndern, Was ir kurtzuerruckten tagenn, von wegen etzlicher vnruhenn, so sich inn der Statt Speir, hin vnnd wider erregenn sollen, durch Euern Stattschreiber, Licentiat Joseph Feuchternn bei vnns vnnderthenigst anbrinngen vnnd darbei bittenn lassenn, wir vnns auch gegen ermeltem Stattschreiber ercleret, dessenn werdet ir euch vnzweiffenlich zuerinnern, vnnd vß seiner Relation numehr vernommen haben, Wann vnns dann gestrig‹en› tags von dem Ehrwurdigen, vnnserm besonndern lieben freundt, dem Bischoffen vnnd Richtern, Auch Presidenten vnnd beisitzern der Keyserlichen Cammer, daselbsten, vhast ebenmessige beschwerdenn vnnd clagen Summarisch ein vnnd furkhommen, Aber in solchenn Georgii Infantii nicht gedacht, Wir auch sonnsten eusserlich bericht, das ir hierundter zwen Eurer burger zu verhafft genomen, vnnd bei denselbenn Allerhanndt erfarenn, vnnd gefunden habenn soltt, dauon wir aber bißdaher von vnnsern abgeordennten noch Anndern, noch nichts eigentlichs berichtet, So gesinnen wir genediglich, damit wir vnns vmb souil mehr in sachen zugerichtenn, vnnd mehrer vnraths verhuetet, ir wöllet vnns vnuerlenngt, ausfurlich vnnd mitt gutten vmbstennden wißlich machen, Was ir hernach fur weittere erfahrung gebraucht, vnnd verhanndelt, [fol. 40v] vnnd waruff die dinng an itzt aigentlichenn beruhen, Auch ob ir euch noch einige vnnd ferrere weitterung vnnd vnruhe, thut befaren, Vnnd wie dieselben zuuerhueten sein möge, damitt wir euch euerm selbst vnnderthenigem suchenn vnnd bitten nach, souil vnns geburen vnnd obligen will, die hulffliche hanndt ferrer habenn zubietenn, Woltten wir Euch, denen wir mit gnadenn wolgewogen, gnedigst nit perg‹en›, Datum Amberg den .4t‹en› Februarii. A‹nn›o etc 77t‹en› . Ludwig Pfaltzgraff Churfurst, [fol. 41r]
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[fol. 41v] Adressaten: Den Ersamen Weisen, vnnsern lieben besonndern, Burgermeister vnnd Rath der Statt Speyr Notiz einer anderen Hand: P‹re›sentirt den 10 feb: Anno etc 77.
Nr. 60 1577 Februar 4, Amberg Kurfürst Ludwig [VI. von der Pfalz] fordert vom Präsidenten des Reichskammergerichts ausführlichen Bericht über die gemeldeten Unruhen in der Stadt Speyer. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 42r–42v. [fol. 42r] Ludwig Pfaltzgraf Churfurst. Vnnsern freundlich dinst auch gönnstig‹en› vnnd g‹nedigen› gruß zuuor Erwurdig‹er› besonnder liber freund Auch wolgeborne Edle Ersame vnnd hochgelertte libe besonndere Vnnß ist E. l. vnnd Euer schreiben dessenn datum den 22 Ianuarii, belangendt etzliche gantz beschwerliche anzeigunng‹en›, so sich zur sonndern geferligkeit der Statt Speir etc ein zeithero eraignen wollen, gesterigs tags wol zukhennen, dessenn inhalts wir mit mehrerm vernommen, Wollen E. l. vnnd Euch daruf f. vnd g‹nedig› nit perg‹en›, das vnnß vast ebennmessige anzeig, doch mit mehrern particularn ein Erbar Rath daselbst‹en› durch iren Stattschreibern Licentiat Joseph Feuchtern kurtzverruckt‹en› tag‹en› auch thun lass‹en›, vnnd das wir vff ir dero von Speir angehefft vnnd‹er›thenig nachbarlich ersuch‹en› vnnd vß annd‹er›n bewegenden Vrsach‹en› nit vmbgang‹en›, innsond‹er›heit dieweiln die ding furnemblich‹en› den Predig‹er› zu .S. Egidien s daselbsten betreffen vnnd von ime herrüren soll‹en› geburende vnnd Nottwendige abordnung dahin zuthun vnnd hatten wol gedulden mög‹en›, wan es die kurtze d‹er› zeit gelitten, das vmb mehrer vnser nachrichtunng, vnnd E. l. auch Euer besser beantworttunng will‹en› wir von vnnsern abgeordenten von dato der sach‹en› aigent aigentlich‹en› bericht empfang‹en›, Wir haben aber zu vortsetzunng dess‹en›, so wir albereit angefang‹en› vnnd vnnß dits ortts vnd falß oblieg‹en›, gezimen, thunlich vnnd möglich sein will, alleß zu abwendunng der vorsteennd‹en› besorglichkeitten vnnd gefar, auch Pflantzung guter Policei, frid, ruhe, vnnd Ainigkeit dienen dinstlich, be- [fol. 42v] melten vnnsern abgeordenten alßbalden widerumb gburliche Notturfft anbeuolh‹en› vnnd seien hiruff vnnd vorige vnnser nit wenig‹er› wolgemeinte abfertigunng, derselb‹en› Relation vnnd bericht stunndlich gewertig. Daruff wir nachgestaltt vnnd beschaffenheit der ding‹en›, diesem werkh weitter nachzudenkenn gesinnet,
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Vnnd da E. l. vnnd ir khein bedenkhens vnns inn obberurtten sach ausfurlich‹en› bericht zuthun, mög‹en› wir solchenn vmb Mehrer anweisunng will‹en› wol geduld‹en›. Woltten wir Euch E. l. vnnd Euch hin hinwid‹er› .f. vnd g‹nedig›st nit per verhaltten vnnd sind E denselb‹en› mit .f. vnd g‹naden› willen wol gewog‹en›. Dat‹um› Amberg den .4. Februarii A‹nn›o etc 77. Ludwig P. Churfurst An Cammerrichter Presidenten vnd Assessorn zu Speir.
Nr. 61 1577 Februar 4, Amberg Kurfürst Ludwig [VI. von der Pfalz] befiehlt seinen Abgesandten Soldan von Wirsberg und Bernolff von Gemmingen die diskrete Anstellung von Erkundigungen und Berichterstattung über die angeblichen Unruhen in Speyer. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 45r–45v (Konzept/korrigierte Abschrift?). [fol. 45r] L. P. Churfurst Liben getreuen, Was wir Euch diese tag vff Burgermeister‹n› vnnd Raths zu Speir vnnd‹er›theniges Ansuchenn vnnd bitten, wegen etzlicher besorgennder geferlicher Vnruh‹en›, so sich daselbstenn vnnd‹er› iren Burgernn {inen zu grosen vnd beschwerliche‹n› sorge‹n› vnd gefärte‹n›} erreg‹en› sollenn furnemblichen gegen von Georgium Infantiu‹m› welcher beschuldigtt das solche von ime meistentheilß herflissenn soll‹en› {betreffend in Eur abfertigong nach gemeltem Speir} beuolhen lassen, daß werdet habt ir euch wol zuentsinnen wiss‹en›, wann vnnß dan gesterigs tags der Erwurdig vnnser besonnder lieber freundt der Bischoff {vnd Cam‹m›errichter}, auch Presiden‹n›t vnnd Beisitzer deß kay: Cammergerichtes der daselbsten zuerkhennen gegeb‹en›, das sie gleicher gestaltt nit in gering‹er› gefahr sein, vnnd doch ermeltts Infantii inn wenigst‹en› gedachtt. So langett vnnß her doch gegen euserlich‹en› an, doch das solche Meuttereien vnnd vffwiglunng vnnd‹er› der Burg‹er›schafft selbstenn erregt, inmaßen dan vß den selben albereit {zwen} zu verhafft eingetzog‹en› vnnd angezeigt, wer solcher vnruhen ein Vrsacher. Wann dann Dieweil nun vnsere Notturfft erford‹er›n will, hirunnder ein wiss‹en›s zuhab‹en› wie es mit diesenn ding‹en› im grundt geschaffenn.
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Also ist An Euch vnser g‹nedig›ster beuelch ir wollet Euch {nochmalen} in geheimbt vnnd möglichster still {mit guttem bestand vnd glaubhafft} erkhunndig‹en› wie es mit obangeregtenn vnruhig‹en› beschwerlich‹en› wesen bewant, von wem solches {aigentlich herfließe‹n›,} herv herfliesenn, vnnd wie solches dasselbig Euerm bedenkh‹en› nach zustillenn, vnnd weitterer besorgennder gefahr zufurkhommen sein mög {was wir auch hierunder ferrer zuthun vnd laßen}, vnnd vnns solches dieses allen vmbstennd‹en› nach vff der geordenten Post ze Heydelberg, bei tag vnnd Nacht verstenndig‹en›, damit wir vnns souil desto besser darnach zuricht‹en› hab‹en› {vnnd zu Speir biß vff vnnßer ferrer erklerunng vnnd bescheid alda verharren.} Inn deme verricht ir vnnsern will‹en›. Da‹tum› Amberg den 4 Februarii A‹nn›o 77. An Soldan von Wirßberg vnnd Bernolff‹en› von Gemming‹en›. Zettl. Was wir auch obbestimbter vnruh‹en› halben, An vnnsern f. liben Brud‹er› geuatter vnd Statthalter geschrieb‹en› daruon laß‹en› wir Euch Copi hirmit zusennd‹en› vnd damit S. l deß gantzen handelß souil desto bestendig‹er›n grund hab‹en› mög [fol. 45v] so beuelh‹en› wir Euch hirmit ir wollet s. l. ein Copi deren vonn Speir Instruction {alßbald‹en› zuordnen} vnnd‹er›thenig zustellen, vnnd vnns eingl ein gleich lauttennde / wie wir ( wir dir von Wirßperg vor vnnser deinem abreisen auch beuelch gethann furd‹er›lich‹en› zuordnen / vber alhero schikh‹en›.
Nr. 62 1577 Februar 4, Amberg Kurfürst Ludwig [VI. von der Pfalz] unterrichtet seinen Bruder Johann Casimir über die Beschwerden des Magistrats der Stadt Speyer über Unruhen und die Absetzung des Pfarrers Georg Infantius an St. Ägidien daselbst. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 46r–47v (Konzept/korrigierte Abschrift?). [fol. 46r] Hochgebornner furst freundlicher liber Brud‹er› Geuatter vnnd Stathaltter. E l. wollen wir .f. {vnnd in vertrauen} nit pergenn, das vnnß den 28 Ianuarii nechst abgeloffenen Monatis Burg‹er›meister vnnd Rath der Statt Speir, durch irem Stattschreiber Licentiat Joseph Feuchtternn neben uberreichunng einer Credentzschrifft vnnd‹er›thenigst zuerkhennen gegeben, welcher gestaltt sich ein zimbliche grose antzal derselben Burg‹er› vnnd Verwanten zusammen verbunden, von irer gefasten Religion die sie die Caluinisch‹en› nennen, nicht ab zu weich‹en›, sonndern daruber leib gut
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vnnd blut zusammen zusetzen, vnnd das Am beschwerlichst‹en› sich noch weitters zu vnnd‹er›steh‹en›, do ein Rath irem Statt gbrauch nach, vnnd zu verrichtunng irer sach‹en› beisammen dieselben vngewarneter ding zuvberfallen vnnd thott zu schmeisen, welches alles vnnd inen irer verbottenen zusammenkunfft halb‹en› ein solch merkzeich‹en› zu mach‹en›, das do drei wurff in die Rathstuben vnd fenster gethan wie dann bescheh‹en› were sie die Confederirte eigentlich‹en› beisammen sein vnnd ir vorhab‹en› vollenden soll‹en›, welches aber biß dahero vonn dem Almechtig‹en› verhutet vnnd nichts ge wenigers zweien iren Raths freunden gantz Morderisch weiß bei nachtlicher weil, nach leib vnnd leb‹en› getrachtet, vnnd einer vß denselben etzlich‹er›massen beschedigt word‹en›, Also das sie deß Raths in groser gefahr leibs vnnd lebenns, tags vnnd nachts steh‹en›, vnnd deßhalb, bißhero starcke wachtt mit grosem vntreglich‹en› Costen haltten lass‹en› must‹en›, Wann aber solches in irem vermög‹en› weitter nicht, vnnd diese mutwillige Conspirationes auß anstifftunng Georgii Infantii welcher der ein zeitlang der kirch‹en› bei S. Egidien inn der Vorstatt zu Speir vorgestannd‹en› herfliss‹en› solle, welcher [fol. 46v] Enndts wir alß der numehr Regirende Churfurst das Ius patronatus vnnd also den Predigstul zubesetzen vnnd entsetz‹en› etc haben sie vnnd‹er›thenigst gebetten, hirunnder gburend einseh‹en› zu pflegen vnnd inen gnedig‹en› schutz vnnd abhaltt mitzutheil‹en› So wir nun wissentlich nit gerne gedulden vnnd zuseh‹en› woll‹en› das durch imannd vß den vnserig‹en› wer der Auch were, zu d‹er›gleichen hochstrefflichenn vffwiglunng einige vrsach gegeben werden soltte, Also habenn wir vnnserm Landrichter zu Auerbach222 Soldan von Wirßberkh vnnd vnnsern Cammeriunkern Bernolffen von Gemming‹en› alßbaldenn abgefertigett, hirinnen notwendige erkundigunng zugebrauch‹en›, vnd do sie befinden das die sach‹en› ernants Infantii gen halben angebrachtermassenn geschaffenn, denselbenn zuuerkumung weittern besorgennden Vnraths dere der ennden seines vnghe vn getragenen Ministerii zuerlass‹en›. Wann vnnß aber hiruber ebenmessige beschwerden doch vnuermeldt vorgenants Infantii Person vonn vnnserm besonndern lib‹en› freundt dem Bischoffenn alß vnd Cammerrichtern auch den Presidenten vnnd Beisitzern des keyserlich‹en› Cammergerichts zu Speir gesterm Abents {wie E l beiverwarter copi‹en› zuseh‹en›} vnnd darbei noch ferrers furkhommen, alß ob E. L. vonn denen von Speir hirunnd‹er› in bosen verdacht, getzog‹en› die Statt zu vberrasch‹en› vnnd einzunemmen, dessenn sich E. l geg‹en› inen zur notturfft entschuttet, hab‹en› wir solches mit etwas entsetz‹en› vnnd befrembden darumb‹en› vernommen, das vnnß bißdahero daruon hierunter von E. L. das geringste nicht zugeschrieb‹e›n Dieweiln wir dan alß der benachbarte vnnd nechst anreinende Churfurst {auß denen vns angebrachten, vnd andern vns selbs bewegend‹en› vrsach‹en›} souil vn An vnns, [fol. 47r] vnd vnnß gburen vnnd oblieg‹en› will gerne dahin seh‹en› vnnd befurdern helff‹en›, woltten, damit {insonderheit des hailig‹en› Reichs v‹er›ordnets algemaine Iustitia
222 Auerbach in der Oberpfalz.
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vnv‹er›letzt vnd} die Iustitia in irem strakh‹en› ganng, Auch Cammerrichter beisitzer, wie auch gemeine Burg‹er›schafft, in fridsamen wesen vnnd guter ruhe erhaltten hergegen den mutwillig‹en› Rebellen ir furnemen gesteuret vnnd abgewendet werd‹en› möchte. So ist an E. l. vnnser .f. vnnd brud‹er›lichs gesinnen, die wollen {dieß werkh neben vnnßern Rethen, so E. l. hirzuzuzieh‹en› mit vleiß berathschlag‹en› Auch} vnnß vnbeschwert Vnnd außfurlichen alßbalden vnnd vnuerlangt verstenndig‹en› was inn dieser vnruhig‹en› empörungs sach‹en› biß dahero an E. l. gelanngett vnnd waß sie hirunnd‹er› beideß inn irer entschuldigu‹n›g dan sonst‹en› der haubtsach‹en› notturfft nach, gehanndeltt vnd furgenommen {vnd in beständig‹em› guttem bericht eingezogen} darbei auch vnns dero brud‹er›lich bedenkh‹en› vnnd gutachtt‹en› mittheilen, ob vnnd waß vnnß hirinnen weitters zu thun sein soll, damit wir den ding ding‹en› desto stattlich‹er› nachzugedenken, zuerweg‹en› vnnd der Notturfft nach zugerichtt‹en› hab‹e›n, innmass‹en› wir vnnß dan geg‹en› gedachten Bischoff, Presidenten vnnd beisitzern verantwortlich‹en› erbott‹en› der sachen {vf ferneren bericht} nachzugedenkh‹e›n vnnd vnns geg‹en› S. l. vnnd inen vnuerweißlich {vnd der erforderlichen notturft nach} zuerzeig‹e›n {vff eim anndern Plat damit auch E. l. deren von Speir werbunng vnnd Anbringens desto bestenndigern bericht hab‹en› mög‹en›, Also hab‹en› wir vnnsern abgeordenten beuelch gethan E. l. ein copi‹en› irer Instruction weiln wir dieselb in eil doppelt nit konnen lass‹en› abschreib‹en› vnuerlangt zuzuschikh‹en›, vff das E. l. solche vff dem fall, vnnd vorgeender beratschlagung des haubthanndelß gebrauch‹en› khonnen.} Das seindt wir vmb E. l. freundlich‹en› zubeschulden geneigt vnnd willig. Datum Amberg den .4. Februarii A‹nn›o etc 77. Ludwig Pfaltzgr Churfurst An hertzog Iohan Casimir Pfaltzgraff‹en› etc [fol. 47v] An hertzog Iohann Casimirn
Nr. 63 1577 Februar 4, Prag Kaiser Rudolf II. ermahnt den Magistrat der Stadt Speyer zur Wahrung von Ruhe und Ordnung daselbst. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 48r–49v (Ausfertigung). [fol. 48r] Rudolff, der Annder, von Gottes gnaden Erwöllter Römischer Kaiser, zu allen zeiten Mehrer des Reichs etc.
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Ersam, liebe getrewen, Vnns hat neulicher weil angelanget, weß massen sich zwischen Euch dem Rath selbst, vnd auch gemainer Burgerschafft etwas beschwerliche mißuerstendt ereugnet, vnd albereit so weit ber handt genom‹m›en haben sollen, das, wo denselben in Zeiten nit begegnet, vnd gebürlich einsehens beschehe, leichtlich allerhandt merere weitleüffigkait daraus eruolgen köndte, Ob wir dann gleichwol die vrsachen solcher vnrichtigkaiten, vnd wohero dieselbigen iren anfang vnd vrsprung vngeuerlich genom‹m›en haben mechten, nit so aigentlich wissen können, dieweil deßwegen biß dahero von Euch (wir in dergleichen fellen pillich beschehen sollen) das wenigst nit an vns gelanget, dennoch aber, Sintemal vns tragendem Kaiserlichen Ambts halben obligt, allenthalben im Reich guet auffmerckens zu haben, damit desselben Stendt vnd vnderthanen in guter ruhe vnd fridlichem wesen beieinander erhalten werden, fürnemblich aber diß orts, da vnser vnd des heiligen Reichs gemain Iustici wesen administrirt, an dessen sicherhait vnd aufrichtiger vnsorgclichen erhaltung, vns, vnd dem Reich zum höchsten gelegen sein will, So haben wir auf solch bey vnns erschollen geschray nit vnd‹er›lassen [fol. 48v] können noch sollen, Euch hiemit gnedigclich zu ermanen, vnd ernstlich zubeuelhen, ir wellet mit allem vleiß vnd ernst dahin verdacht sein, damit angeregter vnwillen, so wol zwischen Euch selbst, als gemainer Burgerschafft fürderlichst gestillet, vnnd hingelegt werde, Euch auch sonsten in anbeuolhener StatRegirung dermassen beschaidenlich vnd gleichmessig ertzaigen, das vernere verpitterung der gemüetter, vnd merere weiterung verhüettet bleibe, vns auch nichts desto weniger der vrsachen berürter mißuerstendt, vnd warumb es vngeuerlich zuthun, vnd wer deroselben Anfenger sey, waran es auch nochmals haffte, zum fürderlichsten gründtlich berichten, Hieran handlet ir die gebür vnd schuldigkait, Auch vnsern entlichen beuelch vnd willen, Geben auf vnserm Künigclichen Schloß, zu Prag, den vierten Februarii, Anno etc im Sibenundsibentzigisten, Vnnserer Reiche, des Römischen im Andern, des hungerischen im fünfften, vnd des Behemischen im Andern, Rudolff [fol. 49r] [fol. 49v] Adressat: Den Ersamen, vnnsern, vnd des Reichs lieben getrewen, H, Burgermaister, vnnd Rath der Statt Speier Notizen einer anderen Hand: die kay‹serliche› M‹aieste›t schreib‹en› vmb Bericht der alhie furgeloffenen vnrichtigkeit‹en› etc.; P‹re›sentirt den 18t‹en› februarii A‹nn›o etc 77.
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Nr. 64 1577 Februar 6 Relation des Heidelberger Vogts über sein Treffen mit dem Speyerer Bischof. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 50r–50v. [fol. 50r] Mittwochs 6. Februarii Anno etc 77. P‹re›sentib‹us› H. Iohans Casimir P. Großhoffmeister, Cantzler, Fauth zu Heidelberg, Hatt Fauth zu Heidelberg Relation gethan, seiner verrichtung beim Bischoff zu Speier, Bischoff habs Podagra, zu gestern erst beschickt, vnnd sich erstlich zuentbietens bedanckt, auch hergegen erbotten etc, was hauptsach belangt, were es an dem das er Zeitlang nit außgangen, von seim hoffgesindt verstanden, wie ein vfflauff in der Statt were, vnd ein Apparat vom Rath vorhanden, darauf er Rath beschickt, die iren F‹urstlichen› g‹naden› angezeigt, was mit einwerffung eines zettels beschehen, vnnd der Prediger zu St Gilgen sich vnderstanden, vnd vffrürische Predigten, etlich mal nacheinander gethan, die leuth vermahnet, das ein ieder zwen finger vfreken, darauff das nachtmal entpfongen, Item das geschrey were gangen, das Reutter vf der straß‹en› hielten, der Predicant etlich Tonnen Puluers im hauß hab‹en› solte, vnnd wolte man die Statt einnehmen, vnd das mochte sein, das vff hertzog Iohann Casimirn gedeutet word‹e›n were, Er der Bischoff hette beim Infantio auch Inquisitios gebraucht, aber dergleichen nichts befunden, Also das es nur vonn der Statt Predicanten herkomme, die sein die Redelsfürer, D. Drechsel vnnd Feltsch hat sich auch bewegen lass‹en› die beim Rath angehaltten, iren abgeschafften Prediger widerumb aufzustellen, das were auch das sie stattschreybern zu P. Churfursten abgefertiget, mit bitt Infantium abzuschaffen, vnnd ein andern dahin zuordnen zuuorkommung weitern vnraths in d‹er› Statt, aber wie man den Stattschreyb‹er› kendt, werde er die sach ärger machen dan sie seie, [fol. 50v] Nota hatt sich zutragen, das der Cöller alhie spatt hinüber kommen, vnnd wie sie vnder das Thor kommen, ist ime ein Rath abgangen, seindt die leuth darunder etlich Franckenthaler gewest, abgestanden, in des nechsten schneiders hauß ein liecht begert, biß der das Rath wider eingestossen, dieser schneider soll dem Burgermeister das fenster eingeworffen haben, wie sie vff ihne inquirirt, hat sichs nit funden, dan es ein lamer man, vnnd ist der argwon allein daher, weil Franckenthaler vff der Roll gewesen, vnnd von wegen des abgangnen Radts inns schneiders hauß ein liecht zu holen gangen, Es sollen auch die Kay: Commisarien Georg Ludwig von Sainßheim vnnd D. Iung dahin kommen, vnnd deßwegen inquiriren, aber Bischoff sag selbs, wan sie dahin
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kommen werden sie nichts finden, vnnd verdreust die Burgerschafft selbs, das der Rath ein solch geschrey gemacht.
Nr. 65 1577 Februar 8, Heidelberg Soldan von Wirsberg und Bernolff von Gemmingen berichten über die von ihnen gegen Georg Infantius in Speyer getroffenen Maßnahmen. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 52r–56v. [fol. 52r] Durchleuchtigster hochgeborner Furst E Churf‹urstlichen› g‹naden› sindt vnser vntterthenigst gehorsambst willigste, schuldigste, dinst, mit fleis zuuor, gnedigster Churfurst, vnd herr, E Churf‹urstlichen› g‹naden› sollen wir vntterthenigst nit verhalten das wir Georgium infantiu‹m› gewesnen p‹re›diger zu sant Egidi zu speier nechstverschines Mitwochs allerding, vngeacht seiner furgewent‹en› entschuldigung, crafft habend‹er› instruction, in zweien tag‹en› abzuzih‹en› abgeschafft, die kirch‹en›schlussel von ime abgefod‹er›t vnd zu vnsern hand‹en› genomen, welchs alles er willig eingang‹en›, wiewol er sich anfangs nit im haus lies find‹en›, also die ding sich etwas verweilet, wie ditz alles vnser relation soll ausfurlich, zu vnser ankunfft bericht‹en›, Als wir Nun nach verricht‹en› sach‹en›, vns nach haidelberg begeb‹en›, vns pey dem durchleuchtig‹en› hochgepornen Fursten vnd h‹er›n, h‹er›n Hanß Casimir vnsern g‹nedigen› hern anzeig‹en› lassen, pring‹en› wir in erfarunng das gedachter infantius auch albereit zu [fol. 52v] haidelbergk, vnd zu hoff ist, Nichts wenig‹er›s sind wir, mit vnser muntlich‹en› werbung, neb‹en› vberantwortung, der Credentz, schrifft‹en› fortgefarn, darauff ire f‹urstlichen› g‹naden› sich der prud‹er›lich‹en› vnd f‹urstlichen› zuentpitung geg‹en› E Churf‹urstlichen› g‹naden› bedanckt, was aber dise sach‹en› anlang‹en› woll‹en› ir f‹urstlichen› g‹naden› erkundigung einnemen vnd sich alsdan auch d‹er› gepur nach zuresoluirn erpott‹en›, doentgeg‹en› wir f‹urstlichen› in Continenti replicirt, das mher gedachter infancius, ob woll er in verrichter sach‹en› sich geg‹en› vns, wollen entschuldigenn, so hett er doch, fast mithbekent, vnd wer sein furwendung nichts and‹er›s, dan ein vermentlung, vnd glassirung etc dopey es plib‹en›, vnd hab‹en› ire f‹urstlichen› g‹naden› es noch mal, zu verner bedenck‹en› genomen, gestern donerstag Abents, als wir mit iren f‹urstlichen› g‹naden› gessen, hab‹en› ire f‹urstlichen› g‹naden› mich Soldan nach dem essen zu sich erford‹er›t, vnd anzeigt mit wenig wort‹en›, wir kund‹en› heut nit abgefertigt werd‹en›, wir sollen ausruh‹en› ire f‹urstlichen› g‹naden› sindt der gesant‹en›, vom Kraistag [fol. 53r] gewertig, d‹as› vnd and‹er›s E Churf‹urstlichen› g‹naden› zucomunicirn, wolt‹en› ire f‹urstlichen› g‹naden› vns mithgeb‹en› dan furter so hatt vns D. Hartman, vait alhie anzeigt, d‹as› er vns viel anzuzeig‹en› so d‹er› fed‹er› nit zuuertrauen, vnd doch E
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Churf‹urstlichen› g‹naden› zuwissen von nott‹en›, darum er dan selbst‹en› in still, sich zu E Churf‹urstlichen› g‹naden› zubegeb‹en› vorgehabt, was Nun solchs ist das wollen wir auch von ime anhoren, vnd E Churf‹urstlichen› g‹naden› neb‹en› and‹er›m so wir auch sonst‹en› alhie in erfarung pring‹en› mog‹en› in dem kein fleis gespart, werd‹en› soll, mit allen vmbstend‹en› refirirn. Heut Freitag hat Andreas stoltz Er apathischer Sup‹er›intendent‹en› in d‹er› kirch‹en› zu heilig gaist, gepredigt, pin ich Sold‹an› selbst‹en› in die kirch‹en› gang‹en›, Ist viel voler‹er› in d‹er› kirch‹en› gewest, hat die einsatzung auch den recht‹en› gemes vnd geprauch der hochwirdig‹en› Sacrament, woll herfur gestrich‹en›, den wid‹er›sach‹er›n ire subtilisirische argumenta so sie pfleg‹en› dowid‹er› zufuren fein ausfurlich vnd beschaidenlich, verlaut, [fol. 53v] In d‹er› kirch‹en› zu sant peter hat ein Caluinischer dises tags gepredigt, vnd sindt in die 100 mansp‹er›son vnd etwa 24 weibsp‹er›son darin gewest Am nehern sontag sindt in d‹er› kirch‹en› zum heilig‹en› gaist vber die 100 mensch‹en› wie man sagt, zu dem recht‹en› waren Abentmal des h‹er›n gang‹en›, vnd dasselb nach einsetzung des h‹er›n Christi empfang‹en› Neus wais ich man noch nichts, dan ein iung‹er› Reingraff ist gestern abents alhie ankomen, der sagt d‹er› Cundi223 solt sein erschoss‹en› vnd roschelln224 wer vonn konigisch‹en› eingenomen, woll‹en› den graff‹en› selbst‹en› noch ein mal anred‹en›, vnd hab‹en› solchs E Churf‹urstlichen› g‹naden› nit woll‹en› vnangezaigt lass‹en›, damit danach diselb wissens hab, d‹as› wir vns nit fursetzlich vffhalt‹en›, wie wir vns dan vff dem weg nit woll‹en› saumen allein d‹er› weg ist hierund‹en› sher poes vnd erg‹er› als drob‹en›, Dat‹um› haidlbergk vmb 8 vrh fru freitags den 8 feb: 1577 E Churf‹urstlichen› g‹naden› vntterthenigste Soldan von Wirsp: mp Bernolff von gemingen
223 Cundi = Ludwig I. von Bourbon-Condé. 224 roschelln = La Rochelle.
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[fol. 54r] [fol. 54v] Adressat: Dem durchleuchtigst‹en› hochgebornen Fursten vnd herrn herrn Ludwigen pfaltzgraf‹en› bey Rhein, hertzog‹en› in Baier des heiligen Ro: Reichs Ertzdruckses vnd Churfurst etc vnserm gnedigst‹en› Churf‹ursten› vnd herrenn zu irer Churf‹urstlichen› g‹naden› aig‹en› hand‹en› Notiz einer anderen Hand: Soldan von Wirßberg vnnd Bernolff von Geming‹en› bericht‹en› was sie Georgii Infantii halb‹en› in Speir furgenomen vnnd verricht‹en› Notiz einer weiteren Hand: P‹re›sentirt den 12t‹en› Februarii Anno etc 77. [fol. 55r] Ergänzung: Auch gnedigster Churfurst vnd herr Nach dem in iungst‹em› schreiben meldung geschehen, das wir von dem vaiten, seinem erpiten nach, etlich‹en› bericht S E Churf‹urstlichen› g‹naden› zuwissen von notten, Auch sonst‹en› wollen einpring‹en›, solchs ist gescheh‹en›, vnd soll E Churf‹urstlichen› g‹naden› zu vnser hinauffkonfft, sintemal es der fed‹er› nit durchaus zuuertrauen, neb‹en› mherern, so vns sonst‹en› furkomen, vnd wir in erkundigung, pring‹en› kond‹en›, treulich vnd fleissig, referirt werd‹en›, vnd stet sumarisch, vieler anzeig nach, an dem das zuuerkummung mherers sinnes E Churf‹urstlichen› g‹naden› so vill moglich, pald selbst‹en› zu den sach‹en› soeh‹en›, wie es aber von einem vnd dem and‹er›n gemaint, das wais got, vnd wirdt die zeit offenbarn, Wir wissen and‹er›st nit, dan es seien E Churf‹urstlichen› g‹naden› von den zunfft‹en› zu haidelwergk225 alberait durch supplication schrifft‹en›, etlich‹er› sach‹en› halb‹en› sond‹er›lich einer sund‹er›barn kirch‹en› halb‹en› vntterthenigst ersucht. Wir erkennen vns gleichwol wissend‹er› vnd mercklich‹er› ainfalt halb‹en› nach, vnuerstendig doch, wo solchs gescheh‹en›, od‹er› noch erfolg‹en› solt [fol. 55v] werden E Churf‹urstlichen› g‹naden› inen aus hoh‹em› Churfurstlich‹em› verstandt, dermassen vnuerweisliche antwort zugeb‹en› lassen wiss‹en›, Nemblich‹en› das E Churf‹urstlichen› g‹naden› viel hohe sach‹en› aus wissend‹en› erheblich‹en› ansehenlich‹en› verhind‹er›nuss‹en›, dismal zu Ruhe stellen mues‹en›, Also versöh‹en› sich auch E Churf‹urstlichen› g‹naden› als zu d‹er›selb‹en› getreuen
225 Gemeint ist Heidelberg.
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vntterthanen, sie wurd‹en› d‹er› gepurend‹en› Antwort vff ir vntterthenigst supplicirn, pis zu E Churf‹urstlichen› g‹naden› glucklich‹en› ankunfft nah‹er› haidelbergk auch mit gedult erwart‹en›, doch alles allein d‹as› E Churf‹urstlichen› g‹naden› ainige verend‹er›ung pis zu E Churf‹urstlichen› g‹naden› glucklich‹en› wesentlich‹en› Regirung zu haidelberg (wie wir one das wiss‹en›) nit furnemen lassen vnt:thenigst, erind‹er›ungsweis geschriben, Ebner gestalt kond‹en› E Churf‹urstlichen› g‹naden› wir nit v‹er›halt‹en› d‹as› hochermelter hertzog Iohan Casimir vnser g‹nedige›r f‹urst› vnd h‹err› D. Kulman E Churf‹urstlichen› g‹naden› Rath, zu dem mher hochermelt‹en› Bischoff alhir geschickt vnd d‹as› ire f‹urstlichen› g‹naden› ex officio wolt‹en› des verdachts der iren f‹urstlichen› g‹naden› gantz vnbedechtig vffgedeg werd‹en› woll‹en›, einzunemen, Es ist Aber dohin gewis‹en›, d‹as› es ir f‹urstlichen› g‹naden› pey dem gantz‹en› Camer [fol. 56r] gericht solt such‹en› etc. Dauon in muntlich relation weiter zumeld‹en› Von dem Kraistag sindt sie wid‹er› komen wenig ausgericht, allein d‹er› Iohan de Austria ist durch ein schrifft ersucht, w‹as› es fruchtet wirdt die zeit geb‹en›, daneb‹en› vff den I marcii wid‹er› ein zusamkonfft d‹er› Krais angestelt Die speierisch‹en› hab‹en› vns in dieser stund dis schreib‹en› vbergeb‹en›, daneb‹en› erpott‹en› wiewol sie vngern daran kummen vns die p‹er›son die d‹er› Conspiration entliche wissenschafft hab‹en› Auch wievil p‹er›sonen diser p‹re›dig peygewont morg[en] zuuermeld‹en›, doch ad referendum ire h‹er›n des raths gestelt E Churf‹urstlichen› g‹naden› schick‹en› wir hiemit die speierisch instruction, hat die aus mangl d‹as› sie hochernanter hertzog Casimir pey hand‹en› gehabt pey dem iung‹en› mit vberschickt werd‹en› mog‹en› Vt in l‹itte›ris SVW mp Bernolff von gemmingen [fol. 56v] Weitere Ergänzung: E Churf‹urstlichen› g‹naden› wir kunden auch wir vntterthenigst nit verhalt‹en›, d‹as› vns an heut sontag angelangt, wiewol wir vnser verrichtung vnd schreibes halb‹en› in d‹er› kirch‹en› nit sein kund‹en›, d‹as› die speierisch‹en› p‹re›dig‹er› etwas spotisch vff die Caluinischen gepredigt dieweil aber solchs auch zu mherer zerrutung als zuuersonung d‹er› wid‹er›wertig‹en› gemuter geraicht, haben wir inen solchs so wol auch pey iren purg‹er›n allerhandt spotische red‹en› vnd antastung‹en› abzuschaff‹en› neb‹en› mherern erind‹er›t, welchs zuthun sie sich in diser stundt erpott‹en› etc. post scripta vntterthenigster neben zettl
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Nr. 66 1577 Februar 10, Speyer Die kurpfälzischen Abgesandten Soldan von Wirsberg und Bernolff von Gemmingen erstatten Kurfürst Ludwig [VI. von der Pfalz] Bericht über die Absetzung des Pfarrers Georg Infantius in Speyer. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 58r–62v. Siegel fehlen. [fol. 58r] Durchleuchtigster hochgeborner Churfurst, Ewern Churf‹urstlichen› g‹naden› seien vnser vnderthenigste gehorsame vnnd gantz willige dinst bestes vleiß zuuor, gnedigister Herr, E. Churf‹urstlichen› g‹naden› schreiben den 4t‹en› dits außgangen, ist vns den negstvolgenden 8t‹en› tag hernach, eben als wir den Iungen mit einem schreiben an E. Churf‹urstlichen› g‹naden› abgeferttigt gehabt, zu Heidelbergk wol geantwortt worden, Baldt vnnd fast inn derselben stundt, sindt wir vonn dem durchleuchtigen hochgebornen vnserm gnedigen Fursten vnd Herrn Hertzog Iohann Casimirn Pfaltzgraffen etc inn die Cantzlei erfordert, Da haben ire f‹urstlichen› g‹naden› alßbalden inn beisein deß Großhofmeisters, Doctor Öheims vnd Wendel Regenspurgers vns furhalten, vnnd E. Churf‹urstlichen› g‹naden› schreiben an ire f‹urstlichen› g‹naden› dauon wir Copey auch entpfang‹en›, meistes theils darumb furlesen lassen, das demselben einuerleibt, vor Abschaffung deß Prædicanten notwendige erkhundigung zugebrauchen, Daruff wir geantwortt: Souil wir erkhundigung einpringen mogen, Sey alle verursachung disser vffrur vff den Infantium gangen, wie dann der von Speyer Instruction ausfurlich außweise, die wir auch hochgedachtem vnßerm gnedigen Fursten vnnd Herrn damals vberantworttet, Derowegen wir vnserm gemessenen beuelch, Crafft habenden Instruction nachgesetzt, hoffeten auch nicht daran vnrecht gethon zu haben, Zu deme auch Infantius die ding, Sonderlich die conspiration vnnd vnruwige Predigten, nit durchauß widersprochen, Sondern dasselb also verdeutschen226 vnnd außlegen wollen: Er hab die Leuth inn reichung deß Abendmals vnnd seinen Predigten [fol. 58v] allein zur bestendigkeit, vnnd ob es schon Leib vnnd leben costet, vermanet, daruber sie die hendt vffgehoben, das mocht etwan ein vnuerstendiger gesehen, vnnd es fur ein conspiration vnnd verbundnus verstanden, vnnd außgelegt haben, Hieruber vns Doctor Öheimb etwas graß 227 angeredt, Ob wir nit auch erfarn, was die andern gepredigt, Da entgeg‹en› wir geantwortt, wir hetten es vonn einem, so wenig als dem andern, mit ohren nit gehört, da es geschehen, were es von einem theil so wol dem andern nicht recht, dann dardurch nichts nutzlichs erbawet noch gepflantzt, Dartzu auch der Großhofmeister redet: Es were ein grosser vnderscheidt,
226 verdeutschen = ins Deutsche übersetzen, hier aber wohl im Sinn von erklären. 227 graß = krass, grob, derb.
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zwischen vermanen zur bestendigkeit, vnnd conspiration zumachen, Wiewol wir gesinnt weiter zu repliciren vnnd zu sagen, das mann solches wol weste, Aber rebus sic stantibus228 , wie es damaln der ortt gestanden, Sehe es mehr einer Conspiration, als einer Christlichen eyfferigen wolmeinenden vermanung gleich, Es ist aber dabey plieben, Allein was hernach gegen {etlichen Sonderlich} dem Fauthen ad partem beschehen, vnnd hat viel hochermelter vnser gnediger Furst vnnd herr damals vnnd auch hernach gegen mir Soldan inn sondern gesprechen nichts höhers, als das ire f‹urstlichen› g‹naden› darunder mit verdacht angerurt, geant, Auch gentzlich entschlossen hierunder Inquisition zugebrauchen, Wann dann ire f‹urstlichen› g‹naden› gesterigs Sambstags baldt nach vns Doctor Culman an den hochwirdigen herrn Bischoffen zu Speyer derhalben hieher geordnet Inquisition zu gebrauchen, wo vnnd von wem solche außgiesung herfließe, vnnd also die ding dahin zurichten, das es mit Rath vnnd zuthuung E. Churf‹urstlichen› g‹naden› der notturfft nach verantwortt [fol. 59r] vnnd disser verdacht von iren f‹urstlichen› g‹naden› möge gewendet werden, Sonderlich auch, dieweill die ding allbereitt an die key‹serliche› M‹aiestet› gelangt, vnnd daruber Commisarien, als nemblich Iörg Ludwig von Seinßheim vnnd Doctor Iung verordnet worden sindt. / Sambstags frue vmb 9: vhr, sindt wir wider fur ire f‹urstlichen› g‹naden› inn die Cantzlei erfordert, Alda vns ire f‹urstlichen› g‹naden› selbsten abermal furgehalten: Das vns ire f‹urstlichen› g‹naden› derwegen biß an heut vffgehalten, vff das wir den Infantium selbsten, weiln er bei vns suspect, Als ob er die Conspiration nit allerdings widersprechen könne, vor iren f‹urstlichen› g‹naden› vnnd derselben zugeordneten Räthen, höreten, wie vnschuldig vnnd vnwarhafftig ine die von Speier beschuldigt hetten etc Darauff wir geantwortt‹et›, das iren f‹urstlichen› g‹naden› ine Infantium zuhören oder herein zufordern, wir weder ordnung noch maß zugeben, hetten, auch nit beuelch mit ime viel zu disputiren, So weren wirs auch fur vnsere Person nicht gemeint, Also er Infantius hinein erfordert, vnnd den Puncten der Conspiration halben, wie iungsten zu Speier, Lauth deß Prothocolls, verantwortt, Nemblichen, Sie hetten, vermög meins gnedigisten herrn hochloblichster gedechtnus Kirchen Ordnung drey Puncten, da der Lehrer seine Zuhorer zu fragen pflegte: Ob sie von iren sunden wollen abstehen, Ob inen ire sundt leidt, Ob sie nun wolten bestendig pleiben etc Darauff were er Pfarherr nider kniet, die hendt seinem gebrauch nach vffgehaben, vnnd das Vatter vnßer gebettet, da mögten vielleicht andere hinder ime auch die hende vffgehaben haben, Aber kein Aidt geschworen, vermehrung oder verbundnus nit gemacht. Demnach [fol. 59v] ire f‹urstlichen› g‹naden› begert, die ding, wie es durch ine itzt ertzeltt, zu referiren, Auch denen deß Raths zu Speier ir vngrundig furgeben zuuerweisen, vnnd den grundt besser zuerfaren, Auch die sachen dahin
228 Die clausula rebus sic stantibus (dt. etwa: Bestimmung der gleich bleibenden Umstände) ist ein ursprünglich aus dem römischen Recht stammender allgemeiner Grundsatz.
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zurichten, den Infantium, so vnpillich beschuldiget, wider eintzusetzen, wie dann ire f‹urstlichen› g‹naden› bei E. Churf‹urstlichen› g‹naden› solches alles selbsten woltten suchen, Darauff wir geantwortt, das wir nichts anderst, dann was wir anfangs vnnd itzt auß seinem mundt gehört, prothocolliren hetten lassen, Solte auch solches ohne ab oder zuthuung treulich referirt werden, Anlangendt aber ine wider eintzusetzen, hetten wir das schuldigem verpflichten gehorsam nach verrichtet, so wir beuelch gehabt, darauß wir nit zustreitten, hetten aber dißmal, den Predigtstul zubesetzen, nit beuelch, Achteten aber, es wurde mit Ewer Churf‹urstlichen› g‹naden› gelegenheit zum ehisten geschehen. Midt dissem vngeuerlichen abschidt, Sindt wir Sambstags wider naher Speier verreiset, vnnd so baldt wir ankhommen, vns bei dem hochwirdigen herrn Bischoff daselbst antzeigen laßen, das vns vff irer f‹urstlichen› g‹naden› vnnd deß key‹serlichen› Cammergerichts Præsidenten vnnd Asseßorn pittlich ansuchen, ein widerantworttlich schreiben von E. Churf‹urstlichen› g‹naden› were zukhommen, das wolten wir iren f‹urstlichen› g‹naden› vnderthenig behandigen, daruff vns deß andern Tags frue ire f‹urstlichen› g‹naden› vmb 7. vhr zu sich beschiden, haben iren f‹urstlichen› g‹naden› wie E. Churf‹urstlichen› g‹naden› schreiben geantwortt, darbeineben gepetten, vns vertreulich zuuerstendigen, wo doch solch vnwesen möchte herfliessen, Ob es allerdings aus deß Infantii vnfridferttigen Predigt entstanden, oder vonn wann diße [fol. 60r] ding iren vrsprung genohmen haben solten. Vnnd, sintemaln wir vber allen angewanthen vleiß nichts grundlichs erkhundigen mögten, Ob iren f‹urstlichen› g‹naden› derhalben etwas wissendt, vns von wegen E. Churf‹urstlichen› g‹naden› vertreulich, vmb allerhandt nachrichtung willen, vnnd zuuorkhommung vnheils, zucommuniciren, Daruff ire f‹urstlichen› g‹naden› vns angetzeigt, das sie warlichen weitter nichts wusten, noch inn erfarung pringen mögten, dann was sie vnderm dato den ersten Februarii mit .A. signirt, an meinen gnedigisten herrn hertzog Iohann Casimirn geschrieben, Vnd darbeineben viel vermeldet, wie die deß Raths irer Pollicey vnnd ordnung wenig inn acht hetten, vbel haußeten, Auch wie sie ire gemein vnnd burgerschafft mit neuerlichen vfflagen vnnd beschwerden beluden, Mit mehrer außfurung vnnd ertzelung etc welches zu dißem neidt vnnd vffwiglung vnder inen auch viel vrsach geben haben kondt, Ob es nun allein vonn dißem Infantio herfluße, wusten ire f‹urstlichen› g‹naden› nit, dann von den irigen, sonderlich von einem Prediger Bernhardus Bernhardi genant, auch hartte vnnd vast vffrurische Predigten eruolgt weren, Hinwider Infanti‹us› gepredigt haben solt; Ob schon die widersacher vast ruffeten, ir Abgott, E. Churf‹urstlichen› g‹naden› geliebsten herrn Vatter vnnd vnsern gnedigisten herrn meinende, were gestorben, So lebet doch noch ein starcker, der wurde sie bei irer Lehr erhalten, dauon solten sie nit weichen, inmassen er auch thun woltt, vnnd wann es gleich Leib, ehr, gut vnnd blut oder alles costet, Solches ist auch Infantius nit allerdings inn Abredt, were also vast eine æmulatio zwischen inen den Predigern gewest, doch schließlichen alles anderst nit, zusagen, dann wie es an ire f‹urstlichen› g‹naden› gelangtt./ [fol. 60v] Dabeineben haben wir nit vnderlassen zu fragen, wie es doch mit der key‹serlichen› Commission ein gelegenheit hette, zeigten
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ire f‹urstlichen› g‹naden› an, das es vielleicht nicht allerdings von dißes Tumults wegen durch das Collegium alhie außpracht seie, Sondern von vieler vrsachen wegen, so inen teglichen von einem Rath alhie beschwerlichen zustehen, Auch vnder inen deß Raths vnnd Burgerschafft bessere vnnd heilsamere Pollicey antzustellen, Sonderlich auch der gericht halben etc. Als wir nun am Sambstags Abendt wie obgemelt, nicht Audientz von wegen hochgedachts Bischoffs Leibsschwachheit bekhommen mogen, haben wir noch selbigen Abends E. Churf‹urstlichen› g‹naden› schreiben einem Rath vberantwortt, neben vermelden, das sie ire Instruction etwas hefftiger, ohne genugsamen vorgehenden eingenohmenen bericht gescherpfft, dann Infantius dasselb vast durchauß, mit hoher verpfendung seins Leibs vnnd lebens widersprechen thue, Darauff nachmaln, wie iungsthin, als wir den Infantium abgeschafft gehabt, geschehen, sie erinnert, wie, durch wen, wie sie heißen, mit was grundt, sie ire Instruction vnd beschwerung zu fernerm notfall vnnd ausfurung dociren vnnd bescheinen wollen, Ob wol sie nun vermeinen, ire beschwerden, inhalt irer Instruction allerdings zubescheinen {vnd zu verificiren} wie inen dann das glaubhafft iedes mal furkhommen sey, So haben wir doch fur vns souil befunden, das sie noch der zeitt, mit benennung der Personen vnnd inn andere wege, zu grundlicher docirung nit gefast, Aber vff vnßer zusprechen, das es vast verweißlich, ohne einen grundt, vnnd allein von eusserlichem hören sagen einen Churfursten also zuberichten, haben sie sich, den rechten grundt, wie vnnd durch wen es zubescheinen anerpotten. Der zweyer Personen halb, so sie inn verhafft genohmen haben, zeigen [fol. 61r] sie an, das der eine Iorg Ebelmann genant, gesagt, ir Lutherischen esset ewern herr gott, vnnd gebt inen (mit hochster vertzeihung zuschreiben) per aluum wider, Der ander Iorg Geyer: Die Speirischen Prediger weren lugenprediger, die Caluinischen hetten die rechte lehr, dieße hetten sie vergang‹en› Sommer als der Reichstag zu Regenspurg gewesen, zu reden hierunder gesetzt vnnd gestrafft, dißes Tumults halber aber gar nit./ Fur vns inn geheim vnnd still, wie die ding eigentlich geschaffen, noch weiter souil moglich zuerkhundigen, soll kein vleiß gespartt werden, wiewol wir inn warheitt sondere gelegenheit etwas gewiß weitter zuerfaren, dartzu nit mehr wissen, dann es hie noch zimblich, wie mann sagt, zwischen den Lutherischen vnnd Caluinischen neidhessige reden furlauffen. Wie aber nun dißer gefahr furtzukhommen, vnnd zustillen sein möchte, hofft hochernanter herr Bischoff, Es werde nunmehr gestillet sein, Sonderlich, da die key‹serlichen› Commissarien werden ankhommen vnnd iren beuelch verrichten, wurden die sachen noch zu mehrer ruhe verhöffentlich gebracht werdenn. Wir wusten auch nit, was E. Churf‹urstlichen› g‹naden› ferner hierunder thun oder lassen mochten, Dann allein zu erhaltung E. Churf‹urstlichen› g‹naden› reputation, vnnd zuuorkhommung vieler reden, So achten wir vnserer einfalt nach darfur, das es dieselben bei Abschaffung deß Infantii allerdings bewenden vnnd pleiben lassen, Doch sehen wir darneben vnuerstendig fur rathsamb vnnd notwendig an, das E. Churf‹urstlichen› [g‹naden›]
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aus allerhandt beweglichen vrsachen, solche Collectur zu ehisten mit einem tauglichen Christlichen Lehrer wider besetzen. [fol. 61v] So hoffen wir beschließlichen, dieweill wir vnßers erachtens, Sonders mehr alhie nit zuuerrichten, ehisten gnedigsten bescheidt, damit wir von hinnen vnnd wider zu E. Churf‹urstlichen› g‹naden› vns begeben mogen, wie wir vns dann albereitt vff den weg gemacht hetten, wo vns E. Churf‹urstlichen› g‹naden› beuehlschreiben nit eben zu Heidelberg vor vnserm vffsein antroffen hette, Vnnd haben E. Churf‹urstlichen› g‹naden› solches alles inn großer eill neben vnderthenigster beuehlung nit verhalten sollen. Datum Speier den 10t‹en› Februarii vmb 3. vhr nach Mittag A‹nn›o etc 77. E. Churf‹urstlichen› G‹naden› Vnderthenigste gehorsame Soldan von Wirspergk mp Bernolff von Gemmingen [fol. 62r] [fol. 62v] Adressat: DEm Durchleuchtigen Hochgebornen Fursten vnd herrn herrn Ludwigen Pfaltzgraffen bei Rhein deß heiligen Römischen Reichs Ertztruchsessen vnnd Churfursten, Hertzogen inn Bayern etc vnserm gnedigisten Churfursten vnnd Herrn Zu iren Churfursten eigen hand‹en› Notiz einer anderen Hand: Soldann von Wirßberg vnnd Bernolff Geminger berichttenn was sie zu Speir mit abschaffunng Georgii Infantii furgenommen. Vnnd hertzog Iohan Casimir dieser handlung halb‹en› gehan gerad‹en› vnnd Mit. Notiz einer weiteren(?) Hand: P‹re›sent‹irt› 14 Februarii A‹nn›o etc 77.
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Nr. 67 1577 Februar 10 Der Magistrat der Stadt Speyer dankt Kurfürst Ludwig [VI. von der Pfalz] für dessen Zusage zur Unterstützung gegen den Pfarrer zu St. Ägidien, Georg Infantius, und berichtet über die Speyerer Unruhen. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 64r–66v. Siegel fehlt. Konzept: StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 68r–70v. [fol. 64r] Durchleuchtigster hochgeborner Churfurst, E Churf‹urstlichen› g‹naden› seien vnsere vnd‹er›thenigste gantz genaigt gutwillige dienst Alles vngespart‹en› vleiß iederzeit zuuor berait, Gnedigster Churfurst vnnd herr, Wir haben aus vnsers Stattschreibers Licentiat Joseph Feuchters, so wir newlich‹er› Tagen zu E. Churf‹urstlichen› g‹naden› abgesanndt, ausfurlicher gethaner Relation, mit sund‹er›nn hertzlich‹en› freuden vernommen, Welchergestalt E. Churf‹urstlichen› g‹naden› vff vnser vnd‹er›thenigst ausgang‹en› Credentzschreib‹en›, inen in seinem mundtlich‹en› werben vnnd furbring‹en› Also gnedigst Angehört, solcher vnserer gemeinen Statt Speyr gantz vntregliche hohe obligende Beschwerden, aus Christlichem gottseligem Aifferig‹en› grunt, mit Allen Churfurstlich‹en› gnaden, Also getreulich angenommen, vnnd durch Allerhanndt fernern besorgend‹en› vnrhat vnnd geferlichkeit dardurch zuuerkhommen den Pfarrhern zu S. Egidien ab vnnd hinwegk schaffen lassen, dessen gnedigsten trewen wolmeinend‹en› grunnts, vnnd fernern Angehenckt‹en› gnedigsten erpietens, geg‹en› E. Churf‹urstlichen› g‹naden› wir vnns hochstes vleiß gantz vnd‹er›thenigst bedanck‹en›, vnnd ein solches nach vnserm eusserst‹en› vermögen geg‹en› E. Churf‹urstlichen› g‹naden› mit schuldig‹em› danckbarm gemut inn vnd‹er›thenigkeit hinwid‹er› zuuerdienen erpiet‹en› thuent, Vnnd konnen daruff vff E. Churf‹urstlichen› g‹naden› vnd‹er› dem dato den 4t‹en› diß gnedigst an vnns ausgang‹en›, vnnd An heut dato vns durch derselb‹en› Abgeordent‹en› Rhat vber Antwort schreib‹en› [fol. 64v] zu fernerm begert‹en› bestendig‹en› Bericht der sach‹en› vnd‹er›thenigst nicht verhalt‹en›, Demnach E. Churf‹urstlichen› g‹naden› durch die hochwirdig‹en› wolgebornen Edlen, gestreng‹en›, vnnd hochgelert‹en› herrn Chammerrichter, President‹en›, vnnd Beisitzer des hochloblich‹en› kay‹serlichen› Chammergerichts vnsere gnedige vnnd gunstige herrn, ebenmessige Beschwerd‹en› vnnd Clagen furkhommen, das wir vnns dah‹er› kein zweiffel mach‹en›, E. Churf‹urstlichen› g‹naden› werden dem ienig‹en› was durch vnsern obgemelt‹en› zu E. Churf‹urstlichen› g‹naden› Abgeordent‹en› gesandt‹en› wir inn vnd‹er›thenigkeit furbring‹en› vnnd pitten lassen, desto mehren glauben, d‹as› Alle solche verloffene handlung‹en› in warheit also beschaffen, gnedigst zustellen, Vnd dieweil vnd‹er› dem gemeinen Man Allerhanndt bose verdechtige vnnd vffrurische Reden sich teglichs verlauffen, die ienige Personen, so solch‹em› Caluinismo anhengig, in offentlicher kirchen, bei solch‹em› irem glaub‹en› bestandt-
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hafft zupleib‹en›, gegeneinand‹er› versprochen, Ir hauff von Tag zu tag ie leng‹er› ie mehr gemerht, vnnd zugenommen, Sie teglichs auch and‹er›e leut zu solch‹em› irem glaub‹en› zubring‹en›, heimlich practiciren, vnnd bewerb‹en›. In offentlich‹en› zechen von irem glaub‹en› zu disputiren sich vnderstand‹en›, die gemuter gegeneinand‹er› dardurch verpittert, vnnd zu feindtschafft bewegt, Auch etliche schlegereien daraus erfolgt seien, vnnd daher [fol. 65r] der gemein Man dardurch zur vngedult bewegt vnnd inen diß Nachdenckens vnnd vermutung gemacht, Als wann alle solche verloffene handlung‹en› irgents von denienig‹en› Personen, so solch‹em› Caluinismo Anhengig, daher ruren vnnd khommen solt‹en›, wie solches Alles im fall der nott mit glaubwirdig‹en› Personen zubeweisen vnnd darzuthun, Auch E. Churf‹urstlichen› g‹naden› aus irer Abgeordenter Rhat gethaner Relation ferner ausfurlicher gnedigst vernemmen werd‹en›, das wir dardurch als der ordenlich Magistrat vnnd Obrigkeit solch‹en› dingen leng‹er› nit zuzuseh‹en›, sunder gross‹er›n vnrhat, vnnd besorgende hohe geferlichkeit dardurch zuuorkhommen, Solches an E. Churf‹urstlichen› g‹naden› Clagendt gelang‹en›, vnnd vmb Abschaffung bemelts Pfarhers zu Sanct Egidien Georgii Infantii vnd‹er›thenigst zu p[itten] hochlich vervrsacht vnnd genottrengt seien word‹en› vnnd vnns daher der billichkeit nach vnd‹er›thenigst getrost‹en› vnnd verseh‹en› woll‹en›, E. Churf‹urstlichen› g‹naden› vnnd Alle and‹er›e fridtliebende Personen, werden vns deßwegen mit keinen vngnaden verdenck‹en›, Sunder hierinn, als die wir ie nichts and‹er›s dann was vnns Ampt vnnd obrigkeit wegen geburen, vnnd Gottes eher, friedlich wesen, vnnd Ainigkeit dardurch erhalten vnnd gepflantzt werden mög‹en›, gesucht vnnd furgenommen haben, herinnen gnedigst fur entschuldigt halt‹en›, So haben wir auch zwen vnserer Burg‹er› [fol. 65v] im iulio des iungst abgeloffenen 76t‹en› iars desweg‹en› aus wol befugter vrsach‹en› in vnser hafft vnnd gefengknus einzieh‹en› lassen, das dieselbige (wie durch deßweg‹en› furgenommene Inquisition sich mit warheit befunden) wider die Insatzung des heilgen Abentmals sich Allerhanndt gotloser ergerlicher vnnd schmelicher reden verlaut‹en› lassen, Auch wir vnns mit beistanndt gotlicher gnadt vnnd hilff do es also bei der Abschaffung bemelts Pfarhers Georgii Infantii verpleib‹en›, Ainich‹er› weitterung vnnd vnrhuwe in vnser Statt hinfuro an nit mehr befaren, sund‹er› das, mit verleihung gotlicher gnaden bestendiger fridt vnnd Ainigkeit vnder der Burgerschafft vnnd sunst allen inwonern erhalt‹en› werden soll, gentzlich verhoffen, getrosten, vnnd versehen, Welches alles E. Churf‹urstlichen› g‹naden› wir also zu fernerm gnedigst‹em› begert‹en› Bericht vnd‹er›thenigst nicht verhalten, dieselb‹en› E. Churf‹urstlichen› g‹naden› hiemit dem Almechtig‹en›, solche in langwirig‹er› steter gesundtheit vnnd glucklich‹er› fridtsamer Regirung Aller gluckseliger wolfart gnedigst zubewaren, sampt vnns E. Churf‹urstlichen› g‹naden› ied‹er›zeit vnd‹er›thenigst hiemit beuelhende, Datum den 10t‹en› februarii, Anno etc 77. Burgermeistere [vnd Rhat der Statt Speyr]
Edition der archivalischen Quellen
[fol. 66r] [fol. 66v] Adressat: Dem Durchleuchtigsten hochgebornen Fursten vnnd herrn, hern Ludwigen, Pfaltzgraf‹en› bei Rhein, des heilgen Romisch‹en› Reichs ErtzTruchsassen vnnd Churfursten, Hertzog‹en› in Beyern etc vnserm Gnedigsten herrn Notiz einer anderen Hand: Burg‹er›meister vnnd zu Speir bericht‹en› weitter wie es mit den entstandenen vnruh‹en› daselbst‹en› geschaff‹en›, vnnd von wem sie angefanng‹en› Notiz einer weiteren Hand: P‹re›sent‹irt› 14 Februarii A‹nno› 77.
Nr. 68 1577 Februar 11, Heidelberg Dr. Ludwig Culmann erstattet [Pfalzgraf Johann Casimir] Bericht über sein Treffen mit dem Speyerer Bischof. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 72r–82v. [fol. 72r] Durchleuchtiger, Hochgeporner Furst Churf‹urstlicher› Herr Stathalter gnediger Furst vnd Her Alß Eur F‹urstlichen› g‹naden› mich vorgisterig‹en› Tags den 9. diß noch wehrenden Monats Februarii zu dem Hochwurdigen Fürstenn vnndt Herrn, herrn Marquard‹e›n Bischouen zu Speier Probsten zu weissenberg 229 vnnd der Rö Kay M‹aieste›t Cammerrichter mit Credentz vnnd befelch abgefertigt, hab noch selbigen Tags ich mich dahin verfugt vnnd nachgeuolgten Sontags den 10 diß des Morgens vmb 8. vhrn bei hochermeltem Herrn Bischouenn mich angezeigt, neben vberreichung der Credentzschrifft‹en› zu Legitimirung meiner Person E F g‹naden› gewönliches zuentpieten gethan, vnnd ire F g‹naden› empfangnem beuelch nach kurtzlichenn erinnert, waß eines geschreis halb‹e›n vnnlengst zu Speier erschollen, Alß d‹as› der Pfarherr zu St. Egidion zu Speier, etlich vffrurische Predigten [fol. 72v] gethan habenn solt vnnd E F g‹naden› dabei inn verdacht gezogen, Alß ob sie die Stadt mittelst sein Pfarrherrns vnnd seiner Adherenten zuuberfallen {vnd inzunem‹m›en} vorhabens vnnd im werck weren, seine F. g‹naden› an E F g‹naden› geschriebenn, dieselbenn Auch wid‹er›umb
229 Weißenburg/Wissembourg im Elsass, Frankreich.
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Edition der archivalischen Quellen
weytters sich gegen des durchleuchtigstenn hochgepornen fürsten vnnd Herns Herrn Ludwigen Pfaltzgrafen bei Rhein des Heiligen Rhömischen Reichs Ertztruchsäß vnnd Churf‹urstlichen› Hertzogen inn Bayern etc Meines gnedigsten herrn Rhat Hoffrichter vnnd Fauth zu Heidelberg Herrn Hartman Hartmanni, muntlich erklert, deß‹en› allenn E. f. g‹naden› geg‹en› irer F g‹naden› sich gantz freuntlich bedanckenn theten, mit erpiet‹en› inn annderm vnnd mehrerm ein solches hinwider zubeschulden. Wann nun E f g‹naden› diese ding, gleich iren f. g‹naden› für schertz vnnd farz werck anfangs gehaltten Aber an itzo ferner vermerckten, d‹as› es mit Ernst gemeint werden wolt, Auch allerhanndt an die Rö: Kay M‹aieste›t vnndt E f g‹naden› [fol. 73r] zuuor höchsternanten geliebten Herrn Brud‹er› meinen gnedigsten Churfursten vnd Hern deßwegenn gelangt, vnnd von Speier an alle orth vnndt Stende des H. Reichs erschollenn, welches dann nicht zu geringer E. f. g‹naden› furstlicher ehren vnd reputation berürung gereichen Thete Alß wolte E. f. g‹naden› vnuermeidliche notturft erfordern diese zu ewigen Tagen vnerfintliche freuentliche reden vnnd verleumbdung welche nicht E. f. g‹naden› allein sonnd‹er›n auch dero geliebten Herrn Brudern hochstgedachtenn meinenn gnedigsten Herrnn mit berüren thätenn, nicht vngeandet hingehn zulassenn, sonnder zu rettung derselb‹e›n reputation vnnd furstlicher wol vnnd löblich herprachter ehrn, sich dero inn solch‹en› vnnd dergleichenn sachenn erlauptenn vnnd zugelaßnen mitteln gepurlich zugeprauchenn, inmassen dann E f. g‹naden› mehr höchstbemeltem dero Hern Brud‹er›s Rhat hierunder zubegern, Albereit entschloß‹en› innzwischenn aber weren E. f. g‹naden› auch dahin verdacht, waß zuerlernung der [fol. 73v] grüntlichen warheit wannenhero nemlich diß gefärlich vnnd grundtloß falsch geschrei entstanden, immer dienlich erfunden werdenn möcht, An die hand zunemmen, Alles zudem offert, damit der schuldig zu verdienter straff angehaltenn vnnd der vnnschuldig vor vnnpillicher zulag gerettet wurde, Vnndt hettenn demnach mir gnediglich vfferlegt ire F g‹naden› Alß Kay: Cammerrichter vnnderthenig vnnd fleissig zupittenn, deroselben ein Commission vff Erhardum Hasen vnnd D Lorentz Vomelium230 , oder aber ein anndere vnuerdechtige Person redliche dergleichen geschefft‹en› erfarne vnnd verstendige Person verferttigen vnnd mittheilen zulassen, damit dieienige Persone‹n› so E. f. g‹naden› hierunder examinirn vnnd zu seiner zeit nemblich in die productionis furstellenn zulassenn gemeint inn beisein eines vnpartheiischen Notarii so E. f. g‹naden› alßdann zu adiungirn bedacht, per motum et uiam Inquisitio‹n›is [fol. 74r] der gepur abgehört werden möchten, dieses neben dem es zu erkundigung der warheit Auch gepurlicher bestraffung des schuldig‹en› vnnd rettung des vnnschuldigen dienlich wurdenn E. f g‹naden› gegen seinen f. g‹naden› geg‹en› inn mehrerm freuntlich zubeschuldenn vngespart erfunden werden
230 Dr. Laurentius Vomelius Stapert, Advokat und seit 1575 Prokurator und Notar am Reichskammergericht.
Edition der archivalischen Quellen
Vff dieses mein beschehenn furpringen hab‹en› ire F‹urstlichen› g‹naden› sich des zuentpietens bedanckt vnnd E. f. g‹naden› dero gruß dinst vnnd freuntschafftlich hinwider zuuermelden begert, vnnd dan ferner mir angezeigt, daß nicht ohne ein seltzam geschrei alhie zu Speier außgangen vnnd vff die Acht Tag gewehret ehe seine f. g‹naden› ob sie gleich alhie in loco gewesenn, dessenn inn etwaß berichtet worden, Alß sie aber durch dero Hofgesindt, wie daß solches geschrei nicht erloschenn, sonnder wol grosser werd‹en› wolt, verstendigt, hettenn ire f. g‹naden› Alß Kay Cam‹m›erricht‹er› zwen Camergerichtspresidentenn vnd zwen Assessores zu sich erfordert, bericht einzunem‹m›en, wie eigentlich die sachenn geschaffenn, aber von inen [fol. 74v] nichts bestendigs oder gewisses vernem‹m›en können, dannen hero sie vermutet etwas Annders darunder gemeindt vnnd verdeckt sein muste. Nachgeend weren etlich auß des Cammergerichts Collegio etwaß forchtsame Personen zu iren f g‹naden› kom‹m›en an ire f g‹naden› begert, zu der sachen zuthun dieweil solche sich etwaß geferlich ansehen liessenn Wo nun ein lermen entstehn sollt were zuerachten, solch‹es› nicht allein den Cammergerichts Personen, sonnd‹er› auch den Cammergerichts Partheien irer der orths habend‹en› original brieff vnnd Sigel, gelangen könte, Alß hetten s. f. g‹naden› vff solch beschehen anhaltenn, dero Secretarien einen, Nach beidenn burgermeistern zu Speir geschikt, vnnd die zu sich erford‹er›n lassen, dem were der Statschreiber L. Joseph Feuchter begegnet vnnd angezeigt, daß er eben vff dem weg bei iren F. g‹naden› von der Herrn Burgermeister vnnd Rhats wegen, vmb Audientz [fol. 75r] antzuhaltenn, Alß aber dieselbig al inen also baldt zu gonnen von iren F g‹naden› angepottenn hettenn die Herrn von der Statt vffschub biß nachmittag furters von dann vff volgend furmittag vnnd abermaln nachmittag, Also biß inn den drittenn Tag Dilation begert die inen auch von iren f. g‹naden› zugelassenn doch dieweil dieselben eben der zeit zuuerreisen vorgehabt inen zeit desselbigen vnnd also des drittenn Tags vmb ein vhrn entlich zuerscheinen vnndt ir sach furzupringenn, angesetzt, dem sie auch also doch vmb ein stundt langsamer nachkommen, vnnd demnach furgepracht Es hette der Pfarrher zu St: Gilgen zu Speier vffrürisch gepredigt, seine zuhörer zur stanndthafftigkeit vermanet, mit vermelden wer d‹as› thun wolt solt ein Zeichenn von sich gebenn, vnndt diesem fernere vertröstenn sein Religion noch nicht gefallen, sond‹er› noch vff [fol. 75v] allen Canntzlen zu Speier auch inn dem Thumb gepredigt werden wurde vnnd wo er sampt seinen zuhörern zu schwach woltenn sie einen sterckern drauss‹en› suchenn, dabei doch die Herrn von der Stadt E. f. g‹naden› nit außtrucklich genant sonnd‹er› S. F. g‹naden› der herr Bischoff vermutet d‹as› E f g‹naden› von weg‹en› gleich‹er› Religion so sie bekennen dardurch von inen gemeint worden werenn Es hettenn auch die von Speier, ferner angezeigt, daß noch einem ires Rhatsverwant‹en› bei nechtlich‹er› weil, vnnd‹er› seiner Haußthur gestochenn wordenn welches gleichwol nit angang‹en› sond‹er› inn die Thur gereicht, daß sie daruon erzittert. Item es weren zwenn stein wurff, inn die fennster vff irer Neuen Rhatstuben, alß sie beieinander gewesen geschehen, gleichfals zwen zettel den Burgermeistern, inn ire Heuser geworffen worden, dern innhaldt E. f. g‹naden› sond‹er› zweifel empfang‹en› haben wurdenn
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[fol. 76r] vnnd hett Nemlich vff der Vnnschuldigen kindlin Tag der Caluinistenn furgehabt‹er› hanndel sollenn angehn, oder weil es inen selbiger zeit gefeltt vff den Drei König Tag vß diesen vrsach‹en› were der Rhat bewegt wordenn die wacht zusterckenn vff d‹as› das Collegium Assessorum etc desto sicherer sein möchte, mit anh angehefftem vielem erpieten geg‹en› dem gantzen Cammergericht etc vnnd diesem vermeldenn daß sie vff iren zunfft‹en› außruffenn lassenn, welch‹er› den ienigen so die Steinwürff vff die Neue stubenn gethon angebe, zehenn guldenn zu lohn habenn solte, es hettenn aber die Rhatsuerwanten so obuermelter gestalt bei irer f g‹naden› gewesen, alle schuldt vff den Pfarherrn zu St: Gilgen gelegt, welch‹en› doch ire f. g‹naden› wol entschuldigt hieltenn, dieweil er inn dem daß er seine zuhörer zur stanndthaftigkeit, bei der Lehr so er fur die gerechtiste [fol. 76v] hielte, vermanet, Auchn annderst nichts alß was eines idenn Kirchendieners Ampt vermöcht, gethon·/·hingegen aber werenn ire F. g‹naden› bericht d‹as› der Stadt Predicanten einer Bernhardus N. vffrürischer Predigtenn halben mehr zubeschuldigen vnnd were von der Burger wegen, so zu St gilgen inn die Predigt gang‹en› kein vffrur zubesorgenn gewesenn vnangeseh‹en›231 derselbenn nit vber dreissig Persone‹n› die vbrigen aber fast alle Cammergerichts vnnd Weibs Personen wehren. Also nun diesem nach ferner bei S F g‹naden› von dem Collegio angesucht worden vnnd die Rö: Kay: M‹aieste›t von irer F g‹naden› inn deß dieses geschreis halben bericht begert were zu ire M‹aieste›t alß daß einige so ire F. g‹naden› erkundigt berichtlich gelangt mit dem allervnd‹er›thenigstenn furschlag d‹as› ire Kay: M‹aieste›t zu Erlernung der warheit vnnd grunds dieser sachen, ire Kayserliche Com‹m›issarien gein Speier zur Inqisition schickten, so nach befindung dem Rhat [fol. 77r] der ortts, die sachenn beschwere‹n›, vnnd den buben wolerbutzen, wie dann ire F‹urstlichen› g‹naden› es darfür hieltenn d‹as› irer Mt Commissarien so wegen Anstellung eines Neuen Ritterordens vff den vngerischenn232 Grentzenn zu Neckersulms, bei dem Herrn Teutsch Meister weren deßwegenn beuelch empfangenn, vnnd baldt zu Speier ankommen wurden, solch‹er› Kay: Commission, hettenn E. f. g‹naden› sich seiner f g‹naden› ermessens, mehr zuerfreuen, dann allerhanndt dardurch an Tag gepracht werden wurde, daß Nemblich ein sehr böses haußhaltenn zu Speier, kein Policey oder gute ordnung gehaltenn wurde, von Rhats Herrn liderlich gehandlet, waß vormittag zugesagt nachmittag nit gehalten wurde, es Hettenn Auch ire F g‹naden› selbstenn etliche abgemahnet von so hohen Personen nit also liderlich zureden dann [fol. 77v] wol zuerachten, wo E f. g‹naden› dessen inn erfarung kemen, sie solches nit ersitzenn lassen wurden, Dessenn allenn hettenn ire f. g‹naden› den Herrn Hoffrichter vnnd Fauth alhie alß er iüngst bei ir gewesenn von wegenn dero zugestandenen leibsschwacheit, nicht also
231 vn von vnangesehen gestrichen; Streichung durch Unterpunktung aufgehoben. 232 vngerischenn = ungarischen.
Edition der archivalischen Quellen
außfurlich vnnd vmbstendlich berichtenn mögen, vnnd könten ire f. g‹naden› Eure f. g‹naden› gar nit verdenckenn daß dieselbenn dieser sachenn sich annemen theten. Sie wurden aber wan man vff der sachen grundt keme befinden daß es lose leuth weren, die angeregt geschrei also außbracht Waß sonnstenn die begerte Com‹m›issio‹n› zu abhörung etlicher Persone‹n› etc belang‹en› thet, daß besorgtenn Sie, wero wider den gemeinen Stilum vnd stünde die erkantnuß derselben [fol. 78r] inn irer F. g‹naden› alleiniger macht nicht sonnder müste solches per Supplicatio‹n›e‹m› gesucht vnnd anpracht werdenn Hieruff hab ich irenn f g‹naden› geantwort daß ich w‹as› mir ire F. g‹naden› deß zuentpietens inen befholenn vnndertheniglich verricht‹en› dergleichenn auch waß ire f. g‹naden› mir sonnsten vmbstendiglich nach lengs erzehlt E. f. g‹naden› der gepür referirn wolt. Es hettenn Aber Eur f. g‹naden› sich nit versehen daß S. f g‹naden› bedenck, aus dragen soltenn die begerte Commission zuertheilen. Angesehen sollche nicht zu einer ordinari verhör sond‹er› allein Extraordinarie zu einer Inquisition gepettenn worden darumb dann E. f g‹naden› mir niht befole‹n› icht schrifftlichs zu suchen, Also vnnd wo ire F. g‹naden› nachmals dess‹en› bedenckens Tragen wurden müste ich dieses gleich dem vörigen E f g‹naden› vnndertheniglich referirn vngezweifelt, dieselbenn dero notturfft [fol. 78v] hierunder ferner bedencken vnnd sich aller gepur daruff erzeigenn wurden. Dabei es ire f. g‹naden› bewenden, vnnd gleichwol erpotten mit etlichen Assessorn, da ichs je ferner begerte angeregter Commissio‹n› halbenn zureden, dann sie E. f. g‹naden› noch inn mehrerm freundtliche dinst zuerzeigen geneigt. Es wurde Aber doch vergebens sein, welches iren f g‹naden› ich zur vergebenlich‹en› bemüehung, nicht ferner zumuthen dörffen. Nach diesem gnediger Fürst vnnd Herr, ist hochgedachter Her Bischof mit mir inn ein ferner weitleufftig gesprech gerathenn, so dieses nach uolgenden kurtzen innhalts gewesenn, daß ire F g‹naden› deß erschollenen geschreis, innem‹m›ung halb‹en› der Stadt, vnnd vffrürisch‹er› Predigt‹en› deß Pfarrers zu St: Gilgenn vil [fol. 79r] ein annd‹er› vrsach zu sein vermuteten, Nemlich daß der Rhat zu Speier mit der Burgerschafft sonnsten nit wolstunde vnnd sich vor langest, einer vngedult der Burgerschafft befharet, so dahero nit wenig verursacht, d‹as› der Rhat ettlich Alment Plätz auch allen bürg‹er›n gemeine vischwasser inn neulichen inngezogen, der Burgerschafft, den hieuor gegenn einer ergetzlichkeit pittsweis geleistenn fron, ohne einiche ergetzung gebottsweiß vffzulegen angefangen, auch ie zur weile, mitt vnerhörtenn vnnd hievor nie gefordert‹en› baugelt beschwerets dagegen aber vast vbel haußhieltenn mit vielem zechenn vff der Neuen stuben d‹as› gemeine der Stadt innkom‹m›en hinpracht Sonnderlich aber ein Burgermeister darunder welcher vast verarmbt sich dessenn am meisten beulissenn der auch den gantzen Rhat regirenn woltet, vnnd denselben annderer [fol. 79v] Tauglichenn außgeschlossenn, mit ime allein gefelligenn vnnd anmutigenn Personen besetze, die furters ir vfachtenn, vff ine allein haben musen, dabei dan der gemeine nutz vnd Sebel nicht wenig befhart vnnd geschmelert wurde etc Auß diesenn vrsachenn, vermuteten ire f. g‹naden› weren die Steinwurff daß stechenn
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vnnd anndere vnngedult der Burger eruolgt, solches aber zubeschönen vnnd zubementeln, Auch die Burg‹er›schafft zu ruche zu pringen hette mann dieses furgewendet, damit des anndern, inn des vergessen wurde welches dann vnnd daß der Rhat vnnder sich selbst nit eins gewesen wie die sachenn am glimpflichstenn damit er nit daruber zu Spot wurde beim Collegio anzupringen, Auß dem erschiene daß vff erlangte Audientz sie sich ires furpringens biß in drittenn [fol. 80r] Tag nit vergleichenn mögen, Es were auch der Stadtschreiber L. Joseph Feuchter dieses geschreis vnnd hanndels halbenn d‹as› er des nit die geringste vrsach inn nit kleinen verdacht, dann er mit der Stadt Sindicis, ein gute zeit hero vneinig gewesen, vndt seine‹n› sonnd‹er›n anhang von etlichenn des Rhats vnnd iren Predicanten gehapt, dieweil er nun seins dinsts alda erlassen vnnd sich gein heilprun zubegebenn vorhabens hette er den gedachten Syndicis dieses zur Letz gebenn, vnnd neben anndern sie mit dem beschreiet, daß sie mit inn der Conspiration vnnd inn deroselbenn heusern, nechtlich conuenticula vff etlich hundert starck gehalt‹en› wurde, dessenn doch ire F g‹naden› sie gewißlich vnnd gentzlich, vnnschuldig vnnd fur redliche vffrichtige menner hieltenn wie dann gedacht‹er› Stadtschreiber, alß er von iren F g‹naden› etlich‹er› vmbstende, vnnd vrsachenn der wissennschafft, seines angebens [fol. 80v] gefragt, nichts gruntlichs anzeigenn kon‹n›en Auch die des Rhats, gleichfals nit sagenn konnen, waß der Pfarher zu St Gilgen eigentlich gepredigt oder auch, daß sie inen selbst gehört, oder ein verstendige Person, die die Predig vmb bessernn beweiß willenn, vffgezeichnet, auß irem mittel dahin geschickt hetten Neben deme haben wir auch ire f g‹naden› zuuerstehn gebenn, wie daß ire f g‹naden› sie auß dero von Speier anzeig souiel vermerckt, daß sie durch diesen weg E F. g‹naden› geliebtenn Herrn Brud‹er›n meine‹n› gnedigsten Herrn das Ius Collationis inn mehrer gedachter Pfar zu St Gilg‹en› zu entziehen vermeinet, Alß nun ich dieses alles E F. g‹naden› zum Treulichst‹en› zureferirn angenom‹m›en, vnd von hochgedachtem Herrn Bischoff abgeschied‹en› bin, hab ich mich zu beidenn meines gnedigst‹en› Churfurstenn vnndt Herrns gesanttenn [fol. 81r] dem Von Wurspurg vnnd Gem‹m›ing‹er›n verfugt, inen obgesetzte meine verrichtung, empfangne Antwortt vnndt angehörten bericht Sum‹m›arie‹n› erzehlt, mit vermelden, daß ich nun wider mich alher wider begebenn wolt, wo sie nun E. f. g‹naden› ichts zuentpietenn woltenn were ich vrpietig selbiges anzuhören vnnd nach möglichkeit zuuerrichtenn Welche mir zur Antwort gebenn wie daß sie vast eines gleichmessigen sonnderlich d‹as› belhaußhaltenn deren zu Speier belangt von dem Herrn Bischouen auch verstendigt worden vnnd solte ich E. f. g‹naden› ire vnnderthenige geflissene dinst vnnd dabei vermelden daß sie d‹as› ienige so E f. g‹naden› inen befholenn verrichtet vnnd den Burgermeistern furgehalten, welch‹er›massen der innhalt irer Instructio‹n› nicht gestanden wurde, sie auch etlich [fol. 81v] Specialia gefraget, daruff sie die Burg‹er›meister, sich inn Antwort vernemmen lassenn waß inn irer Instruction gesetzt woltenn sie beweisen, könten aber alßbaldt dieienige Persone‹n› so wissens darumb Trugen nicht benen‹n›en woltenn sich befragenn, vnnd ire Name‹n› schrifftlich vberge-
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ben, dessen sie die Churf‹urstlichen› Gesanttenn erwarttenn Auch sonnsten vff fernern meines gn‹edig›st‹en› Herrn beuelch noch ein Tag od‹er› zwen zu Speier verziehen musten, Es sohe auch gedachte Herrn Gesanttenn fur gut an daß E. f g‹naden› an die Kay: Mt: geschriebenn hettenn vmb ein Allergnedigsten Specialbeuelch an beide Herrn Commissarios Auch dero beschreiung halben so E f g‹naden› beschehen zu inquirirn, dieweil sie villeicht sonnsten ohne sonnd‹er›barn [fol. 82r] beuelch dessenn sich zuunderwinden Nachdenckens habenn möchtenn·/· Vnnd dieses Also d‹as›ienige so ich zu vff empfangnen beuelch zu Speier bey hochermeltem Herrn Bischouen daselbst verrichtet, vnnd inn Antwort empfangen Solt ich vnndertheniglich inn schrifftenn referirn vnnd thue darmit E f. g‹naden› ich mich vnnd‹er›theniglich befhele‹n› Signatum Heidelberg den XI Februarii Anno etc 77. Eur F. G‹naden› Vnderthenig gehorsamer Ludwig Culman D. [fol. 82v] Relation waß D. Ludwig Culman beim Herrnn Bischouen zu Speier etc verrichtet etc.
Nr. 69 1577 Februar 11, Heidelberg Pfalzgraf Johann Casimir wendet sich an Kurfürst Ludwig [VI. von der Pfalz] wegen der Unruhen und der Entlassung des Pfarrers der Kirche St. Ägidien, Georg Infantius, in der Stadt Speyer. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 83r–96v. [fol. 83r] Vnser freundlich dinst, auch was wir bruderlicher treuw liebs vnd gutts vermögen alzeit zuuor, hochgeborner fürst, freundlicher lieber herr bruder vnd Geuatter, E. l. schreiben den 4. huius datirt, darinnen sie vns bruderlichen zuuerstehen geben, Was burgermeister vnd Rhat der Statt Speir, durch iren Stattschreiberen, mundlich, dan auch der bischoff als Cammerrichter, sampt Presidenten vnd Beisitzeren, deß heiligen Reichs Cammergerichts, deß orts in schrifften an E. l. gelanget, betreffendt E. l. Predig‹er›n in der Kirchen zu .S. Egidien alda, Georgium Infantium, desselben angegebener vngebürlichen Predigen, vnnd daruf gefolgten vnrugen, auch vnserthalben, mit vndergelauffenen verdachts etc haben wir den .8.t‹en› h‹uius› morgens vmb acht vhren woll empfangen, dessen weyternn Inhalts, mit .E. l. angehefftem beuelch, die sach mit deren Räthen zuberathschlagung zuziehen, freundlich verstandenn. Vnd thun vnns solcher Communication, vnd bruderlichen mittheilung, deren vnserthalb
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furgangener, vnd außgebreitten sachen, gantz freundlich vnd dinstlichen bedanck‹en› Bitten auch dasselbe, in allen künfftig ebenmässig‹en› zutragenden fällen, zucontinuiren, dergleichen wir dan gögen .E. l. alles bruderlich‹en› vleisses zuthun vrpütig vnd geneigt seien·/· [fol. 83v] Vnnd mögen .E. l. daruff hinwider freundlich nicht verhalten, das neheren donnerstags den .7.t‹en› diesses, nach mittag .E. l. eben dieser sachen wegen, naher Speir, vnd vns abgesandte, deren Pfleger zu Aurbach233 , Soldan von Wirsperg, vnd bernolf von Gemmingen, auch alhie ankhommen, vnd vns von deren anbeuolhenen, vnd bereit ins werckh gesetzten verrichtung anzeige gethan, wie .E. l. von denselbigen zu irer beikhunfft v‹er›nemen werden·/· Souiel nun diese .E. l. durch obbemelte Statt, vnd Cammergerichts zugewandte, alle zu Speir furgebrachte sachen an ir selbsten antriefft, Seien vns solche hendel, zwar nicht mit geringer verwunderung, vnd entsetzung der gestalt furkhomen wie .E. l. auß nachgemelt‹en› vrsachen, vnnd des handels beschafenheit, vnnd wichtigkeit nach, bei ir selbsten leichtlichen, vnd vernünfftig abnemen könden. Dan .E. l., vns als irem getreuwen lieben bruderen, vnd aufrechtem Teutschen fürstenn diesses endlich zutrauwen, glauben, vnd fur gewiß halten mög‹en›, das wir vonn allen denen, durch die Statt, auch Cammerrichter vnd Beisitzer zu Speir, .E. l. furgetragenen sachen, einigen bericht vnd wiessenschafft nihe gehabt, noch empfangen, dann wie hernach stehet, das nemblichen, alß wir iungsten zue Straspurg gewessen, damaln vnserer diner einem auß heidelberg, fur ein fligende lecherliche zeitung zugeschrieb‹en›, so further vber disch erzelet worden, wie zu Speir ein geschrei, d‹as› wir vnser iungst in Franckreich, gehapts Kriegs volckh [fol. 84r] zusamenbeschrieben, vnnd in willens sein solt‹en›, im heraber ziehen, dieselbig statt einzunemen. Welches dan wir so woll alß andere disch genossen, nurn fur ein gespöt, vnd fatzwerckh gehalt‹en›. Nachgehends als wir wider alher gelanget, wardt in der Cantzlei Rathstuben, nechstberürten ghen Straspurg gelangt‹en› geschreys vngeuerlichen gedacht dardurch wir verursacht, .E. l. Räthe zu fragen, w‹as› daran, vnd wie es darumben geschaffen, welche damaln eben so wenig, als wir dauon gewist, allein d‹as› sie auch dauon gehört gemelte von Speir ire tag vnd nacht wacht gestercket haben solten, Welchs man vermeint, daher erfolget vnd verursachet sein möcht, weiln alhie selbiger zeit, ein geschrei erschollen, daß biß in 200 vom Adel, zu franckfhurt ankommen, so furhabens sein solt‹en›, sich zu vns naher Straspurg, irer bezalung halben zubegeben, Welches dann .E. l. hieige Räthe vns ann stundt zugeschrieben, auch ein eignen reitend‹en› botten naher franckfhurt abgefertiget, bei bekhanten deß Raths, auch in herbergen, sich dessen grunds zuerkündig‹en› Aber in allem nicht vber fünff frembder reisiger pferdt der ends gefunden, Derowegen wir so wol, als sie .E. l. Räthe zur zeit obberurt‹en› gesprechs, das angeregte furgeb‹en› nur fur ein lautere narrheit, tantmehr, oder Vexatio‹n› gentzlichen gehalten, vnd
233 Auerbach in der Oberpfalz.
Edition der archivalischen Quellen
demselbigen, mit dem allergeringsten nitt weyter nachgedacht, oder das erkundigungs werth geachtet, biß daß vngeuerlichen in die vierzehen tag [fol. 84v] hernacher ein geschrei alher gelanget, als solten die von Speir ire gesandt‹en› zu .E. l. naher Amberg deswegen abgefertiget haben, Damaln wir alspaldt, de‹n› bischoff zu Speir, auch Melchiorn von Felisch herunder ersucht, wie beiliegende Abschrifften mit .A. vnd .B. gemerckt, außweisen, die vns daruff beantwortet, wie vß den copien mit .L. vnd .E. sampt deren geschlossenen zetteln, also .#. bezeichnet, zusehen, Vnd als vnß gedachter bischoff, durch ingelegt‹en› zettel freundlich vertröstet, da wir ein vertrauwete Person, zu ime absenden würden, vns hieuon weytteren bericht zuheordnen, haben wir gleich daruf .E. l. Fauthen vnd hoffrichtern, hartman hartmanni, mit vnser Gutschen234 zu ime abgefertiget, welchem er weytere Anzeig hieuon gethan, wie dessen vns gethane relation litera .E. vermöge, der zeit dan er Fauth, die obberürte .E. l. gesandte, deß orts auch gefunden, aber deren anbefolhenen verrichtung halben nichts vernommen, biß die als obstehet, zu vns alher gelanget·/· Dieses ist geliebter herr bruder, vnnser gegrundt‹er› vnd warhaffter bericht deren sachen, souiel vns, vnd .E. l. Räthen, dauon anhero wiessent, vnd warfur sie gehalt‹en› vnd geachtet gewessen, daruff .E. l. sich wol vnnd frei zuuerlassen, vnd darinnen den allergeringsten zweiffel, oder vngütlich furgetragenem verdacht nicht zustellen. Vnnd haben sie nunmehr daruß leichtlich vnd clerlichen zuspüren vnd abzunemen, was die gedachte von Speir, sonderlichen vnserthalb‹en›, fur fug vnnd Vrsach gehapt, [fol. 85r] .E. l. dergestalt zubemuhen, vnd vns, hin vnd wied‹er›·|·wie wir ietzo stundlichen weyter v‹er›merckhen·|·vngüttlich herumb zutragen, .E. l. sehen auch herauß, w‹as› grundts an irem bericht, da nemblichen deroselben ferner furkhommen als ob wir in bösen verdacht gezogen, die Statt zuuberrauschen, vnd einzunemen, dessen wir vns dan, gögenn inen zur notturfft entschuttet, haben solt‹en›, da vns doch hieuon, nicht daß allergeringste, so genant werden möchte, ausserhalb deß oberzelten iemaln furkhommen. Vielweniger daß wir vns, vermöge .E. l. schreibens einige entschütung zuthun, vnderstanden, oder ie, deren gedacht haben solt‹en›, dan wir bei vns nitt könden gedencken, wie wir doch bei .E. l. oder einigen standt‹en› des Reichs, in ein solchen vnuersehenen verdacht, kommen solt‹en›, dergleichen vngereumbte sachen, sonderlichen der Statt Speir, mit deren wir fur vnnser Person, weder wenig, noch viel zuthun, anzufangen, die keiserlich Mtt etc, daß gantze Reich, ohne einige vrsach, oder verhoffenden genuß, noch vortheil auff vns zuladen, vnd vns also, in endliche gefhar, vnd verderben zustellen. Könde‹n› derowegen .E. l. gar nit verdenckhen, daß sie irem freundlichen v‹er›melden nach, solches alles, vnd das ir dahero, das geringste von vns hierunder nicht zugeschrieben werden, mit ensetzen vnd befrembden vernommen hab‹en›. .E. l. werden aber, darbeneb‹en› auch nun mehr bei ir, auß bruderlicher zuneigung leichtlich ermessen, befinden vnd abnemen könd‹en›, Wie vns, alß dem
234 Gutschen = Kutsche.
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Edition der archivalischen Quellen
vnschuldiger weiß also herumbgeschleppt‹en›, disse [fol. 85v] ding nicht vnbillich zu hertzen vnd gemutt ghen, darinnen wir vnß doch, vnsers geliebt‹en› herren Vatters, christseliger gedächtnuß exempels·|·welchem von dem leidigen Sathan, vnd dessen gliedmassen den Weltkinderen, dergleichen mehrmaln begögnet, vnd S. l. mit mit christlicher gedult außgestanden·|·trösten vnd auffhalt‹en› müssen, Was dan zum anderen, gemelter von Speir anbringen, vnnd in deren Instruction·|·welche vns von .E. l. abgesandt‹en› vberreicht worden ist·| außgefürte clagen, vnd andere zwar gar seltzame vnd geschwinde angeb‹en›, vnd vermeinte beschuldigungen sowol vber obgedacht‹en› Infantium, als desselben zuhörere belangen thut, welche zwar dermassen geschaffen seindt, vnnd dahin laut‹en› da auch nur die allergeringsten anzuge, im grundt also geschaffen, vnd die Verdachte dessen, wie sich geburt vberwiess‹en›, wir ghern bekhennen, das die von Speir diess‹em› irem furgenommenen vnd gefhürt‹en› proceß, vrsach gehabt hetten. Da seien wir, in diessem vnserem gögenbericht nit gemeinet, aus obberürt‹en› vrsach‹en›, vnd das wir vns ohnwissender dinge, des recht‹en› grunds hierunder, biß noch nitt, wo die Calumnien hergeflossen, mögen erlernen. Iemandt fernner zuentschuldigen oder zubeschuldigen, dan als fern vns disse Personen vnd deren hieuoriges verhalt‹en›, zuuorn erkhandt vnnd bekhandt seien. Vnnd könden derowegen .E. l. dauon diss‹en› hernachgesetzt‹en›, vnd etwas mehr, dan von den von Speir geschehen, gegrundt‹en› bericht zuthun nit vnderlass‹en›, Wie wir [fol. 86r] dan ermessen, solches sowol .E. l. selbsten, als vnsers herrnnn Vatteren, vnser, vnd dieser sachen notturfft höchlich zhue erford‹er›n. Vnd erstlich des gemelt‹en› Infantii Person, vnd angezogene Præsentation naher .S. Egidien antreffendt, da ist es an dem, d‹as› er ein frommer, gottsfürchtiger, gelerter, vnd aufrechter Man, welcher zuuorn in der Pfalz Fremerscheim Altzeier Ampts die Pfarr alda dermassen treulich v‹er›sehen, vnd seiner qualifica‹ti›on halb, also geschaffen befunden, daß er nach absterben Iohan Willings, vnnsers herren Vatters gewessenen hoffpredig‹er›s, demselben æquiparirt 235 , vnd in verledigung angeregter Speirischer Pfarr seiner geschicklichkeit vnd erfharung halben, anderen vielen furgezogen, vnd dahin von .S. Vatterlich‹en› l. nach allerhandt, mit ime, vf sein etlichmall gethane verweigerunge vnd abschlagenn zuuor gepflogener handlung, ordenlich beruf‹en›, vnd durch dero Kirch‹en› vnd Verwaltungs Räthe, dahin ghen Speir gebürlicher mass‹en›, v‹er›ordtnet vnd eingesetzt worden wie solchs deß Kirchen Raths damal gehaltenes Prothocol, vnd hierunder ergangene Acten weyter außweiss‹en› thun, Vber daß auch er Infanti‹us›, zeit seines Kirchendinsts keine andere lehr gefhurt, oder Kirchenordnung gebraucht dan obgemelter Willingus, vnnd wie in der gantz‹en› Pfalz gebreuchlichen vnd beuolh‹e›n, das also dero von Speir gethanes furbringen, hierinnen die vnwarheit. Ghern aber mögen wir glaub‹en›, das sie sowol diese, alß hieuorige Verordnung vnd vffstellung obgedachts Willings, vnd abschaffung alda gewessenen vngeschickt‹en› vnd
235 æquiparirt = gleichgemacht, gleichgestellt.
Edition der archivalischen Quellen
ergerlich‹en› Mespfaffens nit ghern geseh‹en›. Wie sie sich dan in deren Instruction genugsamb ercleren, das [fol. 86v] sie ein solches crafft Religionfriedens, zuuerstatten nitt schuldig zusein vermeinen. Vnd als sie diesses orts anregung thun, als ob sie darunder, sein Infantii wegen, vnsers herren Vatters hohe vngenadt besorget, solches ist irenthalb so wahr als das vorige, Wie .E. L. ohnzweifel, von dero Marschalckh, ettlicher massen bericht einnemen könden, wie sie sich viel iare here, nit allein gögen S. V. L. biß zu deren absterben, sonder auch vorig‹en› Pfaltzgraf‹en› Churfurst‹en› etc aller mutwilliger widersetzung, vnd souiel an inen, zufurgender verkleinerung, eusersten vermögens beuliessen haben, Mit welch‹em› aber wir .E. l. dieß orts nitt auffhalt‹en› wöllen, sonder sie d‹as› hernaher in anderen mehrern sach‹en›, auch zeit .E. l. regiments, der bewüsten Wildtprecht 236 schützen halben, ausfurlich‹en› zuuernemen hab‹en› werden, So viel dan weyter sein Infantii predigt‹en›, lehr, leben, vnd wandel, antriefft, da konden wir ime dieses zeugnuß geben, daß er diesses fals durchauß, bei gedacht‹em› vnserem herren Vatteren, iederzeit gantz vnsträfflich, in sonderheit aber seiner Predigt‹en› halben, .S. l. wie auch noch heutigs tags, vns von allen den ienig‹en›, die inen selbsten gehört, hoch, vnd mit etwas verwunderung, berümet worden, Von welchem dan, vnd ob er sich beschreiter vnd beschuldigter massen, zuwider christlicher gebür verhalt‹en›, vf künfftigs befragen, alle seine zuhörer, daß gewissest zeugnuß zugeb‹en› wiss‹en› werden. Vnnd reden die Von Speir hierinnen, alß solte er Infantius vnnd seines gleich‹en›, die ma‹n› mit dem verhassten namen Caluini zubeschweren vnderstehet, etwas der Augspurgischen Confession, vnnd deroselben Apologia, wie dieselbig‹en› von Chur: vnd Fürsten zu Naumburg, mit vorgehender prefation vnderschrieb‹en›, keiser [fol. 87r] Ferdinando vbergeben, zuwider gelehrt hab‹en›, oder noch lehre, iren willen, Vnnd ist mit der Theologen, so berürte Auspurgische confession, Anno etc. tausendt, fünffhundert dreissig zu Augspurg stellen helf‹en›, außgangn‹en› schrifften außtrücklich zubeweissen, daß sie eb‹en› von dem heilig‹en› Abentmal also gelernet vnd gehalt‹en›, wie vnsers herrenn Vatters bekantnuß vnnd Kirchenordnung außweissen thut, vnd heutigs tags in der Pfaltz noch beschicht, das aber hernacher, durch ettliche ergeitzige Theologen, neuwe, in der Christlichen Kirchen zuuor v‹er›dampte opiniones vnd Ketzereien, als von der allenthalb‹en›heit etc. der Augspurgischen Confession, den Vralt‹en› dreien Symbolis, daruf dieselbig gegrundet zuwider vermeintlich zugeflickt wöllen werden, solches solle billich den ienigen, so dasselb nitt annemen, nicht so iudiciren, vielwenig‹er›, die vnschuldige leutt, mit solchenn vnchristlichen condemnationen beschwert werden, so seindt auch die von Speir die leütt nicht, welche in dero sachen das Vrthell237 fellen sollen, als die von iren ietzigen Predigeren, mehr fabulen dan von Caluino, oder der Augspurgischen Confession, gehört oder gelesen haben.
236 Wildtprecht = Wildbret. 237 Vrthell = Urteil.
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Edition der archivalischen Quellen
Das nun ferner, vast durch die gantze Speirische Instruction, mit vielen starcken, vnd anzugigen wort‹en›, außgefürt würdet, wie nit allein er Infantius, sich in seinen predigen, vngebürlich Verhalt‹en› vnd die wider die Obrigkeit‹en›, vnnd zur aufrur gerichtet, sonder auch welcher gestalt, alle die ienige Personen, so seine Predigt‹en› besuchen, sich kurtz verruckter zeit in offentlicher Kirch‹en› zusamen confoederirt vnd verbunden, Auch ir Nachtmal da- [fol. 87v] ruf empfangen hab‹en›, sambt was furtter, ettlich‹en› Rathspersonen fur gewalt begögnet, auch mit fenster einwerffen, vnd sonst‹en› fur vngebur furgangen sein solle, Von solchem allem, ist vns anders oder mehrers, hiebeuor nitt furkommen, dan w‹as› zeitungs weiß als obstehet, daruon geredet worden, auch die in obbemelts bischof‹en› zu Speir etc vnd Melchiorn von Felisch schreib‹en›, vnd darbei vberschickte zettel v‹er›mögen·/· Nach welch‹er› verlesung wir nicht vnderlassen, durch sonderbare abordnung vns gelegenheit deren sachen zuerkhunden, vnd außerhalb obberurter ingeworffener zettel vnd Fenster, solche vngegrundte vnnd Kindische verursachungen, zu denen gedancken befunden, mit denen wir E. l. zubemühen vnnötig acht‹en›, wie sie auch nicht wol schreibwürdig seien, sonderen weil wir ietzo verstehn, das hieruß entsprungen vnd erfolget, d‹as› die statt Speir nun viel wochen hero so starcke tag vnd nachtwacht‹en› angestellet, vnd dardurch vnder irer burgerschafft, nit vnzeittig allerhandt verdruß, vnd vnwillen erwecket, in dem sie dan, beneb‹en› den Thoren vnd Zünfften, auch obbemelt‹en› E. L. Pfarrhoff, vnd deren Pfarrherrens Auditorii, vnd Pfarrkinder heusser bewach‹en› müssen. Vnnd aber solcher zuhörer, kaum ein geringe anzall, gögen souieln tausenden seien könden wir anderst nichts hierzu sagen, Dan das sie von Speir nitt werth seien, des heiligen Reichs Cammergericht vnnd Iustitien werckh in verwahrung zuhab‹en›, wie auch die Cammergerichtsverwandte Personen, billich fur verstendiger zuacht‹en› gewessen, dan das sie sich, lautt obberurts Felischen ann vns gethanen berichts vff so plosses schlechtes, vnd blindes furgeb‹en› [fol. 88r] zu solcher auspreitung, auch bemühung E. l. vnd and‹er›er mehr, bewegen lassen, Auß welchem aber ein ieder Verstendiger, leichtlichen zuschließ‹en› hat, das etwas anders, mit diessem gantzen werck gesucht würdet·/· Was dan die angegebene confoederatio vnd zusamen Pflichtung, obgedachts Infantii, vnd seiner zuhörer antriefft, da werden E. l. von iren abgesandt‹en›, was sie darunder erfharen, sambt wes sich er Infantius in irem beisein alhie, gögen vns mundlich ercleret, vnd woher diesse zulag hergeflossen zu sein vermutet, Vernem‹en› könden, daß nemblich er Infanti‹us›, bei verpfendung vnd darstreckung seines Kopffs, sich erpotten, darumb‹en› zusthen vnd fuß zuhalt‹en›, das ime mit solcher vnbillicher zulag, gewalt vnd vnrecht beschehe, solches auch in seine gedanckhen nihe kommen seie, Bittet auch alle, die inen gehöret, deßwegen wie recht zufragen, sonder v‹er›mutet, das diese gedanck‹en›, dahero alleinig gefloßen, Alß er iüngsten das heilig Abentmal deß herren Christi, zuehalt‹en› angestellet, vnd den sambstags dabeuor, die gewonliche
Edition der archivalischen Quellen
vorbereitung:|:so an stat hieuor gebraucht‹er› ohrenbeucht 238 verordnet:|:gehalt‹en›, vnd der zeit die Puncten, wie die in vnsers herren Vatters Kirchenordnung begrief‹en› vorgelesen, Als nemblich‹en›, da den Communicant‹en› drei volgende stuckh summarie furgehalt‹en›, .1. Ob sich sie239 fur dem angesicht gottes fur sunder erkhennen, derowegen inen selbsts misfallen, vnd sie nach der genadt Iesu Christi durstet, .2. Ob sie auch glaub‹en›, das Christus darumb in die welt kommen, fur vnsere sunden genug zuthun, vnd daß die heilige sacramenta, solcher genugthuung, alß gewisse [fol. 88v] wisse brieff vnnd sigel seien .3. Ob sie auch den vorsatz hab‹en›, ir leben zubesseren. Welche folgends durch die Communicant‹en› mit dem wort .Ia. laut berurter ordnung bekhennet, vnd daruf eines theils nider gekniet, vnd mit zusam gelegt‹en› henden, das heilig Vatter vnnser mit einander gebettet, Wie solchs alles, deß orts iederzeit gebreuchig gewessen, das ein solches, durch daß, sich deß orts beigefügte Pfaffen vnd ander gesindt, so dergleich‹en› zuuor vielleicht nitt mehr gesehen, oder ie daß zuschenden, vnd zum ergsten außzulegen furgesetzt, erzelter massen diffamirt, vnd außgebreitet worden seie, anderst er Infanti‹us› nicht eracht‹en› könte, woher ma‹n› zu disser lesterung, die allergeringste gedancken sonsten geschöpfft hab‹en› möchte. Daruß E. l. abermal abzunemen, Was disses vnzimblich beschreien, fur grundt hab‹en› möge, wie auch furgegebenem fenster vnd zettel einwerf‹en›, mit ebenmässigem vngrundt, ime Infantio, oder seinen zuhöreren, zugemessen würdet, sonder sich im grundt befinden würdet, daß die ding, vonn anderen iren Widerwertigen, denen gutten leutten, die auß solcher aufrur, vnnd vngereumbt‹en› handlungen, anderst nichts, dan ir endlich verderb‹en› zugewart‹en› gehabt, zugestifftet seien, iren muttwillen dardurch zuuben, vnnd sie verhasst zumachen, wie daß der euentus, mit gesuchter abschaffung deß Predigstulls genugsam erweiset·/· Dan wir hierneben, nicht könden noch sollen, .E. l. brüderlich vnangezeigt lassen, das .E. l. vnd wir, wie auch zuuorderst weylandt vnser geliebter herr vnd Vatter seliger dächtnuß, viel mehrere, vnd erheblichere vrsach‹en›, vnß zubeclagen gehapt, vnnd [fol. 89r] noch diesser obangeregt‹er› ding, starckhe vermutung‹en› hab‹en› daß gedachte von Speir, iren iren Kirchen, solche Prediger vfgestellet, so .S. V. l. vnd deren erkante vnd bekhante christliche lehr, etlich iar hero, in iren offenen Predigten, dermass‹en› geschendet, vnd gelestert, |·allein das sie S. V. l. namen nit gebrauchet, sonsten aber sie also vmbschrieb‹en›, vnd mit geberd‹en› vnd deutungen erwiessen, das ein kindt, so ettwas verstands erreicht, daß genugsamb, wer iederzeit darmit gemeinet, abnemen mögen |·vnd neben anderen vngereumbt‹en› sachen, dises fernner darzu gethan, da man schon, deren Religionsverwandte so sie Caluinisch nennen, zugleich den hundt vnd Katzen {vf den gassen} zu todt schlagen, das daran nymandt freueln
238 ohrenbeucht = Ohrenbeichte. 239 sich mit kleinem b und sie mit kleinem a zur Kennzeichnung der Wortumstellung (sie sich) überschrieben.
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solte, Wie dan deren einer, gleich nach vnnsers herren Vatters zeitlichen absterben, zuuorn, ehe die ietzt außgebreite beschreiung, sich erhoben, seine zuhörer zu einem solchen beginnen, Mitt diessen worten, ernstlich‹en› vnd sonderbare vngestumbe, gereitzt vnd vermanet, Ir burger was thut ir? was lang verzihet ir, das Kartenspiel zertrennne? Wüst ir nit zu St. Gilgen, ich het schier gesagt, zuuerdilgen Ist doch ir Abgott nunmehr todt etc. Mit anderen dergleichen mehreren Vnchristlich‹en› Worten, derowegen sein Vatterlich .l. bei deren lebzeitten, mehrmal entschloss‹en› gewessen, die billiche gebür dargögen furzunemen, Es hatts auch deren Prediger einer, Georg Eberreich, sonsten ins gemein von den Speirischen selbsten, von wegen, das er an statt gottes worts, fabulen vff die Cantzel pringet, der Fabulhanß genent, nechst verschinen iars, eb‹en› zu der zeit [fol. 89v] als der Pfaltz, sambt den Bayerischen zusätzen vnd Anwälden, in der compromittirt‹en› Chambischen sachen240 , ettlich wochen lang alda zu Speir gelegen, also grob mit obberurt‹en› schanden vnd lastern gemacht, daß gemelte Pfältzische Räthe, nit könden Vnnderlass‹en›, sich dessen gögen dem Rath zu Speir zum höchsten zubeclag‹en› Vf wölchs auch derselbe Fabulhanß, damals von der Kantzel gentzlichen abgeschafft. Wir vernemen aber ietzo daß er Kurtz verloffener tagen wider aufgestellet seie worden damit ers nun continuiren, vnd nun mehr .S. V. l. an vnnß, vnd anderenn obberurter gestalt rechen möge. Wie er dan erst gösterigs tags die Predig, von dem samen, so vff den felsen gefallen, neb‹en› anderem vf die Caluinisten, vnd dahin gerichtet, daß die Statt solche außreuten241 solte, oder sie müste v‹er›derb‹en›, wan es inen schon alle tag zweimal Cronen regnet, darzu dan daß mittel were, die Cantzel weg zuraumen, vnd den baum also bei der Wurtzel außzuhauwen. Daruß .E. l. abzunemen, wer die Vrsacher vnd Verhetzer zu diesser vfrur seien, vnd w‹as› die Leutt im schilt furen, welche das ienige, so sie mit dem wort gottes, nitt getrauwen zuuertheidigen, mit vnzimblich‹en› gewalt, nitt wenig‹er› alß die Papisten, noch täglich thun, vndersthen hinauß zufhüren, vnnd zubehaupt‹en›, wie daß Christo vnd seinen Apostolen, auch widerfharen, vnnd sie allein die vffrurer sein müssen, zudem vns ietzo glaubwürdige anzeig beschehen, daß der zu .E. l. gesandte Stattschreiber, licentiat Feüchter, sich nähern Regenspurgischen Reichstags, auch nicht gesparet, vnnd in gögenwart, Grafflicher, vnd anderer ansehenlich‹en› Personen [fol. 90r] sein maul zimblich, vnd gantz vngebürlich, mit vnserem damalß noch lebendem herren Vatteren gewaschen habe etc. Vber das vns ietzo furkomen, das der ander Speirische Predig‹er› Bernhardus genant, fast vierzehen tag zuuoren, ehe dan mehrgemelts geschrei vnd verdacht sich des orts erhoben, oder die obangezogene, mit diessem # zeichen gemerckte zettel eingeworffen worden, vf der Cantzel, neb‹en› anderem sein gebett dahin gerichtet, das gott die Obrigkheit dahin erleicht‹en› wölle,
240 Chambischen sachen = der Streit mit Herzog Albrecht V. von Bayern um die Grenze zwischen dem (pfälzischen) Amt Cham und dem (bayerischen) Amt Kötzting. 241 außreuten = ausrotten.
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damit sie dem vfrürischen vnd mörderischen gesindt, den Caluinischen wehren, vnnd ire blutdürstige anschlege, an tag bringen möge, etc. Vß welchem, vnnd sonderlichen, daß meniglichen alda bewüst ist, daß er gleich nach absterben, vnsers herren Vatters, nach viel berurter Pfarr zu Sanct Gilgen getrachtet, wie er auch iüngster .E. l. gögenwart, als vns angelanget, darumben alhero erfordert vnd in deren Namen, mit ime daruf gehandlet werden sollen. Welche handlung aber, da man vermerckt, er bernhardt hiefor bei dem Graffen zu Nassaw, etc. begangenen Ehebruchs halben, gefenglich gesessen, vnd lands verwiessen worden, sich vnendts zerschlagen. Wie auch obgemelter sein gesell der Fabulhanß dazumal auff offener Cantzel sich mit diessen ehrrürigen wort‹en› offentlich vernemen lass‹en›, daß genanter bernhardus nacher heidelberg beschrieben, die Caluinische Cloaken, |·mit Reuerentz zumelden |·alda vßzufegen etc. Derwegen bei vielen verstendigen vnnd Vnpartheiischen leutten starcke v‹er›dächt geschöpfft werden, [fol. 90v] das er vnd seines gleichen gesellen, sambt den Iesuiteren242 , mit denen sie dan zum theil, ohne daß gutte gemeinschafft, vnnd stette zeichen halt‹en›, die eingeworffene zettel selbst gemacht vnd den furgangenen tumult angestifft haben, damit sie obangeregt ir furhaben, souiel zeitlicher erlangen möcht‹en›, [w]elchs vorerzelt‹en›, vnnd anderen mehrern vmbstenden nach, nicht vbel zuglauben, Wir auch noch verhoffen, es soll der guttig gott, den rechten grundt hieuon sampt vnnserer, vnnd mehrgedachts Infantii, vnd seiner zuhörer vnschult, An tag geb‹en› vnd diesse ehrlose verleumbder, zuschanden machen, vnnd also solche vntreuw iren eigenen herren selbst treffen, Wann nun diese alle Vorgeschriebene sachen erzelter massen geschaf‹en› Vnnd wir dan hierneben weyter berichtet, das solche nicht allein ann .E. l., vnnd andere Chur, vnnd fursten, sonder auch ann die Rom: Kei Mtt etc vnseren allergenedigsten herrn selbsten, ebenermassen, oder vielleicht mit mehrern zulage gelanget, wie dan daruf bereit von irer Mtt etc. sonderbare Commissarien, Nemblich, Georg Ludwig von Senscheim Fränckischer Kreißobrister sampt Doctor Timotheo Iung‹en› hierzu verordnet sein sollenn, hierunder Inquisition einzunemen, Daher dann solche, bei vns nicht mehr ringschetzig, noch zuueracht‹en›. In erwegung daß es zuuorderst die ehre gottes, auch mehr hochgedachts, vnnsers geliept‹en› herren Vatters [fol. 91r] Christliche bekhantnuß, vnnd guttes lobliches gerücht sampt .S. V. auch .E. l. vnnd vnsere Reputation, darzu der beschreyt‹en› vnnd hart angetasteten Christlichen mitglieder zu Speyr, höchste gefhar, deren ehre leibs vnnd lebens, merglich berüren, daruf dan deren von Speir Instruction clerlich deut‹en› thut, darbeneb‹en› leichtlichen zuermessen, da es also gelt‹en›, vnd mit denen gutten leutten diß orts, in loco des Kei. Cammergerichts, alß in Teatro Imperii, ein solcher geschwinder anfang gemacht werden solt, zu was hochbeschwerlich‹en› consequentzio vnd Christlich‹en› blutbad, daß further inn dem
242 Iesuiteren = Jesuiten.
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heiligen Reich gereichen, vnnd wie leichtlichen, es deß orts zu denen Process‹en› wie die nun, souiel iar hero, vnnnd noch in den benachpart‹en› Konigreichen, vnd Landen, mit eusserst‹em› deren Verderb‹en› erbennlich‹en› geübet, ebenmässig gelangen konte·/ So thun wir E. L. hiermit aufs aller freundlichst, bruderlichst vnd dinstlichen ersuchen vnd pitten, sie wöllen doch diese ding, ohne einig‹en› besonderen offert, noch p‹re›iudicio der Religion oder sonsten woll zu gemuts vnd zuhertzen füren, Vnnd weiln neb‹en› den ietzerzelt‹en› Vmbstenden fürnemblich‹en› die sach‹en› vmb vns gespilet, vnnser ehr, vnd ohn ruhm zumelden, wolherprachte reputation, damit mercklichen angefochten, Vnns derowegen darinen zu geburlicher rechter ergrundung vnd ausfhürung solcher sachen, die bruderlich handt, Rath vnd hülff bieten. Auch nach befindung der gewissen vnschuldt, darbei nottwendiglich schutzen, vnnd handthaben helffen, vnd darunder [fol. 91v] einige beschwerde nit zufügen lassen, Wie wir dan an E. l. bruderlicher, vnd getreuwen zuneigung, gar keinen zweifel tragen, Sie auch ohne daß, krafft vnnsers geliebt‹en› herren Vatters verordnung zuthun schuldig sein; Vnnd weiln .E. l. vber das, vonn vns hierinnen Raths begeren was sie sich weitter in disser sachen zuuerhalt‹en›, vnd sich auß disser gantzen handlung erscheinet, das die von Speir .E. l. mit lautterem vngrundt, hinder das liecht gefhüret, vnd zu solcher schneller abschaffung des Infantii bewegt, dardurch die vßgesprengte Calumnia vnser Person betrefendt bei der Kei. Mtt etc. vnnd anderen stenden deß Reichs gleichsam confirmirt vnd bestettiget, Vnnd also vnsers besorgens diese erdichte aufflag, vnnd vnzimblichs ausschreien, Von vns vnd anderen nitt mehr abzuwenden, es seie dan, das offtgedachter Infantius, seines entsetzten stands vnnd beruffs, wider restituirt, vnnd die ding gemelter Statt Speir zum höchsten durch .E. l. beschweret werden. So bitt‹en› wir fernner, .E. l. wöllen zu desto scheinbaren vnd würcklich‹en› rettung, vnnsers herren Vatters, .E. l. vnd vnserer Reputation vnnd ehren, ine Infantium, widerumb zu angeregtem seinem getragenen Pfarrdienst, kommen vnd einsetzen lassen, biß daß vorberurte nottwendige Inquisition vnd ergrundung, deren sachen furgenommen vnd außgefhüret werde. Nach welch‹em› wie .E. l. weyttere maß hierinnen zugeben nit gemeint seie. [fol. 92r] Vnnd dan letztlichen bitten wir E. l. nachmal vmb gottes willen, sie wöllen doch, deren iüngste‹n› schrifftlichen vertröstung nach, beuorab in so hochwichtigen sachen, dergleichen furbringungen, nit leichtlichen glaub‹en› geben, vnd vnser oder anderer gögentheils vngehört, die ab executione anfahen, sonder zuuorn, vnnseren nottwendigen bericht, einnemen. Darnach sich furter souiel besser zugericht‹en› dan da hierinnen, durch .E. l. abgesandte, vermöge dern an vns gethanes schreiben verfharen, weren wir guter hoffnung, disse sachen solt‹en› auff ietziges .E. l. Raths begeren, mit viel geringeren mühe vnd beschwerlichkeiten, haben könden abghen, Dann auch noch fernner dieses bruderlichen betracht‹en› vnd ettwas diefer besehen vnd ergrunden, Was in diesser gantzen handlung, durch den leidigen Sathan, vnd deß gemeinen Pfaffengesindt fürnemblichen gesucht würdt. Wie wir vns dan keinen zweifel machen, das denen nit wenig daran gelegen, Wie vnnd daß sie, auf
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d‹as› zeitlich absterbenn vnsers herren Vatters, der inen vor viel anderen, ein groser dorn, vnd scharpffer stachel in Augen gewessen ist, zwischen vns beiden Gebruderen, |·Wie vns daß auch von Rom aus genugsamb angedeutet worden |·widerwillen vnd Vneinigkeit erweckhen, vnd also furtter ir Intent souiel besser erreichen möcht‹en›, darinnen [fol. 92v] sie doch, ob Gott will, einen gewissen feller treffen sollen vnd werden. Insonderheit bitten wir auch freundlich, Vns etwas klärlicher, mit nechstem zuuerstendigen, Wie diese dinge vnserer Person vnd deren zugemessenen vnguttlichen verdachts halben .E. l. vnnd durch wen furgetragen worden, dan wir diese ding, wie .E. l. vnschwer zueracht‹en› auff vns ie nicht ligen lassen können Solches würdt .E. l. selbsten zum besten vnd guttem ruhm auch desto mehrern befürderung vnserer vnd der anderen Mitinteressent‹en› vnschuldt gelangen, Vnnd seien wirs vmb dieselbige, mit allen bruderlichen treuwen hinwider die zeit vnnsers lebens zuuerdienen geneigt, Dat‹um› heidelberg den .11. Februarii Anno etc. 77. Iohans Casimir von gottes genaden Pfaltzgraff bei Rhein, hertzog in beyern, etc. .E. l. verordtneter Statthalter ICasimir Pfaltzgraff etc. [fol. 93r] [fol. 93v] [fol. 94r] [fol. 94v] Adressat: Dem hochgebornen Fürsten, herren Ludwigen Pfaltzgrauen bei Rhein, des heiligen Römisch‹en› Reichs Ertztruchsäss vnnd Churfürsten, Hertzogen in Baiern etc. vnserem freundlichen lieben herren Brudernn vnnd Geuatternn. Notiz einer anderen Hand: Herzog Iohann Casimir vberschikt etliche schrifftenn Vnnd der Speirischenn Vnruh‹en› vnd hanndlunng‹en› halb‹en› etc. Notiz einer weiteren Hand: P‹re›sentirt den 16n Februarii anno etc. 77 [fol. 95r] Postscripta, freundlicher lieber herr bruder vnd Geuatter, Als .E. l. auß diessem vnserem bericht vernemen, wie hoch vns die darinnen vermelte, erdichte
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zulage, vnd nunmehr so weit im Reich, vßgeschollene beschreiung zu hertzen gehet, vnd angelegen, Also daß wir Vor gebürlicher, ergründung vnd erörterung, deren nicht ruwig sein, So könden deroselben wir bruderlichen nit verhalt‹en›, das wir nechst vergangenen sambstags, .E. l. Rath D. Ludwig Culman, zu dem bischoff vnnd Cammerrichter naher Speir abgefertiget, vnd in Commission zu gebürlicher Inquisition vnd erkundigung der sachen ansuchen vnd pitten lass‹en›. Waß nun derselbig darunder verrichtet, vnd in antwort auf fur Information vnd bericht von demselben erlanget, das hab‹en› .E. l. ob beigefugter abschrifft, sein .D. Culmans vns gethane Relation, mit .F. freundlich zuuernemen, vnd seien wir auch bedacht, noch fernner vmb berurte Commission schrifftlichen anzuhalt‹en›. Vnd befinden .E. l. vnder anderem daruß, dannocht‹en› souiel das gedachts bischoffs, vnd vnsere gedanckhen, woher nemblichen, disse furgangene handlung vnd Rumor seinen recht‹en› Vrsprung, vnnd weme solcher .Sr. l. eracht‹en› nach, am billichsten zuzemessen sein mögt zusamenschlagen Vnnd daß wir desto mehrere vrsach haben, durch angeregte ordenliche mittel, oder da vnß die nit verstatet durch andere gebürende wege, nach dem recht‹en› grundt [fol. 95v] vnnd herfluß dieser sachen zutrachten, .E. l. sechen auch aus berurter rela‹ti›on, das der bischoff, zu Speir, den gemelten Infantium, seiner Predigt‹en› halb selbsten, entschuldiget, dan es ie ein grosser vnderschiedt, die zuhörer zur standhafftigkeit zuuermanen, bei der erkhant‹en› warheit zubleiben, Welches ein ieder Christ, zuthun schuldig ist, vnd viel einanders zur aufrur zuuerhetzen, Welches ein ieder Verstendiger, billich zu vnderscheiden wiessen würdet. Erholen derowegen vnser voriges, flehenlichs ersuchen, gantz freundlich bittendt, .E. l. als der getreuwe bruder wöllen vns darinnen die hülffliche handt zutragender notturfft biet‹en› vnd auß zuuor angeregt‹en› vrsachenn, .E. l. selbsten vnnd vnnsers herren Vatters Reputation halb‹en›, darinnen nicht von vns setzen, auch mit anderwerts bestellung der Pfarr zu .S. Egidien, Inhalten, vnd den v‹er›melten vnsers herren Vatters, dahin geordtnet‹en› Pfarrherren, Georgium Infantium, vngeachtet hieuorigenn vf deren von Speir, erdichtes, vnd vnerfindliches furgeben .E. l. gegebenen beuelchs, fernner darbei handhab‹en›, damit diesse vns, hart angelegene sach‹en›, souiel schleuniger vnnd richtiger ire gebürende erörterung erreich‹en› möge. Darumb‹en› wir dan nicht vnderlassen, .E. l. ietzt zu Speir habenden gesandt‹en› zuschreib‹en›, vnd zubegeren, im fall mit vfstellung eines anderen Predigers inzuhalt‹en› biß .E. l. inen vf diessen vnseren bericht, vnd bruderlichs pitt‹en› weytteren [fol. 96r] beuelch zukompt. .E. l. haben auch zu solchem, desto mehrere vrsach, ires priuat vnd aigenen Interesse halben, so sie auß obberurter relation v‹er›nemen, in dem das die von Speir damit vmbghen, vnd sich ires vermögens bearbeit‹en› .E. l. diesse Pfarr bestellung, vnd Ius patronat‹us› gar zuentzieh‹en› dahin dan sie sich, in irer Instruction, auch ettlicher mass‹en› mercken lassen, wie wir dan in ietzt gepflogener fern[n]en [?]schung, soui[e]l [be]funden, das sie hiebeuor in erster aufstellung hetten Iohan Willings, mit hülff
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des Thumbprobsts243 zu Speir, welcher ime dieses Ius ebenmässig zumiesset, solches gögen vnserem herren Vatteren auch vnderstanden, vnnd sonderen vleises getrieben, welches auch sein .V. l. damaln so leichtlich nit hette durchgetruckt, vnnd behauptet, wo nit deß zuuor alda gewessenen vnd durch dieselbig abgeschafften Mespfaffens, gefurtes ärgerliches vnd Vnchristlichs wesens, daß Rößlin hette lauffen machen, das also wir nit zweiulen, gedachter bischoff zu dieser seiner gethanen andeutung, vnd w‹as› zwischen der Stat vnd dem Thumbprobst zu Speir, deßwegen vndereinander furlaufft, nitt wenig vrsach, vnd allerhandt berichts hab‹en› werde. Wir könden vns auch nachmal ie lenger ie mehr, nitt genugsamb verwunderen, Woher doch diese erdichte aufflag, so wol vnser, als deß Armen beschuldigt‹en› Kirch‹en›diners vnd seiner zuhörer halb vrsprunglichen geflossen, dan souiel gedachten Kirchendiner vnd zuhörer betriefft weil sie sich ein solchen bei vnsers herren Vatters lebzeit‹en› [fol. 96v] damaln sie laut der Von Speir furgeben, sterckeren schutz vnd ruckhalter gehabt, nihe vnderstanden, werden sie freilich ietzunder, dergleichen gedancken wenig fassen, wie sie auch zu einem solchen werckh, dapffere gesellen vnd grosse anzal seien, So möcht‹en› wir doch wol wiessen, ob die Kei. Mtt etc. oder einig‹er› standt des Reichs, vns darfur hielte, daß wir so einfeltig, vnd mit einnemung der Statt Spe[ir] [da]ß gantze Reiche ohne einigen daher gewartenden genuß, wider vnd vf vns zuladen vorhaben solten, derhalben wir es gentzlich darfur acht‹en›, das bei den leütt‹en› viel einanders hierunder verborgen liegen, vnd gesucht werden muß, Darumb nachmalß bruderlichs vleiß bittende, E. l. wöllen sich in diesser sachen, fur obangeregter deren gebürlichen begrundung vnd erörterung vf iemands ferner furbringen vnd einbildungen zu weyterer würcklichen furnemung p souiel weniger bewegen lassen, sonder da ir dauon icht mehrers vngleiches furkhommen, vns zuuorn darunder hören, soll vnsers theils, an vleissiger nachforschung vnd getreuwem vffrecht‹em› bericht, kein mangel erscheinen, Sich darnach iederzeit souiel besser hab‹en› zugericht‹en›. Datum ut in l‹it›eris·/· ICasimir Pfaltzgraf etc.
243 Thumbprobsts = Dompropsts.
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Nr. 70 1577 Februar 13, Heidelberg Pfalzgraf Johann Casimir fordert die kurfürstlichen Gesandten Soldan von Wirsberg und Bernolff von Gemmingen auf, den Pfarrer der Kirche St. Ägidien, Georg Infantius, so lange in seinem Amt zu belassen, bis sie von Kurfürst Ludwig [VI. von der Pfalz] weiteren Befehl erhalten. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 97r–97v (Abschrift). [fol. 97r] Iohann Casimir Pfaltzgraff etc. Liebe Besondere, Als wir inn iungst ewerer Instruction vnder anderm vernohmen, das der hochgeborn Furst vnßer freundlicher lieber herr Bruder vnnd Gevatter Pfaltzgraff Ludwig Churfurst etc. damaln entschlossen, an deß durch euch iungst zu Speier abgeschafften Pfarherrs zu S. Egidien Georgii Infantii stat, ein andere Person zuuerordnen, deßwegen dan S. L. euch vielleicht inn kurtzem beuelch zuferttig‹en› mochten etc. Vnnd aber die sachen, daher berurte geschwinde Abschaffung eruolget, wie ir vns iungst verstanden, dermassen gewandt seindt, das dieselbigen so wol Sein vnßers Bruders L‹u›d‹wige›n alß vnsere, zuuorderst aber vnßer beider geliebten herrn Vatters Christseliger gedechtnus Reputation etc. merglichen beruren, darumben die hochste notturfft erfordern thut, den rechten grundt deren zuerforschen, vnnd gepurlichen zuerorttern, inmassen wir ein solches itzo nach der lenge, gemelts vnßers Bruders L‹u›d‹wige›n freundlich zugeschrieben, vnnd gedachten Infantium biß zu solcher erörtterung wider inn vorig‹en› dinst eintzusetzen, vnnd euch deßwegen beuelch nachzuordnen, bruderlichen gebetten haben·/ So langt an euch vnser gnediges gesinnen, da vielleicht inmittels, euch von S.r L. bescheidt zukhommen were, oder nachmals eruolgen möchte, mit anderwerths {bestellung} berurter Pfarr vortzuschreitten, ir wollet darmit vertziehen vnnd inhalten, biß der S.r L: angeregter vnßer zugefertigtter bericht einkhommen, Vnnd sie sich daruff furtter irer gelegenheit nach, gegen euch vnnd vnns ercleren mögen, Dessen ir alßdann von vns auch verstendigt werden sollent, inmassen wirs dann S. L. das wir dißes an euch gelangt, zugeschrieben haben·/ [fol. 97v] Vnnd weiln vns nicht zweiffelt, das euch itzo zu Speier dißer sachen wegen allerhandt furkhommen, so vns zu wissen nötig sein möge, So begeren wir ferner gnediglich, ir wollent vns deßen idertzeitt mit berichten, Daran werdet ir Sein vnßers Bruders L: ohne zweiffel kein mißfallen thun, Vnnd seien wirs inn gnaden zuerkhennen geneigt, Datum Heidelberg den 13t‹en› Februarii A‹nn›o etc. 77.
Edition der archivalischen Quellen
Nr. 71 1577 Februar 15, Speyer Soldan von Wirsberg und Bernolff von Gemmingen antworten Pfalzgraf Johann Casimir auf seine Forderung vom 13. Februar, den Pfarrer der Kirche St. Ägidien, Georg Infantius, so lange in seinem Amt zu belassen, bis sie weiteren Befehl von Kurfürst Ludwig [VI. von der Pfalz] erhalten. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 99r–99v (Abschrift). [fol. 99r] Durchleuchtiger hochgeborner Furst etc E. F‹urstlichen› G‹naden› vnderm dato den 13t‹en› h‹uius› an vns samptlich gethanes schreiben haben wir mit vndertheniger gepuerender Reuerentz zu vnsern hand‹en› wol entpfangen, vnnd daraus E. F‹urstlichen› G‹naden› gnedig begeren: dahe von dem durchleuchtigsten hochgebornen vnßerm gnedigisten Churfursten vnnd herrn Pfaltzgraff Ludwig‹en› etc wegen anderwerts bestellung der Pfarr zu S. Egidien alhie, vns inmittelß weitter beuelch zukhommen, oder nachmaln eruolgen mögte, weiln E. F‹urstlichen› G‹naden› hochstgedachten vnsern gnedigisten Churfursten vnnd herrn dißer sachen halb selbst schriftlich ersucht, wir damit nicht fortschreitten, Sondern biß zu irer Churf‹urstlichen› G‹naden› weittern erclerung damit vertziehen vnnd inhalten sollen, vnderthenig vernohmen. Sollen daruff E. F‹urstlichen› G‹naden› vnderthenig nit verhalten, das vns gleichwol von offt hochsternantem vnserm gnedigisten Churfursten vnnd herrn, weder zu vnserer Abferttigung noch biß dahero vnder deßen, einiger beuelch, wegen weitter bestellung angeregter Pfarr nit beschehen noch zukhommen, Sondern mußen es noch der zeitt, vermög vnßers vfferlegten beuelchs, bei entlassung deß Infantii, wie er dann albereitt durchauß abgetzogen, auch andere gute verordnung (inmaßen dann der Verwalter Brieffszeiger von vns deßwegen gnugsamen bericht ingenohmen) biß zu ferner gelegener bestellung durch vns beschehen, bewend‹en› lassenn. Sonsten haben wir der bewusten sachen halb, vber angewanten muglichen vleiß, durch erkhundigung nichts grundlichs inn erfarung pringen mogen. Weßen aber vns nachmaln, vnnd inn zeitt vnßers alhie pleibens hieruon, [fol. 99v] daran E. F‹urstlichen› G‹naden› gelegen, furkhommen wurdet, soll derselb‹en› zu dero gefellig‹en› gelegenheit noch vor vnßerm Abreisen, vnnd derselben gnedigen fernern beuelch gewerttig sein wollen, vnderthenig referirt werd‹en›. Welches E. F‹urstlichen› G‹naden› wir vff derselben gnediges begeren vnderthenig nit sollen verhalten etc. Datum Speier den 15t‹en› februarii A‹nn›o etc. 77. E. F‹urstlichen› G‹naden› vnderthenige gehorsame Soldan von Wirspergh Bernolff vo‹n› Gemming‹en›
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Nr. 72 1577 Februar 15, Amberg Kurfürst Ludwig [VI. von der Pfalz] erteilt den Heidelberger Predigern den Auftrag, einen qualifizierten Pfarrer für die Speyerer Kirche St. Ägidien nach Speyer zu den kurfürstlichen Gesandten Soldan von Wirsberg und Bernolff von Gemmingen zu schicken, damit diese ihn auf die bisher von Georg Infantius besetzte Stelle investieren. Sollten sie keinen geeigneten Kandidaten haben, sollen sie das beiliegende verschlossene Schreiben von einem Boten zu Georg Rohner nach Simmern bringen lassen. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 101r–101v (Konzept). [fol. 101r]
Ludwig Churfurst
Wurdige Lieben Getreue vnnß zweiffeltt nicht Euch werde vnuerborgenn sein was fur geschrei vnnd Vnruhen sich vor kurtzer zeit inn Neuligheit zu Speir begebenn, welche wie vnnß angelanngt werdenn, durch dem Predig‹er› zu Sanct Egidien Georgium Infantium vff der Canzl‹en› erregt wordenn, derwegen wir dann vff vorgeennde erkhundigenus, vnnd ein genommnen bericht nicht vnnd‹er›lass‹en› ermeltten Infantium durch vnnsere Naher Speir verabgeordnete rath vnnd lil Landrichtter {vnd Cameriunkhern} zu Aurbach Soldan von Wirsberg vnnd vnsern Cammeriunkern Bernolff vonn Gemming‹en›, seines ministerii vnnd kirch‹en›dinsts gentzlich‹en› zuerlassenn, wie er dann albereit abgeschafft damit nun der Predig stul mit einem Tauglich‹en› Christlich‹en› vnnd fridlibenden kirchendiener widerumb der enden besetzt vnnd der Churf‹urstlichen› Pfaltz in p‹re›iudicium nichts zugetzogenn, Also hab‹en› wir den hochgeborenen furst‹en› vnnsern freundlich‹en› lib‹en› Vettern vnnd Brud‹er›n hertzog Reichhard Pfaltzgraff‹en› .f. ersucht, (wofernn ir in heydelberg mit vnnß mit einem vnnß einen vff ein benante zeit vnnd biß wir mit verleihunng gottlicher gnad‹en› vnnser ordenlich hofflag‹er›244 in Heydelberg erreich‹e›n zu leihenn, Wie dann .S. l. dero Superintendenten zustimmen. M Georgio Rohner {deßwegen} geschriben vnnd beuelenn laut innliegennder Copi‹en› deßweg‹en› geschrib‹en› im fall ir {do ir nun} zu heydelberg kheinen wisset einen kirch‹en›diener, der zu ersetzung des ministerii zu .S. Egidi richtig vnnd qualificirtt So [fol. 101v] bekhommen konnet So ist an Euch vnnser gs245 begern denselbenn alßbaldenn nach Speir zu obbemeltten vnnsern abgeordenten zuuerordnen, welche beuelch habenn ine zu inuestiren
244 hofflager = Hoflager; feste Residenz eines Fürsten. 245 gs = Abkürzung für gnedigs.
Edition der archivalischen Quellen
vnnd einzusetzen, vnnd darbei zu beuelh‹en›, sich aller Christlichen bescheidenheit, zugebrauch‹en› Wie vnnß dan nicht zweiffelt, ir ine eines solch‹en› auch zuuor Christlich‹en› erinnern werdett. Im fall ir aber kheinen sobalden erlangen möget, So meldet beiverwartt verschloss‹en› schreib‹en› vorgedacht‹em› M. Rohner bei einem {eigenen} Pottenn nach Simmern verordnen, vnnd diese ding helfenn beford‹er›n damit ein kirch‹en›diener vnseumblich‹en› vnnd ehe vnnse obbemeltte vnsere abgeordentte von Speir verrucken möcht‹en›, sich dahin begebe vnnd was ir also verrichtet vnnd anordnet vmb nachrichtunng weg‹en› des solches desselb ietztgemelttendacht‹en› vnsern abgesanntten verstenndig‹en›. Nach dem wir auch ein gutte zeit khein schreib‹en› von Euch gehabt vnnd in dem lib‹en› Gott hoffenn wollen, es werden alles fridlich vnnd wol {daniden} stehenn, Vnnd auch vnnsere libe vnnd‹er›thenen Euere Predigtenn mit vleiß besuchen, vnnd zu der heylig‹en› Sacramenten wie Christ‹en› gburt gbrauch‹en›, So ist doch nichts desto weniger vnnser gs begern vnnß solches allen vmbstennden nach zu berichten vnnd fernemblichen oder wie es mit der nehst gehalttenen Commun geschaff‹en› vnnd wieuil der Communicanten geweßen zuberichtt‹en›. Das rechet vnnß in g‹nedigem› gefallenn, Vnnd seindt Euch mit g‹nedigem› willen wol gewog‹en› Da‹tum› Amberg den 15 Februarii A‹nn›o 77. An die verordente Predig‹er› in heydelberg·/·
Nr. 73 1577 Februar 15, Amberg Kurfürst Ludwig [VI. von der Pfalz] teilt seinen in Speyer weilenden Gesandten Soldan von Wirsberg und Bernolff von Gemmingen mit, dass er die Heidelberger Prediger beauftragt hat, einen geeigneten Prediger für die St. Ägidienkirche nach Speyer zu verordnen. Die beiden Gesandten sollen diesen nach seiner Ankunft in Speyer in sein Amt investieren. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 103r–104r (Konzept). [fol. 103r]
Ludwig P. Churfurst
Lieben Getreuen Wir haben Euere zwei vnnd‹er›schidliche schreibenn de datis heydelberg vnnd Speir den 8. vnnd 10. dits, zu vnnsern hannden wol empfang‹en› vnnd vß dem selben Euere verrichtunng, vnnd was iun hinc inde in der iunngst furgangenen in bemelten Speir entstandenen Vnruh‹en› daselb furganng‹en› der Notturfft nach verst vernemmen. Wie wol wir es mit Georgio Infantio gethanen Predigt‹en› also
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geschaffene befunden das er sich der vffwiglunng nit allerdinngs zuentschutten, Wie wir es dan bei eueren seinet halb‹en› furgenommenen abschaffunng lass‹en› bewenden. So befind‹en› wir doch hergeg‹en› vß des Bischoffs vnnd Cammerrichtters etc Euch gegebenen bericht, das diese hanndlunng vß der vrsach‹en› eins theilß herruren thue, das die deß raths, khein rechtte vnnd verstenndige Policei vnnd Ordnunng welches bei einer solchen grosen Commun billich sein soltte, haltten, vnnd die Burgerschafft mit allerhannd Neuen vnnd Vngebreuchig‹en› Exactionib: vnnd vfflag‹en› beschweren, Zu deme auch ir Prediger Bernhardus Bernhardi sich aller Condemnation vnnd vffwiglunng selbst‹en› bevlissen, fur welchem allen inen alß einem Magistrata fur zu sein billig hette obgeleg‹en› hetten demnach wol mög‹en› leiden diese ding mit vff vorgegangene gnugsame erkundigunng mit mehrer bescheidenheit {An vnnß} mög‹en› gebracht werd‹en›. Weiln wir aber vermerkh‹en› das die Ro: key Mat: vnnser gnedigster herr vff [fol. 103v] bemeltter von Speir ansuchen Commissarios albereit verordnet so lassenn wir es (weil wir weitters bei dieser sach nichtts thun khonnen, darbei bewennd‹en› bleib‹en›[)] Damitt aber der Predigstul bei .S. Egidi nit vnbesetzt, Auch der Churf‹urstlichen› Pfalntz an irer der enndts habender gerechtigkeit in p‹re›iudicium nichts zugezog‹en›, So hab‹en› wir vnnsern Predigern zu haydelberg schreib‹en› lass‹en›, sich alßbaldenn vmb einen Christlichen fridlibennden kirch‹en›diener vmbzuseh‹en› vnnd denselben alß bald‹en› nach Speir zu Euch zu weißen vnnd zuuerordnen, Euch hirmit beuelhende, do bemelter kirchendiener Euch wirdet presentirt ir wollet ime {wofernn solches ohne tumult vnd mocht abgeh‹en› Vnnd keine gefar das gemeinen Pofelß halb‹en› zubesorg‹en›} die kirchenn innmassen sie die vorig‹en› Predig‹er› von Pfalntz wegenn innengehabt, einraumen, vnnd darbei vnnseres ha vfferladen, sich inn seinen Predigt‹en›, thun lebenn aller Christlich‹en› bescheidenheit zu gbrauch‹en› vnnd was zu verbitterunng vnnd Vnruh‹en› vrsach vnnd anlaß geben möchtte gentzlich‹en› zu mass‹en›, auch sonsten in gemein sich weiland Pfaltzgraff Ottheinrichs vnnsers .f. liben herren vnn Vatters selig‹en› {kirchenordnung} in administrirung der heylig‹en› hochwurdig‹en› Sacramenten, vnnd vbrig‹en› kirch‹en›dinsten Wol angesteltten Kirchen Ordnung gemeß vnnd gleichformig er verhalttenn. {Im fall aber von heydelberg auß Euch kheiner wird zugeordnet So hatt sich doch vnnser .f. liber vetter vnnd bruder .H. Reichhardt Pfaltzg erbott‹en› dero Superintendenten zu Simmern beuelch zu geb‹en› furd‹er›lich‹en› einen nach Speir zuschikh‹en› wie dan sich dan gedachter vnnser Prediger habend‹en› beuelch nach, vff einen vnnd dem Annd‹er›n weg gegen Euch werd‹en› erkler‹en›}246 Dann nach verrichtunng dieser sach‹en› Euern weg furderlich‹en› wider alhero zu vnnß nemen. In deme verricht ir vnnsern willen vnnd Meinnung Da‹tum› Amberg den 15. Ia Februarii A. 77.
246 Einschub von fol. 104r.
Edition der archivalischen Quellen
An Soldan von Wirßberg vnnd Bernolff von Gemming‹en› [fol. 104r] Zettl Was dan Euern eingelegtten Zettl berurt, weiln wir befund‹en› das sich vnnser Faut vernemen lass‹en› das er allerhandt mit Euch zu reden so der federn nicht zuuertrauen mogten wir wol leidenn, das ir glegenheit suchett von ime solches anzuhörenn, Vnnd wir wed werdet demnach vff vns zu gedenkh‹en› wissen, wie ir dann wir dasselb vmb nachrichtunng wegen, gerne wiss‹en› woltten, Vnnd wie woln wir vnns {Euern andeuten nach} von den Zunnfften vnnd Annd‹er›n nach nichts clagendt zukhommen, vnnß auch nicht versehen wollen, das s vnnd‹er› vnser Burg‹er›schafft {in heydelberg} einiger vnrath vnnd vffwiglunng sich begeb‹en› soll So wollet nichts desto wenig‹er› ermeltten Fauten vnsernt weg‹en› anzeig‹en› hiruff gut ein gut achtunng vnd vleisiges vffmerkhen zu hab‹en›, Vnnd do sich etwas eraignen, so zu weitterunng gelang‹en›, eraignen möchtte dasselbige mit moglich‹er› befurderunng abwendennt vnnd vnnß solches tag vnnd Nacht in vertrauen bericht‹en› Vt in l‹iter›is
Nr. 74 1577 Februar 19 Der Magistrat der Stadt Speyer erstattet Kaiser Rudolf Bericht über die in Speyer kursierenden Gerüchte und die daraus hervorgegangenen Unruhen, die der Rat in erster Linie auf die Calvinisten und hier vor allem auf den Pfarrer der St. Ägidienkirche zurückführt. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 106r–110r (Konzept). [fol. 106r] Aller durchleuchtigster großmechtigst‹er› vnnd vnvberwindtlichster Romisch‹er› Kaiser .E. Ro‹mische› Kay‹serliche› M‹aieste›t seien vnsern aller vnd‹er›thenigste verpflicht schuldigste vnnd gehorsambste dienst hochstes vleiß ied‹er›zeit zuuor, aller Gnedigster herr E Kay‹serliche› M‹aieste›t schreib‹en› am dato den 4t‹en› dis monats an vnns aller gnedigst ausgang‹en›, die bei vnns vnd gemeiner Burg‹er›schafft entstandene mißverstendt vnnd vnrichtigkeit‹en› betreffen, darinn .E. Kay‹serliche› M‹aieste›t vnnd‹er› gnediglich vermanen, mit vleiß verdacht zu sein, damit angeregter vnwill zwusch‹en› vnns vnnd der Burg‹er›schafft bei gelegt, vnns auch sunst‹en› in anbevolhener Statt Regirung d‹er›maß‹en› bescheidenlich vnnd gleichmessig zuerzaig‹en›, damit fernere verpitterung d‹er› gemuter vnd weitt‹er›ung verhutet pleib‹en› möchte, Mit angehefftem aller gnedigst‹en› beg‹er›n, dieselb E. Kay‹serlichen› M‹ai-
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este›t d‹er› vrsach‹en› warumb es vngeferlich zuthun, wer d‹er›selb‹en› anfeng‹er› sei, woran [fol. 106v] es auch nachmals haffte, zum furd‹er›lichst‹en› grundtlich zubericht‹en› etc hab‹en› wir den 18 diß in aller vnd‹er›thenigkeit mit geburend‹er› Reuerentz empfangen, vnnd seines fernern inhalts zuuerles‹en› angehort vnnd vernommen, Vnnd wiss‹en› vnns Anfengklichs ainich‹er› mißverstendt, so sich zwisch‹en› vnns vnnd gemeiner Burg‹er›schafft ereugt vnnd zugetrag‹en›, noch das wir vnns in Anbevolhener Statt Regirung, darab sich iemandt iemals mit billich‹en› fug‹en› zubeschweren gehabt hette, gehalt‹en› hab‹en› soll‹en› im wenigst‹en› nit zubericht‹en›, Aber K E Kay‹serliche› M‹aieste›t konnen noch soll‹en› wir aller vnd‹er›thenigst nit verhalt‹en›, Das gleichwol nit ohn, Nachdem Weilant der durchleuchtigst hochgeborn pfaltz graue frid‹er›ich Churfurst seligster gedechtnus, vor etlich iaren einen pfarherr der Caluinisch‹en› Sect‹en› Anhengig, in Sanct Egidien Pfarr alhie, so inn die Probstei herdt [fol. 107r] vnnd in Churf‹urstlicher› Pfaltz Erb Castenvogtei ges gehörig, gesetzt, welch‹er› ime durch seine p‹re›digt‹en› nicht allein von Chammergerichts Angehorig‹en› Personen, als Practicanten vnnd and‹er›n, sund‹er› auch etlich‹en› vnsern Burg‹er›n vnnd Zugethanen einen zimlich‹en› Anhang gemacht, Das sich viel mals vnd‹er› den Burg‹er›n vff den Zunfften in Burg‹er›lich‹en› Zusammen kunfften, zwusch‹en› baid‹en› Part‹en› geferliche gezenck von der Religion, vnnd des hern hochwirdig‹en› Abentmal erhab‹en›, sünd‹er›lich aber sich etliche der Caluinisch‹en› Secten, gotslesterlich‹er› erg‹er›licher reden, von des hern Nachtmal leichtfertiglich verlaut‹en› lassen, daraus dann entlich schlegereien vnd verpitterung der Burg‹er› gemuter geg‹en› einand‹er› erfolgt, Also d‹as› wir nit vnzeitig bewegt word‹en›, dieselb‹en› nit allein zu geburlich‹er› straff anzuhalt‹en›, sünd‹er› auch all‹en› vns‹er›n Burg‹er›n in gemein solch‹en› disputirens, daraus and‹er›st nichtzit dann zanck, wid‹er›- [fol. 107v] will‹en› mißtrawen, vnnd dahero besorgend‹er› vnrhat vnnd weitterung zu befaren, sich gegeneinand‹er› zuenthalt‹en› ernstlich zuuerpiet‹en›, Darbei es ab‹er› nicht verplieb‹en›, sünder es seint noch vber diß nit allein allerhanndt boß verdechtliche vnnd vffrurische Red‹en› vnd‹er› dem gemeinen Pofel von der Caluinist‹en› beschwerlich‹en› furhab‹en› erscholl‹en›, sünd‹er› auch vnd‹er› verborgenem Namen zwen Brieff in vnserer Burg‹er›meister heus‹er› bei nacht heimlich eingeworff‹en›, vnnd darinn warnungs weiß angezeigt word‹en›, das sich die Caluinist‹en› zusammen verbunden, die Statt zuuerrhat‹en› vnnd Anzugreiff‹en›, vnnd das diß das warzeich‹en› sein solt, d‹as› drei wurff bei nacht nacheinand‹er› in die fenster vnser des rhats stub‹en›, darauff wir in furfallend‹en› geschefften auss‹er›thalb pfleglich‹en› Rhatsesses, zu gewonlich‹en› stund‹en› zusammen khommen, bescheh‹en› solt‹en›, vnnd do [fol. 108r] es inen an verretterei mißling‹en› solte, d‹as› sie die sach‹en› mit Brandt vnnd feuer zuuersuch‹en› vnd‹er›steh‹en› wurden etc Wie dann darauff die verwarnte steinwurff nit allein nacheinand‹er› erfolgt, sünd‹er› auch bei nechtlicher weilen mit blosser wehren vnd‹er› etlich‹er› der vnsern haußthuren angehorigen haußthuren eingestoch‹en›, Auch einer aus vnserm des rhats mittel vnuersehens, als er bei Abents zeit‹en› heimgeh‹en› woll‹en› von einem
Edition der archivalischen Quellen
vnbekant‹en› mit bloss‹er› wehr thetlich angeloffen, vnd do er aus sund‹er›licher verhutung schickung des Almechtig‹en› sein gewarsame nicht so eilents erraicht, vngezweiffelt iemmerlich durchstoch‹en› word‹en› were, Vnnd ob wir wol dem gemeinen geschrei vnnd ausgeschollenen vngewiss‹en› red‹en›, Auch den vnbekant‹en› schrifftlich‹en› verwarnung‹en› kein sund‹er›lich‹en› glaub‹en› zustell‹en› konn‹en›, So haben wir sie dannoch vmb dero darauff volgend‹en› thet- [fol. 108v] lich‹en› handlung‹en›, der Steinwurffe vnnd feindtselig‹en› nechtlich‹en› Angriffswill‹en›, nit aller dings aus der Acht lassen soll‹en› noch mög‹en›, Sund‹er›, als wir vber all‹en› angewend‹en› muglich‹en› vleiß vnnd gepflogene Inq‹ui›sition vff keinen grundt d‹er› sach‹en› khommen, noch wer die vrtheter aller solch‹er› vnd‹er›standener vnrhwe247 , nichts ichtzit bestendigs in kundschafft einzieh‹en› bring‹en› konnen, nit allein vnserer Burg‹er›schafft, sünd‹er› viel mehr des hochloblich‹en› Collegii E. Kay‹serlicher› M‹aieste›t Chammergerichts, dem von E Kay‹serlicher› M‹aieste›t vnnd des heilg‹en› Reichs weg‹en› wir schutz vnnd schirm, soviel vnns muglich, billich laist‹en› soll‹en› vnnd muss‹en›, vnnd and‹er›n ingesessenen geistlich‹en› vnd weltlich‹en› zum best‹en›, mit sterckung der Statt wacht‹en›, solche versehung gethan, das dannoch dem Almechtig‹en› zu lob vnnd ehr geschrieb‹en›, weitterung vnnd besorgte gefar vermitt‹en› plieb‹en›, Gleichwol in mittelst nicht vnd‹er›lassen, diß gemeiner Burg‹er›schafft mißtrawen zusammen vnd alles d‹as› ienig so sich bißher darauff thetlichs zugetrag‹en›, vermutlich‹en› [fol. 109r] allein aus d‹er› Caluinisch‹en› Sect vnnd dero anhengern dargerurt, alsbalt einen von den vns‹er›n zu dem durchleuchtigst‹en› hochgebornen vnserm gnedigst‹en› Churf‹ursten› vnnd hern Pfaltzgraue Ludwig‹en› etc abzuordnen, vnnd mit ire Churf‹urstlichen› g‹naden› mit weitterunglaufftig‹er› erzelung zugetragener geschicht‹en›, vnnd furstehend‹er› besorgend‹er› gefhar, vnd‹er›thenigst zu pitten, berurt‹en› pfarherr zu S Egidien gnedigst abzuschaffen, als dann ire Churf‹urstlichen› g‹naden› vnuerzuglich aus Christlich‹em› eiferig‹em› gemut, zuuerhutung weitterung vnnd vnrhu vnnd pflantzung mehrer fridens vnnd Ainigkeit, den 8t‹en› diß monats vielberurt‹en› pfarher durch dero Abgesande Ansehenliche Rhat gnedigst abschaffen lass‹en›, Darbei es auch bißanhero bewend‹en› vnnd soviel wir spuren darauff aller vnwill vnnd zerruttung gemeiner Burg‹er›schaft vnd die daher besorgte gefhar eingestand‹en›, Als wir dann [fol. 109v] zu Gott verhoffen, do es bei dies‹er› des Egidianisch‹en› Caluinisch‹en› pfarhers Abschaffung verpleib‹en› vnnd nicht ein and‹er›er dies‹er› sect‹en› dahin verordnet werd‹en› solte, Es werde sich d‹as› mißtrawen d‹er› Burg‹er› von baid‹en› Part‹en› aufflos‹en› vnnd alle ding zu gut‹em› fridsamen wesen, vnnd gewunschter geruwig‹er› wolfart aller ingesessenen bei vnns vngeschzweifelt schicken, Als wir
247 vnrhwe = Unruhe.
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dann, zu erhaltung guter rhw248 vnnd fridtsamen wesens alles vnsers eusserst‹en› vermog‹en›s sorgsamlich bearbeitet sein woll‹en›. Diß wolt‹en› E Kay‹serlichen› M‹aieste›t (dero wir zu der erlangt‹en› Kay‹serlichen› hochwird‹en›heit von Gott dem Almechtig‹en› gnadt vnnd Beistandt, Auch gluck vnnd heil, d‹as› sie gott zu lob vnnd ehr, zu dero seel‹en› heil, vnnd dann gemeiner Christenheit, beuorab dem heilg‹en› Reich Teutsch‹er› Nation zu vffnemung, nutz, vnd wolfart mit gesundtheit, langwirig, vnnd in gut‹em› fried‹en› regiren mog‹en›) wir in aller vnd‹er›thenigkeit [fol. 110r] nit berg‹en›, Aller vnd‹er›thenigst pittende vnser aller gnedigster herr vnnd Kaiser zu sein vnnd zu pleib‹en›. D‹as› woll‹en› vmb E. Kay‹serlicher› M‹aieste›t wir als dero gehorsambste vnd‹er›thanen mit hochster Begirde vns‹er›s geringfugig‹en› doch eusserst‹en› vermogens zuuerdienen nimmer vergess‹en›, derselb‹en› vnns hiemit aller vnd‹er›thenigst zu gnad‹en› schutz vnnd schirm bevelhende Dat‹um› den 19t‹en› feb: Ao etc 77.
Nr. 75 1577 Februar 21, Speyer Soldan von Wirsberg und Bernolff von Gemmingen berichten Kurfürst Ludwig [VI. von der Pfalz] über den aktuellen Stand zu den angeblichen Unruhen in Speyer. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 111r–112v. [fol. 111r] Durchleuchtigister hochgeborner Churfurst, E. Churf‹urstlichen› g‹naden› seien vnser vnderthenigst gehorsame vnnd schuldige dinst hochster vleiß zuuor, Gnedigister Herr, Was E. Churf‹urstlichen› g‹naden› an vns vnderm Dato den 15.t‹en› huius gnedigist gelangen laßen, haben wir auß derselben schreiben, so vns den 19.t‹en› eiusdem alhie eingeantwortt, Vnnd anfenglichen, das E. Churf‹urstlichen› g‹naden› es bei Abschaffung deß gewesenen Predigers zu S. Egidien alhie Georgii Infantii (welcher mit seinem heußlichen wesen die Kirchen vnnd Pfarhoff albereit gantz vnnd zumal geraumbt vnnd von dannen abgetzogen, wie dann wir daruff also balden die schlussell zu berurter Kirchen zu vnsern handen angenohmen, vnnd die haußschlussell E. Churf‹urstlichen› g‹naden› Kellner im Eussenstaller Hof alhie, zu erbawung vnnd handhabung der zu gedachtem Pfarhoff gehorigen wein: vnnd anderer gärtten, biß vff wider Abfordern zugesteltt) nachmaln durchauß bewenden laßen, mit mehrerm vnderthenigist vernohmen. Das aber, wie wir vom Herrn Bischoffen vnnd CammerRichtern zu Speier, vnnd E. Churf‹urstlichen› g‹naden› daruff hiebeuorn von vns bericht, die vrsachen
248 rhw = Ruhe.
Edition der archivalischen Quellen
vorgeloffener vnruh, nit allein von gedachtem Infantio, Sondern auch von eines Raths dißer ort vnordenlicher Policey, vngebreuchigen newerungen vnnd exactionib‹us› vnder irer burgerschafft, deßgleichen zum theil von iren Statt Predigern etc her ruren sollen, Haben wir gleichwol gedachten deß Raths solches alles, insonderheit aber, das sie diße ding etwas zu mildt, vnnd ohn vorgangene gnugsame erkhundigung an Ewer Churf‹urstlichen› g‹naden› gebracht, mit allen vmbstenden, hiebeuor der notturfft nach zimblicher maßen beschwerdt, darbeineb‹en› auch ermanet, Sie iren Predigern, nachmaln, weiln Infantius nunmehr hinweg, von dergleichen onbescheidenheit, dardurch keine erbauung inn der Christlichen Kirchen, Sondern allein verbitterung vnnd vnruh er- [fol. 111v] volge, gentzlichen abtzustehen, mit ernst einbinden woltten etc der zuuersicht, Sie werden sich hinfuro, inmassen wir dann seither inn besuchung irer Predigten auch anders nicht befunden noch gespueret, alles friedlichen wesens, vnnd Christlichen bescheidenlichen lehrens vff der Cantzeln gebrauchen. Das auch E. Churf‹urstlichen› g‹naden› den Predigtstul zu S. Egidien alhie widerumb furderlichst mit einer tuglichen Person zubesetzen bedacht, Achten wir nachmaln, inmassen von vns auch hiebeuor fur gut angesehen (Ob gleichwol wir noch zur zeitt, so E. Churf‹urstlichen› g‹naden› dits orts irgents zu einigem præiuditio, noch bei dem gemeinen Pöfel zu besorglicher gefärlichkeit gereichen konde, nichts spueren mogen) andere weittleufftigkeit zuuerhueten, nit fur vnrathsamb etc Wollen derwegen vff E. Churf‹urstlichen› g‹naden› vns deßwegen vfferlegten beuelch (onangesehen deroselben geliebter freundlicher herr Bruder vnnd Statthalter Hertzog Iohann Casimir Pfaltzgraff etc vnser gnediger Furst vnnd herr, weiln Seine F‹urstlichen› g‹naden› bei E. Churf‹urstlichen› g‹naden› vmb Restitution offternants Infantii angesucht, mit anderwerts bestellung angeregter Pfarr, biß zu E. Churf‹urstlichen› g‹naden› fernern erclerung intzuhalten, an vns gnedig begert, wie solches E. Churf‹urstlichen› g‹naden› aus hochernants dero geliebten Bruders an vns gethonem :auch vnserm daruff eruolgten widerantworttlichem schreiben der lengde249 nach zuuernehmen) dahe vns von derselben verordenten Predigern zu Heidelberg, oder Simmerischen Superintendenten ein tugliche Person præsentirt wurdet, neben starcker inbindung, sich durch auß in Administration der hochwirdig‹en› Sacramenten vnd andern Kirchen dinsten, weilant Pfaltzgraffen Ottheinrichs Churfurstens etc Kirchen Ordnung gemeß vnnd gleichformig zuuerhalten, Auch anderer vnbescheidenheit, vnnd was sonsten zu vnruh vnnd verbitterung vrsach vnnd anlaß geben mögte, [fol. 112r] gentzlich zuentmassen, demselben offtberurte Kirchen, inmaßen sie der vorige Prediger wegen Churf‹urstlicher› Pfaltz ingehabt, Neben gepurlicher Anordnung, damit er daselbst verhoffentlich onturbirt vnnd onbeschwerdt sein vnd pleiben moge, intzuraumen vnd eintzusetzen nit vnderlaßen,
249 lengde = Länge.
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Vonn den Key‹serlichen› Commissarien, so albereit vffm weg sein sollen, wollen die deß Raths zu Speier, noch das sie einige Commission dißer oder ander sachen halb bei der Kei‹serlichen› M‹aieste›t gesucht, keine wißenschafft haben, haben auch hieruon, Ausserhalb was vns hochgedachter herr Bischoff zu Speier deßwegen, welches E. Churf‹urstlichen› g‹naden› wir iungsthin zugeschrieben, bericht, sonsten nichts inn erfarung pringen mogen. Seien derwegen nit gemeint vff ermelter Commissarien alherokhunfft alhie ferner zuuerharren, Sondern nach vorrichtung anbeuohlener sachen, vff vnsern weg zum ehisten widerumb hinauffwerts zunehmen, wie wir dann nichts liebers sehen wolten, dann das zu vermeidung dißes vast vnzeittigen vncostens imandt zu besetzung offtangerurter Pfarr zu ehister muglicheit alhero verordnet werde, wie wir dann alßbalden vmb mehrer befurderung willen, bei E. Churf‹urstlichen› g‹naden› verordenten Predigern zu Heidelberg derselben vns zugeordenten Cantzleischreibern, sich aller gelegenheit zuerkhundigen daselbsthin ghen Heidelberg abgeferttiget, der zuuersicht sie werd‹en› an irem muglichen vleiß nichts mangeln laßen. Welches E. Churf‹urstlichen› g‹naden› deren wir vns vnderthenigist zu gnad‹en› beuehlen thun, vnderthenigist nit verhalten sollen, Datum Speier den 21.t‹en› Februarii Ao etc 77. E. Churf‹urstlichen› g‹naden› vntterthenigiste Soldan von Wirsperg Bernolff von Geming‹en› [fol. 112v] Adressat: Dem durchleuchtigsten hochgebornen Fursten vnd herrn herrn Ludwig‹en› pfaltzgraf‹en› bey Rhein, des heiligen Ro‹mischen› Reichs Ertzdrucksess‹en› vnd Churf‹ursten› auch Hertzog‹en› in Baiern etc vnsern g‹nedig›st‹en› Churf‹ursten› vnd herrn Zu irer Churf‹urstlichen› g‹naden› hand‹en› Notiz einer anderen Hand: Soldan von wirßberg vberschikt was hertzog Iohann Casimir An ine geschrib‹en› in negocio Spirensium
Nr. 76 1577 Februar 21 Reinhard Schott schreibt an Soldan von Wirsberg die Besetzung der Pfarrstelle von St. Ägidien in Speyer betreffend. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 113r–114v.
Edition der archivalischen Quellen
[fol. 113r] Edler Ernuester, E. E. seien mein gantz willige dinst ider zeitt zuuor großgunstiger iungkher, E. E. soll ich dinstlich nit verhalten, Wie das ich gesterigs Tags also bald‹en› zu meiner alhero khunfft, mich zu dem Probst zu von Stutgarten M‹a›g‹ist›ro Balthasarn Bidenbach itzigem verordentem Stattpredigern alhie, zu erkhundigung der bewusten sachen halb, verfugt. Welcher dann mich bericht, das ime gleichmessiger beuelch, imandt zur Predicatur ghen Speier alßbalden zuuerordnen, oder inn mangel den Superintendenten zu Symmern, neben meines gnedigen Fursten vnnd herrn hertzog Reicharts Pfaltzgraffen etc {Schreib‹en›} vmb ein tugliche Person, wie dann Seine F‹urstlichen› g‹naden› deren zwo albereit nominirt, hierunder zuersuchen, zukhommen, hatt daruff ermelter herr M‹a›g‹iste›r Bidenbach also balden vorgesterigs Tages einen eignen Botten dißer sachen halb zu gedachtem Superintendenten naher Symmern geschickt, weiln aber ime onbewust gewesen, das E. E. noch zur zeitt derwegen verharren, so hatt er auch nit, das solche erforderte Person also balden, sondern zu furderlichster gelegenheit instellen soll, gemeldet, Derwegen vnnd damit die sach‹en›, wie zu besorgen geweßen, nit inn die lengde250 vffgeschoben sondern befurdert werden, Als hab ich fur rathsamb vnd eine notturfft geacht, vielernenten M‹a›g‹ist›r‹u›m Bidenbach, ermelten Superintendenten solches alles nachmaln mit allen vmbstenden vnnd vermeldung E. E. beschwerlichen still ligens vnnd anderer vngelegenheitten zuuerstendigen zubemuhen, Wie ich dann deßwegen an heut frue ein eignen gewißen Silberbotten von hinnen naher Symmern ablauffen lassen, Weiln aber offternanter M. Bidenbach, inn angeregtem seinem vorigen schreiben, das der erfordert Pfarherr seinen weg zuuorderst alhero naher Heidelberg zu nehmen solle, gemeldet, So wirdt sich doch derselbig vff beschehenen andern bericht der gelegenheit bei ehister muglicheit zum negsten bei E. E. damit er gepurlicher weiß von derselben præsentirt vnnd in possessionem berurter Pfarr zu S. Egidien immittirt werde, einstellen, wie ich dann dem Botten sich vffm weg nichts zusaumen mit ernst durch den Bottenmeister inbind‹en› lassenn. [fol. 113v] Welches E. E. deren ich mich dinstlich beuelen thue, nit verhalten sollen, Dieselbige inn gottlichen schutz beuehlendt, Datum den 21.t‹en› Februarii Ao etc 77 E. E. dinstwilliger Reinhartt Schott Auch großgunstiger Iungkh‹e›r Ob woln ich gewilt gewesen meinen weg an heut widerumb naher Speyr zunehmen so werde ich doch wegen anderer geschefft, so ich bei meinem gnedig‹en› Fursten vnnd herrn Landtgraff Philipßen251 zuuerichten, darann verhindert, Pitt gantz dinstlich mich hierin entschuldigt zuhalten etc.
250 lengde = Länge. 251 Landgraf Philipp II. von Hessen-Rheinfels (reg. 1567–1583).
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[fol. 114r] [fol. 114v] Adressat: Dem Edlen vnnd Ernuesten Soldan vonn Wirsperg Churfurstlicher Pfaltz Landtrichter vnnd Pflegern zu Aurbach etc Azeinem großgunstigen Iungkhern zuhand‹en› Itzo zu Speir im Eussenstaller hof zuerfrag‹en›
Nr. 77 1577 Februar 26, Heidelberg Pfalzgraf Johann Casimir bittet Soldan von Wirsberg und Bernolff von Gemmingen um Auskunft über etwaige Neuigkeiten zu den Speyerer Unruhen und möchte wissen, ob sie die jüngst im Beisein des entlassenen Pfarrers Infantius miteinander verhandelten Dinge inzwischen wie von ihm erbeten dem Kurfürsten mitgeteilt hätten und ob darauf noch keine Antwort erfolgt sei. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 115r–115v (Abschrift). [fol. 115r]
Iohann Casimir Pfaltzgraff etc
Liebe Besondere, Als ir euch iungsten inn ewer beantworttung gegen vns gutwillig erpotten, was Euch inn zeitt ewers zu Speier Pleibens, von der angegebenen bewusten Speirisch‹en› rumorhandlunge, daran vns gelegen, furkhommen wurde, vns das vnderthenig wißlich zumachen, Auch inn irem Abreisen sich alhie bei vns antzuzeig‹en›, So seindt wir solches ewers erpietens nachmals gewertig, wie wir auch hiemit gnedig gesinnen, da ir bereits ichts hieruon inn erfarung gebracht, so vns zuwissen notig sein möge, sampt ob ir die ding was wir iungsten inn ewerm beisein mit dem abgeschafften Infantio gehandelt, vnnd euch deßweg‹en› gepetten, an vnsern freundlichen lieben herrn Brudern vnnd Geuattern Pfaltzgraff Ludwigen Churfursten etc gelanget habet oder nicht, vnnd ob daruff biß noch kein Antwortt eruolget seie etc vns dessen bei brieffszeigern inn vertrawen zuuerstendigen, Seien wir inn gnaden zuerkhennen geneigt, Datum Heidelberg den 26.t‹en› Februarii Ao etc 77. ICasimir Pfaltzgraff An Soldan von Wirsperg vnnd Bernolff‹en› von Gemming‹en›
Edition der archivalischen Quellen
[fol. 115v] Notiz des Abschreibers: Copia Hertzog Iohann Casimirs andern schreibens darin sfg‹naden› begeren dieselbige weß wir weg‹en› deß Speirisch‹en› rumors weitter inn erfarung pracht, ir nachmaln zubericht‹en› P‹re›sent‹atum› Speier den 27.t‹en› Februarii durch Theobald‹en› Wentz Registratorn vnd Lehen Probsten zu Heidelberg.
Nr. 78 1577 Februar 27, Speyer Soldan von Wirsberg und Bernolff von Gemmingen versichern Pfalzgraf Johann Casimir auf seine Nachfrage, ob sie hinsichtlich der Speyerer Unruhen etwas Neues in Erfahrung gebracht haben die unverzügliche Benachrichtigung, sobald das der Fall sein sollte. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 116r (Abschrift). [fol. 116r] Gnediger Furst vnnd herr, E F‹urstlichen› g‹naden› schreiben, Ob vns weiter etwas der Speierschen beschwerdt handlung weg‹en› furkhommen, dieselben ein solches vnserm erpieten nach zuuerstendigen, haben wir bede vnderthenig entpfang‹en› vnnd inhalts gelesen, Vnnd sollen E. F‹urstlichen› g‹naden› es gewiß darfur achten, halten vnd glauben, dahe ichtwes E F‹urstlichen› g‹naden› zuwissen vonnoten an vns gelangt, inn deme wir keinen vleiß sparen, das wirs nit allein vnserm erpieten, Sondern auch anderer schuldiger gepuer nach E. F‹urstlichen› g‹naden› so tags so nachts wißlich machen wolten, Seindt auch noch der meinung vns bei E. F‹urstlichen› g‹naden› vor vnserm Abreisen, wie wir stundlich hoffen, dieweil nunmehr der Predigt stul zu S. Egidien widerumb bestelt, antzuzeigen, Vnnd haben E F‹urstlichen› g‹naden› solches neben vndertheniger beuehlung gehorsamblich inn Antwortt nit sollen verhalten, Datum Speier den 27.t‹en› Februarii Ao etc 77. Soldan von Wirsperg Bernolff vo‹n› Gemming‹en› An herrn Iohann Casimirn Pfaltzgraffen
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Nr. 79 1577 Februar 27 Georg Infantius, Pfarrer zu St. Gilgen in Speyer, quittert Jacob Klaffschenckel, Schaffner zu Hördt, die Zahlung von 50 Gulden 26 Batzen als Singlohn für die Knaben, die dieser ihm noch für das Quartal Bartholomäus bis Lucia [15]76 geschuldet hatte. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 117r–117v (Abschrift). [fol. 117r] Ich Georgi‹us› Infantius diener deß wortts gottes zu Speier bei S. Gilgen, bekhenne mit dißer meiner eignen handt schrifft, das der Ernhafft herr Jacob Klaffschenckel Schaffnerei beuelhaber zu Herdt, mir gutlich gereicht vnnd gelifert hat, It‹em› 50 f. It‹em› 26 b‹atzen› den Knaben zu Singlohn, welches geldt er mir schuldig plieb‹en› an meiner gepuerenden Competentz, von dem Quartal Bartholomei252 Ao etc 76. biß vff Luciæ253 gemelts iars, Sage deroweg‹en› obgemelt‹em› h‹er›rn Jacob Klaffschenckeln von diß‹em› iar quartal souil d‹as› gelt belangt ledig quit vnnd wol betzalt, deß‹en› zu mehrer versicherung hab ich mein eigen Petschir hiund‹en› an getruckt, Datum Ao D‹omi›ni 77. den 27 febr‹uar›ii. [fol. 117v] Notiz: Copia Des gewesenen Predigers zu S. Gilg‹en› zu Speir weg‹en› seines letzt‹en› quartals entpfangenen iars besoldung, vbergebenen quittung.
Nr. 80 1577 Februar 28, Speyer Die abgeordneten kurpfälzischen Räte und Gesandten Soldan von Wirsberg, Landrichter zu Walldürn und Pfleger zu Auerbach, und Bernolff von Gemmingen bekennen, dass Jacob Klaffschenckel, Schaffner und Gegenschreiber zu Hördt, auf ihren Befehl hin dem neu angenommenen Prediger zu St. Ägidien, Magister Amandus Beuerer, fünf Gulden gezahlt hat. Außerdem erteilen sie dem Schaffner einige weitere Anordnungen. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 118r (Abschrift).
252 24. August. 253 13. Dezember.
Edition der archivalischen Quellen
[fol. 118r] Wir der Churfurstlichen Pfaltz Abgeordente Räthe vnnd gesanden Soldan von Wirsperg landr vff Walthurn Landrichter vnd Pfleger zu Aurbach254 vnd Bernolff von Gemmingen etc bekhennen hiemit, das vff vnser geheiß beuelen {Iacob Klaffschenck‹el›}, itziger Schaffnerei beuelhaber vnd Gegenschreiber zu Herdt dem von newem angenohmenen Predigern zu S. Egidien alhie her M‹a›g‹ist›ro Amando Beuerer an heut dato biß vff fernere Rechnung erlegt vnnd gelifert hat 5 f. an geldt, ime auch inn Namen hochstgedachter Churf‹urstlicher› Pfaltz vfferlegt hab‹en› ermeltem Pfarherrn nachmaln vff sein ansuchen alle gepurliche notturfft vnweigerlich‹en› zuuerreichen deßgleichen was am Pfarrhof vnd dem gartt‹en› zuuerbessern vnd zuerbawen, anordnung vnnd versehung zu thun zu laßen vff vnnd inn seine Rechnung zu pring‹en›. Deßen zu vrkhundt haben wir vnsere Petschafft‹en› hierund‹er› furgetruckt, Actum & dat‹um› Speier den letzt‹en› februarii Ao etc 77.
Nr. 81 1577 März 2 Memorial, wie sich der neu eingesetzte Pfarrer Amandus Beuerer an der Speyerer Kirche St. Ägidien bis auf weiteres zu verhalten hat. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 119r–119v. [fol. 119r] Memorial, wess sich der itzt eingesetzt Magister Amandus Beuerer Pfarher zu S. Egidien inn Speier, biß vff fernern bescheidt hab zu verhalttenn. Nemblichen vnnd furs Erste, Soll er sich inn dem hof zu S. Egidien wesentlich halten, Seinen studiis {vnd p‹re›dig Ampt in d‹er› woch‹en› 2 mall als am Mitwoch vnd sotag 255 } vleissig abwartten, vnnd dem hof, auch der kirchen inn allem nichts entziehen lassen. Die Cost aber soll er biß zu weitterer Resolution inn dem Eusserstaler hof, wie ime die bestelt, nehmen, Also das er Morgents vmb 10. vnnd dann Abends vmb 5. vhr, gewiß seine Cost malzeit haben moge, den wein aber, ist ime verordnet, soll er allwegen aus seinem Keller selbsten mit zu Tisch tragen. Am andern, Soll er die Kirchen vnnd Predigstul nach weilandt deß durchleuchtigsten hochgebornen Fursten vnnd herrn herrn hertzog Ottheinrichs hochstseliger gedechtnus Kirchen Ordnung, mit Administration der hochwirdigen Sacrament, vnnd inn andere
254 Auerbach in der Oberpfalz. 255 vnd p‹re›dig Ampt in d‹er› woch‹en› 2 mall als am Mitwoch vnd sotag Ergänzung einer anderen Hand.
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Christliche notwendige weg, treulich vnnd vleissig versorgen, vnnd furnemblich sich im Predigen vnd seinem Ampt, durchauß bescheidenlich vernunfftig ertzeig‹en›, vnnd sich gentzlich allerhandt contemnation, lesterung, vnd neidhessiger disputation vff dem Predigstul vnd sonsten enthalten. Inmassen der Speyrische Rath bei iren Predicanten gleichfals abtzuwenden gnugsam erinnert word‹en›. Damit auch vnsers gnedigisten herrn deß Churfursten der enden habende Reputation, gerechtigkeit vnnd herkhommen ohne einig præiudicium erhalten. So soll er sich im geringsten der Stadt Speier oder iren Predicanten nit dinstbar machen, noch im wenigisten subiiciren, Sondern stracks dahin stehen, vff das nicht in p‹ræ›iudicium einschleiche, dardurch denen von Speyer zu irem vortheil etwas mochte eingeraumbt werd‹en›. [fol. 119v] Belangendt den hultzenen256 Altar so Infantius hinauß gerissen, der newlich noch furhanden gewesen sein soll, vnnd dann das leuten mit der einen glocken, ist von wegen vieler Leuth ergerlich‹en› reden fur gut angesehen, das es zum Anfang bei dem Tisch so itzt inn der Kirchen, daruff das hochwirdig Abendmal zureichen, auch dem Leuthen der einen glocken vff fernern bescheidt bewende. Vnnd inn Summa sich inn allen dingen der gelegenheit nach zurichten, vnnd gepurliche bescheidenheit zugebrauchen, damit desto eher durch gottliche verleihung vermittelst des heilig‹en› Geistes die Leuthe zu der rechten bahn wider mögten getzogen vnd gebracht werden. Wo ime aber hieruber ichtwas widerwerttiges wolte begegnen, deß mann sich doch nicht zuuersehen. So soll vielgedachter Pfarherr solches nach allen vmbstenden vspurlich an den durchleuchtigisten hochgebornen Fursten vnnd herrn herrn Ludwigen Pfaltzgraffen bei Rhein vnsern gnedigisten herrn den Churfursten, wo ire Churf‹urstlichen› g‹naden› der zeitt ir hoflager haben werden, eilendt vff der Post zu eigen handen gelang‹en› lassen, Inmittelst aber soll er sich mit gepurlicher bescheidenheit, souil moglich, handthaben, vnnd sich keins wegs de facto inn seinem Ampt vnnd Pfarhoff perturbiren lassen, Zu bestettigung ist diß kurtz Memorial mit vnser Soldans von Wirsperg vnnd Bernolffs von Gemmingen, als verordneten, angepornen Pettschafften betzeichnet, Geben den zweiten Martii Anno Christi 1577.
256 hultzenen = hölzernen.
Edition der archivalischen Quellen
Nr. 82 1577 März 4, Amberg Kurfürst Ludwig [VI. von der Pfalz] befiehlt seinen Gesandten Soldan von Wirsberg und Bernolff von Gemmingen, nach Heidelberg zurückzukehren und ebenda Erkundigungen über ihm von Johann Casimir geschickte Suppliken der Stadt Heidelberg einzuholen. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 121r–121v (Konzept). [fol. 121r] Ludwig P. Churfurst Liebenn Getreuen wir haben euer iungstes den 21 Februarii ann vnnß gethaneß widerantwortlich schreib‹en› endpfang‹en› vnnd vß denselben vnnd den mit vberschikten beilag‹en› der Notturfft nach vernommen, Was der hochgeborne furst vnnser fr lieber Brud‹er› geuatt‹er› vnnd Statthalter hertzog Iohann Casimir Pfaltzgraff wegenn des zu Speir abgeschafftenn Predig‹er›s Georgii Infantii, restitution an Euch schrifftlichen begertt. Vnnd ir S. L. daruff geantwort. Sintemal wir dan nicht vß vilenn bedenklich‹en› vrsach‹en› nit gemeint ermeltenn Infantium der enden zugedulden {wider ein khommen zulass‹en›}. Wir Inmassenn wir dan vß bestimbtenn Euern schreib‹en› vernemen, das er den Pfarhoff mit seinem heuslich‹en› wesen albereit ge geraumbt vnnd abgezog‹en› So lassenn wir es bei vnnserm iunngsten Euch den .15. obbemeltts Monats zugefertigtenn beuelch allerdings bewenden. Vnnd weiln vnnß nicht zweiffelt Euch werde {entwed‹er›} von vnsern Predicanten zu Heydelberg, oder dem Simmerisch‹en› Superintendenten ein kirchendiener zu geordnet sein, dene ir an bemeltts Infantii statt, zu S. Egidi habe zugebrauchen vnnd {mit notwenndigem beuelch vnnd vnnd‹er›richtt} vff zugestellett, So ist hirmit vnnser beuelch ir wollet euch alß baldenn widerumb vff den weg machen, Auch Euch daniden zu vermeidunng verhutung vergeblich‹en› vncostenns willenn weitters nicht vffhalttenn damit ir vnnß zu Euerer ankhunfft {vnnd vor vnserm abreisen Euerer verrichtung halb‹en›} gburende relation thun, vnnß auch geg‹en› obgedachten vnsern .f. liben bruder in ob berurtter hanndlung vertro weg‹en› vnserer beschehenen vertrostung nach hab‹en› zuer erkleren mög‹en›. [fol. 121v] Nach dem vnnß auch kurtz verrukter tag‹en› ermeltter vnser freundlich‹er› liber Bruder vnnd Statthaltter {etzliche Supplicationes zugeschikt in welch‹en›} Burg‹er›meister Rath, vnnd Gemeind vnnd etzlich‹er› Zunfft {vnnser Statt Heydelberg} Supplicationes in welchenn sie gebettenn inen etzliche kirch‹en› ein zu rau damit sie ir exercitium religionis in derselb‹en› vb‹en› mög‹en› zuuergunstigenn vnnd also beide religion vnuerrükt beisammen zu biß zu khunfftiger vergleichunng zugeduldenn, welches suchen wir nit ohne sonnderbares befrembden vernommen. Wan vnnß dann diese ding ein seltzames ansehen hab‹en› vnnd vnnd‹er› vnser Burg‹er›schafft allerhannd conspiration verbindung vnnd weitterung zubeso
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zubesorg‹en› deßweg‹en› vnnd vnnsere iehe Notturfft erfordert hirunnd‹er› gburendt einsehens zuhabenn. Also ist an euch vnnser beuelch, do ir euern weg vff Heydelberg zunemen werdet, ir wollet euch in meglichster geheimbt mit vleiß erkhundigen Wie es mit solhen Supplicationen geschaff‹en›, wer solhe Anfenglichen begriffenn vnnd anlei anleittunng darzu gegeb‹en› vnnd durch wem vnnd welcher gestaltt solche verursacht vnnd getriben vnnd also ermeltte vnnsere Vnnd‹er›thanen anreitzett. Dann vnnd vnnß von solchen allen vmbstenden nach, vff eingenomene erkhunndigunng, gburend‹en› bericht vnnd anzeige thun Inn dem verrichtet ir vnsernn gnedig‹en› will‹en›, vnnd Meinung Dat‹um› Amberg den .4. Martii A etc 77. An Soldan von Wirßberg vnnd Gemming‹er›n
Nr. 83 1577 zwischen März 15 und März 2 Soldan von Wirsberg und Bernolff von Gemmingen erstatten Kurfürst Ludwig [VI. von der Pfalz] den gewünschten Bericht über die Speyerer Angelegenheiten. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 123r–128v. [fol. 123r] Durchleuchtigister Hochgeborner gnedigister Churfurst vnnd Herr, Als vff vnderthenigist Ansuchen Burgermeister vnnd Rath der Statt Speier, wegen Abschaffung Georgii Infantii gewesenen vnnd vnder E. Churf‹urstlichen› g‹naden› Collatur gehörigen Predigers zu S. Egidien inn Speier, welcher durch seine Lehr vnnd Predigten zu etzlichen heimblichen vnnd gefehrlichen conspirationibus vnnd Meutereien vnder der Burgerschafft daselbsten vrsach geben haben solt, vnns mit beuelch, Crafft deßwegen zugestelten Memorials, gnedigist abgeferttigt, haben wir nicht vnderlassen, vnsern weg inn moglicher eill onsaumblichen naher Speier zunehmen, Vnnd ehe wir Montags den 4t‹en› Februarii daselbsthin einkhommen, haben wir vns zuuor beim Burgermeister durch vnsern zugeordneten E. Churf‹urstlichen› g‹naden› Cantzleyschreiber, vmb einen vnuerdechtigen wirth, bei deme wir sicher vnnd vnuermerckter dinge beherbergen mochten, neben anderm inn geheim erkhundigen lassen, Ist vns also noch selbigen Abends E. Churf‹urstlichen› g‹naden› schreiben, das wir die sachen mit gedachter Burgermeister vnnd Rath vorwissen furnehmen vnnd berathschlagen solten, eingeantwortt worden, Daruff wir volgenden dinstags zu frue bede Burgermeister zu vns inn die herberg erfordern lassen, denselben vnsern vfferlegten E. Churf‹urstlichen› g‹naden› beuelch etzlicher maß‹en› eröffnet, Mit begeren, vns, wie ermelter Infantius zu gelegener stell glimpfflich zupringen sein mögte, ir rathsambs bedencken mitzutheilen, Haben also Burgermeister wegen eines Raths sich gegen E.
Edition der archivalischen Quellen
Churf‹urstlichen› g‹naden› deren vff ir vnderthenigst Ansuchen ertzeigten [fol. 123v] gnedigisten willfarung vnderthenigist bedanckt, vnnd angetzeigt, das inen gleichwol nit gepueren wolte vns deßweg‹en› einige Ordnung oder maß zugeben, Zweiffelten aber nicht, Es wurde sich Infantius vff vnsern erfordern von sich selbsten einstellen, Daruff wir inen alsobalden erfordern lassen wollen, ist aber damaln nit inheimisch zufinden, Sondern wie er nachmaln selbst angetzeigt, zu Heidelberg gewesen, Als er nun widerumb ankhommen, haben wir inen nachuolgenden Mittwochs abermaln beschicken lassen, welcher sich alsobalden onweigerlich gehorsam vnnd willig bey vns eingestellet, Haben ime demnach die vrsachen darumben er erfordert, neben E. Churf‹urstlichen› g‹naden› ernstlichem beuelch, inhalt vnnd vermog vnsers Memorials angetzeigt, Auch fur vnsere Personen hochlich ermanet, demselben also zugeleben, Was nun offternanter Infantius zu dargebung seiner vnschuldt vnnd zu Ableinung der vorgehaltenen vfflagen dargegen eingewandt, deßen haben E. Churf‹urstlichen› g‹naden› inn vnserm ersten schreiben gnugsamen bericht ingenohmen, Vnangesehen aber dessen alles, haben wir ime nachmaln E. Churf‹urstlichen› g‹naden› vorgemelten beuelch, Nemblich sich deß Predigens hinfuro vnnd in continenti d‹er› ort gentzlich zuenthalten, das hauß vnnd Pfarrhoff innerhalb zweien tagen zuraumen, vnnd die kirchenschlussell alsobalden zu vbergeben, repetirt, wie dann beschehen, Deme er sich also ohne weittere gepettene Prorogation, gehorsame volg zuthun, gutwillig erpotten, iedoch darbeineben vermeldet, Es stehe ime noch ein erdient quartal an seiner iars besoldung auß, Ob ime dasselbig wurde geuolgt werden, Daruff wir ime geantwortt, Das ime hieran vnsers versehens nichts [fol. 124r] vorenthalten were, doch stehe es zuuor an E. Churf‹urstlichen› g‹naden› zupring‹en›, Findet sich also auß deß Schaffnerey Ampts Verwalters zu Herdt 257 antzeig, das ime noch ein fuder weins, 50 f. an geldt außm Closter Herdt, vnnd 6. Malter Korn außm Eusserstaller hoff zu Speier gefellig, Auch dem Meßner 6. f. außstendig seien, wie auß deß Schaffners abropirten Quittung‹en› vnnd andern antzeigen hierbei mit Litera .A. zuerseh‹en›. Stehet also bei E. Churf‹urstlichen› g‹naden› ob dieselbige ime sollichs vollig wollen volgen lassen, hatt also Infantius die Kirchen vnd Pfarhoff noch inn vnserm Anwesen zu Speier gantz vnnd zumal geraumbt, auch daselbsten sich nit weitter sehen lassen, wie dann wir alle schlussell dem itzigen verordenten Prediger zugestelt, Ob wol er Infantius nun sollich quartal nit vollig außgedient, doch nur an etzlichen tagen mangelt, So hielten wirs doch darfur auß allerhandt bedencken, das dem Schaffner zu herdt vnd Eusserstaller hoff zubeuehlen sein solt, inen beden solch‹en› ausstandt volgen zulassen Nach beschehener Abschaffung vielermelts Infantii haben wir vns den 7.t‹en› Februarii naher Heidelberg begeben, vnd alßbalden bei E. Churf‹urstlichen› g‹naden› geliebten Bruder vnd Statthalter hertzog Iohann Casimirn Pfaltzgraffen etc vnserm gnedigen Fursten vnnd herrn antzeigen vnnd vmb gnedige Audientz ansuchen lassen,
257 Hördt, Lkr. Germersheim, Rheinland-Pfalz.
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Was aber wir damals bei S. F‹urstlichen› g‹naden› anpracht, dieselbige sich auch hinwiderumb desselben vnnd volgenden tages gegen vns ercleret, daruon haben wir gleichfals inn obberurten beiden vnsern vndern Datis den 8. vnnd 10.t‹en› Februarii an E. Churf‹urstlichen› g‹naden› vnderschidlich gethonen schreiben, genugsamen vnnd ausfurlichen [fol. 124v] bericht gethon, dahin getzogen./ Sambstags den 8.t‹en› eiusdem, Als wir eben vnsere reise widerumb heruffwerts nehmen wollen, ist vns von E. Churf‹urstlichen› g‹naden› abermal ein schreiben vnnd beuelch, der Speirischen sachen, weiln ein Collegium deß key‹serlichen› Cammergerichts dieselbige hierunder gleichsfals ersucht, Auch deßwegen etzliche key‹serliche› Commissarien vffm weg sein solten, grundlichere vnnd mehrere erkhundigung einzupringen, zukhommen, haben derowegen vns abermals naher Speier begeben, dem herrn Bischoffen vnd CammerRichtern E. Churf‹urstlichen› g‹naden› schreiben præsentirt, darbeineben inn namen derselben mundlich gepetten, vns inn vertrawen zu communiciren, was Seinen F‹urstlichen› g‹naden› von dissen sachen bewust, Auch einem Rath was E. Churf‹urstlichen› g‹naden› vns gnedigist vfferlegt, furgehalten vnnd zimlicher massen beschwerdt, deßgleichen vns der key‹serlichen› Commission vnnd andershalb‹en› so ferrn wir geköndt vnnd inn vnserm vermogen gewesen erkhundiget, Auch daselbsten biß vff E. Churf‹urstlichen› g‹naden› fernern beuelch vnnd Abfordern verharret, Aber ausserhalb was E. Churf‹urstlichen› g‹naden› wir hieruon zuuor berichtet, nichts gewisses in erfarung pringen konnen Dinstags den 19.t‹en› Februarii ist vns gleichfals ein schreiben von E. Churf‹urstlichen› g‹naden› zukhommen, darinnen vermeldet, das dieselbige an deß gewesenen Infantii statt einen andern Prediger durch derselben verordente Prediger zu Heidelberg, oder den Symmerischen Superintendenten, zur Pfarr zu S. Egidien inn Speier verordnen lassen wolten etc. Ist vns derwegen vff gedachter E. Churf‹urstlichen› g‹naden› Stattprediger zu Heidelberg bei dem Symmerischen Superintendenten [fol. 125r] ansuchen negstuolgenden Dinstags den 26.t‹en› eiusdem ein gelerte Person Magister Amandus Beyerer genant bei vns zu Speier erschienen, Daruff wir einem Speyerischen Rath vermeldet, das E. Churf‹urstlichen› g‹naden› die Pfarr zu S. Egidien mit einem andern Pfarherrn, wie dann derselbige albereitt furhanden, wir habendem beuelch, vnnd hergebrachter befugung, vnnd berechtigung nach, zuuersehen, vnnd zubesetzen bedacht, Der Zuuersicht, ein Rath wurde nit allein die notwendige Anordnung thun, damit gedachter Pfarherr inn seinem wesen onturbirt pleiben moge, Sondern auch ire Burgerschafft von seinen Predigten nit abhalten, mit mehrerm etc. Die deß Raths liessen durch ire Abgeordente hinwiderumb zur Antwortt geben, das sie disse ding, an ire Obern zu pringen, zum bedacht ziehen wolten, Vnder dessen furen wir mit der Pfarr besetzung fortt, Sambstags den 2.t‹en› Martii prachten sie volgende Antwortt: Weiln offternenter angenohmener Pfarherr einem Rath mit gepurlicher weiß, wie sonsten allwegen zuuormals beschehen, {so auch den verloffenen
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handlung‹en› so von den haidelbergisch‹en› Kirchen Reth ergang‹en›, zuerfind‹en›}258 nit præsentirt, derselbige inen auch seiner Confession, wesen vnnd Lebens halben, nit bekanth, vnnd aber inen bewust, was aus deß zuuor gewesenen Predigers Infantii irrigen Lehr fur gefahr entstanden, Als wolten sie damit protestirt haben, dahe inen widerumb einer eingedrungen werden wolte, So inn Administration der hochwirdigen Sacramenten vnnd anderm seinem Lehren iren Predigern vnnd der Augspurgischen Confession nit gemeß, Sondern vielleicht abermals ein Caluinismus vnderschleichen wurde, [fol. 125v] das sie inn einsetzung ermelts Pfarrhern nicht bewilligten, Wurden auch E. Churf‹urstlichen› g‹naden› sie vngnedigist nicht verdenck‹en›, dahe sich hierunder vff den fall irer vnuermeidenlichen notturfft nach die gepuer suchen, Seye E. Churf‹urstlichen› g‹naden› Christlicher eyffer inen sonsten wol bewust, vnnd nit gesinnet derselben an dero habenden gerechtigkeit deß orts Collatur inn ichtwas intrag zuthun noch zu præiudiciren, Darbeneben vnnd schließlichen vnderthenigist gepotten, E. Churf‹urstlichen› g‹naden› wollen sie sampt einer gemeinen Statt Speier inn gnedigistem nachparlichen beuelch haben vnnd ir gnedigister herr sein vnnd pleiben, Sich auch hinwiderumb alles vnderthenigsten gehorsambs erpotten·/ solchs zuuolzih‹en› sindt sie sond‹er›lich ad p‹ar›tem genugsam erind‹er›t 259 Daruff wir inen hinwiderumb vermeldet, das wir anderst nicht wusten, dann das der angenohmene Pfarherr nach der Augspurgischen Confession durchauß informirt, dann da E. Churf‹urstlichen› g‹naden› zu vnheill der Statt Speier einen Caluinisten haben wolten, wurden sie Infantium dermassen inn solcher eill vnnd ernst, vff ir vber den Infantium antzugig vnnd beschwerlich schreiben, nit abschaffen haben lassen, Wolten auch inn Namen E. Churf‹urstlichen› g‹naden› ermeltem Pfarherrn mit ernst einbinden, sich der Augspurgischen Confession, vnnd weilant hertzog Ottheinrichs Churfurstens etc hochstseliger gedechtnus Kirchen Ordnung gleichformig, Auch inn seinen Predigten vnnd sonsten onergerlich eingetzogen vnd fridsam zuuerhalten, Der zuuersicht, Sie wurden ire Prediger gleichsfals zu allem onergerlichen vnnd fridliebenden wesen ermanen vnnd anhalten, [fol. 126r] Weiln auch wegen bestellung eines newen Altars vnnd deß zusamen leutens mit 3. glocken, welches Infanti‹us› abgeschafft, bei E. Churf‹urstlichen› g‹naden› wir vnns zuuor bescheids zuerholen hetten, Auch inn dißem gemach vnd sicher zu gehen, Als musten wirs bey dem Tisch inn der Kirchen vnnd dem Leuten mit einer glocken noch zur zeitt, biß vff fernern bescheidt einsehen lassen, Solten sonsten E. Churf‹urstlichen› g‹naden› ire vnderthenigste dinsterpietung von vns angemeldet werd‹en›, Freytags den 27.t‹en› Februarii ist vns abermaln ein schreiben von E. Churf‹urstlichen› g‹naden› geliebten Bruder vnnd Statthalter hertzog Iohann Casimirn Pfaltzgraf-
258 Einschub einer anderen Hand. 259 solchs zuuolzih‹en› sindt sie sond‹er›lich ad p‹ar›tem genugsam erind‹er›t Einschub einer anderen Hand.
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fen etc vnserm gnedig‹en› herrn, durch Theobalden Wentz Registratorn vnnd Lehen Probsten zu Heidelberg zukhommen, Was aber sfg‹naden› an vns begert, wir auch, weiln der erforderte Pfarherr bei vns albereit ankhommen, daruff geantwortt, haben E. Churf‹urstlichen› g‹naden› auß berurtem schreiben den 26.t‹en› Februarii No. 2. mit mehrerm zuersehen, Sambstags den 28.t‹en› Februarii haben wir offtgemelten Prediger zu S. Egidien die erste Predigt thun lassen, welche ohn einige gefahr fridlich vnnd wol abgangen, Auch vber die 30. ongeuerlich Personen dieselbe besucht, Was aber inn Namen E. Churf‹urstlichen› g‹naden› Crafft eines ime vnder vnsern angebornen Pettschafften mit l‹ite›ra B. signirten hierbei gelegten vnnd ime Pfarrherrn zugestelten Memorials, weß er sich zuuerhalten, wir gedachtem Pfarherrn vfferlegt, solches haben E. Churf‹urstlichen› g‹naden› aus berurts Memorials Copia ferner zuuernehmen ·/ [fol. 126v] haben auch weitter mit E. Churf‹urstlichen› g‹naden› Kellner im Eusserstaller hof zu Speier gehandelt, ermeltem Pfarherrn sampt seinem bey sich habenden Iungen, biß zu weiterer Anordnung, wochentlich vmb 2 f. die Cost zuuerreichen, Auch dem Schaffnerei Ampts Verwalter zu Herdt vfferlegt ime Pfarherrn vff erfordern allerhandt gepurliche vnnd notturfftige handtreichung zuthun, deßgleichen den Pfarhoff vnnd weingartten dartzu gehörig inn wesentlichem baw vnnd besserung biß vff andere bestellung, vnnd E. Churf‹urstlichen› g‹naden› gnedigsten bescheidt, erhalten zulassen etc. Belangt vff E. Churf‹urstlichen› g‹naden› schreiben deß key‹serlichen› Cammergerichts Collegii widerantwortt, Seindt kurtz vor vnserm Abreisen Doctor Melchior Drechßel, vnnd Anthoni von Oldhusen wegen ermelts Collegii abgeordnet bei vns erschienen vnnd vermeldet: Das E. Churf‹urstlichen› g‹naden› an herrn Cammerrichter, Præsidenten vnnd Assessores samptlich gethones schreiben, inn deß Cammergerichts Rath verlesen worden, Vnnd weiln sie aus berurtem schreiben souil vernehmen, das wir die sachen, so zu Speier furgeloffen, weitters erkhundigen solten, Also weren sie vonn einem loblichen Collegio deß Cammergerichts abgeferttigt, sich anfenglich inn namen desselben der anerpottenen gunsten vnnd gnaden, damit E. Churf‹urstlichen› g‹naden› gedachtem Cammergericht zugethon vnnd gewogen, zum hochsten vnnd vnderthenigsten zubedencken, Dieweill aber obberurte sachen solcher massen beschaffen, das derselben qualitet an offtberurt Collegium in specie nit gelangt, Sondern inn der geheimb bey einem [fol. 127r] Rath plieben, Vnnd sie derselben auch sonderlich nit nachgefragt, dann allein was durch ein gemein geschrey erschollen, daruff sie auch, im fall der not andere weitterung zuuorkhommen, E. Churf‹urstlichen› g‹naden› schrifftlich ersucht, So were an E. Churf‹urstlichen› g‹naden› ir sonderlich vnnd vnderthenigst pitten, dieselbe wollen sie hierunder gunstig vnnd gnedigist entschuldigt halten, vnnd irer mit weitterer erkhundigung verschonen, Seien auch der zuuersicht E. Churf‹urstlichen› g‹naden› wurden nichts wenigers als derselben hochloblichste Vorfaren, einem Collegio mit gunsten vnnd gnaden zugethon vnnd geneigt sein vnnd pleiben. Daruff wir vns erpotten, E. Churf‹urstlichen› g‹naden› solch ir furpring‹en›
Edition der archivalischen Quellen
zu vnserer alherokhunfft vnderthenigist zu referiren, ontzweiffenlich dieselben werden es mit allen gunsten vnnd gnaden wissen zuerkhennen etc. Nach verrichtung disser sachen aller, haben wir vns wider naher Heidelberg begeben, vnnd vns bei vielhochermeltem vnserm gnedigen Fursten vnnd Herrn dem Statthalter angetzeigt, Ob ire F‹urstlichen› g‹naden› vns etwa weitter ichtwas an E. Churf‹urstlichen› g‹naden› zubeuehlen, Als wir nun fur ire F‹urstlichen› g‹naden› vnnd dero zugeordenten Großhofmeister vnnd Rethe inn die Cantzlei erfordert, haben ire F‹urstlichen› g‹naden› vns selbsten mundlich furgehalten, das sich ire F‹urstlichen› g‹naden› nit versehen, das wir die Pfarr inn andere weg bestelt, Sondern vermeint, vff irer F‹urstlichen› g‹naden› gethon schreiben solten wir innen gehalten haben, Sie hetten ein solches gegen E. Churf‹urstlichen› g‹naden› irer F‹urstlichen› g‹naden› geliebten herrn Bruder wol zuverantwortten gewust, darneben gnedig zu wissen [fol. 127v] begert, weß wir weitter dißes handels halben inn erkhundigung gebracht etc. Daruff wir vermeldet, das vber all vnsern angewanten embsig‹en› vleiß disser Speirisch‹en› sachen halben wir nichts weitter erfaren mögen, hetten aber die Pfarr zu S. Egidien mit einem Vocirten vnnd albereit præsentirten Pfarrer, inmassen wir dasselbige vnderm 27.t‹en› Februarii vnderthenig zugeschrieben, wider bestelt etc. Also von iren F‹urstlichen› g‹naden› wir vnderthenig abschiedt gepetten, Hieruber vns ire F‹urstlichen› g‹naden› mit gnaden erlaubt, vnnd beuolen, E. Churf‹urstlichen› g‹naden›irer F‹urstlichen› g‹naden› gantz freundliche vnnd bruederliche dinst antzuzeigen vnnd daneben zuuermelden, das ire F‹urstlichen› g‹naden› Ewerer Churf‹urstlichen› g‹naden› sampt dero geliebten glucklichen Ankhunfft mit begir vnnd freuden erwartten vnnd hoffen, Solches haben E. Churf‹urstlichen› g‹naden› wir vnderthenigist nit sollen verhalten, Vnnd dahe die weitters gnedigst von vns berichts begeren, Soll der ausfurlich mundlich von vns vnderthenigst auch eruolgen·/ E. Churf‹urstlichen› G‹naden› Vnderthenigste gehorsame Soldan von Wirsperg Bernolff von Gemming‹en› [fol. 128r] [fol. 128v] Notiz einer anderen Hand: Soldann von Wirßbergs vnd Gemingers Relation der Speirisch‹en› handlung halb‹en› Notiz einer weiteren Hand: Presentirt den 15t‹en› Martii Anno etc. 77.
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Edition der archivalischen Quellen
Nr. 84 1577 März 13, Prag Kaiser Rudolf II. bekundet seine Zufriedenheit über die Beilegung des Speyerer Aufruhrs durch den Magistrat der Stadt Speyer. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 129r–130v (Ausfertigung). [fol. 129r] Rudolff, der Annder, von Gottes gnaden Erwöllter 260 Römischer Kaiser, zu allen zeiten Mehrer des Reichs etc Ersam, liebe getrewen, Wir haben Euren bericht, vnnd vrsachen, deren ein zeitlang zwischen eurer Burgerschafft geschwebten mißuerstendt, hören verlesen, vnd gantz gern vernom‹m›en, dtz sich deßwegen durch abschaffung des Sectischen Predigers milterung ertzaiget, ir auch zu verhüettung vorgewesner weitterung das Euer gethan, Dieweil euch dann nunmer solche leüt, sambt den früchten, so von inen herfliessen so weit bekant, dtz ir deroselben fürters mehr müssig zugehn, vnnd auf ire anschleg achtung zugeben pillige vnd gnugsame vrsach, So wellen wir vns gentzlich versehen, ir werdet dergleichen neuerungen vnnd auffrurischen versamblungen bey euch verners nit stattgeben, sonder Eurem selbst erpitten nach, souil im‹m›er möglich, daran sein, das nit allein zwischen euch vnd gemainer Burgerschafft, sonder auch mit andern diß orts wonenden, baide gaistlichs, [fol. 129v] vnnd weltlichs Stanndts Com‹m›unen gute aufrichtige vertreuligkait, vnd fridsame Rhue gepflantzet vnd erhalten werde, das thut ir pillig, vnd geraicht vns, neben Eurem selbst pesten, zu gefelligem gehorsam, Geben auf vnserm künigclichen Schloß, zu Prag, den dreizehenden Martii, Anno etc im Sibenundsibentzigisten, Vnnserer Reiche, des Römischen im andern, des Hungerischen im fünfften, vnd des Behemischen im andern, Rudolff [fol. 130r] [fol. 130v] Adressaten: Den Ersamen, vnnsern, vnnd des Reichs lieben getreuen H. Burgermaister vnnd Rath der Statt Speier Notiz einer anderen Hand: p‹re›sentiert den 30t‹en› Martii Anno etc 77.
260 Erwöllter = erwählter.
Edition der archivalischen Quellen
Notizen einer weiteren Hand: 1. Kayser ist mit gethoner entschuldigung, der alhie besorgender vffruhr zufrid‹en›; 2. Kayser begert, deß verfallen zill, An der bewilligten thurckhen hilff zuerleg‹en›261
Nr. 85 1577 März 15, Amberg Kurfürst Ludwig [VI. von der Pfalz] äußert sich gegenüber seinem Bruder Johann Casimir zu den Speyerer Angelegenheiten. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 131r–134v (Konzept). [fol. 131r] Hochgeborenner furst freundlich‹er› liber Brud‹er› geuatter vnnd Statthalter E. l. schreiben von weg‹en› der iunngst‹en› zu Speir furgeloffenen hanndlunng vnnd deß beurlaubten Predicanten zu S. Egidi inn der Vorstatt daselbst‹en› den Georgii Infantii ist vnnß den 16 Februarii nechst abgeloffenen Monats neb‹en› dem beigeschlossenem zettl vnnd And‹er›n beilag‹en› wol eingeantwort worden, dessenn ausfurlich‹en› innhaltts wir der Notturfft nach verlesen verstand‹en›. Nun sollen E. l. sich dessen gegenn vnnß nach .f. versehen, {vnnd br} das wir E. l. nicht wenig‹er›, alß sie vnnß mit brud‹er›lich‹en› treuen meinen, vnnd der sondern Christlich‹en› Neigung sein E. l. alß vnnsers einig‹en› gelibt‹en› brud‹er›s wol hergebrachtte Reputation vnnd furstliche Ehren helff zuuertaidig‹en›. Wie dan eben auß solcher brud‹er›lich‹en› Wolmeinung wir E. l. bestimbte vnnß furkhommene Speirische hanndlung so wir E l. halb‹en› das sie darunter vngutlich eingetzog‹en› werd‹en› sollen, vngernne vnnd mit etwas befrembden vernomen nicht verschweig‹en› können sonndern freundlich vnnd vertreulich communicirt. Sind auch hinfurters inn allen gburenden zimblich‹en› sach‹en› nicht wenig dasselbig zuthun vrbutig vnnd bedanckh‹en› vnns gegen E. l. des gleichmessig‹en› freundlich‹en› brud‹er›lich‹en› erbittens etc. Souil aber die haubt sach An ir selbstenn berurt, wissen wir vnß vnnsers an E. l. den .4. bemeltts Monats gethanen freundlich‹en› schreibenns nach wol zuerinnern. Vnnd obwoln inn demselb‹en› vnnd‹er› And‹er›n volgende wort angeregt [fol. 131v] wie vnnß weitters furkhommen, alß ob E. l. von denen vonn Speir inn verdacht gezog‹en› die Statt alda einzunemen dessen sich E. l. zur notturfft entschuttet vnnd das wir ein solches vn mit etwas ent entsetzen vnnd befrembd‹en› darumb vernommen, das vnnß biß dahero vonn E. l. das geringst nicht zugeschrieb‹en› word‹en›·(·So khan doch vß solcher vngeuerlich‹en› gleich‹en› vnnd vff den zweiffel gesatztten Narration vnnd erzelunng, vnnß wie ghort, furgebrachten sachen nicht volg‹en› noch erzwung‹en›
261 Notiz Nr. 2 ist unterstrichen.
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Edition der archivalischen Quellen
werd‹en›, das wie vß bestimbter E. l. widerantwortt zuuermerkh‹en›, sie es dahin verstehen vnnd deutten wollen, wir selbsten E. l. angezogener Speirisch‹en› vnruhen, in einig‹en› vnbrud‹er›lich‹en› verdacht vnnd arkwohn hatten, Wie vnnß auch das E. l. d‹er›gleich‹en› Lanndfridbruchigen vnnd vngereumbten beschwerlich‹en› uffwiglisch‹en› hanndlunng vnnd‹er›zieh‹en› vnnd theilhafftig mach‹en› solttenn {in hochster warheit zu schreib‹en›} etc. Nimaln in vnnsern sinn vnnd gedanken khomen, Sonndern wir sind vilmehr dess‹en› gewiß vnnd im stetth‹en› vertrauen gewesen vnnd noch, das do von annd‹er›n solche vnfridfertige geschwinte sach‹en› vnnd sach‹en› {handlunng vnnd sach‹en›} attentirt vnnd furgenommen, E. l. sie mit gburenden emsig‹en› ernst wid‹er›rath‹en› vnnd abwehren helffen wurden. deroweg‹en› wir vmb souil mehr mit verwunnderunng gehört das E. l. dergleich‹en› vble hanndlung wollen beigemess‹en› werd‹en› vnnd vnnß desto wenig‹er› deß auß vnnserm schreib‹en›, wider vnnserm willen vnnd Meinung geschöpfften Mißverstandt verseh‹en›, etc solcher auch An seinem ortt, vnnd wir damit vnbetrubt wol gelass‹en› werden mög‹en› Wie auch E. l. hohe außfurliche entschuldigunng, an welcher vnnd vbrig‹en› [fol. 132r] E. l. bericht, wir brud‹er›lich‹en› wol zufriden seind, geg‹en› vnnß vnuonnött‹en›262 gewesen. Das dann E.l. anzeig nach dieser hanndel an die Römische Keyserliche Ma‹ieste›t vnnd anndere Stende des Reichs albereit gelangt, darauff sonderbare Commission vnnd Inq‹ui›sition angeordnet sein solle da hab‹en› E. l. selbstenn verstenndig abzunemen das wir dem Keyserlich‹en› Cammergericht oder der Statt Speir kein Maß od‹er› ordnung zugeb‹en› vil wenig‹er› zuuerwehren hab‹en› dieses vnnd sonnd‹er›s bemeltter Keyserlich‹en› Ma‹ies›t‹e›t anzubring‹en›, wollen aber nicht darfur haltten, das E. l. von hochgedachtter Key: Ma‹ieste›t oder anndern ständ‹en› deß Reichs, do sie der ding gleich wissenschafft empfang‹en› dar fur sobaldenn vnnd vngehört soltten angeseh‹en› werden. E. l so vnbedechtig sein wollen, sich so eines trefflichenn wichtig‹en› vnnd schweren thuns mit berurtter Einnemung der Statt Speir zu vnnd‹er›steh‹en› vnnd dardurch sie die Key: Ma‹ieste›t vnnd das gantze Reich vff sich zuladen, sich auch selbsten mit williglich‹en› inn endliche gefar vnnd verderb‹en› {zusetzen} zusturtzen. Wie auch auß der Speirisch‹en› vnnß vberreichten Instruction vnnd sonst‹en› vnnsers wissen nicht zufind‹en›, noch vnnß furkommen, das E. l. solcher hochbeschwerlich‹en› sach‹en› in specie vnnd principaliter angegeb‹en›, beschuldiget oder beclagt word‹en›, Sonndern die bezikunng 263 vffrurlichen entporunng264 vnnd tumults seind allein wider obbemeltten Predicanten den Infantium vnnd seine zuhörer ergang‹en› etc. Zudeme wiss‹en› E. l. das dergleichen sach‹en› von einer Spargirung 265 vnnd laut E. l. selbsten anzeig dero diner ainem [fol. 132v] von Heydelberg auß zugeschriebener 262 263 264 265
vnuonnött‹en› = unnötig, nicht erforderlich. bezikunng = Bezichtigung, Anschuldigung. Entporunng = Empörung. Spargirung = Gerücht, üble Nachrede.
Edition der archivalischen Quellen
lech‹er›lich‹en› zeitung 266 etc herflisse, derwegen wir vß erzeltten, vnnd bewegend‹en› vrsach‹en› nicht erachtten noch seh‹en› E l. von bestimbter Key: Ma‹ieste›t od‹er› anndern stenden deß Reichs was verwißlichs begegnet vil wenig‹er› E. l. rathen khennen, das E. l. sie diese sachenn hoch vnnd weitleufftig fechten vnnd außvben, Sonndern hilten vil mehr darfur s[i]ch dieselb zu ruhe vnnd friden geb‹en› vnnd also diese ding dem liben Gott befelh‹en› solttem .etc. Im fall aber {geg‹en›} E. l. vber vnnser zuuersichtlich verseh‹en› von oft hochstgedachtter Key M‹aieste›t oder anndern etwas geandett, vnnd derselben etwas beschwerlichs zugezog‹en› werden soltte, hab‹en› sich E. l. mit gutem vsfurlich‹en› bestannd zuentschuldig‹en›. Können wir auch zu gburennder brud‹er›lich‹er› Rettunng vnnd ableinung geferlich‹en› verdachts vnnd vertheidigunng E. l. reputation dinsthafft vnnd furstenndig sein, Soll es an obangedeutten vnnserm brud‹er›lich‹en› geneigt‹en› will‹en› nicht mangeln. Souil dan weitters vorgedachts Infantii Person, lehr lebenn vnnd Wanndel, auch was ime darunter E. l. beifelliges267 zu geschrieb‹en› wirdt, betreffenn thut lass‹en› wir dasselbig alleß wie auch wie auch die darbei eingefurtte Relligions Puncten an seinem ruig‹en› ort, vnnd sind vß allerhannd beweglich‹en› vrsach‹en›, auß hab Auch hiuorig‹en› vnnsern brud‹er›lich‹en› erklerunng‹en› nicht gemeint vnnß in einig vnnottwendig disputat mit E. l. zu begeben. Gleichermass‹en› können wir nicht befind‹en› vnnß geburen [fol. 133r] soltt oder woltte obermeltten von Speir einiche Maß zugeb‹en›, was sie irer Burg‹er› vnnd bewachtung der Statt auch Annderer ordnung‹en› weg‹en› vornemen soltten, sonndern dieses wie auch was sonst‹en› mehrgedachtter von Speir vnnd irer Predicanten Auch deß Camergerichts verwanten Personen der beschreitten Conspiration vnnd zusammen verpindung sein des Infantii vnnd seiner zuhorer auch der eingeworffenen zettl vnnd fen fenster halb‹en› etc in e. l. schreib‹en› weit leufftig angeregt vnd disputirt wirdet, beruhet zu diesem mal auch vff seinem vnuergeifflich‹en›268 ort. Doch hetten wir vnß hieneben nicht versehen, das E. l. vmb der danidig‹en› beschehenen erforderung des bekhanten Speirisch‹en› Predicanten Bernhardi naher Heydelberg zuuerdenken vrsach gehabt dieweiln vnnß vnnsers erachttens vnuerwert, den od‹er› einen Annd‹er›n Kirchendiener zu Nottwenndig‹er› gottselig‹er› bestellung des ministerii fur vnnß zu vociren vnnd mit inen zu hanndlen. Aber wir musst‹en› hirauß abnemen das der tichter269 E. l. schreibenns einen sonndern lust zu vnnß gehabt, dergleich‹en› vnd Anndere mehr sach‹en›, so mir diß mal vmb gelibter kurtz vnnd fridens willen an sein ort stell‹en› {gutwillig vmbgeh‹en›} ohne Nott vnnd
266 267 268 269
zeitung = Nachricht, Bericht von einem Ereignis. beifelliges = Günstiges, Zustimmendes. vnuergreifflich‹en› = unvorgreiflich. tichter = Dichter; im 16. und 17. Jahrhundert ist er auch der Verfasser eines nicht poetischen Texts.
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Edition der archivalischen Quellen
vnnserer reputation vnuerschont verbitterlich od‹er› zum wenigst‹en› kurzlich‹en› anzuregen etc. Das vnnß E.l. ferrner vß etzlich‹en› sonnd‹er›baren erinnerung vnnd furwendunng in bestimbten E. l. schreib‹en› vnnd dem bei gelegten zettl .f. ersuch‹en› ob bemeltten Infantium widerumb zu dem vff- [fol. 133v] gekunten pfarrdinst zu S. Egidien khonnen. Vnnd mit anderweit bestellunng innen zuhalten, wiss‹en› wir E. l. ohne vnnser sonnderbarer verkleinerung vnserer reputation auch beschwerunng vnsers gewissens vnnd auß anndern Christlich‹en› vnnd wichtig‹er› vrsach‹en›, sond‹er›lichenn auch darumb‹en› das E. l wie obstet, dieses vnruig‹en› obbemeltts p‹re›dicanten halb‹en› selbstenn in vnschuldig‹en› verdacht gewachsen etc nicht zu willfaren. Mit fr bitt E. l wollen vnnser mit dergleich‹en› zu muten, vnnd begeren, auch den darbei verleibten270 ohne not weit gesuchten gedankh‹en› von weg‹en› besterkung E l irem vermelden nach, zugefugten Calumnien vnd schwechunng Weiland vnnsers g‹nedige›n vnnd .f. lib‹en› h‹er›n vnd vatters des frommen vnnd Christlich‹en› Churfurstens selig‹er› gedechtnuß Reputation, sich auch E. l. selbst‹en› darmit verschonen vnnd vnbeleidigt lass‹en›, dan Gott lob ietztgedahtts vnnsers .f. lib‹en› h‹er›n vatters auch vnnser vnnd E. l. furstlicher vnnd wol hergebrachter Ehrnstandt dem heylig‹en› Reich deutzsch‹er› Nation Auch Meniglich‹en› gnugsam be bekhant ist, vnnd mit helff gottlicher gnaden bemeltts Predicanten auch vnnd Annderer etc halb‹en› vnuerrukt wol bleib‹en› wirdet Vnnd dieweiln E. l. in dero bestimbten irem schreiben vnd zettl vnnß selbsten andeuten das vnnß das Ius patronatus vnd also die Pfarrbestellunng diß ortts zu S. Egidi ohne mittl zustehet, So sind wir billich nicht zuuerdenkh‹en›, wir die verordnung gethan, das zu schuldiger befurderunng der Ehren gottes auch rechttem [fol. 134r] vnuerfelschttem gbrauch der heylig‹en› hochwurdig‹en› Sacrament, dann zu continuirung vnnd erhaltunng bestimbtter gerechtigkeit, berurtte Pfarr mit einem Christlich‹en› fridlibennden, Vnnd vnnserer Christlich‹en› vnnd in gottes wortt gegrunten Religion verwanten Kirch‹en›diener wid‹er› bestellet wirdt. Deß freundlich‹en› brud‹er›lichen versehens E. l. werden vnnß hirinnen einigen eintrag nit thun, {solche bestellunng an solcher vnser anordnung vnnd verenderung zufriden sein,} Vil wenig‹er› sich zu einig‹en› vnwillen wider vnnß beweg‹en› lass‹en› wie wir dan ingleich‹en› entschlossenn sindt vnnd E. l. vilmalß in der Person von vnnß vermerkt, mit E. l. Christliche Bruderliche Concordi vnnd fridlibigkeit zu continuiren vnnd mit getreuem vleiß zuund‹er›halt‹en› Wiewol E. l. weitters schlißlicht bittenn sie etwas Clerlicher zuuerstenndig‹en›, wie gehortte Speirische sach‹en› an vnnß gelannget vnnd durch wem furgetrag‹en› word‹en›, wissen wir doch darunter einiche andere Special anzeig dan obberurt vnser schreib‹en› vermog nicht zuthun, zu deme vermerken wir auß E. l. selbst‹en› antwortt vnnd dem zettl souil, das sie albereit der aigentlich‹en› vnnd zum theil obangedeuten grundlich‹en›
270 verleibten = einverleibten.
Edition der archivalischen Quellen
herkunfft vnnd vrsprunng des hanndelß selbsten bessern verstannd hab‹en›, darbei es dan beruhet .etc. Welches wir El zu erklerunng vnnsers gemuts vmb gelibtter kurtz will‹en› inn antwortt .f. nicht verhaltten willen. Vnnd seind E. l. yd‹er›zeit zu allen angenemen brud‹er›lich‹en› dinst‹en› zuerzeig‹en› geneigt vnnd willig Dat‹um› Amberg etc. den 15. Martii A etc. 77. An hertzog Iohann Casimir Pfaltzgraff‹en›
L. .P. Churfurst
[fol. 134v] No‹ta› diß schreib‹en› ist nicht abganng‹en›
Nr. 86 1577 März 16, Amberg Kurfürst Ludwig [VI. von der Pfalz] teilt seinem Bruder Johann Casimir mit, dass er sich aufgrund der anstehenden Geschäfte in Amberg und seiner Abreise von dort erst nach seiner Rückkehr nach Heidelberg zu den Speyerer Angelegenheiten erklären kann. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/10, fol. 135r (Konzept). [fol. 135r] Hochgebornner furst freundlich‹er› liber Brud‹er› Geuatter vnnd Statthaltter. Nach dem wir E. l. iunngsten freundlichst vertrostett, vff vnnserer nacher Speir abgeordenten Lanndrichter vnnd Pflegers zu Aurbach Soldan von Wirßberg vnnd vnnsers Cammer iunkhern Bernolff vonn Gemmingens widerkhunfft, vnnß der iunngsten Speirisch‹en› sach‹en› halbenn furgeloffenen hanndlung‹en› halb‹en› weitters zuerklerenn Wann vnnd dan sie vor .2. tag‹en› Alhero gelannget, vnnd von weg‹en› vnnser obligennden geschefftenn, vnnd abzugs souil zuthun, das mir ire relation nicht anheren vnnd diese ding nach Notturfft erweg‹en› khennen. Also bitt‹en› wir .f. E. l. wollenn vnns fr dieser sach‹en› biß zu vnnserer gluklich‹en› herab khunnfft nach ferrern instand geb‹en› Alß dann wollen wir vnnß geg‹en› E. l. Also erkleren damit E. l. .f. vnnd begnugnis sein sollen. Seinndt auch solches vmb E. l. f. vnd brud‹er›lich‹en› zubeschuldenn geneigt vnd willig Dat‹um› Amberg denn 16. Martii A‹nno› 77. An hertzog Iohan Casimir pfaltzg
Ludwig .P.
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Nr. 87 1577 März 18, [Speyer] Der Magistrat der Stadt Speyer wendet sich an die Speyerer Prädikanten wegen Streitigkeiten unter denselben. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 451/1, fol. 62r–65r. Konzept: StadtA Speyer 1 A 451/1, fol. 58r–61v. [fol. 62r] Nach dem ein Erbar Rath glaubwurdig berichtet, vnnd In gewiße erfahrung gebracht, welcher gestalt zwischenn euch herrn Predicantenn ein sonderlicher widerwill, vneinigkeit, vnnd verbitterung der gemuther entstandenn sein soll, Also das solcher neidt vnnd haß, nit allein in Priuat redenn, Sondern auch In offentlichenn euern predigenn, augenscheinlichen zuspueren vnnd zumerckenn. Wann nuhn solchs nit allein euerer Vocation vnnd beruff, auch eigener Conscientz, Lehr vnnd predigenn gentzlich entgegenn vnnd zuwider, Sondern auch zuuerachtung heiligenn gottlichenn worts gereicht, auch euern Auditorn vnnd pfarkindern ein Ergerlich Abscheulich Exempel, vnnd Ihnen zu dergleichen lastern vnnd vnbußfertigenn lebenn, große vrsach vnnd anreitzung gibt, So hatt ein Erbar Rath als euer Ordentlicher Magistrat vnnd Obrigkeit tragendten vnnd Ihnen vonn gott anentpfohlenen Ampts halb‹en›, solch‹en› vngepurlichenn Sachenn lenger nit zuzu- [fol. 62v] sehenn gewust, Sondern fernern Vnrath, Spott vnnd Verkleinerung dadurch zuuerkomen, euch sampt vnnd Sonders vor sich zuerfordern, vnnd ein solchs mit allem ernst zuundersagenn, nit vnnderlassenn könnenn. Vnnd demnach Ihr euch alle, aus heiliger gottlicher schrifft, do Ihr Inn euer eigen gewiß‹en› gehenn, vnnd zu hertz vnnd gemueth fuhrenn wollet, aus beiwohnendem verstandt guter maßen zuberichtenn, Dieweil Inn diesen erbermlichenn letzten zeittenn, one das große zerruttung vnnd zerspaltung, Inn der Christlichenn kirchenn sich ereugen, Ein Erbar Rath durch hulff vnnd beistandt des Almechtigenn, mit großer muhe den Ingerissenen Irthumb kaum aus der Statt hinweg geschafft, Ihr Itzunder Selber die Ienigen sein woltent, welche nit allein dem gemeinen man ein Abscheulich böß ergerlich Exempel furtrag‹en›, [fol. 63r] Sonder auch euern pfarrkindern vnnd vnnsern widersachern, zu verachtung heilig‹en› gottlichs worts, zanck vnnd hader Inn der kirchenn anrichten, vnnd zu zerruttung guten burgerlichenn wesens, auch zu andernn daraus eruolgenden Strefflich‹en› lastern, vntugenden vnnd vnheil selbst vrsach darzu gebenn woltent. Zu was großer verachtung heiligen gottlichenn worths, auch nit geringer Ergernus des gemeinen mans, solchs gereichenn, Sonder auch einem Erbarn Rath vnnd euch allenn selbert großen hohn Spott vnnd Verkleinerung daraus eruolg‹en› wurde, Vnnd dieweil ein Erbar Rath, auch sonderlich glaubwurdig berichtet, welcher gestalt zwischenn euch beedenn Magistro Bernhardo, vnnd euch Magistro Michaëli
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ein solcher widerwill, neidt vnnd haß entstandenn, Also das derselbig albereit nit allein vnder dem gemeinen man erschollenn, Inn euern offentlichen predigenn zuuermerckenn, [fol. 63v] Sondern auch noch daruber einand‹er› mit recht zubeclagenn vnnd fur zunemen bedacht sein sollet, Wiewoll nuhn ein Erbar Rath ob solch‹en› euerm vngepurlichenn, gefasten neidt vnnd haß nit geringfuige beschwerden vnnd mißfallen tregt, vnnd sich zu euch gentzlich getröst vnnd versehen Ihr hattent hierinnen euer Vocation angesehenn, vnnd beßere bescheidenheit gepraucht, Vnnd do Ie einer gegen dem andern etwas zuclagenn oder zu sprechenn gehabt, andere bequemlichere vnnd glimpfliche mittel gesucht vnd fur die handt genomen habenn, welch‹en› widerwillenn aber ein Erbar Rath mit nichtenn leiden noch gedulden kann noch will, Sonder das Ihr solchen gefasten neidt vnnd haß gegen einand‹er› fallenn laßenn sollet, ernstlich hiemit begeren {vnd vfferlegen} thut; Vnnd last hieruf ein Erbar Rath euch allen sampt vnnd sonders hiemit [fol. 64r] ernstlich beuehlen vnnd vferlegen, das Ihr hinfuro In euerer Vocation vnnd predig Ampt, friedlich vnnd einmutig gegeneinander erzeigenn, mit euer person, allem thun, lassen vnnd wesenn, allen euern Auditorn vnnd pfarkindern, ein Christlich gottseelig vnnd vnstrefflich Exempel furtragendt, euch vf der offentlichenn Cantzel, alles hitzigenn schmehelichen Anziehens vnnd heimlicher Neidischer Stichreden enthaltent, Allen neidt, haß vnnd widerwillen, So Ihr bißanhero gegeneinander gehabt vnnd getragenn, abthun, hinlegenn vnnd fallenn lasset, vnnd Inn dem allem euch hinfuro an, so vnuerweißlich vnd vnstrefflich verhaltent vnnd erzeigent, damit menniglichenn euer Christlich gottseelig, wollmeinendt gemueth, auch bruderliche lieb vnnd einhelligkeit, wie solchs frommen gotsfurchtigenn kirchendienern woll anstehet vnnd [fol. 64v] gebuert, vnder euch selbst spueren, vnd die predig des heiligen gottlichenn worts bei allen euern zuhörern desto beßer frucht bringen, vnnd Ihnen zu trost nutz vnnd wollfarth Ihrer heil seel vnnd Seeligkeit gedeien mög. Dann wo solchs vonn euch nit beschehen, vnnd einem Erbarn Rath, vonn einem oder dem andern, der Ime solche trewhertzige wollmeinende hertzliche271 veterliche verwarnung nit angelegen, Sonder fernere vneinigkeit, neidt vnnd haß zuerweckenn sich vnderstehenn, Clag‹en› furkomen soltenn, das als dann ein Erbar Rath, solchen widerwillen, neidt vnnd haß, nit gedulden noch leiden, kann noch will, Sonder ein solchen weg gegen demselben furnemen, das Er Im werck Spueren vnd befindenn soll, das es einem Rath zu sonderm mißfallenn gereicht, vnnd wöllen solte, das ers vnderwegenn gelaßenn. Welchs alles ein Erbar Rath, euch al- [fol. 65r] lenn zu gutem, damit sich ein Ieder ferner darnach wiße zurichten, erheischender notturfft nach anzuzeigenn vnnd zuuermeldenn, nit sollenn noch wollenn verhalten.
271 hertzliche ist unterstrichen.
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Nr. 88 1579 Januar 14, [Speyer] Die Speyerer Prädikanten Bernhard Bernhart, M. Michael Pistor und M. Wirich Wieland supplizieren an den Magistrat der Stadt Speyer, anstatt einen Entwurf einer eigenen Kirchenordnung erstellen zu müssen die Kurpfälzische Kirchenordnung Ludwigs [VI. von der Pfalz] als allgemein rechte Form übernehmen zu dürfen. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 451/1, fol. 66r–67r. [fol. 66r] Gottes gnade durch seinen eingebornen sohne vnsern herrn, vnnd heilandt Ihesum Christum, mit Wünschung von demselbigen, seiner lieben kirchen, den Regimeten272 , vnndt allen Menschen eines fridsamen, vnnd glückhseligen Newen Iars zuuor, Ehrnveste, fürsichtige, Weise, gebiettende herren, demnach wir bißhero keine gewisse273 form einer kirchenordnung alhie gehabtt, darauß dann viel vnrichtigkeit entstanden, darüber wir vnß auch etwa vonn den Cantzlen beclagt vnnd beschweret haben, E. f. w. aber vorschiener zeit vnß vfferlegt nach gelegenheit der Christlichen gemeinde alhie eine form einer Christlichen ordnung zuebegreiffen274 , vnd dieselbige ir zu bersehen, zuzuestellen, alß haben wir dasselbige auß keinem vorgess, vill weniger hindansetzung solliches beuelchs, sondern auß nachuolgenden vrsachen biß hiehero einstellen wellen·/· Erstlich dieweil vnserer wenig, vnd so wir etw‹as› eigens, vnd besonders stellen würden, daß solches von vielen getadlet, vnnd dahinen gedeutet werden möchte, alß das wir nach so viel offentlichen, durch den druckh außgegangenen gantz Christlichen, vnnd guetten kirchenordnung‹en› etwaß bessers zue machen vns vnderstehen wolten, Demnach, alß wann wir dieselbige bißhero bliche Ceremonien bey den Predigten, vnnd administration der H. Sacramenten, selbst vorworffen theten, Entlich‹en› dieweil der Zeit der durchleuchtigste etc. H. Ludwig Pfaltzgraue, Churfürste etc. inn arbeit einer Christlichen Reformation vnnd kirchenordnung in S. Churfürstlichen g. landen ahnzuerichten ware, Ob wir derselbigen, wie hiebeuorn inn etlichen viell vnnd mehrertheilß Puncten weylundt deß auch durchleuchtigsten etc. H. Ottheinrichs gottseeli- [fol. 66v] ger gedechtnuß ordnung geschehen, vns Conformiren möchten, vnnd also nicht allein mit der Chur Pfaltz sondern auch anderer benachbarter fürsten vnd Stetten, vmb mehrers friedens, vnnd einigkeit willen alhie in E. f. w. kirchen gleichförmigkeit gehaltten würde·/·
272 Gemeint ist Regimenten. 273 gewisse = hier: bestimmte. 274 zuebegreiffen = zu entwerfen/verfassen.
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Dieweil dann hochgedachtes Churfürsten Reformation, so inn truckh außgangen, vnnd inn derselbigen landen, vnd gebieten durch gottes segen angerichtet, nicht allein mit der Würtebergischen, Badischen, Wormbsser vnndt anderer vmbliegenter kirchen ordnung sich vorgleichet, sondern durchauß, so der darinnen vorfasseter Lehre, so auch iren Ceremonien, den Prophetischen vnnd apostolischen Schriefften, vnd vnserer Christ: augspurgischen Bekantnus, auch der Rechten einigen waren Catholischen Kirchen vbungen gleichformig vnnd gemeß ist, vnndt wir, alß obuermelt derselben gemeß di Ceremonien, in vnserrn beuolhenen kirchen ämptern vnnd diensten mehrertheils bißher inn bung gehapt vnnd gebraucht, Thun wir solche derowegen zue erbawung disser vnserer kirchen auch nützlich vnnd heylsam erachten, vndt wissen darin‹n›en nach itziger gelegenheit nichts zuuorbessern·/· Langet demnach ahn E. f. w. vnser vnderthenigets dienstvleissigets bitten, sie wöllen ehegedachte Chur Pfaltz etc. f. kirchenordnung, inn gottes furchte, lesen vnnd erwegen, vnnd da sie ahn dero gleichs gefallen vnnd sonst keine sonderliche erhebliche bedenckhen, darumb dero nicht zu volgen, haben würden, vnß dieselbige, also eine gemeine Richtige form, darnach inn vndervorrichtung vnsers ampts, vnnd thiensts, wir [fol. 67r] vnß aller dinge haben zuuorhaltten, bergeben, inn dem thun E. f. w. zue eingange diesses Newen Iarß dem allmechtigen gott ahngeneme dienste vnnd wolgefallen, vnnd würt solches nicht allein diesser Christlichen gemeinde alhie zue vffart vnnd besserung, sondern auch E. f. w. zu sonderem lobe vnnd Ruhme, bey allen Christlichen gottfürchtigen leutten ersprüessen, werden auch inn and‹er›n Politischen sachen, ehsto275 mehr glückhs vnnd segens von gott zuerwartten haben, vnnd seind wir solches mit vnserm armen gebett, vnnd Schuldigen trewen diensten, vmb E. f. w. höchstes vleisses in vnderthenigkeit ieder zeit zuuorthienen geneigt, die hiemit göttlichen gnaden empfellende·/· E. F. W. vnterthenige vnnd gehorsame diener am wort Gottes alhie Bernardus Bernhart M. Michael Pistor. prediger zu den augustinern. M. Vuirichius Vuieland, prediger zu S. Georg‹en›
275 Gemeint ist dehsto (= desto).
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Nr. 89 [Anfang 1581, Worms] Die Prädikanten der Stadt Worms Vitus Reisner, Israel Achatius und Andreas Wilck beschweren sich bei ihrem Magistrat über gegen sie bei einer Brunnenfahrt auf dem Germansberg in Speyer geäußerte Polemiken des Speyerer Pfarrers zu St. Georg Wirich Wieland. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/12, fol. 2r–6r. [fol. 2r] Ehrnueste, Fursichtige Wolweise, E. E. F. Wt. seyen vnsere schuldige, willige dienst, mögliches vleisses, in wahrer vnderthenigkheit, neben vnserm embsigen demütigen gebett zu Gott vmb gluckselige Regierung vnd bestendige wolfart zuuoran, Großgunstig gebietende herrn, Ob wol wir vnderschribne, die wir alhie bey E. E. F. Wt. im heyligen Kirchen dienst sein, vnns von der zeit an, als wir erstmals zu solchem hohen Ampt ordenlicher weiß beruffen worden, biß vf disen heutigen tag, mit höchstem vleiß beflissen, das wir solchem vnserm beruff, mit Lehre vnd Leben trewlich nachsetzten, vnd vnsere Christliche Allein Seligmachende Religion, ohne einige verfelschung vnd Corruptelen, nach außweisung prophetischer vnd Apostolischer schrifften, deß alten vnnd newen Testaments, der heyligen Symbolorum vnnd approbierten Conciliorum, Auch der rechten wahren Augspurgischen Confession, der Rom: Key: Mt etc Ao [fol. 2v] 1530 vberantwortet, nach vnserm geringen pfundtlin, so vns Gott verlihen, rein vnd trewlich furgetragen, hergegen allen newen vnd alten Secten mit ernst, auß Gottes wort widersprochen, vnd auch das ienig, so wir mit mundt Lehrten, mit d‹er› That selbß, inn vnserm gantzen Leben ins werck richteten, vnd derowegen nun ein sehr gute vnd lange zeit, vnnd viel iar her nie anderst, dann fur reine ware, der Augspurgischen Confession zugethane, getrewe Lehrer, auch eines Erbarn vnd vnstrefflichen Lebens, ehrliche Prediger vnnd Kirchendiener, von meniglich hoch vnd nider Standes, sein gehalten worden, iedoch werd‹en› wir durch ettliche, vnsere guete herrn vnd freunde, auß getrewem gemüt vnnd hertzen, gegen vns so mundtlich so schrifftlich berichtet, Wie das einer mit namen Wirichius, Wielandt eines Ersamen vnd weisen Rhats zu Speyr Pfarrher zu S. Ieorgen, vnns gantz hochlich vnnd schmehlich, beides an vnserer hoher Lehre [fol. 3r] Lehr vnnd Leben, angriffen, iniuriirt vnd geschmecht haben soll, den Er den negst verschinen zwelfften Septemb‹ris›, auff einer Brunnenfart, welche zu Speyr bey S. Germans Berg gehalt‹en› worden, hat inn gegenwertigkheit ehrlicher Personen, vom Predig Ambt des Rhats vnd Burgerschafft vnns alhie Im Ministerio, mit namen schwerlich, schrecklich vnd mit onwarheit angetastet, vnder andern worten vnuerschempt fur Caluinische, Ketzerische verfurte Buben, Lecker, ia Ertzbub‹en› ausgeschrien, vnd zum theil auch als ob wir an ehrn vnerbar vnd thadelhafftig etwan gewesen vnd sein solten schendtlich dargegeben, dergleichen schmehliche ehrnraubende wort vber der zuhorenden Personen hefftiges abwehren vnd bitten, datzumal
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hefftiger getriben, Welcher schmachwort, vnd erdichten verleumbdung Er seither mehrmalen bey hohen vnd nidern Stenden vnableßlich one scheuch gebrauchet, Sonderlich bei einem Kindthauff des h‹errn› Cantoris alda newlicher zeit widerumb inn etlicher [fol. 3v] Christlicher Personen Angesicht, mit dero grossen entsetzen, vber der mutwilligen frecheit ebenmassig gelestert, vnnd seye des Iniurirens khein ende, vber das mich Vitum Reisnerum fürnemblich zum hon vnd verkleinerung vmbgetragen vnnd gezogen, vß disen vrsachen, Nachdem ein E. Weiser Rhat zu Speyr fur einem iar, widerumb eines reinen gelerten friedliebend‹en› Prędicanten notturfftig gewesen, vnnd von wegen alter der Speyrischen vnd vnser Wormsischen Kürchen gleichstimmenden vereinigung, desto getroster an mich durch h. Bernhardum ieren Kirchendiener, gesinnen lassen, da ich dermassen qualificirte Person wüste, solche zuuermeld‹en›, welches ich gethan, souil Gott gnad verlichen, vnd also h. Theophilum freundtlichen zwischen vns verloffnen Colloquio, mit einer geringen, aber doch wahrhafftigen Commendation erngemeltem einem E. Rhat daselbst offerirt, dises durch Gottes hilff, dem allein ehr gebürt, furgenomen werck, so der Kirchen heilsam vnd wolgerhaten, schendet [fol. 4r] schendet Wirrichius, vnd verunruhigt D. Theophilum offentlich mit disen worten, Er solte sich schemen, das Er durch einen solchen Leckher vnd Caluinischen Buben, sich der Statt Speyr habe Commendiren lassen, Solche vnd dergleichen reden aber vnd Lesterung, wie Sie Wirrichius mit vnwarheit auf vns ausgegoss‹en›, Also haben wir Sie, so baldt Sie vnns seindt furkhomen, inn betrachtung vnserer vnschuldt zu gemüt gefurt, vnd dieweil wir vns dero iederzeit, vor Gott vnd allen Christen, gantz frey vnnd vnschuldig wissen, nicht erachten khönnen, das es vns, vnserm Ampt, vnd der lieben Kirchen, deren wir alhie dienen (·ob wir wol sonst zum frieden geneigt sein·) vf Sie vff vns ligenn zulassen, rhatsam sein solte, vnd dieweil E. E. F. Wt. gönstiges wissen tragen, das wir ein lange zeit hero nicht allein andern Secten, sondern auch dem Zwinglischen schwarm, vom heyligen Abentmal, mit ernst vnd eiffer, nicht one grosse gefahr, vnd etlicher Leut vngnad, vnnd solches mit warheit zureden, mit grosserm nutz, dann Er Wirrich nim‹m›er wurdt thun khönden, widersprochen, [fol. 4v] Auch sonst andere irthumb Zuuinglii, so Er vnnd seine Consortes, neben dem Heiligen Abentmal einzufüren sich vnderstanden, Dauon Wirrich villeicht noch nichtz weiß vnd verstehet, mit guetem grundt der heyligen schrifft vnnd Langwirigem Kampff hinder sich getriben, Auch vnser leben, so lang wir inn vnsernn verstendtlichen iaren, vnnd inn Kirch‹en›dienst gewesen sein, Also zubracht haben, das wir vns nie vnehrlicher, sonder allein redlicher thaten vnnd sachen, wie vns dann als ehrliebend‹en› Leuten gebürt, Allweg beflissen, Als solches vnsere ehrliche Abschidt vonn allen orten vnnd enden, da wir ie gewesen sein, bezeugen vnd außweisen, vnnd vns auch hinfurt, durch die gnad des Allmechtigen befleissen wollen, So ist vnnd gelangt an E. E. F. Wt. vnnser dienstliche pitt, Sie wollen vns, als deren vnser Lehr vnd Leben bekhant ist, bey wolgemelt‹em› Rhat zu Speyr, vorgesetzter falscher vnwahrhafftigen erdichten bezuchtigung des Wirrichs gönstiglich entschul- [fol. 5r] entschuldigen, vnd nachberlich begern, das offtgedachter Wirrich, solcher vnd anderer seiner wider
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vnns außgegossenen schmachrede halben, nicht allein der gebur nach zu redt gestelt werde, sondern auch das Er vnns gebürlichen widerruff thue, vnnd ime ewiges stillschweigen aufferlegt, oder sonst andere ordenliche vnnd dartzu gehörende dienliche mittel wider in furgenomen werden, Damit dem Lestermaul sein mutwil gewehret, wir von ime vngeschmilzet pleiben, vnd hinfurt wie bißanhero ein seer Lange zeit beschehen, guete Nachberliche Correspondentz, geneigter will vnnd freundtschafft zwischen disen beid‹en› Kirchen, Oberkheit vnnd Gemeind‹en›, Wormbs vnd Speyr, erhalten, vnd nicht durch solchen irrigen wirremech‹er› vnnd vnrichtigen Lesterkhopff verwirret vnd auffgehoben werde, Dieweil vns auch offentlich zugeschriben würdt, das offtgedachter Wirremecher, die vrsach seines [fol. 5v] schmähens vornemblich daher nem‹m›e, das wir dem Bergischen Concordi Buch nicht vnderschriben haben, So haben E. E. F. Wt. gunstiglich zusehen, was Er nicht allein von vns vnd and‹er›n Prędigern, sonder auch allen Fursten, Grafen, Erbarn Stetten vnd Communen, vnd also auch von seiner selbst eignen Gottliebenden Oberkeit einen Ersamen vnd weisen Rhat zu Speyr halte, Nemblich das Er sieh nit anders nicht, dann für vnehrliche Leck Leut, Lecker vnnd Buben halte, vnnd schetze, dann auch, das gemelte wider vns gesprengte schmachreden, besonders E. E. F. Wt. von wegen derogirter Subscription des Bergischen Buchs berüre vnnd antreffe, denn dieweil Er wirrich, gemelte E. E. F. Wt. nicht angreiffen dörffen, hat Er mit vnserer Personen denomination, anzeigen wollen, was, wieuil vnnd ehrlich Er von dero, von wegen der auf dißmal verweg‹er›ten Subscription hielte, Solches ob E. E. F. Wt. ime Wirrichen wollen lassen guet sein, vnd ob einem mutwilligen [fol. 6r] mutwilligen Lestermaul seins gefallens vf frembde Gottselige Oberkheit, vnnd iere getrewe Prædiger Also freuenlicher vnd vnwarhafftiger weiß zu iniuriren, zuschenden vnnd zuschmehen zugestatten sey, Wollen wir E. E. F. Wt. wol zubedencken heimbgestellet haben, Solches hab‹en› wir auß vnuermeidenlich‹er› not zu rettung der warheit vnd vnserer Lehr auch Kirchendiensts, E. E. F. Wt. da wir lieber dieselbige vnbemüt gelassen hetten, dienstlich furbring‹en›, vnd klagen müssen, Mit vns solches inn kheinem vngunst vfzunemen, der Barmhertzig Gott vnd Vatter wolle vns inn reinem waren, einfeltigen, seines lieben Sones vnsers herrn Ihesu Christi Lehr vnnd bekhantnus, durch des heyligenn Geistes krafft vnd Trost, Auch an vnsern Nachkhommen biß an den Iungsten tage, behüten, vnd zum Regiment seine Gottliche gnad mit allerlei Segen, gnediglich verleichen, Amen. E. E. F. Wt. Vnderthenige gehorsame Kirchendiener Vitus Reisner Ißrahel Achatius Andreas Wilck
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Nr. 90 1581 Februar 18, Worms Der Magistrat der Stadt Worms informiert den Magistrat der Stadt Speyer über gegen die Wormser Prädikanten geäußerte Polemiken des Speyerer Pfarrers zu St. Georg Wirich Wieland und bittet um dessen Verhör sowie baldige Antwort. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/12, fol. 7r–10v. [fol. 7r] Vnser freundtlich willige dienst, Auch was wir ehrn, liebs vnnd guets vermogen zuuorn, Fursichtig, Ersame vnd Weyse, insonders liebe vnnd guete freundt, Auß beyuerwartem inschluß, befinden E. L. freundtlich zuuernemen, Wie ohne Langst E. L bestelter Pfarrer zu S. Georgen, Wirrichius wieland genant, eines vnd deß andernmals, inn erbarer vnd glaubwürdiger Personen beywesen, gantz freuenlich vfsetzlich vnd vnbescheidenlich, wider die Christlich vnnd weldtlich gebüre, Auch seines Stands, beruffs vnnd Ampts, vergessentlich vnbetrachtet, vnsere Kirchendiener, ins gemein vnd sonder, so wol an profession vnd Lehr, Als Person, Leben vnnd wandel, schmählich außgeruffen, angetastet vnnd gerüret haben solle, daher Sie kheinen vnderlaß haben khönnen, Solches an vns, iere Oberkheit Supplicando zupringen, vnd das wir bey E. L. gebürliche bekherung einsehens vnnd ferner Abschaffung dises Leichtfertigen beginnens, freundtlich suchen vnnd verfuegen wolten etc demütig zubegeren, Wiewol wir nun fur vnnötig geachtet, wegen vßgegossener personal iniurien, [fol. 7v] die Supplicanten vnsere Kirchendiener, gegen disem Weschhafftigem verleumbder, mit schutz oder verantworttung zuuerdretten, vnd E. L. darüber anzulang‹en› Sinthemal ier leben vnd wandel, bei vnns menigelichen, deromassen erbar vnd vnbefleckt, bewust ist, das der vnruwig Clamant, seines Affterredens, an sich selbst gnugsamblich vberzeuget, vnd also der Stein (·wie Syrach Lehret 276 ·) den Er inn die höhe geworffen, ime selbst vff den Kopff gefallen ist, So wurdt vns doch mehr dann zuuil Anlasse vnnd vrsach gegeben, gegen dem andern schmählichen Angriff vnd verkleineru‹n›g ierer bißhero gefurter Lehre, vnnd vnsers selbst gerechten Christlichen Ministerii, so wol iere vnschuldt, Als auch vnsere, obligende ehre, Confession vnd bekhandtnus, verantwortlich zuhandtfesten, vnd E. L. daruß freundtlich furzubild‹en›, wie wenig wir vß E L. Statt, vnnd von deren bestelten KirchenLehrern, dero vralten Nachberlichen hochuertrawten Correspondentz zuentgegen, vns einer solchen groben erdichten diffamation (·ob wir gleich darbei [fol.
276 Sir 27, 25.
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8r] darbei nit zweiflen E. L. hierinn ieres theils, weder schuldt noch gefallens haben mogten·) versehen vnd befahren sollen, Weyln dann des berurten Wirrichs Meisterstuck fürnemblich vf disem Tadel hafftet, Alß solten gedachte vnsere Kirchendiener Caluinische Ketzerische verfurte Leckher, Buben vnd Ertzbub‹en›, vnnd also mit dem Caluinischen irthumb, inn ierer Bekhantnus vnd Doctrin, geflecket sein, vnd die vrsach diser seiner Calumnien, eintzig dahero, das Sie dem Bergischen Concordi Buch, nit vnderschrib‹en› haben etc schöpffet, So khönnen E. L. selbst vernunfftig ermessen, das solche vnwarheit, vielmehr vns vnd vnser eingepflantzt Ministerium, dann vnsere vffgesetzte Kirchendiener, Anficht vnd berüret, Dann die Kirch vnd deren Ministerium stehet vns zu, vnd ist vnsern Predigern, von vns zu disem effect, vertrewlich eingeantwortet vnnd befolhen, das Sie die Christlich allein Seeligmachendt Religion, ohne einiche Corruptel vnnd verfelschung, nach vßweisung beeder Testament‹en› prophetischer vnd Apostolischer schrifft‹en›, auch dero rechten, wahren gesunden [fol. 8v] vnuerdechtigen Augspurgischen Confession (·dartzu wir vnns, mit vnserer geliebten Commun vnd Burgerschafft, offentlich erkhennen vnd bekhennen·) darinn Lehren, treiben vnd pflantzen sollen, Wann nun hierinn durch Sie etwas wid‹er›wertigs bißdahero geleret, oder gehandlet worden were, Als khönte solches ye niemandt anderst dann vns dem Magistrat vnd Oberkheit, vnchristlich‹er› verstattung wegen zugelegt vnd vfgerechnet werden, Wir sindt aber vestiglich getröstet, vnnd mit nichten gezweifelt, E. L. vnd alle benachperte Confessions Stände, werden gnugsame wissenschafft haben, wie vnsere KirchenLehre, glaub‹en› vnnd bekhantnus, mit allen ieren Anhengen nunmehr viel iar hero offentlich vnd ausfindig, bewandet gewesen vnd noch seye, vnnd was wir sond‹er›er gestallt neben vnsern Kirchendien‹er›n, mit vnd durch verweigerung dero Caluinischen tradition, vermittelst Gottlichs furschubs, ye bißweilen vßgestanden, dabey wir auch noch mit seiner Gottlichen kräfftigen verleihung, one wandel beharrlich zuuerpleib‹en›, vnd [fol. 9r] vnd vff vnsere Christliche posteritet zuuerlassen gemeint sindt, Das aber mehrgesagte vnsere Kirchendiener, nit minders als wir selbsten, dem angeregten Concordi Buch, mit Subscription beyzupflichten, bedenckens gehabt, inn dem werden wir hoffentlich, bey E. L. wol entschuldigt sein, vnnd E. L. die Rechnung leichtlich mach‹en› khönnen, das nit allein wir vnd vnsere Predinger 277 , sonder auch E. L. selbst, vnnd seine des Schmähers aigne Collegæ, wie auch andere viel mehre, hohe vnnd geringere Ständt, so sich gerürter Subscription, vß allerhandt beweglichen vrsachen, gleichmässig enthalten etc durch solche freuenliche famos reden, vbel geschmilzt, Angetastet vnd verkleinert sein musten, welches doch disem verwirrten
277 Gemeint ist Prediger.
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Schreyer, Also mit grundt auß zu fechten, schwerlich fallen würdt, vnnd sich pillich zubefrembd‹en› ist, weyl ime die verwaigerte Subscription deß Concordi Buchs Also ärgerlich vnnd zuwider ist, Mit was ruhiger geduldtiger Conscientz Er dann E. L. dienen, vnd ierem Kirch‹en› Ampt mit Lehr vnd Pflicht‹en›, fürstehen vnd beywonen moge, [fol. 9v] Dieweil nun dise schmaliche ding also gestaltet sindt, das Sie nit allein vnsere Kirchendiener, sonder auch vns selbst, vnnd vnsere Seligmachende Euangelische Bekhandtnus, Als die Substantz des Ewigen heylß, betreffen, destoweniger wir dieselben vf vns, vnd sonderlich mit dem verdacht, Als ob vnsere geliebte Burgerschafft, mit falscher Ketzerischer, durch vns verhenkter Lehre, von dem rechten weg vnd zweck, Gottlich‹er› schrifften abgefurt vnd verleitet wurden, etc khönnen ersitzen lassen, So langt an E. L. vnsere freundtliche pitte, Sie wollen mit geburlichem ernst den vilgemelten schmachdicht‹er›n hierüber zu red stellen, zu schuldigem widerrueff anhalten, vnnd das Er sich hinfuro, solcher Leichtfertigen schmälicher zulagen, gegen vnns vnnd den vnsern bemussige, zu volge E. L. tragenden Magistrat Ambts, auch vortsetzung wolhergebrachter Nachperlich‹er› Correspondentz vnd fridlich‹er› Ainmütigkheit verpflichten, vnnd sich hierinn also beweisen, wie zu E. L. wir gentzlich vertrawen vnd in gleichmässigen fellen gern thun wollen, Auch das werckh an sich selbsten erheischet, [fol. 10r] Solches vmb E. L. freundtlich zuuerdienen, vnnd deren one das alle Nachberliche wolgefellige behegliche freundtschafft zuerzeigen, Seindt vnd pleiben wir Altzeit erpietig vnd geflissen, E. L. schrifftliche wid‹er›antwort, vmb mehrer nachrichtung willen, freundtlich erwartendt Datum Wormbs den 18 Februarii Anno etc 81 Stett: Burgermeister vnd der Rhat zu Wormbs, [fol. 10v] Den Fürsichtigen Ersamen vnnd Weisen, Burgermeister vnnd Rhat der Statt Speyr etc vnsern besonders lieben vnnd gueten Freunden. Notiz einer anderen Hand: Præsentatæ 21. Februarii Ao etc 81 Notiz einer weiteren Hand: Statt Wormbs schreibt herrn Wirichii Wielandt halben, schmachreden halber die er wid‹er› die Prediger zu Wormbs ausgossen haben soll.
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Nr. 91 1581 Februar 28, [Speyer] Wirich Wieland, Pfarrer zu St. Georg in Speyer, nimmt gegenüber dem Magistrat der Stadt Speyer Stellung zu den angeblich von ihm über die Prädikanten von Worms geäußerten Schmähworte. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/12, fol. 16r–21v. [fol. 16r] Ehrnuehste, Fürsichtige, Ersame vnd wollweyse, gepietende grosgünstige hern/. Auff E, E, vnd E, W, gegebnen beuelch, das ich auff eins Ersamen wolweyßen Rahts, vnd der hern Kirchendiener der Statt Wormbs, wider mich den 21t‹en› huius vberschickte schrifften, meinen bericht thun, vnd wie di sachen deshalb beschaff‹en› mitt warheitt anzaigen vnd fürbringen solle/ will ich daßelbige hiemit zu schuldigem vnterthenigem gehorsam einfeltig vnd wahrhafftig, ohn alle gegenschmehung v‹er›richten, beneben demüetiger pitt, E, E, vnd E, W, wöllen solches günstiglich vffnem‹m›en vnd erwegen/. Erstlichs Aber befrembdt mich zum höchsten, d‹as› die hern Predicanten zu Wormbs, in irem hitzigen vnd bittern schreiben, den gottseligen vnd Christlichen Process vnsers lieben seligmachers Christi so gar bey seitts vnd An ein ortt, wider ir hochs ruomrettigs278 vnd ohn Theologisches rüemen, vergeßenlich‹en› setzen dörffen/. Seittemal inen Als lehrern, vnd blinden laittern mehr dan wol bewüst ist, d‹as› der herr Christus Matth: 18. clerlich den belaidigten Christen dißen ausgetruckten hellen vnd claren text fürschreibt, vnd sagt: Wan dein bruder An dir sündigt, so gehe hin, vnd straffe in zwischen dir vnd im allein etc/. Vnd der Apostel Petrus 1. Pet: 2. spricht: Christus hatt gelitten für vns, vnd vns ein fürbild gelaßen, d‹as› ir solt nachuolgen seinen fusstapffen/. Welcher nicht widerschallt, da er gescholten ward, Er stellt es aber dem haim der recht richtet etc/. Dan laut vnd vermög dißes Processes, so von Christo selbs vnd dem Apostell Petro fürgeschriben ist, were inen der [fol. 16v] den Wormbsischen hern prædicanten, Als Christlichen vorstehern zugestanden, das da sie gleich für gewiß gewußt, vnnd ohnlaugbar gewesen, ich sie An ehren so hoch Angetastet, (·wie sie in irem schreiben, vßer zu uil miltem bericht einfüeren, vnd meinen mißgünstig‹en›, so Also vngüetlich gegen inen mich Angebracht vnd verclainert haben, gott lob, zubeweysen vnnmüglich sein würdt·) haben soltte, sie Auch derwegen mich zu red gestellet, vnd da ich Als dan in solcher schmehung beharrett, sie Als dan nach irem gefallen, ein Anders vnd doch in rechten zugelaßens mittel An di hand nem‹m›en, vnd nicht so mit v‹er›clainerlicher schmählicher Antastung beedes wider mein Ampt vnd Person, wiewol gott lob mitt
278 ruomrettigs = ruhmredig, prahlerisch.
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lautterm erdichtem vngrund, einem Ersamen Rath zu Wormbs fürbring‹en›, vnd denselben dadurch wid‹er› E, E, vnd E, W, gegen mir verhetzen sollen/. Sonderlich weil ich in wahrhaffte erfarung komme, d‹as› herr Vitus Reisnerus vor ettlich‹en› woch‹en› dißer, mir//gleichwol ohnbewuster handlung halb Alhier Ankhom‹m›en/ da er nun mich Als dan angeredt haben, woltt ich ime mitt gutter freuntlicher beschaidenhaitt ime solchen bericht gethon haben, das verhoffenlich vonn ime vnd seinen mittbrüdern, d‹as› vberschickte v‹er›bittertte schreiben sollte verbliben sein/. Ebenmeßig‹er› gestallt, wie der Alte her Georgius Ebenreich, so Auch von meinen mißgünstig‹en› wider wider mich angehetzt, doch Anfenglichs mich selbs schrifftlich ersuocht, vnd nach der von mir empfangner freuntlich‹er› Antwort, weil meine mißgünstige, [fol. 17r] bey ime wider mich so starck Angehalten, er nacher An den Pfarh‹er›n zu S. Gilgen, hern Amandu‹m› Beurern geschriben, vnnd da er von ime der warheitt vnd meiner vnschuld bericht empfang‹en›, zufriden vnd ruowen sich begeben hatt/.279 Dan d‹as› ermelte hern Predicanten in irem schreiben einbringen, wie ich sie gantz höchlich vnd schmählich, beedes An irer lehr vnd leben angriffen, iniuriirt vnd geschmecht haben soll, Als nemlich nechstuerschinen 12t‹en› Septembris bey vff einer Bronnenfart bey S. Germans berg gehalten, solle ich in gegenwürtigkeit ehrlicher Personen vom PredigAmpt, des Rahts vnd Burg‹er›schafft, sie mit Namen, schwerlich, schrecklich, vnd mit vnwarheitt angetastett, vnder Andern worten vnuerschempt, für Caluinische, Ketzerische v‹er›füerte buben, leckher, ia ertzbuben ausgeschrien/ Auch sonsten An ehren angetastett haben, vber der zuhörer hefftigs pitten vnd abwehren dazumal hefftiger getriben/. Vnd nach‹er› zu mehrmalen bey hohen vnd nidern ständen vnabläßlich solche schmähung ohne schew gebraucht/. Sonderlich bey des hern Cantoris Kindertauff, in ettlich‹er› Christlicher personen Angesicht, mitt deren großem entsetz‹en› etc/. Vber d‹as› hern Vitum Reusneru‹m› fürnemlich zum hohn vnd v‹er›clainerung vmbgetrag‹en› vnd gezogen etc. wie solches Alles in irem der Predicanten erbittertem schreiben weittleufftig ausgefüert/. Auff diß ir fürbringen samentlich vnd sonderlich, sage ich bestendig vnd mitt guttem grund der warheitt, das mitt solcher, von meinen mißgünstig‹en› wider mich erdichter zulag, mir zu kurtz, gewalt vnd ohnrecht geschicht/ vnd will also mitt dißer bestendiger vnd wahrhaffter bezeugung vnd protestation, beeder wormbsischer schreiben wider mich eingestrewte Calumnias hiermit Abgelaint [fol. 17v] vnd hingewisen haben/. Vnd wiewol ich mehr dan gnugsam befüegt were, wegen solcher offentlichen erdichten vnd wider di warheitt,
279 Der Passus Ebenmeßig‹er› gestallt, wie der Alte her Georgius Ebenreich, so Auch von meinen mißgünstig‹en› wider wider mich angehetzt, doch Anfenglichs mich selbs schrifftlich ersuocht, vnd nach der von mir empfangner freuntlich‹er› Antwort, weil meine mißgünstige, bey ime wider mich so starck Angehalten, er nacher An den Pfarh‹er›n zu S. Gilgen, hern Amandu‹m› Beurern geschriben, vnnd da er von ime der warheitt vnd meiner vnschuld bericht empfang‹en›, zufriden vnd ruowen sich begeben hatt/ ist von einer anderen Hand unterstrichen sowie am linken Rand geklammert und mit dem Vermerk omißa versehen worden.
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wider mich felschlich in beeden schreiben einuerleibten Calumnien vnnd iniurien, gegen sie samentlich die gepürliche vnd zuläßige mittel Rechtens, zu rettung meiner ehren vorzunemen/: Iedoch damit man sehe, ich nit zur rachgirigkeit genaigt, Auch der Armen bawfellig‹en› Kirchen alhie (·Als die dardurch solch {vnd dergleichen} gezenck zum höchsten geergert würde·) verschonen thuo, will ich mich, sonderlich auch meines tragenden Ampts vnd standts hierin v‹er›halten Als nach der obgesetzten Regel Petri, einem Christen ohne das zuthun gepüret/. Dan der her Christus selbs Als er von Caipha seiner lehr vnd worten halb auch Angetastet, gibt er ime zur Antwort: Frage die darum, die mich gehört haben, sihe die wiß‹en› was ich gesagt habe/. Dan wiewol dem hern nicht ohnbewußt, d‹as› vnter seinen zuhörern auch deren sein würden, di ime seine wort muttwilliglich v‹er›khereten, wie dan Alberait damals ime begegnet, iedoch waißt er, d‹as› auch Andere gutthertzige vnter inen noch zu befinden/. Also berüeffe ich mich auff die ihenigen Personen, so mitt vnd neben mir auff dem Germans berg geweßen/. Als nemlich her Amandus Beurer, Predig‹er› zu S. Gilgen, her Emerich Hiezu des Rahts, der her Schulmaister zum König, vnd Vrban Stöcklin/. Vnd ist demnach An E, E, vnd E, W, mein vnderthenig pitt, di wöllen ex officio bey ernenten personen inquirieren laß‹en›, ob die sachen meinem oder der hern wormsischen prædicanten fürgeben nach beschaffen sey/. Des hern Cantoris Kindertauff betreffend, befinde ich in meiner v‹er›zaichnus, d‹as› ich ime den 26t‹en› Septembris ein kind getaufft/ d‹as› ich Aber gegen ettlichen Personen di hern Predicanten geschmecht haben sollt, mit deren entsetz‹en›, würt sich nit befind‹en›/. So bin ich sicher, d‹as› weder hochs noch nidern standts Personen von mir reden können, [fol. 18r] das ich die wormbsische hern Predicanten vnableßig ohne schew zuschmehen pflege/. So dan aus solch‹er› inquisition mein vnschuld verhoffenlich bekhant vnd An tag gebracht, ist mein demüetig pitt, E, E, vnd E, W, wöllen Alsdan von Obrigkeit wegen, mich bei eim Ersamen Raht zu Wormbs der gepür nach verantworten, Auch Als deren Armen gehorsamen Kirchendiener, wider gedachts Rahts vnd irer Predicanten offentliche Calumnien vnd schmehungen hinfürter zum trewlichsten schutzen vnd schirmen/. Derweg‹en› ich dan E, E, vnd E, W, nochmaln vor Gott vnd allen ehrliebenden Christen solches Also zuthun, (·daran mir gleichwol nicht zweiuelt, dieselbig solches vor sich selbs zuthun ohne das genaigt sein·) zum flehenlichsten wegen meiner vnschuld angeruoffen haben will/. Zum Andern, wiewol ich vff beede wormsische hitzige schreiben gnugsam hiemit mich verAntwortet, soll ich doch nicht vnterlaß‹en›, E, E, vnd E, W, zuberichten, woher diße erdichte aufflag wider mich hergefloßen, daraus dan zuseh‹en›, wer die Anstiffter dises lermans seyen/. Dan Als vor I iar nach her Michels Pistorii geweßnen Predigers alhie zu den Augustinern hinweg ziehen, beede Hern Alte Burgermaistere hern Bernharten vnd mich beschickt, vnd wegen eines Ersamen Rahts mit vns gehandelt, nach einem Christenlich‹en› getrewen Kirchendiener An hern Michels statt zutrachten/. Her Bernhart darauff geantwort, er hab außer beschaid hern Christian Petschen dem Hern Vito zu Wormbs deßhalben zugeschriben, der ine schrifftlich beantwort,
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er wölle innerhalb acht tagen ein taugentliche Person meinen herrn p‹re›sentiren/. Hab ich ime her Bernharten erfragt, wer der ihenig, so von hern Vito p‹re›sentirt werden soll sein möchte, Er daruff respondirt, Er wiße vnnd hab sein noch der zeitt kein kuntschafft/. Hierauff ich ine her Bernharten priuatim vnd allein Angeredt vnd freuntlich gepetten, daran zusein vnd zuuerhelffen, der Armen bawfellig‹en› Kirchen alhie zugut, d‹as› ein rainer vnd nicht sectirischer Kirchendiener eingeschoben werde/. Dan ich seye in wahre [fol. 18v] erfahrung kom‹m›en, d‹as› di zu Wormbs newlich‹er› zeitt Israheln Achatiu‹m› zu irem Kirchendienst Angenomen, der doch Als er noch zu Weißenburg gewohnet, sich geg‹en› dem damals Zwinglisch‹en› Haydelbergisch‹en› Kirchen Raht schrifftlich ercleret zu irer opinion vnd mainung bekhant vnd ercleret, inmaß‹en› sein her Israhels handschrifft, so noch zu Haydelberg in der Cantzley verwaret, bezeuge, vnd ime Achatio, Als er bey ietzigem Churfürstlichem der lehr rainem Kirchenraht vmb dienst angesuocht, solches selb personlich fürgehalten vnd verwißen, worden Auch daruff hingewißen, vnd ime in der Pfaltz Alle Kirchen dienst versagt vnd abgeschlagen worden/. Dißer wort mitt hern Bernharten geredt, gestande ich, hab aber damit weder ine hern Israheln noch Andere seine mittbrüeder weder geschendt noch geschmecht, Auch hab ichs nicht von mir selbs erdacht, sonder her Doctor Vuilhelm Zim‹m›erman Churfürstlich‹er› Kirchenraht zu Haydelberg, hatt von gedachtem hern Achatio solches zu hern Amando vnd mir offentlich ohne schew geredt, Mögen E, E, vnd E, W, hern Amandu‹m› derweg‹en› befragen, so würt Doctor Vuilhelm deren selber gestendig vnd nicht in Abred sein/. Volgendts Als her Theophilus, von hern Vito alher p‹re›sentirt, hab ich her Bernharten gefragt, wer der p‹re›sentirte her seye, der geantwort, Er hab in vor XII iaren bey seinem vatter, der vor ime in Nassaw dillenbergisch‹er› herschafft gewese Sup‹er›intendens gewesen, geseh‹en›, vnd hören predigen/. Mit dem wenigsten wort aber hat her Bernhart sich gegen mir, wie dan Auch gegen E, E, vnd E, W, nicht vernem‹m›en laßen, d‹as› Theophilus sein so naher schwager seye/. Als ich es nun erst nach Theophili Annemung innen worden, hab ich mit ime hern Theophilo trewhertziger mainung geredt, ime alle brüederliche wilferige dienst angepotten, mit dißem vermelden, Es befrembde mich sehr hoch, d‹as› her Bernhart [fol. 19r] sein Schwager dißen fucum gebraucht, vor einem Ersamen Rhatt vnd mir, ir schwagerschafft so gar verhalten, Seittenmal es deß‹en› im wenigsten nicht bedörfft, hinderwerts meiner hern vnd mein mitt her Vito zu Wormbs solche haimliche practicam anzustellen/. dan ich selbs so ich ir schwagerschafft gewüst, für ine Theophilum gegen meine hern intercedirt haben wollte/. vnd solche red hab ich ohn alle schendung vnd schmehung wider hern Vitum geredet/ das mir Also Theophilus gewalt vnd vnrecht thut, so er Anders von mir redt vnd ausgeußt/. Außer dißer wahrhafften erzehlung nun, werden E, E, vnd E, W, Als di mehruerstendig‹en› leichtlich Abzunem‹m›en haben, wer die ihenigen so dise Tragoedi ohn mein verschulden angerichtet vnd zugeschüret haben, sein mögen/. Wie dan auch
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wahr vnd beweißlich, d‹as› nicht Allein her Vitus alhie bey Hern Bernharten gewesen, sonder Auch er Her Bernhart newlich‹er› zeitt gegen hern Vespasiano des Rahts zu Wormbs bey des hern Doctoris Hieronymi zum Lamb hochzeitt ein großes clagen vnd v‹er›clainerlichs dargeben wider micht 280 gefüerett/. Vnd kompt Her Bernharts vnbillicher neid vnd haß wider mich Allein daher, das ich ob seinen schmehung‹en› vnd lästerung‹en›, di er ohnChristenlicher vnnd ohnbillich‹er› weis wider das Christenliche Concordi werck, vnd meins gnedig‹en› Fürsten vnd herrens des hertzogen zu Würtenberg, Auch Anderer Churfürsten, Fürsten vnd stenden, raine Christliche lehrer vnd Theologos haimlich vnd offentlich, ohn allen grund vnd vrsach ausgeußt, kein gefallen tragen noch haben khan/. Wie ich dan dißer seine sünden mich thailhafftig zumachen, oder von seinetweg‹en›, wider gott, sein hailigs Allein seligmachendes wort, vnd mein gewißen zu thun oder zu handlen, durch gottes gnedigen beystand gar nicht gesinnett bin, noch auch di tag meins lebens werden will/.281 Hieraus aber volget gar nicht, wie d‹as› wormbsische schreiben vngegründet fürgibt, das ich deß‹en› weg‹en› Alle ständ, Fürsten, Grafen vnd Stätt, so sich [fol. 19v] zum Concordi werck nicht bekhennen, schenden vnd schmehen solte/. In bedenckung das gleichförmiger weis, solche Fürsten, graffen vnd Stätt, so d‹as› Concordien buch propter causas seu Theologicas seu politicas bisher nichtt zu Approbiren gesinnet, darumb nicht gestendig sein werden, d‹as› sie di Churfursten Fürsten, Stätt vnd Stend, so dißem werck alberaitt vnterschriben, zuschend‹en› vnd zuschmehen gesinnet oder bedacht seyen/. Dan Auch Ein Ersamer wolweyser Raht der Statt Straßburg, so bisher di vnderschreibung des Concordiens buchs, propter causas politicas, meo iudicio, verzog‹en› vnd vnterlaßen, bekhennet nicht desto wenig‹er› sich in irem Edict, (·vermög beygelegter wahrhaffter Copey·) zu irer Prædicanten vnnd Kirchendiener lehre/. Ihre P‹ræ›dicanten Aber, vnd d‹as› gantze ministerium Ecclesiæ zu Straßburg, bekhennen mitt volgend‹en› worten in offentlichem truck, d‹as› di lehr des Concordien buchs mitt gottes wort vberein stim‹m›e: Nos, inquiunt, sanè breui hoc scripto publicè testamur, quod istaru‹m› obtrectationu‹m›, quibus Antipappi contra Viros optimos et doctissimos, quoru‹m› opera in conscribendo libro Concordiæ, Illustrissimi Electores et Principes vsi fuerunt, scatent, nequaquam Velimus esse participes. Vt enim ipsum Librum Concordiæ, acuratè à nobis lectu‹m› et consideratu‹m›, iudicamus Verbo Dei, et Augustanæ Confessioni per omnia consentaneum esse, et pro hoc beneficio, Ecclesiæ præstito, æterno Deo gratias agimus: ita etiam AVTHORES ILLIVS LIBRI, optimè
280 Gemeint ist „mich“. 281 Der Passus Wie dan auch wahr vnd beweißlich, d‹as› nicht Allein her Vitus alhie bey Hern Bernharten gewesen, sonder […] durch gottes gnedigen beystand gar nicht gesinnett bin, noch auch di tag meins lebens werden will ist von einer anderen Hand an den Zeilenanfängen unterstrichen sowie am linken Rand geklammert und mit dem Vermerk omissa ex decreto versehen worden.
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de Ecclesia meritos esse sentimus, minimeq‹ue› dignos iudicamus, qui ob nauatam operam tam egregiam Ecclesiæ operam, tàm calumniose et acerbe excipiantur. Mitt welchen worten, di hern Theologi zu Straßburg, sampt dem gantz‹en› ministerio bezeug‹en›, was ir Christenliche mainnung vnd bekhantnuß vom gestellten werck der Concordien seye, was Auch von denen zuhalten, so solch werck, sampt den hern [fol. 20r] Theologis, die vßer der Chur vnd fürsten ordenlich‹en› beruoff d‹as›selbige gestellet vnd verfertiget, spöttlich vnd hönisch herdurch göhn laßen/. Bin vrbittig vff E. E. vnd E. W, begeren, dis angezog‹en› der Hern Theologen zu Straßburg publicirt vnd in offnem truck ausgegangen schreiben, derselben vnterthenig für zu legen/. Beschließlichen Aber, damit diße ohnrechmeßige vnainigkheitt, hern Bernharts vnd Theophili, vnd daraus von inen wider mich eruolgte ohnbilliche practicken beygelegt vnd Abgeschaffet werden mögen, würdt der ainige richtige weg sein, solcher bisher wider mich geüebter practicken sich zuenthalten, vnd v‹er›mög irer bestallung vnd darauff gethonen Aidts, mich nicht vor frembden Obrigkheitt‹en› vnd leutten, sonder allein vor E. E. vnd E. W, da sie ettwas sträfflichs auff mich {vermaintlich} wüßten, für- vnd Anzubring‹en›/. Volgendts vnd für d‹as› Ander, weill E, E, vnd E, W, von hochgedachtem meinem g‹nedigen› f‹ürsten› vnd hern zu Würtenberg mich zu dero Kirchendiensten eruordert, vnd Aber meins g‹nedigen› hern Theologi im wenigsten, wie auch ich, di raine lehr {nicht} hingelegt, sonder durch gottes gnad, nochmals dabey bestendig v‹er›harren vnd beleiben, so wöllen dieselben inen beeden vnd sonderlich her Bernharten vfferlegen vnd beuelh‹en› laß‹en›, meins g‹nedigen› f‹ürsten› vnnd herns Theologos, mitt ausgießung ertichter in Kay‹serlichen› Rechten v‹er›bottener, hochsträfflicher Famoßschrifften282 , deß‹en› er sich, wie Am tag vnd beweißlich, bisher vilfeltig schrifftlich vnd münndtlich beflißen, verschonen vnnd deren sich ferner enthalten thue/. Ferner vnd fürs dritt, d‹as› er vnnöttige gezenck, sonderlich aber der Zwinglianer Fundamenta vnd grundueste auff di Cantzel zu bringen, in malzeitten zuuerthedigen fürterhin vnter laße./. Thuo mich darneben erbiett‹en›, mitt ime Hern Bernharten, vnd Theophilo, in vor E, E, vnd E. W, gegenwürtigkeit mündtlich in aller freuntlicheit zu conferiren/. [fol. 20v] Da aber diße billiche rechtmeßige mittel bey her Bernharten nicht statt haben möchten, ist An E, E, vnd E, W, mein vnterthenig pitt, di wöllen zu erleuterung der sachen, sein her Bernharts bedenckh‹en› vber d‹as› Concordi buch, sampt dem lösterlich‹en› gottlosen werck, so er vnter dem tittel Notationes in libru‹m› Concordiæ, haimlich hin vnd wider spargirt, beneben meinem einfeltig‹en› ringfüeg‹en› bedenck‹en› so vor einem iar E. E. vnd E. W. ich vff deren günstigs begeren, in wehrender meiner kranckheit in eyl gestellt vnd vbergeben, den Hern Theologis vnd ministerio Ecclesiæ der Statt Straßburg zuschickh‹en›, vnd ire iudicia begeren/: Da sichs nun befinden sollt, d‹as› ich vnrecht in meinem bedenckh‹en› gehandellt, bin ich
282 Famoßschrifften (Famosschriften) = Schmäh- bzw. Spottschriften.
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erböttig allen deshalb vffgeloffenen kosten vnd schaden zuerlegen vnd auszurichten/. Da aber her Bernharts vngegründts vnd hinderlistigs bedenckh‹en›, vnd lösterliche von ime ausgestrewte Notationes vnrechtmeßig erfunden/. In dißem fahl, wil E, E, vnd E, W, ich gar nichts p‹re›scribiren, sonder mittleidig‹er› brüederlicher weis ine derselben gnaden vnd gunsten vnterthenig vnd demüetig beuolhen haben/. Das hab E. E. vnd E. W. ich Also kürtzlich vßer erhaischender nott, wegen beeder wormsischer schreiben, zu erleutterung meiner vnschuld in vnterthenigkeitt berichten sollen / Dieselben hiemitt den gnaden des Almechtig‹en› beuelhendt/. Datum den 28t‹en› Februarii, Anno etc 81. E, E, vnd E, W, vntertheniger vnd gehorsamer M. Vuirichius Vuieland Pfarh‹er› zu S. Georg‹en› /. [fol. 21r] [fol. 21v] Den Ehrnuhesten, Fürsichtig‹en› Ersamen vnd wolweysen hern Burgermaistere vnd Raht der Statt Speyer, Meinen gepietenden vnd günstigen hern./. Notiz einer anderen Hand: Lectum in Senatu 15. Martii Ao etc 81.
Nr. 92 1581 März 15, [Speyer] Protokoll der Zeugenvernehmung im Fall der angeblich auf dem Germansberg [in Speyer] über die Prädikanten der Stadt Worms geäußerten Schmähworte des Pfarrers zu St. Georg [in Speyer] Wirich Wieland. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/12, fol. 11r–14v. [fol. 11r] Dinstags den 15. Martii Anno etc 81. Synndt von weg‹en› herrn Wirichii wielanndts des Pfarrers zu S. Georg‹en› Angebnner schmachwortt halber so er wid‹er› die Predicannt‹en› zu Wormbs vff dem Germannsberg alhie Außgossen haben soll Examiniert word‹en›
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Emerich Hiertzu hatt bey den Ayden vnnd pflichten damit er dem Rath zugethonn zuerkhennen geben, das nechst verschines Herbsts der Theutsche Schuellmaister vff dem König, ihnen vnnd seinen hausfrawe Erbetten, demnach Er willenns, mit seinen khnaben wie gebreuchlich vff den GermannsBerg hinauff hinaus zugehen, ime auch gesellschafft zulaist‹en›, hette Er ihme dasselbige Erstlichs Abgeschlag‹en›, Alls aber nach disem h‹er› Wirichius der Predicannt, zu ihme zeug‹en› auch khommen, mit Annzeige, dieweill er vor diser zeitt gedachten Schuellmaister weg‹en› seiner Schuellkhinder das die von ihme der gebur Nach zur zucht nicht Angehallt‹en› wurden, gestrafft hette, Wollt er damit der Schuellmaister nicht [fol. 11v] dafuhrhiellte Alls ob er ihme feynndt, wehre, mit hinauß gehen, Bittennde ihme einen gesellen zugeben, Allso er sych dahin beweg‹en› lassen, Seyen gedachter h‹er› Wirrichius, h‹er› Theophil‹us›, item d‹er› Prediger zu S. Illg‹en› auch Vrban Stöckhlin, vnnd Er sambt iren Weibern auch draussen, gewesen, vnnd miteinannd‹er› frölich gewesen, Haben die predicannt‹en›, zum thaill Latheinisch das er nicht verstannd‹en› mit einannder conferiert, Das der Predicannt‹en› von zu Wormbs von h‹er› Wirichio in Guettem oder Bösem gedacht worden sey, habe er bey seiner Sehlen seligkhaytt nicht gehörtt, Wirichius hette vnnder Annd‹er›m zu dem iungen Predicannt‹en› herrn Theophilo gesagt, Sein Schwager herr Bernnhardt wehre ettwas Selltzam, Nemme ihnen wund‹er›, das der sich seiner alls eines Schwagernn nicht angenommen, Sonndern sych durch frembde, Bey einem Erb. Rath, Præsentieren lassen, Wann er es gleich gewusst, wollte er ihme nicht wenigers, alls bescheh‹en›, allen guetten willen vnnd befurderung Erwies‹en› [fol. 12r] erwiesen haben, Verhoffenns Er wurde alls ein getrewer Mitbrued‹er› sych erzaig‹en›, das wollte er geg‹en› ihme gleich‹er› weise auch thuen, Diß werckh sey seines Erachtenns von herr Bernnhardt‹en› angezedtellt, wellicher vor diser zeitt zwisch‹en› herr Wirichio vnnd Ebennreich‹en› sych dergleich‹en› vnnderstannden, Sey ihme aber nicht gerath‹en›283 , Iacob Nessell der Theutsche Schullmaister hatt vermittellst leiblich‹en› geschwornnen Aydts angezaigt, das er im Monatt Septembris iungst mit seinen Schuellkhnaben sych zuerSpacieren, vff den Germanns Berg ganng‹en›, darzu er ettliche herrn vnnd guette freunde, Alls h‹er› Wirichium, Theophilum, der predig‹er› zu S. Illg‹en›, Emerich‹en› Hierzu, vnnd Vrban Stöckhlin sambt iren Weibern berueff‹en›284 , Seyen Sye vff derselben Vesper Irth‹en›285 , die vff ein par Stundt gewehrett, frölich‹en› gewesen, [fol. 12v] darund‹er› allein freundtliche guette Dischgesprech286 {furganng‹en›}, vnnd ettwa ein Latheinisch wortt od‹er› zwey deren innhallts er Alls gahr nicht Schmachhafft, zur gnuege verstannden, Eines Buechs halber das h‹er› Wirich‹en› nicht gefallen, mit 283 284 285 286
gerath‹en› = gelungen. berueff‹en› = eingeladen. Vesper Irth‹en› = Vesperürte = Nachmittagszeche, Abendzeche. Dischgesprech = Tischgespräche.
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vnndergeloff‹en›, Sey souil er gehörtt, d‹er› Predicannt‹en› zu Wormbs wed‹er› in guett‹em› noch bösem domahls im geringst‹en› gedacht word‹en›, Vrbann Stöckhlin hatt vermittellst gleiches eydts zuerkhennen geben, das er neben anndern guett‹en› freund‹en› alls ein Nachbar, auch vff den Germanns Berg berueffen worden, Seyen ganntz frölich‹en›, vnnd guetter ding mit einannd‹er› gewesen, Derenndte der Religion halber gahr nichts geredt word‹en›, von kheinem ainiches Böß Wortt vff die pahnn gebracht, Auch nyemanndes durch aus verclaynnerlich‹en› oder in Argem gedacht word‹en›, [fol. 13r] Casparus Fischer Baccalaurius in der Latheinisch‹en› Schuell, zaigt bey gethonnem Ayde Ann, das zu seiner Khindttauff so vnngefahr 14 tag vor Michaelis iungst gehallt‹en› worden, Er wie gebreuchlich zu herr Wirichen in die Kirchen ganng‹en›, Derenndts der Glöckhnner zun Predig‹er›n ihme zeugen vnnd herr Wirich‹en›, wie es in der Frannckhfortter Meß 287 zuganng‹en› Erzehlt, Sonnderlich das herr Bernnhardt der Predicannt Auch drunden gewesst, vnnd in Einem lanng‹en› Mannttell vnnd Huett herganngen, das er ihnen nicht gekhenndt, Wie dann alls er ihnen nicht derselb ime vnnd einem annd‹er›n hieigen Burger vff der gassen begegnnett, derselbige Burger ihnen gestossen, vnnd darneben vermelldt, Ob er der Glöckhnner seinen Predicannt‹en› nicht khenndte, vnnd ime geburennde Reuerenntz thette etc Sonnst‹en› sey von ihnen dreyen, nichts geredt, Noch yemanndt Schmechhafft angezog‹en› worden, So sey herr Wirich‹en› zur selbig‹en› zeitt gahr [fol. 13v] nicht, vnnd in zway ganntzen iahren, in sein hauß nicht khommen, Er zeug sey auch in zway ganntz‹en› iahren, Seyder sein schwig‹er› gestorben, zu Wormbs nicht gewesst, Sein h‹er› Wirichens halber habe er mit nyemanndt einiches Wortt geredt, Sey auch von nyemanndt deßhalber befragt word‹en›, [fol. 14r] [fol. 14v] Inquisition Herrn Wirichii Wielanndts halben Ausgossnner Angebnner Schmachwortt weg halben, die er wid‹er› die Predicannt‹en› zu Wormbs ausgoss‹en› haben soll.
287 Frannckhfortter Meß = Frankfurter Messe.
Edition der archivalischen Quellen
Nr. 93 1581 März 29, [Speyer] Der Magistrat der Stadt Speyer antwortet dem Magistrat der Stadt Worms betreffs der gegen den Pfarrer zu St. Georg Wirich Wieland erhobenen Klagen aufgrund der angeblich von diesem über die Wormser Prädikanten geäußerten Schmähworte. Editionsvorlage: StadtA Speyer 1 A 450/12, fol. 22r–23v (Konzept). [fol. 22r] Vnnser freundtlich willig diennst, vnnd was wir Ehrnn, liebs vnnd guetts vermögenn zuuor, Fursichtige, Ersame vnnd Weise besonnders liebe vnnd guette freundt, E: L: schreiben vnnder dato des 8. Februarii288 iungst neben derselben Bestellt‹en› Kirchenndienner Copeylich‹en› mitvberschickhter Supplicationn, vnnsern Pfarrer zu S: Georgen, Wirichium Wielanndt belanngennde, darinnen er Beschulldigett wurdett, Wie das er ohne lanngst gedachte E: L: Prædicannten inn gemein vnnd sonnder, aines vnnd anndern mahls, ganntz freuennlich vnnd vnnbeschaydennlich so woll an Profession vnnd Lehr, Alls irem leben vnnd wanndell, schmechlich ausgerueffen, angetasstett, vnnd Iniuriert haben soll, Mit schließlicher freundtlicher Bitt, ihnen deßwegen mit geburenndem Ernnst zu rede zustellen, Auch einem Widerrueff annzuhallt‹en›, etc Haben wir alles seines innhallts, der Anhero zuerholen vnnöttig, nach lenngs zuuerlesen angehörtt, Vnnd zwar nach verlesung ob demselben ein hoches misfallen gehabt, Wann wir nach aber nach fleissiger Nachforschung vnnd Erkhundigung die sachen erzehlter massen nicht beschaffen nicht befunden, [fol. 22v] Haben wir hergegen dero Theologen zuuill Affectioniertes vnnd hitziges angeben, dessen sye zuuorderst Ehe sye es an die Obrigkhaytt‹en› gebracht, gewisernn vnnd bestenndig‹en› grundt gehabt, vnnd villeicht fridhessiger 289 leutt zuuil milltem angeben, nicht so bloß glauben zugestellt haben sollt‹en›, Neben dem betrachtung das solliches vnnd dergleichen werckh der zu disen letzten zeitten ohne das betruebten, Bawfellig‹en› Kirchen sehr Ergerlich, mit nicht gering‹em› Befrembden vernommen, Dieweill nun vnngehörtt, vnnd vnuberwunden nyemanndt zu Condemnieren ist, Haben wir wie billich nicht vmbgehen sollen, Beclagter Wirichii Veranntworttung zuhören, Wellicher massenn vnns derselbige nun, das ime mit den angebnner bezichtigt‹en› zulagen {vor Gott} zu khurtz Gwallt vnnd Vnnrecht bescheche, sein schrifftlich‹en› Bericht gethonn, Haben E: L: aus beygefuegtem Extract {freundtlich} zusech‹en›, So wir dann vber beruertte seine Enntschulldigung auch bey den ihenig‹en› personnen, welliche der angedeutten Brunnenfartt vff dem Germannsberg beygewohnett, [fol. 23r] was damahls fur Re-
288 Tatsächlich war es der 18. Februar (Vgl. EA, Nr. 90). 289 fridhessiger (friedhässiger) = streitsüchtiger.
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den vnnd gesprech furgeloffen, Gleicher weiß was zu des Canntoris Khindes Thauff furganngen, vnns nach befynndung vnnd beschaffennhaytt geburenndes Ernnstes {der gebur} haben zuerweisen, Vleissige Inquisition vnnd erkhundigung einnemmen lassen, Vnnd daraus befund‹en›, das zu selbig‹en› beeden mahlen, E: L: Predicannt‹en› von ihme Wirichio im geringsten geschmierzt noch geschmecht, ia von ihme vnnd anndernn domahls beywesennden personen, irer, in guettem oder bösem mit einich‹en› wortt, gahr nicht erwehnnett noch gedacht worden, So ist er Wirichi‹us› sollicher vnerwißnnen vnnguettlichen zulagen halber {So lanng vnnd vill dieselbige wie Recht Beygebracht} bey vnns noch zur zeitt enntschulldigett, Vnnd seiner Ancleger begeren des wid‹er›rueffs vnnd {Allso ab Executione zuprocediern} Vnnsers ermessenns noch ettwas zufruehe, {im fall sych aber hernacher Anderst mit bestenndigem besser‹m› sattem grundt Annderst (vnnd wie Angeben·) Erfynnden sollte, Wollen wir vnns geg‹en› ime vnnd annd‹er›n so hierund‹er› schulldthafft, vnnd vnns zuuersprech‹en› stheen allso dermasen vnnd allso erweisen das vnnser mißfallen} Woferrn aber dieselbige mit diser enntschulldigung nicht gesettigett, Sonnd‹er› gemeint wehren, ir Angemasste Clag wid‹er› beruertt vnnsern Pfarrer mit ordennlich‹en› Recht‹en› zu Prosequieren, Seynndt wir Erbittig, ihren desselben gegen ihme zuspuren, Wie wir dann die Annstiffter vnnd Delatores {mit Namen} gehrn wissen wollt‹en›/. [fol. 23v] vnuerlanngt zugestaltten, vnnd der gebur nach zuuerhellf‹en›/. Das haben E: L: denen wir zu beheglich‹en› freundtlichen diennst‹en›, allzeitt beflissen vnnd genaigt, wir zu begertter schrifftlicher wid‹er›anntwortt nicht wollen verhallt‹en›, Dat‹um› den 29. Martii Ao etc 81. Marginalie links: An die Statt Wormbs Vermerk unten rechts: Schreiben An die Statt Wormbs h‹er› Wirichii halben de dato 29. Martii Ao etc 81.
Nr. 94 Undatiert [Ende 1583]290 Die Speyerer calvinische Gemeinde suppliziert an Pfalzgraf Johann Casimir um Restitution der reinen Lehre, des rechten Gebrauchs der Sakramente und eines calvinischen Pfarrers an der Speyerer Kirche St. Gilgen. Editionsvorlage: Stadtarchiv Speyer 1 A 450/10, fol. 4r–5v.
290 Zur Datierung vgl. Kap. 4, Anm. 10 und Kuby, Geschichte, 43.
Edition der archivalischen Quellen
[fol. 4r]
Durchleutiger Hochgeborner Fürst, gnediger Herr,
Welcher maßen weilandt der durchleuchtigst vndt hochgeborn Fürst vndt Herr, Herr Friederich Pfaltzgrau bei Rhein, des Hey‹ligen› Reichs Ertztruchses vndt Churfürst, Hertzog in Bayern E. F. g‹naden› geliebter Herr Vatter, hochlöblichster gedechtnus, die Kirch zue S. Gilgen alhie mit Gottsfürchtigen Kirchenthienern so die reine von allem Saurteig des Babstumbs vndt anderer menschen gedicht außgeseuberte Lehr des wortts Gottes, wie das in den Apostolischen vndt Prophetischen schriefften, auch der Augspurgischen Confession vndt derselben Apologi in ihrem rechten verstandt begriffen, den Zuehörern getreuelich furgetragen, vndt die Sacramenta noch einsatzung vnsers Herrn vndt erlösers Iesu Christi Administrirt, aller 291 gnedigst bestelt vndt versehen, welchermassen auch weilandt Georgius Infantius kurtz nach ihrer Churf‹ürstlichen› g‹naden› absterben, nit ohn hertzliche betrübnus aller der reinen lehr liebhabern vndt bekhennern vff friedt vndt der wahren lehr des worts Gottes gehessiger leuth anstifften wieder abgesetzt ein Anderer in berürter Kirch‹en› zue Predigen {geordnet}, vndt also das exercitium der wahren Religion vns entzogen worden, das ist E. F. g‹naden› vnuerborgen. Wan dann nuhnmehr vff tödtlichen abgang weilandt des auch durchleuchtigsten hochgebornen Fürsten vndt herrn, herrn Ludwigs Pfaltzgrauen Churfürsten, E. F. g‹naden› geliebten herrn bruders hochlöblichster gedechtnus, die Administration der Churf‹ürstlichen› Pfaltz vff E. F. g‹naden› (: sonder Zweiffel auß sonderer schickung des All- [fol. 4v] mechtigen zue ferner außbreitung seiner Ehr, vndt Vortpflantzung der reinen lehr seines worts :) erwachsen, vndt dan vns vnuerborgen mit was Christlichem Eiffer E. F. g‹naden› vorgemelte reine lehr vndt rechten prauch der Sacramenten, zeithero höchstermelts dero geliebten herrn Vatters tödtlichem abgang, hindtangesetzt, des Satans vndt aller welt neidt vndt haß, gepflantzt, erhalten, auch in andern Landen vorgespart deren leibs lebens vndt eußerstenn vermögens, zue propagiren sich bearbeitet, Daher wir bei E. F. g‹naden› in vnserm höchsten anligen eine Zueflucht zue suchen, vnd die restitution mehr besagter reinen lehr, vndt rechten gebrauch der Sacramenten, (: die wir Nuhn ettlich Iar hero von dem Allmechtig‹en› Gott vnablößlich gebetten :) vnderthenig zue suchen desto behertzter seindt, Alß langt an E. F. g‹naden› vnser vnderthenige hochstfleissige bitt, die geruhen der Kirchen alhie zue S. Gilgen die reine lehr, wie die in gemelten Apostolischen vndt Prophetischen schriefften, auch der Augspurgischen Confession, vndt derselben Apologi, in ihrem rechten verstandt begrieffen, sampt dem rechten gebrauch der Sacramenten, gnedig zue restituiren, vndt darzue einen getrewen Kirchenthiener, der den Zuehörern nach außweisung mehr höchstgedachts E. F. g‹naden› geliebten herrn Vatters hochlöblichster gedechtnus, in Gottes Wortt vnzweiffelich gegrünten Cathechismi vndt
291 aller ist unterpunktet.
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Kirchen Ordnung treuelich furtrage, vndt die Sacramenta administrire, g‹nedig› zue beruffen vndt zuuerordnen, Daran thun E. F. g‹naden› ein Christlichs, Gott wohl gefelligs, vndt [fol. 5r] zue außbreitung seines Reichs gereichendes werckh. D‹as› der Allmechtig E. F. g‹naden› mit verleihung langwiriger wohlfart, vndt glücklicher Regirung reichlich vergelten würdt, vndt wir seindt es vmb dieselbige vnserm gleichwohl geringen iedoch eussersten vermögen nach, vnderthenigst zuuerthienen iederzeit bereit, damit E. F. g‹naden› dem Allmechtigen zue aller wolfart, vndt vns derselben zue g‹naden› vnderthenig beuelende, E. F. G. Vnderthenige, Dero Christlichen Confession verwanthe zue Speyr [fol. 5v] Notiz einer anderen Hand: Supplicatio An den durchleuchtigen hochgebornen Fursten vndt herrn herrn Iohans Casimirn, Pfaltzgrauen bey Rhein, Vormundt, vndt der Churf‹urstlichen› Pfaltz Administratorn, Hertzogen in Beyern etc Notiz einer weiteren Hand: Dern zu Speyer Religions Verwandte zu Speier vmb Restitution der Kirch‹en› zu S. Gilg‹en›, vnd Infantii abgesetzt‹en› Pfarrers daselbst‹en›
Abkürzungen und Siglen
Abb. ADB ADRG Anm. ARG Art. BBKL Bd./Bde. BDS Bearb. BPfKG BWB bzw. CR DRTA DRTA.JR EA Ebd. EKO fol. GLA Hg. Kap. LA MBW ND NDB Nr. OMBW PCS QAmrhKG QFRG R RE RST
Abbildung Allgemeine Deutsche Biographie Akten der deutschen Reichsreligionsgespräche im 16. Jahrhundert Anmerkung Archiv für Reformationsgeschichte Artikel Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon Band/Bände Martin Bucers Deutsche Schriften Bearbeiter/bearbeitet Blätter für pfälzische Kirchengeschichte und religiöse Volkskunde Briefwechsel der Brüder Ambrosius und Thomas Blaurer beziehungsweise Corpus Reformatorum (Philippi Melanthonis opera quae supersunt omnia) Deutsche Reichstagsakten Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe Edition der archivalischen Quellen Ebenda Die Evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts Folio Generallandesarchiv Herausgeber/herausgegeben Kapitel Landesarchiv Melanchthons Briefwechsel (R = Regesten; P = Personen; T = Texte) Nachdruck Neue Deutsche Biographie Nummer Oswald Myconius Briefwechsel (R = Regesten) Politische Correspondenz der Stadt Strassburg im Zeitalter der Reformation Quellen und Abhandlungen zur mittelrheinischen Kirchengeschichte Quellen und Forschungen zur Reformationsgeschichte Regesten Realencyklopädie für protestantische Theologie und Kirche Reformationsgeschichtliche Studien und Texte
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Abkürzungen und Siglen
Spätmittelalter, Humanismus, Reformation. Studies in the Late Middle Ages, Humanism and the Reformation Sp. Spalte StadtA Stadtarchiv SVRG Schriften des Vereins für Reformationsgeschichte T Texte TRE Theologische Realenzyklopädie UB Speyer Urkundenbuch zur Geschichte der Bischöfe zu Speyer VIEG Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz VVPfKG Veröffentlichungen des Vereins für Pfälzische Kirchengeschichte WA.TR D. Martin Luthers Werke. Kritische Gesamtausgabe (Weimarer Ausgabe). Tischreden SMHR
Quellen- und Literaturverzeichnis
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Gedruckte Quellen und Regesten AGENDA, Das ist: Kurtze doch reine und richtige Kirchen=Ordnung/ Wie es in der reinen Evangelischen / der ungeänderten Augspurgischen Confession zugethanen Kirchen deß Heil. Reichs Freyen Stadt Speyer / mit Verkündigung göttlichen Worts/Reichung der H.Sacramenten/ und andern Christlichen Ceremonien gehalten werden soll. Gedruckt im Jahr 1700. Akten der deutschen Reichsreligionsgespräche im 16. Jahrhundert, hg. von Klaus Ganzer und Karl-Heinz zur Mühlen, 3 Bde., Göttingen 2000–2007, hier: Bd. 1: Das Hagenauer Religionsgespräch (1540), 1. Teilband (2000), und Bd. 3: Das Regensburger Religionsgespräch (1541) (2007). Bartholomäi Sastrowen Herkommen, Geburt und Lauff seines gantzen Lebens, auch was sich in dem Denckwerdiges zugetragen, so er mehrentheils selbst gesehen und gegenwärtig mit angehöret hat, von ihm selbst beschriben, 3 Teile, hg. von Gottlieb Christian Friedrich Mohnike, Greifswald 1823/24, hier Teil 2, 1824. Briefwechsel der Brüder Ambrosius und Thomas Blaurer, 3 Bde., Freiburg i.Br. 1908–1912, hg. von der Badischen Historischen Kommission und bearb. von Traugott Schieß, hier Bd. 2, Freiburg i.Br. 1910. D. Martin Luthers Werke. Kritische Gesamtausgabe. Tischreden, Bd. 5, Weimar 1919.
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Register
Personen Monarchen und Fürsten im weiteren Sinn (Bischöfe, Herzöge, Grafen, Landgrafen, Kurfürsten) sind unter ihren Vornamen eingeordnet, Päpste unter ihren Papstnamen, sonstige Personen in der Regel unter ihren Familien- bzw. Geschlechternamen. Bei Rangangaben ist der jeweils höchsterreichte Rang angegeben. A Abraham (biblische Gestalt) 108, 113, 115, 273, 278, 280 Achatius (genannt Boßler), Israel 76, 177, 184, 406, 408, 415 Adolff, Thomas 21 Affenstein, Wolf von 50, 214 Albrecht von Brandenburg (Erzbischof und Kardinal) 60, 227 Altbießer, Symphorian 39 Ambrosius von Mailand 44, 92, 208, 253 Andreae (auch Schmiedlein genannt), Jakob 118, 119, 174, 285, 286 Arcularius, Johann Daniel 194 Augspurger, Peter 241 August von Sachsen (Kurfürst) 118, 285 Augustinus von Hippo 44, 92, 106, 108, 208, 253, 271, 273, 284 B Bartholomäus von Portia (Graf) 166, 191 Basilius der Große 44, 208, 253 Beatus Rhenanus 31 Bemelberg, Konrad von → Boyneburg, Konrad von 53, 220 Benrath, Gustav Adolf 17, 38, 61, 82 Bernhard von Clairvaux 44, 208 Bernhart, Bernhard 120, 122–124, 141, 144, 150, 151, 154, 165, 167, 169, 175, 176, 178, 184–188, 294, 301–304, 308,
312, 348, 356, 366, 367, 376, 399, 402, 404, 405, 407, 414–420 Beuerer/Beurer/Beyerer, Amandus 125, 157, 160, 182–184, 192, 386, 387, 392, 413–415 Bidenbach, Balthasar 156, 157, 383 Blarer, Ambrosius 196 Blum, Daniela 17, 78, 79, 128 Bouquin, Pierre 34 Boyneburg, Konrad von → Bemelberg, Konrad von 53, 220 Brenz, Johannes 34, 83, 171 Broll, Johann Thomas 126, 316 Bucer, Martin 11, 31, 32, 34 Bugenhagen, Johannes 83 Burkhard, Franz 64, 65 Busenmeyer, Hans 312, 313 C Capito, Wolfgang Fabricius 39 Chrysostomus 44, 175, 208, 253 Coci, Michel 72, 229 Contarini, Gasparo 46 Culmann, Ludwig 138, 140, 143, 145, 152, 345, 347, 353, 359, 370 D Damascenus, Johannes 175 Daniel (biblische Gestalt) 115, 280 Dathenus, Petrus 34
442
Register
Dechent, Hermann 197 Dern, Hans 123, 303 Diller, Michael 30–35, 37, 40, 41, 43–45, 47, 53, 54, 56, 60–62, 67–69, 72–77, 80, 81, 84–86, 90, 91, 93, 96, 97, 192, 207, 209, 226, 243, 244, 246, 247, 249, 258, 259, 261 Drechsel, Melchior 136, 161, 341, 394 E Ebelmann, Georg 124, 142, 304, 349 Ebenreich/Ebenreych/Eberreich, Georg 101, 124, 150, 182, 188, 266, 282, 304, 366, 413, 419 Eberhardt, Anton 30, 35–37 Eger, Wolfgang 16 Ehem, Christoph 139, 346 (Doctor Öheimb/-heims) Engels, Renate 35 Episcopius, Nikolaus 31 Erasmus von Rotterdam 11 Eßlinger, Johann 75, 232, 237 Eusebius von Caesarea 92, 254 F Faber, Christoph 125, 314 Feilitzsch, Melchior von 131, 132, 136, 146, 148, 165, 327, 328, 330, 341 (Feltsch), 361 (Melchiorn von Felisch), 364 (Melchiorn von Felisch) Ferdinand I. (Kaiser) 12, 13, 49, 69, 148, 363 Feuchter, Joseph 126, 129, 133, 134, 315, 320, 325, 329, 332–335, 337, 351, 355, 358, 366 Fischer, Caspar 188, 420 Flacius Illyricus, Matthias 116–119, 175, 283–286, 290 Frey, (Hans) Rudolf 32 Friedrich II. von der Pfalz (Kurfürst) 14, 15, 50, 70, 71, 214
Friedrich III. von der Pfalz (Kurfürst) 34, 35, 120, 121, 125–127, 130, 131, 140, 147, 149–152, 154, 165–167, 170, 191, 192, 328, 378, 423 Friedrich IV. von der Pfalz (Kurfürst) 192 Fulgentius 175 G Geiger, Mattheus 33, 65, 67 Gemmingen, Bernolff von 129, 135, 137–140, 142, 145, 147, 152–155, 157–159, 161, 164, 167, 322–324, 332, 336–338, 342–346, 350, 358, 360, 372–375, 377, 380, 382, 384–390, 395, 401 Georg von Ansbach (Markgraf) 85, 246 Georg von der Pfalz (Bischof) 12 Geyer, Georg 142, 312, 313, 349 Gideon (biblische Gestalt) 108, 273 Gottwald, Andreas 121–123, 294, 299, 301–303, 312 Granvelle, Antoine Perrenot de (Bischof) 49, 52, 53, 74, 216, 220, 234, 238 Gregor von Nazianz 31, 32, 175 Gruppenbach, Georg 186 H Hail, Peter 36 Haller, Sebald 53, 220 Hardenberg, Albert Rizaeus 33 Hartmanni d. J., Hartmann 136, 137, 143, 146, 147, 342, 354, 361 Hase, Erhard 143, 354 Hase, Heinrich 75, 234 Heinrich II. von BraunschweigWolfenbüttel (Herzog) 52, 64 Heppe, Heinrich 175 Hermann von Wied (Erzbischof und Kurfürst) 33, 65, 67 Hermann, Wendel 85 Hertzbach, Johannes 123, 124, 304
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Hieronymus, Sophronius Eusebius 44, 105, 208, 270 Hierzu, Emerich 183, 187, 188, 414, 419 Hilber, Konrad 72, 98 Hoffmeister, Johannes 31 Hofmann, Andrea 17 Hornburg, Hans 50 Huber, Paul 72, 229 Hugo von Montfort-Rothenfels (Graf) 50, 214
I Infantius, Georg 120–129, 131, 134–137, 139–143, 147–149, 151–153, 155–161, 163–168, 192, 294–296, 298, 299, 304, 305, 316, 317, 323, 324, 334, 336–338, 341, 342, 344, 346–352, 359, 362–365, 367, 368, 370, 372–375, 380, 381, 384, 386, 388–393, 397–400, 423, 424 Irenäus von Lyon 253 Isaak (biblische Gestalt) 115, 280
J Jakob (biblische Gestalt) 115, 280 Joachim von Brandenburg (Kurfürst) 51 Johann Casimir (Pfalzgraf) 129–141, 143–146, 148–152, 156–158, 160–166, 192, 323, 326–328, 330, 331, 333, 337, 339, 341, 342, 345, 346, 348, 350, 353, 359, 369, 371–373, 381, 382, 384, 385, 389, 391, 393, 397, 401, 422, 424 Johann Hilchen (III.) von Lorch 53, 220 Johann von Österreich 138, 345 Johann von Sachsen (Kurfürst) 13 Johann Wilhelm von Sachsen-Weimar (Herzog) 116–120, 283–287 Johannes (Evangelist) 278 Jonas, Jakob 51, 215 Judex, Matthäus 117 Jung, Conrad 80, 242
Jung, Timotheus 137, 140, 151, 341, 347, 367 K Karg, Georg 34 Karl V. (Kaiser) 13, 43, 45, 46, 63–65, 67, 69, 71, 74, 75, 128, 173, 209, 210 Karl von Baden (Markgraf) 85, 246 Kiel, Erhard 37, 38 Klaffschenckel, Jacob 157, 386, 387 König, Johann Michael 16 Kopp, Heinrich 43 Körber, Caspar 72, 228, 230 Kriechingen, Wirich von 50, 214 Krieg, Ezechiel 123, 124, 303 Kuby, Alfred Hans 192 L Lamm, Hieronymus zum 185, 416 Lazarus von Bethanien (biblische Gestalt) 113, 278 Leo der Große (Papst) 253 Leubel, Michel 21 Lind, Emil 16 Ludwig I. von Bourbon-Condé (Fürst) 138, 343 Ludwig V. von der Pfalz (Kurfürst) 12, 14, 37, 50, 214 Ludwig VI. von der Pfalz (Kurfürst) 125, 128–131, 133–135, 137, 139, 142, 146, 147, 149–155, 158, 161, 163–165, 169, 170, 174–176, 192, 193, 196, 315, 320–322, 324–328, 331, 332, 334–337, 339, 344, 346, 350, 351, 353, 354, 359, 369, 372–375, 379, 380, 382, 384, 388–390, 397, 401, 404, 423 Luther, Martin 11, 30–33, 79, 92, 93, 96, 117, 121, 170, 173, 193, 197, 254, 259, 284, 289, 290 Lutz, Conrad 74, 75, 232, 234, 235, 238, 241
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M Macarius 175 Mailänder/Mayländer, Johann Othmar 102, 118, 119, 266, 282, 284, 286 Marbach, Johannes 34 Marckhart, Ludwig 126, 316 Maria (biblische Gestalt) 290 Maria von Bethanien (biblische Gestalt) 278 Maria von Ungarn (Königin) 50, 214 Marius, Georg 126, 315 Marquard von Hattstein (Bischof) 130, 131, 133–135, 143, 145, 152, 166, 321, 322, 326, 330, 331, 353 Martha von Bethanien (biblische Gestalt) 113, 278 Maximilian II. (Kaiser) 100 Melanchthon, Philipp 30–34, 83, 118, 121, 123, 132, 171, 173–175, 285, 289, 290, 293, 295, 298, 303 Melander, Dionysius 63, 66 Meurer, David 312 Meurer, Friedrich 46–48, 74, 75, 212, 213, 232, 234–236, 238, 241 Meyer, Jakob 32 Miller, Hans 313 Moritz von Sachsen (Kurfürst) 173 Mose/-s (biblische Gestalt) 103, 108, 267, 273 Müller, Johann → Mylaeus, Johann 37, 75, 237 Musaeus, Simon 117 Mußbach, Georg (von) 40, 53, 203, 205, 207, 216, 217, 221 Myconius, Oswald 31 Mylaeus, Johann → Müller, Johann 37, 75, 237 N Nas, Johann 176 Naves, Johann von 50, 52, 63–66, 214, 219
Neblich, Jost 120, 126 Neideck, Bastian 236 Nessell, Jacob 188, 419 Ney, Julius 192
O Oldhusen, Anthon von 161, 394 Olevian, Caspar 34, 166 Osiander 123, 290, 303 Ottheinrich von der Pfalz (Kurfürst) 34, 35, 71, 76, 84, 85, 154, 156, 158, 161, 169, 170, 192, 243, 244, 246, 247, 376, 381, 387, 393, 404
P Pappenheim 50, 214 Pappus, Johannes 186 Paulus (Apostel) 34, 104–106, 109, 112, 115, 119, 253, 254, 269, 270, 272, 275, 278, 280, 285, 290, 303 Pelagius 290 Permenter, Frantz 314 Péter, Katalin 74 Petrus (Apostel) 103, 104, 118, 182, 183, 268, 269, 285, 412, 414 Petsch, Christman 184 (Christian Petsch), 314, 414 (Christian Petschen) Pfirt, Wolf Dietrich von 53, 220 Pflaum, Duman 313 Philipp von Flersheim (Bischof) 53, 55, 59, 90, 216, 217, 221, 226, 249 Philipp I. von Hessen (Landgraf) 13, 48, 63–67 Philipp II. von Hessen-Rheinfels (Landgraf) 157, 383 Pistor/Pistorius, Michael 167, 169, 184, 402, 404, 405, 414 Pistorius, Johannes 34 Pollmann, Johann Wilhelm 194 Pressel, Theodor 175
Register
R Regensburger, Wendel 139, 346 Reichard von Simmern (Pfalzgraf) 129, 154, 332, 374, 376, 383 Reichwein, Claus/Niclauß 232, 241 Reisner, Vitus 177, 178, 182–185, 406–408, 413–416 Reußenzain/Reußenzein, Johann 102, 106, 266, 271, 282 Riese, Hanns 205 Ringelstein, Heinrich 91, 96–99, 251, 255, 258–260, 264, 265 Rippel, Hans 124, 304 Ritter d. J., Matthias 197 Rohner, Georg 153, 374, 375 Rollwagen, Jost 75, 238 Rosenbach, Johann von/Johannes 122, 123, 302, 303 Rossem, Martin van 51, 214, 215 Rot, Johann 53, 62, 216, 221 (Iohann Rode) Rötlin, Melchior 90, 91, 247, 248, 250, 251 Rudolf von Frankenstein (Bischof) 78, 80, 241 Rudolf II. (Kaiser) 135, 136, 154, 162, 339, 340, 377, 396 Runge, Jakob 34 Ryff, Fridolin 32 Ryhiner, Heinrich 32
S Salomon (biblische Gestalt) 106, 115, 271, 281 Sarah (biblische Gestalt) 113, 278 Sastrow, Bartholomäus 32, 33, 67 Sastrow, Johannes 32 Schelhorn, Rudolff 47–53, 212–214, 216, 219, 221 Schober, Jakob 91, 251, 255 Schober, Thomas 283
Schöner, Georg 120–124, 167, 288, 293, 294, 298, 301, 304–307, 309–311 Schönfeldt, Victorinus 132, 165, 329 Schott, Reinhard 156, 157, 382 Schragmüller, Johann Konrad 194 Schubert, Clemens 101, 106, 266, 271, 282, 308 Schwarz, Diebolt 39 Schweblin, Johann Ulrich 31 Schwenckfeld, Kaspar 290 Seckendorff, Veit Ludwig von 58 Seinsheim, Georg Ludwig von 137, 140, 151, 341, 347, 367 Seublein, Philipp 98, 264 Sieß, A. 76 Silberrad, Niclaus 75, 238 Silvium (Lizentiat) 123, 303 Simonis, Philipp 44 Spatz, Johann Friedrich Wilhelm 16 Stancaro, Francesco 289 Stapert, Laurentius Vomelius 143, 354 Stöcklin, Urban 183, 187, 188, 414, 419, 420 Stoltz, Andreas 138, 343 Storm, Monika 35 Strigel, Viktorin 116, 117 Sturm, Jakob 32, 33, 65, 67 T Tertullian 253 Theodoret von Kyrrhos 175 Tobias d. A. (biblische Gestalt) 115, 280 Tobias d. J. (biblische Gestalt) 115, 280 U Untermann, Matthias 35 Ursinus, Paul 34 Ursinus, Zacharias 34 V Valentin von Tetleben (Bischof) Vespasian (Ratsherr) 185, 416
49, 50
445
446
Register
Vischer, Christoph 73, 231, 232 Vischer, Georg 41, 207 W Wagner, Theophilus 178, 184–188, 407, 415, 417, 419 Warmbrunn, Paul 17 Weickh, Hans 76 Weißenau, Jakob von 122, 123, 294, 301, 303 Wentz, Theobald 157, 161, 385, 394 Wieland, Wirich 169, 177–189, 404–412, 418–422 Wien, Ulrich Andreas 17, 18 Wigand, Johannes 116, 117, 283, 284 Wilck, Andreas 177, 406, 408 Wilhelm IV. von Hessen-Kassel (Landgraf) 132 Wilhelm V. von Jülich-Kleve-Berg (Herzog) 50
Willing, Johannes 120, 126, 147, 152, 316, 362, 370 Wirsberg, Soldan von 129, 135, 137–140, 142, 145, 147, 152–159, 161, 164, 167, 322, 324, 332 (Soldan von Wurschburg), 336–338, 342–344, 346, 347, 350, 358 (Von Wurspurg), 360, 372–375, 377, 380, 382, 384–390, 395, 401 Wolfgang von Pfalz-Zweibrücken und Pfalz-Neuburg (Herzog) 171, 172, 261, 263
Z Ziegler, Johann 191 Zimmermann, Wilhelm 184, 415 Zipperer, Marx 205 Zuychem, Johann Vigilius van 50, 214 Zweig 120, 122, 294, 301–303 Zwingli, Huldrych 178, 290, 293, 407
Register
Orte Nicht in das Register aufgenommen ist Speyer. A Alzey (Amt) 123, 147, 303, 362 Amberg 129, 133, 146, 158, 163, 164, 322, 324, 325, 331, 332 (Amburg), 334–337, 339, 361, 374–376, 389, 390, 397, 401 Anhalt (Fürstentum) 174 Aschaffenburg → Aschenburg 314 Aschenburg (Aschaffenburg) 314 Auerbach 129, 135, 322, 324, 332, 338, 360, 374, 384, 386, 387, 401 Augsburg 13, 39, 47, 51, 54, 56, 60, 66, 67, 71, 73, 75, 78–84, 90, 94, 100, 101, 119, 126, 128, 148, 161, 166, 170, 171, 173–177, 186, 191–194, 196, 197, 218, 222, 226, 227, 238, 247, 248, 250, 282, 283, 299, 363 B Baden (Markgrafschaft) 82, 83 Baden-Baden 82 Basel 31, 32, 34, 76 Belgrad → Griechisch Weißenburg 52, 219 Böhmen 52, 216 (Beheim) Brabant (Herzogtum) 51, 214, 215 Braunschweig 174 Breisgau 73, 213 Bremen 174 Brüssel 43 Burgos 57 C Colmar 31 Crépy 69 D Deutschland
43, 171
E England
60, 226
F Frankfurt a. M. 31, 32, 146, 188, 194, 197, 198, 360, 420 Frankreich 50, 52, 60, 63, 69, 220, 226, 293, 360 Freiburg i. Br. 73, 90, 231, 248, 250 Freimersheim 147, 362 (Fremerscheim) G Geldern 51, 214 Germersheim (Oberamt) 192 Goslar 47 Griechisch Weißenburg (Belgrad)
52, 219
H Hagenau 46 Hebron 113, 278 Heidelberg 11, 12, 34, 71, 76, 96, 123, 124, 129, 131, 136–139, 143, 145–147, 149–151, 153, 154, 156–162, 164, 166, 184, 260, 295, 304, 308, 312, 323, 326–328, 337, 341–346, 350, 353, 354, 359, 360, 367, 369, 372, 374–377, 381–385, 389–392, 394, 395, 398, 399, 401, 415 Heilbronn 76, 358 (heilprun) Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation 13, 40, 128, 148, 164, 204, 218, 222, 226–228, 248, 318, 319, 321, 338, 340, 344, 350, 353, 354, 359, 361, 364, 368–371, 379, 380, 382, 396, 398–400, 423 Hessen (Landgrafschaft) 174, 235, 236 Hildesheim 49, 50, 52, 214, 215, 220
447
448
Register
Hördt 120, 126, 157, 160, 161, 316 (herder/herdt), 378 (herdt), 386, 387 (Herdt), 391, 394 (Herdt) I Italien
Niederlande 68, 293 Niederolm 37 Nizza 53 Nürnberg 47–51, 53, 61, 66, 129, 214–216, 219–221, 299, 332, 333
60, 226
J Jena 116–118, 284, 285 Jülich (Herzogtum) 51, 214, 215 K Karlsruhe 16 Köln 33, 65, 67, 68 Kurpfalz 13, 34, 70, 71, 82, 83, 85, 120, 123, 148, 158, 169, 170, 174, 175, 184, 192, 246, 258, 294, 303, 304, 315, 330, 362, 363, 366, 374, 376, 378, 381, 384, 387, 404, 405, 415, 423, 424 L La Rochelle 138, 343 Lauterburg 80, 242 Leipzig 32, 118, 285 Lund 235, 236, 239 M Magdeburg 118, 174 Mainz 51, 74, 125, 233, 235, 236, 314 Mansfeld 118, 285 Marburg 132 Maulbronn 34, 174 Mecklenburg (Herzogtum) 83 Meißen 212 N Naim/Naïn 113, 278 Nassau 122, 150, 302, 367 Nassau-Dillenburg 184 Naumburg 148, 363 Neckarsulm 356 Neuburg 84, 244, 246, 247
O Ofen (ungarisch Buda)
213
P Passau 78, 173, 175 Pfalz → Kurpfalz Pfalz-Kaiserslautern 130 Pfeddersheim 12 Philippsburg → Udenheim 78, 80, 226, 227, 242 Polen 52, 219 Pommern (Herzogtum) 174 Prag 135, 162, 213, 339, 340, 396 R Regensburg 46–48, 51, 54, 56, 64, 69, 142, 150, 212, 213, 215, 349 Rom 47, 152, 166, 369 Rothenburg ob der Tauber 50, 51, 214, 215 S Sachsen (Herzogtum) 64, 66, 67, 118, 235, 236, 285 Schleswig-Holstein 174 Schwaben 90, 232, 248 Simmern 153, 154, 156, 157, 160, 374–376, 383 Slowakei 74 Spanien 49 Stralsund 32 Straßburg 31–34, 36, 39, 43, 65, 67, 76, 85, 133, 146, 169, 185–187, 194, 245, 326, 327, 330, 360, 416, 417 Stuttgart 156, 174, 383 Sundgau 213
Register
T Torgau 174 Trient 60, 227 Tübingen 118, 174, 186, 285 U Udenheim (Philippsburg) 78, 80, 226, 227, 242 Ulm 85, 246 Ungarn 50, 52, 219 W Walldürn 386, 387 (Walthurn) Weimar 116, 117, 283, 284
Weißenburg i. E. 130, 184, 321, 330, 353, 415 Wismar 117 Wittenberg 17, 30–32, 34, 44, 47, 116, 118, 119, 123, 132, 196, 285, 295, 303 Worms 11–13, 34, 46, 51, 62, 68, 69, 76, 170, 177–185, 187–189, 213, 405, 406, 408, 409, 411–416, 418–422 Württemberg (Herzogtum) 83, 185, 186, 416, 417 Z Zweibrücken
171, 261, 262
449