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German Pages [480] Year 2001
REALLEXIKON FÜR ANTIKE UND CHRISTENTUM SACHWÖRTERBUCH ZUR AUSEINANDERSETZUNG DES CHRISTENTUMS MIT DER ANTIKEN WELT
HERAUSGEGEBEN VON ERNST DASSMANN
HEINZGERD BRAKMANN, CARSTEN COLPE, ALBRECHT DIHLE, JOSEF ENGEMANN, KARL HOHEISEL, WOLFGANG SPEYER,
KLAUS THRAEDE
Band XIX: Itinerarium — Kannibalismus
2001
ANTON HIERSEMANN · STUTTGART
BEGRÜNDET VON FRANZ JOSEPH DÖLGER,THEODOR KLAUSER, HELMUT KRUSE
HANS LIETZMANN, JAN HENDRIK WASZINK
REDAKTION
F. J. Dölger-Institut, Lennestraße 41, D-53113 Bonn www.antike-und-christentum.de
Wissenschaftliche Mitarbeiter: F. Austermann, H. Brakmann, E. Enß, S. Ristow, Μ. Stein, P. Terbuyken
Die Deutsche Bibliothek - CIP Einheitsaufnahme Reallexikon für Antike und Christentum : Sachwörterbuch zur
Auseinandersetzung des Christentums mit der antiken Welt / [fortgef. von der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften. Bearb. im FranzJoseph-Dölger-Institut der Universität Bonn]. Hrsg, von Ernst Dassmann ... [Begr. von Franz Joseph Dölger ...]. Stuttgart : Hiersemann ISBN 3-7772-5006-6
Bd. 19. Itinerarium - Kannibalismus. - 2001 ISBN 3-7772-0134-0
© 2001 ANTON HIERSEMANN, STUTTGART Alle Rechte vorbehalten, insbesondere die des Nachdrucks und der Übersetzung. Ohne schriftli Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, dieses urheberrechtlich geschützte W oder Teile daraus in einem photomechanischen, audiovisuellen oder sonstigen Verfahren zu verx faltigen und zu verbreiten. Diese Genehmigungspflicht gilt ausdrücklich auch für die Verarbeiti Vervielfältigung oder Verbreitung mittels Datenverarbeitungsanlagen und elektronischer Kom nikationssysteme. Dieses Buch ist gedruckt auf holzfreiem, säurefreiem und alterungsbeständigem Papier. Satz und Druck: AZ Druck und Datentechnik GmbH, Kempten Buchbinderische Verarbeitung: G. Lachenmaier, Reutlingen Printed in Germany
INHALT Itinerarium..................................................... Jubiläenbuch.................................................. Juda (Patriarch)............................................. Iudaea.............................................................. Iudaizantes..................................................... Judas Iskariot................................................ Juden................................................................. Judenchristen ............................................... Judith .............................................................. Jünger.............................................................. Jünglinge im Feuerofen.............................. Jugend.............................................................. Iulianus I (Kaiser) ....................................... Iulianus IV (Iulianus von Aeclanum) . . Iulianus VI (Julianos von Halikarnassos) ............... Iulius Africanus............................................ Iulius Obsequens ......................................... Jungfräulichkeit............................................. Iuno ................................................................. Jurisprudenz.................................................. Iustiniana Prima (Caricin Grad)............... Iustinianus (Kaiser) .................................... Iustinus I (Kaiser) ....................................... Iustinus II (Kaiser)....................................... Iustinus Martyr I......................................... Iustinus Martyr II (Pseudo-justinische Schriften).....................................................
1 31 38 63 130 142 160 228 245 258 346 388 442 483
505 508 518 523 593 604 638 668 763 778 801 848
Juvenal .............................................................. 874 Iuvencus............................................................... 881 Kabiren............................................................ 909 Käfig der Seele ................................................ 914 Käse .................................................................... 919 Kahlheit............................................................ 930 Kain und Abel................................................... 943 Kainiten............................................................... 972 Kaiphas............................................................... 982 Kaisareia I (in Kappadokien)..................... 992 Kaisareia II (in Palaestina).......................... 1026 Kaiserin (weibliche Angehörige des röm. Kaiserhauses)............................................... 1057 Kaiserpriester................................................ 1104 Kaiserzeremoniell............................................ 1135 Kalender II (Chronograph von 354) . . . 1177 Kalligraphie ..................................................... 1191 Kallimachos........................................................ 1207 Kamel ................................................................ 1224 Kamelaukion..................................................... 1241 Kanal................................................................. 1248 Register zu Band XIX................................... Erscheinungsdaten......................................... Stichwörter........................................................ Mitarbeiter........................................................ Nachtragsartikel ............................................
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VORWORT Ungefähr gleichzeitig mit Abschluß des vorliegenden Bandes XIX konnte Band I des Supplements des ,Reallexikons für Antike und Christentum* fertiggestellt wer den. Im vergangenen Jahr erschien das im Vorwort zu Band XVII angekündigte Register für die Bände I bis XV Ab Band XX wird das RAC in geeigneter Form die Neuregelung der deutschen Rechtschreibung beachten. Mit Ablauf des Jahres 2000 ist Professor Dr. Dr. Carsten Colpe aus dem Herausge berkollegium ausgeschieden. Was er seit 1964, dem Beginn seiner Tätigkeit als Mit herausgeber, durch eigene Artikel, Gutachten und Anregungen für das Lexikon geleistet hat, läßt sich nicht in wenige Worte fassen. Das RAC verdankt sein Anse hen in der wissenschaftlichen Welt zu einem hohen Anteil dem ausscheidenden Kol legen. Die Mitherausgeber und die Mitglieder des Franz Joseph Dölger-Instituts werden ihn und seine stets freundliche und geduldige Mitarbeit vermissen. Der Unterzeichnete hat nach nahezu dreißig Jahren die Leitung des F. J. DölgerInstituts zum 1. 2. 2001 abgegeben und ist ebenfalls aus dem Herausgeberkreis des RAC ausgeschieden. Seine Aufgaben als Institutsdirektor und Herausgeber des RAC hat Professor Dr. Georg Schöllgen, Inhaber des Lehrstuhls für Alte Kirchen geschichte und Patrologie an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universi tät Bonn, übernommen.
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als Kontrast von Zeitlichkeit u. Ewigkeit ge deutet, weil die 70 J. später abgefallen seien, Joh. 6, 66]; Hieron. ep. 78, 8 [CSEL 55, 57f; betont wird hier, daß die 70 ,minoris gradus“ gewesen seien]; Maxim. Taur. serm. 68, 4 [CCL 23, 286]; Cyrill. Alex, in Lc. hom. 60 [CSCO 70/Syr. 27, 228]). Auch Zahlenspeku lationen begegnen öfters: In 24 Stunden geht die Sonne um den ganzen Erdkreis; 3 x 24 beträgt die Zahl der J., die das Evangelium Trinitatis auf der ganzen Welt verkündigen (Aug. quaest. ev. 2, 14 [CCL 44B, 58fJ); 72 Bücher hat die Bibel insgesamt: daher die 72 J. (Isid. Hisp. eccl. off. 1, 11 [CCL 113, 11]). Eine auch bei Hilarius (myst. 1, 14 [CSEL 65, 14]) u. Augustinus (ep. 173, 10 [CSEL 44, 647]; en. in Ps. 98, 9 [CCL 39, 1385]) begeg nende Deutung vertreten Donatisten: Die 72 bzw. 72 - 12 = 60 J. seien es, die sich nach Joh. 6, 66 von Jesus abwenden, während die Zwölf bei ihm bleiben (bei Aug. c. litt. Petil. 2, 40 [CSEL 52, 42]; ad cathol. 13, 33 [ebd. 274]); die Donatisten identifizieren sich selbst mit den Zwölfen u. sehen in ihren Geg nern die Nachfolger der Apostaten unter den 72. - Eusebius, der anderswo auf die Paral lele zu den 70 Ältesten des Moses hinweist (dem. ev. 3, 2, 25 [GCS Eus. 6, 100]; ähnlich Cyrill. Alex. aO. [227]), sammelt in seiner ,Kirchengeschichte“ als erster systematisch Namen einzelner der 70 (s. u. Sp. 334). In J.Katalogen (s. u. Sp. 335) u. -Legenden wer den vielen der 70/72 die gleichen kirchen gründenden Funktionen wie den Zwölfen zu geschrieben (s. u. Sp. 322/5). Die etwa im 5. Jh. entstandenen *Johannes-Akten des PsProchoros (o. Bd. 18, 566) lassen den aus Act. 6, 5 bekannten Prochoros erzählen, wie sich die Apostel nach der Himmelfahrt ver sammeln u. jeder von ihnen einen der 72 J. zum Begleiter bei der Ausführung des Mis sionsbefehls erhält; Prochoros begleitet den Johannes nach Asien u. erscheint in den Li sten der 70 J. als erster Bischof v. Nikomedien in *Bithynien (zB. PsEpiph. catal. apost.: 119 Schermann). - Laut cn. 14 des Konzils v. Neocaesarea (P. P. Joannou, Disci pline générale antique 1, 2 [Roma 1962] 81f) nehmen die *Chorbischöfe die Stelle der 70 J. ein u. sind als Konzelebranten (συλλειτ ουργοί) zuzulassen; damit werden sie wohl bewußt den Bischöfen untergeordnet, die stets als Nachfolger der Apostel gelten (F. Gillmann, Das Institut der Chorbischöfe im Orient [1903] 54/66; Lit.: W. Cramer, Art. RAC XIX
Chorbischof: LThK3 2 [1994] 1090/2). - Cn. 29 der Synode des ostsyr. Katholikos îsô'yahb I vJ. 585 sieht in der Folge: die Zwölf, die ,70 Apostel“, die Presbyter u. Diakone eine absteigende Rangordnung verkörpert (Synodicon orientale: 159f Chabot). Erst Beda scheint die zwölf Apostel explizit als ,forma episcoporum“ den 70 J. als ,figura presbiterorum“ kontrastiert zu haben (in Lc. 10, 1 [CCL 120, 213f); tabernac. 3, 742/6 [119A, 112]); zur Nachwirkung dieses ,ordo ecclesiasticus“ im MA Y. Congar, Aspects ec clésiologiques de la querelle entre Mendiants et Séculiers: ArchHistDoctrLittMÂ 36 [1961] 60/3). - Zu einem bei al-Bêrünï bezeugten angeblichen ,Evangelium der 70“ vgl. Hen necke / Schneem.5 1, 304f. Zu den 72 Bischö fen der Manichäer s. o. Sp. 310. f. Kirchengründer. Jesu Aussendung sei ner Apostel u. J. als Missionare für Israel (Mc. 6, 7/30; Mt. 10, 5; Lc. 10, 1 etc.) u. nach österlich zu allen Völkern (Mt. 28, 19) ,bis an die Grenzen der Erde“ (Act. 1, 8) führt seit Lukas’ Apostelgeschichte zu dem Bild eines raschen Siegeszuges des Christentums. Als ,Salz der Erde“ (Mt. 5, 13, Exegese zB. Chro mat. Aquil. in Mt. tract. 4, 1, 1/5, 1, 1 [CCL 9, 402/5]) u. ,Licht der Welt“ (Mt. 5, 14, Exe gese zB. Orig, in Joh. 1, 25f, 162/80 [GCS Orig. 4, 31/3]) u. Christi erste Priester (Gaudent. serm. 2, 31 [CSEL 68, 31]) verteilen sich die Apostel u. ihre Schüler nicht nur auf dem ganzen orbis Romanus (PsHeges. hist. 2, 9, 1 [CSEL 66, 1, 155]), sondern auf dem ganzen Erdkreis (Aristid. apol. 15, 2; Tert, apol. 21, 25 [CCL 1, 127]; Hieron. in Jes. 12, 42 [73A, 483]; Aug. en. in Ps. 126, 9 [40, 1864]), wo sie überall Gott Zelte errichten (Hilar. in Ps. 14, 2 [CSEL 22, 85fJ) u. die Menschen zum Guten verändern (Joh. Chrys. in Act. hom. 1, 1, 1 [PG 60, 15]), so daß sich die Kirche bis an die äußersten Enden der Welt erstreckt (Iren. haer. 1, 10, 1 [SC 264, 154]) u. die Kirchen ,filiae apostolorum“ ge nannt werden können (Aug. en. in Ps. 44, 23 [CCL 38, 510]). Wie der Wurm das Erdreich, so durchdringt der ,sermo apostolicus“ die Länder der Welt (Hieron. in Jes. 12, 41 [73A, 472]). Selbst im Totenreich predigen die J. (Herrn, sim. 9, 16, 5/7). - Nur wenige Nach richten über die Mission der ersten Genera tionen, vor allem aus Act. u. verstreuten Stellen des ältesten Schrifttums, können als einigermaßen zuverlässig gelten (Harnack, Miss.4 1,108). Seit Ende des 2. Jh. führen Be11
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dürfnisse nach romanhaften Lesestoffen, nach apostolischer Legitimität im Kampf ge gen Heterodoxie u. andere Gründe zu den Pseudepigraphen u. Fälschungen auf den Namen von Aposteln (Hennecke / Schneem.; W. Speyer, Die literarische Fälschung im heidn. u. christl. Altertum = HdbAltWiss 1, 2 [1971]; N. Brox, Falsche Verfasserangaben [1975]). Schon im 2. Jh. bilden sich die Legen den von der Apostelteilung, denen zufolge die Apostel nach der Auferstehung Christi oder nach dem Pfmgstwunder Lose darüber werfen (nach einer selteneren Variante durch eine Christusvision erfahren), wer welches Land missioniert (Lipsius 1, 11/5; Beiträge von E. Junod u. J.-D. Kaestli: F. Bovon u. a., Les Actes apocryphes des apötres [Genf 1981] 233/64). So fällt zB. nach den Act. Andr. et Matth. 1 (AAA 2, 1, 65) dem Mat thias das Land der Menschenfresser zu, dem Thomas nach Eus. h. e. 1, 3, 1 (GCS Eus. 2, I, 188) Parthien bzw. nach Act. Thom. 1 (AAA 2, 2, 100) *Indien usw. Es geht dabei nicht allein um die Mission (hi fuerunt Chri sti discipuli, praedicatores fidei et doctores gentium, qui cum omnes unum sint, singuli tarnen eorum propriis certisque locis in mundo ad praedicandum sortes proprias acceperunt: Isid. Hisp. ort. et obit. 80, 1 Cha parro Gomez), sondern mehr um ihr Resul tat, die Gründung von Kirchen, die darin ih ren Ursprung feiern (Näheres: W. Speyer, Art. Gründer: o. Bd. 12, 1145/55). Es gibt Kirchen, apud quas ipsae adhuc cathedrae apostolorum suis locis praesident (Tert, praescr. 36, 1 [CCL 1, 216]). Kirchen, die sol ches nicht vorweisen können, berufen sich gerne auf Apostelschüler oder von diesen eingesetzte Bischöfe (so in Smyrna: Polykarp sei noch von Dienern des Herrn zum Bischof gemacht worden: Eus. h. e. 3, 36, 1 [GCS Eus. 2, 1, 274]) oder auf einen der 70/72 J. des Herrn, der die Gemeinde gegründet u. den ersten Bischof geweiht haben soll oder selbst der erste Bischof gewesen sei oder das örtliche Kirchengebäude gegründet habe (Übersicht: Schermann 321/49). Der J.katalog des PsDorotheus zB. (131/60 Schermann) scheint in der überlieferten Form eigens für den Zweck erstellt, den Stachys als vom erstberufenen Apostel Andreas selbst zum ersten Bischof v. Kpel eingesetzten HerrenJ. auszugeben, um dem inzwischen bedeu tend gewordenen Bischofssitz jene apostoli sche Dignität zu verleihen, auf die sich im
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Osten viele Kirchen berufen konnten, die aber im Westen, auf Rom bezogen, eine be deutendere Rolle als im Osten spielte (Scher mann 174/88; F. Dvornik, The idea of apostolicity in Byzantium and the legend of the Apostle Andrew [Cambridge, Mass. 1958]). Alexandrien sieht im Evangelisten Markus einen der 70/72 J. u. den ersten eigenen Bi schof (Eus. h. e. 2, 16, 1. 24 [GCS Eus. 2, 1, 140. 174]; vgl. Histor. patr. Alex.: PO 1, 135/ 48). Ein anderer typischer Fall ist die Ge schichte des teils zu den Zwölf, teils zu den 70/72 J. gezählten Thaddäus, um den wohl Kreise in *Edessa um 300 die Legende bilde ten, er sei von Jesus persönlich zu König Ab gar nach Edessa gesandt worden, habe den König geheilt u. dem Volk das Christentum gepredigt (Eus. h. e. 1, 12 [GCS Eus. 2,1, 80/ 2]). Die weiter ausgebaute syr. Legende (ed. G. Phillips, The doctrine of Addai, the apostle [London 1876]; Einleitung u. Übers. A. Desreumaux, Histoire du roi Abgar et Je sus [Paris 1993]) wird von ihrer arm. Version (BHO 9; 5. Jh.) weitergesponnen: Thaddäus verläßt Edessa, um ,den Osten' (L. Alishan [Hrsg.], Labubnia, T'ult' Abgaru [Venedig 1868] 43) zu evangelisieren, u. wird so für die Armenier zu einem Gründer ihrer Kirche, von dem seit PsFaustus v. Byz. (hist. Arm. з, 1 [N. G. Garsoiän, The epic histories attributed to P'awstos Buzand (Cambridge, Mass. 1989) 67]) zusätzlich das Martyrium unter König Sanatruk erzählt wird (Μ. van Esbroeck, Le roi Sanatrouk et l’apötre Thaddee: RevEtArm NS 9 [1972] 241/83). In Ost и. West entstehen bis ins MA derartige J.Legenden (Lipsius). - Analogien zur Grün der-Funktion der J. Christi bieten die skiz zierten atl.-jüd. u. heidn. J.kreise kaum, al lenfalls Pythagoreer-Gemeinschaften (s. o. Sp. 274), die Helfer Alexanders v. Abonuteichos (s. o. Sp. 277) u. die J. des Peregrinus Proteus, denen der hl. Mann nach seinem Tode erscheint, woraufhin sie den Proteuskult gründen (Lucian. Peregr. 28/40; vgl. Betz, Lukian aO. [o. Sp. 295] 125f). In ihrer Funktion als Kirchengründer entspre chen die J. eher dem religionsgeschichtlichen Typus der griech.-röm. Oikisten (F. Pfister, Der Reliquienkult im Altertum 1 = RGW 5, 1 [1909] 238/79. 300/2 u. ö.; *Gründer): Götter u. vor allem Heroen werden als einheimi sche, oder häufiger noch als fremde, durch Flucht, Tod auf der Durchfahrt, durch Wan derung, Translation der Leiche u. andere Ur-
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Sachen in einen Bezug zur eigenen Heimat getretene Gründerfiguren, oft als Städte gründer betrachtet u. erhalten Kult, Gräberu. Reliquienverehrung. g. Exemplarische Christen. Daß die J. Jesu als Prototypen des Christseins gedeutet werden, ist bereits in den Selbstbezeichnun gen von Christen als μαθηταί impliziert (s. o. Sp. 302). Viele auf J. als exempla zielende Vorstellungen sind in der Terminologie der ,vita apostolica‘-Idee (s. o. Sp. 313) formu liert, manche aber auch in der J.-Terminologie. Cyprian zB. ruft im Blick auf die in der Verfolgung schwach Gewordenen das Vor bild der von allen weltlichen Schätzen freien, leidensbereiten Apostel in Erinnerung (laps. 11 [CCL 3, 226fJ), empfiehlt aber anderswo die ,unianimitas‘ der ,discipuli‘ (Mt. 18, 19) zur Nachahmung (unit. 12 [CCL 3, 257fJ). Für Gregor v. Naz. sind die J. in ihrer klaglo sen Ergebenheit gegenüber der Bevorzu gung einzelner unter ihnen seitens Jesu exempla christlicher Demut (or. 32, 18f [SC 318, 122/6]). Wenn Joh. Chrysostomus sich ausmalt, wie erbaulich es wäre, mehr vom Alltagsleben der Apostel zu wissen, da dies unseren Willen zum Guten stärken würde (in Philem. arg.: PG 62, 702f), so denkt er an die vorösterlichen J. u. Paulus. Der Übergang zum Normativ-Theologischen ist fließend; denn die Apostel dienen als ,Typos‘, indem sie das Urbild, den ,Archetypos‘, bewahren (in Phil. hom. 13, 3 [ebd. 273]). Der Gedanke von Joh. 13, 35 wird noch verstärkt: Wenn du die αγάπη hast, bist du Apostel Christi, weil du das γνώρισμα τών μαθητών hast (in Act. princ. 2, 3 [PG 51, 82]; ähnlich in bezug auf christliche Milde: in Joh. hom. 60, 4 [59, 332]). Bewundern u. nachahmen muß man die Auf richtigkeit der J., die auch für sie Nachteili ges treu im Evangelium berichten (in Mt. hom. 85, 1 [58, 757]). Die Mitte zwischen hi storischer Vorbildlichkeit u. Apostolatstheo logie hält der **Ambrosiaster: Wie Gott Christus sandte, so sandte Christus uns die Apostel als Lehrer, damit wir ihre Nachah mer würden, weil wir seine Nachahmer nicht sein können (in 1 Cor. 11, 1 [CSEL 81, 2, 119]). Laut Augustinus sagt Jesus alles, was er den J. sagt, uns Späteren (serm. 129, 2 [PL 38, 721]); als die Emmaus-J. alle Hoff nung u. allen Glauben verloren hatten, wan derten sie, wie wir, nichtsahnend als Tote mit dem Lebenden, ja mit dem Leben selbst, denn noch war das Leben nicht in ihren Her
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zen (serm. 235, 3 [ed. C. Lambot: RevBen 67 (1957) 139]). h. Vorbilder monastischen Lebens. Der wohl späteste wichtige Typ der Deutung von J. ist der asketisch-monastische. Die Evan gelien hatten das Urbild der Kirche nicht in der Schar der seßhaften Anhänger Jesu, son dern im J.kreis gesehen. Die paläst. u. dann die syr. Theologie haben von daher im Wanderasketentum die wahre Nachfolge Jesu ge sucht; hier liegt wohl einer der Ursprünge christlicher Askese (G. Kretschmar, Ein Bei trag zur Frage nach dem Ursprung frühchristl. Askese: Frank, Askese aO. [o. Sp. 307] 129/80). Die Idee der vita apostolica (s. o. Sp. 313) prägt das Mönchtum stark (s. o. Sp. 307f), wobei mehr die radikale Nachfolge der J. im Blick ist als die mit dem Apostelbe griff verbundenen Vorstellungen von Amt, Sukzession u. Tradition. Im Laufe des 4. Jh. beanspruchen die Mönche nahezu das Mono pol auf die vita apostolica (Frank, Vita aO. [o. Sp. 313] 166; ders., Vita apostolica u. dominus apostolicus: Konzil u. Papst, Festschr. H. Tüchle [1975] 19/41). - Athanasius läßt den Antonius seinen Entschluß zur Askese auf Mt. 4, 20 bzw. 19, 27 stützen, wo vom AllesVerlassen u. von der Jesus-Nachfolge der J. gesprochen wird (vit. Anton. 2, 2 [SC 400, 132]). Ammonius verbindet Nachfolge u. Nachahmung durch den Rat, Christus durch Nachahmung derer nachzufolgen, die Chri stus vorbildlich nachgefolgt sind (Ammon. Aeg. ep. 23 Halkin). Die Viten stellen solche Nachahmung so dar, als gelangten Mönche zur gleichen Heiligkeit wie die Apostel (Frank, ’Αγγελικός βίος aO. [o. Sp. 307]), wo bei öfters auch das Apostelbild apokrypher Apostelakten einbezogen ist (ebd. 179/82; ders., Vita aO. [o. Sp. 313] 154). Amun wan delt auf dem See wie Petrus (Athan. vit. An ton. 60, 9 [296]), u. Martin v. Tours wird nach Totenauferweckungen als ,vere apostolicus“ gepriesen (Sulp. Sever. vit. Mart. 7, 7 [SC 134, 268]). Für Rufin sind die wundertätigen Mönche ,Apostel unserer Zeit' (h. e. 11, 5 [GCS Eus. 2, 2, 1008]). - Basilius bezieht die harten Anforderungen der Spruchquelle Q u. bei Mt. 16, 24 für J.schaft u. Nachfolge auf das Leben der Mönche (reg. fus. tract. 8 [PG 31, 933/7]). Für Nilus v. Ancyra geht das monastische Leben vom Chor der Apostel aus (volunt. paup. 21 [PG 79, 996]); das Leben der J. beschreibt er in entsprechenden Ter mini (monast. exerc. 4 [ebd. 721]). Die sog. 1.
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Augustinus-Regel (4 Verheijen) wie auch die Isidor-Regel (3: de monachis [Campos RuizJ) schärfen den Mönchen ein, nach der vita apostolica zu streben. In der Regula magistri gelten die ,Lehrer“ als Nachfolger der ,Apo stel“ u. wirken entweder als Bischöfe in den Kirchen Christi oder als Äbte in den Schulen Christi, also den Klöstern (vgl. A. de Vogüe: SC 105, 109/12). Indem die Benediktregel dem Abt die ,vices Christi“ zuweist (2, 2 [CSEL 752, 21]) u. die Mönche ,discipuli“ (2, 5 [21] u. ö.) nennt, ersteht innerklösterlich Jesu J.kreis von neuem (vgl. o. Sp. 307f). j. Patristische Vergleiche der Jünger Jesu mit alttestamentlichen u. heidnischen Jün gern. Solche Vergleiche begegnen selten. Ge legentlich wird auf die Ähnlichkeit zum Ver hältnis Elia/Elisa (zB. Quodv. prom. 2, 30, 64f [CCL 60, 131f]) oder Moses/Aaron (zB. Cy rill. Alex. ador. 11, 378 [PG 68, 729]) hinge wiesen. Ein häufigerer Topos ist die Kontrastierung der gebildeten Philosophen-J. mit den ungebildeten, armen Jesus-J., die J. der Wahrheit sind u. in ihrer Martyriumsbereit schaft u. weit größeren Allgemeinverständ lichkeit viel mehr missionarischen Erfolg als jene haben (Orig. c. Cels. 1, 62; 2, 45 [SC 132, 246. 386/8]; 6, 2 [147, 182]; 7, 60 [150, 154/6]; Greg. Nyss. ep. 17, 11 [SC 363, 222]; Joh. Chrys. in Ps. hom. 44, 2 [PG 55, 185]). Asterius v. Amaseia spottet, Sokrates habe zwar viele weise Reden gehalten, sei aber am Ende vom Chor seiner J. umgebracht worden, während der biedere Petrus mit ei ner einzigen Pfingstpredigt 3000 Hörer be kehrt habe (hom. 8, 5, 4f [89 Datema]). Den Philosophen wird geraten, bei der .barbari schen“ (d.h. biblischen) Gnosis als J. in die Lehre zu gehen (Clem. Alex, ström. 6, 153, 1; vgl. 1, 20, 100, 5), wobei Platon schon J. der barbarischen Philosophie sei (Clem. Alex, paed. 2, 100, 4). Der Philosoph ist J. Grie chenlands, der Christ J. des Himmels (Tert, apol. 46,18 [CCL 1, 162]). Die φιλοσοφία τών μαθητών besteht in ihrer Demut u. Wahr heitsliebe (Joh. Chrys. in Mt. hom. 49, 2; 85,1 [PG 58, 498. 757]). Wenn Heiden bemängeln, Jesus habe nichts geschrieben u. daher sei man auf das fragwürdige Zeugnis der J. an gewiesen, so kontert Augustinus: Sie selbst glaubten den Berichten der J. eines Pythago ras u. Sokrates, die ja ebenfalls keine Schrif ten hinterlassen haben (cons. evang. 1, 7, 12 [CSEL 43, 12f]). Dem Vorwurf der Zersplit terung des Christentums in Parteien wird
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die Zersplitterung der Philosophenschulen entgegengehalten (zB. Orig. c. Cels. 2,12 [SC 132, 316/8]; Äug. civ. D. 18, 41 [CCL 48, 635/ 8]). Basilius schreibt mit Ironie dem heidn. Rhetor Libanius, als J. von Fischern wage er ihm kaum zu schreiben (ep. 356 Court.). Ein typischer Vorwurf an Häretiker lautet, sie seien nicht Christi J., sondern J. heidnischer Philosophen (zB. Noet als J. Heraklits: Hippol. ref. 9, 10, 8 [GCS Hippol. 3, 244]; gene rell: Tert, praescr. 7 [CCL 1, 192f]; haeretici discipuli philosophorum: Greg. Ilib. fid. 7, 5 Simonetti). Das entspricht dem Topos der Verspottung der Herkunft in der heidn. Schmährede (S. Koster, Die Invektive in der griech. u. röm. Literatur [1980] Reg. s. v. Herkunft). Daß Jovinian mit seinen Lehren von der Nutzlosigkeit des Fastens etc. mehr als nur zwölf J. findet, erklärt Hieronymus mit dem Hinweis auf die Epikureer: Wo im mer einer voluptas lehrt, sammelt sich rasch eine Herde (adv. Iovin. 2, 36 [PL 232, 349]). V. Apostel- u. Jüngerkataloge. Chronolo gisch, alphabetisch oder anders geordnete Kataloge der Namen von Göttern u. Men schen mit oder ohne weitere Angaben (etwa ihrer charakteristischen Leistungen) gibt es wohl in allen Literaturen der Welt, von den altoriental. Königslisten (zB. Pritchard, T.3 517/8) u. alttestamentlichen Namenslisten (zB. der 12 Kundschafter des Moses: Num. 13, 4/15) über die hesiodischen Frauenkata loge (frg. 1/262 M./W.) u. die griech. Philoso phenschülerlisten (zB. Diog. L. 3, 46f) bis zu den christl. * Bischofslisten. a. Kataloge der zwölf Apostel. 1. Im NT. Hier finden sie sich in Mt. 10, 2/4; Mc. 3, 16/ 9; Lc. 6, 14/6 u. Act. 1, 13. Trotz Abweichun gen in Reihenfolge u. Erläuterungen sind elf Namen allen vier Listen gemeinsam: Simon Petrus, Andreas (laut Mt. u. Lc. Petri Bru der), Jakobus (laut Mt. u. Mc. Sohn des Zebedäus), Johannes (laut Mt. u. Mc. Bruder des Jakobus), Philippus, Bartholomäus, Thomas, Matthäus (laut Mt. der Zöllner), Jakobus (Sohn des Alphäus), Simon (laut Mt. u. Mc. Καναναΐος bzw. Κανανίτης, laut Lc. u. Act. der Zelot) u. *Judas Iskariot; letzterer wird laut Act. 1, 26 nach seinem Ende durch Mat thias ersetzt. In allen vier Listen steht Pe trus an erster Stelle (zum nur in Mt. 10, 2 stehenden πρώτος U. Luz, Das Evangelium nach Matthäus 2 = EvKathKommNT 1, 2 [1990] 85f). Während Mt. u. Mc. einen Apo stel Thaddäus nennen, geben Lc. u. Act. statt
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dessen Judas, den Sohn oder Bruder des Ja kobus (vielleicht mit dem Joh. 14, 22 erwähn ten Judas identisch), an. Manuskripte u. alte Übersetzungen von Mc. u. Mt. haben teils ,Thaddäus“, teils ,Lebbäus“, teils ,Thaddäus, der auch Lebbäus heißt,“ oder ,Lebbäus, der auch Thaddäus heißt“. Die Behauptung des Origenes, Thaddäus, Lebbäus u. Judas Ja cobi seien ein u. dieselbe Person (in Rom. 1, 2 praef. [43f Bammel]; ähnlich Hieron. in Mt. 10, 4 [SC 242, 188]; Joh. Chrys. in Mt. hom. 32 [PG 57, 380]), ist wohl Harmonisierung. Die Konfusion könnte früh durch die Absicht entstanden sein, den von Jesus an der Zoll stätte berufenen Levi (Mc. 2, 14 par. Lc. 5, 27) in die Zwölferliste zu integrieren (ara mäisch Lebi, Lebbi zu Aeßßaioc;?, vgl. Scher mann 199); Levis Umbenennung in Matthäus in Mt. 9, 9 dient wohl dem gleichen Zweck (R. Pesch, Levi - Matthäus: ZNW 59 [1968] 40/56). 2. Unvollständige u. nichtchristliche Apo stellisten. Einige Listen beanspruchen keine Vollständigkeit oder sind verstümmelt: Joh. 21, 2; Papias frg. 5, 4 K.: Eus. h. e. 3, 39, 4 (GCS Eus. 2,1, 286); Ebionäer-Ev. bei Epiph. haer. 30, 13, 2f (GCS Epiph. 1, 349); Pistis Sophia 4, 136 (ed. C. Schmidt: NHStudies 9 [Leiden 1978] 706); Buch des Jeu 3 (ed. C. Schmidt: NHStudies 13 [ebd. 1978] 8); zwei Listen des kopt. manichäischen HeracleidesPsalms ziehen Matthäus u. Thaddäus zu Levi zusammen u. kommen so nur auf elf Namen, fügen dafür elf bzw. vier Frauen an (Allberry aO. [o. Sp. 310] 192/4; die weibliche ViererListe vielleicht auch in der 1. Jakobusapk. [NHC V, 3: NHC V 40 (ed. W. R. Schoedel = NHStudies 11 [Leiden 1979] 98)]) ; Cyriac. Oxyrh. lament. virg. (A. Mingana: BullRylLibr 12 [1928] 433). - Celsus weiß von ,zehn oder elf (bei Orig. c. Cels. 1, 62 [SC 132, 244]) bzw. zehn J. (ebd. 2, 46 [388])· Der babyl. Tal mud berichtet von fünf J.: Matta'j, Naqqaj, Nesaer, Büni, Tödäh (bSanhedrin 43a); viel leicht handelt es sich um eine irrtümlich auf den Jesuskreis übertragene Liste (J. Maier, Jesus v. Naz. in der talmudischen Überliefe rung2 [1992] 232/5). Zu einer arab. Notiz über 17 J. s. E. Bammel, Judaica (1986) 209. 3. Spätere Apostellisten. Spätere Apostel listen, die sich aus den ntl. Anfängen entwikkelt haben, sind zusammen mit den Sp. 334/ 7 behandelten 70-J.katalogen von Schermann 198/239 untersucht u. in variantenreiche Ty pen u. Mischformen gesondert worden (vgl.
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daneben Lipsius 1, 192/224; F. Haase, Apo stel u. Evangelisten in den oriental. Überlie ferungen [1922]; R. Harris, The twelve Apostles [Cambridge 1927]). Schermanns Ansichten werden im folgenden resümiert u. kritisch revidiert. a. ,Ägyptischer‘ Typ. In der Schermann noch unbekannten Epistula apostolorum 2 (13) (äthiop. Übers.: PO 9, 3, 188, vgl. C. Schmidt, Gespräche Jesu mit seinen J. nach der Auferstehung = TU 43 [1919] 26, Analyse ebd. 229/46), in den besten Textzeugen der wohl im 4. Jh. in Ägypten entstandenen (aus der Epistula schöpfenden oder eine ähnliche Quelle wie diese benutzenden) Apost. KO (ed. Th. Schermann, Die allgemeine Kirchen ordnung 1 [1914] 12) u. der damit verwand ten ,Elfapostelmoral“ (ed. ders., Eine Elf apostelmoral oder die X-Rez. der ,beiden Wege“ [1903] 16/8) findet sich ein Apostelka talog, der Johannes an den Anfang rückt u. anstelle eines der beiden Jacobi u. des Thad däus / Judas Jacobi die Namen Nathanael u. Kephas auflistet: Nathanael ist aus Joh. 1, 45/9. 21, 2 bekannt, Kephas wird wohl wegen Gal. 2, 11 nicht mit Petrus identifiziert (W. H. P. Hatch, The apostles in the NT and in the ecclesiastical tradition of Egypt: HarvTheolRev 21 [1928] 147/59). ß. ,Syrische' Typen. Von einem alten syr. Apostelkatalog, der in der Mt.-Liste Thad däus ausläßt u. Judas Jacobi aufnimmt, zeu gen nach Schermann 207/10 die mit Tatians Diatessaron zusammenhängende Vetus Syra im Cod. Sinait. Syrus (G. A. Kiraz, Comparative edition of the Syriac Gospels 1 [Leiden 1996] 125f, Sigle S) u. die Liste zu Anfang der auf syrischer Urfassung beruhenden (H. J. W. Drijvers: Hennecke / Schneem.5 2, 290) Acta Thomae (1 [AAA 2, 2, 99f]). Die arab., lat. u. pers. Übersetzungen des Diatessaron haben keine identischen Apostellisten; das angebliche Diatessaron-Zitat im Act.-Komm. des Isö'dad v. Merw (Μ. D. Gibson, The commentaries 4 [Cambridge 1913] syr. 6, 12/5) erwähnt den Beinamen Lebbäus von Jako bus, stimmt daher mit der Vetus Syra nicht genau überein u. dürfte ebensowenig sicher den originalen Tatian wiedergeben (das Frg. nicht bei I. Ortiz de Urbina, Vetus Evange lium Syrorum [Madrid 1967]). - Schermanns ,zweiter syr. Typus“ hat in der Mt.-Liste Leb bäus statt Thaddäus; allerdings vermerkt die hierzu gerechnete syr. Übersetzung des Tho mas v. Harkel, Lebbäus heiße auch Thaddäus
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(Kiraz aO. 1, 126, Sigle H), u. die von Scher mann 210f demselben Typ zugeordnete Apo stelreihe in PsClem. Rom. recogn. 1, 55/62 (GCS PsClem. 2, 40/3) weist eine ganz andere Anordnung auf, nennt den Namen Thaddäus nicht u. führt anstelle des Judas Ischarioth den Barnabas ein, der mit Matthias identifi ziert wird. Auch bei Typ II ist also zu fragen, ob genug Gemeinsames existiert. - Der dritte syr. Typus Schermanns (211) bewahrt rein die Mc.-Liste, so die Vetus Syra, Pesittä u. Harclensis von Mc. 3, 16/9 (alle drei abge druckt bei Kiraz aO. 2 [1996] 34f, Siglen S, P, H) u. das spätere (8. Jh.?) syr. ,Gospel of the twelve Apostles“ (ed. J. R. Harris [Cam bridge 1900] 26), wobei letzterer Text die Apostel den Stämmen Israels zuordnet. Als Mischtyp der syr. Typen II u. III mit Ju das Thaddäus Lebbäus“ deutet Schermann (211/4) den Apostelkatalog gegen Ende des Cod. Sinait. syr. 10 (ed. A. Smith Lewis, Catalogue of the Syriac Mss. in the convent of S. Catharine on Mount Sinai [London 1894] 7f), Pesittä von Mt. 10, 2/4 (Kiraz aO. 1, 125f, Sigle P) u. auch Const. apost. 6,14,1 (SC 329, 338) u. 8, 4/33 (SC 336, 140/242). y. ,Lateinische“ Typen. Der altlat. Apostel katalog in einzelnen Hss. von Mt. 10, 4 (Jü licher aO. [o. Sp. 300] 1, 56) u. im **Chronographen vJ. 354 (MG AA 9, 1, 133) ersetzt Thaddäus durch den schon Epist. apost. 2 (13) (PO 9, 3, 188) begegnenden Judas Zelotes, ebenso das beschriftete Apostelmosaik im Baptisterium der Orthodoxen zu Ravenna (F. W. Deichmann, Ravenna 1 [1969] 118f Abb. 254; 2, 1 [1974] 38f; 32 [1969] Taf. 39/ 61), wo außerdem Paulus neben Petrus steht. Letzteres ist Merkmal eines zweiten Typs, der nach Petrus den Namen des Paulus nennt, dafür Matthias fortläßt u. sich etwa im *Canon Missae des Sacr. Gelasianum ve tus (nr. 1246 Mohlberg) u. Sacr. Gregorianum (nr. 7 Deshusses) findet. Vielleicht ist Paulus nicht nachträglich in die Liste des Communicantes aufgenommen worden; vielmehr könnte umgekehrt der Kanontext zunächst nur die beiden Apostelfürsten genannt ha ben, woran dann weitere Apostelnamen (etwa in der Reihenfolge ihrer Feste) ange hängt worden wären (A. Baumstark, Das Communicantes u. seine Heiligenliste: JbLiturgWiss 1 [1921] 5/33). Weitere lat. Typen begegnen besonders in liturgischem Ge brauch (sachgemäßere Typologie als Scher mann: E. Bishop, Liturgica historica [Oxford
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1918] 163f). - Vier der ältesten lat. Kataloge bieten kurze Angaben über Wirk- u. Ster beorte: 1) die den Aposteln gewidmete erste Hälfte des aus dem Griech. übersetzten Apo stel- u. J.-Katalogs im Cod. Veron. LI (s. u. Sp. 335); 2) ein im 5. Jh. aus dem Griech. übersetzter, durch Aufnahme von Paulus, Ti motheus, Marcus u. Lucas auf 14 Namen ge langender anonymer Traktat von Prophetenu. Apostelviten (ed. F. Dolbeau, Deux opuscules latins: RevHistTex 16 [1986] 83/139; ders., Nouvelles recherches sur le De ortu et obitu prophetarum et apostolorum: Augustinianum 34 [1994] 91/107); 3) die u. a. aus nr. 2 schöpfende Schrift Isidors De ortu et obitu Patrum (ClavisPL3 1191) u. 4) das Brevia rium apostolorum, um 600 (ed. Schermann, Proph. vit. aO. [o. Sp. 315] 206/11; vgl. B. de Gaiffier, Le Breviarium apostolorum [BHL 652]: AnalBoll 81 [1963] 89/116). Die Kata loge nr. 2 bis 4 führen Paulus an zweiter Stelle nach Petrus an. - Die auf Etymolo gien syrischen Ursprungs beruhende Aus deutung der zwölf Apostelnamen in Cod. Veron. LI, um 500 (CCL 87, 3/6), ist wohl aus dem Griech. übersetzt u. mit den Onomastica verwandt, die in allen altchristl. Sprachen auch Deutungen der Apostelnamen enthal ten (F. Wutz, Onomastica sacra = TU 41, 1/2 [1914/15]; vgl. B. Capelle, La liste des apötres dans un sermon de Maximin: RevBen 38 [1926] 5/15).